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Full text of "Deutsche Kunst - Central-Organ deutscher Kunst- und Künstler-Vereine 2.1897-98"

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Princeton Universit. 


BLAU MEMORIAL COLLECTION 





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C= An unfere Lefer und Abonnenten! — Dd 


Vor 

>: erfte Jahrgang der „Deutfchen Aunft“ fand mit Nr. 51 feinen Abflug. Damit ift Sas erfle Stadium Ser Entwielung 
unferes Blattes erfolgreich beendct. Es ift ung gelungen, der „Deutfhen Kunſt“ eine Verbreitung iiber ganz Deutfdland 3u 

ae fihern, die weit über unfere Erwartung hinausging. Bei Rünftlern und Runftfreunden hat die unpartetifde, mehr betradtende 

und beridtende, als kritifirende Haltung des Blattes gleihe Anerkennung gefunden. Aud) ste praktifchen Ziele Ser „Deutfchen Runt 

haben Surh Sen von ibr angeregten unmittelbar bevorftehenden 


Abfıhlun eines Kartells der Dentfchen Kunftvereine 


wie einer auf Siefer Bafis berubenden Neuordnung des provinziellen Ausftellungswefens eine bemerfenswerthe Förderung erfahren. 
Die energifhe Betonung ser Einheit des Deutfchen Runftfhaffens hat Anregungen gegeben, die in weiteren organifatorifhen Ein- 
richtungen ihren Ausdrud finden werden. 

Der nunmehr beginnende zweite Jahrgang der „Deutfchen Runft* ftellt dem befehreibenden Wort das anfhaulide Bild 
an die Seite. Die nationale Entwidelung unferer Run wird nicht nur gefhildert, fie wird in muftergiltigen Nachbildungen 
moserner Meifterwerke Sem Auge vorgeführt. Dom 1. Oktober ab erfcheint die „Deutfhe Runt" vierzehntägig in doppelter 


Stärfe unter dem Titel 
Deutliche Kunft. 


Illuſtrirte Zeitfhrift für das gefammte deutfhe Kunftfhaffen. 
Central-Organ Deutfcher Kunft-. und Künftler-Dereine. 


Bindende Verträge mit Rünftlern erften Ranges, Runftverlegern und Runftanftalten ermöglihen es uns, unferen alten 
und neuen Freunden einen fortlaufenden Ueberblid über die Aunftübung unferer Zeit auch im Bilde zu geben. Die begleitenden 
Texte und orientirenden Artikel werden ihrem bisherigen Charakter, die negirende, auf Dogmen eingefhworene Rritit Surh die 
pofitive erfldrende Runftbetradtung zu erfetzen, treu bleiben. 

Dor Allem betradten wir es als unfere vornehmfte Aufgabe, in den mweiteften Rreifen der Bebildeten das DVerftindnif 
für nationales Runftfhaffen zu erweden und zu verbreiten und ftets von Neuem zu betonen, daß man vom Auslande lernen 
fann, obne jklavifh nadhzuahmen. Die Runft ift die edelfte Blüthe eigenartigen Dolfsthums, die man rein halten foll von un- 
feudjtbarer Mifhung. Die franzöfelnde, anglifirende und japanifirende Mode vergeht, das nationale Runftihaffen überdauert fie 
weil es im Volle wurzelt und verftanden wird. 

Aud in der fo umgeftalteten „Deutfhen Runt“ bleibt dem Wirken der Runft- nnd Bünftleruereine 


ein entfprehender Raum im form eines einen halben Bogen umfaffenden Beiblattes gewahrt, während in einem zweiten ebenfo 
ftarfen Beiblatt unter dem Titel 


Dom unk- und Runſtgewerbe-Markt 


die Dermittelung zwifhen Produzenten und Ronfumenten einen ebenfalls reidh illuftrirten Plat findet. 


Die Umwandlung der „Dentfchen Bunk in eine illufeirte Beitfdrift vollzieht fic) im natürlichen 
Fortfehreiten three Entwidelung, fie war nothwendig und bereits bei Begründung des Blattes vorgefehen. Die „Deutſche Kunſt“ iſt 
in ihrer erweiterten form durd alle Buchhandlungen für den 


Ginheitspreis von 2 M. SO Pf. 
3u beziehen. 
Wir fliegen mit dem berzlichften Dante für das ung bisher entgegengebracte Dertrauen unferer Lefer, das wir Surh die 


Neugeftaltung der „Deutfhen Kunft“, für das uns materielle und ideelle Unterftigung in reicher ‚Fülle zur Verfügung ftebt, zu 
rechtfertigen gedenken. 


Berlin, im September 1897. 
Die Redaktion der „Deutfchen Runft“. 


Dr. Georg Malfowsfy. 


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- Deuffche 


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Sluftrirte Seitfchrift für das gefammte deutfche Kunftfchaffen. 


Eentral-Organ deutfcher Runft: und Rünftler-Dereine, 


Alle 14 Tage erfcheint eine Nummer, 
Preis vierteljäbrlih 2.80 Mark, 
Poftzeitungslifte Ar. 1174. 


Herausgegeben von 


Georg Malkoliuskn. 
Sthriftleiftung und Berwalfung Berlin W.57, Sfeinmeßftr. 26. 


Alle 14 Tage erfheint eine Nummer, 
jnferate: 40 Pfennige für die 4 gt- 
fpaltene NonpareilleZeile. 


Publifationsorgan des Dentfhen Runftvereins in Berlin, des Schlefifhen Runftrereins in Breslau, des Runftrereins für das Großherzogthum Heffen in Darnıftadt, des Anbaltifben Runjts 
vereins in Defjau, des Württembergiihen Runftvereins in Stuttgart, des Schleswig » Holfteinifhen Runftvereins in Riel, der Runftvereine in Münden, Oldenburg, Mannheim, Nürnberg, Gera, 
Altenburg, Elberfeld, Barmen, Bielefeld, Börlik, Danzig, Mönigsberg, Stettin u. a. 











Ar. 1. 





2. Oktober 1897. 


II. Jahrgang. 





Arnold Bolin jum 70. Geburtstag. 
Pon Hay Jordan. 


ir, du wunderbarjter unter den Riinftlern der Gegenwart 

— Arnold Bolin — einen Heilgruß zuzurufen an 
A der Schwelle des achten Fahrzehntes, die Du jet 

betrittft, fann unfer Blatt fih nicht verfagen. Das 
töftlihfte Gefhen? Ser Gottheit — Jugend im Alter — ift Dir zu 
Theil gewor- 
den. Wie ein 
fraftigerBaum 
ftebt Deine ge- 
Srungene Ge- 
ftalt vor unfe- 
ten Bliden; dic 
Rinde fängt 
wohl zu bröf- 
feln an,aber die 
Aeſte ſtrotzen 
von ſaftigem 
Laub und in 





verleumdete Areopag trat einbellig meinem Wunyde bei und der 
Minifter ermächtigte mich, Sen Meifter aufzufordern, zu malen, 
was er wolle. So viel ich weil, war das der erfte Auftrag 
für eine öffentlihe Gemäldefammlung, den Bödlin erhielt — 
feine Heimat) Bafel ausgenommen. Jmmer aber foll dabei un- 
vergeffen fein, 
was Graf 
Shat fdon 
lange zuvor für 
einen Riinftler 
gethan, der am 
Beginn der 
fehziger Jahre 
nod als eine 
febr problema- 
tiſche Geſtalt 
erſchien. Es ge⸗ 
hörte damals 


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feinen gebeim- 4 fein geringer 
nißvollen x Muth dazu, 
Schatten fingt Ben Bilder bei Yöt- 
nod immer die Aa lin 3u beftellen, 
Nachtigall und Ge und ebrend foll 
tummeln ſich Ehe man zu aller 
Märdenge- wi Zeit anerfen- 
ſchöpfe. nen, daß Schack 
Schweigend Bocklin⸗Medaille von Hans Sandreuter, Baſel. wenn immer 


in Bemunde- 
rung genießen, 
was Deine 
Hauberhände uns verfhwenderifh gefchentt, das It die wahre feier, 
die wir Dir bereiten fönnen — nimm’s, fo bitten wir, nicht für 
ungut, wenn der Mund überläuft von dem, deffen das Herz voll 
it. Und nun gar die Tinte! Jh glaube, Du Herrlider, gehörft 
3u denen, die diefen Saft am meiften verachten; aber fei’s drum. 
Heute risfiren wir einmal felbft Deinen Unmuth; wir Rleinen 
wollen uns aud einmal fühlen, indem wir Didh bei Namen rufen. 

Unfer heutiges Befhleht, das fo einig ift in der Bewunderung 
Bödlin’s, mag es ung Aelteren faum glauben, daß aud er 
fid) mithfam emporgerungen hat. Als id vor zwanzig Jahren 
in der preußifhen Runftfommiffion, unterftüßt von Reinhold 
Begas, den Antrag ftellte, Arnold Bödlin einen Staatsauftrag 
zu ertheilen, da war es feine Uebertreibung, wenn ih binzu- 


fügte: Ser größte Poet unferer Jahre darbt. Aber diefer viel- 


Beyer Pre 


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Heransgegeden vom Comité für die Bödlin- feier in Bafel. 
Alleinverfauf durd Georg u. Cie, Bud» und Runftpandlung in Bafel (Preis in Bronze M., 16, in Silber M. 44. 


auch beſtärkt 
durch noch ein⸗ 
ſichtsvollere 
Autoritäten, nicht müde wurde, ſeine Sammlung mit Werken dleſes 
„Sonderlings* zu fhmüden. Shat ift manchmal etwas pedantiſch 
in ſeinen Urtheilen, aber Böcklin gegenüber hat er, faſt Allen voran, 
bewieſen, daß er einen freien Blick beſaß, der nicht bloß das 
Berühmte, fondern mehr nod) das wahrhaft Rühmlihe erkannte 
oder fagen wir: daran glaubte. Denn der Blaube an das 
Genie ift die befte Tugend des gebildeten Menfhen. Und ihn bat 
diefer Glaube nicht betrogen, denn in mandem Betradt gehören 
die Bodlin’s der Schacothef (wie der Mündyener fagt) zu den 
erfreulihften und jedenfalls 3u den verftandlidften Schöpfungen 
des ‚Farben-Zauberers, deffen Seele zu jener Heit fic) in der 
Sonne des Südens badete. Auch eine Bemerkung des geift- 


vollen Mäcen über feinen Liebling ift mir fehr zutreffend 


erfhienen. Wie miflich es auch ift, Rünftler von dem urfprüng- 


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IX 





lien Bepräge eines Bödlin mit anderen zu vergleichen, fo wird 
er felbft dod faum etwas dagegen einwenden, wenn man ihn 
(mit Schad) einen Geiftesbruder Biorgione's nennt. Ebenjo 
verdubt, wie vor vierhundert Jahren die Philifter Denedigs den 
Bilder-Träumereien jenes wunderbaren Jünglings aus Caftelfranco 
zufaben, betrachteten 
anfanglid) unfere 
Weifen die Phanta- 
fien des feltfamen 
Schweizers, ‘die fie 
oft genug für Luft- 
fprünge eines tollen 
Bögleins hielten. 
Beiðen gemeinfam ift 
der Sinn für das 
Mpyftifche in der Ya- 
tur und die Dermäb- 
lung Ses Wenfden 
mit der umgebenden 
Sinnenwelt urd das 
Medium der Farbe. 
Könnte das Bild in 
Denedig, weldes als 
„famiglia di Gior- 
gione“ bezeichnet 
wird, oder aud das 
andere in Wien, das 
unter  verfihiedenen 
Titeln au den der 
„Magier führt, nicht 
ebenfo von Bödlin 
gemalt fein? „Man 
weiß nicht, was er 
hatdarftellen wollen 
— erflärt Dafari bei 
der Schilderung der 
Biorgione'fchen fres- 
fen am Canalegrande 
-— und wie viele Be- 
milse Bsdlin’s blei- 
benuns Rathfel, wenn 
wir uns nidt ge- 
nieBend dabei beru- 
bigen, daß der Rünft- 
ler eben Beheimniffe 
feiner Seele malt, die 
wohl zu ahnen, aber 
nicht zu erkennen find. 
Aber aud) unter 
den Modernen fteht 
unfer gepriefener 
Meifter nicht ganz 
allein. Dor faft 60 
Jahren bat in Berlin 
ein genialer Rünftler, 
ungliidlid) und ver- 
zweifelt, die Palette 
fortgeworfen, der et- 
was von er magi- 
fhen Kraft Bödlin's 
befaB Rarl Blehen 
ift heute faft ver- 
geffen; wer aber feine Werfe verfolgt und namentlidh die Studien 
und Entwürfe betrachtet, die aus dem Brofefhen Befik in die 
Nationalgalerie übergegangen find, dem wird aus feinen roman- 
tifhen Farben-Gedanten ein ähnlicher Beift entgegenweben. Ihm 
wurde diefer Drang zum Gift, das ihm vernichtete — für Bödlin 
it er der Quell geworden, der unerfhöpflih rinnt. 
Oft überhaupt dte fhöpferifhe Araft zu bezeihnen, die das 
Wefen von Bödlin’s Kunft ausmaht? „Natur-Phantaft‘* möchte 


4. Bödlin. 


Deutfhe Runft 








man ibn nennen, wenn man damit nur redt verftanden miirde. 
Daß er dank feiner unvergleidliden Begabung den Widerfprud 
auflöft, der zwifhen Natur und Phantafie befteht, das ift das 
Gebeimnif feiner Wirfungen. Er dichtet mit den Mitteln der 
Natur, Wie Michel Angelo in feinen fceinbar übermenfchlichen 
Geftalten muthet er 
der Sinnenwelt um 
uns ber das Aeußerfte 
3u, aber er bleibt 
in den Grenzen ihrer 
Befeße. Daher die 
überzeugende Gewalt 
feiner Shöpfungen, 
die ,,berrlid) wie am 
erften Tag* den 
Jubel der Kreatur 
ausftrömen. Ein Bei- 
fpiel für viele: das 
Bild „‚Befilde - der 
Seligen* in der 
National- Galerie. 
Als ih ihm f. 3. 
diefen Titel vorfhlug 
— jedwedes Rind 
will einen Namen 
haben —, erflarte er 
fic einverftanden, und 
Sod) find wir von 
einem geiftvollen 
Interpreten belehrt 
worden, daß wohl 
nod eine beftimmte, 
ich möchte fagen bifto- 
tifche Dorftellung fidh 
in Sem Werfe ver- 
birgt — die Fahrt 
der Helena auf Chi- 
rons Rügen. Gleid- 
viel! Wie Mander 
bat Anftoğ genom- 
men an den fcharfen, 
für unwabr erflärten 
Tönen diefes Bildes, 
und ennoh: wer 
einmal einen Som- 
mermorgen im Sa- 
binergebirge erlebt 
bat mit der wunder- 
baren Rlarheit des 
Aethers, Ser fatten 
Tiefe feiner fär- 
bungen, der wird diefe 
Sprache verſtehen. 
Aus der Rünftler- 
Phantafie wieder ge- 
boren, gereinigt 3u 
ihrem hödhften Blanze 
laht uns die Natur 
entgegen. Sie fann 
fo ausfehen und fie 
feiert ie fhöne Stun- 
de, da das Mufter- 
bild der Frauen den barrenden Befpielen zugeführt wird. Es 
ift ein Sonntag in der Natur. 

Niemand hat fo wie Bödlin die Luft, Sie Erde, das Wafer, 
das Feuer gemalt. Dem Feuer insbefondere widmete er einmal 
ein cytlifhes Bildergediht, das wenig befannt ift. Es find in 
die Wand eingepaßte Bemälde von verfihiedenem Format, jest 
im Wedelind’fhen Haufe in Berlin, pietätvoll gehütet vom ver- 
ftändnißvollen Befiger und der anmuthigften Hausfrau. Die 

er 


Kenzeswehen. 





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Darjtellungen fıildern Sie Woblthaten und die Furdtbarfeit des 
Elementes, das der Titan dem Himmel entriffen: die Auffindung 
des erften Blutbfunfens, feine Nußung, feine zerftörende Gewalt. 
Sovlle uns Drama wedfeln. Es ift ein frühes Werk des Meifters, 
aber cs offenbart fhon feine wunderbare Fähigkeit und es ent- 
hält bereits Motive, die ihn aud fpäter befhäftigt haben: fo 
den gefeffelten Prometheus, -eine feiner grandiofeften Yatur- 
pbantajien, und den Burgbrand den er wiederholt in verfchiedener 
Faffung malte. 

Die Erde läßt er uns fhauen im ihrer Pradt als mütter- 
lide Spenderin, in ibrem Ernft, wenn die Elemente gleihfam 


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Deutfhe Runft. i 3 


der Wogenfhwall auf hoher See, immer neu und immer über- 
zeugend fpiegelt es fic) in Bödlin’s Magie. Das Waffer feint 
fein cigentlides. Element zu fein. Man fast, er babe 
es fogar in feinen Tiefen ftudiert, um feine Gebeimniffe zu 
belaufen. Das möchte man in der That glauben, wenn man 
ein Bild anfhaut, wie das „Spiel der Wellen“, das die 
fluthbende Mafje „Welle felbft auf Wogen wallend“ wiedergiebt, 
belebt von übermütbigen Halbmenfchen: 

Befunde junge Frauenglieder 

Dom feuchten Spiegel doppelt wieder 

‚Ergößtem Auge dargebradt! 


— 
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— ee 





A. Bilin, Spiel der Wellen. Photographie Verlag der Photographifden Union, Niiinden. 


um fie freien und ringen, in Ser ftillen feier ihres ‚Friedens. 
Wald, Wiefe, Fels und Haag laceln uns an oder laden zu 
finnigem Genuß in einer Farbenfprace, die nur er zu reden vere 
ftebt. Sein Liebling ift der Friibling. Die Kindheit Ser Natur, 
die in der Lenzeswonne jaudzt, die fanften Ciifte, fprudelnde 
Quellen mit genießenden und froblodenden Befhöpfen darumber' 
weiß Keiner zu fıhildern wie der feltfame Mann, der aud die 
Poejie des Todes verftebt. Man betrachte unfer Bild Lenzes- 
Weben*. Die Quellnympbe, den Vogel auf der Hand, fpendet 


das fprudelnde Yap; die Waldgefhöpfe Fommen herbei, fidh 


daran zu erquiden, die Wiefe prangt in Blumenfülle und in 
der Fryftallflaren Luft tanzen die Genien des Frühlings den 
Reigen. 

Und nun das Waller. Sei es die heilige Meer- fluth, die 
thpthmijch feierlih am tempelgefymüdte Geftade brandet, fei es 


Gefellig dann und fröhlich badend, 
Erdreiftet [hwimmend, furdtfam watend, 
Gefdrei sulegt und Waſſerſchlacht. 

- Oder er führt uns in die melandoliihe Einfamkeit der 
Wajjerwüjte und läßt uns das auf felfenzaden gelagerte Robben- 
seihleht und die Seefhlangen eben, die fiir ihn Feine 
Fabel find. 

Wer jo ins Innere der Natur gedrungen ift wie Bödlin, der 
fann aud wagen, fih gleihjam neben jie zu ftellen und in ihrem 
Beifte zu erfinden. Daher die wunderbar glaubwürdigen fabel- 
wefen, mit denen er Cand und Meer bevölkert. Wm mert- 
wiirdigften find feine faune und Centauren, Sie er Surh einen 
fühnen Realismus lebensfäbiger zu maden weiß. Denn er giebt 
nicht die berfömmlichen Bejtalten Siefer Mifchlinge, wie fie uns 
aus der Antife überliefert find, fondern er formt fie fih gleihjfam 


4 Deutfhe Rung. 





aus dem ſchweren 
Thon einer ver- 
gangenen Erd- 
epoche. Diefe Pfer- 
demenfhen find 
derbe zottige Ge- 
fellen, Sie Riipel 
derjungenSchöpf- 
ung, unflätig, aber 
glaubwürdig. 
Daneben dielliren 
und Tritonen voll 
troßiger Kraft, 
gleih Baftarden 
der Giganten, 
theils fatyrartig, 
theils froſchhaft, 
wie 3. B. der 
auf antifer Stele 
thronende Ropf, 
dem das „Sub 
aqua — sub 
aqua“ Ovid's 
aus Maul und 
Naſe dringt. Böck⸗ 
In bat es ver 
ftanden, uns mit 
diefen Zwitterwe- 
* ſen und Unge— 
thiimen vertraut zu maden, weil er fie mit Humor behandelt. 
Mit feinen Menfchengebilden hat fidh die Welt am wenigften 
befreunden wollen. Bödlin ift von der LCandjhaft ausgegangen 
und ift erft fpäter zur felbftiftändigen Figuren - Rompofition ge- 
langt. Ganz forreft gezeichnet find feine Männer und Frauen 
felten; mandmal erfcheinen fie wie Abbreviaturen, und er bat 
Sen Muth, febler zu machen, weil cs ihm immer auf das 
Geiftige der Sache anfommt. Und das ift meit auh darnad 
angetban, uns zu entfhädigen, wo er uns Bewaltfames zumutbet. 
Es wäre gut, wenn unfere Rünftlerjugend, die fo gern zu ibm 
fhwort, es beberzigen möchte, daß Willfür der Formbehandlung 
nur da zuläffig und gerechtfertigt ift, wo ein Ueberfchuß an Jn- 
halt gleichfam ergänzend binzutritt. Und Sas ift bei Bödlin 
faft immer der fall. Der febler ift heutzutage legitimiert, weil 
es unferen jungen Adepten febr oft an Refpeft vor der Natur 








A. Bödlin. 


Hl. Katharina, 


mangelt. Nicht weil, fondern obgleih fic) Bolin mandmal 
verzeichnet, find feine Bilder gut. Der Jdeengehalt ift immer 
bedeutend. Und Bödlin ift in allem originell, befonders aud 


in feiner Technik. Die Leuchtkraft und — was in unferer eit 
der Experimente viel befagen will — die Haltbarkeit feiner 
‚farbe erregt auch die Bewunderung der Widerfacher. Mit 
unendlichen fFleipe, oft berathen von dem jüngft verftorbenen 
H. Ludwig in Rom, deffen bier in hohen Ehren gedacht fein 
möchte, bat er fic) eine Malweife gefhaffen, die bisher nie 
erreichte Wirkungen bervorbringt. 

Sein Hauberftab bat jedes Gebiet, in das er eingedrungen, 
mit neuem Reiz erfüllt. Befonders anziehend find feine ein- 
famen Menjchen, luftwandelnde, trauernde, xubende. Bern 
f&bildert er Eremiten; wie rithrend jener alte Einfiedler, der feiner 
Madonna am Morgen ein Ständden mit Ser Beige bringt, be- 
laufht von neugierigen Engelfnaben, Seren fic) Correggio nicht 
zu |hämen brauchte. Unfere Abbildungen geben außerdem einen 
jener anziehenden Natur-Monologe wieder. Git cs nicht, als 
müßten dem Bejchauer von felbjt .die Derfe fommen, wenn er 
fid in diefes zarte Stüdhen Frühling verfentt und den Bee 
trabtungen der einfamen Beftalt nahhängt, die traumverloren 
ins Wafer faut? 

Mandmal bat Bödlin auch Portraits gemalt, fih felbft in 
Begeifterung auffhauend binter ihm ser Tod, der die Geige 
fpielt. Der Grundzug feines Wefens ift Mufif. Am voll- 
fommenften und crfreulidften unter den Bildern diefer Gattung 


it das Doppelbildniß ‚Mutter und Rind“, am erfgreiendften 
das ffizzenbafte Abbild feiner Gattin, einer Römerin, die viel 
mit ibm und um ibn gelitten bat. 

Als er für Wandgemälde im Breslauer Nufeum Entwürfe 
gab, fhuf er ein Chriftusbild mit Sen nad Licht und Heil Ver- 
langenden, und felten ift diefer Bedanfe weihevoller zum Aus- 
Sru? gelangt. Jm Jahre 1877 ftand auf feiner Staffelei in 
‚Florenz Õie Pietà, die jet Ser National - Galerie angehört. 
Nädtliher Himmel liegt über Ser Erde; aus ihm tritt leuchtend 
das blumenbeftreute Marmorpoftament hervor, auf weldem 
lang ausgeftredt in Todesftarre der Heiland liegt. Ueber die 
Leiche bat fih Maria geworfen, ganz verbüllt bis auf die Hand, 
die den Sohn umflammert. Da öffnet fih das Bewölf; von 
findlihen Genoffen umringt beugt fih Gabriel, der Engel der 
Derfündigung (er war damals nod durch den Lilienftab tenni- 
liher gemadt) tief binab zu der trauernden Mutter und rührt 
fie an. Die große Tragödie, die da begann, als er ibr diefen 
Sohn verbeißen, ift nun zu Ende; es ift vollbradt; der Bote 
Gottes will Maria tröften. 

Seit Vollendung diefes farbengewaltigen Bildes find zwanzig 
Sabre verfloffen und unaufbörlid bat Bödlin uns mit Werfen 
feiner Hand befhenft. Da diefe Hand und diefer Geift nie 
erınüden möchten! Er laffe Glarus Ffarus fein und erfreue fih 
goldener Tage auf der feftgegriindeten Erde. 

Geleite ibn ferner Apollon, der berrlide Gott, Dionyfos 
Ser Schwermer, uns Du, holdladhelndge Aphrodite! 


Der Schöpfer der auf der erten Seite unferes Heftes abgebildeten 
Bödlin-Medaille ift der Maler Hans Sandrenter. Als der bedeutendfte 
Schüler Bödlin’s und zugleih als Freund des Meifters war er in bejonderem 
Maafße zu diefem Werke geeignet. Er bat ih nidt darauf befhränft, dem 
Medailleur Zeihnungen vorzuarbeiten, vielmehr das plaftifhe doppelfeitige 
Modell der Münze felbft mit höcfter Sorgfalt und bis ins Einzelne fertig 
geftellt. Der Avers der Medcille zeigt das Porträt Bödlin's, gebildet auf 
Grund der von Sandreuter zu diefem Zweck vor kurzem in Florenz auf 
genommenen Zeichnungen; der Revers it gefhmüdt mit der freien Madbildung 
einer in Bödlin's Befike befindliden Replif des befannten fhönen Bildes 
„Malerei und Didtung’s Das Graviren der Stempel und die Prägung der 
Medaille wurden in dem Atelier Huguenin freres in Locle ausgeführt. 














A. Bilin, Studienfopf. 





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Deutfdhe Runft. 5 


Das wechfelnde Schönheitsideal und das Srauenbildnif. 
Pon Georg Malkowshy. 


die Aefthetif des Frauenbildniffes eine Gefchidte der 
weiblihen Schönheit, wie fie fh in den Porträts 

der verfchiedenen Zeitabſchnitte darſtellt. 
Der Zwedbegriff der äußerlihen WAehnlichfeit haftet dem 
Bildnig als wefentlihes Merkmal an, er ift das Regulativ 


D' Aefthetif ift eine Befhichte der. Befhmadsentwidlung, 
9 


Was wir von dem Frauen-Portrait des Ulterthums wuften, 
war im Wefentliden funftgefhidhtlihe Refonftruftion. Man 
mußte von der Technif der Skulptur auf die der Malerei zZurüd- 
fliegen. Die eigentlih griehifhe Aunftübung dürfte uns 
außer den Büften der Didterinnen Sappho und Corinna faum 
mebr binterlaffen haben, als eine Anzahl von Grabjtelen, auf 











a. Bödlin. Pietà. Photograpbie-Derlag der firma frig Gurlitt, Berlin. 


für die Portrait-Malerei und feffelt fie troß alles Jdealifirens 
und Stilifirens fefter nod als andere Zweige der bildenden 
Runf an den Nährboden der natürlihen Erfcheinung. Aus 
den Frauenbildniffen der verfdiedenen Zeiten ließe fih eine nicht 
gefhriebene Rulturgefhidte fonjtruiren, die, das intimere Leben 
der Völker fhildernd, mindeftens denfelben Anfpruh auf Wahr- 
beit hätte, wie die Bejhichte der großen Thatfahen. Raphaels 
Fornarina weiß uns mehr von der Befhichte der Renaiffance 
zu erzählen, als desfelben Meifters berübmteftes Papftbildniß. 
Die Perfönlichkeit des Mannes pofirt im Portrait mit dem ganzen 
Beiwerf feiner äußeren Würde und Stellung, das Frauenbild 
wirft nur urd feine natürliben Gaben. Mit der Wiedergabe 
des individuellen Reizes ift der hödhfte Aunftzwed erreiht. Das 
Frauen-Portrait iff meift wahrer und aufridtiger, als das 
Mannerbildnif, weil es fic) mehr auf die Darftellung der von 
allen fonftigen Beziehungen losgelöften Perfönlichkeit befchräntt. 


denen die Hausfrau inmitten ihrer familie oder in der Aus- 
übung ihrer häuslihen Pflicten erftheint. Alle diefe Dar- 


‚stellungen aber fteben unter dem Einfluß des Haffifhen Schön- 


beite-Prinzips. Es handelt fih mehr um die Wiedergabe des 
idealifirten Typus, als um die der individuellen Erfheinung. 

Erft die helleniftifhe Periode verhilft der in ihrer 
Eigenart ausgeprägten Perfonlicfeit zu ihrem Rechte. Jn diefe 
Heit dürfte eim großer Theil der Bildtafeln aus agyptifden 
Gräbern zu verfegen fein, die der fih allmälig nad allen Wind- 
tihtungen Zerftreuenden Sammlung Graf angehören. Hier zeigt 
fih jene naturaliftifche Unterftrémung, obne die eine gedeihliche 
Entwidelung der bildenden Künfte nicht denkbar ift. 

Jn der Runftübung der römifhen Raiferzeit gelangt 
fie zur Herrfhaft und findet in den erhaltenen Büften der 
Raiferinnen ihren bezeichnendften Ausdrud. Dugleid macht fih 
bier zum erjten Male ein gewidtiger Fattor — die Mode, in 





EEE ET AN 


Bauen, N 99 ‘Dentiae Bunt. 


burlesfer Weisk geltend. Ein Theil diefer Bülten batre einen 


in Stein gebildeten, abuehmburen Haaranjjag, der je mitch dem." 


wecfelnden Beihmad durch eine andere Frifur. ericht werden 
konnte. 
durch, man. begnügt Th Samit, unter Wahrung der Nebnlichfeit, 
der Portraitbüfte dem allgemeinen Tepas irgend einer meibliden 
Gottheit, dex Jans, der ‘Minerva, der Denas, Ne Diana zu 
verleihen. i 
Has der antifen Runfmelt bat A im Brofen snd Savin 


Elia in Se fpatere blnbeegeeltet: Das Jdeat der 


flaffifthen meib- 
Lhen Schönbeit, 
wir te fith worsuas- 
weile in der Profil 
Linle ausſpricht, die 
niedere Stirn, die 
gerade verlaufende 
Vaje, das anmutbige 
Oval des Wangen- 
Umeiffes, 

Unter der Hees 
ſchaft dieſes Ideal⸗ 
ſteht aud zungchſt 
das ftauen⸗BUd⸗ 
niß der Renrifs 
fanit, wengſtens 
infomrit de Wieder. 
aehnrf des Haffıfhen 

Hiterthunts : von 
Melienausgebt; Mber 
das sani profil 
füngt any ‚fi indie 
visuell zu beleben, 
die wadjendse Bri- 
jteshildang der Frat 
en, die ſich ihren 
Thell an dent heller 

‚urcherömifiben 
Willen nicht nehmen 
laien,  Hberbabt die 
meedere  Zülrslinie, 
un die paller gebil- 
deten Lippen Ipielt ein 
Hug teizvoller Sinn- 

Jitter, gnd er Uue» 
druck des leuchſenden 
Aues vernñerllcht 
CAd Ju den Frauen⸗ 
Portrals der Glient⸗ 

fihen ' Nenaiffence 
famınt allerdings nur 
die. höher grgansfine, 
dur Rang und 
Yeidthu über dns Gowdhalide panabo. "Weiblichkeit 
sut Darella. Wo dic Derföntichleit für die Verdektiichung 
diefer Erflufivität nicht ausreicht, tritt das prähtige Beimerk oder 
gar Me allegorifihe Nafaa helfend cn. Das Frauen⸗ Bilduſß 
der Renaiffance bleibt Rud in tiefem Pante von feinem anliten 

Vorbilde abhängig, ee vergöttlicht Se weiblihe Fhönbeit init 
den Jelnem epigonenbaften Charatice angentefferren Mitteln, 

Daneben aber machen fit awei audere, aus den europaſſchen 
wirtelländern mit eenan ſhet Bendlferung bermpt- 
gehende Strömungen geltend, die in einem mettwärdigen Begen- 
iage zu einander eben. Die wiederländifche Aani predigt mit 
leuchtenden. ‚Farben und hollen Amriflinten: den Kultus oer 

Sinnlichkeit, nad in deutidien Stau Bildaijfen Serfelben Felt 
gelangt zum erfben Mile die Inaritifeit des wribliden 
Brmülbe zum Nussrude,  Nubens' Helene forman und Rem» 
betudt's Satia einerjeits, Düter's. und Holbein's. frauen Bils 
niffe aus pateisifihen ond J— Kreiſen anderetſeils 


a, Biain. 


Das Prinzip. der Jdenlifirang Tchimmer nur nob lefe 





Aluiter und Wind, 


ee 


liefern Me tröffenäften. N, betes Ranftauffaffang.—, Matt 


man das, was die meiblide Porteat-Malerel des fpateren Mittels 


„alters geleiftet und. der Nachwelt überliefert bat, abgefehen von 


den eben erwähnten Nebenftrömungen, auf eine ‚formel bringen, 


fo mirè man fagen können: mir werdanfen dee Nenaijfance das 


adeal der finnliden franenfdsnbeit 
Das Rofofo bradte cine neue, ſeliſam verfchnörkelte Mrt 


Seas Fraden-Ruling, die tm weiblichen Bilduuß ihren addquater 


Anedrud findet: Neber dec sierlichen Unnatur Ser hacen chohe 
des KNefftoch des gemaltfam gefchnürten Mickers wiegt fi das 
grasiöfe  Köpfiben, 

von: Ködden amt 
cabmt oder non einer 
tburmbaben: frtfur 
dibesragt, die ſeine 
puppenhafte Anmoth 
nod deutlicher her⸗ 
vortreten laͤßt. Die 
ſchmale Stirn mit 
den fein gezeichneten 
Sataf Die fibsa 
> bismeilen fünftlich 
— azene 
Magendrauen, bse. 

nn äteregelnäßige 
Atumpfnäschen, dic 
le. 38 Anen Bone 
aL gefpigten Vippen, 
“Sas Bribden im 
inn, das Alles 
mweift anf rim aes 
‚ea: bin, auf das 
 jpenl deranmatbigen 
=Zdönbeit ni jeden 
Preis, jelbit um Sur 
= der Aetürlichfeit. Es 
tet uns iie den pers. 
fcbledenjien “Bere 
menfdlihangen ent 
gegen,  ahmdria: bis 
zu jeneujehtfans sopfi- 
gen ‚Franenbilönisfen 
Anton Praf s, Hi 
denen Me tige Mne 
muth Ad awsniamt, 
als ob fie ihre cigene 
Brofmutler neäre, 
Die Bilon ber 
„Fran Rath Bortbe 
vrranfihauliben am 
biflen. jene. he der 
Bewegung. erjbirele 
Sierlichleit, die. fih 
von dem Bemuifen ibrer Würde miras fe einem  Entrechat 
- horreur!—— hemmen lagt Das ‚frauen Bildnif des R ototo 
hat etmar sattenubaft Pfeudo«Linslides, in der Mürde Hefpreigt- 
Pompöfes, aber dur alle Hanatue feimmect als Gewolltes, 
wenn auch wiht Erreichies das Focal der anmutbigen 

Franenfhönbeit, 

Was dem. Körper redt tit, ift dee Seele billig, dee werd- 
lihen Minib bes Leibes entipricht de ‘sertie Emphndiimkeit 
dee ‚Fühlens, In den ‚Frauentöpfen See Weethersett nud Ser 
darauf folgenden Hamantit it ew abt über, Ne Spuren 
der Maiden, einfahen Jorniengebung wiederzüfinden, untlar 
nadhempfanden und pater im Sinne des nabmirfenden Empire 
Stils zurcchtgeftugt., Aber zu der überfammenen "oder bewußt 
nacgenbmien Einfadbeit der Linenfuͤhrung trilt An went 
Element, das nah Nusdrud tingende Sentimen, die .fhenr 
Seele, Eine gemiffe mimofenbafte Wrath, Ste Tinnig feiimärte 
geneigte Aopfbaltung, die Schmichtladen, das gro „Teelenmolle 


‘matte, paftellartige Farbengebung binein verfolgen tann. 


Auge, die fpibe, carafterlofe Bildung des Rinns, das Alles 
weit auf eine einfeitige Befühlsrihtung bin, die man bis in die 
Das 
Ende des vergangenen und der Anfang unferes Jahrhunderts 
haben uns mit Sem Jdeal der fentimentalen frauen- 
ſchönheit beſchenkt. 

Wenn man von dem modernen frauenbildniß ſpricht, 
ô. h. von dem unſerer Zeit und der Zeit unſerer Väter, ſo wird 
man zunächſt trotz aller Anerkennung für die techniſche Hand- 
fertigkeit alles ausſchließen müſſen, was nicht über das Maaß 
der handwerksmäßig hergeſtellten Aehnlichkeit hinausgeht. Das 
Kunſtwerk im Portrait beginnt ða, wo der Künſtler aus ſeiner 
eigenen Auffaſſung heraus nach der Richtung des Schönen oder 
des Charakteriſtiſchen hin ein undefinirbares Etwas hinzugethan 
hat. So lange er nicht über die bloße Aehnlichkeit hinaus— 


gekommen iſt, bat er feinen Anſpruch auf den Namen eines 


Rünſtlers. Die Grenzbeſtimmung des Schönen und Charakteriſtiſchen 
hängt von ſeiner Individualität, die Unterordnung beider unter 
das Ideal weiblicher Schönheit von ſeinem durch das Schönheits⸗ 
Ideal früherer Zeiten bewußt oder unbewußt beeinflußten 
Geſchmacke ab. 

So wird ſich nicht leugnen laſſen, daß in dem frauen- 
bildniß der erſten Hälfte unſeres Jahrhunderts die überaus ein— 
fache Formengebung der Antike nachklingt. Der konventionellen 
Linienführung des Umriſſes entſpricht die Glätte und Abgetöntheit 
des Farbenauftrags. Die naive Zimperlichkeit des jungen 
Mädchens, die hausbackene Nüchternheit der Frau ſteht im inneren 
Zuſammenhange mit dem männlichen Biedermeierthum jener 
Jahre. Das ſchlicht anliegende Haar mit der um das Ohr 
gezogenen Flechte umrahmt kühl verſtändige Züge. Ueber den 
ſtillen Augen, um den ſchmal geſchnittenen Mund liegt ein un— 
beſtimmter Hauch altjungferlicher Verſchämtheit. Die Begas, 
Magnus, Meyerheim, Sohn ſind im Frauenbildniß von dem Ideal 
ihrer Zeit abhängig, das ſich etwa in der Bezeichnung Othello's 
für ſeine Desdemona, im „ſanften Schweigen“ verkörpert. 

Dann ſetzt zunächſt ſchüchtern, mehr und mehr erſtarkend, 
die Rückkehr zur Natur ein in unmittelbarem Zuſammenhang 
mit der Veränderung der fozialen Stellung der Frau. Der 
Fleifhton wird lebhafter, der Ausdrud bewegter. Die fih ent- 
mwidelnde Tehnit überwindet fpielend die äußere Sıhranfe der 
Aechnlichkeit und fudt die Charafteriftif urd ftarfe Betonung 
des fozialen und geiftigen Milieus zu ergänzen. Das Beiwerf 
wird gleihmwerthig behandelt. Die forgfältig nadgemalte Natur 
fegt ih auf den ebenjo forgfältig gemalten Divan oder Pliifd- 
feffel, und der Naturalismus wird wieder zur Romvention. Die 
Willfür bedeutender Rünftler weift der weiblihen Individualität 
einfach einen Platz in der ihr ungefähr entjprechenden Dergangen- 
heit an. Cin Rembrandt-Hut macht aus der Banquiers-Battin 
eine Patrizier- frau des fiebzehnten Jahrhunderts, ein gepudertes 
Toupet verbannt den naiven Badfifh in das Zeitalter Watteau- 
fher Schäfer-Szenen. Ueberall tritt das Beftreben hervor, die 
banale Weiblichkeit durch äußere Zuthaten in das Rünftlerifhe zu 
überhöhen, mit verfchiedenen Mitteln je nach der gefellfdhaft- 
lien Stellung. Die Frau hat fih aus der Häuslidykeit heraus 
in die Befellfhaft „gerettet, fie wird entweder für die gute 
Stube oder für den Salon gemalt, jedenfalls verliert fidh ihr 
eigentlihes Wefen in der abfihtlihen Bekleidung oder Umkleidung. 
Die Stoffe und Detailmalerei umwudert die Perfonlidfeit. Don 
Guſtav Richter bis zu Konrad Riefel, von Guffow bis zu 
Cenbad und Raulbad erftarft Sie Technif zu feltener Voll- 
fommenbeit, obne bei aller Meifterfhaft im Wechjel der Moden 
und der gefellihaftlihen Formen zur ruhigen Ausgeftaltung eines 
neuen frauenideals zu gelangen. 

Die uns zunähft liegende Gegenwart fceint auf einem 
wefentlid anderen Wege einen Anlauf zur Erreihung diefes 
Hieles nehmen zu wollen. Sie ftrebt, unbeirrt dur das ftilijirte 
Jdeal, nad dem Charakteriftifhen, die Schönheit erfdeint nur 
als die Hülle des inneren Wefens, das überall fiegreih Surh- 
bridt. Das Charakteriftifhe der weiblihen Perjönlichkeit ver- 
flühtigt fic leichter, als das der männliden, es zeigt fih eher 


Deutſche Kunſt. 7 


in einer im Fluge erhafcdhten Stimmung als im feft ausgeprägten 
Gefidtsausdrud. Daher gewinnt beim modernften weibliden 
Portrait das Erfaffen des rictigen Moments erhdhte Bedeutung. 
Das bligartige. Fefthalten erfhöpft das Wefen eines frauen- 
Charakters mit größerer Sicherheit, als die unmwillfürlic zur 
Pofe führende Beobachtung. Aus diefen Erwägungen beraus 
entwidelt fic) cine neue Schönheitsform des Frauenbildniffes, die 
man dem ganzen Zeitharakter entjprehend als die des nervöfen 
Augenblidsportraits bezeihnen möchte. Nicht die ruhende 
Umgebung, fondern die wedfelndse Situation führt bier zur 
Offenbarung des Senfenden und empfindenden Seins. Schönheit 
und Häflichfeit verfihieben ihre Grenzen unter der Einwirkung 
der momentanen Empfindung. Das Portrait wird wohl oder 
übel zum Genres und Sittenbild, es gewinnt ein allgemeineres 











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A. Bödlin. Krojchkönig. 
Pbotograpbijder Verlag der firma frig Gurlitt, Berlin. 





Intereffe, das über die Schran- 
fen der guten Stube und des 
Salons hinausgeht. Dem fen- 
fiblen Charakter der modernen 
Frau entfpridt erGmprefjionis. 
-mus ihrer bildlidben Darftellung. 
Weibliche Bildniffe von Haber- 
mann-Miinden erfdeinen wie 
fünftlerifhe Charakter-Difionen 
im fFluge erbafdend und mit 
einer f liichtigheit abfonterfeiend, 
die geiftvoll andeutet, ftatt liebe- 
voll auszuführen. Ein eigent- 
lihes Schönheistdeal fennt das 
moderne frauenbildnif nicht, 
es haftet von Individuum zu 
Individuum und fuht — die 
Seele der modernen frau. 


Norbert Pfregfchner 
und das Märchen in der 
Skulptur. 


Dor einer Reihe von Jahren 
“erregte eine Marmor - Gruppe von 
Sufmann-Hellborn — das flum- 
mernde Dornröschen auf einem von 
Rofen umwuderten Throne — auf 
der Berliner Runftausftellung Auf- 
merffamfeit um der fubtilen Behand- 
lung es Marmors willen. Das 
Marden fannte Feder, und das Rofen- 
gewirr war wirflid mit großer Runft 
aus dem Stein heraus gemeißelt. Seit- 
her hat "die Skulptur eine wefentlid andere Richtung eingefhlagen, durd) die 
Denfmalfabrifation in Anfpruh genommen, malerifh in der Auffaflung, in 
der formengebung dem naturaliftifhen Zuge der Feit folgend, zwifchen der 
Wiedergabe der Wirklichkeit und einem gewiffen Hange zum Phantaftijch- 
Symbolifhen fhwantend. Der Zufammenbang mit der Antife hat üh un- 
merflid geldft, aber es läßt ih faum behaupten, daß fih, «bgejehen von 
dem leicht erflärlihen Monumentalpatriotismus, im Stoffwahl und Geftaltung 
nationale Eigenart bemerkbar madte. — So reid) unfere jiingfte Dergangenbeit 
an bildnerifhen Motiven fein 
mag, die Mythologie das 
Marden und die fagenhafte 
Dorzeit unſeres Volkes hat 
unter den Bildhauern von 
jeher nur ſpärliche Khapſoden 
ihrer eigenartigen Schönheit 
gefunden. Eine gewifje nebel- 
bafte Myftif, eine Neigung 
zum Grotest-Uebermenfdliden, 
die fnofpenbaft verfdwommene 
Anmuth unferer Sagen- und 
Märchenbildung ſchien der 
ſcharf umriſſenen Fformengebung 
in Erz und Stein zu wider 
ftreben. Und dod) ware es be- 
dauerlidh, wenn die Geftalten 
unferer Marden aus dem 
Stofigebiete der Skulptur aus- 
fhieden. 

für den Bildhauer fpielt 
das zufällig gefundene Modell 
eine größere Rolle als für 
den Maler. Beim Anblid des 
„Märdens" von Norbert 
Pfregfhner auf der Ber- 


U, Bilin. 





Der Einfiedler, 


Norbert Pfretzſchner. 


liner Runftausftellung fiel mir fo- 
fort eine reizende Modellfzene ein, 
die h bei Gelegenheit eines Atelier- 
befudes abfpielte, den ih dem 
Rünftler machte, um feinen Entwurf 
zum Bismarddenfmal der Rorps- 
ftudenten fennen zu lernen. Pfregfchner 
war eifrig befhäftigt, einen einfachen 
Geburtstagstifh  herzuridten für 
— fein Modell: ein paar Blumen- 
töpfe, billige Gebrauds gegenftande, 
bei deren Arrangement ih ibm nad 
Rräften half. Als das Mädchen 
eintrat, fhüchtern, von fdeinbar 
dürftigen Rérperformen, fonnte ih 
mir die Wahl diefes Modelles faum 
erflären. Der Künftler führte fie zu 
ihrem Geburtstagstifh, die ganze 
Geftalt beugte fic) neugierig vor, die 
nicht eben fhönen Züge belebten fih, 
um Augen und Mund fpielte ein 
naives Staunen — die Marden- 
freude eines Rindes. 

Diefes freudige Staunen ob eines 
niedlihen und do natürlich erfchei- 
nenden Wunders fand id in der 
Gruppe ,, Das Marden", wieder, mit 
dem Pfregfdner die foeben ge- 
fhloffene Berliner Ausftellung be- 
fitte. Die leicht vorgeneigte find- 
lide Geftalt, die in leifem Erjchreden 
gehobenen Hände, deren ‚Finger fi 
doc wieder neugierig der winzigen 
Elfenténigin auf dem Baumftamm 
entgegenftreden, die jungfräulichen 
fhmiegfamen Glieder, das Alles er- 
innerte unwillfürlih an das ftaunende Beburtstagsfind im Atelier. Dem Natur- 
linde it das Wunder fein fremdes, den Zufammenbang des Seins ftörendes 
Element, es neigt fih ihm als etwas Seltjamen, aber feineswegs Erjdredliden 
zu. Elfen und Zwerge find ibm hold vertraute Erfdeinungen, mit deren 
Rönigin fid ganz gut plaudern läßt, wenn man — ibre Sprache verftebt. 
Man fann fogar, fobald man fie recht fennen gelernt, mit den Waldgeiftern 
einen lojen Scherz treiben. Das faunden in der zweiten Gruppe Pfresfdner’s 
dehnt fid) behaglich und fiebt fic) zufrieden ladelnd nad dem Schwänzden 





Moderne Malerei, 








im, dis id ein — 6 init | he greliten etn bemalt. ebene 


‚Malerei‘ nennt  Pfrekühner dieſe ‚aumdbhige Gruppe, vielleicht ein wenig zu > 
adj Darf man fle ‚allgemeiner, | deuten, Jo ik ig bas mit See Natut 


prirast gevaren Menfhentiiß, aa fie. fpielend umminadelt nach. feinem 


Pefdrand, tor ololerten. Fannenfhwängden grünem. Guid sind biim 
; “tine ‘tarbe. Fan flerifibe Bedeulnny 
“te whbline Wiffion: brefeth 
Mass jsansysftfher Piata r 


Kaubgensen th ymdiret any Ad fo ted eine nene Wri Pami, 


‚Kirbenswürdigee upt bie) Quintellenz der Märcenbildirtg, een 
bie. erden rippen Weorbest Picenjaner’ a An denlfher Wandering find Be 
gehaen ind wollen stenje naderapfindend — fein. Me ein her UN 


‚ner ‚ik ber Künikler vom Mobdetl 
ausgegangen und. Yat da Bae 
fate feiner Aörperfiildung zu 
tinem grmoltien und doch abits 
loa WAEN, ment, ‘umge: 
ftaltet. 

Norbert Pregfihner bat äuf i 
dem Gebiete der. Monumental | 
 plaftit bémertensmerthe - Erfolge 
cbabt⸗ ent elften neben jeinen 

von Jugendteaft ſirohenden N 

“mart als Horpefindent“ de 
herbe Anınuth Seah Se 

fräudichteit. Bermanifh empfunden 
etek des batafbliigen Anäbleine, 
uch dte „moderne Male wohl 
unwücfigen . Hiniors mit dem 

Symbol frietemd, zum Nabdenfen 
anregen) obne ea gn ersmingen, 
Anig und nel zagltic roe 3 
einer Snfaktefltnmundg gbir N) 

Wie das irdi Casall) 
faum tit fesielten titeraria 

Dorbils Hat, fo fehlt der proberen 
Materei jede polemifihe Spee: 
Ga ift faw Fandy wns mën: 
der Bahie dinmat nachmian, tote: 
te Mape Badlia’ fo oft gayan. 
nad the mit einst felifam ere 
fheinenten farbig eia Ahnippe 
then fasligt. Handvit ¢3 fh dot 
nor um etn Faustenfhwängden, 
und daa bodbeinige Bäbhen ger 
denft Mer mit ‘feinem meneti 
Anftridh unter feinen aako. 
‚Furore au machen. Wis una on > 
teiden Suuppen beſendets gefallt,: 
das iit neben dem mtivrn: Ef 

"ber Aafaa der. ajde Rey 
in ber Behandlung ten Nutten. 
Pfeesfenere unverbüllte Mädihen- ° 
Gefallen Find fit) dea Mangels 
an Bekleidung narnict bewußt. 
Sie krifi fi mit ihren Reizes 
wiht wed ſchamen fih three mich), 
weil die Naghen tbr mstürlihes 
Märbentecht af. Sie: Tofriliren 
nit nad dem Beiihäurr bin, Senn fie willen MiG von Set hirben Zibsadei, 
die non Abeer Hlahten Bliedern a att \ 








Die —— ati Pilat des ftädtifchen 
Suermondt-MTufeum zu Machen. | 

„Berlin, seine Teanzdfifbe SEN" bien. der Tilet einer Beofhüre, Me wor 
Jahten von einem Maties dex drutſchen Zpracnerdins beranageachen wurde, 
ide Mbit, ge grinen, wle sith Tranasffite  Hereidonuugen men Ramen 
fd dem Ange deo fremden ty Merlit sefber Sartieten) 

Mit eiel aröferem Kehti könnte Nahen eine, ‚nfeangenhfähe Sai genannt 
werben, dehnen. Glebt dor Stregeninmen An "Dentfcher sind dan aber Im 


Ransanfiter — t pru ite Reema, Gebtidere feah oſiſch ez MR ‘ 








Morbert Direpiner, Marken. 


vy tinier feben** 
haft im alten Sin Athöneaphielen ı Bilderrepraduftionen baben fein Inlereſſe 





ich nr —— al ẽ 





— Bed rhenfo fane von einer in dte andere Hand wie das 
eꝛdſche und: die Damen heben tiwas von dem Geſchmat ihrer weſtlichen 
Yadbatinen In Bieidung, Yoltand 2c. am Mh, gies Pho genligend, im: den 
‘ ae moblibuenden Einprut u arwinnnt. 


Es ap epit nue fa atiiettit, * ‘bet Sem Herben anſeten Plataten 
an neben, in der Ach bas Verſtandniß für 
Aet Die unlängft ftallgebabte „Unge 
seit ‘Yoloffalen Erfolg haben mufiie. 
ee Auch mee tene; Sas allen Reifen drr Einwohner eigen 
zu fein fien bat Here Profelfor 
iir Mag Schmid jekt, wieder in 
dent einer Letiang  anvertraaien. 
Rädtifhen Suermondt-Mufenm eine: 
„ätusftellung beutfher Plafale* 
orränftattet. — Diefelbe IR mit 
großen ‚Beihmal artangıt and 
giebt, im ihrer Rethbattigtett 
denttäch netun Aber die axe 
ihaili. Entwilüng - in 
Desifihland bislang - je fete. 
nernahläfligten ——— 
fe en fortida gu 
‘fonftaticen, das. läßt -fh 
nidt leugnen, ` nat- mands 
der Platate redet eine deutliche. 
Sprache non ‚dent großen Ders 
ftändnif, das der Heftetter, wer 
Chef der. beauftragten Anftalt, der 
Alnjler und. — last not least 
me Det Mitbograph von einem 
tünjkerifhen" Plakat hatten: 
Dao Wort ,finftlerifih war bis 
jent- mit. unferen Plataten. nidyt 
in Derbindung zu beingen, dean 
bie füßlihen Bilder, yandwerte- 
mäßig und langweilig Uthogre 
pity deren Sihrifttert jo plump 
and Thwnlitig auf dem Bilde mit 
Bändern cand Medaillen orrgiert 
angebrad@l war, fonnten auf Mefe 
Bereidhnang makelid feliren Ur 
ipay maden. — Zum Glg 
faben dann: einige Froftnöuftrtelle 
A, da mil dem Buder ſplel 
nicht viel anzufangen. fei, wenn 
zo anf Wirfung Homm und 
damit mar. ber etfe Beriti yu 
ber Erferminif. geigan, wae das. 
PHatal eigentiii’ bezweit.. Ee 
tt nicht nötig, nodmala bite 
darauf binguweifen, weidhe Air 
tribute einem Rünftlerifihnmodtenen 
Plakate eigen fein mülfen, ea wird 
jeder anfinertfame Lafe bey Dre! 
nachfolgenden Bejhreibung ofort: 
‘Me: dem: beleeifenten Diafst ans 









 gaftenden eier — ums » dang wien war ‘baler “werinteden morden 


wär... 
‚Die Quatelina enthalt ungefähe. 30 Plotate wol en oetfiiederien 
Künftlern, nad. Seren Originaten fa 40 Aunikanttsiien Deutfiblands sic 


- Heprodattionen Srhefert baben. Daß unter dleſen 200 Pisfaten ak tet: 


mäßige Freodufle  worfommen, dét? nihi Wunder nthmea, wen man die 
Abfiht Sea. Derunfialters beriitfisitigt, einen Nitia auf die Entwidelung drs 
Seuifthen Pistler u geben. — cd beihränte mich daber bd der Kefthrels 


bung nur guf tiae Unzabl bervortagender fitment, deren Hilfatrsfte: Eubo⸗ 


draperi. derartig ‘arfthult Ans, Dat au in lechnifiher. Bezirhung don ‚einer 
Wichergahe bie nede Yen Lana, — Die el nnd Ihabianen. 


ant dem tiftortfiben, iud alfo det Befdrelbung richt: wert, 
Eine Abe, bie Raben An “Being auf Cednit und Fathen · 


if 


an PERE. 










Crenit elon: su, auf at tana — eat mit: 
he nur dir im alten Sul Utbograpbitten , ‚Banfoplatatel — nae 
b Das belie Plata Sief Unfit ag eritfählesen. davjenine pon „frik ebm: 
; Münden, tan J der toben ‘Platattontue 3 einen Meinen H Preis 
ae Ea. agt ‚eine i deren, einem 
Lege od, mit Sonnecynlent: eine — raucht, — gi 





feiti die wätbendfien A bi os wri pure 5 
Ungerfhe Piafar Eirvrarin ift ganz başi i 
toni yom „fühen Bilder" abzubringen und pen Sae Dettoni für) 
die Miyon de Plofats zu erleichtern. — Weld eine Feine Stine g An Hier‘ 
alter Stade, wither denen Beiienbogen fish die in det. ‘Uhendfonne ‚glängenden 
‚Hutpen der Elbe bindurhmätzen. Und. Bui one. mit A anion 
Die Fehieung and Me Tecdhmit (Frnt, ie pi ape 
fde ïo das Piafet. ausufehen, RE ae EAE STERN 
‚Im Dresten, der Krnfilichenden Stost, — tine ER bie ‘fa 6 im: 
der ‘Platatbeande eisten Ruf, ermorben bat, ya it Th Beyer, Die firma w N der She ben — oder dritten RN 
ferit — Srloptanseige: a8, “Sat ee aine allegorifäe frasrny Preis — Konnte, ‘8 fo. wenig den Ynforderungen eines. modernen" 
gealt, nen ple i: i pete entfpridt, ‚vielmehr eher an die alten. Bilderfpiele ‚erinnert, ia 
in Stel Fates und Bold gemt and wit, in dem format 80 a 57 cm. ' Die firma Biefede & Drorient feit einige fehe, gute Piatate ans il 
fehr auffallend) Der Éuinftler ifi iffers, won bis * das — Beit annee um „fahrnider) zur Shaun, Bo ih 5. 3. dis 
werke Rene fear Piatak von I. Fi J ——— Werke (Een Aublmane 
£ eg) ee pont thn i in à ine fein Einfachheit gtofarlig. und ea if eine: ‚Wohlibat, N 
s “smifiben: au dem. Ata i > ir met w Pordig, peter 




























































er Ta welurgemäß die — 
N in ee —— 





— Wir: — ‘ie. wieder ‚dem ge ‚san 
Hebe, See ein Meiftenost- s dem ‘Pistat” ‚für 
de dom: Morte 3 Atniipter « + Bseferngünder- 
Kefelljihant gebeten ba Ver ‚Äberkrifft | iw 

um — noch Bae LafermeCigaretien- 



































g rin ale Kod. farbe ehr Baia 

"Plafat. “fient demzufolge immer „feiih" ana... 00 

Me Fee, tinen Mervis in mmodetnem Pelz, * Ve Sobe 
Cylinder ‘bie ‚Basflammen am dunkelbkanen Nacht · Ahlen 
himmel durch ben eleftrifihen. ifrenn in Bernd 
fehem au lajen, it ilih, — Den: der fima, — 
it ferner ein Patat n genialen Beßeünden 7. 1... 
ausgeitellt, das in feiner vornehmen ualang au 
ob werdient, Brei i es im ‚allen. ‘Sn ge y“ 














Arketa Seiederickanifter Offer en sete taia — 
trinten Es it im Unido an daz Wdjabrige © 
; Fnbiltum ber, Fma FW. Wefenberg, Eihsdien 0.0. 
fabat trfóienen tind zeigt in gefoltert Waje das bem 
Zeltenwirit bon Fdedtid. dew. Brower | angefandene * 
Privileg. des Bofecsnefaante, der damals Yoon sit 
‚Cidjorken genoffen wurde. fiir: ‚den ER im Sen 
vtiefinie ; Lihorien, 













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Lefeefabeit von rt 5 ee 










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Tropfen" ı niman, -tit ‚ Porderanunde akqebitbet, ria 
über deren Edithelt: ‚in Datura li Siret. Mie — 
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Hiffarth & Co, Otto sfa, Ap Parerea — 
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-m Bodile, > Frühling — 








Deutfhe Runft. 11 





Das Demmlerhaus in Braunfchmeig. 


en der Dampfwagen bis an das Weihbild der Welfenftadt 
Braunfhweig getragen, dem grünen zunädhft wohlgepflegte Part- 
d anlagen entgegen, aus deren Schatten Pillen und Landhäufer 
auftauhen. Braunfhweig zeigt auf den erften Blit den unverfälfchten 
Typus der verfehrsreihen, im Aufftreben begriffenen Handels- und Fnduftrie- 
fadt. Langfam fdlendert man einige hundert Schritt die Straße hinauf 
bis zu einer die Ausfiht fperrenden Rrümmung, und plößlic ift die lärmende 
Gegenwart hinter uns verfunten, und vor dem erftaunten Auge thut fih 
ein Stüd ftiller, weltferner Dergangenheit auf. Leife plätfhern fhmale Waifer- 
reifen aus den Mänlern phantaftifher Fabelthiere in die zierlih gegoffenen 
Zinfbeden der Straßenbrunnen. 
Bar eng und traulihd neigen fid 
die überfragenden Stodwerke der 
Häufer einander entgegen, und 
die fauber gefchnitten und luftig be- 
malten Figuren der hölzernen Simfe 
und BaltentSpfe raunen fih alte 
Gefdhidten zu voll derben Dolfs- 
wites. €s ift ein fchier traumbaftes 
Bild deutfher Stadte-Vergangenbeit, 
und man würde niht erftaunen, 
wenn man plößlic einem behäbigen 
Patrizier in Schaube und Barett 
oder einem Bürgers-Töcterlein im 
Brethen-Roftüme begegnete. 
Die Privat-Arditeftur Braun- 
[hweigs fteht Surhweg unter dem 
Seiden des hölzernen fadhwerts 


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und unterſcheidet ſich deshalb weſent⸗ S— —— 
ſcheidet ſich desh fi — 


lich von der ſüddeutſcher Städte. 
Der konſtruktive Auf bau und der 
ganze Charakter der Verzierung 
wird zunächſt dadurch beſtimmt, daß 
die häuſer faſt ausnahmslos nicht 
ihre Giebel, ſondern ihre Langſeiten SFR ECON 
der Strafe zufehren. Go liegt der “ s 
Shwerpuntt nidt in den vertifalen, 
fondern in den horizontalen Linien 
der Facade, und der die über 
fragenden Stodwerfe theilende 
Sdwellbalfen geftaltet üh zum 
Hauptträger des Flähenfhmuds. 
gn fraftigem Profil sunterfeblt, 
bededt fih feine lange Bandlinie 
mit verfhlungenem Zweige und 
Laubwerf. 

Poffenbaft in den Motiven, dod 
edel und ftilvoll in der Anordnung 
des Fleraths ift die Facade des 
alten Demmler'fhen Haufes 
am Sad. fein gegliederte Bänder, 
mit gefdnitten und bunt bemalten 
Delphinen, 3ieben fih unter den 
Fenftern hin, die durch Pfeiler mit 
Engelbildniffen und Frudt - Dafen 
flanfirt find. An den Brüftungen 
der Stodwerfe aber fdlingt fid, 
durch Reliefftreifen giebel-, bogen- 
und medaillonartig abgegrenzt, eine 
Fülle von Einzel - Darftellungen 
hinauf, die den ganzen Bötterhimmel 
der Renaiffance dicht neben natura- 
tiftifhe Genre- Szenen und derb 
komiſche Volksbeluſtigungen ſtellen. 
Bis unter die Konſolen, die den 
Ctagen als Stütze dienen, zieht ſich 
in vornübergeneigten figuren diefer 
Bildſchmuch, als fände die üppige 





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Phantafie des Holzfhnigers an der flähe nimmer Genüge. Diefer ganze 
Herenfabbath bildnerifher Schaffensluft aber glänzt in buntefter farbenpradt, 
roth, blau und gelb, in die nücdterne Wirklichkeit hinein, troß feiner grellen 
Lofaltöne einheitlich wirfend, wie ein orientalifhes Teppichmufter. 

Diefes pradtige Denkmal echt deutfher formen- und Sarbenfreude ver- 
fhwindet vom Erdboden. Es weicht dem Raumbedürfniß der modernen Gnduftrie- 
ftadt. Bisher hat von einer Erhaltung des phantafievollen Facadenfhmudes noch 
nichts verlautet. Hoffentlich ift dafür geforgt. Sollte man es vergeffen haben, 


fo mögen die vorftehenden Zeilen als Anregung dienen. Wo die ftaatlihe Hilfe 
verfagt, muß der Eifer der Aunftfreunde und Sammler ergänzend eintreten. 








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Das Demmler-Haus in Braunfchweig. 


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12 Deutfde Runf. 


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Die Bödlin-Medaille der Jugend. 


"a: Minden fommt die Nachricht, dafi die Münde- 
ner „Jugend“ eine Huldigungsnummer und eine 
Medaille für den 16. Oktober vorbereitet. Hervorragende Rünftler 
und Sdriftfteller haben fih auf den Ruf der Jugend" vereinigt, 
dem verehrten Manne ein wiirdiges Feftgeidhent auf den Beburts- 
tagstifh zu legen. 

Um die literarifchen Beiträge eines Detlev von Liliencron, der 
ein, Bödlin gewidmetes, größeres Epos bringt, eines Mar Halbe, 


ri Otto €. Hartleben, W. Weigand, Ferd. Avenarius und vieler 
| Anderer wird fid) ein monumentaler Shmud von Bildwerken reiben. 
| Mar Alinger bat eine eigens überarbeitete Platte für das Titel» 


blatt der ‚Feftnummer zur Verfügung geftellt; Otto Greiner fandte 
aus Rom ein für fie gearbeitetes, doppelfeitiges Wid mungs- 
blatt und Safhr- Schneider wird in ibr, nachdem er der 
Oeffentlihfeit gegenüber lange gefbwiegen, ein ganz nenes 
Wort fpreden. Und ans dem tiidhtigen Rünftler-Beneralftabe der 
pougend werden Angelo Jant, frig Erler, Zul, Diez und viele Andere 
Arbeiten beiftenern. 

Die zweite feftgabe, eine geprägte Medaille, bat der begabte Münchener 
Bildhauer Hugo Raufmann im Aufteage des Herausgebers der „Jugend“ in 
diefem Sommer in Florenz 
modellirt. 

Die Dorderfeite der Ne- 
daille ftellt das  bärtige, 
fharfumriffene Haupt des Be- 
feierten in Profilanfidt dar. 
Auf der Rüdjeite erblidt man 
den „großen Pan“, in Maffi- 
fher Landfhaft auf einem 
felfen fikend, wie er einem 
jungen Riinftler die Hand 
beim Malen führt. 

Der Stempelfhnitt lag 
in den geübten Händen des 
Mündenee Miünzgravents 
Borfh, die Prägung bat 
das Föniglihe Hauptmünz- 
amt übernommen. Diefe feft- 
gaben follen allen Runft- 
freunden zu einem mäßigen 
Preife zugänglid gemaht werden: "die Nummer, obwohl in vergrößertem 
Umfange erfeinens, zum gewöhnlichen Preife der „Jugend“, 50 Pfennige, die 
in Bronze geprägte Medaille, 6 Hentimeter groß, in Etuis, zu 20 Mark. 


Die Bödlin-Medaille, Revers. 


Buriofa ans Atelier und Werkfatt. 

— Ein Paiferlides Gefhenf. Zar Nifolaus I. hatte den franzöfifchen 
Marinemaler Tannenr nah Petersburg fommen laffen, eine Reihe Bilder zu 
malen. Tanneur madte fh aber duch rejpeftwisrige Bemerkungen unmöglid und 
mußte des faiferlidhen Anfehens wegen fortgefhidt werden. Indeſſen trug 
ihm der Zar feine Unverfhämtheiten nicht nadh, fondern verehrte ihm fogar 
perfönli eine foftbare Meerfchaumpfeife, die reid) in Silber gefaßt und mit 
Diamanten verziert war. Fhr ungeheurer Kopf faßte wohl den vierfahen Inhalt 
oder mehr der grdfiten gebrdudliden Jägerpfeifen. Beim Anblid diefes Kleinods 
entfubr dem Maler die Bemerkung, er würde „verteufelt viel Zeit“ brauden, bis 
der Roloß einigermaßen angerauct fei. „Wann müflen Sie reifen?" fragte 
kurz der Zar. „un vierzehn Tagen." — „Bis dahin wird fie angeraudht fein.“ 
Die Palaftwahe madhte große Augen, als fie das Aunftwerf an einer 
Rette befeftigt im Wadraumt hängen fah. Der Offizier Ias folgende Ordre 
















vam Vermifchtes. 
ili, Kurinfa a. Afeliern. erkftaft. 
———— Gedanken ühen hildente Kunf. 


* 


vor: J. Bei Strafe der Knute darf Niemand aus einer anderen Pfeife rauhen. 
2. Jeder Bardift bat zwei Stunden lang daraus zu rauhen. 3. Weder 
während des Tags- nod Yachtdienftes darf die Pfeife ausgehen, worüber der 
Offizier du jour zu waden bat. 4. Wer frank wird, fommt ins Hofpital 
und tritt fofort ein anderer für ihm ein. 5. Der nöthige Tabak wird auf 
Rednung des jedesmal Wadbhabenden geliefert. — Binnen 14 Tagen war 
die Pfeife angeraudht, [hwarz wie Ebenholz. Auf den Detel ließ der Zar 
eingraviren: Angeraudt in 14 Tagen. Raifer Nifolaus. 1848. 

— €in Maler als fiinftlerifher Vorläufer Gerhard Haupt- 
mann's. Gm Fabre 1848 ftellte Rarl Wilhelm Hiibner in Rdnigsberg ein 
Bild aus, das den Titel „Die Auspfändung“ führte, dem ein zweites folgte, 
das die Waarenablieferung der Weber an den fabrifanten in draftifher Weife 
Jehilderte und Figuren brachte, die an die Geftalten der Hauptmann'fden 
Armleutedramatif fogar im Einzelnen erinnerten. Rein geringerer als 
‚Ferdinand Bregorovins fhrieb damals eine abfällige Rritif, in der er den 

Riinftler einen Eugen Sue 
der Malerei nannte. „oft 
dies ein Rubm und eine 
Größe, fo ift fie fatal genug. 
Denn das wahre Runftideal 
liegt außerhalb des Rreifes, 
in. welhen ein Eugen Sue 
fic) geftellt bat. Wie ift es 
möglid, daß ein vollendeter 
Meifter der ‚farbe und 
plaftifden Darftellung nicht 
über die Myfterien des Prole- 
tariats binausfommen Fann? 
Will er uns wirflid in den 
Labyrinthen des irdifchen 
FJammers feftbannen und 
unfer nah freiheit ledy 
zendes Herz mit dem ge- 
Die Bilin Medaille der Jugend. malten neuen Pitaval trö— 
Mosdellirt von Hugo Kaufmann, ſten? ... Iſt hier eine 
ſiegreiche Oppoſition gegen 
das Sentimental-Weiche der Düſſeldorfer Schule, ſo iſt es zugleich gegen 
die Idee des Kunſtſchönen überhaupt. Wollt Zhr uns das Unglüd, den 
Schmerz und das Web malen, fo fteigt ein wenig höher hinauf, wo fih das 
Leid begeiftigt und verfittlidt und mit dem Sdhidfal endlih harmonisch fih 
verföhnt. Solde Hungerfzenen aber gehören in die Feitungsberichte, in die 
Regierungsaften, die Yothftandsvercine und in die Ständefammern — fie 
laffen ih da recht mit Erfchütterung feben und hören.“ 
Gedanken über bildende Aunft. 

Obgleih wir Feine Runft haben, giebt es dodh mehr Menfhen, die Bilder- 
galerien befuden als Bibliothefen, und es ftudieren heutzutage mehr Menfhen 
griehifhe Kunft, als die griehifhe Sprade. 

* 








Der verſteht Malerei zu beurtheilen, der etwas wirklich Schönes zuerſt 
erkennt. 


* 

Unſern Augen wird von Kind auf peinliches Sehen gelehrt. Wir ſuchen 
Alle nach Löchern in den Aermeln der Leute oder nach Staub auf deren 
Rragen. Es iſt die kleinliche, engherzige Art, die Menſchen zu betrachten. 
Wir Maler müſſen unſere Augen nicht ſo gebrauchen, weil wir ſie anders 
gebrauchen können, denn wenn der Rock auch ſchmutzig iſt, ſo fann er dodh 
ſchön ausſehen, wenn er gemalt ift. 


* 
Es fragte Jemand Albrecht Dürer, womit er den Bart gemalt habe, um 
ſolch' einzelnes Haar zu erzielen. „Mit einem breiten Pinſel“, war die 
Antwort. 











Berlin. — Die Reihshäuptftadt fteht zur Zeit, wie das gefammte 
deutfhe Land, unter dem Heihen der Bildhauerfunft. Es fheint, als 
fönnte man fih in der Erinnerung an die glorreiche Vergangenheit des legten 
Dierteljahrhunderts garnicht genugthun, und müßte fie in Stein verewigen um 
jeden Preis. Die großen Arbeiten am Nationaldenfmal Wilhelms I. find 
beendigt, es handelt fih nur nod um das dekorative Beiwerf. Die Bild- 
bauer Gaul, Breuer und Wagner find eifrig an der Arbeit. Gaul ift 
mit der Mitte der inneren Seitenwand befdhaftigt. Fm Nordpavillon figen 
zwei Raben mit drollig ernfter Miene auf einem fichtengehänge, und im füd- 
lihen Pavillon hodt ein Eihhörnhen auf einem Behänge von Eichen und 
Sonnenblumen, das an zwei Widderköpfen angebracht ift. Neben den beiden 
Pavillons befinden fih zwei Thiiren aus Sandftein, die jest aud nod) mit 
fleinen Reliefs gefhmüdt werden. Das Modell zeigt auf einer Seite eine 
Putte, die fih den Helm aufgefett bat, auf der anderen Seite einen auf 
einer fabne ftehenden Fleinen Rer! mit Trommel und Schild und in der 
Hand ein Schwert. Die großen dekorativen Gruppen auf der Attifa der 
Halle und an den beiden Prunfportalen find vollendet, fo daß die voll- 
ftändige Abrüftung erfolgen konnte. Die freigelegten Gruppen an den Seiten- 
portalen zeigen verfciedene Geftalt. Am Yordportal befränzt ein Anabe die 
Rartoude, während ein Weib in die (aus Rupfer getriebene) Pofaune ftößt. 
Diefe Gruppe ift von Breuer. Am Südportal legt eine Ffrauengeftalt das Gewinde 
um die Rartoude, während von der anderen Seite Putten mit einem Lorbeer- 
zweig herabſchweben. Sehr hübſch ift der Grund ausgefüllt, hier mit Sonnen- 
firablen, dort mit Engelsföpfen, die fih in der Luft fiiffen. Die zweite 
Gruppe hat Wägner gefihaffen. Die Herftellung des Mofait auf dem Denfmals- 
bof und in der Halle ift nahezu vollendet. 

Auh an den Standbildern der Siegesallee wird im Stillen 
weiter gefhaflt. So führt Rarl Begas feine Bruppe bier aus und hat fon 
das frühere Bärwald'ihe Atelier in Wilmersdorf bezogen. Den Mittelpunkt 
feiner Anlage bildet das Standbild des Astaniers Otto IV. mit dem Pfeil 
(1267—1308). Die Figur erfheint nad dem genehmigten Entwurf im Retten- 
panzer mit übergehängtem Mantel; die Linte fat den Helm, die Rechte das 
Schwert. Auf der linken Seite des Kopfes trägt der Markgraf eine Binde, 
die das Auge bededt; er hatte die Wunde, weldhe ihm den Beinamen gab, 
im Rampfe mit dem Erzbifhof von Magdeburg davongetragen. Yur das 
Bismarddenfmal vor dem Reidstagshaufe will nod immer nidt 
zur Rube fommen. Es fdwebt ein eigener Unftern über der ganzen An- 
gelegenheit. Die erfte Konkurrenz führte zu feinem endgiltigen Ergebnif, 
und Sie zu einem engeren Wettbewerb aufgeforderten Sieger wie die be- 
fonders eingeladenen Rünftler mußten fi ihrem Einlieferungstermin um fünf 
Monate, bis zum 1. Oftober d. J., verlängern laffen. Wir werden über die 
im Ubrfaal der Afademie ftattfindende Ausftellung der Entwürfe in der 
nädften Yummer berichten. 

Aud die Stadt Berlin hat Unglüd mit ihren bildnerifhen Fntentionen. 
Die Ausfhmüdung der Potsdamer Brüde hat beredtigte Be- 
denken bei den Stadtverordneten erregt. GBauf, Siemens und Helmholt 
will man ih als Standbilder mit obligatem Beiwerf gefallen Laffen, mit dem 
lebenden Röntgen fann man fih niht befreunden. Aud die äfthetifhen Ein- 
würfe gegen die Attribute der genannten Belehrten — Röntgen mit der 
Camera — entbehren nicht der Begründung. 

Um das Treitfhte-Dentmal im Vorgarten der Univerfität ift 
ein Streit entbrannt, der zum Theil hinter den Kouliffen fpielt. Ein Wett- 
bewerb foll niht «ausgefhrieben werden, der Bildhauer Uphues erfreut 
fid offenbar hoher Proteftion, und wenn man den Namen Adolf Hildebrand 
nennt, fo erinnert man fi allerdings, daß Berlin nod) fein Denkmal von 


feiner Hand befitt, weiß aber nicht, ob der Künftler überhaupt dte Abfiht 
þat, fih Ser ibm zugedadhten Aufgabe zu unterziehen. Bisher hat er aus 
Gefundheitsrüdfihten abgelehnt, wie bei der Konkurrenz um das Siemens- 
und Rruppdenfmal. h e 

Offenbar meint es das Klima beffer mit dem fiinftlerifihen Schmude 
Berlins als die mafigebenden Faktoren. Während man den Grofen Rurfürften 
vor einigen Jahren vom edlen Roft mit eifrigem Bemühen reinigte, bat fidh 
der Shloßbrunnenvon Reinhold Begas mit einer wunderbaren natürlichen 
Patina bededt, vor der man hoffentlid als unerwartete Zugabe etwas mehr 
Hodhadtung entwidelt. Das berühmte Berliner Reinlidfeitsgefiihl follte bei 
der Denfmalspflege Halt maden. 

` Auf dem Gebiete der Malerei ift wenig Neues zu berichten. Man erholt 

h von der Bilðerfhau im Ausftellungspar? und fammelt neue Kräfte, 
Schulte hat feine Herbftausftellung mit Bödlin’s „Arieg", Ludwig Anausı 
„Unzuftiedenen“, Hans Thoma's ,,Meeresidpll’ und Hane Deiters? 
„Frühlingsreigen“ und zwei Portraits von Lenbad erdffnet. Bei Gurlitt ift 
großes Reinmacen fiir die Eröffnung der Saifon. Ueber beide Ausftellungen 
werden wir in der nädften Nummer berichten. 

— Einen bemerfengwerthen Faktor in der Berliner Aunftthätigkeit fpielt 
feit den wenigen Fahren feines Beftehens der „Deutfhe Aunftverein“. 
Wir find in der glüdlihen Lage, unfern Lefern das Vereinsblatt fiir das 





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Cudwig Manzel. 


Der Ruhm, 


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Jape 1896 vorzufiihren, daa anf Veranlaſſung 
des Vorſtandes mit Unferſtüzung bes- Altis 
mintfterlume augeferitgt morsen ft: Der 
prädjiige Bupferjtich won MIhert Ariger giebt 
bas tine ‚Flügelbild des Genter Wtarwerta ber 
Gebrhier Toben und Kuberi van Erd, 
die, „Mufigiesenden Engel mit. wunderbarer 
Tree wieder. — m März 1897 übermittelte 
der Deutſche Runſtvxern feinen Miighiedern 14 
eine Rupferdgung radi der Gruppe des Profelfor i 
2. Mangel „Der Ruhm“, Die lorbeergeftöme. 
weibliche Jesigefialt dee. Ruhmes bat forben ol 
das Bild des Haijets Wilhelm J. in die 
goldene Tafel der Geſchichte eingetragen. Die as 
Une Hand. pili die. in ftarter Dergoldung a 
ausgeführte Tafel, die rehte ft mit bent!» 
Birdel zusätgrfuuten, Ter Bd dea finnendem' 
Auges. vb mit dem ‘Wusdrad jeelijcher Er 
aniffenkeit anf dem Antlik des Kakfere. Die 
Ides lgeſtalt flbi, in. Bronze amegeführl, » 
iit auf., einen ‚jelshlod von Marmor. figend 
dargeftellt. Anf den beiden Seiten find be 
Aahtesjahlen 1897 und 1797 in ben Bein 
gemeipeli. Am fije des Sodels befindet 
fid eine eingelaffene Tafel wus Bronye mit, a 
der Anfiprift: „So bem gefiefet iP nog 
fein Monard gemefen" = Fie Bismart pi 
im Deutfhen  Aetdhotage, I Mars 1888. 
— Die Rütjrile See MarmoreBodele zeigt 
auf tine Bronze piatte das Monogram. bea, a 
Deutjhen KRunft-Vereins. ; R 

der Deutihe Sauf Vertin tibt je: 
Dervielfältigungsredt breg ae und 
giebt Deroielfälligungen in, Bronze und 
Warmor oder nur tn — bet: einer Bohr 
von intl. Bodel 68 cm zu 1000 ‘Riar an 
feine Mitglieder. ab. ‚Drei ‘€xemplate ‘bea 
pradtiged Wertes, find, mie wir hören, für 
dle tin Topember &. 3. flaitfindende Derloofung 
dis Runftvereing befttmmt, 


en 





Würden. — —S fängt an aan 
parte zu werben. Wie an der Seine giebt. 
man Ad audi bet una gefellfihafilide Nender 
ons im Salon 
wate mit biog tunt Bmpelt, fondem fle’ gefeltiihaftlich genegen lernt, 


ble Ber guten Weli zu. werden, 
au begrüßen, . dağ Sle Sezeſſſon ihre. Pau eEn Aha aufgegeben Mk Ra 
willig, nit. bloß weit fir mußie. N 

Der Boden brannte the gleidjam anier $ 
Die „Dermöbelung’” im Glaspalat hat keeffinhe „Folgen nebabt. 
ju einem wärdigen und angenehmen Auentpatie ad ‘file. etmas ips 
Menfchen geworden. , 






‚ya der Chat, man möthle fait. jagen, ‚das nnani. ‘bie bei una: 
diesmal den Osgel abi Wie Bart RS pping ven Badırer zum Blasbläfer 


‚geworden aft iind feiner Pbantafie Im Saftig ‚hingepufieten ‚Stengel-Bläfren 
de Zügel jätießen Saft, mie, Liebermann den Hammer. aiara md felbite 


bändie Krberlapeten vernagelt, fo fb aud umjere Midielangels’s » und: 


Hafaet'a: Deforateurs geworden. Tide nett, Stud: und den eftangofen madter 


wir diesmal Stant, fondem mit $. Besdrund frinn arabijdhen, mit Martin be 


Dilfer und feinem Empiresimmer, — 
oo) fait: Berlin befortsere intere|fictit dürfe fits, da din Bt: PRAN 
bier febr anzegend gewitht: pat. Auf deifen Bejtellung hat her "Miißhaurr 


und Zifeleue Karl Grog, Sefen Zinnarbeiten in der Aleintunft-Nbtkeilung 


bes Blaspalafes fibon rühmend erwähnt wurden, zur Zeit in einem Schau · 
fenſtet des Runjigewerbevereing eine Reihe nener Begenftande in Sim cua 
geeli: sine Blamenvaje und tine Helbe von Cafelgerathen Ung pier zeigt 


fh das Desändni des Verfertigers: für das Wefen des an fh fo vornehmen ' 
. Meballs und zine gefunde ornamentale Begabung, die Einfälle in Schranken: 








































— Engel. 
Hah Uubert vap Eyd. " Rupferfidh den Widest Beton, 


Wenn daa fo weiter debi, wird ze 5 Babin: tommen, bag X 
‚ter. 
Blaopalaß fängt an, mie et wieder Centrale ber Runi gemarden ijt; and 
Und in: ‚biejer Bindt it es mit gimen- 


Hih, er wär tbe Pe tea y 
; abaut unse Pring - » Regentenftrafie find duch ein Rundfchreiben erfreut 
"worden, worin dns mold wich mit Unnredt voraehälten wird, deß der Exjolg den 
i fegefhiontiteigen Untermbnung immuerpin des ıhmeiles der Edien merth yes 
wefen. 





a e ia und bem geforderten Swete an 
ee Sopol mei. 

ooo AA fann mih aber Ser. —— nicht 
miballen, baf-man mandmal In der Ent 
 anidelang deto fornew der Aanftmöbel, und 


well Air das Unangemeilene hinäberfihmeift und 
Se Maile ‘bet Natur ans sen Angen veciiert, 
die aller Aunft, alfo aud der ‚Bunftmöbel- r 
tijchlerei tidptunggebend fein und bleiben: fetite. 
Dleſe Maßt aber. find Sie des Menjdes. ‚Für 
thn, für feine Sinne ‘und Bliedmaßen ‚follen ; 
Me Sachen geftifen werden, bie das Heim 
wohnlih machen, de Thür gum Kinduch- 
‚gehen, die Seel gum Signen, die ‚Fenfter zum 
" Ausfhruen und als Quellen des bimmlifchen 
Luͤchls fur unfere Interieure, die Bläjee und. 
Krüge follen fo ‚nteintbar” fein mle der 
Wein und dia Bier, ‚Die Börder follen band- 
It "bleiben. — und alles dae t vielleicht 
‚bier. ‚und da aus den Yagen verloren worden, 
“Man map die Movfeeung abwarten, wenn 
en woblvecaniagter. Dogel einmal miftsnia 
fingt. Die Ahöpfungen der Aunft folgen ein- 
ander ziemlich regelmäßig wie die Tage, abet 
fie gleichen fid niht at nidt unfer Franz 
v. Upde aus einem Bell» ein Dunkelmaler ge- 
worden? Haite man Nies vor jehn Jahren, wa 
‚er. den Pfeinzirianus. im Wappen trug, für mög | 







= wegen der mßlungenen Sigur bea Chriftus 


= -— gefiebt 28 felber, fh. und ber Welt, sah 
Defer Chins mit glüdiich fek Er eeflärt 
7. fh beret: thn umgumalen, Es fell nun die 
. Btastetsmmifien ‚wieder‘ einberufen werden, 
um nobmale über die Ankaufefrage zu be- 
finden. Na intimen Yeufrrungen maf- 
— gebender Pirfonen zu fhfteßien, fcheiment aber im 
y ‚erheblichem Mage Bedenten zu beftehen, ob 

man iin Bd für dte Pinafothet ermerben forte, 
dns a nob abgedabent ech mije ‚ohne daß man. vorber wijfen thane, 


tele fic) Me Abänderung machen werde, | 
En Bitd im grogen Stel, daa fo Mel toftet wie ein breififiges Hase — 
ber Kreis af auf 5000: ‘Mart besiffert worden), it wie en ‚Bauwerk. 
Hian elite wii: en Madmodelic aight ofiie fo. etwas Ungthenerlihee ‚halten, 
en deowegen ann, bewährten und erfahrenen Rünler m biti mie 
is tinen Neuling, 


Tye — Tir das nunmeht abgebrochtie abet ; 


Die Apii di Devine’ ‚war, In dem Frovifediden Bau fünf taer- 
naliongle Runiauiaftetinngen | 'abzuhatlen.  Oier Sirfer Ausftellungen haben 





“mii Sea erhofften. füranziellen efultuhe abzejhloffen und von ber Befsmmt: = 


banhats pon 462 Sl Mark and IS Pfennig find im vier akren über 
152 OW Mark abgesablt worden. Die fünfte Mugitetfiang 187 wurde: mich 
abarhulten und fo, fdjuldel Ser Herein not cha: 50 200 Mart. für 1897 


mat wieder "fine große Internationale. Kunftansttellung im Blaspalaf pio- 
feltirt. An bddijter Bielle hertſchle der dringende Wanye, die beiden Bünftler- 
'vereine Mündens möchten von nun ab diefe alle otet arte wiederkehrenden 


geoßen Internationalen Ausftellungen im Blaspalaft gemeinfhafilih infzentzen. 
Dleſen Wanſche naczufommen, hielt die Dorftandfhaft für um fo mehr ger 


‚boten, ala dem Derine das t. Aunftausftellungsgebände im Rönigsplag zur 
Abhallung ferneree Nusftellungen dard dr Begiirnag sagewiejen, und fy 


Ste Zufanft des Vereine ſichet geſtelll wurde. Da dem Beteine and Än 


Deitel der. Erübrlgungen aig be großen Austellung 1897 bom: ‘Sentral. 


foatigen Bebrauhagegenftänse ein menig 40 sei nit tt 


lid) gehalten? Sxine „Gtmmeifabrt Chttftit wurde: 
: fir bie Shisisantinfe (Pinatothet) in Bore ER 
aber — man höre und faune < 





mee ht der.  Srostalonuhion. beanftantek o Er es 
5 Abbe — man böre nnd. kount nod miele Sees 


Deutfhe Runft. 


comité in WAusfidt geftellt wurde, mit Befreiung von jeglidher Verpflidtung 
im falle eines Defizites, war, nad der damaligen Aufftellung des Budgets 
zu jihließen, here Ausfiht vorhanden, die oben erwähnte rüdjtändige Schuld 
im Betrage von 30000 Mark abzutragen. Leider jhwinden die Hoffnungen 
auf einen beuer zu erzielenden Ueberfhuß in Folge der im Glaspalaft ge- 
madten großen Einbauten. Der Verein halt es für eine Ehrenjade, feinen 
Derpflihtungen voll nad3zufommen, Aus diefem Brunde richtet der Vorftand 
an die Garanten die Bitte, die von ihnen übernommene Garantie noc bis 
zur endgiltigen Abwidelung der zur Feit beftehenden DVerpflidtungen aufrecht 
erbalten zu wollen, und nimmt ihre Einwilligung hierzu als gegeben an, 
wenn nit bis zum 15. Oftober 1897 anderweitig verfügt wird. Die Zahl 
der Baranten foll fih auf etwa 200 belaufen, trotzdem wird fih unter ihnen 
taum eine diffentirende Stimme finden. Wir zweifeln nicht, daß die „Sezefjion‘ 
in dem neuen Heim diefelben Erfolge erringen wird wie in dem Haus an 
der Prinz-Regentenftraße. 

Dresden. — Die Regfamfeit auf dem Boden des Runftlebens will immer 
nod nicht zur Ebbe gelangen. Yur die Werefchtagin-Ausftellung gebt ihrem 
Ende entgegen, um ihre Aunftreife nah Wien fortzufegen. Und zwar betrifft 
dies and eine ganze Reihe von Stüden, die hier in Privatbefiz übergegangen 
find und nicht vor 1900 in die Hände der Käufer gelangen werden. Gm 
Uebrigen hat fid die Ranfluft mehr auf Funftgewerbifhe Begenftände ge- 
- worfen. Und zwar it das Röniglide Runftgewerbemufeum 
in erfter Linie dabei betbeiligt. Für das „Möbelzimmer"* find feds von 
Meinen Scheiben in modernem Antifglas umgebene Glasfenfter angefauft 
worden, die den oberen Theil der Fenfter des betreffenden Saales füllen 
werden. Jm Eifenzimmer desfelben Mufeums ift ferner ein Glasfenfter aus 
Opaleszentglas von Sadfe und Hofrihter (Dresden) angebradt. Das 
Material felbft ftammt aus Amerifa. Ein anderes ift nah Sem Dillmann'fdhen 
Derfahren von Thorndife in Berlin hergeftellt. Das Bild — ein Blumen- 
ftüd — wird hierbei in drei aufeinander liegenden Scheiben in den Rome 
plementirfarben hergeftellt, refp. eingeätt. Eine Anzahl Bronzen (Empireftil), 
alte Porzellane und moderne Reramiten (Schale und Dedeldofe von Zſolnay 
in fünffichen, (Ungarn) fommen dazu, bei weldhen letteren eine tiefrothe 
Unterglajur und das Metalllüftre bemerfenswerth find; ferner Gobelins nad 
den Entwürfen von ©. Edmann (Münden) in der Biwerbefchule zu Siherre- 
bed (Nordfchleswig) in bäuerliher Technik hergeftellt. Endlich find die Runft- 
fhage um eine Reihe von Medaillen bereihert worden, darunter folhe von 
Pawlif (Wien), Henze (Planen), Hildebrandt, Vogel, Dubois und Chrylain 





Actien-Gesellschaft 


vormals 








—& — — 


Musterlager: 


H, Gladenbeck & Sohn 


Bildgiesserei i 
Friedrichshagen b. 


Bronce- u. Zink- Kunst- fiesserei. 


Grosse Auswahl 
moderner und antiker Kunstwerke. 
Beleuchtungsfiguren, 
Garten- und Grabfiguren. 


Berlin S., Wasserthor-Strasse 9. 


Verkaufsmagazin: 
Berlin W., Charlottenstr. 23, vom 15. November cr. 


15 


in Paris n. a. Der berühmte Todtentanz in der Neuftädter Dreifaltigkeits- 
tirhe, deffen Gleichen nur nod Liibed, Bafel und Straßburg befigen, und 
der 1559 auf Deranlaffung des Herzogs Georg gefdaffen wurde, geht dem 
Verfall entgegen. Ein Bypsabguf desfelben wird nunmehr für das Mufenm 
des Röniglih fähfifhen Alterthumsvereins hergeftellt. — 

Stuttgart. — DerWürttembergifhe Runftverein verfendet 
im Namen der vereinigten füddeutfhen Runftvereine eine Einladung zur Be- 
fhidung der im Jahre 1897/98 zu veranftaltenden gemeinfhaftliden 
permanenten Ausftellungen. Man rühmt die Strenge der Auf- 
nahme-Jurp, die in den Händen des Württembergifhen Runftvereins liegt, 
doh werden fih woblberathene und ftrebfame Kräfte dadurd nidt abhalten 
laffen, vor diefem Skrutinium ihre KRraftprobe zu maden. Die verbundenen 
Dereine genießen den Auf, fehr günftige Derfaufsrefultste zu erzielen. — Gn 
der biefigen permanenten Ausftellung befindet fid) jekt neben einer Paftell- 
fammlung von Meyer- Bafel eine Kollektion Böffenrotb'fdher Land- 
fchaftsftudien. Der Miindhener Riinftler wird gewarnt, ‘der „DVielheit‘ zu 
verjallen und damit an Fünftlerifher Perfönlidfeit einzubüßen. 
Prof. Rappie, Hermann Drüd,Stuttgart, Wolf-Thorn (Berlin) find 
gut vertreten. Münden fandte Bilder von Bredt, Dolten, Schultheiß, 
R. Raupp. 


Hrankfurt a, WH. — Wie überall fo wird and bei uns feitens des 
Runftvereins die Rolleftiv-Ausftellung mit Vorliebe gepflegt. Thre Roften 
tragen diesmal die Berliner Portraitmalerin frl. M. frige und der Aquarellift 
John Hammer. Jh meine das figürlih, oder „moralifh". Das trifft 
namentlih bei frl. frike 3u, die uns mit allerlei Perjönlichfeiten befannt 
madt, welde wir nicht fennen. Es find meift bochgeftellte Leute, denen die 
Rünftlerin ihre Kraft widmet, Rammerjunfer, Derwandte des Rönigs von 
Tabti und ahnlidhe Leute, weldhe mit einer Schlichtheit dargeftellt werden, als 
wären es ganz gewdhnlide Sterblide. Daß man hierin zu weit geben Pann, 
dafür liefert das Portrait Hermann Grimm's einen Beweis, Niemand würde 
hinter diefen Zügen einen der geiftreihften Canfeurs nuc — ahnen! Gm 
Rolorit ift die Meifterin ein wenig ,,fnauferig® modte man fagen. Wir über- 
fhaken den Werth der Farbigkeit nicht, aber eins muß man dıcfem Elemente 
laffen. Es giebt Rörper. Die Hammer'fhen Saden find febr faft 
zu zahlreih. Beim Aquarell ift die Gefahr, daß ein Werk das andere auf- 
bebt oder in die Monotonie hinabzieht, nod größer als brim Oelbild. Vielleicht 


leidet der Eindrud diefer Rollektion ein wenig unter ihrer Fülle der Beftalten. 








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Berlin. 


Max Hoerder. 





Unter den Linden, Hôtel Bristol. 





16 Deutfde Runf. 





Andere Rolleftionen finden wir bei Hermes. Jagdftüde von C. Jimmer- 
mann und 17 Bemälde von Habermann füllen diefen Salon. Jn Ton 
und Tedhnit vollfommen, fheint den Werken des letzteren Meifters nod die 
Rube zu fehlen, die das Oelbild zur Dorausferung hat. Lenbad, Stud, 
Rampf find hier mit vorzüglihen Einzelleiftungen vertreten. Bei Schneider 
ftebt Thoma im Zenith, ebenfalls Follektiviftifh auftretend. 

Nürnberg. — Höhft anerfennenswerth ift die Rührigfeit der Derwaltung 
des Germanifden Nationalmufeums, bewundernswerth der Fortjchritt, den 
die Sammlung maht, zumal wenn man bedentt, daß Alterthümer jetzt bedeutend 
bod im Preife ftehen. Go mufte für eine filberne Reliquie von 1467, in 
form einer Büfte des hl. Jeno, mit 18 000 Mar? bezahlt werden. Die Mittel 
zur Erweiterung des Mufeums werden durd freiwillige Beiträge der Nation, 
fowobl der Regierungen wie der fürften, einzelner Gefhlehter, Rörperfhaften 
und Mäcen gewonnen, die fih zu „Pflegfhaften‘ zufammenfhließen. So 
hat die Berliner Pflesfhaft Fürzlih die reihe Sammlung mittelalterlider 
Siegelftempel ihres verftorbenen Mitgliedes Warnede zum Preis von 10 000 
Mark für das Mufeum erworben. Sie umfaßt über taufend Originale von 
Städ!en, Richen, Familien aus der gothifhen und der Renaiffanceseit, 
darunter mehrere Hundert von aufßerordentlihem Runftwerth. Die fürftlid) 
Sulfowsti'fhe Waffenfammlung foftete iiber 200000 Mark; die dazu 
nöthig gemwefene Anleihe ift fürzlich endlih abgezablt worden. Hauptjählid 
find es die prachtvollen Turnierrüftungen, die hier intereffiren, fowie die erften 
Donnerbiidhfen und Orgelgefhüge, die es fhon vom 15. Jahrhundert an gab. 
für die Heilung der im Kriege wie im Frieden gefchlagenen Wunden bemühte 
man fih aud damals, wovon die pharmacentifhe Sammtung beredtes 
Zeugniß ablegt. Schon feit 1884 hatte der Deutfhe Apotheferverein Deran- 
laffung genommen, dem Germanifden Mufeum befondere Unterftürungen 
zuzumweifen, um eine der Befhichte der Pharmacie gewidmete Abtheilung als 
„biftorifch pharmacentifhes Centralmufeum* zu bilden. Jn den Jahren 1895 
und 1896 find diefe Beftrebungen nun zu einem gemwifjen vorläufigen Abfchluffe 
gefommen. Es gelang, aus der altberühmten Stern - Apotheke in Nürn— 
berg die vollftändige, vorzüglid erhaltene Einrihtung Ser Material und 
Rräuterfammer nebft Zubehör fowie die Apparate des Laboratoriums, alles 





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° * 


NZ 


Die sieben 


des Künstlers in Einba 


We 

















7AN Kunstverlag von Rudolph Schuster, Berlin, = 
N 


In meinem Verlage erschien das Prachtwerk: 





des Vaterunser, 


Acht Kupfecrätzungen 
nach den Zeichnungen in der National- 
galerie zu Berlin von 


Professor C. G.. Pfannschmidt 
mit erläuterndem Text 


Professor Leder. 
— Preis Mk. 30.— @-—— 


Dasselbe Volksausgabe. 


Acht Lichtdrucktafeln 
nach den Originalen mit erläu- 


terndem Text des Künstlers. 
AW. Preis Mk. 10.— 


aus der Frühzeit des achtzehnten Jahrhunderts ſtammend, zu erwerben, wie 
fchon fritber die Holzeinridtung einer Apothefe in Oebringen. fünf Räume, 
theilweife neu erbaut und ftreng im gefdidtliden Stile der betreffenden Zeiten 
eingerichtet, find für diefe in ihrer Art einzig daftehende Sammlung beftimmt. 
on der Sammlung für Tradt und Schmud, die uns ein farbenreihes Bild 
der Roftiimentwidelung zeigt, gewähren wir neben anderen Neuerwerbungen 
nit ohne Rübrung die Arbeit einer Tochter der hl. Elifabeth von Thüringen aus 
dem 13. Jabrhundert, eine geftidte Tafhe und einen Gürtel mit der ein- 
geftidten Infchrift:,„Ger- 
trudis filia beatae ® 
Elisabeth me fecit.“ 
Den Yorddeutfchen wird 
es freudig berühren, dağ 
unter den Zugängen aus 
dem Gebiete der Haus- 
geräthe niederdeutfche 
Arbeiten, bejonders 
aus Schleswig - Holftein, 
Truben,  Bauernftiihle, 
Scränfe u. f. w. por- 
wiegen. Ein holfteinifher 
Schrank von 1586 zeigt 
die Thierfelder nod mit 
dem gotbifhen Rollen- 
motiv verziert, während 
die Beihläge und Orna- 
mentfriefe frührenaiffan- 
ceformen aufweifen. Zu 
den nürnberger, [hweizer, 
tiroler Zimmern foll nun 
auh eine vollftändige 
friefifhe Bauern- 
ftube tommen, ein 
Mufter nordifcher Tedhnit. 


PREISANSCHLÄGE 
LIEFERUNG. „IP mar a 


MUSTERN 2 
45 Zu DIENSTEN. 


PROMPTE 








ZEN EN TEN AN- FUN N 
CNL TRAL ITNA IRL G NALIL NNLLA 





















Bitten 


nddecke nach 





— —— 
— — — 





œ Vom Kunf- 


> Bunfgemerhemarbf. 


und — 





Eine Erinnerung an die Berliner Kunſtausſtellung. 


— Der Streit über die Vortheile und Nadtheile, die die beiſpielloſe 
Entwickelung der Photographie und das auf dieſer beruhende Reproduftios- 
verfahren der bildenden Kunſt, ſpeziell der Malerei, gebracht hat, hat noch 
immer nicht zu einem abſchließenden Endurtheil geführt. Beide Parteien ver- 
fechten hitzig ihre Meinungen, und wir werden wohl kaum zu einer 
Klärung gelangen, ehe die farbige Photographie, die ja nod 


Bezeihnend für all’ diefe Beftrebungen find dte vier Mappen Berliner 
Runft-Ausftellung-Photograviiren, Sammlung 1897, die jest von 
dem bekannten Welthaufe Meifenbad, Riffartb und Co. in Berlin er 
fcienen find. Die firma hatte fic) die fpesielle Unterftiigung der betr. Rünftler 
und Ser Ausftellungsfommiffion gefidert und bat nun ein Werk zu Stande 
gebracht, wie wir es in diefer Art bislang nod nidt befiken. Da bei der Aus- 

wahl der Gemälde natürlich nit der Gefhmat eines jeden getroffen 
werden fann, fo ift es freigejtellt, jelbft aus Ser Gefammt- 


in den erten Anfängen ftedt, fih zu einem brauchbaren = ae er = Folleftion eine Anzahl zu wählen und zu einer Mappe zu 
Medium ausgewadjen und ihre folgen für die Malerei A vereinigen. 

gezeitigt bat. Diefelben werden wabrfdeinlid in Dem clou der Ausftellung, der Rolleftion 
einem Derfhwinden all jener Bilder beftehen, die Liebermann, ift Rehmung getragen durd eine 
auf einer platt naturgliftifhen Yaturauffallung = Sammlung von 14 Blättern nah den Werken 
bafiren, eingerednet all’ die Portraits, in $: X des Meifters. Es it wunderbar, wie bier das 
denen die niidterne Augenblidsähnlichteit die ee. medhanifche Verfahren fih fähig gezeigt hat, 
vertiefte fünftlerifhe Befanmtauffaflung über- we — die maleriſche Technik des Künſtlers in ihren 
wiegt. Daß eine folhe Entwidelung ein if 7 zerteften und feinften WAeuferungen wieder: 


Eegen für die Runft fein muß, ijt wohl 
ganz zweifellos — ob aber aud) für die f 
Mehrzahl der Rünftler? 

Einftweilen find die Dortbeile, die 
die Rünftler aus der Photographie ziehen, 
ganz ungeheuere. Sie haben id an ibrer 
Hand zu einer fabelhaft 
feinen Beobadtung der 
momentanften Bewegun- 
gen aufgefhwungen. Man 
vergleihe nur wie vor 25 
Fahren Wafler und Iau- 
fende und fpringende 
Thiere gemalt wurden, und 
wie beute. Uber and 
durh Derbreitung ihrer 
Werte in Nahbildungen 
it ibnen materiell und 
nod) mehr dem allgemeinen 
Dollsgefhmad ideell ein 
großer Mugen erwadfen. 
Namentlid feit Ser ge- 
waltigen  Dervollfomm- 
nung der photograpbifchen 
Reproduftionsarten, Pho- 
tograpüre und Heliogra- 
väte, ift Sen Schreden, die 
in Geftalt jener bunten 
CGeldrude nnd ähnlicher 
Erzeugniffe die Fimmer- 
wände des deutfchen Klein- 
und Mittelftandes verun- 
zierten und den Geſchmack 
und das Empfinden für 
jedes wahre Runftwerf 
verdarben, ein heifer Rrieg 
erklärt. Mit Stol; fonnen 
wir Deutfhe fagen, dağ, 
wie auf fo vielen teh- 
nifden Gebieten, aud hier 


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TORE EL 7 PPU UAA 


zugeben, jo dağ man, genau wie in der Aus- 
ftellung felbjt, die Entwidelung Lieber- 
manns von der „Rübenernte", in der er 
nod gang in Courbet befangen ift, über 
die þolländifhen Jnterieurs und das Bier- 
fonzert“ hinweg bis zu feinem „Mann in 
den Dünen“ verfolgen 
Pann. Der Drugton ift 
möglihft dem warm grau- 
gelben Gefammtton der 
Liebermann'fhen Bilder 
angepaßt, jo daß au 
bierdurd die Suggeftion 
gefteigert wird. 

Dieje Anpaffung des 
Drudtones der Phots- 
aravüre an den Befammt- 
ton des Bildes ift Pon- 
fequent mit feinftem Fe- 
famat und 'Sarbempfin- 
den Surd das ganze Wert 
durchgeführt. Bei der 
Auswahl der Bilder ift 
feinerlei Ridtung bevor- 
3ugt worden, fo daf jeder 
Gejhmad zu feinem Recht 
gelangt; ða ift eine Ans- 
wahl feiner Candfchaften 
der Ausftellung von Brö- 
fer, Douzette, flidel, 
Bude, Hammader, 
Hans Hermann, Rob- 
nert, Müller-Rurz- 
welly, Peterfen UAn- 
geln, Ramee, Mes- 
dag, Ravenftein, 
Saltmann;Chierbilder 
von Bergmann, fren 
3el, Rubnert; die phan- 
taftifhen Werte Neu- 





~ Es 


unfere Tiidtigfeit und baus,Lippifd, Sdheu- 
unfer fleif die größten renberg; das ergrei- 
Fortjhritte errungen ba- fende „Chriftus unò 
ben und in der Welt an Die Prifidenten-Glode der Berliner Stadtverordneten-Verfammlung, feine Mutter“ von 
der Spitze marſchiren. Nad einem Entwurf von Prof. E. Doeplet d. J. ausgeführt von Hugo Shaper, Berlin, Gronvold. 













18 Deutjde Runft. 


Die Präfidentengloce der 
Berliner Stadtverordneten: 
Derfammlung. 


Aus dem Runftfond der Berliner 
Stadtgemeinde follte laut Befhluß ein 
bedeutfamer funftgewerblider Gegen- 
ftand von der Ausftellung 1896 er- 
worben werden. Yad längerer Bera- 
thung fam man zu der Entjheidung, 
daß man lieber beftellen als taufen 
wolle, und die Wahl für die Anus- 
führung fiel auf den Hofjuwelier Hugo 
Shaper, defen Fünftleriihe Aus- 
ftellungserfolge unbeftritten waren. Man 
einigte Ah Sabin, fiir die Stadtver- 

ordnetenverfammlung eine 
monumentale Präfidentenglode 
zu ftiften. Profefjor €. Doep- 
ler jun. übernahm den Ent- 
wurf, Hugo Schaper die 
Ausführung. So mußte ein 
Werk zu Stande fommen, das 
der Leiftungsfabigteit unferer 
Boldfhmiedefunft Ehre macht. 

Drei gotbifh ornamentirte 
Füße, zwifchen denen in Email 
das Brandenburgifhe, das 
Preufifhe und das Wappen 
der Bewerbeausftellung berab- 
hängen, tragen von Pflanzen- 
ornament flanfirt eine einfache 
Randleifte, aus der, von einem 
Diftelftanz mit gerade auf- 
fteigenden Rnofpen umrantt, 
der Sodel 25 cm hoh auf- 
ragt. Um die Einziehung 
diefes Unterſatzes ſchlingt ſich 
von Ornamentſtreifen einge— 
rahmt ein Spruchband mit 
der Infhrift: Zur Erinne- 
tung an die Berliner 
Gewerbe = Ausftellung 
1896. Die Ausladung des 
Sodels ijt mit einem Blajen= 
mufter verziert, das noch oben 
bin mit einem gewundenen 
Rundſtab abſchließt. 

Die Glode felbft ift in 
iiberaus fdlidten formen ge- 
halten. Ueber dem eigentlihen Körper, der mit dem Berliner Stadtwappen 
in Email verziert ift, zieht fich in gothifhen Buchftaben ein zweites Spruhband 
bin mit der Injhrift: „Rannft Du Mach nidt halten, muß meines 
Amts ih walten.“ Darüber wölbt fih in mäßiger Spannung die leicht 
ornamentirte Ruppel, aus der der Blodengriff aufragt, mit einem Lapis 
lazull⸗Knopf abſchließend. 

Die feine Gliederung des im ganzen 50 cm hohen Kunſtwerkes wird 
durch die Abwechſelung von mattem und blankem Silber mit reicher Ver— 
goldung gehoben. Die bald antik-grünliche, bald gelbe Tönung des Goldes, 
die Emaillirung der Wappen, die maaßvolle Anwendung des freiheraus- 
gearbeiteten, in Flacrelief gehaltenen und cifelirten Ornamentes ergeben 
einen Bejammtausdrud vornehmer Pracht, wie ihn die Spätgotbif der beften 
Heit zu erzielen weiß. 


€. Bernewif. Rheingold, 
Bronzegruppe gegojfen von H. Bladenbed. A. ©. 
Friedrichshagen b. Berlin. 


— Nene Bewegungen auf dem Gebiete des Runftgewerbes geben er- 
fahrungsmäßig von praftifhen Ausgangspunften aus. Die eleftrifde 
Beleudtung mit ihren von Glas umjhloffenen Blühförpern verlangt eine 
andere Teftonif als die aus einer Rdhre auffdlagende Gasflamme oder das 
durd ein Baffin gefpeifte Petroleum-Lampenliht. Das tann, fo banal es 
aud Flingen mag, nicht oft genug wiederholt werden. Gerade das fiegreich 


vordringende eleftrifhe Licht bat zu Formenerperimenten geführt, die aller 
Beräthteftonit Hobn fpreden. Als nahahmenswerthes Beifpiel bringen wir 
die Abbildung der Gruppe ,, Rheingold von C. Bernewik, die von der 
Bildgieferet H. Gladenbet & Sohn, Friedridshagen, fiir eleftrifihes Lidt 
adaptirt worden ift. Der Goldflumpen dient als gläferne Lidtbhiille, die von 
den Rbeintsdtern in mühelos anmuthiger Bewegung emporgebalten wird. 
Durd eine leihte Bewandbülle getrennt, fhmiegen fid die fdlanfen Madden- 
geftalten in aufjtiebender Gliederpradt 3ufammen, mit den Fiifen auf den 
elfen geftiigt. Das ans dem Rheingold ftrablende Licht läßt von oben ber 
in reizvoller Abwecjelung über ihre Leiber Liht und Schatten fpielen. 





— €s jheint als follte Ser gute alte Lebnftubl durdh das leichte 
Salonmöbel englifh-japanifhen Gefdmads völlig verdrängt werden. Es 
wäre fhade Sarum, bedeutete er doc) in der Modeerfiheinungen Fludt den 
„tuhenden Punkt“. Trotdem ift die Lederfihnigarbeit, wie fie in meifterhafter 
Tehnif in den Hulbe’jhen Werfftätten geübt wird, nob immer eine edle 
Runft, die fic an die Bedingungen des Materials gebunden, Surhaus nicht 
der babylonifdhen Formenverwirrung unferer Feit anbequemen will. Die 
Schnitt- und Punzarbeit ift nun einmal von den Bejegen des Flacreliefs 
abhängig, und es ift fhwer, mit Meffer und Modellicholz gegen die Zeihnung 
3u fündigen. Der von uns abgebildete Lebnftubl ift in jpätgothifhem Stil 
gehalten und weit in dem Schilde der Riidenlebne die Geftalt eines 
Bifhofs mit Mitra und Rrummftab auf, von Pflanzenornamenten umgeben. 
Gn den Holztheilen madhen fih fon die Uebergangsformen zur Renaiffance 
bemerkbar. 


— Die Anmeldungen zu der Heraldifhen Ausfiellung des Runft 
gewerbe-Dereins im Halle, die in der zweiten Hälfte des Oftober ftatt- 
finden wird, laufen in reiclidhem Mache ein. Die vieljeitige Anwendung, 
welde beraldifhe Formen im modernen Runftgewerbe finden, wird in der 
Ausftelluna Wusdrud finden. Blasmalerei, Boldfhmiedefunft, Damaftweberei, 
Runftftiderei, Reramif, find angemeldet. Dazu fommen Entwürfe von Rünft- 
lern, wie Maler Hupp, Profeffor Doepler, Profeffor Hildebrand u. a, ab- 
gefeben von der fehr reihhatligen Abtheilung für ältere Heraldik, die durch 
Dogelfammlungen, Rupferftihe, Holzfhnigereien u. a. illuftrirt fein wird. 

— Die Rönigl. Hoffunftbandlung Ernft Arnold in Dresden begeht 
zur Heit eine doppelte feiler. hr Fnhaber, Herr Hoftunfthandler Gutbier, 
veranftaltet als Abjhluß feiner 50 jäb- 
tigen Thätigfeit im Runftfalon „Shlof- 
ftrafe die bundertfte öffentlihe Aus- 
ftellung, welde fih unter dem Titel 
„Mufenm der antifen Skulptur‘ als 
Gegenftüd und Ergänzung an das 
früher veröffentlid,te „Wufeum der ita- 
lienifhen Malerei" anjhlieit. Der von 
Herrn Dr. Herrmann, Direftorialafjiftent 
der Rgl. Skulpturenverfammlung in Dres» 
den, dazu verfaßte Ratalog wendet fidh 
fowohl an die Arhäologen von Fac nidt 
als vielmehr an die Lehrer und Leiter 
höherer Lehranftalten und an den großen 
Kreis von Bebildeten. Die Sammlung 
umfaßt gegen 1000 Photograpbien, deren 
Einzelpreife im Ratalog verzeihnet find. 
Das ganze Werf Poftet 1200 Mark. 























— Hervorragende Künſtler äußern 
fih fehr anerfennend über die feit Rur- 
3em eingeführten 
Helios-Malfar- 
ben, mit welden 
fih völlig wafhechte 

Malereien auf 
Stoffen jeder Art 
berjtellen Lafjen. Be- 
malte Toilettenge- 
genftände, gemalte 
Hausgegenftände 
bat man ja don 
lange, dod leider 
war der Schmud 
allzu vergänglich 
und mußte forglid 
vorSchaden bebütet 
werden. Oelmalerei 
brad, gab Ränder 
und wurde lügen- 
baft, Aquarellmale- 
rei fonnte Surd ein 
einziges Waſſer— 
tröpfchen gänzlich 
verwiſcht werden. 
Nun find die far- 
ben gefunden, mit 
denen fih wafchbare 
und unvergänglide 


Kehnjtuhl in Kederjchnitarbeit. 


Beorg Gulbe, Berlin - Hamburg. 





en — 
— — == i 


Malereien berftellen laffen. Die Heliosfarben find die intereffantefte Yleuheit auf 
dem Bebiete des häuslihben Aunftfleißes, fie verfprehen die Eröffnung ganz 
neuer Arbeitsgebiete. Dabei ift die Malerei fehr leicht ausführbar, fo 
daB and) jeder Ungeiibte, der nur mit dem Tufchkaften umzugehen verftebt, 
bübfche, bleibende Schmudftüde herftellen fann, und da die farben wunder- 
bare Wärme haben, eignen fie fih ebenfo vorzüglih für Bilder und dekorative 
Malereien, wie für Stores, Tifhlänfer, Ueberhandtiider 2c. 2c. Die farben 
fehen auf Leinwand und Battit ebenfo fhön aus wie auf Atlas, Seide, 
Gobelin, Holz, Papier 2c. 

— Don dem wiedererwadten Jntereffe für die Medaillen-Runft legen ein 
bübfches Zeugniß ab die beiden neneften Erzeugniffe Ser Metallwaaren- 


Deutfde Runft. l 1 


© 


fabrit von Wilh. Mayer und frz. Wilhelm in Stuttgart. Die 
eine Medaille zeigt auf der Vorderfeite das Profilbild des Raifers mit dem 
lorbeerbefränzten Adlerhelm. Die Rüdfeite wird durd einen Anker ornamental 
getheilt. In dem einen Feld wird ein Panzerfhiff auf hoher See fihtbar, 
das andere füllt eine gereimte Gnfdrift, die dem Jwet der Medaille zur 
Erklärung dient. Die Modellitung des Stüdes ftammt von H. Diirrid in 
Raffel. Die zweite Medaille ift intereffant als Derfud, die politifche Spott- 
münze wiederzubeleben. Ste bezieht ih auf die franzöfifh-ruffifhe Allianz. 
Einem fhnauzbärtigen Ruffen wird von einer ftart defolletirten Dame mit 
der Freibeitsmiinze — natürli die franzöffhe Republit — heftig die Rour 
gemadt; auf der Rüdfeite weit ein auf dem Globus thronender Sdalfsnarr 
auf die Thatfache hin, daß die Welt rund ift und fih drehen muß. 


ceser Preisbewerbungen. —<7> 


— Der Ausfhuß für deutfhe Nationalfefte fhreibt einen Wettbewerb 
aus um ein Dlafat, das thunlidft in verfleinerter form zugleih als Sinn- 
bild auf den Scrift- und Drudfaden, als Siegel, Stempel, Feftzeihen und 
dergleihen des Ausfhufles Verwendung finden foll. Das Plafat foll farbig 
fein und in fiinftlerifcher Dollendung den Gedanfen der deutfhen National- 
fefte unmittelbar verftändlib zum Ausdrud bringen. Dies ift mehr durch 
Bildwirtung als durh Schrift anzuftreben. Da eine Herftellung in großen 
Mengen beabfidhtigt tft, fo gilt mdglidft einfache Dervielfältigungsweife bei 
geringfter Roftfpieligheit ale Vorzug. Zur Theilnahme an dem Wettbewerb 
find alle deutfhen Rünftler des Gn- und Auslandes zugelaffen, die deutjche 
Reidsbiirger find. Jur Vertheilung kommt ein einziger Preis von 1000 Mart 
für den beften, zur Ausführung angenommenen Entwurf. Jt eine gleich- 
zeitige Derwendung als Plafat und Sinnbild niht möglich, fo erhält der 
befte Entwurf zu einem Plafat 500 Mark, der befte Entwurf zu einem 
Sinnbild ebenfalls 500 Mark. Die Entwürfe des Plafats wie des Sinn- 
bildes find, vollftändig ausgeführt, in Naturgröße bis zum 15. Dezember dem 
Generalfetretariat fiir deutfhe Nationalfefte, Münden, Ballerieftraße 15, einzu- 
reihen. 

— Das RKöniglid Sähfifhe Minifterium des Jnnern fchreibt 12 Preife 
von je 50 und 12 Preife von je 25 Mark aus für die 24 beften Orginal- 
entwürfe zu fünftlerifhen Pofttarten. Die Bilder dürfen ein- oder mehrfarbig 


cœ Perfonliches und 


— Die Wahl des Gebeimen Regierungs-Raths Profeffors 
Herrmann Ende zum Präfidenten der Akademie der Rünfte in Berlin für 
die Zeit vom 1. Oftober 1897 bis dahin 1898 it vom Raifer beftätigt 
worden. 


— Dem £andfhaftsmaler Olof Jernberg zu Düffeldorf ift der Titel 
Profeffor beigelegt worden. 


— Den £ehrern an der Unterrihtsanftalt des Aunftgewerbe-Mufeums in 
Berlin, Arhiteften Otto Rieth und Maler Vital Shmidt, it das Prädikat 
„Hrofejlor'‘ verliehen worden. 


— Einer der älteften Lehrer der Aunftfhule in Breslau, Maler Albredt 
Bräner, ift einem Herzfihlage erlegen. Am 14. Mat 1830 in Breslau 
geboren, genoß er jhon als Anabe den Unterricht des Bildhauers Madtig 
und feines Daters, Rarl Brauer; 1850—!852 in Dresden auf der Akademie, 
ging er nad frantfurt a. M. 3u Eduard Steinle, unter deffen Aufficht -ein 
GCelbild „Anbetung der Hirten‘ entftand. 1860 wurde er Lehrer für frei- 
handzeihnen an der damaligen Runft-, Bau- und Handwerlfdule feiner Dater- 
ftadt. Eine Auswahl feiner ornamentalen Studien, zu denen er aus allen 
Teilen des Naturreihs, namentlih aus der Pflanzen- und Dogelwelt, feine 
Dorwürfe holte, ift auf 40 lithographifhen Tafeln unter dem Titel: „Dorlage- 
blätter für den Zeichenunterricht‘* erjchienen. 


— Prof. Louis Gurlitt ift, 85 Jahre alt, in Naundorf bei Schmiedes 
berg geftorben. Der Derftorbene war Schüler von Benedizen, fegte 1832 feine 
Studien in Münden fort, befudte dann die Akademie in Kopenhagen und 
bereifte Norwegen, Schweden und Giitland. 1843 ging er nah Düffeldorf 
und bald darauf nad Unter-Ftalten und Sizilien, woher er für feine nadh- 
folgenden Bilder zahlreihe Motive nabm. Yad Reifen in Oefterreih, Grieden- 
land, Spanien und Portugal nahm er 1869 feinen Wobnfig in Dresden, 
von wo er 1888 nad Berlin überfiedelte. Seine zahlreihen Landfdhaften 
find durdweg poetifh in der Rompofition und gut ftilifirt; die beften die- 
jenigen, in denen er die üppige Natur und die farbenpradt des Südens 
fchildert. Einige diefer hervorragenden Arbeiten befinden fi) in der Dresdener 
Rönigl. Bemäldefammlung. Prof. Burlitt war Mitglied der Akademien von 
Ropenbagen und Madrid. 


— Der öfterreihifhe Benremaler Alois Shönn ift am 16. September 
im Alter von 7] Gabren in Reumpendorf in Rarnthen geftorben. Obwohl er 
auf der Akademie feiner Daterftadt Wien vorzugsweife den Unterridt von 
Lucas von führih genoffen hatte, wandte er fi, vornehmlich durch eine 1852 
nad dem Orient unternommene Reife beftimmt, bald der koloriftifhen Richtung 
zu. ‚früher hatte er, als Theilnehmer an dem italienifchen Feldzug von 1848, 
einzelne Befehtsfzenen und militärifhe Genrebilder gemalt. Yad 1852 
fcilderte er vornebmlid) Dolfsfzenen aus dem Orient, der Waladet und 
Siebenbürgen, denen fih in den fedsziger und fiebenziger Jabren Bilder aus 
dem Dolfsleben Denedigs und feiner Umgebung anreibten. Don diefen find 
der fifhmarkt in Chiogia und das Volkstheater in Chiogia (mit einer Auf- 


fein und dürfen nur darftellen: Landfhaften oder Ortfhaften aus dem 
Rönigreihe Sachen, voltsthümlihe Bauten, Dolkstrahten oder. Dolksbräude 
aus dem Rönigreihe Sadfen. Die Entwürfe find ohne Rennzeihen mit ver- 
fhloffenem Briefumfhlag, das den Yiamen angiebt, mit I. Dezember 1897, 
Nadhmittags 2 Uhr, bei der Kanzlei des Minifteriums des Jnnern einzureichen. | 
Das Preisgericht foll beftehen aus Riinftlern, einem Vertreter des farben- 
druds und einem Mlitgliede, das vom Derein für fähfifhe Dolfstunde vor- 
gefhlagen wird. Nicht preisgefrönte aber zur Vervielfältigung geeignete Ent- 
wiirfe fönnen für das Sammelwert „Rünftlerpoftfarten. mit Bildern aus dem 
Schfenlande" angefauft werden. 


— für ein faufmännifhes Dereinshaus in Chemnik 
find 41 Entwürfe eingegangen. Hiervon erhielten Preife Bruno und Ernft 
Beier-Chemnik und Dresden, Rid. Shleinite Dresden, Herm. Thiime- 
Dresden, Dorn und Heidemann=Berlin. 


— Der Dentmals-Ausfhuß ridtet an die deutfchen Rünftler die Ein- 
ladung zu einem Wettbewerb zur Ausführung eines Denkmals für Raifer 
Wilhelm I, für weldes 200 000 Mark zur Verfügung ftehen, und das auf 
dem Egydienplake in Nürnberg errichtet werden foll. Die frift, 
innerhalb welder die Entwürfe bei dem Stadtmagiftrate Nürnberg eingereicht 
fein miiffen, endigt mit dem 1. Juni 1898. 


Ateliernachrichten. —> 


führung von Sdiller’s „Räubern*) durd die Mannigfaltigfeit und den Humor 
in der Charafteriftif und duch die Rraft und Tiefe des Rolorits befonders 
populär geworden. 







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leisten, was der 
prächttge Cicerone Jakob Burckhards, der ja in aller Händen ist, für 
Italien Shut. Es soll dem Künstler wie dem Kunstliebhaber einen 
sicheren und bequemen Führer durch die Denkmäler im ganzen deutschen Sprach- 
gebiet schaffen und damit vor allem auch das Studium der vaterländischen Kunst- 
schätze durch den Augenschein erleichtern Die Werke sind in grösstmöglichster 
Vollständigkeit aufgenommen. die Einteilung ist eine ausserordentl. übersichtliche: 
nach Stilepochen u. innerhalb derselben nach Landschaften. Neben den historischen 
und topographischen Notizen ist eine knappe Beschreibung gegeben. 


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Prurhtmerk fiir jeten @Gebildeten 





und Sdonfte, was im Bereiche der Kunft gejchaffen wurde, 
Gelegenheit geboten, 


in den Befig eines wa§rhaften Aunfimufeums ju gelangen. 





ODER DONE RTL T 
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Einladung 
zur Weſchickung der Hunſt-Nusſtellungen 


der vereinigten Süddeutſchen Aunftvereine. 
Die vereinigten Runſtvereine des ſüddeutſchen Cutnus: 


Augsburg, Bamberg, Bayreuth, Fürth, Heilbronn, Hof, Nürnberg 
Regensburg, Stuttgart, Alm, Würzburg, 


veranftalten aud im Jahre 1897/98 gemeinfhaftlihe permanente Ausftellungen, zu deren recht 
zahlreicher Beihidung die die Rünftler hiermit freundlichft eingeladen werden. (Jahres: 
umfag fiber 100000 Marf.) Die Bedingungen und Anmeldeformulare find von dem mit 
ter Kauptgefhäftsführung betrauten Württemb. Runftverein in Stuttgart zu beziehen. Alle 
für den Turnus bejtimmten Runftwerfe find nad vorausgegangener Anmeldung mittels 
$ormular ausfchlieflich an den Württemb. Kunftverein in Stuttgart einzufenden, wojelbft 
eine Jury über die Aufnahme der Werte entjcheidet. 5 


Om Namen der verbundenen Vereine: 
Der Württemb. Kunftverein in Stuttgart. 


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i Derlag der „Denticen Aunft“, Berlin W. 57. — Verantwortlich für die Seriftleitung : Dr. Georg Malfowstp, Berlin wW. ‚ Steinmegftr. 26. — Drug von W. Bügenftein, Berlin, 


Un die Deutfchen Kunftvereine. 


>: „Deutſche Runft* ift auf Sen Namen der Runftvereine gegründet in der Erfenninif, daß dh in ihnen alles zufammen: 
findet, was an der nationalen Runftentmidlung dauernden Antheil nimmt. Es galt, für die Beftrebungen diefer zahl- 
reihen über das Reich zerftreuten Vereinigungen einen publiziftifhen Sammelpunft zu fhaffen, der einen Werhfelverfehr der 
lofalen Verbände ermögliht und von ihren Unternehmungen zu gegenfeitiger Anregung Renntniß nimmt. Vor allem fam es 
darauf an, die Aunftvereine nad) dem Mufter der Aunftgewwerbevereine zum Abfhluß eines Rartells mit periodifch wiederkehrenden 
Delegirtenverfammlungen und einer an eine gemeinfame Befhäftsftelle gefnüpften Exekutive zu veranlaffen. Nur fo ift es zu 


erreichen, daß die Erzeugniffe modernen Runftfhaffens von den wenigen Centralen Surh Vermittelung der Runftvereine über ganz 
Deuifhland verbreitet werden und fo Derftändnif und Sammeleifer weten. 


Die von der „Deutfhen Runft ausgebende Agitation ift von dem glüdlihften Erfolge begleitet gewefen. Eine große 
Jahl der Vereine hat das Blatt als Publifationsorgan anerfannt und fic) mit den oben angedeuteten Zielen einverftanden erklärt. 
Schon im Laufe diefes Monats tritt in Dresden eine Delegirtenverfammlung zufammen, um den Entwurf eines Statuts für ein 
Rartell der Deutfhen KRunftvereine einer eingehenden Berathung zu unterziehen. 

Auf der Grundlage des bisher Erreihten bat ih inzwifchen eine völlige Umgeftaltung der „Deutfhen Runft‘* vollzogen. 
Don der Ueberzeugung Öurhdrungen, daß nur eine illuftrirte Zeitfhrift zur Hebung des Aunftverftändniffes' beitragen fann, haben 
wir das achttägig erfheinende Nachrichtenblatt in ein mit reihem Bilderfhmud ausgeftattetes vierzehntägiges Runftjournal umgewandelt. 
Wenden wir uns nunmehr an dte große Maffe der Bebildeten, die der Deranfhaulihung des Kunftwerfes bedürfen, fo bleibt doc 
die im nterefje der Aunftvereine geübte agitatorifhe Ridtung des Blattes unverändert, ja fie fann um fo wirkjamer eingehalten 
werden, als die „Deutfhe Rung“ mit einem größeren Publitum zu rechnen bat und diefes den Beftrebungen der Runftvereine in 
erweitertem Maße zugänglid machen wird. 

Um diefes Ziel energifch verfolgen zu können, bedürfen wir der dauernden Unterftügung urh die Vorjtände und 
Gefchaftsleiter Ser Runftvereine. Wir erlauben uns daher, an fie die ergebene Bitte zu richten 

1. uns alle Nadrihten über ihre Unternehmungen (Ausftellungen, Reproduktion von Runftwerfen, Derloofungen, Beiträge 

zur Löfung monumentaler Aufgaben, Schenkungen u. f. w.) Sirett zugehen zu laffen; 

2. uns die Reproduftion von zur Verloofung angefauften. Bildern und Skulpturen, von auf ihre Veranlafjung 

bergeftellten Runftwerfen u. f. w. zu vermitteln und thunlidft 3u erleichtern. 

Da wir den Beftrebungen der Runftvercine einen befonderen Theil des Blattes unter Ser Rubrif „Heimiſche Kunſt⸗ 
pflege‘ widmen, ift fiir Nachrichten und Reproduktionen ſtets der gewünſchte Platz vorhanden, ſo daß ſich hier eine ausſichtsvolle 
Gelegenheit bietet, den Mitgliederkreis der Vereine zu erweitern und ihnen allmählig alle diejenigen zuzuführen, denen die bildende 
Runft als ein wichtiger Faktor der nationalen Kulturentwickelung erſcheint. 

Indem wir fhlieflih bemerken, daß wir für jede Anregung in Bezug auf die Bejtaltung des Tertes und des Bilder- 
fhmudes befonders dankbar fein werden, zeichnen wir 


Berlin, im Oftober 1897. 
Ergebenft 


Derlan und Redaktion der „Deutjchen Runft“. 
Dr. Georg Maltowstr. 





> 
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Mluftrirte Seitichrift fiir das gefammte deutjche Kunftfchaffen. 


Central-Organ deutfcher Runft: und Rünftler:Dereine, 


Alle 14 Tage erfheint eine Nummer, 
Preis vierteljäbrlih 2.80 Mark, 
Poftzeitungslifte Ar. 1174. 


Herausgegeben von 


Georg IWalkowskn. 
Schriftleifung und Derwalfung Berlin W.57, Sfeinmehffe. 26. 


Alle 14 Tage erfheint eine Nummer. 
Inferate: 40 Pfennige für die 4 ges 
fpaltene Nonpareille-Zeile. 





Publifationsorgan des Teutjhen Runftvereins in Berlin, des Schlefifchen Runftvereins in Breslau, des Aunftvereins für das Großberzogtbum Heffen in Darmftadt, des Anbaltifben Runfte 
vereins in Deilau, des Wiirttembergijden Runftvercins in Stuttgart, des Schleswig - Holfteinifhen Runftvereins in Riel, der Runftvereine in Münden, Oldenburg, Mannheim, Nürnberg, Gera, 
Altenbutg, Elberfeld, Barmen, Bielefeld, Görlik, Danzig, Rönigsberg, Stettin u. a. 

















Ur. 2. 16. Oktober 1897. II. Jahrgang. 
Wilhelm Keibl. 
Pon Franz Bermann Meißner. 
6) 


95 i 
aine Liebhaber- Aufnahme liegt vor mir. Ein halbduntles 
wy Zimmer in einem Bauern- oder Förfterhaus mit Ge- 
u >, weiben an den Wänden und einem für die Landes- 

gewohnbeiten ungewöhnlih großen Fenfter, von weldem 
ber das Licht müh- 
felig im Rampf mit 
der Dunfelbeit fidh 
drängt, ift zu feben. 
Es ftellt eine Maler- 
werkftatt vor. Jm 
Hintergrund figt auf 
einem Holzgerüft in 
der poffirliden ,,Der- 
zauberung‘* des Bee 
maltwerdens eine Be- 
talt mit fcharfge- 
fhnittenem und ha- 
rakteriſtiſchem Geſicht, 
nämlid Rommerzien- 
rath Seeger aus 
Berlin, der befannte 
Deforateur undRunft- 
fammler mit dem 
behenden und ficeren 
Spürfinn für die vor- 
nebmfte Runft. Don 
dem Maler an der 
Staffelei vor ihm 
fiebt man nur die 
Rüdenparthie des 
foloffalen Oberfér- 
pers, den furzgefcho- 
renen, runden und 
mädtigen Ropf mit 
den ſehr Fräftig aus- 
gebildeten Obren, welche ihrer Art nad auf große Thatkraft fliegen 
laffen. Eine breite fleifhige Hand führt den Pinfel. Der Rod 
verdankt fein Entftehen augenfdeinlid einem ländlich-ehrſamen 
Schneidermeifter. Mehr ift nicht zu erfennen. Man glaubt nur 
aus beftimmten fleinen Zeichen fohliegen zu dürfen, daß der 
Handlungsort diefes durch die Perfonen merfwiirdigen, fonft aber 
alltäglihen Vorgangs auf dem Lande zu fucen ift, — weit 
draußen irgendwo in der weiten Welt, in jener Abgefchiedenheit, 
wo nur der Menfch nod, nicht feine Manier Geltung bat. 


W. Leibl. 





Bauernjägers Einkehr. 


Nun ziehe ich aus meiner Bibliothek ein Buch heraus und 
ſuche nach einer kleinen, ſehr ſchlechten, ſehr verwiſchten Jint- 
ätzung darin. Man mag gar nicht glauben, daß die hell- 
getünchte Außenſeite des Bauernhauſes mit der kleinen Reihe 
niedriger Fenfter da- 
tin und dem üppigen 
Weinlaub darüber im 
Hufammenbang mit 
der obigen nüchternen 
Malerwerfftatt ftebt, 
— daß der Mann 
auf der Holzbant in 
der Lodenjoppe, den 
Wafferftiefeln, Sem 
breiten filghut, mit 
Ser furzen Pfeife im 
Munde Serfelbe ift, 
deffen febrfeitige Be- 
fanntfhaft uns die 
erte Abbildung be- 
reits vermittelt. Und 
dod ift's fo. Und 
ih glaube, man 
braudte nur in die 
Augen desraudenden 
Bauern auf der Haus- 
ban? 3u bliden, um 
zu ftugen, — denn 
da ift in dem nerven- 
tubigen Beobadten 
von irgend Etwas 
ein Rulturbewußtfein, 
das der liftigfte Bauer 

nidt bat. 

Das ift das Drum 
und Dran von Wilhelm Leibl’s Menfchendafein feit 25 Jahren 
ungefähr, — das ift das Äußere Bild eines modernen KRünftler- 
eremiten, der dem großen Franzofen Millet und feiner Einfiedelei 
3u Barbizon obenbin verwandt feint. Und doh find tief- 
greifende Unterfhiede zwifhen Beiden. Bis auf das Sclag- 
wort: ,,freimilliges Bauernleben — haben fie wenig gemein, 
fo oft fie aus Aeußerlihem aud mit einander vergliden werden. 
Millet war ein fpat in die Runft gefommencr Bauernfohn, — ein 
Emporfommling des Landes, der in dem Parifer Giftbaud aus 


2 


m 


Noth und wohl arglos dem 
Derderb zweidentiger Runft unter- 
lag. Dann fommt eines Tags 
die Offenbarung in mädhtigen 
Zügen über ihn, — das Heimweh 
padt ihn und reißt ihn zurüd 
in’ die Candeinfamkeit. Und wäh: 
rend er trunfen von er gewon- 
nenen freiheit draußen urd die 
großen Stimmungen der Land- 
[haft fhreitet, fällt ihm die 
eigene arbeitsharte Jugend wieder 
ein; wie ein Unredt fommt ihm 
die Föltlihe Muße feines Maler- 
lebens gegenüber den feuchenden 
Menfchenlaftthieren um ihn herum 
vor; fein ethifches Bemiffen fträubt 
fi, begeiftert ob einer erfannten 
Sendung funkeln Sie Augen in- 
mitten Ser wilden Lodenpradt 
feines Kopfes, und ein Priefter 
wird er obne Talar, Ser mit 
wunderfamen Stimmen der Runft 
Menfchenliebe fortab predigt fein 
Lebelang. — Mit Leibl ift das 
gerade umgekehrt und darum das 
Ergebniß ein grumdverfihiedenes 
im Ganzen, fo mancderlei Zu- 
fammenflang es bier und da, will 
fagen in den Bildniffen, zwifchen 
ihnen giebt. Der ift 1846 in Köln am fhönen Rhein geboren und 
feiner Stadtleute Kind. Ein Domkapellmeiftersfohn ift er; um feine 
Jugend Suften alle Blithen bevorzugten Aufwachfens im KAunft- 
freis. Selbft mufifbegabt als Datersfobn, lodte ibn dod) dic 
Runft nidt, — vielmehr wird ihm die nüchterne- Tiftelei des 
Ongenieurberufs das Ziel aller Aufunftsgedanfen. Ein ferniger 
Menfh von Körper, zieht er fröhlid in eine Sclofjerwerfftatt, 
die üblihen Dorbereitungsjahre vor dem Studium bier durdhzu- 
machen. Weiß der Teufel, wann und wie es eines Tags beim 
Feilen und Hämmern, beim Geradebiegen und Polieren über ibn 
fam. Er gebt eiligft nah Münden zu Ramberg. Er treibt 
einige Jabre miibfelig Malerfunft im Elementaren, gudt fic die 
Spanier, Holländer — die berzhaften Leute mit dem ruhigen 
Strid) und dem männlich-zarten Farbengefiibl recht eindringlich 
an, und als er 1869 auf der Mündener Ausftellung Courbets 
Runft fennen lernt, da sieht es Sen jungen Afademiefchüler une 
widerfteblid nad 
Paris, um nod 

befjerenGewinn von 
diefem Meifter ein- 
subeimyen. Er 

friegt Sort 1870 auf 
ein frauenbildnif 
die goldene Me- 
Saille, wird aber 
beim Kriegsaus- 

bruch gleih den 
übrigen Deutfchen 
ausgewiefen. Das 
fam wohl gerade 
zur rechten Feit, um 
ibn vor Derméal- 
ehung zu bewahren, 
und doch wieder 
fpat genug, fodaf 
er inzwifchen in der 
Fremde ſich Plar ge 
worden fein fonnte, 
wie cr die Sufunft 
anzupadın bätte. 








ID, Keibl, 


W. Leibl. 


Deutſche Ranft. 





Bildnißſkizze. 





Hände mit rothem Tuch. Studie. 





Er maufert fi noh ein paar 
Jährhen in Münden durd, und 
dann fommt das Milletfhe zum 
Durdhbrud. Er gebt auf's Cand 
und wird Bauernmaler. 

Leibl hauft feit Anfang der 
Wer Jahre zunähft in mehreren 
anderen Dörfern Oberbayerns, 
feit Anfang der 80er Jahre aber 
in Aibling, wo er als Junggefelle 
gemeinfam mit feinem Freunde 
Sperl, dem Landfchafter, im eige- 
nen Bauernbaufe wohnt, auf 
deffen Gartenbanf wir ibn oben 
erlaufdten. Aber er fit nicht 
bloß launifh, wie font die 
Stadtmenfchen draußen am Land; 
er [hwärmt nit wie diefe in 
funftgerehten Reimen von der 
Poefie der Natur; er Pokettirt 
aud nit mit ihr, binterliftig 
dabei an den Beifall der Stadt- 
welt Senfend, — er hat etwas viel 
Größeres, etwas Unglaublides 
fertig geftiegt: der feinerzogene 
Mann aus einem im edelften 
Sinne vornehmen Elternhaus ift 
ein- ‚Landmenfh in jeder fafec 
geworden,'der mit und unter den 

Bauersleuten wie ibresgleiden und 
nur urh ie innere Dornehmbeit nad aufen unmerflid von ihnen 
gefhieðen lebt. Er fommt nur äuferft felten nah Münden in die 
Stadt, — er will nichts von ihr und hat faum nod eine Er- 
innerung an ihre ihm fremd gewordenen Freuden. — Millet fag 
Abends mit feinen fünftlerifhen Freunden und ihren Frauen 
zufammen, orafelte über Runft, Dafein, Menfchenliebe, bejam erte 
den Landmenfhen in feiner Mübfeligkeit, und war bei aller 
Größe feiner Aunft von der farce niht ganz frei, als deren 
tollfte Ausgeburt uns Tolftoi feit Jahren beglüdt. Millet bat 
eine byfterifche Beimifhung. Der bünenbafte Kraftmenfh Leibl 
ift fernfrifd) und von feinem anderen Vervenreiz, es fei Senn 
einem rein fünftlerifihen, angefräntelt. Wenn's duntelt, dann 
treten die Bauern von Aibling, die Burfchen, die Madchen mit 
ihren Spinnroden in feiner gaftfreien Hausftube an. Da wird 
erzählt, Sa werden Rraftproben angeftellt, da wird gefhubplattelt 
und die fröblihe Allotria naturfeifher Menfhen getrieben. Hier 
fühlt fih der be- 

rühmte Riinftler 

wohl. Mir ift vor 
Jahren in Münden 
mit der Derfiderung 
Ser Thatfachlidfeit 
erzählt worden, dağ 
in früherer Feit Leibl 
und ein ebenfo ath- 
letifer Bruder 

Landarzt von ihm 
bier und da zum 
Sonntagsvergnü- 
genin’s Wirthshaus 
gingen, die Thür 
verfdloffen und 

nadh einander 

fammtlicde Burſchen 
verbläuten und zum 
Fenfter hinaus- 

warfen. Ob's wahr 
it, weiß id nidt. 
Aber  bezeihnend 
wär's jedenfalls für 


Deutfhe Runft. 23 


diefen Riefen mit den Bärengliedern, der fo wunderfam zart 
und fein in feiner Runft ift, — für diefen derben Reden, den 
alle Bekannten als einen Pradtmenfhen an Gemüth auf's 
Hödjite rühmen. Diefer Mann mit der gläubigen, offenen, naiven 
Rinderjeele fühlte ih heimathlos unter dem ränfefüchtigen Stadt- 
gefindel, -— er warf nad den erften fcblimmen Erfahrungen von 
der Bemeinheit draußen mit Ungeftüm die Vergangenheit ab und 
fhlüpfte in eine reinere Welt. Er jhmadtete nad einfachen 
Derbhaltniffen; hin- 
eingetaudt in fie, 
überbeizte der 

gliederfrobe Hüne 
fein Hirn nicht mit 
Grübeleien über 
Welt und Umge- 
bung, er fpintifirte 
niht in fozialen 
Theorien berum 
und las feine 

Bauernromane, 

um fic) über feinen 
„Stoff‘‘ zu orien- 
tiven, fondern fab 
fih mit leuchtenden 
Augen wie Parfi- 
fal. auf der Blu- 
menaue unter der 
Gralsburg um und 
fog als eine föft- 
lihe Arznei den 
frifchen Berud des 
Landes ein, bis 
er gefund, vom 
Stadtfiehthum 
gerettet war. Hier 
muß man die 
WurzelvonLeibl’s 
Art und von der 
Größe feiner Aunft 
ſuchen. 

Eine Menſchen⸗ 
natur, die ſolches 
zu Wege bringt 
und auch innerlich 
aufgeht in einer 
primitiveren Le⸗ 
bensſphäre, muß 
unbedingt viel⸗ 
mehr logiſch als 
metaphyfifh ver- 
anlagt fein, wird 
ficher mehr er Be- 

tradtung der 
Dingeindervollen 
Schärfe ihrer Er- 

fheinungen als phantaftifher Regung zugänglid fein. Das 
trifft bei Leibl zu. Was man gemeinhin Riinftlerphantafie 
nennt, befigt er nicht. Seine Dorftellung hat faum Sen Seifeften 
litterarifch-novelliftifihen Zug; und faft it es parador zu fagen, 
daß er, der die ergreifendften, fchlagendften Menfcengefichter mit 
volllommener Genauigkeit dargeftellt hat, garfeine Gabe der 
Charafteriftif befigt. Etwas im Menfchen über das unmittelbare 
Naturbilð hinaus zu erkennen, zu geftalten, ift ibm verfagt. 
Seine Pünftlerifhe Fähigkeit ift in allem Geiftigen enger abge- 
grenzt als dies bei großer Begabung fonft gefunden wird. 
Dafür hat fic) die ganze Wudht eines ferngefunden Hiinen von 
zäher Willenskraft und die tiefe Weihe eines reingeftimmten 
Gefühllebens auf die gegenftändlihe Natur geftürzt. Und da 
ift eine der merfwürdigften Erjcheinungen Wirklichkeit geworden : 
die ftupendefte Made der Malerfunft ftempelt Leibls Werf zu 


W. Leibl. 





Männliches Bildnif. 


einem Jahrbundertjeltenen Phänomen und mit ihr ift eine Babe der 
Andaht vor der Natur verbunden, die immer nur die Föftliche 
Eigenfhaft weniger der bedeutendften Rünftlerperfönlicyfeiten war. 
Ihn reizt nur die Form in ihrer augenblidliden Rube, und 

faft fcheint es, als ob die Bewegung etwas Unbegreiflides für 
ibn babe. Er faft wie ein Momentphotograph den rubenden 
Punft auf. Er hat das empfindlicdfte Auge für die Linie, noch 
mehr für die lebendige ‚Farbe in der Natur, fo daß er Rolorift 
genannt werden 
fann. Aber wenn 
er bier im Ton - 
etwas Sdazuthut 
aus Eigenem, fo 
iftesjene unendlich 
kleine Schwan- 
fung im Werth, 
welde die ftam- 
melnde Ergriffen- 
beit vonder Öffen- 
barung im Rlein- 
ften mit fid bringt. 
Und darinliegtder 
berüdende Jau- 
ber feiner Runft. 
Mit der Treue 
einesidealen Chro- 
niften fohildert er 
ein Menfchenge- 
fiht, eine Hand 
genau fo eingehend 
wie das Rleid, die 

Schürze, eine 

Sdnalle, eine 
Heitung, die Mö- 
bel, ein Stüd 
Wiefenplan, und 
nichts ift bezeich- 
nender für diefen 
Standpunft des 
gleichen Interefjes 
an jedem Ding, 
als daß zwei feiner 
berühmtejten Bil- 
der, „Die drei 
Bäuerinnen in der 
Riche* und,, Die 
Wilderer‘  näm«- 
lich, je beim Auge 
der Hauptfigur zu 
malen begonnen 
find; und einzig- 
artig ift Sie Doll- 
fommenbeit jedes 
a Theils, die mit 
einer ganz erftaun- 

lichen Gelaffenbheit gewacdhfen: feinen, ohne daß Mübhjfeligfeit und 
Schweiß den ruhigen Lauf des Werdens nur einen Augenblid 
gehemmt. Aber die Würze giebt dod ert der altmeifterliche 
Dämmerton feiner Palette, den er vielleicht nod beffer, aber ficher 
nicht geringer als Velasquez und Holbein beherrfht. Das klingt 
ftarf; es ift aber fo. Man betrachte fo ein Fleines Stüd wie 
die um ein Befangbudh gefalteten Hände im Schooß einer Frau 
obne Obere und Untertheil im granugrünlihen Kleid. Vom Hand- 
bildnif Sarin und allem Anderen ganz abgefehen, — weldy' ein 
wunderbar empfundener Ton ift bier 3ufammengeftimmt! Man 
wird ganze Gallerien vergeblih nad Achnlihem durdhfuden. 
Oder ein beliebiges feiner Mädchen- und Mannerbildniffe mit 
dem Sauber des Jnfarnats und der. verblüffenden Stoffmalerei. 
Wo ein Farbentropfen von feiner Palette auf die Leinewand 
fommt, da wird der jungfräulihe Odem des Landes lebendig und 





24 Deutfhe Runft 














wW., Keibl, Studicntopf. 


weht uns mit fdmeidelnden Händen an, fo dag wir uns im 
Ernft darauf befinnen müffen, Saf nur die durdytriebenfte 
Renntnif der Mache und unendliche Geduld des Durdbildens fo 
etwas zu Werke bringt. Er bat die glanzendften Malervirtuofen- 
Tugenden, für die vor ihm Holbein und Menzel Sie Haupt- 
Schlagworte waren, und er bat faum einen der Schatten, um 
nidt Lafter zu fagen, welhe fonft mit jeder Virtuofität ver- 
bunden find. Man fann getroft behaupten, daß unter feinen 
begnadigten Händen das Malerhandwerk zum Jdeal geworden ift. 

Leibl bat nicht lange gefhwantt, wohin er fih wenden 
follte, aber in der Vollendung der Made hat ér dod eine reiche, 
nod) immer fortwährende Entwidelung durdgemadt. Sein 
frühfter fertiger Stil ift ein Foloriftifcher Jmprefjionismus mit 
gebrodenen und halben Tönen in der Art des fpäten Velasquez 
und von Rembrandt's zweiter Periode. Die '„Tifhgefellfhaft*, 
ein Rollegium von zwei Malern augen- 
fheinlid und einer jungen frau, die eben 
einen Buben zum Bierholen fehiden wollen, 
ift bier in der farbigen Kühnbeit, aber 
auh in der unverlierbaren Harmonie der 
Leibl’fhen Malkunft eine Perle, die zu 
den 70 Nummern der Seeger'fhen Leibl- 
fammlung gebört. Eine alte häßliche Frau, 
weldhe zwifhen dem Roblbereiten bindurd) 
den Rofenkranz abbetet, zwei Dadauerinnen, 
einzelne Männerbildnifje find weiterhin in 
diefer Art befannt. Die Malerei ift, ob 
man die wirren fleden unter der Lupe 
betrachtet oder die richtige Entfernung 
nimmt, von beriidender Wirkung duch ihr 
ftilles und geheimnißvolles Ceben, die Figuren 
groß und fübn aufgefaßt, und man weiß 
fofort, daß bier die Spiegelung eines 
wirklichen Erlebnifjes von genialer Künftler- 
band bewirkt ijt. €s ift ein Vorgang 
und dod wieder feiner, — es ift nur ein 
Augenblidsausfhnitt, defen anekdotiſche 
Bedeutung ganz Äußerliher Natur fdeint. 
Mit den Bildniffen ift es gerade fo. Welch’ 
ein lebendig funkelnder Eindrud vom Leben, 


als fhauten wir den Dargeftellten in einem Spiegelglas, tritt uns 
bier entgegen; Form und Eindrud — das giebt Leibl in einer 
DVolltommenbeit, die wir fonft in der Gegenwart nur nod bei 
Menzel bewundern; darüber hinaus eine Charakter - Analyfe 
giebt es nid. 

Am meiften befannt und gefeiert ift der Riinftler jedod) in 
den Meifterwerfen feiner mittleren Periode — der photographifhen 
fann man fagen, wenn das nit als Herabfegung gilt; bier 
fymiegt die vollfommenfte Seidnung fic) in ftupender Treue 
dem Yaturbild an, — bier ift ein hocdentwideltes Raum- und 
Formgefühl vorhanden, — hier it in der Farbe alles Perfon- 
lide fo ftarf 3u Gunften der Wirklichkeit unterdrüdt, wie fie ein 
echter Maler im Sinne der holländifhen Schule verfteht, daß 
felbft Sic Riinftlerandadt vor dem Dorbild nur verftoblen fid 
bemerfbar madden will, Jn diefer Reihe mit ihrem gleidy- 
mäßigen Schwelgen in tedhnifhen Runftftüden vom Rleinften 
aufwärts finden fih aud in unendlicher Fülle jene Phänomene 
der liebevollftien Beduld und einer begnadigten Hand, die Alles, 
was das Auge im fchärfften und nüdternften Hinfehn erblidt, 
in virtuoje Malerei umzufegen verftebt. jene Werke entitehen, 
vor denen Künftler und Laien feit Jahrzehnten wie vor Offen- 
barungen von etwas Unbegreiflidhem ftehen, — welde freilidy die 
deutfche Gleicdgiltigteit gegen Alles, was ohne Reflame bedeutend 
ift, lange Zeit bindurdh Bild um Bild nad England und 
Amerifa wandern lief. Allerdings läßt die ftrenge Selbftkritif 
tes Riinftlers aud nidts aus feiner Werkitatt heraus, was ihm 
irgendwie unzulänglic fıheint. Seeger erzählte mir einmal, daß 
er gelegentlih feiner jährlihen Aiblinger Befuhe zwei Mappen 
mit früben Zeichnungen Leibl’s fand, diefelben für fih in Befhlag 
nahm und eine hohe Summe dafür bot. Der Rünftler verbrannte 
daraufhin fogleih vor den Augen feines Freundes bis auf 
wenige Blätter den ganzen Inhalt, „damit nad) feinem etwaigen 
Tode nichts Minderwerthiges an die Oeffentlichkeit Fäme*. Hat 
Leibl doc eins feiner beriihmteften Werke auf den beredtigten 
Tadel hin wegen unridtigen Grdfenverhaltniffes einer Figur 
darin fogleidy zerfhnitten. Die „Zeitung lefenden Bauern‘, die 
„Drei Bäuerinnen in der Kirche‘ — an mifroftopifher Genauigkeit 
und ftoffliher Echtheit wohl das Aeuferfte Leibl’ fer Runft — 
die vielen Innenftüde von Bauernftuben mit ihren Jnwobnern, 
deren Rleiderfchnallen man mit der Lupe unterfuchen, deren Tert 
in den Bebetbühern auf Sem Kirdenftüd 3. B. man felbft in 
der photographifden Verkleinerung der Originale mübelos lieft, 
— fo erftaunlide Scherze in der Art der oben jhon bejprochenen 
Hände mit dem Gebetbudh, der hierbei abgedrudten Hände mit 
einem rothen Tud, jenes viel bewunderten Miederftüds mit 





ID, Keibl, 


Hinde mit Gebetbud. Studie, 


BF I Ten 5 
[Rens 





Dentfhe Runft. 25 


Spange, blauer Schürze, weißer geblümter Blufe in vollen und 
reinen Cofalfarben, gehören alle bierher. Und bier ift Leibl als 
nüchterner Darftellee der unmittelbare Erbe Holbeins, wie er in 
feinem unvergänglihen Jörg Bisze vor uns fteht. Er erjcheint 
nur vollfommener dank einer inzwifchen fortgefhrittenen größeren 
Renntnif der Cuftperfpeftive. Eine andere Reihe von Werken 
behandelt Sie Darftellung des einzelnen Menfchen. Eigentlich) 
find es ja überhaupt nur Einzelmenfhen, die Leibl in feinen 
mebrfigurigen Bildern nebeneinander fett, Senn der Rapport 
zwifhen feinen Perfonen, das Anekdotifhe des Themas gelingt 
ihm eben nicht befonders, und nur die trefflihe Beherrſchung 
läßt das überfehen. Aber wenn er eine einzelne Figur behandelt, 
dann fdeint es wirklich mie eine Befreiung über ihn zu fommen, 
— da weif er die Natur in ihren feinften Zügen vielleiht noch 
fiherer zu treffen und da erwadt in feinen Tafeln. oft, wenn er 
Mädchenköpfe 3. B. fcildert, die herbfüße Jungfräulichkeit der 
Natur, wie fie über den Schöpfungen der Waldfchule von 
Fontainebleau fhwebt. Mit welder Schärfe find fo die ver- 
fhlagenen bageren Röpfe der oberbayerifhen Wildfhüten urh- 
gebildet und wie Föftlih find fie gemalt in dem dämmerigen 
Duft des etwas trodenen Tons! Und 
welde würzige Süßigfeit duftet über 
den vielen Köpfen junger Land- 
mädchen, die van Dyd im Ton nicht 
bezaubernder hätte fhildern fonnen. 
Aber van Dyd war ein Hof- und 
Salonmenfd, und Leibl 30g aus den 
Sphären durdtriebener Bildung in 
die Landeinfambeit, den unentweibten 
Naturbaud andacdhtig zu verehren. 
Und das ift denn aud das Mehr 
in allen diefen Tafeln, das cin Stadt. 
menfch begreifen, aber niht fhaffen 
Fann: der feufthe Haud) geddmpfter, 
aber reiner farben, — Linien von 
föftlicher Ylervenruhe, — eine Seelen- 
eriftens in dSiefen Madchenaugen, 
Lippen und Wangen, die etwas 
Marienhaftes bat. 

Jn neuerer Zeit ift Ser Stil 
Leibl’s einfacer, nod fithler, toniger 
geworden, ohne daß er an Kraft 
und Sinn für das Rleine verloren 
hätte. Das ,,Herdfeuer, des 
„Bauernjägers Eintehr*, der diefem 
Artifel in einer Autotypie beigegeben 
ift, gehören hierher wie zwei prächtige 
Bildniffe von Ernft Seeger. Bei- 
nahe merfwiirdig ift dabei, wie gern 
Leibl aus feinen halbdunflen Bauern- 
ftuben einen fenfterausbli€ auf 
griine Garten giebt und dod nur 
ausnabmsweife einmal ein landfdaft- 
lihes Stüd behandelt. Rühl, vor- 
nebm und rafjig ift aud hier feine 
Kunft gewiß, aber viel anzufangen 
weiß er mit dem Befiht Ser Erde 
nidt, — der Menfh ift ibm Alles. 
— — Bier und da bat Leibl and 
zur Radirnadel gegriffen und bei 
feinem boben zeihnerifhen Rönnen 
bodintereffante Stüde fertig ge- 
bradt. Hier ift er wefentlid Umrif- 
menfd) und nur in ein paar 
Menfchentöpfe gräbt er fich ticfer ein. 
Don der Candfraft, Bauernbaufern, 
Thieren giebt er hierbei faum mehr 
als eine Randbemerfung, mebr bei- 
läufig denn als Erflärung, aber fo 
fein und trefflic zugefpißt, daß man 





ihn 3u den intereffanteften Stehern der Zeit zählen muß. 
Das ift der vielgenannte Cinfiedler von Aibling — der 
Riefe mit der Rinderfeele — der fFauftmenf mit der fraulichen 
Zartheit des Pinfelftrihs. Jn den ZOer Jahren viel gepriefen, 
wurde er in den SOern nidt eben oft erwähnt, weil er feinen 
Frat niht bei jeder offiziellen Gelegenheit fhwang. Seit einigen 
Jahren tritt Leibl mehr und mehr in den Vordergrund und die 
Oeffentlidfeit befinnt fih darauf, weld’ einen bedeutenden Rünftler 
Deutfhland in ihm befikt. Das ift ein Zeitzeihen. Seit den 
legten Jahren ift fein Zweifel mehr darüber, daß die moderne 
naturaliftifhe Malerei, die eint mit fo Pdftlidhen Derheifungen 
von Werf zu Werf der Erften und Bedeutendften begann, in 
rapidem Derfall auf Ubwege obne Riidfebr gerieth. Und nod 
ehe das Jahrhundert ganz abgelaufen ift, Siirfte Senn aud Leibl 
in. der Sffentlidhen Shagung eine Stellung einnehmen, die 
würdiger für feine bedeutende Runft ift als die bisherige. 


Wir bemerten, daß fih die Reproduftionsredte fEmtlider Werke IW. Leibl’s mit Aus- 
nahme zweier im Befige des Herrn Rommerzienraths Seeger, Berlin befinden, deffen Entgegen- 
tommen wir die Möglichfeit einer Deranjhanlihung des Werkes des Rünftlers verdanken. 

Die Redaltion, 


W. Leibl. 


Waldheger. 


Deutſche Runf. 


Hendeutfche Zimmereinrichtungen. 
` Pon Bruno Sdhippang. 


mit einander verwadfen, da das Wort des George 

Sand von den Fehlern unferer Tugenden faft auf allen 
Lebensgebieten eine unbegrenzte Beredhtigung behält. Umgekehrt 
giebt es faum einen ‚fehler des individuellen oder des nationalen 
Charakters, der nicht gewiffe Elemente in fic) trüge, Sie unter 
beftimmten Dorausfegungen die Grundlage zur Entwidelung ganz 
neuer Tugenden hergeben könnte. Seit Jahrhunderten wird nun 
fhon die Klage laut über den Mangel des nationalen Rüd- 
grates unferes deutfchen Voltes, 
über feine allzu grope Nadh- 
giebigteit gegen fremde Ein- 
flüffe und feine Unfähigkeit, 
fih auf fih felbft zu befinnen. 
Nur felten wird in Erwägung 
gezogen, wie gerade diefe 
Nadgiebigfeit des deutfchen 
Nationaldarakters das Deutfch- 
thum in die Lage verfekt, 
feine fpeziellfte Rulturmiffion 
in der Amalgamirung trieb- 
fräftiger Rulturfaktoren zu er- 
füllen, Es bewährt fih augen- 
blidlid) in dem allgemeinen 
Siege der deutfhen Waare 
auf dem Weltmarfte, was wir 
aus unferer Anpaffungsfabig- 
feit gewonnen haben. Gerade 
dadurch, daß fih die deutfche 
möuftrie bemühte, jedem frem- 
den Dolfe zu geben, was feinen 
fpeziellen Bedürfniffen, feinem 
durh die befonderen Lidt- 
effefte des Landes bedingten 
‚SFarbenfinne entfprad), hat es 
über England gefiegt, das 
bartnädig bemüht war, die 
Welt im Sinne feines Spezial. 
gefhmades zu uniformiren. 
Deutfchland ließ fi inzwifchen 
Heit, die Vielfeitigteit feines 
Rönnens zu entwideln und es 
ift befannt, wie unendlich viele 
Waarenballen aus Deutfchland 
die Reife über den Ranal und 
zurüd maden mußten, um in 
Deutfhland als englifhe Erzeugniffe höhere Preife zu erzielen. 
Der zähe Ronfervatismus John Bulls warf das Hauptgewidt 
fetner Dolfstraft auf die merfantile Seite; die induftrielle gerieth 
darüber in Verfall, — man handelte mit fremden Waaren. Diefe 
Entwidelungsphafe, Sie der Nationalöfonom als Merfantilismus 
bezeichnet, muß ihrer Natur nach dem Begriff „Mode* eine ganz 
ungebührlihe Wichtigkeit beilegen. 

Die übertriebene Betonung der Mode fördert ja den fhnellen 
faufmännifhen Umfat und jeder, der einigermaßen mit den 
Eriftenzbedingungen des modernen Kunftgewerbes vertraut ift, 
weiß ein Lied Savon zu fingen, welde Derwiiftungen diefer 
elende übertriebene Modenbegriff anrichtete. Allein auch er hatte 
feine Lichtfeite, die, daß die deutfihe Ornamentif die Rinder- 
franfheiten Ser biftorifhen Stilmutb in verhältnigmäßig kurzer 
Heit überwand. Daß biftorifher Stil die Formenfprache einer 
vergangenen Heit bedeutet, daß moderne Gothif (in fflavifcher 
Nahabmung) nicht günftiger wirft, wie ein modernes Gedicht in 
mittelhoddeutfther Sprache, haben wir alle fhnell genug begriffen; 
unfer fiinfilerifthes oder funftgemerblides Gewiffen fagt uns, dah 
wir verpflichtet find, unfere eigene Sprache zu reden, Aus dem 


6: und böfe find in unferer beften aller Welten fo eng 


W. Leibl. 





Studium des Mittelalters aber haben wir neben der techniſchen 
Routine den Sinn für die Stimmung gewonnen. Aus unſerem 
Stimmungsvermögen erwächſt unſer neuer Stil. Dieſer neue 
Stil hat in England zuerſt die Sanktion der Mode erlangt. 
Gewiſſe merkantil beeinflußte deutſche Kreiſe meinen nun, in dem 
neuen Stil etwas ſpeziell Engliſches vor ſich zu haben und 
glauben, die Vorbilder des Kunſtgewerbes aus England holen zu 
müſſen. Wer aber nur ein wenig Einblick in engliſche Ver- 
hältniſſe beſitzt, weiß, daß die Uranfänge der modernen engliſchen 
Entwidelung auf Semper zu- 
rüdgehen. Rustin hat mit eng- 
lifher Jähigteit daran gear- 
beitet, Sempers Theorien 3u 
populatifiren. Man braudt 
nur den Namen Herfomer zu 
erwähnen und feine Bezies 
bungen 3u frampton und den 
modernen englifchen Bewerbe- 
fhulen zu fennen, um zu wiffen, 
daß bier wieder englifhes Ra- 
pital mit deutfihen Ideen ar- 
beitet, in derfelben Weife etwa, 
wie v. Hoffmann's Anilin- 
farben-Erfindung in England 
groß wurde. 

Warum foll aber Deutfd- 
land, das jetzt allmälig wohl- 
babend genug wird, um gute 
funftgewerblihe Erzeugniffe zu 
taufen, fein geiftiges Eigen- 
thum immer erft aus zweiter 
und dritter Hand entgegen- 
nehmen? Es handelt fid) doc) 
bei einem folden Verfahren nur 
um die letzten Ausläufer einer 
über wundenen nationalöfono- 
mifchen Bewegung. Schon die 
f. 3. nad England entfandte 
Rommiffion, die fic) über eng- 
lifche Tapeteninduftrie und De- 
foration unterrichtete, machte 
darauf aufmerffam, wie die 
nad unferen Begriffen über- 
reiste englifhe Farbengebung 
auf die Cigenthiimlidfeiten des 
trüben englifchen Himmels zu- 
rüdzuführen ift. Ebenfo wenig fönnen wir bei unferen Cebensgee 
wohnheiten englifhe Einrichtungen braudhen. Das darf uns natürlid) 
nicht hindern, im fosmopolitifchen Sinne alle Verbefferungen ein- 
zuführen, die auf allgemeinen hygienifhen Wahrheiten u. dergl. m. 
beruben. Diefe Derbefferungen zu benutzen, fie in deutfche 
farben- und Formenfprahe zu überfetzen, ift vielmehr Sie Auf- 
gabe der deutfchen Jnnendeforation. Daf man in Deutfhland 
zielbewußt in diefem Sinne zu arbeiten vermag, zeigen die Ab- 
bildungen aus neueren deutfchen Heimftätten, die wir vorzuführen 
Gelegenheit haben. Alle drei Einrihtungen find von der Firma 
Carl Müller u. Co., Hofdeforateur in Berlin, geliefert. Da 
fehen wir einen Vorraum mit Garderobe. Es ift bier, wo es 
fih um einen Raum handelt, der erft durch die meuzeitlihe Ent- 
widelung zum Lebensbedürfnig wurde, auf jede Anlehnung an 
biftorifche Stilformen verzichtet, die formen find in fonftruftivem 
Sinne gehalten. Um den engen Raum möglihft liht aus- 
zugeftalten, find alle WArchitefturtheile, Thüren, Wände, Dede 
u: f. w. blendend weiß gehalten; ein tiefrother Teppich führt 
einen warmen Ton ein; dic Verglafung der Fenfter und Thüren 
it in feegrünem Ton mit durdgehendem Ornament ausgeführt 


Studienfopf. 


und Lift am Tage ein leiht gedämpftes Cidt auf den glänzenden 
Metalltheilen der Beleuhtungsförper fpielen. KCebtere find unter 
Benugung alter Teheranwaaren entworfen und mit modernen 
weißen und farbigen Metalltheilen verbunden. Der Ramin ift 
mit echten Delfter Platten ausgelegt; der Einjat aus Schmiede- 
eifen farbig gehalten. Das Schlafzimmer ift unter firenger Bee 
rüdjihtigung gefundbeitliher Anforderungen zufammengeftellt. 
Alle Holstheile beftehen aus Efchenholz, das. leidt von Staub 
gereinigt werden fann; zu den Vorhängen ift wafhbarer Baum- 
wollmuffelin mit anmuthiger Mufterung in Gelb ung Creme ver- 
wendet; die Bettftelle befteht aus Wefjing; ebenfo die eleftrifden 
Beleuchtungskörper, die von feegrünen Bläfern umgrenzt werden. 
Die Wände find fraifefarben, der Teppich feegriin mit dSunflerem 
Ornament. Ein kleines Meifterwerk der Stidfunft bietet fih in 
der feinen finngemäßen Heichnung Ser Bettdede dar. Das Speife- 
zimmer giebt jene Stim- 
mung von Soliditat, 
Farbenwarme und 
formenreidhthum, die 
wir als den bezeid- 
nendften Ausdrud für 
die Zweckbeſtimmung 
eines folhen Raumes 
empfinden. Die Holz- 
möbel find in grün 
getöntem Eichenholz 

ausgeführt; die 
Schnißerei ift mit An- 
flingen an ie Gothi 
in naturaliftifchen for- 
men gehalten, aber 
überall fo eingedämmt, 
daß Zwed- und Ron- 
firuftionsgedanfe cs 
Möbels nit von der 
fhmüdenden Zuthat 
überwudert werden. 
Die Schnitereien find 
unter Sisfreter An- 
wendung von Bold 
farbig behandelt; ähn- 
lide - farbenténungen 
finden fih an dem 
erhaben gearbeiteten 
bemalten fries unter 
der weißen Studdede. 
Die Tapeten und Holz. 
theile der Wände zci- 
gen einen bellgrünen 
Ton, der fih demjenigen der Möbel unterordnet; der Teppich 
it burgundroth, alfo auf Kontraftftimmung bin gewählt. 
Reihe, farbige Lichtreflere werden urh die phantaftifche Ver- 


wW., Keibl, 





Mädchen im Grünen. 





Deutfbe Runft 27 


glafung des Erfers und ihre Wirfung auf das Tafelgerath 
des Rredenzfdrantes eingefiibrt. Die Zeihnung der Glas- 
arbeit lehnt ebenfalls an gothifhe Motive an; and das 
Außenfenfter ift farbig verglaft. Beachtenswerth ift die Feidh- 
nung der Stühle, die an tiroler Gothi? erinnert, {ie 
aber vor anderen derartigen Arbeiten dadurch auszeichnet, Saf 
der fonftruftive Gedanfe zum Ausgangspuntte gewählt wurde 
und die ftilijtifthen Motive fic) ihm unterordnen. Nad diefer 
Seite hin ift die Stärke des fcaffenden Seutfden Kunft- 
finnes zu fuchen; er erfaft Sen Geift cs Dergangenen und 
gießt ihn in neue eigene formen. Gn diefem Befinnen auf fih 
felbjt, in der Tendenz zu individualifiren — zunädhft im Dolfs- 
thümlid-Nationalen, dann im Ständifh-Sozialen — liegt die 
Zukunft des deutfchen und des europäifchen Kunftgewerbes 
geborgen. Das Bewollt-Yeue, das Erzwungen-©riginelle, das 
fih in fo manderlei 
modernen Erfcheinun- 
gen, 3. B. in einzelnen 
Publifationen des 
Studio fund — thut, 
giebt nidt die Garantie 
gefunder Entwidelung. 
Alles Jrdifhe ift ein 
Bewordenes; Natur 
und Kultur fennen 
weder fprungbafte Ent- 
widelung nod) gewalt- 
fames- oder abfolut 
Neues. Das deutfihe 
Runftgewerbe fann 
feine eigene Dergan- 
genheit nicht entbebren 
und unfere Gunendefo- 
ration wird nurlebens- 
fähig bleiben, wenn 
fie, wie es an den 
gegebenen Beifpielen 
der fall ift, Sie deutfche 
farben- unð formen- 
fprade pflegt. Stil 
bildend bat von jeher 
nur die lokal und 
fozial bedingte Zwed- 
mäßigfeit gewirkt. Den 
‚Modegefhmad des 
Auslandes wabllos 
übernehmen, beißt nicht 
das Runftgewerbe för- 
dern, fondern es in 
feinen Wurzeln untergraben! Man befinne fih darauf, der 
Deutfhen Handfertigkeit Aufgaben zu ftellen, die aus nationalen 
Bedürfniffen hervorgegangen, ihrer Leiftungsfäbigfeit entjpreden. 


Berliner Herbftausftellungen. 


obald fih die Pforten des Ausftellungsgebäudes am Lehrter Bahnhof 

sefhloffen haben, öffnen fih die der Aunftjalons im Innern der 

Stadt. Man gewinnt, der großen Bilderfhau müde, wieder intimere 
Beziehungen zu dem einzelnen Rünftler und genießt behaglid, ftatt mehr oder 
weniger fritifd 3u vergleihen und zu urtheilen. 

Bei Schulte Unter den Linden befindet man fic flets in guter fünftlerifcher 
Gefellfhaft. Man unterhält Ah ohme fonderlihe Aufregung und freut fid 
alte Bekannte wieder zu finden, deren anerkanntes Können jeden Zweifel aus- 
fließt. Meinungsdifferenzen liegen außer dem Bereihe der Möglichkeit, wo 
es ih um Andreas und Oswald Adhenbad, Ed. Hildebrandt, 
Calame, Derboefhoven, Liers, Hognet, £. Anaus handelt. Selbft 
der wechfelnde Modegefhmad wird an ihnen nit ohne ein Gefühl wohl 
tempericter Hodadtung vorübergehen diirfer. Wenn uns perfönlih Andreas 


Adenbah als Maler intimer Binnenlandfhaften während der feheziger und 
flebsiger Jahre lieber if, als der vielgerühmte Schilderer der bewegten See, 
wenn Oswald Ahenbad's „Dierwaldftätter See und „Nädtlihes Rhein- 
ufer" uns fpmpathifher berühren, als feine dekorativen italienifchen Liht- und 
Sonnenbilder, fo ift das Befhmadsfahe, über die fih nicht ftreiten läßt. 
Eò. Hildebrandt, Hoguet, Calame gehören einer Funftgefchictlid feftgelegten 
foloriftifhen Schule an, KLier's „Waffenfchmied‘ ift den beiten nicder- 
ländifhen Rleinmalern überaus fein nahempfunden und Ad. Schreier's mit 
glänzendem Befolge zum Rampfe ausreitenter Sheikh ift ein „pbantaftifhes 
Gedidt‘ frei nah Freiligrath. 

Gm Uebrigen hat Schulte feine Llous, die zu einer eingehenden Betradhtung 
auffordern. Da ift zunädhft ein pradtiger 2. Anaus aus Privatbefig. Der 
„Unzuftiedene" gehört, wenn wir nidt tren, den ficbziger Jahren an und 


23 Deutfde Runf. 


weit alle fdhdnen Eigenjihaften des Meijters auf, das gefällige ausgeglichene 
Rolorit, die forrefte Feidnung und die treffihere, maßvoll das Häßlide 
vermeidende Charakteriftit. Als man den finfter vor fi binftarrenden Mann 
im Sdlapphut, der da am Biertijd fißt, als „Sozialdemokraten bezeichnen 
wollte, hat fih der Künftler dagegen verwahrt, mit vollem Recht, denn aus 
den energifhen Zügen fpricht mit der politifhe Ylörgler, fondern der forgen- 
volle Arbeiter, der die Löfung der fozialen Frage zunähft at home beginnt. 
Intereflant ift es, wie aud) die Meijterfhaft eines Anaus an ein gewifles 
Format gebunden ift. Der „Unzuftiedene‘ ftreift hart an die Grenze der 
Leinwandgröße, in der das Rönnen des Rünftlers am vorıheilhafteften zur 
Geltung kommt. 

Aud der Diiffeloorfer G. von Bohmann hat fein format. Das eine 
feiner Bilden ftellt in einer an 5. Brandt erinnernden gelblihen Tönung 
eine Marktfzene vor eine landliden Schenke dar, während zwei andere ein- 
fahe und gerade darum überaus reizvolle Strandmotive behandiln. - Bod- 
mann’s figürhen wirken ftets lebensgroß, weil ihre Ausführung gerade fo 
weit getrieben ift, daß fie das puppen- 
baft Miniaturartige vermeidet. Gn der 


damir, ‚Farben zu entdeden, wo man bisher nur Licht und Schatten gefeben. 
Ein glänzendes Beifpiel -für die moderne Sehweife des Malers ift der 
Norweger frig Thaulow. Wenn er Denedig fhildert, fo offenbart ihm 
die füdlihe Lichtfülle eine Reihe von Lofaltönen, die fic) unter dem Einfluß 
der feuchten Luft zufammenjhließen zu überaus feiner Harmonie. Die Um- 
riffe lodern, die Flähen beleben fih. Er mifcht die Farben nist auf der 
Palette, fondern er fert fie auf der Leinwand nebeneinander und überläßt ibe 
Hufammenftimmen dem Auge des Befihauers. Wenn er eine nordfeanzöfifche 
Hafenftadt wie Dieppe in nadtlider Beleudtung malt, fo fließt ĉas Mond- 
lidt von den rothen Dadern herab und dnrhfhimmert die blauliden Schatten, 
die von den engen Straßen binaufgleiten an den Mauern. Bei Leffer 
Ury gewinnt ste Farbe felbftftändig äfthetifhe Bedeutung. Der Einzel- 
gegenftand verliert feinen Dafeinswerth, er wird zum an fid gleidgiltigen 
Derfuhsobjeft für eine Polsriftifde Dichtung. Die Formen verflüchtigen fic, 
fie bilden nur nod die Grenzen für die an einander ftoßenden Farbenfladen. 
Leffer Ury malt den Kritifer der „Doffifhen Zeitung‘, Paul Schlenther, und das 

Bildnif wird unter feinen Händen zu 

einer fünftlerifhen Charafterpifion, in der 





Act der Terrainbehandlung kommt ec den 
beften Arbeiten von van Goyen gleid. 

Meifter Lenba) ift mit einem 
Bismard-Bildnig neueften Datums ver- 
treten, das alle guten Qualitäten des 
Rünflers aufweift, obne unter feinen 
Werken gerade in die erfte Reihe zu 
gehören. Ein Portrait feines älteften 
Töhterhens Marion in blondem Loten- 
haar muthet in Jeihnung und Farbe 
wie ein guter Bainsborough an. 

Am meiften Gntereffe dürfen in der 
Schulte'ſchen Ausftellung zwei neue 
Werte von Hans Thoma und Arnold 
Bolin beanfpruden. Der Frankfurter 
Meifter bringt eine jener anthropomorpbhen 
Naturfildereien, in denen eine Stimmung 
fih zu phantaftifhen Gebilden versidtet. 
Auf einem Felsblod figt in fih zu- 
fammengefanert ein betrübter Meergreis, 
um den fih theiinahmsvoll eine Schaar 
von Seehunden gefammelt bat. „Neeres- 
öde mödhte man das Bild in feiner 
trüben Farbengebung nennen, wenn nicht 
ein leifer Fug in das Tragifomifthe den 
melandolifhen Befammteindrud milderte. 








fih das Robuft-Rörperlihe vergeiftigt und 
wie hinter einem verfldrenden und durd- 
leuchteten Schleier erfheint. Es liegt etwas 
Weiches, zart Anmuthendes in diefer 
Runft, die alle Eden und Ranten der 
Wirklichkeit abfihtlid ignorirt und fle am 
liebften in einen großen Zufammenflang 
ſympathiſcher Farben auflöfen mödhte. 
Aber die Natur läßt miht mit fi 
fpielen, die aufdringlihe Wirklidfelt ge- 
winnt wieder Gewalt über die felbft- 
berrlihe Hand des Riinftlers. Hans 
Thoma ift trok feiner fvmboliftifhen 
Neigungen ein treuer Scilderer der 
wirflihen Dinge, denen er ihr typifdhes 
Wefen ablaufcht. Seine „Sturmlandfhaft 
athmet individuelle Stimmung, aber wenn 
er mit Laubmaffen und Wolfenfdhidten 
aud nod fo fummarifh umgeht, wenn 
ibm Hirt und Heerde zu farbenfleren 
werden, fo weht doch eine ehte Winds- 
braut duch feine Baumfronen, fheucht 
die Wolfen vor fih ber und fegt faft 
fihtbar über die Ebene und ihre Staffage. 
Die Natur läßt nicht mit id fpielen, 
und fo fheint ung denn Walther Crane 





Arnold Bédlin’s „Krieg will diefes Mal bei Burlitt ein wenig über 
als Skizze betrachtet fein, als erfte die Grenzen feiner Aunft binausge- 
Geftaltung einer Fünftlerifhen Ron- W. Keibl, Alter Mann, Radirung, gangen 3u fein. Seine „florat mit 
3eption, die fid, wie verlautet, einmal zu dem LBlüthenzweig lafen wit uns nod 
einem lebenegroßen Gemälde verdichten wird. Ueber eine brennende Stadt gefallen, aber feine Schwanenjungfrauen wollen märdenbaft-lebendig 


bin rafen die apofalvptifhen Reiter auf gefpenfifhen Roffen: Ein fadel- 
fhwingendes Weib in rothem Mantel, ein bartiger germanifder Rrieger, eine 
beulende furie mit Shlangenbaar in gelbem Gewande und ein ,,Angft 
gerippe", auf dem Schädel den goldenen Lorbeerfranz. Aus der fonnen- 
beglänzten Ebene fteigt der Rauh auf in die fadelduchlohte Höhe. Durd 
die ganze Kompofition geht ein gewaltiger, mächtig ergreifender Zug, der die 
Mängel der Heihnung und eine gewiffe, bei Bsdlin ungewobhnte Flaubeit der 
sarbengebung überfehen läßt. 

Der Salon Burlitt giebt Belegenheit zu intereffanten Studien auf dem 
Gebiete der Landfihaftsmalerei von dem alten, jüngft verftorbenen Louis 
Gurlitt bis zu dem jungen, ungemein lebendigen Leffer Ury. Lonis 
Burlitt ftebt auf dem Scheidewrge, wo fid) die Landfcaft von der ftilifirenden 
Hajiihen Naturauffaffung losmaht und am der Hand der Niederländer zur 
Beobadhtung der Wirklichkeit zurüdkehrt. Seine foloriftifhen Mittel find un- 
zulänglid für die Wiedergabe fubtiler Luft- und Lichterfheinungen, er fann 
aud eine gewille konventionelle Linienführung, ein philifterhaftes Bemühen, 
die Tehni? unter glatter Oberflähe zu verdeden, nicht verleugnen, aber feine 
Runft ift ebrlich, mit bejheidenen Mitteln arbeitend, fleinbiirgerlid pflicht- 
bewußt. Sein „Blit auf Hamburg" ware eine trefflihe Vorlage für einen 
jener fauberen Stablftide, denen man nod heute gelegentlih in Reifehand- 
biidhern begegnet. Seither hat fih das Rünftlerauge verfhärft, man begann 


fein, ohne doch über Sas Deforativ-Gefallige binauszufommen. Die hübfhen 
Madchengefidter und fehlank-englifhen Leiber Ingen gar zu förperlich 
unter den Schwanenhüllen hervor, das Auffhweben gleih einem unbewegten 
Kleben auf einem Tapetengrunde, der vergeblid eine Landfhaft zu fein fudt. 
Da weiß fidh L. von Hoffmann mit feinen dekorativen, leicht geäzten und 
bemalten Holztäfelhen befjer in den Schranken des Deforativen zu halten. 
Was er an füß-fentimentalen Mädchenföpfen, an fanft fid neigenden frauen- 
förpern auf lichte Hintergründe malt, erinnert an die Prärafaeliten, ohne 
mit der Prätenfion einer Ummodelung der natürlihen Dinge, einer Rüd- 
datirung des Begenwärtigen aufzutreten. Es find gemalte Sentiments, aber 
feine aufdtingliden Sentimentalitaten. 

Lenbad'’s Portrait Raifer Wilhelm I. wird befonders werthvoll dadurch, 
dağ es als das letzte Bildnif des greifen Herrfhers gemalt ift. A. Menzel 
ift mit einer wunderbar treuen Studie des Ropfes eines „fterbenden Schimmels**, 
frig von Uhde mit dem Bildnif eines alten Mannes, Stud mit feinem 
von der vorjährigen Berliner Ausftellung ber befannten „Tanz“, Max 
Rlinger mit feinem 1893 ausgeftellten weiblihen Akt „Am Strand‘ vertreten. 
W. Leib! hat ein paar prächtige Fleinere Bildchen gefendet und intereffante 
Skizzen und Studienföpfe, von denen wir mehrere duch die Giite der 
Burlittjhen Runfibandlung unferen Lefern in Autotypien vorzuführen in der 
Lage find. 6. m. 


~ — — — —— - — 


der Baſeler Kunſthalle zu betrachten 


Farben von 1849; es folgen die Jagd 


Deutſche Runft. 29 


Peter Sldtner. 


t lebte, nahm drei Weiber und ftarb am 23. Oftober 1546 — mehr 

wiffen wir von Peter Fldtner's Schidfalen nit; glücklicherweiſe 

defto mehr von feinen Werfen. Nachdem vor zwei Jahren der 
Wiener Belehrte Domanig „Peter Flötner als Plaftifer und Modelleur" ge- 
fhildert hatte, ift jet des Rünftlers ganze Aunftthätigkeit in erfchöpfender 
Weife in dem Werke des Tübinger Profeffors R. Lange „Peter Flötner, ein 
Bahnbreder der deutfhen Renaiffance, Berlin bei G. Grote, dargelegt. 
Johann Neudörfer im feinen unlängft im der „Deutfhen Runt" ftiszirten 
Memoiren ftellt ibm einem Deit Stoß gleih. Don Beruf Bildfchniger, hat 
fih Flötner in verfhjtedenen Bebieten mit großem Erfola verfuht. Ueberall 
bewährt er fih als Meifter von origineller und reicher Erfindungsgabe, von 
eleganten und Ffünftlerifh ausgereiften Formen in feinen Werfen. Er ift der 
erfte unter den Nürnberger Rünftlern, der die eigenartige Mifhung von Gothit 
und Renaiffance überwunden hat und die reine formengebung der italienifchen 
Renaiffance in durchaus felbftändiger Derarbeitung bietet. Befonders verbreitet 
und bewundert waren die 40 zum größten Theil Mauresfen darftellenden 
Holzfdnitte der fog. Wyffenbad'fchen Folge, die ihn ihrer Mannigfaltigfeit und 
fünftlerifchen fFeinbeit heute nod als Dorbilder dem Runfthandwerfer dienen. 
Daran fließen fih eine große Reihe weiterer Holzfihnitte, die zum Theil als 
Budilluftrationen, zum Theil als felbftändige Blätter vorliegen. Außerdem 
find jeßt duch Lange's Forfhungen eine Anzahl von trefilihen Hand- 
zeihnungen flötner's befannt geworden. Seine Hauptthätigkeit tritt uns 
jedoh in feinen Dekorationen und Architefturen, feinen Bildfhnigereien, 


Medaillen und Plafetten entgegen. Bezuglih des Hirfdvogelfaales weift 
Lange nad, daß nit nur die Ornamentif, fondern der ganze Saalbau, auh 
in feinen arditeftonifhen Theilen auf Flötner zurüdzuführen ift und er faßt 
fein Urtheil in die Morte: „Die funfthiftorifhe Bedeutung diefes Haufes be- 
tubt darauf, dah es das erfte größere, im reinen Renaiffanceftil ausgeführte 
Bebäude Nürnbergs und überhaupt die fhönfte und ftrengfte Schöpfung der 
ganzen dentfhen Frührenaiffance ift." ferner ift der größte Theil der 
Schnißereien in dem berrlihen Saale des bekannten Tuderhaufes, die reiz- 
volle Thürumrahmung und Dertäfelung eines jegt als Schlafraum dienenden 
Zimmers fowie eine Reihe einzelner Theile Flötner zuzufihreiben, ebenfo das 
Nordportal im Standesamte des Ratbhaufes. Doch nit nur für Nürnberg 
hat Flötner gefhaffen. Schon im Fabre 1526 muß er fic eines guten 
Riinftlerrufee erfreut haben, denn damals bereits erhielt er vom Kardinal 
Albreht von Brandenburg den Auftrag zu einem Brunnenentwurfe, der, aus- 
geführt, auf dem Markte in Mainz aufgeftellt wurde. 

Don den Bildhauereien und Bildfdnizereten, dem Hauptgebiete von 
Flötner’s Schaffen, find leider nur wenige authentifhe Stüde erhalten. Um 
fo mehr begrüßen wir es freudig, daß durh Lange's Forfhungen aud bier 
wieder ein Pradtftüd mit Sicherheit auf unferen Rünftler zurüdgeführt werden 
darf. Es ift der herrlihe Pokal der Familie Holzfhuher, der „aus reiner 
reid) gefdnigten Rofosnuf von 47 Zentimeter Umfang, die auf einem 
filbernen und vergoldeten Fuße in Beftalt eines doppelt gewundenen Wein- 
ftods ruht und mit reichen vergoldeten Silberornamenten gefaßt if,‘ befteht. 


Die Böclin-Ausftellung in Bafel. 


ie Ausftellung, weldhe zu Ehren des größten Farbendichters unferes 

Jahrhunderts zu Bafel eröffnet ift, dürfte zu den eigenartigften und 
N feltenften ihrer Art gehören. Schwerlid werden wohl jemals wieder 
hundert Original» Bödlin's zufanmen zu bringen fein; das Material ift zu 
foftbar, als daß es von den weit verftreuten Befigern nod einmal bergegeben 
würde. Hier findet man die Bödlin's aus Sem Bafeler Mufeum, die im 
Bafeler Privatbefiz befindlichen Werke, darunter die Foftbaren Stüde des Herrn 
La Rohe- Ringwald, ferner die acht Bilder der frhrn. v. Heyl in Darm- 
fadt u. A. mehr. Feblt aud nod 
ein oder das andere Werk, weldes 
nicht bergegeben wurde, fo it Sod 
die Befammtüberfiht über des Rünft- 
lers Schaffen ziemlih lüdenlos, zumal 
da der Befuder in Bafel noh Böt- 
lin's fresfen im Treppenhaufe des 
Mufeums, diejenigen in der Villa 
Sarafin und die ffulpirten Röpfe an 


und 3u bewundern Gelegenheit hat. 
Die Hängelommijjion fudte thuntidft 
eine biftorifhe Folge einzuhalten, doch 
wurde fie des öfteren aus Rüdfichten 
auf den Raum unterbrohen. Das 
frühfte Bild it das Portrait feiner 
Mutter, weldes Bödlin als Rnabe 
von fehzehn Jahren gemalt hit. Die 
„badenden Knaben“ ftammen aus dem 
Jahre 1848, ein Kornfeld in fräftigen 


der Diana, die römiſche Weinſchänke, 
Petrarca an der Quelle von Vaullufe, 
der Anadoret, Denus und Amor; der . 
panifhe Schred (1858). Der Gothen- 
zug ffammt bereits aus dem Fahre 1884. 
Die beiden Villen am Meer find 1864 
und 1868 gemalt; es folgen die 
fifhenden Pane, die Flora (1875), 
Ser Centaurenfampf, die Najaden, 
der Centaur in der Dorfidmiede, 
ie Meeresidylle, Ses Lebens furzer 


Traum, das dreitheilige Bild Venus- genitrix; die Sufanna im Bade 
mit ihrer unverwiiftliden Romif, Polyphem und Odyffens, Prometheus; 
ein Selbftbildniß von 1872 mit dem fiedelnden Tod zur Seite, ein 
zweites von 1895; das Berliner Selbftbildnig won 1885 fehlt; folieğlih 
feien nod der heilige Hain, „Zieh es ladt die Au und die Heimkehr 
erwähnt. Es ift ein eigenes Befübl, diefe Reihen längft bekannter und lieb- 
gewordener Werke zu durhwandern; geben fie dod) ein beredtes Fengnif von 
einem raftlofen Fleiß, der mit immer fteigenden Erfolgen belohnt wurde, ein 





Speifezimmer, ausgeführt von Carl Müller, Hofdeforateur, Berlin, 








30 Deut{he Runft 





Bild von der Entwidelung feiner Perfönlichkeit, 
feines Sudhens und Ringens nad plaftifhen Ausdrud der verfhieden- 
artigen Eindrüde und Stimmungen, welde die Naturgewalten in 
dem empfangliden Dictergeifte bervorriefen. Wir fehen, wie er es ver- 
fhmabht, die Landfhaftemalerei als Abbildung einer beftimmten Gegend, 


von dem Werdegang 


als Zllufteation zu betrachten, fondern als Wiedergabe der Stimmung, die 
fie ihm aufzwingt; wie fih die Naturgewalten, bejonders. das Meer, zu 
neuen, aber organifh entwidelten fSrperliden Wefen verdidten und wie 
fhlieglih die Naturftimmung felbft, wie im Schweigen des Waldes, Geftalt 
von Fleifh und Blut gewinnt. 


Der Wettbewerb um das Berliner Bismarckdenfmal, 


te Schattenfeiten der Denfmaler-Ronfurren; find fo oft und fo grell 
beleuchtet worden, daß zu weiterer Aufhellung faum nod etwas 
EAN zu thun übrig bleibt. 
Wenn fie ein nothwendiges 
Uebel find —- viel mehr wird 
bei der ganzen Dottorfrage 
nidt berausfommen —, fo 
muß man fi mit ibrem Dafe n 
abfinden und wird fid der 
durch fie  bervorgerufenen 
Uebung der Scafiensfräfte 
freuen dürfen unbefchadet eines 
gewiffen Mitgefühle mit un- 
belohnten Anftrengungen. 

Ueber dem vor dem Ber- 
liner Reidhstagshaufe zu er- 
tidtenden Bismarddentmal bat 
von Unbeginn ein Unftern 
gefhwebt. Der erfte Wettbe- 

. werb ergab das betrübende 
Refultat allgemeiner Unzuläng- 
lichkeit der geftellten Aufgabe 
gegenüber, auf die Einladung 
3u einer engeren Konkurrenz er- 
folgten mebrere Abfagen, und 
das Endergebniß ift der lange 
vorausgefagte, durd) die Ein- 
ftimmigfeit Ser Gury befonders 
fanftionirte Sieg von Rein- 
bold Begas. Unter zwölf 
Ronkurtenzarbeiten bewäbrter 
Meifter die befte herauszufinden 
it feine leichte Aufgabe, die 
Gewifjenhaftigkeit der Preis- 
tidter it über jeden Zweifel 
erhaben, und fo wird man 
fih wohl oder übel an den 
Gedanken gewöhnen müſſen, 
in Reinhold Begas den 
„Phidias von Spreeathen" zu 
bewundern. Das Zeug dazu 
bat er, und in der Reids- 
hauptftadt ift Plag genug für 
mandes nod nicht einmal 
geplante Denkmal. 

Wenn man die Rotunde, den Langfaal und den Korridor der Berliner 
Runftafademie, in dec das Dutend eingelieferter Entwürfe auegeftel't ift, 
durhwandert, fann man fih eines wehmüthigen Gefibls nidt erwehren in 
dem Gedanten, daß fo viel in Gips umgefekte BilShaner- und Arditelten- 
Phantajle dem Untergange geweibt ift. Lapt fh doh niht einmal boffen, 
daß ein Theil des bier Befchaffenen fid in die Provinz binüberrettet, Deren 
Bismard = Denfmal - Bedürfnig jedenfalls anf billigerem Wege befriedigt 
werden muß. 

Ein Rundgang im Uprfaal führt an den Arbeiten von Reinhold 
Begas, Brütt, Hilgers, Lejjing und Maifon vorüber. Dem preis- 
gefrönten Sieger gebührt der Dortritt. 

„Fürft Bismart fteht auf vieredigem Poftament, an einen Felfen gelehnt, 
In einfacher Uniform, d:3 Schw.rt in der Linken; dte finger der redten 
Hand ruhen auf Dofumenten, der Mantel fällt malerifh bernieder. Der 
energijch gebobene Ropf ift mad rechte gewandt. Dorn am Poftament ein 
‘Atlas mit der Erdfugel, hinten ein Schmied, der am Ambos das Schwert 





Dorraum, ausgeführt von Carl Müller, Hofdekorateur, Berlin, 


fhmiedet. Das Poftament ftebt auf einem runden «rhiteftonifhen Ausbau, 
an den ih finfs und rects vieredige Godel angliedern. Hier ruht eine 
Spbhing, auf der eine nagte 
Hünglingsgeftalt malerifh bin- 
gegoffen in einem Bude lieft; 
dort hält eine weiblihe Figur, 
die einen Tiger bändigt, in 
der Rechten die RKaiferfrone. 
Die runde Architektur it vorn 
und auf der Riidfeite mit 
einem dreitheiligen Relief ge- 
fhmüdt. Da ift zum Beifpiel 
dargeftellt, wie der deutjche 
Mihel von der Germania ge- 
wedt wird, wie diefer in den 
Rampf zieht und fiegreich heim- 
fehrt; weiter beziehen ih die 
Reliefs auf die Wiedererrich- 
tung des Deutfhen Reiches. 
An dem vieredigen Haupt- 
poftament ift links in einer 
Landfhaft das Relief eines 
pbilofopbifhen Einfiedlers 
angebradt, über deffen Haupte 
Adler Freifen; rechts figt eine 
Eule zwifhen Büchern, Alten 
und fliegenden Raben." 

Wie fiid in diefer Be- 
fcdreibung abfihtlid einer vor- 
liegenden Kunft-Rorrefpondenz 
gefolgt, weil wir ihr aus 
eigener Anfhauung faum etwas 
Vennenswerthes hinzuzufügen 
wüßten. Der Atlas mit der 
Erdfugel, der Waffenfdmied 
des Deutjchen Reiches, der auf 
einer Spbhing ftudirende Giing- 
ling, die Tigerbändigerin mit 
der Raiferfrone, die Reliefs, 
der von Adlern umfreifte Ein- 
fiedler, das Alles ift redendes 
Ocnament, deffen Spradhe man 
falfh oder ridtig, ernfthaft 
oder parodirend deuten tann. 
Jedenfalls find die bildnerifhen 
Details ein wirdiger Rommentar zu den Thaten des Wiedererridters des 
deutihen Kaiferthrone, der bei dem Denfmal doc immer die Hauptyade ift, 
und für feine Geftaltung fegen wir, tro des in diefem Punfte nit eben 
glüdlihen Entwurfes, bei Meifter Begas die weiteftgehenden Haffnungen. 
Ueber das monumentale Rompofitionstalent gerade diefes Rünftlers läßt üh 
ftreiten, der Schöpfer der beften VBismardbifte wird des Altreipefanzlers 
madtvolle Geftalt fider in wiirdiger Bildung dir Nachwelt überliefern. 

Adolf Brütt's fhöne Begabung drüdt fid in ftimmungsvollem Mase 
halten aus. und in Sem malerifhen Sinn, der fih zwanglos der gärtneishen 
und arditeftonifden Umgebung anpaft. fontainen und Gruppen von 
Draden- und Löwentödtern vermitteln den Uebergang vom Monument zu den 
Anlagen einerfeits und zum Reihstagshanfe andererfeits, während rechts der 
Rrieg, duch einen fampfbereit auf einem Lowen rubenden Jüngling dargeftellt, 
linfs der ‚Frieden, ein im Stolz ihrer Schönbeit mit einem fraftigen Rnaben 
prunfendes Weib, den Sodel flanfiren. Auf diefem felbft ragt madtvoll die 
Gejtalt des Fürften, mit der Linfen den Pallaf an die Bruft driidend, in 





RER EHE EEE rE 2: 


Deutfhe Runft. 31 





der Rechten dte Urkunde der Reihebegründung baltend. Die wudhtige Beftalt 
Bismard’s maht die wallenden falten eines Mantels iiberfliiffig und Briitt 
ift Bildner genug, um ihe and obne diefe b.liebte Zuthat ftatuarifche 
Beltung zu verfiha fen. 

An der Einfachheit der Anlage des Entwurfes von Hilgers madt fid 
der Einfluß des mit ihm zu gemeinfamer Arbeit verbundenen Baumeiftera be- 
merfbar. Bruno Sdhmik’ Starke drüdt fih in der originellen Einfügung 
des Aufbanes in die gegebenen Terrainverhältniffe aus. Halbrunde Schalen 
laffen ihr Waffer in vertiefte Baffins ftrömen, zu deren Niveau breite Stufen 
hinaufführen. Yiren bringen die Raiferfrone dar, eine Germania erhebt fih 
über dem erlegten Drachen, eine wildbewegte Ariegsgruppe ftrebt zu dem Sodel 
empor, der fih mit roh behauenen Felseden vierfeitig unter dem einfad 
fäulenartigen Piedeftal hinbreitet. Auf diefem fteht der Reichefanzler, in der 
befannten Haltung den Pallafhgriff umfpannend, während die Rehte eben- 
falls die vielfach verwendete Dofumentrolle trägt. 

Otto Leffing bat fih mit dem Arditeften Jaffoy affoctirt. 
müfjfen es ung leider ver- 
fagen, bier auf die Fülle 
der Beftalten einzugeben, 
mit denen er den Sodel 
feines Denfmals umdrängt. 
Bären und Löwen, germa- 
nifhe Arieger und Helden- 
leihen tragende Walfiiren, 
Barbaroffa und fahnen 
und Miiken fchwenfendes 
Dolf männliden und weib- 
lichen Geſchlechts, Kaiſer⸗ u. 
Biſchofsornat bewachende 
Drachen — es iſt ein ſchier 
beängſtigendes Gewirr von 
figürlichen und gegenſtänd— 
lichen Zuthaten, das ſich bis 
auf das Piedeſtal ſelbſt fort⸗ 
ſetzt. Da ragt ein mit 
Adler und Krone tragendem 
Genius geſchmüdter Obelisk 
auf, vor dem endlich die 
Statue des Reidsfanglers 
fih erhebt, breitfpurig, den 
Pallafh anf den Boden 
ftiigend und mit der un- 
vermeidliden Rolle aug- 
geftattet. 

Ou fcier verblüffender 
Geftaltung bat fid dte 
Meifterfhaft Maifon's 
gefallen. fürt Bismard 
unbededten Hauptes zu den 
fügen einer arhaifhen Pallas Athene in einem Sefjel firend, das mag 
einer Rünftlerlaune feinen Urfprung verdanken, für ein Denfmal des Reihs- 
kanzlers in Berlin ift es ein wenig — zu Maflifch. 

Guſtav Eberlein läßt neben dem iiberhdhten, den mantelumbiillten 
fürften tragenden Sodel Krieg und Frieden auf fic) baumenden Roffen ein- 
herfprengen, die Bebrüder Taner ftellen ein fihlichtes Poftament mit der 
ihrem erften Entwurf gleihen Statue in die Mitte einer arditeftonifchen 
Anlage, die fih in noch größerer Ausdehnung, mit allem möglichen Bruppen- 
beiwerf ausgeftattet, auh bei frih Shaper findet, defen Bismardfigur auf 
breit bingelagertem Poftament alles Lob verdient. Bei Carl Ehtermeyer 
wiederholt ih der Lefjing'fhe Obelist auf dem Sodel, deilen Tragkraft für 
die madtige Geftalt des Reihsfanzlers allein gerade ausreihen follte, und 
der viel verfprehende friß Schneider bietet einen hellenifhen Krieger, der 
eine Statuette der Nile trägt, und einen die corona civilis darbietenden 
Mafifhen Züngling auf, um den Soldaten- und Bürgertugenden feines Helden 
gerecht zu werden. Die Dorzüge des Siemering'fhen Entwurfes liegen in 
der würdevollen,, fraftbewußten Haltung der Statue und in den beiden 
Gruppen, die den Treppenaufgang zur Plattform fihmüden. Einer Germania, 
die einen Krieger duch Ueberreihung des Schwertes zum Rampfe wappnet, 
entfpridt in wohlthuender Symmetrie eine Boruffia, die einem Dradenfieger 
die Raiferfrone darbringt, An Ludwig Manzel’s Entwurf — der 


Wir 





Schlafzimmer, ausgeführt von Carl Müller, Hofdeforateur, Berlin. 


Schöpfer des Stettiner Brunnens hat fi mit dem Arditeften Rieth zufammen- 
gethan — beftidt die monumentale Haltung der Hauptfigur, die unbededten 
Hauptes in fhlihter Größe auf dem Poftamente ftebt. 

Als wir müde die Akademie verlaffen hatten und über den Schloßpla& 
fhritten, grüßte duch den berbftlihen Yebelfcleier von der Brüde die mact- 
volle Reiterfigue des Grofen Rurfiirften bheriiber, einfam aufragend, gewaltig 
in ihrer DVereinzelung. Möge der eiferne Kanzler feinen Andreas Sdhliiter 
finden. Das walte der gute Beift der deutfihen Bildnerfunft! G. M. 


£udwig Seit. 


Im Weltheiligthim von Loreto wurde die Ausfhmüdung des Chors den 
‚Deutfhen überlaffen. An Sem Werke, das aus einem Chorgeftühl 
DI. nebft Bifhofsthron, einem Bilderfenfter und einer Reihe von Fresfen 
befteht, arbeitet Prof. Ludwig Seit mit feinem Mitarbeiter Schielin aus 
Lindau bereits fünf Fabre 
und nod weitere fünf Jahre 
wird er bis zur Dollendung 
daran zu thun haben. 

Seit erftrebt die Bil- 
dung eines modernen Stils 
für die hriftlihe Aunft; in 
der modernen Runft, fo 
großartig fie fei, vermiffe 
man den Ausdrud der Feit. 
Nah dem Studium der 
Alten und der Natur müffe 
man fih aus Ser legteren 
die ftiliftiihen Eigenfhaf- 
ten der Alten zurüdton- 
firutren. Gm Begenfat zu 
den Nazarenern erftrebt er 
eine Harmonie zwifchen 
feinen fresten und der Ar- 
hitektur des Bebäudes und 
erfand auf diefem Wege 
eine neue Ornamentif, 

welde die Derbindung 

zwifhen den die Chorni- 
fen faumenden Rippen 
und den Wänden der Yifcen 
feloft vermittelt. So bilden 
feine Steafen im Rahmen 
venezianifh-gothifher Ur- 
itefiue ein zufammenhän- 
gendes deutjhes Marien 
epos. Die einzelnen Ab- 
theilungen find als gotbifche 
Senfter gedacht, im oberen Theile figen nnter Baldadinthronen in Lebensgröße die 
Rirhenväter und Propheten, die ih mit Maria befhäftigt haben, dann folgen 
vorbildlihe Szenen aus dem alten Teftament und im dritten und. vierten 
Stodwerf die Befhichte Marik und Chrifti. 

Die beiden Abtheilungen, die den Antheil der Madonna an der Pajiton 
behandeln, find fertiggeftellt. Jm zweiten Stodwerf feben wir, flanfirt von 
den Geftalten Adam's und Noah's, die Enthauptung des Holofernes durd 
Judith. Die Rreuztragung im odritten Stodwerf ift eine ganz deutfhe Dar- 
ftellung. Deutfh ift die gothifhe Straße Jerufalems, deutjch die Rriegsfnedhte 
und das Voll. Fn der zweiten Abtheilung fehen wir im zweiten Stodwerk, 
von David und Salomon flanfirt, Efther und Mardohai vor dem Könige, 
der wie ein romantifcher Märdenprinz dargeftellt ift. Es folgt im gleiden 
Stodwerf der dritten Abtheilung das Opfer Ffaak’s und Jafob's Traum. 
Abraham's Schmerz ift -aus dem Herzen des Vaters gemalt; denn auf dem 
Saum von Abraham's Aleid lieft man abgebrohene deutfhe Worte, die der 
deuten fann, der weiß, daß Seitz zur Feit, als er dieje Abtheilung ſchuf, 
feinen erwadhjenen Sohn verlor. Iſaak iſt mit naiver Lebensfreude dar- 
geftellt. Es folgt das fenfter, in deffen Zwidel unter dem deutfhen Michel 
die Rrönung Mari duch Chriftus dargejtellt if. Das Ganze mutbet wie 
ein Stüd inniger deutfher Andacht an, wie ein überzeugungstreuer Marien- 
fult, dem das Wunder ein Alltäglihes ift. 


32 Deutfhe Runf. 


Vermifchfes. 
Kurioſa aus Afelier und COerkflaff, 
Gedanken üher hiltende Kunfl. 


Die jchöne fornarina. 


Das Publitum thut gern einen Blid pinter die Rouliffen, 
meift um fo lieber, je mehr das Privatleben des beliebten 
Akteurs ein geheimnifvoller Schleier werbiillt. Solder Ge- 
heimniffe giebt es viele in der Gefchidte und Kunſtgeſchichte; nur felten 
zerreißt Ser Nebel vor unferen Bliden durh einen neuen fund, eine 
geiftreihe Aombination. Wer war die fhöne Fornarina? Raffarl bat 
die Beliebte im „Heliodor", in der „Verklärung, im „Parnaß“ ver- 
ewigt, außerdem mehrere Portraits von ihr gemalt, von denen leider mur 
das in der Galerie Barberint 3u Rom und die Donna velata der florentiner 
Galerie Pitti erhalten find. — Grund genng, daf anläßlih der diesjährigen 
Raffacl=-Ansftellung zu Urbino Antonio Valeri obige Frage zum Titel einer 
eingehenden Unterfudung macte, Dafari nennt fie in feinen Künftler- 
biographien zweimal Margerita, weiteres urfundlides Material ift von der 
„donna di Raffaëllo“ nit erhalten. Die Ueberlieferung bezeichnet drei 
Häufer in Rom, wo fie gewohnt haben foll; Valeri entfheiðet ih für den 
palaxetto de’Sassi di Parione in der Din del Boverno vechino 48, weil 
nad) einer Urkunde von 1518 dort ein Bader Francesco aus Siena wohnte. 
Nad dem Tode des Meifters foll die ,,fchdne Badin", die neun Jahre mit 
ibm 3ufammentebte und ibn grenzenlos liebte, in ein Rlofter gegangen fein. 
für diefe bisher unbeglaubigte Ueberlieferung meint Daleri den Beweis 
gefunden zu haben. Er ftieß bei feinen Forfhungen duch Zufall in den 
Rapitular-Arhiv einer römifhen Parodial-Bafılifa auf Urkunden aus einem 
alten Rlofter Noms, das im fehzehnten FJahrbundert einging. Sie enthalten 
die Namen von frauen, die von 1515—1521 in das Rlofter des Confervatorio 
di Santa Apollonia in Traftevere eintraten. Es war ein Refugium jhöner 
Siinderinnen, die, nicht mehr gefellfhaftsfähig, nah der Sitte der damaligen 
Zeit den Schleier nahmen. Fn diefen Urkunden beißt es u. a.: „Heute am 
JS. Auguft 1520 wurde in unferem Ronfervatorio frau Margarita, Wittwe, 
aufgenommen, Tochter des verftorbenen francesco Luti von Siena. Der 
Schluß liegt ja nun in der That nahe, daß die [höne Fornarina die Margarita 
£uti, Tochter des Bäders aus Siena gewefen fei. Die Bezeihnung „Wittwe‘ 
ftört weiter nicht. Denn erftens fagt die Ueberlieferung nidts davon, ob fie 
jemals -verbeirathet gewefen, zweitens fönnen ihr aud ibre hoben Gönner den 
Titel beigelegt hiben, um der Schmerzgebeugten den Eintritt in das Alofter 
zu erleichtern. 


Zuriofa aus Atelier und Werkftatt. 


— Die Bildfäule eines Biscuit- fabrifanten. Der Mann, dem 
feine Seitgenofjen und engeren Landsleute bei Lebzeiten die Anwartjchaft 
auf die Unfterblichfeit verliehen, war ein Biscuitfabrifant in Reading in 
England, deffen Name auf den Flügeln der Reklame dur alle Länder eilte 
und bis zu den Wilden im dunfelften Afrifa vordrang. Eines Tages be- 
jhloffen nun die Leute von Reading, die Erinnerung an die Dortheile, die 
George Palmer ihrer Stadt gebraht hatte, zu verewigen, und die Errichtung 
einer Bildfäule des generöfen Fnduftriellen wurde allgemein ale die befte 
Ehrung erfannt. Man wollte aber einen „veredelten‘, ftilifirten Palmer, der 
in gezwungener Pofe von feinem Sodel herab die Bewunderung der Nad- 
welt herausfordern Fönnte, fondern einen braven, behäbigen, fcblidten Palmer, 
mit einem Worte einen „Mitbürger und Biscnitfabrifanten“, wie man ihn jeden 
Morgen freundlich lädhelnd und grüßend in's Romptoir geben fab. Alfo be- 
merft der ‚Fremde, den der Weg nah Reading führt, auf dem Hauptplate 
der Stadt das „familiärfte und unfonventionellfte’ aller Denkmäler: die 
Bronzeftatue eines alten, vergnügt lähelnden Bourgeois in etwas verfihliffener, 
durd den langen Gebraud abgenugter Kleidung, mit einem altmodifchen 
chapeau-bas in der einen und einem großmädtigen Regenfhirm in der 
anderen Hand. Es ift fiher das erfte Mal, daß diefes mehr nütlihe als 
anmuthige Gnftrument auf einer Bildfaule figurirt. 

— Denfmal und Lendtthurm. Nicht oft nehmen Denkmäler für 
berühmte Franzofen eine fo praftifche form an, wie das foeben auf dem 


















unwirthliden 
elfen von Pen- 
maid | an der 
bretonifden 
Rüfte errichtete. 
Dor einiger Feit 

teftirte eine 
TodterdesMar- 
falls Davouft, 
Herzog von 
Auerftädt, NMa- 
dame de Blo- 
queulle, eine 
Summevon 
drei Millio- 
nen frants, 
um das Un 
denfen an 
ibren Dater 
durd den Bau 
eines Leuchte 
thurms 3u ver- 
ewigen, Die 
Regierung zollte 
diefer ausge 
zeichneten Idee 
Anerkennung, 
beſonders, da 
der Leuchtthurm 
von Penmaich baufällig geworden war. Sie verdreifachte die von Madame 
de Bloqueulle hinterlaſſene Summe und ließ das neue Leuchthaus bauen. 
Es iſt jetzt die mächtigſte Feuerwarte Ffrankreichs; das elektriſche Licht der— 
ſelben hat die Stärke von JO Millionen Kerzen und kann, da er 180 Fuß 
hoch iſt, auf 60 Seemeilen geſehen werden. Auf der Spitze ſteht die Statue 
des Generale. 


Pale 





Gedanken über bildende Bunuh. 


€s giebt in der Runft feine andere Sprade als das Auge. Runft lann 
feine farbe befhreiben, das ift das Hiibfihe an Bilderbüdern, fie jagen nichts. 


* 
Yıidts ift Mar obne Hintergrund. Ein weißes Ei gegen ein weißes Stüd 


Papier wirft nit. Es i micht leicht, einen Hintergrund zu malen; ich glaube 
behaupten zu Fönnen, die alten Meifter gaben fic) mehr Mühe mit ibren 
Hintergründen als mit ihren figuren. 


> 
Mondfeinlandfhaften feben aus, als ob fie in Tinte getaudt und halb 
ausgewafchen wären. Eine Skizze muß ausfehen wie ein Ganzes, niht 
wie fedsebn. 
À * 
Außer bei Idioten ſind die Augen eines Menſchen niemals ganz gleich. 
* 


Aus der Verbindung zweier Farben entſteht Farbe. 


+ 
Man erreihet Sas Wunder der Maturwabhrheit nidt durd zu große 


Peinlidfeit. Wenn ein Vogel durch die Luft fliegt, fiebt man feine federn 
nit. Um fle feben zu fönnen, müßte das Auge mehr als einen Wugenpuntt 
baben, einen für den Vogel und einen für die federn Man muß nicht die 
Wirllichfeit, fondern das, was als die Wirklichkeit erjceint, wiedergeben. 











Die Derbindung für hiftorifche Kunft. 


Seit zweiundvierzig Jahren wirft in Deutfhland ein Verein, der fi die 
Aufgabe geftellt hat, die Hiftorien-Malerei zu pflegen, und er ift trog der 
dejem Aunjtgebiet fo abbolden Strömungen unferer Tage feinem Zwede treu 
geblteben. Ja, felne Annalen beweifen, daß unfere gebildete Welt feinen 
Beftrebungen nod immer warme Teilnahme entgegenbringt, denn die Jahl 
feiner Mitglieder hat in meuefter Zeit nicht ab, fondern ftetig zugenommen. 
Aus einer jdwe- ten Rrifis ift er vor JO Jahren ver- 
jiingt hervorge— gangen und der Glaube an feine 
Mifjion hat fih neu beſtärkt. 

Wenn heute ſo vielfach gepredigt wird, es komme 
bei einem Kunſtwerk nichts auf den 
Inhalt an, und wenn man ſich gar 
ſo weit verſteigt, zu behaupten, daß 
das Intereſſe am Begenftand dem Fünft- 
leriſchen Produkt ſchade, ſo iſt das doch 
nur ein vorübergehender Irrthum, eine 
Reaktion gegen das Zuviel. Es iſt 
niemals richtig, mit dem Bade auch das 
Rind auszuſchütten. Rann denn ein 
Runftwerf dadurd etwas einbüßen, daß 
es nicht bloß unfere Sinne erfreut, 
fondern zugleih and den Geift befhäftigt? 

Unbeirrt durd die wedfelnden Tages- 
meimngen bält die „Verbindung" daran feft, 
gute biftorifhe Bemälde anzulaufen oder zu 
beftellen. Die erworbenen Bilder werden in 
allen Städten, wo fid) Mitglieder befinden, 
öffentlih ausgeftellt und nad durdlaufenem 
Turnus unter den Mitgliedern verlooft. Auf 
diefe Weife gewinnen namentlid unfere Runft- 
vereine werthvolles Ausftellungsmaterial und 
die Ausfiht auf einen dauernden Befit. Ueber- 
dies erhält jedes Mitglied eine Heliogravure 
der erworbenen Gemälde. Jedes zweite Jahr 
findet eine Hauptverfammlung ftatt, in welder 
die Ankäufe oder Beftellungen bewirkt werden. 
Die Riinftler des biftorifhen Faces find ein- 
geladen, Werke ihrer Hand oder Entwürfe ein- 
zufenden, über welde fodann eingehend disfutict 
wird. gft es auh zunddft erwünſcht, womög— 
lid) fertige Gemälde anzufaufen — und zu 
dicjem Zwede tagt die Derfammlung gern in 
Städten, wo 3. B. große Ausftellungen Aus- 
wahl bieten — fo find doc ftets and Auf- 
träge ertheilt worden. Eine groe Jahl be- 
rühmter Rünftler paben bisher Werke ihrer 
Hand gefpendet, wir nennen Menzel, Buftav 
Spangenberg, Bleibtreu, Julius Scholz, Camp- 
haufen, Piloty, Thumann, Lindenfhmit, Franz 
Adam, Schuh, Anadfuß, Hellquift, Ferdinand 
Reller, Scheurenberg, Edtler, Raupp, W. Räu- 
ber, aber gleichzeitig ift fteta jungen auf- 





€. Piper, 
Kandelaberträger auf der 
Kriedrihsbrüde, Berlin. 


ftrebenden Talenten Gelegenbeit gegeben worden, ihre Kraft zu erproben. 
Soldhe Beftellungen find für die jungen Muler von ganz befonderem Werth. 
Ein Hiftorienbild erfordert einen ungewöhnliden Aufwand an Studien und 


damit aud Aufwand an Geld. Fndem nun die Derbindung jüngern Rünftlern 
das Dert auen fdenft, Gemälde nah Entwürfen auszuführen, gewährt fie 
ihnen auh duch Dorfhüffe die Mittel dazu. Mander jest berühmte Meifter 
þat fih in jungen Jahren auf diefem Wege einen Yamen gemadt. So find 
u. U. Hugo Vogel, Neuhaus, A. Rampf und Rodoll in 
Diiffeldorf, Carl Marr und Herterid in Münden zuerft oder 
doch zumeift durd Bilder befann geworden, die fie im Auf- 
trage der Verbindung gemalt hatten 

Auf diefen Erfolg ift die Ver- 
bindung befonders ftol3. Sie faßt 
dabei den Begriff „Hiftoriengemälde" 
nit in dem engen Sinne der Dar 

ftellung gefhichtliher Vorgänge 
allein, fondern in dem weiteren 
wonad aud Rompofitionen idealen, 
Gehaltes zuläjfig und willfommen 
find. SI ihrer neuen Statuten 
tellt als Jwet feft: die Er= 
werbung bedeutender Runft 
werfe und zwar vorzugsmweife 
des gefdhidtliden Fades. Es ift alfo 
vollfommene freiheit der Bewegung gegeben, 
und dies hat die Leitung des Vereins er- 
muthigt, neben Bildern aus dem Dolfsleben 
au einmal ein Runftwerk ganz anderer Gattung 
als bisher zu erwerben, nämlid einen Cyklus 
von Original-Radirungen Mar Rlingers. Die 
legten Bilder-Anfäufe waren: die „Pietä' von 
U. v. Bederath, „VDolksopfer I. J. 1815“ von 
Arthur Rampf, „Der legte Staatsrath des 
Großen Aurfürften‘ von Fr. Röber (Düfjeldorf), 
„Kardinal Borromäus bei den Peftfranfen" 
von Hadl, „Die Pfingftpredigt des Petrus", 
Stizze von Fugel (Münden), „Victoria von 
Eihftädt (Berlin), ,, Rondolenbefud von Edtler 
(Münden). 

Betonen wir noh einmal die Hauptauf- 
gabe der Verbindung, die ihr den Namen ge- 
geben hat, fo fei daran erinnert, dağ die Hifto- 
tienmaleret bet anderenDdlfern Europas, voran 
in Spanien und bei den Slaven, in neuerer 
Heit einen bedeutenden Aufjhwung genommen 
bat. Gegründet in den Zeiten politijcher 
Schwäde unferes Daterlandes, hat diefer Verein 
dazu beigetragen, die Erinnerung an die Groß— 
thaten unferer Dorfahren wad zu erhalten. Jest, 
feitdem unfer öffentlihes Leben fic) fo giinjtig 
verändert bat, wendet fih das nterejje jolden 
gefhichtlihen Darftellungen nidyt mehr mit dem 
wehmütbigen Befühl verlorener Bröße zu, fondern 
mit dem ftolzen Bewußtfein würdiger Nachfolger. 






€. Piper. 
Kandelaberträgerin auf der 
$riedrihsbrüde, Berlin. 





34 Deutfde Kunſt. 


Die Mitgliesfhaft des 
Percina wird erworben urh 
einen jäbrlihen Beitrag von 
150 Marf auf die Befhäfts 
periode von vier Jahren. Der 
Dorftand befteht aus dem Por- 
figenden (jest Dr. 5. 5. Meier 
in Bremen), dem Bejhäftsführer 
(jest Gebeimrath Dr. Mar 
Jordan in Berlin), weldem 
U. Klee, Sekretair der National- 
Galerie, beigegeben ift,*) und 
dem = Raffenfiibrer (jest A. 
Molinens in Barmen). Die 
Derbindung zählt gegenwärtig 
150 Mitglieder mit zufammen 
142 Antbeilfcheinen und ver- 
wendete bisher durhfchnittlih in 
jedem zweiten Gabre 30 bis 
40 000 Mark zu Anfäufen. 

Alle freunde vaterländifher 
Runft find zum Beitritt freundlid 
eingeladen. 


— Die Brüdenbauten 
waren niemals die ftarfe Seite 
der Berliner Arditeltur, 
und wenn man fie mit deforati- 
ven Statuen und Randelabern 
fhmüdte, feblte es fider nict 
an Mipgrifen. Darin feint 
allmälig ein bemerfenswertber 
Wandel cingzutreten, befonders, 
feitdem man fid daran gewöhnt 
bat, den bildnerifhen Schmud 
der nädften Umgebung anzu- 
paffen. Die Heilige Bertraudt 
auf der gleihnamigen Brüde 
bedeutete einen, wenn auch nicht 
verbiiiffenden, fo Sod immerhin 
verheifungsvollen Unfang. Die 
Entjheidung über die Gelehrten- 
gruppen der Potsdamer Briife ift zum Blüd nod niht end ültig getroffen. 
So mag es denn niht unangebradt fein, wenn man auf die flimmungs- 
volle Dekoration der Friedrihebrüde durd die Piper'iden Randelaber- 
Träger binweilt. Die Nähe des Barodbaues des Königliden Schloffes 
hat bier wohl dt Formengebung čie Wege gewiefen. Jn fräftigem Glieder- 
prangen reten ih Mann und Weib empor und ftreden je einen Sadelgriff 
dem Winde entgegen, der das Gewand gegen den Unterleib preßt und die 
mit dem Arm emporgezogenen falten hinter dem Haupte anfbaufht. Mit 
dem feft aufgefesten Standbein fontraftirt diefe lebhafte Bewegung des Ober- 
förpers, deren Motiv durd den Bewandbaufh angedeutet wird. Tie leichte 
Anlehnung an den Barod-Stil genügt, um die wefentlih dekorativen Kunft- 
were in die Eigenart der Oertlichkeit einzufügen. 


Berlin. — Es ift mit befonderer Freude zu begrüßen, daß die Berliner 
Nationalgalerie ipren Beftand von Böklinbildern um des Meifters 
prächtige „Meeresbrandung" von der Münchener Ausftellung vermehrt bat. 
Das Werk reiht ih würdig den „Elvfäifhen Befilden“, der „Morgenandacht 
des Eremiten", der „Pietà und dem „Schweigen im Walde" an. Hoffentlich 
hat die „Meeresbrandung‘* nicht eben jo lange eines geeigneten Hängeplaßes zu 
barren, wie jeiner Zeit die „Pietä'. Ein Bölin birgt fo viele Quellen 
reinen Runftgenufjes, daß man ihn micht frühe genug dem Publitum zugänglic) 
maden fann, und um des Publitums willen find Sod) nun einmal die Runft- 
anftalten da, infoweit fie nicht fpeziellen Lnterrichtszweten dienen. Fm 
Runftgewerbemufeum ift man fih der Aufgabe, das Kunftverftändnif in 
den weiteften Kreifen zu verbreiten, pflihtgemäß bewußt. Dafür zeugen die 





*) Statuten und Protofolle der Verbindung jind jederzeit durch Heren Klee (Berlin, Nat. 
Galerie) 3u erhalten, 





Studienfopf. 
Neues Reproduttions-Derfabren von Meifenbad & Riffarth, Berlin-Miinden, 


während des Winters veran- 
ftalteten öffentlichen Dorlefungen. 
Profeffor Dr. A. G. Meyer 
liet über den Rlaffizismus in 
Berlin und Potsdam bis zum 
Tode Scintel's, Dr. A. Brüning 
über die Berätbe der chriftliden 
Rirde, Dr. €, Pernice über die 
Bronze- und Silbergeräthe des 
flaffifden Altertbums. Wenden 
fih die Dorträge im Runftge- 
werbe-Mufeum an die große Maffe 
der Gebildeten, ohne ihnen befon- 
dere Roften 3uverurfaden, fo weiß 
das Marfifhe Provinzial-Mu- 
feum fih Gönner und Stifter 
durh einen Pleinen Appell an 
den perfönliben Ehrgeiz ber» 
anzuziehen. Es verleiht an die 
Förderer der Sammlungen gol- 
dene und filberne Anerkennungs- 
zeihen und Diplome. So giebt 
es zur Feit 7 Inhaber der 
goldenen, 66 der filbernen Aus- 
zeihnung und nicht weniger als 
222 glüdlihe Befiter des Di- 
ploms. Die Bedeutung des 
Mufeums fteigert fih von Jahr 
zu Jaber und feine Sammlungen 
werden, nachdem das Bauprojekt 
des Stadtbauraths Hoffmann 
angenommen ift, einen würdigen 
arhiteftonifhen Rahmen erhal- 
ten. Die Grundidee ift eine 
doppelte, es foll einmal den 
Bedürfniffen der naturgefhicht- 
liben und fulturgefhidtliden 
Sammlungen in Bezug auf 
Raum, Ueberfidtlidfeit und gute 
Beleudtung genügt und außer 
dem in dem Bebäude felbft ein 
bedcutjames und lehrhaftes Aus- 
ftellungsobjeft dargeboten werden. Mit anderen Worten, es follen die 
Baulichfeiten felbft die Befhihte der Bankunft und der Banftile in 
der Provinz Brandenburg vom Ende des 12. bis zum Anfang des 
IS. Jahrhunderts darftellen. Es ift ein abteiartiges Bauwerf gedacht, 
im Uebergangsftil zur Gothif — Badfteinbau — aber nod als An- 
Hänge an die frühere Bauperiode Bautheile aus Feldfteinguaderwerk 
einen Treppenaufgang mit romanifchen Säulen und dergleihen aufweifend. 
Die hohen Giebel haben ihre Vorbilder im Rlofter Chorin und in der 
Ratharineny fowie Annenfiche in Brandenburg a. H. Hieran gliedert fi 
ein Anbau im Stile des Uebergangs der Gothif zur Renaiffance, etwa um 
J500 gedadt, wobei man an Vorbilder wie Schloß Grunewald und der- 
gleiden denken mag, abgepußte Wände, die Thüren und Fenfter mit Hauftein- 
umrabmungen. Den Befhluß madt ein fapellenartiger Ausbau in der form- 
gebung Sclüters, in weldem die zahlreihen, auf den Kultus bezüglihen Begen- 
ftände des Märkifhen Mufenms in der Hauptfadhe untergebracht werden follen. 
Wird man fih der Wichtigkeit der ftädtiihen Sammlung erft vet bewußt, 
dann wird man aud) wohl mit größerer Pietät folher Denfmäler gedenken, 
wie fie 3. B. beim Abbruh der alten Georgentirhe öffentlih ausgeboten 
wurden. Da war u. A. die fhöne Rangel mit den „Glaube, Liebe, Hoffnung“ 
und andere Allegorien durftellenden fieben Bemälden des gerade vor hundert 
Jahren verftorbenen Afademiedireftors Bernhard Rode. Die fieben auf Holz 
gemalten Bilder find allerdings ftar? verfhmußt, würden aber in der Hand 
eines geübten Reftaurators febr leicht fih wieder auffeifchen Iaffen. Sie 
zeigen in recht charafteriftifcher Weife des Meifters Streben nah natürlihem 
Ausdrud in der Zeichnung. Bekanntlich begen aud die Mariene und 
die Barnifonfiche Bemälde Ses Meifters. Die fünf allegorifhen Gemälde 
in der Garnifonfirhe find der Erinnerung der glänzenden Siege des großen 
Königs’ und feiner Helden gewidmet, fie zeigen den mit der Fahne in der 


Deutfhe Runft. 


35 





Hand fterbenden Schwerin, dem die Siegesfönigin den Kranz auffegt, die 
Göttin der Frenndfhaft über der Urne Rleifts weinend, die Heldenmufe, am 
Monument Winterfelds deffen Thaten niederfchreibend, die Böttin des Ruhmes 
die Urne Rleifts mit Lorbeer [hmüdend, und einen Löwen die mit des General 
Zietens befannter Tigerdede halb verhüllte Urne Zietens bewadhend. Berlin 
entwidelt fih am Ende doh noh ganz im Stillen zur Aunftftadt. So gebt 
uns ein Aufruf zu, der von einem „Rünftler-Derforgungsheim* zu 
erzählen weif und zu Beiträgen zu diefer Stiftung auffordert." Jn Borgs- 
dorf, einem der gefundeften Dororte Berlins, fteht auf einem fünf Morgen 
großen Terrain, unmittelbar am Bahnhof, an fistaltfdhem Waldesrande ge- 
legen, diefes Heim — faft vollendet unter Dad und fad. Es foll demnadft 
mit der inneren Eintihtung begonnen, und am 22. März 1898 foll es durch 
Aufnahme der erften Pfleglinge — die dort volle Derforgung. bis an ihr 
Lebensende erhalten — felerlih eingeweiht werden. 


Münden. — In der Architektur der bayerifhen Hauptftadt vollzieht 
ih "tn neuefter Zeit ein Umfhwung, der mit den flaffifdhen Reminiscenzen 
endgiltig zu breden juht. So entfteht am Boetheplaß eine zufammenhängende 
Anlage dreier Doppelhäufer, weldhe duch den Baumeifter Rud. Häußler 
nah Plänen des Prof. Emanuel Seidl ausgeführt werden. Sie repräfen- 
tiren fih in reinem Barod-Stile und werden mit der Vorgartenumzäunung 
ein gefdloffenes Ardhitefturbild bieten. Die Haufer werden in dharakteriftifcher 
Weife bemalt, ähnlih dem Haufe des Rammerfängers Ff. J. Bradl, wo eben- 
falls eine hübfche farbenwirfung erzielt wurde. 

— And in dem malerifhen Shmu des neuen Hofbraubaufes 
fnüpft man an einheimifhe Ueberlieferung an, ftatt fh mit froftigen 
Allegorien zu begnügen. Dem Gefhidtsmaler Ferdinand Wagner war 
die Uufaabe geftellt, einen biftorifhen Männertrunt im Hauptbilde zu ver- 
ewigen. So griff der Rünftler zu jener Epifode in der „Mordweihnacdt' 
von &. v. Schmid, die davon erzählt, wie die Daterlandsvertheidiger von 1705 
beim Jagerwitth im Thal fic) nod duch einen frå tigen Trun? ftärften, bevor 
fie ih zum Sturme anfhidten auf den rothen Thurm. Diefer Sturm felbft 
und dte Riidfebr des Rurfürften Mar Emanuel werden dann in befonderen 
Seitenbildern gefhildert. Stadtwappen und alte UArditefturen, Devifen und 
Sprühe fügen ih gefällig in den arditeftonifhen Rahmen ein und beleben 
die flähen. Der bayerifhen Treue und dem baverifchen Trunfe, Iautet die 
Widmung auf dem gefchweiften Spruhbande unter dem Hauptbilde. 
Sedenfalls erfheint die Mündener Runft im Hofbraubaufe - volfsthiimlicer 
als in den glüdlih reftaurirten Wandbildern der Arkaden. Profeffor 
Spieß legt foeben die lekte Hand an die Im Grunde genommen wenig 


danfbare Arbeit. Es ift jene über dem Eingang befindlihe Allegorie, die in 
zwei Figuren die Hauptjlüffe Bayerns, „den Rhein und dte Donau", darftellt, 
während ein an der gegemüberliegenden Seite angebradtes Wandgemälde, 
defen Wiederherftellung noch nicht vollendet ift, den Main und die Jfar ver- 
finnbildlihen wird. Die Keim’fche Fresto-Tednif fihert hier einem; der 
feüheften Werke von W. v. Raulbad die Erhaltung. 

— Jm Runftwerein ift die Herbftfaifon mit einer Kollektiv. Aus- 
ftellung Profeffor Albert Keller's und mit einer für ein öfterreihifhes 
Schloß beftimmten Friesfompofition von Marz von Mann eröffnet worden. 
Die legteren bilden eine eigenartige Rompofition in gothifhen Stilformen: 
Die Hauptgeftalten aus Wolfram von Ejhenbah's „Parzival" wachen aus 
fortlaufendem Ranfenwerf, wie man es abnlid auf alten Stammbaum-Dar- 
ftellungen fiebt. Albert Reller ift vorwiegend durch Bildniffe vertreten, denen 
fi eine Aktftudie zu den ,,Sflavinnen im Glaspalaft, und eine große 
Wiederholung der „Derfuhung‘ anfcließt. 


Stuttgart. — Der feit 70 Jahren beftehende Württembergifde 
Runftverein zählt mehr als 2200 Mitglieder. Der Etat für die Der- 
loofungsanfäufe beziffert ih auf 24 000 M., während der Jabresumfak an 
Privatanfäufen etwa 40 000 M. ansmadt. Das feit 1888 eigene Gebäude 
it nahezu fhuldenfrei. Die Ausftellung it zur Feit recht gut befdidt. 
Wielandt-Rarlorube ift mit einer Reihe landfchaftliher Studien aus dem 
Süden vertreten, die den Rünftler als einen der tüdhtigften Schüler Schönleber's 
erfceinen laffen. Eugen Bradt fandte eine prächtige, auf das Heroifde 
geſtimmte Haidelandſchaft. 


Karlsruhe. — Im Runſtverein hat Prof. Rallmorgen adt 
Bilder und zwölf Skizzen ausgeſtellt, mehrere nach holländiſchen Motiven, 
Ranalanſichten, Bauern, Schiffer; eine Elbmündung mit ausgehendem Dampfer, 
herrliche Landſchaften aus dem Würmthal und Pfinzthal; einen Kirchgang 
in Grégingen, dem Gommeraufenthalt des Riinftlera in der Mabe von 
Durlad; dazu fommen trefflihe Blumenftudien, in denen aud feine Gemahlin 
Ebenbürtiges leiftet. 

Düfeldorf. — Anderköniglihen Aunftafademie ift der Bau derneuen 
Freiliht- Ateliers nahezu vollendet, fo daß die Räume fhon in Gebraudh ge- 
nommen werden Ffönnen. Die Schüler werden durch diefe Einrichtung, die 
feine andere Akademie befizt, in den Stand gefett, ibre Studien in dem- 
felben Gebäude fowohl im gefhloffenen Raum, als audh im vollen Lichte der 
auf dem Dade befindliden Glas - Afademie maden zu können. Bleichzeltig 








Actien-Gesellschaft 


vormals 






—— 


Musterlager: 


=. H Gladenbeck & Sohn 


x, Bildgiesserei 
Friedrichshagen b. 


Bronce- u. Zink-Kunst-Biesserei, 


Grosse Auswahl 
moderner und antiker Kunstwerke. 
Beleuchtungsfiguren, 
Garten- und Grabfiguren. 


Berlin S., Wasserthor-Strasse 9. 


Verkaufsmagazin: 
Berlin W., Charlottenstr. 23, vom 15. November cr. 


Berlin. 


Max Hoerder. 





Unter den Linden, Hötel Bristol. 








36 Deutfde Runft. 


findet in der Aunfthalle eine Ausftellung des „Vereins von Freunden der 
Photographie‘ ftatt, die mance Fünftlerifde Anregung bietet. 


Darmjadt. — Die Broßh. Bemäldegalerie hat ein Bild frik 
Upbe’s erworben, das der Meifter erft vor furzem vollendet hat: eine fhlichte 
Familie beim Tifhgebet in einfahem Raum, durch defen Fenfter, von einem 
Dorhang gedämpft, das Sonnenlicht hereinfällt. Das Bild unterfheidet fich 
von anderen verwandten Arbeiten Uhde's darin, daß die Beftalt des Heilande, 
die er font gern unter die geringen Leute unfrer Zelten treten läßt, bier 
fehlt: er bleibt völlig auf dem Boden der wirklihen Welt, bringt aber das, 
was den Menfhen über diefe hinaushebt, das religiöfe Befühl, überzeugend 
zum Ausdrud, ohne Pathos und Sentimentalität. Aud vom formalen 
Standpunkte darf das Bild zu dem Beften gezählt werden, was aus Ubde's 
Werkitatt herzvorgegangen ift. 


Leipzig. — Die Ouvertüre der diesjährigen Salfon fest nicht gerade 
mit Pofaunenftößen ein. Gm Runftverein hat Dieffenbadher zwei 
Gemälde „Zur Steinzeit" und „Ahasver, die weit abfeits von feiner 
eigentlihen Domäne, der Darftellung ergreifender Bauerntragödien, liegen. 
Sfernaguti ift mit intereffanten Glluftrationen in Paftell zu Derga's 
„Cavalleria rusticana“ vertreten, von Landfdhaften find ein ,,friibnebel" 
von Behmann - Münden und fein „Sommer“, fowie die Kollektion 
Wucderer - Paris hervorzuheben, dann ein Winter-Aquarell von franz 
Ulrich - Berlin und fehs Bilder von Rarl Retlih, ferner befannte Werke 
von Macco, Donzette, Anna Löffler, €. Henfcel, Delfers u. a. — Das von 
Ad. Lehnert modellirte und in der NRupp’fhen Erzgießerei in Münden 
gegoffene Denkmal des Fürften Bismard wurde am 18. Oftober enthüllt. Der 
Altreihskanzler in Civil hat eine Höhe von 3,80 m und fteht auf einem 
6,60 m hohen aus Kupfer getriebenen felfen. Die 35,50 m bobe Sodelfigur 
eines Arbeiters rührt von dem Leipziger Gof. Mayr ber. — Das Runft- 
gewerbemufeum bat nen angefauft und ausgeftellt: einen bolzgejihnigten 
vergoldeten Spiegelrabmen in italienifher Hofrenailfance; einen fhönen filber- 
vergoldeten Abendmablsteldh, Uebergang vom Barot zum Rofofo, einen 
Meißener Porzellanteller aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, eine nieder- 
deutfhe Glasmalerei von 1556 mit dem Wappen der Lübeder Familie 


fühting, ein Dugend fpanifh-maurifcher Fliefen des 15. Jahrhunderts mit 
reihen geometrifhen Muftern und prächtige Brofatftoffe. 


Breslau, — Das Sdhlefifdhe 
Atelier Sdlabits 


Provinzialmufeum hat im legten 
Dorotbeenftrafe 52. 


Betriebsjabre von der jährlih über- 
000 Mart — — 

wieſenen Dotation von 87 ar Unterri Atimzei Anenund3Malen. 

Portrait, Stillleben, Byp>, Aft. 


59 355 Mark für die Verwaltung aus- 
gegeben. Aus dem Refervefonds @ Vorbereitung für die Afademie. @ 
Getrennte Herren» und Damen-Rlafjen. 


wurden je ein Gemälde von É. v. 


Efhwege und C. €. 
IN & Comp: 










Morgenftern ange- 
fauft, für Kunſtdrucke, 
Biider 2c. 9044 M. auf- 
gewendet; es bleibt zur 
Uebertragung auf den Re- 
fervefonds 97/98 ein Be- 
ftand von 10 171 M. An 
Gejchenten gingen ein: 
Ad. Dreßler's „Kleine 

Landfhaft" und €. 
Paffini's  „Denezia- 
nifhes Mädchen“. Die 
geringe Vermehrung der 

Runftfammlungen im 
laufenden Etatsjahre ift 
duch die bedeutenden 
Roften zu erklären, welche 
die Herausgabe des 
Bilderatlas ſchleſiſcher 
Runftdentmäler erfordert. 
Sur Zeit find die vom 
Magiftrat  angefauften 
Studien des verftorbenen 
Malere A.Wlflim oberen 
Gefhoffe ausgeftellt. 


AUTOTYPIEN 
CHEMIGR APHIEN 
DREIFARBENDRUCK 


PROMPTE 


LIEFERUNG. oF 





























GAaCGOGOGOCOCDGD -GOCGOCGOGOGDGDGDGD 


Wa eee 
A“ Kunstverlag von Rudolph Schuster, Berlin. = ? 


In meinem Verlage erschien das Prachtwerk: 


Die sieben Bitten 
des Vaterunser, 


Acht Kupferätzungen 
nach den Zeichnungen in der National- 
galerie zu Berlin von 
Professor C. G. Pfannschmidt 
mit erläuterndem Text 
des Künstlers in Einbanddecke nach 
Professor Leder. 
——--@ Preis Mk. 30.— 


— 
= 


-—— 


Dasselbe Volksausgabe. 
Acht Lichtdrucktafeln 
nach den Originalen mit erläu- 


NZ terndem Text des Künstlers. 
AS Preis Mk. 10.— 
— 





— ⸗ 





Lingner⸗Farbe. 


s iſt erfreulich und ein wichtiger Faktor unſeres Kunſtlebens, daß ein 

fo reges Jntereffe in allen Fachkreiſen und auch von Seiten der 

Regierung der wichtig und nothwendig gewordenen frage über 
das unſern Künſtlern zu Gebote ſtehende Malmaterial zugewendet wird. Die 
Klagen der Maler über die Unzulänglichkeit und Unhaltbarkeit einzelner 
unſerer bisherigen Präparate waren durchaus berechtigt. Die Art der Ju- 
ſammenſtellung derſelben führte eine andere Verbindung der Farben auf der 
Leinwand herbei, als es in früheren Jahrhunderten der fall gewefen fein 
mug. Der geringe Beftandtheil an wirklichem Farbſtoff läßt heute dieſelben 
des Charakters entbehren, der ſie leicht behandlungsfähig macht, indem er dem 
Rünſtler es ermöglicht, müheloſer und vom erſten Augenblicke der Arbeit an 
die aufgeſetzten Töne miteinander zu verbinden, ohne daß dieſelben ſich zu 
weich und weſenlos mileinander vereinen. Nur dieſe Leichtigkeit läßt die 
große Produktionsfähigkeit denken, die bei den Alten, ſelbſt unter andern 
Lebens- und Arbeltsbedingungen, für uns ſo erſtaunlich wirkt. 

Ein zweiter Nachtheil dieſer mangelnden Farbenbeſtandtheile und die 
hlerdurch wie durch das nicht ſorgfältig und geeignet gewählte Rohmaterial 
hervorgerufene Stumpfheit der Farbentöne lag darin, daß bei dem energiſchen 
Auftreten des Realismus in der Kunſt, die Künſtler — in dem Suchen nach 
vollſter naturaliſtiſcher Wiedergabe — genöthigt waren, die Farben immer 
und immer paſtoſer zu verwenden, um ſchwächliche Töne möglichſt zu über— 
winden. Es ſind, um für all dieſe Mängel Abhilfe zu ſchaffen, Verſuche 
gemacht und die gewagteſten Probleme aufgeſtellt worden. Wir wiſſen, wie 
viele unſerer erſten Künſtler ſich mit der Loſung dieſer Fragen beſchäftigen, und es iſt 
von uns das Auftreten eines neuen Farbenfabrikats im vorigen Jahre mit 
nterejfe begrüßt worden, wenn aud mit den Zweifeln, die uns andere auf- 
taudende und dann wieder als nicht ausreihend erfannte Erfindungen diefer 
Sarbenfrage gegenüber begreifliher Weife aufgenöthigt haben. Diefe Zweifel 
beftehen ja immer vor Allem in der Frage der Haltbarkeit, eine Frage, die 
fih mit einer gewiffen Sicherheit erft nad Jahrzehnten beantworten läßt — 
aber die Lingnerfarbe — denn diefe it es, welde wir im vorigen Fahre bier 
als neue Erfheinung befprahen — hat fih inzwifhen in ihrer Behandlungs- 
weife immer mebr als eine Wohlthat für die Rünftler und einen fortfdritt 
für die Kunſt bewieſen. 

Sie hat in ihrer eminenten Leuchtkraft einzelnen Rünftlern zu einem 
Ausdrud ihrer Farbenideen verholfen, wie wir gleihe Arbeiten von denfelben 
nod faum anf den Ausftellungen bisher gefeben und bietet, wie wir von 
vielen der Riinftler felbft erfahren haben, durch ihre leichte Behandlungsfäbigkeit 
die Möglichkeit, vorübergehenden Stimmungen — aud den feelifhen eines 
Portrais — mit größ- 
ter Leichtigkeit zu folgen. 

Es ift ja natur 
gemäß, daß, wie die 

Wirkungen diefes 
neuen Materials von 
der heute gebrauchten 


Oelfarbe verſchieden 
ſind, auch die An— 
wendung eine etwas 
andere iſt. Nicht etwa, 


daß der Künſtler ge— 
zwungen iſt, ſich einer 
ganz neuen Malweiſe 
zu unterwerfen, die 
dem ſubjektiven Aus— 
druck ſeines künſtle— 
riſchen Wollens viel⸗ 
leicht höchſt unbequem 
iſt; vielmehr handelt 
es fih für ibn darum, 


Walter Crane, 





ĉie erftaunlihe Letftungsfabigteit diefer neuen farbe ert voll tennen 3u 
lernen, um fih derfelben mit dem ganzen Vortheil zu bedienen. Es 
if, wie fhon früher einmal am diefer Stelle bemerft' wurde, das voll- 
fommene Zufammenwirfen von Malgrund, Farbe und Malmittel, weldes die 
bobe Vollendung des Refultates verbürgt. Dabei ift der Rünftler in der an- 
genebmen Lage, mit demfelben Material ganz verfhiedene Effefte zu erzielen, 
die auf eine entfprehende Wahl des Malgrundes zurüdzuführen find. Wer 
3. B. den Derfuh madt, die Lingnerfarbe auf einem febr ftarf jaugenden 
Grund, etwa Bypsgrund, mit Fortlaffung des barzenthaltenden Malbalfams 
zu benugen, wird fid zu feinem Erftaunen der Löfung der Frage näher fühlen, 
ob die alten Meifter ihre Bilder mit Oel- oder Temperafarben untermalten. 
Durch die fähigkeit, das Anreibemittel faft vollftändig an einen gut faugenden 
Grund abzugeben, wird jene paftellartige, matte Tönung des Farbftoffes 
hervorgerufen, der, wenn nicht gefirnißt, fehr wohl irrthiimlider Weife als 
Temperafarbe angejehen werden fonnte. Diefe Eigenfhaft erklärt es aud, 
warum jene alten Bilder die Jahrhunderte unbeeinflußt überdauern fonnten, 
da der abjhließende Firniß nicht eine mit Del überfättigte und Saber der 
Herftörung geneigte Materie, fondern einen faft trodenen Farbftoff in feiner 
ganzen Farbenpradt zur ftets gleihbleibenden Wirkung brachte. 

Die Derbreitung der Lingnerfarbe, deren Herftellung in letter Zeit ganz 
außerordentliche Derbefferungen erfahren hat, nimmt von Tag zu Tag zu über 
ganz Deutfhland, wo von allen Rapazitäten verfchiedenfter Richtungen Beweife 
einlaufen von gleider Freude an diefer Erfindung. Möge fie dazu dienen, 
den KRünftlern die Schwierigkeiten ihres Berufes zu erleichtern! 


Derbeffertes Autotypverfahren. 


em Bediirfnif des einfahen Bürgers, die Fahlen Wände feines 

Heims auszufhmüden, verdantten die Reproduftionsverfabren ihre 

D Entftehung ; und zwar waren es zuerft Aupferflih und Radirung, 
welde ein farblofes Spiegelbild der ehrfurchtsvoll angeftaunten Meifterwerke 
der beliebteften Riinftler aud in die Wohnungen der einfachen Leute über- 
trugen, weldhe die Roften eines Originalgemäldes nit zu erfhwingen ver- 
modten. Jn dem Maße aber, wie fih die Tednifen des Grabftidels und 
der Nadel vervolltommneten, bildeten fi in ihnen Spezialfünftler aus, deren 
Arbeiten infolge ihres fünftlerifhen Wertbes fo theuer wurden, daß fie 
wiederum den weniger Bemittelten verfagt waren. Es liegt auf der Hand, 
daß von einer Verbreitung im große Maflen des Voltes fo lange nidt die 
Rede fein konnte, als die individuelle Befhitlihkeit den Werth der Re- 
produktion beftimmte. Erft duch ein vollftindig mehanifhes Der- 





Wettlauf der Stunden, 


38 Deutfdhe Runft. 








fahren konnten fie in diefem Sinne populär werden, und diefes wurde erft 
ermöglicht durd die Photographie. Die Lidtbildtunft übertrug das Original- 
gemälde in jeder gewünfchten Verkleinerung auf den Holzftod, und zwar mit 
einer fo mathematifhen Benanigfeit, daß felbft der. gefchidtefte Zeichner nicht 
folgen- fonnte, außerdem waren die Unterfchiede von Liht und Schatten 
foweit angegeben, daß die Holzfchneiderei fheinbar eine ganz medanifde 
Arbeit war. Aber auch diefes ſcheinbare „nur Nachzeichnen“ entwidelte fid 
zu einer fchönen Aunft, man vergleide nur einen Jahrgang der fliegenden Blätter 
von 1870 und von heute! Erft einer genialen Rombination der Photographie 
mit dem Aekverfabren. war es vorbehalten, eine Surdgreifende Ummwälzung 
herbeizufiibren, und zwar erfolgte fie in 
fo foloffalem Lmfange, daß hentzu- 
tage fein einziges Reproduftionsverfabren 
ohne Photographie mehr denkbar ift. ` 
€s würde hier zu weit führen, die 
vielen Arten und Rombinirungen der 
Reproduftionsverfahren auseinander zu 
feben; bei den meiften dreht es fih um 
die Frage, wie man am beften die 
von der Photographie gelieferten dunklen 
und hellen Flede in Strihe und Puntte 
zerlegt, um die Aekung zu ermög- 
liden. Die Herftellung einer Autotypie, 
mit der wir es bier 3u thun haben, er- 
folgt dadurd, da man während 
der photographifhen Aufnahme in der 
Raffette der Ramera zwifdhen Platte 
und Auszug ein ganz feines, auf Blas 
gravirtes Neg, Rafter genannt, ein- 
fġiebt, weldes fid mit dem Bilde zugleich 
auf die Ylegativplatte überträgt. Diejes 
feine Bitter erfheint ebenfalls auf der 
geägten Platte und bildet dort infolge 
feiner gleihmäßigen Erhöhungen und 
Dertiefungen das Adhäfionsmedium für 
die Drudfarbe. Fe feiner man nun den 
Rafter nimmt, um fo mehr wird die Idee 
erwedt, daß man es mit einer Photo» 
graphie oder Heliogravüre zu thun babe 
und der Bedankte an die Autotypie tritt 
in den Hintergrund; aber unfere zäbe, 
fhmierige Druderfhwärze will bei einem 
gewifjen Grade der Feinheit nicht mehr 
mit, und fo entftehen, namentlich in gleich 
förmigen Sdhattenparthien, beim Drut 
oft recht ftörende fledige Stellen (Paten). 

Das Novum, weldhes mir nun hente 
In einem von Krüger & Sfowraned, 
Berlin, Unter den Linden, photograpbitten, 
in der graphiſchen Kunftanftalt von 
Meifenbsdh, Riffarth & Co., Schöneberg- 
Berlin, reproduzirten Frauenfopf dem 
Lefer vorführen, befteht nun darin, daß 
die fertig geätte Platte vor dem Drut 
noh einmal von einem gefhidten Xylo- 
graphen übergangen if, der aud die legten Unebenheiten, die durch den 
Drut entjtehen Fönnten, bejeitigte und auch die letzten Feinheiten hervorhob. 
Man fiebt, in dem intereffanten Rampfe zwifchen Künftlerarbeit und medhanifcher 
Reproduktion behauptet zur Zeit die erftere nod immer eine dominirende, weil 
forrigirende Stellung. 





— Der Runftverlag von Fri Burlitt bringt eine überaus wirfungsvolle 
Radirung von A. von Döring nah Walter Crane's „Wettlauf der 
Stunden“. Das Blatt erfheint in folgender form: 12 Sterndrude auf 
feinem Sapanpapier & 750 Mark. (Diefe find numerirt und von Sec une 
verjtählten Platte gezogen.) 50 Markörude auf hinefifhem Papier A 350 Mark, 
50 Dor der Schrift-Drude à 100 Mark, Drude mit der Schrift find geplant 
a 45 Mark. Bildflähe 395%X98 cm. Der Alleinvertrieb für den Runft- 
handel ijt der firma Stiefbold & Co. in Berlin W., Kronenftraße 49, über- 
geben. „Walter Crane's „Wettlauf der Stunden“ ift das padendfte Werk 


Y j 
Tel hn $ 
i ù S | verbindet. Braziös fpannt eine Japanerin 
: den Regenfhirm auf, defen 12 Theile 
das Zifferblatt einer Uhr bilden. Ein 
Hahn, das Sinnbild der Wachfamteit, 
[haut zu der angezeigten frühen Morgen- 





€. Bernewif. Japanerin mit Schirm als Uhr 
und Beleuchtungsförper, 


D. Bladenbed & Sohn, friedridhsbagen bei Berlin. 


diefes phantafiereihen Meifters, der duch die Ausftellung feiner vielfeitigen 
Arbeiten fih aud in Deutfchland zahlreihe Freunde und DVerehrer gewonnen 
hat. Eine rafende Jagd über die Wolfenbahn vor dem nadtliden Himmel, 
an weldem die Sonne eben die Beftirne zu überftrahlen beginnt. Wie die 
jugendliden Lenker mit hohgefhwungener Peitfhe ihre Befpanne zu tofendem 
Laufe treiben, athemlos, alle Nerven gefpannt, nur auf das eine Ziel alle 
Sinne geridhtet; wie die edlen Roffe dabinftiirmen, weit ausholend, fih 
drängend und bäumend: das ift ein Bild der haftenden Zeit, ganz fo, wie 
die heutige Welt fie empfindet, ein Bleihnif der wilden Unruhe, in der unfer 
Leben mit uns dahinfährt. Go modern der Bedanfe und die Empfindung 
find, fo treu wahrt der Maler in feiner 
Rompofition das Erbe der alten Meifter, 
geihloffene Bildwirfung,  bharmonifden 
£inienzug, fihere Dertheilung im Raum; 
es ift, als ob bier nicht ein Bemälde von 
befcdheidenem Umfange, fondern eine weit- 
tadumige Wandmalerei vorläge. Dabei 
eignet ih das Bild wie wenige andere 
zum täglihen Genuß, zum Schmud der 
Wohnung. Die einheitlihe Wirkung des 
Gemäldes hat der Radirer Adolf 
v. Döring mit fiherer Hand wiederzugeben 
gewußt, die gemefjene Zeihnung, die der 
Antife nadftrebt, die Tiefe der weidenden 
Naht und den fhimmernden Blanz des 
Stiiblidts. Das Blatt wird unter den 
Werfen der heutigen deutfchen Radirfunft 
mit Ehren beftehen.‘* 


— Der moderne Befhmad im Runft- 
gewerbe weilt einen Mifchftil auf, der, es 
in feiner Ungebundenhelt zu regellofen, 
aber eben datum reizvollen Yengeftal- 
tungen bringt. Mit vielem Befchid werden 
Nußzwede und dementfprehende Formen 
zu anmuthigen Berätbformen verbunden. 
So haben Bladenbed und Sohn A.-G. 
friedribshagen-Berlin mit Bee 
nugung einer von Bernewiß modellitten 
Gruppe einen Zimmerfhmud gefhaffen, 
der Standubr und Belendhtungstdrper 


unde empor. Hinter der figur erhebt 
ih ein erotifhes Ranfengewirr, aus deffen 
Blüthenfelhen eleftrifhe Blüblampen 
leudten. Das Ganze ift in einer Höh: 
von etwa einem Meter in farbiger Bronze 
ausgeführt und hält fih in maßvollem 
Naturalismus von jedem Perfuh Fonven- 
tioneller Stilifirung fern. 

— Jm Aufteage des Raifers haben Profeffor Anton Seder in 
Straßburg und Hofgoldfhmied Theodor Heiden in Münden eine Amts- 
fette gefertigt. fiir den Biirgermeifter einer Stadt römifchen Urfprungs be- 
ftimmt befteht diefe Kette aus Pallifaden, Thürmen und Thoren und ift mit 
Edelfteinen befett, ein ebenfo prunfvolles wie fünftlerifch gediegenes Werk. 

— gm Mündener Runftverein bat A. Endell, von den die „Klein— 
funft'-3immer des Blaspalaftes mehrere intereffante Arbeiten aufweifen, ein 
Stehpult ausgeftellt, das durch Einfachheit der Form und praftifhe Ron- 
ftruftion angenehm berührt. Die Ffünftlerifhe Verzierung beſchränkt ſich auf 
die gefhmadvollen Eifenbefhläge an den Schlöffern der Schubfächer unter 
der Platte, fowie an der zur Aufnabme des Tintenfaffes beftimmten Per- 
tiefung (namentlid) die letteren zeigen ein fhönes ordhideenartiges Pflanzen- 
motiv) und auf die eigenartig gefhwungenen, vertieften Linienornamente an 
den Dorderfldden der Schubfäher und auf der Pultplatte. Das Material 





des Pultes ift matt gebaltenes amerifanifhes Außbaunholz. Den Endell’ihen 
Entwurf haben die Herren Rirfch und Till ausgeführt. 


— Gn Minden gelangte unter Leitung Ses Hoftunfthdndlers Albert 
Riegner und dee Runfthändlers Hugo Helbing der Nadhlaf des verftorbenen 
Münchener Runftbändlers und Runftverlegers Peter Raefer fowie 
die Bemälde-Sammlung des Rentners €. Beuttenmiiller in Baden-Baden zur 
Derfteigerung. — P. Raefer war ein in weiten Arelfen befannter und wegen der 
ernften und vornehmen Auffaflung feines Berufs angefehener Mann. So wies 
fein Nadlaß viele feine und anziehende Bilder auf: zwei Aquarelle von 
H. v. Bartels, einen ,,Wilddied von f. Burger - frankfurt, ein an Petten- 
fofen erinnerndes Bildchen des Wieners Hugo Charlemont, eine flotte Sti33e 
von Wilhelm Diez, eine Gartenfzene von Ferd. Heilbuth, hübſche Benrebilder 
von H. R. Raefer, Piglheims farbenftizze zu dem in der Nationalgalerie be- 
findlihen „Moritur in Deo“, von C. Ridelt den Studienfopf eines Kindes, 





Preisbewerbungen. 


— Für den Wettbewerb zur Erweiterung des Rathhauſes 
in Börlit waren 15 Entwürfe eingegangen. Das Preisgeridt hat ent- 
f&hieden und zuerfannt: Den T. Preis dem mit dem Rennworte ,, Anno dazu- 
mal"  bezeihneten Entwurfe, Derfaffer Arditetten Sdhauppmeyer und 
Helbig in Bonn; den II. Preis dem mit dem Rennworte ,,Springinflee 
bezeichneten Entwurfe, Derfafler Arditeften Reinhardt und Süßengut in 
Charlottenburg; den III. Preis dem mit dem Rennworte ,,Gefdloffene Ban- 
gruppe" bezeihneten Entwurfe, Derfafler Bau» anfpeltor Schröder in 
Ftledrihsberg und Ardhitelt Aröger in Wilmersdorf. Als I. Preis 
waren 4000, als II. 2500, als III. 1500 Mark nomirt. 

— Don den deutfhen Arciteften weldhe zur Betheiligung an. dem Preis- 
Ausfhreiben für den Bau der Oberlaufiger Ruhmeshalle und 
des Raifer Sriedrih - Mufenms aufgefordert worden, waren 47 Pro- 
jefte eingefandt. Das Preisgeriht hat entithieden: Es haben erhalten den 
I. Preis (3000 Marl): Entwurf Nr. 31 mit dem Rennwort „seit und Treu“ 
Hugo Behr, Lehrer an der fgl. Baugewerkfchule in Hörter; den II. Preis 
(1500 Mart). Entwurf Nr. 4 mit dem Kennwort „Einheit* Erdmann 
Hartig, Direktor der fgl. Aunftgewerbefhule in Barmen; die zwei III. Preife 
(je 750 Mart): Entwurf Nr. 9, Rennwort „Der alte Rurs“, Arditeft felir 
Jahrmarkt - Leipzig; Entwurf Nr. 3, Rennwort „Deutjhland, Deutjch- 
land über Alles‘, Arditeft Berger - Berlin. 

— für den Ban eines Runftmufeums in Riga fhreibt čie 
Rigafhe Stadtverwaltung einen Sffentliden Wettbewerb aus. Die Preife 
betragen. 800, 500 nnd 300 Rubel. Die Entwürfe miiffen bis zum 
1./15 Februar 1898 eingereiht werden. Wegen der genaueren Bedingungen 
haben fih die Bewerber an das Rigafde Stadtamt (Br. Rönigeftraße 5) 
3u wenden. 

— Ein Berliner Bildhauer ift aus dem engeren Wettbewerb, der um 
ein Raifer Wilbelm-Denfmal in VYeuftettin veranftaltet worden war, 
als Sieger hervorgegangen. Einftimmig wurde der vom Bildhauer Wilhelm 
Wandfhneider vorgelegte Entwurf zur Ausführung beftimmt. Die Enthüllung 
des Denkmals foll jdon am 2. September 1898 ftattfinden. 

— Jn dem engeren Wettbewerb um ein Raifer fFriedrich Denkmal 
in Hagen ergab das Urtheil einen Erfolg der Berliner Rünftler. Es wurden 
für geeignet befunden und durh gleihmäßige Preife ausgezeihnet die Ent- 
würfe der Berliner Bildhauer Profeffor Mar Baumbadh, Emil Lauer, 
felir Börling- friedrihshagen und Arnold Rünne, 

— für das Denkmal von Werner Siemens und Alfred Krupp wurden 
im Jngenieurhaufe die Entwürfe eingeliefert, und zwar von Prof. Donndorf- 
Stuttgart, von Otto Lang- Münden, der das Effener Grabdenfmal von Alfred 
Reupp gefdaffen hat, und von Wilhelm Wandfchneider- Berlin. Wie wir 
erfahren, find noch Arbeiten von drei Berliner Bildhanern, von Prof. Ernft Herter, 
Ferdinand Lepde und Otto Riefh, zu erwarten. Eberlein hat ans freien 
Stüden gleih zwei Skizzen zu jedem Denfmal gefandt. Preife find nicht 
ausgefegt, dod) befteht die Abficht, mit dem Urheber der beften Entwürfe wegen 
der Ausführung eines oser beider Denkmäler in Verhandlung zu treten. 

— Jn dem Wettbewerb, den die Stadt Köln zur Erlangung von Ent- 
würfen zu je einem Denfmal für Wallraf und Rihark, die Begründer des 
nad ihnen genanuten Mufeums in Aöln, eröffnet hatte, hat das Preisgericht 
die erften beiden Preife den Arbeiten der Bildhauer 3. B. Schreiner und 
W. Albermann in Köln zuerkannt. Den dritten Preis erhielt der Entwurf 
des Bildhauers Midael Lod-Berlin. Don weiteren Entwürfen wurden 
vom Preisgeriht die Arbeiten der Bildhauer Jean Degen-Röln und 
N. friedrid Charlottenburg zur Prämittung empfohlen. 

— Ein Preisausfohreiben für einen Plafatentwurf erläßt die 
firma J. 6. Houben Sohn Tarl in Aahen. Diefer foll außer der firma 
die Stihmworte „Acdener Badeöfen‘, „Original Houben’s Basöfen“ und „Ueber 
50 000 im Bebraud‘ enthalten. Der Entwurf ift in modernem Plakatftil 
auszuführen. Die Wahl der Darftellung ift freigeftellt. Eine bildlihe Dar- 
ftellung eines Bade- und Basofens fann angebradt werden. für die drei 
beften Entwürfe werden als Preife ausgefest: 400 Mark, 100 Mark und 
60 Mark. Dem Preisridterfollegium gehören außer einigen Profefloren des 
Aachener Polytehnitums auh der Maler Profefor Arthur Rampf aus 
Diiffeldorf an. 


Deutfhe Runft. 39 


mebrere harafteriftifhe Erndfhaften von Ed. Schleih und eine landfchaftlide 
Size von Francesco Diner. Jm Ganzen umfaßte der Raeferihe Nadlaf 
89 Nummern. 


— Ein Bildnif des Philofophen Rant aus den 70er Jahren des 
18. Jahrhunderts hatte der: Dresdener Antiquar Lengefeld der Stadt 
Rönigsberg zum Rauf angeboten, die Sas Bild billig erftand, nahdem Pro- 
feffor Dr. Dieftel in Dresden und Profeffor Wörmann, der dortige Galerie 
direftor, ein günftiges Butachten abgegeben hatten. 





— Dor einiger Zeit tauchte die Nachricht auf, Saf in der fatholifden 
Pfarrlirche zu Wittihenau bei Hoyerswerda ein ehter Dürer hänge. Die 
wiffenfhaftlihe Unterfuhung bat ergeben, daß das Bild die Jahreszahl 1597 
aufweift und daß fein Schöpfer Andreas Drefler fei, geboren 1550 zu Kamenz, 
geftorben am 8. Oftober 1604. 


Perfnliches und Ateliernachrichten. 


— Der Dr. phil. Erid Pernice ift zum Direktorial-Afjiitenten be 
den Röniglihen Mujeen in Berlin ernannt worden. 

— Dem Direktor des ftädtifhen Mufeums Wallraf-Rihark zu Rdln am 
Rhein, T. Aldenhoven, ift das Prädikat „Profeflor‘* beigelegt worden. 

— Der Gefhihtsmaler Eduard Raempffer ift zum ordentliden Lebrer 
der Runft- und Aunftgewerbe-Schule in Breslau ernannt worden. 

— Profeffor Ludwig Dettmann ift zum Ehrenmitgliede der Société 
royale belge des Aquarellistes ernannt worden. 

— Das von dem aus Nürnberg gebürtigen Portraitmaler Anton 
Shöner gemalte Portrait des Beh.-R. v. Lavale, Direftors der Pfälzifchen 
Eifenbahnen, hat dem buyerifhen Prinzregenten fo ausnehmend gefallen, daß 
er dem Rünftler einige Sigungen in Ausfiht geftellt bat. 

— Profeffor Franz Stud's neueftes Gemälde „Sufanna im Bade" 
wurde von der fleifdmann'fdhen Hoftunfthandlung in Münden erworben, 
während das Selbftportrait des Riinftlers und fein „Verlorenes Paradies‘ 
in den Befit des Generalfonfuls Henneberg in Zürid übergigen. Zur Jett 
arbeitet Stud an den Deforationsffizzen und figurinen für Adalbert 
v. Boldfhmidt's Tondihtung „Bäa, die in Hamburg 189S aufgeführt 
werden foll. Adt große Skizzen und 45, figurinen hat der Rünftler bereits 








vollendet; die Sfizzen werden im Atelier des Hamburger Deforationsmalers 
Franz Gruber ausgeführt. 





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Ginladung 
zur Belhikkung Ser Sunft: Ausftellungen 
der vereinigten Siiddseutfdjen Runftvereine. 
Die vereinigten Runftvereine des füddeutfhen Turnus: 


Augsburg, Bamberg, Bayreuth, Hirth, Heilbronn, Sof, Nürnberg 
Regensburg, Stuttgart, Alm, Würzburg, 


veranftalten aud im Jahre 1897/98 gemeinfhaftlihe permanente Ausfteliungen, zu deren recht 
zablreiher Bejhidung die aah bi Rünftler biermit freundlidft eingeladen werden. (Jahres: 
umfag fiber 100000 Marf.) Die Bedingungen und Anmeldeformulare find von dem mit 
cer ann gig atr Ens betrauten Württemb. Runjtverein in Stuttgart zu beziehen. Alle 
für den Turnus bdeftimmten Runftwerfe find nad vorausgegangener Anmeldung mittels 
$ormular ausjchließlich an den Wärttemb. Kunftverein in Stuttgart einzufenden, wojelbft 
eine Jurp über die Aufnahme der Werke entfcheidet. f i 


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5 ve tlag der „Deutſchen Kunſt“, Be elir 1 W.BT. Der antwo ortlich für e Schriftleitur Dr. Beorg Mattor vorn, Be! rlin W., Siem nmetzſtt. 26. Druck von W. Bürenſtein, Betlin 








Mar Licbermann-Yummer. 





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Ar. 3. 


2. Movember 1897. 


II. Jahrgang. 





Zur Schägung Mar Liebermann’s. 
Bon Henriette Mendelfohn. 


Wir die Shaikung Liebermann’s ift Berlin das wenigft wurde in Berlin wenigftens mit einem Enthufiasmus der Ent- 


geeignete Feld. Thm fehlt das fpezififh Berlinifhe — 


das Geiftreidelnde. 


Liebermann ift ein-- 


fah. Weder dem Publikum 
noch dem Journaliften bieten 
feine Werte Stoff, das eigene 
Licht leuchten zu laffen. Ueber 
das Anekdotenbild und über 
die fumboliftifchen Bilder, in 
die fo viel bineingeheimnißt 
werden kann, läßt fi reden. 
Ueber Liebermann nidt. Was 
er zu fagen hatte, hat er in 
feinen Werten gejagt, fo 
fhliht und einbeitli wie 
möglid). 

Liebermann ift ein Total- 
begriff geworden, der fich nicht 
zerpflüden läßt. Grund ge- 
nug, daß er in Berlin — der 
deutfhen Machtzentrale der 
Runft, nit des Runfige- 
fhmads — fpäter als im 
Ausland und in Münden 
durhdrang. Grund genug, 
daß die Richtung, die er ver- 
trat, nur vorübergehend über 
die Ausftellungen gehuſcht 
ift und nie feften Fuß gefaßt 
bat, während die Saat fym- 
bolifher Lilien bherrlich er- 
blübte. 

Ein  Dierteljabrhundert 
bat es in Berlin bedurft, 
um an offizieller Stelle, und 
folhe it die Ausftellung, 
dem Publitum in Lieber- 
mann zu zeigen: 

„Das ift ein Mann!“ 

Wie hat fih. in dSiefer 
Seit das Urteil über ihn 
geändert! Reinem ift mit 
folder Deradhtung begegnet 
als ihm. Selbft Gujffow 


ee 


en 


Mar Liebermann, 





Bildnifradirung von A, Zorn. 


rüftung begrüßt, während Liebermann der ,,Sdmugmaler war 


und blieb. 

Noch im Jahre 1889 heißt 
es in Rofenberg’s dreibän- 
diger GBefhichte Ser mo- 
dernen Kunft: 

„Wefentlih durd Parifer 
Einwirkungen ift aud die 
Ridtung der wenigen in 
Berlin thatigen Maturaliften 
beftimmt worden, unter denen 
fih Mar Liebermann durd 
feine Unverdroffenbeit, die 
niedrigften, [hmußigften und 
troftlofeften Motive aus dem 
menfchlihen Leben heraus- 
zuziehen und mit einer uns 
ausrottbaren Vorliebe für 
die häglichften Exemplare des 
Menfchengefdledts und einer 
unbeilbaren Neigung für 
einen fhwärzlid braunen 
Gefammtton  darzuftellen, 
einen Namen gemadt."' 

So lautet das Urtheil 
eines Berliner fadfritifers 
im Jahre 1859, nachdem 1831 
bereits Liebermann das Alt- 
männerhbaus in Amjterdam 
gemalt, über weldhem heute 
die große goldene Medaille 
in der Berliner Ausftellung 
prangt. — Als im Jahre 
1887 in der „Runft für Alle“ 
der für das Liebermann- 
Derftändnig grundlegende 
Artikel von Helferich erfchien, 
fnüpfte die Redaktion daran 
die vorfidtige Bemerkung, 
daß fie nicht den Standpuntt 
des Derfaffers theile. 

Bereits ISSS 30g die 
neve Runft in die Pforten 
des Mündener Blaspalajtes 








42 Deutfhe Rung. 





ein, und Muther begann feine Runftberihte mit der Auffchrift - 


„Mag Liebermann‘. 

In Berlin verhielt man fic) weiter fprdde, nicht allein im 
Publifum, fondern in funftmadtigen Rreifen, fo Saf nod 
Kämmerer im Jahre 1895 in feinem gründlichen, verdienftvollen 
Aufſatz fohrieb: „es lohne fih wohl, feftzuftellen, „was tann 
Liebermann“, ehe es einjtmals heißt „was konnte der Derfannte*. 
Durdhfalagend im Publitum für feine Werthfhagung wurde aber 
erft das Sabr 1894: Das Erjceinen der fofort vergriffenen 
„Gefhihte der Malerei im meunzehnten Jahrhundert von 
Muther. Es handelt ih nit darum, feftzuftellen, wie weit hier 
für das Liebermann-Derftändnig etwa frühere Arbeiten in 
Betradht fommen, fondern nur um die Thatfache, daß für eine 
andere als die bisher übliche Runjtbetradhtung Muther in der breiten 
Schicht der Bebildeten Stimmung magte. 

Aber freilih, das Kunfturtheil it nocd immer ein dem 
gebildeten Publitum (niht funftgebildeten) aufoftroyirtes. Ein 
Vormittag im Saal 44 der Ausftellung -nict nur febend, fondern 
aud hörend verbradt, giebt ein eigenes Rapitel sur Liebermann- 
Schäßung. Die fünftli angefihts der großen goldenen 
Medaille ausbredende Bewunderung fulminirt in den Worten 
„ac, wie fig!" 

Das, was im Ausland, in Münden, ih längt vollzogen, 
was in Berlin einigen Rünftlern und Runftgelehrtenals anerfannte 
Thatſache feftftand, 1897 wurde es in Berlin afademifh und 
ftaatlih beglaubigt: die Schäßung Mar Liebermann's. 

Der Maaßitab für den Werth eines Mannes liegt aber immer 
in der Schäßung. Runftwerfe, die weder in Ser Mitwelt nod 
in der Nadhmwelt einen begeifterten Wiederhall erweden, baben 
feinen objektiven Werth. Gn der Runft giebt es fein Ding an 
fih, fondern nur die Wirfung auf andere. Darum ift der Wunfch 
des Künftlers nad) Anerkennung niht Ausflug der Eitelkeit, 
fondern nur beredhtigtes LCebensbedürfnif. 

Somit hätte Liebermann das erreiht, was ihm in feinem 
„wahnfinnigen Ehrgeiz‘ als erftes äußeres Ziel vorfchwebte: die 
Schätzung 
der Mitwelt. 

Aber iſt 
diefe Schät- 
3ung eine rich: 
tige? Glau- 
ben wir nod 
an objektive 
Werthe? Wir, 
die . Seitge- 
noffenLieber- 
mann’s, find 
ein bewege 
lihes Gee 
fhleht; wir 
fteben ineiner 
peit der, Um- 
werthung 
allerWerthe** 
niht nur auf 
moralifchem, 
fondern aud 
auf äftheti- 
fhem Gebiet. 
Wir glauben 
nicht mehr an 
ewige Runft- 
gefeße: wir 
haben funft- 
geſchichtlich 
zu viel Surh- 
lebt. Mit 
Düffeldorf 
begannen wir 


und frifd 


Mar Liebermann, 





fetten wir über Liebermann hinweg, um aus einer Mifchung 
von Japan und primitiven Meiftern den ftilifirten äfthetifhen 
Thee aufzugießen, das Runftbediirfnif der Gegenwart zu ftillen. 

Runftfohriftftellee find leider Feine Propheten — aud fie 
ftehen im Banne einer Tradition, fei es eine Jahrhunderte oder 
Jahrzehnte alte. Die ewigen Runftgefege find Abftraftionen der 
Erfahrung: Dor der Entdedung der Bemalung griechifcher 
Skulpturen galt uns ein bemaltes Bildwerf als Barbarei. Bei 
der Ausgrabung Pergamons wurde mandhe Behauptung über 
den ,,Geift der Antike‘ begraben. Neue Erfahrungen — neue 
Befeze! — Das Gefek giebt der Riinftler: die That. 

Und als einen Mann der That verehrt Liebermann die Mit- 
welt — als einen Mann der That muß die Nadhmelt ihn 
nennen, je nadhdem fie felbft im Seiden diefer Richtung ftebt 
oder nit. Denn aud die Nachwelt ift nicht objektiv. 

Liebermann wird auh ibr wie uns der Mafjifche Vertreter 
des realiftifhen Jmprefjionismus für Deutfhland fein. 

Jn Menzel's „Walzwerk“ liegen bereits alle Reime der 
neuen Ridtung. Liebermann bat fie zur Ääuferften Ronfequenz 
entwidelt. Möglih, daß die Frudhtbarkeit Menzel’fhen Schaffens 
die Bedeutung des einzelnen Werkes verdunfelt. Jn Menzel's 
Schmiede liegt niht nur ein Reim, fondern eine Saat, die im 
realiftifchen Jmprefiionismus Liebermann’s reifte, befrudtet von 
bolländifch-franzöfifhen Eindrüden. 

Das Walzwerf enthält bereits das, was wir als Vorzug 
des LCiebermann’fchen Naturalismus rühmen: die Einfachheit. Der- 
glihen mit dem, was vorher funftgefhichtlid bejtand, meift fie 
bereits das auf, was font Menzel fhe Runft nicht fennzeichnet: 
impreffioniftifhe Anläufe. 

Dadurdh, Sah Liebermann diefen Zug fraftvoll und ein- 
feitig an der Hand internationaler Ueberlieferung ausfpann, 
wurde er der erfte realiftifhe Maler Deutfhlands. Menzel 
blieb fein erfter realiftifher Riinftler. 

Menzel hat ftets viel auf dem Herzen; er fteht allein ohne 
jeden realiftifhen Untergrund. Um fid feiner Zeit verftändlic) 





3m Atelier. 


PRT TRS re gir 8 


Deutſche Kunſt. 43 


zu machen, muß er überdeutlich ſprechen — ſtatt traditioneller 
Poſe — ein Ueberbeſchäftigtſein, ein Ueberaccentuiren. 
Liebermann will wenig auf einmal ſagen, aber das Wenige 
präzis. Seine ſparſamen Accente liegen in der geſchloſſenen 
einheitlichen Charakteriſtik — der Meiſier des Realismus, des 
Impreſſionismus ſchafft das Stimmungsbild. Die Liebermann— 
Literatur, ſo begeiſtert ſie iſt, ſchätzt die Perſönlichkeit, den Bahn— 


Hals ihn beeinflußt: Wir können jedem der Werke ſeine Zenſur 
und Nummer geben. Wir wiffen bereits in mathematifhen 
Proportionen auszudrüden, wie Liebermann fi zu Menzel, 
zu Leibl, zu Ubdse verhält. : 

Aber über Sem geht das verloren, was als unvergängliches 
Erinnerungsbild über Liebermann und Sem Fleinen Saal in der 
Berliner Ausftellung liegt — die Stimmung. 





Mar Liebermann, 


breder, Sen Dorfampfer, den Rulturbringer; fie f[häßt weniger 
Liebermann’s Werke als feine Hiele. 

Wir werden binreihend darüber orientirt, daß Courbet, 
Millet, Baftien Lepage, Jeracls auf ihn eingewirkt, daß Frans 


Hetefliderinnen. 


Dielleiht fann Cuft noc) durdfidtiger, Sonne nod leudtender 
gemalt werden, aber niemals ftimmungsvoller. Und wenn 
heute der Rolorismus längjt über Liebermann binausging: die 
Wirkung diefer Werke bat er nicht übertroffen, hödjtens erreicht. 


Die Entwiclung Liebermann’s. 
Pon Carl Fanghammer, 


7 enn zehn Seutfdhe Maler ihre Anfiht über Lieber- 

Ke mann und feine Runft äußern follten, fo würde man 
EN wahrfcheinlich wenigftens zwölf verfihiedenen Meinungen 
ableugnen, die charaktervolle Perfönlichkeit. 


gegenüberftehen. Keiner würde das gewaltige Talent 
Liebermann felbjt 
fteht der neueften Entwidlung der Runft, der Symbolit in farbe 


und Linie, negirend gegenüber, da er nur eine Aunft verftebt, 
die aus dem engften Anfchluß an die Natur erwacfen ift. Wie 
aus der erfteren Chatfadhe hervorzugehen feint, daß das Bild 
feiner PerfSnlichteit noh eine fdhwanfende Erfcheinung ift, fo 
aus der legteren, daß feine Entwidlung ihre Grenze gefunden. Wir 
fönnen nod gewaltige Werke von ihm erwarten, Heberrafhungen 








44 Deutfhe Runft. 








Mar Kiebermann, Mutter und Kind. 


wohl faum — cs werden alles Bilder fein, wie fie fhon jetzt 
durd) den Namen Liebermann gekennzeichnet find. 

Wir find heut auh fon mehr in der Cage, aus feiner 
Entwidlung beraus ibn zu verftehen: er ift aus einem febr 
gefhidten Maler nad und nah ein großer Rünftler geworden. 
Gewif das größte an ihm ift, Saf er rüdfichtslos, ohne redhts 
oder linfs zu fielen, feinen Weg gewandelt ift. Ein Phänomen 
ohne Vorläufer oder Nadfoiger ift er nicht, und wer ihn dafür 
ausgiebt, erweift ihm jelbit den allerfchledhteften Dienft. 

Liebermann ftammt aus einer fehr begüterten Berliner 
familie und diefe Segnung mit Blüdsgütern bat ihm un- 
zweifelhaft viel zu der Rüdenfeftigkeit in feiner Runft geholfen. 
Als Erfolge für ibn in feiner Keimath nod völlig ausgefhloffen 
waren, fonnte er fic) feinen Aufenthalt und fein Publitum in 
der ‚Fremde fuden. Er bat ftets fthaffen fdnnen, was ibm 
gefiel und wie es ibm gefiel, ohne an den Befhmad des 
Räufers zu denken oder an das Gefpenft Hunger, das fo viele 
Talente dahinrafft, fei es phviifch, fei es Fünftlerifch. 

Frith regte ih in ihm die Cuft am fünftlerifhen Bilden; 
Maler zu werden erlaubte ibm indefjen fein Vater niht, bevor 
er die Gymnafial-Abydhlugpriifung beftanden hatte. Rennzeihnend 
für feine fünftlerifhe Eigenart erfheint mir, daß fhhon damals 
feine Schwärmerei die Menzel’fhen Jlluftrationen zu „Friedrich 
dem Broßen“ waren und nicht, wie es dod wohl eigentlich 
hätte ordönungsmäßig fein miiffen, Raulbad und Cornelius. 
€s ift dies um fo bemerfenswerther, als nod) Ende der fechziger 
Jahre Steffed, Ser damals eine führende Stellung in Runft- 
Berlin einnahm, Menzel in maßlofer Weife verurtheilte. 

Auf einige Feit wurde Steffed Liebermann's Lehrer 
und lic ibn jogar jhon bald an feinen eigenen Bildern mit- 
arbeiten. 1869 ging Ciebermann dann, zwanzig Jahre alt, 
nad) Weimar auf die Runftfdule zu Pauwels. Die erfte 
Befhaftigung, die diefer dem neuen Schüler gab, war, daß er 
ihn 3u einem Boccaccio Modell fteben ließ. Als Liebermann 
dann nad der erften Woche jhüchtern zu bemerfen magte, er fei 
dod) eigentlich gefommen, um zu lernen, fertigte Pauwels ibn 
damit ab, daß zu feiner Heit die Schüler bei Wappers fogar 
die Paletten gepugt hätten. Sehr groß fcheint der Fünftlerifche 
Einfluß der damaligen Großen in Weimar Pauwels, Thumann, 





Genelli auf Liebermann nist gewejen zu fein, Senn fein 
erftes Bild „Der Alte im Atelier’ zeigt ganz andere Diele. 
Guffow, der damals als junger Stern aufging, fam 3u ibm 
ins Atelier: „Das Bild ift gut, wir miiffen uns duzen!* Bald 
folgten die „Bänferupferinnen“, ein Bild, das ebenfalls nur 
gemalt war der Malerei wegen; einer Malerei, die im ihrer 
breiten Geftalt von Courbet abftammte. Aud „Verfhämt* und 
ein ,,Rirdenftillleben mit dem Selbftportrait gehören in diefe 
Periode von Liebermann’s Runft. Die „Bänferupferinnen“ 
bradten Sem jungen Riinftler die Bunft Menzel’s ein und — 
5000 Marf. Und diefes Geld hatte die größten folgen für 
Liebermann's ganzes Leben: er ging damit nad Holland und 
entdedte Rembrandt und die holländifhe Atmofphare. Das 
ging fo 3u: Pauwels batte all’ feine Schüler vor Rembrandt 
gewarnt, das fei Gift; wenn ein Rünftler fih an den made, 
werde er nur irre — aber van der Helft! Und in Amfterdam, 
da fei der fihönfte van der Helft. Liebermann ging bin, 
ihn zu fehben. Aber in Amfterdam find auh die befannten 
gewaltigen Rembrandts, und Liebermann gerieth in einen 
Raufh vor ihnen, vor diefem ,,gottbegnadeten Genie, „ser 
mwunderbarften Erfcheinung in der Runft aller Zeiten‘. Und fo 
die Augen und das Herz voll von Rembrandt, fing er an, 
das neue Milien zu fehen: er entdedte Holland, das ibm nod 
heut ,,das Land* ift. Er wurde fo aud der Vater all’ jener 
„weißen Haubenbilder‘, die nahher Jahrzehnte lang die Aus- 
ftellungen bevölferten. Yun ging er nad Paris und ließ fi) 
bald darauf einige Zeit in Barbizon nieder. Den Gewaltigen 


‚von Barbizon, Millet, Corot, Troyon, perfönli nahezu- 


treten, war unmöglid, Senn Ser Deutfdenbag war damals, 





Mar Liebermann. 


Derihämt, 





gleih nad dem Krieg, fo ftark, daß fic) die Franzofen wunderten, 
wie er es wagte, ohne Revolver auszugehen. Der Einfluß der 
fünftlerifhen Atmofphäre Franfreihe auf Liebermann war 
ein gewaltiger. Jn den nächſten Bildern, den „‚Konferven- 
maderinnen‘, den „Rübenarbeitern", den „Befhmiftern‘, zeigt 
fidh, wie er freier in .der Technit wird und tiefer im der 
fünftlerifhen Auffaffung feines Begenftandes. 

Ende der fiebziger Jahre bradte Liebermann dann den 
„zwölfjäbrigen Jefus im Tempel“, ein Bild, auf dem er nod 
energifher als Menzel in feinem Blatte, das den gleichen Stoff 
behandelt, Chriftus als Pleinen Judenjungen und die Schrift 
gelebrten als ,,Rebbes auffaßt. Ob das Bild Liebermann 
wohl felbft viel Freude gemacht hat? 

1881 ftellte er dann das „Altmännerhaus* aus, das ihm 
eine Medaille im Salon einbrachte und ihm mit einem Schlage 
in franfreid) einen Namen madte. Er wurde in den „Cercle 
des XV“ gewählt, Sem Männer wie Stevens, Baftien Lepage, 
Dagnan Bouveret, Boldini angehörten, aber aud damals 
nod) fonnte er es als Deutfher faum wagen, in den abendlichen 
Vereinigungen der Befellfhaft zu erfcheinen. 

€s folgten die ,,Bleide’, die „Schufterwerkitätte‘, Ser 
„Mündener Biergarten“. 

Seit 1884 lebt Liebermann wieder in Berlin. Diejer 
fpäteren Periode gehören dann die „frau mit der Ziege, die 
„Netefliderinnen‘*, der „Alte in den Dünen“, ie „holländifche 
Dorfitraße*, die ,, fladsfpinnerinnen’’ an. Seiner zweiten 
Heimath Holland ift er treu geblieben: alljährlih fudht er es auf 
und findet neue Anregung dort. 

gn den letzten Jahren hat Liebermann aud einige Portraits 
gemalt: den „Hamburger Biirgermeifter in feiner alterthümlichen 
Amistradht, Virchow, Gerhardt Hauptmann. Es find Bildniffe 
von padender Charafteriftif, deren größte Stärke in der tiefen 
feelifihen Erfaffung der dargeftellten Perfönlichkeit beruht. Jm 
Befiht Pirhom’s liegt der ganze Sfeptizismus, zugleih aud 
das volle felbftbewußte Ueberlegenheitsgefühl diefes Mannes, der 
fhon vor 50 Jahren auf feinen internationalen Weltruf felbft in 
Sffentlider Verfammlung binwies. Jn Berhardt Hauptmann 
offenbart fih das Injihhineinfhauen, diefes innere’ Ceben, das 
der Dichter weltenfern von feinen beften Freunden im tiefiten 
Schrein feines Herzens birgt. Der Hamburger Bürgermeifter ift 
die mit marfigen Strihen gefhilderte Ylatur des eifenköpfigen 
Hanfapatriziers, ein fleiner Rénig. Es erinnert in feiner ein- 
fahen Größe an Velasquez. Der cigenften Natur der ganzen 





Deutfhe Run ft. 





45 





Mar Liebermann. Stizze. 


Liebermann'ſchen Kunſt entſprechend, zeigen die Bildniffe nichts 
von irgendwelcher Liebenswürdigfeit, von Ronzefjionen an die 
Selbftauffaffung des Dargeftellten. Mit beinahe graufamer 
Schärfe legen fie aud) Sie unerfreulihen Züge fell. Das rein 
Malerifche bat ihrem Schöpfer offenbar erft in zweiter Linie ge» 
ftanden. Diefes Betonen des Seelifhen auf Roften des Mal- 
tehnifchen weifen alle Bilder aus der legten Epoche Ciebermann’s 
auf. Es kommt ihm vor Allem an auf die großzügige 
Schilderung der Stimmung. Die Sonnen, die über feiner Runft 
jegt leuchten, find Jsraels und Millet. Er þat fih in ein- 


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— * 


— 











Mar Liebermann. 


Im Runtelpart, 





46 


zelnen Werken zu einer monumentälen Größe und Einfachheit 
durdgerungen. Je erinnere an die „Frau mit der Ziege, in 
den Dünen, oder die „Neßefliderinnen*. Wie da der Contour 
der figuren den der Dünenlandfhaft fihneidet, wie die ein- 
zelnen groen Silhouetten der menfchlihen Beftalten mit ihrer 
gewaltigen Bewegung in den Raum fomponirt finds, das ift 
Runft großen Stils. Aud) Wilder intimeren Reizes haben wir 
aus diefer lekten ‚Periode: die „bolländifhe Dorfitraße*, die 
„Flahsfpinnerinnen“ Sie find erfüllt von einem fprudelnden 
inneren Leben: die Bäume raufıhen, die Rader fdnurren, die 
Menfhen athmen. Das Leben, wie es ununterbroden in der 
Natur webt und fih regt. Jn Ser Erfaffung diefes Lebens, 
namentlid Ser Bewegung und des Atmofphärifchen, bat es 


Mar Sicbermann, 


Liebermann zu einer gewaltigen Meifterfchaft gebracdht. Was 
feinen Bildern Ser legten Zeit diefen großen Zug verleiht ift 
namentlih au, daß er nicht mehr das einzelne zufällige Modell 
anefdotiich fhildert; er giebt jegt Typen. m jeder feiner figuren 
it ein ganzer Menſchenſchlag gefhildert, in jedem feiner Bilder 
ein ganzer Zuftand. 

Die vorbergebende Periode (etwa bis 1885) zeigt umgekehrt 
die Betonung der Einzelfehilderung; zu ihr gebören die „nähende 
Alte, die „Schufterwerkftätte, das „Mädchenwaifenhaus*, das 
yy 2lltmannerbaus, der „Münchener Biergarten“. Den Maler 
bat bier jedes einzelne Wefen interejjirt. Die Bilder find auc, 
da es auf Einzeljcilderung ankam, fpiter gemalt, wenn man 
überhaupt bei Liebermann von fpifer Malerei fprechen tann. 
Die form, das zeihnerifche Element ijt mebr betont. Ein Haud 
Menze"jchen Geiftes weht Surh fie, ohne Saf je die Menzel’fche 


Deutide Kunſt. 





Nebertreibung des Charakteriftifhen einträte, die fo oft an die 
Rarifatur ftreift. Dabei ift aud ihnen fhon das Atmofphärifche 
mit damals in Deutjhland ungewohnter Feinheit gefehen; id 
erinnere an das glikernde Spiel dco Sonnenlidts, das durd 
das Laub der Bäume fällt und bunte Fleddhen auf den Boden, 
die Menfchen, die Baume, die Haufer malt, im „Altmänner- 
haus“ und im „Waifenhaus*. 

Tehnifh hat fic) bier Liebermann fdon völlig von der 
von Courbet jtammenden öligen Malerei feiner erften Periode frei- 
gemadt, der die „Bänferupferinnen‘, die „Aonfervenmaderinnen‘ 
und der „Runkelpark‘* angehören. Il boit dans. son propre 
verre. 

Die-Art wie Liebermann fhafft ift fehr verfchieden, bald 


NaS 


Landſchaftsſtudie. 


malt er ein Bild ganz vor der Natur fertig, bald malt er's 
ganz aus dem Kopf, unterſtützt durch eine gülle von Studien. 
Nur eins verurtheilt er: das Zuſammenflicken von Naturſtudie und 
Erinnerung 3u einem Bild. Seine „Flachsſpinnerinnen“, feine 
„Schuſterwerkſtätte', die „Mäherin“ find fertig vor der Natur 
gemadt; das „Altmännerhaus*, der „Biergarten“ ganz nad 
Studien. Liebermann gebt eigentlih nie obne Sfizzenbud aus 
und viele gefüllte Hefte geben Feugnif davon, wie er fort. 
während dabei ift, feinen „Kopf zu ameubliren, wie er felbft 
fagt. Diefe Pleinen und großen Heihnungen von ihm find oft 
von bejtridendem Reiz; es find Vlätier darunter, in denen der 
ganze Zauber der Malerei liegt; man Ffönnte wohl aud feine 
Art zu zeichnen wie eine Malerei in Schwarz und Weiß auf 
fafyen. ‘Auch wenn er dann folde Blätter mit der Nadel in 
die Rupferplatte ritt, weiß er all Sen Zauber des inneren Lebens 


in Ser Natur feftzubalten: bas Gleifen der Sonne, das 
Weben der Luft, das Raufchen der Blatter, die Bewegung alles 
Lebendigen. 

Das neuefte Problem, mit Sem fih Liebermann befhäftigt, 
it Ser „At im freien. Er malt badende Jungen, unter 





Deutfde Runft. 47 


Bäumen, am Meeresftirand. Er fuht dem Problem von allen 
Seiten beizufommen, wie er ftets jedes feiner Probleme mit 
eifernem Fleiß von allen Seiten ftudirt bat, bis er jcließ- 
lid) die „Bilder malte, mit denen es dann für ihm abge- 
than war. 


Altes und Neues vom Naturalismus. 
Von T. Todtenhaupt. 


p. Publifum ift die Anſicht verbreitet, als fländen die 
Männer, die wir in der Literatur und in der bildenden 
KRunft „sie Alten‘ nennen, alfo folde, die in ihrem 
Schaffen mehr oder weniger den Traditionen einer ver- 
gangenen Epoche folgen, allem Neuen von vornherein gleich- 
giltig oder ablebnend gegenüber. Unter „modern“ verſtehen 
Diele nichts 
Anderes als 
brutal, fham- 
los, unfünftle- 
rife und haben 
feine Ahnung 
von dem 
frifhen, bele- 
benden Zug, 
der überall 
urh as deut- 
fhe Runftleben 
der Gegenwart 


geht. 
* * 


* 
„ibr Rön- 
nen ift Sa zu 
Ende, wo die 
ehte Runft an- 
fängt.“ 

Ein „Jun— 
ger“ und zwar 
einer, derelwas 
fonnte, bat das 
von den Na- 
turaliften ge 
fagt Stauffer 
Bern. 


Stid Natur abmalen fann; es ift das eine conditio sine 
qua non — aber da fängt die Runft erft an; dann kommt 
das Studium, wo man mit dent, was man gelernt bat, 'was 
anfangen foll, das ift die zweite und größere Aufgabe des 
Rünſtlers.“ 

Stauffer führt nun weiter aus, wie ein Stück Natur, mit 
Pietät und 
Empfindung 
wiedergegeben, 
zwarauch ſchon 
anerkennungs⸗ 
werth ſei, aber 
„einem ftärke- 
ren Naturell ift 
die Natur re- 
fpeftive das 
Hufallige der 
Erſcheinung 
nur das zu ver⸗ 
arbeitende Ma⸗ 

terial 2, 

Weiter beiftes: 

„Ein Runft- 
werk ift unter 
allen Umftän- 
den eineSade, 
die Dergnügen 
maden, Benuß 
bereiten, in ir- 

gend einer 
Weife den Be- 
fhauer überdie 
Mifere des All- 





Staufferwar 
eine Surd und 
Surd) moderne 
Rünftlernatur und doch find feine Anfhauungen über Sas Wefen 
der Kunft, was den Kernpunft betrifft, diefelben wie die, welche 
man vor mehr als hundert Jahren für die richtigen bielt. 

Wenn aud auf Umwegen, feint jeder Rünftler von Gottes 
Gnaden zu dem Punfte zurüdtommen, von dem fon die Alten 
ausgingen : 

„Die Natur ift das zu benugende Material.“ 

* * 


* 

Das erfte Mal, als Stauffer in Paris weilt, ift er entzüdt, 
begeiftert von den Werken der modernen Parifer Waler. 

Das zweite Mal giebt er zwar noh 3u, dap im All 
gemeinen die Mache der Bilder beffer fel, die Maler gejchidter 
als in Deutfhland. 

gm Ganzen jeðodh ift er ernüchtert. 

„geht komme ich wieder hin“, fihreibt er, „nad vier Jahren, 
und babe mir bas aud zu eigen gemadt, was id bei den 
Frangofen fo hod fchakte; nun ift eine gefunde Naturanfhauung 
oder beffer gefagt Tednif niht mehr eine Sache, Sie ih an 
einem Riinftler auf Sas Hodfte fake, fondern ic) halte es 
einfad) für felbftverftandlid, dap Jemand, der das Prädikat 
eines guten Malers für fih in Anfpruh nimmt, das Handwerk 
los bat, daß er mit anderen Worten auf eine gefunde Weife ein 





Mar Liebermann. 


tigliden bine 
weg und in 
Stimmung 
verfegen foll. 
Was ih da fage, it nun allerdings weder etwas Geift- 
reiches, no etwas Neues, und troßdem ift es möthig, dies 
wieder zu betonen, denn die heutigen fogenannten Realiften oder 
Yaturaliften und bald auh alle aneren Leute feinen das vere 
geffen zu haben. Wozu malt man eigentlih? Am den Leuten 
zu zeigen: ,,Sebt, was bin ih für ein Rerl!“? Das fann ja 
nebenbei auh fein, obgleih man das aud obne befondere 
Mätchen merft. . Sie (die Ausfteller im Salon) grübeln 
und fpintifiren nur darauf, wie fie in die Augen fallen Fönnten, 
fei es durh ein geiftreihes Motiv oder Surd das Gegentheil, 
möglichfte Plattheit; die Einen pofiren auf gefhidte Bebandlung, 
die anderen auf das Begentheil. Das find die Bedcutenden, der 
andere Troß find lediglich Nahahmer,, die im Gefolge irgend 
eines folhen Heren fih befinden und auf die Richtigkeit ihres 
Prinzips fhwören. Prinzip ift nicht das richtige Wort: 
Abfonderlichkeit.‘ 
* * 


* 

Mit dieſen Sätzen vergleiche man Stellen aus Leſſing's 
„Laokoon“, wie die folgenden: 

„Er (der griechiſche Künſtler) war zu groß, um von ſeinen 
Betrachtern zu verlangen, daß ſie ſich mit dem bloßen kalten 
Vergnügen, welches aus der getroffenen Aehnlichkeit, aus der 


Landſchaftsſtudie. 


48 Deutfde Runh 








Mar Liebermann. Wäfchehängen, 


Erwägung feiner Befhidlichkeit entfpringt, begnügen follten; an 
feiner Runft war ihm nichts lieber, dünfkte ihm nichts edler, als 
der Endzwed der Runft, „Wer wird dich malen wollen, da did 
Niemand feben will, fagt ein alter Epigrammatift über einen 
bödjft ungeftalteten Menfhen. Mander neuerer Rünftler würde 
fagen: „Sei jo ungeftalten wie mdglic; ich will did) doch malen. 
Mag did) auc Niemand gern fehen, fo foll man dod) mein 
Gemälde gern fehen; nicht infofern es dic) vorftellt, fondern 
infofern es ein Beweis meiner Runft ift, Sie ein foldhes Scheufal 
fo ähnlih nadzubilden weiß! — 

So jchrieb damals Lefiing. An anderer Stelle heißt es: 

„Der Endzwed der Wifjfenfhaften ift Wahrheit. Wahrheit 
it der Seele nothwendig; und es wird Tyrannei, ihr in Be- 
friedigung diefes wefentliden Bedürfniffes den geringften Zwang 
anzuthun. Der Endzwed der Künfte ift hingegen Ver- 
gnügen, und das Vergnügen ift entbehrlich." 

Olt es nicht Sasfelbe, was Ser moderne 
Riinftler fagt — nur in ein flein wenig an- 


deren Worten? 
* * 
* 


Geſchicklichkeit in der Handhabung der 
Tednif fann niemals Genie und Urfpriinglid- 
feit erfegen; befonders aber eine nicht felbft 
gefundene Technik, eine den Anderen abge- 
fehene Befhidlichkeit vermag nur furze Jeit 
über innere Hoblbeit und Leere binwegzu- 
täufchen! 

on jeder Runft hat von jeher die Nad- 
ahmung die [härfjte Derurtheilung der wirklich 
Großen erfahren. 


„Nahahmung ift ein Bild, fümmerlich 
zurüdgeworfen von trüber Flähe; Dar- 
ftellung aber leibt und lebt zurüd vom blanfen 
Spiegel. — Nadhahmer, Du bift, wie überall, 
fo auc bier, der obnmadtige, marflofe Anedt: 
Du aber, Darfteller, bift der gemaltige 
Herrfcher, deffen Stab über. die ganze Natur 
reiht. Wer des Darftellers Darftellung wieder 
Sarftellt, das ift, wer das Urbild nidt in 
der finnlihen Wirklichfeit, fondern in der 


Rleinfrämer, der die Waare aus der dritten 
oder vierten Hand verkauft.‘ 

ylladabmer fremder Manieren kommen 
mir immer nicht anders vor als Rofaden 
oder Bettler. Sie fteden fic) in geraubte 
oder erbettelte Rleider, wovon ihnen felten 
ein Stüd völlig gerecht fein wird.“ 

„Die größten, unfterblichften Dichter aller 
Nationen find populäre Dichter gewefen. Dur) 
die ganze Befhichte der Dichterei findet fih, dak 
gerade bei denen Nationen, welhe die Poefie 
nidt aus fremden Landen eingeführt haben, 
fondern wo fie aus ihrer eigenen Natur aufge- 
fprofjen ift, die größte Liebe und Allgemeinheit 
derfelben geberrjcht bat. Das giebt die echte, 
wahre Popularität, die mit dem Vorftellungs- 
und Empfindungs - Dermögen des Voltes im 
Ganzen am meiften harmonirt.'* 

G. A. Bürger (Vermifchte Schriften). 

Diele Jahre lang ift das Volk der Dichter 
und Denker aud das Volt der Nadhahmer 
gewefen. ... dle Franzofen, die Japaner, 
die Engländer — alle wurden nadgeabmt —, 
bricht jegt die Zeit herein, da wir eigene Weg 
wandeln werden? 


Kunftinduftrie und Kunfthandwert. 
Bon Bruno Schippang. 


n der Beurtheilung fünftlerifher Dinge berrfht nod) immer 
eine endlofe Verwirrung in Bezug auf Mare Unterfheidung 


tehnifcher und volfswirthfdhaftlidber Angelegenheiten von 
wifjfenfhaftlih äfthetifhen Gefihtspunfkten. Es müßte erft eine 
Geſchichte der wiffenfihaftlihen Aefthetif gefchrieben werden, etwa 
von jenen WAeuferungen abwärts, die fi in den Befenntniffen 
Auguftins, des Bifhafs von Hippo Regius, finden bis hinunter 
zu unferen Tagen, wo vielleiht Juftus Brindmann, der ftudierte 
Nationalöfonom, als der erjte nad Julius Lefüng gelten fann, 
Ser befähigt ift, fünftlerifhe Fragen von volfswirthfdaftlicdem 
Standpunkte aus zu beurtheilen. Man müßte beim Schreiben 
einer folhen Befhichte alle jene Befihtspunfte ins Auge faffen, 








Darftellung des Anderen auffudt, ift und 
bleibt ein ausgemadter Aneht. €r ift ein 


Niar Liebermann. 


Konjervenmacherinnen, 





melde je und je bei der Bildung pbhilofophifher Abftraftionen 
ins Gewidt fielen und nadhmweifen, weldhes Derderben über das 
europaifte Runftleben bereingebrocen ift, feit Sie Gemiither der 
„Bebildeten‘ von der GFllufion beherrfht wurden, daß nur die 
Grieden ein Volf von Riinfilern waren, und daß nur bei ihnen 
Dorbilder für eine gedeihlihe Entwidelung der Runft zu fuchen 
find. Don Erasmus bis Boethe wäre diefer Gedanfengang für 
die deutfhe Entwidelung insbefondere darzuftellen und man 
müßte den ganzen himmelftürmenden Hyperidealismus zu erfaffen 
fucben, der für die hohe Aunft in der Corneliusfdule, für das 
Runfthandwerk in der gänzlihen Derfandung endet. Neben einer fol- 
hen Befhichte der äfthetifchen Ab- 
ftraftion wiirse man eine Ge- 
ſchichte des Kunſthandwerks brauchen 
die etwa an Schmarſow's Barok 
und Rokoko anlehnte an der Stelle, 
wo er die Unterſcheidungs⸗Merk⸗ 
male zwiſchen Michelangelo's und 
Bernini's Einfluß giebt und des 
Letzteren Stellung zur franzöſiſchen 
Runft erörtert. Es wäre ſodann 
alles das zu ftudieren, was man den 
unverwiiftliden Alafjizismus im 
Yationaldarakter der Franzofen 
nennt und man müßte zeigen, wie 
im 17. und 18. Jahrhundert die 
Derleugnung nationaler Selbft- 
ftändigkeit, die fhon urd die 
bumaniftifhe  Renaiffance ihre 
Grundlage erhielt, mehr und mehr 
die geiftigen Bedingungen fhuf, 
unter denen die Lebenskraft des 
Handwerks erlöfhen mußte. Weiter 
würde man eine Gefdidte des 
Werkzeuges in jedem Zweige ge- 
brauden, wie fie in Bucer’s 
TCednifthen Rünften angebabnt ift 
und eine überfihtlihe Darftellung 
alles Beweismaterials dafür, daß 
fünftlerifher Rüdgang und ted- 
nifher fortfdritt fih bisweilen 
gegenfeitig bedingen, daß immer 
erft einige Zeit vergeht, bevor das 
neue technifhe Hilfsmittel auch zu 
einem geiftigen Ausdrudsmittel 
geworden ift. Es läßt fih 3. B. an 
der Geſchichte der Spike und ihrer 
Darftellung auf Gemälden, im 
Rupferftid) und Holsfdnitt unge- 
mein viel intereffantes Belegmate- 
rial für diefe Beobadtung ent- 
deden. Die Gefthidte der Spite 


Mar Liebermann, 


it in vieler Hinfiht cdharafte- 
riftifh für Sie Gefchicdte der 
legten vier Jahrhunderte des Runfthandwerfs; früher und 


unmerflicer vielleidt als felbft in der übrigen Tertilfunft ift 
bei der Spike Ser Uebergang vom Kunfthandwerf zur Kunjt- 
induftrie gemadt worden, denn die Erfindung des gemebten 
Neggrundes ift älter als 3. B. die des Jaquardmebftubles. Gn 
der Gefchicdte der Glasinduftrie wurde der Uebergang vom 
Handwerfliden zum Gnduftriellen von den Glasformern und 
-Bläfern früher gemadt, als von den Glaspreffern und Glas- 
malern; der tehnifche Fortfhritt von einem niederrheinifchen 
Glafe aus römifher Zeit bis zu einem Röpping’fhen Glafe 
von heute ift viel geringer, als derjenige von einem Spiegel in 
Sansfouci bis zu den Niefenglasplatten, welde vor einigen 
Tagen in den Wertheim’fhen Neubau in Berlin eingefet wurden. 
Deffenungeadhtet würden 3. B. die Fenfter des Berliner Mef- 
palaftes (Heinersdorff fhe Glasmalerei, Berlin, Friedrichitr. 207) 
niht zu Stande gefommen fein, ohne Beihilfe des tehnifchen 


Deutfde Runft. 








49 


Fortfhrittes Ser Glasprefferei; die Blasmalerei wieder tann 
ohne die Beihilfe des modernen Chemifers nicht gedeihen und 
fo gebt es fort in’s Unendlide — immer greifen geiftige, wiffen- 
fhaftlihe und medhanifche Momente ineinander, find fo eng mit- 
einander verwadhfen, daß uns allmählid die Erkenntniß zu 
reifen beginnt, wie wenig beredtigt Aefthetit und äfthetifche 
Urtbeile find, die lediglid auf pbilofophifhe Abftraftion und 
fomit auf fpntbetifher Willfür beruhen. - Ein praftifh braud- 
bares Urtheil über fünftlerifhe Dinge fann immer nur auf 
analytifhem Wege gewonnen werden. 

Ein Ausflug fynthetifcher Spefulationsfudt ift das in fünft- 
lerifthen Rreifen nod) vielfad) vere 
breitete Dorurtheil gegen die Runfte 
induftrie, welches in der befannten 
Thatfade feinen harafkteriftifhen 
Ausdrud findet, daß der rabiate 
Handwerfstheoretifer Rustin fidh 
weigerte, Herfomer’s neues Heim zu 
betreten, weil ih daran Benußung 
von Mafchinenarbeit geltend madte. 
Herfomer aber war frampton’s 
Lehrer; Frampton fteht jekt an 
der Spike Ser neuen Runft- 
gewerbefhulen, welche die Lon- 
doner Rorporationen gegründet 
haben. Dort ift es Bedingung, 
daß jeder Schüler jeden Gegen- 
fian ganz und gar felbft anfer- 
tigt; er lernt aber alle neueren 
und neueften Hilfsmittel der Tehnif 
fennen und tritt fpäter als begeifte- 
rungsfäbiger Menfh mit gründ- 
liden praftifhen Renntniffen in 
eine funftgewerbliche Laufbahn ein. 
Begeifterungsfähigfeit und ein 
fünftlerifhes Gewiffen aber find 
die Wurzeln alles deffen gewefen, 
was wir als Runfthandwerf der 
alten Zeit bewundern und lieben; 
nidt die mehanifhe Handarbeit 
madte Sas Runfigewerbe groß, 
fondern der "Bedanfe und das 
Gewiffen der fhaffenden Meifter. 
Darum fann aud in unferer Zeit, 
wo das Handwerk im Zeichen der 
Inöuftrie fteht, fein Runfthandwerf 
gedeihen, das nicht an die Lebens- 
bedingungen der Jnöuftrie anfnüpft. 

Wem ift denn mit dem ,,Runjt- 
handwerk der Künftler“, wie es 
uns in Münden und Dresden 
veranfhaulidt wurde, gedient? 
Einigen wenigen reihen Leuten 
mit nervös überreistem Befhmad. 
Das deutfhe Volk, wie es fih im gebildeten Mittelftande ðar- 
ftellt, gebt leer aus, denn felbft die Scheerebeder Webereien nad) 
Edermann’s prächtigen Entwürfen find für das deutfhe Bürger- 
haus nod) reichlid) theuer. Und das felimmfte an diefer Art 
der Befdiigung des Runfthandwerfs feitens der hohen Runft ift, 
daß beutegierige gewiffenlofe Guduftrielle diefen verfeblten Be- 
miibungen auf den ferfen folgen und ihren Plunder mit hod- 
flingenden Namen den Minderunterrichteten fiir echt künſtleriſche 
Leiftungen anpreifen. Eine biefige Teppihausftellung zeigte 
fhon manderlei Wuft diefer Art. Darüber müffen denn die 
wahrhaft gebildeten funftfinnigen Gnduftriellen, wie 3. B. der 
firebfame und echt fünftlerifh veranlagte Direktor der Vereinigten 
Smyrnateppidfabrifen von Schmiedeberg, Cottbus und Hannoverjch- 
Linden Schaden leiden. „Wir müffen das minderwerthige Zeug 
liefern um zu exiftiren, und find froh, wenn wir ein wenig 
Rraft frei behalten, um aud fünftlerifh fortzuftreben‘‘, lautete 


Dr, Peterfen, 


50 Deutſche Runf. 





Mar Liebermann. 


Stizze. 


feine Rlage; ähnlich äußerte ſich gelegentlich ein Crefelder Seiden— 
ſabrikant. Unſere deutſchen Künſtler aber geben ſich nicht die Mühe, 
ſich mit der Technik billiger Teppiche vertraut zu machen, um 
aud dafür kunſtgerechte Entwürfe zu liefern. Unfere Runjt- 
kritik der Tageszeitungen wartet hübſch ab, bis unſere deutſchen 
Teppiche in England und Amerika Mode geworden ſind; dann 
werden ſie uns als moderne engliſche Erzeugniſſe angeprieſen, 
ebenſo wie engliſches Porzellan, von deſſen „neuem“ Stil die 
Eingeweihten wiſſen, daß er auf die Einflüſſe zurückgeht, die 
Rösl's preisgekrönte Arbeiten in South Kenſington zu Anfang 
der 80er Jahre auf das engliſche Kunſtgewerbe ausübten. 
Warum beſchäftigen ſich unſere Künſtler ſo wenig mit der 
Runſtinduſtrie? Warum ſtudieren ſie nicht die Cigenthimlidfeiten 
der Maſchinen und machen ſie ſich als künſtleriſches Ausdrucks— 
mittel dienſtbar? Das wäre doch der direkteſte Weg, Einfluß 
auf die Maſſen zu gewinnen, eine Kunſt für das Volk zu 
ſchaffen. Was kann es denn der Ehre des Künſtlers ſchaden, 
wenn er an die Bedürfniſſe des täglichen Lebens anknüpft, 
wenn er dem Söddeutſchen einen künſtleriſchen thönernen Maß— 
krug mit modernen Ideen, dem Norddeutſchen eine durchdachte 


Bierglasform bietet, an welcher alle Vorzüge der neueften Hilfe- 


mittel zur Geltung kommen? Warum befaßt man ſich nicht mit 
dem Studium 3. B. der Sophaformen, wie fie unter den ver- 
fhiedenften lofalen Einflüffen fic) geftalteten, fo daß bier die 
„altdeutfche*, Sort die Divanform überwiegt? Warum fcdentt 
man dem Einfluß des Fenfterformats, wie es fih in 
verfchiedenen Gegenden ungleih ausbildete, feine Auf- 
merffambeit? Der Charakter der ganzen Dekoration wird 
dadurd beeinflußt und es eröffnet fih den Rünftlern der 
Ausblid in ein unermeflicdes Thatigfeitsfeld, wenn man 
3. B. nur daran denkt, wie der Rhythmus des ‚fenfter- 
formats mit demjenigen des Tapetenmufters barmoniren 
müßte. Nösl’s Tapeten find 3. B. deshalb befjer für 
Deutjchland geeignet, weil fie im Allgemeinen den Rhythmus 
des deutfihen ‚Fenfterformats einhalten; wir brauchen aber 
Tapeten für jedes format; wir braudhen Mufter für Damaft- 
gewebe zu Fleinen und großen Tifhtüdhern, zu Bettdecen, 
für Damen- oder für Kerrenzimmer, zu bedrudtem Steingut 
für die Rüde und zu bemaltem Porzellan für den Salon; 
fur3, es ift fein Ende von Beihäftigung für gewiffenbafte 
Künftler zu finden, wenn wir nur einmal aufhören 
wollen, an die große Lüge der Humaniften zu glauben, 
daß es eine Schande fein fann, einem fclidten Bebraude- 
gegenftande das Siegel feines fiegreihen fiinftlerifchen 
Gewiffens aufzudrüden, ihm den Stempel des Bewußtfeins 
zu geben, daß der Rünftler berufen ift, ficb Ste Erde und 
ihre Kräfte, alfo aud) die Mafdine unterthan 3u maden, 
fic) die Materie mit allen Hilfsmitteln der Technik zu 
unterwerfen. 


Dom Hildesheimer Silberfhag. 


a wurde auf dem Galgenberge bei Hildesheim, wo 
am 17. Oftober 1868 der berühmte Silberfhat gefunden 
wurde, eine Ausgrabung unternommen, um Aufklärung 
über den Fundort zu gewinnen. Das Ergebnif diefer 
Arbeit vernichtete die Hiibfthe Hypothefe, daß man es mit dem 
Tafelgefhirr des in der Tentoburgerfihlacht gefallenen Quintilins 
Darus 3u thun babe, und unfere ftrebfamen Runftbiftorifer find um 
ein reizvolles Thema zur Doktorarbeit ärmer. Aud der Bedanke an 
ein Stammesheiligthum der Cherufer, dem Arminius den Shak 
übergeben hätte, muß nun aufgegeben werden. form und An- 
lage deuten vielmehr auf eine Befeftigung, eine Annabme, die 
durch den Fund von Diegelfteinen, Schieferplatten und verfobltem 
Holze zur Gewifbeit wurde. Warum man grade an diefer 
Stelle den Schatz vergraben hat, wird fih faum nod feftitellen 
lafen. Jn Ser Eile einer Belagerung ift es jedenfalls nicht 
gefhehen, das lebrt die Art der Bergung: er war nämlid auf 
das Sorgfältigfle verpadt; alle fleineren Stiide, die Teller, 
Beder, Mapfe, waren in die drei großen Befäße hineingelegt, 
daneben lehnte die große Bratenfchüffel und das Bejtell eines 
Rlapptifhes. Yun vermuthete man, daß diefes Silbergefhirr ein 
Gefchen? der Römer an einen befreundeten Stamm darftelle; 
berichtet Soc) Tacitus von folden Gaben. Aber aud) diefe 
Annahme ift hinfällig, wie fih aus der Renovirung der ein- 
zelnen zerbrohenen Stüde ergiebt. Diefe Wiederberftellungs: 
arbeiten haben eine überrafchende VBereiherung des Beftandes, 
für einzelne Theile wefentlihe Vervollftändigungen gebradt. 
Henkel wurden angelöthet, Lüden Surh moderne Silberplatten 
ergänzt und aus Scherben neue Stüde gewonnen. So wurde 
das Riichengefchirr Surh eine, wie man aus den Brandfpuren - 
der unteren Seite vermuthet, Bratenfchüffel vermehrt, das Prunf- 
gejhirr wurde bereichert duch zwei Becher, verziert mit einem 
fhmalen vergoldeten Blätterfranze, ferner durch einen Dreifuß, 
deffen Beine aus DVogelhermen mit Thierfüßen und bärtigen 
Köpfen beftehen; eine punktirte Jnfchrift giebt außer dem Namen 
M. Scato an, daß zwei Dreifüße, denen jetzt einer fehlt, zu dem 
Shake gehörten und dağ beide 852 gr wogen. Zwei fleine 
Befäßfüße tragen den Namen des L. Manlius Boccus, eine 
Eierfchale Sen Ses Marfus, ein Rafferolgriff wieder einen an- 
deren Namen; bieraus gebt mit Sicherheit hervor, dağ — ob 
man nun in en Namen den Befitzer oder den Verfertiger vers 
muthet — diefe Stüde niht urfprünglid einem Befiger gehörten, 
fondern von verfihiedenen erbeutet wurden. Ebendafiir fpridt aud 
die Derfchiedenbeit der Stiide mach Alter, Stil und Benußung. 






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Studie, 


Mar Liebermann. 


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I. Eberlein. 

Wenn man die Bedeutung 
des fhönen Naten in der 
modernen Skulptur begreifen 
will, wird man zunädhft davon 
ausgehen müfjen, daß der Bild- 
ner von beute in der peinliden 
Lage ift, einen möglichft cinleuch- 
tenden Vorwand für das Nadte 
fuhen zu müffen. Da batten es 
die Alten beffer. Ihnen ſtand 
die ganze Bötter- und Bötter- 
balbwelt und vor allem das 
Bymnafion zur Derfügung. Die 
Gleihfhätung Förperliher und 
geiftiger Ausbildung ermöglichte 
ihnen für das Spiel der Rörper- 
musfeln ebenfo zu interefjiren, 
wie für das der Gefidtsmusteln, 

Das Chriftenthum hatte hier 
zunädhft einen radifalen Wandel 
gefhaffen. Die Madhtfülle des 
Dreieinigen Gottes widerftrebte 
der Förperlichen Darftellung, fo- 
bald man nicht zu monftruöfen 
Bilbungen nah Sem Mufter 
der Afiaten greifen wollte, und 
der menfhlihe Leib wurde zur 
läftigen Hülle, die man jenfeits- 
bedürftig nicht früh genug ab- 
ftreifen fonnte, Erft auf dem 
Umwege über das traditionelle 
Seigenblatt des erften Menfchen- 
paares gelangte Ser Künftler 
wieder zur Bildung des fhönen 
Nackten. 

Der Renaiſſance glückte es, 
das unverhüllte Fleifh in fein 
lange verfümmertes Recht einzu- 
feßen. Der Olymp wurde wifjen- 
fchaftlid beglaubigt und zu einer 
Art ideellen Dafeins ermächtigt, 
die Landfchaft bevölkerte fih mit 
literarifch beurfundeten Faunen 
und Dryaden, und die wieder 
erwachte freude an der ganzen feienden Welt führte zurüd zur 
Wertbihätung des Leibes, dem man fo viele reelle Benüfje 
verdanfte. Gn die Darftellung des Nadten gelangte unbeabfid- 
tigt ein Zug des Sinnlihen. Das Betradten verquidte fidh 
mit dem Begehren, an die Stelle der Kraftfreude eines Michel 
Angelo trat die Benußfreude der fpäteren Jtaliener und der 
femininen Franzofen. 

Nirgendwo fonft zeigt fih fo augenfällig der epigone 
Charakter unferer Runft als in der Bildung des Nadten. Die 
Bildhauer, die den Muth haben, das Macte fdledhtweg als einen 
wefentlihen Theil des darftellbaren Schönen um feiner felbft 
wegen nahzufheffen, laffen fih an den Fingern berzäblen. Der 
bedeutendften einer ift Hildebrand - Rom, bei dem man das 
Gefhledtlidhe vergit um der Bliederpradt willen. Fhm ift der 
menfdlide Rörper ein fhönes Bewähs, das zur Betrahtung 
und Nachbildung berausfordert, wie ein anderes Yaturproduft. 
Die Mehrzahl der Bildhauer fuht unter dem Einfluß der 
Konvention einen Vorwand für Sie Unverbiilltheit Förperlicher 
Reize und verfällt fo in das Abfihtlihe und in weiterer folge 
in das bewußt Lüfterne. 

Hu diefen zählt Buftav Eberlein trog eines Sticdes in 
das boudoirhaft Leichtgefallige nidt. Er ift eine Art bilönerifchen 
ydtauenlobs und feinen anmuthigen unverhüllten Weiblein be» 


Eberlein, Sahende Nymphe, 





Deutfhe Runft. 51 


Das Yate in der modernen Bildhauerfunft. 


gegnet man auf Sodeln und Ronfolen in jedem einigermaßen 
degagirten Salon. Auh er braudt einen Vorwand, um feine 
zierlihen Yuditäten unter verfchiedenen Etiquetten einzufhmuggeln, 
aber er Fönnte allenfalls aud ohne ibn ausfommen, denn ihm 
dient Ser unverbiillte Körper als Ausdrudsmittel für feelifche 
Regungen und Empfindungen. Er bat vor Allem in feinen 
vielen Pfyche-Darftellungen einen- Typus gefunden, den man als 
den der weibliden ,,Derfchamtheit bezeihnen möchte. Die 
Glieder fhmiegen fidh reizvoll zufammen, als möchte das eine 
dem andern als unzulänglide Hülle dienen. Bleibt ĝas Nagte 
hier noc Selbftzwed, fo dient es in anderen weiblichen Beftalten 
wirflid als Empfindungsträger. Guftav Eberlein’s Lachende 
Nymphe“ ift das Weib im woblgefalligen Stolze ihrer Schönheit. 
Wenn fie das üppige Haar vom Rügen bis nad der Bruft 
emporziebt, fo weiß fie wohl, daß diefe Bewegung nicht zur 
Dedung genügt, und ihr Blid gleitet gleichzeitig triumpbhirend 
an der fihönen Wellenlinie ihrer rechten Hüfte hinab. Sie 
prüft fampffroh und fieghaft lächelnd den unmwiderftehlichen 
Weaffenfhmud ihrer Leibesfchönbeit. 

Das Begenftüd diefer Statuette, die „Weinende‘ Ylympbe, 
fteht unter dem Eindrud der Niederlage ihrer Schönheit. Achtlos 


halt die hängende Linte das binabgeglittene Gewand, wäh- 
rend die Rechte die Thränen 
trodnet. Die fdlanten Blieder - 


find dem Auge des Befhaners — 
preisgegeben, gleichgiltig, wie 
ein werthlos gewordener Beſitz. 
Das Nadte verräth in beiden 
Geftalten die feelifche Bewe- 
gung. In der einen zeugt das 
ftraffe Spiel der formen von 
freudiger Erregung, in der ande- 
ren find Musfeln und Gelenfe 3u 
müder Entfagung erjhlafft. 

Mit diefer lebendigen 
Sprache des Yadten bei Eber- 
lein wären wir dann wieder 
auf einem Umwege zu den 
Grundfäßen der Alten zurüd- 
gekehrt. Der Körper wird 
allerdings nicht mehr um feiner 
Schönheit an fih willen nad- 
gebildet, aber aud nicht des 
bloßen Sinnenteizes wegen, 
er belebt fih wie die Züge 
des Antliges aus dem Innern 
beraus und redet feine eigene 
Sprache. Diefes Reden aber 
it die Hauptfahe bei der 
Bildung des Nadten, wenn 
man fie nun doc einmal nad) 
dem Dorgange der Alten als 
etwas Selbftverftändliches nicht 
hinnehmen fann und mag. 
Der fpröde Marmor und die 
nod fprödere Bronze wider- 
ftehen der präzifen Darftellung 
des Gemiithslebens. Der Bild- 
net wiirde in feinen Wusdruds- 
mitteln dem Maler nachfteben, 
wenn er vor der Bewandbülle 
Halt madhen müßte, deren 
Faltenwurf wohl aud) feine be- 
fondere Sprade fpricht, aber 
fih odh im Grunde genommen 
auf die Andeutung der Be- 
wegung befdrantt. 

Georg Malfowsfy. 





Eberlein, Weinende Nymphe. 


52 

















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Mar Liebermann, CZ Menu Karte. 
Die Wiesbadener Mufeums:Srage. 


Seit langer Zeit ftreiten fic) die Väter der Thermenftadt Wiesbaden um 
die Frage der Erridtung eines neuen Landesmufeums. Das alte, fhwer- 
und baufällige Gebäude in der Wilhelmftraße, das zur Zeit die Landes» 
bibliothef und eine fehr reichhaltige Bemälde- und Stulpturenfammlung ent- 
hält, foll fhon lange einem Nenbau Platz maden. Fehlte es nun aber einer- 
feits an Geld, fo war andererfeits zwifhen den betheiligten Znftanzen und 
Behörden nie ein Einvernehmen zu erzielen. Die Stadt glaubte durd die 
Bewilligung eines fehr theuren Bauplages genug gethan 3u haben, die 
Regierung wollte über die Summe, welde fie bisher der Runftfammlung 
alljährlih geopfert bat, nicht hinausgehen, und der Rommunalverband des 
Bezirfs verlangte von der Stadt eine Beihilfe zu den jährlich etwa 60 000 
Mark betragenden Mebrfoften. Eine Einigung war nicht zu erzielen, Herr 
von Hülfen, der Intendant des Wiesbadener Hoftheaters, hatte in einer 
Privatunterredung fein Gntereffe an dem Wufeumsban fo lebhaft betont, daf 
man fid fo lange für berechtigt bielt, an deffen direfte Verwendung beim 
Raifer 3u glauben, bis der ftets forrefte Here Gntendant erflarte, daß er fi 
niemals einen Eingriff in die refjortmäßigen Redte eines Anderen erlauben 
würde. Als man dann Herrn von Miquel bei feiner jüngften Anwefenheit 
in Wiesbaden privatim bezüglid feiner Stellung zu der Angelegenheit inter- 
pellitte, gab diefer die denfwürdige Antwort: 

Wenn die Wiesbadener Runftfammlungen nicht mebr zu 
halten find, fo müffen fie eben aufgelöft werden. 

Uns will bedünfen, als hätte der Herr finanzminifter mit diefem Aus- 
fprud fid eben jenen Uebergriff in die refiortmäßigen Rechte eines Anderen 
geftattet, den Herr von Hiilfen fo forreft ablehnte. Ob Runftfammlungen 
ethaltensmerth find, darüber ftebt ibm faum ein Urtheil zu. Selbft bei 
Bewilligung der Roften dürfte feine Entfheidung ert ins Bewidht fallen, 
wenn man über die für folhe Awede bereitftehenden Mittel abfolut nicht 
binausgeben will. Runftfragen find allerdings leider oft Finanzfragen, 
werden aber zum Blüd nicht immer im Sinne des finanzminiflers entjchieden. 


Dentfhe Runft. 


Vermifchfes. Kuriofa aus Alfelier und lerk- 


Malf. Gedanken iiher hiltente Kuni. 


Buriofa ans Atelier und Merkftatt. 

— Englifhe Sammelwuth. Jn Herrenhiemfee hatte ein englifder 
Arzt ih nit enihulten fsnnen, eine Dorbangquafte abjufcnetden und mit- 
geben zu beißen. Er wurde vom Amtsgeriht Prien zu vierzehn Tagen Be- 
fängniß verurtheilt und gegen eine Raution von 10 000 Mark vorläufig ent- 
laffen Der englifhe Konful in Münden erklärte nad vorhergegangener 
Dereidigung, daß der Angeflagte in feiner Heimath eines ungetrübten Leu- 
mundes fid erfrene, nod nie beftraft wurde und als gutfituirt gelte. Die 
Quafte felbft wurde in Prien auf 3 Mark, in Trauenftein auf 12 Mark 
gefhäßt. Der Angellagte gab an, daß er nur eine franfe babe abfchneiden 
wollen als Andenken an Herrenciemfee, daß er aber gegen fein Wollen die 
Quafte abfohnitt, indem er die Manipulation von rüdwärts ausfühıte. Gn 
der That find auh einzelne Franfen fo did, wie die abgefhnittene Schnur 
der Guafte. Die Dertheidigung platdirte auf geringe Sahbefhädigung obne 
Abfiht des Diebftahls, indem diefe Art Sammler audh an der Mufchelgrotie 
in Münden, an den Mofaifen der Marfustirdhe in Venedig anzutreffen feien, 
ohne daß man fie gerade für Diebe anfhaue. Das Schöffengeriht erkannte 
aber auf Diebftabl. Entjcheidend dürfte die Bethätigung des Sammeleifers 
durh Abfhneiden von rüdwärts gemefen fein. 

— Eine Kritifer-Ronkurrenz. Man darf der Entfheidung der Preis- 
tihter in Denedig mit Spannung entgegenfehen, die über die befte Aritif der 
Runftausftellung in der Lagunenftadt zu befinden haben. An dem Wett- 
f&riftftellern betheiligten fid) 26 Kritifer, darunter nur drei Ausländer, und 
zwar die Deutfhen: Dr. Bath, Römifiher Korrefpondent des „Berliner 
Tageblatt", Doß, Aunftkeititer der „Runft für Alle in Münden, und Ottomar 
Pilz von der „Magdeburgifhen Zeitung". Die Anderen find jämmttid 
otaltener; aud -eine junge Dame ift auf dem Plane erfcienen. Einige 
„KRonkurrenten" haben mehr als 30 Artikel eingereiht. Es handelt fih um 
Preife in der Höhe von 1500, I000 und 500 Lire. Wenn folde Wettbewerbe 
Nachfolge finden, wird? man fih in Kürze ein feftes Urtheil über ,,befte 
Rritifen bilden fönnen. Hoffentlich find die Preistichter nit ausftellende Rünftler. 

— Erfte Anregung zur PLünftlerifhen Konzeption. — Die 
Interviews über die Entftehung eines Runftwerfes find in unferen Zeit- 
f&hriften an der Tagesordnung, und die Rünftler willen denn aud manderlei 
3u erzählen, wie und unter welden Umftänden die Mufe der Phantafle ihre 
Stirn gefüßt. Bödlin hatte ein von einem Bafeler Mäcen in Auftrag ge 
gebenes Stillleben vollendet. Mit Liebe und Sorgfalt hatte er allerhand 
Stiichte um eine üppige Melone gruppirt. Das Bild fiel aber niht nah dem 
Befhmade des Beftellers aus. Der Künftler nahm fein Gemälde zurüd und 
madte fic) darüber, das Bild mit dem Mefjer abzufragen. Als Bödlin das 
Meffer an die Melone feken wollte, bielt er inne. Plötzlich durdzudte ihn 
eine Jee: er ergriff den Pinfel und aus der Melone entjtand nad und 
nad der Körper einer im Wafler fhwimmenden Sirene. Es geht eben auh 
im Runftfhaffen einfadher zu, als die Schulweisheit der Kritif fid träumen 
läßt, und aus mander Wafferflade ift ein Wolfenzug entftanden durd) Per- 
wehslung von Unten und Oben. 





Gedanken über bildende Runft. 


Der funfe, der Einen infpirirt, aus einer Stelle der Natur, an der 
Taufend andere gleihgiltig vorüber gegangen find, ein Runftwerf zu fhaffen, 
daz fogenannte Genie wird und muß ftets unergründlid bleiben. Neben Ser 
Auffaffung befteht aber das Bild aus dem Handwerk, und diefe beiden 
faltoren verbinden fidh und müffen fid zu einem Ganzen vereinigen, wenn 
ein Runftwerf entftehen foll. Bei diefer innigen Amalgamirung dürfte es 
— befonders bet der Malerei — fhwer fein, zu beftimmen, wo die Runft 
aufhört und das Handwerk beginnt. Oft nad ftundenlangem vergeblihem Be- 
müben, wenn man im Begriffe fteht, im Gefühl feines unzulängliden Talentes 
die Arbeit aufzugeben: plöglih gelingts. Mar Liebermann. 

+ 


Laffe Jeden mit feinen eigenen Augen feben, und würdige das, war es 
wiederzugeben fi bemüht. 


©, über die Leute, die fo leicht arbeiten, es foftet ihnen feine Mübe, ihre 
Werke zu fehen — und wegzugeben. Flüchtige Arbeiten machen nur Eindrud, 
wenn fie flott und dod) fauber gearbeitet find. 


— — 





Dentfhe Runft. 58 





Der Derband Deutjcher Bluftratoren, 


Der feit einem Jahre beftehende Verband Deutfher Jlluftratoren, der die 
Gutereffen feiner Mitglieder fräftig zu vertreten bemüht ift, hat am diefe foeben 
ein Rundfchreiben erlaffen, worin zur Befhidung einer im April nadften 
Jahres in Berlin zu veranftaltenden Shwarz- und Weiß-Ausftellung auf- 
gefordert wird. Diefe Deranftaltung, die erfte ihrer Art, dürfte Ah zu einem 
fünftlerifhen Ereigniß geftalten, da fie ein umfaflendes Bild von dem Stande 
deutjcher Jlluftrationskunft zu geben verfpricht, indem die beften und befannteften 
Namen bereits dem Verbande 
angehören und täglih neue 
Anmeldungen einlaufen. Die 
zuftändigen Behörden, Rul- 
tusminifterium und Akademie 
der Riinfte ftehen dem Unter- 
nehmen durchaus woblwol- 
lend gegenüber und haben 
die Räume im WAlademiege- 
bäude zur Derfügung geftellt. 
Diefe Selbftftändigfeit der 
Schwarze und Weiß - Aus- 
ftellung dürfte den Erfolg 
wefentlid fidern helfen; jeden- 
falls war es ein guter Be- 
danke, fie nidt als UAn- 
bangfel der grofen Runftaus- 
ftellung auftreten zu laffen, 
da man nur fo der ndthi- 
gen Aufmerkfamkeit gewiß 
fein darf. s 

Wir geben nadftebend 
den Wortlaut des Rund- 
fhreibens: 

Berlin, tm Oftober 1897. 
Hodgeebrter Herr 
Rollege! 

Jn unferem legten Rund- 
fhreiben haben wir Ihnen 
über die von uns geplante 
Schwarz. und Weiß - Aus- 
ftellung die erfte Mittheilung 
gemadt. Die Dorarbeiten 
find nun fo weit gedieben, 
daß wir für einen foldhen 
Swed ein wiirdiges Lofal, 
nämlid die Ausftellungs- 
räume der Rénigliden Afa- 
demie der Rünfte, zugefagt 
erhalten haben, und zweitens, 
daß eine Anzahl hervor- 
ragender Rünftler aus den ver- 
fhiedenen Städten Deutjd- 
lands fi bereit erklärt hat, 
dem gefhäftsführenden Aus- 
ſchuß ihre Hilfe zu leihen. 





Paul Meyerheim. Bleiftiftzeihnung. 


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Die Namen diefer Herren finden Sie am Schluß diefes Schreibens verzeihnet. 
ferner find für die biftorifche Abtheilung die einleitenden Schritte gethan, und 
ein funftwiffenfhaftlih gebildeter Kollege ift mit den Vorarbeiten betraut 
worden. 

Die großen Jahres-Ausftellungen hatten zwar immer Abtheilungen für 
Handzeihnungen, Aquarelle 2c., in denen auh die Runft des Fllufirators 
einige Berüdfihtigung fand, die volle Würdigung fonnte ibe aber dabei nidt 
zu Theil werden. Yirturgemäß wurde fie dur die Fülle der Gemälde und 
Skulpturen erdrüdt, und als Anhängfel an die großen Deranftaltungen vom 
Publifum als etwas Neben- 
fadlides und darum Minder- 
werthiges angefeben. Dafann 
nur Wandel gefhaffen werden, 
wenn die Glluftrationstunft 
fih in felbftändigen Aus 
ftellungen größeren Stils 
der Oeffentlidleit vorführt. 
Nur fo kann gezeigt werden, 
welhe Fülle von Talent 
und Gntelligens der Glluftra- 
tionsfunft dienftbar gemadt 
wird. Jeder von Ihnen 
weiß, daß dasfelbe Publifum, 
weldes an Derleger und 
Feiner immer höhere An- 
forderungen ftellt, nod) durd- 
aus nit gewöhnt ift, die 
Runft des Glluftrators als 
vollwerthig anzufehen, felbft 
Runftfreunde und Sammler 
beadten faum die Tages- 
dlluftration. Was in Paris 
und London längft Mode 
geworden ift, die Arbeiten 
der befannten Tages-Feidner 
im Original oder "guten 
Druden zu fammeln und be- 
trächtlihe Preife dafür an- 
zulegen, das fennt man in 
Deutfhland nicht. 

Einige Hauptpuntte des 
Ausftellungs » Programmes, 
weldhes Semnddft zur Ver- 
fendung gelangt, würden fein: 

J. Die Ausftellung währt 
vom I. April bis J. Mai 1898. 

2. Nur deutfhe Rünftler 
werden zugelaffen. 

5. Jedes Mitglied des 
Derbandes foll das Redt 
haben, eine Mindeftzahl von 
Arbeiten auszuftellen, wenn- 
glei eine gewiffenbafte Jury 
von den eingehenden Werken 
die Auswahl treffen wird. 


54 Deutfdhe Runft. 


4. Es follen Schritte getban werden, Sie eine Pramiirung hervorragender 
Werfe und Anfaufe ermdgliden. 

Werther Herr Rollege, wir bitten Sie nun zunädft, dağ Sie uns bald- 
möglichft eine Mittheilung maden, ob Sie geneigt find, die Ausftellung zu 
befhiden, damit wir einen Ueberblid über das Material erhalten. Wenn das 
Unternehmen, welhes wir planen, die gewünfchte Bedeutung erhalten foll, 
müffen wir des Beiftandes jedes einzelnen Derbandemitgliedes fiher fein, und 
erwarten fdnnen, daß Feder fein Beftes thue. Gelingt diefer erfte Derfud, 
fo ift die beredtigte Hoffnung vorhanden, daß die Schwarz- und Weifaus- 
ftellungen des Derbandes deutjher Glluftratoren eine dauernde Jnftititution 
werden. 

Diefe Ausftellungen, abwedfeluds in den dSeutfdhen Aunftzentren ver- 
anftaltet, fönnen dem ganzen Glluftratorenftande nicdt unbeträchliche ideelle 
und materielle Dortheile bringen. 

Hodadtungsvoll 
3. 4: 
9. Schlattmann, Scriftwart. 
Alb. Baur, Prof. W. Claudius. E. Doepler, Prof. W. Hafemann, Prof. 
S. Jüttner. Ff. Rallmorgen, Prof. Arthur Rampf, Prof. 

Chr. Rröner, Prof. René Reinide. frig Reif. Ff. Starbina, Prof. 
Ww. Simmler, Prof. H. Vogel- Plauen. A. Zid. 
Hufhriften find an Herrin J. Sdhlattmann, Berlin W., 
Ylettelbed- Straße 24, zu ridten. 


£L. Manzel, Vorfikender. 


Auch etwas vom „Zeichnen“. 


Wenn wir umftehend eine der früheften Arbeiten Paul Meyer- 
beim's, einen in Bleiftift ausgeführten Studienkopf, reproduziren, fo gejihiebt 
e3 nidt obne befondere Abfiht. Zn der Schätung der Tehnif hat fic feit 
zwei Jahrzehnten ein Umfhwung vollzogen, der feine guten und feine 
[hlehten Seiten bat. - Statt das Handwerk zu beberrfden, recnet es fih der 
Rünftler ala bejonderen Vorzug an, wenn er ih von ibm beherrfhen läßt. 
Er fiebt die Natur von vorneherein unter dem Befihtswinfel der einmal 
gewählten Nahbildungsweife, er zeichnet fie in Umriffen mit dem Stift, er 
ftreiht fie in farbenmaffen bin mit Wafferfarben und hält die Lofaltöne 
fet mit dem Oelpinfel. Die fünftlerifhen Vortheile eines folhen Verfahrens 
find augenfällig, aber es führt audh mißbräudlih zu einer gewillen Ober- 
flählifeit. Man war in früheren Zeiten wohl ein wenig pedantifch, indem 
man der Tehnif gewaltfam etwas abzuringen fudte, was fie ihrer Natur nad 
nur jehwer bergab, aber man lernte fie Ah dienftbar machen für die Darftellung 
des Naturganzen wie es jih eben bot. Das weiblihe Röpfhen Paul Meverheim’s 
mag dem Ultramodernen gequält erfheinen und überängftlih, aber es bleibt für 
den Unbefangenen ein glänzendes Heugniß ehrlicher Arbeit. Licht und Schatten 
find überaus fein mit dem Stift berausgearbeitet und die Modellirung der 
Wangen und des Halfes ift muftergiltig. Das Röpfhen ift niemals ver- 
Sffentlidt worsen und verdient doch mehr Aufmerkfamfeit als mande Rolleftiv- 
ansftellung von Studien und Skizzen moderner Meifter, die am beften 
niemals über die Schwelle des Ateliers herausgefommen wären. 

Berlin. — Die Mufeumsinfel wird nun endlid für die geplanten 
Neubauten freigelegt, und bei diefer Gelegenheit ift denn auch wieder ein 
dentwiirdiges, wenn aud nicht durch Fünftlerifhe Qualitäten ausgezeichnetes 
Wobrzeihen von Alt-Berlin gefallen, das „Mehlhaus“. Leber dem mittleren 
Eingangstbor Ias man die Infhrift: „Mehlverfauf en gros et en detail“ 
und oberhalb der ‚Fenfter des erften Stodwerks in großen fhwarzen Metall 
budftaben daa Wort ,,Meblhaus". Das „Mehlbaus‘ war bis in die fiebsiger 
Jahre hinein bei dem befferen Berliner Biirgerthum das beltebtefte und 
aefuchtefte Feftlofal der Stadt, in weldem vor allem 3abllofe Hodszeiten 
gefeiert worden find. Jm Rellergefhoß des Hanfes befand fih am der 
Wafjerfeite außerdem eine der älteften und eigenartigften Schifferfneipen 
Berlins, die ihrer verftedten Lage wegen nur den Cingeweibten befannt war. 
Die niedrigen und doch anbeimelnden Räume waren mit dem Hausrath langft 
vergangener Zeiten ausgeftattet, und an den Wänden hingen uralte Bilder, 
auf denen in Bild und Wort das Lob der edlen Schifffahrt gefungen wurde. 
Hoffentlich hat das „Mehlhaus" wirklihen Runftbauten weiden miiffen. 

Mit dem bildnerifhen Schmude des Reihstagsgebäudes geht es 
teht langfam vorwärts. Es jheint, als ob der Raifer feine Abneigung 
gegen den Ban Wallot’s nur fewer überwindet. Schon vor langer Feit find 
von fiinf eingeladenen Riinfilern die Entwürfe zu dem Standbilde eingegangen ; 
man wollte die Entjheifung in die Hand des Kaifers legen, der jedod bisher 


"burgifch » [hwedifche Heer unter dem Broßen Kurfürften 


die Modelle nod nidt hat befichtigen wollen. Nun wird wabrfdeinlid 
Gebeimrkth Wallot felbft den geeigneten Entwurf auswäblen, der jedod vor 
der Ausführung, wie jede Darftellung eines Hobenzollernfürften, der faifer- 
lihen Genehmigung unterliegt. 

Dagegen hat fih Reinhold Begas fhon energifh an die Vorarbeiten 
fiir fein Bismarddenfmal gemacht. Der Meifter bat fih als arditeftonifchen 
Hintergrund ein Modell der NReihstagefront in Meinem Mafftabe Fommen 
laffen. Das Denfmal foll nidt im unmittelbaren Anfhluß an die Rampe 
aufgeftellt werden; ser von Begas angenommene Standpunkt liegt in der 
Nähe des jebigen Springbrunnens. Der Künftler bat die Wbfidt, fat aus- 
fclieBlid) Bronze zu verwenden und gedenft, aud fiir die Poftamente diefes 
Material dem Comité zu empfehlen. Es würden dann nur die Stufen und 
der Unterbau in Stein bergeftellt werden. Uebrigens wird die Bismard- 
denfmal-Ronfurren3 infofern eine weitere Fünftlerifhe Folge haben, als die 
beiden Monumentalgruppen Profejfor Siemering's vielleiht für Berlin in 
anderer Form gerettet werden. Einzelne Mitglieder der Jury wollen anregen, 
daß fie am Potsdamer Plak an Stelle der Thorhäufer zur Aufftellung 
fommen. Die Gruppen ftellen die Borufjia dar, die dem ausziehenden Arieger 
das Schwert giebt, und den fiegreih bheimfehrenden, der der Germania die 
Raiferfrone reicht. i 


Münden. — Eine eigenartige ftimmungsvolle feier: hat man im 
intimeren Rreife an Meifter Bödlins Ehrentage veranftaltct. Als Ein- 
ladende zeichneten unter Anderen: f. v. Defregger, L. Dill, F. Stud, Herm. 
Levy, G. Hirth, Mar Halbe, R. Strauß, E. v. Wolzogen. Das feinfinnig 
zufammengeftellte Programm bragte anh eine intereffante Yovitdt, eine 
fleinere Dichtung für Klavier, ,,Gefilbe der Seligen* (Manufkript) von felix 
Weingartner, die von R. Strauß und M. Schillings meifterhaft gefpielt, mit 
ftürmifhen Beifall aufgenommen wurde. Dr. Hirth pielt die ‚Feftrede, 
Mever-Bafel toaftete auf die fünftlerifhen Beziehungen zwifchen Münden und 
der Schweiz. Die legte Strophe eines zu Ehren Bödlins gefungenen Cantus 
wurde dem Meifter telegrapbifch übermittelt. Ueber dem Ganzen fhwebte 
eine Rünftleriihe Stimmung, wie fie Miindener Feftveranftaltungen zu zieren 
pflegt. a 

Dresden. — Die internationale Ausftellung wurde mit einem 
Sefteffen befdhloffen, die nod einmal alle betheiligten Faktoren zufanımen- 
führte. Bei diefer Gelegenheit wurden dem Minifter des Ganern von 
Metzſch, dem Oberbiirgermeifter Beutler, dem Oberhofmarfhall Grafen 
Diktbum von Edftädt und dem Geheimen Regierungsrath Dr. Rofder 
Erinnerungsmedaillen überreicht, die von Hartmann graviert, die Natur als 
Mutter der Runt in Relief darftellen. Jedenfalls ift von Ser Regierung 
wie von Stiftungen und nftituten alles Möglihe gefhehen, um den Erfolg 
der Ansftellung zu fihern. So wurde von der Tiedgeftiftung nod kurz vor 
Thoresfhluß das fhöne Brunnentelief Arthur Dolfmann'e aus bemaltem 
Marmor angelauft und der Röniglihen Skulpturenfammlung im Albertinum 
zum Gefhenf gemadt. Auh im Rahmen der unvermeidlihen Lotterie ift dafür 
geforgt, daß das Andenken an die erte internationale Ausftellung 
bewahrt bleibe. Als Meinere Bewinne zu 5 und 2 Mark werden 200 große 
und 4000 Feine rotbbraune Mappen gegeben. Gede diefer Mappen enthält 
zwanzig Blätter in Lidtdrud, weldhe Anfid;ten aus der fo prädtig und ger 
fhmadvoll angeordneten Ausftellung darbieten. Dabei vergißt man über der 
fhönen Erinnerung nidt die Zukunft und bat jhon jet in einer vom Obere 
bürgermeifter Beutler einberufenen Derfammlung von Stadtverordneten, zabl- 
reihen Künftlern und Aunftfreunden befdlofjen, im jahre IS99 in Dresden 
eine deutfh-nationale Runft- und funftgewerblide Ausftellung 
3u veranftalten. a 

Breslau. — Gn der Herbftausftellung von Th. Lidtenberg, 
Schlef. Runftverein, nimmt die „Hochzeit zu Cana" von A. v. Brandis. 
Berlin, die eine Kurzwand des Hauptjaales allein für üh in WAnfprud. 
Wer Brandis nur aus feiner bier vor Furzen gefebenen großen Leinwand 
„Die Auferwedung Jairi's Tödterleint fannte, wird einen gewiffen fort- 
feritt nicht verfennen. — Ein Runftwert im vollften Sinne ift Prof. Werner 
Shudh's „Schlaht bei Warfhan. Die Hiftorie berichtet darüber: Am 
1. Juli 1656 war Warfhau wieder in die Hände der Polen gefallen. Sieges= 
gewiß verkündete Rönig Gobann Cafimir, die Shweden habe er den Tartaren 
zum Frühftüd gejcenft und den Kurfürften von Brandenburg wolle er in 
ein Lod werfen, da ihn weder Sonne noh Mond bejihiene. Das banden: 
und Rarl X. von 


Deutfde 


Schweden, obwohl nur 18000 Mann ftark, brad gleihfalls gegen den fünf- 
mal ftarferen Feind auf. Gn der furdtbaren dreitätigen Shladt bei 
Warfhau vom 28. bis 50. Juli 1656 braden fhwedifhe Strategie und 
brandenburgifhe Tapferkeit die Uebermadt; in wilder Flucht eilten Polen, 
Tartaren und Rofafen davon. Letteren Dorgang fhildert Shud's Bild in 
der padendften, lebendigften Art. Die in Unordnung flüchtenden Reiterhaufen 
mit den ftürzenden Menjhen und Thieren, die gefdloffen vorrüdenden 
Schwadronen des Rurfürften (der gerade einen widtigen Hügel genommen 
hat), die zahlreihen, der Natur auf das Trenefte abgelaufhten Stellungen, 
die prächtige Luftperfpeftive — alles diefes, verbunden mit einem ungemein 
ztelfiheren Farbenauftrag und einer vornehmen Tönung — madt das Bild 
zu einem Meifterftüd der modernen Schladhtenmalerei und einem erftrebens- 
würdigen Beş für jede Galerie. — Aus dem Sdhladtengetiimmel mit 
Ranonendonner zurüd in die graue Antifen führt die „Andromeda von 
Wilh. Räuber - Münden. è 

Mit dem Namen der Tochter des Repheus und der Raffiopeia verbindet 
man gewöhnlih die Dorftellung von threr Anfeffelung an den felfen. 
Rubens angefeffelte Andromeda fteht als lebensgrofer Aft auf einem fels- 
füd, das feine Fortfeßung in einer mädtigen Steinwand findet, welhe die 
Ausfiht auf Meer und, bewSlften Horizont frei läßt. Die Angft vor dem 
noh niht fihtbaren Ungeheuer fpiegelt fih lediglid in den Befihtszügen 
wieder. Einige Strahlen der Abendfonne werfen einen warmen Refler auf 
den gutmodellirten Maddhenleib. — Guntime farbige Reize: finden fih in dem 
Bilde „Um Yligenfee‘ von Hermann Weuhaus-Miindhen, wo der wafer- 
rofenbefränzte Anabe den verführerifhen Worten des ibn umfdlungen baltenden 
Nirfeins gierig laufcht, welde Niegehörtes, Gebeimnifvoll - Mardhenhaftes 
enthalten; wie lange nod, und er ift dem Zauber mit Leib und Seele ver- 
fallen. Weld dämmriges Waldesdunfel Liegt über der Szene ausgebreitet, 
wie föftlih fhmiegen fih die beiden Körper aneinander, wie beredt drüdt die 
Haltung des Waflerfräuleins ihre Antwort auf des Anaben frage aus, 
warum fie nicht bei ihm bleiben fönne: 

Denn der Menfchen Falfhheit und blinde Wuth 
Zwingt mid hinab in die diiftre Fluth. — 

Etwas weniger rüdjihtenoll geht es bei der „Yipmphenrade‘ 
U. H. Shram- Wien zu. Das Iuftige Weibervölklein fragt den fie beim 
Bade belaufht habenden bodsbeinigen Gefellen nist erft lange um feine 
Einwilligung, fondern feleppt den fih heftig Sträubenden lachend und 
fhreiend und an den Obrleiften zupfend ins Waffer, um ibn eines abfiihlenden 
Bades theilhaftig werden zu laffen, und ihm die Luft für immer zu benehmen, 





Runf. 


55 


aus dem Hinterhalt weiblihe Aftftudien zu maden. — Einen Hinterhalt 
anderer Natur bilden die beiden Jäger in dem Bilde W. Simmler's- 
Berlin „Auf dem Gemswedfel. Der eine Jäger gebietet dem Hunde Still- 
fhweigen, während der andere vorfihtig nad der Zugdbeute auslugt, die im 
Hintergrunde bereits fihtbar" wird. — Den Jmprefjionismus des legten 
Dezenniums vertritt Scheurenberg's „Maria mit dem Hirtenfnaben" in- 
mitten einer fonnigen Wiefenlandfhaft mit Schafen, fowie „O sanctissima“ 
von ©. Beygrow-Bartmann- Münden; einen gefunden Naturalismus auf 
dem Gebiete der Landfihaftere dagegen Paul v. Raven ftein-Rarlsrube 
mit feinen ruhig wirkenden vornehm gemalten großen ‚Formaten „Mondnacht 
am Weiher und „Abensfimmung“. m. B. 


Zeipgig. — Das foeben enthüllte Bismarddentmal der Bild- 
bauer Adolf Lehnert und Jofeph Mayr fteht unweit des Reihagerihts in. 
mitten des Johannparks und bildet einen prächtigen Shmud der allzeit treuen 
Pleiffeftadt. Der Altreihsfanzler raftet, von feinem Tyras begleitet, auf den 
Stod geftügt, in Civil, mit dem Schlapphut bededi, auf einem Spaziergange 
und fhaut gefpannten Blides ins Weite, als müßte er aud in der Muge 
wachen über Deutfhlands Sicherheit. Während die beiden Gefährten in 
fraftftrokender Rube beharren, taudt am Fuge des Felsvorfprunges die Ge- 
ftalt eines Schmiedes auf, der fih eben von der Arbeit erhebt., Das 
Schurzfell nod vorgebunden, die Arme entblößt, frebt er in jubelnder Be- 
geifterung den Felfen hinauf, mit der Redten das Lorbeerreis dem Meifter der 
Staatefunft entgegenfhwingend. Die figur des Fürften ift 3,20, die des 
Werfmeifters 3,30, der Godel 5,60 Meter hod, während das gefammte 
Denfmal eine Höhe von 8,80 Meter erreiht. Es trägt nur die Auffchrift 
„Bismard“ auf der Vorderfeite und die Zahl „I897" auf der Rüdfeite. Mit 
Ausnahme des Poftaments aus Beuchner Stein it es ganz aus Erz gegoflen; 
nur der einen Branitfelfen darftellende Sodel, auf dem der fiirft ftebt, ift 
aus Rupfer getrieben. 

Mannheim. — Die Hedel’fhe Hoftumftyandlung hat im Anfhlnf 
an ihre reidbaltige Ausftellung von Photogravuren nad Bödlin in ihrem 
neu ausgeftatteten Runftfalon eine „Engliihe Ausftellung‘‘ veranftaltet. 
Hauptjähli vertreten find ducd Reproduftionen Rofetti, Burne Jones 
Watts, Walter Crane. Die Eigenart des englijihen Aefthetizismus fommt 
in diefen Blättern typifh zum Ausdrud. Don Rofetti find nur wenige 
Blätter, darunter feine bekannte „Aftarte Syriaca! vorhanden. Um fo 
größeren Reidhthum weift Burne Jones auf. Da ift vor allem „ARönig 





Actien-Gesellschaft 


vormals 


Friedrichshagen b. 


— — 


Garten- 


Musterlager: 





Berlin W., Charlottenstr. 23, vom 
Unter den Linden, Hötel 


 H, Gladenbeck & Sohn 


Bildgiesserei 


Bronce- u. Zink- Kunst- Giesserel. 


Grosse Auswahl 
moderner und antiker Kunstwerke. 
Beleuchtungsfiguren, 
und Grabfiguren. 


Berlin S., Wasserthor-Strasse 9. 


Verkaufsmagazin: 


Berlin. 


Max Hoerder. 





15. November cr. 
Bristol. 


56 Deutfhe Runft. 


Rophetua und die Bettlerin". Rophetua, deffen Liebe zu einer Bettlerin 
die provenfalifhe Ballade erzablt, fniet vor dem Throne, auf den er 
das arme aber fhöne Mädchen als Aönigin erhoben hat. An myſtiſchem 
Zauber wird diefes Bild überboten. ,,Denusfpiegel und ,,Chaut d'amour“ 
und ebenfo wie die „Schöpfungstage", Blatter, die jeder Derebrer 
des englifhen Malers fennt. Neben den Bildern Watt's wirkt be- 
fonders fein „Tod und Liebe durch die Tiefe der Auffaffung. Aufer- 
dem bietet die Ausftellung eine Reihe Seforativer Blatter. Walter Crane 
ift duch fein Blatt „Triumph der Arbeit harakteriftifch vertreten. Befondere 
Aufmerffamteit verdienen die ,,figroy Pictures’! fowle die farbigen Litho- 
graphien, welhe durd ihre Riihnbeit den Laien verblüffen mögen, den 
Renner aber durdp ihre originelle Schönheit und ihren entzüdenden Reihthum 
an reizenden farbenzufammenftellungen erfreuen. Sie ermögliden vermöge 
ihrer verhältnigmäßigen Billigkeit jedermann eine originelle dekorative Der- 
werthung. 


Düffeldorf. — Der Runftverein für die Rheinlande und Weftfalen 
bat feinen Mitgliedern dlefes Jahr eine Ueberrafhung bereitet, die fih der 
allgemeinften Juftimmung erfreuen wird. Als Dereinsgabe, die fonft in 
einem geftohenen Runftblatt zu beftehen pflegte, fiel diefes Mal die Wahl 
auf eine Kollektion von Lichtöruden. Gn ftilvoller, eleganter Mappe 
befinden fih neun Heliogravuren nad Meifterwerfen der Diiffeldorfer 
Galerie. Es find Reproduftionen nah Ed. von Gebhardt „Der reiche 
diingling’, Arth. Kampf, „Rede Friedridhs des Broßen an feine Generale 
in Röben a.d.©.", L. Anauß „Die Rartenfpieler", Chr. Rrdner „Schreiender 
„Birfh, C. Fr. Leffing „Landfchaft mit Artegsfzene‘, C. Müller „Die Ver- 
fündigung", E. Schulz-Briefen „Die Verhaftung", E. Schwabe „Ungelöfte 
Fragen“ und A. Seel „Das Innere eines Harems'', Jeder diefer Lidt- 
drude ift in dem Farbenton gehalten, der dem Gemalde am beften entfprad; 
die Arbeit felbft wurde in den Brudmann'fchen Ateliers in Münden her- 
geftellt und darf als eine tadellofe bezeichnet werden. Ueberdies zeigt das 


Titelblatt eine zierlihe Vignette nad einer Zeihnung des Theatermalers Herr - 


E. Hater: Anfibt der Runfthalle. Dem Wunfhe vieler Mitglieder nad 
Abwedfelung ift durd diefe Mappe in vornehmfter Weife Rebnung getragen. 











WZ 


We 








Elberfeld, — Jm Mufeums-Verein madte eine Rolleftivansftellung 
der modernen Holländer großes Auffehen; die erften Meifter, Apol, 


Bisfhop, du Chattel, 
ten Rate, Rlinfenberg, Mesdag 
batten fid) betbeiligt. Die Sammlung 
umfaßte 57 Oelbilder und Aquarelle. 
Unter den Oelgemalden 
fondera die zwei großen „Mari 


nen“ von Mesdag, 
eine „Ranallansfhaft" 
von du Chattel und 
der „Hafen von Alfmaar'* 
von Rlinfenberg bere 
vor ;unter den Aquarellen 
ift eine poetifche Mond- 
nadt von Apol, ein 
paar prädtige, farben- 
freudige „Pferde auf der 
Weide" von Eerelman, 
und eine  entzüdenbe 
trauliche Mutterliebe!“ 
von Bisſchop. Von den 
jüngeren Künſtlern zeich— 
nen ſich zwei aus: 
Wefterbed jun. mit 
einem von der Sonne 
goldig beleuchteten, ,Wald- 
interieur" in Del und van 
Maftenbroef mit 
10 Aquarellen, Finfland- 
fdaften, in denen er an 
Jacob Maris erinnert. 


Ai Kunstverlag von Rudolph Schuster, Berlin. = 








In meinem Verlage erschien das Prachtwerk: 


Die sieben Bitten 
des Vaterunser. 


Acht Kupferätzungen 

nach den Zeichnungen in der National- 
galerie zu Berlin von 

Professor C. G. Pfannschmidt 
mit erläuterndem Text 

des Künstlers in Einbanddecke nach 

Professor Leder. 
——-~© Preis Mk. 30.— ¢-——— 


Dasselbe Volksausgabe. 
Acht Lichtdrucktafeln 
nach den Originalen mit erläu- 


terndem Text des Künstlers. 
AWS. Preis Mk. 10.— 


I 


Eerelman, 


















Atelier Sdlabit 


Dorotbeenftrafie 32. 
UnterrihtimFeihnen und Malen. 


Portrait, Stillleben, Bpps, Akt. 
@ Vorbereitung får die Afademie. @ 
Betrennte Herren» und Damen-Rlafjen, 






ragen be- 





FRIEDRICHST 
AUTOTYPIEN æ 

CHEMIGR APHIENG 

DREIFARBENDRUCK « 











PROMPTE PREISANSCHLÄGE 

LIEFERUNG. ~~ mir LE 
MUSTERN 

zu DIENSTEN.JG 


Ce 





a N Fe a 
KEOXCAOCAOICGOCOCIOCO -COHYCOQGISGIONCGIOCOGHLGO 
























Die Leipziger Kunftfreundinnen und das Kunft- 
gewerbe. 


Der Auffhwung, den das Runftgewerbe Im letzten Jahrzehnt genommen, 
bat eine Menge weibliher Hände in Bewegung gefekt. Mandes Schöne 
und Originelle entftand diefem Fleiß, aber aud) Vieles, das anders und 
beffer zu wünjhen wäre. Der Grund diefes Verfeblens ift der Mangel 
an Studium. Die kunftgewerblihe Bethatigung braudt eine ganz fpezielle 
Ausbildung, und zwar eine Aus- 
bildung, die den Schüler ziel- 
bewußt leitet vom erjten Derfuch, 
Runft- und Naturfzenen zu ere 
faffen und wiederzugeben, bis 
zum felbftindigen Fünftlerifchen 
Entwurf. 

für rein malerifhen Unter- 
richt ift durd Privatateliers ge- 
forgt worden, leider ift aber im 
funftgewerbliden fac nod feine 
Ausbildung miglid. Der Verein 
der Runftfreundinnen bat fih 
daher entjchloffen, vielfah ge- 
äußerten Wünfhen nadhzugeben 
und eine Bildungejtätte zu ` 
fhaffen, in welder Damen Ge- 
legenbeit finden, fid für funft- 
gewerblihe Thätigfeit auszubil- 
den. Der Rath der Stadt Leip- 
zig unterftügt das Unternehmen, . 
indem er dem Verein die Jeihen- 
fale des Grajfimufenms zu 
Unterrihtszweden zu Verfügung 
geftellt hat. Der Unterricht findet 
an vier Dormittagen in der 
Wode ftatt und zerfällt in zwei 
Rurfe, welhe auh unabhängig 
von einander zu befuden find. 

Aurfus I bildet die Por- 
fhule. Er foll duch Zeihnen 
und. Malen nad Gips grund- 
legende plaftifhe Unfdhaunng 
fhaffen und außerdem die Hand 
in verſchledenen Zeichentechniken 
üben. 

Rurſus II unterrichtet die 
Schülerinnen |. in den ver— 
fhiedenen Stilarten des Orna- 
ments, das nah eigener An- 
fhauung in einfadfter, plaftifcher 
Darftellung wiederzugeben ift; 2. im Studium der Pflanze jowie in deren Lm- 
geftaltung urh Stilifirung, als grundlegendes Motiv unferes modernen 
Runfigewerbes; 3. giebt Rurfus I Anleitung zur Verwendung von Ornament 
und ftilifirter Blume duch Rompofitionsaufgabea aus dem Kreife felbft- 
bethätigter Liebhaberfünfte wie für induftrielle Zwede. Erftere Aufgaben be- 
fteben in Entwürfen für Holzbrand, Lederpunzen, Runftftiterei, Möbel- 
dekoration 2c, fie follen Sie Damen unabhängig madhen von ängftlihen 
Abpaufen von Vorlagen, die niht einmal immer muftergiltig find. Letztere 
Aufgaben berüdfihtigen Entwürfe für Tapeten, Stoff und Buntdrud, Leder- 
preffung 2c. Ste werden dann in der erforderlichen Tehnit ausgeführt und 
die Schülerinnen fomit befannt gemadt mit den Anforderungen, welde die 
tehnifhe Ausführung ftellt. 


Buchdedel. 





Kederfchnitt mit Metallbejchlag. 


Georg Bulbe, Berlin— Hamburg— frankfurt, 


© 






elle 


— Der fünftlerifh verzierte Buchdedel, der bis an das Ende des 
vorisen Jahrhunderts in den Bibliotheken der Liebhaber eine große Rolle 
fpielte, war feither unter dem Einfluß der Iiterarifhen Maflenproduftion bei- 


nahe verfhwunden. Jn minderwerthigen Albumdedeln mit Lederpreflung 
friftete er eine fümmerlihe Eriftenz. Die Wiederbelebung der Lederfhnig- 
und Punzarbeit hat aud hier einen Wandel gefhaffen und der fünftlerifchen 
Handfertigfelt neuen Spielraum gewährt. Befonders die firma Georg 
Bulbe, Berlin—Hamburg— frankfurt bat fih große Derdienfte um 

` diefe Tehnif erworben. Dor 
allem bietet fih gerade in dem 
Derhältnig zum literarifhen Er- 
zeugniß, dem der Detel als 
Schuß dient, Gelegenheit für 
die Anbringung des redenden 
Slerraths. Der von uns abe 
gebildete Bucdedel zeigt die 
Idealfigur der Wiffenfchaft mit 
den befannten Altributen, von frei 
erfundenem, gefällig in einzelne 

Rahmen hineinfomponittem 

Relief umgeben. Die im Re- 
naiffancefiil gehaltenen Metall 
eden geben dem Ganzen den 
Charafter des folisen Budfbuges. 


— Jn ben Publifationen der 
erzberzoglihden Runftfammlung 
nAlbertina zu Wien begegnen 
wir einer prächtigen farbigen 
Fabfimile - Reprodufiion des 
Criumphwagens Marimi- 
lian's I. nad dem Originale 
Albrebt Dürers. Belanntlid 
‚ließ Axifer Marimilten I. fon 
1512 durch feinen Beheimfihreiber 
Marg Treyg-Suurwein den Plan 
zu cinem grofgedadten Werke 
ausarbeiten, weldhes die Herr- 
fcerthatigfeit und den Lebens- 
lauf des Raifers darzuftellen be- 
ftimmt war. Auf Grund diefes 
Planes ließ Raifer Mar bei 
mehreren fogenannten Brief- 
malern Entwürfe in Miniature 
Malerei maden, welde fid aber 
des Beifalls ihres Beftellers 
nit zu erfreuen hatten, zumal 
aud eine von Diirer's Hand mit 
1515 bis 1514 datirte Sfiz3e 
dem Axifer vorlag, welde ebenfalls die „Albertina verwahrt. Auf An- 
rathen Willibald Pirkhrimer's, des Freundes und förderers Dürer's, 
wurde Lekterem Ser definitive Auftrag zur MUeberarbeitung all’ diefer 
Dorlagen ertheilt, welder Aufgabe der Meifter zur größten Zufrieden- 
beit des Raifers im Gabre 1518 entjprad. Ein Gefpann von zwölf reid 
gefhirrten Pferden zieht den goldenen Prunfwagen, auf weldem der Raifer 
in reihem Ornate figt; vor ihm feine erfte Gemablin Maria von Burgund, 
daneben ihre Toter Margaretha, nadhmalige Statthalterin der Niederlande. 
Vor letzterem binwieder gewahrt man des Raifers einzigen Sohn, Philipp 
den Schönen, und feine Gemahlin Johanna voi Raftilien, vor diefen ihre 
beiden Söhne, die nadmaligen Raifer Rarl V. und ferdinand I, weiter vor 
der Letzteren nebmen vier Schweftern. Eleonora, Zjabella, Maria und Ratharins 








— — EA EE ——— —— 








58 Deutſche Kunſt. 





C. Bernewitz. 
Ofenſchirm. 
H. Gladenbeck, A. ©. 
Friedtichshagen b. Berlin, 





die Nachgeborene, die Plätze ein. Die vier Rader, weldhe den Staatsewagen 
zu tragen baben, find bezeichnet mit: Gloria Caesaris, Dignitas, Magni- 
ficentia und.Honor. Eine Diftoria, welche hintet dem Raifer ftebt, hält 
einen Lorbeerfranz über fein gefröntes Haupt. Auf den Federn ihrer Flügel 
find Sie Bezeihnungen der bervorragendften Rriegethaten des Raifers zu lefen. 
Perfonififationen der Herrfchertugenden: Justitia, Fortitudo, Prudentia 
und Temperantia, balten Rränze in Handen, welche, mit nod anderen 
nambaft gemadten Tugenden verfettet, gewillermaßen die Tragerinnen des 
Wagenbaldadins bilden, welder oben das finnige Bilderrathfel enthält: 
Quod in coelis (sol) — für sol eine Sonnenfheibe — hoc in terra 
(caesar) — für cacsar aber dag Reihswappen mit Doppelasler. Auf dem 


Rutferbode fitt die Vernunft (Ratio), in beiden hocherhobenen Händen die 


Hügel: Potentia und Nobilitas, baltend. Zwölf je in Weiß und je in 
Diolett gefleidcte Madchen, Tugend-Perfonififationen, fiibren die Pferde. Die 
fünftlerifhe Derberrlidung der Hertfdhermadt war fcdon vor 3 Jahrhunderten 
Braud. Zum Glüd lebte damals — Albreht Dürer. 

— Die Ausftellung des Baverifhen Runftgewerbevereins 
in Münden bot vor Kurzem zwei hervorragende Erzeugniffe des Runfthandwerfs: 
Das eine ift die von Heren Holzbildhauer Erhard Fifdher gefertigte 
Nachbildung eines der beiten Wappenbildern im Münfter zu Ulm. Diejes 
Erzeugnif’ tüchtiger Runft und gewlifenbafter Ausführung ift für die beral- 
difhe Aupftellung in Halle a. S. beftimmt. Die Wappennadbildung ift in 
Holz gefhnigt und in alter Enthuftt! bemalt, ganz nad dem Originale. Das 
Wappen bezieht fidh, nadh Seht Namen Lorenz Krafft zu fließen, auf die 
Ulmer Patrizierfamilie Rrafft von Delmenfingen. — Der zweite Begenftand 
ift ein Wert von Cifen. Es ift eine Luftre für die eleftrifhe Beleuchtung im 
„Reftaurant Auguftiner, der fic als etwas Neues und Eigenartiges anf 
dem Bebiete der heutigen ARunftjhmiedetehnif präfentirt. Der Entwurf ftammt 
von Herrn Profefjor Emanuel Seidl. Der Luftre wird um eine Studjäule 
angebradt, die im Charakter der friibrenaiffance gedadht ift. Wie alle 
Beleuhtungsförper für diefe neuen fhönen Lofalitäten, ift auch diefer Luftre 
in einer mehr heiteren Deforationsweife mit KRonzefjionen an eine freiere 





Rihtung gehalten. Die Ausführung in der Runftfdhmiedetednif rührt von der 
firma Reinhold Kirfh, l. b. Hofkunfifihlofferei in Münden, her. Der Reifen 
des Beleudhtungskörpers hält zwei Meter Durdhmefler und wird von vier 
Trägern gehalten. Diefe find durd) Rnaufe gegliedert und tragen am Ende 
je einen Engel, der das Lidt in Beftalt einer Rerze darbietet. Zwifchen den 
Rerzen laufen auf dem Reifen Hirfhe und Gemfen. Dazwifchen find Blumen- 
ftöde aufgeftellt mit Rofen, Tulpen und Nellen. Alle figuren find hand- 
gefhmiedet, zeigen vollendete Runftfiymiedearbeit und zugleih einen großen 
Fortjhritt in der Tednif. Aus der unteren flähe des Reifens wadfen 


Blätterbäfhel hervor, in denen die Blasbirnen für die Veleuhtung ge- _ 


borgen jind. 


— Die Stillofigfeit unferes Hausraths bringt bisweilen Er- 
zeugniffe hervor, denen man um der Anmuth ihres Naturalismus willen 
nit böfe fein fann. Ein mit Blumen gefhmüdter Ofenfhirm, auf- deffen 
Rand ein Papagei hodt. An feinem Fuße ftehend ein Bronzebübden, das 
den trägen Dogel mit der ausgeftredten Hand zum Herabfommen auffordert. 
Etwas Stilloferes läßt fih faum denfen. Da feblt jede Beziehung zum 
Ofen, jeder fonftruftive Hufammenbang des Schirmes mit dem Figiirliden, 
und dod wirkt das Ganze anheimelnd, wie ein in Bronze überfegtes Foypll. 
Das Zufammenwirken der freien Rünftlerphantafie des Bildhauers C. Bernewig 
mit der bewährten funftgewerblihen Tedhnif der Bladenbed'fhen Bieferei 
bat da ein Deforationsftüd zu Stande gebradt, das jedem Damenfalon zur 
Hierde gereicht und weder wahllos nahahmt nob um jeden Preis modern 
fein will. 

— Der Bafeler Cifeleur Hans frey, defen Arbeiten auch auf der 
diesjährigen VII. Internationalen Aunftausftellung in Münden Beachtung 
fanden, bat zum 400 jährigen Beburstage Hans Holbein's eine Holbein- 
Medaille gefhaffen, die auf Ser Dorderfeite das Bruftbild Hans Holbein's 
ò. J. nad deffen Selbftportrait trägt mit der Umfhrift „Hans Hölbein 1497 
bis 1897, während auf der Riidfeite der von Holbein’ihen Landsfnedhten 
gehaltene Bafeler Schild mit der Umfohrift „Inclyta Basilea“ zu feben ift. 
Die gelungene Medaille foftet in Bronze 10 Franken, in Silber 20 Franten. 





— Gn der Ausftellung des Stuttgarter Runftgewerbevereins 
befindet fidh eine Loftbare Uhr, ein Hoczeitsgefhent des Raifers Napoleon I. 
an feinen Stieffohn Eugen Beauharnais, Herzog von Leudtenberg, der fid 
am 12. Januar 1806 mit Amalie Augufte, einer f. bayerifhen Pringeffin, ver- 
mäblte. Gn pradtigem Bronceguß ftellt eine etwa 0,5 m bobe figur den 
Gott der Ehe, Hymen, vor. Mit feiner Fadel beleudtet und verherrlidt ex 
die Stunden und Wege des ehelihen Lebensglüds; mit dem Pfeil in der 
Rechten deutet er auf die Stunden der Uhr. Diefe bildet einen Kriegefchild, 
den Helden andeutend, als welder Eugen in den Augen Napoleons ftets 
gegolten. Nah dem Tode des Herzogs und feiner Gemahlin fam das Jn- 
ventar nah St. Petersburg, wohin ein Sohn an eine ruflfche Prinzefjin 


verheirathet war. Bei diefer Gelegenheit erbiclten Damen und Herren im, 


Dienfte des jungen Ebepaares vor Ablieferung der Binterlaffenfhaft Ge- 
fhente, unter denen ih auh die Uhr befand; diefe ging (pater in den Bejit 
des Hofantiguars finte in Berlin und von da in Privathände über, 
Uhr und Figur ruhen auf fhwerer Marmorplatte; die Cifelirarbeit (aft eine 
Meifterhand erfennen; das Werf ift von Manière in Paris. 


— Unter den der Rönigin Diftoria zu ihrem Regierungs: 


jubiläum geftifteten Gefdhenfen, die zur Zeit im South-Renfingtons 
Mufeum ausgeftellt find, ragen die aus Deutfehland geftifteten fürftlihen 
Gaben befonders hervor. Die Raiferin Friedrih hat ibrer Mutter einen 
berrlihen, mit Diamanten und Edelfteinen gefhmüdten Briefbefhwerer aus 
Chryfopras geftiftet. Der deutfche Raifer hat im Verein mit mehreren deutfchen 
Fürftenhäufern eine große vergoldete Dafe geftiftet, deren Dedel die Beftalt 
der Britannia trägt. Die Dettern und Bafen der Rönigin, unter ihnen der 
Großherzog und die Broßberzogin von Medlenburg-Strelit, die ehemalige 


Rénigin von Hannover, der Herzog von Cambridge, der Herzog und die 


Herzogin von Cumberland, die Prinzeffinnen Marie und Friederike von 
Hannover baben eine Biiderdede aus maffivem Bold gefdenft, weldhe die 
fonigliden Yamensziige fammt Rrone und Gabreszablen in Diamanten, 
Rubinen und Smaragden aufweift. Unter den anderen fürftlihen Gefchenfen 
bemerft man ein Stüd Granit auf goldenem Unterfat, das als „Bruß aus 
dem badifhen Schwarzwalde die Broßherzogin von Baden gefhidt bat, 


ET — 
DS 


— Die freude an farbiger Ausfhmüdung der Gebäude in 
Münden ift im Zunebmen begriffen. Wor kurzem wurde das Berüft vom 
Baftbaufe zum Spödmaier in der Rofenftrafe am ,,Rofened entfernt, 
wodurdh es nun möglich ift, die ganze bemalte Flähe in ihrer Wirkung zu 
beurthetlen. Das Haus bietet einen hödhft reizvollen Anblid, wozu die Lage 
an der engen Straßenfreuzung nod befonders beiträgt. Befhmadvolle 
deforative Ranfen- und Blumengewinde, unter denen die Rofe natürlich vor— 
þerrfht, verbinden, über die Fläche gefhidt vertheilt, ornamentales Rabmen- 
wert, weldes die vom Aunftmaler Schleibner ausgeführten Bilder der 
Madonna mit dem Rinde, des St. Lutas als Patrons der Maler, cines 
Wappenträgers und in Beziehung auf die Bezeidnung ,,Rofened" einer Rofen 
firenenden allegorifhen figur in fih fließt. Sprucbander mit kräftigen 
Derfen (vom Stadtarhivar von Destouhes bherrührend) durchziehen die 
Deforation. Das Werf wurde in der verhältnigmäßig turgen Frift von zehn 


Deutſche Runf. 





59 


Woden fammt allen Dor- und Yiebenarbeiten in Keim’fher Mineralmalerei 
durch das Atelier des Deforationsmalers Heider ausgeführt. 

— Die neuefte Caune der Parifer Mode befteht darin, Miniaturbilder 
auf Handfhuhfndpfen zu tragen. Natürlich find nur die eleganteften, 
für befondere Belegenheiten bejtimmten Handfhuhe mit diefen Anöpfen ver- 
feben, die das farbige Bildnif. irgend einer befannten Schönheit, eingerahmt 
von einem ganz fhmalen Goldranddhen, aufweifen. Die Handfhuhe find die 
beften crömefarbenen „Schweden mit dem beliebten Rand, der aus ver- 
fciedenen Nuancen des weichften Blaceleders zufammengeftellt if. Die Nähte 
find meift in zwei fontraftirenden Farben mit Seide funftvoll geftidt. Zu 
den Miniaturbildhen werden die Portraits der jhönften Damen aus der 
Gefellfhaft und die der berühmteften Bühnenfünftlerinnen genommen. 





<e>r Preisbewerbungen. -P> 


— Die Ffriedrid Eggers-Stiftung zur Forderung der Riinfte und 
Runftwiffenfhaften zu Berlin verleiht am J. April 1898 600 M. Stipendien 
an einen Bildhauer event. an einen Maler, Kunftgewerbebefliffenen, Aunft- 
gelehrten, Urditeften. Der Bewerber foll wenigftens ein Jahr auf der 
Föniglihen Runft- oder Bau- oder Bewerbe-Afademie oder Univerfität zu 
Berlin ftudirt haben und fic duch hervorragende, nad feinen Leitungen auf 
feinem Berufsgebiete zu beurtheilende Begabung auszeidnen. Bewerbungen 
find im Laufe des Monats Januar 1898 an den Föniglihen Baurath 
Ff. Shwedten, Berlin W., Lügomftraße 68 III, einzufenden. 

— für die deutfhen Arditekten wird ein öffentliher Wettbewerb 
ausgejchrieben zur Erlangung von Entwürfen für den Vollendungebau des 
aus dem 14. Jahrhundert ftammenden Rathhaufes zu Göttingen. für 
die beften Arbeiten find drei Preife ausgefert: J500, 1000 und 500 Marf. 
Dem Prelsricterfollegium gebsren u. a. Profeffor Oken- Berlin und Stadt- 
bautath Ger ber- Göttingen an. ` 

— Die von Herrn Arditeft Erter in Münden ausgefchriebene Kon- 
furreng für Entwürfe zu familienhäufern bat nidt nur durd die 


cœ pPerfönlihes und 


— Der Großherzog von Weimar verlieh Arnold Bödlin die 
goldene Medaille für Wiffenfhaft und Runft 1. Rlaffe und ernannte ihn zum 
Ehrenmitglied der großberzoglihen Aunftfhule in Weimar. 


— Die Benoffenfhaft der bildenden Rünftler Wiens hat in 
ihrer anßerordentlihen Generalverfammlung dem Befchluffe des Dorftandes 
einftimmig zugeftimmt, den großen deutfchen Meifter Arnold Bödlin an- 
laflid feines 70. Geburtstages zum Ehremmitgliede der Wiener 
Rünftlergenoffenfhaft zu ernennen. Der Dorftand der Genoffenfdaft, 
der gleichzeitig auh Hauptvorftand der Allgemeinen Deutfhen Runftgenojlen= 
fhaft if, hat bei diefer gleichfalls die Ernennung Bödlins zum Ehren- 
mitgllede der Allgemeinen Deutfhen Runftgenofienfhaft in Anregung ges 
bradt. Aud): diefem Antrage wurde zugeftimmt. 


— Der f. Galeriedireftor v. Ruftige in Stuttgart bat wegen 
vorgerüdten Alters um Enthebung von feinem Amte nadgejudt. 


— Als Befbäftsführer des Dereins Berliner Rünftler, mit gleid- 
zeitiger Leitung der großen Berliner nationalen und internationalen Aus» 
ftellungen wurde Herr f. v. Bayer, der Leiter der Runftausftellung zu 
Leipzig 1S97 und der Runftausftellung zu Nürnberg 1896, ernannt. 


— Jn feiner Daterftadt feodoffia in der Krim feierte der ruffifde 
Marinemaler Aiwafowsfi fein 6Ojähriges Riinftlerjubilaum. Scaffens- 
freudigfeit bat ibn immer ausgezeihnet, und dank feiner rajtlofen Arbeit 
entftanden über 5000 Bemälde. Sie find in der ganzen Welt zerftreut. Die 
größte Anzahl wird wohl in Rußland geblieben fein, aber man trifft fie aud 
auf den Landfigen englifher Lords, in den Schlöfjern der Rönigefamilie in 
Holland und in den Bemäldefammlungen des Papftes. Selbft in die Paläfte 
des Sultans und bis nah Batavia find fie gelangt. 


— John Gilbert, der Präfident der fgl. Gefellfhaft der Aquarell- 
maler in London, ift im Alter von SO Fahren geftorben. Sir John war 
einer der frudtbarften Riinftler des DVictorianifhen Feitalters. Er bat 
61 Fahre lang unermüdlihb gemalt. 1856 bat er feine erften Bilder aus- 
geftellt und nod in der letten Sommerausftellung der Aquarellgejellfchaft 
bingen zwei feiner Bemälde, die er, obwohl feit vier Jahren gelähmt, mit 
unverfiegbarem Eifer vom Lehnftubl aus gemalt bat. Sir John war fein 
großer Maler — die Farbe if bei ihm beinahe immer monoton und fub- 
ordinirt — aber er bat gut und Fräftig gezeichnet und bat ein Auge fürs 
Romantifche gehabt, was feine Popularität beim großen Publiftum erklärt, 
das immer mehr darauf fieht, was, als wie gemalt wird. Am bedeutenditen 
war Gilbert als populärer Jllufteator — er þat den „Illustrated London 
News‘ im Lauf feiner langen Derfniipfung mit ibnen nicht weniger als 
30 000 Holzfihnitte geliefert. Gilbert's Leben ift abfolut ereigniflos; in der 
Dorftadt Bladheath geboren, ift er in Blackheath geftorben. 1862 wurde er 
Aflociate der alten „Water Colour Society, nädftes Jahr Mitglied und 
1875 Prdfident. 1872 nahm ihn die Royal Academy als Ajlociate in ihren 
Shook auf und feit 1876 fann er das R. A. an feinen Namen hängen. 
Die Rönigin bat ihn fhon 1872 zum Ritter gefhlagen. Seit vielen Jahren 


überaus zahlreihe Thellnahme von 130 Arditeften mit 500 Entwürfen ein 
erfreulihes Refultat gehabt, fondern aud) durch viele glüdlihe Löfungen 
der geftellten Aufgabe. Folgende Preife find zuerfannt worden: Ludwig 
Stadler-LBerlin erhielt einen )., 5 2. und 3 5. Preife, zufammen im 
Betrag von 1935 Mark, Steinlein-Münden, Meier und Wörle-Char- 
lottenburg, Rihard Senf- Münden und H. Börke-Difjeldorf erhielten 
je 1. Preis zu 500 Marf, Honig und Söldner-Münden einen |. und 
2. Preis mit 855 M., Sdliiter-Berlin einen 2. Preis mit 333 M., 
©. Delisle-Berlin einen 2. und 3. Preis mit 499 M., Helbig und 
Haiger-Münden einen 3. Preis mit 166 M., und M. Zöllner-Plauen 
einen 3. Preis. Zum Ankauf wurden 58 Entwürfe empfohlen und 16 Ent- 
würfe mit lobender Erwähnung bedadt. 

— Gn endgiltiger Entjheidung über das Rellame-Plafat der 
Stadt Düffeldorf bat der Vorftand des ,,Verfehrs-Dereins den mit dem 
1. Preis ausgezeihneten Entwurf des Malers frenz einftimmig zur Ausführung 
beftimmt. Das Plafat wird in einer Auflage von 10000 Eremplaren durch 
die Runftanftalt von L. Shwann hergeftellt. 


Ateliernachrichten. —-> 


vor feinem Tod bat Gilbert feines feiner Bilder mehr verkauft, um fo viele 
als möglid der Nation fehenken zu fönnen. 895 bat er fie dann an die 
Galerien von London, Mandefter, Liverpool und Birmingham vertheilt. 








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der vereinigten SHüddeutfchen Runftvereine. 
Die vereinigten Runftvereine des füddeutfhen Turnus: 
Augsburg, Bamberg, Bayreuth, Fürth, Heilbronn, Hof, Nürnberg 
Regensburg, Stuttgart, Alm, Würzburg, 


veranftalten aud im Jahre 1897/98 gemeinfhaftlihe permanente Ausftellungen, zu deren recht 
zablreiher Bejhidung die a en Rünftler hiermit freundlihft eingeladen werden. (Jahres: 
umfag über 100 000 Marf. ie Bedingungen und Anmeldeformulare find von dem mit 
der Hauptgefhäftsführung betrauten Württemb. Runftverein in Stuttgart zu beziehen, Alle 
für den Turnus beftimmten Runftwerfe find nad vorausgegangener Anmeldung mittels 
Formular ausfchlieglich an den Wärttemb. Kunftverein in Stuttgart einzufenden, wojeloft 
eine Jurp über die Aufnahme der Werke entjceidet. 


Jm Namen der verbundenen Vereine: 


Der Württemb. Kunftverein in Stuttgart. 


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Die Beziehungen Friedsrids 


en zur Röniglihen Porzellan-Manufaktur. 


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Slluftrirte Seitichrift für das gefammte deutjche Kunitichaffen. 


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Alle 14 Tage erfcheint eine Nummer, 


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Schriffleifung und Perwalfung Berlin W.57, Steinmeßffr. 26. 


fpaltene Nonpareille-Zeile. 


Publifationsorgan des Deutfhen Aunftvereins in Berlin, des Schlejiihen Runftvercins in Breslau, bes Runftvereins fiir das Grofberzogtbum Hefjen in Larmftadt, des Anbaltifden Runfte 
vereine in Deffau, des Wiirttembergijden Runftvercins in Stuttgart, des Schleswig - Holfteinifhen Runftvereins in Riel, der Runftvereine in Münden, Oldenburg, Mannheim, Nürnberg, Gera 
Altenburg, Elberfeld, Barmen, Bielefeld, Börlik, Danzig, Rönigsberg, Stettin u. a. 





Ar. 4. 








15. November 1897. ; IL. Jahrgang. 








Das Aujfiihe Wappen mit Kranz tragendem Genius. 
Nach einer Photographie von f. Rullridh, Berlin. 





Ein fürfliches Gejchent. 


Die Beziehungen fFriedrids des Broßen zur Rönigliden Porzellan-Manufaktur. 











Don Georg MalKowsky, 


Jahr 1750 zurüd, wo Wilhelm Cafpar Wegeli den erften DVerfucd 

machte, das ihm von Arbeitern aus Höcft verkaufte Gebeimnif der 
Herftellung echter Porzellane in der Preufifhen Hauptftadt zu verwerthen. 
Die überaus felten gewordenen Arbeiten diefer bereits 1757 wieder auf- 
gegebenen Fabrikation find mit einem blauen W gezeihnet und zeugen 
von einer ziemlid vollfommenen Tehnit. Don dem Bildhauer Reidard 
faufte J. €. Gogfomsfi 1761 das Gebeimnif fiir 4000 Thaler und ere 
tidtete in der Leipziger Straße eine fabrif, deren Leitung der fähfifche 
Rommifjionsrathb @rieninger übernahm. Diefer engagirte den Emailmaler 
Jaques Clauce und den Modelleur Elias Mever aus Meißen, fowie eine 
Anzahl von Arbeitern, die mit dem dort geübten Verfahren genügend ver- 
traut waren. Später fiedelten auch die Maler C. W. Böhme, J. B. Borr- 
mann und Ch. Rlipfel nad Berlin über, jo daß fofort ein Stamm tüchtiger 
Tehnifer vorhanden war. Jm Auguft 1763 mußte Gokfowsfi feine 
Hablungen einftellen, und nod vor Ablauf diefes Monats übernahm der 
Staat die ganze Anftalt gegen Zahlung der beträdhtlihen Summe von 
225 000 Thalern. Grieninger wurde Direktor und führte ein forgfältig 
datirtes Journal, deffen Aufzeihnungen wir im Folgenden zum Theil wört- 
lih wiedergeben. 

Don dem erften Befuche Friedrihs des Großen Anfangs September 
weiß Grieninger in voller Bewunderung der Sadhkenntnif des Rönigs viel 
Riibmlides zu erzählen: „Niemals bat fic wohl ein Monarch gnädiger 
herabgelaffen. Sein huldreiher Blid erftredte fi über Alles. Jn der Mühle 
und dem Schlämmereigebäude blieb er lange, um die Zubereitung der 
Materialien mit angufeben. Bei den Brenngewdlben fpradh er lange mit 
mir von den Porzellanöfen, und zeihnete den Umrif von einem fächfifchen 
Gaarofen, wie er meinte, in meine Schreibtafel. Es war aber niht der 
Gaar- oder Gutofen, fondern der Umrif vom Vergliihofen, der dem Könige 
zu Meißen ftatt jenes mag gezeigt worden fein. Gn den Wrbeiterftuben, in 
den Dorrathsfammern und auf dem Waarenlager, nirgends entging feiner ibm 
ganz befonders eigenen Wufmertfamfeit etwas. An manden Orten, wo er 
etwas wahrzunehmen glaubte, das anders wäre, als zu Meißen, fragte er 
um die Urfache der Derfihiedenheit. Da ich ihm auf feine Frage: ob die 
Porzellanmanufattur aud) auf einem für fie fhidlihen Plak angelegt wäre, 
zur Antwort gab: dağ fie in Rüdfiht auf die Mühlen- und Stampfwerke 
zur Erfparung der Pferde fowohl, als wegen Abführung der Porzellane 
und wegen Transport der vielen Materialien und des Holzes, befonders 
aud) wenn feuer, bei dem doc beftändig gearbeitet würde, ausfäme, viel zu 
weit von der Spree entfernt wäre, fagte der allergnädigfte König: „Er bat 
rect, indeffen wollen wir fehen, wie weit wir bier damit fommen werden; 
geht es gut, wie id alle Hoffnung babe, fo fonnen wir fie binbringen, wo— 


D: Dorgefdhidte der Berliner Porzellan- fabrifation reiht bis in das 
One 





62 


bin wir wollen“. a, das neue Werf wurde ihm bhernadh bei 
feinem ausnehmend glüdlihen Fortgang fo lieb und werth, Sağ 
id mid um alles nicht hätte unterfteben wollen, etwas wegen 
Derlegung in Portrag zu bringen. Aud waren auf die Ein- 
tihtung und auf die Gebäude fhon zu große Roften verwendet 
worden. Da er über zwei Stunden verweilet und fih über 
alles die genauefte Auskunft hatte geben laffen, verficherte 
er alle auf das buldreichfte feiner foniglichen Gnade unter der 
gewiffen Anhoffnung, daß ein jeder ferner wie bishero allen 
Fleiß anwenden würde, das neue Werk je linger je mehr zu 
feiner Dollfommenbeit bringen zu belfen. Wer bätte wohl hierbei 
ungerührt bleiben fönnen, und ohne Saf er nicht den feften 
Entfhlug hatte faen follen, alle ihm obliegenden Pflichten 
nad feinen beiten Kräften zu erfüllen.“ 

Nachdem nod 140 000 Thaler in das neue Etabliffement 
bineingeftedt waren, dem au fonft befondere Privilegien, wie 
freier Holzbezug, Accife- und Hollfreibeit, eigene Berichtsbarkeit, 
Siegel mit Adler und Scepter, verlieben wurden, fam es vor 
Allem darauf an, den Abfak zu erhöhen. Hatte fih fon 
Bopfowsfi verpflichten müfjen, monatlich fiir 6000 Thaler Por- 
zellan abzunehmen, fo wurde nun den Juden auferlegt, ein be- 
ftimmtes Quantum Waare für den Vertrieb im Auslande zu 
erwerben, die Beneral-Lotteriepadht- Sozietät mußte für 6000, 
jpäter für 9600 Thaler jährlih Faufen und es wurde dafür ge- 
forgt, daß Ser Porzellandebit an gewandte Kaufleute gegen 
Rautionsleiftung nad auswärts vergeben wurde. So betrug 
denn der Umfak in en erften 24 Jahren des Beftebens der 
Berliner Porzellan-Manufaktur nicht weniger als 2188 539 Thlr. 
25 Sgr. 6 Pf., eine Summe, aus der 464 050 Thlr. 7 Sgr. 
6 Pf. als Reingewinn in die KRöniglihe Schatulle abgeführt 
wurden. 

Das nterefje des Königs erwies fih als ein überaus reges. 
Nod in Semfelben Monat September des Fabres 1763 madte er 
der Anftalt einen zweiten Befuch und erfundigte fidh aud 
auf das lebhaftefte, woher man das Material bezöge. Als 
man ihm Paffau in Bayern als Bezugsort nannte, fagte er 
zum Direktor Grieninger: 

„Ih erinnere mid, Saf id) in Schlefien an verfciedenen 
Orten, und befonders auf dem Wege, der von Tannhaufen — 
hat er eine Schreibtafel? fhreibe er fih die Namen auf! — nad 
Charlottenbrunn und weiter nad Langenwoltersdorf führt, un- 
gefähr eine halbe Meile von Tannhaufen, eine fhöne weiße Erde 
wahrgenommen habe Er muß an meinen Winifter von 
Schlabrendorf fihreiben und von Sclefien Proben kommen 
laffen. Auf die weitere Frage des Direktors, an wen derfelbe 
über den Erfolg der damit anzuftellenden Proben zu rapportiren 
babe? war die Antwort: ,,er beridte an mid, und am Schluß 
eines jeden Wonats fcidt er mir einen fummarifhen Raffen- 
extrakt.“ 

Es gelang denn auch wirklich, in Sträbel am Zobten eine 
brauchbare und ſpäter in Brachwitz bei Halle eine vorzüglihe 
Erde zu finden, die noch heute verwendet wird. 

Der Ruf der Berliner Porzellan-Manufaktur war ſchon im 
erſten Jahre ihres Beſtehens ſo begründet, daß ſelbſt exotiſche 
Gäfte ſie als Sehenswürdigkeit beſuchten und dort ihre Ein— 
käufe machten. So weiß Grieninger beſonders intereſſant von 
einem Beſuch des türkiſchen Geſandten zu erzählen: „Der im 
November 1765 hier zu Berlin ſeinen Einzug haltende türkiſche 
Geſandte Achmet Effendi kam gleich nach ſeiner Ankunft, um 
Beſtellungen zu machen. Er war ein großer Porzellanliebhaber 
und beſuchte die Manufaktur während ſeines Hierſeins ſehr fleißig. 
Je Sider und ſchwerer die Porzellane, je ſchöner und voll— 
kommener waren ſie nach ſeinem Geſchmack. Da ich dem Könige 
etliche von desſelben beſtellten Porzellane zeigte, lachte er über 
ihre Schwere, und gab mir den Befehl, daß, wenn desſelben 
Beſtellungen fertig ſein würden, ich ſelbige mit noch anderen 
Porzellanen, an welchen der Geſandte ſein vorzügliches Wohl— 
gefallen gehabt hätte, zuſammen nehmen und ihm als Geſchenk 
überbringen ſollte. Ich hatte demſelben ſchon zu verſchiedenen 
Malen auf ſeine Einladung meine Viſite gemacht, und war alle— 


Deutſche Kunſt. 


zeit ſehr höflich empfangen worden, jetzt aber, da ich mich melden 
und dabei ſagen ließ, daß ich auf höchſten Befehl Sr. Majeſtät 
Ses Königs an den Herrn Geſandten etwas zu überreichen hätte, 
wurde mir eine Stunde beſtimmt, in welcher ich kommen ſollte. 
Der Vetter des Geſandten, ein ſehr ſchöner und geſitteter junger Türke, 
mit dem Reiſeſtallmeiſter, dem Hofmeiſter und einem Dolmetſcher 
empfingen mich beim Eingang in das Vernezobre'ſche Palais 
und führten mich zu dem Geſandten, der auf einer drei Stufen 
hohen Eſtrade, die mit Scharlach belegt war, ſaß und etliche 
von ſeinem Gefolge hinter ſich ſtehen hatte. Ich wurde auf das 
freundlichſte empfangen und ſobald ich mich des königlichen Auf- 
trags entledigt hatte, mußten die vier großen Körbe voll Porzellan 
ins Zimmer gebracht und vor ihm ausgepackt werden. Er be— 
trachtete ein Stück nach dem anderen auf's genaueſte, küßte viele 
derſelben und ließ mich durch den Hofdolmetſcher Francopulo ver— 
fihern, daß er niemals ein fo großes Vergnügen und Freude 
gehabt hätte, als über diefes foniglithe Befhent. Da alles aus- 
gepadt und um ihn herum aufgeftellt war, fand er auf und 
neigte fich tief, fete fid) wieder, und ic mußte neben ihm figen, 
ein fogenanntes Türtentöpfhen voll trüben Raffee austrinfen und 
aus einer von feinem Pagen mir vorgebaltenen alten Schachtel 
etliche Stückchen ſchmutziges Zudergebadenes zu mir nehmen. 
Er fprad viel zu mir duch feinen Dolmetfher von türkifchen 
Geihmad, und wie febr das echte Porzellan zu Konftantinopel 
und in der ganzen Türkei geliebet und hodgefthaget wiirde. 
Dabei gab er mir die gewiffe Derfiderung, der Manufaktur nad 
feiner Zurüdfunft einen guten Abfat ihrer Waaren zu ver 
fhaffen. Beim Abfhiednehmen bhefdenfte er mid) mit zwei - 
perfifhen, flornen, mit Silber durhmwirkten frauen-Halstiidern, 
einer großen Seifenkugel, mit etlihen Padeten türlifhen Tabats- 
blättern, und einem Bläschen voll ftarf riehendem Fluidi, Seffen 
Beftimmung mir Niemand zu fagen wußte Joe mufte ver- 
fpreden, ihn während feines biefigen Aufenthalts öfters zu bee 
ſuchen.“ 

Fürſtliche Beſuche waren meiſt von größeren Ankäufen be— 
gleitet, was Friedrid) Sem Grofen um fo mehr Freude bereitete, 
als er felbft Erwerbungen oft mit Sen Worten abzulehnen pflegte: 
„Sieht er, das ift fhön, und fchöner, als ich's zu Meißen ge- 
feben habe; aber ih fann’s nicht faufen, id) babe fein Geld.“ 
Diefes Intereffe blieb dem Könige bis in die letzten Fabre feines 
Lebens, als er einfam und alternd fic) mehr und mebr auf feine 
Refidenz Potsdam befchränfte. „Der König wohnte in dem neuen 
Schloß und ließ mir befehlen, dahin zu ihm zu kommen. Ich 
war gleich den anderen Tag Morgens nach 6 Uhr vor ſeiner 
Thür, vernahm aber von ſeinem Kammerhuſaren mit Schrecken, 
daß der König vom Podagra und vom Chiraga die allergrößten 
Schmerzen erdulden und ausſtehen müſſe. Ich hatte etliche mit 
couleur de rose, Ses Rönigs fFavoritfarbe bemalte und vor— 
züglid gut gerathene Stiide von der Manufaktur mitgenommen, 
die ih, da er mih vor fih tommen ließ, bei feinem Bette 
auf einen Tifh ftellte. Kaum daß er diefelben ins Auge be- 
fommen hatte, mußte ihm eins nad) dem andern ins Bett gegeben 
werden.“ 

„Den 9. Januar 1781 Fam der König die Wachparadse in 
dem auf der Porzellanmanufattur Grund und Boden ftebenden 
Ererzier- Haufe zu feben. Beim Jurüdfahren ftieg er beim 
Dorderhaufe aus dem Wagen und ging mit dem General- 
lientenannt von Möllendorff auf das Hauptwaaren-Lager. Jm 
Hinaujgeben fagte er auf der Treppe zu mir: weiß er wohl, wie 
lange es fdon ift, daß ich nicht biergewefen bin? Sie werden 
indeffen viele fhöne Saden gemadhet haben! Ueber die Vor- 
räthe war der allergnädigfte Rönig febr zufrieden, nur befremõete 
ihn, daß fo viele davon weiß und unbemalt waren; da er aber 
hörte, daß feit einiger Heit der Abfak von bemalten Porzellanen 
ftärker als der von weißen gemwefen, dadurd aber auch die Ein- 
nabme um fo ergiebiger geworden wäre, fagte er: das ift gut 
und daß Ser bemalten bald wieder mehrere vorrätbig fein, dafür 
werden fie fhon forgen. Daf das Waarenlager zu enge fei, 
wie er mir gejagt bat, Sas fehe ih wohl ein; ih werde es er- 
weitern, und die zwei niedrigeren Ylebengebäude dem Corps de 


— — 





Unter Baldachin thronende Kaiſerin Katharina II. mit allegoriſchen Eckfiguren. 
Nach einer Photographie von f. Rullrih, Berlin, 


Mittelſtück des Tafelaufſatzes. 


Logis gleich boc aufführen laffen. Schon den anderen Tag 
fam der Hauptmann von Bontard, um das ganze Bebäude auf 
zunehmen und dasfelbe mit den beiden zu erhöhenden Yleben- 
Bebäuden in einen Rif zu bringen. Da der König den 
12. September 1781 vor der Manufattur vorbeiritt, ließ er mich 
zu fih an's Pferd kommen und fragte: ob bei der Manufaktur 
viele auswärtige Beftellungen in Anfertigung wären? Auf meine 
bejabende Antwort und Benennung einiger Beftellungen von 
London, von St. Petersburg, von Warfhau, fagte er: das ift 
mir lieb, Sie werden fchon fleißig arbeiten. Leb’ er wohl! Mit 
meinen Beftellungen hat es nod) Heit.“ 

„Schon feit dem 9. Januar 1781 hatte die Manufaktur des 
Glüds, ihren geliebteften König bei fih zu feben, wegen des- 
felben fo fehr gefhwädten Befundheit entbehren müffen. Erft 
beute, den 4. Januar 1784, fam er 3u aller inniger Freude 
wieder auf das Hauptwaarenlager und ging durch alle Ub- 
theilungen Sesfelben, um die während feiner Abwefenheit zu 
Stande gebradhte Erhöhung der beiden Seitengebäude und die 
dadurch gewonnene Erweiterung des Hauptwaarenlagers in 
Augenfhein zu nehmen. Die ganze Einridtung und befonders 
die Ordnung in Aufftellung der Porzellane erhielt Beifall und 
überall pezeugte der allergnädigite Rönig feine Zufriedenheit, 
nur über die Maler niht, weil fie Sie Mythologie niht fleißiger 
ftuðirten. Der Rönig hatte für feine Tafel ein Service mit 
Gemälden aus den Ovidifhen Derwandelungen anzufertigen be- 
foblen, und zu dem Ende Jemand zu fih nadh Potsdam tommen 
laffen, dem er das, was er gemalt haben wollte, in die Schreib« 
tafel Siftirte. Da nun diefer Fein Mytholog war, fo war das, 
was er aufgefihrieben hatte, fo übel gerathen, daß Niemand 
etwas von des Königs Gedanfen daraus abnehmen nod er- 
rathen fonnte. Dieferhalb anzufragen, bätte wohl niht gut 
aufgenommen werden dürfen, und gleihwohl mußte das Service 
fertig gemadt werden, weldes auc gefthab, aber gar nicht nad) 
des Königs Sinn. Und fo mußten die Maler des Föniglichen 
Beifalls, deffen ihre Arbeiten fo oft gewürdigt worden, jetzt ver- 
luftig geben.“ 

Eine der vornehmften Aufgaben der Porsellan-Manufattur 
war die Herftellung Ser Gefthenfe, mit Senen Friedrich der 








AUdorirender Ruffe. 


64 Deutſche Runf. 











Adorirender Kufle. 


Große fürftlihde Perfonen zu erfreuen pflegte. Don Ser wabr- 
baft fonigliden Gabe, der unfere Nummer gewidmet ift, geben 
die Aufzeihnungen des Direktors Grieninger autbentifhe Runde: 
„õm April 1772 ift das vom Könige nad felbfteigener Angabe 
beftellte und für die ruffifthe Aaiferin zum Gefdent beftimmte 
große Deffertfervice fertig und auf einer langen Tafel zum Bee 
feben in Ordnung aufgeftellt worden. Es wurde wegen feiner 
Seltenbeit 14 Tage, bis die Föniglie Ordre zum Derpaden und 
Derfenden gefommen war, an Jedermann gezeiget. Gn der 
Mitte der Tafel war die auf dem Throne figende Kaiferin 
im faiferlihen Anzug und in mit feinen Kanten gezierter 
Rleidung en biscuit. Um den Thron waren mytbologifde 
Bottheiten und vor der Raiferin die Themis mit dem durd 
derfelben weife Verordnung allen unter ihrem Scepter 
ftehenden Völkern neuertbeilten Gefegbuhe, auf welhem die 
Worte: Leges novae mit goldenen Buchftaben zu lefen 
waren. Unten um en Thron Fnieten von allen zum 
ruffifdhen Reich gehörigen Nationen in ihren gewöhnlichen 
Trachten nad denen Surh meinen guten Freund, den jüngeren 
Heren Profeffor Euler zu St. Petersburg erhaltenen illumi- 
nitten Jeidnungen. Ju Siefen war .die Tafel noch mit 
vielen ftaffirten mvtbologifhen und anderen Figuren, be- 
fonders mit Trophäen und angefetteten Türken in ihren mit 
bunten ‚farben ftaffirten verfchiedenen Rleidungen, nebjt einer 
großen Anzahl von Tellern und Schüfjeln, von allerhand 
beim Deffert erforderlihen Gefäßen und Authaten befetet. 
Die Ränder an Tellerin und Schüfjeln waren durdbroden, 
reih vergoldet und an einem jeden derfelben C. II. mit 
Gold und natürlich ftaffirtem LCorbeerfranze angebracht. Jn 
der Mitte waren alle Teller und Schüffeln mit Krieges 
sefhichten zwischen den Ruffen und Türken von unferm 
gefdidten Bormann vorzüglid fhön mit bunten Farben 
bemalet. Löffel, Meffer und Gabeln waren von Silber und 
reih vergoldet. Die ganze Föniglihe Familie mit dem 
ganzen Hofitaate, die vornebmiten, ja Sie mebrften Ein- 
wobner von Berlin famen, um diefes Föniglihe Befchenf 
in Augenfcein zu nehmen. Der Sehensbegierigen wurden 
sulegt fo viele, Saf das unordentlihe Zudringen faum 
Surd die Soldatenwacen, welde alle Zugänge befetzt batten, 
fonnte abgehalten werden. Da diefes Service zu St. Peters- 





Deutjbe Runf. 65 








burg angefommen und dafelbft auf faiferlichen Befehl eben auf 
die Art wie bier zu Berlin zur öffentlihen Schau aufgefeßet 
worden war, foll fih aud dort eine unzählbare Menge von 
Menfhen dabei eingefunden haben. So allgemeinen Beifall 
diefes Service erhielt, jo war es dad der Porzellan-Manufaktur- 
faffe eben nicht febr eintraglid. Der König ließ nur eine febr 
mäßige Summe dafür zablen. Die größte Belohnung für die 
Manufaftur war des Rönigs Zufriedenheit über die getroffene 
Ausführung feiner Gedanfen.* 

Aus diefen Aufzeihnungen läßt üh zunädft nur entnehmen, 
daß der Tafelaufjatz angefertigt, in Berlin ausgeftellt und nad) 
St. Petersburg befördert worden if, wo er ungeheneres Auf- 
feben erregte. Wo er dann geblieben ift, wifjen wir niht, ver- 
muthlid in Peterhof. Jedenfalls egriftirte er nur in einem bee 
fannten Exemplare in voller farbenpradt. Die alten Modelle 
find in den fedsiger Jahren einmal in der Porzellanmanufaktur 
bervorgefucht, reftaurirt und zur Herftellung einer Anzahl un- 
bemalter Figuren verwendet worden, ie man in London aus- 
ftellen wollte, ein Dorhaben, das man aus irgend welden Bründen 
fallen ließ. Gm Archiv der Anftalt fanden fic die in Rußland 
bergeftellten Skizzen der oben erwähnten Völkertypen, die aber 
mit den endgiltig modellirten figuren faum noh irgend welden 
Sufammenhang baben. 

Ein zweites bisher unbefanntes Eremplar beñndet fih im 
Befig der Hoflieferanten Carl Müller & Co., Berlin, 
mit deren gütiger Erlaubniß wir den ungefähren Aufbau des 
Ganzen, den Thronhimmel mit der Raiferin und ein paar Tro- 
phäen und Einzelfiguren reprodusiren. 

Es erfheint faft unbegreiflih, wie eines der bedeutendften 
Erzeugniffe des dekorativen Beihmads, des Rococo, allmälig 
Ser Dergeffenheit anbheimfallen fonnte. Der prädtige 5 fuf 
bobe und ebenfo breite 
Cafelauffak ijt ein 
f À unübertroffenes Mufter 
wirkfamen, leidenfch afte 
lich bewegten und doc 
thythmifd gegliederten 
Aufbaus, von dem die 
moderne Denfmalpro- 
duktion manches lernen 
fonnte. Unter dem 
tiefrothen, reid) ver- 
goldeten Baldadin 
thront die Raiferin Ra- 
tharina in reider gold- 
Geftidter Robe, vom 
Purpurmantel umwallt 
mit lebhaft triumphi- 
render Bebärde nad 
linfs gewendet. Die 
vier Treppenpodefte 
ſchmücken allegoriſche 
Figuren im Geſchmacke 
der Zeit, unter denen 
wir Mars, Bellona, 
Herakles und Minerva 
erkennen. Die Sockel 
find maladitartig 
emaillirt, Säulen und 
Thronhimmel reich ver- 
goldet. Sechs auf 
Baumftämmen arran- 
girte Trophäen um- 
tagen den unteren 
Treppenfuß, von gee 
fefjelten Sklaven, den 
Repräfentanten befieg- 
ter barbarifcher Völfer- 
[haften flanfirtt. Da- 
zwiſchen erheben fic 











Afrifaner mit Roffdhweif und Paute, 





Einzelfiguren, Solda- 
tentypen des ruflifchen 
Heeres mit erbenteten 
Waffen, und Sieges- 
zeihen. Auf Sem 

zweiten Treppenabfat 
haben fih huldigende 
Typen der ruflifchen 
Nation verfammelt, 

Hofleute in Rococo- 
tract und malerifch 
gekleidete Bauern, die 
Enieend oder fih zu 
begeiftertem Treue- 

fhwur der rubmvollen 
Raiferin entgegen- 

redend. Don befonde- 
rem Reiz ift Ser an- 
muthige Genius, der 
über dem Wappen mit 
dem Doppelaar feg- 
nend einen Lorbeer- 
franz hält. 

Es ift unmöglich, 
den feftlihen Eindrud 
des ganzen Runftwerfes 
zu fhildern. Man bat 
fih unter dem Einfluß 
des fogenannten Natu- 
ralismus daran ge- 
wöhnt, die ganze Runft 
es Rococo als ver- 
fhnörkelte Unnatur zu 
betradhten. Wer fih 
davon überzeugen will, 
daß gerade im Rococo 
die Anfäte einer leb- 
haften naturaliftifchen 
Reaktion gegen die erftarrenden formen des Barodftils fih 
bemerfbar madhen, der ftudire die Anatomie des Yladten im 
Cafelauffak Ser Ratharina, den überaus leichten Fluß der Gee 
wander, ie Treue in der Wiedergabe der nationalen Typen, 
die freie Ausdrudsfähigkeit Ses Mienenfpiels. Dor Allem 
aber it als Sas Wefentlidhe des uniibertreffliden Runftwerfes 
bervorzuheben die unbedingte Renntnif und Beherrfchung des 
Materials, deffen glänzende Oberflähe durch zart geftimmte und 
doch nicht nüchtern wirkende farbe gedämpft wird. Die figuren 
wirken fammtlic) lebensgroß, alles Nippesartige ift auf das 
glüdlidhfte vermieden. 

Der große König bat aud bier einen Theil feines Beijtes 
verfpiiren laffen, wie er jede Arbeit Ser Porzellanmanufattur 
zu infpiziren und zu prüfen pflegte. So trug denn Grieninger 
am 17. Auguft 1786 mit tiefem Schmerz in fein Journal ein: 
„Schon feit vielen Monaten waren alle Einwohner der Föniglic 
preufifchen Staaten zwifhen beftindiger furht und Hoffnung 
über ðas niht hoh genug 3u fcdbende theuerjte Leben ihres 
allgeliebteften, . böhft gefährlid franf Sarnieder liegenden 
Monarden, und heute Vormittag zwifchen 7 und 8 Ubr fam 
von Potsdam die bödhft traurige Nahriht nad Berlin von 
feinem auf die fhmerzhaftefte Rrankheit an diefem Morgen gegen 
5 Uhr erfolgten Tode. Mein Gott! welche düftere Stille! 
Meberall nichts als Seufzer und Thränen. Und welder Anblid! 
fo viele unter den Waffen grau gewordene tapfere Rrieger ihren 
geliebteften Friedrih, unter deffen Befehlen fie fo oft gefieget 
baben, beweinen fehen. Niemals ift wohl ein Rönig von feinem 
Heere und von feinem Dolfe fo wehmüthig beflaget und betranert 
worden. Er war ja auch der Einzige.* Friedrich des Großen 
Gründung, die Berliner Porzellan-Manufaktur, bat fih weiter ent- 
widelt und Gutes geleiftet, die durch den Tafelauffatz der ruflifchen 
Raiferin erreichte Hobe bat fie nie wieder erreicht. 











Afiate mit frummem Schwert und Turban, 


66 Deutſche Runf. 


Ausftellung des Hamburgifchen Künftler-Klubs bei Gurlitt. 


ie act Hamburger, die mit ihren Malereien in die Burlitt'fchen 

Salons eingezogen find, muthen wie Nahzügler der Modernen an, 

9 die zu fpat anfgeftanden find, um den rechten Anjchluß zu finden. 

Wir glaubten, der ultraviolette Farbentaumel fei glüdlih überftanden, freuten 

ung, daß felbft die Fanatifer nadhgerade eingefeben hätten, die Natur fei 
nidt aus flodigen farben- 
fleden 3ufammengeflidt, und 


„Schweftern" bliden ein wenig fhemenbaft aus dem Rahmen. 


Das im 
gleihen Maßftabe gehaltene Bildnig eines mütebededten Mannes in Profil 
ift nicht ohme Dorzüge, nur liegt aud diejes zu flah auf der Leinwand, und 
der Reflery der Landfhaft in Haar und Bart ift doh gar zu intenfiv grün. 
Julius v. Ehren ift ein rafher Beobachter und flotter Stizzeur. Jn 
zweien feiner Bilder hat er 
Enten mit der überzeugenden 





da kommt die gefdloffene 
Schaar diefer Acht, um offene 
Thüren einzurennen. - Sie 
bilden fih ein, uns jet noch 
das Sehen lehren zu müffen, 
und haben felber nidt ge- 
feben, was um fle berum 
vorging. Die Vertreter des 
Smpreffionismus find wie in 
der Literatur fo and in der 
bildenden Runft in rubigere 
Bahnen echter Wiederfpiege- 
lung des Wirkliden einge- 
lenft. Sie erheben nur nod 
Anfprud auf das Derdienft, 
nad manderlei Grrungen 
ebenfalls Pfadfinder auf 
dem Wege zu neuer Runft 
gewefen zu fein; und der 
fpätfommende Hamburgiſche 
Künftler-Alub vermag nicht 
mehr einen Rampf der Mei- 
nungen 3u entfeffeln. Trot 
alledem ftedt Talent in diefen 
Alubiften, in einigen fogar 
viel Talent; nur fehade, daß 
es nod herumerperimentirt, 
wo es fid) die Errungen- 
fchaften Anderer hatte nuke 
bar machen fönnen. Als 
farbenftizzen, als koloriftifche 
Notizen für fpäter auszur 
führende Werke fann man 
fih viele diefer Bilder ge- 
fallen laffen, nur müffen fie 
nicht den Anfprud erheben, 
fon fiir etwas fertiges zu 
gelten. Wer fid) aufmerffam 
in ihre Einzelheiten vertieft, 
trägt feinen vollen fünftle- 
tifgen Genuß, aber um jo 
beftigeres Flimmern in den 
Augen davon. Am ertra- 
vaganteften gebärden fidh 
Arthur Jllies und Ernft 
Eitner. Gn des Erfteren 
ndtiiblingsfdnee liegt mafji- 
ves Diolett auf den Bergen, 








Genauigfeit Ses Moment- 
photographen wiedergegeben, 
ohne doc das Fmpreffio- 
niftifhe des Rolorits zu 
opfern. Sowohl in „3n der 
Dorffdhmiede wie „gm 
Altentheil‘ ift zwar Alles 
gut ftizzirt, doc fo fledig 
und ungenau, daß nichts aus 
dem Bilde Mar herausttitt. 
Weit beffer it das „ntes 
rieur“ der Waſchküche, aber 
die „Dorfſtraße“ im Sonnen- 
ſchein erſcheint wiederum zu 
oberflächlich geſehen und läßt 
dem Betrachter feine Einzel- 
anfhauung zurüd. Recht 
effeftvoll, wenn and über- 
trieben nebelbaft ift Paul 

Rapfer's „Mondfchein‘ 
(Ausblid auf eine belebte 
Dorfftraße), und neben einer 
guten Jnterieur-Sfizze bringt 
er ein Bild „Mittagerube*, 
Julius Wohlers gelingt 
es am wenigften, den Pinfel 
flott wie die Rollegen zu 
führen; aber fteht aud fein 
„Abend im Hiibnerbof in 
flarer ‚farbe, fo ift er dob 
ein wenig zu babnebiiden 
gemalt. Thomas Herbft 
dagegen Pann etwas, das 
verbirgt fih auh unter ab- 
fihtsvoller Flüdhtigkeit nicht. 
Jn „Raft auf dem Felde" 
und „Straße auf finten- 
wärder", guten Skizzen mit 
Pferden, fowie in einem 
Bildchen mit Rüben bewährt 
er ih als Thiermaler; und 
in Ser Paftelltednif, fo in 
„Straße bei Blüdftadt und 
befonders in „Slafhen- 
flechterin“, leiſtet er ſogar 
virtuoſes. Er dürfte bald 
ein ſchnelleres Tempo zum 
Diele der Anerkennung ein— 








während im „Alpenglühen“ 
Stumpfziegelroth mit Grün 
und Blau zufammengefpad- 
telt ift und in der „Mittagsjonne* die Zugfpike fat noh buntjchediger 
erfipeint. Diel feiner ift fein „Herbftnebel" am Woajler, über das in ver- 
fhwommenen Umrifjen ein Ruderboot gleitet. Das bier gewählte land- 
fhaftlide Motiv hat es dem Riinftler fo angetban, daß er es in anderen 
Beleuhtungen nod als „Herbftfturm" und ale „Aanal gemalt bat. 
Illies und Eitner fhwelgen in Buntheit, dod gelingt ihnen auch ein rubigerer 
Eindrud, 3. B. Eitner in „Winter im Frühling“, worin Lenzftifhe fih an- 
fprehend duch den Schnee ringt, Jllies in der grünen Tiefe des „Bader 
Sees. Eitner bat fih auh im Portrait verfudt. Die lebensgroßen 


Trophäe mit gefeffelten Sklaven. 


flagen als die eben mit- 
firebenden Kameraden. 
: . Friedrich Schaper ſcheint 
unter dieſen der emſigſte zu ſein, Arthur Siebeliſt als Künſtler der ſolideſte. 
Schaper, der in dem vor der Kirche belegenen „Friedhof in Reinfeld“ eine 
breite Anlage bekundet und das halblebensgroße Profilbild der alten frau 
Mach Feierabend“ intereſſant belichtet hat, auch eine tüchtige Interieurſtizze 
mit lugendem Mädchen ausſtellt, iſt in ſeiner Vielmalerei bisweilen flüchtig 
und zeigt in „Sonnabend“ 3. B. eine tief zur Erde gebüdte Frau, deren 
nadten rechten Arm man für gefpalten halten möchte, fo ungenau ift ein 
Strihfhatten über die Haut gezogen. Jn Siebelift's Malweije ift Alles 
tobufte Bravbeit, mit der ihm Einiges glüdt, Anderes um fo griindlider 








Deutfhe Runft. 67 


mißlingt. So find feine „Bauernftube* und fein „Weg zwifchen Weiden“ 
gute farbenffizzen auf unterfchiedlihen Gebieten; neben recht mittelmäßigen 
Landfdaften ift die eine, „Kühe im Schatten“, warmer Anerkennung werth, 
während die Landfhaft „Regenbogen hinter der Abficht des Riinftlers zurüd- 
bleibt, der in Wafjer, Wiefe und Luft fdon alle Regenbogenfarben grellbunt 
verbraudt hat, fo daß für die fhimmernde Naturerfcheinung tein Effett mehr 


übrig blieb. Um fo mehr befriedigt der „Lefende junge Mann‘, ein brillant 
bingepinfeltes Bildchen, das noch dadurch befonders angenehm auffällt, daß 
die den Lehnfefjel bededende Häfelei mit liebevollfter Benauigfeit heraus- 
gearbeitet ift. Zu Siebelift hat man das Vertrauen, daß er bald die legte 
Eierfchale impreftoniftifcher Abfonderlichkeiten abgeworfen haben wird. Es 
ift unbedingt ein Rénner und das ift für den Anfang genug. Ribg. 


Portrait und Photographie. 


er moderne Portraitmaler giebt eine zufammenhängende umfaffende 

Charakteriflif der zu malenden Perfonen oder verfudht es wenigftens. 

Die vorübergehende Stimmung oder Stellung würde das Bildnif 
in eine Benrefcene verwandeln. Die Malerei hat die Mittel in der Hand, 
die als Banzes erfaßte PerfSnlicdfeit in diefer idealifirten Form der Nachwelt 
zu überliefern; fie braudt es nidt zu thun und foll es gewiß nicht: aber 
im Allgemeinen pflegt man den Portraitiften als den größeren Riinftler 3u 
fhäßen, der es verfteht, uns die ganze geiftige Bedeutung einer Perfon im 
Bilde Mar zu madhen. Anders die Photographie. Man beberzigt noch immer 
viel zu wenig, daß bei der Lichtbildnerei die Büte des Apparates fo gut wie 
Alles und der Handwerker, der ihn regirt, fo gut wie Nidts ift. Der Apparat 
aber balt immer nur den einen beftimmten Moment feft; und wenn der ab- 
zunehmende Runde in diefem Augenblide nit „bedeutend ausfah', fo ift es 
feine Schuld, nicht die des Handwerkers. Der Apparat fieht feine feelifchen 





Vorgänge, keine geiftigen Vorzüge; er halt fic) rein an das Aeußerlihe, dann 
aber mit einer folhen Genauigkeit, daß er Dir aud) nicht eine einzige Sommer- 
fproffe fhenft. Sein Dortheil vor dem Maler befteht in dem blibfdnellen 
Erfaffen und Fefthalten einer beftimmten Stellung, eines fhnell wedjelnden 
Ausdruds. Macht man doh im Atelier Perfonenaufnahmen mit dem Brude= 
theil einer Sekunde. Bier hat die Photographie ein Mittel, ihre ureigene 
Individualität zur Geltung zu bringen; denn aud fie it etwas Befonderes 
für fi, ein echtes Material ebenfogut wie Marmor, Silber oder farbe, wenn 
fie nit etwas anderes fheinen will, als fie ift, wenn aus ihr herausgeholt 
wird, was ihr feine andere Tehnit nahmakt. 

Und nun fehe man fih daraufhin die Auslagen unferer großen Photo- 
graphen an, die ih fo gern Riinftler tituliren. Was der Retoudeur leiften 
fann, ift gefhehen. Er Pann aber nur fortnebmen, 3. B. Gommerfproffen, 
aber nichts hinzufügen. Alles Pofe, im beften falle gefhidte Vertheilung 








Sefammtaufbau des Tafelauffages der Kaiferin Katharina. 
Nadh einer Photographie von f. Rullrih, Berlin. 


— 





— y 


TA FP I SETAT, = 


68 


Deutfhe Runft. 





von Liht und Schatten, bübfhe Drapirung von Seide und Pelzwerk u. f. w., 
aber fein Momentbild im obigen Sinne des Wortes. Die Schuld liegt theils 
am Publikum, theils am Photographen. Zunädft einige Sünden des Erfteren. 
Da zieht fic der junge Mann einen funfelnagelneuen Anzug an, der nod) fteif 
am Rérper figt, in den nod nicht die dur längeres Tragen haratteriftifhen 
falten gedrüdt find. Er þat fih eine abenteuerlihe Kravatte umgebunden 
und einen Cylinder aufgefegt, die man beide an ihm nicht gewohnt ift; er 
bat fi einen Scheitel ziehen oder Loden brennen oder gar den Bart ab- 
ſchneiden laſſen 
u. f.w. Nun fommt 
der Photograph 
und fekt diefes 
fonntäglib aus- 
gepubteMenfden- 
find hübfch gerade 
auf einen She- 
mel, 3upft die 
Rodhälften fym- 
metrifch und preft 
den Ropfin einen 
Schraubftod, daß 
das Opfer Hals- 
fhmerzen be- 
fommt. Nun das 
Gefidt:: nidt fo 
ernft! nidt fo 
fidel! -Nun be- 
fommt die Miene 
fo etwas wie 
woblwollende 
Bleihgiltigfeit, mit der man etwa im Aquarium an den Tiefjeethieren vorbeigeht, 
vorausgefegt, daß man fein Naturforfcher ift. Warum bedienen fih Publitum und 
Photographie des erwähnten Dortheils nicht, warum werden ftatt Augenblidsbilder 
im fohönften Sinne des Wortes nur LTlihephrafen gedredhfelt? „Das ift sod 
nun einmal niht Mode" fagt das Publifum. Es bat aber gar nidts zu 
fagen, es foll erzogen werden. „Das it Sade der Amateurphotographen", 
fagen verädtlih die Berufshandwerfer. Die Amateure betreiben als Zeit 
vertreib, was tiefer Ernft und eingehendes Studium fein follte. Außerdem 


£. von Hofmann, 


Supraporten von 


enn man einmal das Fazit der Entwidelung der modernen 

Malerei zieht, wird man zwei Hauptpoften nicht vergeffen 

dürfen, die ihr gut zu fihreiben find: den Brud mit der er- 
ftarrenden Linienführung der Antike und die Wiedereinfegung des Rolorismus 
in feine dSeforativen Rechte. Giebel und Lunette d. b. mathematifh aus- 
gedrüdt Dreied und Bogen bedingten bis vor einem Jahrzehnt den Umrif 
der Rompofition, heute find fie freie Bildumfpanner, die nicht einengen, fondern 
umgrenzen. Sobald es fih früher um eine Wanddeforation handelte, be- 
gannen Ralf und Tünde einen unheilvollen Einfluß auszuüben, die Farbe 
verlor ihre frifhe Leuchtkraft, fan in den Untergrund ein und nahm tapeten- 
hafte Dämpfung an, heute behält fie ihre fatte Frifche, legt fic) mit felb- 
fändiger Wirkung vor die gleichgiltige Flähe und belebt fie mit un- 
gebrohenen Tönen. 

Wer L. von Hoffmann's Werdegang, als den eines ftarfen, wenn aud 
nidt einwandfreien Talentes, mit aufmerffamem Auge verfolgte, fonnte mit 
Sicherheit vorausfagen, daß feine Begabung einmal eine Foloriftifh-deforative 
Ridtung einfhlagen würde. Es ift dem Rünftler gelungen, gewijje Mängel 
der Zeihnung zu einer Art von Stil umzubilden, der als Banzes genommen, 
eigenartig wirkt. Hofmann's Bilder find von einem zarten Farbenreiz um— 
geben, der märdenhaft romantifh über die Bedingungen fdrperbafter Ge- 
ftaltung binaushebt und in ein Zauberland verfegt, in dem Anatomie und 
Perfpeftive nicht gelehrt werden und fo ihre wiffenfhaftlihe Beglaubigung 
verlieren. Seine fFarbengebung iiberfeRt die Wirklichkeit ins zart Ver- 
fhwimmende und wandelt die Natur in ein von fanftem Licht überftrömtes 
Traumbild. - £L. von  Hofmann's Werke tragen einen buccolifch » elegifchen 
Charakter, auf defen Ausbildung der römifhe Aufenthalt nicht obne Einfluß 
geblieben fein dürfte. 





Supraporte für die Dilla v. d. Heydt. 


fcielen fie 3u viel nad rechts und links; man fehe fih nur ihre Ausftellungen 
an. Da foll eine ehrlihe gute Aufnahme bald als Tufhezeihnung bald als 
Bleiftift- oder Kreidezeihnung oder fonft etwas wirfen. Warum denn? Es 
glaubt ja dod Feiner! Oder aber, es werden allerhand Scherze gemadt: 
unfharf eingeflellt, damit „holländifhe Ylebelftimmung‘ berausfommt, oder 
gegen die Sonne photogtaphirt, und dreift und gottesfüchtig „Mondfchein- 
ftimmung* datunter gefdhrieben. „Stimmung“ in einer Photographie! Sie 
fann zufällig darin liegen, dann follte man doch nicht durch die Unterfchrift 
fo thun, als ob 
man fie Surd 

eigenes Derdienft 
bervorgezaubert 

hätte! Und nun 
gar die Unter- 
foriften! Wenn 
ein frauenzimmer 
am Meere ftebt, 
ift es eine „Sap- 
pho“; wenn fih 
ein alter Redal- 
teur an feinem 
Arbeitstiſch in 
müder Haltung 
photograpbiren 

läßt, fo find es 
gleid) ,,Todesge- 
danten" ein frau- 
lein im Roblbeet 
ift ,, friiblings- 

ahnen“ und der» 
gleihen mehr. Das muß dem Befhauer die aufridtige Freude an der 
gelungenen Aufnahme zerftören. Die Ausftellung im Berliner Reihstags- 
gebäude hat gezeigt, daß die deutfhen Amateurphotographen Hervorragendes 
leiften, warum wollen fie den guten Wein dur gefhmadlofe Etikette 
verderben? Für das nähfte Jahe find wieder große Ausftellungen geplant; 
boffentlid wird bis dahin die unretoudirte Portraitphotographie, was 
harakteriftifhe Haltung und Umgebung betrifft, mehr fultivirt als bisher. Sie 
ift aufridtig und daher fünftlerifh im beften Sinne des Wortes. 


£. von Hofmann. 


Das ,,Gdyll der Berliner Ausftellung 1896 hatte in Herrn C. v. ©. heydt 
einen Liebhaber und Käufer gefunden. Don ihm ift die Anregung zum 
Schaffen dreier Supraporten ausgegangen, die zum Schmud feiner Villa 
am Rhein beftimmt find. Wir verdanken feiner Büte die Erlaubnif zu den 
vorliegenden Reproduktionen. 

Es ift bezeihnend für L. von Hofmann's Eigenart, daß er es vermeidet, 
feinen Werfen einen beftimmten Ylamen zu geben, und wir haben feine Der- 
anlaffung, fie unberufen zu etifettiren. Ein Bach durdriefelt den Rafen einer 
Thalmulde, aus der im Hinter- und Mittelgrunde geradlinige Stämme empor- 
ragen, während fih feitlih leicht gefhwungene Rofenzweige aufranten. Gn 
leichtem Tanzfchritt fhwebt in durdfidtigem Gewande, hinter dem zurüd- 
geworfenen Haupte die Hände freuzend, eine mäddhenhafte Beftalt daher, der 
zwei Befährtinnen, fid umfchlungen baltend, folgen. Die Lenzesfonne lictet 
die farben und Frühlingswehen baufdt die flatternden Bewänder. — Heller 
Sonnenfhein überglänzt die Fnfel eines von Felfen umgrenzten Bergfees. 
Darauf prangen in rofigem Bliiben zwei märdenbafte, botanifh unbeftimm» 
bare Baume. Am Ufer läßt ein Weib die Hülle des Gewandes fallen, um 
dte Glieder in der Fluth zu fühlen. Ueber dem Ganzen laftet lihtjhimmernde 
fommerlihe Schwüle. — Am Rlippenrande enttaudht eine Nymphe der tief- 
blauen Meerfluth. m Schatten eines breitäftigen Baumes auf der felfen- 
infel bläft ein nadter FJüngling de Flöte, deren Tönen die Befährtin lauft. 
Was die leife bewegten fluthen raufhen, was die Nymphe fingt, in den belden 
jugendlihen Geftalten wird es zur Harmonie, zur hörbaren Tonfolge, die fanft- 
fhwellend von þerbftliher fruhtreife erzählt. — Wenn L. von Hofmann die 
Stimmung der Jahreszeiten darftellen wollte, dann fehlt — für feine Eigen- 
art bezeihnend — der Winter, orafelt der pedantifche Arittler. Uns genügt 
es, daß in den drei Supraporten ein frifhes, dafeinsfrohes Naturempfinden 





— — 


Deutſche Kunſt. 


zum Ausdruck kommt, dem das Blühen und Wachſen lieber iſt, als das 
Welken und Vergehen. hier liegt der Keim der Geſundung der Modernen. 
Wer fih, wie L. von Hofmann, aus den bpfterifhen Sentiments zur jugend- 
ftarfen Empfindung durcharbeitet, deffen Befühlsfprahe darf auf Derftändniß 
rechnen, fo fremdartig fle aud) 3unddft den anmuthen mag, der fih aus der 
Ronvention mit Rraftanftrengung in den Naturalismus hinübergerettet hat. 
Was bei dem Maler der Supraporten nah Ausdrud ringt, tann fih nicht 
mit der Wiedergabe der Wirklichkeit begnügen, weil es ein nnerliches, Perfön- 
lihes if. Es 
fhafft füh eine 
eigene farben- 
und formen- 
fpradhe, deren 
Deflination und 
Syntar in der 
äfthetifhen Rlipp- 
foule nod nicht 
gelehrt wird. Daf 
diefe Sprache 
über die erften 
Yaturlaute hin- 
aus ift, » bewet(t 
gerade ihre 
zwanglofe Ein- 
fügung in den 
Rhythmus der 
dekorativen Runft. 
Das eigentlide 
Bild liegt per- 
fpeftivifh hinter . 
dem abfichtlih dunkel gehaltenen Rahmen der Supraporte, aber aus feinem 
Organismus heraus wadhfen Pflanzengebilde, die ih an der Umrahmung 
hinaufwinden. Ueppig blühende Rofen umfränzen das erfte Bild, Scilf 
fproßt am Ufer des Bergfees und Wafferrofen erblühen an dem Felfen, auf 


Die Kunft in 


n das fonft fo ftille Wiener Kunftleben ift feit einiger Zeit erftaunlide 
Bewegung gefommen, an der Architeftur, Malerei und Skulptur 
zugleidh ihren Antheil haben. Was man an Anregungen nidt aus 

heimifhen Mitteln beftreitet, holt man fih sans façon von auswärts. So 
madt dem Hofbau-Comité dte Ausftattung der nnenräume des voll- 
endeten neuen Traktes der Hofburg befondere Schmerzen. Da find die Herren 
Hofrath Wetfdl, Minifterialrath R. von Forfter und verfchiedene Bauräthe 
auf die Reife gegangen, um fih zunächft in den bayerifhen Rönigsfhlöffern 
Rath zu holen. Yad Befidtigung der Bauten in Münhen, Nymphenburg, 
Würzburg, Bamberg wird Franfreid) befudt, um in Paris, Derfailles, 
St. Clouds Studien zu machen. Ueber Lyon reifen die Herren dann nad 
Turin, Genua, Rom und Neapel und treten über Florenz dte Riidreife nad 
Wien an. Die Reife verfolgt den Zwed, zu ftudiren, was von den Éin- 
tidtungen der befihtigten Schlöffer für den Burgbau beniigbar fein würde, 
und einen Uebergang zu fhaffen von der ftreng italienifhen Renatffance der 
Facade zur inneren Einrihtung, weldhe in franzöfifher Renaiffance gehalten 
fein foll Wenn die Herren diefen Uebergang draußen gefunden paben, 
werden fie das Befehene hoffentlih fo gefhidt zufammenfliden, daß die 
etlettifhen Nähte nit allzu fihtbar find. 

Daß man übrigens gar nicht jo weit zu reifen braucht, um fih arditet- 
tonifhe Anregungen zu holen, beweift der im Rathhaufe ausgeftellte Pavillon 
der Stadt Wien für die Jubiläumsausftellung. Der preisgekrönte Entwurf 
der Bebrüder Drerler ift eine glänzende Probe des neneren „Wiener Stils. 
Der Eingang ift von Pylonen flanfirt, welhe Wappen und Mauerkrone tragen. 
Um Fuße der Pylonen befinden fih allegorifhe Frauengruppen, die das Auf- 
blüben der Riinfte und Wifjenfchaften, des Handels und der Jnduftrie dar- 
ftellen. Der Eingang wird von einem Giebel beberrfdt, in deffen fries die 
Derherrlihung des Raifers durch die gebildeten Völler dargeftellt ift, gerdnt 
von einem fhwebenden Genius. Hinter dem Giebel erhebt fih eine gewaltige 
Ruppel; die an die Pylonen fi anfchließenden Edpavillons find mit einem 
reihen fries deforirt, in welden fic die meunzehn Wappen der Wiener 





£. von Hofmann, Supraporte für die Dilla v. d. Heydt. 





69 


dem das jugendlihe Paar ruht, während bandartige Lilienblätter fi bis zu 
dem Laubwerf des Baumes binreden. Das Banze erfheint belebt, von 
Stimmung durdhwebt, es raunt und redet vom Weben der Natur, das es 
jugendfrifch hineinträgt in die Wohnräume der Menjchen. 

Wir find der todten Formenfpradhe der Renaiffance müde bis zum 
Ueberdruß und laufen Gefahr, uns ausländifhe Jdiome anzugewöhnen, die 
dem deutfdhen Obre fremd Elingen. Gebt man der franzöfelnd anglifirenden 
und japanifirenden Manter auf den Grund, fo findet man nidts als defadentes 

Epigonenthum, 
das wit uns nidt 
aufórängen laffen 
dürfen, fo lange 
wir uns zu felbft- 
ftandigem Sdaf- 
fen ftar? genug 

. fühlen. Nur aus 
dem deutfden 

Naturempfinden 
heraus fann eine 
neue deforative 
Runt erſtehen, 
die den Bediirf- 

niffen unferes 
Dolfes entgegen- 
fommt und 3u 
ihm fpridt in 

feiner eigenen 
Sprade. Ob 
fhon £. v. Hof- 
mann die redten 
Naturlaute gefunden fiir das redende Ornament, nad Sem wir uns febnen, 
mag den äfthetifhen Zweifler und Tiftler befhäftigen. Wir freuen uns der 
Töne, die er anfchlägt, weil fie aus dem Zauberwalde der deutfhen Poefie 
berausfdallen, balb vergeffen und doch feltfam vertraut. 6. m. 


DOefterreich. 


Eemeindebezirke, ornamental ineinander verfhlungen, aneinanderreihen. Die 
Innenräume gliedern fih im mehrere Dorfäle, die den Einblid in die Central- 
halle geftatten, in der fih das Raiferdenfmal erhebt, von allegorifhen Figuren 
umgeben. Jn einem vierzig Meter langen fries fommt die Huldigung der 
Wiener Bevölkerung für die Schaffung von „Broß-Wien" zum Ausdrud. 


Das Bild des Raifers befindet ih im Halbrelief an der Rüdwand und ftellt 


den Moment dar, wie dem Monarchen von der Wiener Bevölkerung für feine 
Beftrebungen zu Bunften der Stadt eine Arone dargereiht wird. Fm Ginter- 
grunde fieht man die jubelnde Menge mit Palmwedeln, Fahnen und Standarten. 
Zu Füßen des Bildes befindet fih der große Wiener Plan in einem Maße 
von über fehs Meter Höhe und fieben Meter Breite. Das alte Wien vor 
fünfzig Jahren ift in grauer farbe gehalten, das jetzige Broß-Wien in rother 
farbe. Der Feftraum wird dur eine einzige, 36 Quadratmeter große Glas: 
tafel eingededt, welhe in Ematlglasmalerei den Adler der Gemeinde Wien 
in foloffalen Dimenfionen enthält. y 

Inzwifhen ift man aud auf eine wiirdige Dertretung der Oefter- 
reihifhen Aunft auf der Parifer Weltausftellung 1900 bedadt. 
Dem Spezial - Comité gehören an die Herren: Seftions-Chef Graf Latour 
als Dorfitender, der General -Rommiffar Hofrath W. f. Erner, dann der 
Maler Hugo Darnaut, Baurath Deininger, Maler Eugen Selig, Bildhauer 
Profeffor Hellmer, Arkitett Profeffor Rönig, Bildhauer Rihard Rauf- 
fungen, Maler Profeffor von Lichtenfels, Maler Karl Moll, Ober- 
baurath Profeffor Wagner und Seftionsrath Freiherr von Wedbeder. 
on den erften Sigungen wiirde allfeitig anerkannt, daß das Hauptgewidt 
auf eine forgfame Auswahl der Runftwerfe und weniger auf den Umfang 
der Ausftellung gelegt werden folle. Der Dorftand der Benofjenfhaft der 
bildenden Rünftler Wiens, Maler Eugen Felir, richtete an die Regierung einen 
Appell, daß durd Ertheilung größerer Staatsaufträge die Schaffung von be- 
deutenden Runftwerfen fiir die Parifer Ausftellung gefördert werde. Der 
Dorfikende theilte mit, dağ der für diefe Ausftellung beftimmte Aredit wohl 
nit für eine derartige Aktion herangezogen werden fönne, wohl aber habe 


+ See — — 
— L 
TE 


70 Deutfhe Runft. 





das Unterrihtsminifterium durd Ertheilung von Anftrdgen auf Recnung: der 
ftaatlihen Runfttredite den öfterreihifhen Riinftlern Gelegenheit gegeben, 
größere felbftftändige Runftwerfe zu fhaffen. Gegenwärtig fei eine ziemlich 
große Zahl folder Aufträge in Ausführung begriffen, welde vorausfidtlid 
bis zur Parifer Ausftellung vollendet werden dürften. Die hierfür zugefagten 
Rünftlerhonorare betragen jet fdon 158000 fl. Die nädfte Aufgabe des 
Speztal-Tomites wird in der Derfendung der Einladungen zur Betheiligung 
der öfterreihifhen Rünftlerfhaft an der Parifer Weltausftellung beftehen, 
wobei das Augen- 
mer? in erfter 
Linie auf die Ge- 
winnung bervor= 
ragender Runft- 
werke duch un- 
mittelbaren Per- 
fehr mit Rünftlern 
und Runftfreun- 
den gerichtet wer- 
den foll. 

Aud in 
den Bildhauer- 
Ateliers 
herrfcht reges Le- 
ben, das die 
vollſte Oeffent⸗ 
lichkeit nicht 
ſcheut. In dem 
binter der Ro- 
tunde belegenen 
Pavillon arbeitet 
zur Zeit Profeffor Weyr. An fertigen Arbeiten ftebt hier der große 
filberne Prunffchild, eine der Jubiläumsgaben, welde im nädhften Jahre dem Raifer 
von Oefterreic) überreiht werden foll. Der Auftraggeber ift dem Riinftler 
felbft unbefannt; man vermuthet die Stadt Wien. Die Mittelgruppe enthält 
eine allegorifhe Huldigung vor der Raiferftatue. Redts und linfs davon 
find in Hautrelief die habsburger Herrfher wiedergegeben; allegorifhe figuren 
weifen auf die vielfeitige Thätigfeit des Monarchen bin. Den inneren Rand 
des Schildes bilden die Wappen fämmtliher Provinzen in Elipfenform an- 
geordnet, die im ihrer emaillirten Ausführung befonders dekorativ wirken. 
Neben diefer Arbeit geht die reizende Giebelgruppe für das „Hufarenhaus‘ 
am Graben ihrer Dollendung entgegen, beftehend aus Tauben und Rindern 
in etwas über Lebensgröße. Zwei Foloffale Löwen aus Bronze werden den 
fünftlerifhen Abfhluß der neuen Hafenbauten an der Donau bilden. für 
die Stadt Tetjhen ift ein Brunnen beftimmt, welder die Wiedergabe einer 
dortigen Lofalfage zeigt, außerdem find einige ftimmungsvolle Brabdenfmäler 
in Arbeit. Gntereffant ift, daß die Außenthürme dlefes Ateliers dem 
Publifum in weiteftem Umfange geöffnet find; weder Meifter noh Schüler 
lafjen ib durh die Schaaren der Yleugierigen in ihrer Arbeit ftören. Hier 
zeigt fi wieder einmal die merfwürdige Thatfache, daß der Mann aus dem 
Dolfe weit mehr Achtung vor der Arbeit hat als der fogenannte Bebildete. 
Er betrachtet jhweigend in refpeftvoller Haltung den Fortgang der Arbeit, 
während diefer fih nicht felten in fhön flingenden Phrafen ergebt. Profeffor 
Wepr fonftatiert mit vielem Dergniigen, daß beftimmte Leute aus dem Volt 
immer wieder famen, daß der fortfdritt eines Runftwerfes fie mit derfelben 
Spannung erfüllt wie ein Roman. Er fteht auf Sem Standpuntt, daß 
nidts der Entwidelung der Runft fo förderlih ift, als fortwährende Be- 
tührung mit dem Leben, daß amdererfeits duch diefe freiwilligen Befucer 
ein gewiffes Gntereffe und DVerftändnig der Runft in die breiten Mafjen ge- 
tragen werde. Das Vorgehen des Wiener Profeffors ift gewiß nadhahmens- 
werlh; ob fic) aber viele Riinftler mit fo gefunden Nerven finden werden, 
daß fie dur die meiftens redht banalen Bemerkungen der gaffenden Menge 
in ihrer Arbeit nicht geftört werden, möchten wir dann doch feher bezweifeln. 

on der Stille reift indeffen im Atelier Zumbufdh das, Modell des 
Reiterftandbildes des Erzherzogs Albredt der Dollendung entgegen. 
Der Erzherzog ift in der Benerals-Rampagne-Uniform und in Pantalons, die 
in hoben Rébrenftiefeln fteden, dargeftellt. Auf dem Kopfe trägt der Erz- 
herzog den Generalshut mit berabgelaffenem Sturmbande, die rehte Hand 
hält den Marjhallsftab, die linte die Zügel des mäßig ausfchreitenden Pferdes. 
Der Ropf des Erzherzogs, der übrigens eine ‚geradezu erftaunlihe 


£, von Hofmann, 








Supraporte für die Dilla v., d, Heydt. 


Portrait-Aehnlichkeit zeigt, it etwas nadh linfs gewendet. Die Dorderfeite 
des Sodels wird eine Gnfdrifttafel fdmiiden, die von zwei Benien gehalten 
wird. Auf diefer in Bronze auszuführenden Tafel, die foeben im Atelier ge- 
formt wird, befindet üh die Infhrift: „Feldmarfhall Erzherzog Albrecht 
von Oefterreih 1817—1895." Das Denkmal dürfte im Auguft nädften Jahres 
enthüllt werden - 

Da fih Wien befanntlih vor einiger Feit entfdloffen hat, endlih «ud 
feine Maler- Sezeffion zu haben und diefe dod nicht fofort aus eigenen 
Mitteln beftreiten 
fann, ift der 
tiibrige Runft- 
händler Artin 
in die Brefde 
gefprungen, bat 
fi) eine Sezefjion 
von auswärts 
verfdricben, die 
nun in den Salen 
der Gartenbau- 
gejellfhaft den 
guten Donau= 
ftädtern eine ge- 
linde Bänfehaut 
verurjadt in Er- 
wartung der 
Dinge, die etwa 
die einheimifchen 

Modernen! 
bringen werden. 
Mar Slevogts 
„Grüner Domino", „Ritter Blaubart und „Danae“ entfeffeln eine rabiate 
Rritif, deren Widerfprüche ung heute nicht mehr aufregen fönnen. 

„Der Name Slevogt", heißt es in einem der Tagesblätter, „bedeutet den 
dernier cri der modernen Malerei; wo immer er in einer Ausftellung auf- 
taucht, ruft er die fanatifcheften Parteiungen wah — was in Wien zweifellos 
grade fo eintreten wird wie anderwatts. So wird wenigftens Wien endlid 
wieder einmal auf dem Gebiet der bildenden Aunft fein Ereigniß haben." 
„Nein, Bott Lob!" ruft die fonfervative Rollegin aus, „da hat Wien denn 
dod nod) andere und minder unäfthetifhe Ereigniffe auf diefem Gebiet. 
Dor allem miifite ein fo freder, graufamer Realismus mit ftupender Technik 
Hand in Hand geben, wie es bet Antoine Wierk in Briiffel der fall war, 
dann erft fönnte von Parteiungen die Rede fein. Go aber rufen wir wie 
Mephifto unter dem Hodgeridt: „Vorbei, vorbei!" Selbft Sirle, Uhde, 
Trübner, Thoma rufen hier Disfuffionen hervor, über die wir längft zur 
Tagesordnung übergegangen find. Wer noch irgend etwas auf tubigen 
Runftgenuß, auf faubere Malerei und ordentliche Hiftorie halt, rettet ih ins 
Rünftlerhaus, wo Werefhtfhagin mit feiner Wanderausftellung gefhicht- 
liher Bilderbogen von anno 1812 angelangt ift. Napoleon I., mit Pelzmüte 
und Obrenflappen dofumentarifh belegt, der ehte Schlitten, mit dem er aus 
Rußland herausgefliidtet, da kennt man fih dodh noh aus und erinnert fih 
mit behaglihem Vergnügen an das, was man als Junge gelernt hat. 

Auf dem Gebiete des Runftgewerbes bereitet fih ebenfalls eine Bährung 
vor. Die Schülerausftellung der Runftgewerbefdule war, gelinde gefagt, ein 
wenig langweilig ausgefallen. „Man fah da vortrefflide Leiftungen aus der 
Cifelirfhule des Profejlors Stephan Shwart, aus dem RKlok fen Atelier für 
Holzfhnigerei, aus dem unter Stork’fher Oberleitnng ftehenden Spikenturs. 
Aud in den malenden Fahfhulen der Profefforen Rarger und Math fand 
fih Hoffnungsvolles. Jn der allgemeinen Abtheilung endlich lehrten Profeflor 
A. Binzel und fein Schüler, Dozent A. v. Renner, mit beftem Erfolg, was von der 
früheren fogenannten „Stillehre" noch übrig geblieben.‘ Aber diefe Refte 
wollen eben nidt viel befagen, wo man fid immer mehr überzeugen muß, 
daß unferem Runfthandwerf der innige Zufammenbang mit dem modernen 
Leben verloren gegangen ift, und man begeiftert fih — aud ein wenig 
post festum — 3dgernd fiir die franzöfifhen Möbelftoffe und die englifhen 
Tapeten von William Morris, die gleihzeitig im Kunftgewerbemufeum aus- 
gefellt fnd. Hoffentlih erleben wir nun niht auh in Wien jenen Nad- 
ahmungstaumel, der das Runftgewerbe im Reih zwifhen ödeftem Naturalismus 
und raffinirteftem Manierismus bin- und herfhwanfen läßt. Dielleicht erinnert 
man fih, daß der Wiener „Befhmad fih einmal eines gewiflen Rufes erfreute,‘ 





— 2 





ET r= x 


Deutſche Kunſt. 


71 





II. Uphues. Brütt. 

Die Doktorfrage, ob der männ— 
lichen oder der weiblichen Schön— 
heit der Vorzug gebührt, iſt ſo 
lange unlösbar, als es Männer 
und Weiber giebt, die ihr Befchleht 
nicht verleugnen fönnen, wie denn 
auch afthetifche Fragen von fubjer- 
tien Cuft- und Unluftgefiiblen nicht 
zu trennen find. Mit der banalen 
Gegeniiberftellung von Rraft und 
Anmuth ift nihtauszufommen, aber 
es läßt fih von ihnen ausgehend 
immerhin ein relatives Refultat er- 
zielen. Jedenfalls ftellen Kraft und 
Anmuth die unterfchiedlihen Haupt- 
vorzüge der beiden Befihlehter dar. 
Die Rraft äußert ih am ausdruds- 
vollften in zwedbewußter Anfpan- 
nung, die Anmuth in er maf- 
vollen Ruhe oder in fpielender Be- 
wegung d. 6. die Schönbeite- 
fonfurrens Ser Gefchledter wird 3u 
einer Musfel- und fleifhfrage. Die 
Epidermis des Mannes foll die 
Rérperftruftur verrathen, die des 
Weibes fie verhüllen. Die weibliche 
Schönheit liegt in dem Fufammen- 
fluB, Sie mannliche im Aufeinander- 
ftofen und Durhfchneiden der 
Sladen. Ueber ie Glieder des 
zarten Gefhledts gleitet das Licht 
in gleihmäßiger Weife bin, in 
denen des ftarfen Gefdledts ver- 


fängt es fid und wird urh 
Schattenpartien unterbrochen. 
J. Uphþues ift, wie es der 


afademifche Unterricht noch immer 
bedingt, von den Körperabftraf- 
tionen der Antife ausgegangen. 
Dagegen läßt fih natürlich nichts 
einwenden, fobald rechtzeitig die 
Reaktion 5. b. die Rüdfehr zur 
J. Uphues. Natur, zum eigenen Sehen eintritt. 

Aus Abftraftionen lafjen fih tebr- 
bafte Formeln ableiten, das Unlehrbare will felbit errungen fein. 
Wenn wir zur Deranfcdaulidung der bildnerifchen Eigenart Uphues’ 
gerade den Bogenfhüten gewählt haben, fo gefhah es, weil fid) 
bier am deutlichjten Ser mafvolle Charakter feiner Kunft aus- 
fpridt. Was ihm von Ser Antike geblieben ift, avon zeugt 
der feine Sinn für die Antithefe Ser Bewegung im Nadten. 
Dem ftraffen Stand des linten Beins entfpriht die nad Ab- 
fcdnellung des Pfeils erfchlaffende Haltung des gefrümmten 
tehten Arms; mit dem geftredten linfen Arm, der den Bogen 
aufredt, forrefpondirt das redte Spielbein mit leicht vor- 
gefhobenem Knie. Die Wahl des Moments nad dem Scuffe 
it eine ungemein glüdlihe, gerade fie ermöglicht die erwähnte 
Diagonale Ser Bewegung, die Wbwedfelung zwifhen nod gee 
firafften und fhon erfclaffenden Musfellagen. Die geradlinige 
Körperhaltung wird urh Sie Drehung des Oberfsrpers nad 
linfs unterbroden, der fih die Wendung des dem Ziele in der 
Luft folgenden Kopfes zwanglosanfdhließt. Esiftein Jünglingsmann 
in reifer Rorperfraft, den Uphues in einem WAugenblide darftellt, 
der eine maßvolle Anfpannung diefer Kraft verlangt. Das Nagte 
war unerläßlid, wo es fic darum handelte, die Rörperbewegung 
nad einem fernen, bod liegenden Augenpunft bin im präcifer 
Form zum Ausdrud zu bringen. Ein befleideter Bogenfhüße 
war unintereffant für den Bildner wie für den Befchauer. 


Bogenſchütze. 


Das Nackte in der modernen Bildhauerkunſt. 


Was wir von der fFlächenbehandlung des weiblichen 
Körpers gefagt haben, läßt fih faum an einem anderen Bild- 
bauer befjer veranfhauliden, wie an Brütt. Seine weibliden 
Geftalten find weder natiirlid nod) geziert anmuthig, fie find 
sunddft und vor Allem wabr und in diefer Wahrheit malerifch. 
Mafvolle Bewegung erzeugt den oben erwähnten Gliederflug 
als ein Ungezwungenes. Die Uadtheit ift bei ihm ftets durch 
die Situation bedingt, unbewußt, niemals mit dem Befdauer 
fofettirend.  Selbft feine Schwerttänzerin fchielt niht nah dem 
Publifum, fie „arbeitet“, wie es ihr als Artiftin zufommt, die 
Yladtheit erfdeint ibe als eine Aeußerlichkeit ihres Berufes. Das 
Gleidhe gilt unter anderen Verhältniffen von feinem ,,Badenden 
Madchen. Es ift überaus reizvoll, wie die gewollte Bewegung 
bier durch eine fonfurirende Empfindung momentan gehemmt wird. 
Der Körper ift zum Sprunge bereit, aber gleichzeitig zittert ein 
Schauer vor der Kühle des Wafers über ibn hin, Sie Arme 
breiten fih wie abwehrend aus, die Kniee prefjen fih zufammen 
und der Blid mißt bei vorgeneigtem Haupte Sie Tiefe. Alles 
it auf den Moment berechnet, in der nädjjten Sekunde ftraffen 
fih die leife zitternden Glieder und tauden woblig in Sie noh 
eben gefürdteten Wellen. Brütt gehört zu den wenigen Bild- 
bauern, die eigentlich in gar feinem bemerfbaren Sufammenbange 
mit Sem Yadten der Antife ftehen. Seine formengebung nimmt 
von dem Modell gerade fo viel als fie braudt, ohne darum 
nad) irgend einem berühmten Mufter zu idealifiren. Das Lebens- 
element feiner Runft ift bei aller bildnerifhen Sicherheit das 
Malerifhe, das wohl abgewogene Spiel des Lichts auf der 
weid) gefpannten Hautflähe. Die weiblihen Beftalten Briitt’s 
find felten felbftherrlic) gefhaffen, fie verlangen nadh einem 
Milieu, das ihre Stimmung be- 
dingt und die Art ihrer Yladtheit 
beeinflußt. Das Spiel der un- 
befleideten Glieder deutet die 
Situation an und zwingt die 
Einbildungsfraft, es fih azu zu 
fhaffen. Was auf diefem Wege an 
ftatuarifcher Gefchloffenheit verloren 
gebt, wird an malerifhem Reiz ge- 
wonnen. Die Art, in der Briitt 
das Nadte behandelt, verleiht ihm 
eine individuelle Ausdrudsfähigkeit, 
die fonft nur der Schweiterkunft 
der Malerei zugänglih if. Er 
hat eine Vorliebe fiir leife fdwel- 
lende formen, über denen die Haut 
fi jpannt, verborgene Kraft ver: / 
rathend. Dabei nähert er fidh 
durchaus nicht dem matronalen Ty- 
pus der Antife, wie ihm etwa 
unfere liebe frau von Melos dar- 
bietet. Auch die Renaiffance bat 
es ihm nicht angethban. Es liegt 
in feiner Auffafung des fihönen 
Nadten ein fpezififh germanifcher 
Hug, der bei allem forgfältigen 
Yaturftndium an Dürer und Alde- 
grever erinnert. Seine freude an 
der Anmuth des weiblihen Rör- 
pers ift aller Sinnlichkeit bar, fie 
ergößt fic an dem Mebergange 
der weichen Linien und an dem 
fanften Schwellen der Flächen, 
ohne der Einbildungsfraft dielleber- 
fhreitung der auf den Genuk hin- 
weifenden Grenzen zu geftatten. 
Seine weiblide Madtheit ift echt 
fünftlerifch, weil fie zuerft, und vor 
Allem Runft ift. G. m. 


— 






N 


Brütt. 


Badendes Mädchen. 


72 


Vermifchtes. 
Kuriofa aus Afelier und erkflaft. 
Gedanken üher hildente Kunfl. 


Eine Ausftellung von Katenbildern. 


Einen Ragen- Raffael haben wir fon einmal gehabt; 
wenn man einem Beridhte der „Fcankfurter Zeitung‘ glauben . 
darf, hätten wir, wenn wir wollen, aud eine Ragen-Angelifa 
Raufmann. Henriette Ronner heißt fie, aus Belgien 
gebiirtig, und bei Hermes in frantfurt a. M. hat fie aus- 
geftellt — eine mehrere Dugend Nummern umfaffende Sammlung, - 
die „den Runftfreund mit hohem Refpeft, den Rakgenliebhaber 
jedod) mit hellem Entzüden erfüllen müffen.“ Da wir den 
Runftfreund bier fhwer von dem Ragenliebhaber trennen fönnen, 
wollen wir uns nit verfagen, ein paar lallende Laute jenes 
„hellen Entzüdens“ vermifcht mit denen des „hoben Refpelts‘ 
wiederzugeben, wie fie der RKritifus des Frankfurter Blattes zu 
finden weiß. „Wer Raten oft und gern beobadtet, der wird 
vielleiht mit uns gefunden haben, dağ andere hervorragende 
Ragenmaler wohl aud den Körper des Thieres mit der wunder- 
voll grazidfen, gefhmeidigen Regung feiner Linien ftudirt haben, 
daß aber die Darftellungen vielfah den Beigefhmad von 
„Rompofition", von Abfichtlichfeit verrathen, mitunter fogar 
ein wenig die Luft zum Thierfabuliren, d. b. Sie Neigung, in 
die Thiergeftalt gewiffermaßen menfhlihe Charafterzüge hinein- 
tragen. Frau Ronner hat nidts von diefem ‚Fehler; fie erfhaut 
die Rake mit voller Schärfe, aber zugleih mit voller Ylaivetät, 
und da ihr virtuofer Pinfel allen ihren Abfihten bis in die feinften Yüancen 
des Ausdruds zu folgen vermag, fo ergeben fih daraus Schilderungen, 
die mit der ganzen Gewalt reiner Natürlichkeit auf uns wirken. €s ift 
wirtlih eine feltene malerifhe Kraft, die folhe Effefte zu bannen, folde 
Rontrafte zu einen weiß. Jm Blanze eines und desfelben Auges glauben wir 
da holdfelige Liebenswiirdigfeit und bodenlofe Niedertradt und Falfchheit auf- 
leuten zu feben . . . Rakennatur! Eine reizende Rompofition, die aber den 
oben berührten febler des ,,Romponirens" von Ragenbildern nicht aufweift, 
ift das größere Tableau „Coquetterie": vier junge Ragden umfpielen einen 
Spiegel, während die Rakenmama woblgefallig und wadfam auf den einen 
Sprößling herabfihaut, der, auf den hinteren Pföthen ftehend, mit den vorderen 
eben Unterfuhungen über die Realität feines Gegenüber hinter dem Spiegel- 
glas anftellt. Die Bilder und Studien, zumeift in Oel ausgeführt, datiren 
alle ert aus den legten vier oder fünf Jahren — eine Frau in den flebziger 
Fahren hat fie gemalt! Man wird, wenn man aud das nod in Betradt 
zieht, von den Pöftlihen Schilderungen einen niht leicht 3u vergeffenden Ein- 
drud mit hinwegnehmen.* 

_ Der Rtitifer der Frankfurter Zeitung ift jedenfalls ein leidenfcaftlider 
Ragenfreund und cs ware unrecht, ibm böfe zu fein, wenn er ung aus der 
Tiefe feiner Empfindung zuruft: „Wenn Sie eine Ragenfunft haben wollen, 
dann haben Sie fie." 


Buriofa aus Atelier und Merkftatt. 

— Ein Riefengemälde. Der Maler James Tiffot in Paris bat im 
Auftrage der Dominikaner für ihre 17 Meter hobe Rapelle im faubourg 
Saint Honoré einen Chriftus tm foloffalen Mafftabe vollendet. Chriftus ift 
vom Riinftler hinter dem Altar aufrecht ftebend gedacht; die Figur bat eine 
Höhe von 15 Meter; indeß fiebt man nur den Oberkörper, und zwar über 
einem gewaltigen Säulengeländer. Dom Hintergrunde der Rapelle oder and 
in der Nähe gefehen maht das Gemälde den Eindrud, als trate Chriftus 
aus dem dunfelblauen Himmel hervor; von feinem zwei Meter hohen Haupt 
geht eine Aureole von goldenen Strahlen aus, und er öffnet den Gläubigen 
feine Riefenarme, die 15 Meter von einander abftehen. Ueber feinem Haupt 
[hwebt eine Taube mit drei Meter Fliigelweite. Chriftus trägt das Gewand 
der Leviten aus weißem Linnen opne Naht und darüber, weiß auf weiß, den 
wollenen Prophetenmantel. Die figur ift von Welnreben umrabmt, dem 
Sinnbild des Abendmahls. — Don einer 15 Meter hohen Einzelfigur fann man 
fid) in unferer pygmäenhaften Zeit faum eine Dorftellung machen, zumal es 
fid nicht um Mofaif, fondern um ein Stesfogemälde handelt. An einer 








Taube von drei Meter Fliigelweite erlabmt die Phantafie, felbft wenn fie den 
bl. Geift vorftellen foll. 

— Modell und Stempelfhneidetunf. Die neuen Schweizer goldenen 
Swanzigfrantsftüde feinen ein Begenftüd zu den bekannten Frankfurter 
Thalern bilden zu wollen, die mit der Gnfchrift A. v. Nordheim verfeben find, 
einem Namen, hinter dem fih angeblid eine Beliebte Rotbfhild's bergen follte, 


während es fih doh nur um den Stempeljhneider handelt. Zu dem Münz- 
bild hatte ein Berner Oberlander Madchen, Anneli Stalder in Brienz, Modell 
geftanden. Yun fchreibt die Schweizer numismatifhe Zeitfhrift: „Zu loben 
fei hödftens die Wahl eines nationalen Modells für den weibliden Ropf. 
Dagegen fei es total verfehlt, ein junges Mädchen zur Helvetia zu wählen. 
Viel beffer als ein fo unerfahrenes Ding bätte eine wadere frau und Mutter 
auf die Münze gepaßt; an ftattlihen, ja fhönen Geftalten in der Dollfraft 
des reiferen Alters fehle es ja in der Schweiz nit. Noch verkehrter fei der 
Ausdrud im Befiht; es fei, als ob das Schweizer Mädchen voll Sehnfuht 
nah dem Shak ausblide. So geht's eben mit den Allegorien! Der eine 
denkt ih die Schweiz als Matrone, der andere als Badfifh. Die Sebnfudt 
nah dem Schatz — darin miiffen wir der numismatifchen Zeitfehrift Recht 
geben — if auf einem Boldftüd nist fo ganz am Plage. 


Gedanken über bildende Bunf. 
Jm Pofitiven die Poefie feftzuhalten, fheint mir die Aufgabe des 
Rünftlers zu fein. 


* 

Der wahre Styl kommt dann, wenn der Menſch, ſelbſt groß angelegt, 
nah Bewältigung der unendlihen Feinheiten der Natur, die Sicherheit erlangt 
hat, in das Große zu gehen. 

Mit.einem Worte: Styrl iſt richtiges Weglaſſen des Unweſentlichen. 

* 


Der ſogenannte Realiſt bleibt immer im Detail ſtecken. Realismus iſt 
die leichteſte Kunſtatt und kennzeichnet ſtets den Verfall. Wenn die Kunſt 
das Leben nur kopirt, dann brauchen wir ſie nicht. 

* 


Das Werf mag viele fehler haben, aber eines muß man ihm laffen — 
originell ift es. So fpreden gewifje Leute und ziehen die Augenbrauen n 
die Höhe. 

Was ift originell? Alles und Jedes in der Welt ift fhon einmal da- 
gewefen und leider faft immer beffer. Was aber aus der tiefiten Seele des 
Menfhen kommt, ift Semungeadtet immer originell. 

Anjelm Feuerbad. 


Deutfdhe Runf. ` 











Preisausfdreiben fiir eine Hodpzeits-Medaille. 


Wir verdffentliden im Madftehenden an ungewohnter Stelle 
den Wortlaut eines Preisausfchreibens, das uns foeben furz vor 
der Drudlegung aus dem Preußifhen Rultusminifterium zugeht: 


„Es befteht der Wunfch, eine Hocdzeits- Medaille oder Plakette 
prägen zu laffen, die geeignet ift, als Hodhzeitsgefhent Derwendung zu finden 
oder für die Angehörigen der Eheleute als dauernde Erinnerung an die 
Hochzeitsfeier zu dienen. 

Zu diefem Bebufe wird ein Wettbewerb für preußifhe und in Preußen 
lebende andere deutfhe Rünftler ausgefchrieben. 

Derlangt. wird ein Wahsmodell in, der drei-, vier- oder fünffahen Bröße 
der Ausführung, deffen Durdhmeffer oder längftes Maß mindeftens 20 cm 
beträgt und 30° cm nicht überfhreiten darf. 

Die form der Medaille oder Plakette ift dem Ermefjen des Riinftlers 
anheimgeftellt. Es können eine oder beide Seiten fiinftlerifh ausgeführt 
werden. Auf einer Seite ift Raum vorzufehen für eine einzugravirende 


Gnferift, welche mindeftens das Datum der Ehefchliefung, thunlihft aber auch 


die Namen des Ehepaares enthalten foll. 

Das Modell muß forgfaltig urdgearbeitet fein, fo dağ es nah Der- 
fleinerung duch die Mafchine für Herftellung des Stempels .benukt werden 
tann. Die Infchrift ift in einem beliebig gewählten paffenden Beifpiele voll- 
ffändig zu entwerfen. Dem Modell ift eine Photographie beizugeben, welde 
es in der von dem Riinftler fiir die Ausführung beabfidtigten Per- 
Meinerung zeigt. 

Feder Entwurf muß mit einem Rennwort verfehen fein. . Außerdem ift 
ein gefdloffener, dasfelbe Kennwort tragender Briefumfhlag beizugeben, in 
weldem fid) die Angaben über Namen und Wohnung des einjendenden 
Rünftlers befinden. 

Die Einlieferung der Modelle bat 

bis zum 25. April 1898, Nachmittags 5 Uhr, 
im Bureau der Röniglihen Akademie der Rünfte in Berlin NW., Univerfitäts- 
ftraße 6, zu erfolgen. 

für den beften Entwurf wird ein 

Preis von 2000 Marf 
ausgefetzt. Ferner werden dem Preisgeriht nod) 3000 Mark zur Verfügung 
geftellt, um weitere Preife zu vertheilen, foweit befriedigende, eines Preifes 
würdige Löfungen eingehen. Als Preisgeriht ift die preußifhe Landeskunit- 
fommiffion beftellt. 

Der unterzeichnete Minifter beabfihtigt und behält fih das Redt vor, 
den urh den erften Preis ausgezeichneten und geeigneten falls nod andere 
preisgefrönte Entwürfe in Bronze oder Silber ausführen zu laffen und für 
amtlihe Zwede, befonders zu ‚Gefhenfen für öffentlihe Sammlungen oder 
Anfalten, zu vervielfältigen. . Die Vervielfältigung zum Swede der Der- 
werthung verbleibt in allen fällen dem Rünftler. Befondere Dereinbarungen 
mit demfelben über Benugung der angefertigten Prägeftempel werden vor- 
behalten. 

Nadh erfolgter Beurtheilung werden die Entwürfe unter Angabe der 
Namen der pfeisgefronten Riinftler öffentlih ausgeftellt. Die Nennung der 
Rünftler, weldhe feine Auszeihnung erlangt haben, erfolgt nur auf deren 
Antrag. 

Berlin, den 1. November 1897. 

Der Minifter 
der geiftlichen, Unterrihts- und Medizinal-Angelegenheiten. 
Boffe. 


Das fo angefiindigte Preisausfchreiben ift mit befonderer 
‚freude zu begrüßen, weil es bezeugt, wie man aud) an maf- 
gebender Stelle bemüht ift, die heimifche Runftpflege oder — 
prägnanter ausgedrüdt — die Runft im Zufammenbange mit Haus 
und familie zu pflegen. Wir werden Gelegenheit nehmen, fhon 
in nadchfter Heit durch Tert und Bild zu veranfhaulidhen, wie 


man in der deutfhen Vergangenheit folde Medaillen und 
Plafetten zu erfinden und tehnifh zu geftalten pflegte. 


Die Küneburger Bauernftube. 


Bei dem Wettlauf nah dem neuen Styl der deutjhen Zimmereinridtung 
ift man fhon wiederholt bei der Bauernftube angelangt. Die Bauernftube 
von damals foll das Herrenzimmer von heute fein. Ob man aud die echte 
Lüneburger Banernftube nahbilden wird, weldhe legthin im Mufeum zu Celle 
zufammengeftellt it? Die Realiften, Naturaliften und Deriften unter unferen 
Wobnungseinridtungsreformatoren werden ihre belle Freude Saran haben. 
Ueber der in den Flett führenden Thür find roh aus Holz gefdhnigte Pferde- 
fopfe angebradt; die leiten UWeberbleibfel des uralten Pferdekultus neben 
der Barbe, die man fiir des Ollen n Peerd ftehen läßt. Gm Slett befindet 
fih der niedrige, frei ftehende Heerd aus Feldfteinen, zwifhen ihm und der 
Wand die alte Bank. Ueber dem Heerd, herab von dem hölzernen 
Rahmen hängt der große Reffel an einem Reffelhaten; legterer war einft das 
widtigfte Hausgeräth für die Bedeutung des Rechtes des Haufes und Hofes, 
erfheint daher auh oft in adligen Wappen. 

Der Rahmen diente zugleih als Ffeuerfhurdede für den darüber befind- 
lihen Boden. Zm braunen Bört fteht Zinngefhirr, daneben das Butterfaß, 
der Holzkloß mit Holzeimern, der Hadeblod mit Beil. Während am Tage die 
Sonne durh grün bleigefaßte Scheiben fiheint, dient Abends die madtige 
Rienleucte als Lampe. An der anderen Seite fteben Haspel- und Spul- 
geräthe, fowie ein fchdner Eihenfhrant. Jn der, Mitte der Stube (Dönze) 
felbft, laftet auf feinen Rugelfiifen ſchwer der eihene Tifh; unter den alten 
Schiebfenftern zieht ih die lange Anechtebant bin; an der Wand fteden in 
einem Lederhalter Gabeln und hölzerne Löffeln; ein Webftubl, der riefige 
Ubrfaften, Rrüfel mit Doht und Gel, Brautfhoppen aus Zinn, ein Ofen von 
1670 mit blauweißen Figuren und Landfhaften vervollftändigen die Ein- 
tihtung, natürlich fehlt auh der Sonntagsftaat des Schulzen (Anlehofe, 


‚blauer Rod, rothe Wefte, blante Rndpfe) und der Schulzin (Boldhaube) nicht. 


Was wird wohl die moderne Mobelinduftrie mit Stefer vom ftrebfamen 
Celler Mufeumsverein gegebenen Anregung machen? 


Eine alte chinefifche Technik. 

— £. von Hofmann hatte im Aunftfalon von frig Gurlitt - Berlin 
jüngft ein paar dekorative Holztäfelhen ausgeftellt, die auf vertieft aug- 
gefhnittenem, in den Umrifjen gerigtem und leicht bemalten Grunde 
pbantaftifhe Szenen, Bruftbilder und Landfchaften boten. Die Wirtung diefer 
Dereinigung von Schnitarbeit und leiht farbiger Hebermalung war ungemein 
reizvoll. Es ift für Rünftler und funftliebendes Publitum gleih inter- 
efant, 3u erfahren, daß eine ähnlihe Tehni? in China bereits vor einem 
halben Gabrtaufend geiibt wurde. Der unten theilweife abgebildete Prunt- 
fhirm entftammt der fiiddinefifhen Proving Roromandel und wurde im 
14. Jahrhundert angefertigt. Die Ornamente fnd aus dem Ladgrund in ver- 
tieftem Relief ausgefhnitten und zartfarbig polpdhromirt, ganz wie in den 
Hofmann’fhen Holztafeln. Die Art der Ornamentirung ift dadurd befonders 


74 Deutſche Run ſt. 


intereſſant, daß ſie zeigt, wie die Chineſen ſchon in der früheſten Kunſtübung 
fih als Naturaliſten im beſten Sinne des Wortes gaben und dod). iiberall 
die Geſetze des vertieften Rellefs zu wahren wußten. Die eine Seite des 
Schirmes weiſt blühende Baumzweige auf, die ſich in natürlicher Veräſtelung 
über einen Waſſerſpiegel neigen. 
geäderten Blättern hervor. Vögel und Libellen flattern über die leicht ge- 
fräufelten Wellen. Die andere Seite zeigt zierlihe Bronzevafen, aus denen 
an fein gefhwungenen Zweigen Ordideen, Chryfanthemen und Tulpenbaum- 
blüthen auftragen. Die Art, wie all die zierlihen Sähelhen über die Fläche 
bingeftreut find, iff von einer naiven Ungezwungenbeit, wie fie im Runft- 
bandwerf faum je wieder erreiht worden ift. And das Alles vor einem 
halben Gabrtanfend! Man muß fih unfere Elfenbein- und Holsfdnigereien 


deffelben Zeitraumes vorftellen, um fih flar zu werden, daß es im 14. Jahr- 
hundert in Oftafien ein Rulturvolf gab, von dem unfer Runfthandwerf foeben 
wieder zu lernen beginnt. 


Die durdh £. von Hofmann — fider ohne Renntnif 
folder Dorlaufer — gegebene An- 
regung verliert Such diefe Reminiscenz 
natürlih nichts von ihrer fünftlerifchen 
Bedeutung. Dielleiht dient fie dazu, 
den zur Plage gewordenen, unbebolfenen 
Rerbfhnitt im Deutfhen Haufe- ein 
wenig zurüdzudreängen. Die Möglidy- 
leit der Reproduftion verdanfen wir 
der Wagner 'jhen Runfthandlung 
(5. Paedter) Berlin. 


Berlin. — Die perfönlide 
Initiative des Kaifers im Runft- 
angelegenbeiten findet in der Preffe 
nit immer die Wertbihätung, die fie 
in Anfprud nebmen darf. Man follte 
fih tro gelegentliher Meinungsver- 
f&hiedenheit freuen, daß ein fürt an 
der Spike des Staatswefens fteht, der 
im Runftfhaffen eine bedeutungsvolle 
Aeuferung des Nationalbewußtjeins 
fieht und ihm demgemäß dauernd feine 
Aufmerkfamteit zumendet. Daf er 
dabei feinem eigenen Bejhmad folgt, 
it ebenfo natürlih, als daß ibm alle 
mögligen Leute den ihrigen octroyiren 
mödten. Soviel ift fiher erreicht, daß 
in den Werkftätten der Reiheshauptftadt 
in einem für Berlin überaus fihnellen 
Tempo gearbeitet wird. 


Die Arbeiten am Raifer- 
Wilbhelmdentmal werden unter fteter 
Theilnahme des Raifers emergifch fort- 
gefeßt. Der Bildhauer Göt ift mit 
dem Entwurf für Bitter und Randelaber 
befhäftigt. Gn das erftere werden 
drei Reliefs eingefügt von ovaler form. 
Das eine zeigt die fikende Geftalt 
dk Schönheit, wie fie in anmuthiger 
Bewegung ibr berabflutbendes Haar 
ordnet; zur Seite ftebt ein Pfau. 
Auf dem zweiten Relief ift die Weisheit 
veranfhanliht duch ein Weib, das, 
den Rérper nad vorn geneigt, ernft 
finnend in ein Buch fis verfentt, auf 
das die Strahlen der Morgenfonne 
fallen; daneben fitt eine Eule. Die 
Weisheit ruht auf einer Architektur, die 
arabesfenartig gebeimnifvolle Zeichen 
trägt. Das dritte Relief verkörpert die 
Kraft in Geftalt eines jugendftarfen 
Mannes in rubender Haltung, deffen 
= Blit auf einen Löwen gerichtet ift. 
Die Kandelaber erhalten eine Bröße von 








Chinefifher Prunffhirm. 


Rothdornartige Bliithen lugen aus fein - 


etwa zwei Meter und werden von Raiferfronen überragt, an den vier Eden 
treten farpatidenartige befliigelte Jdealgeftalten hervor, die unten in Ronfole 
verlaufen. Die bildnerifhen Arbeiten werden in vergoldeter Bronze aus: 
geführt. 

Die Entwürfe für die bildnerifche Ausftattung am äußeren Aufbau des 
Domes, mit denen Profeffor Vi. Beiger betraut ift, fehreiten rüftig fort. Eine 
der Mittelfiguren der act Gruppen fingender Engel, welde die Hauptfuppel 
umgeben follen, it inzwifhen im Modell vollendet. Ste ragt inmitten 
Guirlanden haltender Putten in dreifaher Lebensgröße auf und wird in 
Kupfer getrieben werden. 

für die Siegesallee find inzwifhen die Gruppen der zweiten Jahres- 
ferie von den Bildhanern Profefforen Baumbad, Carl und Reinhold Begas 
in Angriff genommen worden. Der nah Stuttgart berufene Arditelt Halm- 
buber þat allerdings die baufünftlerifhe Leitung niedergelegt, aber die Aus- 
führung der erften Nifchen in Marmor ift fo weit vorgefdritten, daf fie fon 
in nädhfter Zeit die Siegesallee [hmüden werden. Aud für den Neubau der 
Hohfhule für die bildenden Rünftle und für Mufif zeigt der Raifer ein dauerndes 
Gnterefje. Bei der Aonkyrrenz, die im vergangenen Jahre ftattfand, war das 
Terrain am Joologifhen Garten, auf dem fih jest der Sportplat des 
Weftens befindet, zu Grunde gelegt worden. Man bat fih aber dann ent- 
fhloffen, den geräumigen Plaş zur Verfügung zu ftellen, der zwifchen 
Hardenbergftrafe, Fafanenftraße und Rurfürftenallee gelegen ift. Durd eine 
Rabinetsordre des Raifers find im Juni diefes Jahres die Arditeften Rayfer 
und von Broßheim, deren Entwurf in der Ronkurrenz den erften Preis er- 
halten hatte, beauftragt worden, den Bau auszuführen und zunädit ein 
neues Projeft für den nun gewählten Plaş auszuarbeiten. Diefes Projekt 
ift jett fertiggeftellt und der Prüfung des Rultusminifteriums unterbreitet worden. 

Die Entwürfe für den inneren 
Shmud der Erldferlirhe in Jeru— 
falem läßt fih der Kaifer in allen einzelnen 
Theilen vorlegen und orönet die vorzunehmenden 
Aenderungen felbft an. Neben den Glas- 
fenftern, die im Föniglihen Jnftitut für Glas- 
malerei bergeftellt werden, ift der funfivolle 
Taufftein zu erwähnen, der von regierenden 
Fürften geftiftet wird. Hierzu gehören anc 
ein Lamm Gottes, ein Adler, der die Bibel 
trägt, und eine Reibe von ornamentalen 
Löfungen. Die Modelle werden in der Berliner 
Sunfersdorffdhen Bildhauerwerkftatt bergeftellt 
und dann an Ort und Stelle von deutjhen 
Bildhauern ausgeführt. Zur Ausführung des 
Baues wird Stein, der in Paläftina gefanden 
wird, verwandt. Der Entwurf fiammt von 
dem wirflihen Gebeimen Ober-Baurath Pro- 
feffor Adler, in defen Händen aud die oberfte 
Leitung liegt. 

Der perſönliche Verkehr des Kaifers mit der 
Rünſtlerſchaft iſt ein überaus reger. So wurde 
der Maler W. Koſſak, der Ende Oktober 
von einer Studienreiſe nach Frankreich zurück— 
gekehrt war. ſofort zum Bericht empfangen. 
Der Känſtler hat dort die Stätten in Augen- 
fhein genommen, Ste er in feinem Rundgemälde 
„Die Campagne von ISI4" zu fhildern gedentt. 
Während der Audienz, der aud die Raiferin 
beiwobnte, legte Roffal dem Herrfherpaare die 
bereits fertigen Skizzen zu einem der Bilder, 
das eine Epijode aus der Schlacht bei Champe- 
aubert behandelt, vor. 

Die ftädtifhe Runftpflege, infofern 
fie fid) in Ser Deputation für Runftzweige ver- 
förpert, ftudirte eifrig die Modelle für die 
Dichterbermen im Diktoriaparf und fab, dağ 
Alles gut war. Pradt bat Heinrid) von 
Rleift im Augenblid des Sihterifhen Schaffens 
dargeftellt; der Ropf ift in finnendem Ausdrud 
ein wenig gefenft. Die rehte, bis gur Hals- 
fraufe emporgebobene Hand hält den Bänfe- 
fiel; Ser linfe Arm ift leiht auf den Sodel 








Chineſiſcher Prunkſchirm. 





An 


Deutfde Run ft. 


geftiikt, und die Hand faft in ein Manuffript, auf weldes der Mame Heinrid 
von Rleift gefdrieben ift. Ein um den Ueberrod gelegtes faltiges Gewand umgiebt 
den fblanfen Sodel, deffen Dorderflähe mit Lorbeerzweigen, Mobnblume und 
einer fih darum züngelnden Schlange verziert ift. Die Herme Mar von Schenten- 
dorf's ift von Reidel geftaltet. Ueber den Waffenrod des Liikower Jägers 
legt fih auf der Schulter der Mantel, defen Faltenwurf die linfe Hand zu- 
fammenbalt; die rechte faßt eine Rolle, die des Dichters Namen trägt. Dem 
Bildhauer Wend war die Aufgabe zugefallen, den Sänger von „Lever und 
Schwert‘ darzuftellen. Wud Körner trägt die Uniform des Liikower Jägers, 
dazu die Adjutantenfhärpe und über die linte Schulter gebreitet den Reiter= 
mantel. Den fug der Herme fhmüdt im Flachrelief die von Putten getragene 
Lever. Hans Latt hat Ernft Mori Arndt in fohaffender Thätigkeit dar- 
geftellt. Die rechte Hand faßt den Ganfefiel, die auf der Bruft rubende 
Linte hält das Manuffeipt des Liedes: „Der Bott, der Cifen wachen ließ.“ 
Don der linten Schulter fällt der Mantel auf den Sodel hernieder, deffen 
Fug von einem Cidenband umflodten ift. Uhland ift von Mar Rrufe in 
tubiger Derflärung wiedergegeben. Riidert's Denfmal ift ein Wer? des Bild- 
hauers Lepde. Aud Rüdert ift im Augenblid des poetifhen Schaffens dar- 
geftellt, mit dem Ganfetiel in der Rechten und einem offenen Screibheft in 
der Linten. Am Fuße des Sodels liegt in anmuthiger Haltung eine Putte, 
welde in die Seiten der Leier greift. Zu übermäfßiger Anftrengung der Ein- 
bildungsfraft gab die geftellte Aufgabe feinen Anlaß, man Fonnte mit Putten, 
Lorbeer, Federfiel und Manuffript wohl ganz gut ausfommen, und der fhön 
angelegte Diktoriaparf wird fdon feine Schuldigfeit thun, um den Runſtwerken 
zu erhöhter Beltung zu verhelfen. 


Münden. — Gn den letzten Tagen der Internationalen Runftausftellung 
wurde „Die beilige Naht" von Walter firle von einer Bremer Runft- 
freundin angefauft, um fie der dortigen Runftballe zum Bejhent zu maden. 
Leider ift für Münden im neuerer Zeit ein ähnlicher Fall niht zu ver- 
zeihnen. Es find fhon viele Jahre, dap das „Spiel der Wellen" von A. 
Bödlin durh Herrn Baron Wendelftadt in NMeubeuren, „Die Sintbfluth" von 
£. Willroider Surd Heren R. Moffe in Berlin, „Die Sünde" von Ff. Stud 
durh Herrn Haniel in Heimhaufen für die neue Pinafothef erworben wurden; 
feitdem ift diefer Sammlung durch Private fein Runftwerf mehr zugewendet 
worden. Dielleiht regt das erwähnte Beifpiel zur Nadeiferung an und wirkt 
dabin, daß auh von Mündnern der bayeriihen Staatsfammlung werthvolle 
Bereicherungen zugeführt werden. Jm Runftverein fonzentrirt fid Sas Jnter- 
efe um Eduard von Bebhardt's „Jünger von Emaus" und Egger» 


Liens’ ,,Schwur der drei Tiroler 1809". Auf dem Bilde von Gebhardt 
ift Chriftus den Bliden der beiden Jünger foeben entrüdt; fie fhauen in er- 
fhüttertem Staunen nad) oben, während die alte Magd, die mit einem Licht 
zur Thür hereintritt, fih verwundert zeigt, dağ von den drei Tifchgenoffen 
der eine jo fpurlos verfhwunden ift. Hat man fih einmal über das eigene 
Staunen ob des Feblens Ser Hauptperfon fortgefegt, fo fann man ih an 
der ernften Arbeit eines Riinftlers erfreuen, deffen religiöfe Bilder ftets von 
auftihtiger Befühlsinnigkeit Surdhdrungen find. WAud) die Hiftorie von Egger- 
Lienz zeugt von dem hoben fünftlerifgen Ernft und der Einfachheit der Mittel, 
mit denen gefdhichtlihe Ereigniffe erfaßt fein wollen, um auf den modernen 
Menfhen einen über den Theatereffeft hinausgehenden Eindrud zu machen. 


Dresden. — Den pradtigen faatlihen Neubauten wird fid nun 
aud der Landtagspalaft anfcliefen, der auf dem Schloßplat zwifchen der 
Brübl’fhen Terraffe und dem“ Stallhof gegenüber der fatholifien Rirdhe 
errichtet wird. Das alte finanzminifterialgebdude ift bereits niedergeriffen 
worden, dod) mug auh das Briibl'fhe Palais nod fallen, da fi heraus- 
gefellt hat, daß Schwamm und fäulnig an den Balken ihr Zerftörungswerf 
begonnen baben und die Mauern der Feftigkeit ermangeln. Damit geht der 
Feftfaal im oberften Gefhoß verloren, der ein fhönes Beifpiel der meifter- 
haften Gnnendeforation des vorigen Jahrhunderts war. Gebeimrath Wallot 
bat dafür geforgt, Saf wenigftens alle werthvollen Einzelheiten erhalten 
bleiben: die Wandfüllungen des Saales find photographirt und die Reliefs 
im Treppenhaufe abgeformt worden; fie werden vermuthlid im Neubau 
verwendet werden. Das große Silvefter'jhe Dedengemälde zu erhalten, würde 
bedeutende Koften verurfahen; ob diefe daran gewendet werden können, iſt 
noch fraglich. Der Wallot'ſche Neubau für das Ständehaus wird im All— 
gemeinen die Geftalt eines unregelmifigen Diereds haben und fidh um einen 
großen Kichthof gruppiren. Die Seiten nad der Terrafien- und nach der 
Bribl'fhen Gaffe werden einfah ausgeführt, die eigentlihen Schaufeiten 
fommen nad dem Sdhlofplak und nad der Auguftusftraße zu liegen. Auf 
beiden Seiten treten fräftige Säulenftellungen vor. Der Brundriß ift von 
meifterhafter Alarheit und Bequemlidfeit der Anordnung. Die Schaufeite 
nad dem Scloßplage wird fo geftaltet fein, daß fih das geplante König 
Albert-Dentmal der Architektur anfchließt. : 


Rarlsrube. — Die Creignijje der legten Woden find die Enthillung 
des Raiferdenfmals und die Eröffnung der nenen Miethsfale 
des Runftvereins, Das Raifersenfmal von Heer ift ein hervorragender 





Actien-Gesellschaft 


vormals 


— B—-— 


Fabrik für 





H, Gladenbeck & Sohn | 


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Friedrichshagen b. Berlin. 


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Max Hoerder. 





Unter den Linden, Hötel Bristol. 


76 I Deutfhe Rung. 


Zs 


Schmud der badifhen Hauptftadt. Gn der Gefammtgeftaltung, in der 
Silhouette, die ih dem aus der Raiferftrafe heranfommenden Befdauer 
darbietet, it das Denkmal voll fünftlerifher Schönheit. Die Aehnlichkeit, 
der würdevolle und gütige Ausdrud, die Haltung im Ganzen laffen nidts zu 
wünfchen übrig. Der auf die linte Seite gebogene Ropf des Roffes maht 
die Beftalt des Raifers jhon von Weiten fihtbar. Auch die beiden Figuren 
vor und binter dem Sodel, den Frieden und die Gefchidte vorftellend, find 
von edler Auffaffung. Yur die Reliefs find fhon wegen der verfdiedenen 
Mafe der Figuren nit ganz einwandfrei. 

Die einzige, dem Runftverein zur Verfügung ftebende Räumlichkeit, 
der Saal in dem eigenen Gebäude des Vereins am Schloßplat, war für die 
geftiegene Mitgliederzahl und den wadfenden Befuh fhon feit längerer Zeit 
nicht mehr ausreihend. Der Dorftand hatte einen glüdliben Gedanfen, als 
ec die urfpriinglidh 3u einem Café beftimmten Säle in dem Neubru am der 
Ede der Raifer- und Waldftraße miethete. Gn diefen follen fiinftig die Runft- 
werte ausgeftellt werden, die längere Zeit bier bleiben, während der ältere 
Saal die rafcher wechfelnden Ausftellungen aufnimmt. 

Gm Ausftellungsfaal des ftädtifhen Archivs ift eine Sammlung von 
Werken altdeutfber und niederländifher Rupferftid- und Radir- 
funft aufgelegt. Die Sammlung gehört zu jener auferordentlid werthvollen 
und umfangreihen Rolleftion von Stihen und Zeihnungen, Aquarellen, 
welde die Erben des verfiorbenen Beheimratbs Ferdinand Singel dem 
ftädtifhen Archiv als „Ferdinand Singel'fhe Sammlung zugewendet haben. 


Wiesbaden. — Der nah dem Beichluß der Feftfommiffion fiic die 
Enthülhingsfeier des Raifer Friedrih-Dentmals zu Gunften eines neuen 
Shiller- Dentmals ftattgebabte Derfauf von Tribünenbillets bat den 
Erlös von 5658 Mark ergeben. Hierzu fommt der vorausfidtlid einige 
Taufend Mark betragende Ueberfhuß aus dem Raifer Stiedrih-Denfmalfonds. 
Es ift begründete Ausfiht vorhanden, daß diefer Fond fih bald vergrößern 
wird, und daß fomit der ‚Frage der Errichtung eines neuen würdigen Sciller- 
Denfmals wird näher getreten werden können. 

Ueber das in der Saalburg bei Homburg v. ©. Höhe zu erridhtende 
Mufeum römifher Altertbümer verlantet feit der Raijerrede in Wies- 
baden mandes neue. Das Mujeum wird ein Reids-Limes-Mufeum werden. 
Sämmtliche fundftüde des Limes von der Donau bis zum Rbein follen dafelbft 
zur Aufftellung gelangen. Die Porta Decumana und das Prätorium follen 
zur Aufftellung der Fundftüde vollftändig in Stein aufgebaut werden. 


Elberfeld, — Im Mufenms-Verein wurde zu Ehren des 70. Geburts- 
tages von Arnold Bödlin eine Bödlin- Ausftellung veranftaltet. Sie 
beftebt aus einem Originalgemdlde Ses Meifters „Der Tanz um die Bachus- 
faule aus biefigem Privatbefit, ferner einer mit Bödlins Erlaubniß gemalten 
Ropie eines Elberfelders, Rernefamp, nah dem Münchener Bilde „Spiel der 
Wellen“ und einer Anzahl Rlinger'fher Radirungen nad den befannteften 
Werfen des Meifters. Neben Bödlin und Rlinger kann gegenwärtig bier nur 
noh franz Stud anffommen, deffen entziidendem ,, frauenfopf' die Nachbar— 
fhaft der Bödlin’fhen Arbeiten nicht jchadet. 


Bonn. — Gn dem zum Abbruch beftimmten alten Bebäude der Bonner 
Lefegefellfhaft ift augenblidlih für einige Woden eine funftgewerblide 
Ausftellung untergebradht, die durch Bonner Fntereffenten in Derbindung mit 
dem Direftor des Centralgewerbevereins fiir Rheinland 
und Weftfalen, Frauberger, ins Werf gefekt if. Die 
meiften Ausftellungsgegenftände hat der Centralgewerbe- 
verein geftellt und mit bewährten Befhid gruppirt. faft un- 
befannt ift dagegen, was in den verfchiedenen Bonner Privat- 
fammlungen an guten funftgewerbliden Studien vereinigt 
it. gn erfter Linie ift hier die Sammlung des Herrn Karl 
Röttgen zu nennen, die in Bezug auf mittelalterlide Hol3- 
ffulpturen und Möbel unmittelbar nad) den großen Runft- 
gewerbemufeen in Röln und Düffeldorf fommt, und die bekannte 
Rramer'fhe Sammlung in Rempen, deren Haupttbeil 
vor Rurzem durd eine hodberzige Schenfung dem neuen Kaifer 
Wilhelm-Mufeum zu Crefeld iiberwiefen worden ift, ducd die 
Fülle plaftifher Werte noh übertrifft. Aus der Röttgen'jchen 
Sammlung find zur Jeit einige gothifhe Renaiffance- 
Shränfe und -Truben ausgeftellt, durchweg rheinifhe und 
niederdentfhe Arbeiten, insbefondere die Renaiffance-Shrante 


graphien nach 


Surh ihre Cintheilung 
und die lange Herrfchaft 
degenerirter gothiſcher 
formen merkwürdig. 
Dann fejjelt den Blit 
eine Reihe vor Holz- 
ffulpturen, vom !3. bis 
17. Jahrhundert, mit 
zwei jpätromanifchen 
Madonnen beginnend, 
gute frühgothifhe Ein- 
zelfiguren, daratte- 
riftifche Arbeiten aus der 
Rölnifhen Schule vom 
Anfang des 15. Jabr- 
bunderts mit dem reichen 
Gefaltel in der Gewan- 
dung, endlich eine große 
Hablvon plaftifhen Ar- 
beiten aus der Schniger- 
fhule von Röln, von 
Calcar und den übri- 
gen  niederrheinifchen 
Runftcentren fowie vlä- 
miſche Arbeiten, einige 
Surh die cingebrannte 
Hand als Erzeugnijle 
Antwerpener Fabrifen 
beglaubigt, daneben 
nod einige füddentfche 
Arbeiten. Die lange 
Reihe von einem halben 
Hundert Skulpturen ent- 
hält nur gute Stüde 
und führt die ganze 
Entwidlung der Holz- 
ffulptur am Rhein duch 
drei Jahrhunderte vor. 
Unter den zablreihen 
übrigen lusftellern fei 
dann nur nod Here 
3of. Hofmann bervor- 
geboben, ein befannter 
Sammler von Bonner 
Alterthümern, dereinige 
filberne und eiferne 
künſtleriſch hochbedeu⸗ 
tende Rococo⸗Arbeiten 
und weitere Kunſtwerke 
aus der kurfürſtlichen 
Zeit der öffentlichen 
Ausſtellung übergeben 
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struth — Ludw. Jacobowski — Ad. Kohut — John 
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Tanera — Konr. Telmann — E,v. Wildenbruch — ete. 
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Kunff- unt == 





Kunfigemerhemarkt. 


Japaniſche Holzſchnitt⸗Technik. 


Ueber die Technik der farbigen Holzſchnitte in Japan hat neuerdings 
T. Tokuno, Vorſtand der Abtheilung für Buch- und Bilderdruck des finanz- 
miniſteriums zu Tokio, in einer Publikation des National-Muſeums zu 
Waſhington Aufklärungen techniſcher Art gegeben. Danach ſucht ſich der 
japaniſche Holzſchneider ſelbſt mit umſtändlicher Sorgfalt ſein Material aus, 
und zwar bevorzugt er Sakura, eine Art Kirſchholz, deſſen Faſer ſich durch 
Härte und Zartheit in gleicher Weiſe auszeichnet. Er ſpaltet parallel zur 
Faſer, wie es Dürer liebte, während die moderne Praxis gern quer durch— 
ſchneidet. Die mit dem Pinſel auf dünnes, durchſcheinendes Papier gemalte 
Vorlage wird, die leere Seite nadh oben, auf die Platte gelegt. Deutlid er- 
fheint das Bild jedoh erft, nahdem das Papier geölt und forgfältig ab- 
gefhabt it. Beim Schnitt wird das Mefjer mit der Rechten gehalten und 
mit der Linfen geführt, eine Handhabung, die felbft ein beliebtes Motiv für 
Holzfdnitte ift. Probedrude, Rünftlerabzüge, Avant-la-lettres find un- 
bekannt, dafür it Alles — auf japanifhem Papier gedrudt. Fede Farbe 
erfordert einen bejonderen Blot; die weiteren Platten werden Sparjamteits- 
balber auf demfelben Stot nebeneinander, oft auh auf der Rüdfeite ans 
geordnet. Trodene Farbe wird aufgetragen und Reiskleifter darüber gelegt. 
Die farbe wird erft auf dem Blot mit Pinfeln gemifht und zugerichtet, die 
ebenfalls tühtig in Reismafje getränkt find; diefe ift niht nur zum firiren 
da, fondern verleiht der farbe auh Glanz. Das aus der Borfe des Maul 
beerbaumes gewonnene Papier ift das denkbar zurtefte; forgfältig befeuchtet 


wird es auf den Blod gelegt, mit einer eigenen Bürfte gerieben und an. 
gedrüdt; kurz das bergeftellt, was unfere Drudereien einen Bürftenabzug 
nennen. — Wenn diefe Prozedur bei uns micht in derfelben Feinheit her- 
gefellt werden fann, fo liegt die Schuld einmal an den farben, die zu- 
fammenlaufen. Außerdem lafen üh die Handgriffe wopl leiht aufzählen, 
find aber night nah Schema F nahzumaden, weil nod hierbei die geniale 
Andividualität alles ausmadht: etwas mehr befeudten oder weniger, etwas 
mehr ‚Farbe als Bleifter oder umgetebrt u. f. w. Dazu fommt die beneidens- 
werthe Geduld und Rube der Japaner und ihe gefdidtes „Handgelenk“, 
weldes wir bei ihren Stichblattern, Elfenbeinfhnitereien 2. fhon fo oft be- 
wundert haben. 


Ein neuer Berliner Kunftfalon. 


Rurz vor der Potsdamer Brüde ftoßen zwei verfhiedene Richtungen 
Berliner Lebens in jharfem Winkel aufeinander, eine ftille, erſt kürzlich ent— 
ftandene Privatftraße, die fic) am Garten der Röniglihen Hohfhule für 
Muff hinzieht, und die mächtig pulfirende Derfehrsader der Potsdamer Strafe. 
€s war ein überaus glüdlihee Gedanke der neu begründeten RKunft- 
bandlung von Keller und Reiner, bier ihre vornehm ausgeftatteten 
Ausftellungsfalons zu eröffnen. Die Bedeutung diefer Eröffnung fonzentrirt 
fih in zwei Hauptpunften. Zunächft und vor Allem ift in Ser inneren Ans- 
ftattung der Räume auf das glüdlihfte der Eindrud einer zum Verkauf ge- 
ftellten Bilderfhau vermieden. Wenige auserlefene Gemälde und Reproduftionen 








Kunftjalon von Keller und Reiner, Berlin, Potsdamer Strafe. 


78 Deutfhe Runft. 


fhmüden die Wände, ftatt fle zu bededen. Gefchitt vertheilte Staffeleien 
tragen Runftwerfe, die zu intimerer Betradtung einladen. Aus Pflanzen- 
arrangements erbeben fid Büften und Statuetten. Echte Teppihe und felle 
unterbrehen die gleihmäßige Tönung des Fußbodens und zierlihe Etabliffe- 
ments von Stühlen und Tifen fordern zur Ruhe auf. Selbft für malerifhe 
Durdhblide ift geforgt. Treppen, Yifhen, Bogenöffnungen und Kleinere 
Rompartiments, die auf einen Rorridor münden, fhließen fh an die beiden 
vorderen Ausftellungshallen an. So ift es den Unternehmern gelungen, be» 
haglihe Räume zu fhaffen, die eine Bilderfhau nicht als Arbeit, fondern als 
angenehme Erholung erfheinen laffen. Es ift das für Berlin eine Ylenerung, 
die wir wohl vorwiegend den Erfolgen der Mündpener und der Dresdener 
Ausftellung zu verdanken haben. loch bedeutfamer will ung erfcheinen, daf 
man es. bier zum erften Male verfuchte, Malerei, Bildhauerei und Runft- 
gewerbe im weiteften Sinne zu einem Bünftlerifh gruppirten Ganzen zu ver- 
einen. Diefe äußerlihe Betonung des Zufammenhanges von Aunft und 
Runfthandwerk bedeutet einen fortjhritt, der hoffentlich auch auf unfere großen 
Jahresausftellungen zurüdwirken und ihnen einen wohnlicheren Charakter ver- 
leihen wird. 

Was die nene Runftausftellung bisher an Ausftellungsobjeften geboten 
bat und für die nächfte Zeit in Ausficht ftellt, läßt überall ein zielbewußtes 
Streben erkennen. Gn Mluger Selbftbefhränfung bat man 3unadft mit 
Aquarellen, graphifhen Arbeiten, Skulpturen, Möbeln und Fleineren Er- 
zeugnifien des Aunftgewerbes begonnen. Eine Rolleftion von Möbeln, die 
nah Seidnungen des Fraulein von Salusfowsfi in englifhem Ge- 
[hmad ausgeführt wurden, norwegifhe Schränke, Stühle und Tifhe in 
nordifher Schnizarbeit und bunter Farbendeforation haben den Reigen der 
Separatausftellungen begonnen. Daran wird fih eine Kollektion von Gyps- 
abgüffen, Modellen und Reproduftionen von Walter Schott fließen und 
fhon Mitte diefes Monats beginnt die mit Spannung erwartete Ausftellung 
von Werken Meunier':, die in Berlin fiher nicht geringeres Auffehen erregen 
werden, als in Dresden. Die Salons Reller u. Reiner find im vornehmften 
Rahmen und mit den günftigften Afpekten begründet und ftellen fih als eine 
dantenswerthe Bereicherung des Berliner Runftlebens dar. 


— Einhundert werthvolle Belgemälde erfter neuerer Rünftler, fowie eine 
fleine Rolleftion vorzügliger alter Meifter, darunter die Beftande einer 
befannten Wiener Galerie, famen im Rudolph Lepke’fhen KRunf- - 
auftionsbaufe in Berlin bei reger Raufluft unter den Hammer. Den 
hödhften Preis von 1960 Mark erzielte ein weiblides Portrait von Gerard 
Ter Bord, ehemals der Rolleftion Dradsler angehörend. Ein reizendes 
Genrebild, von A. Dieffenbac und £. Rnaus gemeinfam gemalt, . ging für 
1110 Mark fort, C. Spizwegs „Poftftation in einem öfterreihifhen Gebirgs- 
dorf" wurde für 1640 Mark verkauft, und Hans Thoma’s ,,Luftiges Land- 
leben" fam auf 1500 Mark zu ftehen. Zwei eigenartige Bilder von Anton 
von Werner, aus früherer Zeit ftammend und in Motiv und Farben ganz 
abweihend von den fpäteren Darftellungen diefes Riinftlers, „Schneewittchen‘ 
und „Die fieben Raben‘, blieben bedeutend hinter dem einftigen Raufwerth 
zurüd. Nur das erftgenannte wurde für 1005 Mark verkauft. Ludwig 
Munthe's „Schneelandfhaft" erzielte 1110 Mark, Fr. Keller's humorvolles 
Bild „Die erte Sdnepfe 1000 Mark, Hugo Rauffmann’s Wirthshans- 
Interieur , Fagdge(dhidten'’ G10 Wark, Eugene VDerboethoven's „Thierftüd‘ 
700 Mark, das Bild eines Tiroler Bauernmaddens ,,'3 Lisl von franz 
von Defregger 750 Mark, Sf. Jiems „Anfiht von Marfeille 570 Mart, 
eine große „Havellandfhaft" von Aurt Bennewit von Löfen 495 Mark und 
Ft. von Paufinger's „NRöbrender Hirfh 450 Marl. Ein von Defregger 
1880 gemalter Studienfopf „Ein bärtiger Jäger! wurde mit 550 Mark, 
N. D. Diaz’ „gm Walde von Fontainebleau mit SOO Mar? und Biufeppe 
Cofta's „Hüftbild einer jungen Neapolitanerin“ mit 490 Mar? bezahlt. 
Die erften 70 Bilder erzielten einen Gefammtbetrag von rund 25900 Mart. 


— Ein prädtig gelungenes Runftwerf, ein großes Blasgemälde 
weldes den Stadtverordneten- Situngs- Saal des neuen Rath- 
haufes in Jauer zieren foll, ift in dem KRöniglihen Gnftitut für Glas- 
malerei in Charlottenburg vollendet worden und dort öffentlih ausgeftellt. 
Das 4 Meter bobe und 31/, Meter breite Fenfter, das von dem Jauer'ſchen 
Banquier Knappe gefdhenft wird, befteht aus drei Flügeln. Die Malerei ift 
nad dem Entwurf des Malers Julius Giiré vielfadh in der Weife ausgeführt, 





Kunjtjalon von Keller und Reiner, Berlin, Potsdamer Straße, 


PS. FO er“ 


daß die helleren Schattirungen durh Ausägen des Ueberfangglafes bewirkt 
wurden. Gn der Mitte fieht man die Gaurovia, die auf einer Bank figt und 
eine Wauerfrone mit Rofen fhmüdt. Rechts ift der Frieden, linfs der Krieg 
allegorifh dargeftellt. Die oberen Theile der Flügel zieren in der Mitte das 
fhleffhe Wdlerwappen mit dem Sprudbande „Friede ernährt, Unfriede 
verzehrt‘, fowie die Wappen der mittelfblefifrhen Stadte Liegnik, Goldberg, 
Bolfenhain, Schweidnik, Striegau und Landeshut. Quer unter den Lichten 
zieht fih über die drei Flügel eine Darftellung der Stadt Jauer mit einem 
Blit in die fruchtbare Begend. 


— Das Württembergifhe Runftgewerbe - Mufeum in Stuttgart 
nimmt fih des modernen Aunftgewerbes in dantenswerther Weife an. Jinn- 
gieBer Rarl Rurk, Hirfehfte. 17, hat 3 aus feiner Werkftätte hervorgegangene 
Gegenftände zur Ausftellung gebradht und damit gezeigt, im weld trefflider 
Weife diefes Metall fic) verarbeiten läßt. Ein flacher Arug in fólanter ge- 
falliger form zeigt in feiner Rundung theils als Flachrelief getrieben, theils 
gtavirt, in meifterbafter Ausführung Sie Anfidten des Stuttgarter Alten 
Scloffes uud des Nenen Lufthaufes. Cine pradtige runde Zunftplatte, deren 
ftilvoller Rand theils getrieben, theils in hübfcher Zeihnung und Schrift 
grapirt, zeigt auf ihrem Brunde das Wappen, der Zinn» und Gelbgiefer in 
treffliher Zeihnung jhwungvoll getrieben. Eine weitere Pruntplatte bildet 
einen Zimmerfhmud zur Erinnerung an die filberne Hochzeit des Buchhändlers 
Paul Kurg. Im finnreidher Weife ift hierfür gerade Zinn gewählt worden, 
denn urh Generationen hindurh haben fih Blieder der aus Reutlingen 
ftammenden und dort alt eingefeffenen Familie Kurz dem Gewerbe der Jinn- 
und Belbgießer zugewandt und fid als tüchtige Meifter erwiefen. So bat 
denn der dem angeftammten Berufe treu gebliebene Meifter Karl Kurg feinem 
Bruder die finnige Babe zugedadht und mit feinem Kunftverftändniß in vor: 
zügliger Ausführung ein Werk vollendet, das dem Stuttgarter Runftgewerbe 
das glänzendfte Feugnif ausftellt. Jn prächtig ausgeführter Bravirung zeigt 
die Platte auf ihrem Grunde erhaben aufgelegt das ehemals Rapp’fche, jett 
Rurg'fhe Haus, Stifteftr. Mr. 7, das gerade in legter Feit, als an Goethe's 
Befud in Stuttgart vor 100 Jahren erinnert wurde, mebrfad bejproden 
wurde. Den kräftig gehaltenen getriebenen Rand, auf dem in hübfcher Schrift 
Namen und Jahreszahl aufgelegt, zieren hübfhe Renaiffancefhilder mit 


cœ perf önliches und 


— Dr. Mar Friedländer it zum Direftorial- Afliftenten bei den 
Réniglidhen Mufeen in Berlin ernannt worden. 


— Dr. phil. Adolf Brüning ift zum Direttorial- Affiftenten bei 
dem Rönigliden Aunftgewerbe-Mufeum in Berlin ernannt worden. 


— Der Direttor der Krafauer Aunftfhule Julian falat ift aus 
Hubertusftod nad Rrafau zurüdgefehrt. Der Maler weilte in Hubertusftod 
als Gat des Raifers und nahm häufig an defen Jagdfabrten Theil. 
Direftor Salat gedenft, in Berlin eine Reihe von Aquarellen und Skizzen 
auszuftellen, weldhe Epifoden aus dem Fagdleben in Hubertusftod darftellen. 


— Dem Hofbildhauer Lober in Wittenberg ift die Ausftattung der 
in Jerufalem nen erbauten Erlöferfirhe übertragen worden, deren 
Einweihung im nähften Frühjahr erfolgen wird. Diefe Ausftattung wird in 
Eidenhols im byzantinifhen Stil ausgeführt. Auffallend ift bei der Erlöfer- 
ficde die ungewönnlihe Stärke der eihenen Thüren. Auch für diefe Aus- 
fiattung bat fih Se. Majeftät der Kaijer die letzte Entjcheidung vorbehalten. 
Er prüft die Zeihnungen bis in die Meinften Einzelheiten und viele von 
ihnen tragen Aenderungen und Bemerkungen von des Raifers eigener Hand. 


— Der Herzog von Sadfen-Altenburg verlich Sem Lehrer an der Runft- 
afademie und Kunftgewerbefchule zu Leipzig Woolf Lehnert, der die Geftalt 
Bismards auf dem jüngft enthüllten dortigen Denfmal des fiirften meifter- 
haft modellirte, die Derdienftmedaille für Runft und Wiffenfdaft. 


— Galeriedireftor v. Ruftige in Stuttgart wurde feinem Anfuden 
gemäß von der Stelle eines Gnfpeftors der f. Gemaldegalerie enthoben und 
bet diefem Anlaş vom Rönig von Württemberg mit dem Romthurfrens 
2. Rlafje des Friedrihsordens ausgezeichnet. 


— gn Wien it nah längerem Leiden der Genremaler Anton 
Müller im Alter von 45 Jahren geftorben. Er war ein Schüler der 
Akademie unter Eifenmenger, Fenerbah und Angeli und befonders erfolgreid 
thatig als Pfleger des Sittenbildes aus dem Wiener DVolfsleben. Müller 
ftellte alljährlih niht nur im Rünftlerhaufe, fondern aud im Auslande aus 
und feine Bilder waren aud in Deutjhland fehr gefucht. 


— Gn Rom ftarb der Runftforfher Giovanni Battifta Cavalcafelle 
im Alter von 77 Jahren am Schlagfluß. Das Hauptwerk des Mannes, der 
zulegt das Runftreffort im Minifterium der Sffentlihen Erziehung verwaltete, 
ift feine in Bemeinfhaft mit dem Engländer J. A. Crowe verfakte „New 








Deutfhe Runft 79 


Widmung und Datum und den eingravirten Wappen der familie Rurk und 
Rober. Die äußere Umrahmung des Nandes bilden zierlihe, fpitenartig 
durhbrodene Jaten. 


— Jn der Dorhalle zu den Erdgefhoßräumen des Leipziger Runft- 
gewerbe-Mufeums hat für längere Zeit ein funftvolles Marmormofaitbild, 
angefertigt von Herrn Leonardo di Pol (Fabrifant vom Mofaif-, Granit- 
und Kunftmarmorfußböden), Aufftellung gefunden. Die intereffante Arbeit 
verdient um fo mehr Beahtung und Anerkennung, als bei uns die figiirlide 
Mofailmalerei nur wenig gepflegt wird. Die Mofaiktehnik ift eine zu müh- 
fame, als daß fie üh in unferer fehnellarbeitenden Zeit ihre einftige Be- 
liebheit hätte wieder erringen fönnen. Begenwärtig wird bei der Herftellung 
figiitlidher Mofaifen in der Weife verfahren, daß man die verfhiedenfarbigen 
und verfdleden großen, vieredigen und nad hinten feilförmigen Marmor- 
fliidchen zunädft, die Rüdfeite nadh oben gefehrt, auf einem den Entwurf 
enibaltenden gummirten Papter zufammenftellt und dann im Ganzen mit 
walzenförmigen Inftrumenten in weihe Zementmaffe eindrüdt, Die gefertigte 
Mofaifflähe wird fhließlih abgefhliffen und polirt. Das Mofaitbild des 
Herrn di Pol ift in verfhledenen Farben ausgeführt. Der Entwurf zu der 
in ganz modernem Styl gehaltenen Darftellung ift von Herrn Architekt Georg 
Wünfhmann geliefert worden. Die Mitte des Bildes nimmt eine auf einem 
monumental wirfenden fteinernen Sit thronende, jugendlihe Franuengeftalt 
ein, die Saronia vorftellend. Sie ift dem Befthauer voll zugewendet und 
breitet feierlid) die Arme aus, in der Linfen die Statuette Ser Pallas, in der 
Redhten einen Lorbeerfranz haltend. Hinter dem Throne erheben fic zwei 
ftilifitte Lorbeerbäume, deren Aronen fih verfdlingen: als Symbole des 
Blühens und Bedeihens von Sadfens Gnduftrie und Gewerbe gedadt. 
Ueber dem Thron leuchtet die von einem mächtigen Strahlenfranz umgebene 
Scheibe der lebenfpendenden Sonne. Den Hintergrund füllt dte verfhwimmende 
Silhouette der Stadt Leipzig, dur die Auppelprofile der Pleifenburg und 
des Reichsgeridtsgebdudes Fenntlihd gemaht. Das den bedeutenden Umfang 
von vier Quadratmetern aufweifende Bild wird von zwei fannellirten, tonifchen 
Halbfäulen von rothem Kunftmarmor flanfirt, die fih von in grünem Stucco 
Luftro ausgeführten Pilaftern abheben. Den oberen Abfhluğ bildet ein ftreng 
antifes, rothes Gefims von Runftmofait. 


Ateliernachrichten. —> 


history of painting in Italy“ (London, 1864—1872; deutfh von Mar 
Jordan). Die Belanntjhaft der beiden Schriftfteller, die beide als Maler 
begonnen und fic) dann der Iheoretifhen Runftbetradtung zugewandt hatten, 
wurde durd eine zufällige Begegnung in einem deutfhen Poftwagen vermittelt, 
gerade vor 50 Jahren. Cavalcafelle kehrte damals von Münden, wo er eine 
Heit lang gemalt hatte, nah Ftalien zurüd. Die innere Derwandtfhaft 
zwifhen ihm und Crowe führte zu einem engen geiftigen Bündniß, zu einer 
Art gemeinfamen Schaffens, wie fie febr felten ift. 


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Leporello- Müller ` (Maler, wre tee, ese ne Zeichenlehrer, i 
nitlerihe Wu erzeipner u 


Stimmbildung zu Weimar. 
(Unter bem Protettorate Seiner königlihen Hoheit des Großherzogs von Sadjfen.) 
1. Gegründet von Abgeordneten deutidher Kiinftlerverbande. 
2. Dem fünftleriihen Erwerbsteben angepaßt, fihert die Anftalt den Bezug 


. . einer Rente fir die Tage des Alters und der Juvalidität 
Berlin S.W. Belle-Ültiancestr. 78. 3. Bei genofienihaftliher Verfaffung oftenlofe Verwaltung burd den Vorftant. 
— . Erleichterung der Mitgliederbeiträge durch außero rdentüche Einnahmen. 
eng weiterer außerordentliher Einnahmen den Ortöverbänden anheimt: 


tellt. 
6. Sure Beihränfung des dauernden Wohnfikes. 
Statuten und Auskunft Roftenfrei durch die Gejchäftsitelfe in Weimar. 





mas 












Kunsthandlung und permanente ae für 
Kunst und Kunstgewerbe. 


Potsdamerstr. 22. Berlin W., Potsiamerstr. 122. 
Neu eröffnet am 1. Oktober 1897. | 


Ständige Ausstellung von Werken der Malerei und Skulptur, 
moderner kunstgewerblicher Arbeiten in geschlossenen Interieurs. | 


Reich illustrierter Katalog über Kupferstiche etc. 
erscheint — November. 











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5 = LAAN 
NL j ANS, 
TAGE Ri IR 


Verlag der „Deutjden Runft“, Berlin W. 57. - — Der antwortlid für die Jori iftlei eitu n3 Dr. 7 Bes: ty Malfo ometp, Berlin W., Stein nmeßjtr. 26. - — - Drud von W. Bürenftein, Berlin. 

















Braunschweig, die Stadt Heinrichs des ESwen. 

















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Slluftrirte Seitichrift für das gefammte deutfche HKunitichaffen. 


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Central⸗Organ deutſcher Kunſt und Rünftler- Vereine. 


Alle 14 Tage etſcheint eine Aummer. 
Preis vierteljährlih 2.80 Mark, 
Poftzeitungslifte Ar. 1174. 


| — sv = — — — 


Publitationsorgan des Deut ſchen Runſtvereins in Berlin, des Schleſiſchen Kunſtvereins in Breslau, 


Herausgegeben von 


Georg Malſtowsſin. 
Schriftleikung und Verwalkung Berlin W.57, Steinmehſtr. 26. 


Alle 14 Tage erſcheint eine Nummer. 
Inferate: 40 Pfennige für die 4 ges 
fpaltene Nonpareille-Zeile. 








èco Aunftvereins für das Broßberzogtbum Hefjen in Darmftadt, des Anbaltifhen Runfte 


vereing in Deilau, des Württembergijchen Runftvereins in Stuttgart, des Schleswig - Holfteinifhen Runftvereins in Riel, der Runftvereine in Münden, Oldenburg, Mannheim, Nürnberg, Gera 
Altenburg, Elberfeld, Barmen, Bielefeld, Börlif, Danzig, Rönigsberg, Stettin u. a. 





Br. 5. 





Nicht immer 
lagern fih die 
Rulturerfdei- 
nungen der vers 
fhiedenen Zeiten 
fchidtweife über 
die der Dergan- 
genbeit, fie ver- 
wifhend und 
überdedend, bis- 
weilen fchmiegen 
fie fih wie Jab- 
resringe in ein- 
ander und ume 
hüllen ſchonend 
den alten Kern. 
Die Bauwerke 
einer Stadt ſind 
die zu Stein ge- 
wordene Ge- 
fhidhte des Ge- 
meinwefens. So 
hat in Braun- 
fhweig jedeRul- 





— Braunſchweig. Der Löwe 
ae Heinrichs des Löwen. tur Epoche ihre 
me’ Don ©. Bünther-Naumburg. Stilformen Wee 


— niger geſchloſſen 
abgelagert, als 
ſie in kecker Laune mit denen ihrer Vorgängerin gemiſcht. 

Die Geſchichte der Stadt im frühen und fpäteren Mittel- 
alter verkorpert ſich in den Denkmälern des Burgplatzes und 
des Altmarktes. 

Die. Burg Danfwarderode felbft ift allerdings nur 
eine ftilvolle Rejtauration, die erft unter der Aegide des Prinz- 
Regenten Albrecht vollendet wurde. Aus einer Anzahl von Ane, 
Ein- und Dorbauten im Renaiffancee, Barod- und Sopfftil 
wurden zunädhft die fpärlihen Nefte des Saalbaues Heinric’s 
des Lowen bherausgefhält, eine Arkade aus maffiven Pfeilern 
mit romanifhen Edfäulen, Refte von dSreitheiligen Fenfter- 
gruppen mit fchönen Säulen aus Ralffinter und zwei große 
rundbogige Fenfteröffnungen. Das Ganze wurde dann im 
Stile der Zeit mit seinen engen Remenaten und der zwei- 
gejhofligen, Surh einen Thurm ausgezeihneten Burgfapelle 
ergänzt. Der verdedte Bang über den Arkaden bildet die 
Derbindung mit dem Dom. 

Dor der Burg erhebt fic) das uralte Wahrzeichen der 


1. Dezember 1897. 


IL. Jahrgang. 





Braunfchweig, die Stadt Heinrich’s des Löwen, 


Stadt, Ser eherne Come. Daß er von dem großen Welfen- 
þerzog erridtet worden, unterliegt feinem. Zweifel, über Ur- 
fprung und Beftimmung diefes merfwiirdigen Denfmals aber gehen 
die Meinungen weit auseinander. Betradtete man das Wappen- 
thier friiber als ein Beutetü aus dem Orient, fo beweift eine 
genauere Unterfuhung feiner ftreng ftilifirten formen, daß wir 
es böhftwahrfheinlid mit einem Erzeugniß niederfähfifchen 
Runftfleifes aus einer Zeit zu thun haben, die uns nur wenige 
Denfmale binterlaffen hat. Die romanifd) beeinflußten Formen 
laffen Sen Glauben an einen orientalifhen Urfprung verzeiblid 
erfheinen. Daß fih die Legenden-Bildung diefes gebeimnife 
vollen Wahrzeihens bemädhtigte, it natürlid, wie fic denn 
nod) beute das Dolf feine Ueberzeugung nit rauben läßt, 
der große Welfe habe bier feinem aus der Sage befannten, 
treuen Löwen ein Erinnerungsmal fegen wollen. Nadh den 
mittelalterlihen Befhichtsfchreibern follte der Löwe den Feinden 
des Herzogs ein Seiden fein, daß er feinen Beinamen nidt 
umfonft führe. Solde ehernen Pronunziamenti liegen jedod) 
fo wenig im Geifte der Zeit, daß wir uns fdon eine 
nücdternere Erklärung fuhen miiffen. Wahrfcheinlic bedeutete 
diefer Lauenftein, wie ibn der Chronift Botho nennt, für 
Braunfhweig dasjelbe, was die Nolandsfäule für andere 
Städte war. Er bezeihnete den „Rönigsbann“, & b. die 
Stätte der oberjten Berichtesbarfeit des Landesherrn. Spätere 
Jiirften feinen den Löwen weniger ernt genommen zu haben, 
fie beluftigten fic damit, von den Fenftern der Burg aus 
kleine Münzen in feinen Rahen zu werfen; was daneben fiel, 
gehörte dem armen Volt. Die verfdiedenen Zeitläufe aber über- 
danerte die Liebe der Braunfhmweiger zu dem uralten Wahr- 
zeihen ihrer Stadt, und als die Franzofen im Jahre 1807 den 
ebernen Cowen mit vielen anderen KRunftfhägen nad Paris 
entführen wollten, wäre es beinahe zu einem Dolfsaufitande 
gefommen. Yapoleon der Erjte begnügte fih mit der Erklärung, 
das Haus Braunfhweig babe aufgehört zu regieren, gönnte 
den Braunfhweigern ihren Löwen und madte die Stadt zum 
Hauptort des zum Königreihe Weftpbalen gehörigen Oger- 
Departements. 

Die monumentalen Wahrzeichen der Blüthe Braunfchweigs 
als Hanfaftadt finden fic auf dem Altmarfte. 

gn der Mitte des Plagkes erhebt fi eines der merf- 
würdigften Denfmale des Mittelalters, der Stadtbrunnen, etwa 
um 1408 errictet. Er beftebt aus einem majfiven, mit Socel 
und frénenden Gliedern verfehenen Pfeiler, der die untere 
Schale trägt, und einer aus diefer Schale emporftrebenden Säule, 
welde die beiden oberen Beden ftügt. Die Spike endete ur- 
fpränglid mit einer fogenannten Laterne. Alle drei Beden nebft 


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Braunfchweig. 
Das Rathhaus, 
Don ©, Bünther-Naumburg, 








ihren Bliederungen und Ornamenten, fowie der Aufjak, find 
aus Blei gegofien und angenietet. Das Merfwiirdigite find die 
zwei Reihen Infchriften und die Rofetten der beiden unteren 
Beden. Jeder einzelne Buhftabe war aus Blei angefertigt und 
mit den Rofetten auf einer Bleileifte befeftigt, die dann um das 
Beden gefhlagen und dur Stifte gehalten wurde. Man fannte 
alfo fhon dreißig Jahre vor der Erfindung der Buchöruderkunft 
bleierne, beweglihe Lettern. Um das untere und größte Beden 
fhlingt fih ein Band von zwanzig Einzelbildern, die Surd 
vier LCömwenköpfe getheilt find. Gn der Mitte der Abtheilungen 
befindet ji jedesmal ein fiirft, auf einem Throne fitend, mit 
einer Krone. gefhmüdt: David, Karl, Artur, Alerander, während 
die übrigen Bildniffe Propheten und Heilige darftellen. Jede Figur 
trägt ein Sprudband in der Hand, das jest unleferliche lateinifche 
Infriften in gotbifcher Schrift aufweilt. Cin befonderes Gntereffe 
fnüpft fih an die Bibelfprühe über diefen Bildern. Sie find in 
deutfther Sprache abgefaßt zu einer Feit, wo es nod Feine 
Ueberfegung der Heiligen Schrift gab. 

Die zwanzig Wappen des zweiten Bedens nebft den darüber 
befindlihen Namen dürfte der Künftler theils in Beziehung auf 


die alte Befhihte, mit Hinweifung auf die 
Länder des damaligen römifhen Reiches, theils 
willfürlih angebradt haben. Der Doppel-Adler 
erfcheint zuerft, ihm folgt das Erzbisthbum Mainz, 
das KRönigreih Böhmen, das Erxbisthum Köln, 
das Churfürftentbum Sadfen und Bayern, das 
Erzbisthum Trier und Churfürftentbum Branden- 
burg. Das Wappen der Stadt Braunfhweig 
mit dem Löwen beginnt den zweiten Streifen, 
und ihm reihen fih in buntem Wedfel Raifer, 
Rönige und Feldbherren des Alterthums an: Heftor, 
Alerander der Grofe, Jolius, König von Baby- 
lon, David, Judas der Maffabäer, Jofua, Karl 
der Broße, Artus. Den Befhlug macht Gottfried 
von Bouillon. 

Das dritte Beden des Brunnens ift mit 
einem Krange fehöngeformten Lanbwerkes ge- 
fhmüdt und tragt in einer gothifd durdbrocdenen 
Laterne eine Fleinere Scale, aus welder das 
Waffer urfpriinglid) Surd vier, daran in die 
Höhe friechende, eidechfenartige Thiere gefpicen 
wurde. Die Ruppel des Brunnens zierte nod) bis in die 
Witte des vorigen Jahrhunderts ein Muttergottes- Bild, 
während an der Spike Ser Laterne eine Fahne mit 
dem Stadtlöwen angebradht war. 

Als Hintergrund dient diefem sierlichen Werke früh: 
Seutfcher Metall-Tehnif das entzüdende fteinerne Spigen- 
wer? der Rathhaus-Arfaden. Don 1250 bis gegen die 
Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts erbaut, weift fein 
Grundriß die ungewöhnliche Form eines Richtfheits auf, 


Länge gebildet, die ihre Biebel der Martini-Rirhe und 
der Breitenftraße zufehren. Den Frontfeiten find je vier 
| Im Spißbogen -Stil erbaute Arkaden vorgelegt, und auf 
diefen erbeben fic ebenfo viele Lauben, welde einen 
offenen Gang bilden. Die Pfeiler diefes Vorbaues laufen in 
zierlih durhbrodene Spitbogen aus, deren Mafwerf von 
Rundbogen unterfpannt ift. An die neun Pfeiler der Bogen- 
Lauben lehnen fih je zwei Wifchen mit den fteinernen Bildfäulen 
der fürftliden Ahnherren des welfifhen Haufes. Der Stil 
diefer Statuen gehört dem fünfzehnten Jahrhundert an. Gn 
der der Breitenftrape zugefehrten Biebelfront befindet ji, außer 
dem in einer Nifhe aufgeftellten Muttergottes - Bilde, ein zwei- 
feldiges Wappen mit den beiden Leoparden im unteren und 
dem Gufgeridteten Löwen im oberen ‚Felde. 

om Inneren des NRatbbaufes ift befonders die große 
Dornfe, der eigentlihe Raths - Saal, bemerfenswerth. Die 
eihenen Balfen der Dede find mit reizender Schnitzarbeit im 
gothifhen Stile geziert. Ju dem anderen Flügel liegt die 
Schottel-Dornfe, das Schabzimmer, und die Faftelabends-Dornfe, 
der Tanzfaal. 

Um diefes anmuthige Denkmal sierlidfter Bothit herum 
treibt dann die Stilmifhung ihren feltfam pbhantaftifhen Spuk! 
So erhebt fih in feiner nädften Nähe eines der üppigften 
Barot - Portale. Dier Hermen tragen einen Fries, auf defjen 
Dorfprung zwei aufrechtftehende Löwen ibren Vorderleib Surd 
Cartouden - Ausfohnitte Seden. Den Abjhlug des Ganzen 
bilden zu beiden Seiten zwei lanzentragende Krieger. Renaiffances 
und Barot - Stil iibermudern die ältere Gothif und geben dec 
Privat » Arhiteftur Braunfhweigs einen eigenartigen Charakter, 
mit dem wir uns weiter unten befhäftigen werden. 

Hod) über die Dädyer der alten Welfenftadt ragen die 
Mauern und Thürme von nicht weniger als zwölf Rirhen und 
Kapellen, deren Bau ausnahmslos in den kurzen Zeitraum zweier 
Jahrhunderte fällt. Sie verdanken ihre Gründung zum größeren 
Theil Heinrid dem Löwen und feinen nädhften Madfolgern. Als 
fid dann das emporblühende Bemeinwefen von feiner Abhängig. 
Feit loslöfte und felbjtjtindig entwidelte, traten die Gilden an 
Stelle der fiirftliden Donatoren. Es wurde ihnen Ebrenfadhe, 
ihre Gotteshauyer auszubauen und ihren reihen Mitteln ent- 


a | Es wird duch zwei Flügel von je über fehzig Fuß 





Mawes! 


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Deutfhe Rung. 88 





prechend zu fhmüden. Daher auh bier jene reizvolle Stil- 
mifhung, die über den Kern der romanifchen Pfeiler-Bafilita 
den Spitzenfchleier frühgothifher Fialen breitet, die fhmudlofen 
Steinwände durh Strebepfeiler unterbricht, und dann wieder 
zwifhen das zierlihe Maßwerf zweier Spitbogen- fenfter ein 
mädhtiges Renaifjance-Portal fett. ' 

Das Wahrzeihen der Herrfhaft der welfifhen Fürften ift 
der Dom. Als Heinrih der Löwe von feinem Kreuzzuge in 
das gelobte Cand zurüdkehrte, gründete er ihn an der Stätte 
der ehemaligen Peter Pauls-Rapelle und ftattete ihn reichlich mit 
den aus der ‚Fremde herübergebrachten Reliquien aus. 1194 im 
tomanifhen Stil vollendet, verlor der Dom im folgenden Jahre 
Surh einen Blig feine Thürme, die zwar fpäter wieder aufgebaut 
wurden, aber niemals die beabfihhtigte Höhe erreichten und mit 
einem ftumpfen Yothdad abjihließen. Zwifchen ibre in fclidten 
Linien hod aufragenden Majfen fette dann eine fpätere Bau- 
Periode ein Glodenbaus im gothifhen Spitzbogen-Stil. Die 
einfache freusformige Anlage verräthb fih an der Nord- und 
Sidfeite durch je einen fhmudlos glatten Giebel, während die 
Seitenjhiffe des Langhaufes als Anbauten bemerfenswerthe Stil- 
mifhungen zeigen. Die echt friihgothifden Fenfter des Südſchiffes 
find von je einem fpiten Giebel überhöht und Surh Pfeiler ge- 
trennt, über die ein Wafferfpeier binausragt. Die gerade Surh- 
gehende Wand des Noröfchiffes fehlieft mit einer Surdbrochenen 
Baluftrade ab, und zwifhen den fenftern im Tudor-Stil erheben 
fic) acht mit Fialen gefrönte Pfeiler. 

Das auf je aht romanifchen Pfeilern rubende Mittelfchiff 
wölbt fih in einer Länge von 124 Fuß dem hoben Chor ent- 
gegen, unter dem fich eine geräumige Rrypta ausdehnt. Die 
niedrigeren Seitenfbiffe find wieder doppelt getheilt, das füdliche 
Surh gotbifhe Pfeiler, das nördlide durch Säulen, die von 
gewundenen, fih in den Bewölbe-Rippen fortfesenden Riffelungen 
überfponnen find. 

Als man im Jahre 1845 eine Reftauration des Inneren 
der Kirche vornahm, entdedte man unter der Ralftünde die Refte 
alter Wandmalereien. Ganz nadh dem byzantinifhen Schema 
weift der Chor Darftellungen aus dem. Leben Chrifti, as Kreuz- 
fhiff folhe aus der Gefhihte des Davidifchen Befihlehtes auf, 
während die Seitenwände mit Bildern aus der Heiligen-Legende 
bededt waren. Leider hat man es für angezeigt gehalten, den 
al secco gemalten fresfen zum Blanze der Neubeit zu verhelfen. 
Während Profeffor Brandes fih bei feinen Reftaurationen nod 
auf Sie Refte der alten Malereien ftiigen fonnte, ift der Nürn- 
berger Profeffor Effenwein felbfiftändig vorgegangen und bat 
das Mittelfhiff mit gut gemeinten Schildereien ausgeftattet, die 
in form und farbengebung gar modern anmuthen, Selbft die 
nad desfelben Meifters Entwürfen bergeftellten Blasgemälde an 
der Nordfeite des Mittelfchiffes find nicht geeignet, jenes mpftifche 
Dunkel zu erzeugen, das fo große bemalte Wandflädhen zu ein- 
beitliher ‚Farbenwirfung zufammenfglieft. 

Man muß die biftorifihen Erinnerungen zu Hilfe rufen, 
um in dem nüchtern bunten Raume zu nahempfindender Stimmung 
3u gelangen. Da breitet vor dem Hodaltar aus Mufchel- 
Marmor, den Mathilde von England, die Gemablin Heinrich's 
des Lowen, geftiftet, der mächtige 16 Fuß bobe Bronzeleudhter 
feine fieben Arme aus, angeblih von dem großen Welfenherzog 
aus Paläftina mitgebradt, jett tro feiner orientalifirenden 
‚Formen als ein Erzeugnif frühen vaterländifhen Kunftfleißes 
erkannt. Zu beiden Seiten des Chores erbeben fic) die bunt 
bemalten Sandftein- figuren Beintidy's und Ses Bifchofs Herrmann 
von Hildesheim, und im Kreuzpunft des Querfciffes und des 
Langhaufes ruhen auf breitem Grabftein in feierlic) ftarrer 
Haltung die Geftalten Heinridh’s und feiner Gemahlin. Weiterhin 
dedt eine Meffingplatte die Brabftätte Raifer Otto's IV. und 
feiner Battin Beatrir. Jn der Rrypta aber reiben fih in un- 
unterbrochener Folge die Sarge welfifher fürften und Ffürftinnen 
von dem Markgrafen Ebert an bis zum Herzog Wilhelm, dem 
letzten feines rubmreichen Gefcledhtes. Da ruben die Herzöge 
Ferdinand, der Held des fiebenjährigen Krieges, Karl Wilhelm 
‚Ferdinand, der unglüdlihe Befiegte von Auerftadt, Friedrich 





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Braunſchweig. Portal am Rathhauſe. 
Don ©. Bünther-Naumburg. 


Wilhelm, der bet Quatrebras gefallene führer der fhwarzen 
Schaar, und Leopold, der 1785 bei Frankfurt als Cebensretter 
in Ser Oder ertrant. 

Don dem reihen Reliquienfhate Heinrih's des Löwen 
it nur wenig erhalten: das angeblihe Horn und die Schalmei 
des heiligen Blafius. Gn einer Seitenfapelle wurde ein uralter, 
lebensgroß in Holz gefdnigter und gemalter Crucifizus und eine 
Marterfaule mit Ser Halbfigur des gegeißelten Chriftus und 
dem frähenden Hahn des Petrus aufbewahrt, intereffante Bild- 
werfe von feltfamer Yaivetät in Erfindung und Ausführung. 

An der Süsfeite aber grünt nod immer der Stumpf einer 
mehr als fiebenhundertjährigen Linde, in deren Schatten der 
große Welfe zu Bericht gefeffen haben mag; und an dem Portal 
Ser Yordfeite dicht neben dem verdedten Gange, der die Burg 
Danktwarderode mit dem Dom verband, bemerft man die tiefen 
furden, welde die Alaue des treuen Löwen in die Steinwand 
gefragt haben foll, die ihn von der Leiche feines Herrn trennte. 

Ebenfalls unter Heinrid Sem Löwen gegründet ift die 
Ratharinen-Rirhe am Hagenmarft, vor Seren Portal fic der 
Heinrihsbrunnen erhebt. Don dem urfprünglih romanifden 
Bau ift die Thurmanlage mit dem Haupteingang im Rundbogen- 
Stil und das auf romanifhen Pfeilern rubende Mittelfhiff er- 
halten. Das Mittelgefhoß der Thürme und Sas zwifhen fie 
eingebaute gothifhe Glodenhaus, fowie ein Theil der Seitenfdiffe 
gehören dem dreizehnten Jahrhundert an, während der hohe 


84 


Deutfhe Aunf. 





Chor und die ihm zunädft liegenden WArchitefturtheile etwa um 
die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts durch die Patrizierfamilie 
Rogbel geftiftet wurden. Die drei Cangfdiffe der mächtigen 
Hallentirhe find neuerdings rejtaurirt und ftilgereht ausgemalt. 
Die Glasgemälde der drei Chorfenfter, Mofes mit der ehernen 
Schlange, die Opferung Jfaat's und die Rreuzigung darftellend, 
entftammen dem fechzehnten Jahrhundert. Unter den Grab- 
mälern der Rice find bemerfenswerth das einer Armgart von 
Bortfeld, die 1585 vor dem Altar todt niederfanf, als fie eben 
den Ringwedfel mit ihrem Derlobten vollzieben follte, und das 
des Jürgen von Schulenburg, der im Jahre 1605 die Stadt 
vor der Erftürmung rettete. 

Um die fhmudlofe, in der Mitte des vierzehnten Jabr- 
bunderts für den Franzisfaner- Orden erbaute Brüderfirdhe 
fpinnt ftiller Rlofterfrieden feinen Zauber. Ueber dem einfachen 
dreifhiffigen Hallenbau im gotbifhen Stil ragt fein Thurm 
empor, da ein folder den Rirchen der Bettelmönde nicht geftattet 
war, aber um feinen geradwandigen Chorabfihluß legt fic ein 
Kranz zellenartiger Kapellen und über der Mitte des Satteldades 
fit ein zierliher Dadpreiter. Der jhönfte Theil der Innenkirche 
it Ser Chor, den ehemals ein prädhtig gefchnitter Lettner vom 
Mittelfhiff trennte. Hier erbebt fic) der foftbare Hochaltar, ein 
dreiflügliger Schrank, deffen Thüren mit Hoblbildnereien bededt 
find. Das funftvolle Chorgeftühl ift leider duch in die Rüd- 
lehnen eingelaffene Malereien verunziert. Unter den fonftigen 
Merkwürdigkeiten des Botteshaufes ift ein fhönes Taufbeden zu 
erwähnen. Don vier männlihen Figuren getragen, die als 
Perfonififationen der Paradiesftröme Wafjerfhläude ausgiefen, 




























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Braunſchweig. Taufbeden in der Brüderkirche. 


Don O. Bünther-Naumburg. 





ift fein Körper mit fechzehn figuren von Heiligen und Apofteln 
verziert. Durd ein funftvoll gefdmiedetes Cifengitter ijt das 
Begen von den übrigen Räumen getrennt. 

Don Häufern umdrängt liegt die Brüderfirhe als ftilles 
Plätchen da, wie es friedlider und weltabgefchiedener die Ardhi- 
teftur des Mittelalters felten gefchaffen. An die Südfeite lebnt 
fih ein Rloftergärtchen, von wunderfamen gothifhen Rreuzgängen 
umfcdloffen, die fic) mit hoben, jiheibenlofen Spißbogenfenftern 
nah Sem Gnnenraum öffnen. Epheu und Rofenbüfhe Klettern 
an dem Wafwerf ippig wucernd empor, und an den Wänden 
fteben, mit figuren und Gnfchriften bededt, die Brabfteine er- 
loſchener Geſchlechter. 

Eine Gildenſtiftung iſt die am Wollmarkt gelegene Andreas— 
Kirche. Als ihre Gründer werden im Geſchichtsbuche Ser Stadt 
Braunſchweig Kaufleute genannt, „welche Kroppel gewaesen; 
daen alse de Kroppel up stelten gan, alse gingen duesse 
Kopluede ok, unde waren fan orer kopenschop rike 
luede.“ Jbrem Andenken ift das Relief-Bild im Giebel des 
fadlichen Rircdenfchiffes gewidmet, das vier Krüppel zu den Füßen 
Chrifti in rober Steinmeßarbeit veranfhaulidt. Der um 1200 
begonnene Bau wurde ert im fechszehnten Jahrhundert voll- 
endet und ftellt im feinen Grundformen ein dreifad getheiltes 
Langhaus obne Querfhiff dar. Die Außenwände der Seiten- 
{diffe werden von Spitbogen- fenftern durchbrochen, die in einen 
hohen glatten Giebel auslaufen. Die beiden Thürme gehören 
der beften Feit der Bothif an. Befonders fhön ift das zwifchen 
ihnen gelagerte Glodenhaus mit einer prächtigen Roſette über 
den Spitbogen: fenftern des Unterbaues. Urfpriinglid) follten 
die Thürme bis zu einer Höhe von 500 Fuß aufgeführt werden. 
Wie jo häufig im Mittelalter, wurde jedoch nur einer der Thürme 
bis zu feiner fupfernen Spige vollendet. Zweimal urd den 
Blig getroffen, wurde er J740 Surh einen belmartigen Aufjat 
verunftaltetj 2 - . 

Die eigentlihe Stadtlirhe aber it die Martini- Rirde 
am Altmarft. Obwohl die älteren Theile, die Thürme und das 
Mitteljhiff, in ihren rein romanifhen Bauformen auf die Heit 
Heinvic)'s des Löwen zurüdgeben, ftehen alle duperen, im die 
Augen fallenden Anbauten mit der Arditeftur des Ratbbaufes 
in Einklang und entftammen etwa der zweiten Hälfte des drei- 
zehnten Jahrhunderts, Die von Spitbogen - fenftern durch— 
brochenen Seitenſchiffe laufen in reich verzierte Giebel aus, und 
die Portale find mit Relief - Skulpturen gefhmüdt. Befonders 
das Nordthor weift in der Giebelwand eine Darftellung des 
Bräutigams und Ser fieben thdridten und fieben Fugen Junge 
frauen auf, während Sie Lunette mit einer Derbilölihung des 
Todes Mariä ausgefüllt if. Unter dem reihen Schmud des 
Inneren jind befonders erwabnenswerth: der bronzene Taufftein, 
auf den Schultern junger Handwerksgefellen in der Tract des 
fünfzebnten Jahrhunderts rubend und mit vielen Relief-Dar- 
jtellungen in Marmor und Metall verziert; die prächtig gefchnigte 
Kanzel, die feltfam genug auf einer Reiterftatue des heiligen 
Martin balancirt, und eine prunkvolle Orgel, deren Seiten» und 
Mittelbrüjtungen, zwifchen Säulen und Apoftel-Statuen, Relief 

Darftellungen Ser Paffions-Gefdidte tragen. 

Jn der nachften Umgebung Braunfdweigs, die 
fic) fonft nicht durdy landfhaftlihe Reize auszeichnet, 
baben trokdem fcharfjichtige Klofterbrüder das jhönjte 
Flethen Erde ausfindig zu madhen gewußt. Etwa 

` eine Wegftunde von der Stadt entfernt ragen aus 
grünen Büfchen die Mauern der Abtei Riddagsbaufen 
empor, eines der intereffanteften Bauwerke des frühen 
Mittelalters. Jm MUebergangs-Stil vom romanifden 
Rundbogen zum romanifhen Spitbogen erbaut, ente 
bebren feine von fdmalen Fenftern ohne Mafwerf 
unterbrodenen Mauern Ser Thiirme, nur ein fleiner 
Dachreiter beseichnet Sen Rreusungs-Punft des Haupt- 
und des Querfchiffes. Das Aeufere und das Gnnere 


— aber weiſt den zierlichſten Skulpturen-Schmuck in 


ſeltſamer Miſchung romaniſcher und gothiſcher Motive 
auf. Beſonders das weſtliche Portal iſt ein Muſter 


— — — 





Deutfde Runf. 85 


gefhmadvoller Ornamentirung im Uebergangs-Stil. Jm Spig- 
bogen ausgeführt, wird es in der Mitte Such einen romanifchen 
Pfeiler aetheilt, auf den fic) die inneren Segmente zweier 
weiterer Spigbogen ftiigen, die Sann wieder von einem romanifden 
Rundbogen- fries unterfpannt find. Jn der Mitte des Portals 
über dem Pfeiler it das Standbild der Mutter Gottes angebradt. 

Die Abtei Riddagsbaufen, vor Allem das eben befdriebene 
Portal, repräfentirt den Höhepunkt einer Befhmadsrihtung, die 
in fünftlerifher Dollfraft die formen einer abfterbenden und 
einer auflebenden Stilrihtung zu einem anmuthigen Ganzen zu 
vereinigen weif. Sie ift, mit dem Rathbaufe am Altmarkt und 
den barmonifdhen Anbauten der MartinieRirdhe, das Fünftlerifche 
Wahrzeihen des in freiheit aufbliibenden Gemeinwefens der 
alten Welfenftadt. 

Die Blithe Ses freien Bürgertbums findet ibre glänzendfte 
Bethätigung in Ser Runft und im Runftgewerbe. Die ebren- 
feften Ratbsleute, Raufberren und Gildemeifter, wie fie Cranad, 
Holbein und Diirer gemalt, erfreuten fic jener wohl temperirten 
Genuffabigheit, die fih das Leben eigenartig reizvoll geftaltet. 
Haus und Geräth waren anmuthig geziert, und der Stadt Wohl- 
ftand fam prunfvoll in Rauf- und Privathäufern zum Ausdrud. 

Gerade Braunfhweig nimmt unter dem blühenden Städte: 
wefen des Mittelalters eine befondere Stellung ein. Sein Handel 
wie feine Runft trägt den Charakter der Dermittelung zwifchen 
Norð und Süd. Bebabiger Woblftand, niht übermäßiger 
Reihthum beftimmen sie arditeftonifcden Grundformen, die fih 
` unter dem Einfluß eines gefunden, dSafeinsfroben Dolfslebens 
entwideln. Um die nüdhterne Zwedmäßigfeit des ardhiteftonifchen 
Aufbaues fclingt Serber farbenfrober Humor feine phantaftifch 
gewundenen Ranfen. Ueber die alterthümliche Gothif fort fehiebt 
fh in er Flähenbebandlung der Sacaden Sie Renaiffance, 
aber beide Stilformen überwucdhert eine Dierfunft, die ihre Motive 
riidfidtslos den derben Beluftigungen des Bürgerftandes entnimmt. 

Als Woahrzeihen der ftadtifchen Machtvollfommenbeit in 
Bandelsfahen erhebt fih am Wollmarkt die „alte Waage, ein 
Mufter des fparfamen, auf einem feften fteinernen Erdgefchoß 
überfragenden Fachwerfbaues. Hier wurden die aus Nord und 
Süd berbeiftrömenden Waaren auf Maß und Gewicht geprüft, 
und die Rrabne Ser beiden oberen Stodwerfe hörten nit auf 
zu rafdeln und zu narren beim Hinaufziehen der jchweren 
Ballen. Kommt der Zwedbegriff des Baues in der durd viele 
Fenfter-Oeffnungen unterbrocdenen Facade, in den hohen, durch 
die fpit zulaufenden Dadhfirfte bedingten Cagerbdden zum Aus- 
drud, fo treibt in den horizontalen Holzgliedern und an den 
fonfolenartig behandelten Balfenfdpfen die gothifche Phantaftif 
ibe Spiel. Seltfam verfdlungene Laubfriefe fhmüden die 
Lingsbalfen der Etagentbeilungen, Draden und anderes 
Märdengetbier reden von den Ronfolen herab ihre unförmigen 
Köpfe. 1526 errichtet, bemweilt das in großen Maßen gebaltene 
Bauwerf, wie deutfhe Eigenart fic immer wieder eigenfinnig 
unter den importirten Renaifjance- formen hervordrängt. 

Daf folde Eigenart Siefe Formen gelegentlid aud in 
fräftigem Selbftbewußtfein umzubilden verfteht, dafür zeugt der 
mädtige Giebelaufbau des Gewandhaufes, 1270—1280 als 
Gildenftatte der Cudmacer errichtet und 1590 von den Meiftern 
Magnus Rlinge und Balzer Kirchner im Renaiffance-Stil um- 
gebaut. Hat der weftlihe Giebel, mit Voluten und Quader- 
wer? in Sternmuftern berausgepußt, im Wefentlichen feinen früb- 
gothifhen Charakter bewahrt, fo ift der öftlihen Stirnfeite eine 
ippig antififirende Facade vorgelegt. Aber die niedrigen Stot- 
werfe, mit der Höhe des Ganzen feltfam fontraftirend, bedingen 
eine formenfpradhe, die mit der Ueberfegung aus dem Jtalienifchen 
gar Fed umzufpringen weiß. Auf Pfeilern mit gedrüdten Bogen 
erbebt fic) eine fiir Derfaufszwede geöffnete Halle, deren Kreuz- 
gewölbe auf ARenaiffance - Ronfolen ruhen. Darüber baut ji 
Stodwer auf Stodwerf, gotbifh in der Maßwerk-Brüftung 
der Loggien und den Fenfterumrabmungen, urh Fräftige 
Simfe getheilt, die von antififirenden Säulen, Hermen und 
Pfeilern getragen werden. Ueber die ganze Flähe bin aber 
ftreut die Renaiffance ihre fhön gegliederte Ornamentif in Geftalt 


von Frudtgewinden, Medaillons, Cartoudhen und Einzelfiguren, den 
treppenartigen Aufbau abmedslungsreid) belebend. Jm Grofen 
und Ganzen halt fic) der Stil an die durd) das Steinmaterial be- 
dingten formen und fdmiict fic) nur bie und da mit Zierathen, 
die als Bänder und Rofetten der Metall-Cednif entlebnt find. 

Die Privatarchitettur des mittelalterliihen Braunfhweig wird 
im Wefentlihen urh das Leicht zu bearbeitende Holz beftimmt. 
Balfenfdpfe und horizontale Schwellenlagen bededen fic) mit 
grellfarbigen Schnitereien und werden zu Bildträgern, ohne ihre 
fonftruftive Bedeutung zu verlieren. Unter den Fenftern breitet 
fih balbmondförmig ein fächerartiges, an die moderne Rerbfdnitt- 
Urbeit erinnerndes Ornament aus. Cin prächtiges Beifpiel diefer 
felbftftändigen Architektur ift sas alte Mumme-Braubaus, deffen 
lange front fic) im Uebrigen an die. Renaiffance- formen an- 
fließt, foweit es die Eigenart des Holzbaues zuläßt. 

Sum DVolfshumor, wie er fid in der bildenden Runft aus- 
Ipricht, gehört untrennbar die Farbe. Erft die bunt bemalte 
Schnißerei wirft auf das naive Empfinden der Menge, und jo 
bededen fih denn die Privathäufer Braunfhweigs in feger 
Fafhingslaune mit farbenglänzenden Sdildereien, in denen fird- 
lide und weltlide, ernfte und derbfomifhe Darftellungen fih 
feltfam Surcheinanderwirren, Jm Haufe am Baeerflint foll 
Till Eulenfpiegel gewohnt und feine Streiche verübt haben. Es ift, 
als ob er einen Theil feiner Iuftigen Einbildungskraft auf die alten 
Baumeifter übertragen und fo der Nachwelt übermittelt hätte. 

Gar feltfam nimmt es fih dann aus, wenn plößlih ein 
altersgrau, in fhweren Renaifjance- formen 
aufragendes Steinportal die buntbelebte 
Slade unterbridt, fic) breit und ernfthaft 
vor den luftigen Bilderfafhing hinfpreizend. 

Diefe fortwährende Stil- 
mifhung ift es, Sie der Stadt 
Braunfhweig ihren unterfcheiden- 
den arcitektonifhen Charafter 
verleiht und den 

Befucer be- 

rührt, wie die 

Derförperung 

einer uralten 
Mardendich - 

tung.  Heidni- 
fhes und Chrift- 
liches, Höfifibes 














Sraunſchweig. Die Katharinen-Kirhe mit dem Denfmal 


Heinrihs des Löwen, 


Don O. Günther-Naumburg. 


86 Deut{ he Runft. 


und Bauerlides, Heiliges und Profanes wirrt ih da zu wunder- 
lidhen Gebilden 3ufammen, denen fic) Sie Einbildungstraft willen- 
los gefangen giebt. 

Unwiderftehli aber Sringt überall nüchternes, modernes 
Gefdhaftsleben in die Märhenpoefie der Welfenftadt ein. Das 
„Haus zum Stern“ hat einem Wiener Café Plazt maden 
müffen, die facade des ,,Demmerbaufes*, das wir in Heft | 
abgebildet und befchrieben, ift mit Mübe und Moth aus einem 
projeftirten Umbau berausgerettet worden. Die fic jeltfam 
biegenden Querbalfen, die fic) neigenden fteilen Däder in den 
winfligen Strafen mabnen an die Vergdnglidfeit alter Städte- 


Dom Landfchaftern. 
Von Wolfgang Rirdbad. 


„Weiß der Himmel, was das ift mit diefen neuen 
Landfbaften! Darin fann ja fein Menfd 

mebr fpazieren gebn.“ Wenn er aber cin Bild 
fand, das ihm zufagte, fo brady er oft mit Entzüden 
in die Worte aus: „Herrgott, das ift famos. Hier 
fönnte man ja gleih ein Pidnid veranftalten!‘ 
Dor einem anderen laufhigen Bilde mit Bebüfchen 
und einer Rubebank: „Jetzt wünfdhe ih mir nur 
nod ein recht hübfhes Mädel zum Schabe, daß 
wir uns glei auf die Bank fegen fönnten. Die 
Küffe müßten ja noch einmal fo gut fhmeden.“ 
Sab er aber eine Hodgebirgslandfhaft mit wilden 
Klüften und Abhängen, fo fagte er: „Ih muß nur 
gleih zu Haufe feben, ob mein Rudfad und meine 
Gebirgsfhuhe noh in Stand find, dag man einmal 
bier binaufjteigen Fönnte, um fic) Edelweiß zu 
pflüden, denn da oben muß fiher weldhes wadfen.‘* 
Ja, fogar vor Regen fürdtete er fic) durhaus nidt; 
eine düftere Wolfenlandfhaft von Ruysdael konnte 
ihn gar wohl begeiftern und einmal fagte er: 
„Wenn ich jeßt hier durd den Sturm und Regen 
wanderte, würde ih nicht einmal meinen Schirm 
auffpannen, fdon damit id) die Rompofition nicht 
beeinträchtigte. Und wenn id Flitfhnag würde! 
Diefer Riinfiler war zweifelsohne ein wetter- 
fefter Mann, der unter Spazierengehen niht nur 
einen fonnigen Sonntagsnahmittagipaziergang 
zwifchen grünenden Wiefen verjtand, fondern weder 
Sturm nod) Gefabren auf offener See oder in Gee 
Aber auf alle fälle wollte er = 


Kin geiftreiher Rünftler aus älterer Zeit pflegte beim Be- 
trachten von gewiſſen Landſchaftsbildern zu ſagen: 





pracht, deren Erinne- 
rung wenigitens in 
Bild u. Befhreibung 
feft zu halten die Auf: 
gabe aller derer ift, 
denen das Wieder- 
erwachen eines ge 
funden  volfsthüm- 
liden Runſtſchaffens 
am Herzen liegt. 

G. Malfowsfy. 


Genuß erinnert, den 
wir gerade bei der 
Malerei als eines der 


Braunjhweig, Das Gewandhaus, 
bewegenden Momente nicht aufer 
Act laffen follten. 

Denn fragen wir uns, was 
it es denn eigentlih, mas uns 
sum Landfchaftern veranlaßt und 
was in unferen Zeiten diefer Runft 
zu jo allgemeiner Verbreitung ver- 
bolfen bat! Nicht zu allen Zeiten 
war diefes Gntereffe an der lang- 
Ihaftlichen Natur glei groß. Die 
Griechen erreichten in ibrer Art 
das Höchſte in der Darftellung des 
menfihlichen Körpers, feiner Schön« 
beit, feiner lebendigen Organifation, 


birgsflüften ſcheute. — Braunſchweig. und die Bildhauerei wurde geradezu 

in jede gut gemalte Landſchaft hineinſpazieren —— Portal am ein Ausdrud der menfdlihen Judt- 
— 

können, um zu ſehen, ob der Maler ſie auch richtig . Zeughaus. wabl, der Auslefe des Beften und 

wiedergegeben habe und um im Befonderen und ER am fhönften Organifirten im Sinne 


Allgemeinen die Cigenthiimlichfeiten Siefer Cand- 
fchaft 3u ftudiren und zu genießen. 

Gegen gewiffe vieredige Roblfelder und flache Bemüfeland- 
jbaften hatte er eine unergriindlide Abneigung. Bei fo einem 
Bilde fagte er einmal: „Der Rohl fteht zwar gut, aber ich bin 
dod) fein Bemüfeweib. Jh handle dod niht damit. Diefer 
Maler hätte mit feinem Bilde in die Markthalle geben follen !* 
Und vor einer anderen wenig intereſſanten Landſchaft: „Jeſus, 
jet bin nun fhon zwei Stunden über 'diefes öde Gebiet ge- 
wandert und babe mir Schwielen an die Füße gelaufen und 
es it immer noh niht zu Ende. Wenn ih erft da beraus 
wäre!‘ 

Seder geneigte und geiftreihe Lefer Fönnte eine Blumenlefe 
ähnliher Balerieworte mit Ceichtigkeit felbft berftellen, wenn er 
von der gleihen Lebhaftigkeit der Empfindung und Antheilnahme 
an gemalten Begenftänden bewegt wäre wie diefes fröhliche alte 
Künftlerblut. Wir aber werden durch diefe Aeuferungen auf 
eine Runftfrage aufmerffam, die uns gewiß den boldeften Reizen 
der Landfihaftsmalerei näher bringt und uns an den naiven 


* der Emporbildung der menſchlichen 

Raffe ſelbſt. Die Freude an der 

Schönheit des Menſchen fiel noch ganz zuſammen mit dieſem 
Darwiniſtiſchem Inſtinkt. Aber die Landſchaft hat das Griechen— 
thum, die alte Kunſt überhaupt faſt gar nicht gepflegt. Nur 
die Dichter batten Sinn für Landſchaftsreize. Wenn Homec 
uns die Grotte der Kalypſo malt, ſo ſehen wir hier recht wohl 
ein behagliches Landſchaftsgefühl. Wir erkennen es auch ſechs— 
hundert Jahre ſpäter vielfach in den lieblichen Idyllen des 
Theokrit, ſehen hier ſogar bereits eine Art von maleriſchem 
Landſchaftsſinn ausgebildet, wie von der ‚fähigkeit zum land- 
ſchaftlichen Stimmungsempfinden. Im Ganzen aber äußerte ſich 
dieſer Landſchaftsſinn weniger durch maleriſche Nachahmung als 
dadurch, daß man in Gärten, Parks, in Verbindung architektoniſcher 
Anlagen mit Berg, Thal, Waſſerſturz und Pflanzengruppen 
idylliſche und anmuthige Landſchaften um ſich herum erſchuf. 
Der Landſchaftsſinn und die Ciebe zur Landſchaft blieb rein 
praktiſch. Und es iſt Jahrhunderte lang ſo geblieben, und es 
ſcheint, daß erſt mit der Verbreitung der bibliſchen Schriften in 


























VERRECHNET 





Deutfhe Runft. 87 


Europa derjenige befondere Candfaftsfinn und Naturfinn auf- 
gekommen ift, der zulet zu diefer befonderen Verherrlihung der 
Natur führte, die jetzt im unferer Candfchaftsfunft zum Ausdrud 
gelangt. 

Es flingt parador, aber es ift eine Thatfadhe, daß die 
Juden, die in Paläftina, in Aegypten und in Babylon feit ur- 
alten Heiten, zur Zeit Homers, vor derfelben und nad) derfelben 
gelebt haben, aud diejenigen waren, die am früheften den Sinn 
für die Natur, für Candfhaft und all ihre Schönheiten begeiftert 
gepflegt haben. Es klingt um fo wunderbarer, als man beut- 
zutage ja beobadten will, daß die Nadhfommen Abasveros faft 
gar feinen Landfhaftsfinn, ebenfowenig wie landwirtbfhaftlien 
Sinn hätten. Man nimmt es wefentlid als ,,germanifde 
oder gar „hriftlihe* Eigenfhaft in Anfprud. 

In Wahrheit aber ftellt fi die Sade fo, daß es niemals 
ein Volt gegeben bat von fo ausgefprodenem gefunden Ylatur- 
finn, von fo viel Begeifterung fiir die Natur, wie dasjenige ift, 
dem wir die Sammlung der Pfalmen, das hohe Lied Salomos, 
die Dichtung von Hiob, wie das Buch Efther, das lieblihe Bud 
Ruth, fowie die fogenannte Genefis des Mofes, d. h. die Natur- 
entwidlungslehre des Mofes verdanfen. fängt diefes Bud doce 
fogleih mit den Säten an „Und Bott fahe, daß es fhön war, 
denn fo heißt es im hebräifhen Original; nicht nur, daß es 
„gut war, wie wir zumeift aus Luthers Ueberfeßung denken. 
Nein, cs ift bier die Schönheit der Natur, die Schönheit der 
Schöpfung gemeint, in welder das Bras und die Pflanzen fih 
aus der Erde felbft natiirlic) entwideln, in welder die Erde 
felbft allerhand lebendige Thiere hervorbringt, wie der Menſch 
felbft nun diefe Entwidelungsreihe befchließt. Und die Begeifterung 
für die Schönheit der Natur legt Gott felbft das Bemwußtfein 
unter, daß er fieht, es jei Alles fhön. Diefer Naturfinn erfhuf 
den 104. Pfalm, ein Lied von der landfchaftlihen Schönheit der 
Natur, as wohl noh niemals feither an Plaftit, Anfhaulickeit 
und Begeifterung für die Natur übertroffen wurde, ein Panorama 
der Natur von großartigften Dimenfionen. Es bat unzähligen 
„idealiſchen“ Landfihaften zum ftillfhweigenden Dorbilde gedient, 
wie die Dorftellungen vom Paradiefe und feiner menfdliden und 
thierifden Staffage bis in die Schöpfungen Raphael Sanzios 
und Midel-Angelos hinein Träger der Landfhaftsempfindung 
werden. 

je mehr die altteftamentarifhe Bibel und die Lehre Jefu 
felbft mit ihren Naturgleihniffen und ihrer landjdhaftliden Um- 
gebung bekannt wird, defto mehr fehen wir aud in der Malerei 
eine felbftftändige Entwidelung des Landfhaftlihen oder doc 
mindeftens die Neigung, Menfhlihes und Landfhaftlihes in ein 
gewiffes Gleihgewicht zu fegen. 

Bei den älteren und früheften Meiftern Ser italienifchen 
. Malfunft, welde ja überhaupt die Lehrer und Meifter der 
europäifchen Malerei wurden, fehen wir von Haus aus das 
Landſchaftliche faſt durchweg als einen idypllifchen Hintergrund 
für die religiöfe oder biftorifhe Darftellung benußt. Und febr 
früh fhon wird bier das Perfpektivifhe als ein Hauptmoment 
diefes landfhaftlihen Reizes angefehen. Diefe Candfdaften find 
in den feltenften fallen bloße Phantafie-Landfhaften. Wer 
Italien fennt, erfennt bei den älteften Meiftern wie felbft nod 
bei Tizian, wenn er eine Denus hinlagert und einen fernblid 
in eine bergige Landfhaft eröffnet, oft ganz beftimmte Ausblide 
aus den venetianifhen Alpen, aus den Vor-Apenninen, aus 
der lombardifhen Ebene jo gut wie aus den tosfanifhen Thälern 
wieder. Gewiffe geologifhe Bergharaktere find ganz bejtimmt 
feftgebalten und nur die ftilifirende Manier, in welder diefe 
Yaturbeobadtungen vorgetragen werden, läßt fie für manden 
als „pbantaftifche* Landfdhaften erfcheinen, weil er die richtigen 
geologifhen und botanifhen Grundzüge diefer Hintergründe nicht 
felbft beobadtet bat. Erft in fpäterer Zeit, und wefentlih in 
Holland und Belgien, entftehen dann jene im wahren Sinne 
phantaftifhen Landfdaften, wie fie auf den Bildern eines 
Breughel erjcheinen, merkwürdige Panoramen, wo phantaftifch 
geformte Berge mit einer Vegetation, die fih im diefer Weife 
rein botanifh niht miteinander verträgt, vor Sem Befchauer 


aufgerollt feinen. Aud in altdeutfhen Gemälden begegne 
man dergleihen, und man erklärt fi diefe Landſchaftsphantaſtik 
wohl daraus, daß diefe H länder und Fladländer nur fehr 
unbeftimmte Begriffe von Gebirgen, Flußläufen und Thälern 
batten, daß fie etwas lediglic) aus dem Ropfe malten, was fie 
nur auf Reifen vorübergehend und fliidtig beobachtet hatten oder 
fih auf ihre Weife nah Bildern zurecht legten. So entftanden 
jene landfchaftlihen Rumpelfammern, die uns um fo mehr über- 
rafden, als die niederländifhe Malerei da, wo fie ihre eigene 
Umgebung malt, ja immer befonders realiftifh ift und ebenfo 












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Braunſchweig. Das Mumme⸗Haus. 


viel Terrainverſtändniß wie jede andere landſchaftskundige fähig- 
keit beweiſt. 

Aber noch immer iſt damit nicht die Zeit des eigentlichen 
Landſchafterns angebrochen, wenn auch ein Mann wie Ruxsdael 
bereits groß iſt im Ausdrucke von Stimmungen der ſelbſtſtändig 
herausbeobachteten Landſchaftsnatur. Er iſt und bleibt in ſeiner 
Zeit mehr oder minder vereinzelt, unbeſchadet aller Verdienſte 
eines Cverdingen und Anderer um die allmälige Entwickelung 
eines ſelbſtſtändigen Landſchaftsbewußtſeins. 

Die Zeit hingegen, wo fröhliches Malerblut hinauszieht in 
Wald und Feld, ans Meer und in die Gebirge, um im taufend- 
fachen Prisma Ser Luft- und Lichtſtimmung alle formen- 
ſchönheiten und geheimnißvollen Naturgewalten der Landſchaft 
zu ſtudiren und auszuplaudern, beginnt ſo recht erſt am Ende 
des vorigen Jahrhunderts und füllt dasjenige aus, deſſen Ende 
wir uns nähern. Ert von ða ab fönnen wir von einem 
befonderen Riinfilerftand der Lansfhaftsmaler reden. Wie Goethe 
fhon in jungen Jahren als Landfchaftszeihner dilettirte, in 


ge Deutfde Runft. 





feinem „Werther aber dichterifch alle Reize der landfdaftliden 
Natur fhilderte und feinen Helden mit malerifhem Bewuftfein 
die Gegenftände der freien Natur betradhten läßt, fo fehen wir 
aud) fonft, daß Laien und Dilettanten beginnen die Natur auf 
ihre malerifch-poetifche Seite anzufehen. Neben der durd Raffael 
Mengs, Winkelmann, Gefer fortgepflanzten großen biftorifchen 
Runft, neben den Bilbniffen der Graff, Tifhbein fehen wir 
allmalig aud) gelegentlih das Landfhaftlihe felbftändig wieder 
auftreten. Hatte dod hundert Jahre früher fhon Salvator 
Rofa in Ftalien machtige Schritte in der Ffolirung des land- 
fhaftlihen Naturgenuffes getban und Ser Rupferftid) und die 
Radirung hatten fogar fhon eine gewiffe Tradition heroifcher 
- Landfhaften, die aber eben freilich vielfach noch in der gefdilderten 
Phantaftit ftedten. Gn franfreih war eine Liebhaberei für 
Shäferfpiele und Fdyllen aufgefommen, man fieht in der hdfifden 
Benremalerei eines Lancret und feiner Schule auf die Candfdaft 


bereits ftarferes malerifthes Gewicht gelegt, nahdem durch Pouflin 
und Clause Lorrain fhon eine felbftändigere Landfdafts- 
fhilderung in Schwung gefommen war. 

Man ift aber in der Lage, nahzumweifen, daß jene Periode 
der Landfdhaftsmalerel, welde durh Ruysdael, Salvator Rofa, 
Pouffin und Claude Lorrain bezeichnet ift, in einem gebeimnis- 
vollen Sufammenbang mit literarifhen Befhmadstihtungen 
ftebt, welche zu den Seiten Siefer Meifter das Jöpllifche, die 
Dorliebe für Schäferpoefie oder romantifche Stadtfludt pflegten. 
Wie fcdhon in Shatefpeare’s Dramen zu Anfang des 17. Jahr- 
bunderts diefe Richtung geniale poetifhe Blüthen gezeitigt hatte, 
fo feben wir aud in Gtalien, franfreid), Holland im Laufe des 
Jahrhunderts und tief hinein ins adtzehnte die Fdyllendidtung 
und Scäferpoefie fih ausbreiten. Und wer zweifelt, daß die 
Landfdaftspoefie eines Claude Lorrain ganz aus diefen didterifcen 
Träumen bherauswadft? 


Die Kunft in Paris. 


aris gilt mit Recht als Runftftadt erften Ranges, troßdem ift and 
dort niht Alles Bold, was glänzt. Befonders um die Erhaltung 

DO der Runftdentmäler hat es von jeher an den Ufern der Seine 
nicht befonders gut geftanden. Gebt hat der Bemeinderath endlich befhloflen,. 
einen Ausfhuß einzufezen, der ih mit der Frage zu befhäftigen hat, wie 
vom alten Paris nod) 3u retten fei, was zu retten ift. Gerade in jüngfter 
Heit war Mandes verfhwunden, was ohne große Mühe zu erhalten gewefen 
wäre. So ein ftilvoller, wohlerhaltener, fiinftlerif werthvoller Palaft des 
fiebsebnten Jahrhunderts in der Rue des Archives, der einem Zinshaus Plag 
maden mupte. Das Bebäude hatte fic) trefflich für ftädtifhe Zwede gebraudhen 
laffen. So ein Stüd der Mauer, mit der Philipp Auguft Paris umgeben 
hatte und das „in der Rue Clovis bei einem Umbau faft unverlegt zu Tage 
fam. So der Unterbau der von Robert de Sorbon erbauten Rapelle, der 
bei der Erweiterung Ser Sorbonne verfhlungen wurde, Ausgrabungen 
würden wahrfheinlih gefchidtlid) Werthvolles 3u Tage gefördert haben. 
Mande der Alterthümer find freilih nit zu retten oder es lohnte fih nicht 
ihre Erhaltung. Aber Abbildungen, Lichtbilder oder Zeihnungen wären 
gewiß wertbvoll für die Madfommen, für Rünftler und Gelehrte. 

Aud um das Schloß von Derfailles mit feiner gefhichtlihen Bilder- 
fammlung ertönen immer neue Scmerzenfchreie. Es ift wegen feiner freien 
Lage der Unbill der Witterung ausgefert. Alle hervorftehenden Bautheile 
find duch Waffer und frot gefhädigt. Gm nnern mußten mehrfah Böden 
und Deden geftügt werden, namentlid 1878 bei Sem von Mac Mahon ge- 
gebenen Ball, und voriges Jahr bei dem Befuh des Farenpaares. Um das 
Schloß außen und innen zur Weltausftellung 1900 einigermaßen in Stand zu 
fegen, müßte die dafür ausgeworfene Summe (150 000 Franke) mindeftens 
um J00 000 francs jährlih erhöht werden. Der Bericterftatter für die 
Runftausgaben, Berger, mahnt dringend zu folder Erhöhung. 

Jm Uebrigen wachen die ftaatlihen Kunftfammlungen in Paris beftändig 
durch Zuwendungen von Privatperfonen, deren Liberalität unferen Sammlern 
als Dorbild dienen Fönnte, 

Der Runfifenner Jules Maciet, der die Sammlungen des Louvre 
und des Mufeums der dekorativen Rünfte fon um mandes 
fhöne Stüd bereiherte, bat dem Louvre neuerdings eine Serie von 14 Gee 
mälden des 15. und 16. Jabrhimderts Ser vlämifhen und der deutfchen 
Schulen zum Gejhen? gemadt. Die Stüde der Serie find nidt fammtlid 
von dem gleihen Werthe, einzelne mur Fragmente größerer Runftwerfe, aber 
alle find von febr hohem Augen für de Kunftgefhichte und werden die Samm- 
lung des Louvre in erfrenliher Weife ergänzen. Die bauptjädlichften 
Stüde der gefhenkten Serie find: ein fehr jhönes Panneau „Mariä Per- 
fiindigung im Stil Memlings oder van der Weydens; der Flügel eines 
Triptvhons, einen Inieenden Spender in einer Landfhaft mit feinem 
Schutzengel darftellend; zwei Peine runde Panneaur, das eine mit einem 
wunderfhönen Chriftusfopfe, das andere mit einer berrliben Muttergottes 
auf Goldgrund, vier Meine Studienföpfe auf einer Leinwand und zwei 
Männerportraits, 

Selbft die Runfthandler meinen es in Paris mit der Kunft felbftlos 
ebtlid. So hat Artaria eine Ausftellung der Werte von Alphons 
Muda veranjtaltet, 3u der er dem Publifum freien Zutritt geftattet. Muda 


verdantt einen Theil feiner Ausbildung dem Auslande, aber es aft fid 
wobl faum annehmen, daß er auf der Mündener Akademie, die er be 
fügte, feine Erfolge auf dem Gebiet des Plafats verdankt. Uebrigens 
it Muha ein durchaus univerfeller Rünftler. Er ift ein Meifter der bifto- 
tifhen Rompofitton, des Sittenbildes, der intimen Studie und ein fhöpfe- 
tifher Geit in Erfindung pifanter Plakate und Flluftrationen. Ob er uns 
in einem Ratton, als Blasfenfter auszuführen, den Ritter Hubertus oder eine 
anmuthige Szene aus dem foyer der groffen Oper vorfiibrt, immer zeigt er 
fih vollfommen Herr des Dorwurfes, den er darftellen foll. Der 
Svllus „Die vier Jahreszeiten“, reizende weiblihe allegorifhe Figuren, 
als Plafat für eine große Gnduftrie gedadt, find mit derfelben Sorgfalt 
für alle Details ausgeführt, wie die Bejhichtsbilder „Johann v. Leyden, 
„Der Prager fenfterfturs u. f. w. Ob er nun eine Affihe für eine 
Figarrettenpapier » fabrit oder das Titelblatt für die Zeitfhrift „La Plume“ 
erfinnt, fein Stift und fein Pinfel find immer geiftreih. Fablreihe Studien 
nad der Natur geben Hengniß dafür, wie ernt es Mudha mit feiner Kunſt 
nimmt. Das Hauptwerf der Ausftellung find die 132 in Aquarell aus- 
geführten Fllufteationen zu dem 
Märden „lie, Prinzefjin von 
Tripoli" mit dem Tert von Ro- 
bert de flers. 

Paris, das überall an der 
Spike der Zivilifation marfdirt, 
bat es nun aud zu einer Se- 
zefjion in der Seszeffion gebradt. 
Die Marsfeldgruppe wollte auf 
dem Brundftüde des hinefifhen 
Pavillons beider Porte Dauphiné 
des Bois de Boulogne ein Ge- 
bände aufführen laffen, das bis 
zur Weltausftellung von 1900 
ihre Runftausftellungen aufneh- 
men follte. Der „Temps" hatte 
darüber den Präftdenten der 

„Société nationale des 

beaux - arts“, Puvis de Cha- 
vannes, befragt und von ihm 
die Beftätigung diefer Nachricht 
erhalten. Here Puvis e Cha- 
vannes erflarte fie allerdings 
für noh verfriibt, weil das 
Comité der genannten Riinftler- 
gefellfhaft erft über das Projekt 
berathen und der Parifer Be- 
meinderatb feine Zuftimmung 
geben muß. Nun ftößt aber 
das ganze Projekt nit nur 
innerhalb diefer Behörde auf 
ethebliden Widerfprud, fondern 





(> 
Braunfchweig. 
Portal an der Abtei Riddagshaujen, 





FEET AE 


Deutfhe Runft. 





die Marsfeldtiinftler felbft find darüber in einen .argen Ronflift gerathen. 
Die Gruppe der Ardhiteften hat in corpore ihren Austritt angemeldet. 
Die Urface diefes Brude, der den Marsfeld-Salon einiger bedeutender 
Rräfte beraubt, it die rüdfichtslofe Meife, mit der der Dorftand der 
Société Nationale ihren eigenen Arditeften gegenüber vorging. Diefe 
erfuhren von dem Plane Ses Umbanes des Pavillon Chinois erft, als 
er dem Parifer Gemeinderathe zur Genehmigung unterbreitet wurde, und 
waren weder über den Entwurf nod über den Yleuban felbft zu Rathe ge- 
zogen worden. Der Vorftand hatte fic) zu diefem Zwede an den Architekten 
Formigé, eine der Stügen des alten Salons, gewendet, weil diefer, angeblid 
fidh eines gewiflen Einfluffes unter den Stadtwätern erfreut. Eine folhe Zu- 
tüdfegung fonnten Riinftler, wie de Baudot, Franz Jourdain, Benonville 
u. A, h nit gefallen laffen. So hat man ih aus Utilitätsgründen 
zwifhen zwei Stühle gefegt, da man den Gemeinderath nidt einmal duch 
Herrn SFormige überzeugen 

fonnte, daß Paris durch das 


89 





den Sdhaften der Säulen, die vorn das Dad ftüben, flieht man zwei Kronen 
und den Mamenszug Wenelifs in amharifher Schrift. Byzantinifhen Stiles 
find aud die fehs goldenen Areuze, die ebenfalls zu den Gefdhenten gehören. 
Das für Menelif jelbft beftimmte ift größer als die übrigen und mit einer 
Halskette verfeben. Die andern Kreuze find fir die Raiferin und die Prinzen. 
Die Stiftung Ses Thrones für den aus eigener Rraft in feiner Herrfhaft 
befeftigten Menelif gerade durch Franfreih tann man, wenn man will, als 
eine fiinftlerifche Liebenswürdigfeit auffafjen, für die fih die Italiener be- 
banten mögen. 

Uebrigens fegt PouffielgueRufand feine fünftlerifhe Kraft aud daheim 
für das monardifhe Prinzip ein. Er hat das von der royaliftifhen Jugend 
dem Herzog von Orleans als Andenfen an feine Heirath gewidmete bronzene 
flahbild angefertigt: „Frankreih unter dem Sduge des Erzengels Michael 
die Föniglide Krone darbringend." Jm Vordergrunde Ffrantreidh, eine Frauen- 

geftalt in lilienbefietem Panzer 
und wallendem Gewande. Mit 





fehlen einer Marsfeldaus- 
ftellung in Gefahr fommt, 
feinen Ruf als Weltftadt ein- 
zubüßen. 

Wenn die Riinftler aud 
auf dem nicht mehr ungewöhn- 
ligen Wege der Unverträglid- 
feit um eine Unsftellung fommen 
follten, fo feblt es ibnen doc 
nidt an Staatsauftragen, die 
bisweilen einen für eine Re- 
publit feltfamen Charafter an- 
nehmen. Dieerotifchen fürften, 
mit denen frankreich intimen 
Derfebr unterhält, hatten fhon 
öfters den Wunfh  ansge- 

“jproden, von ihrem „großen 
Vater" jenfeits des Wafers 
ein mehr oder weniger foftbares 
Thréndhen als Garantie der 
durch ebenjenen „großen Vater!“ 
fart gefährdeten Souveränität 
zum Befhent zu erhalten. Der 
Königin von Madagaskar und 
dem Rönig Toffa von Porto- 
novo hatte fih auh Menelif 
von Ubefjinien angefdloffen. 
So wurde denn Ponffielgue- 
Rufand mit den einfhlägigen 
Arbeiten betraut und hat ein recht 
anftandiges Stüd ftiliftifcher 








der rechten Hand bietet fie die 
Krone dar, mit der linken 
drüdt fie die Fahne Jeanne 
d'Arc's an die Bruſt. Hinter 
dieſer Frauengeſtalt, ſie um 
Haupteslange überragend, 
ftebt der heilige Michael, der 
fie mit dem linfen Arm zu 
fügen fcheint, während der 
tehte Arm ein entblößtes 
Schwert hodihwingt. Ganz 
im Bintergrunde erfdheint die 
Rathedrale von Reims, in der 
die franzöfiihen Könige ge- 
front wurden, rechts und linfs 
in den Wolfen die Geftalten 
Chlodwigs, des heiligen Lud- 
wig, Karl's VIIL. und Hein- 
tih's IV. Unten links auf 
einem Unterſatz ein Riffen, 
worauf Scepter und Schwert 
gefreuzt liegen. 

Wenn man die fran- 
36fifhe Runt auh gelegent- 
lid in den Dienft der Politik 
ftellt, jo nimmt man es mit ihr 
im Grunde genommen doh gar 
nidt fo ernft. Der Zwedbegriff 
fteht meift — und fiher nicht 
zu ihrem Schaden — erheblid 
hinter dem Luftgefühl zurüd. 








Slidarbeit 3u Stande gebradt. 


Der Thron ift zerlegbar, aber Meunier. 
fo umfangreih, daß feine 
Theile in fechzig großen Riften verpadt werden miiffen. Der Stil ift 


romanifh-byzantinifh. Der Thron ift 6,50 Meter hod) und 4 Meter breit. 
Auf beiden Seiten befinden fih fhwere Wände aus gefihnigtem, theilweife 
vergoldetem Eihenholz, die das Dad tragen, auf dem fih die vergoldete 
dreifache Aciferfrone aus Metall erhebt. Die Hinterwand ift mit einer Art 
Dorhang ausgejhlagen, worauf eine Rrone in Seide geftidt if. Auf der 
Sigbant liegen zwei mit rothem Damaft überzogene pradtvolle Riffen. An 


Was von Conftantin 


s giebt Künftler, Seren Perfonlidfeit von ihren Werfen 
nicht getrennt werden darf, wenn man beide in ihrem 
vollen Werthe würdigen will. Was fie auch immer 
fhaffen mögen, es ijt mit Einfegung ihrer ganzen Eigenart bervor- 
gebradt, eim Banzes, weil mit Anfpannung aller Nerven aus 
dem Gnnerften bherausgearbeitet. €efthetifche Formeln find auf 
fie nicht anmendbar, weil fie naturnothmendig Organismen 
zeugen, sie nicht gemodelt, fondern gemadfen find und fo ihre 
Dafeinsberehtigung erweifen. Sie bergen den Maafftab der 


Der Einfiedler. 


Das beweift aud die nenefte 
Publifation von Didier und 
Mericaut „Le nu ancien et 
moderne“, von dem einige neue Lieferungen erfehienen find. Es handelt fih bei 
diefen Werken um eine Sammlung von antifen und modernen Meifterwerten der 
Malerei, die in allen Galerien der Welt zerftreut find; ein fpezififcher Jwet 
außer dem rein fünftlerifchen foll nicht verfolgt werden. Die Reproduftion ift eine 
tadellofe und die Auswahl eine feinfinnige und gefchidte, fo daß man eigent- ` 
ld darüber vergefjen fönnte, daß „le nu“ in Paris in jeder form will- 
fommen ift, mag es nun antif oder modern fein. 


Meunier zu lernen ift. 


Dinge in fih, fie bedürfen der Bewerthung nicht, weil fie neue 
Werthe fchaffen. 

Jn Münden 1896 lernte man Conftantin Meunier 
fennen, in Dresden 1897 als der Gröğten einen fhäten; Berlin 
wird nidts anderes übrig bleiben, als an ihm zu zeigen, ob es 
wirklich Neigung hat, allmälig eine Runftitadt zu werden. Wenn 
die, denen es ernft ift mit der Runft, fid niht andädhtig in dem 
Runftfalon von Reller und Reiner fammeln, dann fteht es 
fhlimm um die Empfänglichkeit für bildnerifhe Bröße in der 





90 


Reihshauptftadt, man wird eingefteben miiffen, Sah fie an 
Conftantin Meunier nicht beranreidt. 

Was wir zunähft an dem belgifthen Riinftler meffen fönnen, 
das ift unfer fünftlerifhes Verhältnig zu der uns umgebenden 
Wirllichfeit. Man hat Meunier einen unbarmberzigen Wabrbeits- 
fhilderer genannt. Das ift gerade fo richtig und gerade fo 
falfh wie jedes äftbetifihe Urtheil, das einfeitig Erfaßtes fur; 
formulirt zum voll Derftandenen überböhen will. Man tann 
h die Sache noch leichter machen und Meunier einfad als 
Yaturalifien etifettiren, ohne darum dem Kern feines Wefens um 
das Mindefte näber zu fommen. Sein Verhältnig zu den Aus- 
fendungen ift ein rein fünftlerifhes und will daher mehr 
empfunden als begriffen fein. Wenn einer von uns Nidt- 
fünftlern in die belgifhen Roblendijtvifte reifte, würde er. als 
Reifegepäd ficher feinen gan- = 
zen Dorrath von foxialpoliti- — 
ſchen Kenntniſſen mitnehmen. — FER 
Meunier ift unter Ser Arbeiter- 
bevölferung des „Schwarzen 

Landes groß geworden. 
Gerade weil ihm Alles alt 
vertraut ift, was uns neu 
erfcheint, weil er Alles tennt 
und fritiflos als gegeben 
þinnimmt, gewinnt er einen ~ 
unverrüdbaren Standpuntt, - 
der ihm geftattet, injtinktiv 
das Typifche aus der Flucdt 
der Einzelerfheinungen ber- 
auszufinden. Was fih nie- 
mals erflügeln läßt, bietet 
fih ibm zwanglos fhon in 
der Anfhauung, fo daß er, 
ohne zu wollen, nit die 
Arbeiter, fondern Sen Ar- 
beiter fhilðert. Somit ftellt 
er fih unbewußt, wie jeder 
echte Rünftler, mitten zwifchen 
Naturalismus und dealis- 
mus. Schön und Haplid 
fließen ihm zufammen, und 
aus der Mifhung entfteht ein 
Ylenes, das von ihm eigen- 
artig erfchaute Typifhe. An 
Meunier's Werfen fönnen 
wir lernen, daß unfer Ver- 
bältnif zu den Außendingen 


⸗ 
J 








Deutſche Runft. / s 


= 4 = 





fi einen Bruchtheil Ser Natur unterworfen, wenn es fih aud 
nur um den Schnitt Ser reifen Feldfruct handelt. Das tec aus 
dem Hintergrunde bervorfpringende Antlitz; iſt ſicher nicht ſchön 
nad dem ,,antififaén Begriff, aber es zeugt in feiner gewaltigen 
Charakteriftit von/der Glorie Ser Arbeit und wird fo mehr als 
fhdn — erhaben in unbewußter Würde. 

Aud fir Fen Empfindungsausdrud bhat fih Meunier feine 
eigene Norm Kefchaffen, mit der fid) felbft ein Leffing- vergeblich 
fritifh abyitihben würde. Verzweifelnde Rene und liebevolles 
Derzeihe find noh niemals fo ergreifend bildönerifh ausgedrüdt 
, wie in Ser Gruppe „Die NRüdkehr*. Jwei nagte 
Mhlidhe Figuren, eine greifenbafte figend, eine jünglingshafte 
vot ibr auf die Aniee geworfen. Die Köpfe ffizzenhaft modellirt. 










/Der Alte bat mit beiden flahen Händen den Kopf des Jungen 


gefaßt und zieht ihn empor, 
um ibm mit trübem €rnft 
in die Augen zu fhauen. 
Das ift Alles. Was da 
mit den denkbar einfadften 
Mitteln, nicht durch feelifdmen, 
fondern Surh Musfelaus- 
drud, niht im Mienenfpiel, 
fondern im Nadten erreicht 
ift, grenzt an das Fabelhafte. 
Man lernt, wie ausdruds- 
fähig die bloße Rörperbewe- 
gung, richtig beobadtet und 
treu wiedergegeben, fein fann. 

Die Tehnit Meunier's 
ftößt mit fouveräner Ueber- 
legenbeit fcheinbar alle bild- 
nerifchen Befetze um, ohne fie 
in Wahrheit irgendwo zu 
verlegen. Sein „Einfiedler‘‘ 
flebt an einer felswand, 
fladh, beinahe ganz von vorn 
gefeben. Um eine zweifel- 
bafte Ede jchleiht faucdend 
ein ebenfo flad) modellirter 
Panther. Aber fobald fih 
das Auge nur ein wenig ger 
wöhnt bat, tritt der fels 
zurüd, der Flagellant (sft 
fih von ihr los, über das 
Rnodengeriift feiner Bruft 
fpielen Licht und Schatten 
und der Panther fdmiegt 





ein unnatürlihes, duch vor- 
gefaßte Meinungen bedingtes 
it. Wir find daran gewöhnt, 
in der körperlichen, nad) unferen Begriffen mechaniſchen Arbeit in 
etwas Untergeordnetes zu fehen, Meunier zeigt fie uns, obne es 
zu beabfidtigen, als eine zielbewußte, beroifhe Anfpannung 
ganzer Manncskraft zur Bewältigung der Materie. 

So gelangt der Künftler zu einer Art der dealifirung, die 
mit dem, was man gemeinhin Jdeal nennt und dem Charakteriftifchen 
feindlih gegenüberftellt, gar nichts zu tbun bat. Die auf einen 
einzigen nabe liegenden Punkt fonzentrirte Arbeit zwingt den 
Menſchen zu einem JZufammenraffen der Energie, die uns Achtung 
abringt trog des erwähnten Vorurtbeils; fie zeigt gerade diefen 
Menfhen dynamifh von feiner beften Seite, fie macht ibn zum 
Heroen. Die äfthetifhe Ummertbung, zu der uns Meunier ver- 
anlaßt, ift eine tief einfchneidende. Er zeigt, wie das richtig 
erfaßte Charakteriftiihe über den Typus fort zum deal führt. 
Wir find fo glüdlih, in Sem Relieftopf des ,,Sdnitters die 
jüngfte Arbeit des Meifters zum erften Mal reproduziren zu 
dürfen, an der fih das Befagte durch die Anfhauung erläutern 
läßt. Diefes farf gefchnittene aufwärts der Sonne entgegen- 
geredte Arbeiterbaupt bebt fihb von dem faum angedeuteten 
Aehrenbintergrunde madtvoll ab, wie das eines Halbgotts, der 


Meunier. 


Die Rüdfehr. 


h um die Ede herum. 
Das Ganze lebt, verfdiebt 
und bewegt ih nadh einem 
Rhythmus, der feinem der tunftgefhidhtlih feftgelegten Stile abge- 
lauft ift. Wir werden uns eben aus Meunier's Runft neue 
Gefeße für das Flahbild ableiten müffen. 

Ebenfo gebt es mit des eigenartigen Künftlers Material- 
behandlung. Er fpringt mit der Bronze um, als ob fie Thon 
wäre. Er ftnetet und ftreicht fie wie eine weiche Maffe, er bringt 
es fertig, uns glauben zu maden, daß man in Metall ffizziren 
fann. Sieht man dann genau hin, fo ift das, was man anfangs 
für einen bloßen Entwurf gehalten, nicht einmal eine weit getriebene 
Stizze, fondern ein fertiges Werk, lebensgroß troß feiner Kleinbeit, 
fet umtiffen bingeftellt, ein felbftherrlihes Aunftwerf. 

Warum wir uns nodmals mit Conftantin Meunier be- 
fhäftigt haben (fiebe „Deutfhe Kunft* I. Jahrgang, Nr. 42). 
Weil gerade wir Deutfche nocd etwas von ihm lernen fönnen, den 
Unterfehied zwifchen patriotifher und nationaler Aunjt. Der 
glühendfte „Patriotismus“ bat uns mit einer Reibe von Sieges- 
denfmalen befchentt, an denen eben jener Patriotismus das ribmens- 
wertbefte if. Da fommt ein echter KRünftler, fihildert uns fein 
feiedlihes Dolf beim mübfeligen Tagewerf und fihafft jo monu- 
mentale Runjtwerfe von nationaler Bedeutung. 6. m. 


FETTE. 





Deutfhe Runf. 91 


Das Kandesgewerbemufeum in Stuttgart. 


as erft fürzlih vollftändig eingerichtete Mufeum in der Legionsfaferne 

in Stuttgart war urfpriinglid als Mufterlager gedadt. Es follte 

den Bewerbetreibenden gute Mufter aus dem Auslande vorführen 
und zur Nahahmung überlajjen. Als folhes ift es das ältefte feiner Art in 
Deutfhland; denn fcdhon am 4. April 1840 wurde eine vom Staate angefaufte 
Sammlung von Mufterftüden, Werkzeugen 2c. dem Publifum zugänglih ge- 
macht. Mit den veränderten Derfehrs- und Produftionsverhältniffen, befonders 
nah Erlaß des Mufterfhutgejeges wurde aus dem Lager ein Mufeum, eine 
Umwandlung, welde das wefentlihe Derdienft des Präfidenten Dr. v. Baupp 
(feit 1882) it. Als folhes hat es die höhere Aufgabe, die Bewerbetreibenden 
zu eigenem Nachdenken anzufpornen, den Befhmad des Publitums zu bilden 
und es faufluftig zu madhen. ‘Es foll ansgefprobenermaßen fein biftorifches 
Mufeum fein, fondern die in 
Stuttgart beftehende Sammlung 
vaterländifher Runft- und Alter- 
thumsdenfmale durch muftergiltige 
Arbeiten der Gegenwart ergänzen. 
Als Erfat für die fehlenden Alter- 
thiimer dient die Bibliothef mit 
der graphifhen Dorbilderfamm- 
lung, die in 400 Rajten eine ‚fülle 
von Gegenftinden aller Stile, 
Zeiten und Völler zur Anfhauung 
bringt. Die Sammlungen zer- 
fallen in vier Abtheilungen: Runft- 
gewerbe, Mafcinen, Werkzeuge, 
Tehnologie und Bypsmodelle. Fm 
Erdgefhoß find Sie tehnologifhen 
Sammlungen untergebradt, im 
erten Stot das Runftgewerbe. 
Legteres begimmt mit der grapbi- 
[hen Sammlung, welde die Ent- 
widelung der Lithographie und der 
photographifhen Reproduftions- 
verfahren darftellt, aber auch den 
Rupferftic) mit feinen verfchiedenen 
Techniken, den Buhdrud und Holz- 
fhnitt in ihren mannigfaltigen 
Phafen. Daran fließt fih eine 
Sammlung von ex libris und 
eine biftorifhe Folge alter Drude 
vom 15.—18. Jahrhundert, ferner 
Buchbindereis und Lederarbeiten, 
Buntpapierfabrifationen, Gobelin- 
imitationen 2c. Es folgen Holz- 
fonigereien,  Gutarfien,  Rerb- 
jhnitt, Holzmofaif, Brandmalerei, 
Dergoldung, Rorbwaaren und Lugusmöbel, darunter ein Curusfabinet aus 
Nufbaum von Giovanni Apollino in Ampezzo, ein folhes von Collinfon & Lod 
in London mit Elfenbeineinlagen und andere Ziermöbel. 

Die Ubtheilung für Metallarbeiten ift nadh dem Grundfak zufammen- 
geftellt, möglichft viele Tednifen zu zeigen: Galvanoplaftif, Mefjingpreilung, 
Bronze und Zinfguß, Legierungen; die Begenftände find zum Theil Nad- 
bildungen hiftorifher Stüde. Sehr reihhaltig ift die Sammlung von Eifen- 
arbeiten: fenfter- und Thürfchlöffer, Bitter, Lampen 2c. Ebenfo wie die 
legtgenannte Abtheilung liegt nad der Lindenftraße hinaus der Saal für 
Glas und Reramif mit feinen 534 Schränken. Lehrreih ift eine überfichtliche 
Darftellung der Glasfabrifation mit den dazu dlenlihen Znftrumenten. Glas- 
gefäße aus allen Ländern zeigen den Bejhmad der verfdiedenen Völker; 
Nachbildungen alter Originale rühmen die Leiftungen unferer Dorfabren. 
Ungemein reihhaltig ift der Saal für Porzellan; bier wetteifert Berlin und 
Meifien mit Limoges und Sevres; Majolifen, öfterreihifhe Fayencen, Delfter 
Gefdhicr ftehen neben Paliffy-Gmitationen von Barbizet, Schweizer Bauern- 
majolifa, Steinzeug von Dillroy & Bod, Wedgewood und danifchen Terrafotten. 
Prunfftüde ftellte die KRönigl. Porzellanmanufaktur in Berlin (Rofotovafe) 
und eine firma in Saargemünd. Die angrenzende dinefifhe Abtheilung 
enthält eine vollftändige Sammlung der bekannten funftgewerblihen Erzeugnijfe 
diejes Landes. 


Meunier. 





Der Schnitter. 


Der Blanzpunft des ganzen Mufenms ift die japanifhe Sammlung. 
Sie umfaßt 3300 Nummern, darunter viele Stüde aus der beften Zeit: 
270 fabrifate aus Porzellan, 500 Bronzen; Email-Tloifonne, mit Edel- 
metallen taufdirt, getrieben und cifelirt, 650 Waffen, 100 verfdiedene Meffer- 
griffe, 300 Ladarbeiten, 150 aus Elfenbein, Horn, Schildkröt, 220 Spiel- 
zeuge, 70 Rultusgegenftände, 150 alte Stidereien, 500 Toupen verfhiedener 
Gewebe von den früheften Zeiten an u. A. m. Während diefe Begenftände 
aufgeftellt wurden, gingen noh ein: zwel über 3 Meter hobe Tempellaternen 
aus Bronze von 1663, über 1!/, Meter hohe Satfuma=Dafen mit Darftellung 
japanifcher Heldenthaten, zwei große Aranihe aus Bronze, Schränfe, Lat- 
arbeiten, Waffen, Mufitinftrumente und Stoffe, welde der jüngft verftorbene 
Rommerzienrath Schöll in London geftiftet hat. Eine ganz hervorragende 
Runftabtheilung ift ôte Sammlung 
von einigen taufend auf Papier 
und Seide gemalter Bilder von 
berühmten japanifhen Rünftlern. 
Langs der Schloßftraße zieht fih 
der Tertilfaal bin. Erwähnens- 
werth find bier die in jahrelanger 
Arbeit für das Mufeum ausge- 
führten Lehrgänge der Reutlinger 
Sstauenarbeitsfihule und der l. P. 
Stidereifhule in Wien; ferner eine 
hdchft bedeutende Spigenfammlung; 
an Stidereien, fowobl griedhifch- 
ruſſiſche wie italienifde, fpanifde, 
perfifhe; folhe in Reltefgold, in- 
difhe Tamburirarbeit; dann aud 
ganze Gewdnder fiir profane und 
firdhlide Fwede; Proben der Ter- 
tilfunft aus den Grubenfunden 
Unterägpptens (1.—8. Gabrhun- 
dert). Den Schluß bildet ein 
technologifhes Rabinet, in dem 
die Rywltoffe, eine Reihe von 
wed ſuhlmodellen 2c. angeführt 
find; an den Wänden find in 
vielen hundert Bänden die fran- 
36fifehen Webmufter aufgeftellt und 
in 80 Tafeln die Darftellung aller 
widtigeren Bindungsarten in 
Muftern und ibre Defompofition. 
On der Rönig-Rarl-Halle werden 
die unteren Räume ganze Jimmer- 
augftattungen enthalten; auf den 
Galerien ftehen folde funftgewerb- 
lide Gegenftinde, welde eine 
der Arditektur der Halle entfprehende Aufftellung geftatten; außerdem find 
hier eine große Anzahl der verfhiedenartigften Schmud- und Shau- 
ftüde ausgeftellt, deren nähere Aufzählung viel zu weit führen würde. 
Die Lebhrmittelfammlung im oberften Stodwerd ift zu einem  felbft- 
fändigen Mufeum plaftifder Vorbilder geworden. Sie umfaßt bis jest 
6725 Nummern, die im Allgemeinen nah den Stilrihtungen geordnet find. 
Darunter befinden fih zwei fhöne Brabfteine von Deutfhordensherren, zwei 
in Holston imiticte figuren vom Hodalter in Befigheim, ein Abguf der 
Rreuzblume der frauentirhe in Eflingen, farbige Jmitationen von Gegen- 
ftänden Firhliher Aunft aus Wiener Mufeen, Randelaber aus der Certofa in 
Pavia; die Figuren vom Marimiliansdenfmal in Gnnsbrud, die Dede und 
Anderes vom Sdhloffe zu Jever in Oldenburg, eine dekorative Figur vom 
Reidhstagsgebdude, Pflanzenabgiiffe, Thiermodelle 2c. Yeu eingerichtet ift die 
tehnologifhe Sammlung mit Zinfgußfiguren, Möbeln, Werkzeugen, Bewehren, 
Schlöſſern, Rohprodukten und Darftellung ihrer Bearbeitung. Daran fließen 
fih die Sammlungen der Agl. Zentralftelle für Landwirtbichaft, Eleftrotednif, 
eine Mafchinenhalle und eine Sammlung für Werkzeuge, Präzifionsinftrumente 2c. 
Der Jwet der Lehrmittelfammlung endlih ift, den Lehrern Einficht zu ver- 
ihaffen von den jeweilig neu erworbenen Lebrbiihern, Vorlagen und An- 
fhauungsmitteln für die Volfsfchulen und gewerbliden Unterrihtsunftalten 

aller Art. 


Th. Th. Heine. 


92 





Deutfhe Runft. 









‘Venmifchfes. 
Kuriofa aus Afelier und Clerkfatt. 
Gedanken üher hildente Kunf. 


polizeibureau und Atelier. 


Der Maler Max Liebermann hatte gegen den Oberprafidsenten einen 
Prozeß angeftrengt. Er hatte die Abficht, Ah im dritten Stodwerf feines 
Haufes Parifer Plak 7 ein Atelier herridten 3u laffen, deffen Glasdad etwa 
fünf Meter über den Daļhbalten fih befinden follte. Der Polizeipräfident 
lehnte es ab, dem Rünftler die Bauerlaubnig zu gewähren, da dur den 
geplanten Aufbau die Umgebung des Brandenburger Thores verunftaltet 
würde. Der Riinftler führte darauf Befhwerde beim Oberpräfidenten. Diefer 
wies ebenfalls die Befdwerdse ab, deutete auf die Schönheit des 
Parifer Plakes und die vornehme Architektur der dort befindlihen Häufer hin 
und befürchtete durch den Bau eines Ateliers eine Derunftaltung der Gegend. 
Der Riinftler war anderer Anfiht und verflagte den Oberprajisenten beim 
Oberverwaltungsgeriht. Der Anwalt führte vor dem Oberverwaltungageridt 
aus, dap die Polizeibehörde auf Brund des § 6G l. c. nur ein Redt habe, 
große Derunftaltungen der Straßen durch Bauwerfe zu verhindern. Der 
Bau des Ateliers werde nur wenig bervortreten und erfceine feineswegs 
geeignet, am Gefammteindrud des Parifer Plages etwas zu ändern. Es 


fönne keineswegs angenommen werden, daß der Bau das feinere äfthetifche 
Gefühl verlegen werde. Liebermann fei ein echter Künftler und werde nidts 
beginnen, was geeignet fein fönnte, die vornehme Umgebung und fein eigenes 
Haus zu verunftalten. Es liege fein öffentlihes Gntereffe vor, folde Be- 
fdhrantung im Cigenthumsredt 3u redtfertigen. Regierungsrath Balz bat 
um Abmweifung der Rlage und behauptete, der Polizeiprafident fonne jede 
Derunftaltung verhindern. Mafgebend fei allein das Urtheil des äfthetifch 
gefhulten Publitums und nicht dasjenige der grofen Waffe des Dolfs. Der 
fhönfte Plat der Hauptftadt, am den fih zablreihe hiftorifhe Erinnerungen 
fnüpfen, müfje feine rubige Dornehmbeit behalten. Der Aufbau würde die 
Schönheit des Brandenburger Thores in hohem Brade beeinträchtigen. Der 
Geridtshof befhloß, feine Entjheidung zu vertagen. 


Buriofa aus Atelier und Werkftatt. 


Revande und Bildbauerfunft. — Wenn Politi? und Runft eine 
unnatürlice Verbindung eingehen, werden die fic) ergebenden Erzeugnifle meift 
zu Ungebenerlihfeiten. Die franzofen haben nah diefer Richtung befonders 
Unglüd, da fie ganz ausnebmend vielfagend erjheinen mödten. Bei 
Mars Ia Tour fteht ein Denkmal, das einen fterbenden Arieger darftellt, defjen 
rubende Waffen die kommende Generation — zwei Rinder — aufnehmen. 
Die Rinder find inzwifhen wohl fhon als Enkel aufzufaflen. Auf dem 
Richhofe zu Rolmar fteht das Grabmal zweier 1870 gefallener Franktiteurs. 
Es befteht aus einer großen Steinplatte, die von einem fid aus dem Grabe 
erhebenden franzöfifhen Krieger, deffen Hand nah dem auf der Platte liegenden 
franzöfifhen Hanbajonet greift, in die Höbe gehoben wird. Das Ganze ift 
fo [hauerlih realiftifh gehalten, daß fhwadnerpige Perfonen Sen Anblid 
nicht vertragen fönnen. Das wirft hoffentlih nicht allzu entmutbigend auf 
unfere fommende Generation. Jn Tiirfheim ift zu Ehren des Reihstags- 
abgeordneten Brad ein merfwürdiges Monument errichtet. Am Fuße des von 
einem Parifer Riinftler hergeftellten Denkmals figt eine, übrigens fünftlerifch 
ganz verfehlte, weiblibe figur, die aus einem «uf ihren Anieen liegenden 
Buche ein Blatt herausgeriffen und auf den Boden geworfen bat. Das foll 
nad der Meinung derer, die es willen müfen, dte Mufe der (franzöfifcen ?) 
Bejhichtsfehreibung fein, die entrüftet ein für Stanfreih nit eben fhmeicel- 
baftes Blatt (18702) aus dem Buche der Hiftorie berausreißt. „Spotten 
ihrer felbjt und willen nicht wie." 

Der Runftgefhmad der Ausländer in Paris. — Die Aufjeher 
in den Mufeen find darüber befragt worden, für welhe Kunftgegenftände fidh 
der fremde am meiften interefirt. Das Refultat ift folgendes: Betreten die 
Ausländer den Louvre, fo fragen fie vor Allem nad der Venus von Milo: fie 
betradten und bewundern fie ftunden-, ja tagelang. Außer der Venus von 
Milo feifelt befonders die Vitoria von Samothrale ihre Aufmerkfamkeit. Don 
den Gemälden gefallen ihnen am meiften: die Jucunda, die Himmelfahrt und 
die Hochzeit zu Aana. Auch verweilen fie längere Zeit vor den Blasfäften, 
die den Rronfhat enthalten. Da werden denn die Wächter diejer Reihthümer 
mit fragen beftürmt über die Krone Karl's des Grofen, die Napoleon I. bei 
feiner Salbung trug, über die Rrone Ludwig's XV., iiber den ,, Regent" 
(Diamant) und iiber den mit Diamanten reid befegten Degen Napoleon's I. Gm 
Lurembourg fragen die WAmerifaner fogleid) nad den Gemälden Meifjonier's, 
während die Engländer auf das Meeting der Marie Bafhlirtfhew zugeben; 
denn in Albion genießt Sie junge ruflifhe Rünftlerin großen Ruf, den ibe 
ihre Schriften und namentlid ibr Journal eingetragen haben. Jm Pantheon 
geben die Fremden fhnell an den Fresfen vorbei, dod betradten fie mit 
Interefje die Gemälde des Jean Paul Laurens und die Puvis de Chavannes’, 
an denen fie befonders der Farbenton überrajcht. 





Gedanken über bildende Aunft. 


Noch heute hat der afademifhe Zopf nicht begriffen, daß dem Antifen- 
zeihnen das Aktzeihnen vorangeben muß, indem die Antife felbft nur der 
ideale Ausdrud des vollfommenen Studiums der Natur ift, oder einfacher 
ausgedrüdt: Ehe man Antiten zeichnet, muß man die menfhlihe form 
verfteben. 


* 


Wer ein Kunſtwerk gleich auf den erſten Blick zu verſtehen meint, mit 
Allem, was darum und daran und dahinter iſt, der ſollte etwas mißtrauiſch 
ſein und ſich votſehen. Wird es ihm aber bei dem Anſchauen eines anderen 
wohl und freudig zu Muthe, ohne daß er weiß warum, dann möge er ruhig 
ſtehen bleiben. Es wird wohl etwas Gutes ſein. 


TET SE Pa TLS — * 





Deutſche Kunſt. 93 





Die Jahresmappe 
der Deutſchen Geſellſchaft für chriſtliche Kunſt. 


Die Deutſche Geſellſchaft für chriſtliche Kunſt hat ſoeben ihre IV. Jahres- 


mappe erſcheinen laſſen. Ueber den Zwed der Geſellſchaft iſt ſchon des 
Oefteren gefprohen worden, fo daß es genügt, furz darauf hinzumeifen, daß 
die Befellfhaft Derftändnig der Runft in breitere Schichten tragen will, und 
zwar im Befonderen der hriftlihen Runft. Aus dem Gebiete der Arditektur 
ift von den Tafeln zu nennen ein Entwurf einer Säulenfiche nad genuejifhen 
Meiftern des 16. und 17. Jahrhunderts von dem Arditeften J. Bühlmann, 
Profeffor an der tednifden Hodfdhule in Münden. Das Charakteriftitum 
diefes Baues ift dreifhiffige Gliederung, wobei das Gewölbe des überhöhten 
Mittelfhiffes auf fhlanfe Säulenarfaden gefetzt und der fid) ergebende Seiten- 
[hub auf Pfeiler an der Außenfeite der Nebenfhiffe übertragen ift. Der 
Innenraum madht dadurch einen leichten und freien Eindrud, es ergiebt fid 
eine gute Befammtanfiht und fhöne Durhblite. Profeffor Hauberriffer 
in Münden giebt den Entwurf zu einer Tauffapelle in der Herz-Jefu-Ricdhe zu 
Graz in fraftigen, gedrungenen formen von frühgothifher Stilifirung. Eine 
außerordentlid tüchtige Arbeit zeigt das Blatt „Tod des heiligen Zofef", ein 
Holzrelief von Thom. Bufher- Münden. Der dargeftellte Vorgang kommt 
zu ftarfem unmittelbaren Ausdrud, die Haltung der Figuren wie der falten- 
wurf find virtuos behandelt. Don dem öfterreihifhen Bildhauer Midael 
Ruppe ift eine Madonnaftatue wiedergegeben, die ungemein zarte Jnnigteit 
athmet. Don Oelgemälden find drei Reproduftionen vorhanden: Abend- 
mahl" von Bebh. fugel- Münden, „Tarl Borromäus im Dienfte der Peft- 
kranken“ von Babr. Hadl-Münden und „Beburt Chrifti von Heintid 
Nuttgens- Düffeldorf. Alle drei find Werke von tiefer Empfindung, die 
duch das Mittel vollendeten Rönnens ausgefprohen wird. Der Prager 
S. B. Rudl it mit zwei Skizzen zu Wandgemälden vertreten, die einen 
eignen Reiz zu geben verfprehen durch den Gegenfak des byzantinifd- 
romanifden Boldhintergrundes (Mofaitimitation) und der freieren, moderneren 
Behandlung des Figürlihen. Das legte Blatt „Der reihe Züngling" von 
Sriedrid Stummel- Revelaar ift in dem Stile der früheften Ftaliener 
gehalten. Alle reproduzirten Werke figürlihen Inhalts zeigen insgefammt, 
gleich denen der früheren Mappen, den gemeinfamen Zug, ser von driftlider 
und firdlider Kunft verlangt wird, die tiefe, frommglaubige Ebrfurdt vor 
der Perfon des Heilands, eine andadtevolle Zartheit in der Behandlung des 
Dorwurfs. Die Reproduktion der Blätter rührt von der Aunftanftalt von 
5. B. Obernetter in Münden ber, fie muß als außerordentlih gelungen 
bezeichnet werden. Der Preis der Mappe (Rommifjionsverlag der Herder'fhen 
Budbandlung in Freiburg i. B.) ift 15 Mark. 


Ein Erlaf der Münchener Lofal-Baufommiffion. 

Wenn in einem Gebäude im Erdgefhoffe und aud nod in den oberen 
Gefhoffen in der Frontmaner große Schaufenfter für Waarenausftellungen 
bergeftellt werden, fo wird die betreffende Umfafjungsmaner des Gebäudes in 
den betreffenden Bejhoffen in einzelne wenige Stiiken mit darüber liegenden 
Gebälfen anfgelöft und erft über diefen Gefdhoffen fann die Arditektur fi) 
eigentlih entwideln. Dem für arhiteltonifhes Bleihgewiht Ser Baumafjen 
empfindlihen Befchaner find folhe Erfcheinungen nidts weniger als erfreulich. 
Aber auh in ftaatifher und fenerpolizeiliher Beziehung beftehen gegen 
folde Konftruftionsweife nicht unbedeutende Bedenken. Wenn aud in beiden 
legten Beziehungen die Baubehörde feither fhon Maßnahmen verlangte, 
welde im Gntereffe der Sicherheit erforderlih waren, und wenn fie auch den 
ihr gewährten wenigen Einfluß auf die arciteftonifche Ausgeftaltung der 


TER 
ISCHES 


Sacaden dahin geltend machte, daß eine völlige Auflöfung der Facade in 
wenige dünne Erferftügen bintangehalten wurde, fo madte fid dennod das 
Bedürfniß geltend, die äfthetifhe Seite der Frage einer eingehenderen 
Würdigung zu unterftellen. Geleitet von dem Bedanfen, daß Münden als 
Runftftadt ein hohes Gnterefje bat, einen Derfud) 3u machen, einen möglidft 
barmonifhen Ausgleih der fih in folhen Baufeagen widerftreitenden 
prattifcen und äfthetifchen Forderungen zu finden, hat Bürgermeifter Brunner 
angeordnet, daß in fommiffioneller Berathung im Rreife von Rünftlern und 
Mitgliedern der Baufommiffion die erwähnte Frage einer befonderen Prüfung 
unterftellt werde. Als Ergebniß diefer Berathung entwidelten fih folgende 
Leitfäe: 1. Die in Eifenkonftruktionen aufgelöften Sacaden find nicht prinzipiell 
auszufchließen, da Mittel zu finden find, weldhe zu einer harmonifhen Aus- 
geftaltung führen und den Widerfpruh zwifhen den fhwaden Stügen des 
Unterbaues und dem zu tragenden Maffivbau löfen. 2. Als foldhe Mittel 
werden nambaft gemadt: Energifhe Abtrennung des in Eifen fonftruirten 
Unterbaues von dem oberen Maffivbau duch ftarf vortretende horizontale 
Gliederungen, traftiges Dortreten der Stiiken fiber den Flddhen, die deforative, 
das „Motiv des Tragens" fennzeichnende Geftaltung der Stiiken 2c. 2c. 
3. €s ift demnad darauf zu adten, daß die Ffacaden, den genannten An- 
forderungen entfprehend, in dem eifernen Unterbau und dem mafjiven Auf- 
bau einheitih und harmonifh werden. Dabei find Surrogate möglihft zu 
vermeiden und die harakteriftifhen Eigenfchaften jedes Materials zur Geltung 
3u bringen. — Nadh Sen eben angegebenen Grundfaken wird die Lofalban- 
fommifjion bei Derbefheidung von Baugefuhen in Zukunft verfahren. 


Aorwegifche Bauernfunft. 

On der Runfthandlung von Reller und Reiner, Berlin, find Theile, 
einer Norwegifhen Bauerneinrihtung aus der Umgegend von Dront- 
heim ausgeftellt, die das „Schmüde Dein Heim" anders illuftriren als unfere 
fabrifmäßig bergeftellten, diefes Motto führenden Blasdiaphanieen. Weberei, 
Stiderei und bunt gefärbte Holzfchnigerei fußen feft auf beimifder Ueber- 
lieferung und fchaffen eine grellfrendige Umgebung nad den von den Vor- 
fahren binterlaffenden Muftern. Der hölzerne Edfhrant zeigt das alte 
nordifche, eng verfchlungene Pflanzenornament, das mit feinen tiefgrünen 
Blättern alle Flähen bededt, während ARundftäbe und gewundene Säulen 
als Eden und Trager dienen. Der vieredige Lehnftuhl ift, foweit die Holz- 
theile in Frage fommen, im Stile der Spätrenaiflance gehalten. Der Bezug 
weit eine einfahe bunte Mufterung auf, wie fie oft in der nordifhen Fladen- 
dekoration wiederfebrt. Die plumpe aber bequeme form des Rundjtubls ift 
mit Rerbfdnigereien bededt, die in bunt bemalten Ringen feinen Körper um= 
geben. Schalen und Näpfe find ebenfalls aus Holz gefhnitten und mit 
einfaden Linienornamenten und bunten Blumen verziert. Hödft originell 
find die beiden Wandteppiche, die nach uralten in der Riche von Hud be- 
findlihen Muftern bergeftellt wurden. Der eine ftellt in zwei Linien über- 
einander die Mugen und die thdricdten Jungfrauen dar im norwegifder 
Bauerntradht, von-je einer größeren Chorführerin geleitet. Der auf dem in 
einen Rahmen gefpannten Wandteppid gefchilderte Dorgang ift nit leicht 
beftimmbar. Wabrfdheinlid handelt es Adh um einen heiligen criftlihen See- 
fönig, der mit gewappnetem Dolf an einem heidnifhen Beftade landen will 
und von allerlei teuflifhem GBefindel daran verhindert wird. Vielleicht ift er 
aud fold einem infernalifhen Bautelfpiel zuzufchreiben, daß einer des 
Befehrer gar arg von der Seefranfheit befallen dem Meere feinen Tribut 
zollt. Ueber die Schönheit der Bauernkunft, wie fie fid in der norwegifchen 
Einrihtuug giebt, läßt fih ftreiten. jedenfalls wirkt fie, von derbem Humor 
durchwirkt, ungemein gefund und frifch, wie alles volfsthiimlide Schaffen. 








94 Deutfde Runf. 





Berlin. — Don der föniglihen afzdemifhen Hohfhule für 
die bildenden Riinfte wurde der Bericht über das Lehrjahr Oftober 1896 
bis 1897 verfendet. Deränderungen in den Cinridtungen der Anftalt find in 
diefer Zeit niht erfolgt, und eben fo wenig find, abgefeben von dem Tote 
des Lehrers der Perfpektive, Profeffors Stredfuß, Veränderungen in der Ju- 
fammenfegung des Lehrförpers eingetreten. Befucht wurde die Hodfdule im 
Winter von 240 Perfonen, darunter 172 Malern und 60 Bildhanern, im 
Sommer von 194 Perfonen, darunter 154 Malern und 52 Bildhauern, wozu 
noch je 2 Rupferfteher oder Radirer, 2 Zeichenlehrer und 4 Perfonen anderen 
Berufs hinzutceten. Die verfhiedenen Preife erhielten aus der Reihenheim- 
fiiftung Maler Bitfhmann und Maler ©. Heller, aus der Adolf Geis- 
berg-Stiftung Maler Rarl Ziegler und Maler Adolf Obft, aus der 
Adolf-Menzel-Stiftung Maler Philipp Panzer. 

Daf wir nun doch unfere nadtraglide BSdlin- Ausftellung haben 
werden, it mit um fo größerer Freude zu begrüßen, als der 70. Geburtstag 
des Schweizer Meifters an der Reihshauptftadt fpurlos voriibergegangen ift. 
Gelang es doh nidt einmal, ein Riinftlerbantet für die Feftfeier zufammen- 
zubringen. Der Gedanfe, Bsdlin mit anderen Mitgliedern der Afademie, die 
ibr 70. oder 80. Lebensjahr vollendet haben — es handelt fih um Pape, 
©. Adhenbadh, Hünten und frig Werner ift glüdliher Weife auf- 
gegeben worden. Berlin birgt befanntlihd mehr Bödlinwerke, als man draußen 
im Reid glaubt, und fo wird denn unter Profeffor von Oettingen’s 
Leitung etwas zu Stande fommen, was fih auh neben der Bafeler Aus- 
ftellung behaupten tann. 

Sm Uebrigen arbeitet man bier fhon jett mit Hohdrnd an den Por- 


nn nn mn nn en 





bereitungen für die bevorftehenden großen Ausftellungen. Jn einer Sigung 
des „Dereins Berliner Riinftler’ wurden mit großer Mehrheit für die 
Rommiffion der Berliner Runftausftellung 1898 die Kandidaten der ,, freien 
Dereinigung gewählt. Als Mitglieder fungiren die Maler W. Döring, 
5. Loofdhen, ©. Frenzel, die Bildhauer Dr. Harger und J. Uphues 
uud der Braphifer 5. Strud; als Erfagmänner die Maler Ernft Haus- 
mann und W. Feldmann, der Bildhauer frig Rlimfd und der Architett 
Ratl Hoffader. 

Der inzwifhen zum Profeffor ernannte Hoffader fungitt aud ale 
Reihsfommiffar für die fünftlerifhe Ausftattung der Räume, die dem deutfchen 
Runfigewerbe auf der Parifer Weltausftellung 1900 zugewiefen find. für 
die einzelnen Bruppen arbeiten neben dem WBeneralausfhuß von 23 Mit- 
gliedern fünf Meinere Comités für Möbelinduftrie, Reramif, Blasinduftrie, 
KRunftfhmiede- und Bronzeinduftrie, fowie Edelmetalle und Zuwelterwaaren. 
Was die Vertretung der deutfhen Malerei und Bildnerei in Paris anbetrifft, 
fo wird die Wahl Anton von Werner's in das Ausftellungs-Comité 
vielfah bemängelt. Hoffentlich zieht fih der Afademiedireftor beffer aus der 
Affaire, als feine enragirten Begner annehmen und findet bei feinen füd- 
deutfchen Runftgenoffen, die ihm ebenfalls nit wohl gefinnt find, im Gntereffe 
der guten Sache ein Entgegentommen, das fdh über perjönlihe und 
partifulariftifhe Bedenken fortfett. 

Das Comité fiir das Bismard-Denfmal hatte den formellen 
Auftrag, das Denkmal zu erridten, bisher an Reinhold Begas ertheilt, 
wünfchte aber verfchiedene Aenderungen an dem Entwurfe. Der Rünftler ift 
jedod nicht gefonnen, den betreffenden Wünfchen zu entjprehen. Er hält fein 














Aorwegijche Möbel. Kunftfalon von Keller & Reiner, Berlin, 











Denutfhe Runft. 


Wer? fo, wie es ift, für gut. Es ift unter diefen Umftanden nicht ftatthaft, 
fhon jetzt zu fagen, daß die Denktmalsfrage erledigt fei. Sie wird es nur 
dann fein, wenn das Comité auf Abänderungen verzichtet. Begas hat einen 
Ergänzungsplan in Bezug auf die arditeftonifhe Anpafjung des Entwurfs 
an dem Reihstagspalaft eingereiht. Die Angelegenheit ift in großem Stile 
gedadt. Ein Plateau, zu dem Stufen binaufführen, wird gleihfam eine 
Projektion der großen Rampe des Reihtagsgebäudes nah dem Aönigsplat 
zu darftellen, und redts und linfs von dem Denkmal follen gewaltige 
Brunnenbeden fih erftreden. An diefem Ergänzungsplane nad etwaigen 
Dorfhlagen Wallot's nok Aenderungen vorzunehmen, würde der Rünftler ih 
unter Umftänden dod) wohl entjhließen. 

Der deutfhe Runftverein, der fih in erfreuliher Weije fort- 
entwidelt, veranftaltete feine Gabresverloofung. Don den Runftwerfen, die 
zur Derloofung famen, find hervorzuheben: Bilder von Flidel, Albert Hertel, 
Wenglein, Langhammer, Wentfher, Willy Hamader, Carlos Grethe, Dictor 
Scheuermann, Orrin Ped, Reller-Reutlingen, Skulpturen von Janenfh, Hans 
Latt, Martin Wolff und Anderen, außerdem das befannte Fleine Meifterwerf 
„Der Ruhm“ von Ludwig Manzel inm drei Eremplaren. Die ordentliche 
Generalverfammlung findet in den erften Tagen des nädften Monats ftatt. 
Anfang Dezember fommt aud die diesjährige Dereinsgabe zur Derfendung; 
fie befteht in dem Stih von Albert Krüger „Die fingenden Engel" nah dem 
van Eyd’fhen Tafelwerk und ift ein Pendant zu der Babe des vorigen Jahres. 


Münden. — Die biefige Rünftlerfhaft hat fih unter führung der be- 
kannten Befellfhaft „Allotria‘ vereinigt zu einem Rünftlerfeft großen Stils, 
das im nädften Karneval ftattfinden foll. Es find nun vierzehn Jahre ber, 
dag die KRünftlerwelt in ihrer Befammtheit fih zu fo löblihem Thun zu- 
fammengefunden bat. Der Plan erregt daher überall, wo er bereits befannt 
geworden, lebbaftefte Genugthuung. Es wire jedoch verfehlt, einen rein 
idealen Jwet als Urface diefer Einmüthigfeit anzufehen und befondere Hoff- 
nungen daran 3u fniipfen. Es fcheint vielmehr in erfter Linie auf die 
materiellen Erträgniffe des Feftes anzufommen, womit die feit längerer oder 
fürzerer Zeit von den Ausftellungsunternehmen der Rünftlergenoffenfhaft und 
der Sezejjion vorhandenen Defizits gededt werden follen. Ein etwaiger 
Ueberfhuß wird mwahrfheinlih der inneren Ausfhmüdung des neuerbauten 
Rünftlerhaufes zugute fommen. 


Stuttgart. — Die Ausftellung des Runftvereins birgt gegen- 
wärtig eine Reihe intereflanter Landfhaflen. Don Keller» Reutlingen 
einen „Blid auf die Münchener Hochebene, von P. P. Müller „Stühlings- 





95 


lite, von Heys einen ftimmungsvollen „Herbft“, von Fleiſcher (Bonn) 
einen indifhen Strand mit badenden Knaben. 





Frankfurt n. WM. — Das Aunftgewerbemufeum bat mit einem 
Hamburger Fayenceofen in Blaumalerei eine intereffante Erwerbung gemadt, 
der an ein Ghnlides Exemplar im Mufeum der Hanfeftadt erinnert, das die 
Rünftlerbezeihnung C. M. Möller trägt. Der erworbene Ofen zeichnet idh 
duch eine vorzüglihe Scharffenermalerei aus. Das Ornament, dağ fih über 
die Gefimfe und Pilafter des Ofens ausbreitet und Darftellungen aus der 
antifen Mythologie einrahmt, hat nur wenig Unkldnge an das fommende 
Rofofo; es verwerthet ein verfdhlungenes Bandwerf, Doluten, UWfanthus- 
blätter, Baldahine und Behänge in freier Weife. Die Motive der Bilder 
entnabmen die Hamburger Fayencemaler gewdhnlid) den Rupferftiden und 
Zeichnungen jener Zeit, verfuhren hierbei aber mit viel Freiheit, vor Allem 
in der Rombinirung der Figuren mit den landfhaftlihen Hintergründen, die 
fie duch italienifche Architekturen belebten und meifterhaft zu behandeln ver- 
ftanden. Leider haben alle diefe Oefen im Laufe der Zeit ftar? gelitten, da 
man fie, als ein veränderter Befhmad unferes Jahrhunderts die farbigen 
Oefen aus den Hamburger Patrizierhäufern in die Dörfer der Umgebung ver- 
bannte, beim Wiederauffegen in den niedrigeren Bauernftuben vielfach ver- 
ändern und fhadhaft gewordene Radeln durch fremde erferen mußte, fo daß 
ein vollftändig erhaltenes Eremplar fi nicht vorfindet. 

Grefeld. — Das fünftlerifhe Creignif des Tages ift die Eröffnung des 
Raifer Wilbelm- Mufeums. Der Gedante, in Crefeld ein Mufeum zu 
gründen, das in erfter Linie dem Runfthandwerfer gute Dorbilder und reide 
Anregung geben, dann aber aud in der ganzen Bevölkerung den Sinn für 
die Runft wegen und fördern follte, mar Ende der achtziger Jahre vom 
Handwerker- und Bildungsverein ausgegangen, det eine werthvolle Sammlung 
ing Leben rief. Befondere Wufmerffamfeit wurde der niederrheinifhen Holz- 
fhnigfunft aus gothifher Zeit und den Ausgrabungen römischer Alterthümer 
in den nahegelegenen Orten Belley (Gelduba) und Asberg (Asciburgium) 
zugewandt, und ein großer Ankauf in Berlin verfhaffte dem Mufeumsverein 
eine reihhaltige und werthvolle Porzellanfammlung. Den größten Zuwads 
erhielten aber die Shake des Vereins urh die ihm gefhenfte berühmte 
Sammlung des Ronfervators Kramer in Kempen. Der Gedanke, dem ver- 
ftorbenen großen Raifer zum Bedädtniffe ein Mufeum zu errichten, ift furs 
nah dem Tode des Raifers von dem Stadtfhulratb Dr. Reuffen angeregt 
worden. Er fand begeifterten Anklang, und im furzer Ftift hatte die 





Actien-Gesellschaft 


vormals 





è 


Fabrik für 


Musterlager: 


& h Gladenbeck & Sohn — 


Bildgiesserei 
Friedrichshagen b. 


Wilhelmstrasse 76/77 


Giesserei für Denkmäler und Werkstätte für 
Bronce-Architectur. 


Beleuchtungs-, Garten- und Grabfiguren. 
Salonbroncen. 


— Biisten, Statuetten, Gruppen in Bronce- und Bronce-Imitation. — 


Berlin S., Wasserthor-Strasse 9. 


Verkaufsmagazin: 
Berlin W., Charlottenstr. 23, vom 15. November cr. 


Berlin. 


Max Hoerder. 





Unter den Linden, Hötel Bristol. 


95 Deutfhe Runft 


Crefelder Bürgerfhaft annähernd 400000 Mar zu dem fhönen Jwet 
gezeichnet. 

Düfeldorf. — Die biefige Abtheilung Ser Deutfhen Aunftge- 
noffenfhaft bat ihre Rommiljion für die Ausftellung in Paris gebildet.‘ Ge- 
wählt wurden als Vertreter der Akademie: Direktor Peter Janffen, Prof. Düder 
und Prof. Claus Meyer; für die Runftgenoffenfhaft: Prof. A. Baur, Prof. Kroner, 
5. Peterfen- Angeln, £. Feldmann, Rlein-Chevalier, Graf Briihl und €. Majfan; 
für die freie Vereinigung: A. Frenz, 5. Müblig, F. Vezin, E. Wendling 
und Cl. Bufdher. — Der Riinftlerflub ,, St. Lucas" wird, wie alljabrlid, im 
Dezember eine Sonderausftellung in den Schulte'fhen Räumen veranftalten. 
Om Runftgewerbe - Mufeum ift vor Aurzem eine Ausftellung von Riinftler- 
Lithographien und -Plafaten eröffnet worden. Diefelbe ift von der Hoffunft- 
handlung Bismeyer u. Kraus unter Mitwirkung der Maler A. frenz, Profefor 
Oeder, Prof. Fr. Roeber und Prof. Schill ins Leben gerufen und darf das 
weileftgebende Gnterefje beanfpruden. Die Ausftellung jiheidet üh in eine 
biftorifhe Abtheilung mit etwa 320 Blatt, eine moderne Maler-Lithographie- 
Abtheilung mit etwa 550 Blatt und eine Plafat-Abtheilung mit ca. 200 Blatt. 
Don ausländifhen Riinftlern find zu nennen die Franzofen Lunois, Steinten, 
Fantin-Latour, Lantrec, Carrière; dle Engländer Channon und Holloway; 
der Holländer Deth u. A. Unter den deutfhen Runfttädten thut ih Rarls- 
tube durd feine gediegene Dertretung hervor. Frankfurt a. M. glänzt Surh 
Hans Thoma, dem fid Steinbaufen und Süs in ihrer Eigenart anjchließen. 
Unter den Diiffeldorfer Riinftlern ragen A. frenz, Arthur Rampf, ©. Jernberg, 
C. Beter, Mattfhaß und E. Rampf bervor. 

on der Sikung des Runftvereins für die Rbeinlande und 
Weftfalen wurden die Ergänzungswahlen für den Derwaltungsrath vor- 
genommen. Das CErgebnif war die Wiederwahl der ausfdeidenden Herren 
A. Bagel, Ff. Haniel und v. Wätjen. Cbenfo wurde zum Vorfigenden für 
das Jahr 1897/98 wieder Guftizrath Spiedhoff gewabhlt, zum Stellvertreter 
Geb. Regierungsrath Dr. Rubnfe und zum Gefretair Rommersienrath 
A. Bagel. Wud das Amt dea Schatmeifters für 1897/98 wurde wieder 
dem Fabrifbefiger G. Blom übertragen. Gn derfelben Sikung wurde das 
aus den Mitteln des Fonds für öffentlihe Zwede erworbene große Gemälde 
von Prof. Jul. Röting ,,Grablegung Chrifti dem meuerrichteten Kaifer 
Wilpelm-Mufeum zu Crefeld als Gefdent iiberwiefen; ferner wurde zu einem 
für die Aula des Gymnafiums in Mörs zu ftiftenden Gemälde ein Zufhuß 
von 2000 Warf bewilligt und außerdem nod ein Betrag von 600 Mark 
als Preis bet einem fiir das legtgenannte 3u erdffnenden Wettbewerb ansgefert. 


— Die Refidensftadt Rdnigsberg, wofelbft fih außer 


Königsberg. 
einermebe oder weniger reinen‘ Vernunft aud ein reger KAunftjinn 
geltend macht, begt befanntlid ein an modernen 


Bildern recht hemerfenswerthes Stadt-Mufeum. Wie 
alljährlid wurden aud) diefes Jabr unldngft mit den iiblicen 
auh anderwarts zur Verfügung ftehenden Mitteln eine An- 
zabl Gemälde angefauft. Für etwa 18000 Mark wurden 
7 Oelbilder erftanden, Seren Schöpfer bekannte Namen 
tragen. An den Neuerwerbungen läßt fih in fünftlerifcher 
Hinfiht nits ausfegen, im Gegentheil; Sod muß man 
es bedauern, daß lediglih Landfhaftsbilder erworben worden 
find. Wir geben zu, daß Meifter auf den übrigen Mal- 
gebieten fih ihre Leiftungen theurer bezahlen laffen als die 
in Menge vorhandenen Landfdaftsmaler. Wenn man 
aber fiebt, daf das Königsberger Stadtmufeum empfind- 
liben Mangel an religiöfen Darftellungen leidet, jo bätte 
wohl Seitens der Ankaufsjury diefer Zweig der Malerei 
in erter Linie berüdjichtigt werden dürfen. Neben den 
Schulen, beziehungsweife einzelnen Meiftern, verdienen auch 
die Stoffe bei Anfäufen eine Beahtung. Außer einem 
durd Dermadhtnif erbaltenen Landfhaftsbilde: Inſel Philä, 


eignete 


Leben. 


zugesandt. 


von Ernft Rörner aus dem Fabre 1877, wurden folgende 
Bemälde angefauft: Der Haidebah von Eugen Bradt, 
Abend im Walde von ferdinand Keller (1894), Straße 
im Schwarzwald von Hugo Anorr, Straße in Amfter- 
dam von Hans Herrmann, Saraglioni bei Capri von 
W. Hamacher, Fm Bredszeller Moor von Rihard friefe 
(1895), ein Bleines Affenbild „Der Rritifer von Gabriel 
Mar. Außer der lektgenannten Skizze find die erworbenen 
Delbilder werthvolle Rompofitionen. Am meiften feffelt 


Unser neuer, 
illustrierter Katalog für 1897 
über Tausende von Photogravuren und 
Photographien 
Werken klassischer und moderner Kunst 
wird gegen 50 Pfg. in Postmarken franko 


Rnorr's Bild „Straße 
im Schwarzwald" mit 
einem im bellen Son 
nenfdein die bergige 
Landftraße herab- 


fahrenden  Ochfenge- 
fpann, und friefe's 
„Bredszeller Nloor, 


ein prädtiges, großes 
Landfchaftsbild aus dem 
oftpreußifchen Forft- 
revier „Ibenhorſt“. Am 
Frühmorgen lagern auf 
dem weiten Terrain im 
hohen Graſe verſteckt 
Schaaren von Roth— 
wild, in den Lüften 
fliegt cine Eule, wäh- 
tend linfs im Dorbder- 
grunde ein ftaitlicher 
Elh Stand genommen 
hat, und den mächtigen 
Ropf nad dem lagern: 
den Rebwild hinwendet. 
R. friefe fennt die 
landſchaftlichen Reize 
Oſtpreußens wie kein 
anderer Maler und weiß 
ſie mit ihrer Staffage 
von Edelwild prächtig 
wiederzugeben. Seine 
Bilder gewinnen gerade 
für das ſtädtiſche Mu— 
feum der Rrdnungs- 
ftadt Rénigsberg er- 
böhte Bedeutung, weil 
fie von innigem Hei- 
mathsgefiibl erfüllt, 
einen gewißermaßen lo- 
falen Charakter tragen. 
$. Sanerbaering. 


Photographien. 


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ner, Bildhauer u. s. w. 
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DEE” Erscheint jährlich 28 mal und bringt eine regel- 
müssige, vollständige Uebersicht all-r wichtigeren neuen 
Erscheinungen des In- und Auslandes, deren gründ 
liche Durchsicht jeden Litteraturfreund auf alles dus 
aufmerksam macht. was fur ihn irgendwie von Inter- 
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BER" Durch eine Anzahl bewährter Fachleute , Schrift 
steller und Gelehrte werden die neuen literarischen Er- 
scheinungen. wissenschaftliche wie populäre, geprüft, und 
alles Intervssante,, alles Wissenswerte und alles über den 
Durchschnitt Hervorragende — gleichriel ob von be- 
kannten oder unbekannten Autoren — besprochen FEG 

BEF In hunter Abwechslung folgen litterarische Aufsätze. 
Unterhaltungsbeiträge, Plaudereien, Novellen, Huruoresken 
Proben neuerer Lyrik, Notizen über Theater, Kunst etc. 

WE” Die Träger der hekanntesten Namen zählen zu den 
Mitarbeitern der „Litterarischen Rundschau‘; sie 
begnügt sich aber nicht allein mit den Arbeiten dieser, 
ist vichuehr stets bestrebt, noch unbekannte, junge, auf- 
strebende Talente zu unterstützen und durch Proben 
ihres Könnens die allgemeine Aufmerksamkeit auf ihr 
Schaffen zu lenken. I 

BER” Der „Briefkasten“ giebt Auskunft über Fragen auf 
litterarischem und künstlerischem Gebiete, Verleger- 
und Litteratur - Nachweise etc. WE  DODHOG 

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Verbreitung zu sichern, ist der Ahonnementspreis ausser- 
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Das soeben beendete I. Semester 


SET enthielt Beiträge von: g 


Rud, Baumbach — Fritz Brentano — Felix Dahn 
— Marie cv. Etmer-Eschenbach — Nathaly v. Esch 
struth — Ludw. Jacobowski — Ad. Kohut — John 
Henry Mackay — Conr. Ferd. Meyer — Peter Nansen 
— Elise Tolko — Ferd. v, Saar — Heinr. Seidel — 
Tanera — Konr. Telmann — E, 0. Wildenbruch — etc. 


Das jetzt beginnende II. Semester 
SM dringt Beiträge von: Amg 
Arthur Achleitner — Georg Ebers — Osc. Blumenthal 
— Gust, Falke — H. Heiberg — Paul Heyse — 
Ludw. Jacobowski — Wilh. Jordan — Dell. von 
Liliencron — Maria Janitschek — Peter Rosegger — 
Joh. Schlaf — Aug. Strindherg — F. c. Zobeltitz — u. A. 


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"ss. mn" 





Deutfde Rung. 97 


z | a Vom Kunft- unt — 


=~ Runftgemerhbemankh. 





Meihnachts-Ausftellung im Hohenzollern-Kaufhaus. 
Bon Bans Korften. 


8 ift nod garnicht fo lange her, daß in Deutjchland auf jeder Lifte, 
die von den anzufhaffenden Möbeln gemadt wurde, das „Paneel- 
fopha“ obenan prangte. Das unbeholfene, Plat raubende Möbel- 

üt durfte in feinem Haufe fehlen, und ein Zimmer galt als unfhön, wo 
ftatt des Paneelfophas ein niedriger Divan oder eine Chaifelongue ftand. 
Nur in großen Räumen, wie fie unfere Durhfnittswohnungen felten auf- 
weijen, nahmen fi die wudtigen Einrichtungen gut aus, wenn üh and 
über ihre Schönheit vom füuftlerifhen Standpuntt aus ftreiten läßt. 

Langfam begann man im Deutfchland einzufehen, daß die Engländer 
Recht hatten, wenn fie ihre Wohnzimmer mit jenen faft zu zierlihen Mabagoni- 
möbeln ausftatteten, die jih an den Empireftil anlebnen und dem modernen 
Geſchmack durch ihre eigenthümlihen bizarren ‚Formen geredht wurden, obne 
das uralte Gefeg der Symmetrie zu verlegen. Raum hatten fidh diefe Möbel 
eingebürgert, als in Frankreih und Belgien ein nod neuerer Beihmad auf 
tauchte, der den englifhen Stil aus den deutjhen Wohnungen zu verdrängen 
fuchte. 

Nur vereinzelt Pamen diefe Möbelftüde bisher zu uns, und eine voll- 
ftändige Eintihtung im „neneften" Stil dürfte in Deutfchland nod nicht 
eriftiren. Das abjolut Neue befteht in der fcheinbaren Umfpmmertrie und in 
der gefdhidten Derwendung der Metallbefhläge zu dekorativen Zweden. Fd 
fage abfihtlih: [heinbaren Unfpmmetrie. Im Wirklichkeit ift nur die gerade 
Linie möglidft vermieden und nur dort angebradt, wo fie fonftruftiv ab- 
folut nothwendig ift. 

Die Weibnadtsausftellung Ses ,Ranfhaus Hohenzollern“, 
Berlin, Leipzigerftraße, bringt eine ganze Reibe diefer neueften Möbel und 
ih muß geftehen, daß in diefen Schränken, Tifhen und Stühlen die fhein- 
bare Unregelmäßigkeit künſtleriſche Wirkung erzielt. Gntereffant ift es zu 
feben, wie aus den ftilifirten Pflanzenmuftern der Möbelbezüge Ste formen 
der Möbel jelbft hervorgegangen find. Diefelben gebogenen und in breit- 
gedrüdten Spiralen verlaufenden Linien, die der Ornamenti? zu eigen find, 
finden fic in entfpredender Form bei den Möbeln wieder, während die 
Möbelbezüge bedeutend einfachere Zeihnungen aufweifen, als bei dem Stil 
„von gejtern". 

Wenn es unferer deutjhen Fnduftrie gelingt, diefen Formen deutfche 
Farben zu geben und fie fo umzugeftalten, daß deutfche Eigenart aus ihnen 
herausfpridt, dann ift ein großer Schritt vorwärts gethan auf dem Wege 
zur Schaffung einer gediegenen, individuellen Bejhmad verrathenden Wohnungs- 
eintihtung. 

Den formen der Möbel entjprehen die ausgeftellten Deforationsgegen- 
tände. Ueberall begegnet man bei ihnen dem Beftreben, mit der überlieferten 
Form zu breden und fih Sem dominirenden Stile anzupaffen. Wie bei den 
Möbeln it auh hier das Pflanzenmotiv durhweg als Ornament verwendet, 
nut Profeffor Befmann giebt auf einem fhönen Bobelin Schwäne. 

So primitiv diefe Ornamentif ijt, Sarf ibr doch niht das Lob vor- 
enthalten werden, Saf fie fpridt, das heißt, Saf aus ihr deutlich der Zwed 
des Gefafes erfennbar ift. Diefe Eigenfhaft bat fie mit der Schwarzwälder 
Favenceinduftrie gemeinfam, die febr hübſche Flaſchen für Rirfhwaifer bringt, 
auf denen Kirfhen und Rirfchlaub abgebildet jind, während den Detel- 
fnopf drei Rirjchen bilden. 

Die ausgeftellten fayencen aus dem Atelier von Cl, Maffier und 
dänifher Rünftler zeigen wunderbare Farbeneffefte, die namentlih durd den 
fhimmernden Luftre zu vollften Wirkung fommen. Das ftilificte Ornament 
ift vollftändig verfhwunden, die Pflanze in naturaliftifher Nachbildung 
fhmüdt die Dafen und Befäße. So bringt Mafjier Alpen- und farnfränter, 
auh Nelfen bilden bei den verfihiedenften Fayencen das hauptſächlichſte 
ornamentale Motiv. 

Einen intereffanten und foftharen Theil der Ausftellung bilden die 
Porzellanmalereien. Die ausfhlieglihb angewandte Unteralafurmalerei 
erhöht die Brillanz der farbe. Kopenbagener Porzellan zeigt Quatlen und 


einfache Mohnblumen zart und duftig, wie bingebaudt, im Hintergrund ein 
Wiefenmotiv. Stiefmiitterhen auf Tafjen in Dedfarben gemalt und entzüdende 
Rleinmalereien ohne jede Stilifirung bilden eine andere Gruppe diefer 
Austellung. 

Don Profeffor Lenger (Karlsruhe) find ein Paar hübfhe Dafen ausgeftellt, 
die auf Uni-fond Pflanzenmotive zeigen, ganz der form des Gefafes an- 
gepaßt, eim nicht zu unterfhägender Vorzug gegen die ausländischen feramifchen 
Erzengnifje, bei denen nur 3u oft auf Roften dea Stils und der farben- 
wirkung die Unpaffung des Ornamentes an die form vernadlaffigt wird. 

Gefloffenen und friftallifirten Glafuren — eine Wenerrungenfhaft der 
Reramif — begegnen wir bei verjihiedenen Gefäßen, und die Zartheit der 
Ausführung, die um jo mehr bervortritt, wenn die Goldfcmiedefunft fie in 
ihren Dienft nimmt, läßt ganz entzüdende Runftgegenftände erftehen. 

Wie jhon oben erwähnt, geht die Möbeleinrihtung der Zimmer mit der 
fonftigen Ausftattung Hand in Hand. So haben fic) auh die Beleuchtungs- 
förper dem Einfluß des Pflanzenornamentes unterwerfen müfen, ihre Formen 
find den Stengeln und Aeften nachgebildet und Verzierungen zeigen Pflanzen, 
ohne jede Stilifirung. Wie Wandbretter auf Stügen montiert werden, die 
Aeften und Zweigen nachgebildet find und den Eindrud maden, als wiidfen 
fie aug der Wand heraus, fo ind die Beleuchtungskörper fo angebradt, dağ 
fie ihrem Befeftigungspunft zu entwachfen fheinen. Die häßlich ausſehenden 
Drähte für Glühlampen find an den ausgeftellten Beleuchtungsförpern dadurch 
verborgen, daß man fie mit Seide itberfponnen, gleichzeitig als Träger der 
einzelnen Blühlampen dienen läßt. Auch auf die länglihe Form der Blüh- 
lampe ift Rüdjiht genommen, indem man fie wie Rriftalltropfen montirt 
und die Prismen der alten guten Zeit wieder berbeiholt, um die Kronen zu 
beleben. Bei der Herftellung der Beleuhtungsförper ift der deutſchen In— 
duftrie eine führende Rolle zugewiefen. Gn der form an altdeutfche und 
niederländifhe Motive anlebnend bat fie neue Effefte dadurch zu erzielen ge- 
wußt, daß fie die überladende Ornamentif vereinfaht und mit wenigen 
Mitteln einen fünftlerifhen Befammteindrud hervorruft, der für diefen Zweig 
des Runftgewerbes muftergiltig fein dürfte. 

Alles in Allem genommen bringt die Weibnadtsausftellung eine Fülle 
fhöner und Fünftlerifh bedeutender Einrihtungs- und Runftgegenftinde die 
mit wenigen Ausnahmen geeignet find, Sie Runjt im Haufe zu beben und 
fo anregend zu wirken. Was uns das Ausland an Butem bringt, muß 
für die deutfhe Runft verwerthet werden — nit durch einfahes Nadhbilden, 
fondern dadurch, Saf aus dem Gebracdten Menes gefhöpft und aus einer 
fremden Anregung eigene Bebilde gejhaffen werden. 


Delegirtentag der Kunftgewerbe:Dereine. 


Auf dem Berliner Delegirtentag des Verbandes der deutfhen KRunft- 
gewerbevereine waren von 25 Vereinen 20 dur 27 Delegirte vertreten. Zum 
Dorort für die nädhften 2 Jahre wurde der württembergijhe Kunftgewerbe- 
verein in Stuttgart gewählt, deffen Vorig zur Heit Präfident v. Baupp 
führt. Der bisherige Vorort Berlin erftattete den Gefdaftsberidt für die 
Jahre 1895—1897 und legte den Etat für die folgenden 2 Befhäftsjahre zur 
Genehmigung vor. Außerdem wurde einftimmig befdloffen, den auf dem legten 
im Januar d. J. abgebaltenen Delegirtentag vertretenen Standpuntt feft- 
subalten, wonad das deutfhe Runftgewerbe auf der Parifer Welt- 
angftellung 1900 in feinen bervoragendften Leiftungen, gefondert von der 
Marftwaare, aud der funftgewerbliden, gefdbloffen vorgebe und alle zur Aus» 
ftellung zuzulaffenden Begenftände einer nah einheitlihen Gefidtspuntten zu 
vollziehenden Vorprüfung zu unterwerfen feien. Betrejfs der im Gabhre 1899 
für Dresden geplanten deutfehnationalen Kunft- und Runftgewerbe-Ausftellung 
ging die einftimmige Meinung dahin, daß im Hinblid auf die Derpflihtungen, 
welde die einheitliche, allfeitige und glänzende Betheiligung des deutjchen 
Reihes auf der Parifer Weltausftellung 1900 den Kunftgewerbetreibenden 
auferlege, von einer folhen Deranftaltung dringend abzurathen fe. Ferner 
bat der neue Vorort übernommen, die Regelung verfdiedener, die Parifer 
Ausftellung betreffender, mehr gejhäftliber Fragen anzubahnen und durch 





98 Deutfhe Runft. 





einen fpäteren Delegirtentag eventuell zum Austrag zu bringen. Die Ein- 
ftimmigfeit in der Befchlußfaffung über diefe widtigen Fragen ift um fo be- 
deutungsvoller, als der Verband fo ziemlih alle Aunftgewerbevereine Deutjch- 
land mit über JO 000 Mitgliedern umfaßt. 


Die Derfteigerung der Douglas’fchen Sammlung 
alter Blasgemälde. 


Am 25. Ylovember verfteigerte das befannte Auktionshaus J. M. 
Heberle in Röln die prächtige Douglas’fhe Sammlung alter Blasgemälde, 
darunter folhe nah Entwürfen des jiingern Holbein und von Hans Baldung 
Grien. Der widtigfte Theil der Sammlung, fünfundzwanzig Scheiben mit figür- 
_ liden Darftellungen, war vom 17. bis zum Anfang des J9. Fabrhunterts im 
Rlofter St. Blafien im Schwarzwald 
aufbewahrt worden. Don da gelangten 
fie duch Rauf um 1820 in den Befit 
des Grofherzogs Ludwig von Baden 
und wurden nah Schloß Langenftein am 
Bodenjee übertragen. Daß diefe Scheiben 
mit wenigen Ausnahmen nidt von vorn- 
herein für St. Blafien beftimmt waren 
gebt fon aus dem Äuferlihen Umftand 
hervor, daß fie zumeift durd Befchneiden 
an den Seiten und oben, für die dor- 
tigen fenfter adaptirt worden find. Sider 
ift, Saf die erfte Abtheilung der Sammlung 
aufs Engfte jener Runftridtung ver- 
wandt ift, die während der erjten drei 
Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts in 
Bafel ihren Mittelpunft hatte. Baſel 
verdanft feine fünftlerifhe Blüthe in 
erfter Linie einem deutfchen Meifter, dem größten Genie, das die deutjche 
Malerei neben Dürer befigt, dem Augsburger Hans Holbein dem Jüngeren, 
der in den Fahren 1515—1526 im Bafel thätig war, in denfelben Jahren, 
in welden diefe Glasgemalde entftanden find. Don den Douglas- 
Scheiben zeigt zum Mindeften eine Gruppe, eine Darftellung der Rrenzigung 
Chrifti in drei figurenreihen Tafeln (Katalog Yr. I—5), den direften Ein- 
fluß des großen Meifters. An farbiger Wirkung werden die Scheiben 
im Holbein-Stil nod übertroffen von den Fenftern der zweiten Ab- 
tbeilung, vierzehn Tafeln mit je einer ftehenden Figur, aufer Chriftus und 
der Mater dolorosa männlihen und weiblihen Heiligen. Die Ausführung 
in Glas läßt auf verfchiedene, nit ganz gleihwerthige Hände fhliefen; der 
Stil der Zeihnung aber weift bei der ganzen Bruppe auf den aus Schwaben 
ftammenden und in Straßburg i. €. anfäffigen Maler Hans Baldung Grien 
(geftorben 1545) bin. Einzelne diefer Tafeln find fo vollendet in der 
Heihnung, wie namentlid) die Mater dolorosa, und fo kraftvoll im der 
Farbenwirfung, daß man fie den beften Meifterwerfen der deutfhen Glas- 
malerei zuzählen muß. Den Schluß der ganzen Sammlung bildeten Pleine 
Wappenfcheiben theils fihweizerifcher, theils badifher Herkunft, die neben den 
großen Werfen der erjten beiden Gruppen vorwiegend biftorifdes und 
beraldifches Jntereffe darbieten. 

— ðm Auftrage der Stadt Berlin find aufer der von uns in 
Nr. reproduzirten Prafisentenglode nod einige andere funftgewerblide 
Arbeiten im Anfhluß an die Bewerbeausftellung ausgeführt worden. Der 
Hofgürtler des Raifers, Herr H. Preet, welder auf der Ausftellung ein 
Ehrendiplom und vom Minifterium die filberne Staatsmedaille erhalten batte, 
wurde von der ftädtifhen Runftdeputation damit betraut, für dag Arbeits- 
zimmer des Oberbiirgermeifters im Rathhaufe eine Schreibtifhgarnitur und 
ein Stubenthermometer nah den von der Deputation ausgewählten Modellen 
berzuftellen. Die jett abgelieferte Garnitur befteht aus einem Schreibzeug, 
einer feder, einer Sandfhale mit dazu gebörigem Sandlöffel und einem 
Briefbefhwerer; alle diefe Begenftände find, wie auh das Zimmerthermometer, 
im Stile Louis XV. gehalten und in gut zifelirter, feuervergoldeter Bronze 
ausgeführt. Nadh Beftimmung der Deputation follen fie nur bei befonderen 
feftlihen Anläffen Verwendung finden. 


— Wenn wir obenftehend zwei reizende filberne Br ohen in Medaillen- 
form mit flaļhrelief von Vernier und Chéret abbilden, fo gefhieht 





Broken von Chéret und Vernier, 


es um Ses pifanten Gegenfakes des Motivs wie der Tednif willen. Das 
Köpfchen mit der Halbmaste fed anus dem Reliefgrunde vorfpringend, malerifch 
aufgefaßt, wie in einer tollen Rünftlerlaune gefdhaffen, und daneben das 
feufhe Grethen mit langen Zöpfen und züdtiger Haube, ein wenig 
mehr Wagnerifch-meifterfingerhaft als Boethifh-fauftifh, aber immerhin für 
einen franjofen merfwiirdig germanifh gedadt. Man fieht, die Begenfäte 
fangen an, fih auszugleihen. Demimondaine und Grethen find gleich 
meifterhaft in den Raum hineinfomponirt. Dernier ift ftilvoller, Chéret 
genialer in der Reliefbebandling. Jedenfalls ift es dankbar zu begrüßen, 
daß die Runfthandlung Reller & Reiner- Berlin diefe beiden an- 
fprechenden Metallarbeiten nod vor Weibnadten auf den Markt bringt. 

— Jn Lepfe’s Runftfalon, Berlin, famen 60 Gemälde nieder- 
ländifher Meijter, ein Theil der Galerie Charles Sedlmeyr, Paris, 
zur Derfteigerung. Erwähnt feien: Zwei 
Bildniffe eines vornehmen Kavaliers und 
einer Dame von Wiereveldt, das 
Bruftbild eines Lacdhenden Jungen von 
franz Hals; das Bildniß eines [hwarz- 
gekleideten niederländifhen Heren und das 
einer Dame, Rnieftiide in Drittel-Lebens- 
größe, von Maes; das Fleine Bildnif 
einer Dame von Mieris, und ein anderes 
von Slingeland. Blänzend ift der jün= 
gere David Teniers vertreten. Don 
ibm gemeinfam mit G. und M. Sorgh 
ift das Bildnif eines Mannes, der auf 
einem Schiebfarren Gemiife vor die Thür 
eines Bauernhaufes bringt. Don Teniers 
allein ift das Meine Bild eines luftiges 
Paare — eines zehenden Bauern und 
eines alten Weibes. Zwei nicht minder 
hervorragende Bilder von Adrian van Oftade: Bauer und Bäuerin in einer 
Dorffhente und Bäuerin mit einem Rinde vor einem Manne mit einem Rruge in 
der Hand im Jnnern einer Hütte. Don dem großen Jakob van Ruysdael 
ein große Waldlandfhaft — ein bewaldeter Hügel jenfeits eines Baches, über den 
ein hoher hölzerner Steg führt, und eine Landfhaft mit einer gemanerten Brüde. 
Don van Boijen enthält die Sammlung drei Landfhaften. Don Wouver- 
mann das befannte Bild des Charlatans; von van Daelen ein fhönes 
Arditekturbild; von van de Velde eine Slußlandfhaftl. Don Weenir ift 
ein prädhtigs Thierftüd erften Ranges. 


— Aus dem renommirten Atelier für Blasmalerei von B. van Treed 
in Münden find zwei prädtig ausgeführte frühgothifhe Fenfter für die 
Jobannisfirde in Stuttgart abgegangen. Jedes Fenfter enthält in 
teiher Arcitefturumrahmung zwei Bilder: einerfeits „Beburt Chrifti", darunter 
„Chriftus fegnet die Rinder; auf dem andern Senfter „Die Himmelfahrt 
Chrifti und „Auferwedung der Tochter des Jairus. Die Entwürfe find 
vom Runftmaler Velin in Stuttgart. Aufßerordentlih gefhmadvoll erfheint 
das Farbenenfemble, und leuchtend heben fi) namentlih die Hauptfiguren in 
ihren hellen Bewändern vom dunfeln Hintergrund ab. Das Atelier des 
Riinftlers hat einen großen Auf erlangt, und eine Menge von Aufträgen find 
in Ausführung begriffen. Für die Augsburger Barfüßerfiche ift gegenwärtig 
ein fenfter mit dem Bild des evangelifchen Liederdidters Gerhardt in Arbeit, 
der am Schreibtifh dargeftellt wird, den Sdurdgeiftigten Blit nadh oben 
wendend, wo Engelein als feine Gnfpiratoren in die ftillfhöne ardhiteftonifche 
Umrahmung eingefügt find. Das Juftisgebäude in Ulm wird 15 mit Wappen 
gefhmüdte Fenfter aus dem van Treed'fchen Atelier erhalten, das Hamburger 
Rathhans drei Fenfter mit Biirgermeifterportraits. Für das evangelifhe 
Vereinshaus in Nürnberg wurden Blasgemälde geliefert; mehrere Beftellungen 
für Richen in Württemberg und in Sachen find auszuführen. 

— Die Glasmalerei von L. Rirhmair (Haidhaufen) hat für die 
Lutherfirhe in Hannover drei Doppelfenfter ausgeführt, welde Fiirzlid) an dem 
Ort ihrer Beftimmung angelangt find und dort große Anerkennung gefunden 
haben. Die Kartons wurden von Prof. Linemann- frankfurt gefertigt. Gu 
Rofetten, duch gothifhe Ornamente umrahmt, die Porträts von Luther, 
Melandhtbon und Aurfürft Johann von Sadfen. Zwei Fenfter find in 
Topetenmanier bemalt, das dritte enthält ein figurenreihes Bild „Chriftus 
als Rinderfreund und ein Fleines Portrait des Stifters der Fenfter. Aud 


Sere re hoe ee — 
Pa BER RETTET 


a‘ D AE -r e 


Deutſche Kunſt. 99 





diefe Arbeiten mit ibrer effeftvollen Farbenwitfung geben der Miindener 
Glasmalerei ein riihmlides Zeugniß. 





— gn Emil Ridter's Runfthandlung in Dresden erregt die Aus- 
ftellung von Balle’fhen Zier- und Runftgläfern, für die die Firma 
auf Jahre hinaus das alleinige Betriebsredt für Dresden erworben bat, die 
Bewunderung der Renner und Laien. Sie wurde, da eine große Reihe der 
beften Stüde daraus bereits in den Privatbefitz biefiger Aunftfreunde über- 


gegangen war, um eine neue Rolleftion des berühmten Glasmeifters von 
Nancy vermehrt. Bemertt fei noh, daß alle unier den Marken „nad Gallé“, 
„Syftem Gallé" rc, in den Handel kommenden Glafer nidt edt und nur 
werthlofe Jmitationen der Modelle Galle’s find, die diefer befanntlid alle 
eigenhändig anfertigt. — Die funftgewerblihe Ausftellung ift ferner vermebrt 
worden durch Potterien von Hermann Käbler, 5. F. Willemfen, Madame 
Willemfen, R. Hanfen und anderer Riinftler, die es nicht verfihmähen, für 
das Runfthandwerf zu arbeiten. 





Preisbewerbungen. 


— Der Wettbewerb um den großen Staatspreis findet im 
Jahre 1898 auf den Gebieten der Malerei und der Arditeftur ftatt. Aus- 
führlihe Programme fönnen vom Senat der Afademie der Rünfte zu Berlin 
fowie von den Runft«fademien zu Dresden, Diiffeldorf, Rarlsrube, Raffel, 
Rönigsberg i. Pr., Münden und Wien, den Aunftfhulen zu Stuttgart und 
Weimar fowie dem Städeljhen Runftinftitut zu Franffurt a. M., endlich and 
von den tedhnifhen Hocdfihulen Deutihlands bezogen werden. 

— Bei der vom afadenifhen Rath vorgenommenen Vertheilung von 
Preifen an eine Anzahl von EC chülern der Tgl. Runftafademie in Dresden 
für ihre im verfloffenenen Studienjahr gefertigten Arbeiten wurde der große 
Preis, das alademifhe Reifeftipendinm (je 5000 Mark auf zwei Jahre) den 
aus Tihirnig in Böhmen gebürtigen Rupferfteder und Radirer Rihard 
Müller, einem ehemaligen Schüler des Prof. Poble, fiir die Stidradirung 
„Adam und Eva" verliehen. Der Mitbewerber um diefes Stipendium, 
Georg Erler aus Dresden, ein Atelierfhüler des Prof. Ruebl, erhielt für 
die im Wejentlihen auf gleicher Linie ftehende Originalradirung „Vor der 
Schicht“ die qrofe goldene Medaille. ; 

— ur Erlangung von Bauplänen für eine evangelifhe Lufas= 
firde in Chemnig eröffnet der Rirhenvorftand diefer Rirdengemeinde einen 
Wettbewerb für die deutfchen evangeliihen Arditeften. Ansgejert find drei 
Preife zu je 3000, 2000 und 1000 Mark. Die Arbeiten find bis 15. fee 
bruar 1898 abzuliefern. Preisridter find: Geb. Baurath Orth-Berlin, Bau= 
rath Dr. Rofbad-Leipzig, Prof. Stter-Hannover. 

— Zur Erlangung von Entwürfen für ein Denfmal auf dem 
Hobenftein bei Witten zu Ehren Louis Bergers it ein Wettbewerb 
unter den deutſchen Architekten ausgefdhrieben worden. fiir die zwei beiten 
Entwürfe find Preife von 500 und 300 Marf ausgefegt. Die Entwürfe find 
bis zum 31. Januar 1898 an den Dorfikenden des Dentmal-Ausjhufjee, 
Bürgermeifter Dr. Haarmann in Witten, einzureihen. Weitere Auskunft 
ertheilt das Stadtbauamt in Witten. 

— Die f. F. Runfterzgieferei, filiale der Berndorfer Metall- 
waatrenfabrif Urthur Rrupp, hat eine Ronfurrenz ausgefchrieben über 
die Lieferung eines Modells, weldhes die Huldigung an Seine 
Majeftät den Raifer anläßlib des Regierungsjubiläums dar- 
ftellen foll. Bezüglid der Auffaffung des Themas ift den Konkurrenten 
vollftändig freie Wahl gelaffen. Das Modell foll die Höhe von 40 Centi- 
meter nicht überfteigen. (Tbonmodelle find ausgefdlojjen.) Als Eingabe- 
termin ift der J. Februar 1898 feftgefegt. Die Modelle find bis Abends 
6 Uhr in der ?. t. Aunfterzgießerei, Wien, 4. Bezirf, Bußhausftraße Ar. 25, 
abzuliefern. Gedem Modell ift ein verfiegeltes Convert beizulegen, weldes 
Namen und Adrefje des Künftlers enthält. Die f. f. Runfterzgießerei garantirt, 
daß fie die von der Gury als befte und als geeignet bezeichnete Arbeit 
acceptirt und um den Preis von J000 fl. 6. W. von dem Konkurrenten 
erwirbt. Eventuelle Aenderungen des Modells find von dem Künftler felbit 
vorzunehmen. Die zweitbefte Arbeit erhält einen Preis von 200 fl. 6. W., 
die drittbefte einen Preis von 100 fl. 6. W. Als Guroren werden fungiren 
die Herren: Arthur Krupp, C. Zumbufch, t. f. Profefjor, und A. Sharif, 
Direktor der f. l. Graveurafademie. 

— Das Comité fiir die Erridtung einer Afropolis der Wiffen- 
fhaft in Ralifornien ladet die UArciteften aller Lander zur Betheiligung 
ein. Es fteht in Berkeley ein Terrain von 99 Hektar zur Verfügung, das 
eine Bodenerbebung von 700 Fuß bat und im Hintergrunde von einem 
1000 Fuß höheren Bebirgszuge abgefdloffen wird. Man ftebt über die 
Stadt und den Hafen von San francisco auf den Stillen Ozean. Die 
Ralifornier erwarten, „daß die ausgezeichnete Lage dem Banmeifter Gelegenheit 
geben wird, ein Werk zu fhaffen, dejlen eigenartige Schönheit feinen Namen 
den größten Rünftlern aller Zeit ebenbürtig am die Seite ftellen wird. Es 
bandelt Ah um etwa dreißig Bebäude, die zufammen für etwa fünftaufend 
Studirende aller Fakultäten Unterrihtsräume enthalten follen. Der Ausdrud 
„Akropolis der Wiſſenſchaft“ iſt angeſichts dieſer Aufgabe nicht ſchlecht 
gewählt. Zeit und Geld ſtehen unbeſchränkt zur Verfügung. „Ungefähr fünf 
Millionen Dollars ſind bereits für den Anfang des Baues verſprochen, und 
ſo allgemein iſt der Wunſch geäußert worden, an den Koſten des Werkes 
theilzunehmen, daß man glaubt, alle nöthig werdenden Mittel ohne weitere 
Schwierigkeiten beſchaffen zu können.“ Die Koſten für den Entwurf trägt 
eine frau Phebe Hearſt. Das ausführliche Programm iſt in etwa zwei 
Monaten von allen Architektenvereinen zu beziehen. 


Perſönliches und Ateliernachrichten. 


— Dem Architekten Karl Hoffader in Berlin iſt das Prädikat 
„Profeſſor“ beigelegt worden. — 
— Der Maler Max Liebermann zu Berlin it von der Société 


royale Belge des Aquarellistes in Brüſſel zum Ehrenmitglied ernannt 
worden. Don deutfdhen Riinftlern ift diefe Auszeihnung fhon in früheren 
Jahren Adolf Menzel, Paul Meyerheim und Franz Skarbina zu Theil 
geworden. 


— Jn Vertretung des beurlaubten Prof. Dr. Wolfgang v. Dettingen, 
der fommiffarifd) das Amt des erften ftändigen Sefretairs der föniglihen 
Afademie der Riinfte in Berlin nah dem Tode Dr. Hans Müllers verfieht, 
lieft in diefem Winterfemefter an der Düffeldorfer Runftafademie Prof. Nöber 
Kultur und Roftümgefbidte und Ronfervator f. Shaarfhmidt Kunft- 
geſchichte. 

— Eine Gruppe Berliner Känſtler hat ſich zu einer neuen Aus— 
ſtellungsgeſellſchaft zuſammengefunden, die den Namen „Vereinigung 1897" 
führen wird. Es find adt Maler: Rarl Rlimfdh, Meyer-Liiben, 
Staffen, fahrenfrog, von Brandis, O. H. Engel, Weftphalen, 
Rarl Ziegler, und vier Bildhauer: frig Klimfh, Lepde, A. Gaul 
und felderboff. 


— Profeffor Hermann Prell ift von feiner nordifhen Reife 
zurüdgefehtt, um nunmehr das legte feiner drei Aoloffalgemälde für die 
deutfche Botfhaft in Rom, weldhe befanntlih Kaifer Wilhelm II. bei ihm be- 
fellt bat, zu vollenden. Das legte Gemälde foll den Wiedereintritt des 
Winters auf der Erde darftellen. Prell hat für diefes Bild Studien auf 
Bornholm u. f. w. gemadt. . 

— Profeffor Arthur Rampf in Düffeldorf ift gegenwärtig mit den 
Dorarbeiten zu feinen Bemälden beihäftigt, die zur Ausfhmüdung des Rreis- 
tagsgebäudes in Burtſcheid-Aachen beſtimmt find. Die Bilder ftellen Szenen 
aus Sem Dolfsleben der Gegenwart dar. Fu den Roften der Ausführung 
der Gemälde leiftet der Kunftverein für die Aheinlande und Weitfalen einen 
Beitrag von 10000 Mark aus feinem Fonds für Runftwerfe zu öffentlicher 
Beftimmung. 


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5. Beſchaffung weiterer außerordentlicher Einnahmen den Ortsverbänden anheim— 
aeftellt. 
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Altenburg, Elberfeld, Barmen, Bielefeld, Börlik, Danzig, Rönigsberg, Stettin u. a. 


Ar. 6. 15. Dezember 1897. II. Jahrgang. 

















Aus dem Hamburger Rathhaufe. 
Bon Georg Malkowskn. 


TE ce im Anfange Ses Jahres 1895 die überlebenden fieben 
Weib Hamburger Rathsbaumeifter die legten Berüftftangen von 
J T ihrem Werke entfernen ließen, tonnten fie fehben, daß Alles 
gut war, Saf fie der Verwaltung ihrer Heimathftadt 
ein würdiges Wohnhaus, ein finnvolles Wahrzeihen aufblühenden 
Wohlftandes geftiftet hatten. Das Hamburger Rathhaus erhebt fih 
auf feinem granitenen Unterbau in foliser Steinpradt, im Bildfdmud 
der facade die Entwidelung des Gemeinwefens fdildernd von der Hanft- 
ftadt bis zum freien Bundesgliede des geeinten Deutfhen Reiches. 

Am 19. Juni 1895 empfingen Senat und Bürgerfhaft in ihren 
fefträumen eine glänzende Vereinigung dentfcher fiirften, die zur 
Eröffnung des Nord-Oftfee-Ranals berbeigeeilt waren, und am 
26. November 1897 fonnte Oer größere Theil des Gnnenbans feierlid) 
feiner Beftimmung übergeben werden. Mögen über der Vollendung 
der Pünftlerifehen Wusftattung nod) Jahre vergehen, fhon heute ift das 
Gefhaffene einer Schilderung in Wort und Bild würdig, die uns 
durd das freundlide Entgegenfommen Ser firma Strumper & Co., 
Hamburg, erleihtert wird, in deren Verlage die erften drei Cieferungen 
des Practwerfes „Das neue Rathhaus in Hamburg“ erfhienen find. 

gn das Rellergefhoß eines Rathhaufes gehört nah gutem alt- 
deutfhen Braud zunähft und vor Allem die Trinkjtube für die ehr- 
famen Stadtväter und jonftige Bürger, die an dem alten Spruce 
feithalten: „Wer niemals einen Rauf gehabt, der ift fein braver 
Mann“ Ju Hamburg nimmt der Ratheweinfeller das ganze Erd- 
gefhoß an der Seite der Johannisftrage ein. Don der Ede am 
Rathhausmarft her betritt man Surh die „Bachuspforte‘* einen Rorridor, 
von dem aus man reits in einen anmuthig deforirten Vorraum, den 
fogenannten „Rofenfranz‘*, gelangt. An der weiten Wölbung, die fid 
über dem Holzgetäfel, von Rappen durdfdnitten, ausfpannt, treibt der 
dekorative Sinn Profeffor Duyffde’s fein phantaftifhes Spiel. Eine 
fille von Rofen breitet fidh an der Dede aus und auf diefem Blumen- 
teppich tanzen: zierlihe Mägdelein einen fröhlichen Reigen. Die vier 
abgerundeten Eden füllen halbrunde Sophas aus dunklem Leder, über 
denen je ein in Bold und Silber fhimmernder Pfau fein Rad fchlägt. 
gn einer Nifhe aber fteht in Bronze eine Statuette des Weingottes, 
deren Bedeutung ein Schelmenverslein erflart: 


Seht der Madden Ringelreibn mit den Rofenfränzen, 

Seht der Jugend Widerfchein im Pofale glänzen! 

Seht, wie Bachus fröhlih lacht, denfend alter Tage, 

Denn von feiner Zaubermadht fündet uns die Sage: 

Seitenflügel des Hamburger Rathhaufes. Wenn die Maid den Bacchus Füßt, heimlih und verfhwiegen, 
Photographie von Strumper & Co., Hamburg, Wird beglüdt in Jabresfrift fie ein Herz befiegen, 








| 








102 


Aber der Deutfche nimmt es nun einmal ernfthaft mit dem 
Trinken, und fo ift denn der dekorative Schmuck des Aneipfales 
„our bunten Rub“ der ruhmvollen Vergangenheit der alten 
Hanfeftadt gewidmet. Don der auf mähtigen Pfeilern ruhenden 
Wölbung hängt das Modell der „Bunten Ruh“ herab, des 
Rriegsfhiffes, auf dem Simon von Utredht das Haupt der 
Ditalienbrüder, den Seeräuber Stortebeder, gefangen einbrachte. 
Die Bewölbgurten find mit Wein und Blumengewinden bededt, 
aus Seren von Sprudhbändeen durhzogenem Gerant Masten 
und Wappen in buntem Gewirr auftauden. 

Die fenfter find mit Tiroler Glasmalerei gefhmüdt, in 


Deutfhe Kung 


In der „Schänfe*, die zur Aufbewahrung einer Fülle von 
Trinfgefäßen in Schränken und auf Rredenztiihen beftimmt ift, 
hat der Maler Jordan das Bedeihen des Weines unter dem 
Einfluß von Erde, - Luft, feuer und — leider aud Waffer 


dargeftellt. Jm Mebrigen wird das Erögefhoß Ssurdh die 
Wirthfhaftsräume und urh einen Theil des Ardivs ein- 
genommen. 


Die Räume des Parterregefhoffes, vorwiegend für Gee 
fhäftsbureaus beftimmt, gruppiren fih um die mädtige Rath- 
bausdiele, deren 16 Säulen ein Mekgewdlbe tragen, das fih in 
der Höhe wie Hweigwerf veräftelt. Den unteren Theil der 





Der Kaijerfaal im Hamburger Rathhaus. 
Photographie von Strumper & Co,, Hamburg. 


denen nad Kartons von Allers die Srei Hauptfeebelden 
Hamburgs, Simon von Utredt, Ditmar Roel und Carpfanger 
abgebildet find, feitlih von Darftellungen aus ihrem ruhmvollen 
Leben flanfirt, während die oberen Felder durch alte Anfidten 
der Stadt ausgefüllt find. 

Einen anderen Crinfraum, den ,,Remter“ hat Arthur Fitger 
mit der bumorvollen Darftellung des Trinferhimmels gefhmüdt, 
als deffen Jnfaffen wir Hieronymus Jobs, Kaifer Wenzel, 
Sokrates, Lucullus, falftaff, Perfeo, Noah und ein paar 
Urgermanen bemerken. Ueber ihnen Allen aber waltet oberhalb 
des Einganges berabjhwebend ein geflügelter, von anmuthigen 
Putten begleiteter Genius, die Freude. Ein befonderer Raum 
wird durd das Podeit der Treppe gebildet, die sum Bürgerſchafts— 
Deftibül binaufführt. Da fit im Hwidel der Ebrenlaube ein 
Stadtvater in Schaube und Amtsfette und um ihn berum zieht 
fic) Sie Infhrift: „Wer niemals einen Raufch gehabt, der ift 
fein braver Mann‘, 


Schäfte fhmüden von Eichenlaub umfranzte Medaillons be- 
rühmter Hamburger Bürger, während oben je zwei fdhmiede- 
eiferne Halter als Träger fupferner Laternen mit eleftrifhem 
Liht dienen. Erwähnenswertb ift in Siefem Theil nod der 
»Srautgang mit feinem eifernen Geländer, deffen Rofengewinde 
ein RupferfhildS umrabmen mit der Infchrift: 

Ehret ie Frauen, fie fledhten und weben 

Himmlifhe Rofen in's irdifhe Leben. 

Das Hauptgefhoß enthält die Räume des Senats, der 
Bürgerfhaft und die Feftfäle. Hier berrfcht überall gediegene 
Pradt. Bejonders Sie Rathsftube, eine unveränderte Nad- 
bildung des alten Sigungsfaales, athmet mit ihrer Eichentäfelung, 
deren fiillungen mit Hulbe’fhen Ledertapeten befpannt find, 
ruhige Dornehmbeit. Yur der Baldadin über Sen Sigen der 
Bürgermeifter unterbricht mit der wunderbaren Stiderei in Bold 
und Seide, die feine Hinterwand fhmüdt, Sen ‚dunklen Ge- 
ſammtton. 


Te — 





Deutfhe Runf. 


103 





An der Ede nah dem Rathhausmarkt zu liegt das Arbeits- 
zimmer des Erften Bürgermeifters. Ueber der Mahagonitäfelung, 
in die Metalltafeln mit den Wappen Hamburger Stadtoberhäupter 
eingelaffen find, dehnen fih die gefhmadvollen Seidentapeten, 
deren flähe dur einen Ramin mit der Büfte des verftorbenen 
Bürgermeifters Dr. Peterfen unterbroden wird. Die fenfter des 
Erkers fhmüden Bildniffe der Bürgermeifter Dr. Lehmann, 
Dr. Méndeberg und Dr. Dersmann. 

Ueber die Haupttreppe der Bürgerfhaft. gelangt man in die 
Räume, die für die Gemeindevertretung beftimmt find. Nachdem 
man ein glänzendes Foyer durchfdritten, betritt man den Sigungs- 


E ait ay + atts 


— 


Beſonders hervorzuheben iſt der Kaiſerſaal, in deſſen Schmuck 
die künſtleriſche Harmonie des Hamburger Rathhauſes in eine 
Jubelhymne auf die Seemacht des Deutſchen Reiches ausklingt. 
Die Deden- und Wandbilder find von Arthur Fitger entworfen. 
Die Hauptdarftellung in der Mitte des Plafonds fymbolifirt, 
rechts und lints von Schilderungen der Beographie und Aftronomie 
flanfirt, den Triumph der deutfchen Flagge über das Meer. Gn 
den Liinetten der Wände prangen die allegorifchen Derförperungen 
der Handels- und Kriegshäfen, Hamburg urh Sie Hammonia, 
Bremen urh einen Chorkfnaben und einen Sciffsjungen, LCübed 
als ältefte Hanfeftadt Surh die Hanfadronif, Emden durch eine 





Sur „Bunten Kuh” im Hamburger Rathsweinkeller,| 
Photographie von Strumper & Co., Hamburg. 


faal, Ser Surh drei hohe Fenfter nad der Johannisftraße be- 
leudtet wird. Täfelung und Dede find aus Eichenholz her— 
geftellt. Die Gliederung des Raumes ift die gewöhnliche, Surh 
den Zwed beftimmte. Das Präfidium, die Senatsfommiffion 
und der Tifch des Haufes haben ihren Plag an der Fenfterfeite. 
Redts und linfs befinden fh die Logen für das Publikum. 
Die Site der Bürgerfhaft bauen fih im Halbfreife amphi- 
theatralifh auf. Don der reihgefhnigten Rüdwand des 
Prafisiums hebt fih eine Seidenftiderei ab, deren Mittelfeld das 
Hamburger Stadtwappen jhmüdt. Die Fenfter find mit Tiroler 
Glasmalereien nad Kartons von Rarl Behrts verfehen, die den 
Handel und Wandel Hamburgs in Emblemen, feine äußere und 
innere Gefchidte in einzelnen Szenen fhildern. 

Aud dte fefträume, der Phönirfaal, das Waifenzimmer, der 
Bürgermeifter-, der Thurm-, der Raifere und der Biirgerfaal, 
liegen fämmtlih im Hauptgefhoß, barren aber zum Theil nod 
ibrer endgiltigen dekorativen Ausgeftaltung. 


Negftriderin, Wilhelmshafen durch eine Dradenbändigerin, Riel 
duch eine Bellona, Rénigsberg durch die Krönungsinfignien, 
Stettin durch die Embleme der Schiffbautunft treffend charatterifirt. 
In den Zwideln zwifhen den Hafendarftellungen find die Re- 
präfentanten der fremden Nationen: Jnder, Chinefen, Amerikaner, 
Afrifaner u. f. w. angebradt. 

Hamburgs Rathhaus verdankt feine Entftehung der gemein- 
famen Arbeit von nidt weniger als neun Rathsbaumeiftern, von 
denen fieben feine Vollendung erlebten. Trotzdem . ftebt es wie 
aus einem Buß gefhaffen da, ein glänzendes Mufter der echten 
Gemeindebaufunft, aus dem Zwedbegriff arcitettonifdy beraus- 
gewadfen, mit fchdn gegliedertem bildnerifhen und malerifchen 
Schmud zu Mit- und Nachwelt redend von thatkräftigem Bürger- 
finn. Jn fic) gefeltigt und Soh fih freiwillig anfclieBend an das 
wiedererftandene Neid, erzählt es in Statuen und Bemälden, in 
Reliefs und Ornament von einer rubmvollen Vergangenheit, die 
in einer reid) gefegneten Gegenwart ihre Vollendung findet. 








104 


Deutfdhe Runf. 


Das moderne Kunfthandwerf in der Certilfunft. 
Pon T. Pagen. 


Die Ausftellung der Lehrkräfte des Berliner Runftgewerbemufeums, welhe 
der Ausftellung von Schülerarbeiten gefolgt ift, giebt Belegenbeit, einen Blit 
auf die Beftrebungen der modernen dekorativen Aunft in der Behandlung des 
tertilen Ornamentes zu werfen. Es handelt fi bierbei nit um jene 
Probleme des farbendrudes, die von England aus unter Benußung japanischer 
Anleitungen vor einigen Jahren auh dem Betrahtungskreife der deutfchen 
Runftkritit nahe gebracht wurden. Man bat es in den Techniken, die uns in 
der fiinftlerifden Yengeftaltung von Otto Edmann und Mar Seliger ent- 
gegentreten, mit den unterfciedliden Lebensbedingungen von Hausinduftrie 
und Mafdhinenarbeit zu tbun. Die Kausinduftrie, die bier in form von 
derber Gobelinweberei, von Teppidfniipferei und Stiderei vertreten ift, fußt 
für den leitenden Künftler auf dem Prinzip des Rapellmeifters, der ein 
Ordefter dirigirt, oder aber auf demjenigen des Romponijten, defjen Werke 
dem Publifum duch den befondern Vortrag ausgezeichneter Dirtuofen ver- 
ftändlih gemadt werden. Die Beziehungen des Aupellmelftere zu feinem 
- Orcefter herrfchen zwijhen Otto Edmann und den Scherrebeder Webereien 
vor; diejenigen des Romponiften zum interpcetirenden Dirtuofen zwiſchen 
Mar Seliger und feinen Schweftern 
Frau Dernburg und Fräulein Fda 
Seliger. Hierdurd wird der aller- 
weſentlichſte Unterſchied zwiſchen 
dieſen Arbeiten und den vielbe— 
wunderten Sachen von Hermann 
Obriſt begründet. So geiſtreich 
jene Erfindungen auch ſein mochten, 
ihr künſtleriſcher Inhalt und 
ihre praktiſche Dauerhaftigkelt 
wird durch die Thatſache 
beeinträchtigt, daß die Aus— 
führung von begeiſterungs— 
loſen, minderwerthig geſchul— 
ten italieniſchen Stickerinnen 
hetrührt, die nicht im Ent . 
fernteſten befähigt ſind, ſich 
in die Empfindungswelt des 
Rünſtlers einzuleben und 
nun wieder ſeinen Entwurf 
durch die vollendeten Aus— 4 
Seudsmittel einer mehanijch * 
tadelloſen und innerlih durd- 
geiftigten Technik verftändlich 
und vollauf künftlerifh ge- 
nleßbar zu machen. So wecden 
denn die Obriſt'ſchen Ver— 
ſuche vorausſichtlich 
nur der Webekunſt 
einige brauchbare 
Anregungen hinter— 
laſſen, während 
die künſtleriſch 


Ltg 


—.. 


veranlagte Stiderei, die mehr als gedantenlofe Mafchinenarbeit 


leiften 
mödte, ihre Zuflucht bei anderen Meiftern und Vorbildern fuden muß. 
Man magte f. J. für die Verwendung der billigen italienifhen Arbeiterinnen 
im Dienfte des Heren Obrift geltend, daß deutfhe Arbeitskräfte für diefen 


Jwet zu theuer wären. Auf den febr -nabeltegenden Gedanfen, die Tednit 
zu vereinfachen, ift Yiemand gefommen. Es giebt eben in der frage nad 
den Arbeitskräften in der Wirkerei nur die Majchinenarbeit oder die Verein- 
fahung der Tednit. 

Der Standpunft billiger ausländifher Kräfte ift für Runftgewerbe und 
Dolfswirthfhaft im gleihem Grade verwerflidh. Was die Mafchine leiften 
fann, wird durd die im Lidthof des Mufeums gleichzeitig ausgehängten 
türfifhen Tambourirarbeiten veranfhaulidt. Hierbei wird der Stoff in Rahmen 
gefpannt und die Ausführung mit einer Art Hafelnadel im Rettenftich be- 
werfftelligt. Die Sticmafdinenarbeit ift bis zu einer erftaunliden technifden 
Dollendung gedieben, «ber fie wird diefe türtifhen Arbeiten nie übertreffen 
fönnen. Und diefe türfifden Arbeiten wieder wird man im fürzefter frift in 
fo hoher Vollendung auf dem Webftuhl nahahmen, daß Feine Mafchinen- 




































Der Sigungsfaal der Hamburger Bürgerfchaft. 


Photographie von Strumper u, Co., Hamburg. 





ere eo 








Deutfhe Runft 


fiderei daneben aufreht erhalten werden Pann, weil fie fih nicht bezahlt 
maden würde. Haben wir dod heute fhon Seidenftoffe, die mit taufdend 
echten Spikenmuftern überwebt find. Mod ftärter it die Ronfurren3, welde 
der Mafchinenftiderei aus den fortfdritten. des Farbendtudes erwähl. Eben 
deshalb bleibt der eigentlichen ARunftftiderei nur ein einziger und zwar der 
von frl. Seliger betretene Weg offen. Sie gebt von der Dorausferung aus, 
daß die Stiderei der Zukunft ih ausfhließlih mit der Verzierung gegebener 
flähen von ganz beftimmten Raum- und Maßverhältniffen befaffen foll. Ein 
maffenhaftes Anfertigen von Stidereien, die dann als Zufallsprosufte in jede be- 
liebigellmgebung hineingezwängt werden, giebt es für fie nicht. So liegt fhon auf 
der Hand, daß die ausgeftellten Gegenftande im Lichthofe des Mufeums 
ebenfo zur vollwerthigen Beltung fommen, wie die Edmann’fhen Entwürfe. 
Befonders der große Wandfhirm mit dem Sdhdpfungsmotiv fann bei dem 
Oberliht des Nufeumsraumes durhans nicht ridtig beurtheilt werden. Gerade 
diefer Schirm ift harakteriftifch für das Beftreben, mit einfachen Mitteln große 
Wirkungen zu erreihen. Die Applifationstehnif, die befanntlih feit den 
Tagen der Renaiffance arg vernadläfjigt wurde, überwiegt hier durdweg. 
Ueberall find die farbigen Wirkungen lediglid durch Uebereinanderlegen 
farbiger Stoffe erzielt; die Umriffe werden duch Boldfäden gededt und die 
Schattirungen find durd abg-tönte Seidenftiderei eingelegt. Das ungünftige 
Licht läßt die Stimmungsfeinheiten der Arbeiten nicht annähernd zur Geltung 
fommen. Wer Gelegenheit hat, die Arbeit im ridtigen Lichte zu fehen, wird 
einräumen, daß man ôte Behandlung des Motives „Alfo ward vollendet 
Himmel und Erde faum glüdlicher löfen kann, wie es bier der Fall if. Auf 
wolfigem Hintergrunde mit fein abgetönter Frührothftimmung erbebt fdh ein 
ftilifirter Apfelbaum, deffen Stamm von einer Schlange in glänzenden 
Tönen feiner Seidenfäden ummwunden ift. Davor jiten zwei buntgefiederte 
Greifen mit fpriihenden Augen und funtelnden Kronen. Die phantafievollen 
Linten der Wolfenbildungen und der Windungen des Flufies, welder den 
landjhaftlihen Hintergrund durhfcneidet, geben dem Bedanken des Werdenden 
einen fehr treffenden Ausdrud und mit liebevoller Hingabe nimmt die farben- 


105 


gebung die Wiederholung des Motives auf; Magnolienfträuhe mit ftreng 
ftilifirten Bliithen bededen die Seitentheile dea Schirmes. — Es gehört ein- 
gebendes Dertrautfein mit allen tednifchen Exiftenzbedingungen einer Stiderei 
dazu, um zu ermejjen, in wie hohem Brade diefe Arbeiten alle Anforderungen 
erfüllen, die an das geftidte Runftwerf geftellt werden müjlen. Diefe Saden 
verzichten auf jeden Wettbewerb mit der Malerei; fie wollen nidts fein als 
Stidereien und erreichen dur diefe fihere Befchränfung auf ihre Grenzen 
eine Ffünftlerifhe Höhe, die dem Seutfchen Kunftgewerbe zur Ehre gereidt. 
Sie find aus einem gewifjenhaften Studium alter, vorhandener Shake heraus- 
gewadfen; vom Japanismus find fie verfehont geblieben; fie geben Deutjches 
und Moderndeutfches, das frei ift von nervdfer Ueberreizung und Bejpreiztheit. 
Neben den fhönen Teppih- und Bobelinentwürfen von Otto Edmann er- 
feinen diefe Arbeiten febr reich; fie tragen mehr den Charafter einer 
Sonastenfompofition, etwa im Stil von Glud, während Edmann in feinen 
beften Sadhen den Ton des Dolfgliedes trifft und Anflänge an den nordifchen 
Grieg jum Vortrag bringt. Diefer Unterfehied wird bedingt dur feine 
Stellung zu den ausführenden Kräften in feinen Tednifen. Um den 
Unterfhied zu erfaffen, ftudire man die feinen Wappenftidereien, die Lafur- 
arbeiten und Spitenftihe an den übrigen vorhandenen Stidereien aus der 
Muſeumsklaſſe Seliger-Dernburg. Man wird da die Meberzeugung gewinnen, 
daß unfere deutfche Stidfunft Stilgefege eigenfter Art befitt, die griindlid 


‘verftanden fein wollen, bevor man einen neuen Stil für fie zu fehaffen fucht. 


Herr Edmann ift vom Mündener Glaspalaft her fo gut befannt, daß man 
nidts Neues über ihn fagen fann; feine Entwürfe gelangten in den fleinen 
Münchener Räumen mit ihrem ftimmungsvollen Milieu beffer zur Geltung, 
als bier. Sebr interejiant find feine Entwürfe für Buntpapier zum Biider- 
einband u. a. m. Die Entwürfe und Malereien von Mar Seliger zeigen, 
daß diefer Künftler aud) augerhalb der Sticereien, Glasmofaiten, Gobelins 2c. 
etwas ganz Eigenes in der Kunft der Malerei zu fagen hat. Befonders fein 
find feine Darftellungen des Waldbodens, deſſen Eigenart er mit liebevollem 
Dertändniß wiederzugeben weiß. 


Adolf Heer’s Reiterftandbild Kaifer Wilhelms 1. in Karlsruhe. 


Pon Dr. Cathiau. 
(Siehe Abbildung Seite 115.) 


aac 


— Im frübjahr 1888, 






















forderte, mit 


Der Peterjen-Kamin im Arbeitszimmer des Hamburger Bürgermeifters, 
Photographie von Strumper & To., Hamburg. 


bald nah dem Hinfheiden des erften Hobenzollern - Kaifers, bejhloffen die Ge- 
meindefollegien der badifhen Landeshauptitadt die Errichtung eines Denkmals für weiland Raifer Wilhelm. 

und votirten bierfür 200 000 Mark. 
ftift bis 
für de Errichtung eines Reiterjtandbildes auf und beftimmte zu Preisridtern: 
Wallot, 


Ein Ausfchreiben des Stadtratys vom 24. Auguft 1889 
zum J. Auguft 1890, die Rarlsruber Bildhaner zur Wettbewerbung 
Shaper und Eberlein - Berlin, Thierfh - Minden und von Jum- 
bufd-Wien, nabdem aud ie Plagfrage endgiltig entjhieden worden war. 
Aus der am 5. Auguft 1890 erfolgten Entjiheidung des Preisgerihtes 
ging Profeffor Adolf Heer ale Zweiter hervor. Fn3zwifden aber hatte 
ein Schreiben aus dem Broßberzogl. Geheimen KRabinet vom JI. No- 
vember [S90 den Heer'ihen Entwurf als denjenigen bezeichnet, welder 
Kaifer Wilhelm I. am rihtigften zum Ansdrud bringe. 
So fam nahezu mit Stimmeneinbelligfeit der denfwürdige Be 
ihlu der Biirgerfollegien vom 26. November J890 zu 
Stande, welder die Ausführung des Neiterftandbildes in die 
bewährte Hand Adolf Heers legte. 
Der erfte Eindrud, welden das Denkmal auf den Be- 
fhaner madt, ift ein mächtig padender; du die foloffalen 
Waffen der beiden Benien fih vor den Schmalfeiten des 
Poftamentes erheben, während über die Breitfeiten 
nur die beiden am Unterfodel Lagernden Wappenthiere 
beraustreten, fo äußert jih in dem ganzen Auf- 
bau zunädft eine faft überwältigende Fülle 
trotig emporftrebender Rraft, welde die uns 
mittelbare Nähe alter Lrubbäume 
nidt zu bändigen vermag. Wenn 
diefe Wirfung vom Riinftler beab- 
fidtigt worden, dann weidt er 
damit von der vielfad vertretenen 
Anfidt ab, dap ein folder Aufbau 
feinem Standorte breit entwadfen 
miiffe; lag es dod nabe, mit Rüd- 


106 


üht auf diefelbe die Sodelfiguren zu den Seiten des Reiterftandbildes 
fopreiten zu laffen; damit wäre vielleiht ein maffigerer, umfaffenderer Ueber- 
bli¢ fiir das Ganze gewonnen worden, fdwerlid) aber ein die finngemafe 
Wirfung fordernder, nad) welder der Gedanfe des rafd) und thatfraftig feinen 
höchſten Zielen zuftrebenden neuen Reidhes in der majeftätifhen Erfdheinung 
des verewigten Aaifers allein den allgemein verftindliden Ausdrud 
finden follte. Jedenfalls war die Aufgabe für den Künftler durd die zur 
Ausführung gelangte Anordnung feine leichtere geworden. 

Wenn der jugendlide Sieg- und Frieden-Derfünder der Bewegung des 
faiferliden Roffes gefolgt ift und voranzufhreiten im Begriff ftebt, fo tonnte 
der Genius bezw. die Mufe der Befchichte, ihrer Befchäftigung entfprechend, 
auf der hinteren Oberfodelftufe figend Sargeftellt werden. Beide figuren 
find ebenfo geift- und lebevoll, als, im Begenjat zur befonnenen Rube des 
Reiters, energifh bewegt aufgefaßt, nit fomwohl in Hinfiht auf Rörper- 
formen und Bewandung, wie aud bezüglich deffen, was fie fagen und fein 
follen: Gn der vorgebengten Haltung und im Antlig der geflügelten 
„Diftoria" prägt ih der unerfchütterlihe Blaube an den friedlihen Aus- 
bau der innerpolitifchen Derhältniffe des Neihes aus, während die „Be- 
fhidte (Alio), finnend in fi gekehrt, befriedigt feheint von der ergebniß- 
reihen Rüdfhau in eine große Vergangenheit, deren glanzvolle Tage, da- 
runter die von Straßburg und Wek, fie mit ehernem Griffel, den nad- 
fommenden Gefdledtern zum Bedädhtniß, als Symbole einer großen Zeit, 
in ibe Bud eingefhrieben. Als Derfünderin von des Raifers Siegen fhwingt 
die weit vorgeftredte Rechte der Diktoria den immergrünen Lorbeer, während 
die Linke den mit Lorbeerreis umfdlungenen Feldherenftab erfaßt hat. Daß 
der Friede diefer Tage ein gewappneter ift, wird dem Befdhauer aus der 
Rüftung Mar, welde unter dem bei der Bruft zurüdgefchlagenen Bewande zu 
erkennen ift; als fprehende Attribute der „Befhicte lehnen rechts der Figur 
zu deren Füßen die Wappenjchilder der wiedergemonnenen Provinzen Elfaf 
und Lothringen. Symbolifh ift vielleiht die „Viktoria als ein 
Bild zugleih der fpähend in die Ferne fhauenden Zukunft, verhüllt in 
fchwere, bie und da fat allzu jhwere Bewandung aufzufaflen, während bei der 
„Gefhichte", als Ausdrud für die Vergan genbeit, ein allerdings ebenfalls fehr 
maffig gebaltenes Bewand mit reich verziertem Saume nur den unteren Theil des 
im übrigen nadten Rörpers bededt; auf alle fälle ift der faltenwurf nidts 
weniger als ftilifirt, was bei dem unter der unmittelbaren Einwirkung klaſſiſcher 
Dorbilder herangereiften Meifter 
faft zu verwundern ift: in breiten 
Waffen, zuweilen derb real, 
lagern fih die Bewandpartien 
um die kräftigen Glieder der 
beiden Benien, überfluthen fie 
die reihen Profilitungen des 
Poftamentes; fo ift es, als ob 
ein lebhafter Windftoß bereits 
in den Gewandfalten des 
zum Aufflug gerüfteten Sieg- 
verfünders fih verfangen habe. 

Eine finnige Beigabe, in 
der Silhouette den Uebergang 
aus der breiten Abtreppung 
in das eigentlihe Piedeftal ver- 
mittelnd, bilden die auf den 
beiden Langfeiten in gleicher 
Höhe mit den Figuren hin- 
gebetteten Wappenthtere, zur 
Linfen der badifhe Greif, 
ridwärts bezw. rheinwärts 
ſchauend, die Krallen gejpreist, 
wie er die lorbeerbefränzten, 
fiegreihen badifhen Fahnen 
als einen foftbaren Hort mit 
dem Flügel degt; zur Redten, 
als Symbol deutfher Einheit 
und Rraft, der Lowe, fried- 
fertig, aber wadhfam, unter 
den Pranfen das unbefiegte 
Reichsſchwert. = 

Des Befhauers volles Jnter- 
efje beanfpruhen am Unterbau 








Deutfhe Rung. 


nod die beiden in den Stein eingelaffenen Reliefs: das auf der Siidfeite, in unferer 
Abbildung fidtbar wiedergegeben, gedenft des Antheils der badifhen Truppen 
am Befreiungsfampfe von 1870/71, insbefondere auf den Sdladtfeldern von 
Straßburg, Dijon und Belfort in jenem Momente, in weldem der 
kürzlich verftorbene Prinz Wilhelm von Baden und General v. Werder 
fih zu den errungenen £orbeeren beglüdwünfchen; das nördliche Relief vergegen- 
wärtigt den folgenjhwerften Akt im großen Kriege, die Derfündigung des 
Raiferreihes im Spiegelfaale des Königfchloffes 3u Derfailles duch Grog. 
berzog Sriedrih von Baden. Ueber ein Dugend portraitdhnlider figuren 
waren bier in den verhältnigmäßig engen Rahmen plaftifch einzufügen. Die 
dargeftellte Handinng ift fdharf und gemeinverftändlih darakterifitt. Die 
beiden Tafeln, wenn aud nidt das Befte am Werk, erfheinen wie eherne 
Urkunden für weltgefhihtlihe Momente. 

Seines hoben Berufes bewußt, würdevoll, doh niht ftolz, Strenge und 
Entfchiedenheit im Blit, dod) auc wieder jene väterlihe Milde, die allzeit 
eine feiner vornehmften Herrfchertugenden gewefen und die Jedem unvergeflid 
fein wird, der einmal das Blüd hatte, dem hopen Heren perfönlid gegen- 
iibergufteben; fodann aber and — und das ift Meifter Heer ganz über- 
tafhend gut gelungen — mit jenem unvergleihlihen Ausdruck der abgeklärten 
Ruhe und Ausfdhnung, wie fie dem an Lebenserfahrung gereiften, in Rampf 
und manderlei ernfter Prüfung erftarften Helden im vorgerüdten Alter eigen 
wat, fo figt Raifer Wilhelm I. dort droben zu Pferde; wobl faut das 
Auge in die Weite, aber nicht fpäbend nah feindlihen Bewegungen; denn 
die Rechte, welde den Feldfteher gefaßt hat, ruht mit demfelben auf dem 
Schenkel; es ift nur ein forfhen und Sinnen nah jenen friedliden 
Organifationen für feines Dolfes Wohlfahrt, welde Raifer Wilhelm vor feinem 
Lebensende der Nation als ein werthvolles Erbe hinterlaffen bat. 

Der Kampf im offenen Felde ift zu Ende; das Wert des Friedens 
tritt in fein Recht. Nod wogt und pulft in dem ftolzen Schladhtroffe das Dor- 
wärtsdrängen in das Getiimmel der Schladt; die linte fauft, welhe feft den 
Zügel umfaßt hält, parirt mit furzem Griff diefen Drang des edeln Thieres, 
das wohl feinem Reiter fih fügt, aber mit Stampfen und Scharren zu er- 
fennen giebt, wie wenig die Raft ibm zur Zeit bereits zufage. Mit be- 
wundernswerthem Bejhit hat Meifter Heer diefen eigenartigen Konflikt 
zwifhen Ruhe und Bewegung zu Bunften des mehrfah angedeuteten Grund- 
gedanfens herangezogen und gelöft. 


Der ,,Rojentran3 im Hamburger Raths-Weinkeller. 
Photographie von Strumper u. Co., Hamburg. 














Deutfhe Runft. 107 


Eine jhwierige Aufgabe bei Monumentalwerken ift es immer, die Brößenverhältnifie in Einklang zu erhalten mit der Fünftlerifhen Wirkung; ing- 
befondere vermfaden die auf den Standort des Befchiruers zu beziehenden Höhenmafe oft reht große Schwicrigkeiten. Soll das Roß mit feinen weit- 
aus anfebnlideren Whmeffungen den Reiter nicht in feiner Bedeutung beeinträchtigen, fo miiffen bier beim Zufammenban Runftgriffe zur Anwendung 
fommen, von welden der Midteingeweihte feine UWhnung bat. Kaifer Wilhelm war allerdings von aufergewöhnlid hobem und ftarfem Körperbau, ein Rede 
an Beftalt, und dod mußten diefe Maße dem Pferde gegenüber zu Bunften der beabfihtigten Wirkung modifizirt werden. 

Die impofante Wirkung ganz befonders aus der Vorderfchan unterftütt wefentlih der glüdlihe Gedanke, den Kopf des Thieree nad) der linken Seite 
fidh wenden zu laflen, abgefeben davon, daß fih aud hierin cine dem Fahmann nicht unbefannte Eigenart temperamentvoller Racepferde fundgiebt. 
Hierdurd wurde der größte Theil des Oberkörpers, zumal das hoheitwolle, jo fhön darakterifirte Haupt des Raifers für die Vorderfiht frei, ohne Surh 
die Mafje des Pferdefopfes und die breite Bruft des Thieres in irgend einer Weife behelligt zu werden. Am Reiter felbft «ber ftrebt Alles — in Muger Er- 
faffung der bierzu verfügbaren Mittel, nah aufwärts; fet ftiigen fi die Beine in die Bügel, ftramm und militsirifh egaft ift die Haltung des Reiters 
im Sattel; der rehte — wie der linfe Arm find fo für diefes Emporwadfen verwerthet, daß and fie fid, in der Vorderfiht wenigftens, möglichft ftreden; 
der weit offene Reitermantel wirft lange falten über den Rüden und über die Flanfen dea Thieres, alle in n«türlidem Abwärtsfall, vom Winde ein 
wenig nad rtüdwärts geweht. Gn woblthuendem Begenfat zu diefer von oben nad) unten gerichteten Linienfludt fteht die dichte, vom Winde im reiche 
Haarpartien aufgelöfte Mäbne und der in langen Wellen hinausflatternde Schweif, aud da, wie vielleicht bei der Wiedergabe des Lorbeerreifes, ift der 
Bildhaner feiner gewohnten Majlifh-ftrengen Stiltihtung untreu geworden. Ganz vortrefflid) aber hat er fic) mit der an fid ja Auferft wenig monu- 
mentalen militairifhen Uniform abgefunden. Heer verfchmähte mit Recht den konventionellen, dekorativen Auf- und Auspuß für den hödften Würden- 
träger der Nation, wie thn fo viele Denkmäler Raifer Wilhelms. vielleicht als kulturhiftorifhe Merfwürdigkeit der Nachwelt zu überliefern beftimmt find; 
ihm genügte das befheitene Kleid des Rriegsmannes, weldes den Feldhertn faum von feinen Untergebenen unterjdeidet: fo das echt Dolfsthiimlide her- 
vorkehrend, geftaltete Heer den geliebten „alten Heren“ mehr als den ftrengen, aber wohlmeinenden Vater jener Soldaten, als den Liebling feines Voltes 
im Norden wie im Süden. Was die TDetailausführung des Werkes betrifft, fo wird man, felbft bei eingehender Betrahtung, dem Rünftler das Lob nicht 
vorenthalten dürfen, daß er, ohne Doreingenommenbeit fiir einen oder den anderen Theil des gewaltigen Werkes, mit äußerftem Fleife und peinlidfter 
Sorgfalt gearbeitet bat; die Portraitähnlichkeit des Raifers ift eine geradezu überrafhende und ift dies auch mit der unverhohlenften freude von dem Der- 
ewigten febr nabeftebender Seite riithaltlos anerfannt worden. Es ift nichts Rleinlides, Schwädlihes in diefem Meifterwerfe deutjher Plaftif, nidis 
Ueberflüfjiges, Phrafenhaftes, Weithergeboltes. Das Karlsruher Reiterftandbild Wilhelms I. 
mißt vom Boden des Kaiferplakes bis zur Helmfpike ca. 12 Meter, die Höhe des Reiters 
beträgt einfchließlih Plinthe 5,20 Meter, die des Poftaments 10,72 Meter; die Sodelfiguren 
haben eine Höhe von 3,10 Meter. Begoflen wurden die Bronzetheile des Denkmals in der Bildgießerei 
der Altiengefellfhaft Shaeffer & Walder in Berlin, und erforderten Reiter und Rop zu- 
fammen etwa 125—130 Zentner Bronze. Das Poftament ift von der firma Rupp & Möller, 
hier, aus fhwedifhem Granit gearbeitet, reich profilirt und gefchliffen. Noch fehlen, wie aus 
unjerem Bilde, weldes wir einer photographifhen Aufnahme aus der photographifden 
Kunftanftalt für Arditeltur und Plafiit von R. Morat, bier, verdanken, zu erjehen, die 
Sandfteinftufen um den Sodel und das mit Randelaberfhmud verfehene Beländer — vitl- 
leicht ebenfalls aus Bronze; das Raiferdentmal trägt auf der vorderen Schmalfelte über der 
Vittoria die einfahe Infgrift: „Wilhelm I; auf der entgegengefetten Front heißt es: 
„errihtet von der Stadt Rarlsrube 1897". Wo die Runft jo Mar und eindringlich 
fpridt, wie im Rarlsruher Reiterftandbilde, glaubte man weiterer Epitheta und einer befonderen 
£apidar-Epiftel entrathen zu fönnen; .folhe Zufäge muthen oft an, wie die Zlluftrationen zu 
unferen großen Klcfjitern — überflüfiig — ftörend. — So möge denn das ftattlihe Denkmal 
der badifthen Landeshauptftadt, weldhes ebenfo den ehrt, der es gefihaffen, wie die Stadt, welde 
es in ihrem Weidbilde errichtet hat, möge es all denen, welde den Raifer gefannt und von 
Auge zu Auge gejfhaut haben, das Bedädhtnif an eine große Feit zurüdrufen. 


Dom Kandfchaftern. 


Don Wolfgang Kirhbar. 
‚I. 

Ein ganz neuer Zuftand Ser Landfcaftstunft beginnt, nachdem mit 
der Yaturfluht der Wertherzeit und mit den Roufjeau’fhen Fdeen von der 
Rüdfehr zur Natur cin tieferer Ernft in diefe Betrachtung der Natur fommt. 
Um die Wende des vorigen Jahrhunderts ift vor Allem die Naturwiffenfhaft, 
und zwar Botanif und Zoologie, mehr und mehr Gemeingut der Gebildeten 
geworden und aus ihr entwidelt fic) ein befonderer Naturfinn und Reifefinn, der 
in einem Werke wie Humboldt's „Rosmos" Landfhaftsbilder und Landfdafts- 
eindsrüde in einem ganz neuen Sinne verarbeitet. Und mit den reifenden 
Yaturforfhern beginnen nun aud die Maler ernftliher auf Reifen zu geben, 
Skizzen, Studien der Natur in aller Herren Candern wie in der nddften Heimath 
felbft 3u fuden und das Gefhaute mit möglichft naturwahren Zügen feftzubalten. 
Es bildet fi der Stand der Candfchaftsmaler im befonderen Sinne mit befonderem 
Bewuftfein. Jm Anfang ift diefes Streben vielfach nod) mit biftorifeen 
Empfindungen gepaart. Die biftorifhe Landfdhaft Ser Rod'fchen Schule leitet 
die neue Entwidelung unter Anfniipfung an fo Mandes ein, was fon bei 
Salvator Rofa und Claude Lorrain vorgebildet war. Rottmann befucht die 
großen Erinnerungsftätten griechifder Gefthidte und malt fie mit dem 
Bewuftfein ihres lofalen Namens und ihrer lofalen Gefchidtspoefie und 
Erinnerungspoefie. Er jhildert uns diejenigen italienijden Landschaften, mit 





welhen fih bedeutende mythologifdhe, gefhichtlihe,  fagenpoetifdhe Vor- | Shunyei. Bauernmädcen in Hofen 
ftellungen verbinden. Preller fbafft aus einer Verbindung griedifcher ein Pferd führend das Neisftroh trägt. 
Naturftudien und phantafievoller poetifher Schöpferfraft feine Gövffeeland- Sammlung Derer, Paris, 


bope piinia 








108 


fhaften. Mit WAlerander Calame aber auf dem Rontinent und 
mit dem genialen Turner in England fiegt nun das rein finnliche 
und naturfchildernde Element, wie es urh Humboldt, Surh 
Stifter und fo manden Natur- und Reifefchilderer ausgebildet 
worden war. Jn England ift es befonders die Poefie der Ylatur- 
fhilderung, welhe durch Lord Byron in ,,Chilbe Harold und 
fo vielen anderen Werken unübertreffli ausgebildet worden war, 
die aud einem Manne wie Turner die Farben auf die Palette 
zwang. Und feither malt der Landfchafter Alles, von den 
Sonnenuntergängen über ägyptifhen Pyramisen an, von den 
Stimmungen am Ganges an über Capri, Sorrent und die 
italienifhen Landfhaften, über märkifhe Sandfeen bis hinauf 
in die Urgebirgshöhen und die Bletfcher Norwegens. Und neben 
diefer geograpbifchen Landfchaftsmalerei mit all ihren Darftellungen 
großer Yaturphänomene des Meeres, der Gebirge, der Sonne 
und des Mondes in Luft und Aether, in Wolfen und Stürmen 
it auh die iöpllifhe Landfhaftstunft nad allen Richtungen 
entwidelt, mag fie fih ins laufhige Waldesinnere verfteden und 
mit einem Spitweg alle die fleinen bebagliden Winkeldhen auf- 
fuden, in denen der Menfh gern eine träumerifche Einfamfeit 
genießt, oder im Gefiihle heimathlidher Sicherung Sie vertranteren 
Stimmungen in feld und Wald empfindet. Das it dann mit 
einem Worte die ,,feld-, Wald- und Wiefenpoefie, die fidh 
nunmehr von der Literatur vollig losgemadt bat und fih ganz 
ihren eigenen malerifhen Möglichkeiten überläßt. 

Nebenbher find aus älteren Entwidelungsperioden der Land- 
fhaftstunft auh noh die mythifhen Landfchaftsgeifter lebendig 
geblieben. Auf fo mander Landfhaft Bödlins, die mit dem 
Auge des Mythologen, mythenbildender poetifcher Phantafie an- 
gefehen ift, verkörpert die menfhlihe Staffage ja nur den 
gebeimnifvollen Charakter der Landfdaft felbft. Diefe faune 
und Waffertentauren, diefe Niren und Schlangen find ja nur die 
Geifter Ser Elemente felbft, welche die Landfhaft ausmaden. 
Der Trieb, der einen folden Meifter bewegt, ift derfelbe, welder 
die Balladendidtung unter den Poeten bewirkt. Diefelben mythen- 
bildenden Triebe, welche Goethe die Ballade ,,Das Waffer raufdt, 
das Waffer fehwoll, feinen „Erlfönig* eingaben, welde aud in 
der Balladenmufif eines Schumann und Schubert miederfebren, 
fie fins aud das fhöpferifhe Element in einem Maler wie 
Bödlin. Faft feine fämmtlihen Bilder find Naturballaden. Er 
ift in der Malerei, was Schumann in der Mufif ift. — Aber 
allerdings, er ift dabei ganz Maler. Eine allerjiingfte ,,fym- 
boliftifhe* Richtung verfällt dem gegenüber in die Sudt, ihre 
landfchaftlihen Romanzentriebe, ihre Landfhaftsftimmungen nicht 
mehr .malerifh, fondern nur ganz roh und dekorativ zu geben, 
woran der Mangel an fleip und malerifhem Talent mehr 
Antheil hat als etwa ein tieferes poetifches Naturbewußtfein. 

Unfer Purzer gefhichtlicher Ueberblid über die Entwidelung 
der Candfchaftsmalerei hat uns au gelehrt, wie fehr verfchieden 
die Triebe find, weldhe die Rünftler zur Abfchilderung der leblofen 
Landfhaft bewegen, der Phänomene, in welchen Alles in Allem 
die Wohnftätte unferes Erdballs felbft mit feinen Begleitern am 
Himmel fih uns darftellen. Es ift nur recht und billig, daß die- 
jenigen Stimmungen, Triebe und Einflüffe, welche in früheren 
Seiten den Hauptanlaf zu folhen Schöpfungen gaben, aub in 
der meiterfihreitenden Menfchheit erhalten bleiben. Wenn wir 
gelernt haben uns an ftürmifhen Meeren oder unabfehbaren 
Gletfherfhründen malerifh zu erbauen, follen wir deihalb an 
der Schäferpoefie eines vergangenen Jahrhunderts uns minder er- 
gögen?! Es find immer nur die balbjchöpferifchen Geifter, die 
Pedanten, die Wodefdpfe mit den fpärlihen Hirnwindungen im 
wäfltigen Schädel, die da meinen die Menfchheits-Entwidelung 
beftebe darin, Saf immer eine Runftart die andere verdrängt. 
Dielmebr in der Bereiherung des Alten mit dem Neuen, im 
lebendigen Auffparen und Erhalten aller Mittel, die den 
Menfchen vor Jahrtaufenden beglüdten und fehöpferifh bewegten 
vereint mit dem, was neue Zeiten weiter erringen, befteht der 
Fortfhritt und die gefunde Entwidelung aller Künfte, aller 
Geiftesarbeit. Uralt find gerade die Runjttriebe, welde in einem 
Manne wie Bödlin walten und alle Elemente der Natur mit 


Deutſche Runſt. 


mythiſchem Anſchauen durchdringen, mit jenen geheimnißvollen 
Naturſchauer, der einſt die Völker dazu brachte, in ihrer Ein- 
bildungsfraft Dryaden und Aypmpben in jeder Baumböhle wohnen 
zu laffen. Und wäre es ein Atavismus, es giebt Atavismen, 
deren lebendige Erhaltung die Bedingung menfclider Rernfraft 
und des inneren Zufammenbanges der Menfchheit felbft ift. Aber 
wenn wir diefe Art Ihäten der Natur und Candfdhaft gegenüber 
fi) zu verhalten, follen wit defhalb denjenigen, der, obne Bei- 
wer? der freien Einbildungstraft, feine Stärke Sarin fudt, das 
Yaturphänomen des erregten Meeres, der fturmzerfauften Wald- 
landfhaft an fi wiederzugeben, weniger jhäßen? it er ein 
Meifter feiner Sade, fo wird er dasfelbe Naturgraufen durd die 
eingehende Beobadtung aller Spmptone des reinen Naturporganges 
erzielen, welches der mythifd bildende Beift durch die Bevölkerung 
mit allerhand YHaturfvmbolen erreicht. — 

Warum landfhaftern wir? Was dSriiden wir Surh Land- 
fhaften aus? Wie man fieht, febr verfihiedene Thätigfeiten der 
menfchlihen Seele, fehr verfchiedene Verhältniffe zur Natur. Da 








RN * 
EIES N 
IN FR iR 


RRS 


& 





Mafanobu, 
Hinten im Tolönoma Bildnifi des Bottes Hotei, 
Sammlung Roepping, Berlin, 


Dienerin einen Kiebesbrief fchreibend. 








Hweifarbendrud in Rotb und Grün. 








giebt es Geifter, die mit Pinfel und Palette ausziehen, weil eine 
große Luft lebendiger Schilderung in ihnen ftedt. Sie fuchen fih 
die auffälligften Naturvorgänge am Himmel auf in einer fernen 
tropifhen Gegend; fie wollen uns die Wunder der geograpbifchen 
Natur vor Augen führen und Alles ift lebendige Schilderungsluft 
an ihnen. Anderen wird die Tandfchaftlide Natur mit 
ihren Herrlidfeiten in Gebirgen und auf der See, in alten 
Hainen und nädtlihen Mondfcheinlandfhaften zu einer Art 
von Yaturreligion und ihre Bilder find die Altarbilder einer 
folden Religion, welde das Ewige in feiner fichtbaren 
Natur - Offenbarung preift. Solde Pfalmen, folthe gemalte 
Pfalmen verdanten wir Meiftern wie Calame, wie Turner und 
mandem anderen großen Poll-Candfhafter. Und gewiß ift, 
wenn eine folhe pfalmirende erbebende Yatur-Andaht den 
Rünftler bei feiner Malerei bewegt, diefe Art von Landfchafte- 
malerei etwas, was fhon in Rompofition, Wurf und Stimmung 
zum fellelndjten gehört, was menfdlider Geift hervorbringt. 
Und wieder giebt es Candfhafter, die beinahe mit dem Jnterefje 
des Botanifers ihre Wiefe malten, ja, es giebt Pedanten unter 
den Rünftlern, deren Beftes eigentlich nur das pedantifche Intereſſe 
it, daß fie die Bliimlein ibres Dordergrundes botanifd genau 
wiedergegeben haben. Oft it es aber nidt das Gntereffe am 
Bliimlein felbft und feiner botanifchen Natur, durchaus nicht zart— 
finnige Beobadtung und Bewunderung des Gegenftandes an fid, 
fondern eben nur das pedantifche Selbftbewußtfein der Genauig- 
Feit felbft und die ftille Eitelkeit über diefe Genauigkeit. Dann 
giebt es wiederum melandolifhe Bemüther, denen die Landfchaft- 
mehr dazu dient ihre eigene Melandolie oder ihre afhgraue 
Lebensftimmung in flahe möglichjt reizlofe Ebenen hineinzutragen. 
Da fohlängelt fih nun trübe ein Wäfjerlein; ein fabler Baum, 
ein Pabler Horizont und ftatt formenbildender Wolfen eine fable, leere 
Vebelwand. Ein Anderer aber malt diefelbe Gegend und bringt 
es doc fertig, die Pleinen bebaglihen Schönheiten räumlicher 
Perfpeftiven, verftedter Gutimitdten gerade aus dem Oedeften und 
Rablften bherauszufeben. Wir fennen Candfcafter, die es fic 
aur vornebmften Lebensaufgabe gemadt haben, gerade in den 
unfcheinbarften Dünen, auf den ödeften Flähen, in den lange . 
weilighten Schuttwinfeln verborgene Schönheiten zu entdeden und 
þeimlih zu verrathen. Sider it ibr Jwet ein ganz anderer 
als derjenige deffen, Ser hoch in den fonnigen Regionen des 
Monte Rofa oder im gewaltigen Bergfturm, Ser durch uralte 
Eichen brauft, den Pfalm auf die Schöpfung im Grofen an- 
ftimmt. Dann giebt es wieder folde Epifurder wie der alte 
Spikweg, die fih überall Rubeplätchen im Sonnenfhatten aus- 
zufuchen wiffen, eine Art animalifches Yaturgefühl befiken, das 
fie als foldhes überall verfinnliden. Sie haben Eidechfenfeelen, 
die gern im Grünen, felber grün verborgen täufhen. Sie em- 
pfinden aus der Seele animalifhen Woblfeins heraus und 
fühlen mit den Fröfchen, als wahre Seelenwanderungskandidaten 
landfhaftliher Natur. Und endlich giebt es aud) nod eine 
befondere Gattung der eigentlihen Naturbelaufher. Das find 
die Maler, die fozufagen der Natur gegenüber immer auf 
dem ,,Anftand find, welche gewiffermaßen das Yervenleben 
der Pflanzenwelt, der Landfhaft zu ertappen fuden und deren 
Hauptvergnügen eben in diefem Beobachten, dem Belaufden 
von allerhand Situationen der landfchaftlihen Natur liegt. 
Endlih find in neuer Zeit auh ie bloßen Erpeti- 
mentatoren fehr Mode geworden, weldhe ihre Palette zum Per- 
fuhsobjeft für allerhand phyfitalifch-tehnifhe Experimente be- 
nußen, zum Beifpiel wie weit man geben kann, um mit und 
ohne Cremfer Weiß die größte fheinbare Bildhelligkeit zu er- 
zeugen und das Licht der Sonne, weldes Billionen mal Billio- 
nen Grad Hike bat, vermittelft Erdfarben von fünf bis feds 
Grad Reaumur nahzuahmen. Diefe Erperimentatoren haben 
freilich ihre Augen in ciner Schnupftabatsdofe figen, fonft mipten 
fie ihnen „übergehen“ bei folhem Beftreben. 

Es gilt in dSiefer Runft wie in fo manden menfdliden 
Dingen, daß diefelbe äußere Thätigkeit Sod febr verfehiedenen 
Beweggründen entfpringen tann. Jemebr innere Beweggründe 
unfer eigenes Leben hat, defto leichter und genußreicher werden 


Deutfdhe Runf. 





109 





wir aud die verfdiedenen Eindrüde auffaffen, welche die Künftler 
uns wiederfpiegeln. Wir werden nit Alles unter einen Hut 
bringen wollen. Wir werden andädtig mit Rottmann auf 
Trümmerfeldern der Aultur und Ruinen ehemals blühender Ylatur 
verweilen und unter Zufaß einer gefhichtlihen Erinnerung das 
Dergänglide alles Jrdifhen auh in "folhen Landfhaften vom 
Riinftler mitempfunden fehen. Wir werden aber auh gern mit 
einem KRubierfchty braunen Herbft und ftehende Gewaffer, nebel- 
naffe Tage der verlaffenen, vereinfamten Yatur miterleben und 
unmwillfürlid ein fympathifhes Naturempfinden mit den blätter- 
lofen Bäumen fühlen, ale wären fie empfindende Wefen, als 
wäre .die menfchenleere Landfcdaft felbft eine Perfon, mit deren 
Shidfalen und Ausfehen wir lebendig mitempfinden. Je treuer 
ein Landfihafter in folden Fällen alle die zarten Phänomene 
des Naturlebens beobachtet, je zarter feine Palette fie wiedergiebt, 
defto inniger wird aud unfer Mitleben mit der Seele der Land- 
fhaftsnatur felbit. 
Sicher find es zarte und große Bedürfniffe der menfchlichen 
Seele, die, neben der freien Luft fünftlerifher Nahahmung 
an fih, der Landfhaftsmalerei in unferen Zeiten fo viele 
Freunde und Anhänger geworben haben. Wenn fie fih niht 
auf Roften der Bejtaltenmalerei, der Sramatifh bewegten Men- 
ſchenmalerei 
entwickelt, 
die ande⸗— 
ren gewalti⸗ 
gen Bedürf- 
niffen der 
Menfhen- | 
feele ent- 
fpriht, darf 
fie uns all 
überall will- 
fommen fein. 
Jene großen 
Maler, wie 
Rubens, die 
neben ihren 
Figuren aud 
mächtige 
Landſchaften 
zu malen 
wußten, ſind 
wohl die 
glücklichſten 
Naturen gee 
weſen, weil 
ſie auch mit 
dem Pinſel 
die verſchie— 
denſten Bee 
dürfniſſe der 
anſchau⸗ 
enden Seele 
auszuleben 
wußten. Ein 
treuer Spic- 
gel der allge- 
meinen Rul- 
turentwide- 
lung aber ift 
auh gewiß 
die Land- 
ſchafts⸗ 
malerei in 
den verfihie- 
denen 
Phafen ihrer 
eigenen Ent- 
faltung. — 





Schaufpieler als vornehme Dame | 


im Gewitter. 
in Rofa und Gelb auf duntelgrauem Grunde, Sammlung Vever, Paris. 


Shunsho, 





110 


Deutide Runf. 


Gefchichte des japanifchen Sarbenholsfchnitts. 
Pon Brune Sdippang. 


3 läßt üh darüber ftreiten, ob das Wort „Alles verftehen heißt Alles 
verzeihen“ berechtigt ift; jedenfalls wäre das „Alles verjtehen‘ Fein 
wünſchenswerther Befik. Wer Alles verzeiht, tann nidt Alles lieben, 

denn man liebt felten, wo man vollftändig verfteht. Deshalb fann aud die 
erafte Wiflenfhaft niemals zur fünflerifhen Entfaltung führen — die Wiffen- 
{haft leiftet der Aunft nur geringfügige Kundlangerdienfte, die dod) wieder 
für ihr Bedeihen fo unentbehrlih find, wie alle mehanifhe Arbeit für die 
Entwidlung der Geiftestultur. Jede künft- 
lerifhe Aeußerung der menfhlihen Seele 
it ja im Grunde ein Ringen um den Aus- 
drud für das, was zu fagen die Sprade 
allein nicht binreiht. Nationale Runft ift 
in diefem Sinne Sprache der verfdieden 
geftalteten Dolfsfeele und perjönlihe Runft 
ift, In ihrer Unverfälfchtbeit, eben defbalb 
die höchfte, weil Ne im ftrengften Sinne des 
Wortes Seelenfprade und Ueberzeugungs- 
ausdrud werden muß. So oft man eine 
neue Seite der Menjchenfeele in den natio- 
nalen KRunftäußerungen einer befonderen 
Volfsfeele erklingen hört, und einzelne 
reine Tonfhwingungen aus den nationalen 
Harmonien der gewaltigen Rompofition der 
Menfhheitsfeele in den perjönlihen Leber- 
zeugungsäußerungen der einzelnen natio- 
nalen Künftler wahrnimmt, fo oft gewinnt 
man einen nenen Sdliiffel zum  bejjeren 
Derftändnig des Großen, Hebergewaltigen, 
dem wir in allen Aenßerungen der Natur 
gegenüberftehen. Gn dem fdlidten Worte 
„Leben“ fallen wir zufammen, was wir 
nicht verfteben und was zu ergründen dod) 
unausgefett der Trieb der jaudhzenden und 
Flagenden Menfhheit bleibt. Wir alle 
fteigen höher, je mehr Thore der Erkenntnig 
uns geöffnet werden. Als ein foldes Thor 
der Erfenntniß begriigen wit aud die feine, 
überaus gewijfenhafte Arbeit von W. von 
Sevdlik, der in feiner „Befhichte des 
japanifhen Farbenholzſchnittes“ 
(Dresden bei Gerhard Kühtmann 1897) 
diefe von allen Rennern jo bodhgefhätte 
Tehnit der Allgemeinheit sugdnglid madt. 
Bisher fannten nur wenige eingeweibte 
Sammler genau diefe wunderliche Welt 
des zterlihen Formenfpiels. Luftig gauteln 
die fhmiegfam weihen Erzeugniffe einer 
fraufen Pbantafie anf den zierlihen Blättern 
daher, jedes ein Stüdlein Leben und eine 
Meifterleiftung an Beobadtungstunft, baud- 
fein, duftig und der Natur mit einer 
Kedheit abgelaufht, Sie ans Dämonifche 
ftreift. Alles ift in Anmuth oder in Humor 
aufgelöft — in einen nidt unliebenswiirdigen Humor, dem weiter nidts als das 
weinende Auge des Pantagruel fehlt. Fit es wabhr, dag japanifde Rinder niht 
weinen? Wenn dte oft gezogene Parallele zwifhen Rind und Runt Stih halt, fo 
fönnte man es glauben. Die japanifhe Runft fennt weder das de profundis nod 
das grofe Hallelujah; fie ift eine Runft, die auf einem philofophifhen Syftem 
aufbaut. Pbhilofophie Plingt immer in abftrafte Rejignation aus; Religion 
führt zur fonfreten Ergebung. Der Refignation verwandt ift die Verneinung; 
in der Ergebung liegt der Zug zum Subjeftivismus. Hierin ftedt das 
Gebeimnif der Größe japanifher KRunft und zugleih ibre Begrenzung. 
Refleftionslos, von feinem welterlöfenden und weltfremden Dogma beengt, 
tritt fie wagemutbig an ihre Aufgabe heran. Es der Natur gleihzuthun ift 
vor allem ihr Ziel. Je böber die Meifterfhaft fteigt, defto enger wird die 
Befanntyhaft mit dem Leben und jeinen Widerjprüdhen. Nur ein fernes 





Shigenobu: Pferde am Wafer. 


Mit der Band kolorirt in Schwarz, Grün und Gelb. Samml. Bing, Paris. 


traumverfhwommenes Ahnen dämmert herauf von der Möglichkeit eines ver- 
föhnenden Befeges der Liebe. Es bleibt fporadifh und der Wirrwarr erſcheint 
im unbejtimmten erften Grau des Frühlings nur um fo gefpenftifcher und 
zufällige. So bleibt jedes Bild unferer japanifihen Freunde ein Wuefdnitt, 
eine zufällige Bemerfung, das geiftreihe Apercu eines Menjcen, der fid 
bewußt ift, in feinem Handeln fonfequenter und haralterfefter zu fein ale die 
willtiirlide Natur, Wan weiß wohl, daß es anders fein könnte, aber man 
hat aufgehört zu wünfhen, dağ es beffer 
werden mödhte. Warum aud? Das Leben 
ift liebenswiirdig genug, ift interefiant, 
unterhaltend wie eine fprdde Rofette; es 
nimmt die graufame Härte, mit der es zu 
fpielen liebt, nicht fo ſchauderhaft ernſt, 
wie uns möndifhe fanatifer glauben 
machen möchten — freilich, es verſchweigt 
auch manches über ſeine erhabene Große. 
Man lernt die ſtille Sabbathfeier der Natur 
nicht kennen, wo der Winter nur einen 
Monat dauert. Der weiß nichts vom 
Weibe, der niemals neben das Lächeln der 
Gioconda die furchtbate mater dolorosa 
ſtellte, die uns aus Dürer's Bildniß ſeiner 
eigenen Mutter von überwältigendem Web 
und unerfhöpfliher Opferwilligfeit erzählt. 
Das Leben fennt nur, wer mit ihm rang 
und dennod Sieger blieb. Die Runft des 
Sonnenaufganglandes ringt mit den Aeufer- 
lidfeiten der Natur und bewältigt fie mit 
fo fpielender Leichtigkeit, dağ das Wort 
von Sem Falligrapbifhen Element in thr 
ftarfe Berechtigung erbält. Wir werden in 
Europa in diefer Hinfiht den japanifden 
Meiftern gegeniiber immer Stiimper bleiben. 
Nur in der Gewalt der Tragif, in der 
Darftellung des Seelifhen bleiben mir 
Sieger. Nidt als ob die Japaner Feine 
Religion oder Feine Tragif fennten. Sie 
haben eine reihe Symbolit, die wohl ver- 
diente, in Europa gekannt 3u werden. 
Aber wo fie die Tragif geben, fteht ftatt 
des antiken, durch fih felbft gebundenen 
Sdidfals oder des mittelalterliden Ge- 
wifjens ein jchanerlih grinfender Satan, 
der fih der Dernidhtung freut. Taufend 
gierige fangarme erbarmungslofer Polypen 
ftredt die brandende Meereswoge aus 
nad den gebredliden Cintagsfiegen, Sem 
armfeligen Menfhengewürm in den beiden 
Booten drunten. Hohnladend ziebt fie fid 
zurüd; das jammervolle Zufrllsproduft 
muß gequält werden, damit es dod irgend- 
wo einmal etwas empfindet, bevor es ins 
Nirwana der Unperjönlidfeit zurüdſinkt. 
Das ift die Tragif der japanifden Religionsphilofopbie. Welden Einfluß die 
japanifhe Mufit auf die Schwefterfünfte ausübt, davon fagt uns v. Seydlit, 
nichts. Wir ftehen ihr gegenüber, wie der Auftifale dem „Triftan‘ und 
ahnen nur eine Derwandtfchaft, wo uns aus Unkenntniß der Formenſprache 
das Derftändnif und fomit die Möglichkeit des Vergleihs fehlt. Doch zurüd 
zum Holsfdnitt. 

Seine Entwidlung nahm in Japan wie in Deutfchland ziemlich denfelben 
Verlauf. Diefe Tehnit wuhs aus dem Bedürfnig hervor, Erbanungsbilder 
für die Befuher heiliger Stätten in großer Zabl mit geringer Mühe herzuftellen. 
Dann wurde fie zur Zllufttirung von Büchern verwandt, gewann allmälig 
eine felbftändige Bedeutung meben der Malerei und trat endlich, jeit Erfindung 
des Buntdruds, fogar in eine Art Wetttampf mit diefer ein. Fu diejer 
Entwidlung war an beiden Orten der gleihe Zeitraum von etwas über einem 





—— SE. 
Te 


Deutfhe Runft. 


Jahrhundert erforderlih; dann aber gewann der Buntdrud in Japan elne 
von feinem anderen Lande je erreichte Blüthe, die uns an 95 Abbildungen 
vorgeführt wird. Hier intereffiert uns bauptfählih die technifche Seite. Bei 
der Betrachtung der japanifhen Holsfhnitte hat man zu unterfheiden zwifchen 
den Erzeugniffen nad 1840, um welde Zeit etwa der rapide Perfall beginnt 
und den vorhergehenden anderthalb Jahrhunderten; was im vorigen Jahr- 
hundert fiinftlerifhe Buchilluftration war, wurde jeit fehzig Jahren zum 
Bilderbogen für das Dolf. Das japanifhe Bud befteht aus einem dünnen 
Heft mit biegfamem Dedel; die Blätter werden nur einmal gebrochen, auf 
einer Seite bedrudt und mit dem falz nah außen gebeftet. Unfere lette 
Seite it in Japan die erfte; die Schrift läuft von oben nah unten und 
zwar rebts anfangend. Die Berftellung der Holzjhnitte ift die früher bei 
uns üblihe; die Zeihnung bleibt erhaben ftehen, wird aber nicht auf den 
Stot felbft ausgeführt, fondern erft auf einem dünnen, durdhfidtig gemadten 
Papier, weldes fodann verkehrt aufgeflebt wird. Die auszufparenden Stellen 
werden fammt dem Papier ausgefchnitten bezw. geftofen, das auf den fteben 
gebliebenen Rändern noh lebende Papier ert nad fertigftellung des Schnittes 
abgewajchen. Die japanijihen Maler, welde Blätter für Holsfhnitte an- 
fertigten, fihnitten ebenfo- 
wenig felbft wie — nad 
Anfiht des Derfaflers — 
Dürer, Holbein oder Cranad, 
fondern überließen diefe Ar- 
beit fingerfertigen Hand- 
werfern. Bei ihrer Arbeit 
balten fie den Pinfel fent- 
reht zwifhen zweiten und 
dritten Finger und bewegen 
ihn mit dem ganzen Arm. 

Die Perfpeftive wird 
nidt durch Sdattirung er- 
teidt, fondern durd fouliffen- 
artige Zwifhenftüde; Schat⸗ 
ten Bennt er überhaupt nicht, 
ebenfowenig it Erreihung 
möglichfter Plaftif fein Ziel; 
denn der Holzfhnitt ift ihm 
nidt ein Erfah des Gee 
mäldes, fondern eine illu- 
minirte oder ausgetufchte 
Kalligraphie, deren Vorzüge 
Imprefjionalismus und delo- 
tative Wirfung find. Mit 
thunlidft wenig Striden mdglidft viel fagen, der Phantafie des Befdaners 
zur Ergänzung genügenden Spielraum lafjend und durd gefhidte Vertheilung 
von farbenfladen deforativ verbliiffend, das ift des japanifhen Rünftlers 
deal. Der Drud wird mit der Hand oder dem Reiber ausgeführt; darauf 
beruht feine Schönheit und die erftaunlihe Anpaflung an die Abfichten des 
Riinfilers. Das Papier wird danadh verfhieden gewählt, ob es die farbe 
mebr oder weniger auffaugen foll und vor dem Drud leicht angefeuchtet, 
fein Ton ift elfenbeinen, die Oberflähe glatt. Die mit Reisbrei angemadte 
Wafjerfarbe wird mit einer Bürfte aufgetragen. Fe nahdem die farbe ab- 


getönt, mit mehr oder weniger Waffer verfetzt wird, je ftärfer oder jhärfer - 


Ser Drut ift, laffen fh die verfchiedenartigften Wirkungen erzielen. Bet 
Buntdruden wurden ebenfoviel Platten gefhnitten, als Farben verwendet 
werden follen; als um die Mitte des vorigen Jabrhunderts der reihe Bunt- 
drud beliebt wurde, fuchte man durch Ueberdrude Platten und fomit Koften 
zu fparen; es wurde das Jiel des Riinftlers, die reihfte Wirkung mit der 
geringften Zahl Platten zu erzielen. Gn der beften Zeit fam er mit 5—7 
‚farben aus; bei den Surimonos (Blüdwunfgfarten) im Anfange unferes 
Jahrhunderts ftieg diefe Jahl aber bis auf dreifig. Mod) mehr als bei uns 
haben in Japan die Anilinfarben Schaden gethan. Früher hatte man ein 
bläulihes Roth (beni) und ein ziegelfarbenes Bleioryd (tan); and das 
hinefifhe Todeniltotb fand Verwendung. Das Gelb ift meift gelber Oder; 
tother Oder fam erft fpäter hinzu; blau ift meift Jndigo oder Rupferfarbonat. 
Mit der Feit ftellten Ah dunkelgrün, grau, braun, oliv ein. Schwarz wurde 
von jeher gern in breiten Waffen angewendet, die Modellitung darin fparte 
man duch weiße Linien aus; der fleifhton wird zur Unmerflickeit abgetönt, 
und in foftbaren Druten Surh Beftreuen von mika (Perlmutterpulver) her- 
vorgehoben, dus ein weihes Schimmern erzeugt. Um 1750 wurden Troden- 





Biröjhige: Der Windftof. Reifende auf einer Briide. 
Rol. Rupferftidtabinet, Dresden, 





111 


oder Blindplatten-Preffungen eingeführt, de auf eine lette Platte gejchnitten 
werden und Mufter auf Bewändern, Einzelheiten im der Landfhaft 2c. zum 
Ausdrud bringen. Als befondere Formen find zu erwähnen die Triptyden, 
von denen auch das vorliegende Wert mehrere wiedergiebt; Pentaptyden; 
Kafemonos (aufreht lange Streifen) und die quadratifhen Surimonos. 

And nur annähernd die hervorragendften Namen anzugeben, ift ganz 
unmöglid; wir müfjen uns darauf befchränfen, zu unferen Abbildungen einige 
Notizen zu geben. 

So zeigt die eine Pferde am Waffer unter einem Rirfhbaum. Der Holz- 
fhnitt ift mit der Hand Bolorirt in fhwarz, grau und gelb. Sein Er- 
zeuger ift -Shigenöbu, der zwifhen 1728—1740 arbeitete und der Stamm- 
vater der Riinftlerfamilie Wifhimura war; größer noh als er war fein Sohn 
und fein Bruder. Dann folgt ein Zweifarbendrud in Roth und Griin von 
Wafanobu: Die einen Liebesbrief fhreibende Dienerin wird von ihrer Herrin 
belaufht; hinten im Tafonoma das Bildniß des Bottes Hotei; es ift ein 
Theil eines Triptydons, weldes die „Frechheiten der Dienftmadden darftellt. 
Der Rünftler begann feine Thatigfeit fury nad 1700 und ftarb 1752. KLiebreiz 
zarter frauengeftalten war feine Domäne; Surh feine grazidös und gefhmad- 
voll abgerundeten Rompo- 
fitionen geht ein weiblider, 
elegifcher Zug, der die Ent- 

widlung vorbereitet, die 

fpäter der japanifde Holz- 
fdnitt nehmen follte Ein 
drittes Bild ftellt einen Shau- 
fpieler als Dame im Gewitter 
dar; das Original ift in 
Rofa und Gelb auf duntel- 
granem Grunde gehalten. 
Der Rünftler, Shunfho, be- 
gann 1764 feine Wirkfamteit 
und ftarb 1792. €r ift der 
Hauptdarfteller von Shau- 
fptelern geworden, auf wel- 
chem Bebiete ihm feine zahl- 
reihen Shiler folgten. Unter 
den letzteren wurde am be- 
rühmteften Hotufai. Seine 
zabllofen Bildniffe find durch 
Lebendigkeit der Bewegung 
und Kraft der Färbung 
ausgezeihnet. Mit _ einem 
äußerft einfahen und dod 
wirfungsvollen faltenwurf wußte Shunfho Surh gefhidte Vertheilung fhwarzer 
Maffen eine hddft dekorative Wirfung bervorzubringen. Sein Zlluftrgtions- 
wer? in Buntdrud, weldhes er mit Shigemaja 1776 berausgab, „Spiegel der, 
Schönheiten des Grünen Haufes“, ift wohl überhaupt das jhönfte Zlluftrationg- 
wert, das Japan hervorgebradt hat; ein anderes berühmtes Werk der Beiden 
ift die Darftellung der Seidenzuht. Es folgt ein Werk von Shunyei: Ein 
Bauernmädden in Hofen und Sandalen führt ein Reisftroh tragendes Pferd. 
Unter den Schülern Shunfho's nimmt Shunyei eine hervorragende Stelle 
ein; er foll 1819 im Alter von 58 Jahren geftorben jein. eben trefflihen 
Schaufpielerbildnifien hat er große Darftellungen von Ringern geliefert; für 
Saher madhte er febr luftige volFsthiimliche Rompofitionen in wenigen farben. 
Befonders intereffant ift der „Windftoß" von Hirdfhige. Zwei Neifende 
befinden fih auf einer Brüde; Ser eine flürzt feinem Schirm nad, den 
anderen droht der Mantel zu entflattern. Hirdfhige, geboren 1797, ge- 
ftorben IS5S, ift der legte große Künftler Japans. Naddem die japanifche 
Holzfhnittfunft im Verlauf einer I50jährigen Entwidlung von der orna- 
mentalen Darftellungsweife zu der iderliftifhen und dann zu der phantaftifcen 
vorgedrungen war, lief fie mit Hiröfbige in den Hafen des Naturalismus ein. 
Er entwidelte die Darftellung der Thierwelt und verhalf der Landjihaft zu 
jelbftftändiger Bedeutung, fuf die Stimmungslandfhaft. Er ftudirte die 
europäifche Runft und modelte Perfpeftive und Kompofition danah um, lehnte 
aber die Technif ab. Die Natur fah er mit feinen eigenen Augen als 
Japaner an, entdedte Eigenheiten, die uns verfdloffen geblieben waren. 
Weniger feine Aunftwerfe, als gerade feine gewöhnlichen Drude haben ftarte 
Verbreitung und Beliebtheit gefunden. Hier aber zeigt fidh bereits der volle 
Derfall des japanifhen Holzfdnitts, indem hier die farben durh Verwendung 
tober und harter Anilinfarben abftoßend wirken. 





112 





Stadt contra 
Staat. 


Der Stadt Braun. 
{hweig waren durd eine 
legtwillige Derfügung der 
Wittwe des Ritterguts- 
befikers von Reinide vom 
Jahre 1865 fünfundacht- 
3ig zum Theil febr werth- 
volle Oelgemälde mit der 

Beftimmung vermadt 
worden, daß fie in dem 
Muſeum am Boblwege 
untergebracht werden 
follten, und daß, wenn 
dereinjt eine Ausfcheidung 
diefer Bilder, aus dem Mufeum erfoigen würde, der Magiftrat der Stadt Braun. 
fhweig ihnen eine andere fihere Stelle gewähren folle. Als nun die Stadt vor 
zwei Jahren eines der Bemälde zu haben wiinfdte, um es dem deutfigen 
Hochſtifte zu Ftankfurt a. M. für die damals dort veranſtaltete Boethe-Aus- 
ftellung zu überjenden, verweigerte der Staat die Herausgabe des Bildes. 
Diefer Vorfall in Derbindung mit dem Umftande, daß die Stadtverwaltung 
beabjihtigt, für die ihr gehörigen, jet in werfchiedenen Bebäuden unter. 
gebrachten Bemälde angemefjene Räume zu jhaffen, waren für den Magijtrat 
die Deranlafjung, die der Stadt an der von Reinide'fhen Sammlung zu- 
ftebenden Eigenthumsrehte geltend 3u maden und das Stratsminifterium um 
Abgabe einer Erflärung dahin zu erfuden, dağ die fraglihen Gemälde der 
Stadt nah Befhaffung geeigneter Räume auf deren Verlangen würden 
herausgegeben werden. Das Staateminifterium hatte aber Sie Abgabe diefer 
Erklärung niht nur verweigert, fondern aud) die Anjidt geltend gemacht, 
daß das Eigenthumsreht der Stadt an den Gemälden zu Bunften des 
herzogliden Mufeums befhränft worden fei. Da mun die Stadt diefer Aus— 
legung der lettwilligen Derfügung nicht beipflihten zu Fönnen erklärte und 
einen Derluft ihres WUnfpruds durch Verjährung befürchtete, fo ftrengte fie 
einen Prozeß gegen den Staat und das berzoglihe Finangzfollegium auf 
Herausgabe der Bilder an. Nachdem im dem feit zwei Jahren fhwebenden 
Prozeffe eine große Anzahl von Dernehmungen ftattgefunden hatte, wurde 
von der erften Jivilfammer des berzoglihen Landgerichts entfchicden, daß die 
fragliden Bilder der Stadt auf Wufordern dann zurüdzugeben find, wenn fie 
anderweitig eine fihere Stelle zur Anfbewahrung für diefe gefhaffen haben 
wird. Die nit unerheblihen Roften des Redtsftreites wurden sem Staate 
auferlegt. 


Ruriofa aus Atelier und Werkfatt, 

— Die Dolfsvertretung und der Naturalismus. Die zweite 
Sadhfifhe Kammer bejhäftigte fid mit der naturaliftifhen Malerei. Sie 
nahm gegen eine zu weitgehende Berüdjihtigung der Modernen"! bet An- 
fäufen für die Röniglihen KRunftfammlungen Stellung. Yur ein Sozial- 
demoftat trat für die ‚Freilichtmalerei ein, während die fonfervativen und die 
fortfohrittlihen Redner unter dem Beifall der Rammer fidh miffallig über das 
Dorberrjchen der modern-realiftifhen Richtung in der Galerie, namentlich über 
den Ankauf des großen Bemäldes „Und der Herr fihuf einen Barten‘ aus» 
fpraden, das als eine Derhunzung der Natur gerade das abfchredendfte Bei 
fpiel dlefer Schule darftelle. An folhen Bildern fepe man fein gelbes, rothes 
und blaues Wunder. Gn den gebildeten Bürgenkreifen berrfhe die Anficht 
vor, daß man der neuen und allerneueften Richtung gegenüber fic) refervirt 
verhalten müjje. Dort fälle man über mandhe als gental gepriefene moderne 
Malereien das Urtheil: ,,farbenflererei und meine, die Mutter Natur müffe 
fh über folhe Ronterfeiungen jhämen. Fahre man fort, derartige Gemälde 
anjgutaufen, fo miiffe man bald ein neues Mufeum bauen; denn erft auf 5 
bis 10 m Entfernung fönne man feben, was fie darftellen follten. Staats- 
minifler v. Watdorf erwiderte, über Beijhmaderihtungen laffe ih ja ftreiten, 
aber die Stiftung, aus der jene Ankäufe gemacht feien, jchreibe den Ankauf 


für die Balerie gemacht werden. 


Deutſche Kunf. 





Vermifchfes. Kuriofa aus Alfelier und COerkflaft. 
Gedanken üher biltende Kunfl. 





von Werken lebender Künftler vor, unter diefen aber übten vier Fünftel die 
Fstreilihtmalerei aus. 


— Unter Bildern begraben. Eine Brabftätte der feltfamften Art, 
von der nur wenig Leute Renninif haben, befindet fih in der im Süden 
Londons gelegenen Dorftadt Dulwidh. Es handelt fih um das Grab Sir 
Francis Bourgeois, der mit einigen ‚Familienmitgliedern in der wunderfhönen 
Gemalde-Galerie, deren Gründung man ihm verdankt, ruht. Das eigentlide 
Maufoleum befindet ih in der Dorhalle und ift urh eine Pleine Thür, die 
aus der Balerie hinansführt, zugänglid. 

— Jolli- und Runftfritif. Don der New-Vorker Behörde der Joll- 
abfhäter ift eine intereffante Entfcheidung betreffe der auf Aunftwerke be- 
züglihen Beftimmungen des neuen Zolltarifs abgegeben worden. Es handelte 
fih um die fpezielle Frage, ob ein fiir eine Riche in Binghampton, N. VY., 
aus fFrantreih importirter Alter als Runftwerk von Zollgebühren befreit ijt, 
mit anderen Worten um eine Definition des Wortes Aunftwerf. Seitens 
eines von den Jmporteuren angernfenen Sahverftändigen wurde der betreffende 
Altar zwar nicht als Aunflwerf im eigentlihen Sinne, jedod als ein Pro- 
duft des Kunftgewerbes bezeichnet. Die Generalappraifers erklärten darauf 
in ihrer Entfheidung, daß das Zollgefer nur wirlihen Runftwerfen, d. h. 
entweder Originalen oder Nahbildungen, die im Atelier eines KRünftlers 
von diefem felbft oder wenigftens unter feiner Anleitung hergeftellt wurden, 
eine zollfteie Einfuhr geftatte. Alle Nachbildungen, die in fabritmäßigen 
Etabliffements bergeftellt würden, feien nicht als Aunftwerfe zu betrachten 
und daher zollpflihtig. Fu diefen gehöre auc der erwähnte Altar, der von 
Sacverftändigen als ein Produft der Ardhitettur bezeichnet worden fei. 

— Eins der fieben Wunder von Jena. Eins der leben Wunder 
von Jena, das Weigel'fhe Haus in der Johannisftraße, wird gleid nad 
Neujahr abgebroden werden, um einem Neubau Plaz zu maden. Das Haus 
it um 1670 von dem berühmten Mathematifer Erhard Weigel, der den Herzog 
Wilhelm von Sadfen-Weimar in 14 Tagen alle Sterne tennen lehrte, er- 
baut worden. Jena wird fih alfo in Kürze nur nod mit feds fihtbaren 
Wundern benügen müffen, das fiebente wird nod in dem befannten Diftidon 
fortleben: 

Ara, caput, draco, mons, pons, vulpecula turris 
Weigeliana domus: septem miracula Jenae. 


— Ein nener Bildermartt jenfelts des Grofen Oceans. Ein in 
Pittsburg verftorbener Millionär hat der Stadt fein ganzes Vermögen mit 
der Bedingung vermadt, daß eine Bildergalerie angelegt werden foll, und 
zwar follen jedes Fahr 200 000 M. für Bemälde moderner Meifter aus- 
gegeben werden. Das Programm ift ebenfo forgfältig entworfen wie toft- 
fpielig. Eine Jury wird alljdbrlid) Europa bereifen, um Gemalde zu einer 
Ausftellung anzuwerben, welhe jedes Jabr im Herbft in Pittsburg ftattfinden 
wird. Die erfte Ausftellung wird nod diefes Jahr eröffnet, werden. Es foll 
eine Jury gewählt werden, in welder jedes Land, das bei der Ausftellung 
beteiligt ift, durch zwei namhafte Rünftler vertreten wird. Nadh Sem Urtheil 
diefes internationalen Comités follen, foweit, die Gelder reihen, Ankäufe 
Den Rünftleen werden alle ihnen durd 
ihren Aufenthalt in Pittsburg erwadfenen Spefen erftattet. 


— Runft und Anatomie. An der Münchner Medizinifhen Wochen- 
febrift ift ein Arzt graufam mit den Bildern der Dresdener Ausftellung ins 
Geriht gegangen. Antonio Chiattone hatte ein Relief „Ruhe ausgeftellt, 
von dem der Jünger des Aeskulap zu fagen weiß: „Dem Rinde find in der 
rechten Achfelhöhlenwand einige Rippen herausgenommen worden, und der 
Bruftbeinausfhnitt hat ih ganz nah links verzogen, mit fhiefem Aufjat 
des Halfes." Die „Sufanne im Bade von O. Frigfthe (Dresden) „hat von 
der Taille an nad unten männlihe formen — das bekannte und bequeme 
Mittel, um X-Beine zu verhüten.‘ — Mer Slevogt's Todtentanz weit nidts 
Geringeres auf, als „einen jehief geheilten Oberarmbruh mit Schwund der 
Urmmusteln und 40 Prozent Derluft an Arbeitsfähigkeit.‘ „Wer ih für 
die richtige und für die falfh wiedergegebene Contur des Darmbeinfammes 
bei einfeitig nad vorn gerolltem Bein intereffirt, der fann Dergleihe anftellen 
bet den verfihiedenen fchaumgeborenen Géttinnen." 





— 


PS —— ne I EET == 











Die Organifation der Kunftgewerbe-Mlufeen. 


Der Ruftos des Mufeums Schlefifher Wlterthiimer Dr. Hans Seger 
bat auf dem Gewerbetage in Gnadenfrei einen Dortrag gehalten, der im 
Drut erfcdhienen und vom Sdlefifdhen Central-Gewerbeverein verfandt worden 
it. Die Arbeit enthält ein vollftändiges Programm für die Organifation 
unferer Runftgewerbe-Mufeen und bietet eine Fülle von beherzigenswerthen 
Anregungen, die fih auf die Beobadhtung beftehender Verbhaltniffe ftügen. 
Wir geben im folgenden die widtigften Ausführungen des Dortrages: 

„Als Aufgabe der Runftgewerbemufeen gilt im allgemeinen die Hebung 
der Bewerbethätigkeit dur die Hilfsmittel der Runft und der Wiffenfdafi. 
Insbefondere haben fie den Jwet: 

J. die Einfiht des Dolfes in den gefhichtlihen Entwidelungsgang der 
Runftindufttie zu fördern und veredelnd auf die Befhmadsbildung ein- 
zuwirken; 

2. den Handwerkern authentifhe Vorbilder zu liefern, wenn es ſich um 
Gefhidtlid treue Nahbildung von Erzeugniffen früherer Aulturepochen handelt, 
bauptjädhlih aber fie durd eigene Anfhanung und Studium davon zu über- 


zeugen, duch Beobadhtung welder Befege in diefer oder jener Heit, in. 


diefem oder jenem Zweige der Runftinduftrie Stilgemafes und Schönes ge- 
leiftet wurde; 

3. durd) Wiederbelebung verlorener oder vernadlaffigter tehnifher Der- 
fabrungsarten den Erwerbstreis des Dolfes 3u vergrößern; 

4. einen Mittelpunkt zu bilden für die Ausftellung von Erzeugniffen der 
modernen Runftinduftrie (Brinfmann). 


Zur Erreihung diefes Awedes dient vor allem eine Sammlung von 


forgfältig ausgewählten Werken der Aunft und des Kunfthandwerkes in 
Originalen und Nadhbildungen, eine wohlgeordnete fachbibliothef und eine 
mit diefer in Verbindung ftehende Sammlung von Feihnungen, Ornament- 
fihen, Photograpbien u. f. mw. Die Begenftände diefer Sammlungen 
find theils Eigentyum der Mufeen, theils denfelben von Hofe und 
Staatsanftalten, Gemeinden, Rorporationen oder Privatperfonen leihweife 
überlajjen. 

Der Schwerpuntt ruht naturgemäß auf der Sammlung der Original- 
arbeiten. Schon räumlih beanfpruhen diefe in jedem Mufeum den erjten 
Plak, und ebenfo dienen die finanziellen Mittel der Mufeen zum weitaus 
größten Theil ihrer Vermehrung und würdigen Aufftellung. Ueber ihre 
Auswahl gelten an. dem Königlihen Runftgewerbemufeum in Berlin folgende 
Grundfäge: „Die Sammlung des Mufeums hat in erfter Reihe die Bedim- 
mung, dem beimifden Runftgewerbe Vorbilder zu geben. Ju diefem Behufe 
gilt es, das Dorzüglichfte herbeizufhaffen, was zu irgend weldhen Zeiten, in 
irgend welden Ländern auf diefem Gebiete hervorgebradt worden if. Es 
wird biebet von der Meberzeugung ausgegangen, daß der einzelne fadh- 
gelebrte oder eine Rommiflion von folden nicht berechtigt ift, der lebendigen 
Produftion irgend eine beftimmte Gruppe. von formen als die allein mufter- 
giltigen aufzudrängen. Das Mufenm bat mit die Aufgabe, Stüde zu 
fuden, weldhe der Handwerker unferer Tage [flavife) fopiren fdnnte; es gebt 
vielmehr von der Abfiht aus, daß fein Stüd irgend einer früheren Periode 
unmittelbar der ettzeit zum Dorbilde dienen könnte, fondern jede von der 
Vorzeit” überlieferte form umgearbeitet werden muß, entfpredend den ver- 
änderten Brundbeftimmungen der Technik, des Materials und der Gebrands- 
beftimmung unferer Zeit. Als direft nahahmbare Vorbilder fönnen hödftens 
moderne Erzeugnijfe dienen. Das Mufeum ift aber weit entfernt, auf diefem 
Gebiete gedankenlofe Nahbildung oder gar die Aneignung fremder Mufter 
befördern zu wollen; es werden von modernen Erzeugniffen Saber nur folde 


Stüde angefhafit, welde eine ganz beftimmte Entwidelung der funftgewerb- 
lien Thätigfeit bezeihnen, und weldhe anregend auf das heimifhe Runft- 
gewerbe wirken lönnen. Vorzugsweife aber richtet fih die Aufmerkjamkeit 
auf die Stüde früherer Feit, welhe als das gemeinfame Erbtheil aller 
Rulturpölfer einen in feiner Benukung unbejchränften Ausgangspunkt für 
moderne Arbeiten bilden. Auf genau demfelben Standpunkt fteht Zuftus 
Brinfmann, der Direktor des als Mufteranftalt in Ser ganzen Welt aner- 
kannten Hamburgifchen Mufeums für Runft und Gewerbe. 

Befondere Beadtung verdient das Verhalten der Mufenmsverwaltungen 
gegenüber den Werken der modernen Runftinduftrie. Gn Berlin werden von 
modernen europälfhen Arbeiten nur ganz hervorragende, zum Theil äußerft 
foftbare Stüde gewählt, da die Erfahrung gelehrt hat, daß alle modernen 
Arbeiten, Sie nidt im fi einen erheblihen Werth von fünftlerifher Poll- 
endung und forgfältigfter tednifher Durdharbeitung tragen, im furzer Heit 
veralten und eines Mufeums unwürdig werden.‘ Gn Hamburg erftreden ih 
die Ankäufe vorzugsweife auf funftgewerblidhe Erzeugnijfe früherer Jabr- 
hunderte, 





Das Kaiferdenfmal in Karlsruhe. 
Photographie der Runjtanftalt fiir Architettur und Plajtif von R. Morat, 
Rarlerube, Cuijenjtr. 45, 


(S. Seite 105.) 


114 


Selbft fleinere Gewerbemufeen, die dh ohne alle fulturgefdhidtliden 
Nebenabfidten rüdhaltlos in den Dienft der lebenden Gnduftrie ibres Bezirkes 
ftellen, verfahren nad denfelben Grundfagen. So fließt das Diiffeldorfer 
Gewerbemufeum den Ankauf moderner Waaren überhaupt aus; was davon 
vorhanden, ift ibm von den Fabrifanten gejhenft worden. Und in čem dies- 
jährigen Thätigfeitsberiht des jehr rührigen Nordböhmifhen Bewerbemufeuns 
zu Reihenberg wird mitgetheilt, daß es fi bei den budgetmäßigen Anfäufen 
natürlih in erfter Linie um Lunftgewerblide Altfahen gehandelt habe, Seren 
Gediegenheit nicht dem Wedjel der launifhen Alltagsmode unterliege, fondern 
Surh das itbereinftimmende Urtheil von Generationen fanttionict erfdeine. 
Uebrigens beruht jedes Mufeum auf befonderen fofalen Dorbedingungen, die 
bei der Zufammenftellung und Dermehrung der Sammlungen forgfältig berüd- 
fihtigt werden wollen. Unzweifelhaft haben namentlid die Fleineren provinzialen 
oder ftädtifchen Nufeen die Aufgabe, diejenigen Bewerbezweige, die in ihrem 
Bezirke von Alters her beimifh waren, in irgend erreihbarer Dollftändigkeit 
vorzuführen. Eine weitere Pfliht, zu deren augreihender Erfüllung allerdings 
nicht geringe Beldmittel gebdren, erwadjt den Mufeen in der Bewahrung des 
beimifhen KRunftbefizes vor der Derfchleppung ins Ausland. Leider ift in 
diefer Hinficht fihon fo viel verfaumt worden, dah beute nur nod wenig zu 
thun übrig bleibt. €s fei nur an die weltberühmte Sammlung des Fretherrn 
von Minutoli in Liegnit erinnert, die hauptfidlid in Sdlefien zufammen- 
gebracht und überdies im der ausgefprodenen Abfiht angelegt war, das 
Kunftgewerbe in allen feinen Zweigen in einer möglihft großen Zahl älterer 
muftergiltiger Vorbilder zu veranfhaulihen. Sie it in den fechziger und 
fiebziger Jahren an auswärtige Mufeen verkauft oder auf dem Wege der 
Auktion zerftreut worden. 


Neben diefen fozufagen programmatifhen Befihtspunften wirten aber bei 
der Bildung einer Mufenmsfammlung auh eine Anzahl zufälliger Momente 
entfcheidend mit, vor allem felbftverftindlid die zu Bebote ftehenden Geld- 
mittel und Räumlichkeiten, dann aber aud der etwa vorgefundene Beftand 
an älterem Sımmlungsmaterial. Selten liegt derartigen Sammlungen ein 
Plan zu Grunde, wie er bei der Anlage moderner Runftgewerbemufeen vor 
Augen fhwebt. Diel häufiger haben rein wiflenfhaftlihe oder antiquarifche 
Gnterefjen 3u ihrer Bildung beigetragen. Zn folhen Fallen bat die Mufeums- 
verwaltung die Pfliht, ihr Programm nad der angedeuteten Richtung hin zu 
erweitern und das einmal Begonnene in demfelben Sinne liebevoll weiter 
zu pflegen. 

Bei der Aufftellung funftgewerbliher Sammlungen berrfcht heute dus 
Beftreben vor, die Begenflände, fo weit es h thun läßt, in ihrer urfprüng- 
liden Anwendung und Umgebung 3u zeigen und zu diefem Zwede einen 
tulturgefdhidtliden Fufammenbang berzuftellen. 


Die Sammlung von Bipsabgüffen und galvanoplaftifdhen Ropicen halt 
fid in den meijten Mufeen in befheidenen Grenzen. Man fagt fid, daf der 
Erwerb guter Originale von Jahr zu Jahr jhwieriger und Poftfpieliger wird, 


Einladung des Dereins für hiftorifche Kunft. 


Die Verbindung für biftorifhe Runft verfolgt das Jiel, hervorragende 
Gemälde, namentlid Bilder gefhihtlihen und idealen Inhalts, durd Beitellung 
auf einzuliefernde Skizzen oder durch direkten Ankauf zu erwerben. Fu diefem 
Swed halt fie alle zwei jahre eine Derfammlung ab, in welder über die 
Erwerbungen entjihieden wird. Die Riinftler, insbefondere diejenigen des 
biftorifthen Fades, werden erfudt, sur nddjten Hauptverfammlung der Ver- 
bindung, welde im Juni ISIS zu Münden ftattfinden foll, neuere Gemälde 
oder Entwürfe zu folden eingufenden. Bisher wurden 62 Gemälde 2c. im 
Gefammtbetrage von 520 250 Mark erworben. 


Befonders erwünfcht wird es der Verbindung fein, ein Bildniß Seiner 
Majeftät des Königs Albert von Sahfen als Feldherr im franzöfifhen Kriege 
und ein foldes des Altreihsfanzlers fiirften von Bismard in einem be- 
deutenden Momente feiner Wirkjamkeit zu erlangen. 


Die Sendungen find an den Dorftand des Runftvereins zu Münden zu 
thbten mit dem äußeren Dermer? „Derbindung für hiftorifhe Runt" und mifen 
fpäteftens bie zum l. Juni dort anfommen,. fertige Gemälde können auch auf 
die im nädften Jabre in Münden Anfang Juni zu eröffnende Runftans- 
ftellung gejandt werden, für die an den Kunftverein gehenden Sendungen 
übernimmt die Verbindung die Roften des Hin- und Nüdtransportes mit 
Ausnahme der Sendungen als Eilgut oder mit der Poft und unter der ans- 
drüdliben Bedingung, daß Nahnahme für Spefen 2c, nicht erhoben wird. 


Deutfde Runft. 


während man in Bezug auf Nahbildungen etwa Derfäuntes jederzeit nad- 
holen tann. 

Die Bibliothe? nebft der Sammlung von Dorlageblättern bildet in allen 
Runftgewerbemufeen einen wichtigen Derwaltungszweig. Während die eigent- 
lihe Bibliothek in erfter Linie der Verwaltung die literarifchen Hilfsmittel für 
die Vermehrung und Ordnung der Sammlungen zu liefern hat, dient die 
Sammlung von Vorlageblattern unmittelbar der Benutung des Publifums, 
namentlich der Gewerbetreibenden. Die Benugung flebt den Befudern opne 
Weiteres frei, und Auffdriften auf den Rajten forgen für eine rafde 
Orientirung. Diefe Art von Sammlungen haben ih gut bewährt und finden, 
befonders wenn fle and Abends zugänglih find, bei den Feidnern und 
onduftriellen großen Anklang. 

Die bisher befprodenen Sammlungen bilden gewiffermafen den eifernen 
Beftand der Runftgewerbemufeen. Daneben bieten diefe jedod) and Gelegenheit 
zu wechfelnden Ausftellungen verjciedenartiger Yatur. Hierher gehört zu- 
nädhft die Ausftellung von Werken der einheimifhen Runftinduftrie, ala deren 
Hwed die Erleichterung eines unmittelbaren Verkehrs der für die Werkftatt 
zeihnenden und mobdellirenden Riinftler, der Gewerbetreibenden und der 
Ronfumenten untereinander bezeichnet wird. Dagegen verfolgen die Seitens 
der Mufeen von Feit 3u Zeit veranftalteten Fachausftellungen mebr den Jwet 
der Belehrung über den Stand irgend einer Technik oder eines zu befonderer 
Blüthe gelangten Gnduftriesweiges. Hier ift Gelegenheit, die im Privatbeiit 
befindlihen ARunftfhäte der Oeffentlidfeit zugänglih zu maden, hier fönnen 
aud die Fortfehritte der modernen, ingbefondere der fremden Runftinduftrie 
in weiterem Umfange vor Augen geführt werden. Don einigen Mufeen, die 
fih als Mittelpunfte ausgedehnter Znöuftriebezirfe betrachten, werden inner- 
halb diefes Bezirkes im Einvernehmen mit den Rommunen und Gewerbe- 
vereinen zeitweilig filial- oder Wanderaugftellungen veranftaltet oder die 
Lofalansftellungen dur Betheiligung des Mufeums unterftügt. Außerdem 
werden Mufeumsftüde, deren Benugung gewünfcht wird, direft an Lepr- 
anftalten, Riinftler und fabrifanten ausgeliehen. Einzelne Mufeen geben 
hierbei in der Liberalitét auferordentlidh weit, indem fie darauf fugen, dağ 
die Sammlungsgegenftände ja dazu da wären, um benußt zu werden, und 
daß fie nur ihren Zwed erfüllt haben, wenn fie dabei allmälig abgenugt werden. 

Endlih dient zur vollftändigen Erfüllung der Aufgaben eines Runft- 
gewerbemufeums die mündliche Belehrung durch Vorträge und die wifen- 
fhaftlihe Erforfhung und Darftellung des heimifhen Kunftgewerbes. Neben 
den Dorträgen empfehlen fih planmäßig mit Erläuterungen verbundene 
‚Führungen Surh die Sammlungen des Mufeums. 

fügen wir nod) die Auefihreibung von Ronfurrenzen und die Ertheilung 
von Preifen für berporragende funftgewerblide Leiftungen hinzu, fo haben 
wir damit das Programm der Aunftgewerbemufeen in feinen Brundzügen 
erfhöpft. Eine darüber hinausgehende direfte Einflußnahme auf die 
fhöpferifhe Thätigfeit der modernen Runftinduftrie wird zwar bier und da 
verlangt, fößt aber bei erfahrenen Ffahmännern auf ernftlihe Bedenken. 


Bei jeder Einfendung ift außer der genauen WAdreffe des Urbhebers der 
Preis und bei Dorlage von Entwürfen nod außerdem anzugeben, in welder 
Bröße der Rünftler diefelben auszuführen wiinfdt. 

Die den Gemälden beizugebenden bezw. feiner Zeit zu befhaffenden 
Rahmen dürfen feine Studverzierungen erhalten und müfjen möglidft leit 
und einfach fein. 

Dorherige genaue Anmeldung der Bemälde und Entwürfe bei dem Shrift- 
führer der Derbindung, Heren A. Klee, Sekretär der Röniglihen National- 
Galerie 3u Berlin C, ift erforderlich. 

Falls der Rünftler die Derfiherung der eingefandten Bilder oder Skizzen 
gegen Fenersgefahr wiinfdt, ift die Höhe des DVerjiherungsbetrages dem 
Runftverein in Münden mitzutheilen. 

Berlin, im November 1897. s 

Der Dorftand der Verbindung für htftorifhe Runft. 

Berlin, — Der Raifer empfing im Scloffe die Bildhauer Ludwig 
Cauer und Eugen Börmel und befidtigte die von ihnen gefhafjenen 
Skizzen fiir die Siegesallee. Herr Lauer hat das Standbild des Curem- 
burgers Raifer Rarl’s IV. darzuftellen. Dem Raifer find als Ylebenfiguren 
der Erzbifhof von Magdeburg, Dietrih Portik, genannt Ragelwitt, und 
Claus v, Bismard, Hauptmann bes Erzftifts Magdeburg und marlgraflider 
Hofmeifter, beigegeben. Eugen Börmel hat das Standbild Raifer Sigismund's 
auszuführen. Sigismund ift mit dem reichverzierten Lendner angetban, über 
welchem der vorn offene Mantel berabfällt.. Den Kopf mit dem zweigetbeilten 





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Deutfde Runſt. 





115 





Barte und dem lodig herabfließenden Haar bededt der Helm mit einer Meinen 
Rönigsfrone. Mit der Rechten ftiigt fid Sigismund auf das breite Schwert. 
Die Büften ftellen den tapferen Landeshauptmann Lippold v. Bredow in 
Rittertradht und den Berliner Bürgermeifter Bernd Ryle dar. Die Befammt- 
anlage zeigt den Charakter der Friihgothit. 

Aud im Arlegsminifterium beginnt man fih für fünftlerifhen Schmud 
zu interefiren. Der große Minifterfaal ift im Laufe diefes Jahres einer um- 
faffenden Erneuerung unterzogen worden und bei diefer Gelegenheit hat man 
fih eine feltfame Rolleftion angelegt. Sie befteht in einer 26 Nummern um- 
faffenden Portraitgalerie, die die Bildniffe der preußifchen Ariegsminifter, 
vom General v. Ratte, der unter Ftiedrih dem Grofen amtirte, bis zum 
General Bronfart von Schellendorf umfaßt und u. A. aud) die Portraits 
v. Scharnhorft's, v. Pfuel's, v. Boyen’s, v. Roon's aufweif. Die Bildniffe, 
um deren Zufammenftellung fic) der erfte WAdjutant des Minifters v. Gofler, 
Graf Brühl, verdient gemadt, beftehen meift aus Lithographieen und Photo- 
graphieen, die von dem Portraitmaler Morig Pathe funftvoll iibermalt find. 
Aus der Feit des vorigen Jahrhunderts lagen Meine Pajftellbilder vor, die 
erft photographirt und vergrößert werden mußten, um mit den anderen Bildern 
in Uebereinftimmung gebraht zu werden. Sämmtlihe Bilder, die außerdem 
die Wappen der Minifter aufweifen, find von eihengefchnigten und vergoldeten 
Rahmen umgeben und in das die Wände des Saules befleidende Eichenholz- 
paneel eingelafjen. 

Können wit an diefer Ruhmesgalerie nun auch vom fünftlerifhen Stand- 
punft aus nichts bejonders Rühmenswerthes finden, fo ift mit um fo größerer 
Anerkennung zu erwähnen, daß das Schlüterdentmal in der Dorhalle des 
alten Mufeums nunmehr nah 25 Jahren endgiltig fertiggeftellt ift. Das den 
übrigen Standbildern entfprehende Poftament aus grauem Marmor bat in 
der Oftabtheilung der Halle feinen Plag gefunden, fo daß Schlüter un- 
mittelbar neben dem von Karl Begas ausgeführten Stindbilde des Architekten 
®. W. v. Anobelsdorff Reben wird. Die Fußplatte des Dentmals trägt die 
einfache Auffhrift „Andreas Schlüter, obfhon der geniale Bildhauer bei 
Aufftellung des Rurfiirftendenfmals im Jahre 1703 alsbald nachher geadelt 
wurde. Das Standbild aus weißem Marmor ftellt den Rünftler, der durch 
Plan und Meifel als Arditeft und Bildhauer harakterifirt ift, in der Tract 
feiner Zeit dar, die im Ganzen einfa) gehalten wurde. Der Blof, aus dem 
die Figur mit grofer Mühe berausgemeißelt wurde, ift derfelbe, der fhon 
vor 25 Jahren durh Profeffor Wredow befhafft wurde, der indeffen in zehn 
Jahren nit über das Modell hinausfam. Heute fann man fih freuen, daf 
feine Arbeit niht vollendet wurde, Senn er ftellte den Riinftler in dem 
Augenblit dar, da er bei feinem Abfhied von Berlin im Dorbeigehen dem 


Sdhloffe den letzten Scheidegruß zufandte. Diefer Augenblid war fiher der 
unglüdlihfte in dem ganzen Leben Schlüter's und darum zur Derewigung in 
Marmor fiher der ungeeignetfte. 


Nürnberg. — Das Germanifdhe Nationalmufeum in Nürnberg 
erwarb in jüngfter Zeit ein Denfmal, das durch feine Schidfale, wie durch 
feine Seltenheit und Schönheit eine werthoslle Bereiherung der großartigen 
feramifhen Sammlungen der Anftalt bildet. — Es If dies eine ganz in 
bantglafirtem Thon ausgeführte Gedenttafel eines Ruppredt Heller, von 1554. 
— Die familie Heller, deren Wappen oben im Giebel des Denkmals an= 
gebradt ift, blühte im 16. und 17. Jahrhundert in der Gegend von Waffer- 
burg (Ober-Bayern), und das vorliegende Werk dürfte in einer Rirhe diefer 
Stadt oder der Umgegend angebradht gemefen fein. — Die Erwerbung ift 
um fo mehr zu begrüßen, als damit ein faft als Unifum zu bezeihnendes 
Stüd deutfher Runft, das bereits vor langer Feit ins Ausland gewandert 
war, in der Heimath nun wieder einen würdigen und dauernden Aufftellungs- 
plag gefunden hat. Die Gedenktafel erinnert in ihrer form — diejenige der 
Aedicula — lebhaft an italienifhe Tabernafel, wie denn aud die in 
Deutfhpland für figürlihe plaftifhe Werte — wenn niht die Oefen hierher 
gerechnet werden — äußert feltene Verwendung von buntglafictem Thon 
unwillfürlihd auf die Blithe italienifher Thonplaftif, die Werke der Familie 
della Robbia in Mittelitalien, binweift. Diefer Hinweis liegt um fo näher, 
als aud) Urt und Farben der Blafur die gleihen find. Die von dem mit 
gefhmadvollem leihten Rankenornament gezierten arditeftonifhen Rahmen 
umgebene Darftellung der Mitteltafel bildet das in flahem Relief gearbeitete 
Dreifaltigfeitsbild. Die Rompofition ift angelehnt oder vielleiht nur mittelbar 
beeinflußt von Dürer’s Bearbeitungen desfelben Gegenftandes im Wiener 
Allerheiligenbild und in dem großen Holzfhnitte von 1511. Gerade die derb 
naturaliftifhe Auffaffung der figuren, die das kräftige ftarffinodhige Befhledht der 
Altbayern, in deen Bauen dle Arbeit entftand, harakterififch wiederfpiegeln, 
und die hohe Farbenfreudigkeit — cbenfalls, wie die gleichzeitige Holzplaftik 
beweift, ein hervorragender Zug der buyerifhen Runft — maden das 
Monument im Derein mit der guten Ausführung und im Ganzen aus- 
gezeichneter Erhaltung zu einem befonderen Shmud der Sammlungen des 
Bermanifhen Yationalmufeums. 


Dresden. — Die nationale deutfhe Kunt- und Runft- 
Bewerbe - Ausftellung 3u Dresden 1899 wird dod ftattfinden, trok 
der zum Theil berechtigten Bedenken, die auf dem legten Delegirtentage der 
deutfhen Runftgewerbe-Dereine 3u Berlin geltend gemadt wurden. Wenn 





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116 





jedod diefe WAusftellung in funftgewerblider Hinfidt durch die Vorbereitungen 
für Paris (1900), die dann gerade Rünftler und Werkftätten in Anfprud 
nehmen werden, vielleicht ein wenig enttäufhen wird, fo fann fie in Bezug 
auf Malerei, Bildhauerei, dekorative, reproduktive und graphifhe Riinfte jehr 
Namentlih wird fid bier für die 
Gelegenheit 
Daran werden and 
die Streitigkeiten im eigenen Haufe nichte ändern, die fhon in der erften 


gut eine Generalprobe fiir Paris werden. 
modernen Kräfte Ylorddentfhlands eine willfommene 
einmal ein umfaffendes Bild ihres Aönnens zu geben. 


vorbereitenden Sitgung zu Tage traten. 


Mes. — Der Beridt des Runftvereing für das Vereinsjabr IS96 male 
bis 1897 weift leider einen Riidgang der Mitgliederzahl auf. 
Gm Laufe des Jahres find 
beigetreten: 30 Mitglieder; macht zufammen 529; dagegen find ausgetreten 65, 
Ausgeftellt waren in diefem Fabre 
Stulpturwerl (die Ambroife Thomasbiifte), 
5 Glashildwerle, | Runftgewerbegegenftand, 311 Oelgemalde, 60 Aquarellen, 
Don den Öelbildern verdienten befondere Beadhtung die 
von Profeffor Wenglein in Münden, Profeflor Neumann in Raffel, Auguft 
Wolf in Denedig, Gabriel Mar, Braun's Reiterangriff, Bruner's ,,Jodyll", 
Barnelo's „Des Columbus Landung in Amerika", Simm's „Aaifer Wilhelms I. 
Tod“; ferner die Kollektionen der Bilder von Oenide, Dettmann, Letftifow, 
Hendrid, Bradt; v. Preufhen und die Aquarelle von Bird. 
wurden: a) von der Stadt Mek: 2 Bilder zum Preife von 4000 Mart; 
(im Preife von 
b) 7 Aquarelle; 
c) 3 Runft-Pradtwerke; d) 2 Kunftblätter (alfo im Ganzen 23 Gewinne 


vember 1896 zählte der Derein 299 Mitglieder. 


fo daß jekt verblieben: 266 Mitglieder. 
598 Runftwerfe, nämlih: | 


20 Radirungen. 


b) von Privaten: 15 Oel- und 
2000 Marf). 


7 Aquarellgemalde 
Hur Verloofung famen: a) I] Gelbilder; 


im Gefammtpreife von 1000 21.) 


Speier. — Die 
Runftvereins ergab 
gegenwärtige Stand 1094 gegen 940 des Dorjabres 
beträgt. Diefe erfreulihe Thatfahe ift das Ergebniß der 
tegen und umfidhtigen Bemühungen der neuen Dorftand- 
[haft, an deren Spike Oberamtsrichter Riffel fteht. Der 
Rehnungsabfehluß weift in Einnahme und Ausgabe 13112 Mi. 
71 Pfg. auf. Zur Derloofung gelangten 56 Oelgemälde, 
zumeift werthvolle Runftwerfe. Unter den Mittheilungen 
des Dorfigenden dürfte die Ernennung Seiner Eprzellenz 
von Auer, früher in der Pfalz und jest in Oberbayern 
Regierungspräjident, zum Ehrenmitgliede des Vereins von 
Ontereffe fein. 


Hildesheim. — Zn der legten Hauptverfammlung 
Ses Wufeumsvereing  erftattete der Tireftor des 
Mujeums, Profeffor Andreae, Beriht über den Beftand 
und die Thätigkeit des Vereins. Die Mitgliederzahl beträgt 
zur Feit 566. Der Befuh des Mufeums war im Sommer 
wegen der Umbauten nur fwad, doh hob er ih im 
Herbjt wieder. Die Finanzlage ift noh immer feine gute, 
wird fid) aber nunmehr befjern, nachdem der legte der 
Roemer'fhen Befhwifter, Adminiftrator Ed. Roemer, firs, 
lid verfchieden ift und dem Mufeum 170000 Mart tefta- 
mentarifd vermadt hat. And die Mugniefung des zu 
107 000 Mark verkauften Roemer'fhen Parkes ift jekt ein- 
getreten. Das Landesdireftorium bat eine Beihilfe von 
500 Mark gewährt. Die Mufeumsbibliothet hat einen 
bedeutenden Auffhwunggenommen. Nahezu alle Sammlungs» 
zweige haben durd Meinere Belegenheitsfäufe und dur 
Geſchenke Zuwachs erhalten. 


Breslau. — DerSclefifhe Runftverein hatnac dem 
in der ordentlihen Beneralfammlung erftatteten Bericht einen 
Rüdgang der Mitgliederzahl zu verzeichnen. Nadhdem die vorige 
Periode mit 694 Mitgliedern mit 750 Antheilfcheinen gefchloffen 
hatte, ward bas nene Etatsjahr mit nur 647 Mitgliedern 
mit 701 Antheilfeinen eröffnet. Hinzu tamen im Laufe 
des Jahres 70 Mitglieder mit 70 Antheilfcheinen, aus- 
getreten find 60 Mitglieder mit 62 Antheilfdeinen, fo 
daß aus diejer Etatszeit 657 Mitglieder mit 709 Antheil- 


Gencralverfammlung des 
einen bedeutenden Mitgliederzumads, 


Pfälzifhen 


Deutfdhe Runf. 2 


feinen vorhanden find. 
on den in Gemein- 
fhaft mit dem Runft- 
händler Lichtenberg 
unterhaltenen Aus» 
ftellungen wurden in 
diefer Periode 3100 
Bilder zur Schau ge- 
bradt. Gn diefer Etats- 
periode tft zum erften- 
fein Prämien: 
blatt ausgegeben, fon- 
dern fhon im erften 
Jahre eine Derloofung 
abgehalten worden, in 
welder 27 Oelbilder 
und Aquarellen, 45 
Stige, Radirungen 
und Pradtwerfe zur 
Derloofung Pamen. 


bieten, 


Jm No- 


diefer Etatsperiode 50 
Oelbilder, 4 Aquarelle 
im Preife von 11 856 
Mark. Der Aufwand 
für Runftwerfe insge- 
fammt betrug 15 405,70 
Mart. Hiervon ent- 
fallen auf einheimiſche 
Rünftler 5440 M., auf 
auswärtige 2570 M. 


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„Ein Fest bei P. P. Rubens“ mit 44 Por- 
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Henry Mackay — Conr. Ferd. Meyer — Peter Nansen 
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Tanera — Konr. Telmann — E. v. Wildenbruch — etc. 


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Arthur Achleitner — Georg Ebers — Osc. Blumenthal 
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Deutfhe Runf. 117 


& Vom Kunff- unt == Bay DD, * 


x =œ Kunffgemerhemarke. 


Noch einmal die Hochzeits-Medaille. 


Aus dem Aultus-Minifterium gebt ung die folgende Mittheilung zu: 
„Dem amtlihen Preisausfchreiben für den Entwurf einer Hod- 
zeits-Medaille oder Plakette liegt die Abfiht zu Brunde, die ein- 
beimifhe Medailleurfunft zu fördern und Surd Stellung einer Auf- 
gabe, weldhe dus Gnterefje weiter Areife zu erregen geeignet erfcheint, 
die Aufmerkjamkeit der Rünftler fowie die Theilnahme des Publitums 
einem Runftzweige zuzumwenden, der in Deutjchland in früheren Zeiten 
mehr als jetzt gepflegt und im Dolfe beliebt war. 

Nadh Inhalt des Preisausfchreibens beabfihtigt der Aultusminifter, 
für einen oder mehrere preisgefrönte Entwürfe den zur Ausführung 
der Medaille erforderlichen Prägeftempel herftellen zu laffen. Es 
wird dadurd den Privatleuten Gelegenheit gegeben werden, nad 
Dereinbarung mit dem Rünftler Eremplare der Medaille oder Plakette 
3u mäßigem Preife zu erwerben und mit der in jedem falle befonders 
einzugrapirenden Infhrift bei Hochzeiten als Bejhent für die Ehe- 
leute oder als Erinnerungsgabe für deren Angehörigen zu verwenden. 
Eine amtlid,e Derleibung der Medaille ift nicht in Ausfiht genommen." 

Die Tageszeitungen hatten es fid nicht verfagen können, den Erlaß des 
Pree'sausfhreibens mit jherzhaften Gloffen zu begleiten. Eine genauere 
Cinfidt des Schriftftüdes hatte fie davon überzeugen fönnen, daß es fih 
nit um eine zu verleihende Medaille, fondern um eine Erinnerungsplafette 
handelte, die das Bedädtnig an die Begründung der Familie bei den näher 
Betheiligten zu erhalten beftimmt ift. Was uns fo feltfam erfheint, it in 
Sranfreih längt Sitte. Berade in legter Zeit ik eine pradtige Hodseits- 
Medaille von Roty veröffentlicht worden. „Die Dorderfeite zeigt im idyllifcher 
Landfhaft ein junges Paar; der Jüngling fikt dem halbverfchleierten 
Mädchen gegenüber und hat ihre Hand erfaßt, an die er den Ring zu fteden 
im Begriff ftebt. Sein Auge ift zum Himmel erhoben, als ob er Bott zum 
Heugen für den Ernft der Handlung antiefe. Fm Abfchnitt darunter fteht 
das fdlidte, aber vielfagende Wott: SEMPER. Die Haltung und Be 
wegung der beiden im zarteften Relief gehaltenen Figuren, namentlid die 
fprechende Geberde der Hände ift von einer Anmuth, der man nur nod die 
Runftwerfe der griehifhen Dafenmalerei an die Seite ftellen fann. Die 
ideale Gewandung fibeint trok des Meinen Mafftabs der Figuren bis in's 
Detail nad dem Modell ftudirt. Weniger bedeutend erfcheint die Niüdjeite, 
die eine Statue des Amor in einer Parklandfihaft darftellt." Das reizende 
Wer? findet fih abgebildet in der neuen Jeitfrift „Gazette numismatique 
française“ von Mazerolle in der zweiten Lieferung Tafel XIV Nr. 68. 
Dielleiht ift es anh hieran der Zeit, an das tief empfundene Dotivbild von 
Meldhtor Lechter 3u erinnern, das vor. Jabresfrift im Burlittfhen Salon in 
Berlin ausgeftellt war. „Aus blumigem Rafen wadfen innig aneinander 
gefhmiegt Zwillingsbäume empor, durch einen rubingefhmüdten Boldreif 
verbunden, ihre Rronen zu dichtem Zweiggewirr vereinend. An ihrem Fuße 
fteht ein junges Menfchenpaar im mittelalterlihen fefigewande und blidt 
mit feft verfhlungenen Händen zu den Wipfeln empor. Durd die Baum- 
frone fdlingt fid) ein Schriftband mit den Worten: „Auf dem Baume der 
Zukunft bauen wir unfer Neft und am unteren Rande des Bildes lieft man: 
„richt nur fort follft Du Dih pflanzen, fondern hinauf. Dazu belfe Dir 
der Garten der Ebel“ Das it Symbolit, aber leicht verftändlihe, wie fie 
jeder Riinftler braucht, der mebr 3u fagen bat, als die Natur ihm in Dulgar- 
fpradhe vorfliiftert. Cine ähnlide Symbolit würde nah unferer Meinung 
den Gntentionen des Rultusminifteriums am na&dften fommen und in fiinft- 
lerifcher form dem Erinnerungszwed genügen. 


Die Derfteigerung der Sammlung Douglas. 


Die von uns bereits erwähnte Auktion der Douglas’fhen Blasgemälde 
bei 5. M. Geberle in Köln ergab mit ihren 59 Nummern im Ganzen 
223 000 Mark. Don den Figurenfenftern, deren Rartons Hans Holbein ð. J. 





gezeihnet hat, ging die aus drei Nummern beftebende große Rreuzigungs- 
gruppe für 29800 Mark in das Cigenthum des Mufeums zu Bafel über. 
Dasfelbe Gnftitut faufte eine Mater Dolorosa zu 5100 Mark, ferner das 
JSenfter mit dem hl. Wolfgang zu 7900 Mark, Chriftus als Schmerzensmann 
3u 4600 Mark, den hl. Chriftophorus zu 6500 Mart. Don diefer Holbein- 
Gruppe ging eine Madonna für 7050 Mar? an eine Kölner Antiquitäten- 
handlung und ein dreitheiliges Dotivfenfter fam fiir J9S00 Mar? an das 
Rdlner Runftgewerbemufeum (in Runftltebbaberfreifen war dafür gefammelt 
worden). Don der zweiten Abtheilung: Sigurenfenfter nad Rartons von 
Hans Baldung Grien gingen die meiften Nummern an die Mufeen zu Bafel, 
Berlin und das Bermanifhe Mufenm in Nürnberg. Die Preife ftellten fi 
auf 3000 bis 14400 Mark. Lebieren Preis erzielte die Figur des bl. Georg, 
den das Agl. Mufeum in Berlin erwarb. Eine Mater Dolorosa erwarb 
Prof. Rofenberg in Rarlsrube fiir 12 000 Mark. Derfelbe kaufte auh eine 
Scheibe mit Johannes dem Täufer für S400 und ein Ecce Homo für 
6300 Mart. Das Mufeum in Bafel erwarb aus diefer Gruppe den 
bl. Gebhard fiir 8000 Mark, das Rel. Mafeum in Berlin noh weiter die 
bl. Helena fiir 6100, den bl. Ludwig für 8000, die bl. Barbara fiir 6000 und 
den bl. Apoftel Jacobus d. Aelt. für 3850 Mark; die Stadt Freiburg erwarb 
den bl. Hieronymus für 5550 Mark, Hauptmann Roth in Berlin die 
pl. Elifabeth für 7100 Mart. Don der dritten Abtheilung: Schweizerfheiben zc. 
fam eine runde Solothurner Stiftsfheibe von Thomann Hafner, im Durd- 
meffer von 38 cm, fiir 3750 Marf an das Mufeum in Solothurn. Die 
vorgenannten Fenfter hatten eine Höhe von 144 cm bei ca. 53 cm Breite. 
Die übrigen Nummern blieben unter einem Preife von 5000 Marf. 


— Die Runfthandlung von M. Boldfhmidt & To. in frankfurt 
a Main, die feit Jahren fhon erlefene Schäte auf den Berliner Markt 
entfendet, hat zum erften Male eine öffentlihe Ausftellung (im Haufe Unter 
den Linden 16) veranftaltet, die hauptfählih Bilder franzöfifher Maler und 
befonders folhe von Meiftern aus dem zweiten Drittel unferes Jahrhunderte 
enthält. Berühmte Namen von beftem Rlange, wie Corot, Daubigny, Gules 
Dupré, Diaz, fromentin, begegnen uns; daneben Gfabey, Siem, Charles 
Jacque Ser Chiermaler von Fontainebleau, und fein aud) fdhon verftorbener 
deutfcher Nachfolger, der ,,Schafmaler’ Brendel. Unter den franzdfifden 
Gemälden find befonders hervorragende: Berne = Bellecours Geftalt eines 
franzöfifhen Dragoners. Eine Landfihaft von Daubigny „Um Ufer der Bife*, 
eine in Daubigny's Weife gemalte „Landfhaft zur Erntezeit von Corot; 
eine jhöne Waldlandfhaft vom verftorbenen Diaz. Das Bild einer falten- 
jagd von fromentin. Zwei Landfhaften mit Rindern und Hüterinnen von 
Julien Dupré. Ein paar Skizzen des alten Ffabey, Seeftiide mit Staffage 
Don Wepraffat ein Bild „Heuernte in Frankreich“. Ein Gentebild aus dem 
Parifer Straßenleben von de Schrywer: Szene in den Champs Elpfées mit 
weibliden Geftalten. Zwei Beflügelbilder „Hühner und „Hübhnerftall" von 
Jaque. Ein in der Farbengebung und Durchführung ganz eminentes 
Bild eines altfranzöfifhen Mousquetaires aus der Zeit Ludwigs XIII. 


- von Roybet. 


— Roftbare Budbinderarbeit. wird von Sammlern in England 
und frantreih mehr gefhätt als werthvoller Buchinhalt oder foftbare Aus- 
gaben. Bei Sotheby in London wurde in diefen Tagen eine Sammlung 
Bücher von 110 Nummern, die, abgefehen von den Einbanddeden, feinen be- 
fonderen Werth befaßen, für einen Gefammtbetrag von 1900 L., alfo durd- 
fhnittlih zu 17 £., verfteigert. Den hödften Preis, 60 £., erzielte ein Seneca 
von J580. Ein anderer Band mit dem franzöfifchen Rönigswappen auf der 
Einbanddede und filbervergoldeten Edenverzierungen ging für 58 £. und ein 
ganz prädtiger Band, die Erpofitiones des bl. Hieronymus, mit dem Wappen 
des Papftes Paul IV. auf dem Dedel, umgeben von geometrifhen figuren- 
verzierungen und Blumen und mit reihen Silberbefhlägen und Rrampen 
fand für 49 £L. Käufer. Jn Deutfhland fdentt man in Privatfreifen der 
alten Buchbinderarbeit noch immer nicht genügende Aufmerkfamteit. 


118 


— Ein Aruzifir im Werthe von 200000 Lire beabfidtigen einige 
fatholifhe Gemeinden in Amerifa dem Papft Leo XII. als Weihnadts- 
gefchent zu überfenden. Diejes Aruzifig ift ein Meifterwerf der Goldarbeiter- 
funft. Das Krenz ift fehs Zoll lang, aus mafjivem Bold und mit neunzig 
Diamanten vom reinften Wafler verziert. Dierzig diefer Steine, von denen 
jeder 21/, Karat wiegt, find dicht über einander in die Mitte des Kreuzes ge- 
fert, während 49 Meinere Diamanten die vier Enden fhmüden. 

— Der moderne deforative Stilder Zimmerbelendhtung hat ih 
an der Hand der neuen ihm geftellten Aufgaben wohl oder übel von den 
überfonmenden formen losfagen müſſen. früher 
durd das Baffin fiir Bel und Petroleum oder 
durch die Basröhre beftimmt, ift er jet darauf 
angewiefen, fid) mit einem Lidhtfpender abzu- 
finden, der des teftonifden Trägers oder der 
fiytbaren Leitung niht mehr bedarf. Die 
eleftrifhe Blühlampe ift etwas Unförperlides, 
das Alles Surdftrablt, obne feine Araftquelle 
zu verrathen. Ein von innen beraus leud- 
tender Blumenfeld erfcheint niht als uns 
natürlihe Lidthiille, fondern als miibelos felbft= 
leudbtender Organismus, der eine an fi freie 
Staffage belidlet. Das Verhaltnif von Trag- 
fraft und Laft ift auf den modernen Rande- 
laber nit anwendbar. Unmuthige befleidsete und 
unbefleidcte figurinen von Eberlein tauden aus 


















Deutſche Run ft. 


binter ibnen aufragenden Rofengewinden auf, oder heben fih fchambaft 3u- 
fammengefdmiegt als badende Mympbhen von gerade auffdhiefenden Waffer- 
blumen ab. Ublmann's weiblide Zdealfigur fhwingt mit zierlih gehobenem 
Arm einen Difelzweig, aus deflen Anofpen das Liht auf fie berabftrablt. 
Alles erfheint leichter und freier, nicht mehr an die Bafls gefeflelt, fondern 
freifhwebend. Die Bronzemontirtungen auf Marmorjodel von 5. Blabden- 


bed zeichnen fic durch überaus gefhmadvolles Arrangement aus. Gn 
mäßiger Bröße von 0,31—1,00 Meter gehalten, bilden fie einen anmuthigen 
Himmerfhmud, der dur die verwendeten Modelle anerfannter Rünftler einen 
befonderen Reiz erhält. 


Selbftverftändlih verlangen die unten abgebildeten 
Randelaber einen Hintergrund, da fie für die 
Rüdanfiht nicht berechnet find und die Be- 
leuchtungsförper felbft ih aus den Blumen- 
felhen nad vorne meigen. Die Biegung 
der Zweige, das Aufftreben und Hängen der 
Bliithen ift durhaus naturaliftifh gegeben. 
Wünfchenswerth wäre bei den beiden Fleineren 
Randelabern nur eine andere Behandlung 
des Sodels. Die Pflanzenjhäfte jheinen wie 
fünftlih in den Boden geftedt, ftatt organic 
aus ibm berauszuwadjen. Befonders die 
Eberlein’ihe Pfyvhe müßte auf einer natür- 
lihen Erdfdolle, nidt auf einer gleihmäßig 
getundeten Plinthe ftehen, da fie bier als 
badendes Mädchen erjceint, von Wafer- 
pflanzen umgeben. 


Pivche von Eberlein, Kandelaberfigur von Uhlmann, Blumenmädchen von Eberlein als Beleuchtungsfsrper 
für cleftrijhes Siht montirt. 


Uftiengefellfdhaft vormals H. Gladenbed u. Zohn, friedridebagen bei Berlin. 





Deutfhe Rung. 119 








Preisbewerbungen. 


— für den Wettbewerb zur Erweiterung des Rathbaufes zu 
Börlig waren 15 Entwürfe eingegangen. Den I. Preis erhielt der mit dem 
Rennworte „Anno dazumal' bezeichnete Entwurf der Arditetten Shaupp- 
meyer und Helbig in Bonn; den II. Preis der mit dem Kennwort Spring” 
inklee“ bezeichnete Entwurf der Arditeften Reinhardt und Sifengut in 
Charlottenburg; den III. Preis der mit dem Rennworte „Befchloffene Baugruppe" 
bezeihnete Entwurf von Bauinjpeftor Schröder in Friedridsberg und Ar- 
hiteft Arü ger in Wilmersdorf. Als I. Preis waren 4000, als II. 2500, 
als III. 1500 Mark ausgefert. 


— Die von Herrn Arkitett Erter in Münhen ausgefdriebene Kon- 
furrenz für Entwürfe zu familienhäufern bat nidt nur durd die 
überaus zahlreihe Theilnahme von 130 Arditeften mit 500 Entwürfen ein 
etfrenlides Refultat gehabt, fondern aud duch viele glüdlihe Löfungen der 
geftellten Aufgabe. Folgende Preife find 3uerfannt worden: Ludwig 
Stadler-Berlin erhielt einen I., drei II. und drei III. Preife, zufammen im 
Betrage von 1955 Marl, Steinlein-Münden, Meier und Wörle-Char- 
lottenburg, Ridard Senf-Münden und 5. Börke-Düffeldorf erhielten je 
einen Preis 3u 500 Warf, Honig und Söldner-Münden einen I. und 
U. Preis mit 835 Mart, Schlüter. Berlin einen zweiten Preis mit 355 Mark. 
©. Delisle-Berlin einen II. und III. Preis mit 499 Mark, Helbig- und 
Heiger-Münden einen dritten Preis mit 166 Mark und M. Zöllner- 
Plauen einen III. Preis. 38 Entwürfe wurden zum Ankaufe empfohlen und 
16 Entwürfe mit lobender Erwähnung bedadıt. 


— In dem Wettbewerb, den die Stadt Köln zur Erlangung von Ent- 
wiirfen 3u je einem Denfmal fiir Wallraf und Ridark, dite Be 
gründer des nad ihnen benannten Mufeums in Röln, eröffnet hatte, bat das 
Preisgeriht die erften beiden Preife den Bildhauern J. B. Schreiner und 
W. Albermann in Aöln zuerfannt. Den II. Preis erhielt der Entwurf 
des Bildhauers Mihael Lod-Berlin. Von weiteren Entwürfen wurden 
vom Preisgeriht die Arbeiten der Bildhauer Jean Degen-Röln und 
N. Stiedridh- Charlottenburg zur Prämiirung empfohlen. 


— Das Preisgeriht für das Peftalozzi-Dentmal in Zürid, Sem 
16 Entwürfe zur Beurtheilung vorlagen, Tonnte, laut ,,frlf. Ztg.", feinen 
erften Preis verleihen. Dagegen wurden zwei zweite Preife in Höhe von je 
2000 franfen an Giufeppe Chiattone in Lugano und Hugo Siegwart 
in Luzern, fowie ein dritter Preis zu 1000 Franken an Luigi Daffali 
in Lugano verlieben. 


— Die Derlagshandlung von Seemann & To. in Leipzig fhreibt für 
ihre Zeitfchrift für bildende KAunft einen Wettbewerb um Originalwerte 
graphifher Runft aus und bat hierfür drei Preife zu 500, zu 300 und zu 
200 Mark ausgefegt; die Preisarbeiten find bis fpäteftens J. April 1898 an 
die Derlagshandlung einzufenden. 


— fiir den Bau eines Runftmufenms in Riga fdreibt die Riga'fdhe 
Stadtverwaltung einen öffentlihen Wettbewerb aus. Die Preife betragen: 
800, 500 und 500 Rubel. Die Entwürfe müffen bis zum 1./15. febr. 1898 
eingereiht werden. Wegen der genaueren Bedingungen haben fh die Be- 
werber an das Riga'fhe Stadtamt (Br. Rönigftraße 5) 3u wenden. 


— für die deutfhen Arciteften wird ein öffentliher Wettbewerb aus- 
gefhrieben zur Erlangung von Entwürfen fiir den Dollendungs- 
bau des aus dem 14. Jahrhundert ftammenden Rathhaufes 3u 
Göttingen. Für die beften Arbeiten find drei Preife ausgefegt: 1500, 
J000 und 500 Marl. Dem Preisridter-Rollegium gehören u. A. Profeffor 
Ogen-Berlin und Stadtbaurath Berber-Böttingen an. 


— Der Verband Kölner Dereine, Befellfhaften und nnungen zur Er- 
tidtung eines Raifer Srtiedrih -Dentmals in Röln verfügt jest 
über einen Baarbeftand von 123 698 Mark, die in 5'/, prozentiger preußifcher 
Staatsrente angelegt wurden, Die Sammlungen baben 119 92) Mark ergeben. 
Aunädft gedenkt der Verband fih an die Stadtvertretung um die Beftimmung 
des Plages für das Denkmal zu wenden, und, eine Stelle am Deutfchen Ring, 
am Raifer friedrid-Ufer dafür in Dorfhlag zu bringen. Sodann follen 
deutfhe Rünftler zu einem Wettbewerb von Entwürfen aufgefordert werden. 


— Die Magdeburger Stadtverwaltung plant einen neuen 
Mufeumsbau. Es foll zur Erwerbung von Bauplänen ein allgemeiner 
Wettbewerb für «alle deutfhen Ardhiteften ausgefhrieben werden, 
von efen Ausfall die Wahl des Bauftils u. f. w. abhängen wird. Das 
neue Mufeumsgebäude auf dem Heydedplage foll nur zur Aufnahme der 
tunft- und funftgewerbliden Sammlungen dienen, wogegen die naturwiffen- 
fhaftliden Sammlungen in dem jegigen alten Mufeumsbau am Domplak 
verbleiben follen. ` 


Perfönliches. 


— Der Runftverein fiir die Rheinlande und Weftfalen zu Düffeldorf hat 
den Profeffor Guftan Eilers zu Berlin mit der Herftellung eines Rupfer- 
ftihes in grofem Mafftabe nad dem in der Röniglihen Galerie 3u Dresden 
befindlihen Bemälde von Correggio „Die heilige Naht“ betraut. Der Rünftler 
hat jüngft die dem Stihe zu Brunde liegende Zeihnung vor dem Originale 
vollendet. 

— Die Ausführung des Stepban-Dentmals und eines Brab- 
mals für den verftorbenen Reidspoftmeifter it dem Bildhauer Upbues 
übertragen worden. Das Modell zum Grabdenktmal zeigt eine an einen 


Obelis? gelehnte weiblihe Trauerfigur, weldhe in der linten Hand einen 
Lorbeerfranz hält; das Standbild für das Poftmufenm ftellt auf einem 
monumental verzierten, faft 1,5 Meter hohen Godel den Derewigten über- 
lebensgroß im einfach bürgerlicher Aleidung dar. Bildhauer Uphues hat fih 
verpflichtet, das Grabdenfmal gegen Ende des Sommers 1898 und das 
Standbild bis zum Januar 1899 aufzuftellen. 


— Der Direftor im Rönigl. Münzfabinet in Berlin, Prof. Dr. Alfred 
von Sallet, ift nah furzem, fhwerem Leiden geftorben. Alfred von Sallet 
wer am 19. Juli 1842 in Neihenau, Rreis Mimpfh, als der Sohn des 
befannten Dichters Friedrih von Sallet geboren. Jm Jahre 1884 wurde 
Alfred von Sallet zum Direftor des Münzlabinets ernannt, an dem er bereits 
feit 1870 als zweiter Beamter wirkte. Neben febr zahlreihen, meift die 
griehifhe Münzkunde behandelnden Arbeiten veröffentlichte er feit 1874 die 
Heitfchrift für Yumismatif und begann 1888 die ,,Befdreibung der antiken 
Münzen der fönigl. Mufeen in Berlin“. 


— Gn Wilmersdorf bei Berlin ftarb der Bildhauer Nicolaus Geiger. 
Er hatte am 6. November erft das 48. Lebensjahr vollendet. Seine Heimath 
war Lauingen in Bayern. Die Akademie befuhte er in Münden, wo er 
zweimal den großen Preis errang. Er hat ih auh als Maler bethätigt. 
Namentlid aber in feinen plaftifhen Werken liegt ein großer und moderner 
Zug. Er fhuf u. A. die Kinderfeier im Tiele-Windlerfhen Haufe, das 
Standbild der Arbeit für das Reihsbantgebäude, die Gruppe Jnfpiration 
für die Ruppelballe des Eifenpalaftes, den Barbarofia für das Ayffhäufer- 
denfmal von Sdhmik, die Gruppe „Derfuhung“, dazu Grabdenfmaler und 
Portraitbüften. Auf der internationalen Ausftellung von 1886 erhielt er die 
Meine goldene Medaille; auch in Melbourne wurde er ausgezeihnet. Der 
Ufademie der Aünfte gehörte er feit 1893 als Mitglied an, bei der 200jährigen 
Subelfeier wurde er zum Profeffor ernannt. Don feinen Malereien find die 
Bilder „Afford und „Die Sünderin‘ hervorzuheben, fowie Sie Ruppelmalerei 
der St. Hedwigsfiche zu Berlin. Das nod in der Ausführung befindlide 
Relief fiir das Biebelfeld diefer Kirche ift fein leßtes größeres Werk. 


— Jn Münden ift der Rulturbiftorifer Profeffor Heinrid von Rieb 
geftorben. Riehl, der im Fabre 1823 in Biebrih geboren ift, trat zunädhft 
journaliftifh in die Oeffentlidfeit. Don Wiesbaden, wo er die „Naflauifhe 
Heitung“ begründet und mehrere Jahre geleitet hatte, ging er als Redafteur 
der „Allgemeinen Zeitung" nad Augsburg. 1855 wurde er zum Profellor 
an der AUniverfität Münden ernannt, feit 1862 war er Mitglied der Bayerifchen 
Akademie der Willenfhaften. Fm Fabre ISSO wurde ihm der perjönlide 
Adel verliehen. Seit etwa zehn Fahren war er Direktor des Bapyerifhen 
Nationalmufeums und Generalfonfervator der Runftdenfmaler und Alterthümer. 
Neben mafgebenden Lulturgefchihtlihen Werken verdffentlichte er aud) fein- 
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a, 












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Selicien Rops, 




















PERL 


An unfere Tefer! 


Wir haben unferen Abonnenten und Freunden die erfreuliche Mittheilung zu machen, daß die „Deutſche Kunſt“ 
im neuen Jahre eine Erweiterung ihres Umfanges und ihrer Ziele erfährt. 


Die in Berlin erfcheinende Runftfchrift „Das Atelier“ it von uns 
anaekauft worden und geht vom 1. Jannar ab in der, Deutſchen Kunſt anf, 
in der Weiſe, daß ihr Name und ihr Nachrichteninhalt in dem Beiblatt erhalten bleibt, die bisher den Titel 
„Dom Runft- und Kunftgewerbemarkt* führte. 

Es ift uns nicht nur gelungen, uns einen Theil der Mitarbeiter des „Atelier“ zu fichern, fondern wir 


glauben gerade durch diefe materielle und ideelle Vereinigung zu beweifen, daß wir den Jeitpunft für gefommen 
halten, wo Alle, die es mit der Kunft unferer Zeit ernjt meinen, fih á 


ohne fidy anf Ridtungen mnd Grundſättze einzuſchwören 


in dem Streben zufammenfinden tönnen, 


die Entwirkelung deutſchen Kunſtſchaffens 


mit vereinten Kräften zu fördern. 

Wir werden es nach wie vor als unfere Aufgabe betrachten, alle Bewegungen auf dem Gebiete der 
bildenden Künfte mit aufmertfamem Auge zu verfolgen und objettiv über fie zu berichten, ftatt fie je nad 
Gefhmad und Neigung zu fördern oder zu bemmen. Die fortfchreitendere Verbreitung der „Deutjchen Kunft“, 
das Woblwollen der Runftverwaltungen, die Anerfennung Ser Künftler wie der Runftfreunde leiftet uns Gewähr, 
daß wir mit diefer parteilofen, nicht Frittelnden, fondern berichtenden Haltung den rechten Weg eingefchlagen 
baben, Ser zu einem von dem nterefje aller gebildeten Kreife getragenen nationalen Runftfchaffen binleitet. 


Berlin, im Januar 189s. 


Derlag und Kedaktion der „Deutſchen kunſt“. 


Dr. Georg Malkowsky. 





—— — — — 


Deuſſch 


Beiblatt: Das Htelier. 
Slluftrirte Heitichrift für das gefammte deutfche Kunftichaffen 


Central-Organ deutfcher Runft: und Riinjtler-Dereine. 


Herausgegeben von 
Alle 14 Tage erfcheint eine Nummer. 
Georg Malſiowsſin. Inſerate: 40 Pfennige für die 4 ge- 
EEN 5 — ſpaltene Nonpareille⸗Zeile. 
Schrikkleikung und Verwalkung Berlin W.57, Steinmekſtr. 26. 





Alle 14 Tage erjcheint eine Nummer. 
Preis vierteljährlih 2,80 Mart. 
Poftzeitungstifte Ar. 1174. 





Publifationsorgan des Deutfchen Runftvereins in Berlin, des Schlefifhen Runftvereins in Breslau, des Runftvereins für das Großberzogthbum Hefjen in Darmftadt, des Anbaltifhen Runfte 
vereing in Defjau, des Mürttembergifhen Runftvereins in Stuttgart, des Schleswig - Holfteinifhen Runjtvereins in Riel, der Runftvereine in Münden, Oldenburg, Mannheim, Nürnberg, Gera 
Altenburg, Elberfeld, Barmen, Bielefeld, Börlik, Danzig, Rönigsberg, Stettin u. a. 














ar. 7. 





etradten wir die Bejammtheit der produzicenden Rünftler unter einem 
gewiffen gemeinfamen Gefidtspuntt, fo werden wir fie in zwei 
ar Gruppen eintheilen fönnen. Die Einen arbeiten deduftiv, die Anderen 


induftiv. Was bet dem Einen das 
Produft langer Ueberlegung und 
Gedantenarbeit ift, fommt bei dem 
Anderen wie ein nedijher Kobold, 
man weiß nicht wiefo und woher. 
Eine Art zeichnet fih dur cine 
enorme Realtionsfabigleit auf äußere 
Eimdrüde aus; Alles, was um ihn 
berum vorgeht, wird dem Riinftler 
zum Ereigniß; eine jhöne Strophe, 
eine klangvolle Affonanz, ein inter- 
effanter Befihtzzug find Im Stande, 
ibn 3u einem berrlihen Werf an- 
3uregen. Der Waffertropfen, in 
dem fih die Gonnenftrablen in 
taufend farben brecen, wird für 
ibn 3ur Welt, und der einfame Stein 
am feldrain verwandelt fic) unter 
feiner fuggeRtiv geftaltenden Rraft 
3um Ko-hi-noor. €r will nidts 
geftalten, was er nit fhon in der 
Natur vorfindet, aber diefer Natur 
giebt er ein perfonlides Bepräge, 
weldes er aud uns aufzwingt, fo 
daß wir fhlieglih die Natur- mit 
denfelben Augen fehen, wie der 
Rünftler, daß wir beim Anfhauen 
oder Anhören eines Dorganges 
dasfelbe Empfinden haben, aus dem 
heraus der Dorwurf gefhaffen wurde. 
Don diefem Befihtspunfte aus [hafft 
jeder produzirende Rünftler nichts 
Anderes wie Seelenzuftände und der 
franzöfifhe Aefthetifer Amiel hatte 
febr Recht, wenn er meinte: „Un 
paysage est un état d'âme.“ 
Diefes Wort gilt ebenfowohl für 


den Dichter wie für den Maler oder Bildhaner, für den Romponiften wie fiir 


den Dramatifer. 


Ein umgetehrter pfyhologifiher Vorgang jpielt fid bei einer anderen 
Gruppe von Rünftlern ab; fie find fozufagen die Philofophen in der Runft; 


he 


i Januar 1898. 


$elicien Rops. 


Pon B. 8. Epftein. 





Sélicien Rops, Selbftportrait. 


3u fiihnem Unterfangen anreizt. 


Radirung. 


IL. Jahrgang. 





das Räthfel des Lebens zieht fie mächtig hinan, es ift der dichte Vorhang 
vor dem verfcleierten Bilde zu Sais, welder fie zu unermüdliher Griibelei, 
Und. da fie das Räthfel des Lebens oder 


zum mindeften verfchiedener Lebens- 
erfheinungen nicht zu löfen ver- 
mögen, da and fie vor dem Bude 
mit den fieben Siegeln rathlos da- 
ftehen, fo fuhen fie es menigftens 
zu deuten. Und foiftibre Thatig- 
teit neben der rein tünftlerifhen 
aud eine pfyvchologifhe, indem fie 
abftratte Begriffe in die form der 
finnlihen Erfheinung zu zwingen 
fuhen. Zu den letzteren gehört der 
franzöfiibe Maler und Radirer fé- 
licien Rops. 

Wenn id nun fage, Rops ware 
Franzofe gewefen, fo ift das eigent- 
lid) nicht ganz ridtig, denn feine 
Großeltern waren Rinder der Pufta 
und ec felbft fam in Belgien zur 
Welt, von wo er jedod nad) Paris 
auswanderte, um dort feinen dau- 
ernden Wohnfiz zu nehmen, und 
wo aud alle feine Schöpfungen ent- 
ftanden find, denen feine Gndivi- 
dualität jenen eigenthümlihen Stem- 
pel aufgedriidt hat, der heute 
für das Wert des Felicien Rops 
harakteriftifch if. Die Derbindung 
des temperamentvollen und heiß- 
bliitigen Magyaren mit der fanften, 
etwas melandolifh angelegten Dlä- 
min war fheinbar auf das Wefen 
des Enfels beftimmend; aud in ihm 
finden wir zwei Elemente, die, 
f&heinbar dazu beftimmt, einander zu 
befämpfen, in ibrer Dereinigung 
thatfadlid die bödften Triumphe 
feierten. Spornte das Tempera- 


ment felicien Rops dazu an, das hödhfte Können zu erreihen, fo haben 


wir e3 wiederum feiner philofopbifh und grüblerifh angelegten Natur 


zu verdanken, daß diejes zur Vollendung gebrachte Beherrfhen der Radir- 
nadel, die geradezu unglaublihe Dertrautheit mit den formen des menfhliden 


122 


Körpers von einem Wollen übertroffen wurde, welhes ung Rops oftmals 
dem Dädalus äbnlih erfcheinen läßt. Diefes Wollen, welhes aus jedem 
Runftwerf des Rops entgegenblidt, diefer fpiritualiftifhe Zug in feinen 
Rompofitionen ftellt ihn — freilid) in ganz inverfem Sinne — einem fra 
Angelico, einem Memmling an die Seite. Ja, ih möchte noch weiter gehen 
und behaupten, félicien Rops fei ein ausgejprohen driftliher Rünftler, wenn 
man mir zugiebt, daß die Legende und Myftit des Katholizismus mehr als 
ein Drittheil feiner Werke infpirirt haben. Jh meine natürlich nicht jenen 
modernen, duch Zeit und Fortfritt geläuterten Katholizismus, der heute 
praktiziert wird; ein folder wäre wohl niemals im Stande gewefen, Maler 
herporzubtingen, wie Matthias Brünewald oder Roger van der Weyden. Es 
it vielmehr der nervenerregende 
finnlide Glaube des Mittelalters, 
wie er in Klöftern und Abteien zu 
finden war, mit all der fhwülen 
Atmofphäre, Difionen und Offen- 
barungen, Erfcheinungen und Teufels- 
fpuf, Raftetungen und Erorzismen, 
furz einem Dunftfreis, der wie feiner 
gefhaffen war, den hodhgepeitjchten 
Ylerventaumel zum Delirium zu ftei- 
gern, Halluzinationen zu erzeugen, 
"Wahrheit und Schein durcheinander 
zu mifhen. Aus diefer Hyfterie 
des Blaubens entftand eine große 
Anzahl von Runftwerfen, deren 
myftifge Natur deutlih auf ihren 
Urſprung binweift. Es ift aber 
ganz fonderbar, daß die von mir 
gefhilderte Art des Blaubens nur 
nach der einen Seite bin Runftwerfe 
hervorgebracht bat, namlid nach der 
göttlihen; das fataniftifhe Element 
blieb trog der Werke eines Spren= 
ger, Roðin, Rio, Görres völlig im 
Dunfeln, denn die wenigen bild- 
lihen Darftellungen, in denen der 
Teufel eine Rolle jpielt, find von 
einer derartigen Ylaivetät, von einem 
derartigen Mangel jedweder tieferen 
Myftif, daß fie ruhig zu den rein 
naiven Runftwerken gezählt werden 
dürfen, in denen des Künftlers 
Wollen völlig hinter feinem Wert 
zurüdteitt. Und dennoch läge nichts 
näher, als dağ auh die negative 
Seite jenes Glaubens einen fünft- 
lerifhen Ausdrud, daß fid ein 
Rünftler infpirict gefunden hätte, 
neben der Allmaht Gottes and 
Lucifer's Reid in den Kreis feiner u 
Darftellung zu ziehen. 
Ein folder Gedante liegt eigent- 

lih fo nahe, dağ man fih wundern 

muß, wiejfo es möglih war, daß der rothe Faden des Satanismus, welder 
fid in Poefie und Profa durch Jahrhunderte hindurdfdlingt, ert nad 
600 Fahren zu félicien Rops fiihrt, in weldem der im Ratholizismus tief 
eingewurzelte fataniftifhe Bedankte feinen fiinftlerifhen Ausdrud bis zur Doll- 
endung findet. Allerdings ift der fataniftifhe Gedanfe von Rops nicht 
derjelbe, wie ihn etwa ein Künftler des Mittelalters verkörpert hätte; die tiefe 
Pfedologie des Riinftlers benußt die auf Abwege gerathenen Phantasmagorien 
des Mittelalters nur als willfommenes Symbol, in welhes er feine eigenen 
Philofopheme zu Meiden fuht. Sowie nad dem ftrengen Budftaben des 
Glaubens der Menf bald von Gott erfüllt ift, bald vom Teufel befejien 
wird, jo pendelt nah Rops jedes Wefen ftetig zwifchen zwei Polen; die 
Prinzipien des Guten und Böfen, des Reinen und Unreinen, der Keufchheit 
und Ungudt, der Enthaltfamfeit und PVöllerei liegen im ftetigen Streit mit 
einander. Das Eine, wie das Andere gewinnt oftmals die Oberhand, und 
wenn Selbfterbaltung und anerzogene Begriffe den Menfden aud) gebieterifch 
zwingen, auf der Bahn des Guten, Reinen und Reufchen zu wandeln, fo 


FElicien Rops, 








oS ries 


Deutfdhe Runf. 


fhlägt ihm die Lünftlih gezüchtete Enthaltfamfeit gar oft ein Schnippden 
und all das Gegentheil von dem, was er thut, fpielt ih in feiner über- 
bikten Phantafie ab. Diefe Phantafien zu verkörpern fudt die Runft des 
félicien Rops. Er it ein Suder. Die tiefen Yeurofen der modernen 
menfhlihen Seele Meidet er in das Gewand der biblifhen Befhichte und der 
Legende, er fpürt mit einer Zähigkeit und Hartnädigkeit den in den dunfelften 
Seelenwinteln fdlafenden Regungen nad, er fudt, wie ih fhon Eingangs 
bemerft babe, Gefiible, Gedanfen, Wiinfhe, Cigenfchaften in das Gewand der 
ſinnlichen Erſcheinung zu zwingen. 

Und ſo iſt denn félicien Rops Symboliſt, und zwar, der oft recht 
ſchwer zu verſtehen ift, trotzdem ſeine Vorwürfe von einer Kühnheit und 
Realität find, daß man deren nähere 
Detatllicung an diefer Stelle aud 
nidt einmal andeuten diitfte. Dom 
Beifte der Phantafie oder der Satire 
find Rops’ Werte zum allergrößten 
Theil erfüllt. Was fonft nod von 
ihm eriftirt, hat zwar vom Stand» 
punft des rein Tecdnifchen oftmals 
einen febr bohen Werth, ift aber 
nah feinen eigenen Worten aus- 
fhliefih zur Uebung gemadt. 
Und einer folhen Uebung bedurfte 
er 3u einer Zeit, in der er bereits 
für die Anderen ein vollendeter 
Riinftler war. Sein Werdegang 
ift ein gerader und Flarer. Ju Na- 
mur geboren, ftudirte er Philofophie 
und Yaturwiffenfthaften an der Uni- 
verfität Brüffel; fcon damals foll 
er, ein vollftandiger Uutodtdaft, ein 
glänzender Rarifaturift gewefen fein, 
zum großen Ergöten feiner Kolle- 
gen. Sein Dater ftarb und im Be- 
fte feines Erbtheiles genoß er das 
Leben in vollen Zügen, fo daß er 
faum merite, wie all fein Hab’ und 
But unter feinen fingern zerrann. 
Als er fih nun eines Tages aller 
Mittel entblößt dafteben fab, da 
griff er wiederum zum Bleiftift und 
zur Yadel und die Radirfunft follte 
ibm von nun ab gum Broterwerb 
dienen. Zuerft waren es jatirijche 
Blätter im Sinne Hogarth's, die 
er in einem Sriiffeler Wikblatt 
„Das Krokodil veröffentlichte, dann 
gründete er im Jahre 1856 felbft ein 
Wochenblatt: ,,Till Uyplenfpiegel'', 
12. worin er jede Wode mit einer Radi- 
—— rung kam, die ihre Sujets aus 

allen Schichten der Befellfhaft ber- 

nahm: das Dolf, die Bourgeoifie, 

die Beamten fowie die Geiftliden, fie 
alle 30g er in den Bereih feiner wirklih ätenden Kunft. - Schon diefe 
Radirungen verrathen die Rlaue des Lowen, wenn fie auc) nur eine Etappe 
auf dem Entwidlungswege des Rünftlers bezeichnen. Aber das Belgien der 
fünfziger Jahre fhien ein fo geringes Derftandnif für die Werke des Meifters 
gezeigt zu haben, daß der „Uyplenfpiegel“ zwei Jahre fpäter zu eriftiren anf- 
bören mußte. Don diefem Augenblide an beginnt für felicien Rops eine 
Epode des freien Schaffens, welde ibn nach Paris führte, wo denn auch 
fein Genie und fein Rönnen zur vollen Entfaltung gelangten. Jn Paris gründete 
er die ,,Société internationale des aquafortistes“, welde dazu dienen 
foll, das ntereffe für Radirung zu beleben und wiederzuerweden. Aber 
alle feine Anfttengungen feinen vergeblih; er und feine näheren ‚Freunde 
liefern wahre Meifterwerke, er radirt felbft unter den Pfeudonpmen William 
Leslie und Niederforn und trifft fo täufhend die Manier der deutjhen und 
englifhen Schule, daß es erft ftrifter Beweife bedurfte, bevor man Rops 


Auf dem Felde, 


, feine eigenen Werke glauben wollte. 


Aber entgegen den Lobeserhebungen eines Millet und Conrbet, trok der 





— — — — 


RETTET TER Ver <p ve: 


Bewunderung von Beaudelaire, Gautier, Barbey d’Aurevilly fheint Rops 
mit fic felbft nicht zufrieden. Gm Fahre 1876 vollzieht fh in feiner 
fünftlerifhen Eriftenz eine entfcheidende Wendung. 

Aus der Zeit, welche diefer neuen Epode in Rope! fünftlerifhem Schaffen 
vorhergeht, ftammen die erften zwei der hier reproduzirten Raditungen. Die 
eine ftellt eine Bruppe von Wäfcherinnen am Ufer des Bades vor und zeigt 
ein ganz eminentes Beherrfhen der Radirnadel von Seiten des Rünftlers. 
Viel intereffanter jedoh ift das andere Blatt „Les champs“, weldes mit 
wenigen Striden, in einer geradezu genialen Yaivetät die mädtige Poefle 
der ruhigen erwadenden Natur zum Ausdrud bringt. Ein Bauernmadden 
fit auf der Erde, angelehnt an einen Baum, der noh nidt vdllig*mit Caubwerf 
bededt ift; ibr linter Fuß ift entblößt und in ihren Augen drüdt fidh eine 
etwas melandolifhe Freude, ein Woblbehagen aus, weldes durd die laue 
Stiiblingsluft nod erhöht wird. 
om Hintergrunde fiebt man einen 
Bauer das Feld pflügen. Jn diefe 
Zeit fällt auch die mit der Infchrift 
„Non hic piscis omnium“ ver- 
febene Radirung: „Un poisson 
rare“, Eine Sirene mit zwei 
langen Stoßzähnen, mit gejträubten 
Haaren ift von den Wellen auf 
einen unbefannten Strand geworfen 
worden; auf die Hände geftütt, 
fhaut fie mit Entfegen um fih. 

3 batte bemerkt, daß fih im 
Sabre 1876 eine große Wandlung 
im Leben Rops’ vollzog. Er wurde 
fih darüber Mar, daß, um die 
jenigen fünf Lrifhen Probleme in die 
Sprache der Radirnadel zu über- 
fegen, die fein Behirn unausgefegt 
befhäftigen, es ihm an fünftlerifchem 
Rönnen mangle. Er, ter zu jener 
Zeit fhon mehr als zwanzig Jahre 
feinen Beruf betrieb, fing von Neuem 
zu lernen an. Er fand, daß feine 
Pbantafie ibn viel zu oft am Bängel- 
bande geführt habe, fo dağ er, von 
ihr allein geleitet, die Eraftheit 
und Ridtigfeit der formen ‘des 
menfhlihen Rörpers aus der Acht 
gelaffen babe. Er glaubt in feinen 
Hrihnungen unfihere Proportionen 
zu entdeden, 3weifelbafte Mustu- 
latur an nod) problematifcerem 
Rnodengeriift. Und nun feben 
wir das Scaufpiel, wie der bald 
vierzigjährige Mann von neuem 
Rarton und Roble gue Hand nimmt 
und Sffentlidhe Ateliers befudt, ` 
um monatelang nadh Hundcrten von Modellen in den verfhiedenften Stellungen 
Aft zu zeihnen. Diefe neuen Studien madten Rops erft zu dem, was er 
wurde. Er gewinnt nun eine derartige VBeherrfhung der Formen des 
menfchlihen Körpere, eine derartige Vertrautheit mit der Anatomie, eine fo 
unglaublide Renntniß jedes einzelnen Niuefelbündels, daß jede Nadirung, die 
aus der neuen Epode ftammt, vom tednifden Standpunft aus als 
Monumentalwerf angefeben werden fann, wenn man aud mandmal ein fo 
eminentes Können auf andere Dorwiirfe angewendet feben modte. 

Aus diefer und einer fpäteren Epoche datiren jene Blätter, die ih mit 
fataniftiihen Problemen befaffen. Die Jnkaraation der Derfuhung liegt piir 
Rops im Wibe; es ift für ihm das nftrument, vermöge welhes der Teufel 
die Seelen gewinnt und das feinerfeits dem Teufel unretibar verfallen ift. 
Das einer gewiffen liebenswürdigen Satire nicht entbehrende Wort: „Cherchez 
la femme“ wird unter Rops' Stift zum drohenden Symbol allen Unbeils. 
Wenn das Ewig-Weiblide im gegebenen falle den Riinftler aud hinan- 
gezogen hat, fo wird es den Beſchauer tief anwidern, und die Deutung der 
Madt, weldhe Lucifer auf uns ausübt, in dem Sinne des Rops, wird bei 
dem äfthetifch angelegten Naturell, weldhes gewohnt ift, im nadten frauen- 
Börper die Perfonifizicung aller Yaturfhönheit zu finden, einen beillojen 


selicien Rops. 


Deutfhe Runft. 








123 


Rabenjammer binterlaffen. Man darf daher aud an die Werke des Felicien 
Rops niht mit jener naiven freude und Erwartung berantreten, welde Kant 
als ,,intereffelofes Anfhanen" bezeihnet; wir müffen uns mit all unferer 
Pivhologie bewafinen und die Bilder zu deuten fuchen, ihren tiefinnerften 
Sinn errathen. Erft dann wenn es ung gelungen ift, des Rünftlers Gntentionen 
zu ergründen, werden wir uns bewundernd vor fo viel Rönnen, vor fo viel 
Wollen beugen müffen. 

Schon die moderne Salome muthet uns fonderbar an. Ein ganz modern 
gekleidetes junges Weib fihreitet in tänzelndem Schritt vor und hält in der 
Rechten einen Teller, auf weldem man einen Ropf eines alten Gelehrten 
erblidt; auf einer Schleife liet man die Worte: „Académie“. Das innerfte 
Wefen von Rope’ fataniftifhem Symbolismus zeigen uns am beften die 
beiden bier reproduzirten Blätter: „Le sphinx“ und „L'evocation“. 

Erfteres radirte Rops zu einer No» 

vellenfammlung, welde Jules Bar- 

IE: Su bey d’Aurevilly unter dem Befammt- 

TE titel „Les Diaboliques“ herausgab 
und in der eine Reihe von räthjel= 
baften, finnlid-graufamen frauen- 
harafteren pfydhologifh unterfudt 
wird. Jm Dordergrunde fehen wir 
eine mächtige Sphinz in der befann- 
ten bieratifchen Pofe, mit mädhtigem 
Bufen und tiefernftem Befiht; ein 
vollendet modellirtes Weib, aus deren 
ganzem Körper verzehrende Sinnlid- 
feit fpridt, umfdlingt den Hals der 
räthfelhaften Statue, gleitet bis zu 
deren Obr und fheint jih ihr an- 
zubieten, neue, nie gefannte Won- 
nen erbofjend. Zwifhen den zwei 
Flügeln, welde aus dem Rüden 
der. Sphing emporwadfen, feben 
wir den Satan, bodmodern, im 
frat und mit Monocle im Auge, 
naddenflid das Weib betrachten, 
diefes ewig unlösbare Ratbfel, 
deffen Seele ibm fhon jet fider 
it.  Ebenfo großartig ift das 
Blatt: .,L’évocation“, welches 
Rops für die von Octave Uzanne 


im Gabre 1885 herausgegebene 
Sammlung: „Son altesse la 
femme“ malte und radirte. Jn 


einem großen, mittelalterliben Labo- 
ratorium fint ein alter Nefromant 
und bejhwört „das Weib“. Vor 
ibm liegt cin foliant mit der Jn- 
fhrift: „Compend um malefic 
iorum“, aus dem heraus er die Be- 
[hwörungsformeln lief. Da p!öß- 
lih zerbricht der im Hintergrund jtehense Spiegel, und vor ihm erfġeint ein 
fhönes, nadtes, weiblihes Wefen, bereit, jedent Befehle von ihm zu folgen; 
anf einem alten Pergament liet man das für die Situation fo bezeihnende 
Wort: „Satanae, womit der Künftler offenbar andenten will, das fhöne 
Weib fei nur ein Sendbote des Teufels, welder auf Siege Weile hofft, dte 
See.e dea alten Gelebrten um fo fiherer in feine Gewalt zu befommen. 

On diefen und ähnlihen Bahnen bewegt fih die ganze Runft des Rops 
und wenn wir aud mandmal jagen müfjen, daß er die Grenze des Erlaubten 
weit überjchreitet, jo tritt auf der anderen Site vor der grandiofen Gdee, 
welche alle feine Werke beberrfiht, jedes Meinlihe Bedenken zurüd. Sowie 
Fra Angelico, Memmling und van der Wevden Maler waren, dazu angethan, 
die Majeftät Bottes zu vecherrliden, fo fann man félicien Rops als Leib- 
maler Sr. Majeftät des Teufels bezeihnen. Und warum and nidt? Der 
dogmatifhe. Glaube an Bott bedingt and den Glauben an Lucifer mit all 
dem Gefolge von Heren, Gneuben und Succuben, Sabbath u. f. w. Wir 
fdwebten Jahrhunderte lang im Himmel. Félicien Rops zeigt uns zur Ub- 
wedfelung die Hölle, aber niht die unten, fondern die, welde wir in uns 
tragen, die Hölle — auf Erden, als deren Beberrfderin feiner Einbildunge- 
feafc das Weib in feinen verjdhiedenen Inkarnationen erſcheint. 


Die Wäjcherinnen. 


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Deutſche Runſt. 


Die Gothik zur Zeit der Romantik. 


T' den erten Jahrzehnten unferes Jahrhunderte, als unfere 
Großväter und Grofmiitter als GFinglinge und Jung- 
frauen, als junge Chemdnner und junge Frauen ibe 

Leben genoffen, als die Scredenszeit der Revolution 
vergefjen und die unrubige napoleonifche Periode der Reftauration 
Plat gemadt, als man das Bedürfnig nah einem rubigeren 
und befhaulicheren Leben allerwarts aufs tiefite empfand, da 
30g mit dem Frieden aud eine neue Runft in die Häufer unferer 
Großeltern, die Runft und die Literatur der „Romantik. Die 
Welt batte fid lange genug an der Sonne Ser Antife gewärmt, 
Griedhen und Romer in allen formen fopirt, jegt begeifterte man 
fid an Ritterromanen, ftudirte mit befonderem Eifer die Ge- 
fcidte der Areuzzüge, der Ritterorden und des Ritterwefens, 
und trachtete darnad, auch die nähere Umgebung, die Wohnung, 
ja felbft die Kleidung dem neuen Befhmade anzupajjen. Man 
griff 3u breitfrämpigen Hüten mit wallenden Federn, bradte an 
den Achfeln der Frauengewänder Puffärmel an, welde Senen 
der Renaiffance abgelaufht waren, und griff wieder zu Rað- 
fragen, langen Acrmeln und ähnlichen Dingen, welde man als 
einft bei Rittern und Ritterfräuleins üblih [häßte. Alte Ritter- 
fie wurden rejtaurirt und mit Riiftungen und Waffen, alten 
und alt fein follenden, gefhmüdt „Ritterburgen* waren von 
da an belichte Ausflugspläge und Reifesiele; bier lief fib 


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Sélicien Rops. Die Bejhwörung. 


Pon R. Forrer-Strakburg i. €. 


romantifh träumen und doppelt fhön Walter Scott genießen, 
Und um auh zu Haufe in diefer Sphäre zu leben, umgab 
man fih mit allerlei Dingen, die an die ritterlihe Vorzeit ge- 
mabnten. Man begann von Neuem mit der Verwendung bee 
malter Glasfcheiben, man fette an Stelle der bisher üblichen 
antififirenden Empire: Möbel „gothifh‘ ftilifirte, bemalte die 
Wände mit romantifchen burgengefhmüdten Landfhaften und 
gab fogar allen Nippfahen gothiydhen Charakter. Damals 
glaubten die Zeihner, Arditekten, Tifdlermeifter, Bronzegießer 
rc. rc. Sen Geift der Gothif vorzüglid be- und ergriffen zu 
haben. Heute fönnen wir uns eines Lädelns nicht erwehren, 
wenn wir jene gothifh Seforirten Buceinbände, gotbifh ge- 
fhnitzten Möbel, jene Barometer, Ubrgehdufe, Rerzenftöde ıc. ıc. 
in „sotbifcher ‚Faflung‘* feben. Abgefeben davon, daß damals 
jene Arbeiter in ihrem tehnifchen Rönnen weit hinter Sem der 
Bothit wie der neueften Zeit zurüditanden, fo liegt der Febler, 
weshalb jene Gothi? von der wirfliden fo febr verfihieden 
ift, vor Allem darin, daß jene den Geift Ser Gothi? niht be- 
griffen batten. Nadh dem Rezepte ,,Rundbogen — romanifd, 
Spitbogen — gothifh, nahmen fie den Spitbogen überall 
als grundfäßlid zu verwendendes Charakteriftitum an, wo es 
galt, irgend etwas in „gotbifhem* Stileherzuftellen oder zu deforiren. 
für „Spigbogen“ boten in erfter Linie die Rirhen und Dome 
die beften Vorbilder. Aus diefen heraus bildete man eine Art 
ftereotyp wiederfebrendes Brund-Ornament, eine Art Kraut, das 
in feiner Suppe fehlen durfte, die gotbifh fhmeden follte Die 
guten Leute vergaßen aber, daß diefe der Architektur ent- 
nommene Gothif, diefe ,,Rirdhengothit", feineswegs 
ohne Weiteres auf profane Dinge übertragen werden 
durfte! 

Dies ift der Grund, weshalb alle „gotbifh“* fein follenden 
Geräthe jener Heit, ©. b. Ser ungefähr urh die Reftau- 
rationsepohe angedeuteten Seitperiode, nidts weniger als das 
in fic) faffen, was die Autoren ihnen zu geben vermeinten, den 
Geift der Gothif. So fommt es, daf jene „romantifhe Botbif", 
welde im Runfthandwerf jener Heit feinen feften Fuß zu fallen 
vermochte, und daß die Runftprodufte, in melden jene Ritter- 
romantif und Theatergothif zur Anwendung fam, uns beute 
mebr wie Auriofitäten und Abnormitäten vorfommen. Uhr— 
sehäufe, Barometer, Thermometer, Stühle, Trinfgläfer, alle mit 
thurmartigem, gotbifhen Baumer? gefhmüdt, überall, felbit da 
arditeftonifde Motive der Bothifruntergefhoben, wo die wirkliche 
alte Gothif einen ganz anderen formenfreis 3ur Anwendung 
brachte. LUnfere modernen Meifter, idy nenne nur Seit, Seder, 
Sattler als Beifpiele, haben fic ganz anders in den Geift jener 
Feit hineinzuleben gewußt: Zwar wollen diefe die Meifter des 
XIV. und XV. Jahrhunderts nicht ,,fopiren’, fie wollen Neues 
fhaffen und man fiebt es ihren Arbeiten an, daß Jahrhunderte 
fie von den Vorbildern trennen, aber trotdem athmen diefe 
Arbeiten den Geift der Gothit, fo da man fic beim Genießen 
dSerfelben wirflid) in jene Zeiten zurüddenfen fann. Nicht ver- 
gefen darf man allerdings, daß wir, d. b. die Produzirenden 
und die Ronfumirenden von beute, ganz andere Grundlagen 
baben, um jene alte Runft zu verftehen, zu würdigen und in 
neuer form wiederzugeben. Heute blüht wieder die Runft des 
Holsfdnitts, vor 70 Jahren ftand diefer auf feiner tiefften 
Stufe. Gleiches gilt für Holzfhniterei, Runftfdlofferei und die 
zablreihen anderen Runfthandwerfe, welde in den Zeiten der 
Gothif sur hddhften Blithe gediehen, in der erften Hälfte unferes 
Jahrhunderts aber auf dem nieðrigften Niveau des Könnens 
angelangt waren. Heute fommen fie Sanf der Beftrebungen 
unferer fachzeitfehriften, der Runftgewerbefdulen, Runjtinduftrie- 
mufeen und dank der vielen einfhlägigen Spezialwerfe in ihren 
Leiftungen wieder denen der glanzvolliten Vorzeiten nahe. 
Gerade jene Literatur und jene Lehranftalten fehlten aber vor 
70— 80 Jahren noh gänzlid und es fehlte damit aud den das 








— 


Deutſche Rung. 


maligen Augen die nötbige Sehfhärfe, welhe nicht bloß ober- 
flählihe Unterfhiede zu erkennen, fondern aud das innere 
Wefen der alten Runft 3u erfaffen vermag. 

Gerade deshalb haben fih aber auch unfere Broßväter und 
Großmütter in ihren gothifchen Ritterfälen fo bebaglid, fo 
romantifd gefühlt; fie faben die Mängel ihrer Bothit nit, 
fo entfegli unferem modern gefdulten Auge ihre “gothifden 
Mobel und ihre mit gothifdhen Nippes durdfete Umgebung 
vorfommen mögen. Das beweift aber nur wieder, wie wohn- 


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125 


lid) man fih fühlt und wie febr es unfercr Natur entfpridt, 
wenn wir uns eine unferen Runftneigungen und Studien, 
vielleidht aud Traditionen und Liebhabereien angepaßte Um- 
gebung fdaffen. Und wenn trog aller Anfeindungen der 
Theoretifer, die Sitte Ser Ausftattung unferer Wohnräume in 
alten Stilarten andauernd eine ebenfo vielgeübte, mie weit- 
verbreitete ift, fo bemeift doc gerade dicfe gewaltige Aus- 
dehnung, welch’ unmwiderftehliher Reiz den vielgefhmähten 
„Interieurs de Style“ innewohnt. 


Dom Berliner Weihnacht-Kunftmarkt. 


8 ift begreiflih, dağ auh in der Runftwelt die Weihnadhteftimmung 
vorherrfeht und auf die praftifche Seite, den Erwerb, einen befonderen 
Nahdrud legt, um fih die allgemeine Schenk- und Rauf-Luft zu 

Nutze zu magen. 

Es ift das um fo verzeihliher, wenn es fih, wie beim Berliner 
Rünftlerverein, um iðeale Jwete handelt, nämlih um die Unterftiigung 
nothleidender Wittwen und Waifen verftorbener Rünftler. Alljährli eröffnet 
der Derein einen Weibnadtstifh, auf welhem funftgewerblide Begenftände, 
von nambaften Berliner Riinftlern mit Bildern und Ornamenten gefhmüdt, 
dem Publitum 3u niedrigen Preifen feilgeboten werden. Auf Schreibmappen, 
Rajfetten, Blods, Schränthen, Wandtellern u. f. w. ftehen unter werthvollen 
Malereien die Mangvollften Namen, wie Sfarbina, Bradt, friefe, Feldmann, 
€s ift ein anmuthiges Runterbunt von Malerei und Runftgewerbe, eine ftil- 
lofe aber amüfante Derquidung von Praktifhem und Schönem. Nicht felten 
paart fih die Erfindsungegabe mit liebenswürdigem Humor und wo der 
eigentlih dekorative Sinn vermift wird, entfhädigt häufig ein origineller 
Gedanfe. So hat Profeffor Sperling auf einer von dem Raifer erworbenen 
Palette den Sprud veranfhaulidt: Man fann viel Schwein haben und 
dennoh auf den Hund kommen. — R. Rödling hat eine Schieffheibe bei- 
Geftenert, die, als Wanddeloration gedacht, eine Gruppe rothrödiger Ranoniere 
aus der Zeit des alten frig darftellt, welde in großer Aufregung ein 
Geihüg bedienen. Um das flott gemalte Bild fließt fh gleihfam als 
Rahmen die gefdriebene Sirophe: 

Das allerftärkite Artegesheer 
Rann obne uns nidts maden, 
Die Siegesgöttin lacht nicht eber, 
Bis daß Ranonen traden; 
Wo Artillerie fid zeigen thut, 
Hieht jeder höflich feinen Hut, 
Madt Plat — Kanonen fommen — 
Einer der luftigften Begenftände ift ein hslzerner Bierfrug, weldhen O. H. Engel 
mit gezeichneten Rarrifzturen — vermuthlih befannte Typen der Refidenz — 
gefhmüdt und mit der finnigen Gnfdrift verfehen hat: 
Jedem Braven ift's gegonnen, 
Wenn am Abend finft die Sonnen, 
Daß er in fih gebt und denkt, 
Wo man einen Guten fchentt. 
Runftwerfe als folde zu bringen war niht der Jwet des Weihnadtatifdes, 
dodh werden fiherlih Originalzeihnungen von Menzel und Anaus ihre Ab- 
nehmer gefunden haben. 

Eine ähnlibe Deranftaltung wie die der Künftler ging von dem Derein 
der Rünftlerinnen und Runftfreundinnen aus, die mit einer Weihnadts- 
mefje an die Deffentlichfeit traten. licht weniger als hundert Damen batten 
ih daran betheiligt und eine Fülle von funftgewerbliden Gegenftanden dar- 
Gebradt, die ein achtenswerthes tehnifhes Können bezeugten, gegenüber dem 
feüher herrfhenden Dilettantismus. Man hat ih gewöhnt, alles Aengftlide, 
Ausdrudslofe abzufteeifen und mit fiderer Hand fräftig einzufeen, wie es 
nur durd ernftlihe Studien erlernt wird. Go find die Riinftlerinnen auf 
allen Bebieten der Tednif zu Haufe, jedes Material macht fi) ihnen dienftbar, 
fei es nun Holz, Metall, Porzellan, fayence, Leder, Wolle, Flor oder Papier. 
Aber, was widtiger erfcheint als Runftfleif und Runftfertigteit, der Befhmad 
wird gebildet und zur Selbftändigkeit erzogen, er wird auf die Probe geftellt, 
weldhe Ausdrudsmittel im befonderen Falle die geeignetften und mwirkjamften 
find. Gerade in diefer Beziehung ift man nod nit überall zur Alarheit 
gefommen. So würde man beifpielaweife bei einem bemalten Wandfdirm 
eine ftilifirte oder freie dekorative Behandlung der braven realiftifhen Blumen- 


malerei vorziehen. Denn ein Wandfehirm foll als Lurusmöbel einen praftifchen 
Awed verkörpern und darf nicht zum eingerahmten Bilde werden. 

Um von den gediegenften Arbeiten einzelne herauszugreifen, jeien genannt 
die des Frl. Rirfehner: beftidte Deden aus weißer Seide, ein Wandfchirm 
aus lichtgrünem Seidenrips mit halb gemalten, halb geftidten, aufliegenden 
Blumen, ferner die Blasgenälde und Thonvafen von frl. Schlieder, fowie 
ihre gemalten Kopien ruffifher Gobelinbilder von Einzelgeftalten weiblider 
Heiligen mit aufgefegten farbigen Blasfternen, Silber- und Bold-Zierrathen, 
Don allgemeinem Gntereffe find die Porzellanmalereien des Frl. v. Rliting, 
die denen der Rönigl. Manufaftur ähnlich fehen und die von frl. v. ©. Gröben 
aus Paris gefandten geftanzten Metallarbeiten, die fih befonderer Nachfrage 
erfreuten. 

Auh die Weihbnahts-Ausftellung bei Schulte hat eine gewifle 
merfantile Färbung angenommen, ohne daß man von einem unfiinftlerifden 
Befammteindrud reden fönnte. Sie bringt neben verfäufliher Marktwaare ein 





Sélicien Rops. 





126 


ganzes Raletdoffop von Berühmtheiten, die verfchiedenartigften Werke der ver- 
fciedenften Rünftler aus aller Herren Lander, jo daß man verfudt ijt, über 
das Zuſammenhängen, über die unfreiwillige Nadhbarjhaft künſtleriſcher 
Antipoden fih in fomifhe Phantafien zu verlieren. Als Beifpiel nenne id) 
nur eine Beduinenattade von Schreyer und die fehr imprefjiioniftifch-ffizzen- 
haften Themfelandfhaften von Muhrmann, Bilder, die fid) gegenfeitig ans- 
zufihließen feheinen. Andererfeits gewährt es einen Reiz, jo viele bedeutende 
Riinftler nebeneinander zu feben und ihre Werke auf die Rivalität in Rraft 
und Wirkung, in Mache und Inhalt zu vergleihen; unter welden Befihts- 
punften man aud) moderne 

Meifter wie Dagnan=-Bou- 

veret (Kopf einer Bretag- 

netin), Dillegas (Mauren- 

juftiz), Boldini (landfhaft- 

lihe Skizze) beurtheilen mag, 

man wird immer darauf Zurüd- 

" fommen, daß eine ftarfe Per- 

[Snlicfelt über alle auh dte 

beften und feinften Effekte den f 
Sieg davontragt. Jn Hans 
Thaulow begegnen wir einer ff \ 
folchen PerfSnlidfeit, die ftark 

und unabhängig genug ift, 

eine eigene Sprade zu reden. 

Die landfhaftlide Stimmung 

wird ihm zum Ausdrud feines 


i A 
unendlid reiden foloriftifden fi URON 
Empfindens und in diejem 3 PA 
Sarbenflang giebt fidh der j Ak 
Inhalt feiner Bilder fo einfach Bi A 


und padend, wie es nur der 
fouveränen und fpielenden Be- 
handlung möglich ift, mag der 
Riinftler nun Mondfdein oder hed 
Tageslidt fcildern, mag er l i 

uns das feidte Flußbett bei Š ? yà 
einer Mühle oder einen moder- zn Key 
nen Hafenquai mit Roblen- 
waggons und Dampftrabnen 
vor Augen führen. — Die i 
Landfhaften der Holländer = ne hes 
Banfema und Hagemans 

fönnte man Meifterwerfe nn. x 
nennen, wenn fh nide in ( N 


ihnen allzufeht die nationale — He. 


Tradition ausfprähe. Maris ir 
und Mauve haben uns beinab 
dasfelbe und früher ansge- 
drüdt. 

Die Deutfhen find dies- 
mal bei Schulte etwas ftief- 
mütterlih behandelt. Außer 
dem altmeifterliben Stillleben von A. Runz, einem Jöyll von Rnaus 
tritt nur Lenbad mit bedeutenden Leitungen hervor. Das Bildnif des ge- 
feierten Mommfen, den er von vorn mit über die Stirn emporgefhobener 


Sélicion Rops. 








Ein feltener Sifd. 





Deutfhe Runft. 


Brille aufgefaßt bat, fheint in Blit und Haltung die Charafteriftif des 
grübelnden in ih verjunfenen Gelehrten zu erjchöpfen. 

Vor allen Ausftellungen it der Salon Burlitt feinem urfprünglicen 
vornehmen Charakter treu geblieben. Man befindet fic in einem eleganten 
Gefellfhaftszimmer, man wird nit von Bildern erdrüdt und wird nicht durch 
allzuviele Eindrüde verwirrt. Das Originellfte anf funftgewerblidem Gebiete 
find obne Zweifel die Erzeugniffe der New-Vorfer firma L. Tiffany, 
welde es verftanden bat, aus Blas Prunfjtüde herzuftellen, die aus einer 
Märchenwelt zu ftammen feinen und an phantaftifher Schönheit, Pradt, 

Farbenglutb und Glanz mit 
den üppigften Blumen der 
tropifchen Ylatur, mit fhillern- 
den Schmetterlingen und 
Mufcheln wetteifern. 

Die Bildergalerie bei Bur- 
litt fegt fid aus bervor- 
tragenden Werfen zufammen, 
die im legten Sommer in 
Dresden und Denedig Auf- 

\ feben erregten. Dazu fommen 
nod einige intereffante Ar- 


beiten bekannter Meifter, wie 
iy y \ Liebermann, Hans 
NUR Z x Thoma, Reller + Reut- 
pe FACT — lingen und v. hofmann. 
7 a * \ Das frühlingsbild von Hof- 


\ mann drüdt am beften feinen 
\ Stil aus, vereinigt die Runft 
A deforativen Vortrags mit 
1 dem mardenbaft - fymbolifden 
i Inhalt: Durdh eine fonnige 
\ N 1 nod fable Friiblingslandfhaft 
ARU T } fhreitet ein mit transparen- 
ee tem Schleier befleidetes Weib 
| und hält einen Blüthenzweig 
é A. H in der Hand, während nadte 
A a ' Rinder am Ufer eines Bades 
f j fpielen. Die beten Stüde 
der QAusftellung find ferner 
eine Pietä von Bödlin und 
drei Bilder von Leibl. Das 
Interieur einer ländlichen 
Rüde, der Ropf eines Bauern- 
mäbddens, der an malerifcher, 
formvollendeter Durchführung 
feines Bleiben fucht, und aus 
feiner Parifer Feit eine Pari- 
ferin in Schwarz, ein Werk 
von genialer Yobleffe und 
wudtigem Dortrag. Daneben 
verblajfen die italienifchen mit 
beftechender Tednif gemalten 
Bilder von Fex308 Ciardi, Signorini und Salvetico, thre Virtuofitat 
erjcheint äußerlih und talt gegenüber der feelifh vertieften Tonempfindung 
des deutjchen Meifters. Rarl Rrummader. 


Die Berliner Böclin-Ausftellung. 


Siehe „Deutfhes Wodenblatt Nr. 50. 


© ie Reihshauptftast bat fih Sen 

oe gegenüber gemwohnbeitsgemäß suriidbaltend gezeigt. Die 
a Ausftellung feines ,„Werkes* in der Akademie der 
Riinfte ift fpat und unter befonderen Schwierigkeiten zu 
Stande gefommen, aber fie bedeutet einen Erfolg von nad- 
baltiger Wirkung. Gn den dunklen Sälen fihieben fid Taufende 
an einer impofanten Reibe von faft hundert Bildern eines 
Künftlers vorüber, den falfh oder halb verftanden zu baben, 
nod immer einen Gewinn bedeutet, weil man fid wenigftens 


Bödlinhuldigungen 


daran gewöhnt, ih mit dem DVerfteben eines Malers überhaupt 
Mühe zu geben. 

Eine fritifhe Würdigung Arnold Bödlins ftößt auf fier 
uniiberwindlide Schwierigkeiten. Don feiner Perfon auszugeben, 
ift undanfbar, da fein Cebensgefhid fid) von den unumgäng- 
lihen Hungerjabren unbemittelter Riinftler abgefehen, überaus 
einfach vollzogen hat und zu feinen Werfen faum in eine er- 
fennbare Beziehung tritt. Auch das alte „Sage mir, mit wem 
Du umgebft und id will Dir fagen, wer Du bit“ findet auf 





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he 


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ibn nur befchranfte Anwendung. Wenn er bei dem Düffeldorfer 
Johann. Wilhelm Schirmer in die Lehre gegangen ift, fo bat er 
dodh das Lehrbare bald vergeffen und man fann mit demfelben 
Rechte Holbein d. J. und einen Theil der vlämifchen Meifter des 
16. und 17. Jahrhunderts feine Lehrmeifter nennen, wie irgend 
einen feiner älteren und jüngeren Zeitgenoffen. Er, der poetifchite 
„ler, theilt mit Adolph Menzel, dem profaifchften unter den 
a die Eige ichPeit, weder zu den Füßen eines 

zu haben. Einfame 

em eigenartigen 

| at der 


© 
Bou. 
einem g 


und pfeift ñ 
Naturlieð. Neben 
iiber einem Yotenbeft, 


Flotow. Das Ganze ift in 

gehalten, aber fhon voll fieghafte 

föftlih, wie die Amfel mit weit geöjfne 
furrirende Waldungethiim anfcpreit, während Note 
an der Erde ihre ftumme Spradhe reden. 

Dann fommt die erfte Romfabrt mit ihren materi 
Sorgen und ihren ideellen Freuden, in der gliidliden Derbindun 
mit Angela Pascucci ihren Abfchluß findend. Der Vertehr mit 
Dreber und Anfelm Feuerbah bringt mandhe Anregung, aud) 
die römifhe Landfhaft bleibt niht obne Einfluß: Aber das 
halbe Dutzend italienifher Studien, das die Berliner Aus- 
ftellung enthält, zeigt dod) immer nur, wie Bödlin aud bier 
der Wirklichkeit gegenüber fi feine Selbftftändigfeit wahrt und 
fih urh Liht- und Farbenfülle nicht blenden läßt. Da ringt 
ein Etwas nad Ausdrud, das fih feine eigene Sprade fudt 
und den Außendingen ein Perfönlihes aufzwingen will, Gn 
diefen Experimenten fann man bald ein Stüd von Dreber mit 
einem leifen Stih ins Heroifche, bald ein foldes von Aden- 
bad und Flamm entdeden. Aud) Feuerbadh’s Einfluß ift zu 
erfennen, in Röpfen und im figürlihen, am meiften vielleicht 
in dem rührend einfahen Bilde, das den Künftler mit feiner 
jungen frau mit verfhlungenen Händen in einem Garten 
wandelnd darftellt. Den Beiden ift’s fiher zur Feit nicht eben 
glänzend gegangen, aber fie find entfchloffen, Alles mit einander 
zu tragen, Luft und Leid. 

Die reiffte Frucht diefer Heit ift der „Pan im Scilfe*, der 
dem Künftler in München feinen erften Erfolg bringt. Jm Rohr 
verborgen lauft der ungefhlachte Naturgott dem Rauchen der 
Wellen in den Halmen, um es nadhzuahmen auf funftlofer 
Syring. Das Bild wird Surdh die Zeit feiner Entftehung zu 
einem fymbolifhen Markftein Böcklin'ſcher Naturanſchauung. 












Denutfhe Kung. 127 


Schüdtern und taftend wagt fih feine anthropomorphifhe Dar- 
ftellung der Stimmungslandfhaft hervor, um fih dann plößlid 
jieghafte Bahn zu bredhen im Panifhen Schred. Da taucht der 
gefpenftifhe Waldgott über einem Felsblod auf, und fein 
gehörntes Bodsgefidt jagt den Hirten in die Fludt über Stod 
und Stein den felshang hinab. Das ift fhon der ganze 
groteste Humor, der Bödlin die Natur mit einer ausgelafjenen 
Schaar von Drittelwefen erfüllen läßt, Gott, Menfd und Thier 
zugleih. Mit diefem Bilde fteben wir nun mitten in der 
Weimarer Zeit, die zwar nur zwei Jahre dauert, aber immerhj 
Bi chet eet a IA TTi rtiae Runftid he 


9 

diefer ` 

Einflüffe waren ja ® ov ebr vie 
Intereffantes, namentlid Im Munde Soans, der, wie gefagt, 
außerordentlid fharfjinnig war und eine Mafje von Erfahrungen 
über die alten Meifter befag.“ 

Aus diefem Urtheil Cenbach's läßt fih zweierlei entnehmen, 
Saf ibm Bolin imponirt und saß er ihn mißverftanden hat, 
wie es denn einem Riinftler von fo ausgeprägter Individualität 
oft paflirt, daß er ih in die Eigenart eines Runftgenoffen nicht 
bhineinzudenten vermag. Bödlin hat weder „mit Rembrandt 
angefangen“, nod ift er auf jvmbolifhen Ab- und Umwegen 
„nah und nad der Bödlin geworden“. Er it ausfchlieglic) 
aus feinem felbftberrlichen Derhdltnif zur Natur zu begreifen, 
deren Stimmungen fih ibm in ernfthafte und drollige Sput- 
und fabelwefen umfeten, die er mit einem Gran des echten 
Humors gemifht meift der römifch-bellenifhen Halbgötterwelt 
nachbildet. 

Wenn wir recht berichtet ſind, hat Böcklin eigentlich niemals 
eine Landſchaftsſtudie über das Stadium einer Skizze zu 
Erinnerungszwecken hinausgetrieben. Die Nachbildung der Natur 
genügt ihm nicht, er ſchafft, von der Anſchauung angeregt, ein 
Neues, Gleichwerthiges, mit Weſen von ſeinem Weſen Belebtes. 
Dieſes ſouveräne Neuſchaffen iſt es, was ihn dem Verſtändniß 








——— 4—— 











Neuerwerbungen 
der Berliner ftaatlichen Kunftfammlungen. 


Die Rgl. Bemäldegalerie wurde bereihert Surh zwei hervorragende 
Erwerbungen, das Portrait eines jungen Mädchens aus der Mitte des 
15. Jabrbunderta, wahrjheinlid von Domenico Veneziano berrühtend, 
und das duch Charakteriftif und Einfachheit der Malweife ausgezeichnete 
Männerbildniß von H. Holbein ò. J. Dem Raifer Friedrid-Mufeumsverein 
wurde iiberwiefen und vorläufig in die Rol. Galeriefammlung eingereibt: 
das Bildnif eines alten Mannes von Hans Memmling und der Studien- 
fopf eines jungen Juden von Rembrandt. 

Als Neuerwerbungen für die Sammlung der Skulpturen find als die 
widtigften hervorzuheben zunähft ein Bejhen? des Herrn v. Rühlmann, 
Brudftiide eines fpätgriehifhen Sarkophages. Fm Runfthandel wurden 
erftanden: fehr werthvolle Theile einer Relieffolge, die als Shmud einer 
Bafis verwendet gewefen fein mögen. Cine vollftändig erhaltene Platte zeigt 
eine Entführungefzene: 
nad einer flichenden Fran, während ein Fleines Madchen ruhig Sabet fteht. 
Auf einer zweiten Platte flea zwei Männer in naddenflider Haltung auf 
SFelfenfigen einander gegenüber, daneben ein dritter von ihnen abgewendet. 
Unmittelbar anfhließend war wahrfheinlich die dritte nur theilweife erhaltene 
Platte, auf der zwei Männer fihtbar find. Die Motive finden durchweg ihre 
Analogien in den Werfen aus der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts. Die 
Arbeit ift überaus gefdhidt und leicht, mit einem Anflug arhaifher formen- 
auffaflung, weift aber leider überall ftarfe Derlegungen auf; namentlid fehlen 
die Ropfe, die faft alle einmal modern ergänzt waren. Weiter wurden — 
ebenfalls im Runfthandel — ein vortrefflih gearbeiteter männlicher Torfo mit 
ungewöhnlih fhön erhaltener Oberfläche erworben, der ftiliftifch den Pergamons- 
Skulpturen nabe fteht und ein nadter Frauentorfo, eine bas Haar aufbindende 
Aphrodite darftellend, eine Arbeit von feltener Güte. 

Die Sammlung von Bildwerfen aus der driftliden Epode 
wurde dSurd eine betradtlidbe Anzahl werthvoller Gejdente vergréfert. Ein 
bedentendes Runftwerf wurde dec Sammlung von Heren James Simon 
gefhenkt, nämlih das Modell einer nadten mannliden Standfigur von 
Antonio del Pollajuolo. Die herbe Behandlung, die fcharfe Betonung 
des Anatomifhen, namentlid der Muskulatur, die Uebereinftimmung der 
‚Formenbehandlung, befonders der Kopfbildung mit derjenigen dee einzigen 
beglaubigten Bronzegruppe des Meiftere, die das Mufeo Nazionale in Florenz 
befitt, läßt die Autorbeftimmung zweifellos erfheinen. Jn der fiheren Haltung 
und der energifhen formengebung ift das in Blei gegoffene Modell ein 
fleines Meifterwerf, das der Rünfller eigenhändig an einzelnen Stellen mit 
dem Mefjer nachgearbeitet bat, obme es ganz zu vollenden. Trok des altliden 
und bafliden Gefidtsfdhnittes fdheint Paris dargeftellt zu fein, der in der 
linten Hand den Apfel hält, in der zue Schulter erhobenen Rechten aber einen 
— jegt abgebrodenen — Stab, den wir uns furz und oben gebogen vor 
zuftellen haben, wie ibn die Hirten häufig auf antifen Darftellungen tragen. 

Durdh Zuwendung von Bönnern, weldhe nidt genannt zu fein wünfchen, 
empfing die Sammlung außerdem zwei Perlmutterreliefs. Eine Anbetung der 
Rönige in Rund, anfcheinend eine Arbeit des Yiederrheins aus der Zeit um 
1450 und das forgfam gearbeitete Portraitrelief des Nürnberger Patriziers 
Martin Haller. ferner ein Räfthen, deffen Dedel und Seitentheile in den 
eigenartig verwendeten Reliefs Peter Fldtner's befteben. Endlich wurde 
die Sammlung der Barodbildwerfe Surh ein Gefdenf eines Ungenannten 
bereichert, ein bemaltes Thonmodell einer Madonnenftatue, die als eine gute 
oberdeutfhe Arbeit aus der erften Hälfte des IS. Jahrhunderts zu bezeichnen ift. 


Ein Mann bebt eine frau hod, ein zweiter greift" 


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Weitere nit minder bedeutende Stüde flofien der Sammlung zu durch 
den Raifer friedrich-Mufeums-Verein in Sen Statuetten des fogenannten 
Gladiators von Bertoldo und eines fih Fafteienden Hieronymus. Das 
legtere, wahrfheinlih paduanifhen Urfprunges, harakterifirt fih Surh fräftige 
Formengebung und forgfältige Durchführung des Nadten. Ferner gehören in 
die Reihe diefer Zuwendungen die Statue eines franzöfifchen Königs, wahr- 
fheinlid von dem Portal der Kathedrale zu Rouen, eine Arbeit des 15. Jahr- 
bunderts; ein glafiertes Thonrelief der Maria mit dem Rinde in Halbfigur 
von Luca della Robbia, aus einer englifhen Privatfammlung ftammend, 
und ein weiß geténtes, theilweife vergoldetes, Fleines rundes Studrelief, 
Maria mit dem Rinde auf blumiger Wiefe, von zwei Engeln verehrt, von 
einem Nachfolger Donatello's um 1440. 


Die Erwerbungen des deutfchen Kunftvereins und 
des Dereins der Kunftfreunde im preußischen Staate. 


eber die Rührigkeit und den allgemeinen Charakter eines Runftvereins 

geben die jährlihen Ankäufe für die Derloofung den beften Auf- 

O fhluß. Es ift anzuerkennen, daß der Derein der Runftfreunde im 

preußifhen Staate, der den verfdiedenften Befhmadsrihtungen Rechnung 

trägt, auh Sen modernen Beftrebungen die Chore geöffnet bat. Davon 

zeugen die werthvollen Erwerbungen einer Rreidezeihnung von A. Menzel 

(Profil einer Dame im Pelzbarett) jowie einer virtuos behandelten farben- 
ffizze von M. Liebermann, einen Arbeiter im Roblfelde sarftellend. 

Don den 3ablreihen Landfdaften feien hervorgehoben ein poetifih 
empfundenes und [luftig gemaltes Waldinterienr von Flidel; zwei Marinen 
von Salzmann, heftig bewegte Szenen auf hohem Meere und an der Küfte 
Helgolands; die italienifhe Landfhaft it duch Pape, Drefler und 
Poffart vertreten. Engelhardt führt uns auf einen von figuren und 
Bemfen belebten Bebirgsfamm, Wiffinger- florian in eine ftimmungs- 
volle bherbfilide Allee. Hofmann von fallersleben bringt ein Winter- 
bildhen und Rummelspadher eine gefhidt fomponirte Flußlandfhaft von 
ausgefprodener Romantif. Frenzel’s Thierftüd, Riihe am Ufer, it mit 
bewundernswerther Delifateffe behandelt. Ein launiges Genrebild ift Sie 
Bärenfamilie von Wagner. Unter den Figurenbildern verdienen befondere 
Beadhtung das Seeger’jhe Liebespärhen aus der Biedermeierzeit, das fidh 
in der Waldesftille fo fittfam mit Dorlefen erfreut, ferner eine Menuettfzene 
von Grotemeyer. Hur Vervollftindigung der. Sammlung wurde eine 
Bronze von Schmidt angekauft, zwei Rehe in graziöfer Bewegung, fowie 
das werthvolle Ylietenblatt, weldes in einer Radirung mach dem befannten 
Rembrandl'ſchen Selbftbildnif beftebt. 

Der deutfhe Runftverein zeigt nad wie vor, daß er, innerlid) gefraftigt, 
feiner Aufgabe gewahfen ift. Die in diefem Fabre angefauften Runftwerfe 
fteben bod) über dem Niveau eines oberflählihen Befhmades. 

Das Genrebild von O. Ped ,,Waifenmaddhen in der Kirche erinnert in 
dem feinen gedämpften farbenflang und der freien malerifhen Behandlung 
an die beften modernen Hollander, ohne daß die Eigenart des KRünftlers zu 
beftreiten wäre. Eine in jeder Beziehung hervorragende Leiftung ift Scheuer- 
mann's „grauer Tag im Dorfrühling“, ein Bild, das offenbar vor der 
Natur gemalt ift, aber in feiner ganzen vornehmen koloriftifhen Empfindung 
niemals mit einer Naturftudie verwedfelt werden darf. Gm fhroffen Begen- 
fat dazu bringt die Hamader'fhe „Hafen-Einfabrt ein momentanes 
Erlebniß, eine Phafe von blikfdnell aufeinander folgenden Yaturftimmungen: 
das blaue, gligernde Wafler, der an der Brandung empor(prikende Bifcht 








Profeffor War Kod, Fries fiir einen Gerichtsjaal. 


und binter düftern Häuferfilhouetten ein fhwerelgelber Whendhimmel, an dem 
die zerfeßten Wolfen vorüberfaufen. Alles ift mit Temperament empfunden 
und mit Bravour bhingeftriden. Einen anheimelnden und zugleih impofanten 
Eindrud maht Reller's - Reutlingen ,,Warflbreit’, eine Wusfidt auf das 
fränfifhe Städthen, das der Rünftler fo poetifh bei einbredender Dunkelheit 
mit weiden tiefen farbenalforden, wie fie den modernen Müncnern eigen, 
gefhildert hat. Das rötlihe Lampenlict, das aus den Fenfterhen der hoben 
Giebelhdufer herworbridt, wirft überzeugend und Ffeineswegs aufdringlid. 
Rarl Langhammer bringt ein reizvolles Landfhaftsbilddhen, betitelt „aus 
der Mark. €s ift weniger der Charakter des märkifhen Landes, der uns 
bier entgegentritt, als ein Beleudhtungseffett mit ftimmungsvollen Begenjägen. 
Ftdhlide Sonnenblide wedfeln mit Wolfenfchatten, wirfungsvoll hebt ih 
das dunkle Bebüfh von dem zerflüfteten Himmel ab. 

Erwähnenswerth ift nod ein flottes Aquarell von Carlos Grethe 
(Schiffsfzene), ferner die Anfiht der Rathedrale in Brügge von Hausmann 
und ein Waldinterieur von Flidel, alles gute Bilder, deren malerifche und 
tehnifhe Qualitäten nicht zu verfennen find. 

Auch die Plaftit it würdig vertreten und mehr berüdfihtigt, als es fonft 
bei Derloofungsanfäufen zu gefhehen pflegt. Ludwig Mangzel's Genius 
des Ruhmes, der eine Bronzetafel mit dem Reliefportrait Ratfer Wilbelm’s I. 
hält, ein gediegenes Runftwerf von monumentaler Wirkung, ift in drei 
Eremplaren angefanft worden. Dazu gejellen ih nod der fraftvolle Bogen= 
fhüge von Uphues, die Büfte einer träumerifh in fic verfunfenen Frau 
von Janenfd, fowie ein Madden mit dem Schmetterling von Latt. 

Don den Werfen graphifcher Runft wurden vier Nlappen mit den dies- 
jährigen Radirungen der Worpsweder Kolonie erworben, deren Eigenart 
ja feiner fiirfprade mehr bedarf. Overbed und am Emde haben es am 
beften verftanden, uns den großartigen, f[hwermüthigen Charakter der Moor- 
gegend vor Augen zu führen. Madenfen's Titelfopf ift eine aus- 
drudesvolle Portraitftudie, Dogeler's „Lärhen‘ verrathen Gefthmad und Ér- 
findungsgabe. Reiner der Worpsweder wandelt in den Bahnen der Ueber- 
eferung, Reiner läßt ih vom Anderen beeinfluffen. Ob aber gerade die 
Radirung bejonders geeignet ift, ihrem Lünftlerifhen Wollen Ausdrud zu 
verleihen, mag gegenüber einzelnen tehnifhen Unzulänglidfeiten dabin- 
geftellt bleiben. 

Als Prämienblatt für die beiden Fabre 1896 und 1897 wählte der Aunft- 
verein zwei Aupferftihe von Rriiger nad den mufizirenden und fingenden 
Engeln aus dem Genter Altarwerk des van Eve. 


Die Radirungsmappe des Münchener Kunftvereins. 


Der Mündener Runftverein bringt feinen Mitgliedern diefes Jahr als 
Befchen? eine Mappe mit Radirungen, die gewiß mandem willtommener find, 
als die fonft üblihen Prämien, die großen Stihe. Dielleiht Pann aud diefe 
Babe dazu beitragen, das Derftändniß für die Schwarze und Weißkunft und 
im Befonderen für die Schabfunft zu fördern, weldhe ja in Deutfhland nur 
ganz vereinzelt gepflegt wird. Die fieben Blatter der Münchener Mappe 
zeigen erfrenlihe Leiftungen. Prof. Holm giebt die Anfiht des Mymphen- 
burger Ranals mit einer Brüde und im Dordergrunde eine Allee von bohauf- 
ragenden Baumriefen. Die Behandlung des Sonnenlidtes, das Durdeinander 
von Lidt und Sdhatten auf den didten Laubmaffen und den breiten Räumen 
ift mufterbaft in Einklang gebraht mit der einheitlihen Fledenwirfung des 
Bildes. Die Abendlandfhaft von Ubbelohde bietet ein einfaces aber mit 
großer Feinheit gewähltes Motiv. Die diifteren Baumgruppen, die in den 
Tiefen Iuftiger behandelt fein könnten, der fhmale Lichtftreif an dem getonten 
Himmel und das fließende Wafer befunden ein entwideltes koloriftifhes 
Empfinden. Gn einem anderen Blatte von Ubbelohde, von hohem poetifchem 
Stimmungsgebalt, gelangt eine ausgedehnte Thalmulde zur Darftellung, über 


weldhe fih phbantafifhes Bewölf zufammenballt und wieder zerfließt. Die 
Behandlung ift aud bei diefem Bilde eine febr malerifche, läßt aber hin- 
fihtlih der Unterfchtede von Nah und Fern zu wünfhen übrig. Otto 
Reitel's Motiv, Aübe im Flußbett, ift nicht gerade überrafchend, aber eine 
tiihtige, auf farbige Wirkung abzielende Arbeit, die nur in der Unterfheidung 
des Stoffliden nod eine Steigerung zuließe. Zwei weitere Radicungen von 
malerifher Qualität haben den Riinftler C. Th. Meyer-Bafel zum Autor; 
die eine giebt ein Bauerngehöft wieder, deffen Vordergrund eine Wildnif von 
Gras und Straud bildet, die andere eine flußebene mit pifanten Baum- und 
Häuferfilhouetten. Das letzte Blatt von Hans Meyer-Laffel, ein Schiff 
im Hafen mit aufgezogenen Segeln darftellend,  weift alle Vorzüge und 
Nadtheile der Aquatinta-Tedhnif auf; die ganze Erfcheinung ift indeffen frifch 
und lebendig und bejonders der zitternde Waflerfpiegel mit feiner Empfindung ` 
wiedergegeben. 


Ein deforativer Fries von Profeffor AT. Kod. 


Unter den Entwiirfen, die Profeffor Rod fiir die Jnnenraume des Reihs- 
gerichtes in Leipzig lieferte, befand fih der oben abgebildete Fries. Leider 
erwies fih die Ausführung als unmöglid, da es an der betreffenden Wand 
an dem nöthigen Licht fehlte. Wir glauben der heimifhen Runftpflege einen 
Dienft zu erweifen, indem wir auf diefen Entwurf binweifen, der einem ähn- 
lien öffentlihen Bebäude um feines ernften Motive, wie um der virtuofen 
Raumfüllung willen als fünftlerifher Schmud dienen fönnte. Es ift eine 
Folge von Scenen, die Sünde und Strafe, Reue und Vergebung im Anjhluß 
an die chriftlihe Religionsanfhauung verkörpern. Um den Baum der Ér- 
fenntnl§ windet fid, ans Blumen fih aufbäumend, de Schlange. Auf das 
Schwert geftiigt, mit ftrafend gehobener Hand vertreibt der Engel das erfte 
Menfchenpaar, das fih in banger furdt in die Waldeinfamkeit rettet. Reunig 
naht üh die Schaar der Biifer dem Erlöfer, in deffen Schooß ein jugendlicher 
Sünder fein Haupt birgt, während ein Engel über ihm das Kreuz erhöht, und 
über den Regenbogen fort führen die Himmelsboten den Reuigen der göttlihen 
Dergebung entgegen. Die fhön ausflingende Bedankenfolge fließt Lüdenlos 
zufammen und erjceint für eine Stätte der Rechtspflege gerade um ihrer ver- 
föhnlihen Tendenz willen befonders geeignet. Gn ruhigen Farbentönen 
gehalten, in den Konturen farf umriffen, hält die ganze Rompofition die 
rechte Mitte zwifchen felbftändiger Darftellung und deforativem Schmuditüd. 
Sie wirkt in ihrer forrefpondirenden Dreitheilung rhythbmifh, ohne in lang- 
weilige Symmetrie zu verfallen. 


Berlin. — In der Reihehauptftadt beginnt fih der opferwillige Runftfinn 
erfreulich zu regen. Befonders für die National» Galerie bat die neue 
Direftion das ntereffe wadh zu rufen verftanden. Jhr ift aus dem Nadlaf 
des Dichters Emil Rittersbaus fein von Ludwig Anaus in Rreide aus- 
geführtes Bildnif zugefallen. Als Dermädtniß der Frau Baronin von Wit- 
leben geb. von Normann erhielt die Sammlung S Oelgemalde: Zwei Bilder 
von franz Krüger „Raifer Wilhelm I. als Prinz zu Pferde‘ und „Pferde 
im Stall", von Georg Bleibtreu das Bemälde „König Wilhelm vor 
Sedan, von TCampbanfen „Ftiedrih der Große mit feinen Generalen“, 
ferner „Pferde auf der Weide" von T. Shmitfon, „Der erfte Bebverjud‘‘ 
von Eduard Meyerheim, „Spreewald im Winter von Eduard Hilde- 
brandt und „Waldblöße" von G. Munger. Der Beh. Rommerzienrath 
Pringsheim überwies der Galerie eine Marmorbüfte Seiner Majeftät Raijer 
Wilhelms I. aus dem Fabre 1876 von J. von Ropf, und der Rünftler felbft 
fügte eine Marmorbüfte Ihrer Majeftät der Raiferin Augufta hinzu. Als 
weitere Schentung Berliner Runftfreunde erhielt die Nationalgalerie endlich 
nod) ein hervorragendes Werf von J. f. Millet, das 1870 gemalte Bild 
„Novembre. 


VE Et ye — 











Profeſſor Max Koch, Fries für einen Gerichtsſaal. 


Auch eine größere Plakat-Ausſtellung ſteht uns bevor, und 
zwar als Sonderabtheilung einer Ausſtellung typographiſcher Erzeugniſſe im 
nächſten Frühjahr. Die Ausſtellung dürfte eine Ueberſicht der Fortſchritte auf 
dem Gebiete des öffentlichen Plakatweſens bieten und ein Bild der Cin— 
bürgerung der künſtleriſchen Plakate in Deutſchland geben. Daneben ſollen 
die neueſten Methoden der verſchiedenen Vervielfältigungsverfahren, endlich die 
Neuheiten auf dem Gebiete der Schriftgieferei, Budausftattung und Holz- 
feneidefunft zur Ausftellung gelangen. 

Inzwifhen wird an dem fünftlerifh - patriotifhen Schmud ber 
preugifhen Hauptftadt in der Siegesallee unentwegt weiter gearbeitet. 
Profeffor Reinhold Begas ift eifrig mit feiner Aufgabe befhäftigt. Der 
Meifter hat das Standbild des lekten Aslaniers, Markgrafen Waldemar 
(1508—1319), auszuführen. Diefer Hauptfigur werden die Biiften von 
Siegfried von Feuchtwangen und Heintih Frauenlob beigegeben. Feudt- 
wangen war Hodmeifter des Deutfhen Ordens, und Heinrih Frauenlob 
(1250—1318) ił der befannte Minnefänger. Er fommt wohl zu der Ehre der 
plaftifden Darftellung, weil er aud ein Preislied auf Waldemar, den ritter- 
lihen Turnierhelden, verfaßt hat. Markgraf Waldemar hat übrigens fon 
an der Mühlendammbrüde von Unger's Hand ein Denkmal erhalten, es wird 
nun intereffant fein, zu vergleihen, welhe Auffaffung Profeffor Begas feiner 
Sigur geben wird. 

Münden. — Gn der Runftgenoffenfdhaft macht ih mehr und mehr 
das Gefühl der Zufammengehörigfeit bemerkbar. Ja man beginnt fogar, 
fih nadh all! den internationalen Deranftaltungen auf feine nationalen Auf- 
gaben zu befinnen. Die im Arzberger Keller abgehaltene, ſehr zahlreich 
befudte außerordentlihe Beneralverfammlung befhäftigte fic) ausfmlieflid 





mit der Geftaltung der Jabresausftellung 1898. Nadh Eröffnung der Ver- 
fammlung durh den ftellvertretenden Präfidenten Hans Peterfen wies der 
Präfident Dr. von Lenbah darauf bin, daß die feit dem Jahre 1888 all- 
jährli im Blaspalafte veranftalteten Ausftellungen durchgehend den Charakter 
internationaler Ausftellungen hatten. Es fei nun wohl an der Zeit, bierin 
eine Aenderung eintreten 3u laffen, folle niht das nterefje der Riinftler wie 
aud des Publifums an diefen Deranftaltungen erlabmen, welche fclieflid 
teinem Schematismus zu verfallen drohen, wenn bier nidt Wandel gefhaffen 
werde. Die Berehtigung diefer ausführlih begründeten Anfhauung wurde 
allerfeits anerkannt, nur über die Art und Weife, wie eine Aenderung erzielt 
werden follte, gingen die Meinungen auseinander. Nadh ausgedehnter Debatte, 
in welder verfchiedene Anträge zur Disfufjion famen, wurde entfpredhend 
einem Antrag aus dem Plenum einftimmig befdloffen: „Die Gabres- 
ausftellungen find deutſche Ausftellungen mit Zulaffung auslindifder 
Rünftler.“ Wir begrüßen diefen einftimmig gefaßten Befhluß mit um fo 
größerer freude, als wir feit der Begründung der „Deutfhen Runft* es als 
unfere Hauptaufgabe betrachtet haben, den durd die Preffe begünftigten 
internationalen Runftfhwindel in die ihm gebiibrenden Schranken zutüd 
zu weifen. 


Dresden. Die Generalverfammlung des Sadfifden 
Runftvereins in der Aula der Runftafademie gab ein erfreulihes Bild der 
Wirkfamteit des Vereins. Dec Dorfizende, Braf Otto v. Pigthum, erftattete 
den Jahresberiht. Er bemerkte, daß der Runftverein, trog der vielen An- 
griffe, denen er ausgefett fei, 3. B. weil er nicht jedem Rünftler feine Werke 
abkaufe, weil feine Ankäufe und ausgeftellten Aunftwerfe den Aunftliebhabern 
nicht gefielen u. dergl. m. fi doch entwidele, an Mitgliedern zunehme und in 





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136 Deutfde Runft. 


diefem Fahre trog der internationalen Ausftellung an Eintrittsgeldern 6000 M. 
eingenommen babe. früher hätten die Eintrittsgelder hödftens 1500 M. er- 
geben. Die Einrihtung der billigen Sonntage babe fid bewährt. Der Ge- 
danke eines Zufammenfhluffes aller deutfhen Aunftvereine, den 
der Sähfifhe Aunftverein erftrebt, ift wefentlih gefördert worden, Eine ge- 
meinfhaftlihe Befhäftsftelle der deutjchen ARunftvereine wird gefchaffen werden 
fönnen, wenn bis zum J. April 1898 mindeftens 12 deutfche Runflvereine mit 
einem Gefammtbeitrag von 5000 M. den Sakungen betgeftimmt haben. Der 
Dorfigende theilte ferner mit, die Staatsregierung habe ibn erfudt, dem 
Runftverein zu eröffnen, daß fie die in Vorbereitung begriffene deutfhnationale 
Runftausftellung in Dresden (1899) unterftiige und empfehle; die Staats- 
regierung rehne auf eine möglihft vollftändige Befhidung der Runftausftellung 
duch fadfifhe Riinftler. — Hierauf wurde den Anträgen der Redhnungs- 
prüfer gemäß das Rehnungswert des Aunftvereins richtig gefprodhen; der 
Antrag des Dorftandes, für die beiden Jahre 1899 und 1900 zufammen ein 
einziges Runftblatt auszugeben, wurde abgelehnt und nad dem Antrage des 
Bildhauers Rafhau befhloffen, wie bisher ein Heft von Runftblättern aus- 
zugeben, doch foll an die fähfifhen Riinftler eine Aufforderung ergeben, üh 
3u bewerben. Die Neuwahlen ergaben von 145 Stimmen fiir Graf Vigthum 
142, für den Oberbiirgermeifter Beutler 158; von Rünftlern wurden Maler 
Stagura mit 129, Bildhauer Baeumer mit 128, Hiftorienmaler Afr. Dierde 
mit 113 Stimmen gewählt. Dr. faul, Stadtrath Dr. Bierey und Architekt 
Reuter wiedergemablt. — Zum Schluffe nahm man den Antrag der Maler 
Ritter und Gen. an, wonad fiinftig bei der Derloofung der Ankäufe des 
Runftvereins ein etwas verändertes Verfahren Plaz greifen foll. Darnad 
follen die Inhaber der erften 15 Bewinnnummern das Redt haben, nadh der 
Reihenfolge ihrer Nummern je eins der angefanften Runftwerfe nad ihrem 
Belieben fih auszufuhen. Es fommt nämlid bisweilen vor, daß Anhänger 
der älteren Runftridtung ein Freilihtbild gewinnen, das ihnen unausftehlid 
ift, find umgekehrt ein Freilihtfhwärmer ein Bemälde der früheren Richtung, 





andern Thüre Bott Dater dargeftellt ift. Die in orpdirtem Silber hervortretenden 
Darftellungen heben ih von dunfelblauem Grunde ab. Die Darftellung des 
b. Geiftes befindet h auf einer die Schlagleifte zierenden Rofette. G. Her- 
meling bringt des weiteren eine für die St. Apoftelfiche bejtimmte Monftranz 
zur Ausftellung, die trotz; des großen mädtigen Aufbaues das verhältnif- 
mäßig geringe Gewicht von nur 14 Pfund hat. Der Fuß entwidelt fih aus 
einem Dierpaß, in dem Niello-Darftellungen angebradht find. Der Modus 
ift in reicher Filigran-Arbeit gehalten und der Schaft mit Emails verziert. 
Um den aus einem Bergfryftall beftebenden Cylinder, der die Lunula 
enthält, baut fih der viertheilige Obertheil auf. Die Rrone wird von vier 
Strebpfeilern getragen; auf den Eden ftehen getriebene Heiligen-figuren, und 
zwar die bh. Jofeph, Heribert, Katharina und Barbara. Der fuppelartige 
Abſchluß bewegt ih, wie das Ganze, in ftreng romanifhen Formen und ift 
reid) mit Emails, filigran und Edelfteinen geziert. Die oberfte Spike ift 
dem Abfhluffe der St. Apoftelfirde nadhgebildet und endet in eine mädtige 
tomanifhe Areuzblume, aus welder eine Maladitkugel hervorwadft, Am 
oberen Auffatze finden wit nod) vier Email-Darftellungen: Rrdnung Maria, 
Anbetung der Weifen, Geburt Chrifti und die DVerfiindigung in wunderbar 
garter Ausbildung, die, wie die vier Cherubine, die den Uebergang von den 
Strebebögen zu dem RKeypftall-Cylinder bilden, geradezu Meifterwerke der 
Emaillirkunft find. Die zwölf Apoftel, die an einer Monftranz für die 
Apoftelfiche nicht fehlen durften, find rings um die mit Brillanten ge- 
ſchmückte Lunula in anbetender Stellung reizvoll angebradt. Erwähnt fei 
fhließlih nod) aus der Reihe der nenausgeftellten Gegenftinde ein reich mit 
filigran und Coelftei- 
nen verziertes Mijjale 
für die St. Remigius- 


firhe in Bonn, das Einladung zum 


von Gob. Diz in Bonn ae- — 
gearbeitet iſt. = Abonnement = 


das er nicht anfeben mag. Das neue Verfahren der Aus- 
wahl der erften 15 Gewinnnummern foll bereits diefes 
Jahr verfudsweife eingefiibrt werden. 


Görlit. — Gn der Generalverfammlung des 
Runftvereins für die Caufitz wurde zunädjft feitens des 
Dorftandes der Bericht über die Periode 1896/1897 erftattet. 
Aus demfelben ift hervorzuheben, daß die Ausftellung 
diesmal in anderer Weife ins Leben gerufen werden 
mußte als bisher, wo nur eine Auswahl unter den, im 
Cyflus der oftelbifden Runftvereine furfirenden Bilder zu 
treffen war. Es ergingen Aufforderungen an Riinftler- 
[haften und einzelne Rünftler. Don erfteren haben fidh die 
Dresdener Runft- Genoffenfhaft und der Ausfteller-Derband 
Miindener Riinftler forporativ betheiligt und find deren 
Werte in fih gefondert vorgeführt- worden. Die Münchener 
Rolleftion zeichnete fih duch forgfältige Auswahl, Ab- 
wedhjelung des Inhalts der Darftellungen und gediegene 
Ausführung bejonders aus. Die Verbindung für die 
biftorifche Aunft war mit drei bedeutenden Werfen vertreten. 
Die Betheiligung der Berliner Rünftlerfhaft war nur eine 
geringe, wenn diefelbe auf der Ausftellung dennoch durd 
bedeutende Werke von H. Dahl, €. Bradt, O. Frenzel, 
W. Hammader glänzend hervortrat, fo ift das den Be- 
miibungen der Runftbandlung von M. Lewitt, Berlin, zu 
verdanken. Die Derfammlung nahm einftimmig den 
Dorfhlag des Dorftandes an, der vom fähfifhen Runft- 
Derein 3u Dresden ins Leben gerufenen Vereinigung 
der deutfhen Runftvereine zum J. April 1898 als 
Mitglied beizutreten. Zur Derloofung gelangten 12 Oel- 
gemälde, 2 Bouade-Bilder, | Aquarell und 57 Werke der 
nadbildenden Runft. Auf der Ausftellung und in 
Folge derfelben fanden nod Ankänfe im Werthe von 
7200 Mark ftatt. 








Köln. — Gn der Ausftellung für Hriftlide 
Runft am Dombof zu Röln hat Boldfhmied f. Å. Hellner 
eine 3weifliigelige reid) emaillirte Tabernafelthiire ausgeftellt. 
Diefelbe zeigt in hellblau umrahmten fiillungen auf dem 
einen Flügel die Figur des Welt-Erlöfers, während auf der 













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FF 


Möbel im Stil Louis XV. 
Von Runſttiſchlermeiſter J. Zwiener-Berlin. 


Es iſt ein eigenartiger künſtleriſcher Reiz, der von dem Mobiliar im 
Stil Louis XV. ausgeht. Farbiges Holz und Metallbeſchläge wirken zu— 
ſammen, um den Eindruck vornehmer Koſtbarkeit ohne Aufdringlichkeit her- 
vorzubringen. Die Marqueterie der Flächen iſt überaus einfach, meift ein 
disktetes Blumen- oder Linearmuſter aufweiſend, das ſich um ein weniges 
heller oder dunkler aus dem Fond heraushebt. Die Metallornamente dienen 
als anmuthige Umrabmung det Fladen, aus denen fle gelegentlid als Hand- 
haben und Griffe bervorragen, fie marfiren die Eden und Randlinien, biegen 
ih nad oben bin zu leicht tragenden Gliedern und ziehen fih nad unten 
bin zu gefdhweiften Füßen zufammen. Das figürlihe wird der Spät- 
tenaijlance entnommen, das Lineare aus der form tes jhmalen Scilfblattes 


abgeleitet. Die Silhouette wird eine ungemein bewegte und vermeidet mit 


Glüd das gerade Derlaufen des Umtifjes. 

Bei dem modernen Streben, um jeden Preis originell zu fein, ift es von 
Heit zu Feit angemeffen, an den viel verleumdeten Stil zu erinnern und 
darauf binzuweifen, daß man nicht ungeftraft mit der Tradition von Jahr- 
hunderten bridht. Der Formenfinn will erzogen fein und aft fih nicht 





Toilette-Tifch, Stil Louis XV., entworfen und angefertigt für das Fönigl. Schloß, Berlin, 
von Julius Zwiener, 


Surh individuellen Befhmad in voller Urwiidfigteit erfegen. Da ift es mit 
befonderer ‚Freude zu begrüßen, wenn Ffürften und Höfe die gute alte Ueber- 
lieferung pflegen und bei ihren Beftellungen den Modegefhmad bewußt 
ignoriren. 

So hat fidh der Kaifer ein hervorragendes Mitglied der früheren Parifer 
Runfttifchler-Kolouie deutfher Herkunft fommen laffen und übermittelt ihm 
feine Aufträge für das Ameublement des Shloffes. Herr J. Zwiener if 
mit feinen reihen Erfahrungen, mit gefüllten Zeihnungsmappen und forg- 
faltig gefammelten Modellen nad Berlin übergefiedelt und liefert prächtige 
Möbelarbeiten für die Neumöblitung der Schloßräume. Eins feiner ge- 
lungenften Werte ift feine Toilette für die Rönigsfammern, die wir unten 
abbilden. 

Das ganze Gerdth ift nah eigenen Entwürfen gearbeitet und bietet in 
feiner Zufammenftellung von foftbarem Holz, Goldbronze und Marmor ein 
überaus feines Mufter des oben befchriebenen Stils. Noch anmuthiger in den 
Formen erfcheint das für den Fürften Pleg von demfelben Meifter angefertigte 
Theetifhchen, das fi befonders durch fein feine zifelirten Metalltheile aus- 
zeichnet. Die vier graziös gefhwungenen Träger der oberen Platte enden 
in Engelsföpfen, während das Blattornament der gefhweiften Füße fidh 
zwanglos an den Rand anfhließt, um dann feine Ausläufer leiht an den 
Ranten binunter zu entfenden. Die auffteigende 
flamme an den fih freuzenden Fußleiften, die feinen 
Scilfleiften an den Fladhenrandern bilden ein zier- 
lihes Enfemble, das davon zeugt, mit weldem 
Derftändniß h Herr Zwiener in die formenfprade 
des Stiles Louis XV. bineingelebt hat. 


— Das Hohenzollern - Raufbaus in 
Berlin, das fih aus einem Runftgewerbemagaszin 
zu einem der größten Raufhäufer entwidelt hat, ge- 
währt einen Ueberblid über den jegigen Stand des 
Runftgewerbes, und zeigt die Errungenjhaften 
funftgewerblihen Schaffens in Deutfhland, England 
und franteeih. Ueberall maht fid das Beftreben 
bemerfbar, mit den bisherigen Formen zu breden 
und unter Wahrung des Zwedmäßigen, Bequemen 
einen neuen fonftruftiven Stil 3u fchaffen, der in teten 
Linien und Umriffen feine Reize offenbart. Am meiften 
fpriht fh die Thatfahe Fünftlerifher Befruchtung 
in der Wobnungseinridtung und den Möbeln aus; 
bei legteren ijt nad englifdem Dorbild alles 
Schnörfelhafte vermieden, wie ein muftergiltiges 
Buffet, ein Damentoiletten- und Schreibtifh ver- 
anfhaulihen. — Gm Stofflager fanden fic) die der 
Natur nadgebildeten Fladhmufter und ihre Der- 
werthung für die Herjtellung gewebter und bedrudter 
Stoffe. Dem Gedanfen der Dereinfahung begegnen 
wir in farbigen Blasfenftern, fowie in Erzeugnijfen 
der Reramif. Die ausgeftellten Dafen und Schalen 
lehnen fih nit felten an Motive aus der ländlichen 
Dolfstöpferei an und tragen fo in form und farbe 
den Stempel großer Eigenart. 





— Tie Société de peinture Italienne 
pour Gobelins, Berlin W., friedridftr. 138, 
madt uns mit Bobelin-Nahahmungen bekannt, die 
ihrer Billigfeit wegen für deforative Jwete em- 
pfohlen werden fönnen. Die vorgeführte Malerei 
giebt in woblgelungener Täufbung die echten 
Runftgewebe wieder, 3. B. Botticelli's Primavera, 
Wattean's Part- und Scäferfzenen und Tenier's 
Wirthshaus-Gntecieurs, 


130 


zubilden; nicht beftellt, niht des Broderwerbs wegen, fondern 
aus innerem Behagen und bäuslidem Blüd entfprungen.“ 
„Man wird jedod aud hierbei unter dem Einfluffe der Natur, 
nidt wie Thorwaldfen in einer Jmitation des Idealſtyls der 
Antife verbleiben, fondern feine Originalität darbieten.“ 

Diejes „Darbieten der Originalität“ ift es, aus dem 
Schadow's jhwantendes Derhältniß einerfeits zur Natur, anderer- 
feits zur Antife zu begreifen ijt. Seine derbe Künftlernatur 
fann fih mit der fiigliden formengebung Thorwaldfen’s eben 
fo wenig zufrieden geben, wie mit der nüchternen Wirklichkeits- 
fhilderung. Er fommt von der Tradition nicht los und fucht 
Sod) bei jeder Gelegenheit die Natur /fhüchtern zu korrigiren. 
Immer wieder Febrt er zum Modell zurüd und febnt fid nad 
dem fonnigen Jtalien, wo es ihm leichter wurde, was er brauchte, 
zu finden. „jn Rom giebt es Mädchen, deren Gewerbe es ift, 
den Rünftlern zum Vorbilde zu dienen; andre, fei es aus Sitt- 


Man wird immer Satuaf jute > — 
ı find, geben zum St 
- fommen, daf eine ftarte Per- l gen 3 Studium nur 


Deutfhe Runft. 


Deutfhen Gebrauche, Alima und Sitten entgegen, und alle diefe 
Riegel wegzufdieben, muß Jupiters Stratagem bei der Danae 
oft wiederholt werden. Bei nadenden Sadhen hab id gewöhn- 
lid) vor dem eigentlichen Modelle ein befonderes Studium nad 
dem Leben vorangehen lafjen, und Hände, Arme und Kopf 
wieder nad einem anderen lebenden Dorbilde genommen, aus 
welden Studien zufammen id nahmals das auszuführende Modell 
unternommen babe.“ 

Man muĝ die Mappe mit weibliden und männlihen Att- 
ftudien Schadow’s, die fic im Befike der Berliner Atademie 
befindet, Surdblattern, um fih Savon zu überzeugen, unter 
welhem Gefidtswinfel der Riinftler die Natur zu betrachten 
pflegte. Er fieht gewifjermaßen in das Modell das zu fhaffende 
Runftwerf hinein. Nicht das malerifhe Spiel der Lichter inter- 
effirt ibn, fondern die fehöne Silhouette, der weih gerundete 
Umtiß. Die Epidermis fegt fih ibm unmwillfürlid in die Tertur 
òes Marmors um. Er fucht, um fih alle malerifhen Deilletäten 


= o +" »Birrin. find uns zu verfagen, mit Bleiftift und Röthel der Natur fo nabe wie 
Ten BTaL Sure MAR an a É oR — — alia 4 tommen, er überliftet fie, um ihr das abzugemwinnen, 
ne er — an PA er für feine bildnerifhen Awede braudt. Dabei geht Surd 
— — — js Schriften immer wieder die Rlage, wie felten es ibm ver 
Pan Tem: begegnen wie einet d \\ t=gemefen fei,” nad dem Leben zu modelliren.  ,,Gndeffen 
Telgen Pernt Ste Rart id) Soc) einige von frauen gemadt, die nad) ihrem Tode 
And — genug ift, iebe ibrer Gatten verfertigen ließ. Aber daß Jemand, um 
eine eigene Sprade zu reden. KW y /porübergehenden Reiz weiblicher Schönheit feſtzuhalten, ſie 
Die MenihaiNipe Siinmuna X wi phe armor bei mir hätte madhen laffen, ift 3u menig vor- 
wile: Shek sum Ansorud felii ja Aris “smen, als daß man dies dem Beifte des Heitalters zurechnen 
— ———— [$ — a te, ein Geift, der Sod der Runft fo günftig wäre. —- 
Eimphutene. nnd- fn dlefen AD FLAA, lihe Büften find eine Ser fhwerften Aufgaben in der Runft; 
— — | THET 3u löfen, babe ih mir immer unglaublihe Mübe gegeben. 
Inhalt feiner Bilder fo einfach Aft ei Micfeit mit Anmuth zu vereinigen, in einen Moment den 
ai patend, Tle reg ee SER zE j \ “3ufammen zu faflen, der im Leben durc das befeelte Be- 
pomterlintie nab fplelenses Be rir 4”, Mannigfaltige ‘unendlid) vieler Momente liegt, erfordert 
pablo moglie It, mag < / x : ‚rtes Runftgefühl und einen, méddte ic faft fagen, an Lift 
Rünftler nun Mondfchein oder Fad fisen Beobadhtungsgeift." 
ae hörten, ne ‘ i Tharafteriftifh fiir Shadow's Art des bildnerifhen Schaffens 
ane: 8S ———— Pel ft fi - as er von feinem Portrait der „Demoifelle* friederife 
einer Mühle oder einen moder- ' ar erzählt. : 
urn. Gafengnal “mue Bopien: 2 'eßtere Büfte ift eine Statue geworden. Ein alter Schrift. 
a MIO ATES RYAN > A zählt von einer Statue, wovon die eine Hälfte in Rhodus 
* Angen faren =a Rie — andere in Korinth verfertigt wurde, und beide Hälften, 
—— "One. "Holländer ~ a á zufammengefegt waren, ein wohl zufammenftimmendes 
Sentema mo hagemsns i (ask bildeten. Die Befchichte diefer ift zwar niht ganz fo, 
Konnte, man Meiſterwerte ~ * per ähnlihd. — Die erfte Intention war, ihr Portrait 
BEERS, “ween DS) aie ` £ — Ste zu machen; da ſie ſelbſt nachher begehrte, die Arme 
— —— sf — — a auch dabei fein, fo wurde ein Ballen Thon untergebaut, 


und Mauve baben uns beinab 
dasfelbe und früher ausge- 


— 


von dem ſpärlich einfällenden Licht geſtreift. Die Wirklichkeit 
erſcheint überall gefteigert, um die Stimmung Ses Bruft- 
beflemmenden, Schaucrlidhen bervorzurufen und dod bat man 
nirgends das Gefiibl des Unwabrfheinliden. Aus diefer Shludt 
fönnte fih rin Drade bervorwinden, und man würde das 
Märdenhafte als ein in joldher Umgebung Alltägliches hinnehmen. 
Eben hierher gehört etwa nod die „Ruine am Meer mit den 
fturıngepeitfchten Lyprefjen. Das zerfüftete Bemäuer, die mächtigen 
fih im Windanprall neigenden Stämme wurden fo niemals 
gejehen, fie jind aus der Phantafie des Rünftlers geboren, in der 
die Elemente gewaltiger gegen das Menfhenwert anfämpfen als 
in der Wirklichkeit. 

Um Siefe Ueberhöhung der Natur annehmbar zu maden, 
bedarf der Meifter der märdenbaften Staffage, die er dem un- 
erfhöpfliben Shat der Antike entnimmt und ummoselt nad 
feinem Sinn. Die Centauren trollen zottig ruftifal dur feine 
Felslandjhaften, als wäre ihre Eriftenz eben jo beglaubigt, wie 
das Steingeröll, das unter ihren Hufen aufftäubt. Ihre kraft— 
ftrogenden Pferdeförper erfcheinen jo natürlid, Sap man nad 
ihrer Anatomie garnicht mehr fragt. Wenn fie in unbändigem 


w+ G. Shadow, weiblic fhöne Begend. 


‚raus die Arme gefcnitten, gleidjam in einer Attitüde, 
nite fie fid) auf eine Briiftung und blidte freundlid) umber 
Indem fie nun dazu ftand, fand ich die 
ng des ganzen Mädchens, die wohl gebaut ift, fehr anmutig, 
beinigieine Büfte mit den Armen allein gar zu fragmentarifch; 
Shörtftand fo in mir eim recht brennender Eifer, die Figur 
liifter nadsubilden; es famen aber Unterbredbungen. Nad einiger 
als machte id) den nod übrigen Theil, und fo ift es eine ganze 
ır geworden, die die Hoffnung vorftellen joll, indem fie fih 
der einen Anker lehnt. So recht zufammen ftimmt nun wohl 
die IBanze nicht, daher ih aud niemanden ratben will, auf 
zum Weife Statuen zu madhen, obne vorherigen Entwurf und 
fie, ung des Banzen. Diefe figur ift drapirt, und fo ward 
gu siesmal von meinem Behilfen Hagemann übertroffen, der eine 
merende Yajade, mit einer Mufchel fpielend, gebildet bat, die gar 
unie Hülle hat. Anmuthvoll und nadend liegt fie da, jeder 
erzeil ift befeelt, und feine falte verbirgt die einzig fddnen 
lienviffe, die die Natur in den weiblichen Körper, und nody zarter 
köd jchöner in feinen inneren Runjtfinn legte, und die ih in 
inem feinen und mafellofen Marmorftein blendend entwidelt 
daben.“ Dieſes faſt neidvolle Sehnen nad der Bildung des 
ihönen Yadten gebt urd des alten Shadow ganzes Schaffen, 
das über das Portraitmäßige und Fonventionell Monumentale 
binausftrebt. 


Dentfhe Runft. 


131 





Er citirt Goethe: 
„Was frommt die glühende Yatur 
An Deinem Bufen Dir? 
Was hilft Di‘ das Gebildete 
Der Runft rings um Did ber? 
Wenn liebevolle Schöpfungsfraft 
Nicht Deine Seele füllt, 
Und in den fingerfpigen Dir 
Nidt wieder bildend wird?" 
Gntereffant ift es auch, in welcher Weife Shadow das 
Modell für Gewandftatuen zu verwenden pflegte. Da bat 
er fidh aus Beobadhtung und Praxis feine eigene Technik zurecht 
gemadt. „Lange fihon hegte id) die Dermuthung, daß die alten 
griehifhen Meifter an den Modellen zu ihren Gewandfiguren 
die Draperie nit möchten boffirt haben; nad meiner Meinung 
haben fie ihr Modell nadend gemadht und darüber eingetaudte 
Tücher gelegt, ie feft geworden find, und über diefe nachher 
andere, wodurd die erften Surchfdhimmerten. 
Bet Betrachtung der Werke des Raphael in 
Rom äußerten die Rünftler: Er möchte bei feinen 


Diefer Cinblid in die Werkftätte eines Riinftlers, der auf 
der Grensfcheide des Rococo und der modernifirten Antike fteht, 
bat nit nur feine intimeren Reize, er wird widtig für die 
Beurtheilung diefer ganzen Uebergangsepode. Wir fügen bier 
abjihtlih einen weiblihen Wit von €E. Sf. Meverbeim bei, der 
fidh ebenfalls im Befige des Profeffors Paul Meyerheim befindet, 
um 3u zeigen, wie forgfam man in einer Zeit nad dem Modell 
3u arbeiten pflegte, die man, als in der Konvention befangen, 
die Natur verfüßlihend darzuftellen fi) gewöhnt hat. Vielleicht 
modifizirt man fein Urtheil ein wenig, wenn man erfährt, wie ein 
feinfinniger efthetifer, wie Rugler, vor einem halben Jahr- 


hundert über €. Ff. Meverheim urtheilte. 

Man wird wohl thun, fic bei der Betradhtung des Altes 
von €. f. Meverheim daran zu erinnern, daß der Künftler 1850 
die Berliner Kunftafademie bezog und nadmeislih unter dem 
Einfluffe Shadsow's ftand, an deffen Proportionslehre und 
Studium der Anatomie erzfih zu feiner Auffaffung der Natur 
6. M. 


heranbildete. 





Gewandern nicht die Bliederpuppe, fondern ein f 
lebendes Modell, mit Bewand bekleidet, gebraucht 
baben, indem das hödhft ungezwungene und das 
von einem vorigen in den gegenwärtigen Moment 
Uebergegangene in den Falten mit einer Glieder- 
puppe nicht zu erreichen fei. Mit einer prompten 
fauft und einem guten Bedädtnig läßt fid’s 
möglid maden, eine Zeihnung als Studium auf 
diefe Weife zu entwerfen. Daß jemand in der 
Stulptur diefes Mittel angewendet habe, ift mir 
nidt befannt. — — Nadhdem ih mid im Nadh- 
zeihnen und, was ebenfo wefentlih war, mein 
Modell im Faltenwerfen geübt hatte, verfudte id 
es im Basrelief in Thon. Gener hatte es dahin 
gebracht, zwei bis drei Stunden, nahdem das 
Gewand fic glüdlih geworfen hatte, unbeweglid 
3u bleiben, in welder Zeit id) mein Thonmodell, 
Figuren von zwanzig Soll, entwerfen mufte, näm- 
lid die falten darüber; was nun nod 3u thun 
war, mußte mit dem frifchen Bedädhtniffe gefchehen. 
gu wie weit dies gelungen ift, geziemt mir nicht 
zu entfiheiden. Mehrere figuren in dem Basrelief 
find fo entftanden, und diefe Methode bleibt auf 
jeden fall vortrefflid; nur bei freiftehenden Figuren 
it fie nicht anzuwenden, weil es nicht möglid 
it, alle Seiten fo fhnell zu machen, als ein 
Menfh ausdauern fann, in dSerfelben Attitüde zu 
fteben. Aber allen, die auf flahem Grunde dar- 
ftellen, ift fie zu empfehlen. 

Die Notb, die Umftände erweden unfer Nad- 
finnen und bringen uns auf Mittel, von denen id 
bier einige Beifpiele geben will. Zu der Marmor- 
gruppe der beiden fürftlihen Schweftern hatte 
id) ein Modell in Gips, ebenfalls Naturgröße, 
angefertigt. Die Größere, die Rönigin vorftellend, 
bielt in der rechten Hand einen Korb, der fih an 
die Hüfte lehnte; Biefer Korb mußte auf hohen 
Befehl wegbleiben, welches auc) recht war; aber 
die Schwierigfeit mar, den Arm womdglid in 
derfelben Lage zu erhalten. Jd nabm ein females 
und länglihes Stüd Gewand, tauchte diefes, um | 
das fihnelle Binden zu verhindern, in einen mit | 
dünnem Bier eingerübrten Gips, warf diefes über | 
die fhon vorhandenen falten, ließ es mit der 
rechten Hand halten und dann wieder frei nieder- 
fallen; die ganze Partie der vorherigen Falten 
fhien unter dSiefem neuen Ueberzuge durd, und 
es entftand eine dbnlide Wirtung, wie an einigen | 
antifen Statuen, wo man durd) die oberen falten 
die unteren Öurdlaufen fiebt.* 

















E. $.Nieyerheim, weiblicher Akt. 


132 


Deutfdhe Runf. 





Vermifchtes. 


Kurinfa aus Afelier 
unk erkat. 


Gedauken ühben hildende 
Bunft. | 


Kunftgefchichte und 
militärifcher Ehrenrath. 


Dor etwa anderthalb Jahren erregte 
eine Auseinanderfegung zwifhen dem 
Profeffor der Runftgefhidte Dr. Rihard 
Mutber in Breslau und dem Direftor 
des ftädtifhen Mufeums in Magdeburg 
Dr. Theodor Dolbehr Anfjehen. Der 
lestere hatte gegen Muther den Vorwurf 
erhoben, daß er h in einem Vorträge, 
den er in Breslau über „Boethe und fein 
Derhältniß zur bildenden Kunft‘ gehalten 
und fpater als Aufjatz veröffentlicht hatte, 
des Plagiats fhuldig gemadt habe, und 
ibm nadgewiefen, daß diefer Dortrag 
bezw. der Auffak zum wefentlihen Theile wortgetren Dolbehr's Buche über 
„Goethe und die bildende Runft‘ entnommen war. Dor Kurzem meldete nun 
das „Militär - Wochenblatt", af Profeffor Muther und Mufeumsdireftor 
Dolbebr, von denen der erftere Referve-, der legtere Landwebroffizier war, 
mit fdlidtem Abjchied entlaffen worden feien. Das militärtfhe Ehrengeridt 
hatte beiden Herren den Offiziersrang aberfannt, weil fie es unterlajjen batten, 
ihre Angelegenheit vor den militärifhen Ehrenrath zu bringen. Wir willen 
niht rect, wie befagter Ehrenrath in der Lage gewefen fein follte, über den 
Thatbeftand des Plagiats einerfeits und über deffen Verhältniß zur perfön- 
lihen Ebrenhaftigfeit andererfeits fih ein Urtheil zu bilden, fönnen aber niht 
umbin, von einer Thatfahe Notiz zu nehmen, die auf die militärifhe 
Gerihtsbarkeit, infoweit fie von Ehrenräthen gehandhabt wird, ein beadtens= 
werthes Streifliht wirft. Die Herren werden fih wohl oder übel mit ibrer 
wiffenfhaftlihen Civilftellung tröften müffen. 


Buriofa aus Atelier und Werkftatt. 


— Die Pefther Ausftellungstataloge. Wie vorfihtig man mit 
Derträgen in Bezug auf größere Derlagsobjefte umgehen muß, beweift ein 
foeben zum Austrage gefommener Streit in der ungarifhen Hauptftadt. 
Das Ausftellungsfacten-Padtfonfortium hatte das von der Ausftellungs- 
direftion erworbene Cditionsredt der Ausftellungsfataloge um den Preis von 
65 000 fl. an die Runftanftalt „Rosmos“ übertragen mit der Bedingung, dağ 
das Ronfortium, wenn weniger als 250 000 Rataloge verkauft werden, jedes 
zurüdbleibende Eremplar um den Preis von 52 Areuzern zurüdnehmen muß. 
Das Manuffript des Rataloges follte laut Vertrag bis 10. April geliefert 
werden, da dasfelbe jedoh zur feftgeRellten Feit nidt vorhanden war, 
fonnten die Rataloge erft im Monat Mai übergeben werden. Nah Shiupg 
der Ausftellung fand die Abrehnung binfihtlih der Kataloge ftatt und man 
ftellte bei diefer Belegenbeit feit, daß bloß 52 786 Rataloge verkauft wurden. 
Gm Sinne des Vertrages verlangte nun die Gefellfhaft „Kosmos“ von dem 
Padtfonfortium für die unverfauft gebliebenen 217 214 Stüd Kataloge 
68 549 fl. 44 Pr., aber das Ronfortium, fid auf die verfpätete Fertigftellung 
des Ratalogs berufend, verweigerte die Zahlung. Unter folchen Umftänden 
wurde die Runftanftalt „Rosmos“ beim Börfenjhiedsgeriht Plagbar, weldes 
das Padtlonfortium zur Bezahlung der geforderten Entfhädigungsfumme 
von 68249 fl. 14 fr. und der aufgelaufenen Prozefkoften verurtheilte. 

Leonardo da Dinci's anatomifhe Feidhnungen. Des großen 
Stalieners in Windfor aufbewahrte Zeihnungen von Skeletten, Muskeln und 
Schnen werden demnähft mit Erlaubniß der Königin von England ver- 
öffentlibt. Darunter befindet fih ein Blatt mit einer eigenhändigen Rand- 
bemerfung Leonardo's: „Und Du, der Du duch meine Bemühungen das 









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Ucujahrs- Glidwunfdh vow MT, Liebermann. 


wundervolle Werf der Natur betrachten fannft, follten Did) dabei Bedenten 
überfallen, es fei frevelhaft, den menfdliden Körper in feine Theile zu zer- 
legen, fo erinnere Dih, wie unvergleihlid frevelhafter es ift, Sem Menjchen 
das Leben zu nehmen; und wie wunderbar Dir der Bau diefes Rérpers 
aud) erfdeint, bedenfe, dah im Dergleih mit der Seele, die in fold’ einem 
Behäufe lebt, die einzig und allein göttlich ift, der Körper nicht in Betradt 
fommt.“ Einige Zeilen weiter giebt er folgenden guten Rathfdlag: „Und 
tradte Deine Befundheit zu bewahren, was Dir um fo leichter werden wird, 
je weniger Du Did mit Aerzten abgiebft.‘ 


— Ein Doltaire-Bildnif. Die Wittwe des ehemaligen franzöfifhen 
Kammerpräfidenten Floquet hat dem Parifer Mufee Carnavaldt ein werth- 
voll:s Porträt des jungen Voltaire, ein Wer! des Malers Largillière, gefhentt. Die 
auf die Leinwand gefhriebene Widmung lautet: „Je donne à Mademoiselle 
de Livri mon portrait par Largillière.“ Maðemoifelle de Livri war 
eine reizende Tänzerin der Föniglihen Oper, welhe fhlieglih einen Heren de 
Gouverno beirathete. Darüber ärgerlih, holte Voltaire felbft fein Portrait 
zurüd und fcenfte eo frau de Villette, von der es auf ihren Sohn, den 
Marquis de Villette, iiberging. Aus deffen Binterlaffenfhaft gelangte es 
ISS7 in den Befik des damaligen franzöfifhen Befandten in Münden, 
Mariani, der es legtwillig feinem Freunde Charles Floquet vermadte. 


Religion und Anfhauungsunterricht. Der Pfarrer Alfred Hoppe 
in Winzendorf in Gefterreich ftellt die Aunft auf eigenartige Weife in den 
Dient des Neligionsunterrihts: Er will duch graphifhe Darftellung der 
einzelnen Religionslebren und Thatfachen der heiligen Gefhidhte mittelft 
Kreide auf der Schultafel zeigen, wie man durch einfadhe Rreidezeihnungen 
das Gntereffe der Rinder zu weden und den Neligionsunterriht zu beleben 
im Stande ift. Er hat die Abfiht, größere Feicnungen (10 an der Zahl) 
auf Wandtafeln herauszugeben (aufgezogen fammt Aufbewahrungsmappe 
7 fl), und diefer Gedanke fheint der eigentlih fruchtbare und allgemein 
ausführbare an dem Plane zu fein. Jedenfalls wäre dem Pfarrer Alfred 
Hoppe bei zahlreihen Beftellungen vorläufig geholfen. 


— Rünftler und Raufmann. Der englifhe Maler Whiftler bat eine 
„Bejellfhaft mit befhränkter Haftpflicht‘ gegründet, die fünftig den Verkauf 
feiner Bilder beforgt. Runfthandler, Wafenmsdireftoren und Sammler dürfen 
wobl bald den Befud Ses Reifenden der neuen fırma erwarten. Die vor- 
bandenen Defiing werden in allen Brößen zu feften Preifen abgegeben, Aufs 
träge werden prompt mit einem Preisauffhlag von 25 Prozent ausgeführt. 
Die Plakate, die dag Symbol der Fabrif, Apoll und Merkur in brüderlicher 
Umarmung, und die Abbildung aller dem Maler verliehenen Medaillen zeigen, 
enthalten die Gnfchrift: |, Whiftlers Bilder find die beften! Eine bejondere Ab- 
theilung ift fiir Photographien, Andenfen und Autogramme eingerichtet. 














Weuerwerbungen 
der Berliner ftaatlichen Kunftfammlungen. 


Die Rgl. Gemäldegalerie wurde bereichert Surh zwei hervorragende 
Erwerbungen, das Portrait eines jungen Mädchens aus der Mitte des 
15. Gabrbunderts, wabrfdeinlid von Domenico Veneziano berriihrend, 
und das durd) Charafteriftif und Einfachheit der Malweife ausgezeichnete 
Männerbildniß von H. Holbein ò. 3. Dem Raifer Ftiedrih-Mufeumsverein 
wurde iiberwiefen und vorläufig in die Rgl. Galeriefammlung eingereiht: 
das Bildnif eines alten Mannes von Hans Memmling und der Studien» 
fopf eines. jungen Guden von Rembrandt. 

Als Neuerwerbungen für die Sammlung der Skulpturen find als die 
widtigften bervorzuheben zunähft ein Befchen? des Herrn v. Rüblmann, 
Bruhftüde eines fpätgriehifhen Sarfophages. Jm Runfthandel wurden 
erftanden: febr werthvolle Theile einer Relieffolge, die als Shmud einer 
Bafis verwendet gewefen fein mögen. Cine vollftändig erhaltene Platte zeigt 
eine Entführungefzene: 
nad einer flichenden Fran, während ein Fleines Wadden ruhig Sabei ftebt. 
Auf einer zweiten Platte fiker zwei Manner in naddenflider Haltung auf 
Jelfenfigen einander gegenüber, daneben ein dritter von ihnen abgewendet. 
Unmittelbar anfhließend war wahrjceinlih die dritte nur theilweife erhaltene 
Platte, auf der zwei Männer jihtbar find. Die Motive finden durchweg ihre 
Analogien in Sen Werfen aus der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts. Die 
Arbeit ift überaus gefchidt und leicht, mit einem Anflug arhaifcher formen- 
auffaffung, weift aber leider überall ftarfe Derlegungen auf; namentlich fehlen 
die Röpfe, die faft alle einmal modern ergänzt waren. Weiter wurden — 
ebenfalls im Runjthandel — ein vortrefflih gearbeiteter männlicher Torfo mit 
ungewöhnlid fhön erhaltener Oberfläche erworben, der ftiliftifch den Pergamons- 
Skulpturen nahe ftebt und cin nadter Frauentorfo, eine das Haar aufbindende 
Aphrodite darftellend, eine Arbeit von feltener Güte. 

Die Sammlung von Bildwerfen aus der hriftliden Epode 
wurde Surh eine beträdhllihe Anzahl werthvoller Bejhenke vergrößert. Ein 
bedeutendes Runftwerf wurde der Sammlung von Heren James Simon 
gefhentt, nämlid das Modell einer nadten männlihen Standfigur von 
Antonio del Pollajuolo. Die herbe Behandlung, die fharfe Betonung 
des Anatomifhen, namentlih der Muskulatur, die Uebereinftimmung der 
Formenbehandlung, befonders der Kopfbildung mit derjenigen der einzigen 
beglaubigten Bronzegruppe des Meifters, die das Mufeo Nazionale in Florenz 
befitt, läßt die Autorbeftimmung zweifellos erfheinen. m der fiheren Haltung 
und der energifhen Formengebung ift das in Blei gegofiene Modell ein 
fleines Weifterwerf, das der Rünfller eigenhändig an einzelnen Stellen mit 
dem Mefjer nachgearbeitet hat, obme es ganz zu vollenden. Troß des ältlihen 
und bafliden Befihtsfihnittes fheint Paris dargeftellt zu fein, der im der 
linten Hand den Apfel hält, in der zue Schulter erhobenen Rechten aber einen 
— jegt abgebrodhenen — Stab, den wir uns furz und oben gebogen vor- 
zuftellen haben, wie ihn die Hirten häufig auf antifen Darftellungen tragen. 

Durd Zuwendung von Bönnern, weldhe nicht genannt zu fein wünfden, 
empfing die Sammlung außerdem zwei Perlmutterreliefs. Cine Anbetung der 
Könige in Rund, anfheinend eine Arbeit des Yliederrheins aus der Zeit um 
1450 und das forgfam gearbeitete Portraitrelief des Nürnberger Patriziers 
Martin Haller. Ferner ein Rajtchen, dejien Dedel und Seitentheile in den 
eigenartig verwendeten Reliefs Peter flötner's beftehen. Endlich wurde 
die Sammlung der Barodbildwerfe Such ein Gefchenf eines Ungenannten 
bereichert, ein bemaltes Thonmodell einer Madonnenftatue, die als eine gute 
oberdeutfhe Arbeit aus der erften Hälfte des 18. Jahrhunderts zu bezeichnen ift. 


> 


Ein Mann hebt eine Frau hod, ein zweiter greift’ 


Weitere nit minder bedeutende Stüde flofen der Sammlung zu Surh 
den Raifer friedrih-Mufeums-Verein in den Statuetten des fogenannten 
Gladiators von Bertoldo und eines fih fafteienden Hieronymus. Das 
legtere, wahrjheinlih paduanifhen Urfprunges, harakterifirt fih Surh kräftige 
Formengebung und jorafältige Durbführung des Natten. ferner gehören in 
die Reihe diefer Zuwendungen die Statue eines franzöfifhen Königs, wahr- 
fheinlihd von dem Portal der Rathedrale zu Rouen, eine Arbeit des 15. Jahr» 


_ bunderts; cin glafiertes Thonrelief der Marla mit dem Rinde in Halbfigur 


von Luca della Robbia, aus einer englifhen Privatfammlung ftammend, 
und ein weiß getöntes, theilweife vergoldetes, FPleines rundes Studrelief, 
Maria mit dem Rinde auf blumiger Wiefe, von zwei Engeln verehrt, von 
einem Yadfolger Donatello's um 1440. 





Die Erwerbungen des deutfchen Kunftvereins und 
des Dereins der Kunftfreunde im preußifchen Staate. 


eber die Rührigkeit und den allgemeinen Charakter eines Runftvereins 

geben die jährlihen Ankäufe für die Derloofung den beften Auf- 

DD fhluf. Es ift anzuerfennen, daß der Verein der Runftfreunde im 

preußifhen Staate, der den verfciedenften Befhmadsrihtungen Rechnung 

trägt, auh den modernen Beftrebungen die Thore geöffnet bat. Davon 

zeugen die werthvollen Eiwerbungen einer Rreidezeihnung von A. Menzel 

(Profil einer Dame im Pelzbareti) fowie einer virtuos behandelten farben- 
ffizze von M. Liebermann, einen Arbeiter im Rohlfelde darftellend. 

Don den zublreihen Landfhaften feien hervorgehoben ein poetifh 
empfundenes und luftig gemaltes Waldinterieur von Flidel; zwei Marinen 
von Salzmann, beftig bewegte Szenen auf hohem Meere und an der Rüfte 
Helgolandas; die italienifhe Landfhaft ift Such Pape, Dreßler und 
Poffart vertreten. Engelhardt führt uns auf einen von figuren und 
Gemfen belebten Bebirgsfamm, Wifjinger- florian in eine fiimmungg- 
volle herbfilihe Allee. Hofmann von fallersleben bringt ein Winter- 
bildhen und Rummelspadher eine gefhidt fomponirte Flußlandfhaft von 
ausgefprodener Romantif. Frenzel’s Thierftüd, Rühe am Ufer, it mit 
bewundernswerther Delifateffe behandelt. Ein Iauniges Genrebild ift die 
Bärenfamilie von Wagner. Unter den Figurenbildern verdienen befondere 
Beadhtung das Seeger'jhe Liebespärhen aus der Biedermeierzeit, das fid 
in der Waldesftille fo fittfam mit Vorlefen erfreut, ferner eine Menuettfzene 
von Grotemeyer. Fur Dervollitändigung der. Sammlung wurde eine 
Bronze von Shmidt angefauft, zwei Rehe in graziöfer Bewegung, fowie 
das werthvolle Ylietenblatt, weldes in einer Radirung nah dem befannten 
Rembrandt'fhen Selbftbildniß beftebt. 

Der deutfhe Runftverein zeigt nad wie vor, daß er, Innerlid gefräftigt, 
feiner Aufgabe gewadhfen ift. Die in diefem Fabre angefauften Kunftwerke 
fteben bod über dem Niveau eines oberflählihen Geſchmackes. 

Das Genrebild von ©. Ped „Waifenmädden in der Kirche erinnert in 
dem feinen gedämpften farbenflang und der freien malerifhen Behandlung 
an Ste beiten modernen Holländer, ohne daß die Eigenart des Rünftlers zu 
beftreiten wäre. Eine in jeder Beziehung hervorragende Leiftung Ift Scheuer- 
mann's „grauer Tag im Dorfrühling“, ein Bild, das offenbar vor der 
Natur gemalt ift, aber in feiner ganzen vornehmen toloriftifhen Empfindung 
niemals mit einer Waturftudie verwedfelt werden darf. Fm fdroffen Begen- 
fag dazu bringt die Hamader'fche ,,Hafen-Cinfabrt ein momentanes 
Erlebniß, eine Phafe von blizfdnell aufeinander folgenden Waturftimmungen: 
das blaue, glikernde Wafer, der an der Brandung emporfprigende Bifcht 








Profeffor Mar Kod, Fries fiir einen Gerichtsjaal. 


und binter diiftern Hauferfilhouetten ein fchwerelgelber Abendhimmel, an dem 
die zerfegten Wolfen vorüberfaufen. Alles ift mit Temperament empfunden 
und mit Bravour bingeftrihen. Einen anheimelnden und zugleih impofanten 
Eindrud maht Reller's Reutlingen „Markibreit“, eine Ausfiht auf das 
fränfifhe Städtchen, das der Rünftler fo poetifh bei einbrehender Dunkelheit 
mit weihen tiefen farbenalforðen, wie fie den modernen Münchnern eigen, 
gefhildert hat. Das rdtlide Campenlidt, das aus den Fenfterhen der höhen 
Giebelhaufer herworbridt, wirft überzeugend und feineswegs aufdringlid. 
Rarl Langhammer bringt ein reizvolles Landfchaftsbildden, betitelt ,,aus 
der Mark, Es ift weniger der Charakter des märkifhen Landes, der uns 
bier entgegentritt, als ein Beleuchtungseffeft mit ftimmungsvollen Begenfägen. 
St5hlidhe Sonnenblide wedfeln mit Wolfenfdatten, wirkungsvoll hebt fih 
das dunfle Gebiifd) von dem 3erfliifteten Himmel ab. 

Erwähnenswerth ift noh ein flottes Aquarell von Carlos Grethe 
(Schiffafzene), ferner dte Anfidht der Rathedrale in Briigge von Hausmann 
und ein Waldinterienr von Flidel, alles gute Bilder, deren malerifhe und 
tehnifhe Qualitäten nicht zu verfennen find. 

Auch die Plaftit it würdig vertreten und mehr berüdfichtigt, als es fonft 
bei Derloofungsanfäufen zu gejhehen pflegt. Ludwig Manzel's Genius 
des Ruhmes, der eine Bronzetafel mit dem Reliefportrait Raifer Wilhelm's I. 
hält, ein gediegenes Runftwerf von monumentaler Wirkung, ift in drei 
Eremplaren angefauft worden. Dazu gefellen ih nod der fraftvolle Bogen- 
fhüge von Uphues, die Büfte einer träumerifh in fih verfunfenen frau 
von Janenfch, fowie ein Madden mit dem Schmetterling von Latt. 

Don den Werken graphifher Kunft wurden vier Wappen mit den dtes- 
jährigen Radirungen der Worpsweder Rolonie erworben, deren Eigenart 
ja feiner fürfpradhe mehr bedarf. Operbed und am Emde haben es am 
beiten verftanden, uns den großartigen, f[hwermüthigen Charakter der Moor- 
gegend vor Augen zu führen. Madenfen's Titelfopf ift eine aus- 
dtudsvolle Portraitftudie, Dogeler's „Lärhen‘ verrathen Befhmad und Er- 
findungsgabe. Keiner der Worpswebder wandelt in den Bahnen der Ueber- 
eferung, Reiner läßt fih vom Anderen beeinfluffen. Ob aber gerade die 
Radirung befonders geeignet ift, ihrem fünftlerifhen Wollen Ausdrud zu 
verleihen, mag gegenüber einzelnen tehnifhen Unzuldnglidfeiten dahin- 
geftellt bleiben. 

Als Prämienblatt für die beiden Jahre 1896 und 1897 wählte der Runft- 
verein zwei Aupferftihe von Rrüger nah den mufizirenden und fingenden 
Engeln aus dem Genter Altarwerf des van Eve. 


Die Radirungsmappe des Münchener Kunftvereins. 


Der Mündener Runftverein bringt feinen Mitgliedern diefes Jahr als 
Gefdhenf eine Mappe mit Radirungen, die gewiß mandem willtommener find, 
als die fonft üblihen Prämien, dle großen Stihe. Dielleiht fann auc diefe 
Babe dazu beitragen, das Derftändniß für die Schwarz. und Weißkunft und 
im Befonderen für die Schabfunft zu fördern, welde ja in Deutfhland nur 
ganz vereinzelt gepflegt wird. Die fieben Blätter der Münchener Mappe 
zeigen erfrenlihe Leiftungen. Prof. Holm giebt die Anfiht des Mympbhen- 
burger Ranals mit einer Brüde und im Dordergrunde eine Allee von bodhauf- 
tragenden Baumriefen. Die Behandlung des Sonnenlidhtes, das Durdheinander 
von Lidt und Schatten auf den dichten LCaubmaffen und den breiten Räumen 
it mufterhaft in Einklang gebraht mit der einheitlichen Fledenwirfung des 
Bildes. Die Abendlandfhaft von Ubbelohde bietet ein einfaches aber mit 
großer Feinheit gewähltes Motiv. Die düfteren Baumgruppen, die in den 
Tiefen Iuftiger behandelt fein könnten, der fhmale Lichtftreif an dem getonten 
Himmel und das fließende Wafler befunden ein entwideltes Ffoloriftifches 
Empfinden. Jn einem anderen Blatte von Ubbelohde, von hobem poetifchem 
Stimmungsgebalt, gelangt eine ausgedehnte Thalmulde zur Darftellung, über 


welde fih pbantafifhes Bewölf zufammenballt und wieder zerfließt. Die 
Behandlung ift and bei diefem Bilde eine fehr malerifche, läßt aber hin- 
fichtlid) der Unterfehiede von Nah und Fern zu wünfdhen übrig. Otto 
Reitel’s Motiv, Rühe im Flußbett, ift nicht gerade überrafhend, aber eine 
tühtige, auf farbige Wirkung abzielende Arbeit, die nur in der Unterfheldung 
des Stofflidhen nod eine Steigerung zuließe. Zwei weitere Radirungen von 
malerifher Qualität haben den Rünftler TC. Th. Mever-Bafel zum Autor; 
die eine giebt ein Bauerngehöft wieder, defjen Vordergrund eine Wildnig von 
Gras und Straud bildet, die andere eine Flußebene mit pifanten Baum- und 
Häuferfilhouetten. Das legte Blatt von Hans Meyer-Laffel, ein Schiff 
im Hafen mit aufgezogenen Segeln darftellend,  weift alle Dorzüge und 
Nadtheile der Aquatinta-Tehnit auf; die ganze Erfheinung ift indeffen frifh 


und lebendig und bejonders der 3itternde Wafferfpiegel mit feiner Empfindung ` 


wiedergegeben. 


Ein deforativer fries von Profeffor AW. Kod. 


Unter den Entwiirfen, die Profeffor Rod fiir die Jnnenraume des Reids- 
gerihtes in Leipzig lieferte, befand fih der oben abgebildete Fries. Leider 
erwies fih die Ausführung als unmöglid, da es an der betreffenden Wand 
an dem nédthigen Licht fehlte. Wir glauben der heimifhen Runftpflege einen 
Dienft zu erweifen, indem wir auf diefen Entwurf hinweifen, der einem ähn- 
lihen öffentlihen Bebäude um feines ernften Motive, wie um der virtuofen 
Raumfüllung willen als fiinftlerifher Shmud dienen fönntee Es ift eine 
‚Folge von Scenen, die Sünde und Strafe, Rene und Vergebung im Anfhluß 
an die Kriftlihe Religionsanfhauung verkörpern. Um den Baum der Er- 
fenntniß windet ih, aus Blumen ih aufbäumend, die Schlange. Auf das 
Schwert geftügt, mit ftrafend gehobener Hand vertreibt der Engel das erfte 
Menfhenpaar, das fih in banger Ffurdht in die Waldeinfamfeit rettet. Reunig 
naht ih die Schaar der Biifer dem Erlöfer, in deffen Schoofß ein jugendlicher 
Sünder fein Haupt birgt, während ein Engel über ihm das Areuz erhöht, und 
über den Regenbogen fort führen die Himmelsboten den Reuigen der göttlichen 
Dergebung entgegen. Die fhön ausflingende Gedantenfolge fchließt lüdenlos 
zufammen und erfcheint für eine Stätte der Rechtspflege gerade um ihrer ver- 
föhnlihen Tendenz willen befonders geeignet. Gn ruhigen Farbentönen 
gehalten, in den Konturen farf umriffen, hält die ganze Rompofition die 
rechte Mitte zwifchen felbftändiger Darftellung und dekorativen Schmuditäd. 
Sie wirkt in ihrer forrefpondirenden Dreitheilung rhythmifh, ohne in lange 
weilige Symmetrie zu verfallen. 


Berlin. — In der Reihshauptftadt beginnt ih der opferwillige Runftfinn 
erfreulih zu regen. Befonders fiir die National- Galerie hat die neue 
Direftion das nterefie wach zu rufen verftanden. Jhr ift aus dem Nadlak 
des Dichters Emil Rittershaus fein von Ludwig Anaus in Kreide aus- 
geführtes Bildnif zugefallen. Als VDermädtniß der frau Baronin von Wit: 
leben geb. von Normann erhielt die Sammlung 8 Oelgemälde: Zwei Bilder 
von franz Rrüger „Raifer Wilhelm I. als Prinz zu Pferde‘ und „Pferde 
im Stall", von Georg Bleibtreu das Bemälde „Rönig Wilhelm vor 
Sedan, von Campbhaufen ,, Friedrich der Grofe mit feinen Generalen", 
ferner „Pferde auf der Weide" von T. Shmitfon, „Der erfte Behverfuh" 
von Eduard Meyerheim, „Spreewald im Winter von Eduard Hilde- 
brandt und „Waldblöße" von G. Munger. Der Geh. Rommerzienrath 
Pringsheim überwies der Galerie eine Marmorbüfte Seiner Majeftät Raifer 
Wilhelms I. aus dem Jahre 1876 von J. von Ropf, und der Riinftler felbft 
fügte eine Marmorbüfte Jhrer Majeftät der Raiferin Augufta hinzu. - Als 
weitere Sdhenfung Berliner Runftfreunde erhielt die Nationalgalerie endlich 
nod ein hervorragendes Wert von J. f. Millet, das 1870 gemalte Bild 
novembre“. 








Bo 


Deutfde Runf. 135 





Profeffor Mar Hod, Fries fiir einen Geridtsfaal. 


Aud eine größere Plafat-Ausftellung ftebt uns bevor, und 
zwar als Sonderabtheilung einer Ausftellung tvpographifher Erzengniffe im 
nädften Frühjahr. Die Ausftellung dürfte eine Ueberfiht der Fortfehritte auf 
dem Gebiete des öffentlihen Plafatwejens bieten und ein Bild der Ein- 
bürgerung der fünftlerifhen Plakate in Deutfhland geben. Daneben follen 
die neueften Methoden der verfchiedenen Dervielfältigungsverfahren, endlich die 
Neuheiten auf dem Gebiete der Schriftgieferei, Buchausftattung und Holz- 
fhneidefunft zur Ausftellung gelangen. 

Inzwifhen wird? an dem fünftlerifh - patriotifhen Schmud der 
prenBifdhen Hauptftadt in der Siegesallee unentwegt weiter gearbeitet. 
Profeffor Reinhold Begas ift eifrig mit feiner Aufgabe befhäftigt. Der 
Meifter bat das Standbild des legten WAsfaniers, Markgrafen Waldemar 
(1508—1319), auszuführen. Diefer Hauptfigur werden die Biiften von 
Siegfried von Feudtwangen und Heintih Frauenlob beigegeben. Feudt- 
wangen war Hodmeifter des Deutfhen Ordens, und Heinrih Frauenlob 
(1250—1518) ił der befannte Winnefainger. Er fommt wohl zu der Ehre der 
plaftifhen Darftellung, weil er aud ein Preislied auf Waldemar, den ritter- 
lihen Turnierhelden, verfaßt hat. Markgraf Waldemar hat übrigens fhon 
an der Mühlendammbrüde von Unger's Hand ein Denkmal erhalten, es wird 
nun intereffant fein, 3u vergleidhen, welde Auffaflung Profeffor Begas feiner 
Figur geben wird. 

Minden. — Gn der Runftgenoffenfhaft madt fih mehr und mehr 
das Gefühl der Zufammengehörigfeit bemerkbar. Ja man beginnt fogar, 
fih nad all! den internationalen Deranftaltungen auf feine nationalen Auf- 
gaben zu befinnen. Die im Arzberger Reller abgehaltene, fepe zahlreich 
befudte aufierordentlide Generalverfammlung befhäftigte ih ausfnließlid 





mit der Geftaltung der Jabhresausftellung 1898. Yad Eröffnung der Der- 
fammlung urh den ftellvertretenden Präfidenten Hans Peterfen wies der 
Präfident Dr. von Lenbah darauf bin, daß die feit dem Jahre 1888 all- 
jährlid im Glaspalafte veranftalteten Ausftellungen durdhgebend den Charakter 
internationaler Ausftellungen hatten. Es jei num wohl an der Zeit, hierin 
eine Aenderung eintreten 3u laffen, folle niht das Gntereffe der Riinftler wie 
aud des Publifums an diefen Deranftaltungen erlahmen, welhe fdlieflid 
reinem Schematismus zu verfallen drohen, wenn hier nidt Wandel gefhaffen 
werde. Die Berechtigung diefer ausführlich begründeten Anfhauung wurde 
allerfeits anerfannt, nur über die Art und Weife, wie eine Aenderung erzielt 
werden follte, gingen die Meinungen auseinander. Ya ausgedehnter Debatte, 
in welder verfciedene Anträge zur Disfuffion famen, wurde entfpredhend 
einem Antrag aus dem Plenum einftimmig befdloffen: „Die Jahres- 
ausftellungen find Seutfhe Ausftellungen mit Zulaſſung ausländiſcher 
Riinftler." Wir begrüßen diefen einftimmig gefaßten Befhluß mit um fo 
größerer freude, als wir feit der Begründung der „Deutfhen Runft es als 
unfere Hauptaufgabe betrachtet haben, den durd die Preffe begünftigten 
internationalen Runftfhwindel in die ihm gebührenden Schranken zurüd 
zu weifen. 





Dresden. — Die Generalverfammlung des Sädfifhen 
Runftvereins in der Aula der Runftafademie gab ein erfreulihes Bild det 
Wirkfamfeit des Vereins. Der Vorfigende, Graf Otto v. Digthum, erftattete 
den Gabresberiht. Er bemerkte, daß der Runftverein, tro der vielen An- 
griffe, denen er ausgefegt fei, 3. B. weil er nicht jedem Rünftler feine Werke 
abfanfe, weil feine Ankäufe und ausgeftellten Runftwerfe den Runftliebhabern 
nicht gefielen u. dergl. m. fi doch entwidele, an Mitgliedern zunehme und in 





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136 Deutfdbe Runft. 


diefem Jahre troß der internationalen Ausftellung an Eintrittsgeldern 6000 M. 
eingenommen babe. früher batten die Eintrittsgelder hddftens 1500 M. er- 
geben. Die Cinridtung der billigen Sonntage habe fi bewährt. Der Ge- 
danke eines Zufammenfhluffes aller deutfhen Kunftvereine, den 
der Sähfifhe Aunftverein erftrebt, ift wefentlid gefördert worden, Eine ge- 
meinfhaftlihe Befdhäftaftelle der deutjchen Aunftvereine wird gefhaffen werden 
fénnen, wenn bis zum 1. April 1898 mindeftens 12 deutjhe Kunftvereine mit 
einem Gefammtbeitrag von 5000 M. den Satungen beigeftimmt haben. Der 
Dorfikende theilte ferner mit, die Staatsregierung habe ihn erfudt, dem 
Runftverein zu eröffnen, daß fle die in Dorbereitung begriffene deutfchnationale 
Runftausftellung in Dresden {1899) unterftüge und empfehle; die Staats- 
regterung redne auf eine möglichft vollftändige Befhidung der Runftausftellung 
duch fadfifhe Aünftler. — Hierauf wurde den Anträgen der Rehnungs- 
prüfer gemäß das Redhnungswerf des Runftvereins richtig gefproden; der 
Antrag des Dorftandes, für die beiden Fabre 1899 und 1900 zufammen ein 
einziges Runftblatt auszugeben, wurde abgelehnt und nad dem Antrage des 
Bildhauers Rafhau befdhloffen, wie bisher ein Heft von Runftblattern aus- 
zugeben, dodh foll an die fähfijhen Rünftler eine Aufforderung ergehen, fid 
3u bewerben. Die Neuwahlen ergaben von 145 Stimmen für Braf Vigthum 
142, für den Oberbiirgermeifter Beutler 138; von Riinftlern wurden Maler 
Stagura mit 129, Bildhauer Baeumer mit 128, Hiftorienmaler Alfr. Dieide 
mit 115 Stimmen gewählt. Dr. faul, Stadtrathb Dr. Bierey und Architekt 
Reuter wiedergewählt. — Zum Schluffe nahm man den Antrag der Maler 
Ritter und Gen. an, wonad fünftig bei der Verloofung der Ankäufe des 
Runftvereins ein etwas verändertes Verfahren Plag greifen foll. Darnah 
follen die Jnhaber der erften 15 Gewinnnummern das Redt haben, nad der 
Reihenfolge ihrer Nummern je eing der angefauften Aunftwerfe nad ihrem 
Belieben ih auszufuhen. Es kommt nämlid bisweilen vor, daß Anhänger 
der älteren Runftridtung ein Freilidtbild gewinnen, das ihnen unausfteblid 
ift, find umgefebrt ein Freilihtfhwärmer ein Bemälde der früheren Richtung, 
das er nicht anfehen mag. Das neue Verfahren der Aus- 
wahl er erten 15 Gewinnnummern foll bereits diefes 
Fahr verfudsweife eingeführt werden. 


Görlik. — Gn der Generalverfammlung des 
Runftvereins für die Caufit wurde zunädft feitens des 
Dorftandes der Bericht über die Periode 1896/1897 erftattet. 
Aus demfelben ift hervorzuheben, dağ die Ausftellung 
diesmal in anderer Weife ins Leben gerufen werden 
mußte als bisher, wo nur eine Auswahl unter den, im 
Cyllus der oftelbifhen Runftvereine furfirenden Bilder zu 
treffen war. Es ergingen Aufforderungen an Riinftler- 
[haften und einzelne Rünftler. Don erfteren haben fic die 
Dresdener Runft- Benoflenfhaft und der Ausfteller-Derband 


Soeben erschien: 


Kunstdenkmäler 
im Grossherzogthum Hessen. 


Ehemaliger Kreis Wimpfen 
von Dr. @eorg Schaefer. Geh. Hof- 


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an der Techn. Hochschule zu Darm- 
stadt. 335 Seiten mit 22 Lichtdruck-, 
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Preis M. 10.— 


Darmstadt, Arnold Bergstraesser’s 
Hofbuchhandlung. 





andern Thüre Bott Dater dargeftellt ift. Die in orydirtem Silber hervortretenden 
Darftellungen beben fih von dunfelblauem Grunde ab. Die Darftellung des 
b. Geiftes befindet ih auf einer die Schlagleifte sierenden Rofette. G. Her- 
meling bringt des weiteren eine für die St. Apoftelfiche beftinmte Monftranz 
zur Ausftellung, die trok des großen mädtigen Aufbaues das verhältniß- 
mäßig geringe Bewicht von nur 14 Pfund hat. Der Fuß entwidelt fih aus 
einem Dierpaß, in dem Yiello-Darftellungen angebradt find. Der Modus 
ift in reicher filigran-Arbeit gehalten und der Shaft mit Emails verziert. 
Um den aus einem Bergfryftall beftehenden Cylinder, der die Lunula 
enthält, bant fih der vlertheilige Obertheil auf. Die Krone wird von vier 
Strebpfeilern getragen; auf den Eden ftehen getriebene Heiligen- figuren, und 
zwar die bh. Jofeph, Heribert, Katharina und Barbara. Der fuppelartige 
Abjchluß bewegt fih, wie das Banze, in ftreng romanifhen formen und ift 
reih mit Emails, filigran und Edelfteinen gesiert. Die oberjte Spike ift 
dem Abfedluffe der St. Apoftellirhe nadhgebildet und endet in eine madtige 
romanifche Rreuzblume, aus welder eine Maladittugel hervorwadft. Am 
oberen Auffage finden wir nod) vier Email-Darftellungen: Arönung Mariä, 
Anbetung der Weifen, Geburt Chrifti und die Verkündigung in wunderbar 
garter Ausbildung, die, wie die vier Cherubine, die den Mebergang von den 
Strebebdgen zu dem Rryftall-Cylinder bilden, geradezu Meifterwerfe der 
Ematllirfunft find, Die zwölf Apoftel, die an einer Monftranz für die 
Apoftelfiche nicht fehlen durften, find rings um die mit Brillanten ge- 
fhmüdte Lunula in anbetender Stellung reizvoll angebradht. Erwähnt fei 
fclieBlidh nod) ans der Reihe der neuausgeftellten Begenftände ein reih mit 
Filigran und Codelftei- 
nen verziertes Miffale 
für die St. Remigius. 


firhe in Bonn, das Einladung zum 


von Job. Dir in Bonn = u 
gearbeitet ift. = Abonnement = 


oul die 


YEE Allgemeine -FF 
Aa TTERARISCHE > UNDSCHM, 


DEF Erscheint jährlich 28 mal und bringt eine regel- 
mässige, rollstandige Uebersicht all r wichtigeren neuen 
Erschemungen «es In- und Auslandes, deren grind 
liche Durchsicht jeden Litteraturfreund auf alles das 
aufmerksam macht. was fir ihn irgendwie von Inter- 
⸗s⸗eist? II GS 

DEF Durch eine Anzahl hewihrter Fachleute „ Schrift- 
steller un. Gelehrte werden die neuen litterarischen Er- 
scheinungen. wissenschaftliche wie populäre, geprüft, und 
alles Interessante. alles Wissenswerte und alles über den 
Durchschnitt Hervorragende — gleichviel ob von he- 
kannten oder unhekannten Autoren — besprochen "u 

BE In hunter Ahmechslung folgen litterarische Aufsätze. 
Unterhaltungsheitrüge, Plaudereien, Novellen. Humoresken 
Proben neuerer Lyrik, Notizen über Theater, Kunst etc. 


Miindener Riinftler forporativ betheiligt und find deren 
Werke in fih gejondert vorgeführt- worden. Die Münchener 
Rolleftion 3eicnete fid) duch forgfältige Auswahl, Ab- 
wedfelung des Gnbalts der Darftellungen und gediegene 
Ausführung befonders aus. Die Verbindung für die 
biftorifche Aunft war mit drei bedeutenden Werfen vertreten. 
Die Betheiligung der Berliner Rünftlerfhaft war nur eine 
geringe, wenn diefelbe auf der Ausftellung dennod durch 
bedeutende Werke von H. Dahl, €. Bradt, O. Frenzel, 
W. Hammader glänzend hervortrat, fo ift das den Be- 
miibungen der Runftbandlung von M. Lewitt, Berlin, zu 
verdanken. Die Derfanmlung nahm einftimmig den 
Dorfhlag des Dorftandes an, der vom fähfifhen Aunft- 
Derein 3u Dresden ino Leben gerufenen Vereinigung 
der deutfhen Runftvereine zum 1. April 1898 als 
Mitglied beizutreten. Zur Derloofung gelangten 12 Oel- 
gemälde, 2 Bouahe-Bilder, I Aquarell und 37 Werke der 
nadbildenden Runft. Auf der Ausftellung und in 
‚Folge derfelben fanden nod Ankäufe im Werthe von 
1200 Mart ftatt. 





Köln. — Gn der Ausftellung für Hriftlide 
Runft am Dombof zu Röln hat Bolöfhmied f. Å. Hellner 
eine 3weifliigelige reid) emaillicte Tabernafelthiire ausgeftellt. 
Diefelbe zeigt in hellblau umrabmten füllungen auf dem 
einen Flügel die Figur des Welt-Erlöfere, während auf der 


Photographien. 
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Das. soeben beendete I. Semester 

SET enthielt Beiträge von: WE 
Rud, Baumbach — Fritz Brentano — Felix Dahn 
— Marie v. Ebner-Eschenbach — Nathaly v. Esch 
struth — Ludw. Jacohowski — Ad, Kohut — John 
Henry Mackay — Conr. Ferd. Meyer — Peter Nansen 
— Elise Polko — Ferd. v, Saar — Heinr. Seidel — 
Tanera — Konr. Telmann — E, 0. Wildenbruch — etc, 
Das jetzt beginnende II. Semester 

MET bringt Beiträge von: WE 
Arthur Achleitner — Georg Ebers — Osc. Blumenthal 
— Gust. Falke — H. Heiberg — Paul Hense — 
Ludw. Jacobowski — Wilh, Jordan — Detl. vom 
Liliencron — Maria Janitschek — Peter Rosegger — 
Joh, Schlaf — Aug. Strindhera — F.r. Zoheltitz — u. À. 





ig 














Deutfde Aunft. 137 





Möbel im Stil Louis XV. 
Von Runſtkiſchlermeiſter J. Zwiener-Berlin. 


Es iſt ein eigenartiger künſtleriſcher Reiz, der von dem Mobiliar im 
Stil Louis XV. ausgeht. Farbiges Holz und Metallbeſchläge wirken zu— 
ſammen, um den Eindruck vornehmer Koſtbarkeit ohne Aufdringlichkeit her⸗ 
vorzubringen. Die Marqueterie der Flächen iſt überaus einfach, meiſt ein 
diskretes Blumen- oder Linearmuſter aufweiſend, das ſich um ein weniges 
heller oder dunkler aus dem fond heraushebt. Die Metallornamente dienen 
als anmuthige Umrahmung der Flähen, aus denen fie gelegentlich als Hand- 
baben und Griffe hervorragen, fie marfiren die Eden und Randlinien, biegen 
Ah nah oben bin zu leicht tragenden Bliedern und ziehen ih nadh unten 
bin zu gefhweiften Füßen zufammen. Das figiirlidhe wird der Spät- 
tenaijfance entnommen, das Lineare aus der form ves jhmalen Scilfblattes 
abgeleitet. Die Silhouette wird eine ungemein bewegte und vermeidet mit 
Blüd das gerade Derlaufen des Umtijjes. 

Bei dem modernen Streben, um jeden Preis originell zu fein, ift es von 
Heit zu Heit angemeffen, an den viel verleumdeten Stil zu erinnern und 
darauf hinzumweifen, daß man nicht ungeftraft mit der Tradition von Jahr- 
bunderten bridt. Der Fformenfinn will erzogen fein und läft fidh nicht 


st Pom 


aS — 


Toilette⸗Tiſch, Stil Louis XV., entworfen und angefertigt für das königl. Schloß, Berlin, 


von Julius Zwiener. 








durch individuellen Geſchmack in voller Urwüchſigkeit erſetzen. Da iſt es mit 
beſonderer Freude zu begrüßen, wenn Fürſten und Höfe die gute alte Ueber⸗ 
lieferung pflegen und bei ihren Beſtellungen den Modegeſchmack bewußt 
ignoriren. 

So hat fih der Kaifer ein hervorragendes Mitglied der früheren Parifer 
Runfttifhler-KRoloute deutfher Herkunft kommen laffen und übermittelt ibm 
feine Aufträge für das Ameublement des Sdhloffes. Herr 3. Zwiener ift 
mit feinen reihen Erfahrungen, mit gefüllten Zeihnungsmappen und forg- 
fältig gefammelten Modellen nad Berlin übergefiedelt und liefert prächtige 
Möbelarbeiten für die Neumöblirung der Scloßräume Eins feiner ge- 
lungenften Werke ift feine Toilette für die Rönigsfammern, die wir unten 
abbilden. 

Das ganze Beräth ift nah eigenen Entwürfen gearbeitet und bietet in 
feiner Zufammenftellung von foftbarem Holz, Boldbronze und Marmor ein 
überaus feines Mufter des oben befihriebenen Stils. Mod anmuthiger in den 
Formen erfheint das für den Fürften Pleß von demfelben Meifter angefertigte 
Theetifhden, das fih befonders durch fein feine 3ifelicten Metalltheile aus- 
zeichnet. Die vier grazids gefhmwungenen Träger der oberen Platte enden 
in Engelsföpfen, während das Blattornament der gefihweiften Füße üh 
zwanglos an den Rand anfhließt, um dann feine Ausläufer leiht an den 
Kanten hinunter zu entfenden. Die anffteigende 
Flamme an den fi) freuzenden Fußleiften, die feinen 
Sdilfleiften an den Flddhenrandern bilden ein zier- 
lihes Enfemble, das davon zeugt, mit weldem 
Derftändniß fih Herr Zwiener in die Formenfprade 
des Stiles Louis XV. hineingelebt hat. 


— Das Hobenzollern - Kaufhaus in 
Berlin, das fid aus einem Kunftgewerbemagazin 
zu einem der groften Raufhdufer entwidelt hat, ge- 
währt einen Ueberblid iiber den jegigen Stand des 
Runftgewerbes, und zeigt die Errungenjhaften 
funftgewerblihen Schaffens in Deutfhland, England 
und franteeid. Ueberall madt fih das Beftreben 
bemecfbar, mit den bisherigen Formen zu breden 
und unter Wahrung des Zwedmäßigen, Bequemen 
einen neuen fonfteuktiven Stil zu fhaffen, der in feden 
Linien und Umriffen feine Reize offenbart. Am meiften 
fpriht fh die Thatface Fünftlerifher Befruchtung 
in der Wohnungseinrihtung und den Möbeln aus; 
bei legteren ijt nad engliihem Dorbild alles 
Schnörkelhafte vermieden, wie ein muftergiltiges 
Buffet, ein Damentoiletten- und Schreibtifh ver- 
anfhaulihen. — Fm Stofflager fanden fi die der 
Natur nadgebildeten flahmufter und ihre Der- 
werthung für die Herftellung gewebter und bedrudter 
Stoffe. Dem Gedanfen der Dereinfahung begegnen 
wir in farbigen Blagfenftern, fowie in Erzeugniffen 
der Reramif. Die ausgeftellten Dafen und Schalen 
lehnen fih niht felten an Motive aus der ländlichen 
Dolfstöpferei an und tragen fo in form und farbe 
den Stempel großer Eigenart. 








— Die Société de peinture Italienne 
pour Gobelins, Berlin W., friedridftr. 138, 
madt uns mit Gobelin -Nahahmungen befannt, die 
ihrer Billigkeit wegen für deforative Jwete em- 
pfoblen werden fdnnen. Die vorgeführte Malerei 
giebt in woblgelungener Täufhung die echten 
Runftgewebe wieder, 3. B. Botticelli's Primavera, 
Wattean's Part- und Schäferfzenen und Tenier's 
Wirthshaus-Gnterieurs, 





138 





— Die im £ihthofe des Agl. Runftgewerbe-Mufeums zu Berlin 
ausgeftellten Arbeiten aus Edelmetall find von dem Cifeleur Otto 
Rohloff, Lehrer am Röniglihen Kunftgewerbe-Mufeum, gefertigt und zeichnen 
fh duch vorzüglihe Arbeit und vornehmen Befhmad aus. Befonders ragen 
drei Stüde hervor, welke im Befike des Raifers fi befinden, ein Prunf- 
f&hreibzeng, beftehend aus einem mächtigen Yephritftein, der mit den Gnfignien 
des Schwarzen Adler-Ordens im vergoldeter Bronze geihmüdt ift und von 
zwei filbervergoldeten Adlern getragen wird, während den Dedel eine mit 
rothbem Sammt gefütterte goldene Rönigsfrone bildet. Das Screibzeng ift für 
das Kapitel des Schwarzen WAdler-Ordens angefertigt und wird nur vom 
Raifer und vom Ordens-Ranzler bei der Ueberzeichnung der Ordens-Urfunden 
benugt. Das zweite Stüd bildet einen großen, in Silber getriebenen Pokal, 
auf dem die Flotte des Großen KRurfürften auf der Fabrt nad Rügen dar- 
geftellt if. Unter den andern Ausftellungsftüden find zu nennen ein filberner 
Weintrug, an deffen Halfe ein Satyr niet und feinen Kopf durh den Schlit 
des emporftrebenden Henkels geftedt hat, ferner ein großer filberner Beer 
mit dem Portrait des Raifers Wilhelm I., der als Centenarpreis für die 
Segelregatta auf dem Wannfee gegeben worden ijt; ein Nautilus in ver- 
goldetem Silber, eine Ropie des befannten Meifterwerfes von Quippe aus 
dem grünen Gewölbe in Dresden, mehrere Meine fein cifelirte Silberbeder 
fowie einige Plafetten und getriebene Mejfing- und Rupferfdiiffeln. 


— Aus dem Atelier von Rarl Ule in Münden ift ein Blasfenfter 
von befonderem Werthe hervorgegangen. Es hat einen Umfang von etwa 
20 Quadratmeter und ftellt eine Parklandfhaft dar, in der fih von dunfen 
Baumgruppen ein im Waffer ftebender, reid) mit fpielenden Mizen und Putten 
verzierter, in grüner Bronze gebaltener Brunnen abhebt. Jm Wafer, das 
von einem Schwan belebt wird, fhwimmen Seerofen und am Ufer fteben 
Blumen und Schwertlilien. Das ganze Fenfter ift aus amerifanifdem 
Opalescentglas ohne Anwendung aufgemalter Farben oder Conturen hergeftellt. 
Eine derartige Arbeit von folhem Umfange dürfte aus gleihem Material 





Theetifch, Stil Souis XV., entworfen und angefertigt für den 
Fiirjten Plef von Julius Swiener. 


Deutſche Runf. 


bisher in Deutfhland wohl no nicht ausgeführt worden fein. Jn dem neuen 
Befhäftshaufe „Raiferpalaft“ in Dresden foll diefe Mengene Arbeit Auf- 
nahme finden. 


— Die Runftanftalt von Trowisfh & Sohn in Frankfurt a. © 
hat feit ihrem fünfzigjährigen Beftehen fh die Wertbfhätung Derer erworben. 
welde an die farbige Nahbildung berühmter Werke der alten Aunft einen 
ftreng fünftlerifhen Maßftab legen. Schon die erften nad altitalienifchen 
Meiftern gejhaffenen Farbendrude — wie 3. B. Raffaels Spofalizio — 
beweifen, daß diefe Runftanftalt es ernft mit der Reproduftion der Originale, 
nahm. faft jedes neue Bild hat dies erfte Urtheil beftdtigt. Der Beift der 
Auffaffung ift Serfelbe geblieben, und wie die Technik üh vervollfommnet 
bat, das zeigt gerade jet der nad der befannten Studie van Dyds zu feinen 
„Rindern Karls I. von England“ gefhaffene farbendrud. Das Halbprofil 
mit den Findlih offenen Zügen bebt fiy Mar von dem dunkelgetönten Hinter- 
grunde ab. Gn der Leuchtkraft der farbe, namentlid bei der Rarnation, 
fowie in der Weidbeit der Linien gelangen alle Qualitäten des Originals 
zum Ausdrud. 


— ðm Rölner Runftgewerbe-Mufeum ift das große dreitheilige 
Glasgemalde zu vorläufiger Ausftellung gebradt, das auf der Auktion 
Douglas für 21 780 Markt erworben und dem Mufeum von einer Anzahl 
funftfinniger Freunde gefhenft wurde. Dargeftellt find unter rei befränzter 
Renaiffance-Urchitettur auf blauem und rothem Grund die Mutter Gottes im 
Strahlentranz zwifhen dem bh. Johannes dem Täufer und der bh. Margaretha. 
Dor der lekteren fnieen die Stifter, Dr. Johann Widmann aus Bafel, Ober- 
vogt des Rlofters St. Blaen im Schwarzwald und deffen Gattin Margaretha 
Spilmann aus Breifah, Das fFenfter wurde im Jahre 1528 nad St. Blafien 
geftiftet, wo ein Bruder der Margaretha Spilmann Abt war. Der Stil der 
figuren und namentlid der ornamentalen Befrönung läßt mit Wahrfcheinlichkeit 
darauf fohltefen, daß der Karton zu dem fenfter von Hans Holbein d. J. 
gezeihnet worden ift, der im Jahre 1528 no in der Daterftadt des Donators 
thätig war. 


— Die Schule fiir Runfthandweberet in Scherrebel, die erft vor 
11/3 Jahren von Paftor Jacobfen gegründet wurde, hat fih aus den ber 
fbeidenften Anfängen jehnell entwidelt, fo daß fie fih jegt fhon eines wohl- 
verdienten Rubmes erfreut. Der Runfthandler Bing in Paris hat nad 
Scherrebef die Aufforderung gerichtet, bei ihm Sie Erzeugniffe der Schule 
auszuftellen. Gn diefen Tagen find zwei neue pradhtvolle Gobelins fertige 
geftellt und nad Dresden und Berlin zur Ausftellung gefandt worden. Der 
nah Dresden gejandte Wandteppih ift nah einem Entwurf von Hans 
Thoma in Frankfurt gearbeitet. Der zweite, den frühlingeeinzug dare 
ftellend, nad Prof. Edmann in Berlin, ift die hervorragendfte Arbeit der 
Sherrebefer Schule. Das Mufeum fiir Gnduftrie in Ropenbagen bat mebrere 
Teppibe erworben, u. a. den gleidfalls nad Edmanns. Entwurf fertige 
geftellten ,, Sdhwanenteppidh' (Preis 300 M.). 


. 





Preisbewerbungen. 


Wettbewerb 
um das Stipendium der Dr. Paul Schulge- Stiftung 
für das Jabr 1898. 


Auf Brund des Statuts der Dr. Paul Schulke-Stiftung, die den Jwet 
bat, jungen befäbigten Riinftlern deutfher Abkunft obne Unterfhied der 
Ronfeffion, welhe als immatrifulirte Shüler einer der bei der hiefaen Rönialihen 
Akademie der Rünfte beftehenden Unterridts-Anftalten fiir die bildenden Rünfte 
(der afademifhen Hohjaule für die bildenden Rünfte oder den afademifden 
Meifter- Ateliers) dem Studium der Bildbanerfunft obliegen, die Mattel zu 
einer Studienreife nach Fralien zu gewähren, wird hiermit der Wettbewerb um 
das Stipendium für das Jabr 1898 eröffnet. 

Als Preisaufgabe ift geftelit ein durchgeführtes Relief in Halbkreisform 
über dem Portal einer Grabfapelle. Begenjtand frei. Bröße des einzu- 
fendenden Modells: 0,70 : 1,40 Meter. 

Die foftenfreie Ablieferung der Konkurrenzarbeiten nebſt fdriftlidem Be- 
werbungsgefub an den Senat der Röniglihen Afademie der Rünfte muß bis 
zum 5. März 1899S erfolgt fein. 

Der Bewerber bat gleichzeitig einzureichen: 

N) einen von ihm verfaßten Lebenslauf, aus weldem der Bang feiner 
fünftlerifhen Ausbildung erfichtlich ift, 

2) verjbiedene während feiner bisherigen Studienzeit von ibm felbft 
gefertigte Arbeiten, 

5) eine fchriftlihe Deriherung an Eidesftatt, daß er die von ihm ein- 
gelieferte Ronfurrenzarbeit jelbft erfunden und ohne fremde Beihilfe aus- 
geführt babe, 

4) Heugnifje darüber, daß der Bewerber ein Deutfder ift und zur Heit 








der Bewerbung als immatrikulirter Schüler einer der obenbezeidneten 
akademiſchen Unterrihts-Anftalten dem Studium der Bildhauerkunft obliegt. 

Eingefandte Arbeiten, denen die vorbezeihneten Scriftftüde und Feugniffe 
nicht vollftändig beiliegen, werden nidt beriidfidtigt. 

Der Preis befteht in einem Stipendium von 3000 Mark zu einer Studien- 
reife nah Italien. 

Der Genuß des Stipendiums beginnt mit dem 1. Oftober 1898. Die 
Auszahlung der erften Rate im Betrage von 1500 Mark erfolgt beim Antritt 
der Studienretfe; die zweite Rate in gleiher Höhe wird gezahlt, wenn der 
Stipendiat nad Derlauf von fehs Monaten über den fortgang feines 
Studiums an den Senat der Alademie der Rünfte einen für genügend er- 
adteten Bericht erftattet bat. 

Eine Theilung des Stipendiums an mehrere Bewerber ift ausgefdloffen. 

Die Zuertennung des Preifes erfolgt im Monat März 1898. Nadh 
getroffener Entfheidung fann auf Beftimmung des unterzeichneten Senats eine 
Sffentlidhe Ausftellung der Bewerbungsarbeiten ftattfinden. 

Die preisgefrönte Ronfurrenzarbeit wird Cigenthum der WUfademie 
der Rünfte. 

Berlin, den 25. November 1897. 

Der Senat. der Röniglihen Akademie der Rünjte, 
Sektion für die bildenden Künfte 5. Ende. 


— Nahdem die Staatsregierung einen dritten Schinkelpreis in Höhe 
von 1700 Mark geftiftet bat, find, entfpredend der Dreitheilung .der Aus- 
bildung im Baufadh fiir den Hod, Eifenbahn- und Wafferbau, fiir 1898 
folgende drei „Schinkel-Aufgaben" endgiltig vom WArciteften-Derein geftellt 
worden: J. für den Hohbau: „Entwurf zu einem feft- und Befellfhafts- 
baufe für die deutfhe Marine auf einem in der Nähe von Kiel gelegenen 
Bauplaz"; 2. auf dem Gebiete des Cifenbabnbanes: „Umgeftaltung der 
Bahnhöfe In Leipzig"; 3. auf dem Gebiet des Waflerbaues: Verlegung 
der Berliner Stadtfhleufe nah oberhalb der Inſelbrücke“. 

— Das über den Wettbewerb zum Neubau eines Rathhaufes 
in Charlottenburg eingefegte Preisgeriht bat über die Prämtirung der 
eingegangenen Entwürfe Entfheidung getroffen. Erhalten haben den erften 
Preis mit I0 000 Mark, Rennwort „Spät und früh‘, die Arditekten Rein- 
hardt und Süßenguth In Charlottenburg, den zweiten Preis mit 6000 Mark, 
Kennwort „Charlotten-Burg“, die Urciteften Jaar und Dahl in Berlin, den 


‚dritten Preis mit 4000 Mark, Rennwort „Ehemalige Bartenftadt", der Bau- 


meifter und Lehrer an der Rönigl. Runftfhule in Berlin Herrmann Guth in 
Charlottenburg, den vierten und fünften Preis mit je 2500 Mark der Arditekt 
Rihard Walter und der Baumeifter Buftav Hildebrand in Charlottenburg, 
Kennwort „Waifenhaus", der Architeft und Profeffor am der fsnigliden 
tehnifhen Hodfdule Gob. Vollmer in Berlin und der Arciteft Heinrich 
Saffoy, Kennwort „Charlottenburger Wappen‘, 

— Das Preisausfhreiben für Rünftlerpoftfarten aus dem 
Rönigreihd Sadhfen bat einen febr erfreuliden Erfolg gehabt. Gn 
221 Einfendungen gingen 594 Entwürfe ein, Dolfstradten, Dolfsbräude, 
Lansfhaften u. f. w. darftellend. m erfreuliher Bleihmäßigfeit find 
alle Gegenden Sadjens vertreten. Es wurden 12 erfte, 12 zweite Preife 
vertheilt und 16 Entwürfe dem Minifterium des Fanern zum Anfaufe em- 
pfoblen. Die Herausgabe mehrerer Serien diefer Rünftlerpoftfarten ift in 
Ausfidt genommen. Folgenden zehn Einfendern bat das Preisgeridt je 
einen bezw. zwei Preife erfter Ordnung zuerfannt: Arthur Barth in Rölln 
bei Meißen; Oberlehrer R. Hoffmann in Chemnitz (2 Preife); W. Witting in 
Dresden, Adolf Nöther in Blafewisz (2 Preife), Otto Apikfh in Dresden, 
P. Herrmann in Wahwis, Lehrer P. Lorenz in Plauen i. D., Felir Elfner 
in Dresden, Arthur Bendrat in Dresden und Willibald Weingärtner in 
Dresden. Ebenfo erhielten 10 Einfender die ausgeferten 12 Preife zweiter 
Ordnung. 16 Entwürfe wurden außerdem dem Minifterium zum Ankauf 
empfohlen. Die Herausgabe mehrerer Serien von „Rünftlerpoftfarten mit 
Bildern aus dem Sachfenlande" ift in Ausfiht genommen. 

— Bei der Ronfurrens des -Dereins der Bildhauer in Münden waren 
den Mitgliedern drei Themata geftellt: 1. Die plaftifhe Ausfhmüdung eines 
Paffagen - Einganges. 2. Ein fortlaufender fries und 3. ein Rapitäl. — 
Als Preisrichter fungirten die Herren Profeffor v. Rramer, Bildhauer Hahn 
und Arditeft P. Pfann. Wenn aud nur 14 Arbeiten der Beurtbeilung unter» 
lagen, fo find nad Ausfprud der Herren Guroren doch nod einige febr be- 
friedigende Löfungen zu verzeihnen. Preife erhielten für Aufgabe I: 1. Karl 
Riller, II. Ff. Ringer. Die Löfung des Herrn Killer bejonders wurde als 
eine hervorragende Arbeit von hohem Werthe bezeichnet; als eine fehr felbft- 
fidndige Erfindung obne direfte Anlehnung an Dorhandenes. fiir Auf- 
gabe 2: Zwei I. Preife: Arnulf Rorn und KR. Grog, mit Betonung der ge- 
lungenen Löfung und fhönen Durdbildung. für Aufgabe 3: Preis: Rarl 
Huber far eine zielbewufte und faubere Arbeit. 


Perfönliches. 

— Der Lehrer der Runftgefhihte und Literatur an der Runftafademie 
in Diiffeldorf, Profeffor Dr. phil. Wolfgang von Oettingen, ift 
endgiltig zum erften ftändigen Sekretär der Akademie der Riinfte in Berlin 
ernannt worden. 

— Dem Direftor der Sammlungen des Städel’jhen Aunftinftituts in 
stanffurt a. M., Dr. phil. Heinrih Weizfäder, ift das Prädikat „Profeflor“ 
beigelegt worden. 

— Dem ordentlihen Profeffor der Ff. techniſchen Hochſchule, Auguſt 
Thierfh in Münden, wurde der Derdienftorden vom heil. Mihael IV. Rlafje 
verliehen. 


Thi 


v-a e- ET HT eag E AR a n ae 


Deutſche Runf. 139 


— Dem Maler Dr. franz Ritter v. Lenbadh, Ehrenmitglied der 
Afademie der bildenden Künfte in Münden, wurde die Bewilligung zur An- 
nahme und zum Tragen des ihm verliehenen Rommandeurfreuzes I. Rlaffe 
des fF. jhwedifchen Nordftern- Ordens ertheilt. 

— Profeffor Rihard Stier in Stuttgart hat einen Theil der 
funttionen dea in Rubeftand-tretenden Direttors H. v. Ruftige übernommen, 
indem er zum Snfpeftor der f. Gemalde ernannt wurde. €s fallen ihm 
damit die Funktionen eines Ruftos ‘fiir die Bilderfammlungen in den 
ft. Schlöffern Stuttgart, Ludwigsburg, Bebenhaufen, Friedrihshafen u. f. w. 
zu. Wer der Nachfolger Auftige's als Fnfpeftor der Staatsgalerie werden 
foll, ift 3ur Seit nod unentſchieden. 

— Der Bildhauer Wilhelm Wandfadneidser zu Charlottenburg hat 
dem Großherzogliben Mujeum zu Schwerin drei funftvolle Arbeiten über- 
fandt. Es find dies Statuen des verftorbenen Staatsfelretärs von Stephan 
und der verdienftvollen Manner Werner Siemens und Alfred Krupp. 
von Stephan ift dargeftellt in „groger Gala mit Degen und federbut. 
Krupp und Siemens zeigen fih in einfadher Civilfleibung. Augenblidlid 
arbeitet der Riinftler an einem für Neu-Stettin beftimmten Denkmal Raifer 
Wilhelms I. 

— Der Bildhauer Profeffor Ernft Herter führt das Wiesbadener 
Bismard-Dentmal der Vollendung entgegen. Das Denkmal erhält eine Höhe 
von etwa 7 Meter. Der Altreihsfanzler fteht, das Haupt mit dem Helm 
bededt, in energifher Haltung da, die Linfe umfaßt kraftvoll den Pallafch. 
Eigenartig ift der Schmud des Poftamentes. Vorn an der Ede gt eine an- 
muthige Frauengeftalt, welche die Provinz Heſſen-Naſſau verkörpert: Palmen 
liegen auf ihrem Schooße, mit einem Lorbeerzweig in der erhobenen Rechten 
begrüßt ſie den Schöpfer des deutſchen Reiches. Auf der Rüdjeite ruht an 
einer Ecke die Kaiſerkrone, die ein Adler mit ausgebreiteten Schwingen behütet. 
Die rechte Seite des Poftamentes nimmt ein Anabe ein, der fid in ein auf- 
gefhlagenes Bud vertieft; man lieft darin die Rraftworte Bismard’s: „Wir 
Deutfcen fürdten Gott, fonft nichts auf der Welt.“ Der Sodel wird Granit, 
die bildnerifchen Modelle werden in Bronze gegoflen. 

— Der Bildhauer Profeffor Guftav Raupert, der in Kaflel verftorben 
it, bat ein Alter von ahtundfiebzig Jahren erreiht. Er war am 4. April 
1819 zu Raffel geboren. Dort wurde er ein Schüler von Profeffor Henfcel; 
dann bildete er ih in Münden bei Shwanthaler und vollendete feine Studien 
in Rom. Außer einer Reihe von Gruppen, wie faun und Bachantin, 
Mutterliebe, Perfeus und Andromeda, fuf er das Heffendentmal in Raffel, 
vier Gruppen in Sandftein (Krieg und Frieden) für die neue Börfe in 
Frankfurt a. M. und Marmorftatuen von Chriftus und den vier Evangeliften 
für die Bafilife in Trier. Zu feinen hervorragendften Werken zählen aud, 
wie bereits erwähnt, die Denkmäler von Lefiing und von Börne in frant- 
furt a. WM. Der Römerfaal dafelbft enthält fein Marmorftandbild Raifer 
Wilhelms I. 


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(Maler, Bildhauer, Arditekten, Kupferftedher, Radierer, Zeihenlehrer, 

fünftlerifhe Mufterzeichner u. f. w.) 

zu Weimar. 

(Unter dem Proteltorate Seiner Füniglihen Hoheit des Großherzog$ von Sadjen.) 
Gegründet von Abgeordneten deutjcher Künftlerverbände. 
Dem fünftleriihen Erwerbsleben angepaßt, fidert die Anftalt den Bezug 
einer Rente für die Tage des Alters und der Invalidität. 
Bei genofienjhaftliher Berfafjung Loftenlofe Verwaltung durd den Boritand. 
Erleichterung der Diıtgliederbeiträge durch aufero rdentlide Einnahmen. 
Beideflaug weiterer außerordentliher Einnahmen den Ortsverbänden anheim- 
aeftellt. 
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Statuten und Auskunft foftenfrei durch die Gefchäftsitelle in Weimar. 


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zabireiher Bejhidung die — Rünftler hiermit freundlichft eingeladen werden. (Jahres: 
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der Kauptgefhäftsführung betranten Wiirttemb. Runftverein in Stuttgart zu beziehen. Alle 
für den Carnus beftimmten Runftwerte find nadh vorausgegangener Anmeldung mittels 
formular ausfhlieflih an den Württemb. Kunftverein in Stuttgart einzufenden, wofelbft 
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RR — 





An unſere Leſer! 


Wir haben unſeren Abonnenten und Freunden die erfreuliche Mittheilung zu machen, daß die „Deutſche Kunſt“ 
im neuen Jahre eine Erweiterung ihres Umfanges und ihrer Ziele erfährt. 

Die in Berlin erſcheinende Kunſtſchrift, Das Atelier“ it von uns 
angekauft worden und geht vom J. Jannar ab in der, Deutſchen Kunſt“ auf, 
in der Weiſe, daß ihr Name und ihr Nachrichteninhalt in dem Beiblatt erhalten bleibt, die bisher den Titel 
„Vom Kunſt- und Kunſtgewerbemarkt“ führte. 

Es iſt uns nicht nur gelungen, uns einen Theil Ser Mitarbeiter es „Atelier“ zu ſichern, ſondern wir 


glauben gerade durch dieſe materielle und ideelle Vereinigung zu beweiſen, daß wir Sen Zeitpunkt für gekommen 
halten. wo Alle, die es mit der Kunſt unſerer Zeit ernſt meinen, ſich 


ohne ſich auf Richtungen und Grundſätze einzuſchwören 


in dem Streben zuſammenfinden können, 


die Entwickelung deutſchen Kunſtſchaffens 


mit vereinten Kräften zu fördern. 

Wir werden es nach wie vor als umfere Aufgabe betrachten, alle Bewegungen auf dem Gebiete der 
bildenden Künfte mit aufmerffamen Auge zu verfolgen und objettiv über fie zu berichten, ftatt fie je nad 
Beihmad und Neigung zu fördern oder zu hemmen. Die fortfchreitendere Verbreitung der „Deutfchen Runft“, 
das Woblwollen Ser Runftverwaltungen, die Anerfennung der Künftlır wie der Runftfreunde leiftet uns Gewähr, 
Saf wir mit diefer paxteilofen, nicht Frittelnden, fondern berichtenden Baltung den rechten Weg eingefchlagen 
baben, Ser zu einem von dem nterejje aller gebildeten Kreife getragenen nationalen Runftfchaffen binleitet. 


Berlin, im Januar ISOS. 


Verlag und Redaktion der ‚„Deutfchen Hunt. 


Dr. Georg MalKowsky. 








—— — 





- Deutfche 


Beiblatt: Das Mtelier. 


Illuſtrirte Zeitſchrift für das geſammte deutſche Kunitichaffen. 
Central-Organ deutfdyer Runft und Riinjtler-Dercine. 


A Herausgegeben von 
Alle 14 Tage etfheint eine Nummer. 2 usgeg Alle 14 Cage erſcheint eine Nummer. 


Preis vierteljahtlich 2.80 Mark. Georg Malſiowsſin. Inſetate: 40 Pfennige für die 4 ge⸗ 
Poftzeitungslifte Ar. 1173. y 4 > j fpaltene Nonpareille-Zeile. 
Schriftleitung und Berwalfung Berlin W.57, Steinmehlir. 26. 

Publifationsorgan des Deutfhen Runftvereins in Berlin, des Schlefifhen Runftvereins in Breslau, des Runftvereins für das Trofberzogtbim Geffen in Tarmftadt, des Anhaltifben Runft- 
vercins In Deffau, des Wiirttembergijden Runftvercins in Stuttgart, ded Schleswig - Holfteinifhen Runftvereins in Riel, der Runftvereine in München, Oldenburg, Mannheim, Nürnberg, Gero, 
Altenburg, Elberfeld, Barmen, Bielefeld, Gdrlig, Tanzin, Rönigeberg, Stettin u. a. 














Hr. 8. 


15. Jannar 1898. —— II. Zahrgans. 





Max Roch, ein Dekorations-Künſtler. 


chon ſeit einem Jahrzehnt ſpukt in deutſchen Landen ein weſenloſer 
Begriff, der neuerdings mehrfach in Zeitungspapier gewidelt, greif- 
bare Geſtalt gewonnen hat, hier ausländiſch aufgeputzt, dort mit 
einem nationalen Mäntelchen umhüllt. „Dekorative Runſt“ 
nennt ſich der Geiſt, von dem man eine Neubelebung des modernen Kunſt- 
ſchaffens erwartet, ein noch nie Dageweſenes, oder doch lange Verſchwundenes. 
Was fi im Hirn der Literaten auf Formeln gebradt eng zufammen- 
drängt, ftellt fic) in Wirklichfeit meilt als cine lange Reihe von That- 
fahen dar, die langfam zufammenfcliegen. Ueber diefe alte Erfahrung 
wäre wenig zu fagen, wenn man es nicht gleichzeitig verfuchte, mit dem 
Begriff ‚Dekorative Runt zugleich als etwas Neues und AWadahbmens- 
werthes eine Ausländerei einzufchleppen, von der wahrlid fein Heil zu 
erwarten ift. LUnfere Nusftellungen und Kunfthandlungen füllen fih mit 
Möbeln und Deforationsftüden franzöfifher und englifher Herkunft, Tages- 
und Wodenfohriften preifen fie als NMufter modernen, geläuterten Befhnads 
an. Wenn man ihren Berichten folgen wollte, fönnte man garnicht fehnell 
genug von unferer heimifhen Tradition losfommen, um fic) auf den neuen 
Glauben einzufhwören. 
€s ift bier nit der Ort, fih mit dem wenigen Neuen zu befhäftigen, 
das die vom Auslande beeinflußte Ausftattungstunft in Wahrheit auf- 
zuweifen bat; obwohl man bei einer folden Unterfuhung zu gar merk- 
würdigen Refultaten gelangen würde, wie fic) Senn beifpielsweije nach— 
weifen ließe, daß ein gut Theil dcs gepriefenen Stils auf deutfhe An: 
regungen zurüdzuführen if. Auch wäre es nit unintereffant, darauf 
aufmerffam zu machen, wie funftgewerblide Unfenntnif uns Mandes als 
modern aufzufhwindeln fudt, was jenfeits des Rbeins und des Kanals 
fcit einem Jahrzehnt in das Gebiet Ser Mode von Geftern übergefiedelt ift. 
Wir wollen uns im Yadftehenden auf die Fladendeforation be- 
ſchränken und es verfuchen, der ausländifchen „dekorativen Kunft‘* Sie gute 
deutfche ,,dierfunft* gegenüber zu ftellen. Wo es h um Flähenfhmud 
bandelt, begnügt fic) der fogenannte moderne Gefdmad mit einem ge- 
fälligen, aber feinem Wefen nad) bedeutungslofen Linien- und Farbenfpiel. 
Wenn man an dem zierlihen Geranf japanifdher Pflanzenmotive feine 
Freude bat, fo it das begreiflih, aber man follte aud den Urfprung 
diefer Dekoration nicht vergeffen. Gn Sen anmuthig gewundenen Zweigen 
ftedt eine eigenartige Heichenfpradye, durch die idh der Japaner mit feinem 
Landsmann obne Worte verftändigt und jede Farbenzufammenftellung bat 
ihre eigene Bedeutung. Die verftändniflofe Herübernahme diefer Linien- 
führung ‚und Roloriftif ijt cin Armuthsseugnif, das wir uns um jo weniger 
auszuftellen brauchen, als wir eine bewäbrte redende Zierkunſt haben, deren 
wir uns wabrlich nicht 3.4 Sbämen brauchen. 
Maz Hod. Stizze. Nicht vən einem um jeiner Befälligkeit willen importirten bedeutungs- 








142 


lofen formen- und ‚farbenfpiel, fondern von einem dem modernen 
Empfinden angepaßten „redenden Ornament“ ift neues Heil zu 
erwarten. Don den Wänden unferer öffentlichen Bebäude herab 
foll eine große Vergangenheit Zu uns fpreden, Feftfäle und 
Wohnzimmer follen in ihrem Bilderfhmud von gefelligen ‚Freuden 
und von traulider Häuslichfeit erzählen, wie es im ftattlichen 
deutfchen Bürgerheim Sitte war feit Jahrhunderten. Ein Grund 
zum Bruce mit den Motiven und Formen früherer Zeiten liegt 
um fo weniger vor, als das Derftindnif für fie nur bei denen 
erlofhen ift, denen das ausländifhe Fin de siécle-thum augen- 
blendend zu Kopfe ftieg. 

Es liegt uns fiher fern, der die Wände quadratmeterweife be- 
Sedenden boblen Roftiime und Hiftorienmalerei das Wort zu 
reden, aber es reizt uns, dem finnlofen, importirten formen- 
und farbenfpiel die redende Zierkunft, dem windigen Chic die 
auf Tradition beruhende Tüchtigkeit gegemüberzuftellen. Um nicht 
in gegenftandlofes Aefthetifiren zu verfallen, eremplifiziren wir mit 
den neueften Arbeiten eines Deforationsfiinftlers wie Profeffor 
Mar Rod, defen gefundem Sinn für flähenfhmud in letter 
Feit viele Sffentlide Gebdude und Privathäufer ihre vornehmfte 
Hierde verdanten. 

Man hat fid jüngft daran gewöhnt, auf ein wohlgefchultes 
Rompofitionstalent mit einer gewiffen Ueberhebung berabsufeben, 
und doch ift und bleibt Sie Raumbefhränftung der Priifftein der 
Meifterfhaft. Die redende Zierfunft, wie wir fie verftehen, trägt 
wohl ihren Rhythmus in fih; aber fobald fie fih in einen 
gegebenen Raum einfügen foll, muß fie fih einer Tabulatur an- 
bequemen, deren Zwang man ihr nicht anmerken darf. 

Als Mar Koh das Lübeder Rathhaus ausmalen follte, 
handelte es fic) unter anderen um die Darftellung einer für die 
Stadt bedeutfamen Begebenheit: Die Ueberbringung der Urkunde 
über die Freiheiten und Geredtfame urh Befandte Raifer 
Sriedrids, der dermalen gegen die norditalifhen Städte im 
‚Felde lag. Der Löfung diefer Aufgabe ftellte fi ein fhwer zu 
überwindendes Hinderniß entgegen. Die disponible flache mar 
in Bogenfelder eingetheilt, deren Umrahmung den projeftirten 
Feſtzug Surhfihnitt: da hieß es, aus der Moth eine Tugend 
madhen. Der ganze Vorgang wurde hinter die Wandflähe ver- 
legt, und die Befandten Raifer Friedrihs zogen wie an Bogen- 
fenftern vorüber, von der jubelnden Menge begrüßt, in die ehrfame 
Stadt ein. Der Raumzwang wurde fo der Fünftlerifhen Freiheit 
dienftbar gemadt, der ganze Vorgang gewann an Natürlichkeit 
und fpielte fih dioramatifh ab, wie ein wirkliches Gefdebnif. 
Das fam denn and den einzelnen Geftalten 3u Gute, Rriegs- 
fnehten und Bürgern, Laien und Geiftliden. Aus dem Roftüm- 
bilde wurde eine fünftlerifh verkörperte Vergangenheit, die den 
Lebenden die rubmvolle Bejhihte der Stadt veranfhanlichte 
zur Erinnerung und zur Nadeiferung, ein redender, jedem ver- 
ftandlider Wandfhmue. 

Die Fresten im Leipziger Reihsgeriht find befannt, aber 
es ift Mandes von den für diefen Zwed beftimmten Entwiirfen 
in den Mappen des Rünftlers zurüdgeblieben, das der Deröffent- 
lihung werth if. So reproduziren wir das für den Feitfaal 
projeftirte ,,Oratel von Delphi. Flehend nahen die Sühne 
fucdenden Gefandten. Auf einem Felfen thront lorbeerbefränzt 
Sie Pythia und laufht den erlöfenden Worten des geflügelten 
Genius, der hinter dem Raud des fhlangenummundenen Drei- 
fußes auftaudt und Gnade fpendend die Hände ausftredt. Jn 
antifer formenfprade tritt uns der driftlidbe Gedante der Strafe 
als Sühne der Schuld entgegen, die Zierfunft gewinnt Leben 
durch modernen Empfindungsgebalt. Das ift feine fühl refon- 
firuirende Gedanfenmalerei, Sondern eine fiinftlerifche Ver- 
mittelung zwifchen einer bedeutfamen Wythe und der nüchternen 
Gegenwart. 

‚Freier und ungebundener fdaltet die Phantafie des Rünftlers, 
wo es fic) um den feftlidhen Schmud eines vornehmen Haufes 
handelt. Tie Surh die Runft verflirte Gefelligteit, die veredelte 
Dafeinsfreude ift das Thema Ser Wandmalereien, mit denen 
Mar Rod den Feftfaal der Villa des Freiberrn von Rrausfopf- 


Deutfhe Runf. 


Hohenbuhau bei Wiesbaden zu fhmüden berufen ift. Deden- 
gemälde und Supraporten, deren Entwurf wie bier zuerft ver- 
öffentlihen, zeugen bei aller Freiheit der Erfindung von einem 
feinen Rompofitionsgefühl, dem der gegebene Raum feine 
Sdhranfe, fondern einen willfommenen Maßftab für den 
Rhythmus der Gruppen bedeuiet. Don einem Strablentrans um- 
geben, fhwebt Apoll auf weifem Flügelroß von Wolfen getragen 
daher, Befhmwingte Benien und Putten übertragen die von ihm 
ausgehende Begeifterung auf bodsbeinig über einander purzelnde 
Faunden, die das Empfangene weiter geben an ein um den 
Rand des Dedengemäldes gruppirtes Gewire bachifher Ge- 
ftalten. Was da vom Maflifhen Olymp herniederfchwebt, ge- 
winnt in den Supraporten irdifhe Beftaltung im malerifcyen 
Renaiffance-Bewande. Der wiirdige Hausherr empfängt, die 
Gattin am Arme, die nahenden Bäfte und ein mohlbefeßtes 
Ordefter läßt, binter einer Balluftrade verfammelt, fröhliche 
Melodien ertönen. Das Ganze maht einen überaus fröhlichen 
Eindrud, das Renaiffance-Roftüm erfdeint nirgends als Maste, 
fondern als natürliches fFeierfleids, der von der Dede hernieder- 
klingende Begeifterungshymnus tönt in Sen Supraporten in 
ruhiger Feftfreude aus. 

Was Profeffor Rod fchafft, ift von jenem deforativen Sinne 
erfüllt, den man als modernes Poftulat aufitellen moddte, und 
wenn feine ‚formenfprade fih der überlieferten Brammatit be- 
ient, fo it fie Soc durch eine frei fonftruirende Spyntar geregelt. 
Eine fo fouverän mit der Tradition fhaltende KRünftlerfhaft 
läßt fih nur duch ernfte Arbeit erringen, wie fle den Ultra- 
modernen meift zu unbequem if. Man muß eben etwas gelernt 
haben, um nicht in der Konvention fteden zu bleiben. Aus der 
Schule des Runfigewerbemufeums hervorgegangen, bat Mar Rod 
fih nicht mit der für Begabte iibliden Stipendienreife nad 
Italien begnügt. Aud er hat in Sen Parifer Ateliers bei Galland 
gearbeitet und fih dort fein gefundes deutfhes Empfinden bewahrt. 

Das Naturftudium, das man für die Pfeudsodeforativfunft 
als Privilegium in Anfprud nehmen möchte, ift eben nidt 
Selbftzwed, fondern ein Durhgangsftaðium, Sas man ebenfo 
überwindet, wie die fonventionelle Tradition. Profeffor Rod's 
Atelier birgt neben quadratmetergroßen Entwürfen ein tleines 
Studienblatt, das für feine Art des Schaffens darakteriftifch 
it. SGorgfaltig, mit peinlihem Fleiß Surdgefiihrt, fieht man 
da die gefrauften Umriflinien einer pilzartigen Schmaroger- 
pflanze. Und wenn man den Rünftler nad der Bedeutung diefer 
Studie fragt, dann madt er ein ganz ernfthaftes Gefidt und 
antwortet leuchtenden Auges: „Ja, feben Sie, da nehme ih 
meine dekorativen Motive ber. Don dem Apoll des Degen- 
gemäldes bis zu dem moosartigen Gebilde, weld' ein weiter, 
für das Kritifafterauge unermeßliher Weg! 

€s ift eben ein -feltfam Ding um die Runft, die zwifchen 
Meberlieferung und Yatur fo lange bin und berfdwantt, bis ihr 
das individuelle Rönnen die Wege weift. 

Berade diefes individuelle Rönnen aber droht der deforative 
neue Stil zu erfiiden. Jn feinem Linien- und Farbenfpitem 
ftedt ie Gefahr des Schematismus. Es fagt nidts, weil es 
nihts zu fagen bat, oder ca fpricht eine fremde Sprache, die 
wir nidt verfteben. 

Mar Rod) hatte für einen Bedftein'fdhen Flügel auf der 
Berliner Gewerbeausftellung 1896 im Weil, Bold und zarten 
‚Farbentönen die dekorativen Zeihnungen geliefert, die noc) deut- 
lider als feine großen Wand- und Dedenmalereien zeigen, was 
wir unter redender Dierfunft verfleben. 

Die Wagneropern und die in ihnen behandelte deutfhe Sage 
lieferten die Motive für Schnigarbeit und Malerei. Die Orna- 
menti? Ses Gnftrumentes erzählte von dem Fünftlerifchen Dienft, 
in den es gefiellt wurde. Das fonftruftive Element, von dem 
jüngft wieder mehr als nöthig gefabelt wird, war vollfommen 
gewahrt, ohne allein formenbildend zu wirken und die freie Er- 
findung zu hemmen. Der Zwedbegriff des Flügels war nit 
nüdtern ftofflidh, fondern pbaptafievoll wefenhaft gefaßt und 
zum Ausdrud gebracht. 


— WI 


Deutfhe Runft. 





143 


franz Stud. 


8 war eine einfache Muſchel, deren Gattung fid) nicht beftimmen lief, 
blau, grün und roth fhimmernd mit einem metallifhen Perlmutter- 
glanz, deflen Herftellung durch Belfarben wie ein koloriftifhes Wunder 

erfhien. Daneben hing ein Bild, ein paar am Meeresftrand in wilder Flucht 
dabinrafende Beftalten, den Seewind verfinnbildlihend, wie er faufend über 
den Sand ftreiht, mit vorgeftredten Armen und gefpreizten Beinen, jeder 
Statif fpottend, und dod fo ted hingefekt, daß man an ihren Lauf glaubte. 
Es find Fahre vergangen, feitdem franz Stud das gemalt hat, er ift 
inzwifchen Profefjor geworden, vielfad medaillirt und von Weib und Mann 
bewundert und verhätſchelt. Im Salon Schulte find vierunddreißig feiner 
Werte ausgeftellt, die man mit gemifchten Gefühlen betrachtet. 


€s will ung zweifelhaft erfcheinen, ob man wohl thut, wenn man eine 
Rolleftivausitellung Stud’fher Bilder veranftaltet. Gm Einzelnen ift der 
Rünftler feiner Wirkung fiher, faalfüllend ermiidet er. Es liegt etwas 
Abfihtlihes in feiner Runft, das fid fo lange aufzwingt, bis die Reaktion 
verfagt. Man fehnt fih aus feiner metallifch fhweren, tief fatten Färbung 
beraus in das Lichte, leicht Bemweglide, die Phantafie verliert in diefer 
malerifhen Scheinwelt ihre Spanntraft und fucht Erholung in der natiirliden, 
entzauberten Wirklichkeit. 

für franz Stu it die Natur nicht mehr liebevoll beobadteter Dar- 
ftellungsgegenftand, fondern Material, mit dem er nach malerifher Willkür um- 
fpringt. Dafür zeugen im Salon Schulte fieben Akte und vier weibliche 





Mar Koh, Wandgemälde im Lübeder Rathhaufe. 








Deutfhe Run ft. 





Riinftlers. Der intereffante Ropf ift in das jugendlih Fauſtiſche 
überhöht, die Augen flammen im diifterem Feuer und um die 
Lippen zudt patbetifhe Leidenfhaft. Der Menfh verfhwindet 
binter dem Künftler. 

Man wird ji.) bei aller Abneigung gegen Dergleihe dem 
Eindeud niht entziehen Fönnen, daß Stud in einem gewifjen 
Abhängigkeitsverhältnig zu Bödlin ftebt. Aber fein Vortrag ift 
nicht ernfthaft, fein formenfpiel nicht humorvoll genug, nur die 
Sinnlidfeit ift bei ihm ftärfer und begebrlidher. Seine um das 
Weib fämpfenden Centauren bauen zwar herzhaft mit den Hufen 
auf einander ein, aber fie thun fid nicht fonderlid web und man 
darf ihren Zorn nicht an den Bödlin'ihen Pferdemenfhen meffen. 
Sein brauntotbes Meerweib fehreit mit geöffnetem Munde ein 
Sturmlied in das Wellengebraus, aber die Stimme wird ihr 
verjagen trok aller Rraftanfirengung, die Wogen find ftarfer als 
fi. Wenn ein faunden mit dem gehörnten Rrausfopf gegen 
ein Bödlein anrennt zum Ergöten feiner Benojjen, fo ift das 
eine abfihtlihe Komödie, die das Alatfhen der bodsbeinigen 
Spielgenofjen berausfordert ohne natürlih quellende Tollheit. 
Nur an Sinnlichkeit ift Stud feinem Dorbilde Bödlin überlegen, 
ja fie erfheint faft fcanfhaft iiberreist. Cin Centaur preft cin 
nadtes Weib an fidh, ein jiinglingshafter faun ftredt fi be= 
gebrlih neben einer im Lauf gefallenen Nymphe, ein ganzer 
Bachantenzug tollt wein- und liebetrunfen einem Waldgebege zu. 
Ueber Sem allen brütet ſchwere Wonneſchwüle ſtatt ausgelaſſener 
Dafelnsfrende, die Stud'jhe Sinnlidfeit entjpringt den Nerven, 
nicht dem gefunden Triebe. 

Die Parallelen mit Bödlin drängen und bäufen füh in 
Titeln und Motiven. Aus dem Bödlin'fhen „Schweigen im 
Walde" wird ein Stud'fher „Zanberwald", in dem fih das 
Einhorn 3u einem magern Centaurenpaar verfliidtigt, der Humor 
der „Sufanna im Bade" fest fih in eine Rarrifatur um, die 
nur eins ausfchließt, das behaglihe Laden. 

Dor allem aber ift es ein Element, das ung bei Stud zu 
feinem reinen fünftlerifhen Genuß fommen (aft, das Thea 
tralifche, das bühnenmäßig dekorativ Arrangirte. Die Legende 
vom erften Menfchenpaare verträgt ein joldes Element am allere 
wenigften, wie es fi in der gerade aufgeredten Engelsgeftalt 
breit macht, die im ,,Derlorenen Paradies anf das Schwert 
geftüst an der Pforte Edens Wade bält. Selbft in der auf 
Pferdegerippen berantobenden „Wilden Jagd“, wie in dem von 








Mar Koch, Skizze. 


Studienföpfe in Paftell.  Befonders die Studienköpfe find für Stud 
harakteriftifh. Bald leicht bingehaudt, bald in harte Umtiflinien umgefest, 
verlieren fie das Bildnifartige unter der Hand des Rünftlers und gewinnen 
eigenes Leben. Man fieht fie unwillfüriib in Stud'fhe Phantasmen hinein 
und weiß genau, daß man fie irgend einmal als Pallas Athene, als furie 
oder als Schöne Sünde wiederfinden wird. Die Seele, das eigenartige Em- 
pfinden ift nicht aus den gegebenen Zügen herausgebolt, fondern ihnen auf- 
geprägt. Das für die Univerfitätsaula in Münden beftimmte Portrait des 
Prinzregenten £uitpold in der fpanifhen Hoftradht der Hubertusritter ſteht 
unter dem Einfluß des mittelalterlihen Aleides, der Fuß tritt theatraliih auf 
eine Stufe, und felbft in die freundlihen Züge des verwitterten Antlikes 
fommt etwas wie abfidtlide Pofe. Dasjelbe gilt von dem Selbftportratt des 


furien verfolgten Derbrecher in Lebensgréfe drängt es fidh 
hervor, nah Senfation bafdend, die Cinbildungstraft anf- 
ſtachelnd. S 
Ein Rünftler von Franz Stud’s Qualitäten Pann eine ernft- 
bafte Aritif vertragen, und der gelegentlihe Tadel ift eine Ergänzung der all- 
gemeinen Anerkennung. Es tam uns darauf an, der Befüchtung Ausdrud zu 
geben, daß ein großes Talent fih abhert und überreizt in dem Streben nad 
dem Senfationellen und dabei einen Theil feiner felbftherrlihen Männlichkeit ein- 
büßt. Jn Stud’s Schaffen ift ein femininer Zug gefommen, ser in der Bee 
wunderung byfterifcher Weiblein und ihrer Aftbetifirenden journaliftifhen Ge- 
folsfhaft feinen Wiederhall findet. Der Minnefänger Frauenlob wurde von 
Jungfrauen zu Grabe getragen, weil er die frauen lobte, es ware fade 
darum, wenn Stud’s Künftlerfhaft zu Grabe getragen würde, weil fie von 
frauen allzu überfhwänglid gelobt wurde. Hödfte Runft ift und bleibt nun 
einmal männlide Runjt, die mit den Nerven michts zu thun bat und die 
Hpfterie nicht lennt. G. M. 


Neuordnung und Neuerwerbungen der Berliner National-Galerie. 


e 8 Ki Sem pfeudoforinthifcen Runfttempel auf der Mufeums- 
infel hat lange Zeit fein befonders günftiger Stern ge- 
fhwebt. Als die Wagner'ihe Sammlung im Fabre 
des Heils 186] ðem Staate vermaht wurde, wußte 

man eigentlich nicht fo recht, was man damit anfangen follte. Sie 

fand in den dunklen Korridoren des Afademiegebäudes einen 
beimlihen Unterfchlupf, erhielt fparliden Fuwadhs urh Ju- 
wendungen des Herrfherhaufes und gelegentlihe Schenkungen 





von Privatperfonen und nahm fo allmäblih einen Charakter 
an, der zu Rlagen über folde Verborgenheit feinen befonderen 
Anlaß gab. . 

Als man fic dann in einer niht eben glüdlihen Stunde 
daran erinnerte, dab König Friedrih Wilhelm IV. in feinem 
Bebauungsplan der Mufeumsinfel als Mittelpunkt eine Art 
Tempel geplant hatte, der im Exrdgefhoß Hörfäle, im Hauptftod- 
werfe eine große Aula umfafjen jollte, brachte man diefe Er- 








— — — 


EEE TEE ET er oe ~ 


innerung mit den Rudimenten einer nationalen Bemäldegalerie in 
Derbindung und erbaute innerhalb eines Jahrzehnts von 1866—1876 
die Nationalgalerie. Der geplante Säulenumgang wurde mit 
Rüdfiht auf die Belihtung zu einer mit Halbfaulen beflebten 
Mauer, aus der ‚Freitreppe wurde eine Doppelftiege mit Thor- 
Öffnung und Reiterdenfmal, es entftand aus dem Unterridts- 
gebäude eine Pfeudo-Bemäldegalerie. 

Die innere Entwidelung der Sammlung nahm ebenfalls feinen 
befonders glüdlihen Derlauf. Die Wagner’fhe Sammlung follte 
laut teftamentarifcher Verfügung als ein Ganzes erhalten bleiben, 
in das fic) Sie gelegentlihen Schenfungen bei ungenügenden 
Fonds zu planmäßigen Anfäufen nur zwangsweife einfügten. 
Rubmvolle Waffenthaten und die Wiedererrihtung des Neiches 
führten zu nabe liegenden Derwedfelungen patriotifher und 
nationaler Kunft und nad Errihtung der Ruhmeshalle fam man 
auf den nicht viel glüdlicheren Gedanken, Sie Nationalgalerie 
etwa wie eine Bibliothef zu behandeln und fie urh eine 
Portraitfammlung berühmter Dichter und Denker zu ergänzen. 
Größere Organismen, wie die Raczinsfi'jhen Bilder wirkten wie 
Anwiidfe, die den Körper anfıhwellen madten, ohne ihm neues 
Leben zuzuführen. x 

Man bat für diefe Zuftände Perfonen verantwortlid maden 
wollen, ftatt mit den Derhältniffen zu rechnen, man träumte von 
einer Nationalgalerie, ehbe es eine nationale Runft gab. Wäre 
den „Anregungen der Tagestritif Folge gegeben worden, fo 
würden wir heute an einer Reprafentation des wedfelnden Mode- 
gefhmads — nod weniger ‚Freude haben. Das Drängen der 
„Richtungen“ nad ftaatlider Anerfennung war ebenfo begreiflid, 
als das Widerftreben, das cs fand, und wir nehmen, nachdem 
ein Theil des älteren Beftandes ausgefihieden ift, feinen Anftand, 
zu behaupten, daß man fon früher vorurtheilslos genug mit 
Anfäufen verfubr, um jedem fic) behauptenden Können zu feinem 
Rechte zu verhelfen. Gerade die dankenswerthe Neuordnung der 
Sammlung beweift, daß es nur einer günftigeren Aufitellung 
bedurfte, um die aufgehäuften Schätze zur Geltung zu bringen. 

Wir waren bereits vor beinahe Jabresfrift in der Lage, 
über die Surh Herrn von Tfhudi getroffene Yeuordnung im 
unteren Stodwerf zu berichten. „Jetzt erſt erkennt man, welche 
Fülle ganz vorzüglicher Werke die Galerie beſitzt. Die Sammlung 
des erſten Geſchoſſes iſt dabei reich bedacht durch die jüngſte Kunſt, 
ſo daß man ſich in einzelnen Kabinetten in den Salon Gurlitt 
verſetzt glaubt. Dieſer innerlichen Wandlung entſpricht die 
äußerliche. Sämmtliche Wände haben neue Dekorationen aus 
grünen oder dunkelrothen Stoffen bekommen, um das einfallende 
Tageslicht in einer für die Gemälde um ſo wirkungsvolleren 
Nüancirung zu reflektiren. Wohlthuend berührt es, daß die 
Wände nicht mehr fo überladen find und das Auge die Eindrüde 
tubiger fammeln fann. Die ausgeftellten Gemälde find nad) 
fünftlerifhen Befichtspunften gruppirt. So wird ein großes 
Mittelbild meift durch formal fi entfprechende fleinere Seiten- 
ftüde flanfirt, und foweit es der Inhalt der Werke oder ihre 
Farbentdne geftatteten, find harmonifhe Zufammenftellungen mit 
Glüd verfuht worden. Fur leichteren Heberfiht find die Gemälde 
einzelner Schulen wie die Berliner, Düffeldorfer, Münchener oder 
einzelner Meifter wie Bödlin, Cenbach, Menzel in einem Raume 
sufammen untergebradht worden.“ 

Diefelben Grundfäte find jest mit gleihem Gefchic fir das 
obere Stodwerf angewendet. Ohne ftreng an der hronologifhen 
Reihenfolge fet zu balten, bat man eine Gruppirung vor- 
genommen, die einen Ueberblid über das Aunitfhaffen unferes 
Jahrhunderts geftattet. Die älteren Berliner, Düffeldorfer und 
Weimaraner find in den Fleineren Rabinetten untergebradt, die 
Surh die größeren Säle unterbrochen werden. Jn dem langen 
Rorridor hängen die Belgier, mit denen die foloriftifihe hiftorifche 
Schule ihren Einfluß auszuüben begann, in einem großen Saal 
find die modernen Jtaliener und Spanier untergebracht, denen 
fih die Maler von Barbizon anfhliegen. Die impofante Bilder- 
reihe endet mit den Modernen“, mit den internationalen Er- 
werbungen des verfloffenen Jahres. Mit ihnen fegt Die „neue 
Aera Ser Nationalgalerie ein. Sie wurde mit einem Jubel 


Deutfde Runfe 


145 


begrüßt, den 
die neueften 
Ankäufe zum 
Glück ein we- 
nig gedämpft 
haben. Auf 
den trium- 
phirenden 
Einzug" Ser 
Ausländer 
ſcheint die 
nüchterne Er⸗ 
wägung ge- 
folgt zu fein, . 
daß es fih 
in der Natio- 
nalgalerie 
vor Allem um 
eine würdige 
Vertretung 
der dentfden 
Runft bane 
delt, ja man 
wirdfic einer 
mafvollen 
Berückſichti⸗ 
gung derälte- 
ren Runft er- 
frenendiirfen. 
Die Tra- 
dition der 
Galerie iftin- 
fofern gee 
wabrt, als 
man zwei 
Bilbniffe von 
Roner und 
Lenbad erworben hat, die fidh Ser Sammlung von Portraits 
bedeutender Manner unferer Feit anreiben. Lenbach's Ffürft 
Hohenlohe bilete trog feiner ffizzenhaften Ausführung einen 
Hauptfhmud der vorjährigen Berliner Ausftellung, und Koner's 
Ernft Curtius gehört zu den beften Werken des Berliner Bild- 
nigmalers. Das find die feinen Züge, die fprecenden Augen 
und der fharf gefchnittene Mund des Gelehrten, der zugleidh ein 
Gefhhichtsfhreiber, ein Dichter und ein Runfttenner war und das 
Empfundene und Bedadhte in Schrift und Rede formvollendet zu 
geftalten wußte. 

An die Ältere Aunftübung fnüpfen zwei Thierftüde von 
Teutwart Schmitfon an, eine Rindviehherde auf der Weide 
und eine Koppel wilder Pferde, die von Steppenbewohnern zu- 
fammengetrieben wird. Schmitfon gehört zu den Malern, die 
einer unverdienten Dergefjenheit entriffen zu werden verdienen. 
Mit liebevollfter Beobahtung verbindet er eine Schärfe der Auf- 
faffung der Thierformen in Rube und Bewegung, die weit über 
das Typifhe hinausgeht und fih mit einem überaus fräftigen 
Kolorit verbindet. Er erinnert an Troyon, vor dem er die forge 
jamere Durchführung voraus bat, ohne ihn in der malerifchen 
Konzeption zu erreihen. "Die „Heimkehr von der Rirhmweih‘ von 
dem 1868 verftorbenen Wiener Wilhelm Waldmüller möchten 
wir nicht zu den glüdlicheren Erwerbungen zählen. Das Bild 
wirft troen in der Farbe und unbebolfen und bart in der 
Seihnung. Aud Fönnen wir Waldmüller unmöglih zu den 
Meiftern rechnen, für deren Vertretung in einer Deutfchen National- 
galerie ein zwingender Brund vorliegt. Wilhelm Trübner's 
Landihaft „Auf Herrendiemfee* mag mit ihren graugrünen 
trüben Tönen fo lange als Lüdenbüßer gelten, bis es gelingt, 
dem originellen Riinftler eine geeignetere Vertretung zu fihern. 

Mit der Erwerbung der „Dadanerinnen* von W. Leibl 
bat die Nationalgalerie einer lange verfäumten Pfliht genügt. 
Leibl gehört in die erfte Reihe der MWirklichfeitsfhilderer, die der 





Mar Koch, Stijze. 





146 


Deutfde Run ft. 





Natur naiv verftändnißvoll ins Auge fehen, obne die Abficht, 
ihre intimften Gebeimniffe einem verehrten Publito redht auf- 
dringlih zuzufhreien. Er malt, wie der Spiegel refleftirt, 
wahllos Schönes und Häflihes mifhend. Die Dahanerinnen 
haben ein für Leibl ausnehmend großes format, aber jeder 
Quadratzoll Ser feinesmegs befonders fleidfamen Tradt iſt 
intereffant. Wan fragt garnidt, was fih diefe alte und diefe 
junge frau zu erzählen haben, ob fie von einem familien- 
ereigniß in der Rinderftube oder im Stall fprehen. Sie feben 
aus wie Bäuerinnen und reden wie Bäuerinnen. Das Beheimnif 
der Wirkung des Bildes ift fhmwer zu entdeden, es liegt in Ser 
unverfälfhten Natürlichkeit, in dem ins Malerifche überfegten 
Holaismus. 

Die beiden ,,Bodlins von 1877 und 1879 gehören der 
beiten Zeit des Meifters an. Der „„Frühlingstag* ift durch die 
Rlinger’fhe Radirung befannt. Auf einer in voller Blumen- 
pradt prangenden Wiefe ruht unter fchlanfen Silberpappeln ein 
junges Menfhenpaar, felig in Lenz und Liebe verfunfen, links 
im Bintergrunde jubeln fpielende Rinder und am Ufer des Sees 


ftebt naddenflid) ausfhauend ein Greis. Man hat das Bild 
ein wenig abfidtlid aud ,,die drei Menjchenalter genannt. 
Solhe VDerdeutlidungen thun Bödlin meift Unreht. Wer diefe 
Jubelhymne auf die lenzesfrifhe, um Werden und Vergehen un- 
befümmerte Yatur nicht ohne Kommentar empfindet, wird fie 
nimmer begreifen. Was bier Iyrifcy anklingt, wird in der 
„Meeresbrandung‘* zum volltönenden Dithyrambus. Jn den 
Felsfpalt gefchmiegt fteht ein Weib, die fehlankten Blieder von 
einem dunklen florartigen Gewande umbiillt. Mit- weitgeöffneten 
Augen ftarrt fie in das Wellentofen hinaus, das fi über fels- 
blöde heranbäumt. Neben ihr ragt die goldfhimmernde Harfe 
auf. Traumverloren greifen ihre finger in die Saiten und ent- 
loden ihnen das weit hallende Sturmlied. Don der Harfe ber 
gleitet goldiges Bleifen über die Falten des Bewandes, feuchter 
Silberfhimmer gligert von den anprallenden Wellenfimmen auf, 
die zwifchen den Felfen fhäumen. Das Ganze leudtet und 
klingt und fingt, Bild, Dichtung und Lied zugleih und dod nidts 
anderes, als tief und innig empfundene Yaturfiimmung, Sie in 
eine farbeubarmonie 3ufammentént. 6. Mm. 


Ausftellung im Kunftfalon von Keller und Reiner, 


en größten Theil der Runftfalons nehmen zur Zeit die Erzeugniffe 

der Guild and Scool of Handicraft ein, welde von 

C. R. Ufbbhee in London ins Leben gerufen, fih unter deffen 
fahfundiger Leitung befindet. Wie fidh eine folhe fyftematifhe Einrichtung 
bewährt bat (die in England feineswegs zu den Seltenheiten gehört), zeigen 
die funftvollen Rupfertreibgefäße mit ihren großen, einfahen formen und 
ornamentalen Muftern, auf weldhen Blatterranfen und Thiere, wie Elefanten 
und Pfaue, in ftilifirte rDarftellung verwendet find. Die technifhe Behandlung 
des Materials ift ebenfo zu loben, wie dte gefhmadvolle Rompofition der 
Farben. So zeigen die Beleuhtungskörper, die auf getriebener Platte aus- 
greifenden Leuchter, eine malerifshe Zufammenftellung von Eifen und Rupfer. 
Hier, wie bei den Schmudgegenftänden ift alles ftart Glänzende, Prunthafte, 
vermieden. Bei den Armringen, Retten und Broden find die Farben des 
Metalls fehr dezent und matt gehalten, namentlih das Silber erfheint wie 
vom Alter erblindet, wodurd bei den großen Edel- und Halbedelfteinen ein 
eigenthümlicher Effeft erzielt wird. Bei den Möbeln Afhbee's, einem Seflel, 
einer Bank und einem Schreibtijd, it das Prinzip des Konftruftiven über- 
trieben, und da ein Ebenmaß in der Linie niht vorhanden ift, fo maden 
die Möbel — wenigftens in einer ungünftigen Umgebung — einen primi- 
tiven, beinahe fomifhen Eindrud, Lemmen in Briiffel und ein ungenannter 
‚Ftanzofe ftellen Teppihe aus. Die franzöfifhen leiden an dem fehler, dağ 
fie Pflanzenmotive, Blüthendolden und Raftanienzweige, allzu naturaliftifh 
wiedergeben, während die belgifden, die in Anüpfarbeit gefertigt jind, rein 
ornamentale Mufter in eigenartigen farbenafforden zeigen. Die Lemmen'fden 
Riffen find in ihrer einfahen Zeihnung vorzüglid. Die Keramik ift ver- 
treten durch mattfarbige Dafen mit großen Blumenmuftern von Dammonfe 
in Paris und die an Thüringer ländliche Erzeugniffe gemahnenden Töpfe und 
Teller des Belgiers find. Außerdem find zu erwähnen die gefhmadvollen 
Lederarbeiten von Charpentier in Paris, welhe mit graziöfen Reliefs ge- 
fhmüdt find, ferner die Meinen metallenen Medaillons von demfelben Rünftler. 

So zeigt and die Ausftellung, wie Runft und Kunftgewerbe in einander 
übergreifen. Obne Zweifel ift es für die Entwidlung des Runftgewerbes von 
Bedeutung, wenn fih, wie aller Orten, RKiinftler mit einem verfeinerten, ge- 
läuterten Befhmad des Handwerks bemeiftern 'und in der aufwärts leitenden 
Bewegung die führerfhaft übernehmen. 

Don allgemeinftem ntereffe dürfte eine Sammlung franzöfifher Meifter 
aus dtefem Jahrhundert fein: Es find die in Deutfchland fo fpärlic) vertretenen 
Naturalijten und Fmpreffioniften, weldhe als die Wusgangspuntte der modernen 
Malerei, als die fhöpferifhen Genies Ser modernen Dielfeitigkeit und frei- 
zügigfeit gelten. JFaft vollzählig ift die Gruppe derfelben vertreten, aber der 
Qualität nad nicht vollwerthig. für die Würdigung Torot's ift beifpiels- 
weife die landfhaftlide Skizze mit Abendftimmung fein genügendes Beifpiel. 
And die Paftelle von Millet („Winterlandfhaft" und „Ater mit auf- 
ziehendem Gewitter") laffen noh niht den monumentalen Zug des Meifters 


‘ihren prägnanten Ausdrud findet. 


etfennen. Courbet's „Befchneiter Waldweg" drüdt beffer die Stärke des 
Malers aus, der mit dem Stoff zu ringen fcheint und in feiner herben Manier 
und mit unerbittliher Ronfequens feine Wabrheitsliebe bethätigt. Eine ganz 
verfhiedene Natur it Daubigny. Bei ihm liegt der Schwerpunkt in der 
poetifhen Stimmung, welhe in einem unendlich feinen Foloriftifhen Riang 
Die Augftellung bringt zwei Bilder von 
Daubigny, eine friihlingslandfhaft mit Blüthenbäumen und eine Naht- 
ftimmung. Ueber einem Dérfchen mit einer romanifchen Kirche, das einem fo 
vertraut erfcheint, als hätte man es hundert Mal gefehen, fteigt der Mond in 
goldig - [himmerndem Blanze empor. Don dem gebeimnifvollen Halbduntel 
heben fih ein paar blinfende Dächer ab. Sonft ift nirgends eine Linie, eine 
Grenze zu fehen. Alles Stofflihe ift aufgelöft in weihe, fehmelzende 
Altorde, in undefinirbare Töne, welhe die ganze Stimmung Mar zufammen- 
faffen. Der träumerifhe Friede, das Schweigen in der Natur tann niht 
ergreifender in Farben gefdildert werden. — Don den älteren Frangzofen 
wäre zu nennen Décamps, der Maler des Oriente, der hier im Vergleih 
zu feinen Epigonen etwas troden und afademife erfheint und Dupre, der 
gleih den Meiftern von fontaineblean ein ausgedehntes Terrain zum Dore 
wurf nimmt und fih mit liebevoller Sorgfalt in Bufh und Straud und 
alle Einzelheiten einer wedfelvollen Degetation vertieft. Don Ribot, dem 
Nadhabmer des Ribera, ift eine figiirlide Darftellung zu feben, die in der 
Betonung der großen form und lebendiger Charakteriftit den Realiften feiner 
Zeit kennzeichnet, während das Kolorit des Bildes auf die Mafjifhe Schule 
des erften Raiferretthes zurüdweift. Ein Gemälde, dag für die ganze fpatere 
Epode febr bezeihnend ift, rührt von Manet her. Es ftellt eine grell be- 
leuchtete Wiefe mit Blumen und hohen Bräfern dar, aus welden ein 
Rnabenfopf mit einem Strohhut auftaucht. - Gn der imponirenden Fauft 
Manet's giebt fih die ganze Frifhe des zielbewußten Yieuerers zu erfennen, 
der aus innerer Weberzeugung die ihm reizende Erfceinung zum Ausdrud 
bringt. Die großen, fühnen Farbenflede, mit welhen er das Spielen von 
Sonnenlihtern und Luftrefleren in der freien Natur fehildert, And für feinen 
perfonliden Stil fehr harakteriftifh und laffen den Riinftler unter Taufenden 
fogleid) erfennen. Don denen, die das Prinzip des Fmpreffionismus eigen- 
artig weiter gebildet haben, find Claude Monet und Piffarro erfhienen. 
Eine „Winterlihe Ueberfhwenmung" von Monet giebt fic fehr lebenswahr 
in den gebrochenen, graublauen Tönen; bewunderswerth ift die ffizzen- 
hafte Wiedergabe des bewegten Waflers. Piffaro's „Ländlicher Obft- 
garten" fommt nicht recht zur Geltung. Bilder, die in vollem Licht gemalt 
find und volles Licht, das Flimmern der Luft und die Hire eines Sommer- 
mittags mit feinen gebrochenen ftumpfen farben zum Ausdrud bringen foll, 
müffen unbedingt heller gehängt werden, um nicht manirirt zu erfcheinen. — 
Endlih ift noh Degas, dem man in Deutfehland fo felten begegnet, mit 
ein paar genialen, leiht folorirten Zeihnungen (Bewegungsftudien zu 
Balleteufen) gut vertreten. Rarl Rrummader. 











i EEE vay ute Uf = ET NEE 


Deutfdbe Runft. 147 





Die Sarbe und der Naturalismus. 
Pon Dftomar Bete. 


Fr ih mir ein Bild anfebe, 
fo frage ih mih zunädft: 

mödhteft du es befiten, es in 

dein Simmer hängen? Blaubit 
du, daß es bei Sfterer und intimerer 
Betrahtung nidt an Reiz und feffelnder 
Kraft verlieren wird? ft es, wie mande 
Patentfaden, nur gut zum faufen und 
verkaufen, oder aud "zum [bebalten? 
Danad ftellt fih dann Ser Werth des 
Bildes für mid feft. 

Die Handler haben natiirlid ganz 
andere Kriterien. Sie fuhen Namen, 
Seltenheiten, Abfonderlichfeiten und 
zahlen oft weit höhere Preife für ein 
Bild, das man nit zum zweiten Male 
anfeben mag, als für ein foldes, vor 























dem man fiten und träumen — in das 
man fih bineinzufehen, ja felbft hinein- Tre 
zuverfeßen vermag. ——— E 

Ein Vorkommniß, das mir begegnete, FERNEN.» fe Wiig yy 
bat eine ganze Gedanten- und Beobach- yey IS N STERN ar t 
tungsreihe bei mir veranlagt, die fic) um p E V RI, Wr, 


diefes Hineinfeben und Hineinverfegen 
einem Bilde gegeniiber gruppiren, aud 
wenn fie vielleiht nit alle zufammen- 
gehören, wie die Blieder eines Retten- 
bruds nad der logifhen Methode der 
Gelehrten. 

JH ging einmal mit einem großen 
Hunde und feinem Herrn die Friedridh- 
ftraße hinab. So nidts 3u {uden, das 
war mein Sinn. Da gerieth ploglid 
vor einem Rürfchnerladen mein Freund, 
der Hund, in eine fürdhterlide Wuth. 
om Schaufenfter lag ein Wolfsfell und 
der Ropf des Thieres, das ehemals in 
diefem Felle wandelte, lebte, liebte, litt 
und Schafe zerriß,% fletfehte, mit fämmt- 
lihen Zähnen Sie Paffanten an. Die 
gläfernen Augen der Beftie ‚Shimmerten 
in fladerndem Gasliht, 'grünlid und 
gräulid aus Sem Fenfter hervor, und 
der Hund war faum davon abzuhalten, 
fidh durh die Scheiben zu ftürzen, fo 
lebensgetren und abfceulid fah Sas Un- 
gethüm aus. 

„Uun male einmal fold’ einen 
Kopf“, fagte ih zu meinem Begleiter, 
„ebenfo groß und ebenfo naturgetreu 
und dann fieh 3u, wie Nero fih Deinem 
Bilde gegenüber verhält.“ 

Diefer Dorfihlag gab zu einer län- 
geren Diskufjion Anlaß; wir geriethen 
hart aneinander, Nero Inurrte mit binein 
und id gab nach, um nicht zerriffen zu 
werden. { 

Ein Wolfsfopf, jo fürdterlih und 
naturgetren wie ein Medufenhaupt, wurde 
gemalt, in die richtige Cage und Be- 
leudtung gebradt und dann Mero darauf 
losgelaffen. Der aber bejihnupperte nur 
ängftlih Sen Wlendrabmen. Das Gee Mar Koch, 
mälde fagte ihm nidts. Es war für ibn Detengemälde. 
nichts weiter als Holz, Ceinwand und ; 
farbe. 


RN : 


für Baron Krausfopf- 
Hohenbuchan, 


148 


Deutſche Kung 





Die Babe, jih in ein Gemälde himeinzuverfeten, war 
Nero niht gegeben. Sie ift eine eminent menfhlidhe. Sie 
fehlt en Thieren, fogar den bödjititehenden, und ift auc fiir 
jede Menfchenart eine andere. Das fiharfe Auge des Thieres 
betrachtet die bildlihe Darftellung auf der flähe nur als 
Begenftand. : 

Das ift ein Erfahrungsfaß, der zu einer ganzen Reihe von 
weiteren Sägen führt, die ic Lebrfäte nennen würde, Hatt’ id 
mir nit das Lehren abgewöhnt. 

Es genügt die Thatjade. 

Zwar erzählt eine Anekdote aus dem Llafjifhen WAlterthum, 
daß die Vögel des Himmels berabgeftiegen wären, um von den 
Weinbeeren zu piden, die Apelles zu malen verftand. Aber 
entweder find diefe berühmten Stillleben der Kunftgefahichte 
plaftifh polyhrome Nadhbildungen gewefen oder die betreffende 
AnePdote gebört in jene Welt, aus welder die Grieden ihre 
Mythen fcdspften. Selbjt an den Preyer'fhen Trauben, Af. 
mannsbäufer Auslefe, bat fih noh fein Spak vergriffen. 

Wir dürfen hieraus folgern, daß die Malerei etwas vor der 
Plaftit voraus bat. Sie ift menfdlicher, gehört einer höheren 
Entwidelungsftufe an. Denn die Plaftif ijt in beſchränktem 
Maße aud für die Thiere da. So laffen fih 3. B. die Vögel 
durch in Bips machgebildete Eier täufhen. Sie balten den 
ihnen untergelegten Kreideblod für ein felbftgelegtes Ei. Eine 
Heit lang glauben fie fogar an die Schreden der Vogelſcheuche. 
Der fubgeftaltige Schirm, binter welhem man die Enten be- 
fchleiht, Ser Papierdracdhe, mit dem man die Rebbühner vom 
Aufiteigen abbalt und in die Stellnege treibt, fpielen in Jagd- 
biidhern eine nicht unbedeutende Rolle. Die von unfern ftummen 
Mitgefhöpfen erhaltenen Eindrüde find aber in allen fällen febr 
unbeftimmte. Es fteht feit, daß Vögel und anderes Wild einen 
Menfhen im Felde als folchen nicht erkennen, folange er fic 
ganz regungslos verhält. Selbft hodftebende Thiere, wie das 
Pferd, zeigen für die Phyfiognomie ihres Heren faum ein Ge- 
dädhtniß. Die beft abgeridteten Lowen und zahmften Stiere 
fallen ihren Herrn und Meifter oder den Hirten wie einen 
fremden Eindringling an, falls er nicht die ihnen gewohnte 
Rleidung trägt und fie Surh Beften und Laute unterftüßt. Dor 
allen Dingen fheint feftzuftehen, felbit für den Mugen Begleiter 
des Menfchen, den Hund, daß unjere „Summen“ Mitgefhöpfe 
trog ihrer fharfen Sinne, eine bemalte Flache ohne Derjtändniß 
betrachten und diefelbe aud) im beften ‚Falle jo wenig zu deuten 
verjtehen, wie etwa eine Schrift. Andere Sinne, insbefondere 
der Berud, müjjen ihrer Erfenntnif zu Hilfe kommen. 


Und zwar ift das weiter nicht verwunderlih, da aud) der 
Vaturmenfd ein Bild vorerft völlig verðugt anftarrt und nicht 
weiß, was man damit will, und ða fogar die fo bod ftehenden 
Chinefen, welde gleidfam, Sem Alter ihrer Kultur nad, den 
Rang des Doyens unter den Völkern einnehmen, unfere Linear- 
perfpeftive niht verfteben, und in ibren Gemalden aud faum 
die Andentung einer Vertiefung, einer Farbenperfpettive geben, 

Die Betraditung eines Runftwerkes, insbefondere der Malerei, 
fett offenbar im Geifte abhnlidhe Vorgänge voraus, wie das 
Lefen einer Shrift. Sie regt die Phantafie an und wendet fid 
auf diefem Wege an unfer Verftandnif. Eine foldhe geiftige 
Wirkung aber läßt fih mit febr einfachen Mitteln erreichen, ja 
mit dem einfadjten vielleiht am ebeften. Und wir fommen 
damit auf den Ausgangspunkt unferer Plaudereien zurüd. Die 
farbe it an einem Bilde nicht das Wefentlichfte. Wenn man 
auf das folorijtijche Element einen itbertriebenen Werth legt, 
fo detrabirt man damit von der Wiirde der Runft. Das geiftige 
Element kann ihrer entratben. Und wir dürfen uns defjen er- 
innern, daß Lejjing es fogar beflagte, daß die Farbe überhaupt 
erfunden wäre. Eine einfahe Radirung ftand ihm höher, als 
das entjprehende Bemälde. 


Es entjtebt die Frage, ob die Malerei vom Befchauer nicht 
bloß ein Hineinjeben, fondern auh ein Hineinverfegen 
veerlangt, die objektive und jubjeftive Betradtung. Ebenfo wie 
dex Maturmenfh, muß der Kulturmenfch felbjt Sas Hineinfeben 


ert lernen, muß Anleitung dazu haben. Das ift nun, wie mir 
fheint, die Bedeutung und der Jwet des Rahmens. Er grenzt 
ab, er fohlägt Sen Blid in Feffeln. Eine „Cleopatra“ von 
Bödlin wäre obne den ihre Stirn befhattenden Rahmen garnicht 
zu verftehen. Und dod) ift der Rahmen etwas ganz Unnatür« 
liches; Sie Natürlichkeit felbft aljo nur eine Accidenz, etwas an 
und fiir fih fünjtlerifh Unzulängliches und Unerreidbares. 


Wenn Lediglid die möglichjte Naturwabrbeit Sen Werth 
eines Gebildes ausmadte, fo wäre die befleidete Wadsfigur das 
hochfte Produft der bildenden Runft. Yur eine jolde vermocten 
aud die Auftralneger, weldhe im Lajtan’fden Panoptifum zu 
Berlin Vorftellungen gaben, ohne Weiteres zu deuten. Wenn 
die Naturaliften recht hätten, fo müßte man überhaupt davon ab- 
feben, die Aörperlicykeit auf der fläche zu entwerfen; dann müßte 
man das Marmorftandbild ganz intenfiv in Lofalfarbe tauchen, 
kurz, nicht mehr malen, fondern bemalen. Nod einfacher wäre 
es, fie anzuziehen, wie die mittelalterlihen Heiligen an ihren 
Yamensfeften. Ein Rapbael und die Prärapbaeliten jtünden 
dann tief unter den Wirklichfeitsnadabmern der Jebtzeit, und 
gefeierte Meifter der Gegenwart, wie Bödlin, der Difionär und 
Sarbendicdter, Ser uns mit Riefenfunft in den Glauben an 
Yliegefebenes, Niegemwefenes bineinzwingt, auch diefer ftünde dann 
weit unter dem farbendirftigiten ,,Grauler, welder das Bediirfnif 
empfindet, die Natur auszufchladhten. 


Giebt es auch in der Runft eine goldene Mittelftraße? 
Muß man wie die Schablone, aud das Extrem meiden? Müßte 
man nit einerfeits alle Eigenart, alfo das Hsdjte in der Kunft, 
verbannen, wenn nur die Naturwahrheit gelten follte? Und 
andererfeits, würde fih nicht alle formenreinbeit verflüchtigen 
und in das Spmbolifche auflöfen, wenn nur die abftrafte Be- 
deutung als das Wefentlihe des Runftwerfs bingeftellt würde? 

Die Shwärmer für die polvhrome Plaftif berufen fic auf den 
Jeus des Phidias aus Elfenbein und Gold, auf die bemalten 
Figuren in den ‚Friefen der griechifdhen Tempel. Aber die Friefe 
find fhon Rahmen, die das Gemälde abjhliegen. Und die aus 
einer Maffe geformten plaftifhen Runftwerfe werden Feineswegs 
naturaliftifd bemalt. Durd die Bemalung, ebenfo wie durd 
das Material wurden Fleifd und Gewandung jedes nad feiner 
Art in Begenfat zu einander gebradt. Das ift aber noh lange 
fein Naturalismus. 


Ein mit Befhmad und Farbenfinn begabter Bildner fann 
durch Sie Verwendung verfhiedener Materialien unter Umftänden 
auffallende und dennod barmonifh gefdloffene Wirkungen er- 
zielen, Und auf die Wirkung fommt es an. Yidt auf die 
Yaturwahrbeit. Es gilt das Wort Perin’s, des Braziofo in 
„Donna Diana, aud auf dem Boden der bildenden Künfte. 
„Ei was fühlen, bier gilt es gut Komödie fpielen. Es ift 
gewif febr fewer, in der Sudt nah Wirfung innerhalb der 
Gebote des guten Befhmads zu bleiben. Dem Bildner in Thon 
und Stein, der obnehin mit dem groben Stoff und der zum 
Ylaturalismus verleitenden Handgreiflichkeit des plaftifchen Gebildes 
zu fümpfen bat, muß dies befonders fehwer werden. Jn jedem 
falle it diefe Grenze eine andere. Die gemalten Giebel- 
felder der Briehen ftanden in innigem Sufammenbange 
mit der fchneeigen Urditeftur und mit Sem darüber fih 
wölbenden Himmel. Es waren dhromoplaftifche Bilder, oben im 
Rabmen, äbnlid manden GebildSen der englifhen Gutenfity- 
Schule. Burne Jones „Laus Deneris* im Burlington-Mufenm 
in London ift ein Bild mit plaftifchereliefartig eingelegten und 
fodann übertündten figuren und vergoldeten Bewändern. Es 
it von einer weltentrüdenden und berüdenden Wirkung, die im 
allerfhärfiten Gegenfat zum Naturalismus jteht. Wer mddte 
fih dem Reiz fhön getönter Porzellan- oder Majolifa- figuren 
entziehen? Und doch ift es auh hier nist die Naturwabrbeit, 
fondern die Stilifirung, die Eigenart des Stoffes, auf dem fih 
taufend Lictreflere fpiegeln, welche unfere Sinne gefangen 
nebmen. ' 

Alle diefe Dinge treten nicht mit der Anmafung auf, uns 
täufchen zu wollen, fie geben fidh ebrlih für das, was fie find. 


Sie erfreuen den Curusmenfhen Surh ihren Anblid, obne den 
kunſtſinnigen Menſchen zu verlegen, wie dies bei den polpdromen 
Bildungen vielfac gefchiebt. Das bemalte Standbild Raphaels, 
weldes auf der erften Berliner polydhromen Ausftellung prangte, 
ftand neben feinem unbemalten Urbild in Marmor. Es madte 
einen niederfhlagenden Eindrud. Die großen grauen Flächen 
des Mantels wirften eintönig; auf dem unbemalten Standbild 
dagegen fonnte man dem feinften Spiel des Lichtes auf der 
leife bewegten Form mit Entzüden folgen. Diefelbe Farbe, 
welde die robere Form verdedt und dem Auge annehmbar er- 
fheinen läßt, wirft zerftörend, wenn fie das zarte Detail in Lidt 
und Schatten aufbebt. Man ift defhalb fehr fenell von der 


Deutfhe Runft. 








149 


eine fraftige Wirfung berednet ift, welde fürchterlih „fernen“ 
foll, wie die griedhifchen Friefe, fann durch fie geboben werden. 
Die Portraitbiifte dagegen, die einer intimen Betradhtung unter- 
liegt, verträgt taum eine leihte Abtönung. Die Beifpiele der 
dezenten Frauenbüfte Tilgners, des vielfach preisgefrénten Wiener 
Bildhauers und feines Klein’fhen Gegenüber mit ftarf dunfel- 
getöntem Haar auf einer fpäteren Berliner Ausftellung boten 
darin eine auffallende Belehrung. Auf der 1889er Ausftellung 
fhoß Adolf Hildebrand, der ‚Florentiner, ‘mit feiner elfenbein- 
getönten Büfte den färfer tünchenden Meiftern gegenüber den 
Dogel ab. Ob in diefer leifen Tönung nidt auh ein 
Theil des Reizes liegt, der den ausgegrabenen Antifen eigen ift? 





Mar Kod, Oratel in Delphi. 


Bemalung zurüdgefommen. Je mehr der Künftler fein Werk 
Surdarbeitet, 3ifelirt, fagen wir vergeiftigt batte, umfomebr 
verzichtete er auf die farbe. Nur die robere Form, welche auf 


Naturaliftifh find ihre Siverfen Töne wahrlih nit. Und man 
fonnte fid) getündte Saden in einer Sammlung folder Antifen, 
3. B. der vatifanifchen, doc faum vorftellen. 


Die Ausftellung des Lucasclubs in Düffeldorf. 


3 ift eine befannte Thatfadhe, daß die Düfjeldorfer auf den großen aus- 
wärtigen Ausftellungen, in Münden, Dresden oder Berlin, wo fie 
als gefchloffener Cyclus auftreten, meift am Ziele vorbeiſchießen. 

Es gelingt den rheinifhen Rünftleen nit, als Bejammtheit einen bleibenden 
Eindrud zu binterlajfen und bei Einzelnen hat es beinahe den Anfchein, als 
ob fie ih mit Abfiht im ungünftigften Lichte zeigten. Ob es an einer 
thatfraftigen Leitung feblt, ob perfönlihe Meinungsverfhiedenbeiten, Cliquen- 
wefen oder allgemeine Bleihgiltigfeit daran fehuld find, it fhwer feft- 
zuftellen: Jedenfalls thut man gut, die Düffeldorfer nicht nah den Leiftungen 
im allgemeinen Wettfampfe zu beurtheilen. Man muß fie auf heimifdem 
Boden aufjuhen, um fie überhaupt fennen zu lernen und ihre Sprache zu 


verftehen; allerdings nicht. auf den Pfingftausftellungen in der Runfthalle, 
welche nur für Derfaufszwede zugerihtet werden, jondern in der regelmäßig 
im Winter ftattfindenden Ausftellung des St. Lucasclubs. — Der Lucasclub 
befteht aus einer Fleinen Anzahl jüngerer Rünftler, die ih in gleihem Zdeen- 
gang und gemeinfamem ernten Streben verbunden wiffen, als welde fie zu 
den fübrern einer fidh leife vollziehenden Schwenfung, einer unverkennbar 
fortfprittlihen Bewegung zählen. Gn dem ganzen Unternehmen der Lucas- 
bündler ift der lebendige Pulsjchlag eines unabhängigen, jhöpferifhen Beiftes 
zu verfpüren, der den Muth hat, mit erftarcten Formen zu breden, gleihwie 
er in weifer Befihränfung den lokalen Brundton zu bewahren weiß, obne fi) 
um die Lodungen einer gerade berrjhenden Mode zu fümmern. 


— — EEPE 


150 











Max Koch, Supraporte für Baron Krauskopf-Hohenbuchau. 


Prof. Arthur Kampf iſt vielleicht am engſten mit dem rheiniſchen 
Boden verwachſen, da er derſelben Akademie, der er jetzt als anregender 
Lehrer vorſteht, ſeine Ausbildung verdankt. Was ihn auszeichnet, iſt die 
Schärfe der Beobachtung, die Gabe, bei jeder Linie, jeder Bewegung, ja bei 
ganzen Situationen und dramatiſchen Begebenheiten das Charakteriſtiſche ſo— 
gleich zu erfaſſen und dem Gedächtniß einzuprägen; und ſolche nach der Er— 
innerung und dem perſönlichen Empfinden innerlich verarbeiteten Eindrüde, in 
denen ſich die ganze Ueberlegenheit ſeines Könnens offenbart, gehören zu den 
beften unmittelbarften Leiftungen feiner Runft. Die ausgeftellten „Erinnerungs- 
ffiszen“, wie Rampf die verfchiedenen vollftändig ausgeführten Darſtellungen 
betitelt, find die Ftüdte einer im vorigen Sommer unternommenen Reife 
nah Spanien. Es find Bilder aus dem fpanifchen Dolfsleben, Tänzerinnen 
und Tänzer, in deren leidenfhaftliher Bewegung die ganze Lebensfreude der 
tomanifihen Raffie zum Ausdrud gelangt, ferner Arbeiter, Stierfämpfer und 
Bettler. Gn der realiftifhen, feineswegs rohen, fondern liebenswürdig ein- 
gehenden Schilderung der verwahrloften Müßiggänger zeigt fih in hervor. 
. ragender Weife Kampf's pfvhologifhe Beobachtung, während er in. einer 
originellen Sciffftudie lediglih auf malerifhe Qualitaten den Nahdrnd legt. 

Ein anderer Godeenfreis befhäftigt 6. Spas, dellen kraftvoll durd- 
geführte Aquarelle und KRoblenzeihnungen ein reifes tehnifhes Rönnen be- 
weifen; der Inhalt feiner Darftellungen — die einzelnen Figuren find nämlid 
als Träger ftarker Stimmungen und Bemüthsbewegungen, wie „Neue und 
„finnlihe Meditation" aufgefaßt — fdeint auf Machempfinden englifcher 
Dorbilder zurüdzumeifen und wird wohl faum vielfeitiges Derftändniß finden. 

A. frenz vertritt diesmal nit den Düffeldorfer dekorativen Stil, der 
fo leiht Gefahr läuft, fih zum äuferen Pathos zu verflahen, jondern er- 
zählt finnig und liebenswiirdig ein mythologifhes Märden, „Die Geburt der 
Venus. Am Geftade eines griehifhen Seeplates bliden fräftige Dolfs- 


geftalten binab auf die feltfame Erfheinung des Meeres. Die Shaum- 
geborene, ein zierlihes weißes Märhenjungfräulein Fauert, fheinbar erftaunt 
über die Welt um fie ber, in einer aufgeflappten Mufdel, weldhe von Seelöwen 
gezogen wird. Die Frenz'fhe Auffaflung, welhe fid in feiner Weife an dte 
Bödlin’fhe anlehnt, zeichnet fih duch ftarfe malerifhe Gegenfake und durd 
tiefe gefättigte Farbengebung aus. 

Der originellfte figurenmaler des Rreifes it Gerhard Janffen, mit 
weldem er eigentlid) nits gemein bat, als das Talent pfphologifcher Ver- 
tiefung. Seine Stoffe pflegt er Sem Leben niederer Dolfaflaffen zu ent- 
nehmen, deren urwiidfige Weuferungen in Schenfen, auf Dolfsfeften und 
Rirmejjen er mit derbem naturaliftifhen Humor wiedergiebt. Seine Vorzüge 
beftehen eben jo in breitem, virtuofem Vortrag, in einer überaus fein 
nüanzirten Tonempfindung, wie in der lebendigen Auffafjung. Davon zeugen 
eine „Wirthshausfzene", ein „Selbftportrait" und eine „Gruppe Säue". 

Die Landfchaftsmaler, die fih in ihren Motiven diesmal faft alle an die 
beimifhe Scholle gehalten haben, find vielleicht gerade deswegen in ihren 
Leiftungen fo gleihmäßig gut. Prof. Olaf Jernberg bringt ein großes 
Herbftbild, eine im Sonnengold glühende Allee, von der fi der tiefblane 
flare Himmel effeftvoll «abhebt. Liefegang's Hauptwerk ift ebenfalls eine 
Allee mit ftar! leuchtenden Lofalfarben. Wendling ift diesmal mit einem 
‚Fsigurenbild vertreten, einem holländifhen Genre, das durd eigenartiges 
Rolorit und die geiftreihe Löfung eines Veleuchtungsproblems uffällt. 
Henle giebt neben einem Thierftid (Säue) ein Waldinneres von großer 
Rraft und Wirkung, und Hermanns bringt febr feine Stimmungsland- 
fhaften, Roloriftifhe Architekturen und Rirdeninterieurs. Eugen Rampf 
geht feine befonderen Wege, indem er den belgifchen Küftenftrihen, die ibm 
in ihren wedfelvollen Eigenthümlichfeiten zur zweiten Heimath geworden find, 
immer neue Reize abgewinnt. 


Kunftliteratur und Kunftreproduftion. 


H. Rnadfuß, Künftlermonographien (Verlag Delhagen & Rlafing). 

Don denen, die die glänzende und rafche Entfaltung der belehrenden 
Runftliteratur gefördert haben, muß dem Derlag von Delhagen & Alafing und 
Profeffor Hermann Anadfuß eine ‚führerrolle zugejprohen werden. Sie 
waren die Erften, die in ihren Künftlermonographien eine entfcheidende Reform 
in Sachen des funftgefhictlihen Anfhauungsunterricts für die breite Maffe 
anbabnten. 

Das Unternehmen bhat fih für das allgemeine Kunftverftändniß, das fomit 
auch in Meinen abgelegenen Orten an der Hand des gegebenen Materials an» 
geregt und gefördert werden fann, ein großes Verdienft erworben. Daf 
befonders auf die Wiedergabe von Handzeihnungen ein Hauptgewicht gelegt 
wurde, begrüßen alle freudig, die den Riinftler in feiner Werkftätte auffuden 
wollen, um in das Wefen der produzirenden Kunft tiefer einzudringen. Die 
Sammlung der bis jest vorliegenden Werke, mit einem Material von mehr 
als 3000 Abbildungen umfaßt 29 Monographien über Raffael, Rubens 
Rembrandt, Michelangelo, Dürer, Menzel, Teniers ô. 3, UA. v. Werner, 
Murillo, Rnaus, franz Hals, van Dyg, Ludwig Richter, Watteau, Thorwaldfen, 
Holbein ò. J, Defregger, Terborh und Jan Steen, Reinhold Begas, 


Chodowied!, Tiepolo, Vautier, Botticelli, Ghirlandajo, Deronefe, Mantegna, 
Shintel, Tizian. (Preis des Bandes 2? und 5 Marf.) 


5. Rnadfuß und Mar Bg. Jimmermann. 
(Derlag Delhagen & Rlafing). 


Als Ergänzung der Rünftler-Monograpbien erfiheint in der gleihen vor- 
nehmen Ausftattung, mit derfelben Bilderfülle eine „Allgemeine Runftgefchichte, 
Das ganze Werk wird 5 ftattlihe Bände mit über 1000 Abbildungen enthalten 
(Preis 24 Mart). Bis jekt liegt dee erfte Band vor, die „Runftgefchichte des 
Altertbums und des Mittelalters bis zum Ende der romanifchen Epode", von 
Prof. Dr. Mar Gg. Zimmermann, mit 411 Jlluftrationen (Preis br. 8 Marf). 
Geben die Monographien abgefchloffene Darftellungen einzelner Meifter, fo 
bietet die „Allgemeine Aunftgefhichte‘* cine Ueberfidt der Runftentwidelung im 
Zufammenhang. Binfihtlih des Umfangs baben die Herausgeber und Per- 
faffer das glüdlihfte Maß gefunden; die Runftgefhidhte ift weder zu fury 
nod 3u umfangreidh. Sie hebt die Hauptfaden bervor, geht auf den geiftigen 
Charakter Ser Feit zurüd und giebt in lebendiger Darftellung farbenreide 
Bilder der vergangenen Runftepocen. 


Allgemeine Runftgefhichte. 








Mar Koh, Supraporte 


Alwin Shulg. Allgemeine Befhichte der bildenden Riinfte (biftorifcher 
Derlag Baumgartel, Berlin). 

Die lekten 3 Lieferungen entfpreden tertlid) wie illuftrativ den €r- 
wartungen, die an dte Weiterentwidelung diefer Runftgefhichte geftellt werden 
durften. Der 4. Band des Werkes: Die Aunftgefhichte der neueren und 
neueften Zeit wird in den Lieferungen 16 und 17 fortgeführt; im Befonderen 
enthalten diefe die Baufunft des 18. und 19. Fahrhunderts. Jn an- 
ziehender Weife entwidelt der Derfafler diefes intereffante Bebiet der Runft- 
hiftorie von der heiteren Epodhe des Rofofo- und Barodftils bis zu den 
Schöpfungen modernen Geiftes. Eine Auswahl trefflih abgebildeter Bau- 
denfmaler vermittelt das Derftändniß des Stoffes. Lieferung 18 fegt den 
1. Band: Die Runt des Alterthums, fort. Hier begegnen wir den Runft- 
äußerungen der Perfer, Phönizier, Guden u. A. m. Die fomit begonnene 
Darftellung der widtigften aller Runftepodhen muthet fhon in ihrem Anfang 
duch die nene Behandlung des Stoffes fowobl wie durd Beigabe eines in 
zwedmäßiger Weife gebotenen Bilderfhmuds an. 


Ad. ©. Troikfih, Publifationen der Agl. Nationalgalerie. 


für das laufende Dereinsjahr find wieder 25 neue Lichtdrude erfchienen, 
die die Befammtzahl auf 189 vermehren und jedem Befhmade eimas Be- 
friedigendes bieten. Schon längft befhränft fi die Vereinigung der Aunft- 
freunde für amtlihe Publikationen der Rönigl. Nationalgalerie bei der Be 
flimmung der zu vervielfältigenden Werke nit mehr auf die Bemäldefamm- 
lung in der Nationalgalerie, fondern trifft eine Auswahl aus anderen Berliner 
und auswärtigen Mufeen und Privatfammlungen. So bringt fie u. A. gute 
Drude nah 5. v. Angelis Portrait des Raifers und der Raiferin Friedrich, 
fowie nah Delobbes Töchter des Ozeans. Unter den neueften Blättern be- 
fanden fih ferner mehrere Bildniffe Wilhelme II. von M. Roner und 
£L. Nofter. Die Landfhaft ift gut vertreten Such Yormann (Sognefjord), 
Flidel (Kellerfee, ein Motiv aus der holfteinifhen Schweiz), Willroider 
(„Morgen und Abend‘) und Louis Herzog („Dom Eife zerfhellt und die 
„Pescatori“, eine italienifhe Landfhaft mit Fifhern als Staffage). Don Rart 
Rödhling giebt die Sammlung zwei Bilder aus den Entfheidungsfämpfen 
des deutfch-franzöfifhen Arieges wieder, 


Befellfhaft für vervielfältigende Runft. Wien. Hausfchat moderner 
Runft. Heft VI und VII. i i 


Die foeben erfhienenen neuen Hefte bringen neben mannigfahen Er- 
f&heinungen, die auf den Bejhmad eines großen Publiftums eingeben, werth- 
volle Radirungen nad modernen Meiftern, wie „Die Hanfjpinnerinnen“ von 
M. Liebermann, „Um Morgen", von f. v. Uhde, ferner das G. Mar'fhe 
„galrus Töchterlein‘‘, und aus früherer Zeit „Die Lautenfhlägerin‘ von f. A. 
v. Raulbad, alles Wiedergaben, die fih mit den beften Photograpuren 
meffen ténnen. 


Deutfhe Runft 151 


für Baron Krausfopf, 
Hohenbuchau, 


Der Ornamentenfhat, mit 100 Tafeln und Tert, von Baurath H. Dol- 
metfch, herausgegeben von Jul. Hoffmann in Stuttgart (24 Marf). 


Don der hohen Lelftungsfähigfeit unferer modernen Reproduftionsver- 
fahren giebt das vorliegende Wert in feinen pradtvoll ausgeführten 
100 Farbendrudtafeln ein ehrenvolles Zeugniß. „Ein Muflerbuh flilvoller 
Ornamente aus allen Runft-Epoden'' nennt es fich, und im der That ift der 
Inhalt nit nur reihbaltig, fondern aud das nad Gruppen zufammen- 
geftellte Material felbft mufterhaft ausgewählt. Was man von 
derlei Werken nicht immer fagen fann, trifft bier zu, dah aud die Farbtsne 
in den meiften ‚fällen durhaus gelungen find und den alten Originalen 
entfpredhen. Das Wert dient ebenfo dem Aunfthandwerfer, wie dem 
Forfher, denn wenn es dem erfteren nahahmenswerthe Mufter bietet, fo 
liefert es dem anderen werthvolles und zum Theil fogar neues Studien- 
material, fowobl fiir die älteren Epochen, wie für die neueren Zeiten, des 


XVIIL Jabrhunderts und der Empire. R. F. 
Georg Hirth. Die Aufgaben der Kunftphyfiologie. (Verlag G. Hirth, 
Miinden.) 


Das frifthe, anregende Werk, das in der lebendigen auf eigene An- 
fhauung des Derfaflers beruhenden Darftellung allen Runftfreunden warm 
empfohlen werden tann, liegt nunmehr in zweiter Auflage vor und Ift durd 
ein intereffantes Schlußfapitel („Wie Bilder betrachtet fein wollen") bereichert 
worden. 


A. Lidhtwark Dom Arbeitsfeld des Dilettantismus, Blumentultur, 
Wilde Blumen, Uebungen in der Betradhtung von Kunſtwerken, die 
Wiedererwedung der Medaille. Deutfche Städteftudien. (Verlag Gerhard 
Riihbtmann, Dresden.) 

Mit bewundernswerther Klarheit hat der DVerfaffer in diefem Werten 
die Aufgabe gelöft, die äfthetifhen Brundanfhauungen im Volte zu weden 
und zu entwideln. Seine Schriften dürften fi der größten Popularität er- 
freuen, da Lihtwar? von fonfreten Beifpielen in Hamburg ausgehend mit 
überzeugenden Vorſchlägen die Grundlage für ein allgemeines Intereſſe an 
nationaler Kunſt zu ſchaffen ſucht. Ein Muſter für die größte Einfachheit der 
Darftellung ift in den „Uebungen in der Betradtung von Runſtwerke““ ge- 
geben, einem Bud, das auf dem thatfählih gepflegten fünftlerifhen An- 
ſchauungsunterricht Lichtwark's mit einer Mädchenſchulklaſſe beruht. 
hugo Licht, Architektur der Gegenwart. (Berlag E. Wasmuth, Berlin.) 

Fn der jet erfctenenen 15. und 16. Lieferung werden eine Reihe von 
Monumental- und Pradtbauten vorgeführt, welde ein Bild von den ver- 
fhtedenen arhiteftonifhen Strömungen im Jn- und Auslande geben. Unter 
den erfteren feien die Rathhäufer von Hamburg und von Schaerbee bei 
Brüffel, das Reihegeriht in Leipzig, die Runftatademie in Dresden, fowie 
Sie Neubauten der dortigen Refiden3, ferner das Staditheater und der Parf- 
Klub in Budapeft genannt. ; 





TFT Per . — qr- 


152 


Deutſche Kunſt. 





Vermiſchles. 
Kariofa aus Afelier und Cerkflaft. 
Gedanken üher hildende Kunff. 


Wiedergefundene Bilder. 


Die fünf Kartons, die Prof. Lindenfhmit für die Frankfurter 
Shiikenfefthalie im Jahre 1862 gemalt hatte, wurden nah dem feft vom 
Feltausfhuß dem Schützenverein gejhenft und dienten bis zum Jahre 1867 
zur Ausfhmüdung der Schießhalle am Röderberg. Mit dem Umzug auf die 
bürgerlihen Scießjtände waren die Bilder verfhwunden, jede Spur war trok 
angeftellter Nahforfhung verloren. Jn der legten Zeit forfhte nun der Sohn 
von Prof. Lindenfhmit, der jegt in Münden lebende Striftftellee Willy 
£indenfhmit, nah den verfhollenen Werfen jeines Vaters. Ein glüdlicher 
Zufall führte traf auf dle Spur: die Bilder waren die langen Jahre hin- 
durh im Geball des Hanfes der bürgerlihen Schiefftände aufbewahrt und 
wurden in fehe gut erhaltenem Zuftande aufgefunden. Sie find auf grober 
Leinwand in Leimfarbe gemalt, ihre Höhe beträgt je 2.60, ihre Länge je 
G Meter. Das Biebelbild zeigt die Germania, während die vier Friesbilder vier 
Hauptfiege der Deutfchen gegen Römer Magyaren, Türken und franzofen darftellen. 
Dem Eingang der Fefthalle gegenüber war links die Darusfhladt, redhts die 
Shlaht auf dem Lechfeld, zwifhen beiden Kartons Karl der Große im 
Raiferornat, linfs und rechts von beiden der Cherusfer Hermann und Otto 
der Broße. Neben dem Eingang rechts befand fih die Türkenfhlacht- im 
Jahr 1685 bei Wien, links die Franzojenfhlaht an der Rakbadh. Fwifden 
diefen Kartons Freiherr vom Stein, zur Seite rehts der Prinz Eugen, lints 
Blücer, der Marfhall Dorwärts. Die „Rompofitionen find“, fo heißt es in 
Gedenfbud des Shiikenfeftes von 1862, „frifh, Fühn, gewandt und in der 
vom Moment bedingten und für den Nloment beftimmten, für die große Ent- 
fernung berechneten Serben Ausführung wirfungsreih genug, daß fie der 
Schügenverein, dem fie das LentralcomitE nah dem feft zum Gefdent 
gemadt hat, zum Schmud feiner Schiefhallen verwenden wird." Der 
Schügenverein hat befdlofjen, die fünf Kartons dem ftädtifhen Arhiv zur 
Aufbewahrung zu überweifen. 


Auriofa aus Atelier und WMerkftatt. 

— Böllin's Stammbaum. Arnold Bödlin’s Vorfahren ftammen nicht 
aus Bafel, fondern aus dem Kanton Schaffhaufen, aus der Dorfgemeinde 
Beggingen. Der dortige Fivilftandsbeamte theilt mit, dağ h in den Ehe- 
tegiftern folgende Einträge finden: Betraut den 15. Juli ISO! 3u St. Margaretha 
in Bafel: Jakob Börklin, Sohn des Jakob Bödlin von Beggingen und der 
Eva Bollinger von Beggingen mit Salomer Ebwald von fehrenbah aus 
dem Kanauifhen. Aus diefer Ehe find 2 Kinder eingetragen. Der Sohn 
Chriftian Friedrih Bödlin wurde unterm 14. Juni 1824 in das Bürgerrecht 
der Stadt Bafel aufgenommen und hatte laut Miitheilung des Divilftandsamts 
Bafel einen Sohn Arnold Bödlin, geboren zu Bafel den 16. Oltober 1827. 





— Die Herfunfteiner Shillerphotographie. Don Paris aus war 
über Landau in das Marburger Schillerhaus die Photographie einer Statue 
gelangt, die den an die Erde gefeflelten Dichter darftellt, dem tröftend die 
Mufe naht. Das Bild trägt die Unterfchrift: Gradler, Fdealismus. Der 
Berliner Bildhauer ©. Gradler betheiligte fih 1872 an dem Wettbewerb 
um das Boethedenfmal in der Reihshauptftast. Die fraglihe Photographie 
dürfte nad einem Bipsmodell angefertigt fein, das für einen ähnlihen Zwed 
beftimmt war. Sie tragt die Nummer 2522 und dürfte fomit einer Runft- 
ausftellung entftammen oder aus dem Runfthandel hervorgegangen fein. 


— Runftfennerfbaft. Für de Bedeutung von Sachverftandigen- 
Urtheilen harakteriftifh ift eim Brüfjeler Prozeß. Herr Dandendaele in der 
Brirffeler Dorftadt Saint-Foffe ten Noode befaß ein viel bewundertes, Hobbema 
bezeihnetes Bemälde. Der Maler Alfred Stevens, der es genau geprüft 
hatte, erflärte es als zweifellos edt. Vandendaele trat mit den Parifer 
Händlern Leftier und Palors in Unterhandlung, um das Gemälde an Herrn 
Mori Saint zu verkaufen. Die Sahe fam zum Abfhluß. Inzwifhen aber 
gewann Saint Zweifel an der Echtheit des Bemäldes, für das fon 
10 000 fr. bezahlt :saren und er verflagte den Dandendaele wegen Betruges, 
da er eine Nachbildung als Original verkauft babe. Die Briiffeler Staats- 








Mesdag, Federzeichnung. 


anwaltfhaft liep das Gemälde urd drei gerihtlihe Sahverftändige aus 
Paris prüfen, und alle drei erklärten übereinftimmend, dağ das Gemälde 
nit echt, fondern eine Nahbildung fe. Die Anklage wurde erhoben. Der 
Anwalt des angeflagten Dandendaele machte geltend, daß nichts fdwerer 
fei, als die Echtheit oder Nichtechtheit eines alten Bemäldes feftzuftellen. Der 
Berihtshof fprah Dandendaele frei und verurtheilte den Aläger in die Roften, 
hielt alfo das Gemälde für edt. 


Gedanken iiber bildende Bunft. 


Um in der Runft etwas Hervorragendes zu leiften, bedarf es einer ge- 
wiffen Dreieinigfeit: einer männlichen Energie, einer weiblihen Sartheit und 
einer findlihen YWatvetat. š 


Der Künftler foll nicht bei feiner Arbeit auf halbem Wege ftehen 
bleiben. Fleiß ift die Hälfte der Bedingungen fiir ein Talent. Er foll 
nicht allein durh Rompofition und oberflädlihe Durhführung wirken wollen. 
Es ift, als wenn ein Landwirth die Ernte als Griinfutter für das Dieb 
abjchneidel, anftatt fie ausgereift als Nahrung für Menfhen zu ver: 
wertben. 


* 

Der Künſtler iſt nur im Stande, ſeine Gedanken aufzuſchreiben in den 
Ruhepauſen ſeiner Produktion. Er iſt zu vergleichen mit der Dampfmaſchine, 
die nad langer Fahrt im Lokomotivſchuppen ſteht. Sie ſcheint ermüdet, 
aus kleinen Ventilen ziſcht der Dampf, und die Maſchine rüſtet ſich zu 


neuer fahrt. R. Begas. 


rrr— 


Deutſche Runf. 








Der Ausſchuß für Kunſt im Handwerk München. 


u dem Zwecke,, das neue Kunſthandwerk wirkſam zu fördern, bat der 
oben genannte Ausſchuß, der bereits im verfloſſenen Jahre eine Aus— 
ſtellung erleſener Erzeugniſſe der neueren Richtung (unter dem Namen 

„Rleintunft‘) im Glaspalaſt zu München veranſtaltete, ſich unter dem Namen 
Ausſchuß für Kunſt im Handwerk in München enger zuſammengeſchloſſen und zu 
feinen bisher verfolgten Zielen, das neuere Kunſthandwerk durch Anregungen 
zu künſtleriſchen Atbeiten und deren Ausſtellung, insbeſondere auch durch ſeine 
würdige Vertretung in Paris 1900 zu fördern, noch die Erridtung einer Aus- 
kunftei in München über alle in das Gebiet gehörigen Fragen, ſowie die 
Gründung einer Geſellſchaft m. b. h. beſchloſſen, die künſtleriſche Entwürfe 
ankauft, anfertigen läßt und ſie ſo in Handel bringt, daß bei Ausſchluß aller 
Geſchäftsgefahr der Hauptantheil des Gewinnſtes dem ausführenden Künſtler 
zu gute kommt. 

Beide Cinrichtungen ſeien hiermit dem Publikum auf das Wärmſte em— 
pfohlen: ſie bezeichnen einen wirkſamen Schritt nach vorwärts, und es ſteht zu 
hoffen, daß bei altfeitiger Unterftügung aud Seitens des fauffrdftigen, fiir 
ein deutfhes Aunfthbandwerk empfänglihen Publifums, Ser deutfche Runftmarkt 
aud in diefer Beziehung im Stande fein wird, dem Auslande die Spike zu 
bieten. Jedenfalls giebt das thatfräftige Dorgehen des Ausfhufles einen 
Beweis dafür, daß man hoffen darf, ein Gebiet für deutfhe Runft im Hand- 
wer? wieder zu gewinnen, das dank unferer Sorglofigkeit leider fon zum 
Theil an die Fremden verloren gegangen ift. 

Um Mißdentungen vorzubeugen, heben wir hervor, daß der Ausfhuß 
fih feineswegs als eine Art ,,Seseffion des bayerifhen Kunftgewerbe - Der- 
eins betradtet wiffen möchte; vielmehr wird er nad wie vor dtefem hod- 
verdienftlihen Dereine feine Mitwirfung auf dem Gebiete des neueren Runft- 
handwerfs zuwenden und unter Zufammenfaflung feiner Aräfte auf diefes 
eine Gebtet im Uebrigen Hand in Hand mit den allgemeineren Beftrebungen 
des baverifhen Runftgewerbe-Dereins gehen. : 

Um eine Anfhauung von den Zielen des Ausfduffes fiir Runft und 
Handwerk zu geben, laflen wir bier zunächft feine Satungen folgen, die an 
praktifher Rürze des Ausdruds nichts zu wünfhen übrig laffen. 


§ 1. 
Der Ausfhuß für Runft im Handwerk bezwedt die Förderung des neuen 
deutfhen Runftbandwerks. Er fudt diefen Zwed zu erreihen: 


J. dur) die Deranftaltung von Ausftellungen erlefener Erzeugniffe des neuen 
Runfthandwerts (zur Feit insbefondere dur die würdige Vertretung des 
neuen’ deuntfden Runfthandwerfs auf der Parifer Weltausftellung 1900); 

2. Surh Anregung zu -fünftlerifhen Entwürfen; 

‚duch die Bründung einer Befeltfhaft mit befhränfter Haftung unter der 

Bezeihnung Vereinigte Werlftätten ` für Runt im Handwerk, deren 

Jwet ift: 

a) der Ankauf und die muftergültige Ausführung lünftlerifher Entwürfe, 

b) deren unmittelbarer, gejhäftliher Vertrieb unter möglihft günftigen 
Bedingungen fiir die betheiligten Riinftler, fowie unter fortdauernder 
Bewäbrleiftung des fiinftlerifchen Werthes den Raufern gegenüber, 

c) die Heranbildung fiinftlerifcher Kräfte in handwerflider Tednif; 

4. durd Erridtung einer WAusfunftei in München, deren Aufgabe ift, 

a) den betheiligten Rreifen gegen billige Vergütung über alle fragen des 
neuen Runfthandwerfs Austunft 3u ertheilen; insbefondere 

b) die engere Derbindung zwifhen Rünftlern, Handwerkern und Beftellern 
3u vermitteln; 


or 


c) eine unlautere Ausbeutung der in Handel gebraten tünftlerifhen 
Arbeiten, die vom Ausfhuß übernommen find, durch geeignete Der- 
träge zu überwahen und duch zwedentfprehende Deröffentlihungen 
3u verhindern. 

§ 2. 

Der Ausfhuß für Kunft im Handwerk befteht aus einem Vorfizenden, 
einem Bejhäftsführer und vier Mitgliedern; letttere müfjen ftets Künftler von 
Beruf fein. Zur Erledigung von Rehtsfragen fteht ihm außerdem ein Rehte- 
beiftand zur Seite. Jm Falle des Austritts eines Mitgliedes ergänzt fidh 
der Ausfhuß durch Zuwahl nah Stimmenmehrheit und wäblt feinen Dor- 
figenden ebenfo. Der Ausfhuß bildet bei Ausftellungen, die er veranftaltet, 
das Aufnahmegeriht und prüft im Lebrigen die eingegangenen Entwürfe, 
Handelt es fih dabei um Arbeiten von Ausjhußmitgliedern, fo fheiden diefe 
für den fall ans der Abftimmung aus. Für das Aufnahmegericht find mindeftens 
drei Mitglieder erforderlih. Erfarmänner find thunlidft aus den Künftlern 
der Befellfhaft zu nehmen. Er hält alljährli im Januar eine befondere 
Derfammlung ab, in der die Wahl des Dorfigenden, die Rehnungslegung 
und die Berathung eines Berichtes über die Thätigfeit des Ausfchuffes in 
dem abgelaufenen Jahre zu erfolgen hat. 

§ 3. 

Bei Auflöfung des Ausfhuffes gebt das vorhandene Dermögen an die 
Dereinigten Werkftätten für Runft im Handwerk, G. m. b. H. über. 

Die nunmehr begründete Benoffenfhaft m. b. H. für Beftellung, Ankauf 
und Anfertigung fiinftlerifder Arbeiten beruht auf idealen und 3ugleid 
praftifhen Brundfägen. 

Nah den Erfahrungen, die in den letzten Jahren bei uns in Deutfd- 
land und im Auslande gemadht find, geht man nicht fehl, wenn man be 
hauptet, daß immer weitere Rreife des fauffräftigen Publifums Luft batten, 
fih der neuen, eigenartigen Ridtung im Runfthandwerf zuzuwenden, wenn 
ihnen nur bäufigere und bequemere Gelegenheit geboten würde, fih folde 
neuen Begenftände des Innenfhmudes anzufehen, und wenn die Preife nicht 
nod immer höher wären als für die allgemein verbreiteten Waaren in den 
befannten Stilarten. ferner ift es den mit den Derhältniffen Dertrauten 
wohl bekannt, daß es eine beträchtlihe Anzahl von Rünftlern giebt, die eigen= 
artige, [höne und zwedmäßige neue Entwürfe auf allen Bebieten des Runft- 
gewerbes zur Hand haben, ohne in der Lage zu fein, fie ausführen zu laffen 
oder Privatleute dafür zu gewinnen. Ebenfo wiffen wir, daf es Handwerker 
und fabrifanten in Deutfhland genug giebt, die niht mur die tehnifhe 
Fertigkeit im bödhften Maße befizen, um jeder Fünftlerifhen Anforderung zu 
genügen, fondern auh Luft hälten, neue Entwürfe auszuführen, die Befhäfte- 
gefahr jedodh nicht auf fih nehmen fönnen, eine größere Anzahl vor Stüden 
anzufertigen, ohne zu willen, wie fie fie gefchäftlih verwerthen können. 
Aud die Befhäftsleute, in deren Mugen es dod liegt, flets Menes und Gutes 
3u bringen, find im der fehwierigen Cage, nicht zu wijlen, wo das Neue her— 
geftellt wird und in welhen Mengen. Weil die Künftler feine ausführenden 
Handwerker finden, die Handwerker und fabrifanten feine Gelegenheit zum 
Heigen, und Raufluftige und Kenner feine zum Sehen, Raufen und Beftellen, 
deswegen wird fo verftreut Yeues gejhaffen, vereinzelt und thener gekauft, 
während in unfern Nachbarländern Angebot und Nadfrage in Sahen des 
neuen Runfthandwerfs fdon geraume Zeit zur Zuftiedenbeit geregelt find. 
Daber fommt es aud, daß der deutfche Markt von ausländifhen Erzeugnifien 
des Runftgewerbes der Art überfhwenmt wird. 

Nadh all den oben angedeuteten Richtungen bin foll Sie unter den 
Aufpizien des Ausfchuffes begründete Befellfhaft Abhilfe fhaffen.  Fbre 
Hwede laffen ih etwa folgendermaßen zufammenfaffen: 


ge: TS est on — — 


J. ſie bezahlt entweder den Rünſtlern ihre neuen Entwürfe baar und er— 
moͤglicht deren Ausführung unter ihrer Leitung oder ſichert den Künſtlern 
die Ausführung mit Gewinn-Antheil ohne jede Gefhäftsgefahr für fie 3u. 
Die tünftlerifhe Prüfung der Entwürfe gefihieht durch den Ausſchuß; 

2. fie beftellt und bezahlt den Handwerkern eine größere Anzahl von Stüden 
und übernimmt deren gefhäftlihen Vertrieb im ganzen Reihe obne Ge- 
ſchäftsgefahr für fie; 

3. fie liefert den Bejhäftsleuten die verlangten Stüde und forgt für einen 
möglihft rübrigen faufmännifchen Vertrieb; 

4, fie bietet dem Käufer nicht nur oft und an möglidft v vielen Orten und 3u 
mäßigen Preifen Erzeugniffe des neuen Runfthandwerfes an, fontern giebt 
ibm durch die priifende Thatigteit des Uneigutiee die Bewähr für fünft- 
lerifhe und handwerklide Vollendung ; 

5. fie giebt Rünftlern Gelegenheit, in den Wertftätten tehnifhe Kenniniffe zu 
erwerben; 

6. fie vermittelt urh die von dem Ausfchuffe eingerichtete Ausfunftei über 
alle in das Bebiet des neuen Runfthandwerfs einfhlagigen Fragen die 
Derbindung zwijhen KRünftlern, Herftellern und Raufluftigen in der wit 
famften Weife und fudt 

7. auf dem Redhtswege oder duch die Preffe zugleih eine unrecdhtmapige 
Ausbeutung durh unlautere Nahahmung und Verwendung Fünftlerifcher 
Entwürfe zu verhindern. 

Die Gefellfhaft gründet ih mit einem Rapital von 100 000 Mark, das 
jedoch bei entjpreheuder Betheiligung vorausfihtlih bald erhöht werden wird, 
und fudt nun Mitglieder, die gewillt find, mindeftens 500 Mark bei 250 Mark 
Einzahlung zu zeihnen. Nah gefeglider Vorfehrift darf diefe Summe nicht 
unter 500 Mark betragen, erfährt aber nod oben hin feine Befhränfung. 
Die Einzahlung der Summe ift und bleibt die einzige Verpflichtung, die der 
Einzelne gegen die Bejelljhaft übernimmt. Befellfhafter fann jeder werden, 
der obige Summe oder mehr (auf hundert Mark abgerundet) einzablt, ob er 
ein Künftler, Handwerker, Fabrikant, Befhäftsmann oder Privatmann ift, 
und es find die Dividenden, die er erzielt, durchaus getrennt von der Ber 
Zahlung für Entwürfe oder für beftellte Begenftände. Ueber alles Nähere 
ertheilt der Bejhäftsführer des Ausfchuffes für Runt im Handwerk, der zu. 
gleih die vorläufige Gejhäftsführung der Befellfhaft übernommen bat, Bert 
Maler f. A. ©. Krüger (Ausfunfte des A. f. R. i. H.) Münden XIX 
(Bern), Rragerftr.. 1, jederzeit Auskunft. 

Wir fliegen uns geen der Aufforderung zum Seinen von Stamm- 





SS ETDs on 


Deutſche Rung. 





einlagen im Mindeftbetrage von 500 Mark bei Einzahlung von 250 Mark an 
und maden darauf aufmerffam, daß die Einzahlung von Stammeinlagen von 
500 Marf oder mehr bis zum 15. Februar 1898 an die Baperifhe Vereins- 
banf Miindhen bewirft werden kann. 


Dom Bayerifchen Kunftgewerbeverein. 


m bayerifhen Aunftgewerbeverein in Münden vollzog ih un- 
längft ein großer Umfhwung, eine vollftändige Yeuorganifation, die, 
hervorgerufen durch die allgemeine funftgewerblide Bewegung und 

die immer noch fteigende Ronkurtenz des Auelandes, im befonderen der that- 
fräftigen Mitwirkung des Arditeften Theodor Sifher und des Malers 
Rihard Riemerfhmidt zu verdanken if. Die Ausftellungshalle zeigte 
fhon feit Jahren, daß fie dem Hwed des Dereins, den Sinn für das Schöne, 
fünftlerifhes DVerftändnig und guten Befhmad allenthalben zu verbreiten 
(wie der erfte Paragraph der Statuten bejagt), im Feiner Weife mehr gerecht 
werden konnte, da diefelbe einem größeren Raufbaufe, wo das fiinftlerifd 
Wertvolle von der Maffe der Dukendwaare erdriidt 3u werden pflegt, zum 
Derwedhfeln ahnlid fab. Die jekige Umwandlung zeigt fhon im der Aus- 
lage eine fparfame Dertheilung der Begenftände und vertritt damit ein be- 
adtenswerthes Prinzip, daß die fünftlerifhe Aufmerkfamkeit nit in der Maffe 
zerftreut, fondern an Einzelheiten gefefjelt werden foll. Gm Inneren berefeht 
überall eine vornehme ARube; der leitende Bedankte befteht nicht darin, den 
neuen Stil um jeden Preis 3. B. auf Roften der arhaiftifhen Elemente in 
den Vordergrund zu drängen, fondern in dem unparteiifhen Beftreben, Butes 
vom Sdhledhten zu trennen; die Vergangenheit foll feineswegs gedantenlos 
den neuen formen geopfert werden, die doh in jener ihren Urfprung baben 
und nicht aus dilettantifher Phantafterei frei erfunden werden können. So 
läßt fih in der Ausftellung ein dreifältiger Charakter, Arhaiftit, Uebergang 
und Nenes in jedem einzelnen Zweige des Runfthandwerks nadweifen. 
Muftergiltige gotbifhe Möbel find von Fritzſche gefhaffen, ebenfogut 
find die Schneller'fhen Nachbildungen der Spätrenaiffance, wie die des 
Sopfftiles von Radfpieler. Zu einer Schlafzimmereintihtung abmt 
SFrtigfdhe englifhe Vorbilder nad, während Till in feinem zierlihen Wand- 
fhränthen, das fih dur cine vortrefflihe Tehnit auszeichnet, die neu- 
deutjchen Beftrebungen vertritt. Cine hervorragende Leiftung befteht in einer 
Trube von Hermann Obrift, die in ihrem erften Stüd bereits nad 


Situationsplan fiir die Aufftellung des Stettiner Brunnens von Profeffor £. Manzel, 
Aquarell von frib Bebrfe, 





esa 


Deutfde Runf. 


155 





Amerifa verfauft wurde. Die von Urbanifch gefertigten deutfhen Bauern- 
möbel drüden am beften die deutjhe Eigenart aus, auf Grund deren fih 
vielleicht ein deutfher Banernftil entwideln ließe. Gn den Uhren Jage- 
mann’s verräth fih glüdlihe Erfindungsgabe. 

Don den Rupferarbeiten find die von Wilhelm und Lind hervor- 
gubeben, die in tednifcher Ausführung die hddfte Anerkennung verdienen. 
Die Zinnarbeiten von Rarl Broß mit ihrer leihten Fifelirung und ihrem 
vornehmen matten Blanze zeigen ein großes Derjtändnig des Künjtlers für 
das Alte. Das Edelmetall ift in muftergiltiger Weife durh Ffr. v. Miller 
vertreten, welder modernes fünftlerifhes Empfinden mit dem Verftändnig der 
Renaiffance verbindet. Aus Sem Gebiete der Reramif finden fih gute 
Arbeiten von Shwarz in Nürnberg vor, fowie von Heider und’ Shmuz- 
Baudiß in Münden, deren Werke fchon früher Auffehen erregten. Jn den 
Beleuhtungskörpern zeigt fih nod) ein merfwiirdiges Gemifd) vom neuen 
und Uebergangsftil. Eine gothifhe Rrone, fowie ein moderner Handleudter 
und eine eleftrifhe Lampe von Rirfch feien befonders hervorgehoben. Die 
Mymphenburger Nahbildungen alter Mufter find befer als neue Motive. 
Die Arbeiten der frau Schmidt-Pedt, die in der fabril von Hager, 
Horth & Co. in Zell im Schwarzwald gefertigt find, find vortrefflich 
gelungen. 


Neues Meikener Porzellan. 


Die Blüthezeit der Meißner Porzellanmanufaktur fteht mit der ganzen 
Runftepode des Rococos in innigftem Zufammenhang. Jm Meißner Por- 
zellan zeigte fic) Sex Niederfhlag jeder Aunftäußerung. Plaftit, Malerei 
und Arditektur übten gleichzeitig ihren Einfluß aus und fihufen, fih dem 
‚Modegefhmad anbequemend, graziöfe Gebilde, wie e dem zarten Material 
der gebrannten Erde entfpradhen. Jn fpäterer Zeit gingen Stoffgefühl und 
Stilempfindung mehr und mehr verloren. An Stelle der früheren Eleganz, 
der leichten, beweglihen Form trat ein fhwerer, überladener Stil, welher den 
Charakter des Materials verwifhte. Wud im Rolorit zeigen die fpäteren 
Schöpfungen feinen Fortfhritt. Der leichte blumenartige Schmelz der farbe 
wird durd eine Buntheit erfegt, deren Rompofition zwar nicht unfünftlerifch 
ift, dod) feinen Dergleih zuläßt mit den früheren Feinheiten. 

Während nun in der heutigen Revolution des Runftgewerbes die Meißener 
Onduftrie fih bisher in vornehmer Ruhe abwartend und gleidgiltig verhielt, 





Actien-Gesellschaft 


vormals 





A, 








—— — 


Fabrik für 





H. Gladenbeck & Sohn 


Bildgiesserei 
Friedrichshagen b. Berlin. 


Wilhelmstrasse 76/77. 


Giesserei für Denkmäler und Werkstätte für 
Bronce-Architectur. 


Beleuchtungs-, Garten- und Grabfiguren. 
Salonbroncen. 


— Bilsten, Statuetten, Gruppen in Bronce- und Bronce-Imitation, — 


Musterlager: 
Berlin S., Wasserthor-Strasse 9. 


Verkaufsmagazin: 


Berlin W., Charlottenstr. 23, vom 15. November cr. 
Unter den Linden, Hétel Bristol. 


offenbart fih plöglich in jiingfter Feit ein eifciges Beftreben, mit den Ueber. 
lieferungen aufzuräumen, um den Ffünftlerifhen Bedürfniffen des modernen 
Gefhmades gereht zu werden. 

Wenn man nun die neuen Erzeugniffe einer näheren Betradhtung unter- 
z3iebt, fo wird man freili nicht überall einem felbftftindigen Gedanten be- 
gegnen. Die Meinen Ziergefäße, Biidhfen und Dofen, fowie ein Plateau mit 
Füßen von der matten Art einfarbiger Dekoration und mande andere Begen- 
ftände lehnen fid an Ropenbagener Vorbilder an. Dielleiht ergeben ih aus 
älteren fabrifaten manderlei Anregungen zur Dereinfahung der form, wie 
fie allgemein gewünfht wird. Der weiße Rand in den flahen Schalen 
und Tellern jcheint dafür noh nidt die richtige Löfung zu fein. Von be- 
fonderer Schönheit find indeflen mehrere urnenarlige Gefäße, die auf weißem 
und farbigem Grund ftilifirte Pflanzen in Glafurmalerei zeigen. Bei an- 
deren Befäßen verbindet fih die Blafurmalerei mit Pâte sur Päte-Tednif, 
welhe auf faum verfhwimmendem landfhaftlihen Grunde erhabene figür- 
lide Darftellungen zeigen. Zwei feine Dafen aus älterer Zeit mit Pate 
sur Päte-Medaillons deuten dieje eigenartige und wirffame Technik erft an. 
Die landfdhaftliden Motive find außerdem bei einer Anzahl Schälhen und 
Schmudplatten in breiter, moderner Farbenanfhanung mit überrafhendem 
Erfolg angewendet worden. Jn gleiher Weife, wie bei den Befäßen, macht 
fih aud bei den Gruppen, Figuren und Büften eine dem Charakter des 
Materials entfprehende Umgeftaltung bemerkbar. Eine Sclittfhubläufer 
gruppe und ein Blumen pflüdendes Mädden find bejonders gelungen. 


Berlin. — Die Hauptverfammlung des Deutfhen Runftvereins 
fand unter Dorfiz des Dize-Oberzeremonienmeifters Rammerherrn Bodo von 
dem Rnefebed im Ardhiteftenbanfe ftatt. Profeffor Dr. Wolfgang von Oettingen 
erftattete den Gabresberidt über das abgelaufene 5. Befhäftsjahr: Der Mit- 
gliederzuwadhs beträgt 152, fo daß jett eine Zahl 1682 erreiht if. An- 
gekauft wurden in diefem Fabre 25 Runftwerfe im Werthe von 23 000 Mart, 
die zur Derloofung gelangten; außerdem erhielt jedes Mitglied den Rupferftid 
von Albert Krüger nah Hubert van Eyds „fingenden Engeln"; die Regierung 
hatte hierzu einen Staatszufhuß von 2500 Mark gewährt. Gm Ganzen 
find bisher I20 Werke von 105 Rünftlern erworben, und zwar von 72 Malern, 
6 Malerinnen, 22 Bildhauern, 4 Aupferftehern und | Medailleur. Das Jahr 
1897 brachte ferner 5 funftwillenfhaftlihe Vorträge, und es wurde den Mit- 
gliedern die Befihtigung der Ravene’fhen Bemäldegalerie erfhloffen. Für die 





AUTOTYPIEN a 
CHEMIGRAPHIENG 
DREIFARBENDRUCK: 


PROMPTE 
LIEFERUNG. ~~ 


PREISANSCHLAGE 
nal 


MUS TERN gg 
Zu DIENSTEN.G 


Max Hoerder. 








156 


Monate Januar bis Mai ð. J. nó bereits aht Vorträge angemeldet, u. U. 
von Springer, Dolbebr-Magdeburg, Dettingen und Dr. Schmid, dem Afjiftenten 
des Direftors von Tfhudi. Aus Anlap der Hundertjabrfeier wurde das von der 
Ausftellung befannte Bildwerf von Ludwig Manzel „Der Ruhm" im Anftrage 
des Deutjhen Kunftvereins gejhaffen. Ein Eremplar diefes Wertes hat auh 
die Raiferin erworben. Aus dem KRajlenberiht dea Shakmeifters Banquier 
Rrekfdmar ergiebt fid eine Gabreseinnabme von 40565,50 Mart und ein 
Rajffenbeftand von 6746,75 Mart. Nah dem DVoranfihlage bleiben fürs 
nädjfte Jahr mehr als 25000 Mark für Ankäufe verfügbar. 


Münden. — Der Derwaltungsratb des ftädtifhen Mufeums Magi- 
giftratsrath Anton Kübler bat es unternommen, die bisher zerftreut ftebenden 
und nidt immer forgfam aufbewabrten Modelle von preisgefrönten 
Ronturcrenzarbeiten bei Erridtung von öffentlihen Denkmälern, Brunnen, 
Brüden u. f. w., die die Gemeinde erworben bat, zu fammeln und ihnen 
vorläufig, foweit der Raum ausreicht, im dritten Stodwerkfe des alten Jeug- 
baufes, in dem fid das ftädtifhe Mufeum und die Maillinger - Sammlung 
befinden, Aufftellung zu geben, bis ein anderes entfprecenderes Lofal für 
diefen Jwet bereit geftellt werden fann. ferner find auch werthvolle 
Architefturmodelle von Entwürfen des ftädtifhen Banamts vorhanden, tie 
neben den vorerwäbnten Runfurrenzarbeiten jungen Bildhauern, Architekten, 
Bautehnifern 2c. willfommene Gelegenheit zum Studium bieten dürften. 
Damit it der Anfang zu einer werthvollen und intereflanten Modellfjammlung 
der Stadt Münden gemadt. 


Dresden. — Die Aufwendungen, welde das Königreid 
Sadbfen fiir Runft madt, find nad dem Ausweis des Staatshaushaltevor- 
anfdlages verbaltnifmapig febr bedeutend. Für die Rgl. Sammlungen für Runft 
und Wiflenfhaft wird vom Landtage ein Zufhuß von 602 SII Mark verlangt 
(83 018 Mark mehr als 1896/97). Für Runftzwede im Allgemeinen werden 
84 000 Mark beanfpruht, davon 60 000 Mark am den Aunftfonds zur Her- 
ftellung monumentaler Runftwerfe der Malerei und Bildnerei, 16000 Mark 
für Guventarifirung der älteren Bau» und Runftdenfmaler des Landes und 
für Beihilfen zur Erhaltung alter Punftgefhichtlib merfwürdiger Bauwerke 
und Denkmäler, 4000 Mark Zufhuß an das Rgl. Ronfervatorium in Dresden 
und 4000 Mark für den Kal. Sähfifhen Alterthumsverein. Die Akademie 
der bildenden Künfte bedarf eines Zufhuffes von 158195 Mark (10 950 Mark 
mebr), die Sähfifhen Baugewerkfhulen, die um eine Tiefbaufhule vermebrt 
werden follen, erfordern 155 S20 Mark (50 670 Mark mehr), die Fnduftrie- 
fhule zu Plauen S3 583 Mark (6660 Mark mehr), weil ftändige Funftgewerb- 
lide Dorbilderfammlungen in Annaberg, Auerbach, Eibenftod, * Falkenftein, 
Frankenberg, Blauhan und Meerane begründet und verforgt werden follen, 
die Runftafademie und Runftgewerbefhule zu Leipzig 107 002 Mark (400 Marf 
mebr, die Kunftgewerbefhule nebjt Yorfdule und Runftgewerbemufeum zu 
Dresden 186 718 Mark (16605 Mart mehr). Jm Ganzen find das: 
1575 929 Mark (168 251 Mark mehr als im Vorjahre). — Die Rgl. Por- 
zellanmanufaktur zu Meißen, von welder verlangt wird, dağ fie den gefchäft- 
lichen wie den künſtleriſchen Befihtspunft gleidmapig beadte, berednet 
1 511000 Mark Einnahmen und 13502500 Marf Ausgaben, mitbin einen 
Meberfhuß von rund 200 000 Mark. Für die Vorbereitungen zur Befchidung 
der Parifer Ausftellung im Fabre 1900 find 10000 Mark eingeftellt. Die 
Gefammtproduftion der Kgl. Porzellanmanufattur ift auf nicht weniger als 
1609 600 Marf veranfdlagt. 


Nürnberg. — Das Germanifdhe Nationalmufeum ift Surh 
ftetiges ‚Fortjgreiten an einem wichtigen Punkte feiner programmgemäßen 
Entwidlung angelangt. Es werden der Anftalt ihre Räumlichkeiten allent- 
halben zu enge, der größte Theil des Grund und Bodens ift bereits über- 
baut oder wird in der nädften Feit für Bauzwede in Anfprud genommen, 
In Folge diefer Derbältniffe wurden im Fahre IS9G drei Meinere anftofende 
Haufer um die Summe von rund 45 000 M. erworben, deren Anfaufspreis 
namentlih auch durd dus Eintreteneiniger Freunde des Unternehmens gededt werden 
fonnte. Don viel größerer Bedeutung aber ift die fäuflibe Erwerbung des an das 
Grundftüd des Bermanifhen Mufeums angrenzenden Rönigsftiftungsbaufes, 
eines mächtigen, langgeftredten Bebäudes mit Hof und Garten, weldes in 
Folge bejonderer Berüdfihtigung der Zwede der Anftalt derfelben zum Preife 
von 120000 M. überlajfen und am 11. Oftober v. 5. dem Mufeum bereits 
zugefchrieben wurde. Gn diejes dreiftödige Bebäude, Untere Grafersgaife 18, 
wird die Rupferftidjammlung, die bereits über 200 000 Blätter zählt, die 


Deutfde Runft. 





Bibliothef mit über 200 000 Bänden und das Archiv mit feinen reihen Be- 
ftänden an werthvollen Urkunden und Alten verlegt werden. Die Mittel für 
den Ankauf diefes Hanfes follen surd Freunde und Gönner des nationalen 
Inftituts in der Weife aufgebracht werden, Sap fidh 120 derfelben bereit er- 
läten, Sen Betrag vən je 1000 M. zu ftiften. Welch’ freundlide Aufnabme 
diejfes neue Unternehmen bereits gefunden, wel’ großes ntereffe man ibm 
entgegenbringt, möge die Thatfahe befunden, daß dem nationalen Werke jest 
fhon, bevor die Sache in die Oeffentlichfeit gefommen, 50 000 M. für diefen 
Dwed bewilligt wurden, Außer Nürnberg und Umgebung bat fic bei 
Aufbringung diefer Summe die baverifhe Landeshauptftadt befonders 
hervorgethan. 

Gleichzeitig mit feinem Gefhäftsberiht erläßt das Bermanifhe Mufeum 
einen Aufruf am alle deutfhen nnungen zur Befhaffung der Mittel zur 
Errihtung einer Zunfthalle Wie alle Abtbeilungen des Mufeums allmälig 
immer größerer Räumlichkeiten bedürfen, jo macht fih der Mangel eines 
geeigneten Scales binfihtlid der Sammlung von Handwerks: und Zunft 
alterthümern fühlbar. Entfprehend der großen Bedeutung des Handwerks 
im Aulturleben bat es fih die Leitung des Mufeums von jeher angelegen 
fein lafen, die intereffanten und wichtigen Denfmäler diefer Art vor der 
Derfchlenderung und dem drohenden Untergang zu bewahren. — So ift ein 
böchft anfehnliher Apparat zur Bejhichte des Fnnungs- und Zunftwejens 
aus allen deutfhen Landen zufammengebradht worden, der der Unterbringung 
in geeigneten Räumlichkeiten barrt. 


Stuttgart. — Die Generalverfammlung des Runftvereins 
genebmigte den vorgelegten Redenfchaftsbericht für 1895/97 und den Etat 
für die neue Derwaltungsperiodse 1897/99. Dem Nedenjhaftsberiht ift zu 
entnehmen, daß die Mitgliederzahl wieder zugenommen bat (jekt 2126); dağ 
die fortdauernde Ausftellung des Dereins während der ganzen Verwaltungs” 
periode ftar? befhidtt und der Befud der Ausftellung ftets febr rege war. 
190.600 Perfonen befihtigten in den beiden Jahren die Ausftellung, die in 
derjelben Periode 4257 Runftwerfe aufwies. Privatverfäufe wurden ver 
mittelt im Wertbe von 74440 Mark. Fn der Dereinslotterte famen 67 Runjte 
werfe zum Ankaufspreis von 15 828 Mark zur Derloojung. Jn dem Etat 
für 1897/99 bilanziren Einnahmen und Ausgaben mit 52874 Mark. Das 
reine Vermögen des Vereins beträgt gegenwärtig 92 824 Mart. An Stelle 
der verftorbenen Derwaltungsrathsmitglieder Prof. Kopp, R. Merkel und 
R. Horn wurden Bildhauer Baufh, Landfhaftsmaler H. Drii und Rom: 
merzienratb ©. Merkel (Eflingen) in den Verwaltungsratb Booptirt. 


Stettin. — Mit dem Manzelbrunnen erhält die Pommerfhe Hafen- 
fadt einen bedeutenden Shmud, der ihr Emporblühen durch den Seehandel 
veranfhanliht. Wir find in der augenblidlihen Lage, unferen Lejern um- 
feitig den von frig Gebhrfe aquarellirten Situationsplan des berrliden 
Denfmals vorführen zu Fönnen, wie er jüngft dem Kultusminifterium und der 
Stadtwerordnetenverfammlung in Stettin vorgelegen hat. Dor einem ge- 
waltigen Bajfin ragt die prachtige Figur der Stadtgsttin auf, In majeftätifcher 
Haltung anf dag Meer hinausfchanend, dem fie mit Merfur als Lotjen, von 
Meeresgottheiten geleitet, muthig entgegenfabrt. Dem Meifter des Denkmals 
Ludwig Manzel werden wir fon in nadfter Feit eine befondere Nummer 
widmeten, die feine Hauptwerfe veranfhaulict. 


Riel. — Der Heinen Shleswig-Bolfteinifhen Rünftlergemeinde 
muß man Unternehmungsgeift nahrühmen, Yacddem in Riel ihre 5. Jahresaus- 
ftellung gefhlojlen wurde, verfucht fie jetzt in anderen Städten der Provinz 
Surh Ausftellungen Gntereffe zu erweden. Die erfte diefer Wanderaus- 
ftellungen wird in Schleswig, dem Site der Regierung, am 15. ð. M. er- 
öffnet werden. Die dortigen ftädtifhen Behörden haben in Sanfenswerther 
Weife den Rathhausfaal zu dem Fwede zur Verfügung geftellt, fowie eine 
Garantieverpflidhtung übernommen. Der fréftigften Unterftütung Seitens 
des Schleswig - Holfteinfihen Runftvereins it die Genofjenfhaft von vorn 
herein fiher. Die Ausftellung fann felbftverftänslih nur eine ganz intime 
fein, verfpridt aber dafür um fo intereffanter zu werden. Dettmann's 
Tryptidhon ,,Die Arbeit, Rallmorgen's „Flachsſcheuer in Holland", Olde's 
ySdnitter’, Weftphalen's „Vale senex Imperator‘ werden neben aus- 
gewählten Stüden von Stordh, Burmefter, Frau von Sivers, Fedderfen, 
Peterfen-Angeln und anderen die Haupansziebungspuntte bilden. Der Aus- 
ftellung in Schleswig foll eine folche in ‚Flensburg folgen. 


aS — 
PR 


157 





— Einen Rüdblid auf die Tätigkeit des Rudolph Lepfe'fhen Runft- 
auftionshaufes enthält der alljährlih zu erftattende Befhäftsbericht diefes 
unter Runftverftändiger Leitung ftehenden Gnftituts, weldher zugleih einen 
intereffanten und umfaffenden Beitrag zur Bejhihte des Berliner Runft- 
bandels im Gabre IS97 bildet. Gn dem jetzt abgelaufenen Jahre find in der 
Zeit vom 5. Januar bis 24. Dezember 45 Rataloge verausgabt worden, 
welde die Nummern 1071 bis 1115 führten. Der Gnbalt diefer Kataloge tam 
an 140 Tagen in den verjbiedenen Sälen des Auftionshaufes zur Derfteigerung. 
Es befanden fih darunter über 4600 GBelgemälde und Aquarelle, gegen 
18 000 Antiquitäten und fonftige Runftfadhen, und 5000 KAupferftiche, über 
1000 Büder und Pradtwerke, über 400 einzelne Pretiofen u. A. Don bervor- 
ragenden Bemäldegalerien, die im vorigen Fabre duch das Lepke'fhe Runft- 
auftionshaus unter den Hammer kamen, find zu erwähnen diejenigen des 
preußifben Befandten, Brafen von Flemming, in Rarlsrube, der freifran 
von Patow, des Negierungsratbs von Rienert in Braz, zweier Amfterdamer 
Runftfreunde und die bekannte Balerie Sedelmever aus Paris. Wertbvollen 
Inbalt boten ferner die Runftnadlafjfe des Portraite und Genremalers 
G. Beder, des Malers Profefjor Guftav Graf, ferner der Maler Profefjor 
Georg Bleibtreu und Robert Warthmüller. Große Beachtung in Berliner und 
auswärtigen Kunftkreifen fanden aud die Verfteigerungen der Bibliothe? und 
des Runftnadlaffes der Herzogin Pauline zu Sagan, ser Runftfammlung des 
Oberhofmeifters v. Donop in Detmold, des Benerallieutenants v. Wedel, des 
Prof. Rarl Heffner in Dresden, des Chefredaftenrs George Davidfobn, des 
früheren föniglihen Theaterdireftors A. Dees und der unvergefliden Biihnen- 
fiinftlerin Marie Seebad. Auh das vergangene Jahr hat den Beweis ger 
liefert, daß das Rudolph Lepfe'fhe Runftauftionshaus den Mittelpunkt des 
Berliner Runfthandels bildet, und daß feine Beziehungen fih bis über die 
Grenzen Deutjhlands hinaus erjtreden. 


— Als ein bewundernswerthes Runftwerk darf man die Uhr bezeichnen, 
Sie fiġ im Lefefaal des neuen Reihstagsbaufes befindet. Sie ift 
mit ewigem Ralendertag, Datum, Monat und Jabreswecfel, jowie Mondphafe 
gefertigt worden. Der goldene Grund der vieredigen Platte, die drei weiße 
Hifferblatter tragt, ijt mit fymbolifhen Figuren bemalt, die den Tag und die 
Nacht verfinnbildligen. Der Tag wird durch einen Schmetterling (Tagpfauen- 
auge) und die Sonne, die Naht Surh eine Fledermaus und einen Kometen 
fumbolifirt. Linfs ift. tas Blatt für die Wodentage, vehts das für die 
Monate, in der Mitte das Diatumzifferblatt. Ueber diefem erfcheinen in einem 
Ausfhnitt die Mondphafen in Bold auf azurblauem Grunde. Jn zwei 
weiteren Ausfchnitten it links die feititebende Jahreszahl der Erbauung des 
Reihtagsgebäudes zu lefen, während die Fablen recta jelbftrhätig bis zum 
Jahre 1999 bei der Fabreswende nadto pe Ube wedfeln. 

— gm Röniglib Preußifben Jnftitut für Glasmalerei ift 
ein für den Dom in Havelberg bejtimmtcs größeres ‚Fenfter bergeftellt worden. 
Dasjelbe enthält in 35 Feldern auf einem reihen Teppichmufter die Wappen 
einer. Reihe von Märkifchen Adelsgefhlehtern, durch deren Beträge ein weiterer 
Schmud des Botteshaufes ermöglicht worden ift. Diefelben find die familien 
Bismard, Quikow, Bredow, Alvensleben, Schulenburg, Rönigsmark, Kröder, 
Putlik, Dof, Fagow, Lüderit, Buch, Wartenberg, Schlabrendorf, Eidftedt, 
Gröben, Polenk, Beuft, Karftedt, Winterfeld, Hiineden, Gravenik, Barde- 
leben, Affeburg, Lattorf, Hagen, Thümen, Platen, Lohow, Arnim, Rohr, 
Dantelmann und Moellendorf. Trog der vielen verfchiedenen Wappenfarben 
it durch gefchidte Dertheilung eine jchöne, farbenprächtige Befammtwirfung 
erzielt worden. 


— Don friedrid Preller’s Odvffeelandfhaften im Weimarer _ 


Mufeum vermißte man bisher ausreihende photograpbifhe Aufnabmen. Jett 
endlid, 50 Fabre nah Vollendung der Malereien, ift diefem Mangel in über- 
tafhender Weife abgebolfen. Von der Mufeumsverwaltung autorifitt, bat 
der gefhidte Photograph Shwier in Weimar Fürzlih den ganzen Cyflus 
nebjt den Sodelbildern mit großen, farbenempfindlihen Bromjilberplatten 


ee 


aufgenommen und einen großartigen Erfolg erzielt. Jn entzüdender Klarheit 
und Einheitlihfeit, dabei von ftattliher Größe und einer Schärfe, die and 
das geringfte Detail zum Ausdrud bringt, präfentiren fih diefe Nenauf- 
nahmen als vorzäglihftes Hilfsmittel zum Studium und Genuß. Sie find 
in zwei Ausgaben erfihienen, von denen die cine die 16 Hauptbilder umfaßt, 
während die zweite auf jehs großen Rartons (61x90 Zentimeter) dte Haupt. 
und Sodelbilder, zu je zwei und drei an wie die Originale, darbietet. 


— Die RER ENTER von Andrea Sella Robbia 
an der Facade des findelhaufes in Florenz ind nicht fo allgemein befannt, 
wie fie es verdienen. Es find im Banzen zwölf Widelfinder, aber zwei 
davon Wiederholungen, Basreliefs in naiver Darftellung auf blau emaillirtem 
Brund — das Wirkelzeng theilweife leiht rothbraun oder hellblau gefärbt 
— die fih febr voriheilhaft von der i 
dunklen Sandftein- Einrahmung abheben. 
Die firma Julius Schmidt in Florenz 
hat nun die zehn Widelkinder in Chromos 
tppie berftellen Iaffen und damit ein föft- 
liches Runftwerf gefhaffen. Der Aus- 
drud der Originale ift vollfommen ge- 
wehrt; einige Widelfinder feheinen fid 
geduldig in ihre Lage zu finden, während- 
andere, ungeftiimere, fid aus den Windeln 
zu befreien fuden; alle jedod frenen 
fic) „3u leben". Der Preis ift 4 Mart 
für alle zehn Blatter, 2 Mark für fünf 
Blätter in ie Amine: 


— Jn der Rönig Rarls-Halle in 
Stuttgart, dem großen Prunffaal des 
neuen Landesgewerbemufenms, wurde 
eine interefjante Ausftellung von 
Puppen eröffnet. Die zur Schau ge 
ftellten Puppen ftammen zum Theil aus 
Privatbefik, zum Theil aus den Shaken 
des Mufeums felbft. Nur folhe Puppen 
wurden zugelaffen, dle entweder Volfs- 
trahten zeigen oder fiinftlerifd) aus- 
geführt find oder ein biftorifhes Jnter- 
effe darbieten und Originalpuppen jind. 
Den Mittelpunft der Ansftellung -bildet 
die 200 Puppen umfaffende Sammlung 
einer biefigen Dame, frau Geb. Hofrath 
von Schumader. Jn ihrer Sammlung 
befindet ih u. A. eine Puppe, die die 
Königin Luife von Preußen auf der 
Fludht nad Memel einem Rinde, das fie 
liebgewonnen (der Todter eines [hwedi- 
fhen Ronfuls) zum Gefhenfe gemadt 
bat. Aus der v. Schumader' jhen 
Sammlung ift noh eine „Krippe‘‘ bervor- 
zubeben: ein langer Zug der orientali- 
ſchen fiirften und Gefolge bewegt fid 
nah dem Stalle, in dem das Jefus- 
find in der Krippe rubt; am Berge 
empor find die Heerden zerjtreut und über 
dem Berge thronen die himmlischen Heer- 
fhaeren. Die über 100 Figuren um- 
faſſende Darftellung it mit fünftlerifchem 
Gefhmad angeordnet und ausgeführt. 
Aus anderem Privatbefig ftammen prädy- 
tige Puppen aller Zeiten und Trachten, 





Uhr fiir das Kgl. Shlok. 
Entworfen und angefertigt vom Runjttijdler 
J. Fwiener, 











158 Deutfdhe Runft. 
datunter namentlich madchen Perſönliches und Ateliernachrichten. 
4’ ‘ und frauen aus Schwaben 
i und Bayern, Altenburg, Hol- — Dem Maler Rarl Bebrts zu Edamp bei Düffeldorf, dem Schöpfer 
= 2 ſtein u. f. w. in Landestracht. der Wandgemälde im Treppenbaufe der Düffeldorfer Aunfthalle, it der Pro- 


Sehr interefjant ift die Samm- 
lung inefifher und japa- 
nifher Puppen, die das Mu- 
feum felbft ausgeftellt hat und 
die durchweg dharaktervolle 
Typen bietet; fie enthält aud 
die Darftellung eines Kamm- 
fpiels von dem faijerlid) japa- 
nifhen Hofe. Diel bewundert 
wird außerdem eine ans Irland 
ftammende, nur 15 Millimeter 
große Bliederpuppe. 

— Das afademifihe Reife- 
ftipendium der Dresdener Afa- 
demie, weldes fiir das Be- 
werbungsjabr 1897 der 
Briffelfunft zufam, erhielt 
auf einftimmigen Befchluß des 
afademifdhen Raths der Maler 
und Zeidner Ridard Müller, 
der faum 25 Jahre zäblt und 
der überdies noh niht vor 
Sabresfrift — im Jannar 1897 
— 3um erften Male die Radir- 
nadel in die Hand genommen 
bat. Ein fold) erftaunticher Erfolg darf in der That zu den größten Hoff- 
nungen beredtigen. Eine Sonderausftellung, welde gegen 25 Radirungen, 
Lithographien und Feidnungen Müllers umfaßt, offenbart ein fehr bedeutendes 
Rönnen, insbefondere eine erftaunlihe Fähigkeit, die Natur ganz getreu 
wiederzugeben, Das fommt namentlih bei der Wiedergabe der Thiere — 
Schimpanfe, Marabu-Paar, Strauße u. f.w. — zur Geltung, welhe Gattung 
Müller mit Vorliebe pflegt. Das Hauptblatt, Adam und Eva unterm Apfel- 
baum darftellend, in weldem die verfdhiedenartigen Behandlungen der Ra- 
dirung, Aquatinta und Rupferftih vereinigt find, ift ein Meifterftüd der Technik 
zu nennen, während es in Bezug auf feelifhen Ausdrud nod Einiges zu 
wünjhen übrig läßt. Zwei Feidhnungen — ein Affe mit einem Todten= 
fopf und ein nadtes Mädchen mit einem Bären — find in einer eigen. 
artigen Tehni? hergeftellt, die fic) der Künftler felbft gejhaffen hat. Es ift 
eine Sgrafitto » Arbeit auf Papier, wobei der Zeichner die praparirte Flake 
in ähnliher Weife bearbeitet hat, wie beim Radiren die mit Wads überzogene 
Rupferplatte, nur daß bier ein einziges Blatt entjteht, während die Rupfer- 
platte beliebig oft abgezogen werden tann. Die beiden Feichnungen, welde 
Ah duch die Kraft und Bejchlojienheit des malerifhen Eindrutes aus- 
zeihnen, find alsbald in den Befiz des Röniglihen Rupferftih-Kabinets und 
eines befannten Aunftfreundes übergegangen. 


Armleuchter für eleftrijches Liht. 
9. Bladenbed u. Sobn A. B., ‚sriedrihsbagen-Berlin. 


— Dem in Nr. 7 der Deutfchen Runft abgebildeten, für das Königliche 
Schloß in Berlin beftimmten Toilettentifh von JF. Zwiener reiht fih die 
umftebend wiedergegebene Standuhr im reiheren Stil Louis XVI. würdig 
an. Das Mufchelornament bringt Fünftlerifhe Abwedfelung in das Spiel 
der Formen, den Löwenklauen der fühe entfprehen die Löwenköpfe unter den 
‚stieseden und als Rrönung dient eine jhußbereite anmuthige Amorette. Die 
Bronzeornamente dehnen ih von Rand und Eden ber über die flähen auc 
und beleben fie duch Frudtgebdnge und fartoudenartige Gebilde. 


— Die beiden von der firma 5. Bladenbed & Sohn, A-G. 
Ftiedrihshagen- Berlin, angefertigten Randelaber interefjieren um des 
Begenfates willen, der einerfeits im den ardaifirenden, andererfeits in den 
modern-naturaliftifhen Formen berrjht. Die ftrenge Haltung der Aegvpterin 
in Ropftud und fein gefälteltem Gewande, deren ſymmetriſch ausgebreitete 
Arme die Kerzen teagen, fontraftirt mit der fih zwanglos an Sie Säule 
lehnenden Wafjerjhöpferin, über deren Haupte aus dem Rapitäl Blumentelde 
als Lidtipender aufjcießen. 


feffortitel verliehen worden. 


— Dem ordentlichen Lehrer an der Runft- und Aunftgewerbefchule zu 
Breslau, Maler Eduard Raempffer, ift das Prädifat „Profeffor' bet- 
gelegt worden. 


— Dem Maler Nicolaus Gyfis, Profeffor an der Rönigl. Akademie 
der bildenden Künfte in Münden, wurde der Derdienftorden vom bi. Michael 
5. Rlaffe verliehen. 


— Dem Jnbaber der firma ©. feling, Groh. Badifhe Hof - Rupfer- 
druderei, Herrn Wilhelm felfing, wurde vom Grofherzog von Baden das 
Ritterfreuz 2. Rlafje des Ordens vom Zähringer Löwen verliehen. Gleidh- 
zeitig wurde demjelben in Anerkennung feiner Verdienfte um den Drut 
Weimarifher Radirungen vom Broßherzog von Sadfen- Weimar der Titel 
„Broßberzoglib Sähfifher Hof-Rupferdruder‘‘ gebührenfrei zuerfannt. 


— Den Jnhabern der firma Bismever & Kraus in Düffeldorf, Herren 
Stik Bismeyer und Georg fleifdher, wurde vom Prinzen Beorg von 
Preußen der Titel „Hoffunfthändler" verliehen. 


— Die Surh den Rüdtritt des Direktors v. Ruftige in Erledigung qe- 
fommene njpeftion der Bemäldegalerie in Stuttgart wurde den Profefjor 
Dr. v. Lemde übertragen. Wie bisber ftets ein Mitglied des Lebrerfonvents 
im Nebenamt mit einer verabfihiedeten Funktionszulage Balerieinfpeltor war, 
fonnte aud für die Wiederbejegung zur Feit nur eine Berufung im Neben- 
amte in frage tommen. Prof. Dr. v. Lemde it als Profeffor und Lebrer 
der Runftgefhidte an der tehnifhen Hodhjhule und an der Runftihule eine 
bewährte Kraft auf diefem Gebicte. Mit feiner Berufung wurde nad dem 
Dorgange der großen Mehrzahl der Runftfammlungen Deutfchlands, deren 
Doritände in Berlin, Dresden, Münden, Frankfurt, Raffel Runftbiftorifer vom 
dad find, der immer allgemeiner und dringender fundgegebenen Forderung 
Redhnung getragen, die Direktionen der Runftfammlungen wiffenfhaftlih ge- 
bildeten, auf dem Gebiete der Aunftgefihichte erprobten Aräften zu über- 
tragen. 


— Belegenilihb der Fubiläumsausftellung in Bodenbah wurde dem 
Maler Hermann Bufhbed in Münden für das feinerzeit auh im 
Miindener Runftverein ausgeftellt gewefene Gemälde Gm Örangenteller* vom 
Runftverein für Böhmen die filberne Medaille verlieben. 


— Nad erfolgter Erganzungswabl, in welder die durh das Loos aus- 
gejhiedenen Herren fümmtlid wiedergewählt wurden, hat fih der Dorftand 
der Miindener Riinftlergenoffenfdaft für das Derwaltungsjabr 1898 
fonftituirt wie folgt: Präfident: Dr. franz 
v. Lenbad, Stellvertreter: Hans Peterfen, 
Schriftführer: Rihard Gropp, Stellvers 
treter: Wilhelm Graf Bülow v. Denne- 
wik, Raffier: franz Sh mid- Breiten. 
bad; Rarl Georg Barth, Angelo 
Graf v. Courten, Afad.-Prof. Wilhelm 
Diez, Theodor fijher, Hermann Rod, 
Adolf Liiben, Josef Menges, Prof. 
Eduard Obermayer, Emil Rau, Prof. 
Emanuel Midl, Atad-Prof. Otto Seit, 
Atad.-Prof. Alerander Wagner, Julius 
Sembuſch. 

— Der Ausſchuß für die Dresdener 
deutſche RKunſtausſtellung im Jahre 899 
hat ſich nun endgiltig gebildet. Gewählt 
wurden zu Vorſitzenden die Profeſſoren Kuehl 
und Prell, zu Schriftführern die Profeſſoren 
Riefling und Burlitt, zum Schatmeifter 
Rommerzienratp Habn. Der Vereinigung 
bildender Riinftler Dresdens (Sezejlion) 
wurden fünf, der Runftgenofienihaft act 
Dertreter zugeftanden. Regierungefommillar 
ift Geheimer Regierungsrath Dr. Rof her. 
Die Ausftellung foll vom ! Mai bis 
J. Oktober dauern. 


— Der Bildhauer Prof.. Baumbad 
in Stegmundsdorf hat das Modell Zu der 
für die Siegesallee beftimmten Gruppe zum 
größeren Theile vollendet und einige vom 
Raifer gewünjchte Aenderungen in der Ge- 
wandung der ‚Figuren berüdfihtigt. Jur Dar- 
ftellung gelangen die agfanifhen Markgrafen 
Johann I. und Otto ILL, die von 1220 bis 
1266 regierten. Der friedlider gefinnte Marl- so tt 
graf Johann fikt anf einem Wegfteine, die z j 
Bebauungsurtunde Berlins über feinen Shooß fr «= Bie ny 
gebreitet. Redts von ihm, der figur des 
Bruders zugewandt, fteht der mehr Friegerijche 
Otto, ganz und gar gewappnet, auf dem 
Ropfe den Eifenhut mit der gefchlofjenen 
Rapuze. Die erhobene Linte faßt einen 





Kandelaber für eleftrijfches 
Sicht. 
5. Bladenbed u. Sobn, A. G., 
Friedrichs hagen ⸗ Betlin. 








159 





Jagdfpeer, während die Rechte lebhaft auf eine Stelle des Be-bauungs 
planes binweift. Es fdeint üh Ser DOertlidfeit nah bei der Bee 
tathung um das „Hohe Haus“ in der Klofterftrafe zu handeln. Auf dem 
Plane treten der Flußlauf der Spree, die Lange Brüde und die jerge 
Mufeumsinfel deutlich hervor. Markgraf Johann trägt in dem neuen Modell 
einen hoben Spighut, während er den adlergefhmüdten Helm vor ih zwifhen 
die Beine geftellt hat. Dem Doppeljtandbilde der beiden Herrfcher werden 
als Nebenfiguren beigegeben Marfilius, Schultheiß und erfter Bürgermeifter 
von Berlin (1242), fowie Probft Simeon von Aöln (1257). Diefe Büften 
find erft in ‚Skizzen angelegt. 


— Profeffor Reinhold Begas hat feine Skizzen für die Siegesallee 
bereits vollendet, weldhe den Beifall des Kaifers gefunden haben. 


— Das Zentralcomite zur Erridtung des Bismard-Denfmals in 
Berlin, zählt den Beh.-Rath Wallot nicht mehr zu feinen Mitgliedern. 
Der Arditelt hält daran fe, daß der Abftand von GO Metern, für den fidh 
das gefammte Comité entfdloffen hat, als Entfernung des Denkmals von 
der gewaltigen WUrditeftur des Reidstagspalaftes ein viel zu geringer fei. 
Da das Comité einftimmig 60 Meter als genügend anerkannt hat und Wallot 
den doppelten Abftand, 120 Meter, für das allein Richtige hält, fo erflarte 
er dem Dorfigenden feinen Austritt. 





Preisbewerbungen. 


— Als Preisaufgabe des Arditelten-Dereins in Berlin zum 
Shintelfeft 1899 ift im Hodban der Entwurf zu einem Feſt- und 
Befellfhaftshaufe für die deutfhe Marine gewählt worden. Als 
Oct der Ausführung ift Riel gedadt. Dort foll am Hafen, auf einem 200. m 
langen, 150 m tiefen, vom Wajler bis zu einer dem Ufer parallelen Straße 
um etwa JO m anfteigenden Bauplake ein Gebäude errichtet werden, weldes 
einerfeits Fefträume enthält, die nur zu befonderen Gelegenheiten benutzt 
werden, andererfeits fiir den täglihen Gebraud beftimmte Rafino-Raume, 
verbunden mit Logirzimmern fiir die Offiziere Ser dentfdhen Marine und ihre 
Bäfte. Beide Raumgruppen follen bei großen Feftlidfeiten zu einer zu 
fammenhängenden Raumfolge vereinigt werden fönnen. An Hauptrdumen 
werden für die auf einen Verkehr von 500 Perfonen zu berednende Anlage 
für Seftzwede neben ftattlihen DBorräumen verlangt: 1) etne Ehrenballe zur 
Aufftellung von Standbildern und Biiften fowie zur Anbringung von 
Trophäen, Ballionen, flaggen u. f. w., die aud der Deranftaltung von 
Ausftellungen und Feftverfammlungen dienen fann; 2) ein Feftjaal, der als 
Speife- und Tanzfaal fowie fiir Mufit- und Theateraufführungen benußt 
werden foll. Das für einen täglihen Verkehr von etwa 200 Perfonen ein- 
zurihtende Rafino foll neben mehreren Speifefälen mit offener Halle zum 
Eſſen im Fteien, einem Stühftüds-, Lefe-, Schreib-, Spiel- und Billardzimmer 
eine größere Anzahl von Räumen für den Raiferlihen Vacht-Klub enthalten, 
dazu eine Reihe von Logirzimmern für Marine-Offiziere. Gm Garten find 


Regelbahnen, Tennispläge, offene Hallen u. f. w. anzulegen. Die Wahl 
der Urchitefturformen und der Banftoffe ift den Bewerbern frei- 
geftellt. 


— Im Raimfaal in Münden find die 26 Preisentwürfe zu einem 
Platat und Sinnbild für deutfhe Nationalfefte ausgeftellt, die in 
Folge der ausgefhriebenen Konkurrenz eingelau,en find. Es ift eine Anzabl 
marliger Zeihnungen darunter, aber was den Riinftlern allen miteinander 
gefehlt hat, ift eine Mare Dorftellung von den im Fabre 1900 erftmals ge- 
planten deutfhen Nationalfeften. Ste vermögen daber dem Volfe, fiir das 
die Plafate beftimmt find, auch die Mare Dorftellung nicht zu geben, die das 
Plafat dod vermitteln foll. Auf den meiften Bildern fieht man nadte oder 
halbnadte Männergeftalten. Meift ein Mann allein, aber auh Gruppen, 
3. B. zwei Wettläufer, eine Anzahl Seilzieber. Faft durhweg prächtige 
Entwürfe. Aber auh mandes Barode. Da fteht ein Mann im roten Trifot 
und fhwarzem Leibhen mit gefpreizten Beinen im Faltenwurf einer fhwarz- 
weißroten Fahne. Ein anderer in Eifenpanzer gehüllter Mann mit ger 
fpenftifhem biutlofem Befiht wählt aus einer Leier heraus. Ein Entwurf 
bringt nichts als eine «uf deforativer Unterlage rubende, von fdwarzen 
Adlerflügeln flankierte Raiferfrone. Theils in modernem, theils in altdeutfchem 
Stil bewegen fih mehrere der Entwürfe, viele lehnen fih an das Antike an. 
Modern und gut wirft ein Burfhe in Hemd und Hofe, der auf einem 
Bauerngaul daberfommt. Aber die Aufgabe ein Ylationalfefte zu verfinn- 
bildliden ift and) bier unzureidend geldft worden. 


— Die Stadt Magdeburg eröffnet unter den deutfhen Arditeften 
einen Wettbewerb zur Erlangung von Entwürfen für den Neubau eines 
Rädtifhen Mufeums für Runft und Runftgewerbe. Die Entwürfe 
follen gleichzeitig die Erweiterungsmdglidfeit des Mufeums in zwei Ent- 
widlungsftadien darthun. Als Bauplak ift der zwifhen der Raifer- und 
Heidedftraße einerfeits und der Oranien- und Anbaltftraße andererfeits be- 
legene, unregelmäßig geftaltete, unbebaute Blot beftimmt. Die nicht zur 
Bebauung verwandten Theile desfelben follen in angemeffener Weife mit 
gärtnerifhen Anlagen ausgeftattet werden. Die Hauptfront und der Haupt- 
eingang find an der Raiferftrafe anzunehmen. Die Baufoften follen den 
Betrag von 600000 Mar? niht überfteigen, einjchließlih der Roften der 
Heizungsanlage, ferner der Waller-Zu- und Ableitungen, jedoh ausschließlich 
der künftigen Erweiterungen. Die Roften der zum Theil an diefer Stelle er- 


Deutſche Runf. 





forderli) werdenden tieferen fundierung find in diefer Summe nicht ein- 
begriffen, es it alfo eine Funticrung von normaler Tiefe der Berehnung zu 
Grunde zu legen. Entwürfe, welhe nad dem Urtheil des Preiageridts diefe 
Baufumme um mehr als JO Prozent überfihreiten, werden von der - Preis» 
bewerbung ausgefhloffen. Zur Preisvertheilung ift eine Summe ‘von 
10 500 Mark ausgefegt und zwar: 


1 erfter Preis von 4500 Matt, 
2 zweite Preife von je 2000 Mare, 
2 dritte Preife von je 1000 Marf. 


Das Preisgeridht befteht aus den Herren Oberbiirgermeifter Schneider, 
Stadtrath Duvigneau, Stellv. Stadtverordneten-Vorfteher Jaenfh, Stadt- 
verordneter Gddede, Mufeumsdireftor Dr. Dolbehr, Beh. Baurath Profeflor 
Dr. Wallot-Dresden, Profeffor Friedr. v. Thierfh- Münhen, Stadtbaurath 
Profeffor Licht-Leipzia, Stadthaurath Rdnigl Baurath Peters-Magdeburg. 
Die Entwiirfe find fpateftens bis 3um 1. Auguft 1898, Mittags 12 Uhr, nah 
dem Rathhaufe in Magdeburg einzureichen. : 


— Der Ginsberg- Preis, welder zum Andenfen an den beim Erd» 
beben auf Jodia verunglüdten Maler Ginsberg geftiftet it, tam zur Ver- 
leihung für's Jahr 1898. Der Preis wurde zwei Studierenden der Ala- 
demifhen Hochfdule für die bildenden Künfte in Berlin verliehen. Cine 
Summe von 1200 Mar? erhält Maler Lipinsfi, ein Schüler von Prof. 
Sceurenberg, ein Betrag von 670 Mark wurde dem Maler Stadhowial, 
Schüler des Prof. Woldemar Friedrich, zuerkannt. 


— Bet dem zweiten Wettbewerb für den Neubau eines Rathhaufes 
in Deffau find die Entwürfe von den Architekten Reinhardt und Süßenguth 
in Charlottenburg, Wienfoop in Gera, Erdmann und Spindler in Berlin, 
Rihard Walter in Charlottenburg und Profeffor Frenken in Aaden als 
empfeblenswerth beurtheilt worden; diefe werden anf Grund der Seftimmungen 
für den Preis von je 750 M. in das Eigenthum der Stadt übergehen. 
Vier weitere Entwürfe wurden als minderwerthig zurüdgeftellt. Die Be- 
urtheilung fand duch den Geheimen Negierungsrath Profeffor Ende in 
Berlin und Geheimen Baurath Profeffor Dr. Wallot in Dresden ftatt. 


— Bei der Jubtläumsausftellung in Wien, die vom 15. April 
bis Ende Juni I898 im Künflerhanfe und dem mit demfelben arditeftonifd 
verbundenen Mufifvereinsgebäude ftattfinden wird, follen zwanzig Ehren- 
preife im Gefammtbetrage von 44 000 Rronen gegeben werden. Ter erfte 
Preis (Raiferpreis) beteägt 400 Dufaten und ift öfterreihifhen Riinftlern ge- 
widmet; der zweite Preis im Betrage von 2000 Kronen ift vom Erzherzog 
Otto gezeihnet. Die Lotterie hat 100000 Rronen 3u vergeben, die bereits 
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(Unter dem Proteftorate Eeiner föniglihen Hoheit des Großherzog3 von Eadjfen.) 


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2. Dem Fünftleriihen Ermwerbsteben angepaßt, fihert die Anftalt den Bezug 
einer Rente für die Taae des Alters-und der Ynvaliditat 

. Bei genofjenjhaftlider Berfaffung foftenfofe Verwaltung durd den Borftand. 

. Erleihterung der Dirtgliederbeiträge durch außero rdentlibe Einnahmen. 

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; erſchienen: Al. BERLIN W, Leipziger Str. 22, l. 


5 —— — Seite des Mörderk - = = Reichhaltize Auswahl für Geschenke, 
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. Ortmann, Verqiftetes Wafer, h Ve ırmbemegte Beit. 
12. A. Andrea, Dioderner Tämon. +8 eiten. 
18. V. Blüthgen, Poirethr ufe. Jd. Le B. — Ein faliher Benge, 
14. Oskar Hicker, Getd :eicaten. 36, riedeutftörec. 
15, M. Lay, Ani dem Ilimerbof. 7. Bret Harte, x 
16, Alex. Rimer, Jm Reg. . Max Schmidt, Die Wildbraut. 
Der Leutverderber. Max Ring, Jrriwege. 
ättgen, Nautilus. R. Misch, Aus dem Geleife. 
@old-Aninta. . Crawford, Kinder ded Königs. 
2. A. v. Winterfeld, Geilprechen. 
ler, Bu Fede gebewt . Baierlein, Qathe und Kath ula, 
wold und Lye . G. v. Suttner, Sein BerLäugnis, 















Einladung 
zur Weſchickung der Kunſt-Ausſtellungen 
der vereinigten 5Süddeutſchen Kunſtvereine. 
Die vereinigten Runſtvereine des ſüddeutſchen Cutnus: 
Augsburg, Bamberg, Bayreuth, Fürth, Heilbronn, Hof, Nürnberg, | 
Regensburg, Stuttgart, Alm, Würzburg, 


veranftalten and im Jahre 1897/98 gemeinjdhaftlide permanente Ausftellungen, zu deren recht | 
zahlreicher Beihidung die on Riinftler biermit freundlidft eingeladen werden. (Jahres: | 
umfag über 100 000 Marf.) Tie Bedingungen und Anmeldeformulare find von dem mit 
der Haupigefhäfteführung betraufen Württemb. Runftverein in Stuttgart zu beziehen. Alle 
für den Turnus beftimmten Runftwerfe find nadh vorausgegangener Anmeldung mittels | 
Sormular ausfchließlich an den Württemb. Kunftverein in Stuttgart einzufenden, wejelbit | == — — 
eine Jury übet die Aufnahme der Werke entſcheidet. 


Im Uamen der verbundenen Dereine: 
Der Württemb. Kunſtverein in Siuttgart. Anentbehrli es 
Saar alalatai AAT Mrurhtmerk fiir jeten Gebildeten 
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An unfere Tefer! 


Wir haben unferen Abonnenten und Freunden die erfreuliche Mittheilung zu machen, daß die „Deutjche Runft“ 
im neuen Jahre eine Erweiterung ihres Umfanges und ihrer Ziele erfährt. 


Die in Berlin erfcheinende Runftichrift „Das Atelier if von uns 
angekanft worden und geht vom 1, Jannar ab in der, Deutſchen Kunſt“ auf, 
in der Weife, daß ihr Name und ihr Nacdprichteninhalt in dem Beiblatt erhalten bleibt, die bisher den Titel 
„Vom Runft- und Runftgewerbemarkt“* führte, 

l Es ift. uns nicht nur gelungen, uns einen - Theil der Mitarbeiter Ses „Atelier“ zu fichern, fondern wir 


glauben gerade durch diefe materielle und ideelle Vereinigung zu beweifen, daß wir den Zeitpunkt für gefommen 
halten, wo Alle, die es mit Ser Runft unferer Zeit ernjt meinen, fih 


ohne Adh auf Richtungen und Grundſätze einzuſchwören 


in dem Streben zuſammenfinden können, 


die Entwickelung deutſchen Kunſtſchaffens 


mit vereinten Rräften zu fördern. 

Wir werden es nad wie vor als unfere Aufgabe betrachten, alle Bewegungen auf dem Gebiete der 
bildenden Rünfte mit aufmerffamem Auge zu verfolgen und objektiv über fie zu berichten, ftatt fie je nad 
Befhmad und Neigung zu fördern oder zu hemmen. Die fortfchreitende Verbreitung der „Deutfchen Kunft“, 
das Wohlwollen der Runftverwaltungen, die Anerkennung der Künftler wie der Kunftfreunde leiftet uns Gewähr, 
daß wir mit diefer parteilofen, nicht frittelnden, fondern berichtenden Haltung den rechten Weg eingefchlagen 
haben, Ser zu einem von dem nterefje aller gebildeten Kreife getragenen nationalen Runftfchaffen binleitet. 


Berlin, im Januar 1898. 


Verlag und Bedaktion der „Deutfhen Kun“ 


Dr. Georg Makowsky. 





— —— — == 
te T 


Deutſche Kunſt. 


Beiblatt: Das Atelier. 
lluftrirte Heitichrift für das gefammte deutfche Kunitfchaffen. 


Eentral:Organ deutfcher Runft: und Rünftler-Dereine. 





Alle 14 Tage erfcheint eine Nummer. Herausgegeben u Alle 14 Cage erfceint eine Nummer. 
Preis vierteljabrlid 2.80 Mark. A 3 á Gnferate: 40 Pfennige für die 4 ges 
Georg Malkotustin fpaltene Nonpareille-Zeile. 


eitungslifte Ar. 1174. 
URN Scriftleifung und Berwalfung Berlin W.57, Sfeinmehfir. 26. 








Publifationsorgan des Dentfchen Runftvereins in Berlin, des Schlefifhen Runftvereins in Breslau, des Aunftvereins für das Broßberzogthum Heffen in Darmftadt, des Anhaltifben Runfts 
vereins in Deflau, des Württembergijden Aunftvereins in Stuttgart, des Schleswig - Holfteinifhen Runftvereins in Biel, der Runftvereine in Münden, Oldenburg, Mannheim, Nürnberg, Gera, 
Altenburg, Elberfeld, Barmen, Bielefeld, Gdrlig, Danzig, Rönigsberg, Stettin u. a. 


Ar. 9. 1. £ebruar 1898. II. Jahrgang. 




















wW., Triibner, Walfyren-Vifion. 


Deutfhe Runft. 





II freie Kunt. = 


eingetreten, das ihm eine große Aehnlidteit der Derbdlt- 

nifje mit denen von Paris vor zwei Dezennien aufprägt. 

Hier wie dort fiehbt man eine ganze Anzahl von Fleineren 
Riinftlervereinigungen fic) ein Lokal fuhen, um, ohne dem 
Hwang und der Bevormundung eines anderen Befhmades als 
ihres eigenen ganz perfönlihen unterworfen zu fein, ihr Schaffen 
dorthin zu bringen, wofür jeden Rünftlers Schaffen beftimmt ift, 
in die Oeffentlichkeit. 

Hier wie dort find die Gründe der Erfheinung zu fuchen 
in der wie es fceint unvermeidliden Mifwirtbfhaft, die bei 
großen Ausftellungen offiziellen Charakters all’ die vielen ,,per- 
fönlihen Nüdfibten Ser Leitenden auf einander, auf ihre 
Freunde und — last not least — auf „ihr Publitum, mit 
fi) bringen, fiir die Jugend, die nod nit „arrivee‘ ift, 
bleiben die ,,Codtenfammern’. Zu Worte fommen wollen fie 
aber aud. 

Einen nit zu unterfchätenden Vortheil bieten ihren An- 
gehörigen aber dSiefe Rlubausftellungen auc durd Sie Fleineren 
Räume Sie find nicht gezwungen, viele Quadratmeter Lein- 
wand mit farbe zu bededen, um überhaupt gefehen zu werden. 
Aud Bilder, wie man fie in ein modernes Wohnzimmer nor: 
maler Größe hängen Pann, füllen bier ihren Plak aus. 

Jn Paris hat fih diefe Art fo bewährt, daß fie bie auf 
den heutigen Tag fortgeführt wird. Die „offiziellen‘ Derhalt- 
niffe find eben diefelben geblieben — aud, man täufhe fidh 
nicht darüber, nad) Gründung der „Société nationale des 
Beaux-arts“, des Salon auf dem Marsfelbe. Jn Münden ift 
mit diefem Jahre die Sezeffion „offiziell! geworden; nun, wer 
in den Ateliers die Obren offen gehalten bat, wird genug Un- 
zufriedenheit begegnet fein. — Es gebt eben offenbar nicht 
anders. — Ob in Berlin die Derbältniffe in abfehbarer Zeit 
fih fo ändern, daß das Beftehen der fleinen Rlubs iiberfliiffig 
wird, ift faum vorauszufehen. Einftweilen macht fic gelegent- 
lid) des Riinftlerhausbaues eine Centralifationsbeftrebung infofern 
geltend, als man die weggelaufenen KRindlein wieder unter dem 
fhütenden Dac des Daterhaufes zufammenzubringen fudt. 
Man will den Klubs die Räume des Künftlerhaufes für ihre 
Ausftellungen geben; — ob das nun wirflid frei und rüdhalt- 
los gefdeben wird, oder ob urh unannebmbare Bedingungen 
die angeftrebte Einigkeit wieder in die Briiche gehen wird, muß 
eine nahe Zukunft lehren. 

Eine diefer „Vereinigungen ift die „Freie Runft*, die heuer 
bei Burlitt ihre dritte Jahresfhau veranftaltet hat. Man bat 
ihren Yamen ‚freie Runft‘* oft mißdentet. Es ftedt, wie es 
fheint, für jeden braven Deutfchen in dem Worte ‚frei etwas 
revolutiondres. Jemand, der im Geriidt ftebt, „‚frei* zu denken, 
wird meift bei uns auf der einen Seite begeifterte Anhänger — 
auf der andern Seite ebenfo begeifterte Feinde finden, wozu es 
nicht eben nothwendig it, daß man genaue Renntnig darüber 
bat, wie es mit feinem „freien Denken“ eigentlich beftellt ift. 
Dielleiht war es aus diefem Grunde niht ganz gefhidt, das 
Yamensfhild „Freie Runft‘ in Deutfhland auszuhängen. Wenn 
fi die feds „Berliner Rünftler* lieber „tein Programm‘ genannt 
hätten, wäre allen deutfchfprehenden Menfchen wohl larer ge- 
worden, was fie wollten. Als Feinde hätten fie dann nur ohne 
Weiteres die paar Rünftler gefunden, für die ein Runftwerf 
a priori eine Art gemalter oder gemeißelter Programmrede über 
irgend einen frifd) entdectten äfthetifhen Lebrfat; bedeuten muß. 

Die fehs haben feiner Feit ziemlih gleichzeitig in Berlin 
das Handwerk ihrer Runft erlernt. Wilhelm Meifters Wander- 
jahre baben fie dann weit über die Welt verftreut und als fie 
fih fohlieglih in Berlin wieder zufammenfanden, entdedten fie 
verfdiedene Gemeinfamfeiten an einander, vor allem das ernfte 
eifrige Streben, zu fhaffen und zu wirken und Worte zu finden 
für das, was fie auf dem Herzen batten. fiir jeden, der ohne 


T' der Entwidlung des Berliner Aunftlebens ift ein Stadium 


Dorurtheil die bisherigen drei Ausftellungen der Vereinigung 
beobachtet bat, ift es hodjintereffant zu feben, wie fid bei den 
Einzelnen, die fammt und fonders ‚‚teden‘* gelernt haben, nad) 
und nad eine befondere Sprahe entwidelt, wie fi Perfönlid- 
feiten berausfhälen, wie fie anfangen, Schönheiten in der Welt 
mit eigenen Augen zu fhauen. 

Eine Eigenart hat die „Freie Runft* eingeführt: Auswärts 
wohnende Künftler, deren Schaffen ihr intereffant erfchien oder 
an die fie perfönlihe Beziehungen fniipften, gewährte fie Baft- 
freundfdaft, die Siefe ibr durch neue Anregungen und durd die 
Gelegenheit zum Wettftreit lobnten. Es ift ein fliller aber 
grimmer Krieg, den zwei Bilder an Serfelben Wand mit ein- 
ander führen; aber „wo Streit it, ða ift Leben“. 

Otto Heinrih Engel ging von Berlin aus nah Rarle- 
rube und Münden, wo er Schüler Paul Höder's wurde. Er 
war dort einer der Mitbegründer der Sezeffion (der er jetzt nicht 
mehr angehört. Das Bild, das ihm zuerft einen Namen 
madte, war fein „Meeresleuchten*. Auf’ einen Meerbufen find 
in lautlofer Sommernadt weit binausgefahren, fo daß man die 
Lichter vom Ufer fih nur von fern im Waffer fpiegeln fieht, 
zwei einfame Menfchenfinder. Cangfam tauht er die Ruder 
in's Waffer, fie läßt die Hand bineinhängen und bei jedem 
Schlag fprikt es auf, und um den Kahn und um die planfdende 
Hand wogt es von grünlich-gleigendem Leuchten. Engel’s ganze 
Rünftlernatur fpriht fih in dem Bilde aus. Die ftille Jnnig- 
feit, die Tiefe der Auffaffung, das Äußerft feine Befühl für die 
landfchaftlide Stimmung. Auch in den Bildern der Heurigen 
Ausftellung bethätigt er diefe Eigenfhaften: man fehe die 
Schämigkeit des einen Fleinen Mädchens auf „die neue Freundin“, ` 
das freudige Erftrahlen der anderen und die mütterliche freund- 
lichkeit der alten Dame. Man fehe Sie feine Stimmung swifden 
zwei Regen auf „Wenn das Korn reift‘. Wenn Engel ein- 
mal einen religiöfen Stoff malen würde, müßte er ein Werk 
von tiefiter Gnnerlicfeit fohaffen, voll fiinftlerifther Religion, 
die Glauben giebt und Glauben verlangt. 

Eine ganz entgegengefette Yatur ift Herrmann R. C. 
Hirzel. Auch er fucht in feinen landfhaftliben Radirungen 
nur Stimmung. Aber wenn Engel in der Landfchaft lebt, fo 
fpriht er über die Candfhaft. Er hat, nahdem er von Berlin 
fortgegangen war, feine Wanderjabre in talien und Rom ver- 
lebt und „le beau geste“, das Charafteriftifum aller romanifden 
Runft, das ihm als franzöfifhem Schweizer, der er von Geburt 
it, fo fhon im Blute ftedt, bat fic in diefer Feit des Werdens 
durd) die italienifche Umgebung nod mehr bei thm entwidelt. 
Er ift nie obne Pathos. Gerade diefer Charafterzug, der ibn 
überall nach der Form ftreben läßt, bat ibn aber vor allem be- 
fähigt, feine ornamentalen Sierleiften, Ex libris und Entwürfe 
zu Schmudfahen zu fhaffen. Er zeigt eine bemundernswertbe 
‚fähigkeit, aus den Formen einfacher deutfcher Wiefenblumen 
Linienflug zu ziehen und eine Deforations-Wirfung voll Harmonie 
und Grazie zu erzielen. 

Carl Canghammer ift cin eigener Charakter. Die Motive 
für feine Candfhaften bieten ibm die Befilde feiner beimifchen 
Marf und, in weiter ‚ferne, die rémifthe Campagna. Hier wie 
dort findet er die Einfachheit und Grdfe in Linie und Farbe, 
die ftarfen Yaturafforde, die die Saiten feiner Harfe zum Mit- 
tönen bringen. Er ging feiner Feit von Berlin aus nad Paris 
und dann nad Rom, und namentlic) bier hat er fein Streben 
nad Stil wohl zu der Stärke fonzentrirt, die fic jest oft in 
feinen Arbeiten ausfpridt. Merfwürdig ift, wie er manchmal 
durch pittoresfe Motive angeregt wird, Werke zu jchaffen, die 
ihn als einen ganz andern erfcheinen laffen. Aus folden 
„Stunden“ ftammt die „Villa Efte diefer Ausftellung. 
Diefer Charakterzug macht ihn aber aud zu dem Deforateur, der 
er ift, und befähigt ihn Arbeiten auszuführen, wie die Rapellen- 
ausfhmüdung im vergangenen Sommer. 


Deutfde Runf. 


163 





Buftav Meng: Trimmis, wie Hirzel ein Schweizer, ein 
Graubündner, der Abftammung nad, ging von Berlin nad 
Paris und war dort Jahre hindurd) Schiiler von Lefevre und 
Conftant. Seine Eigenart, die ihm fhon in Paris die Ehren- 
preife fiherte, ift fein Streben nadh der „bonne peinture“, 
wie fie die franzöfifhe Tradition pflegt und wie fie ie franzofen 
zu den Fühnften Neuerungen befähigt hat. Aus diefer Eigen- 
art refultirt auc Meng’s Portraitfunft. 

Mar ShHlidting ging zu den Belgiern und nad) Paris. 
Die optifhen Erfheinungen des Lichts und der Atmofphäre bis 
in die diffizilften Phänomene zu beobadhten und wiederzugeben, 
ift fein heißes Bemühen, das ihn oft zu gewagten Erperimenten 
führt. Der Sinn für die Raumvertheilung war ihm, wie Lang- 
bammer, fohon vorher anerzogen urh beiðer Berliner Meifter 
Eugen Bradt. Diefer Sinn hat ihn befähigt, fih in neuerer 
Heit aud Ser Plafatfunft zuzumenden. 

Der Bildhauer der Gruppe Martin Shauf ging gleid- 
falls, naddem er in Berlin Schaper's Shiiler gewefen war, 
nad Paris und fchloß fih dort Lefèbvre und Puch an. 
Das Wefen feiner Runft ift Grazie; ob er nun eine dekorative 
Biifte, wie unfere ,,Waffernize, eine fleine Statuette einer 


modernen Dame, wie das Elfenbeinfigürden im vorigen Fabre, 
oder Portraitbüften, wie feine „Vvonne*, den Dr. Cangerhaus, 
den „Prinzen Albreht von Holftein und viele ‚andere fhafft, 
immer ift es diefelbe Brazie, die uns fofort beitiht. Jn Paris 
fiel feine „Sklavin“ im Salon auf, in Berlin bat er fron den 


“großen Staatspreis eingeheimft, der ihn demnähft nah Rom 


führen wird. 

Don den diesmaligen Gaften heben üh namentlid frig 
Burger- Münden heraus, der auf der großen Dresdener Aus- 
ftellung die Portraittunft der Mündyener Sezefjion fo glänzend 
vertrat, Rarl Hagemeifter, Ser ernfte Candfchafter, der feit 
Jahren fern von aller Tagesftrömung feinen eigenen Weg gebt, 
und Wilhelm Trübner, dejfen Eigenart dur ein militärijches 
Phantafiebild vertreten ift, in dem fih Sage und Wirfichkeit 
feltfam mifden. 

Wenn wir der „Freien Runft* eine ganze Nummer unferes 
Blattes gewidmet haben, fo gefhab es im der Abficht, aud die 
Jüngeren einmal zu Worte fommen zu laffen, deren ernites 
Streben, dem fenfationellen Aufpuß abhold, idh niht auf ein 
Programm verpflidtet, fondern ruhig einen jener vielen Wege 
einfhlägt, die ja aud wohl fhlieflih nad Rom führen. 


Ausftellung bei Keller und Reiner in Berlin, 


n der neuergänzten und meugeordneten Ausftellung von Reller und 

- Reiner madt fih eine ftarte Bevorzugung des Auslandes, nament- 

lid frantreidhs bemerfbar. Raffaeli, der geiftreihe Schilderer des 

Parifer Straßen- und Dolkslebens, fann in feiner Aunft, die fih auf die An- 
wendung der denkbar einfachiten Mittel befhräntt, als tlaffifd gelten. Außer 


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einigen gefhmadvollen Paftellftudien (Einzelfiguren von einem Straßenkebrer, 
einem ftridenden Mädchen und einer Modiftin mit Hutfhachteln) ift ein 
Straßenbild zu erwähnen. Dargeftellt ift ein großer Plab, auf dem einige 
Figuren in den Vordergrund fehreiten, während hinter der Fluht weißgrauer 
Häufer in reihgezierter moderner Architektur das Bewühl der Broßftadt, ein, 


es 7 in a y 7 —— — 


Pa 
ge 


€, Sanghammer, Aus der Mark. 


Deutfhe Run ft f 








Menfhen- und Wagengewirre aus ein paar genialen Andeutungen zu er- 
tennen if. Aud die großen Blumenftüde Raffaelis find bewundernswerth 
wegen ihrer eigenartigen leihten Behandlung. Man tann an den einzelnen 
Blüthen und Blättern die formen und Bewegungen niht bis in's Kleine ver- 
folgen und doch geben dieje Stillleben einen Eindrud wieder, der von tiefem 
Derftdndnif. aud des Feinten Organismus zeugt. Die Renois'fhen fofetten 
Dämden mögen als Parifer Typus ganz echt erfcheinen, aber das die figuren 
umfließende Farbenhaos giebt der Phantafie des Befhauers zu viel Spiel- 
raum. Bei forrain dagegen zeigt fih in bewußter flüchtigfeit ein be- 
deutendes Rönnen. Seine Skizze (einen Herrn im Bejellfhaftsanzuge dar- 
ftellend, dem ein Rellner beim Anziehen des Ueberziebers behilflich ifti, ift 
in farbe und Ausdrud ungemein lebendig. Carrière bringt eine Kohlen- 
zeihnung, eine Gruppe von drei fhwakenden Frauen, die durd Rembrandt'fche 
Liht- und Schattenfontrafte eine impofante Wirfung madt. Don den 
modernen Gmprefjioniften, den fogenannten Lumintften, würde man gerne ein- 
mal wirklihe Blanzleiftungen fehen, um ihre Theorie anzuerfennen, um die 
Bildwirfung der flimmernden, brennenden Lichterfiheinungen beglaubigen zu 
fönnen. Piffarro löft in einem Gemälde (ein Ader auf welhem ein Bauer 
pflügt) alles Rörperhafte und alle ftofflihen Begenfäte in gleihmäßige, durd 
dte ‚Feinheit der Farbe harakterifirte Tonwerthe auf, während erin einer gegen 
das Licht gemalten Schafheerde mit Hirt und Hund weit mehr gefunde Natur- 
anſchauung verrdth. Ein weiter Ausblid auf die offene Sec von Luce ift 
in dem bellen vibrirenden Lidte gefeben. ine große weiße Wolfe fpiegelt 
fh in der leicht bewegten Fluth, auf der viele Fahrzeuge in weiter ferne 
dabinziehen. Die Lihtbrehungen erfcheinen, namentlid) wenn man weit 3u- 
tüdtritt, fehr natürlih und das Bild giebt wirklid) etwas von der Erhabenbeit 
des offenen Meeres wieder. Don A. Zorn, der feinem Charakter nah aud 
3u den Frangzofen gehört, ift eine in feiner flotten fhrafjirenden Manier be 
handelte Radierung ansgeftellt (eine Dame in Straßentoilette, vor einer 
Draperie ftehend, richtet den Bid nad unten). Von Orazi, einem in Paris 
lebenden italienifhen Künftler, bringt die Ausftellung einige Jlluftrationen, 
Tufhzeihnungen zu Lorrain’s Märden, bei denen die fraftvolle Modellirung 
der Akte gerühmt werden darf. Jn Rolbe begegnen wir einem eigenartigen 
jungen Romantifer, defjen Talent nod nicht zur Selbftftändigkeit abgeklärt, aber 
dod ftar? genug ift, für die großen Dorwürfe und die heroifhgewaltigen Fdeen 
der Phantafie den Weg zu weifen.  Bisweilen bewegt fic) der Rünftler in 
Ertremen, in theatralifhen Uebertreibungen und Gliederverrentungen, welde 
dem Dorbilde Mihel Angelo’s nicht zur Ehre gereihen wärden, bisweilen find aud 
feine Röpfe zu puppenbaft ausdrudslos; aber trogalledem Laffen feine Rompofitionen 


(es find leicht getufchte Federzeihnungen) eine ungewöhnlihde Begabung für 
das Phantaftifche erfennen. Go in dem Bilde „Das Land unferes Sehnens*. 
Am bügeligen Seegeftade blidt eine Anzahl nadter Geftalten nad einer im 
Meere aufragenden pbantaftifhen Jnjel. Der Atlas ift als eine folojjale 
menfhlihe Figur (wie Bödlin's Prometheus) dargeftellt, die auf einem zer- 
fliifteten Höbenzuge fikt, das Haupt von Wolfen umfloffen. Das Bild „Es 
fiel ein Reif in der frühlingsnadt“ zeigt im Dordergrunde ein nadtes Menfchen- 
paar, das fi umarmend, in einer geraden Linie ausgeftredt liegt. Der 
Londoner Rünftler Mura bereihert die Austellung mit fehr malerifden land- 
fhaftliden Roblezeihnungen (Schafheerden, Architekturen, Randle zwifchen 
befdneiten Feldern). Seine breite, auf große fledenwirfung zielende Be- 
handlung erinnert unwillfürlih an den Hollander Mauve. Die Urt der Natur- 
anfhaunng, die fid indeffen in feine Schablone formuliren läßt, ift jeden- 
falls eine febr danfbare fiir die betreffenden in Duft und Dämmerung ver- 
fhwimmenden Motive. Der einzige Deutfche, der dh unter all’ den Aus- 
ländern Einlaß verfchaffte — abgefeben von Widmer's durh Kommentare 
erläuterten Pflanzenphantafien — ift der Münchener Behrens. Seine ftilifirten 
Heihnungen, ie mit fein geftimmten gobelinartigen Lofaltönen Folorirt find, 
erfüllen alle Bedingungen, die man an die dierfunft ftellt. Die Darftellungen 
beben fic) in grofer einfader Plafatwitfung aus der ornamentalen Umrabmung 
beraus. Die formen find ftreng gegliedert und drüden das Motiv Mar 
aus, anftatt wie fo häufig bei Rilifirten Zeihnungen, dem Befchauer urd 
barode Uebertreibungen Rätbfel aufzugeben. Das Blatt, betitelt „Sturm“, 
zeigt einen Adler, der mit halb zufammengellappten Jlügeln fih über das 
Meer und einen Landftreifen mit fturmgepeitfhten Pappeln hinweg jhwingt. 
Ein anderes Blatt „Schmetterlinge ift einem Oval eingefügt, defen 
Umrahmung von Sclinggräfern gebildet wird. Auf den ausgebreiteten 
Blättern einer Seerofe figen rechts und linfs Schmetterlinge. Jn dem Bilde: 
„Sieg fhwimmt eine nadte Männergeftalt in den Meereswogen und hält eine 
flammende fatel empor. 

Don funftgewerbliden Gegenftinden find nod die Bläfer Ser firma 
Gallé in Nancy und die feramifhen Arbeiten von Rigot in Paris zu 
erwähnen. Große Erfindungen und befondere fünftlerifhe Feinbeiten find 
jedoh im diefen Arbeiten mit zu entdeden, fondern nur das Beftreben, 
die alten gewohnten Formen durd bizarre Einfälle zu vermeiden. Ungleid 


werthvoller find die Zinnkrüge, die Dafen und Lederarbeiten Charpentier's, 
fowie deffen Hod- und Sladreliefs, letztere von einer außerordentlih vor- 
nehmen Wirkung. Hier it wirflid einmal etwas Pofitives vom Auslande 
3u lernen. 


R. Rrummader. 





Die Kunftausftelung in Crefeld. 


Eine vorbildlidhe Provinzial- Runftausftellung. 


s ift Zeit, daß dle moderne Runft endlih aud anf das Land, in die 

Proving dringt. Meberblidt man ihren bisherigen nun faft zehn. 
W jährigen Siegeszug durch Deutfdland, fo fiebt man ein Springen 
von Broßftadt zu Broßftadt, ein langfames aber fiheres Feftfegen in diefen, 
indeß alles, was dazwifhen liegt, nod abnungslos im Winterfdlafe auf 
alten Lorbeeren austubt. Raum, daß die Schlahtrufe des jtetig tobenden 
Rampfes [bon bis hierher gelangt find, faum daß man fih bier [hon um 
die Schlagworte Realismus und Sdealismus, JFmprefflonismus und 
Symbolismus balgt, faum daß das obligate Lofalfünftlerhen fhon ängftlih 
um die Zukunft feiner Eriftenz fid) forgt, und unter dem Zwange der Zeit 
einige frifhere Töne unter feine Palette mifht. Hierher plöglih verfegt von 
einem Iaunifhen Schidfal, glaubt man ein gänzlihes Stillfteben, ja Zurück— 
geben der Feit zu bemerken, fiebt fih vor Aufgaben geftellt, die anderswo 
jhon längft gelöft find, die anderswo als völlig trivial erfcheinen  miiffen, 
und ein Rampf gilt bier von neuem 3u entfahen, der anderswo bereits längft 
durchgefämpft ift und zu vorläufig befriedigenden Nejultaten geführt bat. 


Und dod muß diefer Rampf and bier gewagt und gewonnen werden! 
Denn fo lange es nod bei uns foldhe Stillftandspunfte giebt, wird es bei 
uns aud immer ftillftebende, erftarrte Runft geben. ‘Sie wollen ja alle ihre Runft 
haben, diefe feineswegs immer armen Stadte, ibe frestengefdmiidtes Rathhans, 
Portraits ihrer Ehrenbürger, Denkmäler auf den Strafen, Rathfilber 2c.; ihre 
wohlhabenden Bürger müfjen durd) Runftpflege zeigen, daß fie weit über die 
gewöhnliden Sorgen des Dajeins erhaben find, die weniger Bemittelten 
pflegen fh wenigftens Dervielfaltigungen zu Ffaufen, und diefes ganze 
summa summarum an KRunft, das garnicht fo unbetradtlid, und durch die 
große Zabl folder Mittelftädte in Deutfhland ina Unermeflide fteigt, fällt, 
wenn das Runftverftändniß hier überall dem Runftvermdgen nicht auf den 
Ferjen folgt, nur immer der alten Runft in den Schoß und hält mit eiferner 
Häbigfeit eine Kunft am Leben, die anderswo fron lange nur nod als 
„biftorifh"" gilt. Da mag man denn nod fo viel fih müben, in der Großftadt 
der „alten Richtung‘ den Todesftoß zu geben, fie erhebt an entlegener Stätte 
immer wieder von neuem ihr Haupt und der Abnungslofe verfdwendet bier 


unverdrofjen fein Geld an Dinge, die man anderswo faum mehr gefhentt 
nehmen würde, 

Um hier eine Aenderung hervorzurufen, giebt es nur einen Weg, Ser der 
Weg zum Runftverftändniß überhaupt ift: jeben laffen und feben lebren! und 
es gewinnt den Anfdein, als ob auf diefem Wege jekt eine Provingialftadt 
zur führerin fih auffhwingt, bei der man bisher folde Runft- und Kultur 
förderung niht gerade an erfter Stelle zu fuchen pflegte.  Crefeld, die 
Sammet- und Seidenftadt, die Stadt des rafchen jähen 
Emporfommens, bat jeßt ein neues, ftattlihes Mufeum 
befommen, das unter der zielbewußten Leitung feines 
von Hamburger Kunfttendenzen erfüllten Direktors 
Sriedr. Denefen ein richtiges „AReformmufeum“ zu 
werden verfpridt und nun zur Zeit mit einer großen, 
völlig modernen Runftausftellung fein Debut wirfunge- 
voll vollzogen bat. Es lag bier freilih ein gut 
beaderter Boden fhon vor. Das Lebenselement diefer 
Stadt, "die Tertilinduftrie, it ja an fid ſchon Runft 
und batte aud bereits eine reihe und fhöne Gewebe- 
fammlung veranlaßt, die für die bisherigen Zwecke 
ausgereiht hatte. Dor allem aber erwarb fih fo 
Herr Crous durd unermüdlihes Sammeln das Ver- 
dient, den Grundftod zu einem allgemeinen Runft- 
mufeum zu legen und überhaupt das Runftintereffe 
über die gejhäftlihe Spezialität binauszuheben. 
Sein Name wird mit der erften Phafe der Fünft- 
lerifhen Entwidelung Trefelds unzertrennlid verfnüpft 
bleiben. 

Die zweite Phafe beginnt mit diefer Runftaus- 
ftellung. „Wie fommt Trefeld zu allen diefen Sachen?“ 
mit diefen Worten gab der befannte Runfitritifer der 
Kölnifhen Zeitung feinem Erftaunen Ausdrud, gls er 
diefe Ausftellung Surchwanderte und das Fleine Crefeld 
mit feinem größeren Köln verglid, und wirklich, diefe 
stage drängt fih jedem zuerft auf und muß fo 
mit der Heit trivial werden. Denn es ift etwas erreicht, 
was zum Theil nod nidt einmal alle Broßftädte er- 
teidt haben, bier in der Provingialftadt ift etwas fhon 
in die Praris getreten, was für Provinzialftädte noch 
nit einmal in der Theorie verlangt worden war: 
eine Ausftellung, die wirflid Qualität hat, eine Aus- 
ftellung, die die Runft aller Völker zufammenfhaart, 
eine Ausftellung, die alle Zweige der Runft, aud das 
„Kunftgewerbe" in fid) vereinigt, jehließlic eine Aug- 
ftellung in gefhmadvollee Aufftattung. Es ift biec 
alles modern, alles, wie es die gefteigerten Anjprüdhe 
moderner Runftgewöhnung verlangen. Man nähere fi 
der Ansftellung und das Plakat des Hamburger Riinft- 
lers Mobrbutter in [hwarz, blau, gelb und grün mit 
dem ftolzen, weithin leuchtenden Worte „Crefeld" blidt 
einem entgegen, man trete ein und nehme den Ratalog 
zur Hand: da finden fih auf dem Titel von dem Dänen 
Hendtriffen in Hol3 gefdnitten, von Edmann'fdher Hand 
entworfen die Gnitialen de3 Raifer Wilhelm-Muſeums, 
finnvoll von den blauen Lieblingsblumen des alten 
Raifers umwunden und hinten im Anhang eine ganze 
Reihe Wiedergaben von ausgeftellten Werken, aber 
von einem der bedeutendften Amateure Deutfchlands, 
dem Crefelder Otto Sharf. Und die Ausftellung 
jelber? Da bliden von den Wänden herab und aus 
den Schränken heraus franzofen, Dünen, Belgier, 
Holländer, Schotten, Engländer, Ftaliener und Ameri- 
faner, dazwijchen Mündener, Karlsruher, Dresdener, 
Berliner, Worpsweder, Hamburger 2c. Man fiebt 
Bronzen — Meunier — und andere plaftifhe Werke, 
Aquarelle — Menzel —, vervielfältigte Aunft — 
Thoma — und jließlid dekorative Runft; diefe in 
einer Reichbaltigfeit, wie fie bisher, Dresden allein 
ausgenommen, in Deutfchland überhaupt noch nicht 
vertreten war: die modernen Blasfenfter des Ham- 
burger Engelbredt, die gejhliffenen und geäßten 


Dentfhe Runft. 


165 


Gläſer Gallé's, die iriflerenden Tiffany's, ein Scherrebeder Teppih von Bans 
Thoma, und dann die Keramik! 

Die feramifhe Abtheilung hebt diefe Trefelder Ausftellung überhaupt 
über ihre lofale Bedeutung heraus. Eine folhe internationale Revue über 
die moderne Reramif hat es bisher in Deutfhland überhaupt nod nicht ger 
geben. An zwanzig Ausfteller haben fi bier zufammengefunden, von den 
Sapanern, den Stammpätern diefer ganzen nenen jvmpatbifhen Kunft an, 








Nar Schlihting, Sommeraben?d, 


166 





Deutſche Runft. 





über die Franzofen bis 3u den jiingften Giingern derfelben in Deutfhland 
und im Auslande. Alle umfdlingt das Band gemeinfamen formen- und 
‚Farbenempfindens und läßt den Befhauer ahnen, dah wir dso fon wieder 
fo etwas wie einen „Stil" haben. Seltfam nehmen fih hier zwifhen diefen 
äußerlih verhältnigmäßig einfahen Objekten die fo prunkvollen Erzeugnifie 
der Fönigl. Porzellanmanufaktur in Berlin aus, die etwas verfdlafen aus- 
feben. Daß man Pöniglih und dod) 3ugleid’ modern fein fann, das 
beweift dodh genugfam bier die Fönigl. Porzellanmanufattur Ropenhagen, 
deren Erzengniffe ja allerdings aud) durdans ariftofratifdhen Charakter, aber 
doch zugleih aud wirflihe Qualität zeigen. 

Mit einem Schlage vermag hier Crefeld zu feben, worauf es in der 
modernen Dekoration anfommt, und fann daraus den YMugen fiir die eigene 
Spezialität ziehen. Den Horizont zu erweitern, zu ahnen, was anderswo in 
der Runft los ift, muß überhaupt eine der Hauptaufgaben Crefelds werden, 
wenn es feine Mifjion, für die übrigen Provinzialftädtt auf dem Gebiete 
der Runft Vorbild zu werden, glüdlih zu Ende führen will. 

Man bat jetzt Gelegenheit, fidh felber den Staar zu ftehen, wenn 


man die berben Bilder eines Liebermann, die tief innerlihen eines Ubde, 
die gemüthvollen Thoma's, die ftarfen Naturdichtungen der Worpsweder, die 
naturfrifhen der Hamburger, die Farbenpoefien Mobrbutter's, die kraftvollen 
Ralfrenth’s, die routinirt fiheren der Franzofen, die mufitalifh geftimmten 
der Schotten, das Poloriftifh wie zeihnerifh gleih verblüffende Porträt des 
Dänen Spberg betrachtet. Und es fceint, als wenn Krefeld wirflih Augen 
bat, um zu feben. Die Antäufe, oder was mehr fagen will, die Bejhente ' 
für's Mufeum bewegen fih durhaus im moderner Richtung, fo daß zu 
boffen ftept, daß aud die Privaten diefem Beifpiel folgen werden. 

Es ift erfreulich, daß man mit diefem Eindrude aus diefer Ausftellung 
fheiðen tann. Die Liebesmühe zu gunften der modernen Aunft feheint für 
Crefeld feine vergebliche gewefen zu fein. Nun mdge and das Dorbildlice 
diefer Ausftellung feine Früchte tragen! Dor allem in gewiffen Nadbar- 
fädten! ,,Wie fommt Crefeld zu allen diefen Sachen!2 das möge man 
fih immer und immer wieder dort fragen und, wenn man die Antwort ge- 
funden þat, dann handle man danad! Die Runft decentralifiren, beift fie 
materiell und ideell fördern. €. 3- 


Hamburger Kunftbrief. 


as Runftleben Hamburgs hat feit einem Jahrzehnt durd die Be- 
ftrebungen von Mannern wie J. Brindmann und A. Lidt- 
warf einen madtigen Auffhwung genommen. Die Aunfthalle wie 
das Runftgewerbemufenm wadfen fih immer mehr zu Sammlungen erjten 
Ranges heraus, Runft- und Riinftlervereine ftellen fic) in den Dienft modernen 
Schaffens, das fie nad allen Richtungen bin zu fördern fuchen. Dabei 
tragen diefe Beftrebungen einen gefunden, den lofalen DVerbältnifien ent- 
fpredenden Charalter. Brindmann gebt mit gewohnter Energie den Spuren 
der älteren Erzeugnifje der Runfttifhlerei und der Reramif Hamburgs und 


feines Hinterlandes nad, Lihtwarf intereffirt ih für Fünftlerifhe Pädagogif 
und unterftügt de lofale Aünftlerfhaft mit Rath und That. Die Hamburger 
Rünftler fehließen ih zu einem lofalen Ausftellerverbande zufammen, und der 
Runftverein wird ihnen vorausfihtlih die möthigen Räume und fomit die 
Gelegenheit zum Dertriebe zu bieten in der Lage fein. Ein erfter Derfuch, 
aud in der Reihehauptftadt durch eine Ausftellung bei Burlitt Boden zu 
gewinnen, ftieß auf einen gewiffen Widerftand von Seiten der Tageskritik, die 
mit der ihr eigenen Weisheit fhon das Epigonenthum der „Moderne“ ent- 
dedt zu baben glaubt, gab aber immerhin Gelegenheit zur Befanntfhaft mit 





Mar Pietfhmaun, Träumerei, 


TEE r — — = — ron 


Deutfde Runf. 


einigen interejjanten Hamburger Rünftlertypen, die uns die landjchaftlide 
Poefie der Umgebung der Hanfeftadt zuganglid maden. 

Der Runftverein bat fi inzwifhen entfhloffen, ftatt der großen früh- 
jabrfhan moderner Bilder eine Spezial-Ausftellung Hamburger und Altonaer 
Rünftler in Verbindung mit einer Rolleftion von Gemälden aus Hamburger 
Privatbefig in den Räumen der Runfthalle zu veranftalten. Man wird auf 
diefe Weife einen Gefammteindrud gewinnen von dent Aunftintereffe, wie es 
fih feit Jahrzehnten in der Hanfeftadt fryftallifiert bat. Man wird aud die 
Leiftungen der modernen Hamburger in diefer intereffanten Vereinigung, zum 
Beifpiel an den Maffifhen Meiftern der franzöfifhen Glanzepode, meffen und 
fie günftiger beurtheilen fénnen, als es bisher der fall war. 

Zur Feit nehmen die Rolleftivausftellungen von drei auswärtigen 
Riinftlern das allgemeine ntereffe in Unfprud. Es find die Werke der 
Maler Hammader, Frenzel und Bradt, welhe je einen Gaal der 
Runfthandlung Bot & Sohn füllen. Hammacher darf fih überall einer 
vornehmen und einheitlihen Wirkung rühmen. Seine 16 größeren und Meineren 
Bilder find fat fämmtlih Seeftüde, nicht jene Marinen, bei denen gewiffe 
Liebhaber eine detaillirte, auf nautifhen Kenntniffen beruhende Schilderung des 
ganzen Schiffsorganismus zu fehen wünfchen, fondern ftark Foloriftiih em- 
pfundene Yatureindrüde. Der Rünftler ift ein feiner Beobachter der taufend- 
fältigen Ylaturfpiele, wie fie das Meer und vorzugsweife das transparente 
Mittelmeer herporzaubert, er verfteht die Augenblidserfheinungen zu erfaffen 
und aus der jedesmaligen Stimmung mit fouveräner Unterordnung alles 
Nebenfählihen das Seelifh-gewaltige berauszugreifen. Gerade die Meifter- 
[haft des freien Dortrags läßt KHammader mit Benugthuung auf den langen 
Weg ebrlihen, peinlihen Studiums zurüdbliden, auf dem er in früherer Zeit 
nod etwas temperamentlos und fahlih nüchtern erfhien. Jn feinem Bilde 
Brandung an der Riviera ift eine bleibe Morgenftimmung gefdildert. 
Dom Strande blidt man auf eine hod) emporfteigende Woge mit wirbelndem, 3er- 
ftdubenden Gifht. Dahinter glättet idh die tiefblaue Fluth in dem metallifhen 
Abglanz eines fhmalen Lidtftreifs am Himmel, der das Nahen des Tages 
verkündet. Noch intenfiver und Iyrifher ift in dem Bemälde Es graut der 
Tag’ die Tageszeit, die Stunde zwifhen Waden und Träumen gegeben. 
Aus dem jehrttenlofen Dämmerfhein löfen fih faft gefpenftife die Umriffe 
der Barfen mit ihren großen Segeln, während die Ferne von einigen röth- 
liden Lidtern der Hafenhäufer matt erhellt wird. Auf einem anderen Bilde 
liegt die fmaragdblaue Fluth, die von fröhlih dahinfhießenden Booten be- 
lebt wird, in vollem Gonnenlidte des Mittags. Nicht minder glüdlih ift 
eine Abendftimmung am Hafen von fiume wiedergegeben. Eine düftere, 
fhwere Abendwolfe zieht an dem goldig-flammenden Himmel vorüber, die 
ferne büllt fid) in einen weiden, grellen Duft, und ein alter Dampfer, 
an deffen Rumpf ih eine grüne Patina angefekt hat, ftrebt langfam nad 
dem Dordergrund. Don weiteren Arbeiten des Riinftlers feien nod) hervor- 
gehoben: „Die Brandung bei finalmorina’’ und „An den Feraglioni™. 
ferner nod zwei Bilder aus dem Norden, der „Waflerfall auf Finnland" 
und das Bemälde „Die Hafeneinfabrt in Bornholm". 


167 


Ostar frenzel’s Thierbilder zeihnen fih weniger durch Poloriftifde 
Feinheiten als durch Fraftvolle Charakterifirung und gute Zeihnung aus. Die 
Darftellungen des Riinftlers, fei es friedlih grafendes Weidevieh, ein im 
Bache watender Stier oder eine gefattigte Heerde, die fid) im Schatten hoher 
Baume lagert, erfheint immer echt und glaubwürdig. Was ihm nicht über- 
all gelungen, das Derfhmelzen von Landfhaft und Staffage, ift in feinem 
„Paftorale" vielleiht durd ein bingutretendes beroifdes Moment erreicht: 
Am Ufer eines Weibers, auf dem eine mädtige Baumgruppe einen breiten 
Schatten wirft, fteht eine Frau, während ringsumber im faftigen Wiefengrün 
eine weitverftrente Heerde liegt. 

Eugen Bradt, der nie fo gut und fo vielfeitig in Hamburger Aus- 
ftellungen vertreten war, bat fiir feine gejunde Naturanfhauung ftets einen 
feinen, wenn aud nicht gewaltigen Ausdrud gefunden. Seiner Befhmads- 
rihtung nah nähert er fih der früheren romantifden Schule, die in der 
Schilderung des Erotifhen, bauptfählih des Orients, ihr deal fuht. Und 
gerade die mit romantifhen Motive, wie der „Blid über das todte Meer, 
das Geftade der Dergeffenheit, „Der Regenbogen‘, „Das Hünengrab“, 
„Die Gnfel, muthen als die fubjeftiven Aeußerungen feines Ylaturells unfer 
heutiges Empfinden mehr an, als die mehr realiftifhen Darftellungen aus 
der Alpenwelt (Stifflerjoh und Matterjodh). Diefe vermögen uns in ihren 
Meinen Proportionen feinen Begriff zu geben von der Erhabenheit und Bröße 
der Regionen ewigen Schnees, jene dagegen tragen den überhöhenden 
ftilifirenden Gedanfen des Rünftlers in fid. 

Auch aus dem Bebiete des Runftgewerbes war in legter Feit eine inter- 
effante Ausftellung und zwar im Mufeum für Runft und Gewerbe zufammen- 
gefommen, welde von dem Kunftfleiß früherer Jahrhunderte, wie er fh 
unter den Bauern Schleswigs lange fortgepflanzt bat, beredtes Zeugniß ab- 
legt. Es waren Webereien aus dem 17. und 18. Jahrhundert, vielleicht aud 
einige nad der Ueberlieferung getreu angefertigte Ropien aus dem Anfang 
diefes Jahrhunderts. Die einfarbige Zeihnung diefer fogenannten Beiderwand- 
Stoffe zeigt im Allgemeinen große jvmmetrifh geordnete Tiillmufter ohne die 
gewohnte Gliederung durh Sproffenwerf. Da ift alles fein ordentlich 
aneinandergereibt, wie es die Cednif des Webftubls bedingt und erleichtert: 
Dögel, Einhörner, Doppeladler, von Blumenfträußen und Dafen umgeben und 
getrennt. Seltener find die figürlihen Darftellungen: Allegorien der Welt- 
theile wedfeln mit biblifhen Motiven ab. Ja, eine Fran, die ih neben 
einem todt am Brunnenrand bingeftredten Mann in das Schwert ftürzt, ver- 
bildlicht offenbar die fpätlafifshe Mythe von Pyramus und Thisbe. Aud 
hier zeigt fih in der Stoffwahl eine merkwürdige Verwandtjhaft mit den 
derfelben Zeit entftammenden Hamburger und Dierländer Oefen, deren Maler 
ebenfalls Legende und Mythe, Allegorie und volfsthiimlide Darftellung felt- 
fam 3u mifen liebten. 

Die Tendenz all’ diefer Beftrebungen richtet fih offenbar auf die 
‚Förderung einer gefunden lokalen Runftentwidelung, wie fie gerade bei uns 
im Gegenfak zu der nivellitenden Mobdemalerei nah äußerlih nahgeahmten 
augländifhen Muftern mit befonderer Freude zu begrüßen ift. 





Der Künftler-Weftflub bei Schulte. : 


hat ih diefen Künftlern in allen Formen offenbart und ift von den meiften 


ir tragen nidt überall Uniformen. Die moderne Malerei zählt 
fider immer nod zu den freien Rünften. Es wird nach allen 
d Ridtungen flott epigonifirt, tiibnlid) Venues angeftrebt.  Selbft 
innerhalb der Maler-Vereinigungen, an denen gerade Berlin augenblidlid fo 
teih ift, fheint jeder Eigenart voller Spielraum gegeben. Einen Beweis für 
diefen Liberalismus liefert die Angftellung des Berliner Rünftler - Wefttlubs 
im Oberlihtfaal der Schulte'fhen Räume. Eine Gefellfhaft von ungefähr 
18 Herren ftellt fih mit ca. 40 Neufhöpfungen dem Publifum vor. 
Wir feben viel Tiidhtiges und mandhes Mittelgut. Ueberwiegend ift das 
Landfdhaftebild gepflegt; aber aud Portraits, Genrefzenen und Pbantafie- 
gemälde legen non der Dielfeitigfeit der Dereinigung Feugnif ab. Die Natur 


duch ein Temperament erfaßt worden. Normann und ‚Feldmann erfchauten 
fie als Stimmungsmenfhen, Hendtih als Träumer, Frenzel und Dettmann 
als Realiften. , 

Normann's tiefblaues, lebensvolles Nadhtftüd, „ein Motiv von Walders*, 
zeigt einen fehnellfließenden Bergbad, der an den Tannenbeftänden des Ufers 
vorbei feinen elligen Lauf nimmt. Sein „Herbftabend an den Lofoten giebt 
pradtig die nmordländifhe, Suchfihtige Lidtitimmung, aus deren blauem 
Dunkel fic) die Infelhäufer mit ihren erhellten Fenfterfheiben klar abheben. 
Während W. feldmann's „Sintende Naht im Moor poefievoll das lette 
Sonnenverglüben im Sumpfbereich erfaßte, ift feine ,, feldcinfamfeit" reizlos in 


168 


der Stimmung und grob in der Made. Dettmann's „Wailerrofen im Moor 
find ein tiidtiges Naturftüd voll eingehendftem Studium. -Befonders die 
linfe Seite des Bildes mit den fpielenden, fonnenbeleudteten Bauernfindern 
it meifterhaft gemalt. Die fonderbare Rontraftirung des fhwarzen Bodens, 
aus deffen Wafjerner die jehneeigen Blüthen bervorträumen, wirft feltfam 
feffelnd. Selbft ein Stic nod Sadmmerumfangener Yaturpoefie feinen die 
ländlichen Kleinen, die fo abnungslos granfam den holden Schmud ihrer 
Sumpfbeimath zerftören. Utb partin feiner Oelflizze ,,Silberbirfen in Mond- 
licht" ganz fürdhterlih, aber erreiht doc einen merfwürdig fascinirenden 
‚Farbeneffeft des grün- 
liden Mondlidts. Seine 
„Heimkehr in der Dämme- 
tung" ift ein ftimmungs- 
volles Bild aus dem 
holländifhen Dorfleben. 
Die fFeudtigteit der Ra- 
nalwelt mit dem biib- 
[hen farbenmoment der 
tiefrothen Dächer in der 
blduliden Yacht wirkt 
mit befonders feffelndem 
Reiz. Auh desfelben 
Riinftlers fleine Studien 
verfchiederer holländi » 
fher Typen find zuweilen 
voller Charakteriflif. 
JSrenzel's Magnet in 
der Natur ift das Weide- 
land mit feinen verfihiede- 
nen Diebftaffagen. Seine 
„ARühbe im Torfmoor' 
durdhwaten eine furt, die 
das Blau des Himmels 
wiederfpiegelt, während 
ein Sonnenfdhimmern wie 
mit verhaltener freudig- 
feit die feuchte Weide links 
durdbellt. Yliht auf glei- 
cher Höhe ftehen feine ande- 
ten Bilder. Noh ift ein 
weiter Schritt von diejem 
immerhin tüdhtigen Rünft- 
ler zu den niederländifchen 
Meiftern. frand's 

„Rornfeld'* mit feinen 
à la Thoma ftilifirten 
Rundwolfen und Pappeln 
entbebrt nidt eines ge- 
wiffen lebendigen Reizes. 
In einem tüchtigen „Ha- 
velbild und mehreren 
effeftvollen Radirungen 
beweift er bei ftar? im- 
preflioniftifhen Neigun- 
gen fleifiges Studium. 
Hendrid ift der ge 
wohnte träumerifche Cha- 
tafterfopf des Rünftler- 
Weftflubs. Wir folgen gern der Göthe'fhen Marime, bei allen Guten zu 
den zufriedenen Bäften zu zählen, find fogar bei den vielen Spenden für 
die der Poetenfeele befonders dankbar. 

on zwei Aquarellen beweift Hendrid) feine malerifhe Auffaffung 
der Natur. And das Stimmungsfluidum feines in bläulihen Tönen ge- 
baltenen O©elbildes „An die Nacht, auf welder zwei geradeaufftrömende 
Raudfäulen eines Opferaltars gen Himmel fteigen, bannt uns wie in 
poetifher Hypnofe. Aebnlid und doch mit einem Stic in's Mondaine wirft 
Hausmann's „am Meer". Gein fehnfuchtsvolles Weib am Strande läft 
uns im Zweifel ob ein folden-, ein Gudrunmotiv anflingen foll. Jn dem 
gleihen Sujet ift Herrmann Rod einmal erfolgreicher geween. Meyn hat in 
feinem Damenportrait eines fchlanfen, eleganten Mädchens in weifem Atlas- 


Deutfde Runft. 





©., Ñ. Engel, Die neue Freundin, 


Fleide eine in der Behandlung des Stoffliden, wie in dem fprehenden Aus- 
drud der merfwiirdigen, fornblauen Träumer- und Schelmenaugen gleid 
tüchtige, haralteriftifhe Leitung geliefert. Ebenjo gediegen ijt Fedner in 
feinem Paftell ,, Mutter und Rind“. Hier ift befonders die Ausführung der 
Köpfe vorzüglid. Das Rindden in feinem leidenden, traurigen Ausdrud er- 
innert an ein Gabriel Mar'fhes franfes Rind. Eine der gelungenften Arbeiten 
Höniger's ift feine „Parifer Bücherverfäufer". Während das Landfchaftsbild 
Ser Seine in feiner faden Behandlung faum erfenntlid ift, find dem Maler 
eine Reihe lebensvoller, echt Parifer Geftalten trefflih gelungen. Die Sonnen- 
flede, die durch das Laub 
der Quaibäume fallen, 
erhöhen die Belebtheit 
der Gruppen. Diftingirt, 
nur ein wenig flau in 
Farbe und Pinfelführung 
wirft ein lebensgroßes 
Damenportrait desfelben 
Riinftlers. 

Während die Aus- 
fiellung des Rünftler- 
Weftflubs in feiner Diel- 
feitigfeit unfer volles Gn- 
terefje in Unfprud nimmt, 
it auh in den übrigen 
Räumen eine fehenswertbe 
Ausftellung bereitet. Wir 


f 
Y 


RI 


begegnen einer Reihe 
gefdagter -Yamen wie 
Shleidh, Lutteroth, 


der ih im einer großen 
Anzahl Landfcaft-Aqua- 
relle und Oelbilder als 
liebevoller, feinfinniger, 
wenn auh zuweilen et- 
was fonventioneller 
Riinftler zeigt. Hen- 
geler ergögt durch feinen 
gtillenbaften Humor 
und verftebt, trok einer 
gewiſſen Verwandtſchaft 
mit dem föftlihen Spit- 
weg, dod deffen Pinfel= 
delifatefje mit zu er- 
reihen. Als ein befon- 
ders fauberer und ele- 
ganter Portraitfünftler 
fellt ih Schulte im 
Hofe vor. Cine 
Reihe Marumtijjener, fei- 
ner, mit fnappften Linien 
gegebener Rinder- und 
Frauenfdpfe zeigen ihn 
als Meifter der Technik 
und des Ausdruds. Be- 
fonders gelingen ibm die 
Glattgefheitelten, delifat 
profilirten fFrauenfdpfe. 
Eine große Anzahl zum 
Theil febr gut charakterifirter Oel- und Paftellbruftbilder hat Otto v. 
Rrummbaar ausgeftellt. Gottfried Hofer, der fiderlidy Tiichtiges fann, 
it mit zwei feiner lebenegroßen Portraits wenig glüdlid. Sowohl 
der Brahms ,,Todeslied fingende Herr zur Mühlen, dejlen modischer 
Erfcheinung eber ein „Lebenslied* anftände, als die in der Haltung ziemlid 
verunglüdte junge Frau vermögen zu befriedigen. Am gelungenften erfdeint 
des Malers Portrait des Profejlor Beder. Hier Elingt die düftere Bluth des 
Hintergrundes mit dem ernften Antlig des Rünftlers und feinem Mufifmotiv 
zu harmonifhen Akford zufammen. Don befonderem Gntereffe find ferner 
eine große Reihe Willy Hammader'jher Meeresftüde. Hier fcheint ein Schüler 
Salzmann's den vollen, dämonifhen Zauber der blaugrünen Wogenwelt 
begriffen und in padenden Momenten feftgebalten zu haben, Jarno Geffen, 





— — — zes — 


Deutſche Runft 


Die Ausftellung der Schleswig-Holfteinifchen Kunftgenofjenfchaft. 


ie Gründung der Schleswig - Holfteinifhen Runftgenofjenfhaft, deren 

dauernder Sik nad Riel verlegt wurde, fand im Jahre 1894 ftatt. 
A Aus dem Gefühl der Zufanımengebörigfeit in gemeinfamem Streben 
hervorgegangen, fudte die Dereinigung der einheimifhen Rünftler fih durch 
gegenfeitige Anregung und gemeinjames Vorgehen zu unterjtügen, insbefondere 
aber nah außen bin durh die Derbindung mit dem zugehörigen, ftamm- 
verwandten Volle eine praftifhe Grundlage für ihre Aunftpflege zu fhaffen. 
Die erften Jabresausftellungen waren von gutem Erfolge begleitet und be- 
zeihneten das Gelingen 
des Unternebmens. 1894 
waren 54 Ausfteller ver- 
treten, in der Aquarell- 
ausftellung von 1895 
batten fih 47 Riinftler mit 
145 Werfen eingefunden. 
1896 bildete die Landes- 
funftausftellung einen Theil 
der Provinzial- Gewerbe- 
und Kunftausftellung und 
die vor furzem gefdloffene 
Jabresausftellung in Riel 
wurde von 60 Riinftlern 
befdict. 

Sm Anfhluß an die 
Kieler Ausftellung befchloß 
die Benofjenfhaft in meh- 
teren Städten der Provinz, 
fo in Schleswig, flens- 
burg, GReboe Wanderaus- 
ftellungen zu veranftalten, 
um für die Darftellungen 
beimathliher Aunft das 
pnterejje einer Bevölkerung 
wad zu rufen, die vielleicht 
noch in höherem Mape ihre 
provinzielle Eigenart be- 
wabrt bat. 

Gn Schleswig, wo 
Behörde und Bürgerjihaft 
dem Unternehmen fon 
vorher das bereitwilligfte 
Entgegenfommen bewiefen, 
geftaltete h am 15. Ja- 
nuar die Eröffnung der 


erten Wanderausftellung 
der Schleswig - Holfteini- 
fhen Runftgenoffenfchaft 


im Rathbansfaale zu einer 
offiziellen feier, der etwa 
150 Perfonen, Vertreter der Regierung 2c. beiwobhnten. Nadh einer kurzen 
Begrüßung des Malers Hans Olde hielt Herr Profefjor Matthaei, Do- 
zent der Aunftgefhichte an der Kieler Univerjität, im Namen des Schleswig. 
Holfteinifhen Runftvereins eine WAnfprade, deren Inhalt für die Hebung 
nationaler Runftpflege bedeutjam ift. 

„Die Ausftellung ift zwar fein, aber wir legen ihr die größte Be- 
deutung bei. Wir find der Ueberzeugung, dah die bildende Runjt ein 
lebendigerer Faktor im Dolfsleben fein muğ, «ls bisher, und ferner, daß 
eine bildende Runft fih nur dann gedeihlih entwideln fann, wenn fie aus 
dem eigenen Dolfsthum hervorwadft. — Wie wir es bedanert haben, daß 
die KAünftler Deutjhlands Jahrzehnte lang nad auswärts zogen, um dort 
Selbftftandigfeit und Eigenart zu verlieren, jo bedauern wir es, dağ wer in 
Schleswig - Bolftein Begabung für die Runft bejaß und befigt, hinaus muß, 
um meit draußen zu bleiben, feine Eigenart zu verlieren. Wir find der 
Ueberzeugung, daß nur aus der intimften Renntnif und der warmen Liebe 
zur Heimath jener echte Runftdrang entjprießt, der dann aud die Herzen 
anderer mit fortreißt. Wer, der die Werke des Shleswigers Asm. Carftens 





Frit Burger, Damenbildnif. 


fennt und vielleicht auch fhätt, hat je dae Bediirfnif gebabt, fih nad feiner 
Heimath umzufehen! Larftens Heimath hätte eher Briehenland fein können. 
So wird auh der Schleswig-Holfteinifhe Aunftjünger, wenn er binaus muß, 
nah Münden, Berlin, Düffeldorf, Stuttgart, Dresden leiht auf der Afademie 
nivellirt, feiner Eigenart beraubt, und wird fhließlih draußen bleiben, feine 
Heimath vergefjend. 

Wir wifjen wohl, daß das im gewiffen Grade immer fo bleiben wird, 
daß fih das größere Talent immer größeren Wirkungskreis jucht, aber nicht 
von vornherein. Ein 
Raffael ift ja and nad 
lorenz und Rom gezogen, 
ohne zu verlieren. Aber 
er ift doch hervorgegangen 
aus der umbrifhen Schule 
feiner Heimath und er hat 
zeitlebens den Umbrier 
niht ausgezogen und das 
befte an feinen Werten ift 
immer nod feine umbrifche 
Gemiithswarme feiner 
milden Heimath. Dürer ift 
immer der Nürnberger, 
Rembrandt der Lepdener, 
Ludwig Ridtec der gemiith- 
lihe Sadfe, M. von 
Shwind der fangesfrobe 
Wiener. Weil fie Gelegen- 
heit batten, fih in der 
Heimathb zu bilden, weil 
ihre Wurzeln Rraft fogen 
aus dem eigenen Dolfs- 
thum, deshalb find fie 
groß, allen verftändlic, 
allen lieb geworden. 

Das mödten wir aud 
unferen fdleswig - holftel- 
nifhen Rünftlern wünſchen. 
Sie felbft haben fhon Luft 
dazu und find bereit, da- 
für Opfer zu bringen. 

Dazu gehört aber Unter- 
ftiigung von Seiten der 
Bevölferung, und and von 
Seiten der Behörden, we- 
nigftens im Anfange. 

Wenn man die Mittel 
febafft, um ein Atelier zu 
gründen, in dem Scles- 
wig-Holfteiner bei Schles- 
wig - Holfteinern lernen fönnen, wenn die Bevölkerung dem Gntereffe entgegen= 
bringt, dann fommen wir dem Jiele näher. 

Diefes Jnterejje zu erregen, ift der Runftverein da. Er it fih aber 
längft Mar, daß er faum Opfer erwarten darf, wenn er draußen im Lande 
nie etwas zeigt. Nun ift uns dte Aunftgenofjenfhaft vorangegangen und fie 
bat mit diefer Ausftellung den Anfang gemadt. 

So tihten wir denn an die Schleswiger Behörden und Bürgerfhaft die 
Bitte, mit wohlwollendem Auge diefe Meine Ausftellung zu betrachten, die 
Riinftler unter Berüdfihtigung der angegebenen Gefidtspuntte zu unterftügen, 
am beften durd) Bildung eines lofalen Runftvereins, und diefe Austellung 
mit einem Rundgang zu eröffnen.‘ 

Den bedeutfamen Worten Matthaeis können wir nur die weitefte Der- 
breitung wünfdhen. Es ift ein erfreulihes Zeihen der Zeit, daß man an 
verfdiedenen Orten anfängt, die Runftübung auf den lokalen Boden zu be- 
jhränfen und man darf hoffen, daß ein ähnlihes gemeinfames Vorgehen 
überall den günftigen Boden finden möge, wie in Schleswig -Holftein. 

Daß die Benoffenfhaft fhon jegt im vollen Bewußtfein ihrer Aufgabe 


170 


deren Löfung näher getreten ift, zeigt die 
Ausftellung in Schleswig, an der fih 
50 meift jüngere Riinftler und Riinftle- 
rinnen betheiligt haben. Der Gefammt- 
eindrud. ift ein erfreuliher und zeugt 
von: einer gefunden Naturanſchauung, 
die auf der Brundlage tehnifhen Rönnens 
ftebt und fih auf der Höhe felbftändiger 
Entwidelung befindet. 

Um einige der wirkfamften Exfchei- 
nungen anzufübren, feien „die Flads- 
bederei'' von Rallmorgen, Stord's 
ftimmungsvolles „Es wird Abend“, ferner 
das Dettmann'fhe Triptyhon „die 
Arbeit und Weftphalen’s „ValeSenex 
imperator" genannt. Hans Olde ift mit 
einem in Sonnengluth getaudten Sdhnitter- 
bild und einem Thierftüd vertreten, Geffen 
bringt zarte Gnterieurs, Albert inter- 
effante Halligbilder. Die Marinemalerei 
it begreifliderweife ftar? ausgebentet 
worden, als die beften Vertreter bemerkt 
man die Riinftler Peterfen-München, 
5. Peterfen-Angeln, frig Stolten- 
berg, Burmefter, Lindemannr 
frommel. Endlih fei noh auf die 
zahlreihe Sammlung guter Aquarelle 
und auf die Reliefs, Büften und Thon- 
gefäße von frl. A. Peterfen bin- 
gewiefen. 

Innerhalb der lofalen Runftintereffen hat dh hier eine Entwidelung 
vollzogen, die allen den Forderungen entfpricht, die wir feit dem Beftehen der 
„Deutfhen Runft“ vertreten haben. Riinftlerfchaft, Runftforfdher, Runftvereine 
und Behörden haben fih in dem Streben vereinigt, beimifhes Schaffen zu 





Martin Sdhauf, Wafferblume. 


| 


Deutfde Runft. 


fördern und ihm feinen natürlihen Näbhr- 
boden zu fihern. Auch fonft beginnt es 
fih aller Orten nad derfelben Richtung 
hin zu regen. Gn Weimar hat fi ein Aug» 
ftellerverband Thüringifher Rünftler ge- 
bildet, der es werfuden will, Innerhalb 
des fähfifchethüringifhen Landes das 
Runftintereffe zu pflegen und neue Ab- 
faßgebiete zu gewinnen. Ueber ähnliche 
Unternehmungen in Hamburg berichten 
wir in. eben diefer Nummer. Aud die 
Fleineren durd fein Programm verpflid- 
teten Riinftlergruppen in den großen Cen= 
tren bilden Glieder in derfelben Kette, 
deren Zufammenfhluß füh früher oder 
fpäter vollziehen muß. Hat fid die 
Lebensfabigheit diefer lofalen Gntereffenten- 
gruppen erft einmal erwiefen, fo wird 
es ein Leichtes fein, Rartelle abzufchließen, 
wo die einheimifhen Kräfte nicht aus- 
reihen, fih gegenfeitig zu unterftügen 
und jo über ganz Deutjdhland ein Ylek 
fünftlerifher Beftrebungen zu ziehen. Die 
bier zunähft eintretende Dezentralifation 
bedeutet feine Gefahr in Bezug auf ôte 
Höhe der Leiftungen. Deutfchlands künft- 
lerifhes und literarifhes Heil bat von 
jeber in der geiftigen Rleinftaateret ge- 
legen, die mit der politifden nidts ge- 
mein bat. Lofale Eigenart gewinnt je 
nad ihrer Stärke von felbft nationale, und in weiterer Entwidelung inter- 
nationale Bedeutung. Unter allen Umftänden aber ift fie ein fiderer Schuß 
gegen das Jmportiren ausländifhen Modegefhmads, dem jede Verbindung 
mit dem einheimifhen Empfinden fehlt. 


Kunftliteratur und Kunftreproduftion. 5 


Beorg Treu: Conftantin Meunier. (Verlag von Emil Richter, Dresden.) 
Preis 5 Mare. 

Wenn man hoffen darf, dağ die Wertbfhätrung Meunier's in Deutfhland 
nidt bei der Augenblitsbegeifterung vorübergehender Ausftellungen fteben 
bleibt, fo verdient ein nen erfchienenes Werfden die allgemeine Beadtung 
und Anerkennung, das gerade aus diefem Enthufiasmus berausgewadfen 
dem Wunfche gerecht ‚wird, die Runft Meunier's in gut gewählten Beifpielen 
dem Derftändniß aller Aunftfreunde zu übermitteln und zu dauerndem Benuffe zu- 
gänglid zu maden. 
Das Bud: Con- 
ftantin Meunier 
von Georg Cren, 
im Derlage der 
Runfthandlung von 

Emil Ridter, 
Dresden, enthalt 
35 Tafeln, 3 Tert- 
bilder, als Titel- 
bild das Porträt des 
Riinftlers. Gm An- 
fhluğ an feine hier 
vorgeführten Werke 
giebt Ser Derfaffer, 
Profeffor Dr. Treu 
(der Direftor der 
Rénigliden Stulp- 
turenfammlung in 
Dresden) eine furz- 
Gefafte flare Sdhil- 
derung feines Le- 
bens und Wirfens, 
deren Werth nod 





$. Ubbelohde, Kiefern. 


erhöht wird durch die eingeflodhtenen Ausfprühe des Meifters fowie 
duch einen Anhang von autobiographifhen Mittheilungen. Die Wiedergabe 
feiner Schöpfungen in Zintdrud (zum Theil einem größeren Werte: „les 
Maitres de l’Art contemporain“ entnommen) ift eine vorzüglihe, fo daß 
man in der lebenevollen Darftellung Tren’s Schritt für Schritt der Ent- 
widelung Meunier's zu folgen vermag. Das ganze innere Leben, deffen 
Reihthum der Rünftler erft in fpäteren Jahren inne wird, erfheint wie eine 
von der Natur bedingte Ronfequenz feiner äußeren Erfahrungen; alle Ein- 
dtiide, welche der 
Riinftler von Ju- 
gend auf empfängt, 
geben in ihrer Der- 
fettung feinem We- 
fen die Ridtung und 
feiner Runft jenen 
tiefernften Gehalt, 
der an Zeit und Ort 
gebunden eine tul- 
turhiſtoriſche Bedeu⸗ 
tung behalten 
wird. Die Umge- 
bung der Roblen- 
arbeiter und Berg- 
werfsleute, mit wel- 
hen der Künftler 
lebt und aufwadft, 
wird fiir fein gan- 
3e3 Leben beftim- 
mend. Ylicht minder 
der erfte gewaltige 
Eindrud der Antike, 
auf welden jedodh 


gu — — 


Deutſche Kunſt. 


die damalige hohle und glatte Bildhauerkunſt ihn derartig ernüchtert, daß der 
Jüngling, der in der Plaftif vergeblih nah dem Ausdrudsmittel feiner 
reifenden Wabrheitsliebe ringt, fid mit einem Male der Malerei zumwendet, 
um Land und Leute feiner Herfunft fehildern 3u fdnnen. Aus diefer Zeit 
fammen beifpielsweife die wiedergegebenen Paftelle: das jhwarze Land, 
der Shadt, die Hefatombe (die Opfer eines Grubenungliids). Mit über- 
zeugender Alarhelt entwidelt fodann der Verfaffer, wie in Meunier das Bee 
dürfnig nach plaftifher Geftaltung wieder zum Durhbruh kommt; bei einem 
Dergleich feiner legten Bilder und den erften plaftifhen Werken diefer Periode 
tritt das Formengefühl in reliefartigen Aufreihen der Bruppen, In der Typen- 
ftrenge der Figuren und dem ganzen Aufbau immer mehr hervor. Damit 
beginnt die Blanzzeit feiner Plaftit, aus welder eine ganze Reihe Einzel- 
figuren, wie der Kammermeifter, der Laftträger, Pflüger, Puddler, der Per- 
wundete, ferner die Gruppen, wie der verlorene Sobn, das Grubengas und 
endlih mehrere feiner flaffifden 
Reliefs, wie die Ziegelbrenner, 
die Ausfahrt der Bergleute und 
die berühmten Fragmente zum 
Denfmal der Arbeit wiederge- 
geben find. An die Betradtung 
diefes gewaltigen Wertes, das 
der Rünftler quf eigene fauft 
und mit eigenen Mitteln unter 
nommen ‘bat, Eniipft der Der- 
faffer einige febr beherzigens- 
werthe Bemerkungen über wahre 
nationale Runft, welhe in Men- 
nier ibr Vorbild fiebt, und ftellt 
diefer die ftaatlihe Konkurrenz 
gegenüber, weldhe den Rünftlern 
eine von außen fommende felten 
ganz dSanfbare Aufgabe ftellt, 
die unter bindenden Derträgen . 
und unter der Auffidt eines 
Comités nidt im Stande find, 
etwas Erfreulihes zu fdbaffen. 
Treu fagt u. a.: „Es müflen ja 
nidt immer auf Poftamente ge- 
fpießte, mehr oder weniger be- 
tühmte Männer fein, welde 
unfere Sffentliden Plage und 
Anlagen zieren; und Bildwerfe 
anderer Art foll man nicht immer 
in die Mufeen fperren. Man foll 
fle in's Freie binausftellen, in 
die öffentlihen Garten, in die 
allen zugänglihen Bebäude. So 
gefhah es im Alterthum und in 
der Renaiffance; fo bat man es neuerdings in Paris wieder zu maden be- 
gonnen, und damit der neuen Blüthe franzöfifher Malerei den Weg zu 
Augen und Sinn breiterer Dolksfhihten geöffnet.‘ 

Möge das ansgeseihnete Buh and in diefem Sinne in Dentfd- 
land eine Würdigung finden und dem belgifhen Meifter neue Freunde 
werben. 

Carl fel. v Schlichtegroll: 
(Verlag €. Haberland-Leipzig.) Preis 1,50 Mark, 

Es ift eigenthiimlid, daß troß der vielfeitigen Reformbeftrebungen auf dem 
tehnifhen Gebiete der Malerei nod) unter KRünftlern eine große Unfenntniß 
vorherrfiht von dem Wefen der Tempera-Malerei. Selbft von der Bedeutung 
des Wortes Tempera, weldes fih von dem Iateinifhen temperare — mifhen, 
ins richtige Derhältniß bringen, berleitet, und alfo nichts weiter als Mifhung 
bedeutet, haben die Wenigften einen Begriff. Als die von Baron v. Pereira 
erfundene Temperafarbe in Aufnahme fam, verfuchte fih jeder der neuen 
Technik zu bedienen und viele, die von den Nachtheilen der nachdunkelnden 
und teiffenden Oelfarbe überzeugt waren, glaubten in der flüffigen Behandlung 
der leuchtenden Tempera ihr Heil zu finden. Die Derfuhe mit dtefer Neuerung 
mögen wohl 3u den fhlimmften Erfahrungen geführt haben, wenn nidt ein 
gründlihes Studium der Eigenthümlichkeiten in diefer Technik vorausging, wenn 
niht an Stelle des Experimentierens erft das grundlegende Willen über die 
Sufammenfegung der Farbe und die Haltbarkeit der Bindemittel trat. Derfelben 


F. E. Meng⸗Trimmis. 





Die Tempera-Malerei Pereira. - 


N TT. ape re x 


171 


Unfenntnif und Gleidgiltigteit, wie bei einzelnen Rünftlern begegnet man 
fogar heutzutage noh in den ftaatliden Lehranftalten, den Akademien, wo 
man alles andere fiir wichtiger hält, ale eine praftifhe und theoretifhe Be- 
[häftigung mit dem Handwerkszeug, mit der Herftellung des Malgrundes’ und 
der Verbindung der farben. x 

Was nun auf diefem Gebiete der verdienftvolle Baron Pereira im Per- 
gleihe moderner Bilder mit denen alter Meifter innerhalb 20 Jahren erforfcht 
und zu pofitivem Refultate geführt bat, ift neuerdings in einer Schrift von 
Carl feliz v. Shlidtegroll unter dem Titel „Die Tempera-Malerei 
Pereira ntedergelegt. Der Verfaffer, welder lange Jahre mit Pereira gemein- 
fchaftlich arbeitete, giebt 3unadft feine Beobadtungen bei alten und neuen Meiftern 
wieder. Die heutige Oelfarbe, die aus einer Mifhung von Farbmebl mit 
Oel, Wads und bitumindfen Stoffen befteht, wird durd das paftofe Auftragen 
in mebreren fclecht vereinbaren Schidten übereinandergelagert, während die 
der mittelalterlihen Meifter nur 
mit geläutertem Leindl ange- 
tieben, lediglich zu Lafuren diente 
für Ste in Tempera fertig ge 
ftellten meift grau in grau ge- 
malten Bilder. Diefe Art, der 
Untermalung weift der Derfailer 
an van Eyd und flandrifchen 
Melftern nad und giebt, um 
die Entftehung der lange verloren 
gegangenen Technik zu verfolgen, 
eine ausführlibe Befhihte der 
Temperamalerei, deren Anfänge 
fhon bei den Aegyptern und 
Griehen zu fuhen find, während 
im Mittelalter die Malweife zum 
Gemeingut italieniſcher, deutſcher 
und niederländiſcher Meiſter 
wurde. Die Forſchungen ergaben 
ferner Rezepte für die farben- 
bereitung, welde bis aufs Meinfte 
Detail übereinftimmen. Aus all 
diefen Erfahrungen baut nun 
Pereira ein Syftem auf, das in 
der leichten Behandlung der La- 
furmalerei feine Spite bat; die 
Malmittel werden von der farbe 
felber getrennt und ihre Der- 
wendung dem Riinftler anbeim 
| gegeben, wie er fie im betreffen- 
den falle für praktifh hält, 
fei eo mit Waffer, Leim, Gummi- 
bar3 2c. Eine dem Paftell ähn- 
lihe Wirkung wird in der Tempe- 
ratur erzielt, wenn das Bild ungefirnißt ftehen bleibt. Ueber die andere Art der 
Technik, welche tiefe, fatte Töne, wie die der Oelmalerei hervorbringen foll 
und fowohl mit Untermalung mit zwei Brundfarben, oder der Prima-Malerei 
mit bunten farben beginnen lann, ift des weiteren eine ausführlihe Anleitung 
gegeben, wie über das Lafiren und die Benugung von Harz, Majolifa und 
Deforationsfarben. i 
Dr. Stanz Weinit: Theodor Hofemann. 

des Dereins für die Befhichte Berlins.) 

Die funftgefhichtlihe Studie des DVerfaflers, welder 9 Zlluftrationen 
beigegeben find, ruft die Erinnerung am den trefflihen, ehemals fo volts- 
thiimliden Berliner Rünftler wadh. Seine unverdienter Weife der Vergeffen- 
beit anbeimgefallenen Bilder und Zeihnungen find Sittenfhilderungen, deren 
Humor für die Zeit und die Mleinlihen DVerhältniffe des alten Berlins 
harakteriftifh find. Der Lebenslauf des Rünftlers giebt einen feflelnden Ein- 
blid in die befdheldenen Verhältniffe der erften Jahrzehnte unferes Jahr- 
bunderts. Seine Jugendjahre verbradhte H. am Rhein, in Heidelberg, Mann- 
beim und Düfjeldorf, wo er bis zum 21. Jahre verblieb und fhon frühe fid 
feinen Unterhalt fuhen mußte. Durch feine Lünftlerifhe Begabung verfchaffte 
er fih Eintritt in die litbographifhe Anftalt von Arnz & Winkelmann in 
Düfjeldorf, bildete jedod nebenher fein Talent felbftftändig aus und befudte 
die Afademie, ohne von ihr fid) beeinflujfen zu laffen. Mit dem erwähnten 
Lithographen Winkelmann fiedelte er im Gabre 1828 nah Berlin über. 


Toilette des Modells, 


(Heft 34 der Schriften 


— — 





£eo Colftot und die Kunft. 


Wenn fid cin Mann wie Leo Tolftoi mit der Definition des Be- 
griffes ,,Runft befhäftigt, fo darf er einer großen Aufmerkfamteit von 
Seiten der Betheiligten jicher fein, felbft wenn fein Urtheil durch Sadhkenntnif 
nicht merfli getrübt ift. Der grofe Magus im Often, deflen literarifhe 
Qualitäten im übrigen unbeftritten bleiben, orafelt im foeben erjchienenen 
erten Theile feines Wertes „Ueber die Runjt" etwa folgendermaßen: 

„Dort, wo für die Volfəbilðung nur ein Gundertftel deffen aufgewandt 
wird, was nothwendig wäre, um dem ganzen Wolfe Unterridtsmittel zu 
verfchaffen, werden von der Regierung Millionenfubfidien für Akademien, Ronfer- 
vatorien und Theater ausgeworfen. Gn jeder großen Stadt werden ungebeuere 
Bebände für Mufeen, Wlademien, Ronfervatorien und Theaterfhulen, zu Dor- 
ftellungen und Ronzerten errihtet.  Hunvderttaufense von Arbeitern — 
Simmerlente, Steinmeken, Färber, Tijhler, Tapezierer, Schneider, Barbiere, 
Juweliere, Bronzearbeiter und Seger — bringen ibr ganzes Leben in fehwerer 
Arbeit zu, um die Forderungen der Runft zu befriedigen, fo daß es «außer 
der militärifihen wohl feine andere menfhlihe Thätigfeit giebt, welche foviel 
Kräfte abjorbirte, mie diefe. Wbgefehen von dtefer ungehenren Arbeit 
werden aber für diefe Thätigfeit, ebenfo wie für den Krieg, dirett Menfden- 
leben aufgebrauht. Hunderttaufende von Menjhen wenden von Jugend an 
ihr ganzes Leben darauf, zu erlernen, fehr rafch die Beine zu bewegen (die 


Tänzer), febr rafh die Taften oder Saiten zu rühren (die Mufifanten), mit - 


Farben zu malen und Alles darzuftellen, was fie fehen (die Maler), jegliche 
Phrafe auf jede Weife zu drehen und zu jedem Worte einen Reim zu finden. 
Und diefe Leute — häufig fehr gute, Pluge und zu jeder nützlichen Arbeit 
fähige Leute — verwildern in folhen ausfhließlihen, verdummenden Be- 
jhäftigungen, werden zu einfeitigen und völlig felbftzufriedenen Spesialiften, 
die gegen alle ernften Lebenserfcheinungen ftumpf find und nur verfteben, 
ihre Beine, ihre Zunge oder ihre Finger herumzudrehen. Man fagt, dağ 
Alles diefes für die Kunft gefhehe und die Runft eine fehr, widhtige Sade 
fei. Zt es aber wahr, daß diejes die Aunft fei, und die Runft eine fo 
widtige Sache wäre, um ihr folhe Opfer zu bringen? Diefe frage ift 
deshalb befonders widtig, weil die Runft, um deretwillen die Arbeit von 
Millionen Menfhen, ja jogar Menfchenleben und vor allem die Liebe zwifchen 
den Menfhen zum Opfer gebracht werden, im Bewuftfein der Leute zu etwas 
immer Unflarerem und Unbeftimmterem wird." 

Wenn dann Tolftoi in weiterer folge nichts anderes zu fagen weiß, 
als: „die Runft ift eine der Bedingungen des menfdliden Lebens und ein 
Mittel des Verkehrs der Menfchen untereinander‘, fo will uns das dod aud 
redt unklar und unbeftimmt erfheinen. Un diejer Unklarheit vermag natür- 
lih auh ein angehängter Kommentar nichts zu ändern: „Die Thätigfeit der 
Runft beruht darauf, daß der Menfch, Indem er mit dem Gehör oder Befiht 
die Gefühlsäußerungen eines anderen Menjhen wahrnimmt, fähig ift, 
dasfelbe Befühl zu empfinden, wie es jener empfand, der fein Gefühl zum 
Ausdruck brachte.“ 

Die Kunſt gehört eben einmal auf die heitere Seite des Lebens, für 
die dem ſozialtevolutionären Grafen Tolſtoi die ewige Beſchäftigung mit der 
korreſpondirenden Schattenſeite den Blick getrübt hat. 





Zuriofa aus Atelier und Werkftatt. 

— Die PolizeieinerRunftftadt. S. fleifhmann's „Lady Godiva's, 
dejjelben Künftlers ,Unfeuld und L. Sturm's „Echo“ find in Düfjeldorf 
ob fittengefabrlider Nadtheit der weiblihen Figuren der Betrachtung eines 
funftfinnigen Publifums mittelft Polizeierlajies entzogen worden. So ge- 
[heben im Jahre des Heils 189S. 


Deutfhe Runft. 


Vermifchtes. 
Kuriofa ans Afelier und Werkttatt. 
Gedanken iiher hiltende Kuni. 


— Runftpflegein Wien. Die Herren des Wiener Gemeinderaths pflegen 
ih gern ihres Mäcenatenthbums zu rübmen. Dazu liefert ein während der 
Budgetberathung befprodhener Lall eine eigenartige Flluftration. Jm Vor- 
jabre hatte der Bildhauer Gemeinderath Coftenoble beantragt, für die 
Förderung der heimifhen Aunft jährlih 20 000 fl. auszuwerfen und diefen 
Betrag in das Budget einzuferen. Merfwiirdiger Weife fand fid in dem 
Hauptvoranfchlage pro IS9S diefe Summe oder ein anderer Betrag für den 
gleihen Jwet niht eingeftellt; wohl aber wurde in einer Notiz bemerkt, 
der Magiftrat babe über den Antrag Coftenoble nod nicht Beritt erftattet. 
Bemeinderath Zifferer ftellte den Antrag, daß der Magiftrat verhalten werde, 
binnen vier Woden über die Angelegenheit Bericht zu erftatten, und daß die 
20 000 fl. in das Budget pro IS98 einzufegen feien. Die Majorität fand es 
jedoh nit für nothwendig, diefe Anträge auh nur dem Stadtrathe zu- 
zumeifen, und lehnte fie rundmeg ab. 


— Yen entdedte Watteau - Malereien. Ein Parijer Tapezierer war 
von einem reihen Privatmann nad Belgien berufen worden, um einen 
Salon jtilvoll einzurihten. Er fand dort prädtige auf Holz gemalte 
Füllungen, deren Malereien mit feinften Verzierungen umgeben waren. Der 
Eigenthümer, der diefe bemalten Fitlungen nicht verwerthen wollte, bot fie 
dem Tapezierer zum Kaufe an, und diefer fhloß ihn mit GOOO frcs. ab. 
Nah Paris heimgefelrt, zeigte der Tapezierer dieje Malereien einem Renner, 
der Ihm erflärte, daß die Bilder Werfe Antoine Watteau’s oder mindeftens 
eines jeiner beften Schüler feien. Der Tapezierer hat die Füllungen mit 
25 000 fires. verfauft, der Raufer hat fie auf den Markt gebracht und fordert 
— 525.000 fres., woriiber Unterhandlungen fdweben. 


— Eine Statue in maffivem Golde. Cin amerifanifdher Bildhauer 
bat von einem Spndifat von Millionären den Aufteag erhalten, für die 
Parifer Ausftellung vom Jahre 1900 eine aus maffivem Golde hergeftellte 
Statue des Präfidenten Mac Kinley zu fihaffen. Die Statue foll eine Hobe 
von fieben Fup haben und in Gold einen Werth von mehr als vier Millionen 
Mark repräfentiren. Und der Runftwerth? — 


Gedanken iiber bildende Runi. 


Die Runft an und fiir fic felbft ift cdel; deshalb fürdhtet fih der Rünftler 
nidt vor dem Gemeinen. Ja, indem er es aufnimmt, ift es fdhon geadelt, 
und fo feben wir die größten Riinftler mit Riibnheit ihe Majeftätsrecht 
ausüben. 








+ 
Die Dilettanten, wenn fie das Méglidjte gethan haben, pflegen zu ihrer 
Entjhuldigung zu fagen, die Arbeit fei noh niht fertig. Freilich kann ſie 
nie fertig werden, weil ſie nie recht angefangen ward. Der Meiſter ſtellt ſein 
Werk mit wenigen Strichen als fertig dar; ausgeführt oder nicht, ſchon iſt 


es vollendet. 


* 
Wenn ich jüngere deutſche Maler befrage, warum ſie doch, beſonders in 


ihren Landſchaften, ſo widerwärtige grelle Töne dem Auge darſtellen und 
vor aller Harmonie zu fliehen ſcheinen? ſo geben ſie wohl ganz dreiſt und 
getroſt zur Antwort: Sie ſähen die Natur genau auf ſolche Weiſe. 


* 
Wir wiffen von feiner Welt, «ls in Bezug auf den Menſchen; wir wollen 
feine Runft, als die ein Abdrud diefes Bezuges ift. 
* 


Ein Künſtler, der ſchätzbare Arbeiten verfertigt, iſt nicht immer im Stande, 
von eigenen oder fremden Werken Rechenſchaft zu geben. 


Die Technik in Verbindung mit dem Abgeſchmackten iſt die fürchterlichſte 
Feindin der Kunſt. 


* 
Raphaelin von Reggio malte mit ſolcher Leichtigkeit die Außenſeiten der 
häuſer in fresco, dağ alle Rinder Kalk auf Ziegeln ſtrichen und das 
Gleiche zu thun gedachten. Goethe. 


— —m⸗⸗ gun 


— —— — — = 
= TE — EEE ee — eee a? 











Sächfifcher Kunftverein zu Dresden. 


Jn der Derfammlung der Mitglieder des Sähfifhen Runftvereins am 
50. November 1897 ift befchloffen worden, als Dereinsgabe für 1899 nad 
§ 5 der Sabungen vom JO. März 1895 niht ein größeres Blatt, fondern 
fünf Bleinere zu einem Hefte mit Umfhlag vereinigte Werte der verviel- 
fältigenden Riinfte zu vertheilen. 

An die Herren Künftler, welde fähfifher Staatsangehörigkeit oder dod 
dauernd in Sahfen wohnhaft find, wird das Erfuhen gerichtet, 

bis J. Mai 1898 
Dorfhläge für diefe fünf Aunftblätter, welhe bis zum Schluß des Jahres 1899 
vollzählig als Heft geliefert "fein müffen, an das unterzeihnete Direktorium 
gelangen zu laffen. Die Dorfchläge fönnen in der Einjendung von Original- 
Radirungen. oder von Madbilbungen, aud in bloßen Entwürfen, oder aud 
in der Bezeihnung von Runftwerfen, weldhe in Nachbildung wiedergegeben 
werden follen, befteben. 

Ausgefhloffen find auf mehanifchem Wege hergefteltte Dervielfältigungen, 
ingleihen Photographieen. 

In Bezug auf den Preis für die Lieferung der fünf Aunftblätter in der 
erforderlihen Anzahl einfhlieglih der dazu gehörigen Umfhläge gelten die 
feitherigen Beftimmungen. Hieriiber fowte betreffs der Bröße der einzelnen 
Blätter und fonft ift Weiteres bei dem Kaftellan des Sädhfifhen Runftvereins 
zu erfahren. . 

‚für die eingefendeten Entwürfe oder fonftigen Dorfhläge wird als folde 
eine Dergütung nit gewährt. 

Dresden, den 25. Januar 1898. 

Das Direftorium des Sähfifhen Kunſtvereins. 
Graf Digthum. 


Die Derballhornifirung der Schrift. 


Wir erhalten folgende Zufgrift: „Die jungen gährenden und mannig- 
fad zerfabrenen Elemente in un,erer modernen Runft beginnen neuerdings 
aud den Buhdrud fih unterthänig zu madhen und darin die auffälligften 
Ausfhreitungen zu begehen. Bei manden Werften weiß man heute faum 
nod 34 fagen, was darin wichtiger ift, der Wortinhalt oder die Umrahmung, 
die Randleiften, Schlußverzierungen, die häufig halbe Seiten in Anfprud 
nehmen und ihren eigentlihen Swed, nur ein jhmüdendes Beiwerf, eine 
zierlihe Einleitung oder einen gefälligen Schluß zu bilden, völlig außer Acht 
laffen. Wir geben bier auf die Art der Ausführung nit ein; ob fie fön 
oder häßlich ift, dürfte in erfter Linie Befhmadfade fein. Aber Derwahrung 
mödten wir dagegen einlegen, daß ein Theil diefer überfprudelnden „Künftler‘ 
es für angemeffen erachtet, ihre Fünftlerifhen Lannen und Empfindungen an 
den einzelnen Bucftaben auszulaffen und fie fo unzuformen, daß es faum 
noch möglid ift, fie zu erfennen. Das trifft vor allem für eine Reihe von 
Einladungen zu Kunft » Ausftellungen, für Ankündigungen von Runftwerfen 
un. f. w. zu, von denen man fagen muß, daß fie geradezu unleferlich werden. 
Wenn man einzelne der Buchftaben, die diefe Riinftler anwenden, aus ihrem 
Fufammenbange berausnähme, jo würden wenige Lefer im Stande fein, das 
Räthfel zu löfen, welhen Budftaben fie darftellen follen. Daffelbe gilt fiir 
mande Gnitialen von” Runftvereinen, Lefer und Budzeihen u. f. w. Wir 
halten diefe neuere Bewegung für durchaus ungefund und Franfhaft und 
médten dringend alle, die auf einen guten Befhmad Werth legen, davor 
warnen, diefe fünftlihe Derunftaltung unferer Budftaben zu fördern. Unfere 
deutfhe Schrift it fhon fo wie fo verfhnörkelt und ungelen? genug; es ift 


befannt, daß fie fih weit fhwerer lefen läßt als die Flarere, einfachere und 
durdfidtigere fog. lateinifhe Schrift und daß fie einen Theil der Schuld an 
der zunehmenden Rurzfichtigfeit unferer deutfchen Gelehrten trägt. Die Be- 
wegung zu Bunften der Rüdfehr zu Flareren und einfaderen Budftaben, zur 
Bejeitigung der aus dem Mittelalter übernommenen gothifhen Schnörfel hatte 
längere Zeit einen größeren Auffhwung genommen; fie machte aber Halt 
vor dem WMadtgebot des ‘Fürften Biemard, der duch ihre Derwirklihung in 
der Bequemlichkeit des Lefens beeinträdhtigt zu werden fürdhtete. Man büte 
fih aber jest vor allem, in das Gegentheil zu verfallen und die Budftaben 
fünftlih zu verunftalten, fo daß fie ihren widtigften Zwed, leicht leferlih zu 
fein, vollftändig verfehlen.* Wir können dem Gnbalte diefer Zufdrift durd- 
aus beiftimmen. jede Schrift, die beftimmt ift, gelefen zu werden, foil 
zuerft Mar und dann erft [hön fein. 


- Orthochromatifche Photographie. 

Die gewöhnlihe Photographie giebt die Tonwerthe der Farben nicht 
tidtig wieder und man arbeitete jhon in den 50er Jahren an der Abftellung 
diefes Uebelftandes, der mamentlih bei der Reproduktion von Gemälden 
bervortrat. Wan verfudte im naffen Rollodiumverfabren zuerft duch Anus- 
fhluß einzelner Farben, durd das Einfhieben von Farbenfiltern das erftrebte 
Jiel zu erreihen. Prof. Dr. h. W. Dogel fand fdlieflih, ausgehend von 
der Theorie, daß lihtempfindlihe Silberfhichten alle Farben photographiren, 
welde fie verfhluden, die einzig ridlige Löfung des Problems, das er mit 
feinem Freunde Obernetter zu einem Spftem ausbaute. Jur Farbenempfind- 
lihmadung der Silberfhihte dienen heute zumeift Erythrofin und Cofin. 
Die von Vogel und Obernetter zuerft Sargeftellten Platten werden von Otto 
Peruk, Trodenplattenfabrit, Münden, fabritmäßig bhergeftellt; Fabrif und 
JFabrifationsgebeimniffe haben C. Ff. Boehringer & Söhne erworben. Jm 
Anfang gaben die neuen Platten 3u manderlei Klagen Anlaß: fie waren 
nidt haltbar; die Manipulationen mit denfelben hatten ihre Schwierigfeiten 
und waren den Photographen ungewohnt, weshalb Mißerfolge nicht aus- 
blieben. Heute ift die Qualität der farbenempfindliden Trodenplatten vor- 
züglih; fie haben auch ohne Anwendung der Belbfheibe gemügende Gelb- 
wirfung, maden Farbenfilter nicht nöthig und geben bei kürzefter Erponirzeit 
auserponirte Bilder, ermdgliden alfo febr wohl auh Momentaufnahmen. 
Die Entwidlung ift die gleihe wie bei anderen Platten, nur müflen zur 
Dunfelfammerbeleubtung folhe rothe Scheiben und Cylinder verwendet 
werden, die auf ihre Nihtöurdläfiigkeit von gelben und grünen Lidtftrablen 
fpeftroffopifh geprüft find. 

Auh bei Bligliht gemadhte Aufnahmen laffen. an Schärfe nichts zu 
wiinfden übrig, nur empfiehlt es fih, I Gramm Magnefium mit 6 Gramm 
falpeterfaurem Natron zu vermifchen, damit der Blig eine gelbe Färbung 
erhält. Die fernwirfang bei Aufnahmen von Landihaftsbildern ift hervor- 
tagend. Wenn die Berufsphotographen verhältnigmäßig wenig mit den 
neuen Platten arbeiten, fo mag das verfdiedene Griinde haben. für die 
Handhabung der neuen Platten fehlt ihnen vielfah nod die Routine. Aud 
der höhere Preis fpielt eine Rolle. Schlieflih fpriht auh die Gewohnheit 
des Publitums mit. Gnfanterie-Offistere 3. B., dte man aufnahm, wobei die 
Uniform, ihrem richtigen Farbenwerth entjprehend, dunkel Pam, meinten: 
„Wir find dodh niht von der Artillerie.“ Die abfalligen Urthetle in fad- 
blättern über die erften Platten haben and viele abgefhredt. Den Amateuren 
wird es aljo überlaffen bleiben, bier bahnbrehend vorzugeben. Aufnahmen, 
die mit gewöhnlihen, und dagegen jolde, die mit Perug'jhen Platten gemadt 


— — 





174 


werden, zeigen wejentlihe Unterfhiede. Eine polyhrome Dafe 3. B. erfchien 
bier glatt, dort mit allen ihren figuren. Das Bleihe ift von den ver- 
fhiedenen Reproduftionen von Bemälden 3x fagen. 


Eine Altarwand von Carl Kanghammer. 


Der moderne Rünftler wird nicht felten vor Aufgaben geftellt, deren 
Löfung er feinem individuellen Empfinden abringen muß, weil die Dor- 
bedingungen feines Schaffens wefentlid andere geworden find. Der firdliden 
Runft unferer Tage fehlt der. große Zug in das Monumentale, Empfindungs- 
gewaltige. Schon äußerlihb madt fih eine gewiffe Befhränfung bemerkbar. 
Die Rathedrale wird zur Pfarrfiche, die Pfarzfirhe zur Rapelle. Dem ent: 
fprehend verflühtigt Ah die religiöfe Monumentalmalerei zur Firhlihen 
Deforation. 

Der die Apfis vom Hauptfhlff thetlende Triumphbogen fpielt in der 
tomanifhen Rirhenarditeftur eine ftilbeftimmende Rolle. 

Dem fhwindenden reltgtöfen Bedürfniß ent- 
fpredend wurde die Apfis zur 
Altarnifche, der Triumph- 
bogen zur Altar- 
wand. Man 

muĝ mit 
diefen 





Dorbedin. 
gungen rechnen, 
wenn man ein deto- 
tatives Talent wie Carl 
Langhammer aus einer 
Gelegenbeitsleiftung beurtbeilen 
will. Es handelte ih darum, 
einen in feinen Derbältnifjen unge- 
mein ungünftigen Raum mit reli- 
giöfen Darftellungen zu fchmüden, 
die einen Bezug zu den vom Altar 
ausgehenden Segnungen haben. Cine 
jvmmetrifhe Anordnung des Stoffes 
war durch die Bogenform der Ultar- 
wand der Rapellein Schönjee (Pofen 
gegeben. Es fonnte nur eine Dupli» 
zität Ser Scenen in frage tommen, 
die von einem in der Mitte des Bo- 
gens liegenden Centrum beherrſcht 
wurde. Diefer ideelle und formale 
Brundgedanfe der Rompofition — ift 
energiſch durchgeführt. 

Links ringt Jakob mit dem Engel: 
„Ich laſſe Dich nicht, Du ſegneſt mich 
denn!“ Rechts tauft Johannes den 
jugendlichen Heiland: „Das iſt Bottes 
Lamm, welches der Welt Sünde trägt“, 
und von der Bogenmitte aus entſendet 
die Taube, das Symbol des heili— 
gen Geiſtes, ihre Segen ſpendenden 
Strahlen. 

Diefer die Rompofition beberr- 
jhenden Grundidee entfpriht die 
formengebung. Kangbammer ift in 
die Schule der alten Ftaliener g 
€s ijt ihm vor Allem ges 
lungen, Lidt, Landfdaft 
tales in eine gewiffe Harmonie zu 
Wenn er 
linfs ein 


gangen. 
und figu 
bringen. tedts 
3u prä», 
rafaelitifh wird, fo 


ein wenig 
wenig 3u poft 


fann man ibm 


Deutfde Runft 











C. Fanghammer, Altarwand in Schönjee (Pojen). 


das um der gut ftilificten Anordnung des Ganzen willen zu Gute halten. Alles 
fügt ih 3wanglos der fläde ein. 6. m. 





Berlin. — Die in den Etat 1898/99 eingeftellte Erhöhung des Runft- 
fonds von 500000 auf 350000 Mark ift mit um fo größerer freude zu 
begrüßen, als man aud dem provinziellen Runftbedürfniß ein wenig zu 
Hilfe zu Fommen beabjihtigt. Gn der Motivirung der Etatspofition heißt es: 
„Schon feit längerer Zeit hat ih der fonds als unzureihend erwiefen, den 
an ihn geftellten berechtigten Anforderungen zu entfpreden. Zur Hebung 
und Verbreitung des Runftfinnes erfdeint es erforderlih, den aus den Pro- 
vinzen eingehenden Anträgen wegen Ausführung von Werken der monumentalen 
Runft mehr als bisher zu genügen. Das Beftreben, der Nationalgalerie 
Runftwerfe zuzuführen, weldhe als herworragende Meifterwerfe die allgemeine 
Anerkennung der urtheilsfähigen Areife gefunden haben, hat fih mit den bis- 
þerigen Mitteln nicht ausreichend verwirklihen laffen. Zur Pflege und 

Förderung des fünftlerifhen Schaffens hat die Akademie 

der Rünfte in Berlin feit Fahren im Fntereffe 
der Künftlerfhaft eine Erhöhung 

des Runftfonds dringend ere 

beten.“ 

Yleben der ftaat- 
lichen Unter» 
ftiigung 


läßt man 

es aud an be 

hördlihen Anregungen 

zur ‚Förderung Fünftleri- 

[her Zwede nicht feblen. So 

bat fih unter der Aegide der 
betreffenden Candrätbe ein Uder- 
märfifher Mufeums- und Be- 
fhidhtsvereim gebildet zur Erfor- 
{hung der Gefhichte und fulturellen 
Entwidelung der Udermark und deren 
Bewohner bis in die nenefte Zeit, 
fowie zur Hebung des Kunftjinnes 
und des Runftgewerbes. Diefe Zweite 
follen erreiht werden durch €inrid= 
tung eines Mufeums und einer Bib- 
liothef, durch literarifhe Veröffent— 
lidungen, Deranftaltungen von Aus- 
ftellungen und Erfurfionen. Die ge- 
meinfame führung der Prafidialge- 
fhafte durd die Landrathe Ser drei 
utermärtifhen Kreife Prenzlau, An- 
germünde und Templin bat zwar einen 
fomifhen Beigefhmad, «ber es ift 
immerhin Ausjiht vorhanden, dağ 
man fih einmal darauf bejinnt, wie 
aud) die Mark eine eigenartige fünft- 
lerifhe Dergangenbeit bat, die der 
Aufmerkſamkeit werth iſi. 

Jedenfalls iſt ein Zuſammenwir— 
ken der Kunſtverwaltung mit den freien 
Vereinigungen ungemein erwünſcht, 
wie denn auch der „Deutſche Kunſt 
vereint, mit der Wahl des neuen 
Direktors der National-Balerie Herrn 
vp. Tfdudi und des Geheimen Regie 
tungstaths Herrn v. Moltfe zu Dor- 
figenden einen glüdlihen Briff getban 
Dereins 


hat, der den Fweden des 


nur dienlid fein fann. Auh von 


dem neuen Schriftführer Heren Pro- 





i * 


TS oT er — 


Deutſche Kunſt. 


feſſor v. Oettingen läßt ſich manche Anregung erwarten. Herr von Oettingen hat 
fih dur die Deranftaltung der Bödlin-Ausfellung, die von 50 000 Perfonen 
befuht wurde, erfolgreich eingeführt und ift auh wohl niht ohne Einfluß auf 
die Aenderungen gewefen, dte das Programm der Broßen Runftaus- 
ftellung 1898 aufweift. Die Beftimmungen entfpreden im Wefentliden den- 
jenigen der legten Ausftellung. Sämmtlihe Runftwerfe find zwifhen dem 
JJ. und 25. März im Ausftellungsgebäude am Lehrter Bahnhof abzuliefern; 
die vorangebende Anmeldung ift bis zum J. Marz zu bewirken. Die Der- 
fiherung der Werte erfolgt bis in Höhe von 3 Millionen Mark, gegen 
4 Millionen Mark im Dorjabre. Die Zeihnungen oder Photographien für 
den illuſtrirten Ratalog ſind bis zum 25. März an die Geſchäftsleitung ein⸗ 
zufenden. ` "Eine Wendung zum Befferen fehen wir in der von uns oft be- 
fürworteten Heranziehung lünftlerifh hervorragender Werke des Runfthand- 
werts. Weiterhin follen and die Beftrebungen auf dem Gebiete der Klein- 
Plaftit Beförderung erfahren durd Bereitftellung befonderer Mittel, melde 
zum Ankauf figürlider Bronzen Verwendung finden werden. Aud foll, falls 
Modelle zur Ausftellung gelangen, die Ausführung in Bronze ermöglicht 
werden. Das fieht fehr viel verheißend aus, fann aber nur dann von Er- 
folg begleitet fein, wenn man grundfäglih alle fabrifwaare ausfhließt und 
fih auf Originalarbeiten von wirklih Fünftlerifher Bedeutung befhräntt. 
Da fih unmittelbar an die große Jahresbildfhru eine Eliteausftellung des 
` Vereins Berliner Rünftler bei Belegenbeit der Eröffnung feines neuen Heime 
in der Bellevue- Strafe anfchliefen wird, fo fteht der Reiheshauptftadt 
im Laufe des Jahres eine Reihe erlejener Runftgeniiffe bevor. 


Münden. — Auh in Münden trifft man eifrig feine Vorbereitungen 
für die bevorftehende Runftcampagne. Eine außerordentlihe Generalver- 
fammlung der Rünftlergenoffenfhaft traf endgiltige Beftimmungen über die 
Jahresausſtellung 1898. 

Im Ganzen wurden die früheren Beftimmungen beibehalten; wo Ver- 
änderungen ftattfanden, wurde den Anträgen des Vorftandes entfprechend be- 
fcloffen. Eine wefentlihe Neuerung ift, dag Gruppen- und forporative Angs- 
ftellungen mit eigener Jury nad Dereinbarung mit der Ausftellungsleitung 
fattfinden können. ferner, daß eine Zuerfennung von Medaillen nicht ftatt- 
finden wird. Bezüglih des Tranportes wurde beftimmt, daß alle ausgeftellten 
Runftwerfe freie Rüdfradht genießen, foweit folhe von den betreffenden Bahn- 
verwaltungen gewährt wird. Der aus der Mitte der Derfammlung gebradte 
Antrag: „es möge der frühere Modus bei der Wahl der Maler-Fury, wonach 
jedes Mitglied wahlberedtigt ift, wieder eingeführt werden", wie dies bei den 
großen Internationalen Ausftellungen, auh bei der legten, in Geltung war, 
wurde angenommen. Sämmtlide Befhlüffe wurden einftimmig gefaßt; bei 





175 


der Befchlußfaffung über die Wiedereinführung des alten Modus für die Wahl 
der Maler-Furp enthielten fih elf Herren der Abftimmung. Mit befonderer 
Genugthuung begrüßen wir den durd Lenbadh beantragten Befhluß, die Aus- 
ftellung als „eine deutfche mit Zulaffung ausländifcher Rünftler‘ zu bezeichnen. 

"Inzwifhen wird man wobl thun, fid aud in Münden auf die Pflicht 
ftaatliher Runftpflege zu befinnen, wie fie mit fo großem Erfolge jüngft in 
Dresden geübt wird. Die Gelegenheit dazu bietet fih der bevorftehenden 
Ueberfiedelung des Yationalmufeums in fein neues ftattlihes Bebäude. Gn 
etwa anderthalb Fahren wird das alte Mufeum von feinen berühmten fultur- 
biftorifhen Sammlungen geräumt fein. Es befteht der dringende Wunfd, 
daß diefes von Rénig Mar II. erbaute Sammlungsgebäude, das BBefit der 
t. Jivillifte ift, auch fpäterhin für die Kunftfammlungen des Staates erhalten 
werde. Dor Allem denkt man an die Unterbringung des Mufeums von Byps- 
Abgüffen in dem alten Mattonalmufeum. Die Abgüfle der antiten Bildwerfe 
würden am beften in den Parterrerdumlidfeiten Unterkunft finden, während 
die Abgüffe von modernen Runftwerfen ihren Pla in den oberen mit den 
sefhichtlihen Wandbildern gefhmüdten Sälen erhalten dürften. Jedenfalls 
erweift fid eine Dermehrung der letzteren als dringend ndthig. 


Stuttgart. — Der Gefhäfteberiht des Württembergifhen Runft- 
vereins weift überall erfreulihe Refultate auf. Am Schluffe des Dereins- 
jahres fann der Dorftand mit Befriedigung auf fein Wirken zurüdbliden. 
Die Mitgliederzahl ift auf 2126 mit 2225 AUntheilfcheinen geftiegen. Die mit 
2135 Runftwerten befchidte Ausftellung wurde von 91 220 Perfonen befugt. 
für die Derloofung wurden 67 Werte für 15 82S Mark angekauft, während 
von Privatperfonen Erwerbungen im Betrage von 35 150 Mark gemadt 
wurden. Als Dereinsgabe fam für die Verwaltungsperiode von 1895/97 
auf jeden Antheilfhein ein Blatt der Radicung von W, L. Arndt nad dem 
Gemälde von R. Cidftadt: ,,Bliicher empfängt bei Benappes die erbeuteten 
Orden, Hut und Degen Napoleonga 1. zur DVertheilung. fiir die Ver- 
waltungeperiode 1897/99 ift wiederum eine Dereinsgabe in Ausfiht ge- 
nommen. 


Trier. — Das Provinzialmufeum verdankt dem Grafen v. fürften- 
berg-Stammbeim ein werthvolles und lehrreihes Befchent. Antäßlih der Be- 
fihtigung der diesjährigen Ausgrabungen auf einen Grundftiide in der 
Süd-Allee in Trier durch die Mufeumsfommiffion ftellte der Graf die Mittel 
zur Anfertigung von Modellen der Ausgrabungen zur Verfügung. Die 
Modelle wurden fofort in Angriff genommen, und zwar eines der ganzen 
Bauanlage im Maßftabe 1:50 und ein genaueres von den Baderdumen 
allein im Mafftabe 1:25. Diele Woden lang waren die Modelleure 





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176 


Shrwel und Adam emg bemüht, am Ausgrabungsplake die einzelnen 
Mauern in Bips nadhzubilden und zum Ganzen zufammenzufügen unter be- 
ftändiger Rontrole der Mufeumgleitung. Jet find die beiden Arbeiten 
glüdlih vollendet und im Mufeum aufgefteilt, wo fie ein anfcaulides Bild 
des intereffanten römifhen Bauwerfes bieten. Die Böden mebrerer unter- 
fellerter Zimmer können abgehoben werden und geftatten das Studium der 
woblerbaltenen Gewdlbefonftruftion der Keller. Aud der Boden des An- 
fleideraumes im Bade läßt fidh abheben, fo daß man den Verlauf des Wafer- 
abzugsfanals fowie eines Kanals einer früheren Periode ftudiren Pann. Die 
Modelleure haben fid) die Mühe nicht verdrießen laflen, dem Bauwerk bis in 
die Meinften Details nahzugehen, und fo ein Werk gejhaffen, das wirflid 
die Wiljfenfhaft zu fördern im Stande ift. 





Capel. — Der Gefhaftsberidt des Runftvereins verzeichnet einen 
Mitgliederzuwahs von 146 Aktionären und 47 Mitgliedern, jo daß der Ge- 
fammtbeftand SIS Aktionäre und 241 Mitglieder erreiht bat. Die ftändige 
Ausftellung im Runfthaufe wurde mit 100 Runftwerfen befdidt.  Rolleftiv- 
ausftellungen bradten Meyer-Caffel, Willy Hammader, Felix 
Poffart, Adolf Lins, Auguft Leu, Guftav Romin, Albert Brendel, 
Smith Hald. Die große Ausftellung wurde mit S57 Nummern eröffnet. 
Aus Dereinsmitteln wurde für 10 805, von Privatperfonen fiir 23 710 Mark 
erworben. Die Ausgaben der Ausftellung betrugen über 3000 Mark, die 
Einnahmen nod niht 2000 Mark. Jn Anbetracht diefer Unfoften, die fs 
erheblich gejtiegen find, weil die Zahl der ausgeftellten Bilder von Jahr zu 
Jahr währt, hält es der Dorftand für angezeigt, beim Derbande der Kunft- 
vereine weftlid der Elbe dahin zu wirken, daß fünftighin die Anzahl der die 
Wanderausftellungen des Verbandes mitmadenden Runftwerfe auf 500 be- 
fhränft wird. Wird der Antrag angenommen, fo ftellen fid) die Verfandt- 
foften wefentlic niedriger, und der fonds für Anfäufe wird jomit verftärkt. 
Fernerhin aber wird die Wusftellung, da nun die Auswablfommifjion einen 
firengeren Maßftab anlegen muß, vor einer Menge minderwerthiger und 
mittelmäfßiger Stüdte bewahrt, und für die Fleinere Zahl läft fi eine vortheil- 
baftere Aufitellung ermögliden. 


Crefeld. — Der Jnnungsausfhug batte im Raifer Wilhelm- 
Mufeum mit dem Direftor Dr. Denefen eine Zufammenkunft, in welder die 
Frage, wie Sas Mufeum dem Handwerferftande musbringend zu machen ift, 
eingehend erörtert wurde. Dr, Denefen bielt einen längeren Vortrag, worin 
er ausführte, wie die Sammlungen des Mufeums befrudtend auf das Runft- 
bandwerf wirken follten und Fönnten und wie befonders der Lefefact mit 
feinen Zeitjriften und Dorlageblättern in Benugung genommen werden müßte. 
Der ih an den Vortrag anfnüpfende Meinungsaustaufh führte zu mehreren 
Dorfhlägen, die bezwedten, dem ganzen Handwerferftande die Schätze des 
Mufeums nußbar.zu nahen. Ueber die Vorjihläge werden die zuftändigen 
Rörperfhaften fih zu äußern haben. Jedenfalls liegt es im Gntereffe des 
Mufeums fowobhl wie dea Handwerferftandes, wenn beide handinhand geben, 
und es ift anzunehmen, daß den Wünfhen der Handwerker nach Möglichkeit 
Rehnung getragen werden wird. 





Magdeburg. — Der Runftverein bat feineAusftellung imletgten 
Oberlihtfaal des Hädtifhen Mufenms wieder eröffnet. Sie umfaßt 
außer dem großarligen Bemälde von Walter Leiftifow-Berlin ,, Abendftimmung 
an einem Brunewaldfee" lediglic) Werke des Fünftlerifhen Steindruds und der 
Malerradirung. Die Ausftellung iftvon großer Reihhaltigfeit, führt die Dresdener, 
Münchener, Berliner, Karlsruher und Worpaweder Künftler und nicht minder die 
bervorragendften Meifter des Auslandes vor; fie geftattet fomit, die beiden 
Teönifen, die von den Künftlern der Gegenwart mit befonderer Vorliebe neben der 
Malerei geübt werden, und vor Allem die Dielfeitigkeit und die Leiſtungskraft 
der modernen KRünſtlerſchaft in dieſen Arbeiten auf Kupfer und Stein ein— 
gehend fennen zu lernen. 





Schwerin. — Im Mufeum iff cine Kolleftivausftellung von 
Werfen von Hans Herrmann-Berlin eröffnet worden. Zwei derjelben be 
handeln Entwürfe aus dem Lande der Deihe und Randle: „Fifhballe in 


Atelier Hellhoff | Unterricht 


in Seide-, Silber- und Goldstickerei 
' zirkelweise und einzeln. Atelier 
| fur Kunststickerei. 

Ella Engelbrecht, 


| beim Kgl. Kunstgewerbe- Museum aus- 
gebildete Lehrerin, Lindenstr. 8; 


Damen-Malschule. 


Portrait, Landschaft, Stillleben. 


SW., Schönebergerstr. 5. 





Deutſche Runf. 





‘Umfterdam" und ,,Die Maas bei Dordredt'. Das Benreftüd giebt uns ein 
trefflides, wahres und wirfungsvolles Bild holländifchen Lebens und Treibens, 
wie es gerade bei dem Fifhhbandel in feiner ganzen Eigenart zu Tage tritt. 
Sowohl die menfhlihen figuren wie die leblofen Gegenftände find mit 
Sorgfalt dargeftellt und die erfteren zu bübfchen Gruppen vereinigt. Die 
Maas bei Dordreht zeichnet fidh duch eine treue Wiedergabe des befonderen 
landfhaftlihen Charaktere aus; fehr fein ift der graue Ton getroffen, der 
über der Waflerflähe, der Stadt und den Dünen oder Deihen im Hinter: 
grunde lagert. Neuerdings hat Herrmann fih dem Studium unferer engeren 
Heimath zugewandt, und zwar bevorzugt er, wie das bei feiner Fünftlerifhen 
Dorliebe fiir die Riijte nicht anders zu erwarten war, die alten Hanfeftädte 
und ihre Umgebung. Auf zwei größeren Tafeln bringt er das nnere der 
Merienfiche in Wismar zur Anfhauung, während bei zwei fleineren Tafeln 
der Fifherhafen von Wismar und ein Ausfdnitt aus der Umgebung Roftods 
als Motive gedient haben. 


Breslau. — Jm Runftgewerbeverein fam es im Anfhluß an einen 
intereffanten Dortrag des erften Schriftführers, Malers G. Schieder, über das 
vortrefflih eingerichtete und geleitete baverifhe Kunftgewerbemufeum in Nürn- 
berg zu einer interefjanten Debatte über das zu errihtende Runftgewerbe- 
mufeum. Geb. Rommerzienrath Websfy wies auf den doppelten Jwet hin, 
dem das Breslauer Mufeum zu dienen berufen fei; daffelbe folle nit nur 
eine WAuaftellung für funftgewerblidhe Erzeugniffe fein, fondern aud die 
Sammlung des Mufeums felefifher WAlterthiimer in fih «aufnehmen. Auf 
die Bitte des Herrn Rimbel um Austunft über den gegenwärtigen Stand 
der Mufeumsangelegenbeit ergriff Oberbiirgermeifter Bender das Wort und 
führte aus, daß man einen Vergleih mit dem reih unterftügten bayeriſchen 
Runftgewerbemufenm niht anjtellen dürfe. Dort gäbe der Staat allein 
75 000 Mark jährlihe Beihilfe, während bier leider nur 9000 Mar? p. a. in 
Ausficht geftellt feien. Eine Bewißbeit, wenigftens diefe Summe zu erhalten, 
habe man aber nod Feineswegs. Das Mufenm fei lediglih auf die Stadt 
angewiefen. Diefe thue, was fie fönne, aber ihre Mittel für diefen Jwet 
feien feine großen und Fönnten es and nicht fein. Es fei dringend erwünfjcht, 
dak h nod andere bilfsbereite Faktoren für diefe Anftalt interefiiren. Auch 
er glaube, daß, ähnlih wie in Nürnberg, ein Verein, der Antheilfheine für 
Unterftiigung des Mufeums, beziehungsweife zum Anfauf von Ausftellungs- 
gegenftänden ausgäbe, von großem, fegensreidem Wirken fein Fönne, Vielleicht fet 
der Kunftgewerbeverein für ein foldes Wirken geeignet. Dor Allem warne er 
davor, der neu zu gründenden Anftalt mit Mißtrauen zu begegnen. Man 
nehme einftweilen von Rritifen Abftand, welde nur bemmen, aber in diefer 
Sade niht fördern fönnen. Man bringe der Stadtverwaltung volles Ver- 
trauen entgegen, bejtehbe dodh der Ausfhuß für das Runftgewerbemufeum 
fat Surhweg aus Gewerbetreibenden, man fénne alfo ficer fein, dağ der 
praftifde Theil gewahrt bleibe. Nod miiffe man fih anderwärts umfdanen, 
Dergleidhe sieben, ehe man die innere Einrichtung in Angriff nebme. Es fei 
felbftwerftindlid, daß, wenn das biefige Mufeum dem Bedürfniß dienen folle, 
die anzuftellenden Beamten praftifhe Erfahrungen haben müßten. Indeß 
würde der Beamtenapparat immer nur ein Beiner fein. 6—S Oberbeamte 
genügen, davon fei einer nebft einigen Unterbeamten für das Mufeum 
feblefifcher Wlterthiimer beftimmt. Man miijfe dem Verein für fehlefijche 
Alterthümer für Ueberlaffung feiner Sammlung dankbar fein und ibm eine 
widtige Stimme einräumen. Sei dadurh dod) der Brundftod für eine 
Sammlung gelegt, fei dodh diefe Sammlung, theilweife Funftgewerblid, bödyft 
wertbvoll, bis vielleiht auf die Gefäßjfammlung, für die ja auc nur die 
untergeordnetften Räume, Ste Kellerräume, vorgefeben feien. Und follte fid 
dao Mufeum in feinen Räumen, wie vielfad befiirdtet wird, als zu Plein 
erweifen, jo ftebe nichts entgegen, daß es jpäter duch Anbau vergrößert 
werde. Redner fhloß mit der Mahnung zu feifigem Wirken im Gntereffe 
der Anftalt. Reider Beifall wurde ihm zu Theil. 


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Der Vorstand. 






Ein Beitrag zum Dres- 
dener Ausftellungswefen. 


Man hatte befanntlih in Dresden befdloffen, 
im laufenden Jahre Feine offizielle Runftausftellung 
zu veranftalten und ftatt deilen alle Rräfte auf 
das Jahr 1899 zu fonzentriren. Dem gegenüber 
beabficdtigt Ser Derein bildender Riinfiler zu 
Dresden aud für das Jahr 1898 eine Bildeerfhau 
zu Stande zu bringen, der ih Schwierigkeiten ent- 
gegenzuftellen feinen. Ueber die Situation verlautet 
nunmehr folgendes: ,,gm Juni erhielt der Verein vom 
afademifhen NRathe die Mittheilung, daß im Jahre 1898 
feine afademijche Ausftellung ftattfinden werde. Da 
der Dorftand der Anfiht war, daß es eine fehwere 
Schädigung des Dresdener KRunftlebens fein würde, wenn im Jahre 1898 
feinerlei Ausftellung ftattfinde, daß feine Paufe eintreten dürfe, nachdem 
eben erft die allgemeine Aufmerffamkeit in nahdrüdlichfter Weife durch 
die internationale Runftausftellung auf Dresden bingelenft worden fei, und 
daß außerdem die Lebensinterefien Ser Riinfiler es verlangen, alljabrlid 
ihre neugefchaffenen Werke zuerft in Dresden auf einer Ausftellung vor- 
führen zu Rönnen,” welche geeignet if, das Jntereffe weiterer Rreife zu be- 
anjpruden, fo erfchien es als eine Pflicht des Vereins, hier einzutreten und 
felbft eine Ausftellung ins Leben zu rufen. Die einzigen für eine ſolche 
Ausftellung verfügbaren Räume find für 1898 die des Sädjijden Runft- 
vereins. Diefer hatte bereits früher durch Herrn Runfthandler Holft meb- 
tere Mitglieder des Dereins aufgefordert, eine Rolleftivausftellung in 
feinen Räumen zu veranftalten; es war aber damals nit möglih gewefen, 
diefer Aufforderung nadzufommen. Man erinnerte ih jet diefes Anerbietens 
und glaubte dem vorhandenen Ausftellungsbedürfnig für 189S Surh Der- 
anftaltung einer Rolleftivausftellung im Sadfifcen Runftverein wenigjtens 
einigermaßen zu entfprehen. Um das Fnterefe an der 
Augftellung zu erhöhen, follten einige auswärtige Rünft- 
ler hinzugezogen werden. Der Dorftand erhielt auf eine 
diesbezüglihe Firfularumfrage bei den Mitgliedern des 
Dereins im Juli vorigen Jahres nur zuftimmende Ant- 
worten und legte deshalb, nahdem er fi zuvor mit dem 
Direktorium des Sähfijhen Runftvereins ins Einvernehmen 
gefetzt hatte, die Ausftellungsangelegenheit der aufer- 
ordentlihen Beneralverfjammlung zur Befhlußfaflung vor, 
welde dann einftimmig erfolgte. Nachdem diefer Be- 
fhluß bekannt geworden war, wurde vom Réniglid 
Sähfifhen Minifterium des Innern dem Derein Ste Frage 
zur Erwägung anheim gegeben, ob dur Veranftaltung 
diefer Kolleftivausftellung im Sähfifihen Runftverein die 
für 1899 geplante deutfch-nationale Runftausftellung nicht 
gefhädigt werden tönne. 

Der Verein bat in der Beantwortung dtefer Frage zu- 
nadft das Bedirfnif für die alljahrlide Abhaltung einer 
Runftausftellung in Dresden betont und darzulegen verjudt, 
daß durd eine Ausftellung 1898 das Kunflinterefje für 
Dresden nur wadgebalten und gefteigert werde und injofern 
der Ausftellung 1899 daraus ein Vortheil, aber fein 
Schaden entjtünde. ferner ift auf das Ausftellungswejen 
in Münden und Berlin hingewiefen worden, mit denen 
Dresden dod allmählih in Konkurrenz treten will. Jn 
diejen Städten werden alljährlih Ausftellungen abgehalten, 
welde oft mehrere Taufend von Runftwerken zählen, ohne 
daß man daran denkt, eine folhe Ausftellung einzufhränfen 
oder gar wegfallen zu laffen, wenn für das nädftfolgende 
Jahr ein noch größeres Unternehmen geplant ift. 


Deutfhe Runft. 





Dis Meier: 


Dresden würde fih alfo als Runftftadt fein riihmlides Zeugniß ausjtellen, 
wollte es die deutfh-nationale Ausftellung 1899 durch eine Rolleftivausftellung des 
Dereins bildender Rünftler Dresdens im Sädjfifchen Runftverein ISIS gefährdet 
halten. Der Derein bildender Rünftler hat fih aber als produftionsfähig genug 
erwiejen, um felbft mehrere in demfelben Jahre ftattfindende Ausftellungen Forpo- 
rativ 3u befhiden; um fo mehr darf man ihm 3utranen, Ausftellungen in 
zwei aufeinanderfolgenden Fahren ausgiebig befhiden zu fönnen. Die 
von dem Rénigliden Minifterium in Betreff unferer Ausftellung gebegten 
Bedenken find dann aufgegeben worden. Ende Oftober diefes Jahres wurde 
der Derein duch das vorläufige Comité für die deutfch-nationale Ausftellung 
1899 aufgefordert, drei Dertreter in diejes Tomite zu entjenden. Aus dem 
Schreiben ging hervor, daß von verjhiedenen Korporationen zufammen 
11 Dertreter gewählt werden follten; außerdem war befannt geworden, dağ 
dem vorläufigen Comité nebft denen, welde von diefem noch fooptirt werden 
follten, wenigftens ebenfoviel Perfonen angebsrten, fo daß das Befamtcomite 
aus einigen zwanzig Mitgliedern befteben würde. Eine Vertretung urh nur 
drei Mitglieder an einem fo grofen Comité fien aber dem Verein niht von 
Werth und der Stellung nicht zu entfprehen, die er fih durh das, was er 
in den legten Jahren für die Entwidelung des Dresdener Kunftlebens gethan 
bat und vor Allem durch die Bedeutung feiner Betheiligung an den legten 
größeren Dresdener Ausftellungen errungen hat. Außerdem waren nad den 
bei der internationalen Ausftellung gemadten Erfahrungen Befürchtungen in 
Betreff einer einwandfreien Bejchäftsführung vorhanden. Da der Verein nicht 
wufte, ob das Comité fiir 1899 fic bereit finden lafjen würde, annebmbare 
Bedingungen fiir die Entfendung von Vertretern ihm zu ftellen oder zu gee 
gewähren, fo bielt er es für daa Ridtigite, zunädft auf die Entjendung zu 
verzichten und abzuwarten, ob das Comité ein Entgegenfommen zeigen würde. 
Die Ausftellung felbft follte, falls dem Verein diefelben Rechte wie anderen 
Rorporationen zugeftanden würden, bejhidt werden. Die ftarfe Aufwärts- 
bewegung, in der fic) das Dresdener Runftleben zur Feit befindet, bringt 
nothwendigerweife Unrude und Unregelmafigteiten mit. fid, an Stelle der 

alten C€inridtungen miiffen folde treten, die den neuen 

Derhältniffen entfprehen, es treten Derfdhiebungen ein und 

es wird einige Jeit dauern, bis aus der Gährung Inſti— 

tutionen von fefter und Plarer ‚form hervorgegangen find. 

Ein Zuftand wie der jegige ift auf die Dauer nicht haltbar. 

€s werden jekt in unbejtimmten Zwifhenräumen grö- 

Bere Ausftellungen veranftaltet, die geplant werden ohne 

Hinzuziehung der Rünftlerfchaft, mit denen diefe vielmehr 

als mit einer fon fo gut wile befdloffenen Thatfadhe 

überrafht wird. Wollen nun die Rünftler in den Zwifchen- 
räumen ihren Bedürfniffen entfprehend eine Ausftellung 
veranftalten und fih bemühen, das funftinterefje wad zu 
erhalten, jo werder ihnen Hinderniffe in den Weg geftellt, 
um ihre Abficht zu verwirklihen. Daß die Rünftlerfhaft 
auf die Erfüllung ihrer eigenen Wünfche gänzlich verzichten 
und ruhig abwarten foll, was über fie befdlofjen wird, 
tann gerechterweife Yliemand verlangen. Soll das Dres- 
dener Runftleben in gefunder Weife fid weiter entwideln, 
fell niht das, was bis jegt mübjam in einer längeren 

Reihe von Jahren errungen worden ift, wieder verloren 

geben, fo muß an Stelle des jebigen ungewillen fprung- 

wiifen Dorgebens mit Ausftellungen ein beftimmtes Pro- 
gramm treten, nah dem in Zukunft das Ausftellungswefen 
zu regeln ift, und zwar muß die Rünftlerjhaft an der 

Aufftellung diefes Programms betheiligt fein. Aud 

die Bildung von Ausftellungsfommiffionen durch Per- 

treter aller Riinftlervereine fann zur Fufriedenbeit Aller 
gejheben, wenn der Brundfat aufgeftellt wird, daß auf jefo und 
fo viel Mitglieder eines Vereins, weldhe an den drei legten 
O> allgemeinen Dresdener Ausjtellungen fic betheiligt haben, je 


178 





Deutfdhe Runft 





ein Vertreter zu wählen if. Gn abhnlicder Weife werden fdon feit Jahren 
die Preisridter für alle größeren Ausftellungen gewählt. Ein Comité, um 
defen Zufammenfegung die Rünftlervereine nicht befragt werden und in dem 
die Dertreter derfelben eine Minorität find gegenüber einer Najorität, die von 
denen, welde die Ausftellung angeregt haben, gebildet werden, ift niht ge- 
eignet, die Rünftlerfhaft für eine freudige Mitwirkung zu gewinnen. Ohne 
Zweifel fteht den Deranftaltern einer Ausftellung das Recht 3u, ein Comité 
ganz nad eigenem Belieben zu bilden. Sobald aber die Riinftlervereine als 
Mitveranftalter binzugezogen werden, fobald man überhaupt mit ihnen — 
die fclieflid dod) die Dresdener Abtheilung in der Hauptfahe zu Stande 
bringen — rechnet, wird man fie auh um die Zufammenfegung des Comités 
fragen müffen, wenn man ein erfprießlihes Zufammenarbeiten ermöglichen 
will. Ein rüftiges Fortfehreiten der biefigen Aunftverhältniffe it nur bet 
einem freudigen Sufammenwirfen aller betheiligten Kräfte möglid, diefes ift 
aber nur auf dem eben angegebenen Wege zu erreihen. Reibung tft gut und 
erhält frifh, wenn ein idealer Wettbewerb daraus entfteht; in der Weife, wie 
fie jet der Rünftlerfhaft aufgezwungen wird, fann fie nur lähmend wirken. 


Die Sortfdhritte der Photographie im Jahre 1897. 

Im vergangenen Jahre hat die Photographie ungehenere Fortfihritte 
gemadt.. Zn den Anfang des Jahres fiel die Entdedung der Röntgen- 
firahlen, deren Anwendung jegt fhon eine weitverbreitete große ift. Jn der 
Telephotograpbie oder Fernphoto- 
graphie ift es dem Wetteifer der 
optifhen Werkftätten, befonders 
derer von C. Steinheil Söhne in 
Münden und Rarl Zeiß in Jena, 
gelungen, mittels befonders fom- 
binitter Linfenfyfteme photogra- 
pbifhe Objektive zu fdaffen, mit 
denen man Photogramme von 
einem mehrere Rilometer weit ent- 
fernten Orte mit Leichtigkeit an- 
fertigen Pann. Mit einem guten 
Teledejeftiv ausgeriiftet ift es 3. B. 
möglid, von Potsdam aus Berlin 
mit Rathhaus, Reidstagsgebaude, 
zahlreihen Richen u. f. w. zu photographiren. Derartige fernphotographien 
find fhon vielfah im Handel zu erhalten. 

Aud die Meteorologie hat gelernt, die Photographie als Kontrole ihrer Be- 
obadtungen zu benugen. Der Sranzofe Chilletet hat einen Apparat ton- 
firuiet, der an den meteorologifhen Derfuhsballons angebraht wird und 
gleichzeitig in fehr furzen FZwifhenräumen ein genaues Photogramm des 
Erdbodens, über dem er jhwebt, fowie eines Aneroid-Barometers aufnimmt. 
Dadurd ift es mit Leiihtigfeit möglich, genau den Weg des Ballons zu ver- 
folgen und zu beftimmen, über welden Ort der Ballon fih in der vom 
Barometer angezeigten Höhe befunden bat. Serner ift hier noh die fogenannte 
„Lebende Photographie" zu erwähnen. Wir verfügen jett über 25 ver- 
fhiedene, patentamtlih gefhüste Apparate, die uns im kurzer Zeit fo viel 
verjchtedene, aufeinanderfolgende Aufnahmen zeigen, daß wir wirllid die 
Bilder „leben“ fehen. Die Apparate beruhen alle. auf demfelben Prinzip, 
dem der , Lebensrddet" oder ,,Footrope''; fie haben aber die verfchiedenften Namen, 
wie Rinetograph, Rinetoffop, Rinematograph, Rinematoftop, Rinephotoffop u. f. w. 
Die Wiffenfhaft bedient fih des Rinematographen neuerdings mit gutem 
Erfolg; 3. B. zu Aufnahmen nerventranfer Perfonen, wodurh uns zum 
erten Male ein Seutlidher Einblic in die Romplizictheit gewiffer Bewegungen, 
wie fie 3. B. bei Gewobnbeitstrintern auftreten, gewährt wird. — Eine der 
intereffanteften Neuerungen, welde der geologifhen und geographifchen Wiffen- 
fhaft neue Gebiete erjchließen, befteht in der „Photographie unter Waffer". 
Dem Brafilianer Boiteug ift es geglüdt, einen Apparat zu fonftruiren, mit 
dem ein Taucher bis auf drei Meter Entfernung Begenftände unter Wafer 
photographiren fann. Die Beleuchtung wird dabei duch eine elektrifhe 
Glühlampe geliefert, die am Helme des Tauders befeftigt ift und von 
‘Uffumulatoren oder einer Meinen Dynamomafchine gefpeift wird, die fid an 
Bord des betreffenden Schiffes, von dem der Taucher hinabfteigt, befindet. 
Die Photogramme follen ebenfo Mar fein, wie die bei Tageslicht auf- 
genommenen. Es ift wohl mit Bewißheit anzunehmen, daß man duch 
zwedmäßige Derbefjerung des pbotographifhen Apparates und des Be- 





leuhtungsförpers auh Begenftände unter Wafler wird aufnehmen fönnen, 
die weiter als 3 Meter vom Apparat entfernt find. 

Endlid ift noch ein neues Derfahren in der farbigen Photographie, weldes 
von Profeffor Gabriel Lippmann in London eingeleitet wurde, zu erwähnen. Es 
foll banah die Aufgabe gelöft fein, alle Farben durch ein direftes Der- 
fahren und durd eine einmalige Erpofition zu photographiren. Lippmann 
bat auf diefe Weife das Sonnenfpefttum, Landfhaften, Blumen und Por- 
traits in ihren natürlihen Farben abgebildet. Entwidlung und Sigtrung der 
Platte gefchehen auf dem gewöhnlichen Wege. Als Platte wird eine folde 
aus Bronzegelatine oder Godfilber benugt, und es ift feine andere liht- 
empfindlihe Subftanz weiter nöthig, die einzig nothwendige Bedingung hin- 
fihtlih der Platte befteht in deren Duchfitigkeit und gleihmäßigen Blätte. 
Dir Hauptfade if, daß die lihtempfindlihe Schicht in Berührung mit einem 
metallifhen Spiegel fein muß, was dadurch erreicht wird, daß der Rahmen 
von hinten mit Quedfilber gefüllt wird, weldes Metall eine vollfommene 
Berührung mit der empfindlihen Schicht eingeht. Nadh der Erpofition läßt 
man das Quedfilber wieder ausfliegen, nimmt die Platte heraus und be 
handelt fie mit Pyrogallusfäure, mit Amidol oder einem anderen bekannten 
Entwidler. 


— Am 25. Januar I898 begann im Rudolph Lepte'fhen Runft- 
auftlonshaufe in Berlin die Derfteigerung einer Runftfammlung, die wohl 
zu den bedeutendften der Saifon gehört. Sie ftammt aus dem Befiz eines 
deutfhen Reihsgrafen, der den berechtigten Ruf eines Aunftfenners und be- 
deutenden Sammlers genießt. Der reihilluftrirte Ratalog verzeihnet unter 
den 1037 Nummern die Sammlung alt-franzöfifher Bobelins, von denen drei, 
die Eberjagd nad Rubens, Antonius und Kleopatra (in der Art ses Le Brun), 
die Brablegung des Darius, zu den bedeutendften und foftbarften ihrer Art 
gehören. Rund 600 Nummern umfaßt die Sammlung von Tertilien und 
Stidereien aus allen Zeiten von der Renaiffance bis zum Empire. Daran 
reiht fih eine große Anzahl foftbarer und feltener perfifher Bebetteppidhe. 
Weiter verzeichnet der Ratalog foftbare antife Möbel, Waffen, Elfenbein- und 
Holsftulpturen, fllberne Befäße, Bronzen, Denezianer Bläfer u. f. w. 








— Ein aus Edelmetall getriebener Tafelauffag, bei deffen Herftellung 
etwa 18 Pfund Silber verwendet wurden, gelangte im Mündpener Runftgewerbe- 
haufe zur Aufftellung. Don einem Oval, das ein goldener Aranz von 
‚Frühlingsblumen belebt, erheben fih aus dem zu leichten Wellen geformten 
Silber langftielige Seerofen, auf denen, Surh die Blätter gebildet, zwei große 
und zwei Peine Schalen ruben. Ueber diefen thronen zwei Löwen, deren 
einer das baperifche, der andere das Mündener Stadtwappen halt. Zwifchen 
Löwen und Sdaalen fteigt eine gebündelte Garbe von Gerftenähren empor, 
umrantt von einem freifhwebenden Rranze von Hopfendolden. Das Ganze 
wird gekrönt von einer Amorette, die in den ausgeftredten Armen ein Sprud- 
band trägt und auf einem Schnedenhaus fteht, deffen Jnfaffe neugierig die 
Hörner ausftredt. Der Tafelauffag wurde vom Auffihterath der Löwen- 
brauerei dem Direftor diefes Etabliffements Rommerzienrath Hertrih aus 
Anlaß feiner Dermählung zum Befchenfe gemadt. Neben praltifher Ver- 
wendbarfeit zeichnet fih das Prunfftüd durch eine flotte Rompofition aus, in 
der Andeutungen auf die Spender und den Befchentten glüdlih verwendet 
find und darf als eine Probe für das tüchtige Streben und Aönnen des 
Herrn Steiniden gelten, von dem Entwurf und Ausführung berrühtt. 


— In Münden wird am 7. Februar die Derfteigerung des Fünftierifhen 
Nadlaffes von dem verftorbenen Bildhauer Profeffor Joh. Chr. Hirth ftatt- 
finden. Der Ratalog feiner Werke wird u. A. das Bildnif des Derftorbenen 
fowie 34 Abbildungen aus ca. 200 Originalwerfen in Marmor, Bronze 2c. 
enthalten und foll feiner fünftlerifhen Ausftattung halber fowobl für die 
freunde Hirth's ein bleibendes Andenken bilden, als and den Gntereffenten 
jeden nöthigen Auffhluß bezüglih der Erftehung und der Dervielfältigunge- 
rechte der Werke geben. 





— Qn ben nenerdffneten Runftfalons von P. H. Beyer & Sohn in 
Leipzig wurde neben Werken der neueren Runft aud eine Sammlung mufter- 
giltiger und fhöner Stüde in Rupfertreibarbeiten von €. Steinmüller - Lohr- 
Münden ausgeftellt, unter welden fih Schalen, Schreibzeuge, Meine Platten 
befanden, die mit ftilifirten Pflanzenmotiven und Thieren aller Art gefhmüdt 
find. Auf welke Stufe fünftlerifher Geftaltung fidh felbft weiblihe Nadel- 
arbeiten heben laffen, davon gaben die von der Prinzeffin Tantacuzcene- 
Münden ausgeführten Stidereien auf Riffen, Deden 2c. ein treffendes Bild 


Deutfhe Runi. 


Arbeiten, die unferen funftfertigen Damenhanden zur Nadeiferung empfohlen 
werden fönnen. 


— Gn der Bibliothe® des Leipziger Runftgewerbe- Mufeums war 
eine größere Anzahl farbiger Entwürfe fiir Buddedel von einer 
Berliner Rünftlerin, frl. Theodora Onafh, ausgeftellt. Die durchweg modern 
gehaltenen Arbeiten verrathen ein ftarf perfönlihes Talent und ein bereits 
hodentwidelies tehnifhes Können. Die pflanzlihen Zlerformen laſſen bei 
aller Freiheit und Riihnheit der Stilifirung allenthalben ein gefundes, griind- 
lihes Naturftudium erfennen. Neben Pflanzenmotiven verwendet die Rünftlerin 


179 


aud fdlidte, in wenigen fräftigen Strihen gegebene, fühn verkürzte und 
eigenartig beleuchtete landfhaftlihe Motive zur Füllung der Zierfläden. 
Der Hauptreiz ihrer Arbeiten beruht in ihrer farbigen Stimmung; die Rünftlerin 
wählt ihre ‚Farben mit feltenem fFeingefiibl. 

Weiterhin waren neu ausgeftellt die Nahbildungen nad den bekannten 
altrömifhen Silberfunden von Bernap-Hildesheim und Boscoreale in galva. 
nifhen Abgiiffen in verfilbertem und theilweife vergoldetem Rupfer — von 
Chriftofle in Paris bergeftellt. Die Yahbildungen nah dem Shak von 
Boscoreale find in Zinnguß ausgeführt von der Parifer firma Hael 
u. Hourdep jun. 





Ces Preisbewerbungen. —<?> 


— Gn Raffel gelangten vom 23. bis 29. Januar die Entwürfe für 
ein dafelbft zu errihtendes Denkmal Philipps des Grofmiithigen zur 
öffentlihen Ausftellung. Der gefhäftsführende Ausfhuß hatte von der Aus- 
febreibung einer allgemeinen Konkurrenz abaefeben und fih auf die Ver- 
anftaltung eines engeren Wettbewerbes befhränft. Es waren hierzu neun 
Rünftler eingeladen, von denen die Profefforen Begas (Raffel), Edtermever 
(Braunfhweig), Eberlein (Berlin) und Maifon (Münden), letzterer aus 
Rrankbeitsrüdjichten, ibre Betheiligung ablehnten, fo daß nur fünf Künftler 
und 3war Profeffor Janenfh (Berlin), Bildhauer Ludwig Lauer (Berlin), 
Everding (Raffel), Riirle (Berlin) und Ro (Charlottenburg) ihre Arbeiten 
einreidten. 

— fiinf der hervorragendften deutfdhen Bildhauer werden semnadft im Aufe 
trage des Braunfdweigifdhen Landtages 3u einem Wettbewerbe fiir ein Herzog 
Wilbelm-Dentmal in Bronze aufgefordert werden. Der legte Braun- 
ihweigifhe Welfenfürft foll zu Pferde in Braunfhweigifcher Uniform dare 
aeftellt werden. fiir die Sodel-Ausfhmüdung follen die Motive den 
Segnungen der Regierung des Herzogs entnommen werden, die fpezielle Aus- 
wahl und Beftaltung bleibt dem Ermefjen der Rünftler überlaffen. Als Platz 
ift die (Oft-) front der Burg Danfwarderode nad dem Rubfauthenplag ans- 
erfehen worden. fiir das Denfmal find 225 000 Marf ausgeworfen, aus- 
f&hließlih der Roften des Wetibewerbes und einer angemeffenen Aus- bezw. 
Umgeftaltung der Umgebung des Denkmals. c. 

— Die Ausftellung der 55 Wettbewerbsentwiirfe für den Bau eines 
neuen Rurhaufes in Wiesbaden gewährt dem Befchaner ein intereffantes 
Bild von der eigenartigen Ridtung der modernen monumentalen Arditeftur 
in Deutfhland. Die Preisrihterfommiffion fonnte fih trog der gropen Aus- 
wahl mit dem Ergebniß der Aonkurrenz nicht befriedigt erflären und mußte 
daber eine Anzahl guter Entwürfe prämitren, ohne einen derfelben zu em- 
pfeblen. Der erfte Preis wurde Sem Bremer Arciteften H. Maenz zu- 
erfannt und 3war in folge des reizvollen arditeftonifhen Aufbaues der 
Faffaden und der ebenmäßigen Durdbildung der Innen-Architeftur. Der mit 
dem zweiten Preis gefrönte Entwurf rührt von den Bafeler Arditekten 
Huber und Hanfh und dem Wiesbadener f. Werz her. Er löft die 
geftellte Aufgabe in eigenartiger Weife dmh eine bufeifenartige Brundriß- 
form, wodurd eine fehr reihlihe Lichtzuführung bewirft wird. Den dritten 
Preis bat ein Frankfurter Arditeft, Herr W. Msffinger, davongetragen. 
Ein weiterer „Dritter Preis‘ ift ferner nod dem Arditeften Slawsti- 
Karlsruhe zugetheilt worden. Endlih wurde von der Rommiffion nod je 
ein vierter Preis Herrn Arditet Jacobi in Wiesbaden und den Herren 
Ruder und Müller in Straßburg zuerfannt, und die Entwürfe der Herren 
Spannagel- Münden, Mar Fritfche - Wiesbaden, Hubert Stier- 
Hannover und Schulz und Shlihting in Berlin zum Ankauf empfohlen. 

— Die Redaktion der Wiener Wodhenfdrift „Die Wage 
fegt einen Preis von 200 Kronen aus für den beften Umfchlagentwurf; 
(Papierformat 24 X 55 Tentimenter, feder- oder Tufchezeihnung auf ein- 
farbigem Grunde). Die. Bedingungen find die üblihen: Ylame in gefhloffenem 
mit Motto verfehenem Rouvert. Das Preisridteramt haben übernommen die 
Herren Rarl Colbert, Ferdinand Broß, Ludwig Hevefi, Dr. Rudolf Letbar, 
Hofrath Direktor Scala, Profeflor Adalbert f. Seligmann. Die Einfendungen 
find bis jpäteftens 15. Februar 1898 an die Redaktion der Wage" (IV Heu- 
gaffe 1S) zu richten. 

— für die deutfhe Runftausftellung zu Dresden 1899 ift ein 
farbiges Plafat berzuftellen, das in originaler gemeinverftandlider und 
witffamer Weife auf die Ausftellung aufmertfam madt. Zur Erlangung ge- 
eigneter Entwürfe für diefes Plakat wird ein Wettbewerb unter den deutjchen 
Rünftlern ausgefchrieben, für den folgende Bedingungen gelten: 1. Die 
fpäteftens am J. April 1898 bei der Ausftellungsfommiffion (Dresden, 
Roniglide Runftafademie auf der Brühl'fchen Terrafje) einzureichenden Ent- 
wiirfe müffen in der Hauptansdebnung niht unter SO Zentimeter und nicht 
über | Meter groß und nicht bloß Skizzen, fondern fo fertig geftellt fein, daß 
die Dervielfältigung unmittelbar nach ihnen erfolgen fann. 2. Es wird em- 
pfohlen, darauf Rüdfiht zu nehmen, daß die Vervielfältigung der Entwürfe 
einfhließlic der Ronturenplatte nicht mehr als fünf Platten erforder. 5. An 
Schrift hat das Plafat nur zu enthalten die Worte: Deutjhe Runftausftellung 
Dresden 1899 im ftädtifhen Ausftellungspalafte vom 1. Mai bis 15. Sep- 
tember. 4. Die nad dem Urtheile der Ausftellungsfommiffion beiden beften 
Entwiirfe, welde obigen Bedingungen entjprehen, werden mit Preifen von 
800 und 300 Mar? ausgezeihnet. fiir diefe Preife geht das Cigenthum 
und das Redht zur Dervielfältigung der zwei ausgezeihneten Entwürfe an die 
Ausftellungsfommiffion über. 5. Die Entwürfe find ohne Nennung des 


Namens der Urheber und ohne Monogramm oder fonftige Aennzeihen der 
Urheber einzureihen, aber mit einem Rennworte zu verfeben. Ein gleid- 
bezeichneter verfcloffener Umfhlag hat Namen und Wohnung des Urhebers 
zu enthalten. Die Umfchläge der preisgekrönten Entwürfe werden erft nad 
Ertheilung der Preife eröffnet. 6. Die Urheber nicht ausgezeihneter Ent- 
würfe find beredtigt, fie nad dem 1. Mai 189S zurüdzufordern. Die Rom- 
miffion fiir die deutfche Aunftausftellung zu Dresden 1899. Gotthard Auehl, 
J. Dorfigender. Hermann Prell, 2. Vorfitender. Paul Riefiling, J. Schrift⸗ 
führer. Dr. Cornelius Gurlitt, 2. Schriftführer. 

— Ein Rembrandt- - Preisausfchreiben ift von Teylers Tweede Benoot- 
fhap 3u Haarlem ausgegangen. Es foll nämlid I eine möglidft voll- 
ftändige, nad dec Zeit-Ordnung aufgeftellte befchreibende Nahmweifung der 
Feimnungen Rembrandt's gegeben werden, fowohl derjenigen Jeih- 
nungen, die fhon urh Lidtdrud oder auf andere Weife wiedergegeben 
worden find, als aud derjenigen, die, weniger bekannt, fih in öffentlichen 
oder privaten Sammlungen befinden. Tazu 2. eine genaue Befhreibung des 
Dorwurfes, der Ausführungsart (unter Angabe der Maße und der Be- 
3ieþungen 3u anderen Zeihnungen, Radirungen und Gemälden unter mög- 
lihfter Angabe der Zeit der Entftebung, der jerigen und früheren Be- 
wabrungsorte und der bergeftellten Reproduftionen). Dem DVerzeihnig muß 
vorangehen eine Darftellung der Art Rembrandt's zu zeihnen in feinen ver- 
fhiedenen Lebensperioden. Der Preis befteht in einer goldenen Ehrenmünze 
im Werthe von 400 Gulden und einer aufergewdhnliden Beihilfe in baar 
von gleider Höhe zu den für den Forfher unvermeidlihen Roften. Das 
Preisausfchreiben erfennt an, daß in Deutfhland fiir die Reproduftion 
pon Rembrandt'fhen Zeihnungen das meifte gejhehen jei. (Lippmann, 
Bode.) 


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Derlag der „Deutjchen Runft“, Berlin W. 57. — Derantwortlid für die Schriftleitung Dr. Georg Maltowsty, Berlin W., Steinmeßftr. 26. — Drud von W. Büzenftein; Berlin, 


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An unfere Teler! 


Wir machen befonders darauf aufmertfam, daß eine Anzahl der Semnacdhft erfcheinenden Nummern der 
„Deutjchen Runft* in Cert und Jlluftration einzelnen in fich gejchlofjenen 


Ces Künfler-Gruppen —TI 


gewidmet fein werden. Wir glauben fo unferem Ziele, ein anjchauliches Bild modernen Runftfhaffens zu 
geben, am beiten nahe zu fommen. Jn Vorbereitung ift zunächft ein Heft 


„Die Dadjaner‘“, 
ein Name, unter Sem fic) die Maler Frig von Ubhde, Dil, König, Kanghammer, Hölzel in verwandtem 
Streben zufammengefunden haben. 


Ferner haben wir die Abficht, den weniger befannten 


Privatgalerien der Annftcentren 


befondere Aufmerffamfeit zu fchenfen und ihre Schäge den Kunftfreunden in Abbildungen zugänglih zu maden. 
Wenn bier auch die ältere Runftübung in Frage fommt, fo gedenfen wir dod) nicht über die Grenze unferes 
Jahrhunderts hinauszugehen, um niht in das von anderen Jeitfchriften gepflegte Gebiet der Runfthiftorie 
überzugreifen. 


i Aud an die Sammler Punftgewerblicher Arbeiten, die geeignet erfcheinen, auf das Runfthandwerf 
anregenden Einfluß auszuüben, richten wir die Bitte, uns die Abbildung ihres Befizes zu ermöglichen, der fich 
früher oder fpäter zu zerjtreuen pflegt und fo feinen inneren Zufammenbang verliert. 


Berlin, im Februar 1898. 


Die Hedaklion der „Deutihen Kun“. 


Dr. Georg Malkowsky. 


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Beiblatt: Das Wtelier. 
Slluftrirte Seitichrift für das gefammte deutiche Kunitichaffen. 


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Poftzeitungslifte Ar. 1174. . f Oeorg Malſiowsſin. fpaltene Nonpareille-Zeile. 
Scöpriftleitung und Berwalfung Berlin W.57, Sfeinmehfit. 26. 


Publifationsorgan des — Kae in Berlin, des —— ee in Breslau, des ——— für das PAPEN Heffen in Darmftadt, des Anhaltifhen Runfts 
vereins in Deflau, des Württembergifden Runftvereins in Stuttgart, des Schleswig - Holfteinifden Runftvereins in Riel, der Runftvereine in Münden, Oldenburg, Mannheim, Nürnberg, Gera, 
Altenburg, Elberfeld, Barmen, Bielefeld, Börlik, Danzig, Rönigsberg, Stettin u. a. 


Mr. 10. 15. Februar 1898. II. Jahrgang. 














C Nitolaus Geiger., —<&—D 
Pon Jarno Jeffen. 


D en großen Riinftler madht vor Allem die große Seele. einer zehrenden Krankheit der legten Jahre. Mit 49 Jahren, 
oF ile das Waarenhaus Wertheim durfte Meldior Lecter als ihm nad heißem Ringen faum des Lebens gutbefegte Tafel 
als Symbol die launiſchſte aller Göttinnen, die Mode, gedeckt ſtand, hat er abſchließen müſſen. „Wenn er jetzt noch 
SE Es ſteht ſchlimm reden könnte“, ſagt ſeine ver— 

um die Kunſt, wenn ihre ſtändnißvolle Gattin, „würde er 

Jünger ſolchem Götzen huldi— nur klagen, daß er nicht weiter 

gen. Vor wenigen Wochen zu ſchaffen vermochte.“ 

iſt dem deutſchen Volk in Innerhalb der neuen Kunſt 

Nifolaus Geiger cin Meifter ent- bat fic) Nifolaus Geiger zu den 

tiffen worden, deffen Gottheit Modernften gezählt. Wir fön- 

das Ideal war. Er gehörte zu nen ibn als folden nur unter 
denen, die abfeits von der Heer- dem Geficdtspunft eines aus- 
ftraße ibre Rlaufe einrichten. ge(prodencn Subjeftiviften gel- 

Hat ibn der Rampf um die ten laffen. Ein Dogma bat 

Exiften; aud) unerbittlid) immer ihn niemals befdrantt. Den 

in den Dienft des Tages ge- Begriff der Antike als den des 

riffen, feine Schöpfungen find „latenten Befühlsausdruds‘ 
innerli ungetrübt geblieben. lehnte er energifh ab. Wintel- 

Rein und vornehm, wie er als mann’s Kanon der ,,ftillen 

Menfd) lebte, erfchlieBt er fid Größe darf an ihm nidt er- 

uns in feinem Werk. Ueber- probt werden. Geiger wollte 

bliden wir Nifolaus Geiger's das ftarfe Fühlen und feine 

Arbeit von dem „Ecce homo“ ftarfe Verkündigung. Zu Ca- 

feiner Knabenzeit bis zu den ca. nova's, Raudy’s bellenifirender, 

dreißig Skizzen feines legten Gefolgfhaft gehört er nicht. 

Tages, fo überrafht und ent- Dennod) war aud er ein Epi- 

züdt uns der Nuancenreihthum gone, weil er trog aller Natura- 

feiner Empfindungsffala. Die lismen den Wohllaut der Linie 

Snbrunft des gotttrunfenen Ra- erftrebte. Und wohl allem fünft- 

tholiten bat ihn erfhauern laffen lerifhen Schaffen, daß fidh, 

wie die Ceidenfhaften desStaub- wenn aud) fcheinbar unbewuft, 
gebornen. Ein bewegtes Pano- die Gefeke einer großen Der- 
rama feelifher Bebilde zeigt gangenheit vererben! Ebenſo 
ibn als Herrfher der Höhen wenig zählt Geiger zu den 
und Tiefen. Jom it nidts Anhängern des raufchenden 

Menfclices ferngeblieben, aber Barodftils unferer Schlüter- und 

cs mies ihn unfehlbar zur Begasfhule Jedoh aud bier 

Höhe. Eine bedeutende Anzahl finden fidh häufig in dem ma- 

vollendeter Schöpfungen, eine lerifhen Schwung vieler feiner 

fülle faum überfehbarer Ent- Schöpfungen verwandte Töne. 
würfe und Skizzen ift als feine Die fülle feiner Pbantafie, 
gefammte That binterblieben. Er ER a der von Jugend auf gewöhnte 

Reiner Schaffensdrang zwang dekorative Pomp fatholifher 

ihn 3u raftlofer Arbeit trog Henni Geiger, Portraitbüfte Nikolaus Geigers. Umgebung und feine ausge- 








182 


Deutſche Runf. 





fprodene Begabung zum Maler wirkten in dSiefer Richtung. 
So fehen wir Nikolaus Geiger in fouveräner Selbftbeftimmung 
feiner Rünftlermifiion folgen. Jn einem feiner beredteften Werke, 
der „unfpiration‘, fonsipirte er fiir Sie Cragerfiguren als Ure 
bedingungen Ffünftlerifhen Schaffensdranges „Leidenfhaft‘ und 
„Energie, die Büften der „Anmuth* und „Würde follten fie 
umgeben. Symbolifh bat der Riinftler hierin das eigene Werk 
gefennzeihnet als den Ausdrud eines ftarfen Cemperamentes, 
das die Brazien zügeln. 

für die Beftimmung zum Rünftler zeugt Geiger’s ganzes 
Leben. Als Sobn eines fatholifdhen Siebmadhers ift er am 
6. Dezember 1349 in Bayern, im Städtchen Lauingen, geboren. 
Während feiner Volksfhulzeit weilte „ser goldlodige Bua mit 
Vorliebe jeden freien Augenblid in der Pfarrkirche. Einige 
Holzfhniterbeiten und ein paar fhwadhe Jmitationen Tiepolo's 
wirkten vorerft auf feine empfängliden Sinne. Als Bolsfhniter 
bat er fein Leben lang gearbeitet. Die geiftreihe Brillanz 
Tiepolo’s, des „legten Denetianers,, fiheint felbft in ihrer un- 
bedeutenden Kopie die Pbantafie des Künftlerfindes befrudtet 
zu haben. Mit elf Jahren zeichnete er unermüdlich Apoftel- 
geſchichte. Ein Jahr fpäter gefhah dem Verftindnipvollen die 
Offenbarung — der Jwölfjährige bradh fid aus dem Bett des 
Heimatbflüßchens Thonmaterial und formte die faft lebensgroße 
Figur eines Heilands. Fluthen warmen Mitgefühls ruft diefer 
trauernde Rönig wah. Keidend und dod bobeitsvoll trägt er 
die Dornenfrone und das Scdilfrohr ftatt des Szeptere. Das 
fhlihte Bewand fcheint auf diefer Büßergeftalt ein Königsmantel. 
Troß hüllender Falten verrietben fid überrafhende anatomifche 
Renntniffe. Die gejtrenge Mutter begann zu begreifen, daß in 
den Pindifhen Spiel des Fleinen Nikolaus, fih nadte Knaben 
aufzuftellen, ein tieferer Sinn gelegen babe. 

Ein trauernder Chriftus fteht alfo am Beginn der Laufbahn 
Uifolaus Geiger’s! Es fcheint ibm wie eine Vorverfündigung 
des eigenen Befhids durd) die Seele gezogen zu fein. Bei einem 
Steinhauer follte er feine Kunftftudien beginnen. Der ftrenge 
Meifter ließ ihm Siegen büten und Schube putzen. Nur des 
Sonntags Öurfie er in die Jeidenfhule. Nad sweijabriger 
Awangsarbeit trieb ibn unbeswingbare Runftfebnfudt nad 
Münden. Mit swei Gulden in er Tafhe bat er damals 
Defregger vor der Thür der Akademie gefragt, wie man Künftler 
werden fönne. Er wurde der Leitung Profeffor Rnabl’s anempfoblen. 
Bei Steinmegen und Holsfohnigern erwarb er fic) in Freiftunden 
außerhalb der Akademie fein täglihes Brod und lernte tapfer 
das Hungern. Dreimal gewann er den eriten Preis und ver- 
zichtete trotz leeren Magens auf eine Flingende Auszeihnung 3u 
Gunften eines verfrüppelten Mitbewerbers. Man  propbezeite 
feinem Genie jeden Erfolg. Fm Befig der erften Medaille, verlief 
er die Akademie und errichtete ein Atelier für Holzbildhauerei. 
Diefer Zeit, 1869, entftammt feine Föftlihe „Nadonna, ein 
Altarbild“, in Leoensgréfe. Geiger hatte an den Schätzen der 
füddeutfhen Holzbildnerei des 15. und 16. Jahrhunderts fleißig 
gelernt. Die Fnitterige Art des Faltenwurfs findet fih bäufig 
in feinen Werten, Soc halt ein Fühn drapirender Wurf jede 
Rleinlidfeit fern. Die naive Gunigfeit Ses Veit Stoß, acer aud 
der harakteriftifhe Realismus Jörg Sprlin’s fpridt fih fhon in 
feinen damaligen Arbeiten aus. Ein Brand im elterlichen Haufe 
beraubte ibn jeder Ausfiht auf Unterftiigung. Trog aller An- 
erfennung ging fein Münchner Gefhäft fhledt. So feben wir 
ihn, drei Mark Baarvermögen in der Tafıhe, im Fabre 1875 
eine fpefulative Reife nah Berlin antreten. Die Rifte, in der 
die Gruppe „Romeo und Gulia verpadt gemwejen, wurde die 
certen Tage fein Bett. Dann arbeitete er bei einem Stud» 
modellenr, um zu leben. Jm Jahre 1S76 beauftragten ihn die 
Arditeften Ebe und Benda mit 3wei Hodrelief-Rinderfrieyen fiir 
das Tiele-Windler'fhe Haus. 

Jn diefen Schöpfungen war es, als ob das jaudsende 
Entzüden der endlid gelöften Künftlerfeele in vollen Melodieen 
ausflänge. Red und überfhäumend tollte der Reigen paradiefifcher 
‚jugendfröblichkeit am Strand, dur Feld und Wald und Garten 
dabin. Ein Werk mit dem beftridenden Formenreiz franzöfifcher 





Grazie, der Herzensnaivität und Fernigen Derbheit deutihen 
Gemiithes war vollendet. Wie bingleitende Wellenlinien durdfließt 
es das ausgelafjene Spiel bezaubernder Putten. Cine Fülle 
fhelmifcher Motive war in unerfddpflider Phantafie, in origineller 
Geftaltungstraft feftgebalten. Die bhinreifende Ausgelaffenbeit 
eines Beethoven-Scherzos, die lebenfprudelnde Fülle Goethe’ fer 
Gelegenheits-Jmprovifationen jubelte in diefen Bebilden. Wir 
feben die Anmuth Luca della Robbia’s in moderner form durd) 
ein Temperament empfunden. Auf diefe feltene Begabung folgte 
fhnell die Quittirung. Aufträge famen von allen Seiten auf 
Einzelfiguren, Portraitbüften und funfigewerblihe Modelle. Die 
Gruppe des „Heimdal und der Einherien‘ wurde ebenfalls für 
Tiele-Windler beftell. Die marfige Bronze-Beftalt der „Arbeit“ 
ging aus Beiger's Werkftatt für den Situngsfaal der Berliner 
Reihsbanf hervor. i 

Der Erlös Siefer Aufträge führte den Meifter 1878—79 
nad Jtalien, ISSO nad Paris, 1881 nah Wien, wie er über- 
baupt all feine materiellen Gewinnfte fofort für weitere Aus- 
bildung feines Ffünftlerifhen Könnens verwerthete. Damals be- 
gannen die Raud-Epigonen Berlins für die Reinheit der deutfchen 
Runft zu fürdten. „Hinweg von unferem Tempel flang ihre 
ängftlihe Abwehr. Jn des Künftlers Seele aber rangen zwei 
Mufen um Herefhaft. Wie beiß aud die Malerei ihn ummwarb, 
zeigt des von 188I—S4 nad) Münden Zurüdgefebrten Pinfel- 
cifer. Eine Befammtausftellung der Werke Nikolaus Geiger’s 
wird demnähft aud fein großes malerifhes Rönnen darthun. 
Gu feinen Bildern ift er voll ftarfer Jnnerlichfeit, hat die form- 
gebung des Plaftifers und farbenfreudiges Rolorit. Wäre ihm 
ein längeres Leben befchieden gewefen, fo war fein Entfdlug, 
demnädhft nur mit dem Pinfel zu fchaffen. Die Bilder „Accord“, 
das Antwerpen erwarb, und „Die Sünderin“ . jtammen aus 
jenen Münchner Tagen. Ste trugen feinen Ruf in weite Kreije 
und verfhafften ibm König Ludwig's I. Auftrag zur Aus- 
malung der Scloßfuppel in Cinderbof. Sämmtlihe Kartons 
waren fertiggeftellt, Sie Probe follte dem bohen Auftraggeber 
durd die Laterna magica vorgeführt werden, als die tragifhe 
Endfataftrophe des fürften eintrat. An folden unglüdlihen 
Jufållen it Geiger’s Caufbahn befonders reid) gewefen. Sein 
genial Fomponirter Tafelaufiat „Regen und Sonnen’hein‘“ war 
bis zur Berftellung des Modells in Silber fertig, als die Fabrik 
fallirte. 

Die den Bildhauern nicht immer gegebene Heihenkunft 
befaß Geiger in bobem Maße. Oft genug dichte er unmittelbar 
in Thon, Holz, Bronze oder Marmor; aber eine ‚Fülle feiner 
Bleiftiftffiszen zeigt, daß er mandes Werf in Cinien vor- 
fonzipirte. Es find nidt die flüffigen, fat nur andentenden 
Umriffe wie bei Reinhold Begas' Bleiftift- Entwürfen, nicht die 
zeichneriſch ſchwachen Linien Rauch's. Es ift eine anfhaulide, 
fcharfgegebene Vorarbeit, wie in den Skizzen Sdhadow's. Mit 
der goldenen Medaille für feine herrliche „Victoria“ in Melbourne 
febrte Geiger nah der Hanptitadt zurüd. Ihm war der Auf- 
trag für die Skulpturen des Giebelfeldes der Berliner Hedwigs- 
Rirche und die Ausmalung ihrer Kuppeldede gegeben. Jm 
Jahre 1886 fdlof er den Lebensbund mit der ihm feelen- 
verwandten, bodbegabten Bildhanerin Henni Spiegel. gn 
fhneller Reihenfolge bringt jedes Jahr weiter aroße Heugnifle 
feines Rönnens. IS86 erftaunt die geniale Schöpfung der 
„Infpiration* im Ruppelraum der nternationalen Kunſtaus— 
ftellung ein weites Publitum. Hier war in jeder Fiber gefteigert 
leisenfchaftlides Empfinden. Die hödfte Wonne inbrünftigen 
Shaffensdranges fcdhien in dem Jünglingskörper durd den Auf 
der Mufe gewedt. Während die Linte Frampfhaft eine Föftliche 
Vifion zu balten ftrebt, preğt der Berius zugleih graufam den 
Dornenfranz in des Auserfornen Redhte. Auf einer Tragewolfe 
fhien die Gruppe fehwebend entführt und mit genialer An- 
paffungsfabigfcit in die Ruppelnifce bineinfomponirt. Als 
Spender Ser hddften Luft und zugleich des hddften Leides hat 
Uifolaus Geiger feinen Genius darzuftellen geftrebt. An diefer 
nadten Kinzelgeftalt verrieth fic) die große Fähigkeit, das 
Rörperlie dur feelifhe Mächte lebendig zu madhen. Das 


 « aa eee 


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— — 


Deutſche Runf. 


—— 





183 








Nikolaus Geiger, Anbetung des Chriſtkindes, Relief im Giebelbilde der Hedwigskirche, Berlin. 


Knochengerüſt betont ſich unter dem angeſpannten Spiel der 
Muskeln. Nidt ift wie bei den Rubens'ſchen Geſtalten von 
Begas eine abrundende Epidermis um die Muskeln gebettet. 

Don glei intenfivem individuellem Leben find 1895 „Die 
Derfuhung* und 1896 „Nad dem Siindenfall Jn Sem Holz- 
fhnigwerk „Derfuhung‘ ringt der überlebensgroße Körper eines 
jungen Weibes mit den bypnotifirenden Einflüfterungen ihres 
beißen Blutes, das im Symbol der Schlange neben ihr auf- 
gerichtet ift. Gn frampfhafter Angft preffen fih die Faufte 
gegen das Herz, fihliefen fid) erfhauernd die Augen und öffnen 
fi die Lippen. Derlangende Begierde in Sen gefhwellten Hals- 
und Beinmusfeln der Yiederfauernden fiindct en naben fall. 
Das Bronzewert „Nah dem Sündenfall* hat die Berliner 
Nationalgalerie erworben. Hier Plingt das taciteifhe Wort an: 
„Dem Weibe gebührt die Trauer, dem Mann die Erinnerung.‘ 
Der entheiligende At ift vollzogen und bat zwei junge Opfer 
in Scham und unbeilbarem Web niedergefdleudert. Jn dem 
fyuldbewußt: brütenden Adam und der in verzweifelter Scham 
und unbeilbarem Weh am Boden vergehenden Eva reden nur 
die Körperformen. Das Mienenfpiel ift verdedt, jede Glieder- 
hülle abgeftreift. Jn denkbar einfachften Mitteln ift ergreifende 
Wirkung erzielt. 

Beiger's eminente fähigkeit für Seforative Schöpfungen 
machte ihn zum vielbegehrten Mitarbeiter der Arditeften. Leider 
find viele feiner Gebilde voll monumentaler Bröße, wie die 
Brunnen für die Bemwerbe - Ausftellung, die Pyramiden für die 
Centenarfeier, der rührend erhabene Chriftus zur Beerdigung 
Raifer Wilhelm’s I., einer fehnellen Vergänglichkeit anheimgefallen. 
An allen großen Wettbewerben um öffentlihe Denfmäler hat er 
fih in geiftvollen Sfiszen, in genial improvifirten Entwürfen 
betbeiligt. Eine ungemeine Leichtigkeit in der Behandlung des 
Rorperliden und im Aufbau, eine fprudelnde Phantafie fam 
ihm zu Hilfe. Seine jchwebenden und fliegenden Geftalten 
feinen in ihrer fpielenden Behendigfeit an Feine Befetze irdifcher 
Schwere gebunden. Oft löfen fi fait Sie ficheren Linien des 
Formengefiiges unter der Fluht und Fülle feiner Gefidte, Sem 


malerifchen Schwunge feiner Bildnerfraft. Ein reizvoller Shmud 
ift der graziöfe Puttenfries an Ser Dresdner Bant. Zu feinen 
macdtvollftien Schöpfungen für arditeftonifhe Zwede zählt der 
‚Friesgurt „Das Schladtfild* an dem riefigen Dentmal des 
Seszeffionsfrieges zu Jndianopolis 1895. Ein Brabdentmal von 
wundervoller Trennungsftimmung ift Ser Marmorfarfophag mit 
der trauernden Maria auf dem Berliner Matthaifirdhbof. Voll 
titanifhen Machtgepräges ift Beiger's Ayffhäufer-Monument des 
„Barbarofja*. Ein midelangelestfer Zug gebt durch die 
foloffalen Bliedmaßen, Sie unter ihrer Gewandung Föniglicye 
Würde, ftrokende Kraft verfünden. Jn breitem Rahmen um- 
fließt der romanifthe Halbbogen den Sagenfiirften. Nod 
träumt das daraktervolle Haupt, die Hand vergräbt fi finnend 
in die Bartfülle; aber ein flammender Reidserretter fann er im 
nddften Moment emporfdnellen. 

Der Auftrag fiir den Hedwigs-Rirchen-Giebel 1896 entfprad) 
einer innerflen Neigung des Rünftlers. Das Evangelium Chrifti 
hatte den gläubigen Ratholifen zur Beftaltung feines Erftlings- 
werfes getrieben. Jn Ser „Anbetung des Chrifttindes fonnte 
et fein in Ciebesempfinden überquellendes Herz ausftrömen. Dem 
baroden Beiwerf eines fatholijden Gotteshaafes wußte er fid 
tro modernen Gefühlsausdruds voll vornehmen Linienzuges 
anzupaffen. Aus den robftarrenden Bloden des Giebelfeldes, 
innerbalb gegebener Proportionen, fhuf er ein formenfdönes, 
individuell durctöntes Steingemälde. Trog ailer fülle ift die 
Ueberfiht flar. Gn dem Bilde der drei anbetenden Könige 
wollte Ser Riinftler diz Menfchbeit fhilðern. Sie huldigt dem 
Heiland als Rönig, als Bott und als Menfh Die wundervolle 
Mittelgruppe der heiligen ‚Familie mit dem anbetend bingegoffenen 
Rönige zeigt reihe nnerlichkeit. Der barmonifhe formenfhwung 
bat Sanfovino’s bewegte Anmuth. Das pomphafte Bepränge 
Ser Mobrengruppe zur Linfen it charakeriftifh gegeben und die 
menfchlid mitleidvolle Gruppe rechts athmet bis in jede Bewand- 
falte lebende Hingabe. Ein überrafhendes Element malerifcher 
Plaftit ift in Ser reichen Licht- und Scattenabftimmung des 
Steinmaterials gefwbhajfen. Einzig und allein durch die Art Ser 








Yifolaus Geiger, Puttenfries. 


Behandlung ift unglaublide Cichtfülle weißausftrahlend am Giebel 
gefammelt, während fid die Mitglieder Ser Mobrengruppe wie 
Sunfelbdutige Wefen von der Bildflähe abheben.  Geiger’s 
lebtes Werf „Die mufizirenden Engel für den Berliner Dom 
zeigt des KRünftlers inniges Verfenfen in feine Aufgabe. Bei 
allen Wiibfeligfeiten, allen Enttäufhungen bat fih während 
diefes Rünftlers Erdenwallen aud der Mitwelt volle Anerkennung 
eingeftellt. 1886 wurde ihm die Beine goldene Medaille der 
Berliner Internationalen Runftausftellung, 1895 ernannte man 


ibn zum Mitglied der Akademie, bald darauf zum Profefjor. 
— Nifolaus Geigers edles Künftlerantlig mit Sen leidgeiibten 
Hügen und den ernftitrablenden blauen Augen war ein Abbild 
feines Wefens. Ein Chrijtustypus blidt er uns entgegen. Wer 
mit ihm in Berührung tam, fühlte die Gegenwart einer vor- 
nebmen Jndiviðualität. Die Lüge lag ibm fern, denn er fannte 
fie nit. Er gebörte zu den Guten, denen wir den Glauben 
an die Menjchheit danken, weil fie das ewige Evangelium des 
Schönen predigen. 








Berliner Kunftbericht. 


C 
an gelangt immer mehr zu der Meberzeugung, daß eine gefhmat- 

; volle Ausftattung der Ausftellungsräume einer befdaulicen 

"> 9 Betrachtung der Kunftwerke nur zum Vortheil dienen Pann. Der 


Derein der Riinftlerinnen þat es ih angelegen fein lafen, die in der 
Afademie der Rünfte zur Verfügung geftellten Ausftellungsfäle auf das 
Anziehendfte zu hmüden. Die Wände des Treppenbaufes find mit liht- 
grünem Spargelfraut bekleidet, Guirlanden fäumen die Eingänge, im Innern 
bededt ein mattblauer Teppih den Fußboden, von welhem Topfpflanzen und 
eine riefige Palme emporragen; an die gemufterten und einfarbigen Paneele 
Thlieĝen Ah Langsftreifen von grober Leinwand mit eingewebten leichten 
Ornamenten an. Diefer vornehmen, barmonifchen Dekoration entfprehend, ift 
in den Hauptjälen eine gute Anslefe unter: den Runfewerfen getroffen. Die 
Bilder in- und ausländifher Künftlerinnen hängen in angemeffenen Ab- 
ftanden, wabrend in den vom Lichte weniger begünftigten Ylebenräumen das 
Auge feinen Rubepunft findet unter den bis zur Dede binaufreihenden Be- 
mälden, wo vielleiht eine nod jtrengere Sichtung niht gefhadet hätte. 
Damit joll aber nicht in Abrede geftellt werden, daß der Bejammteindrud 
der Anejtellung ein recht befriedigender ift und den Kunftfleiß der frauen- 
bande im bejten Lichte zeigt. Yiamentlih in der Bildnipmaterei find außer: 
ordentlihe Keiftungen zu bemerfen. Ein männlihes Porträt von Sabine 
Lepfins, weldes einen jungen Mann mit fhmalem geiftvollen Gefidt in 
ungezwungen anlehnender Haltung darftellt, ift in feiner dunkel abgeftuften 
Tonwirkung und feinen Charakteriftit ein wirklihes Runftwerf zu nennen; 
von gleier Delifatejje it €. Schulke-Naumburg's Bildnif einer eng- 
lifthen Schönbeit, die eine Roje in der Hand hält, obwohl fis die Malerin 
gar zu fehr in graziöfe Linien und vornehmen Ton verliert. Dora Hit 
bringt ein duftig blafjes Rinderporträt, das bei aller Fartheit der Malerei 
dem Süplihen fernbleibt und Charakter behält. Derber und fraftvoller als 
die erwähnten find die Bildniffe der Dilma Parlaghy. Das Raiferporträt 
Wilhelm IT. unterfdetdet fic) vortheilhaft von den üblihen Reprafentations- 


bildern Such feine friihe natürlihe Auffafjung, leidet aber an Derzeihnungen 
und Uebermodellirungen, die bei längerem Betrachten ftörend wirfen. Das 
dem Mufeum zu Hannover entliehene Bruftbilo Windthorft's und das Porträt 
eines Stabsoffiziers in ganzer figur gehören unftreitig zu ibren beften 
Leiftungen; an der Porträtffisze des Finanzminifters Miquel, die in freidigen 
‚Farben bingefegt ift, wird trot der Aehnlichfeit nicht Feder Gefallen finden. 
— Anferordentlid reih ift die Landjhaft vertreten. Der Preis gebührt 
wohl der Wiener Künftlerin Tina Blau, deren liebevolle Anſchauung ſich 
nit dem Zwange einer modernen Richtung gebeugt bat. Cine Darftellung 
aus dem Prater, eine Allee mit weit ausladenden Bäumen im zarten 
Schmude des erwadhenden Frühlings, wirft ebenfo fejlelnd wie das Bild 
eines Gartenweges in Gringing, welder einen melerifhen Ausblid auf eine 
beitere Landfhaft giebt, auf bunte Däder, fonnige Baumgruppen und einen 
flaren Sommerbimmel. Wan bat bei der Rünjtlerin immer das Bewußtjein, 
dağ ibe nidts unwefentlihb und gleihgiltig erfheint, dağ Ales mit der- 
felben naiven Yaturfreude gefeben und wiedergegeben ift. Don intimer 
Naturbeobachtung zeugen ferner eine waldige Slußlandfhbaft von ©. Wifinger- 
Florian, eine duftige, mit großem Bejchid behandelte Wiefe von J. Wyts- 
mann, auf der unzählige violette Blumen jpriefen. Um nod einige der 
beiten Leiftungen zu nennen, feiert die beiden Waldbilder von Bilders van 
Boffe, Sas Herbftfiurmbild von €. Lifdfe und die Gartenede von 
de Bièvre angeführt. Auffallend ift, wie wenig Malerinnen üh an eine 
figürlihe Rompojition, überhaupt figürlihe Darftellungen herangetraut baben. 
Hier wäre ein Jnterieur mit einer Bäuerin von M. Boffelmann und die 
„St. Agnes mit dem Lamm" von Th. Shwarge hervorzuheben; mit 
großem Gefhmad ijt eine bildmäpige Studie von ©. Boznansta behandelt, 
welde ein Dienftmadden auf bellem Grunde mit einem weißgefleideten Rinde 
auf dem Arme darftellt. — Das größte Gnterefje beanfpruden die Radirungen 
uud Lithographien von C. Pac3zfar Wagner. Fhre Studien, hauptfadlid 
weiblihe Akte, außerdem ein Selbftporträt und fymbolifhe Darjtellungen, 


| 


zeugen von einem bodentwidelten Formenfinn und einer Beberrfdhung des 
Materials, die diejer energifhen, unerfihrodenen KRünftlernatur zur Ehre ge- 
reiht. Die Allegorien find nicht fo urwiidhfig wie die Naturftudien, weil fie 
fih häufig in den Spuren Rlinger'fhen Beiftes bewegen. — Es erübrigt 
noh, auf die plaftifhen Schöpfungen einen Blid zu werfen, deren eine ganze 
Anzahl die Ausftellung [hmüden, wie die Porträtbüften von €. Cadwallader 
(Profeflor Goadhim, Hans Thoma, G. Ff. Watts) und ein matt getönter 
Rnabenfopf von H. v. Raldjtein. 

Hatte die Ausftellung der Rünftlerinnen ein internationales Bepräge, fo 
werden wir in den Runftjalons von Burlitt der heimischen, hauptfählid 
der Münchener Runft, gegenübergeftellt. 

frit Erler ift ein vielfeitiges Talent, deffen Werte von frifhem, 
ſchöpferiſchem Geiſte durchweht find, obwohl fie niht alle auf der Höhe einer 
abgeflärten Meifterfhaft fteben. Am beften find die naiven Naturftudien 
(gezeichnete Röpfe von Bretagner Bauern), ferner die leicht foloricten 
Zeichnungen, Vorfakpapiere und Eprlibris-Entwürfe, fowie bemalte Buddedel 
(3. B. zu Anderfens Marden) gelungen, in welhen ih Gefhmat und über- 
müthige Erfindung paaren. Die Hauptbedingung eines Portraits, die 
Nebhnlidfeit, weiß der Riinftler in den Bildnijien von B. v. Berlepfh und der 
zapellmeiſter Strauß 
und Maczkowsky durch 
große Auffaſſung und 
ſtrenge Zeichnung zu er— 
füllen. Jn einem frauen- 
bildniß ift die Beband- 
lung der farbe etwas 
ftumpf und troden, wäh- 
rend in dem Portrait 
des Mufiters Bifhof, der 
vor einem Klaviere figend 
und von réthlidem Rer- 
zenfchein matt beleuchtet, 
vor fic) binträumt, die 
temperamentvolle Malerei 
ſehr zu ſchätzen iſt. Die 
ſymboliſchen und fagen- 
haften Darſtellungen Er— 
lers, wie „gung Hagen 
und die Königskinder“ 
und „Der Froſch⸗König“, 
entbehren der liebevollen 
Durchbildung und ſind 
trotz koloriſtiſcher Fein— 
heiten zu oberflächlich 
hingeſtrichen, um lebhaft 
zu intereſſiren. Welch intime Naturbeobachtung ſich gerade in dekorativen 
Malereien offenbaren kann, zeigt der Münchener Maler Joſef Rösl 
in feinen tapetenattigen Wandgemälðen, die zur Ausſchmückung für 
Kinder- und Badezimmer beſtimmt ſind, und in den Darſtellungen, die ſich zu 
kleinen Fabeln geſtalten, an die Formen von Fiſchen und Waſſerthieren an— 
knüpfen. Der Deutſch-Amerikaner L. Herzog ſtellt eine Anzahl Landſchaften 
aus, eine herbſtliche Allee im Regenwetter, eine beſchneite Dorfſtraße, eine 
Dorfecke in winterlicher Dämmerung, einen Blumenmarft in Amſterdam, 
Lagunenboote bei Nacht und einen Schiffer in einem italieniſchen Hafen, der 
ſtehend über die leichtgekräuſelte Fluth rudert. Der Maler beherrſcht und ver— 
arbeitet jeden Stoff, der ihm als maleriſcher Eindruck vor Augen tritt; ſeine 
techniſche Virtuoſität überwindet jede Schwierigkeit und bleibt bis ins 
Kleinſte korrekt, aber es fehlt jedem einzelnen Bilde an der rein ſubjektiven 
Gefühlswärme; man möchte im Terrain irgendwo mit dem Blide haften 
bleiben, man möchte einen Gegenftand finden, in değen Betrachtung ſich der 
Maler verliebt hatte. Go fommt aud die Poefie der Stimmung nicht recht 
zum Durdbrud, weil diefe in allgemeinen und landläufigen Empfindungen 
fteden bleibt. 

Die Holländer, die in der Runfthandlung von Amsler und 
Ruthard eine Sammlung von Aquarellen ausgejtellt haben, verftehen es 
hingegen mit abfoluter Sicherheit, den Stimmungsgebalt ihrer Bilder aus der 
finnlihen Erfcheinung berauszufhöpfen. Es it bewundernswertb, wie die 
Holländer, die feit Jahrzehnten an der nationalen Ueberlieferung zehren und 
fi gegen jeden Eindringling eines anderen Befhmadts zur Wepre feren, in 
ihrer Einfeitigkeit immer frifh bleiben, un trog Wiederholungen niemals zur 


— — 


Deutſche Kunſt. 





Nikolaus Geiger, Nadh dem Sündenfall, 


185 


Schablone berabfinfen. Die Cigenthiimlicfeiten ihrer begrenzten - Runft- 
anfhanung, die ftar? ausgeprägte Vorliebe für tie naturaliftifhe Schilderung 
ihres Landes laffen ein Prinzip erkennen, das für den bolländifhen Stil feine 
volle Berechtigung baben mag. 

Es fommt den Holländern niht darauf an, duch ftarte Poloriftifche 
Effekte oder durch eine ftrenge Durhbilsung der Form zu wirfen. Weder die 
farbe nod die Form ift erfhöpfend behandelt, vielmehr alles auf eine ein- 
fahe gejhlojlene Bildwirfung abgerundet, bei der nur das Typifhe aus dem 
meift dunklen Lofalton hervortritt. Durch die weihe verfhwimmende Be- 
bandlung wird jener cdarakteriftifihe Schmelz erzielt, der in den fein ab- 
gewogenen Stimmungen alle Werthe und Unterfchiede dominiren läßt, in 
Körper und Atmofphäre, in der Leuchtkraft des Lictes und der Tiefe der 
Schatten. So bat H. W. Mesdag durch die feinen Abftufungen von ein 
paar [hmußig grauen und braunen Tönen eine Morgenftimmung am Strande 
herausgearbeitet. Das fable Sonnenliht fampft mit zerflüfteten Wolfen- 
mafjen, im Dordergrunde fhaufeln fih einige fFiftherboote auf langen leife 
herantollenden Wellen. Auf einem anderen Bilde fehildert Mesdag mit 
denfelben anfprudslofen Mitteln einige im Sturm bin- und hergefdleuderte 
Boote M. Bilders von Boffe liefert den Beweis, daß durh die 
fummarifhe Behandlung 
die Charakterifierung der 
kleinen form niht aus- 
gejchloffen ift, in ihrem 
„Wald von Gelderland". 
Die Wiedergabe der mäh- 
tigen blaugrauen Baum- 
ftimme, des Waldbodens 
mit feiner wudernden 
Pflanzenwildniß und den 
gezadten Laubmaffen, ift 
mit  bewundernswerther 
Rlarheit gelungen. Die 
Landfdaften von Ba= 
briel, eine Dorfitraße 
mit Bauernbütten und 
ein von dichten Baum- 
gruppen umſchloſſenes 
Beböft bei eintretender 
Dämmerung, offenbaren 
ein ftar? ausgeprägtes 
perfonlides Empfinden 
und eine technifche Meijter- 
ſchaft; als gute Leiftuns 
gen, die indejlen fein 
Haar breit von der all- 
Holländer abweiden, find die Landfchaften 
der frau Mesdag van Calcar (fufweg bei der Rirche in Dries) 
und der frau Mesdag van Houten (im Walde) zu nennen. Oppen» 
roth bebherrfht weniger die Stimmung und ftreift ans Süßliche. 
Die figürliben Darftellungen zeigen in der malerifhen Behandlung diejelbe 
BGeftaltungstraft wie die Landfihaften. C. Bifhops Gemälde „Ein 
Sonnenſtrahl“ ftellt ein vornebmes mittelalterlihes Gemadh dar, in weldes 
vom fenfter ber ein breiter Lichtftrom bineinfluthet. An einem langen 
mit rotber Dede behangenen Tifbe fit eine Frauengeftalt, in eine Ede zurüd- 
gelebnt und von gleihmäßigen Reflerlihtern umfpielt. Das Bild ift von 
einem kräftigen und edlen farbenflang erfüllt; was den gewählten Begenftand 
betrifft, jo dürfte das Lieblingsthema Bifchops in den verfdiedenen Be- 
bandlungen als Delgemälde ziemlich befannt fein. Blömer's jpielende Rinder 
am Strande von Scheveningen fnd in blafjen, paftellartigen Tönen gemalt. 
Die Schilderung der Bauernfinder, die in den Tümpeln mit Meinen fahr- 
zeugen fpielen, ift lebendig und anmuthig. Weniger gliidlid) ift die ver- 
wafhende Manier des Malers bei einer Studie „Arautfhneidende frau" an- 
gewendet. Don liebevollem Studium zeugt ein Aquarell von W. Martens, 
das zwei ‚Frauen in einfacher fhwarzer Tradt am Fiehbrunnen darftellt. 
Endlih wären nod zwei Genrebilder von Rate Bifhop hervorzuheben, 
„Neue freunde” und „Mutter mit Rindern“, jowie eine «ausgezeichnete 
Studie von Th. Shwarke, ein in Bouade und Aquarell gemaltes Bruft- 
bild eines Mädchens in Fleidfamer bolländifcher Nationaltradt mit weißer 
Miike und Brufttuh. Die Holländer verdanken ihre internationale Beltung 
nur ibrer ftar? betonten Eigenart. Rarl Rrummader. 


gemeinen Anfdauung der 











186 Deutfhe Runft. 
Das Modell des Kaifer Wilhelmdenfmals fiir Hamburg. 
® is vor einem Sabre war man fih in Hamburg darüber im Zweifel lern auszufchreiben, allein die mit der Denfmalsfrage betraute Kommiljion 


gewefen, ob es beffer fei, ein Denkmal für Raifer Wilhelm I. an der 
Alfter oder auf dem Rathhausmarkte aufzuftellen. Als die Bürger- 
Shaft fid) für das Lebtere entfhied, mußte der im Jahre ISS9 vom Senat 
empfohlene Schaper'fhe Dentmals-Entwurf fallen und es galt einen neuen, 
für den Rathbausmarft paffenden ausfindig zu maden. war hatte die 
Bürgerfhaft den Wunfch geäußert, eine Ronfurrenz unter den deutfhen Rünft- 





Wifolaus Geiger, Ecce homo. 


des Senats, die urd Riinftler und Architekten ergänzt war, hat geglaubt 
eine günftigere Löfung zu finden, indem fie den Konkurrenzentwurf, welden 
Profejfor Schilling in Dresden zum Wettbewerb für das Nationaldenfmal 
eingefandt hatte, auserfah und den Hamburgifchen Derhältniffen anpaffen lief. 
Bildbanerifd) eine — der in der Hamburger Runfthalle ausgeftellte Entwurf ift 
vom Senat angenommen und der Bürgerfhaft zur Annahme empfohlen — 
der beten Leiftungen des Berliner Wettbewerbe, findet diefer Denfmals-Ent- 
wurf nad diefer Ridtung aud hier allgemeine Anerkennung. Was man an 
ihm ausfest, das ent/pringt dem ftarf entwidelten Hamburger Lofalpatriotismus, 
welder mebe Beziebungen auf Hamburg an oder in dem Denfmal feben 
möchte. Dielleicht wird nod einzelnes an dem Entwurfe nad diefer Richtung 
geändert, jo viel aber fteht fe, daß die Bürgerfhaft, d. i. der Hamburger 
Landtag, fih für diefen Entwurf entfheiden wird. 


Der Raum, auf den die gefammten Denfmalsanlagen vor dem Rath- 
baufe errichtet werden jollen, ift ein 117 und 43,5 Meter mejjendes Parallelo- 
gramm mit abgerundeten Eden, an deffen füsweftliher Langfeite auf erhöhter 
Plattform das Denfmal und rehts und linfs von ihm zwei paffende Monu- 
mentalbrunnen in vertieftem Parterre Plat finden. Den Hintergrund für 
Denfmal und Brunnen bilden Bosfetianlagen und vom jekt dort befindlichen 
Rinderfpielgarten berrührende hohe Baumreihen. Das Reiterdenfmal felbft 
erhebt fih auf einer 50 Meter breiten und 23 Meter tiefen mofaifgepflafterten 
Plattform, die in der Front fünf Stufen aus dem Niveau emporfteigt und 
ſeitlich durch Halbkreiſe abgeſchloſſen in der Hauptfache eine Ellipfenform hat. 
Auf der Rückeite der Plattform führt in die Anlagen eine etwa 8 Meter 
breite Treppe hinab, welche von zwei ſchlanken, ſäulenartigen Pylonen, ge— 
krönt durch Lorbeerkränze herbeitragende Siegesgöttinnen, eingefaßt iſt. An 
den Scheiteln der längeren Querachſe der Plattform, alſo auf der rechten und 
linken Seite des zentral geſtellten Reiterdenkmals, ſind zwei Gruppen von je 
drei weiblichen Geſtalten angebracht, welche ſich dem Kaiſer zuwenden. Von 
den Geſtalten der Gruppe zur Rechten des Kaiſers veranſchaulicht die Mittel- 
figur den Handel, die Seitenfiguren die Tertilinduftrie und die Eifeninduftrie. 
Gu der anderen Gruppe nimmt die Wiffenfhaft die Mitte ein, um welde fid die 
bildende Kunft und die Tonkfunft gruppiren. Die Figuren, welde mitfammt dem 
etwa die halbe Höhe einnehmenden Sodel 4 Nieter fi über die Plattform 
erheben, find lebhaft aufgefaßt und aus ihren Attributen ohne Schwierigfeit 
erfennbar. Um der Plattform nah binten einen Abfehluß zu geben, find die 
feitlihen Gruppen mit den Pylonen Such niedrige Balluftraden verbunden. 
Das Poftament der Kaiferfigur ruht auf zwei Stufen, deren unterfte 91/, und 
7% Meter in den Aren mißt. fiir diefe und das Poftament fommt zufammen 
tine Höhe von S Meter heraus, jo daß das Denkmal mit der etwa weitere 
5 Meter mejjenden Neiterfigur des Raifers und den Stufen der Plattform fih 
bis rund 14 Meter über das Straßenniveru erhebt. Das Poftament trägt 
an den Eden abgeftumpfte Doluten, während auf den dadurch entftandenen 
etwas ausgebaudten Seitenfladen Reliefs Plak finden fonnten. Die Stirn- 
feite trägt den Namen Wilhelm I, umjchlofien von den Reidsinfignien: 
Krone, Schild und Schwert. Das Relief der einen Seite zeigt zwei frauen. 
geftalten, welde die Einigung von Nord und Süd unter der deutfhen flagge 


" verförpern, das andere will den deutjhen Seehandel unter der deutfhen See- 


flagge verjinnbildliden. Eine Franengeftalt, Surh die Attribute als der 
Handel bezeichnet, wird auf einer Mufchel von den Roffen des Pofeidon iiber 
die Wellen getragen, während jhütend über ihr, von einer heroldartigen Figur 
gehalten, die das Hamburger Wappen auf der Bruft trägt, die deutfhe See- 
flagge webt. Die Reiterfigur des Raifers war ein voll gelungener Wurf des 
Riinftlers. Der Raifer ift in dem Augenblide abgebildet, wo er fein Pferd 
anhält und die rehte Hand Läffig auf die Linfe gelegt, welde die Zügel 
bält, ein Flein wenig nah redts jih wendend milden Blides prüfend aus- 
haut. Der Mantel ijt zurüdgefhlagen und läßt den Gnterimsrod und den 
Degen jeben. Der Rünftler Fennzeihnet die dee, welde ihn bei der Schaffung 
der figur leitete, mit den Worten: „Der Raifer ift auf der Höbe feiner Macht 
und jeines Rubmes gedacht, mild herabfdauend in der würdevollen, gott- 
ergebenen Rube, die ibm eigen war. Auch das Pferd, weldes im Schritt 
von dem Reiter angehalten wird, ift eine wohlgelungene Schöpfung. Be- 
mängelt wird mit Reht an dem Denfmalsentwurf die allzu flante Geftalt 
der Pylonen, welde mit ihren nahezu 5 Meter hohen Figuren die Höhe der 
Reiterfiguren erreihen. Jwifihen dem wuctigen Poftament und den Seiten» 
gruppen wirken fie jhornfteinmäßig. 


— — 


Deutfhe Runft. 


on den beiden Monumentalbrunnen, welche auf etwa 20 Meter Diftanz 
das Denkmal flanfieren, ift Bezug auf Hamburg genommen, indem die 
frönenden Brunnenfiguren „Die Elbe’ und „Das Meer" darftellen. Zum 
Denkmal ftehen die Brunnen nur in einem dekorativen Verhältniß. Die 
form der Brunnenbaffins ftellt man fih am beften vor durch ein 12 Meter 
langes und 21/, Meter breites Parallelogramm, über weldes ein 5% Mieter 
im Durdhmeffer meffender Kreis gelegt ift. Ueber diefem Kreis erhebt fidh 
auf fhlanfem fuß eine Schale, auf der die Brunnenfigur fteht. Gn den über- 


187 


ftehenden Thellen des Parallelogramms find Meercentauren und Meer- 
centautinnen angebradt, die Schiffe verkörpernd, welhe die Früchte des See- 
bandels heimbringen. Als Material für Denkmal und Brunnen ift gedadt: 
deutfher Branit für den Unterbau und die Stufen der Plattform, rothbrauner 
polirter [hwedifher Granit für die Urchitefturteile, welde fih über die Platt- 
form erheben, und Bronze für alles figiirlide und Ornamentale, fowie fiir 
die Schalen der Gruppen. Das Banze wirft durd die Zufammenftellung von 
Stein und Metall. überaus malerifch. Rarl Anhalt. 


Theodor Hagen. 


heodor Hagen gehört nicht zu den Riinftlern, die, an der Reife ihres 

Rönnens angelangt, mit der lebendigen Befühlsäußerung nadlaffen 

und fih nur noch in tehnifch verfeinerten Wiederholungen aus ihrer 
fhöpferifhen Blanzzeit ergehen. Hagen ift 
jung geblieben in feinem Schauen und 
Schaffen, er fteht der Natur noh mit 
derfelben fhwärmerifhen Verehrung gegen: 
über, wie in feinen erften Studienjabren, 
und vielleiht mit noch größerer Yaivitat, 
weil fih fein Denken und Empfinden mebr 
und mehr aus dem Bannfreis feiner Vor- 
bilder befreit hat. Es liegt im Charakter 
einer folden Perfonlicfeit, üh nidt an 
Erfolgen Genüge zu thun, auh wenn fie 
ibm neben dem flüchtigen Beifall der Menge 
eine innere Befriedigung verleihen mußten, 
fondern aus einem ftarfen Bedürfniß des 
Gemiithes, einer fehwellenden Sebnfudt 
heraus, dem geheimen Weben der Natur 
immer mehr auf die Spur zu geben und 
fih felber, feine perfönlihe Antheilnahme 
zu erforfhen. Bei den meiften Riinftlern, 
aud den genialften, vergeht oft eine lange 
Heit ihres Lebens, ehe fie den eigentlichen 
Berührungspunft mit der Natur gefunden 
haben. Nicht nur die neben- und gegenein- 
ander treibenden Strömungen in feiner 
fünftlerifhen Umgebung drohen ihm Ge- 
fahr, fondern aud) die Natur felbft, die 
häufig ein Derirfpiel treibt, indem fie den 
Rünftler in taufend verfchiedenen Sprachen 
bierhin und dorthin verlodt und ihm in 
der Hand wieder zerrinnen läßt, was er 
feft zu paden glaubte. . I 

Eine echte Rünftlernatur wird indeffen 
darin ihre Stärfe erproben, daß fle in 
diefem beftändigen Rampfe und Baufeljpiele 
ihre Eigenart durdhfegt. Das frudtbare Talent fegt häufig erft dann cin, 
wenn es gilt, die Grenzen des Rönnens zu überbliden und auszumeffen, 
um innerhalb des ureigenen Bebietes der Empfindung den weiteften Spiel- 
raum 3u geben. 

Hagen bat lange mit dem Stoff und dem Befhmad gerungen, ebe er 
zu der abgeflärten Meifterfchaft gelangte, auf der er fi jest befindet. Als 
ein Schüler ©. Ahenbady's fuhte er vorzugsweife romantifhe Motive auf, 
Alpen- und Berglandfdhaften, aus der Schweiz, der Eifel und Mitteldeutjch- 
land, alterthümlihe Städte und Burgen, foðann niederrheinifhe und 
holländifhe Fladhlandfhaften, in welden er aber nidt nad dem Dorbilde 
feines Lehrers den Nahdrud auf. die romantifd-elegifhe Stimmung legte, 
fondern in fräftig-malerifher Darftellung die fdlidtefte Erfheinung fefthtelt. 
Seit einer Reihe von Jahren jedodh befchränft fih der Riinftler auf die 
Schilderung feiner zweiten Heimath. 

Eine Ausftellung der neueften Werke Hagen’s in Weimar giebt Belegen- 
heit, fih mit feinem fünftlerifhen Typus näher zu befallen. Es find Dorf- 
ftrafen, Garten, Rornfelder, Parfpartien an der lm, alles Porträtland- 
fhaften, wie man früher die von der Natur gemalten Bilder bezeichnete, aber 
fo wudtig im Dortrag, fo fret in der Auffaflung und fo fein in der bild- 
mäßigen Abrundung, daß nur der grdbfte Unverftand fie mit Studien ver- 


=A 





nlifolaus Geiger, Märchenerzählerin. 


wedfeln fonnte. Aus der früheren vornehmen Zurüdhaltung in der Farbe, 
die bisweilen etwas froftig erfhien, ift Ser Aünftler zu einem gefättigten 
pridelnden Farbenreihthum hervorgegangen. Die Sonne leudtet und glübt 
in Garten und Alleen, jedes Hälmden em- 
pfängt Lidt und Wärme, fpiegelt bei einer 
Biegung die flimmernde, dunftig-blaue 
" Atmofphäre, jedes Aefthen windet fi in 
der charafteriftifdhen Lidtbredung des heißen 
Sommertages der idpllifhen thiiringifden 
Hiigellandfdhaft in nadfter Umgebung von 
Weimar, die vielleiht mandem Riinftler 
zu Fleinlid), zu ftimmungslos oder zu 
wenig monumental erfheint. Und gerade 
bier entftanden in den legten Jahren Meifter- 
werfe, die wieder einmal den gewohnten 
Schönheitstheorien ins Befiht ſchlagen, 
3. B. der, daß es einen Unterfhied gäbe 
zwijchen einer Candfhaft, die beim Luft- 
wandeln fhön für's Auge und einer folden, 
die fhön zur malerischen Wiedergabe wäre. 
Hagen malt alles in der Natur, was in 
feinem reihen Befühlsleben eine Saite ins 
Schwingen verfegt. Er lebt in und mit 
der Natur. Sie ift fein unentbebrlider 
Lebensgefabrte, fein guter Ramerad, den et 
3u behandeln weif, deffen geheime Regungen 
ex verftebt, efen Launen er nicht übel- 
nimmt. 

Blaue Schatten laufen quer über die 

blendende ftaubige Landftrafe. Jeder Blu- 
menfeld, jede Staude, jedes Blätthen muß 
mitfpreden, feinen ganzen Charakter in 
Form und farbe entfalten, um dem Natur- 
ausfhnitt Leben zu verleihen. Die liebe- 
volle Derfentung des Studiums giebt dem 
Maler jede Tehnit an die Hand, mit 
der er duch Erperimentiren und Der- 
gleihen jeden Stoff nad feiner Zndividualität zu behandeln verfteht. Der 
Boden wellt und ftredt fih und verfchiebt fid in meilenweite ‚ferne, der 
gtiinende Rajen wudert in iippiger Wildnif, auf den eben abgemabten 
Stoppelfeldern herrjcht die Gefchäftigkeit der Ernte. Die Barben werden zu- 
fammengeftellt und in goldig-fträhnigen Ballen in Diemen aufgethürmt, die 
seldarbeiter haben große Eile, denn die Luft verdichtet ih und gigantifche 
Bewitterwolfen ziehen drobend auf. Dann wieder führt uns der Maler an 
die wogende grüne Saat beim flimmernden Blanze des Abendfterns, auf 
bolprige ausgefahrene Wege, an die duftig fehattigen Ufer der Fim und 
in feuchte Waldfhluhten, deren Boden mit rothgelbem Herbftlaub ge- 
tigert ift. 

Das Auszeihnende in Hagen's Landfhaften ift die immer vollendetere 
Durdhdringung des Stoffes, der nicht ftilllebenartig peinlich, fondern zugleich 
mit dem großen poetifhen Wurfe aus der Eingebung des Temperamentes 
entfteht und wählt. Es ift fein Bild, in dem micht die Begeifterung und 
Leidenfhaft des erften überwältigenden Natureindruds feftgehalten und immer 
auf dieje zurüdgreifend bis zur fräftigften Wirkung gefteigert wäre. Hagen's 
Landfchaften erfceinen ftets belebt, felbft wenn die Staffage fehlt, weil fie fein- 
finnig aufeinander folgende Momente zu einem Gefammteindrud zufammen 
zu fallen wifjen. Rarl Rrummader. 





188 


Deutfhe Runft 


iR 


Georg Kolbe. 


enn man einem jungen Talent gegenüberfteht, maht fih die Der- 
antwortlidfeit der Rriti? am meiften fühlbar, es erfcheint fchwer, 
d die rechte Mifhung von Lob und Tadel zu finden und doch 
bleibt fhlieglih nichts übrig, als die Wiedergabe des erften Eindrudes. Die 
Runftbandiung von Keller & Reiner in Berlin bradte jüngft eine 
Ausftellung von etwa einem Dugend aquarellitter Zeichnungen, die ein eigen- 
artiges Empfinden verriethen, fo unfertig aud Mandes erfheinen mochte. 
Neben den unverfennbaren Einfläffen von Bödlin und Klinger madte fid eine 
gewiſſe Selbjtändigkeit geltend, ein ernftes Streben nah Geftaltung eines 
reihen Innenlebens. Es war verhältnigmäßig leicht, den offenbar fehr jungen 
Rünftler der Gruppe Rlinger, 
Safha Schneider, Strafen anzu- 
fließen und ihm von weiteren 
Ausftellungen bis zur Erlangung 
größerer Reife abzurathen. DieDor- 
fht der Rriti? ift bei den vielen 
fünftlerifhen Eintagsfliegen, die 
fie innerhalb eines Jahrzehnts durch 
vorzeitiges Lob gezüchtet, begreif- 
lich, aber fhlieglih follte man die 
eigene Schuld nit Unfhuldige ent- 
gelten laffen. Gn einer Felt, die 
geneigt ift, flidtigteit für Ge- 
nialität, Senfationsfudt für Ori- 
ginalität, Nichtlönnen für Nidt- 
wollen zu halten, findet fih am 
Ende aud Plak für die förderung 
einer Begabung, die ernfthaft, 
wenn auh noh mit unzulänglihen 
Mitteln nah Ausdrud ringt. 

Es gehört ein gewiffer Muth 
dazu, ftatt zu illuftciren, neben 
einer Dichtung ber zu zeichnen, 
ihren in Worten nur angedeute- 
ten Empfindungsgehalt in Linien 
und farben umzuferen. Diefen 
Muth beweift Beorg Rolbe jeden- 
falls. Don dichterifhen Reminis- 
cenzen angeregt, giebt er eigene 
Phantasmen, ja er wählt den 
dornenvollen Weg, fid das Gegen- 
ftändlihe der Poefie verflüchtigen 





eigenen Empfindens, wie der frifde liebenswürdige Humor, der den intimen 
Derlehr des Einfiedlers mit feinem wilden Benofjen erfüllt. Dabei ift wohl 
zu beadten, daß der eigentlihe Stimmungsgehalt in das Landfhaftlide 
verlegt ift, in dem fih Rolbe's Begabung zunädft am mühelofeften bethätigt. 
Jn der gewellten Ebene, in den jhön gefhwungenen Ufern, in den auftagenden 
Selfen ftedt ein anmuthiger Fluß der Umriffe. Die leicht hingetuſchten 
Aquarelltöne entfprehen gefhmadvoll den märdenhaft unbeftimmten Vor- 
würfen. Der größte Vorzug all dtefer Rompofitionen ift ihre fünftlerifche 
Naivität, die fh anregen läßt und wahllos weiterfhafft über das diel 
binaus, weil fie einmal in Bewegung gefegt ift. 

Die vorftehenden Heilen waren 
gefchrieben, ehe wir auf den Ge- 
danken famen, ung nach der Perfon 
des jungen Rünftlers zu erkundi- 
gen. Die folgenden Notizen ver- 
danten wir der Güte des Grafen 
H. A. Harrah in Paris. 

Georg Rolbe ift 1877 zu 
Waldheim, Rgr. Sadfen, als 
Sobn des De.orationsmalers 
Rolbe geboren. Bis zu feinem 
14. Jahre im Daterhaufe erzogen, 
fam et 1891 nad Dresden zuerft 
auf die Gewerbefdule, wo er 
Unterricht im Zeichnen nah Gips, 
in der Perfpeftive, Projeftionslebre, 
Architektur 2c. erhielt, dann auf 
die Aunftgewerbefhule. Mit 18 
Jahren ging er nah Münden, 
um ein Semefter bei dem aus- 
gezeichneten, ungarifhen Privat- 
lehrer Holofy zu arbeiten, ynd dann 
auf der Afademie bei Prof. Hagel 
und Prof. Seit feine Studien 
fortzufegen. 1897 fledelte Rolbe 
nad Paris über und trat in die 
Akademie Julian im Quartier 
latin ein, und zwar in das 
Atelier der Herren Badel & Sho- 
mer. Hier that er fih jhon nad 
einigen Monaten duch feine zelch- 
nerifhen Leiftungen bervor, und 


3u laffen und die reine Gdee in * erhielt einen erſten Preis. Erſt 
neue bildneriſche Form umzugießen. feit etwas über 1'/; Jahren bat 
Sein „Atlas“, der auf einfamer Nikolaus Geiger, Stijze. er angefangen, feiner reichen 


SFelfenhdhe die Wolfenlaft des Him- 
mels in fih zufammengefauert auf den Schultern trägt, erinnert eben nur 
nod an dte flaffifhe Mythe, die ganze Rompofition Loft eine Gedanfenreihe aus, 
die mit dem auf der Brenze zwifchen Erdenleid und Himmelswonne fdhwanfenden 
Halbgdtterthum anbebt und je nad der Einbildungskraft des Befhauers endet 
oder fih ins Unendlihe verliert. Cin Rentaur trabt, vom Rüden gejehen, 
dem „Sonnenaufgang entgegen,‘ die erwadende Natur, die ih dem Leben 
fpendenden Tagesgeftien zumendet. DVerlangend ftredt eine fhön fomponitte 
Schaar nadter Menfhenfinder vom fablen Felfenufer her die Arme nad 
einer grünen, fehattigen nfel aus, nah dem „Lande unferes Sehnens". Die 
Dantedihtung von Francesca da Rimini verflühtigt fih bei Kolbe zu einem 
Menfhenpaar, das angftvoll zufammengefhmiegt zwifhen Himmel und Erde 
durch den „ewigen Raum“ dahinjchwebt, einfam in grauenvoller Dede. Ein 
nadtes im Tode übereinander geftredtes Liebespaar überträgt die Stimmung 
aus Heine's „Es fiel ein Reif in der Ffrühlingsnadht” in das Bildnerifche, 
fle find „verdorben, geftorben“. An die deutfche Legende nüpft der „Einfiedler‘ 
an, ein Mönd, der in grüner Waldeinfamkeit vor feiner Hütte den ihm ver- 
trauten Bären am zottigen Halfe fraut. Das it die Sage vom heiligen 
Gallus, dem das wilde Bethier beim Bau feines Haufes durd Zutragen von 
Baumftämmen hilft, belohnt durd die fpärlihe Brodnahrung, die der Heilige 
ibm reicht, wie es fhon auf dem Dedel des Evangeliars des Möndes Tutilo 
vor faft 1000 Jahren in Elfenbein gefihnitt zu fehen war. 

Was all diefe dichterifhen Reminiscenzen reizvoll macht, ift der Zufat 


Phantafie in einer Fülle ebenfo 
origineller, wie tief und warm empfundener Blätter in einfadhfter Aquarell 
tednif Ausdrud zu geben. 

Mar Rlinger, dem feine Sadhen vorgelegen haben, hat fic lebhaft für 
diefelben intereffirt und fic) febr giinftig über diefelben ausgefproden. 

Diefen furzen Notizen ließ Herr Graf H. A. Harrah einen zweiten Brief 
folgen, den wir als jhätenswerthen Beitrag zur Charakteriftit des jungen 
Künftlers feinem wefentliden Gnbalt nad abdruden. 

Paris, den 29. Januar 1898. 
rue de Courcelles 198. 

Die Fragen, die Sie an mid betreffs des Herrn Kolbe richten, find nicht 
ganz leicht zu beantworten. Jh balte es von vorne berein für unmöglih, 
einen jo jungen Rünftler zu beurtheilen, da eben das, was er bringt, nur 
mehr oder weniger mangelhafte Ausdrüde find für eine Fülle von 
Empfindungen und Gdeen, die noh garnicht den Anfprub irgend welder 
Abgefhlojfenheit machen und fi deshalb auch eigentlich einer Beurtheilung vom 
Standpunkt der allgemeinen Runftkritif entziehen. Niemand hat mehr als Kolbe 
felbft das Befühl des Unzureihenden in feinen Saden, die er nur als Notizen an- 
gefeben und beurtheilt willen möchte, weldhe er aus dem unendlichen Reichthum 
feiner Phantafie bingeworfen hat, dem in ihm iibermadtigen Triebe zur 
Produftion folgend, und ohne zZuerft an irgend jemand anders dabei zu denken. 
Dem entfpredend mödte ih and beftimmt behaupten, daß irgend welde 
äußere Anregungen duch fremde Riinftler nicht ftattgefunden haben, denn die 


einzigen Aünftler, zu denen er wirklih mit großer Bewunderung emporfieht, 
find Bödlin und aud Klinger, und von beiden ift verhältnigmäßig wenig in 
feinen Saden zu finden. Das ift aber gerade der Zauber, der von ihnen 
ausgeht, und der mid, als ich fie zuerft in feinem fleinen Dahftübhen im 
Quartier latin fab, in fo hohem Grade feffelte; denn aus jedem Strid, aus 
jeder Empfindung fpridt ungefhwmadt eine ftarfe Perfonlidfeit, deren Schaffens- 
reihthum ihm garnicht erft Zeit läßt, ih das in der Phantafle Befehene nad 
dem Dorbild irgend eines großen Riinftlers zuredtzulegen.. Daß diefe 
Phantafle bald in ihrer Urwiidfigheit und Araft (Atlas. m ewigen Raum) 
bald in ihren Märhenträumen (Einfiedler), und faft fentimentalen Stimmungen 
immer urdeutfd und urgefund bleibt, hat mid befonders gefreut in 
unferer Felt, wo gerade das Nationale in der Runft bei uns fo 
felten bervortrit. Er bat mid oft an Thoma und Schwindt er- 
innert, fo far? tritt bei ihm gerade das Deutfhe in feinem ganzen 
Fühlen und Denken hervor. Und 
gerade fo wie die Arbeiten, ift 
der Menfh. Blond, kräftig, unter- 
fest, im dichten Boulevardgedränge 
fhon als Deutfher zu erkennen. 
Das Bemerfenswerthefte an ihm 
ift das für fein Alter erftaunlid 
fefte Zielbewußtfein, mit dem er 
feine Studien betreibt. Juerft 
hat er faft ausfchlieglih „gemalt 
und vor allem fehr viele land- 
fhaftlide Studien gemadt. Als 
er dann fab, daß ihm zum Aus- 
drud deffen, was er geben wollte, 
die zeichnerifhen Fähigkeiten 
fehlten, wandte er fih mit ganzer 
Energie dem Zeihnen zu und hat 
es in furzer Zeit fo weit ge- 
bradt, daß er feine ganzen figür- 
lihen Zeihnungen obne Mo- 
dell oder irgendmelde Modell- 
ftudien aus dem KRopfe zeichnen 
tann. Weil nun die FJhnen vor- 
liegenden Saden gerade in die 
Periode feiner angeftrengteften 
zeihnerifhen Thätigkeit fallen, 
lafen fie aud diefen Charakter 
befonders hervortreten. 

Uuh ih fenne ihn nur aus 
diefer Zeit und fann mir des- 
halb über jeine malerifhen Quali- 
täten fein Urtheil erlauben. Jedenfalls fdeint mir, ob nun in farbe 
oder Zeihnung, die Begabung zur Kompofition feine hervorragendfte Eigen- 
haft zu fein. Rlinger’s Urtheil über ihm vermag ih Fhnen nit wörtlich 
mitzutheilen, da ich es nicht war, der ihm die Saden vorgelegt hat. Seine 





Nikolaus Geiger, Grabdenfmal auf dem Mathdi-Hirdhof in Berlin. 


Deutfhe Rung. 189 


Lehrer in Paris haben Ffeinerlei Einfluß auf ihn ausgeübt, da die Rorreftur 
hier nur eine fehr flüchtige if. Er hat in der Akademie Julian nur Aft- 
ftudien gemadt und aud fiir eine folde in einer Schulfonkurrenz den Preis 
befommen. 

Die Sacen, die Fhnen vorliegen, find eine Auswahl aus einer großen 
Zahl (etwa 60 bis 70), dte alle im Laufe von nicht einem Jahr entftanden 
und, bevor id) fie fab, nur ein bis zwei perfönlihen freunden befannt 
waren. Da fie mir duch ihren außergewöhnlihen Phantafie und Em- 
pfindungsreihthum eine wirklich große Freude gemadht hatten, verfprad ich 
zu thun, wag in meinen Kräften ftände, und nahm fle nad Berlin mit. 
Das weitere wiffen Sie. 

JH habe, glaube id, nun alle Fore fragen beantwortet, foweit ih es 
fonnte, und bitte Sie, mir nur nod zu geftatten, das zu wiederholen, was 
id zu Anfang fdon erwabhnt hatte. Fh glaube namlid, dağ man 
duch eine Fritifche Beleudhtung der 
Arbeiten denfelben nit gerekt 
werden kann, da fie, wie gefagt, 
nidts WAbgefdloffenes find und es 
aud nidt fein wollen, mir will 
es deshalb feinen, ale ob in 
diefem Falle die Aufgabe eines 
Auffages vielmehr in einer, wie 
foll ih fagen, poetifhen Be 
handlung des Stoffes läge, die 
das Publitum, indem fle den gei- 
ftigen Gehalt des Stoffes auslöfte, 
auf das, was den Werth der 
Saden ausmacht, hinweifen würde 
und es dadurh zu dem Runft- 
genuß binleitete, zu dem es ja 
meift erft durd eine verftändniß- 
volle Rritif geführt werden muß. 

Tropdem id nicht glaube, 
daß ich Ihnen noch mehr Material 
liefern könnte, bin ich doch bereit, 
auf alle Fragen, deren Beant- 
wortung Sie eventuell nod wiin- 
fhen könnten, Auskunft zu geben 
und ftebe Ghnen zu diefem Zwed 
jederzeit zur Derfügung. 

Mit vorzügliher Hochachtung 
H. UA. Graf Barragh. 

Wir haben diefem Schreiben 
nihts Wefentlihes hinzuzufügen. 
Aud uns fheint das Schaffen des 
jungen Rünftlers aus deutfcher Empfindungstiefe gefhöpft zu fein. Wenn aud 
bisweilen die Herefhaft über die tarten Ausdrudsmittel fehlt, fo it es jedenfalls 
beffer, dağ die Spannfraft über das Ziel hinausfchießt, als daß fle vor ihm 
verfagt. 6. M. 


Die Kunft in Oefterreidy und der Schweiz. 


ie ftaatlihe Runftpflege in Oefterréih hat fo lange und fo viel zu 
wünfhen übrig gelaffen, daß jede Regung auf diefem Gebiet mit 

D befonderer Freude zu begrüßen ift. Und es regt fid) dermalen 
überall, meift mit Bezug auf das bevorftehende Regierungsjubilaum. So ift 
ein Dorfhlag aufgetaucht, deffen Ausführung einmal Gelegenheit bieten 
würde, zu zeigen, welde Aunftfhäge Wien in Sffentliden und Privatgalerien 
aufgefpeihert hatte, ebe die derzeitige Derfumpfung allen Runftinterejjes ein- 
trat. Es handelt fid darum, in einigen Hauptfälen des Hofmufeums eine 
Galerie der Galerien 34 vereinigen. Da würden aus Raijerlihem Befit 
ihren Plaß finden: die beiden Knaben des Rubens, der herrlihe franz Hals, 
ein und der andere Dan Dyg, Luini; von Harrah das Rnabenbildnif des 
Delasquez, das fih neben des gleihen Meifters Philipp IV. wunderfam aus- 
nehmen müßte; vielleiht noh fein Juan von Toledo; von Czernin der 
Potter, deifen gleihen die Welt nit tennt; der groe Rembrandt aus Schön- 
born; mandes aus Privatbefiz Fame wohl hinzu. Es wäre ferner nit 
unmöglid, daß man die Pefter Nationalgalerie für diefen Bedanfen gewänne. 


Dann 36gen Spanier von einer Pradt auf, wie man fie aufer im Prado 
nidt abnt: Jurberan, Gopa, Murillo. Dazwifhen auf Godeln oder in 
Vitrinen die löftlihften Bronzen und Werke der Kleinkunft. Es wäre das eine 
Schau von Aunftwerken, dte ih dem Salle carrée des Louvre ebenbürtig 
an die Seite ftellen fönnte. Natürlih müßte die ftaatlihe Runftverwaltung 
die Sahe in die Hand nehmen, die ja auh im Aunftgewerbe jüngft be- 
merfenswerthe Erfolge erzielt hat. 

Mit Herrn von Scala, dem neuen Direftor des Mufeums fiir Runft 
und Gnduftrte, ift frifches Leben eingezogen. — Zunädhft wurde ein tunft- 
gewerbliher Dorfhuß- Fonds gegründet. Herr v. Scala fand es niht unter 
feiner Würde, da und dort,anzuflopfen, um die Mittel zu erhalten und erhielt 
fie. Sie dienten in erfter Linie dazu, tüchtigen, aber unbemittelten Hand- 
werfern das Nöthige zu verfchaffen, um die Ausführung dtefer oder jener Arbeit 
in die Hand zu nehmen. Sie befamen außer beträdtlihen Zufhüflen in erfter 
Linie muftergiltige Bebrauhsgegenftände im ihre Werkftätten geliefert, um fo 
zu jeder Zeit ih am Originale Rath zu erholen, alle tehnifhen fragen am 


190 


Deutfhe Runft. 





Dorbilde jederzeit ftudieren 3u fonnen. Die Anregungen werden meift vom 
Auslande geliefert, aber die Refultate find dem heimifchen Runftgewerbe zu 
Gute gefommen, wie der Erfolg der Möbelausftellung im Mufeum beweift. 
Die Derfäufe befhränften fih ausfhließlih auf die Schöpfungen inlandifder 
Rünftler. Am meiften Aufmerkfamkeit erregte ein Gnterleur, entworfen von 
den Architekten Jofef Urban und franz Schönthaler, ausgeführt unter Affiftenz 
von Maler Heinrich Lefler und Bildhauer Hans Ratthansty. 


„Die Grundftimmung des Ganzen ift liht; die Möbel, durchweg in 
äußerft zierlihen, an englifhe Vorbilder fih anlehnenden formen gehalten, 
find in dunkel Mahagoni ausgeführt. Der untere Theil der Wand ift mit 
einer meterboben Dertäfelung verkleidet, die durch in regelmäßigen Abftänden 
wiederkehrende Lifenen, befrönt durch ziemlih weit vorfpringende Ronfolen, 
eine fefte Gliederung erhielt. Darüber, bis zum Dedenfries reihend, fett eine 
fein geftimmte Tapete mit Paffionsblumenmufter, graugriin und violett, an. 
Sie ift von Lefler entworfen. Die Dede fleigt als flache, vierfeitige Pyramide 
an und bat ein fleines, mit farbiger Glasdeforation verfehenes Oberlicht. 
Der Boden ft mit verfchiedenen Teppiden belegt, unter denen einige von 
£efler entworfene fein zum Uebrigen ftimmen.  Originell wirkt ein in feinen 
Befdhlagen febr reid) gebaltener und mit Bronze-Reliefs verfehener Hodseits- 
frant, bei dem der Brautfranz ein ebenfo glüdlih durdgebildetes als 
ornamental witffames Motiv abgab. Ylicht minder originell wirft ein Wand- 
fhirm mit Füllungen in Applifationsarbeit, weiter eine mit reichlider Metall- 
Treibarbeit verfehene Pendeluhr, dann die weißen Delvet-Dorhänge mit Mohn- 
mufter, die in den Erferfizen am Fenfter befindlihen Poffterkiffen mit Appli- 
fations-Stiderei, an denen in richtiger Erfenntnif des Awedes jede zu weit 
getriebene Naturaliftit vermieden if, ebenjo wie bei den mit Mohnmufter ver- 





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Georg Kolbe, Jm ewigen Raum. 


fehenen Stuhlbezügen, endlih die in Glasemail ausgeführten farbigen 
‚Fenfter mit Darftellungen aus „Dornröschen“ und „Afhenbrödel". Wir geben 
die Befchreibung diefes Gnterieurs fo eingehend, weil es ih hier um keine 
mehanifhe YNahabmung englifhen Stile, fondern um eine zwedmäßige und 
fhöne Anpaffung an einheimifhe Verhältniffe handelt. Das verftändnifvolle 
Einwirken feinfinniger Rünftler hat ein Neues gefhaffen, das unferem Runft- 
empfinden nabe ftebt: Diefes an der Hand der Schilderung Ser heimifchen 
Runftentwidelung beranzubilden, madhen fi die Vorträge des Vizedireftors 
des öfterreichifchen Mufeums, Dr. Leifhing, zur Aufgabe. Er hat einen Eyflus 
von Dorlefungen über „Defterreihifhe Aunftgefhichte‘‘ begonnen. Dr. Leifhing 
verwies in feinem Einleitungsvortrage mit Redt darauf, daf es fih in diefen 
Mufeumsfurfen darum handelt, gegenüber dem realiftifhen Zuge der Zeit, die 
idealen Lebensmächhte zu pflegen und dadurch einer harmonifden WAusgeftaltung 
der allgemeinen Bildung Dorfchub zu leiften. Er begründete aud, warum er 
zur Einleitung diefer Rurfe ein Rapitel der fogenannten hoben Aunft wähle; 
einmal dSeehalb, weil aud unter den Gebildeten die Kenntniß der reichen 
Runftfhäße Oefterreidhs, welde in ihrer faft lüdenlofen, gefhidtliden Folge 
als Ausfhnitt aus der allgemeinen ARunftgefhichte eine trefflihe Einführung 
in diefe felbft bieten, nahezu gar nicht verbreitet fei; ferner weil das aktive 
Ontereffe an den dekorativen Rleinfünften, deffen ein wiflenfhaftlih und zu- 
gleid) praftifh wirfendes Inftitut, wie das Oefterreihifhe Mufeum, dringend 
bedarf, in weiteren Rreifen nur auf dem Umwege über die hohe Runft lebendig 
gemacht werden fann. Das ift jedenfalls der rehte Weg, aus dem Wirrwarr 
des Modernen zu einer abgeflarten Runftanfhauung zu gelangen und das 
Neue Surh die Errungenfhaften des Alten zu Fontrolliren. 

Hierzu bietet fh auch in der Ausftellung des Aquarelliftenflubs 
Gelegenbeit, die allen Riinftlern des Fn- und Auslandes Baftfreundfhaft ge- 
währt und fic fo zu einem intereffanten Wettftreit geftaltet. 

Das Zurüdftehen der Oefterreiher hat mehrere Gründe; dte „Sezeflion“ 
hat zwar die Genoffenfhaft aus ihrem Mafifhen Zauberfhlafe aufgerüttelt, 
aber fie ftreift im Aünftlerhaufe: Alt, Veith, Zettel, Hirfchl ftellen hier nicht 
aus. ferner arbeiten unfere Rünftler derzeit für die große Jubiläums - Aus- 
ftellung und konnten ih für diesmal nicht recht betheiligen. i 

Der Rlub trägt der Jeittrömung infoweit Rednung, als er fic) durd- 
aus modern infzenirt. Schon der illuftrirte Ratalog giebt fih, wenigftens in 
feinem reihen Dignettenfhmud, urmodern; die Pleinen Reproduftionen aus 
der Ausftellung können damit freilich nit Schritt halten. Es fehlen eben 
die Sezefjioniften, diefer unrubige Sauerteig, der Leben in den Rlub bradte, 
und was Neuartiges vorhanden ift, fommt den alten kleinen Schulmanieren 
gegenüber nicht recht auf. 

Dafür find die Karlsruher und Worpsweder glänzend vertreten, 
aud mit Werken der Radirfunft. Noh eine angenehme Entdedung fann 
der Runftfreund in der Aquarelliften-Ausftellung mahen: Das Runftgewerbe 
ift nicht vergefjen worden. Jn den Eden und in Schränken finden fih eine 
Menge von Fayencen, Reramifen und Silber= und Goldarbeiten, lauter be- 
merfenswerthe Erzeugniffe des Runftgewerbes. f 

Wien beftrebt fid eben nad allen Ridtungen hin, die ihm gebührende 
Stellung als Runftftadt zurüd zu erobern und ladet gaftlih Alles ein, was 
ihm dazu Beihilfe gewähren tann. 

Eine Ausftellung von Werten reihsdeutfher Rünftler bat, 
wie fhon feit einigen Jahren, auh jekt wieder der Münchener Hofkunft- 
händler Neumann in der Runfthandlung feines Bruders (am Rohlmarkt) zu- 
fammengebradt. . eben Bödlin, der mit einer wundervollen Ruine am 
Meer, und Uhde, der mit zweien feiner Hauptwerke vertreten ift, fowie Albert 
Beller und Franz Stud, finden wir Namen wie Adhenbadh, Defregger, 
Griigner, Hartmann, Raufmann, Raulbadh, Knaus, Mar Wenglein 2c. 
Speziell die Mündjener Rünftler haben in Wien einen rührigen Vertreter und 
ein bübjches Heim gefunden, wo neben den fdon genannten und anderen 
Werken zur Zeit nod ein fhöner Studienfopf von Meifter Lenbah und ein 
feiner Dies erfceint. 

Gleichzeitig wünfht die ,,Dereinigung bildender Riinftler Oefterreidhs' 
in folge 3ablreich) eingelaufener Anfragen befanntzugeben, daß zu ihren 
Ausftellungen nicht allein die Werke ihrer Mitglieder und die Schöpfungen 
fpeziell eingeladener Künftler zuläfiig find, fondern Saf es jedem andern 
Rünftler freiftebe, fid an den Deranftaltungen diefer Vereinigung zu be- 
theiligen. Mit NRüdfiht auf die bereits eingelaufenen zablreiden An- 
meldungen und den für die Plazirung der Werke verfügbaren Raum fönnen 
jedoh die Aufnahmen für die erfte Ausftellung nur im befihräntten Maße 
ftattfinden. Der Termin zur Einfendung der Werke in das Ausftellungs- 
Bureau (Bartenbau-Befellfhaft) ift vom 5. bis zum 15. März anberaumt. 


Tg — — — == — 


Deutſche Runf. 


191 





Auch in Transleithanien beſinnt man ſich auf die kulturelle Bedeutung 
der Kunſt und des Kunſtgewerbes. Der Kulturminiſter Dr. Wlaſſics hat an 
die Direktoren des National-Muſeums, des Runftgewerbe-Mufeums und der 
Landes⸗Bildergalerie einen Erlaß gerichtet, den wir im Wortlaut wiedergeben, 
da er uns beſonders nachahmenswerth erſcheint: 

„Es iſt ein fühlbares Bedürfniß, daß die verſchiedenen und von Jahr 
zu Jahr ſich ſteigernden kulturellen Anſprüche des großen Publikums be— 
friedigt werden. In mehreren Ländern des gebildeten Weſtens werden ſchon 
feit längerer Zeit durch auf wiſſenſchaftlichem Aiveau ſtehende ſeſtematiſche 
Vorträge die Errungenſchaften der Kultur dem großen Publikum übermittelt 
und wird auf dieſe Weiſe das Intereſſe für Wiſſenſchaft und Kunſt in die 
breiteſten Schichten getragen. Ich wünſchte beſonders die Aufmerkſamkeit der 
ungariſchen Geſellſchaft in höherem Grade auf die in heimiſchen Anſtalten 
befindlichen zahlreichen und intereſſanten Sammlungen zu lenken. Derartige 
Sammlungen find in erfter Reihe die des YMationalmufeums, der Runft- 
gewerbemufenms und der Landes-Bildergalerie. Diefe find in erfter Relbe 
berufen, den Runftgefhmad des grofen Publifums 3u entwideln, die Ge- 
miither 3u veredeln und insbefondere das grofe Publitum in einer Richtung 
3u erzieben, welde die Beftrebungen der Befellfhaft mit edlerem, idealerem 
Inhalt erfüllt. Das Publifum, das die erwähnten Anftalten befudt, erhält 
nur eine flühtige Orientirung von den dafelbft angehäuften Shaken der 
Nation, wenn anziehende, fahgemäße Dorlefungen feinem GBejhmade und 
feiner Denkart nicht die Richtung angeben. Jh eradte es fiir nothwendig, 
daß diefe wichtigen faltoren der Kultur zu einem wahren Bemeingut der 
Nation werden, damit fie aud praltifh ausgeniigt werden können. Jd 
wiinfdte, daf die ungarifche Befellfihaft das wärmfte und wahre Fntereffe 
für Wiffenfhaft und Runft an den Tag lege. Jh mwünfhe, dağ die 
ungarifhe Gefellfhaft 3um flaren Bewuftfein deffen gelange, daß der Auf- 
fowung des wiffenfdaftliden und Runftlebens die feftefte Bafis fei, auf 
welde unfere Zukunft aufgebaut werden Fénnte. Was mir vorfhwebt, ift, 
daß die Befriedigung der Anfpriihe des Aunftgefhmades zu einem Bedürfniß 
des alltägliben Lebens werde. Zur Erreihung diefes Zieles müllen wir 
alle zur Derfiigung ftebenden Mittel benügen. Deshalb wünfhe id, dem 
Publitum Gelegenheit zu bieten, die Sammlungen der unter Fyrer Leitang 
ftebenden Anftalt auf dem Wege fpftematifher anziehender Vorträge oder 
Dorlefungen fennen zu lernen. Jh erfuhe daher, die praftifhe Durdhführ- 
barkeit der bier aufgeworfenen dee zum Gegenftande Ghrer Erwägung zu 
maden und mir ebebaldigft Bericht darüber zu erftatten, auf welhem Wege 
und auf welhe Weife das ausgeftedte Ziel in der unter hrer Leitung 
ftebenden Anftalt verwirkliht werden lönnte. Jh erwarte shren Bericht 
noch redtzeitig genug, um über die nothwendigen Roften bei der Zufammen- 
ftellung meines nadftjabrigen Budgets orientirt fein 3u fsnnen." 


Und bier ftellt üh der internationalen die nationale Runft, dem 
franzöfelnden „l’art pour l'art“ die Runft für das Dolf gegenüber. Es ift 
das ein beachtenswerthes Zeihen der Zeit, das gerade für uns, denen der 
ausländifhe Modegefhmad immer näher auf den Leib rüdt, feine Be- 
deutung bat. : 

Selbft in der dreifpradigen, allen internationalen Gntereffen geöffneten 
Schweiz nimmt die Aunftentwidelung eine durhans nationale Richtung. 
Im Basler Aunftverein hielt Dr. Albert Huber einen Vortrag über die €r- 
tihtung einer fhweizerifhen Aunftafademie in Bafel. Es fei, 
fo führte der Dortragende aus, angezeigt, alle Kunftinterejien in einem Brenn- 
punkt zufammenzufaflen. Reine andere Stadt der Schweiz vereinige fo viele 
wefentlide Bedingungen fiir eine nationale Runftafademie wie Bafel. Der 
Redner wies auf Bafels traditionellen Runftfinn, auf feine Mufeumsfammlung 
und die vielen Privatfammlungen bin, die Bafel beherberge und meinte, aud 
die Lage an der Grenze fei nidt ein Madtheil, fondern ein Dorthell, da fie an 
landfhaftlihen Schönheiten und Abwedhfelung der Volfscharattere im Elfag 
und Sdhwarzwald dem Riinftler reidhe Wusbeute gewähre. Fa dem von der 
Stadt erworbenen Margarethengut befige Bafel einen für den Jwet vor- 
trefflid) geeigneten Plak. Cine auf den Dortrag folgende Diskuffion förderte 
allerdings zahlreihe Bedenken zu Tage, denen man eine gewifje Berechtigung 
nidt abfpreden kann, aber die Anregung ift einmal gegeben und wird ihre 
Ftüdhte tragen. 

Dorläufig hat Züri den Bafeler Landsleuten den Rang abgelaufen. 
Jm Juli eröffnet es fein Shweizerifhes Landesmufeum. Lange genug 
hat es freilih gedauert, dafür wird es aber in der That eine ganz prädtige, 
überaus febenswerthe Sammlung werden. Yamentlid nach zwei Seiten bin 
wird das Mufeum vor anderen fic) bervorthun: das find einmal die pradt- 
vollen Fimmereinridtungen von der gothifden Zeit an bis zur Spätrenaljjance 
binab in reiher Auswahl und dann die fat überreihe fülle von Glas- 
gemälden aller Perioden. Dazu wird das Mufeum, abhnlid dem germanifden 
Mufeum in Nürnberg, den großen Dorzug bieten, daß man nit übermüdet 
wird duch die in Haufen beifammen aufgeftellten gleihartigen Begenftände, 
da die Objekte fo viel als. möglid ihrer hiftorifhen Bedeutung entfpredend 
in die Sammlungsräume vertheilt werden. 

Mit dem ebenfalls geplanten Runftmufeum fieht es allerdings nod 
recht windig aus. Die durd die Derfhmelzung mit der Künftlergefellihaft 
auf 1800 Mitglieder angewadfene „Runftgefellfhaft hat fic da eine ſchwere 
Aufgabe geftellt. Der Bau ift ohne den Preis fiir Grund und Boden — man 
hofite, daf die Stadt diefen fchenfen werse — auf mehr als eine Million 
veranfhlagt; das verfiigbare Rapital beträgt aber nur 100000 francs, und 
wenn man and nod 200 000 aus dem Derfauf des bisherigen Bejizes heraus 
zuſchlagen hofft, fo bleiben Sod immer nod 700 000 francs zu befhafjen. 





Georg Kolbe, Es fiel ein Reif in der Friihlingsnact. 


192 















Die Böcklin-Masken und die 
Photographifche Union. 


Al Meifter Bödlin feine Masken, farifirte 
Typen Schweizer Spießbürgerthbums, an der Hinterfront 
des ` Bafeler Runftmufeums anbradte, fonnte er nicht 
abnen, daß man um diefe tollen Ausgeburten einer 
reihen Aünftlerphantafie einmal einen ernften Urheber- 
techtaftreit führen würde. Aber Meifter Bödlin erfindet 
und feine Erploitenre prozefjiren, das ift feit einiger 
Feit der Bang der Dinge, bejonders feitdem die Photo- 
graphifche Union in Münden fih dur einen überaus 
dehnbaren Beneralvertrag das Cigenthumsredt 
an allen gejhaffenen oder ert zu jchaffenden 
Werken Bödlin's feftgelegt zu haben glaubt. 
Den Klagegrund bildete die Verlegung dieſes 
fünftlerifhen Cigenthums, das duch Befeg gefhützt 
ift. DBellagte ift die Aftiengefellihaft „Polvgra- 
pbifhes Fnftitut‘* im Zürih. Der Thatbeftand ift fol- 
gender: Anläßlib des Bödlin - Jubiläums im legten 
Jahre war das „Polygraphifhe Jnftitut auf den 
merfantilen Gedanfen gefommen, Anfidtspoftfarten mit 
den Bödlin’fhen humorififhen Fragen berzuftellen. 
Die Rarten wurden aud wirflih gedrudt und fanden 
ihren Abfat. Gn der Vervielfältigung der Bödlin- 
‚Fragen erblidt nun die Fägerifhe Gefellfhaft in Münden 
eine Derlekung ihrer Nedte, da fie allein zur Repro- 
duktion Bödlin'fcher Werke befugt jei; übrigens feien die 
raren niht etwa an einem öffentlihen Gebäude und 
nidt fo angebracht, daß fie allgemein gefehen werden fönnten. Die beklagte Bejell- 
fchaft behauptet demgegenüber, gerade das Aunftmufeum — e3 fteht im Eigenthum 
der Bafelec Mufeumsgefellfhaft — fei ein öffentliches Bebäude, man dürfe 
deshalb and Theile desjelben photographifh wiedergeben; zudem feien die 
Fragen fdhon vor Änkrafttreten des Bundesgefeges über ten Shug des 
literarifhen und Pünflerifhen Cigenthum angebradt gewejen. Die Ein- 
willigung für die photograpbifhe Aufnahme der Nxsfen jei bei der Mufeums- 
gefellfhaft eingeholt und von diefer ertheilt worden. Das Jürherifhe Be- 
zirfagericht hat den niht unintereffanten Proze einftweilen vertagt. Wir 
werden feiner Zeit über den Ausgang berichten, obwohl es an fih ziemlich 
gleihgiltig ift, wer das Fünftlerifche Urheberreht Meifter Bödlin's gefhäftlih 
ausnußt. 


Ruriofa aus Atelier und Werkftatt. 


— Stalienifhe Profefforen Weisheit. Dor einiger Feit erjchien 
in Rußland ein Pradtwerf: Die Byzantinifhen Zellenfhmelze der 
Sammlung Dr. Aler. von Swenigorodsfoi, verfaßt im Auftrage des 
Befikers der Sammlung von N. Rondafow. Eine zwölfjäbrige Vorbereitung 
ermöglichte eine bibliographifhe Wusftattung, wie fie nur ein fürftlihes Der- 
mögen und gebildeter Runftgefhmadt zu Wege bringen konnte. Dem Erfinder 
des Einbandes und der imneren ornamentirten Titelblätter, dem ruffifchen 
Arditelten J. P. Ropet, hat bei der Rompofition eine intime Renntnif 
byzantinifher Miniaturwerke, jowie der bervorragendften Frontaleinbände.des 
frühen Mittelalters zur Seite geftanden. Die typograpbifche Herftellung, der 
Gold- und Farbendrud der lithograpbirten Tafeln wurde von der Franffurter 
firma A. Ofterrieth, der Einband von Hubee & Denf in Leipzig beforgt. 
Da orakelt nun der italienifhe Profeffor A. Denturi in dem „Archivo 
storico dell Arte“ über die Augftattung des Werfes folgendermaßen: 
„Schade, daß die prunfhafte Ausftattung des Budes niht eben von gutem 
Gefhmade ift, und daß die byzantinifhe Runft theatralifhen Effekten dienftbar 
gemacht wird! Es genügt nicht, das Bold mit vollen Händen zu verfhwenden, 
um die Güte einer Sache zu beweifen.* Vielleicht beweift der Herr Profeffor 
zunädhft einmal, was es einem wijlenfhaftlihen Werke fhadet, wenn es 
pradtig ausgeftattet wird. Da die zweibundert Abzüge nit in den Buh- 
handel gefommen, fondern an fiirften, Gelehrte und Bibliothefen verfcentt 


Dentſche Rung. 


Vermilctes. 
fax Kuriofa aus Afelier und Cerkffaff. 


TEE EEE 


Gedanken üher bildende Kunft. 


worden find, fann fih Profefior Venturi doh unmöglich durch die Liberalität 
des Dr. Aler. von Swenigorodsfoi gefhädigt fühlen. 


— Neues vom Heine-Denf mal. Die Roften der Statue, welhe zum 
hundertjährigen Beburtstag Heinrih Heine's auf dem Grabe des Dichters, 
auf dem Wontmartre-friedhof in Paris, errichtet werden foll, find durd 
Privatfammlungen bei Derwandten und Freunden des großen deutfhen 
£yrifers aufgebradht worden. Der holländifhe Bildhauer Haffelrus in Rom 
hat den Auftrag erhalten, das Monument in Marmor zu meißeln. Bereits 
zum zweiten Mal ift ihm die Arbeit übertragen worden. Schon vor zehn 
Jahren hat er ein Heinedenfmal gejhaffen, das feltfame Scidfale erlebte. 
Befanntlih blamirte ih Düffeldorf und andere Rheinftadte nicht unerheblich, 
indem fie die Aufftellung des Denkmals ablehnten. Befonders laut und 
gebafiig eiferte der jekige Strafgefangene Herr v. Hammerftein gegen diefe 
„Entweihung deutfcher Erde und deutfhen Beiftes‘‘! So verblieb denn die 
Statue in Rom. Dort fah bei einem Befude der ewigen Stadt die Raiferin 
von Gefterreih das Denkmal und war fo entzüdt über die Schönheit des 
Wertes und des herrlihen Marmors, daß fie die Statue für ihr „Adilleon", 
ihren Wobnfik auf der Gnfel Corfu, anfaufte. Das Denkmal ift in der form eines 
Springbrunnens gehalten, aus dem in vielen Garben und Strablen die Wafer 
plätfhern und deffen Spike der „Loreleyfelfen" frdnt. An der unteren fels- 
partie ift in einer Nifhe die Medaillonbiifte des Dichters eingemeißelt. Als 
der flühtige Defraudant v. Hammerftein auf feinen Srrfahrten nah Corfu 
gefommen, hatte er dort Belegenheit, dies Denkmal zu fehen, gegen welches 
er fih feinerzeit fo entrüftet hat. Hoffentlich entjpriht es feinen Wünfchen, 
dağ nun die Franzofen durch einen bolländifhen Bildhauer dem Sänger der 
Loreley früher ein Denkmal errichten, als die Deutfchen, denen er zwifchen 
Laden und Weinen jeine Wintermärden erzählte, als fie für Deutjchlands 
Einheit nok mehr träumten, als dadten und handelten. 


— Wieder einmal Polizei und Runft. Ein Buchhändler in Cleve 
ift dur den Bürgermeifter dazu veranlaßt worden, bei Vermeidung einer 
Polizeiverfügung die bekannten Heihnungen von Safha Schneider aus 
jeinem Schaufenfter zu entfernen, da daran von verjchiedener Seite Anftoß 
genommen woren fei. Es ijt merfwiürdig, wie anftößig feit einiger Feit die 
Runft der Polizei geworden ift. Wie wäre ee, wenn man zur förderung 
der Wollwaareninduftrie den größeren Theil der dealfiguren unferer Dent- 
mäler mit Slanellhofen bekleidete. 3 

— efthetif und Eleftrizität. Die Dorfikenden der Münchener 
Rünftlervereinigungen franz v. Lenbach, C. v. Löffr und Ludwig Dill haben 
in Bemeinfhaft mit den Dorfizenden des Runftgewerbevereins Ff. v. Thierfch 
und des Arditeften- und Fngenieurvereins Profeffor M. Schmidt eine Petition 
an die Gemeindevertretung gerichtet, in der fie gegen die geplante Einführung 
der oberirdifhen Stromzuleitung bei den eleftrijhen Bahnen im Gnneren der 
Stadt Proteft erheben. m dem Proteft wird hervorgehoben, daß das Stadtbild 
durch die Einführung der oberirdifchen Leitung eine fhwere äfthetifhe Schädigung 
erleiden würde. Es fei erlaubt, darauf aufmerffam zu maden, dağ der 
Meter unterirdifher Leitung in Berlin, wo eine folhe auf furze Streden zur 
Anwendung kommen mußte, einen Koftenaufwand von je 400 Marl ver- 
urfadte. And den Anforderungen des Schönbeitsgefühle find materielle 
Grenzen geftedt. 


Gedanken über bildende unf, 


Das geringfte Produft der Natur hat den Kreis feiner Dolltommenbeit 
in h und ih darf nur Augen haben, um zu fehen, fo fann id) die Der- 
hältniffe entdeden, ic) bin fider, daß innerhalb eines Meinen Cirfels ‘eine 
wahre Eriftenz befdlofjen ift. Ein Runftwerf hingegen bat feine Doll- 
fommenbeiten außer fi, das Befte in der Gdee des Künftlers, die er felten 
oder nie erreidt, die folgenden in gewiffen angenommenen Gefegen, welde 
zwar aus der Natur der Runft und des Handwerks hergeleitet, aber dod nit 
fo leicht 3u verfteben und zu entziffern find als die Befere der lebendigen 
Natur. Goethe. 


RETTET 








Deutjcher Hausrath. 


Ee ift von Zeit zu Zeit angebracht, darauf hinzuwelfen, daß es nidt 
nur Nippes und Quincaillerien, Tiffany- und Galléglafer, Bing, Bigot, 
Charpentier und Chéret giebt, fondern aud einen foliden deutfhen Hausrath, 
der troß des mangelnden Namens feinen Vorzug bat und von gefdicten 
Handen aud ohne berufsmäßige Dorbildung hergeftellt werden tann. 

€s giebt nichts Poefieloferes als den modernen Beldfhrant mit dem 
ausgefprodenen, feine Formen beberrjhenden Zwed der Diebesfiherheit. Die 
unten abgebildete Sparkafje trägt den vertrauenerwedenden Charakter 
patriarhalifher Dertrauensfeligfeit. Wo ihre Eihenholzflähen zufammenftoßen, 
legen ih über die Fugen aufgenagelte Eifenbefchläge, deren Auszadungen 
in aufgerichtete Eichelornamente auslaufen. Den DVerfhluß bildet ein reih- 
geftalteter Ueberfall, in den der Riegel eingreift. Jn form eines geflügelten 
Draden legt er fih vor die ebenfalls aufgenagelte Scloßverlleidtung. Die 
Tragbarfeit des Beräthes wird duch verfhlungene Eifendrähte angedeutet, 
deren Enden urd Thierföpfe gebildet werden. Der Charakter der Verzierungen 
hält fih innerhalb der gothifhen Formengebung, die fih in der Thierbildung 
und in der Art des Pflanzenornaments ausfpricht. 

Handelt es fih hier um eine über ganz Deutfhland verbreitete Stilform, 
fo bringen wir mit dem Ubrfaften von A. Eyßer, Nürnberg, ein Beifpiel 
nationaler Hausinduftrie, deren urwüchfige Ornamenti? jih vorwiegend in 
Süddentfhland, unbeeinflußt vom Modegefhmad, erhalten hat. Das einfache 
Beräth ift von jedem Tifehlermeifter in billigem Material berzuftellen, während 
die ebenfo fehlichte Bemalung aud von einer dilettantfh geübten Hand aus- 
geführt werden fann. Die umrabmende Ornamenti? erinnert an Barot- 
Dorlagen, die füllmalerei ift naturaliftifh behandelt. Der Jwet des Beräthes 
fommt in den Zierformen zum Ausdrud. Der Hahn, mit anerfennenswerthem 
Gefhid in feine Umrahmung hineinfomponirt, fräbt fymbolifh fein „Norgen- 
funde hat Bold im Munde! zu dem Zifferblatt empor. 

Dasfelbe Shmudmotiv fehrt in der von gefhidten frauenhänden her- 
geftellten Standuhr in bemaltem Rerbfdnitt wieder. Die einzelnen Bretter 
find vor ihrer Sufammenfegung Surd den Tifchler mit dem  Schnitzmeiler 
bearbeitet und ausgemalt. Die Schnittflähen haben gelbe und rothe Umrandung. 
Auf dem Zifferblatt ift der Theil, weldher die Zahlen trägt, ausgegründet 
und gepunzt. Während die ganze Uhr, mit Ausnahme des Hahnes und feiner 
nädhften Umgebung, dunkel nufbraunfarben gebeizt ift, erfcheint der Ring mit 
den Zahlen in einer hellen Eihenholzfhattirtung; die erhabenen Stunden- 
und Minutenzeihen find elfenbeinfarben, der innere gefhnitte Aranz pfauen- 
blau und ziegeltoth, die Derbindungsborte wieder mattgelb, der Stern ziegelroth. 
An der Dorderfeite des Kaftens hebt fih der in natürlihen Farben gehaltene 
Hahn von der eichenholzfarbenen, ausgegründeten und gepunzten Fläde 
witfungsvoll ab. 

Der Werth folhen Hausraths beftebt nicht nur in feiner überaus einfachen 
Herftellbarfeit, er giebt vor Allem Anregung zur Ausbildung einer individuell 
erfundenen und mit eigener Hand geübten Zierfunft, die von der Eigenart 
des Beikers zu reden weiß. 

Berlin. — Von ftaatliher Runftpflege it neben der erfreulihen Er- 
böhung des Runftfonds, von der wir bereits berichtet, zur Zeit niht über- 
mäßig viel zu bemerken. An der Siegesallee wird eifrig weiter gearbeitet, 
ja die Reihe der Brandenburgifhen Markgrafen erhält einen unvermutheten 
Nahwuhs in der Geftalt eines fürftlihen Anaben. Heinrih das Rind, 
ein Asfanier, der ganze zehn Monate unter Dormundjhaft regierte, erhält 
ein Monument, dem auch die Büften zweier bedeutender Männer feiner Epode 





zugefügt werden. Wud) der Dolfsveriretung wird der ihr gebührende Antheil 
an fiinftlerifcher Derherrlidung 3ugemeffen. Die innere Ausfhmüdung 
des neuen Abgeordnetenhaufes ift bereits fehr weit gefördert worden. 
Augenblidlih ift der Maler Hans KRoberftein mit der Ausführung der 
beiden einzigen großen Wandgemälde bejchäftigt, weldhe vorläufig den Gnnen- 
raum des neuen Haufes fhmüden follen. Die beiden Bilder, die im foyer 
ihren Plaß erhalten, ftellen die Thatigheit der Abgeordneten dar, und zwar 
das eine eine Sitzung im Plenum, das andere eine Rommiffionsfigung. Gn 
der großen Treppenhalle werden vier allegorifhe Figuren aufgeftellt, welde 
die Gerechtigkeit, die Weisheit, die DVaterlandsliebe und die Beredtfamteit 
darftellen. Daß diefe Allegorien nicht neben Plenar- und Rommiffionsfigung, 
fondern im Treppenhaufe ihren Plar finden, erfcheint im Gntereffe des 
fünftlerifhen Einflanges geboten. — Recht eifrig erweift füh die ftädtifche 
Runft+ Rommiffion, die fid den Schmud der Straßen und dffentliden Plage 
nad wie vor angelegen fein läßt. Das von der Stadt angefaufte Marmor- 
bildwerf „Die Nymphe" von Profeffor Calandrelli hat inmitten der Ufer- 
anlagen bei der Lütomwbrüde und KRaiferin Auguftaftraße einen Plaş er- 
palten. Es ift eine jungfeäulihe Beftalt mit Wafferrofen im berabfluthenden 
Haar, die dem Schilf am Ufer eines Sees entftiegen ift; fie halt ein Stic 
Gewand über dem rechten Arm und feint in vorgebeugter Haltung, den 
Ropf fdharf nad lints gewandt, auf ein Beräufh zu achten, das fih aus der 
‚ferne vernehmen läßt. Die figur ftebt auf einem felsblod aus Marmor, 
der von Pflanzen und Gethier, von farren und Schilf, Fröfhen, Schild- 





Peter Kölbl Sohn, Münden, Sparkaffe. 


194 





Deutfhe Rung. 





fröten, Eidehfen und dergleichen belebt wird. — Aud die viel umftrittenen 
vier Bilbwerfe auf der Potsdamer Brüde werden nod im laufenden Jahre 
auf Ihren Poftamenten zur Rube fommen. Die Gruppen bringen moderne 
Sorfdhungen, die unferem Zeitalter das Bepräge aufgedrüdt haben, zu lebens— 
voller Anfhauung. Die Männer der Wiffenfhaft find in figender Haltung 
dargeftellt. Es find ihnen Putten beigegeben, die das Arbeitsgebiet oder die 
Erfindung jener Gelehrten fymbolificen. Die Gruppen von Mar Klein und 
Profeffor Julius Mofer find fon vollendet und haben die Billigung der 
zuftändigen Derwaltung gefunden. Rlein hat v. Helmbolk dargeftellt und 


diefem"Belehrten den von ihm erfundenen Augenfpiegel in die Hand gegeben. 
Werner Siemens von Mofer erfheint mit der Dynamomafchine und dem auf- 
gerollten Rabel. Profeffor Janenſch ift bald fo weit, daß feine Gruppe ge- 
formt werden tann. Er hat die Erfindung des eleltrifhen Telegraphen durch 
Bauß verkörpert. 


selderhoff, der die Verbindung der Elektrizität mit der 
Photographie darzuftellen hat, ift mit feinem 
Werk nod fehr Im Rüdftande. Jn Rurzem wird 
der Auftrag für die Ausführung in Bronze ge- 
geben werden. Die im Grundrif rechtedigen 
Poftamente werden aus Granit bergeftellt. — 
Der Entwurf zu einem Brunnen für den Lükow- 
plag wurde in der Rünftlerwerkftatt des Pro- 
feffors Otto Leffing von den Mitgliedern der 
ftädtifhen Runftdeputation befidtigt. für den 
Lügombrunnen hatten fhon früher mehrere Bild- 
bauer Skizzen gefhaffen, fo 3.8. Profeflor Ernft 
Herter, deilen geftaltenreiher Aufbau die großen 
deutfhen Rulturepoden veranfdauliden follte. 
€s hieß dann, daß der nene Stadtbaurath Hoff- 
mann felbft fid an die Löfung der Aufgabe 
maden würde, und er hat aud in der That eine 
Stizze für den Brunnen entworfen. Inzwifchen 
aber hat er die Beftaltung des Werkes Herrn 
Profefjor Lefjing überlafjen, der nun wieder eine 
eigene Rompofition gefchaffen bat. 


Münden. — Unter dem Dorfige des Herrn 
Rentiers Scheuer fand die diesjährige Beneral- 
verfammlung des Runftvereins Münden 
in den Dereinslofalitdten ftatt. Dem Berichte 
der Dorftandfhaft it folgendes zu entnehmen: 


dung des Vereins, wurden zur Ausftellung 6995 
Runftwerke, darunter eine große Anzahl hervor- 
tagender Schöpfungen unferer bedeutendften Rünft= 
ler, gebraht. Die Zahl der Dereinsmitglieder 
betrug am 51. Dezember 5857. Riinftler ftarben’: 
UA. Drechsler, M. Höhl, M. Simon, Sänger, 
Hirt, Engelhardt, Bildhauer; Wenban, Till- 
mans, Loffow, Herpfer, Weigand, Birkmeier, 
Patet, Maler; f. Björkften. Die dem Mitglieder- 
‘ftande fagungsgemafe entfprehende Anzahl von 
147 Gewinnen fonnte durd forgfaltiges Haus- 
balten der Mittel um 55 iiberferitten und fobin 
200 Gewinne um die Gefammtfumme von 75 144 Me. 
angefhafft werden. für die Dereinsfammlung 
wurde erworben: €. Zimmermann: Fifdftillleben, 
um 2000 Mf. Als Gefhen? erhielt die Samm- 
lung ein Bemälde: „Das Pfitfherjoh‘‘ des ver- 
ftorbenen Beiger-Thuring, wodurdh der Beftand 
der Sammlung auf 40 Runftwerfe im Gefammt- 
werthe von 141260 ME. geftiegen ift. Als 
Dereinsgabe wurde eine Mappe mit fieben Origi- 
nalradirungen von Meyer-Bafel, Halm, Reitel, 
Ubbelohde und Meyer-Laffel vertheilt. Für das 
Jahr 1898 ift wieder eine größere Radirung von 
£. Rühn nad dem Gemälde „Holländifhes Dorf" 
von Schönleber in Vorbereitung. — Die Einnab- 
men und Ausgaben bilanziren mit 128979,24 Mme. 
Der Rajjebeftand beträgt 1652,27 Mt. — Auf 





3. A. Eyffer, Nürnberg, 
Ubrfaften aus Eichenholz. 


Im abgelaufenen Jahre, dem 74. feit der Grün- ` 


dem Anwefen verbleibt nah Abjchreibungen im Betrage zu 1652,27 me. 
ein Annuitätenfapital von 125547,73 Mt. Für das Jahr 1898 wird das 
Budget in Einnahmen und Ausgaben auf 12575195 ME. veranfdlagt. 

Der Ausftellerverband Mündener Riinftler hat erfreuliche gee 
fHäftlihe Refultate aufzuweifen. für das Befhäftsjaht 1897/98 vereinbarte 
der Verband zwei für fi beftehende Turnusaugftellungen. Turnus I umfaßt 
die Städte Augsburg, Hannover, Berlin (Salon Schulte), Magdeburg, Leip- 
3ig, Halle. Die forgfaltig ausgewählte Kollektion von Runftwerfen begegnet 
allgemein einer günftigen Aufnahme und Beurtheilung. Zur Aufftellung der 
aus etwa 150 Runftwerfen beftebenden Wanderausftellung waren nad Augs— 
burg die Herren Maler fran? Rirhbad und A. Herrmann, nad Hannover 
Maler fr. Freund delegict. Für Berlin bat Herr Maler Engel (Berlin) die 
Dertretung des Derbandes übernommen. — Turnus II eröffnete in Wies- 
baden mit J. Januar. Die dortigen neuerbauten, elegant eingerichteten Runft- 
fale find von einem vornehmen Publitum ftets lebhaft befudt. Die Auf- 
ftellung der Ausftellung des Verbandes leitete Herr Maler W. Trübner, 
welder befanntlih feit mehreren Jahren in Frankfurt a. M. domizilirt und 
die Güte hatte, die Vertretung feiner Münchener Kollegen zu übernehmen. 


Dresden. — Safha Schneider hat vom alademifhen Rathe den 
Auftrag erhalten, den Triumphbogen der Johannisfiche 3u Calin bei Meißen 
mit einem Fresfogemälde zu [hmüden, welches im Anfhluß an Worte des 
Johannes in der Apokalgpfe die Anbetung Chrifti im Himmel und auf 
Erden darftellen foll, während der bildnerifhe Schmud des Altare und der 
Rangel an Worte aus dem Evangelium und aus den Briefen des Johannes 
anknüpfen foll. 


Leipsig. — Gm Erdgefhoß des Kunf- 
gewerbe-Mufeums find Tertilarbeiten von der 
Norwegerin Nini Bulbranfon ausgeftellt, die 
allgemeine Bewunderung erregen. Der ffandinavifce 
„Hausfleiß", ‚dem wir beifpielsweife die Wiederauf- 
nahme des Rerbfchnittes verdanken, bat fh aud 
der tertilen Runft wieder bemädtigt: in Schweden 
wie in Norwegen weben jegt frauen und Töchter 
gerade aud der wohlhabenden Befellfhaft ihre 
Wandbehänge, Riffenüberzüge und Aehnliches wieder 
felbft. In ihren Brundzügen ift die Technik weder 
ganz eigenartig, noh allzufhwer zu lernen; fie 
befteht in einer Art von Stopfarbeit auf ftebender 
Rette, in deren Barnfäden der mufterbildende farbige 
Wollfaden bine und bergefübrt wird, bis er den be- 
abfidtigten Farbenfled gebildet hat. Es ift Mar, 
daß diefe farbenflede bei primitiverer Handhabung 
der Technik „treppenartige‘‘ Umriffe zeigen müfjen. 
€s ift Frl. Bulbranfon gelungen, gerundete Umriffe 
ftatt der ausfhließlid „getreppten" zu erzielen, und 
was fie in diefer Hinficht geleiftet und ausgeftellt 
bat, Mufter mit Blumenmotiven und Landfchaftlides, 
wie 3. B. den tiefblauen See mit weißen 
Schwänen, ift ebenfo eigenartig wie anmuthig. Gn 
demfelben Raume ift auh die bherrlide Sammlung 
von Runftfdmiedearbeiten zur Schau geftellt worden, 
deren vorldufige leihweife Ueberlaffung das Runft- 
gewerbe-Mufeum dem freundliden Entgegenfommen 
ibres Befikers Herren Georg Müller (Alwin Zfhiefche 
Nadf.) verdankt. Sie umfaft, in feds Gruppen 
eingetheilt, eine Runftepode der Schmiedefunft von 
600 Gabren, vom 12. bis zum 18. Jahrhundert, 
und bietet in iiberfidtlidfter Anordnung Thor, 
Thür, Schrank, Truhen-, Raften- und Dorlege- 


fhlöffer, weiter Schliiffel, Bänder für Thiiren, 
Truben, Raften, Sdhrante, Thore und Fenfter, 


dann Thürklopfer, Zuzieher, Zugringe, Schlüſſelſchllde — 
und Thürdrücker. Endlich treten kleinere geſchmiedete 
Oberlichtgitter, Treppengitter, Wandarme, Wert- 
zeuge, geſchmiedete Vaſen, Aufſätze, Blumen, mit 
einer einzig in ihrer Art daſtehenden Samm— 
lung verzierter Nägel und Schraubenmuttern dazu. 





£. K. Marburg, 
Uhr mit bemaltem 
Kerbſchnitt. 





— ——— — — 





RSs PE Pe pry E 


Als befonderer Anziehungspunft für die Leipziger Runftfreunde erweifen 
fih die öffentlihen Bejprehungen von Runftwerfen, die Profeffor 
Dr. Th. Schreiber allwöhentlid in den Räumen des Runftvereins abbält. 
Der legte Dortrag befddftigte fid) mit Ludwig Dettmann. Gn der Ein» 
leitung hob Profeffor Schreiber hervor, daß es ihm befonders darum zu 
thun fei, bei feinen Zuhörern die Empfindung für die neue Kunſt zu 
färten und das Sebenlernen und fomit das Verftandnif für Runftwerfe 
3u heben, da das derartiger Betrachten Werke auh eine Runt fei, die gelernt 
jein will. 


Erankfurt a. WM. Die nenen Ankänfe des Städel'fhen 
Runftinftituts und die Schenkungen, die es im Fahre 1897 erhalten bat, 
find eben zur Ausftellung gelangt. Trog der unglaubliden Unbeliebtheit, 
deren fih das Gnftitut von Seiten der Bürgerfhaft, in Folge der wenig 
fadfundigen und planlofen Verwaltung der legten Jahre, zu erfreuen hat, 
find wieder einige Bilder gefhenkt worden. Ein Beweis, welh' frifch fprudelnder 
Quell der Bemeinfinn des Frankfurter Biirgerthums ift, der, felbft wenn Un- 
geſchicklichkeit und Leichtjinn ihn zugeworfen, dennoh bald wieder durd- 
zuriefeln beginnt. Carl Oehler hat zwei grofe Aquarelle von Peter 
Beter gejhenkt, Anjihten von Marburg, die fhöne Abendftimmungen geben 
und des Rünftlers nicht jedem zufagende Eigenart von der beiten Seite zeigen. 
Ein großes Seeftüd von Mesdag hat Leopold Sonnemann gegeben. 
Die geniale Tednif des trefflidhen Meijters, die präctige Naturbeobahtung 
bei aller ‚Freiheit des Schaffens und die überzeugende Araft, mit der uns die 
Unendlichkeit des ftets beweglihen Meeres zur Anfhauung gebraht wird ver- 
fehlen ihre Wirkung auf den Befhauer nidt. Geftiftet hat Theodor 
Drerel ein Bild von Anton Burger, dem Altmeifter der Cronberger 
Schule, „ein Blid auf Frankfurt‘ und Frau Gebetmrath Paffavant 
eine Landfhaft „Motiv vom Albanerfee" von Fobann David Paffavant, 
dem verdienftvollen Runftgelehrten, dem Derfafjer des peintre-graveur und 
ehemaligen Jnfpeftor des Gnftituts, ein Bild, das, ein wenig an Schirmer 
erinnernd, mebr wegen der Perfönlichkeit als wegen . feiner Fünftlerifchen 
Qualitäten das ntereffe erregt. Angekauft wurde von der Adminiftration 
ein großes Gemälde Brüßner's, datirt 1897, eine mufifalifhe Unterhaltung 
in einem Dominifanerflofter darftellend, das mit feiner nicht gerade ſehr glüd- 
lid erfundenen Rompofition auferordentih abfällt gegen die andere An- 
Thaffung, eine Landfhaft von Peter Burnit. Burnit ift Frankfurter, ein 
Rünftler, den man anderwärts wenig tennt und der gerade wie der frant- 
furter Dictor Müller zu den Vorkämpfern’ einer neuen Richtung gehört. 
Shlidtheit der Empfindung und echte Befühlspoefie ohne Sentimentalität 


Deutfde Run ft. 


195 


zeichnen auch diefes Bild aus, das mit zu dem Beften gehört, was in den 
legten Jahren angefauft wurde. Und wie viel mag jenes Bemälde Brützner's 
mebr gefoftet haben als dasjenige von Burniz? Thoma it aud diefes Jahr 
wieder nicht dabei, da fih die Adminiftration no immer nit von feiner 
Bedeutung bat überzeugen können. Der arme Thoma, er muß fih tröften. 

Hamburg. — Der zum Neujahr d. 5. in unferm Runfperein erfolgte 
Wechfel in der Bejhäftsführung machte fih bereits in dem abgelaufenen 
Monat in recht erfreulicher Weife bemerkbar. Aus den verfhiedenen Sonder- 
«ugftellungen von Segantini, Thoma und Trübner, welhe im Januar ftatt- 
gefunden haben, wurden von Seiten der Runfthalle 2 Bemälde von Segantini 
„Blaubenstroft" und „Weide in Engadin‘, ferner das „Doppelportrait" von 
Hans Thoma, ihn felbft und feine Gattin vorftellend, fowie ein fhönes land- 
fhaftlihes Gemälde von Trübner für die ftaatlide Gemaldefammlung an- 
getauft. Sonderausftellungen von Frau Wifinger- florian in Wien, 
Ftiedr. Rallmorgen, Rud. Dammeier ftehen unmittelbar bevor, während 
die Entwürfe zu dem von Johs. Behrts arrangirten biftorifhen Feftzug für 
Hanndv. Münden augenblidlih ausgeftellt find und großes Gnterefje finden. 
Statt der alljährlihen Grofen friihjabrsausftellung findet in diefem Fahre 
vom 15. März bis 50. April dauernd, ausnahmeweife eine große Sonder- 
ausftellung von Werfen Hamburger Rünftler, fowie von Runftwerfen aus 
Hamburger Privatbefit in der Runfthalle ftatt. Anmeldungen von 
Jolden auswärts lebenden Hamburger Rünftlern, melde eine Einladung nicht 
erhalten haben follten, werden vom Kunftverein Hamburg, Runfthalle, gern 
entgegengenommen. Die Einjendung der Bilder muß bis zum 1. März 
erfolgen. 

Bremen. — Don Herrn Carl Schütte ging dem Vorftande des Runft _ 
Dereins ein Schreiben zu, wonad derjelbe fi in hodherziger Weife bereit 
erklärte, dem Vereine eine Summe von 200 000 Mark für einen Anbau der 
Runjthalle zu fhenfen, unter der Dorausfegung, daß der Senat und die 
Bürgerjhaft dem Dereine den dafür erforderlichen Plat hinter der Runfthalle 
umfonft zur Derfügung ftellen möchten und unter den Bedingungen, daß der 
Derein, um das Runftleben in unferer Stadt zu heben, an zwei Tagen in 
der Wode zu beftimmten Zeiten feine Sammlungen unentgeltlich dem Publitum 
öffne und der Anbau nad den bereite fertiggeftellten Plänen der Herren 
Arditeften Bildemeifter & Sunfel ausgeführt werde. Ehe der Vorftand 
Renntnif. von diefem Schreiben empfing, hatte er fih veranlaft gefeben, 
feinerjeits die Frage des Erweiterungsbanes der Runfthalle zu erwägen und 
war zu dem Refultate gefommen, daß eine Vergrößerung der Behangflade 





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196 


der Bilder um mindeftens das Zweifahe des jerigen Raumes, angefihts 
der Schenkungen und der aus der Aulenfamp’fhen Stiftung zu erwerbenden 
Runftwerfe, nothwendig fei, um den Bedürfnifien des Vereins für längere 
Heit Recdnung zu tragen. Damit in Verbindung ftehend fei eine Vergrößerung 
der für die Skulpturen, das Aupferftihfabinet und die Bibliothek, jowie eine 
Veränderung der jekigen Runfthalle in Oberlichtjäle ins Auge zu faflen. Um 
diefen größeren Plan ins Werk zu feken — der erfte fab nur eine Der- 
doppelung der jebigen Räume vor — erklärten fich die Mitglieder des Vor- 
ftandes, die Herren Hermann Melders und Jof. Hadez in freigiebigfter Weife 
bereit, ibrerfeits jeder 100000 Mark dem Vereine zur Verfügung zu ftellen, 
wobei Herer Melders nur die unentgeltlihe Hergabe dea Plages vorausjerte, 
während Herr Hades aud) den Wunfch äußerte, es möge für den Umbau eine 
Konkurrenz unter den in Bremen wobnbaften Architekten ausgefchrieben werden. 

In folge der veränderten Sadhlage 3098 Herr Schütte bereitwillig die 
Bedingung, feinen Plan durd die genannten Herren Arditelten ausführen zu 
laffen, zu Bunften eines Wettbewerbes um den größeren Plan unter den in 
Bremen wohnhaften Architekten zurüd, fo daß jet Dank der vereinten frei- 
gebigfeit der vorerwähnten drei Herren der Kunftverein der Hoffnung auf 
Benehmigung feitens Senats und Bürgerfhaft in der Lage fein wird, fih 
elit feinen Wünfhen entfprehendes Heim zu fhaffen, um jo feinem Zwede, 
das Gntereffe für die bildende Aunft in unferer Stadt zu beleben und 3u 
fördern, in immer ausgiebigerer Weife geredht werden zu fönnen. 

Der Dorftand des Kunftvereins. 

Dr. 5. 5. Meier jr, Dorfigender. 





Oldenburg. — Auf Anregung des greifen Mardhendidters Hermann 
Allmers bildete fih cin Comité zur Errihtung eines Denkmals für Karl 
den Broßen in Rebtenfleth, wo derjelbe während der Sadfentriege dic 
Wefer überjgritten haben fol. Während dur öffentlibe Aufrufe in den 
Heitungen fowie das Jntereffe des Oberprafidsenten v. Bennigfen, welder aus 
dem Provinzialfonde 500 Mark bewilligte, mehrere nambafte Beiträge zur 
Derwirklihung des Planes einliefen, wurde bereits ein Denfmalsentwurf 
vom Baumeifter Hebl in Hannover, dem Erbauer der dortigen Barnijon- 
Rirhe, angefertigt. Das Denkmal foll danad aus einem einen fapellen- 
artigen Charakter tragenden Sandfteinbau mit einem Mofaikbilde Karls des 
Großen beftehen und hart amı Weferdeihb neben dem Garten des Allmers- 
ſchen Marſchenhofes errichtet werden. Die Bauleitung bat Bere Kreisban- 
infpeftor Moormann übernommen. Mit dem Bau foll begonnen werden, 
fobald die ndthigen Gelder eingegangen find. 





Kiel. — Durch eine außeretatsmäßige Bewilligung des Provinzial- 
Ausfhufles wurde für das Thaulow -Mufeum aus dem Nachlaß von 
Chriftian Karl Magnuffen eine Sammlung von Vleiftiftffiszen und 
Oelftudien mit fhleswig-holfteinifhen Volkstradhten erworben, welde in den 
60er und 70er Jahren bei den häufigen Aufentbalten des Künftlers an der 
Wejtfüfte entftanden. Unter den fünf Oelftudien ift am reifen durchgeführt 
eine Oftenfelder Bauerndiele und die anf Holz gemalte Studie zu einem 
jungen Mädchen auf Föhr. Die Erwerbnngen, welde aus etatsmäßigen 
Mitteln gemadt werden, famen wieder vorwiegend der Abtheilung für 
Möbel und Holzjhnigereien zu Gute. Aus einer Hamburger Sammlung 
ftammt eine Truhe der Spätrenaiflance, die von den in fehleswig-bol- 
fteinijhen Bauernhäufern üblihen Typen völlig abweiht. Die Truhe zeigt 
die Derbindung der natürlihen Schniterei mit Jntara, Brandmalerei und 
ausgefhnittenem aufgelegten Ornament. Tehnifh bezeihnend ift für diefe 
Arbeiten, daß die plaftifhen Theiie mit verdübelt, jondern aufgeleimt find. 
Die Stirnfeite der Trube ift duch vier Karpatiden aus Eihenholz in drei 
‚Felder getheilt, in denen unter Rundbögen die aus Loffelhol; (Spillhols) 
gejhnigten figuren von Glaube, Liebe, Hoffnung ftehen. Die beiden feit- 
liden Rundbögen find mit Jntarfia verziert, der größere mittlere zeigt 


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Deutfde Run ft. 


Quadern in Brandmalerei. Die Trube ftebt auf einem Unterjag, in deffen 
drei Feldern ausgejhnittene Doppeladler und Ornament mit Anorpelbildung 
auf gefhwärzten Grund aufgelegt ift. Gleihes Ornament findet fick an den 
Seiten der vier Raryatiden. 


Magdeburg. — Das in der legten Monatsansftellung des Runftvercins 
ausgeftellte Gemälde von Leiftifow, „Abenddämmerung an einem Grune- 
waldfee", wurde aus den Erträgnilfen der Porfe-Stiftung fiir unfer Mufeum 
erworben. Der Kaufpreis belief fidh auf 3000 ME. Das farbenprädtige, 
fimmungsvolle Bild erhielt feinen Plat im Porfefaal, unmittelbar über dem 
Medzillonportrait des hodberzigen Stifters diefer Gemaldeyammlung. | 

Krefeld. — Der Erfolg der erften Ansftellung von Gemälden, Bild- 
werfen und Aunfttöpferarbeiten im Raifer Wilhelm-Mujeum war in jeder Hin- 
ficht ein erfreuliher zu nennen. ‚Für die ftädtifhe Sammlung wurden an- 
gekauft eine Saujagd von Chr. Aröner in Düffeldorf, Dämmerung in 
Ofiftiesland von Walter Ceiftifow in Berlin, „Somebody’s darlings“ 
von Alfred Mobrbutter in Altona und eine Bebirgslandfhaft von Georg 
Oeder in Düfjeldorf, ferner eine Bronze, Athlet von Franz Stud in Münden, 
und eine Reihe von Erzeugnifen der feramifhen Angftellung. Gefdentt 
wurden u. U. von jungen Damen ein Bemälde „Bewitter bei Sonnenunter- 
gang von Georg Nicolai Aden in Kopenhagen, von der Bandelsfammer 
eine große Rococo-Porzellanvaje der fönigl. Porzellanmanufaktur in Berlin 
und von frau Worik von Brug in Eifenah zwei große Dafen und ein 
plaftifhes Runftwert der Ropenhagener Manufaktur. — Der Eröffnungsaus- 
ftellung folgte eine reihhaltige Ausftellung von Werken der Worpsweder Ro- 
lonie (etwa 50 Oelgemdlde und GO Radirungen), fowie Sonderausitellungen 
von Werfen Ludwig Dettmann’s in Berlin und Mar Röders in Nom. 


Karlsruhe. — Die Generalverfammlung der Karlsruher Runftgenofjen- 
fbaft (Lofalverein der Allgemeinen deutfhen Kunftgenoflenfhaft) wählte eine vor- 
bereitende Lofalfommiffion fiir die 
deutjche Runftabtheilung der Parifer 
Weltausftellung 1900,  beftebend 
aus den Profefforen Reller, Rit- 
ter, Dolz, Ranoldt und Maler 
bellwag, woraufderjabresbericht 
vom 1. Dorf. Arditeften Gu ftav 
Bayer und der Redenfhaftsbericht 
vom Maler RN. Schäfer erftattet 
wurde. Bei der fodann erfol 
genden Neuwahl des Dorftandes 
für das Jahr ISIS wurden die 
bisherigen Dorftandsmitglieder 
wiedergewählt: Arditeft Buftav 
Baver, I. Dorf.; Maler Rudolf 
Hellwag, IL Dorf; Malet 
Wilhelm Reuter, 1. Scriftf.; 
Maler Theodor Dengler, 
Il. Schriftf.; Maler Rudolf 
Schäfer, Rajlirer. 


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Der Kaifer - Wettbewerb 
um die Ergänzung des 


Knaben der Sammlung Sabourow. 

Jm erften Jahrgange der „Deutjhen Runft‘ 
haben wir wiederholt Belegenheit genommen, auf 
die Bedeutung der jabrlid vom Kaifer ausgefihrie- 
benen Konfurrenzen um Ergänzungen antiker Statuen 
binzuweifen. Wir haben es verfucht, den Künftlern jpeziell 
° für die Reftaurirung des Anaben der Sammlung Sabou- 
row arhäologifhe Fingerzeige zu geben, und find fomit 
einer neuen Begründung unferer Anfiht überboben, dağ 
es fdh bier feineswegs um antiquarifhe Spielereien, 
jondern um Fünftlerifhde Sttlübungen handelt, die als 
Regulativ moderner Originalitätsjuht garnicht ernſthaft 
genug genommen werden fönnen. Wenn Thorwaldfen fih Fabre lang mit den 
Wildwerfen des Aeginetifhen Tempelgiebels befhäftigt bat, wird es unjeren 
jungen Michel Angelos fiher nichts [haden, wenn fie es gelegentlih einmal ver- 
ſuchen, fich in die Haffifche Formengebung hinein zu verfegen. Die Ronfurren3 um 
die Manade war ein Mägliher Mißerfolg. Inzwifhen jheinen dte Herren be- 
griffen zu haben, daß es jih nit um die Wiederherftellung abhanden ge- 
fommener Bliedmafen und Attribute, fondern um Nahjhöpfungen eines aus 
dem Torfo zu beftimmenden Stils handelt. Daß Sie Ronfurrenten fih bei 
dem Rnabey der Sammlung Sabourow in diefer Stilbeftimmung einen Spiel- 
raum von einem balben Jabrtaufend geftatten würden — etwa von den 
Perferfriegen bis in die Römifche Kaiferzeit — war 
allerdings nit vorauszufeben. Jnzwifhen ift die 
faiferlidhe Entfheidung in einem Erlaf an den Rultus- 
minifter getroffen worden: 

„Die bei der Generalverwaltung der Königlichen 

Mufeen von 50 Riinftlern und einer Rünftlerin redt- 
zeitig eingelieferten Ronkurrenzarbeiten zur Ergänzung 
der aus der Sammlung Sabourow ftammenden 
Brongeftatue eines Rnaben find von mir einer Bejich- 
tigung unterzogen worden. Die Löfung der geftellten 
Aufgabe ift jedoh Surd Feine diejer Arbeiten erreicht, 
fo anerfennenswerth aud einzelne der Fünftlerifchen 
Leiftungen find. Wenn id biernadh den in meinem 
Erlaffe vom 27. Januar v. 5. ausgefezten Preis von 
1000 Marf einer einzelnen Arbeit nicht zuerfennen Pann, 
fo babe ih befchloffen, diefe Summe auf die von den 
Bildhauern Werner Begas und Paul Peterih ge 
lieferten, verbältnigmäßig beften Arbeiten zu vertheilen. 
Meine Schatullverwaltung ift angewiefen worden, jedem 
diefer Riinftler eine Summe von 500 Mark zu zahlen. 
Sh wiinfde jedod, dağ die genannten beiden Rünftler 
zu einer engeren Konkurrenz für diefelbe Aufgabe um 
einen nenen Preis von 1000 Mark veranlaßt werden, 
dejjen Zuerkennung id) mit an meinem nädftjäbrigen 
Geburtstage vorbehalte.' 

Da die Preisvertheilung nah dem Gefhmat des 
Raifers erfolgt und die ausgefente Summe aus der 
Schatullverwaltung gezahlt wird, bundelt es jih um | 
eine Privatangelegenbeit, die mit der öffentliþen ( 
Rritif nidts zu thun bhat. Dor Allem ift die Befahr 
ausgefdlofjen, dağ folde Reftaurationsverfude an 
den Reften antifer Runft — aftuell werden. Die 
Herren Begas und Peterih werden fih in diejem 
falle damit begnügen müffen, „pour. le Roi de 
Prusse“ gearbeitet 3u haben. 

Zugleich erläßt der Kaiſer eine nene Konkurrenz, 


Deutſche Kunſt. 





Franke, Bacchusknabe in bemalter 
Terrakotta. 


Runjtbandlung von’ fri Burlitt, Berlin, 





197 


chiens 


a 
— — S 


und zwar beſtimmt er für den nächſten allgemeinen Wettbewerb um einen 
Preis von looo Mark als Aufgabe die Ergänzung des unteren, vermuthlich 
von einem Gewande verhüllten Theils des in dem Heroenfaale der Muſeen 
anfgeftellten Torjos der Aphrodite. 

Wir werden and bei diefer Gelegenheit nit verfeblen, ein paar arhäo- 
logijhe Fingerzeige zu geben, ohne einen dritten Mißerfolg zu kritifchen 
Nörgeleien zu benuken. Stiliibungen find unter allen Umftanden förderlich, 
wenn jie auch feine Meifterwerfe zeitigen. 6. m. 


— Die Glasmofaifmalerei, welde erjt feit einigen Fahren mit 
Erfolg auf deutihen Boden verpflanzt wurde, beginnt in der ansfdmiicenden 
Runft, in Derbindung mit Außen- und Gnnenardhiteftur, eine widtige Rolle 
zu fpielen, da das Material bejonders die Boldverzierung unter den ver- 
[hiedenften Lidtbedingungen ganz eigenthümlihe Reize hervorbringt, aud 
wegen feiner großen Haltbarkeit jeder Frestomalerei vorzuziehen ift. Die 
Verwendung des Mofails zum Schmud der Bräber, wie fie in Jtalien häufig 
gepflegt wurde, dürfte in Deutjchland no wenig befannt fein und zur Nadh- 
abmung anregen. Aus dem Atelier der Deutfhen Blasmofaikanftalt 
von Wilh. Wiegmann, Berlin, ging vor furzer Zeit ein folhes Bemälde 
hervor, das in ‚Form einer länglihen Brabplatte mit abgerundeten Kanten 
durd eine Tementfhicht und Blasfhladen eine Verbindnng mit der eigent- 
liden Grabplatte eingehen Pann. Die Darftellung zeigt eine ftilificte Lilie 
auf graugriinem Grunde, deren Stengel durd einen Rranz von mattröthlichen 
wilden Rofen und das Monogramm des Verewigten unterbrodhen wird. Als 
Umrahmung dienen ein Kranz von Ornamenten und goldigen Blättern. 
Die Wirfung des Gemaldes ift eine außerordentlich 
vornehme, da die feridfen fein abgeftimmten farben 
durd das fparfam verwendete Gold zu größerer 
Herefhaft gelangen, ohne indeß im geringften einen 
naturaliftifhen Eindrud anzuftreben, der auf einem 
Brabmonument in Verbindung mit lebenden Blumen 
aud gewiß nidt am Plage wäre. Der gleihe fein- 
gebildete Befhmad zeigt fih übrigens "in dem Neu 
ban des Briftol-Hotels, wo Herr Wiegmann vere 
fhiedene Supraporten und Lunetten des Konver- 
Jationsfaales mit Mofaifen fdmiidte. Dargeftellt find 
in freier romantifher Auffaffung die Figuren der 
Brunbilde und Kriembilde mit reihen golddurcwirften 
Gewandern, ferner die Madt, welche die Müden mit 
jilbernem Schleier zudedt. Eine andere Seite des 
Seales ift mit einem Sprudband in Mofail verziert, 
weldes in Phantafiefdpfen endet und die Anfdhrift 
trägt: „Auch Leben ift eine Runt“. Mit großem 
Gefhid fnd Heine rectedige Mofait - Füllungen 
in den mit dunflem Mahagonibolz befleideten Nifhen 
angebradt. Die einheitlihe Farbe, Blau und Gold, 
barmonirt trefflich mit den ftreng gegliederten Pflangen- 
ornamenten, mit welhen fymmetrifche Thierdarftellungen 
(Vögel und Eihhörnden) in Derbindung gebracht find. 

— fm Rudolph Lepte'fhen Kunf- 
anftionshaufe in Berlin fand die Derfteigerung 
einer Antiquitätenfammlung aus befanntem reihs- 
graflidem Befige ftatt, weldhe fih «außerordentlich 
lebhaft geftaltete. Don nambafteften Preifen find 
zu erwähnen die der folgenden fieben Gobelins 
mit den Darftellungen: Antonius und Kleopatra 
6000 Wart; Eberjagd nad Rubens 5550 Mark; 
Grablegung des Darius 2950 Mark; Gothijher 
Gobelin mit Rittern und Pagen (Nr. 267 des Rata- 
loges) 9SO Mark; Uebergabe des Sdliiffelamts 


— — — — — — — — —— — 


198 


an Petrus 500 Mark; Heroifhe Landfhaft (Nr. 468) 610 Mark; Sdhéafer- 
fzene (Ar. 469) 1000 Mark. ferner wurden erzielt für zwei italienifche 
Renaiffence-Lambreguins 1000 Mark, fiir ein Lambrequin Louis XIV. 
620 Mark, für ein Cafel aus Ludwig XVI. Zeit, Brofat, 640 
Mark, für eine Golde und Silberbrofatdede aus Ludwig XV. Feit 
660 Mark. Der Befammterlös der Sammlung belief fih auf etwa 75 000 
Mart. — Am 15. Februar gelangt eine Kleine gewählte Aolleftion meuerer 
fowie einiger älter Bilder zur öffentlihen Derfteigerung, nämlih die nad- 
gelaflene Sammlung des Apothefers Rarl Ludwig Rubs, welche, mit 
feinem Derftändnif ausgewäblt, lange Zeit de Wohnung des im Fahre 1889 
Verftorbenen jdmiidte. Ad. Menzel it durch fechs bedeutende Werke ver- 
treten, Eduard Meyerheim duch vier Hauptbilder. Ande. Adhenbad, 
A. Calame, €. Graeb, A. Tidemand, R. Jordan, C. Roqueplan, 
J. W. Schirmer, C. Steffed, Chp. Hoguet, R. Girardet und 
B. Dantier vervollftändigen die Serie hervorragender Gemälde, Letzterer 
Surh ein Galeriebilð, die befannte, mehrfach reproduzirte Nähſchule. Den 
Namen der beiden babnbredhenden Berliner Kiinftler Blechen und Elfaffer 
begegnen wir nicht weniger als dreizehn mal im Kataloge und der Land- 
fhafter Aug. Piepenhagen zeigt im zwei exakt durchgeführten Bildern 
die Eigenart feines Rönnens. — Don Bedeutung find ferner die beiden Ge- 
mälde von J. fr. de Troy: La declaration d’amour und La jarretiere 
détachée, die fid in ibrer 
Farbenfrifche vorzüglich ge- 
balten haben und dem 
Katalog in Farbendruden 
beigefügt wurden. Don 
den älteren Bemälden feien 
nod ein fhönes Portrait 
von franz Pourbus 
fowie zwei Stillleben von 
Jacob v. Walscapele 
erwähnt. Dreizehn in den 
Tert gedrudte Clidés er- 
feihtern es den außerhalb 
Berlins Wohnenden, Auf- 
träge auf dte Bilder zu 
geben. 


— Meldior Ledter 
in Berlin bat für die 
Diele eines Landhaufes 
im Harz ein grofes Glas- 
fenfter gemalt und fi mit 
diefem Werke aufs Neue 
als einer unferer erften 
Riinftler auf dem  felde 
der Blasmalerei bewährt. 
Die Szeneftellt einen Fdeal- 
garten dar, in dem fih 
didtbelaubte Apfelbäume 
erheben und aus deſſen 
Boden Blumen in Fülle 
emporfprießen; ein paar 
weiblide Geftalten in 
langen Bewändern treten 
langfamen Sdrittes bervor, 
die einen fingen ein Lied, 
die andern pflüden Blütben 
um fle zum Krange zu 
winden. Einen fortfdritt 
gegen früber ftellt das 
Glasfenfter infofern dar, 
als Ledter fih bier im 
ganzen Stil der Rompo- 
fition freier zeigt als bis- 
ber. Er ftebt nicht mebr 
unter dem Einfluß der alten 
romanifden  Runftepode 
und entwidelt immer ftärfer 
eine perjönlihe Eigenart. 





I 


Deutfhe Runft. 


Das zeigt fih am Seutlidjten in den wundervollen Bäumen, in deren frühere, 
ftarre Unbeweglidfeit ein frifher Wind bhineingefabren 3u fein feint, der 
Blätter, Zweige und Früchte von einander löfte, fo daß fie nun viel freier, 
ungezwungener erfcheinen. 


— Die Derfteigerung des fünftlerifhen Nadlaffes von dem verftorbenen 
Bildhauer Prof. Hirth in Münden, nahm einen febr animirten Verlauf. 
Das Hauptwerf des Meijters die „Arethufa‘, in Marmor ausgeführt, ift für 
die Rgl. Glyptothe® 3um Preife von 6580 Mark erworben worden. Es 
brachten ferner „Efehard und Hadwig' SSO Mark; „Ladv Macbeth" 319 Mark; 
„Ajchenbrödel‘‘ 429 Mark; „Kautenjhlägerin‘ 540 Mark; „Rind mit Frofh“ 
540 Mark; „Oberbaverifcher Jäger und fifherin 649 Mark 2c. — Einige 
der Griginalgipswerfe gingen in den Befiz der Münchener Kunftgewerbe- 
fule über. 


— Jn Hamburg gelangte die Bemäldefammlung des befannten ver- 
ftorbenen Theaterðireftors Polini, die in den Runftfalons von £L. Bod 
u. Sohn ausgeftellt war, unter den Hammer. Diejelbe bejtand aus etwa 
70 Werken, unter denen die Namen WU. Adhenbad, Ff. v. Defregger, H. Lofjow, 
B. Piglbein und Math. Schmidt zu bemerken waren. Neben 25 Original- 
zeihnungen erfter Miindener Riinftler erregten 15 Entwürfe f. Stud's zu 
dem K. v. Boldjhmidt'ihen Mufifdranma „Baea' das größte Gntereffe. Es 


Benjamin Dautier, Die Mähjchule, Sammlung Kuht, Berlin, 
Derfteigerung Auktionshaus R, Lepte, Berlin, 


Deutſche Runf. 


199 





find adt Rahmen mit dekorativen Entwürfen und fieben Tafeln mit zur 
fammen 30 befonderen ‚figurenbildern. Namentlih den gewagten fzenifhen 
Aufgaben des mpthifhen Feftfpiels gegenüber, das fih darnad als eine 
Spnthefe von „Fauft‘' - Fdeen mit „Rheingold"- und „Bötterdämmerung"- 
Stimmungen zu erfennen giebt, bat fih Stud's pbantaftifche Kraft hervor— 
tagend bewährt, während der figurative Theil neben mand verblüffend Ein- 
fadhem und unmitielbar Einleudhtendem doch mandes gejhraubt Unverftänd- 
lie, verftiegen Merkwürdige bringt, aber auc) bier wieder, wie immer bei 
den Mündener „Sezeffioniften‘, im Einzelnen apart, geiftreih und darakteri- 
ftifh berührt. 


— Am 24. und 25. februar wird im Wultionsfaadl für Runft- 
fadhen in Frankfurt a. Main, Yene Mainzerftraße, eine werthvolle Samm- 
lung von Rupferftihen, Radirungen und Holsfdnitten, darunter auh zahl- 
reihe auf Jagd und Sport bezüglihe Blatter, fowie franzöfifhe und eng- 
lifhe farbendrude und Scabkunftblätter, nebft Handzeihnungen und 
Agquarellen älterer und neuerer Meifter duch Rudolf Bangel Zur Derfteigerung 
gelangen. Um die Reidbaltigteit des vorhandenen Materials anzudeuten, 
feien einige Yamen berausgegriffen, wie Midelangelo, Rembrandt, 
Bebam, Bouder, Chodowiedi, Diirer, van Dyg, Hogarth, Rott- 
mann, Cifdbein 2. 





Preisbewerbungen 


— Bei der zweiten anonymen Ausftellung für fünftlerifhe und 
wiffenfhaftlide Photographie, welde von der freien photographifchen 
Dereinigung zu Berlin veranftaltet wurde, gelangten verfhiedene Preife zur 
Vertheilung und zwar erhielt in der Fünftlerifhen Abtheilung den erjten 
Preis das Portrait einer Aaferin, eine Bäuerin im Nationalfoftim darjtellend, 
von L. Brud. Als zweites prämiirt wurde eine Landfehaft, ein weiden- 
beftandener Badh, von G. Heinle. Den dritten Preis errang eine andere 
Landfhaft, einen Sandabhang mit Baumaruppen darftellend. Unter den 
weiteren, lobend erwähnten Bildern ift cin Petrusfopf von Dr. Briefalsti 
3u nennen, ferner eine Nonne mit Palmenwedel in der Hand von 5. 
Schmidt. Den einzigen Preis für wiffenfchaftlide Abtheilung erhielt der 
fhon in der vorigen Ausftellung prämiitte Premierlieutenant Kiefling, 
von der photographifhen Abtheilung des Beneralftzbes, für „Fernaufnahmen‘. 
Diefe Bilder find zum großen Theil in Potsdam aufgenommen worden, 
einzelne auf zwölfhundert Meter Entfernung. Ein fhönes Bild hat die auf 
fehshundert Meter aufgenommene Raifer Wilhelm - Gedadtniftirhe ergeben, 
auf dem nod jedes Detail deutlih zu erfennen ift. Die Fernaufnahmen find 
bejonders für militärifhe Zwede von Wichtigkeit. 

— Bei der Jubiläums-Aunftausftellung in Wien, welde von der 
Wiener Rünftlergenoffenfhaft veranftaltet, von Mitte April bis Ende Juni 189S 
dauern wird, gelangen folgende Preife zur Vertheilung: a) der vom Raifer 
geftiftete Aaiferpreis im Betrage von 400 Dufaten fiir einen öfterreihifchen 
Riinftler, b) der von dem Proteftor Erzherzog Otto geftiftete Proteftorpreis 
im Betrage von 2000 Rronen, c) drei goldene von weiland Erzherzog Rarl 
Ludwig geftiftete Medaillen fiir ine und anuslandifche Riinftler, d) große und 
fleine goldene Staatsmedaillen fiir ine und anslandifce Riinftler, c) ia Folge 
bodberziger Widsmungen eine Reihe von Geldpreijen, weldhe als Auszeihnung 
für befonders bervorragende Werfe des Jn- und Auslandes zur Verleihung 
gelangen. Der Benoffenfhaft der bildenden Künftler Wiens find bisher zur 
Derfügung geftellt: 1. von dem fiirften Johann Liechtenftein drei Preife im 
Betrage von je 2000 Kronen; 2. von Freiherrn friedrih v. Leitenberger 
zwei Preife im Betrage von je 4000 Kronen, ein Preis im Betrage von 
2000 Kronen; 3. von freibertn Hermann v. Rönigewarter ein Preis von 
2000 Kronen und ein Preis von I000 Kronen; 4. von Heren frih Dobner 
v. Dobenau 2000 Rronen; 5. von Heren Heintih Freiherrn v. Draſche 
2000 Rronen; 6. von Herren Anton Dreher 2000 Kronen; 7. von Gebeimrath 
Nikolaus Dumba 2000 Kronen; S. von frau Gräfin Marie Hoyos-Amerling 
2000 Rronen; 9. von Heren Philipp Ritter v. Scheller 2000 Kronen; 
10. von Herrn Wolfgang v. Manner 1500 francs in Gold; I. von Geren 
Alerander Befhorner 1200 Kronen; 12. von Herrn Karl Ritter v. Weffely 
1200 Rronen; 15. der afademifche Reihel-Rünftlerpreis im Betrage von 1600 fl 
für einen in den f. f. Erblanden wohnenden und wirkenden Rünftler. (Der 
felbe fällt nah den Beftimmungen des Stifisbriefes in diefem Fabre an 
einen Bildhauer). Es gelangen fomit im Banzen 20 Ebrenpreife im Gefammt 
betrage von 44 900 Rronen zur Derleibung. 

— Anläßlich der 500jährigen Gedenkfeier von Gutenbergs Geburtstay 
wurde in Wien die Errichtung eines Butenberg-Denfmals befdloffen, 
weldes anf dem Lüuged, vor dem modern umgebauten Regensburger Hofe 
aufgeftellt werden foll. Bei der ausgefchriebenen Konkurrenz find niht 
weniger als 42 Entwürfe eingelaufen. Die Guroren vermodten fid über die 


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oO. chenbech: P. Böhm, Defiegger, Detaille, Diez, L. Gurlitt, F. A., Herm. u. 
W. Kaulbach, Alb. Keller, Kurzbaue’, l.aupheimer, C. F. Lessing, A. Lier, 
H. Makart, Claus u. Edgar Meyer, Papperitz, B. Pallik, Pettenkofen, Piloty, 
Ludw. Richter, Rottmann, Schirmer, Ed. u. Rob. Schleich, R. Seitz, F. Voltz etc. 

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und Perfönliches. 


Dertheilung Ses erften Preifes nicht zu einigen, legten daher den erften und 
zweiten Preis zujammen und theilten dann die Summe in. zwei gleiche 
Hälften, die fie den beiden Bildhauern, weldhe die beften Entwürfe vorgelegt 
batten: Hans Bitterlid und Othmar Sdhimfowik, zuerfannten, den 
dritten Preis erbielt faft einftimmig Fr. Seifert. Das dur die Guroren 
verftärfte Dentmalcomite hat befchlojien, den Entwurf 37 vom Bildhauer 
Hans Bitterlid und Architekten M. Fabiani zur Ausfahrung zu bringen. 
Hans Bitterlih, ein Sohn des früh verftorbenen unvergeglihen Rabl-Schülers, 
ift einer der tüchtigften unter den jüngeren Bildhbruern Wiens. Er bat zwei 
Auffaffungen der Hauptfigur zur Beurtheilung gebradt, wovon die zweite, 
für das Denkmal acceptirte, Gutenberg in Shaube und Miike darftellt, das 
Haupt leicht gefentt. Er fügt die Linke auf eine Druderprejie. Den Sodel 
{hmüdt ein frontrelief: Post nubila Phoebus, ein miide bingefunfener 
Wanderer, weldhen beim Erwaden die aufgehende Sonne begriift. 

— n Dresden ift der befannte Thiermaler und Zeichner Buido 
Hammer, ein Bruder des 1862 aus dem Leben gefdiedenen Didters Julius 
Hammer, geftorben. Er war am 4. februar ISYA in Dresden geboren, be- 
fuchte die dortige Runjt- Whademie und ferte feit 1842 in Julius Hübner's 
Atelier feine Studien fort. Als Fagdliebbaber wandte er fic bald der 
Thiermalerei 3u und fand mit feinen frifden, naturwabren Thier- und Jagd- 
bildern großen Beifall. Die Dresdner Galerie befikt von ihm die Gemälde 
„Befledtes Windfpiel" (1852) und ,,Wildfau mit Stifhlingen von einem 
Hunde geftellt (1860). Gn weiten Kreifen befannt wurde er als Zlluftrator 
der „Bartenlaube* und Zeidner für de „jlufteirte Zeitung“; zu feinen 
Illuſtrationen fdrich cr felbft anziehende Schilderungen. Selbftitändig er= 
Idienen von ibm die Werke: ,,Hubertuabilder, Album für Jäger und Jagd- 
freunde" (Blogau 1856, 2. Aufl. IS77); „pugdbilder und Gefhidten aus 
Wald und Flur“ (dafelbft 1865, 2. Aufl. 1889); „Wild, Walde und Waid- 
mannebilder* (Leipzig IS91). 


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Denkmäler im ganzen deutschen Sprachgebiet schaffen und damit vor allem auch das 
Studium der vaterländischen Kunstschätze durch den Augenschein erleichtern. Die Ein- 
teilung ist eine ausserordentlich übersichtliche: nach Stilepochen und innerhalb derselben 
nach Landschaften. Neben den historischen und typographischen Notizen ist eine knappe 
Beschreibung gegeben. Band I des Werkes umfasst die Architektur von ihren 
Anfängen bis zum Schlusse des Mittelalters in einer bisher von keiner andern Arbeit | Dd 
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Mosel- Weine eigener Kelterung von #0 Pfg. an. Nichtzusagendes wird unbean- 

standet zurückgenommen. Preislisten und Proben gratis und franko. 








| 








Deutfhe Runft. 


BLOOKER’S 
HOLLAND 


in Blechbiichsen und plombirten Packeten 


it ein l’abrikat, welches die Aufgabe, 
diätetisches Nährmittel zu sein, 
erfüllt. 





Erreicht wird dies lediglich durch eine geeignete Fabrikation der 
edelsten Cacaobohnen. — Als wirklich edel gilt aber nur circa 
Is der Total-Cacaoernten. 


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Der Weltruf, den die Pfaff-Nähmaschinen geniessen, gründet sich 


lediglich auf das ernste und unablassige Bestreben der Fabrik: 


„Nur das Beste zu liefern.“ 


Diesem bewährten Grundsatz hat die Fabrik nicht nur ihre Grösse, 
sondern auch die Thatsache zu verdanken, das die Pfaff-Nähmaschinen 
die gesuchtesten und beliebtesten auf dem Markte sind. 

Nähmaschinenfabrik 
G. M. Pfaff, Kaiserslautern. 





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Alleinvertrieb f. Deutschland: Benohr & Hein, Hamburg. 
Alcinvertrieb fiir Oesterr.-Ungarn: Schwanhäusser, Wien I, Johannesgasse 2. 
Prospekte gratis und franko. 









EN 
J. Buyten & Söhne 


Möbel-Fabrik und Ausstattungs-Geschäft 
Düsseldorf. 


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Kunstgewerbliches Etablissement für 
Gesammt-Wohnungs-Einrichtungen. 
Ausstellungs-Gebäude cù. 85 Muster- Zimmer. 


Eigene Fabrikation. x x x 100 Angestellte. 


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Derlag der „Deutjben Runft“, Berlin W. 57. — Derantwortlib für die Scriftleitung Dr. Georg Maltowsty, Berlin W., Steinmefitr. 26. — Drug don W. Biigenjtein, Berlin. 





CFR LRE TEP EIE WORTEN! 


Frits Steub, cin Seuticher MalersHumorift. 








PPP PLR 


An unfere Lefer! 


Wir machen befonders darauf aufmerffam, daß eine Anzahl Ser Semnadchft erfcheinenden Nummern der 
„Deutſchen Runft* in Tert und lluftration einzelnen in fih gefchloffenen 


Ces KRünſtler Gruppen — 


gewidmet ſein werden. Wir glauben ſo unſerem Ziele, ein anſchauliches Bild modernen Kunſtſchaffens zu 
geben, am beſten nahe zu kommen. In Vorbereitung iſt zunächſt ein Heft 


„Die Dachauer“, 


ein Name, unter dem ſich die Maler Fritz von Uhde, Dill, König, Langhammer, Hölzel in verwandtem 
Streben zuſammengefunden haben. 


Ferner haben wir die Abſicht, den weniger bekannten 


Privatgalerien dev Kunftcentren 


befondere Aufmerkſamkeit zu fdenfen und ihre Schäße den Runftfreunden in Abbildungen zugänglih zu machen. 
Wenn bier auch die ältere Runftübung in Frage fommt, fo gedenken wir doch nicht über die Grenze unferes 
Jahrhunderts binauszugehen, um nicht in Sas von anderen Heitfchriften gepflegte Gebiet der KRunftbiftorie ` 
überzugreifen. 

Aud an die Sammler Funftgewerblicher Arbeiten, die geeignet erfcheinen, auf Sas Runfthandwerf 
anregenden Einfluß auszuüben, richten wir die Bitte, uns die Abbildung ihres Befikes zu ermöglichen, der fic 
früher oder fpäter zu zerjtreuen pflegt und jo feinen inneren Zufammenbang verliert. 


Berlin, im Februar 1898. 


Die Redaktion der „Deutfihen Kunft“. 


Dr. Georg Makowsky. 





VA 
Beiblatt: Pas Mtelier, 


Slluftrirte Seitichrift für das gefammte deutfche Kunitichaffen. 


Central-Organ deutſcher Kunſt und Rünftler-Dereine. 
Herausgegeben von 


Georg Malſitowsſin. 
Agrifileifung und Verwaltung Berlin W.57, Sfeinmebltr. 26. 


Alle 14 Tage erfcheint eine Nummer. 
Inſerate: 40 Pfennige fiir die 4 ge- 
fpaltene Nonpareille-Zeile. 


Alle 14 Tage etfdeint eine Nummer. 
Preis vierteljabrlid 2.80 Mart. 
Poftzeitungslifte Ar. 1173. 


Dublifationsorgan des Dentiden Runftvereins in Berlin, des Schleffhen Runftvereins in Breslau, des Runftvereins für das Brofiberzogthum Heffen in Darmftadt, des Anhaltifben Runfts 
d.reins in Deffau, des Mürttembergifdhen Aunftvereins in Stuttgart, des Schleswig - Holfteinifdhen Runftvereins in Riel, der Runftvereine in Münden, Oldenburg, Mannheim, Nürnberg, Gera, 
Altenburg, Elberfeld, Barmen, Bielefeld, Börlik, Danzig, Rönigsberg, Stettin u. a. 


1. Mar; 1898. 








Ar. 11. II. Jahrgang. 








Stig Steub, ein deutfcher Waler-Humorift. 
Pon Paul Thiem. 





eine febnfiidtige Menge Durdhfdnittsmenfdhen fiir voll 

nimmt, eitlen Prablern glaubt, fie feien Helden, 
Tafchenfpielern, fie fönnten aus Rupfer Bold madhen, wohin 
foll das führen? Es zeitigt eine greulihe Epidemie, den 
Gröfenwahn. Junge mutbige Beifter zerfchlugen die alte Romantif 
und boten uns fauere frühte vom Mutterboden Natur, nichts 
Ausgereiftes. Wahrheit hieß es hinten und vorn und Wahrheit 
wurde geboten immer fühner, immer dreifter. Wir zeigen, was 
Ihr fut, wir ftürzen das Alte. 

Aber das wirflid) Gefchaffene verging fihnell, viel zu 
fcnell, es abhnelte einer Mode, von wenigen Stärkeren erfunden 
und bald abgebraudt. fort damit, man wird darüber nad- 
denken, wie es fhöner zu maden fei! Da wudfen Andere in die 
Höhe, die verächtlid) 
berabfhauten auf die 

Yaturbieter, die 
Pbhotographen. farbe 
über Alles! © Wir 
traten ein in das 
phantaftifhe Land 
der farbenfpmpho- 
nieen in Blau, Roth, 
Grün, Gelb. Träume- 
riſche Lilien, ſchmach⸗ 
tende, furchtbar lange 
Jungfrauen, weiße 
ſänftigliche Birken⸗ 
ſtämme. Ein Schauer 
ſüßlichſter, greiſenhaf⸗ 
teſter Romantik hleß 
die Rleinften fic er- 
heben, Sie bald feft 
überzeugt waren, daß 
aud fie zur Ldfung 
des großen Gebeim- 
niffes berufen feien. 
Und fie fanden ges 
waltige Streiter der 
feder, welde mit 
dem Unverftand des 

Publifums barten 


— 
KA f leben in einer merfwürdigen Zeit. Der VerftandS Rampf fudten. Die Federn felbft waren neuromantifd, die 
SN mht Runt. Wenn bei einem Mangel an Gewaltigen 





Fritz Steub, Unterjuchungsrichter und Sträfling. 


Tinte farbig und die Worte wie die Birken, die Jungfrauen und 
die Lilien. Die Sage glihen abenddurdgliihten Glasfenftern. 

Hur felben Feit jagte das Runftgewerbe faimmtlide erreichbare 
Stilarten todt. Die Arditeften fhmüdten die Städte mit große 
artigen Erfindungen. Sie fhufen in einer Straße ein Ragout 
von Briehifh-Römifh, Romanifh-Bothifh, Renaiffance, Barot, 
Roccoco, Zopf, Empire, Biedermannerfindungen. Und bier 
wie bei den Anderen höhnte der Verftand die Runft und machte 
fi) läderlih vor jedem einfahen, echt gothifhen Rlingelzug, 
der richtig, gefeglid) und einfältig an einer befcheidenen 
Thür bing. 

ndeffen bildeten die Plaftifer riefige Standbilder. Sie 
fhielten allerdings gleih den Architekten aud mal rüdwärte, 
aber man nannte dody Diele bald Profefforen und that fih 3u- 
fammen und dried 
über fie, und gab 
ihnen neue berrliche 
Aufträge, die große 
Runft zu zeigen, wie 
man auf dffentliden 
Plagen Reiter auf 
erzene Pferde fegt 
oder Springbrunnen 
mit Bödlin’fhen. fi- 
guren ausftattet. Daf 
diefe Reiter fih febr 
flein, unwürðig und 
unwabr vorfommen, 
fonnen fie unmöglid) 
felbft erzäblen. 

Aud die Literatur 

war zu neuem Leben 
erwacht, obgleidh es 
gerade bei uns Leute 
genug gab, die be- 
fheiden ihren vor- 
gefchriebenen Weg 
gingen. Pofaunen- 
jtöße, Hurrabrufen, 
Trompetengefhmetter 
fündeten alle Augen- 
blide neue Weltum- 


202 


fhmeißer an, wie fonnte man da zurüdbleiben. Jola tand auf und 
zeigte, wie man fagte, was einzig richtig ift. Jbfen erhob fidh 
wie ein Gigant, nahm fein Secirmeffer und' zeigte, wie cs einzig 
tidtig. Andere niht fo Broße zeigten, wie es einzig richtig. 

Die Sprache wurde gedehnt, zufammengefchraubt, abgeriffen, 
verdreht bis ein Bediht da war, fo edel wie ein aufiteigendes 
Geftirn, fo erhaben, Saf Alles in banger Erwartung zitterte. 
Man fihrieb Dramen in ganz neuer Art und ftülpte darüber 
bin ganze Bücher oder jchlug mit wudtigen Hieben dem Publitum 
auf den dummen Kopf, voll Raferei, daß man fo etwas nit 
begriff, womit doc erft sie neue Heit begann. 

Und das Publifum? 

Und die draußen ftebenden Verftandigen? 


Das Publifum fohüttelte die Köpfe, lachte, ftaunte, es 
fhimpfte, es bewunderte, je nahdem die Mode am Anfang oder 
am Ende war. 

Die Derftändigen aber, die Ehrfurdht vor der Kunft hatten, 
die fie liebten als reine Blütbe einer gefunden Naturentwidelung, 
denen der Derftand geringwerthig erfchien neben edler Empfindung, 
fie flüchteten zu ihren alten guten Meiftern, die befheiden an der 
Wand hingen und fpraden fo: 

„Yun fagt uns einmal, Jbr theuren, alten Herren, was 
denkt Jhr über diefes wilde Herumfabren? 

„Das Meifte ift Schwindel!” war die einftimmige Antwort. 

nda, nun aber, warum ift es fo?“ 

„Unehrlichkeit, Unbefcheidenheit, tein flarer Kopf, tein 
gefundes Obr, feine geraden Augen“, fügte Dürer und die 
Andern nidten dazu. „Zuviel herangezüchtete Mittelmäßigkeit.“ 
„Er hat Redt, ftimmten die Andern fchnell ein. 


„Man foll all’ denen die Finger zerbreden, deren Kopf 
nicht gefund ift.“ j 

„Sie fönnen ja nit einmal ridtig malen.“ 

Diefe zwei Stimmen unterbrady der ehrwürdige Holbein 
und fagte: ) 

„Wenn Jhr uns liebt, fo laßt uns zufrieden mit foldem 
Gelihter. Was denkt Zhr fo kurz? Es wird Alles weggewifcht, was 
nit gut if. Gebt auf die Straßen, an die Zäune, in die 
Winkel und hr werdet finden, was Euh freude madt, wenn 
Ihr Ohren habt zu hören und Augen zu feben. Welde Thorheit, 
welder Unverftand! Iſt niht das, was Jhr fuht, auh im 
Rleinften lebendig, was gut ift, was rein it, was einfah und 
wahr it. Seid Jhr aud fhon angeftedt vom Brößenwahn? 
Gebt unô tradhtet, daß nicht die Unmiirdigen mit ihrem wüften 
Gefdrei Ser Vögel Singen, er Bädhe Raufhen übertönen, daf 
niht aufgepugte Dirnen höhnifh vor der fhüdternen, tüchtigen 
Jungfrau Deutfhe Runft einhermarfhiren und bei albernem 
Befchnatter mit plumpen Schleppen foviel Staub aufwirbeln, 
daß die Jungfrau nicht mehr zu fennen ift. Gebet bin und 
facet die Tüchtigen und nicht die Narren.“ 

„Bott ftärfe mid, Amen!“ rief Dürer, „und daß man Euch 
das fagen muß, ift fhlimm. Habt Jhr denn garnichts Befundes? 
müßt Ihr denn alle franzöfifhen, englifhen, fchottifden, 
japanifhen Mätzchen nahmaden, armfeliges, Bleines Dolf? Geht 
und laßt uns zufrieden.“ 

Da faßten fih die Verſtändigen fleinmiithig an die Stirn, 
und es ging ihnen ein Licht auf. Sie gingen beim und fuchten 
im Lande, was dort zu finden war. 

Und fiehe, nad) einer gewiffen Zeit fam einer und brachte 
eine Mappe, öffnete fie und zeigte den Gnbalt Sen Freunden. 
Diefe waren nicht wenig erftaunt, lobten ihn und bewunderten 
den Mleifter, der bief 

frig Steub 


und war ein guter Seutfcher Meifter, der befcheiden in einem 
Winkel unferer fruchtbaren Heimath lebt, in Starnberg, faft un- 
befannt. Draußen tobten die Gewaltigen und machten die Menge 
fheu, und er faß fill und zufrieden in feiner fleinen Werfftatt 
und wußte felbft nicht, daß er ein jo liebenswerther Künftler fei, 
da es nur febr Wenige gab, die es ibm fagten. Er zeichnete 


Deutfhe Runft. 


emfig im Auftrage der Fliegenden Blatter, die ihn vielfad 
befhäftigen, mit Foftlidem Humor, mit einem Stift, der immer 
neue Variationen findet, die merfwürdigen Eigenthümlichfeiten der 
Gattung Menfh zu beleudten, nit boshaft, fondern liebens- 
würdig und wahr, nicht bart, fondern fo malerifh, daß viele 
feiner, flüchtigen Skizzen vollftändig den Eindrud der gedadten 
farbe wiedergeben. Und dod war er uns faft unbekannt, denn 
feine Art, die Natur zu geben, ift jo feinfühlig und fo geiftreid, 
daß der Holsfhnitt, dur den wir ihn kennen, den größten Reiz 
tödten mußte. Wie weit dafür ihn felbft die Schuld trifft, laffen 
wir uns von ihm erzählen, ebenfo wie feine Laufbahn fih 
geftaltete. 

„gm Jahre 1844 zu Lindau am Bodenfee als Sohn eines 
Raufmannes geboren, verbradhte ic in diefem Städtchen meine 
Jugend. Meine Cut am Feihnen wurde urh den an der 
Dolfsfdule dortfelbft angeftellten Zeichnenlehrer lebhaft gefördert. 
Meinem Wunfche, Maler zu werden, ftellten fi indeffen mehrfache 
Hinderniffe entgegen, wobei befonders die damals noch in Pleineren 
Orten berrfchende Anfidt, dağ Sie Runft nur in den feltenften 
‚Fällen ihren Mann nähre, befonders zum Ausdrud fam. - 


Auf den dringenden Wunfch meiner Familie bin verzichtete 
id) auf die Ffünftlerifhe Laufbahn und bezog in Münden Ge- 
werbefhule und Polytechnifum in Ser Abfiht, Ingenieur 
zu werden. 


gm Jahre 1862 und 1865 befuchte ih die tedhnifhe Hode- 
fhule zu Rarleruhe zu gleihem Zwede. 


Fortwährend fränklih und den Förperlihen Anftrengungen, 
die der Beruf des Mafihineningenieurs mit fi) bringt, nicht 
gewadfen, war ih darauf bedaht, mir meinen Lebensunterhalt 
auf andere Weife zu befhaffen, und fand dabei die freundlichfte 
Unterftügung meines nadmaligen Schmiegervaters, Verleger 
Raspar Braun und defen Affocie f. Schneider, der befannten 
Gründer und Herausgeber der ,,fliegenden Blätter‘, deren 
Mitarbeiter ih nun feit 35 Jahren bin. Eine eigentlihe Aus- 
bildung als Rünftler genoß ih nur Furze Zeit auf der Akademie 
der Künfte in Münden. Zu firengem Studium fehlte mir die 
Ausdauer. 


Wenn ic) vielleiht troßdem einigen Erfolg mit meinen 
Saden zu verzeichnen hatte, fo verdanfe ich denfelben nicht zum 
Mindeften meinen Kollegen, die den Fünftlerifhen Ruf der 
„fliegenden Blätter weiter begründen halfen und deren Leiftungen 
wohl anregend wirken konnten. Jnzwifhen ift die Technik des 
Holsfhnittes aud) 3u einer Höhe der Ausbildung gediehen, Saf 
felbft Ser ftrengfte Rritifer an der Art, wie die Zeihnung durd 
den Schnitt wiedergegeben wird, nichts mehr auszufetzen finden 
wird. Dies il auh der Grund, warum ih auch heute nod 
meine Zeihnungen Sirett auf Holz anfertige. 

Sf. Steub. 

Was wir hier von ihm bieten, find Skizzen zu ausgeführten 
Heihnungen für die „fliegenden Blätter, welche bereitwilligft 
ihre Zuftimmung gegeben haben, daß diefe in folder Weife der 
Oeffentlichfeit zugänglid gemadht werden. Hier lernt das deutfche 
Volt einen feiner beften Malerhumoriften kennen, und dankt es 
der verftändigen frau diefes Riinftlers, daß fie diefe Blätter 
thatfädhlih aus dem Papierkorb gerettet hat. Wir ftehen nicht 
an, fr. Steub neben Wilhelm Bufh zu ftellen, der ihm übertrifft 
in der Erfindung, den er aber überbietet dur” malerifhe An- 
fhauung, durch farbige Behandlung des Stiftes. Wir bewundern 
die Sicherheit, mit der er auf dem erften Entwurf feine Menfchen 
binftellt, wo alles den gewollten Gedanfen fofort untadelig aus- 
drückt mit einer Kraft und Lebendigkeit, mit einer Gefundbeit, 
die an die alten niederlindifthen Meifter erinnert. Jeder Kopf 
lebt, fpricht, und die Bewegungen des Leibes, der Hände und 
füge geben dem Ausdrud fo richtige Hilfe, wie fie eben nur ein 
wabrbafter Riinftler ohne Mühe findet. Wie fennt er feine 
baverifhen Bauern?! Da giebt es feine Sentimentalität, das 
find die Bauern, wie fie find, pfiffig, Serb, übermütbig und 
taufluftig. Seltener greift er sur Rarrifatur. Da finden wir 
unglaublid fomifhe Ritier und Edelfräulein, römifhe Senatoren, 


en... 


< AE ye 


Dichter und andere Leuthen, bei denen Alles in Romi? fhwelgt 
vom Kopf bis zu den Füßen, da finden wir Hunde, Pferde und 
andere Thiere, die ihrer merfwürdigen Luftigfeit unbewußt uns 
in Sie heiterfte Stimmung verfegen. Aber find aud diefe 
Rarrifsturen vielleiht wirfungvoller, fo lieben wir Steub doch 
mehr, wenn er mit feinem Humor feine Objefte behandelt, wenn 
er zutraulich feinem Nahbarn auf die Schultern flopft und ibm 
zeigt, wie drollig er ausfeben fann, obne daß er gewaltjame 
Bewegungen madhen muĝ. Sehen wir dann weiter bin, fo 
finden wir nidt uur diefen außergewöhnlich überrafhenden Sinn 


Deutfhe Kunſt. 





208 


wundervoll malerifh wirken mit ihrer geiftreihen Vertheilung 
von Licht und Dunkelheit. Er giebt Skizzen zu feinen luftigften 
Bauernraufereien, die, fprübend von Kraft und Geift, wie farben- 
ffizzen wirken. Er zeichnet Köpfe mit lebendigem Ausdrud, wie 
fie ein Maler malt, mit tiefem Schatten und jearfem Seitenlicht! 
Seine Zimmer und Winkel find farbig gefeben, und mit wenig 
Strihen verfet er uns in eine Candfdaft, deren Luft im Ton 
gedadt ift. Und wie paffen die Kleider zu feinen Menfden. 
Was find das für wundervolle Hüte, Röde, Hofen und Stiefel! 
Es ift Stil in diefen Heichnungen. Das Stiliftifhe ftellt fie über 





Sri Steub, Sfizzen und Typen. 


für Sas Schalfbafte bis zum Uebermiithigen, fondern nod) Por- 
züge, die uns den Künftler als Maler zeigen. Er zaubert uns 
nur urh den Bleiftift Bilder mit vollftändig farbigem Reiz. 
Bier eine Tiefe voller Saft, Sort ein Licht, bier weich, dort 
fharf und beftimmt, fo daß es Blätter giebt, bei denen man nicht 
zu wiffen braudt, was fie darftellen, die doc in der Entfernung 


das Mittelgut und es ift Gefundbeit sarin, Sarum fSnnen wir 
fie immer mit neuem Genuß betracdten. 

Doch genug von unferer Meinung. Wir begen die Hoffnung, 
dem allzu befiyeidenen Künftler einen Freundeskreis zu verfhaffen, 
den er verdient, der wieder ibm felbft mit feiner Anerkennung 
den Benuß zurüdzeablt, weldhen er uns bereitet. 


Anmerfung der Redaktion. Wir fehliefen uns den begeifterungs- 
vollen Worten unjeres Mitarbeiters aus vollem Herzen an. Fri Steub 
ift ein Riinftler erften Ranges, weil er die Natur mit gefunden Maleraugen 
anfiebt und das, was fein Jeihenftift aufnimmt, empfindet und miterlebt. 
Wie weit feine Rünftlerfhaft über das hinausgeht, was die Zlluftration der 
„liegenden Blätter‘ von ibm verlangt, läßt fic) nidt aus den fertigen 
Holzfhnitten, fondern nur aus den bier zum erten Mal veröffentlichten 


Skizzen entnehmen. Auf dem Umwege über Schneidemefjer und Stiel muß 
der malerifche Reiz verloren geben, den er mit feiner weihen Linienführung, 
mit feiner unabjihtlich geiftvollen breiten Behandlung erzielt. Man tann fih 
in diefe Blätthen ftundenlang vertiefen und wird immer neue Schönheiten in 
ihnen entdeden. 

Yur die Autotypie vermag das Wefen der Rünftlerfehaft Steub’s mit der 
nöthigen Treue zu übermitteln, nur durd fie wird es deutlib, wie unendlich 


(4 Deutfhe Runf. 


malerifh all’ 
diefe Szenen des 
tigliden Lebens 
gefeben und 
wiedergegeben 
find. Aus dem 
taufen Linien- 
gewirr heraus 
tauchen Glied⸗ 
magen undLeiber 
auf, die zunädt 
faum angedeutet 
erfcheinen, bis 
fie h zur vol. 
len KRörperlid- 
Feit entwideln. 
Steubs Feichen- 
ftift fchafft ein 
clair obscur, 
wie es jonft nur 
der Pinfel des 
Malers hervor- 
zubringen ver- 
mag. Seine 
beften Stizzen 
erinnern gerader 
zu an die Hand- 
zeichnungen und 
flüchtigen Radi- 
tungen Rem- 
brandt's und 
A. Menzel's. 
Dur) Herein Paul Thiems Güte wurde uns eine ganze, mit Hunderten 
folder Blattchen gefüllte Mappe zur Derfügung geftellt, aus der wir das zur 
Reproduktion auswählten, was uns am beften für die „Deutfche Runi ge- 
eignet erfcien. Gerade in einer Zeit, der das Unfertige vielfah als 





Sri} Steub, Ein Ritter. 


Manifeftation des Genies gilt, ift es angezeigt, auf diefe Blättchen binzuweifen, 
in deren Bleinftem ein Stüd wirkliher Meifterfhaft ftedt. 

Gleichzeitig it es uns gelungen, die Runftbandlung von 
Reller & Reiner in Berlin zur Ansftellung einer Auswahl Steub'fcer 
Skizzen zu veranlaflen und fo diefe Aunftwerfhen winzigen Formats dem 
größeren Publifum zugänglih zu mahen. Den „fliegenden Blättern“ bleibt 
der Ruhm, Riinftler vom Shlage Steub’s für ihre Publikationen in Thütigfeit 
gejert zu haben, und ihre funjtfinnigen Verleger find gewiß die Lerten, die 
es ung verdenfen, wenn wir darauf binweijen, daß einer ihrer Mitarbeiter 
fidh in der Stille zu einem Sittenfchilderer erften Ranges berausgebildet bat. 
gn wie hohem Grade das der fall ift, beweift der Umftand, daß Niemand 
zu den von ung gebotenen Giluftrationen Sen Text vermiffen wird. Situationg- 
und Wortwik find unndsthig, wo der Rünftler mit feinen Darftellungsmitteln . 
fo überaus deutlich jpridt, ja fie tören, weil fie uns ein Abfihtlihes auf- 
drängen, wo Steub ein Yxives gegeben bat. 

Eben diefe Naivetät ift Steub's größte Stärke. Man würde ihm bittere® 
Unredt thun, wenn man ibn in eine Reibe mit den Rarrifaturiften ftellte, 
die uns durd Uebertreibungen cin Laden abzuloden fuhen. Selbjt wo er 
parodirend biftorijhe Typen bringt, wie Ritter und Liftoren, entnimmt er 
feine Modelle niht dem Schmierentheater, fondern der eigenen rüdwärts ge- 
wandten Phantafie. Der treuberzige Gentleman der Landftrafe im Mittel- 
alter, der bärbeifige Schugmann der antifen Roma gewinnen duch feinen 
Stift fomifches Leben, ohne daß ihre Tradht uns als Verkleidung erjhiene. 

Wenn Steub das lihtjhene Treiben der Armen und Elenden in den 
Straßen der Broßftadt fildert, erhält fein Stift einen Zug: von fchlichtem 
Pathos, der nidts mit abfihtliher Armeleutemalerei zu thun bat. Das 
boffnungslofe Elend eines mit einem Rinde in der Bajlenede bodenden 
Weibes, der Stumpfjinn des beimwatts fdwanfenden Trunfenboldes ift mit 
einem Ernft dargeftellt, der gerade um feiner Tendenzlofigkeit willen auf das 
tieffte ergreift. 

Ob die Heihnung das volltommenfte Ausdrucsmittel des Rünftlers ijt, 
vermögen wir nit zu fagen. Aber felbft wenn feinem eminent malerifden 
Sehen die Farbenjprache verfagt fein follte, wäre es wünfdenswertb, daß 
dem deutfhen Volte eine Sammlung feiner leiht vergängliden Skizzen er- 
balten bliebe, werthvoller als mande Fulturgefhichtlide Schönfärberei. 

6. m. 


Berliner Ausjtellungen. 


n der Shulte’jhen Bemäldeausftellung pflegt man fih Feine 

Sfrupel zu maden bei der Auswahl und Anordnung der Runjt- 
S~o werfe, und fo gejhieht es bisweilen, daß der beliebtefte Runfttempel 
Berlins einem mit Bildern überfüllten Rafino ähnlich fieht, wo die elegante 
Welt ih ein Stelldiein giebt und froh des angenehmen Plauderftiinddens 
in bebaglibem Raume den Runftgenuß als amüfante Ferftreuung betradtet. 
Es ift nicht jedem gegeben, den Werfen der modernen Runft Derftändniß ent- 
gegen zu bringen und die Spreu vom Weizen zu unterfcheiden. Wud ijt eine 
Runftbandlung wie die Schulte'fhe in gewiffer Hinfiht darauf angewiefen, 
dem Durdhfdnittsbediirfnif der großen Menge Sorge zu tragen, aber felbft 
der Bejhmad der Laien und Befhmadlofen bat feine Grenze und es dürfte 
fic) empfehlen, obne der bewußten Befelligfeit Abbrah zu thun, ein wenig 
mebr zu fihten unter der Fluth von Bildern, von denen faum zebn die Gury 
einer großen internationalen Augftellung paffieren würden, vor Allem aber 
nah gewiffen Gejidtspunften zu bängen, mebr Prinzip, mehr Leben, mehr 
Abwedslung in die ganze Anordnung zu bringen. Gm Eingangsjaale hängt 
gegenwärtig eine Portraitfammlung von Borhardt, nebenan bededen 
mebrere große Bildnijje die Wände; beim Durchgang zum Oberlihtjaal ftoßen 
wir auf eine Sammlung Allers’fher Röpfe und in dem großen Saale bliden 
tebts und linfs Bildniffe in allen Größen von den Wänden und hängen 
dicht neben- und übereinander, daß man die Unterfehrift faum zu erkennen 
vermag. Man muß eine gute Natur beigen, um bei einer folhen Menge 
gemalter Perfonen ein Fünftlerifh empfänglibes Auge zu behalten. 

Walter Peterfen, der Liebling der Düfjeldorfer Ariftofratie, hat feinen 
fhweren Stand in feiner Umgebung. Seine Bildnifje, denen ein ebrlides, 
fleifiges Studium zu Grunde liegt, wirfen in ihrer fehlihten Malerei recht 
anfpredhend, fofern diefe niht in afademifchen ‚Formeln fteden bleibt. Die 
liebevolle Durdfiibrung entjhädigt binreihend für die zahme und allgemeine 
Anfdhauung, welder etwas wie genialer Trog und heißblütige Begeifterung 


abgeht. Am beten feint dte Charafteriftif in dem Bildniffe Wallot's er- 
faßt zu fein, der fih gemüthlich in einen Seffel lehnt und in der Hand eine 
furze Pfeife hält. Aud der von tiefen Stirnfurdhen durhzogene Kopf eines 
Heren in jhwarzem Anzuge it lebendig aufgefaßt, während bei Fräftiger 
Modellirung die Farbe wenig Leuchtkraft behalten hat. Größere koloriſtiſche 





riş Steub, In der Weinjtube, 


ro 


Reize find in dem Bıldniß einer Dame in weißer Balltoilette angeftrebt. Die 
Malerei ift einheitlib. Der hübfhe, von zwei Seien beleuchtete Ropf mit 
den dunklen Augen und tiefbraunem Haar ftimmt gut mit den lichten Tönen 
des Hintergrundes zufammen, und die graziöfe Stellung, die leihtgefrümmite 
Haltung des Armes, welder die Schleppe des Rleidea ein wenig emporbebt, 
erjcheint natürlich und dem Charakter der jugendlic-elaftifhen Beftalt angemefjen. 
Warum cber mußte die Figur Raifer friedrichs in der ‘offiziellen Haltung 
eines dienftihuenden, die Haden zufammennehmenden Offiziers aufgefaßt 
werden? Diefes überhöbende militairifhe Moment, das vielleiht befonders 
„beitellt‘* gemefen ijt, gereicht der Charakteriftif des Monarden nit zum 
Vortheil. Spmpathifher berührt das Bruftbild Bismard’s mit der gut be- 
obadteten, ultersfrifhen, rofigen Hautfarbe, und eine nad) dem Leben auf- 
genommene Feidhuung, die den Altreihsfanzler in feinem Heim mit Pfeife, 
Bud und Notirfift darftellt. 

Der ungarifhe Portraitmaler LAZ16 macht uns faft cusfdlieflid) mit 
erlandten PerfSnlidteiten befannt. Die Leiftungen find febr verfdiedenartig. 
Die meiften Bildniffe find gut geseidnet und lebendig im Ausdrud, aber 
ebenfo unwabe wie fiif im Ton. Die Rarnation erinnert öfters um jene 
Portraits aus der Mitte diefes Jahrhunderte, welche nad einem beliebten 
Rezept in's gelblid-rothe geftimmt find und dem fisnen Ton zu Liebe auf 
feine feineren Unterjhiede in der Hautfarbe eingehen. 

Was die Unffaffung des Malers betrifft, jo läßt idh die Babe nicht be- 
ftreiten, vornebme Perfonen in vormehmer Haltung und Kleidung fo wieder- 
zugeben, daß man aud obne die Dargeftellten zu fennen, von der Aehnlichfeit 
überzeugt ift. 

Am beiten gelingen dem Künftler flott angelegte Sfizzen, bei denen auch 
die Farbe überzeugend wirkt, wie die der Pringefjin von Thurn nnd Taris 
und das des Prinzen von Ratibor in Uniform. Eine bürgerlihe Dame, 
deren Schönbeit noh durh den Schatten eines Schnurrbärthens einen pifanten 
Reiz erhält, fei von den ausgeführteren Bildern hervorgehoben. 

Ueber die Portraits und Studien von Bordhardt, der, einft ein viel 
verjprebender Schüler Uhde's mit feinen fehr gefhidt gemalten nterieurs die 
Aufmerkjamfeit auf fi lenkte, läßt fih beute wenig Gutes fagen. Das 
Rolorit it nichts weniger «ls fein, zu den Eigenthümlichkeiten bei feinen Bilde 
nifjen gebört ein [hwärzlider Selbftihatten, der gewiß nicht in der Natur zu 
finden war; feine Malerei ift härter und nadläffiger geworden, Derzeihnungen 
zählen nicht zu Sen Seltenheiten. Gn feiner guten Tonwirkung verdient dus 
Portrait eines Herrn, der den Ropf vormüber neigt und die Hände in die 
Tafche ftedt, hervorgehoben zu werden. 

Es ift unglaublid, daß der Zeichner 5. Allers immer no Bewunderer 
findet. Die Hoffnung, ibn aus der Aunftwelt in die Sphäre feichter Unter- 
haltung verdrängt zu haben, durfte fic) nicht erfüllen. Seine neuefte Schöpfu”g 
„ans dem deutfihen Zägerleben‘‘ reiht ih würdig den früheren an. Allers 
ift Gefchaftamann und verftebt die Eitelkeit vieler Menjhen auszunugen, die 
üh für's Leben gern „verewigt“ feben wollen. Mit merfwürdigem Befchtd 
find in der nenen Serie nidtsfagende, gelodte Röpfe berausgegriffen, vom 
Enzianbrenner mit dem unglaubliden Haarwuft bis zum frfirten Affeffor. 
Daß die Jägertypen ohne einen ‚Funken fünftlerifhen Empfindens und völlig 
witlos wiedergegeben find, wird Niemanden überrajchen. 

Man wäre verfuht Waturphotographien vorzuziehen, wenn nicht 





Fritz Steub, Im Wirthshaus, 


Deutſche Kunſt. 205 


die Allers'ſchen 
Randgloſſen 
und die Auto⸗ 
gramme der 
dargeftellten 
Perfonen einen 
fulturbiftori- 
fhen Werth be- 
fäßen. Um die 
zweifelhaften 
Genüffe bei 
Schulte hefden- 
müthig durch⸗ 
koſten zu kön— 
nen, ſei auf die 
Rer’ihen Bil- 
der aus dem 
Lebea Napo- 
leon I. binge- 
wiejen, die als 
Anſchauungs⸗ 
material | fiir 
den — gefdicht- 
lihenlinterrid;t 
vielleiht am 
Plate wären, 
aber als Run! 
wert betradtet, 
den gewaltigen 
Stoff nur bere 
abwiirdigen 
fönnen. Eine 
gejhidte Bruppirung ift immerhin das Erträglichfte an den bilderbogenuctig Polo- 
tirten Gemälden ; im Uebrigen drängen ih Uniformen, Roftüme und Ausftattunge- 
fram in den Vordergrund. Zu den erfreuliceren Eindrüden der Ausftellung 
gehören eine wilde Bebirgslandjhaft mit diifterem Himmel und fturmgepeitfehten 
Bäumen von Calame und cin Genrebild von Haug, ein Gefedt in einem 
Rornfeld; ferner die Skulpturen von A. Lewin „Verzweiflung“, ein 
am Boden llegender, das Gefidt bedecender Frauenförper und „sulta cielo 
Romano, ein ausgeftredter nadter Junge, der luftig emporblidend das linke 
Rnie mit ftraffgefpannten Armen umfagt. 

Ob in Berlin bei den maffenbafien Darbictungen der bildenden Runft 
nod ein Bediirfnif nad einer neuen Ausftellung vorhanden war, erfdeint 
zweifelhaft, jedenfalls aber darf man dem neuen Unternehmen des Herrn 
€. Zaeslein, welder vor Rurzem auf der Leipsigerftrafe einen Bemäld:- 
falon in Derbindung mit einer Runfthandlung zur unentgeltlihen Bejihticung 
eröffnete, die beften Wiinfde entgegenbringen. Die Räume find den modernen 
Anforderungen gemäß behaglih ausgeftattet und von gutem Lidte begünftigt. 
Das Programm feint nit darauf berednet, in fhnellen Wedhjel die neueften 
Erfheinungen der bildenden Kunft vorzuführen, aber die Auswahl zeugt von 
einer zielbewußten und umfichtigen Leitung. Hans Thoma, der aud bier 
das allgemeine Menfdlide mit deutjher Befühlwärme zu offenbaren verjtebt, 
ift mit einer großen Anzabl Lithograpbien und einigen nod unbefannten Be- 
mälsden vertreten. Unter den Letteren fei der Profilfopf feiner Fran hervor- 
geboben, See mut in braun und roth gemalt, gegen einen Abendhimmel ge- 
ftimmt, eine jebe lebendige, im der Farbe naturaliftifhe Wirfung hervorruft. 
Fu den innigften Darftellungen gebört ein von ihm felbft bemalter Steindrud: 
Jn einem eingefriedigten Garthen figt vr einem einjtödigen Schwarzwald- 
bäushen eine Mutter mit einem ftrampelnden Rinde auf Sen Rnieen. Die 
farbe ift bisweilen nur als ergänzender Abflug für die ftrenge Formen» 
gebung gedacht, deren Befhloffenbeit alles Tednifihe vergeffen madt; fo in 
dem weitausfchreitenden Säemann inmitten einer weitgedehnten Hügellandfhaft, 
fo in dem Ritter vor dem Liebesgarten, Ser vollftändig gepanzert die ofenden 
und mufizirenden Liebesleute vor jedem Eindringling bejbütt. 

Eine fliichtige Rreideftudsie von Bödlin, die einen langauegefiredten 
Chriftusförper darftellt, dürfte allgemeines nterejfe beanfpruden. Don den 
Werfen namhafter Künftler feien ferner erwähnt eine in brauner Oelfarbe 
angelegte Portraitzeihnung von Ff. Stud, eine ‚Farbenffizze zur Flucht 
nad Aegypten von f. v. Uhde, eine ältere Marine mit ftürmifchem Himmel 
von UA. Adhenbad. Rarl Rrummader. 





Fig Steub, Ein Liftor. 





206 Deutfhe Kuni. 


Die Renten: und Penfionsanftalt für deutfche bildende Künftler. 


er vierte Jahresbericht der Nenten- und Penfionsanftalt für deutfche 
bildende Rünftler (Maler, Bildhauer, Architekten, Rupferfteher, Radirer, 
Heichenlehrer, fünftlerifhe Mufterzeichner u. f. w.) mit Fentralfelle 
in Weimar hat wieder erfrenlihe und bedeutfame Erfolge zu verzeichnen. Er- 
freulich ift es zunädft, daß die Mitgliederzahl in ftetem Wadfen begriffen ift 
— bet Abflug des Berichtes hatte die Anftalt 569 Mitglieder — ferner, 
daß ihr Befammtvermögen füh im lebten Fabre von M. 66 161,64 auf 
m. 95 071,87 erhöhte, fih alfo um nahezu die Hälfte vergrößerte, und an 
Zuwendungen M. 2668,77 vereinnahmt wurden. Die Einnahme an Beiträgen 
und Eintrittsgeldern beläuft fic) auf M. 55 659,95 gegen 16 802,77 im Vor- 
jabre; auh fonnte von Erhebung des Ertrabeitrages abgefehen, foldes 
aud für das fommende Gabe in Ausfidt geftellt werden. Nad den im Grof- 
hergzogthum Sadfen beftehenden Beferen ergab fih für die Anftalt Steuer- 
freiheit, ein Dortheil, der von Jabr zu Jahr an Bedeutung wadfen wird. 

Ferner ergiebt der Bericht, daß immer weitere Areife dem ebenfo zeit- 
gemäßen, wie humanen Beftreben ihr Fntereffe zuwenden, was für die gedeih- 
liche fortentwidelung der Anftalt von ebenfo großer Bedeutung ift, wie die 
3uerft genannten Refultate. Ein Freund der Anftalt, welder nist genannt 
zu werden wünfht, benachridtigte das Direftorium, daß er die Anftalt 
teftamentarifh bedenken werde, und fteht zu hoffen, daß diefer hodhberzige 
Entjihluß Nahabmung findet. Die Jahl der Gönner und ‚freunde, welde 
durch einmalige Gaben oder jährlihe Beiträge das fegensreihe Unternehmen 
förderten und fördern, bat im Llegten Fabre ganz bedeutend zugenommen. 
€s gingen im Ganzen bundert einmalige Spenden ein, während 74 fo- 
‚genannte unterftügende Mitglieder jährlide Beiträge zahlen, theils an die 
deutjhe Zentrale, theils an die Ortsverbände. Hieran betheiligten fih faft fämmtlihe 
fürjten, viele Städte, Firmen, Privatperfonen und Pünftlerifhe Vereinigungen. 
Die Betheiligung der Legteren muğ bejonders hervorgehoben werden, weil 
diefe Dereine: der Stuttgarter und Sähfifhe Kunft-Derein, die Dresdener 
Runfigenoffenfchaft, Arditeften- und Stizzen-Verein mit dem idealen Streben 
aud den Jwet verbinden, das materielle Wohl der Künftler zu fördern, 
alfo wohl mit Redt behauptet werden darf, da gerade diefe Vereinigungen 
einen tieferen Einblid in die wirtbfhaftlihe Lage der Künftlerfhaft haben 
und am beiten beurtheilen fnnen, was den Riinftlern am zwedmäßigften 
dient. Die Rommiffion der internationalen Runftansftellung in Dresden bat 
im vergangenen Jahre in ihren Ausftellungsräumen eine Sammelbüchfe zu 
Bunften der Renten» und Penfionsanftalt aufgeftellt. Widt die Höhe des 
eingegangenen Betrages allein maht den Werth diefes humanen Entgegen- 
fommens aus, jondern aud der Umftand, daß eine Anzahl hervorragender 
Rünftler, welde dem modernen Kunftleben am nachften fteben, ebenfalls die 
Beftrebungen der Anftalt, als dem Bedürfnig der Künftler entfprehend, an- 
erfennen. Wud von Allerhöcjter 
Seite wurde dem wiederholt zu- 
geftimmt, und fei darauf hinge- 
wiefen, dap Se. Majeftät der 
deutjche Kaifer anordnete, Safi in 
der Schad-Balerie zu München 
ebenfalls eine Sammelbücfe auf- 
geftellt werde, dur welde der 
Anftalt in wenigen Monaten bez 
reits ein nambafter Betrag zufloß. 
Mit dem wärmften ntereffe ver- 
folgt auh Se. KRönigl. Hoheit 
der Brofiherzog von Sachen, der 
Proteftor der Anftalt, die Weiter: 
entwidelung derfelben und bat in 
vielen Fällen feinem hohen Inter— 
effe durch die That Ausdrud ge 
geben. 

Ueber das Feitgemäße und 
Hweddienlidhe Ser Renten- und 
Penfionsanftalt Pann auh wohl 
Niemand mehr im Zweifel fein. 
Während für die meiften Berufs- 
arten, vom General bis zur 
Rodin, für die Tage des Alters 


Rünftler in diefer Beziehung ganz auf fdh allein angewiefen. Das ift aud fein 


Unglüd; möge der Rünftler nur einmal ernftlid an’s Werk geben, fid felber zu | 


belfen. Hat er dod in ungezählten Fällen, und weit über feine Kräfte hinaus, 
Anderen geholfen: fei es, daß er feine Zeit opferte für Arrangements von 
SFeften und Bazaren oder werthvolle Arbeiten zur Derloofung für woblthatige 
Swede, gang unbefiimmert darum, daß er fih gerade durch diefe Derloofungen 
und Bazare in's eigene Fleifh fohnitt. Mit dem läderlihen Ammenmärden, 
daß ein unpraktifcher Sinn gewiffermaßen mit zum Metier des Riinftlers ge- 
höre, muß endlid einmal aufgeräumt und das Rind beim rechten Ylamen ge- 
nannt werden. Es würde unter den Riinftlern mit mehr und nicht weniger 
unpraftifhe Leute geben wie in jedem anderen Beruf, wenn die Mehrzahl der 
Rünftler fih allen praftifh materiellen Fragen gegenüber nicht fo unglaublid 
indolent verhielte. Jn den lekten Fabren webt, Gott fei Dank, ein frifcherer 
Wind; man hat eingefehen, daß es mit dem ewigen Shimpfen und Stdhnen 
iiber die fcbledten Zeiten nicht gethan fei, fondern aud) in rein materieller 
Beziehung etwas gefdheben miiffe, was den Werth einer That babe. Aus 
diefer Ueberzeugung ging die Begründung der Renten- und Penfionsanftalt 
für dentfche bildende Riinftler hervor, ebenfo andere Unternehmungen, wenn 
Legtere aud zum Theil nod im Stadium der Vorbereitung fih befinden, 
3. 8. bezüglid des Ausftellungswefens, des Schuges geiftigen Cigenthums 
u. ſ. w. 

Eine That war es aud, daß der Dorftand des Orteverbandes Stutt- 
gart der Renten= und Penfionsanftalt energifh vorging, um den eigenen Ver- 
band zu fihern und ihm im die Lage zu verferen, jeinen Mitgliedern die 
Zahlung der jäbrlihen Beiträge an die Zentralanftalt zu erleichtern rejp. zu 
ermöglihen. Nadh heifer Arbeit hat er diejes Ziel in dem furzen Seit- 
raum von faum zwei Jahren erreiht. Sunddit gab er ein wohl» 
gelungenes feft, welhes einen Meberfhuß von M. 1200 bradte; dann warb 
er unterftütende Mitglieder — es find jest 50, an der Spike Se. Majeftat 
der Rönig von Württemberg, während 19 Bönner einmalige Gaben ftifteten — 
und endlih gelang es den raftlofen Bemühungen des Dorftandes, die Ron- 
zejfion für eine Beldlotterie zu erhalten. Legktere wurde an einen folventen 
£otterieunternehmer feft verfauft und dadurch eine Einnabme von M. 10 000 
für den Ortsverband gefihert. Don diefen beiden genannten Summen erhält 
die Fentrale verfafjungsmäßig 25 pCt.; dod wurden von dem Reingewinn 
des feftes Sanfenswerther Weife 50 pCt. an die Hauptanftalt abgefiibrt. 
Das Vermögen des Stuttgarter Ortsverbandes beläuft fih jett auf rund 
M. 12 000 und kommen die Zinfen fpeziell den Mitgiiedern des Ortsverbandes 
Stuttgart zu Gute. Bleibe Anerfennung gebührt den Dorftänden der Orts- 
verbände Dresden und Weimar, wenn fie augenblidlid aud nob niht fo 
glänzende Refultate aufzuweifen haben wie die Stuttgarter Rollegen, und 








und der Gnvaliditat ftactlidbe Für- 
forge getroffen wird, ift der 


Fri Steub, Bauernrauferei im Wirthshaus. 








——— ——— — 00 


Deutſche Kunſt. 


207 


5 4 in verfchiede- 
. nen anderen 
Ortsverbän- 
den rüftetman 
fi zu gleihem 
Dorgeben. — 
Aud in einer 
derartigen 
Seftigung der 
einzelnen 
Ortsverbände 
muß für das 
fernere Gedei- 
ben der Ren- 
ten- und Pen- 
fionsanftalt 
mit Redt eine 
Garantie erb- 
lidt werden. 
Durd) eine 
folde Rräfti- 
gung wird es 
aud dem mine 
der Zablungs- 
fähigen er 
möglidt, der 
Anftalt beizu- 
treten und fi) 
ein felbft- 
erworbenes 
Redt zu 
fihern, was doc das Hauptziel ift, dem die Anftalt zufrebt. für diejenigen, 
welde es nidt ndthig haben, ift die Nenten- und Penfionsanftalt freilid 





§rig Steub, Bierphilijter. 


niht in's Leben gerufen worden; aber gerade diefen vom Blüde Begünftigten 
follte es Ebrenpflidt fein, die Beftrebungen der Anflalt durch ihren Eintritt 
in diefelbe zu fördern, wie es in vielen fallen aud bereits gefchehen if. 
Eo ift ja begreiflih, daß im Anfang fih Mander der Anftalt gegen- 
über neutral verhielt, um abzuwarten, ob das Unternehmen aud durchführbar 
fei — obgleih, wenn ein Jeder fo denken und handeln wollte, überhaupt 
nie etwas Befcheidtes zu Stande fommen würde. Nun aber ift die Lebens- 
fähigkeit der Anftalt gefihert, der weitere Ausbau hat begonnen und er- 
freulihe Fortfchritte zu verzeihnen, da ift es nicht mehr gerechtfertigt, den 
ungläubigen Thomas zu fpielen und der Sache bodbeinig gegenüber zu ftehen. 
Jegt ift es Ehrenpflicht, für die Beftrebungen der Anftalt einzutreten: Einer 
für Alle und Alle für Einen! Derbeffern wir unfere wirtbfehaftlihe Lage, fo 
dienen wir aud) der Runft als folder, denn die Mifere des Lebens züchtet 
unter ung die meiften und beflagenswertheften Proletarier. Gebt nur dem 
Rünftler die Möglichkeit, die Zukunft für fih und die Seinen fiher zu ftellen, 
und mit erhöhter Schaffensfreudigkeit wird er an die idealen Aufgaben des 
Lebens herantreten. 
Berthold Paul Förfter. 


Anmerkung. Wir möchten an diefer Stelle darauf aufmerkfam 
maden, daß den Künftlern ein wirffames Mittel zur Herbeifhaffung aufer- 
ordentliher Einnahmen für die Renten- und Penfionsfaffe zur Verfiigung ftebt. 
Was für den Schriftfteller der Nahdrud, das ift für den Rünftler das Llice. 
Warum fdnnen fid die Herren nit entfhließen, ein Syndikat für die Per- 
gebung ihrer Urheberredhte zu begründen, deren Erträgniffe einen Jahregumfar 
von Millionen darftellen? Die faufmannifehe Handhabung eines folgen 
Suftituts würde dem Autor einen bei weitem höheren Gewinn fidern, und 
ein Meiner Prozentfat des Derwaltungsüberfhufles würde genügen, um die 
Renten» und Penfionstaffe auf verfiherungstehnifh geficherte Grundlage zu 
ftellen. Dor Allem würde mit der Feit Ser Appell an die Wohlthätigfeit 
von Bönnern und Mäcenaten aufhören und die Rünftlerfhaft würde die 
Benugthuung genießen, aus eigenen Kräften ihren Mitgliedern die Ausficht 
auf ein forgenfreies Alter gewährleiften zu können. 


Der Holzfdnitt unferer Zeit. 
e Bon T. Todtenhaupf. 


n einem im Jahre 1878 erfchienenen Bude, weldhes Anweifungen zur 
Erlernung der Holsfhneidefunft giebt, wirft der DVerfafler, der 
trefflide Holzfhneider der alten Schule, J. M. Rouget, die frage 

auf, fiir weldhe Rlaffen der Gefellfhaft der Holzfchnitt wohl befonders geeignet 
fei. Jn der Beantwortung fommt er zu dem Refultat, dağ Leute von guter 
Bildung und die gewöhnlide Alafje der Bejellihaft — Handwerker, die nicht 
verbildet find, Candleute — am meiften Sinn für einen guten Holzfhnitt 
haben, während die fogenannte Mittelflaffe — die gebildete Welt — die 
Schönheit eines Bildes nur nad feiner feinheit berednet. Dem Biirgerftande 
gefällt das Aräftige des Holsfdnittes, er findet idh leichter darin zuredht und 
fann die einzelnen Begenftände leichter unterfcheiden; die gebildete Alaffe, 
ò. h. Leute, die Bildung haben, aber von Aunft nichts verftehen, werden eine 
ordentliche Lithographie und namentlih den Stahlftih für ausgezeichnet halten, 
während fie den gewöhnliden Holzfhnitt gering [hären, und hödhftens folde 
Holzgravüren ihnen gefallen würden, welde mit Befhid und Blüd dem 
Stehlftih nahgeahmt find. Die oberfte Rlaffe, d. b. diejenigen, welde die 
einzelnen Aunftzweige voneinander zu unterfheiden vermögen, wird ganz 
befonderes Gefallen am Holsfdnitt finden, und fih mit weit mehr Liebe auf 
Erörterungen darüber einlaffen, als fie es in Bezug auf den Stablitid 
thun würden. 

Der gewöhnliche Holzfhnitt nun — der facfimileholzfhnitt — für den, 
wie der Derfajfer der Meinen Schrift meint, die fogenannten Bebildeten feinen 
Sinn haben, ift heute befanntlid noch viel feltener «ls vor zwanzig Fahren, 
zum Leidwefen Aller, denen das Einfadhe, Kräftige des deutfchen Holzfhnittes 
“fempathifh war. Aber aud jene Blätter, welhe mit Blüd und Befhid dem 
Stablftid) nahgeahmt find — dem Stahlftih und der Radirung, und die oft 
nicht mehr wie Holzfhnitte ausfehen — diefe oft fehr anfpruchevollen Blätter, 


welde bis vor einigen Jahren — ehe auf dem Gebiete der mechanifd 
teproduzirenden Riinfte, befonders der Photographie, epohemadende Er- 
findungen gemadt worden waren — aud diefe Blätter, welde früher den 


Hauptihmud der belletriftifhen Heitfhriften ausmachten, verfdwinden mehr 
und mehr. 
Dor Allem war es die Photographie, die dem Holzjhnitt verhängnißvoll, 


ja, verderblih wurde, befonders in Deutjhland, wo die Maler bis vor wenigen 
Fahren den vervielfältigenden Rünften gleihgiltig, ja, geringfhäßend gegen- 
überftanden. 
Männer wie 
Ludwig Richter und 
Adolph Menzel 
batten nicht nur 
Fühlung mit den 
vervielfältigenden 
Rünften, fie wußten 
nidt nur, wie ein 
Holzſchnitt ausſehen 
mußte, wieeine Zeich⸗ 
nung, damit dem 
Holzſchneider die 
Arbeit erleichtert 
werde, gemacht 
werden mußte — ſie 
waren ſelbſt ver- 
vielfältigende 
Rünftler, hatten das 
Handwerlmapige 
der Runft weg, und 
bildeten fic) felbft 
ihren eigenen Stil 
und thre eigenen 
Arbeiter. Und die 
Holzjhneider ihrer- 
feits, die Unzelmann 
Oertel, Gaber 
u. f. w., baiten, trog 
ihrer Treue gegen 
das Dorbild, dod 





Srig Steub, Bauer mit Monocle. 


— — — — 


208 


Jeder ſeine eigene Manier. Sie waren Künſtler in ihrer Art und hatten 
künſtleriſche Aufgaben zu erfüllen, im Gegenſatz zu ihren Nachfolgern, 
die man wie Maſchinen arbeiten ließ, und bei denen — je nach dem — 
die Geſchicklichkeit oder das Nichtkönnen unter dem Gewirr charakterloſer 
Striche verſchwand. Dieſe mit Hilfe der Photographie angefertigten Holz- 
ſchnitte ſind — mit vielen Ausnahmen freilich — langweilig, werthlos, 
unperſönlich, haben heute eigentlich gar keine Berechtigung mehr und ver— 
ſchwinden daher. Die Phototypie, der Lichtdruck, die Autotypie haben ſie ver— 
drängt. Viele deutſche Holzſchneider, die hier nichts leiſten konnten, eben 
weil man ihnen keine würdigen Aufgaben ſtellte, gingen in den achtziger 
Jahren ins Ausland und machten ſich bald einen Namen. Dort wußte 
man ihr Talent, ihr Können zu verwerthen. Die engliſchen und franzöſiſchen 
Rünſtler hatten niemals die Fühlung zu den vervielfältigenden Rünften ver- 
loren, und die Erfindungen auf dem 
Gebiete der mechaniſch reproduzirenden 
Riinfle hatten eher dazu beigetragen, 
das Gebiet des Holzfchnittes zu reini- 
gen, zu präzifiren (für viele Dar- 
ftellungen eignet ih die mehanifihe 
Dervielfältigungsart ja viel beffer), 
ftatt dasfelbe, wie bei uns, zu degra- 
diren und verderben. 

Bei uns in Deutfhland ift erft 
in allernenefter Zeit eine Wendung 
zum Beffern bemerkbar, die jüngern 
Maler wenden fih befanntlid mit 
Vorliebe dem Kunftgewerbe — der 
angewandten ARunft befier gejagt — 
und den vervielfältigenden Rünften zu. 
Aber leider befhränft fin das Jnter- 
efe für die oft febr intereffanten 
Arbeiten Stiefer Gruppe nod auf 
einen fehr Fleinen Kreis. Das große 
Publifum fteht diefen Männern der 
neuen Richtung nod vielfah nidt 
nur miptranifh, fondern fogar feind- 
felig gegenüber. Mit den Aus- 
wiidfen und Tollbeiten der „uns 
gent it man beffer vertraut, 
als mit ihren wirklid werthvollen 
Leitungen und Derjuhen. Der 
Hauptgrund dafür, daß diefe neuen 
Werte fih feiner allgemeinen Beliebt- 
beit erfrenen, mag vielfah in der 
Wahl des Sujets liegen. Es ift 
einmal in der menfhliden Natur 
begründet, in einer fünftlerifchen Darbie- 
tung aud etwas wirflid Schönes er- 
bliden zu wollen: 

„licht Alles foll und fann nadgebildet werden. Denn fo wie nicht 
jedes Urbild der Natur gefällt, fo gefällt nicht jedes Nahbild der Kunft. . . 

Der Gefhmad ift eine taufendftimmige Perfon; die meiften Stimmen 


Deutfhe Runft. 





Eduard Meyerheim, Der Dorfprinz. 


Tg 
ae 
oe 


entjiheiden. Es ift leichter, das Befe der Natur zu befriedigen, als das Bejet 
des Geſchmacks.“ Bürger. 

Ein zweiter Vorwurf, den man den Modernen, wenigftens vielen von 
ibnen, maden fann, ift der, daß fie troß ihrer Abfonderlidfeiten nicht wirklich 
originell find, und nicht in der Weife, wie Richter und Menzel, die fi ihren 
Stil felbft fhufen, ihre eigenen Pfade geben. 

St es nötbig, um den Holzfchnitt zu regeneriren, auf die Vergangenheit 
zurüdzugreifen, und etwa einen Lucas Cranad oder Dürer, ih möchte jagen 
ſtlaviſch nachzuahmen? Oder it es wünfchenewertb, die japanifhen Bunt- 
drude zu imitiren, und zwar fo gut, daß jeder Unbefangene das Gefühl 
bat, etwas vor fih zu haben, das nicht aus modernen Runftanfhauungen 
beraus gefhaffen ward? 

Dielen diefer neuen Arbeiten, 3. B. in der Jeitfdrift Pan, die bald wie 
altdeutfhe Drude, bald wie japanifhe 
wiren, Pann man den Vorwurf der 
Manirirtheit niht erfparen; und folde 
Saļhen fönnen nie, im guten Sinne 
des Wortes, volfsthiimltd werden. 

fekt im Charakter, einfach, mit 
wenigen Striden viel fagend, das 
find immer die Hauptmerfmale des 
deutfchen Holzfehnittes in feinen Blanz- 
epoden gewefen, und es ift jhön, daß 
man wieder anfängt, fih darauf zu 
befinnen. An Zartbeit und Feinheit, 
an malerifher Wirkung wird die Radi- 
tung den Holzfhnitt immer übertreffen, 
wenngleih mande ameritanifhe Holz- 
fhneider, was eine glanzvolle Tehni? 
anbetrifjt, geradezu Derbliiffendes ge- 
leiftet haben. 

Daf fie harakteriftifch bleiben und 

_ fic) rein erhalten, darauf kommt es 
bei der Ausübung der verfdiedenen 
Zweige der graphifhen Riinfte an: 
dag ein Holsfhnitt auh wie ein 
Holsfhnitt wirkt, eine Radirung wie 
eine Radirung u. f. w. 

Das deutfhe Publitum ift fo 
leicht geneigt, einen Zweig der verviel- 
fältigenden Runft auf Roften cines 
anderen — für den es gerade Mode 
it Ach 3u interefjiren — gering zu 
fhagen und zu mifadten. Derfuce 
man, für alle ein Derftändniß zu ge- 
winnen! Es ift fo thöridt, in diefer Be- 
3ieþung modern zu fein, und weil 
Alle den Stablftih oder die Litho» 
graphie belächeln, mit einzuftimmen! 

Daß alle Zweige zu allie Zeit geübt, geehrt und verftanden werden, das 
it, was uns vor allem noth thut. Yur fo halt man fidh fret von Ueber- 
oder Unterfhagung. 


Die Galerie Kuhg. 


Reutſchland iſt nun einmal nicht das Cand der großen 
Privatgalerien, fondern das der befcheidenen Bilder- 
jammlungen, die fid als Zeugniffe eines vorübergehenden 
Gefhmads nad dem Tode des Befigers meift nach allen 
Windrichtungen bin zerfireuen. Und dod liegt aud in diefen 
Rolleftionen für die Entwidlung der Runftanfhauungen reih- 
liches Material, defjen Werth fih fteigert, je enger Sie Be- 
ziehbungen des Sammlers zur fohaffenden Runft feiner Zeit ge- 
wejen find. Es gab bis zur Mitte unferes Jahrhunderts feinen 
eigentlichen’ Bildermarkt im modernen Sinne des Wortes. Der 
Hwifdhenbandler feblte oder fpielte Soc eine nebenfadlide Rolle. 
Man befuchte dic Ateliers und faufte Sireft von Sem Künftler, 


J. 


en man ſchätzte. Das Ausſtellungsweſen hatte ſich noch nicht 
nach dem Vorbilde einer großen Jahresmeſſe ausgeſtaltet. Der 
Verkehr des Kunſtfreundes mit dem Künſtler war ein intimerer, 
von der unberufenen Kritik unbeeinflußter, man ſammelte nicht 
nach der augenblicklich herrſchenden Mode, ſondern nach eigenem 
Geſchmack, der ſich damit begnügte, die Wände der bürgerlichen 
Wohnung behaglich zu ſchmücken. 

Da wirkt es denn überraſchend, wenn eine ſolche Samm— 
lung einmal durch die Verſteigerung an die Oeffentlichkeit ge— 
langt, und es iſt nicht unintereſſant, zu beobachten, wie ſich das 
Publikum dem Ereigniß gegenüber verhält, wie ſich ſeine ver— 
änderte Geſchmacksrichtung in den erzielten Preiſen ausdrückt. 


Wer hatte bis zu der am 15. februar im Auftions- 
haufe Cepfe in Berlin ftattgefundenen Derfteigerung von einer 
Galerie Rubs gebdsrt. Die Gntimen des Kaufes, die Mitglieder 
der Berliner. Runftvereine fannten den bejcheidenen Befiter und 
fein ftilles Wirken, das fih faum über die Grenzen des Berliner 
Weichbildes hinaus erftredte. Was er für die Runft der Reids- 
bauptftudt bedeutete, liegt im Großen und Banzen vor der nenen 
politifcben und fünftlerifhen Aera, im der Feit der Runftfreunde 
vom Schlage des Ronful Wagner und des KRommerzienrath 
Ravené. 

Carl Ludwig Rub wäre felbjt beinahe cin Malersmann 
geworden. Geb. am 12. Movember 1809 zu Riiftrin, ging er, 
nachdem er feine wifjenfhaft- 
lihe Ausbildung als Apo- 
thefer in Berlin vollendet 
hatte, 1834 nad Caufanne 
und von dort nah Rom. 
Er hatte diefe Reife längft 
erfebnt und durfte in der 
ewigen Stadt ein Jahr vere 
weilen, wo er mit Thor- 
waldfen, Trofhel, Wredow, 
Adolf Henning und El- 
faffer in engen Verkehr trat. 
Durch die Einwirkung ita- 
lienifher Yatur und Aunft 
fteigerte fi) die ihm ange- 
borene Neigung zur Malerei 
3u Sem febnliden Wunfd, 
diefelbe zu feinem Lebens- 
beryf zu mahen. Der Wille 
feines Vaters und die Er- 
fenntnif, Saf fein Talent 
den Anforderungen, welde 
er an fic) felbft ftellte, nicht 
ausreichte, ließen ihn darauf 
verzichten. Die Liebe zur 
Runft aber, die Freude an 
ihr und das feine Verſtändniß 
für fie blieben ihm bis an 
fein Lebensende treu. 

- Nadh Berlin zurüdge- 
fehrt, trat er 1856 in den 
Derein der Runfifreunde des 
Preußifhen Staates, 1837 
wurde er Mitglied und Mitbe- 
gründer des älteren Rünftler- 
vereins; er unterhielt außer- 
dem einen regen Verkehr mic 
der Rünftlerfchaft Berlins und 
madte die erften Anfäufe für feine Pleine, aber gewählte Bilder- 
fammlung. 1846 zum Sekretär des Vereins der Runfifreunde 
gewäblt, wurde er ein treuer ‚Förderer und VBerather einheimifcher 
wie ausmwärtiger Rünftler, deren viele ihm freunöfhaftlihd nahe 
traten. 1870 ernannte ibn der Riinftlerverein zum Ehrenmitglied; 
das Amt des Schriftführers des Vereins bekleidete ır bis zu 
feinem Tode am 19. Oftober 1887. 

Die von ihm binterlafjene Bemälde-Sammlung, welde nad) 
dem Hinfheiðen feiner Gattin bei R. Cepe zum Verkauf ge- 
langte, enthielt neben einzelnen Originalen alter Meifter die mit 
Renntnif und Befhmad ausgewählten Werke feiner Heitgenoffen. 
Seine Lieblingsmeifter, Blehen, Elfaffer, Carl Graeb, Ch. 
Hoguet waren reid) vertreten. Ler Grofmeifter Adolf Menzel, 
den er außerordentlich verehrte, war durc feds intereffante Werte, 
Eduard Meyerheim urh vier Hauptbilder auf das befle re- 
präfentirt. Don Dautier war nur ein Gemälde vorhanden, dic 
befannte MWabfoule. Dazu famen A. Calame, Ed. Hildebrandt, 
€. Steffed, A. Adhenbadh, Th. Hofemann, A. Tidemand, 
R. Jordan, A. Piepenhagen, €. Roqueplan, R. Girardet und 
J. W. Schirmer. 


Deutſche Runf. 





Eduard Meyerheim, Das kranke Kind. 


209 


Man hat ſich neuerdings daran gewöhnt, auf einen Theil 
dieſer Namen mit einer Art Mißachtung herab zu ſehen, zu 
der die auf der Auktion Lepke erzielten Preiſe denn doch in 
einem gewiſſen der Regiſtrirung würdigen Gegenſatz ſtehen. Es 
wurden gezahlt für eine Landſchaft von A. Achenbach 3450 M., 
für einen Calame 3650 M., für Vautier's Nähſchule 15405 M., 
für zwei Darſtellungen des Palmenhauſes auf der Pfaueninſel 
von Rarl Bleden 2300 und 2100 M., für den Parë von Terni 
desfelben Künftlers 2900 M. A. Menzel’s Friedrih der Große 
und die Barbarini erzielte 15 100 M., zwei feiner Figurenftudien 
210 und 1560 M. Das find beadtenswerthe Fablen, die 
darauf binweifen, ‚daß die alte Düffeldorfer und Berliner Schule 

Sent dod) nod nicht fo ganz 
auf den Altentheil gefett ift, 
wie man glauben maden 
möchte. 

Uns giebt die Auktion 
Cepte Gelegenheit zur Cha- 
rafterifirung einiger dort ver- 
tretener Meifter, deren Können 
der Beleuchtung zu bedürfen 
fiheint, feitdem die neue blen- 
dende ‚Farbenlehre es in den 
Schatten zu ftellen fudht. 
Wir beginnen aud bier mit 
dem Derzeihnif der erzielten 
Preife. Eduard Meyer- 
beim’s „Aranfes Rind“ 
bracte 4300, fein „Buten 
Morgen“ 4100, der „Dorf 
prinz‘* 2455, die „Junge 
Ziege“ 3400 M. Wir glauben 
annehmen zu dürfen, daß 
dieſe Summen die beim 
Einkauf gezahlten nicht un— 
erheblich überſteigen, d. h. 
ins Ideelle umgewerthet, 
Eduard Meyerheim'’s male- 
rifches Rönnen findet nod 
immer die ihm gebührende 
Beadhtung, wenn aud) die 
verblaßten Photograpbien der 
„Strickſchule“ und des „Rät- 
dens aus den Schaufenftern 

` ôer Runfthandlungen ver— 
fhwunden find. 

Ob man nad Eduard 
Meyerheim's idylliſchen Fa- 
milienſzenen in der Provinz 
noch ebenſo viele lebenden 

Bilder ſtellt, wie vor drei Jahrzehnten, das entzieht ſich unſerer 
Wahrnehmung. Es handelt ſich für uns auch nicht um den Reiz des 
Gegenſtändlichen, ſondern um die Art der Auffaſſung und der 
maleriſchen Behandlung. Die Wahrheitsfanatiker ſind gar leicht 
mit dem Vorwurſ der ſchönen Lüge bei der Hand, ſie vergeſſen, daß 
die Außendinge nicht an ſich ſchön oder häßlich ſind, ſondern erſt 
als ſolche durch die Art der Anſchauung in die Empfindung 
übergehen. Rein Geringerer, als Franz Kugler hat einmal im 
„Runftblatt 1848 eine Beurtheilung der Künftlerfhaft Eduard 
Meverbeim’s geliefert, die wir zu Nut und frommen aller derer 
folgen lafjen, die mit oder ohne Tendenz nur die Schatten und 
Sdhmubfeiten im Leben er unteren Volksfhichten als malerifd 
verwerthbar anerfennen: 

„Es find die fohlichteften Zuftände norddeutfhen, zumeift 
bäuerlichen Volksleberis, die er uns in feinen Bildern vorführt 
— beiteres ‚Familienleben, wo das Spiel der Rinder den Mittel 
punft qusmadt, Ragden, Hunde oder Ziegen, Sie fich denjelben 
traulih 3ugefellen, die Fleinen ‚Freuden, Sorgen und Rümmer- 
niffe, die diefen einfach gezogenen Befichtsfreis bewegen — und 
doh weiß er uns die innigfte, berzlidhfte Theilnahme abzu- 





210 


gewinnen. Es ift nidts, Surdhaus nidts in dSiefen Zuftänden 
idealifirt, aber Meverbeim bat den Blid für das innerfte Herz 
des Volfslebens, fiir die Sittlidfeit und Unfchuld, die dasfelbe 
gefund und fdhdn machen. Er verfddnert nichts, aber er ift 
überall fhön; er opfert feinen Baud der volfsthümlichen 
Ylaivetät, aber er ift durch und durd von Anmuth und Grazie 
erfüllt.“ 

An Ser Thatfadhe, daß wir die Natur nidt nur anders 
feben, fondern aud) anders dSarftellen gelernt haben, ift nicht zu 
rütteln, aber die Natur felbft ift darum diefelbe geblieben, und 
die Frage, ob Auge und Hand ihr wirklid fo viel näher ges 
fommen find, wie wir uns rübmen, bat eine fpätere unbefangenere 
Heit zu entfcheiden. Daß uns über Ser ausgeflügelten Technif 
ein gut Theil naiver Liebenswürdigkeit in der Darftellung ab- 
handen gefommen ift, daß der Sinn für die Bedeutung des 
Kleinen, für die Durd- 
bildung des Einzelnen fidh 
bedenflid)  — abgeftumpft 
bat, wird fidh faum leugnen 
laffen. Heute ftreben wir 
danad, die Befammtftim- 
mung der Natur im Fluge 
3u erbafden, vor einem 
halben Jahrhundert haf- 
tete das Rünftlerauge liebe- 
voll an ihren Reizın und 
fucdte fie emfig nadfor- 
ſchend feſtzuhalten. Auch 
hier mag uns Kugler's 
Charakteriſtik zu Hilfe 
kommen: „Meyerheim bil⸗ 
det ſeine Aufgaben mit 
der hingebendſten, immer 
raſtloſen Liebe durch, die 
auch den geringſten Neben⸗ 
dingen einen vollkommenen 
Antheil gewährt und er 
erreicht es damit, daß auch 
uns aus ſeinen Bildern 
dieſelbe Liebe entgegentritt 
und wir uns von ihnen 
mit allem Zauber heimath⸗ 
licher Innigkeit gefeſſelt 
fühlen. Er verſteht ſich 
meifterhaft und ganz be- 
fonders, wenn er das Innere der ländlihen Wohnungen malt, 
auf jenen Reiz malerifcher Harmonie, dem dies Fleine Dafein 
feine volle Befriedigung und Befhloffenheit verdantt.“* 

Die vier Meverheim’fhen Bilder der Sammlung Rubs 
mögen für fi felbft fprehen und daran mahnen, daß man die 
Natur gewaltfam an fih reißen, aber auh mit liebevollem 
Werben gewinnen tann. 





Eduard Mleyerheim, Die junge Siege. 


Deutfhe Runft. 


Der „Dorfprinz** ift ficher fo gefeben, wie er gemalt wurde, 
denn Meifter Meyerheim war mindenftens ebenfo ebrlid, wie 
unfere lärmendften Wirklichleitsrenommiften. Daß er fih die 
reinlidften und hübfcheften Modelle ausfudhte, wird ihm Niemand 
verdenfen. Es giebt eine Manier des Schönen, die der Manier 
des Häflihen immerhin ebenbürtig zur Seite fteht. Die ver- 
triebene, die Spuren der Arbeit verwifchende Technik der guten alten 
Zeit aber repräfentirt ein Stüd ernften Mühens, das man achten 
muß, wenn man es aud nicht mehr als unumgänglich anerkennt. 

Die Urfprünglichfeit im Empfinden der Candbewohner äußert 
üh nicht allein in der Robbeit gegen Menfh und Thier, fie hat 
aud ihre Sentiments, die am Gnnigfeit denen der oberen Sebn- 
taufend faum etwas nadgeben. Wir erinnern uns eines Bildes 
von Liebermann, auf dem ein foeben zum Wittwer gewordener 
Fifcher fein verwaiftes Söhnen in feine Arme preft, das mehr 
Empfindfamteit aufzumei- 
fen bat, als Eduard Mepyer- 
beim’s ,,Rranfes Rind“. 
Jt dod die Düffeldorfer 
Novelliftif in der Malerei 
bei Weiten jüngeren Da- 
tums, als Meperheim’s 
Situationsinnigfeit. Die 
Bäuerin, die dem Grof- 
vater mit dem Enfelcen, 
bevor fie zu Marfte gebt, 
einen „Guten Morgen‘ 
zuruft, mag ein wenig 
idealifirt erfcheinen, der 
Alte mit den eingeboge- 
nen Rnieen und der Zipfel- 
müge läßt an „Edhtheit‘‘ 
nichts zu wünfdhen übrig. 

Andreas Adenbad) 
und Eduard Meyerheim 
galten ihrer Seit niht 
weniger als Wahrbeits- 
fhilderer, wie etwa Graf 
Raldreuth und War Lie- 
bermann Ser — unferen. 
Wenn dieLeutdhen von da- 
zumal mehr Zeit für äu- 
fere und innere Reinlichkeit 
batten, fo follte man dicfe 
Vorzüge dodh nicht ihren 
Darftellern auy das Jdealijirungs-Ronto fegen. Die Runft hat 
feither neue Bahnen eingefhlagen. Wenn fie zu Landftrafen 
geworden find, wird man fid) vielleicht wieder der ftillen fußwege 
erinnern, auf denen unfere Vorfahren wandelten. Webnlides foll 
in der Befhichte der Runftentwidelung öfter paffirt fein, als 
die junge Weisheit unferer jüngften Runftfchreiber in ihrer allzu 
furzen Dorbereitungszeit in Erfahrung bringen fonnte. 6. Mm. 


Don der Dresdener Sezeffion. 


ahdem es in der Dresdener Rünftlerfhaft lange gefriefelt, ift die 

Erplofion endlih erfolgt. Die Rommifjion für die „Deutfhe Runft- 

ausftellung Dresden 1899" erläßt folgende Mittheilung: „õn der 
aus 28 Mitgliedern beftehenden Rommiffion fiir die Deutjhe ARunftausftellung 
Dresden 1899 traten leider von Anfang an Zwiftigfeiten hervor, weldhe ein 
erfolgreihes Zufammenarbeiten für die Zukunft in Frage ftellten. Jn der 
Sikgung vom 17. d. M. wurde ein Schreiben der dem Verein bildender 
Riinftler Dresdens angebörenden Rommiffionsmitglieder verlefen, wonach diefe 
ihre fernere Mitwirkung an den Rommifjionsarbeiten überhaupt in Frage ftellten 
und erklärten, daß fie h für verpflichtet bielten, den Rommiffions-Situngen 
bis auf Weiteres fern zu bleiben. Angefihts diefer Dorfommnifje verließ 
der Regierungsfommiffar Herr Geh. Regierungsrath Dr. Rofher die Situng 
mit der Erklärung, daß er eine gedeibliche Wirkfamkeit diejer Rommiffion für 


ausgejhloffen halte und den Heren Staatsminifter des jnnern um Enthebung 
von feinem Rommiffariat erfuden werde. Der Dorfitende der Rommiffion, 
Herr Prof. Auehl, bemerkte hierzu, daß aud er ein erfolgreiches weiteres Ju- 
fammenarbeiten der Rommiffion für ausgefchloffen und die Rommiffion fiir 
aufgeldjt eradte. Die anwefenden Rommiffionsmitglieder gingen hierauf, 
ohne daß ein Widerfprud laut geworden wäre, auseinander. Ju wiinfden 
wäre, daß der gute und Erfolg verfprehende Bedankte einer I899 in Dresden 
abzubaltenden Runftausftellung auh nad diefer Selbftauflöfung der Rommiffion 
nicht fallen gelaffen würde." Zur Erklärung diefer Vorgänge fei hinzugefügt, 
daß Ser Verein bildender Künftler, wie wir bereits zu erwähnen Gelegenheit 
hatten, beabfichtigte, in diefem Fahre eine Lleinere gewählte Ausftellung mit 
Hinzuziehung einiger auswärtiger Freunde im Ausftellungsgebäude auf der 
Terrafje zu veranftalten, ein Vorhaben, weldes in jeder Beziehung Unter- 


EEE aE T aE T - er rer 


ftiigung verdiente. Gleidhwobl ift der Sähfifhe Aunftverein, der in dantens- 
werthem Entgegenfommen den gefhäftlihen Theil der Angelegenheit hatte 
übernehmen wollen, nidt in der Lage gewefen, die von ihm derzeit benußten 
Räume — die einzigen, die hier in frage kommen können, für deren Be- 
nußgung er der Akademie als Miether verantwortlih ift — den Rünftlern, 
wie er beabfidtigte, zur Verfügung zu ftellen. Es it ipm nämlid 
geftattet worden, für den Fall, daß die zu veranftaltende Auoftellung fid 
durhaus im Rahmen der üblichen Runftvereins-Augftellung bewege; dağ fie 
aber feine Werke auswärtiger Riinftler enthalten Lürfe und daß man ab- 
zufehen habe von weitgehender Reklame, insbefondere aud von der ,, Anferti- 
gung, Aufftellung und Verbreitung befonderer Plafate", Jn diefen Çin- 
fhränftungen bat der Derein 
bildender Rünftler eine wejent- 
lide Schädigung feines Unter: 
nebmens gefunden und ift mit 
feinen förderern, der Aunftver- 
verwaltung fowie den Pro- 
fefforen Ruebl und Prell in 
helle Fehde gerathen, die fchließ- 
lid in den oben angeführten 
Dorgängen innerhalb der Rom- 
miffion 3um Bruce führte. 
Eine Erwähnung diefer 
Dorgänge war nothwendig zur 
Beleuchtung der Thatfache, daß 
in einer zur Zeit bei Burlitt- 
Berlin veranftalteten Aus- 
ftellung der Dresdener Se- 
3efñon Namen fehlen, dte man 
fonft offiziell oder offiziös zum 
Derein bildender Riinftler zu 
zählen pflegte. Aber auch ohne 
diefe Bethelligung bietet die 
Ausftellung ein interefjantes 
Bild der modernen Runftent- 
widelung in der Elbeftadt. 
Paul Baum geht ganz 
und gar in der impreffio- 
niftifhen Empfindung und 
Malweife Monet's auf, erreicht 
aber in feinen Landfdhaften 
eine ftarfe und vornehme fo- 
loriftifhe Wirkung, die in den 
fein abgefteiften Lihtbrehungen 
zum vollen Ausdrud gelangt. 
Hervorzuheben wäre eine im 
Dufte des Dormittags liegende 
ländlihe Flur mit berbftlid 
gefärbtem Rafen und Baum- 
gruppen, aus welhen freundlihe Banernhäuschen bervorbliden. Der Maler 
unterfeidet genau die Qualität der Morgenfonne, weldhe den Yiebelfchleier 
nod nidt geliiftet hat, von der der Madmittagsfonne, die in einem vlamifthen 
Ranale ftarfere farbenfontrafte entwidelt. Gn der leihtbewegten tiefblauen 
Fluth ftehen eingeln und gruppenweife faftig grüne Pappeln, darüber wölbt 
fih ein ladhender Sommerhimmel mit flatternden fonnendurdfdienenen 
Wölfhen. Die Baum'fden Winterlandfhaften zeidnen fih ebenfalls durch 
leichte, aud auf die form liebevoll eingebende Behandlung aus. Hier liegt 
ein Banerngehöft im Schnee vergraben. Die erftorbenen Bräfer und Heten 
geben einen wirffamen Begenjat zu dem in der Sonne fhimmernden Schnee 
und dem grünlih Maren Winterhimmel; dort herrfht auf einem unabfehbaren 
Schneegefilde das unduchdringlihe Grau eines trüben Tages vor, das wie 
ein Bewiht auf der Seele laftet. — A. Stremel ift in feiner Malweife 
nit immer urfprünglih genug, um unbedingt zu überzeugen und dem Hand- 
werfsmäßigen feiner Runft feinen Vorrang vor dem Inhalt einzuräumen. 
Der paftofe farbenauftrag in einzelnen, ftrihweife nebeneinander gefetten 
Sleddhen, die nah der Art Segantini's im der Nähe betrachtet ein Gewebe 
darftellen und auf einige Entfernung hin ih zu einer Erfheinung verbinden, 
wirft zuweilen etwas aufdringlih, wie in den Gnterieurs aus Weimar, dem 
gelben Durhgangszimmer in Goethe's Wohnhaus und dem Sterbezimmer 
Shiller's mit der von Lorbeerfränzen bededten grünen Tapıte. Befdlofjener 


Deutfde Run ft. 





Eduard Meyerheim, Guten Morgen! in 


211 


in feiner freieren und flotteren Malweife ift die Wirkung eines bürgerlih vor- 
nehm ausgeftatteten Bemades, wo ein alter Gunggefelle vor einem mit einer 
rothen Dede behangenen Tifhe in einen Seffel zurüdlehnt. Die woblige 
Dämmer-Stimmung wird nod erhöht duch bas im Ramin fladernde Feuer. 
Don den Landfhaften Stremel’s intereffirt hauptfähli eine belgifhe Dorf- 
frage nad einem fommerliden Regen. Die unregelmäßigen weißen Käufer 
mit ihren charakteriftifhen grünen Laden und den gelbrothen Dadern 
ftimmen wundervoll zu dem diifteren Himmel, auf welden graublaue 
Wolfenmaffen fih Surdheinander fcieben. Die Büfche beleben fit 
an dem erquidenden Yaß, welches die gepflafterte Straße fptegelblant ge- 
wafhen bat, gn einem Crndtebilddhen ift die verfengende Sonnengluth 
eines Gommertags gefdildert. 
Einige frauen in bunten Ropf- 
tühern und blauen Land- 
fleidern büden fh zur Erde, 
um die Garben aufzuraffen 
und fie in Pyramiden auf- 
zufhichten, wie fie nad dem 
Hintergrunde des Bildes eine 
Gaffe bilden, wo ein leuchten- 
der grüner Streifen einer Wiefe 
aus der zitternd heißen Luft 
bervorbligt. Neben den Jm- 
preflioniften ift C. Banker 
die bemerfenswerthefte Er- 
fheinung. Das Portrait eines 
bübfhen jungen Mäddens mit 
reihen, aufgebundenem Haar, 
das in Derbindung mit dem 
grünen faltigen Aleide und 
dem graugrünen Hintergrunde 
einen wohlthuenden farben- 
Hang bildet, feffelt durd den 
frifen und liebenswiirdigen 
Dortrag. Weniger kräftig in 
der Wirkung, aber vielleicht 
nod eigenartiger und "feiner 
in der farbe ift eine heffifhe 
Landfhaft, auf der die Sil- 
houetten gradliniger Felder 
und dunkler Baumgruppen 
mit dem blaffen gelblichen 
Lidte des legten Sonnen- 
lichtes kontraſtiren. Ein 
feifhes Talent fheint fid 
in 5. Mieth zu entwideln, 
der eine ariftofratifhe Dame 
einer matt-violetten 

Gefellfhaftstoilette vor einem 
Spiegel ftehend gemalt bat. Mar Pietfhmann ift mit einem 
Frühlinge-Föyll vertreten; das Motiv ift außerordentlih dankbar, läßt aber 
bei mangelnder Charafterifirung der Figuren und füßliher Malerei weder 
den poetifhen Gedanten nod die landfhaftlihe Stimmung zur Herrfdaft 
gelangen. Die Darftellung zeigt eine fonnige Landfdhaft. Auf einer ge- 
gabelten Birfe figt Pan, die Flöte blafend, ihm zu Füßen lauert eine Nymphe 
an einem intenfiv blauen Wafler, dem Fldtenfpiele zuhorhend. Ebenfowenig 
wie Pietfhmann verfteht R. Pepino mit feiner fharf umriffenen Malerei 
eine Empfindung zu weden. Der Vorwurf feines Bildes ift eine Auffiht auf 
die Stadt Meigen mit ihren engen Straßen und fpitglebeligen Käufern. Jn 
W. Ritter’s „Dämmerung an der Elbe kommt das Träumerifhe einer 
langfam daherziehenden von verfehiedenen Lichtrefleren umfpielten Flutb gut 
zum Ausdrud. Don den ausgeftellten Bildniffen ware noh €. Shmidt's 
außerordentlich forgfältig und liebevoll durhgeführtes Portrait einer Dame im 
einfaden braunen Hausfleise hervorzuheben, zu weldem der dunfelblane 
Hintergrund einen eigenthiimlid wirfungsvollen Begenfat bildet. Die einzige 
Skulptur, ein fic wafdhendes Madden von P. Pöppelmann, madt den 
Sezefjioniften alle Ere, ebenfo wie die theils ftilificten, theils naturaliftifcen, 
leidt folorirten Blumengzeidhnungen, 3. B. Chryfanthemum, Lilien, Azaleen, 
von €. H. Walther. Namentlih die einfahen ftrengen Ronturzeihnungen 
deuten auf einen entwidelungsfähigen Formenfinn. 








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TELA E LEREN o p AEE 





212 


Ree Pe 








Vermilchfes. Kuriofa aus 
Afelier und Ierkflaff. 
Gedanken üher hildende Kunf. 


Der Dreifönigstag im Deutfchen 
Künftlerverein in Rom. 


Die Zufammenfeßng des Deutjhen Rünftlervereins 
in der ewigen Roma giebt feit Jahrzehnten Gelegenheit 
zu allerlei Spötteleien, da die Künftlerfhaft Frum nod 
den vierten Theil der Mitgliederlifte einnimmt, wie denn 
der Zug nah Rom überhaupt in Mißfredit gefommen 
it. Der Heiligedreifsnigstag ift im Rünftlerverein 
von jeher als eine Belegenheit zur bumorvollen Sclbjt- 
erfenntniß betrachtet worden, und fo batten fih denn 
aud heuer ein Düffeldorfer Maler, ein Königsberger as 
Budbandler und ein NRömifcher Apotbefer zufammen- — = 
gethan, um die fomifden Rollen eines von einem Gours 
naliften verfaßten Gelegenbeitsftiides zu agiren. Es 
traten die heiligen drei Könige auf, und erinnerten 
daran, daß fie fhon vor einem Jahre erfchienen find, um 
dem Deutfchen Rünftlerverein beizutreten. Sie feien auh 
fagungsgemäß von der Beneralverfammlung ballotirt 
und troß Abgabe einiger fhwarzer Augeln aufgenom- 
Dann aber habe der Dereingfaffirer von 
jedem 60 Lire Jahresbeitrag verlangt, und da die bl. drei Rdnige foviel Geld nidt 
befaßen, fingen fie nad italieniijhem Brauch mit dem Rafjirer zu handeln an. 
Das Ergebniß diefer Derhandlung war die Erfenntnif, daß man ordentliches 
Mitglied aud für den halben Beitrag werden kann, wenn man das Blüd 
hat, Rünftler zu fein. Natürlih erklärten die drei Weifen aus dem Morgen- 
lande ih fofort für Rünftler, „Bildhauer, Arcchiteften und Pinfler‘‘, aber der 
unerbittlide Raffirer verlangte Beweife dafür. So blieb ihnen nidts übrig, 
als {rok ihres hoben Alters nod) auf eine Runftfhule zu geben. Nadh vll- 
endetem Studienjahr febren fie zurüd, um duch Ablegung eines Meifter- 
ftüdes die Anerkennung als Rünftler und die Ermäßigung des Fabresbeitrags 
zu erlangen. Melchior, der die Malerei erlernt bat, beginnt vor aller Augen 
ein Bildniß zu malen, deffen Aehnlihfeit er garantirt, „flott, energifh und 
paftos" baut er mit einem diden Pinjel aus einem farbtopf die Farben hin, 
und nah fünf Minuten fragt er felbftbewußt: „Yun jagen Cie unummwunden 
und frei, ob's niht zum Schreien ähnlih fei.’ Ein allgemeiner Schrei der 
Derwunderung ertönte allerdings, als Maler Melhior fein Bild von der 
Staffelei nahm und den Zufhauern bhinbielt: es war ein Spiegel, der die 
Hüge des angeblih Portraitirten völlig lebenswahr zurüdwarf. Nach ihm 
wies Bildhauer Raspar zwei Büften vor, „eine männlich, die andere weiblich, 
von einer Schönheit ganz unbefchreiblih", und da er in Ftalien ftudirt hatte, 
fo war die männliche Biifte ein busto (Rorfet), und die weiblihe eine busta 
(Briefumfdlag), welde angeblid in Papiergeld den Jahresbeitrag der drei 
Rönige enthielt. Den Schluß machte der Urchiteft Balthafar mit dem Modell 
für ein Deutfhes Rünftlerhpaus in Rom, weldes zugleih als Vereinshaus 
dienen foll; es war ,nad Midelangelos Traditionen“ als Ruppelban ent- 
worfen, hatte Luft und Licht genug und den befonders für den Riinftlerverein 
nüßlihen Vorzug, daß einer, der einmal bereingegangen, nicht wieder heraus 
fonnte, es war einfad eine Maufefalle aus Draht. Yad diefen Meifterftüden 
traten die drei Könige ab in der Zuverfiht, daß jegt ihrer Mitgliedfhaft für 
den halben Beitrag nichts mehr im Wege ftehe, denn: „Wir find ja nidts 
als arme Rünftler, Bildhauer, Architekten und Pinſler.“ 


Auriofa aus Atelier und Werkftatt, 

— Eine dentwürdigae Dafe. Die berühmte Maladit-Dafe, welde 
der zum Lord erhobene Kondoner Bankier Eduard Baring antaflid des Ju- 
ftandefommens der durh das Haus Baring vermittelten rufjifhen Staats» 
anleibe vom Zar Alerander II. zum Befhent erhalten hatte, it nad Ungarn 
gefommen. Baron Bela Abel hat diefelbe von den Erben des vor einigen 
Monaten verftorbenen Bankiers für den Parfflub angefauft. Die auf einem 
Porpbyrfodel ftehende riefige Dafe übertrifft an Bröße und Schönheit nicht 
nur die im englifhen Rönigspalafte zu Windfor, fondern auh die im 








vatifanifhen Mufeum aufbewahrten Maladitvafen, welde gleihfalls Bejhenfe 
vom Czar find. Die Dafe wurde unter der Aufliht eines eigens zu dieſem 
Swede aus London gekommenen Padmeifters ausgepadt und im Treppenhaufe 
des Parkflubs aufgeftellt. Sie war auf 4000 Pfund Sterling (40 000 fl.) 
verfichert. 





— Aud cin Runftmäcen. Ein fonSerbarer Runjtliebhaber war der 
fürzlih in New-V\orf verftorbene William H. Benart, eigentlih Gnbaber einer 
Modehandlung. Auch feine Leidenfhaft für Gemälde war rein gejhäftlid. 
Er kaufte unterfchiedslos Bilder des einen oder anderen Malers, wenn fie nur 
tect viel Fofteten. Hatte er ein Bild über feinen Werth bezahlt, fo ftellte er 
es mit Angabe des Preifes in feinem Schaufenfter inmitten von Handfduben 
und Shawls aus und bald verfammelte fih die halbe Stadt vor dem Fenfter, 
bis cin Sonderling fam und ibm das Bild zu einem -hdheren Preis abfaufte. 
Auh nah feinem Tode nok madte er für fih Reklame; fein Leidnam 
wurde nåmlih von Spigbuben geftoblen und die Polizei braudte mehrere 
Monate, um ihn wieder zu finden. Bei der Derfteigerung feiner Bilder waren 
alle Millionäre New-Vorks anwefend, natürlih mehr Surh die Hohe der 
Preife, als duch Runftverftändniß angezogen. 


Gedanken über bildende Runft. 
Wer Wıllfür und Phantafie den fhönen Riinften entziehen will, ftellt 


ihrer Ehre und ihrem Leben als ein Meudelmd-der nad. 


$ 
Die Wuth, von fhönen Rünften zu reden, bat injonderheit Deutſchland 


ergriffen, wie jene Bürger aus Abdera die tragifhe Manie. And wie lernen 
wir die Begriffe des Schönen? wie als aus Büchern? Cine Theorie halb 
durdgelefen, ein Viertel davon dem Budftaben nad verftanden und nichts 
dem DVerftande nad begriffen, ift mehr als zuviel, um ein Renner der Runft 
zu heißen, von der fie handelt: denn es giebt gar andere Renner, die ihre 
Spradhe nur aus Rezenfionen der Journale und gar aus Feiner Theorie ein» 
mal berhaben. 


Hamann, 


Herder. 


* 
Geb’ Gott Dir Liebe zu Deinem Pantoffel, 
Ebr’ jede früpplige Rartoffel, 
Erfenne jedes Dings Geftalt, 
Sein Leid und Freud’, Rub’ und Gewalt 
Und fühle, wie die ganze Welt 
Der große Himmel zufammenbält: 
Dann Du ein Heihner, Rolorift, 


Haltungs und Ansdruds Meifter bift. Goethe. 











Befanntmachung. 


Seine Majeftät der Raifer und König haben gerubt- durd 
Allerhsdften Erlaß vom 27. Januar d. J. als Aufgabe für den 
nädhften Wettbewerb um den von Allerhsdftdemfelben zur 
‚Förderung des Studiums der Flafjifhen Kunft unter den Aünftlern 
Deutfhlands am 27. Januar 1894 geftifteten Jabrespreis von 
Eintaufend Mark zu beftimmen. 

Die Ergänzung des unteren, vermuthlih von einem Ge- 
wande verhüllten Theils des in den KRöniglihen Mufeen neu 
aufgeftellten Aphrodite-Torfos. 

Eine Ergänzung von Ropf und Armen wird nicht verlangt. 

Demgemäß werden auf Grund Allerhodfter Ermädhtigung 
nachftebende nähere Beftimmungen über den Wettbewerb getroffen. 


l. 

Alle dem Deutfhen Reihe angehörigen Rünftler find be- 

techtigt, an der Bewerbung Theil zu nehmen. 
2, 

Der Torfo it im Erögefhoß des Alten Mufeums im 
Herrengefhoß (Abfehnitt XIX) aufgeftellt und mit 18a bezeichnet. 
Lidtdrude nad einer pbotographifhen Abbildung können von 
der General - Verwaltung Ser Mufeen gegen Einfendung von 
75 Pfennig bezogen werden. 

3. 

Die Ergänzung des Torfos ift an einem Bipsabgufje des- 
felben auszuführen. Don der ergänzten Figur ift ein Abguf 
bis zum öl. Dezember d. J. Nachmittags pünktlid 3 Uhr an 
die Beneral-Derwaltung der Röniglihen Mufeen in Berlin unter 
Angabe des Namens und Wohnorts des Künftlers foftenfrei 
einzuliefern. für auswärts wohnende Rünftler genügt der Nadh- 
weis, daß fie bis zum 31. Dezember das Werk bebufs Bee 
förderung am die genannte Behörde als Eilfradhtgut der Eifen- 
bahn übergeben haben. 

4. 


An jeden deutfchen Rünftler, welder fics bis zum 31. Mai 
ô. J. als Theilnehmer an dem Wettbewerb bei der Beneral-Der- 
waltung der Röniglihen Mufeen in Berlin meldet, wird ein 
Abguß Ses Torfos gegen Fablung des Vorzugspreifes von 
5 Mar? geliefert. Später tritt der gewöhnliche Verkaufspreis 
von 12 Mart ein. Die Perfendung nah Auswärts findet gegen 
Yahnahme des Raufpreifes und der 5 Mark betragenden Per- 
padungsfoften ftatt. 

5 


Die Entfiheidung über den Preis erfolat durd Seine Majeftät 
den Raifer und Rönig unmittelbar und wird am Geburtstage 
Allechsdftdeffelben, den 27. Januar 1899, befannt gemacht. 

Die zum Wettbewerb zugelaffenen Cinfendungen werden 
nad erfolgter Entfheidung zwei Wochen lang öffentlih aus- 
geftellt. 

6. 

Ueber Sas mit Sem Preife ausgezeihnete Wer? un deffen 
Dervielfältigung bleibt Seiner Majeftät Sem Raifer und König 
die freie Derfügung vorbebalten. 





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1. 

Die nit prämiirten Werke fins nad Schluß der Aus- 
ftellung, fpäteftens aber binnen 4 Woden nad Befanntmadhung 
des Preifes wieder abzuholen. Nadh diefem Feitpuntte werden 
fie Sen Eigenthümern auf deren Koften zugefandt werden. 

Berlin, den 12. Febraar 1598. 

Der Minifter 
der geiftliden, Unterridts- und Medizinal-Angelegenbeiten. 
: Boffe. 


Barmonifche Zimmer-Einrichtungen. 


Mit großem Erfolg hat fih eine in Berlin (Nollendorf-Straße 21a) lebende 
Dame (O. J. von Halusfomwsfi), die urfprünglid nur für den eigenen Bedarf 
Möbel gezeichnet hatte, der Aunft im Haufe angenommen und fhuf ih im Laufe 
der Jahre, nahdem fie ihr Willen duch Studienreifen und eingeholte Fach- 
fenntnifje erweitert, einen eigenen Beruf, der in Einrichten von Zimmern und 
ganzen Wohnungen, fowie im Entwerfen von Möbeln befteht, welhe in einer 
befonderen Werkftätte angefertigt werden. Gn den von ibe felbft bewobnten 
Mufterzimmern, 3. B. dem Eßzimmer und dem daranftoßenden Befellfhafts- 
raum, zeigt die Rünftlerin am beften, wie fie ihrer Aufgabe gewacjen ift und 
trog der groen Vorliebe für den modernen englifhen Stil ihre Eigenart in 
neuen, frei erfundenen Gdeen zu bethätigen vermag. Der leitende Bedante 
bleibt überall die harmonifhe Einheit und Einfachheit, welke einerfeits durch 
den feingeftimmten farbenflang, andrerfeits durd die edlen mit großem Ge- 
fhmad abgewogenen DVerhältniffe hervorgebraht werden. Die dunfelroth 
gebeizten Mahagonifhränte, Tifhhen und Stühle heben fi kräftig von der 
ungemufterten, refedafarbenen Tapete ab, welhe Surh einen fries blaf- 
gezeihneter Pflanzen-Ornamente abgefchloffen wird. Die Farbe der Thiiren 
ftimmt mit denen der Tapete überein, während Briffe und Schlöffer in Schwarz 
und Gold gehalten find. Jm Allgemeinen ift jeder Schnörkel, jede Zierat 
vermieden, die nicht ihren praftifhen Sinn und Bedeutung hätten. Nur wo 
der Eindrud der Flähe durch Farbenfontrafte belebt werden tann, ift ein 
befonderer Schmud gefhaffen, wie in den zartfarbigen Majolikzeinlagen eines 
Buffets. Die Seffel und Stühle find bei aller Grazie febr prattifh. Man 
fann wirflih darin ausruben, obne fiir die Haltbarkeit des Möbels beforgt 
zu fein. Die Linienwirtung behält aud bier ein fhönes Maß im Gegenfat 
3u den modernften Engländern, die bisweilen nur einem neuen Effett zu 
Liebe die konftruftive Einfachheit bis in’s Läcerlihe übertreiben. ©. v. 
Halusfowsfi vermeidet dagegen in ibren Schränten und Tifchen melft die 
sefhwungene Linie und bevorzugt redtedige formen. Zu ihren originellften 
Schöpfungen, auf die wir nod zurüdtommen werden, gehört ein Ramin mit 
reihen Füllungen und ein Ofenfhirm, in welhem fih oben eine Klappe zum 
Aufftellen von Hleirieren Begenftänden befindet, während der untere Theil eine 
unregelmäßig nah Art eines Spinngewebes abgetheilte Füllung von Eisglas 
zeigt. Nicht minder eigenartig ift ein Silhouettenfries, eine leihtgetönte land- 
ſchaftliche Ronturzeihnung, in deffen Rahmen (in der unteren Leifte) Kleider- 
baten eingefügt find. 


gwei Meifter des Sinnauffes. 


urh die funftgewerblide Bewegung unferer Feit ift das lange ver- 
adtete Zinn als Material für gefhmadvollen Hausrath wieder zu 
AI Ehren gefommen. Die Charpentier, Battier, Ledou befhiden unferen 
Markt und finden für ihre originellen Arbeiten zuhlreibe Abnehmer. Das 


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§. Staffen, Sierleifte. 
©. §Felfing, 100 Jahre im Dienfte der Kunjt. 


Deutfhe Rung. 


neu erwadte Gnterefje für das Edelzinn hat denn aud endgültig eine alte 
funftgewerblide Frage zur Entfheidung gebradt. Don zinnernem Gebrauds- 
gerätb früherer Heiten bat fih wenig erhalten. Aus dem uns überfommenen 
Shak von fünftlerifhem Zinngeräth der Renaiffance find namentlid zwei 
Hauptftüde befannt geworden, ja fie haben dur moderne Madbildungen all 
gemeine Verbreitung gefunden. Es ift eine große, runde Schüffel und eine 
dazu gehörige Ranne. Nadh dem in der Mitte der Schüfjel angebrachten 
Bilde der „Temperantia (Mäßigkeit), einer frau mit Aanne und Schale in 
der Hand, wird fle gewöhnlich „Temperantiafhüffel" genannt. Außer der 
„Temperantia" find noch andere allegorifhe Figuren in querovalen Feldern 
angebradt: um das Mittelftüd herum die vier Elemente und auf dem Rande 
die fieben freien Riinfte mit ihrer führern Minerva. Dieje bildlihen Dar- 
ftellungen find von einer Fülle liebevoll ausgeführter ornamentaler Motive 
umgeben, die in finnreihen Beziehungen zu den Feldern ftehen, die fie um- 
rahmen. Ranne und Schüfjel find urfpriinglid als Wafchgeräth fomponitt. 
Später wurden die foftharen Sciiffeln und Rannen in die Rirdhen geftiftet, 
wo fie als Taufgeräth Verwendung fanden. Auf der Rücdfeite der Schüffel, 
von der fih ebenfo wie von er Ranne mehrere Eremplare in öffentlichen 
und privaten Sammlungen erhalten baben, bat ibr Derfertiger fein 
eigenes Bildnif in ein Rundmedaillon mit der Umfdrift: „Francois Briot 
sculpebat" angebradt. Es finden fid aber auh ganz abnlidhe Schiiffeln 
mit dem Bruftbild eines anderen Mannes und der Umfdrift: „Caspar 
Enderlein sculpebat auf der Riidfeite, von denen mande außer der an 
Stelle der Gnitialen F. B. angebradten Budftaben C. E. auf der Dorderfeite 
aud nod die Jahreszahl JGJ] tragen. Lange ging nun der Streit, wer von 
beiden der Yachahmer war, der franzofe Briot oder der Deutfhe Enderlein. 
Eine endgültige Antwort auf diefe Frage haben wir duch ein Fürzli er- 
fhienenes, werthvolles Bud von Dr. Hans Demiani erhalten, das den Titel 
trägt: francois Briot, Caspar Enderlein und das Edelzinn. Briot it dem- 
nad im lothringifhen Orte Damblain geboren als Mitglied einer weit- 
verzweigten Riinftlerfamilie. Jn Montbéliard, der Hauptftast der deutfchen 
Graffhaft Mömpelgard, trat er 1580 in dle Schmiedeinnung ein, zu der aud 
die Zinngießer gehörten, und hat fih dort von 1580—1616 aufgehalten. Das 
Dorhandenfein der in Meffing gefdnittenen Bießformen für die Schüffel ift 
urkundlich feftgeftellt dadurdh, daf fie als Pfandobjeft in einem Prozeffe ge- 
nannt werden, in den Briot finanzieller Derlegenheiten wegen verwidelt war. 
Später war Briot für feinen Gönner, den Herzog frieðdrih von Mömpelgard 
und Württemberg und deffen Sohn Johann Ftiedrih als Modelleur befhäftigt, 
1616 wird er das legte Mal erwähnt. Enderlein ift 1560 in Bafel geboren; 
1584 trat er in die Zunft der weltberühmten Rannengieğer in Nürnberg ein, 
1556 verbeirathete er fic, wurde Meifter und Nürnberger Bürger; am 
19. April 1695 ift er geftorben. Die Sciiffel Briot's ift nun, wie Demiant 
nadgewiefen bat, zwifhen 1585 und 1590 entftanden und zwar hödhft 
wabrfheinlid im Auftrage des obengenannten Bönners. Enderlein’s fpäter 
gefertigte Schüffel, von der übrigens drei verfchiedene Modelle eriftiren, ift 
alfo Nahabmung, aber Fein direkter Nahguß, wie man fih bei genauerem 
Hufeben iiberzeugen fann. Die zu den Sdiiffeln gehörigen Rannen find nur 
im Aufbau einander ähnlid, im Schmud aber völlig abweihend, die bildliden 
Motive der Enderleinfanne find einer anderen Schiifjel franzöfifen Urfprungs ent- 
lehnt. Während fih von Briot weitere beglaubigte Finnarbeiten nidt nadweijen 
laffen, tennen wir von Enderlein mebrere bezeihnete Stiide, Sciiffeln, Teller, 
Rriige. 


Moderne Kunft in der Dolfsvertretung. 


m fähfifhen Landtage hat der Abgeordnete Bontard-Leipzig bei 
Gelegenheit der Berathung des Etats Ser Mufeen und Sammlungen 
eine Nede gehalten, die fo- beherzigenswerthe Säte enthält, dağ 

es uns angezeigt erfdeint, fie an dlefer Stelle im Wortlaut wieder- 
zugeben: 

ndó möģte es nicht unterlafjen, dem Berichte noh einige Bemerkungen 
von meinem befonderen Standpunkte beizufügen im Hinblid auf die Be- 
mängelung, die die Ankäufe für die Gemäldegalerie in der Vorberathung 
über Rap. V gefunden haben. Jh darf eine gewiffe befheidene Qualifikation 
dazu wohl aus dem Umftande entnehmen, dağ ih feit einer längeren Reihe 
von Jahren der Verwaltung unferes ftädtifchen Mufeums in Leipzig angehöre 
und daber weiß, wie unendlid fewer oder faft unmdglid es ift, mit folden 
Ankäufen den allgemeinen Beifall des größeren Publitums zu erlangen. 
Sind dod) fchon in der Rommijfjion bei jedem Dorfdlage die Anfidten ge- 


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| : 





Runft. 215 








§. Staffen, Sierleifte. ©. £elfing, 


theilt, und wenn die Mittel vorhanden find, mebrere Runftwerfe anzufaufen, 
fommt es jchließlih, wie fie häufig im politifhen Leben, auf ein Rompromif 
heraus. Es heißt dann, wenn du bereit bift, meinem Dorfchlag zuzuftinmen, 
fo flimme ih aud für deinen. 

Die meiften Anfäufe einzelner Bilder find bei uns nur gegen den 
Willen von mehr oder minder ftarfen Minderheiten in der Rommiffion be- 
f&loffen worden. 

Wer mit den Hiefigen Derhältniffen einigermaßen vertraut ift, weiß, 
daß das bier nidt anders ift und es fann auh gar mit wohl 
- anders fein. 

Der Gefhmad und die Anfihten über die Grenzen und Aufgaben der 
Runft find zu verfhieden und wandelbar. Seit Winkelmann vor 140 Jahren 
nur in der MWadhabmung der Antite das Ziel der modernen Runft fab, bi 
auf Leo Tolftoi, der vor wenig Woden die Runft definirte als die menfd- 
lide Thatigteit, durch welche ein Menfh fraft feines eigenartigen Rdnnens 
feine Gefühle anderen überträgt und fie zwingt, fie mit ihm zu fühlen, haben 
die Anfhauungen vielerlei Phafen durhgemadt. Jedenfalls ftebt heute die 
Unfidht Tolftoi’s unferem Empfinden näher als die Winfelmann's. Wer 
wollte heute leugnen, daß die Runft eines Meunier Sen modernen Menfchen 
ganz anders padt, als die glatten geledten Statuen eines Canova oder 
Thorwaldfen. Wenn Winkelmann von jedem Bildwerf die hödfte Schönheit 
in edler Einfalt und ftiller Grdfe verlanat, fo find wir heute zufrieden, daß 





100 Jahre im Dienfte der Kunft. 


die innere Bedeutung eines Runftwerfes Sasfelbe werth erfiheinen läßt, zu 
dauernder Belradtung und Nahabmung bingeftellt zu werden. Gn Meunter's 
Figuren fehen wir den Haud eines ernften lebendigen Dolfsthums. Die 
Menfcen find freilih verfhieden veranlagt. Der eine if leihter empfänglid, 
fremde Gefühle in fih aufzunehmen, als der andere, mande, vielleicht die 
große Menge, drängen ihr eigenes Empfinden zurüd und warten auf das 
Urtheil des Rritifers in ihrem Leiborgan, ehe fie in Runftfahen ein Urtheil 
äußern. 

Wie alles in der Welt, wechfeln aud die Anfhauungen der Aritifer, de 
Tprannei der Mode aber beberriht den Aunftgefhmad der großen Menge und 
im befonderen aud den Runftmarft. 

Ein reht pragnantes Beifpiel, wie der Befhmad fih ändert, bietet ung 
Arnold ‚Bödlin. m vergangenen Herbft hat die ganze Welt, die mit der 
Runft im Konner ftebt, den 70. Geburtstag diefes größten Poeten unter den 
Malern feftlih begangen. Es gab Feftvorftellungen aller Arten, Erinnerungs- 
medaillen, Begrüßungstelegramme und alle Zeitungen waren, voll jeines 
Lobes. Und id erinnere mich nod febr gut des allgemeinen Sturmes der 
Entrüftung, als feine erften. Bilder in Münden und Berlin ausgeftellt wurden. 
Die gefammte Rritif in den Sffentliden Blättern war einig, an den Bildern 
nichts Butes zu laflen. Das Publifum und der Aladderadatih machten nod 
viel ärgere Wige, als im legten Sommer hier vor dem Riemerfhmidt'fchen 
Bilde. Heute gelten die Bödlin’fhen Bilder, die damals das allgemeine 





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216 


Mißfallen erregten, für den größten Schatz der Schad’fhen Galerie in 
Münden. — Kommt eines auf den Runftmarkt, jo werden ganz unglaubliche 
Preife gezahlt. 

JH habe mid gewöhnt bei Runftwerfen, die mir zunädhft abfonderlid 
und unverftandlid, aber aus irgend einem Grunde, fel es der Technik, der 
farbe oder Stimmung beachtenswerth erfheinen, mit meinen Urtheile zurüd- 
zubalten, bis ih mich in das Empfinden des Künftlers bineingefeben babe. 
And bei dem Garten Eden ift mir das gelungen und id halte das Bild heute 
für cine febr werthvolle Acquifition unferer Galerie. 

Jh balte es für cin großes Derdienft einer WAnfaufsfommiffion, wenn 
fie verfteht, aufftrebende Talente redtzeitig zu erkennen und eines 
ihrer Werke zu erwerbın, ebe fie Mode geworden und die Preife durch 
den Runfthandel in die Höhe getrieben worden find. Diefen wete foll 
ja die Proell-Heuer-Stiftung in erfter Linie dienen. Mißgriffe Fönnen 
natürlih vorfommen, aber die gute Abfiht des Stifters wird fdon 
erreicht, wenn nur ein Theil der Anfaufe dazu beiträgt, Se wahre Runft zu 
fördern und denjenigen, die der hohen Ehre fhadhaftig geworden find, in der 
Dresdener Galerie vertreten zu fein, zu neuen größeren Thaten anzufpannen. 
Die Proell-Hener-Stiftung it zum Ankauf von Werken lebender deutjcher 
Riinftler beftimmt. Da im Binblid auf die große Dresdener Ausftellung 
bedeutende Mittel zum Ankauf deutfcher Bilder aus diefer Stiftung ange- 
fammelt waren, fo ift es ganz natürlid, daß man fudte, mit Staatsmitteln 
Werke bervorragender Ausländer zu erwerben. Diefe Herren wären ohne die 
Ausfidt auf Ankäufe durh Staatsmittel garnidt zu haben gewefen für die 
legtjährige Ausftellung und dann ift es doh gewiß wünfhenswerth, den 
internationalen Charakter der Runft aud fiir die neuere Feit in der Galerie 
unð im Albertinum 3u wahren. é 

Die Werke der belgijchen Bildhauer haben auf der natlonalen Dresdner 
Ausftellung entjhieden den Blanzpunft gebildet. Es ift gelungen, davon 
eine Anzahl für das Albertinum zu erwerben und zwar zu febr mäßigen 
Preifen. Die Zukunft wird zeigen, wie fegensreich diefe Erwerbungen für die 
Dresdener Bildhauerfhule wirken werden. Bereits macht fic im Albertinum 
Platmangel bemerkbar. 

Immerhin find die Erwerbungen der Bilder von Thomas Brown, Mennier, 
Meldhers, David, Hithcod erfreuliche Bereicherungen der Galerie. 

Meine Herren! Jh glaube, die WAnfaufefommiffion wird and in 
Sufunft fortfabren miiffen, die neuen und eigenartigen Erfheinungen in der 
bildenden Runft bei ibren Anfäufen in erfter Linie mit zu beachten. Es ift 
beute wohl Fein Zweifel, daß die verfciedenen modernen Nidtungen in der 
Malerei, Jmprejfonismus, Symbolismus, Yenidealismus und wie fih alle 
nennen, die älteren Schulen unferes Jahrhunderts aus dem Felde gejhlagen 
haben. Niemand würde es beute mehr verftehen, wenn man ein Bild eines 
der früher bodhpberühmten Riinftler unter den Hiftorienmalern der Diiffeldorfer 
Sdule anfaufen wollte. Ghre Figuren muthen uns heute an wie Roftüm- 
puppen. Damit foll nidt gefagt jein, daß die neneften Bilder fammtlid 
meinen Beifall hätten. -Fh lenne unzählige, die mir hédhlidft miffallen und 
bei denen man vor lauter Stimmung nicht erkennt, was fie vorftellen. Daß 
die Entjheidungen in der Ankaufsfommijjion per Majora gefaßt werden und 
von manden Zufälligfeiten abhängen, ift nicht zu ändern; wenn irgendwo, 
fo wäre es in Sachen der Runft erwünfcht, daß man die Stimmen wiegen 
Fönnte, anftatt fie zu zählen. 


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Knobelsdorff, Generalmajor 3. D, Dr. B. ». Mündbaufen, Kammerberr, 
Dr. Reimers, Mufeumsdireftor, verfendet eine Zufchrift, der wir folgendes 
entnehmen: ,,Unverfennbar befteht feit einer Reihe von Jahren auf dem Ge- 
biete der monumentalen wie der Rleinfunft die fih fteigernde Neigung für 
beraldifhe Ausfhmüdung, mit der das Derftändniß der Cigenthiimlidfeiten 
diefer Aunftwiflenfhaft feineswegs Schritt hält. Wir erachten die daraus 
bervorwadfenden Gebrecen fiir ebenfo tadelnswerth, als wenn .ein Denkmal 
mit unorthographifher oder grammatitalifih untichtiger Infhrift verfehen wäre. 
Unfere auf allen Gebieten Vollfommenftes erftrebende Feit hat die Pflicht, 
diefen Uebelftänden absubelfen und das uns verloren gegangene Derftändnif 
der Dorfabren wiederzugewinnen: für die Rorreftheit der Einzelheiten wie für 
dte Stilifirung der Warpen, für die Anforderungen heraldifcher Courtoifie wie fiir 
die mannigfaltigen Beziehungen, welden durh den Ort der Anbringung eines 
Warpens wie der Art der Bruppirung von mehreren derfelben Ausdrud zu geben 
ift. — Aus diefen oder ähnlihen Erwägungen hat im Oktober vorigen Jahres 
der Runftgewerbeverein zu Halle a. S. eine wohlgelungene beraldifhe Aus- 
ftellung veranftaltet, ein Dorfommniß, deflen Bedeutung nicht hod genug an- 
zufhlagen ift, weil es wie fein anderes das im funftgewerblihen Rreifen 
ftarf empfundene Bedürfnig der Ergänzung jener Kenntniffe darthut. Der 
Heraldifhe Verein „um Kleeblatt in Hannover, von der moralifhen Ver- 
flidtung zur Derbreitung jenes Wiffens und Ronnens auf niederfadfifdem 
Boden getrieben, bat befdloffen, gleidfalls eine folhe Ausftellung ins Leben 
zu rufen. — für die Sicherheit der auszuftellenden Begenftände wird nad 
Möglichkeit geforgt werden, fowohl durch Shut gegen Staub und Berübrung, 
gegebenenfalls dur Derjihluß, Surh Bewadhung, fowie durd DVerfiherung 
gegen Feuersgefabr u. f. w. Die Anmeldung gefchieht mittelft Ausfüllung 
des anliegenden Zettels unter Benugung beigegebenec Adrefie, worauf Ant- 
wort mit Bezeihnung derjenigen Stüde erfolgt, welche unferfeits zur Aus« 
ftellung gewiinfcht werden. Die Einfendung, welde bis zum I. Mai d. 5. 
erbeten wird, it als Fradt- oder Poftfendung an das nod 3u bezeichnende 
Bureau zu bewerfitelligen, worauf 
eine Empfangsbejcheinigung gleich 
nah Eingang der Sendungen 
ausgeftellt werden wird. Fracht= 
freie Rüdfendung nah Schluß 
der Ausftellung ift in Wusfict 
genommen. Diefelbe findet im 
Provinzialmufeum ftatt. Die 
Stadt Hannover wird nad Ju 
fiderung des Herrn Stadtdireftors 
die Sache nah Möglichkeit (viel- 
leiht aud) refunidr) unterflügen. 
Es ift zu boffen, daß der alte 
Adel des Landes fic) durch den 
Begenftand intereffirt fiebt und 
die Sache kräftig fördert. Ein 





Robert Schirmer, 


Bildhauer, 
BERLIN W., Schaperstrasse 32. 


boffentlid reger Befuh aus allen 
Theilen des Landes im Mai dürfte 
aud die Beziehungen der Haupt- 
ftadt zu jenen in erfreuliher Weife 
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Portrait, Stillleben, Gyps, At. 
O Vorbereitung für die Ufademie. @ 
Getrennte Berren- und Damen-Rlaffen, 


Friedr. Schoembs 


| Chromolithogr. Kunstanstalt u. Plakat- 
: druckerei, Offenbach a. M 


een 


Deutfhe Runf. 







Ein neuer Malgrund. 


Die Malereien vieler alter Meifter 
zeigen troß oft meh:hundertjährigen Alters, abge- 
fehen vom Staub und Sdhmuk, ein farbenfrijdes 
Ausfehen, und die Harmonie der Farben bat faum, 
felbft in den feinften Lafuren und in den zarteften 
Uebergängen, in ihrer urfprünglihen Schönheit gelitten. 
Mit Recht fragen fih die erfahrenften Rünftler und Tednifer, 
woran e3 wohl liegen könne, daß die großen Werth re- 
prajentirenden Oelmalereien der Meifter der legten fünfzig 
Sabre, vielfad fhon nad wenigen Jahren, ih im Rolgrit 
und in der Stimmung wejentlih und zu ihrem Nadtheil 
verändert haben. Wenn nun zwar etn Theil der Ur- 
face diefer betrübenden Erfheinung in der Befdafien- 
beit der Oele und Farben 3n fucen ift, fo ift es aber auh eine bereits 
bewiefene und 3temlid) unangenebm fid) Fundgebende Erfcheinung, dah weniger 
die Farbe, fondern der Untergrund, auf weldem man 3. B. mit Oelfarben 
malt, die Schuld an dem Nahdunkeln und den fonftigen Veranderlidliten 
der fertigen Malereien trägt. Aus diefer Beobachtung und Erfahrung heraus 
bat ein alter Praftifer und Rünftler im deforativen Malfad, Herr Hofmaler 
J. £L. Shudt in Frankfurt a. M., einen Malgrund fonftrnict, Ser auf Lein- 
wand, Pappe, Derpuß, Holz 2c. in hervorragender Weife die vorerwähnten 
iiblen Erfcheinungen der farben, namentlih aller mit Oel fomponirten Farben, 
nit zeitigt. Zwei gleichzeitig im Jahre 1895 bergeftellte Delmalereien zeigen 
den Dortbeil des Schust'fhen Malgrundes in fo auffälliger, frappanter Weife, 
daß man von der Wirkung der Belfarbe geradezu verblüfft wird. Die eben 
bezeichneten, an ih fehr einfah (al prima) gemalten landfhaftliden Kleinen 
Sujets, welde mit Oelfarben von derfelben Palette gefertigt wurden, zeigen 
beute nah drei Jahren ſchon folgende in der Hauptfahe feher ftarte 
Unterfchiede. ` 


Auf Oelkreide— Auf Schudt'ſchen 


grund. Patent-Malgrund. 
Allgemeiner Eindrud: Dollftändige Derän- Die farben ftehen 
derung aller farben- in großer Reinheit, 


töne, allgemein [hmußi- 
ges, trübes Ausfehen. 


Leudtfraft und Rlar- 
heit. 


Lufttsne: Unbeftimmte, felbft Hell und Klar, und 
in den hellen Parthien leuchtend wie Tempera- 
vollftändig veränderte, oder Rafein- farben. 
trübe Stimmung, troß 
des fonnigen Sujets. 

Mittelgrund: Unklar, im Rolorit Hell, rein, die Per- 

fhmukig, obne richtige fpeftive nicht beein- 
Lichtſtimmung. trächtigt. 
vordergrund: Stark nachgedunkelt Nidt nadgeduntelt, 
undin denLidtparthien rein, und in den 
ſchmutzig. Schatten- und Licht⸗ 


parthien ohne Verän— 

derung der Farben. 
Der neue patentirte Malgrund ift aber nist nur für 
Oelfarben von großem DVortheil, fondern ebenfo gut für die 
Tempera, Aquarelle un Rafein-Tehnif zu verwerthen. Bei 
Uebermalungen bat der Künftler immer einen feften Grund, 
da aus ihm das überflüffige Oel von dem Malgrund auf- 
gefogen wird. Gerade hierdurd und weil die öfter übereinander 
fommenden Oelfarbenfcicdten fdneller zum Trodnen gelangen 
fönnen, wird das Madhdunfeln der Oelfarben vermieden, aud 
das Reifen der Bilder verbiitet. Die Dortheile des neuen 
Malgrundes find fhon nad kurzem Gebrauch einleuchtend und 





217 


der Auftrag desfelben fehr einfah. Die gut umgeriibrte (weiße) Mal- 
gtundmaffe wird auf die mit Mild) vorher eingeftrihene und balbtroden 
gewordene (alfo nod halbfeuhte) Flähe der Leinwand cder Pappe anf- 
geftrihen und, wenn faft getcodnet, geglättet. Sodann fann gemalt werden. 

Die große Hauptyache in der Wirkung des Malgrundes alfo ift, daß er 
die Weichheit, Reinkett und Leuchtkraft der Farben nicht beeinträchtigt und 
daß jpeziell bei Belfarben ein Nahdunkeln ausgefihloffen ift, weil das über- 
fliiffige Gel der Farben vom Grund aufgefogen wird. 

Die Herftellung des patentirten Shudtjdhen Reform-Malgrundes Helios" 
bat die firma f. Herz & Co. in Berlin SW. 15 (Alte Fafobftr. Ic) 
übernommen. 


Johannes Gg. 


ob. GSk, einer der talentvollften Schüler Begas', welder mit der 
von der Nationalgalerie erworbenen Waflerträgerin feinen Ruhm be- 
gründete und. duch die Quadriga für das Raifer Wilhelm=Mational- 
Denfmal in weiteften Areijen bekannt wurde, veranftaltete fürzlid in feinem 
Atelier in Charlottenburg eine Ausftellung feiner beften Schöpjungen. Die 
Dielfeitigkeit feines Schaffens muß Bewunderung erregen, aber fo febr man 
aud in feinen monumentalen Arbeiten, der Unadriga, dem Entwurf zum 
Bismard-Denfmal (der mit dem zweiten Preije ausgezeihnet wurde), den 
barmonifhen Aufbau und die rhythmifhe Gliederung fdhagen mag, glüdlicher 
offenbart fih fein Können in jenen Arbeiten, wo der Rünftler, dem Zuge des 
Herzens folgend, eine liebgewonnene, genrebafte Beobadtung, einen vom 
Hufall in die Hand gefpielten Eindrud verarbeitet, wo er aus dem eigenften 
Empfinden heraus zu fhaffen und aus der Phantafie frei zu geftalten vermag. 
Weldh fhlihtes ergreifendes Sinnbild ift die Figur für das Grabmal feines 
Daters! Ein alter Mann, mit einem einfahen Bewande bekleidet, fett fic, 
müde der forgenvollen Wanderung, an einer felswand nieder; und während 
er fic mit Haupt und Schulter anlehnt und den Stab aus den welfen 
Händen gleiten läßt, überfällt ihn der Schlummer, Gm Geftein ijt eine 
Onfdrift angebradt, welde lautet: Des Lebens mühenolle Reife ift nun zu 
Ende, feb’ wohl! Die andadtige Verehrung für den Todten, deffen Bildnif 
bier übrigens nicht wiedergegeben ift, klingt in dem ganzen Werfe wie zu 
einer weihevollen, fhwermüthigen Melodie, einer Todtenmeffe aus. Der Aus- 
drud der Abfpannung, der endlich geftillten Sehnfuht nah Rube fommt in 
dem ganzen Körper zur Geltung, in der zufammengefunfenen Bruft, dem 
gefenkten Ropf, der fhlaff berabbangenden Hand und den willfiiclid) einwarts 
gelegten Füßen. č 
Einen anmuthigen Begenfat zu Sem Grabdenfmal bildet die Portrait- 





Kamin-Dorjeger aus Schmiedeeijen. 


T. pP. Krüger, Berlin. 


figur eines arifto- 
fratifhen Zungen. 
Seine Kleidung be- 
fteht in einem wei- 
te ländlichen Rittel 
und furzen Hofen, 
aus welden nadte 
Rniee und nod 
wenig gerundete 

Waden bervor- 
guden. Die Bewe- 
gung des Pnaben- 
haften Junkers hat 
etwas herausfor⸗ 
derndes, der rehte 
Arm uht, balb 
ausgeftredt, auf 

einem Croquet- 
hammer, der linfe 
ift in die Seite ge- 
ftiigt. Das Gndivi- 
duelle des felbftbe- 
wußten Charakters, 
der bier mit einem 
Anflug von Gronie 
gefhildert ift, giebt 
fih jogleih zu erfennen, und man glaubt es dem Riinftler ohne weite- 
tes, daß die Pofe des Jungen der Wuhrbeit entjpriht. Das Talent, in 
einer Rindesfeele zu lefen, fyeint dem Bildner angeboren zu fein. Ungemein 
lebendig ift der Wusdrud in einem vierjabrigen Maddhenfopfe (einer Urenfelin 
des feldmarfdhalls Moltfe), welder Klugheit und Schelmerei auf der Stirne 
ftehen. Don anderer Sinnesart freint der Junge im Matrofenanzug zu fein, 
der mit dem Reifenfpiel inne halt und naddenflid vor fih binblidt, Als 
hervorragende Portraitleiftung fei nod das liebevoll ausgeführte Relief des 
Paftors Hülle genannt. Gn mehreren Büften, die nur als Studien gedient 
haben, it das Typifhe des Charakters zu fpredender Lebendigkeit heraus- 
gearbeitet. Don den neueften Werken find nod die fhwah getönte Biifte 
einer verlodenden Eva mit dem Apfel, und der Bitterfhmud für das National- 
Dentmal zu erwähnen, weldes in länglihen Medaillons Männer- und Ffrauen- 
geftalten, die Sinnbilder von Kraft, Schönheit und Weisheit darftellen. 

— Der auf S. 217 abgebildete Ramin-Dorfeger aus Shmiedeeifen ift in 
feiner Einfadpheit ein Meifterftüd der Runftfchlofferei. Er zeigt die phan- 
taftifhen Formen des Uebergangaftile, der fpätgothifhe Verzierungen mit der 
Linienführung der Ftührenaijlance vereinigt. Das eigentlihe Bitter, aus 
verfhlungenen, in ihren Ausläufern flah gehbämmerten Eifenftäben gebildet, 
wird an den Eden von in Eijen gefchnittenen, fein zifelirten Schlangen» 
leibern flanfirt, deren Röpfe in de Ausgüffe gothifher Dactraufen erinnern 
und mit der unteren Rinnlade flach aufliegend die Füße bilden. 





Wandleuchter, Königlihe Porzellanmanufaftur 
i in Berlin, 





— Unter den Gaben, die dem aifer ‚Friedrich, dem damaligen Kron 
prinzen, zur filbernen Hodzeit von den Städten der preußifchen Monarhie 
dargebradt wurden, befanden fih zwei Wandleudter, die von Sumann- 
Helborn entworfen und von der Berliner Porzellanmanufaktur auageführt 
‚ wurden. Anmutbhige Malerei — bunte Blumen mit Schmetterlingen — 
bededt die Schildflähe. Die im Rofofo-Bejhmad gehaltene Umrahmung ift 
in gelb abgetönt, die Ränder vergoldet, die Leucterarme aus Bronze. Die 
Malereien der Scildflähe der Hodzeitsleuchter rührten urfprünglih von 
Paul Meverheim ber, bei jpäteren LBeftellungen wählte man als Motive 
Blumenftüde, Jagdfzenen u. A. je nah dem Gefhmad des Beftellers. 

Auch der gleihfalls von uns reproduzirte Wrmleudter weift die ein 
wenig ins Naturaliftifhe umgebildeten Formen des Rokoko auf, der Fuß des 
vom Bildhauer P. Shley mosellitten Randelabers befteht aus majolifaartig 
bemaltem Porzellan, die Montirung aus Goldbronze. Befonders reih ift 
der Sodel behandelt, auf defen Wbfask eine Putte figt, welche den Arm 
nad der blumenbemalten Vorderfläde der in eine faunenartige Männergeftalt 
auslanfenden Herme ausftredt. Das ganze Beräth baut fih frei und 
leiht auf, ohne allzu ftarfe Betonung der Laft der grazids gewundenen 
Metallarme. 


Deutfhe RKunſt. 


— 


— Am 7. März I. J. gelangt in Frankfurt a. M. durch die E. A. 
Fleiſchmann'ſche Hofkunſthandlung in München ſowie die J. P. Schneider'ſche 
KRunſthandlung in Frankfurt a. M. die Galerie moderner Meiſter des Herrn 
hans Weidenbuſch aus Wiesbaden zur Verſteigerung. Die Sammlung 
enthält nur ca. 70 Nummern, ausſchließlich Werke hervorragender Künſtler 
der Barbizon⸗Schule, ſowle der modernen deutſchen Richtung. Es genügt zu 
ſagen, daß in der Kollektion 3 Böcklin, 6 Stuck, 5 Uhde, ſowie Gemälde von 
Courbet, Conſtable, Diaz, Grützner, Klinger, Lier, Menzel, Liebermann, Schreyer 
enthalten ſind, um das regſte Intereſſe der Runſtfreunde wachzurufen. Ein 
reich illuſtrirter Katalog iſt in Vorbereitung und durch die beiden Firmen zu 
beziehen. 


— Bei Gelegenheit des großartig verlaufenen Münchener Künſtlerfeſtes 
wurden eigene humoriſtiſche Poſtkarten ausgegeben, zu welchen die her— 
vorragendften Riinfiler wie UA. Hengeler, Profeſſor Fritz Aug. von Kaulbach, 
C. Kirchner, Profeſſor A. Oberländer, Profeſſor Frz. Stuck 2c. die Original- 
entwürfe gellefert haben. Um dieſe in ihrer Art einzige Kollektion auch 
weiteren Sammlerkreiſen zugänglich zu machen, hat das Feſtcomité be— 
ſchloſſen, der bekannten Firma Meiſenbach, Riffarth & Co. in Münden, 
welche mit der Reproduftion der Rarten betraut worden war, aud den Verlag 
derfelben zu übergeben. Den Beneralvertrieb beforgt im Auftrage der 
Legteren die firma Larl Reiselbab in Münden. 


— Einen Portraittatalog, der 500 weiblihe und 1200 männliche 
Bildniffe aufzählt, hat das Antiquariat von Z. Halle in Münden (Ottoftraße) 
herausgegeben. Die genaue, mit einigen Lidtdruden gefhmüdte Befchreibung 
der 1700 Nummern, die der Katalog umfaßt, giebt einen Begriff von dem 
reihen und werthvollen Material, das bier fowobhl der Befhidhtsforjcher wie 
befonders der Runfthiftorifer zu finden Gelegenheit bat. Wir wollen nament- 
lid hinweifen auf die jest fo gefuhten und mit Neht hohgefhäzten englifchen 
Shabkunftblätter des IS. Jahrhunderts. — Die Ueberfiht über den nad den 
Namen der Portaitirten alphabe- 
tifh geordneten Ratalog erletd- 
tert ein am Schluß angehängtes 
alphabetifhes Rünftlerregifter. 


— Es erfdheint von Zeit zu 
Heit angemejjen, darauf hinzu- 
weifen, woher das uns zur Heit 
fo mächtig anregende ausländifche 
Runftgewerbe feine Anregungen 
genommen bat. Die farbigen 
Ueberfanggläfer von Emile 
Galle in Nancy find die Wonne 
jedes Renners und Sammlers, der 
beifpielsweife vor einem Befäß 
mit rothen Whornblattern, die fid 
in das Yleß einer Rrenzfpinne ge- 
fangen haben, in namenlofes 
Entzüden geräth. Galle hat die 
Anregung zu diefen Werfen aus 
dem Studium altıhinefifiher Ueber- 
fanggläfer gewonnen. Ebenfalls 
auf afiatifche Anregungen, auf das 
Studium japanifcher Töpferwaaren 
mit gefloffenen Glafuren find die 
fhönen farbigen Wirkungen zurüd- 
zuführen, die wir an den Gefäßen 
des franzofen Dalpeyrat be 
wundern. 

— Jm Hotel Drouot in Paris 
bradte die Derfteigerung von 
75 Wafferbildern und Zeid- 
nungenvon Rops 25000 fr, 
darunter: Juli 800; die Freun- 
dinnen 2000; Wabrbeit 480; das 


Rreuz 2880; frau mit einem 
Hampelmann 1400; frau mit Armleuchter, Föniglihe Porzellan» 
dem fernglas 950; Derebrerin manufaftur in Berlin. 








— — 


Chrifti 900; die Andacht des Herren Rod (weiland Parifer Sdharfridter) 545. 
Die Preife beftätigen die Werthfhakung des Rünftlers der wir in einem be, 
fonderen Artikel Ausdrud verliehen haben. 


— Die Derfteigerung der Stewart'fhen Sammlung in YMew-Vork 
hat eine Ueberrafhung gebracht, da gegen alle Erwartungen und alle bis- 
berigen amerifanifhen Gepflogenbeiten die Werke fpanifher Maler höhere 
Preife erzielten als diejenigen der Franzofen. Ein Bild von Baudry, Perle 
und Woge, blieb mit S600 Dollars fogar hinter dem Anfaş zurüd, fommt 


Deutfhe Runft. 





219 


aber deshalb auh zurüd nach Paris. Don deutfhen Werken erzielten: Letbl, 
Dorfpolititer 15000 Doll.; ein Waflerbild von Menzel, der Satteltrunf, 
5575; eine Zeihnung von Rnaus, der Baftwirth, 550; Fuhrwerk ungarifder 
Bauern, von Pettenfofen, 2500 Doll. Der Held der Derfteigerung war 
der Spanier fortuny, deffen Auswahl eines Modells (von den Mitgliedern 
der St. Lukas - Akademie in einem Pradtgemadh des Palazzo Colonna zu 
Rom) 42 000 Doll. erreihte. Die 128 Bilder der Stewart'jhen Sammlung 
bradten 401 500 Dollar, alfo 1605 200 Mark. Eine ziemlihe Zahl der ver- 
fauften Bilder lehrt nah Europa zurüd. 





Preisbewerbungen 


— Dem Maler Mar Liebermann in Berlin wards das Prädikat 
Profeffor verliehen. 

— Der Lehrer an der Königlichen atademifchen Hodfdule für die 
bildenden Rünfte und an der Königlihen Runftfdhule in Berlin, Maler 
Maximilian Schaefer, wurde zum Profeflor ernannt. 


— Dem Lehrer an der Röniglihen Aunftfhule zu Berlin, Baumeifter 
Hermann Guth, ift das Pradifat Profeilor beigelegt worden. 


— Dem Maler Louis Douzette in Barth a. d. Oftfee ift das Prädikat 
Profejfor verliehen. . 


— Dem Marinemalee Hans Bohrdt in Friedenau 
Profeffor ernannt. 

— Der bisherige Befhäftsführer des Elberfelder Mufeums-dereins, Herr 
franz Hauge, hat die gefhäftlidhe Leitung der Vereinigung bildender Rünftler 
übernommen und wird feine neue Stellung bereits am 1. März d. 3. antreten. 


— Herr Mar Mifcel ift für die Befhäftsführung des Elberfelder 
Mufenmsvereins gewonnen und bat feine Funktionen bereits übernommen. 


— Ueber den Befundheitszuftand Bödlin's wurde in der jüngften Zeit 
von mehreren Seiten Ungünftiges gemeldet. Nah einem Privatbriefe, den 
der Rünftler an den Züriher Freund Kleiner gerichtet hat, befindet er fidh 
woblauf und arbeitet ftets rüftig. Bödlin hat ein neues Triptyhon ent- 
worfen, dem folgende Derfe zu Grunde liegen: ,,Hordht! Der Hain erfdallt 
von Liedern — Und die Quelle riefelt Mar — Raum ift in der fleinften 
Hütte — fiir ein gliidlidh liebend Paar." Der Friihling, der fid in Florenz 
bereits merklich geltend macht, bat einen günftigen Einfluß auf die arbeits- 
freudige Stimmung des Meifters ausgeübt. 

— Profeffor Alerander von Liezen-Mayer ift in Münden ge- 
ftorben. Er mwar am 24. Januar 1859 in Raab (Ungarn) geboren. Er befuchte 
die Wiener und Münchener Afademie und feit 1862 das Atelier Pilotys. Seine 
erften größeren Arbeiten: „Krönung Karls von Durazzo im Dom 3u. Stuhl- 
weifenburg und „Heiligfprehung Elifabetbs von Thüringen‘ zeigten ibn 
zwar als tiidtigen Roloriften, madten indeffen nod fein fonderlides Blüd. 
Erft fein 1867 entftandenes Bild „Maria Therefia ein armes Rind ftillend' 
hatte einen durhfchlagenden Erfolg und fand nidt nur wegen feiner Tednif, 
fondern aud wegen der tiefen Empfindung große Anerfennung. Sodann malte 
ec den Vorhang des Bärtnerplattheaters in München, „Die Poefie von den Mufen 
umgeben“, befhäftigte fih mit Portraitmalen und zeihnete au Illuſtrationen 
zu Goethe und Schiller. Gm Jahre 1870 verlegte er feinen Wobnfi nad 
Wien, wo er u. U. den Raifer portraitirte, Lehrte aber IS72 nah Münden 
zurüd. Hier malte er einige Scenen aus Shafefpeares „Cymbeline und aus 
Goethes ,, faut! und 1875 die „Unterzeihnung des Todesurtheils der Maria 
Stuart durd Elifabeth‘‘, eines feiner Hauptwerfe, das im Befize des Mufeums 
zu Köln fih befindet. Es folgten darauf drei Rartons zu Scheffel's „Eftehard", 
50 Rartons zu Goethes „faut! und 52 Glluftrationen zu Schillers „Lied 
von der Blode", die dur Holzfhnitt vervielfältigt worden find. Gm Fahre 
1880 folgte er einem Ruf als Direktor der Runftfhule nah Stuttgart, kehrte 


wurde zum 





Ernst Zaeslein, 
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Leipzigerstrasse 128, 


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Verkauf von Werken erster moderner Meister 
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BERLIN NW. 23, Bachstr. Bogen 484 (Stat. Thiergarten). 











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und Perfönliches. 


aber 1885 nah Münden zurüd, wo er als Profeflor der Hiftorienmalerei an 
der Runftafademie thatig war. Don feinen neueren Werfen find nod zu 
nennen „Philippine Welfer vor Raifer Ferdinand 1.4 und eine Roblenzeihnung 
„Frühling“. 

— Der Bildhauer Mihael Lod ift in Berlin geftorben. Gn Röln 
a. Rhein im April 1848 geboren, batte er fhon in jungen Jahren eine be- 
fondere Vorliebe für die Bildhanerei. Geine erften felbftandigen Derfude in 
der Skulptur madhte Lot an dem berrlihften Bauwerk feiner Daterftadt, in- 
dem er bei der Reftaurirung der figuren am Dom thätig war. Gn eifrigftem 
Streben und auf ernften Studienreifen bildete er feine Fähigkeiten dann 
weiter aus. Sein „Dädalas" trug ihm im Brüffel die große goldene Medaille 
und ein Ehrendiplom ein, fein, Spartatus lenkte die Aufmerffamteit weiterer 
Rreife auf ihn, und für feine foloffale Gruppe dır „Rreuzabnahme" wurde 
ihm in Berlin die Pleine goldene Medaille zuerkannt. Das bervorragendfte, 
aber aud) lete größere Meifterwerk Lod's war feine Darftellung des fterbenden 
Raifers Wilhelm I., die unter dem Namen „Jh babe feine Zeit, müde zu 
fein‘ mit der Berliner großen goldenen Medaille belohnt wurde. Leider ift 
eo dem Rünftler niht mehr vergönnt gewefen, diefes Bildwerf in edlem 
Material ausgeführt zu fehen. 


— Profeffor frig Paulfen if plöglih in Berlin geftorben. Er 
ftudicte in Diiffelborf und gleichzeitig mit Mafart unter Piloty in Münden, 
ging dann nad Paris, das er 187] verließ, um nadh Berlin überzufiedeln, 
wo er eine erjpriefliche künftlerifche THätigkeit entfaltet. Er malte u. A. die 
Bildniffe des Oberbürgermeifters von fordenbed, des Prafidenten Simfon, des 
Fürften Putbus, des Broßberzogs von Medlenburg u. A. Seine Benrebilder 
find wabre Bilder der Zeit, fowohl dem Stoff wie der Tradht nad, wie 3. B.: 
„Das Penfionat", „Zum Nadtifh, „Das Befindebureau‘, „Eingeregnet‘, 
„Jagdpauſe“. Sein beriihmteftes Genrebild aus dem engeren Berlin „Die 
Bauernfänger“ ift eine Zierde der Galerie des reihen WAmerifaners Danderbildt 





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220 


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prächtige Cicerone Jakob Burckhardts für Italien ist. Es soll dem Künstler 
wie dem Kunstliebhaber einen sicheren und bequemen Führer durch die 
Denkmäler im ganzen deutschen Sprachgebiet schaffen und damit vor allem auch das 
Studium der vaterländischen Kunstschätze durch den Augenschein erleichtern. Die Ein- 
teilung ist eine ausserordentlich übersichtliche: nach Stilepochen und innerhalb derselben 
nach Landschaften. Neben den historischen und typographischen Notizen ist eine knappe 
Beschreibung gegeben. Band I des Werkes umfasst die Architektur von ihren 
Anfängen bis zum Schlusse des Mittelalters in einer bisher von keiner andern Arbeit 
erreichten Vollständigket. Band II behandelt die Architektur der Renaissance und der 
Neuzeit. Ausserdem enthält der Band zwei vorzüglich ausgearbeitete Register, ein 
Orts- und ein Künstlerregister für das Gesamtgebiet der Architektur. Die weiteren 
Bände werden umfassen die dekorativen Kleinwerke der Architektur zusammen mit den 
kunstgewerblichen Arbeiten, dann die Mal- und Skulpturwerke, wobei namentlich auch 


die in deutschen Museen aufbewahrten Schätze Verlag von Otto Spamer in Leipzig. 


eine ausreichende Berücksichtigung finden. 








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Die Dachauer, 











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Mi Yr. 12 fehließt das zweite Quartal ISIS der „Deutfchen Kunſt“, 
die inzwiſchen durch Ankauf des „Atelier“ ihren Abonnentenkreis bedeutend 
erweitert hat und als 


einzige illuſtrirte Kunſtzeitſchrift a a $ $ 
ete ee oe ote Dorie und Mittel- Deutichlands 


fih allfeitiger Beachtung erfreut. 
Wir machen befonders darauf aufmerffam, dah die unmittelbar bevorftehenðe 


Eröffnung der großen Jahresausſtellungen 


das Fntereffe an der regelmäßigen reich illuftrirten Berichterjtattung über 
Sas deutfche Kunftfchaffen zu mehren und uns neue Gönner und Freunde 
zuzuführen geeignet ift. 

Wir beginnen das neue Quartal mit einer 


Berkomer-Dummer 


Seren illuftratives Material, uns von dem Meifter felbjt beveitwilligft zur 
Verfügung geftellt, eine große Zahl bisher noh nicht veröffentlichter 
Schöpfungen bringt, während der Tert einen intereffanten Einblid in das 
fic) auf allen Gebieten bethätigende Geiftesleben des eigen- 
artigen Riinftlers gewährt. 


Nr. 15 der „Deutfchen Runft“ erjcheint 
Mitte April, 


h/ 


Berlin, 
im März 1898. ~ N 


Redaktion und Verlag 


der 


„Deuffchen Kun.“ 


Deutſche Kunſt. 


Peiblatt: Das Helier. 
Slluftrirte Seitichrift für das gefammte deutiche Kunitichaffen. 


Eentral-Organ deutfcher Runft: und Rünftler:Dereine. 


Alle 14 Tage erjheint eine Nummer. Herausgegeben von Alle 14 Tage erfheint eine Nummer. 


Preis vierteljährlih 2.80 Mart. Ainferate: 40 Pfennige für die 4 ge- 
Poftzeitungslifte Ar. 1174. Georg Malſtowsſin. fpaltene Nonpareille-Zeile. " 
eee und Berwalfung Berlin W.57, Steinmehfir. 26. 








— des — Runftoereino in Berlin, des — — in Breslau, des Runſtvereins für das PER Heffen in Darmftadt, des Anbaltifhen Runft- 
vereins in Defau, des Württembergijchen Runftvereins in Stuttgart, des Schleswig - Holfteinifchen Runftvereins in Riel, ‚der Runftvereine in Münden, Oldenburg, Mannheim, Nürnberg, Gera, 
Altenburg, Elberfeld, Barmen, Bielefeld, Börlik, Danzig, Rönigsberg, Stettin u. a. 











Ar. 12. 24. März 1898. I. Jahrgang. 





Die Dachauer. 


> 

7 ie Ausdrudsmittel Ser Malerfunft beruhen auf Gegenfagen; wenn man 
‘ genau 3ufiebt, fogar nur auf zweien: heil, Sunfel und falt, warm. Der 
ras Gegenfak zwifchen fpiker und breiter Behandlung oder ſcharfer und weicher 

KS liegt nidt urfpriinglid) im Wefen der Malerei, fondern in der Hand des 

jeweiligen Rünfilers. 

Die fünf Maler, die jekt zum erften Male vereinigt als ,,Dadauer an die 
Oeffentlidfeit treten, bedienen fic) fat ausfhlieglih des Mediums faltewarm; fie 
haben die Endpunkte ihrer Daleurffala zwifhen bell und dunkel fehr nahe zufammen- 
gerüdt, die Skala felbft auf ein Minimum eingefhräntt. Die Skala der Farbwerthe 
zwifhen Palt und warm haben fie um fo reiher ausgebaut. 

Das Refultat ift eine Malerei, Sie eminent viel Stil hat. 

Es gehört augenblidlih Charakter dazu, in Deutfhland eine Arbeit heraus- 
zuftellen, die fid) bewußt von jedem Liebäugeln mit „Aaivetät* fernhält. Es ift 
‘ehr „modern“ und feines Erfolges beinahe gan3 fider, fic) den Anfhein zu geben, 
als ob man eigentlid) faum zeichnen und malen gelernt habe. Niekfhe hat das 
Wort vom „Bildungsphilifter* in die Welt gefekt; nun, es giebt aud Runft- 
Bildungsphilifter (die ungefährlieren unter ihnen jchreiben wenigjtens nicht). Diefe 
Spezies von homo sapiens urtheilt nun augenblidlid, daß, wenn ein Riinftler fo 
recht ungefchidt fi) zeigt und dann gar nod anfprudslofe ländlihe Motive malt 
—- ja, da muß das doch tief, tief drinnen bei ihm figen! Man giebt fih fo gern 
den Anfıein, als ob man bis in die innerfte Seele erregt werde Surh ein- Runftwert. 
Daher die heilige Verehrung, wo man diefe tief innerlihe Naivetät zu wittern glaubt, 
die uns Allen abgeht, unferer geiftigen Entwidlung nad) abgehen muß. Bezeihnend 
für die innerlihe Unwahrheit diefer Bewegung ift, dag ibre Anhänger kühnlichft die 
großen fontainebleauer aud zu den Ylaiven rechnen, fie, die alle Schulen durdlaufen 
batten, ebe fie dazu tamen, fih ibren Stil, voll Raffinement und fomplizirtem 
Empfinden, bewußt zu bilden. 

Die fünf „Dachauer“ find in ihrer Runft raffinirt bis zum Aeußerflen; echte 
Söhne ihrer Feit, die nicht in Nirgendsheim ein befhaulihes Einfiedlerdafein führen, 
fondern mit allen fafern im Rämpfen, in der Entwidlung ftehen. Bewußt ſuchen 
fie Kunft, das beißt: Ausdrud ihres perfönliden Empfindens in einer Form, die 
ihnen „õie foöne“ ift. Sie fuchen diefe form zu hddfter Vollendung zu fteigern 
und fie fo zum prägnanteften Ausdrudsmittel für ihr Empfinden zu erheben. Sie 
Alle haben die eben vorübergegangene Zeit des Ringens, den Naturalismus, jhon 
als reife Arbeiter, nicht als Lehrlinge mitgemadt. Die Runftformel, die fie fic jetzt 
bewußt zur Rihtfhnur gemacht haben, lag fhon vor in allen standard works der 
Alten. Auf der Unterdriidung Ser Tonwerthe und der reihen Differenzirung der 
Farbwerthe beruht die gewaltige. Deforationswirfung, die uns in allen Galerien 
alter Runft in Bande fhlägt. Die Anwendung diefer ‚Formel auf modernes Aunft- 
jhaffen gefhieht bei den Dachauern gleichzeitig mit den Führenden in allen Runft- 
ländern (Wbiftler, die. Schotten, Brangwyn, Wmman-Fean, Carriere). Die Anwendung 
der formel auf das durd den imprefjioniftifhen Naturalismus und sie Einflüffe 
§. §. v. Uhde, Alter Mam., . . der japanifchen Aunft Errungene bringt den Stil der „Dadhauer* zu Stande. 











Deutfde Runf. 





Seit Jahrzehnten bildet Dahau den bequemen und ant- 
baren Studienplag für die Mündyener Rünftlergemeinde. Schon 
als die Cifenbabn es nod niht zu einem in einer Stunde 
erreihbaren Ausflugsort madte, zogen feine einfahen flad- 
landfhaftsmotive mit der in der ferne faum fihtbaren Gebirgs- 
fette die Malersleute aus Münden herüber. Schleich hat viel 
dort gemalt, auh Lier. Später, als die naturaliftifhe Be- 
wegung einfegte, ging Ubde und die um ihn dorthin. 
find es wieder die führenden, die dort finden, was ihnen zu- 
jagt: Dill, Hölzel, Rönig, Canghammer. Hölzel wohnt 
Winter wie Sommer 
draußen. 

Wenn man mit der 
‚Eifenbahn durd das 
„Dachauer Moos“ 
fährt, will es Einem 
[hier verwunderlid 
erfcheinen, daß eine 
fo abmedslungslofe 
Ebene die Maler an- 
ziehen fann. Aber 
Papa Schirmer fagte 
fhon: „Die flein- 
ften felfen geben die 
größten Bilder.‘ Die 
haftende Amper, die 
oft morgen fih ein 
ganz anderes Bett 
macht wie heut, jetzt 
taum fihtbar und 
eben zollhoch über 
den Boden rinnt, 
dann wieder tiefe 

Riesabftürze und 
Locher auswiiblt; das 
rothbbraune Moos, 
unterbroden durch 
fpärlihe Föhren- und 
Birfengruppen, dazu 
Dachau felbft, derda- 
rakteriſtiſch bayeriſche 
Flecken mit weiß— 
geſtrichenen Häuslein 
und ſchwarzen Schin⸗ 
deldächern; das Alles 
überſpannt von dem 

eigenen Dachauer 
Himmel, an dem die 
beſonderen Terrain⸗ 
verhältniſſe und das 
nahe. Gebirge ganz 
wunderfame Bewöl- 
fungen und Beleud- 
tungen fhaffen: Jedes 
fleine Edlein giebt 
ein Bild. Und nun gar, wenn befondere Ereigniffe eintreten, die 
Schneefhmelze im Frühjahr, oder wenn die Amper toll wird und Alles 
überfhwenmend der Landfhaft ein ganz neues Antlit giebt. Um- 
geriffene Baume ftreden dann gefpenftig ibre fahlen Wurzeln in 
die Luft; wo geftern nod weiche Moostiffen waren, liegen heute 
Riese un Schutthalden, und tiefe Abftürze reißen dem fhwarzen 
Moorboden fein braunes Pflanzenfleis ab. Dann neigt fih 
die Sonne, Alles badet fih in gluthrotbem Schimmer, . die 
Abendnebel lagern fich ziebend über die Ebene, dem Gegen- 
ftändlihen ‚die Beftalt verjchleiernd. Plößlih, mit zauberifhem 
Licht, fteigt der Mond auf. Ganz neue, heimlideftille, große, 
einfame Stimmungen: befchleihen die Seele. 

AU Sem find „Sie Dachauer‘ nahgegangen. Am meiften 
Dill, Ser fih ausfhlieflih auf Landfhaftsfhilderungen be- 
fhräntt. Bet ibm, wie bei all den Anderen, ift vielleicht die 


Jetzt 





Hugo König, Mondnacht. 


intereffantefte Eigenfhaft der bier zur Schau gebrachten Werke, 
die ftarfe Individualität, die fih trog der befhräntenden formel 
in jeder der Arbeiten zeigt. Cigentlid) mufte ja diefe Formel 
aud gerade dazu beitragen, die Individualität zu heben. Denn 
mit den Valeurunterfhieden hebt fic ja aud die rein lineare 
und zeihnerifh objektive Schilderung auf; bewußt gehen die 
Dadauer dem nad, was Yloten in ihrer Mufit bedeutet; alles 
in ihrem Sinne Unbrauhbare unterdrüden fie. €s muf fih 
alfo gerade bierdurd zeigen, was für SLinienmelodien und 
Farbharmonien ein Jeder im Herzen bat. Dill bat einft in 

è feinen naturaliftifchen 
Schilderungen aus 
Denedig u. Chioggia 
ein ganz perfönlicdhes 
Bepräge gezeigt durch 
die Kedbeit, das Un- 
erwartete feiner Aus- 
fhnitte aus der Yla- 
tur, den Japonismus, 
der ihn oft ein ganz 
Ylabes riefengroß über 
ein winzig fleines 
Fernſtes als „Ueber- 
fhneidung ziehen ließ. 
Wir finden diefen Zug 
bier wieder. Der 
ftärft hat fic) mit der 
freieren Anordnung 
fein Sinn für den 
Rhythmus der Linie 
und die Dertheilung 
der Mailen. Das 
feinfte Empfinden für 
Differenzirung febr 
nahe liegender farb- 
töne hatte er foon, 
er bat es ausge 
bildet zu einem felten 
feinen Befhmad für 
weide, leife Har- 
monien. 

Hölzel bat in 
feinen Malereien 
(Wilderer, Wald- 
- inneres) die frühere 
ſchlichte Ungezwun⸗ 

genheit bewahrt. Das 
Intereſſanterevon ihm 
auf dieſer Ausſtellung 
find aber feine Zeich- 
nungen: meift land- 
fhaftliche Motive mit 
graubrauner oder 
grünbrauner Kreide 
auf einem ftumpf- 
farbigen Papier, leicht weiß gehöbt. Man fehe, wie Surh die 
lodere Art des Auftrages der Farbfreide das Spiel der Luft 
gegeben ift, wie reihe farbige Wirkungen mit dem Nidts an 
Mitteln erreicht find, wie die Bewegung Ser Baume in diefer 
leisverfdwommenen Silhouette fic) ausdriidt. Dabei it ftreng 
der Charakter und das Wefen jedes Baumes gewabrt. 

Don Arthur Langhammer feffelt namentlic die, Yaufitaa'. 
€s ift eine ganz eigene Auffaffung Homer's, die Cangbammer 
bier ausfpridt. Wir haben fhon einmal ein Bild voll des- 
felben Humors von ibm gefehen: den braven alten Einfiedler, 
der den Teufel bei der Gurgel batte und wader abfchüttelte, 
Sieweil die lieben Engelein ihm indeffen fein Wafferfriiglein 
berzutragen, damit der fromme Mann fih jtärfen tonne nad dem 
heiligen Werte. Aud aus diefer „Naufitaa laht ser Schalt: 
Wie der „göttlihe Dulder“, Ser febr abgeduldct ausschaut, 





Arthur Sanghammer, Jm Wirthshaus. 


hinter feinem Bufch bervorlugt und der Schwarm der Mägde 
von der großen Wäfhe auffährt und auseinanderftiebt gleidy 
ciner Schaar Bänfe, wenn es blitt, das ift föftlib. Man hört 
förmli das Bekreifch der fhämigen Jungfräulein, die der nadte 
Mann erfchredt. Es it wunderbar, dağ Langbammer, der 
fo berb und ernft fonft ift, einen fo vollen Humor bat. 
feinem ganzen Ernft zeigt ihm Sie „Heimkehr; Eine, die ine 
zwifhen Stadtdame geworden ift, Febrt in ibr beimathlides 


Deutfhe Runft. 


Jt 





223 


Dorf zurüd. Unter den Handzeihnungen ragt die mit meifter- 
lidhec Breite hingeftcichene Gruppe von Köpfen der „Trinker* 
hervor. 

Hugo König fikt nist gleich den Dorhergehenden fo un- 
entwegt in Dadhau. Seine ,,Mondnacdht und das feine Rinder- 
porträt zeigen es. Auf der Mondnacht figt eine weiß gefleidete 
Dame in einem weißen Zimmer am Tifd, Surh das Fenfter 
fpielt der Mond. Es liegt eine fchwermiithige Poefie in Sem 
Bilde, ein banges Sehnen. Es ift malerifh faft eine Sym- 
pbonie in einem griin-weifen Tone zu nennen. Rénig's land- 
[bafilide Schilderungen find intime fleine Eden aus Dachau. 

Der Altmeifter der „Dachauer“ und allen jungen Kunft- 
fhaffens ift frig von Uhde. Er hat ein gewaltig harafterifirtes 
„Bildnig eines alten Mannes eingefandt. Es ift mit der 
maästra eines großen Malers bingeftrihen und von der tief 
jeelifch.n Auffaffung eines großen Künftlers Öurhdrungen. Es 
fpriht aus dem Bilde etwas, niht von der heruntergefommenen 
Eleganz, die zum Spott reizt, fondern von der ins Elend ge- 
fommenen Tiidtigfcit, die nie wieder fih aufraffen wird — 
und das ergreift jo am dem Bilde. — Malerifch zeigt es, 
namentlih mit der größeren Arbeit gn der Sommerftifche‘ 
verglichen, Sie erft wenige Jahre alt it, wie Uhde fih fort- 
während wandelt. „gn der Sommerfrifhe“ ift eine Gruppe 
junger Mädchen in einer Gartenlaube mit Sonnenfle#hen und 
fpielenden Schatten: eine große Studie, 

Ter gemeinfame Charafterzug, der „Die Dadhauer“ ver- 
bindet, ift, daß fie als reife Riinftler ausgegangen find auf die 
Suhe nad Stil: saber das reife Refultat, das fie wefentlid von 
jungen Nidhtfönnern unterfdeidet. Carl Cangbammer. 


100 Jahre im Dienfte der Kunft. 


ie in jedem Berufe, jo fpielt aud in den Erwerbszweigen, die mit 
der Runft zufammenhängen, die Familienteadition cine mädtige 
d Rolle. Wir fehen bei den unabhängig fhaffenden Künftlern 
häufig Siefelben Namen wiederfehren, der Beruf iibertragt fid vom Dater auf 
Sohn und Enkel, ohne Rüdfiht auf perfönlihe Neigungen und Eigenfchaften, 
als ob das Talent, defjen Vererbung ohne Weiteres angenommen wird, wie 
Surh ein Privilegium in den dauernden Befiz der Familie mit eingejchlofjen 
fei. Die Träger eines berühmten Namens find oft übel berathen, weil die 
meiften Menfchen deren Schaffen nicht beurtheilen Fönnen, obne mit dem 
bedeutenden Dorfabren einen Vergleich zu ziehen, der 
meiftens zu Ungunften des Epigonen ausfällt. Uebrigens 
find and genug Beifpiele befannt, daß fic die Fähigkeit, 
die Natur nahzugeftalten, duch ganze Bejchledter hin- 
durchzieht und als ein immer fhwäder werdendes Natur- 
bedürfniß, fid irgendwie zu äußern, auftritt, das aus 
fortfdreitendem Mangel an innerer Kraft ganz allmälig 
abftirbt. 
on den reproduzirenden Riinften, wo praftijche 
Gründe mitjprehen. und tednifche Erfahrungen und 
Erfindungen in den Vordergrund treten, läßt fib die 
Ueberlieferung des Standes weit eber rechtfertigen, weil 
bier die Gndividualitat des Einzelnen nidt die Grund- 
bedingung if. Der Name Felfing ift mit den grapbi- 
{chen Künften auf diefe Weife feit einem Jahrhundert 
aufs innigfte verknüpft. Die männlichen Vertreter der 
Familie, die fih durd vier Generationen hindurd theils 
als Rupferdruder, teils als reprodusirende Rupferfteder 
in den Dienft der Runft ftellten, verftanden es, das 
Dermädtnig des Berufes in Ehren zu halten, ja, das 
Anfeben des Haufes, das fic aus den befcheidenften 
Anfängen entwidelt hatte, duch Pflichttreue und umfich- 
tiges Streben in einer Weife zu fördern, welde für die 
Runftpflege unferes Gabrhunderts die mannigfaltigften 
Wedfelbeziebungen ergab. Mit Sem Anfbliiben des 
Gefhaftes und feiner fteigenden Leiftungsfähigfeit war 
der Zufammenhang mit den erften Riinftlern der Zeit 


sefhaffen, welhe zum Theil mit dem Haufe feling in ein febr nabes 
Freundfhaftsverhaltnif traten. Die familiendronit, Ste anläßlich der Feier 
des J00jabrigen Beftebens der Firma in form eines reih ansgeftatteten 
Pracdtwerles erfdhien, giebt uns an der Hand. der perfönlihen Erlebniffe einen 
interefjanten Ueberblid über die Entwidelung der Schabkunft im J9. Jabr- 
hundert. Als Beiträge zu derjelben find im Folgenden dem Werke einige 
Hüge von allgemeinem Jntereffe entnommen. 

Am Ende des 18. Jahrhunderts gelangte die Runft des Rupferftids in 
Srantreih zu hoher tehnifher Vollendung. Das verfhwenderifhe Leben am 





Ludwig Dill, Dachau, 


224 





Deutfhe Runft. 





Hofe Ludwig XVI. 30g einen Rreis Riinftler in feine Nähe, die allerdings 
in einer gewiffen Abhängigkeit vom Gefdmade des Hofes nidt iiber den 
Inhalt lüfterner, Iasciver Darftellungen binausfamen. Unter den wenigen 
Malern, die felber den Stidel in die Hand nahmen, zeihnete ih Michel 
Moreau le Jeune mit feinen lebendigen Darftellungen aus dem Parifer 
Tagesleben aus. Neben der Budilluftration, als welche dee Rupferftid fid 
großer Beliebtheit erfreute und mandhe berzlih unbedeutende Dichtungen der 
Dergeffenbeit entriß, gelangte der Bildnifftid in Franfreih zu großer Blüthe, 
der befonders in der verjdiedenartigen Behandlung des Stoffes, wie Pelz, 
Leinen, Sammet, Metall, vorzüglibe Leiftungen aufwies. Mit gleidem 


Blätthen, den fatirifhen Schilderungen des Berliner Spießbürgerthbums fih 
allgemeine Anerkennung errang, wie er aud) das Gebiet der Budilluftration 
wefentlid förderte, 

Da es in Deutfhland an eigentlihen Lehrern des Rupferftihes gebrad), 
fo begte der junge Job, Conr. felfing, der fhon in feiner Kindheit 
allerlei Handfertigkeit und Befhid im Zeihnen (3. B. im Ropiren 
Chodowiedi'fher Blätter) befaß, den fehnlihiten Wunſch, ib in Paris bei 
dem Aupferftecher Wille ausbilden zu laffen. Da jedod nad den eingezogenen 
Erfundigungen eine Lehrzeit in Paris die väterlihen Mittel überftiegen hätte, 
fo fab fic) der nit unbegabte Felfing genötbigt, in felner Heimath Darmftadt 





A. Hölzel, Der Wilderer, 


Erfolge befleifigten fih englifhe Aupferftehee des Portraitftiches, der mit 
dem Auffhwung der dortigen Bildnifmalerei im Verhältniß ſtand. Im All— 
gemeinen fchufen die Englander, wie aud die Franzofen wenig felbftftändige 
Werke, fondern bejhäftigten fih insbefondere mit der Wiedergabe der 
bolländifhen Meifter des 17. Jahrhunderts (D. Green und W. Pether). 
Die neuerfundene Punftirmanier des in London lebenden Italieners 
JS. Bartolozzi fand bald allgemeinen Beifall. Während man in Ftalien 
duch Windelmann's Einfluß wieder Gefallen fand an dem Meifterwerfen der 
Renaiffance, welde duch die allerdings verfladenden "Stihe des Giov. 
Dolpato und feiner Schule die weitefte Verbreitung fanden, wurde in Deutfch- 
land der Kupferftih nur ganz vereinzelt gepflegt. Am Hofe des kunftfinnigen 
Rarl Theodor wirkte der Malerradirer Kobell; eines der glüdlichften Talente 
entfaltete fh in dem eigenartigen D. Chodowtedi, der zunädft als 
Dilettant verjhiedene Runftzweige ausübte, (pater aber mit jeinen fleinen 


zu dem wenig fünftlerifh veranlagten Böpfert in die Lehre zu gehen. Hier 
bejihränfte ih feine Thätigfeit hauptfählid auf Bildniffe in Punftirmanier, 
auf topographifhe Arbeiten und Titelfupfer fiir Bücher, die feine Haupt- 
einnahmequelle bildeten. Das Hauptwerk J. Felfing’s, die Artemifia, verräth 
in der Wiedergabe des nicht befonders glüdlih gewählten Originals ein hohes 
Maß tehnifihen Rönnens. Don den Söhnen Joh. C. Feljing's, weldhen eine 
vorzüglibe Erziehung zu Theil wurde, befag der ältere Heinrich eine ans- 
gefprodene Vorliebe für die Naturwiffenfhaften, die ihm im fpäteren Alter 
febr 3u Statten fam. Mit feinem Schulfameraden 5. Liebig trieb er Spielereien 
und Studien in der Chemie, welche nahmals auf feinen Beruf beftimmend 
wirkten, fo daß er dem Aupferftih völlig entfagte und fic) lediglid auf den 
Drut der Platten befdhrantte. Während er fih in Paris in der Rupferdruderei 
von Chardon werthvolle praktifhe und theoretifche Renntnifje erwarb, lernte 
er dort Riinftler erften Ranges wie Meifjonier Pennen. Nadh der Heimath 








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3uriidgefebrt, trieb es ihn, wo er nur 
eine Möglichkeit fab, Derbefferungen 
anzubringen; das Papier wurde der 
Drud-und Auffaugefäbigfeit angepaßt. 
Tagelang befhäftigte er fih mit 
Farbenproben, um die fhönfte und 
harakteriftifchfte Wirkung eines Stiches 
herauszufinden. Anftatt die Farben 
aus der fabrit zu beziehen, betrieb 
er felber deren Herftellung, um die 
Neigung zur Zerfegung in den ver- 
fhiedenartigen Zufammenfellungen 
des Materials fonftatiren zu fönnen. 
So fammelte er eine Zeit lang die 
Rerne der Weinbeeren, um durch deren 
Derbrennung einen möglihft vorzüg- 
lihen Ruß zu gewinnen. Die Randbe- 
merfungen an feinen Probedruden find 
befonders werthvoll, da fie über das Verhältniß des angewandten Materials 
und feiner Beftandtheile, wie über das Zerferen und Auswadfen der Farbe 
genauen Auffhluß geben. Zuftus Liebig fonnte ihm in mander Beziehung 
zur Hand geben; feine Briefe bezeugen das berzlihfte Verhältniß beider 
Freunde, 
Sorgfalt verwendet. H. felfing fonftrnirte ein eigenartig geformtes Meffer, 
weldes die Sandfsrnden ang dem Papier entfernte. Cine technifche Erfindung, 
die heutzutage noh niht übertroffen ift, beftand in einer befonderen Art, das 
Papier zu bleihen, um die Wirfung zarter Fleifchtöne zu erhöhen. ndeffen 
hatte fih and fein Blit für die fünftlerifche Seite des Berufes gefchärft, fo daf 
er auh bier durch Erperimentiren zu neuen Ergebniffen gelangte und durch 
das Stehenlafen des Tones an diefer, durd das Wegpußen an jener Stelle 
ganz eigenthümlihe Wirkungen erzielte, die oft den Riinftler felbft überrafchten ; 
bisweilen wurde ibm die Anerkennung zutbeil, mehr aus der Platte gemadt 
zu haben, als urfprünglih hineingelegt war. Die ehrenvollen Aufträge von 
Rünftlern, Derlegern und "Aunftvereinen häuften fid. Mit Künftlern wie 
Raulbadh, Steinle, Brimm, Schirmer fnüpften ih freundfchaftlice 
Beziehungen an; der Briefwechjel derfelben mit Felfing läßt diefen als den 
allgemein gefhästen Freund und Berather erfennen. Unter den berühmteften 
Blättern, die damals aus der Druderei hervorgingen, befanden h u. A. 
die Stihe von Jakob Felfing (des Bruders von Heinrid f.) nadh der 
Mater dolorosa von Leonardo da Vinci, ferner der Diolinfpieler nad 
Rafael, Madchen am Brunnen nad Bendemann. Der beriihmtefte Stih ans 
jener Zeit it Steinle's „Madonna des Biirgermeifters Mever“ nad 





UA. Hölzel, Stizze. ' 


Auf die Subereitung des Chinapapiers wurde eine befondere, 


Deutfhe Runf. 225 


H. Holbein, der in der Ausftellung 
im Louvre Epoche madte. Einer weiten 
Verbreitung erfreuen Ah heute noh 
die Stihe von Tofdhi, die Krenz- 
tragung nad Rafael und die Rreuz= 
abnabme nad Daniel di Volterra. 
On wenigen Jahren hatte fid die 
Druderei einen Weltruf erworben, als 
die Erfindung der Photographie einen 
großen Umfhwung in den graphifden 
Rünften bervorrief. Infolge politifcher 
Wirren begann auch der Unternehmungs- 
geift der Derleger zu ftoden und die Un- 
gunft der Zeit machte ih beim Druder 
ebenfo wie beim Stedher bemerkbar. 
Als der Sohn Heinr. Felfing’s Otto 
aus der Gewerbefdhule entlajjen war, 
wollte ihn der Vater trog feiner aus- 
geſprochenen Neigung nicht zum Kupferſtecher beſtimmen, da die Photographie 
dem Kupferſtich den Untergang zu prophezeien ſchien. Nachdem der Sohn 
zwei Jahre in einer Kunſtſchloſſerei thätig war, kehrte er, von der Sorge um 
den alternden Vater getrieben, dennoch in deſſen Werkſtätte zurück, um 
den entſchieden ausgeſprochenen Wunſch, das Geſchäft fortzuführen, nun zu 
verwirklichen. Die Thätigkeit der Druckerei kam ganz allmälig wieder in 
Schwung. Die Kunſtvereinsblätter und die Drucke aus der Glanzzeit des 
Klaſſtzismus lieferten ein reiches Erträgniß. Dazu geſellte ſich die Nutzbar— 
madung der Galvanoplaftif, mit der ih Heinrih f. ſchon lange beſchäftigt 
hatte. Die Erfindung der galvanoplaftifcben Derftählung der Platten übertraf 
indeffen alle früheren Derfuce, die auf diefem Gebiete gemadt waren. Die 
bisher weide und fcnell abgenugte Rupferplatte lieferte von nun an eine faft 
unbegrenzte Anzahl von Abdrüden; mandhe Riinftler und Runftfeeande waren 


indefien nict- fehr über die Erfindung erfreut, da man annahm, daß der 


eigenthiimlide Schmelz der DBorzugsdrude verloren gehe. — Als Otto 
Felfing auf Wunfd des Daters fünf Jahre in London in der Aupferdruderei 
von Mac Queen zu feiner weiteren Ausbildung zugebradt hatte, wohin ihn 


‘Profeffor W. Unger empfoblen, trat er wieder in das väterlihe Befhäft ein, 


um dem Such Arankpeit gefhwächten Vater eine Stüge zu fein und fih fiir 
die felbftftändige Befhäftsleitung, die im Fahre 1870 erfolgte, vorzubereiten. 
Die Druderei war wieder im Aufblühen, als die Ariegserflärung erfolgte 
und eine Stodung des Betriebes verurfadte. Mit dem Siege der Truppen 
fehrten indeffen auch Unternehmungsgeift und gefhäftlihe Thätigkeit zurüd. 
In der Wiedergabe der Madonna di San Sifto, welde Profefor Keller 





Arthur Langhammer, Haufifaa. 





226 


felbft nad Darmftadt bradte, konnte felfing feine ganze Rraft einferen. 
Das Gelingen diefes Blattes, deffen Dorzugsdrud ihm indeflen nur übertragen 
war, brachte ihm weitere Aufträge ein, wie die Aunftvereinsblätter füc Dresden, 
die Stihe von Eilers (der Zinsgrofhen nah Tizian) und Prof. Mandel 
(Madonna Paushanger nah Rafael). Die Bründerzeit mit ihrem haftigen 
Betriebe, mit dem fehnellen Wedel von Befiz und Firmen madte fh aud 
in der Rupferdruderei bemerkbar. Jeder fuchte feine Waare fo fcnell wie 
möglich umzufegen, und da das Hine und Herfenden der Platten viel Zeit 
in Anfprudp nahm, fo entging der Firma Felfing mander Auftrag, der ihr 
in Münden oder Berlin zu Theil geworden wäre. nfolge deffen fiedelte Felfing 
mit Gefhaft und familie nah Berlin über. Wenige Tage, nahdem das neue 
Heim bezogen war und fih Sie Befhäftsthätigkeit in der gehofften Weife 
ausgedehnt hatte, erlag ©. feling einer unbeilbaren Rranfheit, von deren 
Dorhandenfein er lange Feine Ahnung gehabt batte. Don den fünf Rindern, 
welde er hinterließ, war 
feines erwadfen, die 
energifhe Battin verftand 
indeffen das Geſchäft 
fortzuführen, indem fie 
dem langjährigen Mite 
arbeiter ihres Mannes, 
Cont. Belt, die Leitung 
überteng, welde {pater 
der Sohn Wilhelm, 
nahdem er ebenfalls in 
England feine Lehrzeit 
zugebradt, übernahm. 
Nadhdem alle größeren 
Stürme, die dem Haufe 
drobten, voriibergezogen, 
fhien die Zukunft der 
Anftalt gefihert, Sie viel- 
leiht gerade dadurd, daß 
fie in den Händen der 
Familie blieb, deren be- 
tedtigter Stolz und Ebr= 
geiz Pein anderes Lebens- 
ziel fannte, einem immer 
größeren Auffhwung 
nahm und das Voll- 
fommenjte, was auf ted- 
nifhem und fünftlerifchem 
Gebiete zu erreichen war, 
anftrebte. Es würde zu 
weit führen, wollte man 
alle die Beziehungen 
anführen, die fih zwifhen Künftlern, Kunftvereinen, Malern, Radirern 
und Radirvereinen anfniipften; die verjhiedenen neuen Verfahren, deren 
fih  felbftfhaffende und reproduzirende Runftthätigfeit bediente, gereichten 
der Rupferdruderei zum Vortheil. Die Originalradirung als vornehmftes 
Augdrudsmittel der Schwarzfunft Fam immer mehr in Aufnahme, wohingegen 
die reproduftive Nadirung die Alare, aber zeitrsubende Technik des Brabftihels 
faft ganz verdrängte. Unter den vielen Rünftlern von Namen und Bedeutung, 
welche feling ihre Platten übergaben, foll nod eines gedacht werden, namlid 
Mag Rlinger's. Seine erften größeren Radirungen nad Bödlin’s „Todteninfel“ 





Ludwig Dill, Sommerabend im Moofe. 


Deutfhe Runt 





und ,,ftiiblingstag", fowie feine fpäteren felbftfländigen Schöpfungen, wie 
die Brabms-Phantafie, bezeichnen die Hdbe fünftlerifher Ausdrudsfähigfeit auf 

der Aupferplatte, wie fie in diefem Jahrhundert nicht übertroffen wurde. 
Aud auf dem Bebiete der fo lange vernadhläffigten Budilluftration und 
Buchverzierung madte fid ein Auffhwung bemerkbar. Man hatte den Muth 
gefunden, mit den unverftandenen Nahahmungen, dem gejhmadlofen und 
übertriebenen Schnörkel der Renaiffance und Rococoperiode aufzuräumen, und 
fuchte au in der inneren Ausftattung der Bücher, den Dignetten, Leiften und 
fonftigen Derzierungen einem einfacheren und natürlideren fünftlerifhen Bes 
dürfniffe Rehnung zu tragen, die veralteten Formen zu befeitigen und fic einer 
lebenden Sprade zu bedienen, welhe zum Ausdrud des Empfindens wurde. 
Während man nun einerfeits die Anregung dazu direft aus der Natur felber 
fböpfte, und namentlic) die formen der Pflanzenwelt aufs intimfte ftudirte, fuchte 
man andererfeits aud den Fleinften Verzierungen einen wirklihen Gnbalt 3u geben 
der mit dem Tert im 


Zuſammenhange ſtand 
oder ohne Beziehung zu 
demſelben eine ſelbſt— 


ſtändige Kunſtleiſtung 
darſtellte, als ein in ſich 
abgerundetes Stim⸗ 
mungsbild. Das fel- 
ſing'ſche Werk iſt beſon⸗ 
ders reich an Zierleiſten 
der letzteren Art, die auch 
in techniſcher Beziehung 
ein beſonderes Intereſſe 
beanſpruchen, inſofern ſie 
die ſchlichte Manier des 
älteren Holzfhnittes be- 
vorzugen. 

Die von uns repro- 
duzirten Dierleiften von 
J. Staffen — and in 
der Ar. II bradten wir 
zwei derfelben — ver- 
förpern im Anjhluß an 
den Text einen tieferen 
Stimmmgs- oder Ge- 
dantengehalt, bald -ein 
naives Yaturempfinden, 
bald eine bewußte fünft- 
lerifche Naturbetrachtung. 
Mit Märhenblumen bes 
fränzt ftarrt großäugig 
ein pbantaftifher Mäd- 
denfopf in die ‚Felslandfhaft binans; lorbeerbefränzt zeigt die Poefie dem 
Wanderer die Schönheit der bügeligen Ebene; mit eifrigem Bemühen mift 
der Runftjünger mit dem Stift die Verhältnifje eines bingeftredten männ- 
lien Körpers. Das ift im Begenfag zu dem leeren Linienfpiel der 
unverftandenen Renaiffance ein redendes Ornament, das nad Mittheilung von 
Empfindungen drängt. 

Das Jubiläumswerf der felfing'fhen Runftötuderei ift reid) an folden 
Anregungen und gewinnt jo eine Bedeutung, die weit über den Gelegenbeits- 
awed binausreidt. 


Die Dereinigung der XI. bei Schulte. 


Die Ausftellung von Künftler-fithographieen im Kunftgewerbe-Mufeum. 


ie arme Pfyche hat immer noh viel auf Erden zu leiden. Sie muğ 

fidh mit der Prophezeiung eines feligen Endes im Olymp begnügen. 
C.D Venus felbft bat im alten Mpthus die Qualen verhängt; der modernen 
Seele erfteht aud) aus dem Reich der Schönheit eine Peinigerin. Jn unferen 
Runftfalons wird vielfad unerbittlih gegen äfthetifhe Feinfühligkeit zu Felde 
gezogen. Rettungsvorridtungen zum Schutze der Bürger feinen felbft bier 
geboten. Yur der wirflid) Pringipienfefte vermag im allgemeinen Anftuem 
feinen Standpunkt zu behaupten. Die Vereinigung der XI in Schulte's 


Oberlidtfaat ftellt ftarke Fumuthungen an genuffudendve Befhauer. Da werden 
von Landfhaftern, Portraitiften, Symboliften und Blumenmalern fhlimme 
Ausfälle gegen äfthetifhe Bedürfnife gewagt. Mur Weniges entlaft in be- 
friedigter Derfafjung. i 

Dazu gehören Schnars- Alquift's liebevoll gemalte Seeftüde, aus 
denen echtes Naturvertiefen jpriht. Sein Wafer ift gut bewegt, fiher im 
fhieferblauen Ton getroffen, nur der Schein des Nafien niht glaubhaft 
genug erreiht. Skarbina ift in einer ganzen Reihe theils vortrefflider 


— EPHE" - 


Deutfhe Runft. ; 








Jnterieure und Straßenftudien vertreten. Jn Jeihnung und Rolorit find be- 
fonders die Farmbilddhen aus der Picardie Fleine Meifterftiide. Der aus- 
gefprodene Maturalift Diderot hat einmal betont, daß der Begriff des Wahren 
mit dem des Schönen und Guten nahe zufammen gehört. Nadh diefem Maß- 
ftabe würden des vielgepriefenen Mag Liebermann in der Auffaffung wohl 
harakterifche, aber an Tönung und Detail fo jedes anmuthenden Seelenreizes 
bare Portraits feiner Eltern und eines Dr. £. nit voll gelten. Sie 
feinen mit gleicher Rälte des Verwandtſchaftsgefühls dargeftellt wie die 
literarifchen Geftalten Beorg Hirfhfeld's.. An einer Oelffizze aus der felt- 
famen, farbenreihen Amfterdamer Biebelwelt hat Liebermann’s Pinfel offenbar 
mit größerer Zärtlichkeit ges 
malt. 

Hier wären wir fon 
anfangs zugleih am Ende 
der Tafelfreuden. Friedr. 
Stabl’s forgfältiges Laub- 
und Blumenbeiwerk entjhä= 
digt niht für die Unzuläng- 
liġteit der übrigen Spenden 
feines Pinfels. Der einen 
beftimmten Theil unferes mo- 
dernen Publifums bypnoti- 
firende Leiftifow hat fih 
aufs Neue die incalculabel- 
ften Leiftungen geftattet. Wer 
in der maffigen Plumpbeit, 
den breiten farbenflähen 
feiner unmwabren „Herbft''- 
oder „Weiden“ oder fonftigen 
Naturftüde Gefallen findet, 
erweift den Tufdfafteniibun- 
gen der Kinderzeit allzu 
pietatvolles Bedenken. Gn 
dem großen „Waldbild am 
See athmet allerdings 
Didterftimmung in den teid- 
umfäumenden, jonnendurd- 
glähten. Kiefern. Einer nä- 
peren Prüfung bält jedod 
aub diefe Tedhnif nicht 
Stand. Die reine Poeten- 
feele fönnte den fanatifern 
der Modethorheit keine fo 
baufigenRonzeffionen maden. 
£. von Hofmann fdwelgt 
in feinem „Adam und Eva" 
in füßliher Minnigkeit. Was 
bilft es, daß der Rörper des 
verführenden Weibes anga- 
tomifh eraft gezeichnet, daf 
ein gewiffer elegifher Hand 
anziehend ausgegofjen ift. Die rofarothen Baume find ebenfo verlogen 
und findifh wie das verwafhene Gelb und Blau des Bodens und Himmels. 
Alimeifter Goethe hat fhon über die „gefhminkten Puppenideale"‘ gewiſſer 
Pfendofünftler gehohnlädelt, wir find unferen Alajjifern gegenüber immer nod 
nicht genug Epigonen! J. Albert's langweilige, farblofe Landfhaftstafeln, 
G. Moffon’s zum Theil verblüffend ſchlaudrige Blumenftüde zeigten füh 
beffer an verfhämten Atelierftellen. Dora Hit wandelt tapfer in einem 
verſchmierten Mäddenportrait ihre Larriere'fhe Carrière bergab. M. Branden- 
burg's fozialiftifhe Brandreden in fhmwarzeweiß entbehren in ihrer bis an 
die Rarifatur ftreifenden Rrafbeit einer gewiffen Ueberzeugtheit nidt. Auf 
feinem Bild ,, Die Todesnadt" dilettirt er in maiver Unfähigkeit. Das Portrait 
einer jungen Dame ift eine ebenfo foloriftifd gefudte, whe ftofflid) unerfren- 
lihe Arbeit. Als Zwölften haben fih die Elf Balutfhek zu Baft gebeten. 
In feinen tühtig gezeihneten Arbeiten mit ihrer fejjelnden ‚farbengebung und 
der pbhilifterhaftefatirifihen Auffaffung der Alltagsprofa ftellt er die meiften 
feiner Gaftgeber in den Schatten. Fhm geftaltet fih das flachfte Alltagsleben 
3u fpmbolifhen Perfpeftiven. 

gn den übrigen Räumen ift aufs Neue für „breite Bettelfuppen“ geforgt. 
Nur Weniges gewährt reinen Genuß. Hans Meier giebt fih in feinen 


` 





Hugo König, Birten, 


227 


feinfinnig und bdelifat gemalten Aqnarellen befonders reizvoll. C. Gehprts 
Oelffiszen fiir die Runfthalle in Diiffeldorf find tiidtige, ziemlid) fonventionelle 
Arbeiten. Ein neues Bismard » Portrait von Lenbad zeigt den Altreids- 
fanzler in wenig fympatbifhem, verärgertem Ausdrud. M. von Studrad 
entbehrt troß der Oblatenhaftigkeit Ihrer „Heiligen Nacht‘ oder einiger Genre- 
bilder nicht des foloriftifhen Neizes und einer zarten Gnnigheit der feelifden 
Belebung. 

Niuntaczy’s Oelflizze „Vor der Derurtheilung‘ erzielt in ihrer düfteren 
Charafteriftif und der energifhen Kraft breit hingefetzter Tonlichter tiefe 
Wirkung. Don plafti~cdhen Arbeiten fällt eine Halbfigur Lö her's auf, die 
Emanuel Reider als Dor- 
lefer mit dem  geiftretden 
Aufleudten feines Blides 
gut erfaßt hat. 

* $ * 

Jeder Freund eines fo- 
liden, fünftlerifch [hönen Jim- 
merfchmuds, jeder feind alles 
Pfeudowejens wird die Aue- 
ftellung von Rünftler- 
Lithographieen im Lidt- 
bof des Runftgewerbe- 
mufeums mit hoher freude 
begrüßen. Die fehr umfang- 
reihe Sammlung ift ur 
fprünglih für das Runft- 
gewerbe-MufenminDüffeldorf 
zufammengeftellt geweſen. 
Die Räume des Berliner 
Rupferftih-Rabinets erwiefen 
fih als zu befthrantt für 
ihre Aufnahme. Wir danken 
der umfidtigen Dispofition 
Direftor Jejjen's und der 
neben ihm thätigen fad- 
leute eine geradezu mufter- 
bafte Umfhru im Gebiet 
der modernen Lithographie. 
Seit Senefelder im Fabre 
1798 auf Brund des cin- 
fahen Gefeges von der 
Scheidung des Wafers vom 
fett fein hemifhes Stein- 
drudverfahren aufbante, hat 
fi die Lithographie fhnell zu 
allgemeiner Beliebtheit in 
immer böberer — technifder 
Dollendung entwidelt. Holz- 
fhnitt, Radirung, Photo- 
graphie madten ihr dann 
den Rang ftreitig. Die freude 
an einer Wiedergabe unmittelbaren Rünftlerihaffens ließ jedod die Lithographie 
aufs Neue fieghaft die Herrfhaft aufnehmen. Ein hoher Reiz der großen 
Ausftellung im Runftgewerbe-Mufeum ift das Studium malerifher Tedniken, 
die fic) mit vollfommener Charakteriftit in der Lithographie wiederfpiegeln. 
Da viele der Blätter verfäuflih find, ift jedem individuellen Befhmad Ge- 
legenbeit geboten, mit einer Probe feiner bevorzugten Malmethode fein Heim 
zu zieren. Don der Manier des altdeutjhen Holzfhnitts bis in die Pointillir- 
art nenefter Mode ift die volle Skala zur Schau geftellt. Tie Meifter un- 
ferer verfchiedenen deutfchen Malfchulen treten mit den Künftlern Böhmens, 
Hollands, franfreihs, Belgiens und Englands in Wettbewerb und räumen 
feinem das feld. Sharf betont ih aud auf fünftlerifhem Gebiet der Gegen- 
fat franfreihs und Deutjhlande. 

Die individuellen Vorzüge jeder Nation markiren h harakteriftifh, obne 
daß ein Lebergewicht zugeitanden werden tann. Die geiftreihe Fußfpiten- 
Grazie Chéret's, die für den Steindrud fehler fabelhafte Brillanz Lunois' 
ftehen in ihrer Art ebenfo unecreicht, wie unferes Menzel Pinfel- und 
Schabeijen-Thaten, wie des Dresdner Meifters Unger wuchtige Größe der 
Charakteriftif. Gn der Auswahl der Blätter find die Runftzentren Deutfch- 
lands, die hervorragenden Lithographen fernbecihs überfittlih zufanmen« 


228 



















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F. Staſſen, Fierleiſte. 


geftellt. Holland fpriht im Portrait und in der Landjhaft mit beredten 
Dokumenten, Böhmen ift mäßig, Spanien, Belgien jehr fpärlid, befonders 
England abfolut mangelhaft vertreten. Cigentlide Leiftungen der Plafat- 
funft find diesmal ganz ausgefhieden. Nur vereinzelte, befonders in der 
Mache geiftreihe Umfihläge, wie die Cheret's und die des foloriftifd un- 
gemein pifanten Gbels, und einige deforativ hervorragend wirffame Arbeiten, 
wie die mit meifterliher Dezenz getönten, in trefffiderer Charafterijif 
gegebenen Blätter Dillon's und die großzügigen Werke von Rodegrojfe 
und Steinlen find geboten. 

Gn einem Mittelfhrank ift auf verfchiedenen Steinplatten ausgezeichnete 
technifche Belehrung über Schab-, Aega, Asphaltir-Drudverfahren, über die 
Anwendung lithographifher Materialien von dem Maler Geisler gegeben. 
Profeffor Edmann bat die neuerdings beliebte Wlgraphie an einem un- 
geätten Rreidebild auf Alumiumplatte veranfhaulidt. Eine Auswahl 
muftergiltiger lithographifdher Gnftrumente der bewährten firma Hans Stein- 
berg liegt zur Anfiht aus. Ein Rundgang durd den Lidthof führt uns 
an einer Fülle glänzender, zum À 
Theil befannter Arbeiten vorüber, 
Ein fleifiges Studium diefer Aus- 
ftellung würde eine wiinfdens- 
werthe und bödft lobnende Be- 
teiherung der fünftlerifhen Rennt- 
niffe unferes Publiftums bedeuten. 
Die Meifter der deutjben Städte 
geben fih überwiegend in fhwarz- 
weißen Werken. farbige Litho- 
grapbien treten bei ibnen feltener 
zur Erjheinung, am farbenfreu= 
digften geben fih die fleigigften 
aller Lithograpben, die Rarleruber. 

Unfere Hauptftadt bat eine 
würdige Dertretung durch Meifter 
wie Menzel, frau Paczta- 
Wagner, Liebermann, Star 
bina, Ffedner, Geng gefunden. 
Hier fheint die Lithographie mit 
befonderer Freude in der Richtung 
des harakteriftiihen Realismus 
zu graviren. Stimmungen treten 
zurüd. Die hervorragenden Schöp- 
fungen der frau Paczfa wirken 
aud in der Umgebung männlicher 
Größen mit der ganzen Wucht 
einer ftarf genialen Perfönlidfeit. 
Ihre röthlich getönten Blätter find 
auf Aluminium gezeihnet und 
zeigen die Meifterin zugleih in 
bober Vollendung ihrer Darftellung 
des Rörperliden, wie als gedanten- 
iefe Griiblerin. Unter den Münd- 











€. Blehen, Palmenhaus auf der Pfaueninjel. 








©, Felfing, 100 Jahre im Dienjte der Kunft. 


nern dominirt das Portrait. Burger's elegant gezeichnete frauen fallen auf. 
Siegmund Landfinger's neuerdings nad dem Leben aufgenommenes Brujt= 
bild Bödlin's in fhwarz-weißer Rreidezeidnung mit leihtem Sepiabezug zeigt 
das maffive Haupt des Künftlergroßmeifters in wudtiger Plaftif, mit dem 
bellfeherifhen Blid des Dichterphilofophen. Leider verrath die Yadfpur eines 
Schlaganfallse über dem linten Auge den Auserforenen bereits als den 
Gefennzeidneten. Heider's Sonnenuntergang wirkt wie ein Aquarell und 
Naager's mebrfarbige Blatter wie altdeutfhe Holzfhnitte. Bei den 
Dresdnern gelangen dem neuentdedten Müller zwei charakteriftifhe Thier- 
ftüde in fhwarz-weiß. Lührig's etwas fhwere Porträts und Bäume zeigen 
Rlinger's Einfluß. frankfurt ftellt Hans Thoma's edt gemüthvolle, all 
befannte Arbeiten in zahleeihen Proben aus. Auf feine grauen und braunen 
Töne ift mit wundervoller Beftimmtheit fet gezeichnet. Seinen dominirenden 
Einfluß zeigen Riinftler wie Süß und der edte deutfhe Steinbaufen. 
Einige liebevolle Landfhaften aus Pirna und Bafel von La Rode laffen 
die Blätter der Rünftlerin wie wirklich alte Arbeiten erfiheinen. ` 

Aus Düffeldorf interefjiren die 
Gebrüder Rampf. Arthur 
Rampf ift befonders fein in 
einer lorbeerumfränzten Todten= 
maste, die mit litbographifcher 
Tinte gezeichnet if. €. Rampf 
erfreut durch zwei delifate Blät- 
ter flandrifher Landfihaften. 
Alerander Frenz' theilweife 
tüchtige Arbeiten zeigen thn in 
feiner Anlehnung zwifhen ver- 
fhiedenften Muftern fdwantend. 
©. Jernberg arbeitet in vollen 
Linien wie mit fdwerem Pinfel. 
Die Rarlsrubec haben in vielen 
ihrer Schöpfungen Surh farbige 
Tönung den echten Zauber 
poetifher Stimmung erreicht. 
Dolfmann fefjelt mit delifatem 
fluidum in feinem entzüdenden 


„Weiher und einigen anderen 
Blättern. Befonders reizvoll 
it Otto in feiner „Abend. 


ftimmung" in zweierlei Tönung. 
Heyne wirft in feinem gelb- 
röthlihen Dorfbild wie Holz- 
fhnttt. Sn feinem „Hafenftüd'* 
erreiht Grethe eine der voll- 
endeiften Proben deutjcher tolo- 
riftifher Lithographie. 

Die Holländer haben in den zahl- 
reiden Portraits Fan Deth's eine 
Mufterreibe harakteriftifher Köpfe 
gefendet. Storm van Brave 








F H l. A Si 
WZ J 4 
ay! NN N 


$. Staffen, Sierleifte. 


fünde, čer jekt in Wiesbaden lebt, giebt in feinen andeutenden und dod feften 
Linien feinfte Meerhilder, die an Mesdag erinnern. Er bhat Sirett auf 
Aluminium gearbeitet und fonnte daher die echte Naturfrifhe übertragen. 
Unter den Frangzofen zeigt h Carricre ebenfo ungefund verjdleiert als 
Lithograph wie als Oelmaler. Signac pointillirt, Manet weif trok der 
Robbeit fener Technik harakteriftifche Effette hervorzubringen. Besnard's 
„Badende‘ wirft in ihren großzügigen Linien wie Bleiftiftffizze. Als 
geradezu verblüffender Rönner aller Art lithographifiher Leiftungen giebt fidh 
Lunois in feinen meift orientalifhen, fpanifhen Motiven. fantin- 
Latour, einer der erften Lithographen Franfreidha, benugt die Rreide meifter- 


r 






©. Selfing, 100 Jahre im Dienfte der Kunft. 


haft. England zeigt fih nur in einigen nah allen Richtungen fillernden 
Blättern von Shannon. Whiftler ift and als Lithograph geiftreih und 
harakteriftifch mit befcheidenften Mitteln. 

Die wenigen Andeutungen aus der Fülle der 600 Blatter werden ge- 
nügen, diefe Wusftellung als eine befonders genufßreihe und belehrende zu 
harakterifiren. Rein befierer Dan? fdnnte den trefflihen Deranftaltern 
lohnen, als ein im Publifum neu gewedtes Gntereffe an der Künftler- 
lithograpbie, diefem Dornröschen unter den Runfttednifen. Jn einem Mar 
und fleißig gefchriebenen Führer hat fid Dr. Georg Gronau um das 
Derftändniß des Bebotenen erfolgreih bemüht. Jarno Geffen. 


Kolleftivausftellungen in Gurlitt’s Kunftfalon. 


s ift nicht immer leicht den Leiftungen der Modernen gerecht zu werden, 
jener beftimmten Rlaffe von Modernen, welde in der Befchränfung 
auf möglidft primitive Ausdrudsmittel ihre Meberlegenbeit Neht, bis- 

weilen aud ihre Unzulänglidfeiten auf diefe Weife gefchidt Yzu bemänteln 
fudt. Das große Publifum nimmt 
fic) freilid nicht die Mühe, eine 
geniale Skizze zu verftehen; es 
bat feine Einwände gegen eine 
apboriftifhe Sprade, bei der man 
zwifhen den Zeilen lefen muß und 
vermag nit den Reiz eines in 


großen feften Rontouren und 
ein paar farben niederge- 
fhriebenen Eindrudse auf fih 


wirfen zu laffen, fondern glaubt 
in einem peinlih durchgeführten, 
forgfältig verftrihenen Gemälde 
mehr. Naturwahrheit mehr Leben zu 
entdeden. Uber aud für den, der 
fih in den „abfürzenden" Stil hin- 
einfieht und die Stärke eines folden 
Rünftlers verfteht, die im Jegten 
Grunde immer auf die Antike 
zurüdweift, ift es fhwer fi über 
die Eigenart des Betreffenden, 
wele nun einmal das Befte und 
Bleibende in der Runft bedeutet, 
ein Urtheil zu bilden. Der Pa- 
tifer Maler Rippl Rongai, der 
zur Zeit in Gurlitt's Aunftfalon 
eine größere Rollektion feiner Werke 
ausgeftellt bat, ift ohne Zweifel 
ein hervorragendes Talent. Da 
ibm jedod die Naivität der An- 
fhauung abgeht, fo wird ein un- 
befangenes Geniefen feiner Runft 
fehr erfhwert. Der Rünftler fheint 
duch alle Stile der modernen 





C. Blehen, Palmenhaus auf der Pfaueninjel. 


Runftiibung bindurdgegangen; Alles, was an fünftlerifhen Befrudtungs- 
ftoffen in der Luft lag, hat in feinem Wefen Reime getrieben, ihm die direkte 
Anregung zum Schaffen gegeben. Aber felbft, wenn man über die Einflüffe 
der Japaner, der Schotten und vor allem des Franzofen Degas hinwegfieht, 
bleibt nod eine energifhe Per- 
fönlichkeit, die durdh den Reih- 
thum des Geiftes beftiht, wab= 
rend fie dem Gefiibl einen ge- 
ringen Antheil übrig läßt. Es 
it Dieles in feinen Werken, was 
aufden erften Blid Bewunderung 
einflößt, mehr nod, was ert nadh 
längerem Befchauen feffelt. Aber 
aud) manderlei, was vielleidht 
durd) den modernen Plafatftil be- 
fruchtet nur auffallend erfdeint 
und fid, in der Nähe betrachtet, 
wie eine müfßige Spielerei aus- 
nimmt. Die Hauptmotive zu feinen 
figiitliden Darftellungen bilden 
ftarfe, ausgefprohene und fein 
beobadtete Bewegungen, welde 
nit felten aud den Portraits 
einen febr haratteriftifhen, genres 
haften Jug verleihen. 

So in dem lebensgrofen 
Bild einer Dame, die auf den 
gleihmäßig vorgeftredten Armen 
ein Bauer mit einem Ranarien- 
vogel hält und unter deffen Be- 
wiht den Oberkörper zurüdbeugt. 
Die Malerei erfhöpft fih bier in 
ein paar Lofaltönen, die fein 
gegeneinander geftimmt find, jede 
Härte vermeiden und eine luftige 
Wirkung behalten. Bei einer 
nod monumentaler aufgefaßten 
weiblichen Figur in einem fblidten 





230 Deutfhe Runft. 


Schwarzen Rletde, die eine Schale über fih reiht und den Linienfluß ihrer fhlanten 
Figur zum vollften Ausdrud bringt, ift der harakteriftifhe Blanz der Oelfarbe 
abfihtlich vermieden, d. b. der Maler hat die farbe zum Theil von dem freidigen 
Malgrund auffaugen laffen, wie bei einer Untermalung, um jo den gedämpften 
Ton eines Paftells bervorzubringen. Man weiß daher mandhmal feine Oel- 
bilder faum von den wirklihen Paftellen zu unterfheiden, die in dem weihen 
Dämmerton der Schotten gehalten find, und in der geiftreihen und freien Be- 
handlung, bei der Rohlenzeihnung und Paftelltönung oft ineinander übergeben, 
zu dem eigenften Gebiete des Riinftlers gehören. Jn allen figürlihen Dar- 
ftellungen, in dem Portrait eines Herrn, der fih auf einem Coaifelongue, den 
Ellenbogen ftürend und in einem Bude lefend, ausftredt, in dem Croquet. 
fpieler, der, mit gejpreizten Beinen ftehend, zum Schlage ausholt oder in jener 
fomifchen Figur, die, in Riffen und 
Degen vergraben, nur einen Arm aus 
dem Bette heraushangen läßt, ift der 
Eharakter, das fhöne und fpredende 
Moment einer Bewegung mit großer 
Lebendigkeit erfaßt und mit einer 
graziöfen Leichtigkeit miedergefchrieben, 
welde ein bedeutendes Rönnen verräth. 
Was die landfhaftlihen Studien und 
Bildchen betrifft, fo erfcheinen die- 
felben, von einigen Ausnahmen abge- 
feben, 3u launen- und rathfelbaft, um 
über den Werth Fünftlerifcher Notizen 
binauszugeben. 

Mit einer zweiten Rolleftiv-Aus- 
ftellung ftellt fid) die Berliner Rünft- 
lerin G. Goldfdmist vor. Sie 
bat einige Aehnlichkeit mit dem be- 
fprodhenen Parifer Rollegen, infofern 
fie die Frifthe der erften Auffaflung 
niht gerne einer detaillirten Dar- 
ftellung opfert. Es find bauptjädlid) 
Gruppen von Rindern und einzelnen 
Siguren, welde fie mit einem breiten, 
auf: große Fledenwirkung zielenden 
Dortrag fehildert. Gn den beiden 
Rindern, die, in weiße Pelzmäntel 
gebüllt, auf einem blau-rothen Teppich 
fteben, fpriht fh eine große kolo— 
tiftifhe Begabung aus. 

Ein inniger Jug liegt in dem 
Mädchen, das fih an feine an den 
warmen Radelofen anlehnende Mutter 
anfdmiegt, während hier die Farbe 
einige branftige Stellen zeigt und noch 
nit völlig ausgeglihen ift. Eine 
bewundernswerthe Rraft und Tiefe 
dea Tones erreidt die Riinftlerin in den 
beiden Banernfindern, deren plumpe 
Gefihter durchaus nicht idealifirt find; 
das eine der beiden Mädchen fikt auf einem hoben andfeiten Stuhl, dem 
Befhauer gerade zugewendet, das andere lehnt fih fehr natiirlid an die 
Schwefter oder Freundin an, während ein greller Lichtftrom ihre Bade und 
die herabbangende Hand jtreift. 

Einem größeren Familtenportrait gereicht die ffiszenbafte Behandlung 
nicht zum Dortheil, indem die Formlofigkeit der dargeftellten Figuren dem 
Bilde ein unfertiges und verblajenes Ausfehen giebt. Die Einzelbildnifje der 
Rünftlerin imponieren durch den fprehenden Ausdrud, fo das Portrait einer 
fhwarzgefleideten Dame in Muff oder das des Fräulein H. in Reichenhall; ber- 
vorzubeben ware nod) eine delifat gemalte Straßenfzene, die einem Blumen- 
markt in Halle entlebnt if. Jn den Vordergrund fihreitet ein armlid ge- 
Fleideter Mann, welder einen grofen Rorb mit rothen und gelben Chryfanthemen 
auf den Schultern trägt, linke, vor einem Rorb mit Blumen, ftebt ein Junge, 
der, im Bejchauen der Blüthenpracht vertieft, an einem Halm faut. 

Ale ein Nahzügler der Dresdener Sezefloniften, welde no vor Kurzem 
die Burlitt'fhen Ausftellungsräume beherrfhten, hat fih der jugendliche 
Rid. Müller mit einer Sammlung von Original-Radirungen, Litho- 





A. Menzel, Studie. 


gtaphien und Feihnungen eingeftellt. Der 24 jabrige Riinftler, der mit feiner 
Rompofition „Adam und Eva" den fähfifhen Staatspreis erwarb, verfügt 
über ein hohes Maß tehnifcher Sicherheit, welde er fih auf dem Gebiete der 
Griffelfunft lediglih durch eigenes Studium im Laufe eines Jahres angeeignet. 
Die erften Cleineren Arbeiten, die vom Rommerszienrath Seeger in Berlin er: 
worben und publizirt find, zeugen von einer eminenten Schärfe der Be 
obadtung, von einer ftaunenswerthen Gabe unzweideutiger Charafteriftif in Der- 
bindung ‚mit einer fehr malerifhen Anfhauung, welde mit fraftigen Ton- 
maffen bildmäßig zu geftalten verfteht. Am vortbeilhafteften äußert fic fein 
Talent in Th ierdarftellungen, fo in dem Marabupar, das ferzengerade hinter- 
einanderftehend, duch den Schein einer Laterne aus dem Schlafe aufgefheucht 
wird, und, verftoblen blinzelnd, in pbilofophifher Ruhe verharrt, ohne von der 

Urfadhe der Störung Notiz zu nehmen. 

Nidt minder lebendig ift das Bild 


i eines Shimpanfen, der die Nafe feines 


menfhenäbnliben Gefihtes an den 
Stangen feines Rafigs plattdriidt und, 
mit den Dorderpfoten die Stabe um- 
Hlammernd, mit grofer Meugterde einen 
fih draußen abjpielenden Dorgang 
beobadtet. Don weiteren Thierzeidh- 
nungen feien hervorgehoben die Ramele, 
die theils am Boden fnieen und liegen 
theils im Aufftehen begriffen find, ein 
Affe, der mit einem Rorbe fpielt, eine 
langbaariger Vad mit einem erzürnten 
Gefidtsausdrud, Seevdgel mit fdim- 
mernden Brüften und Elephanten. Die 
Meifterfhaft feiner Technik zeigt fih 
befonders in der fiheren, unterjchied- 
lihen Behandlung des Stoffliden, in 
der Wiedergabe von Wiilften, Falten, 
Haarbüfheln und einer durhfurdten 
Haut. Cin intereffantes Beleudhtungs- 
problem ift in den Sfildufern gelöft, 
welhe fih in fharfen dunklen Sil- 
houetten von dem Halbton der Luft 
und dem bell beleuchteten Schnee 
abheben. 

Einen fhlagenden Beweis feines 
überlegenen Rönnens giebt der Rünftler 
in der Radirung eines Babndammes. 
Der an und fiir fic) unerquidlide Dor- 
wurf ift durch die intime Anfhauung 
des Riinftlers zu einem jehr malerifchen, 
intereffanten Bilde erhoben. Die mit 
Ries beftreute Schienenftrede löit fih 
als ein leuchtender Streifen von dem 
{harf abgegrenzten Geftrüpp, mächtige 
Telegrapbenftangen ragen zu beiden 
Seiten empor, binter dem Bahndamm 
bewegen fih einige ährenleſende 
frauen auf den Stoppelfeldern, während am Himmel düftere Gewitterwolfen 
aufziehen. 

om Broßen und Ganzen miiffen wir befennen, daß wir diefer fih 
bäufenden Kollektiv - Ausftellungen ein wenig müde find. Dies maffenbafte 
Zurfhaubringen einzelner Künftler hat eigentlid. nur einen Sinn, wenn es 
fih um eine ausge/prodhene Gndividualitat handelt, deren Studium fih ver- 
lohnt. gm Uebrigen fiheinen uns folde Ausftellungen einen übermäßigen 
Anfpruhd an das Publifum zu erheben, das nah Abwedfelung verlangt. 
für die Phafen Ser Entwidelung aufftrebender Riinftier fehlt das Gntereffe, 
und, wenn man den materiellen Erfolg in's Auge faßt, die nöthige Raufluft. 
Man muß um jeden Preis Einer werden wollen, oder längft Einer fein, um 
fo viel Waare auf ein Mal mit der Ausfiht auf Derwerthung an den Markt 
bringen zu Fönnen. Der Runjthandel lauft anf dlefem Wege Befahr, ein- 
feitig 3u werden und fein Abfatgebiet zu Bunften eines Einzelnen zu be- 
fhränfen. Selbft diefer Einzelne aber findet erfahrungsgemäß befer feine 
Redhnung, wenn er die Konkurrenz nicht fhent und fein Rönnen an dem der 
Mitftrebenden zu meffen Gelegenheit giebt. Gm Rampfe wadft die Kraft. 
= = R. Rrumma der. 


— 


Deutfde Rune 





231 


Die Galerie Kuhg. 


m 

A eben Eduard Meperheim figurirten in Ser bei R. Cepte 
verfteigerten Sammlung Rubk niht weniger als adt 
Landfbhaften und Arditefturen von Karl Bleden, 

die fammtlid hohe Preife erzielten, beifpielsweife die beiden von 

uns abgebildeten Anfihten aus dem Palmenhaufe je 2809 und 

2100 M. Aud das ift ein Zeichen der Zeit. Es bedurfte 

einer Rolleftivausftellung der zahlreihen im Befike der Berliner 

Nationalgalerie befindlihden Studien und Gemälde diefes 

romantifden und Sod auf treu- 

etem Yaturftudium paffenden 

Candfdafters im Jahre 1881, 

um feinen innerhalb eines Zeit- 

raums von vier Jahrzehnten 

vergeffenen Namen in die Er- 

innerang zurüd zu rufen. Und 

odh it Karl Blehen einer der 

genialjten Vorläufer Arnold 

Bédlin’s. Don der Schirmer’ 

fhen Ylaturauffaffung gebt er 

aus, aber aud ibm genügt nicht 

die ins Romantifde überhöhte 

Wiedergabe der Wirklichkeit. Er 

bevdlfert feine phantaftifchen 

Landfdhaften mit fpufbaften 

‚Fabelwefen, die den Panifden 

Schred ins Nordifh-Braufige 

überfegen. Dabei geht er über- 

all von fleipigem MWaturftudium 

aus, wie es fid ibm in der 

nädften Umgebung Berlins oder 

allenfalls in Oberitalien bietet, 

das er im Jahre 1827 befuchte. 

‚Friedrich Eggers fhrieb über ihn 

im Jahre 1855 bei Gelegenheit 

einer Ausftellung Blehen’ fher 

Bilder aus Privatbefiß: 

„Sein Streben (nad ro- 
mantifher Auffaffung) bat ihn 
sulegt in Regionen verlodt, wo 
die Natur mit fputbaft geifter- 
baftem Grauen uns die Seele 
erftarren madt. Eins der 
eminenteften Werke diefer Art ift Z 
die große Felfenlandfhaft mit 
feltfam fchauerliher Staffage, 
offenbar einem nordifchen Yatur- ee 
ftudium nacdgefiiblt. Die flare Heiterfeit Ses Südens? fonnte 
ihn nicht in folhe gefpenftifhe Abgründe führen; ihre fonnen- 
Surdftrablte Schönbeit mwedte in feiner Seele nur rübrende 

- Rlage, fanft fhmerzlihe Wehmuth, und jede Schöpfung, die er 
diefem Gebiet entlodt bat, ift durchweht von dem leijen Schauer 
der Dergänglichkeit, die gerade zart organifirte Naturen in der 
Mitte des Genuffes hödhfter Schönheit erbeben madt. Wie ganz 
anders der Norden auf ihn wirkte, beweift außer der Felfen- 
landfhaft das große Bild, das den Blid auf die Müggelsberge 
bei Köpenid Sarftellt. Saftiges Wiefengrün, brauner Heide 
grund, auf dem fid die Schatten hober FSbren und Fidten 
fharf binzeihnen, dann der flare Himmel, an den die Sonne 
nur ihr Licht, nicht ihre Wärme zu fpenden feeint, und in 
Seffen Blau die mächtigen fichtenfronen mit tiefem Schwar:grün 
bineingreifen — das find Gegenfake nordifher Natur, die der 
Riinftler in fcneidender Schärfe, in rauber Bewaltigkeit dar- 
geftellt bat. (Jm Befig von Herrn Ff. W. Bröfe in Berlin.) 

Endlich jene Felfenlandjdhaft, wo die Natur in Sämonifchen 
Grauen fih enthält. Sie bezeichnet vielleiht Sen Gipfelpuntt 
von Derinnerlihung des duferen Lebens, den Bipfelpunft, der 


“ar td 





AN Menzel,’ Studie. 


fhon umftarct it vom bodenlofen Abgrunde des Wahnfinns. 
Wir feben ein dunkles Bewäffer, weldhes den wolfenfdweren 
Himmel nod diifterer zurüdwirft. Ringsum Felfen in ftarren, 
öden Formen, einfame Bergeshalden mit fhwarzen Branitblöden, 
tiefdunfles Gebiif und Baumwerf. Die ganze graufame Un- 
erbittlicFeit, wit weldher die Schauer der Natur die Menfchenfeele 
pagen und zurüdjtoßen, liegt auf diefer Landfhaft. Und ganz 
vorn niet ein Men, die todbringende Büchfe auf einen gee 
fpenftifchen Robold anlegend, der 
ruhig grinfend das obnmadtige 
Beginnen verhöhnt. Unbemerft 
binter dem Schüten fihleicht ein 
grauenhaftes Berippe berum, bes 
reit, ibm mit ausgeftredter Hand 
den Schuß verderblih zu len- 
fen. Drüben aber unter den 
Bäumen des Waldes ringt ver- 
3weiflungsvoll ein Madden in 
langem, cufgeldftem Haar dic 
Hände...“ 

Die beiðen von uns repro- 
Suzirten Studien aus der Samm- 
lung Rubg zeigen ailerdings 
nod nichts von diefer wilden 
Phantaftif, fie fteden nod) tief 
in der Schirmer’ fen Schule, wie 
fie fid) etwa in Bellermann ver- 
nüchterte, aber die Einfügung der 
orientalifhen Staffage weilt 
doch ſchon auf die fpatere Ridh- 
tung Rarl Blehens bin. Das 
Palmenbaus auf der Pfaueninfel 


wird ihm zum. Faubergarten 
eines Harems, den er mit 
Pafhas und Obalisten  be- 
völkert. 


Die beiden Figurenſtudien 
von A. Menzel, die auf der 
Lepke'ſchen Auktion 1560 und 
2110 Mark erzielten, find präd- 
tige Beifpiele der Entwidelung 
des treueften Wirklichkeitsfchilde- 
rers von 1852—1888. Beinahe 
vier Dezennien liegen zwifchen 
den beiden Handzeihnungen. Der 
Siebenunddreifigjährige und der 
Dreiundfiebzigjährige! Weldhe Steigerung in der Kraft der Er- 
faffung und der Wiedergabe des Befehenen! Der Akt wird zum 
Charafterbilde, die Bewegung zum Ausdrud des inneren Seins. 


of (Xx & J 


Eine Sammlung Mengel'feher Handzeichnungen fann fdon heute 


als Rapitalsanlage gelten, deren Werth von Jabr zu Jabr wählt. 

Wenn das, was man jüngft dem Publitum als geniales 
Erbafden der Natur aufijhwaten möchte, längft zu werthlofem 
Trödel geworden ift, wird man folde Skizzen des Meifters als 
unfhätbares Studienmaterial für den Renner wie für den Runft- 


- jünger zu den Perlen unferer Sammlungen zäblen. 


Fwei nicht einmal erfiklafjige Aquarelle Adolf Menzels’ er- 
zielten bei der Verfteigerung der Sammlung Kuh 3110 und 
1700 M. Das eine ftellt Rouffeau dar, wie er, an die Thür 
eines Bartenbaufes gelehnt, eine Befellfchaft belaufcht, deren Gondel 
foeben an den Stufen einer Treppe gelandet ift; das andere 
f&ildert eine Mastengefellfhaft bei Ser Tafel, an Seren oberem 
Ende fi ein Durhblid in den Ballfaal öffnet. Das bedeutendfte 
Bild der Sammlung war das bekannte Meifterwerf Menzel's 
‚stiedrih der Große und die Barbarini‘, das 15100 M. brachte. 

G. M. 


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Die Zälfhung von Mumien-Portraits. 


Schon furz nad der erften Entdedung. der Graf'fhen Mumien- 
Portraits tanudten in Aegypten fälfhungen auf, die niht ungefhitt an- 
gefertigt, mit etwa 70 Mark pro Stüd von arabifhen Händlern angeboten 
wurden, und es find Anzeihen vorhanden, daß der Markt in näcjter Zeit mit 
folden Machwerfen ebenfo überfhwemmt werden wird, wie mit unedten 
Sfarabaeen und den befannten in Hanan gegoffenen Ofirisftatuetten. Wenn 
aud der Renner fih nicht fo leicht täufchen laffen wird, fo fei bier dod ein 
nah Georg Ebers’ Angabe untrüglihes Merkmal zur LUnterfheidung der 
echten Bildniffe von den gefälfhten angegeben. Die echten Mumien-Portraits 
find bald auf ftarfere bald auf dünnere Tafeln gemalt. Gene beftehen ge- 
wöhnlid aus Syfomoren, diefe aus Cypreffenhol; und wurden nidt gefägt, 
fondern mit einem hadenartigen Beile zugehauen, wie man ibm auf elt- 
ägyptifhen Darftellungen begegnet und es beute noh von ägyptifhen Hand- 
werfern gebraudhen fiebt. Gm Laufe der Jahrhunderte trodnete das Holz 
völlig ein. Bebrauht man das Meffer, fo it die Schnittflähe ohne jede 
Ausnahme von mehr oder weniger dunklem Braun. Der Fälfher bemalte 
nur die Ränder des dünnen Täfelhens mit der nämlihen Farbe. Schneidet 
man ein Stüdhen «b, fo leuchtet die Schnittflähe in hellem Weiß. 


ITeue Paneelbilder von Fragonard. 


Schon in einer unferer früheren Nummern fonnten wir von der Entdedung 
Fstagonard’fher Wandbilder in einem Gartenpavillon in Nizza berichten. 
Jüngft find wieder fünf Paneelbilder desfelben Meifters für den enormen 
Preis von 1250000 frants in den Befit des englifhen Runfthandlers 
Charles Werthheimer übergegangen. Sie werden augenblidlid in Lyon 
fopirt und dann vorausfidtlid) nah Amerika überführt. Die Bilder befanden 
fidh im Haufe des Herein de Blys zu Graffe in der Provence. Jean Honoré 
fragonard 30g fih gegen Ende feines Lebens nadh feiner Heimathftadt zurüt. 
Niemand wollte feine Erzeugnifie mehr Fanfen; die FJafobiner hatten für feine 
Schäferinnen und feine Blumengemwinde feinen Sinn. Daß er feinen Frieden 
mit der Revolution madte und fogar im Falt-Mafjifhen Stile zu malen ver- 
fudte, fonnte ibm nichts helfen. Eines Tages alfo padte er feine Habfelig- 
feiten 3ufammen, darunter vier Paneelbilder, welche die Dubarry bei ibm 
beftellt, aber nicht abgenommen hatte, und 309 nah Graffe, wo er arm und 
unbeadtet ISOG ftarb. Jene Paneelbilder bradte er in feinem Salon zu 
Graffe an und malte dazu nod ein fiinftes. Einer bejonderen Befchreibung 
bedürfen fie faum, d2 fie die befannten Fragonard'jhen Figuren, eine Pjyde, 
eine Eros und verfchiedene glüdlihe Paare, enthalten, alle balbnadt, halb- 
bekleidet, in paradiefifher Blüdfeligfelt. Jedenfalls ift es merfwicdig, dağ 
‚Ftanfreih diefe Shake niht im Lande zu halten verfuchte. 


Ruriofa aus Atelier und Werkſtatt. 


— Anton v. Werner als Umftürzler und Naturalit. Jm 


jahre des Heils 1875 war A. v. Werner ganz bheimlidh, fur3 vor feiner 


Vermifchtes. Kuriofa aus Afelier und Glerkfatt. 
Gedanken ühen hildende Kunf. 






Abreife nah Venedig, wo er die Herftellung des Mofaikfriefes für die Sieges- 
fäule überwachen follte, zum Akademiedireftor ernannt worden. Man wufte 
nicht recht, was man von ihm zu erwarten hatte und begegnete ihm mit 
einem gewiffen Miftrauen. Als er Profeffor Mommfen gelegentlid eines 
Diners beim Gebeimrath Sdhoene zum erften Male fab, begrüßte ihn der 
BGelebrte mit den freundliden Worten: „So, Sie find alfo der Mann, der 
bier bei uns alles umftürzen will?" Profellor Pfannfhmidt fagte eindringlich 
und wohlwollend: „Stürzen Sie niht um, bauen Sie auf! Als er die 
Profefforen Buffow, Schaper, Thumann, Michael, Albert Hertel an die Hod- 
fdule berufen hatte, erhob fih ein Sturm des Unmwillens über den herein- 
bredenden Naturalismus. Und in der Akademie fagte Profeffor Daege: 
„Nene Befen fehren gut, aber Sie werden fhon feben. Hente- nah zwei 
Jahrzehnten gilt A. v. Werner als Et- und Prellftein der Akademie. Der 
Umftürzler ift zum Stüßpunft geworden und halt allem Schiitteln und Riitteln 
der „Jungen“ energiih Stand. 


— Das Aufleben der äfthetifhen Bewegung in London. Seit 
der von Osfar Wilde infzenirten „intenfen" Gefdmadsrevolution fdien 
jenfeits des Ranals eine Periode der Gefundung eingetreten zu fein. Da 
madt fid plößlih ein Rüdfall bemerkbar, der an die Prärafaeliten-Aus- 
ftellung in der New-Gallery antniipft. Dante Gabriel Roffetti bat es 
wieder einmal den Londoner modefiidtigen Weiblein und Gungfrdulein an- 
gethan. Gn 3artfarbige, leit gemalte, lang herabwallende Stoffe gekleidet, 
das Haar nadenfrei gefnotet, feben fie ans, als ob fie. aus den Gemälden 
berausgetreten waren, die fie fcbmadtenden Blides, das Haupt glid einer 
gefnidten Lilie feitwärts gewandt, finnig bettadten. Gn Sandalen wandeln 
fie auf der Straße einher und führen der Sauberkeit halber ein paar reine 
Strümpfe bei fih, die fie, bevor fie den Salon betreten, anziehen. „Rossettis 
maiden“ bat fle der Dolfsmund getauft. 


Gedanken über bildende Bunft. 


Es ift thörig, von einem Rünftler zu fordern, er foll viel, er foll alle formen 
umfaffen. Hatte dodh oft die Natur felbft für ganze Provinzen nur eine Befichts- 
geftalt zu vergeben. Wer allgemein fein will, wird nidts; die Einfhränfung ift 
dem Rünftler fo nothwendig als jedem, der aus fih was Bedeutendes bilden 
will. Das Haften an ebendenfelben Begenftänden, an dem Schrank voll 
alten Hausrathse und wunderbaren Lumpen bat Rembrandt zu dem Einzigen 
gemadt, der er ift. Denn ic) will bier nur von Liht und Schatten reden, 
ob fih gleih auf Zeihnung eben das anwenden läßt. Das Haften an eben 
der Geftalt unter einer Lidtart mug nothwendig den, der Auge hat, endlich 
in alle Beheimniffe leiten, wodurd fih das Ding ibm darftellt, wie es ift. 
Nimm jego das Haften am einer form, unter allen Lidtern, fo wird dir 
diefes Ding immer lebendiger, wahrer, runder, es wird endlid du felbft 
werden. Uber bedenke, daß jeder Menfchenkraft ihre Grenzen gegeben find. 
Wie viel Begenftände bit du im Stande, fo zu fallen, daß fie aus dir 
wieder neu bervorgefihaffen werden mögen? Das frag’ dich, geh’ von 
Häusliden aus und verbreite dich, jo du fannft, über alle Welt. Goethe. 





CEERI ENS TE 











Die Gruppen auf dem UAndreas:-Plag in Berlin. 


€s ift für die fortjchreitende Bethätigung der öffentlihen Runftpflege von 
Bedeutung, wenn Staat und Biirgerfhaft dem Bildhauer nit nur die Hand 
reihen, um das Andenken politifher Ereigniffe und großer Männer zu ehren, 
fondern aud lediglich, um öffentlihen Plägen und Anlagen eine Zierde zu 
fhaffen, deren Herftellung niht an den fdwierigen Apparat großer Mo» 
numentalbauten gebunden ift, und der genrebaften Erfindung den weiteften 
Spielraum gewährt. Die Reidshauptftadt bereidert fid von Jahr zu Jahr 
mit dem Schmude neuer Denkmäler. für den Andreas-Plat ift eine monu- 
mentale Bartenbanf in Ausfiht genommen, die fhon im Laufe des nädften 
Sommers enthüllt werden foll. Der Entwurf von Baurath Blanfenftein 
zeigt drei miteinander verbundene Rondels. Un der durch Truppenftufen er- 
böhten tiefer liegenden Niſche zieht ih eine Steinbanf entlang. Wo die 
concaven Wände abfcliegen, erheben fih auf breitem Poftamente plafifche 
Gruppen. Die Ausführung derfelben wurde den Bildhauern €. Bomansfy 
und W. Haverkamp- übertragen, deren Arbeiten bei einem Preisausſchreiben 
für die Statue der Sprea des Berliner Rathhaufes zu den preisgekrönten 
gehörten — Bomansky’s Entwurf befand fih in der engeren Wahl — und 
3u diefem Auftrag Deranlaffung gaben. Das Haverfamp'fhe Bildwerf 
Eniipft dirett an die Umgebnng des Gnduftrieviertels an, es verberrlidt die 
Schönheit, welhe aus Kraft und Arbeitsfleiß emporblübt. So blidt der 
Junge voll Bewunderung zu feinem Vater 
auf, den er mitten im feiner harten Arbeit 
befudt, um ibm das Mittagefjen zu bringen. 
Doll Verlangen ftredt er die Hand aus nad 
dem Hammer, den die nervige fanft des 
Sdmieds umfaft, wie wenn er feinen 
fehnliheren Wunfch hätte, als „groß zu fein" 
und ebenjo den Hammer zu fohwingen wie 
der Dater. Die Ausführung der Figuren in 
Tiroler Marmor wirkt insbefondere ans 
fpredend duch das liebevolle Eingehen auf 
jede Einzelheit, der fpredende Ausdrud des 
Rnabenfopfes ift für den Vorwurf ehr be= 
zeihnend, ebenfo die Haltung des aus- 
geftredten Armes, welde der jugendlichen 
Geftalt einen pathetifhen Ernft verleiht. Jn 
der Gruppe Gomansly's offenbart fid große 
Innigkeit der Auffafjung. Ohne Zweifel ift 
der gentebafte Vorgang vom Rünftler mit= 
erlebt und mitempfunden. Doll zärtlider 
‚Freude. blidt die Mutter zu dem drangvollen 
Sprößling herab, der fih auf ihrem Schooße 
febr natürlich räfelt und aus findlider Ge- 
wobnbeit die finger in den Mund ftedt. 
Das durch das Lmberrutfhen verfhobene 
Hemd läßt die befonders gelungenen quellenden 
‚formen, die fettpolfter der Beinen fehen. 
In der ausgefprohenen Beleuhtung treten 
vielleiht einige Härten zu ftar? hervor, 
während Partien, die im Halbton und 
Schatten liegen, wie die linte Hand der 
Mutter, alle Feinheiten der Modellicungen 
erfennen laffen. Gomansfy war Schüler von 





E. Gomansfy, Mutter und Kind. 


Gruppe fiir den Andreasplak, Berlin, 


Prof. Siemering und unterftügte den Rünftler.bei feinen großen Schöpfungen, 
dem Siegesdenfmal in Leipzig, dem Wafyington-Monument in Philadelphia 
und dem Lutherdenfmal in Wittenberg, indem er mehr und mebr felbftftändig 
arbeitete. Haverfamp genoß feine Ausbildung bei Prof. Schaper, gewann 
1889 den großen Staatspreis zu einer zweijährigen Studienreife nach Ftalien 
und fhuf neben Reliefs und Skulpturen für den Altar der Lutherfiche in 
Berlin dte Apoftelfiguren Petrus und Paulus für die Raifer Wilhelm - Ge- 
dädhtnißfiche, ferner ein Biemarddenfmal für Plauen und eine Statue 
SFriedrids des Großen für Rathenow. 





Berlin. — Die große Alademifhe Jahresausftellung beginnt 
ihre Schatten voraus zu werfen. Die Mißftimmung, die ob der geplanten 
Beſchränkung des Raumes in der Rünftlerfhaft Plat zu greifen drohte, weicht 
der ruhigeren Erwägung, daß fo eine Garantie gegen das Eindringen der 
bloßen Marftwaare gefhaffen wird. Es werden die fehs großen Säle, die 
tedts und linfs von den drei erten Salen der Mitte liegen, ferner die 
äußeren Seitenfabinete im Hauptgebäude und alle Seitenfabinete des hinteren 
Anbaues vollftändig gejchloffen bleiben. Mit diefer Verkleinerung der Aus- 
ftellung hängt die Beftimmung zufammen, daß fein Riinftler, mit Ausnahme 
befonders eingeladener Meifter, mehr als drei Werke zur Ausftellung bringen 
darf. Gn der Organifation der Ausftellung ift eine Veränderung dahin vor- 
genommen, daß die WAusftellungsfommiffion die Anordnung der Runftwerke 
fic) felbft vorbehalten bat, daß fie, anders 
ausgedriidt, als Hangefommiffion fungiren 
wird. 

ongwifhen fteht uns nod ein anderer 
Runftgenuß bevor. Nah Schluß der Aus- 
ftellung der Rünftlerinnen werden die Räume 
der Röniglihen Akademie ih für eine neue 
Schauftellung öffnen, für welde das Jnter- 
ejle weiterer Kreife mit Beftimmtheit erwartet 
werden darf. Es it die Schwarz-Weif- 
Ausftellung des Derbandes Dent- 
fher Glluftratoren, der, im vorigen 
Jahre gegründet, heute fhon faft die ganze 
im Slluftrationswefen thätige deutfche Rünftler- 
[haft umfaßt. Der Derein ftrebt mit diefer 
Ausftellung, deren hiftorifhe Abtheilung, an 
Chodowiedi, Ramberg, Cornelius 2c. an- 
Eniipfend, den Entwidelungsgang der deut- 
fen Glluftration bis auf die moderne Zeit 
vorführt, einen doppelten Zwed an; er will 
3u praßtifhem Dortheil Zeichner und Der- 
leger einander näher bringen, und nad der 
ideellen Seite bin im großen Publitum das 
Derftändniß und die freude an diejem Zweige 
der Runft weden und vertiefen. Don deut- 
(hen Glluftratoren wird faum ein befannter 
Name unvertreten fein: Diez, Harburger, 
Sdhlittgen, Woldemar Friederih, Rddling, 
Aler. Zid, Thumann, A. von Werner, Menzel, 
Döpler, Starbina, Bebrts, René Reinede, 
Dogel-Plauen, Meyerheim, Jüttner, Rod, 
Schönleber und viele Andere werden mit 
Ihren Arbeiten üh einfinden. 


— — a es tr 





Für den künſtleriſchen Schmuck der ſtaatlichen Gebäude bekundet 
der Kaiſer nach wie vor ein reges Intereſſe. So nahm er kürzlich die 
plaſtiſchen Arbeiten für die Front des neuen Marſtalls in der Domwerkſtatt 
des Profeſſor Leſſing in Augenſchein. Die Darſtellungen ſind durchweg im 
Schlüterfhen Barodftil gehalten. Die Hauptaufgabe bildeten zwei Wand- 
brunnen an der Front gegenüber dem Sclofje; der eine erhält bei der Rur- 
fürftenbrüde, der andere nad der Breitenftrafe zu feinen Plak. Das große 
Giebelfeld nah dem Schloffe zu wird ausgefüllt durch eine Darftellung des 
preußifhen Wappens, dem fih Fahnengruppen und allerhand Embleme an- 
gliedern. Das Meinere Biebelfeld nah der Spree erhält eine Rartoude mit 
dem Yamenszuge des Raifers, flanfirt von Adlern, mit einer baroden 
Dekoration. Redhts und links von den Giebelfeldern werden fat 4 Meter 
hohe Pferdegruppen fteben. Ein jedes der Roffe wird von einer mannliden 
und einer weibliden Figur begleitet. Zur weiteren Ausfhmüdung- der Attika 
gehören noch drei Feldherrngruppen. Es find Jmperatoren in römifger Ge- 
wandung, zu denen in baroder Art Figuren fomponirt find, die ih auf den 
Marftall, auf Hufbefhlag und Aehnlihes beziehen. 

Aus der Chronik der Aunftpflege durch Künftler- und Runft- 
vereine ift zu bemerken, daß der feit ISSO beftebende Derein Pallas Ende 
diefes Monats feine erte Sffentlide Ausftellung im Equitable-Haus veran- 
fialtet, um fo ein Gefammtbild feiner Beftrebungen zu geben. — Der 
Verein der Kunftfreunde im Preußifhen Staate hielt im Architeften- 
baufe feine 71. Jabresverfammlung ab. Nad dem vom Landgerichtsdiceftor 
Heffe erftatteten Jahresbericht ift die Fahl der Mitglieder von 712 auf Sil 
angeftiegen. Eine größere Summe wurde zur Herftellung der DVereinsgabe, 
des Stihes von Hans Meyer nah Anaus’ „Trogföpfhen‘, bewilligt. UAn- 
geregt wurde, als Dereinsgabe auh einmal eine Bronze zu geben und zu 
diefem Zwede die Aünftler zur Einreihung geeigneter Heiner Skizzen auf- 
zufordern. Das Vermögen des Vereins beläuft fih zur Feit anf rund 
S3 000 M. Aus der von Seydlig-Stiftung erbielten die Maler ©. Frenzel 
und Profeffor von Gebhardt fowie die Bildhauer Profeflor Hundriefer und 
der Rürzlih verftorbene Michael Lod Prämien von je 200 M. — Gm 
Deutfhen Runftverein wurde der Geheime Oberregierungsrath Erid 
Müller einftimmig zum Dorftandemitgliede und erften ftellvertretenden Vor- 
kenden gewählt; er tritt am die Stelle des Geheimen Oberregierungsrathes 
v. Moltfe, der in folge feiner Ernennung zum Negierungspräfidenten in 
Oppeln ausfceidet und nur furze Zeit feines Amtes waltete. 


Münden. — Die Jahres- 
Ausftellung 1898 im Rgl. Blas- 
palafte wird am I. Juni eröffnet und 
Ende Oftober gejhloffen. Die An- 
meldungen haben bis 50. April zu er- 
folgen, die Einfendungen vom 10. bis 
50. April. Anmeldung forporativer 
Ausftellungen hat bis I. April zu er- 
‚folgen. Eine rege Betheiligung be- 
deutender Riinftlerforporationen fteht in 
Ausfiht, unter Anderen haben die Bez 
ſchickung der Ausſtellung mit geſchloſſenen 
Kollektionen ſchon zugeſagt die Düſſel— 
dorfer Sezeſſion, die Dresdener Sezeſſion 
und der Rarlstuber Riinftlerbund. — 
Inzwiſchen fudt fih die Luitpold- 
gruppe auszudehnen. Sie bat ein- 
ftimmig befchloffen, fi zu erweitern, in- 
dem fie fiinftig aud) Riinftler ale Mit- 
glieder aufnimmt, welde Ser Miindener 
Rünftlergenoffenfhaft nit angebören. 
Die Gruppe wird neben der Porpo- 
tativen Bejhidung der Müncener Jah- 
resausftellung in Berlin follektiv auf- 
treten, da ihr Seitens der dortigen 
Ausftellungsleitung forrefpondirend mit 
denen der Münchener Sezefjion fehr gute 
Säle, fowie Frachtfreiheit und eigene 
Jury und Hängefommifjion zugeftanden 
worden find, 





234 Deutfhe Runft. 





W. Haverfamp, Der Arbeiter und fein Sohn, 
Gruppe für den Andreasplah, Berlin. 


Dresden. — Der Streit innerhalb der Dresdener Künftlerfhaft 
bat fi) jo zugefpigt, daß die Betheiligung der Sezejjion an der Augftellung IS99 
vorläufig abgelehnt ift. Die Dermittelung zwifhen dem afademifhen Rathe 
und den Vertretern der freien Rünftlerfhaft hatte Oberbiirgermeifter Beutler 
übernommen. Die äufßerften Jugeftändnifie, die er erlangte, gingen dahin, 
daß die Runftgenoffenfhaft und der Derein bildender Rünftler zu der vom 
afademifden Rath eingeferten neuen Rommifjion von fehs Mitgliedern, die 
wieder unter Profefjor Kuehl's Dorfi und unter Aufrechterhaltung der früheren 
Bejhlüffe — eigene Gury und Hangefommifjion fiir die beiden Vereine — 
arbeiten foll, ftatt wie früher je fiinf jegt je 3wei Dertreter entfenden dürfe. 
Die Runftgenoffenfhaft gab Ah damit zufrieden; der Derein bildender Künftler, 
an defjen Spike nad Rüdtritt Profeffor Banter's die Bildhauer Bröne und 
Offermann ftehen, verfendet eine Erklärung, die feinen Befdlug, fid unter 
obwaltenden Umftanden nidt an der Her Ausftellung zu betheiligen, be- 
gründet. Sie fließt mit den Worten: „Wir geben diefe Abfage nicht leichten 
Herzens, aber wir fönnen nit anders. Billige Dorjcläge werden ung immer 
zum Entgegenfommen bereit finden, im Uebrigen überlafjen wir es ruhig der 
Heit, darzuthun, wohin die Selbftherrlihkeit führt, die uns herausgefordert 
hat.’ Gn3wifhen wurde vom Rathe der Stadt Dresden befhlojfen, der aus 
der Mitte des akademifdhen Raths gebildeten Rommifjion Sie Ueberlafjung des 
ftädtifhen Ausftellungspalaftes zu der 1899 er Runftausftellung zuzuſichern, 
aud) fiir den fall, daß nicht die fammtliden biefigen Rünftlervereinigungen 
fih daran betheiligen follten, nur mit der Vorausfegung, daß Oberbiirger- 
meifter Beutler wie bisher der Ehrenvorfiß eingeräumt wür.e. Außerdem 
wird der Rath der Stadt D.esden fein ganz befonderes Gntereffe an der 
1899er Runftausftellung noh dadurd bethätigen, daß — mit Zuftimmung der 
Stadtverordneten — eine Summe von 50000 Mark zum Ankauf der 1899 
zur Ausftellung gelangenden Werke der Plaftif und Malerei bewilligt werden 
foll. Auch hofft man, daß eine Heihnung des Garanticyonds diesmal für 
die Stadt wegfällt, da die finanziellen Vorbesingungen für die „Deutfche 
Runftausftellung‘ die denkbar günftigften find und alte überflüffigen Unfoften 
vermieden werden. 

Ueber das neue Dresdener Landtagsgebäude und die damit zu- 
fammenhängende Umgeftaltung der Brühl'igen Terraffe, an welhe fih die 
Anlage einer großartigen Uferfteage (dliefen foll, werden die Ständefammern 
demnaddft endgiltige Entjheldung trefien, fobald Gebeimrath Wallot feine 
neuen Baupläne fertiggefellt bat. Seine erfte Dorlage begegnete wegen zu 

: geringer Rüdfihtnahme der maffig wir- 
fenden fronten auf das unmittelbar 
anliegende Refidenzfhloğ erheblichem 
Widerfprud. 

Die Hoftunfthandlung Ernft 
Arnold (Gutbier) hat für Ende 
März zwei intereffante Ausftellungen 
vorbereitet. Jm Salon Schloßitraße 
find moderne Skulpturen vereinigt, 
deren Mittelpunft eine Elfenbeingruppe 
„In hoc signo vinces" von C. van 
der Stappen bilden wird.  Diefelbe 
figurirte im vorigen Jahr als Hauptftüd 
der Ausftellung belgifher Elfenbein- 
ftulpturen in Tervueren bei Brüffel und 
wird bier wie dort beredtigtes Auf- 
feben erregen. Um diefe Gruppe reiben 
fih zehn andere Feine Skulpturen 
von van der Stappen. Jofef Lambe- 
aur - Brüffel, deffen Arbeiten im Vor- 
jahre die Hauptzierden der Dresdener 
internationalen Runft » Ausftellung ge- 
wefen find, it mit zwölf nenen in 
Deutfdhland nod unbetannten Bronzen 
und zwei Beinen Marmor- figuren 
vertreten. Alphonfe Legros hat zwan- 
zig feiner fraftwollen Plafetten aus- 
geftellt. Don Franzoſen iſt DY. 
Samuel, J. Cheret, A. Charpentier, 
fir Maffeau 2c. vertreten. Aus 
Ugram ift Prof. Frangés, aus Kopen- 
bagen Willumfen erfcienen. Die Aus- 
wahl der deutfhen Arbeiten it nicht 





a 


7 RCS, 


Dentfhe Runft. 





235 





minder mannigfach und intereffant. A. Hildebrand, B. Römer, €. M. Geyger, 
P. Poppelmann, £. Manzel, Sf. Fadow, KR. Seffner u. A. haben der 
Einladung Folge zu leiften verfprohen. Außer dem Anfgeführten gelangt 
eine Sammlung von ca. 100 Tiffany-Bläfern zur Ausftellung, die ja in den 
legten Jahren in ganz Europa größtes Aufjehen erregten und von faft 
allen Scriftftellern des Jn- und Auslandes mit rühmenden Worten gefeiert 
wurden. Das äußere Kleid der Ausftellung find moderne Teppiche, tbeils 
aus Münden, Scherrebed, Brüffel u. f. w. 

Jm Bemälde- Salon Wilsdrufferfir. II hat „die Liga des 
Modernen in Berlin" auf befondere Einladung des Heren Butbier ihren 
Einzug gehalten. R. Lepfius ift mit fechs feiner vornehmften Portraits, 
€. Hermann mit ca. zebn hddft gefhmadvollen Stillleben vertreten und bat 
außerdem das Portrait von Conftantin Meunier gefandt. Dora Hit bat 
eines jener qualitätvollen Mädcenbildniffe, Ludwig von Hofmann eine ganze 
Reihe nener Gemälde und zwölf In ihrer Art ganz entzüdende Feine Paftelle 
direft aus Rom beigefteuert. Des weiteren ift M. Liebermann, Leffer Ury, 
Philipp franz, W. Leiftitow vertreten. Otto Edmann mit einer Rolleftion 
von Rupfer-Leuchtern, Buceinbänden 2c. 


Zeipgig. — An der Pleiße häufen fih die Separatausftellungen, 
ohne daß man allzuviel Gutes von ihnen fagen könnte. Befonders der 
Derein der Riinftlerinnen dürfte auf’ feine bei Del Vechio gebotenen 
£eiftingen nicht allzu ftolz fein. Wud Ser darauf in demfelben Salon feinen 
Einzug haltende Verband Mündener Künftler fheint es mehr auf eine Aus- 
dehnung des Abjakgebietes, als auf das Vórführen hervorragender Arbeiten 
abgefehen zu haben. Dagegen erweift fih der Leipziger Rünftlerverein 
ungemein rührig. Gn den Wontagezufammentiinfen werden fleinere Aug- 
ftellungen mit erlduternden Vorträgen veranftaltet. Go hatte Anfang März 
der Maler H. Neuber eine Rolleftion feiner Arbeiten zur Schau gebracht, 
unter denen fih neben einer Reihe von Landfhafts, Aft- und RKoftiimftudien 
befonders ein paar Entwürfe in. Schwarz und Weiß auszelhneten, der eine 
für das Leipziger Ausftellungsdiplom und der andere für eine Neujahrefarte 
der Runftanftalt Meifenbad, Riffarth u. Co., die Kunft darftellend, wie 
fie aus, dunklem Waldesdidiht auf eine lieblihe Anenlandfhaft hinaustritt, 
um zwei teizende Putten, mit Zeihenmappe und Blumen in den Händen, aus- 
zufenden, den Freunden der firma einen Bruß zu bringen. An einem anderen 
Dortragsabend lieferte der Maler Karl Römer eine Ueberfiht über die Ent- 
widelung der Aünftlerlitpographie, der man neuerdings fo Iebhaftes Intereſſe 
entgegenbringt. 





vormals 


é«. H, Gladenbeek 





— 


Musterlager: 


Maler. 


Bildgiesserei 
Friedrichshagen b. Berlin. 


Wilhelmstrasse 76/77. 


Giesserei für Denkmäler und Werkstätte für 


Beleuchtungs-, Garten- und Grabfiguren. 


Salonbroncen. 
— Biisten, Statuetten, Gruppen in Bronce- und Bronce-Imitation, — 


Berlin S., Wasserthor-Strasse 9. 


Verkaufsmagazin: | 


Berlin W., Charlottenstr. 23, vom 15. November cr. | 
Unter den Linden, Hötel Bristol. 


Frankfurt a. WM. — In den biefigen Bilderfalen drängt eine Aus- 
ftellung die andere. frig Hausmann bat in einer im Runftvereim ver- 
anftalteten Rollektivausftellung neben anmuthigen weibliden Portraitbiiften 
ein Vronzerelief, den Kopf des befannten Runftgelehrten, des Prälaten 
Schneider ausgeftellt, dejlen lebensvolle Wirkung durd den Verfuh hervor- 
gebradt wird, nad dem Wahsausfchmelzen den Gu ohne Leberarbeitung 
des Cifeleurs ftehen 3u laffen. Aud auf dem Gebiete der im Quattrocento 
florirenden glafirten Thontednif hat der Riinftler vielverfpredende Derfude 
ausgeftellt. — Gm Schneider'fhen Runftfalon drängt fih die Menge verblüfft 
und bewundernd vor der großen Studausftellung, Feinſchmeder ſitzen 
ftillgenießend in einem Yebenraum vor den neueften Schöpfungen Frankfurter 
Da bat der unermüdlih jhaffende Hans Thoma auf feinem vom 
Sauber Ser Romantif ummwehten Bilde „Zum Gral" einen ,, friiblingstag in 
der Campagna von fo befreiend fhöner Wirklichkeit folgen lafen, dağ man 
wiederholt, was man bei feinem Bralbilde gefagt: Es if fein fihönftes Werk. 
Weit fi dehnende, frifhgrüne, bädleindurdriefelte Wiefen, zartblaner mit 
filbernem Wolfenduft geftreifter Himmel, bläulihe Hügel, f[hlanfe Bäume mit 
zartem Bezweig in zitterndem Ftüblingefhmud; auh allerlei Bethier- und 
Menfhenftaffage, die man vielleicht nur deshalb nicht miffen möchte, weil fie 
nun einmal da find. ©. W. Röderftein hat ihren herrlichen jüngft aus- 
geftellten Temperabildern ein neues folgen laffen, drei Chorfnaben, der eine 
in's Befangbud vertieft, der andere ernft und finnig mit auf fünfiige Be- 
herrſchung deutenden Zügen, der dritte mit lebhaft befeeltem Gefidt forjdend 
faft herausfordernd aus dem Rahmen fhauend; fie wandeln im freien, in 
der Nähe eines Areuzganges, das Licht ift gedämpft, wie die Stimmung der 
Wandelnden. — Jm Städel’fhen Jnfitut beanfpruchte die Ausftellung 
eines Schwarz-Weiß-Rünftlers, Rarel Storm van's Bravefande das 
onterefjfe. Lithographien und Radirungen, auf welden das Leben und 
Weben von Liht und Waffer, Spiegelung und Brandung böchft poetifh und 
fraftvoll wiedergegeben, die einfadjten Motive von malerifhem Reiz und 
großer Wirkung. Unter den Rreidezeihnungen find Schnee- und Hafenland- 
[haften hervorragend, au die Wiedergabe des Stofflihen in den behaglichen 
Onterieurs. — Gm Bangel'fdhen Runftfalon ift Mar Rrufe mit einer Aus- 
ftellung interefjanter Werke angelangt, worunter Sie bei dem Schweißtuch der 
Deronifa angewandte Transparentplaftit von großer und im Rünftlerifchen 
begründeten Wirkung ift. m Hermes’fhen Aunftfalon ift die Mündener 
Runft durd erfte Namen und erfte Werke vertreten, auch die Belgifthe durch 
den jungen Maler Victor Gilfaul, der auf etwa 20 Bildern einfade 
Dinge und Dorgänge hödhft poetifh wiederzugeben verfteht; ftille Plake eines 


weltfremden Oerthens, auf deren Brasflähe man Wäfche trodnet, längs 
nenn 


Actien-Gesellschaft 





>) 


& Som [* 


. AUTOTYPIEN 
Bronce-Architectur. CHEMIGR APHicN@ 
en DREIFARBENDRUCK a è 
Fabrik für ae miT 


LIEFERUNG. ç> 


MUSTERN se 
Zu DIENSTEN 


Max Hoerder. | 





deren verwitterten Mauern ftille Menfchen 
fhleihen, freundliche Baffen mit freundlichen 
Raufläden, windbewegte Bäume, die fi 
melanholifh im irgend einem Gewäfler 
‚Spiegeln — ein Maler-Poet. p. N. 


Düſſeldorſ. — Eine große deutfa- 
nationale Runftausftellung verbunden 
mit einer Gewerbe- un Runftgewerbe-Aus- 
ftellung im Fahre 1902 und in Derbindung 
damit die Errihtung eines Ausftellungs 
palaftes wird bier geplant. Jn einer im 
„Maltaften“ tagenden Derfammlung wurde 
eine Kommiffion - gewählt, beftebend aus 
Dertretern der gefammten KRünftlerfhaft, mit 
den Auftrage, die erforderlihen Dorarbeiten 
in die Hand zu nehmen und inabejondere 
fih mit Heren Rommerzienrath Lueg, dem 
Dorfigenden des Central-Gewerbe-Dereins 
und Leiter der Bewerbe- und Runftaues 
ftellung vom Jahre 1880, in Verbindung 
zu feren, um einer im Herbfte ò. J. ein- 
zuberufenden Derfammlung ein Programm 
der Ausftellung, fowie Brund- und Aufuß 
des Ausftellungspalaftes auf dem Belände 
der Bolzheimer Jnfel vorzulegen. So 
wäre denn endlid) bier der Stein ins 
Rollen gebracht, denn die Errihtung eines 
würdigen und geräumigen Ausftellunge= 
gebäudes ift für Düffeldorf und insbefon- 
dere für die Diiffeldorfer Künſtlerſchaft 
nachgerade eine Lebensfrage geworden. 


i 


N 


Biel. — Der Schleswig - Hol- 
fteinifdhe Aunftvereim giebt in feinem 
Jahresbericht für 1897 befannt, dağ die feit 
1890—1896 von 6J! auf 712 angewachſene 
Mitgliederzahl im verfloffenen Jahre auf 
702 zurüdgegangen if. Das Direktorium 
hofft, daß die gegenwärtig von der fhpleswig- 





Broncegiesserei 
Lauchhammer 


zu Lauchhammer. 


Bronceguss von Denkmälern 


jeder Grösse. 





Speeialität: 


m 


Bronceguss nach 
dem Wachsausschmelz- 
Verfahren. 


H. VDogeler, Randleifte. 
Selfing, 100 Jahre im Dienjte 


der Kunit. 
zeichnet und kolorirt Tapetenmuster? 


wer Geil. Adr. an Curt R. Vincentz, Hannover. 
Schwedische Granit-Industrie A. Schraep. Hoflieferant, Rostock i. M. 


Werkstätten für Bau- und Monumental-Arbeiten in den besten polirten 








schwedischen Graniten. 
Eigene Brüche. — Prima Referenzen. — Billigste Preise. 
Deutsch- Nordische Handels- und Industrie - Ausstellung Lübeck : Goldene Medaille. 


p Unterricht 


Atelier Hellhoff in Seide-, Silber- und Goldstickerei 


Damen-Malschule ı zirkelweise und einzeln. Atelier 


far Kunststickerei. 
Portrait, Landschaft, Stillleben. 








Ella Engelbrecht, 
beim Kgl. Kunstgewerbe-Museum aus- 


Sw., Schönebergerstr. 5- gebildete Lehrerin, Lindenstr. 89. 


Deutſche Run ft. 


holfteinifhen Runftgenoffenfhaft unternommenen Ausftellungen in Schleswig 
und flensburg, welde aud in Hufum, Heide und Neumünfter arrangirt 
werden, den Anftoß zu einer Organifation planmäßiger und regelmäßiger 
Wanderausftellungen geben werden. 
aufgenommene Neuerung hat ih die von der Stadt Riel mit einem Jahres- 
beitrag von 5000 Marl. fubventionirte Einrihtung erwiefen, die Runfthalle 
an den Sonntag-Mahmittagen von 2 bis 5 Uhr unentgeltlih offen 3u halten. 
Der Beftand der Balerie wurde im Laufe des Jahres durd) zwei werthvolle 
Gemälde aus dem Nachlaß der verftorbenen Frau Gebeimrath' Thaulow ver- 
mebrt, von denen das eine angeblih von Murillo ftammt, Sas andere Jurian 
Ovens zugefchrieben wird. Die Rupferftidfammlung des Aunftvereing ift auf 
92 Mappen mit 4540 Rartons und 9258 Blättern angewadfen. Reider als 
jemals zuvor haben fih im Berihtsjahre die Ausftellungen in der Runfthalle 
geftaltet. Jm ganzen wurden im Berihtsjahr ausgeftellt 1295 Werke, darunter 
784 Oelgemalde, 9) Aquarelle und Paftelle, 205 Zeihnungen, 59 Plaftiken, 
99 Radirungen und Lithographien und 57 funftgewerblide Begenftände. 
Den Mitgliedern wurden vier Dereinsblätter zur Auswahl geftellt, während 
für die darauf Derzichtleiftenden eine 
Derloofung werthvollerer. Rupferftide 
mit 26 Gewinnen zum Werthe von 
578 Mar? arrangirt wurde. Die Ders 
loofung von Runftwerfen umfaßte zehn 
Gewinne, darunter fünf Gemälde zu- 
meift beimifcher Rünftler und fünf Re- 
produftionen aus den amtlihen Publi- 
Fationen der Nationalgalerie. Kunfts 
hiftorifche Vorträge wurden auf Deranz 
ftaltung des Dereins von Profefjor Dr. 
Matthai-Riel, Profeffor Dr. Lidtwark- H. HIRSCHWALD | 


Hamburg und Profeffor. Dr. Riehl- Nänlak Proves. u. Greesbert. Radiecher WoRiiterea} > Ti 
Riel gehalten und, foweit thunlic) — — 
durch Anſchauungsmaterial unterſtützt. J 
Der Runftverein vermittelte im ver- 
floffenen Jahre den Derfauf von 58 
Runftwerfen im Werth von 7398 Mark, 
fiir welche die Summe von 6272 Mark 
erzielt wurde. Die Jahrestehnung 
ergab bei einer Einnahme von 
20950 Mar? und einer Ausgabe 
von 16491 Mark einen Raffenbebalt 
von 4459 Warf. Uns berührt in 
diefem Jahresbericht befonders fym- 
pathifh das Streben des Dereins, mit 
der Schleswig-Holfteinifhen Rünftler- 
fhaft beftindig Ffühlung zu halten 
und fo zur Yenbelebung des in der 
Provinz ftagnirenden Ausftellungs- 
wejens nad Rräften beizutragen. Nur 
fo erwadfen den Runftvereinen über 
die Jahresverlofung hinausgehende 
Swede. 
















HOHENZOLLERN- 
8 BERLIN KAUFHAUS 
O Leipzigerstrasse 117-118 









9)» Wohnungs-Einrichtungen 
91/22, 
\ ae 













Reichhaltige Ausstellung und 
Verkauf von kunstgewerblichen 
Erzeugnissen aus allen 
Kulturländern 








Robert Schirmer, 
BERLIN w etais 32. 


Atelier für Bau- und Kunstgewerbe, 
Stuck- und Cementgiesserei. 
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Atelier Sdlabit 


Berlin, Dorotbeenftraße 52. 


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großen Theil aus Neugierde 
Mit Wilhelm Leibl, dem äuferften 


„Bauern-Rönferenz‘‘ erregte, wodurdh er 





Neue Reproduktionen 
Leibl'ſcher Gemälde. 


Es iſt charalteriſtiſch für die Schwerfälligkeit der 
Deutſchen, daß fie die großen Propheten ihres Dater- 


bührenden Beachtung würdigen. Wie erftaunlid lange 
dauerte es, bis der Genius Bödlin’s von den berufenen 
Geiftern ,,entdect und feine Werthfhakung zu einer feft- 
ftebenden  Thatface 
wurde, deren jich feiner 
der Gebildeten ver- 
fließen modte, wie- 
wohl es zweifelhaft 
blieb, ob das beifpiel- 
lofe Intereffe der großen Maffe bei der 
Berliner Bödlin-Ausftellung nidt zum 
beftand. 


Antipoden Bödlin’s, verfubr die Meinung 
lange Zeit nicht glimpfliher. Das Auf- 
feben weldes der Riinftler auf der Parifer 
Weltaueftellung im Jahre 1878 mit feiner 


fogar Sterne erfter Größe wie Menzel in 
den Schatten zu ftellen fhien, blieb dennod 
obne nadbaltige Wirkung auf dentjhe 
Sammler und Staatsgalerien. In Deutſch⸗ 
land gerieth der Meifter von Aibling, dem 
e3 in feiner weltabgejhiedenen Wirkjam- 
keit am allerwenigften um Reklame zu 
thin war, allmälig in  Dergefjenheit, 
während Engländer und. Amerikaner feine 
Werte zu den Perlen ihrer Sammlungen 
zählten und allerdings folbe Preife dafür 
zablten, daß Seutfhe Runftfreunde von 
vornherein auf folhe Erwerbungen ver- 
zihteten. Man wundert fi indeflen heute, 
wie wenig fid and die großen deutjchen 
Ausftellungen um Beiträge aus Leibl’s 
Hand bemühten, während dod feine 
Meifterfhaft, wenn fie auh faum noh einer Steigerung fähig erfihien, fid 
immer auf der abgeklärten Höhe erhielt. Ert in nenerer Feit bat man 
angefangen fidh über die Bedeutung Leibl's, welde fih über jeden Moder 
geihmad erhebt und in feiner von jeder Verbindung mit den Zeitgenofien 
loegelöften Urfprünglichfeit ohne Zweifel Jahrhunderte überdauern wird, Far 
zu werden, Der Ankauf eines feiner bedeutendften Werke feitens der National- 
galerie ift ein fhönes Zeihen dafür. Unter den Liebhabern, die von porn- 
berein Leibl’s Benialität erkannten, befindet fih der Rommerzienrath Seeger in 
Berlin, der in feiner Privatgalerie eine Sammlung feiner Originalwerke befitty 
welde iber 6O Nummern zählt. Derjelbe veröffentlicht nunmehr in der Wieder- 
gabe von Photogravuren, deren Drud der Groğh. bad. und ſächſ. Hoflupfer- 
druderei ©. felfing übergeben wurde, zwei feiner hervorragenden Schöpfungen. 
€s find die Dadhauerinnen in der Schente aus der Mationalgallerie und 
die Bäuerinnen in der Rirdhe. Beide Bemälde find bezeichnend für die 
in die Tiefe dringende Charatteriftif Leibl’s, mit welder die beifpiellofe 
tehnifhe Dollendung gleihen Schritt halt. Rei den Dachanerinnen, deren 
merfwürdige Traht nadgerade hiftorifh geworden ijt, ift nichts binzugetban, 
oder weggelafjen, was den Eindrud padender Naturwahrheit abſchwächen 
könnte, ebenjowenig hat fih der Rünftler zu einer Lebertreibung, zur Karikatur 
binteißen (affen, vielmehr fügt und ornet üh alles in die wundervolle 


landes erjt in ihrem fpäteren Lebensalter einer ger 





wW, Keibl, Dachauerinnen. 


Mit Erlaubnif des Herren Rommersienrath Seejer, 


ehre 


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Harmonie der Töne, die mit fpielender Leihtigteit hingeftrihen fheinen, obwohl 
der Rünftler verhältnigmäßig langjam zu arbeiten pflegt. Das andere Bild gehört 
nicht allein zu den umfangreidften Arbeiten des Meifters, fondern aud zu denen, 
in welden der Meifter feine ideelle Lebensaufgabe vielleiht am durchgreifendften 
gelöft hat, Die eingehenden Vorfiudien zu dem Bilde, Feder- und Bleiftift- 
zeihnungen nad den -verfdiedenen Figuren und nach‘ gefalteten Händen 
laffen den pfyhologifhen Scharfblid eines Holbein erkennen. Das Bild ift 
geradezu ein Wunder der Darftellung in der unanfehtbaren Objeftivitat der 
Charakteriftit, die fih in jede Nuance organifher und anorganifcer Stoffe ver- 
tieft. Man fann die Malerei bis ins 
Rleinfte, fogar mit der Lupe verfolgen, 
jedes falthen behält Leben, jeder‘ Stoff 
feint fih anfüblen zu Laffen, felbft die 
Schrift auf dem Gebetbude ift genau zu 
entziffern und Sod. bleibt die ganze 
malerifche Bilderfheinung in der frifhe 
des inneren organifhen Zufammenhangs 
erhalten, wie man fie fonft nur bei flotten 
temperamentvollen Skizzen zu feben ge- 
wohnt ift. 


Berliner und Meifener 


Porzellan. 


Auf dem Gebiete der Porzellanfabri- 
fation fceinen die von Ropenbagen aus- 
` gehenden Anregungen allmalig bemerfens- 
werthe fortfcritte zu zeitigen, Gn der 
Berliner Porzellanmanufattur ift 
es gelungen, duch einen Zufat zur 
Blafur zu bewirken, daß fi beim Brennen 
aus ihr Aryftalle ausfheiden, die im ibrer 
form an Eisblumen erinnern. Die Haupt- 
wirfung berubt auf den wundervollen 
‚Farbtönen. Die Gefäße find zum Theil 
in ‚einem. Ton, filbergrau, ladsfarbig, 
zum Theil in moosgrün, fmaragdgriin 
und bellhimmelblau gehalten. Die farben 
find nicht in befimmter Zeichnung, fondern 
in frei fließenden fFleden und Strablen 
angeordnet. Die Kryftalle 'bededen nicht 
immer die ganze Fläche, fie fonnen an beliebigen Stellen hervorgebradt 
werden. Die Formen der Gefäße, die nur in Meinen Maßftäben fid be- 
wegen, find ganz einfad. Gleichzeitig mahen in Dresden die neneften 
Erzeugnifje der Meifener Fabrik beredtigtes WAuffehen. Wud) bier bat 
Kopenhagen anregend gewirkt. Die Hauptfortjchritte harakterifiren fic durch 
Malen mit farbigen Porzellanmafjen (anftatt wie bisher mit blaffen Farben 
unter Glafur) Verwendung farbiger Glafuren, verlaufende farben, einfache 
Formen der. Gefäße, moderne Auffaflung in den Motiven, Pflanzenbilder mehr 
ftilifirend als naturaliftifh.  Befondere Hervorhebung verdienen zwei große 
Dafen, die eine mit Magnolien bemalt, aus denen ein weiblicher Kopf Hervor- 
fhaut, die andere mit einem bachijhen Frühlingszug in fiidlider Landfhaft, 
beide im tehnifcher wie in künftlerifher Hinfiht Meifterwerke; ferner flache 
dekorative Schalen mit Seeftüden und Wailerlandfhaften; Dedelvafen mit 
theils ftilijirten Pflanzendarftellungen, theils in japanifcher Manier — aber 
deutjch empfunden — mit Blumen und Vögeln gefhmükt. 

— Die Sammlung feuhtwanger aus Münden, aus neueren Oel- 
gemälden, Aquarellen und Zeihnungen von theilweife erften Meiftern beftehend, 
fam im Rudolph Lepfe'fhen Runftauftionshaufe unter den Hammer, 
Ein Portrait von Friedrich Auguft von Raulbad, Ses Riinftlers Vater dar- 


















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ſtellend, ging für 405 Mark, Albert Keller's ſchönes Bildniß einer Dame in 
ſinnender Betrachtung einer Büſte, für 366 Mark, Jaroslaw Vefn’s Un- 
beimlide fahrt für 335 Mark und Alfred von Schrötter's kleines Bild 
„Der Jäger in feinem Heim" fiir 500 Mart fort. Eine Waldlandfhaft von 
Hermann Baifch erzielte 505 Mark, Bela Pallif's „Zunge ungarifhe Bäuerin 
in einem Maulefelgefabrt’ 545 Mark und Heinrid) Ridard Reder's „Motiv 
am Bodenfee 270 Marf. Die hidften Preife wurden fiir Cunow von Boden- 
haufen's Genrebild „Hweierlei Lektüre und Endwig von Löffs' „Portrait des 
heiligen Antonius von Padua“ gezahlt. Das erftere bradte 520 Mark, das 
zweite 405 M. 

— Die Derfteigerung der Sammlung Weidenbufh durh Fleifh- 
mann-Münden und 3. P. Schneider - frankfurt a. M. brachte im Ganzen 
185000 Mark. Die Kgl. Plmafothef erwarb 
das fhöne Bild H.Thoma’'s: „Einfamkeit“ für 
$0200 Marf und R. Bournier'’s „Auf der 
Weide für 1250 Mark. — Pon anderen Ver- 
fäufen nennen wit nog: Arn. Bödlin „Triton 
und Yereide 12000 Mar, „francesca da 
Rimini" 4100 Mark und ,, flora’ 9700 Mark; 
G. Lourbet - „Strandlandjhaft" 2300 Mart; 
Jobn Tonftable „Le pont' 4600 Mart; €. S. 
Daubigny ,,Heuernte 1250 Mark; VW. Diaz „Be- 
witterftimmung‘ 7100 Marf; Gules Dupré 
plbendftimmung’ 4200 Mark; Ed. Griigner 
„Kloſterſchäff lerei‘“ 13 800 Mark; H. Harpignie's 
„Mondlandfhaft" 4100 Mark; Mag Klinger 
wWajfernize’ 540 Mark und „Allegorie 400 
Mart; G. Auehl „Das rotbe Zimmer 1500 Mark; 
M. Liebermann „Biergarten in Roſenheim“ 
600 Mark; A. Lier „Bei Münden“ 47 00 Markt 
A. Menzel „Woltenftudie‘ IS00 Mark und zwe 
Heihnungen 590 und 450 Mark; J. f. Millet 
„Vorfrübling‘ 2700 Mart; J. C. Shindler 
„Waldlandfhaft 1230 Mart; U. Schreyer 
„Brennenser Pojthof‘‘ 16 300 Mart; G. Segan- 
tint. ,, Beimtrieb 510 Mark und „Raft am 
Brunnen" 310 Mart; Alfr. Sisley „Am Ufer 
der Seine’ 1170 Mark; Franz Stud Serpen- 
tintänzerinnen“ 4500 Mark; „Tanz‘* 5900 Mart, 
„Die Siinde 5700 Wark; ,,Liebespaac 760 Marf 
und ,,Weiblider Ropf 1800 Mart; Hans Thoma 
außer der ,,€infamfeit" eine „Sturmlandfhaft" 
4000 Marl, ,, friiblingslandfhaft* 8200 Mart, 
„Schwarzwaldlandfhaft"4500 Mark und,, falfen- 
fein! 3000 Marl; frig v. Ubde,, Herr bleib' bei uns! 4300 Mark, „Rummer 
voll 1250 Mark, „Flucht nadh Aegypten S20 Mark und „Mutterglüd* 
2700 Mark; fr. Volt „Heimkebr 1100 Mart. 


— Riürzlih hat Prof. Rohloff in Berlin zwei vorzüglibe Nahbildungen 


der bekannten, 1562 datirten zinnernen Sunftfanne der Dittauer 
Maurer-jnnung gearbeite, de — fon feit Langerem eine Fierde des 
Kädtifhen Mujeums in Fittan — auf der vorjäbrigen Ausftellung von 


Werfen alten Runftgewerbes aus fadfifdh-thiiringifthem Privatbefiz wieder die 
Bewunderung aller Kenner erregte. Die Nachbildungen find für das Berliner 
Runftgewerbe-Mufeum und für Herrn Regterungsrath Dr. Demiani bergeftellt 
worden. Da die Fittauer Ranne unter den deutjhen Zinnarbeiten der Re- 
naiffance faft einzig dafteht und jedenfalls die hervorragendjte derzeit befannte 
Leiftung des fähfifben Finnguffes darftellt, ift es mit befonderer Freude zu 
begrüßen, daß fie in einzelnen Ropien weiteren Kreifen befannt gemadt wird. 
Die Eigenthimlichfeiten des Originals find bis in alle Einzelheiten wieder- 
gegeben. Mur die Ormamentftreifen find auf galvanifhem Wege teprodusitt, 
alle übrigen Theile find richtiger Zinnguß. Die Ornamente am Rande der 
Ranne und am Dedel find mit eigens dazu gefchnittenen Eijen eingefdlagen, 
die Derbindungsftreifen wie beim Original in Mefjing hergeftellt. Die 
Hittauer Ranne ift mit der Jahreszahl 1562 fignirt und laut Stempel eine 
Fittauer Arbeit, und zwar allem Anfhein nad eine Arbeit des hervor- 
ragenden Sittauer Rannengiepers Paul Weife. Sie ijt 47 cm hod, in form 
eines nad oben fhwah verjüngten Cylinders gehalten und mit zwei reiz- 
vallen figurenfriefen geſchmückt. 


Deutfdhde Runft. 





W, Keibl, Jn der Kirche. 


Mit Erlaubnifi des Herrn Commersienrath Seeger. 








Preisbewerbungen und Perfdnliches. 


Bekanntmadung. 


— Der am 14. April 1894 zu Rom verftorbene Graf Adolph Friedrid 
von Schad hat in befannter Begeifterung und Liebe zur Runft legtwillig die 
Verfügung getroffen, dağ aus feinem Nadlaffe alljährlih auf die Dauer von 
40 Jahren ein Reifeftipendium von 5000 Marf an junge deutfhe Maler zum 
Awede ihrer weiteren fünftleriihen Ausbildung in Stalien oder Spanien ver- 
liehen werde. Das Stipendium wird jeweilig auf die Dauner vgn 3 Fahren 
verliehen. Für die Zuwendung des Stipendiums foll nicht fowohl Dürftigfelt, 
als hervorragendes Talent und Fünftlerifhes Streben ausfchlaggebend fein. 


Der t. Whademie der bildenden Rünfte in Münden ift die Auswahl des 
geeignetften Bewerbers anbeimgegeben. 


Demgemäß werden jüngere Maler, welhe Angehörige des Dentfden 
Reides find und fih um diefes Stipendium bewerben wollen, aufgefordert, 
Arbeiten, welde über ihre fünftlerifhe Thätigkeit 
Ueberfiht gewähren, längftens -bis zum 15. Mai 
1895 an die t. Akademie der bildenden Künſte 
in Münden einzujenden. 


Ein fohriftlihes Bewerbungsgefud, aus wel- 
dem der Lebenslauf und Studiengang erfihtlich 
ift, foll mit in Dorlage gebradt werden. 


Die Roften der Einfendung und der Rüd- 
fendung find von den Bewerbern zu tragen. 


Münden, den 2. März 1898. 


R. b. Alademie der bildenden Rünfte 
in Münden. 


— Die Entfdheidung in den großen Wett- 
bewerben der Akademie der Riinfte in 
Berlin ift gefällt. Um den großen Staate- 
preis für Maler (5500 Mark zu einer einjährigen 
Studienreife) bewarben fih neun Rünftler. Unter 
ihnen trug der einer alten Hildesheimer Rünftler- 
familie entftammende Maler Erwin Riihn= 
bardt, der feine Studien auf der Diiffeldorfer 
Afademie gemadt hat, den Sieg davon. Mit 
einer ebrenvollen Anerfennung wurde der Maler 
franz Triebfh aus Berlin bedadt. Der 
große Staatspreis für Architekten (ebenfalls 
3500 Mark) war von vier Baufünftleen um- 
ftritten. Derlieben wurde er dem in jüngfter 
Heit vielgenannten Architekten Wilhelm Kreis 
aus Eltville, der als Studirender bei der Kon: 
furren3 um das Dölkerfhladhtdenfmal in Leipzig 
den erften Preis gewonnen halte; Kreis arbeitet 
gegenwärtig bei Wallot in Dresden. Dem 
Argireften Rihard Walter aus Magdeburg 
wurde eine ebrenvolle Erwähnung zu Theil. 
Um den Preis aus der Dr. Schulke - Stiftung 
(3000 Mart) bewarben fih vier Bildhauer. 
Der Sieger ift ein Berliner, der Bildhauer 
Paul Schulz, welder feine Studien auf dem 
Runftgewerbemufeum begonnen bat und fpater 
ein Schüler von Nikolaus Beyger und der Runftbodfdule war; 1896 hatte 
er für jeine Medailte zur großen internationalen Runftausftellung den erften 
Preis erhalten. Mit einer ebrenvollen Anerkennung wurde der Bildhauer 
Walter Shmarie ausgezeichnet. 


— Aus dem Wettbewerb um den erften Michael Beer-Preis, der in einer 
Summe von 2250 Mark beiteht, ift unter drei Bewerbern der von vielen 
Ausftellungen ber befannte Maler David Mofe als Sieger hervorgegangen. 
Mofe, der Sohn eines Runftlithographen, ftammt aus Wien und bat auf der 
Miindener Akademie feine Studien gemaht. Auf der vorjäbrigen Runftaus- 
ftellung in Münhen erhielt er für fein Bild „Begrabene Hoffnung‘ die Pleine 
goldene Medaille, 


— Der engere Wettbewerb zur Erlangung von Entwürfen für ein 
Bismard- Denkmal in Dresden ift wieder ergebniflos geblieben. Pro- 
felfor Diez (Dresden) wurde beauftragt, einen neuen Entwurf anzufertigen. 


r — Das Preisgeridt für dasKaifer Wilbelm-Reiterftandbildin Lübed 
erfannte von 59 Entwürfen vier Preife von je 1500 Mark dem Bildhauer 
Wedemever und Arditetten Benfer in Dresden, Profeffor Anders in Berlin, 
Bildhauer Schott in Berlin und Bildhauer von Uedtrik in Berlin zu. 


— Auf das vom Runftverein fiir die Rheinlande- und Weftfalen erlaffene 
Preisausfdreiben zur Erlangung von Entwürfen für Aus- 
[hmüdung des Ritterfaales im Schloffe Burg an der Wupper waren 
12 Arbeiten eingeliefert worden. Der erfte Preis, beftehend in der Ueber- 
tragung der Ausführung, für welde Seitens Sea Dereins ein Beitrag von 
50 000 Mart bereit gejlellt worden ift, wurde dem von Profeffor Claus 
Mever in Gemeinfhaft mit Herrmann Huislen eingereihten Entwurfe 
mit dem Motto „Zingen und Sagen“ zuerfannt. Den zweiten Preis, eine 
Prämie von 1500 Mark, erbielt Alb. Baur jr, den dritten, 1000 Mark, 
Ludwig Wilbelm Heupel. für den vierten Preis war ein Betrag von 





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8. Dogeler, Kopfleijte. Felfing, 100 Jahre im Dienfte der Kunit. 


500 Mark ausgefegt worden, da aber zwei Arbeiten vorhanden waren, welde 
wegen ihrer fünftlerifhen Qualitäten nad Meinung des Dereins - Ausfchuffes 
Anfprud auf diefen Preis hatten, fo wurde jene Summe verdoppelt und beiden 
Arbeiten je ein vierter Preis von 500 Mark bewilligt. Als Verfafjer ergaben 
üh Theodor Rodoll und frig Neuhaus. 


— Die girma Ernft Raps, lönigl. fädfifhe Hofpianefortefabrif fdhreibt 
zwei Wettbewerbe für in Dresden wohnende Rünftler aus. Gn dem einen 
falle handelt es fih um Zeihnungen zu einem Oberrahmen fiir Pianinos 
für Holzbildhauerarbeit in englifhem Bejhmade; in dem anderen um eine 
plaftifhe Dekoration, wobei über eine gewölbte fläche, weldhe als einfarbiger 
Brund (möglihft himmelblau) zu behandeln ift, ein plaftifhes Neg- oder 
Bitterwer? aus Zinfguß gelegt werden foll. Die Preife betragen im erften 
Salle 100, 60 und 40 Marf, im zweiten 500, 200 und 100 Mart. Preis- 
tidter find die Herren Arditeft Julius Bräbner, Prof. Paul Naumann, 
Dr. Paul Schumann, Prof. Hugo Spieler und Ernft Eugen Raps. Ueber 
alles Nähere geben die Programme Auskunft, die von der firma Ernit Raps 
(Dresden- ftiedrihftudt, Seminarftraße 22) zu beziehen find. 


— Ein Preisausfgreiben zur Erlangung eines vornehmen und wirkungs- 
vollen Plafatentwurfes erlaft die Liqueurfabrif f. A. Schreiber in 
Cöthen (Anhalt) und fordert alle Maler und Zeichner zur Betheiligung an 
demfelben auf. fiir die drei beften Entwürfen betragen die. ausgejeten 
Preife zufammen 500 Marf. Die firma behält fih vor, niht prämiirte 
Entwürfe anzufaufen. Die Entwürfe müflen bis zum 12. Mai IS98 unter 
Mottobezeihnung eingefandt werden. Alle näheren Bedingungen theilt die 
obige firma den Gntereffenten foftenlos mit. Ueber den Ausgang des Preis- 
ausfhreibens werden wir unfere Lefer zur Zeit in Kenntnis fergen. 


— Dem Direftorial-Uffiftenten am Rupferftidfabinet der Königlichen 
Mufeen in Berlin, Dr. Dalerian von Loga und dem Direftorial-Uffiftenten 
bei den Sammlungen des KRöniglihen Runftgewerbe-Mufeums Ridhard 
Borrmann ift das Prädikat „Profeflor beigelegt worden. 





Ernst Zaeslein, 
Kunsthandlung — Gemälde-Salon 
Leipzigerstrasse 128, 


gegenüber dem Kriegsministerium, 


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Verkauf von Werken erster moderner Meister 
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BERLIN NW. 23, Bachstr. Bogen 484 (Stat. Thiergarten). 


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— Der Rönig v. Württemberg bat Herrn Wilhelm felfing, dem 
Inhaber der firma ©. Felfing, für ausgezeichnete Leiftungen auf dem Gebiete 
des Runftfupferdrudes die goldene Medaille für Runft und Wiffenfhaft am 
Bande der Württembergifhen Krone verliehen. 


— Der in Wien geftorbene Maler JFofef Morgan war im Jahre 1859 
in Trautenau geboren. Er war urfprünglih für die diplomatifhe Laufbahn 
beftimmt, wurde aber aus Liebe zur Runft Maler und wendete ih vornehmlid 
der Portraitmalerei zu. Er ging nad Paris und war dort der einzige Schüler 
Bufav Ricards. RKRénigin Fjabella von Spanien verlieh ihm für ein ihr 
gewidmet Bemälde den Adel. Ein im Jahre 1865 in Paris ausgeftelltes 
Gemälde Morgans: Jeanne S’Arc“ erregte Uuffeben und wurde von Marquis 
de Boithierry in Saint-Denis erworben. Später überfiedelte Morgan 
nah Wien. 








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Autoritäten ersten Ranges, u. A. von Prof. Max Koch, M. Wilberg, M. Schäfer, 
Alb. Wirth, sämmtlich in Berlin, Alex. D. Goltz, Wien, Prof. H. Prell, Dresden, 
Hofmaler C. Borchmann, Potsdam, welche sämmtlich grosse Arbeiten mit unseren Materialien ausführten und die Reinheit und Leuchtkraft 


besonders loben, ferner unsere Silikatfarben für wetterfeste Malereien auf Kalkputz, 
mit welchen grosse Objekte in Kirchen, an Facaden etc., auch auf Stein, Eisen, trock ıen Cementputz, Terracotta, Thon etc. gemalt wurden, < 
empfehlen wir angelegentlichst und stehen mit umfassenden Auskünften auf Grund zwanzigjähriger Erfahrungen zu Diensten. Ferner machen wir auf 
unsere diversen wetterfesten Anstrichfa'ben, auf Materialien und Farben für Fresco-Malerei, für Trockenlegung feuchter Wände, für Malverputz jeder 
Art etc. besonders aufmerksam. Zu Auskünfte über Malerei-Verputz und über Maltechniken jeder Art. =£ 


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Deutfhe Runft. 


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Hubert Herfomer. 


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II. 13. 





Deuffche 





Beiblatt: Bas Hielier, 
Mluftrirte Heitichrift für das gefammte deutjche Kunitichaffen. 


Central-Organ deuticher Runft: und Rünftler-Dereine. 


Alle 14 Cage erfcheint eine Nummer. 
Preis vierteljabrlid 2.80 Mart. 
Poftzeitungslifte Ar. 1174. 


Herausgegeben von 


Georg Malſiowsſin. 
Scriftleitung und Berwalfung Berlin W.57, Steinmehlir. 26. 


Alle 14 Tage erfheint eine Nummer. 
Inferate: 40 Pfennige für die 4 ge 
fpaltene Nonpareille-Zeile. 


Publifationsorgan des Deutfchen Runftvereins in Berlin, des Schlefiihen Runftvereins in Breslau, ses Runflvercine fiir das Broßberzogthum Heffen in Darmfladi, des Anhaltiſchen Kunſt- 
vercing in Deffau, des Wiirttembergijden Runftvereins in Stuttgart, des Schleswig - Holfteinifhen Runftvereins in Riel, der Runftvereine in Münden, Oldenburg, Mannheim, Nürnberg, Gera, 
Altenburg, Elberfeld, Barmen, Bielefeld, GSrlik, Danzig, Rönigsberg, Stettin u. a. 








Ar. 13. 


15. April 1898, 


II. Jahrgang. 





Hubert Herfomer. 
Pon Jarno Jeffen. 


ede Individualität ift im Reim endgiltig ausgefproden. 

Das Spiel der Umftände fhafft nur Umbildungen, feine 

Yleuanlage. Der Engländer faßt diefe Jdee in dem Sak 
> zufammen: „Das Rind ift des Mannes Vater. Es 
wird viel Heit erfpart, wenn ein foharfblidender Erzieher in 
richtiger Erkenntniß leitet. Weber Hubert Herfomer’s Gefhid hat 
das günftige Geftirn einer verftänd- ; 
nifvollen Erziehung geleudhtet. „Mein 
Sohn muß Maler werden“, erklärte 
der wadre Tifchler Lorenz Herfomer 
in zäher Bebarrlichkeit. Er ließ feinen 
Meberzeugungsmuth von feinem An- 
prall des Schidfals beugen. Heute 
find zwei Nationen ftolz auf den 
Befig Hubert Herfomer’s. Er bat 
in bedeutendem Maße englifhe Ein- 
flüffe affimilirt, im Kern feines Wefens 
ift er Deutfcher geblieben. Eingeboren 
war feiner Anlage das Fünftlerifche 
Temparament. Wenn er den roman- 
tifhen Sinn, das Zielbewußtfein und 
die Pflihttreue des Vaters erbte, fo 
it ihm von der feingeiftigen, mufifa- A 
lifhen Mutter das fenfible Nerven- AA 
fvftem mitgegeben worden. Jede äfl- 
betifche ‚Fähigkeit, jedes tehnifhe Ge- 
[hie fceint auf den vielfeitigen Künft- 
ler, den Praftifer aller Methoden, 
fonzentrirt. Jn dem blendenden Uni- 
verfalismus feiner Anlagen glauben 
wir in Herfomer einen der mittelalter- 
lihen Meifter in voller Blorie wieder- 
erftanden. Salvator Rofa's, Leo- 
nardo da Vinci's feltfam feffelnde Ge- 
ftalten tauden aus dem Dunfel empor. 
on der That fcheint Mutter Natur 
zuweilen ihre Lieblinge unter den 
Staubgeborenen zu wählen. Es ift, 
als ob folden Wefen feine Anlage vor- 
enthalten bliebe. Sie können in der 
‚fülle des eigenen Reidthums fdwelgen. Sie dürfen mit Göthe, 
dem Auserforenften aller Wuserforenen in das Belenntniß inten- 





HD 





fivfien Jchgefühls einftimmen: 
it Sod die Perfönlichkeit.* 

Diefe PerfSnlidfeit wurde auch Herfomer für den Lebens- 
weg mitgegeben. Bliden wir in fein lebenfprühendes Antlit, 
auf feine leihtbeweglihe Bejtalt, fo redet der Beift unabläfjiger 
Rübrigfeit zu uns. Ja, ein Vergleich feines Befihtes im Lauf 
der legten Jahre fceint die wunder- 
bare Thatfadhe eines Derjiingungs- 
prozeffes anzugeben. Ein edles, bär- 
tiges, faft leidumflortes Rünftlerhaupt 
aus dem Jahre 1879 bat fi in eine 
glattrafirte, geiftreihe Schaufpielerphy- 
fiognomie umgewandelt. Nicht Eitel- 
feit hat diefe Aenderung diktirt. €s ift 
dem Meifter ohne Bart bequemer, er 
fpart Zeit. Er it gewöhnt, dem per- 
fonliden Standpunft in Allem zu 
folgen. Solche Transformationen er- 
eignen fi) beftändig während Her- 
fomer’s Leben, ftets neues Schaffen, 
neue ntereffen, neue Methoden. Cha- 
mäleonartig fhillert fein Wirken; aber 
die Nüancen leuchten bei ihrem rapi- 
den Werbhfel in fatten, tiefen Tönungen. 
Obne Haft, obne Raft — bat er 
über feinen Cebenstempel gefdrieben, 
und diefem verdanten wir fhmadbafte 
SFriihte voll verfchiedenfter Aromen. 
Es wäre ungerecht, bei Herfomer's 
univerfaler Bethätigung von Dilet- 
tantismus zu reden. Jn feiner Viel- 
beit ift immer viel Banzzeit. Doll 
danfbarer Anertennung wollen wir 
Deutfhen den Landsmann Ehren in 
der zweiten Heimath ernten feben. 
Noch beweiſt ſein Werk die tief innerlihde Antheilnabme an den 
Stätten feiner Gugendseit. 

Hier zu Lande hat fih uns Herfomer befonders als Maler 
vorgeftellt. Die große internationale Runftausftellung vom 
Jahre 1892 zeigte uns eine Reihe feiner bedeutendften Werke 
de8 Pinfels und der Radirnadel. Abnungslos ftehen 
wir jedod) bei diefen Proben feines großen Könnens der 


„Hödftes Blüd der Erdenfinder 


Hubert Herfomer, 
Selbſtbildniß. 


212 


ete 


eminenten fille an- 
derer Anregungen 
und Bethätigungen 
gegenüber, die feinen 
Namen zu einem 
der meiftgenannten 
unter dem ftattlihen 
Rünftlerheer Eng- 
landsmadten. Was 
hören wir in 
Deutfdland von den 
geiftreihen Dorle- 
fungen, die Herfo- 
mer über feine ur- 
eigenen jdeen in 
Runft und Wiffen- 
fhaft in feiner 
Eigenfohaft als Pro- 
feffor von Orford 
vorträgt? Wie viel 
wiffen wir von fei- 
nem neuen Derfab- 
ven in der Schwarz- 
weiß- und Emaillir- 
technif? Daß der 
Meijter in vollfter 
Antheilnabme mit der Entwidlung des Kunftgewerbes 
bedarf ebenfalls befonderer Betonung. Herfomer bat die Erb- 
{haft eines tüchtigen Mannesftammes gediegener, Fünftlerifch 
begabter Handwerker anzutreten. Mit befcheidenem Stolz nennt 
ex fic) Sen Gefammtausdrud er vielfeitigen Familienanlagen. 
Auf einem dSreitheiligen OelbilS, das als einziges Wandgemälde 
fein Atelier fchmüdt, find Srei feiner Vorfahren, Ser Vater und 
zwei Onkel verewigt. „Die Erbauer meines Haufest nennt 
Herfomer in pietätvollem Stolz drei fernfejie Männergeftalten, 
einen Weber und zwei Schreiner. Ernjt und Tücdhtigkeit fpridt 
aus den bärtigen Befihtern. Das Wappen gefunder Arbeit ift 


lebt, 





Bushey-house, Hubert Berfomer’s Wohnung. 


Deutfde Runf. Aoa 


das Adelspatent der 
Herfomers. Die leß- 
ten Jahre haben 
Herfomer in feinen 
Eigenfhaften als 

Bühnenregiffeur 
und Scaufpieler 
glänzen laffen. Jum 
Mufifer feint cr 
von feiner frübeften 
Jugend die hervor- 
tragende Begabung 
mitbefommen zu 
baben. So ift die 
Individualität die- 
fes Mannes inter- 
effant, wo immer 
fie beleuchtet wird. 

Herfomer’s gee 
fammter Lebens- 
gang ift ein Phä- 
nomen an fid. 
Das blutarme Rind 
der Auswanderer 
ift zum Schloßherrn 
von Bufbey, der 
Handwerferfobn zur internationalen Künftlergröße emporgewadfen. 
gn Waal, bei Landsberg am Led) hat Hubert Herfomer das 
Licht Ser Welt erblict. 

„Die Herfomer's maden’s nicht wie andere Leute, haben dort 
jbon die Nachbarn behauptet. Hat fic) Soc Herfomer’s Vater 
bequemen miiffen, einen Thurm, sen er id) vermefjen an feinem 
Haufe anbradte, auf den Widerfpruc der Dörfler wieder ab- 
zutragen. Die Stürme der 1848er Revolution vertrieben den 
waderen Schreinermeifter nad) er Neuen Welt. Kein Glüdsjtern 
leuchtete ibm Sort in verfdiedenen Stadten. Jbn trieb es nad 
Europa zurüd, und da die Wegzebrung nicht weiter reichte, murde 








Hubert Herfomer, Wack den Miihen des Cages. 


Deutfde 


in Southampton der Kampf aufs Neue aufgenommen. Hier 
arbeitete Ser Vater als Möbeltifchler, die Mutter als Rlavier- 
lebrerin. Als der Sohn eines Tages das einzige Boldftüd der 
Eltern bei einem Einfauf verloren hatte, zwang die Armuth den 
Dater, das Rauden, altoholifhe Getrante und fleifhtot auf- 
zugeben. Diefem Beifpiel ftoifher Entfagung ift Herfomer zeit 
lebens gefolgt. Schon in diefen Rnabenjabren ift ihm die Pflicht 
zur Arbeit aufgegangen. Nadh einer befhwerlihen Münchener 
Reife erkrankte Herfomer; fein empfindlicher Körper madte fidh 
früh bemerkbar. Ghm regten fic) die Lebensnerven, als ibn der 
Dater auf die South Renfington Runftfdule gab. Hier ftrebte 
fein chavafteriftifther Eifer den langen Lehrgang foviel wie mög” 
ih zu fürzen. Man verweigerte dem Neuling den Eintritt in 
die Aktklaffe, aber erjtaunlihe Kedheit und eine itberrafdende 
Rreidezeihnung braten den fühnen Schüler an das Ziel feiner 
Wünſche. Schnell fühlte Herfomer den tiefen Einfluß Frederic 
Walter's auf feine Jndividualität. Er hatte den Helden gefunden, 
dem er die Wege zum Olymp hinauf nadarbeiten wollte. Alle 
bitteren Entäufchungen des Beginnens galt es jegt durdempfinden. 
Zurüdgemiefene Arbeiten, harte Beurtheilungen faltherziger Kritiker 
verwundeten feinen Jugendeifer. Wer fragte danad, ob der 
bodbegabte, faum Neunzehnjäbrige fein täglihes Brod auf dem 
Tifh batte. Diefen Erfahrungen dankt Herfomer das Befühl 
echter Rameraderie gegen aufjtrebende Talente. Gn That und 
Wort tritt er für gegenfeitige Nadhfiht und Hilfsbereitfhaft ein. 
Som felbft ift Ser erfte Erfolg Surh den Graphic gefommen. 
Schon hatte er auf alle Weife, als Baubandwerfer, als Zither- 
fpieler einer Niggertruppe verfudt, feine Taſchen zu füllen, als 
feine Zeihnungen dem neubegründeten Blatt zufagten. Ein hohes 
Blüdsgefühl jhwellte ihm ‚die Bruft, als er von den erften Der- 
dienften mit den Eltern fFerienreifen in die baverifden Heimath- 
berge maden fonnte. Wie ihm das Herz aufging angefidts 
all’ diefer Naturreize! Wie ihm die vollen, warmen farben- 
töne feines Meifters Walter durch die Seele zogen. 

So enftand fein erftes WAfademie-Oelbild ,,Nad den Mühen 
des Tages“. Durd ein baverifthes Gebirgsdorf zieht fidh das 








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Hubert Herfomer, Der Biirgermeijter von Landsberg a. £. 


Run ft. 





Hubert Herfomer, Profeffor Maz Miller, 


fcdillernde Band eines fFliifdens, das blühende Obftbäume um- 
ftehen. Dom Briinnlein am Ufer holt ein fclummerbefangenes 
Mädchen ibren Wajferbedarf. Der Bänfehirt treibt Sie Heerde 
über die Dorfitraße. Gn den vergliibenden Purpur der finfenden 
Sonne hinein reden die Thiere verlangend die Hilfe. Eine Reihe 
Giebelhdusdhen sieht fid zu den Bergen empor. Des Tages 
Arbeit ift gethan, die Dörfler ruben auf den Hausbanfen. Der 
Jäger ift fhon eingenidt; ein junges Weib träumt am Spinn- 
roden. Wie Anmuth und leife Wehmuth ift gs über das Bild 
des Abendfriedens ausgegofjen. Ein voller Erfolg in der Akademie 
lohnte den jungen Meifter. Auch ein materieller Gewinn von 
1000 Mart fam ihm Surh einen Zufall. Auf dem Omnibus 
hörte ein Herr Herfomer’s Befpräd) 'mit feinem Rahmenmader und 
führte ihm den Käufer zu. Ein neuer Auftrag von 5000 Marf 
folgte fohnell. Herfomer fonnte fih den febnlidften Wunfd er- 
füllen und den Eltern ein Heim einridten. Sein charafteriftifches 
‚freilihtbedürfnig fand feinen Ausdrud in einem Landhäuschen 
in Bufbev, eine gute Stunde von London entfernt. Hier ver- 
lebte er jeden ‚Feiertag. Auf englifhem Boden ift Herfomer der 
erfte Maler, der fih aus den Stadtmauern heraus auf dem 
Lande feinen Wirkungsfreis gründete. Was die Barbizon-Schule 
in frantreih, neuerdings auf deutfhem Boden die Dachauer 
und Worpsweder beabfidtigen, bat Herfomer als einzelner Menfch 
verwirklicht. 


Eine Schüler- und Riinftlerfolonie von anderthalb hundert 
Röpfen hat fih nah und nad um den Meifter in Bufhey an- 
gefiedelt. Der Beift diefer Schule ftebt unvergleihlih da in der 
Welt; denn bier berrfht in autofratifher Machtfülle das Alles 
und Alle umfaffende Gefes Hubert Herfomer's. Ein Vorbild 
raftlofen Strebens, humaner Empfindung, idealen Wollens waltet 
er in patriachalifher Fürforge über feiner Schöpfung. Unfäg- 
lihes Herzeleid hatte Herfomer duch feine Ehe, die ihm einen 
Sohn und eine Tochter fehenkte, über jih und die Seinen herauf- 
befhworen. Zu feinem unnennbaren Schmerz fabh er beide Eltern 
nad dem deutfchen Daterlande zurüdkehren. Während tiefites 


‘g ‘vd Basgsgung uy spoaglidogg sag Sunis somozas pagnu 








Deutſche Runſt. 





Dunkel auf ſeinem Gnnern lagerte, ging fein Riinftler- 
geftirn immer ftrablender auf. 

Ohne eine Ahnung von Sen Gefeken der Per- 
fpeftive, der Rompofition und rechten Farbenbehandlung 
fhuf Herfomer, einem inftinftiven Drange folgend, fein 
berühmtes, großes Oeclbild „Die Chelfen Penfionäre*. 
Don feinem Prinzip der Fresfomalerei verleitet, hatte 
er die farben fo troen behandelt, dağ er das Wert 
5—6 Mal von beiden Seiten mit Bindemitteln Surd- 
tränfen mußte, um Riffe zu verhüten. Hier war in 
fcblicytefter form ein Ausfihnitt des wirfliden Lebens- 
ergreifens gegeben. Eine Anzahl rothrödiger Gnvaliden 
it in fabler Kapelle zu ftillem Bottesdienft verfammelt. 
Rein dekorativer Schmud der ‚farben oder des Beiwerke 
erftrebten Effekt." Nur die ernfte Gdee Ser legten Mufte- 
tung vor Sem Wlmadtigen follte den Befthauer in 
ebrfurdtevolle Rührung verfenfen. Eine neue Note des 
Rönnens war angefihlagen. Herfomer hatte bewiefen, 
daß er den Menfchen wiedergeben fonnte wie die Land- 
fhaft. GJbhn fhmerzte es, Sağ er fih aus den Bahnen 
Walfer's berausfommen füblte, aber Ser Genius verlangte 
ungebinderte Geftaltung. Einjtimmiges Händeklatfchen 
der Prüfungsjurv empfing die bedeutende Ceiftung in der 
Londoner Akademie. Die erfte Ebrenmedaille der Parifer 
Ausftellung wurde Herfomer zu Theil. 

gm Publifum vermeinte man nun nur nod neue 
Penfiondrbilder ſehen zu follen; aber mit Ser ihm eigenen 
Unabhängigkeit malte Herfomer, wozu er Stimmung 
fühlte. Baverifthe Candfchaftsmotive mit Figurenftaffage 
wie „Der Bittgang** folgten gegen Ende der fiebsiger 
jahre. Diefer abfolute Geborfam gegen den eigenen 
Impuls iſt heute noch Herkomer's fünftlerifhes Scyaffens- 
geſetz. „Ich thue gerade das, wozu ich geftimmt bin“, 
verfihert er, und da er Vieles liebt und übt, jtehen wir 
einer unglaublichen Fülle feiner Leiflungen gegenüber. 
Herfomer’s eminente Fähigkeit als Portraitmaler fand 
damals Gelegenheit fih 3u beweifen. Sein glühender 
Wunfh war es, Rihar Wagner bei deffen Londoner 
Aufenthalt zu malen; aber der Meifter bemilligte feine 
Situng. Ein Portrait aus dem Bedähtniß gelang fo 
glänzend, dağ Wagner fih nun zu einer DViertelftunde 
als Modell bereit erklärte. Nur an einem Obr fand 
Herfomer eine Verbefferung ndthig, und er meinte bei 
einem Vergleich feiner Arbeit mit dem Original, dap 
er „feinen“ Wagner vorzöge.- Diefes Wert ift heut ein 
Sdhmu der Dilla Wahnfried und gilt als beftes Bild 
Wagner's. 

Portraits und Candfdaftsbilder wechſelten jetzt in 
rafter folge. Auf verfchiedenen Touren nad Wales 
lebte fih Herfomer in feinem ‚Freilihtbedürfniß aus. Ein 
Helt wurde aufgefdlagen, in dem er fchlief und fchuf. 
Das ergreifende Bild „„Windverweht*, Sas Aquarell „Der 
Erzdruide von Wales‘ entjtand damals. Gn dem feier- 
lichen Antlig des greifen Naturpriefters fcheinen die 
bimmelwärts gerichteten Augen einer Offenbarung zu 
laufen. Wie gebeimnifvolles Raunen gebt es durd 
die alten Eiden und die diifteren Wolfengebilde. Diefer 
Propbet wird die Derfündigung erfaffen. Er ſcheint ſelbſt 
ein Theil des mvftifchen Maturwebens. 

Das Jabr 1879 madte Herfomer zum Mitglied der 
Akademie und centri ihm Sie beißgeliebte Mutter. Er 
faufte Sie Stätte ihres Todes und errichtete als Dent- 
mal findlider Liebe den 100 Fuß hoben Mutterthurm 
in Landsberg, Der vereinfamte Vater mußte zu dem 
Sobne in England zurüdfehren. Es begann nun für 
Herfomer die Zeit, wo cr als Portraitmaler modern 
wurde. Er felbft ftellt diefen Kunftzweig befonders 
bod, nennt ibn die wabre Chronif der Jeitgefhidte. 
Yad dem Tode feiner Frau begann Herfomer fein Heim 
in Bufbey in größerem Stvle anzulegen, Auf Bitten 


feines YNahbarn, der Herfomer zum Lehrer für fein Miindel ge- 
winnen wollte, wurde der Grund der beriihmten ,,Herfomer- 
Schule mit einem Bau fiir fedh3zig Runftftudenten gelegt. Bis 
auf Sen heutigen Tag bat Herfomer jedes Honorar fiir feinen 
Unterricht verweigert. Eine Befellfhaft trägt die Roften, zieht 
die Einnahmen und verzinft ihr Kapital bereits mit fünf Prozent. 

Ohne Renntnif des Lateinifhen und Griedifchen wurde 
Herfomer zum Profeffor von Orford ernannt. Man freute fid, 
eine frifche, felbftgemadte Kraft neue Anregungen geben zu 
hören. Und Herfomer fühlt fic immer in feinem Element, fo- 
bald er feinen inne- 
ren Ueberfluß mit 
Dielen theilen darf. 
Die aufopfernde Pfle- 
gerin feiner Gattin, 
Culu Griffith, war 
indeffen Herfomer's 
zweite frau gewor- 
den, und mit ihr 
war der ‚Friede in fein 
Heim eingezogen. Auf 
ihre befondere Bitte 
malte Herfomer aud 
Frauenportraits. Mig 
Grant, die jüngjte 
Tochter feines Freun- 
des, trug feinen Ruhm 
als Frauenmaler 
durch Europa. Mit 
Stolz erzählt Herko- 
mer, daß der einzige 
Stuhl der Berliner 
Ausftellung damals 
vor feinem Bilde ge- 
ftanden babe. Neue 
Wunden waren feiner 
Seele durd) den Der- 
luft zwei heißgeliebter 
Wefen, feines Weibes 
und feines Vaters, 
bereitet. Nur raftlofe 
‘Arbeit half ibm über 
den Sufammenbrud. 
gm Jahre 1886 bat 
er nad eigener Un- 
gabe 36 Portraits 
gemalt, im folgenden 
einen Cyflus von 40 
Aquarellen aus feiner 

Umgebung von 
Buf hey vollendet. Oft 
fans er fih von 4—7 
morgens im freien 
ffigziren, um 8 im 
Sug nad London, 
um drei Sigungen 
abzuhalten, und bereits wieder für eine Abendftimmung in-Bufbey. 
Neue Seelenruhe überfam ihn, als feine Schwägerin einwilligte, 
fein Weib zu werden. Da das englifhe Befetz die Ehe mit der 
Schwefter der verftorbenen frau verbietet, ließ fih Herfomer 
aufs Neue als Deutfher naturalifiren. Er durfte fich jedoch fpäter 
mit befonderer Bewilligung der englifhen Regierung aud Eng- 
länder nennen, gehört alfo buchftäblid zwei Nationen an. 

Ein neues Meifterwerf, feine „Kapelle des Charterhaufes, 
war im Jahre 1889 einer der größten Erfolge der afademifden 
Ausftellung. Das feingetönte, berrlihe Gruppenbild, ein echtes 
Doelenftüd Ses 19. Jahrhunderts, it jegt eine Zierde der neu- 
eröffneten Tate- Galerie. Durch eine zufällige Bitte feines 
Söhndens für eine Weihnadtsaufführung ift Herfomer zur Bee 
thatigung feiner fhaufpielerifhen Anlagen gefommen. Es fcheint 


Deutfhe Runft. 





Hubert Herfomer, Pringregent Luitpold von Bayern. 


245 


während feines Lebens, als erweife fidh feine Gndividualitat wie 
jener Brunnen des Wardenlandes, der beftändig neue, töftlihe 
Strahlen hervorfprudelt. Wo immer Herfomer in fih felbft an- 
feblug, bat er quellende Fülle gewedt. Aus einer Fleinen Kapelle 
in Bufhey entwidelte cr ein regelredtes Theater. Er zeigte eine 
erftaunliche Leiftungsfähigkfeit als Architekt, Regifjeur, Bühnen- 
dichter, Romponift, Rapellmeifter und Scaufpieler. Die Neu: 
einridtungen, die fein erfinderifhes Genie in feiner Bühne traf, 
waren derart überrafihend, daß Herfomer 1892 gebeten wurde, 
einen Sffentliden Vortrag über feine „Vühnenkunft im Avenue- 
Theater zu balten. 
Er wollte fidh abfolut 
als feinen Reforma- 
tor aufipielen. Mit 
dem  Enthufiasmus 
des  felbftfchöpferi- 
fhen Autodiftaten 
trug er feine fühnen 
Neuerungen vor. Je- 
des Bühnenbild ver- 
langte er von dem 
Standpunft des Ma- 
lers gefehen. Der 
Vordergrund ſollte 
natiirlid) behandelt, 
der Hintergrund pers 
fpeftivifeh modellirt, 
die Atmofphäre durd) 
Gaze gegeben fein. 
Fubplidter waren ab» 
gefhafft, Ser Vor- 
bang rollte nad 
den Seiten auf, das 
Ordefter war unfidt- 
bar wie in Bayreuth. 
Der Mond in Bufbey 
mit feinem Zinnrund 
und den von innen 
herausleuchtenden 
elektriſchen Lichtern 
hat einen beſonderen 
Ruf erlangt. Bei Sen 
Vorftellungen wirkte 
Ser Profeffor, feine 
Familie, die Schüler - 
und einige profeffio- 
nelle Sdhaufpieler 
mit. BHerfomer wird 
als Schaufpielec felbft 
von Rennern hodge- 
ftellt. Jm Fabre 1889 
wurde ein „Jyll“ 
vor 1500 geladenen 
Bäften zum Beften 
der Dorfbewohner 
aufgeführt; Hans 
Richter hatte das Örchefter übernommen. So glänzende Triumpbe 
aud) Herfomer’s biftrionifche Leiftungen fanden, ift er dod heut 
diefer Mühen müde. Dorldufig, fagt er, und bhoffentlid auf 
immer bleibt das Theater gefhlojfen. Er bat eben Stimmung 
für etwas Anderes. 

Dem verftändnigvollen Befucher zieht er in feinem Atelier 
einen Vorhang zurüd und enthüllt das neue Werf feiner zu- 
fünftigen Mühen. Es ift eine Wiederbelebung der Limoger 
Emaillemalerei, die er voll unfägliher Beduld auf Rupferplatten 
ausführt. „Die Fludt der Stunde nennt er einen Cyflus von 
Emaillebildern in einem mädtigen, fhildförmigen Silberrahmen. 
Alles hat an diefem Werk feinen tiefen Sinn. Die bingleitenden 
Ornamentfurven der Riefenplafette, die eingefügten Emaille- 
Seifenblafen, jedes Bildmotiv deuten allegorifch des Meisters” 


246 


Auffaffung der Dergänglidkeit an. Herfomer ift eben nicht mit 
der einen Norm des Realiften abzuthun. Der Griibler, der 
Träumer wurzelt tief in feiner Natur. Ein moderner, abjolut 
origineller Todtentan; - Cyflus i unter feinen Händen in der 
Entftehung begriffen. Man faßt die Fülle malerifher Arbeiten 
nicht, die Herfomer trogdem während der letzten Jahre vollendete, 
Sein beftes Werk, das er vor wenigen Monaten malte, ift nad) 
feinem Ausfpruh „Die Begrüßung der Königin durd) die Rrim- 
invaliden beim Diamantjubiläum‘. Die society of arts bat 
das Meifterwerf bereits erworben. Es zeigt die Gruppe roth- 
rodiger Rriegsveteranen am 
Supe des bronzenen Rrieger- 
dentmals voll Ehrfurdt und 
Liebe die greife Monardin be- 
willfommnend. Wie ein erwär- 
mendes UAbendfonnenleudten 
fpiegelt fid Ser Grug er Maje- 
tät auf den Befichtern der alten 
Soldaten. 

Herfomer ift dod fhließ- 
lih vor allem Maler und wie 
zahlreihe Abzweigungen diefer 
Dollftrom menfdlider Bega- 
bung fih aud geftatten darf, 
feine Hauptbahn liegt dort, wo 
‚farben und formen finnbe- 
ftridend im Rhythmus des Pinfels 
zufammenklingen. fiir die nad 
ften Monate hat Herfomer feine 
erte Reife nad) dem Süden 
Jtaliens geplant. Er will fleißig 
ffizziren. Auf welde neue 
Bahnen mögen ihn die Schön- 
heitsoffenbarungen im Lande 
der Schönheit binweifen? 

Das gefammte Schaffen 
des 49jährigen Meifters gipfelt 
im Gebiet des Portraits. Als 
glänzender Charakterkenner er- 
faßt Herfomer feine Menfchen. 

Obne jedes dekorative Bei- 
wert, wie Gainsborough und 
Reynolds, ohne die befonderen 
Lidteffette Rembrandt's, ftellt 
„ er die figuren einzeln oder in 
ausdrudsvollen Gruppen bin. 
€s geht ein großer Linienzug 
duch feine fitrenden und ftehen- 
den Beftalten. Sie geben fih 
flar und ungefünftelt! Da habt 
ihr uns, fo find wir. Herfomer 


Da Bene, 





der Wirklicyfeit Surh ein melandolifhes Temperament gefdaut. 
Der Praftifer ift au voll humaner Gefühle. Es ift bezeichnend, 
daß die Effaalwände feines neuen Heims mit einem ‚friesreigen 
überlebensgroßer Jungfrauen gefhmüdt werden, die die Idee der 
„Sympathie verfdrpern follen. Jn farbenfhimmernden Ge- 
wdndern auf goldenem Hintergrunde fhweben die Beftalten dahin. 
Zuweilen iſt aud die Phantafie in das weite Reih des Meifters 
Gebiipft. Sie hat es verfucdt, ibm ihren Spuf vorzugaufeln. 
Auf feinem feingetönten Aquarell „Jn der Dämmerung‘ find 
Niren und Bnomen aus feinem Pinfel gefhmwebt; aber es fcheint 
uns nur ein zerflattertes Gebilde 
geworden. Der Meifter ftebt 
am ficderften, wenn ihm aus 
diefer Erde feine Freuden quillen. 
Er ift abfolut unberührt ge- 
blieben von den ungefunden 
Derzerrtheiten der englifhen 
Präraphaeliten. Zu franthaften 
Baudelaire- Stimmungen im Erl- 
fönigreih bat er feine Zeit. Er 
liebt die Träume im Tannen- 
wald, wo Sonnenlidter urh die 
Wipfel fpielen, wo der Harz ge- 
funde Düfte fpendet. Unermüd- 
lid) thatig bat er fid) fein flop. 
artiges Heim durd die Arbeit 
feiner Hände erbaut. €s ift 
fein Stolz, daß er aus fidh 
heraus werden fonnte. Noh 
barrt „Cululaund* in Bufbey 
der Vollendung. Es wird der- 
einft als Denkmal einer unver- 
gleihlihen Perfönlihfeit zum 
Wallfabrtsort aller werden, die 
echte Individualität verehren. 
Herfomer ift ftolz darauf, daß 
bier der gefammte Plan, der 
Holz- und Metallfdmud, die 
Stoffe, die Teppiche, die Möbel, 
jedes Stüd Sem eigenen Ropf 
die Entftehung Sanften. Als 
Handwerker wie als KRünitler 
bat er an Allem raftlos mit- 
gefhaffen. Eiferfühtig wadt 
er über jede vorläufige Der- 
öffentihung feines Milieus. 
Innerhalb der nädften drei 
Jahre denkt er felbft ein großes 
Wert über diefes Heim und 
fein Wollen und Wirken zu 
fohreiben. Es wird dem beimi- 





malt feine pathologifhen Räth- 
fel wie Stud und Lenbad, 
feine Raffinements wie Whiftler 
oder Düran. Er malt weniger Poeffie, mehr Realität. Hat die 
Ueberproduftion den Riinftler zuweilen zu Flüdhtigfeiten verleitet, 
fo find ihm eine Reihe von Schöpfungen gelungen, die auf der 
Höhe der Meifterwerfe aller Zeiten fteben. Ein Herfomer’fches 
Portrait trägt den Stempel vornehmer Schlichtheit, natürlicher 
Grazie mit einer Tönung gemüthvoller Wärme, die aus der ge- 
dämpften Leuchtkraft feines blühenden Kolorits bervorftrömt. 
Angefihts feiner Menfhen glauben wir des Meifters Verficherung 
3u hören: „Jh liebe alle meine Modelle. Jh liebe fie wie fie 
find, nicht wie id fie haben mödte. Und dennoch Flingt aus 
diefem Realiften häufig genug eine träumerifche Mote. Sie fpriht 
zu uns aus feinen ftimmungsvollen, weichröthlih durchhauchten 
Landfcaften, aus den zablreihen Motiven, die Herkomer's tiefes 
fühlen mit dem Ernft des Lebens fpiegeln. Seine ,,Chelfea- 
und Krim-Jnvaliden*, fein ,,Charterhaus-Gottesdienft, das 
„Streifebild*, die „Auswanderer“, „Befunden“, find Ausſchnitte 


Hubert Herfomer, Der Erzdruide von Wales. 


fhen Runftgewerbe viel zu 
denten geben. Soviel mag ver- 
raten fein, daß der deutfche 
Wald als Grundidee des Ganzen geðadt it. Rein gothifthe 
Motive find frei nad) des Künftlers Caune mit modernem Geift 
Surdfegt. jeder Ausblid aus den eichengetäfelten Fenftern 
zeigt einen Ausfchnitt der fihönften Waldlandfhaft. Das 
Material des Baues ift baverifcher Tuffftein. Die Wand- 
fhnißereien enden in fraufen Ornamenten zierliher Moosformen, 
die der Natur auf das Liebevollfte abgelaufht wurden. So 
arbeiten fonnen nur die Auserlefenften. Hier ift feltenes Rönnen 
mit feltener Schaffensfreudigfeit gepaart. Aus dem ernften Begriff 
der Dergänglichkeit der Zeit bat Herfomer den ebenfo ernften 
ihres hoben Werthes abgeleitet. Sein Lieblingswort ift der 
Ausjpruh Wark Aurels: „Lebe unentwegt dem göttlichen Genius 
in Dir und diene ihm würdig.“ So führt er intenfiv durd, 
wozu fein poetifher Genius ibn lenft. So bat fih Hubert 
Herfomer im täglihen Ringen der Weisheit letzten Schluß „die 
freiheit und das Leben“ erobert, 


Deutfhe Runft. 


247 





Charlotte Wolter und die bildende Kunft. 


m Montag, den 18. April, beginnt die DVerfteigerung der Runft- 
fammlungen Charlotte Wolter's in Wien bei H. O. Miethfe. Es 
handelt fih bier nit um das gewöhnlihe Bric a brac, mit dem 
fid Bühnengrößen männlihen und weiblihen Bejhlehts zu umgeben wiffen. 
„Charlotte Wolter befaß eine febr werthvolle Runftfammlung; es gab kaum 
einen Runftzweig, mit dem fie Ah niht durch geheime Fäden verknüpft fühlte. 
In ihrer Hieginger Villa, in ihrer Stadtwohnung, fo lange fie eine folde 
bejaß, fogar in ihrem Bauernheim am Atterfee umaab fie fid mit taufenderlei 











Unter den Malern ift Canon befonders gut vertreten. Don anderen 
Meiftern feien WU. Stevens, T. Couture, G. Roller, Rudolf Huber, f. Ruben, 
S. Jiem erwähnt. 

Befonderen Kunftwerth befitt das Kapitel der Schmudfaden, ein Pleines 
Mufeum für üd, von faft zweihundertundfünfzig Yummern, und bier fpürt 
man wieder die fammelnde Hand der frau. Es ift erftaunlich, wie viel diefe 
Hand, die wir bloß für eine Runft thätig glaubten, aus anderen Runftgebieten 
zufammentrug, über zweitaufend Yummern, Alles natürlih nicht gleih hoben 





Hubert Herfomer als Schaujpieler. 


Gegenftinden der Runft, welche fie, zunädft unter Anleitung ihres Gatten, 
dann felbftftindig mit fiderftem Bejhmade zu wählen vertand. hre große 
Sdakglammer blieb natürlih die Hiekinger Dilla. Ein förmlihes Mufeum 
batte fih bier im Laufe der Zeit um fle gebildet, das Wolter-Mufeam. Werte 
der Malerei und Skulptur, foftbares Befchmeide, vornehmer Hausrath, 
ſchimmernde Töpferei, buntfröhliches Porzellan, die Feine und die große Runft, 
eine ganze Welt voll edler Augenweide umfing die Tragddin, und in diefer Welt 
zu athmen, in ihr fih 3u erholen und für neue Arbeit zu färten, war ihr zum 
geiftigen Bedürfniß geworden. Auh Braf O'Sullivan, ihr Gatte, war eine vor- 
nehme Riinftlernatur, der eben nur die fhöpferifhe Kraft gebradh, obwohl er den 
Pinfel gar niht ungefhidt führte. Als Runftfammler war er erften Ranges. 
Er war es von Haus aus, von feinem väterlihen Haufe ber. Sein Vater, 
-belgifher Gefandter in Wien, fammelte nod zur guten Zeit, gut fiir den 
Sammler, denn es war eine Zeit, die felbft wenig Runft hervorbradte und 
dabei die Runftwerthe der Vergangenheit unterfhätte. Die väterlihe Samm- 
lung zu bewahren, fortzuführen, zu vervollfommnen, betradtete Graf 
O'Sullivan als eine feiner Lebensaufgaben." 


Werthes, aber jedes Stüd eine Erinnerung an fle, viel eigentlihe Wolter- 
Reliquien darunter, Bejchente und Andenken aus ihrem Fubiläumsjahre — 
und rüdjinnend fehen wir fie jelbft unter all den fhönen und foftbaren Dingen 
walten, ihrer alltäglihen Atmofphäre, ihrer Lebensluft. 

An diefer Stelle fommt es uns vorwiegend darauf an, zu zeigen, wie 
die Perfon der Rünftlerin felbft wieder zum Objeft der Darftellung für die 
bildende Runft wurde. Hans Mafart, H. von Angeli, Hans Canon, f. 
Matfd haben gewetteifert, die edlen Züge, die ebenmäßige Geftalt der Tra- 
gddin im Bilde feftzubalten, Victor Tilgner bat ihre lebensvolle Biifte 
modellirt. Da ift es Senn von befonderem Jntereffe, ebe diefe Bildniffe in 
alle Welt zerftreut werden, zu fehen, wie fi die verfdiedenen Riinftler- 
individualitäten ihrer Eigenart entfprehend mit. einem Dorbilde von fo feltener 
Dollfommenbeit abfanden. 

Das Mafjifhe Profil der Wolter, die gerade aufftrebende Stirn, die fein- 
Gefdnittene Yafe, der ausdrucdsvolle Mund, das energifthe Rinn haben fih fo 
feft dem Gedadhtnif eingepragt, dağ uns das Portrait von Meifter Canon 
mebr en face genommen, faft fremdartig berührt. Der feine Kenner und 


248 


Deutfhe Runft. 





Nachahmer der alten Meifter ift 
uns bier einmal als Peter Paul 
Rubens gefommen. Es liegt in 
diefem Frauenfopf ein Jug fön- 
heitsftolzer Lebensfreude, fraftiger 
Sinnenluft, der die fiharfgefchnittenen 
£ippen fehürzt, die feinen Nafenflügel 
zittern macht und die Mugen Augen 
feucht fhimmern läßt. Canon bat 
das matürlihe Temperament der 
Wolter gemalt, Hans Mafart 
das Ffünftlerifche, urh eine Rolle 
beftimmte. Liebe heifhend als ihr 
tyrannifches Redt dehnt Meifalina 
die rofenbefränzten Blieder auf den 
Polftern, das ftolz gehobene Haupt, 
der berrifche Blid will den Geliebten 
niederzwingen auf die Rniee zur 
Anbetung fiegbaft prangender Schön- 
beit. Auch für ein Plafondgemälde 
auf Leinwand bat Meifter Mafart 
die Züge der Wolter benugt. 
Neben der Thyrjos jhwingenden Bachantin taudt fie auf, ftreng verbiillt, 
in den ernften Mienen einen Zug kalter Braufamfkeit, die fih fehmerzenaftarr 
auf ih felbft befinnt, Sie Derkörperung der Tragödie. Mit den einfachften 
und gerade darum wirfungsvollften Mitteln arbeitet H. von Angeli in 
feiner Darftellung der Rünftlerin als Rrimbilde. Das find die verfteinten, 
medufenbaft fhönen und medufenbaft graujamen Züge der Gattin des Er- 





Hans Mlafart, die Tragödie, Plafondgemälde, 


fhlagenen, in der die Radhe jedes 
andere weiblihe Empfinden getödtet 
bat. Gefpenfterbaft blutleer taucht 
das weiße Antlig aus den fhwarzen 
Tranerfcleiern auf in ftarrer Linien- 
ſchönheit. Das Knieſtück von 
f. Matſch trägt den Charakter 
des Jubiläumsbildniſſes. Die Rolle 
der Sappho ſcheint nur gewählt, um 
für die Anbringung der filberver- 
goldeten Lyra mit dem Reliefbildniffe 
der Rünftlerin, die von den Mit- 
gliedern des Hofburgtheaters ge- 
widmet wurde, einen angemeijenen 
Vorwand zu finden. -Treu der Natur 
nadgebildet erfheint die Bronzebifte 
von Meifter Tilgner. Es liegt 
etwas miides in diefen. Jügen, die 
fo oft die nachempfundene Leiden- 
fhaft fiinftlerifd  wiedergefpiegelt 
haben, eine Abfpannung, die fih 
nad Rube fehnt. 

Durdh all diefe verfihiedenen Auffajjungen aber geht als Brundzug die 
freude der Rünftler, eine unendlich vielfeitige und doh immer fhöne Natur 
nachbilden zu lönnen. Gedes Wolterbildnif iiberhdht füh über die Aehn- 
lichkeit hinaus zum Runftwerf, weil e3 nie das Weib allein, fondern ftets 
das durd die Runft zur Schönheit erzogene Weib darftellt, und fo iiber das 
Gndivisuum fort in die Welt des Typus übergreift. 6. M. 


Berliner Dereins-Ausftellungen. 


ir ftehen derzeitig in der Reihshauptftadt im Zeichen der Vereins- 

Ausftellungen. Die Anzahl der Starken, die allein am ftärkften 

> find, war von jeher nit übermäßig groß, und wenn Bleid- 

ftrebende fih zufammenthun, fo werden fie leiht den Eindrud erweden, als 

feien ihre Ziele, von einer gefdlofjenen Maffe in äbnlihem Tempo verfolgt, 

eher erreihbar. Aud) dedt in einer Vereinigung einer den anderen, und man 
nimmt den Schwadhen um des Starken willen in Rauf. 

Der Rünftler-Derein Pallas war bisher nur durch wohlgelungene 
gefellige Deranftaltungen in die Oeffentlidfeit getreten und man erzählte fid) 
in eingeweihten Rreifen, daß die Mitglieder fi gelegentlich äfthetifhe Vorträge 
halten ließen und 
in gemeinfdaft- 


fen vorübergeführt, erhielt bier und dx eine pfeudofahmännifhe Erläuterung, 
trug feinen Namen in ein Difitenbud ein und wurde am Schluffe mit der 
böflihen Frage entlaffen, wie einem die ganze Deranftaltung gefallen babe. 
Der Prejje erfcien eine folde intime Ausftellungsform ungewohnt und fie 
glaubte fi) berufen, fie mit einer gewiflen Nondalance fo oben hin abzuthun. 
Nur Ludwig Pietfy madte in der „Bojjifhen Zeitung‘ eine rühmlihe Aus- 
nahme, und wir fdbliefen uns ibm mit voller Ueberzeugung an. 

Der Verein Pallas hatte das Bedürfniß zu zeigen, wie er fih auf 
forporativem Wege die Fünftlerifhe Arbeit zu erleihtern und zu verbilligen 
fügt, und diefer Nachweis ift ihm in vollften Maße gelungen. Ja, man 
fand Belegenbeit, 
fih an mangem 





lihen Ateliers 
fleißig Aftmalten. 
Die erfte Aus- 
ftellung der zu- 
meift aus jünge- 
ten Riinftlern, 
Arditekten, Bild» 
bauern, Malern, 
Photographen 
beftehenden Der- 
einigung wurde 
in einem nicht be- 
fonders günftig 
beleuchteten Saale 
des Cquitable⸗ 
Palaftes veran- 
ftaltet und trug 
einen  wejentlic 
familiären Cha- 
rafter. Von einem 
alten Modell em- 
pfangen, wurde 
man gewiffer- 





frifchen, von keiner 
„Richtung“ ange- 
fränkelten Talent 
zu erfreuen, das 
die Natur mit ge- 
funden Augen an- 
fiebt und ſchlecht 
und recht und ohne 
Sdielen wieder- 
giebt. Wenn wir 
recht berichtet find, 
it Emil Hen- 
(hel das eifrigfte 
Dereinsmitglied 
und erfheint dem 
entfpredend mit 
der größten Zahl 
von Arbeiten auf 
dem Plage. 
Seine Landfhaf- 
ten, feine Ate 
und Portraits zen- 
gen von Bega- 





maßenan den eine 
zelnen Runftwer- 


Í > O o — — — — — 


Hans Makart, Charlotte Wolter als Meſſalina. 


bung und Fleiß, 
fein Frauenkopf 





mit gefpigten Lippen, von denen in lüfternem Sinnesbehagen ein Tropfen 
berabfließt, jogar von derbem, allerdings noh niht ganz über das Modell 
binausgewadfenem Humor, wie denn die jungen Herren überhaupt ein gewilles 
Dergnügen daran finden, fih gegenfeitig zu malen und zu modelliren, wie 
man das eben in intimen Rünftlerfreifen zu thun pflegt. Gn diefem Darftellen 
des Nddftliegenden, mag es üh nun um Landfhaft oder Bildnif handeln, 
liegt ein liebenswürdig naiver Zug, der denn auc) meift der anfpruhelofen 
Schilderei zugute fommt. A. Sturm, ©. Schafft und Wrage halten fih 
an die Reize der märkifhen Natur und gewinnen dem „Lietenfee", Sem 
„Tempelhofer Schloßpark", dem „Klofter Chorin’ hübfhe Veduten ab. Jn 
Hugo Heine hat der Verein Pallas and feinen Malerphantaften und 
Symboliften. Ans griinlich fehimmerndem Wafer taudt ein Frauenleib auf, 
an dem fid frei nah Stud ein Schlangenleib bheraufwindet, der den Kopf 
mit unheimlich leuchtenden Augen züngelnd, über der Stulter vorredt. Der 
Rünftler nennt das Phantasma „Die Sünde". Unter den funftgewerbliden 
Arbeitern fallen die Dorlagen für Teppihe und Stidereien von Martin 
. Spieler, die NRandzeihnungen von Pii und die Ex libris von 
€. Zellner angenehm auf. GnW. Facoby zählt der Derein einen tüchtigen 
Bildhauer, der in Bildnifbüften ein fraftiges Charafterifirungevermdgen, in 
einer „Weinernte‘ un) in einer „Römifhen Zirfusfzene ein beachtenswerthes 
Rompofitionstalent zeigt. Der Arkitett Emil Shmidt- friedenau ftellt 
Modell, Grund- und Auftiffe der von ihm in München erbauten Bayerifchen 
Hypothefen- und Wedfelbant aus. 

Handelte es fic) bei dem Derein Palles vorwiegend um eine Demonfteirung 
des gemeinfamen Lernens und Arbeitens, fo hatte der Verband Deutfder 
Hllufteatoren bei feiner Ausftellung im Wfademiegebaude, die am J. April 
eröffnet wurde, die ausgefprodhene Abfiht, fih als fiinftlerif gleich beredtigt 
zu legitimiren und die Schwarz - Weiffunft ebenbürtig neben die Farbenkunft 
zu ftellen. Der anerfennenswerthe Derfuh fann natürlich nod feine vollendete 
Löfung bringen, aber es ift jedenfalls ein rühmliher Anfang gemadt. Wenn 
man den Gefammteindrud der Ausftellung zufammenfaßt, fommt man zu der 
Ueberzeugung, daß der Art des modernen Glluftrirens ein Grundfebler an- 
haftet, der Mangel an fiinftlerifcher Freiheit. Der fh von Jahe zu Fahr 
fteigernde Clihe-Bedarf für illufteirte Zeitfihriften hat einerfeits ein fhablonen- 
haftes Arbeiten für den Maffenvertrieb, andererfeits ein Ueberwiegen des 
verlegerifhen Einfluffes gezeitigt, der nah Sem Befhmad des großen 
Publifums fcielt und darüber den geraden fiinftlerifden Blit verliert. Da- 
dur ift ein handwerkfsmäßiger Zug in die Fllufteationstednif gefommen, ge- 
fördert durch de mehanifhe Reproduktion, die ihre Beziehungen zum Original 
meift erft auf dem Umwege über die Photographie findet. Ob die Zeit, wo 








Ñ. von Angeli, Charlotte Wolter als Kriemhilde. 


Deutfhe Runft. 





Hans Canon, Charlotte Wolter. 


der Riinftler felbft auf den Stod zeichnete, zurüdzuwünfhen ift, mag dabin- 
geftellt bleiben, jedenfalls behielt die Flluftration fo ein unmittelbares Ge- 
präge, Erfindung und Ausführung nahmen von vorn herein Rüdfiht auf die 
Bedingungen der Wadbildung. 

Der retrofpeftive Theil der Ausftellung ift dazu geeignet, diefe Schäden 
augenfällig zu machen, ja fie würden nod mehr bervortreten, wenn man neben 
den Originalzeihnungen der modernen Glluftratoren die Reproduftionen aus- 
geftellt hätte. Das Größerzeihnen für die photographifche Verkleinerung, 
das Benugen der Tufthe, ja der Farbe für farblofe Nachbildung würde fidh 
dann noch deutlicher als ein Nothbehelf erweiſen, deſſen künſtleriſche Nachtheile 
fbhwer zu vermeiden find. Es wäre ungerecht, wenn man die Fortfdritte ver- 
fennen wollte, die Hol3fdnitt, Farbendrud und Aebung in den legten Jahr 
zehnten gemadt baben, aber uns will bedünfen, als fei über all! der Mechanik 
ein Stüd fünftlerifcher ntimität verloren gegangen, deffen Zurüdgewinnung 
828 Hauptftreben unferer Jlluftratoren fein follte. Hier ließe Ah einmal wirk- 
lid vom Luslande lernen. Jn der Feitfcriften-Flluftration find uns die 
Englänser, in der Bucdillufiration die franzofen überlegen. Die Errungen- 
jhaften der Technit müljen überwunden und in den Dienft des freien 
fünftlerifhen Schaffens gezwungen werden. 

Unter dem Befihtepunfte des gemeinfamen Strebens nad den eben an- 
gedenteten Zielen begrüßen wir die Begründung des Verbandes Deutfcher 
Gllufteatoren mit Freuden und glauben feiner erften Ausftellung dur diefe 
allgemeinen Ausführungen eher gereht zu werden, als durd eine Aufzählung 
genugfam befannter Namen. Dis Ringen nah Fünftlerifcher Freiheit muß 
über kurz oder lang unferer Heit,hriften» und Budilluftration zu gute fommen. 

Wenn die forporativen Ausftellungen den Jwet haben, einen Ueberblic 
über die Leiftungen auf einem beftimmten Runftgebiet zu geben, fo gewährt 
die fiebente Ausftellung deutfher Aquarelliften bei Schulte recht 
erfrenlihe Ausfihten. Die leihtflüfige Wafferfarbentehnif fommt Ser mo- 
dernen Darftellungsweife bilfreih entgegen, fie erleichtert es gleihmäßig 
ftimmungsvoll und geiftreih zu fein. Go wird Jedem fein Reht und feine 
andere Malweife hat zur Zeit fo zablreihe Gudividualitdten aufzumeifen. Die 
führung bat bier unftreitig Berlin übernommen. Liebermann und 
Starbina fönnen bei aller Eigenart die Parifer Schule nit verleugnen, 
ein Umftand, der um jo mehr bervortritt, als fie meift ältere Bilder aus- 
ftellten. Sfarbina’s „Place de la Monnaie“ in Briiffel, fein ,, Weibnadts- 
markt auf dem Schloßplat‘ ftammen ans den adtzigec Jabren, als ibn nob 
die frende an der gewonnenen Herrjhaft über die Technik zu Erperimenten 
voll bunter farbenwirfung verleitete. Am beften unter feinen neueren 
Arbeiten will uns das „enter Thor zu Brügge gefallen. Gn lichten 


250 


Tönen gehalten, fühl und vornehm in der Färbung, zeugt es von vollendeter 
Meifterfhaft. Liebermann's ,,Heimfehrender Arbeiter‘ und „Bleiche!““ 
zählen mit ihrem ſilbergrauen Kolorit zu den einheitlichſten Werken des viel- 
geſtaltigen und doch immer eigenartigen Künſtlers. Ueber L. Dettmann's 
neueſten Arbeiten liegt eine faſt übermüthige Luſt an der Wiedergabe farben⸗ 
freudiger Naturſtimmungen, die er ſich derzeit meit aus Tirol geholt hat. Der 
Purpur und das ſatte Gelb, mit dem der Herbſt die Laubmaſſen überfluthet, 
find ebenſo virtuos gemalt, wie ein ſtiller „Teich mit Seeroſen“ und ein in 
zartes Moos- und Blättergrün gebettetes Dorf mit Strobdädhern, die ih be 
fheiden gegen den nordifch Fühlen Himmel abheben. Hans Herrmann bat 
fih mit feinem in Holland er- 
worbenen Sinn für feine Luft- 
ftimmungen in die Reize der Elb- 
fadt Dresden vertieft, während 
Frigg Stahl fein großes Parijer 
Rorfobild von der vorjährigen 
Runftausftellung inceiner fleineren, 
bei weitem gefdloffener wirkenden 
Wiederholung bringt. Hansvon 
Bartel’s Strandfzenen und 
Willy Hammader's  ,,Stiir 
mifche See beweifen, daß das 
Aquarell den Dergleih mit dem 
Oelbilde nicht zu fhenen bat und 
gleich tiefe Farbenwirkungen erzielt. 
Die Poeten unter den Aquarel- 
liften aber find Ludwig Dill 
mit feinen Dachauer Moorland- 
[haften und Walther Leiftifow 
mit feinen Stilificungen märkifcher 
Naturfhönheiten. Durch die Ar- 
beiten Dill’s weht ein Hand 
Lenau'fher Melandholie, Leiftifow 
wirft pathetifh ernft, wie eine Epopse. Der Süddeutfhe ift empfindfamer, 
der Norddeutfche nahdenklier. Beiden gemeinfam ift das Streben, der Natur 
ihre tiefften Beheimniffe zu entloden, die dem gewöhnlichen Auge verborgen bleiben. 





Victor Tilgner, 
Büfte der Ch. Wolter, 


Die Photographifche Kunftausftellung 
des Camera-Klub in Wien. 


8 find erft wenige Jahre ber, daß fih von den Amateur-Photographen 

eine fleine Gruppe abfonderte, die mit Hilfe der Camera etwas 

Höheres erreihen wollte, als man es bisher in fchablonenbhafter 
Manier darzuftellen bemüht war. Es genügte nicht 
mehr, mit Hilfe des photographifhen Apparates — 
und als Refultat eines phyfitalifden und dhemifden 
Vorgangs in der Camera — eine Aufnahme nad) 
der Matur 3u fcaffen, fondern in dem gewonnenen 
Bilde follte auch Rünftlerifhes Empfinden zum Aus- 
drud fommen und ein Werk von fünftlerifhem Werth 
entftehen. 

Während es früher als der Dorzug einer gut 
gelungenen Photographie betradhtet wurde, wenn 
diefelbe gleihmäßig fharf und möglihft glatt und 
glänzend fih dem Auge des Bejchauers präfentirte, 
während man demzufolge bemüht war, die Objektive 
bis zu ihrer hödften Leiftungsfähigfeit zu vervoll- 
fommnen, während man die pbotographifchen Pa- 
piere derartig präparirte, daß fie jedes Detail haar- 
fharf wiedergaben, ftrebte die neue Richtung danad, 
diefe Schärfe, diefes Detail zu vernadläfjigen zu 
Bunften des in dem Bilde ausgedrüdten Bedanfens: 
Die Bilder diefer neuen Richtung verzichteten fortan 
auf jede photographifhe Schärfe und Treue, ja nod 
mebr, dur neue eigenartige Ropic-Derfabren wurde 
die Unfhärfe noch vergrößert, durd Ton- und fürbs 
wirfungen wurde dem gewonnenen Bilde noch das 
Lette genommen, was an die Photographie im 
altbergebradten Sinne erinnerte, jo daß diefelbe 





$£. Matih, Ch. Wolter als Sappho., 


Deutſche Runf. 


viel eher einer Tufch- oder Rreidezeihnung 
äbnelte. Es lag ferner das Beftreben 
vor, in ein foldes, auf diefem Wege 
gewonnenes Bild fünftlerifhes Empfinden 
bineinzulegen und demfelben den Cha- 
rafter eines individuellen Runftwerfes 
zu verleihen. Die Wirkung follte in der 
Stimmung, im Totaleindrud liegen. 

Die Gemeinde diefer Rünftler- Photo- 
graphen ift verjhwindend Plein im Ver- 
gleih zu der Legion von Amateur-Photo- 
graphen, welhe die Photographie als eine 
Spielerei, als einen luftigen Zeitvertreib 
betrachtet, fie wird aud ftets nur Mein 
bleiben, denn wie Wenigen bat die 
Mutter Natur das Haupterfordernif für 
eine fiinftlerifche Aufnahme mitgegeben 
— den fünftlerifh veranlagten Blid, wie 
Wenige können der Photographie der- 
artige Opfer an Zeit und Geduld bringen, 
ganz abgefehen von den materiellen 
Opfern, die fie verlangt. 

Jn Oefterreih, in Belgien und 
Stanfreih, in England und Amerika 
haben fic) aus den photographifhen Klubs derartige Meine Rünftlergenofjen- 
fhaften gebildet, die dem Ziele muthig weiter entgegenftreben, die Photographie 
zu einer Runft zu erheben und wenn aud die frage, ob die Photographie 
eine Runft fei, ftets die größten Widerfprüce herausfordern wird, wenn aud, 
unferes Erahtens nad, diefe Frage nie zu löfen ift, fo arbeiten fie un- 
befümmert um diefen theoretifhen Streit weiter und ihre Leiftungen find von 
Fahr zu Jahr sielbewupter. 

Einer der bervorragenditen Rlube, der fhon feit den erften Jahren feines 
Beftebens das Hauptgewidt auf die Auswahl des fünftlerifhen Motivs legte 
und von Jahr zu Jahr glänzendere Proben feines großen Fünftlerifchen 
Rönnens abgtebt, ift der Camera-Rlub in Wien, der in diefem Jahre anläßlich 
des Regierungs-Gubildums des Raifers franz Jofeph eine Reihe von Elite- 
Ausftellungen veranftaltete, an der fic) die bervorragendften internationalen 
Klubs betheiligen. Auch die Mitglieder des TCamera-Klubs felbft ferten ihr größtes 
Rönnen für diefe Ausftellung ein und zeigten das Hödfte, was wohl bisher 
mit Hilfe der Photographie zu Stande gefommen — Werte, denen fiher 
Niemand den Runftwerth wird abfprehen Fönnen. 


Eine Reihe glüdliher Umftände fügte es, daß diefe Ausftellung für eine 
kurze Zeit im Oberlihtfaal der Urania ausgeftellt werden konnte, um dadurd 
aud den Berliner Amateur - Photographen die Gelegenheit zu geben, diefe 
Bilder zu feben, denn gerade in Berlin ift die 
fünftlerifhe Photographie nod in einem Werde- 
Prozeß begriffen, auf den die Deranftaltung der- 
artiger Ausftellungen nur den beften Einfluß haben 
fann. 

Man ift bemüht gewefen, der Ausftellung aud. 
äuğerlih einen den Bildern würdigen Charakter zu 
verleihen: Die Wände des in Weiß gehaltenen 
Saales find mit mattgrünem fries befleidet, den 
Abflug nad oben bilden Draperien in derfelben 
oder tiefer im Ton gehaltenen farbe. Das Ober- 
licht ift durch Velarien gedämpft. Auf diefe Weife 
fommen die Bilder, welche meijt in dunklen Rahmen 
ohne Umgebung von weißem Papier: gerahmt find, 
zu vollfter Wirkung. 

Scharf von allen anderen hebt ih ein Trium- 
virat von Ausftellern ab, deren Namen auf dem 
Gebiete der Fünftlerifhen Photographie den aller- 
erften Plag einnehmen, deren Einfluß auf die ge— 
jammte fiinftletifibe Photographie weit über die 
Grenzen Oefterreihs hinausgeht: Henneberg, 
Riibn, Wakel. Der Bummidrud mit all feinen 
Dariationen, vor Allem der fombinirte Bummidrud 
und der farbige Bummidrud, diefe fhwierigften der 
photograpbifchen Prozeffe, die aber auh Reful- 
tate von bödfter Fünftlerifher Wirkung erzeugen, 





Silberne Syra mit dem Relief- 
bildnif der Ch. Wolter. 


252 


— =. 
ro 


— 


Pr 


—— 
— — 


See 


& 





Mi. Jacoby, Randleifte. 


Deutfhe Runft. 


malerifhen Reiz 
eines lebendig nie- 
dergeſchriebenen 
Natureindruds hin- 
auskommt und für 
ein ſelbſtſtändiges 
fertiges Runſtwerl 
zu wenig Halt und 
Gehalt beigt. Auf- 
fallend an der gan- 
3en Ausftellung, 
die ihren Weg durch 
ganz Deutjhland 
maden foll, ift, daß 
fo viele ältere Bilder 
mit aufgenommen 
find. Die Land» 
ihaftsmalerei 
fcheint immer mehr 
an Boden zu ge- 
winnen, vielleicht, 
weil auf diefem Be- 
biete ein ausge— 
fprocen koloriſti⸗ 
{ches Talent leidter 
zu feinem 
Ziele, zur Selbft- 
erfenntniß gelangt, 
vielleicht auch, weil 
das Handwerls- 
mäßige leichter zu 
erlernen ift und fei- 
net fo fcharfen Ron- 
trole unterfteht, wie 
in der ftrengen Mo= 
dellirung der run- 
den form. 
©. Ubbelohde 
þat in feine Hü- 
gellandfhaften aus 
Mitteldeutfchland 
viel Empfindung 
hineingelegt. Die 
Darftellung des 
fanft gewellten 
Terrains, wie fie 
vor Jahrzehnten bei 
den Modernen gera- 
dezu verpönt war, 
fommt jegt immer 
mehr in Aufnahme. 
Das leiht ftilifi- 
rende Zufammen- 
faffen oder Derein= 
fahen der Formen 
von Wäldern, 
Aedern, Wegen und 
Wollen feint uns 
der rigtige 
Schlüſſel, um die 
idyelliſchen, typiſch 
deutſchen Motive, 
wie der Maler ſie 
liebt, dem Empfin⸗ 
den zu vermitteln. 
Bei Riemer— 
ſchmid, deſſen Ver- 
dienſte um die 
Pflege nationalen 
Runftgewerbes be- 


fannt find, ift ein bedeutender Fortfchritt zu bemerken. Seine dekorative 
Anfhauung hat fih wefentlih vertieft und durd feine Beobadhtung an 
Intimität gewonnen. Den ftärfften perfönlihe Anteil erkennen wir in der 
Burg und Rirdhe, die durch eine Stadtmauer verbunden, in metallifch- 
gelblidem Scheine der Abendfonne fhimmern. Die beleuchtete Fläche 
fhneidet grell ab gegen die elfig-falten Schattenpartien und das tiefer 
liegende Geftriipp und Geftein. Jn anderen Bildern ift die Stimmung, 
weniger poetifh gefaßt. Der Riinftler hält üh in den fonnenverbrannten 
Wiefen mehr an die direfte Wiedergabe momentaner Naturerfheinungen. Eine 
finnige Erfindung liegt in dem Woltengefpenftern, zwei weißen nebelhaften 
Geftalten, die in tollem Jagen am Himmel und der Mondfdeibe voriiber= 
fliegen. Die Landfhaften H. Eihfeld’s athmen majeftdtifhe Rube und 
feffeln durch ihren fclidten Dortrag: Das Blau eines fröhlihen Sommertages 
lichtet fid) nad) dem Horizonte, weit dehnt fih die grüne, halb befdattete, 
halb fonnige Ebene aus und verfhwimmt in fernen, blauen Höhenzügen. 
Don £. von Zumbufch wäre eine romantifhe „alte Burg hervorzuheben. 
Die hodragenden Chiirme mit den dunklen Laubmafjen darunter bilden einen 
ftimmungsvollen Gegenfag zu dem hellen Wolfenausfhnitt. Eins der um- 
fangreidften Bilder, „Das Cypreffenthal’, von Ff. A. Krüger wirft nit 
befonders glüdlih durch die ins Dekorative fic verflüchtigende Buntheit, in 
Beineren Bemälden wie der Schafheerde an einem Feldabbang; der Anblid auf 
das dunfelblaue Meer und das liefliegende Geftade von Anacapri, offenbart 
eine entwidelte foloriftifhe Begabung. Ad. Niemeyer erzielt mit feiner 
flüfigen, fpielenden Behandlung der Farbe eine kräftige Wirkung in einem 
fonnigen italienifhen Gartenplak. Mit der gleihen pridelnden Eleganz ift 
eine Front rother Biebelhäufer in Brügge wiedergegeben. Die Studien R. 
Raifer's fteden zum Theil nod fehr in den Anfängen und fönnen troß 
malerifcher Dorzüge nicht den Anfpruh auf Bilder erheben. 

Unter den fpärlih vertretenen Figurenbildeen feffeln bauptfählid die 
Werke des Hamburgers Paul Schröter. Der Rünftler zeichnet fi dur 
ein ftarfes Temperament aus und verfteht es, denfelben feine durchaus naive, 
von Vorbildern unbeeinflußte Anfhauung dienftbar zu maden und durd eine 
glänzende Tehnif zu vermitteln. Gn der Auffaflung ift das ältere Selbft- 
portrait am beiten gelungen, es ftellt den Riinftler in feiner Werkftatt dar, 
wie er neben einem mit flafden und Taffen beftellten Fenftergefimfe ftebend, 
mit einer gewiffen Derdroffenbeit fic) felber beobadtet, den Ropf vorbeugt 
und die Eindrüde des Spiegelbildes fo ftarf und erfhöpfend wie möglih zu 
übertragen bemüht ift. Neben der gentehaften Einzelfigur einer korbfledtenden 
Altländerin ift eine hollandifche Bauernftube hervorzubeben. Auf den rothen 
Steinfliefen des peinlich ordentlihen Bemades fiken fic) zwei figuren gegen- 
über, ein «alter, behäbiger Mann, der die Zeitung lieft und ein halbwiidfiges, 
ftridendes Mädchen. Der warme Ton des wohligen, gleihmäßig die ganze 
Stube refleftirenden Sonnenlichtes giebt dem Rolorit feine Nuancen und 
fließt die ftarfen Lofalidne der hellen Wand, des rothen Fußbodens und 
des blaugrünen Blasfhranfes zu einem woblthuenden Afford zuſammen. 
Wenn man heutzutage durchaus Studien zu Bildern ftempeln will, fo mag die 
A. JFank' fhe Darftellung eines jungen, an einem weißen Bartentifhe firenden 
Mädchens am erjten als Bild durchgehen, weil bier die rein malerifden 
Qualitäten jhon ins Seelifthe übergreifen und uns der Perfönlicfeit des 
Rünftlers nahe rüden. Der finnlihe Reiz von farbe und Form wird zum 
Motio und madt die vor der Natur gemalte Studie des lidtumfloffenen 
Rindes wirflih zum Begenftand fünftlerifhen Genuese. Die „Vanitas von 
£L. Put dürfte von früheren Ausftellungen her ziemlih befannt fein. Der 
gutgemalte Aft des am Boden liegenden Weibes entjhädigt niht für die 
erfünftelte Ausdrudsform der Allegorie. Das ganze Beiwerf, die Seifen- 
blafen, das Blüdsrad mit den frauentörpern bietet der Empfindung nichts 
und giebt dem Beift Rätbfel auf. 

Mit wenigen trefflihen Arbeiten meift intimen Genres ift die Plaftit 
vertreten. Der bejchränfte Raum verbietet uns diesmal näher darauf ein= 
zugeben. R. Rrummader. 


Anmerkung. — Gerade im Anjhluß an die Ausftellung des Mündener 
Ringes, der vorwiegend praftifhe Ziele verfolgt, möchten wir nohmals darauf 
aufmerffam maden, wie wenig vortheilhaft es ift, das fauffähige Publikum 
mit Studien und Skizzen zu überfättigen. Der Einblid in die Werkftatt des 
Rünftlers mag für diefen und die Mitjtcebenden interejjant fein, dem fogenannten 
Runftfreund fagt er meift zu viel oder zu wenig. für das Erkennen der Tate 
des Löwen ift niht nur ein Renner, fondern aud eine Lowentake ndthig, und nur 
wer über eine folde verfügt, darf es wagen, feine Spuren hinter fi zu Laffen. 
Käufer für Studien von Malern zweiten und dritten Ranges find überaus felten. 


‚ale in jenen großen, nne gefibmadlos aneinandergereihlen Abbildungen zur 
 fammengefehten Anfhanungstafeln, ‘fonder am feine, inliar and Hinfiterijih 
durdgefiibrte Blätter, je als mufterailiige injtrationen gans befonders. gt 
tigne find, ben Befdmat zu bilden ond dem Fünftlerifhen Begriffoverniögen. 
einen ‚wlrftichen Anhaltspunft, zu ‘geben, Tor}, ln gleſchet Weiſe zu belehren 
und zu atfrenen., Wie tonnen- de Sammlung, Ser $e t. t. Unterrichtaner- 


9 ie 
waltung thee. gange Hufmerffamfeit. guwendet, gerade unter. Stefen gaie pee Boffe agen J 


der Blätter (10 Pf. der, fhmwarggedrutte unb Q PF. ber foloricte Bilder i Tirol, Diejelben fd 


Die rfe Serle veftebt ans ` 


anjeres Mukturicbene wieder, Wie mir ‚alte Erbftiide gerne aufbewahren und, — 
Re in unferen Wohnnigen fo anbringen, daß Ne Inmonifih In die modernen 
—* Eiihlungen : pajen, wie wir getne antite Begenflände neben hen aller 
“moderates Dingen plasleren nicht eos, um einen Kontrat zu fhaffen, fondern 


Nſtungtn 
‚ntlfernen“ Mistelatier Ma me Neuzeit. 

\hritterliden Bergangenbeit im unfere Käufer, and geben ‚vor Altern den jent fo 
beliebt ‚gewordenen Nababmungen mitleläkterlidyer. Eintihlungen den Stempel, 
der CEchthen ‚ungefähr fo, 





- Bilderbogen für Schule und Haus. 


Die Geſellſchaft für ‚werpiehjältigende Roni iit. Wier KRE sat are J be anden; 


ie filiae Piai. Gni 


vorliegende neuerfhienene Sammlung, Biiverhogen fie dale und Baue, foll > ‚ber Wand vermag rins 


vorzugmeife Ser beranwachjenden Jugend ie: Anfhsaungemsteriat ana den 2 


Unternehmen bervor, das "mit bene‘ Eudgwnt. ser "allgemeinen. Volfsbitbung 
In dantensweriker Wetfe | die Fünlitertfeje Mmfäymung gu Fördern fühl, Die 


veeſchledenen Gebieten bes Wifi enamerthben am die Hand ‘geben und vet- 


ſchledent Unterrihtazwelge, wie. Be[hishte, Geographie und Nasurfunde darch 
‚Sildlihe Dorfleflung beleben. Man erkennt anf den erften Wit, dag re fid 


pier nidi um. ekre: {dulmapig + prdantifde Vorführung des Gtoffes handelt, 


tifchen Refidlapuntic anje wärme empfebien, $a Gherdiea der geringe, Preis 


bogen) Me Anthaflung jedtm ermöglicht. 
25 Bogen und enthall m. a. habelisvolle Ssenen aus der biblifgen Bejshidte, 
Legenden, Marden (Hanfel und Gretel, dee Wolf und oie fleben Hldlein), 


Darftellungen ans ber: Aulturgefihihle oon der Gell Ser Römer an bis sur 


Epode Frins L cindrudevolle Bilder ans dee Peographte Gochgebirge und 


Ebene, Danuo dei Wien), aus dem Berthe ter. Eihnograpbie in Bhatt mit. 
“Cuter Erachten, awe See Naturlehre rin anderes antl Hundetopen und. 
‘(elicit auf Sem Beblete der tedhmifchen Erfindungen, einen, Bogen ‘mat 
$ Lifenbabohgaten. ‚Mus den angeführten Beifpielen erhellt die‘ Manntgfaltig- 


keit dra  iinternehmens, dem eine Antabl ‚herporzägender Künftler, mie 
Benezwr, Erfler, Mofer ihre Aräfte gelleben baben, 
der Bilder Ret an fänſtieriſchet Bediegenbeit SUR; mit sen An: 
forderungen unferee “Feil im ——— 


Waffen: Trophäen. 
Jh den alten Waren und Rüftungen fplegelt, jüh ein grofts Sin 
wit, einen Ansgteta ‘becbelgufabren, swifhen ten Deridiedsnbetien Ser Kain hlery 
Sie bringen ein gue Stig vow der 


wie eine ste alle Trube Im einem neuen Speife- 
Ammer, die übrigen Möbel ebemfalle ate alte erfpeinen lagi, ‘oder wenigitens 


fy elmen folien Eindtad berportyft. 


Eo im jeldftwerftändhieh, dab von der fünftlerifpen Anbringung der 
Waffen-Erophden der ganze Efjeft abhängt, Ser mH ihnen erziell werben fott: 


Wie +8 unfinnig wäre, ein Schlafzimmer mit fhmweren Shiden und Schweriern 


zw deforiren, fo ft: die‘ Art und Waje Ser Monlirang Im Speife oder 
Bertenzimmer gary von. ben Möbeln abhängig, die An Stn ‚Bereffenden 
Adamen ftehen. Ja, es wir) finale ndtbia fein, de Trophäen mad dem 


“ 


5 welche 
wöhnten: Beine. be 


 betifhe Tekoralioner 


bringt. 


‚cc vollendet, fo bai 


Stil, bitorhihe Wahe: 


Die Ausführung ; 


‚auf unfever Ubbildung 
9 Rhtbaren ; 
o Armbrajh, Jagdlaſche 
epomben, in Senen defe Dinge gefhafen wurden, fo ſind die Waffen und 
in ben Wobnungatinetdtangen dit Vermiltler geworben vom lmigrbinden. unter die 
‚ Schuhe und ein Pulwers | > 
porn geben dem ganzen. 


and Sdienenriiftung, 


“Bul: der. Möbel zu forınen und fit Ten fo anzubringen, daß jeber Hontraft ; 
veim eden wird, Ei ‚am melfommtar AREER Unordnung ber Waffen, 


mit dem. 


Wirkung: u erzielen, 
unferen me 





feiedtgt und weldhe Se 
Trophäen ale fünfte © 


gegenftände, ao und 
gan; yir Belle: 


In unferen obit 


h dungen seigen mireinige Er: 
i afen Trophäen aus 


in feder Waje irite 


fe allen Anforderan 
gen entipreden, die 


heit and Beihmat on . 
je fitit ; 
~D- „uRBdge* 
rahe Mnd um einen os 
Helin. ntuppkt, einen 
Seutfchen Eifenhul aus 
dem 16. Fabrhunder 0 
MME Semmi überzogen 
dienten Meje Deine 
vorzugsiweile zur Jagd: 
Tie Speere zu beiden, 
Seiten waren unter 
dem Nomen Saufedern 
hefannt and die biyen 


Berälbe, 


"wel Stpneereifen zum 


UrrangementdenStem- 
pa der Jagdtrophar. 
Der „Difirbeim - 
mit Ramm nnd Ris 
raf bilden Brih- 
ibetle Seratien Platten: 





melde unter Marimi- 
lian unter dem Yanıen, 
ber „Mahlindifchen" dir 


Jagd Esophäs, ET Franz von Sippe 
Beide, Schloß Magen, Tirol, 3 


254 





Deutfde Runf. 





Hddfte Ausbildung erfuhr. Zu beiden Seiten des Helmes find Partifanen, 
eine Abart der Hellebarden, angebracht, und ganz unten hängen zwei be- 
fonders lange Schwerter, fogenannte Zweihänder, weil fie wegen ihrer Größe 
nur mit beiden Händen geführt werden fonnten. 

Die dritte Trophäe zeigt als befondere Spezialität einen zweihändigen 
ndlamberg", ein Schlahtjhwert mit wellig ausgefeilter Alinge. 

Eine „Pleine Trophäe“, die nichtsdeftoweniger gefdmatvoll anf- 
gemadt ift, zeigt die vierte Abbildung. Ein Helm, zwei Schwerter und zwei 
Streitfolben. 

Alle Dekorationen (mit Ausnahme der 3ulekt befdhriebenen) find auf 
Holzunterlagen befeftigt, welde der form der Trophäe angepaßt find, dadurd 
wird ein leichteres Be- 
feftigenfönnen an der 
Wand erzielt und die ein- 
zelnen Waffen werden 
fefter zufammengebalten. 


Neuerwer⸗ 
bungen der Ber: 
liner Mufeen. 


In dem Vierteljahr 
vom J. Oftober bis 
31. Dezember 1897 baben 
die Bemälde-Balerie 
und die Sammlung 
der Skulpturen fol- 
gende Dermebrungen 
bezw. Veränderungen er- 
fahren: Der Bemälde- 
Galerie find duch 
Ueberweifung feitens 
des Raifer Friedrih-Mu- 
feums-Dereins folgende 
Gemälde zu danernder 
Aufftellung — eingereibt 
worden: 1. Eine Ma- 
donna von Dirk Bouts. 
Die fleine Halbfigue ift 
von vortreffliher Erhal- 
tung ; namentlich find die 
Landfchaft und der frau- 
entypus ungemein da- 
rakteriftifch für den Meifter, 
von dem bereits eine 
Meine Reihe verwandter 
Rompofitionen befannt ift. 
Die Tafel ftammt aus 
der Nähe von Arezzo. 
2. Eine architektonische 
Anfiht in der Art des 
Piero della Francesca. 
Mit der nahe verwandten, 
demfelben Meifter zugefchriebenen WAnjidt eines Stadtplakes in der Galerie 
3u Urbino vertritt diefe Tafel einen fonft faum nacweisbaren interefjanten 
Typus der Deforationsmaleret des Quattrocento. Die über zwei Meter breite, 
aus der Nähe von Florenz ftammende Tafel diente einft in gliidlider Weise 
zum materiellen Abjfhluß und zur optifchen Erweiterung eines Raumes. — 
für die Sammlung der antifen Original-Sfulpturen wurde im Runft- 
handel eine bärtige männlihe Büfte mit Binde im Haar erworben, äbnlih 
der Statue des fogenannten heroifchen Rönigs oder Zeus in der Münchener 
Glyptothet (Nr. 160), intereffant durch die urfpriinglide Büftenform mit an- 
gearbeitetem Fuß, urh die das Ganze mit Sicherheit als ein Werk römifcher 
Deit fidh zu erkennen giebt. — Ferner wurden zwei fpätgriehifhe Grabreliefs 
erworben; das eine zeigt die Thallufa, Tochter des Rallibios, mit einer 
Dedelbüchfe neben einem brennenden Altar ftebend. Das andere, ungleich 
bedeutendere, ift leider nur zum Theil erhalten; dargeftellt waren mindeftens 
zwei Perfonen in Lebensgröße; vorhanden ift aber nur noh die Figur des 
Polydamos, eines älteren Mannes mit madtigem Shadel und fehr dharafter- 





Waffen-Trophäe, Freiherr Franz von 
Sipperheide, Shlof Maken, Tirol. 


vollem bartlofen Befiht, ganz in den Mantel gebiillt, defen Falten eine 
ungewöhnlid fräftige und lebendige Modellirung zeigen. — Der Sammlung 
der Bildwerke der Kriftlihen Epoche überwiefen die Erben des Heren 
Martin Hedfher, die Abfihten des Derftorbenen ausführend, ein intereffantes 
Thonmodell der heiligen Familie, das wohl mit Redht dem Jacopo Sanfo- 
vino zZugefhrieben wird. Der Meifter, von defen reiher Produktivität im 
Entwerfen von Modellen Dafari erzählt, bat diefe Gruppe gänzlid un- 
befleideter Figuren anfheinend in feiner früheren Zeit zu Rom ausgeführt, 
etwa als Studienarbeit oder als Hilfemodell, an dem er die Bewandung 
verfuchte. Als Befhent des Herrn Murray Marks in London fam die aus 
Buhsholz gefnittene Statuette einer lebhaft bewegten weiblihen Geftalt in 
die Sammlung. Die Bez 
deutung der Figur, die 
mit bod aufgeftügtem 
rechtem Bein ftehend, mit 
beiden Armen etwas zu 
halten feint, ift nicht 
ganz Far; vielleihtift eine 
blumenftreuende flora 
dargeftellt. Die Aus- 
führung fiheint auf fran- 
36fifdhen Urfprung und 
auf die zweite Hälfte des 
XVI. Jahrhunderts hin- 
zuweifen. Die flante 
Grazie der Geftalt ent- 
fpridt der auf franzöfi- 
fhem Boden umgebilde- 
ten Runft der italienifhen 
Spat-Renaiffance. Durch 
Ueberweifung zu dauern- 
der Aufftellung feitens 
des Raifer Friedrich-Muje- 
ums-Dereins Pamen fer- 
ner folgende Stüde in Sie 
Abtbeilung: 1. Die Por- 
trätbüfte eines Profejlors 
des geiftlihen Redts, 
von Sperandio. Diefe 
lebensgrofe, in Thon 
mosellirte und urjprüng- 
lih bemalte Büfte ift 
unter den wenigen monu« 
mentalen Schöpfungen 
des bauptjählid «ls 
Medailleur befannten 
Meifters wohl die impo- 
fantefte. 2 Zwei Engel, 
in einem Medaillon den 
Namenszug Chrifti hal- 
tend, aus der Schule des 
Andrea del Derochio. 
Das wohl von einem 
Grabdentmal ftammende 
Relief rührt im Entwurfe fiher von Derochio, dte Ausführung in Marmor, die 
etwas glatt und mehanifh erfheint, von Sdiilerhand (francesco di Simone?) 
ber. 3. Eine Porträtbüfte von einem franzöfifhen Meifter um 1650. . Die in 
gebranntem Thon hödhft fharf durchgeführte Büfte läßt den franzöfifhen 
Urfprung jehon im Porträttypus erfennen. 4. Eine Krönung Mariä urh 
Gottvater und Chriftus aus der Werkftatt des Deit Stoß: eine bemalte und 
ftart vergoldete Gruppe mit nahezu lebensgroßen Figuren, die hodreliefartig 
in einen Raften eingefügt ift. — fiir das Rupferftih-Rabinet des 
Rénigliden Mufeums wurden aus dem Landestunftfonds angefauft: 
Radirungen bezw. Lithographien oder Schabfunftblätter von Mar Dafio, 
Ernft Eitner, £. von Gleihen-Rufwurm, Otto Greiner, Peter Halm, Georg 
Jahn, Peter Rampf, Marie Larodhe, Georg Liihrig, Rarl Mediz, €. Orlid, 
Bernhard Pantof, Hans Thoma, Manuel Wielandt, Wilhelm Leibl, ferner 
von Am Ende, Madenfen, Overbed und Dogeler (Radirungen vom Weyer. 
berg und aus Worpswede), fowie endlih vom Verein für Originalradirung 
in Karlsruhe herausgegebene Lithograpbien. 





- 


Deutfhe Runft. 


Berlin. — Die Runftgefhidtlide Befellfhaft wird, wie bereits 
in den Jahren IS90 und 1892, aud in diefem Jahre, in den Monaten Mai 
und Suni, in den Salen der Akademie, Unter den Linden, eine Ausftellung 
von Runftwerfen aus Berliner Privatbefit veranftalten. Es werden 
diefes Mal Werke der Renaiffance und des Mittelalters ausgeftellt werden. 
Es bat idh zu diefem Fwede ein Comité gebildet, defen Vorfiz Herr Ge- 
heimrath Bode übernommen bat. 

Nadhdem die Enthüllung der erften drei Standbilder der Sieges- 
allee mehrere Male verjhoben werden mußte, weil fid die Fertigitellung der 
Gruppen verzögert hatte, Fonnte endlich die Enthüllung der Denkmäler Otto 
des Erften von Unger, Otto des Zweiten von Upbues und Albredt 
des Zweiten von Böfe in 
Gegenwart des Raiferpaares 
ftattfinden. Die Standbilder, 
welde wir feiner Zeit, wie 
erinnerli fein dürfte, ausführ- 
lih beferieben haben, wirken in 
den tarusumbufchten halbkreis- 
förmigen gärtnerifhen Anlagen 
vorzüglid, wenn fih auh über 
die dronologifhe Anordnung 
vom fünftlerifhen Standpuntt 
aus Bedenken geltend maden. 
Die Reihenfolge der Denfmäler 
ift nämlich derartig  beftimmt, 
daß bei der Siegesfäule auf der 
teten Seite der Allee beginnend 
und vom Wrangelbrunnen aus 
auf der rechten Seite zurüdgehend 
die fiirftenftandbilder nad den 
Heiten der Regierung der Dar» 
geftellten errichtet werden, fo 
daß alfo gegenüber der Statue 
Otto des Erften die Wilhelm 
des Erften ihren Pla finden 
würde. Nidt nur die Stilarten, 
fonsern and) die ganze Zeit- 
epode, die fh in dem Ab- 
gebildeten wiederfpiegelt, fteben 
nun in einem derartig auffälligen 
Rontrafte, daß dadurch unbedingt 
eine ungünftige Einwirkung auf 
die Runftwerfe jelbft hervor- 
gerufen werden muß. Diefer 
fehler wäre zu vermeiden, wenn 
man fi entjchliegen würde, die 
Bildwerke in einander gegenüber- 
liegende Gruppen zufammen- 
zufaffen, fo dağ alfo die jemals 
benadbarten Denkmäler gleid 
im Stil und gleid) in der Runft- 
und Zeitepode find und fo eine 
tiinftlerifche Zufammengebörigfeit 
gefhaffen wird, welhe die Wirkung der Werke nur heben tann. 

Aud der Neubau des Dereinshaufes der Berliner Riinftler 
(Bellevueftraße 3) fihreitet rüftig vorwärts und dürfte im Aeuferen bald 
vollendet fein. Das Dorderhaus wird, unter Beibehaltung eines Theiles der 
façade, in feinem Rellergefhoß zu Lagerräumen für die Ausftellung und zu 
Wirthfhaftsräumen verwendet. Das Obergefhoß enthält einen fattlihen feft- 
faal mit Bühne und Ankleideräumen, durch Oberliht beleudtet. Der nad 
rüdwärts gelegene Erweiterungsbau ift in febr gejhidter und wirkungsvoller 
Anordnung duch ein ftattlihes Treppenhaus mit dem Dorderbaufe verbunden. 
Der Erweiterungsban enthält im Untergefhoß ARneipräume nebft Regelbahnen, 
im darüberliegenden Befhofle die vom Treppenpodeft zugänglihen, in mehrere 
Sale mit Ober- und Seitenliht zerfallenden Ausftellungsräume, ferner die 
Bibliothe? und die Derwaltungsrdume. Jn einem anderen Befhofle des 
Dorderhaufes ift die Roftiimfammer u. f. w. untergebradt. Hinter dem Er- 
weiterungsbau ift nod ein etwa 10 Meter breiter und die ganze Tiefe des 
Brundftüds einnebmender Garten übrig geblieben, jo daß der Künftlerverein 
über Raummangel faum zu Magen haben dürfte. 





Warfen-Tropbäe, Freiherr Franz von 
Sipperheide, Schloß Maten, Tirol. Q 


255 


Dresden. — Zum zweiten Male binnen Fabresfrift genieft im Sa dfifden 
Runftverein ein Cyklus von Napoleonsbildern Baftreht. Wereftfhagin 
it Osfar Rer gefolgt, ein noch junger Prager Rünftler, der auf 19 Oel- 
gemälden in meift Meinem format das Leben des großen Torfen in feinen 
bedeutendften Momenten feftzuhalten fudt. Jn weld unendliden Variationen 
it Ser Welteroberer nidt bis jegt fon gemalt worden; von Gérard und 
David bis zu Wereftihagin und Rer — fie haben ihn alle verfdieben gejehen: 
Jeder hat fein Thema anders behandelt und die Macht der großen Perfönlichkeit 
in befonderer Weife auf fih einwirken laffen. Aber man verlangt von dem 
Rünftler, der das Napoleong-Thema behandelt, von vornherein mehr; er muß 
auf jeden fall paden, uns etwas mehr als bloße Thatfahen berichten, und 
man fommt bei Rex bisweilen 
auf den Gedanfen, daß er nur 
darum das Allzumenfhlihe an 
dem Auferordentliden betont 
babe, weil er das Uebermenfd- 
liche feines Genies niht darfellen 
wollte oder konnte. Der Gefahr 
der Anlehnung an berühmte 
Mufter ift der Maler, dank feinem 
nit fonderlid hohen Stand- 
punkt, auf diefe Weife jo ziemlich 
entgangen. — Gn den übrigen 
Salen des Runftvereins find eine 
Reihe neuer Sonderausftellungen 
aufgeftellt worden, von denen 
die von G. Guignard (Paris) 
und die von Willy Wunder- 
wald (Düffeldorf) das meifte 
Intereffe gewinnen. 

Sehr gut befudt ift aud 
die Ausftellung der Gemälde 
Berliner Rünftlerim Runft- 
falon Ernft Arnold. Neuner- 
dings find mehrere neue Stüde 
eingetroffen, darunter eine große 
Havellandfhaft von Philipp 
Jtanf und drei Paftelle von 
franz Sfarbina, die Motive 
aus Berlin und Oftende beban- 
deln. Jm weien Kabinet find 
intereffante Radierungen von Ñ. 
Hirzel, Ph. frant, W. Leiftitow 
fowie eine Sammlung von neuen 
Steindruden der Berliner Rünft- 
lerin Cornelia Paczta ausgelegt. 
— Eine zweite interefjante Aus- 
ftellung bat die Hoffunfthand- 
lung Ernft Arnold in ihrem Sa- 
lon (Schloßftraße) veranftaltet. 
Es find moderne Skulpturen 
vereinigt, deren Mittelpunkt eine 
Elfenbeingruppe „In hoc signo 
vinces“ von C. van der Stappen ijt, wie denn die Belgifhe Skulptur 
überhaupt in Dresden eifrige Anerkennung findet. 


Münden. — Den Mittelpunkt der Ausftellung im Knnftverein bilden 
die Landfhaften von Hermann Urban, der mit diefer Rolleftivausftellung 
dem Münchener Publitum zum erften Male einen vollen Einblid in fein 
Schaffen und Wollen giebt. Urban arbeitet mehr direft vor der Natur als 
Böllin, den die abfolute Eigenart feiner fhöpferifhen Araft von diefem Theile 
des malerifhen Schaffens entbindet; überhaupt fut der jüngere Maler den 
großen Meifter nicht in den Dingen zu erreihen oder, nah Scülerart, gar 
zu-überttumpfen in dem, worin er unerreihbar ift und geradezu eine Gefahr 
für gedanfenlofe Vadtreter. Urban hat feine eigene Naturauffaflung und 
‚Farbengebung, enger gewiß als die allumfaflende Bödlins, aber in ibrer 
Begrenzung durhaus nicht einfeitig, immer ebrlid und darum feffelnd. Er 
fehildert nicht fowohl die überftrömende Fülle des Lebens, des Lichtes und der 
‚Farben, wie fie in der italtenifhen Natur ih offenbart — denn zu diefer 
zieht es ihn mit angeborenem Drange — jondern ihre jhweigende Bröfe, 


bo 
or 
a 


der monumentale Jug ihrer 
landfhaftlihen Linien, die 
fhwermüthige Weichheit ihrer 
Abende und ihrer ummwölften 
Sciroccotage oder ihrer 
„glanzvertieften" Mondnäd- 
te. — Was der KRünftler 
will, bat er am Flarften in 
dem Gemälde Genzano" 
ausgeſprochen. — Ausſchließ⸗ 
lich mit Portraits tritt ein 
junger Rünftlee Carl Bauer 
hervor. Den meiften diefer 
Bildniffe glaubt man 
anzufehen, daß fie „gut ges 
troffen‘* find; viel ſchwerer 
it es offenbar dem Maler zur Heit nod, ein malerifh gefchloflenes Ganzes 
zu fhağen. — Jm gleihen Raum wie die Bauer’fhen Portraits hängen 
nod einige anziehende Landfhaften, ein „Herbftanfang" von P. P. Müller, 
€. Böffenrotb's ,,Hérfelberg", ein Bild voll fhwermüthig-romantifcher 
Abendftimmung, wie fie zu dem ernten, fagenumwobenen Berggipfel vor- 
trefilih paßt, und eine fhöne Marine von Zoff. 


Diifeldorf. — Hier berrfht in letter Zeit große Bewegung im Kunft- 
leben. Die rheinifhe Kunftftadt, die einft eine führende Rolle in Deutſchland 
inne bitte, fie dann aber an Münden abtreten und es fic jehließlih gefallen 
lafen mufte, daß man Rarlsruhe, Berlin und Dresden ihr voranftellte, ift 
eifeig bemüht, fid) auf den verlorenen Rang wieder emporzufdwingen. Ju 
diefem Zwede ift, wie wir bereits meldeten, eine große internationale Aus- 
ftellung geplant worden, zu diefem Zwede bat die „freie Vereinigung" in 
diefem Jahre ihre Runftausftellung in zwei Serien verainftaltet, um ibr ge- 
fammtes Rönnen in's Treffen zu führen. Nachdem nunmehr die zweite Serie 
ihre Pforten geöffnet bat, kann man wohl fagen, dağ das Befammtrefultat 
ein recht befriedigende if. Das junge Düffeldorf fpielt in diefem Jahre einen 
Trumpf aus mit dem jugenMiden Portraitmaler Funk, deffen Damenbildniffe 
von wirflihem Verftändnifje für die Frauenfeele zeugen. Adolf Heller ift 
ebenfalls Damenbildnigmaler, aber fein Befhmad bat faft ausfhließlih Ver- 
ftändniß für den Neiz einer eleganten Toilette, die tiefe Empfindung fehlt 
ihm, und das Tehnijche bei der Behandlung der Köpfe (aft nod zu wiinfden 
übrig. Während er an den Parifer Boldini gemabnt, it Alfred Sohn- 
Retbel einer jener intimen Heichner, defen Rothftifiblättern man die Parifer 
Schule des Dagnan-Bouveret jofort anfiebt. Thierbilder ftellen vornehmlich 
Bergmann, Lins und Pfannefuden aus. Die Landfhaft, die in Düffel- 
dorf ftets ebenfo reichhaltig wie gut vertreten war, weift die alten Namen 
auf. Neben Olaf Jernberg, dem Fräftigen Roloriften, der mit Vorliebe 
den Kerbft und Dorfrühling malt, tritt fein talentooller Schüler Frißel auf 
den Plan, der das jommerlihe Haidebild pflegt. 


Rarisruhe, — Gn aller Stille hat fic die hiefige Rünftlerfhaft in 
zwei feindlihe Lager gefpalten. Die Bährung datirt bereits vom Jahre 1896. 
Damals erregte die von der biefigen Seftion der Deutfhen Künſtlergenoſſen— 
fhaft gewählte Plat-Jurv für die Berliner Ausftellung wegen ihrer Befdhäfte- 
führung bei einem Theil der KRünftlerfhaft großen Anftoß. Die Proteft- 
bewegung fam in der Beneralverfammlung zum offenen Ausbrud, wo ein 
befannter Rünftler die Gejhäftsfübrung einer fharfen Aritif unterzog. Die 
nadfte Folge war, daß ein Theil der Guroren mit ihren Anhängern aus der 
biefigen Sektion der Deutfchen Rünftlergenofenfhaft austrat und fih zu einem 
„Rünftlerbund“ vereinigte. Die „Sezefllon" erfolgte alfo feineswegs aus 
fünftlerifhen, jondern lediglih aus perfönlihen Motiven und der „Rünftler= 
bund“ ftellt auch nicht, wie vielfah angenommen wird, eine befondere Runfte 
tidtang dar. Die Spaltung iibertrug fic) felieflidh and aufs gefellfdhaftliche 
Leben, indem der ,,Riinftlerbund' die traditionelle „Dienstags-Befellfchaft" 
des Riinftlervereins nicht mehr frequentirte, fondern einen eigenen Abend ver- 
anftaltete. Dadurch wurden die Gegenfage nod verjhärft. Der unvermetd- 
lide Bruch, der im vorigen Fabre durd die Wahl eines neutralen Vorjtandes, 
des Urchiteften Haufer, nod mübfelig bintangebalten wurde, ift nun endgiltig 
eingetreten, indem der „Rünftlerbund“ in der Stärke von 58 Mann plößlich 
aus dem Riinftlerverein ausirat. Den legten Anftoß zur definitiven Trennung 
gab der von der ,,Riinftlergenoffenfdaft geftellte Antrag auf Statuten- 
änderung, wonad die Stimmberehtigung nur urd l'/ jährige Dereins- 





Waffen-Trophäe. Freiherr $. von Lipperheide, Schlof Magen, Tirol. 


Deutfhe Runft. 


j M— zugehörigkeit erworben wer—⸗ 

km den lann. Diefem Antrag 
widerfetzte fih der ,,Riinft- 
lerbund“, weil er durd die 
Annahme desfelben an Ein- 
fluß zu verlieren fürchtete. 
Die eigenartige Seseffion 
erhält dadurd einen pifanten 
Anfteib, daß darin zugleidh 
ein Stüd Begenfat zwifchen 
Nord und Süd zum Aus- 
drud kommt, infofern die 
Sibrerfhaft des ,,Riinftler- 
bundes durch die fogenannte 
„bamburger Clique, wie 
man fie in Riinftlerfreijen 
nennt, tepräfentirt wird, nämlid durd die Profefforen Rallmorgen, Graf 
Raldreuth, Grethe u. f. w., während an der Spike der „Benojlenfhaft‘ die 
befannten füddentfhen Riinftler, Profeffor v. Reller, Ritter, Schurtb, Bolz 
u. f.w. fteben. Der Rünftlerverein, der nah dem Austritt des ,,Riinftlerbundes 
nod J48 Mitglieder zäblt, verfügt über ein bedeutendes Vermögen, 

Riel. — Dis neue Rünftlerzimmer in der „Hoffnung“, in weldhem 
der Verein der Riinftler und Kunftfreunde fortan feine Situngen abhalten 
wird, it nunmehr fertig geftellt worden. Der Raum, den Arditelt Cauers, 
felber cin reges Mitglied des Vereins, für diefen befimmt und eingerichtet 
bat, gewährt der in den legten Fahren beträdtlih angewadjenen Mitglieder- 
[haft binreihenden Plar und läßt fi, je nad der größeren oder geringeren 
Zahl der Anwefenden, erweitern oder reduziren, indem man den mit dem 
eigentlihen Saal ein Ganzes bildenden Vorraum ubfhließt oder hineinzieht. 
Diefer Vorraum madt einen vornehmen Eindrud unter der Wirkung der in 
wedfelndem Lidt cangirenden rothbraun und goldenen, prädtigen imitirten 
Ledertapeten und unter der hellbraun gebeizten, mit dunfleren Ornamenten ge- 
jhmüdten Täfelung der Deden. 

` 

> Crefeld. — Das Runftleben der emporbliibenden Gnduftrieftadt hat in 
den legten Jabren einen mädtigen Aufjhwung genommen und zeigt wiederum, 
wie Runft-nterefie und -Pflege auh abfeits von den großen Malerzentralen 
im Dolte einen fruchtbaren Boden finden und die fhönften Früchte tragen 
fann. Dies beftätigt uns der Beridt über die Thatighcit dea Crefelder 
Mufeumvereing im verfloffenen Jahre. Nachdem das Raifer Wilhbelm-Mufeum, 
zu defen Erridtung freiwillige Spenden bis zur Höhe von 400000 Mark 
zufammengefloffen waren, am 6. November IS97 eröffnet, traf der Derein 
mit dem Mufenm und der Stadt eine Vereinbarung, wonach den Mitgliedern 
des Dereins der freie Befud des Mufeums zufteht und mindeftens 3/, von 
den Mitgliedebeiträgen zu Ankäufın verwendet werden follen, während 
auch durch freiwillige Zuwendungen die MMenerwerbungen Runft- und funft- 
gewerbliher Begenftände unterftügt werden. Die Erfakwabl für die aus 
dem Vorftande auafcheidenden Mitglieder ergab die Wiederwahl der Herren 
Herm. von Bederatb, €E Brües, Sunitätsratb Dr. Bufdh, fr. 
Camphaufen, A. fusban, R. von der Leyen, Landrath Dr. Lim- 
bourg, UA. Molenaar, Gebeimrath Schauenburg, P. Schiffer, an 
Stelle des verftorbenen Herrn C. Königs wurde Herr Peter Oediger ge- 
wäblt. Die bisherigen Dorfigenden, Kaffirer und Schriftführer wurden im Amte 
beftätigt. Am 1. Juli trat der bisherige Affiftent am Aunftgewerbe-Muftum in 
Hamburg, Herr Dr. Denefen fein Amt als Direktor des Crefelser Mufeums 
an und befundete neben feiner umfichtigen, auf fahmännifhem Wiffen und 
Erfahrungen beruhenden Leitung fein lebhaftes Gntereffe für die Sache durch 
die werthvollen Zuwendungen feiner Hamburger freunde. Unter den vielen 
anfebnliden Schenkungen, die fer.er dem Vereine zu Gute Pamen, fei ins- 
befondere der hochherzigen Stiftung des Herrn Albert Oetler gedadt. 
Sie beftand in der reihen, von Aunftfreunden viel umworbenen Sammlung 
von Erzeugniffen der Runft und des Runfthandwerfs von niederrheinifchen 
Arbeiten früherer Jahrbunderte des Ronfervators und Bildhauers Conrad 
Rramer in Rempen. Die Mitgliederzahl, welde einen Fuwads von 57 Per- 
fonen erfahren, betrug am Ende des Jahres 1295 mit einem Beitrag von 
7218 Mark, außerdem haben 151 Mitglieder ihren bisherigen Beitrag von 
1145 Merk auf 3540 Mark für das Jahr 1898 erhöht und bie zum Jahres— 
fhluß find 10S neue Anmeldnngen als Mitglieder vorgemerkt, jo daß fidh 
überall ein erfreuliher Fortjibritt bemerkbar mad. 







Neue Radirungen von 
Richard Müller. 


On der Heitfhrift „Vierteljabrshefte der Der- 
einigung bildender Künftler Dresdens“ erfhienen vor 
einiger Zeit mehrere Radirungen von Ridhard 
Müller, einem jungen Dresdener Künftler, der durd 
die Deröffentlihungen ein außergewöhnliches Talent bewies. 
Das erfte Runftblatt fhon zeigte eine befonders ſtark aus— 
geprägte Gndividualitit und nad dem Erfceinen des 
zweiten hatte er fih einen ebrenvollen Plat unter den 
Rünftlern, die den Briffel führen, gefidert. 

Rihard Müller it in einem Meinen Orte bei Rarlabad 
als Sohn eines Mafchinenmeifters geboren und er flebt 
im. jugenslihen Alter von 24 uhren. 

Nachdem er die Schule verlaffen hatte, ftand ibm die Wahl offen, entweder 
als Lehrling in eine Mafchinenfabrif oder als Schüler in die Malfchule der 
Meißener Porzellanmanufaktur einzutreten. Er entjcied fi für Meißen, da 
von dort früher ein Befcheid auf feine Anfrage eingelaufen war, als von 
der Mafchinenfabrif, und fo fam er 
eigentlid duch Zufall zur Runft. 
Auf der Malfchule machte Müller die 
iiblidhen Rurfe durd, er zeichnete nad) 
Gips und malte fhließlih Porzellan. 
Als in ibm der Bedanfe aufftieg, zur 
freien Aunft überzugeben, fandte er 
Probezeihnungen an die Dresdener 
Runftafademie, wo er fofort Auf: 
nahme fand. 

Jedoch auch die Hochſchule befriedig⸗ 
te ihn nicht und deshalb machte er 
ſich mit 19 Jahren ſelbſtſtändig. Ohne 
Mittel und ohne Unterſtützung von 
irgend einer Seite zu erhalten, um 
Modelle nehmen zu können, ging er 
fleißig in die Verſorgungsanſtalten 
in Dresden und machte dort Studien. 
Dann befdidte er eine Ausftellung der 
Dresdener Sezejjion und trat damit 
zum erftenmale in die Oeffent- 
lichkeit. Seine ausgeftellten 
Thierftudien fanden bei den 
Runfifreunden fowohl wie bei 
der Kritik vollfte Anerkennung. 

Nachdem er feiner Militärpfliht genügt halte, widmete fih Müller 
ganz dem Zeihnen und Lithographiren. Die treue Charakteriftit und 
Naturwabhrheit feiner Arbeiten erregte allgemeine Aufmerkfamkeit. An- 
Geftacelt durd die Erfolge, betheiligte er fih am der Konkurrenz für das 
große Reifeftipendium, weldes die Dresdener Runftafademie für die 
befte Arbeit in der Griffellunft ausgejhrieben hatte und im November 
1897 wurde ihm vom afademijden Senate einftimmig der Preis zu- 
erfannt. 

Durd die Bereitwilligheit Ses Herren Rommerzienrath Ernft Seeger 
find wir in den Stand gefett, einige Reproduftionen Ser Arbeiten 
Rihard Müller's zu verdffentliden. Da ift zuerft eine Ropfleifte 
mit darafteriftifhen Schmetterlingsmotiv. Dann das Warabupaar. 
Der Rünftler zeigt die Thiere im Lichte einer vorübergetragenen Laterne. 
Grotesfe Schlagfhatten fallen auf die Wand und der Marabu im 
Dordergrunde blidt regungslos auf die Urfache feines Beftörtwerdens. 
Die gleihgiltige Ruhe, die ganze Lethargie diefer „philofophifhent Vögel 
bat Müller vortrefflih Sarzuftellen gewußt. Ebenſo ſcharf in ter 





Richard Müller, Das Marabupaar. 





Deutfde Runf. 257 


Charafterifiif und 
gleid) gut beobad- 
tet it der Man- 
nestopf im Pro. 
fil. Die Landſchaft 
Meeresküſte“ 
zeigt ein Motiv aus 
Capri. Der Rünft- 
ler hat es bei die- 
fem Blatte ver- 
ftanden, durch fet- 
ne Nüancirungen 
Leben in das öde 
Beftein zu bringen 
und mit feinem 
fünftlerifhen Em- 
pfinden die leidt 
bewegte See dur) 
gejhidt aufgeferte 
Lidter  abzuftim- 
men, fo Saf eine 
vorzüglide Ge- 
fammtwirfung er— 
zielt wird. 

Die firma ©. 
Jelfing, Schöne - 
bergerftraße 8, bat 
es im Auftrage des 

Rommersienrath 
Seeger iibernommen, eine Ausgabe der neun bedeutendften Blätter Müller's 
in einer Mappe zu veranftalten und wir fonnen nur diefes Unternehmen mit 
Freuden begrüßen, da es wirkli Meifterwerke der deutjchen Aunft find, die 
fo der Oeffentlidfeit zugänglid gemadt werden. 

Die Ausgabe erfolgt in bejhränfter Anzahl von 12 nummerirten vom 
Rünftler unterjchriebenen Exemplaren auf echtem bandgefhöpftem japanifchen 
Papier zu 450 M. und 50 Eremplaren auf engliihem Rupferdrudpapier 3u 
250 M. inkl. Mappe. Es bietet idh fo Gelegenheit, Schäße für den intimeren Runft- 
genuß zu fammeln, die iiber den deforativen Zwed hinaus zu ftiller Betradtung 
anregen und Runftempfinden weden, ftatt die Bewunderung bherauszufordern. 








Richard Müller, Mannestopf im Profil. 





Ricard Müller, Meeresfüjte. 











Rer & Co., Berlin. 


Chinefijhes Siergefäf. 


Chinefifche Schmuckgefäße. 

— Bei der Aufnahme, die zur Feit afiatifbe Kunftformen in jeder 
Tednif bei uns finden, ift es von Jntereffe, auf ältere Produfte des Runft- 
gewerbes hinzuweifen, wie fie Surh japanifhe Nahabmungen vielfah zu uns 
þerüber fommen. So bringen wie umftehend zwei Shmutgefäğe, die fid 
im Befik der Rer’fhen Runftbandlung in Berlin befinden. 

Das höhere derfelben, eine getreue Ropie eines alten chinefifcen 
Originals, etwa aus der Feit des 15. Jahrhunderts, läßt im feiner eigen- 
tbümlichen für jene Zeit typifhen Form auf eine Bedeutung für den religidfen 
Rultus fließen. Wahrfheinlih diente die nach oben ftehende jchnabelartige 
Ausbudtung zur Aufnahme eines Dodtes für Räuderzwede. Ohne Zweifel 
haben aud die feitlih angebradten Auffake in der Form von Pilzen ihre 
befondere Beftimmung gebabt, über die wir jedod) heute feine gemügende 
Erklärung wiffen. Bemerfenswerth in der Ausführung find die faft baroden 
Derzierungen an den Henfeln und die ornamentale Ausfhmüdung am Baude 
des Befäßes, welhe aus einem buntfarbigen Email befteht und duch Bruben- 
fhmelz eine Derbindung mit der Bronze eingegangen ift. Das breitere, 
urnenartige Gefäß von dem Künftler Vofhbi-Midhi ift als Jardiniere ge 
dacht. Die Blumenzweige werden in den Spalt einer Leifte eingefügt, die 
im Gnnern des Reffels angebradt ift. Die Dorzüge diefer Arbeit beftehen 
fowobl in der fleifhig-glatten Palina, die der Hautfarbe eines Negers gleicht, 
als aud in dem mit feinfter Yaturbeobadhtung ausgeführten bildnerifden 
Schmude, den Rrebfen, die über die glatte Flähe laufen und aus dem 
ftilifirten Wafjer emporflettern, das wie ein Band die füße des Gefafes 
umfdlingt, um die Traglaft gleihmäßig zu vertheilen. Erftaunlid ift, daß 
foldhe fubtilen Arbeiten, wie die Darftellungen der Rrebfe, nidt in der form 
des Bujjes fertig geftellt fein miiffen, was ja allerdings aud große 
Schwierigkeiten bätte, fondern fpäter, nahdem das Gefäß fertig gegoffen, 
aus einem aufliegenden Rlumpen berausgemeißelt werden, eine Arbeit, die 
den Europäern fat unmöglich jeheint, weil wir Feine entjprehend jharfen 
Inftrumente befigen. 

— Deforative Entwürfe für die Praris. Unter diefem Titel 
bat Otto Edmann, der befannte Lehrer am Runftgewerbe - Mufeum, eine 
Sammlung Entwürfe herausgegeben, die zu den beiten gehören, was die 
deforative Runft in der neuen Bejhmadsrihtung überhaupt hervorgebracht 
bat. Befonders dem weiten Kreife derer, die ih im dem Dienft der dekorativen 
Runft geftellt baben, bieten fih diefe Blatter als eine Sammlung mujter- 
giltiger und origineller, aus Thier- und Pflanzenbildungen abgeleiteter Motive 
verfchiedenfter Art und Beftimmung dar, wie fie bisher vergeblid) gefucht 
wurde. 


Deutſche Runft 


— In” der Hoffunfthandlung von Amsler & Ruthardt find Original- 
Radirungen und Zeihnungen von Prof. Peter Halm-Miinden ausgeftellt. 
Es find vornehmlid landfhaftlihe Motive, darunter einige Anfihten von 
Hamburg und Blide auf Mainz und die Rheinebene bei Mainz. Einige febr 
gefhidt "gezeichnete Arditelturftüde aus Rirhen und Schlöffern, fowie einige 
Sigurenbilder find befonders hervorzuheben. Rect intereffant find aud die 
ausgeftellten Zeihnungen, meiftens Studien des Rünftlers zu den Radirungen. 
Ein außerordentlich feines Blätthen ift endlih die Nadbildung von Leibl's 
„Dadaner Bäuerinnen in der Rirdhe’ Don den als Dereinsgabe an die 
Mitglieder des Deutfhen Runft-Dereins vertheilten Arüger'fhen Stihe nad Dan 
Eyd's „Singende und mufizierende Engel find 50 Paare auf unbefchnittenes 
Hand - Japan - Papier gezogen worden, weldhe die Runfthandlung Amsler 
& Ruthardt von dem Deutfhen Aunft-Derein Fäuflih erworben hat. Da nur 
diefe befchränfte Anzabl von Druden eriftirt, fönnen diefelben nur paarweife 
abgegeben werden und es ift anzunehmen, daß die Fleine Auflage diefer Vor- 
zugsdrude bei dem Gnterefje, weldhes für die Dan Eyd’jhen Originale vor- 
banden ift, bald vergriffen fein wird. 

— Bei der Derfteigerung der Sammlung des verftorbenen Ptaniften 
Warmontel in Rom famen 60 Bemälde der älteren Schule, meiftens 
Aquarelle, Zeihnungen und Paftelle unter den Hammer. Don den Werfen 
erzielten größere Preife: Zwei Bonahezeihnungen Baudonin’s 10000 und 
11500, eine „Venus“ von Bouder 3600, „Portrait des Malers Badelier 
von Chardin 5250, ein Paftell Peronneau’s 5700, “ein ,,frauenfopf von 
Latour 6500, eine „Pfändung“ von Saint - Aubin 6200, „Portrait der 
Raiferin Jofepbine’ von Prud'hon 9900, ,,Heilige Cäcilie! von Rubens 
11000 und Srei Gemälde von Guardt 6000, 6500 und 10500 frants; diefe 
letteren Preife erfcienen vielen Rennern ftar? übertrieben. 

— Jn Wien warden bei der Derfteigerung der Rogge’fhen Kunft- 
fanmlung bejonders für die Altwiener Meifter nambafte Preife erzielt; fo 
für eine Anfiht aus Innsbrud von Rudolf Alt 1550 fl., für die Anfiht der 
Rirhe Santa Maria Loretto in Rom von demfelben Meifter 1650 fl., für 
Landfhaften von Ganermann 3110 fl, 5500 fl. und 3200 fl, Gude's 
„Mondfee in Gberöfterreih" erzielte 2250 fl., Lews „hinterſee!“ 
1800 fl, Rarl Marfo's „Der Tod der Eurydife' 2160 fl., Pettenfofen's 
„Ungarifcher Bauernhof“ 1300 fl., P. van Shendel's ,,Gemiifemarft in Rotter- 
dam" 3700 fl., ft. Dolk’ ,,Chiere an der Tränte"* 3100 fl. und Waldmüller's 
„Mütterlihe Ermahnung“* 3660 fl. Den hödften Preis erzielte Achenbad's 
„Molo=-Anfiht“ 4100 fl. Don den Runftgegenftänden erftand die Stadt Wien 
Gaffer's „Donauweibhent um 1550 fl. Die aus 77 Stüden beftebende 
Sammlung bradte einen Befammterlös von 62 515 fl. 











Chinefifhe Blumenvaje. 


8er & Co., Berlin, 


Deutfdhe Runf. 


— Das Meifterftüd der Ausftellung kunftgewerbliher Arbeiten 
des frauenbildungs - Dereins in frankfurt a. M. ift cine Wanddede, 
die nah einem Original ans dem Berliner Runftzewerbe - Mufeum genau 
fopirt ift, einer deutfhen Arbeit des 17. Jahrhunderts, weldhe wahrſcheinlich 
als Wandbehang für ein fürftlihes Prunfbett angefertigt wurde. Der Grund 





259 


ift farmoifinrothe Moireé-<Seide, welde die Zeihnung in einem feinen Elfen- 
beinton zeigt. Die großen Linien der wirfungevollen Band - Applikation 
rahmen madtige Blunren und Ranfen ein, die aus weißer Seide aufgelegt 
und mit Rordeln und einer wedjelvollen Auswahl von Zierftihen aus- 
gearbeitet find. 





Preisbewerbungen und Perfönliches. 


— m Wettbewerb in Lübed um Entwürfe für den Ban ter St. 
Matthaue-Rirhe wurde unter der Zahl von neun Entwürfen feiner des 
erften Preifes von 1000 Mark für würdig eradtet. Den zweiten Preis von 
600 Mark erbielt dec Entwurf des Herrn Ardh. Groothof, den dritten von 
400 Marl der des Heren Arh. Lorenzen in Hamburg. Dierte Preife von 
je 300 Mar? fielen an die Entwürfe der Herren Rlunf u. Lohr in Liibed 
und Puttfarden, Janda u. Wurzbad in Hamburg; fünfte von je 
200 Marf an die Herren C. Hahn in Lübed und Folaffe in Hamburg. 

— Der Wettbewerb um Entwürfe für ein ftädtişhes Verwaltungs” 
gebäude in Aadhen ftellt eine von den Löfungen der letten größeren Wett- 
bewerbe um ftädtifhe Derwalungsgebdude infofern verfhiedene Aufgabe, als 
dao neuc Gebäude lediglid Verwaltungsräume und nidt aud feftfale, die 
im alten, in der Wiederberfteltung begriffenen Rathhaufe liegen, entyalten foll. 
Bleihwohl aber tritt das fünftleriphe Element dadard) nicht zurüf, denm bei freier 
Wahl des Stiles fell fih das Aeußere des Bebäudes harmonifh der Umgebung 
des Ratphaufes anjhliegen, ih aber dem alten Rathhaufe unterordnen. Der 
unregelmapig begrenzte Bauplatz Hegt nämlid an dem Chorusplatze, welder 
einerfeits durd das Farolingifhe Münfter und die Dicartewohnungen, anderer 
feits dur das im 14. Jahrhundert erriytete Ratbhaus, das frühere Rrönungs» 
haus deutjher Kaifer begrenzt wird. Das NRaumprogramm fordert 


neben einem 120 qm mefjenden Saal für Ausfhußigungen lediglih Ver- 


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IK DN Wj vO Ss k N 
3 nz © I ZUR he Gs S * 


Richard Müller, —— 





waltungsräume. Den Bewerbern wird anheimgeſtellt, zugleich mit dem Ent— 
wurf des Gebäudes auch eine Aueſchmückung oder auch andere Ausbildung 
des Chorusplatzes zu entwerfen. Bezüglich der Ausführung des Neubanes 
behält die Stadt ſich freie Beftimmung vor. 

— die Stadt Varna in Bulgarien erläßt einen öffentlichen Wettbewerb 
um Entwürfe für ein ſtädtiſches Theater mit Kaſino und Tanzſaal, für 
das eine Summe von nur 5300 0oo frcs. zur Verfügung ſteht. Es gelangen 
drei Preife von 1500, 1000 und 500 frcs. zur Dertheilung. Bedingungen 
und Unterlagen duch das tehnifhe Bureau der Mairie. 

— Dem Bildhauer Mág Unger in Berlin ift das Prädikat Profeflor 
beigelegt worden. 

— Dem Feihenlehrer Maler Theodor Blätterbauer im Liegnig ift 
das Prädifst Profejlor beigelegt worden. 

— Der Maler Hermann Hanno in Berlin, welder fic) befonders durd 
feine Erfindung einer gewiffen Malerei au grisaille bhervorgetban bat, welde 
die Vervielfältigung der Bilder Surd die Photographie, Photograviire 2c. 
außerordentlich erleichtert, ift zum „Ehrenmitglied der unter dem Proteftorate 
des Rénigs und der Rénigin von talien ftchenden Akademie „La Stella 
d'Italia“ ernannt worden unter Derleibung des ,,gdldenen Sterns J. Rlaffe'’. 

— Hofrath Profeffor Pauwels an dec Dresdener Runftafademie bat 
drei große Wandgemälde für das Rathhaus 3u Aachen vollendet. 


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II. 14. 


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Ar. 14. 


1. Mai 1898. 


Il. Jahrgang. 








Dom Dom zu Magdeburg. 
Ein Beitrag zur hriftlihen Symbolif. 
Pon Bans Marffhall. 


n Clemens Brentano's Chronifa bezeicnet der Schreiber 
Johannes das Straßburger Münfter als „den Traum eines 
tieffinnigen Werfmeifters, vor dem er wohl felbft erfchreden 
würde, wenn er erwadhte und ihn fo fertig vor fidh in 

den Himmel ragen fähe; es fei denn, daß er auf fein Antlit 
niederfiele und ausricfe: Herr, dies Werk in feiner Dollfommenhbeit 
ift nidt von mir, Du haft Did nur meiner Hände bedient.‘ 
Mit diefer poetifhen Wendung bat der gerade für den feelifchen 
Gehalt der Gothi? bejonders empfindfame Romantifer den gee 
waltigen, der Welt entrüdenden Eindrud der Arciteftur nicht 
minder fhön und treffend gekennzeichnet wie Goethe, wenn er fie 
„gefrorene Mufif* nennt. Der eigenartige Zauber der Gothit 
liegt in ihrem transcendentalen Wefen, in ihrem Emporftreben, 
ihrem vertifalen Cinienflug, in dem jede Gliederung mündet, nad) 
dem fic) jede Geftalt ftredt, jedes Ornament bildet, jedes Blatt 
friimmt, wie fortgeriffen von einem ftarfen Strome. Diefe Haupt- 
tidtung in fteiler Derjüngung einem Gipfel zuftrebender Linien 
mit ihrer wunderbaren Höhentäufhung ift ein dauernder Ausdrud 
für das Zeitbewußtfein des firdhliden Weltalters, wie Kuno 
Sifher die Feit von Gregor VII. bis zu den Anfängen der 
deutfhen Reformation nennt. Es ift der Beift der Scholaftifer 
und Spiritualiften, der in der Gothif Geftalt angenommen bat; 
fo ändert fih aud der gothifhe Stil analog den Wandlungen 
der Scholaftif. Aber nicht allein das Streben nad) Höhe, der 
fhmwindelnde Bipfelflug bis zu den Wolfen verleiht der gotbifchen 
Baufunft jenen über alles Frdifhe erhabenen Charakter, aud ein 
merfwürdiges Streben nad Lit, das fie ganz mit göttlicher 
Jdee durddringt, erhebt ihre Rirhen zu Stätten reinen himmlifchen 
Segens. So gleidt denn das Innere folder Botteshäufer mit 
feinen Pfeilern und vielgliedrigen Spigbogen, die im Kreuz. 
gewölbe fic) oben zufammenfchließen, faft einem paradiefifchen 
Palmenhaine. Jeder Stein follte harmonifd mittönen in diefer 
ftummen Symphonie der Weihe und Andadt; wie jeder fic 
organifh in das Ganze fügte, follte auch jeder für ih, würdig 
der göttlihen Jdee, zeugen für das Wirken einer höheren Macht. 
Darum waren de alten Meifter bemüht, aud den Fleinften Ge- 
bilden den lebendigen Odem der Spmbolif einzuhauden, von 
vornherein „der Abfiht und des Zieles ihres Werkes in abstracto** 
fih bewußt. Die Gebilde der Gothif find feine rein äfthetifchen, 
aus der naiven Anfhauung hervorgegangınen Arbeiten, fondern 
figurale und ornamentale Begriffsvorftellungen. Jm Maßwerk, 


im plaftifhen wie im fladhen Ornament wird die Dreitheilung 


des Rleeblattes zum Symbol der Dreieinigkeit; das DVierblatt 
zum Sinnbild des Areuzes, das felbft wieder den Glauben be- 
deutet, der vier Evangelien, oder der Kardinaltugenden; bedeutet 
die fünfblätterige Rofette die fünf Wundmale des Herrn, während 
die Siebentheilung binweift auf die Worte Chrifti am Kreuze, 
Jn den Radien der Rofetten erblidt ein für religiöfe Bedeutung 
empfängliher Sinn die Nägel, mit denen der Heiland ans 
Kreuz gefhlagen wurde. Von den Ranten der Thurmdädher und 
Fialen wie den Scenkeln der Wimperge fteigen fvmbolifch 
Flammen, die Krabben, auf und auf der Spite, das Ganze 
befrönend, prangt endlih das Rofenkreuz, deffen Arme zu Rofen 
erbliiben. Um an einem beftimmten gotbifhen Bauwerfe der 
anregenden Spmbolif im Befonderen nachzugehen, ift der Magde- 
burger Dom befonders geeignet, weil feine Steine von mehr als 
drei Jahrhunderten redend zeugen. Sie bieten in Ermangelung 
von Dokumenten wenigftens an den Thürmen Surd ihre Orna- 
mente und die Form der Steinmeßzeihen, jener „Schutmarfen‘ 
und Kennzeihen der zur Steinmeginnung gehörigen Meifter und 
Gefellen, den einzigen Anhalt für die Beftimmung der Bauzeit. 

Dor dem jetigen Dome haben bereits zwei Botteshäufer 
auf der nämlidhen Stätte Magdeburgs geftanden. An Stelle 
des erften, des Benediftinerflofters St. Mautitii, ließ Raifer Otto 
der Broße (956— 975) nad) dem Tode feiner von der Dichterin 
Roswitha gefeierten Gemahlin Editha, als Stätte der letzten 
Rube fiir die Derftorbene und fih, einen Dom erbauen. Das 
romanifhe Bauwerf wurde im Jahre 963 vollendet und bat 
240 Jahre geftanden. Eine feuersbrunft zerftörte es am 
Charfreitage anno 1207. Schon im folgenden Jahre aber wurde 
vom Erzbifhof Albert II. mit grofer feierlidhfeit der Grundftein 
au einem neuen, dem jetzt nody ftehenden Dome gelegt. Erzbifhof 
Albert war ein feingebildeter Rircenfiirft, der fic) namentlid) in 
‚Frankreich die Formenfenntnis der nod jungen Gotbhif erworben 
hatte und beim Aufitellen des Bauplanes, fowie dem Entwerfen 
des Grund- und Aufriffes gewiß nit ohne Einfluß gewefen ift. 
Aud der Name eines Baumeifters ift uns überliefert; er bieß 
Bonenfad und fheint dem Laienftande angehört zu haben, aus 
dem im 12. Jahrhundert fhon häufig tühtige Baumeifler bervor- 
gingen, bis fih fhliefih im 13. Jahrhundert die Caien von 
ihren Lehrmeiftern den Beiftlihen, in deren Händen die Rirchen- 
baufunft bisher far ausfhlieglih gelegen hatte, losfagten und 


262° 


Deutfoe Runf. 





felbftftändig zur Steinmekinnung zufammentraten.  Wenigftens 
fpriġt für die Annahme, dak Bonenfad fein Geiftlider gewefen 


ift, feine eigene Geftalt, die als Denkmal in Stein nadgebildet - 


wie ein Rragftein eine Dreiviertel-Säule am erten füdlichen 
Pfeiler des Hauptfchiffes trägt. So fällt denn der Beginn des 
großen Baues in die begeifterte Feit der Areuzzüge, der erjten 
Blüthe Seutfder 
Didttunft, aber and 
in die fturmbewegten 
Tage des Tlieder- 
ganges deutfcher 
Raifermadt, in denen 
Geldmangel und po- 
litiſche Unruhen ver— 
ſchiedentlicheStockun⸗ 
gen in der Bauar- 
beit verurfachten. Die 
filen auf der Dad- 
galerie des Domes, 
das MaPwerf der 
Fenfter und die an 
den fenfterwanden 
wie in der Mitte der 
Oeffnungen ftehenden 
Rundftäbe mit Rapi- 
tellen ftatt Ser nad 
1500 in der Gothit 
üblichen Pleinen, Pa- 
pitelllofen Pfeiler mit 
vielfaden Bliederun- 
gen fprechen beftimmt 
dafür, ða niht lange 
nad 1500 die ganze 
Rirde fertig und die 
Thürme bis zur Hälfte 
bod geführt waren. 
Der Grundig der 
Rirde ift der einer 
freuzförmigen, drei- 
fciffigen Bafilifa mit 
polygon gefdloffenem 
Chor, zwei unvollen- 
deten Oftthiirmen 
neben dem Quer- 
fhiffe und zwei mäh- 
tigen Weſtthürmen. 
An den füslichen 
Arm des Qucfchiffes 
ſchließt ſich der Kreuz— 
gang des Domft:ftes, 
an den nördlichen das 
Ipäter angefiigte Pa- 
radies. Bei der Ere 
wäbnung des Para- 
diefes fet einer Cere- 
monie gedacht, die 
wohl auch in Magde- 
burg beftanden baben 
mag. Aus der Parc- 
diesthür wurde am WAfcermittwod ein findhafter Menfeh, cin frei- 
williger „Adam“ gejagt, dem Ser Bifchof die Werte nadrief: 
„Siebe, beute wirft Du binausgeworfen aus dem Schooße Deiner 
Mutter, der heiligen Rirhe, wegen Deiner Sünden, jo wie Adam, 
der erfte Menfch, ausgeftoßen wurde aus dem Paradiefe wegen 
feiner Uebertretung. War die Bupzeit des Ausgeftoßenen, die 
‚Faftenzeit, während der er barfus und im Bühergewande, 
opdadlos und von Almofen lebend umbeılief, obne mit jemandem 
zu fprecen, verfloffen, jo wurde er am Grünen Donnerftag mit 
anderen Büßern und Biiferinnen, die fih ibm freiwillig beigefellt 
und ibre Ablapfumme pränamerando an die Baufaffe der Kirche 











Dom zu Magdeburg Wejtjeite. 


Verlag von J. Neumann, Magdeburg. 


— — — 


entrichtet hatten, durch dieſelbe Thüre wieder in die Kirche ein- 
geführt und abſolvirt. oy, ý 

. Der ältefte Theil dcs Magdeburger Domes ift der hohe Chor 
(Sanctuarium, Presbyterium), der, für den Gottesdienft der 
Rapitularen bejtimmt, jid um 7 Stufen über das Yliveau des 
Schiffes erhebt und von den übrigen Theilen der Rirhe durch 
eine fteinerne, im 
jahre: 1445 erbaute 
und mit zwei Ein- 
gängen verjebene 
Wand, den Lettner 
oder Lectorium, ab- 
gefondert ift. Wie 
der Chor, fhlieft 
aud der Chorumgang 
in fünf Seiten, an 
die gegen Often Ra- 
pellen vorgelegt find, 
polygon ab. Jn ihm 
bat auf Ser Mittelcre 
des Gebäudes der 
Steinfarfophag der 
Raiferin Editha, eine 
Arbeit des 16. Fabre 
bunderts, Aufitellung 
gefunden, rechts da- 
von in der füdlihen 
Chorkapelle ſteht ein 
ſeltſames, polygones 
Bauwerk, aus dün— 
nen Steinplatten 3u- 
fammengefügt, das 
auf fohlihtem Altar 
die febr -alterthiim- 
lichen figenden Ge- 
falten Otto’s und 
Editha’s birgt. Die 
Figuren find 51/, Fuß 
hod) und verrathen 
im faltenwurf und 
in der Bemalung den 
Stil des 15. Jabr- 
bunderts. Das Gee 
wölbe des Chorum- 
gangs ift reid belebt 
durd verzierte Rip- 
pen und Scylufiteine, 
die ebenfo wie der 
‚formenreihtbum der 
Pfeilerfapitelle fo 
tartan Maulbronn 
erinnern, daß die 
Tätigkeit eines Mei- 
ters, Ser aud dort 
gearbeitet haben mag, 
etwa um das Jabr 
1220 mehr als wahr- 
fheinlid if. Man 
begegnet ‚aber neben 
Frühgothifhem im öftlihen Theile des Domes auc einer auf- 
fallend häufigen Verwendung antifer Formen, vor Allen dem 
röm!fchen Afanthusblatte, und unverftandener Wiedergabe des 
antifen Rompofitenfapitells, die mdgliderweife aus den Trümmern 
der früher auf gleiher Stätte befindlidhen Baulichkeiten fih in 
das Gefiige des neuen Domes mit eingefhliden baben. 

Jm Jahre 1365 fonnte endlich die Kirche, ©. b. der Chor 
und das mit allen Bewölben und Dächern vollendete Cangbaus 
geweiht werden. Don den beiden Thürmen ift der nördliche mit 
den unteren Theilen des Querfchiffes gleichzeitig begonnen worden, 
der fiidliche erft 1310. 








Deutfhe Runf. 


Das zweite Thurmgefhoß, das im Begenfat zu der unteren 
fhweren Lifenenarditettur fchon fpigbogige Blenden mit sierlidem 
Leiftenmerf aufweift, ift in der zweiten Hälfte des 14. Jabr- 
bunderts entftanden. Ueber dem vierten Befhoß geben die 
Thürme aus der quardratifhen Form in das Adhtec über, ohne 
daß darum der einheitlihe Aufbau beeinträdhtigt würde, da 
zwifhen Sem vierten und fünften Befhoß eine eigenartige, fpät« 
gothifhe Fialenbildung, weldhe die vier Ranten des auf 
quadratifher Bafis aufgeführten Baues fortfegt, fhön ver- 
mittel. Die Oftogonie, die aud als Grundrißform von 
S. Vitale in Ravennna und der von Karl dem Broßen in Aadyen 
erbauten Rirhe Anwendung gefunden bat, ift vielleicht auf die 
adtedigen Thiirme der Gallier zurüdzuführen. Vielleicht liegt 
aud ihr eine tiefere fymbolifhe Bedeutung zu Grunde. War 
dod) die 8 als erfte fubifhe Zahl, als Bezeihnung der geeinten 
Ordnung als aud der Weltordnung überhaupt fhon den Heiden 
heilig. Die riftlihen Bnoftifer nahmen eine heilige Uradt als 
Mutter der 7 hödften Weltkräfte an, und adtfah war nad 
fpäterer chriftliher Dorftellung die Seligfeit. 1493 entftanden 
nad einer Jnfdrift auf der oberften Thurmgalerie die ungewöhn- 
lid niedrigen und gedrüdten Pyramiden und 1520 endlid ftand 
der Dom in feiner Vollendung da. Es ift begreiflid, 
daß die Länge der Bauzeit, in der der Bejhmad mehrfad 
wedfelte und die Technif fic) verwollfommnete, die Durhführung 
eines einbeitliden Planes nicht zuließ. Wenn nun aud in den 
älteften Theilen des Baumerfes Strebepfeiler und Rippengewölbe 
nod fehlen, fo tritt dod) überall das fräftige Streben zu Tage, 
fidh los zu madhen von den feffeln Ser Tradition und mit den 
fonventionellen formen des bisher üblihen, romanifhen Stils zu 


breden. Diefelbe DVerfchiedenartigkeit wie der Dom felbit zeigt 
übrigens aud der füslih von ihm gelegene, fhon er- 
mwähnte Kreuzgang. Während der füdlihe Flügel ganz 


tomanifch ift, erweifen fid Ofte und Ylordflügel ihrem Stil nad) 
als gleichzeitig mit den älteften Theilen des Domes entftanden. 
Bemerkenswert ift auf der Außenfeite des Kreuzganges ein 
Sties figiirlidher Darftellungen aus der zweiten Hälfte des 15. Jahr- 
bunderts, der in ftarfen Ronturen in den Pug eingerigt und 
vielleidht bemalt gewefen ift. Er führt die faum mebr erfennt- 
lidhen Geftalten Otto’s des Broßen zwifchen feinen beiden Be- 
mablinnen und einer Reihe von Magdeburger Erzbifhöfen bis 
auf Ericus (1283—1295) vor Augen. 

on den vollendeten Dom, Magdeburgs Stolz, bielt bald die 
Reformation, die in der glaubenstreuen Stadt eine fefte Burg 
fand, fiegreihen Einzug, mußte aber nod einmal, an jenem ver- 
hängnifvollen 20. Mai des Jahres 1651, ða Tilly's Soldatesta 
in die Stadt einfiel, wenn aud nur auf furze Zeit, dem 
Katholizismus weihen. Damals lief Tilly, feines Sieges frob, 
in dem Dome, der fchon in Befahr geftanden hatte, mit anderen 
Häufern niederzubrennen, das Te deum anftimmen. Wenn 
auh Ser Dom, vorzüglid auf der Südfeite, in jenem Rampfe 
viel gelitten hatte und als „über die Maßen bausfellig‘ 
bezeichnet werden durfte, ift doch die Behauptung zurüdzuweifen, 
die Rreuzblume des füdlihen Thurmes wäre in jener Zeit her- 
untergefhoflen worden. Vielmehr haben Münzen, die der 
Adminiftrator Chriftian Wilhelm in den Jahren 1614 und 1622 
bat fchlagen laffen, in ihrem Bepräge bereits den Dom mit nur 
einer Rrone. Billiger ift es wohl, dem zu glauben, was 
D. Saccus im vierten Theile feiner Poftillen über dte Evangelia, 
am Tage Mauiitii, vom Jahre 1540 jagt: „Es bat aug 
das Wetter in den Thurm gefhlagen, die Rofen ab- 
geworfen und merklihen Schaden gethan.“ 

Eine durchgängige Reftauration erfuhr bas fhöne Gottes- 
haus, das nody während der Rriegsjahre 1811—1813 in feinem 
Innern manden Schaden genommen hatte, in den Jahren 1826 
bis 1854 durch die Huld Könige Friedrih Wilhelm II. So 
ftebt es nun, gefäubert von gefhmadlofen Zuthaten fpäterer 
Seiten und in fhadhaften Theilen ergänzt, da in reiner Schön- 
beit und Dollfommenbeit als ein ebrwiirdiges beredtes Denkmal 
mittelalterlihen Zeitgeiftes und eine ardhiteftonifhe Yierde Nord- 
deutfchlands. 


263 


Namentlich die figiirliden Bilbwerfe, die den Dom fhmüden, 
find von bedeutendem, funfthiftorifhem Jntereffe fowobl . ihrer 
form als and ihrer Bedeutung nadh, als Beifptele chriftlicder 
Runftfymbolif. Wenn an den älteren Theilen des Domes die 
Symbolit unter dem Einfluffe der Geiftlidfeit durchweg nod 
mit Derftindnif angewandt ift, fo zeigen namentlid fpätere 
Ausgußfiguren, daß mit beginnender Firdlicher Decentralifation, 
dur die die Baufunft und ibr Handwerf mehr und mehr in 
die Hände des Laienftandes übergingen, aud der Sinn für die 
fumbolijhe Bedeutung figürliher Bildwerfe fhwand. Der 
Laienftand brachte durch feine mangelhafte Renntnif jener deut- 
famen Begriffsvorftellungen unbewußt wieder Naivetät in die 
Bautunft und bereitete das Bedirfnif vor nah den rein 
äfthetifchen Gebilden der Renaiffance. fiir die oben- erwähnten 
Wafferfpeier nun, die das Regenwaffer aus den Dadrinnen weit 
über die Umfaffungsmauern hinaus fpeien, verwandte die Friih- . 
gothif mit Dorliebe Thiergeftalten, in denen fie die außerhalb 
der Rirche gefundenen fFeinde des Chriftenthums, die Juden, die 
Heiden und den Teufel darftellen wollte. Da wir unter diefen 
nun aud den heidnifchen Breif, das Attribut des Mars, finden, 
fo dürfen wir der Auslegung Dante's, der in dem thierifchen 
Doppelwefen das Sinnbild Chrifti nad feiner doppelten gött- 
lihen und menfhlihen Yatur fah, faum allgemeinere Bedeutung 
beimefjen. 

Uebrigens muf bei einer Deutung fymbolifder Thiergeftalten 
frets der Ort, an dem fie angebradt find, und ihre Beftimmung 
berüdfihtigt werden. So bedeutet Ser Hund als Wafferfpeier 
das Heidenthbum, während er auf den Reliefs von Grabplatten 
zum Sinnbilde riftliher Tugend wird. Auf einem alten Bilde 
in Braunfdhweig fehen wir die vier Rardinaltugenden als Hunde, 
von Engeln als Jager am Halsbande geführt (Fiorillo II, 57). 
Bern würde man wohl den Hirten und den Jäger oder Schäfer- 
fnecht mit Hunden, die über der Paradieshalle des Magdeburger 
Domes an der nordweftliden Ede des nördlihen Querfdhiffarmes 
ftehen, nad) diefer Auffaffung deuten, wenn niht ein Hund zu 
wenig wäre. Möglich ift, daß diefen der Jahn der Zeit, der 
gerade an den beiden Statuen ftarf genagt bat, zerriffen hat, 
dod) thut man wohl gut, ohne mit Eventualitäten zu rechnen, 
den Schäfer als den guten Hirten aufzufaffen, der feine Heerde, 
die Chriftengemeinde, bewadht und feinen neht beauftragt hat, 
dur einen Horneuf die Herde zum Eintritt in dte Kirche ein- 
zuladen. Daß der Schafer die Statue eines Georg Roppebel 
oder Coppehle aus Bräfendorf bei GFiiterbogf fei, Ser eine be- 
deutende Würde am Domftift bekleidet und ein großes Vermögen 
für eine milde Stiftung binterlaffen haben foll, ift wenig wahr- 
fheinlihd. Wohl geht aus Urkunden des Magdeburger Pro- 
vinzial- Archivs hervor, daß ein Georg Coppeble, Vicarius in 
summo und Canonicus bei dem Stifte St. Gangolphi sub 
aula archiepiscopali in der zweiten Hälfte des 16. Jabr- 
hunderts von feinem Vermögen eine nod beftebende milde 
Stiftung errichtet hat, die Statuen aber find bereits viel früher 
entitanden, und vor feinen Lebzeiten -ift befanntlid nod Niemand 
ausgehauen worden. 

Dod zurüd zu unferen Wafferfpeiern! Finden wir da aud 
das Schwein als ftereotvpe Beftalt der unreinen Beifter und der 
Derdammten, in der dem Grafen Raymund von Bascogne nad) 
Sroiffard’s Berichte der Teufel erfchienen if. Das Schwein, in 
deffen Geftalt das Mittelalter nicht felten auc feinem Anti- 
femitismus verädtlid Ausdrud gab, ift alfo das Symbol der 
Sünde und Verdgammnif, wie denn die Thiere überhaupt Sinn- 
bilder der Leidenfhaften und auseinandergebenden Menfdenfinne 
find. DVerwunderlic ift es, und jedenfalls auf die Unfenntnif 
der fpäteren Innungsmeifter und Gefellen zurüdzuführen, Saf 
fih jener fohlehten Gefellfhaft von Thiergebilden auc die 
Attribute der Evangeliften als Wafjerfpeier am füslihen Thurme 
beigefellt haben; der geflügelte Menfh für Matthäus, weil er 
fein Evangelium mit der menfhlihen Geburt Chrifti beginnt; 
der Löwe für Markus, weil er mit Johannes in der Wiifte an- 
fängt; der Ochfe für Lukas, da er mit dem Priefter Zacharias, 
der zum Opfer Ochfen fdladtete, beginnt, und für Jobannes 


264 


der Adler, weil aus ihm der géttlihe Geit am mädhtigften 
fpridt. Später arteten die Wafjerfpeier jogar ins Scherzhafte 
aus, wie die drolligen Menfchengeftalten an den fpäter erbauten 
Theilen des Domes beweifen. Gn das Genre diefer oft Serben 
Romi? fallt auc eine zufammengerolite Schlange zwifhen dem 
gothifhen Blattwerf auf dem im 16. Jahrhundert vollendeten 
Dadhe des nördlihen großen Thurmes nebft einer nad oben 
fletternden Pleinen Menfchenfigur, zu Seren Erklärung es in einer 
alten Befchreibung des Domes beißt: „Auf des Thurmes 
Spige ift der Teufel, über welhem ein Menfh in Stein 
gehauen zu feben, jo fih auf die Krone mit Pan- 
toffeln zu fteigen bei Teufelholen vermeffen, welder 


Deutfhe Runft 


aber beruntergefallen und den Hals geftürzet.* Zwiſchen 
den beiden Thürmen wird das Grundmauergefims der Weft- 
facade urh as 15 Fuß tiefe Hauptportal unterbroden, 
deffen Giebel mit dem fehönften, aus der beften Zeit der Bothik 
ftammenden Mafwerf verziert if. Zwifchen den beiden Flügeln 
der Thür fteht mit FHepter und Reidsapfel verfehen die als 
„Otto magnus“ bezeihnete Figur eines Raifers, von der über 
ihm aus Wolfen hervorragenden Hand Gottes gefegnet. Jn einer 
Hobltehle der linten Seitenwand fteht der Baumeifter des Portals 
nnd in der Rofette des Wimbergs wie Raifer Otto in einem 
Tabernatulum die gewappnete Geftalt des heiligen Mauritius 
mit Schild und Lanze. 





Dom zu Magdeburg, Kanzel, Altar, Kettner und Chor, 


Verlag von 5. Neumann, Magdeburg. 


Dentfhe Runf. 











Aus Schultes Kunftfalon. 


er vieles bringt, wird Jedem etwas bringen. Die DVielfeitigteit 

in den Schulte'fhen Bemäldeausftellungen wird zwar der Rritif 

eines feineren Bejhmades faum nod Stand halten, aber wenn 
es gilt, eine mdglidft viellSpfige Menge fiir die Kunft zu intereffiren oder 
wie die zeitgemäße Forderung lautet, Runft ins Dolf hineinzutragen, fo er 
fheint aud diefe form der Ausftellung beredhtigt und alle Zugeftändniffe 
geheiligt, die zwar in diefem falle mehr der DVerfaufemdglicdfeit als der 
fünftlerifhen Erziehung zu Liebe gemaht werden. Der Schulte'fhen Bilder- 
[han fehlt in der Regel die einheitlihe Ordnung. Die Aunft treibt nad 
allen Richtungen, Höhen und Tiefen auseinander und man gelangt niht zu 
einem barmonifhen Befammteindrud und Ueberblid. 

Wir begegnen diesmal einer Rünftlergruppe von ausgefprodhen älterer 
und moderner Richtung und dazwifhen maden ib Halbfönner und Stümper 
breit, von denen man nie ein Befenntniß verlangen wird. 

Die ältere romantifhe Darftellung der Landfhaft tritt uns in einem 
Bilde von Calame entgegen. Ein felfiger Abhang eröffnet einen Ausblid 
auf ein üppiges wald- und wiefenbefränztes Thal. Gm Dordergrunde wird 
eine dunkle Baumgruppe von dem abfdiiffigen Terrain iiberfdnitten, in der 
‚ferne zeichnet ih die zadige Bebirgskette Mar ab gegen den blaßblauen 
Himmel, an dem flodige Regenwolfen emporziehen. Die unverfennbare An- 
zlebungstraft Ses Gemaldes berubt nidt in grellen Rontraften leudtender 
arben, fondern in der liebenswürdigen Detaillirung des Begenftandes und 
der einbeitliden Rompofition, bei der fih die intime und die ftilifiet-romantifche 
Anfhanung glüdlih verfhmelzen. 

Ein verwandtes Empfinden fpriht ih in einem Bilde von Ch. Hoguet 
aus, weldes das burgartig am Meeresftrande fih aufbauende und In feuchten 
Dunfte verfchleierte Schloß Dieppe darftellt. Der Thiermaler fr. Dolg ift 
mit feinem beliebten Thema, einer Rinderheerde, vertreten, die an ein flaches 
Seegeftade zur Träne geführt wird. 

Ein neueres Bild von B. Dautier, die Weinprobe, ein Areis von vier 
Männern, die in einem alterthiimliden, vornehm ausgeftatteten Bemade ihre 
Weinfennerfhaft bethätigen, bereichert die Düffeldorfer Benremalerei nicht 
gerade mit überrafhenden Momenten. Das ftarf abgenugte Motiv ift mit 
ehrlicher, aber hauebadener Charakteriftit zur Ausführung gebracht. Diefer 
ganzen fläftigen Art zu malen liegt eine Biederfeit und Selbftgenügjamteit 
3u Grunde, welhe fhlehterdings nit mehr in unfere bewegtere Zeit hinein- 
paßt, weil ihr das Mark eines berzhaften und fubjeftiven Humors abgeht, 
welches den Novellenftil eines Anaus oder Hafenclever für alle Zeiten ge- 
nießbar madt. Und in den Bildern Ff. A. v. Raulbah's gelangt die 
Individualitst nicht zu volltommener Herrfhaft über die raffinierte Eleganz 
der äußeren Erjheinung. Gn dem eigenften Gebiete, dem Frauenbildniß, 
offenbart der Rünftler indefjen eine Bröße der Aufjaflung, mwelder fih die 
Blanzentfaltung in den Roftümen und der etwas konventionelle Linienfluß 
ohne Weiteres unterordnet. Die eigentlihe Seelenanalyfe bleibt uns Raulbad 
fuldig, aber das Leben in Ausdrud und Mienenfpiel ergreift uns irog 
mangelnder Charakteriftit mit unmittelbarer Gewalt, wie das plößlihe Auf- 
leuten und Derlöfchen eines Eindruds im Leben, dem wir nicht nahzuforfchen 
vermögen. Der Liebreiz einer erblühten Franengeftalt, nicht felten mit dem 
Ausdrude verfchleierter Sinnlichkeit, entfaltet fih in feinen Bildniffen mit 
glänzenden Mitteln. Das Portrait feiner Gattin im weißen Kleide und das 
einer rotbhaarigen Schönen in fhwarzer, golddurchwirfter Robe find als die 
beften Beifpiele hervorzuheben. Einer anderen, robufteren Tehni? bedient idh 
der Maler in Mannerbildniffen. Das Bruftbild des Prinzregenten Luitpold 
im Profil und das Portrait eines [hmwarzgelleidtten Herrn in ganzer figur 
find in der Charakteriftit niht zu unterfchäten. 

Die Thierftudien Toobg's (Elephant, Nashorn, Löwe, Tiger und Hund) 
witfen bet guter Charafteriftif meift unerqaidlid) durd die Härte des Tones 
und der Malweife. mn einer bolländifhen Strandfzene von H. v. Bartels 
madt fid ein »ölliger Mangel an Tonempfindung bemerkbar. Die figuren 


der beimfebrenden Fifher find indef lebensvoll geftaltet, ale Flluftration - 


würde das Bild feine Wirkung nicht verfehlen. Zu den beften modernen 
Bildern zählen einige Heine Landfhaften von dem Diiffeldorfer H. Hermanns, 
welder alles Schulmäßige abgeftreift hat und zur ausgiebigen Bethatigung 
feines Loloriftifhen Empfindens gelangt. Die Gluth der Yahmittags- und 
Abendfonne auf Wiefen und Bäumen, der Ansgleih zwifhen Sonuenfleden 
und Scattenmaffen, das Bligern der Sonne auf dem Wafferfpiegel des 
Amfterdamer Hafens ift trefflih zur Erjheinung gebraht. Mit einer 


großen Rolleftion Bilder jeden Genres führt fh der Dresdener Maler 
€. O. Simonfon Caftelli ein. Dergeblih fuhen wir nad einer eigenen 
Zdee, Anfhauung und Ausdrudsweife. Cine gewiffe Befhidlidkeit ift nicht 
zu leugnen, weldhe diefem beifpiellofen Anpaflungsvermögen geradezu zum 
Derderben wird, 


Ein andere Kollektion von Kunftwerken bildet in ihrer vom modernen 
Beifte durchwehten ftarfen Eigenart vielleiht die intereflantefte jetzige Er- 
fheinung des Aunftfalons. Es find die von Dr. Hirth fiir die befannte 
Wocenfhrift „Jugend! erworbenen und bereits reproduzirten Original- 
z3eihnungen. Die getroffene Auswahl tft eine gefdidte und giebt uns ein 
etwas A)ealifirtes Bild von der Jugend". Unter allen Umftänden wird 
man dem Unternehmen felber beipflidten, durch weldes eine große. Anzahl 
meift jiingerer Riinftler 3u einem edlen Wettfampfe angeregt und in Nahrung 
gefegt werden. Die Proteftion der jiingeren Elemente ift ohne Hweifel an- 
3uerfennen, da fic) feither gerade auf dem Gebiete der Schwarz. und Weif- 
funft Sem modernen Riinftler uniiberwindlide Schwierigkeiten entgegenftellten 
und ein Abweihen von der Schablone geradezu unmöglib madten. Die 
fünftlerifhe Ausftatlung deutfcher Zeitfcriften bedurfte fhon längft einer 
Befreiung, wie fle nun die „gugend" mit durhfhlagendem Erfolge unternahm. 
Auf dem neuerfchloffenen Gebiete pulfirte bald ein fröhliches Leben; Alles, 
was die ‚Freiheit Rünftlerifhen Ausdrudes behindern konnte, wurde mit einem 
Male abgeftreift, jede Fndividualitat follte zu Wort kommen, jedes Mittel, 
jede Tehnif war erlaubt, einer fünftlerifhen Laune Geftalt zu verleihen. Die 
bald beraufbefhworene Entrüftung der Gegner, welde das Blatt ein fitten- 
und religionslofes nannten, bewies die daratteriftifhe Haltung und den 
auggefprochenen, jeden Zopf verabfheuenden Standpunkt der „Jugend, Der 
frifhe fröhlihe Geit und Humor in all den Blättern, die, wir nor uns 
feben, ift nicht zu verfennen, nur ganz vereinzelt madt fid dte Originalitats- 
fucht und Abfihtlichkeit bemerkbar, obne welke die Modernen nun einmal 
nit vollzählig erfheinen. Neben den jüngeren Rünftlern, die fih in großer 
Anzahl dem Unternehmen zumwandten und durd die „Jugend“ zum Theil 
ihre Berühmtheit erlangten, begegnen wir aud den Mangvollen Namen 
älterer Meifter, ein Beweis, welder Beliebtheit fic) die Zeitfehrift in Rünftler- 
freifen erfreut. 


Die Jlluftrationen in der „jugend“ ftellen ih zum Theil als felbftftändige 
Runftwerfe dar, wie die breit behandelte Rohlenzeihnung von Reller-Reut- 
lingen, eine in Mondfchein liegende Häufergruppe des alterthiimliden 
Städthens Fürftenfeldbrud, der Eihler’fhe Märhenwald oder der Todten- 
tanz von ©. Seit, eine geiftreihe Darliirung Holbein’fher Motive. Die 
Stoffgebiete wedfeln in der größten Mannigfaltigkeit; die unmittelbar aus 
dem Leben gefhöpften Motive, wie die Darftellungen des genialen Ftanzofen 
Steinlen, eine nmährende Mutter, die am Wege eingefdlafen ijt, und die 
flotten Modiftinnen auf den Parifer Boulevards, wechfeln mit pbantaftifhen 
Bildern aus Sage und fabelwelt. Hier begegnen wir auh Ff. Stud in 
einem Umfchlagbilde, weldes antite Tänzerinnen in flatternden Bewändern 
zeigt. Eine fhwungvolle Rompojfition find die im Sturm daberfaufenden 
Walfpren und die den Stier niederzwingende Europa von U. Münzer., 
Die Heldengeftalten altdeutfher Mythe führt ung Erler in feinen bis 3u ein- 
fadftem Umrif reduzirten Rontourzeihnungen vor. Das Gebiet der Marden- 
didtung verfteht Rob. Engels durdh feine gewandten Federzeidnungen zu 
beleben, in welden fic) die Gntimitat feiner Maturfrende verkörpert. 


€s erübrigt nod, auf die Rarifatur einen Blid zu werfen, die unferes 
Eradtens in der „Jugend“ zu wenig gepflegt wird. And bier äußert fi 
feine Spur von Nachahmung von Vorbildern wie Oberländer und Steub, 
die Rarikaturenzeihner R. Wilke und B. Paul haben ihre befondere Sprade. 
Wilfe's Typen insbefondere zeugen von feinfter Beobadtung und fpriiben von 
Wik und Geift. Die ungefiigige Technif macht die Bilder gerade erft intereffant, 
da das Wefen der Charalteriftif nie durd elegante Linienwirlung beeintradtigt 
wird. Als Beifpiel fet die Maftviehjury, eine Gruppe von wohlgenährten 
Agrariern im Sonntagspug, angefiibrt. Die Rarifaturen Paul's find vielleidt 
weniger unmittelbar in der Wirkung, etwas mehr mit Beredhnung gearbeitet, 
aber aud diefer Riinftler verftebt dem Leben Seiten von zwingender Romil 
abzugewinnen, wie in den Blättern „Beift und Gemiife ein Degetarierheim 
mit bageren, langbärtigen Beftalten und „Araft und Stoff“, ein Mündener 
Biergarten mit den im Benuß jehwelgender Hofbräuhaustypen beiderlei Be- 
ſchlechts. 


Deutfhe Runft. 


267 





Die Hamburger Srühjahrsausftellung in der Kunfthalle. 


gs werden juft 50 Jahre ber fein, daß die heutige Runftausftellung 
in der Hamburger Aunfthalle eine Vorgängerin hatte nad Seiten 
ihrer Eigenart, daß diesmal nur Werke von Hamburger Riinftlern, 
oder folden, die aus Hamburg ftammen oder dort ihre Haupt- 
fhaffenszeit verlebten, 3ufammengetragen find.  Jnternationale Runftaus- 
ftellungen, die 


aud recht hübſch 


einerſelts an Zahl der Künſtler, welche ſich in Hamburg niedergelaſſen haben, 
andererſeits an dem, was dieſer neu ſich ſchaffende Stamm junger Künſtler 
in Hamburg zu leiſten im Stande iſt. Die Künſtler, welche ſich hier nieder⸗ 
laſſen, müſſen ſich mühſam in Hamburg, der Stadt der Kaufleute, ihre 
Stellung erobern. Jeder Handelsbefliſſene ſchaut den Maler von oben herab 
an; und in der 
Geſellſchaft ſpielt 





befhidt waren, \ 
haben wir feit | 
mebreren Jahren. 
Als aber auf 
diefen Ausftellun- 
gen fih deutlich 
zeigte, daß hier in 
Hamburg feit 
etwa einem Jahr- 
3ebnt ein neues 
felbftftindiges 
Runftftreben fih 
anbabnt, weldes 
die Reime der Le- 
bensfähigfeit in 
fih 3u tragen 
fheint, ward de- 
Gedante wad, 
aud jegt wieder, 
wie es por zwei 
Menfdenaltern 
gefhab, je eine 
lofal Hambur- 
gifhe Uusftel- 
Lung mit der in- 
ternationalen üb- 
lihen Frühjahrs⸗ 
ausftellung jähr- 
lid abwedfeln 3u 
laffen. Die Aus- 
ftellung, welche 
feit Mitte vorigen 
Monats die präd- 
tigen Räume der 
erten Etage der 
Runfthalle füllt, 
it eine lofal 
Hamburgifde. 








Don den etwa i : 
900 Werten der He) 
Malerei und Bild- — X > 
bauerfunft find At 
408 vondenRiinft- ea 


lern felbft ein- 
gefandt worden, 
während die üb- 
tigen 500, von 
denen etwa ein 
Drittel nidt von 
Hamburger Rünft- 
lern ftammen, 

aus Hamburger 
Privatfammlungen zur Verfügung geftellt wurden, um einerfeits die Meber- 
fiht über die Hamburger Runt von heute zu einer recht vollftändigen aus- 
zugeftalten, andererfeits duch die Beimifhung von Meifterwerfen der be- 
deutendften modernen nichthamburgifhen KRünftler ein willfommenes Der- 
gleihsobjeft zu fhaffen, an dem das Hamburger Runftleben gemeffen werden 
tann. Wenn man da bedenkt, wie jung das Hamburgifche Runftleben ift, 
und das vor fünf Jahren Gebotene mit dem heute Ausgeftellten vergleicht, 
dann wird man einen erfreulihen, ungeahnten Fortfehritt onftatieren fonnen, 





Dom zu Magdeburg. Sidoft-Anficht. 


Derlag von %. Nenmann, Magdeburg. 


id der Rünftler, ab- 

gefeben von eini- 
gen älteren Ma- 
lern, die aus alt- 
angefehenenham- 
burger Patrizier- 
familien ftammen, 
wie Lutteroth 2c., 
und dadurdh die 
hinefifhe Mauer 
der gefellfhaft- 
lichen Excluſtvi⸗ 
tät leichter über- 
fhreiten konnten, 
durhaus feine 
bemerfenswerthe 
Rolle, eben fo we- 

nig wie der 

Sähriftfteller, der 
fat nod mehr 
zurüdtreten muß. 
Die Hamburger 
Gefellfhaft hängt 
3&b an ihren alten 
Anfhauungen, 
wonad, wie es 
aud die Hambur- 
get Derfaffung 
andeutet, nur der 
Jurit und der 
Raufmann zur 
vornehmen Bejell- 
fhaft gehört. Eine 
nidt ganz ge- 
feftigte Riinftler- 
eriften3 bat in 
Hamburg einen 
ungemein fchwie- 
tigen Stand. Da 
fagten und fagen 
nod heute mance 
Hamburger Rünft- 
ler: es bungert 
fh in Münden 
oder Düffeldorf 
weit gemiithlider. 
Es fdeint ih 
aber jetzt in diefer 
Richtung infofern 
fhon zu beffern, 
nit zum Minde- 
ften durch die Be- 
miihungen des Hamburger Runftvereins, daß die jungen Rünftler beginnen, Räufer 
für ihre Bilder zu finden. ft es freilih dem Rünftler erft gelungen, in die vor- 
nehmen Kreife einzudringen, dann findet er reihlih Abnehmer und klingenden 
Lohn, denn man ift bier nicht gewohnt, zu fargen. Ein Beifpiel erzählt 
Rudolf Lehmann in feiner Selbftbiographie, daß er im Laufe von zwei 
Jahren mehr als fünfzig Beftellungen auf Portraits erhielt, nahdem erft ein 
Senator ih von ihm hatte malen laffen. So gab es vor nod etwa feds 
Jahren in Hamburg feine Portraitmalerei, weil diefe ihren Mann mit 





268 


Deutſche Kunſt. 











Peter Viſcher, Grabmal des Erzbiſchofs Ernſt von Sachſen. 


Haaſe und Lübeck, Magdeburg. 


erndbrte. Ein einziger auswärtiger Rünftler hielt fid einige Jahre des Por- 
traitirens balber bier auf, und einige Rünftlerinnen batten ausfömmlide Be- 
[häftigung. Was die leteren leifteten, war aber nicht derart, daß man fie als 
bedeutende Schöpfungen harakterifiren fönnte. Gest ift fhon eine Reihe von 
Portraitmalern vorhanden, die zum Theil recht gute Leiftungen aufweifen. 
Die Landfhaftsmalerei, welde allerdings fdhon friiher hier hervorragende 
Dertreter hatte, wie Astan Lutteroth, Valentin Ruths und Carl Rodet, hat 
in ihren zur Zeit fon recht zahlreihen Dertretern und Vertreterinnen eine 
eigenartige Richtung genommen. Beeinfluft von den Worpswedern fuchen 
die Hamburger Landfhafter die Stoffe ihrer Bemälde auf dem Boden der 
Heimath, in Hamburg felbft, auf feinem Strom, in den weiten Niederungen 
des flahlandes mit ihren malerifhen Bauernhöfen und in den prächtigen 
Laubwaldern. An diefe Landfhaftenalerei fnüpfte das Seeftüd an und die 
Thiermalerei, die tiidtige Vertreter zählt; nur das Hiftorienbild und die 
Sigurenmalerei hat in Hamburg nod feinen Boden gefaßt, obwohl dazu die 
Hamburgifhe Gefdhidte reiden und dantbaren Stoff bietet. Es find hier die 
Lente nod) nidt erftanden, welde folhe Stoffe aus- 
drudsvoll genug fdildern lönnen. Wir befinden uns 
aber mit der Hamburgifdhen Runt von heute in einer 
Aufwärtsbewegung und find nod lange, lange 
nidt auf dem Gipfel. : 

Wenn man nun von der modernen Hamburgifhen 
Runft fpridt, fo denft man zunädhft in weiteren Rreifen 
der deutfhen Runftfreunde an die „Hamburger 
Jüngſten“, die Mitglieder des „Hamburgifchen Rünft- 
lerflub“, welde im vorigen Herbft bei Burlitt in Berlin 
aud eine Separatausftellung veranftalteten, die bei 
allem Widerfprud Auffehen erregte. leben diefer Gruppe, 
deren Malweife etwa 30 Riinftler von den 70 in Ham- 
burg wohnenden und ein Theil der auswärts wohnen- 
den Riinftler huldigen, giebt es nod eine ganz ftatt- 
lih? Reihe hervorragender tüchtiger Rünftler in Ham- 
burg, derer weiter unten Erwähnung gefdieht. Bei den 
Hamburger Giingften hat es den Anfchein, als ob der 
eine oder andere fhon im gefunde Bahnen einlenten 
wolle. Gd babe diefe Empfindung 3. B. bei Paul 
Raifer, Arthur Siebelift und von Ehren, fowie bei 
Thomas Herbft, der wohl als der reiffte der Bruppe 
gelten fann. freilih fhwelgen auh diefe noh allzu- 
febr theils in Grün, Gelb und Violett, theils in Nebel- 
und Schummertönen, aber man bemerkt den fortfdritt 
in einzelnen Bildern. Arthur Fllies und Ernft Eitner 
[einen nit vom flete fommen zu fönnen. Bei Jllies 


‚Rügen, von der Elbe und aus Holftein. 


madt es den Eindrud, als ob er einın gewiffen ab- 
Nhtlihen Widerftand gegen eine Weiterentwidlung zeige. 

Er malt zum Theil unglaublide Farben, fo daß man 
bedauerlid) den Ropf fhütteln muß über die Jrrwege 
diefes zweifellos begabten Malers, der das Jeug 
hatte, Gutes zu liefern. Don Friedrid) Schaper und 
Julius Wohlers glaube ich ebenfalls, daß fie aus dem 
Ueberfhwang der farbenphantafteret ihrer früheren 
Zeit heraus fih auf gutem Wege befinden. Unter 
denjenigen Hamburger Rünftlern, weldhe im legten Grunde 
auf demfelben Boden fteben, wie diefe Fiingften, aber, 
auf anderen Boden verpflanzt, draußen fih felbft- 
ftandig glüdlih entwidelt haben, befinden fih Namen 
von Rlang, fo Ludwig Dettmann in Charlottenburg, 
Erwin Giinther in Diiffelborf und Hans von Bartels 
in Münden. Heraus aus dem ärgften farbenihwärmer- 
thum find aud Adolph Behrens, der fowohl in Land- 
[haft wie in Portraitftudien hübfhe Saden fandte, und 
Alfred Mohrbutter, der fi fhon zu einem ganz gefunden 
Stil durchgearbeitet 3u haben fcheint. Bei zwei Rünftle- 
tinnen, zwei Schweftern, Molly und Helene Cramer, die 
längt als Blumenmalerinnen fehr gefhätgt waren, 
vollzieht fih der umgekehrte Weg wie bei den „Jüngften‘, 
Sie haben fih zu den Modernften gemaufert und fenden 
nun neben in modernfter Manier gemalten Blumenftüden 
auh Figurenbilder und Landfdhaften. Wie fid die 
Wandlung vollzogen bat, ift nicht reht Far, au find 
die Schweftern in ihre neue Richtung noch nicht vet bineingearbeitet. 

Mag man nun das Streben unferer Jüngften anerfennen und würdigen 
unter Berüdfihtigung des Momentes, daß ihr heutiges Schaffen nur als eine 
Uebergangsperiode in der Entwidelung diefer Malergruppe angefehen werden 
fann, all ibe Farbenglanz des Gmpreffionismus wirft nidt, wo eine reidlide 
Hahl von ausgereiften Rünftlern zwifchen fie ihre Bilder gehängt bat. 
Die Hamburger Alten — das ift ein hervorftedhender Zug in der Hamburger 
Runftentwidelung — paben von den Jungen gelernt und fie verftanden es 
trefflid, das Prinzip der Jungen, Klarheit und Luftigfeit des Tones, in ibre 
Schaffensweife zu übernehmen. Auch bei den erften unjerer biejigen Land» 
fhafter, die einen Namen in der Runftwelt haben, wie Astan Lutteroth, 
Dalentin Ruths und Carl Roded, das Dreigeftirn am Hamburger Runft- 
himmel, bemerft man diefes. Die Rünftler fandten nur ausgereifte Arbeiten, 
an denen allen man feine Freude haben muß. GFhnen reiht fih würdig unter 
den Landfhaftern an Karl Rathgen mit lebensfroben, frifhen Bildern aus 
And fein Figurenbild „An der 





Haale und Fübel, Magdeburg. 


Deutfdhe Rung. 





Waterkant" ift eine erfreulihe Erfheinung. Leo Leinweber, früher einer der 
„güngften“, bat feinen Sit nad London verlegt. Er ift dort als Maler 
völlig anglifiert worden und hat feine ‚Farbenfreudigkeit eingebüßt. Mir ge- 
fallen folde anglifierten Lente nidt. Wladimir Linde fhwelgt in lebhaften 
farben, obne auf die Füngften zu fehwören, feine Bilder find fleißig aus- 
geführt und nicht ohne Effeft. Prof. Rallmorgen in Rarlsruhe, ein Hamburger, 
hat nichts mit der Hamburger Farbenfreude gemein, aber feine Bilder wirken 
duch Mare Naturauffaffung. Die beiden Düfleldorfer, Herrmann Grimm und 
Erwin Bünther, find ganz verfhiedene Leute. Grimm liegt zum Theil noh 
in den fefleln der alten Malkunft, aber er ift ein Meifter in der Technik, 
während Erwin Giinther mit groberen Strihen aber mit lebendigen im- 
prefioniftifhen Farben feine Bilder malt. 








269 


hierörtlih nod garnicht recht entwideln will. Don den in Hamburg wohnenden 
Riinftlern find in der Hauptfadhe zu erwähnen: Herrmann Cornils, der eine 
tüchtige Technik zeigt, Täfar Scharff, der zumeift in Relieftednif feine Kraft 
verfudt, und vor allem der febr tüchtige Portraitift Walter Jehle. Don 
auswärts fandten eine ganze Reihe von aus Hamburg gebiirtigen Riinftlern 
Arbeiten ein, jedoch haben diefe mit Hamburger Runft nidts gemein. Eine 
eigene Hamburger Aunft auf diefem Gebiete, die einen felbftändigen Charakter 
triige, eriftirt eben nod nid. 

Wenn ih nun nod ein Wort über die Hamburger Privatfamm- 
Lungen fage, fo will ih dem nur Ausdrud geben, dah id verwundert war, 
wie ftar? dte Arbeiten unferer Hamburger Maler, auh der Giingften, von 
Sammlern in den legten Jahren gekauft: worden find. Eine einzelne, die 





M. von Schwind, Meeresidpll, Aquarell, 
Bejik von frau Marianne Perl, Berlin. 


Wenn ih nun von den figuren- und Portraitmalern fprede, fo 
muß ih Carl Oderidh's Erwähnung thun, deffen allbefannte Lowenfdhladt 
eine Wand füllt. Die Dorgiige, welde der Künftler in diefer Riefentafel 
offenbart, find bekannt, fie zeigen fih aud in den ausgeftellten Portraits. 
Zu den Malern, bei welhen ih vor allem den Eindrud hatte, daß fie mit 
der Seele ihre Portraits malen, niht nur mit den Augen, gehört von den in 
in Hamburg wobhnbaften in erfter Linke Martin Rebders, der feine fähigkeit 
zur Duchgeiftigung feiner Geftalten auh zu wirfungsvollen figurenbildern 
paarartigen Charafters aber in grofen Dimenfionen verwandte. Seinen 
Arbeiten reihen fih würdig an die Portraitftudien von Adolph Behrens, der 
idh aud) in ftimmungsvollen Benrebildern mit Blüd verfuht bat, dann nenne 
ih Elifabeth Büttner und einen mad Düfjeldorf gezogenen außerordentlich 
tüchtigen Rünftler, Prof. Ferdinand. Brütt. Don den übrigen Portraitmalern 
und Portraitmalerinnen find außer Anton Raulbah nicht mehr viele, bei 
deren Bildern man fagen fönnte: Deines Geiftes habe ih einen Hand 
verfpürt. s 

Shwad wie auf allen modernen Aunftausftellungen ift and bier die 
Bildhanerkunft vertreten. Nimmt man die Arbeiten der nicht in Hamburg 
wobnenden Rünftler heraus, dann fiebt man, daß diefer Zweig Ser Runft üh 


des Herrn Ernft Kaltmann, befigt ein halbes Hundert von den Arbeiten der 
Hamburger Giingften. 

Sh will zum Schluß nit verbeblen, daß im der Ausftellung reidlid 
Mittelwert vorhanden ift. Dies ift nicht zu vermeiden, wenn jedem Rünftler 
geftattet ift, bis zu feds Bemälden einzufenden, ohne daß eine Jury aus- 
fondert. Das aber wird der vorurtellsfreie Beurtheiler eingeftehen müllen, 
daß, nad diefer erften lofal-hamburgifhen Ausftellung zu fhägen, wir auf 
eine erfreulihe Entwidelung der Hamburger Runft hoffen fönnen. Die Aus- 
ftellung wird viel dazu beitragen, die Spreu von dem Weizen zu fondern. 

Rarl Anhalt. 


Anmerkung der Redaktion. Wir nehmen aud hier wieder Gelegen- 
beit darauf binzuweifen, wie fehr die vom Erfcheinen der erften Nummer der 
Deutfhen Runt an wets von Neuem betonten Beftrebungen für die Pflege 
lofal begrenzten Runftfhaffens überall an Boden gewinnen. Yur von dem 
engen Anfhluß an die genau gefannte und mit Liebe beobachtete Natur der 
heimifchen Umgebung ift für den Rünftler die Zntimität zu erwarten, die einen 
Hauptreiz des Aunftwerfes ausmadt. Nur die Pflege lokaler Eigenart durd) 
das funftliebende Publitum bildet ein ausreihendes Begengewiht gegen den 
heimathslofen, von allen Seiten wedfelnd berandrängenden Modegefhmad. 





270 


Deutfde Runft. 





Corot und die moderne Kandfchaft. 
Pon Georg Malkowshn. 


SR 
as Derhältnig des modernen Menfhen zur Yatur, wie 
OF es fih in der bildenden Kunft, befonders in der Malerei 
78 ausſpricht, iſt eines der intereſſanteſten kunſtgeſchichtlichen 
Probleme. Dem Jahrhundert Ses nüdhternen Materialis- 
mus, der alles in Medhanismen auflöfenden forfhung blieb es 
vorbehalten, aus dem einfahen Candfhafts-UAusfdnitt den poeti- 
fhen Stimmungsgebalt auszulöfen und durd Dermittelung der 
Luft- und Lichtmalerei wiederzugeben. Was man beute „plein 
air nennt, it ein halbes Jahrhundert alt, und felbft das 
Stidwort der „neuen KRunftweife erfreut fih Feines jüngeren 
Datums. Jules Breton erwähnt in feinem Bude: „la vie 
d'un artiste“ einen jett vergeffenen Parifer Maler deutfchen 
Urfprunges, Ernft Blüd. „Sein Sinnen richtete fih ftar? auf 
gewiffe große Lofalitdten von 
Ton, obne Schatten, die er 
auf alten Tapeten, in gewiffen 
»Bothifen und felbft nody bei 
Paul Deronefe bemerkt hatte. 
Aud hatte er die Wahrnehmung 
gemadt, daß auf der Straße 
die GBegenftände in  diefer 
breiten, einfahen und blonden 
Weife belichtet find, desgleihen 
wie febr diefe Beleuchtung das 
„Spiel der Werthe begünftigt, 
die dur Feinerlei läftige Zu- 
fälligfeiten zerftört werden, und 
auh wie viel Stil und Reiz 
diefe Einheit dem Charakter der 
Röpfe verleiht. Und das nannte 
Blüd als der Erfte „plein air!“ 

Paul Deronefe und die 
modernen freilidt-Maler, zwi- 
fhen ihnen öffnet fid) eine 
weite Rluft, deren Ueber- 
brüdung duch die franzöfifche 
Landfchaftsmalerei gebildet wird, 
wie fie fid im Anfange und 
in der Mitte unferes Jahr- 
hunderts entwidelt hat. Das 
vornehmfte Darftellungsobjeft 
der Malerei des FBlaflifhen 
‘Alterthums und der Ree 
naiffance war der Menfh, dem feine natürlihe Umgebung als 
folie diente. Das Streben der älteren Runft nad dem Broßen 
und Bedeutenden beeinflußte naturgemäß aud) den geringen Aus- 
feénitt aus der freien Natur, der, dekorativ behandelt und ftilifirt, 
als Hintergrund unerläßlid war. Die Verfelbftändigung der 
Landfhaft in ihrer lokalen Eigenthümlichkeit gebt von den Nieder- 
ländern aus, ohne zunädft bei den fünftlerifch ftrebenden öft- 
lihen und weftliben Yadhbarn befonderen Anklang und Nad- 
abmung 3u finden. 

Eine gefhloffene Entwidelung nimmt die Candfhaftsmalerei 
bei den Franzofen, in nicht geringem Grade urh die Dichtung 
beeinflußt. War die Naturfchilderung der Rococopoeten ver- 
[hnörkelte Dekoration für das anmuthige Marionettenfpiel der 
Götter und Yiymphen, fo predigte J. J. Rouffeau die Rüd- 
fehr zum ftillen, in den einfachften ‚Formen lebendigen Zauber 
der nächftliegenden Umgebung. St. Pierre übertrug die üh in's 
Sentimentale verflüchtende Stimmung auf den üppigen Zauber 
der Tropen, und Chateaubriand erfhloß feinen Candsleuten die 
fonnig durhglühte Farbenpradht- des Morgenlandes. 

Langfamer, unmerflicder in den Uebergängen, bier und da 
vermittelnd und auf das Alte zurüdgreifend, vollzog fic) dic Um- 
wandlung der künftlerifchen Darftellung der fogenannten todten 
Natur. Noh lange Zeit nah der franzöfifhen Revolution 


Stauffer-Bern. 





Schlummerndes Kind, Aquarell auf Holz. 


Bei von frau Marianne Perl, Berlin. 


erfhien die „biftorifhe Landfhaft als die einzig berechtigte 
malerifhe Auffaffung. Poufjin und Claude Lorrain hatten die 
ihnen befannte Natur gewiffermafen iiberhdbt, fie mit fünftlihen 
Mitteln in das Bebiet der verflärten Wirklichkeit erhoben, um fie 
ihrer Bötter und Heroen würdig zu madhen. Aus Lofalftudien 
mübfam fomponirt, baute fih eine Candfhaft auf, wie fie fein 
menfdlides Auge je gefeben. Boden und Bäume, Licht und 
Luft muften fic eine monumentale Wiedergabe gefallen laffen, 
deren plaftifche formen fih in einem gleihmäßigen, nebenfädhlid 
behandelten Farbenton verloren. Bouder, Lancret und Watteau 
vermenfclicdten die Götter, faune und Mymphen zu arkadifchen 
Prinzen, Schäfern und Schäferinnen. Dierlich verfdnittene 
Bäume und Heden rahmten den forgfam gefhorenen Rafen ein, 
und an Stelle der überhöhten 
Natur trat die verfdndrfelte 
Unnatur. 

Die franzöfifhe Revolution 
fonnte bier nur einen unmerf- 
liden Wandel fcaffen, fie gra- 
vitirte nad dem alten Rom und 
fuchte ihren fünftlerifhen An- 
fhluB in dem landfdhaftliden 
Charakter GFtaliens. Die Rui- 
nenmalerei Hubert Roberts 
fand ihren äftbetifhen Herold 
in Henri Dalenciennes, der den 
Rünftlern allen Ernftes empfehlen 
fonnte, Studien nad Homer, 
Virgil, Theofrit und Congus zu 
madhen. Jean Victor Bertin 
und Adille Micdallon arbeiteten 
nad) dem theoretifch feitgeitellten 
Schema: Jm Vordergrunde ein 
Thal, womdglid von einem 
Flüßchen durchſchlängelt, rechts 
und links couliſſenartig binein- 
ragende Hügel und im Hinter— 
grunde ein linienfhöner Höhen- 
zug, Alles in Allem noh immer 
eine woblgegliederte Theaterdefo- 
ration, Õie zur Noth über den 
Mangel der Wirflihteit fort- 
täufchte. 

Der erte Schritt zum Befferen ging feltfamer Weife von 
den Engländern Bonnington und John Tonftable aus. Bon- 
nington erfchloß im Begenfaß zu feinen Plaffizirenden Vorgängern 
die Reize des romantifhen Mittelalters und gelangte auf dem 
Umwege über venetianifhe Architekturen zu der malerifchen 
Wiedergabe der fraufen und winkeligen Straßen flandrifcher 
Städte. John Lonftable wagte es zuerft, einen Ausfohnitt der 
fhlihten Natur, wie fie fih Sem Auge eines Jeden darbietet, 
ohne ftilifirenden Zufat wiederzugeben. Das an fic uninter- 
effante Detail belebt fi, von der Luft umfchleiert, vom Lichte 
umwoben, und. tritt fo in eine eigenartige poetifhe Verklärung. 

Nod immer aber ftand die Landfchaftsmalerei unter dem 
Seiden der „Ihönen Gegend“. Luft und Licht dienten als 
perfpeftivifche Medien, die der Linienfhönheit des Umeiffes, der 
Schattenwirkung und allenfalls den Lotaltönen zu ihrem unum- 
gängliden Redt verhalfen. 

Da ermöglichte Ser wieder bhergeftellte Weltfriede und das 
fleinbiirgerlide Regiment der Orleans jenes iöyllifhe Stillleben, 
das eine intime Hingabe an die Reize der nädjftliegenden Natur 
bedingt. Den Parifer Malern, vorwiegend Söhnen von Hand- 
werfern und Kaufleuten, gingen plößlih Augen und Sinne auf 
für das landfhaftlid Schöne, das ihnen die Umgebung der 
Hauptftadt bot. Auf der Jnfel bei Croifiy, bei Bougival fanden 


Deutfhe Runft. 


271 





fie die entzüdendften Motive. Was bier der Natur an großen 
Linien und üppiger formenentfaltung abging, das erfebte fie 
durch einen fic in zarten Umriffen ausfpredenden ftillen ‚Frieden, 
den ein mildes Licht Surdsitterte und verklärte. Die ftumme 
Natur gewann für den, er fidh liebevoll in ihr Wefen vertiefte, 
im Wehen der Lüfte, in der wechfelnden Beleuchtung ein eigen- 
artig vertrautes Leben. Der lange auf Umwegen gefudhte un- 
mittelbare Anfhluß an die Natur war mit dem Augenblid 
gefunden, wo man ihn in der nädhften, in ihren bejheidenen 
Reizen leiht erfannten Umgebung fudte. 

Und fo zogen fie denn hinaus, die Jünger der neuen Runft, 
in den Wald von Fontainebleau, ohne den Ballaft der flafjifcen 
und romantifhen Tradition, und belaufhten die Natur im 
feufhen Reiz ihrer luft- und lihtumfloffenen Formen. Charles 
de Laberge malt mit liebevollem Fleiß jedes Steinhen am Wege, 
jedes Blätthen am Zweige, wie das Licht über feine Fläche 
binftreift, und führt am Holzdady eines Haufes jede Schindel in 
ihrem eigenen Lofalton aus, 
Paul Huet erfaßt den Charakter 
der Landfihaft, wie er fic) vers 
fhiedenartig inden verfdiedenen 
Jahreszeiten ausfpricht, und läßt 
jedes feiner Bilder vom Hauch 
feiner eigenen Schwermuth durd- 
wehen. Camille flers ftellt die 
Natur im feftliden Sonntags- 
fleide Sar, fauber und sierlid, wie 
eine Landfdhdne, die fid zum 
Rirhgange gepubt bat. Louis 
Cabat und Dupré geben die 
plaftifhen formen des Bodens, 
wie fie fic) binter- und ibereinan- 
der verfcteben, in ibrer feucten, 
feimfördernden Fülle wieder, 
und Théodore Rouffeau faßt 
alle diefe Beftrebungen zufam- 
men in der Darftellung jener leben- 
digen Wechſelwirkung zwiſchen 
Luft und Erde, die fih in reiz- 
vollen Licht- und Farbeneffetten 
ausfpriht und als Stimmung 
in das Empfinden des Be- 
fhauers übergeht. 

Ueber die Meifter der pay- 
sage intime, wie man die oben- 
genannten Maler bezeichnet, gebt 
Camille Corot wefentlid hinaus. 
€r ift der Poet unter den Künftlern. Er begnügt fic) nicht 
damit, der Natur nahzufhaffen, er nimmt fie empfindend in 
fidh auf, formt fie 3u einem neuen, eigenartigen Bebilde um 
und fest fo an die Stelle der einfachen Wirklichkeit eine fiinft- 
lerifd) verflarte Wabrfheinlidfeit. Camille Corot hat die ganze 
Entwidelung der franzöfifchen Candfchafts-Malerei an feiner eigenen 
Perfon erfahren. Gn den Ateliers von Midallon und Bertin 
lernte er die Detail-Malerei und die fomponirte Candfhaft ver- 
achten, auf einer Studienreife duch Gtalien ging thm der 
Sinn für die Unterordnung der Lofaltöne unter die großen 
Lichtmaffen auf, und im Walde von Fontainebleau erfehloß fih 
ihm ôer intime Reiz er nordifhen Natur, der fih im ftillen 
Wecdfelvertebr mit der Atmofphäre ausfpridt. Seine Land- 
fhaften find ideale Geftaltungen auf realiftifher Grundlage. 
Daß Bäume eriftiren, wie fie Corot malt, ift über jeden Zweifel 
erhaben, über den Namen, über das Wo und Wie läßt fidh 
ftreiten. Seine Halme und Sträuher wogen zu einer Ton- 
maffe 3ufammen, in Ser die Umriffe verfhwimmen, aber ein 
Windhaud bewegt fie, und fie leben. Seine Blätter raufchen 
und durd all feine LCandfhaften geht ein märdenhaftes Singen 
und Rlingen, das fic Surh Dermittelung des Auges beinahe 
dem ©br vernehmlih madt. Ueber dem Ganzen aber breitet 
fih ein eigenartiger, von Lidtftrablen Öurchzitterter, filbergrauer 


Stauffer Bern, 





Schlummerndes Kind, Aquarell auf Holz. 
Bei con frau M. Perl, Berlin, 


Schleier aus, hinter dem die verfhwimmenden Beftalten tanzender 
Yıympben und Elfen ein unförperlides und gerade darum wahr- 
fheinlihes Dafein führen. Was fih in ihnen zauberhaft ge- 
ftaltet, ift eben wieder die fubjeftive Stimmung, die h in 
ihrer Unfaßbarkeit fpymbolifh ausfpridt. Corot bat feine Auf- 
faffung der Natur felbft charafterifirt: „Um richtig in meine 
Landfchaften einzudringen, muß man wenigftens fo lange Geduld 
haben, bis der Nebel fih hebt. Man fommt nur nad und 
nadh hinein, aber wenn man darin it, wird man fon feine 
Freude haben. Man wirft meinen Bemälden das Vage, Un- 
beftimmte vor. Warum? Die Natur fhwebt und fhwimmt. Wir 
fhwimmen und fhweben! Das Vage ift eben die Cigenthiimlicfeit 
des Lebens!“ : 

Diefes „Unbeftimmte** madt das charafteriftifthe Merfseiden 
der Malweife Corot’s aus, auf diefes Unbeftimmte geht feiner 
Natur-Anfhauung entfpredend auc feine Tehni. Wer ein 
Bild, wie den NAymphentanz. im Lurembourg verfteben will, 

muß fi zunädft mit den Ab- 
fihten des Rünftlers befreunden. 
Baumfdlag, Bodengeftaltung 
und Staffage find ibm gleidh- 
werthige Objefte, die, Surh Luft- 
und Lichtwellen in geloderten 
Umtiffen durhfhimmernd, als 
Träger einer Stimmung erfchei- 
nen. Corot’s „flüchtige* Technif 
ift nicht das Refultat mangel- 
haften Rönnens, fondern ein be- 
wußtes Darftellungsmittel. Das 
Laub der Baume fdiebt fidh 
ibm 3u einer fein abgeftimmten 
Farbenmaffe zufammen, aus 
der bin und wieder ein vollerer 
Grundton bhervorbridt. Seine 
Stämme wurzeln nit in dem 
nährfräftigen Erdreich, fie 
[hießen mühelos aus ihm em- 
por. Es erfcheint nicht fhwer 
und laftend, fondern gelodert, 
3u immer neuem Treiben bereit. 
Der ferne Hintergrund aber 
verliert fih völlig in Luft und 
Liht, löt fih in Duft auf 
und vermittelt fo die Iyrifche 
Empfindung. Die Entwidelung 
Corot's, inſoweit es ſich um die 
Staffage handelt, weit aller- 
dings auf Hafjizirende Vorbilder zurüd, nimmt aber ebenfalls 
eine Surdaus eigenartige, an Arnold Bödlin erinnernde 
Rihtung. Seine Waldgötter und -Böttinnen baben mit der 
grichifh-römifhen Mpthe nichts zu thun. Sie fteigen fhattenhaft 
aus dem Boden auf, fdweben leihtfüßig dahin und verlieren 
fih als luftige Phantafie-Bebilde in den Büfhen. Die aus dem 
Gefammtbilde hervorquellende Empfindung klingt in ihren, von 
den Bedingungen eines feften Organismus freien Gejtalten 
barmonifh aus. Sie tanzen einen Nymphenreigen, zu dem 
ihre landfhaftlihe Umgebung gewiffermaßen die mufitalifhe Be- 
gleitung liefert. 

Corot’s fünftlerifche Eigenart hat fih fpät und nad langen 
Kämpfen Bahn gebrodhen. Erft als fünfziger erhielt er eine 
Medaille erfter Rlaffe und im Jahre 1874 unterlag er im der 
Konkurrenz mit Gérôme um die Ehren - Medaille des Salons. 
Als man ihm dann als Erfat für diefe Niederlage eine eigene 
goldene Medaille mit feinem Bildnif ftiftete, fanden ihn feine 
‚Freunde bereits auf dem Rranfenbette. Raum zwei Monate 
fpäter ftarb er in feinem neunundfiebzigften Lebensjahre. Am 
Ceiche von Ville $'Avray wurde ihm ein Denfmal errichtet. 

Es it harafteriftife für die moderne Landfhafts- Malerei, 
daß fie in ihren entfernteren Wurzel - Derzweigungen auf die 
poetifhe Stimmungs-Malerei der Schule von Fontainebleau 3u- 


272 


Deutfhe Runft 








riidgebt, in der felbft der ertremfte Jmpreffionismus fein Dorbild 
findet. Die fo vielfah mifbraudten Stidworte Jdealismus und 
Naturalismus verlieren im Gebiete der Aunft ihre prinzipielle 
Bedeutung, fie laffen fih nur nod auf die Anfänge der Natur- 
Auffaffung anwenden, von denen der Maler ausgeht. Aud) 
Corot bat mit der Anfhauung, mit der Detail-Beobadtung be- 
gonnen, aber er ift zum felbftthätigen Umfchaffen des Geſchehenen 
und Beobadteten durdgedrungen. Er fomponirt nicht mofait- 
artig das Einzeljhöne, er läßt es barmonifh unter dem Ein- 
flug von Luft und Licht sufammenflieBen. Die Stimmung aber, 
die das Banze durchweht, ift diefem nicht aufgezwungen, fondern 
quillt natürlihd und überzeugend aus ihm heraus. 

Man ging über Corot's Schaffen in Franfreidh gar fhnell 


zur Tagesordnung über, und fthon Courbet war fih feines Un- 
redhts bewupt, als er bei Erwähnung des Namens Corot äußerte: 
„Ah ja! Der alte Maler mit den weißen Haaren, der feit 
dreißig Jahren diefelben Mufen in derfelben idealen Landſchaft 
tanzen läßt! Das ift ja der Hanswurft des Parnafjes!" Heute 
denft man ganz anders über den Dichter unter den Malern von 
‚Fontainebleau, man bat eben unterfheiden gelernt zwifchen 
mangelhaften Können und abjihtlihem Zurüddrängen des Yleben- 
fadliden. Wer die moderne Lufte und Lichtmalerei verfteben 
will, darf an Corot nidt voriibergehen. Corot ift der Mafftab 
für ihr ehrlihes Wollen, dem leider nicht immer die gleiche 
poetifhe Geftaltungstraft zur Verfügung fteht, um das Befehene 
mit eigenartigem Empfinden lebendig zu erfüllen. 


wos Kunftliteratur Opa 


G. Hirth. Der Stil in den bildenden Rünften und Bewerben 
aller Zeiten. E. Hirth's Runftverlag, Münden und Leipzig. 

Die Vorbereitungen zu dem ungeheueren Werke, das fhon vor längerer 
Heit angefündigt wurde, feheinen nunmehr abgefhloffen und die Lieferungen 
erfheinen in rafcher Folge. Einen ungefähren Begriff von dem Anhalt und 
dem univerfellen Charakter diefes Punfthiftorifden Bilderatlaffes befommen 
wir durch die im Umfchlag jedes Heftes abgedrudte Ueberfchrift über die in 
Ausfiht genommenen großen Serien. Diefelben umfaffen alle Stoffgebiete, 
auf welde Kunt und Gewerbe aller Zeiten und Dölfer einen Niederfchlag 
übten und berühren Alles, was durd die Hand des Bildners in weiteftem 
Sinne zum Denkmal einer in fih abgefchloffenen und fünftlerifh entwidelten 
Rulturperiode wurde. Wir heben von den Haupt-Abtheilungen hervor: Der 
fhöne Menfh in der Runft aller Zeiten. Thiere, Mythen und fFabelwelt. Die 
Pflanze; allgemeine Ornamente. Aengfere Baukunſt. Innere Dekoration. 
Wand- und Dedenmalerei. Stiderei und Weberei. Möbel, Gefäße, 
Sdhmiedearbeit, Heraldif, Sdhmud 2c. Allegorien, Benre, Schrift, Bücher- 
ornamente und die Landfhaft. Bei der Auswahl des Stoffes verfolgt 
der Herausgeber neben allgemein äfthetifhen au praktifhe Zwede und bat 
beifpielsweife die direfte Derwendung diesbezügliher Mufter für das moderne 
Runftgewerbe im Auge; ähnlih wie in dem befannten Werke „Der formen- 
fhag", follen auh hier, und zwar in einheitliher Ordnung und Reihenfolge, 
die geeigneten Vorbilder zu neuem Schaffen Anregung geben. 

Es erſcheint uns durhaus beredtigt und gegenüber der pietiftifchen ‚Fleifch- 


abtödtung unferer Tage geradezu verdienftvoll auf die Derherrlihung des 
nadten Menfchenleibes in der bildenden Runft ein befonderes Bewidht zu legen 
und die Sammlung mit dem Rapitel „Der fhöne Menjh* zu eröffnen. Die 
vorliegenden Lieferungen zeigen in ihren vorzüglihen Abbildungen, wte die 
Runft des Alterthums ie Nachbildung des unbekleideten Menfhen zu ihrem 
Ausgangs- und Anhaltspunkte nimmt und sie vollendete KAörperfhönheit 
zum Gegenftande des religiöfen Rultus, zum göttlihen Attribute und Symbol 
göttliher Eigenfhaften maht. Das Schönheitsideal ift indeflen mannigfahen 
Schwankungen unterworfen, in welden fih, wie uns die angefangene 
Publifation zeigen foll, der Beihmadstypus und die befonderen Sympathien 
jeder Zeit wiederfpiegeln. Die vorgeführte ägpptifhe Aunft mit ihrem hoh- 
entwidelten formenfinn, der indefjen nod mit der Arditeftur zufammen- 
hangend die Symmetrie betont und teine Freiheit der Bewegung geftattet, 
leitet zur belleniftifhen Periode über. Aus der Maflifhen und vorklafjifhen 
Periode find überzeugende Beifpiele für die Entwidelung des monumentalen 
Stiles und die unerreihte Größe antifer Formengebung gewählt. Don be- 
fonderem Gntereffe für den forfher dürften die zum Dergleihe zufammen- 
geftellten Abbildungen derfelben Körperteile, wie Ropf, Rumpf oder eines 
ganzen Torfos im der verfhiedenen Auffaffung und Behandlung fein. Auf 
die variirenden Darftellungen des weibliden und männliden Antlikes, ferner 
der Bewegungen und Mlienen, fowie der „befeelten Stellungen‘, gedenft der 
Derfaffer im Derlaufe der Publikation fein’Hauptaugenmerf zu richten. — Das 
fhöne Werk ift Riinftlern und Runftfreunden eindringlihft zu empfehlen. 


CLHA oc; unbekannte Bekannte. (ES 


In der Shad’fhen Galerie zu Münden, in Ser fic) uns 
markante Perfonlicfeiten wie Benelli, Feuerbah und Bödlin als 
Typen verjchiedener Richtungen neuer Runt in ihrer ganzen 
Eigenart offenbaren, fommt auh, um ein umfaffendes Bild vom 
Entwidlungsgange der Runft im 19. Jahrhundert zu geben, die 
eigentlihe romantifhe Schule in ihrem liebenswürdigften Dertreter 
zu ihrem vollen Rehte. Morik von Schwind erquidt uns 
mit fonnig beiterer Waldfrifche und dem Zauber deutfcher Sinnigfeit 
und Anmuth. Wirkt der Künftler an diefer Sammelftätte deutfchen 
Runftfhaffens auh niht in feinen Hauptwerfen, die wir auf 
der Wartburg, im Mufeum zu Weimar und im Wiener Opern- 
baufe zu fuchen haben, fo fpricht hier defür des Rünftlers ganzes 
Wefen nod immer zum Herzen der Nation in einer Reihe 
treffliher Bilder und zeigt uns den weiten Kreis von 
Empfindungen, Bedanten und Beftalten, in dem fih Schwind's 
Phantafie, doc immer einer Hauptridtung bebarrlid) folgend, 
bewegte. Es find Stoffe darunter, die dem Meifter ans Herz gewachfen 
waren; zum Theil greifen fie auf frühere Rompofitionen zurüd, 
zum Theil haben fie den Künftler verlodt, fie lediglich für fi) zu 
wiederholen. So liegt aud das Aquarell, deffen Nachbildung 
die vorliegende Nummer [hmüdt, einem Delgemälde der Shad’fhen 
Galerie „Tritonen und Yereiden* zu Grunde, Unfere Abbildung 
gtebt mit Kleinen Abweihungen in den Bewegungen der figuren 
das Motiv der Mittelgruppe wieder; das Aquarell entzüdt ebenjo 
wie das um vier figuren vermehrte, breiter fomponirte Oel- 
gemälde durch foftbaren Humor, Grazie und Ylaivetät und ift 


trog feines mythologifhen Urfprungs durhaus romantifch gewendet. 
Daß es nur in Wafferfarben gemalt ift, gereiht dem Bildchen 
eher zum Vorzuge, weil die Aquarelltehnit ebenfo wie fresto 
den Stoffen Sdhwind's wie denen aller Romantifer und 
Klafficiften nun einmal .von Haus aus mehr zufagte als die 
Oelmalerei. Die ftiliftifhe Gefinnung der romantifhen Schule 
hieB aud) Schwind in der Erfaffung feiner Stoffe der form den 
Dorzug vor der ‚farbe geben, die ihm nur Mittel war zur Er- 
böhung zeichnerifcher, linealer Schönheit, Feineswegs fünftlerifcher 
Selbftzwed; dem Charakter des Märhens und der Sage wider- 
fpridht jeder Poloriftifhe Realismus; er verträgt feine Wabr- 
ſcheinlichkeit. 

Die beiden entzückenden Kinderköpfe, die hier ebenſo wie das 
Schwind'ſche Aquarell zum erſten Male veröffentlicht ſind, hat 
der geniale, unglückliche Stauffer-Bern in Sepia auf Holz- 
teller gematt. Der mit Liebe und bei aller Schlichtheit der 
Mittel fo reizvoll und lebendig wiedergegebene fdlummernde, 
pausbädige Anabe, deffen Athemzüge man zu bören vermeint, 
wird in feiner anfprudslofen form zum Ausdrud jenes Seelen- 
friedens, der mit der Kindheit [hwindet, und fann für den, dem 
Stauffer’s jelbquälerifhes, ewig ungenügfames, unftätes Wefen 
und die Tragif feines Shidfals befannt geworden ift, tiefere 
Bedeutung gewinnen als Aeußerung ungeftillten Sebnens. 

Beide Runftwerfe befinden fic im Befit von frau’ Marianne 
Perl, Berlin, die uns in liebenswürdigfter Weife Sie Re- 
produftion geftattete. 


Deutfhe Runft. 





Eine Gefahr für den Heichenunterricht an den 
Gymnafien. 


Durd die Lehrpläne von 1892 find die Unterridtsziele fiir alle höheren 


Schulen Preußens genau beftimmt worden. Die Anforderungen in den 
Gymnafien tleinerer Stadte find mit Recht diefelben als in denen mit größerer 
Schülerfrequenz. Auch die Lehrkräfte find an erfteren Anftalten durdaus 
nicht minderwerthiger als an Schulen größerer Städte. Mur im Feidhenfad 
fheint eine Ausnahme gemadt zu werden. — Bedenken wir, daß aus den 
Gymnafien die Männer hervorgehen, welche fpäter an leitender Stelle Einfluß haben 
auf die Befammtentwidelung nit nur der Wiffenfhaft, fondern aud der Runft 
unferes deutfchen Dolfes, daß unfere ARünftler vielfah ihre Schulbildung auf 
den Bymnafien genießen, fo ift diefe Erjcheinung im Gnterefje der allgemeinen 
Runftpflege gewiß zu bedauern. — Der Bewohner der Rleinftadt fann ver- 
langen, daß fein Sohn einen ebenfolh guten Feidenunterriht genießt, als 
der Bymnaflaft größerer Städte. Dies ift zur Zeit unmöglid, da die meiften 
Gymnafien unferer Provinzialftädte nicht geprüfte Heichenlehrer befigen. Die 
Lehrer, welke die Aufgabe haben, an unfren Gymnafien duch einen 
rationellen Zeihenunterriht den Sinn für Aunft, den Sinn für das Schöne 
und Erhabene in den Herzen der Rinder zu weden und zu fördern, es find 
das in der Negel Herren, denen jegliche fünftlerifhe Ausbildung fehlt. Es 
find Elementarlehrer, welhe das Dolksjhullehrer-Seminar befuht haben und 
bier einen Zeihenunterricht genoffen, der, von feinem fahmanne ertheilt, nicht 
einmal für das Zeihnen in der Dolfefchule genügt, gefhweige denn für eine 
höhere Schule. Daß bei folhen Zuftänden die Erfolge des Feicenunterridts 
an den Gymnafien febr geringe fein miiffen, ift leicht erflarlid.  Ueberall, 
wo an Bymnaflen geprüfte Zeichenlehrer wirken, da zeigt fih ein reges 
Schaffen zum Segen der Schule und der Runftpflege. Diefer erfreuliche Auf- 
fhwung darf niht nur ein Privilegium der Bymnaflen größerer Städte fein, 
fondern muß allen höheren Schulen zu gute fommen. — 

Mit einem Schlage würde das anders, wenn alle geprüften Zeichenlehrer 
im Gehalt gleihmäßig behandelt würden! 

Das Beer macht einen Uinterfchied, ob die Zeihenlehrer 10 Jeihen- 
ftunden oder mehr in der Woche zu ertheilen haben. Die erfteren erhalten 
1500—3000 M., ðie anderen 1800—3600 M. jährlid. Rein Wunder, wenn 
fih der geprüfte Zeihenlehrer von den Anftalten fern halt, die ihm ein ge- 
tingeres Behalt zufihern. Da nun aber an allen Gymnafien, die feine 
Parallelflajjfen haben (und das find die meiften in Preußen), wöhentlih nur 
10 Heihenftunden zu ertheilen find, fo wird das Bymnaflum der Kleinftadt 
felten oder nie einen geprüften Zeichenlehrer erhalten. Somit werden 
alfo diefe Anftalten in Rüdfiht auf die fünftlerifhe Erziehung der Jugend 
hinter ihren Schweftern in größeren Städten bedeutend zurüdbleiben. Das 
3u verhindern, muß Aufgabe der Behörde und aller derer fein, die dazu bei- 
tragen Pönnen, die Hinderniffe zu befeitigen, welde einer gedeibliden Ent- 
widelung unferer höheren Schulen im Wege ftehen. — Entweder muß die 
Id Stunden-Rlaufel gänzlih fallen, oder es muß dafür geforgt werden, daß 
alle Gymnafien mindeftens 12 Zeihenftunden wöhentlih erhalten. Lekteres 
wäre fehr gut zu erreichen, wenn die Schülerzahl im fatultativen Zeichen- 
unterricht getheilt würde, jfodaß Secunda und Prima je zwei Feihenftunden 
wöchentlich erhielten. Das wäre gleichzeitig ein großer Bewinn für die Erfolge 
im fatultativen Feihenunterriht an unferen Gymnafien. R. Teste. 

Neudeutſche Innendekoration. 

Der in ſtetem Wachſen begriffenen Ueberſchwemmung des kunſtgewerblichen 

Marktes mit ausländiſchen Erzeugniſſen gegenüber ſchließt man bei uns nod 


immer die durch die Mode von geſtern geblendeten Augen. Bing, v. d. Velde 
und wie die Herren ſonſt immer heißen mögen, erſcheinen als die ſelbſtloſen 
Retter aus der Stilverknöcherung und bringen mit Unterſtützung der ſich 
international gebärdenden Preſſe in Deutſchland die Waare unter, für die ſie 
in der eigenen Heimath bei rapid wechſelnder Mode keinen rechten Abſatz mehr 
finden. Statt vom Ausland zu lernen, kaufen wir ſeine Lagerbeſtände und 
begnügen uns mit dem entſagungsvollen Stoßſeufzer: „Ja, das können wir 
eben nicht!“ 

Die Stilbildung hat man endgiltig aufgegeben und durch die Zwangs— 
erziehung zum fremdländiſchen Geſchmack erſetzt. Dabei iſt in Vergeſſenheit 
gerathen; daß die heimiſche Induſtrie nur dann leiſtungsfähig zu erhalten iſt, 
wenn ſie durch das Publikum die nöthige Unterſtützung findet. Statt der 
dSeulfchen Fnnendeforation immer von neuem vorzubalten, wie febr fie binter 
der franzöfifch-belgifhen und englifhen zurüdfteht, follte man fie durch Hervor= 
hebung muftergiltiger Leiftungen, die fie in erfledliher Anzahl aufzuweifen 
þat, ermuthigen. 

Wir bringen umftehend einige im beften Sinne moderne Zimmereinridtungen, 
die aus dem Atelier Carl Müller, Hofdelorateur, Berlin, hervor- 
gegangen, in formen- und farbenzufammenklang durhaus eigenartig wirken, 
ohne importirte Marktwsare nahzuahmen, die man uns als ftilbildend auf- 
zufhwaren fudt. 

Das mit Spiegel und Rleiderftinder, wie mit einigen orientalifden 
Deforationsgegenftinden einfah vornehm ausgeftattete Dorzimmer zeichnet 
fih durch feine lichte Farbenftimmung aus. Das weiß ladirte Holz der 
Möbel, die fraifefarbenen, mit einem breiten, altbunten Fries unterhalb der 
lihten Dede abfhließenden Wände, der mit hellem Linoleum belegte Fußboden 
maden einen überaus beimlihen, jeden Prunt ausfhliegenden Eindrud. 

Auh in dem geräumigen, die leidige Möbelüberfüllung glüdlih ver- 
meidenden Salon bherrfht ein durchaus individueller, von Stil und Mode 
gleih weit entfernter Befhmad. Die heliotropfarbenen Wände fteigen von 
dem rothen Fußboden zu der weißen Dede auf. Die reich geftidten Lam- 
brequins der Fenfter dienen einfach fallenden Bardinen als Ueberfhlag. Den 
größeren Theil der Seitenwand nimmt ein buffetartiger Schrant aus Maha- 
gonibols ein, deffen Pilafter mit getriebenen Silberreliefs und altgold ab- 
getönten Einlagen gefhmüdt find, während die Profilitungen durd altgoldene 
Metallftreifen hervorgehoben werden. Den Auffat bildet ein für diefen Jwet 
befonders fomponirtes Landfhaftsbild von J. von Schennis, das dur 
zwei Spiegelflähen flanfirt wird. Befonders bemerfenswerth ift ein Stubl 
mit grazids gefhwungener Rüdlehne, deffen Formen, dem Robrgefledt nach— 
geahmt, fih gefdidt dem andersartigen Material anbequemen. 

Das Speifezimmer ift mit Eichenholzmöbeln ausgeftattet, die auf 
grünem Grunde polyhrome, mit leichter Dergoldung ausgeftattete Ornamente 
aufweifen. Originell wirfen vor Allem die Buffetfchränfe, über denen fih 
ein romanifher Bogen auf gewundenen Säulen jpannt. 

Gn allen diefen Einrihtungen zeigt fi ein überaus feines Stilgefübl, 
das jede Nahahmung im Einzelnen vermeidet und heterogene formen durd 
anmuthigen Linienflug und harmonische farbenftimmung zufammenzufcließen 
weiß. 6. m. 


Berlin. — Die Reihshauptftadt ftebt, foweit Fünftlerifhe Fntereffen in 
‚stage tommen, unter dem Zeichen der Eröffnung der Jabresausftellung 
am Lehrter Bahnhof. Wir möchten mit unter dem Eindrud einer 
flüchtigen Dorbefidtigung bertdhten und begnügen uns daher mit einigen 
wenigen Notizen. Da ift zunähft das von Rarl Rlimfd entworfene 
Platat zu erwähnen. Man hatte als Hauptmotiv das Selbftportrait Dürer's 


274 


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Vorzimmer, Carl Müller, Hofdekorateur, Berlin. 


in der Münchener Pinakothek gewählt. 
Betracht zieht, hat Klimſch das Seinige gethan. Das Plakat erfüllt ſeinen 
Zweck, ohne übermäßige künſtletiſche Anſprüche zu machen. Hoffentlich iſt 
das viele Gold, das auf hintergrund, Lorbeerkranz und Locken verwendet 
iſt, von guter Vorbedeutung. Beſondere Ueberraſchungen waren kaum zu 
erwarten. Daß ſich unter den 1500 zurückgewieſenen Arbeiten ein Bild von 
Walter Leiſtikow und das Modell eines vor Kurzem in einer Provinzial⸗ 
hauptſtadt enthüllten Denkmals befinden, wird den übrigen Refuſe's ein Croft 
ſein, ohne die beiden zunächſt Betroffenen übermäßig aufzuregen. Einen Clou 
der Ausftellung bilden die 28 Werke des Briiffeler Akademiedirektors van 
der Stappen. Don den anderen Gonderausftellangen find hervorzuheben die 
des Rarlsruher Landfhafters Hans v. Dolfmann, des zu früh verftorbenen 
Bildhauers Nifolaus Geiger, des Bildhauers Mar Arnfe, von dem nener- 
dings dle Stadt Berlin einen Abguß des Läufers von Marathon erworben 
bat. Die funftgewerbliden Arbeiten find niht groß an Zahl, aber nur 
erlefene, von Rünftlern gefhaffene Stüde umfaffend. So ftellt der Radirer 
Hermann Hirzel eine Auswahl der von ihm entworfenen Bold- und 
Silberfahen aus. Don Chriftianfen, einem deutfhen Rünftler, der in Paris 
lebt, find Blasgemälde zu erwarten. Aus Münden gedentt die Vereinigung 
„Runft und Handwerk" unfere Ausftellung zu befihiden,; der Tifchlerftreit 
verzögerte jedoch die Herftellung der Arbeiten, fo daß fie bei Eröffnung der 
Ausftellung nod nist zur Stelle waren. 

Wenn fomit in der Ausftellung fo ziemlihd Alles beim Alten bleibt, 
feinen fih in der Atademie der Rünfte Reformen vorzubereiten, die fih 
zuerft in der Einfekung von Fadhfommiffionen und ftändigen Ausſchüſſen 
ankündigen. Nah dem vom Mlinifter erlaffenen Ausführungsbeftimmungen 
haben fie die Aufgabe, die ihnen zur Erörterung übertragenen Angelegen- 
beiten auf das Bründlichfte zu prüfen und für dte Befhlußfaffung im Plenum 
des Senats vorzubereiten. Zur Berathung allgemeiner Dinge bejtimmt find 
die Fahlommiffionen für allgemeine und Derwaltungsangelegenbeiten, für 
das Ausftellungswejen und für die Verleihung von Auszeichnungen; die 
drei anderen ftändigen Ausfhüfle werden mehr internen Angelegenheiten, 
den Wahlen, den Unterfiügungen und der Bibliothef fic) widmen. Bei der Ju- 
Jammenfegung dtefer Rommiffionen find die Mitglieder beider Senatsabtheilungen 
(bildende Rünfte und Mufif) berüdjihtigt. Die Derwaltungsbeamten der Akademie, 
Präfident und ftändiger Seftetär, gehören eo ipso allen Rommiffionen an. 
Da diefen Rommiffionen eine Art von nitiative eingeräumt ift, läßt fid 
von ihnen mande fruchtbare Anregung und energifhe Arbeit erwarten. 


Wenn man diefe Dorbedingung in 





Deutfhe Runft. 


für das neue Leben, das fih im 
Deutfhen Aunftverein zu regen be- 


ginnt, find die Ankäufe des neuen 
Dorfigenden Herrn v. Tfdhudi ha- 
rakteriftifh. Die Wahl bat folgende 


Werke getroffen: die Gemälde Weib- 


liber Ropf von W. Leibl, „Hof 
einer Brauerei" von franz Star- 
bina, „Somme von Walter 


£eiftifow, ferner die Aquarellen „Moor- 
grund“ von Ludwig Dill und „Rar- 
toffelernte" von Arthur Rampf, end- 
ih acht Dorzugsdrude nah dem Leibl- 
[hen Gemälde „In der Kirche‘. Das 
Rupferftidbildnif des Geigers Profeffors 
Dr. Joachim, weldes der Deutfihe Runft- 
verein duch Profeffor Forberg-Düffel- 
dorf þat ausführen laffen, ift vollendet 
und hat großen Beifall gefunden; es 
wird in einer noh zu beftimmenden An- 
zahl von Abdrüden zur Derloojung 
tommen. 


Münden. — Aud bier rührt man 
fid, um von Menem zu beweifen, daß 
Münden nad wie vor die Runfthaupt- 
ftadt Deutfher Lande if. Jedenfalls 
läßt fih von der Ronkurrenz des Haufes 
am Rénigsplak, das fhon am J. Mai 
für die Sommerausftellung der Sezejlion 
eröffnet wird, mit dem Blaspalaft Er» 
freulibes erwarten. Die Sezefjion ar= 
beitet mit den bewährten Mitteln: Bejhmadvolle Ausftattung, Heranziehung 
des Auslandes (Schottland, Belgien, Franfreih, Rußland, Finnland) und des 
Runftgewerbee. Auf legterem Gebiete gedentt aud der Glaspalaft Hervorragnedes 
zu bieten. Es überwiegt die Anfhanung, daß es am Plage fei, die ih dar- 
bietende Belegenheit zur Ausftellung als Dorftufe für Paris zu benugen. Hierzu 
fam nod) die Anregung Seitens des Dorfigenden der Mündyener Rünftler-Benoffen- 
[haft, nad welcher der Baufunft Belegenbeit gegeben werden foll, Ah, wenn 
aud in befcheidener Ausdehnung, fo dod in neuer, anregender Weife zu be- 
theiligen. — Es hat fih zur Löfung diefer Aufgaben ein Comité gebildet, 
weldes fid aus den Dertretern der drei Gruppen: des „Aunftgewerbe = Ver- 
eins", des „Ausfhufles für Runt im Handwerk" und der „Arditektar- 
abteilung" 3ufammenfegt. jede diefer drei Gruppen genießt vollfommene 
Ultionsfreibeit, fo daß das freie Spiel der Kräfte auch hier die beften 
Hoffnungen erwedt. 

Indeffen erwädhft den Rünftleen ein neuer Wettbewerb in dem fräftig 
aufblübenden Rünftlerinnenverein Münden. Mit dem projeftirten Neu- 
ban des in der Barerftraße tritt die Aunftfchule des Dereins in eine neue 
Phafe der Entwidelung. 1884 mit einem fond von 400 Marf und 
10 Schülerinnen begründet, ift es im erften Quartal des laufenden Jahres 
gelungen, eine Anleihe aufzubringen, die zum Abflug des Brundftüdtaufes 
genügte und einen Einzug in das neue Heim am J. Oftober d. J. in be- 
ftimmte WAusfidt ftellt. 

Dresden, — Ein neuer Mitte April eröffneter Runftfalon, der 
Emil Ridter’s Nahfolger (Inhaber H. Holft) firmirt, fheint der jüngeren 
Runft und dem modernen Aunftgewerbe feine Räume öffnen zu wollen. Neben 
Ruebl und Prell, den viel angefeindeten Difjidenten, ift der Sezefjion ein 
befonderes Rabinett gewidmet, in dem Banker und Hans Unger der erfte 
Plag gebührt. Mit Originalaquarellen, Lithographien und Radirungen find 
Mesdag, Hellen, Liihrig und Rihard Müller vertreten. Die Rupferarbeiten von 
zwei jungen Mündnern, Steinede und Lohr, beweifen, daß man nicht 
mit gebundener Marfchroute dem Befhmade der Engländer, Belgier und 
JStangzofen nahzulaufen braudt. 

Leipzig. — Soeben ift der Bericht des Direktors der Rönigliden 
Runftatademie und Runftgewerbefdule, Profeffor Dr. £. Nieper, 
über die Thatigteit der Anftalt von Oftern 1896—1898 erfhienen, Sem wir 
zu Nut und frommen ser Gntereffenten das Folgende entnehmen, um die 


Deutfhe Runft. 


275 





Art der künftlerifhen Erziehung zu illuftriren: Die Rdniglide Runftatademie 
und Runftgewerbefhule in Leipzig vermittelt die Ausbildung ihrer Schüler für 
das Befammtgebiet der zeichnenden (graphifchen) Riinfte und für fämmtlidhe 
Saher des Bud- und Runftgewerbes. Daher legt and die Leitung der 
Anftalt den Schwerpunkt zur Erreihung diefes Zieles auf das Zeichnen für 
die graphifhen Rünfte und für das Runftgewerbe. Don der Pflege der 
lebendigen Beziehung zwifchen Lehre und Praris hängt die Eriftenzberehtigung 
der Schule fowohl, als in nod erhöhterem Maße die Zukunft der Runft- 
indufttie ab. An dte Leitungen der Runftgewerbefdule ift derfelbe Maßftab 
3u legen, wie an die Leiftungen der Akademie! Dazu fommt, daß ein 
prinzipieller Unterfchied zwifhen hoher Runft und Runftgewerbe nicht eriftirt 
und daß die künftlerifhe Ausbildung an den Aunftgewerbefhulen genau 
denfelben Weg geben muß, wie an den Akademien. Einen Unterfchied zwifchen 
whober und „niederer‘ Kunft giebt es nicht — es giebt überhaupt nur Kunft, 
oder nur Handwerf. Durd Regulativ find die neneintretenden Schüler aller 
Berufsarten verpflichtet, in den erten beiden Jahren fic einerfeits an dem 
Unterrihte in darftellender Geometrie, Projektiong-, fowie arciteftonifcer 
‚Formen- und Stillehre zu betheiligen und andererfeits an den Uebungen in 
der graphifhen Technik in den Unterklaffen. Hieran fchließt fih anfteigend 
das Seidnen nad Gyps! Nad Abfolvirung diefes Unterrichts gelangen 
die Schüler znm Zeihnen nah dem lebenden Modell (Kopf, Aft, Koftim, 
Gewand). Diefe Uebungen leitet der Direktor, Dr. Nlieper, nah dem Brund- 
fake: Höhfte Ehrfurht vor der Natur und befcheidenfte Unterordnung unter 
diefelbe, wie fie uns aus den Dorbildern der größten Meifter und Flluftratoren 
bis auf unfere Tage in den mit liebevoller Sorgfalt und tedhnifcher Meifter- 
[haft gezeichneten Naturftudien voranleuhten. Mit Beginn des dritten 
Unterridtsjahres treten die Schüler nad freier Wahl in folgende Fachkurfe 
ein: Biicerornamentif, Diplom- und Plafatzeihnen, Modelliren in Wachs und 
Thon, Aquarellmalen von Stillleben, architektoniſcher Perſpektiven, Exterrieurs 
und Gnterieurs, Unterriht in der fonftruftiv malerifden Perfpeftive, land- 
fhaftlihes Staffagezeihnen, Malen auf Glas und Porzellan, Aupferftechen 
und Radiren, Holzfhneiden, Zeihnen auf Stein, photomehanifhes Derviel- 
fältigungsverfahren, Ornamentit und Dekoration, praftifches Deforationsmalen 
in Tempera- und Leimfarbe und Malen nad dem lebenden Modell. 

Der Lötus befteht aus Tages- und Abendfhülern, und betrug in den 
beiden Schuljahren Oftern 1896/98 436. Während die Tagesfchüler fi aus- 
fhliegih dem Aunftftudium widmen, wird ihnen durd ihre Theilnahme an 
den mannigfahen praftifhen Uebungen fürs Bewerbe und für die Aunftinduftrie 
in den fahllaffen Belegenheit ge- 
boten, fih mit einem Shag von 
Renntniffen und fabigfeiten firs 
Leben zu verfehen. Die Abend- 
fhüler dagegen ftehen tagsüber 
als Behilfen oder Lehrlinge in den 
Werfftatten der biefigen Hand 
werfer oder grapbifden Jnftitute, 
oder in den Offizinen der Bud- 
drndereien. 


Hanau. — Die Röniglide 
Feihenalademie, gegründet im 
Jahre 1772 auf Anregung biefiger 
Runftinduftrieller, „Aleinodienar- 
beiter, Bolöftedher und Aunftöreher", 
wie es im alten Stiftungsbrief 
beißt, zur Hebung der einheimifchen 
Juweliere und Edelmetall-Fndu- 
ftrie, ift feit dem Jahre 1889 ihrer 
urfptiingliden Beftimmung, aue= 
ſchließlich Fachſchule für dtefe Runft- 
handwerke zu ſein, zurückgegeben. 

Ein vorbereitender Kurſus 
bildet die Schüler gemeinſam im 
Freihand⸗ und Körperzeichnen aus; 
von ða ab erfolgt der Unter- 
tidt im Zeichnen, Modelliren und 
Entwerfen, je nah der Silber 
oder Goldtedhnif in gefondertem 
Lehrgange. Die Boldfchmiede, 
Cifeleure und Silberfemiede finden 


dann in den beftehenden, mit Effe und Schmelzofen verfehenen Werkftätten 
für Bijouterie und Cifelirfunft ihre legte Ausbildung. 

Außerdem giebt die Anftalt den Schülerinnen Gelegenheit, im Runft- 
fticen fowie im Mufterzeihnen und ‚Malen für funfigewerblide Tednifen fid 
auszubilden. EAS ; 

3m Juni des verfloffenen Jahres beging die Akademie zugleih mit dem 
300jährigen Jubiläum der Stadt Hanau die feier ihres .I25jährigen Be- 
ftehens, an welde fic) eine interefiante Ausftellung von ‚Schülerarbeiten. aus 
den legten 25 Jahren und eine Preisvertheilung anfhloß. Die geftellten 
Aufgaben beftanden in der Herftellung eines Brillantfhmudes in Blumen 
(Baarfhmud, Rollier, Brode und Armband), eines Feft-Pofals, eines Dedels 
für eine Sammelmappe in Goldftiderei, Entwürfen für Schmudftüde und 
einer Weinfanne. 

Die Leitung der Anftalt fteht zunähft dem Bildhauer Profeflor 
M.:Wiefe zu, während der Lehrkörper fih aus Fachleuten und Rünftlern 
zufammenfegt und duch das wechfeljeitige Intereffe fachverftändiger Mitglieder 
unterftügt wird, weldhe anläßlich der FJubelfeier von dem Vertreter der Rönigl. 
Regierung, dem Regierungsprafisenten Grafen d’Hauffonville ernannt 
wurden, um das Derhältnig der Akademie zu den Funftgewerbliden Be- 
firebungen der Stadt noch enger und lebendiger 3u geftalten. 

Die Sammlung gegenftändlier Vorbilder, wie Metallgeräthe, Schmud- 
füde, Runftftidereien und tertile Mufter, erweiterte ih dur große Ankäufe 
und Schenkungen in den legten Jahren zu einem Pleinen Mufeum. Sehr um- 
faffend ift der Beftand an Bypsabgüffen der figuralen und ornamentalen 
Plaftif, von Begenftänden der Kleinkunft, Medaillen, Münzen, Urkunden= 
fiegeln u. f. w. 

Die Befammtzahl der Schüler, welde die Anftalt im legten Shuljahre 
befuhten, betrug 245 (gegen 239 des Dorjahree), die der Schülerinnen 36 
(gegen 55 des Vorjahres). 


Köln. — Der driftlihe Runftverein der Erzdidzefe Röln 
giebt foeben feinen Berit über das Fahr 1897 (1. April 1897 bis dahin 
1898) aus. Am 28. Juli 1896 ernannte der Kardinal und Erzbifhof den 
Weibbifhof Sdhmik zum Präfidenten des Vorftandes des driftliden Runft- 
vereins und des Erzbifhöflihen Mufeums. Unverzüglid wurde eine um- 
fangreihe Wiederherftellung der fämmtlihen Ränme des Befigthumes des 
Erzbifhöflihen Diözefan-Mufeums am Domhof Ar. 8 befdhloffen, um dasfelbe 
feinem ganzen Umfange nad den Dereinszweden dienftbar mahen zu fönnen. 





Salon, Simmereinrihtung von Carl Müller, Hofdekorateur, Berlin. 


276 





Die Benutung des Gebäudes follte in Ausführung des Statutes des Erz. 
bifhöflihen Diözefan-Mufeums befteben und bdemgemäß eine permanente 
Ausftellung von driftlihen Runfterzeugniffen der Gegenwart in den früher 
von der Bürgergefellfhaft gemietheten, in letter Zeil aber unbenugten 
Räumen veranftaltet werden, während die Thomas-Rapelle für die Auf- 
bewahrung der Alterthümer, der chriftlihen Runfterzengniffe früherer Zeiten, 
weiter benugt werden follte. Die Ausftellung criftlider Runflerzeugniffe der 
Gegenwart, welde am 10. Dezember 1896 erdffnet wurde, ift dem Klerus 
eine Stätte der Anleitung bei Yleuanfhaffung von Rirhengeräthen geworden. 
Eine bedeutende Zahl von firhliden Beräthen und Utenfilien, nämlid Relde, 
Nonftranzen, figuren, Meßgewänder u. f. w., ift thatfächlih dur die mit 
dem Erzbifhöflihen Mufenm verbundene Runftausftellung verkauft worden. 
Die Ausftellung erleihtert der Geiftlidfeit und den Rirdhenvorftinden die 
ftilgerehte Ausftattung der Kirchen und fördert in bdemfelben Maße das 
Ontereffe der Riinftler und des Runfthandwerfes. Der driftlihe Runftverein 
der Erzdlözeſe 
Röln ift unter 
Leitung des Weih⸗ 
bifhofs Schmitz 
im erften Jahre 
von einer Mit- 
gliederzahl von 
593 auf 1013 ge- 
fliegen; amOdlug 
des jetzt abgelan- 
fenenjabres zäblt 
der Verein im gan- 
3en 1555 Mitglie- 
der. Auch der Be- 
fud d. Erzbifchöf- 
lihen Mufeums 
hat fi bedeutend 
gehoben; an ter 
Raffe wurden in 
runder Zahl 9000 
Tagesfarten an 
Nichtmitglieder 
verausgabt, eine 
Zahl, die in den 
Vorjahren nie- 
mals erreicht wor= 
den if. Dem 
Unwadfen des 
Dereins und der 


gefteigerten fre- 


quenz entfprad 
auh die Éin- 
nahme. Wie der ausgegebene Rehnungs-Abfhluß nadweift, war es mög- 


lich, die fammtliden duch den Umbau und nftandfezung der Bebäulid- 
feiten des Erzbifhöflihen Mufeums entftandenen Unfoften im Betrage von 
7280 Mark zu deden und nod einen Ueberfhuß von 7475 Mark zu 
erzielen. 


Crier. — Der unter dem Vorfike des Regierungspräfidenten v. Heppe 
vor einigen Jahren gegründete Runftverein bat tn diefem Winter eine 
recht rege Thätigkeit entwidelt und zur Belebung der geiftigen Intereſſen 
nicht unwefentli beigetragen. Die freundlihe Aufnahme, die ein im ver- 
gangenen Frühjahr abgebaltener. Dortrag des Mufeumsdireftors Dr. Alden- 
hoven aus Röln über „Rembrandt und Rubens" gefunden hatte, veranlafte 
den Runftverein, nad) dem Dorbilde anderer größerer Städte eine folge von 
Dortragsabenden in diefem Winter zu veranftalten. Diefe wurde durch den 
Direftor des Rölner Gewerbemufeums, Dr. v. falte, mit dem Thema 
„Ortentalifhe Teppiche in glüdlichfter form eingeleitet. 

Der zweite Dortrag, in welhem der Provinzial-Ronfervator Dr. Clemen 
3u Bonn die „Einführung Ser Bothit im Rheinlande“ behandelte, fand fdon 
Surh fein lofalhiftorijhes Rolorit und die glanzvollen Ausführungen über die 
berrlihe Liebfrauenkirhe, die Perle frühgotbifher Baukunft, einen zahlreichen 
und aufmertfamen Zubörerfreis aus allen Schichten der Bevölkerung. Der 
Anregung diefes Dortrages ift erfreuliher Weife die Bildung eines Bau- 
vereins für die Liebfrauenfirhe zu verdanken, ĉer unter dem DVorfike des 





Speifezimmer, Carl Nüller, Hofdelorateur, Berlin. 


Deutſche Runf. 





Domfapitilars Aldenkichen die innere Ansgeftaltung des fhönen Gotteshaufes 
zur Aufgabe hat. Den Schluß der Vorträge bildeten die Ausführungen 
des Dozenten der Runftgefhidte, Dr. €. Sirmenid - Riharz zu Bonn über 
die „Wandgemälde Rafaels in der Stanza della Segnatura im Vatican." 


Weimar, — Eine ganze Anzahl von Malern wohnen und wirken gegen- 
wärtig in Weimar, die, an der Heimathfcholle haftend, entweder die nähere Um- 
gebung der Stadt oder ihr eigenes engere Stammland in fünftlerifhem Bepräge 
in ihren Bildern wiederzugeben pflegen. Es liegt darin „die ftarfe Wurzel 
ihrer Araft!" — Wie Th. Hagen, von dem lekthin ausführlid berichtet 
wurde, fo haben nun aud Profeffor B. P. förfter und ein jüngerer 
Hagen-Schüler, Haafenritter, eine Reihe von Landfhaften ausgeftellt, die in 
ihren Motiven nit allzu weit ber genommen find und dod ein und diefelbe 
Gegend bei aller Anlehnung an die Natur in durchaus eigenartiger Auffaflung 
fhildern. Die meift beil gehaltenen Tafeln Förfters fprehen durd ihre feine 

Luftperfpeftive 
und die Fräftigen, 
zugleich lihtum- 
fptelten Dorder- 
gründe befonders 
an. Haafenritter’s 
im format fleine- 
ten Bilder befun- 
den bei äbnlihen 
Dorzügen dieDor- 
liebe für eine et- 
was tiefere Ton- 
lage und reidheres 
Rolorit. 

Freihert 
von Gleiden- 
Rußwurm führ- 
te wieder feine 
geliebte Heimatb, 

Bonland in 
Stanten, in feds 
großen Bildern 
vor, — alle febr 
farbig leudtend, 
dod — mit ein 
wenig leeren hell- 
blauen Schatten. 
Gleiden's groß 
angelegte Rünft- 
lernatur gefällt 
fih in ftupender 
Wudt des Vor- 
trags, wenngleih die Dereinfahung der Mittel hier beinahe zu weit getrieben 
fheint, —- ganz im Gegenfak zu der Art des bewährten Landfhafte- 
fpilderers Mar Merfer, — der bei ebenfalls fraftiger Tehni? und aller- 
dings verminderter Leuchtkraft der farbe — tiefere Töne und viele Feinheiten 
in feinen Bemälden aus Thüringen und dem weftlihen Deutfchland fehen läßt. 

Die Landfhaft feiner medlenburgifhen Heimath führte uns Bunte in 
zwei großen und einigen Fleineren fürzlid ausgeftellten Bildern vor, welche, 
in blühender Farbigfeit und großem Zuge gemalt, die früheren fehr gediegenen, 
dod grauer geftimmten Arbeiten des Riinftlers nod weit in den Schatten 
ftellen. Das febr carafteriftifhe Bildnif des Malers gab gleichzeitig der 
biefige figurenmaler Starke in einem feintönigen. und vittuos gemalten 
figenden Anteftüd mit runder Umrahmung, durdh welches der Autor fi wieder 
neuerdings als Porträtift fehr vortheilhaft einführt. Es feblt aud fonft nicht 
an diefer Spezies von Rünftlern bier, von der nur furz der bewährte Bildnif- 
maler 5. Plübr, fein talentvoller jüngerer Rollege Shumadher und der 
durd elegante Pinfelführung und treffende Charakteriftit bemerkenswerthe Maler 
Urban genannt fein mögen. 

Den kürzlid gegründeten Thüringifhen Ausftellungsverein 
bildender Rünftler anlangend, fei erwähnt, daß derfelbe im Mai eine 
Ausftellung bierfelbft, für Ende Juni eine folhe in Jena und anfdhließend 
eine weitere in Gera plant. Derfihiedene andere Städte werden für die 
Hwede des Vereins ausfihtsvoll bearbeitet, fo daß für fein Bedeihen die 
beiten Ausfihten vorhanden find. AST: 


Deutfhe Runft. 


277 









Der „Seldis"-Zeichentifch. 


Ein neuer Zeihentifch, der fo- 
eben patentirt worden ift, dürfte, für Ingenieure, 
Arcitetten, Maler und Zeichner fi gleich praftifc 
erweifen. Die Dortheile des einfad fonftruirten Ge- 
rathes find augenfällig. 

Der Zeichner ift jederzeit im Stande, in einer natür- 
lihen Stellung zu arbeiten, unabhängig von der Größe 
der Zeichnungen, oder dem Theile des Feichenbrettes, an 
weldem er zu arbeiten wünjdht. Da Tifh und Brett von 
einander getrennt find, fo fann eine beliebige Anzal 
FZeichenbretter benugt werden. Wie der Zeichner aud) ftehen 
mag, halten die beweglihen Schenkel immer den Schwer- 
punft in der Mitte der Grundflade, fodap ein Wadeln oder 
Rippen des Tifches unmöglih if. Ge ftärker der Drud ift, defto herer ge- 
fhloffen — und daher defto feftftehender — erfceint der Apparat. jedes 
Glied fließt fih von felbft. Wenn auger Gebraud, Pann das ganze Beräth 
zufammengelegt werden. Werden die S hölzernen Reile berausgezogen, fo 
fönnen die Theile derart direft an dem Heichenbrett befeftigt werden, daß fein 
Theil derfelben die Lange des Brettes überragt. Der Tifh ift nad jedem 
Winkel hin verftellbar und eignet fid daher fowohl für tehnifhes, als aud 
für Fteipand-Zeihnen. Da die Höhe beliebig zu ftellen ift, fo fann derfelbe 
für Perfonen jeder Bröße benußt werden und ift in dem niedrigften Stand, 
mit dem Brett, ein ganz vorzüglihes Screibpult. Die in einer Stabldrabt- 
Führung ftets parallel laufende Zeihenfhiene madht das Zeihnen bei fhräger 
Stellung des Zeichenbrettes bequem, da die Schiene nicht feftgebalten zu 
werden braudt. Die Schiene ift durch Löfung der rechten Schraube aud 
fhräglaufend zu benugen und wird in folgender Weife geführt: 

Der Drabt wird an der linfen Schraube der Schiene befeftigt, dann um 
die untere Rolle linfs oben weiter geführt, geht dann über die obere Rolle 
rechts oben, wird durch die rechte Schraube der Schiene gezogen und alsdann 
über die Rolle rechts unten wieder zurüdgeleitet, fo dağ alfo die Drähte ih 
oben an dem Seidenbrett freuzen. Das Drabtende wird zuletzt an derfelben 
Schraube, von der der Draht ausging, befeftigt und der Draht durch Drehen 
der Schraube gefpannt. 

Jn den Märzfigungen des Deutjchen Ingenieur, des Arditelten- und 
des Runftgewerbe-Dereins in Berlin wurde der Apparat vorgeführt und fand 
allgemeinen Beifall. Der Tifch ift zum Preife von 60 M. mit Brett und Schiene 
von Beorg Seldis, Berlin, Marfgrafenftr. 46, 3u beziehen. 


— Meifter Herfomer, dem wir Nr. 13 der „Deutfchen Runft‘ gewidmet, 
ift bekanntlich einer der bervorragendften praftifhen Vertreter der Einheit von 
Runft und Handwerk. Er kennt und übt jede Punftgewerblide Tednif. So 
bat er eine Ebrenfette für den Präfidenten der Royal Society 
of Painters in Water Co- 
lours entworfen, die im ihrer 
Derbindung von Elfenbeinfdnigke- 
rei, Edelmetall und Diamanten 
ein Mufter eigenartiger Gold- 
fhmiedearbeit darftellt. Rofetten 
halten die Kette, an der duch ein 
die Krone tragendes Mittelfchild 
vermittelt die ovale Medaille herab- 
hängt. Den Rand fhmüdt ein 
Sinnfprud, dSeffen Worte durch 
Brillanten getrennt find, wabrend 
aus dem fond eine anmuthige 
Franengeftalt, die Runft verkör- 
pernd, in Elfenbeinfchniterei her- 
vorfpringt. 


f 
eal 
7 
| 





— Eine Ausftellung der modernen Aunfttöpferei im Lidhthofe des 
Röniglihen Runftgewerbe = Mufeums wurde am Dienftag den 26. April er- 
öffnet. Die Theilnahme ift fo rege gewejen, daß faft alle in diefer Richtung 
arbeitenden Rünftler vertreten find. Die Berliner Röniglihe Porzellan- 
manufattur bringt ihre geflammten Porzellane und als befondere Neuheit 
die mit Arpftallen durchſetzten Glaſurgen. 

Die Roniglide Ropenhagener Manufaktur: Malereien unter 
der Glafur; Derwandtes bringen Bing & Bröndahl in Ropenhagen und 
die Fabrit von Roerftrand in Schweden. Metallifhe Lüftre- Blafuren in 
großer Dollendung von Clément Maffier (Golf Juan), Keller Guérin 
in £uneville, Raebler in Waeftved (Danemarf), der bereits friiber einmal im 
Runftgewerbe - Mufeum “ansgeftellt hatte, ferner die familie von Heider- 
Münden, von Meblem - Bonn, Stahl- Berlin, Zfolnay - Budapeft. 
Don den mit hödft intereffanten vielfarbigen Blafuren unter der Mitwirkung 
ausgezeidneter Künftler 
arbeitenden Käufern von 
Paris find mit fehr reihen 
Aufbauten vertreten Dal- 

parapt & Lesbros, 
Ladhenal, Miller, 
Dammonfe und Bigot. 

In weniger edlem 
Material, aber mit eigen- 
artiger Fünftlerifher Wir- 
fung meift an ältere bauer- 
lihe Techniken anfnüpfend 

arbeiten Caenger & 

Rornhas - Rarlsrube, 
Shmuz3-Baudif- Mün- 
chen und verfdiedene b ol- 
ländifche und belgifde 
Rünftler. 

Zum Dergleih beran- 
gezogen find ferner aus 
dem Beg des Wufeums 
ältere und neuere Stüde hinefifher und japanifher Herkunft, weldhe der Ans- 
gangspuntt für viele der modernen europdifden Zierweifen gewefen find. 

Da nabezu alle Ausfteller fih durch biefige Runfthandlungen vertreten 
laffen, fo ift auh der Derfauf der Stüde, bei einer Ablieferung nah Schluß 
der Ausftellung ermöglicht. 





1 Seldis Seichentifh, aufgeflappt. 


— 3m Hamburger Mufeum fiir Runft und Gewerbe, ift zur 
Heit eine größere Anzahl von Vignetten, Titelblättern und Originalentwiirfen 
des Berliner Rünftlers Hans Schulze ausgeftellt. Die glüdlihe Erfindung feiner 
Rompofitionen zeigt fi bauptfählih in der bevorzugten Verwendung ganzer 
Pflanzen und Bäume, die in harakteriftifher Stilifirung für dıs Ornament 
umgebildet find, ohne daß die urfprünglihen Feinheiten der Naturformen ver- 
3errt worden wären. 


— Ein vereinfadhtes Verfahren farbige Photograpbien berzuftellen, 
hat ein jüngerer in München lebender und geborener Photograph, Herr 
BH. Reidel, erfunden. Das eigentlihe Prinzip der Erfindung ift ein 
phyfitalifch-hemifcher Prozeß; die Farben werden entwidelt wie ein pboto- 
grapbifches Negativ, und die Neuheit des Verfahrens befteht darin, dağ es 
ermöglicht wird, die erzeugten Farben lidtedt, ©. h. dauerhaft zu madden. 
Defregger, dem eine mit diefer Erfindung bergeftellte Reproduktion eines 
feiner Bemälde vorgelegt wurde, bat fih anßerordentlih anertennend darüber 
geäußert. Es bleibt abzuwarten, ob fic) die Erfindung bei der Herftellung 
von Portraits bewährt und ob fie nicht 3u foftfpielig fein wird, um in die 
photograpbifhe Praris aufgenommen zu werden. 


278 Deutſche Runf. 





Am 17. und 18. Mai findet in Antwerpen 
ein für alle Runftfammler, Liebhaber und öffent- 
lide Mufeen bedentfames Ereigniß ftatt. Der ge- 
fammte Gnbalt des berühmten Musée Kums 
gelangt Zur Derfteigerung. Es umfaßt moderne 
und alte Gemälde aus verfchiedenen Schulen, alte 
Runftwirfereien und pradtoolle Porzellanvafen. 

Eduard Pierre Rambaut Rums, geboren zu 
Antwerpen 1811, war ein Gnduftrieller und Grof- 
faufmann, der Bemälde zu faufen und zu fammeln 
begann. 

Diefe £eidenfhaft ließ ihn zuerft nach dem 
Befis von Gemälden der nationalen belgifdhen 
Maelerfhule traten. Aber diefe Liebe für die 
belgifhen Meifter erftredte idh auf feinen der 
nad 1850 geborenen. Dann famen die franzofeu 
der vierziger, fünfziger und fehfiger Jahre an 
die Reihe, die Decamps, Delacroir, Diaz, Th. 
Ronffeau, Dupré, Troyon, fromentin, Corot, 
Meiffonier, Marilhat, Berösme, Mille. Aber aud 
die zeitgenöflifhen Berühmtheiten anderer Malere ~ 
faulen, wie fortuny, Muntacfy, Alma - Tadema, 


Boldini, Brozid, durften in Rum's Sammlung ae ven 


nit unvertreten fein. Zulest landete er bei den ivory 

alten niederländifhen Meiftern, Rembrandt, frans Booy o} BADGE 

Hals de Repfer, Terborh, Jan Steen, Cuyp, Sein 6 0Ld 

Oſtade, Brochem, Metſu, Ruysdael, van Goyen, DIAMONDS SEPARATING 


van der Delde, Hobbema, van der Meer, du 
Jardin und den großen beigifhen: Rubens, van 


the words onfke Rim. 





PRESIDENTS BADGE’ 
of the 
‘RoyAL Society op PAINTERS 
N 


WATER COLOURS 


DESIGNEDVExsCurep AY 


Dyd, Teniers und Jordaens. Diefe Bemäldefhäte Hubert Repent Rk 
waren in vier weiten Salen des mit altflandrifden : 
Tapifferien und erlefenen echten Runftmdbeln des 

18. Jahrhunderts ausgeftatteten Hotels des Beftkers Prafidentette der Ksnigl. Gefellfhajt der Wafferfarben-Maler. 


vertheilt. 

Die Befihtigung der zu verfteigernden Begen- 
fände fteht am Montag 16. Mal (frei. Die Auktion beginnt am 17. Mit- 
tags 2 Ubr. 


Preisbewerbungen und Perfönliches. 


Preisausfhreiben zur maleriſchen Ausſchmückung des Fefifnals im 
Rathhaufe su Altona. 


Es wird beabfidtigt, den Hauptfigungsfaal (Rollegienfaal) im nen- 
erbauten Rathhaufe zu Altona durch Wandgemälde Fünftlerifch auszufhmüden. 
Alle, Preugifhen und im Preußen lebenden anderen Deutfhen Rünftler 
werden eingeladen, fih an dem Wettbewerb zur Gewinnung von Entwürfen 
für die Wandgemälde zu betheiligen und ihre Arbeiten für diefen Zwed ein- 
zureichen. 
für diefe Konkurrenz werden folgende Bedingungen feſtgeſetzt: 
l. Die Ausfhmüdung erftredt ih auf: 
a) zwei an einer Langswand durd eine Chiir getrennte Bildflächen, 
. je 4,79 Meter breit und 3,55 Meter bob — 16,05 Quadratmeter, 
b) die Bildflähen von zwei Schmalwänden, etwa 5,75 Meter breit 
und 3,55 Meter hoh, wovon je ein Thürausfhnitt von 2 Meter 
Breite und 0,70 Meter Höhe abgeht — 19,02 Quadratmeter. 


2. Es ift in Ausfidt genommen, auf beiden Seiten der legterwabnten 
Bilder deforativen plaftifdhen Relieffhmud anzubringen. Dem Rünftler 
bleibt jedoh überlaffen, ftatt deffen eventuell dekorativen malerifchen 
Schmud in Vorfhlag zu bringen und auf diefe Weife die ganze Wand- 
Näde bis zu den Säulen in die malerifche Behandlung bineinzuziehen. 


5. Die Wahl des Begenftandes der Darftellungen wird den Bewerbern 
überlaffen. 


4. Die einzureihenden Entwürfe müfjen mindeftens ein Zehntel des 
Flädeninhalts der Bilder haben. 


5. Es werden für alle Bilder farbenftizzen in beliebiger Technik ge- 
fordert. Farbe, form und Gedante miiffen aus den Entwürfen Mar 
erfennbar fein. 

Die Ausdehnung des Entwurfes auf die Dekoration des ganzen 
Saales, jedoh unter Beibehaltung der vorhandenen bezw. zur Aus- 
führung beftimmten Gnnen-irditettur, werden den Bewerbern anheim⸗ 
geſtellt. 


Entworfen und ausgeführt von Hubert Herfomer. 


Bewerber, unter Beifügung eines Rofteniiberfhlags über die Aus- 
führung der Wandgemälde, fowie unter Angabe der in Dorfdlag 
gebradten Technik bis zum „I. Dezember 1898, Nadmittags 5 Uhr‘, 
an die Röniglihe Akademie der Riinfte in Berlin NW., Unter den 
Linden 38, foftenfrei einzufenden. 


. für die beften Entwürfe werden drei Preife von 4000 Mart, 2000 Mar? 


unð 1000 Mart, zufammen 7000 Mar? ausgefegt. 


. Die Entfheidung über die eingegangenen Arbeiten und die Preis- 


ertheilung erfolgt durd die Landes-Runft-Rommiffion, welder fiir diefen 
Swed drei Abgeordnete der Stadt Altona mit Stimmredt hinzu- 
treten. 2 


. Die preisgekrönten Entwürfe fönnen für den Befik des Preußifchen 


Staates in Anfprud genommen werden, jedod verbleibt den Urhebern 
das Dervtelfaltigungsredt. 
Die übrigen Entwürfe werden den Bewerbern zurüdgegeben. 
Auf Entjheidungen für Arbeit und Roften haben die Bewerber 
feinen Anfprud. 


. Eine öffentlihe Ausftellung der eingefandten Entwürfe wird in Aus- 


fiht genommen. 


. Ueber die Ausführung der Wandgemälde bleibt die Entfheidung vor- 


behalten. Es wird jedod, foweit angdngig, der von den Preisridtern 
an erfter Stelle als fiir die Ausführung gezeichnete Entwurf nah Ju- 
ftimmung der zum Preisgeriht gehörigen Vertreter der Stadt Altona 
berüdfihtigt werden. 


. Bei der Ertheilung des Auftrages kommt der dem Rünftler gezablte 


Preis auf das Befammthonorar für Ausführung der Wandgemälde 
in Unrednung. 

Eine Zeihnung von dem zur Ausfhmüdung beftimmten Raume 
nebft einem Abdrud diefes Preisausfdreibens tann bei dem Bureau 
der Ronigliden WAfademie der Riinfte in Berlin NW; Univerfitats- 
ftrafe 6, fowie bei dem Bureau des Magiftrats in Altona unent- 
geltlih in Empfang genommen werden. 


Berlin, den 15. April 1898. 


Der Minifter der geiftlihen, Unterrihts- und Medizinal-Angelegenbeiten. 


Boffe. 


— Der Berliner Ardhiteftenverein bat für den nächſtjährigen 
6. Die Entwürfe und Skizzen ſind unter genauer Angabe von Namen Schinkelpreis auf dem Gebiete des Eifenbahnbaues die Anlage eines 
und Wohnort des Urhebers, oder der etwa in Bemeinjhaft auftretenden Hauptbabnhofes für Leipzig als Aufgabe geftellt, 


Deutfde Runf. 


Bet der Preisfonkurrenz für das Dresdener Rünftlerhaus 
waren 20 Entwürfe eingegangen, cie Preife wurden wie folgt zuerfennt: 
I. Preis, 1000 M., dem Entwurf mit dem Kennwort „Endlid"; DYerfaffer: 
Hr. Arh. O. Haenel. Il. Preis, 750 M., dem Entwurf mit den Renn- 
wort ,,Cralleritrallera’; Derfaffer: Hr. Prof. Br. Seiller. III. Preis, 
500 M., dem Entwurf mit dem Rennwort „In Deo omnia“; Derfaffer: 
Hr. Ard. Heino Otto. Angekauft wurden die Entwürfe der Hrn. Lofjow 
& Diebweger und des Hrn. Doregf ad. 


— ğu dem Wetibewerb um das Berger-Denfmal bei Witten find 
47 Entwürfe eingegangen, von weldem der I. Preis von 500 M. dem Ent- 
wurf „Arbeit ift dea Bürgers Zierde" des Hrn. Paul Baumgarten in 
Iferlohn, der II. Preis von 300 M. dem Entwurf „Berger“ der Hen. 
Sdmidtmann & Klemp in Dortmund zuerkannt wurde. Die Entwürfe 
mit den Kennworten „Trumpf“, „Dem Turner Berger‘, „Dem Iteben 
Witten und „Bürgerfleiß‘‘ wurden einer befonderen Anerkennung werth gehalten. 


— Die Vetlagsbudbandlung Seemann & Comp. in Leipzig hat 
einen Wettbewerb um originale Werle graphifder Run ausgefchrieben, 
für den drei Preife in Höhe von 500, 300 und 200 M. ausgej.&t waren. 
Derlangt ‚waren originale Werke in beliebiger tehnifher Austührung (Holz- 
[hnitt, Radirung, Lithographie, die lektere aud mit mehreren Steinen). Mit 
dem erften Preis’ wurde die Radirung „Männlicher Studienkopf" von Fraulein 
Marie Stein in Paris ausgezeichnet, mit dem zweiten Preis das Shab- 
funftblatt „Männliher Studienfopf von Heinrid Wolff in Münden, 
mit dem dritten Preis das vernis mou-Blatt „Landfhaft" von Otto 
Bampert in Münden. 


— Tie Entjdridung über die zum Wettbewerb fiir das fadtifde 
Runftmufeum in Riga eingelanfenen Entwiirfe hatte folgendes Ergebniß: 
Der I. Preis fiel dem WUreiteften M. Riittner in Petersburg zu. 
Den II. Preis erhilt Regier.-Baufiihrer Carl Winter in Straßburg 
und ven HI. Preis stud. arch. Corol. fantowstfy in Riga. Dem 
Entwurf „Solne“ wurde cine lobende Anerkennung zuerkannt. 


— gm Atelier Maz Rlinger's gebt die Statue eines in überirdifhen 
Sphären fikend gedadten Beethoven ihrer Vollendung entgegen. Dec nit 
Reliefs gefhmüdte Thronjeffel, auf dem die in ernftes Hinbriiten verfuntene 
Sigur des Tonfiinfilers figt, foll in Bronze gegofjen werden. An der Lehne 
follen Cherubimldpfe aus Elfenbein fihtbar fein, deren Flügel aus bunten 
antifen Glasfliiffen gedadt find. Die Statue felbft beftebt aus griedifdem 
Marmor, das Gewand aus Onyz, ein f[hwarzer Adler aber, der dh zu dem 
Thron emporfdwingt, aus Ebenholz. 


Ein bodintereffantes Selbfiportrait des Meiftere ging Fürzlih in den 
Befiß der Berliner Runfthandlung Amsler u. Ruthard über. Die geniale 
Arbeit aus sem Fahre 1894 ift cine auf braunes Papier leicht hingelegte 
Roblenzeihnung mit aufgeferten Lidtern in Gouademaleret. Die Kraft und 
Geiftige Charakter ftil dices Sptegelbildes, das den Künftler in Arbeitemüke 
mit halb gewendetem Kopfe darftellt, insbefondere der Ausdrud in den ftrengen 











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Kunst-Antiquariat. 





279 


düftren Augen hinter den Brillenaläfern übertrifft alle vorhandenen Rlinger- 
bildniffe aus der Hand anderer Künftler. 


— Tie Wandgemälde für den Palazzo Cafarelli (die deutfhe Botihafı) 
zu Rom, im welden Profefior Hermann Prell in Dresden laut Raijer- 
lihem Auftrag den Jahresmyihos der „Edda darftllt, gehen im Atelier des 
Riinftlers nad faft dreijähriger Arbeit nunmehr ihrer Vollendung entgegen. 
Das großartige Werk wird alsdann, bevor es nih Nom überführt wird, in 
einem der großen Seitenfäle der Akademifhen Runftausftellung auf einige 
Woden ausgeftellt werden. 


— Der Raifer gab dem EC dhlichtenmaler Röhling zwei eigenhändig ar- 
zeihn:te größere Skizzen von der Schlacht bei Leuthen, den Moment darftellend, 
wo der Angriff auf den Rirhhof erfolgte. Die Skizzen enthalten genaue 
biftorifhe Angaben über die betbeiligten Regimenter, Offiziere und Orte. 
Rödling madte an Ort und Stelle felbft photographifdhe Aufnahmen und 
außerdem ftehen ihm Originalpläne der Schladht aus dem Staatsarhiv zur 
Verfügung. Der Riinftler hat feine eigenen Cfiszen bereits vollendet und 
daraufhin wurde ihm vom Raifer der Auftrag für zwei Gemälde ertheilt. 


— Am 8. April ftarb nad fdwerem Leiden der Hiftorienmaler Profeifor 
Otto Rnille Am 10. September 1852 in Cenabriit geboren, erhielt er 
feine erfte Lünftlerifhe Ausbildung auf der Düffeldorfer "Afademie bii Rarl 
Sobn, Theod. Hildebrandt und W. von Shidow, bildete dh fodanm bei 
Contare in Paris weiter aus und bradte mehrere Fahre in Münden und 
Italien zu. Jm Fabre 1865 fdmiidte er das Schloß Marienburg mit Freefen, 
weldhe Szenen aus den tbüringifhen Sagen darftellen und ſchuf in der folge- 
zeit fein Oelbild, Fra Angelica malt im Klofter San Marco in Florenz. 
Stine auagefprodene Vorliebe für die romantijdhe Richtung offenbart er in 
dem von der Nationalgalerie er- 
worbenen farbenprädtigen Ge- 
mälde „Tannhäufer und Venus“. 
Im Jahre 1875 wurde der Rünft- | 
ler zum Lehrer an die Berliner 
Runftafademie berufen und fo- 
dann mit der Ausführung von 
vier deforativen Frlesgemalden 
für das Treppenhaus der Berliner 
Univerjitätsbibliotbef betrant. Auf 
Grund des umfangreihen [hwung- | 
vollen und im großen Stil cons ` | 
cipirten Werks wurde ibm auf der 
Berliner Ausftellung die goldene 
Medaille verlieben. Gm Fabre 
1877 zum Profeflor ernannt, wurde 
Rnille 1880 Senatsmitglied und 
J8S5 Dorfteber cines Meifter-At.- 
liers an der Roniglihen Akademie 
der Riinfte. 





Königliche Akademie der Künste 


zu Berlin. 


Wettbewerb 
um den Preis der von Rohr’schen 
Stiftung. für Architekten ‘im 
Jahre 1898. 


Ausführliche Programme, welche die 
Bedingungen zur Zulassung zum Wett- 
bewerbe enthalten, sowie die zugehörige 
Aufgabe können von sämmtlichen 
technischen Hochschulen Deutschlands 
und der unterzeichneten Akademie der 
Künste bezogen werden. 

Berlin, den 16. April 1898. 

Der Senat 
der Königlichen Akademie der Künste, 
Section für die bil lenden Künste, 
i. V.: 


Raschdorff. 








Fernsprecher-AmtYI 
N?214. 


€ MANDFÄCTUR 


‚@. ZıescnaCl? . 
Hof-Kunst-Weber 2 


- AN osr Maj. des Kaisers wa Köni i 
D a ictal | 


unstgercchte Repansluru Reinigung alter Gobelins 


hi BERLNS.O. 
e Bethanien-Vfer 8. 













44 
— 











Broncegiesserei 
Lauchhammer 


zu Lauchhammer. 


Bronceguss von Denkmälern 
jeder Grösse. 
Speeialität: | 


Reichhaltige Ausstol!ung und 
Verkauf von kunstgewerblichen 
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Kulturländern 


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Dom Dom zu Magdeburg. 


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Slluftrirte Heitichrift für das gefammte deutiche Kunitichaffen. 
Central-Organ deutfcher Runft: und Rünftler:Dereine. 


Alle 14 Tage erfcheint eine Nummer. 
Preis vierteljäbrlih 2.80 Mart. 
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Herausgegeben von 


Georg IBalkoluskn, 


Alle 14 Tage erfheint eine Nummer. 
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fpaltene Nonpareille-Zeile. 


Schriftleitung und Perwalfung Berlin W.57, Sfeinmeblir. 26. 





Publifationsorgan des LDentfden Runftvereins in Berlin, des Schlejifhen Runftvereins in Breslau, des Kunfivereins für dae Grofiberjogthum Hefjen in Darmftadt, des Anbaltifden Runjt- 
vereins in Deifau, des Wiirttembergijdhen Runftvereins in Stuttgart, des Schleswig - Holfteinifdhen Runftvereins in Riel, der Runftvereine in Münden, Oldenburg, Mannbeim, Nürnberg, Berc, 
Altenburg, Elberfeld, Barmen, Bielefeld, Börlik, Danzig, Rönigsberg, Stettin u. a. 





Hr. 15. 


15. Mai 1898. 





II. Jahrgang. 


Dom Dom zu Magdeburg. 
Ein Beitrag zur hriftliden Symbolik. 
Pon Bans Marfhall. 


II. 


bon den übrigen vier Portalen if namentlid die in den 
nördlihen Kreuzarm führende Paradiesthür mit großem 

Fleiße ausgeſchmückt. Jhre allem Anfcheine nach erft nad- 

traglid) angebaute Dorballe, die zum Aufenthalte der 
Erfommunizirten während des Gottesdienftes beftimmt war, ent- 
halt eine Reihe bemerfenswerther Statuen. Dorn zu beiden Seiten 
des Eingangs ftellt eine im Mittelalter febr beliebte Symbolik, 
die fid aud) am Straßburger Münfter vorfindet, die Perfonififa- 
tion der driftlichen Rice dar, eine edle, rehts vom Eintretenden 
ftehende Frau mit Krone und Keld, die der jüdifhen Synagoge 
gegenüber eine frau mit verbundenen Augen, deren Aronftab 
gebroden ift, und deren linker Hand die Bücher des alten 
Bundes entgleiten. Maher der Paradiefesthiir ftehen die fünf 
flugen und die fünf thörichten Jungfrauen, jene weinend mit 
leeren Lampen, diefe freudig lahend mit brennenden Leudten. 
Troß einiger anatomifcher und proportionaler Mängel find die 
Figuren, die ihrem Stil und ihrer Bemalung nad dem 14. Jahr- 
hundert angehören, aefhidt gearbeitet und ihre Gewdnder mit 
Gefhmad drapirt. Weitere Darftellungen des befannten Bleidy- 
nifjes (Matth. 24, 1—15), die man bereits in den Katafomben 
findet, find zu feben am Portale des Domes zu Erfurt, der 
Laurentiusfirhe zu Trier, des Münfters zu Straßburg, der Se- 
baldusfirdhe zu Nürnberg u. a. m. Jn der Bogenfüllung über 
der Thür ift eine ältere, in Sandftein zum Theil ganz erhaben 
gearbeitete Skulptur angebradt, „õie Himmelfahrt Mariae". 
Engel tragen auf einer Bahre den Leib der Jungfrau empor 
dem verflärten Sohne zu, daß er ibn wieder vereine mit der 
Seele, die als eine Fleine weibliche Geftalt mit betend zufammen- 
gelegten Händen vom Heiland gehalten wird. Unten ftehen um 
ein feuerbeden und ein Räuderfaß, das die Gebete der Heiligen 
fymbolifirt (Off. Job. 5, 8), die Apoftel, von denen durd ibre 
Attribute fenntlich gemadt find: linfs vom Anſchauer aus Petrus 
mit zwei Schlüffeln, Andreas mit Sem Kreuz, Jakobus der 
Aeltere mit einer Pilgermufchel als Mantelfpange, rechts Paulus 
mit dem Schwerte, Johannes mit einem Palmenzweig, den er nad) 
dem aus dem vierten Jahrhundert ftammenden Bude ,,Dom 
Hingang Mariae bei der Grablegung der Mutter Jefu voran- 
getragen bat, Bartholomäus mit dem Meffer und eine Geftalt, 
vielleiht Judas Thaddäus, die in der einen Hand eine Cafe, 
in der andern eine Reule trägt. Als Hauptperfon tritt aus diefer 
Gruppe nad der Mitte zu etwas vor Thomas, der Sen Gürtel 


. ihre leiblihe Auferftehung. 


der unbefledten Jungfrau in Händen hält. Der Skeptiker be- 
3weifelte nicht nur die Jungfraufbaft der Maria, fondern aud 
Da fiel vom Himmel der Gürtel der 
Jungfrau über feinen Arm und fortan glaubte er. Daher trägt 
auf unferer Darftellung Thomas den Gürtel anftatt feiner 
fonftigen Attribute, Canze oder Winlelmaf. Die auf der Nord- 
feite in das Nebenfhiff führende Thür ift nur mit den figuren 
der beiden Schußheiligen, Mauritius und Katharina, gefhmüdt, 
während die ihr auf der Siidfeite entfpredende Fleinere Thür 
überhaupt feinen figurenfhmud aufweift. 

Reih und zuweilen von hohem, ja bödften Fünftlerifchen 
Werthe ebenfo als von fulturellem Gntereffe ift die plaftifhe Aus- 
fhmüdung des Dominnern. Junädhft haben zu ihrer finnbild- 
lihen Dertiefung die Rapitelle, die in den älteren Bautheilen 
die romanifchen Uebergangsformen aufweifen, einem grüblerifchen 
Schaffenstrieb übergenug Gelegenheit gegeben, fo daß Säulen 
und Pfeiler eine üppige VBlüthenlefe von religiös deutfamen 
Bilderrathfeln und Hieroglvpben tragen. Menfchlidhe Röpfe und Be- 
ftalten und Thierfiguren reden die gebeimnifvolle Bilderfprace des 
hriftlihen Spiritualismus in einer Mannigfaltigkeit, die dafür 
fpricdt, daß jedes Rapitell einen eigenen Meifter zum mehr oder we- 
niger felbftitändigen Derfertiger gehabt babe. Es fprudelt bier der 
lebendige Springquell der Phantafie in verfhiedenartigen Bebilden, 
die fih, ohne von einem gemeinfamen Brundgedanten getragen zu 
fein, nicht zu einem zufammenhängenden, allegorifhen Bilde zu ver- 
einigen vermögen. Dort fämpfın Vögel, dort bringen phantaftifche 
Draden, als Sinnbilder des mit fic) felbft zerfallenen, gegen fih 
felbft wiithenden Reides der Finfternif, dem eigenen Leib tödtliche 
Wunden bei; dort reitet der Leibhaftige felbft, der ein Menfchen- 
haupt emporhält, auf einem monstrum informe, ingens, 
cui lumen ademptum, und bier ftreitet ein Mann wider einem 
Wolf, das Symbol der Reterei. Reineren Sinn als diefe Dar- 
ftellungen des Unbeiligen hegen zwei Rapitellgebilde, von denen 
das eine ein Bild der Verkündigung ift, das andere als Symbol 
der hriftlihen Streiter, die fidh von der Rlugheit leiten laffen, 
einen Elephanten zeigt, der auf feinem Rüden einen Thurm mit 
geharnifchten Männern trägt. Am Hauptportale fieht man unter 
dem Sturz Ser rechten Thür den Dogel Pelifan, der jhon den 
Rirdenvätern als Symbol für den Opfertod des Heilandes am 
Rreuze gegolten bat. Yad Epiphanias, Physiologus § tédtet 
némlid das Pelifanweibden feine Jungen durd feine Lieb- 


282 


fofungen; das Männden kommt dazu, reißt fi mit dem Schnabel 
die Bruft auf und läßt auf die todten Jungen fein Blut nieder- 
fließen, das fie wieder belebt. Jm Dridantes Befdeidenbeit 
S. 145 findet fic) folgende Stelle als flare, criftlic) fymbolifde 
Mosififation jenes alten naturgefhidtliden Mardens: 


„Ein vogel heizet pellicanus, 
Der ziuhet sin jurgen sus: 
Sin herzebluot er in git 
Ezzen unz er tot gelit 


Häufig, auh noh 
in Darjtellungen der 
Renaiffance und des 
Baroditils wie über 

einem Thore des 
Dresdener Refisens- 
fchlofjes, wird das 
Yleft des Pelifans 
identifizirt mit der 
Dornenfrone des Ge- 
freuzigten. Dem Pe- 
lifane im Magdebur- 
ger Dome gegenüber 
erfiheint der Pbönir 
in feinem 2efte, aus 
welhem flammen 
bervorbrecdben. Das 
Symbol, weldes mit 
dem Dogel, der aus 
feiner Aſche ſchöner 
erſtanden iſt, auf die 
Auferſtehung hin— 
weift, trägt die Ueber- 
fġrift fenix unica. 
Beide Dorftellungen 
fehren wieder als Ra- 
pitellverzierungen in 
der Erneftinifhen Ra- 
pelle des Domes; der 
Pelifan allein ift 
außerdem noch an- 
gebradt auf dem 

Epitapbium des 
Domberen Johann 
€. Bothmar, der zur 
Erbauung der nod 
ftebenden Rangel 500 
Boldgulden vermadt 
hat. — 

Endlich feben wir 
als drittes Symbol 
an der Doppelthüre 
die zweimalige Dar- 
ftellung eines Löwen, 
der drei unter ihm 
liegende Junge zu be- 
fhützen fcheint. Will 
man den Ders aus 
Dridantes  Befchei- 
Senbeit 


Der selbe Vogel gelichtet ist 
Uf den gnaedigen Krist, 

Der ouch den bittern tot leit 
Durch sinen kint, die kristenheit.“ 


Y FVN 
I 
AT 

J a s 


„Din lewen tot ir kint gebirt: 

Von des vater galme ez lebende wirt.“ 
auf diefes Gebilde beziehen, fo hatte man unter dem Löwen 
den Erlöfer zu verfteben, der die Seinen Surd fein Wort zur 
Wiedergeburt erwedt. Die drei angeführten Sinnbilder, Pelikan, 
Pbönir und Löwe, finden ih auh am Hauptportale der Lorenz- 
fiche zu Nürnberg vor. Aud an den beiden füdlihen Halb- 
pfeilern Ser vom Schiff durch ein fhmiedeeifernes Bitter getrennten 
Dorballe felbft, in die man durch das Hauptportal zunädft tritt, 
find die Rapitelle mit Bildwerfen verfehen, deren eines das 
judenthum, das andere das Heidenthum mit feinen Laftern ver- 





Der Chor des Domes zu Magdeburg. 


Photographie von Baaje und Liibed, Magdeburg, 


Deutſche Kunſt. 


ſinnbildlicht. Auf erſterem ſtehen ein Jude und eine Jüdin neben 
einer Sau, an deren Cuter ein kleinerer Iſraelit wie cin Ferkel 
ſaugt, auf letzterem erblicken wir zwei Hunde, die einen Haſen 
verfolgen (die Heiden als Chriſtenverfolger), einen Raubvogel, 
der eine Taube in den Krallen trägt (die Todtſchläger), einen 
Affen, der zur Fiedel ſingt (Sinnbild des Teufels, Verſuchers, 
oder Zauberers), und endlich als Symbol der Hurerei ein 
nacktes Frauenzimmer, welches auf einem Bocke reitet. 
Wiederholungen finden wir unter den Skulpturen des Domes 
nicht felten. So be- 
gegnen wir dem Peli- 
tan noh einmal auf 
einem Schlußfleine 
des nördlichen Seiten- 
fchiffes, der beilige 
Mauritius febrt in 
zwei Darftellungen 
binter dem Liturgie- 
oder Jobannis-Altare 
als fabnentrager in 
Alabajter gemeißelt 
und in der Apfis an 
den Pfeilern des Bi- 
fhofsganges als 
Streiter mit gezüdtem 
Schwert wieder. An 
den fünf Seiten des 
Chorſchluſſes endlich 
fteben in kleinen Ni— 
fhen nodmals die 
fiinf Flugen und die 
fünf thörichten Jung- 
frauen. Neben dem 
heiligen Mauritius 
befinden fih im Bi- 
fhofsgange nod fü- 
lid von ihm der þei- 
lige Gnnocentius, der 
Fabnentrdger in der 
thebdifden Legion 
und Ylebenpatron der 
Domfirde, nad) Nor- 
den zu auf der öftlich 
ausbudtenden ge- 
brodenen Linie einer 
Hebnedshälfte Jo- 
bannes der Täufer, 
der vor der Bruft 
das Lamm Gottes 
trägt, Petrus mit zwei 
Soliiffeln, Paulus 
mit dem Schwerte 
un Andreas, deffen 
Kreuz fait ganz feblt. 
Don Marienbildern 
find drei zu erwäh- 
nen, von denen zwei 
an den beiden Oft- 
wänden des Quer- 
fciffes, das dritte an dem Pfeiler der Kanzel ftebt. Das ältefte 
von ihnen im füdlihen Arme des Qucrfchiffes ift diesmal aud 
das befte und zudem eine mater miraculosa, d. b. eine 
wunderthatige Mutter Gottes. Sie heilte nicht nur von Gidt 
und Podagra, fondern auh von Dummheit. So befäbigte fie 
den Domfchüler Udo, dem das Lernen recht fhwer fiel, auf fein 
inftändiges Flehen, daß er bald feine Mitfchüler überflügelte und 
es bis zum Erzbifhof von Magdeburg bradte. Udo foll fih 
aber aud) Ser Gunft einer irdifhen Frau, Ser Aebtiffin des 
Rlofters Lilienthal bei Budau, erfreut haben und darum als 
Derbrecher gegen das Belübde der Reufchbeit im Chore des Domes 


— =: — ana — — 


in Gegenwart Chriſti, der Maria und der zwölf Apoſtel von 
Mauritius in einer Nacht enthauptet worden ſein. 

Der oben erwähnte Lettner, der mit fpåtgothifhen Ornamenten 
überladen ſchon Anzeichen des Verfalls enthält, iſt mit einem 
Schmuck von zwölf zwar fehlerhaften, aber für ihre Zeit immerhin 
nicht ſchlechten Figuren verſehen, die von Süden nach Norden 
gezählt nachſtehende Reihenfolge ergeben: 

l. Die heilige Dorothea, Sie einem Rinde eine Blume reicht. 
2. Der heilige Nikolaus, Biſchof von Myra, in der Hand ein 
Buch, auf dem drei 
Brode, als Lebens- 
mittel aud) Mittel 3u 
ewigem Leben und 
Saber aud) Sinnbild 
der Woblthatigheit, 
liegen. 3. Petrus 
mit zwei Schlüfjeln. 
4. Die heilige Ratha- 
tina mit Schwert und 
Rad. 5. Unbekannter 
Heiliger. 6. Maria 
mit dem Jefusfnaben. 
8. St. Beorg mit dem 
Lindwurm. 9. Die 
heilige Magdalena 
mit Ser Salbenbiidfe. 
10. Paulus mit dem 
Schwerte. Il. Ein 
Bifhof. 12. Bartho- 
lomäus mit Mejjer 
und Bud. 

Nahdem wir nod 
in der fhon erwähn- 
ten Erneftinifchen Ra- 
pelle vor dem auf 
dem Altar ftehenden, 
vergitterten Bilde des 
auferftandenen Chri- 
ftus mit Maria und 
Jobannes vermweilt 
baben, wollen wir 
uns endlid zur Ran- 
3el wenden, die von 
Chriftoph Rapuk aus 
Nordhaufen in den 
Jahren 1595 bis 1597 
aus Alabafter gear- 
beitet und an den 

zweiten nördlichen 
Pfeiler des Haupt- 
fdhiffes angebaut if. 
Troß ihrer Ueber- 
ladung, eine Jlluftra- 
tion einer niederge- 
benden Befhmads- 
tidtung, ift fie doch 


Deutfhe Runt. 





383 


Evangeliften mit ihren Attributen aufgeftellt find. Jm Lutas 
bat Ser Riinftler fic) felbft porträtirt. Die Auswahl der Thiere 
für Sie erften beiden Reliefs der Treppenwand, neben denen auf 
Poftamenten die Statuen der beiden erften Propheten des Alten 
Bundes, Jefaias und Jeremias, angebradt find, laffen fymbolifhe 
Deutungen zu. Wir fehen im Paradiefe das Einhorn, den 
Hirfh (die nad dem Heren dürftende Seele Pfalm 42,2), den 
Pfau (das Sinnbild der Unfterbligkeit), das Rind (das Symbol 
des Lebens) und das Schaf (in der criftliden Symbolit der 
Heiland). Auf der 
Darftellung des Sün- 
denfalls hingegen find 
verwandt: der Löwe 
(1. Petri 5, 8), der 
Igel, das Raninden 
(Sinnbild des To- 
des), der Affe (fiebe 
oben) und als Thiere, 
welche das Lichte 

fheuen, fröfhe und 
Eidedfen. Ueber Sem 
Scalldedel befindet 
fic) noc) ein fletnerer, 
der als Dak einer 
offenen Halle von 
fieben Raryatiden, den 
Rardinaltugenden, 

getragen wird. In 
diefer Halle figt auf 
einem Thron Gott 
Dater, auf effen 

Schoße der Leichnam 
des gekreuzigten Soh⸗ 
nes liegt; über der 
Gruppe ſchwebt der 
beilige Geit in Ge- 
ftalt der Taube. Be- 
tragen wird die ganze 
Ranzel von Paulus, 
effen Lehre von der 
Redtfertigung durd 
den Blauben das zur 
Heit der Entftehung 
der Ranzel bereits 
proteftantifhe Dom- 
ftift als fundament 
der evangelifchen 

Lehre anfab. 

Auf der hölzer- 
nen, mit fddnem 
Schnigwerkverzierten 
Ranzelthüre ift unten 
die Transfiguration, 
oben die Himmelfahrt 
Chrifti dargeftellt, ir- 
difche und bimmlifche 


ein Runftwerf von Verklärung. 

Die Kanzel im Dom ju Magdeburg. 
hohem Werthe fowobl Photographie von Baafe und Ciibed, Magdeburg. AnStelle der heuti⸗ 
in der Darſtellung der gen Domorgel, welche 


figuren als in der Gruppirung der Reliefs, die in chronologiſcher 
Folge an der Treppenwand binauf bis zur eigentliden Rangel 
den fechften Schöpfungstag, den Sündenfall, die Sintfluth und 
in vier fleineren Bildern die Derfündigung, die Anbetung der 
Engel, den zwölfjährigen Jefus im Tempel und die Taufe dar- 
ftellen. Ueber letzteren ftehen an den vier Brüftungsfeiten in der 
vorderften Nifhe Chriftus, mit der Redten fegnend und in der 
Linten die Weltfugel haltend, zu feiner Rechten fein Vorläufer, 
Johannes der Täufer, und in den Yifchen lints von ihm feine 
Vladfolger, die beiden Patrone St. Mauritius und Ratharina. 
Yieben diefen Yifchen treten Poftamente hervor, auf denen die vier 


von dem Orgelbaumeifter A. Reubfe aus Haus-Neindorf bei 
Quedlinburg in den Jahren 1856 bis 1861 ganz neu gebaut ift, 
ftand früher eine andere, die in dem Jahre 1605 für eine Pleinere, 
unzureichende als ein Meifterwer? des Orgelbauers Heinrid) Com- 
penius aus Halle aufgeftellt worden ift. Jhr barodes Bebäufe 
war als fhwahe Nahbildung der Orgel im Bralstempel darum 
merkwürdig, weil ih an ihm eine Menge bölzerner figuren, 
wie Engel, Menfchen, ein Adler, ein Hahn u. f. w., befanden, 
die während der Mufit nicht duch den Mechanismus der Orgel 
felbft, fondern von Menfdenhanden mittelft eines Diehwerfes in 
Bewegung gefekt werden fonnten, fo daß Engel und Menfden 











Fr.p) 


Eduard Oeel, Studie, 


die Köpfe verdrehten, ihre Inſtrumente an- und abfebten, Adler 
und Hahn aber mit den Flügeln fdhlugen. Das Rraben des 
Hahns, welhes das würdige finale diefes nicht eben weihevollen 


Deutifde Ranft 


Shaufpiels war, abmte der Stadtmufifus als Thierftimmen- 
imitator auf dem Hautbois-Mundftüde nah. Jm Fabre 1850 
wurde diefem Baudium des Landvolfes und der Jugend dadurd 
ein Ende gemadt, daß das Behänfe abgebroden und dafür 
ein neues, gefhmadvolleres in gothifhem Stile aufgeftellt 
wurde. 


Don den Grabdentmalen des Magdeburger Domes muß ich 
als bedeutendes Runftwerf nod erwähnen das des Erzbifhofs 
Ernft von Sacfen, ein Meifterftüd des Nürnberger Erzgießers 
Peter Difcher, der es laut der Infhrift am Fußende im Fabre 
1495 vollendet bat. Auf der Platte des Sarfophags liegt der 
Erzbifhof in vollem Ornate, überdaht vom filigranwerf einer 
Surdbrocenen, reih mit fialen, Blättern und Figuren ge- 
fhmüdten Spitfäule, deren Ende nad oben gebogen ift. An 
jeder Langsfeite des Grabmals find feds Apoftel angebract, 
an der fchmalen Ropffeite fteht Mauritius, an Ser ‚Fußfeite 
Stephanus. Als fymbolifche Gebilde haben an den vier Eden 
der Platte auf Poftamenten die Attribute der Evangelijten Auf- 
ftellung gefunden. 

Erzbifhof Ernft hatte fih, wie aus der Infchrift erfichtlich, 
diefes Grabmal fhon bei Lebzeiten feen lafjen, gewiß nit aus 
Eitelkeit, fondern um Ser Förderung der fhönen KRünfte willen 
zum Schmude des feiner Obhut anvertrauten Domes. Es war 
zu jener Heit überhaupt nicht felten, fih felbft eine pruntvolle 
Grabjtätte zu bereiten oder ein Maufoleum zu errihten. So ver- 
fertigte gerade Peter Difcher die Dentmale des Bifhofs Johann von 
Breslau, des Bifhofs Heintih von Bamberg und des Rardinals 
Albreht von Mainz zu Afchaffenburg bei Lebzeiten diefer 
Rirdenfürften. Die Budftaben und Zahlen, welde Alles, Dauer 
der Regierung und Todesjahr angaben, wurden dann nah dem 
Tode nahgetragen und verrathen diefen Umftand oft Surh Sen 
abweichenden Charakter oder dur die verfchiedene Bröße der 
Budftaben oder Zahlen. 


Wenn, wie wir gefeben haben, Surd Sie Gebilde der 
Gothif ein fo ftarfer fymboliftifher Zug gebt, Saf aud das 
fleinfte Ornament 3ur Dorftellung eines Begriffes wird, fo ent- 
fpriht er nur dem mittelalterliden Seitbewuftfein und bat als 
Aeuferung diefes feine innere Nothwendigkeit. Ergehen ſich aber 
heute wieder Nofenfreuzler und Fabulanten in tieffinnigen 
Charaden, fo ift das eine unferer Zeit fremde, franthafte Be- 
wegung, ie nur beweift, daß es den heutigen Riinftlern ebenfo- 
wenig möglich ift, ihrer Zeit die äfthetifhe Seite abzulaufhen, 
als den viel gefhmähten Rlaffizifien und Romantifern. Möchte 
fommenden Seiten die Kunft wieder das werden, was fie dem 
Mittelalter gemwefen ift, die fehönfte, dauernde Aeuferung ihres 
‚Fühlens und Denkens in einem eigenen aus äfthetifhen Bedürf- 
niffen bervorgegangenen Stile. 


Keramifche Ausftellung im Berliner Kunftgewerbe:Mufeum. 


us den Umwälzungen, die auf allen Gebieten des Runftgewerbes ftatt- 

gefunden haben, ift bis jegt die Reramif am fiegreihften hervor- 

gegangen. Das Bedürfnig nad fiinftlerifcher Umgeftaltung und Be- 
lebung führte bier zu den überrafhendften Refultaten, nahdem berufsmäßige 
Rünftler e8 unternommen, das Handswerfsmäßige der Runfttdpferet fid an- 
zueignen, um felbftthätig in die Bewegung mit einzugreifen und aus den 
verfchiedenen, zum Theil ganz aus der Mode gefommenen und brach liegenden 
Herftellungsverfabren neue Derfuhe einzuleiten. Ohne ein Anknüpfen an 
Dorbilder (hauptfählih orientalifhe) waren diefe Experimente nicht denkbar, 
aber wo tehnifhe Erfahrung und fünftlerifhe Phantafle fic) befeudteten, da 
fpielte jeder Zufall ein Rolle und es entjtanden thatfählih neue eigen- 
artige Gebilde, wie beifpielsweife die Arbeiten mit den interefjanten Rriftall- 
glafuren. 

Die verheißungsvollen Anläufe und die handgreifliden Erfolge bei diefen 
Neuerungen der Runft-Töpferei geben zu denken im Vergleih mit den relativ 
geringen Errungenfhaften anderer Zweige des modernen Runftgewerbes. Die 
Erfcheinung erklärt fih indejien aus dem Wefen der Erzeugniffe, die unter 
mancherlei Beftalt, als Teller, Schüffel, Beten, Vafe, Krug dod größtentheils 


nur als dekorative Prunkftüde, als Ziergefäße gedaht find, bei denen die 
Hweddienlidfeit febr in den Hintergrund gedrängt wird und die Phantafie 
des Herftellers in größter Umgebundenheit fhalten fann, während beifpiels- 
weife in der Möbelinduftrie ganz beftimmte, der Architektur verwandte Bejete 
vorherrfhen, wo jedes Mißverhältnig im Aufbau, jede Lebertreibung des 
fhmüdenden Beiwerfs das Auge beleidigt, fo daß alle Erfindungen des 
modernen Befhmades immer wieder auf die Ausgangsformen der Gothi? und 
Renaiffance zurüdweifen. Es ift damit fhon angedeutet, daß fidh die moderne 
Reramil, deren Bild fic reih und vollftändig in der Ausftellung des Runft- 
gewerbe-Mufeums präfentirt, etwas von dem Charakter des Runftgewerbe- 
produftes entfernt. Der JZufammenhang mit dem praftifchen Bediirfnif ift 
häufig nur angedeutet. Die unumſchränkt herrſchende fünftlerifhe Willkür ge- 
langt 3u einer beftimmten Grenze, deren Leberfóreiten (angenommenen falles) 
troß allen individuellen Riinftlerthums zu finn- und ftillofen Auswücfen 
führen würde. 

Derlei Bedenken über die eingefehlagene Richtung vermögen jedoh den 
ftarten und Impofanten Befammteindrud der Ausftellung nicht zu trüben, welche von 
allen Dertretern bedeutenderer feramifher Werkftätten im Jn- und Auslande 


Deutfde 


befhidt wurde und eine folde Fülle urfprüngliher Schöpfungsfraft aufweift, 
daß man an der Lebensfabigheit des weit veräftelten Aunftgewerbezweiges nit 
zweifeln darf, in welhem Lichte man aud die durcgreifenden Reform- 
beftrebungen betradten mag. Fn der völligen Derfhmelzung von Malerei 
und Piafi? treten ungeahnte Reize zu Tage. Die mardhenhafte Pract der 
malerifhen Erfcheinung, der ftille vornepme Glanz Ses halbdurdfihtigen 
Porzellans mit den duftig zarten Malereien unter der Glafur, das feuer 
des metallifhen, unftäten Lüfters, das Farbenfpiel in den vielfarbigen, ge 
flammten, getigerten, geäderten Blafuren im unregelmäßigen Verlauf der er- 
flarrenden, gebrannten Majfe, all’ diefe bewußten und raffinirten Zufälligkeiten 
bringen neue fünftlerifhe Begenfäge und neue Werthe hervor, die auf den un- 
befangenen Befhauer eine faschnirende Wirkung ausüben. 

Die Röniglihe Porzellanmanufaktur in Ropenbagen entfandte einige 
Roftbarfeiten, die für diefen Mafjifh-modernen Befhmad fehr bezeichnend find. 
Die zabllofen aud in Deutfhland in Umlauf befindlihen Nahahmungen geben 
nidt von ferne die Feinheiten des bemalten Porzellans aus der danifden 
Manufaktur wieder. Die Reinheit des Stils giebt ih in jedem einzelnen 
Stüd zu erkennen; von jeder Tradition losgelöft (obwohl zunädhft auf An- 


regung der Japaner) bat fic) diefe Runft, deren Hauptmerfmale die größte, 


Einfachheit in der Form und farbe bilden, zur hödften Vollendung entwidelt. 
Die Unterglafurmalerei, die mit der Porzellanmafje eine innige Derbindung ein- 
geht, fellt Ah die Aufgabe, die Natur, insbefondere die Landfchaft und die 
beimifche Thier- und Pflanzenwelt möglihft treu und naiv nadyzubilden. Dabei 
fann von einem Umarbeiten oder Stilifiren im Sinne des modernen Plakat, 
file, ohne welde viele der modernen Deforateure fi nicht zu rathen willen, 
feine Rede fein. Ge weniger, je wirffamer: in diefem Sage beruht aud) hier 
das deforative Gebeimnif. Eine gemalte Blume, ein Schmetterling, eine 
Cibelle oder ein Krebs genügen, einen Teller oder eine Tafle zu 
einem Runftwerf zu ftempeln. Die vornehmfte Ronfequenz der früheren 
Blaumalerei benugt nur wenige Töne: grün, blau und ein indifferentes grau; 
der Auftrag mit verfließenden Farben erzielt eine wundervolle Weidhheit. 
Die Bemälde feinen unter der Blafur zu jhwimmen, wie in einer Maren 
Sluth. Bei größeren Darftellungen auf umfangreihen Dafen und Urnen ift 
biewellen der Ton des Porzellans ausgefpart oder ausgefrakt, um die weiße 
farbe darzuftellen. Auf folhen Gefäßen find weiße Raninden unter einem 
Sties von Roblblättern, zwei Raben auf einer befdneiten Flur, eine Bebicgs- 
landjhaft mit bellen Wolfen dargeftellt. Bei den landfhaftlihen Dekorationen 
it die Schilderung des bewegten Waflers meifterhaft gelungen, in der Ab- 
bildung des Meeres mit den regelmäßigen dunklen Wellenfämmen und dem 
fernen blauen Woafferftreifen giebt fih die ganze Stimmung eines Yaturein- 
druds wieder, wie fie ein naturaliftifhes Tafelbild nicht überzeugender bringen 
tann. Während für die größeren bildmäßig deforirten Befäße einfache, edle 
‚Formen mit glatter Flähe gewählt wurden, fhmüdte man Fleinere Gegen- 
ftände mit plaftifhen Verzierungen: ein Mäusen, das an einer ausgezadten 
Schale emporklettert, oder ein fifh, als Flachrelief modelliert und zart bemalt, 
in feiner natürlihen Windung den Rand einer Schale bildend. Der Rönig- 
lihen Manufaktur fhließt fi die Ropenhagener firma Bing & Bröndahl in 
ihren Beftrebungen ziemlih eng an, offenbart aber in der freien Handhabe 
der Technik ein feines Derftändniß und Empfinden für die geftellten Aufgaben. 
Als Malerei erjcheinen am beadtenswertheften ein Zug fhwimmender Enten 
auf einer Dafe und das auf einer brandenden Welle auslaufende Wilinger- 
fhiff auf einem Zierteller. Die breite, umfippende Woge im Vordergrunde 
it flachreliefartig behandelt, die ftrahlenförmigen Vertiefungen erhalten urh 
feitwarts einfallendes Liht einen merkwürdigen, filbernen Glanz, der dem 
einer lidtumfpielten Wafferflähe täufhend ähnlich fieht. Bei der Bemalung 
einiger Befäße mit Blumen wird die Stilifirung mit Befhmad angewendet. 
Rleine plaftifhe Arbeiten, wie Eihhörnhen und fife, zeugen von der den 
Dänen eigenen Verehrung der Natur. 

Die f[hwedifhe Firma Rérftrand geht nod einen Schritt weiter in der 
fünftlerifhen Ausftattung ihrer Erzeugnifje. Die Farbenffala wird durd ein 
3artes Roth erweitert, die Verbindungen mit blau, violet und violetgran er- 
zielen in ihrer fparfamen Anwendung febr decente, eigenartige Wirkungen. 
Don den plaftifhen Arbeiten ift befonders ein Blumenbeden hervorzuheben. 
Auf dem einwärts gewölbten Rande, der als Welle gedaht und mit zer- 
fließendem Schaum bemalt ift, fhwimmen mufchelblafende Tritonen. Gn 
ähnliher freier Dekoration, wie fie die Franzofen zuerft bei ihren Jinn- 
arbeiten anwandten, find verjchiedene Gefäße mit Fifhen und Seethieren 
gearbeitet. Die Vorliebe der Standinavier für Alles, was mit der See zu- 
fammenhängt, deutet darauf hin, daß die Eindrüde der fie umgebenden Natur 
fih mit ihrem Empfinden verweben, aus dem heraus die fruchtbare nationale 


285 














Eduard Weel, Studie, 


Runftübung entfteht. — Als intereffante Neuerung bemerken wir die fhon 
an früherer Stelle erwähnten Däschen mit friftallifirter Glafur. Diefe Tednit, 
die übrigens von der Ropenhagener Röniglihen Manufaktur erfunden wurde 
und die fih lediglih für Meine Schmudgefäße eignet, zeigt am Rande und 
In der Mitte unregelmäßig verftreut Meine Ariftalle, etwas größer wie die des 
frifh gefallenen Schnees, mandmal aud in ftrahlenförmiger Zufammenfegung, 
wie bei Eisblumen. Die Rriftalle werden durch einen metallifhen Zufat bei hoher 
Temperatur des Scharffeuers ausgefhieden. Auch die Berliner Röniglihe Manu- 
fattur bat fid) diefes Verfahren zu Nuke gemadt und bringt einige anmuthige 
Schmudväschen diefer Art in blagelbliher und grauer Tönung, die leider im Verein 
mit größeren impofanten Prunfftüden etwas an Wirkung einbüßen. Ju den 
legteren gehören die fogenannten geflammten Befäße, bei denen man zwei 
Hauptfarben: hinefifh roth und blaugrün unterfheiden kann; diefe fließen 
nah allen Rihtungen auseinander und durcheinander, wodurd fehr intenfive 
violete Tinten entitehen. Die Bemalung wird vollftändig dem Spiel des 
Aufalles überlajfen und durch eine hemifche Reaktion auf Metalloryde während 
des Bemalens erzielt. Als Beifpiele der nod wenig befannten pate sur 
päte-Malerei find einige vergoldete Teller mit weißen Blumen auf gelbem 
und grauem Grunde ausgeftellt. Die Malerei befteht darin, daß eine weiche 
Porzellanmaffe auf das harte Porzellan mit dem Pinfel reliefartig auf, 
getragen und durch einen nadtragliden, den fogenannten Muffel - Brand mit 
der barten Maffe verfhmolzen wird. 

Unter den Arbeiten mit metallifher Lüfterglafur verdienen die zum Theil 
dem Mufeum angehörigen Steinzeuggefäße aus rothem Rupferliifter von den 
Dänen Nevftedt die eingehendfte Betrahtung und Würdigung. Die 
formen find breit und wudtig in ihrer großen Erfheinung; dem Gee 


286 


Deutfhe Runft 





brauhszwede angemeffen. Perfönliher Befhmad und tünftlerifhes fein- 
gefühl erreihen ihre hödfte Stufe in den dunklen felerlihen farbenafforden, 
bei denen die verfehiedenen Schattirtungen von Roth und Gran mit dem 
weißen Grunde des Unterglafur-Zinnfchmelzes fontraftiren. Die malerifde 
Abtönung der Farben und die ftumpfe Wirkung des Grau verleiht den Ge- 
fäßen ein ebrwiirdiges, alterthiimlides Ausfehen. Als Prunfftüde erften 
Ranges feien Teller mit plaftifh aufliegenden Fifhen und zwei Skulpturen, 
ein Adler mit vorgebeugtem Halfe (der übrigens ebenfalls als Gefäß gedacht 
ift) und ein ausfchreitender Löwe hervorgehoben. Gn der Rraft der farben- 
wirkung zeigen die fayencen von Reller und Guérin in Luneville nicht 
minder intereffante Momente. Ein Bäschen mit durdhbrodenem Hals erinnert 
in der fhwarzgelblihen Maferung an die Steinart Tigerauge, der opa- 
leszirende Glanz in dunfelrothen, weitbaudigen Schüffeln und ampelartigen 
Dasden erfcheint febr pifant und keineswegs aufdringlid, da fih das Lüfter 
nur an fharfen Ranten und Biegungen fängt. Don großer Schönheit find 
die gleihmäßig gerillten Bonbonnieren und Dafen. Das eigenartigfte Stüd 
der Abtheilung befteht in einem großen blattförmig einwärts gebogenen Beden, bet 
dem auf ftumpfgrauem Grunde im Metalllüfter fhimmernde Seethiere, See- 
fterne, Rrebfe und Mufcheln eingebrannt find. Den Arbeiten Clément 
Maffters wird man mehr Originalität als Schönhelt nahrühmen fönnen. 
Die breiten Töpfe und hoben Rannengefafe befiken reht wunderlide 
erfünftelte Formen, denen das ftarfe in allen Farben regenbogenartig 
fptelende Lüfter ein phantaftifhes Ausfehen verleiht. Weniger berechtigt er- 


fheint uns diefer violet-blaurothe Schiller bei einer flahen unregelmäßig 
umgebogenen Schale mit einem Landfhaftsbilde, das eine Bebirgspartie mit 
einem Diadufte Sarftellt. 

Die deutfhen Fabrifanten Stahl in Berlin und Mehlem in Bonn 








wetteifern mit den genannten Vertretern in der Gluth von farbe und Metall- 
glanz. Die Arbeiten der Letzteren zeichnen fid durch goldrothes Liifter auf dunfel- 
tothem Grunde von auferordentlidem feuer aus. Die familie Heider in 
Münden ftellt Fayencen in Derbindung mit plaftifhen Derzierungen, wie 
Eulenfdpfen und Eidechfen, aus. Die Dafen, meift in violetten Tönen ge- 
balten, find mit regelmäßigen Ornamenten gefhmädt, ebenfo wie die leinen 
reizvollen Gefäße von Ffolnay in fünffirhen (Ungarn), die mit einem Yleß 
goldner Strahlen und Sternhen überzogen feinen. 

Mit reihen Aufbauten und plaftiihen Steinzeugarbeiten in vielfarbigen 
Glafuren haben mehrere Franzofen die BAusftellung befhidt. Bigot, Dal- 
paprat und Lebros, Muller, Cahenal und Dammoufe. Die eben- 
falls von den Japanern erlernte Herftellung, bei der übrigens Rünftler erften 
Ranges mitwirken, gefhieht in der Weife, daß die farbigen Blafuren in den 
verfchtedenartigften Bildungen einer didflüffigen Maffe neben und übereinander- 
laufend an den Befäßen bezw. Skulpturen abträufeln, um in dem günftigen 
Momente zu erftarren. Sehr vortheilhaft unterfcheidet fh das emaillirte 
Steinzeug von anderem farbigen für Skulptur und Architektur verwendeten 
Material. Die fatten farben in geringer Rompofition wirfen im Derein 
mit der Blätte des Stoffes ungleich vornehmer als Terracotta und felbft 
Porzellan mit bunter Ueberglafurmalerei. Don der firma Muller fei ein 
Ramin mit reihem rothben und blauen Blattgewinde erwähnt, ferner die 
graziöfen Figur der 3ufammengefanerten Eva, des Enieenden arabifden 
Stiefelpugers und eine Benregruppe in blaugrauer Tönung: Die Heimkehr 
aus der Schule: Ein Pleines Rind auf den Armen der Mutter ftredt feiner 
berzutretenden mit Büchern bepadten Schwefter die Arme entgegen. Dal- 
payrat und Lebros verftehen den bildnerifhen Shmud in zwanglofe und 
origineller Weife anzuwenden. Hier fhmiegen fi Frauenleiber in ausdruds- 





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Eduard Oel, Stier mit Hunden. 














voller Bewegung an eine 
Ranne an, die allerdings 
faum nod als folde zu 
erfennen ift, dort Klettern 
zwei junge Lowen über den 
Rand eines Bedens, oder 
zwei Elephantentöpfe, mit 
ihren einwärts gebogenen 
Rüffeln die Hentel bildend, 
fließen ih zu einem Ge- 
fäß zufammen. Von Dam- 
moufe in Sevres find erd- 
farbige Porzellane und 
Steinzeugarbeiten 3u feben, 
Bigot bringt Befäße in 
ftumpfen bolzähnlihen 

farben zur Shau, Lahe- 
nal wiederum Befäße mit 
freier plaftifher Verzierung; 
drei Yligen, in Waffer zer- 
fließend, umfglingen den Hals einer grünen Dafe. Lange Sdhilfblatter bilden 
ein Ziergefäß, das fid wie ein Blumenfeld zufammenlegt. 

Auf dem Gebiete der Grdenwaare und dem Steingut mit der darakte- 
riſtiſchen Bleiglaſur find mehrere bolländifhe und englifhe Firmen und der 





Eduard 


famteit am reihften, dem die Fülle der Erfcheinungen 

zur Ceere wurde. Er fchwelgt, wo andere entbehren. 
Jn feiner ftillen Riinftlerflaufe im vierten Stod der Rurfiirften- 
frage in Berlin führt Eduard Odel ein foldes Leben. 

Don feinen Skizzen und Bildern umgeben, die Seele er- 
füllt von der Liebe für Sie Heimathnatur, ift ibm die Einfamteit 
ein willfommener Befährte. Er bat hart unter des Schidfals 
Prüfungen, SFamilienleid und Berufsbitterfeiten, gelitten. Ein 
äßender Reft ift in dem Dereinfamten 3uriidgeblieben; aber die 
Freudigkeit an feinem Wert und einiger Getreuen überdauernde 
Fsteundfhaft ift die Sonne feines Alters. 

Eduard Odel zählt zu unferen beften Thiermalern. Vor 
wenigen Jabrzebenten war er modern. Gefrdnte Haupter und 
Sinanzgrößen haben fic) beeifert, ihre Galerien mit einem Odel 
zu bereihern. Der Bejhmad Ser Gegenwart geht andere 
Bahnen. Heut ftebt Temperament und Handgelenf hod im 
Rurfe. fiir Odel find die Preife gefallen. Da er jedod immer 
nod Gemiith und Fleiß gleih hock einfhätt wie in befferen 
Jahren, jo läßt ihn die Welt mit feinem Ueberfluf an Bildern 
allein und gebt zu den Modernen faufen. Unter der Schaar 
der Maler giebt es ftets nur wenige, die ihre Hingabe der Thier- 
welt widmen. Meift wedt das Landleben diefen Sinn. So find 
Potter, Troyon, Rofa Bonheur aus dem intimen Zufammen- 
leben mit der Yatur 3u Pfydologen der Dierfüßler geworden. 
Bei dem fonfequenten Realismus der Holländer it das Objekt 
an fid der Bipfel des Gntereffes. Die foloffalen Gliedermaffen, 
das intenfive Colorit, die wudhtige Silhouette des Thieres be- 
geiftern fie in demfelben Maße zur Beftaltung, wie etwa ein 
naturaliftifher Ausschnitt der Wirklichkeit den Dramatiker, ein 
formengewaltiges Lebewefen den Bildhauer padt. Jedes Werk 
des Rünftlers wird zum Jeugen feiner Gndividualitit. So 
fommentiren die fattgeweideten, leidenfchaftslofen Heerden das 
Wefen der Yliederländer ebenfo beredt, die geiftvollen Thier- 
harakter-Typen Landfeers das Volt Shakefpeares, wie die 
ftimmungbefeelten Dierfüßler Troyons und Jaques das Empfin- 
dungsfluidum der Barbizon-Sdhule. Der deutfche Träumer liebt 
es, die mufitalifhe Note der Landfhaft in der Thierftaffage 
ausklingen zu laffen. Sonnenwittern liegt auf Rréners Hirfchen 


bei den Schäßen der eigenen Seele ift des Viel- 
erfahrenen höchfter Cebensgenuf. Der ift in der Ein- 





Eduard Heel, Studie. 





Deutfhe Rung. 287 
Miindener MalerS h mu 3- 
Baudiß vertreten. Diese 


Runt bat etwas Ubfidt- 
lies in der Nahahmung 
der primitiven ländlichen 
Töpferei, entbehrt aber 
nidt ganz eigentbiimlider 
Reize, die in den plumpen, 
oft unregelmäßig verar- 
beiteten formen und einer 
mit dem Grundton des 
Materials, meift gelb und 
braun, fein 3ufammenge- 
fimmten Bemalung be- 
ftehen. Bisweilen find aud 
ornamentale Verzierungen 
in die Maffe eingerigt. 
Endlid fei auf die 
dem Mufeum entliehenen 
JSayencen der modernen 
japanifhen Jnduftrie hingewtefen, die 3um Dergleid herzugezogen find, weil 
fie die Ausgangspunfte der europäifchen Fortfchritte bilden und die ver- 
fhiedenen nun bei uns eingebürgerten QTechnifen in großer Vollendung 
zeigen. Rarl Rrummader. 








Ofel. 


in der morgendämmernden Bebirgslandfchaft, verträumte Befhau- 
lichkeit auf den Rüben Braiths in ihren gefunden Criften. Aud 
Eduard Odel verfteht es, Natur und Thier in barmonifche Be- 
3iehung 3u feben. 

Als Sohn des fsnigliden Oefonomierath Odel ift er auf 
den Lande groß geworden. Jn Schwante im Ofthavelland ift 
er am J. Februar 1854 geboren. Er beobadtete fhon früb 
von den Höhen aus die feinen Stimmungen Ses Oderbruds. 
1847 fam er nad Berlin auf die Realfchule und malte feit 1849 
in feinen freiftunden beim Landfhaftsmaler John, 1851 wurde 
er auf Drängen feines Daters Landwirth, fam jedoch) fdon 1852 
zum fpäteren Direktor der Rönigsberger Runftafademie Profeffor 
€. Steffed. Hier blieb er bis 1857 und erhielt einen Auftrag 
des landwirthfcdaftliden Minifteriums zum Malen verfchiedener 
Rubraffen. Nebenaufträge brachten ihm bald foviel ein, daß er 
1858 nad Paris geben fonnte. Dort malte er Dormittags im 
Atelier Couture. Nachmittags ffizzirte er um Sen Montmartre 
Menfhen, Thiere und Landfchaften. Ebenfo madte er fpäter 
in der Normandie fleißig Naturaufnahmen. Der Beethoven der 
modernen Landfhaft, Dupré, war von Odels Talent fo entzüdt, 
daß er ihn auf eine Studienreife einlud. Ebenfo erbat Trovon, 
als er Odels Bilder im Salon 1859 fab, feine Reifegefellfdaft. 
gm Sommer mufte der Riinftler feine Studien unterbrechen, um 
feine Mutter nod) vor einer gefährlihen Operation zu fehen. Er 
malte in feiner Heimath das Bild „Rüde am feenteid) im 
Walde von fontainebleau“, deffen Verkleinerung mit noch drei 
anderen Bildern im Befig der Berliner Nationalgalerie if. Jm 
Herbft 1860 fiedelte er nad) Berlin über. Er verließ die Stadt 
nur auf Monate, um in der Scorfheide das Familienleben des 
Rothwildes und die feinen Stimmungen der märkifhen Land- 
[haft zu ftudiren. Blänzende Erfolge belohnten feinen Fleiß. 
Das Bild „Heimkehr im Oderbrud“ erwarb Raifer Wilhelm I., 
den , Hirfhtampf' Fürft Pleß, vier lebensgroße Jagdbilder fürft 
Lihnowsfvy und zahlreihe Werke gingen in Privatbefig über. 
Auf der Weltausftellung in Melbourne erhielt der Künftler die 
Große goldene Medaille. Mod heute wandert der Dierundfedhzig- 
jährige Surh die Mark, um fie in ihren intimen Reizen 3u be- 
laufhen. Eine märkifhe Kiefer, behauptet er, fei fhöner, als 
die edelfte Pinie Jtaliens. Er wurzelt feft in feiner Scholle, wie 
fein heimifcher Cieblingsbaum. Jarno Geffen. 


288 





Deutfhe Runft 


Die Burne: Jones-Ausftellung bei Keller und Reiner. 


achden Ser Norweger €. Mund mit feinem fomboliftifchen Firlefanz bei 

Reller und Reiner das ‚Feld geräumt hat — außer vereinzelten, talent- 

vollen Portraitf lizzen fhien diefe Sammlung Mund'fher Zeihnungen 
und farbiger £itograpbien jede ernfthafte Rritif auszufchließen — haben wir Belegen- 
heit, uns mit dem großen Prärafaeliten Burne= Jones zu befaffen. €s ift 
bedauerlid, daß wir diefen Scharf geprägten Typus eines ganzen Rünftlers, der 
in allen Stiiden fic) felber treu geblieben ift, was wir and als ein Zeichen 
feines beifpiellofen Erfolges deuten, nit in feinen fertigen Bildern, fondern 
lediglih in Studien und Skizzen würdigen fönnen. Die Beurtheilung diefer 
vorbereitenden Arbeiten dürfte für ein großes Publitum, das mit Recht immer 
ein abgefdloffenes Runftwerf verlangt und fic) nur mit dem Endziel und Er- 
gebnig der Studien zufrieden ftellen läßt, micht leicht fein. Wer ohne das 
Werf des Meifters wenigftens in großen Zügen nah Wiedergaben 3u fennen, 
mit den Erwartungen eines hoben fünftlerifhen Genuffes an die Blatter here 
antritt, der wird fih zweifellos enttäufcht fehen. Man glaubt es den Studien 
anmerken zu fönnen, daß fie nit für irgend weldhe Wirkung, überhaupt nicht 
für einen Zweiten und Dritten beredhnet find, fondern allein dem Rünftler einen 
Anhalt geben follen, um fih über die Ronzeption im Allgemeinen und über 
die Einzelheiten der form flar zu werden, ähnlih wie die Bildhauer ihre 
Heihnungen rein jahlih und konftruftiv anlegen. Unter diefen 50 Bleiftift- 
zeihnungen auf weißem oder getöntem Papier, den Notizen und Angaben 
mit Boldftift auf farbigem Grunde, den Paftellen und Aquarellen befindet 
fih faum ein Blatt, das auf den malerifhen Effekt gefehen und in der Ab- 





G. Eilers, die lidhelnde Dame von Van Dyg. 
JSriiberer Zuftand der Platte. 


fiht einer Bilderfheinung mit Efprit und Temperament gejhaffen wäre. Die 
Tonwirfung fiir die Malerei ift nur in einigen Rdthel- und Rreidezeihnungen 
zum Ausdrud gebradht. Jm Allgemeinen dürfte man die Arbeiten als 
Fundamente und Berüfte zu jenem gewaltigen Bau auffaffen, den der Rünftler 
in feiner Dollendung fo Mar vor Augen fieht, daß er es für iiberfliiffig hält, 
feine Schaffenskraft in technifchen Vorbereitungen zu erproben. Bleihwohl 
interefiren diefe Studien im höcften Grade durch die Alarheit und Ehrlichkeit 
det Ronzeption und die damit zufammenhängende Einfachheit der angewandten 
Mittel; in den mit hartem Stift geftrihelten Röpfen, den Alten, Bewegungs- 
und Bewandftudien, allenthalben offenbart fih die Stärke einer tief angelegten 
Rünftlernatur, die feinen Augenblid ins Shwanfen geräth über die vorgeftedten 
Diele und die geeigneiften Wege, die ihnen zuführen. Ueberall fühlt man 
durch, worauf es dem KRünftler anfommt, nämlih auf die elegifhe Stimmung 
in feinen zum Theil febr figurenreiden Bildern. €s ift feine Senti- 
mentalität in diefer Stimmung, eher eine erhabene, weltflühtende Melandolie, 
eine verhaltene Bangigfeit, der der Entfhluß zum Handeln fehlt. Diefe 
Köpfe bliden einen tief und durhdringend an im ihrer feinen vergeiftigten 
Schwermuth; jede grobe Sinnlichkeit ift ihnen unbefannt, felbft die Sirene mit 
ihrem zwingenden Blid hat nichts Lüfternes in ihrer Verlodung. Die toben 
Leidenfchaften find geadelt — man betradte die Studie „Furor" und „Dolor‘* 
oder den Kopf des Bavein in „Morte H'Arthur‘‘ — nirgendwo ift der Aus- 
drud bis zur Derzerrung übertrieben und dod ift das feelifhe Moment fharf 
herausgehoben, das Mienenfpiel der Befihter mit einer bewundernswertben 
Prägnanz feftgehalten. Das Padende aber in der 
Anfhauung Burne-Jones, das fih von feinen größten 
Schöpfungen bis in die unfheinbarften Studien ver- 
folgen läßt, beruht in der einheitlihen Durhbildung 
feiner dem realen Leben entrüdten Jdealgeftalten, 
die aber fleifh und Blut beigen und für den eng- 
lifhen Doltstppus ungemein bezeihnend find. Des- 
balb fönnen wir uns nidt — und vielleiht nob 
weniger die fiidliden Ddlfer — mit dem Schönheits- 
typus befreunden, deffen Charakter der Maler be- 
fonders in feinen zarten, überfchlanfen Frauengeftalten 
mit dem vorfpringenden Rinn, der leidt einwärts 
gebogenen Nafe fo meifterhaft getroffen und jeelifch 
vertieft bat. 


Etwas vom Kupferftich. 
Aus der Werfftatt des Profeffor Eilers. 


Bei der feier des einundadtzigften Geburtstages 
Adolf Menzel’s wurde dem Jubilar eine Ehren- 
gabe überreicht, welde die Föniglihe Runftverwaltung 
für ihn hatte ausführen laffen, in der Hoffnung, 
ihm damit „eine Peine Freude zu mahen“: Es war 
der erfte Aetzörud der von Prof. Eilers gefdhaffenen 
Platte nad des Meifters Bilde in der Ravené- 
Balerie „Ftiedrih der Broße auf Reifen‘. 

Menzel, ein tiefer Kenner aller grapbifden 
Runftweifen, fprad dem Meifter der Platte feine hödjfte 
Bewunderung für die vollendete Nahfhöpfung feines 
Werkes aus. „Hätten Rafael Sanzio und Midel 
Angelo foldhe Wiedergaben ihrer Werke erlebt, wie 
glüdlih wären fie gewefen.“ 

Eilers bat feine damals in den Anfangsftadien 
vorliegende Arbeit (etwa das Stadium unferer erften 
Abbildung) nunmehr vollendet; es ift, wie es in un= 
ferer zweiten Abbildung jest vorliegt, ein Werf ge- 
worden, würdig des Schöpfers des Bildes und würdig 
des Meifters der Platte. 

Es dürfte interefjant fein, an der Hand unferer 
beiden Abbildungen diefes Blattes und der beiden 
nouftande der van Dyf’fhen „lähelnden Dame“ 
aus der Galerie in Caffel, einer früheren Arbeit 


Deutfde Run ft. 


von Eilers, die wir aud bringen, der Schaffensweife des Rünftlers und 
der Technik des ARupferftihs nachzugehen. 

Immer nob ift im großen Publitum die Anfhauung fehr verbreitet, 
daß die Nahfhöpfung eines Werkes der bildenden Kunft duch einen Stid 
etwas Mechanifches, eine Kopie, fei. Diefe Anfhauung ift völlig verfehlt. 
Abgefehen davon, daß eine geiftlos ſtlaviſch ſchaffende Menſchenhand nimmer 
fähig wäre, irgend ein Bild im peinlichften Sinne treu zu fopiren, zeigen die 
medhanifden Reproduftionsarten, die auf der Photographie beruhen, wie wenig 
zulängli gerade fie für die Wiedergabe des Geiftes eines Bildwerfes find. 
Der Maler hat bei der Schöpfung feines Bildes ein Mittel zur Hand, mit 
defen völligem Ausfallen der wiedergebende Rünftler rechnen muß: es ift die 
farbe, die dur ihre Begenfäge bedingten Ausdrudsmittel. Auf jedem Bilde 
giebt es Partien, die, in einem vollfommen gleihmäßigen Tonwerth 
fhwebend, fih dodh in ein reihes Spiel von farben auflöfen, die aber nur 
duch ihre „alten und warmen Begenfäte, nicht durch die hellen und dunklen 
Rontrafte ih von einander abheben. Der nahbildende Stecher ift gezwungen, 
diefe Farbgegenfätze durch die Derfchiedenheit feiner Stridlagen und Wegungen 
zu harakterifiren. Er muß den Maler in feinen tief innerften Abfihten ver- 
ftehen ; denn er fann ihn niht kopiren, er muß ihn überjegen. 

Wodurh Eilers bei feiner Nahfhöpfung des Menzel’fhen Bildes, 
der überaus fomplizirten und zur Wiedergabe der ftofflihen Begenfäre bis 
ing Aleinfte berechneten Technik des Meifters fo vollendet gerecht werden Fonnte, 
it die von ihm angewendete Verbindung von Grabftidhel und Radirnadel. 
für die Schöpfung eines Aupferftihes wird eine duch Hämmern und Walzen 
in ihrem molekularen Gefüge möglihft gleihmäßig bhergeftellte Rupferplatte 
mit einem gegen Säuren widerftandsfabigen Harz- 
überzug, dem fogenannten Aekgrund, überzogen. 
Die Zeihnung wird nun nicht, wie beim Holzfhnitt, 
erhaben berausgearbeitet, fondern vertieft eingegraben. 
Beim Drut werden die vertieften Linien mit Shwärze 
ausgefüllt und das leicht angefeudtete Papier dann 
fo auf die Platte gequetfht, daß es fih in all diefe 
Linien bineinpreßt, jo daß im Drud nachher die ein- 
zelnen Linien eigentlid) erbaben über der Flade 
des Papiers ftehen; daher aud die große Schonung, 
die der Liebhaber feinen Blättern zu Theil werden 
läßt. Er legt ftets eine Schicht von Seidenpapier auf 
fie, damit dur den Drut in den Mappen die zarte 
Arbeit niht verlegt werde. Zum Eingraben der 
Linien in die Platte dient der Grabftihel, ein 
fantiges, fdrag angefdliffenes Stablftäbhen mit 
einem = fnopfartigen Griff, und die Radirnadeln, 
Stablnadeln von verfchiedener Starke, die in bleiftift- 
artigen Hiilfen fteden. fiir den fogenannten Linien- 
ftih, den der Rupferftecher durc vor fic) Herfthieben 
des Grabftichels mit parallelen und gefrenzten Strih- 
lagen in die Platte gräbt, wird diefe meit niht erft 
mit einem UAeggrund überzogen, fondern auf der 
blanten Metallflähe gearbeitet. Der Wegrund wird 
Bedingung, fobald die Radirnadel verwendet wird, 
mit der man frei zeichnend, etwa wie mit der Feder 
bei ‚federzeihnungen, arbeitet. Die mit dem Aeg- 
grund verfehene Platte wird mit einer Wadsfadel 
gleihmäßig angefhwärzt; nun ðurhfhneiðet der 
Radirer mit feiner Nadel beim Zeichnen den Aet- 
grund, fo daß nah Dollendung der Platte die Heidh- 
nung in dem rothen Aupferton auf der fhwarzen 
Slade erfcheint. Die Linien find nun fo bart, dag 
fie bei mehrfahem Abdruden bald in dem weihen 
Rupfer der Platte verdrüdt fein würden. Sie werden 
deshalb geäßt, d. h. die Platte wird mit Scheide- 
wafjer iibergoffen, das all’ die Stellen, die vom 
Aergrund entblößt find, alfo die Zeihnung, angreift. 
„Das Sceidewafjer ift entweder die Derzweiflung 
oder das Entzüden des Rupferftehers‘, fagt fdon 
Goethe, der fih in Leipzig eine Zeit lang viel, 
aud felbftthatig, mit der Aupferftecherei bejhäftigte. 
On der That gebört eine auf großer Erfabrung 
gegründete Urtheilsfähigfeit dazu, um zu willen, wie 
lange man in jedem einzelnen falle die Säure 





289 


wirken laffen muğ. Wenn die Aezung vollendet ift, wird der harzige 
Grund mit Terpentin von der Platte abgewafhen und der Steher nimmt 
nun in der Regel erft einen Probedrud, um das Refultat feiner Arbeit zu 
beuttheilen. €r bat es in der Hand, an der Platte nod nacber mit der 
fogenannten falten Nadel, ©. h. obne Aegung, weiter 3u radiren. Die Probe- 
drude in den jeweiligen Entwidelungsftadien der Arbeit nennt man états 
oder Zuftände. Sie find von Kennern fehr gefudt, da fie ermöglichen, dem 
Rünftler bei den leifeften Regungen feines Schaffens zu folgen. Da die weide 
Rupferplatte naturgemäß nur eine bejhränkte Anzahl von Druden hergiebt, 
ohne zu leiden, fo bat man nach einem Mittel gefudt, die Platte zu bärten, 
und hat dasfelbe in der galvanoplaftifhen Derftählung der Platte gefunden. 
Die erjten Abzüge von jeder Platte werden als Vorzugsdrude (Drude vor 
der Shrift) von den Liebhabern und Sammlern gefhätt. Man hat fogar 
von befonders koftbaren Stihen nur Dorzugsdrude abgezogen und die Platte 
dann in fo viele Theile zerfehnitten, als Drude waren. Jeder Käufer eines 
Drudes erhielt dann einen folden Theil der Platte als Garantie. 

Die beiden erats der „lädhelnden Dame" von Eilers, die wir bier 
publiziren, find typifche Beifpiele des mit Grabftideltedbnif hergeftellten Linien- 
ftihes; da hierbei jeder Strid, Ser einmal in die Platte gegraben ift, faft 
irceparabel bleibt, fo muß der Stecher natürlihd mit der größten Dorfidt vor- 
gehen. Wir fehen, wie der Riinftler fic in der erften Platte die Rontouren 
eingefdnitten und dann mit punktirten Linien die Grenzen aller Schatticungen 
in fleifh und Gewand leicht umriffen hat. Jm zweiten état hat er dann 
an der Hand diefer Umriffe mit dem Brabftihel das Bewand durhmobellirt 
In fpäteren Etats wird in derfelben vorfidtigen Weife die Platte bis zur 


6. Eilers, Die lächelnde Dame von Van Dye. 


Späterer Zuftand der Platte. 


290 


Dollendung weiter bearbeitet. Der Aetdrud des Blattes nah Menzel ift der 
Juftand, wo zum erften Male der Aekgrund von der Platte entfernt ift. 
Wir fehen, daß die Luft nod ganz ausgelaffen, die Gefidter sum großen 
Theil nod gar nidt durhmobdellirt find. Die Hauptfadhen treten nod nicht 
heraus, die Ylebenfahen drängen fih vor. Wie viel nadhber nod mit dem 
Stihel und der falten Nadel gefchehen ift, zeigt das zweite vollendete Blatt. 
Zum erften Mal wandte Eilers die Rombination von Radir- und Stichel- 
‘tedni? an, ale er bei der Nahfhöpfung der Rubens'fhen „heiligen Cäcilie" 
im Berliner Mufeum vor die Aufgabe geftellt war, die geiftreiche, fehillernde 
Technik des großen Meifters zu interpretiren. Die Aufgabe wurde ihm da- 
mals erfehwert dadurch, daß während feiner Arbeit, die fic) über die Fabre 


Deutfde Runf. 


1S90—JS9J ausdebnte, das Bild reftaurirt, fpätere häßlihe und unverftändige 
Uebermalungen entfernt wurden. Er hat darauf bin die faft fhon vollendete 
Platte nod einmal ganz überarbeitet. Das Blatt, wie es nun vorliegt, ift 
eine geradezu Maffifch zu nennende Wiedergabe des Bildes. Augenblidlich 
hat Eilers die Dorarbeiten zu einem Stih der „heiligen Naht‘ von Coreggio 
in der Dresdener Galerie unter feinen Händen. Derartige Stihe nach 
Haffifhen Bildern muß man als feine Lebensaufgabe betradten, er giebt 
bierin das hödhft Erreihbare. 


Anmerkung der Redattion. Die Frühdrude des Eilersfhen Stibes 
nad A. Menzel „Ftiedrih der Große auf Reifen“ gelangen in der Kunft- 
handlung von Amsler & Ruthardt, Berlin, Behrenftraße, zur Aushändigung. 





Die Große Berliner Kunftausftellung 1898. 
Dorbetradtungen. 


an fann über die Bedeutung der Berliner Jahresausſtellungen 
verſchiedener Anfidht fein, eins wird fid) nidt leugnen laffen, wir 
find an einem Wendepuntte angelangt zum Befferen oder — 
Schledhteren. Die fhwebenden Fragen drängen nad einer Lofiing, es fommt 
darauf an, wer fie mit größerer Energie in die Hand nimmt, die ,,Gungen" 
oder die „Alten“. —— EP 
Der ganze Habitus der diesjährigen Ausftellung zeugt von einem 
allgemein anerkannten Reformbedürfniß. Der Jury bat offenbar die Idee 
einer nationalen Eliteausftellung vorgefhmwebt, fie ift befonders ftreng vor= 
gegangen und bat etwa die Hälfte der eingefandten Runftwerfe zurüd- 
gewiefen. Die Probe auf die Berehtigung diefer Strenge läßt fid nur an 
der Hand des nad der Sichtung übrig gebliebenen Materials anftellen, und 
man wird mit wehmüthiger Freude fonftatiren dürfen, daß fih das Durd- 
f&nittsniveau ein wenig gehoben bat. Cine Eliteausftellung if nicht zu 
Stande gefommen. 





Die Jury befteht iher aus „ehrenwerthen Männern“ und wenn fie bei- 
nahe die „Worpsweder in corpore von der Schwelle der Ausftellung 
zurüdgemwiefen batten, fo find fie vermuthlih von der Ueberzeugung aus- 
gegangen, die fih mit dem Bibelworte fenngzeidnen läßt: „Was fann aus 
Worpswede Gutes fommen? Als Privatüberzeugung mag das gelten, als 
Blaubensbefenntniß einer Jury ift es nicht unbedenklih und regt zu der frage 
an, ob die genannte Rorporation im ihrer derzeitigen Sufammenfesung zu 
einem vollgiltigen Ausdrud der fünftlerifhen Zdeen unferer Feit berufen ift. 

Bei all! den Anfehtungen, denen eine Jury gewohnheitsgemäß ausgefegt 
it, muß es wunderbar erfheinen, daß noch teins ihrer Mitglieder auf den 
Gedanfen gefommen ift, zu fagen: „Wir haben dte Sade fatt, nun laft es 
einmal „die Anderen‘ verfuhen! Wer auh „die Anderen“ fein mögen, fie 
werden fid ihrer Miffion nicht entziehen fönnen und gezwungen fein, etwas 
„2inderes", hoffentlih Befferes zu Stande zu bringen. Daß die ,, Refuses 
dabei ihre Rednung finden, ift faum zu erwarten, ja, die „Anderen“ würden 











G. Eilers, Friedrich der Grofe auf Reifen, von 4. Menzel. 
früherer Zuftand der Platte. 


Deutfhe Runft. 


porausfidtlidd nod viel ftrenger vorgeben miiffen, um — eine Eliteausftellung 
3u fcaffen, die dem modernen Befhmad in erhöhtem Maße Rednung trägt. 
om Grofen und Banzen will uns bedünfen, daß die Majoritatsherrfdaft 
überhaupt auf dem Gebiete der „freien Runft nidts 3u fagen hat. Die 
Minorität muß zu Worte fommen, fobald es fih um neue Fdeen handelt. 

Die Strenge der Gury hat der Hängefommiffion augenfcheinlich die Arbeit 
erleichtert, nahdem ihr der für die Gubilaumsausftellung hergeftellte Umbau 
die Wege geebnet. Heimlihe Räume, zum Verweilen auffordernde Winkel, 
Rubepuntte fiir das bildermüde Auge find aud jert no nicht gefchaffen, aber 
die Wendung zum Befferen ift überall erkennbar. Die vornehme Leere der 
Stulpturenhalle ift dem früher regellos aufjchießenden Statuenwald unbedingt 
vorzuziehen. Man hat von der Dresdener Ausftellung gelernt, um die Bild- 
werke herum eine Art grüner Auliffe zu fchaffen, den gärtnerifhen Anlagen 
ift fogar ein etwas größerer Raum zugewiefen worden als bisher, aber die 
dichten Wände aus Fichtenzweigen, das mit faftigem Rafen umfränzte Wadfer- 
bafjin in Dresden wirkten dodh ganz anders als die fpärlihen Blattpflanzen 
und gelegentlid an den Wänden aufgehängten Rränze. Die Bruppirung der 
Bildwerfe in den langen Umgängen, die den hinteren Theil des Ausftellungs- 
gebäudes umgeben, ift ein entfhiedener fortfdritt, da fid) bier Gelegenheit zu 
zwanglofem, in fih gefhloffenem Aufbau bietet und fo der fortfall der un- 
fäglih gefhmadlofen Zwifhenwände möglih wird. Hat man fih erft einmal 
entfdloffen, das Sonderarrangement der Bildwerke ganz aufzugeben und den 
glänzenden Marmor, die matt fhimmernde Bronze mitten in die Welt der 
Farben bineinzufegen, fo wird wohl endlih das zu Stande Inmmen, was fih 
als ein dem Auge wohlthuendes Arrangement bezeichnen läßt. 

Bei Gelegenheit der vorjährigen Ansftellung erlaubten wir uns den 
unmaßgeblihen Dorfchlag, einzelnen Rünftlergruppen die Dekoration der ihnen 
überwiefenen Säle und Compartiments zu überlaffen und fo zum Wetteifer 
anzuregen. Statt deffen it man nah Schema f. mit uniformer Rorreftheit 
vorgegangen und bat im freudigen Gefühle der glüdlih vermiedenen Bilder- 
fülle die Wände mit einer einzigen fortlaufenden Reihe von Bemälden um- 


291 


zogen. Das ift bequem fiir die Hangefommiffion wie fiir den Befdauer, 
aber fhön ift es nidt. Auch die Derftreuung der Werke einzelner Meifter 
wie der Mehrzahl der lokalen Verbände über die Befammträume will uns 
nit gefallen. Man muß fih feine Skarbina's, Leiftifow'’s, Herrmann’s, 
feine Worpsweder und Rarlsruher mühfam zufammenjuden. 

Einen wefentlihen fortfepritt bedeutet die gefhmadvoll arrangirte Sonder- 
betheiligung der Architekten und die oft von uns befiirwortete Heranziehung 
des Runftgewerbes. Mit der Lewteren ift man ein wenig angftlidh vorgegangen. 
Das Ausland und die ert im Juni zu eröffnende Separatausftellung des 
Miindhener Vereins für Runft und Handwerf miiffen bier die Hauptfoften 
tragen. Berlin tritt befcheiden in den Hintergrund und läßt den Bäften den Dor- 
tritt. Das ift vornehm, zeugt aber von zu viel oder zu wenig Klugheit. Aud 
die Separirung des Runftgewerbes will ung nicht gefallen. Bildnerei, Malerei 
und Runftgewerbe gehören nicht nur idcell zufammen, fondern find aud nur 
vereint im Stande, wohnlihe, zum Derweilen einladende Räume zu fhaffen 
und eine Stimmung berporzurufen, die für das Schöne in abwedfelungs- 
reiher Form empfänglid erhält. 

Auch in der diesjährigen Ausftellung fehlen die eigentliden Clous, ja, 
man wird fagen fonnen, daß fih auf dem rechten wie auf dem linfen flügel 
gewiffe Cüden bemerkbar mahen. Diele der alten bewährten Meifter haben 
fih entfagungsvoll fern gehalten, und von den Jungen wird man die 
Extremften vermiffen, ein Umftand, deffen Urfahen wohl nur zum Theil in 
der Strenge der Jury zu fuden find. 

Der Derminserung der Separatausftellungen einzelner Rünftler ftehen wir 
ohne fonderlihes Bedanern gegenüber. Der Belgier Van der Stappen ver- 
dient einen folden Vorzug und der Rarlsruher Doldmann ift intereffant ge- 
nug, um ihn zu rechtfertigen. Gm Uebrigen mag die Sonderausftellung ein 
Dorreht berühmter Todter, wie Mifolaus Geiger bleiben, die aus dem Wett. 
bewerb ausgejhieden find und die gleidhe Vertheilung von Liht und Wind 
nidt mebr ndthig haben. 

6. M. 








D UU AS üüüüü——— 


G. Eilers, Friedrich der Große auf Reifen, von UWA. Menzel, 
Späterer Zuftand der Platte, 


Deutfhe Runft. 





Bermifchtes. y 

— Ein verfdhollenes Bildnif von 
Anton Graff. Das von Anton Graff ges 
malte Bildniß des Naturforfhers Johann 
Reinhold forfter, der Cool auf feiner Welts 
reife in den Jahren 1772—1775 begleitete 
und der zuerft den Dorjchlag machte, Auftralien als fünften 
Welttheil anzuerkennen, war, wie R. Muther in feiner Mono- 
graphie über den großen Bildnigmaler mittheilt, verfchollen. Diefes Porträt, 
das durch den Rupferftid von 
Johann Friedrich) Baufe befannt 
if, wure vor Aurzem wieder 
aufgefunden und ift gegenwärtig 
im Befigke des Buchbandlers 
Otto Schüße in Düffeldorf. Jo- 
bann Reinhold forfter entftammte 
dem Haufe der jchottifhen Lords 
Sorefter, die wegen politifcher 
Unruhen ihr Daterland verließen 
und in Preußifh-Polen ibre 
neue Heimath fanden. Er ift 
der Dater Georg forfters, des 
Meinzer Alubiften, der, in die 
Reichsacht erklärt, 1794 in Paris 
feinen Tod fand. Anton Graff 
bat J. R. forfter im blühenden 
Mannesalter dargeftellt und ift 
im Ausdrud ungemein lebendig. 
Wit Redht fagt Mar Gordan 
von Anton Graff, daß feine 
Geit und Leben fprübenden 
Bildniffe feinen Namen unfterb- 
lid maden. Das Bildnig Jo- 
hann Reinhold Forfters gehört 
zu den interejjanteften Arbeiten 
Anton Graff's. 





Auriofa ans Atelier und 
MWerkftatt. 

— Runft- und Sdhube 
zoll. Das Jollamt in New- 
Vort ift durd die Affaire Bol- 
dini aktuell geworden. Befannt- 
lid batte Giovanni Boldini eine 
Anzahl feiner Bemälde behufs 
einer fpäter wieder zu erportirenden Ausftellung zollfrei ausgeführt. 

Die Gemaldefammlung, beftehend aus Porträts der fiirftin Poniatowsty, 
der franzöfifhen Schaufpielerin Mille. Tonda, des amerifanifhen Malers 
Whbiftler, des Grafen d’Efprit, des Komponiften Derdi und der frau Adolph 
Ladenburg, wurde bei Bouffaud, Dalladon & Co. ansgeftellt. Bei der Ein- 
führung hatte Boldini den Werth des Porträts Verdi's, angeblih des einzigen 
vorhandenen Bildes des großen Tonfiinftlers, und das Porträt der frau 
Adolph Ladenburg mit je 1000 francs angegeben. Folldeteftive Craitteur 
ermittelte nun, daß Boldini dags Porträt Verdi's hier an eine Parijer Dame 
fiir 5000 Doll. verfauft babe. ferner will der Beamte fchwerwiegende Bee 
weife dafür erlangt haben, daß Boldini der fran Ladenburg ihr Porträt 
bier fiir 3000 Doll. abliefern wollte. Daraufhin erfolgte die Konfiszirung 
der Bilder. 

Das Shakamts-Departement hat nun Traittenr's Derfahren gut gebeifen 
und angeordnet, daß fammtlide Gemalde durch die Behörde der „Beneral 
Apraijer auf ihren Werth zu tagiren find. Stellt fic) heraus, dağ Boldini 
bei der Folldeflaration die Bilder um weniger als 50 Prozent angab, fo 
bat er zur Strafe das Doppelte der auf diefelben entfallenden regulären 
Hollgebühren zu entridten. Hat er aber den Werth der Bilder um mehr als 
50 Prozent niedriger angegeben, wie bei den Porträts von Verdi und frau 





Anton Graff, 3. R. Forjter. 


Vermifchfes. Buriofa aus Alfelier und erkfaft. 
Gedanken iiher hildende Kunſl. 


Ladenburg behauptet wird, jo folgt die endgiltige und abjolute Konfiszirung 
und der Verlauf der Bilder durch die Zollbehörde, deren Thätigkeit auf dem 
Gebiete der Runft dem Staate nicht unerheblihe Einnahmen verfhaflt. 
Durdhfednittlid tommen im Monat 150 Bemälde zur Zollabfhägung 
oder 6 bis 7 pro Tag. Der Werth diefer Runfterzeugniffe variirt natürlich 
ganz bedeutend. Das Loftfpieligfte Gemälde, das je den Hollabjhägern vor- 
gelegen bat, war der berühmte „Angelus! von Millet, defen Werth mit 
105 000 Dollars angegeben war. Als es befannt wurde, daß der frühere 
Einfuhrzoll auf Bemälde wieder bergeftellt werden follte, wurde der Gmport 
feitens Privater wie Händler 
befhleunigt. Nicht Jedem gelang 
es jedoch, rechtzeitig feine Ge- 
mälde zu landen, eine große 
Anzahl traf ert nadh Inkrafte 
treten des neuen Tarifs ein. 
Darunter befand fid eins im 
Werthe von 100000 Dollars, 
und das Derfäumen des Termins 
bedeutete in diefem fall fiir 
den Gmporteur einen Derluft von 
20 000 Dollars, weldhen Betrag 
er für Zoll zu erlegen batte. 
Die theuerften Bemälde fommen 
von England und Frantreid, 
obgleih aud Deutfhland und 
befonders Münden viele aus- 
gezeichnete Aunfterzeugnifie 
liefert. Schwierig ift die Joll- 
bewerthung, fowie es fid um 
das Erzeugniß eines verhält- 
nigmäßig unbefannten Malers 
handelt. Lerterer braudt den 
Preis des Bemäldes niht zu 
deflariren, fofern deffen Werth 
nod nidt 100 Dollars beträgt, 
und diefe Methode ift feitens 
mandher Gmporteure eine be- 
liebte, um die Zollzahlung zu 
umgeben. ar 


Gedanken über bildende 
Zunft, 

„Der Dilettant ift ein ge- 
fteigerter Liebhaber. So wie 
diefer, Pann auh er viele, ja 
bedeutende Cinfidt in das Wefen einer Runft, ja felbft eigene FJdeen von 
größerem oder geringerem poetifhen Gehalte haben, nur fehlt ibm bei 
allem Streben dod) das Dermdgen einer geniigenden Darftellung. Golde 
Leute fommen im Leben bäufig vor. Sie find, wenn ihre Auffaffungs- 
gabe mit Selbjterfenntnif und Befcheidenheit gepaart ift, bodft lebens- 
wiirdig und intereffant. Was fle hervorbringen, entzüdt ihre Freunde, weil 


diefe im Stande und in der Stimmung find, das fFeblende der Darftellung - 


aus ihrer Renntnif des Derfaffers 3u fuppliren, und eine gemifje Unbeholfen- 
heit in der Anwendung der Mittel wird nicht 
felten zu einem eigenen Reiz, wie das Lallen 
des Rindes der Mutter entzüdender Flingt als 
aller Wobllaut der Didhtfunft im Munde der 
Mujif. Beim Dilettanten gilt immer der Wille 
fürs Werk, indef ein Rünftler nur derjenige ge- 
nannt werden kann, der aud ins Werk zu fetzen 
vermag, was er will. Wer das Schöne weder weiß 
nod fiiblt, ijt ein Tropf; wer es fiiblt, ein 
Liebhaber; wer es weif, ein Runftphilofoph; wer, 
was er davon fühlt und weiß, auszuführen ftrebt, 
ein Dilettant; wer es ausfiibrt, ein Riinftler.“ 
Grillparzer, 





— — 


Deutfhe Runft. 





293 








Deutfche Kunft in Brüfjel. 


Die Betheiligung der Deutfhen bei der internationalen Runftausftellung 
der Société des Beaux-Arts in Brüffel ift in diefem Jahre eine 
äußerft rege und vollgiltige. Nicht zum wenigſten diirfen die Belgier ihren 
deutfchen Rollegen Dank wifjen, wenn fih das tünftlerifhe Niveau des Unter- 
nehmens im Dergleih zu den Vorjahren bedeutend gehoben hat. 
Blanzleiftungen deutjher Meifter erwähnen wir an erfter Stelle den ungemein 
padenden Bildnifftihb Adolf Menzel’s, den Maler Stauffer- Bern dar- 
ftellend, welder feinen Ebrenplag am Eingang des Hauptfanles gefunden 
bat. Demnädft finden die Leibl’fhen Bilder und Studien ungetheilte Be- 
wunderung: Das alte Weib mit dem Rofenfranz, die Wilddiebe, die 
Bäuerin in oberbayerifher Tradt, ein Studienfopf, das Gebet, daß Bildnif 
des befannten Runftfammlers Seeger (der eine große Anzahl feiner Gemalde 
der Ausftellung leihweife zur Verfügung ftellte), die Hände, weldhe eine 
Flöte umfaffen, und ein mit der ‚Feder gezeichnetes Spiegelbild des Meifters. 
Die Delitateffe der fpielenden und doc in die Tiefe dringenden Behandlung 
verleiht den Arbeiten, auh wenn fie nur zu Studienzweden gedient baben, 
einen unvergänglihen Werth. jeder Pinfelzug, jeder Federftrih athmet Leben 
und beweift das jouveräne in feiner Art einzig daftehende Rönnen Leibl's, 
über deffen Bedeutung erft einer Pleinen Runftgemeinde die Angen auf- 
gegangen find. 

Cin Defregger'fher Studienfopf zeigt fih feiner Umgebung würdig. 
Das Porträt Rihard Wagner's von f. v. Lenbad wirkt nit fo unmittelbar, 
wie man es bei dem Seelenmaler erwartet; einer arakteriftifhen Studie 
Bödlin's begegnen wir in der Jägerin mit den wallenden rötblihen Haaren. 

Mar Liebermann erfcheint mit feinen fräftigen, von Stimmung durd- 
drungenen holländifhen Studien, dem Armenhaus, den drei Waifenmadden, 
einer Straßenanfiht aus Amfterdam und Denedig. Sehr überzeugend und 
ftimmungsvoll wirft der unter der Traglaft feufzende Mann, der die Dünen 
durdfhreitet. Das Porträt Meunier’s, eine Rohlezeihnung, ift im innigen 
Ausdrud und der natürlihen, zwanglofen Bewegung nicht zu unterfdagen. 

Unter den Miindhener Riinftlern feffelt vor allem f. v. Uhde mit feiner 
Bergpredigt, ein Bild, das duch die Verfenfung in die Regungen der Volts- 
feele dem Empfinden fo nahe tritt. Zu hervorragenden Leiftungen zählen 
ferner Stud's weidende Pferde, Sperl's bayerifche Bebirgslandfdaft, Leffer- 
Ury's Leipziger Plat in Berlin. 

Die grapbifhe Runft it würdig vertreten duch John (Dresden) mit 
feiner Radirung Sphinz, durch Müller mit feinen lebensvollen Lithographien. 
Don M. Klinger bemerken wir eine interefjante Federzeihnung „Yarziß‘ 
betitelt. 


Neudeutſche Innendekoration. 


Im Anſchluß an Nr. J4 der ,,Deutfhen Runft fahren wir fort, unferen 
Leſern Zimmereinrichtungen vorzuführen, die dem modernen Bedürfniß ent— 
ſprechen, ohne in den fFormen abſichtlich modern und gekünſtelt eigen— 
artig ſein zu wollen. Das an erſter Stelle abgebildete Herrenzimmer 
zeichnet ſich durch vornehme Einfachheit aus und betont mit ſeinen gefüllten 
Bücherſchränken und Regalen den der geiſtigen Arbeit zugewandten Charakter 
des Befikers. Die Möbel find in braunem, italienifhem Nußbaumbolz ge- 
halten und balbblant polirt. Gn den fonftruftiven Theilen herrjcht die ge- 
wundene Säule des Barodftils vor, während die Füllungen gefrdpftes, fein 
profilittes Rahmenwerf aufweifen. Sige und Sophas find mit grünem 
Saffianleder unter Verwendung von Originalgobelins überzogen. Don der 
mit einer braunen vergoldeten japanifden Ledertapele bededten Wand hebt 


Unter den 


A F * > N J 
AÀ \) A WE > 


fih mit mäßiger Ausladung ein Ramin aus rothem Marmor ab. Der 
Teppich ift roth, die Dede weiß. 

Befonders eigenartig erfheint das Schlafzimmer mit feinen an das 
Empire anflingenden geradlinigen und leiht gejhwungenen ‚formen. Die 
Möbel find ans Mahagoniholz mit echten LBronzeauflagen bergeftellt. Den 
Sußboden bededt ein tiefrother Teppich, die Dede ift ganz weiß gehalten. 
Originell in der Erfindung fällt die Bettriidwand ins Auge. Fn einen ein- 
fahen Mahagonirabmen fpannt fih eine fenfterartige Stoffdeforation, über 
der fih ein fäherförmiger Bogen erhebt. Der mehrfarbige Stoff ift gerad- 
linig gefaltelt und fpannt fid leiht und gefällig. 

Am meiften nähert ih dem anglifirenden Befhmad die Wohnzimmer- 
eintidtung, in gefuppelten und einfahen Säulen das Ronftruftive be- 
tonend, in der fladhendeforation iiberaus einfah gehalten. Wände, Stoff- 
befleidung und Fußboden erfcheinen griin, die Dede weiß. Das Mobiliar ift 
aus dunkel gefärbtem Mahagoniholz hergeftellt. Die Erferdede hat befondere 
eleftrifhe Beleuhtung in englifher Derglafung. 


Förderung des Kunftgewerbes in Breslau. 


Die provinziellen Beftrebungen zur Förderung des Runftgewerbes 
nehmen überall einen erfrenlihen Auffjhwung. Der Umbau des Sdlefifden 
Mufeums für Runftgewerbe und Alterthiimer in, Breslau wird vor- 
ausfihtlih im Oftober beendet fein. Inzwifhen bat die zu diefem Jwet 
gewählte Deputation eine Derwaltungsordnung des Mufeums durdberathen 
und genehmigt, die in ihrer Maren faflung ähnlihen Gnftituten als Dorbild 
dienen mag. Wir bringen nadftehend ihren Hauptinhalt. 

Laut § J ift das Mufeum dazu beftimmt, Sclefien die Hilfsmittel der 
Runft und Runftwiflenfhaft zugänglih zu madhen, Befhmad und Derftändniß 
für das Aunftgewerbe zu heben und die Erzeugniffe des Runftgewerbes 
und Handwerkes, befonders foweit fie Beziehungen zu Schlefien haben, auf- 
zuftellen. 

$ 2. Diefen Zweden dienen: eine Sammlung von Anfhauungsmaterial, 
ein offener Zeichenfaal, eine Vorbilder - Sammlung und Fachbibliothek, zeit- 
weilige Ausftellungen von Runft- und Gewerbeerzeugniffen, Dortrage in Be- 
ziehung auf das Runftgewerbe und event. Unterrichtskurfe. 

§ 3. Das Mufeum it Cigenthum der Stadt Breslau. Fn der Ver- 
waltung, welde der Magiftrat fiibrt, find zu beadten: 1. die Schenfungs= 
urfunde iiber 500 000 Marf des Stadtalteften Heintid von Rorn, und 2. der 
Dertrag der Stadt mit dem Verein für das Mufeum fclefifcher AWlterthiimer. 

$ 4. Die Mufeums-Deputation befteht aus drei vom Oberbiirgermeifter 
ernannten Magiftrats - Mitgliedern, worunter Dorfitender und Stellvertreter; 
acht von der Stadtverordneten-Derfammlung gewählten Mitgliedern, worunter 
mindeftens fünf Stadtverordnete;, dem Stadtälteften Heinrih von Rorn als 
lebenslänglihes Mitglied; zwei vom Verein für das Mufeum Schlefifcher 
Alterthümer gewählten Mitgliedern; einem vom Sclefifhen Fentral-Gewerbe= 
verein gewählten Mitgliede; einem Vertreter der Staatsregierung, fo lange 
der Staat die Unterftügung von 6000 Mark jährlid zahlt; einem Dertreter 
der Schleffhen Provinzialverwaltung, nah Maßgabe der Dereinbarungen 
zwifhen Provinz und Stadt; dem Direktor des Mufeums; dem Vorfteher 
der Lehrmittel-Abtheilung, nur mit berathender Stimme. Kooperationen der 
Deputation bleiben vorbehalten. 

§ 5. Die Deputation leitet die gefammte Mufeumsverwaltung. Der 
Jahresbericht fann mit demjenigen des Vereins für das Mufeum Schlefifher 
Alterthümer verbunden werden. 


§ 6. Ein ftandiger Ausfhuß von fünf Mitgliedern, worunter der 


294 














in 
im) 


Herrenzimmer, Carl Miller & Comp., Berlin. 


Direftor und eines der vom Verein des Mufeums für Schlefifhbe Alter- 
thümer gewählten Mitglieder fih befinden müffen, bildet den „Beirath‘ für 
Erwerbungen und Deräußerungen; ferner wird ein „Hauskurator" und beffen 
Stellvertreter beftellt. 

$ 7. Der Direftor leitet die gejammte innere Thätigkeit und Der- 
waltung des Mufeums. fiir die Lehrmittel-Abtheilung bedürfen feine An- 
ordnungen der Zuftimmung des Dorftebers derfelben, eventuell der Deputation. 

$ 8. Der Dorfteher der Lehrmittel-Abtheilung übernimmt den Zeidhen- 
faai, die Dorbilder- Sammlung, die Fachbibliothek 2c. und ift in feinem Ge- 
biet dem Publitum gegenüber felbftftändig. 

§ 9. Der Direftorial-Uffiftent (Ruftos) dient als Gebilfe des Direktors 
n der Derwaltung, Ordnung und Beauffihtigung der Sammlungen und des 
Bureaus. 

§ 10. Die Beamten des Mufeums find Gemeindebeamten der Stadt 
Breslau. 

§ Il. Die Hausverwaltung unterfteht dem Direktor. 

8 12. Innerhalb des Etats verfügt der Direktor felbftftändig über An- 
fäufe für die Sammlungen, die JOO Mark nicht überfteigen; darüber hinaus 
beftimmt der Beirath (§ 6) bis I000 Mark, und jenfeits diefer Grenze die 
Deputation. Deräußerungen find nur unter Genehmigung des Beirathes 


zuläffig. 


§ 13. Der Direftor bewirft die Dervollftändigung der fahbibliothet nnd 


der Dorbilder-Sammlung. 

§ 14. Die Sammlungen des Mufeums find in den beftimmten Seiten 
‘jedermann unentgeltlih geöffnet, ebenfo ftebt der Zeihenfaal der öffentlihen 
Beniigung frei. 

$ 15 regelt das Derbaltnif des Dereins für das Mufeum fehlefifcher 
Alterthümer zum Schlefifhen Kunftgewerbe- und Alterthums-Mufeum in 
detaillirter form. 

Nadh Erledigung diefer Derwaltungsform wurde aud nod der Etat des 
Mufeums, mit dem J. April 1899 beginnend, durdberathen und feftgefest. 
Die Einnahme wurde, einfchlieglih 6000 Mark Zufhuß vom Staat, 15000 Mark 
von der Provinz und 22 S00 Mark von der Stadt, auf 46 000 Mark normirt. 
Die ebenfo hohe Ausgabe bringt als Hauptpoften: Direftor-Behalt 5600 Marf 
(von drei zu drei Jahren um 500 Mark fteigend bis 6800 Mark), Dorfteher- 


Deutfde Runf. 


Gehalt (Lebrmittel-Abtheilung) 5000 Mark (fteigend bis 6200 Mark), dem 
Ruftos 2400 Mark, fonftige Gehalte 9078 Mart, Vermehrung der Sammlungen 
9000 Mark, Inventarvermehrung 5000 Mark. 

Daf man aud fonft in Breslau für die Unterftiikung lokaler Runft- 
zweige Sinn hat, beweift eine Refolution, die der Runftgewerbeverein in feiner 
legten Sigung fafte: „Der Breslauer Runftgewerbe-Derein erklärt feine 
prinzipielle UWebereinftimmung mit dem Vorgehen des Sclefifhen Central- 
Bewerbevereins, betreffend die Errihtung einer fahfhule für Holzinduftrie im 
Breslau, worin er die Derwirklihung eines von ihm bereits im Fahre 1895 
angeregten Bedankens erblidt. Er hält es für wichtig und erfprießlih, dağ 
diefe Fahjchule befonders nah fünftlerifher Seite hin in fühlung mit der 
an der biefigen Runft- und Runftgewerbefchule demnähft zu 
ertidtenden Fadhllafje fir Runftifdlerei und Schniterei trete, 
und fpridt die Hoffnung aus, daß feine diesbezüglichen 
Wünſche bei der Berathung und endgiltigen Feftftellung des 
Programms genannter Fadhfdhule von der Röniglihen Staats- 
tegierung gehört werden mögen.“ 

Diefer Befhlußfaffung war eine längere Debatte vorange- 
gangen, die urh einen Dortrag des Bildhauers Wilborn 
eingeleitet wurde. Der Redner gab einen Ueberblid über den 
gegenwärtigen Stand der Holzbildhauerei in Breslau. Die 
Lage ift eine keineswegs erfreulide. Die ,,Dolfsbildhauerei'* 
tefp. die gangbare Holzfdhnigeret fiir Ausftattung von Mö- 
bein, Uhrgehäufen 2c. werde in der Oderftadt lebbaft betrieben, 
dod trage fie den Charakter der Maffenfabrifation. Don 
den etwa 90 Dolfsbildhauerwerfftellen fei die Hälfte von 
der firma Gebr. Bauer in Anfpruh genommen, die andere 
Hälfte wird von Kleinmeiftern innegehabt. Die Gebilfen und 
Lehrlinge feien meift mehanifh „auf Schnigformen gedrillt‘* 
und hätten feine Ahnung von Stilformen und vom Zeichnen. 
Die Mafdinen, die man bei der Maffenfabrifation für den 
Erport verwende, feien einfah Bohrmafchinen und geeignet, 
die Vorzüge der bildenden Menfhenhand zu verdrängen. Die 
materielle Lage der Holzbildhauer fei eine feineswegs be- 
neidenswerthe; der Wodenlohn für den Einzelnen beträgt 
durchſchnittlich 15 bis 18 Mark. Die Errihtung einer fahgemäßen fad- 
ſchule ſei daher als ſegensreich zu begrüßen. Nachdem dann noch der Ver— 
treter des Central⸗Gewerbevereins, Ingenieur Höffer, ſich in ähnlichem Sinne 
ausgeſprochen hatte, wurde die oben angeführte Reſolution angenommen. 
Hoffentlich finden dieſe lokalen Beſtrebungen die thatkräftige Unterſtützung der 
Staatsregierung, die beiſpielsweiſe im Königreich Sachſen im Zuſammenwirken 
mit Privatmiteln bemerkenswerthe Erfolge erzielt hat. 


Der Chüringiſche Ausſtellungs-Verein 
bildender Künſtler. 


Einem Rundſchreiben des unter fteter Mitwirfung der „Deutfhen Kunſt'“ 
in der Stille begründeten Dereins „Thüringifher Rünftler in Weimar" ent- 
nehmen wir die folgenden, fiir die Oeffentlidfeit beftimmten Mittheilungen: 

„Es fehlt an einem Bliede in der Reihe der Runftdarbietungen, weldes 
ebenfalls von ausübenden Riinftlern in Bemeinfhaft mit anderen öffentlichen 
und privaten Organen duch unfer Unternehmen, den „Thüringifhen Aus- 
ftellungsverein bildender Rünftler, gefhafien werden foll, weldes jedoch 
dezentralifirend gedacht, die bildende Runft jo Zu fagen aufs Land bringen, 
jedem leicht zugänglih und genußreih geftalten foll. 

Wir denten uns alle Städte und Orte von 20000 Einwohnern und 
darüber, fowie einige befonders für Aunft empfänglihe Meinere Orte, zunäcft 
in Thüringen, mit Meineren ftändigen Ausftellungen unter fünftlerifher Ober- 
auffiht und kommunaler Beihilfe verjehen und durch eine den günftigflen 
Eifenbahnverbindungen angepaßte Turnuslinie verbunden, welke von wejent- 
lihem Einfluß auf die Derbilligung der Fracdten der zu verfendenden Runjt- 
werte ift. Jede Wode findet ein Wechfel der legteren in der Weife ftatt, dap 
einige neue Sachen binzufommen und etwa eben fo viel an den nadften 
Turnusort weiter geben, fo daß fhlielih die einzelnen Werke (beziebungs- 
weife aud funftgewerbliden Arbeiten) in der Regel alle vier Woden nab 
einer anderen Ausftellung gelangen, fofern fle nicht inzwifchen einen Lieb- 
paber in der Perfon eines Räufers gefunden haben. 

Die in Betradht fommenden Städte und Orte haben fiherlih ein be- 
fonderes Gntereffe daran, Vorführungen der gedachten Art dauernd in ibren 
Mauern mit verhältnigmäßig wenig eigenen Roften und Mühen gefbafien zu 


Deutfhe Runft. 


295 





feben! — Freilih handelt es ih um je ein womöglich unentgeltlich zu ftellendes 
und zu erhaltendes paffendes Ausftellungslofal, um die Gewinnung eines 
oder einiger Herren aus der Zahl der Berufsfünftler oder Aunftfreunde, der 
oder die Foftenlos die Auffiht über die Ausftellungen nah den Direftiven 
unferes Dereins übernehmen, und um Ausfindigmahung einer geeigneten, be- 
foldeten, gefhäftsführenden Perfon, welhe zugleih die ftändige Auffiht über 
die Ausftellung in den Befudsftunden zu übernehmen hat. 

Die Eintrittsgelder — und dies ift ebenfo widtig wie angenehm — 
follen außerordentlich gering bemeffen fein, um die Aunfttempel jedem leicht 
zugänglid zu maden, nämlih etwa 20 Pf. für gewöhnlid betragen, während 
befondere Elitetage zu höherem Eintrittsgeld, dod) ohne Sonderdarbietung, 
unter Umftänden eingerichtet werden fönnen. 

Der Derkauf von Runftwerfen wird fidh in reeller Weife derartig geftalten, 
daß von Haufe aus mäßige und fefte Preife angefett werden und die 
Abfhlüffe nur dur die Zentralftelle in Weimar erfolgen follen, wodurd alle 
Spefen für Zwifhenhändler fortfallen. 

Was die Unterbaltungsfoften des Unternehmens anlangt, fo.werden die- 
felben durd die Eintrittsgelder, die Derfaufsprozente, die Beiträge der Ver- 
einsmitglieder und etwaige Zufhüffe der Gemeinden, fowie private Ju- 
wendungen erbradt. fiir die Riinftler felbft ift von Wichtigkeit die verbefjerte 
und vermehrte Ausftellungsgelegenheit, jodann die vereinsfeitig vorgefehene 
Einheitlihkeit und fahgemäße Handhabung des Derpadens, Ausftellens und 
Hängens der Runftwerfe. 

St es dod in der That niht unfere Sade blof, die wir vertreten, 
fondern eine durhaus gemeinniigige, das eigenfte Gntereffe jedes Bildung 
beifhenden Menfhen anlangende, die ihn über die Alltäglichkeit des Dajeins 
zu erheben, ihm edlen Benuß des Bemüthes und Beiftes, Belehrung und An- 
regung 3u fhaffen beftimmt ift. 

Der Dorftand des „Chüringifhen Ausftellungsvereins bildender Riinftler' 





Schlafzimmer, Carl Müller & Co., Hofdeforateur, Berlin. 


befteht aus folgenden Herren: Profeflor Th. Hagen, Maler und Lehrer an 
der Broßherzoglihen Aunftfchule, I. Dorfigender; f. A. Shmidt, Maler, 2. Vor- 
figender; €. Rriefdhe, Oberbaurath, 3. Vorfikender; €. Graf zu Schlik, 
gen. v. Börk, Erlauht, Direktor der Broßherzogliden Runftfhule; H. Plühr, 
Maler; M. Merter, Maler; TC. Anding, Raufmann, Befhäftsführer der 
ftändigen Ausftellung für Runft und KAunftgewerbe zu Weimar; Profeffor 
B. P. Förfter, Maler und Sefretair der Grofherzogliden Runftfdule, 
Raffenführer des „Thüringifhen Ausftellungsvereins bildender Künſtler“; 
£L. v. Jordan, Maler, Schriftführer des „„Thüringifhen Ausftellungsvereins 
bildender Rünftler". —— 

Berlin. — Wenn man den Tageszeitungen unbedingten Glauben 
fhenfen fönnte, müßte man annehmen, daß wir unmittelbar vor einer fünft- 
lerifhen Sezeffion ftänden, daß aud die Reihshauptftadt, die der Ruhm 
von Münden und Dresden nicht fehlafen lief, Such eine Riinflertrifis ihre 
Bleihberehtigung zu ermweifen im Begriffe wäre. Unfontrolirbare Gerüchte 
werden in Reftaurants und Café's folportirt, ohne daß man fo redt erführe, 
was eigentlih vorgeht. Runftreporter flingeln an allen Atelierthüren, und 
Berlin geberdet fic, als ob fein Runftintereffe fic plöglih frankhaft gefteigert 
hätte. Eine folhe Steigerung wäre an fih durdhans wünſchenswerth, in 
diefem fpeziellen Falle bat fie einen ftarfen Stid in die Fünftlid genährte 
Senfationsfuht. Man laffe die Rünftlerfhaft ihre Gntereffen vorläufig unter 
fih erledigen. Man wird ihr damit einen größeren Dienft erweifen, als durd 
Tartarennadrihten, die über die Hintertreppen in die Oeffentlidfeit dringen. 

Befondere Ehren find dem Direktor der Brüffeler Akademie Charles 
van der Stappen, der behufs Anordnung feiner Separatausftellung in 
Berlin verweilte, von offizieller und privater Weife erwiefen worden. Der 
Rultusminifter, die Union Belge, Profeffor Max Roner feierten ihn dur 
Feftdiners, Profeffor Anton Werner madhte ihn mit den Einrihtungen der 
Runftafademie befannt und Profeffor Dr. Jofeph führte ipn durd die öffent- 
lien Sammlungen. Dan der Stappen fah, dağ „Alles gut wart und 
verfpradh, das Befte in Briiffel nahzuahmen. 

Anzwifhen bereiten wir uns vor, in Paris anf der Weltausftellung 
entfprehende Ehren einzuheimfen, und die Dinge nehmen wirflih eine über 
Erwarten günftige Wendung. Es ift eine Derftändigung erzielt worden, auf 
Grund deren die Ausftellung urd ein befonderes Romitee von 10 Mit- 
gliedern vorbereitet werden foll. Bn diefes Romitee follen Berlin und Münden 
je drei, Weimar, Düfjeldorf, Karlsruhe und Dresden je ein Mitglied delegiren. 
Jn den vier legtgenannten Aunftzentren foll nah Thunlichkeit je eine Perfon 
gewählt werden, welhe der älteren Richtung und der Sezeffion genehm ift. 
Jn Berlin und Münden follen je ein Sezefionift und je zwei Genoffen- 
fhafter gewählt werden. Bezüglid der Auswahl der Bilder will man 
traten, Aunftwerfe fernzuhalten, in welden franzöfifhe und englifhe Be= 
fonderheiten nahgeahmt werden, oder dte aus einem unentwidelten Streben, 
aus einer nicht ausgeflärten Manier hervorgegangen find. Man will mit 
befter deutjcher Runft wirken, die durch einen gewiffen Rontraft mit den fpe- 
zififh franzdfifchen Cigenthiimlidfeiten dann umfomehr in die Augen fallen 
foll. Die Gnfgenirung foll den Mündenern überlaffen werden. 

Su Heil und Ftommen der heimifhen Aunftpflege löft die nunmehr ge- 
fhloffene Schwarz. und Weiß-Ausftellung in der Akademie eine Sammlung 
von Runftwerfen der Renaiffance aus Berliner Privatbefit ab, die 
fid) grofer Theilnabme von Seiten des Raiferhaufes und der Liebhaber er- 
freut und am zwanzigften diefes Monats eröffnet wird. Gleidzeitig ver- 
lautet, daß der Knifer der Ausfhmüdung der Siegesallee nad wie 
vor thatfräftiges Gntereffe entgegenbringt und ih mit einer Reihe neuer 
Pläne befdaftigt. An Stelle des fogenannten Wrangel-Brunnens auf dem 
Remperplat foll ein großes, vorzugsweife aus Marmor herzuftellendes Bild» 
wer? errichtet werden. Die Ausführung tft Reinhold Begas anvertraut. Die 
vom Raifer bereits gebilligte Sfizze ftellt die Boruffia Iorbeerpflüdend auf 
einem felfenthron dar. Auf dem Rand des unten vorfpringenden Waffer- 
bedens figen rechts und links zwei Landsfnedte. 





Münden. — Die Beneralverfammlung der Mündener Rünftler- 
genoffenfhaft hat ihren programmmäßigen ruhigen Verlauf genommen. 
Prafident $. v. Lenbah eröffnete diefelbe und beauftragte den zweiten 
Präfidenten, Herrn Hans Peterfen, mit der gejhäftlihen Leitung der Der- 
fammlung. Der Schriftführer, Herr Rihard Broß, verlas den Bericht über das 
Derwaltungsjabr 1897, welder von der Verfammlung einftimmig genehmigt wurde. 
Der Raffenberidt fowie der Bericht der Kaffen-Reviforen wurde von dem zweiten 
Präfidenten verlefen. Der zweite Theil der Tagesordnung: Rünftlerhaus und 


296 


Befhaffung eines Bantfapitals zur Dollendung desfelben, veranlafte eine 
längere Debatte. Die begeifterten Darlegungen des Heren v. Lenbad batten 
den Erfolg, daß die Beneralverfammlung einftimmig befhloß, die Rapitalien 
in einer folhen Höhe aufzunehmen, daß die glanzvolle und außerordentlich 
reihe fünftlerifche Fertigftellung des Haufes gefihert wurde. — Bei Anfragen 
bezüglih der Berichte über die Debatte in der Kammer der Abgeordneten, 
die Ueberweifung des Kunft-Ausftellungsgebäudes am Rénigsplak an die 
Sezeffion betreffend, verlas Herr Peterfen hierauf bezüglihe Stellen aus dem 
offiziellen Stenogramm. Hternad fei das Bebäude, weldes allerdings Jahr- 
zehnte lang im Befike der Mündener Künftler-Benofjenfhaft gewefen fei, 
nah Befhlüffen der Dorftandsorgane und Beneralverfammlungen der Sezeffion 
widerruflid iiberwiefen, und wenn Unzufriedenheit darüber berrfche, fo möchten 
fih die Rünftler bei ihren «eigenen Rollegen beflagen; jedenfalls babe man, 
wenn man einem Vereine angehörte, fih den Beihlüffen der Majorität des 
Dereins zu fügen. Diefe legtere Wenferung des Heren Kultusminifters in der 
Rammerfigung vom 22. 
April wurde deshalb 
mit befonderer Benug- 
thuung aufgenommen, 
weil hierin eine Bewähr 
erblidt wurde für die 
freie unbeeinflußte Ent- 
widelung der Lünftle- 
tifhen Derhältniffe in 
Münden, welde noth- 
wendig ift für die Auf- 
tedterbaltung der Hege- 
monte Mündens als 
Runftftadt. 

Zu froͤhlicherem 
Thun hatte ſich die 
Rünftlergefell- 
[haft „Allotria“ 
zur feier ihres 25 jäh- 
tigen Beftebens  ver- 
fammelt. franz v. 
Lenbach ift der Vor- 
fiende der „Allotria", 
zu deren Begründern er 
auch gehörte, und neben 
ihm zählen die erften 
Größen aus dem Reiche 
der Runft zu ihren Mit- 


gliedern. Sie waren 
vollzählig zur Stelle. 
Da fab man u. A. 


franz v. Defreg- 
ger, franz Stud, 
Langhammer, das Ehrenmitglied Erzellenz Baron Perfall, Ober- 
länder, firle, von Habermann, L. Corinth, Hubert v. Heyden, 
Harburger, Hans v. Bartels. Dao fet, zu dem and Prinz Rupreht 
von Bayern erfhienen war, begann mit einem Diner, defen Genuß 
durch teine feierlihe Tifchrede geftört wurde. Dann ging das feftfpiel 
vor fih, cine woblgelungene, rect übermüthige Darftellung der Ent- 
widelungsgefhichte der „Allotria".  Yamentlid Maler Permatb, der 
Meifter Lenbad in Maske, Sprache und Haltung täufhend fopirte, erwedte 
die lebhaftefte Heiterfeit. Das Spiel bloß mit einer Apotheofe: von einer 
ſchönen Landfhaft in Bödlin’fher Art löfte fih eine Frauengeftalt in antiker 
Gewandung, von nadten Rindern umgeben, um mit einer poetifhen Anfprade 
den „Säulen“ der „Allotria" Lorbeerfränze zu überreihen. Auch die luftige 
Rneipzeitung, zu der Hengeler, der befannte Feidner der fliegenden", febr 
witige Bilder geliefert bat, fei nicht vergeffen. 

Während die Sezefjion fhon mit dem gewohnten Erfolge ihre 
Ausftellungsräume eröffnet bat, ftedt die Gabresausftellung im Blaspalajt 
nod in den Vorbereitungen, die verheißungsvoll genug ausfeben. Die bis 
jetzt eingetroffenen Anmeldungen lafjen erfehen, daß die Befhidung der Aus- 
ftellung von allen Seiten eine fehr reihbaltige if. Deutjhland insbefondere 
wird umfaffend vertreten fein. Neben den früher fhon gemeldeten Rolleftiv- 
Ausftellungen von Rünftler-Dereinigungen haben nunmehr nod der Verein 
Berliner Rünftler und die Rarlsruber Runft-Benofjenfhaft forporative Be- 


Dentfhe Runft. 





Wohnzimmer, Carl Müller & Comp., Hofdeforateur, Berlin, 


theiligung zugefagt, von Münden der Verein für Original-Raditung. Da 
alle Mitglieder der Münchener KRünftler-Benoffenfhaft bemüht find, ihre beften 
Werke einzufhiden und zudem die tunftgewerblide Abtheilung in Verbindung 
mit einer Arditeftur-Ausftellung unter Leitung des Bayerifhen Runftgewerbe- 
Dereins Yenes und Gntereffantes bieten wird, fo fann mit Zuverfiht gefagt 
werden, daß die kommende Ausftellung im Blaspalaft fih den vorhergehenden 
würdig anfhliegen und den Ruf Mündens als Runftftadt bodbalten wird. 


Dresden. — Auf dem Rünftlerfriegsfhauplak in Dresden ift eine 
Woaffenruhe eingetreten. Die Rommiffion fiir die 1899er Nationale Ausftellung 
bat fih mit dem früheren Präfidenten, G. Ruebl, neu fonftituirt. Die 
jüngeren Dresdener Rünftler ftehen grollend zur Seite; die für diefes Jahr 
von ihnen in den Räumen der Akademie geplante Ausftellung wird nicht 
ftattfinden. Die Dresdener Sezefjioniften fenden ihre Werte nah Münden. 
für die 1899er Dresdener Ausftellung bleiben ihnen umfangreihe Räume 
tefervirt, und es bleibt 
ihnen unbenommen, 
duch fiinftlerifhe Tha- 
ten ihre Gonderberech« 
tigung 3u beweifen. 

Aud der Rampf 
um die Briibl'fde 
Terraffe bat mit 
einem Rompromifi _ge- 
endet. Die frage des 
Neubaues eines Stän- 
dehaufes ift erledigt. 
Die Stadt Dresden 
bat ih für den Plan 
erflart, der die Terraffe 
in ihrer jegigen Beftalt 
erhält und nur das 
Niveau derfelben ein- 
heitlidh geftaltet, d. b. 
von dem vorderen Theil 


der fteltreppe fieben 
Stufen Höhe weg- 
nimmt. Der Befhluß 


des Landtages verkürzt 
die Terraffe um ein Be= 
ringes, ſo daß das Wahr⸗ 
zeichen Dresdens im Gro⸗ 
ßen und Ganzen ſeine 
Vollgeſtalt bewahrt. 

Liegnib. — Der 
biefige Runftverein 
veranftaltete im erften 
Jahre feines Beftehens feds Ausftellungen und vier Vorträge, richtete für feine 
Mitglieder ein Lefezimmer ein und erreihte erheblihe Dergünftigungen bei 
den Deranftaltungen des Schlefifhen Runftvereins. Verkauft wurden 29 Bilder 
(darunter eine Anzahl Pleinerer Aquarelle) im Befammtbetrage von 4650 Mar. 
— Dom 31. März bis 30. April fand eine größere Ausftellung ftatt, die 
von hervorragenden Müncyener, Berliner, Dresdener, Rarlsruber und Bres- 
laner Riinftlern befhidt wurde. 





— Am Dienftag den 17. Mai wird in Rudolph Lepfe's Kunft-Auftions- 
Haus, Rodftrafe 28/29, die 87 Gemälde und WAquarelle umfajjende Rolleftion des 
Heren Carl Peffl, Wien, meiftbietend verfteigert. Tie Sammlung befteht faft 
nut aus Werken ganz hervorragender Rünftler, die mit feinem Bejhmade 
ausgewählt den verwöhnteften Anfprühen genügen dürften. Go finden wir 
niht weniger als fieben vorzüglihe Arbeiten von Eduard Brützner, wobei 
zwei Bemälde erften Ranges, im Rataloge verzeichnet, vier feine Benrejzenen 
von Hugo Rauffmann, vier Werke von Eugen von Blaas, drei Defregger 
und zwei reizende, fein gemalte Bildchen von Jofef Gifela. Außerdem find 
duch ganz bedeutende Werke repräfentirt: Mathias Schmid, C. Jut, 
€. Harburger, Anton Müller, Andr. Ahenbah, €. v. Merode, Robert Schleich, 
Antonio Rotta, Claus Meyer, Hans Temple, G. Jaquet, franz Ruß, Iſidor 
Rauffmann, J. WAjoutiewics, fr. Aug. v. Raulbadh, Hubert Herfomer, f.v. Lenbach, 
£. Douzette, J. Rinzel, Eug. Derboedhoven, H. Schwaiger und viele Andere. 












Deutfde Rung. 297 
Moderne Ziergefähe. 
Das ecdhte Ginn ift bei uns wieder zu Ehren Ranne und ibr unterer Rand find glatt, immer aber matt gehalten. Nod 


gefommen und hat die Ausbildung der Zierformen 
entfchieden günftig beeinflußt. Wir bringen um- 
ftebend ein paar Rannen aus Rapferzinn mit 
überaus freier und doc ftilvoller Dekoration. Auf 
dem gehämmerten, wie Stoff behandelten Grunde der 
fleineren Ranne, deren baudige form durch willfürliche 
Eindrüde fih intereffanter geftaltet, liegt ein kräftiger 
Diftelzweig, theilweife emporgeboben von der fih nieder- 
beugenden Hentelfigur.  Diefe, wie der obere Theil der 


Bekanntmadzung. 


Das Preisausfdreiben vom 1. November 1897 für den Entwurf einer 
Hodzeitsmedaille oder Plakette hat eine rege Betheiligung der Rünftler her- 
vorgerufen. 

Es find 87 Entwürfe eingegangen, von denen eine größere Anzahl für 
eine Auszeihnung in Betraht gezogen werden konnte. 

Die als Preisgeriht eingefegte Landes-Runft-Rommiffion hat zwar nad 
eingehender Prüfung befdlofjen, von der Eriheilung des erften Preifes ab- 
zufehen, da fie feinen der eingegangenen Entwürfe ols allen Anforderungen 
entfprehend anzuerkennen vermochte. 

Sie hat indejlen folgende Preife zuerkannt: 

A. Un Stelle des erften Preifes von 2000 Mark zwei Preife 
von je 1000 Mar? für die Entwürfe: 
1. Ar. 5 mit dem Kennwort „Amen“ 
2 „Bun n „Frühling“. 
B. Aht Preife von je 400 Marl fiir die Entwürfe: 
1. Nr. 12 mit dem Rennwort „Aud Einer 


Darm OR. 3 sf „Leben ift Arbeit" 

5. n 5I u tt ” „95“ 

4. ” 70 n ” ” „Blüd" 

5. ” 4 ” ” ” „Auf ewig" 

Oor 89" Spe ag F „Einem Jeden das Seine" 

Te o IO Fe A „Variatio delectat" 

8. 68i in i „Rehte Ehe ift rehte Pflihterfüllung". 


Bei Eröffnung der verfihloffen abgegebenen Adreffen der Einfender 
ergaben fih als Urheber der vorgenannten Arbeiten: 
zu A. 1. Herrmann Diirrih, Cifeleur, Fadlehrer an der Runftgewerbe- Schule 

in Caffel; 
n n 2 Wilh. Biefede, Bildhauer und Maler, Lehrer an der Runftgewerbe- 
Schule in Barmen; 
Dr. UA. Winkler und J. Eitenburger in Hanau; 
Bruno Arufe, Bildhauer, Lehrer an der I. Handwerker - Schule in 
Berlin; 
C. Maaf, Bildhauer in Berlin; 
str Schneider, Bildhauer in Berlin; 
Paul Fliegner, Modelleur und Feihner in Hanau; 
Emil Torff, Bildhauer in Berlin; 
Eduard Raempffer, Profeffor, Maler, ordentliher Lehrer an der 
Runftgewerbe-Schule in Breslau; 
n n 8 Ernft Seger, Bildhauer in Wilmersdorf bei Berlin. 

Die fämmtlihen Entwürfe werden demnddft in einem Saale des Landes» 
Ausftellungs-Bebäudes in der Broßen Berliner Runft - Ausftellung für 1898 
während der Dauer von etwa 4 Wochen zur Befihtigung ausgelegt werden. 
Denjenigen nicht preisgefrönten Rünftlern, welde den Wunfch haben, daß die 
von ihnen berrührenden Entwürfe mit ihrem Yamen bezeihnet werden, wird 
anbeimgeftellt, fih dieferhalb an die Rommifjion für die Grofe Berliner 


w 
= 
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ON ON 


wie Preisbewerbungen. 


origineller ift der Rrug, der eine leichte bewegte Wailerfläche darftellt, aus 
dem von der Henkelfigur fife und ein mächtiger Hummer mit dem Nege 
nit ohne Anftrengung berausgezogen werden, denn ein nedifcher Waffergetft 
verfucht, das Net in der Tiefe feitzuhalten. Am Strande, als welder der 
Hals des Befäßes gedacht ift, liegen zierlihe Mufcheln, und eine Schnede 
zieht langfam ihre Bahn. Der eigentlihe Ausguß geftaltet idh zum Befiht 
— wobl das des Waffergottes! Das fhöne, metallifhb glänzende und doch 
bildfame Metall hat zu einer freien Behandlung der Flächen wie der Model- 
lirung geführt und augenfcheinlich ftilbildend gewirkt. 


Hm 


Runft » Ausftellung (Berlin NW., Landes - Ausftellungspart Alt -Moabit) zu 
wenden unter Angabe des Rennworts und einer kurzen Befchreibung des Ent- 
wurfs. 

Nadh Beendigung der Sffentliden Ausftellung find die nicht preisgefronten 
Entwürfe von den Rünftlern abzuholen bezw. von der Ausftellungsfommiffion 
3u erbitten. Ueber die Ausführung einiger der prämiirten Entwürfe bleibt 
die Entfheidung vorbehalten. 

Berlin, den 7. Mai 1898. 

Der Minifter 
der geiftliden, Untercidts- und Wedizinal-Angelegenbeiten. 
Boffe. 


Preisausfdreiben sur Grlangung eines Modells für einen Brunnen 

in Bromberg. 

Es wird beabfidtigt, in der Stadt Bromberg einen monumentalen 
Brunnen mit figüclihen Darftellungen zu errichten. 

Alle preußifhen und in Preußen lebenden anderen deutfhen Bildhauer 
werden eingeladen, ih an dem Wettbewerb zur Gewinnung von Entwürfen 
für den Srunnen 3u betheiligen und ihre Arbeiten für diefen Jwet ein- 
zureichen. 

Für dieſe Konkurrenz gelten folgende Bedingungen: 

J. Der Brunnen ſoll auf dem Welkienplak hinter der Paulsfirde in 
den entjprehend umzugeftaltenden gärtnerifhen Anlagen feine Auf- 
ftellung finden. Die genaue Beftimmung der Stelle wird nah Der- 
einbarung mit dem ausführenden Rünftler erfolgen. 

Eine Dereinigung der Anlagen des Regierungsgartens mit den- 
jenigen des Welgienplages und die Befeitigung des jett vors 
handenen trennenden Bitters ift in Ausficht genommen. 

2. Der Brunnen ift freiftehend von allen Seiten zu entwideln. 

Bet den Abmeffungen desfelben ift auf ein angemefjenes Der- 
hältniß 3u den Umgebungen bejonders zu achten. 

€s ift bei den figürlihen Darftellungen darauf Rüdfiht zu nehmen, 
daß In unmittelbarer Nähe des Plakes zwei öffentlihe Schulen 
liegen. 

3. Die Bildwerfe follen in Bronze ausgeführt werden. 

für die Gefammtfoften der Ausführung der Brunnen-Anlage mit 
Einfhluß aller Webenfoften ftehen SO 000 bis 100 000 Mark zur Der- 
fügung. 

4. Es find plaftifche Modelle in ein Achtel der Ausführungsgröße ein- 
zureihen; für den arditeftonifhen Theil genügt die Beifügung einer 
Anfihtszeihnung, eines Brundriffes und Aufriffes. 

Den Rünftlern bleibt es überlaffen, fish bezüglid des baulichen 
Teils der Hilfe eines namhaft zu madenden Arditeften zu bedienen. 

Die Modelle find forgfältig durhzuarbeiten, fo daß diefelben ein 
ficheres Urtheil über das fertige Werk ermöglichen. 

5. Die Entwürfe und Zeichnungen find unter genauer Angabe von 


298 Deutfhe Rung. 





Namen und Wohnort des Urbebers, oder der in Bemeinfhaft auf- 
tretenden Bewerber, unter Beifügung eines Erläuterungsberihts und 
eines ausführlihen, auf die einzelnen Beftandtheile der Gefammt- 
anlage mit Einfhluß der Aufftellung und fonftiger Nebenkoften be- 
züglihen Roften-Anfhlags bis zum „I. Dezember 1898, Nachmittags 
5 Uhr", in der Königlihen Akademie der Rünfte in Berlin, Unter den 
Linden Ar. 38, foftenfret einzufenden. 

Die Roften des Wafferbedens, der Fundamentirung und Auf- 
ftellung des Brunnens, fowie Sie Roften der Wafferzufiibrung, der 
Plagregulirung und fonftiger YWebenarbeiten find in der zu 3. ge- 
nannten Summe mit enthalten und follen in dem Anfdlage von den 
übrigen Roften getrennt aufgeführt werden. 


6. Die Entfheidung über die eingegangenen Arbeiten erfolgt Surh die 
Landes-Runft-Rommijfion, welder zu diefem Zwede zwei Dertreter der 
Stadt Bromberg mit Stimmeredt bhingutreten. 

7. für die beften Werke werden drei Preife von 5000 M., 2000 M. 
undIO00 M., zufammen 
6000 M., ausgefeßt. 

Außerdem bleibt es dem 
Beihluffe des Preisgeridts 
vorbehalten, höchftens fünf wei- 
teren Bewerbern für anerfen- 
nenswerthe Arbeiten Entjhädi- 
gungen von je 600 M. zuzu- 
fpreden. 

S. Die jämmtlihen Ent- 
wöürfe, welche nicht zur 
Ausführung gelangen, 
werden den Bewerbern 
wieder zur Derfügung 
geftellt. 

9. Ueber die Ausführung 
des Brunnens bleibt die 
Entfheisung vorbebal- 
ten. Sofern ih feine 
Anftände ergeben, wird 
jedod) thunlicft der mit 
dem erften Preife aus- 
gezeichnete Entwurf zur 
Ausführung beftimmt 
werden. 

10. Bei der Ertheilung des 
Auftrages kommt der 
dem Rünftler gezahlte 
Preis auf das Gefammthonorar für Ausführung der Brunnenanlage 
in Anrechnung. 

11. Die Beftimmung über öffentlihe Ausftellung der eingelieferten Ent- 
würfe bleibt vorbehalten. 

Ein Lageplan von dem Welgienplak und feiner Umgebung, ferner ein 
Abdrud diefes Preisansfchreibens Fönnen bei dem Bureau der Röniglichen 
Atademie der Riinfte in Berlin, Univerjitätsftraße 6, in Empfang genommen 
werden. 

Berlin, den 25. April 1898. 

Der Minifter der geiftlihen, Unterrichte- u. Medizinal-Angelegenbeiten. Bojfe. 





Zweites Preisausfhreiben 
für Anfidjts-Poptkarten aus dem Ronigreidje Sachfen. 

Die zablreiche, faft 600 Nummern umfaffende Betheiligung an dem vor- 
jabrigen Preisausfdreiben fiir Riinftler-Poftfarten aus dem Rönigreih Sadfen, 
der ftarfe Befud der Ausftellung der Wettbewerbs-Entwürfe und der günftige 
Erfolg, den auh nicht preisgefrönte Entwürfe bei diefer Belegenheit erzielt 
haben, veranlaft das Minifterium des Innern zum Erlaf des folgenden zweiten 
Preisausfhreibens diefer Art. 

Das Ausfhreiben foll einen Zweig volfstiimlider Runft und die Liebe 
zum Heimathlande fördern. 

J) für die 24 beften Original-Entwürfe zu Riinftler-Poftfarten werden 
Preife, und zwar J2 Preife von je 100 Mark und 12 Preife von je 50 Marf, 
ausgeſetzt. 

2) die Bilder dürfen nur darſtellen: Landſchaften oder Ortſchaften aus 
dem Rönigreihe Sachſen, volksthümliche Bauten, Volkstrachten oder Volks— 
bräuche aus dem Koͤnigreiche Sachſen in landſchaftlicher Umgebung. Viel- 
beſuchte Ortſchaften und Lebensbilder aus den Haupterwerbszweigen einer 
Gegend ſind zu bevorzugen. 





Sierfannen aus Kayjerzinn. 


3) a. Die einzureihenden Entwürfe miiffen die Geftalt der deutſchen 
Poftfarten haben, aber 13 cm hod und 20 cm breit fein. Hodformat ift 
ebenfo zuläffig, als Querformat. b. Sie dürfen niht den ganzen Raum ein- 
nehmen, fondern müflen Plat zu fhriftlihen Mittheilungen (mindeftens ein 
Viertel der Befammtfläche) laffen. c. Sie können einfarbig oder mebrfarbig 
fein. Letteren falls foll die Farbengebung eine möglihft einfadhe, für die 
Dervielfältigung in Buntdrud geeignete fein. d. Als Unterforift unter dem 
Bilde ift lediglih deflen Begenftand anzugeben; dagegen find Zufäte wie 
„Gruß aus... .* oder „Andenken an... t .* wegzulafien. 

4) Die Entwürfe, welhe nicht mit dem Namen des Urhebers verjeben 
fein dürfen, jedoch ein Kennwort tragen müfjen, find fpäteftens am Sonnabend, 
den 29. Oftober 1898, Yladhmittags 2 Uhr, bei der Ranzlei des Minifteriums 
des Innern (Seeftraße IS, III) einzureihen. Sämmtlihe Entwürfe dejjelben 
Urhebers dürfen das gleihe Kennwort tragen. 

5) Gn einem gleichzeitig einzureihenden verfdloffenen Umfdlage, welder 
die Unterfohrift des eingereidhten Entwurfs (f. 5d), fowie das Kennwort (f. 4) 
trägt, it Name und Wohnung des Urbhebers genau anzugeben. Urheber, 
welde mehrere Entwürfe einreihen, fönnen auf dem verfchloffenen Umfhlage 
dte Unterfchriften ihrer fämmtlihen Entwürfe angeben. 

— Einen Wettbewerb um Entwürfe für eine Ebrenurkunmde erläßt der 
Deutfhe Radfabrerbund 
mit Termin zum 15. Juni 1898. 
Zur Dertheilung gelangen drei 
Preife von 1000, 500 und 
300 Mark. Ein Ankauf nicht 
preisgetronter Entwürfe für je 
100 Mark ift in Ausfiht ge- 
nommen. Gadverftindige 
Preisridter find die Herren 
Geh. Hof- und Baurath. Prof. 
Wallot-Dresden, Prof. Mar 
Rlinger- Leipzig und Prof. 
Carl Banger- Dresden. Nä- 
beres durch Herrn Theos. 
Boedling in Effen (Rubr). 

— Jur Erlangung von 
Entwürfen für die faffaden 
und das Haupttreppenhaus 
eines am = Raiferplake in 
Straßburg i. €. zu er 
bauenden Dienftgebäudes 


lungen, die Landeshaupt- und 

die Depofitenfaffe, wird für 

diejenigen Arditeften, welche 

in Eljaß-Lothringen wohnen 

oder zur Zeit dafelbft bei 
— öffentlichen Bauten befhäftigt 
x find, ein Wettbewerb ausge- 
= fbrieben. Die Bedingungen 
find gegen Zablung von 10 
Marf von der Ranzlei des Mi- 
nifteriums, Abtheilung für 
finanzen, Gewerbe und Do- 
mänen, Münzgaffe Yr. 2, zu 
beziehen, an welde die Entwürfe bis zum 15. Juli IS9S einzufenden find. 
Es werden zwei Preife im Gefammtbetrage von 5000 Mark vertbeilt. 

— Ein Preisausfhreiben um eine Gedenfhalle, die in dem Rurpart 
eines Baseortes geplant wird, hat der Wettbewerbausfhuß des Arditeftenvereing 
erlafjen. Die Halle, die zugleihd den Rurgäften Schuß gegen das Wetter 
gewähren foll, erhält als bejonderen Shmud ein größeres Bronzemedaillon 
mit dem Portrait des Schöpfers der Ruranlage. Um einen bejjeren Ueber- 
blid über einen kleinen See zu gewinnen, ift die Halle, fiir welde 4000 Mart 
zur Verfügung fteben, auf Quaderftufen erhöht anzulegen. Der Einlieferungs- 
tag ift der 10. Juni. 

— Die f. t. Runfterzgießerei in Wien bat eine Konkurrenz aus- 
gefchrieben, um geeignete Modelle für eine würdige Vertretung der öfter- 
reihifhen Bronze + Gnduftrie auf der Parifer Weltausftellung im Fabre 1900 
zu erhalten. Sie widmet für diefen Jwet den Betrag von 3500 fl. Als 
Motiv wird „das fhwindende und fommende Jahrhundert" feftgefegt. Das 
Modell foll ein fünftlerifh vollendeter, funftgewerblider Gegenftand fein, 
welder zur Vervielfältigung in Bronzegué geeignet ift. Modelle find bis 
10. Januar 1899 in der l. t. Runfterzgieferet in Wien, 4. Be3., Gupbaus- 
ftrafe 25, abzuliefern. Die f. f. RunftergzgieBerei garantict, daß fie diejenige 
Arbeit, welhe ibr die Gury als die befte und als geeignetfte bezeichnet, 
acceptirt und um den Preis von 2500 fl. von dem Konkurrenten erwirbt. 
Als Guroren werden fungiren: Profeffor Raspar Ritter von Zumbufad, 
Direftor der l. f. Graveur-Ufademie Anton Scharff und Arthur Krupp. 

— Zur Erlangung von Entwürfen für eine Wohnbausgruppe in 
Bozen wählt ein dortiges Ronfortium den Weg des Sffentliden, auf 
Architetten Oefterreihs und Deutfhlands erftredten Wettbewerbes. Für die 
bis zum 1. Juli ð. 5. einzufendenden Entwurfsjfizzen ftehen zwei Preife von 
800 und 400 Kronen zur Verfügung; ein Ankauf nit preisgefrönter Arbeiten 
fiir je 200 Rronen ift vorbehalten. Das Preisrihteramt üben aus die Herren 
Ach. franz Ludner, Pf. Min.» Ober - Ingenieur, Peter Tecini, ftädt. 
Ingenieur, und f. P. Ober- Jngenieur Julius Greil, fämmtlih in Bozen. 
Unterlagen durd den Obmann des Ronfortiums für Erbauung von Wohn- 
häufern in Bozen, Herein Ober-Gngenieur Julius Greil. 


für zwei Minifterial-Abthei- 


Deuttge 


Runf. 299 


C Perfönlides. <>) 


— An der Rönigl. Akademie der bildenden Riinfte in Münden wurde 
die dur den Tod Liezenmaper's erledigte Profeffur für firdlihe Aunft dem 
Maler Martin Feierftein übertragen. Gm Jahre 1856 zu Barr (Elfag) 
geboren, madhte der Riinftler feine erften Studien im Atelier feines Daters, 
eines Altarbauers und Bildhauers. Dom Jahre 1875—1879 war er Schüler 
an der Akademie in Münden bei den Profefloren Strähuber, Löffg und 
Dieg, fehte feine Studien in Paris fort und ließ fih nad) einer italienifchen 
Studienreife im Jahre 1883 ftändig in München nieder, um fich faft ausfchließlich 
der religiöfen Malerei zu widmen. Bier fhuf er zahlreihe Entwürfe zu 
Glasgemälden, darunter einen größeren Cyflus für den Bremer Dom. 1887 
entftanden die Wandbilder für die Magdalenenkirhe zu Straßburg. Eine große 
Anzahl von Altarbildern des Riinftlers befindet fih im Elfaß. fiir die St. 


Annaliche zu Münden fhuf der Meifter zehn Bilder aus dem Leben des 
bl. Antonius von Padua. 

— Zur Ehrung des Altmeifters unter den Züriher Malern Rudolf 
Roller, welder am 21. Mai feinen 70. Geburtstag begeht, veranftaltet die 
Züriher Aunftgenoffenfhaft eine Zublläumsausftellung, weldhe an 400 Nummern 
zählt und Bemälde, Studien und Skizzen des Rünftlers von feinen frühen 
Anfängen bis auf unfere Tage enthält und fomit einen intereffanten Ueber- 
blid über das Befammtfhaffen Roller's gewährt. 

— Am 24. April farb in Düffeldorf im Alter von 74 Jahren der 


Landfhaftemaler Rarl Shweih, ein gejhägter Deteran der Düfjeldorfer 


Rünftlerfhaft, welcher er 45 Jahre angehörte. Seine Bilder, deren Stoffe er 
vorzugsmweife der Alpenwelt entlehnte, zeichneten fih durd gute Auffaflung 
und gefchidte feinfinnige Durchführung aus. 





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Derlag der „Deutfcen Ranft", Berlin W. 57. — Derantwortlid für die Scriftleitung Dr. Georg Maltowsty, Berlin W., Steinmepftr. 26. — Drud von W. Büpgenftein, Berlin, 


Berliner Gobelin-Weberei. 


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II. 16. 





Deuffche 1 


unſt. 





Beiblatt: Das Atelier, 
Sluftrirte Seitichrift fiir das gefammte deutiche Kunitichaffen. 


Central-Organ deutfdhher Runft- und Riinftler-Dereine. 


Alle 14 Tage erfheint eine Nummer. 
Preis vierteljährlid 2.80 Mart. 
Poftzeitungslifte Nr. 1174. 


Herausgegeben von 


Genrg Malkoiuskn. 
Scriftleitung und Perwalfung Berlin W.57, Steinmehfir. 26. 


Alle 14 Tage erfcheint eine Nummer. 
Inferate: 40 Pfennige fiir die 4ge- 
fpaltene Nonpareilte-Zeile. 





Publifationsorgan des Deutfhen Runfivereins in Berlin, des Sdlefifden Runftvereins in Breslau, des Runftvereins für das Brofberzogtbum Heffen in Darmftadt, des Anbaltifen Runfts 
vereins in Deflan, des Wiirttembergijd@en Runftvereins in Stuttgart, des Schleswig» Holfteinifhen Runftvereins in Riel, der Runftvereine in Münden, Oldenburg, Mannheim, Nürnberg, Gera, 
Altenburg, Elberfeld, Barmen, Bielefeld, Börlik, Danzig, Rönigsberg, Stettin u. a. 








Ur. 16. 


1. Juni 1898. 


I. Jahrgang. 


Hermann Rüdisühli, 


Pon Rarl Rrummaer. 


und Geiftesleben die Mehrzahl feiner Zeitgenoffen thurm- 

hodh überragt, und nad dem Maßftab feiner Schaffens- 
raft in die höchften Rulturaufgaben mit eingreift. Mag fih 
ein foldes Lehr. und Abhängigkeitsverhältnig nod fo frei und 
ideell geftalten, man wird meiftens die Thatfache beobadten, daf 
ein wirflihes Benie auf ein Talent zweiten Ranges innerhalb 
feines Wirfungsfreifes nicht befrudtend, fondern erftidend wirkt. 
Die großen Einfamen, wie fie Nießfhe nennt, haben genug mit 
fi felbft zu fhaffen, fie haben fein ntereffe, zu den fhwächeren 
Ondividualitaten herab zu fteigen, die Erfüllung ihrer großen 
Miffon läßt ihnen feine Zeit übrig, die Art jener verftehen zu 
lernen, ihnen aus dem Schabe allgemein giltiger Erfahrungen 
etwas mitzutheilen. Selten befigen folde Riinftlerheroen den Ehr- 
geiz, junge Kräfte in ihrem Geifle heranzubilden; fie wiffen, 
wie problematifh es überhaupt im KRünftlerberufe ift, 
Andern etwas Pofitives beizubringen, es fei denn die große 
Ebrfurdht vor der Natur, die ihnen allein als Rihtfhnur gedient 
hat. Aber die Schaar abgöttifher Derehrer, Nahahmer und 
Schüler, die jedes Wort aus dem Munde des Meifters wie eine 
Offenbarung nehmen, ift niht fern zu halten. Es liegt etwas 
Beraufhendes in dem Wefen jener Ausnahmemenfhen, das auf 
die Dauer vergiftend wirft; an der Benialität des Stärferen 
geben die meiſten dieſer ſchwächeren Nacheiferer thatfadlid zu 
Grunde, nahdem fie in flavifhem Perfonenfultus ibr beftes 
Eigenthum verfehleudert haben und felbft der Natur, die fie nur 
duch Dermittelung fennen lernen, mit Beringfhätung begegnen. 
Um fo mehr find jene Wenigen anzuerkennen, denen das Vorbild 
ihres Meifters nur ein Sporn zur Arbeit it, um ihre Pulfe zu 
befchleunigen und eine beftändige Anregung und Ermuthigung, 
der Natur noch beberzter, freier entgegenzutreten. 

Don einem Bödlinfhüler Rüdisühli haben wir in Deutfd- 
land noch wenig gehört. Jn der Schweiz hat er Name des 
Rünftlers, der feine Ausbildung in Deutfhland genof, fpäter 
aber wieder nad feiner Heimath überfiedelte, einen guten Rlang. 
Auf größeren deutfhen Ausftellungen war er, fo viel uns befannt, 
niht vertreten; ausgenommen in der Münchener Internationalen 
Ausftellung 1888, die er nod nidt als Anhänger Bödlin’s 
befhidte. Zur Zeit ift ein ganzer Cyflus feiner Arbeiten in dem 
Berliner Bemäldefalon von €. Zaeslein ausgeftellt. Das all- 
gemeine Gntereffe, weldes Riinftler und Runftfreunde an den 
Werfen Rüdisühlis nehmen, rechtfertigt es, wenn wir uns mit 


fs bat feine eigene Bewandtnig mit den Schülern eines 
großen Weifters, welder mit feinem reihen Gefiibls- 


einem 


den typifchen Schweizer und feinem Entwidelungsgang eingehend 
befhäftigen. 

Hermann Rüdisühli wurde 1862 in Lenzburg in der 
Schweiz geboren. Seine erften fünftlerifhen Eindrüde empfing 
er im Elternhaufe urh feinen Vater, den Landjhaftsmaler 
Lorenz Rüdisübli, deffen intim behandelte fonnige Waldbilder in 
allen Schweizer Mufeen Eingang gefunden, wandte fid) aber 3um 
eigentlihen Studium nad Karlsruhe, wo er unter Leitung von 
Ferd. Keller und Brünner arbeitete. Nachdem er 1888 zum erften 
Male in Münden ausgeftellt und fid auf den verfdiedenften 
Gebieten verfucht hatte, pflegte er ausfhlieglih die Landſchafts- 
malerei und gründete 1889 in Stuttgart eine Malfchule, die all- 
gemeinen Anklang fand. Nadh einigen Jahren trieb es ihn jedod) 
wieder in feine Heimath, und er wählte Bafel zu feinem bleibenden 
Aufenthalt, wo er mehr und mehr unter dem Einfluffe Bödlins 
zu fhaffen begann, ©. 6. nidt als deffen eigentliher Schüler, 
denn Bödlin hatte fon feinen Wohnfis nad) Züri verlegt, 
fondern urh die vielen Original-Schöpfungen des Meijters in 
Privatbefit und der Aunfthalle angeregt, zulegt aud von der 
Bodlin-Begeifterung der dort anfäfligen früheren Schüler Sand- 
reuter und Preiswerf mit fortgeriffen, welde in der Basler Riinftler- 
[haft die führende Stellung einnabmen. 

Die Gemälde, welche uns in Zaeslein’s Runftfalon vor- 
geführt werden, ftammen aus den verfchiedenen Perioden feines 
Schaffens und find ebenfo verfdieden in der Behandlung wie in 
der Büte. Noch unberührt von dem Beifte feines großen Lands- 
mannes, ſucht er in feinen früheren Bildern die fchlihte Natur- 
erfheinung feftzubalten. Diefe Candfhaften, mit feiner Yatur- 
beobadtung gefeben und wiedergegeben, wirken in ihren befcheidenen 
vornehmen Reizen recht anfpredend. Eine blumige Wiefe mit 
verfchleiertem Himmel, ein Buchenwald mit den fdlanfen, vom 
Sonnenlidt geftreiften Baumftämmen, eine Sommerlandfchaft mit 
einem reifenden Rornfelde und dunklem Bebüfch find für diefe 
Anfhauung harafteriftife und laffen einen poetifchen, zartbefaiteten 
Rünftler erfennen, der, durchaus felbftftändig in feinem Empfinden 
fih dod in gewiffen Grenzen bewegt und nit nad gewagteren 
himmeljtürmenden Problemen tradhtet. Anders in feinen fpäteren 
Schöpfungen, wo der Genius Bödlin’s es thm angethan hat, wo 
er von feiner Phantafie — und niht einer nadhfchreibenden, 
nadhempfindenden — den ausgiebigften Bebrauh madt und feine 
Mardhendidtungen und ftilifirten Natureindrüde, die im GBegenfak 
zu Bodlin nidt auf italienifthem, fondern auf fhweizerifhem 
Boden wurzeln, in gliihende, ja brennende farben taucht. Diefer 


302 


Reidthum an Tonwerthen, die Sättigung und Leuchtkraft der Farbe 
mweifen überall auf Bödlin's Einfluß zurüd, feinen Rompofitionen 
ift die monumentale Bröße des Meifters eigen, bei ihm find es 
große unendliche Flähen mit raufhenden Eihwäldern, einzelne 
Eihbäume mit ihrem titanenhaften, ftolzen Wudfe oder leicht 
gewellte Triften mit einem riefelnden Bad und malerifchen 
Baumgruppen, die bald im Vordergrund, bald meilenweit zurüd- 
liegend durch den Reiz der Silhouette fprehen. Mandmal bat 
fidh auc) Ser Maler Sirett an Bödlin’fhe Phantafielandfhaften 
angelehnt, nicht zum Dortheil feiner Bilder, beifpielsweife in jener 
aus dem Meere wie ein Klog aufragenden Jnfel, die unwillfürlid) 


Deutfhe Runft. 


des fchrantenlofen Himmels an Rouffeau'fhe Gréfe der Auf- 
faffung erinnert, vorzüglih zum Ausdrud. Das funfeln der 
Abendfonne in Sen rothen Baumtronen fnnte vielleiht noch feiner 
nuancirt, bier und da von fühlen, urh fomplementäre Farben 
wirkende Schlagfihatten begleitet fein, ohne dem Sonnenbrand 
Eintrag zu thun. Sein reifftes Rönnen entfaltet der Künftler 
in der Behandlung des Himmels und dem tropifch blauen Aether, 
der durch die Sariiberlagernden verſchiedenen Wolkenſchichten erſt 
feine koloriftifhe Bedeutung erhält. Wie die fonnendurdhfdienenen 
Dunftgebilde fih zu Ballen zufammenfhließen, wie fie durch- 
einanderfluthen und zu loderen Woltenfegen zerriffen werden, wie 











zu einem DVergleih mit der Bödlin’fihen Todteninfel oder dem 
Schloß am Meere auffordert. Don den Centauren und fabel- 
wefen, die in den Erfindungen der Yleuromantiter die Hauptrolle 
fpielen, wußte er fih aber glüdliherweife fern zu halten. Selten 
bemerken wir überhaupt eine Staffage; mit Gefhid ift jedoch in 
die weite blumenüberfäete Wiefenlandfhaft mit den nahen und 
fernen Baumfompleren eine weitverftreute Rinderbheerde hinein- 
fomponitt. Die Stimmung des Herbftabends kommt in diefem 
Bilde, das in der Beherrfhung des unabfehbaren Terrains und 





die naben fcdwarzvioletten Gewitterwolfen an den fernen lichten 
Wolfenmaffen voriiberftiirmen, diefes ganze atmofphärifhe Leben 
ift mit einer bewundernsmerthen dramatifhen Kraft gegeben. 
Ueberall, wo uns der Rünftler aus feinem Befühlsauffhwung mit- 
theilt, erfdeint das Ueberhöhen der Ylatur gerechtfertigt, die ftarfen 
Farbenatfordse haben eine innere Wahrheit und die Anflange an 
den großen Meifter beleidigen uns nidt, wabrend feine Schöp- 
fungen, Sie mit weniger ftarfem oder flarem Empfinden ausgeführt 
find, gerade in der farbe eine gewiffe Harmonie vermiffen laffen. 


Die Ausftellung der Münchener Sezeffion. 


it Stolz und Befriedigung darf die Mündener Sezeflion auf den 
Erfolg ihres jahrelangen muthigen Ringens zurüdbliden. Wenn man 
von einem Siege reden will in diefem ernften Rampfe der Ueber- 
zeugungen, wo jede Eroberung die ganze Entwidelung des modernen Strebens 


I. 


freier und günftiger geftaltete, fo beftand er in dem langfamen Nadgeben der 
offiziellen und prinzipiellen Gegner, in der vollfommenen Sanctionirung 
der ſezeſſioniſtiſchen Körperſchaft, die fhon länger als gleihberehtigt mit Ser 
Mündener Rünftlergenoffenfhaft anerkannt nun aud von Seiten des Staates 


Deutfde Runf. 


in ihren ntereffen befürwortet und unterftügt wurde, indem ihr ein eigenes 
Runftausftellungsgebände zum dauernden Wohnfig überwiefen wurde. 

Die Losldfung der Sezefioniften, die anfangs wie ein übermüthiger 
Bewaltftreih aufgefaßt wurde und viel böjes Blut fegte, erfiheint uns heute wie 
ein folgerehter Schluß der allgemeinen, unaufbalfam fortfchreitenden Aunft- 
entwidelung. Diefes neue, mädtig feimende Leben ftellte ih Bedingungen, 
die nur mit dem faft unmdglid) fcheinenden Durdbredhen gewiffer Sdhranten, 
mit dem riidfidtslofen Hinwegräumen iiberlieferter Dorurtheile zu erfüllen 
waren. Man blidt heut zu Tage zu den Stammbaltern der jungen 
Rünftlergeneration mit Hohadtung empor; man weiß die Elemente der Se- 
3effion, innerhalb der fic) freilid) nod) manhe Wandlung vollzog, genug zu 


Ae? * 
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— * 





303 


Deden, wie die in den fdmalen Derbindungsgängen, welde fih zur Auf- 
nahme graphifher Runftwerfe empfablen, führten wefentlihe Derbefferungen 
herbei. Die fehwierigfte Aufgabe beftand jedenfalls darin, fih mit dem be- 
fhräntten Raume abzufinden; die Hängelommiffion mußte mit äußerfter Klugheit 
und Strenge zu Werke gehen, um in den acht mittelgroßen Salen allen Theilen, 
den einheimifhen Mündener, den übrigen deutfchen und ausländifhen Rünftlern 
gerecht zu werden. 

Derfuhen wir die mannigfaltigen und madtigen Eindrüde diefer Aus- 
ftellung, wie fie in buntem Wedel an der Erinnerung vorüberfluthen, unter 
einem gemeinfamen Befichtspunft zu betrachten, einen harakteriftifhen Unter- 
fchted im Dergleiche mit zeitlich und örtlicd verfhiedenen Aunftausausftellungen feft- 





H. Rüdisühli, Herbftabend, 


fhägen, um ihre inneren und äußeren Erfolge zu begreifen. Gm legten 
Grunde verdanken fie zwar die neuerdings getroffene Verfügung ihrem funft= 
liebenden Landesherrn, dem bayerifhen Prinzregenten, der in warmer, perfön- 
liher Antheilnahme fiir Runft und Riinftler die Ausfhlag gebende Ent- 
fheldung traf. Ob allerdings mit diefem politifhen Siege, dem Einzug in 
den Porinthifthen Runfttempel das goldene Zeitalter für die Sezeffion an- 
Gebroden ift, wird noh ftar? bezweifelt. Das imponirende Bebäude im 
„Klaffifhen Diertel am Rönigsplat, äußerlid fo ftilvoll und vornehm, wie 
nur denkbar, entfpridt im Gnnern feineswegs den Anforderungen moderner 
Ausftellungstednif, vor Allem nidt dem verwöhnten Befhmad der Sezeffioniften, 
deren erftes jelbfterbautes, wenn aud proviforifches Heim fiir prattifde Fwede 
nidts 3u wiinfdhen übrig lief. Hier mußte man jedod mit den gegebenen 
Derbaltniffen rechnen; tünftlerifhes fFeingefiibl und Befhmad für Harmonie 
und Anpaffung konnten fih im vollen Maße bewähren, um aus Wenigem 
Etwas zu mahen und die vorhandenen Mißftände vergeffen 3u laffen. Dur 
Wandbefpannungen und fußbodenbelag erzielte man überrafhende Wirkungen, 
das Oberliht wurde durh Derblendungen gemildert und zu wohlthuender 
Einheit gefammelt. Aud zwedtmäßige Umbauten, die Einziehung Meiner 


zuftellen, mit anderen Worten das unklare Befühl eines neuen, mit aller 
Kraft fih durchringenden, nad vorwärts drängenden Lebens in formeln aus- 
zudrüden, fo gelangen wir nur zu den allgemeinen Merkmalen der modernen 
Runftftrömung, wie fie vielleicht ebenfo deutlih zur Zeit in Paris oder Wien 
wahrzunehmen find: Augenfheinlih ift in dem Derhältniß zur Natur das 
fubjeftive Empfinden freier hervorgetreten. Nahdem die platte Yaturnad- 
bildung, der äußere Realismus feinen . Höhepunkt erreicht hatte, tritt die 
Phantafie des Riinftlers wieder in thre Rehte, der Znhalt überwiegt wieder 
über die Made und aus den ftudienhaften Bildern, die vielleiht zum Bee 
weife tednifcher fortfdhritte aud eine Exrtftenzberedtigung batten, entftehen 
abgefhloffene inhaltreihe Runftwerfe. Auch die Sezeffion, weldhe in der 
erften Zeit die malerifhen Naturausfchnitte fehr bevorzugte und nidt obne 
Grund auf den heftigften Widerfpruch ftieß, hat diefe Shwenktung mitgemadt. 
Der Zug zur Romantik, zum. Sinnbildlihen und Ueberjinnliden hat aud bier 
die Beifter ergriffen. Obſchon es aud Modefiinftler gab, die die neue 
Romantik nur als einen Dorwand auffaßten, mit anderen farben erperimentiren 
3u fdnnen, fo 3eitigte doc die treibende Kraft in diefer Bewegung wirkliche 
Erfolge. Die Sättigung der farbe, das Schwelgen in geheimnißvollen tiefen 


804 


Deutſche Kunſt. 





Daͤmmertoönen, in ſtarken leidenſchaftlichen oder blaſſen, verklingenden Farben 
blieb das vornehmſte Ausdrudsmittel der Neuromantiker, welches der alten 
Schule der Romantiker gänzlich unbekannt war. Auch die landſchaftliche Licht⸗ 
malerei langte, vergeblich nach Steigerung ſuchend, bei den Farben⸗ 
problemen an. Trog der allgemeinen Neigung der realen Wirklichkeit zu ent⸗ 
fliehen, die Alltagswelt zu umſchreiben und zu überhöhen, ſind diesmal auf 
dem Gebiete der Bildnißmalerel die ſtärkſten und gediegenſten Leiſtungen zu 
verzeihnen. Die künſtleriſche Forderung, die das Bildniß ſtellt, den Charakter 
eines Menſchen in Formen- und Farbenharmonien zu überſetzen, ohne ſich 
einen Zoll von der Natur zu entfernen, bleibt für alle Zeiten den großen und 
genialen Meiſtern vorbehalten, obwohl kein Kunſtgebiet häufiger verkannt und 
durch Dilettanten in den Schmutz gezogen wurde. 

Hugo v. habermann, der ſich in ſeiner Verehrung für alte Meiſter 
häufig auf tehnifhe Aeußerlichkeiten caprizitte und eine nicht gerade erquid⸗ 
liche Alterthümelei zur Schau trug, überläßt ſich diesmal ganz ſeinem 
Temperanient, weldes ihm die Malweife gleihfam in den Pinfel diftirt. 
Das Bildnif einer von vorn gefehenen lahenden Dame mit [hwarzem Hut, 
herabfallendem Pelztragen und breiter, fih an den Hals anfdmiegenden rofa 
Shleife ift von einer pridelnden Lebendigkeit. Der töftlihe Uebermuth des un- 
regelmäßigen, von reihem blonden Haar umgebenen Gefidtes fceint in die 
ganze Arbeit mit übergefloffen zu fein. Das geiftteihe Lädeln bildet den 
Dorwurf zu dem Bilde und die Malerei ift völlig eins mit dem Gegenftand, 
luftig und geiftreid) und von beftehender Eleganz, aber frei von aufdringliden 
Runfiftiidhen. BeiLeo Samberger beobachten wir, wie fih allmählih die 
Individualität mit einer eigenen Spradhe Gehör ver- 
fhafft.. Die für ipn typifh gewordene Webnlichfeit 
mit Lenbad, die, zwar nur in Aeußerlidfeiten be- 
tubend, aud dem oberflählihften Befchaner auffiel, 
beginnt einem eigenen Stil Plaş zu maen. Seine 
neueren Bilóniffe wirten dadurch unmittelbarer und 
überzeugender, die fraftigen Tonwerthe verleihen der 
malerifhen Erfheinung wunderbare Relze, jo in dem 
Portrait einer Dame mit fhwarzem kurzgefnittenen 
Haar und fein gebogener Yafe. Anetsberger lebt 
fih wiederum mit moderner Farbenfreudigteit in alt- 
meifterlihe Uuffaffung hinein, wie in dem von vorne 
gefehenen Bildni des Barons von Wendelftadt, wo 
die gegebenen koloriftifhen Momente mit feiner Bered- 
nung in Einklang gebradt find. Das rofige Gefidt 
der fräftigen Männergeftalt tritt lebensvoll aus dem 
Hintergrunde einer braunroth gebaltenen Jdealland- 
[haft heraus, der eigenthümlihe, an fic fiiplide Ton 
des energifhen Gefichtes wird durd das brennende 
Roth der Rravatte zu einem woblthuenden Alford 
aufgelft. — fiir die Befhmadswandlung der Se- 
zeflioniften ift es recht bezeichnend, wenn felbjt v. Ubde, 
der fi bisher für die moderne Liht- und Sonnen- 
malerei fo febr ins Zeug legte, bei alten Meiftern 
Einkehr hält. Bei dem Bildnif des aufrecht ftehenden 
alten Mannes mit den auf eine Stubllebne auf 
gelegten Händen — die Reproduktion des Bildes 
braten wir in Yr. 12 bei der Dachanergruppe — 
haben ibm offenbar die Pbilofophen des Delasquez 
vorgefchwebt. Bleihwohl Fönnen wir dem Uhte'jhen 
Bilde unfere Bewunderung nicht verfagen. Die 
Wucht des Dortrages, die Einfachheit und Tiefe des 
Tones, nicht minder die feinem Zugeftändniß weihende 
Charakteriftit beweifen dte reifite Meifterfhaft. — 
Mit großem Befhmad ift Hierl-Deronco der 
Aufgabe eines Nepräfentationsportraits geredht ge- 
worden, indem er die Prinzefiin Leopold in der 
Rleidung eines dunklen Reitanzuges durd eine berbit- 
lihe Parflandfhaft fcreitend darftellte. Die ans 
muthige fdlanfe Geftalt in der fdwarzen engan- 
liegenden Traht mit dem liebenswiirdigen Gefidts- 
ausdrud hebt fih im disfreter malerifcher Wirkung 
von den imprefiloniftifch gemalten, bemooften Stämmen 
und dem bunten Laubteppih ab. Das gleihe fiinft- 








galt eine offizielle Perfönlichkeit in der offiziellen, vorgefhriebenen Tradıt, d. h- 
der Uniform mit ihren fehreienden farben wiederzugeben. Die Charakterfhilderung 
it in vollem Maße gelungen. Aus dem Mugen Antlige, den freundlihen Augen 
blidt Energie und Sicherheit des Auftretens hervor. Die Buntheit und die 
foloriftifchen Mißflänge im ganzen Anzuge, die bligenden Orden, den weißen 
‚sederbufh auf dem in der Hand getragenen Beneralshut, das unerträgliche 
nebeneinander ftehende Roth und Blau des bayerifhen Soldatenrodes hat der 
Rünftler mit großem Befhid herabzuftimmen, gleihfam zu entwerthen ver- 
fanden, indem er dem Bilde durch den Hintergrund eines ardhiteftonifhen 
Aufbaues mit landfhaftlihen Durchbliden ein reiheres monumentales Ge- 
präge verlieh. Eine Beziehung zu diefer Umgebung läßt fih hier natürlich 
niht nadweifen, ebenfo wenig wie bei einigen alten Meiftern, die in ihren 
Bildniffen folhe Architekturen als Rouliffen benugen, um in den ftarren, 


“fommetrifhen Linien einen lebhaften Rontraft gegen die Figuren zu er- 


zielen. Eine andere der Benremalerei fih nähernde Portraitauffafiung 
befteht darin, gerade die Umgebung als darakteriftifhes Moment mitfpreden 
zu laffen. Man befhäftigt fi hier weniger mit einem Zuftand, mit der Pfydhologie 
im Allgemeinen, als mit einer Thätigfeit, die, für den Dargeftellten und feine 
Gewohnheiten bezeichnend, auch zu den mannigfadhen unentbebrliden Gegen- 
ftänden des täglichen Lebens in engftem Zufammenhange fteht. Gn diefer faft er- 
zählenden form tritt uns ein älteres Bildniß Segantini’s aus dem Jahre 1883 
einen italienifhen Rünftler und Schriftfteller darftellend, entgegen. Mit dem 


rechten Arme auf den Tifh geftiigt und ein KHörrohr dem Ohr nähernd, in 
der Linken eine dampfende Pfeife baltend, blidt er den Bejhauer freundlich 





lerifche Feingefühl waltet in dem Burger'fhen Bild- 
niffe des bayerifhen Rriegsminifters v. Afh, wo es 


a 


H. Rüdisühli, Herbſtſtimmung. 


Deutfdhe Ranft ; 





an; Woblwollen und 
Bebagen fpridt aus 
dem Blid diefes Schwer- 
börigen, die ihn umge- 
bende Unordnung, das 
bunte Durcheinander 
von den verfchledenften 
Dingen des Ateliers 
und der Studterftube 
gehören offenbar zu 
dem Elemente, in dem 
er fih wohl fühlt. gn 
der Malerei von leben- 
diger und reicher far 
benwirfung zeigt das 
Bild noh niht die 
impreffioniftifhe Ted- 
nif mit den ftrihweife 
nebeneinander lagern= 
den reinen Lofaltönen. 
Der Dane Viggo 
dobanfen, der fih 
wie teiner feiner Lands- 
leute auf die Schilde 
rung es bebagliden 
Biirgerthums verftebt, 
bringt ein lampen- 
erhelltes Interieur, in 
dem fi der Maler felber 
und vier ‚freunde bei 
Wein und Zigarre güt- 
lid thun. Unrubiger 
als diefes vortrefflihe Bruppenbild wirft ein familienportrait „Die 
frau des Rünftlers mit ihren vier Töchtern". Ein dekorativ behandeltes 
Gemälde von großem Umfang hat der Schwede Larsfon gefandt. Es 


Dreh. — 


u 
2 


305 








Gobelin, entworfen von Prof. Ewald, gewebt bei W. Zieſch, Berlin. 


ſtellt die Frau des Malers und die in ihrer Altersſtufe trefflich charak⸗ 
terſirten Kinder dar, wie ſie im Garten beim Scheine der Morgenſonne 
luſtwandeln. 


Berliner Gobelin⸗Weberei. 


2 Is im Jahre 1686 der Große Rurfiirft dem franzöfifchen 

a Gobelinweber Pierre Mercier das Privileg zur Er- 

> richtung einer Bobelinweberei verlieh, that er dies in 

der Erwartung, daß fh daraus mit der Zeit eine 

blühende Fnduftrie entwideln werde. Er fowohl wie feine Nad- 

folger unterftiigten die Manufaktur auf jede Weife. Trokdem 

fonnte es nicht verhindert werden, daß fhon nad dem Tode 

Sriedrids des Grofen die lekte Stunde fiir fie gefhlagen hatte. 

Der Zeitgefhmad war eben ein anderer geworden und fo gerieth 
nad und nad die funftvolle Gnduftrie in Dergeffenbeit. 

Erft im Anfange der fiebziger Jahre fand fih ein Mann, 
der die Bedeutung der Bobelin-Weberei erfannte und den Ge- 
danken entfdloffen in die That umfeßte. Wilhelm Ziefh in 
Berlin unternahm es, ohme geübtes Perfonal, ohne pafjendes 
Material die alte in Deutfchland verlorene Technik gemiffermafen 
neu zu entdeden und zu beleben. Die erfte Leitung feiner Aunft- 
weberei war ein Bobelin in der Miniaturgröße von 40:40 Centi- 
meter. Die Herftellungstoften Seffelben betrugen 255 Mart. 
Langfam nahm die Entwidlung ihren Lauf, Der einfahe Haute- 
liffe-Stubl war bald aufgeftellt, aber fhon wurde es befdwerlid, 
mit paffendem Material eine gute Rette aufzuziehen oder geeignete 
Wolle für den Einfhlag zu finden. Die elaftifhen Zephyrgarne, 
die man für die Stiderei verwendet, find in der Weberei nicht 
braudbar. Syftem und Giite der Färbung find die Hauptfaftoren 
der Gnduftrie. So hat fic) die Chevreul’fhe Farbenffala mit 
ihren 14420 Tönen in den Dienft der Manufattur ftellen müffen, 
und an Stelle der Willfiirlichfeit ift eine geregelte Sicherheit ge- 
treten, die auf die Feinheit und Präzifion der Abtönung einen 
ausfhhlaggebenden Einfluß hat. Unfere deutfchen färbereien waren 
nun zunähft niht im Stande, die ausgedehnte Farbentonleiter 


3u befhaffen und fo mufte fih Wilheim Ziefh vorläufig an 
Frankreich halten.: x 
Langfam, aber fiher ermuds aus den fclidten Anfängen 
ein fhönes Ganzes. Das nddfte Ergebnif waren zwei je 
anderthalb Meter grofe Gobelins nad Bildern von Philips 
Wouwermann und Carel Dujardin und weiter zwei große 
deforativ wirffame Pilafterftreifen mit friidhten und Blumen nad 
Ropien, die Profeffor Meurer im Jahre 1884 von den Originalen 
von Diant im Palazzo ducale zu Mantua genommen bat. Diefe 
Gobelins wurden 1888 auf der Jubiläumsausftellung in Münden 
mit einem Ebrendiplom ausgezeihnet. Mehr und mehr regte fih 
auh in der Künftlerfhaft das Intereffe an der wieder neu empor- 
blühenden Manufaktur und erfte Meifter gaben Kartons zur 
Arbeit an Wilhelm Ziefh her. Als befonders förderliches 
Moment der Vervollfommnung ift eine Studienreife Ziefch's 
nad) Jtalien hervorzuheben. Die alten bliihenden Manufattur- 
betriebe Sort, die nad) Ser Zeit des Uuattro- und Cinquecento 
entftanden, hatten nur fpärlihe Refte am Tiber zurüdgelaffen, 
und Wenige, die die Siebenhügelftadt betreten, haben überhaupt 
eine Ahnung von ihrem Beftehen. Das Ofpizio Si San Midele, 
jene alte Wohlthätigkeitsftiftung des Rardinals Tommafo Odes- 
caldhi, war der Ort, an dem zu Anfang des 18. Jahrhunderts 
Papft Clemens XI. eine Teppid-Manufaktur errichten. ließ. 
Unter Ser fraftigen Unterftüßung Ser Papfte entwidelte fid 
das Jnftitut und wirflid) ausgezeidnete Produfte gingen aus ihm 
hervor. Mit dem Untergange des Rirhenftaates fan? auh die 
Weberei. Als im Jahre 1870 dem Papft Pius IX. die Madt 
über das Ofpizio ði San Miele verloren ging, richtete er im 
Datifan felbft eine neue, wenn aud nur fleine Werfftatt dafür 
ein. Augenblidlih ift ein einziger Webftuhl darin im Betrieb. 


306 


Es ift nun befonders widtig, daß in 
diefer Meinen Werkjtätte des Datifans und 
im Hofpiz das Garn nad geheimen Re- 
zepten gefärbt wird. 

Jiefh bat damals in Gtalien fo 
Manderlei auh bezüglid Ser dort üb- 
lihen Ausbefjerungsmethode in Erfahrung 
gebradt. Er erbielt auf bohe Empfeb- 
lungen Einlaß in die Werkftatt im Vatikan 
und durfte die Galerie der Arazzis genau 
befichtigen. Zu dem großen Erfolge der 
Reife gefellte fih bald ein anderer. Der 
‚färbereivorfteher der Rönigl. Webfchule 
in Crefeld, Dr. Lange, fing an, auf 
Grund von Analyfen, die mit den fran- 
zöfifhen Barnen und den aus dem Vatitan 
mitgebradten Proben angeftellt wurden, 
bald in vorziiglidfter und ausgedehntefter 
Weife zu färben. Und nun wird fchon 
feit geraumer Zeit das engliihe Robgarn 
nicht mehr in Frankreich, fondern in Cre- 
feld gefärbt. 

Die Herftellung Ser Gobelins felbft 
ift eine außerordentlih mühfame und muß 
von hödjfter Sorgfalt begleitet fein. Das 
Spannen der ftarfen baumwollenen Retten- 
fäden, von denen bei Teppichen mittlerer 
Größe etwa 60 Faden auf 10 Centimeter 
geben, muß derartig gefchehen, daß zwifchen 
den ‚fäden ein Raum bleibt, der ihrer 
eigenen Starke entfpridt. Yad dem Auf- 
bäumen der Rette werden die Liken befeftigt. 
Sore Schlingen faffen nur jeden zweiten 
Jaden. NRüdwärts reihen fie fih auf 
einen herabhängenden Holsftab. Ober- 
halb der Like find Kreuzftäbe eingefhoben. 
Die Theilung der Rette in Ober- und Unter- 
fad ermdglidt fo das Durhfchlüpfen der 
Spule. 

Der Schuffaden gebt felbftverftändlich 
nur auf der Strede der Kette, für welde 
die farbe nah Dorfchrift beftimmt ift. 
Während die Weberin arbeitet, bat fie die 
Rüdfeite vor fih und fie fann den ge- 
malten Rarton nur fehen, wenn fie in 
einen Spiegel blidt. Go wird in der 
Werkitatt des Datifan und fo aud in der 
Manufaktur von Wilhelm Ziefch gearbeitet. 
Hier in Berlin ift allerdings noh ein 
Dortheil dabei, Fief bat eine Verbefferung eingeführt, feine 
GBobelins braudhen nicht genäht zu werden. 

Die Herftellungstoften der Gobelins flellen fi natürlid recht 
hod. Das Publitum hält meit gemalte Jmitationen fiir echte 
Stüde und hat von Sen Roften der letzteren deshalb feinen 
teten Begriff. Wenn man erwägt, daß eine tiichtige Weberin 
bei adhtjtündiger Arbeitszeit am Tage etwa 25 Quadratcentimeter 
fhafft und fo eine Jahresleiftung von hodftens 3—4 Quadrat- 
meter hinter fih bringt, ergiebt ji), daß der Preis fhon durch 
den Arbeitslohn arg in die Höhe getrieben wird. Gn Paris foftet 
das Quadratmeter etwa 4500 frs. Jiefdh liefert jedoch jest 
fhon billiger. Thöriht wäre es aber, um des Preifes willen 
Gegner diefer Technik zu fein. Zwed des Runftgewerbes ift es 
ja, materiellen Werth durch Runftfertigheit fo hod als möglich 
zu fleigern. 

Wir haben fhon darauf hingemwiefen, daß ein weiterer Theil 
unferer Berliner Gobelin-Manufattur fic mit der Ausbefferung 
von Gobelins befhäftigt. Wud) hierbei ift äußerfte Sorgfalt ge- 
boten. Das unzuträglihe Stopfen ift natürlid vollftandig in 





Deutfhde Runft. 





Wegfall gefommen und mühfelig werden 
neue Rettenfaden eingefpannt und die 
Schußfäden ganz wie beim Weben neuer 
Gobelins eingefügt. 

on den legten Jahren wurden eine 
Anzahl in hohem Befige befindliher Bobe- 
lins Surdgreifenden Ausbefjerungen unter- 
zogen. So beifpielsweife einige im Befige 
des Raifers befindlide Gobelins aus der 
berühmten Serie: „les amours des 
dieux“. Jn einen Gobelin aus dem 
Charlottenburger Schloffe mufte ein mehr 
als ein Quadratmeter großes Stiid neu 
bineingewebt werden, da man in der 
Empire-Zeit wegen der Neuanlage einer 
Thür mit Gemiithsrube jenen Quadrat- 
meter aus dem Gobelin berausgefchnitten 
hatte. Ferner find die Don Quidotte- 
Gobelins nah Coypel, Sie ih im Berliner 
Schloffe befinden, gereinigt und aus- 
gebeffert worden. Mandes Befigthum 
des Prinzregenten Albreht von Braun- 
fhweig, des Broßherzogs von Medlenburg- 
Schwerin und aus rheinifhen und weit- 
fälifhen Richen ift auf diefe Weife vor 
dem Verfall bewahrt. Seit einiger Heit 
ift man mit einer Reftauration jener Bobe- 
lins befhäftigt, weldhe Thaten des Broßen 
Rurfürften darftellen, und die Friedrid) IIT. 
nad) Rartons der Maler Bogeyn und 
Gebrüder Cafteels in der Mercier’fchen 
Manufaktur ausführen ließ. Wir wollen 
diefe kurze Skizze damit fchliefen, daß 
wir befonders binweifen auf die beige- 
gebenen Reproduftionen {von Arbeiten 
aus Wilhelm Ziefh's Meifterwerfftatt. 
Das eine Bild ftellt einen vier Quadrat- 
meter großen blaugrundigen Bobelin dar, 
der in der Mitte eine Dafe mit natura- 
liftife) bebandelten Blumen und an den 
beiden Seiten gefhmadvolle Mufitembleme 
enthält, die umranft werden von Ro- 
fofo-Ornamenten aller Art. Prof. Ewald 
bat dazu den Entwurf geliefert. Die 
beiden anderen Bilder find die Wieder- 
gabe von Sik und Lehne eines Sophas. 
Der Bezug zeigt auf dem Sit gleidfalls 
gefhloffen angeordnete Blumen und auf 
der Riidlehne eine Liebesfzene à la 
Watteau, flanfirt von Mufifemblemen im Rofofoftil. Die Rom- 
pofition diefer Theile it nadh farbigen Kartons des artifti- 
fhen Direktors der Kal. Porzellan-Manufaktur, Prof. Rips, ge- 
webt worden. 

Wilhelm Jiefdh ift es zu danken, daß nad mehr denn 100 
Jahren ein vollftändig eingegangener Zweig einheimifher Runft 
zu frifhem Leben neu erblühte und dafür gebührt ihm die unein- 
gefhränkte Anerkennung aller Freunde des deutfhen Kunft- 
gewerbes. Rommt es dod für die Gewinnung eines modernen 
Stils vorwiegend darauf an, nit neue Techniken zu erfinden, 
fondern die alten auf die ihnen angemeffenen Runftmittel zurüd- 
zuführen, fie den billigen Surrogaten felbftbemuft gegenüber 
zu ftellen und fo zu gedeihliher Fortentwidelung zu frdftigen. 
Das Malen mit faden und Spule ift ein wefentlid anderes, 
als das mit der Stidnadel und läft bei weitem feinere farben- 
nuancen 3u, 

Ein Zweig Ser Volfsfunft wird die Bobelinweberei um 
ihrer Roftbarfeit willen niemals werden, aber fie fann anregend 
witfen auf allen Gebieten des Kunftgewerbes. 





Deutfhe Runft. 


307 








Sopharüdlehne in Gobelin-Weberei von W, Ziefch, Berlin. 


Entworfen von Prof. Rips. 


Büchermenfchen und bildende Kunft. 


enft man den Urfaden nad, aus denen das innige 
Mißverftehen der bildenden Runft, ihrer Ziele und Aus- 
drudsmittel entfpringt, weldem wir auf Schritt und 
Tritt auh bei denen begegnen, die fih ihrer eigenen 
Ausfage nad auf das Lebhaftefte für Aunft interefjiren, fo tritt 
als eine der entfchpeidendften das Verhältnig unferer Zeit zu dem 
Bude hervor. 

Wir Deutfchen pflegen uns der geringen Zahl von An- 
alphabeten unter unferem Dolf zu rühmen. Man tann hinzu- 
fügen, daß der Deutfhe niht nur 3u lefen verftebt, fondern dap 
dies in den Kreifen, die fi) die gebildeten nennen, feine Haupt- 
befhäftigung fei. Unfere ganze Bildung ift auf dem Bude 
aufgebaut. Aber während die Schäden, welhe fid-daraus fiir 
das praktifche Leben ergeben, allfeitige Beahtung erfahren haben, 
glaubt man, daß diefe Einfeitigfeit geeignet fei, eine bobe 
Shäbung alles Beiftigen und eine Befhmadsridtung groß zu 
ziehen, die der Würdigung äfthetifcher Dinge zu gute fommt. Nun 
ift aber grade das Begentheil der fall. 

Alle Runft hängt mit ihren zarteften Wurzelfafern an dem 





Boden der Wirklichkeit, und die Reife von dort in das Land 


des Büdermenfchen, der die zarte Pflanze unter die Lupe feines 
literarifch Pritifchen Urtheils zwingen möchte, it fo weit, dağ er 
nur verwelfte Blätter und längft untenntli gewordene Blüthen 
für feine Unterfuhung erhält. Yur dem naturfreundlichen 
Wanderer, der fie an ihrem Standorte auffudt, wird fie das 
Geheimniß ihres Duftes offenbaren. Wie wenig geeignet ift aber 
die Ausrüftung, mit der wir für die Reife in das Land der 
Runft ausgeftattet werden! 

Schon in der Schule beginnt das Unheil. Der Blick des 
Rindes, der fo dringend in der Umgebung 3u forfden verftand, 
dem feine Einzelbeit entging, das Bedädhtnif, das fo treu den 
einmal aufgenommenen Eindrud bewabrte, fie werden abgeftumpft 
durh Sie Gewohnheit des ewigen Schwarz auf Weiß. Die 
Phantafie, Sie höchſt merkwürdige Eigenfhaften an den fraufen 
Zeichen zu entdeden wußte, als fie fih ihr zum erften Mal vor- 
ftellten, fhläft allmälig ein und überläßt es dem Auge, mechantfd 
die Form aufzunehmen, um fie weiter zu geben an die geheim- 
nißvoll wirkenden Kräfte, die aus dem fonfreten Ding eine ab- 





Sophafix in Gobelin-Weberei von W. Siefh, Berlin. 


Entworfen von Prof. Rips. 


308 


Deutfhe Runft. 








ftratte Dorftellung bilden. Ein Triumph des Beiftes, der Ge- 
danken für das Auge erfennbar madt, ein Triumpb, der fid 
ftets wiederholt, wo ein findlicder Geift die erfte Schwierigkeit 
bewältigt und das fihtbare Ding in einen Gedanten überfegen 
lernt. Die Pforte zu den Hallen der Wiffenfhaft fteht nun 
offen! Nur zu leicht fchließt fie fi hinter dem Eintretenden und 
trennt ihn für immer von dem, was diesfeits derfelben lag, dem 
ganzen, bunten Reid der Wirklichkeit. Denn mit der einmal 
angenommenen Gewohnheit, das Befhaute niht mehr auf die 
finnlihen Eigenfhaften, fondern auf den Gedanfeninbalt zu 
prüfen, gleitet das Auge immer oberflähliher über die Um- 
gebung hin. Was urfprünglid inftinftiv aufgenommen wurde, 
das wird jet nur der abfictsvoll gelenften Aufmerkfamkeit auf 
fällig, und wie wenig Mufe lafjen die Bücher zur Natur- 
beobadtung! 

Gefhichte, Geographie, ja felbft die Renntnif von Ser Natur, 
die mehr als alles Andere nad unmittelbarem Erleben und Be- 
freunden freit, fie finden ihren Weg zu dem jugendliden Per- 
ftändnif in der Regel durd die Vermittlung von Druderfhwärze 
und Papier. 

Zu den Schulbüdern gefellt jih bald die Unterhaltungs- 
leftiire. Neifebefhreibungen mit erzählten Abenteuern und Ro- 
mane mit gedrudten Gefühlen, eine ganze papierene Welt, in der 
man fih fohlieflih mie zu Haufe fühlt. So verfdlieft fih 
der Bid für die Wirklichkeit immer mehr. Es folgt die Zeit 
des Studiums, und mit Ausnahme der Medizin und zum Theil 
der Naturwiffenfhaften find es aud bier Bücher, wenn aud zum 
kleinen Theil gefprodene Bücher, weldhe die Zeit ausfüllen. Oder 
es ift ein praßtifcher Beruf, der Sen Blid ebenfalls auf die 
Seiten irgend eines Kafjenbudhs . oder eines Regifters feftnagelt. 
Und dazwifhen flattert der Schwarm der Zeitungen, Befeh- 
fammlungen, Befanntmadungen; die Lettern haben fih wie ein 
Heufchredenvolf über den ganzen, grünen Baum des modernen 
Lebens niedergelafjen. 


Yun aber die Frauen! Jhr Beruf, ihr fogenannter natür- 
licher Beruf, zwingt fie niht unter die Herefhaft des Budes. 
Sie fteben mit den Dorfommniffen des praftifhen Lebens in 
engerer füblung, und ihnen bleibt in den oberen Rlaffen, von 
denen bier die Rede ift, noch vielfah Mufe, die fie anwenden 
fönnten, Schäden auszugleihen, welche Surh jenes Heberhand- 
nehmen einer rein literarifhen Bildung bei den Männern ent- 
ftehen könnten. Aber unglüdlicerweife ift das erfte, womit die 
intelligente frau (wenn ih von der Rünftlerin abfehe) diefe Muke 
auszufüllen ftrebt, aud wieder nidts als Ceftüre, und die, welde 
niht auf diefe Befhäftigung verfällt, pflegt für Bildungsfragen 
nidt in Betracht zu tommen. Der literarifch-philofophifche 
Charakter unferer ganzen Geiftesridtung ift fo ausgefproden, 
daß er faft jede Kraft in feine Stromridtung bineinzieht. Darum 
find neben dem Hausmütterden die Salonpuppe und der Blau- 
ftrumpf die weitaus verbreitetften Frauentypen unter den foe 
genannten Gebildeten. 

Alfo aud die Frauenmufe thut wenig oder nidts dazu, 
dem Ueberwudern einer einfeitig literarifchen Bildung entgegen 
zu wirken, 

Leiden alle Riinfte unter dem naturfremden Sinn derer, 
an Sie fie fic) wenden, fo ergeht es Sod) feinem Zweige der- 
felben fo fohlimm, als den bildenden Riinften. Die Ausdruds- 


mittel, auf die fie angewiefen find, miiffen fie fo unmittelbar 
aus der Natur entnehmen, daß fie ihre Wirfung da verfeblen, 
wo diefe Natur nicht intim gefannt und geliebt wird. Seine 
Renntniß von Ereigniffen und Gefühlen hat der Büchermenfch 
Werten der Wiffenfhaft und der Dichtung entnommen, feine 
Dorftellungen von den fihtbaren Erfcheinungsformen der Natur - 
ift ibm im beiten fall urh Mufeen, im fchlimmeren Surh 
mittelmäßige Glluftrationswerfe und fdledte Oeldrude vermittelt 
worden. Was in den engen Rreis diejer Anfehauung nicht 
bineinpaßt, das heißt ihm unnatürlid. Viel zu ungriindlid in 
feinen Beobachtungen, um zu bemerken, daß die Autoritäten, 
auf die er fi) beruft, die Werke alter Meifter in den Galerien, 
famtlid) verfchiedene Abbilder der Wirklichkeit geben, alfo doch 
wohl nicht alle gleichzeitig in feinem Sinn natürlich fein fönnen, 
fährt er fort, auf das zu jhmwören, „was in verjährt gebeiligtem 
Befit in der Gewohnheit feft begründet rubt.* So muß er jede 
Runft verurtheilen, die ein neues, eigenes Verhältnig zur Natur 
zu gewinnen fudt. Denn fein utoritdtsfinn vergleidht nicht 
das Runftwerf mit der Wirklichfeit — diefe it ibm in der Un- 
endlichkeit ihrer Nüancen und Offenbarungsformen fremd —, 
fondern mit einer beftimmten Auffaflungsweife diefer Wirklichkeit, 
wie fie ihm nun grade durch einen zufällig genauer bekannten 
Meifter geläufig: ift. 

Wir haben es vor Kurzem erlebt, ja wir ftehen nod mit 
einem Fuße in diefer Bewegung, daß Fünftlerifche Leiftungen, 
die von ihren Urhebern in gutem Glauben als realiftifhe be- 
zeichnet wurden, als der Eindrud, den bei gewiffenbaftem Per- 
tiefen in die Natur ibr Auge von derfelben empfangen batte — 
daß folden Werken ein lautes Belächter oder ein Schrei der 
Entrüftung entgegenfholl. Golde Farben feien unnatiirlich. 
Daß der Maler, deffen Lebensberuf im Verkehr mit der Wirt- 
lichkeit beftebt, gemiffermagen einen höheren Anfpruh an Urtheils- 
fähigkeit habe, folhe Erwägung liegt dem Büchermenfhen ftets 
fern. Daß aber Sod nidt leicht obne inneren Grund eine 
ganze Anzahl von Augenpaaren fo gleiherweife in die Irre 
geben fonnten, fintemal fie Surh ihren Eigenfinn ihren Trägern 
weder Ehrentitel noch Boldesfhäte eintragen, jondern jie einfach 
dem flud des Mifverftandenwerdens ausfeken, diefe Beobadtung 
bätte zum Nachdenken veranlaffen follen. Statt deffen fuhr das 
liebe Publitum fort, fih in Wehllagen über das fo „unnatür- 
lide’ Lila und das „gefhmadlofe* Brün zu ergehen. Bonder- 
bar, feine Dichter waren nie müde geworden, das Brün des 
Frühlings zu befingen, und fo lange diefe farbe nur in [hwarze 
Budftaben vermummt vor den Augen erfchien, hatte man nichts 
dagegen einzuwenden. Yun es aber den Malern wie Schuppen 
von den Augen fiel, nun fie inne wurden, daß es der Natur 
im Sommer mit dem Begriff „grün ernft fei, und nun aud 
ihre gelehrigen Schüler mit diefer wie mit allen anderen ‚Farben 
Erni 3u machen fic) anfcidten, da bieß es nicht nur, diefe 
Bilder feien revolutionär und unfhön, nein: fie feien unnatür- 
lid. Eine Zeitlang tobte der Rampf. Aber das neue Beftreben 
war ftar? und eht. Es war nit durd Enttäufhungen zu 
unterdrüden. Und fiehe da, allmählich öffneten diefe Neuerer 
aud Anderen die Augen und immer größer wurde das Feld- 
lager derer, denen das natürlih fhien, was von aller früher 
befannten Malerei jo bimmelweit abftad, und das Publitum 
mit dem angeborenen Refpeft vor der Majorität wagte nicht 
mehr jo unummwunden fein Verdammungsurtbeil auszufpreden. 
Alp. 


Wiener Kunftfrühling. 


o ift denn and) das gemüthlihe Wien, das im Fünftlerifher und 
literarifher Hinfiht eine ganze Feit lang den zweifelhaften Ruf 
eines Scheria genoffen bat, vom leidigen Sezejlionsbazillus oder 
Spaltpils bheimgefuht worden. Alfo 3u fereiben, dürfte fi ein 
Anhänger der konjerativen Kunftpartei veranlaßt fühlen; mir aber liegt es 
durdhans fern, den graffirenden Sezefjionismus als eine Arankheitserfcheinung 
aufgufaffen; denn die Weben, die das Entftehen neuen Lebens begleiten, find 
nur natürlih und Sarum aud nicht Frankhaft. Alles Bähren und Drängen, 


alles aud) nod) fo abfurde Bebabren, worüber heute noh fo mander den 
Kopf fehüttelt, bedeutet den gefunden Proteft moderner Jugend gegen ver- 
brauchte Jdeale, ift in feinem geräuf—vollen Anfturm nur die natürliche 
Brandung, mit der fih der Andrang veränderter Anfchanungen an der dines 
ſiſchen Mauer der Tradition bridt. Die mene Feit, die fo viele Ummandlungen, 
Neuerungen und fortfdritte auf den verfdiedenften Gebieten menfhlider 
Onterefjen dharafterificen, verlangt aud) darnad, in der Runft in eine nene, 
ihrem Wejen entfprehende Erfcheinung zu treten. 


Deutfhe Rung. 





Ebenfo natiirlich wie das jungfrijche Streben, ihr 
folbe zu verleihen, it auh der Widerfprud, den eine 
abfterbende Periode dagegen erhebt. Awei verfdiedene 
Weltanfhauungen treten einander gegenüber, ohne dağ 
zunäcjt die eine gewillt fei, der anderen Zugeftänd- 
niffe 3u madhen; jo kommt cs zu Trennungen, die 
häufig nur perfsnlider Derftiimmungen bedürfen, um 
3u einem offen geführten Ronfurrenztampf zu führen, 
der das Gute bat, auf beiden Seiten die Leiftungs- 
fäbigfeit zu erhöhen und fehließlih doch zu einer Art 
Rompromiß zu leiten. 

Wie Münden, Dresden und neuerdings Berlin 
þat alfo auh das in Runftdingen lange Feit jo 
ftxgnirende Wien feine Sezejjion, die das verheißungs- 
volle Wort „ver sacrum“ zu ihrer Parole gemadt 
bat. Schon ihr erftes Auftreten, die von der Ver- 
einigung bildender Künftler Befterreihs‘" am 25. März im Gebäude der Barten- 
baugefellfhaft eröffnete fezefjioniftiihe Ausftellung, mag die guten Wiener 
mit frühlingsahnung erfüllt haben. Daß diefe weit mehr von fremdlandifden 
Riinftlern ausgeht, als von einbeimifchen, darf mit der Selbfterfenntniß der 
Wiener Sezeffioniften entjhuldigt und begründet werden, für ihre noch jungen 
Beftrebungen bedeutende Rünftler des Auslandes eindrüdliher und nadbaltiger 
wirfen laffen zu fönnen als eigene Werke. Hore Zurüdhaltung ift einftweilen 
nod der guten Sache nur dienlid. 

Wirflih Neues enthält die Ausftellung eigentlih nur fiir den Vollblut- 
wiener, dem die peripherijche Lage feiner Daterftadt Fonfervative Beharrlichkeit 
und phäakenhafte Selbftgenügfamfeit erleihterte. Fhm war auch der draußen 
bereits berühmte fernand Rbhnopff, der belgifhe Malerbildhauer, nod ebenfo 
unbefannt, als fein großer Rollege und Landsmann Meunier. Der Myftiter 


Das Derjacrum- Zimmer in der Wiener Sezejfion. 
Entworfen von 9. Hoffmann, 


309 








Kbnopff bat allen Grund 
mit den Wienern, denen er 
in feinen jcheinbar in der 
Hypnofe gefhauten, Papri- 
ziöfen Phantafien mandes 
Rätbjel aufgiebt, zufrieden 
zu fein: ein großer Theil 
feiner ausgeftellten Sfulp- 
turen und Bemälde ift bes 
reits angefauft. Spridt aus 
Khnopff's Bildern düftres 
Grauen, gebeimnifvolles 
Seelenleben, mit dunklem 
Ahnen das Gemiith be- 
jhattend, jo paden Meunier's 
Sfulpturen durd ibre ftrenge 
Wahrheit und ibren lapidaren Styl, der fie in der Erinnerung weit hinaus 
wadfen läßt über ihren Maßftab. Die Bronzen wirken aud hier durd) ihre 
malerifhe Auffaflung und die faffimileartige Treue, mit der fie des Rünftlers 
Handjrift reizvoll wiedergeben. Sieht man es Meunier's WArbeitergeftalten 
auh an, dağ fie aufgewachen find in der Atmofphäre von Hola’s Germinal, 
daf fie verwadfen find mit einer Scholle, die ausgedörrt ift von der rußigen 
Gluth der Brofinduftrie, jo haben fie bei aller Wirklichkeit dod) einen idealen 
Zug gemein mit den Heroengeftalten der Antike und werden durd ihre Arbeit zu 
Helden im Rampfe mit elementarer Yaturgewalt. Gn Meunier'’s Runft ift die 
Antife nidt nadhgeahmt, aber rictig begriffen; im Sinne der Brieden fhafit 
der Riinftler feine Geftalten aus dem Leben heraus und berührt mit ihnen 
gan3 als Sohn feiner Heit und feines Landes foziale Probleme, nicht um, 
wie der tendenziöfe Millet einft wollte, aufzureizen, fondern nur um darzu- 


310 


ftellen. Der Plafit ift ein menes Feld erobert, auf dem fie fi zeitgemäß 
und dod aud fhön bethätigen fann — die Arbeit. Es wäre zu wünfchen, 
saß die Sezejfion Arbeitertage einführte, um eine wahre Runft, die dem 
vierten Stande mit ihm verftändlihen Darftellungen entgegenfommt, zum 
Segen des Dolkes wie hddfter, menfhliher Thätigfeit auf ihre Quelle zurüd- 
3uleiten. 

Soziale Runft geben aud Frederic in feinem fpmboliftifhen Triptyhon: 
„Le peuple verra un jour le lever du soleil“, das weniger durd des 
Malers individuelles Rönnen befriedigt als dur die finnige Auffaffung des 
Dorwurfes, und Laermans in der ffizzenhaften, aber wirffamen Darftellung 
eines Zuges ftrcifender Arbeiter, der dicht gedrängt h vorwärts wälzt wie 
eine gewaltige Hodfluth. Den Mittelraum der Ausftellung beherrfhen unter 
weißem, blumenfeldartig gerafftem Zeitdahe, umrahmt von  helltönigen 
Bildern des genialen, fhwedifhen Fmpreffioniften Liljefors; Jules Wengel's; 
des vornehmen Lavery; des diftinguirten Robert Brough; des Landfdafters 
Walton; des Sdhneemalers Billotte und des vollendeten Darftellers feuchter 
Nebelftimmung Carriere, als Paradeftiide die Rartons — Puvis de Chavannes' 
zu dem neuen Benoveva-Triptyhon im Parifer Pantheon. Neben hervor» 
ragenden deutfhen Meiftern wie Dettmann, Erler, Erter, Hanif, Herterid, 
Stfarbina, Stud, Thoma und Uhde glänzt Bödlin mit feiner elementar 
jaudzenden, humorvollen Symphonie In Grün, Robaltblau und leuhtendem 
Inkarnat „Im Spiele der Wellen“. Auch Segantini's Runft in ihrer frifhen, 
ungefdmintten Naivetät iſt nieder- 
geftiegen von den Alpen, um Runft- 
feinfhmeder durch ihre eigenartige 
Tehnit zu entzüden und ein für 
des Meifters Rönnen weniger ver- 
ftändnißvolles Publifum durd die 
Poefievolle Auffaffung der Alpen- 
welt loszulöfen vom Sake, vom 
Grunde, und ganz in ein fosmifches 
Befühl zu verfenten. — Was be- 
darf es noh weiter als Namen zu 
nennen, wle Alerander, Besnard, 
Charpentier, W. Crane, Jean Dampt, 
JSrampton, fowler, Graffet, Klinger, 
Liebermann, Alph. Muda, Roll, 
Sargent, van der Stappen, Dall- 
gten, Walton, Whiftler, um als 
Refume den Sieg der Perfönlichkeit 
auf der ganzen Linie zu Ponftatiren ? 
Die Bedeutung der Seseffioniften- 
ausftellung für die Wiener liegt 
Satin, daß fie ihnen markante Per- 
Jonlidfeiten vor Augen führt und 
deren unleugbaren Werth erkennen 
lehrt. Man darf daher der Aus- 
fiellung einen erzieherifhen Einfluf 
fowobl auf das Publifum als and 
auf die Riinftler Wiens riihmend 
nadfagen, von dem man nur wiin- 
[hen fann, daß er dauernd fet. 

Aber auh fhon auf der erften 
Ausftellung, die die Vereinigung 
bildender Aünftler Oefterreihs in 
felbftlofer Weife veranftaltet bet, 
befteben die Wiener in anerfennens- 
werther Weife neben den typifchen 
Dertretern moderner Runftbewegung 
aus dem Auslande. 

Der alte Rudolph Alt, der 
Ehrenpräjident der Sezeffion, deffen 
Aquarelle aud Fernand Rbnopif 
bei feinem Befud) der Ausftellung 
die größte Hohadtung abforderten, 
beweift eine unverfiegbare Jugend» 
ftifhe. Man hält es faum für 
moglid, daß ein Sehsundadtzig- 
jähriger noh Soldes zu fhaffen 
vermaa. Der Routinirtefte der 





Deutfde Runf. 


Wiener ift Klimt, der mit einer aparten, eigenartigen Rolleftion vertreten ift. 
Namentlid feine Studie „Der Blinde‘ verdient als eine tednifd reife und freie 
Arbeit hervorgehoben zu werden. Engelhart weiß Sonnenliht und Wiefen- 
teflere mit dem blendenden Fleifhton nadter franenkörper wohlabgewogen in 
einen harmonifhen Farbenakkord zu bringen und bewährt fih auh als er- 
finderifher Ornamental-Rünftler in feinem fhönen Paravent. Aud) Rraemer's 
Doppelbildniß feiner Eltern, Bader's Franenportrats, Jettel's feingetönte Land- 
fchaften, Moll’s „Schlofferdiele, Ottenfeld’s „Vedette im Schnee‘, Ernft Stöhr's 
„Auf der Brüde‘ und Leopold Bürger's zweitheiliges Aquarell „gröifhe und 
himmlifhe Liebe find anfpredende Bilder, die fih feben laffen dürfen. 
Das intereffantefte Werf der Oefterreicher ift ein Damenporträt, fein und 
pridelnd gemalt verräth es franzöfifhen Einfluß. 

Ein großer Dorzug, der die Ausftellung der Sezeffioniften vor gleich- 
artigen Deranftaltungen befonders auszeichnet, ift ihre gefhmadvolle und 
durhaus organifhe Anordnung. Nigt nur, daß durch Friefe, Ornamente 
von ftilifirten Pflanzen, moderne Möbel, die keineswegs nah englifhem 
Mufter bergeftellt find, und Nippfadhen im neuen Tehniten dem Befhauer 
lehren, wie er fein eigenes Heim auszuftatten vermag, aud auf die Wirkung 
der Ausftellungsobjefte ift Rüdfiht genommen. Jedes ift in mäßiger Höhe 
angebracht und hebt ih von günftigem Hintergrunde ab, der durd eine nach 
dem Tonwerth der Bilder abgeftimmte Wandbelleidung gefhafien ik. Ganz 
modern durchgeführt ift das Ver Sacrum-Jimmer, mit deffen Eintihtung 


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Centralraum in der Wiener Sezeffion. 


Entworfen von J. M. Olbrid. 


der Arditeft Jofeph Hoffmann die Aufgabe gelöft hat, das Zimmer gewiljer- 
maßen wie ein Plakat reden zu laffen. Da und dort find in Verbindung 
mit Möbelarrangementse, Blattpflanzen und böhmifhen Rniipfteppiden für 
Statuen und Bilder laufhige Eden und Winlel eingerichtet, und fo ein 
ftimmungsvolles Banze gefdhaffen, das anziehend wirkt und zum Verweilen 
einlädt. Ein mädliger Rundbogen bildet den impofanten Eingang zu der 


Deutfhe Ranft. 


311 


balbrunden Apfis, unter deren weißem, blumenfeldhartig gerafftem Heltdache 
Puvis de Chavannes’ Rartons Aufftellung gefunden haben. 

Die Wiener Sezeffioniften haben eine Ausftellurg gefdhaffen, die als 
vorbildlidh hingeftellt werden darf und ebenfo überrafcht und erfreut, als die 
vorjährige, internationale Runftausftellung, mit der fih Dresden als Runft- 
ftadt endgiltig rebabilitirte. 


Die Broße Berliner Kunftausftellung 1898. 
Die Sonderausftellungen der Bildhauer. 


enn wir dem Ausländer den Dortritt laffen, fo genügen wir 

nidt allein einer Pfliht der Hdflidfeit. Der Belgier Dan der 

> Stappen füllt mit dreißig Bildwerfen drei Rabinette des 

redien Seitenfliigels im Ausftellungsgebäude, und wir wiffen ibm Dant fiir 
diefe reihe Sendung. Gn feinen Statuen, Statuetten, Büften, Reliefs und 
funfigewerbliden Arbeiten ftedt eine bemeifenswerthe Fülle vielgeftaltigen 
Ronnens. Fehlt ihm and die padende Ueberzeugungsfraft eines Meunier, 
fo übertrifft er diefen andererfeits durch eine eigene Art auf das Malerifche 
gerichteten Schönheltsgefühls, die beftiht und gefangen nimmt. Meunier 
fhafft ih feine eigenen tehnifhen Ausdrudsmittel, Dan der Stappen benugt 
mit trefffiherem Befhid die gelernten und erprobten. 

Seine verfhiedenen Manieren bequemen fih unge- 
zwungen dem gewählten Stoffe an. Aud er fuct 
bildnerifhe Ausdrudsmittel für die fozialen Gdeen 
unferer Seit. Ein bezeihnendes Beifpiel für diefe 
Seite feiner Thätigfeit bietet die Roloffal - Gruppe 
„Städteerbauer". Wide bat fih ein “Arbeiter auf 
ter Erde ausgeftredt, Ten Kopf dem Boden zuge- 
wandt, während fein Genoffe an feinec Seite hogt, 
in fid) 3ufammgengefauert. Es liegt ein ergreifendes 
Pathos in diefen beiden fdlidten Geftalten, die von 
ihrer Hände Werf ausruben, deffen Jwet fie nicht 
lennen. ,,Stddteerbauer, die feine andere Stätte 
finden, wo fie thr Haupt niederlegen fönnen, als den 
Boden, aus dem fie ftolze Mauern emporwachjen laffen. 
In gewiſſem Sinne ein Pendant zu diefer Gruppe 
bildet die Bronzeftatuette eines alten „ARunftsrbeiters‘' 
im Schurzfell. Wie er dafigt, dem fhönen formen- 
fpiel nadfinnend, bodftirnig ernften Blids, ift er das 
Dorbild zielbewußten Bildens und Geftaltens. Der 
Welt der Arbeit gehören aud die Statuelten einer 
„Waflerträgerin‘! und einer „Aehrenleferin‘ an, die 
ibe Tagewerf verridten in ewig gleihen, nur dem 
Broderwerb geltenden Mühen. Der Habitus diefer 
einfahen ‚Figuren ift mit unvergleidlider Treue der 
Wirklidleit abgelaufht, das fhwere Schreiten, die 
edigen Bewegungen find ohne jesen Derfhönerungs- 
verfuh wiedergegeben und wirken durd ihre Ge- 
fhloffenpeit harmonifh. / 

Der Reliefitil Dan der Stappen’s geht vom Male- 
tifhen aus, er lodert die flähe des Hintergrunds 
und läßt fie als folde unter perfpektivifh geordnetem 
Beiwerf verfhwinden. Sie bededt ih, wie in feinen 
„Wäfcherinnen" und in der „Quelle mit einem 
Hintereinander von Stein- und Laubwerk, aus dem 
die Figuren mehr oder weniger gerundet auftauchen, 
ohne doch je willfürlih und unfhön herauszufpringen. 
Die Gefege der Flidhenbehandlung werden nidt ge- 
walifam durhbroden, fondern mit fünftlerifhem Maß: 
gefühl erweitert. 

Auf feinem anderen Bebiele feines Schaffens er- 
fheint Dan der Stappen fo vielgeftaltig in feinen 
Ausdrudsformen, wie auf dem der Portrait- und Fdeal- 
biifte. Das ganze Arrangement feiner männliden 
Bildnißköpfe weift auf das Studium der italienifhen 
Renaiffance bin, bis im ihre naturaliftifhen Aus- 
läufer. Riidfidtslos abhnlid, verrathen fie doc in der 





I. 





Behandlung der Befihtszüge wie des Bildwerfs das Streben nad) einem Ueber- 
höhen des Darftellungsobjettes, wie denn beifpielsweife der fegnend das „Pax 
vobiscum“ fpredende Bifhof ih zum Fdealtypus fteigert, ohne an Portrait- 
wirkung zu verlieren. Unter den weiblihen Portraitbüften erfcheint uns als die 
anmuthigfte das „junge Mädchen von Seeland“, das wir reproduziren. Das 
Köpfchen in Haube und Schläfenfhmud erinnert in feiner naiven Lieblicpfeit direkt 
an die befannte Raphaeli'jhe (?) Wachsbüfte. Ungemein wei in der Behand- 
lung des Marmora, läßt es die Tertur der Haut erkennen und überwindet die harte 
Slade des Materials bis zu warmer, beinahe farbiger Wirkung. Streng und 
herb in der Auffaflung erfheint dagegen die ebenfalls von uns reproduzirte 





Dan der Stappen, Junges Mädchen von Seeland. 


312 


„Geheimnißvolle Spbine" in Elfenbein und vergoldetem Silber. Ein 
phantaftifher goldener Flügelhelm umfhließt fappenartig das jugendlich ernfte 
Haupt, ein goldener Panzer die fnofpende Büfte. Mit mahnender, Schweigen 
heifthender Bebärde ftredt fi die erhobene Hand den Lippen entgegen. Die 
gerade aufftrebende Stirn, die fein gewölbte Braue, der ftreng gefchloffene 
Mund vereinigen fih zu feltfam mpftifher Wirkung. Es ftedt in dem 
Röpfhen etwas vom Jeanne d’Arc-Typus, eine Art modern nadhempfundener 
Pallas Athene. Jedenfalls giebt das intereffante Kunftwerk wieder einmal 
Gelegenheit, fih von der dekorativen Wirkung der Boldelfenbeintehnit zu 
überzeugen. Der warme gelblide Ton des Elfenbeins fteht wundervoll zu 
dem matten Bold von Helm und Rüftung und wird auf das glüdlihfte durch 
die feine Maferung der Anodhenmaffe durhbroden. Gn der gleihen Technik 
it die Triumpbfäule „In hoc signo vinces“ hergeftellt. Sieghaft hebt 
eine Jungfrau das Schwert mit Areuzgriff einem Dämon entgegen, der befiegt 
in fühner Bliederverfhlingung am Sodel hinabftürzt einem fic) aufbäumenden 
Drachen entgegen. Der ganze Aufbau ift ungemein fühn erfunden mit feiner 





Dan der Stappen, Geheimnifvolle Sphinr. 


Dentfhe Runft. 


fic) über den Sodel fortfegenden bewegten Handlung, die von der in rubigem 
Rraftbewußtfein daftebenden Schwertjungfrau ausgeht. 

Ein wenig unruhig in der Anordnung will uns der Tafelauffat der 
Stadt Brüffel in verfilberter Bronze erfeinen. Um das Mittelftüd herum 
gruppieren fi legendarifche Beftalten der heimifhen Sage, während fid um 
die Seitenftüde die Repräfentanten der Gilden und Diinfte, Schwertfeger, 
Bürtler, Gerber, Megger u. f. w. verfammeln. Die Gryndformen der Prunt- 
geräthe find dem naturaliftifch behandelten Baume entlehnt, von dejlen Zweigen 
Dotivtäfelhen mit Gnfcriften ftädtifher Gnftitutionen und Woblfabrtsein- 
tihtungen berabhängen. Das ift originell gedacht, beeinträdhtigt aber durch 
die Fülle des Beimwerks die einheitlihe Wirkung. 

Ungetheilten Beifall verdient dagegen der jhalenartige, filberne Tafel- 
auffag: „Die vier Tageszeiten". Morgen, Mittag, Abend und Naht werden 
durd) vier prächtige weiblihe Zdealfiguren perfonifizirt, die am Rande der 
Shale figen, während fih ihnen fymbolifhe Vögel, wie Hahn, Taube, 
fafan und Eule anfhmiegen. Die durh die Bewegung diefer Beftalten an- 
gedeuteten Stadien des Erwadens, Miibens, Raftens 
und zur Ruhe Gebens, wie fle der täglihe Kreislauf 
der Stunden mit fih bringt, find wundervoll dharafte- 
riftifh wiedergegeben und die Thierfiguren zwanglos 
der Befäßform angepaßt. 

Wer die Arbeiten Dan der Stappens offenen, durch 
feine Tradition getrübten Auges betradtet, wird in 
ihnen überall die Anfäte einer dem modernen Empfinden 
entfpringenden Stilbildung finden, die mit der Origi- 
nalitätsfuht und dem Hafden nad Neuem um jeden 
Preis nidts 3u thun bat. Daß der Kunft Dan der 
Stappen's ein gewifjer efleftifher Zug anbaftet, ift nicht 
zu leugnen, mag aber bei fo ftarfem und vielgeftaltigem 
Können mit in den Kauf genommen werden. Seinen 
Landsmann Meunier muß man bewundern, von Dan 
der Stappen follte man lernen. 

Mit der bloßen Nahahmung wäre uns allerdings 
niht gedient. Auf diefem Wege würden wir es wohl 
faum zu mehr als zu einer neuen Modemanier bringen. 
Lehrreid nah diefer Richtung bin ift eine Meine 
Sonderaugftellung Eberlein’s, die dag Thema vom 
erften Wenfden behandelt. Die Roloffal-Bruppe „Bott 
Dater bläft Adam den Lebenshaud ein ift ein echter 
Eberlein, mit allen Dorzügen und Mängeln der Werke 
des begabten Riinftlers behafiet. Sdhwungvoll fom- 
ponirt, harmonifh 3ufammenfdliefend, zeigt die Gruppe 
ein Pathos, das nidt ganz frei ift von theatralifcher 
Pofe. Gott Dater fhwebt zu dem wie in der Hypnofe 
aufgewedten erften Menfhen hernieder und nähert fih 
feinen Lippen wie zum Ruffe. Man muß allerdings 
die Genefis fennen, um den alten langbärtigen Herrn 
zu verftehen, der ih da liebevoll zu dem jungen 
Menfden herniederbeugt, und man muß die dasfelbe 
Thema bebandelnde Schöpfung Michel Angelos ver- 
gefen, um nit 3u unliebfamen DVergleihen angeregt 
3u werden, aber unter diefen beiden Dorausfegungen 
fann man mit dem Befammteindrud des Eberlein’fdhen 
Werkes zufrieden fein. Inzwifhen bat fi) der Rünftler, 
aber offenbar mehr als ihm gut that, mit der 
malerifhen Plaftif der Belgier und Franzofen, mit 
den Rodin und Maunier befgäftigt, und glaubt fih 
aud fraftgenialifh gebärden zu müffen. Die Beinen 
Gruppen feiner Separatausftellung „Adam mit der 
Leibe Ubels", „Das erfte Menfchenpaar als Breije'* 
u. f. w. find Mißerfolge, die Eberlein vermieden hatte, 
wenn er er felbft geblicben wäre. Die malerifhe, in 
Thon und Erz jlizzirende Art unferer weftlichen 
Madbaren liegt ihm nicht, feine auf das Dekorative ge- 
richtete Beobadhtung läßt eine Vertiefung der Charakteriftif, 
eine andeutende Befeelung banaler Aörperformen nicht 
zu. Sein Naturalismus bleibt feelenlos, weil er an 
der Gberflähe des Körpers haftet, ohne ibn zu 
durchdringen. 

6. m. 


Deutfde Runf. 


313 





Weibliche Jdealfigur von €. Bomansty. 


Bei der Ausfhmüdung der modernen Gnnenrdume wird heutzutage die 


Plaftif nod immer ftiefmütterlih behandelt. Der befdrintte Raum madt 
in den meiften fallen das Aufftellen einer grdferen Stulptur ebenfo unmdglid 
wie das Aufhängen eines fogenannten Galertebildes. Man begnügt ih mit 
Büften, Reliefs und Meinen figürhen, die gleihfam als Nippes gedacht, faum 
eine Ede zu füllen beanfpruden dürfen. Gn größeren Wohnhäufern und 
Paläften eröffnen fi jedoch weit günftigere Perfpektiven für die bildnerifhe 
Ausfhmüdung, wollte man fi überhaupt gewöhnen, der plaftifhen Runft in der 
Ainnendeloration eine größere Herrfhaft zuzugeftehen. Die großen Lichthöfe, Dor- 
räume und Rorridore, die man in neuerer Zeit befonders feierlih und ftimmungs- 
voll ausftattet und ausftatten kann, weil hier das Fehlen gewiffer Gebrauds- 
möbel wie Tifche, Schränke, Ronfolen, eine größere dekorative ‚Freiheit geftattet, 
würden fih zur Aufnahme von monumentalen Bildwerken größeren Umfanges 
ganz befonders eignen. Ein derartiges groß und dekorativ wirffames Runft- 
werk bat der Bildhaner Edmund Bomansty (der Schöpfer der linfsfeitigen 
Gruppe fiir die Anlage auf dem Andreasplage in Berlin) in der weibliden 
Hdealfigue gefdhaffen. Cine nadte franengeftalt figt auf einem antif gedadten 
Thronfeffel, den Ropf leit gewendet, den Ellenbogen anfgeftiigt, in der 
Redten einen Palmenzweig niederhaltend, die Linke ein wenig emporgeboben, 
mit Daumen und Zeigefinger einen Ring leicht umfaffend, und die Füße über 
dem berabfallenden Bewande graztös übergefhlagen. Gn der majeftatifden 
Rube diefer abfihtslofen Stellung lebt ein Hauch antifen Geiftes, aud der 
edel geformte Kopf ift im Sinne der olympifhen Leidenfhaftslofigfeit be- 
handelt. Es ift eigenthiimlid, wie in diefem mit feinfter Naturbeobadtung 
bis ins Detail durchgebildeten Frauenkörper jede Sinnlichkeit ausgeſchloſſen 
erfheint. Wenn wir diefer hobeitsvollen Beftalt eine fpmbolifhe Bedeutung 
zufchreiben wollen, fo wäre es die Derkörperung der fieghaften Schönheit des 
Weibes, welder ohne Zweifel ein ebrenvoller Plak gebührt in familie 
und Haus. 


Die Sammlung Georg Hirth in München. 


Soeben erfchien: Deutjh-Tanagra. Porzellanwerte des adtzehnten Gabr- 
bunderts, gefammelt von Georg Hirth. Münden und Leipzig, G. Hirth's 
Derlag. 2 Bände 52 Boden gr. 4% mit SO Tegtilluftrationen und ca. 
ISO Tafeln in Lichts und Buddeud. Preis Mark 50.—. Dr. Georg Hirth, 
als Runfttenner und Sammler woblbefannt, hat die fünftlerifh werthvollften 
Erzeugnifje der reih entwidelten Porzellanfunft des vorigen Jahrhundert zu 
einer Rolleftion von feltener Dollftändigfeit vereinigt. Sein Hauptaugenmerk 
tidtete er auf dem reizvollen Runftzweig der Porzellanfiguren und Gruppen, 
eine der fhönften Blüthen der Aleintunft im vorigen Jahrhundert, von großem 
tungt- und fulturgefchidtliden Gntereffe. Darum fonnte gerade er bei der 
äußeren Deranlaffung der bevorftebenden Derfteigerung feiner Sammlung auf 
Grund diefer Rolleftion in einer pradtvoll ausgeftatteten Publifation ein 
Nadjhlage- und Abbildungswerk über einen wichtigen Zweig der Plaftif des 
vorigen Jahrhunderts fhaffen, welhes ein nahezu vollftändiges Bild des- 
felben eröffnet. Das Ungefähr des zufälligen Sammelns haftet demfelben 
nit an. Das außergewöhnlihe Werk, mit ca. ISO Dolltafeln, auf denen 
fat alle Werte der Sammlung wiedergegeben find (diefelbe umfaßt im tera- 
mifhen Theile SOO Nummern), füllt geradezu eine Lüde aus; denn bisher 
fonnte ein Ueberblid über diefes wichtige wie anziehende Bebiet wegen der 
leidigen Jerftreuung des Materiales, das in fleineren Partieen bier und dort 
in Mufeen und Privatfammlungen fi vertheilte, aud) wegen der tehnifchen 


Schwierigkeiten, weldhe der photographifhen Wiedergabe von Porzellanwerken 
ih entgegenftellten, fhlehterdings nicht gefhaffen werden. 

Der Runftzweig, welder uns bier entgegentritt, wird für Viele ein neues, 
nod unerfdloffenes, an Ueberrafdungen reiches Gebiet fein. Er ftellt einen 
widtigen Theil der Plaftif des vorigen Jahrhunderts dar, für welhen nam- 
bafte und bedeutende Riinftler die Modelle lieferten und welder neben den 
Werken der monumentalen Runft hauptfählic wegen des bisherigen Mangels 
an bequem erreihbarer Anfhauung vernadlafpgt wurde. 

Ein hervorragender Renner des deutfhen Kunftgewerbes fagte vor 
Rurzem voraus, daß diefes Lieblingsfeld feinfinniger Sammler bald aud 
den ernften Aunftforfcher intereffiren werde. Zweifellos ift das Gntereffe an 
diefen frifhen, urfpriingliden und grazidfen Shdpfungen im Steigen be- 
griffen. Mufeen, Bibliothefen, Rünftler, Aunftforfher, Sammler und alle 
Runftliebhaber, fowie Freunde der Rulturgefhidte; ferner Feramifche Anftalten 
und Schulen werden diefes durch die Reicdbaltigfeit der Abbildungen 
imponirende Werf froh willfommen heißen. Demfelben geht eine funft- 
gefhihtlihe Einleitung (SO Seiten) voraus, welde über die Stellung der 
Porzellanplaftit im vorigen Jahrhundert, fowie namentlih über die fiid- 
deutfhen Manufakturen (Nymphenburg, Hddft, Frankenthal, Wien 2c.) und 
ihre hauptfadliden Rünftler Auffhluß ertheilt. Neben der reihen Zlluftrirung 
mit Lidtdrud- und Autotypietafeln in großem format wird die eigen- 
artige Ausftattung mit Originalvignetten des vorigen Jahrhunderts Aufſehen 
erregen. 

Die Sammlung ift befonders reih an Schöpfungen der nambafteften 
Bildhaner, welde ihre Aräfte der Porzellanfigurentunft weihten. Der liebens- 
würdige J. P. Meldior (1742—1825), welder fiir die Hödfter Manufaktur 
anmutbige, ländlihe Benregruppen von jchlihter, fentimentaler Stimmung 
und delifatem Gefdmad fduf, ift faum irgendwo fo reich vertreten wie bier. 
Die Ludswigsburger Abtheilung ift reih an Werten Wilhelm Beyer's, welder 
fpäter taiferliher Hofftatuarius in Wien war und den Park von Schönbrunn 
mit Statuen f[hmüdte. Don Frankenthal feien die höfifhen allegorifhen Gruppen 
des Mannheimer Hofbildhauers Konrad Lind erwähnt, welder auh das Monu- 
ment des Aurfürften Rarl Theodor auf der Heidelberger Brüde fhuf. Zumal 
Ult-Nymphenburg, deffen Figuren in der Mehrzahl meifterhafte Offenbarungen 
echter Rofofotunft find, ift in feiner anderen Sammlung fo vollftändig. Die 
Sammlung wird befanntlid zugleih mit einer Rolleftion von Erzeugniffen 
anderer funftgewerblider Gebiete aus dSemfelben Belize (zufammen über 
zweitaufend Nummern) vom 13. Juni ð. Js. ab eine Wode lang in 
Münden im Runftauftionshaufe Hugo Helbing, Theatinerftraße 15, verfteigert. 





Berlin. — Eine der verdienftwollften Unternehmungen, die für die ideelle 
Runftpflege in bobem Brade erzieherifh und vorbildlid wirfen muß und fi 
ganz aus dem Rahmen der jhematifhen Maffenausftellungen mit ihrer une 
vermeidlihen Wbfichtlidfeit heraushebt, erbliden wir in der neuerdings von 
der Runftgefhihtiihen Bejellfhaft in den Räumen der fgl. Kunftafademie 
arrangirten Renaiffanceausftellung. Wie fhon früher die Leiter diefes Der- 
bandes es mit Glü unternommen, aus den werthvollen Stüden der Berliner 
Privatfammlungen eine beftimmte abgefhloffene Runftepodhe darzuftellen — 


-man erinnert fi der Ausftellung der vaterländifhen Runft des IT. Jahrhunderts 


und de3 Rofofo in den Fahren IS90 und 1892 —, jo wird uns diesmal der 
feltene Genuß geboten, eine Fülle malerifher, plaftifher und gewerblicher 
Begenftände des Mittelalters und der Renaiffance zu einem barmonifchen 
Ganzen vereinigt zu jehen. Der Effekt it im Ganzen wie im Einzelnen ein 
überrafhend feiner und zeigt uns wiederum, daß das Gntereffe der zur Runjt- 


314 


pflege berufenen Rlaffe ftärkere Wurzeln gefhlagen hat, als man gemeinhin 
annimmt. Die einfiedlerifhen Sammler, denen diefe Roftbarfeiten angehören, 
feinen ganz in der großen Vergangenheit aufzugeben, und wie fie ih von 
den lärmenden Agitationen für moderne Runftftrömungen greundfäglih fern 
halten, in der von feinem Derftändniß getragenen Rultivirung einer beftimmten 
Periode den reinften äfthetifhen Genuß zu finden. Eine derartige Sammel- 
wuth“ ift gewiß nicht zu unterfhägen, und wenn wir nad einer direften An- 
regung dafür fuhen, fo müflen wir der Perfon unferes gefhätten Direktors 
der fgl. Mufeen, dem Beheimrat Bode in erfter Linie Dant willen, der zu- 
gleih Forfher und Sammler, in der Befhmadsentwidelung ein felbft- 
fhöpferifhes Genie genannt werden darf. So wirft and die Ausftellung, 
deren Befprehung wir uns noch vorbehalten, wie die Schöpfung eines 
Geiftes, wie ein organifch gegliedertes und gefdloffenes Runftwerf. Don 
anderem trodenen Aneinanderreihen und Regiftriren hat man vollftändig ab- 
gefehen, die Meifterwerke des 15. und 16. Jahrhunderts verbreiten in ihrer 
barmonifden Zufammenftellung einen ähnlihen Stimmungszauber wie in den 
alten Rirdhen und den nod in ihrer Urfprünglichkeit erhaltenen Paläften jener 
Zeit. Jn dem großen Ubrenfaale, der in feiner ftilvollen Umgeftaltung taum 
wiederzuerfennen ift, grüßen uns inmitten von Bronzen, Statuetten und Pofalen 
die Tintorettos und Morettos aus der Pourtalcs'fhen Sammlung, fowie 
San van Eyt und burgundifhe Meifter. Gn den anftofenden Rabineten, die 
des bejchränkten Raumes halber nicht die gleihe Praht entfalten fdnnen, 
ftoßen wir auf Handzeihnungen des Quattrocento (Rabinet v. Bederath) auf 
reihe Möbel, niederländifhe und italienifhe Bilder aus der gleihen Zeit 
(Babinet Hainauer), auf italienifhe und deutfche Bilder und Robbien 
(Rabinet Simon). Gn der letzten Abtheilung hängt ein Bildnif von Lucas 
Cranadh aus föniglihem Befis, die berrlihen Blasfenfter von 5. Baldung- 
Grien und die darakteriftifhen Gemalde Memmling’s und Rog. van 
der Weyden im Rabinet Raufmann feien aus der fülle des Schönen 
hervorgehoben. 


Münden. — für die Jahres Ausftellung 1898 im fönigl. 
Glaspalaft find die verfhiedenen Ausftellungs - Rommiffionen in vollfter 
Thatigteit, und es wird binnen furzem ein Ueberblid über die ganze Aus- 
ftellung möglih fein. Shon jekt fann gefagt werden, daß der Befamtein- 
dend der Ausftellung trok der verfhiedenartigften Runftridtungen, welde in 


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Deutſche Kunſt. 


derſelben vertreten ſind, ein harmoniſcher und farbenfreudiger iſt. Bedeut- 
ſame Kollektiv-Ausſtellungen von Franz von Lenbach und von frig 
Auguſt von Kaulbach ſtehen in Ausſicht. Das KoloſſalGemälde Max 
Rlinger's „Ehriſtus im Olymp“ wird ebenfalls allgemeines Inter- 
eſſe erregen. 

Was die Betheiligung der Luitpoldgruppe betrifft, ſo ſind die in Um— 
lauf geweſenen Gerüchte über die ausgebrochene Zwiſtigkeit durchaus über— 
trieben, indem die von der Gruppe energiſch geſtellten Forderungen betreffs 
günſtigerer Ausſtellungsverhältniſſe vollſtändig gewährleiſtet wurden, ohne daß 
ſich zu Mißhelligkeiten ein Anlaß ergeben hätte. Ueberhaupt iſt in München, 
ſeitdem man ſich gewöhnt, die verſchiedenſten Meinungen und Richtungen 
nebeneinander beſtehen zu laſſen und alles Perſönliche aus dem Auge zu 
laſſen, die freie Kunſtentwickelung weſentlich gefördert worden. Die Rivalen 
der Genoſſenſchaft und Sezeſſion bekämpfen ſich nicht mehr bis aufs Blut, 
beide unter der Proteltion des Staates ſtehend behaupten ihre Stellung und 
können ihrer Erfolge ſicher ſein, die bei der Genoſſenſchaft noch in Ausſicht 
ſtehen, während die Sezeſſion ſchon vor das Publikum getreten iſt, deſſen 
reges Intereſſe u. A. durch die ſtattgehabten Ankäufe bewieſen wird. So 
erwarb der Prinztegent Luitpold das Bild „Fütterung der Gänſe“ von Rudolf 
Schramm-Zittau in München. Das Gemälde „Lilien“ von Friedr. 
Stahl in Berlin ging in den Beſitz des Großherzogs von Heſſen über. 

Das Oelgemälde „Sommer“ von Toni Stadler in Laim bei Münhen 
wurde von dem laif. und fgl. öfterr.-ungar. Befandten Brafen Theodor 
Hihy erworben; ferner wurden verfauft das Oelgemalde Sonnenaufgang" 
und „Sumpfland‘ von C. Sherwood Calvert in Blasgow, „Che Empreß‘ 
von James Paterfon in Edinburgh, „Mühle bei Brud" von P. W. Keller: 
Reutlingen in Brud bei Münden. Das Aquarell „Studie, von Erro Järn- 
felt in Helfingfors. Die Radirung „Alter Quai von Albert Baertfoen in 
Genf. Sodann die Bronze „Profil eines Bergmannes‘* von Tonftantin 
Meunieur in Brüffel, das Oelgemälde ,,Herbft'' von Rarl Hermann 
Müller in Münden, das Aquarell „Mein Haus" von James Paterfon 
in Rillnieß, Ser Stih ,,Ganymed" von Otto Greiner in Rom und die 
Dafe Soliflore von Emile Gallé in Nancy. Als nen binzugelommene 
Runftwerfe bemerfen wir einige plaftifhe Arbeiten von Conftantin 
Meunteur, ferner Bemälde der fhottifhen Rünftler Jofeph Crawhall, 
David Hauld, A. Hornel, William Rennedy, Hartington 

Mann, Moore Par? und 
Edward Walton. 


Stuttgart. — Jm Landes- 
gewerbemufeum gelangten 
zur Ausftellung eine Samm- 
lung deforativer, als Tapeten 
gedachter Malereien von Jofef 
Rösl in Münden; die Arbeiten, 
die in der Auffaflung nicht 
ftilifict find, fondern fi direkt 
an die Natur anfdliefen, 
bringen neben figiitliden Mo- 
tiven Darftellungen aus der 
Pflanzen- und Thierwelt, in 
deren deforativer Derwendung 
fih eine außerordentlih glüd- 
lihe Erfindung zeigt. Die 
Ausftellung umfaßt Wand- 
deforationen fiir Rinder-, Ef- 
und Badezinmer, 'die Jnnen- 
deforation fiir die Stiftstirde 
in Landau, Betäfel mit Bold- 
ornamenten, Tapetenmufter, 
feramifche Dorlagen, den Ent- 
wurf eines Bemäldes für die 
Patrona Bavariae, Porzellan- 
und fähermalereien. Mit vor- 
nehmem Befhmad ausgeführt 
find die verfchiedenen Rajtchen 
und Truben, die eine trefflicde 
Deforation für jedes altdeutche 





Die Ruhmeshalle in Barmen. 


Jimmer bilden. Es möge noch 
erwähnt fein, cağ Rösl der 


Deutfde Kunf. 


Schöpfer der Malereien. im Mündener Rathsleller ift und daß er für feine 
hervorragenden Porzellanoriginale in London mit dem 1. Preife ausgezeichnet 
wurde. 

Die Aufoedung mittelalterlider Wandmalereien in der Rirdhe zu 
Poppenweiler verfpridt interefjante Ergebniffe. Gn der Thurmvorballe, 
deren Eingang 1428 datirt ift, fiebt man an der Wand zur Redten eine 
Reihe reifiger figuren. Gn der Cradt ähneln fie den Miniaturen in der 
Heidelberger Liedechandfdrift, worauf der furze dreiedige Schild mit Wappen- 
bild, die Lanze mit dem Banner, dec Wappenrod und der etwas fpätere 
Spangenhelm hindeuten. Da unter den Reitthieren Einhorn, Bod, Schwein 
zu erkennen find, eine Figur and nah Franenart reitet, fheint es fid um 
allegorifhe Darftellung der Lafter zu handeln, denen die Tugenden gegen- 
überftehen mußten. Hierüber werden die Jnfdriften Auffhluß geben. Jm 
Schiff, das um 1601 erweitert wurde, ift wohl nur wenig von der alten 
Malerei übrig geblieben. Eine Darftellung des Todes der Maria in Gegen- 
wart der Zwölfboten und die Enthauptung eines Heiligen, etwa des Täufers, 
find aufgededt. 

Unweit von Poppenweiler in Ofweil und Nedarweibingen finden fih 
weitere intereffante Denfmaler mittelalterlider Runft. Fn YVedarweihingen 
enthält der frühgothifhe Chor der Rirhe Malereien aus dem 14. Jahrhundert, 
von denen allerdings erft wenige Proben aufgededt find; vorzüglih ein 
Marterbild in drei Dorgängen, worunter die Breuelfzene, wie einem Bifhof 
— wohl Erasmus — die Geddrme aus dem Leib gewunden werden. Die 
Henter tragen den geftreiften Rod und den Spigbut, die Krieger den Schienen» 
panzer des 14. Jahrhunderts. Außerdem die infhriftlih bezeihneten Heiligen 
Ludwig (von Touloufe) und Dionyfius. Außen am Chor gegen den Yedar 
bin war der bl. Chriftophorus riefengroß gemalt, als ein Schugmiıtel gegen 
fpnellen, böfen Tod. 


Karlsruhe. — Der unter Leitung des Brafen Raldreuth ftehende „Derein für 
Originalradirung™ veranftaltete fürzlih eine für Münden beftimmte Aus- 
ftellung im biefigen Runftverein, die fih fhon vorher in Wien, Berlin, Düfjel- 
dorf und Dresden die größte Anerkennung erworben hatte. Der riihrige 
Derein pflegt neuerdings mit befonderer Vorliebe den Steindrud und daneben 
die Radirung und den Farbenholzfhnitt. Auf dem Gebiete der Lithographie 
zeichnen fi befonders Graf Raldreuth, fowie Rallmorgen und die Landfhafter 
Hans v. Dolfmann, G. Rampmann, franz Hod, H. Daur durch pradtige 
Blätter aus, denen fi als figurenmaler Alfred Schmidt, Franz Hein, H. Heyne 
beftens anfdließen. Ein eigenartiges Talent offenbart ih in dem begabten 
Raldrenthfhüler €. R. Weiß, der fih offenbar Hans Thoma zum Vorbild 
genommen bat, namentlih auf dem Gebiete des Jarbenholzfhnitts, in dem 
aud W. Lange und Jenny Sitentfher, die Gattin des trefflihen Thiermalers 
Otto fitentfher, Tüchtiges leiten. Als Radirer verdienen der Schwabe 
Walter Conz, ein Schüler Schönlebers, fowie der Schweizer Battifer die auf- 
merffamfte Beadtung, denen fih Mar Roman, €. Wiemann und W. Lüntz 
wiirdigft anreiben. Alles in Allem genommen, fann man getroft fagen, daß 
aud auf diefem Bebiete die rüftig vorwärts ftrebenden Karlsruher in erfter 
Reihe unter den deutfchen Runftfchülern marfchiren, und daß ihre hierher ge= 
hörigen Leiftungen, felbft die der Franzofen, der erften Riinftler in dtefem 
fahe, niht zu ſcheuen brauden. 


Nürnberg. — Unter dem Vorſitze des J. Vereinsvorſtandes Bürgermeiſters 
a. D. v. Seiler fand die Generalverſammlung des Albrecht-Dürer— 
Vereins ſtatt. Aus dem vorgelegten Rechenſchaftsberichte war zu entnehmen, 
daß im abgelaufenen Jahre die Ausſtellung des Vereins beſchickt war mit 
715 Oelgemälden, 39 Aquarellen, 42 Zeichnungen, 12 plaſtiſchen Werken und 
15 architektoniſchen Entwürfen. Die nicht unerhebliche Minderung gegen das 
Vorjahr iſt die Folge der auf dem Delegirtentag des ſüddeutſchen Verbandes 
vom Herbſte 1896 beſchloſſenen ſtrengeren Auswahl. Die Mitgliederzahl hat 
fdh von 1113 auf 1101 gemindert. Die Einahmen beliefen fih auf 13 559 Mart, 
die Ausgaben auf 15455 Mark, Unter den Ausgaben erfheinen 1470 Mart 
für 70fahe Mitgliedfhaft bei dem Müncheuer Kunftverein, 5232 Mark für 
Derloofungsanfäufe. Die Derfammlung bejchloß, die Betheiligung bei dem 
Miindhener Runftverein auf eine 40 fahe Mitgliedfhaft zu vermindern. Ein 
den Mitgliedern gewiß fehr willfommener Befhluß wurde ferner gefaßt, dahin 
gehend, eine würdigere Ausftattung des Ausftellungslofales vorzunehmen und 
hierdurd eine Derbefjerung der Lichtverhältniffe herbeizuführen, wodurch aud 
die auswärtige Rünftlerfhaft dem Dereine giinftiger geftimmt wird und die 
Ueberfendung bervorragenderer Runftwerfe in Ausfiht fteht. — Das Ger- 
manifhe Yationalmufenm bat jiingft auf der Auktion Liphart zu 


315 


Leipzig drei Originalzeihnungen von Albrecht Dürer erworben, 
welhe Studien zu deffen großem Bemälde Raifer Rarls des Broßen find, das 
fidh in der Galerie des Bermanifhen Mufeums befindet. Die Bilder Raifer 
Rarls des Broßen und Ralfer Sigismunds malte Dürer im Auftrage des 
Nürnberger Rathes für die Heiligthumsfammer in dem Haufe am Martte, 
von weldem aus dem Dolfe die Reidsfleinodien gezeigt wurden. Mit welder 
Sorgfalt der große Meifter verfuhr, verrathen diefe Federzeihnungen, welde, 
farbig lavirt, die Arone, das Schwert und den Reihsapfel wiedergeben. 
Namentli die deutfhe Raiferfrone ift präzis und in frifchen Farbentönen 
ausgearbeitet, doch find aus dem mittelalterliden Adler vom Anaufe des 
Schwertes ein echt Dürer’fiher Adler und aus den Engeln der byzantinifden 
Emails der Krone trefflihe Dürer'fhe Engel geworden. Dürer bat diefe 
Jeihnungen nah den Originalen wohl in der Heiliggeifttirdhe, in welder die 
Reidsfleinodien aufbewahrt wurden, gefertigt und fle, wie eine Jnfgrift auf 
der Zeihnung des Schwertes befagt, zufammengerollt und mit einem faden 
gebunden, nah Haufe getragen. Eine weitere Zeihnung, welde zu diefer 
Serie gehört und den Rrdnungsornat darftellt, befindet fid in der Albertina 
zu Wien. Wie lebhaft man fih in Nürnberg, dem vielhundertjährigen Auf- 
bewahrungsort der vornehmften aller Aleinodien, der Reidsfleinodien, nod 
für diefe intereffirt, befundet eine Reihe von Spenden, die dem Germanifden 
Mufeum bebufs Erwerbung diefer Heihnungen gemadht wurden. 


Düffeldorf. — Nadh dem jekt veröffentlihten Jahresbericht des Runft- 
vereins für die Rheinlande und Weftfalen bat die günftige Ent- 
widelung des Dereins im legten Derwaltungsjabre erfreulide weitere fort- 
fhritte gemadt. Gnsbefondere fonnte wieder viel für Herftellung öffentlicher 
Runftdentmäler gefhehen. So wurden von dem Kunftverein theils aus 
eigenen Mitteln geftiftet, theils unter Zuwendung erheblider Summen als 
Beihilfe in letzter Zeit wieder mehrere bedeutende monumentale Wandmalereien 
gefhaffen. Jm vorigen Fabre wurden die neuen Wandgemälde im Chor 
der Liebfrauenfirhe in Trier duch die Diiffeldorfer Hiftortenmaler 
W.Döringer und Bruno Ehrich vollendet. Jn der Ausführung befinden 
fih gegenwärtig ferner die Malereien zum Schmude der Aula des Alas 
demiegebäudes zu Münfter, die Profeffor frig Röber übernahm, das 
Wandgemälde im Ratbhausfuale zu Bodum, das frig Neuhaus 
malt, die dem Profeffor Arthur Rampf übertragenen Wandmalereien 
im Rreistagsgebäude zu Burtfheid-Aahen und das Wandgemälde 
des fädtifhen Realgymnafinms zu Duisburg, mit welhem Ludwig 
Reller betraut wurde, Für die Ausfhmüdung des Ritterfaales im Sdhloffe Burg 
an der Wupper feuert der Runftverein 50 000 Mark bei. Gn Folge des 
Ausfchreibens eines Wettbewerbes fiir diefe Ausfhmüdung, zu der die in 
Diiffeldorf anfaffigen Rünftler eingeladen wurden, gelangten zwölf Arbeiten 
zur Einlieferung. Gn der Ausfhußfigung fand die Entfheidung darüber 
fatt, welhe den erften Preis und die Ausführung dem Profeffor Claus 
Meyer in Bemeinfhaft mit Hermann Huisfen zuerkannt. Nach dem 
Rehnungsabfhluß hatte der Runftverein im legten Derwaltungsjahre 6716 
Mitglieder, aus Seren Fahresbeiträgen fih eine Einnahme von 100 740 Mart 
ergiebt. 

— Aus dem Jahresberiht des Vereins zur Errihtung einer 
Bemäldegalerie in Düffeldorf entnehmen wir zunädft den Zugang 
eines Bemäldes „Mondlandfhaft‘ von C. L. Ffabrbadh, das von einer 
biefigen Rentnerin gefchenft wurde. Die Zahl der Gemälde beläuft ih dem- 
nad 3. J. auf 156 mit einem Werth von 723590 M. Um die Reftauration 
der Gemälde „Die Spieler von Anaus, ferner „Die beiden Leonoren" von 
Sohn und „Das Hiftorienbild" von Cornelius hat Ah Maler P. Preyer 
Derdienfte erworben. Die Mitgliederzahl betrug Ende 1896 285, es traten 1897 
hinzu 22; dagegen betrug der Abgang 24, demnadh ift die Mitgliederzahl 
Ende 1897 283. An Mitgliederbeiträgen gingen 2570 M. gegen 2544 M. 
in 1896 ein. Der verftorbene Rentner Mihael Piel überwies der Stadt 
Diiffelborf durch letztwillige Derfügung die Summe von 6000 M. zur Stiftung 
eines Oelgemaldes fiir die ftadtifhe Galerie. Der Derwaltungsrath wählte 
3u feinem Dorftande die feitherigen Mitglieder desfelben, und zwar die Herren 
Oberbürgermeifter Lindemann als Dorfigenden, Affeffor a. D. Courth als 
ftellvertretenden Dorfikenden, Prof. Sdill als Schriftfiihrer und Fabrifbefiger 
Dr. Shbnfeld als Shagmeifter wieder. fiir 1897 ftellt üh das Red- 
nungsergebniß wie folgt: A. Rednung des Galerte-Vereins. 1. Beftand 
nad der vorjährigen Rehnung 24 561,22 M. 2. Laufende Einnahmen 
12 485,52 M. Summe der Ausgabe 1358,56 M. Demnad Beftand am 
31. Dezember 1897 35 687,98 M., welder bei der ftädtifhen Sparkaffe zu 
Düffeldorf rentbar belegt ift. B. Spezial-Rehnung der Scheuerfhen Schenkung. 





316 


Deutfhe Runft. 





Summe der Einnahme 288,58 M., der Ausgabe 15 M., bleibt Beftand am 
51. Dezember 1897 273,58 M., welder ebenfalls bei der ftädtifhen Spar- 
faffe belegt ift. 


Raffel. — Das von den Brüdern Johann und Heinrid Wimmel 
ihrer Daterftadt zur Erinnerung an die Vereinigung der deutfhen Stämme 
im Sabre 1871 durch letwillige Dermahung eines Betrages von 50 000 M. 
geftiftete Monument wurde im vorigen Monat feierlih enthüllt. Der Schöpfer 
diefes feinfinnigen Aunftwerkes ift Profeffor Rarl Begas in Raffel. Die 
Darftellung zeigt am Fuße eines Sandftein-Obelisten Rlio, die unvergdng- 
liden Ruhmesthaten der deutfhen Waffen, weldhe die glüdlihe Einigung der 
deutfhen Stämme berbeiführten, in ihr Buch eintragend, daneben ein Genius, 
im Begriff, das in der Sodelftont befindlihe Reltefbildniß Raifer Wilhelms I. 
mit Lorbeer zu fhmüden, Auf den Seiten rehts und links flieht man 
gleihfalls Erzreliefs, die Paladine fürt Bismard und Graf Moltfe, 
daneben Lowenfdpfe als Wafferausfliiffe 
mit Beden. ` ‘ 


Barmen. — Die Thätigfeit des 
Barmer Aunftvereins im verfloffenen 
Dereinsjahre gewann eine befondere Be- 
deutung durch die Derwirklihung eines 
lange gebegten Wunfdes, durd die am 
Tage der Centenarfeier erfolgte Grund- 
fteinlegungder Ruhmeshalle, eines Dent- 
mals fiir den dabingefdhiedenen Raifer, und 
der zufünftigen Heimftätte des Vereins. 
Nachdem fih die Hauptverfammlung im Ja- 
nuar dahin entfchieden, den fonds für die 
Bemäldefammlung dem Bau der Ruhmes= 
halle zu überweifen, und die nod 
fehlende Baufumme durch den Ertrag eines 
furz darauf veranftalteten Bazars zu- 
fammengefloffen war, wurde am 22. März 
1897 zugleih mit der glänzenden Jubel- 
feier unter allgemeiner Begeifterung der 
Bürgerfhaft der Brundftein zu dem monu- 
mentalen Bauwerke auf dem Rarlsplage 
gelegt. Die Bauarbeiten find inzwifchen 
fhon foweit fortgefchritten, daß man der 
Dollendung am Ende diefes Jahres ent- 
gegenfieht. Das Bediirfnif nad eigenen 
Raumlidfeiten, das fih in den legten 
Jahren im Dereine befonders geltend 
madte, äußerte fic befonders auf der 
vorjährigen Ausftellung, die wegen Ab- 
brud der Concordia fon nah drei 
Woden gefhloffen werden mußte und demgemäß nicht fo reih befhidt wurde 
(es finden- hier während der Dauer der Ausftellung Ausfdhetdungen und 
Ergänzungen von Runftwerfen ftatt) aud nicht den pefunidren Erfolg hatte 
wie die früheren Unternehmungen. Die Qualität tünftlerifher Leiftungen 
lief jedoh nidts zu wünfhen übrig, wofür allein fon die Namen der 
vertretenen Rünftler bürgen, wie A. Rampf, €. Henfeler, fr. Roeber, 
Willy v. Bederath, Rarl Sohn, Eugen Bradt, H. Poble, 
5. Hermann, U. Ahenbad u. f. w. 

Die finanzielle Lage des Dereins ift im Banzen als fehr günftig zu be- 
zeichnen. Leider ift zwar die Anzahl der Aktien von 1266 auf 1240 gefunten, 
der Betrag des Eintrittsgeldes zur Bemälde-Ausftellung, proportional der 
fürzeren Dauer, von 2609 auf 1792 Mark, und aud der Derfauf der Loofe 
i geringer ausgefallen.. Dagegen ftieg der Gefammtantauf von 21 327 auf 
23 304 Marf, die Provifion von.den Ankäufen von 1069 anf 1124 Mark, der 
Saldo nebft Zinfen von | 18-952: auf 25191 Mark. Die Befammteinnahme 
des vorigen Jahres betrug 57,227 Mark gegen 51 554 im Dorjabre, alfo 
5695 Mark mehr. 

Der. fonds. fiir die Bemäldefammlung, welder im vorigen Jahre 
16 886 Mark. betrug und auf ‚den Aunfthallenfonds übertragen wurde, ift in 
diefem Jahre neu gebildet und beträgt jetzt 4331 Mark. Der fonds zum 
Ban einer Runfthalle ift durd den fonds der Gemaldefammlung, durc den Ueber- 
[huß aus'dem Ertrag des Bazars und durch die laufenden Zinfen um 30 274 Mark 
vermehrt und hat jet einen Dermögensbeftand von 144 870 Mark erreicht. 








5. Somansty, Weibliche Jdealfigur. 


Mainz. — Die ftddtifhe Bemälde-Sammlung bat neuerdings 
eine werthvolle Bereiherung durch ein Bemälde des in Münden 1895 ver- 
ftorbenen Prof. Wilh. von Lindenfhmit erhalten, welhes Here Prof. Wd. 
Schreyer der Daterftadt des Rünftlers ale Befhent übergab. Das Bild, welches 
lebensgroße Figuren aufweift, ftellt den gefeflelten Prometheus dar, ein 
Motiv aus der Tragödie des Aefchylos. Prometheus, auf Befehl des er- 
zürnten Zeus an einen felfen gefettet, wird beklagt und getröftet von den 
Meermadden, den Tddhtern des Oleanos. Der aud unter fdrperliden und 
feelifhen Leiden nicht gebrochene Troß eines Helden gelangt in der Geftalt 
des Prometheus voll zum Ausdrud; in der Ylereidengruppe ift das Weib als 
Genius des Troftes des männlihen Helden verherrliht. Die wettergebräunte 
Beftalt des Mannes, der beim Derfud, feine Ketten zu fprengen, alle Muskeln 
feines ftählernen Körpers anftrengt, bildet den wirkfamften malerifhen Begen- 
fag 3u den weihen Formen der Mäddhen am Fuße des fFelfens. Diefe 
beranfhwebenden, aufftrebenden und zufammenfintenden Beftalten verkörpern 
die am Fuße des Felfenufers auffteigende 
und zurüdgeworfene Brandung. Die düftre 
Gewitterftimmung entwidelt wirffame 
Rontrafte in dem dunklen Himmel, dem 
vom Wetterfhein grell beleudieten Pro- 
metheus und den [hwärzlich braunen felfen. 

Halle. — Aus dem Gabresberidt des 
ftadtifden Mufeums fiir Runft und 
Runftgewerbe entnehmen wir, daß im 
vergangenen Jahre die Befuherzahl auf 
9700, gegen 8500 im Dorjabre, geftiegen ift. 

Der Befig des Mufeums mehrte fih 
durh Ankauf, Schentungen und Ueber- 
tragungen von anderen ftädtifhen Anftalten, 
um 8 Gemalde, 9 plaftifhe Arbeiten, 48 
Handzeihnungen, 55 Münzen und Medaillen, 
61 kunftgewerblihe Arbeiten, 250 graphifche 
Blätter und 10 ethnographifche Begenftände. 

Don ftattgebabten Sonderausftellungen 
find zu erwähnen: 107 Blatt Original- 
radirungen deutfcher und anslandifder 
Rünftler; 102 Blatt Lihtörnde nad Begen- 
ftänden des Biamard-Mufeums in Schön- 
haufen; eine Rolleftion von 18 Oelgemalden 
des Malers Ludwig Dettmann, in 
Berlin; 84 Photogravüren nah Gemälden 
der Aatferlihen Gemäldegalerie der Ere- 
mitage 3u Petersburg; eine Sammlung 
von Budeinbinden; 96 Blatt japanische 
farben - Holzfhnitte und 60 Original- 
zeihnungen und Aquarellen japanifcher 
Maler; 57 Gemälde und Studien von J. Monien in Königsberg. 

Außerdem fanden vorübergehend Ausftellung: 150 Gemalde, 103 funft- 
gewerblihe Begenftände, 10 plaftifhe Arbeiten und 148 Runftblatter. 


Magdeburg. — Unter den zahlreihen in der Jabresausftellung des hiefigen 
Runftvereins neu aufgenommenen Werfen ziehen zwei Bruppenmodelle in Bips 
von der Meifterhand Prof. N. Siemerings, des genialen Schöpfers 
unferes Raiferdenfmals, die Aufmerkfamkeit in befonderem Mafe auf fic. 
Die Gruppen find gedadt als Abfhluß einer monumentalen Freitreppe fiir 
ein National-Denfmal. Die eine Gruppe ftellt die Boruffia dar, wie fie dem 
in der Geftalt Siegfrieds verförperten deutfhen Dolfe das Schwert reiht 
und ibn mit erbobener Redhten zum Rampfe anfenert. Die zweite Gruppe 
zeigt Siegfried (das deutfhe Dolk) nah glüdlihem Rampfe hinfchreitend über 
den getddteten Lindwurm der Zwietraht und der Germania das Schwert und 
die Raiferfrone als Siegespreis darbringend. - Der Ausführung diefer fraft- 
vollen und poetifhen Skizzen fiebt man mit gefpanntem Gntereffe entgegen. 


Züberk. — Jm September ò J. veranftaltet der Liibeder Runft- 
gewerbeverein eine internationale Ausftellung von Plafaten und 
modernem Buhfhmud. Anmeldungen und Auskünfte durch Arkitett Mar 
Megger, Lübed, Sophienftraße 24, und Otto Brautof, Stettin, Bogislan- 
ſtraße 7 II. 


Deutfhe Runft. 


Di Ada. 






Dor einigen Monaten wurde im 
Centrum Berlins, Leipzigerfttaße 129, 
von €. Zaesleinein neuer Bemälde- 
falon eröffnet, der fih troß der mafjenhaften Aunft: 
darbietungen aller Art volllommen zu bewähren 
fein. Es ift dem Befiger weniger darum zu 
thun, in rafhem Wedfel der Bilder ertranagante 
und epohemadhende Yleuigkeiten vorzuführen, als jene 
guten, modernen und älteren Meifter zu bringen, die 
von einem breiteren Publitum nicht nur verftanden und 
anerkannt, fondern auh — zum Theil gerade der Namen 
wegen — gefauft werden. Wenn fomit einerfeits der 
Charakter einer mit giinftigem Umfak rednenden Aunft- 
bandlung bervortritt, fo entfpridt andererfeits die ganze 
freie und vornehme Ausftattung der Räume in jeder 
Weife den modernen künftlerifhen Bedürfniffen. Eine nahahmenswerthe 
Neuerung befteht zunädft in dem immerwährenden freien Eintritt. für 
das Prinzip, einen Runftfalon wirflih wie einen Salon, d. h. mit gemeffener 
Eleganz behaglih und wohnlih auszuftatten, finden wir aud bier eine vor- 





817 


theilhafte Anwendung. Zn weiten Zwifhenräumen, hödftens zwei Reihen 
übereinander, fhräg an der Dede hängend, oder auf Staffeleien und Seffeln 
ftehend, find die Bilder vertheilt, mit wirffamen Ueberfhneidungen der Eden 
überall den Eindrud einer vollgepfropften Balerie vermeidend. Mit Teppiden 
und Läufern ift der Fußboden belegt, bequeme Polfterftühle Iaden zum Der- 
weilen; der ruhige Ton der Wandbelleidtung und der Blanz der prunfenden 
Goldrahmen unterbricht das lebende Brün von emporragenden Blattergewmadfen. 
Zum Scluffe fei nod bemerkt, daß augenblidlih der Durhfchnittswerth der 
ausgeftellten Aunftwerke jeder größeren Ausftellung zur Ehre gereihen würde. 
Um einige Einzelheiten anzuführen, feien die Zdeallandfchaften und eine vor- 
züglihe Ropie des Bödlin’fhen Tentaurenfampfes von Rüdisühli angeführt. 
Eine ältere, in disfretem Braubraun gehaltene Felslandfhaft von H. Thoma, 
ein religidfes Sittenbild von f. v. Uhde, eine Derfion der Sünde (Kreide 
3eidnung) von f. Stud, die Studie eines Meinen gepugten Mädchens von 
Alb. Keller beanfprudhen allgemeines Gntereffe; 3u fehenswerthen, tiidtigen 
Leiftungen gehören ferner Aallmorgen's holländifher Markt, 8. P. förfter's 
Parklandfhaften, Herzog's Herbft im Hafen, Manthe’s fifhfang auf dem 
Eife. Außerdem Bilder von Gabriel Mar, Hans von Bartels, 
faber du Faur, Mauthe, Bredt. 





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Der neue Kunftjfalon von E. Zaeslein, Berlin, Keipzigerftraße. 


318 





Deutſche Rung 





— die polychrome Behandlung von Bildwerken iſt in den letzten 
Jahren mehr und mehr in Aufnahme gekommen. Nicht nur die Kunſt, ſondern 
auch das Kunſtgewerbe haben ſich daran verſucht, freilich nicht immer mit 
günſtigem Erfolge. So ſei denn heut auf eine Kollektion großer Büſten und 
kleiner Statuetten hingewieſen, deren Originale — Meiſterwerke der italieniſchen 
Renaiſſance — ſich im Berliner Königl. Muſeum befinden. Wir finden in 
der Kunſthandlung von Keller und Reiner die berühmte Prinzeſſin Urbino 


von Deſiderio da Settignano; bier iſt die graue Sandſteintönung des Ori- 
ginals mit außerordentlichem Geſchick wiedergegeben, ebenſo wie die zartgelbe 
Färbung des Marmors der „Weiblichen Büſte“‘ deſſelben Meiſters. Gleich 
vortrefflich in der farbigen Behandlung ſind auch die kleinen reizvollen 
Statuetten „Aphrodite“, „Der Vogelſteller““ (deutſche Renaiſſance), „Satyr“, 
„Tanzende Gaukler““ u. A., weldhe geeignet find, die Zierde aud des vor- 
nebmften Salons zu bilden. 





Preisbewerbungen 


— Der ausgefhriebene Wettbewerb für ein Plakat der nädhftjährigen 
deutfhen Aunftausftellung in Dresden hatte 110 Einfendungen zur 
Folge, welde vorübergehend im Saale des. Ausftellungsgebäudes auf der 
Brühl’fhen Terraffe ausgeftellt waren. Zwei davon find preisgefrönt worden, 
und zwar haben den erften Preis die Arbeit des Malers Weinhold, den 
zweiten die des Malers Pampel erhalten. Die Auszeihnung diefer beiden 
in Münden lebenden Riinftler etfdheint vollfommen geredtfertigt, da fidh ihre 
Arbeiten durh die richtige Erfaffung der Aufgabe bei Fünftlerifh gediegener 
Ausführung unbedingt von den übrigen eingelaufenen Entwürfen hervorheben. 
Auf dem Weinhold’fhen Plafat feben wir die drei Riinfte in Geftalt von 
drei anmuthig gruppirten franengeftalten dargeftellt. Gn der dSetaillirten 
Ausführung und dem großen einheitlihen Zuge wirft die Darftellung troß der 
geringen foloriftifhen Qualitäten unmittelbarer, als der Pampel’fhe Entwurf, 
der fih gleihwohl als eine felbftjtändige ftiliftifh vollendete Arbeit darbietet. 
Hier fhwebt der Benius der Runft auf welligem Goldgrund herab und drüdt 
füffend den Mund auf die Stirn einer Zünglingsgeftalt. Die Farbengebung 
ift eine hödhft fompathifche, Fönnte jedoch für die Fernwirfung nod gefteigert fein. 

om Uebrigen bemerken wir ftatt abgefdloffener Leiftungen nur interefjante 
Anläufe, wie die Entwürfe „Deutfh", „Amato“, „Semper fidelis“. Die 
Betonung des Gegenftindliden, die zu ftarte malerifche Yuancirung und 


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1 





und Perſoönliches. 


Buntheit laſſen das Verſtändniß für die rein dekorative Forderung der Plakat⸗ 
kunſt vermiſſen. 

— Ein Preisausfhreiben um Entwürfe für ein Plakat erläßt die firma 
Giinther Wagner in Hannover und Wien mit Termin zum 15. Gult. Es 
gelangen drei Preife von 1000, 500 und 300 Mark zur Dertheilung. Unter 
den Preisrichtern befinden fih die Herren Prof. €. Doepler d. Z.-Berlin, 
Dir. MWarten- Oldenburg, Prof. Dr. Ulbr. Haupt und Prof. Herm. Shaper 
in Hannover. Ein Ankauf nidt preisgefrdnter Entwiirfe für je 100 Mark 
ift vorbehalten. 

— Bei der Preisbewerbung um den figuralen Schmud des nordböhmifchen 
Bewerbemufeums in Reihenberg wurde von der Zuerfennung eines 
erften Preifes Abftand genommen, dagegen erhielten je einen zweiten Preis 
die Bildhauer Theodor Charlemont in Wien, €. Berhart in Reihenberg 
und Ernft Hegenbarth in Wien. 

— Das Baucomite der Reichenberger Handelstammer bat befdlofjen, 
bebufs Erlangung von Plänen für das neue Rammergebdude eine all- 
gemeine Konkurrenz auszufchreiben, deren Termin am 15. Juni ablaufen wird. 
Als Preije wurden ausgefetzt I200, 1000 und 600 Kronen und wurden außer 
vier Mitgliedern des Baucomites in das Preisgeriht weiter berufen die Herren 
Profefforen Rarl Rinig, Dictor Lung und Chriftian Ulrid in Wien. 


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Der nene Kunftjalon von €, Sacslein, Berlin, Keipzigerjtraße. 


Deutfhe Runft. 319 











— Dor kurzer Zeit begab fih A. Menzel im Auftrage des Raifers zu faffung des großen Preufenfdnigs ift die pfohologifhe Schilderung mit 
dem Bildhauer Jofef Upbues, um fein Uriheil über die Modelle zu dem großer Feinbeit durchgeführt. Die durdgeiftigte Dornebmbeit in dem jugend- 
für die Siegesallee beftimmten Denfmal Friedrids des Broßen abzugeben. liden Pbhilofophen, die erdrüdende Bewalt der Perjönlifeit gelangt ebenfo 
Don diefen und anderen Arbeiten in hohem Maße intereffirt, verweilte der in dem Ausdrude des vom Dreimafter befhatteten Befihtes wie in der 
Altmeifter längere Zeit in dem Atelier des Bildners, fpendete ihm reihlihes ganzen Haltung duch die fharfe harakteriftifhe Silhouette zur Erfheinung. 
Lob, indem er ih u. A. bezüglih einiger noch nicht endgiltig entfhiedenen Als Grundlage für das Studium Ftiedrihs des Großen diente dem Rünftler 
Aufträge äußerte: Und mögen Sie noch fo reihlihe Aonkurrenzentwürfe bee die zeitgenöflifhen Bildniffe und die zahlreihen Menzel’fhen Bilder und 
kommen, die Sahne haben Sie doc abgefhöpft. Wenige Tage darauf ere Zeichnungen. 
fehlen der Raifer felber bei Uphues, um die beiden neueften Entwürfe zu be- Die Büften des Generals Schwerin und des Tondidters Gob. Seb. 
fictigen, deren einer den König, begleitet von feinen Windfpielen zeigt, Bad, welhe ihren Pla zur Redhten und Linfen des Rönigs finden follen, 
während der andere die jugendlid ftraffe Beftalt des Monarchen ausfdhreitend bat Uphues bis jet nur flüchtig modellirt. 
darftellt, die Rechte leicht auf den Krüdftod geftüßt, die Linke auf dem Rüden — gn Genf ift der Maler Alfred Dan Muyden (geboren 22. Oftober ISIS 
tubend. Yad kurzer Ueberlegung entjcied fdh der Kaifer, mit feiner An- in Laufanne) geftorben. Er war ein Schüler W. v. Raulbad's und hat fih 
erfennung nicht zurüdhaltend, für die Legtere Sfizze, die er obne jede durch Darftellungen aus dem italienifhen Volksleben (Kleinkinderſchule zu 
Aenderung für die Marmorausführuug im Broßen beftimmte. n diefer Auf- Albano"), fowie als Landfhaftsmaler hervorgethan. 





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Slluftrirte Heitichrift für das gefammte deutfche Kunitfchaffen, 


Central-Organ deutjcher Runft: und Rünftler- Dereine. 


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Georg Malſtowsſin. 
Schriftleitung und Berwalfung Berlin W.57, Steinmehſtr. 26. 


Alle 14 Tage erfceint eine Nummer, 
Preis vierteljährlih 2.80 Mark. 
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Alle 14 Tage erfhcint eine Nummer, 
Inſetate: 40 Pfennige für die 4 ge- 
fpaltene Nonpareille- Zeile. 


Publifationsorgan des Deutfhen Runftvereins in Berlin, des Schleifhen Aunftvereins in Breslan, des Runftvereine für dae Grofberzogthum Hefjen in Darmftadt, des Anbaltifben Runfts 
vereins in Dejjau, des Mürtiembergifdhen Runftvereins in Stuttgart, des Schleswig - Holfteinifhen Runftvereins in Riel, der Runftvereine in Münden, Oldenburg, Mannheim, Nürnberg, Gera, 
Altenburg, Elberfeld, Barmen, Bielefeld, Görlig, Danzig, Rönigsberg, Stettin u. a. 








Ar. 17. 


20. Juni 1898. 


IL. Yahraang. 





Stanz Sfarbina. 
Pon Georg Malkowwsky. 


G er dereinftige Gefdhidtsfhreiber der Aunft unferer Zeit 
fteht einer fohmwierigeren Aufgabe gegenüber als der 

früherer Epoden. Die Gruppen innerhalb der Künftler- 

[haft erfheinen nicht mehr fehulmäßig lofal begrenzt, 
fie bilden fih im freier Wahl unabhängig von Ort und Zeit, 
feine, faum erkennbare Fäden führen von der einen zur anderen 
hinüber, und Perfönlicykeiten, die für den erften Blid allein und 
ohne gegenfeitige Fühlung daftehen, rüden bei näherer Be- 
ttahtung in gemeinfamem Streben nahe zufammen. 

€s giebt Feine Menzelfhule, wie es feine Bödlinfchule 
giebt, und beide Meifter würden fih gewiß mit der ihnen 
eigenen Energie dagegen fträuben, wenn man ihnen aud nur 
den geringften Theil modernen Runfifhaffens, wie etwa ein 
Stüddhen Yiaturalismus oder Symbolismus in die Schuhe 
fhieben wollte. Und doch ift der Einfluß überall bemerkbar. 
Nicht ihre perfönlihe Einwirkung, fondern ihre Art zu fehen 
und darzuftellen hat nahhaltig angeregt und gefördert. 

Don den Berliner KRünftlern gehören Fri Werner und 
franz Starbina in die malerifche Befolgfhaft Adolf Menzel’s. 
Beide felbftftändig in ihrer Eigenart, fönnen fie dod in ihren 
Anfängen wie in ihrer fpäteren Entwidelung die Herkunft einer 
Rünftlerfhaft nit verleugnen, die fic) bei Werner norð- 
deutfch-berlinerifh begrenzt, bei Sfarbina international ause 
weitet. 

Sfarbina’s Werdegang ift ein überaus intereffanter, weil 
er als ein fteles Ringen nadh neuen Ausdrudsmitteln für die 
Darftellung der gefammten Außenwelt erfheint. Hiftorie, Land- 
fhaft, Architeftur, Genre, Rultur- und Sittenbild, alle Gebiete 
malerifhen Schaffens hat er fih nad und nad erobert und auf 
jedem eine eigene malerifhe Entwidelung durhgemadt. 

Sfarbina’s Perfönlichkeit it von feinen Werfen nicht zu 
trennen. Gn fic) gefeftet, nimmt fie Alles in fic auf, um es 
eigenartig 3u verarbeiten. Man fann eine Menzelesfe, eine 
niederländifche, eine franzöfifhe Epode in feinem Schaffen unter- 
fheiden, und das ift um fo leichter, weil jede mit dem längeren 
und wiederholten Aufenthalte in Berlin, Belgien-Holland und 
Paris zufammenfällt, aber mit foldhen WAenferlicfeiten ift für 
die Betradtung feines Rönnens wenig gewonnen, es fommt 
darauf an, aus diefen Zufälligkeiten den ftabilen Kern feines 
Wefens herauszufddlen. 

Es ift für Sfarbina’s Runft harakteriftifh, daß fie inner- 
halb dreier Dezennien trog aller Wandelungen des Befhmads 


ftets modern geblieben ift, nicht bewuft fic) anbequemend und 
den Modelaunen folgend, fondern immer im Werden begriffen, 
von dem Neuen das Gute aufnehmend und verwerthend. Der 
beinahe fünfzigjährige hat cs nod beute zu feiner „Manier** 
gebradt und ringt mit gleicher Frifhe der Natur ihre malerifchen 
Reize ab wie der Dreißigjährige, der Sem Publifum feinen erften 
Erfolg mit dem fenfationellen Motiv „Das Erwaden in der 
Anatomie* Ende der fiebziger Jahre abzwang. Das Bild war 
fheuglih fhön. Fm falten Morgenlidt auf einer fih ab- 
fhrägenden Fläche ausgeftredte Leihen, aus deren Mitte fic) mit 
fhredhaft geöffneten Augen der Leib eines Scheintodten erhebt. 
Das Bemälde war, wenn id) mich recht erinnere, bezeichnender 
Weife in Caftan’s Panoptifum ausgeftellt, erregte angenehmes 
Grufeln, fand den Beifall Guftav Ridter’s und wedte in mir, 
der id nad) Beendigung meines Punjtwifjenfhaftlihen Studiums 
nod ganz unter dem Einfluß afthetifirender Bilderbetradhtung 
fand, aufridtiges Entfegen. Wie fonnte man fo etwas malen! 
Schade um das fihöne Verftindnif des menfchlichen Körpers, 
fhade um die funftvollen Derfiirzungen, fhade vor Allem um 
die virtuofe Behandlung des Fühlen, gleihmäßig einfallenden 
Lichtes! Starbina hatte fih als zukünftigen Lehrer der Akademie 
in der Anatomie angekündigt. 

Ein längerer Studienaufenthalt in England ließ mid den 
Riinftler aus den Augen verlieren. Nadh meiner Rüdfehr im 
Anfange der achtziger Jahre fand ih ihn als einen Anderen 
wieder. Unter dem Einfluß Adolf Menzel's war er zum bifto- 
rifchen Sittenfdildcrer des Endes des vorigen Jahrhunderts ge- 
worden. Die Zeit Friedridy's des Großen, Directoire und Em- 
pire bildeten fein Stoffgebiet. Mit den Motiven hatte er die Technik 
gewedfelt. Noch ein wenig fohwer im Rolorit, wenn es fih um 
die friederizianifhe Epoche handelte, wurde fein farbenauftrag unter 
dem Einfluß der Motive aus dem Ende des 18. Jahrhunderts leichter 
und fliiffiger. Die zart abgetönten Stoffe des Directoire und 
Empire, die hellen Jnterieurtine Siefer Heitabfhnitte hatten es 
ihm angethban. Aud fein Empfinden hatte unter dem Einfluffe 
des neuen Stoffgebietes eine Wandlung erfahren. Der Maler 
der „Anatomie hatte einen eigenthümlich finnigen, faft fentimentalen 
Hug angenommen. Das Liebesleben unferer Grofeltern wurde 
empfindfam gefchildert. Wie fie fidh in einer „Causerie intime“ 
tennen lernen, wie fie ih im „Seelenaustaufh finden, wie fie 
ein ,,ernftes Wort der Entfcheidung fprechen, wie fie bei „Sonnen- 
untergang von einander fceiden. Roloriftife genommen 


322 


Stimmungsbildhen in 
Lidtgriin und Hellgelb, 
fein abgetönt und gefällig 
in der Zeichnung. 
Damals lernte id 
Sfarbina perfönlid fen- 
nen. Es war im Haufe 
des Derlegers der Leip. 
ziger Jlluftrirten Zeitung, 
I. Weber, der foeben nad) 
Berlin übergefiedelt war 
und in feinen Salons 
eine bunt zufammenge- 
würfelte Befellihaft von 
Riinftlern, Gelehrten und 
Sehriftftellern zu vereini- 
gen pflegte. Frau Weber 
ftellte uns einander vor, 
um fih fofort einer ande- 
ren Gruppe von Bäften 
zu widmen. Wir fühlten 
ung beide beengt in den 
überfüllten Räumen, unter 
Menfden, mit denen wir 
wenig Beriihrungspuntte 
fanden, und Famen überein, 
uns unter Dorfdiigung 
einer zweiten Derpfliditung 
von der Dame des Haufes 
3u verabfdieden, bevor 
das Souper, das an 
einzelnen Tifhchen fervirt 
wurde, begann. frau 
Weber lahte uns aus: 
„Bitte, verfuhen Sie es 
dod, 3u geben, meine 
Herren! Es ift einfad 
unmdglid. Gerade vor 
der Barderobenthür ftehen 
im Rorridor zwei Tifche. 
Abräumen laffen fann ih 
nidt. Aber Sie dürfen 
an einem der befagten 
Tifhe Plak nehmen.“ 
Damit war fie verfhwun- 
den. Wir feßten uns refige 
nirt vor der Barderoben- 
thür, um uns ert am 
Morgen nad einer über- 
aus anregenden Unter- 
haltung zu trennen. Jh 
hatte einen Rünftler ten- 
nen gelernt, der fic) felbft 
an einem = Wendepuntte 
feines Schaffens fühlte. 
Er empfand, daß idh auf 
allen Kunftgebieten ein 
Neues anfündigte, ein 
Bähren und Werden, zu 
dem er Stellung nehmen 
mußte. Aus dem Sitten- 
fhilderer vergangener 
Heiten fuchte fih der mo- 
derne Menfh heraus zu 
retten, er intime Bezie- 
dungen fudt zu dem ihn 
umgebenden, nad Beital- 
tung ringenden Leben. 
für Sfarbina wie 
für viele deutfche Künftler 


Deutfhe Runft: 





it das Heil von Weften gefommen. Die belgifh-holländifche Küfte 
und Paris haben ihm die fünftlerifhe Erlöfung gebradt, ohne feine 
Eigenart zu [hädigen. Hier fand er die malerifhen Derflärungsmittel 
für die fheinbar niidterne Wirklichkeitsfhilderung der Gegenwart, 
durch Luft und Licht vermittelte Stimmung. Belgien und Holland 
find nit nur um ihrer tünftlerifhen Vergangenheit willen neben 
Italien das gelobte Land der Malerei. Die Nähe des Meeres, 
die feuchte Atmofpbäre bedingen eine eigenartige gedämpfte Be- 
leuhtung, die ‚Formen und farben zufammenbringt. Die Umtiffe 
lodern, die farben ergänzen fi und verfchmelzen zu feinen 
Abtönungen. Es geht ein gebrodenes Flimmern durd die Luft, 
das Alles auf's Silbergraue ftimmt und die Cofaltöne auflöfend 
wie mit einem Schleier umfpinnt. Auh die Typen der Bee 
völferung find in ihrer unverfälfchten Sonderheit voll malerifhen 
Reizes und nehmen das Rünftlerauge unwiderftehlih gefangen. 
Seit Anfang der achtziger Jahre it Sfarbina ein ftändiger 
Baft der holländifch-belgifhen Küfte geworden und bringt ftets 
eine fille neuer Anregungen von dort heim. 

Neben Hans Hermann ift er der berufenfte Schilderer Siefer 
Gegenden und ihrer Bewohner. Aber auc bier läßt fih ein 
ftetes fortfchreiten feiner Runft verfolgen. Es ift, als ftände 
er zunähft unter dem Einfluffe des rothen niederländifchen 
Siegelbaues, der blauen Delfter Porzellane und der grünen 
‚senfterläden. Dann fohärft ih fein Blid und nimmt die 
feineren Nüancen des herrfchenden Rolorits auf, bis er zu jenem 
magiftralen, filbergrauen Ton Surddringt, Ser feine beften 
Arbeiten arakterifirt. Seine bolländifhen nterieurs find 
Meifterwerfe der Ubftufung des verfdiedenen einfallenden Lichtes, 
das über den einfahen Hausrath bingleitet und die figuren 
umfpielt, mie in den Werken der holländifhen Kleinmaler. Als 
reiffte Früchte diefes Schaffens erfiheinen feine großen Gemälde 
pdifhauttion in Blanfenberghe und „Amfterdamer fifhmartt. 

In der Technik ift fir Sfarbina Paris ausfihlaggebend 
geworden. Hier bat er die Fmpreffioniften ftudirt und aud von 
ihnen gelernt, was feiner Gndividualitét angemeffen war, das 
fouveräne Erfafjen der Augenblidserfheinung, das Zurüddrängen 
des Ylebenfählihen, die Betonung der malerifhen Hauptaccente. 
Hier wurde er aud zum Scilderer der modernen Befellfhaft in 
allen ihren Schichten, vom vornehmen Galone und Bade- 
publifum berunter bis in die Werkitätten Ser Arbeiter hinein. 
Das Strandleben in Oftende, die alte Wiefe in Karlsbad bieten 
ibm willfommene Belegenbeit zur Darftellung gefelligen Treibens, 
fein Cumpenfammler auf der Treppe, der ,,Dater Jean Baptifte 
muthet faft wie Armleutemalerei an und ift Sod) mit echter 
fünftlerifher Naivität bingeftellt, wie ein zufällig erfaßter Augen- 
blidstypus. Dor Allen bat Paris dem Rünftler jenen Befhmad 
übermittelt, der ihn genau an der Grenze des Häßlihen Halt 


Deutfde Rung. 


323 


machen läßt und ihn vor jeder Ertravaganz, vor jeder Rohheit 
bewahrt. 

Die farbenbehandlung Starbina’s fteht feit dem legten Jahr- 
zehnt immer mehr unter dem Seiden der Aquarelltednit. Selbft 
feine Oelgemälde erfceinen mit treffficherer Meifterfhaft leidt- 
fliiffig bingeftriden. Sfarbina fegt die Töne nit taftend und 
pagend 3ufammen, er bat fie auf der Palette, ehe fie auf die 
Leinwand übertragen werden, Jm Aquarell fteht er heute in 
der erften Reihe der deutfhen Wafjerfarbenmalerr. Er zeigt den 
feinen Sinn für das dünnfliegende Material, für die „washes“, 
wie fie der Engländer bezeihnet. Man fühlt in feinen Aquarellen 
nicht mehr das Rörnige des farbmaterials, es bat fid) im Waffer 
gelöft und breitet fih zwanglos über die Fläche. 

Die von uns reproduzirten Arbeiten Sfarbinas find mit 
Ausnahme des Leudtthurms von Blanfenberghe fammtlid nod 
niemals veröffentliht worden und zeigen den Meifter auf der 
Höhe feines Rönnens. Die in Wafferfarben ausgeführten Skizzen 
und Studien, befonders die „Erinnerung an Capri, zwei vor 
dem Hotel Pagano fitende italienifhe Maler darftellend, find 
typifd für die padende Charakteriftif Ses Riinftlers. Jn dem 
Bilde aus dem Orgeldhor der Hamburger Rirche, befonders in 
der Behandlung der reidgefnigten und vergoldeten Ronfole 
der Orgel, verrath fi) die Treffjicherheit eines Menzel, die ohne 
Haudern den Pinfel an der rechten Stelle hinfeßt, während das 


‘gtiinlic) einfallende Liht, fih zerftrenend und Reflege bildend, 


die untere Partie des Bemäldes beberrfcht. 

Mit befonderer Genugthuung erfüllt es uns, daß der häufige 
Aufenthalt in der ‚Fremde Sfarbina’s Augen für die malerifhen 
Reize der Heimath gefhärft hat. Auch die Jungfernhaide und 
die leicht gefhwungene Baumallee der Raiferin Auguftaftraße 
haben ihre Poefie, die der Riinftler durd das in feinen Dienft 
gezwungene und mühelos beherrfhte Medium er Liht- und 
Luftftimmung übermittelt. 

In jüngfter Zeit ift Starbina durch die Befhäftigung mit 
dem Broßen Kurfürften, zu der ihn er Herausgeber des Hohen- 
zollern-Gabrbudes angeregt bat, wieder zur hiftorifhen Kunſt 
zurüdgeführt worden. Aber der Schwerpunft feines Schaffens 
wird immer in der treuen Schilderung modernen Lebens liegen. 
Hier ift er vom ftofflich Intereffanten ausgegangen und allmälig 
zum formal Malerifhen Surdhgedrungen. Das 1 arftellungs- 
objeft ift ibm der Träger von Licht und ‚Farbe, nicht mehr und 
nidt weniger. Er dichtet nicht, aber er regiftrirt aud nicht 
mit dem Pinfel. Er nimmt aus der Wirklichkeit das feiner 
Rünftlerindividualität Entfpredende, und weil er eine interejjante, 
im Grunde ihres Wefens überaus ernfte Perfönlichkeit-ift, geftaltet 
fid unberwuft das zufällig Befehene zu einem abfidtsvoll Be- 
obachteten. 


Büchermenſchen und bildende Kunſt. 


II. 


und man fann es heute zuverfichtlic vorausfagen, daß der 

Tag erfcheinen wird, an dem die Farbenauslegung, welde 
der jüngeren Malfdule in ihren großen Zügen gemeinfam ift, 
aud offiziell als die mit der Wirklichkeit übereinftimmende an- 
erfannt werden wird. Dann aber wird aud die Stunde niht 
mehr fern fein, wo jeder felbftändige farbendeuter, der von 
diefer orthodoren Palette abzuweihen für gut findet, ebenfo die 
Adterklärung risfirt, wie fie vor Aurzem über die Freilicht- 
malerei ausgefproden wurde. 

Wie heute wird aud dann der alte Frrthum fih wieder 
breit maden, daß Uebereinftimmung mit der Wirklichkeit der 
Gradmeffer fiir die Abfhätung eines Runftwerfes fei. Sehr 
erfldarlid), ftammen Sod) die meiften Theorien über bildende Runft 
ftatt aus Beobadtung der Natur und dee Runftwerks lediglich 
aus pbilofophifhen Erwägungen. Ein perfönlihes äfthetifches 
Empfinden müßte großgezogen werden! 


Hl: dem dreiften Lachen wurde ein befcheideneres Ropffhütteln, 


Diefelbe Ueberfhätung der Bedantenwelt der des Befühls 
gegenüber tritt aud in einer anderen Richtung hervor. Jah 
meine das forfthen nad) dem Pofitiven im Runftwerf, das, was 
fih als fein Inhalt in Worten ausdrüden läßt. Aud in diefer 
Beziehung ift die Poefie mitleidend. Aud im ihr läßt die Auf- 
merffamfeit fid) gar zu gern von der Fabel gefangen nehmen, 
fatt daß fie fiy der Fünftlerifhen Behandlung zumendet. Aud 
bier haben wir aus der Gewobhnbeit heraus nur eine beftimmte 
Art von Stoffen als der Runft angemefjen bezeihnen hören. 
Aber für die Dichtung waren dod) wenigftens bis zu einem 
gewiffen Grade die Vorausfekungen ridtig, von denen die Be- 
tradtung ausging. Don ihr war man dod wenigftens über- 
haupt beredtigt, eine fabel 3u erwarten! Stellt man aber das- 
felbe Verlangen an das Werk der bildenden Aunft, fo wird 
man um fo ficherer enttäufcht werden, je mehr das Bild wirklich 
Bild bleibt. Auf diefem Mißverftändnif, daß die Grenze 
formenden Schaffens in das Gebiet des erzählenden Schaffens 


324 


verfchob, beruht ein großer Theil der falfhen Bewerthungen, 
welden jenes ausgefeßt ift. 

Zwar bat jeder Primaner feinen Laofoon gelefen, aber über 
„die Grenzen der Poefie und Malerei ift er fih nur theoretifch 
im Rlaren. Er weiß fehr wohl, daß die Poefie Handlungen und 
Charattere, die bildende Aunft aber die förperlihen Erfdheinungen 
der Wirklichkeit darzuftellen habe. Verftandesmäßig bat er feinem 
GottholS Ephraim Recht gegeben, aber gefühlsmäßig fährt er 
fort, aud) von der bildenden Runft das zu verlangen, was er 
vor Allem fhäßt und liebt: einen Gedanfeninbalt. Und wie 
fönnte es anders fein! Bewohnt, die Dinge der täglichen Um- 
gebung mehr als Quelle philofophifcher oder praftifcher Erwägungen 
denn als Augenweide und Anregung feiner Phantafie anzufhauen, 


Deutſche Runſt. 


kehrt man auch dem Kunſtwerk gegenüber dieſe zur Natur 
gewordene Gewohnheit allzu ſehr heraus. Unempfänglich für 
die Liebkoſungen des heiteren Spiels farbiger form, flüchtet der 
Kunſtgenuß nur zu gern aus dem Schauen in das Denken, ſucht 
nach dem Sinn, der hinter den Erſcheinungen ſteckt, und findet 
dieſen Inhalt bald zu geringfügig, bald zu alltäglich. Es gab 
eine Zeit, deren Kunſt dieſer Geiſtesrichtung entſprach. Die 
religiös-philofopbifche, die Hiftoriene und Genremalerei, fie alle 
wendeten fic) an den literarifc-fritife gebildeten Derftand, wie 
fie denn nichts Anderes als der Ausdrud des üppigiten Wuderns 
diefer Bildungs-Einfeitigkeit waren. Hier fpiirte der Buchverftand 
feines Gleichen, und die geringen fünftlerifhen Derdienfte jener 
Epode wurden über dem reihen Bedanfeninbalt gar nicht jtörend 





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P ak: 


$ranz Sfarbina, Der Keuchtthurm von Blanfenberghe. 





Deutfde Runſt. 


325 





empfunden. Aber hier hat ſich ein Wandel vollzogen. Zuerſt 
verſchwanden die hiſtoriſchen Spektakelſtücke und rührſeligen Komödien. 
Dafür traten die Wirklichkeit und die Begenwart in ihr unbeftreit- 
bares Recht. Das Riefenformat des Atelierbildes wurde durch 
die befcheideneren Maße der Naturftudie erfegt. Die Einzelfigur 
und das Alltagsleben forderten die liebevolle Aufmerkfamteit des 
Künftlers, in der dürftigften landſchaftlichen Natur fanden fih 
intime Reize, Wohnung und Leben der Aermften boten dem fuchenden 
Auge neue Stimmungen, die fih in ungewohnten farben aus- 
drüdten. Ram fihon bei diefen Vorwürfen das Spüren nad) 
Gedanfeninhalt niht recht auf feine Roften, fo ftand es dem, 
was nun folgte, noh rathlofer gegenüber. Gene erfte Zeit des 
Realismus hatte Stoffe gewählt, die durch ihre Alltäglichkeit von 
einem verzärtelten Befhmad abftoßend empfunden wurden, aber 
immerhin war da dod) nod ein Inhalt gewefen, der fic) in 
dürren Worten nacerzählen ließ. Naddem aber die moderne 
Runft jene Lehrzeit überwunden hatte, nachdem das Freiheitsgefiihl 
der Natur gegenüber fid) wieder durd fouveräne Willfür in der 
Anfhauungsweife zu äußern beginnt, werden auh jene Stoffe 
vom Künftlee nicht mehr befriedigend gefunden. Einerfeits ver- 
liert fid) die Wirklichfeit ins Marden, andererfeits fommt eine 





Runft herauf, die einen fo ätherifhen Inhalt umfchließt, daß er 
nur für Augen erkennbar ift, die fein zu fehen verftehen. Eine 
Bewegung, eine Miene, eine Farbenfiimmung — ein Nichte, der 
fhärfite Begenfat zu dem, was leicht auffällt, fid) felbft erklärt. Hatte 
man fih vor Rurzem durd) die Darftellung von Lumpen beleidigt 
gefühlt, die man nur zu genau fannte und verftand, fo ftebt 
man nun fopffdiittelnd vor Werken, denen man allerdings jede 
Berehtigung abfprehen muß, wenn man im Bilde etwas fucht, 
das einer Handlung ähnelt. So wird denn heute beim Zufammen- 
treffen einer folhen Runft mit folden Anfpriidhen die Derftändigung 
fat unmöglid. Nun fann es allerdings fein — die Anfänge 
dazu find heute fhon da —, daß eine fommende Runftridtung 
den Inhalt wieder ftärfer betont, immerhin wird fie aud dann 
nit in den Weg einlenten, der zum Verftändniß des Literatur- 
menfohen binführt — vorausgefeßt, daß die bildende Kunft nicht 
wieder von ihren Brundgefegen abirren foll. 

Nidht eher alfo fann es beffer werden mit dem Verbältniß 
zur Runft, als bis das Derhdltnif zur Ylatur ein anderes geworden 
fein wird, bis diefe neben und über dem Bude als vornehmfte, 
unteiiglidfte und unverfieglide Quelle fir Bilbung und EEG 
wieder zu Ehren gefommen fein wird, Alp 


Wiener Kunftfrühling. 


enn die Wiener Sezeffioniften fid an der von ihnen veranftalteten 
Ausfellung nicht eben zahlreich beiheiligt haben, fo darf man 
ihre Zurüdhaltung einmal mit dem prinzipiellen multum non 
multa nit nur entfhuldigen, fondern fogar gutbeifen, zweitens aber aud 
mit der Dorfiht begründen, für ihre den Wienern und an Wienern noh un- 





gewohnten Beftcebungen anerfannte Autoritäten, deren Namen fchon be- 
fhwidtigend wirfen, reden 3u laffen. Sie zeigen fomit einftweilen mehr, was 
fie wollen, als was fie können; daß fie eines fönnen, haben fie aber doc) 
glänzend bewiejen, nämlih aueftellen. Ghre Ausftellung fühlt niht ab, er- 
nüchtert nicht, weil fie einen intimen Charakter trägt, nicht den einer Zentral- 








Franz — Aus der Königin Augufta -Strafe in Berlin. 


326 


Deutfhe Runft. 





markthalle; das Gefühl, daß Runftwerfe aufgefpeidert find, um verfanft 3u 
werden, fommt niemals auf; die Runft ift bier einmal zu Haufe, wie eine 
bürgerlihe Runft 3u Haufe fein fann, und wir find bei ibr zu Bafte, der 
eine dort, der andere bier mit dem Befühl, zu Haufe zu fein. JH habe u. A. 
von der Sezeffioniften-Wusftellung aud die Ueberzeugung profitirt, daß man 
viel weniger das Bediirfnig fiihlt, fih 3u feben, wenn Stühle dazu einladen, 
als wenn fih feine Siggelegenbeit bietet. Die laufdhigen, rubfamen Eden, 
wo man ungeftraft unter Palmen träumen Fönnte, zurüdgelehnt in einen Seffel, 
fhön und bequem zugleid, verloren in den Anblid einer wirkfam aufgeftellten 
Skulptur oder eines Bemäldes, deffen Stimmung mit dem Ton der Wand- 
bekleidung barmonifh zufammenklingt, erfüllen ihren Zwed bereits durch ihren 
Anblid, als ftimmungsvolle Bilder. Die Teppiche, die den Schritt dämpfen, 
fillern nicht in der orientalijhen Farbenpradt fmyrnaer Stils, fondern ent- 
fpreden im Rolorit fowobl als im Mufter nordifherem Empfinden und find 
als böhmifhe Anüpfarbeiten Erzeugniffe heimifder Gnduftrie. So ift wenigftens 
durd) die Wahl der Ausftattungsgegenftände mit Blüd verfudt worden, der 





$ranz Sfarbina, Nlodell-Studie, 


Ausftellung den Reiz nationaler Eigenart zu verleihen, und duch das 
Arrangement ein fpestell wienerifder Fug von Gemiithlidfeit und Chic an= 
muthig zum Ausdrud gekommen. 

Dom modernen Runftfihaffen giebt die Sezeffioniftenaueftellung ein nahezu 
erfhöpfendes Bild, welches zugleih faft alle Stadien des Aunftfhaffens ver- 
anfhauliht vom Nadbilden bis zum Umbilden. Der Unterfchied liegt nur 
darin, ob fih der Rünftler feiner Beziehungen zur Natur bewußt ift oder 
nit; fic) felbft giebt doh Feder in feinen Werfen, denn mit der objektiven 
Treue des photographifhen Apparates vermag ein denfendes und fühlendes 
Wefen niht einmal zu fehen, gejhmweige denn Befehenes darzuftellen. Gn 
jedem Ropfe fpiegelt fh die Welt nun einmal etwas anders; ſchon 
die finnlide Wahrnehmung ift individuell; gerade das Streben, nur die Natur 
als Maßftab ihres Rönnens gelten zu laffen, ließ die Rünftler fi felbft finden, 
gerade dem fogenannten Naturalismus — lucus a non lucendo 
fönnte man bald diefes Wort gloffiren — verdanfen wir den Subjeftivis- 
mus; denn es giebt in der Runft nur eine fubjeftive Objeftivetat, ein 
Paradoron, das die verfhiedenartigen Sonderridtungen, 
die der Naturalismus eingefdlagen bat und feine mannig- 
faltige Erfheinung in den eingelnen Runftwerfen ent/dul- 
digen mag. 

Mir fällt da eine hiibfhe Anefdote vom feligen Ladner 
ein. ls der Romponift einft gefragt wurde, zu welder 
Fahne er ih eigentlich befenne, ob er etwa Mozartianer 
fei, antwortete er felbfibewußt: „3 bin felber aner!" Don 
den Künftlern, mit denen uns die Sezefjioniftenaueftellung 
befannt madt, ift jeder „feiber aner. Zu diefer Selbft= 
ftändigfeit konnte aber nur die Riidfebr vom künftlerifchen 
Dorbild zum natiicliden führen, die ih in einem Bödlin 
und Segantini bereits fhön und groß vollzogen bat. 
Weiter als der Weg von Bödlin zu Segantini ift der zu 
Ubde, aber er führt zu einem lohnenden Ziele. Uhde's 
Werf „Chriftus predigt am See ergreift duch feine rüb- 
rende Einfachheit, die auf jeden Effett verzidtet. Eine 
tief innerlihe Runft wirft hier allein duch ihr Wefen, nicht 
durd den Äußerlihen Reiz felbftgefälliger Manier. Frei 
von Pathos, ohne Pofe figt der Erlöfer da; duch eine 
beredte Handbewegung giebt er feinen milden Worten Nac- 
drud. Die Hörer laufen feiner Offenbarung, deren Ein- 
drud die Meine Schaar Armer mannigfaltig wiederfpiegelt. 
Mit Ubde's religidfer Runft ift der wahre Sinn des Chrifien= 
thums in der Malerei wieder bergeftellt. 

Poet wie Bödlin, wenn and nicht von folder Kraft 
der Einbildung und Geftaltung, ift dec ferndentfhe Hans 
Thoma, ein liebenswürdiger fabulant, ein Melin, der 
die Spradhe der ganzen Natur verftebt. Eine „Taunus- 
landfhaft" erhebt er dur glüdlihe Offenbarung ihrer inti- 
men Reize zu einem Zöpll, das die Seele gewinnt und in 
jenes intereflelofe Anfhauen Rant's, in den Zuftand der 
Weltverlorenheit verjenkt. Seine „Bogenfihägen‘ und feine 
„Bardiniera" keweifen, daß Thoma auch wohl vertraut ift 
mit der Schönheit der menfhlihen Geftalt. 

Mag Rlinger, der Menfdhensarfteller comme il faut, 
ift, obwohl fein Bild „Am Strande in der Dollfommen- 
heit der Heihnung in einer liegenden, weiblihen Figur nicht 
zu übertreffen ift, in der Sezeffion doch nit fo glänzend 
vertreten wie im Riinftlerbaufe durd felne Plaftif und das 
Rreuzigungsbild. 

Da wie dort, in der Bartenbau - Befellfhaft wie im 
Rünftlerhaufe, it manderlei vorhanden, was das Herz er- 
freut, fel es nun modern oder nicht, und beide Wiener 
Ausftellungen, die eine als mehr offizielle bunte, die andere 
als freie, einheitliche, dürfen nebeneinander befteben, obne 
daß man zu befürdten braucht, die eine könne der anderen 
Abbruh thun. Der große Aufwand, mit dem diesmal die 
„Rünftlergenoflenfhaft“ ihre Jubiläumsausftellung veran- 
ftaltet hat, die Baftfreundfhaft gegen franzöfifche, englifche, 
fpanifhe und reihsdeutfhe Riinftler, bedeutet fhlieflid aber 
dod einen Erfolg der Sezefjion; die Alten haben von den 
Jungen gelernt und mußten ihnen nadeifern. So zeigt fih 
denn fhon der Segen der Konkurrenz. 


Deutfde Runf. 


327 





Friedrich Gefelfchap. 


Fi em 25. Mai waren es 100 Jahre, feit in Rom die 
Tragödie eines kurzen aber bedeutungsvollen Künftler- 


> lebens abfhloß. Atropos hatte den Lebensfaden des 
Asmus Jafobus Carftens zerriffen, der die furchtbare 
Schidfalsgöttin fo padend dargeftellt hat, wie fie am Ende der 
Schöpfung mit ihren Schweftern die Schidfale der Menfden 
fingt. Der ernften Zufammenfunft, mit der deutfche Künftler in 
Rom des an der Pyramide des Ceftius in .freinder Erde ge- 
betteten Babnbredhers des Rlaffizismus gedadten, follte am Abend 
des 5. Juni eine Trauerfeier für einen deutfhen Maler folgen, 
beffen Tod erfihütternd mahnte an den tragifhen Zwiefpalt 
swifchen verfiegender Kraft und reichem, ungeniigfamem Schaffens- 
trieb. Friedrih Befelfhap, der freiwillig aus 
einem qualvollen Leben gefhieden war, wurde 
am Abend auf dem deutfchen Friedhofe am 
Teftaccio beerdigt. Schweres förperlihes Leiden 
hatte den Entwürfen des genialen Meifters 
ein Ziel gefeßt, und in der erdrüdenden Ein- 
fiht feines Unvermögens entzog fih der 
Rünftler den feelifhen und leiblihen Qualen 
eines freudelofen Alters, deffen Laft ihm un- 
erträglih wurde durd das troftlofe Bewuft- 
fein, nidt auswirken, das ihm anvertraute, Pöjt- 
lihe Pfund in grof geplanten Schöpfungen der 
Nation, der Menfchheit nicht voll zurüderftatten 
zu fönnen. furdtbares Schidfal, fic) mit 
großen, ausgereiften Jdeen in beftändigem Han- 
gen und Bangen tragen zu müffen und fid 
mehr und mehr außer Stande zu fühlen, fie 
auszuführen. Jhm it Befelfhap verzweifelnd 
erlegen, ein Jahrhundert nad) dem Ableben 
Asmus Jacobus Carftens, der entkräftet in ein 
frühes Grab fant, ohne den Sonnenfchein anders 
genoffen zu haben als in der feiner Kraft 
nod lange nidt vollauf genügenden Be- 
thätigung feiner Fünftlerifhen UWeberzeugung. 
Friedrih Gefelfhap war am 5. Mei 
1855 zu Wefel am Niederrhein als Sohn cines 
Raufmanns geboren. Nad dem Verlufte feiner 
Eltern fam er l5jährig zu Verwandten nad) 
Neiffe und erwarb fic dort und auf dem 
Gymnafium zu Breslau die Grundlagen all 
gemeiner Bildung. Seine fiinftlerifde Be- 
gabung wurde zuerft von dem Portraitmaler 
Refd) erfannt, Ser aud) die Aufnahme Gefel- 
fhap's in die Dresdener Akademie  ver- 
anlaBte. Don größerem Einfluß auf die 
Entfaltung feines Talentes waren feine Studien 
in Düffeldorf unter Shadows und Bende- 
mann’s Leitung, namentlich aber fein intimerer 
Derfebr mit Theodor Mintrop. Jm Jahre 1866 
trieb es Sen jungen Riinftler nad Rom, wo 
er in freunöfhaftlihen Umgang mit Sem 
Hiftorienmaler fr. Overbed trat. Die Werke 
des Datifan famen in- ihrer Erhabenheit dem 
unbewußten Zuge des eigenen Genius entgegen 
und wirkten überwältigend auf das empfängliche 
Herz des Werdenden. Sie lehrten ihn, daß 
die Hauptftärfe der drei Schwefterfiinfte in 
ihrer Vereinigung liege, und überzeugten ihn 
von der Nothwendigfeit monumentaler Runft. 
Um fi für fie am Vorbilde unerreihter Bröße 
3u fohulen, ftudierte er zunähft Michelangelo's 
resten, Sie ihn mädtig anzogen, bis Raffael 
und Mantegna ausfhließlic entfcheidenden Ein- 
fluß auf feine Entwidelung gewannen. Da er 
fih in Beider Werfe mit gleihem Eifer und 
gleiher Liebe verfenkte, bildete fi Befelfhap's 


© 











Eigenart aus als eine Vereinigung von Anmuth uud Strenge, 
die fih an allen feinen Hauptwerfen nadweifen läßt. Das 
Wefen jener vorbildliden Runft ift Gefelfhap in Rom und 
‚Florenz, wo er auf Deranlaffung des Dichters Müller von 
Königswinter einige Bilder Raffael’s fopirte, aufgegangen und 
3u eigen geworden; nicht Aeuferlichfeiten abmt er nad; Sarum 
wire nidts ungeredter, als ibn einen Cfleftifer zu nennen. 
für die Bröße feiner Auffaffung fpridt aud Sas Stoffgebiet, 
das fic) Ser Riinftler gleich für feine erften Rompofitionea wählte; 
biblifhe Hiftorien und Szenen aus Dante's. gdttlidher Romddie 
waren es, die ihn zum Schaffen anregten. 1871 kehrte Befelfhap 
nad Deutfhland zurüd und ließ fic) in Berlin nieder, um fid 


Stanz Starbina, Derfäufer von Waldteufeln und Hampelmainnern, 


328 


nod lange Heit mit minderer Brot- Arbeit zu begnügen, ehe 
Aufgaben an ibn berantraten, die feinem Rönnen entfpraden. 
Jm Jahre 1877 beginnt für ihn die Periode des Aufjhwungs: 
in Bemeinfhaft mit Bleibtreu erringt er in einer Ronkurrenz um 
Entwürfe für die Ausmalung der Raiferpfalz in Boslar den 
2, Preis und damit feinen erften größeren Erfolg, der wenigftens 
das Gute hatte, Befelfhap's Namen in weiteren Rreifen befannt 
zu madhen. Nur mühfam gelang es dem Rünftler, dem es 
widerftrebte, für den Runftmarft zu fchaffen und in Staffelei- 
bildern jeweiligen Befhmadsrihtungen Zugeftändniffe zu maden, 
eine Eriftenz zu finden. Wn dekorativen Arbeiten, die er für 
private und öffentliche Bebäude berzuftellen hatte, fhuf er zu- 
nddft die Perfonififationen der Reicheftädte in 9 Lunetten für 
den Sigungsfaal der Reihsbant, einen Raminfries und alle- 
sorifhe Darftellungen der Mufit für Auguft Hedmann und 
Malereien auf den Schlöffern Dwafieden auf Rügen und Klee 
bei Dülfen. Das Vertrauen maßgebender Kreife follte er fid 
endlih im Jahre 1879 Surh feine Entwürfe für fünf die „Runft- 
epoden’® darftellende Mofaitbilder erwerben, 

weldhe die Facade des Berliner Runftgewerbe- 


Deutfhe Runft. 


[hung der Farben und das Unvermdgen, in den farben 
oder in der Beleuchtung eines Bildes einen tief empfundenen 
idealen Inhalt anzudenten. Einem Todten wie Gefeljhap 
gegenüber ift es geboten, die Arena Ser Polemif zu verlaffen; 
wer fic von jedem Andrange veränderter Anfhauungen mit- 
reißen läßt, thut gut, von den Männern zu fchweigen, die 
unentwegt und unbefümmert um Modeftrömungen dem Ewig- 
Schönen nadjftreben, das, durch die getrübte Parteibrille wechfelnder 
Tageskritit betrachtet, freilich entftellt erfcheint. Wenn es überhaupt 
angebradht und erfprießlid wäre, Perfönlikfeiten zu forrigiren, fo 
dürfte bei Befelfihap die Stimme ausfhlieglihen Tadels füglic 
fhweigen; denn er bleibt nicht nur fympathifch in der Erinnerung als 
Mensch, fondern auc in fteter Lebendigkeit als Rünftler. Während 
feines Lebens hat Befelfhap wohlverdiente Anerkennung manderlei 
Art gefunden: 1882 wurde er Mitglied der Akademie, 1884 trat 
er in den Senat ein, 1885 war er Mitglied der Akademie des 
Baumefens und der Candestunftfommiffion, 1886 erbielt er auf 
der Gnternationalen Jubildumsausitellung der Akademie für die 





mufeums fhmüden. Yun endlid) traten größere 
Arbeiten an den Künftler heran, Surd die 
er fi als der erfte Monumentalmaler Deutfd- 
lands erweifen follte. Gn den Jahren 1879 
bis 1890 hatte er fein Haupte und Lebens: 
werk auszuführen: die großartige, male- 
tifhe Ausfhmüdung Ser Ruppel der 
Rubmeshalle im Zeughaufe zu Berlin. 
Mit den in Caféinfarben ausgeführten Male- 
reicn Krieg, fFrieten, Wiedererftehung des 
deutfchen Reicdhes und Walhalla bat er einen 
vollgiltigen Beweis feines ungewöhnlichen 
Rönnens abgelegt und fih zu einer idealen 
Größe der Uuffaffung emporgefhwungen, die 
bisher feit den Rompofitionen von Peter Corne- 
lius für den Campo santo nod niht wieder 
erreiht war. Wudt und Kraft des Ausdruds, 
ernfte Bröße, feierliher Schwung, grandiofe 
Phantafie und monumentale Hobeit fennzeidnen 
diefe allegorifhen Rompofitionen als erhabene 
Runftwerfe, die nicht nur wie die älteren ‚Fresken 
unferes Jahrhunderts Surd den reinen Stil 
linearer Schönheit, die Eurythmie der Bewegung, 
den Adel und die Kraft Ser form erheben, fon- 
dern auch durch die finngefälligere, einfhmeichelnde 
Symbolit der farbe feffeln. Berlin ift mit Recht 
ftolz auf fo he Schöpfungen, denen die Natio- 
nal-Zeitung in einem nicht nur pietätlofen Nach— 
ruf Popularität abfpricht. Der Rrititus der Natio- 
nal-Zeitung glaubt, als Einziger der Wahrheit 
die Ehre gegeben zu haben; nun er wäre nicht 
weniger wahr gemwefen und da,u anftändiger, 
wenn er die großen unleugbaren Vorzüge von 
Gefelfhap’s Rompofitionen anerfannt und die 
diefen gegenüber geringfügigen Mangel, welde 
jedem menfchlihen Werke anhaften, mit dem 
gebotenen Stillfyweigen übergangen hatte. 
Gerade Künftlern von ftarfer Eigenart, von 
einem eigenen Stil find Züge eigen, die häufig 
befremden und dem oberflählihen Befcdauer 
als Fehler erfcheinen; ohne folhe aber wäre 
Michel Angelo nidt Mihel Angelo. Was 
den betreffenden Heren zu feinen abfprehenden 
leuferungen veranlagt bat, ift gerade das, 
wis er dem DVerewigten abfpridt, die fiinft- 
lerifche Selbftändigkeit; er dedt nidt nur 
Fehler auf, er ftempelt aud) Vorzüge zu ‚Fehlern 
und fieht in einer foloriftifhen Diskretion, wie 
fie die monumentale Malereien einrahmende 
Arditeftur bedingt, Hilflofigkeit in der Beherr- 








$sranz Sfarbina, Eljäffiihe Stadt. 


Deutfhe Runft. 


Rartons 3u feinen monumentalen Schöpfungen im Feughaufe, 
die die belgifhe Staatsregierung erwarb, die große goldene 
Medaille; die Akademie der Rünfte in Münden zäblte ihn zu 
ihren Ehrenmitgliedern. 

Wenn es Befelfhap auh nit vergönnt war, nod ein 
Wert von fo hober Bedeutung wie feine Fresfen im Heuge 
haufe zu vollenden, jo bat er doc im letten Jahrzehnt feines 
Lebens noh mandes Bedeutfame gefhaffen: Die Blasfenfter mit 
den vier Evangeliften und der Auferftehung Chrifti in der 
Gnabenfirdhe, Mofaifbilder in der Raiferin Auguftaficdhe, der 
antififirende fries, welder 3um 90. Geburtstage Raifer Wilhelms I. 
das Afademiegebaude fcmiidte, endlid) in der Raiferloge der 
Raifer Wilhbelm-Gedadtniffirhe die Anbetung der Magier, ferner 


329 


eine in Privatbefik übergegangene thronende Maria mit dem 
Rinde, eine herrlihe Rompofition für das Beethovenhaus u. a. m. 

Um fih zu Präftigen für die Ausführung vortrefflidher Ent- 
würfe für die Fricdensfirde in Potsdam und den Hauptfaal 
des neuen Hamburger Rathhaufes 30g Befelfhap nod einmal 
nad Rom, da umnadtete fein Leiden feinen Beift und fahnen- 
flühtig fhied er von uns mitten heraus aus einer Welt von 
Entwürfen und Jdeen, die ihn micht mehr erheben fonnten, 
fondern niederdrüdten wie eine uneinlösbare Schuld. Mit ihm 
ift ein edler felbftlofer Menfd, der allzeit bereit war, zu helfen 
und zu lindern, wo er nur fonnte, und ein großer Künftler 
Gefdieden, deffen Tod einen nationalen Verluft bedeutet. 

‚Friede feiner Afche! Hans Marfball. 


Das Rudolf Koller-Jubiläum in Zürich. 


Im Künftlerhaufe und in der Börfe zu Züri ift eine Jubiläums- 
Ausftellung veranftaltet worden, zu Ehren Rudolf Roller's, des be- 


a 
| 





— — 


Franz Skarbina, Aus der Jungfernhaide bei Berlin. 


deutenden ſchwelzeriſchen Thiermalers, der am 21. Mai in aller Stille und 
Huriidgezogenbeit feinen 70. Geburtetag gefeiert hat. Diefer befheiðenen feier 
ift aber nod eine Sffentlide gefolgt, mit der die Diirider 
Runftgefellfhaft es fih nicht wollte nehmen laffen, den 
greifen Meifter zu ehren. Nachdem Roller von ihr bereits 
als Meifter et fehweizerifch-nationaler Runft gefeiert, 
nadem ibm in warmen Worten der Dant feiner Vater- 
fadt Zürih ausgefprohen war, ergriff Bere Profeffor 
Oedsli im Namen der Univerfität das Wort und ver- 
fündete, daß die philofophifhe Fakultät Zürih Rudolf 
Roller als „den Philoforhen der Welt- und Tafeins- 
freude zum doctor honoris causa promoviert babe. 
Die Runftgefellfhaft felbft ernannte den Jubilar zu 
ihrem Ebhrenmitgliede. 

Roller betrieb, nahdem er IS jährig in die Periode 
der akademifhen Lehre und Wanderjahre getieten war, 
feine fünftlerifhen Studien zunädft in Düfjeldorf zu- 
gleih mit feinem Landesgenoffen und Freunde Bödlin, 
mit dem er dann aud nad Antwerpen und Brüffel und 
fpäter nad Paris aing. Nachdem er nod zwei Fabre 
alo freier Maler in Münden gelebt batte, ließ er fid 
dauernd in feiner Daterftadt nieder und erwarb dort 
im Jahre 1860 feine ländlihe Befigung am Zürihhorn, 
wo ein eigener Diebftand, den er in feiner „Freiheit 
beobachten konnte, ihm die lebendigen Moselle zu feinen 
naturwahren Bildern bot. Ein foldes, ,,Pfliigende 
Odfen‘‘ (1867), wird vielen aus der Dresdener Galerie 
befannt fein. 

Eine Fülle von Arbeit enthält die Jubiläums 
ausftellung; wenn fie aud trogdem nod nidt das ganze 
Lebenswert des Meifters umfaßt, fo giebt fie doch ein 
erfhöpfendes Bild von feiner zielbewußten Perfönlidh- 
teit, die groß ift in weifer Befhräntung, fo führt fie 
doh feine Bedeutung tlar vor Augen und läßt den 
Befhauer an einer langen Reihe dronologifh ge- 
ordneter Arbeiten, den lebendigen Daten feines Werdeng, 
Roller's fünftlerifhen Entwitelungsgang in allen Stadien 
durchlaufen. 

Dod laffen wir über Roller's Bedeutung einen 
Anderen fprehen, feinen Geringeren nämlid als 
Ftiedrih Theodor Vifher. Die „Rritifhen Gänge" des 
ehemaligen Profeffors der efthetif und deutjchen 
Literatur in Züri enthalten folgende Würdigung. 

ë wei Abwege liegen dem Thiermaler 
nahe: Langweiligteit und Ueberfhraubung. Wer nur 
immer das Dumpfe, Bähnente, Wiederfäuende, Schläfrige 
malt, wie die meiften Niederländer: nun, der bringt 
aud uns zum Gabnen; wer dagegen die Analoga 
menfchlihen Seelenlebens im Thier aufjucht, hüte fih, 
diefen Ausdrud dahin zu fteigern, daß fie zu empfind- 
famen Wärtern, frommen alten Jungfern, gut erzogenen 
Schülern, raffinieten Gatriguanten, erften Liebbabern und 


330 Deutfde 


Run ft 








Helden werden. Wir haben franzöfifhe Sachen gefehen, zum Beifpiel Hunde, 
die am Brabe des Herrn trauern, fo menfhlid fentimental, daß fie offenbar 
fogleih ein Tafhentuh bervorziehen und fih die Thränen damit trodnen 
werden. Das Thier muß Tbier bleiben und dod errathen laffen, daß in 
feiner unbewußten Seele etwas vor fih gebt, was menjhlihem Affett, 
menfhlider Stimmung verwandt ift, in Ernft und Romif. Gerade die Thier- 


gefchlechter, die weniger hod, an innerem Leben dem Menf—en weniger nahe 

ftehen, find ein befonders dankbarer Stoff, weil fic) gleihmäßig die weite 

Rluft und die Brüde über 

die Kluft an ihnen ðar- * — Zu — 


Welt; der andere, geſetzter großer Schweißhund, ganz Amtskopf, ganz Ober- 
forſtmeiſter, charaktervoll, Mann der Geſinnung, der nur mit ſtrenger Aus— 
wahl ſich zum Mitwirken entſchließen wird, wenn es ans Anbellen geht. 
Häufig aber treibt Landſeer die Beziehung zu weit und wird dann thieriſcher 
Rarrikaturmaler. Koller bleibt immer mäßig und läßt die Anwendung wie 
obne fein Zuthun hervorſpringen, wie in feinen drei Rüben, die in einen 
Roblgarten eingebrochen find; die eine im griindliden Vollgenuſſe die faftigen 
Blätter malmend, daß man meint, jenen dumpfen, bebagliden Ton der 
arbeitenden Kiefer zu 
bören, der den Wieder- 





ftellen läßt. Das Rind 
it daher für diefe Auf- 
faflung günftiger als das 
Pferd; diefes erinnert 
durd fein affeftvolles, 
feuriges Wefen eber zu 
rafch, zu unmittelbar an 
das Verwandte im Men- 
fhben, und die fihönen 
Rurven feiner Beftalt find 
mebr nod plaftifh, als 
maleifh; das träge, 
fehwerfällige, dumpfe, ge- 
nährige Wejen des Er- 
fteren giebt dem. Spiele 
ter Dorftellung, mit dem 
wir uns in die dunkle 
Thierfeele verfegen und 
uns fragen, was darin 
nun wohl eigentlih vor 
fi) gehe, mehr Reiz Ser 
Gemiithlichfeit, und Roller 
verfteht es gründlid, ung 
3u diefem Spiel 3u ndthi- 
gen; namentlih führt er 
uns gern den Pierro, 
das balbgewachfene, täp” 
pifhe Rind vor, mit den 
abftehenden, von durd- 
fidtigem Saum einge- 
faßten Ohren, dem falti- 
gen Meberfluß der Haut 
am Hals und dem dumm- 
ebrliden, neugierig 
gloßenden, gutmiithigen 
Blit. Die menjhenähn- 
lihen Momente und Züge 
rührender Art weiß er 
ebenfo wahr als unge- 
fugt in Szene 3u fegen; 
fo in der Rub, die fid 
mit ibrem Ralb bei Ge- 
witterfturm hinter einen 
Fels geflüchtet bat und 
nun miitterlid beforgt 
zugleih dem unfaßbaren 
‚Feind mit fcheuem Blide 
drohend, den Ropf über 
diefes biegt; oder im jener andern, die fic) abfeits der Herde an einer fels- 
wand auf blumenreiher Matte mit ihrem Jungen gelagert bat und es emfig 
abledt; die Gruppe bat fic) wie in einem gemiithliden Stübdhen eingerichtet, 
um fern von allem Betümmel in aller Stille Mutter- und Rindesfreuden 
3u genießen. 

Ein ander Mal dann ergeben fit) ebenfo ungefuht Ironifhe Parallelen. 
Landfeer, der große englifhe Thiermaler, bat fie gern aufgefudt; man 
fennt zum Beifpiel feine zwei Hunde, „Dignity and Impudence“ getauft, 
die neben einander aus ihrem Häuschen fohauen, der eine ein nafeweifer, 
lansbübifher, Pleiner Rattenfänger, ein Gamin der Hundewelt, dem man 
anfiebt, er läßt Niemand und Nichts in Rube, Fläfft und zanft mit aller 


= A, Alam 








$ranz Starbina, Erinnerung an Capri, Aus dem Malerleben im Hotel Pagano. 


tduern eigen ift; die an- 
dere, eben erft fi büdend, 
um recht ins volle Jeug 
3u geben, die dritte aber 
im erften Benuffe tragifch 
unterbroden, denn die 
Bauernfamilie bat das 
Ungeheure diefes Ein- 
bruds bemerft; binderin- 
gende Weiber, fhreiende 
Rinder find auf dem Al- 
tan des naben Bauern- 
baufes fidtbar, der Mann 
ift herbeigeftürzt und reißt 
dem lüfternen Thier mit 
grober Fauft den Ropf 
am Horn zurüd. Diefes 
fendet einen wehmüthigen 
Blid zum Himmel, wab- 
tend ibm das eben ab- 
gerupfte Roblblatt aus 
dem Maul hängt; Alles 
predigt bier: beftrafte 
Vafdbaftigteit, oder: be- 
lehrte mangelhafte Rennt- 
nif des Privateigen- 
thums, oder: ,,tlidt an 
die Güter hänge dein 
Herz, die das Leben ver- 
gängli zieren; wer be- 
fit, der lerne verlieren, 
wer im @Blüd ift, der 
lerne den Schmerz! Was 
aber freilidh aud wieder 
der Bauernfamilie gilt, 
der ibe Roblgarten fo 
widtig ift, wie ein Ab- 
folutes, Unendlides, fo 
daß hingegen die Rübe 
in ibrem Rechte find, die 
ibn als ein Endlices be- 
handeln. Es haben man- 
he andere Rünftler folhe 
Einfälle gehabt, aber man 
muß Roller's Liebe, Beift, 
Fleiß, volle Leibbaftig- 
feit in der Ausführung 
feben. Bei idpllifcher 
Zufammenftellung des Thieres mit dem Menfden wird der Maler im richtigen 
Sinne gemüthlih wirken, wenn er uns am die Worte der Sennerin im „Der- 
fpreden binterm Herd‘ zu erinnern weiß, die auf die Frage des Heren nadh 
dem Befinden des Diebe erwidert: „Mer fein gottlob Alle g'fund." 

Warum wir bei Gelegenbeit des Roller- Jubiläums den alten Difher fo 
ausführlih zitirt haben? Weil wir zu Nut und frommen der Rünftler und 
Runftfreunde einmal an einem Flafjifchen Beifpiel zeigen wollten, wie Runft- 
fritif duch Aunftbetrahtung zu erjeren ift. Aus folhen Ausführungen lernt 
man dem Willen des Riinftlers nadgeben, ftatt ohne tednifhe Dorfenntniffe 
an feinem Rönnen herumzunörgeln. Einem durch folhe Vorfchule gebildeten 
Publifum fann man getroft das endgiltige Urtheil überlaffen. 


Othmar Briek 
: t 





Deutfhe Runft. 


331 


Die Renaiffance-Ausftelung im Wademiegebaude zu Berlin. 


ah geheimem Wählen, ftrengem Sidten und rührigem Schaffen, 

wobei die einzige Rihtfhnur das afthetifhe Gewiffen gab, ift die 

Berliner Kunftgefhichtlihe Befellfhaft wieder einmal mit einer 
Ausftellung an die Oeffentlihteit getreten, um nad dem Dorbilde des Londoner 
Burlington Fine-Arts Club das Qntereffe fiir alte Runft zu weten und 
ihre Renntniß zu fördern. Nachdem fie die niederländifhe Runft des 17. Jahr- 
bunderts im Jahre 1890 und das Rococo 1892 durd ein emfiges und ge- 
fcdidtes Zufammentragen 
aller möglihen Runftge- 
genftände aus dem Pri- 
vatbefig in gefhmad- 
vollen Enfembles mit dem 
fulturellen Zeitharakter 
hat wieder aufleben laffen, 
erftebt in diefem Jahre 
das Mittelalter und das 
Heitalter der Renaiffance 
in der blendenden Pradt 
feines Aunftlebens und 
reift zu neuer Bewunde- 
tung bin, Gn ungetiiib- 
tem Benießen ergeht fid 
das Auge mit Bebagen 
und erfreut fih, allen 
Tagesftreitereien entrüdt, 
der abgellärten Schönheit 
einer großen Dergangen- 
heit. Zu ihr aufzufteigen 
aus der Arena der Pole- 
mif, wie fie unfer moder- 
nes Runftleben fennzeih- 
net, tft dem Befucer der 
Afasemte in fo reidem 
Mafe vergönnt, daß er 
fih verfegt wähnt in 
einen jener Renciflance- 
paläfte, die eine alles 
adelnde Runft mit ver- 
fhwenderifher Pradt 
und fülle ausftattete. 
Der ermiidende Mufeums- 
eindruck iſt durchaus ver- 
mieden; nidts Unorgani= 
fhes, Unharmonifhes 
ftört hier; feine Diffonanz 
reit uns aus -unferer 
Stimmung; Einheit 
herrſcht überall, alles ftebt 
in einem großen, micht 
pedantifd ſchematiſchen 
Sufammenbang. Wenn 
Rihard Wagner über die 
beziehungsloſe, unzuſam⸗ 
menhängende und ent— 
ſtellende Uebereinander⸗ 
fhihtung in einem Bilderſpeicher ſpöttelt, ſo hat er leider ein Redt 
dazu; denn unſere Muſeen ſind nun einmal mehr Belegſammlungen für 
wiſſenſchaftliche Forſchung als Heimſtätten für die Kunſt. Solche Aus- 
ſtellungen aber, wie fie die Kunſtgeſchichtliche Geſellſchaft veranſtaltet, 
follten dazu ermuthigen, im Arrangement unferer Runftfammlungen wenig- 
ftens bier und da einmal einen Bruh mit dem herfömmlihen Spftem 
zu Nut und frommen der Runft und dabei feineswegs zum Schaden der 
Wiffenfhaft zu wagen. Rann fie fic) nur beihätigen an den Mumien der 
Vergangenheit? Hält ihr das Leben niht Stand? Hier fönnen wirs einmal 
paden, zurüdgerufen aus der Fludt der Jahrhunderte und feftgehalten in 
teifer Blüthe. Was bisher ein todter Begriff war, das Wort Renaiffance, bier 
wird es lebendige Erfahrung, Erlebnii. Gemälde, Skulpturen, Möbel, 
Teppide, Gobelins, Truben, Randelaber und Gefäße vereinigen fh zu 





Stanz Sfarbina, Arbeiter Typus. 


ftimmungsvollen Enfembles und bilden ganz von felbft Jnterieurs, durdwebt 
von einem ariftofratifhen Duft, befeelt von dem feinen Befhmad mittel- 
alterliden Patrizierthums. Das ift die intime Wirkung, der poetifhe Haud 
von Runftwerfen an dem Orte, fiir den fie der alte Meifter gearbeitet hat, 
der noch feine Ehre darin fudte, mit feinem Namen in einem Mufeum zu 
glänzen, unter Preisgabe jener gemüthlihen Reize feiner Runft. 

Wenn aud die Sale der Akademie niht ganz Wohngemäder bdarftellen 
fénnen, fo laffen fie dod 
duch ein feinfinniges 
Arrangement der Aus- 

flellungsgegenftande, 
durd eine Dereinigung 
aller fiinftlerifden und 
funftgewerblihen Arbei- 
ten, als friidte eines 
Runfttriebes, den Sinn 
der Zeit in gefällige Er- 
fheinung treten. «Ein 
wobhlthuender, ruhiger 
Eindrud ift namentlid 
dadurch erzielt, daß die 
Wände mit einem tief- 
tothen Stoff befpannt 
find, der für Bilder und 
Stulpturen den günftig- 
ften Hintergrund abgiebt. 

An der Spike der 
Ausfteller, die in einer 
Gefammtzahl von über 
50 zum Theilganz hervor- 
tragende, feltene Schäße 
aus ihrem Privatbefit 
bergeliehen haben, ftebt 
der Raifer. Bleih neben 
tem Eingang in den 
Ubrenfaal fallen in einer 
Vitrine zwei foftbare 
Rleinode aus faiferlidem 
Bek auf: ein reih ge- 
budelter, bier und da 
mit Perlen verzierter 
Dianapofal aus der 
Werkftatt des Nürnber- 
gers Klaus Peboldt und 
ein Raiferbedher von 
Wenzel Gamniger (1508 
bis 1588), von dem der 
Dafart Yiirnbergs Jo- 
bann Yenddrffer in feinen 
wladridten von Nürn- 
berger Rünftlern und 
Werflenten (1547) fagt: 
„Was er von Thierlein, 
Würmlein, Rräutern und 
Schneden von felber goß, 
um die filbernen Befäße damit zu zieren, das ift vorhin niht crhöret worden." 
Ein Lob aus dem Munde eines Zeitgenoffen, das unfer Aaiferbeder vollauf 
beftätigt. Auf dem Dedel des Pofals ftehen Marimilian II. und der Pfalz- 
graf Philipp Ludwig von Neuburg, die Bijhöfe von Bamberg, Salzburg und 
Würzburg. Den Relcy felbft fchmüden vier cmailtirte Stadtewappen, und am fuĝ 
ind allegorifhe Figuren angebracht. Weitere Runfifhätze, die der Raifer geliehen 
bat, find die energifch und breit ausgeführte Bronzebüfte des Papftes Sirtus V. 
in reich verzierter Cafula; zwei bronzene Raminböde, Herkules und Ompbale (?) 
auf Sodeln mit Dradenleibern; das Profilbildnif eines bartlofen, jungen 
Mannes von Bernardino de Conti; die Boldwägerin von Barend van 
Orley (?), nach deffen Kartons auh die herrlihen alten flandrifhen Arazzi, vier 
Darftellungen nad den Triumphen des Petrarca, gewirkt find. Sie befleiden 
drei Wände des Treppenhaufes und die eine Wand des langen Saales 


332 


Deutfhe Runft. 





Dom Raifer find ferner nod: das Bruftbild eines jungen Maddhens von 
Hans Müclid, zwei männlide Bildniffe von Barthel Bruyn, den man 
bier zum erften Wale in einer Beinen Rolleftion vollftändig tennen 
lernen Bann, ein Lutger tom Ring, ein weiblidhes Bildnif von Lufas Cranadh 
dem Aelteren und von Lulas Cranadh dem Jüngeren das Portrait 
soadime II., Aurfürften von Brandenburg, dann ein vorzüglihes Bildnif 
Eitel Friedrihs, Grafen von Zollern, von Hans Leonhard Schäufelein's 
Meifterhand. Die Mutter des Raifers hat drei werthvolle Zinngefäße bei- 
geftenert, unter denen bejonders auffällt eine Temperantia-Schüfjel mit Ranne 
von Meifter françois Briot (um 1580 in Montbeliard und fpäter In Befangon), 
an deffen Namen fih die hervorragendften Leiftungen auf diefem Gebiete 
tniipfen. Zwifhen dem Raiferfelhe Jamniger'’s und Pegoldt's Dianapofal 
enthält die Ditrine im Ubrenfaal nod den reid) mit farbigen Steinen ge- 
fhmüdten Abendmabhlsfelh der Nikolaifirhe, den laut Jnferift der Broße 
Rurfürft im Jahre 1642 der Kirche überwiefen hat. Sonft enthält der Ubren- 
faal noh eine Anzahl vortreffliher Bilder wie das ausgezeichnete Porträt 
eines Profurators von Jacopo Tintoretto; eine Madonna von Moretto; eine 
Speztalausftellung des Porträtmeifters Antonis Mor, von der das befte 
Stüd dem Fürften Llihnowəly gehört; ein Selbftbildnig Baflano's; einen 
Chriftus am Kreuz von Jan van Eyt und eine dem Tizian zugefchriebene 
Derlobung der heiligen Ratharina (Befigerin frau Johanna Reimer). 

Hwifchen diefen werthvollen Bildern find die feltenen Bronzen der 
Pourtales-Sammlung mit Befhmad vertheilt, von denen als das foftbarfte 
Stüd wohl der vielfah für eine antife Arbeit gehaltene Kopf eines jungen 
Sklaven mit eingefegten Perlmutteraugen gelten darf. 

Während fo im Ubrenfaale vorzüglihe Reprafentationsftiide aus ver- 
fhiedenen Sammlungen zu einem prädtigen Rulturbilde vereinigt find, find 
in den Rorridoren den einzelnen Gammlern Gonderfabinete eingeräumt. 
Ein Glanzpunft der Ausftellung ift das Rabinet Raufmann, in dem die 
niederlänsifhe und deutfhe Malerei des 15. und 16. Jahrhunderts durd ganz 


vorzüglihe Arbeiten von Gerhard David, Lucas van Leyden, Patinier, Rogter 
van der Weyden, Griinwald, Stefan Lodner und dem Meifter des Todes 
der Maria vertreten ift. Das Rabinet Bederath enthält in vornehmer Aus- 
wahl Handzeihnungen und Reliefs des italienifhen Quattrocento, unter denen 
fh Originale von Paolo Deronefe, Botticelli und Luca Signorelli befinden. 

Herrn Games Simon, defen Zimmer eine iiberreihe Sammlung von 
Bronzeftatuetten, Plafetten und Medaillons enthält, darf man befonders 
beneiden um das lieblidhe Madonnenbild von Raffaélino del Garbo, ein 
Rnabenporträt von Angelo Bronzino, einen hervorragenden Barthel Bruyn 
und eine Madonna von Mantegna. Ein ganz befonders jhönes plaftifhes 
Runftwerf, das in jeder modernen Runftausftellung Aufjehen erregen dürfte, 
ift der lefende heilige Bernhardin von Niccolo dell Arca. 

€s würde zu weit führen, nod mehr der Shäke aufzuzählen, die bier 
aus Privatbefig zufammengetragen und 3u einer vornehmen Ausftellung ver- 
einigt find. Al die alten Runftwerfe, and die älteften Bilder, werden einem 
in folder Umgebung erft recht lebendig, und verlieren in einem Milieu, für 
das fie eigentlich gefhaffen find, als Beftandtheile eines häuslihen Lebens 
ihre fonftige Bezwungenheit, und mandes Alterthiimlide, das anderen Ortes 
befremden wiirde, erfdeint uns im Rahmen feiner Zeit nur natürlid. Was 
die reibenweife Aufjpeiherung von Aunftgegenftänden in unferen Mufeen 
faum auffommen läßt, wird uns bier offenbar: das Bewußtfein von den 
Schaffensbedingungen jener Meifter einer großen Zeit, das sod) die Grund- 
bedingung wahren DVerftändniffes und geredhter Würdigung, fowie hohen 
äfthetifhen Benuffes ift. 

Die Ansftellung der Runftgefhichtlihen Befellfhaft, für die man den 
Deranftaltern und Arrangeuren fowohl, wie allen denen, die fih einem edlen 
Swede zu Liebe auf einige Zeit von den foftbaren Schäßen ihrer Samm- 
lungen trennen fonnten, nit genug Dank wiffen fann, ift, um ihren wiffen- 
fhaftlihen, künftlerifhen und erzieherifhen Werth in bündigfter form zu- 
fammenzufaffen, eine Renaiffance der Renaiffance. 











+ 


=$ 
Foisca py. 
— — 





Franz Sfarbina, Strand⸗Studien. 


Deutfde Rung. 





Dom Deutfchen Kunftverein. 


Wir haben fhon mehrfah Gelegenheit genommen, auf die riibrige 
Thatigheit dea Deutfhen Runftvereins in Berlin: hinguweifen, der in 
ridtiger Erfenntni§ feiner Ziele durh Vorführung alter Runft 3u belehren, durch 


Förderung modernen Schaffens anzuregen fuht. Die mit Unterftiigung der 
Runftverwaltung als Dereinsgabe zweier auf einander folgender Jahre aus- 
gegebenen Stihe nah van Eyd's „Muflzirenden Engeln" von Krüger 
haben wir feiner Zeit hervorgehoben und reproduzirt, wie wir denn aud er- 
wäbhnten, daß je 50 Exemplare Dorzugsdrude der Stihe auf unbefchnittenem 
Sapanpapier von Umsler & Ruthardt, Berlin Fäuflih zu erwerben find. 
Wie febr das Gntereffe an diefer-Publifation rege bleibt, beweift der Um- 
ftand, daß diefe Auflage beinahe vergriffen ift. 

Anzwifchen hat die Aunfthandlung von Keller & Reiner, Berlin von dem 
Dorftande des Deutfhen KAunftvereins den Auftrag erhalten, zu den Stiden 
eine fiinftlerifde Cinrabmung berzuftellen. Die nunmehr vollendete Arbeit 
it eine glänzende Löfung der geftellten Aufgabe. Die als Diptyhon ge- 
dachte Umrahmung zeigt eine reizvolle Mifhung gothifirender Renaiffance- 
formen. Ein leihtes Ronfol im Spitbogenftil bildet einen gefälligen unteren 
Abſchluß, während die Belrönung einen gedrüdten Tudorbogen mit durd- 
brodenem Ranfenwerk darftellt und in einen Pinienapfel auslauft. Ceitlid 
einfad profilict werden die Bildflähen von einem Stuhtgewinde im 
Renaiffanceftil umrahmt und durch eine jonifirende Säule getrennt, deren Bafis 
fid in den unteren Rand einfügt, während das Kapitäl die Bekrönung fügt. 
Das Ganze maht einen überaus gefälfigen Eindrud und zeigt einen im 
modernen Sinne ausgeführten Mifchftil, der fih jeder Zimmereinrihtung 
barmonifd einfügt. Der Rahmen wird zum Preife von 140 Mark nur an 
Mitglieder des Deutfdien Runftvereins abgegeben. 

Die Stellung folder Aufgaben an das deutfhe Runftgewerbe ift durd- 
aus empfehlenswerib und follte anregend für andere Runfivereine wirken, 
deren Thatigheit Nh darauf befhränft, aus minderwerthigen Lofalausftellungen 
minderwerthige Bilder für Derloofungen anzufaufen, deren Gewinne eben fo 
wenig freude bereiten, wie die billigft bergeftellten Nietenblätter. 


Jüngft verfteigerte Kunftfammlungen. 


on legter Zeit find in verfhiedenen Orten gewählte, ja zum Theil ganz 
bedeutende Runftjammlungen unter den Hammer gefommen und unter lebhafter 
Betheiligung verfteigert worden. 

Ein über Erwarten günftiges Ergebnif hatte die Derfteigerung der 
Runft- und Waffenfammlung aus dem Nadlaffe des Ronfuls Rarl Beder 
3u frankfurt a. M. und f. R. v. Berthold zu Drezden durd die firma 
5. M. Heberle (H. Lempert u. Söhne) in Köln. Den hödften Preis er= 
zielte ein 120 X 500 großer Wandteppih aus dem 15. Jahrhundert mit 
Darftellungen aus der Leidensgefhihte Chrifti, nämlih 17200 M. Ein febr 
fhönes, mit Miniaturen und Gnitialen gefhmüdtes, handferiftlid auf 
176 Pergamentblättern bergeftelltes Bebetbuh aus der Mitte des 15. Jabr- 
bunderts wurde mit J590 M bezahlt; ein Iateinifhes aus derfelben Zeit fam 
auf 3250 M.; eim anderes, ein livre d’heures, das aus der Sammlung 
des Herzogs von Hamilton ftammt, wurde für 5250 M. erftanden. Ein 
Humpen aus dem 16. Gubrhundert, gravirt mit den Thaten des Herkules nad 
5. S. Beham und mit einer Statuette des bl. Martinus, der feinen 
Mantel verfchentt, gefhmüdt, wurde für 3425 M. und ein Tafelzierftüd in 
Form eines Schiffes aus dem Fabre 1609 für 5700 M. losgefhlagen. Das 
Gefammtergebniß betrug 366 000 M., von denen 265 000 M. allein auf die 
Sammlung Beder entfallen. 


Unter einem weit größeren Andrange von Käufern aus allen Theilen 
Europas — die auffällige [hwahe Betheiligung der Amerifaner hat jedenfalls 
der Krieg verfchuldet — ift in Antwerpen eine der bedentendften Privat- 
Galerien Belgiens, des Mufeum Rums verfteigert worden. Um einem Theil 
der Runftjhäge dem Lande zu erhalten, find von der belgifhen Regierung 
300,000 Ft. für Erwerbungen bereitgeftellt worden, die nichts bedeuten gegen 
die Mittel, welhe die Vertreter der Mufeen des Auslandes, befonders Eng- 
lands, bereit hielten. Don einem Frankfurter Bilderhändler war den 
Rums'fhen Erben für die ganze Bemäldefammlung die Summe von 1500000 fr. 
geboten worden. Diefe fhlugen aber das Anerbieten rundweg aus und 
miiffen fid) nun mit 1200000 fr. begnügen, die ihnen von dem Befammt- 
ergebnif der beiden erften nur den Gemälden gewidmeten Auftionstagen nad 
Abzug von ca. 100 000 fr. für Annoncen übrig geblieben find. Den bödften 
Preis, nämlih 60 000 fr., erzielte von den alten Bildern das „Porträt 
von Martin Pepyn von van Dyd, das vom Mufeum in Antwerpen 
erworben wurde. Don modernen Bildern wurden losgefhlagen: eine Magd mit 
Eimer von Millet fiir 68000 Fr. und ein Delacroig für S4000 fr. Der 
Erlös des dritten und letzten Tages der Derfteigerung, der den funftgewerbliden 
Begenftänden, wie Porzellanen, Bronzen, Tapiflerien, Möbeln 2c., gehörte, betrug 
67700 fr., fo daß die gefammte Derfteigerung 1!/, Millionen Fr. ergeben bat. 

Die Derfteigerung der Boldfhmidt'fhen Sammlung in Paris bradte 
im Ganzen 798 904 fr. ein. 


Unter den vielen bemerfenswerthen Stüden find hervorzuheben: lebens- 
große Büfte des Marfchalls Trivulzio, Ende des XV. cder Anfang des XVI. 
Jahrhunderte, Bronze, Caradoffo zugefchrieben, 27500; Büfte des Marfhalls 
von Sadfen, angeblid von Pajou, Thonbrand, 14 800; Frauenbüfte, 
italienifche Renaiffance, Bronze, 3700; Meine runde Schüffel, fayence mit 
Metallglanz, Gubio, mit der Jahreszahl 1519, 4200; Wafferflafhe aus 
Urbino 1655; Biifte Ludwig's XV., weife Lothringer Fayence, 1320; Rlein- 
bild einer Dame auf Elfenbein, Ludwigs XVI., 2520; reihverzierter Humpen 
aus Bergiryftall, italienijdh, 16. Jabrh., 2550; ein ähnliber Humpen 2650; 
Stugubr, Ludwig XVI, Rind auf einem Riffen darftellend, Bronze nad 
Pigalle, 34000; zwei Dafen aus morgenlandifdem rothen Porpbyr, Faffung in 
vergoldeter Bronze, Ludwig XVI., 6700; Rronleudter Ludwig XIV., adtzebn 


Flammen, Kupfer und Bergtryftall 6100. Andreas Ahenbad Seeftüd 6100, 


Corot Jm Baumgang 43 500, Decamps Ralabrefifder Hirt 7500, Halalt 
5500, Die Schludten bei Ollion 5550, Detaille Dertheidigung eines Schlofles 
7200, Preufifcher Proviantzug 6000, Diaz de la Pena Waldlidtung 37 J00, 
Dertraulides 4800, Gules Dupré Hohe See 22900, Gerdme Gruppe arabifder 
Angeworbener in der Wiifte 11100, Biricault Löwe 5500, Leys Einweihung 
einer Briide 10120, Millet Köhler 54000, Th. Rouffeau Bei Fontainebleau 
46000, Der Weiher 57 500, Troyon Rüdfehr vom Markt 39 500, Abend 5700, 
Jiem Abgang einer Raravane in Ronftantinopel 10400, Menzel Tie Nadt 
(Zeihnung) 1000. Alte Bemälde: Die Befibneidung 7100, Breughel Ueber- 
fluß 7500, Die Schäte- der Aunft und Wiljenfhaft 7500, Coques Junge 
Mufiferin 3100, Cupp Junges bolländifhes Mädchen 10200, Flint Männ- 
lides Bildnif 4200, Dan Boyen Sdhlittfdhublaufer 4100, Dan der Heyden 
Holländifhe Landfhaft 11000, Hobbema Baumgang 51000, Hoppnec Bildnif 
einer jungen frau 4200, Roffermannt Männlihes und weiblides Bildnif 
5500 und 8500, Ronind Männlihes Bildnif 3600, Lukas von Leyden An- 
betung der Könige 5100, Dan der Yleer Mondfhein-Landfhaft 4000, Dan 
Oftade Gnneres eines Wirthshaufes 9500, Rubens und Sammet - Breughel 
Pan und Sprint 9200, Ruysdael Landfhaft mit Dieh 8000, Davið Teniers 
Frühftüt 6000 fr. Die Aunftgegenftände der Boldfhmist'fhen Sammlung 
bradten 204 004 fr. 


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334 


Berlin. — Die „Dereinigten Werkfftätten für Aunft im Hand- 
werf", eine aus einer Dereinigung Münchener Rünftler zu Bunften eines 
volfsthiimliden Runftgewerbes hervorgegangene Aktiengefellfhaft eröffnet jett 
in der großen Runftausftellung eine neue Abtheilung. Gn vier von vier 
Rünftlern, R. Riemerfhmidt, Shulge-Naumburg, Obrift und Paul 
Bruno eingerichteten Räumen ftellt fie ihrem lobenswerthen Programm 
gemäß Möbel und Beräthe aus, die bei einem billigen Preife auch äfthetifchen 
Anfprühen genügen. Man fann folde Beftrebungen nur freudig begrüßen, 
beweifen fie doch, daß ein wohlthuender Umfhwung der Lebensanfhauung zu 
einer fünftlerifchen bevorfteht und der Standard of life des Voltes aud in 
äfthetifcher Hinfiht auf ein höheres Niveau gebrauht werden wird. 

Don den ausgeftellten Runftwerfen find in letter Zeit fhon eine an- 
febnlide Anzahl verkauft worden. 

Aud in der Runftgewerbe-Abtheilung hat der Derkauf einen regen Derlauf 
genommen, namentlih die Nachfrage nah den Schmudfahen von Rothmüller- 
Münden, Chéret, Dernier, CharpentiersParis und Hirzel-Berlin ift eine be- 
fonders ftarte. 

Trog folher Anzeihen einer regen Theilnahme von Seiten des Publitums 
feinen die Befiger unferer Runftfalons die Ronlurrenz des Glaspalaftes doh 
nicht zu befürhten. Da fle am beften wiffen müffen, wie weit fie mit dem 
Runftintereffe unferer Berliner rechnen dürfen, fann man aus ihrem muthigen 
Aushalten aud 
während des Som- 
mers auf eine Ju- 
nahme deffelben 
fliegen und daran 
Erwartungen fniip- 
fen, nad denen der 
frifhe Zug imRunft- 
leben der Reido- 
bauptftadt das An- 
zeihen ift, daß Ber- 
lin nod als Runft- 
ftadt neben München 
gelten wird. 

Weder Schulte 
nod Gurlitt nod 
Reller & Reiner 
haben die Pforten 
gefdloffen, ja fie 
erfreuen fih trok 
der Ronkurrenz der 
Ausftellung am 
Lehrter Bahnhof 
fogar eines verhält- 
nißmäßig lebhaften 
Beſuches. 

Bei Schulte 
hat im großen Dor- 
derfaale Hoff- 
manne fallers- 
leben, der Sohn 
des Dichters, eine 
Reihe von Land- 
fhaften, von denen 
das „Weitfälifche 
Schloß“ am meiften 
anfpridt. Des Ma- 
lers Bildern it allen 
der Jug ftiller Welt- 
abgeſchiedenheit, 
deren Poeſie er 
ſtimmungsvoll zum 
Ausdruck zu bringen 
weiß, gemeinſam. 
Die gegenüberlle— 
gende Wand ſchmük⸗ 
ken Zeichnungen des 
Rünſtlers zu Liedern 
ſeines Vaters, die 


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Dereinsgabe des deutfchen Kunftvereins. 
Umrabmung von Reller & Reiner, Berlin. 


Deutfhe Runft. 


Originalunterfriften des Dichters iragen. Jn reizvollen fleinen Bilbdhen bat 
der Sohn die fhlihte Poefie des Daters mit liebevollem Derftändnig nad- 
empfunden. 

Ein großes Dedengemälde, Bruno Piglhein's „Ftühlingserwahen‘, 
erfreut das Auge duch feine zarten, lichten farben. Aufmerkfamteit erregt 
das Bildnif des Gouverneurs von Berlin, Grafen von Wedel, von Hans 
Romwnapfi, ein fleifig gearbeitetes Gemälde mit den Dorziigen und 
Schwächen Roner'fher Portraittunft. Ein Damen - Portrait f. Rlein- 
Chevalier's entbehrt leider etwas des Lebens in Mund- und Wangen- 
partien. Don anderen Bildern brauht man nur die Namen der Rünftler zu 
nennen, um einen Befud) des Schulte'fchen Runftfalons wirffam zu empfehlen : 
da finden fih Bilder der Gebrüder Ahenbad, ein Diez, ein Lieber- 
mann (Jn Radwijf), ein Gabriel Maz, ein Menzel, ein Stud (Rämpfende 
faune), eine „Ruhe auf der Fiudt von Uhde, ein Salinas und ein Ge- 
mälde „Venedig‘ von Jiem. 

Bei frig Burlitt tönnen wir uns in erdenflüchtige farbenträume 
Ludwig von Hofmann's verfenfen, die man eben felbft auf ih muß wirken 
laffen wie Muff; fie lafen h niht befhreiben. Aus feiner „Vertreibung 
aus dem Paradiefe” fpricht eine feine, empfindfame Seele, teine romantifhe 
Reflerion beeinträchtigt die tiefe Empfindung. 

Muthet Hofmann gegenüber ein älteres Wert Anfelm Feuerbad's 
‚ Bartengefellfhaft‘ 
koloriſtiſch auch et⸗ 
was niidtern an, 
fo it es dafür 
klaſſiſch vornehm in 
der Zelchnung. Wir 
müſſen bei einer 
richtigen Beurthei⸗ 
lung des fener- 
bad'fhen Wertes 
Zeltumftände neben 
rein perfönlichen 
Neigungen mit gel- 
ten laffen und dür- 
fen wohl behaupten, 
daß wer zeichnet 
wie fenerbad, nicht 

malen fann wie 
Hofmann. 

WilbelmLeibl 
erfreut in einigen 

Studienfdpfen 
durch feinen ge- 
mäßigten Realis- 
mus, der an die 
fhlihte Ehrlichkeit 
und liebevolle Dar- 
ftellungsweife alter, 
deutfcher Meifter ge- 
mahnt. 

Sein wacerer 
Schüler Linde fhil- 
dert in feinen 
„Raffeefhweitern‘* 
mit Humor die 
Poefle des Philifter- 

thums. 

wait Bruno An- 
dreas Liljefors, 
der geniale norwe- 
giſche Impreſſioniſt, 
erquickt auf ſeinen 
Jagdbildern wie 
immer durd eigen- 
artige farbenfrifche. 
E Die ftimmungs- 
volle Landfhaft 
Charles Welti's 
‚ Aufder Lauer‘ mit 


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athiti u 


einem gegen eine mittelalterlide Stadt in fabler Morgendimmerung heran- 
ziehenden Heere bedürfte der Staffage des auslugenden Todes gar nicht, um 
düfteres Ahnen zu merken. Wenn aud auf feinem zweiten Bilde die heilige 
Familie ruhig wegbleiben fönnte, ohne daG der feingeftimmten Herbftland- 
[haft Eintrag gefhähe, fo empfinden wir fle dod) feineswegs als leere 
Staffage oder als ein ftörendes, erzählendes Moment, fondern vielmehr als 
Ausdrud fhlihter, deutfcher Sinnigfeit. Sehr modern, faft zu modern muthen 
an Wilh. Jordan und R. Holled - Weitbmann. 

Aud ein Befud der Runftbandlung von Reller & Reiner ift lohnend. 
Eine Rollektivansftellung von Radirungen, Zeichnungen, Aqusrellen u. f. w. 
von dem jungen Öfterreihifhen Riinftler Walter Ziegler bietet niht nur 
einen fünftlerifhen Genuß, fondern belehrt auch durd eigens deshalb in ver- 
fchiedenen Arten der Technik hergeflellte Platten den Laien über das Ent- 
fteben eines graphifhen Runftwerkes. 


Münden, — Am 7. Juni wurde durh den Prinzen Ruppredt die 
Ausftellung reproduzirender Rünfte in den Raim-Galen feierlich eröffnet. 
Ste führt fämmtlihe Techniken der reprodnzirenden Aunft vor Augen, die ja 
gerade bei uns durch die Neuerungen und unermüdliche Derbefferung namhafter 
Anftalten, wie Zof. Albert, Dr. Albert & Co., Meifenbadh, Riffarth & Co., 
J. 8. Obernetter 2c. 2c., einen fo erfreulihen und viel verheifenden Auf- 
fhwung genommen hat. Die reproduzirende Runft, durch die Leiftungen 
bedeutender Rünftler Allgemeingut des Volkes geworden, ift ein Hauptfattor 
in der allgemeinen Befhmadsbildung und verdient es wohl, dağ ibre hohe 
Bedeutung in einer Sonderausftellung veranfhaulidt wird. 

Man fann wohl fagen, daß diefe ihren Zwed, im möglihft guten 
Eremplaren die Befhichte der Cednif der graphifchen Rünfte darzuftellen, voll- 
ftändig erfüllt. 

Don dem älteften uns erbaltenen Holzfdnitte an, dem bl. Chriftophorus 
von Burheim, der von 1423 datirt, bis auf vorzüglihe Arbeiten der heutigen 
Reproduftionsfunft in ihren neueften Verfahren enthält die WAusftellung ein 
teides und anfhaulides Material, 3u dem das Miindener Rupferftidfabinet 
mit großer Liberalität eine Anzahl älterer und ältefter Drude zur Verfügung 
geftellt bat. 

Die Ausftellungen des Derbandes Münchener Rünftler fohließen für 
den Turnus 1897/1898 im Juni diefes Jahres. Eine am 20. Maj 
abgebaltene Beneralverfammlung gab den verfammelten Mitgliedern einen 
tiaren MUeberblid über die Thatigfeit des Dorftandes, dem zufolge in 
12 Städten etwa 180 Runflwerfe im Verlaufe der beiden gleichzeitigen Turnus- 
ausftellungen zur Ausftellung gelangten. DVierzig Werke wurden davon ver- 
kauft. Der Kaffeberiht wies, tro erhöhter Ausgaben für die Ziele des 
Derbandes, einen erfrenlihen Zumadhs des Stammkapitals nad, fodaß damit 
allen weiteren, den Gntereffen der Derbandsmitglieder dienenden gejhäftlichen 
Deranftaltungen die fihere Bafis zu Erfolg verfprehender Durchführung ge- 
währleiftet if. Das Prinzip der „feiten Preife‘‘, welches überall zuftimmend 
begrüßt wurde, fab fidh gefährdet durch einen Antrag auf Abfhaffung diefer 
Beftinmung. Eine hierfür eigens einberufene Generaloerfammlung des Ver- 
bandes lehnte jedoh diefen Antrag mit erdrüdender Majorität ab und ent. 
fhied fih für ferneres Fefthalten an den künftlerifh vornehmen und den 
Mündener Verband vor allen Ausftellungsunternehmungen vortheilhaft aue- 
zeihnenden Prinzip mäßiger, aber durhaus fefter Preife beim Derfaufe der 
ansgeftellten Runftwerfe. Der Ausftellerverband Mündener Riinftler tann, 
wenn aud) manderlei Erfahrungen und Gefährdungen feiner feitherigen Ent- 
widelung nit erfpart geblieben find, dodh auf die Zeit feines Beftebens und 
der bisherigen Thätigkeit mit Benugthuung zurüdbliten. Die feinen, ftets gut 
arrangirten Ausftellungen Mündener Runft fanden ungetbeilten Beifall. Fn 
der verhältnigmäßig furzen Feit der Derbandswirkjamkeit ift ein Verkaufg- 
tefultat im Betrage von 70 000 —80 000 Mark erzielt worden, foda aud 
der materielle Erfolg nicht ausgeblieben ift. Der neue Turnus beginnt im 
Herbft diefes Jahres. Die Vereinbarungen mit den fiinftigen Ausftellungs- 
Orten ind getroffen und werden den Mitgliedern des Verbandes in Balde 
befunnt gegeben. Man darf hoffen, daß abermals eine rege und fünftlerijch 
hodftebende Betheiligung der Ausfteller die kommende Saifon zu einer 
überall willfommenen Aufnahme diefer Münchener Ausftellungspereinigung 
geftalten möge. 


Nürnberg. — Das Bermanifhe National-Mufeum bat eine hodft 
foftbare Erwerbung zu verzeichnen, einen altgermanifchen Boldihmud. Das 
Hauptftüd ift eine fibel von betraidtliher Grdfe in Geftalt eines Ad!ere, der 
fh ein Obrgehänge und zwei Anhänger einer Halskette anreihen. Die 


Deutfde Runf. 


335 


famtliden fdhwer in Gold ausgeführten Stüde find auf das reichfte mit 
Almandinen befegt.. Der Shmud ftammt aus Ravenna, der fagenummobenen 
Stadt des gewaltigen Dietrih von Bern, und da er mit den wenigen ere 
haltenen oftgothifhen Stüden auffallend übereinftimmt, fo ift es hödft- 
wabhrfcheinlid, daß er einft einen der Reten des großen Theoderih oder gar 
einen der Herrfcher diefes Dolfes felbft geziert hat. Die prächtige Adlerfibel 
ift ein außerordentlich feltenes Stüd, das im Bermanifhen Mufeum eine der 
glänzendften Perioden unferer älteften Befhidhte würdig repräfentirt: die 
Epode jenes Heldengefhledts der Oftgothen, das in dem vieljährigen Aampr 
um Rom nad großen Siegen einen ebrenvollen Untergang gefunden hat. 


Dresden. — Jm Ernft Arnold'jhen Aunftfalon (Wilsdrufferfte.), der 
duch feine neuerdings duch eine ftattlihe Anzahl von Platindruden nad 
Gemälden ergänzte Burne - Jones - Ausftellung nod immer eine ftarfe An- 
ziehungsfraft befitt, werden jest Bemälde von Hans Thoma, frig von 
Ubde, Dagnan-Bonveret und Alma Tadema ausgeftellt. Die 
Tiffany - Bläfer wirken in neuer Aufitellnng jetzt no bedeutend anziehender 
als vordem. 

on Emil Ridtec’s Runfifalon im Europäifhen Hofe find zu den 
Rolleftivausftellungen von franz Stud und Ridard Miiller- Dresden, 
deren Termin auf Wunfh um einige Tage verlängert ift, als Neuheiten þin- 
zugefommen Miniaturen, Oelgemdlde 2c. von Hedda Stoffregen, die 
erft fiirzli in Paris die mention honorable erhalten hat, ferner 
folgende Bemälde: frig Auguft Aaulbadh - Münden „Damenbildnie", 
H. Leitner- Hamburg „Auf hoher See", Brabriel Mar - Münden „Studien- 
fopf und Walter Sterl- Dresden, „Straße in Hamburg." Die graphifche 
Abtheilung enthält Originalradirungen und Blätter nad Rembrandt 2c. von 
Carl Roepping. 


Leipzig. — Daß in Leipzig ale der Zentrale des Buchhandels und 
des Bucdgewerbes der reproduzirenden Runft befonderes Gntereffe ent- 
Gegengebradt wird, ift zu felbftverftandlid, um befonders hervorgehoben 3u 
werden. Leipzig ift der Ort, von dem fic) aud eine iiberfidtlide Spezial- 
ausftellung von Hol3fdnitten am eften erwarten ließ, weil dort eine folde 
am leihteften zu erzielen tft. Die Holzfhnittausftellung, die in der Föniglichen 
Afademie veranftaltet it, zählt weit über 500 Handabzüge von Aunftkolz- 
fhnitten auf japanifhem und cinefifhem Papier. Ein vollftändiges Bild 
von der Entwidelung des deutfhen Holzfehnittes giebt fie aber noch nicht, da 
der Originalholsfhnitt und die Budilluftration nicht genügend vertreten find. 
Dielleiht wird das hddft danfenswerthe Unternehmen nody einmal umfaflender 
und 3ugleid) als retrofpeftive Aueftellung wiederholt, einftweilen hat es fi 
damit begnügt, über den heutigen Stand des Holsfdnittes als Reproduftion 
von Gemälden und Glluftration größerer Zeitfcriften zu belehren. Die 
„Leipziger Glluftrirte Zeitung‘ mit ihren trefflihen Wiedergaben Bödlin'fcher 
Gemälde und vieler Bilder anderer moderner Maler und die „fliegenden 
Blätter‘ mit ihren Meifterwerfen der Holzfhneidefunft marfchiren unbedingt 
an der Spike. Pradtftüde des Farbenholzfhnittes voller Leben find die 
Arbeiten des Wieners Paar, gegen die andere Leiftungen auf diefem heute 
por dem Halbduntelfanitt fo bevorzugten Gebiete ftar? abfallen. 

Hu gleiher Zeit bat die Aunfthandlung P. H. Beyer & Sohn im 
Runfverein neben einigen Aquarellen eine Ausftellung von Radirungen und 
Lithographien ausländifher Rünftler veranftaltet. Yiamentlih unter den 
Arbeiten der Parifer Steinzeichner finden Ah febr intereffante, eigenartige 
Blätter, Lithographien von Beggarftorff, Berdmans, de Faure, Lunols, 
Moreau-Meélaton, H. Paul und dem Meifter der Affide, Steinlen. 

Zrankfurt a. M. — Die am 28. Mai im Runftgewerbe-Mujeum er- 
öffnete Sonderaueftellung von Rünftler-Lithographien und Plafaten deutfcher, 
öfterreihifher, franzöfifcher, englifcher, holländifher und fpanifher Riinftler 
giebt einen interefjanten Ueberblid über den gegenwärtigen Stand des Stein- 
drudverfahrene, das neuerdings in der Rünftlerwelt wieder zu Ehren gelangt 
ift, nahdem die Lithographie mad ihrer Blütezeit in den Jahren 1830—60 
fünftlerifh ftar? vernadlafjigt worden war. Schon Rünftlernamen, wie 
Thoma, ©. Lührig, R. Mediz, B. Müller, Rothenftein, Storm 
van Gravefande, J. Deth, €. Orlift, Whiftler, W. Crane, C. 5. 
Shannon, D. Baireres, Chérét, Carriere, Hellen, Lautrec, 
Lunois und Steinlen bieten für die Güte der ausgeftellten Arbeiten 
Gewähr. 

Die franzöfifhe Abtheilung interefirt überdies noh durh eine Auswahl 
pradtiger Glafer von Daum frères u. Co., Nancy. 


336 


Deutfhe Runft. 








Ein frifther Jug webt durd unfere Runftfalons, die idh dur anfehnliche 
Ausftellungen gegenfeitig überbieten. Bel Bangel intereffirt der zum großen 
Theil fjhon verkaufte Nadhlaf W. von Raulbad's aus dem Raulbad- 
mufeum in Münden, fowie Sımmelausftellungen von Werken von Stein- 
haufen und Cinderum. 

In Schneider's Runftfalon haben fih drei berühmte Meifter ein Stell- 
didein gegeben. Thoma mit feinem „Hüter des Thales, Triibner mit 
Landfhaften, auf denen er die Weltenlegenheit einfamer Häufer und dunkler 
Waldesgründe ftimmungsvoll fhildert, und Klinger mit einer großen Jahl 
geift- und Eraftvoller Radirungen. 

Sm Salon Hermes debutirt der Bödlinfhüler 5. Rüdisühli, im 
Runftverein aber herrfcht der Berliner Marinemaler Hans Bobhrdt. 


Stuttgart. — Der Aunftverein beherbergt einen nahmbhaften Gaff. 
Gafton Guignard, einen Mitbegründer der Parifer Sezefjion. Man 
fann nicht grade fagen, daß aus feinen 56 Arbeiten eine bejonders auf- 
fällige Jndividnalität fpräde; die größeren Bilder find allgemein tüchtige 
Leiftungen, die weder in den Motiven nod in der Behandlung einen perfön- 
lihen Reiz enthalten; weit intereffanter, ja von größter malerifher Feinheit 
find die Feineren Sadhen, wie „die Gnfel Marguerite bei Cannes", 
„Morgennebel" und das virtuos gemalte Bilddhen ,,Waldesrand". 

Gefallige Arbeiten find die Originalzeidnungen des 
Sri Reif. 

Jm Landesgewerbemufeum waren vor Rurzem Skulpturen kirchlicher 
Runft von Gebh. Müller in Saalgau auegeftellt, die fiir den Hodaltar 
der Stadtpfarcfirhe in fort Smith, Staat Arkanfas in Nordamerika, 
beftimmt find. Befonders intereffant an den Holzfiguren war, daß die Spuren 
der Schnik- nnd Meißelarbeit noch niht durd Rafpel und Glaspapier befeitigt 
waren, jo daß die Technik der Holzbildhauerei nod In ihrer Urfpriinglidfeit 
zur Geltung fam. 


Illuſtrators 


Breslau. — Daß das Hand in hand gehen eines Kunſtvereins mit 
einer gedlegenen Runſthandlung nicht nur vortheilhaft iſt für den Abſatz von 
Bildern, ſondern auf der anderen Seite unter der günſtigen Mitherrſchaft rein 
künſtleriſcher Geſichtspunkte auch den Geſchmack zu bilden und Jntereſſe und 
Verſtändniß für das Schöne zu wecken vermag, haben die Ausſtellungen bei 
Lichtenberg ſchon zur Genüge bewieſen. Sie werden dank ihrer er— 
zieherifhen Erfolge aud während der Sommerfaifon ihre Zugkraft nit ganz 
verlieren, wenn fhon die fhöne Aunft in e.ner verminderten Antheilnahme des 
Publifuns die Ronkurrenz der blühenden Natur verfpüren dürfıe.  Trokdem 
bietet die Ausftellung bei Lihtenberg ein reiches Material von Runftwerfen: 
Landfhaften von Salgmann, Ludwig Willroider, €. Müller 
Rurzwelly und ©. Günther- Naumburg, ein Hiftoriendild von 
%. Scheurenberg und etwas langweilige „Defpernde Fifer von C. Rb dhe 
ling. Das Befte der Ausftellung find zwei Fleine feine Handzeihnungen 
Adolf Menzel’s und ein in Paftell ffizzirtes Portrait Bismard's von 
franz von Lenbadh. Mit Mengzel's und Lenbach's treffliben Arbeiten find 
für den armen Lazarus einmal ein paar Lederbifjen von des Reihen Tijche 
gefallen. Hoffentlih wird fein Appetit nad mehr redt bald geftillt. 


Damburg. — Der Runftverein plant für das Jahr 1899 eine Elite- 
AUusftellung von befonders ausgewählten Werken erfter Rünftler, die in den 
Salen der Runfthalle ftattfinden und vom 1. März bis 15. April 1899 dauern 
foll. Die Aueftellungsprogramme und Formulare werden im Herbfte d. J. 
zur Derfendung tommen. 

gn dem Raiferfaal der Runfthalle, in dem man nun endlid aud einem 
Bödlin die Stätte bereitet hat, haben drei wadere Meifter neuerdings ihren 
Einzug gebalten, der Panteift it der Maler, Ser Ferndeutfche, fhlihte Hans 
Thoma mit drei Bildern: „Sonntagsfrieden", „QTaunuslandfhaft" und 
„Doppelportrait des Rünftlers und feiner frau“, der Poet der Alpen Gio- 
vanni Segantini mit feinem tiefernften, ftimmungsvollen „Blaubenstroft‘ 
und der Meifter nordifcher Landfchaften, der Norweger Hans Gude. 

Der Runftjalon M. Stettenbeim bat feine neuen Lofalitaten am Aljter- 
thor 20 mit einer Meinen Ausftellung eröffnet, die Figurenbilder von Pro- 
fefjor Henfeler - Berlin und E. Streder-Stein und gute Landfihaften von 
©. Günther -Naumburg und G. M. Munthe bietet. 

Altona, — In der Runfl- und Bewerbeballe ift das Modell eines 
Bauernhaufes ausgeftellt, in defen eigenartiger Vereinigung von fähfifcher 


und frienfher Bauart fih dte Entftehung des niederfähfifhen Dolfsftammes 
arhiteftonifd ausprägt. Während die Lage der Wohnräume mit dem 
Dordereingange und der Dordiele dem fähfifhen Bauernbaufe 
ähnelt, find die Wirtbfhaftsräume nad der tm Friefenbanfe iibliden Ari an- 
gelegt. Um den mittleren, durch gewaltige Balken geftügten Raum, der wie 
das Dierfant des fog. Ciderftedter Hausberges dec Speicher fiir die feldfriidte 
ift, liegen an drei Seiten die Ställe. An den beiden jhmalen Seiten die 
Pferdeftälle, an der Langfeite der Stall für das Vieh, das die Stirn der 
Mitte des Haufes zufehrt, fo daß zwifchen Betreidefpeiher und Diebftand noch 
ein futtergang vorhanden fein muß. An der anderen Langfeite liegt die ge- 
waltige Lobdiele mit zwei Einfahrten. Häufer diefer Art finden fih vor- 
wiegend In Ylorder-Dithbmarfhen, und zwar nur in der Marfh. An den 
Riiften erfcheint bier wieder der reine friefenbau, anf der Geeft fadfifde 
Bauart, die durd zwei Photographien eines Haufes von Oftrobe, öftlib von 
Heide, erläutert wird. Diefes mindeftens zwei Jahrhunderte alte Haus liegt 
mit feinen Wohnräumen von der ebemaligen Straße abgewendet und bat 
feinen Haupteingang durd das große Einfahrtsthor, vor dem der Bauer mit 
dem Springftabe ftebt, der in Oftrobe hier und da nod zum Hausrath ge- 
hört, während er im übrigen Ditbmarfhen fhon lange gefhwunden if. Durch 
das Einfahrtsthor gelangt man auf die Diele, mit den Ställen zu beiden 
Seiten; an dem Ende der Diele fteht der Herd, defien Raud über die Diele 
in's Freie zieht. Auch das Haus aus Hafelau in der Hafeldorfer Marjch 
zeigt den fähfifhen Typus, der rothe Hof aus Al.-Spvennedeih ift ein fogen. 
Rreuzbau, der nördlich der Pinnau anfängt und in der Wilfter Marfh die 
ausgebildetfte Form entwidelt. Das friefifhe Haus ift in Ublebüll in der 
Gegend von Tondern aufgenommen. 


Wiesbaden. — Ter Berliner Maler Hermann Hendrih hat bei 
Banger eine Anzahl Aquarelle, die landfhaftlihe Motive aus der frän- 
fifhen Jura und von der Gnfel Rügen behandeln, und Oelgemalde aus- 
Geftellt. Bewegt fih in erfteren der Künftler auf realem Boden, jo verferen 
uns die Oelbilder in Hendrid's eigentlihe Welt, die mit ihrem Zauberlicht 
ganz eine Phantafiewelt ift, belebt von märdenhaften Wefen. Ob fid der 
Rünftler num angeregt fühlt durh Ridard Wagner, oder ob er eigenen 
Träumen Ausdrud verleiht, feine Bemälde vermögen durch ihren dekorativen 
Schein das Publitum zu fefleln, objhon fie die fihere, bedeutungsvolle 
Tehnif und die Beftaltungsfraft eines echten Phantafiefünftlers, wie Bödlin 
einer ift, vermiffen lafien. 


Mit interefjanten ferzmifchen Arbeiten find vertreten Shmuz3-Baudiß, 
Profeffor Laenger und der Blasfünftler Diegel. 


Wenn Wiesbaden „die Stadt der Denkmäler‘ genannt wird, jo mag fie 
wohl auf diefes epitheton ornans einiges Anreht haben, darf aber aud 
eine leife Gronie in ibm beberzigen. Für eines dec mädften Denkmäler foll 
ein Mann wie Guftav Freytag, deffen Monument gewiß auch lofale Be- 
deutung hätte, nicht in Betracht fommen, weil man in gewiffen Rreijen ane 
nimmt, daß in der Bevdlferung Feine Stimmung dafür berrfhe. Sollte 
Buftav Freytag, fiir den ein Denkmal fhlieflih überall, wo Deutfhe 
leben, am Plate wäre, den Wiesbadenern fo wenig befannt fein, oder 
glaubt man ernftlid, ihn durd das Derfagen einer Ehrung, die er nob eher 
verdiente ale Bodenftedt, dafür ftrafen zu miifjen, dap er die befannte 
Brofhüre über Raifer Friedrich veröffentliht hat? Armer Freytag, 
du baft Feine Ausfidt, für Wiesbaden ausgebauen zu werden, und bift 
damit gerichtet und — gerettet für eine andere Stadt, die weniger Ueberfluß 
an dentmalswürdigen Perfönlidkeiten bat. 


Barlsruhe. — Die Derbindung für biftorifhe Runft hat ihrem 
Programm getreu den Rınjtverein mit zwei größeren Befhichtabildern bejchidt : 
„Der lekte Staatsrath des großen Rurfiirften von frig Roeber und 
„Fftiedrih der Grofe vor der Shladht bei Rofbadh von dem Berliner 
Robert Warthmiiller. Leider ift unfere Feit den Darftellungen großer 
Haupt) und Staatsaftionen fo abgeneigt, daß unfer Publitum den Bee 
firebungen der Verbindung fein lebhafteres nterefje entgegenzubringen vermag. 
YNamentlih Rocber's Bemälde ift wenig zeitgemäß. Man lann es Rindern 
unferer Feit Laum verdenfen, wenn fie einer dereinft fo bob gejhärten, für 
uns aber theatralifch-fonventionellen und fhematifhen Runft die Porirats 
von Lenbad und Ferdinand Keller, fowie die vorzüglihen Stimmungs- 
landfhaften des leider zu früh verftorbenen Mündeners £. Boller vorziebt. 
Der biftoriihe Sinn muß dem Recht des Lebenden weichen. 


Deutfdhe Runf. 






Ein Meifter der Kleinfunft. 


Die Skulptur wird bei uns leider 
nod meift mit dem Wetermags gemeffen. Jm übrigen 
fauft man franzöfiihe Bronzen oder minderwerthige 
Omitationen. Da fei denn auf einen befdeidenen 
Berliner Bildhauer hingewtefen, der jiingft mit be- 
metfenswerthem Erfolg Werte der Rleinkunft gefhaffen 
bat. A. Zahn ift aud der Monumentalbildnerei nicht 
fremd, aber den Hauptfhmud feiner Werkftätte in der 
v. d. Hepdtitraße in Berlin bilden neben einigen Porträt. 
büften von Gelehrten Bronzeftatuetten von eigenartigem 
fhlihtem Reiz in Aufbau und Silhouette. Sein „Nathan 
der Weife, der augenfceinlih das Märchen von den drei 
Ringen erzählt, ift eine der glüdlichften Derforperungen 
des Flugen und geredten Juden, den die Schule des 
Talmud das Denken, die des Lebens die Duldung gelehrt hat. Die Wafer- 
trägerin“ wirft befonders durch eine gemilje herbe Anmuth, die Friesrod und 
Slanelljade durhbriht. Das fefte und dod balanzirende Schreiten gelangt 
zu natürlihem überzeugendem Ausdrud, die Ausführung des charafteriftifden 
Ropfes wie die Behandlung der topen Stoffgewebe zeugen von gleich) liebe- 
voller Sorgfalt. 6. M. 


— für den Raifer und die Raiferin Friedrid find die beiden 
Gedenktafeln in Silber fertiggeftellt, weldhe Profeffor Dr. Rudolf Siemering 
im Auftrage der Afademie der Riinfte zum WAndenfen an ihre 2WOjabrige 
Jubelfeier gefhaffen hat. Es find zwei rechtedförmige Platten. Auf der 
einen treten die Hermenbiiften Friedrids I. und Wilhelm II. vor einem antiken, 
ephenumrantten Säulenrundbau hervor. Der Gründer der Akademie erfdeint 
barhäuptig, die Allongeperüde mit Lorbeer umwunden; unfer Kaifer trägt 
zur Bardes du Torps-Uniform den Adlerhelm. Zu füğen der Hermen liegen 
auf Riffen Rurhut und Rönigsfrone mit den weiteren Gnfignien. Den feit- 
lihen Abjhluß hinter den Büften geben bodragende Palmen, die Symbole 
des ‚Friedens. Die zweite Tafel zeigt einen Lorbeerhain am Meere, weldes 
die Strahlen der Sonne beleudhten. Zwifdhen den Stämmen tritt [hüchtern 
ein Reh hervor, während ein Vöglein munter in den Zweigen zwitjhert. 
Dor dem Bebüfh aber fteht die weiblihe Fdealfigue der Runft, welde 
huldigend auf die beiden fiirften biniiberblidt. Sie hat von den Bäumen 
einen Lorbeerzweig abgebrohen und bietet ibn den Schirmberren der Riinfte 
dar. Die Infhrift, die ih am Fuße der Tafeln entlang zieht, lautet: „Die 
föniglihe Akademie der Rünfte zur Feier ihres 200 jährigen Beſtehens.“ 


— Don dem im Allerhöchften Auftrage des Raifers von William Pape 
ausgeführten großen Bemälde, weldes den am IS. Januar 1896 zum 
25jährigen Jubiläum des Deutjchen Reiches im Weißen Saale des Rönigliden 
Sclofles zu Berlin abgehaltenen Fetaft verewigt, bat der Kunftverlag von 
Rihard Bong, Berlin, eine forgfältig ausgeführte und vorzüglid gelungene 
Heliograniire hergeftellt. Diefelbe führt, wie das Original, als Titel die bei 
der feier von Seiner Majeftät gefprodenen denfwürdigen Worte „Ein Reid, 
ein Doll, ein Gott!“ Das Runftblatt foftet bei 150X115 cm Papiergröße 
und 93X65 cm Bildgröße in Rupferdrud auf dinefifhem Papier 50 Mark, 
auf japanifhem Papier 150 Mark. für Liebhaber find vor der Schrift 20 
Drude auf cinefifhem Papier für I00 Marf pro Blatt und 10 Drude auf 
japanifhem Papier für 250 Mark pro Blatt angefertigt worden. jedem 
Exemplar wired eine Erflärungstafel mit dem Namenverzeihniß der auf dem 
Bilde dargeftellten Perfonen beigefügt. 


— Jm Spreewalde wurde fürzlih ein Rünftlerheim eingeweiht, das auf 
Anregung des Profeffors Hermann Cfdfe- Berlin der Gaftwirth Rihter 
in Lehde in ftiller Lage mitten in der reizvollften Wiefenlandfhaft errichtet 


as 


337 


keliörs- 


bat. Das Heim befteht in einem in altwendifhem Bauftile ausgeführten 
Blodhaufe und enthält insgefammt 23 Zimmer und ift mit Ausnahme der 
Fundamentpfeiler und der Innenwände ganz aus Holz aufgeführt. Jedes 
Jimmer ift als ein Meines Atelier ausgeftattet, worin an Negentagen gemalt 
und, wenn's durchaus fein muß, gedichtet werden fann, denn ein Blit zum 
Fenfter hinaus bietet das anmuthigfte Candfhaftebild. 


— „Der Thüringifhe Ausftellungsverein bildender Rünftler“ 
veranftaltete in Weimar feine erfte Ausftellung. Cine zahlreihe Be- 
theiligung an dem Turnus diefer Austellung, deren nädftes Ziel Jena ift, 
wäre fehr erwünfcht, um die etle Beftrebung Ser Vereinigung zu fördern. 
Es foll nod befonders darauf aufmertfam gemadt werden, daß die Aus- 
ftellungsgegenftande mit einem Begleitfhreiben eingeliefert werden miiffen, 
das wie der auf der Rüdfeite jedes Bildes aufzutlebende Zettel Titel, Größe 
(Höhe und Breite), Preis des Bildes und Namen des Ausftellers enthalten 
foll. Die Modelle zu den von einem Weimarer Tifhler eigens angefertigten 
neuen Riften, in denen die für einen Turnus beftimmten Runftwerfe weiter- 
gefandt werden, Fönnen im Ausftellungelofale ebenfalls befichtigt werden. 











A. Jahn, Waflerträgerin, Bronzeftatuette. 


338 


Deutfde Runf. 


Preisbewerbungen und Perfönliches. 


— Das Comité zur Erridtung eines Denkmals fiir Raifer 
Wilhelm I. in Hildesheim ladet die deutfhen Bildhauer unter folgenden 
Bedingungen zum Wettbewerbe ein: 

1. Das Denfmal foll aus einem Reiterftandbilde von Bronze auf ein- 
fahem nidt 3u bobem Poftamente aus gefhliffenem farbigen Granit mit 
Infchrifttafeln beftehen und an einem nod näber zu beftimmenden, durd ein 
Rondel zu erweiternden, Punkte der Sedanftraße (Allee) in Hildesheim anf- 
geftellt werden. Ein Plan diefer Straße wird auf Derlangen geliefert. 

2. Die Bröße der Figur des Reiters foll mindeftens 2,80 m betragen. 

3. Die Geſammtkoſten des Denkmals einfhließlih des Unterbaues und 
der Aufftellung, aber ausfhlieglih der Fundamentirung bis zur Terrain- 
oberflähe dürfen die Summe von SO 000 Mark nit überfreiten. 

4. Die Modelle find im Maafftabe von 1/5 der Ausführungsgröße und 
derart herzuftellen, daß die Fünftlerifhe Auffaffung deutlih erkennbar ift. 
Sedem Entwurfe ift ein Roftenanfhlag beizugeben, in weldem die Roften der 
Herftellung des Denkmals im Einzelnen unter Angabe der Materialien zu 
berechnen find. Der zu verwendende Branit ift nad 
Herkunft zu bezeihnen und von demfelben zur Be- 


— Einen Wettbewerb zur Erlangung eines Umfhlag- Ent 
wurfes für die Zeitfhrift „Alte und Neue Welt“ erläßt die Der- 
lagsbuhhandlung Benziger & Co., A.-®. in Einfiedeln (Schweiz) mit Termin 
zum 20. Gunt 1898 und unter Derheifung von 3 Preifen von 500, 500 
und 150 M. 

— Zu dem Wettbewerbe für den geplanten Neubau eines 
Befhäftshaufes der Bremer Baummwollbörfe find dem Dernehmen nad 
54 Entwürfe redtzeitig zum 16. Mai eingegangen. Das Preisgeridht, beftebend 
aus den Herren Beh. Baurath Wallot - Dresden, Ober-Baudireftor Profeflor 
Dr. Durm-Rarlsrube und Arciteft M. Haller-Hamburg mit je zwei Stimmen 
und 6 Bremer Handelsherren mit je einer Stimme dürfte am 24. Juni zu- 
fammentreten. 

— Das Ergebniß des Wettbewerbes um Entwürfe für ein neues 
Ratbhaus für die Stadt Stolp in Pommern ift folgendes: Der I. Preis fiel dem 
Entwurf mit dem Rennwort „Alt-Badfteinformat" der Herren Jaar & Dabl, 
der II. Preis dem Entwurf mit dem Rennwort ,,Anaftafia’ der Herren 
Shulz & Shlidting und der III. Preis dem 
Entwurf mit dem Rennwort „Plattdütfh‘ der 





urtheilung der vorgefchlagenen farbe ein Probe- 
ftüdhen dem Modelle beizufügen. 

Der Rünftler hat am Sdhluffe des Unfdlages 
die Erklärung abzugeben, daß er für die veran- 
fhlagte Summe das Dentmal gemäß $ 4 diefes 
Ausfhreibens auszuführen fih verpflichtet. 

5. Die Einfendung der Modelle hat unter ge- 
nauer Angabe von Namen und Wohnort der 
Riinftler bis zum I. Oktober 1898 an das Roemer- 
Mufeum in Hildesheim fradht- und foftenfrei zu er- 
folgen. Später eingehende Sendungen find von der 
Bewerbung ausgejhloffen und werden den Ein- 
fendern auf deren Roften zurüdgefhidt. 

6. Es follen jedenfalls drei gleihe Preife von 
je 1000 Mark vertheilt werden. Die Entjheidung 
über die Ausführung behält fih das Comité zwar 
ausdrüdlih vor, dod) foll, wenn das Preisgericht 
eines der Modelle als geeignet eradtet, mit dem 
Urheber dejfelben über den Auftrag verhandelt werden. 
Der mit dem Auftrage betraute Riinftler erhält feinen 
Preis. Die Prämienwerden alsdann den drei nad- 
ftbeften Arbeiten zuerkannt. 

7. Die prämiirten Modelle gehen in den Befiz 
des Comites über, jedoch behalten deren Urheber das 
geiftige Eigenthbum an denjelben. Die nicht prä- 
miitten Entwürfe werden den Rünftlern fradt- und 
foftenfrei zurüdgefandt. 

Das Comité übernimmt keinerlei Derantwort- 
lidfeit für Befhadigungen oder Verlufte an Mo- 
dellen und Entwiirfen. 

8. Sämmtlihe Modelle follen nah erfolgtem 
Spruce des Preisgeridts einige Feit in Hildesheim 
Sffentlidh ausgeftellt werden. 

9. Das Preisgeridt, weldhes fis durch Roop- 
tation 3u ergänzen befugt ift, befteht aus folgenden 








A. Jahn, Nathan der Weife, 


| Herten Meier & Werle, fammtlid in Berlin, zu. 

Diefe Entfheidung war das Ergebniß mehrfacher 
Siebungen. Bei einer erften Siebung wurden 
36 Entwürfe „als in der Befammtleiftung nicht ge= 
nügend, -oder in der Brundrißgeftaltung unzwed- 
mäßig, oder Fünftlerifh durchaus minderwertbig 
für den weiteren Wettbewerb ausgefhloffen.‘ Aus 
einer Sichtung der verbleibenden 51 Entwürfe gingen 
diejenigen zur engeren Wabl hervor, welche fid 
durd eine flare und praftifhe Grundrifgeftaltung 
und eine fiinftlerifh hervorragende, fiir ein Rath- 
haus charafteriftifhe Urditeftur auszeihneten. Diefe 
Eigenfhaften wurden zuerfannt den Entwürfen mit 
den Rennworten ,,Dolfsthiimlid’, ,,Stolp (aus 
SFriedenan), „Ehemaligen Generalpoftmeifters Hei- 
mathsſtadt“, „Zur Hierde", „Stephan“ (aus Berlin), 
„Anaftafia‘, „Plattdütfh", Pommerania', „Roland“, 
„fahr wohl“ (aus Berlin), „Reibswappen“, „Wert' 
mag dei mag't", und „Alt-Badfteinformat". On 
diefer Gruppe waren nad Anfiht des Preis- 
geridtes die Entwürfe „Dolfstbümlih", „Pomme- 
rania" und „Fahr wohl" „nit ohne jehr erhebliche 
Ueberfhreitung der ausgeworfenen Mittel auszu- 
führen“, fie fonnten daber nit zur engften Wahl 
gelangen. Auf diefer blieben die übrigen 10 Ent- 
wiirfe und unter ihnen wurde dem Entwurf „Alt- 
Badfteinformat“ „unter befonderec Anerfennung der 
für den bauliden Charafter der Stadt auferordent- 
lih gelungenen Badfteinarditeftur einftimmig‘ der 
erfte Preis zuerkannt. 

— Mar Klinger hat an der Jubiläums- 
Runftansftellung in Wien die große goldene Staats- 
medaille erhalten. 

— Dem Bildnifmaler Profeffor Mar Roner 
ift auf der Gubildums-Runftanaftellung in Wien die 





7 Herren: J. Freiherr v. Röffing, General der große goldene Staatsmedaille verlichen worden. 

Infanterie 3. D.; 2. Dr. Scult, Regierungs- Bronjeftatuette. — Dem Rupferftecher Profeffor Louis Jacoby 
Präfident; 3. Steudmann,  Oberbiirgermeifter; widmete die Ronigl Afademie der Künfte in Berlin 
4, Schwark, Stadtbaumeifter; fammtlidd in Hildesheim. 5. Dr. Jordan, © anlaflid feines 70. Geburtstages, den der greife Rünftler am 7. Juni in 


Beheimer Ober-Regierungsrath, Berlin; 6. O. Lefling, Profeifor, Bildhauer, 
Berlin; 7. H. Prell, Profeffor, Maler, Dresden. 
10. Anfragen 2c. find zu richten an das unterzeihnete Comité. 
Hildesheim, im Juni 1898. 


Das Comité zur Errihtung eines Denkmals fiir Raifer Wilhelm I. 
Sceibert v. RSffing, General der nfanterie 3. D. 


— dur Erlangung eines Entwurfes für ein auf dem Paulsplake in 
frankfurt a. M. zu errichtendes, den deutfchen Einheits-Beftrebungen in der 
Zeit von 1815—1864 gewidmetes 


Denfmal 


wird biermit ein Wettbewerb ausgefdrieben, an weldem fid alle in frant- 
a. M. geborenen oder ihren Wohnfik habenden Künftler betheiligen 
nnen. ‘ 

Die Entwürfe müfjen bis zum J. Dezember d. J., Abends 6 Ubr, ein- 
geliefert fein. 

Das Preisridter-Amt haben übernommen die Herren: 
Oberbürgermeifter Arides zu Franfurt a. M, Profeffor Dies zu Dresden, 
Beheimer Baurath Stübben zu Röln, Profeflor von Thierjd zu Münden; 
— iſt hett Profeſſor Siemering um ſeine Mitwirfung im Preisgeridt 
gebeten. 

Das Programm nebft Anlagen ift auf portofteie Anfrage von unferer 
Stadtfanzlei zu beziehen. 

Frankfurt a, M., den 1. Juni 1898. 


Der Magiftrat. 
Adides. 


Charlottenburg feierte, eine Blüdwunfhadrefie. 

Jacoby ift aus Havelberg gebürtig und genoß feine fünftlerifhe Aus- 
bildung auf der Berliner Akademie, deren Mitglied er im Jahre 1874 wurde. 
Außer feinen befannteften Stiden nad Raphael (Die Schule von Athen), 
Pilippo Sippi (Madonna), Sodoma (Hochzeit Aleranders und der Rorane), 
Raulbadh (Hunnenfdhladt) 2c. und nad Bildern Henneberg's jhuf er eine 
ganze Reihe von Bildniffen berühmter Perfonen, wie: Maler Henneberg nad 
Paffini, Peter von Cornelius nad einem Dagnerreotyp, Graf Vork für 
Droyfen’s Gefchidte nad der Biifte von Randh, fowie nad eigenen Feidh- 
nungen die Porträts von Rofitansfi, Rarl Ritter, Mommfen, Helmholt, 
Henzen, Rarl Ludwig, Wilhelm Scherer 2c. Gm Auftrage des Raijers von 
Oefterreih hat er die Bildniffe des Öfterreihifhen Herrfherpaares nah Winter» 
balter's Porträts geftoden. 

— Seine Majeftät der Rönig haben Allerznädigft gerubt: den bisherigen 
Direftorial-Ajfiftenten Profeffor Dr. Julius Menadter zum Direktor des 
Münzfabinets der Mufeen in Berlin zu ernennen. 

— Gleihzeitig ift mit Wllerhodfter Ermächtigung dem Direftorial- 
Afliftenten Profefior Dr. Heinrih Drejfel der Titel eines Direftors bei 
den Mufeen in Berlin beigelegt worden. 

— Don der Berliner Künftlerfhaft, welde die Gubildume-Runftaus= 
ftellung in Wien befhidt bat, find, wie uns jetzt mitgetheilt wird, die 
Herren Maler Willy Hamader und Rarl Langbammer mit der Fleinen 
goldenen Medaille für Kunft ausgezeihnet worden. Erfterer erhielt bereits 
die gleihe Auszeihnung in Münden und Berlin. 

Edsuard von Gebhardt, der Grofmeifter der Düffeldorfer Runft, bat 
am 13. Juni fein 60. Lebensjahr vollendet. Gebhardt ift geboren im 


Paftorat zu St. Johannis in Efthland und madte feine erften Lünftlerifhen 
Studien auf der Petersburger Akademie. J9 Gabre alt, fiedelte er nad 
Deutfhland über und feste feine Studien in Karlsruhe, wo Schirmer und 
£efing wirkten, fort. Gm Jahre IS60 ferte er fid) dauernd in Düfjeldorf 
fet. Als religiöfer Maler wendete fid) Gebhardt gleih in feinem erften 
Gemälde „Einzug Chrifti in Jerufalem" neufhöpferifh gegen die Ronvenienz 
feiner Zeit, freilihd nod) nicht fo emergifh wie es fpäter friz von Uhde 
gethan bat, dem es vorbehalten blieb, den wahren Sinn des Chriftenthums 
in der Runft wieder berzuftellen. Bebhardt's religiöfe Malerei gebt von dem 
proteftantifhen Dogma aus und ift in ihrem Wefen duch und durd deutjc. 
Seine fhon in frühefter Jugend, die er dicht an dem Brenzwall der deutjchen 
Rultur gegen den vordringenden Slaviemus verlebte, zu unerjhütterlicher 


Deutſche Rung 


339 


Charaftereigenfhaft erftarfte deutfd-nationale Gefinnung wies ihn unwider- 
fteblid auf die religidfen Darftellungen der alten Yiederlander und Wloredt 
Diirer's þin, in deffen Beifte er für der feine proteftantifch-deutfhen Bilder fhuf. 
So fann und darf es denn auch nicht mehr befremden, daß Bebhardt's 
heilige Geftalten ganz gegen den bisher giltigen italienifhen Formenfoder 
als realiftifh dargeftellte Menfchen mit eht germanifhem Typus im deutfhen 
Roftiime des Mittelalters wandeln. Aud ein monumentaler Zug ift des 
Meifters Aunft eigen, wie namentlid feine „Himmelfahrt“ und fein „Abend- 
mabl* in čer National Galerie beweifen. Möge Eduard von Gebhardt, der 
im legten Jahrzehnt von feinem früheren größeren Stil mehr und mehr zu 
einer tief jeelifhen, vornehmen Ffeinmalerei gelangt ift, nod) lange fortfhaffen 
in rüftiger Frifce. 





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II. 18. 


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Publifationsorgan des Deutfchen Runftvereins in Berlin, des Schlefifhen Runftvereins in Breslan, des Runftvereins für dae Grofiberzogtbum Hefjen in Darnıftadt, des Anpaltifben Runfts 
vereins in Defjau, des Wiirttembergijden Runftvercins in Stuttgart, des Schleswig - Holfteinifden Runftvereins in Riel, der Runftvereine in Münden, Oldenburg, Mannheim, Nürnberg, Bera, 
Altenburg, Elberfeld, Barmen, Bielefeld, Börlik, Danzig, Königsberg, Stettin u. a. 











Ar. 18. II. Jahrgang. 





30. Juni 1898. 








Mar Klinger als Radirer. 
Pon Georg Malkowskn. 


; Das fünftlerifhe Ausdrudsmittel der Radirung drängt den auf dem Aekgrund verlangt nach Ser Augenblidsffizze und 
Rünftler zwifhen die beiden Pole der Wirklichfeits- und der Gee ermöglicht zugleid die Fefthaltung jedes flüchtigen Einfalls, jeder 
danfendarftellung. Die Leichtigkeit der Stichel- und Nadelführung Stimmung. Der Radirer muß wahr fein wie der Niederländer 
Rembrandt oder geiftvoll wie der Spanier Goya. Die 
Möglichkeit feinfter Liht- und Schattenwirfung durd 
Abfiufung der Tonwerthe läßt die Heihnung hinter dem 
Malerifcyen zurüdtreten. 

Mar Rlinger nimmt beute unter den deutfchen 
Radirern unbeftritten den erften Plaş ein urh Sie Ge- 
dankenfülle wie durd die vollendete Tehni? feiner 
Schöpfungen. Sein Werk umfaßt mehr als zweihundert 
Blätter, Phantasmen und Theoreme, Träumereien und 
FJdcenfolgen, Ernft und Scherz in ftetem Wedel. Es ift 
viel an feinen Arbeiten herumgedeutet worden, und wir 
würden Anftand nehmen, die Zahl Siefer Kommentare 
zu vermehren, wenn es fi nicht darum handelte, gerade 
jetzt bei dem Erfcheinen feiner Serie II „Dom Tode“ das 
Derftändnig für die individuelle Art feines Schaffens 
neu anzuregen und vorzubereiten. Eine Befprehung des 
wunderbaren Werfes behalten wir uns vor. 

Klinger gehört zu den Künftlern, in deren Gdeen- 
gebalt und formenfprade man fih hineinarbeiten muß, 
um zum vollen Genuß zu gelangen. Er hat die Hdben 
und Tiefen ses Lebens Surdmeffen. Seine Seele ift 
voll von Bildern, ic ih zu folgen zufammenfügen, 
oder in der Vereinzelung wirken wie Traumerfheinungen 
und Gedanfenblige. Seine Runft it naiv, aber nidt 
leicht verfténdlid, weil fie frei aus einer inneren Ans 
fhauung quillt, die das Weltganze individuell wieder- 
fpiegelt. Wäre diefe Jndividualitat weniger reid, fo ware 
ibr leichter beizufommen. Man bat dem Künftler in 
feinen Anfängen das abfichtsvolle Hafhen nah Ab- 
fonderlidfeiten vorgeworfen und ihm dabei unbewußt 
das eigene Banaufenthum gegenübergeftellt, dem nur das 
Alltäglihe angemeſſen iſt. 

Der Malerdichter iſt aus der ſtrengen Schule des 
Guſſowſchen Realismus hervorgegangen, den er 1870 in 
Karlsruhe ſtudirte, um dem Meiſter 1875 nach Berlin zu 
folgen. Wir erinnern uns aus jener Zeit der kleinen 
Zeichnung einer Amazone auf ſich emporbäumendem Roſſe, 
von einer Kühnheit der Auffaſſung, in der ſich der ſpätere 
Rentaurenmaler ankündigte, und eines Oelgemäldes, das 
Max Klinger, Widmung an Arnold Böcklin, aus „Eine Liebe.“ den Ueberfall eines mit einem Revolver bewaffneten Mannes 





Deutfde Run ft. 











Mar Klinger, Zeichner und Marabus. 
Aus „Rettung opidifcher Opfer.‘ 


durch Rowdies darftellte. Dem Boden der Berliner Akademie, 
die Rlinger damals befuchte, waren dSiefe Arbeiten fider nicht 
entfproffen, dazu gaben fie fih zu felbfiftändig, zu wenig Porrett. 

Eigene Erlebniffe, eine Herzens- und Sinnenaffaire, waren 
es, die Rlinger zu feiner erften Schöpfung anregtın. Gm Jahre 
1878 erfchien die Blätterfolge „Ein Handfhuh*. Tie Runft- 
gelehrten rümpften die Yafe, die Banaufen ladhten verjtändniflos, 
wie bei jeder Tragifomddie, ohne zu ahnen, wie bier fid 
aus Thränen das befreiende Caden ausgelöft. Auf der Roll- 
fhubbabn bat die fhöne Brafilianerin ihren Handfhub verloren, 
der blöde Kunftjünger bat ibn gefunden und wie ein Heiligtum 
nad Haufe getragen. Auf Ser Bettdede rubt fein fund, er 
fügt das Haupt in die Hand und denft an die fdlanfen Finger 
und den fihlankten Leib, ein blübender Liebesbaum fproßt vor 
ihm empor und umöÖuftet ihn finnverwirrend. Vielleicht weilt ğe 
fhon dSriibenjenfeitsdes Oceans, auf den Wellen wiegt fic Ser Hand- 
fhub, er muß ihm nad) im Boote und ihn auffiihen. Aber er 
Fann ibn nicht erreichen, Senn nun lenft er gar die Sonnenroffe 
Apolls und flieht und flieht, bis er fi) auf den Klippen nieder- 
läßt, von Opferflammen umloht, von den Wogen buldigend um« 
fhäumt. Wenn er ibn nur faffen Fönnte, den unfelig feligen 
Bandfhuh, oder ihn loslöfen von feinem heißen Begehren. Da 
drängt er fhon wieder auf ihn ein auf den fhwarzen Wellen, 
die bis in das Lager des Gequilten bineinfpülen, und nun er- 
fheint er gar verdoppelt und verdreifacht. fort mit ihm! Da 
auf dem Tifhchen liegt er unfhädlih, giebt es dod) nocd viele 
andere Handfdube, ganze Reihen von Handbefleisungen, alle 
gleih und intereffelos. Was nur das Rrofodil will, das da 
beranfchleiht? Da, da bat es ihn gepadt und fauft flügelgemaltig 
mit ihm aus dem fenfter hinaus. Nod einmal redt der Träumer 
die Hand nah ihm und — erwacht. Kihernd fit Amor”neben 
dem Handſchuh. 

Und des Phantasmas Kern? Er hat ſie geliebt, der 
gute Rlinger, damals, als er in der Hohenzollernſtraße Ar. 9 
wohnte, vier Treppen hodh im Thurm. Den „Hungerthurm‘ 
bat er ibn fpäter genannt, denn er bat budftäblih ge- 
bungert troß des ausfömmlichen väterlihen Wecfels um 
der jhönen Brafilianerin willen, die fo viel Liebe braudte 
und fo viel Geld, bis er einfab, da es ihr mehr um 
Ceßteres zu thun war als um Erftere, und genas von der 
blöden Jugendefelei, die er dann dod nod ein wenig 
ernfthafter behandelt in dem Cyflus ,,€ine Liebe. 

„Eine Ciebe ift Arnold Bödlin gewidmet. Auf dem 
Hueignungsblatt feben wir Amor blind auf dem Schoofe 
der Liebe, die Sen Bogen fpannt und zielt. Rund umber 
boden nadte Weiber, die fangftride Ser Ceidenfchaft in den 
Händen. Der Pfeil hat getroffen. Eine Rofe hat er ibr 
zugeworfen, und fie bat ihn aufgenommen in leidenfchaft 
lichem Sehnen und fic) ihm bingegeben, willenlos, bis 
der Raufh verfliegt, und er fie verläßt. Dor ibrem 
[hmerzensftarren Blid taudht das Pfand ihrer Liebe auf, 
das Ungeborene, fie erblidt fi verhöhnt als Befallene, und 
da er reuig zurüdkehrt, ift es zu fpät, er fniet an ihrem 





Mar Klinger, Entführung des Prometheus, 


Todtenbette, und au feiner barrt der, der allein ihm DVergefjen 
bringt und Sühne. j 

Der Schuld des Mannes gefellt fih die Schuld des Weibes. 
„Ein Leben fteigt ohne Scheu in die Tiefen des Lafters hinab. 
Auf dem Titelblatt fellt fih der Künftler gewappnet der Be- 
fchidte, der „Moderne“, Ser religidfen Runft und dem antiken 
Epos gegenüber, aber fie alle bleiben ftumm und  wiffen ibm 
nichts zu fagen. Da taudt vor feinen Augen Eva auf, der 
die Schlange die Worte der Erfenntniß zuraunt, und ein Zauberer- 
paar, das den Liebestran? mifht. Der Spuk verfhwindet, und 
die Wirklichkeit tritt in ihre Rechte. Unrubig wälzt ji das 
beranreifende Weib auf feinem Lager, vom Phantafiefpiel finn- 
lider Mannerfdpfe umgautelt, bis es, von einem fifhungeheuer 


getragen, in die Tiefe der Leidenfchaft verfinft. Einfam und 
veradhtet irrt es auf einer wiiften Jnfel umber. Als ih ibm 
ein lüfterner Alter naht, ftößt es ihn voll Ekel zurüd. Aber 


allmälig finft es zur Dirne herab, um die Sie Männer raufen, 
die fie im Cafe Chantant beflatfhen, bis die Jugend fcwindet 
und fie durd die Noth gezwungen wird, auf der Straße Liebe 
und Erwerb zu fuden. Man jagt fie von fih, die Weiber 
fegen fie mit ihren Befen zu den Rebridthaufen, auf Sem Marte 
der Sinnlichkeit geprüft und zurüdgemwiefen, verfinkt fie mit einem 
letzten Angjtfchrei im Moraft des Elends. 

Noh einmal läßt Rlinger das Thema vom Weibe als 
Grundafford erflingen in „Eva und die Zukunft. Träumerifch, 
ihrer Schönheit Madt nicht fennend, weilt die Menfchenmutter 
im Paradiefe. Auf fdmalem Felfenpfads aber barıt ihrer 
drobend der Tiger der Ceidenfhaft. Vom Baume Ser Erfenntnif 
herab ringelt fih die Schlange und hält ihr den Spiegel ent- 
gegen, in dem fie ihre Schönheit erfhaut. Durd) die Sinnlich- 
feit vertbiert, feiner Bottähnlidykeit beinahe entkleidet, fhwimmt 
der Mann auf einem Ungeheuer duch das Meer der Leidenfchaft. 
Der Engel bat fie aus Eden verjagt, und furdhtbebend trägt Ser 
Mann das Weib aus dem Paradiefe in die Wüfte binaus. Durch 
die Sinnenfhuld ift der Tod in die Welt gefommen und zerftampft, 
ein gewaltiger Pflafterer, Schädel auf Schädel, bis das Rreuz 
fic) Erlöfung verheißend auf der Richtjtätte erhebt. 

Mit den „Dramen“ verläßt Klinger das Gebiet der Phan- 
taftif und bringt Augenblidsbilder aus Ser Wirklichkeit. Drei 
Blätter aus den Berliner Märztagen, einen Todtfihlag mit der 
ganzen Staffage von Schußleuten, jammernden Weibern und 
Nengierigen, einen Rleiderhaufen und einen Brief auf einem Wald- 
wege als Hinterlaffenfhaft Eines, dem des Elendes zu viel ge- 
worden in der Weit, die Gefhichte einer Mutter, die fid und 
ihr Rind vor den Mifhandlungen eines Säufers Surh den frei- 
willigen Tod retten wollte und als Mörderin des Richterfprudhes 
harrt, einen Ebebrud, den ein Schuß des Gatten aus dem 


Fenfter räct, eine Dirne, um die die Rupplerin fiir den rubig 
feine Cigarre rauhenden Wüftling auf der Strafe feilfeht. 


Ra- 





Aus der Brahms-Phantafie. 


leidoffopifch verfchieben fic) die Darftellungen zu einem ergreifen- 
den Bilde des Broßftadtelends. 

Aber aud im Reihe des befreienden Humors herrſcht die 
Phantafie Rlinger’s ale Rönigin. Cine fdlante Elfe tanzt fie 
auf einem Silffolben und fieht lächelnd auf das Rrofodil herab, 
das träge aus dem Sumpf den häßlidyen Kopf emporredt, auf 
fhwanter Schaufel wiegt fie fic und fpottet des Geiers, der 
auf der anderen Seite des Uuerftabes an fie beranfchleiht, um 
hilflos flatternd emporzufchnellen, fobald das leichte Cufttind 
fihernd entflieht. Zwiſchen Blüthenftengeln hodt ein pausbädiger 
Malerpud und belaufht behaglid) die 
Natur. Hummern verdauen mit fih 
und der Welt zufrieden die Abfälle 
vom Tifhe des Lebens. Eine Ja- 
panerin hält ihre Siefta in der Hänge- 
matte und träumt von der Sinnen- 
freude des Dafeins nicht weniger 
glüdlih, als der europäifhe Badfifch, 
dem die unerfchloffene Blüthe in feiner 
Hand die Zufunftswonnen bedeutet, 
die feiner barren. Jn die leichten Me- 
lodien hinein aber tönen dann wieder 
ergreifende Disharmonien. Angftvoll 
flieht ein Verbrecher, hinter Sem ein 
Haus in flammen aufgeht, vor feinen 
Derfolgern, und in der Einöde hodt 
ein Beier über dem zudenden Leibe 
eines Verſchmachtenden. 

Niht durd) Gegenwart und Ju- 
funft allein, duch Wirklichkeit und 
Phantafieland fchweift die Ein- 
bildungsfraft des Künftlers, Öar- 
ftellend und erlöfend zugleih. Auh 
in Ser flaffifthen Mythe der Vorzeit 
giebt es mandes zu Porrigieren. 
„Rettungen Ovidifcher Opfer“ nennt 
Rlinger einen Cyflus, der mit der 
griehifh-römifhen Sage gar ergöß- 
lid) umfpringt. Wud) bier wird zu- 
nadft das Thema fein fauberlid feft- 
Geftellt. Auf dem Arbeitstifche find 
die Hände des Rünftlers miipig ge- 
faltet neben den erlofhenen Kerzen. 
Aus ihrem Raud bilden fih Rofen- 
gebüfche, über denen ein gewaltiger 
antifer Dichterfopf auftaudt. Aber 
nicht anbetend in feines Nichts urh- 
bohrendem Gefühle finft der Künftler vor dem Poeten in die Rniee, 
fampfbereit ftellt er fic) mit dem Stift als Gewaffen dem Scribler 
gegenüber, und es handelt fih um einen ernften Streit, denn 
des Befiegten harrtdas offene Grab und der Seelenfährmann Charon. 
Allzu fhwer darf man es mit der Würde der Sage übrigens nidt 
nehmen, die dem gravitätifhen, auf einem Bein ftehenden Marabu 
gleicht, fomifh in all feiner Brandezza, mit wie heißem Bemühen 
ihn aud) Ser Malersmann abfonterfeien mag. Und nun rettet 
Rlinger die Opfer der Ovidifchen Miythe Fed darauf los. Pyramus 
und Thisbe find nicht geftorben, fondern haben fic) nur bei ihrer 
nädtlihen Zufammenkunft einen nadhaltigen Schnupfen geholt, 
den fie mit Schwiten und Sitbad furiren. Narzif und Echo 
finden fi nad langem Sehnen und Harren in einem genief- 
liden Ruf, und find dod eigentlid nur im Winde bewegte 
Shilfblatter, die fid) einander zuneigen. 

Daphne wird nidt zum Lorbeerftraud, fondern äfft den 
begehrlihen Sonnengott, fih hinter einem Stier verbergend. 
Mit einem fibnen Sprunge will Apoll über die Hörner des 
Thieres fortfegen, fommt aber auf deffen Rüden nieder und 
wird von dem fhwer hinwandelnden Rinde davongetragen, während 
der Begenftand feiner Neigung ihm halb betrübt, halb lachend 
nahfhaut. Der Künftler hat dem Dichter gegenüber Redt be- 
balten, denn in freiem Schwunge fhaufelt das Gétterfind 


t 


Deutſche Runf. 





Mar Klinger, Bär und Elfe. Aus ‚„Intermezzi.' 


343 


Phantafie urh den Weltraum und geftaltet die Dinge um in 
herriſch ſchaltender Willkür. 

Immer von Neuem, ſuchend und fliehend, äfft ſie den ſchwer 
nachhinkenden Gedanken. Da it fie in den „Intermezzi“ auf 
einen ſchwanken Baumzweig geflüchtet. Der Bär iſt ihr lüſtern 
ſchnüffelnd nachgeſtiegen, und ſie beugt ſich hernieder und kitzelt 
mit dem Schilfſtengel ſeine plumpe Schnauze. Und nun folgt 
eine bunte Reihe köſtlicher Blätter voll Humor und tiefſinnigem 
Ernſt. Eine junge Schöne im Badekoſtüm, die in den Wellen 
Erholung ſucht von den Anſtrengungen der Saiſon, drei Bilder 
aus dem urwüchſigen Leben der Ken⸗ 
tauren, Sas fic) aus Liebe und Haß, 
aus Wonne und Leid, aus Arbeit 
und trägem Genuß miſcht, wie das 
der von der Rultur beledten Menfchen- 
finder, Szenen aus der urgermani- 
fhen naiven Befhidhte des Simpli- 
3iffimus, ein todter Reiter auf der 
Waldblöße, deffen Leihe fih Wolf 
und Rraben ftreitig machen, und end- 
lid ein Schlußftüd von grandios- 
fhauerliher Phantaftit erfüllt. Es 
ift ein gar feltfames Gefpann, das 
da über die Landftrafe binsiebt. 
Doran Amor auf dem fahrrad mit 
Pfeil und Bogen bewaffnet, dahinter 
als Holzroß geftaltet ein Sarg, und 
zum Schluß ein graufiges Ungeheuer, 
das ,,denfeits, mit grotesfem feder- 
aufpuß, in einen Mantel gebiillt, aus 
dem Röpfe auftauden, eine Ausgeburt 
der die Dernihtung fürdtenden Ein- 
bildungsfraft. 

Am mädtigften und ergreifend- 
ften geftaltet Klinger, wo feine Rünjtler- 
[haft in das Bebiet der Töne hin- 
übergreift. Die „Brahms-Phantafie* 
ift eine zeichnerifhe Paraphrafe der 
Poefie und der Mufif. Gleichberedtigt 
ftellt fih Ser Künftler neben den 
Poeten und den Romponiften. Jn 
die Noten vertieft fit der Mufifer 
am nftrument, das im freien am 
raufhenden Meere fteht, neben ihm 
das Weib feiner Liebe. Aus den 
Wellen tauht eine Harfe auf, von 
einem pbantaftifhen Menfchenantlit 
gekrönt. Traumverirrt gleiten feine Finger über die Taften. Da 
fteigt die Harfe zu ihm herauf mit im Winde Flingenden Seiten und 
das Weib an feiner Seite verklärt fi) zur begeifternden Mufe, 
die ihm mit ausgebreiteten Armen entgegenfhwebt, und zum An- 
flag gewaltiger herzbewegender Akkorde heben fih feine Hände. 
Und nun folgt eine bunte Reihe von fünftlerifhen Phantafien, 
die ih in freier Erfindung an Lieder und Rompofitionen an- 
fließen, und in dem gewaltigen Schidjalsgefange ausklingen. 
Troßig ftürmen die Titanen an gegen die feligen Götter des 
Olymp, die ihnen in fieghafter Rube ihre Pfeile todtbringend 
zufenden, bis die Erögeborenen unterlegen in der Unterwelt 
fhmadten, während Pallas Athene mit Prometheus die Schaffung 
des Menfhen nad dem Bilde der Götter plant. Heimlich raubt 
der Heusfohn das Feuer und bringt es den in dunkler Sehn- 
fudt harrenden Erdenfindern. froh der Himmelsgabe, umtanzen 
fie den Altar im Opferbain. Prometheus aber wird von 
Hermes und dem Adler zur Strafe für feine Dermefjenheit in 
die ‚Felsöde des Rautafus getragen. Siegfroh thronen die Götter 
im hoben Olymp, nicht adtend der Menfchheit, die mit leið- 
erftarrtem Antlitz zu ihnen auffhaut. Randbilder umgeben 
überall den Notentert, Variationen der menfdliden Paflion. 
gm Gewande der fFlaffifchen Mythe giebt fid dann wieder das 
Schlugblatt. Prometheus it von dem anderen Feusfobn, von 





Nar Klinger, Evofation aus der Brahms-Phantafie. 


Herafles, befreit. Das Haupt in die Hand geftüßt, finnt er 
feiner Erlöfung nad, während die Töchter des Meeres Blüd 
wünfhend aus den Fluten emporfchauen. 

Das in einer erften Serie bereits erfchienene, Surh eine 
zweite folge fortgefegte jüngte Wert Rlinger's, der „Cyflus 
„vom Tode‘, bedarf einer befonderen Befprehung, die wir im 
Herbjt Surh eine Reihe von Flluftationen veranfchaulihen werden. 

Die eigenartige Runft Klinger's fymbolifirt fic) felbft in dem 
Gedentblatt, das der Meifter zur Menzel- Beburtstagsfeler ge- 
fhaffen. Gewaltige Arme langen aus dem firablendurdleudteten 
Himmel hernieder und preffen den fünftlerifchen Felsblock „Menzel“ 
den Fraftitroßenden Rüden der dur gigantifhe Männer ver- 
förperten Naturgewalten auf, die willig fih der Laft beugen. 
Spielend und fcerzend umfhwimmen die Ofeaniðen die auf- 
ftrebende Gruppe. Der Wellenfhaum aber verdichtet fih feit- 
wärts zu Blumengewinden, aus denen feltfam phantaftifhe 
Masten þervorlugen. Das ift die Rünftlerfhaft, die fih felbft- 
berrli der Erjcheinungswelt aufzwingt, fie fidh dienſtbar macht, 
und nach Laune und Willkür in ein Spiel der Einbildungskraft 
umgeſtaltet. 

Aber Klinger iſt nicht nur ein Meiſter des Griffels, er 
beherrſcht auch das Wort und weiß uns ſelbſt von ſeiner Kunſt 
tiefſinnige Gedanken zu übermitteln. Laffen wir ihm zum 
Schluſſe ſelbſt ſprechen: 

„In reicher Fülle ſtrömen dem Griffelkünſtler die Ideen zu, 
denn ſein eigentlichſtes Gebiet ift das tieffte Seelenleben des 
Menſchen — er hat den „Brundftoff“, „auf den die Religionen 
fi gründen, wegen deffen Völker fidh vernichten, dem man fo 
gern fic) verfchließt, den deshalb der Menfchengeift mit allen 
Mitteln und Formen von der naivften Einfalt bis zur fragen- 
haften Ungebeuerlichfeit zu verdeden fuct, den Selbftfuht und 
Opferwilligteit in ewiger Gabrung halten. Ob in einzelnen 
Blättern, ob in fonglomeratifchen Werken, wie bei Goya und 
Holbein, ob in fich felbft fteigernder ‚Folge, wir feben die Werke 
diefer Rünftler ftets in reicher Fülle entfteben. Und diefem Drange 
wird allein die Handlichfeit des Materials geredt. om engften 
Raum laffen fic) Sie ftärkften Empfindungen 3ufammenprefjen, 
in der fhnellften Abwechslung die fidh widerftrebendften Em- 
pfindungen geben. Wo die Malerei dem Befchauer 3u reinem 
Genießen Mufe, neue Sammlung oder Ueberleitungen bieten 
müßte, um von einem Zuftand zu einem widerftrebenden vor- 
Zubereiten, entwidelt die Zeihnung in der gleihtönigen folge von 
Bildern im fcnellen Wedfel ein Stüd Leben mit allen uns 
zugänglihen Eindrüden. Sie mögen fid epifh ausbreiten, 
dramatiſch ſich verſchärfen, mit trodener Ironie uns anblicken, 
nur Schatten, ergreifen ſie ſelbſt das Ungeheuerliche, ohne an— 
zuſtoßen“. 


Deutfhe Runft 


Rheinifches Steingut. 

Im Frühjahr 1897 wurde bei Ausfhachtungsarbeiten für 
einen Privatbau in der Mariminenftraße zu Aöln ein alter 
Töpferofen fammt den Lagern der wegen Brandfihäden oder 
Fehlglafuren verworfenen Rrüge aufgededt. Der ganze fund, 
nah Ausfheiden der Dubletten rund 100 Rrüge, konnte bei dem 
Entgegenfommen des Bauherrn für das Aunftgewerbe-Mufeum 
geborgen werden, da diefes die Ausgrabung felbft in die Hand 
genommen hatte. Das Mufeum befigt Sadurh einen Beftand 
nahweislih Rölnifher Rrüge von folder Dielfeitigfeit, wie ihn 
feine andere. öffentlihe oder private Sammlung aufzuweifen 
bat. Aud in wifjenfhaftliher Hinfiht ift der fund in der 
Mariminenftraße außerordentlich widtig, da die bisherige Auf- 
faffung von der Entwidelungsgefhichte des rheinifhen Stein- 
z3euges dadurd wefentlih geändert wird. Die Theilnahme der 
Stadt Köln an diefer Fnduftrie, die im 16. und 17. Jabr= 
hundert opne frage die tünftlerifh werthvollften und eigen- 
artigften Denkmäler der deutfchen Reramit gefhaffen hat, ift 
bisher fehr gering gefhägt worden. Den Löwenantheil der 
alten Rrüge hatten Raeren und Siegburg und im 17. Jahr- 
hundert das Rannebäderländden im Wefterwalde fiir fih in 
Anfprud genommen. Daneben fpielte frehen bei Köln eine recht 
befeidene Rolle als ein etwas bauerlider Betrieb, dem man nicht viel mebr 
als die Herftellung der ziemlih plumpen braunen Bartmannsfrüge mit ein- 
fader Derzierung von aufgelegten Ranfen, Masten und Pleinen Medaillons 
Zutraute. Daß die Stadt Röln felbft, die fhon im Mittelalter in der Uelen- 
Gaffe, heute Ulrihegafie genannt, ein Töpferquartier befaß, in der Renaiffance- 
seit aud) Runftwaare in Steinzeng geliefert hatte, war zwar durd einige 
funde, namentlih duch die Aufdedung eines Ofens mit feinem Aruginbalt 
in der Comödienftraße im Jahre 1889 nahgewiefen, aber die fihere Scheidung 
Rölnifher Erzeugniffe von Frechen, Raeren und Siegburg war nod faum 
durdgefiibrt, wenn aud in den engen Kreifen theinifder Rrugfammler eine 
tihtigere Anfhauung allmälig durhgedrungen war, Immerhin waren nur 
feht wenige Rrüge Aöln zugewiefen worden, und das Bild der ftadtfölnifchen 
Steinzeug - Töpferei war das eines wenig intenfiven und nur furze Zeit 
andauerndes Betriebes, der Fünftlerifh von Siegburg und Raeren abhängig 
erfhien. Diefe Auffaffung ift nun durh die Erzeugniffe des Töpfers aus 
der Mariminenfttaße ganz gründlih verändert worden. Es ergiebt fid nun, 
dağ der Uebergang vom handwerfsmäßigen zum Kunftbetrieb in der Stein- 





Mar Klinger, Gerichtsverhandlung aus „Dramen.“ 


Deutfde Kunt. 


zeug-Töpferei in Aöln ftatigefunden hat, daß fidh hier die Periode der früh. 
tenaiffance in diefem Gewerbe abgefpielt hat. Die Leiftungen der Rölnifchen 
Rrugbäder während der erften Hälfte des 16. Jahrhunderts ind die Grund- 
lage, auf weldher nad 1560 die Töpfereien von Siegburg und Raeren fih 
weiter entwideln fonnten. Ein ausführlicher Bericht über den fhönen Fund 
wird in den Jabrbiicdern Ser Kgl. Mufeen zu Berlin erfheinen. Durd einen 
weiteren Ausgrabungserfolg ift ferner erwiefen, dağ die beften jener mit 
farbigen Glafuren auf Reliefs gefhmüdten deutfhen Fayencegefäße, welde 
als Arbeiten des Nürnberger Rünftlers WAuguftin Hirfhvogel gelten, ebenfalls 
Erzeugniffe Rölnifher Aunftfertigkeit find. 

Diefe Funde find deshalb befonders widtig, weil fle geeignet erfcheinen, 
der Iofalen Töpferei neue Anregungen zu geben. Auf den in den Rhein- 
landen zerftreuten Ueberlieferungen fußend, hatte in den letzten Jahrzehnten 
fih eine Steingut-Fnöuftrie zu entwideln begonnen, die es verfuchte, ih mit 
dem modernen Gefhmat abzufinden. Diefe von wenig Erfolg begleiteten 
Anftrengungen laffen fic vielleiht in eine andere Richtung überleiten, die an 
eine überlieferte lofale Dolfstunft anfniipft und fo den Weg zu einem eigen- 
artigen Stil findet. R. D.J. 


Die große Berliner Kunftausftellung 1898. 
Die Sonderausftellungen der Bildhauer. 
u. 


ine felbftftändigere Perfönlichkeit ift der zu früh verftorbene Nifolaus 
Geiger, deffen Ausftellung von etwa 20 Arbeiten, Skulpturen und 
Gemälden ein vielfeitiges, ernftes Streben befunden und zugleich eine 
pietätvolle Ehrung feines Andentens bilden. Da Werte aus verfdiedenen 
Perioven des Rünftlers vereinigt find, bietet die Sammlung einen voll- 
fommenen Ueberblid über des Meifters Lebenswerk und ermöglicht uns, dem 
Entwidelungsgange eines auf eigenen Wegen wandelnden tüctigen Talentes 
auf feinen einzelnen Stufen zu 
folgen. Wenn Beiger aud die 
Dielfeitigfett eines van der 
Stappen fehlt und es ihm, 
namentlid wenn es fid) um defo- 
tative Brotarbeiten handelte, 
denen er, der die goldene Freiheit 
eigenften Schaffens vollauf ver- 
dient hätte, häufig genug nad- 
geben mußte, nicht immer gelang, 
für viel behandelte Vorwürfe 
einen durchaus neuen Ausdrud 
zu finden, verftand er es doc, 
fatt allen feinen Werfen einen 
individuellen Zug zu verleihen. 
Zunädft feffelt ein großes 
Werk des Rünftlers das Giebel- 
feld für dle Hedwigsfirde 
duch feine vorzüglihe Rompo- 
filion, feine Lebendigkeit und 
morgenländifhe Stimmung und 
führt ein in den Rreis biblifder 
Darftellungen, von denen Bei- 
ger die altteftamentlide Alles 
gorie von Adam und Eva immer 
wieder anregt, ihren Empfin- 
dungsgehalt zum Ausdrud zu 
bringen. Gelingt es ihm in 
der Broncegruppe „Nah dem 
Sündenfall" die moralifhe De- 
prejfion ergreifend darzuftellen, 
fo weiß er in einer in Holz ge- 
arbeiteten Eva die dämonifche 
Madt der Derfuhung padend 
witfen zu laffen. Jn die Aniee 
gefunten, die Hände gegen die 
Bruft gepreft, fo laufht das 
Weib mit einem Ausdrud, der 
das Bemwußtjein verzweifelnder 





Mar Klinger, Traum aus 
„Ein Handihuh‘. 


345 





May Klinger, Ertrintende aus „Ein Leben.“ 


Widerftandslofigfeit malt, den Einflüfterungen, welde ihr die Schlange ins 
Ohr zifhelt. Schon erfhüttert finnlihe Erregtheit, der Ahnungsfhauer füßen 
Genuffes, des Weibes ganzen Körper. 

Nod entfhiedener und bewußter wie Geiger bringt Mar Arufe das 
Holz als geeignetes, bildnerifhes Material zur Geltung. Während es fid 
die Bildhauer lange Zeit mit einer mehanifchen Uebertragung der Modellictednif aud 
auf Holz genug fein ließen, bringt Arufe in feinen direkt in Holz ausgeführten 
Arbeiten das Material wieder in Einklang mit der form und erwedt eine 
lange Feit vernadlaffigte Technit zu neuem, frifhem Leben. Dorzüglice, 
lebenswahre Leiftungen, die des Menfchen ganze Gndividualitat erfaffen, find 
feine Portraitbüften,; an den Bildniffen Leiftifows und Liebermanns 
uberraſcht Treffliherbeit; der Kopf von des Rünftlers Mutter rührt durch feine 
innige Sdlidtheit; Gerhardt Hauptmanns Portrait, fo anfpredend es 
aud die feinen Züge des Dichters und Träumers wiedergiebt, vertrüge für die 
getreue Charakterifirung des Menfhen noh etwas mehr Weidbeit. Eine 
tehnifh glänzende Leiftung, ein Werk, befeelt von tiefer Empfindung, ift die 
ıhöne Gruppe „Liebe. Riihrend ift die feufhe Anmuth in den natten Ge- 
ftalten des Jiinglings und des Madden, die Ihre Hände gefaßt haben und 
fih des im Jnnern foeben erwachten Triebes noch unbewußt in Bliden heilige Gefühle 
fill geftehen. Jn einer Holzfigur mit dem elektrifch zu beleuhtenden Schweißtude 
der Deronita aus Marmor und dem vertieften, transparenten Marmorrelief 
eines Kindes läßt fih Krufe duch fein Rönnen zu Erperimenten verleiten, 
die faf die Grenze unkünftlerifcher Spielereien ftreifen. Ein Werk, deffen 
Vorzüge befannt und allgemein anerkannt find, ift fein Siegesbote von Ma- 
tathon (Bronze), der den Oelzweig fhwingend beim Lesten, fdwantenden 
Schritte feines Siegeslaufes erfhöpft und athemlos das Wort nod feudt: 
verıznzauev| 

Mit fo harakteriftifhen Werken wie Beiger und Arufe ift der verftorbene 
Mihel Logt leider nicht vertreten; denn weder feine weinerlide aber fhöne 
Gruppe „Jh babe keine Zeit müde zu fein“, — Kaifer Wilhelm entfchlummernd 
im Seffel, an dem der Todesengel lehnt — nody die „Ferne leiden ohne zu 
Magen“ betitelte Skizze des Franken Raifers Friedrih werden der Bedeutung 
des Rünftlers gereht und laffen feine Eigenart erkennen. 

Unfere Dentmalsbildhauer befriedigen diesmal fehr wenig. Don den drei 
Roloffalftatuen Bismard's ift noh die befte die pofirende Beftalt des Alt- 
teihefanzlers von Hugo Lauer; Ernft Herter's Standbild für Wiesbaden 
it eine robe Arbeit und macht den Eindrud eines in monumentale Dimen- 
fionen übertragenen Meinen Motells, das durch diefes Derfabren aber nod 
feineswegs monumental geworden if. Ein eigenartiger Zug, der Herter's 
Arbeit auh gänzlich abgeht, zeichnet dagegen die Moltfe Statue von Ern ft 
Seeger aus, von dem aud die „Jugend“, die natte, natürlich bewegte Be- 
ftalt eines feufhen Mädchens, dur ihre Anmuth erfrifht und erfreut. 

So befhämend es ift, deutfche Rünftler auf einen Ausländer hinweifen 
3u müffen, fann id, da das ferne diesmal fo wirffam nahe liegt und and 


346 


das Gute, es dod nidt unterlaffen, van der Stappen'’s Gypsfigur 
Wilhelm der Eroberer als Mufter aufzuftellen. Sie fönnen daran lernen, 
wie ein Standbild harakteriftifh und monumental zugleih fein tann. 

Ein Werk großen Stile, daß einen graufigen Begenftand mit Rühnheit 
behandelt, ift dte große Bypsgruppe „Achill mit der Leiche des Hektor' von 
Hans Everding in Raffel. Ein fhönes Werk in demjelben Saale Hun- 
driefer's Eva mit der Unterfrift: „Und fie fühlte, daß fe nadt war!“ 


Deutfhe Runft. 


Einen Evatypus zu fhaffen ift Hundriefer freilid and nit gelungen; er 
giebt wie alle anderen nicht das Weib, fondern ein Weib. 

Don anderen Werfen der dieamal reichlih vertretenen Berliner Plaftif 
feien noch erwähnt, die Portraitbüften von Werner Begas, der als Sohn 
feines Vaters hoffentlid) foviel halt, als er verfpridt, die humorvollen, leinen 
Thierftudien von Auguft Gaul und die Biiften und figuren von frit 
Rlimfh und Walter Scott. 


€. Burne-Jones. 


2 m 17. Juni ift ploglid uud unerwartet der englifhe Maler 
I Edward Burne-Jones im Alter von 65 Jahren 


an den folgen der nfluenza in London verfcieden. 
Sein fongenialer Freund 
William Morris, der Deforations- 
maler und Runftgewerbler der Prä- 
raffaeliten, und John Millais, Ser 
der reaftionadren Ridtung allerdings 
fhon längft untreu geworden war, find 
dem Meifter vorangegangen, und nun 
lebt die Tradition des Quattrocento 
nur nod weiter in dem letzten jenes 
Rreifes, defen Tendenz man eine 
reftaurirende nennen darf, dem Aelteften 
der vier Watts, damit er als Ueber- 
lebender durch feine große Popularität 
den Ruhm des gefihiedenen Freundes 
nod mehr verdunfele. 

Ein Tadel, der fhon oft gegen 
die Präraffaeliten erhoben worden ift, 
trifft aud) Burne-Jones; er ging, 
ähnlid wie die von literarifhen Be- 
ftrebungen abhängigen Klafliziften 
und Romantifer, nidt von rein male- 
tifchen Gntereffen aus, fondern von 
plilofopbifher Reflerion, der er in 
Allegorien Ausdrud zu geben fuchte. 
Es ift vorwiegend der Bedankte, der 
bei jener Kunft intereflirt, nicht das 
individuelle Rönnen, wenn man einer 
nadbildenden, alle tünftlerifhen Er- 
rungenfchaften von vier Jahrhunderten 
verleugnenden Rihtung gegenüber von 
einer folden fpreden darf, das Was, 
nidt das Wie. Wenn Burne-Jones 
unter den Prdraffaeliten aud nicht der größte gewefen ift, fo hat 
er do durd einen erftaunlihen Einfluß auf feine Zeit für die 
Popularifirung jener feltfamen Ridtung erfolgreih gewirft und 
durd) fein vielfeitiges Wirken das englifhe Runftfhaffen, Fühlen 
und Denken auf ein halbes Jahrhundert hinaus mit präraffaelitifchen 
Ideen durchſetzt. 

Edward Burne- Jones ift geboren am 28. Auguft 1833 
als Sohn eines Lehrers in Birmingham und genoß feine Schul- 
bildung auf der King Edward’s School. für den tbeologifchen 
Beruf beftimmt, bezog er die Univerfität Oxford, ohne nur daran 
zu denken, Rünftler zu werden. Seiner eigentliden Mifjion 
wurde er fi ert bewußt, als Dante Gabriel Roffetti und 
Holman Hunt nad Orford famen, um die Wandbilder in der 
Union Society zu malen. Zugleid mit feinem Freunde 
William Morris entfhloß er fic nun, das wiffenfchaftliche 
Studium aufzugeben und Rünftler zu werden. Roffetti felbft, der 
in den zeichnerifchen Derfuchen des jungen Studenten ein ungewöhn- 
liches Talent und eine rege Phantafie erkannt hatte, beftärfte Burne- 
Jones in feinem Entfhluß und nahm ihn als feinen Schüler auf. 
In überrafhend furzer Zeit vollendete der junge Maler, der mit 
Morris, dem fpäteren Regenerator des englifhen Kunftgewerbes, 
in London lebte und lernte, feine eigentlichen Lehrjahre und 





Mar Klinger, Seftblatt der Menzelfeier. 


teifte im Anfang der 60 er Jahre mit John Rustin nad Ftalien. 
Dort ftudirte er in Florenz die Rünftler des Quattrocento und 
machte fih ihren Stil ganz zu eigen. Dem größeren Publitum 
blieb Burne- Jones als Maler bis 
zum Jahre 1877 unbefannt. Damals 
erft trat in einer in des Grosvenor- 
Galerie veranftalteten Ausftellung mit 
einer ganzen Reibe von Werken, die 
er im Derborgenen gefhaffen hatte, 
vor die große Oeffentlichkeit, von der 
er fih durh anfänglihen Mangel an 
Erfolgen und Anerkennung zurüdge- 
zogen hatte. Seine aht Gemälde, unter 
denen fi) die „Tage der Schöpfung‘, 
„Die Derzauberung Merlin's und 
der „Spiegel der Venus“ befanden, 
madten ihn mit einem Schlage zum 
großen Manne, fo daß er mit Lord 
Byron hatte fagen fonnen: id wadte 
eines Morgens auf und war — be- 
rühmt. 

Große Summen wurden von 
nun an für feine Bemälde bezahlt; 
ein Burne-Jones - Rultus bildete 
fih und eine Burne-Jones- Ge- 
meinde entftand. Und wabrlid, was 
Burne- Jones Jahr für Jahr aus- 
ftellte, war das Eindrudvollfie, was 
die englifhe Runft Ser legten zwanzig 
Jahre hervorgebradt hatte. Seine 
Hauptwerfe, wie „Die Waldnympben‘*, 
„Pyramus und Thisbe*, „Perfeus 
und Andromeda“, „Der Liebesfang‘*, 
„Pygmalion“, „Circe“, „König 
Rophetua und die Bettlerin‘‘, „Die 
Derfündigung“*, „Die delphifhe Sybille‘ und viele andere find 
Surh zabllofe Reproduftionen aud auf dem Kontinent befannt 
geworden. Befonders Botticelli, jener große Träumer, der 
weltflüchtig fih von feiner üppigen Phantafie in ein fünftlerifches 
Reid der Schönheit tragen lief, war fein Vorbild. Obwohl 
Burne- Jones ftets von ihm beeinflußt erfcheint, ftebt er doch 
mit feiner ganzen Runt auf nationalem Boden. Ab- 
gefeben davon, daß er feine Stoffe meiftens der Fabelwelt 
englifher Märdhen und Legenden entnimmt, verrathen 
aud) alle feine fohlanken, biegfamen Geftalten und die von 
reihen blonden Haar umfäumten Befichter den englifhen Typus. 
Unterftügt von dem arhäolifchen Rönnen feines Freundes Morris 
wandte ih Burne-Jones aud der Blasmalerei zu und malte 
Blasfenfter der Martinsfirdhe und der Philippsfirhe in Birming- 
bam, fpäter entwarf er die Mofaifen in der Apfis der amerita- 
nifhen Rirhe in Rom und zuletzt befam er nod den Auftrag, 
das Gedadhtniffenfter fiir Ersbifchof Benfon in der Kirche von 
Hawarden zu malen. Wenn Burne- Jones’ Bilder aud) vielfach 
zeihnerifhe Mängel haben, fo ift ihre deforative Wirtung dodh eine 
viel ungezwungenere, ernftere als die der Watts’ fren Allegorien. 
Alles in Allem war der Heimgegangene ein ganzer Rünftler, und 
zwar ein Rünftler, der „Saw visions and dreamed dreams“. 


Deutſche Runf. 


347 





Uymphenburger Sabrifmarfen. 


oo Barerifdhhe Porzellane. Ge 


Pon Bans Marfhall. 


te Derfteigerung dec Sammlung G. Hirth in Münden war für den 
einftigen Befiger der nunmehr in andere Hände übergegangenen 

I Runftfhäge die äußere Deranlaffung, eine pradtvoll ausgeftattete 
Publifation zu fhaffen, deren befonderer Werth nod darin befteht, daß fie ih 
vorzugsmweife mit einem widtigen Zweige der Plaftif des vorigen Jahrhunderts 
beihäfligt, der bisher von Runftgelehrten nur de haut en bas behandelt 
worden if. Wenn man diefe Dernadlaffigung einer reizvollen Rleinfunft 
von großem funft- und fulturgefhidtlidem Intereffe, nämlih der Porzellan- 
plaftit, neben den Werken der monumentalen Runft darauf zurüdführen dürfte, 
daß es bisher an bequem erreihbarem Anfhauungsmaterial gefehlt hätte, fo 
wäre es doppelt zu bedauern, daß die reihhaltige Sammlung von Porzellan- 
funftwerken nunmehr in alle Winde zerftreut ift, anftatt als ein in fih ab- 
gefchloffenes Banzes, als ein zufammenhängendes Stüd Aultur in ein Mufeum 
übergegangen zu fein, in dem aud die Räume zu einer würdigen Auf- 
ftellung von mehr als 700 figu- 
ten vorhanden gewefen wären, 
wäre ihr nit in dem Pradt- 
werfe „Deutfh Tanagra", Pors 
z3ellan- figuren des 18. Jahrhun- 
derts, gefammelt von Beorg 
Hirth (Münden und Leipzig, 
G. Hirth's Aunftverlag) mit 
feiner fülle von lehrreihen An- 
tegungen und Anleitungen ein 
ebenbürtiges Dentmal verblieben. 
Der durch feine politifchen und. volfswirthfhaftlihen Schriften fhonin den weiteften 
Rreifen bekannte Gelehrte, Sammler und Verlagsbudbandler Dr. G. Hirth hat 
mit feiner neneften Derdffentlidung den Shak, den feine Sammlung barg, felbfi 
wiffenfhaftlih gehoben und auf Grund feiner umfaffenden Rolleftion ein Werk 
von funftwiffenfhaftliher Bedeutung gefhaffen, weldes geradezu eine Lüde aus- 
füllt. Es bietet eine eingehende, erfhöpfende Darftellung der Befhichte und Ent- 
widelung des Porzellans und feiner eigenartigen Stellung in Runft und 
Runftgewerbe und entkräftet durch diefe die „befcheidene‘ Aufftellung der 
Ftanzofen, deren Ridtigfeit Baron Davillier im Beginn der achtziger 
Fahre vergeblih wifjenfhaftlih nadhzuweifen fudte, dağ fie die eigentlichen 
Erfinder des europäifhen Porzellans wären. Wenn aud fhon vor 17/0 in 
St. Cloud eine glafige und transparente Maffe verarbeitet wurde, fo ift 
diefe doh nur eines der vielen ungenügenden Refultate von Derfuden, die 
allenthalben angeftellt wurden, um einen billigeren Erfag für das oftaftatifche 
Porzellan zu fhaffen, der zugleih dem Monopol der Portugiefen, Hollander 
und Denetianer die Möglichkeit eines willfürlihen Emporfhraubens der Markt- 
preife zu Bunften eines blühenden Zwifhenhandels entziehen konnte. Es war 
wohl nidt allein der Chemiker Tfhirnhauß in Dresden, der fh bei 
feinen Experimenten von dem Wunfche leiten ließ, „den porzellanenen Schröpf- 
föpfen ein Ende zu maden. Der Mame St. Cloud gehört nur der Por- 
gefhidhte des Porzellans in Europa an, defjen Geburtsjabr das Jahr 1710 
ift, in dem die erfte Porzellanfabrit auf deutfhem Boden in Meißen er- 
richtet worden ift. Das Porzellan ift und bleibt ein Erfolg deutfher Araft 





Marfe der Höcjter Fabrik. 





und deutfdhen Wiffens. Die Erfindung des Sachfen Böttger wurde nad 
Gründung der Meißener Fabrik fhnell Mode in der Welt. Der Ruhm der 
Pöniglih fähfifhen Manufaktur ließ andere Höfe nicht fehlafen. Meißner 
Arkaniften trugen das Beheimniß der Zubereitung mit ih außer Landes und 
ermöglihten die Errihtung anderer Fabriken, bis 
es fhlieglih für die Fürften zum guten Ton und 
ftandesgemäßen Hofhalt gehörte, eine Porzellanfabrif zu 
unterhalten. Es ift verftindlid und begreiflid, daß 
man anfangs das neue Material wie ein Edelmetall 
fhäßte, und dem Zuge zum Pathetifhen und Monumen- 
talen, der das damals herrfhende Barod Fennzeihnete, 
folgend, beftrebt war, aus Porzellan monumentale Werte 
zu fhaffen. — Ert als im Rofofo das Rleine und 
Zierlihe an Stelle des Broßen und Pompöfen trat, follte 
das Porzellan in plaftiihen Runftwerken, die dem Zuge 
der Zeit entfpradhen, als felbfifändiges, plaftifhes Material zur vollen 
Geltung rommen; ert im Porzellan, meint Jufti, hat die Plaftit der 
Rofofozeit das Material und die Dimenfionen erhalten, für die fie eigentlid 
beftimmt war. Julius Leffing in feinem Auffage über Porzellanfiguren 
des 18. Jahrhunderts in der Tertbeilage der Publikation „Mufeum‘, 
I. Jahrg., S. 45, fpriht geradezu von einer Wechſelwirkung zwifhen Porzellan 
und Rototo, das im Porzellan jedenfalls das geelgnetfte Ausdrudsmittel 
für feine Befhmadsrihtung gefunden hatte. Aber auh anderer Anfchauung 
follte es zu ihrer fünfllerifhen Geftaltung dienen, die Zeit fam, von der 
G. Semper in feinem „Stil" fagt: „Aller Porzellanhumor hört auf. Apol, 
Mufen und Brazien verdrängen die holden Schäfer und Schäferinnen im 
fpigenbefegten Hoftoftiime’. Der RKlaffizismus in der 
Porzellantunft wird bereits angebahnt duch den für 
Ludwigsburg thätigen Statuaire Beyer und fand 
ſeinen Abſchluß in den antikiſirenden Vaſen und Urnen 
wedgwood's, jenen typiſchen Gebilden der „anti- 
quariſchen Renaiſſance“, um einen bezeichnenden Aus- 
drut Auguft Shmarfow's zu zitiren (Barod und 
Rofofo. Leipzig, Hirzel. 1897. ©. 384). 

Jn den Grenzen diefes nur flüchtig ffizzirten Ent- 
widelungsganges der Porzellanplaftit, der für Deutfch- 
land mit dem Ende des vorigen Jahrhunderts ab- 
brah, giebt das Hirth’fhe Pradtwerl werthvolle Aufjhlüffe, namentlich 
über füddeutfhe Manufakturen und ihre bedentendften Riinftler. Da die 
Gefhichte der Plaftif in ihren Rompendien über Porzellanfiguren, denen wohl 
eine Stelle, und zwar eine bevorzugte darin gebührte, vornehm ſchweigt, kann 
man rtubig über diefe füddeutfchen Fabriten im engeren Sinne fohreiben, 
obne befürchten zu müffen, man bringe Befanntes. 

Die erfte bayerifhe und zugleih die dritte große deutihe Porzellan- 
Manufaktur ift die, welhe im Jahre 1746 zu Hödhft bei Mainz mit lur- 
fürftlihen Privilegien von den beiden Frantfurtern Johann Chriftoph 
Bölk und Johann Felician Clarus in Verbindung mit dem Meißener 
Arkaniften Adam Friedrih von Löwenfinden gegründet wurde; fie 


Marte von Ans» 
bach Brudberg. 





Marte von Ans» 
bady-Brudberg. 








fann alfo ebenfo wie die 
Wiener Manufaktur eine 
Todter Meifens genannt 
werden. Lowenfinden, 
der ein unftäter, abenteuer- 
liher Beift gewefen zu fein 
fheint, gerteth bald mit 
den beiden anderen Be- 
fiern in Zwift, der bereits 
1749 zu feiner Entlafjung 
führte. Auch fein Nad- 
folger, der Arfanift Jo— 
bannes Bengraf oder 
Bengraff bielt nicht 

lange in Hödhft aus und 
fiedelte 1753 nah fiirften- 
berg über. Solde Miß- 
belligfeiten waren zum 
Tpeil fhuld, daß die fa- 
brit nit emporfam und 
Bölt 1756 falliren mußte. 
Nahdem Gob. Heine. 
Maag die Anftalt auf 
eigene Rechnung aber eben- 
falls obne fonderlides 

Glüd weitergeführt hatte, 
übernahm endlih im Jahre 
1765 ein Ronfortium, deffen 
Theilhaber und Direktor 
der 1764 auf den kur 
meinzifhen Stuhl ge- 
fommene Erzbifhof Em- 
merih Jofeph freiherr 
von Breidbah zu 

Bürresheim war, die fabrif. Aber aud in diefer Form gelang es nicht, 
dle Anftalt wirtbfhaftlih zu heben. 

Erft unter der Leitung des nädhften und legten Trägers der Mainzifchen 
Rurwürde Friedrid Rarl Jofeph Freiberen von Erthal follte die 
Fabrik, die 1778 ganz auf furfürftlihe Rehnung übernommen wurde, als 
„Churfürflih-Meinzifhe Höchfter Porzellaine- fabrique* zu ihrer Blüthe ge- 
langen, bis fie fhließlih in Folge der Ariegsdrangfale der neunziger Jahre, 
die ein beträchtliches Defizit im Finanzftande der Manufaktur mit verfchuldet 
batten, verfteigert murde. 

Da im Gründungsjahre der Höchfter Manufaktur die Porzellanfunft fih 
bereits entjhieden von den großen üppigen Barodformen zu der Zierlikeit 
des Rofofo gewandt hatte, herrfcht in den erften zwanzig Fahren der Fabrik 
ausfhließlih das Rokoko, wenn aud in den darakteriftiihften Erzeugniffen 
mehr dem Zeitgefhmade in der Mitte des 18. Jahrhunderts entfprebend, jener 
Nachklang des Rokoko, den fhon ein erfter leifer Ton der Antife zu einer 
gemäßigteren Tonart überleitend begleitet. Darum find die Höchfter Arbeiten 
aud vorzugsweife fatuarifh und ftrenger plaftiih als beifpielsweife die 
Meißener figuren. Die Marke des Höcfter Porzellans ift das Rad aus 
dem Mainzer Wappen mit oder ohne Aurhut. Als Modellmeifter werden vor 
allen drei genannt: Laurentius Auffinger (erwähnt zwifhen 1762 bis 
1766), Johann Peter Melhior (während der Fabre 1770 bis 1780) und 
fpäter Rarl Rieg (1785 bis 1794). Der bedeutendfte der Bildhauer, die in 
Höchft befhäftigt waren, ift Melchior, dem allein nad Jais die Modelle 
von etwa 500 Figuren zu verdanken find. 

Melchior, der am 14. Dezember 1742 zu Lintorf im ehemaligen 
Herzogthum Berg geboren tft, war armer Leute Kind und bat fih vom 
Hirten zum bedeutenden Rünftler emporgearbeitet. Den unauslöfhlihen Ein- 
drüden der früheften Jugend ift des Riinftlers Vorliebe für ländlihe Szenen 
zuzufreiben, au die bäuerlihen Benrefzenen der Holländer, die Meldior 
in der Düffeldorfer Galerie zu fehen befam, mögen diefe Richtung feines 
Gejhmades mit beftimmt haben. Annehmen darf man wohl auh, daß ihn 
während feines Aufenthaltes in Paris neben Bildhauern wie Boudardon 
und Clodion die fentimentale Annft eines Grenze ftart beeinflußt bat. 
Ein novelliftifher Zug, der fih häufig in Meldior’s Gruppen findet, tenn- 
zeihnet ihn als Rind jener fhöngeiftigen Zeit des Aufſchwunges deutſcher 
Didttunft. Man fonnte faft fagen, dağ in ihm die Bentekunft: der erften 





Nymphenburg. Römifcher Krieger. Biskuit. 


Deutfhe Runf. 


Hälfte unferes Jahrhunderts einen Dorläufer gehabt habe. Der Naturalismus 
unferes Rünftlers tritt als befonderer Dorzug in feinen Portraitmedaillons zu 
Tage, von denen mehr der dargeftellten Perfönlichkeiten halber uur erwähnt 
feien die in Bisfuitmaffe ausgeführten Bildniffe von Goethe's Pater und 
Mutter im Goethemufeum zu Weimar. Gn der Stätte des einftigen 
Wirfens von Wieland als Prinzenlehrer, dem fletnen, fo durchaus 
ftimmungsvollen Schlößhen Tiefurt bei Weimar, dem fpäteren Sommer- 
aufenthalte der Herzogin Anna Amalie, fällt unter allerlei Raritäten, wie 
24 Sädhern der Herzogin, einigen Wegdewood-Stiiden unter älteren Por- 
zellanen aus Meißen, fiirftenberg, Bera, Sevres, China und 
Japan, ein Gipsmedaillon mit dem Bildniffe Goethe's auf, defen Echtheit 
die Auffchrift auf dem Rahmen beftätigt: „Der Derfafler der Leiden des 
jungen Werther's durd feinen Freund Melchior 1775 nad dem Leben ge- 
arbeitet." Das meifterlihe Bildnis, deffen Ausführung in Porzellan nicht 
nadweisbar ift, wird feltfamer Weife in cen „Baus und Runftdenfmalern 
Thüringens" (Heft XVIII S. 308 u. ff. — Jena, Verlag von Guftav fifher, 
1893) von Profeffor Lehfeldt nit erwähnt. Schöne Arbeiten Meldhior's 
befigt das fädtifhe Mufeum zu Frankfurt a. M. in den beiden Thonreliefs 
Andromeda und Prometheus. Ein Pradtftüd der Hirth’fhen Sammlung 
war eine berrlide fleine Denus vor dem Bade mit der Jahreszahl 1771, die 
einzige mit Meldior's Namen bezeihnete Porzellanfigur. Die Venus ift eine 
entzüdende Geftalt von J9 cm Höhe, de in ihrem Anfat zu fleifhiger Fülle 
an die Niederländer erinnert, in ihrer ganzen Auffaffung aber den Einfluß 
Bouhardon's verräth. Es ift als Charafteriftifum fiir die Zeit intereffant, 
in einer feiner literarifchen Arbeiten „ARünftler am Altare der Grazien“, aus 
dem Schaum von Melhior's eigenen fhwulftigen Worten feine Denus, fein 
deal der Frauenfhönheit, auffteigen zu laffen: „O, wie alles fo edel, fo 
gerundet, fo fhlanf und niedlid, fo voll und leiht ift! Leiber von der 
bödhften lichtreinen Schönheit und dem ewigen Friiblinge entfprungen, von 
feinen als fhwefterlihen Armen und Feufhen Blumen je umfhlungen; Bufen 
erfüllt mit lieblihftem, jungfräulihem Reize, h aneinander zu herzen, zu 
drüden, beftimmt, Fteundfhaft einzuflößen und Iautere Triebe! u. f. w.“ 

Bis 1779 verblieb Meldhior in Hödhft, von wo er dann nad 
Frankenthal überſie— 
delte. Seit 1797 iſt er in 
Nympbenburgzunddft 
als Modellmeifter und 
von 1798 an als Gnfpet- 
tor thätig. Als folder 
ftarb er im Jahre 1825. 

DieNympbhenbur- 
ger Manufaktur war, 
als Meldior dorthin be- 
rufen wurde, in neuem 
Auffhwung begriffen. 

Ihrer Gründung zu 
Nleudegg in der Por- 
ftadt Au bei Münden 
war bereits ein erfolg- 
lofer Derfud, Porzellan 
berzuftellen, durch den 
Urfaniften Elias Pater 
vorausgegangen. Erft 
dem MWiindhener Töpfer- 
meifterJohannllieder- 
mayr gelang es mit 
Hilfe des Wiener Bren= 
ners Lippid beftiedi- 
gende ARefultate zu er- 
zielen, die den Rurfürften 
Mar Jofeph IHI. be- 
ftimmten, im Jahre 1754 
die fabril einzurichten. 

Anfangs ftand der 
fabri Niedermayr als 

tehnifher Leiter vor, 
dann übernahm die Auf- 
fiht der zugleich als Ober- 
modellmeifter thätige ita- 
lienifheBildhauer franz 





Höchſt. Vaſe mit 2 Biskuitreliefs. 


Deutfde Runſt. 


349 





Baſtelli. Mangel an ſicherer Kenntniß des Techniſchen ließ das Unter⸗ 
nehmen nicht recht reüſſtren, bis 1754 der Wiener Joſef Ringler 
als Miſchungs-Arkaniſt angeſtellt wurde und die Oefen neu in Stand 
ſetzte. Obwohl Ringler bald wieder ſeinen Abſchied nahm, um in Lud— 
wigsburg als Direktor der Württembergiſchen Manufaktur erfolgreicher zu 
wirken, verblieb doch ſeine Zuſammenſetzung der Glaſur Dank den mühſamen 
Erperimenten des fpäteren Porzellanfabrif-Verwalters Hartel der Anftalt, 
die mun fhnell emporblübte, fo daß ihr regerer Betrieb geeignetere Räume 
erforderte, und die fabril 1761 nah Nymphenburg verlegt werden mußte. 
Schon In diefem Jahre follte ih die Ropfzahl der Arbeiter, die 1759 nod 
29 betragen hatte, auf 171 Perfonen vermehren, ja in den Jahren 1765 und 
1766 ftieg fie fogar auf 300 Röpfe. Leider aber konnte fih die Manufaktur, 
da bei ihrer Anlage wirtbfhaftlihe Brundfäre faum mitfprachen, nidt lange 
auf diefer Höhe erhalten; ihre 
Arbeiterzahl fant fdnell auf 
80, und in den Theuerunge- 
jabren 1771 und 1772 fogar 
auf 30 berab. Yod in den 
fehziger Jahren erwies fie fid 
als fo wenig lebensfähig, daß 
fe fih aus eigenen Einkünften 
nicht zu erhalten vermodte und 
einen wödentlihen Zufhuß 
aus der Münzkaffe von 1000 
Bulden erforderte. Einer im 
Sabre 1773 eingefegten Rom- 
miffion gelang eine Regelung 
und Aufbefferung der finan- 
ziellen Derhältniffe. DVerfhie- 
dene günftige Nebenumftände 
traten dann hinzu und er 
moglidten einen neuen Auf 
fhwung. Die Schidjale der 
Manufaktur in unferem Jahr- 
hundert find trog tüchtiger 
Leiter wie Bärtner und Eugen 
Neureuther und trog des leb- 
baften Jntereffes König Lud- 
wigs I. wieder weniger erfreus 
lid. Der Gefhmad an der 
Porzellanplaftit war dur den 
Rlafizismus verloren gegan- 
gen und durd die Romantik 
nicht wieder gehoben worden, 
fodaß 1850 die Rammern be 
f&loffen, feinen Zufhuß mehr 
zu gewähren und 1856 der 
Runftbetrieb in Münden aufs 
gelöft werden mußte. 1862 end- 
lih übernahm ferdinand Scokniovsfy die Mpmphenburger fabrit auf 
eigene Rehnung. Don den Marken der Ypmpbenburger Manufaktur gehören 
mehrere nod der Neudegger Periode an. Die Budftaben um das Penta- 
gramm und die danebenftehenden find vielleiht hemifhe Zeihen des Arkaniften 
Ringler. Die Rautenwappen erfdheinen als Marlen feit der Ueberfiedelung 
der fabri? nah Nymphenburg und find mit Metallftempeln in die 
feudte Maffe eingedrüdt. Die Marke, mit der die Fabrik gegenwärtig ihre 
Erzeugniffe ftempelt, ift das Rautenwappen mit Stern darüber. 

Während in Höhft die Figuren faft vollftändig bemalt wurden, erfheint 
die Npympbenburger Porzellanplaftit häufig vollftändig weiß, wodurd die 
Feinheiten in der Modellitung und Bewegung erft rein zur Geltung tommen, 
Dorzüge, die die Nymphenburger Arbeiten in die Reihe der erften plaftifchen 
Meifterwerfe aller Zeiten ftellen. Fede Wendung, die man mit einem 
foldem „Ffürwisftüdlein‘, um den treffenden Ausdrud in einem zeitgenöffifchen 
Inventar anzuwenden, vornimmt, überrafht durch eine neue Schönheit der 
Silhouette. Grazie in der Bewegung und feine Romif in der Behand- 
lung zeihnen alle diefe Liebespaare und Shaferfzenen aus. Diele 
von ihnen verblüffen duch geniale Kühnheit, die die Sprddigfeit des 
Materials niht anerfennt und Bebilde aus ihm fhaflt von nod nie ða- 
gewefener Freiheit und Ungebundenheit. Der Meifter folher Pradtftüde ift 
Dominicus Auliczef, der fhon während feiner Studienzeit in Rom unter 


Nymphenburg. 





Gededeltes Tintenzeug. 


56 Ronfurrenten in der ,,Pouffictunft den erften Preis an der Accademia 
del San Luca errungen hatte und vom Papft Alemens XIII. mit dem 
Ritterorden vom goldenen Sporen ausgezeichnet worden war. Einen großen 
Einfluß auf Auliczet's fünflerifhe Entwidelung hatte in Rom der Barot- 
arditet Tajetano Chiaveri, der Erbauer der Dresdener Hoffiche. Alle 
feine früheren Tänzer und Tänzerinnen find durhdrungen von dem genialen 
Schwunge jenes römifhen Barodftiles, der fi fundgiebt in ihrer malerifchen 
Bewegtheit, in ihrem freiem Auseinandergehen über die Schranten des Stoffes. 
Mit fühner Nihtahtung aller jener tehnifhen Schwierigkeiten, die andere 
Rünftler zu einem Zufammenhalten der KRörpermaffen zwangen, fhuf fid 
Auliczef einen eigenen Stil, in dem fi deutfche, franzöfifhe und italienifche 
Einflüffe verrathen in felbftftandiger Dermwerthung. 1767 wird Auliczef an 
Stelle des verftorbenen Baftelli nah Nymphenburg berufen, deren 
Onfpeftor er nad feiner im 
Jahre 1772 erfolgten C€rnen- 
nung zum Hofbildbaner 1773 
wurde. Trog mander Mif- 
belligfeiten, die zum guten 
Theil fein Stolz und feine 
Empfindlichkeit verfchuldeten, 
verblieb Auliczet bis zu feinem 
Tode, der nad Lipowsfy 
am 14. Oftober 1803, nad 
Jel. Halm's Riinftlerlerifon 
aber am 15. April 1804 und 
nad Nagler erft 1807 erfolgte, 
auf feinem Poflen in Nym- 
phenburg. 

Wie anderen Orts, ſo 
folgte aud) in Nymphenburg 
auf die fprudelnde Lebendigkeit, 
die graziöfe Leichtigkeit und 
den genialen Schwung, die den 
plaftifhen Meifterwerfen des 
Dominicus Auliczef eigen 
find, eine MHaffizififhe Ernüch- 
terung zu gradliniger Steifheit. 
Die freude an der humorvollen 
Spiegelung des Lebens als 
launiges Puppenfpiel ging ver- 
loren; an Stelle zierlicher 
Tänzer, leihtgefhürzter Tänzer 
tinnen, ladender Pierots und 
Pieretten und Iuftiger Mufi- 
tanten traten antififirende 
Rriegergeftalten, Nahbildungen 
der Raryatiden des Ered- 
thetons und ernfte Spbinge. 

Ein für das neue Empor- 
blühen der Yymphenburger Anftalt bedeutfamer Umftand unter Mazimt- 
lian IV. Jofef, der Meldior an feine Manufaktur berufen hat, war die 
Aufhebung einer anderen bayerifhen Fabrit, der Frankenthaler, gewefen. 

Die Bründung der Porzellanfabrit zu Frankenthal in der Pfalz 
fällt in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts. Sie wurde im Jahre 1753 
duch den Straßburger Fabrifanten Paul Anton Hannong, der nah den 
Privilegien von Vincennes und Sevres in feiner Heimathftadt fein 
Porzellan herftellen durfte, mit Erlaubniß des Rurfürften Rarl Theodor von 
der Pfalz errichtet und ging im Jahre 1762 gegen Zahlung von 50000 fl. 
in furfiirftliden Befik über. Die Anftalt hatte unter wirtbfhaftlihden Schwierig- 
keiten, Deruntreuungen und Ariegsfhäden fehr zu leiden: fhon im Juni 1780 
beliefen idh die Dorfhüflfe aus der kurfürklihen Beneralfaffe auf 150000 fl.; 
während des Ariegs in den neunziger Jahren wurden der fabri? von den 
SFtanzofen wiederholt große Rontributionen auferlegt und 1795 wurde fle 
franzöfifhes Nationaleigenthbum. 1800 fühlte fid der Aurfürft Mar Jofeph 
duch andauernde Miferfolge veranlaft, die Fabrit aufzulöfen. 

Don den Riinftlern, die für Frankenthal thätig waren, ift neben 
Melhior noh der Mannheimer Hofbildhauer Ronrad Lind zu nennen 
der aud das Monument des Rurfiirften Karl Theodor auf der Heidelberger 
Bride fduf und namentlid Urheber allegorifher Darftellungen war, von 
denen eine den Abfdhied RarlTheodor's von der Pfalz bei Verlegung feiner 


350 





Refiden;s von Mannbeim 
nad Minden als Bilder- 
rathfel von gefälliger Formen» 
fhönheit und gefhidter Rom= 
pofition behandelt. 

Don den frantenthaler 
Fabrifmarken gehören die Lö- 
wenftempel und das einge- 
drüdte Zeihen P. H. der 
Periode Hannong (1755 bis 
1762) an. Don 1762 wird 
das Monogramm des Rurfürften 
mit der Krone verwandt. 

Die vierte bayerifhe Ma- 
nufattur von Ansbah und 
Bayreuth wurde 1760 in 
Ansbach eingerichtet und 1764 
(nad Shmit 1763) nad dem 
markgräflichen Schloſſe Brud- 
berg verlegt. 1797 fiel ſie 
mit der Einverleibung der 
Markgrafſchaft Ansbach an 
Preufen, 1806 an Bayern und 
1807 endlid wurde fie an 
Private verfauft. 1860 madte 
die Anftalt Bankerott, Surh 
den aud der Philofoph Lud- 
wig fenerbad, der als 
Schwiegerfohn des derzeitigen Direftors Einkünfte aus der Fabrik bezog und 
lange in dem Scloffe lebte, betroffen wurde. 

Ansbader Figuren waren bisher nod feine befannt, fo daß die Venus 





Höchſt. Nachtlichtſtänder. 


Stilifirte 


s war im Sabre 1887, als wir alle uns nod ganz bebaglid in dem 

Stilgemifh fühlten, welhes als „Wiederbelebung des Runftgewerbes* 
XS angepriefen worden war, und als erft wenige von der Möglichkeit 
eines neuen Stiles traumten, da erfdhien eine Dorlagenfammlung, welde in 
jenen Tagen nod taum nad Derdienft gewürdigt werden fonnte. Dafür 
verlangt die Billigkeit, daß man fie heute an die Spike ftelle, wenn von 
derartigen Sammlungen die Rede fein foll. Sch meine. das Werk: „Die 
Pflanze in Runft und Gewerbe', herausgegeben von Gerlad. 

Derfchiedene Künftler waren an den Zeihnungen betheiligt, aber der, 
dem der Lowenantheil der Arbeit, befonders aber an dem Verdient um die 
angewandte Runft zufiel, ift Profeffor A. Seder, nad dem denn aud diefe 
Blätter in der Regel fo benannt werden. Weder dem Herausgeber, der das 
Bud mit einer fehr lefenswerthen Dorrede einleitete, noh dem Künftler konnte 
es damals einfallen, etwas zu geben, das fi als durchaus neu und nod 
nie dagewefen fennzeidnete. Seder ftand durchaus auf dem Standpunkt des 
damaligen Runftgewerbes, das die Formen aller früheren Stile mit dem 
beten Gewiffen von der Welt für neue Zwede in Anfprud nahm. Diefe 
Zeihnungen madhten gar kein Hehl daraus, daß fie nit nur einem feinen 
Empfinden für die Schönheit der Naturformen, fondern zu gleiher Zeit dem 
Wifjen von der Runft vergangener Zeiten ihren Urfprung dankten. Dieje 
beiden faltoren find aber eine völlige harmonifhe Verbindung eingegangen. 
Und dod) muğ eine Unterfheidung gemadt werden zwijhen den Entwürfen 
für allerlei Ziergeräth und den Blättern, die Fladhornamente verjdiedenfter 
Art bringen. Bei den letzteren werden wir heute die unbehaglihe Empfin- 
dung nicht los, daß Stift und Pinfel mit gar zu parteilofer Bewandt- 
beit durch die Jahrhunderte fpazieren und mit ihren Berichten von allem und 
jedem der Befanntjhaft mit der Perfönlichkeit hindernd im Wege ftehen, die 
uns in diefem Werf am meiften interefjiren würde. Wir fuden Seder, und 
er masfirt fid bald als Renaiffancee bald als Rofofofiinftler, aud als 
moderner Engländer ftellt er fic) ein (Ser Einfluß von Hulme ift hier und da 
3u fpiiren), ja fogar dem Japanismus bleibt er nicht völlig fremd, obgleih ihm 
diefe Stilart am fernften fteht. Und nod ein gewidtiger Einwand gegen diefe 
namenlofen Ornamente muß von unferem heutigen Standpunkt aus erhoben 


Deutfde Runf. 





der Sammlung Hirth, die die Brudberger Marke trägt, eintweilen als die 
einzige nadweishare Brudberger Figur angenommen werden muß. 

Daf das Jntereffe für die Porzellanplaftit wieder anfängt rege zu 
werden, mag die lebhafte Stimmung beweifen, die bei Gelegenheit der Per- 
fteigerung der Hirth’fhen Sammlung für die glänzende Meine Porzellanwelt 
berrfhte. Die hödften Preife erzielten Melhior's Meifterftüd „Die badende 
Venust und groe frantenthaler Figuren „Neptun und Ampbitrite‘*, 
Effettftiide von flotter Modellitung, fie gingen erftere für 4000 M., die lekteren 
für 6400 M. in den Befit des Hamburgifhen Mufeums über. Auch die meifter- 
haften Erzeugniffe Uymphenburgs famen zu verdienten Ehren; fie erzielten Preije 
von 1300 und 4050 M. Der Erfolg der Derfteigerung zeugt dafür, daß Intereſſe 
und Derftändniß für die fünftlerifche, kulturgefhichtlihe und nationale Bedeutung 
der deutjchen Porzellanfigurenkunft beftändig fteigen. Wir Deutfhen haben allen 
Grund, auf die deutfche Porzellantunft ftolz zu fein, da wir ung eigentlich 
allein in diefem widtigen Gebiete der KAleinkunft des vorigen Jahrhunderts 
unfere Eigenart bewahrt und uns frei gehalten haben von franzdfifdem 
Gefhmad. 

Da fih die bayerifhen Porzellane der Sammlung Hirth nunmebr leider 
in alle Winde zerftrent haben, muß der Publikation G. Hirth's „Deutjch 
Tanagra", in der fie erft ihre gebührende Würdigung erfahren und nod in 
ihrem Zufammenbange überfichtlich regiftrirt find, umfomehr ardivalifher Werth 
beigemeffen werden. „Deutfh Tanagra" ift ein Werf von wiflenfhaftlicher 
Bedeutung, das über die bayerifhen Porzellanmanufatturen neue und wichtige 
Auffhlüffe giebt, und darum für jeden Liebhaber und Sammler geradezu 
unentbehrlich erfiheint. 

Dem Certe, der bereits gute Jlluftrationen in Autotypie enthält, ift noch 
eine Mappe mit vorzüglihen Lidtdrudtafeln, auf denen die werthvollen 
Stüde der Sammlung nad photographifhen Aufnahmen wirkungsvoll 
teproduzirt find, beigegeben. So empfiehlt fih die Publifation aud durd ein 
teihhaltiges und gediegenes Anfhauungsmaterial, das den Text trefflich 
ergänzt. 


Dorlagen. 


werden. Wofür find fie beftimmt? Ein Fußbodenteppih und eine Tapete 
verlangen beide nad Flähendekoration, Holzeinlagen an Möbel und Glas- 
fenftermofait ebenfalls, aber wir fträuben uns dagegen, dasfelbe Mufter für 
fie alle zu verwenden. Der Jwet des Ornaments fpriht fein energifhes 
Rommandowort und die Tedhnik fügt ihre Anfprühe ebenfo vernehmlid hinzu 
— der deforative Rünftler, der ihrer niht achtete, würde ein jämmerlihes fiasto 
maden. Darum fönnen die fhönften Mufter nidts belfen, wenn fie von un= 
berufener Hand beliebig für einen fremden Zwed mifbraudt werden. So 
fommt es, daß 
wir heute gegen 
die ohne Etiquette 
einherlaufenden 
Ornamente fehr 
mißtrauifh ge- 
worden find. 
Daf fiir Seder 
felbft diefe Gefahr 
fhon damals nicht 
vorhanden war, 
als fie den meiften 
nod gefährlider 
werden fonnte 
wie heute, diefe 
Huverfidt fpridt 
deutlih aus den 
Dorfdlagen für 
den plaftifchen 
Shmud der Gee 
braudsgegen- 
ftände, mit denen 
er uns fein werth- 
vollftes Gefdhent 
gemadt hat. Das 





Nymphenburg. Ofenbefrönung. 


Couis XVI. 


Deutſche Runf. 


351 





Prinzip, weldes wir feit ein paar Jahren als abfolut nen predigen 
bören, die realiftiifhe Anwendung der Naturbildungen als formgebendes wie 
als fhmüdendes Element in der angewandten Runft, bier ift es ſchon fo 
viel früher zur Ausführung gebragt. Da fehen wir Gefäße aus Mufchel- 
formen gebildet, oder Bläfer die aus zufammengebogenen Blättern befteben, 
ganze Pflanzen mit ihren Bliithen und Ranten, die beftimmt find, als Lidt- 
träger zu dienen, oder Blumen und Schmetterlinge, die fih auf Shmudnadeln 
fhaufeln. Das alles find Motive, die uns heute ganz geläufig feinen, 
Röpping's Bläfer und Hirzel's Brofhen find nad feinem anderen Prinzip er- 
daht. Um fo intereffanter ift es, daß Seder's Dorfhläge damals, als fie 
ganz neu waren, nicht mit mehr Eifer aufgenommen wurden. Der Unters 
fhied in der Wirkung liegt eben darin, dağ noh vor einem Jahrzehnt der 
Riinftler, Ser einen fruchtbaren Gedanten hatte, ihn am Zeihentifh fünftlih 
augbrütete, während er fic) heute frifch entfchloffen felbft an die Arbeit madt, 
den Thon formt, das Glas felber bläft, fih mit einem Wort nicht zu vornehm 
zum Handwerker dünkt. Uebrigens foll mit dem Vorftehenden natürlih nicht 
gefagt fein, daß Seder's Feidnungen die dtreften Ahnen der angeführten 
Rleinfunftwerfe waren. Nirgends ift die Möglichkeit der Neufhöpfungen fo 
groß wie nah dem Prinzip des Naturalismus, wo jeder in der Natur etwas 
Anderes fieht und etwas Neues bildet. 

Don ‚geringerem Bewidht it ein Meines Dorlagenwerfhen, das 5. 
Chriftianfen, Lehrer an der Maler- fahfchule in Hamburg, im Jahre I892 
herausgab. Er beftimmte es zum direft nahahmenden Gebraud für Deto- 
rationsmaler, tritt alfo von vornherein mit minderen Anfprühen auf. Aber 
dod ift eine Dergleidung diefer Flachmufter mit denen von Seder intereffant, 
infofern fie den grundfagliden Unterfchied der Auffaffung ins rehte Liht 
rüdt, wie er fih in den fünf Jahren, die zwifchen beiden Veröffentlihungen 
liegen, berausgebildet hat. 1887 ließ fogar ein Seder noc Einheitlichkeit des 
Wollens vermifjfen — wenn das auh erft beute als ein Mangel auffällt — 
1892 geht fchon durch die Entwürfe eines Chriftianfen eine ftraffe Tendenz. 
on der Art des Stilifirens thut fih der Einfluß des modernen englifden 
Sladhmufters fund. Freilih ift die gefällige Leichtigkeit eines Day niht er- 
reiht. Uber die primitive Feidnung, die Yleigung Blatt und Blithe nur in 
reiner Dorder- oder Profilftellung zu verwenden, felbft eine gewiffe Einfalt 
der Phantafie, weldhe die Gefahr mit ih bringt, im großen Mafftab ans 
Plumpe, im kleinen an das Spielerifche zu ftreifen, und dem allen gegenüber 
der Dorzug, daß das Abgebraudte vermieden und neue Anleihen bei dem 
Naturvorbild gemaht werden — das find Eigenfhaften, die für den englifden 
Stil bezeihnend find. Da fle nit als Nahahmung auftreten, begegnen wir 
ihnen mit Dergniigen jet aud in deutfchen Arbeiten. 

Der Befhäftigung im Lehrfad verdanten aud die ,,Pflanzenformen" von 
Meurer ihre Entftehung, und zwar wendet dies Werk fih dirett an die Aus- 
bildung der Lernenden. Jeigten jene, wie ein Ornament ausfehen tann und 
foll, fo will diefes lehren, wie man dazu fommt, es zu erfinden. An dem 
Bau der Pflanze, die von jeher im der Ornamentit die wichtigfte Rolle ge- 
fptelt bat, zeigt Meurer, wie man die Zufallsform der Erfheinung auf die 
Naturabfiht unterfuht. Um diefe zu verftehen, ift ipm die Betrachtung vom 
Standpunft des Malers nicht ausreichend, er wird zum Botaniker, um die 
Runftform organifh aus dem Naturwefen abzuleiten. Er forfht nad 
Berippung, Derzweigung, Blüthenftand. Er giebt in perfpeftivifder und 
Projeftionsanfidht einen Begriff von dem Charakter einer Fülle von Planzen, 
und er ftellt in dem theoretifchen Theil eine Reihe von Brundfären für den 
Unterriht an Bewerbejhulen auf, foweit er das Naturftusium betrifft. Ju- 
gleih unterläßt er nicht, feine Anfiht von dem auseinander zu feren, was 
dem Charakter des Ornaments angemefjen fei. Befonders harafteriftifch für 
ibn ift die Forderung: „Die Formgebung des Runftwerfs und feine Dekoration 
darf nur foweit von der Nahahmung des Dorbildes beeinflußt werden, als 
diefes durch feine Erfcheinung den beftimmten Zwed und die befondere Be- 
deutung des Runftwerfs treffend zum Ausdrud bringt". Das fehmedt ein 
wenig nad den „ewigen Befeen‘, die Theoretifer aus fehr aktuellen Einzel- 
fällen ableiten, weldhe ihnen gerade befonders 3ufagenden Runftridtungen 
entftammen. Meiftens ließen fie ih durch ebenfo thatfählihe Beifpiele aus 
anderen Stilen widerlegen. So bat der Realismus in den meiften Runft- 
perioden weit über jene ihm oben angewiefene Grenze hinaus ein fröhliches 
Dafein geführt. 

Abgefehen aber von foldhen Anfihten, über die fih ftreiten läßt, ift es 
ein fehr hoch zu fehätendes Derdienft jenes Bucher, daß es mit fo viel Ernft 
und Griindlidfeit auf ein Dertiefen in den inneren Bau des Naturorganismus 
dringt, aus dem allein ein gefunder, deforativer Stil entfpringen fann. Diefe 
Dorbereitung wird um fo nothwendiger fein, je weniger man fih an die 


vorausgefhidten ftiliftifhen Bemerkungen glaubt halten 3u miiffen, und die 
Heit dafür feheint jegt gefommen. 

Don Japan tam die Bedrohung von Meurer's Runftprinzip. Der ent- 
gegengefekte Brundfat 30g legreih in Europa ein. Direkte Naturnahahmung, 
die aud Launen und Zufälligfeiten nit aus dem Wege geht, nahm Befit 
von dem Ornament. Die lebendig wachfende Pflanze wird Vorbild des 
gläfernen Siergefafes und aud die Schmudform gefällt ih darin, die 
Symmetrie eher zu verbiillen als zu betonen, und wie die Wirklichkeit einen 
täufhenden Schein der Willfür über die zu Grunde liegende Befezmäßigfeit 
zu breiten. 

Dies ift das Bebiet, auf dem Edmann feine Triumphe feiert, Aud er 
hat begonnen, feine dekorativen Jdeen in einem Sammelwerk niederzulegen, 
von dem im vorigen Jahre 
die erfte Lieferung erfchienen 
ift. „Neue Formen“ will er 
geben, Dorfhläge für allerlei 
Slahornament, 3.8. für Holz- 
einlage oder Deforations- 
malerei. Aud bier find es 
vorzugsweife Blumen, aber 
and Thierformen, welde die 
Motive liefern. Dem fläden- 
ftil ift durd vollftandigen Der- 
ziht auf Ligte und Schatten- 
wirfung Rednung getragen, 
aber der Kontur fhwelgt förm- 
lid in der Hingabe an alle 
Abweihungen von der Regel. 
Undererfeits ift aud das Na- 
turbild mandmal in ein reines 
Linienfpiel aufgeldft, das aber 
in der freiheit der Bewegung 
und im Dermeiden des auffällig 
Regelmäßigen ebenfo weit gebt, 
wie die naturaliftifden Orna- 
mente. Alfo ausdriidlid) der 
Nahahmung angeboten und 
duch Präzifion und Energie 
in Derfolgung einer beftimmten 
Ridtung aud zur Nahahmung 
leicht überredend, fönnen diefe 
Blätter wohl dazu helfen, uns 
von einer allmählih als uner- 
traglid) empfundenen Ronven- 
tion der Schmudformen zu er- 
löfen. Andererfeits liegt die 
Gefahr nahe, daß ftatt fpie- 
lender Grazie, die das Befek 
nit umgeht, fondern nur von 
feiner Befolgung fein Auf- 
bebens madt, Derwilderung 
Plar greife und fih über jedem Befer dünke. Als Lehrer in perfSnlider 
Einwirkung mag Profeffor Edmann foldhem Mißverftand leiht begegnen; wo 
nur fein ftummes Beifpiel zum Führer gewählt wird, gehört fhon ein fiherer 
Taft dazu, um vor dem Straudeln zu bewahren. 

Endlid ift noh ein Dorlagenwerf zu nennen, das nicht für den 
praftifhen Gebraud des Runfthandwerfers, fondern für Unterrihtszwede 
beftimmt ift. Profeffor Harald Ridter in Dresden gab naturaliftifche 
Ornamente in plaftifher Dorlage heraus, die im Zeihen- und Modellirunter- 
tidt die Alleinherrfhaft des Gypsafanthus bredhen, beziehungsweife ergänzen 
follen. Diefe Ornamente find von einem gefälligen Realismus im Detail und 
zeigen fih dod für den ganzen Bau der Pflunze von einer weifen Befet- 
mäßigkeit beherrfht. Sie fheinen wohl geeignet nah der Abfiht ihres Urhebers, 
den angehenden Runfthandwerfer 3u fpäterer, felbftändiger Umgeftaltung 
der lebenden Pflanzen für die Zwede der angewandten Runft anzuregen, und 
da die Stilifirung fein fo ftar® perfönlihes Element enthält wie Edmanns 
Jlahornamente, laffen fie der eigenen Phantafie des Studierenden freiere Bahn. 

So hat die hronologifhe Betrachtung einer Reihe von Deröffentlihungen 
eines Jahrzehnts unwillfiirlid ein Bild von dem Entwidlungsgang des 
Ornaments in diefem Zeitraum gegeben. Alp. 





Srankenthal, Dudelfadblafer. 
Periode Hannong. 


Deutfhe Runft. 


Die Ausftellung der Münchener Sezeffion. 


II. 


tler's Portrait von Rihard Strauß ift eine erafte Arbeit und forreft 

und fcharf gezeichnet und modellirt. Cin Bilbnif Slevogt's, das 

irgend einen Herrn Doktor bei feiner Arbeit darftellt, wirft durch 
die gefammte Situation als Wiedergabe einer ganzen Perfönlidkeit in gut 
behandeltem Milieu. Das Modell figt da, ganz im Gefiible des Unbeobadtet- 
feine und giebt fid ungezwungen, wie es ift; dabei bat das Bild nod den 
Dorzug eines frdftigen, eigenartigen Dortrages. Neben folden Arbeiten 
fommen die in zarten grauen und rofigen Tönen gehaltenen Damenportraits 
der Engländer Neven-Dumont und Greifenbagen, deren farben- 
gefhmad etwas verzärtelt erfcheint, freilih nit ihr zur Geltung. Ihre 
Lebensatmofphare ift nun einmal das englifhe Fnterieur mit feiner weih- 
liden Stimmung. Melville's „Mann in Aniderboders" ift mit virtuofer 
Nondalance gemalt und fteht ftarf unter dem Einfluffe des Velasquez. 
Wenn diefem das KRoftm feiner Zeit eine freiere 
Dezenz im ’Rolorit niht nur geftatteten, fondern 
zuweilen faft gebot, fo wirft eine folde Zurüd- 
baltung bei dem bageren Sohne Albions in feinem 
Sportsanzug mindeftens nüchtern. 

Eine freudige Ueberrafhung bietet die ge- 
fhloffene Kollektion der Ruffen und Finnen, deren 
freie Technit und reife fünftlerifhe Anfhauung in 
folder Auswahl fih nad der Senfation, die ein 
Werefhtfhagin mit feiner Propaganda für Friedens- 
freunde erregt hatte, allerdings nicht erwarten 
ließen. Gerow hat es verftanden, aud in ein 
Repräfentationsportrait, das Bildnifß eines Broß- 
fürften, eine ungewöhnlide fünftlerifhe Bedeutung 
zu legen. Bei aller tehnifhen Rühnheit, über die 
Serow in hohem Mae verfügt, ift das Bild 
dezent gemalt; Adlerhelm und Rüraf des in freiem 
Selde vor feinem Pferde ftehenden GBroßfürften 
find das malerifhe Bravourftüd der Ausftellung. 
Auh in der Landfhaft bewährt fh Serow als 
Meifter, doc reicht er auf diefem Gebiete noh niht 
an die Bedeutung des Stimmungsmalers Iſaak 
Levitan beran, der in feinen ernft geftimmten, 
tief innerliden Gemälden „Ewige Ruhe", eine 
Ebene mit einem Dorffirdbhofe im Dordergrunde, 
und „Letter Schnee", das in einem aufthauenden 
Bach das Erwachen der Natur im erften Dorfrühling 
fcildert, nicht bloße Landfhaften fondern Stim- 
mungserlebniffe giebt, elegifhe Farbendichtungen 
voller Empfindung, mehr Seele als form, bei- 
nahe zuviel Seele. Ihm fhließt ih würdig an mit feinen folid gearbeiteten 
und ehrlich empfundenen Aquarellen Järnefelt. Durdh ein Raffinement, das 
Abfihtlihfeiten als Zufälligkeiten erfheinen läßt und in der Entfaltung eigen- 
artiger Reize Yaivetät zu heucheln weiß, wirten namentlih die Aquarelle von 
Albert Benois, Ausfhnitte aus dem Park von Verfailles mit hiftorifcher 
Staffage. Mod weiter in der Dereinfadhung des landfhaftlihen Bildes zu ftil- 
voller Beftaltung geht Somom, der mit bewußter Primitivität doch recht wirkfame 
Ligt- und Farbeneffefte zu erzielen weiß. Namentlich die Meine Landfhaft 
mit dem Regenbogen darf als Beifpiel hierfür hervorgehoben werden. Mögen 
aud) andere Arbeiten Somow's in ihrer findlih-einfahen Manier an Bilder- 
bogen oder Abziehbilder erinnern, fo fpreden fie doh am dur einen perfön- 
lihen Reiz und find dharakteriftifh für unfere Zeit. 

Die Schotten find, um mit dem Auslande abzufchließen, diftinguirt und 
fumpathifh, wie man es von ihnen gewohnt ift, entbehren aber nadgerade 
zu febr des Reizes der Neuheit. 

Die deutfhen Landfdaften beweifen, daß audh auf diefem Gebiete des 
Runftfhaffens eine Wendung zu ftärkerer Subjeftivetat ftattgefunden hat. 
Bezeihnen P. P. Müller mit feiner „Abendruhe‘ und der Weimaraner 
Hagen mit den Bildern „Chauffee" und „Ernte den Ausgangepunft diefer 
Bewegung in Arbeiten rein fahliher Art, fo geht Leiftifow als objeftiver 
Naturjhilderer in feiner „Dämmerung“ den Schritt zum Hödften, was in 
diefer Ridtung an Poefie und Gnnerlidfeit zu leiften ift, weiter. Jn feinem 


Nymphenburg. 





Jugendlicher Kavalier, 


„Teih‘* folgt der Maler einem deforativ-ftilificenden Zug, der Manden be- 
fremden mag. Was der Rünftler gewollt hat, Fladhenwirfung ohne Riidfidt 
auf Einzelheiten, hat er erreiht. Rari Haider dagegen ift etwas minutiös 
in der Ausführung; aber auh in feinen Landfhaften offenbart h als 
inneres Erlebniß, was der Maler der Seele der Natur abgelaufht hat. Wenn 
id feiner „Abendlandfhaft" vor feinen anderen Bildern den Vorzug gebe, 
fann td nit unterlaffen, der Beobahtung Raum zu geben, daß fi die 
abendlihe Stimmung bei unjeren Landfhaften jet einer großen Beliebtheit 
zu erfreuen feint. Herabfintende Dämmerung oder Abendröthe fhildern 
Paul Reller= Reutlingen, P. Shulge- Naumburg in feinem fommerlid) 
flaren, regenfrifchen Bilde „Die Ruinen Rüdelsburg und Saaled", Riemer- 
fhmid, A. 5. Müller, Doerner, Hänifh und B. Beder. Als gute 
Arbeiten verdienen endlih noch genannt zu werden der in duftiger Rlarheit 
gemalte ,,Herbftmorgen von Otto Ubbelobde 
fowie Reiniger's in ernfter Stimmung gehaltene 
„Eijad bei Bozen" und „Nedarlandfhaft". 

Die plaftifhe Abtheilung beherrjht auch bier 
Meifter Meunier. Wenn Diele, die fein Auge 
baben für Meunier's flüfjige und große form- 
behandlung, fi lediglih durch die aktuelle Tendenz 
feiner Arbeitertypen, dur die fozialiftifhe Ver- 
berrlihung der Arbeiterheroen zur Bewunderung 
binreißen laffen, fo laffen fie nur einen Nebenreiz, 
Indem der Rünftler lofe füblung mit den Tages- 
intereffen des Publitums nimmt, auf fih wirken. 
Der Hauptvorzug von Meunier's Arbeiten liegt, 
wie bei allen edten Runftwerfen, lediglid in dem 
individuellen Können, deffen Anerkennung dem 
Rünftler der alleinige Maßftab feines Wertes ift; 
denn er will nur duch feine Runt wirken, 
weniger durd das Manifeftationsobjeft, weit mebr 
durch das Wie als durd das Was. 

Auh das Runftgewerbe ift endlidh mit den 
foftbaren Bläfern von Emile Gallé (Nancy) und 
den Pradtgefäßen von Philippe Wolfers 
(Brüffel) in durhaus würdiger Weife vertreten. 

Man fann auf diefe gefhmadvollen Erzeug- 
niffe der Keramik nit eingehend genug bin- 
weifen. Daß fie Anklang gefunden haben, be- 
weift der Derfauf mehrerer Stüde, namentlich der 
Gallé-Glafer, die ein unnahahmliher Reiz in 
der form und im Ton zu einem Zimmerfhmud 
von feltener Schönheit maden. 

Wer die heurige Sezefjioniften » Ausftellung mit früheren vergleicht, 
wird finden, dah der Moft anfängt fih zu Mären. Unleugbar hat bereits 
eine Beihmadswandlung zu Bunften einer inbaltreideren Runt ftattge- 
funden, die fih nicht mehr mit einer mdglidft objektiven Wiedergabe der Natur 
begnügt, fondern auh die Phantafle zu ihrem alten Rehte tommen läßt. Mit 
dem fanatismus fhwindet auch das polemifche einfeitige Betonen der Made. Die 
Parteien ftehen fih nicht mehr feindlih gegenüber, fondern friedlih nebenein- 
ander. Benoffenfhaft und Sezefion erfreuen fih der Proteltion des Staates, 
jede behauptet ihre Stellung und fhafit obme parteilihe nterefien lediglich 
aus fünftlerifcher Ueberzeugung. Die eine wie die andere darf bei jolhem 
Dorgeben, das der freien Runftentwidelung nur förderlih ift, ihres Erfolges 
fier fein. Die Sezeflion bat im diefem Jahre einen folden eber zu ver- 
zeichnen, als die Benofjenfhaft, deren Ausftellung im Allgemeinen nicht 
gerade als ein fünftlerifher Fortfhritt zu betrachten ift. Wenn dagegen die 
Wiener Runftgenoffenfhaft ih durd das energifhe Dorgeben einer nod jungen 
Sezeffion zu doppeltem Eifer hat anfpornen laffen, deffen Frucht die über- 
rafhend gute Zubiläumsangftellung ift, fo darf man daran die Hoffnung 
fnüpfen, daß fdh diefe Erfheinung aud in Berlin wiederholen möchte. 
Sezeffion überall, und überall ftiftet fie nur Segen, den Segen der Kon- 
furren3. Berlin feint diefen anderen Ortes erft abgewartet zu haben, um 
nun endlich die lang geplante Scheidung, von der fhon fo viel geredet 
worden ift, zur That werden zu laffen. 


Deutfde Run ft. 


353 








Kederzeichnungen. 


Unfere heutige hocdentwidelte Reproduktionstehnif, die es ermöglicht, in 
Fflähen gehaltene Tufchzeihnungen oder farbige Dorbilder mit ftaunenswerther 
objeftiver Treue wiederzugeben, hat das Derlangen nah malerifh gehaltenem 
Bildermatertal fo gefteigert, daß unfere Maler einer Zeichentehnif, die in 
früherer Zeit vorzugsweife geübt und gepflegt wurde, untreu werden: der 
Fsederzeihnung. Obwohl fie als gute Dorfhule für die Radirkunft betrachtet 
werden fann und and beim Stizziren von unleugbarem Dortheil ift, da fle 
duch das Beftimmte und Unveränderlihe des Federftrihes von vornherein 
zu fharfer Beobachtung und zeihnerifher Benauigkeit, zu unausgefetter Kontrolle 
des Wahrnehmens und Ueberfegens eines Begenftandes in die Tehni? der Dar- 
ftellung zwingt, wird fie von den heutigen Rünftlern faum noch geübt. Und doc 
hat die Federzeichnung fo pifante Reize in der durch die darzuftellende Form 
bedingten Strihlage, in den wie Zufälligkeiten wirkenden, als Rlere wieder- 
gegebenen Tiefen, dodh erfreut fie fo durch den Eindrud der Unmittelbarfeit, 
den das Ylebeneinanderftehen des falfchen und richtigen Strihes häufig nod zu 
einem Bilde ihres allmabliden Werdens vervollfommnet, daß es begreiflid) er- 
feinen fönnte, wenn fih Liebhaber fänden, die neben ihren Mappen mit 
Radirungen, Lithographien und modernen Plakaten fih auh eine Sammel- 
mappe für federzeihnungen, diefe primitiven und zuweilen dodh fo virtuofen 
Malerautogramme, anlegen würden. Die beiden von uns reproduzirten Blätter 
beweifen, daß fih durch richtige Vertheilung von Liht und Schatten und das 
Breit- und Reinhalten des erfteren, fowie gefhidte Behandlung des im Hinter 
grunde leicht angetönten Baumfdlages auh in der Federzeihnung eine 
malerifhe Wirfung und Stimmung erreihen lajfen. 

Die größere ideale Landfhaft, etwa im Stile Aodh’s und, Reinhardt's, 
ift eine Arbeit eines bereits vergeffenen Berliner Riinftlers, Rarl Rriiger’s, 
der zum Unterfdhiede von dem gleihnamigen Thiermaler der Tabals-Rriiger 
genannt wnrde. Er pflegte mit Dorliebe die Federzeihnung, die erft durch 
Menzel wieder in Aufnahme fommen follte. Sein Hauptwerk find die Stein- 
zeihnungen zu Reinede Fuds, die fih mit Raulbady's geiftvollen Jlluftrationen 
gar nit vergleihen laffen, da in ihnen die Dorgänge der Thierfabel nur zur 
Staffage für Landfhaftsbilder, die die Stimmung der einzelnen Gefange 
wiedergeben follen, dienen und nebenfählic behandelt find. 

Die zweite, flottere und weniger ftilifirte Zeihnung, die weit unmittel- 
barer wirft als erftere mit ihrem ftichartigen Bepräge, rührt her von dem 
lange Zeit unterfhägten Rarl Bledhen, einem der genialften Dorlaufer 
Arnold Bésdlin's, den feine Bemüthsart darauf hinwies, vor allem die 
nordifhe Landfhaft durd Gebilde feiner Phantafie zu beleben. Unfere Meine 
Heidhnung beftiht mamentlih Surdh die flotte Wiedergabe des hügeligen 
Terrains, das wirffame Cinfeken der Tiefen und das Mare, filhouettenartige 
Abheben der Staffage von der hellbeleuchteten Erde oder der leiht an- 
getönten Luft. 

Beide Jeihnungen befinden fih im Befige von Profeffor Paul Meyerheim. 

5. M. 


Don der Berliner Sezeffion. 


Ueber die Sezefjion unter den Berliner Malern find allenthalben 
Geriihte im Umlauf, die jedes beftimmten Anhaltes entbehren. Dermuthungen 
und intime Mittheilungen, die unter dem Siegel der Derfehwiegenheit gemadt 
werden, genügen zu Gndistretionen und Behauptungen in der Preffe, die durd 
dte beiden nadftehenden Briefe von neuem beleuchtet werden. 

Here Profeffor Mary Liebermann dementirt in der fraglichen, fo vor- 


eilig als Ereigniß befprodenen und Ffritifirten Angelegenheit die Redaktion 
die „Nation“: ‘4 

„Berr Dr. Julius Elias fcreibt in Ar. 55 der „Nation“ in dem Artikel 
„Die Berliner Jabresausftellung: , Liebermann, Sfarbina, Roepping maden 
heute feine Sezeffion mehr mit. Das ift eine traurige Wahrheit." 

Das ift eine Unridtigfeit. Jh habe in der vorberathenden Derfammlung 
vor etwa 6 Woden den Entwurf zur Gründung einer Berliner Sezeffion 
unterzeihnet und zwar an erfter Stelle. 

Damit find die Folgerungen des Heren Dr. Elias hinfällig. 

Mar Liebermann." 

Hierauf erwidert Here Dr. Elias: 

Der Erflärung des Herrn Prof. Mar Liebermann habe id) das folgende 
entgegenzufegen. Als ih den zitirten Auffat fdrieb, habe ich fehr wohl 
gewußt, daß in Berlin eine „Sezeflion‘ wieder auf dem Papier ftehe. And 
der Inhalt des angeführten, von einer Reihe biefiger Maler unterzeidneten 
SHriftftüdes war mir reht gut befannt. Die Berliner „Sezeflionsfrage war 
darin dilatorifh behandelt derart, daß im nädjften Jahre die Ausftellungs- 
mädte um befondere Räume angegangen werden follen, worin die unter- 
zeihneten Rünftler nad eigenem Ermefjen, mit eigener Jury und eigener 
Hängelommiffion fhalten und walten fönnen, widrigenfalls man an der Aus- 
ftellung des Glaspalaftes fic) überhaupt nicht betheiligen, vielmehr eine 
befondere Ausftellung in die Wege leiten werde. Nach den Erfahrungen, die 
mit den Berliner Sezeffionsgeliiften feit Jahr und Tag gemacht werden, nad 
den intimen Stimmungen, die ih Fannte, und endlih beftärft durd die 
hiftorifhe Einficht, daß die wahrhaft fruchtbaren Scheidungen der Talente von 
der majorifirenden Mittelmäßigkeit immer und überall temperamentvoller, 
muthiger und durdgreifender vor ih Zu gehen pflegten, bin ih zu der Ueber- 
zeugung gelangt, daß jenem Scriftftüde ein befonderer Werth zunädft nicht 
beizumefien fei. Mit meiner Auffaffung von der neuen Agitation der jungen 
Berliner Rünftler ftand id übrigens in der Kritik nicht allein. 

Sollten aber die Herren aus ihren fhriftlid niedergelegten Abfihten mit 
Entfhloffenheit die praftifden Ronfequenzen ziehen; follten fie die Sache 
Weniger zu einer umfaffenden ,, Berliner Sezeffion ausbauen, die echt moderne, 
gewählte, fünftlerifhe Ausftellungen veranftaltet, indem fie werbende Rraft 
entfaltet und verwandte Talente des Jn- und Auslandes unter ihr Dad 
zieht: fo wird fih gewiß niemand lebhafter freuen als id. Gern will id 
dann zu Mar Liebermann und zu all den Anderen fprehen: „Belränkte Liebe 
war mein ganzer Jorn“. ? 

Wir fönnen es niht oft genug wiederholen, dağ auh die wohlwollende 
Preffe am beften thäte, wenn fie fih vorläufig niht um ungelegte Eier be= 
fümmerte. Jn dem Stadium, in dem fih die Angelegenheit zur Zeit befindet, 
fann fie mehr fhaden als niigen. 


Ein Willibald Aleris:Denfmal. 


Don einem foeben gebildeten Comité geht uns der folgende Aufruf zu: 

Am 29. Juni 1898 find hundert Jahre verfloffen, feitdem Willibald 
Alexis in Breslau geboren wurde. Die Unterzeihneten wollen diefen feft- 
tag dazu benugen, um die Erinnerung an den hervorragenden Dichter wieder 
lebendig zu maden, und fordern daher alle Freunde feiner Mufe auf, zur 
Errihtung eines Willibald Aleris-Dentmals in Arnftadt beizuftenern. 

Willibald Aleris gebührt ein Denkmal! 

Durd eine große Anzahl lebensvoller, feinfinniger und geiftreiher Er- 
zählungen hat er fih Taufenden von Deutfhen zum Freunde gemadt. In 
werthvollen Reife-Befdreibungen hat er eine Fülle von anziehenden Bes 


354 





Deutfhe Rung. 








trahtungen über die Gegenden und die Menfchen, die er fennen gelernt, 
niedergelegt. Als Herausgeber litterarifcher Feitfhriften und als angefehener 
Rritifer hat ec mit beiligem Ernfte für eine gejunde Entwidelung der 
deutſchen Dichtkunſt gefochten. Auch eine Reihe trefflicher Iyrifher Bedichte 
bat er uns binterlaffen, von denen eines, „Friedericus Rex“, geradezu zum 
Doltsliede geworden tft. 

Vor allem aber läßt er in acht gewaltigen, vaterländifhen Romanen 
unfere gefchichtlihe Vergangenheit fo lebendig vor unferen Augen etftehen, 
wie das vor ihm noch feinem gelungen war. Hier führt er uns die Helden- 
thaten der brandenburgifhen Markgrafen und Aurfürften, der preußifchen 
Könige vor Augen und zeigt, was Brandenburg, was Preußen, was Deutfh- 
land ihnen zu verdanken hat. Hier liefert er uns glänzende Charakter 





Stunde ihres Dafeins verfhönt, befonders aber alle, denen er felbft in feinen 
Dichtungen ein Denkmal gefegt bat, ihe Scherflein zu fpenden, um die Aus- 
führung unferes Planes zu ermöglihen. Fede, aud die Fleinfte Gabe, wird 
uns willfommen fein. 

Ueber die eingegangenen Beiträge werden wir f. J. ebenfo, wie über 
Ihre Derwendung, Beridt erftatten. 

Geldfendungen nehmen entgegen die Herren: 

Banquier Alerander Meyer-Cohn in Berlin, Unter den Linden Il, 
Rommersienrath Elwin Paetel in Berlin W., Liikowftrafe 7, Banquier 
Wilhelm v. Rülmer, Arnftadt. 

Anfragen bitten wir an Dr. Mag Ewert, Arnftadt, zu richten. 








Carl Krüger, Phantafie-Kandihaft, Federzeichnung. 


(&ilderungen vieler Perjonen, die in der deutfhen Befhihte eine Rolle ge- 
fpielt haben; bier führt er uns in wabhrheitsgetreuen, oft durch Föftliden 
Humor gewiirzten Genrebildern die Leiden und Freuden des Volles vor 
Augen; bier verfteht er es, wie nod niemand zuvor, der märfifhen Haide 
ihre eigenthümlichen poetifhen Reize abzulaufden. 


Einem folhen Dihter gebührt ein Denfmal! 


Gn Arnftadt, dem lieblihen, von bewaldeten Höhenzügen umrahmten 
thüringifhen Städthen, in dem Willibald Aleris das legte Viertel feines 
Lebens zubradte, und auf defen Friedhofe feine Bebeine ruhen — in Arn- 
ftadt, dicht am feinem Sterbehaufe, in einer ftillen, von den leife murmelnden 
Wellen der Gera befpülten Gartenanlage, wollen wir diefem Didter ein 
Dentmal errichten, das ung feine Geftalt immer lebendig erhalte, das uns 
immer daran erinnere, welden Schat edler, echt vaterländifher Poefie wir 
bm zu verdanten haben. 

Daher bitten wir alle, die Sinn für die Derherrlihung unferer dentfchen 
Dergangenbeit haben, alle, denen der Dichter dur feine Schöpfungen mande 


Zur Dentmäler-Sabrifation. 

Die gegenwärtige Ueberproduftion an Dentmälern zeitigt feltjame Er- 
fheinungen, die im Gntereffe unferer monumentalen Runftpflege nit genug 
gerügt werden können. So bat einmal die firma Gladenbed & Söhne 
lediglid auf Grund eines bereits verftorbenen Riinftlers, des Bildhauers 
Reil, die Ausführung des Raifer Wilhelm-Dentmals fir Bernburg 
befommen. Serner begnügt fih der Bildhauer Herter, dem das Bismard- 
Dentmal für Wiesbaden übertragen worden ift, damit, fein Ronfurren3- 
Modell bei Bladenbed & Söhne einfah mehanifh vergrößern zu lajien, 
anftatt, wie es fein fünftlerifhes Bewifen ihm gebieten follte, vorher ein 
entfprehendes größeres Modell herzuftellen. Nur um médglidft fdnell ein 
Dentmal fabriziren zu fönnen, wird dort das Modell eines Derftorbenen be- 
nugt und bier ein für die allein richtige Geftaltung eines Standbildes 
widtiges Stadium bequemer Weife übergangen. Goldhe Mifigriffe beweijen, 
wie wenig bei der Befriedigung der graffirenden Denfmalsfudt künſtleriſche 
Anfhauungen und Brundfäge mitfpreden. 


— — 


Dom Kölner Kunftgewerbe:Derein. 


Der foeben erfhienene Jabresberidt des Runftgewerbevereins 
bietet ein erfreulihes Bild von der Thitigheit der Dereinigung während 
der Periode 1897/98. Der im Januar 1597 begonnene Yleubau des Runft- 
gewerbe-Mufeums hat leider weniger rafhe Fortfiritte gemadt, als es 
erwünfcht und möglid gewefen wäre. Die Vollendung des Banes fann 
daher erft für das Frühjahr 1899 und die Eröffnung des Mufeums dem- 
gemäß für den Herbft deffelben Jahres erwartet werden. Um fo erfreulicere 
Erfolge find dagegen in der Dermehrung der Sammlung des Runftgewerbe- 
Mufeums während des Berihtsjahres zu verzeihnen, welder der Verein 
allzeit feine Hanptthätigkeit gewidmet bat. Die Anzahl aller Neuerwerbungen 
des Mufeums aus Anfdufen, Ueberweifungen und Befhenten beträgt nad 
dem Zuwachs-Verzeihnig 1897/98 209 Nummern im Befammtwertb von 
49,627 M. (im Dorjabre 150 Nummern zu 27244 M.). Davon entfallen 
auf die Mittel des Dereins, einfhließlih des 3000 M. betragenden Zuſchuſſes 
der Provinzial-Derwaltung, 7840 M. (im Dorjahre 6408 M.). Serner ent- 
fallen auf Gefchente von Dereinsmitgliedern und auf Ueberweifungen 25245 M. 
(im Dorjabre 4886 M.) und auf ftädtifhe Mittel, einfhlieglih der Zuſchüſſe 
von der lönigl. Staatsregierung und aus dem Dispofitionsfonds des Herrn 
Oberbiirgermeifters 16407 M. (im Dorjabre 16150 M.). Der werthvollfte 
Zuwads ift den Sammlungen der Blasgemälde zu Theil geworden. Gn die 
erftere Abtheilung wurde durd Befhluß der Stadtverordneten-Derfammlung 
aus der Rathefapelle iiberwiefen ein grofes Rircdenfenfter von 2,70 Meter 
Höhe und 1,75 Meter Breite. Es ift eine Aölnifche. Arbeit aus dem 15. Jahr- 
hundert und zeigt im Mittelfelde die Anbetung der bl. drei Rönige; in die 
wohlerhaltene Mafwerfbefrsnung Ift in zweimaliger Wiederholung das von 
wilden Männern gehaltene Wappen der Stadt Röln eingeordnet. Angekauft 
wurde ferner das im Jahre 1818 aus der Tarmeliterfiche zu Boppard a. Rb. 
mit zablreihen andern Bemälden verkaufte fogenannte Raiferfenfter, ein drei- 
theiliges Blasgemälde aus dem Ende des 14. Jahrhunderts mit einer Marien- 
darftellung und den 10 Geboten, von 4 Meter Höhe und 2,50 Meter Breite. 
(Dergl. Dr. Oidstmann, Die Blasmalerei, Adln 1898.) Dadurd ift wenigftens 
eines der Hauptwerfe aus der berühmten folge der Bopparder Fenfter wieder 
für dag Rheinland dauernd zurüderworben worden. Scließlih erhielt das 
Mufeum als Gefdhent eine der hervorragendften Blasmalereien aus der im 
November 1897 in Köln verfteigerten Sammlung des Grafen Douglas. Es 
ift ein dreitheiliges Dotivfenfter mit der Muttergoites in der Blorie, flanfirt 
von Johannes dem Täufer und der bl. Margaretha mit den figuren des 
EStifters aus Bafel und feiner frau. Es it im Jahre 1528 fiir St. Blafien 
geftiftet, wahrfheinlih aber in Bafel ausgeführt. Das 1,45 Meter hohe und 
1,60 Meter breite Fenfter zeigt die im Mufeum bisher faum vertretene, ober- 
theinifch-chweizerifhe Blasmalerei auf der Höhe ihres Rönnens. Der Rauf- 
preis von 21 780 M. wurde durch Befchente mehrerer Kölner Bürger und 
einen Zufhuß des Runftgewerbe-Dereins aufgebracht. 


Berlin. — Um über eine Ehrung für Friedrid Befelfhap zu 
berathen, trat die Röniglihe Akademie der Künfte am 10. Juni zu einer 
auferordentliden Sikung, an der fih der Befammtfenat und die Benoffen- 
f&haft betheiligten, zufammen. Gn ergreifenden Worten fhilderte der Präfident 
den unerfeglihen Derluft, den die Akademie und die deutfche Aunft durch 
diefen Tod erlitten hat, und tief bewegt folgte die Derfammlung feinen Aus- 
führungen. Bei Erwähnung der pietätlofen Auslaffungen, mit denen eine 
fonft geachtete biefige Zeitung die erfte Wadridt von dem Todesfall begleitet 
hatte, verbeblten die Anwefenden nidt ihren Unwillen und erklärten ein- 
ftimmig, den fhon erfolgten Proteft dagegen and zu dem ihrigen zu machen. 
Ueber die legten Tage Gejelfhap's gaben Briefe der Profefforen Hans 
Meyer und Meurer in Rom, die der Präfident verlas, ausführlihde Nachricht. 
Jm weiteren Derlauf der Sigung faßte die Derfammlung darauf folgende 
Beihlüffe: J. Die Röniglihe Akademie der Rünfte wird für die Errichtung 
eines würdigen Denkmals auf dem Brabe des Derftorbenen Sorge tragen; 
2. fie nimmt eine Ausftellung feiner Werke im Atademiegebäude in Ausficht; 
3. fie wird ih bemühen, die Erwerbung feines fünftlerifhen Yladlafies durch 
die Röniglihe Staatsregierung herbeizuführen, die ja der bildenden Aunft ein 
großes Gntereffe zumendet. Es entwidelt h tn Berlin mehr und mehr ein 
teges Runftleben, das fih unter anderem in manderlei Zuwendungen zur 
Förderung fiinftlerifher Beftrebungen tundgiebt. 

So find aud, wie befannt, für die diesjährige Broße Berliner Runft- 
ausftellung zur förderung der Beftrebungen deutfher Rünftler auf 
dem Bebiete der Rleinplaftit JO 000 Mark aus öffentlihen Mitteln zur 


Deutfhe Runft. 


355 


Derfügung geftellt worden. Es find bereits eine Anzabl von Bronzen aus 
diefen Mitteln angefauft, und es befteht die Abficht, die gleihe Summe für 
den genannten Zwed and für die nädftjährige Ausftellung flüffig zu maden. 
Daraus foll wiederum der Ankauf figürliher Bronzen bewirkt oder die Aus» 
führung ausgeftellter Modelle in Bronze ermögliht werden. Dorausfegung 
ift, dah die Runftwerfe vorher noch nicht öffentlih ausgeftellt waren und aud 
im Jahre 1899 weder anderswo ausgeftellt nod dem Handel übergeben 
werden. 


— Die Ausftellung von Werken der modernen Runfttöpferei 
im Röniglihen Runftgewerbe-Mufeum ift bis zum 5. Juli verlängert worden, 
da Ende Juni die Töpferei-Benoffenfhaft und der Derband der feramifchen 
Gewerke ihre Sigungen in Berlin abhalten und das Gntereffe an der Aus- 
ftellung in diefen Areifen erflärliher Weife ein befonders großes ift. Eine 
Dereinigung fpezififd moderner Arbeiten und Derfahrungeweifen ift bisher 
weder in Deutfdhland nod im Auslande in gleiher Dollftändigkeit vorgeführt 
worden. 

Münden. — Die Runftausftellung der „Sezeffion" ift nod um 
ein zweites Oelgemälde „Sonniges Thal von dem fhottifhen Riinftler 
James Paterfon bereihert worden. Die von Herrn Diaghilew in 
St. Petersburg gefammelte Rolleftion von Werken moderner finifher und 
rufifher Rünftler, die in folder Reihhaltigkeit und Bediegenheit zum erften 
Male in Münden vertreten waren, muß leider fchon in den nadften Tagen 
einem anderen LBeftimmungsorte zugeführt werden und wird daher neuen 
Werten von Uhde, Zügel, A. Keller und anderen Münchener und auswärtigen 
Meiftern Plag machen. Das Verlaufsrefultat ift bis jext ein verhältnismäßig 
günftiges zu nennen. Der bayerifhe Staat hat für die f. Pinakothek die 
Oelgemälde „Abendlandfhaft" von Karl Haider in Sclierfee und „Der 
Steinbruh" von W. Y. Macgregor in Albyn Lodge angefauft und ebenfo 
wurden von der Stadt Leipzig für das dortige FKädtifhe Mufeum die Oel- 
gemälde „Abenddämmerung" von Paul Wilhelm Keller- Reutlingen in 
Ffürftenfelöbrud, „Portrait des Runfttritifers und Malers Pittore Grubicy 
de Dragon" von Giovanni Segantini in Maloja und „gm Stall“ von 
Pierre Jacques Dierdr in Antwerpen erworben. ferner wurden verkauft 
das Delgemälde „Die Here von Ludw. von Zumbufh in Münden, das 
Aquarell ,,frauenfopf* von Fernand Rbhnopff in Briiffel und eine 
Radirung „Alte Brüde* von Albert Baertfoen in Bent. Don den 
Tiffany-Dafen gingen bereits drei in den Befig des belgifhen Riinjtlers 
Philippe Wolfers über, der feinerfeits felbft and mit einer gediegenen 
Rolleftion moderner funftgewerbliher Werke in der Ausftellung vertreten ift. 
Eine Pafe von Gallé erwarb der Direktor des ftädtifhen Mufeums in 
Magdeburg. 


Weniger befriedigend lauten die Berichte über die Ausftellung im 
Glaspalaft, die, um ohne weitere Auslafjungen kurz zu refjumiren, für die 
Runft ein Mißjahr fonftatiren, dem bhoffentlid ein um fo erfreulicheres folgt. 
Wenn man ih auh in die Enttäufhung, die diesmal der Blaspalaft im 
großen Ganzen bietet, ruhig fügen muß, fo erfcheint es doch angebracht, einen 
Mifftand zu betonen, um möglider Weife feiner Wiederholung zu fteuern. 
Der Ratalog ift wieder fo unpraktifh wie im Dorjabre; man muß in 
jedem Rabinet Dutendemal blättern, um das Bewollte zufammenzufinden ; 
das ift für Werke, die obnebin wenig Reize haben, eine etwas ftarfe Ju- 
muthung. Dielleiht bringt das nadfte Jahr hierin eine Befferung. 


Dresden. — Die Dresdener Bemäldegalerie It fo reih an Ge 
mälden alter Meijter und befigt eine ganze Reihe berrliher Schöpfungen des 
farbenfreudigen Rubens, daß Herr Arno Wolffram vielleiht mit einem 
anerzogenen Jntereffe des Dresdener Publitums rednen darf, wenn er in 
feinem Runftfalon im Diktoriahaufe das bekannte Bild des großen Nieder- 
landers , Cimon und Pefa ausftellt. Ob die Darbietung des Bemäldes, 
fowie der drei Roloffalbilder „Thefeus und Ariadne, ,,Dec Triumph des 
Helden im Leben“, „Die Jungfrau von Orleans im Kerker", von dem In 
Rom in den fehziger Jahren geftorbenen Hermann Schlöffer aud fünft- 
lerifches Bedürfniß ift, darf wohl bezweifelt werden. Zu zeitgemäßen Dar- 
bietungen fehlt num aber einmal gegenwärtig das Material, das für den 
Sommer die großen Aunftausftellungspaläfte aufgefogen haben. 

€s berrfcht trog aller Ausdauer von Seiten ihrer Gnbhaber in unferen 
Runftfalons dodh fommerlihe Stimmung, wie überhaupt mit der fddnen 
Jahreszeit au im Runftleben Rube eingetreten ift, die dur eine Jubiläums- 
feier faum merklih geftört wurde. Am 23. Juni feierte Johannes 


356 


Shilling feinen fiebzigften Geburtstag. Der Meifter ift auf der Höhe des 
Lebens angelangt, wo er anh bet ftiller Cinfebr in fih felbft der Rube 
pflegen Sarf, dte wir ihm vom Herzen gönnen. 





Leipzig. — Jm Oberlidhtfaale des Runftvereins wurde im Juni 
eine Rolleftivausftellung von Aquarellen der Befellfhaft deutjher Aquarelliften 
eröffnet; nambafte Meifter, als Ludwig Dettmann, Walter Leiftifow, franz 
Starbina, Hugo Vogel, Arthur Rampf, Julius Wengel, Alerander Schmidt- 
Midelfen, Hans Herrmann, Hans von Bartels, Friedrih Wahle, Friedrich 
Stahl haben fi am diefer Ausftellung betheiligt. — Jn demfelben Saale 
find ferner ausgeftellt: Bemälde von Beorg Ludwig Meyn-Berlin, Paul von 
Ravenftein- frankfurt a. M., Jacobus Leiften-Diiffeldorf, Gertrud Stehow- 
Berlin, Anna Gamminus-Dresden, Mathilde Ropp-Stuttgart, Mag Merter- 
Weimar, Rihard Cfcfe-Rarlsruhe, Werner Schud-Dresden, Oetar Starte- 
Dresden, 19. Degode-Raiferewerth, Heinrih Bärtner-Leipzig. 

on den übrigen Sälen befinden fih Gemalde von Paul Andorff-Hanan, 
Ella Hagen, Hugo Gugg, Elifabeth Zucht, Marie Orthaus, fämmtlid in 
Leipzig, Wilh. Hertling-Miindhen, Pauline Rell-Plauen i. V., Emil Henjcel- 
Berlin, frig Waben- 
bufen-Gr.Lidterfelde, 


Deutfhe Runft. 


ein ganz junger Riinftler, 3wei practige Winterftimmungen aus Neuß mit 
wundervoller feinfiibligfeit in der Behandlung des Tones aus. 

Ein willfommener Gaft ift Profefor Ludwig Dettmann (Berlin), der 
fein Triptyhon „Das Dolfslied'' gefandt hat. Die drei Darftellungen 
charafterifiren die drei volfsthiimlidften Arten des deutfhen Dolksliedes, das 
Liebeslied („Rein Feuer, Pine Roble fann brennen fo heiß‘), das Soldaten- 
lied („Rein fhönerer Tod it auf der Welt“) und das Burfdhen-Wanderlied 
(„Es ziehet der Burfch' in die Weite). 

Die Plaftit ift durch nur drei Arbeiten, einen gut modellirten „Raifer Wilhelm‘ 
von C. Bufder, einen „ARaifer friedrid von L. Miifd und eine allegorifche 
Stauengeftalt ,,Die Gaftfreundfhaft von G. Rug vertreten. 





Karlsruhe. Colleltivausftellungen find modern und aud be- 
tedtigt, da fie vom Schaffen eines Rünftlers ein umfaffendes Bild geben und 
feine Entwidelung in ihren verfhiedenen Stadien vor Augen führen. Sie 
haben aljo unbedingt einen hoben fünftlerifhen und auch erzieherifhen Werth, 
da fie beweifen fönnen, daß aud) Meifter wie Bödlin nidt vom Himmel ge- 
fallen find. Gn Rarlsrube ift nun aud Safha Schneider eingefehrt, der 

junge Rünftler, der 
es mit bemunderns- 





Emmi Rofe- Berlin, 
Eugenie Dillmann- 
Charlottenburg; fo- 
wie ein Bronzerelief 
von Kurt Störing- 
Berlin, ein Bronze- 
relief von Paul 
Sturm-Leipsig und 
Portraitzeihnungen 
von Hans Solt- 
mann-Münden. 


Zwickau. 
Dem Komponiſten 
RobertShumann 
will feine danfbare 
Daterftadt ein Denf- 
mal erridten, fiir das 
35 000 M. verfügbar 
find. Zur Aufftellung 
hat der Rath der 
Stadt den Haupt. 
martt, wo Sdu- 





werther Energie ge- 
wagt bat, die lange 
Zeit mißadtele Rare 
tonfunft mit ibrer 
ausgefprodenen Be- 
vorzugung der form 
vor der farbe zu 
neuem Leben 3u er- 
weten. „Es ift voll- 
bradt‘‘, „Sein Shid- 
falt, „Der Herr der 
Erde” und „Der 
Gram find Rompo- 
fitionen von wud- 
tiger Bröße, von 
Monumentalität und 
ernfter Bedantentiefe. 
Sein  „Männerge- 
fangverein‘‘, ein Bild, 
das der Natur bis 
auf die feinften Züge 
abgelanfdt ift, zeigt 
uns den bedeutenden 


| 





mann's Geburtshaus Riinftler aud von 
flebt, oder den Schu- einer liebenswiirdi- 
mannplat einge- gen, bumorvollen 
räumt. Das Stand- 





bild foll im Fahre 
1900 enthüllt werden. 


Düffeldorf. — Die Ausftellung des „Runftvereing für die Rhein- 
lande und Weftfalen‘, deffen Mitgliederzahl das fiebente Taufend bereits 
fiberferitten hat, fann zwar ihren offiziellen Charafter niht verleugnen, 
zeichnet fih aber do von früheren Deranftaltungen duch eine große Auswahl 
guter, Fünftlerifher Arbeiten aus. Sicher bat eine reichlihere und  beffere 
Beihidung, an der die Sezejlion lebhaften Antheil genommen hat, wefentlid) 
dazu beigetragen, das Niveau der Ausftellung über das einer bloßen Derfaufs- 
ausftellung zu heben. Wiinfdenswerth ware es freilich, daß fünftig niht 
allzu viele ältere Bilder zugelaflen würden. Namentlih unter den figuren- 
bildern finden fih mange alte Bekannte, die man wohl von Zeit zu Zeit 
ganz gerne fieht, aber gewiß nur dann, wenn fie einem lange nicht zu Beficht 
gefommen find. Sehr viel Unzureihendes bietet neben Gutem die Landfdafe- 
malerei. 

Hu dem Beften gehören die Landfhaften von Eugen Rampf, deffen 
fraftvolle Farbengebung in feinen niederrheinifchen und flandrifhen Stimmungs- 
bildern die tiefiten Beheimnifje der Stimmung erfhließt. Auh H. Hermanns 
ift als Landfchaftsmaler eine höhft willfommene Erjdeinung. Sein Amfter- 
damer Marktbild ift von intimftem Farbenreiz. Zu den vornehmften Aus- 
ftellern gehört H. Mühlig mit feinen ungemein fein abgeftimmten bejjifchen 
Waldlandfhaften. ©. Fernberg ftellt einen Oftobermorgen, Mar Clarenbad, 


Karl Bledhen, Kandjhaft, Federzeichnung. 


Seite. Dah Chrifti- 
an Wilhelm Al- 
lev's unglüdlicher 
Weife neben Safa 
Schneider geraten ift, führt zu einem Dergleih, der zu Ungunften Allers 
ausfallen muß. Der Rellerfhüler Otto Propheter dagegen weiß fih mit 
feinen feds brillant gemalten, lebensvollen Bildniffen, unter denen das 
Portrait feines Lehrers befonders hervorgehoben zu werden verdient, als 
ein mit ausgefprodenem Farbengefühl begabter Schilderer der verfchieden- 
artigen menfdliden Gndividualitét und würdiger Vertreter der Karlsruher 
Runft zu behaupten, der es verftanden bat, fih unter der tüchtigen Leitung 
feines Meifters feine Selbftftändigfeit zu bewahren. 


Stultgart. Den Hauptinhalt der Ausftellung des „Württembergifhen 
Runftvereins“ bildet die LCandfhaft in ihrer mannigfaltigen Beftalt und ihrem 
Derhältniß zu dem Menjhen. Wenn felir Hollenberg in feinen Bildern 
mehr perfönlihe Stimmungen zum Ausdrud bringt, fo leiftet Zoff (München) 
als objeftiver Schilderer Tüchtiges, befonders in feinen Studien und Skizzen. 
Anfprehende Arbeiten find aud Giefes (Münden) fonnige Straße, Remp- 
ters (Münden) „Lette Ernte und „Sonniger Morgen" von W. Bartels 
(Düffeldorf). W. f. Bredt (Ruhpolding) erfheint nad längerer Paufe auf 
dem Gebiet, wo wir ihm am liebften begegnen, als Bildnifmaler. Brünn 
(Rom) giebt eine Meine Näbhterin in der fubtilen und vornehmen Behandlung, 
die Wefen und Werth derartiger Vorwürfe bilden muß. 


Deutſche Runft. 





Uhr und Dafe in Rokoko. 


Wenn unfere Porzellanmanufatturen 
nod immer am Rofofo fefthalten, fo liegt das daran, 
daß noch fein Stil wieder erftanden ift, defen Ge- 
bilde der Eigenart Se3 Materials beffer entfpräcen. 
Blüdlihe Rompofitionen, zu denen die an Willkür 
ftreifende „Freiheit, die nur liebevollem Verftändniß dte 
Gejegmäßigkeit offenbart, genügenden Spielraum läßt, 
führen gerade im Rofofo immer wieder zu reizvollen 
Neubildungen. 

Die Uhr und die Dafe aus der Röniglihen Porzellan- 
mannfaftur find in jenem Uebergangeftil gearbeitet, der 
die leiten Bildungen des Rofofo dem Rahmen einer 
ftrengeren, in ji gefchloffenen Fformengebung anpaft. Die 
Engelsgeftalten an den Eden der Uhr — befonders die Köpfe — zeigen nod 
ganz den Charakter des Stiles Ludwigs XV., während die mäßig ge- 
fhwungenen Umtiffe des Beräth-Rörpers und der füğe auf den feines Nad- 
folgers hinweifen. Die fobaltblay unter der Blafur gemalten Ornamente 
lehnen ih an japanifhe Vorbilder an. Die beiden Masfen unter den 
Henfeln der Pafe zeigen im Profil den leife Farifirten Ausdrud, der den 
legten Zeiten des Rokoko eigenthiimlich ift. 






— Das alte Wabhrzeihen der Stadt Olmüß, die im Jahre 1420 
errihtete Runftubr, ift am 22. Mai in neuer Bejtalt enthüllt worden. Sie 
ift in einer 15 m hohen und 5 m breiten Nifhe des alten Rathhaufes unter= 
gebradt und beftebt aus dret Gruppen. Gn der Mitte der untern Gruppe 
it eine Scheibe, die in ihrem Zentrum die Sonne zeigt. Aus deren Mitte 
ragen fehs fürzere und längere Zeiger hervor, die, an ihren Spiken Sterne 
tragend, die Bewegung der Planeten Merkur, Denus, Erde, Mars, Jupiter 
und Saturn zur Anfhauung bringen. Nur die Erde ift als eine Rugel dar- 
geftellt, um die fih eine fleinere Rugel, der Erdmond, bewegt. Die Um- 
drebungen diefer Zeiger entjprehen den Umlaufszeiten der Planeten, und da 
am Rande der Scheibe die Seiden des Thierkreifes in Lünftlerifher Weife 
dargeftellt find, fo laft ein Blit auf diefes Blatt erkennen, in weldhem 
Sternbilde ein jeder diefer Planeten jeweilig zu fuden if. Zu beiden Seiten 
diefer Planetenjheibe find vier Zifferblätter angebradt, die die Stunden und 
dte Minuten der jegt gebraudliden Tageseintheilung zeigen; eines derfelben 
zeigt die 24-Stundeneintheilung des Tages und das vierte giebt die Stern- 
zeit an. Unterhalb der Planetenfceibe fiebt man das Ralendarium, das 
Datum, Wodentag, Mamensangaben der Kalender u. f. w. enthält. Die 
GSeitenwändr zieren Malereien von Bitterlih in Wien in Bel und Fresfo. 
Der Plan zu diefem eigenartigen und hddft intereffanten Runftwerle wurde 
von dem Arditeten Dammer in Wien entworfen, der feine Aufgabe, üh 
foviel ale möglih an die biftorifhe Form zu halten, auf die glüdlichfte 
Weife löfte. Die Roften von 25000 Gulden wurden von der deutfden 
Bürgerfhaft von Olmüb, durch Beiträge der Olmüter Sparkaffe, fowie duch 
Legate innerhalb eines zwölfjährigen Zeitraumes aufgebradt. 


— Jn der Ausftellung des Miindhener Runftgewerbevereins 
intereffirten neue Fierglafer aus der großen Blaswaarenfabrif in Dallerya- 
thal in Deutfh-Lothringen. Man darf fie als Yachbildungen der Bläfer 
von Gallé und Daum in Nancy bezeihnen, deren fünftlerifhen Werth fle 
jedoh nicht erreiben. Gmmerbin befinden fih unter ihnen anmuthige und 
zierlihe Schmudftüde, die bedeutend billiger find als die Galle'ſchen 
Arbeiten. 


— Gm Hamburger Mufeum für Runft und Bewerbe ift ein in 
Rarl Engelbredt's Werkftatt vollendetes grofes Glasmofail-fFenfter ausgeftellt, 
das zu den beften Leiftungen diefer aud außerhalb Hamburgs anerkannten 
Werkftatt gehört. Durch eine von Rofen und Schwertlilien umwadjene 
Baluftrade blidt man auf einen Teih, auf defen Spiegel Wafjerrofen blühen 


as 


leſſer⸗ 


und jenſeits deſſen über einem Wieſenplan Aecker mit Baumreihen an den 
Wegen h in die Ferne ziehen. Ein Geäſt von Roßkaſtanlen breitet ſein 
Laubdach über den Vordergrund, hell, wo die Blätter über dem Wieſengrund 
ſtehen, dunkeler, wo ſie von dem gelbleuchtenden Abendhimmel ſich abheben. 
In geſchickter Auswahl der farben, der Aederungen und Flammungen des 
Glaſes ſind alle Einzelheiten aus dem von Engelbrecht verarbeiteten aus— 
gezeichneten amerikaniſchen Rohſtoff geſchnitten und zu einer prachtooll deko⸗ 
rativen Geſammtwirkung vereinigt. Ein Vergleich dieſer Leiſtung mit einem 
fürzlid von einer Müncener Firma für ein biefiges Privathaus, den Poft- 
bof, gelieferten fenfter, das in gleiher Tednif aus demfelben Material ge= 
arbeitet ift, Pann allen, die fih für das hamburgifhe Aunftgewerbe inter- 
efiren, empfohlen werden. Es wird nicht zu Ungunften Hamburgs ausfallen. 

— Der Ingenieur Weefer- Rrell aus Schloß Haus bei Linz hatte vor 
einiger Zeit die Ehre, von dem Raifer empfangen zu werden und ihm feine 
eigenartigen, auf einem neuen Herftellungsprinzip beruhenden perfpeftivifden 
Heihnungen vorführen zu dürfen. Die Weefer-Krell'fhen Arbeiten find aus 
früheren Ausftellungen nit unbekannt und beruhen darauf, daß die Bilder 
von einem in der Höhe angenommenen, in beftimmter Entfernung und Höbe 
gesahten Punkte nad den Bauplänen oder nad im Maßftabe gezeichneten 
Skizzen zunähft in perjpektivifcher KAonftruftion gezeichnet und dann mit 
Tufche ausgemalt find. Auf diefe Weife wird eine außerordentlihe Benauig- 
keit erzielt, die bei den von Weejer-Rrell angewandten ungeheuren Brößen- 
verhältniffen eine überrafhende Wirfung madt. Don größeren Arbeiten er- 
wähnen wir ans dem Gebiete der Arditeftur die Petersfirhe mit Datifan 
(im Befige des Papftes), die Hofburg in Ofen (im Befike des Raifers von 
Oefterreih) und ein mehr landjhaftlihes panoramaartiges Bild des Seebades 
Heringsdorf. Es fhweben jezt auh Verhandlungen, um eine Wiedergabe dir 
Marienburg in gleicher Weife vornehmen zu laffen, und nad Befidtigung der 
vorgelegten Arbeiten foll fid) der Raifer in hohem Grade dafür intereffiren. 
Ganz eigenartig find diejenigen Arbeiten, die nicht nach der Natur entworfen, 
fondern nad Bauplanen gezeidnet find, fo der Dulfan in Stettin und der 
Llopdhafen in Bremerhafen. Auf beiden Bildern begegnen wir Schiffen, die 
zur Zeit der Herftellung des Bildes nod gar nidt fertig waren, fondern bel 
denen nut die fonftruftiven Baupline vorgelegen haben, dle aber in aufßer- 
ordentliher Vollendung dargeftellt find. Sole der Entftehung vorauseilende, 
mit mathematifcher Benauigfeit gezeichnete Bilder fönnen bei vielen Gelegen- 
heiten erheblihe Bedeutung baben, und es wird durch fie 3. B. ermöglicht 
werden, Ausflellungsbauten nit nur im Augenblid ihrer Eröffnung, fondern 
fhon vorher künftlerifh und tehnifh vollendet in der Reproduktion befannt 
3u maden. Zwijhen dem Riinftler und dem NReichsverfiherungsamte wird 
jegt verhandelt wegen einer bildlihen Darftellung der von diefem Amte ger 
planten Befhidung der Parifer Weltausftellung. In tednifhen Kreifen findet 
das Weefer- Rrell'fhe Verfahren viel Beachtung, und in den Areifen unferer 
großen Gnduftrie fheint man diefer Darftellungeweife befondere Beneigtheit 
zuzumwenden, da außer dem Lloyd und dem Dulfan u. a, audh Krupp eine 
Darftellung feines Efjener Etablifjements im Auftrag gegeben bat. Unter 
den beendeten Arbeiten befindet fih aud eine vollendet ausgeführte Dar 
ftellung der Stollwerd’jhen Fabrifen in Röln. 

— Eine Ausftellung von Gemälden iad einem neuen Malvere 
fahren (von f. R. Fleifher) findet zur Zeit in Charlottenburg, Ublands 
ftrafe 124, II Tr., ftatt und ift taglid von 10 bis 5 Uhr geöffnet. Ueber 
diefe neue Aquarelltednif wird uns gejchrieben: Ste befeitigt das ftumpfe 


_ und Freidige Ausfehen der Aquarellgemälde und verleiht im Begenfatz zu 


dem bisherigen Verfahren größere Rlarbeit, Zartheit, Tiefe und Leuchtkraft 
aud) der dunkelften Töne und geftattet die zarteften Uebergänge und natur- 
getrene Darftellung der Blanzerfheinungen der Luft. Die fdwierige Be- 
handlung des Weiß ift vollftändig befeitigt. Die Bröße der Malflacde ift 
bedeutungslos geworden. Die größten Wolfenmaflen können wie die Fleinften 
Jsederwölthenfhwärme in allen Schattirungen und Modellirungen obne Ver. 


358 


wafhung, die fidh bei quadratzentimetergroßen Malobjeften iiberhaupt nicht 
anwenden ließe. 

— Der deutfhe Raifer bat dem Bildhamr Ludwig Cauer in 
Berlin in defen Atelier einen Befuh abgeftattet, der den Arbeiten für die 
Siegesallee galt. Heren Ludwig Caner ift die figur Raifer Rarls IV., des 
Lugemburgers übertragen; beigegeben werden ibr die Büften von Dietrich 
Portig, Erzbifhof von Magdeburg, und Alaus v. Bismard, martgraflidem 
Hofmeifter. Der Raifer äußerte feine volle Anerfennung über die Arbeiten, 
aud die in gothifchem Stil gehaltene Architektur gefiel ipm fehr. Karl IV. 
ift dargeftellt mit dem Landbud für Brandenburg und mit einer Beldtafce, 
anf die er die Hand hält, der Erzbifchof mit einer Urkunde und dem Schwert, 
Rlaus v. Bismard mit dem Hofmeifterftab. 


— Unter dem Titel Rünftlerbaus, „50 Jahre Sfterreihifder 
Malerei“ findet von Anfang Oftober bis in die erften Tage des Monats 
Dezember 1898 in Wien im Rünftlerhaufe der zweite Theil der Zubiläume- 
Runftausftellung ftatt. Es foll hierdurd ein vollftändiges Bild des Schaffens 
verftorbener Sfterreidhifcher Meifter in dem Heittaume von 1848 bis 1898 zur 
Anfhanung gebracht werden. 

Die P. T. Befiker einfhlägiger Werke 
werden gebeten, diefe gefälligft für die 
Ausftellungsdauer zur Verfügung zu 
ftellen. 

Die Benoffenfhaft der bildenden 
Riinftler Wiens behält fih die Sichtung 
des Materiales vor und tragt fammtlide 
Transport: und Verfiderungsfoflen. An- 
meldungen wollen an das Sefretartat des 
Künftlerhaufes, Wien I, Lothringerftraße 
Ar. 9, baldmöglihft gerichtet werden. 
Einfendung Anfangs September. 


— Die werthvolle Bemäldegalerie 
des befannten Wiener Aunftjamm 
lers Karl Peßl, die fürzlih im Ru- 
dolph Lepte'fhen Aunftauftionshaufe zur 
Derfteigerung fam, erzielte recht anfebn- 
lide Preife. Das Hödftgebot von 2810 
M. wurde für Antonio Rotta’s „Schufter- 
junge" abgegeben. Eugen von Blaas’ - BREISE 
„Blumenmädchen““ erzielte 1800 M. 
Eduard Grükner's „Adlerjäger 1700 M., 
Robert Schleih's „Prozefion in Tirol‘ 
1500 M., €. v. Merode's „Brünzeughändlerin“ 1410 M., Mathias Schmidt's 
„Geſtörte Andacht“‘ 1280 M., Hugo Rauffmann's „Dirndl mit Spiegel‘ 1200 M., 
Hubert Herfomer’s bumoriftifhes Genrebildden „Auf der Landftrage 1090 M., 
B. Faquet’s ,,Morgentoilette’ 1080 M., Anton Müllers „Alter Ubrmacer in 
feiner Werkftatt‘‘ 1010 M. und eine Marine von Andreae Adhenbad, fo wie 
ein intereffantes Wirthshaus-Gnterieur von Hugo Kauffmann je 1000 M. 
Eduard Griigner's harakteriftifhes Bruftbild eines Rardinals ging für 970 M., 
Karl Schweninger's „Mufitftunde für 900 M. fort, die „vier Temperamente", 
Bleiftiftzeihnungen von Eduard Griigner, wurden mit 860 M. bezahlt, den 
gleih hohen Preis erzielte aud Rlaus Meyer's fleines Bild „Zn der Studir- 
ftube‘, während ein Rinderfopf von friedr. Aug. von Raulbad auf 800 M. 
au fteben fam. Anton Miller's „Sinnendes Mädchen“ bradte 650 M. und 
Hugo Rauffmann’s „Rauchender Wirth, Gofef Bifela's „Balantuomo" und 
Franz von Lenbad's „Damenbildniß“ erzielten je 600 M. 


Uhr und Pafe. 


— Da Muntacfy unbeilbar der Beiftesftörung verfailen ift und feiner 
Auflöſung entgegengeht, iſt ſeine Wertftatt in Paris verfteigert worden. Der 
böchfte Preis wurde für einen Ecce homo erzielt: 15100 st, Studie fiir 
einen Gefrensigten 1050, Liszt 4980, der fterbende Mozart 5000, fhlafende 
Frau (Studie) 960, Skizzen für die Dedengemälde im Mufeum zu Wien 
270, 500, 800, 550, Frauenfopf 1500, Abgang zum Ball 520, Männer- 
bildnig 1520. Außerdem: Charlemont, Ropf 1000, Daubigny, blühende Apfel- 
bäume 4150, Ribot, Wandernde Sanger und Mufifanten, 4000, Bilbnif des 
Erasmus, Holbein'{he Schule, 700 fr. — Ein ungenannter Befiger ließ eine 
Kopie der Rrönung Napoleone I. von Louis Davið für 50000 ft. auebieten, 
Sod wurden nur miibfam 32000 fr. erreicht. 


3 — Deutſche Kunſt. 





Königliche Porzellanmanufaktur Berlin. 


— Die Verſteigerung der Gemäldeſammlung des verſtorbenen 
Jofef Rufton (Monts Manor, Lincoln) 30g im Mai eine groge Menge Runft- 
fenner Englands und des Feftlands in das Feftlofal Chriftie in London. Fn 
weniger als drei Stunden waren die etwa 100 Stiide verfteigert und zwar 
für die hohe Befammtfumme von 43007 Pfund Sterling. Von €. Burnes 
Jones waren vier Bemälde da. Sein „Spiegel der Venue (1875), der 
1892 in der Lepland-Derfteigerung 3400 Bu. einbrachte, wurde von fairfag 
Murray für 5450 Bu. erfteigert. Das ift die hddfte Summe, die für ein 
von diefem Meifter gemaltes Bild gezahlt worden if. Sein ‚Chant d'amour‘, 
das 1886 für 350 Bu. verkauft wurde, flieg nur mäßig auf 3200 Bu. Am 
meiften umworben waren Dante G. Rofetti's dret Bilder. Sein „Deronica 
Deronefe, eine Frauengeftalt, die 1892 in Leylands Derfteigerung 1000 On. 
foftete, würde für 1550 Bu. verkauft; fein „Dante an der Bahre Beatrice's'* 
(1880 für W. Graham gemalt, nah deffen Tode 1886 fiir 1000 Bu. verkauft) 
flieg auf 3000. Seine „Bhirlandata‘, 1877 gemalt und 1886 fiir 1000 Gu. 
verkauft, ftieg ebenfalls auf 3000 Bu., d. b. 3 Bilder diefes Präraphaeliten, 
für die 3000 Gu. vor wenigen Jahren als ein guter Preis galten, find mit 
7550 Gu. bezahlt worden! Auh Watt's Bilder fteigen im Werthe. Sein 
„Dorabend des Friedens" bradte 1865 in der Ridard'fhen Der- 
fteigerung 950 Bu., am Sonnabend waren es 1350. Unter den 35 
alten Meiftern find zwei bemerfenswerth: A. Dandyd, „Madonna 
mit Rind“ aus der Sammlung des Blenheim-Palaftes, 1000 Bu., 
1886 wurden nur 500 Bu. erzielt. Am meiften Gntereffe erregte 
das wohlbefannte Bildnif Nicholas Ruts von Rembrandt; diefes 
Gemälde mit der Jahreszahl 163) wurde von der Königin von 
Holland der Familie Rooms Winbel in Haag abgefauft und 
brachte 1850, als die Sammlung Wilhelms II. von Holland unter 
den Hammer fam, als ,,Bildnif eines 
Rabbi 283 Pf. Sterl. ein. Gn der 
Derfteigerung der Gemälde des Adrian 
Hope 1894 wurden 4700 Gu. dafiir ge- 
zahlt und als das Bild unter allgemeinen 
Beifallorufen auf die Staffelei geftellt 
wurde, erftand es Martin Colnaghi für 
5000 Gu. 


Jn Rrefeld fand fürzlih bei Eröff- 
nung dernenen Stideretabtheilungder 
Rönigl. höheren Webfchule eine Aus- 
ftellung von Aunftftidereien ftatt, welche 
auf Nähmafchinen der Singer Co. ber- 
geftellt worden find. Dielen will es 
nicht recht glaubhaft erfheinen, daß die fünftlerifh ausgeführten Arbeiten mit 
der Nähmafchine geftidt find. Das Ausfhalten des Stofftransportenrs mittelft 
einer fleinen Dedplatte und die Wegnahme des Preffußes genügt, um die 
Mafchine zum Stiden fertig zu maden. Das Stiden felbft wird in der Weife 
bewirkt, daß der in einem Stidrahmen eingefpannte Stoff in geeigneter Weile 
unter der fih auf und ab bewegenden Nadel hin und her geführt wird; die 
Stihe werden in derfelben Art wie bei jeder Stiderei gelegt. Betrachten wir 
die verfchiedenen Arten von Stidereien, fo find zuerft in großer Zabl prächtige 
Gardinen und Stores aus feiner Seidengaze, befidt mit reihen Blumen- 
muftern in Plattftiftiderei, fünftlerifh abfhattirt; ferner mittelft Durchbrud- 
arbeit und Schnurftiderei ornamentirte Stüde, bei welden befonders bewunderns= 
werth die gleihfalls mit der Nähmafchine hergeftellten Spikenftide find, die 
an feinfte Brüffeler Spigen erinnern. Neben diefen zarten Gebllden feben wir 
fhwere Portieren und Behänge aus Seide, Sammet und Plüfh; felbft diefe 
werden troß ihrer Schwere von der Mafchine tadellos beftidt. Weiter find 
Auflegearbeiten, darunter ein im Ton und in der Zeihnung befonders guter 
Behang, zu nennen. Tednifh hervorragend ift eine Dete, bei der vom ur- 
fpriingliden Grundftoff nichts mehr zu fehen tft. Reidhes Blumene und Blätter- 
gewinde in Plattftiderei bildet Rand und Mittelftüd, während größere JS laden, 
auf welden der Grundftoff weggefdnitten ift, duch Spitenftiderei ausgefüllt 
find. Einen breiten Raum nehmen die Bemälde ein, die mit der Nähmajchine 
geftidt find. Sie geben jedenfalls den Beweis, bis zu welder fünftlerifchen 
Höhe es eine technifch gebildete Stiderin bringen fann, mag man auh fonft 
der Anfiht fein, daß folhe Werke befjer dem Pinfel des Malers vorbehalten 
bleiben. ‚Freilih wird die Näbmafıhine niemals die freifhaffende Runjtftiderei 
erfegen können. 





Preisbewerbungen 


— Der Derfhönerungsverein in Friedtidsbhagen bei Berlin 
fhreibt für eine Poftfarte mit Anfiht aus der Umgegend Friedridshagens 
einen Preis von 100 Marf aus. Die Entwürfe find bis J. Ortober 1898 an 
Herrn Xylograph Mar Rutfdher, Friedridshagen, mit einem Kennwort ver» 
fehen, einzufenden. 

— Ein Preisausfhreiben um Entwürfe für ein Andenken an 
Nürnberg erläßt das funftgewerblide Magazin Gg. Leykauf für die 
Rünftlerfhaft Deutfhlands und Oeſterreichs. Cinfendungstermin ift der 
20. September 1898. Es werden 3 Preife von 500, 500 und 200 Mark in 
Ansfidt geftellt und außerdem den Preisträgern Hoffnungen auf weitere Auf 
träge gemacht. Näheres ift dur die genannte Firma zu erfahren. 

— Der Maler Profefior Ernft Rober zu Düfjeldorf ift zum ordentlichen 
Lehrer an der Runftatademie dafelbft ernannt worden. 

— ferdinand Harper feierte am 22. Junt feinen fehzigften Geburtstag. 
on Celle geboren, hat er feine Studien in Münden, Nürnberg und Rom 





Deutfhe Runft. 


| Weber befdaftigt, 


und Perfönliches. 
vollendet. Schilling und Hähnel waren feine Lehrer. "Seit Jahrzehnten ge- 
hört er der B.riiner Aunftgenoffenfhaft an. Schnell beliebt it Harker dur 


zwei Amor-Darftellungen geworden, von denen die eine — Amor mit der 
Masfe — in Marmor im Berliner Schloffe ftebt. Sonft befigt Berlin nod 
eine Reihe ftattliher Shöpfungen Harger's, von denen bier die acht großen 
Figuren für die Dorhalle des Treppenhaufes der National- ‘Galerie, die fizende 
Figur der Gefhihte auf dem Belle-Alliance-Plag und die Reliefs der 
Germania und Berolina auf der Mihaelfichbrüde hervorgehoben feien. 
Dielleiht das bedeutendfte Werk Harker's ift das Denfmal des Bifhofs Bern- 
ward in Hildesheim. Zebt ift er mit einem Doppelftandbild von Bauß und 
defen Modell eine Fierde der diesjährigen Runftaus- 
ftellung bildet. 

— Auguf Hörter beging im vorigen Monat das eigenartige Jubiläum 
feiner vierzigjährigen Fünftlerifhen THätigfeit in Rarlstube mit einer Aug» 
ftellung älterer und neuer Bilder in feinen Atelier-Räumen. 





Rarlerube, den 19. Juni 1898. 

Großherzoglich VBadiſche Staatsanwaltſchaft. | 
Am Sonntag, 19. Funi If. Js. Mittags, wurde in der Bildergalerie zu 
Rarlstube ein Oclbild auf Rupferbleh von „Davið Teniers (16. Jabr- 
hundert) in der Bröße von 10,12 cm Gefloblen, insem es aus dem Rabmen 
herausgebroden wurde. Es ftellt zwei Bauern (Bruftbild) dar, von denen der 
eine (vordere) einen Stot trägt und fih nad dem anderen (bintern) umfiebt. 
Vor Ankauf wird mit der Bitte gewarnt, Anhaltspunkte über den Verbleib 
des Bildes fofort der nächften Polizeibehörte bezw. mir direft, wenn möglid 

telegraphifch, mitzutheilen. 

Der Broßberzoglide Staatsanwalt. 
Dr. Grofe. 


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Herausgegeben von 


Georg Malkotuskn. 
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Alle 14 Tage erfheint eine Nummer, 
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fpaltene Nonpareille-Zeile. 








Publitationsorgan des Dentfchen Runftvereins in Berlin, des Schlefifhen Runftvereins in Breslan, Les Runftvereins für das Broßberzogtbum Heffen in Darmftadt, des Anhaltiſchen Runſt- 
vereins in Deflau, des Wiirttembergi{den Runftvereins in Stuttgart, des Schleswig» KHolfteinifhen Runftvereins in Riel, der Runftvereine in Münden, Oldenburg, Mannheim, Nürnberg, Bera, 
Altenburg, Elberfeld, Barmen, Bielefeld, Börlik, Danzig, Rönigeberg, Stettin u. a. 





Ar. 19. 





II. Jahrgang. 


15. Inli 1898. 


Anfelm Feuerbach. 
Pon Jarno FJeffen. 


wollen. Gn der Dielfeitigkeit menfhliher Beftrebungen 
l liegt der Reiz Ser Völtergefhidhte. Die Einheit in der 
Dielheit foll fih dem Blid des Philofophen erfihließen. 
Jn Spencer's „Feenkönigin““ prunkt die Böttin der Wandelbarkeit 
mit fo überzeugenden Beweifen ihrer Herrfhergewalt, daß der 
Olymp felbft ihr die Uebermaht auf Erden zugeftehen will, 
aber die ernfte Böttin der Beftändigkfeit gewinnt nad furzem 
Plaidoyer den Streitfall. Das bunte Lebensfpiel der Menfchheit 
wird von wenigen Brundprinzipien geregelt. Gn all unferen 
Rulturphafen find wir immer nur Jdealiften oder Realiften ge- 
wefen, und nur die Auserlefenen verftanden die Weisheit des 
Rompromiffes. Unfere Moderne ift beredhtigt in dem Sinne, 
daß die Runft ein Spiegelbild ihrer Zeit fein will und muß; 
aber fie überfieht, daß der Flafjifhe Ranon. fhlieglih nur den 
fünftlerifhen Gipfelpunft in der Darftellung des Realen be- 
deuten will. Conftantin Meunier’s Arbeitertypen tragen einen 
Derflärungszauber hellenifher Schönheit, Gerhart Hauptmahn’s 
Schöpfungen beginnen uns mit dem Antlik poefievollen Lieb- 
reizes anzulädeln. Niemals ift die Sonne Homer's dem dSeutfden 
Dolfe untergegangen. Längft vor Winfelmann’s leidenfhaftlihem 
Evangelium der Antife hatte der bezopfte Bottfheð mit franto- 
deutſchem Rlaffizismus die Geifter beberrfdt. Leffing und Goethe 
famen dann belleres Licht fpenden, und felbft unter den wilden 
Emanzipationsgelüften der Romantit war für Friedrih Schlegel's 
athenienfifhen Rultus Raum. 

Jm Reih der bildenden Runft hat Anfangs diefes Jahr- 
hunderts Carftens mit großer Befolgfhaft, und um die fünfziger 
Jahre der einfame Anfelm Feuerbah „Das Land der Briechen 
mit der Seele gefuht. Als Feuerbad) 1855 auf italienifdem 
Boden feinen Einzug hielt, fam ihm das Gefühl einer Ver- 
zauberung, für das ihm nod Sie ‚Formel fehlte. Mit 21 Jahren 
hatte er geglaubt, in Paris die Offenbarung zu fhauen, aber 
erft Gtalien wurde ihm zum gelobten Land. Diefe vornehme 
Rünftlerfeele hat während eines raftlofen Schaffens von 31/, De- 
cennien unwandelbar zu dem gleihen Dogma gefhmworen. Ein 
eigenartiges Gemifh von Philofoph und Dichter, von Prinzipien- 
menfh und Enthufiaft war ihm die erhabene Schönheit, das ab- 
folut Große das deal. Bevor er feinem Volte die Früchte 
folhen Strebens fchenfte, hatte er als erfter Bahnbrecher des 
neu ermadenden Rolorismus gewirtt. Shien ihm aud urh 
häuslihen Einfluß und die angeborene Babe des formalen der 
plaftifhe Sinn in befonderer Stärke verliehen, fo regte fih doch 


I: Rurzfichtigeres als dem Heitgeift Uniform aufzwingen 
aG 





bald die Sehnfuht nad ,,dem vergeiftigten Spiegelbild aller 
Dinge“, dem Rolorit. Sein ganzes Leben ift ein fchweres 
Ringen mit feinem Rönnen. fühlte er fih einen fhöpferifhen 
Augenblid lang als Helios die Sonnenroffe bandigen, fo fab 
ihn Sie nadfte Stunde als Phaëton in fein Yidts ftürzen. 
‚Feuerbady's „Dermädtniß* ift der aufgerollte Vorhang vor der 
Tragödie eines tropfenweis verblutenden Märtyrers. Es ift ein 
fhwerer Frethum des Pfydlogen, ibn aus diefem document 
humain als den Defadenten zu beurtheilen. Er rang und litt 
für jede feiner Schöpfungen, und die zögernde Anerfennung der 
Mitwelt rettete ihn jedesmal dicht vor totalem Zufammenbrud. 
Der Rampf mit einem fhwahen Körper, mit den Sorgen für 
das täglihe Brod hat ibn nie zum Böhendiener der Alltags- 
mode herabgezerrt. Gmmer bat er fouverän die Pofe veradtet. 
Wie dem unglüdlihen Platen und Rleift hat ihm der volle 
Lorbeerfranz gefehlt; aber feine Runft bat thn zum Antäus 
werden laffen, und das Bemußtfein feines idealen Wollens lieh 
ihm die Rraft des Widerftandes fo lang er ftrebte. Jn den 
Annalen der Runftgefhichte ftebt Anfelm Feuerbad)'s Name mit 
goldenen Lettern eingezeichnet. €r ift Ser fonfequente Vertreter 
des Rlaffizismus auf deutfhem Boden. Trog der Hamlet-Zer- 
riffenbeit feines Innern, die aus dem Konflift des Wollens und 
Rönnens entfprang, ift er eine völlig gefchloffene Perfönlidkeit. 
Und je mehr er in fic litt, je musfelftarfer, eberner ftrebte er 
fein Wert zu geftalten. Diefes Werf vermag der RKritif gewiffe 
Blößen nicht zu verhüllen, aber oft ermadft hier dem Biographen 
die Pfliht des pfydologifhen Rommentators. Bleibt trokdem 
aud dann nod eine Lüde für die Dollfthakung, fo liegt diefe 
in den Grenzen feines Rönnens. Sein Wollen ftand unfehlbar 
auf der hödhften Höhe. 

‚feuerbady's Leben trägt den Stempel der Raftlofigkeit. Sein 
Genius ift ihm zum Dämon, niht zum Friedensengel geworden. 
Es trieb ihn von Ort zu Ort, es drängte ihn rubelos zu neuem 
Schaffen. Er fonnte ih nie genug thun. Die Rlaffizität bat 
er im Elternhaufe „mit der Muttermilch‘ eingefogen. Sein Pater, 
der Derfaffer des „Vatitanifhen Apollo“, erfchloß ihm früh die 
Leidenfhaft für das Briehenthum. Eine ftolze Familiendronif, 
die Atmofphäre des Feinfinns umgab feine Rindheit, aud als er 
nad Sem Derluft der erften Mutter im Haufe feines Broßvaters, 
des Appellations-Berichts-Präfidenten ‚Feuerbach, voll verzärtelnder 
Aengftlichkeit gehütet wurde. Dann prägte ihm die liebevolle 
Obhut einer Stiefmutter weiter den Haß gegen alle formlofigkeit 
ein. Ein Feblgriff für die fünftlerifhe Entwidelung des Sechzehn- 


362 


jährigen war fein anderthalbjähriger Aufenthalt an der Düffel- 
dorfer Afademie unter Shadow. Man verftand den hodbegabten 
Anaben niht und thm fehlte der Refpeft vor der greifenhaften 
Pedanterie diefer Schulung. Hier fhon kamen feiner Feuerfeele 
Anwandlungen, als müffe er „die goldne, liebe Jugend wie 
Thorheit belächeln“. Wir reproduziren zwei feiner Frühzeit 
Skizzen, den „Alerander und Bucephalus und die „Meden‘*, 
die den grandiofen Ernft, die herbe Tragit feiner jungen Mufe 
andeuten.*) Zwei weitere Jahre verlor er in Münden, und 
fernte darauf ein Jahr in Antwerpen unter Wappers den Begriff 


Deutfhe Runfe. 


fhon quälte ihn das Mißverftehen der deutfhen Kunſtgenoſſen. 
Der grau-grünlihde Schleier, das Charakteriftitum des feuer- 
bahfhen Rolorits, begann in damaliger Zeit feine Werte wie 
mit einem müden Haud zu überziehen. Ein Stimmungsfymptom 
des Malers überfliegt feine Schöpfung. Dem Plaftiter fhien es 
ein willfommenes Mittel, das Auge des Befhauers den Voll- 
werth Ser form genießen zu laffen. 

Ein fFreudeniiberfhwmang erfdiitterte des KRünftlers Seele, 
als ihn ein farg bezahlter Auftrag des Prinzregenten von Baden 
zur Ropie Ser Affunta Tizian’s nach Venedig entfandte. Jetzt 





A. Feuerbach. 
Original im Beſiß der Firma Frig Gurlitt, Berlin, Kunſthandlung. 


„Natur ſchätzen. 1851 glaubte er in Paris unter Coutüre den 
Wendepunkt ſeiner Entwickelung zu fühlen, als er „von deutſcher 
Spitzpinſelei zu breiter, paſtoſer Behandlung, von Schablone zur 
Anſchauung“ geführt wurde. In das Elternhaus nach Karlsruhe 
zurückgekehrt, begann eine leidenſchaftliche Produktion. 
Denetianifhe Farbengluthen leuchteten aus feinem „Hafis in 
Ser Schenfe und ,,Aretinos Tod. Der Geit Paul Deronefe’s 
podte madtig an das Innere des deutfhen Riinftlers. Jetzt 


*) Wir danken diefes Material, wie alle übrigen, bisher unpublizirten 
Hluftrationen dem liebenswürdigen Entgegenfommen der Gurlitt'fdhen Runft- 
handlung. Sie ift dur die Mutter Fenerbadh’s und durd emfiges Madforfden 
in den Befik diefer Werke gelangt. Als Entdeder und Förderer von Rünftlern 
wie Bödlin, Thoma, Feuerbach hat fih die firma frig Gurlitt ein bleibendes 
Derdienft im deutfchen Runftleben gefidert. 


Scanfpielfjene aus Hamlet, Oelgemilde. 


follte er fhauen, was er längt anbetete. Mit dem liederfroben 
Pictor Scheffel, der ihm eigenhändige Senfteige unterwegs auf- 
legen mußte, begab er fih auf die Reife. Doll gegenfeitigen 
Derftändniffes und feinfühliger Zurüdhaltung ift beiden echten 
Rünftlern die Zeit ihres Zufammenlebens in beglüdender Gemein- 
fhaft verftriden. Aud in Feuerbach's Bruft lebte der Poet und 
feine Naturfhilderungen im „Dermädhtniß* lefen fic) wie flang- 
reihe Profabymnen. Was die Affunta ihm in der Shagung 
Ser Heimath müßte, verdarb fein Bild die „Poefie*, und gerade 
bierin hatte er ein Symbol aller italienifhen Schönheit zu geben 
erftrebt. Die geboffte Penfion wurde ihm abgefhlagen. Don 
dem unerwarteten Schlage fat zu Boden gefchmettert, hebt fich 
fein fünftlerifhes Bewuftfein in fonzentrirter Feftigkeit. Ein 
fhöpferifher Trog padt ihn, und, hundert francs in der Tafche, 


Deutfhe Runft, 








fehrt er der Heimath den Rüden, um über Florenz weiter nad) 
Rom zu pilgern. Schon in ‚Florenz fühlt er ih im Schauen 
des Schönen derart ergriffen, daß er die Uffizien verlaffen muß. 

Jn Rom vollzog fih trog feiner Eriftenzforgen die Seelen- 
wandlung. Er fab in den Bildern der Galerien die Vertörpe- 
rung der eigenen Lebensaufgabe. Don dem jungen Rünftler jener 
Tage erhafhen wir flühtige Bilder. Wir fehen ihn wie ein 
zartes Madchen von Bödlin und Begas zu Spaziergängen 
energifch unter den Arm genommen, hören ihn zur Guitarre mit 
tiefer, melodifher Stimme Lieder vortragen. Ein Liebesroman 


863 


feine ernften Riinftlerbetractungen nieder. Vornehme Einfachheit 
bat er als einziges Runftideal erfannt, und ein Grimm erfaßt 
ihn über alle Theaterlüge deutjcher Modemaler, ja die ihm früher 
vorbildliden Franzofen finfen zu „Spadtelmalern‘ herab. Sein 
luftwandelnder ,,Dante wird glei einem Mozart'jen Andante 
auf die Leinwand gezaubert und ftrablt Palmas Goldton in 
rubigem Sonnenfhimmer aus. Während fein zum Gelderwerb 
gezwungener Pinfel Porträts, Madonnenbilder und Rindergruppen 
malt, bannen bereits die Konzeption einer „Ipbigenie‘‘, des „Baft- 
mabls Platos“ und eine „Amazonenfhladpt peine Fünftlerifche 





A. Seuerbah. Dante und Francesca da Rimini, Oelgemälde, 
Original im Befig det Runjtbandlung frig Gurlitt, Berlin, 


mit Nana, jener ſchönen, römiſchen Schubmaderfrau, fniipfie fid 
damals an. Sie zog es ſchließlich vor, mit einem Lord das 
Weite zu fuden, aber ihr Antlig, ihre Beftalt blieb der Künftler- 
feele eingeprägt, und feuerbad's Jpbigenie, Medea, feine Eurpdite 
und Minerva tragen Nanas Züge. Aud) auf einem feingezeid- 
neten, aber foloriftifh eintönigen Bruppenbild fpäterer Tage, 
das er der Stiefmutter widmete, wiederholt er ihr Porträt im 
Vordergrund. Er vereint die Römerin bier mit einigen feiner 
weiblichen Lieblingsgeftalten, der fhönen Befangskünftlerin Or- 
ganyi, einem Modell aus dem „Konzert, und läßt die anmuthige 
Gefellfhaft träumerifh in den Garten der Villa Borghefe weilen. 
Aber aud den reizbaren, einfamen Künftler finden wir in jenen 
römifchen Tagen. Schwermüthige Schatten auf den dunfelblauen 
Augen, die feine Hand in feine fhwarze LCodenfülle vergraben, 
fhreibt er auf „ser gottbegnadeten Tafel des ftillen Denkens“ 


Seele. Jahre hindurd haben alle großen Rompofitionen an 
feinem Fühlen gezehrt, und der Prüfftein eines Werkes war ihm 
immer das Maß bingebender Liebe, das es ausfprad. 

Ein bedeutfames Werk, die „Pietà“, das er zur Münchener 
Ausftellung fandte, verfdaffte ihm die Bönnerfhaft des Brafen 
Shad und damit eine forglofere Eriftenz. Jm- Auftrage diefes 
Mäcens malte er genrehafte Szenen, während feine Seele „mit 
fpredbarer Gluth nad großer Hiftorie dürftete. Er trennte fih 
voller Dankbarkeit von dem hodberzigen Runftfreund, weil er 
den gebieterifchen „Forderungen der eigenen Bruft folgen mußte. 
fern von der Heimath, feine unfterblihe Sehnfuht im Herzen, 
fühlte er die Geftalt der priefterlidhen Jphigenie in fih nadh Ge- 
ftaltung drängen. Jm Jahre 1862 fhuf er ihre Bild in vollen 
Farbenafforden, nod etwas romantifch-fentimental, um denfelben 
Dorwurf zehn Jahre fpäter in der ftatuarifhen Bröße der antifen 


364 


Deutfdhde Runf. 





Tragödie, in leidvoll angebaudten Halbténen nod einmal zu 
wiederholen. Und mit der Feit fteigerte fid) die Sehnfudt des 
fauftifhen Malers, dic Grenzen wurden iiberfdritten, iiberlebens- 
groß, titanenbaft erwähft aus der taurifchen Priefterin die fol- 
hifhe Damonin ,, Medea’. 

In ihrer föniglihen Weibesfeele muß ein verftärkter Dollton 
des Derlaffenfeins ausklingen. Gn allen Stadien vor und nad 
ihrer graufigen That befhäftigt ibn Medea in einer Fülle von 
Sfiszen und Studien. Den Gipfelpunft bezeihnet „Meder auf 
der fluht in Ser Mündener Pinafothef. Die Summe aller 
feiner Runftprinzipien 308 Anfelm fFeuerbad im „Baftmahl des 
Plato“. Hier verfegt er uns auf die Höhe aller antifen Kultur, 
die zugleih den Reim des Verfalls in fidh trägt. Jn das feier- 
lide Sympofion edler Denker und Dichter läßt er die ungeftiime 
Sinnenluft eines untergrabenen Spbaritismus eindringen, neben 
Plato und Sokrates ftellt er Alfibiades und die Tänzerinnen. 
Wie in Hamerling's Rünftlerroman „Aspajia* Liht- und Shatten- 
fontrafte den Geift Ser alten und nenen Heit charafterifiren, 
wählt der diefem Dichter verwandte feuerbad) denfelben ver- 
bangnifvollen Rulturwendepunft zum Stoff feines bedeutfamen 
Wertes. Was Hamerling jedod mit Matart'fhen farben- 





A. Feuerbach, Im Garten. 
Original im Bei der Runftbandlung friz Gurlitt, Berlin. 


Oelgemälde, 





fumphonien umraufcht, tönt der Maler astetifh ab. Er will durch 
feinen Effekt beftehen. Er will monumentale Geftalten, rein ge- 
zeihnet, tlar disponirt, wie ein antifes Basrelief binftellen. 
Wieder ordnet fi der Maler dem Plaftifer unter. Es gefhiebt 
dies aud) in diefem Werf, um in gefdhloffener Befammtwirtung 
fein Geprage des bherben Heroismus feftzubalten. Die mord- 
luftige Rriti? it damals verftändniflos mit dem Werte um- 
gegangen, und nur die hannöverfche Malerin Fräulein Röhrs 
rettete feuerbah durch ihren Ankauf vor verhängnißvoller 
Seelenverfaffung. Gn der figurenreihen „Amazonenfhladht‘, 
einem Bemälde von 24° Länge und 15° Höhe fuchte er die 
plaftifhe Formenfhönheit unbefangener Nadtheit in mannig- 
fadften Stellungen zum Ausdrud zu bringen. Das gefpenftifde 
Grau des Rolorits erzielte die Wirkung einer Kartonfhöpfung, 
trokdem Sie entfeffelte Wucht leidenfchaftlihen Anftürmens ein- 
bertobt. Diefes Werf, das bemwegtefte Bild des Künftlers, ift 
jetzt im Befie der Stadt Nürnberg und zeigt befonders in der 
Vorarbeit feines Stizzenmaterials Rubens’fhe Riefenhaftigkeit. 
Auf der Höhe feines fiinftlerifhen Schaffens folgte der 
Meler 1873 dem Ruf als Profeffor der Hiftorienmalerei nach 
Wien. Jm Sybaris der Beifter fhäumte die LCebensluft damals 
duch die Zeit des Griinderthums in be- 
fonderem Uebermaf. Der fpartanify em- 
pfindende Feuerbah 309 fih auf fih felbit 
zurüd, und nur wenige @etrene ahnten die 
fille findlihen SLiebesreihthums in feiner 
großen Seele. Wie gern hätten fid) Sem 
berühmten Rünftler alle Salons geöffnet, wenn 
er nur ein wenig den Rompromiß mit der 
Trivialität verfucht bätte. Man mißverftand 
feine Schöpfungen, eine Steuermifere ver- 
bitterte fein Ceben, und wie Grillparzer 
litt er unfägli unter bureaufratifhen Rlein- 


licdfeiten. Als man nad mehreren be- 
ftellten Dedengemälden für die Runft- 
akademie den Auftrag bis auf das 


Mittelbild, den „Titanenfturz*, zurüdnahm, 
war das Leidensmaß für den inzwifhen 
fhwer erfranften Riinftler voll. Nah einem 
kurzen Urlaub auf italienifhem Boden wieder- 
bergeftellt, verließ er tiefverlegt das Bereich 
Mafart'fher Tropenfehwiile. Jn Nürnberg 
erfrifchte ihn der Auftrag, den „Empfang 
Ludwig des Bayern fiir den Juftizpalaft zu 
malen, mit deffen Ausführung er hohe Ebren 
erntete. Die Sehnfucht trieb ihn nad Ftalien, 
wo er mit einer föniglihen Sicherheit obne 
Bleiben aus voller Seele an feinem monu- 
mentalen „Titanenfturz‘ weiterarbeitete. Ein 
läbmender Pefjimismus batte fih mehi und 
mehr über ihn gelagert. ,,Ueberzeugen fann 
id) die Welt nicht, nod) weniger mid ibr 
unterordnen war des Gllufionsberaubten 
Glaubensfak geworden. Ein „Konzert, zu 
dem ibn ein Madchen-Quartett auf dem Lido 
anregte und deffen Ausführung der plößliche 
tragifhe Ertrintungstod der Mufizirenden er- 
fhwerte, bat die Berliner National-Balerie 
als legte Pinfelthat Feuerbady's erworben. 
Bittere Rlagen über die Harte und Theil- 
nabmslofigfeit feiner Zeitgenoffen auf Sen 
Lippen ftarb er einfam in einem Hotel Ser 
Lagunenftadt am 4. Januar 1880. 

ytliht im Leben, fondern am Leben“ 
ift er nad) eigenem Wort zu Brunde gegangen. 
Bei dem Tode des foeben verftorbenen Burne- 
Jones liegt ein Vergleich beider Rünftler nabe, 
on der fnofpenbhaften Verfchloffenheit, dem 
melandolifden Hinbriiten ihrer Geftalten ftromt 
verwandtes Seelenfluidum. 


Deutfhe Ranft 


365 


Das Landesmufeum in Zürich. 


chon oft ift die Derwirflidung großer nationaler Jdeen 

an fleinlider, partifulariftifher Mißgunft gefcheitert, das 

gute Pbilifterthum ift nun einmal bei einfeitiger Auf- 

faffung zu fehr von dem alten Sage Surdhdrungen, daß 
der Theil mehr fei als Sas Ganze. So führten, als das 
Landesmufeum gefhaffen werden follte, Züri und Bern 
einen feindliden Kampf um feinen Sik. fiir Bern ftimmte 
der Nationalrath, für Züri der Ständerathb, und ſchon 
fhienen lofale und fantonale Eiferfühhteleien das große natio- 
nale Werf als ewiges Phantom in die Luft zu rüden, da 
gab der Rliigere nah, indem der Nationalrath indirekt 
duch Stimmenenthaltung oder aud Sireft mit dem Ständerath 
wählte und fomit die Sikftage für Zürich entfhied. Die fhöne 
nationale Jdee hat alfo ihre fteinerne Derwirflidung . gefunden, 
deren fi aud Bern neidlos erfreut. Jt doch das Landes- 
mufeum eine Centralfammlung, die die ganze Schweiz repräfen- 
tirt, ein Bemeingut und Wahrzeihen nationaler Einigkeit. Am 
25. Juni wurde das Mufeum eröffnet, nachdem beinahe ein 
Jahrhundert verfloffen ift, feit die Erhaltung vaterländifcher 
Alterthümer von Staatswegen durd einen Erlaß der hödhften 
Landesbehörde der Schweiz defretirt wurde. Gn den betreffenden 
Befdliffen des „PVollziehungs-Direftoriums der einen 
und untheilbaren helvetifhen Republif*, die vom 15. De- 
zember 1798 und 16. April 1799 datiren, heißt es unter 
anderem: 

„on Erwägung, da die Sammlung diefer Art von 
Nationalfhägen in einem gemeinfhaftlihen Mittelpunfte leicht, 
wenig foftbar und für den fortgang der tehnifhen Kenntniffe 
und der fhönen Rünfte in Helvetien fehr nütlic) ift und daß fie 
das einzige Mittel ift zur Verhütung unmwiederbringliher Schädi- 
gungen in diefem fade...“ 

So fprad fhon vor hundert Jahren der Minifter 
der Rünfte und Wifjenfhaften Stapfer den grundlegenden 
Gedanken aus, der heuer zur fteinernen Thatfache ge- 
worden ift, naddem ihm, Profeffor Döglin im Jahre 
1880 nochmals mit aller. Energie aufgenommen hatte, um 
wenigftens die Gründung einer verdienftvollen Befellfhaft 
mit einem febr langen Namen der „Schweizerifhen Ge- 
fellfhaft zur Erhaltung biftorifher Aunftdentmäler* durd- 
zufegen, deren Zwed und Nothwendigkeit Dögelin mit den 
Worten ausfprad: 

„Es giebt formen, in welhen der nationale Gedante 
feinen unvergänglihen und monumentalen Ausdrud ge- 
funden bat. Das find die gefhichtlihen Denkmäler eines 
Doltes, die lebendiger als alles andere Zeugniß ablegen 
von feinem Wollen und Rönnen, von feinen Thaten und 
Gefhiden, von feinen Hoffnungen und feinen Jdealen.‘* 

— — — — ,,Schamlofer,- zudringlicer ift die Plün- 
derung der Schweiz Surd ausländifhe und inländifche 
Antiquare nod niemals betrieben worden als jett. Laffen 
Sie abermals zwanzig Jahre vorbeigehen und Sie werden 
nur nod abgemweideten Boden finden !* 

Der Menfch foll ftets mehr wollen, als fich erreichen 
läßt, weil er gemwöhnli weniger erreiht, als er will. 
Dögelin erreihte die Gründung jener Befellfhaft mit dem 
langen Namen, er wollte aber bereits ein Mufeum als Shug- 
ftätte nationalen Reihthums. Yun endlich fteht es da das 
langerftrebte Denfmal in feiner fchweizerifhen Eigenart, 
eine Zierde der ganzen Republif, und ift thatfadlid das, 
was das Japanifhe Palais in Dresden feiner euphe- 
miftifhen Firma nah einmal fein follte, ein museum 
usui publico patens. d 

€s macht niht den ernüdhternden Eindrud eines 
Sammelfaftens und Raritätenfpeihers, in dem man wohl 
Theile aller Zeiten in Händen bat, leider aber aud das 
geiftige Band fehlt. Ein Stüd Schweizer-Stadt fteht da, 
deren ‚formen in woblbefannten Typen zu uns fpreden, 





bier als alter Bekannter der vierfantige Thorthurm, dort ragen 
fpige Giebel; bier winfen traulide Erter, wie die freundlicy blinzeln- 
den Augen des hohen Daches; iiberall gemiithlide Winkel und 
laufhige Eden. Das ift fein Mufeum im fteifen Staatsfleide, 
vor dem man einen heiligen Refpeft bat, das ift eine gut bürger- 
lihe Stätte, das ift fein pompöfer Pradtbau im Palaftftile 
italienifcher Renaiffance von Semper oder in der antififirenden 
Art des RKlaffizismus eines Schinkel und Alenze; folde 
arciteftonifden Wunderwerfe gönnen wir von Herzen den großen 
deutfhen Runficentren Dresden, Berlin und Münden, unfer 
Landesmufeum ift als Sammelftätte nationalen Schaffens ein gut 
fhweizerifher Bau von Buftav Gull und gebietet in feinen 
Dimenfionen Ebrfurdt, urd) feine ‚Formen aber erfüllt er mit 
unfagbarem Bebagen. 

Der Bewohner diefes Bebäudefompleres tann fie nur felbft 
fein — die Schweiz, die alte und die junge, die ganze Schweiz. 
Yun fällt es uns mit einem Male ein, zu wem wir bier 
fommen; wir maden uns felber einen Befud) und werden von 
uns felber empfangen und unferen Doreltern. An die Shau- 
ftellung ihres fleifes fniipfte bei Ser Eröffnungsfeier Herr 
Regierungspräfident Nägeli die aufmunternden und mahnenden 
Worte an: 

„Wir haben heute ein Werf eingeweiht, das niht nur der 
Gegenwart beftimmt ift, das wie wir hoffen Generationen über- 
dauern wird, zu deffen Ausbau nod viele fommende Gene- 
rationen ihr Beftes beitragen follen. Die Beiträge einer 
jeden Generation werden beredtes Zeugniß ablegen 
von ihrem Wollen und Können und 3u Bradmeffern 
der jeweiligen Rulturftufe werden. Darin liegt für 
unfere Generation eine bodernfte Mahnung, dafür 


U. Seuerbadh, Hana. 
Original im Bejik der Runftbandlung frig Gurlitt, Berlin, 


366 Deutfhe Runft 











A. Feucrbad. Medea, Handzeichnung. 
Original im Befi der Runftbandlung frig Gurlitt, Berlin. 


Sorge zu tragen, daß wir den uns zufommenden Plaß 
in der Entwidelungsgefhihte unferes Landes und 
Dolfes ehrenvoll einnehmen, daß wir in unferen Dent- 
mdlern aud würdige Zeugen unferes Dafeins binter- 
laffen.“ 

Herr Stadtpräfident Peftalozzi fohilderte einen Gang 
Surh die Räume, von denen jeder ganz im Charakter einer be- 
ftimmten Epoche gehalten ift: 

Wir feben das Leben unferer Vorfahren, fprad er, 
unferer älteften Dorfabren, aus den Zeiten des „Schweizer- 
bildes* und der Pfablbauten vor uns. Wir fämpfen mit 
ihnen in Sen Hodblen von Schaffhaufen, an Sen Ufern 
unferer Seen gegen eine undantbare, von gefährlichen 
einden wimmelnde Natur. Und in diefen entfernten und 
rauhen Zeiten ftoßen wir fhon auf Rudimente fünftlerifchen 
Schaffens in ihren fhüchternen Ornamentationsverfudhen, 
in ihren Zeihnungen, deren Naivetät ennoh nicht des 
Reizes entbehrt. Es folgen die Spuren einer raffinirten 
Civilifation, die die Römer zu uns bradten und von deren 
Glanz die wiffenfhaftlid geleiteten Ausgrabungen in den 
großen Städten Augufta Rauracorum, Vindoniffa und 
Aventicum beredtes Zeugniß ablegen. Die alemannifd- 
burgundifhe Periode wird uns zweifellos niht allzu lange 
aufhalten, denn wir werden zu fehr durd das Erwaden 
unferer Schweizer Runft gefeffelt, weldhes im Mittelalter be- 
ginnt, um fi bis auf unfere Tage 3u erftreden. Fest 
erft beginnen für uns die eigentlichen, fünftlerifhen Benüffe. 
Und wie fönnte dies aud anders fein gegenüber diefer 
berrlihen Sammlung von nterieurs, die uns nicht in der 
gewöhnlichen Art eines Mufeums geboten werden, fondern 








pietätvoll in das Banze des Baues mit allen ihren formen 
und in ihren urfprüngliden Brößeverhältniffen eingereibt 
worden find. 

Wir verlaffen fo den Rathfaal von Mellingen aus 
dem Jahre 1466 und begeben uns in die Säle der alten 
Ftaumünfterabtei, die uns nad vier Jahrhunderten von 
den Gebeimniffen der Aebtiffin KRatharine erzählen und 
uns beweifen, daß Sie Nonnen aus dem Jahre 1500 
deswegen, weil fie eingefhloffen waren, nod nidt auf 
alle Erdenfreuden verzichteten. Aweifellos wiirden fick diefe 
frommen Damen noh in ihrem Rlofter glauben, wenn fie 
beute in diefe Säle zurüdtommen fönnten, welhe pietät- 
volle Sorgfalt fo gut erhalten und fo refonftruirt bat, 
wie fie verlaffen wurden. Gbre Ahnen, Herr Stadtprafi- 
dent, baben 1585 niht übel in Chiavenna gewohnt, ebenfo 
wenig wie jener Marfchall Lohmann, der aus fremden 
Dienften heimfehrend, fic) in Züri) mit den Bildern her- 
vorragender Perfonen, die er gekannt hatte, umgab, jeden- 
falls um nod mit ihnen über feine feldzüge und Aben- 
teuer plaudern zu fönnen. Und diefe Täfeleien, diefe 
Holsfohnitereien, das ift fo recht unfere einheimifhe Runft; 
das find unfere ureigenen Formen, die bei uns gefdhaffen 
wurden, und die nidt von der Nahbarfhaft entlebnt 
wurden. Und weiter bier, entfprehend dem genannten 
Wand- und Plafondfhmud, als wollten fie ibm mebr 
Wärme und Behaglichkeit verleihen, unfere Glasmalereien 
aus dem 16. Jahrhundert, die unfere Nachbarn aus unfern 
Fenftern nahmen, um fie zum fohönften Schmud ibrer 
Sammlungen zu madhen! Wan betradhte den Glanz ihres 
Roth und Bold, ihr fattes Blau, das heute nod nicht ge- 
bleiht und niemals erreiht worden ift, und man wird 
gefteben miiffen, daß die Riinftler, die fie gefhaffen, die 
großen Meifter ihrer Runft find: und bleiben. Jhnen zur 
Seite fteben unfere Bolöfhmiede und Cifeleure des 
16. Jahrhunderts, mit ihren fo mannigfaden und fo 
fhönen Prunffchalen, und unfere Schmiede mit ihren ebenfo 
foliden leichten Gittern. 

Dervollftändigt wird diefes Befammtbild durch die weib- 
lihen Arbeiten: Spitzen?löppeleien, Tapeten- und Teppich- 
arbeiten, deren Zeihnungen nicht gewoben, fondern im Wallis 
oder in der Oftjchweiz geftidt wurden und von denen ein fihönes 
Mufter uns den Beweis dafür leiftet, daß die Frauenemanzipation 
niht von heute ftammt, indem fhon im 16. Jahrhundert die Königin 
von Saba, Dalila, Bathfeba und Judith die Fähigkeiten der 
Frau und ihre Ueberlegenbeit über den Mann offenbarten. Nicht 
vergefjen will ih unfere Töpferfunft. Die großen Winterthurer 
Radelöfen in Blau und abwedfelnd in Gelb und Blau; die 





aro Nl 
x I \ 


A. Feuerbach. Wlerander und Bufephalus, Handzeichnung, 
Original im Befig der Runfthandlung frig Gurlitt, Berlin. 


Deutfde Run ft. 


367 





einfahen Steingutarbeiten aus Langnau, Heimberg und dem 
Simmenthal und die fünftlerifh ausgeführten aus Züri und 
Winterthur, deren Farbe dem Delfterblau in nidts nachgiebt, 
endlich Siejenigen von LBeromünfter in ihren ausgefprodenen 
farben. Weldhe Mannigfaltigfeit in einer Runft, die große Tage 
gefeben hat! Die reizendften Blumen diefes Rranzes bilden aber 
die Porzellanarbeiten des legten Jahrhunderts. Unfer Jüriher 
Porzellan, mit feinen in lebhaften Farben gebaltenen Blumen- 
malereien, mit feinen ruhigen Candfdhaften und idyllifden ‚Figuren 
wird der Schmud und das reizendfte Milieu unferes Wufeums 
fein. Es entzüdt uns in dem Kleinen Rofofo-Salon und wird 
alle frauen von Befhmad in dem Maße fasciniren, Saf fie 
eine unauslöfhlihe Erinnerung an jenes feffelnde Milieu mit 
beimnehmen und nur be- 
dauern werden, daß fie 
fonft nidts von all den 
reizenden Dingen heim- 
nehmen dürfen. — Und 
ganz abjfeits, viel befchei- 
dener, erbliden Sie das 
reizende Nyon - Gefdirr 
Louis XVI., mit feinen 
in ihrer Einfachheit fo 
feinen Schmetterlingen und 
Rornblumenbeeten. 

Der impofantefte Raum 
des ganzen Mufeums ift 
die die ganze Länge des 
Mittelbaues einnehmende 

zwei Stodmerfe hohe 
Waffenballe, deren eberne 
Waffen von dem blutigen 
Ringen Ser Voreltern um 
ihre ‚Freiheit erzählen. 
Das Innere des Can- 
desmufeums hat fih ge- 
wifjermaßen fein Aeußeres 
gebildet. Die verfdiede- 
nen Rulturepoden, die in 
der Gnnenarditeftur ibren 
Ausdrud gefunden haben, 
verlangten in der äußeren 
Geftaltung eine Dermen- 
gung der Bauftile, die fid 
in gefhmadvoller Weife 
vollzogen bat, jo daf 
nirgends ein  fihroffer 
Uebergang vom romanifchen zum gothifhen oder vom gothi- 
fhen zum Renaiffanceftil ftör. Der Eingang befindet fidh 
unter dem großen Thurme. Die Hauptfafjade, die feinen Portal- 
fhmud aufweilt, it nad der Straße gerichtet und zerfällt in 
drei Theile, einen maffigen, gothifirten Mittelbau und zwei im 
Stile der deutfchen Frührenaiffance gehaltenen Seitenbauten. An 
diefe Seitenbauten feken nad rüdwärts laufende Flügel an, die 
im redten Winkel abbredend den Hof mit umfihliegen. Thürme, 


af ce. 2 








A. Seuerbah. Panther, Studie zu einem Oecelgemilde. 
Original im Bejike der Runfthandlung frig Gurlitt, Berlin. 


die zwifhen den einzelnen Bebäudetheilen eingefügt find, erhöhen 
die malerifhe Wirkung des Banzen und bringen in den fehweren 
und gediegenen Befammtdharakter einen leichten, lebendigen Zug. ` 
In arditeftonifhen Einklang mit dem eigentlihen Mufeumsbau 
ftebt das mit ihm verbundene Gebäude der Runftgewerbefdule. 
Jwifhen beiden Bauten ragt der Thorthurm empor, die Nad- 
bildung eines Thurmes in einem altfchweizerifhen Schloſſe des 
Rantons freiburg. 

Das Landesmufeum ift eine Derförperung des nationalen 
Gedanfens, um Profeffor Ddgelin’s Worte zu wiederholen und 
hat einen hoben pädagogifhen Werth als Kraftborn, aus dem 
alle Schweizer ftets wieder von neuem ihr Nationalgefühl ftärten 
fönnen, als Bildungsanftalt für beimifdhes Handwert und Ge- 





werbe, das in ibm als Vorbild das Befte findet, was in der 
Schweiz feit Jahrhunderten durd Handarbeit gefhaffen worden 
it, als Erziehungsorgan für das gefammte Volf, auf daß es 
nationales Runftgefühl und KRunftverftändniß babe und verbreite. 
Hu diefem Ylationaldenfmal, in dem alte Seiten wieder lebendig 
geworden find und neben neuen blühen, werden die Schweizer wall- 
fabrten mit derfelben Liebe und Verehrung für [hweizerifhe Araft 
wie zu dem Standbilde Tell’s, aber fie fonnen nod mebr da lernen. 


Sonder-Ausftellung der „Dereinigten Werkflätten für Kunft im Bandwerf“ 
auf der Großen Berliner Kunft-Ausftellung. 


ndlid madt fih die moderne dekorative Bewegung aud auf der 

Großen Berliner Kunft-Ausftellung geltend und bringt einen 

frifhen Zug in das herfömmlihe Ausftellungswefen. Durd thre 
prattifhe Bedeutung zieht fie das Publitum an und dur ihren fünftlerifchen 
Werth lenft fie den Sinn auf das Schöne und vermittelt fo als wirffame 
Dereinigung die Aunft mit dem alltäglihen Leben, als Derfhmelzung von 
Schönheit und Zweddienlichfeit zwifhen Künftler und Publitum. Auf dem 
Wege veredelten Runftgewerbes fommt der Rünftler dem Publifum entgegen, 
ohne darum Zugeftändniffe zu maden, und gewinnt es; nur durch das Runft- 
gewerbe fann die moderne Runft gefunden und zur höchften KRunft der Volfs- 


funft erblühen. Dabei aber find Ausftellungen wie die der „Vereinigten 
Wertftätten" aud infofern Erziehungsmittel für das Dolf, als fie dem 
Riidgange des Familtenlebens feuern, indem fie den Sinn für ein traulides 
Heim und mit ihm die Liebe sur Hauslidfeit, die leider beim Volke tm 
Shwinden find, wieder erweden. Golde Perfpeftive, deren Wufenpuntt immer 
nod im Hortzonte realen Lebens und feineswegs im Blauen liegt, ift Deran- 
lafjung genug, um im unferen Ausftellungen das Runftgewerbe in engfter 
Dereinigung mit den Werken freien künftlerifhen Schaffens gelten zu laffen. 
Diefe Dereinigung, wie ich fie mir denke, finde ih in der Berliner Ausftellung 
nod nidt; Runft und Runftgewerbe treten getrennt auf; ihr Zufammenwirken 


368 


3u intimen Snterieurs ift faum angeftrebt. Wäre die Ausftellung der „Der- 
einigten Werkftätten‘ Beine Sonderausftellung innerhalb einer großen Runft- 
ausftellung, wäre fie mir lieber; fie felbft würde dann aud den Erwartungen, 
die man an die Deranftaltung gefniipft bat, mehr entfpreden und weniger ver: 
loren, weniger ärmlih wirfen. Daran ift freilih aud) der bedanerlihe Um- 
ſtand ſchuld, daß der Verein in feinen vier Zimmern rehts von Saal 5 in- 
folge des Mündener Tifchlerftreifs einftweilen weniger ausftellen fonnte, als 
er wollte. Es find die Riemerfhmid’fhen Arbeiten, fiher gerade die 
beiten, die ausgeblieben find. Jn einem Cedernholzcredenz mit fein ge- 
zeihneten Befhlägen und einem Rupferleucter ermeift fih Riemerfhmid 
vor der Hand als Meifter der graziöfen Linie. Hermann Obrift, der fon 
vor Jahren durd feine Stidereien Wufjeben madte, hat nun and fefteres 
Material vorgenommen. Seine Truhe ift ein fhönes Möbel mit ganz vor- 
züglihen Befhlägen und überrafcht mehr als feine Riffen mit ihren gefhmad- 
voll geftidten Pflanzenmuftern, die nur gerechten, aber allerdings fehr hohen 
Erwartungen entjprehen. Dielen dürften fie übrigens ebenjo wie die Truhe 
fhon aus illufteirten dekorativen Heitfchriften befannt fein. Arbeiten aller- 
erten Ranges find au feine eigenartige Bettdede, die Tifhdete mit Appli- 
fation von Leder auf Leder und eine Porticre mit funftvoll in weißer Seide 
geftidten floden. Einen befremdenden, unorganifhen Eindrud in der An- 
ordnung madt es, daß Riffen auf Tifchen liegen, und die Bettdede an der 
Wand hängt; da gehören dod) beide faum bin.. Das ift Aaufhausarrangement. 
Ein verunglüdtes Stüd ift ein Schranf aus graugrüner ungarifher Ejhe von 
Alfred Petrafdh. Selbft armfelig und reizlos im Aufbau, imponirt er nur 
duch feine Befhläge, die in der Zeihnung den Riemerfhmid'fhen und 
Obrift'fhen mindeftens gleidfommen. Es fheint faft, als betonten die neuen 


Deutfhe Runft. 


funftgewerbliden Beftrebungen 3u febr YMebenfadlides und vernadlafjigten 
dabei die Ronftruftion des Ganzen, als fame es unferen Rünftlern für das 
Handwerk weniger auf einen neuen, eigenartigen Aufbau der Möbel felbft an, 
als auf ihre Ausfhmüdung, die dann leiht zum glänzenden Dedmantel ftil- 
lofer Aermlichkeit wird, anftatt natürliher Ausläufer der Schönheit des Banzen 
in feine Yebentheile, organifh bedingte Aeußerung überfhüfjiger Kraft zu fein. 

Einwandfreie Arbeiten von forgjfamer Tehnit und entzüdender farbiger 
Wirkung find die Glasfenfter von Bruno Paul, die in einfach gefärbten, 
mit flufglas gemifhtem Material leicht gezeihnete bachantifhe figuren dar- 
ftellen. Befhmad und Zweddienlihfeit find vereint in den aus Rathedralglas 
einfach bergeftellten Uble'fhen Fenftern mit fohlihten Linienornamenten 
und Blumenmotiven. Beftridend durd eine wirkfame Verarbeitung des 
Flußglas genannten, in verfhiedenartigen Strömen durdheinandergezogenen, 
opalescenten Blafes find die freudig geftimmten Blumenfenfter von Chrifti- 
anfen, deren Seidnung in fünftlerifh vollendeter form die Mitte halt 
zwifhen Stilifirung und Natur. Das Zimmer mit den Uble'fhen 
Fenftern zeihnet ih nod aus Surh einen praftifhen Schreibtifh von Shulße- 
Naumburg, der bier aud nad den daneben hängenden Skizzen eine feiner 
landfhaftlihen Wandmalereien in gobelinartiger Manier ausgeführt hat, und 
vier Stühle von Bernbard Pankof, die wirklid zum Siten einladen, was 
nit alle modernen Stühle tbun. Schulte: Naumburg hat übrigens auch 
als Deforatenc der Ausftellungsräume einen fehr foliden Befhmad bewiefen. 

Das Gefammtrejultat der Ausftellung der „Vereinigten Werkftätten‘* ift 
leider fein durhaus befriedigendes. Jeder hat der lobenswerthen Der- 
anftaltung mit großen Erwartungen entgegengefehben, und mander fühlt fic 
nun dur ihren quantitativen und qualitativen Mangel enttäufcht. 


Mittelalterliche und neuere Stilformen im Rahmen. 


Der tünftlerifhe Befhmad Ses Laien erfhöpft fic nod 
feineswegs mit Sem Ankauf guter Bilder, er bethatigt fic als 


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Spiegelrahmen in Silber getrieben. 
Sammlung Beorg Hirtb, Münden. 





Ende 17. Jahrhundert, 


eine häusliche Tugend recht eigentlich erft im Aufhängen malerifhen 
Schmudes an den Wänden des Zimmers. Hierfür beftehen nun 
beftimmte, funftgemäße Regeln, die fidh 
von zwei Gefidtspuntten herleiten, vom 
Bilde felbft und von der ‚Fläche, die es 
beleben und fcmiiden ſoll. Zunächſt, 
fhon ebe das Bild feinen Beftimmungsort 
gefunden hat, führt das Bedürfniß nady 
Bejchlofjenbeit zum Rahmen; momentane 
Rubepunfte in der unaufbaltfam vorüber- 
rauſchenden Bilderfludt des Dafeins, die 
mit jedem Augenblide, mit dem Fleinften 
Weiterfchweifen des Auges wechfelt, for- 
dern als fünftlerifh wiedergegebene Aus- 
fhnitte aus dem Leben eine Umgrenzung, 
die cine Rube bes Vlies gebietet. Wir 
finS gewobnt, folcde Wusfdnitte in Wirt- 
licfeit Surh die Rahmen der Thüren 
und Fenfter oder im Spiegel zu feben 
und übertragen unbewußt diefe Bewohn- 
beit auf das Bild, um gewiffermaßen feine 
Unwandelbarkeit und feine Einfhräntung 
des Auges zu erklären und logifh zu 
begründen. Der Bilderrahmen ift eine 
Gefühlsnothwendigkeit, als foldhe entfteht 
er; er wird aber aud) durd Bedingun- 
gen von außen und innen zu einem 
äftbetifhen Bebilde und als foldes be- 
fteht er. Abgejeben davon, daß er zum 
"Ausdrudsmittel einer im Bilde enthaltenen 
oder vom Befiger ins Bild bineingetra- 
genen Stimmung werden fann, bat er 
aud die Aufgabe eines Vermittler; er 
foll das Bild in Zufammenbang fegen 
mit feiner Umgebung. Darum müffen fic 
Form und Farbe des Rahmens richten 
nit nur nad) dem einzufchliegenden Bilde, 
fondern aud nad Ton und Mufter der 
Tapete fowie der Einrichtung des Zimmers, 
in das er fih barmonifch einfügen foll. 


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Deutfhe Runf. 


Sum optifhen Täufhungsmittel darf der Rahmen dabei nie 
werden; man muß aud) bet feiner Erhöhung über die Bild- 
lähe den Sag von Helmbolk bedenken, daß ein Unter- 
fied, den unfer Auge wahrnehmen fann, größer wirft als er 
in der That if. So würde ein Bild durd) eine ftar? nadh auken 
abgefhrägte Umrahmung aus der Wand berausgedrängt, in 
einem nad) innen zu aber fhräg vertieften Rahmen in die Wand 
bineinfinten. Wenn eine folde Umrahmung aud vortheilbaft 
fein fann für die Wirfung des Bildes, fo hebt fie dod) den fldden- 
haften Eindrud der Wand auf, der trog aller Deforation er- 
balten bleiben muĝ. 

Urfpriinglid waren die Rahmen, die man fon in den 
älteften Zeiten fannte, tertilen Charaktere, den fie bis in die 
Zeit des romanifhen Stils hinein bewahrt haben. Erft in der 
Gothif, nadh der Erfindung der Oelmalerei durd die Brüder 
van Evyd, bildete 
fih der plaftifche 
Rahmen aus und 
zwar ausgehend 
vom arditefto- 
nifa gegliederten 
Altarrabmenwerf, 
das in der Re- 
naiffance endlid 
feine endgiltige 
Profanation fin- 
den follte in einem 
Aufbau, der von 
zwei Pilajtern, 
auf denen ein be- 
malter Architrav 
lag, flanfirt und 
von einem dreiedi- 
gen Giebel befrönt 
wurde. Als Dor- 
bild für foldes 
Rahmenwerf, das 
wie ein Thürrah- 
men wirkte, Fön- 
nen die Umrah- 
mungen der Terra- 
cotten und Majo- 
lifen der Rob- 
bia’s und Dee 
rochio’s gelten. 

Der italienifche 
Hausaltar aus er 
Sammlung Hirth 
ift fold ein Stüd in der Art der Robbia und ftammt als eine 
hervorragende Arbeit aus dem Uuatrocento. 

Eine feinere und zwedmäßigere Beftaltung fand es erft durch 
Meifter des Baroditile wie Borromini, Alerander Colin 
und Wendel Dieterlin (1514—1599), die den arditeftonifhen 
Aufbau und das ftabile Wefen aufgaben und namentlidy die 
Rartufhe aud als Umrahmung von Bemälden ausbildeten und 
pflegten. Neben ihr it aber noch der gefegmäßigere farbige 
Rahmen in Bebrauh. Er findet fi zuerft bei den Ftaliern 
als weißer oder fhwarzer, reih mit Ornamenten, Schreiber- 
zügen und Rofetten bemalter Rahmen und geht von óa 
aus nah Franfreiid und Deutfhland über. Namentlich 
Wilhelm Shredenfuds in Sadfen führt unter Rurfiirft 
Auguft die italienifhe Rahmenbildung in feinem Rahmenwerf 
um das Altarbild Lucas Rranad des Jüngeren in der Auguftus- 
burg in fhöner Weife urh. Ein prädtiger Barodrahmen aus 
der Sammlung Hirth, in üppigiter Weife gefhnigt und ver- 
goldet, weift oben eine Rartufhe auf, zu deren Seiten Amoretten 
liegen, die Sommer und Herbit darftellen. Unten ruben auf 
Waffentrophden zwei von einer Amorette gebaltene Schilde; 
an den Seitentheilen fdlingt ih über Frudtfeftons ein Afanthus- 
tanfenwer? empor; zwifchen beiden find Thaten des Herkules, 


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Gejfhnigzter Holjrahmen mit Herfulesfage und Amoretten. 
Sammlung Georg Hirth, Münden. 


über denen franzhaltende Putti fchweben, Sargeftellt. Auch 
naturaliftifhe Bebilde, wie Blumenguirlanden auf dem breiten, 
in Silber getriebenen Spiegelrabmen aus derfelben Sammlung | 
find ale Rahmenfhmud in der Barodzeit nicht felten. Eine 
Stätte, wo tiidtige Rabmenmeifter der Barodzeit ausgebildet 
wurden, war Sdneeberg in Sadfen. Jn feiner Weiter- 
entwidelung fdmeift er mehr und mehr aus im einer 
weiten Entfaltung der ‚formen, die zu einer das Bild er- 
drüdenden Breite führt. Zugleih mit feiner Ausartung aber 
machte fih ein Streben nad größter Einfachheit geltend, Senn 
neben dem reihjten Rahmen entwidelte fi in den Niederlanden 
der fchlihtefte aus fdwarzen Leiften, die im Innern urh eine 
fhmale Boldleifte geziert find. 

Wenn bisher immer nod die gerade Linie und der vier- 
edige Brundriß vorgeberrfht hatten, follte das Rofofo ungefähr 


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1. Jahrhundert. 


im Sinne der Rartufhe aud in der Rabhmenbildung etwas 
durchaus Neues fhaffen. Es durhbriht das gradlinige Rahmen- 
werk, rundet die Eden und zieht den ovalen oder Freisförmigen 
Grundriß vor An Stelle feierliher, monumentaler Wirkung 
tritt eine feine, zierlihe Ausarbeitung, mit pflanzenartigen, flüfjig 
bewegten, lebendigen Formen, die mit weniger Arroganz auf- 
treten als die des Barod und gefälliger find als die ernften der 
Renaiffance. Zwei Begenftände verbindet das Rofofo zu einem 
reizvollen Ganzen, etwas, was Ser Menfh aus fih heraus ge- 
fhaffen bat, in Ser folie und formen der Natur in Föftlichftem 
Blumenwerf und Mufhelgebilðen. Der vielfad Surdbrodene 
und mit Spiegeln durdfegte Holzrahmen zu einem Spiegel aus 
der Rolleftion Hirth, eine febr fhöne Arbeit des XVII. Jabr- 
bunderts, veranfdaulidt das gefallige Wefen des Rofoforabmens 
in einer eigenartigen leichten form.  Bedeutende Meifter in 
diefer Zeit find die Modellenre Auguft I. von Sadfen, 
Mathäus Rugler (1692—1752) und Jofeph Deibel (1716 
bis 1793), die zugleih da Prinzip vertraten, den Rabmen durd 
die Wahl feines plaftifhen Schmudes für ein ganz beftimmtes 
Bild zu Schaffen und nicht für jedes beliebige gleihen formates. 
Die Dresdener Balerie enthält von beiden KRünftlern entzüdende 
finnige Arbeiten wie den Maiblumenrahmen um eine Madonna 


370 


Guido Reni's, den Rahmen mit Scepter und Schwert um 
das Porträt Rönig Auguft II. von Mengs, den Rahmen 
um das Chofoladenmädden von Liotard, auf dem angebradt 
it, was ein Mädcenherz erfreut und befhäftigt, wie: ein 
Sträufhen, Shmud, ein fäder, ein Stridzeug und ein 
Beuntelhen u. a. m. Alehnlidhe Stüde finden fih aud in 
Lidtenmalde und Schloß Monbijou. 

Heute geht man in diefer Richtung bereits zu weit und ift 
in eine willfürlihe Stillofigkeit verfallen. Ganze Büfchel bron- 
sierten Schilfes und dazwifhen plaftifhe SFröfhe und Sala- 


Wandteppiche 


on Morris, der Pionier einer tünftlerifhen Be- 
handlung des Gebraudsgegenftandses, hat in einer 

feiner zahlreichen theoretifhen Abhandlungen gefagt: 

„Was Du aud zur Ausfhmüdung Deiner Wohnung 
thun magft, denke zuerft an die Wand. Die Wand bezeichnet 
die Stelle, wo der Raum aufhört. Sie gehört an üh niht zu 
ihm, und dod) ift erft fie es, dic ihn fihtbar madt, die ihn 
fhafft. Die Derhältniffe folder Raumgrenze find nidt gleidgiltig 
für die Wirkung des Zimmers, und am widtigften ift die Be- 
fchaffenbeit der Oberflähe in Bezug auf die farbe. Die Papier- 
tapete ift man geneigt als ein Seiden von Aermlidfeit anzufehen 
im Dergleih mit ihren foftbaren Vorgängern, den gemirkten 
Stoff- und Cedertapeten, ganz zu fhweigen von den fünftlerifch 
geftalteten Wandteppiden, mit denen frühere Jahrhunderte ihre 
Paläfte und Rirhen ausftatteten. Und dod ift das farbige 
Papier an unferen Wänden nur eine von den vielen Ausdruds- 





Spiegelrahmen mit Rocaille-Werk, XVIII. Jahrhundert. 


Sammlung Georg Hirth, Minden, 


Deutfhe Runft 


mander fleben um einen Weiher, um eine Rreuzigung winden 
fid) Dornenranfen, ja unfere Blumenmalerinnen fheuen idh nicht 
einmal, Zweige ihrer Rofen und Melfen nod auf den Rahmen 
zu malen. Solden Ausfohreitungen gegenüber ift die vornehme 
Einfachheit der polirten bödlinblauen, dunkelrothben und grünen 
Holzrahmen freudig zu begrüßen. Wenn fie ganz im Einflange 
mit dem Bilde ftehen, vermögen fie, ohne ein überflüfjiger 
plaftifher Rommentar zu fein, deffen Stimmung noh zu er- 
höhen und eine woblthuende Befammtwirfung herbeizuführen, die 
dem Bilde zu gute fommt. 


und Tapeten. 


formen für die Thatfache, daß der Curus fih allmablid aus- 
zubreiten fortfährt, und einen gemwifjen Schmud des Lebens als 
felbftverftändlih anfehen läßt in Rreifen, Sie eint fic) mit Ser 
Befriedigung der baren Yothöurft genügen laffen mußten. Rein 
Arbeiter würde heute in eine Stube mit rohem Raltputz einziehen. 

Die moderne form des Nomadenlebens, welde das Felt 
durd die Miethswohnung erfett hat, bringt es mit idh, daß wir 
die Wände, vor denen wir unfere Möbel aufftellen, als ein 
Gegebenes anfehen, mit dem wir uns abzufinden haben. Der 
Bedankte, daß nur die Uebereinftimmung ven form und farbe 
in der Ausftattung eines Zimmers äfthetifh wirken fönne, bricht 
fih langfam Bahn. Die Tapete fpriht in jeder Farbenverbindung 
mit, und jede form muß fic erft gegen ihre Mufter behaupten, 
ehe fie den gewünfchten Eindrud auf das Auge madhen fann. 

Rlar ift, daß unfere jüngfte Befhmadsrihtung, welde fich 
mit erneutem Eifer der Farbe zugewendet hat, viel mehr vor 
feindliden Zufammenftößen widerfprechender Yluancen auf der 
Hut fein muß, als die vorhergehende Epoche, deren landläufige 
Farbenffala mit einem Dugend Bezeihnungen aufzählbar war. 
Am leihteften geht man dem Unfrieden aus dem Wege, indem 
man eine einfarbige Wandbekleidung wählt, der man nur durch 
einen abftehenden Rand nad oben, urh Leiften an den Eden 
oder in drittel Wandhöhe einen belebenden Gegenfak hinzu- 
fügt. Solder Dorfdldge bat die Mündyener Rünftler- und 
Handwerker-Befellfhaft, die unter dem Namen Vereinigte Wert- 
ftätten für Runft im Handwerk" ihre Wohnungseinrihtungen in 
die Welt fhidt, eine ganze Reihe zu madhen. Da feben wir 
einen Sunfelgriinen, farkrippigen Hanfltoff durd fdmale Gold- 
leiften gehoben, oder ein leichtes, graues Baumwollengewebe theils 
glatt, theils gefaltet als Wandverkleidfung benugt, dazwifchen 
läuft ein brauner Holzfties, in den weiß und gelbe Radeln ein- 
gelegt find. Jn der That wirken diefe Anordnungen troß der 
woblfeilen Stoffe, die verwendet wurden, außerordentlih ruhig 
und vornehm und laffen jeden Gegenftand, den man davorftellt, 
nad feiner Eigenart zu Worte fommen. 


So fchiene es Senn, als wenn die Tapetenfrage gelöft wäre, 
und nur die Erwägung mag ftukig madhen: Wie famen frühere 
Jahrhunderte mit ihren hodentwidelten Runftbliitheseiten 3u ibrem 
reihornamentirten Wandfhmud, wenn nun der einfarbige Stoff 
als der Weisheit letzter Schluß erflärt werden foll? Ja unter 
welden Bedingungen famen denn die Wandgemalde romanifder 
Rirdhen, die maurifhen Wandfliefen, die BUrras-Ceppide, die 
Rafael für Ceo X. entwarf, zur Verwendung? Bracdte man fie 
in fleine Raume, gefüllt mit hundert Dingen, wie der Tages- 
gebraud des neunzehnten Jahrhunderts fie verlangt? Nein, fie 
erfchienen in weiten Hallen, an hohen Wänden, wo das wenig 
zahlreiche Beräth nicht binaufreihte. Man konnte fie in richtigem 
Abftand betradten, von wo aus fie für fi allein eine dekorative 
Wirkung übten. 


Die Stofftapeten, welde für Privaträume von mäßigerer 
Ausdehnung beftimmt wurden, zeigten allerdings aud ein Mufter, 
gegen das fi) die Möbel und Bilder behaupten mußten. Aber 
diefes Mufter war gewebt und nicht gedrudt. Hier übte die 
Technik ihre geheimnißvoll ftilbildende Macht aus. Das Rren3- 
gewebe, indem es die Bildung fefter Rontouren erfchwert, giebt 


jedem Mufter etwas diskret Verfhwimmendes, und das ver- 
fhiedenartige Schimmern des Lichts auf den einander entgegen- 
gefeßt verlaufenden Fäden verftärft nod diefen Effett. Etwas 
dbnlides fann man beobachten, wenn man dafjelbe Mufter in 
den gleihen Farben einmal auf ein glattes Papier, das andere 
Mal auf ein ftarfrippiges Gewebe fhablonirt. Hier wirkt weih 
und angenehm, was dort fih bart und brutal ausnimmt. So 
aud die gedrudte Papiertapete, wenn der Entwurf nicht auf 
diefe derb aufrichtige Eigenfhaft des Materials Rüdfiht nimmt, 
das nidts von dem unterdrüdt, was ihm anvertraut wird, 
Daher die Brellheit fo vieler Tapeten, an denen wir uns die 
Augen müde und überdrüfjig gefehen haben, daß Sie Deutlichkeit 
der ‚farben und Tonfontrafte jedes Detail des Ornaments fein 
Einzeldafein führen läßt. Wer ift nicht fhon verfucht gewefen, 
die Blumenfträuße an einer Wand zu zählen, immer bis zur 
Dede hinauf, bis alles vor den Augen flimmerte, daß man fie 
geblendet fchließen mußte. 

All diefen Uebelftänden der Tapete fucten die Engländer 
feit Morris Vorbild auszuweihen. Aber mit wenigen Aus- 
nahmen wirken aud die modern englifhen Mufter Surh ein 
woblgefalliges Verweilen bei großen Blumenmotiven noch immer 
ftark bildartig. Sie mögen audh für des nfelreihes trüben 
Himmel und feine dunfeln Tage günftiger wirken, als in hellem 
deutfhem Sonnenfchein. Man wird dort von diefen Blüthen, 
Vögeln und Menfchengeftalten weniger fehen, als wenn mir die- 
felben Papiere bei uns der Probe ausfegen würden. Auch läßt 


Deutfde Runft. 


371 


man fih bei der englifchen Sitte, ftets nur einen Theil der Wand 
mit der Tapete zu befleben, das untere Drittel aber für eine 
Holsbefleisung oder für ein einfacheres Papier freizulaffen, ein 
reicheres Mufter auf dem oberen Theile der Wand gefallen, da 
fo die Begenftände im Zimmer den ruhigeren Hintergrund finden. 
Neuerdings fiebt man iibrigens aud vielfad) englifde ganz eine 
farbige Tapeten, die nur oben in einem dann reihgemufterten 
fries endigen. 

Bei uns in Deutfhland wird man aber doc wohl in der 
überwiegenden Mehrzahl der Fälle an der Tapete über die ganze 
Wand und zwar an der Papiertapete fefthalten. Befonders wird 
fie für lange Zeit das Kleid der Miethswohnung bleiben. Und 
es ift gut fo, denn man fann fie fhlimmften Falls leiht durd 
eine dem eigenen Befhmad zufagendere erfegen. Aber wie aus- 
wählen, um Bewegungsfreiheit für die übrige Zimmerausftattung 
zu gewinnen, um die fhhönen Formen eines Möbelftüdes nicht zu 
beeinträchtigen, und um unfere Bilder mit Vortheil über die 
Wände vertheilen zu fönnen? Seit Aurzem haben wir die 
Tapeten, die wir fuden. Otto Edmann entwarf die Mufter und 
er wußte feine Zeihnung fo zu geftalten, daß wir formen und 
Farben feben und dod Feine falfhen Bemälde vor uns baben. 
Die Zeihnung hält fih zurüd, die Farben treten befcheiden auf, 
jedes Detail verfchwindet für den, der mitten im Simmer ftebt, 
in einem anmuthig belebten, ruhigen Ton, dem wir wohl die 
führung im farbenfonzert unferes Zimmers anvertrauen mögen, 
ohne Disharmonieen zu fürdten. Alp. 


Die Deutfchen im Salon de la societe des beaux-arts. 


m Salon baben fih deutfhe Meifter ein Rendez-vous gegeben, die 
zwar feinem, der fic) über die moderne Runftbewegung — denn eine 
moderne Runftridtung giebt es niht — auf dem Laufenden erhält, 

unbefannt find, aber dod nod felten genug zu ung tommen, um ein 3abl- 
reihes Puhlitum zu finden, denen fie neu find. An ihrer Spike fteht Adolph 
Menzel. Zeigt er ih auh niht in feiner erfiaunlihen Dielfeitigkeit, fo 
treten in feinen allerdings meift fhon älteren Arbeiten dod genug bedeutende 
Züge feiner markanten Perfönlichfeit hervor, die fih aud im Aleinften mit 
derfelben Araft offenbart, wie in feinen größeren Gemälden. Eine vor- 
züglihe Ucbeit, brett in der Ausführung und trefflih in der Charakterifirung 
it der befannte Rabbiner, neben dem der Kopf eines Mannes als eine 
Zeihnung von ftaunenswerther tehnifher Sicherheit und realiftifcher Treue 
trog der einfacheren Mittel in Ehren befteht. Eine Zeihnung, „Die Schwieger- 
mutter, verräthb nidt weniger die Hand des Meifters. Dem Befihtsaue- 
drud nad hat Menzel in diefe Schwiegermutter zeitgemäße Anfichten dar- 
fellen wollen, dte für diefe Abart von Elternfhaft nit gerade empfehlend 
find. Als Rurtofitäten mitten die ebenfalls befannten Handftudien, die in 
ihrer anatomifchen Richtigkeit genau beobadtet und ehrlih wiedergegeben find. 
Allerdings muß Menzel die Hand, die er zweimal gezeichnet hat, aud febr 
genau fennen, denn es ift feine eigene Rechte, die er mit der Linken feft- 
gehalten hat. Das manus manum lavat darf der Meifter für fi felbft 
dahin abändern, daß er mit beredhtigtem KRünftlerftolz fagt: eine Hand zeichnet 
die andere. Wahrli Feder hätte Anfpruh darauf, als tüchtiger Rünftler 
anerkannt 3u werden, der mit der rechten Hand leiften fönnte, was Menzel 
mit der linken fhafft, denn er arbeitet mit beiden gleid gut. Don den 
andern Studien gilt ein Pferdetopf allgemein als un vrai chef-d'oeuvre; 
die Aritif ergeht fih im feltenen Lobfprühen, deren begeifterten Ton man 
diesmal nicht allein auf Rehnung des franzöfifhen Temperaments zu fegen 
braudt. „Wer das machen lann", heißt es, plann alles madhen! C'est 
s la perfection de l'art du dessinateur. 

Ein zweiter Berliner Maler, Max Liebermann, der in Paris beinahe 
eber und mehr anerkannt worden ift als in Deutfchland, gilt hier eigentlich 
nidt als ausfhließlih deutfher Riinftler. Das intereffante Enfemble 
feiner Werke im Salon de la societ€ des beaux-arts zeigt alle jene Dor- 
züge, die die franzöfifhe Aunft für fi beanfprudt. Das „Altmännerhaus‘, 
„die zwei Fleinen Mädchen“, „der Mann in den Dünen“ und die „holländifche 
Straße, ein Bild von intimem Reize, normalen koloriftifhen Eigenfhaften, die 
man deutfhen Malern nicht zutraut und aud von ihnen nicht erwartet. Gewig 
bat Liebermann in Paris viel gelernt, gewiß haben Courbet, Millet, 


Baftien Lepage auf ibn eingewirft fo gut wie Jeraels und Frans 
Gals; er verarbeitet internationale Ueberlieferungen 3u dem Produfte feiner 
Eigenart, dem Stimmungsbild. Als Stimmungsmaler bedeutet er für 
Deutfhland den Bahnbreder des realiftifhen Gmpreffionismus. Fyn von 


Sstankreih ber in Deutfhland eingeführt zu haben, ift fein Derdienft. Und 
dod fpridt aus Liebermann's Werken aud ein deutfher Zug; ein Haud 
Menzel’fhen Beiftes durhweht fie, nur gemildert, aber er bat idh tehnifh 
unabhängig gemacht und durdgearbeltet zu einer eigenen Malweife, fo daß 
il boit dans son propre verre! 


man von ihm fagen Fann: Es ift fein 
deutfches, aber aud fein 
direft franzöfifches, es ift 
Liebermanniſch. 

Neben Liebermann's 
internationaler Kunſt ge⸗ 
fällt aber ſelbſt kerndeut⸗ 
ſches Weſen, dem man 
Courbet's Einfluß aud 
nicht mehr anmerkt. Die 
Ausſtellung Wilhelm 
Leibl's gilt als nom- 
breuse et inter- 
essante. Leibl wird ge- 
ftempelt 3u elnem nouveau 
Metsys. An erfter Stelle 
muß von feinen Werken 
das Bildnif eines Berliner 
Runſtfreundes hervorge⸗ 
hoben werden. Es unter⸗ 
ſcheidet ſich von den ande- 
ren bis ins Detail, mit 
dem Fleiße alter Meiſter, 
mit liebevoller Geduld und 
Andacht vor der Natur 
ausgeführten Arbeiten wie 
„Die Unterhaltung‘, „Die 
bayerifhe Bäuerin", „Die 
Tyrolerin“ urh freiere 
Mache und fiibnere Auf- 
faffung. Trefflih beob- 





Italienifher Reliefrahmen. 


Quattrocento. 
Sammlung Georg Hirth, Minden. 


achtet find and feine „Wilderer auf Anftand". Es bewährt fih and) bier, 
daß nur nationale Runft internationale Anerkennung findet. 

Beringen Anklang findet Uhde's ,,Bergpredigt; man verzeiht Ubde 
weniger, weil man ibn weniger verftebt; man findet feine Einführung des 
Heilandes in moderne Verbaltniffe, mit der der Riinftler die Ubiquitat Chrifti 
nidt ohne fozialiftifhe Tendenz betont und den wahren Sinn des Chriften- 
thums in der Runft wieder herzuftellen fucht, ebenfo ungereimt, als wenn 
man die homerifhen Helden als moderne Hufaren und Ulanen malen wollte. 
für deutfhes und proteftantifhes Empfinden ift Uhse der große Bemüthsmaler, 
den man lieben muß. Seine „Bergpredigt"' mag in den perjpeftivifhen Ver- 
hältniffen nit gefhmadvoll fein, da Chriftus für feine Umgebung zu groß 


ag e © GR Qe R & & GE 


Gedanfen fiber bildende Kunft. 


Die Rünfte der Hellenen fannten 
Nicht den Erlöfer und fein Licht, 
Drum fcherzten fie fo gern und nannten 
Des Schmerzes tiejften Abgrund nicht. 


Daß fie am Schmerz, den fie zu tröften 
Nicht wußte, mild vorüberführt, 

Erfenn’ id) als den Zauber größten, 
Womit uns die Antike rührt. 


Cenau. 


gn der wahren Aunft giebt es feine Dorjhule, wohl aber Vorbereitungen ; 
die befte jedoch ift die Teilnahme des Schülers am Befhäft des Meifters. 
Goethe. 


+ 
Was den Rünftler zum Riinftler madt, ift, dağ er fih in feiner Weife 
über den Standpunkt der Empfindung erhebt. Wohl begleitet ihn die Em- 


Deutfhe Runft 








wirft, die gegen ihn zu ftarf verkürzt erfcheint, etwa wie die nur wenige Schritte 
zurüdftehenden figuren auf einem photographifden Gruppenbilde. fein in der 
‚feierabendftimmung, in der es liegt wie Defperglodenflang und goldener 
friede, it es um fo mehr und ergreifend durch Iprifhe Gnnerlidfeit. 

Don Lenbadh hat man hier fhon beffere Portraits gefehen als das 
Bilbnig Ridard Wagner's, in dem es dem Münchener Meifter nidt ganz 
gelungen ift, die Gndividualitat des Bapreuther Meifters zu erfajlen und in 
ihrer geiftigen Bedentung sur Darftellung zu bringen. 

Redhnet man zu den deutfhen Rünftleen nch Arnold Bödlin mit 
feiner Diana, fo darf man wohl fagen, daß unfere deutjhen Landsleute in 
ihren beften Rünftlern vertreten find. 


pfindung in allen Phafen feines fünftlerifhen 
Thuns, fie erhält ihn in beftändig naher Be- 
ziehung zu den Dingen, fie ndbrt die Cebens- 
wärme, in der er als ein Theil der Welt mit 
diefer verbunden ift, fie führt ihm unaufhörlich 
das Material zu, in deffen Verarbeitung fein 
gelftiges Dafein befteht; aber fo gefteigert fie 
ift, fo muĝ er fie dod immer nod mit der Rlar- 
heit feines Beiftes beherrfhen Fönnen; und wenn 
das Fünftlerifhe Refultat auh nur auf Brund 
einer außerordentlihen Stärke des Gefiibla Senf- 
bar it, fo wird es Sodh erft durh eine nod 
außerordentlichere Stdife de Beiftee möglich, 
die dem Rünftler felbft in den Momenten inten- 
fiofter Empfindung die Rube objektiven Intereſſes 


und die Energie dec Beftaltungefraft bewahrt. 
Conrad fiedler. 


& CG 


+ 
Nur die innere Bedeutfamkeit gilt in der 


Runft, die äußere gilt in Ser Gefhidte. 
Schopenbaner. 
y 
Hu jeder Feit und in jeder Runft vertritt 


Manier die Stelle des Beiftes, der ftets nue das 
Eigenthum Einzelner ift. Lie Manier aber ift 
das alte, abgelegte Rleið der zulegt dagewefenen 


und erfannten Erfheinung des Geiftes. 
Schopenhauer. 


+ 
Eine Allegorie it ein Runftwerf, weldes 


etwas anderes bedeutet, als es darftellt. 
Schopenhauer. 


* 

Nicht der Rünftler bedarf der Natur, viel- 
mehr bedarf die Natur des Rünjtlers. Nicht 
was die Natur ihm fo gut wie jedem anderen 
bietet, weiß der Riinftler nur anders als ein 
anderer zu verweriben, vielmehr gewinnt die 
Natur nad einer gewiffen Ridtung bin erft durch 
die Thatigteit des Riinfilers fiir diefen und für 
jeden, der ihm auf feinem Wege zu folgen 
vermag, ein reicheres und höheres Dafein. 

Conrad ‚fiedler. 
+ 

Die fiinftlerifche Thätigteit ift eine ganz urfprünglide und durhaus felbft- 
ftandige geiftige Thatigteit, Ste fetzt die hödfte Bejonnenheit voraus und 
führt zum Flarften Bewuftfein. Wenn man die fiinftlerifthe Thatigheit fo 
gern eine unbewußte nennt, fo beweift man damit nur, dağ man in die eigen- 
thiimliche Art des künftlerifhen Bewußtfeins nicht einzugehen vermag. 

Conrad ‚Fiedler. 
5 

Die Runft ift immer realiftifh, weil fie das hervorzubringen fuht, was 
dem Menfcen allererft die Realität ift, und fie it immer idealiftifh, weil 
alle Realität, die fie fchafft, ein Produft des Beiftes ift. 

Conrad ‚fiedler. 


$ 
Ein felbftändiges Redht hat die Tehnif im der fünftlerifhen Thätigkeit 
nit; fie dient lediglih dem geiftigen Prozeß. Yur wo der Geit Feine 
Herrfhaft auszuüben im Stande ift, gelangt fie zu felbtändiger Bedeutung, 
Widtigteit, Ausbildung und wird fiinftlerifh wertblos. Conrad Fiedler. 








Bildnerifche Derherrlichung der Hochjagd. 


Auf der vorjährigen Dresdener “jabresaugftellung fiel eine Portraitbüfte 
Norbert Pfregfhner's duch ihren teten Realismus auf. Den Spighut 
mit Bemsbart und Spielhahnfeder im Naden, den Schnurrbart aufgezwirbelt, 


blidte der fharf gefehnittene Kopf übermüthig in die Welt. Norbert Pfrekfhner 
it niht nur Bildhauer, fondern aud Tiroler Schütenhauptmann und ein 
gewaltiger Nimrod vor dem Herrn. Sein Atelier in der KRantftraße in 
Charlottenburg ift ebenfo reih mit Bipsabgüffen wie mit Jagdtrophaen aller 
Art gefhmüdt, ein Mittelding zwifhen Künftler- und Gagerbeim. Embleme 
der Jagd find es denn aud, mit denen Pfregfchner jüngft den Edthurm zu 
Schloß Moſchen im GOberfchlejien für den Grafen Tiele-Winkler aus- 
geftattet hat. Ein Eberkopf mit madtigen Hauern und ein impofantes, von 
zottigem Haar umwalltes Büffelbaupt bliden bod von der Wand, in Sand- 
fein ausgeführt, dem Antömmling entgegen. Erfreulid an diefen Arbeiten 
ift der dekorative Sinn in der das Wefentlihe in großen Zügen betonenden 
Behandlung und das Maßhalten zwifhen Typus und Modellftudie. 

Don feinem Stilgefühl und ausgebildetem Formenfinn zeugt eine Bronze- 
RRatuette Pfreßfehner's auf der diesjährigen Berliner Ausftellung, welde die 
„Hochjagd“ verfinnbildlidt. Eine dianenhaft ſchlanke Maddhengeftalt fteigt, 
ein Hirfehfell um den Unterarm gefdlungen, den Speer in der Hand, auf 
dem Ropfe den leidten Gagdhelm mit auffteigendem Federfhmud, beutefrob 
den felfen hinab. Die ftart ausfcreitende Bewegung der jungfräulid 
zarten Blieder, die zierlihe Beugung des Arms mit dem Speer, das fein 
anf dem Halje firende Köpfchen erinnern ebenfo wie die glatte Behandlung 
der flächen, unter deren Spannung die Muskellagen verfhwinden, an die 
Arbeiten der Franzofen am Ende des vorigen Jahrhunderts. Es fhwebt 
über dem Ganzen ein Hauch jener Anmuth, die den Uebergangsftil vom 
Barot zum Rotolo harakterifirt. Bejonders glüdlih ift Pfregfhner in der 
naturaliftifhen Behandlung der Sodel, auf die er Büften und Statuetten zu 
ftellen pflegt. * G. M. 


Berlin. — Ohne die illuſtrirte Poſtkarte geht es ſchon nicht mehr; 
and ie Gefhäftəlettung der groen Runftausftellung hat ſolche heraus- 
gegeben, die aber die Runft zu febr vermijjen laffen. Statt Neproduftionen 
pbotograpbifher Aufnahmen von Interieurs und Theilen des Ausftellungs- 
parfes zu geben, wäre es richtiger gewefen, fi die Poftfarten der vorjährigen 
Dresdener Ausftellung zum Mufter zu nehmen. Sicher hätten ji wirkliche 
Riinfilerfarten einer weit regeren Nachfrage erfreut und wären zu einer er= 
giebigeren Quelle von Nebeneinnabmen geworden, die bei einer Ausftellung 
nie fchaden fénnen, wen aud die bisherigen Verkäufe von Runftwerfen in 
der großen Runftausftellung in Anbetracht ihrer erft zweimonatlihen Dauer 
bereits ein recht erfreulihes Refultat ergeben haben. Allerdings darf man 
daraus noch nicht auf einen befonders entwidelten Aunftjinn der Berliner 
fließen, denn die Mehrzahl der 165 verkauften Runftwerke geht nad aufer- 
halb. Mit dem Anfang alfo darf man zufrieden fein und wenn es fo weiter 
geht, wird das Endrefultat hoffentlih zu dem Ausruf veranlafen: „Ende 
gut, alles gut!" Aber dann folgen auh gleih wieder nene Runftaus- 
ftellungen, die fein Ende mehr nehmen wollen; denn am J5. Oftober foll das 
nene Riinftlerhaus in der Bellevueftrage mit einer ſolchen eingeweiht 
werden. Einftweilen genügt dem fünftlerifhen Bedürfnig der Berliner neben 
der Ausftellung am Lehrter Bahnhof noh Schulte, bei dem neben alten 
bekannten und regelmäßigen Stammgäften wie A. Ahenbah und Conrad 
Riefel diesmal ein vielverfprehender, bei uns nocd unbekannter Maler f. 
Zmurfos mit einer Schönheitsgalerie interejiant aufgefaßter und virtuos 
ausgeführter weibliher Köpfe debü titt. 


Einen tiefen Eindrud madht Surh feinen poetifhen Fnhalt fein groß 
aedadtes und tiefempfundenes Bemälde „Stern von Bethlehem". Der 
Ausdrnd des Gnnenlebens in den fünf weiblihen und zwei männlichen jungen 
Geftalten, die in Sammeriger Feljenlandfhaft emporjhauen zu dem ver- 
beifungevollen Stern, läßt alle Seiten der menjhlihen Seele erklingen, die 
eine Hoffnung auf Erlöfung anfchlagen tann. 

Sehr reihhaltig ift die Ausftellung von €. ©. Simonfen- Laftelli, 
der ih im verfchiedenen fiinftlerifchen Ridtungen und Tedniten als Virtuos 
erprobt. Unter den Genrebilðern zeihnet ih C. M. Seyppel's ,,Das junge 
Genie! Surh feine Malweife und „Stille Andaht“ von A. Bod, Münden 
durch liebevolle Beobadtung der Natur aus. — Von Landfdaften feien nob 
erwähnt A. Brothe's wirkfame, etwas derb behandelte „Alte Maas bei 
Roermond", der ftimmungsvolle ,, Abend in der Haide' von G. Merveldt, und 
Ñ. Deiter's „herbſtwald'“. 


München. — Die Sezeſſion iſt in der glücklichen Lage, zu konſtatiren, 
daß der Beſuch ihrer Ausſtellung im neubezogenen Königl. Runftausftellungs- 
gebäude ein noch viel regerer geworden ift, als er in den Jahren 1893—1896 
im proviforifhen Ausftellungsgebäude in der Prinzregenten- Strafe war, und 
giebt fh im foönen Glauben an weitere Erfolge der trdftliden Hoffnung 
bin, daß die Schuldenlaft des Dereins, die von 170000 Mark im Fabre 1893 
anf 10000 Mark bis Ende Guni 1898 herabgemindert worden ift, nod in 
diefem Fabre getilgt werden Fann, Dielleiht foll der Derfauf von Anfidts- 
poftfarten mit dazu beitragen. Eine neue Zugkraft bat die Wusftellung 
nod durd ein grofes Gemdlde von Prof. von Ubde erhalten, ein „Heiliges 
Abendmahl“, das den Rünftler auf der Höhe feines eigenartigen Rönnens 
zeigt. Das neue Abendmabl Uhde's zählt ohne Frage zu feinen reifiten und 
ausgeglidenften Werken und ift als eine wichtige Bereicherung der Sezejjion 
3u begrüßen. ~ 

Mödte fih in diefem Jahre noh ihre Hoffnung erfüllen, damit fie bald 
auch finanziell mit der Runftgenoffenfhaft konkurriren kann, die in der Lage 
it, zur Dollendung des KRünftlerhaufes auf dem Marimiliansplage aus 
eigenem Vermögen 500 000 Mark zu bewilligen. Für zwei Fünftel diefer 
Summe haben die erften Rünftler wie Lenbad und Andere Zinsgarantie 
übernommen. 

Aud die Fahresausftellung im Blaspalaft übt neue Anziehungskraft 
aus, denn endlih fonnte aud die völlig neu infzenirte Abtheilung für 
Architektur und Aunftgewerbe eröffnet werden. Jm großen Plaftikfaale 
ift nachträglih mod die für den deutjhen Reidstagsbau beftimmte Roloffal- 
ftatue „Raifer Otto I." von Prof. Rudolf Maifon in Originalbronzeguß 
aufgeftellt. 

Eine Kleintunftausftellung, die einer noch jungen Gnduftrie Gelegenbeit 
giebt, ihre Erzeugniffe aud hier einer weiteren Defjentlidfeit vorzuführen, 
it im Saale des großen Rollergarten in der Schwanthalerftraße vor einiger 
Zeit eröffnet worden: Die Große internationale Aueftellung illufteirter und 
von Riinfllerband gemalter Poftfarten. Wenn fie fih international beißt, jo 
findet dies feine Berechtigung niht fo fehr in dem Urfprung der Rarten, als 
vielmehr in den zur Anfhauung gebraten Landfhaften; denn die meiften 
Karten tragen ein „importe“, das dem „made in Germany“ gleihfommen 
dürfte. Das möchten wir als das Erfreulihe an der Ausftellung bezeichnen, 
dağ fie den Vorrang der deutjchen Fnduftrie and auf diefem Gebiete dar- 
thut. Go finden wir denn aud in dem Führer dur die Ausftellung fait 
nur deutfche und öfterreihifhe Namen und Firmen. 


374 


Dresden. — Ernft Arnold's Runftfalon hatte in der legten Zeit 
einen etwas größeren Zufpruh der Aktualität von Ausftellungsgegenftänden 
zu verdanken. Die Jubiläumsfeterlikeiten, mit denen Dresden der Sängerin 
Therefe Malten huldigte, find verraufgt; fie haben aber ein fhönes Er- 
innerungszeihen in den filbernen Malten - Zubiläumsplafetten von Arnold 
Rramer gefunden, die nur in 25 Eremplaren ausgegeben werden. Neben 
ihnen beanfpruhen das Tagesintereffe die Handzeihnungen des jiingft ver- 
forbenen englifhen Praeraffaeliten Burne-Jones. Gntereffante Gafte find 
gegenwärtigbei €. Arnold: franz von Lenbad und die Belgier Rudolf 
und Juliette Wytsmann. Reidbaltiger als ihre Kollektion ift die Sonder- 
ausftellung von 45 Gemalden von Hans Peter Fedderfen in Victorias 
haus, dle der Riinftler felbft eingerichtet 
bat. Ohne den Inhabern unferer Kunft- 
falons Gefhidlihleit im Arrangement 
abfpreden zu wollen, darf man den 
Rünftlern doch rathen, dem Beifpiele Peter 
fedderfen's zu folgen, weil fo die in 
den Bildern verftedten einzelnen Reize 
der Perfonlidfeit zu einem Ganzen 3u- 
fammengefaßt werden und die Eigenart 
fih fofort aufdrängt. 

Die im nadften Jahre ftattfindende 
deutfhe Runftausftellung foll den 
wiffenfhaftlihen YNebenzwed erhalten, 
einige funftge(hidtlide Streitfragen, die 
fidh mit Lutas Rranad dem Aelteren 
befafjen, zu löfen. Der Direktor der Ge- 
mälde-Balerie, Herr Profeflor Dr. Wör- 
mann, wird eine Lutas Rranad- 
Ausftellung veranftalten, die ein um- 
faffendes Bild von dem Schaffen des 
Hauptmeifters der altfähfijhen Schule 
geben und darüber Aufklärung jhaffen 
foll, ob werfchiedene Werte mit Redt 
Rranad abgefproden und von den einen 
dem Mathias Griinewald, von an- 
deren dem Simon von Afdhaffen= 
burg 3ugefdrieben werden. 





Leipsig. — Gn dem Bericht, welhen 
der geſchäftsführende Ausfhuß des 
Runftgewerbe-Mufeums über das abr 
gelaufene Derwaltungsjaht gegenwärtig 
erftattet, nimmt in erfter Linie auf die 
von ihm veranftaltete Ausftellung von 
Werten alten Runftgewerbes aus fähfifch- 
tbüringifhem Privatbeft Bezug, einmal 
den funftwiffenfdaftlicdben und Fünftleci- 
[hen Erfolg diefer retrofpeftiven Aus- 
ftellung rühmend, dann wieder die Lau- 
beit beflagend, mit welder das große 
Publitum an diefelbe herangetreten ift. 
für das Mufeum felbft ift diefe Aus- 
ftellung von nicht geringem Vortheil ge- 
wejen, indem fie in erfter Linie eine 
Art Programm entwidelte, in welder Weife eine Sammlung von Werken 
alten Runfigewerbes anzulegen und aufzuftellen fei. Denn wenn aud nicht 
daran zu denfen ift, Saf in Leipzig in abfehbarer Zeit eine abhnlide 
Sammlung gebildet werden tann, fo ift es doc eine nidt absuweifende 
Pfliht des Mufeums, das im Rathefhatze doc hervorragende Stüde befitt, 
bei ferneren Dermehrungen die gleihen Qualitatsanfpriihe im Einzelnen 3u 
ftellen, die man bemüht gewefen ift, bei der Auswahl für die Privatfammlung 
aufrecht zu erhalten. Dann kann das Mufeum es zu einer zwar nicht großen, 
aber dod) guten und in ihrem vorbildliden Werthe wirklid nüßlihen 
Sammlung von Werken alten Runftgewerbes bringen, dern troß der modernen 
Emanzipationsbeftrebungen, die die hiftorifhen Stile als Vorbilder zu ent- 
wertben fuden, bebalten fie doch ihre Aulturgefhichtlihe Bedeutung. Um 
modernen Beftrebungen Rehnung zu tragen und fie zu fördern, genügen einft- 
weilen Ausjtellungen, die den verjhiedenen Wnfpriidhen des Publifums und 
der Handwerfer entgegenfommen. Beim Ankauf moderner Erzeugniffe ift, wie 


Deutfhe Run ft. 





allen Mufeen die Erfahrung gelehrt hat, die größte Dorfiht anzuwenden, um 
nit Arbeiten zu erwerben, die den Befhmad der Mode niht überdauern und 
nah wenigen Jahren in die Rumpelfammer, wenn nit zum Trödler wandern 
miiffen. 

Cin Mufeum vollends, das wie das Leipziger fiir feine jabrliden Er- 
werbungen fo befheidene Mittel befigt, darf in diefen feinen Erwerbungen 
nit jeder modifhen funftgewerbliden Laune folgen. 

Soweit es die verfügbaren Mittel geftatteten, wurde eine Reihe Neu- 
erwerbungen für die feramifhe Abtheilung, die Abtheilung der Edelmetall- 
arbeiten, die Holzabtheilung, die Stofffammlung vorgenommen und der Ankauf 
einer Anzahl moderner Erzeugnifje befhloffen. 

Aud. in Siefem Jahre erfuhren die 
Sammlungen wieder eine namhafte Bez 
teiherung durch Befchente und Stiftungen. 
Die werthvollften Stiftungen waren ein 
aus zehn Stüden beftehendes Empire- 
Meublement, weldes Herr Reihsgerichts- 
rath a. D. Schwarz dem Mufenm legt- 
willig vermadte, und ein großes dret- 
theiliges, fhmiedeeifernes Gitterthor vom 
Anfang des 18. Jahrhunderts, eine un- 
gewöhnlihd reihe alte Leipziger Arbeit, 
òðie von Herrn €. Herfurth dem Mufeum 
überwiejen wurde. 

Die Bibliothet, deren Vermehrung nur 
langfam vorwärts fdreitet, wurde im 
Jahre 1897 von 4425 Perfonen benugt. 
Dann gefellten fi zu der großen Sonder- 
ausftellung nicht weniger als 20 Meinere 
Sonderausftellungen, in denen fi die 
Mufeumsleitung bemühte, Proben mos 
dernen Runftgewerbes in wedfelnden 
Ausftellungen vor Augen zu fübren und 
damit das Derftändniß für moderne band- 
werflide Künftlerarbeiten wadzurufen. 

Aud fonft fudte der Dorftand durd 
vetfdiedene Deranftaltungen, wie Abhal- 
tung von Dortragen, Cinridtung gefelliger 
Dereinigungen, ein regeres Dereinsleben 
und einen engeren Sufammenbalt der 
Runftgewerbetreibenden herbeizuführen. 
Wie in früheren Jahren bemübte h Ser 
jet 727 Mitglieder zählende Derein durch 
Deranftaltung von KRonkurrenzen der ein- 
beimifhen fünftlerifhen und kunftgewerb= 
lihen Produktion Anregung 3u bieten. 
Seine Leitung gewährte in fehe Fallen 
einheimifhen firmen Rath und praftifchen 
Beiftand dur Ueberlaffung von Aus- 
ftellungsräumen. 

Würnberg. — Nadh Vollendung 
der Reftauricungsarbeiten, welde einige 
Woden in Unfprud genommen haben, 
find die Räume des Wlbredt Diire re 
Dereins dem funftliebenden Publitum wieder geöffnet worden. Diefelben 
maden jegt einen duferft wohlthuenden Eindrud. Es wurden drei Aus- 
ftellungsfäle gefhaffen, deren Oberlichter febr giinftig wirfen, wie aud die 
Wandverkleidungen ridtig in der farbe gewablt find. Man muf es den be- 
treffenden Arrangeuren Dank willen, daß fie in diefer Weife die Sache in Sie 
Hand genommen haben. 

Bei diefer Belegenheit fei dem Bedauern Ausdrud gegeben, daß der 
Runftverein Nürnbergs nur ungefähr 1000 Mitglieder zählt, während 3. B. 
Hannover 7000 bat. Oft das Feine Opfer von II Mark jährlid vielleicht 
zu groß gegenüber dem Werthe der bildenden Runft als Erziehungs- und 
Bildungsmittel?  Dielleiht fühlen fih jest mehr Bürger Nürnbergs, das 
vom alten Ruhme feiner großen Meifter zehrt, veranlaßt, dem Dürer-Derein 
als Mitglieder beizutreten, damit man aud bier der Runft der Gegenwart 
gegenüber feine Schuldigfeit thun tann. 

Daf es an den Rünftlern nicht fehlt, um dem Kunftleben bier einen 





Norbert Pfregidner, Viiffelfopf, Sandftein, 
Graf Tiele-Winkler, Schloß Mofden, O.-S. 


lebendigen Jmpuls zu geben, davon möge ein Schreiben Heugniß geben, das 
Herr Direktor f. A. v. Raulbah in Münden jüngft einem Dorftands- 
mitglied des Albrecht Dürer-Dereing überfandte, auf die Aufforderung bin, bier 
wieder Werfe auszuftellen. Es beißt in dem Schreiben: „Für mein geliebtes 
Nürnberg bin ih immer zu haben und bin mit größtem Vergnügen bereit, 
mebrere Saden zu fenden. Jh freue mid febr, daß id dort niht ver- 
gefen bin.“ 

Gewiffermaßen zur Einweihung haben einige hiefige Mitglieder des 
Albreht Dürer-Dereins eine Anzahl trefflider Gemalde aus ihren Samm- 
lungen der Ausftellung zur Derfügung geftellt, welden Werken die nenein- 
getroffenen Bilder des Süddeutfhen Aunftvereins-Tyflus ih anreihen. 


Düfeldorf. — Die weltberühmte Dereinigung „Der Maltaften‘ 
beging am 1., 2. und 3. Juli dus Jubiläum feines fünfzigjährigen Beftehens 
in feinem Dereinshaufe und dem dazu gehörigen Part. Die Gründung des 
Maltaftens meldet der Chronik alfo: 

„Und war es dermalen zur Stund, da fie zu Rathes gingen, wie man, 
nad dem fiirbild des eben gefeierten deutfhen Einheitsfesti, gleicherweife 
fundiren und errichten mödt ein gut societatem „vor gefellig Rünftlerleben“, 
derein allabendlid) bei einem guten Hiimpplin fid) zu treffen, item fih zu 
verbinden, feftiglih und brüderlih und beyfammen zu ftehen in Treven wider 
der Zeit Anfehtung und Störmens. Und famen iibereins, wie fie wollten 
ausfdreiben am Il. ejusdem ein groß allgemein Concilium gefamter Diiffel- 
dorfifh Mablerzunft und ward dazu invitiret Alles, fo den Penful geführt 
oder fonften dem cultu derer Artium fih beflepffiget bat. Darnad ift unter 
großen Zulauff der Befellen das alfo neugeboren Anäblein aus der Tauff 
boben und, naddem ihrer allerband nomina projeftiret werden, auf des 
Gefellen Caroli Hübner Dorjhlag cum omnium consensu mit dem 
Namen ,,Maltaften’ benamfet worden." 

Sm tollen Fabre 1848 iff der ,,Malfaften’ entftanden und bat auf 
glänzende Antecedentien hinguweifen, abgefeben daß eine Reihe von Meiftern 
bildender Runft erften Ranges fortlaufend eine Zierde des Dereins gewefen 
ift, gehörte ihm einmal auch ein großer deutfcher Dichter an, deflen Beitritt 
eine kurze aber merfwiirdige Epifode in der Befchichte des „Malkaftens‘ bildet. 

Am 6. Juli 1850 war freiligratb zum anferordentliden Mitgliede 
des Dereins gewählt worden, was eine Reihe erregter Verhandlungen zur 
Folge hatte, denn die politifhen Gegner des Dichters konnten diefem die 


Deutfhe Runft 375 


Rolle nod nidt vergeffen, die er in den revolutionären Tagen des Geburts- 
jabres des „Malkaftens‘ gefpielt hatte. Freiligrath erflarte damals frei- 
willig feinen Austritt und bewabrte fo den ,,Maltaften' vor einer bedenfliden 
Spaltung und Sdhwadung. 

Dem fhönften fefte, das der Derein im Jahre IS5I gefeiert und das 
Hadländer duch eine ausführlihe Schilderung in feinem Riinftlerrcoman 
verewigt hat, reiht ih das fünfzigjährige Fubelfeft würdig an. : 

Naddem fhon auf der Dorfeier des ,,Malfaftens im engern Rreife die 
Wogen der Freude hochgefhlagen, nidt sum wenigften Dank den überaus 
luftigen dramatifhen Darbietungen des Riinftler-Dereins Laetitia in Geftalt 
einer dialeftifh und inbaltlid) lofal gefärbten Revue, feierte man an den 
folgenden Tagen den Jubilar-Derein mit weiter fteigender Begeifterung. Die 
Säfte aus der Nähe und ferne hatten fh inzwifhen bedeutend gemebrt; 
die Berliner, Dresdener, Rarlsruber, -Mündener und Wiener Runft fandten 
ihre Dertreter. 

Die Feftftimmung wird wohl genügend charafterifict durd die Schluß- 
verje einer Gubelhymne 3u Ehren des Humors, mit der das Feft(piel 
von Eduard Daelen, das niht weniger als 700 Mitwirkende erforderte, 
austlang: So braufe denn, Triumph-Parole, 

Laut vom Aequator bis zum Pole, 
Sowie vom Pol bis zum Aequator: 
Heil dir, Humor, Welt-Fmperator! 


Köln. — Jm Runftverein (Mufeum) find am 1. Juli mehrere Kollektionen 
zu gleiher Zeit zur Ausftellung gelangt, von denen die Sonder-Ausftellung 
von Prof. ferð. Brütt, der fürzlih von Diiffelborf nad Cronberg im 
Taunus verzogen ift, am meiften interefliren dürfte. Don hervorragender 
Bedeutung find die Bildniffe. Weniger können wir uns erwärmen für die 
beiden religiöfen Bilder: Die Allegorie Christus victor und die Skizze 
Golgatha. Dagegen fteht man bewundernd vor den mit flottem Wurf dar- 
geftellten Szenen aus dem täglihen Leben und DVerfehr. Trefflih beobachtet 
und mit Eleganz behandelt it das figurenreihe Gruppenbild „Am Bahn- 
hof". Ergreifend die Berichtsfzene „Nah bangen Stunden“. 

An die Brütt’fhe Kollektion fließt jih eine niederländifche, die tüdhtige 
Landfhaften enthält von Rlinfenberg, Paul Rink, Marie ten Rate, 
UApol, du Chatell, de Boel und Rololf. 

Ein Unitum ift H. Smith's Holz-(Segel-)Schiff. Daß die Niederländer 
aud heute nod befähigt find, bübjche Genrebilder mit den dazu gehörigen 
ftilvollen Gnterieurs 3u malen, bezeugen Picter's anbeimelndes Bildchen 
„Unfer Heim“, fowie ein größeres Gemalde ,,Am Sonntag, mit pradtigem 
altniederlandifhem Gnterieur. Ferner M. Schildt mit feiner Näherin und 
Raffeelöhin. Reizend iff Wuptier's Aquarell „Sonnenblumen“. Als 
Stammverwandter fei hier auch der Antwerpener Berard Portilie genannt, 
deffen grofes Bild ,, Gaufler etwas an das bekannte Anaus'fche Bild erinnert. 





Norbert Pfregfchner, Eberfopf, Sandftein. 
Graf Tiel»-Winkler, Schloß Moſchen, O.S. 





376 


Bei Schulte if ein neues Bismard-Bild von Lenbad ansgeftellt; 
ferner Porträts von Biafini und C. Flamm; eine Dame im Jagdfoftiim 
von Sidel und drei fhöne Aquarelle von B. Peister (Röln). 

Die Ausftellung für hriftlide Aunft (Domhof 8) enthält als 
Neuheit von Hiftorienmaler Friedr. Stummel (Kevelaer) einen Entwurf für 
mufivifche Dekoration einer romanifchen Herz-Jefu-Rapelle. Die Rüdwand des 
Altars ift mit Cipollin-Marmor bekleidet, deffen großadrige Platten, nad Art 
der Alten, zu romanifher Mufterung zufammengefegt find. Die gerade Wand 
der rundbogig gefihloffenen Niifhe ift mit einem reihen romanifhen Ranten- 
werk bededt. Jn der Mitte fehen wir den Pelifan mit feinen Jungen, in 
den Ranten eilen Tauben auf denfelben von allen Seiten zu. Nah unten wird 
diefe Fläche durd ein goldenes Sprudhband abgefhloffen. Die umliegende 
Laibung des Bogens ziert ein Mäander. Die hieran anfhließende Schild- 
bogenwand ift in ihrem untern heile ebenfalls duch ein Spruhband ab- 
gefhloffen. Auf der Fläche finden wir im runden grünblauen Nimbus die 
Herz-Jefu-figur, zur Seite zwei Engel mit den Pafflons-Werkzengen. Die 
fleine Laibung des Bogens hat ein Zid-Had-Ornament und auf der Stirn- 
feite die Jnfhrift: „Vere languores nostros ispe tulit“ u. f. w. Diefer 
Theil ift außer in der Sfizze auh in den Kartons in natürliher Bröße aus- 
geftellt. Die Skizze zeigt in jeder Bewölbefappe zwei Engel. Den Hinter- 
grund bildet überall der für die deutfche romanifche Aunft eigene blaue farben- 
ton. Goldene Streifen mit Schrift umfäumen die flähen; nur in den 
Laibungen ift auf goldenem Grunde farbiges Ornament angebradt. Die 
arditeftonifhe Erfheinung der Ronftruttion ift auf folhe Weife tlar hervor- 
gehoben und die Farbenwirkung eine fehr harmoniſche. Fräulein Chriftine 
Beemelmanns bringt eine für einen biefigen Arbeiterinnen - Derein be- 
ftimmte neue Fahne zur Ausftellung, welde einen redht lobenswerthen fort- 
fhritt in der Technik aufweift. Muftergiltige Beifpiele Pirdhlider Fahnenfticeret 
ftellen die drei Dortragfahnen der Revelaer'fhen Bruderfhaft hierfelbt dar, 
welde auf grünem Sammetgrund in reiher Weife unfer bemährtes Dombild 
mit feinen beiden Seitenflügeln zeigen. Die Fahnen, welde fhon bei der 
legten Ftohnleihnams - Prozejlion berehtigtes Auffehen erregten, Fönnen bier 
bequem betrachtet werden. Des weitern ftellt P. Oediger in Krefeld eine 
nad dem Entwurfe des verftorbenen Rölner Ardhiteften Wiethafe angefertigte 
fpätgotpifhe Monftranz von redht wirkungsvollem, f&hlanten Aufbau aus. 
Die fpätgothifchen, gedrehten und gefhwungenen Seitenfialen und den recht 
harakteriftifh ausgebildeten Mittel-Baldadhin befrönen Meine filberne Engel- 
Statuetten. Der prächtig wirkende Befammtaufban, der 92 Centimeter Höhe 
erreicht, dürfte bei feiner reihen Bliederung vortrefflih aud auf die ferne 
wirfen. d i 

frankfurt a. WM. — Die periodifhe Ausftellung der Rupferftid- 
fammlung in der Baleriedes Städel'fhen Inftitutes enthält gegenwärtig 
eine Reihe neuer Erwerbungen des Jnfiituts am Radirungen moderner Rünftler. 
Darunter befinden fih Blätter von Mar Rlinger aus der foeben erfhienenen 
neuen ‚folge „Dom Tode“, ferner Arbeiten von B. Mannfeld und feinen 
Schülern, von H. Braun in Karlsruhe, von Herfomer und von Mitgliedern 
des vor mehreren Jahren begründeten Radir-Dereins. Außerdem ift eine 
umfangreihe Radirung von L. U. Brumet-Debaines nah John 
CTonftable (Kathedrale von Salisbury) ausgeftellt, ein Gefhen? von Gg. 
v. Heyder. 

Wiesbaden. — Bei Banger und bei Deiters find fo viele neue 
Werte ausgeftellt, daß ein Runftfreund, felbft bei mehrmaligem Bejuhe in der 
Wore, für mehr als eine Wodhe Stoff zur Betrachtung findet. Bei Deiters 
entzüct eine Meine gemalte Menagerie: Enten, Hafen und tämpfende Birt- 
habne in weiter Landfhaft von Weinberger- Wiesbaden, Kühe auf der 
Weide von O. Frenzel» Berlin und Rothwild von Rlingender, ein Bild, 
das einen etwas trodenen und miibfeligen Eindrud macht. 

Aus Banger's Runftfalon ift über eine Kollektion von Hans Dölder 
zu berihten. Er hat febr viele Arbeiten gefandt, und es ift faft felbftver- 
ftändlih, daß nicht alle gleihwerthig find, genug, daß Bilder vorhanden, die 
ein ganz ernftes Aönnen, eine fräftige Art, üh mitzutheilen und lebhafte 
Stimmung zeigen. Unter den Belgemälden nimmt wohl „Träumendes Dorf“ 
die erfte Stelle ein. Bei dem „Gebet find die Felfenmajjen und der auf- 
fhäumende Bifht des Waflers fehr gut, während die im Motiv von Rops 
entlehnte Staffage mehr bineingejegt Senn als innerlih nothwendig erfdeint. 
Endlich fei noh „Morgen am Meere! erwähnt. Ein Stüdhen Waller und 
ein Stüdhen Himmel, gewiß nichts Nenes und doc) neu wirfend, weil es 
bübfh gemadht und aufgefaßt ift. 


Deutfhe Runft. 


Gm Mufeum find zwei Stillleben von Shoenrod-Münden und eine 
Direltoire-Dame von Oerine Peel bemerfenswerth, 

Aus der vor Rurzem abgebaltenen Generalverfammlung des 
Naffauifhen Runftvereins theilen wir mit, daß nad dem Beriht des Dor- 
figenden der Derein auch in dem abgelaufenen Befhäftsjahre ih in erfreu- 
lihem Wadhsthum befunden hat; die Mitgliederzahl ift von 822 auf 860 ge- 
fliegen. Die genannte Ausftellung war mit 309 Bildern im Befammtwertbe 
von 97250 Mark befhidt. fiir die fönigl. Galerie wurden GBelbilder u. a. 
von A. Dieffenbah und Rarl Cronberger fauflid) erworben. Zur 
Derloofung gelangen 60 Gewinne, darunter 18 ODelbilder; zur Vertheilung 
an die bei der Derloofung ausfallenden Mitglieder eine grofe Radirung von 
einem der nambafteften Rünftlerradirer R. Feldmann, Berlin. 

Die Mufeumsneubaufrage hat den Dorftand unausgejegt befhäftigt; ihre 
Entwidelung ift leider nicht im dem erhofften Sinne vorgefhritten. Unfere 
Stadt hätte Anlaß genug, der Runt und Wiffenfhaft ein würdiges 
Heim zu bereiten. Hoffentlid verpaßt ie nicht den günftigen Moment. 


Mannheim. — Als eine zwar Meine, aber immerhin der Anerfennung 
wiirdige Apotheofe des vor einer Wode verftorbenen englifden Malers 
Edward Burne-Jones kann die Ausftellung von drei Blättern aus der 
Hand diefes Rünftlers aufgenommen werden. 

Prof. S. v. Defregger hat einen „Srauentopf in Trauer‘ ausgeftellt, 
der wie alle feine Rathi's und Nannei's und andere hübfche „Diandln* eben- 
falls von teiner weiteren Bedeutung ift, als dağ er eben von Defregger her- 
rührt. Das Bild ift bereits vom Runftverein angefauft. Es ift jegt müßig, 
die Frage aufzumwerfen, ob man mit der Erwerbung diefes „Defteggers‘‘ einen 
Repräfentanten der eigenften Runft des Meiftere gewonnen bat. — Unter 
den übrigen Ausftellern feien diesmal noh befonders erwähnt: £. Dett= 
mann mit der „Poefie hinterm Haufe und „Lebte Sonnenftrahlen‘*. 
Aud die „Birken im Wald“ von A. KRöfter (Karlsruhe) erweifen fh 
als vollempfundene und tüdtig wiedergegebeue Symphonie der farben- 
herrlidfeit eines Herbftwaldes. Die „Engelalm in der Schweiz‘ von + Prof. 
A. Leu wirft trotz überrafhend fhöner Einzelheiten in farbe und Durdy= 
bildung doch ziemlih flau. Don den zahlreih ausgeftellten Skizzen und 
Studien von f. X. von Riedmüller, A. Griitering, Gatob Gebrig, 
S. Althaus läßt Adh nur fagen, dağ fie viel Talent in der Auffaflung 
verrathen. 

Mains. — Der in Cronberg anfäåfige Profeffor Schreyer, deffen 
Gemalde ,,Heimfehrende Araber" fih im Befige der Stadt Mainz befindet, 
bat der ftädtifhen Gemaldegalerie ein werthvolles Gefen? gemadt mit Sem 
befannten Bemälde des verftorbenen Mündeners Wilhelm Lindenfhmit: „Der 
gefeffelte Prometheus“. Lindenfhmit entftammte befanntlih der Mainzer 
Familie gleihen Namens. Ludwig Lindenfhmit, der Begründer des Römifch- 
Bermanijhen Zentralmufenms in Mainz, war ein Onkel des Malers, während 
der jetige gleihnamige Direltor der Mainzer Runftfammlungen fein Neffe ift. 
für die Herftellung von Photographien des ehemaligen Rurfürftlihen Schloffes, 
das auf Staats- und Reidsfoften reftaurirt werden wird, wurde von 
den Stadtverordneten ein Kredit von 1658 Mart bewilligt. Bleihzeitig 
wurde in der Stadtwerordnetenverfammlung angeregt, ob nidt von hervor- 
tragenden alten Gebdulidfeiten, welhe dem Abbrude verfallen feien, gute 
Bilder angefertigt werden fönnten, und diefe dann in den ftädtifhen Samm- 
lungen zur Aufftellung zu bringen, um auf diefe Weife ein Bild von Alt- 
Mainz zu befommen. Die Bürgermeifterei will nad diefer Richtung bin einen 
Plan ausarbeiten und fpäter zur Beihlußfaffung vorlegen. 





Worms. — Rürzlih war der zur Wiederherftellung des Wormjer 
Domes eingefegte Runftrath, dem von München die Herren Profefforen Seidl 
und freiberr v. Schmidt angehören, in Worms erfhienen, um die Wieder= 
berftellungsarbeiten in Augenfhein zu nehmen. Der Runftrath hat fih augers 
ordentlid anerfennend über den Umfang und die ftilgeredhte Ausführung der 
bereits vollendeten Arbeiten, fowie über die Zwedmäßigkeit und Solidität des 
Geriiftes ausgefproden. Yad eingehender Beiihtigung der Vierungstuppel 
und des Wefthors einigte man fid Sabin, erftere durch Zwedmäßig angebrachte 
Anker zu erhalten zu fuchen, hingegen aber das Wefthor nur infoweit und 
zwar feilförmig bis unter die Rofe abzutragen, als fein Mauerwerk nur all- 
gufebr zerfliiftet ift. Bei der Erneuerung foll unbedingt die alte Form bei- 
behalten und thunlihft das alte Material mit großer Pietät benugt werden, 
fo daß das Wefthor von feinem funftvollen Bau und feiner malerifhen 
Wirkung nichts verliere. Die im Gnnern befhädigten Theile follen aus- 
gewedfelt werden. 


Deutfhe Runft. 


877 













— Bei Gelegenheit der vom 23. bis 
26. Auguft d. J. in Braunfdweig 
tagenden IX. Allgemeinen £utherifhen 
Ronferen3, 3u welder ein Befud von 500—600 
auswattigen Gaften 3u erwarten ift, wird in dem 
von den ftädtifchen Behörden freundlidft zur Der- 
fügung geftellten feftfaale des Altftadt-Rathhaufes 
eine Ausftellung von firdliden Begenftänden 
ftattfinden. Umfaffen foll diefelbe Runft- und Ausftattungs- 
gegenftände fiir evangelifhe Kirchen fowohl aus älterer 
als neuerer Zeit: als Altäre, Ranzeln, Tauffteine, Beftühl, 
vasa sacra, Paramente, Ultarbibeln, Rirdenfenfter, tirdh- 
lide Malereien, Entwürfe zu Rirhenbauten und firhlichen 
Einrihtungsgegenftänden, firdhlide Alterthümer u. f. w. 
Es wird gewünfcht, daß die Ausftellung médglidft von 
allen Fabriten, Ateliers und Befhäften für firdlihe Gegenftande befhidt 
werde. Die Begenftände, für deren Aufftellung eine Platmiethe nicht erhoben 
wird, find bis zum 15. Auguft an den Buh- und Aunfthändler 5. Woller- 
mann, Braunfhweig, Bohlweg 15, einzuliefern. Bei demfelben find aud die 
näheren Bedingungen zu erfahren. Man kann wohl annehmen, daß diefe 
Ausftellung, zumal eine folche in jo großem Umfange nod nie ftattgefunden 
bat, eine nicht unbedeutende Förderung der firhlihen Runft fein werde. 

— Ein erfreulihes Seiden dafür, daß üh auh in den Reidslanden 
felbftändige lofale Runftbeftrebungen wie allenthalben jetzt regen, war die 
von 98 elfäflifihen Riinftlern und Runftfreunden befhidte Ausftellung in 
Miilhaufen, die am Schluffe des vorigen Monats zu Ende ging. 

Die Ehrlichkeit erfordert es, die Thatfache vor Allem anzuerkennen, daß 
die Ausftellung völlig ausgereifte Werke ganz großer Talente nicht beherbergt 
hat: großgedachte, mit vollendeter Meifterfhaft ausgeführte Werke, deren Lünft- 
lerifhe Handfhrift fih dem Befhauer unvergeßlih in die Phantafie einprägt, 
waren niht $a, wobl aber zahlreihe tüchtige, hervorragend .tüdhtige Arbeiten 
bodbbegabter Leute, bei denen bei weiterem Ausreifen und weiterer fiinft- 
lerifher Dertiefung nod fehr viel zu erwarten ift; daß daneben das Liebens- 
wiürdige, aber wenig Bedeutende, das „Butgemeinte‘ einen bedenklih großen 
Theil der Ausftellung beberrfchte, bat fie mit faft allen Ausftellungen gemein. 
Auffallend ift die Dielfeitigkeit, deren fi weitaus die meiften der vertretenen 
Riinftler und befonders Riinftlerinnen befleifigen. 


— gm Miindener Runftgewerbe-Derein ift ein von f. X. 
Weingterl in Neu-Paſing entworfenes und bergeftelltes Pradtalbum 
zu fehen. Es ift auf Beftellung einer Reifegefellihaft ausgeführt, welke als 
Theilnehmer (darunter von Münden Profeffor Dr. Oebbede) des 
VI. Internationalen Geologen-Rongrefjes unter Führung des rufjifhen Pro- 
feffors Dr. Loewinfon- Leffing einen Ausflug nad dem Ararat und dem 
Raufafus unternommen, und dem fiibrer jener Erfurfion das Album als Er- 
innerungszeihen darbringt. Das Gnnere ift in der üblihen Weife zur Auf- 
nahme von Photograpbien beftimmt; der Goldfdnitt der Blatter weift ein 
vertieft gearbeitetes, originelles Mufter auf, und die beide Dedel verbindende 
Schließe ift gefhmadvoll aus dem braunen Leder verfertigt, aus dem der 
Einband felbft beftebt. Während nun deffen Rüdfeite ganz einfach gehalten 
ift und als Hauptzierde nur vier fräftige, fhön zifelirte Schugnägel enthält, 
präfentirt fih die Dorderfeite prächtig und gefhmadvoll unter Bezugnahme 
auf die Entftehungsveranlaffung des Albums. Auch bier vorne fhüten vier 
mädtige Nägel das Banze, weldes fie zugleih einrabmen. Die fläche des 
Dedels ift im zwei gleihe Hälften getheilt, deren obere, im Lederjchnittarbeit 
und farbig, ganz vom großen ruflifhen Wappenadler eingenommen wird. 
Der Adler führt im Bruftfhild den heiligen Georg und trägt um den Hals 
die Rette des Ordens vom heiligen Andreas, während der Künftler auf beiden 
Flügeln je vier Meine Wappen angebradt hat. Die untere Hälfte des Dedels 
ift ganz bildmäßig behandelt. Wir feben auf das Klofter Etjhmixdfin, und 


dahinter ragen die Schneegipfel der einftigen Sommerftifhe Noabs hod in 
den Himmel. Der Raum ift glüdlih und febr gefhmadvoll vertheilt und er 
wird rings durdh gefdnittene, perfifhe Ornamente abgefdhlofjen. Das Album 
ftellt fid im Einzelnen wie im Ganzen als ein wohlgelungenes Werk feines 
Schöpfers dar. Weiter ftebt in einem der Hallenfenfter als neues Stüd ein 
Sdranf von Pöffenbader. Die Zeihnung ftammt offenbar wie bei dem 
ähnlihen vor einigen Woden ausgeftellt gewefenen Schrant aus Apfelbaum- 
holz von Heren Pöflenbader jun. Der im nneren zur Aufnahme von Quer- 
brettern eingerichtete (Wäfhe-) Schrank ift aus Eihenholz gearbeitet, die 
Thüren find theilweife einfach gefhnitt, von den Angeln erftreden ih blau 
angelaufene Befhläge oben und unten quer über den Thürflügel bis zur 
Mitte. Den oberen Abflug bildet eine mehr originelle als gerade ſchöne 
Galerie, deffen Ober- und Unterleifte in gewiffen Zwifchenräumen durd runde 
Scheiben verbunden ift. Die Thürfüllungen fhweifen fih in ihrer oberen Hälfte 
anmuthig, während die untere mit Blumenornamenten, die aus der Maffe des 
Holzes herausgearbeitet find, gefhmüdt ift. Originell und ganz in moderner 
Manier gehalten find die Thürenbefhläge, welde wie jhon bei dem erwähnten, 
fürzlih an derfelben Stelle ausgeftellt gewefenen Sdranf blau angelaufen 
find, wodurd fie fidh Fraftig und wohlthuend in der farbe von dem fie um- 
gebenden Holz abheben. Es ware gut, den jekt nidelfarbenen Sdliiffel in 
der Thiir aud blan zu färben, das Ganze würde fodann fhön abgerundet 
und wirkte einheitlicher als jest mit dem verfciedenfarbigen Metall. End- 
lid fei neben einigen neu bingugefommenen febr fjhönen Gefäßen von 
Wilhelm & Lind eine große Fahne erwähnt, dte das Rorps Mafaria von 
der Hofftiderei von H. Dogel & Aldens in weißer Seide, mit reicher Eunft- 
voller Stiderei verziert, hat herftellen laffen; gleidfalls ein fhönes Erzeugnif 
Münchener Bewerbefleißes. 

— Um Derleßung des Runffhurgeferes bandelte es fic in 
einem Prozefie, welder Ende Juni vor der dritten Straffammer des Land- 
geridts I in Berlin gegen den Buchhändler Mar Markus in der Pafjage ftatt- 
fand. Nicht lange vor dem Tode Raifer Wilbelms I. fertigten die Hof- 
photographen Selle und Runge zu Potsdam von dem Ralfer ein Bild an, 
nah welhem ein vergrößertes Bruftbild im Fabre 1888 im photographifd 
attiftifhen Derlage von fr. Albert erjhien. Das Bild erregte durch feinen 
eigenthümlihen Charakter, namentlib durd den trog der vom Alter gebeugten 
Haltung noh frifhen und freundlihen Gefidtsausdrud, viel Auffehen- und 
fand viele Liebhaber. Da die geferlihe Shusfeift fiir Photographien nad 
5 Jahren abläuft, hielt Markus fih im Jahre IS97 für beredtigt, das Bild 
fopiren zu laflen und im eigenen Verlage zu verbreiten. Get trat der 
Albert'fhe Verlag damit hervor, daß diefes Bild Fein photographifhes Ers 
zeugniß, jondern die Reproduktion einer nad der urfpriingliden Momentanf- 
nahme angefertigten Zeihnung des Malers Lokmann fei. Der Röniglide 
Sadverftindigen - Verein erklärte auch diefe Zeihnung für ein Runftwerf, 
welches den gejegliben Shug auf die Lebenszeit des Autors genieße. Fm 
geftrigen Termin führte der Dertheidiger, R.-A. Steinjchneider aus, dağ die 
Tätigkeit Cogmann's fic) nicht über die bei allen pbotograpbifhen Ver- 
arößerungen erforderlide erhoben babe, daß es dem Angeklagten aber jeden- 
falls niht befannt fein fonnte, daß es fih um ein Aunftwert handle, da das 
Bild einer Photographie vollfommen glih, auh mit der bei Runftwerfen 
überflüfigen Jahreszahl und obne Angabe des Namens des Autors erfhien. 
— Da der gerihtlihe Sahverftändige fih diefen Ausführungen anfhloß, fo 
fam der Gerichtshof zu einem freifprehendem Erfenntnif. 

— In dem großen Situngsfaale des Dresdener Stadtratbes 
it eine Anzahl Königsbildniffe aufgeftelt. Sum Jubiläum König 
Alberts hatte der Rath bei Profeffor Prell ein Bildnif diefes Herrfchers für 
den Sigungsfaal beftellt. Um für diefes Plat zu gewinnen, wurde eines 
der anderen Bildniffe, nämlihb das des Rurfiirften Friedrich Auguft des 
Geredten (den in der Rheinbundszeit Napoleon zum Aönig madte), an das 
Stadtmufeum abgegeben. Die Mufeumsleitung unterfuchte das Bild und fand, 
daß es eine Arbeit des berübmten Bildnifmalers Anton Graff ift; es trägt 


378 Deutfhe Runft. 


in der unteren rechten Ede die Bezeihnung A. Graff pinx. 1781, die aller- 
dings nur bei febr guter Beleuchtung zu fehen if. Man wußte bisher nicht, 
daß man einen folhen Shak auf dem Rathbanfe befaß. Nunmehr haben 
ih im Kädtifhen Arhiv aud die Rednungen dafür gefunden. Graff bat 
für das Bildniß am 25. März 1792 ein Honorar von 200 Thalern aus- 
gezahlt erhalten. Das Gemälde, das nunmehr eine Zierde des Stadtmufeums 
bildet, ift 2,22 Meter hod) und 1,64 Meter breit. Es zeigt den damals 
31 Jahre alten Rurfirften in voller Rüftung, gefhmüdt mit dem blauen 
Bande des polnifchen weißen Adlerordens, im Hermelinmantel, mit dem 
Marfhallftzbe in der Redten, die fih auf einen Stuhl ftiigt; auf diefem liegt 
der Rurhut. Zwei andere Bildniffe des Aurfürften aus dem Fahre 1780 be- 
finden fih im l. Sdhloffe zu Dresden und im Rathhaufe zu Leipzig. 

— Diele der koftbarften und jhönften aus früheren Jahrhunderten auf 
uns gefommenen Silbergeräthe find entftanden, um bei feftliden Unlaffen die 
Tafeln in den Ratbhäufern wohlhabender Städte zu zieren. Jn unferem 
Sabrhundert adtete man diefen auh fon aus funftfördernden Rüdfihten fo 
ſchönen Brauch niht mehr; an Neuanfhaffungen und Dervollftändigung des 
alten Befizes dachte Niemand, ja man fheute ih nicht einmal, das von den 
Dätern heilig gehaltene Cigenthum 3u verhandeln. Fn neuefter Zeit erft fieht 
man die in diefem Sinne begangenen fehler ein, und ift nun beftrebt, dem 
Reidthum der Bürgerfhaft entfprehend, nad und nad einen Rathefhat zu 
erwerben, um wieder würdig die fünftlerifhe und materielle Leiftungsfähigkeit 
des Gemeinwefens aud in diefer fheinbar fo nebenfählihen Aeußerlichkeit 
zur Shau bringen 3u fonnen. Gm Mufeum für Runt und Runft- 
gewerbe in Hamburg ift zur Zeit ein für das Rathhaus beftimmter Tafel- 
auffag ansgeftellt, der dem übrigen in Hamburgs großartigftem Monumentalbau 
gemachten fünftlerifhen Aufwande würdig zur Seite tritt. Das als ein 
Ehrendentmal für den verewigten Bürgermeifter Rellinghufen gedadte und 
aus der von diefem gemadten Stiftung angefhafite Shmudftüd ift im Ent- 
wurf und Ausführung eine Arbeit des Hamburger Boldfhmieds Alerander 
Schoeuaner. Das pradtige Runftwerf verleugnet nit die echte Riinftler- 
band, es ift eine Arbeit von individnellem Gepräge, nidt angehaudt von 
dem alles fhematifirenden Schaffen, wie es die aus den heute berrfchenden 
Goldwaarenfabrifen hervorgehenden Leiftungen fennzeidnet. Der Riinftler hat 
es verftanden, gefunde Gedanfen in glüdliher form zu geftalten. Das Prunt- 
füg ift im Renaiffancedarafter gebalten, es war dem Meifter vorgefdrieben. 
Wenn diefe Einfhränktung der fünftlerifhen Schaffensfreiheit in mander Be- 
ziehung zu bedauern ift, wird fie doc gerade fiir diefen fall aus verfciedenen 
Griinden leicht 3u rechtfertigen fein, die Frifche mangelt jedenfalls dem Runftwert 
nicht. Auf einem Unterfag von fhwarzem Marmor erhebt fi der aus reih 
vergoldetem Silber mit Anwendung von Email und Bergfryftall geftaltete 
Aufbau. Auf den vier fodelartigen Füßen, zwifhen denen je eine mufchel- 
förmige Schale eingefügt ift, figen allegorifhe weiblihe Geftalten, welde 
verkörpern: Runft und Wifjenfhaft an der Hauptfeite, Mildthätigkeit und 
Fstömmigfeit an der Rüdjeite. An den Seiten des mittleren Sodelgliedes 
flieht man vorn das Reliefbildnif Rellinghufens mit Wappen, hinten das 
Hamburger Staatswappen und zwifhen beiden Infcrifttafeln, deren Tert 
lautet: „Einem bhoben Genate der freien und Hanfeftadt Hamburg für das 
neue Rathhaus gewidmet von der Bürgermeifter Rellinghufen-Stiftung 1898." 
Und „Zum Bedähtniß an Se. Magnifizenz Herrn Bürgermeifter Hetnrid 
Rellingbufen j. u. d. in Hamburg, geb. den 16. April 1796, geft. den 


20. April 1879." — Möchte das Aunftwerk allfeitig die verdiente Aneıfennung 
finden, den Meifter ermuthigen 3u weiterem Schaffen mit Einferung feines 
beften Rönnens und die Dertreter von Hamburgs Bürgerfhaft veranlaffen, nad 
Möglichkeit dem befchriebenen gleihwerthige Runftwerfe zu erwerben. 


. — Ruftos Ed. Berifch hat das erft jüngft entdedte Frestogemälde aus 
dem Singerthore des St. Stephansdomes in Wien vorzüglih reftaurirt, auf 
Leinwand übertragen und von rüdwärts mit einer ftarten Holzwand gefhütt. 
Er hat nur die alten fragmentarifhen Partien aufgefrifcht, ohne etwas pinzu- 
3umalen, um das Runftwerf in feiner Urfprünglichkeit zu erhalten, denn es ift 
in mander Beziehung ein Unitum, weldes zu den feltenften Shaken der 
Malerei diesfeits der Alpen gerechnet werden muß. Wie Ruftos Dr. Hermann 
Dollmapr von der Raiferlihen Gemäldegalerie nad vorgenommener Unter- 
fuhung fih äußert, gehört es der lombardifhen Schule (1490—1530) an. 
Seine Bedeutung befteht darin, daß es ein Werk im norditalienifhen Stile 
an der Wand eines nordifeh gothifhen Domes ift, wozu in Oefterreihb und 
Deutfhland wohl faum ein Analogon zu finden if. Das Bild wird dem 
Mufeum der Stadt Wien überlaffen werden. 


— Qntereffant war die am 30. Zuni veranftaltete Derfteigerung 
einer Privatfammlung bei dem Runfthändler Neuftadt in Münden, bei der 
bedeutende Werke moderner Rünftler fowohl, auh auh hervorragender ver- 
ftorbener Münchener Meifter zum Aufwurfe Pamen, die aus Privatbefiz wegen 
Raummangels aufgegeben werden. Unter den modernen Rünftlern der 
Sammlung ragen befonders E. Berninger, A. Bödlin, Guft. Schönleber, 
€d. Schleih jun. und der Franzofe J. Moreaur hervor. Don Werfen þer- 
porragender verftorbener Miindner Riinftler find befonders hervorzuheben 
Karl Rottmann, U. Lier, R. Spikweg, Friedr. Volk, €d. Schleich fen., 
Aug. Löffler, Ludw. Neubert, Heine. -Dallwig, Alb. Zimmermann, Mar 
Himmermann. Dazu gefellten fid) nod mebrere alte Bilder, von denen ein 
febr fhön erhaltener Bolzins befonders zu nennen ift. 


— Eine der großartigften Runftverfteigerungen ift diejenige 
der Tabourier’fhen Sammlung in Paris, die eben 943 000 francs ein= 
bradte. Sie umfaßte jo ziemlih alle Gebiete der Runft und bot auf jedem 
erlefene Stüde. Don den Bemälden alter Meifter brachte der ländlihe Rund- 
tanz von Lancret mit 112000 frants den hödjften Preis. Die Raft bei der 
Jagd dSesfelben Meifters 6100; Bouder, Amor als Dogelfteller, 5100; Clonet, 
zwei männlihe Bildniffe, 5600 und 2800; Fragonard, Belübde für Amor, 
18 500; fiegender Amor, 6106; Amor als Thorheit, 6100; Bildnif der Du- 
barry, 4700; Llaude Lorrain, italienifhe Candfhaft bei Sonnenuntergang, 
6600; Grenze, Frauenbildniß, 3100; Largilliere, männlides Bildnif, 3500; 
Nattier, Bildnif des Herzogs de Chaulnes, 4100; Frauenfopf, 7500; Pater, 
Ankunft im Lager, 28000; Lager, 29000; Proudhon, Unfhuld, die Liebe 
dem Reihthum vorziehend, 5000; Tugend im Rampfe mit dem Lafter, 5000; 
Chriftus am Kreuz, 5000; Watteau, ländlihe Erholung, 6000. Don den 
Gemälden auewärtiger Schulen find befonders hervorzuheben: von Hans 
Holbein das Bildnig des Rardinals Fifher, I0 500; zwei Bildnifje von S. 
Holbein, je 4000; befonders aber eine Areuzigung von einem ungenannten 
Meifter der Rölnifhen Schule, 17 000. Dann: Berfheyde, Damm beim Haag, 
5305; Canaletto, der Arno bei Florenz, 9250; Anfiht von Florenz, 7700; 
die Hoffiche 3u Dresden, 10100; Anfidt von Dresden mit den alten Wallen, 
6000; Cupp, mannlidhes Bildnif, 7000; Fyt, Riihenftiid, 3930. 





C= Perfinlides. D 


— Der Bildhauer Profeffor Ludwig Manzel zu Berlin ift zum 
ordentlihen Lehrer an der Unterridts-Anftalt des Runftgewerbe-Mufeums er- 
nannt und dem ordentlichen Lebrer an der Aunftfchule in Berlin Maler Philipp 
frang ift das Prädikat „Profeffor' beigelegt worden. 

— Zu Profefforen wurden ernannt die Maler Hans Thoma und 
Wilhelm Trübner in frankfurt a. M. und Karl Jrmer und Hugo 
Mühlig in Düffeldorf. 

— gm Atelier des Prof. Joh. Pfubl in Charlottenburg, Fafanen- 
ftraße JO, war vor einiger Zeit das vollendete Modell des Standbildes 


gatob Böhme's ausgeftellt, das für Börlit befimmt if. Es liegt etwas 
Hinreifendes in diefer fclidten Denfergeftalt, die mit den Attributen des 
Sdhubmadherhandwerts ausgeftattet, im Schurzfell auf dem Schemel fitend 
erfaßt ift. Das Roftiim ift getreu das des angehenden 17. Jabrhunderts. 
Schwungvoll, das Haupt erhebend, als ftehe ter unter der Macht einer pldt- 
liden Eingebung, blidt die no jugendlihe Geftalt des Denters wie in einer 
Art von Derzüdung in die ferne. Die Züge geben die überlieferten Bildniffe 
des Mannes wieder, leicht idealifirt, aber ganz individuell und caratteriftife. 
Rüdwärts lehnt das Schufterbrett mit der Boehme'fhen Infhrift: „Liebe und 


Deutfhe Runft. 


879 





Demuth unfer Schwert". Die rehte Hand, die den Griffel hält, it an die 
Bruſt gepreßt; die linte hält die auf den Shentel getügte Bibel, den Quell 
feines Glaubens. Die Statue foll in Bronze gegoflen werden, das Poftament 
wird in Granit aufgebaut. Der Branitbau des Sodels trägt auf jeder der 
vier Seiten eine filberne Lilie, von der vergoldete Strahlen ausgehen und 
Wafferftrahlen in eine achtedige Branitfchale fallen. Das Banze beberrfht 
ein edler Rhythmus, und von allen Seiten bietet es einen gleich erfreulihen 
Eindrud. 

— Sn Langebriid bet Dresden it Albert Richter, einer der viel- 
feitigften Gport- und Jagdmaler und ein uniibertroffener Meifter auf dem 
Gebiete der Shwarzweif-Flluftration, plsglid geftorben. 

Albert Ridter wurde 1845 in Dresden geboren. Er befudte, da 
fih feine Begabung für Malerei von feiner Jugend an zeigte, die Akademie 
in Dresden, während er zugleich, feiner Neigung für Wild und Wald folgend, 
im Thiergarten der Morigburg feinen Studien oblag. Dann folgte der 
Befud der Afademien zu Münden und Wien. Der Anregung, die die 
berrlihe Umgebung ihm bradte, entfprang eine Anzahl von Bildern, die ihm 
bereits in jungen Jahren Anerkennung und Ehren einbradten. Studienreifen 
in die öfterreihifchen Alpen, das Hochgebirge Bayerns und nah Ungarn 
folgten. Stets jagend und aufs fleifigfte beobadhtend, fhuf er Bild auf Bild 
ans dem Ihierleben diefer Gegenden. Ein zweijähriger Aufenthalt in Afrika, 
in Algier und Tunis und fhließlih in der Sahara bradite ihm ein reiches 
Material zu weiterem Schaffen. Dann folgte ein einjähriger Aufenthalt in 
Nord-Ameritfa. Nah Deutfhland zurüdgelehrt, fiedelte er fih zunächſt in 
Blafewit bei Dresden an, bis er fi fohließlih ein eigenes Heim in 
Langenbriid am Rande der Dresdener Haide gründete, wo die fihönften 
feiner Schöpfungen unter fortwährender fühlung mit der fhönen Natur feiner 
Umgebung entftanden. Ein Schlaganfall madte feinem an Erfolgen reihen 
Schaffen vor der Zeit ein Ende. 

— gn Weiffenbad an der Criefting ik der Vater des Dorftandftell- 
vertreters der Genoffenfchaft der bildenden Riinfller, Herrn Heinrid Lefler, 
der Maler franz Lefler, geftorben. Franz Lefler, eines der älteften und 
verdienftvollften Mitglieder der Künftlergenoffenfhaft, im Gabre 185!) in 


eR@) Preisbewerbungen. 


— Das Ruratorium der Adolf Menzel - Stiftung fohreibt für junge, 
befabigte Rünftler deutfher Abkunft, ohne Linterfchied der Konfeſſion, welde 
die Röniglihe afademifhe Hohfchule für die bildenden Rünfte oder die Meifter- 
Ateliers der KRöniglihen Akademie der Rünfte in Berlin befuden, ibr 
Stipendium aus. 

Bei den Bewerbungen, welde an den Direktor der Hodfdule für bildende 
Rünfte zu richten find, find folgende Scriftftüde einzureichen: 

J. ein vom Bewerber verfaßter kurzer Lebenslauf; 

2. amtlihe Zeugniffe über den Befuh der Röniglihen afademifden Hod- 
fcule für die bildenden Rünfte oder der atademifhen Meifter - Ateliers und 
über führung, Fleiß und Befähigung des Bewerbers; 

5. Studien » Arbeiten und befonders ARompofitionen, weldhe über die 
Befähigung des Bewerbers Auffhluß geben ($ 6 des Statuts). 

Das Stipendium beträgt circa 700 Mark. Die Verleihung defjelben ge- 
fhieht am 8. Dezember; die Ratenzahlungen erfolgen jeweils am 1. Januar, 
J. April, J. Juli und I. Oktober gegen Quittungen, welde vorher dem Unter- 
zeichneten zur Befcheinignng vorzulegen find. _ 

Geeignete Bewerber haben ihre Bejuhe mit den in DVorftehendem 
geforderten Atteften und Arbeiten bis zum 15. Oftober d. J. an den Vor- 
figenden des Ruratoriums, Hertn Afademiedireftor Profefjor A. von Werner, 
einzureichen. 

— für den Ratbhbausumbau in Emmerich (Edanbau mit Thurm an 
da8 jerige Bebäude) follen geeignete Entwürfe zur façade eingezogen werden. 
Auf die beiden anerfannt beften Entwürfe ift ein Preis von 600 und 
3500 Mark ausgefett. 

. Mit entfprehender Auffhrift verfebene Offerten find fpäteftens bis zum 
20., Juli. d. J. dem Bürgermeifter von Emmerich, Heren Menzel, einzureiden 
und werden alle etwa erforderlihen Auskünfte und Unterlagen von une 
mündlih wie fhriftlih mitgetheilt. 

— Auf das Preisausfohreiben des Magiftratse von Böttingen 
vom 8. februar ò. J, das zu einem Wettbewerb um einen Marktbrunnen 
einlud, find 46 Entwürfe eingelaufen, von denen 3 wegen Unvollftändigkeit 
von der Ronkurrenz ausgefhloflen werde mußten und 12 zur engeren Wahl 
famen. Das Preisgeridt hat folgenden Entwürfen die Preife zuerkannt: "den 





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DIR AK floh, des Örssherzogs u Mechlenbg 


Langenbrud in Böhmen geboren, war Schüler der Malerafademie in Prag 
und der f. f. Akademie der bildenden Rünfte in Wien unter Direftor Ruben 
und den Profefloren Job. Nep. Geiger und Wurzinger. Nahdem er 
größere Runftreifen in Deutfhland und Stalien abfolvirt hatte, überfidelte er 
1858 nad Wien, wofelbft er feit diefer Zeit unausgefegt fünftlerifh wirkte. 
Neben der Benremalerei befhäftigte fih Lefler vorzüglid mit der Deforations- 
malerei und viele Deden- und Wandgemälde in den Wiener Salons ftammen 
von der Hand diefes Aünftlers. Er malte auh den Vorhang für das neue 
Brünner Theater, die Dedengemälde für das neue Theater in Augsburg und 
den Vorhang und die Dedengemälde für das Stadttheater in Odeffa, fowile 
die Wandgemälde im Budapefter Riosf. 

— Carlos de Haes, Mitglied der Runftatademie und ehemaliger Pro- 
feffor der Landfhaftsmalerei der Madrider Runftfhule, ift in den Armen 
feiner Schüler an einer Lungenentzündung geftorben. Don Geburt Belgier, 
legte er in Brüffel den Grund zu feinen fünftlerifhen Studien; aber erft in 
Spanien, wohin er früb überfiedelte, entwidelte er fih zu dem großen Riinftler, 
der ganzen Befhlehtern als Lehrer und Vorbild gedient hat, dergeftalt, daß 
von feinem Erfheinen ab erft von einer fpanifhen Candfhaftsmalerei in 
modernem Sinne, ð. b. von einer Malerei, die fic die Natur felbft zum 
Mufter nimmt, gefprohen werden tann. Don feinen Werken feien nur die 
bedentendften erwähnt: „Der Ranal von Pancorbo in den Picos de Europa“, 
„Der Hermidenfhlund", „Die Rüfte von Lequeitio und „Umgebung von 
Urfeland", Seine Bilder find auf vielen fpanifhen und fremden Ausftellungen 
mit erften Preifen ausgezeihnet worden, und ihm felbft wurde das Broß- 
kreuz des Gfabellen-Ordens zutheil. 

— gn den erften Tagen des juli verließ Petersburg der bekannte 
franzöfifhe Maler Bervaiz, nachdem er fünf Monate dort zugebradt hatte. 
Gervair arbeitet an einem großen Dioramagemälde für die Parifer Welt- 
ausftellung I900, weldes die Hauptmomente aus den Moskauer Arönungs- 
feierlihteiten des Jahres 1896 verlebendigen wird. Gervair hat and längere 
Seit im Moskauer Kreml Aufnahmen und Studien gemadt, um das grof- 
artige Bemälde biftorifh aufs Treuefte fehafien zu können. Ohne Zweifel 
wird das Diorama eine Hauptfehenswürdigkeit der Ausftellung werden. 


Pe 


erften Preis von 600 Mark dem Entwurfe: „gm Geifle der Alten“ der 
Herren Ardhtteft Claus Meß und Bildhauer Herm. Jeg in frankfurt 
a. M.; den zweiten Preis von 400 Mark dem Entwurfe „Bänfemädel‘ der 
Herren Arditet H. Stsdhardt in Berlin und Bildhauer Paul Niffe 
in Charlottenburg; den dritten Preis von 200 Mark dem Entwurfe: 
„Quelle des Heren Bildhauer H. Wedemeyerin Dresden. Außerdem wurden 
zum Anfauf empfohlen die Entwürfe: „Mai-Regen‘ und „St. Jürgen". 

Die Derfafler der nicht preisgefrönten Entwürfe werden erfucht, bis zum 
50. d. Mts. die ndthigen Angaben zur Wiederzufendung ihrer Entwürfe zu 
maden, andernfalls die Umfchläge der Wdreffe eröffnet werden. 

— Das Preisgeriht in dem öffentlihen Wettbewerb für die Ent- 
würfe zum Ban eines mit einem Roftenaufwand von I!/, Millionen Mark in 
Bremen zu errihtenden Gefdhaftshaufes der Bremer Baumwoll- 
börfe bat dem Arditetten Joh. Geo Poppe in Bremen den erften Preis 
im Betrage von 4000 Mart juerfannt. Den zweiten Preis, 2000 Mark, 
erhielt der Arditeft Hermann Schädtler in Hannover und den dritten, 
1000 Mark, der Arditett Carl Bollmann in Bremen. Angefauft wurden 
die Entwürfe der Arditeften C. Börnftein und C. Ropp in Berlin, 
Emil Hagberg in Leipzig und Profeffor Hubert Stier in Hannover. 
Don auswärtigen Autoritäten waren im Preisgeriht Oberbaudireftor Pro- 
fefor Dr. 5. Durm - Rarlsrube, Arhitet Martin Haller-Hamburg 
und Oberbaurath Profeffor P. Wallot- Dresden vertreten. — Jn der 
diesjährigen Münchener Jabresausftellung wird die Abtheilung für 
Architektur und Runftgewerbe, welde in völlig neuer und umfangreicher Weife 
infzenirt werden foll, erft furze Zeit nach dem 1. Fuli eröffnet werden. 

— Das Preisausfdreiben, das die Liqueurfabrif F. A. Schreiber 
in Cöthen (Anhalt) vor einiger Zeit erließ, bat fowohl aus allen Theilen 
Deutfhlands, als aud aus Oefterreih, Frankreih, Serbien 2c. eine überaus 
zahleeihe Betheiligung erfahren, fo daß nicht weniger als 168 Entwürfe ein- 
gereiht waren. Das Werthungsergebnif ift folgendes: J. Preis: Sophie 
Louife Schlieder - Berlin (Motto: ,,Raft’ id, fo roft' iġ IL"). 2. Preis: 
Willy Walter (J. B. Freiberg - Münden), (Motto: „Geile Dih felbft"‘). 
5. Preis: Herm. Müller-Münden, (Motto: „Heilung I“.) — Weitere Entwürfe 
find von der firma f. A. Schreiber erworben. 


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Illuſtrirte Seitichrift fiir das gefammte deutfche Kunitichaffen. 


Eentral-Organ deutfcher Runft: und Künſtler Vereine. 


Alle 14 Tage erjheint eine Nummer. 
Preis vierteljährlih 2.80 Mart. 
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Herausgegeben von 


Georg Malkotuskn, 
Schriftleitung und Berwalfung Berlin W.57, Steinmehfir. 26. 


Alte 14 Tage erfheint eine Nummer. 
Inferate: 40 Pfennige fiir die 4 ge- 
fpaltene Nonpareille-Zeile. 


Publifationsorgan des Dentfden Runftvereins in Berlin, des Schiefifhen Runftvereins in Breslau, des Runftvereins für das Grofherzogthum Heffen in Darmftadt, des Anbaltifhen Runfts 
vereine in Defjau, des Wiirttembergijden Runftvereins in Stuttgart, des Schleswig - Kolfteinifhen Runftvereins in Riel, der Runftvereine in Münden, Oldenburg, Mannheim, Nürnberg, Gera, 
Altenburg, Elberfeld, Barmen, Bielefeld, Börlik, Danzig, Rönigsberg, Stettin u. a. 





Br. 20. a 





1. Anguft 1898. 





I. Jahrgang. 


Zur Schägung Walter Leiftifow’s. 
Bon Wilhelm Fabian. 


der Empfindung und Technik auftreten, und wo bei dem 
Derfud der einzelnen Künftler, die neue Ridtung in 
individuelle Bahnen zu lenken, die Runftpringipien durdeinander- 
gäbren, pflegt es für den mit den Rihtungsfhlagwörtern fpielenden 
Rritifer von fad) eine freude und ein Leichtes zu fein, einen jegliden 
Runftjünger einer beftimmten Richtung, einem der neuen —ismen 
zuzumeifen, und feinen Werdegang an der Hand diefer Schlag- 
wörter zu verfolgen. Schwerer bat es der funftliebende Laie, 
der dem Urtheile der Fachleute nicht bloß nadbetet, wenn er 
nad und nad vor verfdiedenartige Werke eines und desfelben 
Rünftlers tritt, Sie Einheitlichkeit Ser Entwidelung und der 
Perfönlichkeit zu erfennen. Denn die Schlagwörter, mit denen 
fic) fo leicht urtheilen und verurtheilen läßt, fagen im Grunde 
wenig genug, wo es gilt, die Eigenart eines Rünftlers in der 
von ihm vertretenen Rihtung zu fennzeidnen, und was mit 
ihrer Hilfe für das Verftändnif des Einzelnen erreicht wird, ift 
meift mehr eine Ronftruftion als ein wirflides Eindringen in die 
PerfSnlidfeit. Andererfeits wird gerade in den Epoden größerer 
Ummälzungen das Talent nah verfchiedenen Richtungen hin- 
gezerrt, bevor es feine eigene fünftlerifhe Individualität entdedt. 
Den Einflüffen, die von den einzelnen Entdedern und Leitern 
gleichzeitig oder furz nacheinander auftretender neuer Richtungen 
ausgehen, unterliegt mehr oder minder unbewußt jeder werdende 
Rünftler; in ihrer Nahahmung und Verfolgung thut er immer 
mehr von dem Seinigen. hinzu, bis er zum Bemwußtfein der ihm 
eigenthümlichen fünftlerifhen Formen durchgedrungen ift. Gelingt 
ihm das nicht, fo bleibt er Heit feines Lebens ein Madhabmer, 
und zwar der fremden Vorbilder, oder auch fein eigener. Denn 
es giebt auf jedem Gebiete Entdeder, die -in ihrer erften form 
fteden bleiben, und denen mehr das Derdienft babnbredender 
Jnitiative, denn das eigentliher und fortfdreitender Entwidelung 
zugefprohen werden muß. fiir Beides bietet niht nur die 
Gefhihte der Malerei in den legten 30 Fahren mehr als ein 
Beifpiel. 
€s ift ein natürliches und erfreuliches Heihen der Feit, daß 
neben unfern großen jäbrlihen KRunftausjtellungen mit ihren 
Maffenanhdufungen von Bildern fih fleine Vereinigungen von 
Riinftlern bilden, die, mehr oder weniger auf gewiffe Sdlag- 
wörter und Runftpringipien eingefhworen, in gefdloffener Weise 
dem Publifum ihre Werke vorführen und dadurd einen weit 


T eiten einer fih neu geftaltenden Runft, wo im Rampf 
gegen althergebradte formen und Shablonen nene Werthe 


leichteren Ueberblid über die Entwidelung der einzelnen und der 
gefammten Runftrihtungen geftatten, als dies fonft möglich wäre. 
Sreilid ift es oft fdwer, die gemeinfame Bafis zu entdeden, auf 
der die verfchiedenen Riinftler fic) 3ufammengefunden haben; allein 
es darf umgefebrt als ein großer Vorzug angefeben werden, 
wenn innerhalb folder, durd irgend ein gemeinfames Fünftlerifches 
Band gefniipften Verbindung die fiinftlerifihen Jndividualitäten 
3u ihrer vollen eigenartigen Entwidelung gelangen. 

Unter den Malern, die 1831 die freie Vereinigung der XI 
fonftituirt haben zu dem Zwede, durch jährlihe Ausftellungen in 
Berlin die Arbeiten ihrer Mitglieder zu zeigen und dadurd 
der modernen Ridtung in der Malerei, einem gefunden 
Ompreffionismus, Boden zu gewinnen, ift nah Mar Liebermann, 
defen Bedeutung nun endlid allgemein anerfannt ift, Walter 
Leiftifow eines der eigenartigften Talente. 

Wollte man ihn aber ausfhliegßlih zu den Fmpreffioniften 
zählen, fo wäre er felbft und feine Entwidelung amit nur un- 
genügend daratterifirt, Dies Schlagwort erfhöpft ihn nicht. 
Es laffen fih, ohne genaue Renntniß der perfönlihen Erlebnifje 
und des gefammten Milieus, aus den Werken eines Rünftlers 
allein in den feltenften fallen die Elemente vollfommen bee 
ftimmen, die feinen Werdegang beeinflußt und die verfchiedenen 
Phafen feiner Entwidelung und feines Schaffens bedingt haben. 
Und Walter Leiftifow zeigt uns, obwohl er erft das Mannes- 
alter erreicht hat, [chon verſchiedene Geſichter. 

€r it am 25. Oftober 1865 zu Bromberg geboren, wo er 
das Bymnafium befudte und Flaffifdhe Bildung genof. Oftern 
18835 fam er nad) Berlin auf die Akademie und ftudirte unter 
Efhfe und Hans Gude. Seine weitere Entwidelung bat er ji 
felbft zu danfen. Durd eine ihm befreundete dänifhe Serift- 
ftellerin veranlaßt, machte er fpäter eine Reife nah dem Norden, 
die wohl von beftimmendem Einfluß auf feine Malweife gewefen 
it. €s fei erwähnt, dağ er aud fehrififtellerifeh thätig ift und 
cinen Roman „Auf der Schwelle“ veröffentlicht hat. Er lebt 
in Berlin und wirkt hier zugleich als Lehrer. In dieſer Hinſicht 
und für ſein eigenes Schaffen beachtenswerth ſind die Worte, 
die er gelegentlich der Berliner Gewerbeausſtellung geſchrieben 
þat: „Ich ſehe in dem Dilettantismus eins der weſentlichſten 
Mittel, das ſo darniederliegende Kunſtgefühl, den Geſchmack 
unferes Publifums zu beben .. .. Es kommt wohl in erſter 
Linie darauf an, die Liebe zur Runft, ©. Ņ. zur Natur zu 
fördern, die Benußfähigfeit des Auges, des Obres zu fhärfen 


382 


Deutfdbe Runf. 





und zu erweitern. Ein rechter Mallehrer follte vor Allem ein 
rechter Erzieher fein.‘ 

Die Benußfäbigfeit des Auges zu fhärfen, das ift sugleid 
die Aufgabe, die der Fmpreffionismus in der Malerei über- 
nommen bat, und die Dorausfegung fiir feine Würdigung. Das 
nod in unfern Mufeen in der Schule der Alten an die dunklen 
Töne gewöhnte Auge muf erft zu der Erfenntnig und Schäßung 
der neuen Tonwerthe erzogen werden, und deshalb die Natur 
felbft im Sinne der Freilichtmalerei fehen lernen.. Biebt aber 
der Künftler den durd) die Atmofphäre veränderten farbigen 
Eindrud der Töne und Farben wieder, malt er Luft und Licht, 
fo will er nit nur uns ein Stüd Natur, eine Candfadaft an fid 
reproduziren; er will durch das Werk Eindrüde übermitteln, die zu- 
gleih eine engere Beziehung zwifhen dem Maler und dem Bee 
fhauer berftellen. 

Die erften Arbeiten Leiftifow’s fonnen nod) nicht unter 
diefem Gefichtspunft betradtet werden. Jn ihnen zeigt fic) der 





Walter Leiftifow, Dorffird hof. 





engfte Anfhluß an die Natur, eine ruhige, naivfreudige, objektive 


Betradtungsweife, die jeden Eindrud willig aufnimmt, und Surd 
einfache, nicht befonders auf die Stimmung pointirte Wiedergabe 
dcnnod im Befhauer die Stimmung jener barmlofen Freude 
am Dorhandenen wedt. Bleihviel, woher er feinen Begenftand 
nimmt, ob er eine märfifhe Landfhaft oder die pommerfche 
Rüfte, ein Motiv von Rügen, Sylt oder Helgoland malt, ob er 
Frühling, Sommer, Abend und Mondfchein, Strandfee und 
Stranddorf, das Flußufer, den See, den Waldesrand oder 
friefifhe Fifherboote, die mitten in einem Friedhof gelegene Kirche 
oder Diegeleien am Waffer Sarftellt — überall zeigt fid Sas 
gleiche liebevolle Eingehen auf die Natur, ein ernftes, ebrliches 
Studium, beitere, wenn au nicht lebhafte Farbengebung. Die 
Bilder haben flare und fharfe Konturen, warme Tönung und 
find fat alle Surh menfhlihe und thierifhe Staffage belebt; 
einige erhalten fogar einen genrehaft intimen Reis dadurd, dap 
die Sargeftellten Menfhen die Stimmung der Candfhaft erem- 
plifiziren oder mitbeftimmen. 

Jiemliġh unmerklic tritt zuerft bei Bildern 
| Siefer Art, dann freilid in bervorragendem 

Mafe bei ähnlihen Motiven der Jnprefjionis- 

mus an den Tag. Die Linienführung wird 
| einfacher, die Farben verändern den Ton und 

wirken häufiger durch ftarfe und grelle Kontrafte. 

Beftimmender dafür dürfte aber nicht 
fowohl der Einfluß der imprefjioniftifhen Schule 
in erfter Reihe gewefen fein, als die Eindrüde, 
die er auf feiner Sänifhen Reife gewonnen. 
Webhrfcheinlidy durch nordifthe Motive und durch 
die dort erhaltenen Anregungen ift Ceiftifow 
3u feiner primitiven Linienführung gefommen 
und zu dem, was er als ftilifirte Candfchaft 
gefhaffen hat. 

Die Stilifirung erftredt fih zunähit auf 
die Linienführung und ftellt eine bejtimmte, 
gewollte Abweihung von der Natur Sar. 
Der Botaniker, der die fihematifhe Dar- 
ftellung einer Pflanze entwirft, um Seren Blatt- 
und Blüthenftellung und Anderes ideal zu de- 
monftriren und der die Bildchen dann etwa 
nod malerifh ausführt, bat die Pflanze 
ftilifict. Die alte, flaffifh ftilvolle, ftilifirte 
Landfhaft, wie fie in Preller vertreten ift, be- 
tubte auf dem Riinftliden der Rompofition. 
Das Schwergewicht der flaffifhen Stilland- 
fhaft lag. wefentlid im Anhalt und fie war 
deshalb cine Romplifation der Natur. Die 
Stilifirung Ceiftifow’s dagegen erftredt fic 
ausſchließlich zunächſt auf die form und ftellt 
eine Dereinfahung der natürlihen Linien dar, 
eine Dereinfachung, deren Zwed in einer Er- 
böhung der äfthetifchen Reize der Cinienfübrung 
berubt. Darin liegt freilich oft auh ein ton- 
ventionelles und zugleid fvmbolifhes Element, 
indem das Dargeftellte feiner form nad für 
etwas genommen werden muß, wie es an jich 
in der Natur nicht gefehen wird. 

Leijtitow's erftes ftilifirtes Gemälde find 
wohl die „nordifhen Schiffe‘ in Ser Aus- 
ftellung der XI im Jahre 1895 gewefen. Die zur 
Stilifirung leitende Dereinfahung der Linien- 
führung läßt fic) deutlih auf einem Dünen- 
bilde Sarthun, wo zwei in bellen Tönen gee 
baltene Abbänge fic) von linfs und rechte 
fuliffenartig ineinanderfchieben und eine gefällig 
sefhwungene Linie erzeugen, während der obere 
Rand des rechten Abhanges von einer dunklen 
Baumreihe und einem Felsblod abgefchlofjen 
wird. Don dem am untern Rande des Bildes 
aufſtrebenden Strandshafer abgefeben verlaufen 


alle Linien des Bildes in einem gewiffen, fünftlerifh wohl- 
berechneten, aber außerordentlid primitiven Parallelismus. 
gn weit ftärferem Maße no tritt diefe Art in einigen See- 
bildern, wie dem „Die legten Flügelfhläge* benannten, zu 
Tage. Die Wellen verlaufen niht in geraden Rammen, 
fondern in einzelnen von einander ziemlid gleihmäßig ent- 
fernten, eigenartig gebrochenen Linien und fonvergiren in wir- 
fungsvoller Weife mit dem Horizont, während dazwifhen, zum 
Theil fenfreht zu ihnen, das feichtere Waffer fraufelnde Stride 
zieht. Die Sonne ift zur Hälfte [don untergegangen, und über den 
fi) aufrollenden Wellen thut ein Zug Kranige Sie legten Flügel- 
fhläge zum nahen Ufer. Auch Sie Leiber der Vögel mit den 
langgeftredten Hälfen find in einen gewiffen fdematifirten 
Parallelismus zu den Wellenlinien gefekt. Das Stilifirte des 
Bildes tritt gerade in der einfarbigen Reproduktion noh ftarfer 
bervor, obgleih die Farben ihren Antheil an der ftilifirenden 
Manier haben. 

Wie fpäter bei den wefentlid in der farbe ftilifirten Bildern 
bat Leiſtikow diefes und abhnlice ftilifirte Motive öfter 
wiederholt, wohl aus Freude daran, der Linienführung immer 
fhwungvollere oder einfadere Formen zu geben. Allerdings 
fpielt, wie gefagt, auh die Farbe dabei ihre Rolle. Bald find 
es weiße Dögel, die über ein dunkles Waller ziehen, bald 
Corvi noctis, die fi von einer hellen Meeresflähe abheben. 
€s muß zugegeben werden, daß überall das individuelle Moment 
in diefer Stilifirung gewahrt und daß die Schablone glüdlid) 
vermieden ift. Allein mandhe dSiefer Bilder wirken fchon, 
theils duch die Linien, theils urh die farben, theils burd 
Beides wie abfihtlihe, mit ftarfem Können erzwungene An- 
ndberungen der Yatur an die Runft, die als gewaltfame Um- 
bildnerin auftritt; mande, 3. B. das Bild der Nadtraben, als 
ob es für eine Majolifadeforation oder ein Gobelin gemalt wäre. 

In der That liegen in folder Stilifirung fowobl fiir die 
Linien als aud fiir die Farben nicht nur die Reime des Sym- 
bolifhen, fondern hauptfaclid) die Elemente des Deforativen. Wir 
find nicht überrafcht, zu hören, daß Leiftifow neuerdings feine 
fihtlih vorhandenen dekorativen Fähigkeiten in den Dienft der 
Scherebeder Teppichinduftrie ftellt. Die ftilifirte Ornamenti? 
freilih, die mandhe im Pan veröffentlichten Ropf- und Rand- 
leiften und Rahmen zeigen, verrathen wenig Jnöividuelles, ob- 
gleich fie breit und flott gezeichnet find, ebenfo wie das, was er 
font in der Schwarzweißktunft des Holsfdnittes geleiftet hat. 
Aud eine Originalradirung im Pan entbehrt trog ihrer Weih- 
beit der inneren ftimmungsvollen und farbigen Wahrheit; die 
breiten, beleuchteten Baumpartien find gar zu wenig modellirt 
und wirken flädenhaft. 

Wie fhon erwähnt, entipriht der Stilifirung der Linien 
aud eine der farbe. Jn der Hinficht ftellen mandhe von Leiftifow's 
erften Bildern derart Farbenercentrizitäten dar, die dur die 
Steilidhtmalerei allein nicht gerechtfertigt werden fönnen: fchwefel- 
gelben Himmel, [hwarzgrüne Baummaffen, hellgelbes Wajfer und 
darin den grünen Schatten von Schiffen. Doc werden diefe 
Ercentrizitäten reiclid) wett gemadht durd das, was fein Talent 
weiterhin in der Stilifirung der Farbe geleiftet bat, Surh die 
Stimmungslandfhaft, die zugleih die Blithe feines Realismus 
und Jmpreffionalismus ift. Er fett möglichft breite, belle und 
dunkle Töne hin, groe Liht- und Scattenmaffen, und weiß 


Moderner 


Si odern und Yen, das find zwei Begriffe, die man heute gerne ver- 

N wedfelt oder gar identifizirt; fie find aber in Wahrheit gar nidt 

* immer gleichartig und gleichwerthig, vlelmehr ſchließen ſie ſich oft 

gegenſeltig aus. Das wirklich Neue würde zu ſehr althergebrachten, dem 

Dolte in Fleiſch und Blut übergegangenen Satzungen widerſprechen, um ohne 

Weiteres allgemein anerkannt, angewandt und gutgeheißen, um modern zu 

werden, und das Moderne iſt ſchon nicht eben ſelten nur eine vom Staube 
der Jahrhunderte gereinigte Antiquität gewefen. 


Zugegeben, wir haben einen modernen Stil! Iſt er aber auch ein neuer 


Deutſche Run ſt. 


mit dieſem einfachen Mittel Wirkungen zu erzielen, die uns ganz 
und gar gefangen nehmen. 

Hier zeigt fic von Neuem feine edhte Naturliebe, eine herr- 
lihe Wärme des Befühls, die auf den Befhauer übergeht, eine 
temperamentvolle Jnnigteit der Empfindung, die Fünftlerifch mit 
fih im Einklang ift, die ebenfo die Natur felbft wie den Riinftler 
zu uns fpreden läßt. Wenn vorübergehend ein unbeftimmtes 
Sehnen feiner Seele ihn zu ferner liegenden Motiven geführt 
haben mocte und er Darftellungen aus dem Gebirge bot: einen 
See, befdattet durch eine fteile Felswand, von der leife eine 
Quelle berabriefelt, darüber der grüne Mond, wie er bei Herbft- 
fonnenuntergang erfheint — fo wendet er fid) jekt faft aus- 
ſchließlich der märkiſchen Landſchaft zu, deren intimfte Reize er 
geradezu entdedt. Gt es dod) immer und überall der nädhfte 
beimathlihe Boden, der zu den paysage intime führt. Es find 
einfache, oft arme Motive, wie fie die märfifhe Landfıhaft mit 
ihrer Haide, ihrem Sand, ihren Seen und Wäldern bietet, und 
aus denen dod) feine Riinftlernatur eine unendlide Fülle von 
Anregungen fhöpft und die fie zu immer neuen intimen Stimmungs- 
bildern zu geftalten weiß. Ylirgends Effekthafcherei, nirgends 
darin etwas Gemadtes und Gefudtes; ein rubiges, ficeres und 
wahres Empfinden tritt uns bier, ebenfo wie in feinen Oel- 
gemälden, aud in feinen Aquarellen entgegen. Er weiß die 
verftedten Reize der fdeinbar armen Landfdaft zu enthüllen, 
zwingt die Natur unter feine ihm zum fünftlerifhen Bemwußtfein 
gefommene Eigenart und ftimmt ihre Töne nad einer Reihe 
eigner Empfindungen, die er als Stimmgabel benugt. Bald 
find es Havellandfhaften, ein Waldteih oder Waldinneres in 
der Mark, bald trübe Weiden in der Umgegend Berlins, die er 
in verfchiedenartigfter Beleuhtung am liebften bei Abendftimmung 
oder mit ftarfer LCicht- und Schattengebung vorführt, überall eine 
Ronzentration des jeweiligen Stimmungsgehalts und voll fünft- 
lerifcher Ruhe. Ein in der legten Zeit häufig wiederholtes Motiv, 
in dem er wohl das Befte feiner Stimmungslandfhaft geboten 
bat, ift der Grunewaldfee und der Scladtenfee bei untergehender 
Sonne. Unter den letzten Strahlen glänzen die ferzengraden 
Riefernftimme in rothbraunem Lichte, während der See fhon in 
tiefem Dunfel regungslos daliegt, ein Bild erhabenen und er- 
hebenden Friedens, ftimmungsvollfter Harmonie. Charakteriftifch 
it, daß dem meiften Bildern diefer Art jede, wenigitens menfch- 
lihe Staffage feblt, wodurd der Stimmungsgehalt des Natur- 
motivs um fo ftärfer hervorgehoben fiheint und der Maler in 
innigere Beziehung zum Befhauer tritt, 

In diefer Stimmungslandfdaft, die mit Sem Empfindungsid 
des Riinftlers aufs Engfte verwebt und urh ihn bindurd- 
gegangen ift, liegt neben einem gefunden Realismus und Jmprefjio- 
nismus 3ugleid) ein Symbolismus, der, fofern er nidt in 
modernem Sinne fohulgemäß gefaßt wird, als das hidfte Ziel 
aller Runft bezeichnet werden muß. Leiftifow ift noh jung, nod 
auf der aufiteigenden Linie des Lebens. Man beginnt ihn zu 
würdigen, und eines feiner Bilder, die „Ziegeleien am Wafer, 
find im Befite der Dresdener Galerie. Er fann von den vere 
fhiedenartigen Rihtungen, die das heutige Runftleben beberrfden, 
feiner ausfchlieglih zugezählt werden. Hoffen wir, daß er, ganz 
auf fid) felbft und feine fünftlerifche Eigenart geftellt, feinen Weg 
unbeirrt fortfeen und der Runft nod viele fhöne und bedeutende 
Werte fcenfen wird. 


Gobelinftil. 


Stil? Nein! Yeubildungen wären wohl am erften und leidteften im Flidhen- 
mufter möglid. Aber gerade bier tritt das bloß negative Vorgehen gegen das 
Herkömmliche re.bt deutlich in Erfcheinung. Zah vermag wohl die Beftrebungen 
Otto Edmann's auf diefem Geblete gut zu heißen, ih erfenne feine 
hervorragende Begabung und feinen erfinderifhen Geift an, ja vor zwei feiner 
in Gdherrebed gewebten Wundbehängen, das eine von einem von 
Schilf umrandeten Weiher, in dem fih Mond und Sterne fpiegeln, das 
andere, Schwäne in einem Fluß darftellend, überfah ih bizarre Einzelheiten 
und verweilte mit Woblgefallen; Sas Lob aber, weldes ibm P. Jeffen in 


384 





Walter £eiftitow, 3m Hafen. 


feinem Gdherrebed + Artifel im Runftgewerbeblatt fpendet, wenn er fagt: 
„überall weiß er durd Mare und fräftige Feidnung und fidere Veriheilung 
der breiten Flächen, durch muthige Farben und anfpredende Motive zu paten 
und alle Elemente zu einer im beften Sinne deforativen Wirkung zu ver- 
einigen, halte id) doc fiir überfhwänglih und übertrieben. Edmann 
gehört fhließlih auch nur zu den für unfere Zeit typifchen Erjheinungen, von 
denen es beißt: 

Sie Alle find von Fdeen voll, 

Zum Weinen oder zum Lachen; 

Ein Feder wei, wie er's madhen foll, 

Dod Reiner fann es maden. 


Der „Muth“ feiner farben entfpriht nur einem allgemeinen Umfhwung 
in der Farbenempfindung, der fic) beifpielsweife in der Kleidung unferer 
frauen längft vollzogen hat. Ob nun ein befonderer Muth dazu gehört, der 
Noth zu gebordhen und nicht ureigenem Triebe, laffe ih dabingeftellt fein. 
Jn der Kunft, Bödlin's Rolorismus auf die Tertilinduftrie zu übertragen und 
Surh Zufammenftellung fih fheinbar widerfprehender Töne, einer jefundären 
Farbe mit ihren Grundfarben, doh eine höhere harmonifhe Wirkung von 
großem Blanze zu erzielen, liegt eine tbatfächlih originelle Wirkung jener 
Teppiche begründet. Jn der form aber fpridt fic) die Derlegenbeit aus, um 
einen Erfat für die Gebilde, mit Senen man aufs 
träumen zu müffen glaubt. Dem Polte lieb gewordene 
Pflanzen, Thiere, die ihm zu Begtiffsvorjtellungen 
geworden find, werden verdrängt duch Schmudformin, 
die nichts fagen, die uns zum Theil ganz fremd find: 
die Rofe durd die japanifhe Quitte, der Stern der 
Lilie und ihre fclanten Blatter durh Seetang und 
Seefterne, der Adler duch die Eule und den fla- 
mingo. Eiche un‘ Lorbeer, die fnnige Myrthe find 
in Migfredit gerathen, Ahorn, Löwenzahn, groteste 
Ordideen und fteife Tulpen grünen und blühen am ihrer 
Stelle. So zieht man als Shmud neue Naturformen 
gewaltfam herbei, nur weil fie früher feine Anwen- 
dung gefunden haben. Wenn fie lediglib als Delo- 
tation eine Derbefferung waren, wollte man gewiß 
gern auf eine fymbolifhe Bedeutung verzichten, die 
jenen veralteten Gebilden nod einen befonderen Reiz 
verlieh. Aber id fann aud, abgefeben davon, dem 
modernen Formenfhate gegenüber das Gefühl der 
Ernüchterung nicht unterdrüden. Dielleiht ift diefes 
eine folge des Zurüdführens der organifden Form 
anf die Linie, die als Umriĝ verfhiedenartiger farben- 
flähen dient, welhe einen Begenftand bedeuten, aber 





Deutfde Runft 


der Naturformen gefliffentlih außer Acht gelajien ift, 
um ja nidt in veralteter Darftellungsweife nur an- 
näbernd verwandte formen zu verfallen. Beim Ne- 
duziren auf die Linie muß man mit der organifcben 
Form ganz breden und zur reinen Schönheitsform 
übergehen, wie die Briehen im Anthemion, in der 
Mäanderkante und dem laufenden Hunde gethan 
baben. Neuerdings fheint Edmann den richtigen 
Weg erfannt 3u haben; wenigftens bat mid fein 
Teppih auf der großen Berliner Runftausftellung da- 
durh überrafcht, daß ih in ibm der Rünftler frei von 
aller Criginalitätsfuht begnügt, durh große Mailen 
und zierlihe Linienfpiele eine wohlthuende Farbenver- 
theilung zu Wege zu bringen. 

Wie anders wirft diefer Teppih als der mit einer 
Winterlandfhaft, auf dem natürlihe formen auf eine 
quadratifhe Urform gebracht find. Jh babe an fih 
gar nidts gegen die im fdarfen Winkel gebrodene 
Linte, in der fic) die fchroffe Cigenart nordifcher DSlfer 
von Alters þer befundet hat, wenn fie aber zu einer 
unfhönen Wiedergabe der Lebensformen von geradezu 
läderliher Primitivetät mißbraudt wird, dann ziebe 
id mir die etwas mehr gerundeten Geftalten, wie 
fie Rinder aus zwei Rreifen und vier Strichen zu- 
fammenfegen, doc vor; wenigftens wirken fie plaftifher, als jene gradlinigen 
Ausartungen und zeigen das Streben, der Natur näher zu lommen, fie zu 
begreifen. Hier aber haben wir unentfhuldbare Unnatur. Während dort die 
erfte Bethätigung fünftlerifhen Triebes durch ihre Naivetät interefjirt, baben 
wir es bier und aud nod auf anderen Scherrebeder Wandteppiden, wie 
„Die Rugelbade und „Der Marabut", mit Gebilden zu thun, die nicht mebr 
naiv find, nicht findlid, fondern tindifd. 

für einen Wandteppid Ed mann's, ,,friibling, der im November 
vorigen Jahres mit einem Theil der Scherrebeder Gobelins im Berliner 
Runftgewerbe-Mufeum ausgeftellt war, fehlt mir jedenfalls das Verſtändniß; 
wohl ſind die präraphaelitiſch ſchlanken, Schneeglödden in den aufgefchürzten 
Röcken tragenden, blumenſtreuenden Mädchengeſtalten lenzig in ihrem fnofpen- 
den Zuſtande, deſſen bedenkliche Schmächtigkeit ihnen kaum geſtattet, Frühling 
zu athmen, wie P. Jeſſen meint, auch das „anmuthige Beiwerk, das ſich 
über die Gewander und durd den gefällig bewegten Rahmen binzieht‘‘, will 
ih als Rennzeihen erften Frühlings in zweifahem Sinne gelten laflen, dem 
aber fann id nidt beiftimmen, dah aud hier eine deforative Einheit berrjche, 
neutral genug, um als Hintergrund zu wirfen, dağ der Teppid ein echter 
Wandfhmud fei, dec nicht zu fhleht ift, um gefondert betrachtet zu werden, 
aber nicht den Anfpruc erhebt, ein Bild zu fein, in tiefem Sinne čer Ab- 





nicht immer anfhaulid darftellen, da, wie auf einem 
Teppich mit Rofen von ©. Edmann, das Tppijche 





Walter Keiftifow, Ebbe. 


Deutfhe Rung. 


385 





fit der alten Bobelins verwandt. Die alten Gobelins, 3. B. die flandrifden 
Teppidhe nah Raffael’s Gemalden, wollten allerdings als beweglicher 
Erfak fiir dte feften Wandgemalde, die man nidt nad Gefallen von einem 
Raum in den anderen, von einem Haus nah einem anderen verfegen 
konnte, Bilder fein und konnten aud in den großen Bemädern, deren Wände 
fie befleideten, als folhe wirken. Dort verfhwimmen die farbenfldden, die 
der Weber nit vermitteln fonnte, zu einer harmonifchen, wohlthuenden Ge- 
fammtwirktung; die Scherrebed- Teppihe aber haben mit modernen Raum- 
verhältniffen zu rehnen; Edmann's „Frühling“ thut das nicht, aber freilich „er 
erhebt ja nicht den Anfprud, ein Bild zu fein“. m diefem Sinne ift er demnach 
nit mit den alten Gobelins verwandt, in deren Herftellung man es bereits 
fo weit gebradt hatte, daß in Haute-lisse gewebte Porträts wie Paftelle 
wirkten und, fo weit fle erhalten find, noch wirken. hre Eriftenzberehtigung 


fprecde id darum 
den modernen Bo- 


Ob nun gerade die modern-deforative Runft, wie fie durch Profeffor Ed. 
mann vertreten und der Teppichweberei zugeführt wird, aud zu einer neuen 
Runft auf diefem Gebiete führen wird, darf menfhlihes Ermeffen weder in 
Abrede noh in Ausficht ftellen; einzige Richterin, die über Sein oder Midt- 
fein entfceidet, bleibt die Zeit. Das aber darf gefagt werden, was an 
den Muftern der Scherrebeder Teppihe etwa als nener Stil gepriefen 
wird, ift einmal ein Zurüdgeben auf die alten, primitiven Formen nordifcher 
Darftellungsweife, die unfer beutiges duth die verfchiedenartigften Einflüffe 
in Jahrhunderten verfeinertes Denfen und Empfinden nicht mebr ausdrüden 
fönnen, zweitens die Willfür des Unvermögens, die fih unter falfher Etiquette 
Anfeben verfhaffen möchte. Etwas anders machen, als es Leute vorher ger 
madt haben, heißt noch Jange nidt es befjer maden. Bern folge ih dem 
ebtliden Ringen, das Flutdum des Feitgeiftes in fefte, fünftlerifche Form zu 

bringen, mit Jn- 

terefe und fcho- 





belins nod nidt 
ab, fle entfprecen 
dem nomadenbaf- 
ten Suge in unfe- 
rer Wohnweife, in 
dem fie fidh überall 
þin mitnehmen 
laffen; aud gegen 
die Tednif, die 
fic dte Scherre- 
beder Weberund 
Weberinnen 
fhnell genug zu 
eigen gemacht ba- 
ben, tft nidts ein- 
zuwenden; in 
ihren Darftellun- 
gen aber find fie 
nidt immer Ér- 
zeugniffe der bo- 
hen, wahren 
Runft,  fondern 
nur lobenewertbe 
Beftrebungen, die 
ja immer Gere 
thiimer zeitigen, 
einer nen eingeführten Hausinduftrie fünftlerifhen Gehalt zu geben, nur An- 
fage zu einer neuen Runft, die jhon Sarum Dolfsfunft genannt zu werden 
verdient, weil fie dem Volle Antheil giebt an dem fünftlerifhen Schaffen. 





Walter Keijtifow," Stilifirte Strandlandjhaft mit Schmwänen. 


nender Geduld, 
die mandes Miß- 
lingen verftebt 
und verzeiht. 

Denen aber, die 
alles loben und 

gutheißen, die 
dag Unzuläng- 
liche zu einem Er- 
eigni ftempeln, 
alfo weniger den 
Rünftlern felbft, 

muß Porfiht 

dringend gerathen 
werden. Jhr über- 
fhwänglides Lob 
fadet mehr als 
es nüßt, denn das 
Gute lobt fh 
felbft und braudt 
nur Anerkennung; 
das Mißlungene 
loben aber heißt 
das Schlechtere 
fördern. 

Die Tageslite⸗ 
ratur hat immer ſchon ihre eigenen Brößen gehabt, deren Thaten ſie dauern- 
den Werth zufchrieb, den leider die Bejhichte nur felten anerkannt bat. 

5. Marfball. 





Ein Bilderftreit. 


Ein Schmerzensfhrei an die 


Ch) athias Griinewald, ,,Meifter Mathes von Afdaffen- 
3 burg“, gehört zu den rätbfelhaften Exrfheinungen der 
Runftgefhidte. Sandrart nennt ibn einen „hoch— 
geftiegenen und verwunderlihen Meifter, ja den deutfchen 
Correggio*, weiß aber fonft nichts weiter von ihm zu erzählen, 
als daf er in Mainz überaus einfam gelebt und „übel verheirathet‘ 
gewefen fei. Er mag etwa zwifhen 14.0—1480 geboren fein 
und läßt fih bis 1525 nadweifen. Au diefen fpärlihen Nad- 
richten ftebt feine fünftlerifhe Bedeutung in feltfamem Mif- 
verhältnig. Neben Dürer und Holbein hat er auf das deutfche 
Runftfhaffen feiner Zeit den größten Einfluß ausgeübt. Sein 
derber Naturalismus erfcheint in den wenigen uns erhaltenen 
Altarwerfen von tiefem Empfinden durdtränft, von einer 
phantaftifhen Behandlung der Farbe und der Belihtung verflart, 
die den italienifhen Roloriften nadhgebildet, nur nod von 
dem Meifter des Helldunfels, von Rembrandt wieder erreicht 
worden ift. 
Das „Wert Griinewald's umfaßt nur wenige beglaubigte 
und ein paar ihm zugefchriebene Arbeiten, im Ganzen aht Ge- 


Badifhe KRunft-Verwaltung. 


mälde und einige Handzeihnungen, von denen bier befonders 
erwähnt fein mögen: Der Ofenbeimer Altar im Mufeum zu 
Colmar, der Hallenfer Mauritiusaltar in der Miindhener Pinafothek, 
die H. Cyridcus und Laurentius im Städel’fchen Inftitut. Kugler 
führt außerdem als wahrfcheinlid von der Hand Brünewald's 
berriibrend auf: den Altar in der St. Annafirdhe zu Annaberg 
mit dem Tode der Maria nah Schongauer und einzelnen Heiligen- 
figuren, die Außenflügel eines Altarfchreins in der Rlofterfirdhe 
zu Heilbronn, einen Altar in der Marienkirche zu LCübed, fowie 
einige Theile des Altars in der frauenfirhe zu Halle, ein Rofen- 
franzbild mit den Portraits Leo's X. und des Raifers Mar im 
Dom von Bamberg, zwei Tafeln mit Heiligen im Mufeum in 
Stuttgart und eine dem Schäuffelin zugefchriebene Rreuzabnahme 
in der Galerie Efterhazy in Wien. 

Hierzu fommt die Doppeltafel mit der Kreuzigung 
und der Areuztragung vom Heilige Rreugaltar der 
Pfarrlirhe St. Martinis in Tauberbifhofsheim, das 
Hauptwer? Brünewald’s, mit dem wir uns hier im nterefje der 
ftaatlihen Runftpflege zu befhäftigen haben. Die Entftehungs- 


386 


Deutfhe Rung. 





geſchichte des Bildes ift fewer feftzuftellen. Jm Jahre 1504 
überwies der Pfarrer Virenforn dem Kreuzaltar eine Stiftung, 
die wohl mit dem Altarblatt des Mathias Grünewald in Der- 
bindung zu bringen ift. Urfprünglid mwahrfiheinlih unter dem 
Triumphbogen aufgeftellt, wurde der Altar fpäter in einer Rapelle 
untergebracht. Die Geftaltung des malerifhen Schmudes als 
zmweifeitige Doppeltafel war dadurd geboten, daß die Riidfeite 
vom Chor aus fihtbar war. Um einen Zapfen drehbar konnten 
die Bildflähen abmwedfelnd der Gemeinde vorgeführt werden. 
An dem fpäteren Plage wurde die Drehung duch die Nähe der 
Wand unmdglid, fo daß die Rüdfeite mit der Rreuztragung faft 
in Dergeffenbeit gerieth. 

Die fünftlerifhe Würdigung der beiden Bildtafeln ent- 
nehmen wir dem von Profeffor A. von Gedelhäufer 
bearbeiteten IV. Bande der Aunftdentmäler des Broßherzogthums 
Baden (Verlag von J. C. B. Mohr (Paul Siebed), frei- 
burg i. B.). 

für die Areuztragung wirs man vergeblid) nad einem An- 
baltspunft in den übrigen Werten Grünewald's fuden. An 
dramatifder Rraft und Einbeitlihfeit bedeutet fie den Hdbepuntt 
feines Ronnens; hödftens dap die früher dem Hans Baldung zu- 
gefhriebene herrlihe Zeihnung Brünewald’s in der Albertina: 
die drei Lebenden und die drei Todten, eine Äähnlih padende 
Wirkung auszuüben vermag. Brünewald’s ganze Bröße zeigt fic hier: 
fein bis an die äußerfte Grenze gefteigerter Realismus fomwohl, als 
aud) feine Kraft im Jndividualifiren und Charafterifiren, die Aus- 
drudsfähigkeit ebenfo, wie die Naturwahrheit feines Pinfels. Er- 
greifenderes als das in unfagbarem Leid emporgerichtete Antlit 
des Heilandes hat die dentfhe Runft nidt gefhaffen. Die 
wunderbare Mifhung von feelifdhem und fSrperlidem Leiden, 
die fih bier offenbart, wird man felbft bei Dürer vergeblid) 
fuden. Das Spafimo, deffen Hauptfigur Rafael befanntlid dem 
großen Nürnberger entlehnt bat, wirft nicht annähernd fo rein 
menfchlid rührend und ergreifend, trogdem hier nod die Flagenden 
Frauen zum Eindrud beifteuern. Und mit wie roher Henkerluft 
die Anehte zupaden und zufhlagen! Dabei fehlt das ganze 
üblihe Bepränge des Zuges; der Meifter befdrantte fic) auf die 
eine Gruppe des Areuzträgers und feiner Peiniger. 

Mit offenbarer Abfichtlichfeit ift zwifchen den beiden Thor- 
bogen, Sie linfs und rechts die Szene begrenzen, das Baumerf 
in Renaiffanceformen mit dem Sprudhe aus 
Jefaias im Friefe eingefügt, eine KAonzeffion 
des Meifters an den „‚antikifchen‘ Mode- 
gefhmad, die vielleiht auf Recdnung feines 
Bönners, des großen Renaiffance-Rardinals 
Albrecht von Mainz, zu feßen if. Daß der 
Stifter des Benefizium für den Rreuzaltar, 
Direforn, auch der Auftraggeber für Sie Doppel- 
tafel Sesfelben gewefen ift, wird dadurch ſehr 
wahrfcheinlid, daß er zugleich Benefiziat an der 
St. Agatafiche in Afchaffenburg war. Als 
folder wird er häufig dort verkehrt und den 
Rünftler wohl perjönlid gefannt haben. Sebr 
3u bedauern ift, daß gerade dSiefes Bild fo febr 
gelitten bat. Gliidliderweife ift Ser Kopf 
Chrifti verfhont, der auch bei der Hauſer'ſchen 
Reftauration feiner Zeit intakt geblieben war. 
Die Farbengebung ift fräftig, ohne grell zu 
fein, und mannigfaltig ohne Buntheit. Bei 
der Rreuzigung fehlt es dagegen nidt an 
jenen foloriftifhen Spielereien, wie auf dem 
Iſenheimer Altar, die den deutfchen Correggio 
(Sandrart) Pennzeihnen und von allen feinen 
Heitgenoffen unfhwer unterfcheiden laſſen. 
Der bödft raffiniert von bräunlichem Dunkel in 
lichteres Grün und fhlieflih in gebrodenes 
Roth abgetönte Hintergrund läßt den leicen- 
farbigen Körper doppelt wirfungsvoll hervor- 
treten, während einzelne weißlihe und rdthlice 
Lichter die Bruft und Arme des Gefreusigten 











umfpielen. Sonderbar aud der bräunlide Ton des Ant- 
likes Ser Maria, wie refleftirt von dem braunrothen Ropf- 
tude, während die Hände mit den frampfhaft verfdlun- 
genen fingern fih grell weiß davon abheben. Redht bart 
ftebt gegen das braune Ropftuh die blaue farbe des Kleides; 
weit beffer geht der gelbgraue Mantel des Johannes mit dem 
grünen Futter und rothen Rode zufammen. So meifterhaft und 
ergreifend der Gegenfak zwifhen dem mwüthenden Schmerze des 
Lieblingsjüngers und der ftumpfen Entfagung der Mutter, fo 
abftofend der Realismus des Malers in der Darftellung des 
Gefreuzigten, Ser aud) in diefer Beziehung mit dem des fen- 
beimer Altars faft identifh ift. Scheint Brünewald in der Wieder- 
gabe der Wunden, Beulen und fleden, mit denen der grünlihe, nadte 
Körper überfäet ift, bis aufs Aeußerfte gegangen zu fein, den Haupt- 
trumpf fpielt er aus, indem er das weit vornüber gefunfene und 
duch den Todestampf entftellte Wntlik mit herabbangendem Unter- 
tiefer darftellt, fo daß die Zähne und Zunge fihtbar werden 
und man den Kopf nit ohne Braufen betradten fann. Auch 
das gewaltfame Herüberzerren des über den rechten genagelten 
linten Fußes ift bei aller Pirtuofität der Darftellung von ab- 
ftoßender Wirkung. Troßdem gehört aud diefes Bild zu den 
großartigften Leitungen feiner Zeit." 

Dieje großartige Leiftung nun ift, wenn nidt bald Abhilfe 
gefhaffen wird, dem langfamen Untergange geweiht. Die fpätere 
Geſchichte des Bildes ift eine fortgefette Leiðensgefhihte, die Ser 
dramatifhen Epifoden nicht entbehrt. Yadhdem der Kreuzaltar 
etwa 100 Jahre an feiner Stelle geblieben war, wurde er, wie 
bereits berichtet, in cine Seitenfapelle verwiefen, wo er zum 
erten Male 1664 von dem Frangzisfaner-Guardian Johannes 
Stravius erwähnt wird. Schon bier mag die nah der Wand 
gefehrte Rüdfeite mit der Darftellung der Rreuztragung manden 
Schaden gelitten haben. Ueber den beflagenswerthen Zuftand 
der Rreuzigung beridtete der Besirfsbauinfpettor Mofbrugger in 
den vierziger oder fünfziger Jahren. 1876 hielt es die Gemeinde- 
verwaltung für angezeigt, ihren foftbaren Befig an die Habich’fche 
Gemäldegalerie in Raffel zu veräußern. Die Doppeltafel wurde 
auseinandergefägt und em Mündener Ronfervator Haufer zur 
Reftaurirung übergeben. Da der Derfauf des Bildes fih als 
ein unrehtmäßiger erwies, erzwang die Badifhe Regierung die 
Rüderwerbung um 4000 Mark urh die Firhlihe Dermaltun ; 





Walter Keiftitow, Dünen-Sandjchaft, 


und übernahm fo eine Verantwortung, der 
fie fic) unter dem Drud des Widerftandes 
des Öberftiftungsrathes bisher niht gewadjen 
gezeigt bat. Die Gemeinde braudt Geld 
und ift nad wie vor bereit, zu verkaufen, 
die Regierung mödte die Bilder für die 
Runfthalle erwerben, der Landtag würde ficher 
die nöthige Summe gern zur Derfügung jtellen, 
aber die Rurie verfdleppt die Sache und 
behandelt fie als ein Befchäft, bei dem fie 
möglihft weitgehende Vortheile zu erzielen 
ſucht. Inzwifhen nimmt die Zerftörung der 
Bilder ihren langfamen aber fideren fort- 
gang. Wer fie nadh der Haufer'fchen Reftan- 
tirung in dem Suftande gefeben, den unfere 
Reproduftionen nad Photographien von franz 
Hanfftaengl wiedergeben, würde fie taum nod 
erfennen. Don 1887—1893 hingen die beiden 
Tafeln, dem Einfluß des Temperaturwecfels 
und der Feuchtigkeit ausgefett, an Sen Chor- 
mwänden der Martinifiche, dann wurden fie 
in das Pfarrgebäude überführt, effen Trep- 
penbaus fie gegenwärtig als wenig ange- 
meffener Schmud dienen. Unter einer dichten Schimmeldede 
fiebt man, wie fid) die Farbenfhiht von der Holztafel hebt, 
trodnet und abblättert. Banze Partien es Bildes find fon 
jetzt zerftört, und der Untergang eines der hervorragenditen 
Meifterwerfe deutfchen Runftfhaffens fheint nur noch eine Frage 
der Zeit. 

Wir haben uns abfihtlih auf die Anführung von That- 
fahen befhräntt, fönnen aber unfere Derwunderung nicht unter- 
drüden, daß folhe Zuftände in einem Zeitalter möglich find, das 
mit Recht ftolz ift auf feine Maßnahmen zur Erhaltung der 
nationalen Runftdentmäler. Wir wollen nicht unterfuhen, wem 
in diefer Angelegenheit die Hauptfehuld beizumefjen ift. Handelt 
es fib um den pafliven Widerftand profitfüchtiger Gemeinde- 


Deutfhe Runft. 


387 





Walter Keiftifow, Am Schlachtenfee. 


behörden, die den zufälligen Befig eines Kunftwerfes erjten 
Ranges für ihre Sonderzwede auszunugen fuden, fo muß diefer 
Widerftand mit allen Mitteln gebrochen werden, die der Candes- 
regierung fiherli zur Verfügung ftehen. Das Cigenthumsredt 
bat hinter dem nationalen Anreht zurüdzuftehen, das die Gee 
fammtbeit an der Schöpfung eines Riinftlers hat, Ser fic, wie 
Meifter Matthes von WAfcaffenburg, gleid) beredtigt an einen 
Dürer und Holbein anreiht. Runftwerke, wie feine Rreuzigung 
und Kreuztragung gehören niht in ein abgelegenes Pfarrhaus, 
wo fie dem Derderben ausgefest find, fie bedürfen, ihres Charakters 
als religidfe Andadtsobjefte entfleidet, einer erhaltenden Pflege, 
wie fie ihnen nur unter dem Schuge einer Staatsanftalt 3u Theil 
werden tann. Georg Malfowsfy. 


Die Große Berliner Kunftausftellung. 


Die „Berliner“, X 
I. 


te Eindrüde, die man auf dem grofen Gabres-Bildermartt empfängt, 

wiederholen fi und mit ihnen die Klagen, daß nicht alljährlih ein 

Meifter oder dod) wenigftens ein Meifterwert vom Himmel fällt. 
An das fidh langfam hebende Durhfhnittsmaß eines gemwillen Rönnens ge- 
wöhnt man fih unmerklih und empfindet es wie eine perjönlihe Benad- 
theiligung, daß aus der Flähe fo wenige unterbrehende Spiten bervor- 
ragen. Je mehr die Anzahl der Anadfuß'jhen illuftrirten Rünftlermono- 
grapbien anwadft, um fo Lauter werden die Schmerzensfohreie der zum 
Tagesreferat „berufenen‘“ Kritiker, daß die Raffael, Michel Angelo, Tizian, 
Dürer, Holbein und Rembrandt ohne Nadhwuds fortgeftorben find. Der aus 
Einzeldarftellungen gefhöpften Rezenfentenweisheit fehlen die nivellirenden 
Mittelglieder innerhalb der fünftlerifhen Vergangenheit. Es ift wirklich 
fhade, daß es zur Zeit der alten Meifter nod feinen alljährlihen Bilder- 
markt und feine Tageskritit gegeben hat. Es würde das wefentlih zur 
Milderung des Urtheils über modernes Runftfchaffen beitragen. 

Da der Prophet bekanntermaßen in feinem Daterlande am wenigften 
gilt, fommt die Berliner Malerei natürlich allerwegen am fdledteften fort, als ob 
die fünftlerifhe Fmpotens in der Reihshauptitadt erblih geworden ware. Don 
den eben nicht zahlreihen Löwen verlangt man, daß fie alle zwölf Monate 
ein Ihnen ähnlihes Junges zur Welt bringen, und wenn es die Daterjchaft 
allzu deutlih verräth, Magt man über die ewig gleihe Manier und verlangt 
von A. von Werner einen Menzel, von Menzel einen Liebermann und von 
Liebermann — aus reinem Depit — fihließlih einen Paul Thumann. Paul 
Thumann bat mit feinen Glluftrationen 3u deutfchen Lyrifern ungabligen 
zart befaiteten Gemiithern inniges Behagen bereitet, es liegt fomit für ipn 
fein zureihender Grund vor, eine Madonna im Stile f. von Ubde's zu 


malen. Jedenfalls hat er fih duch die Arbeit eines Menfchenalters ein 
Redt erworben, als Paul Thumann mit all’ feinen Dorzügen und Schwäden 
beurtheilt zu werden. Wem feine forgfiltige Linienführung, feine fparfame 
Sarbenffala, feine rofigen FSleifhtöne nicht gefallen, der mag an feiner ton- 
ventionell fhönen Bottesmutter [hweigend voriibergeben. Ein Sacrilegium 
hat Thumann fiber weder im firhlihen nod im Fünftlerifhen Sinne be- 
geben wollen, und ein aufmerffamer Beobachter wird vor feiner Madonna 
ebenfo viele Ausrufe des Entzüdens wie des Entfekens gehört haben. Zu 
den Rünftlern, von denen man unmentwegt etwas anderes verlangt, als das, 
was fie fönnen und gelernt haben, gehört auh A. von Werner. Wenn 
es nad der „rinflußreihen‘ Tagesfritif ginge, müßte man einen befonderen 
Schuszmann anftellen, der die fi vor feinem „Sterbelager Raifer Wilhelms" 
anfammelnde Menjhenmenge zum Weitergeben auffordert, und wer vor feinen 
„Lichterfelder Radetten nicht fhandernd jein Antlig verbüllt, müßte öffentlich 
für einen Banaufen erflärt werden. A. von Werner ift ein treu befliffener 
Chronitenfchreiber, fein Nibelungendihter. Er malt teine Gagenfaifer und 
Paladine, fondern preußifhe Rönige, Minifter und Generale, denen Re- 
präfentation und dienftlihe Haltung in Sleifh und Blut übergegangen find. 
Derfuht er es dann einmal, wie in dem „Sterbelager", mit gedämpfter Be- 
leuhtung, die bier ja zudem biftorifch ift, und mit dur aufrihtigen Schmerz 
durdbrodhener Pofe, fo madt er es wieder nicht redt. Bismard bat nie- 
mals ein Tafdhentud zum Weinen gehabt und den Arm niht um Moltfe’s 
Schulter gefhlungen, felbft im trüben Lampenlidt bligen dte Uniformfndpfe 
allzu aufdringlid, und daß die Uhr, die Herr von Lauer in der Hand halt, 
die Todesftunde des alten Raifers anzeigt, ift zwar unzweifelhaft richtig, aber 
durhaus unfiinftlerifh. Wenn die Beleuchtung aber nun dod einmal aus- 


388 





Walter Keiflifow, Am Teich. 


reiht, um das Zifferblatt zu erfennen, warum foll denn die Uhr des Leib- 
arztes durhaus falih geben? Ob fürt Bismart fih wirflihb auf Moltte’s 
Sdhulter geftiikt bat, willen wir niht, aber gerade Here von Werner's 
Chroniftentreue berehtigt zu der Annabme, dah es thatfadlid) dermalea ge- 
fcheben ift. Und nun ert die dem Wagen RKaifer Wilbelm's nadrennenden 
Radctten! Dağ fie die erte Garnitur anhaben, daß Radetten troß der all» 
morgendliden Mebljuppe gefunde rothe Baden zur Schau tragen und fidh 
vielfah zum Derwedfeln abhnlic) feben, ijt nun einmal eine nicht fortzumalende 
Thatfadhe. Und wenn einem Krilifer der von den Rädern des Wagens auf 
gewirbelte und auf den Uniformen abzulagernde Staub fehlt, fo fann man 
vielleiht darauf aufmerffam maden, daß das Gefährt ja eben ert das An- 
ftaltsthor hinter ih hat. Wie wäre es, wenn man den ewigen Rlagen über 
A. von Werner's Meinlihe Detailmalerei einmal die Behauptung gegenüber 
ftellte: A. von Werner fehildert mit dem Pinfel, wie Jola mit der feder. 
Die Meine Zutbst von Poefie, die der franzöfifhe Dichter feinen Erzeugnijjen 
beizumifchen pflegt, fehlt allerdings bei dem deutfhen Maler, aber dafür ift 
er um fo „echter in der Wirklichkeitsdarftellung. 

Paul Meyerbeim galt ebedem als farbenfreudiger Kolorift. Da in- 
zwifchen die ftumpfen Töne Mode geworden find, wird ihm beute eine gewille 
Buntheit zum Vorwurf gemadbt und man behandelt ihn, als fuche er unter 
der gleihen Fabrifmarke fdledtere Waare an den Markt zu bringen. 
Die Waare ift diefelbe, nur der Befhmad hat fih geändert. Don 
dem Rünftler eine gleihe Wandlung verlangen, beißt ibm etwas zu- 
muthen, was dem Aufgeben der durch miibfame Arbeit errungenen 
Eigenart gleihfommt. Wenn uns die Blide hinter die Couliffen des 
Cirkus nicht mebe in gleihem Maße interefjiren, wenn der Affe beim 
Aufternfrühftüd uns nicht mebr ebenfo berzlih laden macht, jo ift das 
nit etwa ein pofitiver Fortjehritt der fünftlerifhen Bildung, fondern 
ein relativer Wedel der Beijhmadsrihtung, der früher oder (pater durch 
einen anderen abgeldft wird. Paul Meyerheim war feiner Zeit and 
ein Realift, und die Runftgefhidte, die als Quelle die heutige Tages- 
freitit benugen wollte, würde zu einem redt fhiefen Urtheil über fein 
Shaffen gelangen. Als der Schreiber diefer Zeilen vor ein paar Jahren 
die „Moderne Runft‘ redigirte, wurde einmal aus Rönigeberg ange- 
fragt, warum man dem erften Tbiermaler Deutjchlands nidt eine 
Spezialnummer widmete. Dem Manne wurde jofort geholfen, und 
der Decleger hatte vom ideellen wie vom materiellen Standpunfte 
aus vollfommen redt. 

Wir leben in einer merfwiirdig gedadtnipfdhhwaden Zeit. Carl 
Guffow's Berufung an die Berliner Akademie durh A. von Werner, 
die Wirkung feines ,,Rakdens, feines ,,Blumentopfs" war 
tevolutionirend. Heute gebört er zu den „Alten“, und man vermag 
cin gewiljes beleidigendes Staunen nicht zurüdzubalten, wenn er feit 


Deutfhe Runft. 


langer Zeitin Berlin „etwas Anderes" ausftellt. Sein 
ein Champagnerglas haltendes junges Mädden ift aud 
einmal gegen das rüdlings dur ein Fenfter einfallende 
Licht gemalt, das die Umriffe des anmuthigen RSpf- 
chens lodert, üh in die dichte Haarfülle bineinwüblt 
und über den leichten Stoff der Taille die flächen be- 
lebend fortfpielt. Seine „Dämmerung“ ift ein ge- 
waltiges Stimmungsbild voll einfader, wirffam an 
Sie rehte Stelle gefegter Accente. Ueber den in tief- 
gelber Färbung gliibenden Abendhimmel ziehen fhwer- 
geballte Wolfen und fpiegeln Ah unten in den Wegen- 
laden der Straße. Hoch aufragende Stämme unterbrechen 
dunkel die leuchtende Maffe der Atmofphäre, und ibre 
fturmzerzauften Kronen löfen fid) wie pbantaftifch be- 
lebte Bebilde vom Hintergrunde los. Als Guffow in 
Berlin auf der Höhe feines Ruhmes als Maler tes 
weiblihen Salonbildniffes ftand, fonnte man ibm feine 
derbnaturaliftifhen Anfänge nicht vergeflen. Inzwifchen 
febnte fid) der Riinftler nah der Löfung böberer 
Aufgaben, nad einem „Bilde, wie es ihm vor der 
Seele fhwebte, nad Fräftigem Erdgerub, der das 
Salonparfiim iiberduftet. Nun fommt er mit einer licht- 
umfloffenen Maddhengeftalt, mit einer fiimmungerfüllten 
Landfhaft und? — „erinnert" an Dora Hit und 
Ludwig Dill. Wenn einem Kunftfchreiber bei Be- 
tradtung eines Bildes garnichts einfällt, fällt ibm 
fher ein anderes Bild ein. Das „Erinnern ift ja 
um fo vieles leichter, als das „Empfinden“. Wer den Maßftab eines 
Runftwerfes nicht in fi felbft trägt, der nimmt ihn eben, wo er ihn findet 
und binft mit dem Dergleih hinter dem Urtheil þer. 

Aud Graf Harrah ift mit einem weiblihen Bildniß und mit einer 
grandiofen Landfhaft vertreten. Das leiht aufgeftiigte Köpfen einer jungen 
Dame bebt fid von einer Fülle dichten Weinlaubes ab. Sinnend bliden die 
großen Augen in das Weite und bint r dec fhön gewölbten Stirn weben 
weltferne Mädcenträume. Es liegt etwas ungemein Liebenswürdiges in 
diefem Bildniß, das ih durch die Derinnerlibung des Ausdruds zum Genre- 
haften überhöht. Der ,,bereinbrechende Gewitterfturm' fällt zunächft urh das 
Ueberwiegen des Landfihaftliden üb,r das figürlihe auf. Madtige Wetter- 
wolfen drängen zwifhen den felsmaffen bindurd nad dem Vordergrund. 
Unter einem gewaltigen Steintiefen bat fih die Heerde angftvoll Shuß fuchend 
zufammengedtängt, während die Hirten und einzelne Rinder durh den Berg- 
fpalt herabflüchten. Die wilde Bewegung der relativ Meinen figürben ift 
mit vollendeter Meifterfhaft wiedergegeben und durch das übermädtig ſich 
durd die Feljen zwängensde Wetter überzeugend motivirt. Vielleicht ift bier 
in der Detailmalerei des Guten ein wenig zu viel gethan, aber folen 
Szenen gegenüber verfagt meift die viel geriihmte ,,Gmpreffion. - Ste find 
eben nicht nur gefeben, fondern aud gemalt, und beim Malerifhärft ‘jib 





Walter Keiftifow, Kandjchaft. 


der Sinn für das Aleine und genügt fih erjt in fubtiler Ausführung. 
€o liegt nabe, das von den oben genannten Riinftlern Gefagte als 
yReltungsverfude aufzufaflen. Dagegen modten wir uns ausdriidlid ver- 
wahren. Die Herren bedürfen der Netter nicht, denn fie haben nod immer 
die Meajorität des Publifums für fih. Wogegen wir ftets von neuem Front 
machen werden, das ift das urtheillofe Meffen des einen Rünftlers am andern, 
das Berbolen des nur aus dem Zufammenhange der Runftentwidelung zu 
gewinnenden Maßftabes aus dem wecfelnden Modegefhmad. So lange man 


Der Croy:Teppich der 





Ilenthalben madyen fih gegenwärtig Beftrebungen geltend, 
i Runftfhäge 3u heben und Denfmale großer Der- 
J gangenheit zu bewahren, die zum Theil in moðernder 
& Derborgenheit ihrem 

Verfall entgegengingen. Man 
lernt Runftwerfe immer mehr 
als Rulturdenfmale begreifen 
und fuht nun in ihnen bedeut- 
fame Entwidelungsperioden in 
der Gefthidte des deutfchen 
DVolfes lebendig zu erhalten. Die 
Vergangenheit und namentlich 
das 16. Jahrhundert bat uns 
eine reiche ‚Fülle herrlicher Dent- 
mäler binterlaffen, von der das 
Wort des alten Sebaftian 
frant gilt: 

„Wo die Teutfchen ihren 
eigenen NReihthum müßten und 
fic) felbft verftünden, was fie 
im Wappen führten: fie würden 
feinem Dolfe weihen.“ 

Wie die einzelnen Gaue 
unferes Vaterlandes urh Publi- 
fationen ihrer Bau- und Runft- 
denfmäler manden Schab aus 
traditioneller Derfchlojfenbeit 
herausheben, fo fuhen auch ein- 
zelne Anftalten (Stifte, Rirhen 
und Schulen) alles, was fie an 
werthvollen Kunftgegenftänden 
beiten, einem engeren Rreife von 
freunden vaterländifcher Runft 
und Befhichte zur. Renntniß zu 
bringen und zum Studium dar- 
zubieten. „Die Runftdenfmäler 
der föniglichen Univerfität Breifs- 
wald“ find beifpielsweife Surh 
Profeffor Dr. Victor Schule in einem Bilderatlas mit be- 
gleitendem Texte fo verdffentlidt worden. Jhr von der Witten- 
berger Univerfität dargebradhter Hodzeitsbeher Luther's, die 
Reftorinfignien und das große reformationsgefhidhtlihe Teppid- 
bild, Ser fogenannte Croy-Teppid, bilden eine unvergleidlicde 
Gruppe von Aunft- und Gefhichtsdentmälern, die Surh aufer- 
gewöhnlihe Einzigartigkeit anziehen. Dor allem der Croy- 
Teppich, der nur alle zehn Jahre bei Gelegenheit Ser Croy- 
feier der umfchließenden Lade entnommen wird, ift ein inter- 
effantes und foftbares Runftwerf, das umfomehr Beadtung 
verdient, als es nidt ausgefdloffen ift, daß es ein feltenes Er- 
zeugniß einheimifcher Arbeit ift. 

Diefe Annahme liegt darum nahe, weil im XVI. Jahr- 
hundert in Stettin die Teppichweberei betrieben worden ift. 
Ob freilid ein Seutfher Teppichwirker Ser Derfertiger diefes 
foftbaren Gobelins, mit dem eine hohe Vollendung der deutfchen 
Teppidweberei landläufigen Anfihten entgegen erwiefen ware, 
gewefen ift oder ein reifender Meifter aus den Niederlanden, 
wohin die Kompofition und Ausführung weifen, fann nicht feft 


2 
a © 


Walter Keiftifow, 


Deutfhe Runft. 





Stilifirte Kandichaft. 


für die Dinge nicht die richtige, durch eine gewiffe Entfernung bedingte 
Perfpeftive gewonnen hat, foll man fie gleihwerthig als Einzelerfheinungen 
betrabten. Die Tageskritif ift ein unverantwortlider und darum unguver- 
läfjiger Richter. Sie verliert ihre Bedeutung gerade da, wo die Runft- 
gefhichte anfängt. Wer die Probe auf Tiefe Formel machen will, der lefe 
einmal die wenigen zeitgenöffifchen Urtheile, die gelegentlich in die fyftematifche 
Darftellung irgend einer Runftepode als Citate übernommen worden find. 
Sie wirken unendlih fomifc. Georg Malfow sty. 


Univerfität Greifswald. 


behauptet werden und wäre ert Curd die Beftimmung des 
Wirferzeihens P. H. 3u entfdeiden. Ueber die Ausführung des 
prächtigen angetephiche können wir Julius Leſſing zu Rathe 
ziehen, der über die Gobelin— 
technik folgenden Aufſchluß giebt 
(Der Croy-Teppich, im Beſitz 
der Königl. Univerſität Greifs— 
wald. [Jabrbud der König— 
lichen Preußiſchen RKunſtſamm— 
lungen XII. Berlin 1892.] 
S. 147 ff.): 

„Man arbeitet auf einer 
Rette von ftarfen, Sidt neben- 
einander liegenden Fäden aus 
Hanf oder Leinengarn, welde 
völlig überdedt werden, aber 
dem Ganzen ein kräftig ge- 
ripptes Ausfehen geben. Die 
Rette läuft wagereht durd das 
Bild. Auf diefe Kette werden 
entfprehend dem Karton, der 
als Vorlage dient, die figuren 
in ibren Umriffen aufgezeichnet 
und fodann aus freier Hand 
mit bunten Wollenfäden in 
einem Derfabren ausgeführt, 
weldes mit dem Stopfen die 
meifte Aehnlichkeit bat; jeder 
Farbenfled ift Surh Hine und 
Zurückführen des faðens einzeln 
dargeftellt. Hierzu bedarf es 
als tedhnifches Hilfsmittel ledig- 
lih zweier Webebiume (runder 
Balten), auf welde die Kette 
aufgefpannt ift, und eines 
kleinen Lißenzuges für Sie hand- 
große Stelle, an welder man 
gerade arbeitet. Man braudt 
einen gewiffen Dorrath von farbigem Wollengarn, aber in den 
Ceppiden des XV. und XVI. Jahrhunderts it die Anzahl 
der farben befchranft. Man gebt niht darauf aus, die 
Wirkung der Oelmalerei zu erzielen, die Scaltirung ift fon- 
ventionell in wenigen Tönen, zum Theil durd Komplementär- 
farben ausgeführt. Was bierdurh an plaftiiher Wirkung ein- 
gebüßt wird, fommt dem dekorativen Charakter des Ganzen zu 
gute; der Teppid wirft nicht als unvollfommenes Bild, fondern 
als bédft vollfommene Wirferei, welde nichts fein will als eine 
Flächendeforation. Die Pradt der Erfheinung wird geftcigert 
Surh Verwendung von Seide für glänzende Lichter, ferner durch 
Bold- und Silberfäden. Gn unferem Teppich ift Seide nur an 
ganz wenigen Stellen in den Bejihtern, Bold und Silber da- 
gegen an den Bewändern reichlid verwendet; die Schmudjtüde, 
die Befäbe, 3um Theil fogar die Grundmufter der Brofatitoffe, 
find mit Metallfäden bhergeftellt. 

Das eigentlidhe Bild, eine figurenreihe, würdevolle Rom- 
pofition, ift umrabmt von ECidenguirlanden, Blumen- und Frudt- 
fġnüren, Infchrifuntafeln und Wappen. Die obere Breitfeite 


390 


enthält Luther's Wappen, das befannte Symbol eines Rreuzes 
im Herzen auf weißer Rofe, das der alte Reim erklärt: 
„Das Chriftenherz auf Rofen gebt, 
Wenn’s mitten unterm Kreuze jteht‘ 
einen Wappenfhild mit einem von einer Schlange ummwundenen 
Kreuze und die drei Infchriften: 
I. auf blauem Grunde: 
Er . Ist. Den . Vbelthetern . Gleich 
Gerechet . Vd. Hat. Vieler . Sunde 
Getragen . Und . Hat. Fur . Die . Ub- 
-Eltheter . Gebete . Esaie. Am. LIII 
II. auf braunem Grunde: 

_ A°:M.D.X. VII. Hat. Der . Ehrwirdig : Doctor. 
Martini. Luther. Zu. || 
Wittemberg . Angefan- 

en . Gottes . Wort. 
‚auter . Und. || Rei. 
Zu . Predige . Bis. Er. 
A°.M.D.XLVI. 
Den . XVIII . Febru : 
Christli | cher . Beket- 
nis. Vorschide.. ist. Im. 
63 . Jar . Seins . Alters . 
III. auf blauem 


Grunde: 

Im . Jar . Nach. 
Christi . Geburt . M . 
D.XXXV. Ist. In. 
Pomerlandt . Das . 
Leicht . Der . Gnade . 


Das . Gottlich . Wort. 
Agezudt . Und .Durch . 
D. Johan . Bugnhagn . 
Gepredigt . 

In den Guirlanden 
der auffteigenden Borden 
find Spriiche auf blauem 
Grund angebradt, linke 
die Reformationsdevife der 
fähfifhen fürften: 
VERBWM.DOMINI. 
MANET . IN. ETER- 

NWM. 
und linfs als Kennzeichen 
der Pommerfchen fürften der 
Wablfprud Philipps I.: 
PRO . LEGE . ET. 
GREGE . 
und feines Sohnes Jo- 
hann Friedrich: 
. J. 
(Was Gott 

Nomina. Illustrioru. Ducum. Ac. Principum. 
Saxoniae und Illustrisimorum. Ducum. Ac. Principum. 
Pomeraniae. Nomina. 

Alfo ein Yamensverzeihnig Ser auf dem cigentlicdhen Bilde 
dargeftellten fadfifchen und pommerifden fiirften, Sie fih, jene 
linfs, diefe rechts, angethan mit den reicen Roftiimen ihres 
Standes, um die Kanzel Cuther’s gruppiren. Aus der Briiftung 
der als Holsfonftruftion gedachten Rangel, die an einer ftarfen 
Säule von geflammtem Marmor fhwebt und mit den Symbolen 
der vier Evangeliften gefhmüdt iff, erhebt fic) die Geftalt des 
großen Reformatore. Gn ibrer Cract, ibrer Pofe und ihrer 
ganzen Auffaffung erinnert fie ftar? an Cufas Cranad den 
Aclteren. Wie auf deffen Altarbilde in Ser Stadtfirde zu 
Wittenberg weit Luther von der Ranzel aus auf den 
Befreuzigten, während die Linke auf der aufgefohlagenen Bibel 
tubt. Die Beziehungen zwifchen der Predigt und Chrifto am 





Mathias Grünwald, Kreuztragung, Tauberbijchofsheim, 
W. Pbotograpbie-Derlag von fıanz Hanfftaengl, Münden. 

will.) 

Die untere wageredte Borde giebt die 


Deutfde Runf. 


Kreuze verdeutliht eine Tafel in Renaiffanceumrahmung durch 
die Auffhrift: 


Sihe Das Jst Gottes Lam Das 

Der Welt Sunde Tregt Dieser Jsts 

Von Dem Jch Euch Gesagt Habe. Joh. I. 

Und Wie Moses In Der Wvesten 

Eine Schlange Erhoehet Hat Also Mus 

Des Menschen Son Auch Erhoehet 

Werden Auf Das Alle Die An In Glev- 

Ben Nicht Verloren Werden Sondern 

Das Ewige Leben Haben. Johan: III. 

M. D. LI. 

Wie die Beftalt Luthers verrathen aud die Portraits der 
firften ftarf den Einfluß 
der Cranad'fhen Schule, 
einige ftimmen fogar mit 
den durch Nadhbildungen 
weit verbreiteten Bildnifjen 
von der Hand der Cra- 
nadh's auffällig überein. 
Den ‚fürften, als förderern 
der Reformation, find im 
Hintergrunde als Mitar- 
beiter Cutber’s beigefellt 
auf fähfifher Seite Phi- 
lipp Melandthon, deffen 
Gefidhtsausdsrud wenig von 
feiner geiftigen Bedeutung 
verräth, auf pommerfcher 
Seite der Rirhenorganifator 
Johann Bugenhagen, 
deffen Wappen, eine Leier, 
aud am rechten Ende der 
oberen Rahmenborte ange- 
bradht ift. Redhts von 
Bugenbagen ftebt in der 
Reihe der pommerfchen für- 
ften Philipp I., deffen Bild- 
nif Sas befte von allen 
it. Sein goldfarbener 
Brofatmantel über dem ge- 
ftidten Unterfleise it das 
foftbarfte Prunfftüd auf 
dem ganzen Reprafenta- 
tionsbilde. Die GJdee der 
Rompofition ergiebt fid aus 
der Derfhwägerung des Fur- 
fadfifehen und des pommer- 
fhen Haufes durdy die Der- 
mäblung Herzogs Philipp 
mit Maria von Sad fen 
und ift eine monumentale 
Darftellung des reformatorifhen Zufammenwirfens von fürften 
und Gelehrten in den fächfifhen und pommerfchen Ländern. 

Befonders bemerfenswerth ift an dem Croyteppid) nok, daß 
er in der Bobelinweberei von W. Ziefh in Berlin in vor- 
zügliher Weife reftaurirt worden ift, fo Saf er nun als mafel- 
lofes Runjtwerf in feiner alten Schönheit wirft. 

Während man früher für folhe Ausbefferungen die robefte 
Stopfarbeit verwendete, bequemt man fic) heute genau der alten 
Webetehnif an und erreicht fo, daß man das Neue vom Alten 
nicht unterfcheiden fann. Wollmaterial und farben werden forg- 
fältig gewählt und nad dem fpeziellen Bobelinton geftimmt, der 
fic) in der beiten Feit von jeder fhlieglih doch unmöglichen 
Wiedergabe natürlihen Colorits fernzuhalten weiß. Die früber 
vernadlaffigte fahmäßige Reftaurirung alter Wandteppiche ift 
um fo bedauerlider, als es fih meit um funftgefhichtlih über- 
aus werthvolle Darjtellungen handelt, für die bekanntlich Sie 
erften Meifter Cartons geliefert baben. 


Architeftonifche 


an follte meinen, daß die Baukunft die populärfte Runft fei, a 

fie als „Sdealifitung der organifhen Natur! am engften mit 

dem täglihen Leben verknüpft ift. Leider wäre diefe Annahme 
nidt ridtig, denn hödftens das Miiglidhe und Zwedmäßige der Baukunft 
findet no im Volte Verftändniß, das fiir die Schönheit und Bedeutfamfeit 
ihrer formen fehlt. Daher it es nut wiinfchenswerth, daß fih eine ein- 
fhlägige Literatur mit allem Eifer an der wichtigen Aulturaufgabe betheiligt, 
dahin zu wirken, daß die Runft 3u höherer Beftaltung des Dafeins ins Volt 
eindringe. Es ift leider eben nod fein fo miifiges und iiberfliifjiges Unter- 
nebmen, über Runft Betradhtungen, Reflecionen und Kommentare 3u fehreiben, 
als namentlid von Riinftlern felbft vielfah angenommen wird. Häufig, 
eigentli zu häufig haben aller- 
dings and Rünftler fhon zur 
Seder gegriffen, um durd das 
gejhriebene Wort dem Publifum 
entgegen zu fommen. Wenn 
foldhe Publifationen pro domo 
aud oft ihren eigentlihen, all- 
gemeinen Jwet verfehlen, find 
fle dod immer intereffant als per- 
fönlihe Anfihten der Riinftler 
über ihren eigenen Beruf. Das 
wird jeder Lefer aud einem 
Werke über Arditeftur aus der 
Seder eines Arciteften nad- 
fagen müffen, das außer fei- 
nem perfönlihen Reiz and fo 
viel allgemeine Wahrheit enthält, 
daß es das Derftandnif der 
Baufunft wefentlih zu fördern 
und dem Lauten ihre Schönheit 
und ihre formenfprahe näher 
3u führen vermag. 

Arhiteltonifhe Be 
trahtungen eines deutfhen 
Baumeifters mit befonderer 
Beziehung auf deutfches Wefen in 
deutfcher Baukunft von Robert 
Neumann (Berlin 1896. Der- 
lag von Wilhelm Ernft & Sohn), 
haben ihre befondere Bedeutung 
nit in einem  gefcidtliden 
Ueberblid und äfthetijhen Be- 
lehrungen über das Wefen und 
den Werth der Runft für's Leben, 
fondern darin, daß fie das Be- 
dürfniß einer nationalen Bau- 
funft betonen. Der Derfaffer 
glaubt an die Möglichkeit einer 
folden und giebt als Elemente, 
aus denen fie fih bilden wird, Züge deutfher Eigenart an: 

Dorwiegen des Bedankeninhalts, Streben nah Wahrheit und Ehrlichkeit 
in der Derwendung des Materials, Hervortreten des Perjönlihen, Sinn fürs 
Malerifhe fowohl als aud das Monumentale. Dor einer hauviniftifchen 
Mifadtung fremder Eigenart, duch die das Deutfhthum in einfeitige 
Deutjohthüimelei ausarten würde, brauchte der Derfafler uns dabei faum zu 
warnen, da es nidt 3u den ‚Fehlern der Deutjhen gehört, fih neuen 
Anregungen von außen her zu verfchließen. 

Die ftiliftifhe Neugeftaltung im Charakter der nationalen Baufunft der 
Sutunft madht der Derfaffer ausfhlieglih abhängig vom Einfluffe des künftig 
vorzugsmweife zur Derwendung kommenden Materials, des Eifens und Fements. 
Die Benutzung älterer Stilbildungen verwirft er Feineswegs, vielmehr fieht er 
in ibr nur eine matürliche, felbftverjtändlihe Derwerthung fünftlerifher Er- 
tungenfdaften, mit denen Ah nad und nad der arhiteftonifhe Formenfhat 
zu einem Ausdrudsmittel bereicerte, Surh das den verjhiedenartigften Runft- 
aufgaben Rehnung getragen werden fann. „für neue Bangedanken‘, jagt 
Neumann, „völlig neue fjpmbolifh bedeutfame Formen zu jhaffen, vermag 
der einzelne Arhiteft ebenjo wenig, wie es möglich ift, für neue Begriffe 


Cr 


SERIEN SER 





Mathias Grünwald, Kreuzigung, Tauberbifhofsheim, 
Pbotographie-Derlag von ‚franz Hanfitaengl, München. 


391 





Betrachtungen. 


völlig neue Worte zu finden. Auf folder Grundlage faßt er fohließlih 
das Ergebniß feiner Belrahtungen in den beiden Regeln zufammen: 

„Der neufhaffende Architekt foll nur folhe Formen in Anwendung bringen, 
deren ftruftiver, formal-äfthetifher und fymbolifher Bedeutung er fid voll 
und Far bewußt ift." 5 

„Man halte fic in der Rompofition eines Werkes moglidft feft in den 
Rahmen eines biftorifh feftgeftellten Bauftiles und ziehe nur dann andere, 
aber möglihft verwandte Formen herbei, wenn die ftilgemäßen Formen für 
den zu gewinnenden Ausdrud nidt hinreichen.“ 

Die Befolgung diefer Regeln foll eine willfürliche, verwirrende Stil- 
mengerei verbiiten und eine allmablide Geftaltung des Yleuen vermitteln; 
freilidh muß der Urchiteft felbft 
Befhmad, lebhafıe Phantafieund 
Geftaltungetraft befken, fonft 
niiken aud die Regeln nichts. 
Oft der Arditelt aber ein ganzer 
Rünftler, find fie erft reġt über- 
flüſſig. 

Als kräftigſten Beweis da- 
für, daß in der Architektur ein 
neues Leben ſprießt und ein neuer 
Weg zu dem ſchönen Endziel 
einer nationalen Baukunſt ge- 
funden ift, führt Neumann 
Wallot's Reidhstagsgebaude an. 
„Die erhabene Rube, fo fhlieft 
er feine Betradhtungen, „die das 
Banze duch die gefammte Er- 
fcheinung bebherrihende Roloffal-, 
Säulen- und Pilafterordnungen 
erhält, die dadurh feineswegs 
unterdrüdte lebhafte Bewegung 
der Baugruppen, die dem Sinne 
der deutfhen Renaiffance ent- 
fpriht, die Formenfülle der 
Einzelheiten, welhe vielfad an 
die Auffaflung reiher Barod- 
deforationen erinnert, die echt 
deutfche, beziehungsreide, über- 
quellende Gedanfenfiille, der 
Phantafiereidhthum in der Er- 
findung der Schmudbildungen, 
endlih die reine Schönheit, von 
der das Werk im Ganzen, wie 
in allen einzelnen Theilen über- 
baudt ift, das Zufammenwirken 
der Schwefterfünfte, der Malerei 
und der Bildtunft, die bier 
der Bautunft zum harmonifchen 
Bruderbunde die Hand gereicht 
haben — all das zufammen genommen fennzeihnet diefes Monument als 
ein hodbedeutfames Werk, aufgeftellt an die Eingangspforte einer neuen 
Entwidelungsbahn der Baukunft in deutfch-nationaler Beftaltungsweife.'* 

Ceterum censeo: Damit der Reihstagsban in feiner ganzen Macht 
und Pract erft wirkt und frei als das erfcheinen fann, was er ift, muß vor 
ihm der Rönigaplat, der einftweilen nur nominell vorhanden ift, als einer 
der impofanteften Plage der Welt nah Wallot's befanntem, grandiofem 
Entwurfe erft gefhaffen werden. Robert Neumann hatte fid die Gelegenbeit 
nicht jollen entgehen Laffen, für diefe wichtige Aunftaufgabe und nationale 
Pflicht, die anläßlich der vorjährigen Ronkurrenz um ein Bismardmonument 
vor dem Reidstagsgebdude wieder nahdrüdlih aber leiter vergeblid betont 
worden find, ein Fräftig Wörtlein mitzufprecen. 

Uebrigens ware aud bei diefe Gelegenheit der Privatarditeftur ein 
großer Raum zugemiefen gewefen. Uns will bedünfen, als regte ih auch 
bier Manches, was auf nationale Stilbildung hinweit. Man muß diefe An- 
fake allerdings nicht in den Broßftädten felbft fuden, fondern in den Villen 
und familienhaus-Anlagen der Dororte, die ihre Formenfprade aus praktifhen 
Bedürfnifien und aus der natürlichen Umgebung heraus entwideln. 


392 


Vermifchtes. 


Dermifchtes. 

— Eine Beridte- 
entfheidung über 
fünftlerifhes Ur- 
beberredt. Zu einem 
eigenartigen Redtsfall 
haben die Lands. 
buter Rathbaus- 
gemälde, die den 
Einzug der polnifden 
Rbnigetodhter Hedwig 
darftellen und von den 
Riinftlern Spies, Seis, 





Weigand, Löffs in 
Münden ausgeführt 
wurden, Deranlafjung gegeben. Der Landshut Stadimagiftrat ertheilte 


namlid im Jahre 1897 dem Photographen Zattler in Landshut die Erlaubnif, 
die. Gemälde zu photograpbiren und zu vervielfältigen. Hierin erblidte nun 
Hofphotograph Dittmar in Landshut einen Eingriff in feine Rehte, indem er 
behauptete, von den ausführensen Rünftlern das alleinige Redt der photo- 
graphifchen “Abbildung und Vervielfältigung übertragen erhalten zu haben, 
und fellte Klage auf Anerkennung feines ausfchließlihen NRedtes. Der 
Beklagte, Photograph Zattler, erflarte, vom Stadtmagiftrat die Erlaubniß 
erhalten zw haben, fo dah Ad die Rlage hätte gegen diefen richten follen. 
Der Kläger wies nun nad, daß der Magiftrat auf das Recht der Verviel- 
fältigung durch einen Befhluß verzichtet und den Rünftlern alle Rechte zurüd- 
gegeben bat. Erft infolge diefes Derzichtes fet dem Kläger von den Münchner 
Riinftlern das alleinige Recht übertragen worden. Das Landshuter Land- 
gericht entfchied, dağ der Kläger Dittmar das ausfhließlihe Recht babe, die 
Gemälde der Künftler Spieß und Weigand abzubilden und zu vervielfältigen 
und verfügte die Einziehung und Vernidtung der widerredtlich angefertigten 
Abbildungen und Platten. Die Anerkennung des gleihen Rechts bei den 
Gemälden von Seiäind Lör madte das Geridt von der eidlihen Ausfage 
des Dittmar abhängig, daß Seitz und Löffg von dem Derzihte des Magiftrats 
Renntnip erhalten batten. 


Ruxioſa. 

— Das Nadte in der Japaniſchen Kunſt. Auf der Ausſtellung 
in Rioto ſtellte im Jahre 1895 ein japaniſcher, in Paris ausgebildeter Maler, 
Namens Ruroda, das lebensgroße Bild einer unbekleideten europäiſchen 
Frau aus. Es war eine recht mäßige Darſtel'ung nach irgend einem fran- 
zöſtſchen Modell, aber ſie wirbelte in japaniſchen Künſtlerkreiſen, ja im ganzen 
Lande vlel Staub auf, und die japaniſche Ausſtellungskommiſſion mußte mehr 
Angriffe aushalten als derartige Kommiſſionen ſelbſt in Curopa gewohnt 
zu ſein pflegen. Aber trotz allem blieb das Bild hängen, und hetr Ruroda 
wurde Profeſſor an der Kunſtſchule in Tokio, wo ſeine Schüler dem Zeichnen 
nad dem lebenden Modell beſonderen Geſchmack abgewonnen haben ſollen. 
Auf einer ſpäteren Ausſtellung in Tokio fand ſich eine ganze Anzahl von 
Zeichnungen nackter Schönheiten, und mit regen Nachahmungsgefühl, das 
Jung-Japan für die Auswüchſe europäiſcher Civiliſation zu befunden pflegt, 
ftiegen derartige Bilder bald aus den Mappen der Rünftler und von den 
Wänden der Runftausftellungen in die Blatter japanischer Illuftrirter Zeitungen 
hinein. 

Die Frage fchien zu Bunften der Nattheit entjhieden, aber der Minifter 
des Jnnern im Minifterium to war anderer Anfiht, und auf feinen Befehl 
wurde Strafantrag gegen den Verleger und Herausgeber einer der illuftrirten 
Zeitungen geftellt, die eine der Auditäten dec Ausftellung gebracht hatte. 
Der Staatsanwalt behauptete, daß Yladtheiten überhaupt und ganz bejonders 
in Japan der guten Moral Abbruh thäten und verlangte die Beftrafung 
der Angeklagten wegen Vergehens gegen das Prefgeles. Die Vertheidigung 
befdranfte fid darauf, zu erflären, daß die Wiedergabe von Bildern, die in 
einer faiferliden Runftjhule gemalt und in einer unter amtlicher Rontrole 
ftebenden Uusftellung ausgeftellt gewejen jeien, unmöglih gegen die guten 
Sitten verftoßen Fönne, und der Rihter fehlof fic diefer Auffaffung an, 
indem er die Angeklagten freifprad. 


Deutfde Runf. 


Kurinfa aus Afelier und lerkflaft. 


Gedanken ither hiltende K unf. 





Meiffonnier und Rembrandt. Meifjonnier gab einmal feiner Ehrfurcht 
vor Rembrandt folgenden beherzigenswertben Ausdrud: „Welhe Meifterfchaft 
der Pinfelführung! Weldhe fouveraine Veradtung jeder form, von der Höhe 
eines äſthetiſchen deals betradtet! Welde ungeheure Tragödie in feiner 
Rreuzigung! Die Leidenfhaft Rembrandt's grenzt an Gewalt. Andere große 
Maler haben Augenblide der Benialität, Rembrandt ift das Genie felbft! 
Empfindung, Empfindung, das ift, was wir der Jugend immer von Neuem 
wiederholen müjlen. Der Jwet jeses Runftwerfs ift, irgend ein Gefühl aus- 
zuðrügen. Wie dann der Rünftler, welder diefes Befühl felbft nicht empfindet, 
eg Anderen mittheilen? Habt alfo Herz, viel Herz, das Talent wird fid 
fon finden. 


Gedanken iiber bildende Runi. 

Der Rünftler bat zur Natur ein zweifades Derhältnig: er ift ihr Herr 
und ihr Sklave zugleih. Er ift ihr Sklave, infofern er mit irdifhen Mitteln 
wirfen muß, um verftanden zu werden; ihr Herr aber, infofern er diefe 
ivdifhen Mittel feinen höheren Zntentionen unterwirft und ihnen dienftbar 
magt. Goethe. 

* 

Aufgenöthigte Angewöhnung, herkömmliche Gebräuche, beliebte Sitten 
— — und ſo manche herrliche Kunſterzeugniſſe umzingeln den Menſchen 
dergeſtalt, daß er nie zu unterſcheiden weiß, was urſprünglich und was ab— 


geleitet iſt. Goethe. 
5 
Dem Auge das Aeußerfte zeigen, heißt der Phantafie die Flügel binden. 
5 Leſſing. 


Der Künſtler kommt mit der momentanen Beobachtung nicht aus. Er 
braucht Vergangenheitsbilder, die in ſeinem Anſchauungsvermögen geſammelt 
und in feiner Erfahrung befeftigt worden find. Die Erfahrung it das von 
den Beobachtungen Abgezogene, das ftetig Wieder- 
fehrende, das Bejermäßige, furz das Typifhe. Abfolute 
Naturtreue, d. h. getreue Wiedergabe der einzelnen Fülle, 
ift feineswegs Aufgabe der Aunft, fondern die Darftellung 
des Typijhen. Das lettere ift fein Produft der reinen 
Anfhauung, fondern des Urtheile, alfo eines Dent- 
prozeffes, in weldem die gemeinfamen Wurzeln von 
Runft und Wiffenfhaft zu erkennen find. 


* 
Bei dem Artiſten dünket 
ſchwerer als die Erfindung. 
* 
Aus der ſchlechteſten Hand kann Wahrheit mächtig 
noch wirken; 
Bei dem Shönen allein macht das Gefäß den 
Gehalt. Schillet. 


Helmbolk. 


uns die Ausführung 


Leffing. 


Das Schöne an fid ift der fpezififche Inhalt oder 
das Dollfommenhbeitsziel des CEmpfindens ebenfo wie 
das Wahre dasjenige des Denkens. 

* 
In der Kunſt und ſelbſt in vielen anderen Dingen 


weiß man das am beſten, was man nicht gelernt hat. 
š Chamfort. 


Natur und Runft find Shweftern, drum zenfirt man 

eine mit der andern unwillfürlich ; 

Die frubt am Baum erjheint uns wie gemalt uns 

die mit Kunft gemalte wie natürlich. 
* 

Es iſt perſönlich liebenswürdig an Uhde, daß 
feine Frauen alle in erſter Linie „gute Mütter‘ find; 
bei Lenbad find fie immer berzloa, bei Klinger 
find fie Gefallene, bei Habermann „fii de siècle“. 


€. Hermann, 





Deutſche Run ft. 





Kunftreproduftion und Prachtwerfe. 


Darbietungen anfcdauliden Materials zum Studium  arditeftonifher 
Formenfprache und deforativer Runft im Zufammenhange mit dec Acditektur 
werden unaufbörlic veröffentlicht. : 

Zwei Pradtwerte aus dem Runftverlage Ser Hoffunfthandlung von 
Jof. Albert in Münden „Die figurale Plaftif des KRönigliden 
Swloffes Herrendhtemfee und die „Delorative Ornamentif des 
Rönigliden Shlofjes Herrenhiemfee" enthalten auf treffliġen Lidt- 
drudtafeln und Photograpbien — im Stile Louis XIV., Louis XV. und 
Louis XVI. gebaltene — Arbeiten des Profeffors Ph. Perron, in denen fih bei 
verftandnifvoller Beobadtung der darafteriftifihen Formen dod ein eigen- 
artiger Zug ausprägt. Perron's Arbeiten find Feine Pflavifden Nadhahmungen, 
fondern Gebilde eigenen Schaffens in vorgefhriebenen Stilen, mit denen der 
Riinfller bewiefen bat, daß ein Meifter fih feine Freiheit und Eigenart aud 
bewahren fann, wenn er gezwungen tft, fi in den Charakter einer beftimmten 
Periode zu fügen, deren Formenfpradhe in einem reihen Shar von feft- 
ftebenden Runftausdriiden vorliegt. Die in beiden Werken enthaitenen figür- 
lien und namentlich ornamentalen Dekorationen baben and) Werth fiir die 
Praxis und find duch ibren Reidhthum an Motiven in den Details von 
hervorragender Bedeutung für Sas dentfhe Runftgewerbe. 

Geradezu von der Wbfidt, den fiir das Kunfthandwerf thatigen Ardyitekten 
und Seidnern gute Dorbilser an die Hand zu geben, bat ih Mar Riemdl 
bei der Zufammenftellung feines Fadwertes leiten laffen: ,, formenfreis 
der Möbelfchreinerei vom Mittelalter bis zur Neuzeit.“ Ein Lehr- 
mittel für gewerblihe fad- und Fo:tbildungsfohnlen zur Einführung in das 
Möbelzeihnen, jowie zum Selbftunterriht. (P.loty & Lodle, Münden 1598.) 
Anden Kiendl den natürlihen Weg der Entwidelung einhält, giebt er Mare 
Aufzeihnungen von Möbelformen der verfiedenen Stilperioden, vom Mittel- 
alter bis zu den meueften Beftrebungen. Gleidseitig follen die Blätter, 
erläutert Surh einen furzen Tert, in das Möbelzeihnen überhaupt einführen 
und als Uebungsvorlagen für die perfpektivifhe Darftellung von Vorleg- 
ffizzen dienen. 

Ein anderes Dorlagenwerk befaßt ih nicht mit der Herftellung und Aus- 
ftattung von nterieurs, fondern betont den guten Bejhmad im Aeußeren 
des Familienheims, indem es eine Auslefe von anerfannten Mufterbauten, in 
vorzüglihen Aufnahmen, mit allen dem fahmanne widtigen Berednungen 
und fonftigen Details giebt. 

€s heißt: 

Ausgefübrte familienhäufer. Praktifche Vorbilder in billigen bis 
mittleren Preislagen nebjt Grnndriffen, Befdreibungen und Roftenanfhlägen. 
Herausgegeben von Erwin Broßmann. (10 Lieferungen a2 M. — Derlag 
von Otto Maier in Ravensburg.) 

Wenn man die einzelnen Blätter diefes neuen nmüßlihen Werkes be- 
tradtet, fo muß man fagen, daß hier in der Auswahl der Motive mit gutem 
Gefhmad und mit herem Blid für die baulihen Bediirfniffe ses Mittel- 
tandes zu Werte gegangen ift. Es find dabei verjhiedene wichtige Momente 
nidt aus den Augen gelaffen worden: die praftifche wie die äfthetifche Seite und 
nidt minder die ölonomifhe Frage, der KRoftenpunft wollten berüdjichtigt 
fein, follte das Werk feiner Aufgabe, als praftifh braudbares Hilfsmittel 
für den fahmann zu dienen, ganz gerecht werden. Diefe Aufgabe it vor- 
trefflid) geldft. An der Hand diefer Vorlagen ift der Baumeifter in der 
angenehmen Lage, and bei einem Aufwand von verhältnigmäßig nur be- 
fheidenen Mitteln, Gebäude aufzuführen, deren innere bebaglihe und zwet- 
dienlidhe Einrichtung dem wohlanftändigen, jhmuden äußeren Bepräge, ent- 


fpriht. Man fann behaupten, die in den „Kamilienhäufer‘ getroffene Aus» 
wahl von Bauobjekten repräfentirt den modernen guten Befhmad in feinen 
varlirenden Stilarten, unter denen jeder Bauluftige fiherlih etwas ihm Ju- 
fagendes finden wird. 


Berlin. — Spät fommt er, doh er fommt! Schon wiederholt ift eine 
fiinftlerifhe Zuthat zur Broßen Runftausftellung als bevorftehend angefündigt 
worden, die nun wirflid eingetroffen ift. Die madtigen Wandgemalde von 
Profeffor Hermann Prell aug Dresden, die fiir den Thronfaal der 
deutjihen Botjhaft (Palazzo Caffarelli) in Rom beftimmt find, find zwar 
nun fon im großen Südoftfaale aufgeftellt, entziehen fic aber nod den 
Bliden des Publifums, das fid nod geduldigen muß, bis die Rüdfehr des 
Raifers, des Beftellers der Bilder die öffentlihe Darbietung der Riefengemälde 
geftattet. 

Zunächſt werden die Bemälde, befanntlid Darftellungen des germanifchen 
Mythos der Jahreszeiten nah der Edda, vom Künftler nod einmal über- 
gangen oder zufammengeftimmt. Die Dimenfionen der Bilder find fo uns 
gewdhnlid, Saf Profeffor Prell bloß fiir die Herftellung des Hauptbildes 
über dem Thronbaldahin einen der größten Säle Dresdens, den des Saͤchſiſchen 
Runſtvereins miethen mußte, und daß der hieſige Ausſtellungsſaal zwar die 
Gemälde in ihrer Breitenausdehnung faßt, aber nicht hoch genug iſt, um ſie 
ſo aufhängen zu laſſen, wie ſie an Ort und Stelle in Rom hängen werden, 
hoffentlich unbeſchadet ihrer künſtletriſchen Bedeutung. Für die große 
Runſtausſtellung iſt das verſpätete Eintreffen der Prelhl'ſchen Rieſenleinwand⸗ 
flächen von niht geringem Vortheil, da Ah erwarten läßt, daß ſie die An— 
theilnahme des Ppublikums von Neuem auffriſchen werden. Man könnte die 
Zufuhr neuer Zugkraft und ihre Zurückhhaltung für einen Geſchäftskniff halten, 
wären ſie nicht durch die ſpätere Fertigſtellung der Gemälde und eine ge— 
bührliche Rücſſichtnahme bedingt. 

Ein weiteres, für tie Steigerung des Ausſtellungsbeſuches ſehr günſtiges 
Moment ift dte Dertheilung der goldenen Medaillen, der man, foweit es fih 
um die Peine Medaille handelt, nicht durchaus zuftimmen fann. Mögen die 
Zurüdgefegten, deren es thatfächlid) einige giebt, in ihrer Enttäufhung einen 
feinen Troft in der Anerkennung finden, die Bödlin bisher in Berlin ge- 
funden hat. Er mußte fid bis dato mit der Meinen Boldenen begnügen, 
während Nathanael Sigel bereits im Blanze der Broßen dabinwandelt. 
Es ift nit alles Gold, was gleiğt! Sapienti sat! Die beiden großen 
Medaillen find von ihren Empfängern diesmal woblverdient. Es haben fie 
erhalten der Brüffeler Bildhauer und Akademiedireftor — gewiß nit in 
letter Linie gerade der — Pierre van der Stappen und der Berliner 
Architett Profeffor Bruno Shmik, deffen genial gedachter, wuchtiger Ans- 
führungsentwurf des Dölferfhlacht-Dentmals bei Leipzig ein Runftwerf von 
außergewöhnlider Bedeutung ift. Unter all’ den großen National-Dentmälern, 
weldhe die legten Jahre gezeitigt haben, it das DVölferfchladhtdentmal von 
Schmit unftreitig das impofantefte, einfachfte und edelfte. 

Don einer zweiten Preisvertheilung, der in der afademifchen Hodfchule 
für Riinftler, foll befonders gejprodhen werden, weil der Direftor Profeffor 
von Werner in feiner offiziellen Rede dabei einiges erwähnt hat, was aud 
weitere Rreife intereffirt. 

Riihmend gedadte er der Leiftungen der Bildhauer, früherer und jegiger 
Schüler der Akademie, die bei den grofen Monumentalbauten und Denfmalern 
ein tüchtiges Können bewiefen haben; eine Reihe von Riinftlern wurde mit 
Namen hervorgehoben. Der Direktor betonte ferner, daß der Akademiker fich 
niebr als bisher mit dem Ornamentalen und den gewerbliden Riinften 
befhäftigen follte und berührte die fortjdritte auf graphifhem Gebiete. 


394 


Don Widtigkeit ift die Mittheilung, daB jegt an der Hohfchule unter Leitung 
von Profeffor Ehrentraut und Hanns fehner aud die Lithographie 
gelehrt wird. Sodann erwähnte der Direktor einen neuen tehnifchen fresto- 
verfud, den ein dänifcher Maler angeftellt bat. Den verewigten Profeiloren 
Rnille und Befelfhap wurden ehrenvolle Bedenfworte gewidmet. Jum 
Schluß fonnte Herr von Werner den Studirenden die freudige Mittheilung 
maden, daß zu Anfang des Winterhalbjahres die Brundfteinlegung der neuen 
atademifdhen Hodfdulen vollzogen werden wird. Es ift jegt endgiltig das 
Baumfchulenterrain zwifhen Hardenbergftraße und Hippodrom gewählt. Der 
Neubau, dem ein Entwurf von Rapfer und von Groğheim zu Grunde 
gelegt werden foll, wird fehr zwedentfprehend und würdig ausgeftattet. Be 
merfenswerth ift, daß die Einweihung zur 200 jährigen Gubelfeier des Rdnig= 


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Deutfde Runft. 


Dresden. — Während fih über die letten Ausftellungen des Sähfifhen 
Runftvereing, von Ernft Arnold und im Viftoriahaus nidts Befonderes 
fagen läßt, interefjirte Emil Richter's Runftfalon im Europäifdhen Hof 
durd verbaltnifmapig interefiante Darbietungen. Quantitativ überwiegt eine 
Rolleftivausftellung des Frankfurter Malers Ernft Morgenftern dur eine 
Menge von Oelgemdlden, Aquarellen und Handzeihnungen. Am meiften 
fpriht Morgenjtern als Marinemaler an. Nur als folder hat er auf den 
Gemälden „Abend auf ser Wordfee und „Bewegte See wirklid Einwand- 
freies gefhaffen. Das Runterbunt feiner Aquarelle, die nahezu zwei Wände 
füllen, maden tro fleifiger und jauberer Malerei feinen tieferen und nad- 
baltigen Eindrud. Bünftiger wirken feine Zeihnungen und Skizzen. Cine 
zweite Rolleftivausftellung enthält eine Anzahl meift größerer Bemälde von 


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Ne 1 X°D’GDVX] -D°G:DVX | PHILIPPE FILIFPHIL PHILIIPFU. 
POMERANIA RE DENE DA al 


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Der Croy-Teppich der Univerfitit Greifswald. 


Heransgeg. von Prof. Dr. Dittor ShulkKe. 


reihs Preugen, alfo im Januar 190), in Ausfiht genommen ift. Es folgte 
dann der Jahresbericht, den der Direftorialaffiftent Maler Dr. Jäger 
erftattete. Den. Schluß bildete die Preisvertheilung. Den Ropirpreis der 
Malflaffe (400 Mart), weldher zur Ausführung einer Ropie der Dresdener 
Galerie verpflichtet, errang Herr Thienhaus. Die übrigen Auszeihnungen 
befteben in fleineren Geldpreifen, Medaillen, Pracdtwerfen und Anerkennungen. 
Im Allgemeinen fonnten febr günftige Urtheile über die Leiftungen der 
einzelnen Rlaffen während des legten Jahres gefällt werden, 

Die ftädtifhe Bildergalerie ift wieder um drei Runftwerfe 
bereichert worden, weldhe der Profeflor Shaner der Stadtgemeinde Berlin 
zum Befhent madte. Es find die Bemälde „Berliner Stadtbild" (Alt-Berlin) 
von Jacob, „Beipräh am Parkgitter‘ von Amberg und „Ländlide Regel- 
bahn in Tirol" von Breitbad. Die Kunftwerke zieren das Lefezimmer des 
Rathhaufes. Profefior Shauer bat fhon früher der Stadtgemeinde Berlin 
das große Bild von Ernft Hildebrand „Tullia überfährt den Leichnam 
ihres Daters! zum Befhent gemacht und foll die edle Abfiht haben, der 
Stadt Berlin nod eine Reihe Bilder zu fchenfen und fo den Beundftod 
3u einer ftädtifhen Gemäldegalerie von Werken Berliner Rünftler zu legen. 
Damit foll vermieden werden, daß hervorragende Berliner Runftwerfe ins 
Ausland wandern. 


Br. Folio, 


J. Abel, Greifswald 1898 (Pr. 4,50.M.) 


Stan; Schrevper (Dresden-Blafewit), der auf jedem Bilde dem eigenartigen 
Hauber der Märkifhen Haide mit ihren Mooren eine neue Seite abzugewinnen 
weiß und mit ftar? perfönlihem Empfinden die intimen, der Natur abgelaufhten 
Reize einer eintönig flachen Landſchaft liebevoll wiedergiebt. Von einzelnen 
Gemälden feien erwähnt „Mutterliebe" von Feragutti, ein Damenbildnif 
von f. U. Raulbadh, das Anfprühen eines durd Riinfiler wie Lepfius 
verwöhnten Publifums kaum nod genügt, und eine trefflide Handzeihnung 
von Knaus, eine Studie zu feinem „Hefliihen Begräbniß‘, jenem padenden 
Gemälde, das fih in Dresdener Privatbefig befindet. Die Zeihnung ijt die 
Perle des Runftfalons. 

für die Freunde von Radirungen bietet die Sonder-Ausftellung von 
Profeffor Röpping um fo mehr Augenweide, als neben bekannten Blättern, 
wie feinem vielgerühmten Muntaczy'fhen Atelierbilde und dem in der 
Wiedergabe der harakteriftifhen Technit Rembrandt's prächtigen Tonne- 
table de Bourbon and fonft bei uns nur felten gefehene Arbeiten — da- 
runter feine Landfdaften 2c. — vereinigt find. Don den größeren Stüden 
verdient die „Sibylle und vor Allem die „Dryade‘ Hervorhebung; das durch 
die dichten Blatter auf den fehlanfen Mädcenleib fallende Licht ift virtuos 
behandelt und zu brillanten Effekten ausgeniigt. Alles in Allem fpridt aud 
aus diefer Serie von Radirungen die intereffante RiinftlerperfSnlidfeit des 


Berliner Profeffors. Reich, wie immer in dem Richter'fhen Aunftfalon, ift 
die funftgewerblide Abtheilung befhidt. Don, Gallé find neue Bläfer da, 
die die Dorzüge des Meifters von Yancy wieder im beften Lichte zeigen, von 
Röftrand nah form und Bemalung gleih beadtenswerthe Porzellane — 
entzüdend ift der Habnenfopf! — und von der familie Heider fieht man 
Runfttöpfereien, die an Ausgefallenheit nichts zu wünfhen übrig laffen. 
Schön modellirt if ein Thürklopfer von Morlet, während man fih für die 
Blasabdrüde von Medaillen d'Fllzah’s und feine übrigen Nippes" nur 
wenig erwärmen fann. Als ein „neuer Mann‘ von ebenfo origineller, wie 
apatter Phyfiognomie präfentirt fih Louis Heftaur, deflen Holzarbeiten, 
die theilweife aber aud) Metall, wie bei der eigenthiimliden Schale mit der 
nad den Aepfeln greifenden Eva als Fond und der Schlange als Rand, 
Leder, ja felbft Glas, wie auf dem freilih nicht ganz Maren Wandbild, mit 
in das Reih der Verarbeitung ziehen, den Liebhabern modernften Runft- 
gefhmades in die Augen ftehen werden; fhade, daß diefe aparten Stüde 
etwas febr theuer und fomit nur Wenigen erreihbar find; ihnen gegenüber 
fallen die hübfchen, aber nicht befonders originellen Lederbarbeiten mit ein- 
gebrannten und aufgemalten Blumenftüden von Madame Thaulow eiwas ab. 

Dem fo ftarf erwadten, hoffentlid andauernden Gntereffe für das 
Runftgewerbe verfpricht die Deutfhe Runftausftellung zu Dresden im Jahre 1899 
aud durd einen werthvollen biftorifhen Beitrag zu genügen. Es follen 
nämlid in einer befonderen Abtheilung für Altmeißener Porzellan de Thätig- 
feit der beiden Hauptmeifter des Meißener Porzellans im vorigen Jahrhundert, 
Herold und Rändler, fowie die Erzeugniffe der Marcolini'fhen Periode 
den Befhauern vorgeführt werden. Wie bereits zahlreih eingegangene Ju- 
fagen von Befizern werthvoller Aunftgebilde aus jener Periode der Meißener 
Porgellaninduftrie beweifen, hat das Unternehmen Anklang gefunden; bei 
weiterer Betheiligung von Seiten eines funftfinnigen Publifums, das aus 
Privatbefig beiftenert, verfpriht diefe Abtheilung ein Blanzftüd der 
Deutfhen Aunftausftellung von 1899 zu werden. Gewiff entfpridt der fhöne 
Plan weit mehr einer verftändnißvollen Pietät vor den fünftlerifhen Erzeug- 
niffen einer Vergangenheit, von deren Derdienften die Gegenwart nod zehtt, 
und einer liebevollen, beimifhen Runftpflege als das eigenthiimlide, finnlofe 
Verfahren, welheo man zur Erhaltung des Dresdener Zwingers anwendet. 
Es befteht darin, die Architefturtheile und Bildwerke nah Wiederherftellung 
der befhädigten Stellen mehrfah mit Delfarbe zu überftreihen, was natürlich 
zur folge þat, dağ das Banwerf in feinem Fünftlerifhen Charakter eine 
fhwere Einbuße erleidet, denn abgefeben von einem unangenehmen Glanz 
wird die feinbeit der ornamentalen und figürlihen Bearbeitung unter der 
diden Farbfhiht völlig verfhwinden. Wie fharf hat man nicht die Zeiten 
verurtheilt, weldhen es nidt barbarifd fcien, die feinften Werke ornamentaler 
Runft did mit Tünde und Oelfarbe zu überftreihen, und wie hat man fid 
nicht bemüht, diefe wieder zu entfernen, um das Wert in feinem alten Blanze 
wiedererftehen zu laffen. Und nun im Fahre 1898 ein foldes „Der'fahren 
und an einem unferer edelften Baudenkmäler! Gott fei Dant, es follen fdon 
von verfhiedenen Seiten Schritte unternommen fein, um dem gegenwärtigen 
Dorgehen bei der Wiederherftellung des Zwingers Einhalt zu thun. 

Leipzig. — Jm Runftverein ift außer der erwähnten Rolleftivansftellung 
von Uquarellen der Befellfhaft deutfher Aquarelliften der aus Oelgemalden, 
Celftudien und Skizzen beftehende fiinftlerifhe Yadhlap des verftorbenen 
Weimaraners Albert Brendel ausgeftellt, unter denen das daraktervolle 
Thierftüd „Stromauf' als eine ganz vartrefflihe malerifhe Leiftung anzufehen 
if. Don Wilhelm Leibl- Aibling fefelt ein „Männlihes Bildnig duch 
feine kraftvolle Tonwirkung und treffende Charatteriftif. Zum Unterjhied von 
Leibl's fonftigen mit einer ih bis auf die Durchführung der Details er- 
firedenden Liebe zu feinem Dorwurf gemalten Genrebildern ift das Bildnif 
breit und flüchtig behandelt und erfceint in wahrhaft lapidaren Zügen. 
Philippine Wolff- Arndt hat ein anmuthiges Damenporträt und 
Folfmar Alind- Leipzig eine feingeftimmte Marine „Sommertag‘ aus- 
geftellt. Don den beiden Reliefporträts Yiekfhes von Turt Stöving- 
Berlin und Arnold Aramer- Dresden giebt Störing's eines Bronze- 
relief ein mwohlgelungenes Abbild von des Philofophen hoher geiftiger Be- 
deutung, während Aramer über eine rein äufßerlihe Wiedergabe der mar- 
fanten Züge des Denters nit hinausfommt. 

Das RunftgewerbesMufeum bietet in feiner Abtheilung für moderne 
Erzeugniffe eine trefflide Arbeit auf dem feramifchen Gebiete, eine aus den 
Giefer-Werkftatten der Leipziger firma Fhleib & Bebel hervorgegangene, 
in Boldbronze gegoffene Afchenurne, nah einem Entwurfe des heimifden 
Arditelten Th. Röffer. 


Deutfde Runf. 


In Maren formen und in fhönen Linien gehalten, belebt von einer 
3zarten und doc fhwungvollen Ornamentif, dabet im Gefammtaufbau wirfungs- 
voll gegliedert, paßt fi diefes Stüd heimifhen Runftjleißes in allen feinen 
Theilen feiner Beftimmung an. Auf kurzem breiten fuß rubend, wädhft der 
fhlanfe Urnenfdrper, an den volle breite Henfelfchalen angelegt find, zu 
einem fhönen Banzen heraus. Um feinen oberen Rand legt fih in leichten 
Relief ein Stoffbehang, über dem Rofen erfheinen; damit wird eine tröft- 
lihe Spmbolit von dem über die Trauer hinaus fih erhebenden Erblühen 
ewigen Lebens gegeben. Den Abfhluß der Urne bildet eine in leichtem 
Schwung durchgeführte Befrönung mit lodernden flammen auf der Spike. 

Bleihartige Arbeiten in zarterem Material finden wit in Carl B. 
Lord's (C. Oeblmann) Runftmagazin, namlid) meifterhafte Stüde der 
Glasbildnerei von der Hand des Modelleurs Wilbert Wiegel, Raffel. 

Als eine befondere Spezialität hat fih der Künftler die Wiedergabe von 
Portraits auf Arpftall-Schalen, Pofalen u. f. w. angelegen fein laflen, die, 
zumeift in finniger Umrahmung, fowohl vertieft gefhliffen, wie als zart- 
modellirte Reliefs erfdheinen. Auf diefem Bebiete bat Wiegel im Auftrage 
verfihiedener hober fiirftlidfeiten, u. A. des Broßherzogs von Baden und 
des Aönigs von Württemberg, mehrfache Bildniffe ausgeführt. Zur Heit bes 
finden fid in Carl B. Lord’s (C. Oehlmann) Ausftellung zwei Pokale, 
die mit dem Portrait des Rönigs Albert und des fiirften Bismard ge 
fhmüdt find. Ein bewundernswerthes Stüd diefer Glastunft ift die mit 
reizvollen Ornamenten verzierte, in gefcliffenem Spiegelglas ausgeführte 
Etagere anzufehen. 


Stuttgart. — Dem vor adt Fahren verftorbenen Dichter und Prälaten 
Rarl Berof ift ein Denkmal errichtet worden. Es befindet fih auf einem 
vom Rönig dafür beftimmten Rafenftüd unmiltelbar am alten Schloß, neben 
der Schloßkapelle, wo Bero? die legten 21 Fahre feines Lebens wirkte, und 
zeigt als Krönung einer Nife die von Profeffor Donndorf in weißem 
Marmor ausgeführte Rolofjalbüfte Berofs. Fn der Nifhe ift die allegorifhe 
Geftalt der geiftliden Poefie mit Rolle, Palmenzweig und Harfe aufgeftellt. 
Zu den Füßen diefes Genius liegt ein Rranz von Feldblumen. 

Darmftadt. — Eine freie Dereinigung Darmftädter Rünftler 
hat fic unter dem Dorfit Wilhelm Baders in Darmftadt fonftituirt. Die 
Dereinigung wird im Herbft zum erften Male mit einer Ausftellung vor die 
Oeffentlichkeit treten. Der Großherzog hat das Proteltorat übernommen. 
Durch die Mitwirfung der auf funftgewerblidem Gebiete wobhlbefannten 
biegen firma Alerander Rod und Anderer dürfte auch das Aunftgewerbe 
zu feinem Rechte fommen. Diele außerhalb Hefiens wohnende hefjifhe Rünftler 
werden fid an der Ausftellung betheiligen. 


Düſſeldorf. — Die ſtädtiſche Kunſthalle umfhließt aus Anlaß des 
Jubiläums des „Malfaftens" auf einige Woden eine feft-Ausftellung, die 
einen intereffanten Rüdblid auf 50 Fabre Diiffeldorfer Runftlebens gewabrt. 
Hauptfadlid find es Riinftlerbildniffe, grdftentheils dem „Malkaften‘‘ ge- 
börend, zum Theil aus Privatbefik, die hier in einer fehr interefianten Zu- 
fammenftellung vereinigt find. Diefe Rünftlerportraits haben einen bejonderen 
funftgefhidtliden Werth und daneben einen eigenartigen Reiz. Midt alle 
find gleidwerthige Runftwerfe, aber der frifhe Zug, den folhe aus perfön- 
lihem ntereffe, aus freiem Antriebe gemalten Portraits im Begenfat zu 
beftellten und ohne Liebhaberei gefhaffenen haben, ift den meiften eigen. Die 
Bildniffe der Stifter des ,,Malfaftens find befonders zufammengeftellt. 
Unter diefen find nicht weniger als vier von Ludwig Anaus, der diefelben 
in feiner erften Schaffenszelt, zu Anfang der fünfziger Jahre, bier malte. 
Jn einer befonders bemerfenswerthen Abtheilung befinden fih die Skizzen 
von Oswald Ahenbah zu der Aufführung der Beethoven'ihen Paftoral- 
fymphonie, die Mitte der fechziger Jahre hier ftattfand, eine Menge geiftreiher 
Rarrifaturen, theils dem „Malkaften" gebdrend, theils aus Privatbefig, und 
werthvolle Arbeiten von Caspar Sheuren, Adolf Sdhrsdter, Min- 
trop, Rarl Hoff, Dautier und den beiden Ahenbad's. Ein Heiner 
Saal enthält plaftifhe Werke, Portraitbüften von Maltaftnern, Widmungs- 
tafeln und Medaillons. Aud die dem „Malkaften“ zu feinem 50 jährigen 
ubelfefte gefhentte Büfte des rheinifhen Dichters Wolfgang Müller von 
Rönigswinter von Otto Lefjing ift bier ausgeftellt. 


Wiesbaden. — Sowohl im Runffalon von Banger, der zur Feit 
einige recht ftimmungsvolle Landfhaften von H. 3. Jäger enthält, als and 
bei Deiters fann man immer häufiger die Beobahtung maden, daß an 
Gemälden Zettel angebraht find mit dem Vermerk „Verkauft. Diefe Zettel 


396 





find nit nur im Jntereffe der Künftler freudig zu begrüßen, fie find aud 
ein unleuglider Mafftab fiir den zunehmenden Runftfinn unferes Publitums, 
unter dem fih doch mehr opferwillige Aunftfreunde befinden, als allgemein 
bebauptet wird. Eine wachfende Nahlommenfchaft diefer erfreulihen Der- 
merte it um fo wünfchenswerther, als fie uns eine qualitative Zunahme 
unferer Ausftellungen fiber. Wiesbaden könnte ebenfo fo gut wie frant. 
furt und Röln ein Runftmarft werden, wenn unfere Runftgönner fi daran 
gewöhnen wollten, am Orte zu Faufen, anftatt ihre Blide nad auswärts zu 
lenken. Daß unfere Runftausftellungen beftrebt find, ihnen Bilder von Werth 
darzubieten, beweift die Ausftellung bei Deiters mit Gemälden, wie: , Arbeits- 
lofe von P. Héniger, Berlin, dem es allerdings fein fozinler Gehalt, 
trog der lebenspollen Wiedergabe feiner Beftalten und der Stärke der 
Stimmung, erjihwert, einen Liebhaber zu finden. 


Raſſel. — Gn der Permanenten Aunftausftellung des biefigen 
Runftvereihs ift eine Sammlung alter Meifterwerfe — 42 Nummern — auns- 
Geftellt, welche der biefige befannte Porträt- und Genremaler Johannes Rlein- 
fhmidt, einftmals Schüler von Prof. Seit (Münden), auf einer Studien- 
teife in Spanien zufammengebradt. Gnnerhalb adt Monaten, wabrend er 
fic) in Madrid, Sevilla 2c. aufhielt, if es ihm gelungen, in Privatbefizen 
einzeln eine große Menge Erzeugnife älterer Meifter nicht nur der fpanifchen, 
fondern aud der deutjchen, nmiederländifchen und italienifden Schule zu ent- 
deden und in feinen Beg zu bringen. Es find darunter wahre Perlen 
alter Malerel, welde gewiß die Aunftkreife, infonderheit die Runftgelehrten 
von fad nod Iebhaftet bejhäftigen dürften. Wir finden da u. A. drei 
Werte, welde Goya, dem Reformator der fpanifhen Aunft, zu Ende 
vorigen und Anfangs diefes Jahrhunderts zugefchrieben werden, ferner zwei 
Gemälde, welde die Merkmale Cufas Cranadh's des Aelteren tragen 
(Madonna mit dem Fefusfnaben, dem der heil. Johannes Trauben reiht und 
ein gentehaft bebandeltes Doppelbildniß), zwei auf Delasquez hinweifende 
Arbeiten (Sfizze zu dem bekannten Bild „Die Teppihwirkerinnen‘ und ein 
Bundeporträt). Prädtig find eine Darftellung der heiligen Familie auf dem 
Wege nah Jerufalem und ein Möndebildnif, welde alle Merkmale 
Rubens'fdher Originale zeigen. ferner fehen wir eine wundervolle Abend- 
landfhaft, wildromantifh, in einem Rolorit, wie wit es nur von Rembrandt 
fennen. Sodann giebt es eine ganze Reihe von Werken, deren Autorfchaft 
bei Deronefe, Tintoretto, Murillo, Ribera, Snyders u. f. w. 
gefuht wird. Alfo eine ftattlihe Reihe werthvoller und intereffanter Funde. 


Halberfindt. — Den Schluß der diesjährigen Ausftellung des Runft- 
vereins bildete im vorigen Monat die ordentliche Beneralverfammlung, in 
welder zunähft der Schriftführer des Dereins einen Purzen Ueberblid über 
die Entwidelung deffelben in den legten Jahren gab. Die übliche Derloofung 
erftredte fih auf 64 Gewinne, nämlih auf 20 Oelgemälde und eine große 
Anzahl von Farbenlidhtdruden, Fardendruden, Radirungen, Rupferftihen, 
Photographieen, Photograviiren, Pradtwerfen u. f. w. Zu Anfang des 
nädften Jahres wird den Mitgliedern des Vereins ein Prämienblatt über- 


reiht werden, deffen Werth im Aunfthandel ungefähr den vierfahen Jahres- 
beitrag beträgt. 


Hannover. — Eine im ihrer Eigenart bedeutende und viel beachtete 
Ausftellung beherbergt augenblidlih das Provinzialmufenm in zwei Sälen 
des erjten Stodwerfes, zu denen der Eintritt jedermann unentgeltlich geftattet 
it. Die befannte biefige Farbenfabrit von Bünther Wagner bat ein Preis- 
ausfhreiben erlafjjen zur Erlangung von Entwürfen für ein Neklameplafat 
ihrer Pelifanfarben, Riinftler-Wafferfarben, fiir weldes fie drei Preife von 
1000, 500 und 300 Mark ausferte, und Ah den Ankauf einer Anzahl Ent- 
wiirfe 3um Preife von je 100 Mark vorbebielt. Die Konkurrenz bat eine über 
alles Erwarten reihe Betheiligung gefunden, mehrere Hundert Riinftler haben 
fidh an die Lofung der Aufgabe gemacht und über 500 Entwürfe bededen die 
Wände der beiden Säle. Es befinden fic unter den ausgeftellten Sachen 
gewiß eine ganze Anzahl, die auf Aunftwerth keinen Anfpruch machen fönnen, 
immerhin zeugen aber die meiften Arbeiten von Fünftlerifhem Befhmad und 
find befonderer Beachtung werth. 

In Richhorft bei Hannover wird nad den Plänen des Arditeften 
Wendebourg die Kirche renovirt. Bei diefen Arbeiten und bei der Fn- 
ventarifirung find unter der Wandtündhe alte Wandmalereien aufgefunden. 
Einftweilen find an den völlig freigelegten Gewdlben und Wandflähen im 
Chor und in einem Theil des Langjhiffes prächtige Darftellungen, figiirlide 
und ormamentale Malereien, Apoftel- und Heiligenfiguren, Petrus, Paulus, 
Andreas, St. Chriftophorus, Johannes, Antonius, die Rrönung der Maria 


Deutfde Runfe 


und andere figuren zu erkennen, ferner in einem Bewölbezwidel die Stifter 
der Bilder, wahrjheinlih v. Cramm=Burgdorf, vor einem Bifdhof tnieend, fammt- 
lide Bilder von flüffig gezeihnetem Ornamente umgeben. Alle diefe ver- 
mutblih aus der Zeit um 1400 flammenden Malereien find fo vorzüglih er- 
halten, daß ihre völlige Wiederherftellung für wünfhenswerth angejehen 
werden muß. 





Hamburg. — Erfreuliher Weife hat eine rege Agitation begonnen, 
um Bohrdt’s Bemälde „Rapitän Rarpfanger's Sieg über fünf franzö- 
fifhe Kaper'‘ durd die Bürgervereine Hamburgs anzufaufen und als Gefdent 
dem Senat zum Schmud des Rathhaufes zu übergeben. Derberrlidt dod 
diefes Gemälde einen bedentfamen Dorgang ans Hamburgs großer Dergangen- 
heit, und es ift aufridtig 3u wünfchen, daß der Patriotismus der Bürger ih 
foweit bethatigt, um jeden Einzelnen zu veranlaffen fi eine unbedeutende 
Ausgabe aufzuerlegen, um den Ankauf zu ermöglichen, beträgt doc die Mit- 
gliederzahl der dem Tentralausfhuß H. B.-D. angebörenden Vereine nahe 
an 7000. 

Der Runftfalon von Louis Bod & Sohn auf den Broßen Bleihen 
bat eine Antonios fFabres- Ausftellung veranftaltet. Die Werke diefes 
Rünftlers, der zu den hervorragendften Vertretern der fpanifhen Shule gehört, 
find bisher noch nicht bierber gefommen. Die bier veranftaltete Ausftellung 
ift ungeheuer reich und weift viele intereffante Arbeiten auf, in denen er, um 
Muther zu zitiren, erftaunlic gefhidt fhildert. Darunter befindet fih das 
befannte Bild „St. Therefa', das dem Riinftler in Paris die erfte Medaille 
einbrachte. Vorausfihtlih wird aud in unferer Stadt das Gntereffe für die 
Fabrés-Ausftellung ein ganz bedeutendes fein. — Don dem bekannten Pferde- 
maler Rarl Dolfers find zwei Pferdeporträts, die jegt während der großen 
Rennen von Antereffe fein dürften, ausgeftellt. Es find dies die Bildniffe 
der Pferde „Charlevs Aunt* (©. Suermond), und „Silt Spider’ (Graf 
3. Weftphalen). — Eine junge Bildhauerin, Namens Hedwig Huber, hat 
eine Bronzebüfte eines febr befannten biefigen Handelsherrn zur Ausftellung 
gebracht. — Von Asolf Behrens finden fih wiederum einige Paftelltdpfe vor. 

Liiberk. — Im Salon Nöhring, defen Hauptanziehungspunft noch 
das große Bemälde Rüfthardt's „Friede fei mit Euch“ bildet, ift eine 
Rolleftivausftellung veranftaltet von 14 Bemälden Müller-Schönfeldt's, 
Berlin, weldhe in theilweife an die Lebensgröße heranreihenden Formaten 
mäcdenhafte und träumerifche Motive behandeln. Aber aud als Land/dafter, 
Portraitift und Genrebildmaler zeigt der Riinftler fein beftes Können. Gute 
ine und ausländifhe Meifter, vorzugsweife Landfdaftsmaler, ftellten in reicher 
Anzahl aus. Fn erfter Linie it es ein großer Lutteroth „Am Golf von 
Naja, der Aufjehen erregt. Die Meifter Rettih, Aafch-Weimar, Malfroy, 
Mascart, Uyon, Angeloy, Stuart, Couland, Quinton, Terny, Raymond, 
Terni, Stoiloff u. A. m. ftellen zufammen eine ftattlibe Anzahl guter Land- 
[haften aus. 


Pillau. — Gm Weftfliigel der grdftentheils verfallenen Burg Lochſtädt, 
einem Denfmale ordensritterlider Baufunft, find durd zufälliges AbMopfen 
der diten Ralftiinde eine Menge intereffanter Wandgemadlde bloßgelegt worden. 
Der Erzengel Mihael ift dargeftellt als das fampfende Chriftenthum, be- 
waffnet mit dem gewaltigen Ritterfhwerte und gededt durd den mit dem 
Ritterfreuz verzierten Schild; den Fuß fett er auf den befiegten Draden, das 
Sinnbild des Heidenthbums. Ein zweites Bild zeigt den Chriftusträger in der 
Geftalt eines redenhaften Ritters. Diefem gegenüber verfluht Chriftus den 
fruchtlofen Felgenbaum, während linfs die Areuzigung und redts das lichte 
Auferftehungebild Chrifti die Wand ziert. Wad Siefem böh werthvollen 
Sunde feste man in dem Pleinen Nebenzimmer, in weldem früher der Vogt 
von Locftädt feinen Ausgud nah den Gefährten hielt, weldhe er auf Bern- 
ftein zu unterfuchen hatte, die fortfeßung fort. Die linfe Wand enthielt die An- 
betung des Gefustnaben durch die Weifen aus dem Morgenlande, während 
die tete Mauer das Bild des St. Georg im Rampfe mit dem Lindwurm, 
der die heilige Jungfrau gefangen hält, aufweift. Jn dem Dimmer, in weldem 
der unglüdlibe Hocdmeifter Heintih von Plauen über die Falfdbeit des 
Riidhenmeifters von Sternberg feufszte, find die Bilder der Hodmeifter in ur- 
fomifch fteifer Brandezza fihtbar. Wie es feint, bat das Beftreben der 
Jettzett, folhe fhon fehr feltene Runjtftüde der Nachwelt zu erhalten, endlich 
feine Aufmerkfamteit auf diefe fagenreihe Burg gelenkt und follen die Wand- 
gemälde, wie Roblentifje auf den Wänden chnen laffen, zum Theile ergänzt, 
zum Theile mit Wandbildern, ähnlid den aufgefundenen, zu voller Geltung 
gebracht werden. 





Deutfde Runft. 


Orientalifches Herren: 
zimmer. 


Die fpbaritifhe Eigenart morgenländifcher Jn- 
terients genießt namentlid für die Ausftattung von 
Herrenzimmern, die nicht ausfchließlih Studirzimmer 
fein follen, nod immer einen unbeftrittenen Dore 
3ug, defen fic Ah aud nod erfreuen wird, bis 
es modernen Stilbeftrebungen gelungen ift, für die Be- 
haglidfeit einen abendländifhen Erfar zu fhaffen. Uns 
fehlt nod ein eigener, zeitgemäßer Ausdrud für die 
Stimmung befhaulihen Dafeinsgenuffes, ein Romfort, der 
zur Arbeit nit nur, aud zur Ruhe in erfter Linie ein- 
ladet, in dem der narkotifhe Benuß ganz felbftverftänd- 
lid wird als Uebertragung und folge angenehmer Um- 

gebung. Ein Herrenzimmer foll aud den Eindrud 
maden, als miiffe man in ihm nad der Arbeit der Rube pflegen bei einer 
Cigarre oder dem duftigen Tfdibul, hödftens unterhaltender Leftüre hin- 
gegeben, die uns Scheherezaden erfegt. Diefer Eindrud ift im einem 
foldem Raume in maurifher Stilart aus dem Atelier der firma Hef & Rom, 
von dem wir eine Abbildung bringen, erreicht, zunädhft durd feine Abtönung 
der diskreten Farben vom Blau des Teppihe, der den ganzen Fußboden 
bededt, bis zur hellen, lidten Färbung der Dede mit ihrer einfachen Per- 
goldung. Zugleih ift Surh das Lihterwerden der Töne nad oben bewirkt, 
daß das Zimmer höher erfheint, als es ift. Eine in den leichten Formen 
der Architektur des Falam gehaltene Abfhlußwand theilt das Zimmer faft in 
der Mitte. Fyr Gitterwerf tft mit farbiger, transparenter Seide befpannt, 
durd die das Licht angenehm gedämpft in den Vorraum fällt, defen Ein- 
gangsthür gegenüber ein großer, dreitheiliger 







és "Meier: 
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find. Im feiner ganzen, farbenprädhtigen Ausftattung 
betont da3 Zimmer weniger einen anftrengender, geifti- 
ger Arbeit zugewandten Charakter feines Bewohners, 
als Wohlhabenheit und das Bedürfnig nah befhau- 
lider Rube, und diefem entjpriht der maurifde Stil, 
wie gefagt, am ebeften. 


Das Weltausftelungs Panorama. 
paris 1900. 


Ueber das Engadin - Panorama, das Gio- 
vanni Segantini für die Parijer Weltausftellung 
1900 auf einer Leinwandflähe von 36,54 Quadrat- 
meter zu fhaffen berufen ift, äußerte fi der Rünftler 
felbft etwa folgendermaßen, wie die „Runft für Alle" 
berihtet: Das Panorama Engadin foll etwas bis jetzt 
noh nidt Dagewefenes werden. Jh gedenfe die 
foloffalen felsmaffen diefer Berge in ihrem vollen 
Liht und in aller Rlarbeit der Luft auf die Leinwand 
3u bringen, un dadurd den Befchauer in die voll- 
fommene Gllufion 3u verfegen, auf hohen Bergen zu 
fein, mit dem Gefühl der großen Stille, die nur duch 
das Geldute in der ferne weiðender Heerden unter- 
broden wird. Um die Zllufion noch zu erhöhen, wird 
der Raum urd eleftrifhe Dentilation frifhe Luft zu- 
geführt erhalten, wie man fie nur auf einer Höhe von 
2000 Metern finden fann. Die Befuder fommen urd 
eine urh Arwen und Tannen ih fhlängelnde Strafe 








Spiegel ftebt. Die Ede der Thürwand und 
der duchbrohenen Scheidewand füllt ein 
Divan aus, über dem fih vom Eingange bis 
zum Erferbau des abgefdloffenen fenfterraumes 
eine eigenartige Paneelbildung mit Gntarfien 
binzieht. Durch diefe wird die fonftige Stoff 
befpannung der Wände furzweilig unterbroden. 
Das Niveau der Abtheilung hinter der Ab- 
fhlugwand ift dur ein Podium höher gelegt. 
Hier ift namentlich der Eindrud der Rube und 
Behaglichkeit an der linten Seite in vornehmer 
Weife erreidht. Ueber einer Ottomane ift ein 
Arrangement von orientalifhen Stoffen und 
Waffen angebradt; neben ihr fteht ein Roran- 
ftänder, den abendländifche Bediirfniffe zu einem 
Albumbalter profaniren; and ein achtediger 
Raudtifch fehlt nicht, um dem Bilde den legten 
Zug der Echtheit zu verleihen. Ueber dem 
Ganzen hängt lofe von der Studvoute aus 
berabfallend ein auf Lanzen geftiiztes, reid 
gearbeitetes Delarium und giebt dem wohligen 
Rubewinfel das Geprage eines fhattige Rühle 
fpendenden, dämmerigen Zeltes. Der laufhigen 
Stätte der Raft gegenüber fteht die vornehm 
komfortable der Arbeit, ein Schreibtiid mit 
anfcliefendem, reid) mit funftvoller Derglafung 
verfebenem Büherfchrant. Eine Arbeit von 
feinem Geſchmack iſt die Fenfterdeforation. 
Don dem Grunde aus dunkelrother Seide 
heben fic olivfarbene Einfäre wirffam ab, 
die durch jhöne, aus jhwerem Goldmatertal 
mit der Hand geftidte Ornamente eingerabmt 








Orientalijhes Herrenzimmer. 
Entworfen und ausgeführt von Hef & Rom, Berlin. 


397 





398 


und gelangen fo auf ein felsplateau, auf welhem felfen und Bäume Natur 
fein werden. Ein Theil des felfens [haut gegen ein raubes, wildes Thal, das zu 
den Bletfhern führt. Hier pfeifen die Murmelthiere und Rebe und Bemfen weiden 
und fpringen von einer felsplatte zur anderen. Auch diefe Gefteine werden 
natürlich fein. Der andere Theil des felfens fhaut wie von einer [hwindelnden 
Höhe auf das Thal mit feinen lächelnden Seen, den fhmuden Dörfhen und 
liebliden Umgebungen, ferner auf die Wälder und höher hinauf auf die graue 
farbe der felfen bis zu den Kronen der weißen Bergfpigen, die das große 
Panorama umrahmen. Das Ganze überwölbt von dunkelblauen, endlofen 
Himmel. Auch große Stöde wohlriehenden Alpengrüns werden zur Charakteriftif 
des Bildes beitragen. Unten im Thal fönnte man ja nah Belieben eine 
Sennerei einrihten, wo der Zufhauer zu jeder Zeit feifch gemolfene Mild 
trinten Pann. Wie gefagt, idm will ein vollfommenes Bild geben vom unend- 
lihen Raum und der Grofartigfeit der Berge, den wilden feljen und dem 
zarten Sammetgrün der ftillen Thaler mit ihren Badlein und dem rhythmifchen 
Beläute der in der ‚Ferne weidenden Heerden, von den reinen, flaren Lüften, 
ein Bild bis in die Fleinften Einzelheiten, Alles dargeftellt in getreuefter und 


Deutfde Runft. 


wabrbaftigfter fünftlerifher Nachbildung der Alpen. Das Berüft des ganzen 
Gebäudes befteht aus Eifen. Die Befucher werden von einer Seite eintreten 
und binauffteigen, um auf der anderen Seite hinunter zu gehen, und dabei 
eine Strede von 610 Meter duchwandern und während diefer Zeit ih eines 
immer abwedfelnden Anblids erfreuen. Die inneren Bänge werden beleuchtet 
fein von Lidt, das wie duch natürliche Felfenöfinungen füllt, wobei die Aus- 
fiht auf die intereffanteften Punkte geftattet ift. Hier und da wird die Straße 
aud binausführen über einen Abgrund, bis fle fpäter auf der Höhe aus- 
mündet, von wo man den Anblid über das ganze Panorama genießen wird. 
Die Steigungen werden fanft angelegt fein. Beim Rüdweg durhwandert 
man wieder, jedod in entgegenfegter Richtung, den Wald, um aud bier immer 
wieder neue Ausfihtspunfte zu genießen. Die Befihtigung des Panaromas 
nimmt eine balbe Stunde in Anfpruh. Die Breite der Wege ift I Meter und 
auf jedem Quadratmeter können vier Perfonen geben. Vorausgefegt, daß in 


jeder halben Stunde 2440 Perfonen ein- und ausgehen, fönnen während adt 
Stunden 39040 Perfonen das Panorama befuden. 
fomit ein glänzendes werden. 


Das Gefhaft fann 





— Die Derbindung für biftorifhe Aunft hat auf ihrer 27. Haupt- 
verfainmlung zu München über eine Summe von 40 000 Mark zu verfügen 
gehabt und den Ankauf folgender Werke befchloffen: Walter Firle „Die 
heilige familie, Ferdinand Leefe „Rampfizene auf einer Brüde beim Rüdzuge 
des Germanitus, Joh. Leonhardt „Sirene, Friedrih Reller-Stuttgart „Die 
Grablegung Chrifti", Hermann Roh ,,Begrabnif einer Rlofterfrau bei den 
Benediftinerinnen auf Frauendhiemfee’, Oberländer „Weinfhänfe Noahs", 
Peterfen „Seefhlaht aus der Befhichte Danzigs", Röhling „Szene aus dem 
Kriege des Jahres 1870, Chriftian Speyer „Heimkehr und A. Denffer- 
Düffeldorf Sas Reiterbild aus der furbrandenburgifchen Gefchidte mit dem 
Titel „Jodimke, Jochimfe, hiite Di, wenn wi di fange, dann bange wi Di." 
Stig Auguft v. Raulbah wurde mit der Ausführung einer feiner Skizzen 
betraut, die zur Zeit im Blaspalaft zu Münden fi befinden. Der Dorftand 
bat ferner Mar Alingers Radirungswert „Dom Tode" erworben, von dem 
jedes Mitglied ein vollftändiges Eremplar erhält. Gefhäftsführer der Der- 
bindung für hiftorifche Runft ift der frühere Direftor der Nationalgalerie Geb. 
Rath Dr. Mar Gordan. Die nade Hauptverfammlung foll in Barmen 
ftattfinden. 


— Profeffor Ehtermeier hat foeben die Modelle zweier nener Arbeiten 
vollendet. Die eine ift das für einen Friedhof in Hannover beftimmte 
Brabtenfmal einer älteren Dame in Geftalt einer Portraitftatue in 
Lebensgröße. Die Derftorbene ift rend dargeftellt, dem leicht geneigten Kopf 
auf die rehte Hand geftüßt, in ungezwungen-läffiger Haltung und mit dem 
Ausdrud freundlid-ernften Sinnens in den fympathifhen Zügen. Die zweite 
Arbeit ift das Modell des Jmmermann-Dentmals, mit deffen Ausführung 
des Dichters Vaterftadt Magdeburg Prof. Echtermeier beauftragt hatte, und 
das am 24. April 1899 enthüllt werden foll. Der Rünftler hat feine Auf- 
gabe als die Äußerft glüdlihe Verbindung einer Zierbrunnen-Arditeltur mit 
einem Büftendentmal geftalte. Gn der Mitte einer flahgerundeten Yifchen- 
mand, die in Frankfurter rotbem Stein aufgeführt werden wird, baut ih in 
drei nadh oben fih verjüngenden Stufen der Sodel, gleihfalls aus rothem 
Stein, auf, der die überlebensgroße Büfte des Dichters trägt. Die Fliigel- 
bogen tragen rechts und linfs des Sodels je zwei, wie au die Büfte felbft, 
in Bronze auszufiibrende Reliefs, welche die Hauptmomente aus Fmmermann's 
populärfter Schöpfung, dem „Oberhof“, darftellen. Aus der mittleren Sodel- 
ftufe wähft der Kopf eines Meergethiers heraus, deifen Rachen einen Waffer- 
ftrahl in das im Halbrund um den Sodelfuß gelegte granitene Beten hinab- 
fpeit. Der obere Sodeltheil zeigt als Hinweis auf Jmmermann's dsramatifee 


Schöpfungen und dramaturgifhe Derdienfte die antiten Masten der Tragödie 
und der Komödie und darüber die Zahlen 1796—J840. Die Biifte felbft bat 
der Rünftler mit einem togaartigen Bewande drapirt nad dem Mufter des 
Shadow’fhen Fmmermann-Portraits. Die Dentmals-Gruppe wird in Magdes 
burg ihre Aufftellung vor dem Stadttheater finden. 


— On der Runftanftalt für Blasmalerei von G. ferftl in Münden 
war ein fehenswerthes größeres Blasgemälde ausgeftellt, das fiir eine neue 
katholiſche Kirche in Ylordamerifa beftimmt if. Es ftellt ðar, wie Chriftus 
der Maria Magdalena am Grabe erfheint und gehört zu einem Cyflus von 
neun Bildern, die der fhon früber mit Aufträgen aus Amerika betrauten 
firma für die genannte Rirdhe zur Ausführung gegeben wurden. Das Be- 
mälde ift von Örnamenten in englifher Bothif umrahmt, und die Ausführung 
der figuren wie des landfhaftlihen Theiles ift mit Befhid dem heute in 
England berrjhenden Stil angenähert, der die Mitte hält zwifchen archai- 
firender Ausdrudsweife und modernem Empfinden. 


— Belanntlid leiden weitaus die meiften Blasätereien, wiefle im Ban- 
fad namentlid bei Blasthüren angewandt werden, an einer mangelhaften 
Schärfe der Zeihnung; Ornamente wie Schriften befommen dadurch niht 
felten etwas Unanjebnlides, wodurd der beabfidtigte Schmud in feiner Be- 
deutung und feinem Werth herabgedriidt wird. Einem jungen Münchener 
Runftbandwerfer — J. Bet, Sdhwindftr. 16 — ift es nun vor einiger Zeit 
gelungen, ein Derfahren ausfindig zu machen, weldhes diefem Uebelftand 
wirfjam entgegentritt. Die in dem eben genannten Atelier fürzlid zusgeftellten 
Proben in einfarbigem oder iiberfangenem Glas, in verfchieden ftarfer 
Mattirung oder fonftwie variirter Aekung zeigten durdgehends eine ganz 
ungewöhnlide Schärfe und Sauberkeit der Zeihnung. Das neue Verfahren 
it niġt auf ebene Blasflähen befhräntt, fondern es fann mit demfelben 
Erfolg and auf gefriimmte Flächen (Trintgläfer u. ähnl.) angewandt werden. 
Als befonderer Vorzug fei noh hervorgehoben, daß die Derfaufepreife fic 
um 15—200/, billiger ftellen als die der bisher üblichen, weniger eraften 
Arbeiten. 

— Seit einigen Jahren läßt die franzöfifhe Regierung Nahforfhungen 
über die Derbreitung der franzöfifhen Runftwerfe im Auslande an- 
ftellen. Es handelt fih dabei hauptfählid um Werke des fiebzehnten und 
nod mehr des adtzehnten Jahrhunderts, als Ste franzöfiihe Runft maßgebend 
in Europa war, Man bat dabei dte Entdedung gemacht, daß einzelne 


Deutfdhe Runft. 


399 





Riinftler im Auslande faft ftärfer vertreten find als in Frantreid) felbft. So 
3. B. Peone in Berlin und Potsdam, fowte Oudry in Schwerin und Medlen- 
burg. Ucherhaupt finden fih ungemein viele franzöfifhe Gemälde in Deutjch- 
land. Antony Valabrégue reifte jekt wiederum im Auftrage der Kunft- 
verwaltung nad Deutfhland. Er beginnt mit dem Mufeum zu Karlsruhe, 


um dann nod einige Mufeen Ylorddeutfchlands zu befichtigen, fowie and 
Holland zu durdftreifen. Die Ergebniffe diefer Nahforfhungen in allen 
Ländern — Rußland, Oefterreih, Schweden 2c. find inbegriffen — follen in 
einem größeren überfichtlihen Werke vereinigt werden. Sie werden befonders 
zur Dervollftändigung der franzöfifhen Runftgefhichte dienlid fein. 





Preisbewerbungen 


— Ein Wettbewerb des Arditelten-Dereins zu Berlin für 
feine Mitglieder betrifft den Entwurf zu einer ftädtifhen NRealfhule nebft 
Turnhalle in Allenftein. Die Baufumme beträgt 250 000 Mark. Es gelangen 
3 Preife von 1500, 1000 und 500 Mark zur Vertheilung; ein Ankauf nicht 
preisgefrönter Entwürfe für je 250 Mart ift vorbehalten. Der Stil des in 
Ziegelfugenbau zu errihtenden Bebäudes ift freigeftellt. Die Beurtheilung der 
Entwürfe hat der bez. Ausfhuß des Vereins übernommen. Die Entwürfe find 
zum J7. September d. 5. einzuliefern. 


— Ein engerer Wettbewerb um Entwürfe für eine nene 
proteftantifde Rirdhe fiir Lenben bei Dresden, zu welhem 6 Dresdener 
Architeften aufgefordert und S Entwürfe eingegangen waren, erhielt den 
I. Preis Herr Arkitett R. € Scherz in Blafewit, während der II. Preis an 
die Herren Architekten Schilling & Bräbner verliehen wurde. Die Beurtheilung 
der Pläne batte der „Verein für firdhlide Runft', welder die Herren Geb. 
Hofeath Prof. Wallot und Stadtbaurath Prof. Liht als Sadverftändige er 
wählte. Der Rirhenvorftand faßte den einftimmigen Befhluß, mit der Aus- 
führung des neuen Botteshaufes Herrn Scherz zu beauftragen. 


— Einen Wettbewerb um Entwürfe für ein neues Hötel in 
Warfhau eröffnet die dortige Hötel-Baugefellihaft mit Termin zum 1. Nov. 
d. 3. Es gelangen 2 Preife von 2000 und 1000 Rubel zur Vertheilung. 
Das Preisgeriht wird nod genannt. 


— Die Ausführung des Pring-Regenten+-Denfmals fiir Niirn- 
berg wurde dem Bildhauer Profeffor v. Rueman in Münden übertragen. 

— Auf das Preisausfhreiben der Stadt Nürnberg für ein 
Reiterftandbild Aaifer Wilhelms I., das erfte im Königreih Bayern, 
waren 34 Modelle eingefandt worden. Urfprünglid waren drei Preife, zu 
5000, 3000 und 2000 Mark, ausgefeht; das Preisgeriht hat aber, da die 
Konkurrenz nur ein mittelmäßiges fünftlerifhes Befammtergebnif hatte, feinen 
erften Preis zuerkannt, fondern die Dertheilung eines Preijes von 4000 Mart 
und eines folden von 2500 Mark befclofien. Erfterer wurde den Profefforen 
Syrius Eberle und Bühlmann in Münden, der zweite dem Profeflor 
Beintih Schwabe in Nürnberg zuerkannt. Der Entwurf der Profefforen 
Eberle und Bühlmann, der nah dem Befhluß des Denkmalausfhufles zur 
Ausführung fommen foll, zeigt den Raifer im Rrönungsornat in feierliher 
Haltung auf einem madtigen Streitroffe. Das Poftament mit Dreiviertel- 
fäulen im Befhmad der Spatrenatffance ift einfad durdgebildet. Bor dem 
Dentmal erblidt man zwei allegorifhe Figuren, ferner einen Adler und ein 
Medaillon-Relief des Raifers Friedrich. Diefer ganze Aufbau mit den 
flanfirenden Figuren foll fortfallen. Wud foll an Stelle einer von den 
Rünftlern vorgefehenen baroden Treppe ein vorderer Abfhluğ durd) cine 
Briiftung gefhaffen werden. Durd diefe Aenderungen fann eine Erjparnif 
von 50000 Mark an der verfügbaren Summe von 200 000 Mark erzielt 
werden. Die übrig bleibenden 50000 Mark follen den Bruntftod für ein 
Kaifer- ftiedrih-Denfmil bilden, weldes vor der Burg (in den Anlagen vor 
dem Thiergärtnerthor) feinen Plat finden wird. 

— Jn dem Wettbewerb betr. Entwürfe für ein Dedengemälde 
und vier Lünetten bilder des Maria - Therejia-Saales der neuen 
Hofburg in Wien erhielt den I. Preis von 2000 fl. der Entwurf des Heren 








und Perfönliches. 


€. Deith, den II. Preis von 1500 fl. Herr Charles Wilda und den 
III. Preis von 1000 fl. Herr Julius Shmid, fämmtlih in Wien. Die 
Ausführung des Dedengemäldes wurde Herrn Ed. Deith, die der vier Lünetten- 
bilder Herrn Charles Wilda übertragen. 


— für das Denkmal des Herzogs Friedrih von Schleswig- 
Holftein find 48680 Mark gezeichnet. Dor der Entjheidung über die Wahl 
des ausführenden Rünftlers follen die Bildhauer Brütt, Magnuffen und 
Peterich aufgefordert werden, je eine Sfizze des Denkmals von einem Meter 
Höhe in Gips zu fertigen und in Kiel auszuftellen. Der Herzog foll in 
diefen Skizzen dargeftellt werden, wie er in Schleswig-Holftein in den Jahren 
von 1865 bis 1866 allgemein gefehen worden ift und in der Erinnerung der 
Schleswig-Holfteiner lebt, alfo in bürgerliher Kleidung. Das Denkmal wird 
am Rande des Düfternbroofer Behölzes oder am Abhang des Marienhains 
aufgeftellt. — 


— As Auszeihnungen bei Belegenheit der Broßen Berliner 
Runftausftellung find verliehen worden: 
die große goldene Medaille für Runf: 
1. dem Bildhauer Pierre Charles van der Stappen in Brüffel; 
2. dem Arditekten Profeflor Bruno Shmik in Charlottenburg. 
Die fleine goldene Medaille für Runft: 
Maler Carl Ziegler in Berlin; 
Maler Bernhard Winter in Oldenburg; 
Bildhauer Martin Wolff in Weftend bei Berlin; 
. dem Bildbaner Hans Everding in Caffel; 
. dem Maler L. Marold in Prag. 


— Die fiinftlerifhe Ausfhmüdung des neuen Domes in 
Berlin liegt in den bewährten Händen einer Zahl der hervorragendften Bild- 
bauer. Die Chriftusftatue wird von Profefor frig Shaper moðellirt. 
Hu beiden Seiten des Heilandes werden je zwei Apoftel aufgeftellt, die von 
Profeffor Ernft Herter und Ludwig Manzel ausgeführt werden. Es 
find die Apoftel Paulus, Jakobus, Andreas und Petrus. Die Thiirme 
erhalten dle Apoftel Bartholomäus und Philippus von Profeffor Calan- 
drelli, Thomas und Jafobus den Jüngeren von Profeffor Adolf Brütt, 
Toaddäus von Profeffor Mar Baumbad und Simon Zelotes von Friedr. 
Pfannfhmidt. Außerdem erhält der Dom nod ein Standbild des Mofes 
von Prof. Gerh. Janenfh. Für die Tauf- und Trau » Rirhe modellirte 
Profeffor Otto Leffing tte Gruppen der Liebe und Hoffnung. Die act 
Engelfiguren, die zur Umfränzung der madiigen DomEuppel beftimmt find, 
werden nad dem Tode des Profeffor Wit. Geiger von dem Bildhauer 
Walter Schott ausgeführt. 


— Profeffor Adolf Schrever feierte in Baden- Baden feinen 
fiebzigften Geburtstag. Zu Frankfurt a. M. geboren, hatte er idh an den 
UAfademien zu Düffeldorf und Münden zum Thier- und Landſchaftsmaler aus— 
g:bilðet, maļhte im Jahre 1854 mit der öfterriidifhen Armee den Einmarfh 
in die Donaufiieftenthiimer mit und unternahm fpäter mit einigen höheren 
öfterreihifhen Offizieren einen Ritt dur Aleinafien. Schreyer bat. große 
Studienreifen durh Südrußland. Aegypten wıd Algier unternommen und ift 
einer der glänzendften Scilderer orientalifhen Reiterlebens. 


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unſt. 


Beiblatt: Das Alelier. 


Illuſtrirte Zeitſchrift für das geſammte deutſche Kunſtſchaffen. 
Central⸗Organ deutſcher Kunſt und Künſtler Vereine. 


Alle 14 Tage erfcheint eine Nummer. 
Preis vierteljährlih 2.80 Mark. 
Poftzeitungslifte Nr. 1174. 





Herausgegeben von 


Georg Malkoluskn, 
Scriftleitung und Berwalfung Berlin W.57, Steinmehfir. 26. 


Alle 14 Tage erfdheint eine Nummer. 
änferate: 40 Pfennige für die 4 ge- 
fpaltene Honpareille-Zeile. 


Publifationsorgan des Deutfchen ARunftvereins in Berlin, des Schlefifhen Runftvereins in Breslau, des Runftvereins für das Großberzogthum Hefjen in Darmftadt, des Anbaltifben Runfts 
vereins In Deffau, des Mürttembergijhen Runftvereins in Stuttgart, des Schleswig - Holfteinifhen Runftvereins in Riel, der Runftvereine in Münden, Oldenburg, Mannheim, Nürnberg, Gera, 
Altenburg, Elberfeld, Barmen, Bielefeld, Börlik, Danzig, Rönigsberg, Stettin u. a. 











Ar. 21. 





15. Anguit 1898. 


II. Jahrgang. 





Jofef Rösli. 
Pon Frik Stahl. 


an fann die jungen Maler, die fic) feit einiger Zeit 

auf das Runftgewerbe geftürzt haben, und das 

= Publitum, das diefer modernen Bewegung verblüfft 

und rathlos gegeniiberfteht, nicht beffer belehren als 

wenn man ihnen von Jofef Rösl und frinem Schaffen fpridt. 

Worauf es eigentlich bei diefen Dingen anfommt, welde Anlagen 

und welche Vorbereitungen einen KRünftler befähigen, überhaupt 

hier mitzuthbun, das wird da an dem beftimmten Beifpiel viel 
flarer als durch jedes Theoretifiren. 

Die Modernen rechnen - ihit nicht zu den Fhrigen. Und fie 
haben recht, wenn aud in anderem Sinne als fie meinen. Sie 
rechnen ihn nicht zu den Jhrigen, weil er fih in anderen formen 
bewegt als denen, die. ihnen als die allein feligmadhenden gelten, 
den anglifirenden. . Er gehört nicht zu ihnen, weil er in einem 
ganz anderen Beifte fhafft: - Die Diskuffion über die Formen 
hat Zeit; fie ift fchlieblic) fo-unfrudtbar. Daß fie in diefer 
modernen Bewegung eine grofe-Rolle fpielt, erwedt für deren 
Zukunft -Feine freundlichen Hoffnungen. Suden wir uns alfo 
den Beift -feines Schaffens. far zu maden! 

Am unmittelbarften fühlt man ihn, weyn man in dem 
lieben Beinen Candhaufe weilt, das fic) der Riinftler auf der 
Martinshöhe bei Ammerland erbaut bat, und in dem er feit 
vielen Jahren den Sommer über verweilt. Für fic, und nicht 
zur Repräfentation, fondern zum Gebraud, bat er diefes fein 
erftes Werf gefchaffen.- Hier lebt er in fortwährender Fühlung 
mit der Natur, in einem fortwährenden Studium ihrer Einzel- 
formen bis in’s Mikroftopifhe hinein; Garten und Wald find 
feine einzige Bibliothe?, fein einziger Motivenfhab. 

Da find gleich zwei. hauptfädhlihe Vorzüge feines Schaffens 
angedeutet. 

Was find das für Leute, die heute, wenige Ausnahmen 
zugegeben, uns eine neue Art zu wohnen geben wollen? Junge 
Männer, meift aus Pleinbürgerlihen Kreifen, die erft in einem be- 
fheidenen oder- gar. ärmlihen Haufe, dann als Akademiker in 
dem üblichen möblirten Zimmer und in einem etwas gfdnas- 
mäßig aufgepußten Atelier gelebt haben. Woher follen fie den 
Begriff der fomfortablen Wohnlichkeit haben? So etwas fhöpft 
man nicht aus der Tiefe des Bemüths. Befteller, die ihnen diefen 
‚Mangel an Erfahrung, der fie ja durhaus nicht fhändet, erjegen 
-fönnten, giebt es zunähft faum, und fie find gezwungen, für 
die Ausitellung - zu arbeiten.. Jn diefem Jahr fand ih im 
Ratalog der Miindener Sezefjion folgende Nummer: Wolfers, 


Brüffel, Sonnenaufgang: „Ranne und Wafchbeden in Reyftall 
und Silber“. Daraus .fpricht, freilih in's Abfurde gefteigert, 
diefelbe Anfhauung, derjelbe Mangel an Sachlichkeit, der diefen 
Riinftlern eigen ift. NRösl ift im Gegenfak dazu der Hausvater, 
der durh gliidlide Derhaltniffe weiß, was ein bequemes und 
traulihes Heim verlangt, dem das Ausgehen vom Bedirfnif 
und das Streben nah Einfachheit, von denen die Anderen immer 
reden und die ihnen Finftlic) fonftruirte Prinzipien find, deshalb 
vom erften Anfang an felbftverftändlih und allein mdglid war. 
Er fhuf zuerft für fih und die Seinen, er braudte auf nichts 
zu finnen, was neu und auffällig fei und reizen fönne. Und 
als er fpäter begann, für andere zu arbeiten, da war ihm diefe 
Befinnung fhon in Fleifh und Blut übergegangen. 

Wie von den eben erwähnten Prinzipien, fo fprechen die 
Modernen gern von dem Studium der Natur. Wie fteht cs 
aber in Wahrbeit damit? " Man muß fi nur zuerft Plar maden, 
daß das Wort für den Runftgewerbler einen ganz anderen Sinn 
hat als für den Maler, vielleiht gerade den entgegengefeßten. 
Es ift fein Zufall, dap das Runfthandwerf, wie die. Gefdidte 
lehrt, nur fo lange von der bohen Malerei befruchtet wurde, wie 
diefe mehr auf das Einzelne ging, und nicht mehr, als fie mebr 
die Befammterfheinung in's Auge faßte. Das Studium der 
Natur, wie es unfere Maler treiben, befäbigt Surdhaus nidt 30 
einer dekorativen Verwendung der Formen. Die Blume, die fie 
als Farbenflet fehen, muß vom Runftgewerbler - ale Orga- 
nismus, als Jndividuum gefeben werden. Und weil die Wenigiten 
den Muth baben,, diefen langen Weg zu gehen, deshalb ift trog 
des Äußeren Brudhs mit den alten Formen alles beim Alten ge- 
blieben; es find nur andere Bände der Bibliothef, die die 
Modernen benußen, ftatt der europäifchen die japanischen Vorbild- 
fammlungen. Man muß dem gegenüber einmal Rösl’s Sfiizen- 
biicher angefeben haben, die eine ftattlihe Sammlung ausmaden. 
Es wäre richtiger, Studienbücher zu fagen, denn jedes Blatt ift 
durchgeführt und fertig. Blumen und Blatter, Rafer und 
Schmetterlinge, Vögel und Fifhe, alles ift bis in’s Fleinfte be- 
obadtet, und gerade diefes Detail ift es ja, worin man die 
Prinzipien der Natur, das Myfterium des Organifchen findet. 
Jahr für Jahr, Tag für Tag zeichnet der Künftler jo, aud fein 
bevorzugtes Motiv, sie Diftel, -ftudiert er an immer neuen 
Eremplaren.” Erft wenn man diefes Material gefehen hat, be- 
greift man, woher das immer Lebendige und freie feiner Orna- 
mente ftammt und warum er niemals trogen if. Und man 


402 


fühlt zugleih, daß ohne diefes fortwabrende Beobadten, obne 
diefes Auswendiglernen die Beherrfhung der formen für dekorative 
Swede unmöglich ift, ohne diefes fällt man in die Scylla des 
Naturalismus oder in die Charybdis des leeren Schnörkels. 

Aber diefe beiden Vorzüge genügen nod niht. Zu der 
Erfahrung des Bewohners muß die des Handwerfers, zu dem 
Studium der Natur die angeborene Begabung für das Dekorative 
fic) gefellen. 

Sobald Ser Runftgewerbler über die fdmiidende Malerei 
hinausgeht, muß er mit Material und Technik zu rednen wiffen. 
Die Mehrzahl er Nenen ift wie die Mehrzahl der Alten Widts- 
alszeihner. Erft in Sen legten Jahren haben Einzelne begriffen, 
daß das niht angeht: Ledter hat ih an den Blasofen, Ed- 
mann an den Webftuhl, Schmuz-Baudis an die Töpferfcheibe 
geftellt, andere haben fic) wenigitens theoretifh gründlich unter- 
ridtet. Roel war lange vorher diefen Weg gegangen. fiir den 
Thurm feines Haufes hat er nicht nur jede Schindel, fondern 
aud) die Füllungen felbft gefhnitt; und wer fehen fann, wird 
erfennen, wie fi deshalb feine Schnitzereien von denen, die 
Handwerker nah von Malern gezeichneten Entwürfen maden, 
unterfcheiden. Sie haben jenes Lebendige, das wir an den 


Deutfhe Runt. 





Joſef Rösl, Landhaus in Ammerland, 





Werfen aus der Renaiffance bewundern. Dor allem find fie frei 
von jenem Formenübermaß, in das der Nurzeihner fo leicht 
verfällt. 

Daß Rösl jene Begabung, Naturformen in dekorative um- 
zumerthen, in Form und farbe einen Raum zu füllen, in hohem 
Grade befikt, das zeigt jedes der Bilder, Oie diefe Worte be- 
gleiten, auf's deutlichfte. 

So bat er die praftifhe Erfahrung; er weiß, was. fein 
muß und was gemacht werden fann, fo hat er die fünftlerifche 
Schulung, dte ihm den unerfhöpflihen Vorrath an formen giebt, 
fo bat er die natürlihe Begabung, diefe ‚Formen als Schmud 
3u verwenden. Wie felten ift Öiefe Vereinigung von Eigen- 
fhaften! Oder fann jemand viele Rünftler nennen, die fie be- 
ſitzen? 

Daß dieſer Mann nicht zu den alterthümelnden Künſtlern 
geſtellt werden kann, wie das bisweilen geſchieht, iſt nach dem 
Geſagten wohl klar. Natürlich kennt er Gothik und Renaiffance, 
natürlich hat er an den Werken der Väter gelernt, wie man 
ftilifiren fann. Aber er ift niemals ein Nachahmer geweſen. 
Und wo baben denn ie gerühmten Engländer ihre Weisheit 
þer? ft ihr Aunftgewerbe wirklid etwas Neues?! Das tann 
nur blöde Unwiffenheit behaupten, die fich 
ja freilid) bei uns heute unverfhämt und 
unbeftraft breit maden darf. Jofey Rösl 
it der Mann, für Deutfhland dasfelbe 
fhaffen zu helfen, was wir bei den Eng- 
ländern beneiden und bewundern: ein 
modernes nationales Runftgewerbe. Andere 
ftreben ähnlihen Zielen zu, ohne daß diefe 
Riinftler fic) deshalb in ihren formen be- 
gegnen. Aud in Ser bunt zufammen- 
gewiirfelten Schaar der fogenannten Modernen 
finden fih folke. Aber andere drängen 
fidh harlatanifh in den Dordergrund, und 
es gelingt ihnen leider allzu gut, die öffent- 
lide Aufmerffamfeit von diefen gefunden 
Beitrebungen abzulenken. Deshalb thut es 
noth, immer wieder von ihnen zu fprechen. 

Als ih vor vier Jahren auf der Ber- 
liner Runftausftellung Résls Rabinet fab, 
wirkte es auf mid wie eine Offenbarung. 
Und id) babe bis auf den heutigen Tag 
nicht begriffen, daß es nidht in unferem 
Runftgewerbe Epode gemadt hat. Da 
war die Einfadbeit, Sie man lange dar- 
auf ert aus England importirte, und da 
war zugleich die reiche, phantafievolle Orna- 
mentif, die man uns heute freilich als über- 
flüfjig, ja ftörend binftellt, die aber in Wahr- 
beit der deutfh Empfindende niemals ent- 
behren fann. Dicfe Wandfüllungen, die in 
goldenem Ranfenwerf Symbole und Uten- 
filien aller Rünfte enthalten, diefe wunder- 
vollen Befhläge wird man nie betradten 
fönnen, obne daß fih Herz und Sinn daran 
freuen. Und doc drängen fie idh niht vor, 
und man fann in Sem Jimmer weilen 
ohne etwas anderes zu empfinden als das 
barmonifche Enfemble in Grün und Gold. 

Seitdem bat Rösl vieles gefhaffen: 
die gemüthlihe Trinkjtube im Münchener 
Rathhaus, Entwürfe für Wandgemälde in 
einer bayerifhen Rirche, gefhnigte Truben, 
Ffäher, dekorative Füllungen, Tapeten. Der 
Geift ift immer derfelbe geblieben, aud feine 
Motive febren der Gade nad oft wieder, 
und doch bat er fidh faum wiederholt. Don 
der Fülle feiner Geftaltungsfraft wird ein 
Blid auf die beigegebenen Abbildungen 
belehren. 


Deutfhe Runft 


403 





Seine legte Arbeit ift ie Umgeftaltung feiner Münchener 
Stadtwohnung. Eine Abbildung zeigt das Speifezimmer mit 
dem gemwölbten Plafond, der in Brün und Violett mit Diftel- 
motiven bemalt ift. Neizend ift namentlid) aud) das Rinder- 
zimmer. Ueber dem Betthen fdhmeben zwei Engel, an den 
Wänden ringsum bängt in fhönem Ranfenwert allerlei Spiel- 
zeug. Jm Badezimmer find fifhe und allerlei grotest-phan- 
taftifches Seegethier angebradt. Jn der Wohnung als Banzem fieht 


man das, was man in der Ausftellung der Modernen vergeblich) 
fuct: eine neue Möglichkeit zu wohnen. 

Rösls Erfolge find laut, aber nod nicht tief genug. Er 
follte weniger gepriefen werden und ftatt deffen die Gelegenheit 
erhalten, duch Schaffen und Lehren feine Runft und feine Kraft 
im Dienfte des deutfhen Kunftgewerbes fo recht nugbar maden 
3u dürfen. Das fann urh die Gnduftrie und die offiziellen 
Reife, aber auh Surd das Publitum gefchehen. 


Die diesjährige Preisaufgabe des Kaifers. 


Is diesjährige Preisaufgabe für Bildhauer ift vom Raifer die Er- 

gänzung des unteren, vermuthlih von einem Gewande verbiillten 

Theiles des in den Röniglihen Mufeen aufgeftellten Aphroditetorfos 
aus parifhem Marmor geftellt worden. Don einer Ergänzung der Arme, 
für deren Funktionen der Torfo feinen Anhalt giebt, und des Kopfes ift 
diesmal abgefeben, weil den Konkurrenten mehr Belegenheit gegeben werden 
foll zu einer rein Fünftlerifhen Arbeit innerhalb ftiliftifh wie ſtofflich be- 
fimmbarer Grenzen als zu arhäologifhen Hypo- 
thefen. 

Der Torfo befand fi früher in der Sammlung 
Giuftintani in Denedig und ift im Jahre 1897 
im Runfthandel erworben worden. Die neueren 
Shhnittflähen an den mit Cinfaglddhern verfehenen 
Armanfägen und am Halfe geben Anlaß zu der 
Dermuthung, daß der Rumpf in neueren Zeiten bereits 
einmal ergänzt worden ift. Diefe Annahme findet 
neben ihrer augenfdeinliden Begründung nod ihre 
gefhichtlihe Betätigung durch zwei in einem febr 
feltenen Rupferftidwerfe von Giovanni Antonio 
faldoni (1690—1765) und Carlo Orfolini 
(1710—1780?) enthaltene Abbildungen, die den Torfo 
vermuthlih nad) einer Zeihnung Pietro Rotari's 
(1707—1762) nod in einem älteren, was namentlich 
der Unfak des linten Armes anbetrifft, urfprüng- 
lideren Zuftande zeigt. Diefelbe Rupfertafel ent- 
hält anferdsem nod eine Ergänzung des Torfos 
als Aphrodite, die den rechten Arm in ab- 
webrender Bewegung emporhebt, während fie mit 
der linfen Hand das herabfintende Gewand hält. 
Diefe Herftellung der Statue, die wohl auf Der- 
anlaffung des damaligen Befiters, des Denezianers 
Francesco Crevifani ftattgefunden bat, erweift 
fih als falf und willfürlid im Dergleid mit 
beffer erhaltenen, antifen Bildwerfen, die das ndm- 
libe Bewegungsmotiv wie unfer Torfo in einer 
Weife behandeln, dağ fle als fpätere Nahbildun- 
gen des verftümmelten Originals angefehen werden 
fönnen. Die eine diefer Statuen, die alle drei 
ziemlich übereinftimmend die Aphrodite bei der Toileite 
wiedergeben, wie fle ihr Haar flicht, ift in griedi- 
fhem Marmor ausgeführt und befindet fih im 
Datifan im Gabinetto delle maschere. 
Ihr Ropf ift zwar antif, aber als unzugebörig will- 
fürlih aufgefegt. Neuere Zuthaten durch die 
teftaurirende Hand des Bildhauers Carlo Al- 
baccini, aus deffen Befize die Statue in den der 
päpftlihen Mufeen übergegangen ift, find die fteifen 
und gezierten Arme und Hände, fowie die von 
legteren gefaßten Haarmaffen, Peine Bewandftüde, 
die äußere Seite des rechten und die Fehenfpiken des 
linten fuges. 

Eine zweite augenfheinlihe Nachbildung befigt 
das Mufeum von Neapel in einer in Pompeji 
aufgefundenen antifen Marmorftatuette, die bis 
auf ein Stüdhen der Bewandung an der rechten 
Hüfte vollftändig erhalten ift und dur ihre 





fhlihte und natürlide Bewegung als Vorbild den Vorzug verdient; wäh- 
tend eine dritte Behandlung des gleichen Motives, eine Meine Bronzefigur 
im Mufeum zu Neapel mit ihrer bewußten Pofe, fowie dem erft viel tiefer 
anfegenden Gewand nur nod intereffict als Beifpiel der vielerlei Um- 
bildungen und Derdnderungen eines Motives durd die Hand von Ropiften. 
Dolle Blaubwürdigfeit verdienen alle drei Figuren nicht, denn es ift befannt, 
mit welder Willfür antife Ropiften bei der Nahbildung ihrer Vorbilder und 





Dofef Rssl, Detail vom Kandhaus in Ammerland, 


. antifen 


404 


zwar gerade im Gewande verfubren. Gedenfalls aber unterrichten fie uns 
über das Motiv, das der Rleidung feine Stiike giebt, wie fie eine folde bei 
einer Ergänzung der Denus von Milo durd den auf den vorgeftredten 
Schenkel aufgefügten Schild erhalten tann. Aud die Haltung des Aörpers 
läßt feine Stelle fo weit bervortreten, daß an ihm die Rleidung haften 
fönnte; fo ergiebt fih denn für dem Künftler die Aufgabe, der Bewandung 
einen fünftlichen, feften Halt zu geben. Die Löfung, die auf den drei erwähnten 
Bildwerfen im 
Datifan und im Mufeum 
zu Neapel zur Anwen- 
dung gefommen ift, ein 
wulftiges Zufammenraffen 
des herabgefunfenen Ge- 
wandtheiles, der gerade 
in der Mittelare der Figur 
zu einem großen Knoten 
verſchlungen ift, ift nidt 
gerade gefdmadvoll und 
entfpricht nicht der Schön- 
heit unferes Torfo, wie 
überhaupt in den drei 
Ropien die ganze Draperie 
fhon den Charakter rö- 
mifder Nadbildung trägt. 
Die vollendete Wiedergabe 
der ‚Formen, die gefchmei- 
dig gefühlte Bewegung 
des Befammtumrifjes, der 
Eindrud des Ganzen in 
anatomifher und tedni- 
fher Hinfiht kennzeichnen 
das Werk in feiner erften 
Erfindung als ein Er 
zeugniß der Periode direkt 
nah Phidias. Das Mo- 
tiv dea aus feiner Um- 
büllung emporwadfenden 
jungfräuliben Leibes, bei 
: defen Behandlung es 
Braud der griechiſchen 
Bildhauer war, die Beftalt 
aus zwei Stiiden zu ar- 
beiten, verweift feiner Ent- 
ftebung nad in das Ende 
des vierten und feiner baupt- 
fadliden Anwendung nad 
in die erfte Hälfte des 
dritten Jahrhunderts vor 
Chrifti Geburt, fo daß 
aud darum, wenn nicht 
Sfopas, dem man gerne 
die Dollendung des plafti- 
fhen SFtauentypus _ jener 
Periode in der Denus 
von Capua zufchreibt, 
£yfippos oder dod einer 
feiner Schüler der eigent- 
lihe Schöpfer der Apbro- ` 
diteftatuegewefen fein fann. 
Als Stil fiir die Gewan- 
Sung wäre alfo fhon ein 
freierer, natürliherer anzu- 
nebmen, als er fid nod 
bei dem Schüler des Phi- 
dias Alfamenes findet. 
Der Eindrud eines durd- 
näßten, fid) an den Körper 
anfhmiegenden Rleides fo- 
wohl, wie das fonventio- 
nelle Mittel, breite flächen 


Deutfhe Runft 


zu beleben, indem man fie durch theils nad oben, theils nad unten 
gerundete Uuerfalten gliedert, fallen demnad weg; der Rünftler darf üh 
auf die Wiedergabe der tief einfchneidenden Längefalten, wie er fie in der 
Wirflichkeit am lofe firenden Gewande beobadten fann, befhränten und bat 
es aus ftiliftifhen Rüdfihten nicht nöthig, eine breite Fläche in der Bewandung | 
3u vermeiden. Eine große, einfahe Anordnung ift allerdings fhon durch die 
Wiedergabe des Körperlihen geboten, wenn nit die Ergänzung als Anadro- 





Jojef Rösl, Kabinet, 


Deutfde Runf. 


nismns wirken foll. fiir einen Riinftler, der Stilgefühl hat, dürfte es dies- 
mal nit allzu fhwer und angefihts einer Löfung, die Sinn für monumentale 
Schönheit in rein plaftifcher Hinfiht vorausfert, auh ganz erjprießlich fein, 
fih der Tradition einer großen Aunftperiode anzubequemen. 

Dielleiht läßt fih dlefen Ergänzungsarbeiten noch die erzieherifhe Be- 


405 


deutung nachfagen, daß fie die Plaftif fih wieder auf fic felbft befinnen 
ließ, und junge Rünftler anregte, in alter Größe und Monumentalität wieder 
Gebilde zu fohaffen, die nicht urd) virtuofe Tedhnif das Material zu ver- 
leugnen fuchen, fondern in der Erhaltung feiner Feftigfeit die eigene Würde 
finden. 


Karl Gehrts. 


em Hamburger Rathhanfe follte es niht vergönnt fein, daß die 
Meifter, die man zu feiner malerifhen Ausfhmüdung berufen hatte, 
D in ihm große Werke ihrer Aunft, würdig des Namens ihrer Maler 
zu Hamburgs Ehren fhufen. Raum hat ein tragifhes Ende Friedrid 
Gefelfhap's Hand für immer jener fhönen Aufgabe entzogen, fo fommt 
aus Düffeldorf die Trauerbotfhaft vom Ableben des Gefchidtsmalers 
Rarl Behrts. Schon hatte auh er ih mit befonderer Liebe und Schaffens- 
luft, galt es doch, der Daterftadt einen Beweis feines Ronnens in einem 
dauernden Runft- und Gefdhidtsdenfmale zu geben, den Vorarbeiten zu feinen 
Wandgemälden für das Hamburger Rathhaus zugewandt, da erlahmte feine 
Rraft; den arbeitsfreudigen Rünftler führte der Ausbruh eines fcweren 
Vlervenleidens von der Werfftatt in die Heilanftalt zu Endenid bei Bonn, 
wo er am 19. Juli feiner Rrankheit erlegen ift. Die Diiffeldorfer Riinftler- 
[haft hat in Rarl Behrts einen ihrer hervorragendften Meifter und haralter- 
vollften Dertreter verloren, ein Jahr bald nad jener Feftlichkeit, mit der ihn 
am 2. Auguft 1897 der „Malfaften‘ in neidlofer Anerkennung feiner Fresken 
In der Düjfeldorfer Runfthalle ehrte. Sie find das Hauptwerk feines Lebens 
geblieben, auf dejlen Befitz Düffeldorf ftolz fein fann. Sieben Jahre, von 
1890 bis 1897, bat Gebrts an diefen Fresken gejhaffen, und mit ihnen 
am 5). Juli vorigen Jahres der Stadt ein fhönes Werk der Monumental- 
malerei größten Stiles übergeben, das durch feine finnreihe, reizvolle 
Anordnung und harmonifche Befamtwirfung ungetheilten, begeifterten Beifall 
fand. Die ganze Art von Gebhrts Ffünftlerifhenm Wefen fommt in diefen 
ideenreihen, phantafievollen, duch farbigen Zauber fefelnden Fresken fräftig 
und Far zum Ausdeud, und man fann fie wohl als erfte Stufe einer Bahn 
bezeihnen, auf der der zu früh gefhiedene Rünftler zur Unfterblihfeit emporge- 
fliegen wäre, Jn fechzehn Lünetten ftellen fie die Schidfale der Runft, den Wechfel 
von Bliithe und Fall im Wandel der Zeiten dar. Yad der Darftellung der 
Runftepochen des Alterthums, deffen Rulturwelt wir verfinfen feben, fit die 
Runft als Bettelweib verachtet am Wege. Da fommt auf ihrer Flucht die 
heilige familie vorbeigewandert, und voller Erbarmen ftredt der Fefustnabe 
die Arme aus, um die Derfhmähte zu fih emporzuheben. 

So leitet Gehrts in origineller und finniger Weife zur Schilderung der 
Griftlihen Kunftepodhen über. Nachdem ihre Höhen und Tiefen durchmeilen 
find, erfceint endlid Windelmann als Lehrer und Wegweifer von 
Carftens, Thorwaldfen und Schinkel. Zwei Hauptbilder von großen 
Dimenfionen, die fih an den beiden Längswänden des Treppenhaufes gegen- 
überftehen, ftellen die Blithe der Runt im Alterthum und in der Re- 
naiffance dar. 

Rarl Gebhrts wurde am 11. März 1855 in der Dorftadt St. Pauli 


zu Hamburg als Sohn eines Deforationsmalers geboren und befuchte zuerft 
die Aunftgewerbefhule feiner Daterftadt. Auf Deranlaffung feines Lands- 
mannes Ferdinand Brütt ging er im Jahre IS7I mit ibm nah Weimar, 
um an der dortigen Runftfhule als Schüler der Profefforen Rarl Guffow 
und Albert Baur und Jünger der hoben bildenden Runft feine Studien 
fortzufegen. Als Baur 1876 nah Düffeldorf überfiedelte, folgte der 
Schüler dem Meifter. Gn Düffeldorf baute Behrts fein eigenes Heim und 
nahm feinen bleibenden Wohnfiz. Hier fhuf er aud, wie fhon erwähnt, das 
Hauptwerk feines Lebens, in dem fidh feine Eigenart in dem ihm feheinbar 
befonders zufagenden Stile monumentaler Malerei bethätigte. Staffeleibilder 
bater nur wenige gemalt; ein großes Belgemälde aus dem Jahre ISSI, „Das 
Gaftmahl des Markgrafen Gero", zählt niht zu feinen beften Arbeiten. 

Dagegen find als vorzüglihe Werke in der Rompofition fowohl als in 
der malerifhen. Behandlung anerkannt die großen Aquarelle „Petruhio's 
Hochzeit“, „Die Einbringung des Geeräubere Claus Störtelbeder in 
Hamburg" und „Ein orientalifher Händler auf der Wartburg“. Reiz- 
volle Bilderwerfe, die von gefundem, Föftlihem Humor fprudeln, find das 
„uagdleben der Bnomen“ und „Amor bet Gung und Alt“, fein empfunden 
fein „Hodzeitsmärden für Jung und Alt" und „Der Weg in's Jenfeits". 
Hablreid find die eigenartigen, phantafiereihen und humorvollen Zlluftrationen, 
die der Derewigte gefhaffen hat. Seine Mardhenbilder, feine jovialen Bnomen= 
geftalten, feine Zlluftrattonen zu Thomas a Rempi's „Nachfolge Chrifti", 
zu „Reinede fuhs", zu Julius Wolff's „Tannhäufer" und die Zeichnungen 
für die „fliegenden Blatter fpiegeln fein echt deutfches Empfinden wieder, 
feine fonnige Heiterkeit und die liebenswürdige Anmuth feiner Perfönlichkeit 
und erfreuen fih einer auferordentliden Doltsthiimlidfeit. 

Als Menfh war Gebhrts frohfinnig bet allem Ernfte des Mordlanders 
und ein liebenswürdiger Befellfehafter, dem der „Malkaften‘ manden prächtigen 
Schmud und mance fünjtlerifh durhdadhte und ausgeführte Fdee für feine 
jährlihen Redouten zu verdanken bat. 

„Mit dem Malkaften ift der Name Bebrts", fo beift es in der ans 
läßlih des 50 jährigen Malkaftenjubiläums von Eduard Daellen erft 
fürzlih herausgegebenen Feftfohrift, „für alle Zeiten aufs Innigfte verknüpft. 
Yamentlid dte Ausführungen der Malfaftenredouten der legten J5 Jahre 
trugen in einer großen Anzahl die Signatur der Behrts'jhen echt fünftleri- 
fhen Erfindungsgabe.'* 

Dabei befeelte den Riinftler, faft als hätte er geahnt, daß ihm fein 
"langes Leben bejdieden fei, um ruhig und bedädtig fhaffen zu fdnnen, ein 
heißer Drang nadh unermiidlider Bethatigung feines Talentes, dem feine 
förperlihen Kräfte auf die Dauer leider nidt gewadfen waren. 


Hermann Prell’s Wandgemälde für den Chronfaal der deutfchen Botfchaft in Rom. 


uf dem Rapitol in Rom fteht der Palazzo Taffarelli, der 

"Sit der dentfhen Botfhaft. Die Schupftätte des Deutfhthums 

nimmt in der Siebenhügelftadt einen erhabenen Standpuntt ein. 
Wo der Gupitertempel fih einft erhob, fteht fie ftolz und fhaut hinüber zur 
Ruppel von St. Peter. Mander gefhichtlihe Rüdblit in jene Zeiten, da 
deutfhe Raiferwiirdse nod ihrer Sanftionirung in Rom bedurfte, läßt die 
gegenwärtige Repräfentation allein ihrer lofalen Bevorzugung nad bedeutfam 
genug erfdeinen, um den Gedanten verftändnißvoll nadhfühlen zu laffen, dem 
niidternen Thronfaale im Palazzo Caffarelli eine der Würde des deutjchen 
Reihes entjprehende Fünftlerifhe Ausfhmüdung zu geben. Hier, wo die 
römifch »- griehifhe Bötterwelt in hereliden Runftgebilden dem Wandel der 
Seiten trot, hier, wo in der Renaiffance griehifcher Beift in nener, mufter- 
giltiger Form feine glänzende Wiedergeburt feierte, bier follten auch jene 
Gottheiten Einzug halten, in denen das deutjche Voll in feinem Kindesalter 
mit natvem Empfinden fih das elementare Woalten der Yatur verkörperte, 
Das Grundmotiv aller germanifchen Mythen ift der Kampf zwifchen Licht und 


Sinfternif. Er mufte alfo auh das Thema einer Bemäldefolge bilden, die 
gemahnen follte an die ältefte dichterifhe Bethätigung germanifhen Wefens 
in Ser Geftaltung feiner früheften Weltanfhauung. Deutfher und gehaltwoller 
fonnte dae Deutfhthum in Rom fiinftlerifh nist zum Ausdrude tommen. 
Eine fhöne, dichterifhe Fdee zu taltvoller Bethätigung des Nationalbewußt- 
feins auf fremdem Boden! Der Rünftler, den der Kaifer mit der Ausführung 
der Gemälde beauftragte, bat ihre Bedeutung und Tiefe erfaßt und den 
gliidliden Gedanfen zu einer That in farben werden laffen, aus der deutjche 
Rraft und Herrlichkeit leuchten. Was im Anfange des GFabrhunderts die 
Sresfen in der Cafa Bartholdy noch niht vermodten, verwirklihen an 
feinem Ausgange Prell's Gemälde, ein monumentales Dentmal deutfchen 
Geiftes zu fein voll nationalen Schwunges. 

Der Rünftler hat zu feinen Darftellungen den „Jahresmythos der 
Erde nah der Edda gewählt, alfo den Wechfel der Fabreszeiten, und 
damit ein Stoffgebiet betreten, das allgemein menfdlides Cigenthum der 
alten Naturreligionen ift und überall Verftändnig und Gntereffe findet. Da 


406 


Deutfhe Runft. 





nad Tacitus die Germanen das Jahr nur in Winter, Friihling und Sommer 
eintheilten, des Herbftes Namen und Gaben aber niht fannten, durfte der 
Rünftler von der herfömmlihen DVierzahl der Jahreszeiten abweihen und 
behielt eine Wand übrig für eine zeitgemäße Aeußerung des Ylationalgefühls, 
die er mit den anderen drei Gemälden gefhidt in inneren Zufammenhang 
gebradt hat. Die aufßergewöhnlide Höhe des Raumes, für den die Bilder 
beftimmt find, mußte bei ihrer Ausführung von vornherein beriidfidtigt 
werden, jo daß man auffälligen Eigenthümlidpeiten in der Zeihnung und 
Malweife gegenüber, die in der Runftausftellung als Uebertreibungen und 
Scrofiheiten erfeinen, nit vergeffen darf, daß die Gemälde an Ort und 
Stelle weit gemäßigter und günftiger wirken werden. Um feine Bilder mit 


Jofef Rösl, Speifezimmer in der Wohnung in München. 





der fie umgebenden üppigen Arditeftur der Spätrenaiffance, In der der ganze 
Palaft gehalten ift, in Einklang zu bringen, hat fie Prell mit einem reidh- 
gegliederten arditeftonifhen GBrifaillerahmenwert umgeben aus wudtigen 
Säulen und bärtigen Raryatiden, die den oberen Sims fügen. Dieje üppige 
Ornamenti? leitet von der wirflidhen Arditeftur zunädft über zu deforativ 
behandelten Bronzegruppen, die als malerifch gefhaffene Plaftif wieder zwifhen 
den eigentlihen Bemälden und ihrer Umrahmung wohltbuend vermitteln und 
gugleid ih als einleitende und überleitende Blieder in den gefchloffenen 
Rreis des Banzen einreihen. 

Ueber der einfchneisenden Supraporte der Saaltbüre wird in einer treff lid 
gemalten Brunnenarditeftur die eherne Geftalt der Saga mit ihrem Raben neben 
Mimics Quell,aus 
dem fid die darin 

vetfunfene Licht- 
madt neues Leben 
trinft, figen. Sin- 
nend laufcht fie den 
Offenbarungen, die 
ihr der Mund von 
Mimirs - Riefen- 
haupte, das von 
feinem Rumpfe ge- 
trennt noh weiter 
lebt, zuraunt. Das 
Reliefbild einer 
vergoldeten Rar- 
tufhe zu Häupten 
der Saga zeigt 
Heimdall, den 
Himmelswadter ser 
Regenbogenbrüde 
und Spender des 
Regens, deffen 
Horntuf bier neuen 
Lebens Ermaden, 
den Frühling ver- 
fünden foll. ‚Schon 
webt er in den 
Birken" auf dem 
anſchließenden 
großen Gemälde. 
In einem friſchen 
Bergthal grünt und 
blüht es fon. 
freir, derSonnen= 
gott, eine fraftige 
diinglingsgeftalt, 
neben der Sfirnir 
beritten hält, ift ab- 
geftiegen und ftebt 
an einem = Berg= 
waffer, mit deffen 
frifhem Naf fein 
Rop den Durft 
löfġt. Den Reitern 
offenbart das Plät- 
ſchern weißſchäu— 
mender Wellen 
wunderfame Mär. 
Die Shwanenjung- 
frauen find aufge- 
taudt und verfiin- 
den von Gerda, 
die in verglet- 
ſchertem Felſenge⸗ 
Müfte von den 
Winterriefen in 
eifiger Gefangen- 
[haft gehalten wird. 


Die blauverfcleierte Berda jelbft, eine Reminiscenz an Bödlin, rubt, no 
von Halbfhlaf umfangen, in der feuchten Dämmerung einer felfenkluft. Auf 
der fid anfdliefenden Wand zieht fid über dem goldfhimmernden Throne, 
flanfict von den als Brongen wiedergegebenen Gruppen ,,freic und Gerda 
und „Hödur tödtet den Sonnengott" eine Darftellung hin, die an 
dramatifher Wuht und Vollendung in der Rompofition in der neueren 
monumentalen Malerei ihres Gleichen fudt. Bier entfaltet Prell ein reiches 
Leben und eine geftaltungsvolle Kraft. Auf fenrigem Falben fprengt freir 
in goldener Rüftung, fein Flammenfdwert mit beiden Händen fhwingend, 
dem wie Sturmwind daberfaufenden Heere der Walfiiren, den Sommerwolfen, 
voran, zum Rampfe mit den ungefhladten Winterriefen, die ih auf raubem 
Gebirge ihm entgegenftellen. Durd das hell leuchtende Heer der nadten 
Weiber auf ibren wiebernden, fid wild aufbäumenden, zügellos aufwärts 
tafenden Pferden geht ein grandiofer, padender Zug. Feffellos, unaufbalt- 
fam ftürmt über die befreite Berda, die auf blumiger Au von ihren frauen 
umlagert ihren fhönen Leib entjcyleiert, das erfte Bewitter dahin. Dergebens 
wehren fih die Winterriefen mit Selsblöden und Schleudern; verzweifelnd 
tanft fid hinter ihnen Thöff, Ste nicht grümende Erde, ihr ſchneeweißes 
Haar, aus dem Sloden „ohnmädtige Schauer förnigen Eifes' dem Zuge 
der Sieger entgegenftieben. Sie ftirbt unter den Schlägen des erften Ge- 
witters. Die Sonne bat gefiegt; der Sommer 309 ins Land. freir und 
Gersa vereinen fic zum ehelihen Bunde, den des Geliebten Tod Surh 
Hddur’s Hand erbarmungslos wieder löft. Das folgende Gemälde zeigt 
Berda verlaffen und weinend auf einer Klippe im Meere; mit ihr Magen 
die Meeresjungfrauen; Senn im barten Ringfampf bat eben Gumer, der 
winterlie Meeresgott, feinen wilden Gegner Oeger bezwungen und falte 
Wogen ftürzen herbei, um den Reft fommerliden Lebens zu vereifen. Schnee 
und Eis bededen fhon die Häupter finfterer Felfen, die dunkel aus den Fluthen 
ragen. Blutroth finft die Sonne in's Meer. Am Geftade figt Bragi, der 
Sänger, als letter der Erdgeborenen; feine Leyer hat nur noh Saiten für 
ernjte Weifen, mit denen er feine Rlage über den Tod der fihönen Natur 


Deutfde Runft. 


407 


begleitet. Hinter ihm aber trägt die ernfte, in Schwarz gefleidete 
Norne lieblide Derheifung, Gerdga’s lidtftrablendes, blaudugiges Rind, den 
holden, fiinftigen Lenz. 

Ueber diefer tiefernften Darftellung des „Winters“, deren Trauer der 
Ausblid auf das Heranwadfen neuen Lebens mildert, ift in die Schmalwand 
des Saales eine Mufifloge eingefügt, die aud auf der Bildfläche markirt ift. 

Das vierte Gemalde endlidh ift für den Mittelraum der Fenfterwand 
bejtimmt, die in ihrem unteren Theile fechefach, im oberen vierfah von Lidt- 
Sffnungen durdbroden ift. Auf diefem Bilde geht Prell vom Symbol zur 
Allegorie über. Dem Throne in der Mitte der mit dem „Sommer ge- 
fhmüdten Längswand gegenüber thront als geeignetfter Schußgeift des Hauſes 
die herrlihe Beftalt der Germania — leider haben wir feinen deutfchen 
Namen für die walfürenhafte Frauenfigur, im der wir das Deutfhe Reid 
verförpern. Sie ift gekleidet in die Farben fehwarz-weiß-rotb, bat das 
Schwert, das in der Scheide geborgen ift, über die Aniee gelegt und hält in 
der Linfen einen Oelzweig. leben ihr redhts fikt wieder als Bronzeftatue 
gedadt die redenhafte Geftalt des fieghaften Sonnengottes freir in friegerifher 
Wehr, Ruhm und Glanz des Vaterlandes, die es mit Schwert und Schild 
erworben und mit Schwert und Schild bewahrt; zur Linten lagert die Erd- 
göttin „Berda', die Fruchtbarkeit des Friedens. So treten die beiden noch 
einmal auf und verbinden das lebte Bild als erflärenden Schlußfar mit den 
übrigen zu einer zufammenbängenden Dichtung. 

Rurz und Mar fpridt fic) dte Doppelbedeutung der beiden zu den Füßen 
der Germania lagernden figuren in den Iateinifchen Infchriften aus: „Gloria 
Solis — Terrae Abundantia“. Sieghafte Sonnengluth und Frudtfiille 
der Erde. — Strablender Rriegstubm und friedliher Wohlftänd. Das Banze 
aber trägt die ftolz-befheidene Widmung: „Guilelmus I. Imperator Rex 
Majorum Gloriae Memor Aedes Germaniae in Urbe Aeterna 
Fabulis Patriae ornari jussit. Ein edt faiferliher Gedante ausgeführt 
von verftändnißvoller Rünftlerband zu Ruhm und Ebr deutfher Runft an der 
W iegenftätte einer älteren abgejchloffenen Rulturbliithe. 

Hans Marfball 


„Was it Kunt? — Gegen die Moderne Kunft.“ 
Ein offener Brief an Leo Tolftoi. 


ehr verebrter Herr Graf! Jhrer vor Rurzem veröffent- 

lihten Brofhüre „Was ift Runft?" fchlieft fi ein Bericht 

des franzofen Andrée Bonnier an, Ser unter Anderem 

darüber Ausfunft giebt, was Sie felbft von diefer Ihrer 
Arbeit halten. „Jh dachte mehrere Jahre über das Werk nad, 
aber das Werf wollte in meinem Gebirn nicht reif werden. Um 
es niederzufdreiben, mufte id) grofe Studien madhen. Volle 
11/, Jahre arbeitete ih an demfelben. €s ift cin großes Werk. 
— €s thut mir nur febr leid, daß ich Siefes Buch nicht vor 
55 Jahren niedergefdrieben habe; wäre ih damals fo von der 
von mir jet ausgefprodenen Anfiht über Runft durchdrungen 
gewefen, id hätte fiherli etwas anderes gefchrieben, als die 
von mir zu jener Heit verfaßten Werke, mit denen ich fehr un- 
zufrieden bin." 

Sie werden es einem aufrichtigen Verehrer Ihres Genies 
verzeihen, Herr Braf, wenn cr den Dichter von „Anna Rarenina' 
und ,,Rrieg und Frieden“ gegen den Derfaffer polemifcher 
Brofohüren vertheidigt, die er nur deshalb ernfthaft zu nehmen 
vermag, weil fie von eben jenem Dichter herrühren. Sie wollen 
bre fünftlerifche Dergangenbeit dementiren, Here Braf, das laffen 
wir uns um fo weniger gefallen, als zwifchen diefer und Ihrer 
äfthetifch-Pritifhen Gegenwart ein Gnterregnum des chriftlich- 
fozialen Myftizismus liegt, aus deffen fterilem Boden das wunder- 
lihe Unkraut Jhrer neueften Runftanfhauung emporgewuchert iſt. 
96 Seiten erfiheinen zunädft als ein relativ geringes Refultat 
einer Arbeit von 11/, Jahren, vor Allem wenn man bedenkt, dal 
Sie fih auf diefem Raume mit der Theorie fammtlider Riinfte 
abzufinden verfuhen. Die Hauptmühe dürfte allerdings in den 
52 Seiten liegen, die mit Citaten aus Sen Aefthetifern von 
11/3 Jahrhunderten gefüllt find und wahllos eine Reihe von 
Definitionen defjen- zufammenftellen, was’ man gemeinhin Aunft 
nennt. 


Wir miiffen uns verfagen, auf diefe umfangreihe und doch 
unvollftandige Rompilation mäher einzugehen, zumal unfere Aus- 
fibrungen vorausfidtlid ebenfalls refultatlos verlaufen würden, 
wie wir denn mit Jhnen, Herr Graf, von der Aefthetif im all- 
gemeinen und von den Definitionen des Runftfhönen im be- 
fonderen nicht allzuviel halten. Ga, wir wollen uns befdbeidentlid 
nod weiter befdrainfen und uns nur infofern mit Gbrer Arbeit 
befhäftigen, als die bildenden Riinfte in Frage tommen, 
fintemalen wir von Mufit, Tanz, Literatur, Roh- und Shau- 
fpielfunft weniger Renntnig baben, als Gbnen ein eineinhalb- 
jähriges Studium befagter Materien zu verfchaffen vermochte. 

Es ift im Hinblid auf jenes driftlich-foziale Gnterregnum 
innerhalb Jhrer Schriftftellerentwidelung feineswegs überrafchend, 
daß Sie Jhre Auseinanderfegungen mit fittlih-wirtbfhaftliden 
Erwägungen beginnen. Sie behaupten, Oa „faum eine andere 
menfhlihe Thätigfeit — die Rriegsfunft ausgenommen — fo 
viel Rrafte verfclingt, wie gerade die Runft; Sie fragen, ob 
„õie Runt ein fo wichtiges Ding ift, daß ibretwegen folde 
Opfer gebradt werden miiffen;* und Sie ftellen ſchließlich das 
Problem auf, „was unter Runft, insbefondere unter nützlicher, 
guter Runft, überhaupt unter einer folhen Runft verftanden wird, 
in deren Namen man jene Opfer bringen fann und darf.“ 

Mit Behauptung und Frage Tönnen wir uns leichter ab- 
finden, als das fchwere Befhüt Ihrer Beweismittel vermutben 
läßt. „Die Runft verfhlingt mehr Rrdfte, als irgend eine 
andere menfhliche Thätigkeit*, das ift eine überaus gewagte 
Thefe, vor Allem, fobald cs fih um Sie bildenden Künfte 
bandelt. Rrdfte, die fic) in Werthe fdaffender Arbeit bethatigen 
und fohlieflih abnugen und erfchdpfen, merden dod) nidt fo 
ohne weiteres „verfchlungen*. Zur Herftellung eines monumentalen 
Gebäudes gehören zunähft einmal Baumelfter, Maurer und 
Himmerer, zur Schaffung einer Statue Bildhauer und Marmor- 


408 


arbeiter, zur Hervorbringung eines Bemäldes Maler, Leinen- 
weber, ‚farbenreiber und Rahmer. Die Handlanger der genannten 
Rünfte finden ihr gutes und fiheres Brod und vor Allem — 
fie fchaffen im Verein mit Sem Meifter Werthe, an denen die 
Robftoffe, die fie verarbeiten, gar wenig Untheil haben. Diel- 
leiht lafjen Sie fih, Herr Braf, einmal von der Belgifhen 
Runftverwaltung mittheilen, mwas fie die Briiffeler Akademie 
foftet und wie viel der jährlihe Bemäldeerport beträgt. Das 
find lebrreihe Zahlen, die Sie über den wirtbfhaftlihen Werth 
der Runftübung befjer aufklären würden, als ein 11/, jähriges 
Studium der Aejthetit. Ueber die nationalöfonomifche Bedeutung 
der Lurusprodufte, zu denen Sie vorausfihtlid aud) die Runft- 
werfe rechnen, fönnte ih mich erft nadh endgiltiger Ronftituirung 
des jozialiftifhen Zukunftsftaates mit GJonen auseinanderfegen, 
das würde uns aber Beiden zu lange dauern, fintemalen 
inzwifhen aud unfere Kräfte „verſchlungen“ fein dürften. 

Die Frage, ob denn „Õie Kunft ein fo widtiges Ding ift“ 
mödte ih am liebften mit einem Appell an Fhe eigenes Em- 
pfinden beantworten. Sehen Sie, Herr Graf, in der Welt, wie 
fie unfere Sinne in fih aufnehmen, giebt es Kartoffeln, Rohl, 
Obſt und andere nüßliche Dinge, die Ses Leibes Nahrung und 
Nothdurft dienen, daneben aber aud — Blumen, ganz zwed- 
lofe Dinger, die nichts weiter thun, als farbenpradtig blühen 
und duften. Möchten Sie in einer Welt ohne Blumen leben, 
Herr Graf? Nun it dem Menfchen die Kraft verliehen, 
nicht nur die Außendinge nah Willen und Vermögen zu wandeln 
und fih nutzbar zu madhen, fondern auch nad ihrem Vorbilde 
eine zweite Welt zu fcdaffen, felbftherrlid nad eigenen Gefeken, 
losgeldft vom Zwedbegriff, eine Phantafiewelt voll formen- und 
Farbenpradt, eine fiinftlerife verklärte Wirklichkeit. Möchten 
Sie in einer Welt ohne Kunſt leben, Herr Graf? Seben Sie, 
ih habe das Böttlihe im Menfchen niemals mit größerer An- 
dacht verehrt, als beim Anblid des bimmelanragenden Domes 
zu Röln, auffhauend zu Michel Angelo's in der Rube fraft- 
bewußten Mofes, und vor der „Nahtwache* Rembrandt's, die 
doch nur eine Amfterdamer Schütengilde darftellt, ift mir niemals 
der Bedanfe gefommen, „ob die Runft ein fo wichtiges Ding ift, 





Josef Rösl, Kabinet. 


Deutſche Kunſt. 


daß ihretwegen ſolche Opfer gebracht werden müſſen?“ Um es 
kurz zu ſagen, ich bin nach dem Genuß eines Kunſtwerkes noch 
ſtets als ein beſſerer Menſch von hinnen gegangen, und wenn 
ich es nicht geblieben bin, ſo hat es ſicher daran gelegen, daß 
ich nicht Kunſtwerke genug geſehen habe. Zudem glaube ich 
beftimmt, daß an diefem meinem Empfinden felbft ein 11/,jäh- 
riges Studium der Aefthetif nichts geändert haben würde, 
weil es jedem empfänglichen Menfchen natürli if. Sich beffer 
fühlen ift aber fhon der halbe Weg zum befjer werden. Vielleicht 
ändern Sie Jhre Anfiht über die Wichtigkeit der Kunft, Herr 
Graf, wenn Sie es einmal mit weniger Runft Lefen und mehr 
Runft Sehen verfuchen. 

Jn einem Punkte bin id ganz mit Jhnen einverftanden. 
„Die Rritif, in der die Kunftfreunde nicht eine Stütze für ihre 
Urtheile über die Runft fanden, ift in legter Feit fo wider- 
fpreend geworden, daß, wenn man aus dem Gebiete der Runft 
alles das herausftreihen würde, was die Rritifer der verfchiedenen 
Schulen felbjit als nidt zur Runft gehörig ausfdliefen, fat 
nidts mehr in der Kunft bliebe. Auf diefem Einverftändniß 
fußend wollen wir denn aud gemeinfhaftlih zufehen, „was 
unter Runft, insbefondere unter nüßlidyer, guter Runft, überhaupt 
unter einer folden Runft verftanden wird, in eren Namen man 
jene Opfer bringen Pann und darf“. 

Sie haben ganz rect, Herr Graf, mit der Erklärung: „die 
Runft ift eine Thätigkeit, die Schönheit in die Erfcheinung bringt“, 
tann fih nit einmal Ser Durdfdnittsmenfd zufrieden geben, 
fo lange der Begriff der Schönheit ihm niht in angemeffener 
Begrenzung einen feften Anhalt für die Urtheilsbildung giebt. 
Da diefe Begrenzung innerhalb eines Zeitraumes von faft zwei 
Jahrhunderten — d. h. feit Beftehen einer fogenannten wifjen- 
fhaftlihen Schsnbeitslehre — abfolut nicht gelungen ift, über- 
fhlagen wir im Gefühl unferer Uebereinftimmung die nädften 
50 Seiten Ihrer nad eineinbalbjabrigen Studien entftandene 
Brofhüre und theilen furz und bündig das Refultat Jbrer 
Mühen mit, die monumentale, unerfhütterlihe Definition des 
Begriffs „Runft*, wie fie Ihnen nad) Ausmerzung des wandel- 
baren Schönheitsbegriffes gelungen ift: 

„In ih das 


einmal empfun- 
dene Befühl wie- 
der hervorrufen 
und, naddem 
man es in fih 
hervorgerufen 
bat, es mit 
Hilfe von Bee 
wegungen, Li- 
nien, farben, 
Tönen oder in 
Worten fo wie- 
dergeben, daß 
andere dasfelbe 
Gefühl ebenfalls 
erfahren, darin 
beftebt die Tha- 
tigfeit der Runft. 
Die Runft if 
eine Thätigfeit 
des Menfchen, Sie 
darin beftebt, 
daß es durch ge- 
wiffe äußere 
Seiden den an- 
deren bewußt die 
von ihm erfab- 
renen Gefühle 
mittbeilt, wobei 
die anderen 
Menfhen von 
diefen Befüblen 


Deutfhe Runft. 409 


‚ ongeftedt werden und fie ebenfalls empfinden.“ 
Wir müffen geftehen, daß uns nad diefer 
etwas allgemein gehaltenen Definition 
die Thatigheit der orientalifden Klage- 
weiber, die ,,5as in fic) empfun- 
deneßefühlwieder hervorrufen‘ 
und „bewußt mittheilen, 
wobei die anderen Men- 
fhen von diefen Befüh- 
len angeftedt werden 
und fie ebenfalls em- 
pinden“, als der 
Gipfel aller Runft- 
übung erfhien. Bei 
reifliher Heber- 
legung aber fonn- 
ten wir eine freu- 
dige Genugthu- 
ung ob diefer 
bübfh generell 
gehaltenen Be- 

griffebeftim- 
mung niht un- . 
terdrüden. Sie Joſef Roͤsl, Facher. 
machte tabula rasa mit allen bisherigen Wortklaubereien, 
mit allen Deduktionen und Induktionen und ſchuf einen 
unendlichen leeren Raum, in dem ſo ziemlich alle durch 
den friedlichen Verkehr bedingten menſchlichen Beziehungen 
Platz fanden, wo ſich ſomit auch wohl ein Winkelchen für 
das individuelle, durch feinen überlieferten Schönheits— 
begriff eingezwängte moderne Kunſtſchaffen reſerviren 
laſſen würde. Die Vorſtudien, die Sie, Herr Graf, ein 
und ein halbes Jahr lang in Anſpruch genommen hatten, 
waren nicht fruchtlos geweſen, ſie hatten den Baugrund 
freigelegt für ein äſthetiſches Wohnhaus, in dem Jeder 
nad) feiner façon ſelig werden konnte, ſofern er nur 
ein individuelles Gefühl oder Gefühlchen ſein eigen nannte, 
das der Mitthellung in Linien oder Farben — wir be— 
ſinnen uns hier rechtzeitig auf unſere Selbſtbeſchränkung, 
auf bildende Kunſt — mehr oder minder werth war. 
„Es lebe die freie Kunſt!“ 

Ad Herr Braf, es war eine fhmerzliche Enttäufhung, 
als wir Ihre zweite Brofhüre zu Geficht befamen und 
den Titel lafen: „Begen die moderne Kunſt.“ War- 
um mußten Sie fi aud darauf befinnen, daß Sie uns 
nod) die Ronfequenzen Jhrer Definition fhuldig geblieben 
waren! Wir hätten Ihnen jeden Wechjel auf fothane 
fuldig gebliebene Ronfequenzen disfontirt, und nun — 
aber wir wollen die Empfindungen, die das Lefen Ihrer 
neueften Brofchüre begleitet haben, der Reihe nad) fhildern. 
Das Endrefultat hat uns eine freudige Ueberrafhung 
gebracht, die auh Fhnen hoffentlih niht unangenehm 
fein wird. Jm Anfange fieht es allerdings böfe aus. 
Sie follten fi mehr auf das finden vielumfaffender in 
Ihrer Einfachheit unwiderleglicher Difinitionen verlegen, 
und das viele Lefen aufgeben, das die naiven weitum- 
faffenden Gedanfenfreife ftdrt und den durd fein Por- 
urtheil getrübten Horizont unnöthig einengt. 

Das zweite „Werk“ beginnt wieder mit einer frage: 
„Wie fommt es, daß die nicht religiöfe Runft, die in 
alter Zeit faum geduldet wurde, jest für etwas Aus- 
gezeichnetes gilt, wenn fie nur Vergnügen bereitet?“ 

Wenn wir Sie redt verfteben, Herr Graf, fucben 
Sie nun, nahdem Sie den transcendenten fowohl wie den 
transcendentalen Schönbeitsbegriff aus der Runftdefinition 
glüdlid herausgemerzt haben, diefes Defizit irgendwie zu 
erfeßen. Das fällt Ahnen aufßerordentlih leicht. Sie 
referviren fic) aus der landläufigen, Dreieinigfeit des 
Schönen, Wahren und Guten die Aweieinigfeit des 
Wabren und Guten, und die Runft, die Kunft ijt gerettet. Josef Rösl, Thürfüllungen, 






















Deutſche Runſt. 





Joſef Rösl, Friesdekoration. 


Dem abſolut Wahren entſpricht das feſtgelegte Dogma, dem ab- 
folut Guten die ebenfo feftgelegte Ethif. Da hätten wir denn 
ftatt der fchönen eine wahre und gute Aunft. Mein Herz, was 
willft Du nod mehr. 

Werden Sie es mir verzeiben, Herr Graf, wenn id be- 
baupte, daß die Runft ebenfo wenig mit dem Wabren und Guten 
zu thun bat, als mit Sem von Ihnen ausgemerzten Schönen? 
Sehen Sie, ih babe eine unbedingte Hochadhtung vor dem 
Dogma als dem zeitweiligen Yiederfhlag des höheren Denkens 
und Empfindens der Menfchheit. Aber aud bas Dogma ift 
wandelbar, wie Sie felbft im Laufe Jhrer Erörterungen zugeben. 
Sie haben unbedingt recht, wenn Sie das Wejen des Juden- 
thums in der Unterwerfung unter das göttlihe Befet, das des 
Griehenthums in der Vergöttlihung der Kraft und Schönbeit, 
das des Romerthums in der Allmadt des nationalen Staates, 
das des erften Chriftenthbums in der Entfagung erbliden und aus 
diefen Wefensbeftimmungen den jeweiligen Runftcharakter ableiten. 
Ihn darauf reduziren, ift der erfte Brundfehler Ihrer Ausein- 
anderfegungen. Die Runft der Briehen und Römer bat fi 
denn doh wohl früber und entfheidender, als Sie annehmen, 
aus einer araifirend-religiöfen Richtung heraus zu einer lebens- 
frohen Benußfunft entwidelt. Daß Sie diefes Stadium verfennen, 
madt Ihnen eine vorurtheilslofe Beurtheilung der Renaiffance- 
Runft unmöglid. An die Stelle des Fünftlerifh fterilen Ur- 
chriſtenthums trat die Derherrlihung der triumphirenden Kirche, 
gleidbberedtigt, weil im Wefen der Dinge begründet. Yleben der 
dem Plaffifhen Heidenthum entlehnten und darum ein wenig un- 
wahren Formenwelt aber macht fih ein Drittes bemerkbar, der 
Rultus der madtvollen, in fih gefchloffenen Perfönlichkeit, fo 
wahr und überzeugend, daß wir nod heute von der biftorifdh- 
erfhöpfenden Darftellung des Jndividuums, wie fie die Renaif- 
fancefunft zu Wege bradte, zu lernen haben. 

Sie fonfiruiren fic, von der Renaiffancefunft beginnend, 
eine erflufive, das allgemeine Derftdndnif, das Dolfsthimlice 
ausfhließende Rihtung. Glauben Sie denn wirklich, Here Graf, 
daß man die Madonnen eines Raffael, den Finsgrofden eines 
Tizian, Sie Rreuzabnahme eines Rubens nit verftanden habe? 
Oder ift es Fhnen bet Fhrer liidenvollen Renntnif Ser Runft 
entwidelung fo ganz entgangen, daß es aud einmal eine große 
und fleine Pafjion von Albreht Dürer gegeben hat? Gebt 
Ihnen bei Ihrem Gnterefje fiir das Volfsthiimlide Senn fo ganz 
die Empfindung ab für die derbe Lebensfreude eines Rembrandt, 
frans Hals, Jan Steen, die doch wahrlich nicht für die begüterte 
Minderheit gemalt haben, fondern als die Vorläufer einer naiven 
tendenzfreien Armleute-Malerei gelten fonnen? 

Mit Ihrer Behauptung, daß die Allgemeinverftändlichkeit 
das Hauptkriterium für den wahren Werth eines Runftwertes fei, 
kehren wir nunmehr zu dem Ausgangspunkt unferer gemeinfchaft- 
lihen Auseinanderfeßungen, d. h. 
zu Ihrer nur ein wenig allgemeinen 
und eben darum annehmbaren 
Definition der Runft als des Ver- 
mögens der Befühlsübertragung zu- 
rü. Aud den unendlichen Reidh- 
thum des menfcbliden Empfindungs- 
lebens, wie es durd) die Runft iiber- 
mittelt wird, mdten Sie nivelliren 
und reduziren. Daß es fic) nicht 
in den hödften und einfachften 
Schöpfungen der religiöfen Runft 
erfchöpft, follte Jonen der Umftand 





Joſef Rösl, Friesſtück. 


beweifen, daß in der Dogmen- und Legendenverförperung das 
Typifhe und fomit die Nahahmung vorherrfht. Wenn Sie 
aber erft einmal anerfannt haben werden, daß die Beredhtigung 
einer Profantunft fid) nicht fo ganz fortleugnen läßt, dann werden 
Sie fih überzeugen müffen, daß die Schöpfungen eines Bödlin 
und Rlinger nidt fo unbedingt in die Rumpelfammer der 
„Ihlehten Kunft“‘ zu verweifen find, daß ihre fheinbare Unver- 
ftändlichfeit nur in dem großen Empfindungsreihthum diefer Meifter 
zu fucen ift. 

Jn mehreren aufeinander folgenden Kapiteln ergeben Sie 
fih dann in mehr oder weniger beredtigten Ausfällen gegen 
einzelne Auswüchfe modernen Kunftfchaffens, wie die fi überall 
breitmadende Sinnlicdfeit, die Originalitätsfucht, den geheim- 
nißvoll thuenden Myfticismus und Symbolismus, den blöden 
Nahahmungstrieb, die Benußfuht und den Profeffionalismus 
der Rünftler, die Renntniflofigfeit Ser Rritif, die Züchtung der 
Talentlofigfeit in den Akademien u. f. w., um dann fihlieglidy 
bei der Begriffsbeftimmung der wahren Runft anzulangen. 

Und da, Here Graf, paffirt Jhnen ein überrafhendes Qui 
pro quo. Sie fehren ploglid) sur Maivetdt suriid, Sie werden 
unbewuft zum glänzendften Cobredner der modernen Runft. 
Was Sie da unter der idealen Forderung des religiöfen Be- 
wuftfeins zufammenfaffen, bildet das Wefen des neuen Runft- 
fhaffens. ,,Das wabre Runftwerf bat die Wirkung, den Unter- 
fied zwifhen Sem Manne, an den es fih wendet, und zwifchen 
dem Riinftler ... 3u unterdrüden. Und in diefer Unterdrüdung 
jeder Trennung 3wifdhen Sem Menfden, in dSiefer Vereinigung 
des Publifums mit dem Rünftler befteht Sie Haupttugend der 
Runft. Bravo, Herr Graf, wir Modernen nennen das intime 
Wirfung!! „Der Brad der Anftedung der Runft hängt von 
drei Bedingungen ab: 1. von der mehr oder weniger großen 
Eigenart der ausgedrüdten Gefühle, 2. von der mehr oder 
weniger großen Klarheit im Ausdrud diefer Gefühle, 3. endlich 
von der mehr oder weniger großen Gntenfitdt, mit der er felbft 
die Befühle empfindet, die er ausdrüdt.* Herrlih, Herr Graf, 
berrlih!! Das ift in unferer Sprache der fih energifh mit 
voller Aufrichtigkeit geltend madhende FJndividualismus, Ser fic 
unbeirrt durch Nahahmung früherer Runftideale nah Allgemein- 
verftändlichfeit drängt. „Die Aufrichtigfeit it auf diefe Weife 
die Hauptbedingung der Runft. Diefe Bedingung it in der 
Doltstunft ftets vorhanden; fie fehlt fait ganz in der Runft 
der höheren Klaffen, wo der Rünftler jtets Rüdfihten, auf den 
Mugen, die Ronveniens, oder die perfönlihe Eigenliebe zu 
wabren hat.“ 

Daß Sie Ihre „gute Runt die hriftlihe Runt nennen, 
foll unfer gutes Einvernehmen nicht ftdren, Herr Graf. Wir 
find fo vollfommen einer Meinung, daß ih gar nicht begreife, 
warum wir uns eigentlich entzweit haben. „Es fann alfo heute 
zwei Arten priftliher Kunjt geben: 
1. die Runft, welche die aus unjerer 
religidfen Auffaffung d. b. aus 
der Auffaffung unferer Verwandt- 
[haft mit Bott und allen Menfchen 
entfpringenden Gefühle ausdrüdt 
und 2. die Runft, welche die allen 
Menfchen der ganzen Welt zugäng- 
lihen Gefühle ausdrüdt.‘ Wm 
diefer fhönen Theorien willen ver- 


zeihen wir Jhnen fogar Fbre 
praftifhe Ungzuldnglidfeit, Herr 
Graf. ,,gn der modernen Malerei 


Deutfde Runf. 








Jofef Rösl, Friesdeforation. 


eriftirt feltfamer Weife faum ein Runftwerf diefer Art, das das 
driftliche Gefühl der Liebe zu Bott und zum Nädhften übermittelt; 
oder was davon eriftirt, findet fi nur bei unbedeutenden Malern. 
Es giebt allerdings und zwar in fehr großer Anzahl evangelifcde 
Bilder; doc) fie find bifterifche, mit mehr oder weniger Details 
ausgefhmüdte Darftellungen. Reines drüdt das religiöfe Gefühl 
aus, das ihren Schöpfern fehlt.“ Aber, Herr Graf! Wenn 
Sie fih niht fo einfiedlerifh innerhalb der Grenzen Halbafiens 
bielten, würde fich vielleiht einmal Gelegenheit bieten, ein paar 
Bemälde F. von Ubde's zu feben, wie das „Abendmahl, oder 
„Faffet Sie Rindlein zu mir fommen oder „Komm, Herr Jefu, 
fei unfer Baft‘‘ oder ein Dutzend anderer Bilder. Es giebt aud 
eine große Anzahl von Bemälden, welde die perfönlidhen Befühle 
großer Maler ausdrüden. Doc Gemälde, welde die Selbit- 
verlengnung und die hriftlihe Barmherzigkeit verberrlihen, Fenne 
id) niht. Aber Herr Graf! darf ih Sie mit FJeraels, van 
Leemputten, L. Dettmann u. U. befannt madhen? Jh traue 
übrigens meinen Augen niht. Da fteht ein paar Seiten weiter: 
„Die Runft beginnt thatfählih das wirklihe Jdeal unferer Zeit 
zu unterfcheiden und fih ihm zuzumwenden. Einerfeits drüden 
die befferen Werke unferer modernen Rünftler Gefühle Ser Ver- 
einigung und Verbrüderung zwifhen den Menfchen aus, anderer- 
feits giebt es heute Künftler, die Gefühle auszusrüden verfuden, 
welhe fo allgemein, fo univerfell wie möglih find. -—- Jab 
muß hinzufügen, daß man in den leßten Zeiten die Derfuhe von 
volfsthiimliden fiinftlerifthen Unternehmungen . . . häufiger ins 
Werk gefegt hat. Das Alles ift von dem, was fein follte, weit 


entfernt, dSodh man fann die Richtung bereits unterfdeiden, der 
die Runft zufchreiten wird, um endlich den ihr gehörigen Weg zu 
betreten.“ 

Ad, Herr Graf, id fann ein Gefühl des Bedauerns nicht 
unterdrüden, daß nit nur ich Ihnen, fondern auch Sie fidh fo 
oft und fo lange widerfprehen mußten, um fehlieglid einzufehen, 
daß Sie mit fih und mit mir eigentli ganz einer Meinung find. 
Da baben Sie fic, wie Sie felbft fagen, fünfzehn Jahre lang 
mit dem ganzen NRüftzeug polemifirender Aefthetif verfeben und 
find endlih ausgezogen in hbeiligem Zorn, um „Gegen die 
moderne Runft* zu ftreiten, und nun fann id nidt umbin Jhnen 
in überquellendem Gefühl Sie Hand zu drüden als einem der 
eifrigften Kämpen „Für die moderne Kunft*. „Die Runft ift 
fein Genuß, fein Dergniigen, aud fein Amufement; die Kunft 
it etwas Großes, fie ift ein Organ der Menfchheit, welde die 
Auffeffungen des DVerftandes in das Bebiet des Befühls über- 
trägt. Das ift allerdings Feine Definition, Herr Graf, aber 
ein Programm, das wie eine fanfare wirft zum Sammeln aller 
Serer, Sie es ernft meinen mit dem modernen Runftfhaffen. Eine 
Fanfare ift eine fanfare, Here Graf, auh wenn ein paar Töne 
falfch geblafen find. 

Gerade an der Naivität, Herr Graf, mit der Sie das 
Gegentheil von dem beweifen, was Sie beweifen wollten, erfenne 
ih den Künftler wieder, den Sie vergeblih verleugnen, und in 
diefem Sinne, Herr Graf, bleibe id Ser aufridtige Verehrer 
des Derfaffers von „Anna Rarenina’ und von ,,Rrieg und 
Frieden", Georg Malfowsfy. 


SS. Kunfiliterature — 


Wenn ein Werk über die franzöfifhe Renaiffance aud nicht direft zur 
Förderung einer ausgefprohen nationalen Baufunft beitragen wird, fo darf 
man thm dod einen praktifhen Yußen zufpreden. 

„Die Baufunft der Renaiffance in Franfreid. Don Dr. 
Heincih Baron von Beymüller. I. Heft. Handbud der Architektur, 
Zweiter Theil, 6. Band, Heft I. Mit 66 Abbildungen im Tert und I farben- 
drud-Tafel. Stuttgart I898. Arnold Bergfträßer, Verlagsbudhandlung — 
A. Kröner — verfpriht einen folden feiner ganzen Anlage nad. Don 
einem Werke, weldhes die vollftändige Schilderung eines Bauftils nad dem 
wirflihen Hergange feiner Entwidelung liefert und dabei die nod erhaltenen 
fowobl, wie die untergegangenen Baudenkmäler, die epocemadenden, un- 
ausgefiihtten Projefte und biftorifhe Nachrichten über die Denkmäler und ihre 
Erbauer erforfcht und jo eingehend als nur möglich berüdfichtigt, darf man 
wohl annehmen, daß es die lebendigen Gefeke, die jedem Bauftile inne- 
wohnen, ergründen hilft und damit belebend und jegensreih wirkt. Soviel 
laft fih von dem Beymüller’jhen 
Buch fhon jet fagen: es erfdlieft in 
überfichtliher Weife die genetifhe Er- 
fenntnif der franzöfifhen Renaiffance 
und unterfudt belebrend und anregend 
die Schidfale diefes aus dem Biindnif der 
franzöfifhen Bothif und italienifhen Re- 
naiffance hervorgegangenen Stils, in dem 
das gothifche Element ftets als nationaler 
Antheil erkennbar bleibt, und feine ver- 
fhiedenen Phafen. 

Das urfpriinglide, nationale Ele- 
ment diefes Rompromifjes, die Gothik, 





Jojef Rösl, Friesftiid. 


wird in der fünften Abtheilung der „Allgemeinen Runftgefhihte", 
herausgegeben von H. Anadfuß und Mar G. Zimmermann (Biele- 
feld und Leipzig, Derlag von Delhagen & Rlafing) im belehrender, 
anregender und «allgemein verftändliher Form behandelt. Mit dem Er- 
feinen diefer Lieferung ift nunmehr der zweite Band des Werkes: ,, Gothit 
und Renaiffance" von H. Anadfuß begonnen worden. 

Der Derfafjer erzählt darin zunähft das Hervorwadfen des gothifhen 
Stile aus der romanifchen Baumweife und veranfhaulicht die unterfheidenden 
Merkmale an ausführlid behandelten Beifpielen der früheften franzöfifchen 
und deutjhen Gothif. Dann geht er auf eine Reihe der vorzüglichften 
Meifterwerfe der Gothit in der Weife ein, daß mit der Befprehung der ein- 
zelnen Bauten eine Ueberfiht über die ganze Weiterentwidelung der gothifchen 
Baufunft verflodhten wird; auf diefe Darftellung des zeitlihen Entwidelungs- 
ganges läßt er eine Schilderung der nationalen Befonderheiten folgen, mit 
denen fidh die gothiihe Banfunft in den Ländern, welke neben Frankreich 
und Deutjhland an der Bildung des Stils 
theilgenommen haben, entfaltet hat. Da- 
rauf wird das Wefen der Figurendar- 
ftellung unter der Herrfchaft des gothifden 
Bauftils gekennzeichnet, und meben den 
Schöpfungen höherer Runft in Bildnerei 
und Malerei wits aud die Runft im 
Handwerk gebührend gewürdigt. Fm 
folgenden Abjhnitt beginnt die Ge- 
fhidte der Vorbereitungen der Renaiffance- 
funft mit einem Ueberblid über die eigen- 
thiimliden Bedingungen, unter Senen die 
Bothit in Htalien Aufnahme fand. 





Deutfhe Runft 


Vermifchkes. 
Gedanken iiher hildende 
Kun. 





Kunft und Medizin. 


— In der Aunfthalle zu Bremen befindet üh eine Handzeidnung 
Albredht Diirer’s, auf der er fi felbft nad dem Spiegel bis oberhalb der 
Anieen — nur mit einem Schamtude bededt, gezeichnet bat. Die rehte Hand 
deutet auf eine befonders marfirte Stelle des Aörpere. Diefe Bewegung 
wird duch eine Zufhrift erklärt, die für einen auswärtigen Arzt oder einen 
Freund des Rünftlers beftimmt gewefen zu fein fiheint und in freier An- 
führung lautet: „Da, wo der gelbe flet it und worauf ih mit dem finger 
deute, ift mir weh. Cine Tagebudnotiz Diirer's, In der er fagt: „Einft 
überfam mid eine wunderlihe Rrankheit, von der id nie von reinem Manne 
gehört, und diefe Arankheit habe ih noch‘, läßt zwar eine genaue Diagnofe 
nit zu, bat aber vielleiht gerade ihrer Undentlichfeit wegen Anlaß gegeben zu 
mancherlei rührenden Auslaffungen und Dermuthungen auf dem Bebiete funft- 
hiftorifher und medizinifcher Wiffenfhaft, denen man immerhin einige Wichtigkeit 
nadfagen darf, wenn man bedenkt, daß es in der Wiffenfhaft feine 
Rleinigkeiten giebt. So nennt Springer den großen Maler „zur Schaube 
ausgelrodnet, ein wahres Bild des Erbarmens“ und gedenft feines förper- 
lihen Leidens mit Wehmuth in dem fhönen Sage: „Eine... . Phantafle, 
die zuweilen an das Traum- und fieberhafte mahnt, mußte allmälig feine 


förperlihe Befundheit gefährden. Der leidenfhaftlihe Thätigfeitebetrieb hinter- 
ließ immer tiefere Spuren in.feiner phyfifhen Natur. Die Seele blieb un- 
erfhöpflih in Entwürfen, aber der Leib zehrte ih durdy den übermäßigen 
Rräfteverbrauh fhließlih auf." 

Neuerdings hat fih nun die egafte medizinifhe Wiffenfchaft des fraglichen 
Falles mit gewohntem Ernfte angenommen. Hert Ardhivrath Dr. Theodor 
Diftel- Blafewig bringt Albreht Dürer's langes Leiden, das den 
„oielfeitigften und frudtbarften deutfhen Rünftler‘ im fiebenundfünfzigften 
Lebensjahre tabinraffte, in der „Deutfhen Medizinifhen Wodenfdrift zur 
Sprade. Wenn er es auh niht wagt feftzuftellen, ob Dürer's Nieren oder 
feine Milz Pran? gewefen, und aljo felbft feinen beftimmten Fall annimmt, 
fo darf ihm Sod die Wiffenfdaft indirelt für die Dermuthung eines 
Diagnoftifere, die die gewi5 Fompetente Redaktion des medizinijhen Fach= 
blattes vermerkt, dankbar fein: Dürer's „mwunderlide Krankheit‘ fei „ein 
Magencarcinom' gewefen. 

Wir find alfo in der Dürerforfhung foweit fortgefdritten, daß wir 
beinahe wiffen, woran der Unfterblihe geftorben ift, und zwar eigentlih auf 
Grund einer „handzeihnerifhen Selbftunterfuhung‘. 


Gedanken über bildende Runft. 


Ein guter Maler ift inwendig voller Figur, und wenn es möglid wäre, 
daß er ewig lebte, hätte er aus dem inneren Fdeen, von denen Plato fcreibt, 
allewege etwas Nenes durh die Werke auszugießen. Dürer. 


* 

Die bloße anſchauliche Einbildung kann jetzt nicht mehr zur Auffindung 
des an und für ſich Wahren auf dem Gebiete der Kunſt, des Stils und des 
Ideals führen: Der Gedanke und die Kritik ſind gegenwärtig einmal und 
überhaupt das Mächtigere und Entſcheidendere geworden über die bloße 
Sehnſucht und hingebende Verſenkung in etwas Aeußerliches und Fremdes; 
nur auf dieſer gegebenen Baſis kann auch die Wahrheit des neuen Kunſt- 


ideals erwachſen. Conrad Hermann, 


Das Handwerl fekt ein Volt voraus, dte Runft ein Volf und einen 
Mann. Das Handwerk, und wenn es fih zur feinten Gefdidlidfelt fteigert, 
ift erlernbar, die Runft, audh wo fie in den robeften formen auftritt, muß 
angeboren fein, fie fann durch feine Anftrengung dem gegeben werden, der 
fie niht von Anfang an befaß. Das Handwerf hängt am Stoffe, den es 
formt, und fein hödfter Triumph ift, den Stoff fo in der Gewalt zu haben, 
daß er den Meinften Wendungen des Geiftes, der fih mittheilen will, Zeichen 
liefert, welde fie den andern offenbar maden. Die Runft fpridt vom Geifte 
zum Beifte, der Stoff ift nur die Straße, die den Derfehr vermittelt. 


Hermann Grimm. 


+ 

Während die Wiffenfhaft, Sem raft- und beftandlofen Strom vierfadh 
geftalteter Gründe nachgehend, bei jedem erreichten Ziel immer wieder weiter 
gewiefen wird und nie ein legtes Ziel no völlige Befriedigung finden tann, 
fo wenig als man durch Laufen den Punft erreiht, wo die Wolfen den 
Horizont berühren; fo Ift dagegen die Runft überall am Ziel, denn fie reißt 
das Objekt ihrer Rontemplation heraus aus dem Strome des Weltlaufs und 
hat es ifolirt vor ih; und diefes Einzelne, was in jenem Strom ein ver- 
fhwindend Meiner Theil war, wies Ihr ein Aepräfentent des Ganzen, ein 
Aequivalent des in Raum und Zeit unendlih Dielen; fie bleibt daher bei 
diefem Einzelnen ftehen; das Rad der Zeit hält fie an; die Relationen ver- 
fhwinden ihr; nur daz Wefentliche, die dee, ift ihr Objekt. 

Arthur Schopenbaner. 


* 

Wenn die Malerei das Lauffeuer der Augenblicke anhält zum Feftftehen 
ſo blictt die Zauberlandſchaft, das Zauberauge, die Zaubermenge Dich unauf— 
hörlich an, und jeden Tag kehren Deine höchſten Freuden um, und die Sonne 
ſteht vor dem Maler (anders als vor dem tödtenden Josrah) nur ſtill, um 
dem wärtmeren Leben fortzuleuchten. Jean Paul. 


Um ein großer Maler zu fein, muß ein Mann -aud eine große Seele 
haben. Er muß ein Träumer fein und fih feiner Träume niht fhämen; er 
muß fie als Befigthum von bleibendem Werth anfehen, er muß fih auf 
Bleihgiltigkeit, ja Feindfhaft gefaßt maden; er muß vom Blauben fo durdy- 
drungen fein, daß er nicht das geringfte Stüd davon verfhadert, um werth- 
lofen Beifall zu erlangen; er muß fo ftolz fein, daß er es unter feiner 
Würde eradtet, fein Genie dem öffentlihen Nuten preiszugeben, er muß fo 
einfältig von Herzen fein, daß er wie Sir Galahad nur einen heiligen Gral 


“fennt — die Schönheit, und nur ein Ziel, das lebenslanglide, ununterbrodhene 


Beftreben, in der Schönheit jene Lieblichfeit zu erfennen und darzuftellen, die 
für ihn Eingebung, Traum, Verzweiflung und ewige Hoffnung ift. 


Edward Burne-Jones. 


* 


Auf dem Klavier „C E thut roth, fo ſprach 
Mein Rnabe in feinem vierten Jahr, 

„CF thut gelb", als er im fünften war; 
Dann fudten die finger weiter nad; 

Don grün und blau bat er nidts gefagt; 
Jh habe niht darum gefragt. — 

Nur einmal fprad er: „Da thut's bleid", 
Ein andermal: „So thut's rund, 

Schon da ih als Bub’ an der Sonne lag, 
That's Morgens „roth, doch „gelb am Nachmittag, 
Das Himmelblau that „wie Gefang", 
„Wie farbe was anf Erden Mang, 
‚farbe und Ton zugleich. 

Jet Maler, Pfeifer und Organift, 
Erflart mir's, wenn ihr's wißt, 

Und helft mir auf den Grund, 


* 


Der Plaſtiker uns ſehr ergetzt, 

Weil er die großen Männer ſetzt, 

Die ſchwärzlich, grünlich oder weißlich, 
Und ift darum fehon löb- und preislich, 
Weil, wenn 3. B. einer fremd 

Soeben erft vom Bahnhof fömmt, 

Er in der unbefannten Stadt 

Bleih den bekannten Schiller hat. 


J. G. Fiſcher. 


Wilbelm Buje. 


Deutfhe Runft. 





418 








Die Neuerwerbungen der Föniglichen Kunftfamm: 
lungen in Berlin. 


ie amtlihen Berihte aus den föniglihen Runftfammlungen 

fönnen unter den Neuerwerbungen im erften Dierteljabre 1898 wieder 

eine Reihe werthooller Befhente aufführen, deren Zahl und Be- 
deutung nidt nur fiir das Gntereffe des Publitums an unferen Mufeen 
fpridt, fondern aud bemweift, daß die Anfiht Anhänger findet, gute Runft- 
werke, denen fein intimerer, perfönliher Charakter innewohnt, Seltenheiten 
von fulturbiftorifdhem Werthe, die im der vornehmen Derborgenbeit von 
Privatfalons ihren höheren Zwed verfehlen würden, müßten als Bildungs- 
material für die Allgemeinheit in Staatsbeflg übergehen und im Mufeen 
Jedermann zugänglid fein. Was für Beweggründe aud für die verfdiedenen 
Zuwendungen beftimmend gewefen fein mögen, jedenfalls verdienen fie dant- 
bare Anerfennung. frau von Sallet hat die Sammlung der Bild- 
werte Ser driftlihben Epoche duch das Elfenbeinrelief einer ftehenden 
Madonna aus dem Nadlafje ihres Gatten, des früheren Direftors des Münz- 
fabinets, bereihert. Das werthvolle Stüd, eine franzöfifhe Arbeit aus der 
erften Hälfte des 14. Jahrhunderts, theilt mit den beften Schöpfungen diefer 
Art und diefer Feit den Reiz der Bewegung und des Ausdruds und inter- 
efjirt befonders durch merklihe Refte alter Bemalung. Einen erwünften 
Huwadhs hat die altbabylonifhe Sammlung duch eine Schenkung 
erhalten: die Bronzefigur einer mit erhobenen Händen dargeftellten Göttin, 
deren Befiht mit Bold überzogen if. Am Fufgeftell ift ein Nüpfhen an- 
gebraht, wahrfheinlih zur Aufnahme der Spenden beftimmt, die man dem 
Bötterbilde darbradhte. Staatsferetär Freiherr von Thielmann überwies 
der Sammlung den Rumpf einer großen bemalten Thonfigur aus griechifcher 
Zeit, die er bei Hilla in Babylonien erworben hat. Aud dte dgyptifden 
Alterthümer wurden urh Gefhente vermehrt, von denen als fünftlerifh 
werthvoll ein Salblöffel aus grünglafirtem Stein hervorzuheben ift; auf 
feinem breiten Griff ift ein badendes Mädchen dargeftellt, das eine Ente er- 
griffen hat. Die National-Balerie erhielt als Schenkung ein Bronze- 
relief „Heimkehrende Bergleute von Conftantin Meunier. 

Den Gefdenten entfpriht die Zahl Ser angefauften Begenftände, von 
denen unter anderen für das Antiquarium als fiinftlerifh hervorragende 
Arbeiten im Runfthandel erworben wurden: eine arhaifche weiblihe Bronze- 
ftatuette im fogenannten Spes- Typus aus Athen und die Bronzeftatuette 
eines bodsbeinigen Pan, die zu einem aus Briehenland ftammenden Be- 
fammtfunde fleinerer Begenftände von Bronze, Silber und Rnoden gehört. 
Der vorbderaftatifhe Theil der Sammlungen bat nod als einen widtigen Zu- 
wads aus dem Dermadtniffe des Dr. Deibel drei vortrefflihde Proben alt- 
babylonifher Runft erhalten und zwar zunächft die etwa 35 cm hohe Statue 
eines Königs, aus fhiefrigem Stein. Er fteht in der bekannten Weife mit 
zufammengelegten Händen, ift alfo wohl betend gedaht. Die Augen find 
mit Elfenbein eingelegt. Die zweite Erwerbung, der Ropf einer Rönigsftatue 
aus Ralfftein von etwa zwei Drittel Lebensgröße, Ift von vorzüglicher Arbeit 
und zeigt aufs Befte alle darakteriftifhen Eigenthümlichkeiten der altbabylo- 
nifhen Porträts, Das dritte Stüd ift ein Röpfchen von einer Meinen frauen- 
ftatue aus dunklem Granit; das Haar wird durd ein grofes Ropftud bededt, 
das durd ein Band gehalten wird. Beide Köpfe find tadellos erhalten. 

für die National- Galerie wurden angefauft: das O4elgemalde 
„Palmenhaus auf der Pfaueninfel von R. Ff. Bledhen, von dem die 
„Deutſche Rung" in Nr. 12 des laufenden Jahrgangs eine Abbildung gebradt 
bat, ein Aquarell von £. Dill und zwei Rreidezeihnungen von Gatlob Ulberts. 


Ausftellung von Werken vlämifcher Künftler im 
Kaifer Wilhelm-Mufeum zu Crefeld. 


as moderne und gefunde Streben nad Decentralifation der Runft, 

das für diefe eine ideelle und materielle förderung bedeutet, bat in 

Trefeld zu Anfang diefes Jahres fhon einmal Surh eine inter- 
nationale Runftausftellung einen geradezu vorbildlihen Ausdrud gefunden. 
Ihm if nunmehr eine neue, widtige Bethatigung des Gntereffes, das unfere 
Stadt an der Entwidelung der modernen Runft nimmt, gefolgt: „Die 
Ausftellung von Werken vlämifher Rünftler im Raifer Wilbelm- 
Mufeum. Da in ihr die vlämifhen Rünftler, von denen fih ja mange 
bereits in Dresden und Berlin verdiente Lorbeeren errungen haben, zum 
erften Male in größerer Befammtheit gefdlofjen vor das deutfhe Publitum 
treten, darf Crefeld fi ftolz das Thor nennen, durch weldhes die junge 
vlämifhe Aunft ihren Einzug in Dentfdhland halt. Gn diefer erften ges 
fhloffenen Dorführung der modernen vlämifhen Runft auf deutfchem Boden 
dürfen wir gewiß ein bedeutfames Anzeihen für die Runftbewegung der 
Zukunft erbliden und eine neue Woge fünftlerifher Anregung aus dem 
Diamenlande, unter deffen belebendem Einfluffe deutfhe Runft fhon öfters 
geftanden hat, begrüßen. Dielleiht knüpft fih bei dtefer Gelegenheit das 
alte Band von neuem und gefellen fih Deutfhland und Dlamenland zu 
neuem Bunde auf dem idealen Bebiete der Aunft, die in unferen Tagen in 
Belgien eine neue Blüthe erlebt. Fn der neueren Kunftbewegung treten die 
Seevölter der Nord- und Gftfee immer mehr an die Spike und rufen auf 
fünftlerifdem Gebiete eine Ummälzung hervor, wie fie fih im früherer Zeit 
in einer Runft, deren Mittelpunkt das Mittelländifche Meer war, faum ftärker 
vollzogen bat. Don Norden þer, aus Schottland und England, tam der 
frifhe Zug neuen Lebens und der Same veränderter Anfhauungen füdwärts; 
in Schweden, Norwegen und Dänemark fand er fruchtbaren Boden, nirgends . 
aber ift er mehr aufgeblüht als in Belgien. Daß gerade dort die moderne 
Bewegung volles Derftändniß gefunden und auf dem Gebiete der Malerei, 
nod) mehr aber faft auf dem der Plaftif bedeutende Werte von fräftiger 
Eigenart und natürliher Schönheit gezeitigt hat, dafür enthält die Ausftellung 
eine Fülle von Belegen. Bildhauer wie Meunier und van der Stappen, 
die Maler frans Courtens, Juliaan ðe Vriendt, Dubois, Eugeen 
Laermans, Willem Linnig, Theofil Lybaert, Stevens, van 
Leemputten, Wouters und Wytsmann find mit treff lihen Werten ver- 
treten und laffen vermuthen, daf fene in den 50er Jahren von den Nieder- 
landen ausgehende revolutionäre Strömung, die die Fdeale der Romantit 
wegfhwemmte und am ihre Stelle den realiftifhen — wenigftens damals 
tealiftifhen — Rolorismus der Mündener Schule einführte, niht der lekte 
größere Einfluß der vlämifhen Runft auf die Entwidelung der Deutjchen 
gewefen fein wird. 154 Bemälde und 46 Sfulpturen enthält die Aus- 
ftellung. 

om Treppenhaufe bat das Riefengemalde „De doode Zee“ von 
Conftant Montald Aufitellung gefunden. Was nod befonders aufjallt 
und fpeziell für den guten Befhmad der Crefelder, fiir deffen Ausbildung 
der Lidtwark Crefelds, Here Direftor Denefen, fo erfolgreid) bemiibt ift, 
ift die gefhmadvolle Anordnung des Banzen, in der jede Auffpeiherung von 
Ausftellungsgegenftänden zu einem beunruhigenden Zuviel vermieden ift und 
dem Auge überall Rubepuntte geboten find. 
Arrangements von Blumen und Blattpflanzen und fprudelnde fontainen 

bringen in das Bild eine erfrifhende, anmuthige Abwechslung, fo daß man 
fid in den Ausjlellungsräumen bald beimifh füblt. 


414 


Deutfhe Kuni. ñ 





Sresfen 
von Safcha 
Schneider. 


Die neue Rice zu 
-Cölln bei Meißen 
foll ein großes Fresko⸗ 
gemälde erhalten, das 
den Altarbogen aug- 
füllen wits, Gafda 
Schneider, dem. das 
Bild übertragen ift, 
wird demnächft mit der 
Ausführung an Ort und 
Stelle beginnen, nad 
dem ex in feinem Atelier 
die Entwürfe in der 
Sfizze und drei Rartons 
fertiggeftellt bat. Schon 
jekt darf man fagen, 
daß Schneider die Er- 
wartungen feiner Anf- 
traggeber niht ger 
täufht und fdon im 
Entwurf Döllendetes gefhaffen bat. Wenn es dem KRünftler gelingt, in der 
Ausführung feines Bemäldes die feineswegs geringen tehnifhen Schwierig- 
feiten 3u überwinden, jo läßt fh erwarten, dağ er Ah auf dem Gebiete der 
religiöfen Monumentalmalerei als ein bedeutender Meifter bewährt. Kleine 
Ausftellungen, die einige midelangeleste Uebertreibungen in der Behandlung 
des Muskulöfen und die iiberreihe Ausfhmüdung einzelner Bewänder be- 
treffen, werden durch die Bröße der Ronzeption des Banzen, die monumentale, 
dekorative Wirkung und das fihere Beherrjchen der Formen und Fladhen zum 
Schweigen gebradt. 

Wenn Safha Schneider auh eine Heiligenmalerei im Sinne alt- 
firhliher Runft bietet, fo wird feine vollendete Rompofition als ein Werf, 
dem der Geift anferer Zeit innewohnt, dod niht weniger andadtig und 
weihevoll wirken, als es jene im firdliden Feitalter gethan bat. Das 
Gemälde bebandelt eine Szene aus dem jüngften Berihte nad einer 
Schilderung der Apokalypfe. Gn der Mitte, von Himmelsglorie umftrabit, 
duch die das Areuz in leichten Umtiffen vifionär fihimmert, fieht man den 
Heiland, in tiefjter Erniedrigung über alle erhöht. Es ift ein fhöner, poelifch 
deutjamer Bedankte, den gefreuzigten Chriftus als Richter der Welt auftceten 
3u laffen, bei dejjen Anblid einem Gerhart Hauptmann's Worte einfallen: 
„So aber treten alle wir ang Kreuz und, nod in Thränen, jubeln wir hinan, 
wo endlid von der Sonne Strahl erlöft, der todte Heiland feine Glieder 
tegt und ftrablend, lachend, ewiger Jugend voll, ein Giingling in den Maien 
niederfteigt." Eine finnige Zuthat des Künftlers find aud die frifhen Kofen, 
die an des Heilands Dornenfrone erbliiht find. Jur Linten von Gottes Sohne 
fit ein Cherubim mit dem Schwerte des Berichtes, zur Redten ein anderer 
der die Palme des Friedens trägt. Die breiten Flähen neben den beiden 
Cherubim-Geftalten werden durd Engelfihauren ausgefüllt, auf der einen 
Seite die Derfündiger der frohen Botfhaft der Auferftehung aller Berechten 
als lihtvolle Gruppe mächtiger Pofaunenbläfer, auf der anderen die Poll- 
ftreder der ewigen Derdammniß mit den apofalvptifchen Beftalten Tod, Krieg, 
Peftilenz und Hungersnoth. Sie treiben als lebendige Gruppe, die Surd die 
grandiofe Wiedergabe vehementer Bewegung padt, eine Schaar Ausgeftoßener 
zum böllifhen Abgrund. Bis zur Einweihung der Rithe gedenkt Saſcha 
Schneider wenigftens die Mittelgruppe, die Surd ihre feierlibe Rube 
und ibe eindringlides Pathos vinen unvergeßlihen Eindrud macht, fertig 
3u ftellen. 





Iojef Rös', Füllung. 


Berlin. — Don den Müblenbrud'jhen Gemälden für das Treppen- 
baus des Rathbaufes ijt das dritte und legte vollendet, jo du das Treppen- 
haus nah Iöjähriger Sperre in feiner Bejammtheit dem Verkehr wieder über- 
geben werden konnte. Da auf Mühlenbrud's figurenreihem Bilde, dem man 
feiner Kompofition und Auffaflung wegen nad einem berühmten Analogon die 
fhöne Bezeihnung verliehen hat „Die Schule von Berlin“, über hundert Perfonen 
dargeftellt find, wird fid Herr Mühlenbrud beeilen, als willfonmenen 
Rommentar ein Derzeihniß der Derewigten aufzuftellen, das gedcudt und’ fiir 


die Bejuder. auf der oberen Rathhaustreppe ausgelegt -wird. Man darf 
wohl erwarten, daß die Mühlenbrud'fhen Treppenhausgemälde, wenn fie 
auch nicht gerade großes Aufjehen erregen werden, doch eine günftige Auf- 
nahme finden, die fonft der Berliner Runft nicht überall zu Theil wird. So 
bat fle vor den Augen der Derbindung für biftorifhe Runft, die mit 
ihren Erwerbungen diesmal mit einer einzigen Ausnahme Riinftler Ser 
Müncener, Düfjeldorfer und Stuttgarter Schule beglüdt bat, reht wenig 
Gnade gefunden. Dem ungeachtet bat die Derbindung, deren Mitglieder fic 
aus allen Theilen Deutfhlands refrutiren, gerade in diefem Jahre eine fo 
rege Thätigkeit entfaltet, daß man im der Art und Zahl ibrer Ankäufe, die 
font Anlag zu manderlet Angriffen boten, eine Wendung zum GBünftigen 
fonftatiren darf. 

Die nenefte Ausftellung bei Schulte hat ein hochſommerliches Geprage. 
Es hertſcht Ferienftimmung in ihr, die 3u Feinerlet intereffanten Distuffionen 
anregt, fondern recht beruhigend wirft. Wenn die Ausftellung feinen fonder- 
lihen Reiz für ein nur mach dem Neueften liiftermes Premierenpublifum 
bietet, das gegenwärtig feine Unterhaltung und Ferftreuung dod anderswo 
fudt und findet, fo erfreut fie dod) Surd) Meifterwerfe von Oswald 
Adhenbadh, Georg Oeder, Lenbadh, Menzel, Pradilla, Piglhein, 
Gabriel Maz, Paul Thumann und Eugen Fettel, lauter Riinftler, 
über -Jeren Bedeutung üh nidt mebr ftreiten läßt. SelieBlid fonnen auc 
Ahenbadh's Vefuymotiv, Pradilla's „Straße zum Heiligthum’, Mar's 
„Büßende Magdalena" und vor Allem gerade feines Alters wegen Menzel's 
„Masfenballfouper" aus dem Gabre 1855 dank der im Allgemeinen üblihen 
Oberflidlidfeit im Fünjtlerifihen Geniefen immerhin als alte Neuigfeiten 
gelten und interefjiren. ; 


Münden. — Obwohl die beiden Mündener Ausftellungen in diefem 
Sabre mebr als fonft in ftetem Wadfen begriffen find, fo daß ðurh ein 
ununterbrodenes, fiir beide Deranftaltungen redht vortheilbajtes Hinzufommen 
von Novitäten das Gntereffe des Publifums immer wieder aufgefrifdht wird, 
darf man dod getroft refumiren, dah in feiner der beiden Ausftelluugen von 
eigentliden ,,Sdhlagern die Rede fein fann. Das meift beachtete und meift 
umftrittene Runftwerf ift und bleibt wobl Mar Rlinger's „Chriftus im 
Olymp“. Fn der Ausftellung der Sezeffion find im Laufe ter legten Juli 
wode von bedentenden neuen Werfen nod cingetroffen: von dem Parifer 
Bildhauer Augufte Rodim die lebensgroße Figur des franzsfifhen Didters 
Victor Hugo; von dem in Paris lebenden Finnländer V. Dallgreen 
eine Marmorplafif „Iräumerei“, eine größere Bronze ,, Stolz und fünf 
Fleinere Bronzen defjelben Künftlers; von Antonio de la Gandara in 
Paris ein „Franenbildniß" in Bel, zwei Aquarelle ,,Cuilerienanfidten und 
drei Zeihnungen „Fstauenflguren‘; von Peter Severin Krover in Ropen- 
bagen zwei große Oelporträtse, das eine den dänifhen Didter Holger 
Dradhmann, das andere den dänischen Scriftftellee Dr. S. Shaudorpb 
darftellend; von Ernft Gerhard in Paris eine Landjhaft in Bel „Abend 
auf dem flue". Don Mündener Künftlern bradten Leo Pus ein Oelbild 
Das Marden vom 
geftlefelten Kater‘ 
und Albert Ri- 
hard Mayr ein 
Bild „Rinder vom 
Land gleichfalls 
in Oel. 

Wie der Ju- 
wads nimmt auh 
der Derfauf von 
Runftgegenftänden, 
deffen bisheriges 
Refultat bereits ein 
rect günftiges ge- 
nannt werden fann, 
nod immer feinen 

fortgang. So 
wurde vom bayeri- 
fen Staate für 
die Glyptothef er- 
worben die Bronze 
„Bogenfhüge* von 
Emil Dittler 
(Münden) und von 


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Joſef Rösl, Füllung. 


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Deutfde Run ft 


415 





Jofef Rösl, Freideforation. 


der Sfulpturenfammlung Albertinum in Dresden die ,,Portratbiifte (Semper 
idem)" in Gyps von Auguft Hudler (Münden). Alles in allem darf 
man an der Hand von Runftberidten getroft behaupten, daß die Mindener 
Ausftellungen immer noch über der Berliner Ausftellung fteben. 


Dresden. — Zu fehen ift überall etwas und überall etwas Gutes, 
fo daß man eine große, zufammenhängende Ausftellung nicht zu vermiffen 
braudt. Bei der drüdenden Schwüle des Hohfommers, die in den Straßen 
berrjcht, thut es fdlieBlid and viel wobler, wenn man an verfchiedenen 
Stellen einmal erfrifhende Einkehr bei der Runft halten kann, als wenn 
man fi in einer großen Markthalle erft müde läuft und fieht, ohne von 
dem Allzuviel des Bebotenen auf leichte Weife zu einem eigentliden Genuk 
zu fommen. Während eine Zeit lang hauptfählih der „Dresdener Runft- 
falon" von Wolffram Surh die Rolleftivausftellungen von Peter 
Jsedderfen, von dem unfere Galerie eines feiner beften Bilder, eine friefifche 
Landfhaft, enthält, und dem Brüffeler Dictor Bilfoul, von dem fih fhon 
mehrere größere Bemälde auf der vorjäbrigen internationalen Runft- 
ausftellung befanden, das Gntereffe aller Runftfreunde beanfprudte, wird 
diefes jet im der Hauptfahe urh die Bilder von der Wiener Jubiläums- 
Ausftellung, die ihren Einzug in den Sädhfifhen Aunftverein gehalten 
haben, abforbirt. 

Eine fehenswerthe, wenn auh nicht fonderlih große Ausftellung birgt 
aud der Saal der Neuerwerbungen im Rönigliben Rupferftihfabinet, 
ndmlid) Meifterwerfe der Plafatfunft, von denen die quantitativ und qualitativ 
zweifellos überwiegenden Arbeiten Dresdener Rünftler neben den  beften 
Blättern des Auslandes in Ehren befteben. Cin befferes Feugnif fiir die 
großen Derdienfte, die Lie Dresdener Runft um die Entwidelung des Plafats 
ih erworben hat, konnte man ih jedenfalls nicht wünfhen, als gerade diefe 
Austellung. Georg Müller- Breslau, Hans Unger, Hermann, 
Behrens, Otto fifdher, Fobann VW. Ciffar3z find mit beachtenswerthen, 
oft ausgeseidneten Blättern vertreten, die namentlid) aud in techniſcher 
Hinfidt außerordentlih befriedigen und den Beweis erbringen, daß aud in 
diefer Hinficht Dresden im Platatwefen mit an der Spite marfehirt. Der 
Gefammteindrud der Arbeiten ift um fo erfeeulider, als man faft aus allen 
Blättern deutlih erkennt, daß das Wefen der Plakatfunft immer richtig 
erfaßt und mit gutem Befhid duch Ausnügung Meiner technifher Trifs zur 
Wirkung gebradht worden ift. 


Düfeldorf. — Fn der ftädtifhen Tonhalle fand am 25. Juli die dies- 
jährige ordentlihe Beneralverfammlung des Runftvereins für die Rhein- 
lande und Weftfalen ftatt. 

Im Derwaltungsberichte, der zur Derlefung fam, beißt es: 

nom verfloffenen Derwaltungsjahre hat fih die Theilnabme an den Be- 
ftrebungen unferes Dereins von allen Seiten ber abermals ganz erbeblid 
vermehrt. Wejentlih größere Ankäufe von Runftwerfen für die Verloofung 
und die in weiterem Umfange geübte Förderung Sffentlider Runftdenfmaler 
dürfen diesmal befonders hervorgehoben werden, fie zeugen von der Be- 
deutung, die der Derein für das öffentliche Leben, für die heimifche Runft 
und die biefige Rünftlerfhaft in den leben Frbrzehnten feines Beftebens 
erlangt hat. Das ftets fih mehrende Gntereffe am Kunftverein ift um fo 
freudiger zu begrüßen, als ih damit zugleih ein wadfendes ntereffe an 
der Runft überhaupt befnndet, 

Die Einnahmen aus den Jahresbeiträgen, jowie den Zinfen der Depofiten 
betrugen im verfloffenen Derwaltungsjahre 103 476,60 M., die allgemeinen 
Ausgaben und die Derwaltungstoften 15 085,41 M., fo daß zur Vertheilung 
auf die einzelnen fonds SS 391,19 M. verblieben. Mit dem 31. Oktober 1897 


f&hloffen ab: Fonds A zur Befhaffung und Widmung von Runftwerfen 
öffentlihen Charakters mit einem Beftande von 85 063,14 M., fonds B für 
den Ankauf zur Derloofung mit 13 295,96 M., fonds C für die Dereins- 
blätter mit 14 203,65 M., zufammen 112 562,75 M. 

Jm laufenden Befhäftsjahre find aus den Mitteln des fonds A fiir 
öffentlihe Zwede bis heute zur Zahlung angewiefen worden: 2225 M. als 
legte Theilzahlung des Vereins für Ausmalung des Chores der Liebfrauen- 
firhe zu Trier. 2000 M. als erfte Theilzahlung des Vereins für Herftellung 
der Wandgemälde im Kreishausfaale zu Burtfheid-Aahen. 6500 M. für 
das dem Raifer Wilhelm-Mufeum zu Crefeld geftiftete Bild von Julius 
Roeting „Brablegung Chrifti. 1500 M. als erfte Theilzahlung des Vereins 
für Herftellung eines Wandgemäldes in der Aula des ftädtifhen Neal 
gymnafiums 3u Duisburg. 3500 M. als Prämien bei dem Weitbewerb um 
die Ausfhmüdung des Ritterfaales im Schloffe Burg a. d. Wupper. 2500 M. 
als weitere Theilzahlung des Vereins für Herftellung des Wandgemäldes im 
Rathhausfaale 3u Bodum. 5000 M. als fünfte Tbeilzahlung des Vereins 
für Ausfhmüdung Ses Diiffeldorfer Rathhausfaales. 6000 M. als erfte 
Theilzahlung des Vereins für Ausmalung des Ritterfaales im Sdhloffe Burg 
a. d. Wupper, zufammen 25 223 M. 

Don den zum Ankauf von Kunftwerken für die Derloofung zur Ver- 
fügung ftebenden Mitteln gelangten in der Sikung des Ausfhuffes am 
26. Juni 50483 Mar? zur Derwendung. Die angefauften Runftwerfe: 
70 Oelgemälde, 4 Aquarelle (darunter 2 als ein Gewinn), 5 plaftifhe Werke, 
fowie eine Mappe mit 6 Blatt Radirungen von Maz Klinger (Prämiengabe 
der Verbindung für biftorifhe Runft) und eine Mappe mit Photograpbieen 
nad Werfen Guftav Rihters (Gewinn bei der Derloofung des Kölner Runft- 
vereina) werden unter die Mitglieder des Vereins farungsgemäß verlooft. Don 
Privaten wurden diesmal 17 Werke für insgefammt 24 400 Mark erworben. 
Als Dereinsgabe wird im Herbfte diefes Jahres eine Stidradirung von 
Profeffor Rrausfopf nah dem Gemalde frant Rirdbad's ,,Chriftus treibt 
die Händler aus dem Tempel‘ zur Dertheilung gelangen. Die nädhftjährige 
Dereinsgabe bildet ein Stih Fri Dingers nah dem Gemälde Hugo Beder's 
„Sonntag Morgen". 

Jm übrigen maht ih auh im biefigen Aunftleben der Hochjommer be= 
merfbar; man verfhiebt viele nennenswertben Deranftaltungen auf den Beginn 
der Winterfaifon, die in Siefem Fabre in der Runfthalle eine Ausftellung des 
fünftlerifhen Yladlaffes von Benjamin Dautier eröffnen wird. Mit ihr 
werden, um ein möglidft vollftändiges Bild von dem Schaffen des heim- 
gegangenen Meiflers zu geben, Bilder, die fih im Privatbefize befinden, ver- 
einigt werden. Als zweite Darbietung darf man wohl fhon jetzt eine Aus- 
ftellung in Ausfiht ftellen, die den reihen Schatz an hinterlajfenen Runft- 
werfen aus der Werkftatt Rarl Bebrts, einem größeren Publitum vor Augen 
führt. Vielleicht ift diefes dann aud in der Lage, fic) an des Riinftlers Ent- 
würfen für das Hamburger Rathhaus, die in der Skizze fhon das Befte 
fein follen, was der zu früh dem Leben Entrifjene gefchaffen bat, eine richtige 
Shätung feines ungewöhnliden Rönnens zu bilden. 


Rarlsrube. — Fm Rupferftidlabinet ift cine Serie von Kopien der 
Wandgemalde aus der Burgkapelle zu Zwingenberg a. MW. ausgeftellt. Diese 
Nachbildungen eines Shakes mittelalterlider Runft, die Profeffor von Oedel- 
bäufer geradezu muftergiltige nennt, geben ein Flares Bild von der fiinft- 
lerifhen Ausftattung der Burgfapelle, deren Einweihung im Jahre 1424 er- 
folgte, naddem fur3 vorber ihre Ausmalung vollendet war. Der Name des 
Meifters ift nicht befannt, doh fann mit Sicherheit angenommen werden, dah 
er der Ulmer Schule angehörte. Die Dede, ein Tonnengewölbe, ift mit einer 
Rompofition, „Chriftus als Weltrichter‘, dekorirt. Am Abflug des Tonnen- 


416 


Deutfhe Rung. 





gewölbes, über der Thiire, ift die Derfiindigung Marias; diefem Bild ent- 
fprehend, an der gegeniiberliegenden Wand die Rreuzigung Chrifti. Unten 
an der Rreuzigungsgruppe find rechts und Linfs die beiden Stifter des Bildes, 
die Eigenthümer der Burg, Hans und Eberhard v. Hirfhhorn mit ihren 
Gemablinnen dargeftellt. An den Langwänden find 5 Bilderreihen überein- 
ander, wovon die unterfte leider zugeftrihen ift und bisher nicht bloßgelegt 
werden fonnte. Während die beiden oberen Reihen in je 12 Felder eingetheilt 
find und Einzeldarftellungen von heiligen Frauen und Männern enthalten, 
fheint in der unteren Reihe die Tünde eine Rompofition, vielleiht ein Abend- 
mabl, zu verdeden. Gn der Sftl. Langwand befindet fic eine Nijche, die 
ebenfalls bemalt if. An diefer Langwand find Darftellungen von heiligen 
Reiegern und von Heiligen fürftlihen Standes. Leider haben die Bilder im 
Laufe der Jahrhunderte theils durch Witterungseinfliiffe, theils durd Menfden- 
band fehr gelitten; die einft goldenen Heiligenfhreine, Riiftungen und Waffen 
find braun geworden, ebenfo die im Hintergrunde angebradten goldenen 
Sterne, die größtentheils abgefallen find und weiße fleden hinterlafen haben. 
Trog ihrer Befhädigung und obgleich die figuren mehr oder. weniger zeichne- 
tifhe Fehler aufweifen und in ihrer fteifen 
Haltung nicht den beften Eindrud machen, 
bildet die Rapelle ein harmonifhes Banzes, 
deffen Zauber jedem empfänglihen Gemiih 
unvergeßlid ift. 

Die großberzoglide Runftgewerbe- 
foule pielt am 29. Juli ihren üblichen 
Schlußaftus. Dem bei diefem Anlag ver- 
öffentlihten Jahresberichte der Anftalt ift 
folgendes zu entnehmen: Die Schülerzahl 
betrug im abgelaufenen Jahre 204. Der 
Erweiterungsbau der Runftgewerbefchule ift 
in der Ausfühung begriffen und es fonnte 
3u dem verfügbaren Bauplaße noch der nad 
der Riefftahlftraße gelegene Beländeftreifen 
zugezogen werden. Lebterer ermöglicht eine 
Derfdiebung des Yleubanes nad Weften; 
der weiter verfügbare Plat foll zu einem 
Studiengarten angelegt werden. für gut 
gelöfte Konfurrenzaufgaben fonnten in 
diefem Jahre 29 Schüler mit Preifen und 
14 mit Diplomen bedacht werden. Bei dem 
Preisausfdreiben der Refidenzftadt Rarle- 
tube erhielten die Profefioren R. Eyth und 
R. Gagel Preife, ebenfo Profeffor Rud. 
Mayer bei einem Preisausfchreiben der 
Stadt Dortmund den erften Preis und die 
Ausführung. Das mit der Schule ver- 
bundene Kunftgewerbemufeum bat einen 
weiteren Zuwadhs von MS Nummern zu verzeichnen, ferner in zahlreichen 
Gipsmodellen den Haupttheil des Fünftlerifhen Yadhlaffes von Profeffor 
Heer. Unter diefen Zugängen, die namhafte Stiftungen des badifhen 
Runftgewerbevereins, fowie folhe aus Privatkreifen enthalten, find die Gruppen 
von Schmud, Bronze, Porzellan, favencen, Majolifen, Glas und Rtiftall 
am ftärfften vertreten. 


Köln. — Es ift befannt, daß Köln nod immer cin Hauptpla für 
Hriftlide Runft ift, da gerade bier die alten romanifhen und gothifden 
Stilüberlieferungen mit feftgewurzelter Sadfenntnif und gewiffenhafter Strenge 
geübt werden. So ift es wohl erflärlih, daß die Erzthüren für den reftan- 
tirten proteftantiihen Dom zu Bremen im fatholifden Rdln in Auftrag ge- 
geben wurden. Dombildhauer Profefjor fuhs bat čie reid) mit Bildwerfen 
geihmüdten Thüren entworfen und modellirt, Erzgießer Louis den Buß be- 
werfftelligt. Das erfte Thiirpaar, mit Darftellungen aus dem Alten Teftament, 
ift fcon feit längerer Zeit in Bremen. Jegt find zwei andere Flügel mit 
Darftellungen des Nenen Teftaments von der Geburt Chrifti bis zum Pfingft- 
fefte für die Ablieferung bereit. 

Stuttgart. — Die hodfommerlidhe Ruhe wird im Württembergifhen 
Runftverein im Begenjfat zu dem zunehmenden Fremdenverkehr anderer 
Orte durd das Ausbleiben auswärtiger Gafte gekennzeichnet. Eine Aus- 
ftellung, die der Saijonftimmung recht entfpricht, beherbergt die Halle Sea 
Sandesgewerbemufeums, nämlich eine Reihe illufteirter Poftfarten. Wien mit 





IJofef Rösl, Füllung, 


feinen in Dreifarbendrud hergeftellten Künftlerfarten bat die führung und 
läßt aud die Münchener „Jugend mit ihren Schnaden und Sdnurren in 
mäßig guter Ausführung hinter ih. Berlin redet überhaupt faum mit, 
Leipzig dagegen, das nod) iiber Dresden ftebt, umfomebr. Redt originelle 
Saden in primitiver Holzfhnittmanier find aus Jena da. Die Entwidelung 
der illuftrirten Poftfarte geht nadgerade etwas zu rapid vor ih; die Runft 
maht fih 3umeift auf ihrem engen, neu eroberten Terrain zu breit und gönnt 
der Schrift faum Raum zu einem Iatonifhen Bruß. Der eigentlihe Charakter 
der Poftfarte als Mittel eines bündigen fhriftlihen Verkehrs gebt immer 
mehr verloren und die Poftfarte dient, wenn man genan binfieht, immer 
mehr Neflamezweden von Dereinen zur Ortsverfhönerung und Hebung des 
Fstemdenverfehrs, Zeitfpriften, Dergnügungslofslen und Gafthäufern. 


Hannov. - Münden. — Am 29. Juli hat die Cinweihungsfeierdes 
ftddtifchen Mufeums ftattgefunden, das neben einer reihen Sammlung von 
Alterthümern, die Bezug haben auf die Befchichte der Stadt Münden, in 
dem größeren Theile feiner Räumlicpkeiten Entwürfe zu den Werken Profeffor 
Eberlein's enthält. Profeffor Eberlein, 
der in einem Dorfe bei Münden geboren 
ift, hat feiner Heimath ein ganzes Mufeum 
gefhentt. Es find in ihm faft fammtlicde 
Schöpfungen des Riinftlers theils in 
Originalen, theils in Modellen, theils in 
Abbildungen zu finden, fo daß man feinen 
ganzen Entwidelungsgang verfolgen fann. 

Breslau. — Aus dem Verwaltungs= 
beriht des Ruratoriums des Scle- 
fifhen Provinzialmufeumsfür 1897/98 
it Folgendes hervorzuheben: Die dem 
Mufeum für Rechnung der Hauptverwaltung 
überwiefene Dotation beträgt  jabrlid 
87000 Mark. Die Derwaltungsfoften be= 
trugen 57 500 Mark, der Ueberfhuß von 
29 700 Mark fowie die fonftigen Einnahmen 
von 11950 Mark, o. i. 41 650 Mark, find 
dem Refervefonds zugeführt worden, Hier= 
von wurden verausgabt 9700 Mark für das 
Gouadhebild „Die frau des fifhers‘" von 
H. von Bartels, und für die Oelbilder 
„Schimmel mit Birte" von Ch. Speyer 
und „Sturm im Teufelsmoor von ©. 
Moderfohn; ferner Jahresbeitrag zur 
Verbindung für hiftorifhe Runft 150 Mark, 
für die Vermehrung der Sammlung moderner 
Runftwerfe und des funftwiffenfhaftliden 
Apparats 10540 Marl, Gebalt und Reifefoften des Ronfervators Lutfd und 
des Zeihners Ulbrid 6760 bezw. 4950 Mark, zur Herftellung des Bilder- 
atlas fdlefifher Runftdenfmaler 4630 Mark, zufammen 36 750 Mark, Beftand 
4920 Mark. frau Marie von Rramfta auf Mubhrau fihenkte fünf Oel— 
bilder „„Frühlingsblumen“ von Alma Tadema, „Mandolinenfpielerin‘‘ von 
Arnold Bödlin, Bödlins Bildnif von f. von Lenbadh, Pradsilla's 
„ARömifhe Landfchaft mit Fiegenbirten und „Wäfcherinnen am Bade; Dr. 
Franz Promnig die drei Belbilder Paul Braebsi, „Inneres der Kirche 
zu Bamersleben“, f. Operbed's „Frühlingslandfhaft‘ und Julius 
Scholtz's „Liebesorakel“. Der Befuh wurde an je zwei Sonntagen und 
Wodentagen gezählt, als höchfte Zahl ergab fih der Befud) von 1400 Perfonen 
am zweiten Welhnachtsfeiertzge, als niedrigfte die von 248 am 14. Dezember. 
Die Sammlung der Bücher und Runjtdrude wurde von 2729 Perfonen be- 
nußt. Zur Ausgabe gelangten 7052 Bande und 3230 Mappen. Jn der 
Galerie fopirten 5 Herren und 37 Damen. Die Ausftellung von Bildern 
moderner Meifter in Privatbefiz war von 28 Befigern mit 16] Bildern befdict. 

Darmjadt. — Der Großherzog bat dem Rupferftidfabinet Ses 
Mufeums Handzeihnungen älterer Meifter diefes Jahrhunderts wie Ludwig 
Rihter, Ostar Pletfh, €. Neureuther, € von Steinle und R. von 
Piloty, un einen Rupferftih von Alphonfe Lamott nah dem von der 
Reiferin Friedrich gefhaffenen Bild einer Blumenverfauferin von San Remo 
überwiefen. g 








Deutfhe Runft. 


417 





Deutfche Aquarell: 
ausftellung in Düfjeldorf. 


Im Düffeldorfer Runftgewerbemufeum findet gegen 
Mitte November diefes Jahres für die Dauer von 
zwei Monaten eine große deutjhe Aquarell- 
Ansftellung ftatt, zu der bereits die hervor- 
ragendften Aquarelliften Deutjchlands ihre Theil. 
nahme zugefagt baben. Durd fle wird ein intereffanter 
Gefammtüberblid des gegenwärtigen Standes der deutjchen 
Aquarellmalerei gegeben werden, deren Tehnit fid ja 
bis zu einer folhen Dollfommenheit entwidelt hat, daß 
fie in Ser Leuchtfraft der Farben und einer paftofen 
Malweife, bei der im Gegenfak zur früheren lafirenden 
und die Lichter ausfparenden Manier vorzugsweife Det- 
farben zur Derwendung fommen, mit der Delmalerei Fonkurrirt. Bei Freilidt- 
landfhaften it man fogar verfucht, dem ftumpferen Ton des Aquarells und 
feiner durch Mifhung mit Dedweiß entftandenen kreidigen Wirfung den Vor- 
3ug 3u geben. 

Aud) die Malerei mit Wafferfarben hat fic) zu einer durchaus felbit- 
fldndigen Runftart entwidelt und aufgehört lediglich, die Feidnung foloriftifh 
3u beben; fie ift nicht mebr, wie fie es lange Zeit war und länger blieb als 
die Delmalerei, Nebenzwed, fondern Selbftzwed geworden. Die ganze Per- 
anfteltung geht von der Diiffeldorfer Hoftunfthandlung von Bismeyer 
& Kraus aus. Das Jufammengeben eines Mufeums und einer Runft- 
handlung, der häufig die geeigneten Räumlichkeiten fehlen, um eine größere 
Austellung von längerer Dauer zu veranftalten, ift im vorliegenden Falle 
nur gut zu beißen und wird gewiß eine Ausftellung von nicht geringer Be- 
deutung zeitigen, um fo mehr, als ihre Fünftlerifhe Anordnung in den be- 
wabrten Händen von Rünftlern liegt, wie: Profeffor €. Düder, H. Her- 
manns, Profeffor A. Rampff, Profeffor Chr. Redner, Profeffor G. 
Oeder, Profeifor Fri Roeber und Profeffor A. Schill. Hoffentlid 
erfolgt auf die weiteren Einladungen, die Semnddft an die Künftlerfchaft 
‚ergeben werden, nod eine lebhafte, dem guten Linternehmen würdige Be- 
theiligung. 







Gobelin-Weberei in Ftalien. 


Dan? den Bemühungen einer hodberzigen Frau, Ser Grafin Cudino 
del Mayno, ift in Umbrien nad faft vierzigjährigem Schlafe die Gnduftrie 
Perugias, die Weberei der unter den Namen „Fiamme perugine“ 
befannten Stoffe wieder erftanden. Diefe „Fiamme peruginc‘‘ find eine 
Art auf Handwebftüblen hergeftellter Gobelin, defen lange horizontale Fäden 
— dem point de Hongerie ähnlid — prädtige, verjhiedenfarbig ge- 
flammte Mufter zeigen. Die Gnduftrie erfreute fih im Zeitalter der Renaiffance 
allgemeiner Beliebtheit, fo daß ihre Produfte Sie berühmteften Rirdhen und 
Siirftenhsfe fhmüdten, wo fie verfdhiedenartigfte Verwendung fanden. Nod 
beut zu Tage werden folde „Fiamme perugine“ in den Paläften von 
Modena, denjenigen der S'Efte in Ferrara, fowie im Datifan be- 
wundert. ls fid) jedoch Sem Welthandel neue Wege erfdloffen, febwand and 
Perngias Reidthum, gleich demjenigen fo vieler italienifhen Städte. Die 
erwähnte Weberei erhielt ih einzig im Frauenflofter der Derelitte, fümmerte 
dort dur die Jahrhunderte weiter, bis endlid anlaplid der Befikergreifung 
der Staliener im Gabre 1860 das Rlofter jelber aufgehoben wurde. Die 
Nonnen und ihre Schülerinnen zerftreuten fid in alle Weltgegenden, während 
die alten Webgeräthe der Ferftörung und dem Verfall anheimfielen; der einft 
fo wichtigen Jnöuftrie fhien fomit der Todesftoß verfert zu fein. Ueberrefte 
alter Peruginer Teppihe haben nun das nterefje der Grafin Ludino del 
Mayno anf einer Reife durd Umbrien in fo hohem Grade erregt, dağ fie 
befhloß, die verfhollene Jnduftrie wieder einzuführen und damit zugleich dem 
verarmten Dolfe eine Erwerbsquelle zu erjhließen. Alte Bäuerinnen ver- 
modten einige Andeutungen über die ehemalige Teppidfabrifation des 


Rlofters zu geben; auh gelang es, noh die Leberrefte eines Webftuhls auf- 
zufinden. Freilich Loftete es unendliche Mühe, die verdorbenen Geräthſchaften 
zufammenzufügen, madzubilden und zugleich zu verbeffern, um fie den An- 
forderungen der Neuzeit anzupaffen. Gndefjen das Beifpiel der Generalin 
wedte die Nacheiferung, und bald hatte fle die Freude, zu fehen, wie ihr 
Unternehmen von allen Seiten Theilnahme und Förderung erfuhr. So nahm 
fic) ein hervorragender Maler der Sade aufs angelegentlidfte an, indem er feine 
Hilfe bei der Zeihnung und Farbenzufammenftellung der Mufter lieh. Schließlich 
fonnte eine Feine Weberei gegründet werden, in welder eine Schaar jugend- 
lider Arbeiterinnen ihrem Werke mit derfelben Hingebung obliegt, wie früher 
die Funftfertigen Nonnen. Die .‚„Fiamme perugine“, die in drei Qualitäten, 
In Seide, Seide mit Wolle gemifht und bloger Wolle angefertigt werden, 
fönnen als Vorhänge, Teppihe und Möbelbezüge zur Verwendung tommen 
und erfreuen durd den Reidhthum und Schmelz ihrer farben, die orientalifchen 
Urfprung verrathen. Fbre Mufter entftammen jener Zeit des 16. Jahrhunderte, 
als Perugia lebhaften Handelsverfehr mit dem Hofe von Ronftantinopel 
unterhielt und find auf die Einfuhr perfifcher und indifher Teppiche zurüdzuführen. 


— Im Röniglihen Runftgewerbe - Mufeum in Berlin find von 
der befannten firma Villeroy & Bod in Mettlah zwei Ornamentplatten 
in farbigem Thon-Stiftmofait und gleichzeitig eine figürlihe Darftellung in 
Glasmofaif ausgeftellt, als Probe von den Leiftungen Ser Fabrif aud auf 
diefem erft in neuerer Zeit in Deutfchland gepflegten Runftgewerbe. 

— Don einem neuen fresfoverfabren fprah neulid Direftor 
Anton von Werner in Berlin in feiner Wfademierede. Es handelt ih 
um wefentlide Derbefferungen, die man einem dänifchen Maler, Herrn Oskar 
Matthiefen, verdantt. Der Erfinder hat in Berlin fein Verfahren einer 
Anzahl hervorragender Künftler vorgeführt und erläutert, und Herr 
von Werner bat von dem Rünftler zwei Proben, eine im geſchloſſenen 
Raume, die andere im Hofe der Akademie ausführen laffen: der Erfolg war 
bier vorläufig der, daß man die erft Tags zuvor entjtandenen Malereien felbft 
mit Waffer und Bürfte nicht mehr herunterwafchen fonnte, Ueber das neue 
Verfahren läft üh mittheilen, daß Herr Matthiefen anftatt des früheren 
mebrfhihtigen Mauerpug nur eine dünne, freilich fehr forgfältig bergeridtete 
Pusfhiht aus beftem Ralkmörtel verwendet. Als Bindemittel der Mineral- 
farben dient eine Löfung von Aekkalt oder Ralfbpdrat in Waffer. Die innige, 
abfolut baltbare Verbindung der Farben mit der erbärteten Mörteljhicht, 
die die Luft nur langiam beforgte, bringt der Erfinder dadurch rafch 
und fider zu Stande, daß er durd eine intenfive Einwirfung fomprimirter 
Roblenfaure aus einem Apparat auf das eben getrodnete Gemälde den be- 
fannten cdemifchen Prozeß befchleunigt, der durch Umfegung des in Waffer 
leiht löelihen Ralkhydrats in unldsliden, foblenfauren Kalk den Ralktmörtel 
in eine harte Sandfteinmaffe verwandelt und zugleih mit ihm die ‚Farben fo 
innig und feit verbindet, daß fle gegen Regen und frot fid gleih un- 
empfindlich verhalten. Bleichzeitig aber wird noch die bemalte raube Oberfläche der 
Wand mit einer polirten Meinen Handrolte (aus Elfenbein) gepreft und geglättet, fo 
daß fie and dem Staube der Luft minder ausgefegt ift. Das nene 
Matthiefen'fhe Verfahren bat das Problem der modernen Freefotednif 
überrafchend glüdlich gelöft. Es eignet ih überdies gleih gut für die Znnen- 
und die Außenmalerei. 


— Die Hope'fhe Gemaldeausftellung, beftehend aus 83 nieder- 
ländifhen und flämifchen Meifterwerken, ift mit Zuftimmung des Ranglei- 
gerichtshofes ihres Charakters ale unverduferlidhen Erbguts, von dem einem 
zeitweiligen Befiger nur der Nießbrauh zufteht, entkleidet und von Lord 
francis Hope an den Rélner Runfthändler Wertheimer fiir 121550 L. 
verfanft worden. Der Verkäufer ift der Bruder des verftorbenen fedjten 
Herzogs von Newcaftle, der einen fhlimmen Bermögensjhiffbrud erlitten 
hatte, und Obeim des jeßigen Herzogs. Lord Francis hat zu dem familien- 
namen Pelham Clinton den Namen feiner Mutter, der Erbtochter der aus 
Holland eingewanderten familie Hope, angenommen. Don ibr und 
ihrem Dater ftammt die Poftbare Bemäldefammlung und der Palazzo in 


Picadilly, der das 
Stammhaus der Her- 
36ge von Newcaftle 
werden follte, aber 
jetzt fhon feit mebr 
als 30 Jahren Sit 
des Junior Athe- 
näum Club ift. 





Jofef Rösl, Füllung. 


— Das Pren- 
tenfabinet im Amfterdamer Reidhsmufenm befift bekanntlich 
59 Rupferftihe eines Meifters aus dem 15. Fabrbundert, deffen Name 


bis jekt unbekannt geblieben ift und der deshalb furzweg als „Meifter 
des Amfterdamer Rabinets oder als „der Meifter von 1480" be- 
zeihmet wurde. Schon verfihiedene Verfude find gemadt worden, um den 
Schleier, der über der Perfönlichkeit und der Herkunft dtefes großen Rünftlers 
liegt, zu lüften, aber man ift über Dermuthungen faum binansgefommen. 
Die Anfiht, daß er niederländifcher Herkunft gewefen fei, weil er in gewiffer 
Hinfiht als der Vorläufer der großen holländifhen und deutfhen Meifter des 
16. Jahrhundert betrachtet werden fann, ift fo ziemlich aufgegeben worden, neuer- 
dings neigte man der Anfiht zu, daß feine Heimath 
in Siiddeutfhland gefuht werden müfje, wie dies 
3. B. von Harzen und 1894 von Mar Lehrs 
gefchehen ift, der für die Chalcographical Society 
«usgezeihnete DVervielfältigungen diefes Meifters 
herausgegeben bat. Einen Schritt weiter geht Dr. 
Rarl Hadmeifter im der Fürzlih erfchienenen 
Schrift „Der Meifter des Amfterdamer Aabinets und 
fein Derhältniß zu Albrebt Dürer‘, wo verfuct 
wird, den Nachweis zu liefern, wer der unbekannte 
Rünfller gewefen fei. Die Beweisführung von Dr. 
Hadmeifter ift folgende: Albreht Dürer muß 
mit den Werken des Meifters von 1480 befannt gewefen 
fein, da In den früheften Zeichnungen, Holzfdnitten und 
Rupferftiben Dürer’s deffen Einfluß unverkennbar 
ift, befonders ift dies bei einigen Feidnungen aus 
dem Jahre 1489 zu feben. Da man nun weif, af 
Dürer im Jahre 1490 eine große Reife madhte und 
vor diefer Zeit in Nürnberg lebte, wo er feit 1486 
Schüler von Midhel Wolgemut war, fo find diefe 
Jahreszahlen infofern von Gewidt, als aus ihnen 
bervorgebt, daß Dürer mit dem unbefannten Meifter 
nicht während feiner Reife, fondern in Nürnberg Be- 
fanntfhaft gemadt haben fann, woraus fidh die 
weitere Schlußfolgerung ergiebt, daß entweder die 
Stidhe des unbefannten Meifters bereits vor dem Fahre 1490 in weiten 
Rreifen verbreitet waren, oder daß er felbftin Nürnberg wohnte und wirkte und 
mit dem jungen Rünftler umging. Erftere Annahme ift nicht wabrfdheinlid, 
weil man von diefen Stihen äußerft wenige Eremplare gefunden bat, fo daß 
man wohl annehmen ann, daß nur einzelne Abdrude davon gemadt worden 
find; es bleibt alfo nur übrig, den „Meifter von 1480" fiir einen Yiirn- 
berger 3u halten. Yun hatte aber Michel Wolgemut einen Stiefjohn, 
Wilhelm Pleydenwurf, einen hervorragenden Riinftler, der allge- 
mein als ein Mitarbeiter an der befannten Nürnberger Welthronik gilt. 
Eine Dergleihung der Stihe in letterer mit denjenigen des unbekannten 
Meifters nöthigt nach der Heberzeugung Hahmeifter's zu der Sdhluffolgerung, 
daß beide von einer und derfelben Hand herftammen, fo dag alfo Niemand 
anders als Wilhelm Plepdenwurf der „Meifter von 1480" fein tann. 
Wie man flieht, ift dies eine febr Fühne Beweisführung, deren objektive 
Richtigkeit fhließlih von der zweifellofen Feftftellung der Thatfahe abhängen 
wird, daß die Stihe im Amfterdamer Prentenfabinet und diejenigen in der 
Weltdhronif von einer 
und derjelben Hand 
herrühren müſſen, 

während aud die Mit- 
arbeiterſchaft Pley⸗ 
denwurf's an der 
Weltchronik ebenfalls 
mit unanfechtbarer 

Sicherheit erwieſen 
werden müßte. 


fa, 


4 
AR 


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Jofef Rösl, Füllung, 


Loewen ift eine in 
künſtleriſcher Hinſicht 
bedeutſame, auch für 


das Berliner Mu— 


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Iofef Rösl, Füllung. 


Deutfhe Runft. 


— Gn der Stadt 





feum werthvolle Ent- 
dedung gemacht wor- 
den. Die Petersfirhe 
in Loewen bejaß das 
berühmte Triptyhon „Das heilige Abendmahl", eins der herrlidften Werfe Ser 
vlämifhen Malerfchule des 15. Jahrhunderts. Das mit der gefälfchten Unterfchrift 
„Nemling‘ verfehene Mittelbild ift in der Petersfirche verblieben, während ein 
Flügel (das Paflahmahl und Elias in der Wiifte) fid im Berliner Mufeum und 
der andere Flügel (Abraham und Meldifedet und Mannafammeln) in Ser 


Iofef Rösl, Füllung. 


Mündener Pinatothef befinden. Man hatte diefes Meifterwerk der Reihe nad den 


Malern Rogier Dan der Wepden, Joffe van Gent, Hans Memling, 
Holbein und Cornelius Metjys zugefhrieben, erft im Fabre 1858 ftellte 
der Arhivar der Stadt Loewen Van Even den wahren Derfertiger des 
Gemäldes feft: es war Dierid Bouts aus Haarlem, in Loewen an- 
faffig (1400 bis 1450). Ein Loewener Geiftlider, 
der Difar Dan der Heyden, der mit der Ord- 
nung der Archive der Petersfirhe beauftragt 
worden war, bat nun jet den Rontraft auf- 
gefunden, den die Brüderfhaft des heiligen Safra- 


WE N mentes für die Ausführung des Triptyhons mit 


Bouts abgefdhloffen hatte. Diejer Rontratt ftellt 
feft, daß die Arbeit im März 1464 begonnen werden 
follte; vollendet war die Arbeit im Februar 1468, 
fo daß der damals 6S Jahre alte Meifter das 
Triptvhon innerhalb vier Fahre vollendet bat. 
Nod im februar 1468 wurde es in der Kirche 
aufgeftellt. Auch die von Bouts eigenhändig und 
mit fefter Hand gefdriebene Quittung ift jegt auf- 
gefunden worden; fle it im Jahre 1468 ausgeftellt 
und lautet: „Jh Thierry Bouts erkläre mich 
befriedigt und vollftändig bezahlt für 
das Werk, das ih für das heilige Safra- 
ment ausgeführt babe. Als die Brüderfchaft 
den Dertrag mit Bouts abjhloß, befag fie niht 
das Geld für Bezahlung des Meifters, aber fie 
wendete ih, da es ih um die Ausfhmüdung der 
Haupttirhe der Gemeinde handelte, an die Ein- 
wohnerfhaft. Gn den Redhnungen der Rirhe aus 
dem Jahre 1466 findet man fromme Spenden für 
diefe Arbeit. Go fpendete ein Bürger einen rheinifhen Gulden, eine frau 
einen halben Goldthaler. 


— Jn der „Chronique des arts et de la curiosité“ veröffentlicht 
Eugen Münt einen Artikel über zwei bisher verborgen gebliebene Skizzen 
von Leonardo ða Dinci zur Madonna in der felfengruppe. Die „Vierge 
aux Rochers‘ gehört zu den foftbarften Bildern des Louvre in Paris und 
die Runftgelehrten greifen mit Haft nad Allem, was mit dem berühmten Bilde 
zufammenbängt. Die neu aufgefundenen Zeihnungen find nun, wie Münt mit- 
theilt, vorbereitende Studien für diefes Wunderwerk itxlienifher Runft, die als 
Stadien feiner Entwidlung zwar den Rartons zum heiligen Abendmable in 
Weimar an Bedeutung machfteht, aber die Leonardoforfhung doh von un- 
leugbarer Wichtigkeit find, und befinden fi in der Galerie Mancel zu Caen. 


Dieje Balerie wird von den wenigften Runftfreunden befudt, und fo fommt ea, 
daß die interefjanten Blätter bisher von den Büchern über Leonardo überfeben 


worden find. Man fieht mit Spannung einer getreuen Abbildung der Blätter 
entgegen, auf welde 
Münt duch £.Mabil- 
lean aufmerffan ge- 
madt worden ift, ða- 
mit man über ibre 
funftgefhichtlibe Be- 
deutung  wenigjteng 
eine einigermaßen an« 
fhaulide Aufklärung 
erhält. 





Josef Rösl, Füllung, 


Deutfde 


Runft. 


Preisbewerbungen und Perfdnliches. 


— Zur Erlangung von Entwürfen für die zukünftige Ausgeftaltung 
der Robleninfel in Münden, die jert der zweiten Kraft- und Arbeits- 
mafchinen-Ausftellung überlafen ift, wird von der Stadtgemeinde Münden 
ein öffentliher Wettbewerb unter den Architekten Deutfhlands ausgefdrieben. 
Die Entwürfe, bei denen für die Wusgeftaltung und Bebauung der njel die 
Erhaltung und Derfhönerung des landfhaftlihen Charakters befonders zu 
beachten ift, find bis J. April 1899, Abends 6 Uhr, im alten Rathhausfaale 
in Münden abzuliefern. Zur Dertheilung gelangen vier Preife von 1000, 
750, 500 und 250 Mark; do bebält fih der Magiftrat eine Dertheilung der 
Preife in anderer Abftufung fowie den Ankauf weiterer Entwürfe vor. 
Jedenfalls ift die Aufgabe eine fehr dantbare und giebt einem phantaflevollen 
Arditelten Gelegenheit zu einer eigenartigen, wirtungsvollen Schöpfung. 

— Ein allgemeiner Wettbewerb unter den Arditeften Deutjclande, 
Oefterreihs und der Schweiz wird zur Erlangung von Entwurfsffizzen für 
ein in Köln zu errihtendes neues Stadttheater eröffnet. Die Skizzen 
nebft deren Anlagen find, mit Merkzeihen oder Kennwort verjeben, bis zum 
51. Oftober 1898, Abends 6 Uhr, an das Oberbiirgermeifteramt in 
Röln portofrei einzufenden. Als Preife find ausgefert 5500, 2500 und 
1000 Mark, die in jedem Falle zur Vertheilung tommen. 

— Deutfhland wird auf der Weltzusftellung von 1900 feinen eigenen 
Ausftellungspalaft haben. Don den neun Arditelten, die Pläne einfendeten, 
wurden drei pramiirt und derjenige des Profeffors Thierfh in Münden 
vom Reihsfommiffar Richter dem Weltangftellungstommiffar Picard vor- 
gelegt, der ihn billigte. Der Plan it nah demjenigen des alten Rathhaufes 
in Lindau am Bodenfee angefertigt. Die äußere Dekoration wird in deutfcher 
mittelalterliher Gothi? ausgeführt. 

Die Ronkurrenz um ein Amtsgebäude für die Handels- und Ge- 
werbefammer in Reihenberg hat folgendes ARefultat ergeben: Der erite 
Preis wurde dem Projekte mit dem Motto „Mikofh", das die Architekten Brankly 
und Remges in Köln a. Rh. zu Verfaffern hat. Den zweiten Preis erhielt 
Alfred Müller in Leipzig und den dritten Mar Freiherr von ferftel 
in Wien. Angefauft wurde der Entwurf von Georg Dinllage in Berlin. 
Den Projeften mit den Rennworten ,,Mercurins und „Handel und Gewerbe" 
wurde eine lobende Anerkennung zu theil. 


— Eine befondere Ehrung haben Berliner Riinfller dem Profeffor 
Reinhold Begas zugedaht: die Widmung einer Handzeihnung Adolf 
Menzels. Die Zeihnung weift verfchiedene Charakterköpfe auf, deren Jn- 
baber das Nationaldenfmal betrachten. 
aul Meyerheim bat drei große Bilder vollendet, die von der 
frifchen Arbeitsfraft des Riinftlers zeugen. einen Papagei, der feinem 
umgeworfenen futternapf zornig nadhjchreit, während fih Tauben der ihm 
unzugängli gewordenen Nahrung erfreuen; den Umzug einer Bauflertruppe 
duch ein Dorf und eine prädtige Szene aus dem „Familienleben eines- 
Löwenpaares. 


— Das Profefforenfollegium der l. f. Wlademie der bilden- 
den Riinfte in Wien hat nad den „M. N. N.H dem Bildhauer Jacob Gruber 
aus Hallein für fein Werk „Verſchüttete Bergknappen‘ den Rompreis, 
verbunden mit einem Shwendenwein'fhen Reifeftipendinum zu 3600 fl. zu- 
erkannt. 


— Jofef Jsraäls, der Altmeifter der niederländifchen Maler, hat 
die legte Hand an ein großes Gemälde gelegt: „David vor Saul, mit 
welhem er [don vor fünfzig Jahren begonnen bat. Diejes Runftwer! madt 
auf den Befhaner einen überwältigenden Eindrud. Rechts auf dem Bilde: 
David, eine junge, lebensluftige, fvmpathifhe Figur; er fpielt die Harfe und 
[haut finnend in die rofig leuchtende Ferne; vor ihm, flanfirt durd eine 
SFtanenfigur mit tieftraurigem Gefidtsausdrud: Saul, eine imponirende Beftalt. 
Schon häufig wollte der Rünftler fein Werk der Deffentlichkeit übergeben, doc 
immer und immer wieder fand er, nad feiner Meinung, Mängel, welde ihn 
davon zurüdhielten. 


— Theodor Riek, der in der deutjchen Heilftätte zu LCofhwig ver- 
ftorbene Bildhauer, war dadurh in weiten Rreifen befannt, dağ er die ähn- 
lidfte aller Biiften von Raifer Wilhelm I. fhuf. Diefe Büfte bis zu einer 
ftaunenswerthen Yaturtrene auszuarbeiten verdankte Rieg dem Umftand, daß 
er mindeftens ein Eremplar einer Raiferbüfte in Marmor jtets fertig ftehen 
haben mußte, damit fie nad den Weifungen des Berliner Hofmarfhallamtes 
als Gefhent verfendet werden fonnte. Unanfhdrlid fonnte der Rünftler fo 
Ueberarbeitungen und DVerbefferungen vornebmen. Riek ftand übrigens aud 
in verwanttjhaftlihen Beziehungen zu Rihard Wagner, Rlara Shumann 
und deren Halbfhwefter Marie Wied. 


— Der berzoglid-braunfhweigifhe Hofmaler und Galerieinfpeftor a. D. 
Adolf Barthel ift in Braunfdweig geftorben. Bejonders als Portrait. 
maler genoß der im 80. Lebensjahre heimgegangene Riinftler einen hod- 
geadteten Ruf. 

— Jn Rheims ift vor Rurzem der Parifer Arkitett Pierre Jofeph 
Edouard Deperthes im Alter von 65 Jahren geftorben. Der Rünftler, 
welder im Fahre 1835 in Houdilcourt (Ardennes) geboren wurde, war der 
Mitarbeiter Ballu's bei der Rirhe Saint-Ambroife in Paris und erhielt 
mit Ballu zufammen für ihren Wettbewerbe-Entwurf für den Wieder- 
aufbau des Stadthaufes in Paris den I. Preis. Gn der folge wurden die 
beiden Architekten mit der Ausführung betraut. Mit Erfolg hatte fih 
Deperthes an den Wettbewerben für die Bauwerke der Parijer Weltauss 
ftellungen von 1878 und 1889 und für die Facade des Domes von Mailand 
betheiligt. 

— Charles Garnier, der berühmte franzöfifhe Architeft und Erbauer 
der Parifer Broßen Oper, ift am 3. Auguft Abends an einer Aderverftopfung 
pléglid in Paris geftorben. Den Bau der Oper vollendete der Derftorbene 
nah zehnjähriger Bauzeit im Fabre 1867. 





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II. 22. 


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Deuffche Kunft. 


Beiblatt: Das Hielier. 
Jlhuftrirte Heitichrift für das gefammte deutiche Kunitichaffen. 


Central-Organ deutfcher Runft: und Rünftler:Dereine. 


Herausgegeben von 


Georg Malkotuskn, 
Schriftleifung und Berwalfung Berlin W.57, Sfeinmehftr. 26. 


Alle 14 Tage erfheint eine Nummer. 
Preis vierteljährlih 2.80 Mark. 
Poftzeitungstifte Ar. 1174. 


Alle 14 Tage erfcheint eine Nummer, 
änferate: 40 Pfennige fiir die 4 ge- 
fpaltene Nonpareille-Zeile. 


Publifationsorgan des Deutfchen Runftvereins in Berlin, des Schleiifhen Runftvereins in Breslau, des Aunftvereins für das Broßberzogthum Heffen in Darmftadt, des Anhaltifhen Aunfts 
vereins in Defjau, des Wiirttembergijden Runftvereins in Stuttgart, des Schleswig - Holfteinifchen Aunftvereins in Riel, der Runftvereine in Münden, Oldenburg, Mannheim, Nürnberg, Gera, 
Altenburg, Elberfeld, Barmen, Bielefeld, Börlik, Danzig, Rönigsberg, Stettin u. a. 








Ar. 22. 1. September 1898, 


II. Jahrgang. 








Das Germanifche Hationalmufeum in Nürnberg. 
Pon Dr. M. Wingenroth. 


DO‘ befannte Literaturhiflorifer Erid Schmidt hat einft 


| willigteit wußte er feinen Plan zu verwirfliden. Er lieh 
einen fleinen Auffat gefhrieben mit der Ueberfhrift: 


der Anftalt zunädhft feine eigenen Sammlungen, die dann 


„Die Entdedung Ylürnbergs“, worin er an einer Reihe 

von merkwürdigen Beifpielen — u. U. Sulzer, Klop- 
ftod, Semler, Nicolai u. f. w. — zeigt, mit welder Derftand- 
niflofigfeit man lange Zeit Sen Denfmalern der alten Reids- 
ftadt gegeniiberftand. Ert um die Wende des 18. Jahr- 
hunderts begann fih der Sinn zu regen für Alt-Yürnberg. Und 
je eifriger in unferem Jahrhundert das Studium der Befdhichte 
gepflegt wurde, um fo mehr muds das DVerftändniß für das 
fhöne Städtebild an der Pegnik, das von alten Seiten fo 
deutlih zu uns redete. Gn der Stadt felbft war die Erinnerung 
an die vergangene große Blüthe nie ganz verloren gegangen, 
aber auch fie erftarfte immer mehr mit dem Ffortfchreiten des 
19. Jahrhunderts. Um die Mitte desfelben begann dann ein 
fränfifher Edelmann, Hans Freiherr von Auffeß, mit be- 
mwunderungswürdigem Eifer die Ueberrefte alter Herrlichkeit zu 
fammeln und dadurd viele vor drohender Dernihtung zu be- 
wahren. Weit über den Rahmen eines engen Cofalpatriotismus 
hinaus ging aber fein Streben. Seinem Geifte fcwebte der 
Plan einer großen 
Anftalt vor, die von 
allen Epoden deut- 
fher Runt un Rul- 
tur beredt Zeugniß 
ablegen follte, und 
nad) langen, raftlofen 
Bemühungen gelang 
es ihm endlid, auf 
einer 1852 zu Dres- 
den unter Dorfiß des 
Prinzen Johann, 
fpäteren Rönigs von 
Sadfen, tagenden 
Derfammlung Seut- 
fher Befhichts- und 
Altertbumsforfcher 
die Gründung eines 
„Bermanifchen Na- 

tionalmufeums** 

Öurchzufegen. Unter 
den fhwierigften Um- 
ftänden und mit nie 
verfagender Opfer- 





Das Germanifhe Hationalmufeum von der Siidfeite. 


fpäter gegen eine verhältnigmäßig geringe Entfhädigung in 
den Befig Serfelben übergingen, und wußte das ntereffe 
des deutſchen Volkes für diefelbe zu gewinnen — ein Jn- 
tereffe, das feit jenen Zeiten immer mehr gewadfen und das 
der finanzielle und moralifhe Halt des Mufeums geworden ift. 
— Als dann Freiherr von Auffeg fih zurüdgezogen hatte, 
trat Direftor Effenwein an die Spike Ser Anftalt, ein ganzer 
Mann, der die Ausgeftaltung des Mufenms zu feiner Lebens- 
aufgabe madte, welder er Zeit, Befundheit und Alles opferte, 
der in fdwierigen Cagen üh niht foheute, die ganze Macht 
feiner Perfönlichkeit in die Wagfchale zu werfen, und der mit 
Redt alo zweiter Gründer der Anftalt genannt wird. Den ur- 
fpriinglid etwas weiten und unfiheren Plan verwandelte er mit 
Meifterhand in ein flares Programm, nad dem fic) arbeiten 
ließ, und das er, wenn er es auch nicht zur endgiltigen Ausführung 
brachte, weil das iiber Menfcenmiglidfeit ging, fo Sod fo 
weit zu fördern vermodhte, daß man darauf weiter bauen fonnte 
und daß jeder Tag die Anftalt dem großen Ziele näher bringt. 
Diefes Ziel aber ift 
fein anderes, als in 
einem großen Mufeum 
Denfmaler aller Epo- 
hen und Ridtungen 
deutfcher Runft und 
Rultur 3u vereinigen 
und fo ein unver- 
gleihlihes Monu- 
ment der Gefdicte 
unferes Dolfes zu 
fhaffen, das zugleich 
neues Licht über leg- 
tere verbreiten und 
dem forfcher wie dem 
Laien Belehrung und 
Genuß verſchaffen 
follte. Reine Rari- 
täten -Rammer alfo, 
fondern eine wiffen- 
fhaftliche Anftalt mit 
beftimmten Zielen — 
vielleiht das  erfte 
Mufeum in Deutfd- 


422 





land, das auf Grund 
derartiger Erwägungen 
angelegt murde, und 
das vorbildlih ge- 
worden ift für eine 
Anzahl feitdem neu 
entftandener Samm- 
lungen. Und wer jest 
die Räume des Ber- 
manifhen Mufeums 
durchwandert, der 
ftaunt darüber, was 
bereits zufammenge- 

bracht worden, der 
ftaunt nod mebr, wenn 
er hört, daß in faum 
fünfzig Jahren diefe 
große Anftalt gleid- 
fam aus dem Yidts 
gefhaffen wurde, die 
jet neben den größten 
Mufeen Europas ges 
nannt wird. Denn ohne daß ein Anfangskapital vorhanden 
war, it das Bermanifche Mufeum lediglih aus freiwilligen Bei- 
trägen Deutfhlands entftanden. Nod) jet werden die Mittel 
zum weiteren Ausbau aufgebraht — neben feften Beiträgen des 
Reiches, Bayerns und Nürnbergs — urh die Opferwilligteit 
deutfiher fürften, Gemeinden und Privaten, fei es Surh jährliche 
Beiträge oder dur einmalige Gefthenfe. Mande edle Todten 
endlih haben fih durh fhöne Dermädtniffe um die Anftalt 
verdient gemacht, die fomit gewiffermafen vom deutfchen Volte 
felbft taglid) neu gefhaffen wird. Deutfches Volf, hier felbft- 
verftändlidy nicht nad den politifhen Brenzen, fondern im Sinne 
der Spradenzufammengehörigkeit gemeint. Jhm gehört fie aud) 
an, und fo prangen über dem Eingangsthor zu den Sammlungen 
die Worte: 





Wejtliher Hof. 


„Eigenthbum der Deutfhen Yation*, 

Sofort beim Eintritt in das Mufenm werden wir von be- 
deutender Stimmung erfaßt. Reine einförmigen Ausftellungs- 
räume liegen da vor uns — überrafht verliert fi der Blit in 
einen langen Kreuzgang, einen der fchönften Deutfhlands, der 
in einfahen formen gothifhen Styles erbaut ift und die Blüthe- 
zeit unferer mittelalterlihen Baufunft würdig repräfentirt. Es 
it der große Kreuzgang des ehemaligen Rarthäuferklofters von 
Nürnberg. Urfprüngli im Thiergärtnerthor-Thurm ganz un- 
zulänglid untergebradt, fonnte die Sammlung endlich in den 
Räumen der alten Rarthaufe, die theils als Befchent der Stadt 
Nürnberg, theils Surh Rauf in feinen Befig famen, eine würdige 
Unterkunft finden. Das frühere Rlofter hatte feit dem Sieg der 
Reformation in Nürnberg den verfchiedenften Zweden, aud den 
profanften, gedient und befand fi zur Zeit der Uebernabme 
durch das Mufeum in arg verwahrloftem Zuftande. Die naddfte 
Sorge mufte alfo die Wiederherftellung des alten Gebäudes 
fein, ĝas fih denn aud fehr geeignet erwies für die Aufftellung 
der Sammlungen. Thätige Hilfe wurde dem Mufeum zu Theil 
durd die Bunft des unvergeflihen Königs Ludwig I., welder 
der Anftalt ein reges ntereffe entgegenbradhte und endlid) auch 
das Proteftorat derfelben übernahm. — Bald aber wurden die 
beftehenden Räume für die ftetig wahfenden Sammlungen zu 
enge und fo fügte Direktor von Effenwein, felbft ein bedeutender 
Arditekt, von dem Entgegenfommen der deutfchen Reihsregierung 
unterftüßt, den alten Bebäuden neue hinzu, große Romplere mit 
Höfen und Fleineren Rreuzgängen, im gleihen Bauftyle gehalten, 
und man muĝ wohl fagen, es it ihm glänzend gelungen, die 
Einheitlichkeit des Eindrudes zu wahren. 

Als dann im Herzen der alten Reihsftadt ein neues Juftiz- 
gebäude errichtet und zu diefem Zmwede das fhöne Auguftiner- 
Rlofter niedergeriffen werden follte, gelang es, die nötigen Mittel 
zufammenzubringen, das alte intereffante Bauwerf mit feinem 
jhönen Kreuzgange an der Südfeite des Bermanifhen Mufeums 


Deutfdhe Runf. 





wieder aufzubauen und fo der Stadt und der Nahwelt zu 
erhalten. — Meberbliden wir jetzt den Bebäudefompler, der eine 
Art Meines Stadtviertel für fi) bildet, fo haben wir ein ab- 
wedfelungsreidhes und ftets pittoresfes Bild vor uns. Aud Sem 
Zauber des Innern mit feinen fhönen Areuzgängen, den Rirchen 
und Rapellen, den Höfen und Hallen, die das Liht erhalten 
durch fhöne alte und neue Blasfenfter, wird fic) fein empfindungs- 
fähiges Bemüth entziehen fonnen. Obgleidh nidht zu leugnen 
ift, daß mande Nadtheile damit verbunden find: eine fid) oft 
ftörend bemerkbar madende Dunkelheit und eine gewiffe Unüber- 
fihtlihfeit der Sammlungen. Das alles wird aber dody wohl 
aufgewogen durch die eigenthümlidy poetifhe Stimmung, Sie 
das Mufeum zum Liebling der deutfhen Nation gemadht bat. 
Und man darf behaupten, daß diefe Stimmung faum anders 
hätte erreicht werden fönnen: alles läßt fi eben nicht vereinigen, 
und fcdlieBlid) ift gerade eine folhe Anftalt wie das Bermanifche 
Mufeum nit nur für die Männer Ser Wiffenfhaft da, fondern 
foll vielmehr im deutfhen Dolfe den Sinn für die große und 
reihe Vergangenheit hervorrufen und fördern. Seltfam wird es 
nun den Befucher, der über die Ausdehnung der Bebäulichfeiten 
ftaunt, berühren, wenn er hört, daß diefe der Sammlung wieder 
bedeutend zu enge geworden find. Und dod verhält es fih in 
der That fo. gwei Neubauten find in Angriff genommen, auch 
diefe nur das dringendfte Bedürfnif befriedigend; ob es in ab- 
fehbarer Zeit gelingen wird, in größerer Ausdehnung Neues zu 
fhaffen, läßt fid) nicht vorausfehen, aber hoffen darf man es 
im ntereffe des Mufeums. Dann wird es wohl au möglich 
fein, einzelne Abtheilungen wirkfamer aufzuftellen und das Studium 
derfelben zu erleichtern. 

Dod es ift Feit, endlid einen Fleinen Rundgang Surh das 
Mufeum zu unternehmen. Wenn wir durd die Pleine Klofter- 
pforte eingetreten, fo fteben wir zunädhft vor den uralten Denf- 
mälern der vorgefhidtliden Seiten unferes Landes. Funde aus 
allen Begenden Deutfehlands repräfentiren diefe dunkle Periode; 
Steinwerkzeuge, fowie die vollendeteren Jnftrumente der Bronze- 
zeit; alles in ftattliher Fülle vertreten. Nicht zum Geringften 
gehören die Nefte uralter Gewebe; als folde für die meiften Be- 
fucder allerdings nur durd die Auffhrift erfennbar. Ob und 
welche Stiide diefer Abtheilung Erzeugniffe germanifher Race 
find, wer vermag es zu fagen; nod find die Unterfuhungen 
darüber nicht abgefdloffen. 

Eine befcheidene, aber binreihend darakteriftifhe Gruppe 
führt uns die Zeiten vor Augen, in denen die Römer über 
Deutfhland herrfhten. Annäbernde Dollftändigkeit fann bier 
nicht erftrebt werden; es muß dem römifch-germanifhen Zentral- 
Mufeum in Mainz überlaffen bleiben, einegenauere Unfhauung diefer 
Epoche zu geben. Weit reihlierfind die Heiten der Völkerwanderung, 
der Mevoringer und Rarolinger vertreten, jene Seiten, in denen fic 
eine originale Orna- 
mentit 3u regen be- 
gann, wabrend man: 
zugleih, wenn aud 
vielfah  ungefhidt, 
die von den Römern 
übernommenen Ted- 
nifen und formen 
verwerthete. Dor 
Allem fefjelt uns bier 
eine der neueften Er- 
werbungen des Mu- 
feums: ein eiferner, 
mit vergoldetem Sil- 
berbled) überzogener 
Helm, der vor furzem 
in der Gegend von 
Augsburg ausge- 
graben wurde, vers 
mutblih aus der 
Völkerwanderung 
ftammend, ein Zeuge 





Oeftlidher Hof mit Auguftinerflofterbau, 


Deutfhe Runft. 


423 





alfo jener gewaltigen 
Kämpfe, in denen fid 
die deutfchen Stämme 
ihre endgiltigen 

Wobnfige  erjtritten. 

ou dem großen 
Kreuzgange, deſſen 
Linien den Grundrif 
des genannten Mu- 
feums beberrfchen, hat 
eine in ibrer Art 
einzige Sammlung 
angemefjene Auf- 
ftellung gefunden: eine 
große und wohl aus- 
gewählte Anzahl von 
Grabdenfmalern aus 
allen Zeiten deutjcher 
Gefhihte in” Ab- 
güffen. Wir jehreiten 
vorüber an den Be- 
ftalten von Bermanen 
die in römischen Dienften ftanden, Ronigen, Bifdhsfen, Wdligen 
und Bürgern — id nenne vor Allem Heinrich den Löwen 
und feine Gemahlin, Kaifer Mar, den legten Ritter, Luther 
u. f. w. — bis an das Ende des fiebenzebnten Jahr- 
bunderts; vorüber am einer Fleinen, bochintereffanten Gruppe 
von Bronze-Epitapbien, wie fie Nürnbergs berühmte Ruhe- 
ftätten den St. Jobannise und St. Rochus - Friedhof, die 
Gräber der Dürer, Pirdheimer, Difcher und Jamniger zieren, und 
finden endlid in dem fohönen Hofe bezw. Barten des Kreuz- 
ganges unter dem Schatten mächtiger Bäume eine Reihe von 
Originalgrabfteinen aus dem IS. Jahrhundert in den Formen 
des Barot und Rofofo, die uns auc durch den Ort ihrer Aufitellung 
an jene melandolifden, alten Friedhöfe erinnern, wie den von 
Frankfurt, auf welchem Goethe's Eltern ihren legten Shlaf thun. 
— Jn diefen treneften monumentalen Gllufirationen, wenn man 
fo fagen darf, wird uns die deutfhe Befhichte vor Augen gee 
führt und zugleih ein werthvolles Material geboten für die 
Gefhichte des Roftüm- und Waffenwefens, ganz befonders aber 
der deutfchen Plaftit, für deren Studium allerdings noch weiterhin 
geforgt if. An der Oftfeite des Rreuzganges gruppiren fih um 
einen Pleineren Kreuzgang, den Rolandshof — jo benannt nad) 
einer Nachbildung der Statue Rolands des Riefen am Rathhaus 
zu Bremen — eine Reihe von Räumen, die der Unterftügung 
des damaligen Kronprinzen Ftiedrih und der Kronprinzeffin 
Diftoria ihre Entftebung verdanfen, Sie tragen den Namen 
ihrer hoben Stifter 
und enthalten eine 
große Anzahl von 
Gypsabgiiffen nab 
dentjher Skulptur, 
von den Erxterjteinen 
bis zu den Rrieger- 
masten Sclüters. 
Es ift ja heutzutage 
faum mebr möglid, 
Originale alter 
Steinplaftit zu er- 
werben, gefhweige 
denn eine Original- 
fammlung _berzu- 
ftellen, an der die 
Gefdhidte der deut- 
fıhen Skulptur voll» 
ftandig ftudict were 
Sen fann. Und da 
die. Anftalt alle 
Epoden deutſcher 
Runft  illuftriren 





Wittelsbacher Uhr. 





Kreuzganggarten, 


will, fo tritt bier Ser Bypsabguß bilfreih ein. Dielfady in Nlad- 
ahmung ðes Originales heller oder dunkler getönt, dann, aber aud) 
nur dann, im Stande, die Anfhauung der Originale einigermaßen zu 
erfeßen. Man denke nad alledem nicht, daß das Mufeum nur Nad- 
bildungen deutfher Bildhanerarbeit befitt; in den hellen, Iuftigen 
Räumen der ehemaligen Rarthäuferfirhe ift eine Sammlung von 


Holzftulpturen aufgeftellt, die ihresgleichen fucht. Hier findet fidh 


aud) eine große Kollektion von Rirdengerdthen, Relden, Mon- 
ftranzen, Reliquienfdreinen, Aquamanilien u. f. w., die neuerdings 
durch ein duferft werthvolles Stüd, die in Silber getriebene, 
mit Bold und Edelfteinen verzierte Reliquiarbüfte des hl. Jeno, 
eine Stiftung des Probftes Ladislaus von Ahdorf an die Stifts- 
fire zu Jfen in Oberbayern, vom Jahre 1467, vermehrt werden 
fonnte. Jn dem Erdgefhoß haben ferner Plaş gefunden die 
Möbel der Gothif und Renaiffance, die Goldarbeiten, Majolifen, 
‚Favencen, Porzellane und Glafer und endlid) — eine der voll- 
ftändigften Abtheilungen und in diefem Reidhthum wobl taum 
mehr anderswo anzutreffen — die Oefen und Ofentadeln, mit 
das Scönfte, was uns das Runflgewerbe unferer Vorfahren 
hinterlaſſen. 

Deutlicher noch als in den eben angeführten Hausgeräthen 
tritt uns das häusliche Leben der früheren Jahrhunderte vor 
Augen in den ſogenannten 
„altdeutſchen Zimmern“, 
welche, auf der Oſtſeite des 
pittoresken Waſſerhofes an- 
gelegt, bis in die Einzel- 
beiten getreu, Tiroler, 
Schweizer, Nürnberger und 
Rheinifhe Stuben aus den 
verfhiedenften Seiten in 
durhaus originalen Stüden 
darftellen. Diefe trauliden 
alten Zimmer feffeln vor- 
zugsweife die Aufmerkfam- 
feit des Publifums, und 
das bier gegebene Beifpiel 
hat vielfach Nachfolge ge— 
funden. — Hier an der Süd⸗ 
ſeite der ganzen Anlage, in 
den Räumen des alten 
Auguſtinerkloſters, finden 
wir auch die Waffenfamm- 
lung des Muſeums. Die 
meiſten Stücke, darunter 
einige Meifterwerfe der Nürnberger Platnerkunft, ftammten urfprüng- 
lih aus dem Zeughaus der alten Reihsftadt, waren in den napo- 
leonifhen Kriegen nad ©efterreih gekommen nnd dort vielfad 
in Privatbefig übergegangen. Midt lange vor feinem leider allzu. 
frühen Tode gelang es noch Direktor von Effenwein, einen großen 
Theil der ehemaligen Feughausbeftinde aus dem Ffürftlih Sul- 
fowsti’fhen Befig wieder zu erwerben und nad Nürnberg zurüd- 
zubringen. 

Steigen wir nun zum erften Stodwerf hinauf, fo treffen 
wir zunähft auf das pharmazentifhe Hentralmufeum: eine alte 
Apotheke „zum Hirfhen‘* in vollftindig erhaltener Einrichtung 
erregt unfer hödftes Gntereffe, daneben eine pbarmazeutifche 
Materialfammer und eine Kräuterfammer. Endlih das reid 
ausgeftattete Laboratorium eines Chemifers oder Alchimiften 
früherer Zeiten: „mit @läfern, Büdhfen rings umftellt, mit 
nftenmenten vollgepfropft‘, das fiherlih in Jedem den Gee 
danken an fanftens berühmtes Studierzimmer erweden wird. 
An einer Abtheilung wiffenfhaftliher Jnjtrumente, Globen zc. 
vorüber — bier denn aud) die Ubrenfammlung mit einer An- 
zahl von Nürnberger Eiern — gelangen wir links in zwei nen 
eingerichtete Räume von großer Anziehungskraft. Ein be- 
fonderes Simmer bat die Denfmäler der alten Jünfte aufge- 
nommen. Die oft rei) gefehnitten Zunftladen, die Hunftbecher 
und Fahnen, Bilder und dergleihen mebr erinnern uns an die 
ehemaligen Jnnungen und ihr ftreng geregeltes Erwerbsleben. 





= a rere F 
i Hag t, 
FY, R 


Becken mit Waſſerhof. 





424 


Deutfhe Runf. 





Daran fchließt ſich der 
Spielfadenfaal an. Zum 
Theil febr fein ausge- 
führte Puppen, Blei- 
foldaten von den primi- 
tivften formen an und 
Anderes mehr Fönnen 
faft in dem Erwadhfenen 
den Spieltrieb wieder 
wadrufen. Dor Allem 
erregen aber unfere Auf- 
merkfamtfeit fünf große 
Puppenhäufer von 1 1/, 
bis zu 21/, m BHöbe, 
in fo ftattlider Anzahl 
eine Seltenheit erften 
Ranges; dabei von 
böcftem funjt- und 
kulturgeſchichtlichem In— 
tereſſe, denn durch drei 
Stockwerke hindurch 
zeigen ſie uns die ge— 
naue Cinrichtung der alten Nürnberger Häuſer in den verſchieden— 
ſten Variationen bis ins Kleinſte, bis auf Schüſſeln und Ge- 
ſchirre getreu. 

Verlaſſen wir dieſe Räume, ſo treten wir in die Gemälde— 
galerie ein, welche, wenn auch nicht reich an Meiſterwerken erſten 
Ranges, in großer Vollſtändigkeit die Entwickelung der deutſchen 
Malerei darlegt. Einige Hauptbilder der Nürnberger Schule, 
ſo der aus der Werkſtatt Wohlgemut's, des Lehrers eines Dürer, 
hervorgegangene Peringsdorfer Altar, von dem wir zwei Flügel 
in der Abbildung wiedergeben, verdienen ganz beſondere Be— 
achtung. In denſelben Sälen iſt eine ausgewählte Anzahl von 
Medaillen und Plaquetten ausgelegt. — An einer langen Reihe 
von Koſtümbildern, die eine Ergänzung bilden zu der Koſtüm— 
ſammlung, und den ausgeſtellten Proben der Kollektion alter 
Gewebe vorüber, gelangen wir zu der Abtheilung der Muſik— 
inſtrumente. Blas- und Streichinſtrumente, Spinette, Klaviere, 
legen beredtes, allerdings ſelten mehr wohltönendes Zeugniß ab 
von der ſtetigen Entwickelung der Tonkunſt. Einige von ihnen 
ſind künſtleriſch geſchmückt. 

Mit dem Muſeum iſt noch eine Bibliothek verbunden, die 
ſchon jetzt an 200 000 Bände zählt, worunter werthvolle Jn- 





Friedrich Wilhelmbau. 


kunabeln. Die neuere Literatur, durchaus Geſchenk der deutſchen 
Autoren und Verleger, iſt ein ſchöner Beweis für die Freigebig— 
keit derſelben; ferner ein Archiv, das manche werthvolle Schätze 
vor der Verſchleuderung gerettet hat, und endlich ein Kupferſtich- 
kabinet. Aus dieſen drei Abtheilungen liegen in zwei Sälen 
charakteriſtiſche Proben aus, geeignet, die Entwickelung von 
Schrift und Druck durch die Jahrhunderte anzuzeigen. 

Der Leſer dieſer Zeilen, der Nürnberg nicht kennt, wird 
überraſcht ſein von der Reichhaltigkeit der Sammlungen und 
doch haben wir noch manche intereſſante Abtheilung mit Still— 
fhweigen übergangen; fo die alten Bucheinbinde, das Handels- 
mufeum ıc. Noch größer iff das Staunen des Befuchere, der 
bäufig nicht darauf gefaßt ift, in Nürnberg eines der größten 
und erften deutfchen Mufeen zu finden, ein Mufeum vor allem, 
das fo eigenartig it in feinen Bebäulickeiten und in der Ju- 
fammenfegung feiner 
Sammlungen. So reid 
legtere aber aud) er- 
fheinen mögen, nod ift 
man weit entfernt, das 
erftrebte Ziel erreicht zu 
baben: ein, aud) nur 
in den großen Zügen, 
vollftändiges Bild deut- 
fher Runft- und Kulture 
sefhichte zu geben. Aber 
die Liebe des deutjchen 
Dolfes wird der Anjtalt 
erhalten bleiben und 
man darf niht daran 
zweifeln, daß die frei- 
gebigfeit aller Keeije 
der Nation es ermög- 
lihen werde, immer mehr 
dem großen Ziele nahe- 
zufommen. Aud die 
Stadt Nürnberg, Sie fo 
viel für die Anftalt ge- 
than und deren große 
Sammlungen 3u den widtigften Beftänden des Mufeums gehören, 
wird ja nie vergefjen, welh' werthvolles Beiden? ihr die deutfche 
Nation gemadt hat und nod immer macht, indem fie dies Kleinod 

der Rubmesfrone Ser alten Reichsftadt einfügte. 





Großer Kreuzgang. 


Moderne religiöfe Kunft. 


Ein Blid auf das Schaffensgebiet der bildenden Runft vergangener 
Heiten überzeugt uns, daß die Mehrzahl ihrer Dentmale religiöfen Charakter 
trägt. Die Runft aller 
Rulturpölfer ftand fo 
lange in ihrer Blüthe, als 
fie religiös war, und 
ging nieder, fobald fie 
Profanem den Vorzug 
gab. Es ftände übel mit 
der heutigen Runft, wollte 
man aus diefer Beob- 
adtung heraus einen 
Schluß auf ihren inneren 
Werth ziehen; denn ibr 
Wefen ift überwiegend 
profan, foweit es fih in 
unferen großen Runftaus- 
ftellungen erfaffen läßt. 
Im Sinnenzauber ciner 
intimeren farbengebung, 
im Streben nah Wahr- 
heit der Form ift die reli- 
giöfe dee verblaßt. Die 





Romanijhes Portal, Klofter Heilsbronn, 


chriftlide Runft bat die führende Rolle verloren und die eines Afhenbrödels 
übernommen. Warum? Die Runft als Quintejjenz fultureller Ergebniffe, 
als stimulans ihrer Zeit ift aud dem fortwabrenden Wedfel im großen 
Entwidelungsgange alles Menfcliden unterworfen; fie würde ihre Fulturelle 
Bedeutung und Wirkfamkeit verlieren, wenn fie fi den Folgerungen jeweiliger 
Geiftesrihtung verfhließen wollte, um in der Tradition zu erftarren. Diejes 
fonfervative Derharren bei Stilarten früherer Heiten, ihre reftanrirende Tendenz 
find es, die der religiöfen Runft ihren Einfluß genommen haben. Wir baben 
aber neben diefer Fonventionellen Runft bereits Anfäte, und zwar ganz be- 
deutende zu verzeihnen, in denen aud) die religidfe Aunft den Anforderungen 
des modernen Zeitgeiftes zu entjpreben fucht, indem fie dem allgemeinen 
Derlangen nah mehr Lebenswabrheit, mehr Fndividualitéat und Charakter 
entgegenfommt, ohne darum jede metaphyfifhe Beziehung auszufchliefgen. 
Wollte fih die Rirhe gegen eine foldhe Runft nicht länger ablehnend ver- 
halten, wollte fie die Rünftler nicht länger zu Anlehnungen an die Dergangen- 
beit zwingen, fie fönnte an ihnen Bundesgenoffen gewinnen, die es durch 
Werfe des Pinfels und des Meifels vermögen, die ewigen Wahrheiten und 
Geheimnifje des Chriftenthums dem gläubigen Bemüthe wirkfamer, rafher nabe 
zu bringen als das begeiftertfte Wort des Predigers. Aber leider balten 
aud) Manner, die von diefer Einficht erfüllt und von beftem Willen befeelt 
find, diefe Runft, in der ein Uhde die Ubiquitäten Chrifti in seitgemafier 
Form betont, für eine pfeudo-religiöfe. Wenn der Feftredner auf der am 
S. und 9. Auguft in Ravensburg ftattgehabten 6. Beneralwerfjammlung 


der Deutfhen Befellfhaft 
für criftlide Runft, Pro- 
feffor Dr. P. Albert 
Rubn aus Einfiedeln in 
dr Schweiz, an einer Erz 
fleinung wie Ubdse vor- 
übergegangen ift, fo ift das 
erklärlich, da Uhde in aus- 
geſprochen proteſtantiſchem 
Sinne ſchafft; eine Prüfung 
der in verſchwindend kleiner 
Anzahl auf unferen Runft- 
ausftellungen vorhandenen 
religiöfen Runftwerfe jedoch 
fonnte während der legten 
zehn Fahre darüber be- 
lehren, daß fih auh die 
katholiſche Kunſt loszu— 
löſen ſucht von der Ueber— 
lieferung, um aus der 
Gegenwart zu [höpfen und 
im Anlehnen an beredtigte 
Zeitftrömungen eine den Zeitgenoffen verftändlihe Sprade zu reden. 
Es wäre zu wünfhen, wenn es fic) die Befellfhaften und Dereine für 
Hriftlihe Runft, ob proteftantifh oder katholiſch, angelegen fein ließen, 
folhe Beflrebungen zu unterftügen, und fih entjchließen Ponnten, bei der 
Zufammenftellung ihrer Jahresmappen und Auswahl von Prämtenblättern 
aud) die moderne chriftlihe Aunft zu berüdfihtigen und damit zunädft 
als religiöfe und firdhlide anzuerkennen. Wenn fie alle das Programm der 
„Deutjchen Befellfhaft für riftliche Runft“, wie es Profeffor Ruhn in feiner 
Rede entwidelte, zu dem ibrigen madten und fih ohne Einfeitigfeit, Eng” 
herzigfeit und Ausfchließlichkeit feft und beftimmt auf den Boden der Begen- 
wart ftellten, erft dann dürfte man ihnen nadfagen, daß fie fih die Pflege 
teligiöfer Runft und der Runft im Allgemeinen in verdienftvoller Weife zur 
Aufgabe gemadt haben. 

Dolle Anerkennung und Nahahmung verdient die Anregung, die im 
sefhäftlihen Theil der Ravensburger Beneralverfanmlung vom zweiten Vor- 
figenden ausgegangen ift, den vierteljährlich erfcheinenden, mehr gefhäftliden 
Publifationen der Geſellſchaft Auffäge über aktuelle, tünftlerifhe Fragen 
anzubhängen. 

Als gleichzeitige Beftrebungen, das ntereffe für Firhlihe Runft wieder 
3u weden und Rünftler und Runfthandwerfer anzuregen, ih in das Wefen 
hriftliher Runft zu vertiefen, um jchöpferifh mitzuwirken für die Erhaltung 
der Religion als einer feften Stütze des Dolfes gegen geijtigen Nihilismus, 
find zwei Ausftellungen firdhlider Runft hervorzuheben, die Krefeld und 
Münden veranftaltet haben. Um den Befuchern der Krefelder Ausftellung 
Gelegenheit zu bieten, neben Werfen von Meiftern der firchliden Runft der 
neueften Zeit, die im Hinblid «uf ältere, muftergiltige Vorbilder mit tieferem 
Derftändniß niht auf dem breitgetre- 
tenen Wege der fabrifmafigen Prage, 
der Stange und des Buffes hergeitellt 
find, vor Allem auh die altere Runft 
in einer Reihe von muftergiltigen Vor- 
lagen aus der Blüthezeit des deutjihen 
Runftbandwerfes fennen zu lernen, find 
in einer befonderen Abtheilung her- 
vorragende KRunftfhöpfungen vergan- 
gener Tage, insbefondere aus den Gee 
bieten der Metallinduftrie und der mittel- 
alterlihen Paramentif zur Anfbruung 
gebraht. Wie es von dem Bauptorte 
der Seiden- und Sammetfabrik.ition zu 
erwarten war, find die Erzeuguijje der 
Paramentenfabrifanten Krefelds neben 
einer langen Reihe der practvolljten 
tertilen Ornate des Mittelalters vom 
11. bis zum 16. Jahrhundert und ferner 
aud die Schule, die fic) unter der 
Leitung des Hiftorienmalers Stummel 
in Revelaer 3u hober Blithe ent= 





Hof des Oftbaues mit Bremer Roland, 


Deutfhe Runft. 





Wittelsbaher Hof (Uugujtinerflojter). 


425 


widelt bat, mit vorzüglihen Leiftungen der Stiderei, Boldfhmiedekunft, Glas- 
mofaifen, Skulptur und Malerei vertreten. Der Rardinal-Erzbifhof Dr. 
Rremeng bat befonders ausgewählte Ornate der erzbifhöflihen Privatkapelle 
zur Derfügung geftellt. Da die Maffenerzeugniffe der fabrif und unfünftlerifche 
Halbwaare ausgefhloffen find, madht die reichhaltige Ausftellung einen 
gediegenen und vornehmen Eindrud, . 

Wenn in Krefeld, wo der Mangel an einem größeren feften Raume 
eine lofale Einfhräntung gebot, in der Hauptfade der Pulturhiftorifche 
und Funftgewerblihe Charakter gewahrt geblieben ift und in Riidfidt auf die 
Rrefelder Gnduftrle vor Allem Bewidht auf Paramente gelegt worden ift, 
fo ift in der Ausftellung in den Raimfälen zu Münden aud der modernen 
Malerei dadurch Rechnung getragen worden, daß die befannten Chriftus- 
darjtellungen moderner Meifter Aufnahme gefunden baben, die von Ronful 
Bierd den Auftrag hatten, ein Bildnig Chrifti zu malen, das „aus der 
Tiefe ihrer religiöfen Anfhauung entfprungen, der Dorftellung jedes gläubigen 
Chriften verftändli fei. So intereffant diefer Theil der Ausftellung der 
verfhiedenen perjönlihen Auffaffung wegen nod immer fein mag, im Jntereffe 
firhliher Runft hatte man die erneute Zufammenftellung diefer mehr 
fenfationellen als tief religiöfen Bilder, die an dem einmal wenig befriedigenden 
Refultate nichts mehr ändern Pann, vermijfen fönnen. 

Wenn ih fhließlih noch die Ausftellung für driftlide Runft am Dombof 
zu Röln erwähne, die in der 
legten Zeit eine ganze Reibe 
von Begenftänden alter und 
moderner Runft dargeboten 
bat, wie eine große prädtige 
bodgothifhe Monftranz von 
Johann Dir in Bonn, 
fön getriebene gothiſche, 
fchmiedeeiferne Thürbejhläge 
von dem Kölner Runft- 
fhmiedemeifter G. Junge 
bluth, eine Stola in mo- 
derner formenreicher Arbeit, 
welde von den funftfertigen 
Bänden der Schweftern vom 
Rinde Jefu in Aachen gefer- 
tigt ift, u. a. m., fo Fnüpfe 
ih daran den Wunjc, daß 
in entfprehender, Weije aud 
die Runft und vor Allem 
die moderne Runft mehr und 
mehr Einzug balte in die 
proteftantifhe Aiche, damit 
dort, wo das unauslöfhlihe metaphyfiihe Bedürfnig des Menfchen und feine 
Sehnfuht nad Dollfommenheit Befriedigung fucht im der Lehre Chrifti, fie 
diefe aud findet in der zeitgemäßen Erfheinung der Schönheit, in der die 
bödhften menfhlihen Zdeen Geftalt gewinnen, jedem verftändlid und jeden er- 
bebend vom Boden der Alltäglichkeit in 
die höhere Sphäre eines reinen, fee- 
lifhen Empfindens. _ 

Dağ übrigens auh auf lutherifder 
Seite ih erfreulihe Beftrebungen zur He- 
bung Ser Firhlihen Aunft bemerkbar 
machen, dafür [pridt wenigjtens eine Aus- 
ftellung firblider Runft- und Ausftate 
tungsgegenftände im WAltftadtrathbanfe 
zu Braunfdweig, die anläßlich der 
IX. Allgemeinen lutberifhen Konferenz 
veranjinltet worden ift. Befonders werth- 
volle Stüdfe befinden fh in einer Rol- 
leftion  gottesdienftliher Gerdthe und 
Reliquien. Viel nterefje erwedt eine 
Sammlung alter Stoffrefte die aus der 
Stifisfirbe zu Gandersheim ftammt 
und Zrüde von Byffus und Purpur, per 
file Seidenftoffe aus dem 6. bis 9. Jabr- 
hundert, farazenifhe aus dem I. Jabrhuns 
dert, byzantinifce (8. bis 10. Jahrhundert) 
enthält. Hans Marfbatl, 





Sriedrih Wilhelmbau, 


426 


Deutfhe Runft. 








Accentvertheilung. *) 


18 giebt Worte, die etwas Magifhes an fi) haben. Das 
Wort, weldes id zum Titel der gegenwärtigen Unter- 
fudung auserfeben, trägt ein fehr fhlichtes, unfdein- 
bares Aeußere; ennoh bat es immer einen merf- 

würdigen Zauber auf mich ausgeübt, fo oft id ihm begegnete. 
€s erging mir dabei faft wie dem fauft, wenn er feinen 
Mepbiftopbeles von „Müttern fprechen börte: „Trifft's midh 
Sod) immer wie ein Schlag — mwar mir's dod immer, als 
wenn etwas ganz Befonderes, Auferordentlides, Gebeimnif- 
volles binter dem Wort fteden müffel Es ift fein neues 
Wort. Jh weiß nit, wer es zuerft gebraudt. Wabrfdein- 
lid ift's ein Findelfind, von deffen Urfprung Niemand Runde 
geben fann, wie die meiften bedeutenden Worte. Sehen wir, 
was darunter zu verfteben, und ob es fid) lobnte, dabei zu 
verweilen. 

Jn dem nachgelaffenen Werke „Erinnerungen an Rubens“ 
von Jatob Burdhardt finden wir folgende Worte diefes jüngft 
verftorbenen Bafeler Runfthiftorifers: „Seitdem die alten Schulen 

dahingegangen, 

welde durch ernfte 
fahlide  Darftel- 
lung des Einzel- 
nen .. ihrer Pflicht» 
übung fiher waren, 

. war allmälig 
ein freies Bemwuft- 
fein der optifchen 
Wirkungen mädhtig 
und das Auge da- 
für reizbar gewor- 
den; wie 3. X. die 
farben und ihre fo 
verfchiedenen Ab- 
tönungen als Rüb- 
les, Warmes, Blü- 
bendes einander be- 
Singen, auf einan- 
der wirkungsreich 
im Bild, folgen 
ſollen, konnte man 
ſeit den Venetianern 
der Hochblüthe ſehr 
vollſtändig wiſſen. 
Auch für die An— 
ordnung im Raume 

. gab es eine 
Tradition von der 
früheren Runft ber: 
den Wunfd nad 
einergleihmäßigen, 
annähernd fymme- 
teifhen Dertheilung 
Ser Geftalten und 
Hergänge, denn das 
Bild begehrte nicht 
bloß eine beliebige 
Schilderung, fon- 
dern eine Erfihei- 
nung zu fein durd 
anndberndes Bleid- 
gewicht feiner Theile 

*) Del. das im OF- 
ober ò. 5. erfcheinende 
Werf „Die plaftifche 
Kraftin Runft, Wiffen- 
fhaft und Leben von 
Heinrich Driesmans 
(Leipzig, C. 6. Nau- 
mann), I, Rap. J5 u. 16. 





St. Katharina und St. Barbara. 
Slügel des Peringsdörfer Altars, 


Diefe Symmetrie aber, bei ihrer Herrfhaft im Ganzen, mußte dem 
Auge nah Kräften entzogen, im Einzelnen aufgehoben werden, 
und fo gewiß nun aud Siefes fhon ein anerfanntes Lebens- 
gefe der Malerei der Hocdblüthe gewefen war, fo fann Sod 
erft Rubens als der vollftändige Herr auf diefem geweibten Ge- 
biete gelten. Denn nur bei ihm verbindet fic) die reichlidhite 
fvmmetrifhe Handhabung des Derfihiedenen, aber Webnlich- 
Werthigen, der Aequivalente im Bilde mit dem lebendigften, 
felbft mit dem allerbeftigiten Hergang zu jenen fiegreichen 
Wirkungen, welde den äußeren Blid und den inneren Sinn 
zugleich bezaubern. Die Roffe feines Sonnenwagens find feurige 
Thiere, aber fie dürfen nit mit ihm durchgehen. Diefe Aequi- 
valente treten natürlich nicht abgefondert auf, vielmehr Surh- 
dringen fie fih gegenfeitig; wenn 3. B. eine lite und eine 
dunkle Mafje fih fymmetrifh entfprehen oder wenn farben- 
flähe gegen Farbenflähe wirkt, fo werden noh ganz andere 
Begenfäße in ‚formen und Ausdrud binzufommen, und vor 
Allem werden optifhe Werthe fid) aufwiegen fönnen mit Sen 
idealen Werthen. Auch das Bewegte, wenn es das Ruhige 
aufwiegt, fann hierher gehören, ganz befonders aber die 
moralifthe und geiftige Bedeutung gegenüber der moralifhen und 
geiftigen Unterordnung. Diefe Aufzählung könnte bier noch 
viel weiter geführt werden; genug, daß Accente der ver- 
f&iedenften Gattung und Würdigfeit in einem Bilde fih zu— 
fammenfinden fönnen . Jn momentan febr mächtigen Rom- 
pofitionen des Rubens genießt der Befhauer, zunädft unbewußt, 
neben der ftärkften dramatifchen Bewegung eine geheimnigvolle 
optifhe Beruhigung, bis er inne wird, daß die einzelnen 
Elemente jener nad Kräften verheblten Symmetrie, ja einer 
mathematifhen Figur unterthan find. *) 

Was Jafob Burdhardt bier an Rubens heraushebt, fheint 
uns als ein leuchtendes Dorbild unferen modernen Riinfilern 
vorgehalten werden zu follen. Rembrandt wurde Sem gegen- 
wartigen Gejdledt einmal als „Erzieher hingeftellt; viel werth- 
voller diirfte in dSiefer Hinfiht fein Stammverwandter Rubens 
fein, fo wie ihn Burdhardt uns vorführt. Gn der Bildung von 
Aequivalentien, die in immer wechfelnden Rombinationen und 
Nüancterungen auftreten, befteht eigentlib das Grundwefen alles 
fünftlerifhen Schaffens. Cin Werf der Runft fann in einzelnen 
Partien nod fo ,,funftvoll und vollfommen ausgeführt fein, 
wenn es das barmonifthe Gefüge der Accentvertheilung nicht 
aufzumweifen bat, wenn fein Gnbalt nicht fozufagen wie eine 
mathematifhe Gleidhung aufgebt, dann bat es feinen Anfpruch 
auf den Namen eines Runftwerfs. Wie in der Natur jede 
‚Farbe ihre Komplementfarbe, jeder Pol feinen Gegenpol, jeder 
eleftrifhe Strom feinen Begenftrom mit unerbittliher Noth- 
wendigfeit herausfordert, jo muĝ fih in einem Gemälde, in 
einem Werf der Runft für jede farbe eine fomplementire Ere 
gänzung, für jeden fraftigen Dorfto§ die entfpredhende Gegen- 
witfung, fiir jede Strömung eine Gegenftrsémung angedeutet 
finden. Goethe fpricht einmal von dem „leifen Widerfpruch‘*, 
der fi überall in der Natur bemerkbar made: wo fi ein 
Helles aufthut, erfceint plöglid Sas Dunkle ringsum umfo 
dunkler, wenn fic eine Kraft in einem Punfte fammelt und eine 
pofitive Spannung erzeugt, tritt ihr unversiiglid eine negative 
Spannung, eine Leere entgegen. Diefer ,,leife Widerfpruch* 
zwifchen allen Erfheinungen, Ser das eigentlihe Wefen Ses 
natirliden Lebens ausmacht, ift gleihfam als der mathematifche 
Grundrif eines jeden Runftwerfs zu betradten. Die „Accent- 
vertheilung’ ift fonad nichts weiter, als die jeweilige Sichtbar- 
madung diefes fomplementären Widerfpruds. Wenn ein Aunft- 
wert als ein organifhes Banzes gelten foll, dann bedarf jeder 
Punft in ihm feiner Ergänzung, feines Gegengewidts durch 
gegenfätlihe Accente. Diefe ausfindig zu madhen in ibren 
wechfelnden Gruppirungen, im ibrer Vermifhung und Der- 
taufhung von farben, Tönen und plaftifhen Bildungen, Sarin 


*) Erinnerungen an Rubens, pag. 126/134. Bafel, ®. f. Lendorff, 189s. 


befteht eigentlid) der 
Reiz eines Runftwerfs. 
Hu feben, wie fic fo- 
zufagen überall die 
Wage allmälig ins 
Bleihgewicht fett, als 
welhe 3. B. ein Gee 
mälde mit feinem 
Durdeinanderfhwan- 
fen von farben und 
Geftalten auf denerften 
Blie erfcheint, je griind- 
lider man es ins Auge 
faBt, wie fic) das ge- 
heimnifvolle Räthſel 
löft, weldes es auf- 
giebt, das Räthfel feiner 
verborgenen, von dem 
Riinftler oft abfichtlid 
verfdleierten und durd 
Gegeniiberftellung þe- 
terogener Sinnesein- 
drüde verfchobenen Ac- 
centvertheilung — dar- 
in beftehbt der wahre, 
tiefe Zauber, den jedes 
echte Kunſtwerk aus- 
übt, von weldem frei- 
lid nur die Wenigften 
etwas verfpüren. Wer 
3u dem Gebheimnif 
diefes verborgenen 
Bleihgewichtes aller 
Ausdrudsmittel eines 
Runftwerfs vorge- 
drungen ift, der bat es in Wahrheit erft verftanden und feinen 
tiefiten Sinn erfaßt: für ihn fommt dramatifches Leben aud in 
das fchlichtefte Bild — er ruft entzüdt aus: das ift Leben vom 
Leben! Denn es ift das balbe für und Wider, derfelbe Streit, 
Serfelbe geheimnißvolle leife Widerfprud, wie er feine Bruft un- 
aufhörlich bewegt, den er bier unter dem Schleier leuchtender 
Sfarbenpradht, fehwellender Töne, raufhender Bewänder oder in 
den Thaten leidenfhaftliher Menfchen erfannt bat. 

Gleichviel, ob wir ein Drama, ein Tonwerf oder ein Ge- 
mälde vor uns haben, wir werden uns weniger um die Qualität 
der äußeren Darftellungsmittel fümmern müffen, als zu erforfcen, 
ob das Werk einen geheimen Sinn habe, wie die „AUccente‘* 
liegen, und ob fie in einerneuen, eigenartigen, reizvollen Weife 
vertheilt find, obne die unerläßlihe Aequivalenz zu beeinträchtigen. 
Diefer geheimnifvollen Mufif, die aus einem jeden folden Werke 
dem Eingeweihten ans Obr oder Auge fihlägt, werden wir 
laufen, und uns nicht Sadurd beirren [affen, wie und wo es 
dem Rünftler gefallen, feine Stoffe und Ausdrudsmittel zu wählen. 
Aud das nataraliftifhe Runftwerk erhält von diefem Standpunkt 
aus feine fünftlerifhe Berechtigung, und das idenliftifche wird 
hinfällig, wenn es den Zauber der äquivalenten Accentvertheilung 
entbehrt. Wir feben, Saf fich hiermit eine neue Perfpeftive zur 
Beurtheilung der Runftwerfe eröffnet. Ein „jüngftes Geridt' 
über unfere gefammte Runft thut fic auf, vor dem gar viele 
Werke nicht beftehen dürften. Daf die Ffordgerung der dquivalenten 
Accentvertheilung eine begründete ift, gebt übrigens daraus hervor, 
daß es fein Meifterwerf giebt, an dem wir jie vermißten. Bei 
den Raffaelifhen Schöpfungen liegt fie fo offenbar zu Tage, 
daß ihre Harmonie uns gleich einer vertrauten, lieblihen Mufik 
umraufht. Andere Rünftler zogen es vor, fic errathen zu laffen, 
wie denn Jakob Burdhardt von Rubens fagt, daß feine Werke 
eine „verhehlte Symmetrie‘ enthielten. Ein Meifter in der Runft 
der Seung von Aequivalentien, befonders moralifher Art, ift 
Rembrandt, Jn feinem Bilde „der barmberzige Samariter‘ 3. B. 
ift Ser Rontraft von Angft auf der einen und ruhiger Entjchloffen- 





Prunfrüftung. Mürnberger Arbeit. 
Anfang 17. Jahrh. Sammlung Sulfowsti, 


Deutfhe Runft. 


427 


beit auf Ser anderen Seite bis ins Hodfomifche gefteigert. Auf 
diefem Bilde ift jede Perfon die fomplementäre Ergänzung einer 
anderen. Der zitternde Derwundete, der den Räuber am Fenfter 
des Haufes erblidt, in das er gebradht werden foll, findet feinen 
Gegenfak in dem furdtlofen Samariter, der ibn aus den Händen 
der Räuber in die fihere Herberge geleitet; dem miirrifchen Rnedt, 
der dem Derwundeten vom Pferde helfen muß, fteht der frifche 
Junge gegenüber, der fi) freut, das Thier am Zügel halten zu 
dürfen; ja felbft der gemeinblidende, trotige Kopf des Räubers, 
den wir am redten fenfter des Haufes erbliden, hat — ein 
feiner cynifher Zug! — fein Begenftüd in dem Hunde des 
Dordergrundes, der eine unzweideutige Stellung einnimmt; und 
gar in der Beftalt des Wirthes, der den Samariter unter der 
Thüre empfängt, ift die Angft und Sie Rube in fo drolliger 
Weife vereinigt, daß fein Oberkörper die gutmiithige, vertrauens- 
volle Sicherheit des Herbergvaters verräth, der der unterjchied« 
lidften, fonderbarften Bäfte gewohnt ift, während Rembrandt 
feine Beine, wie Longhi fagt, „in folder Stellung gezeihnet hat, 
wie fie demjenigen eigen ift, der gewöhnlich zittert, fo daß er 
Surh Sie Derbindung der Erinnerungen wirklid zu zittern feheint*. 
Sold) feiner ironifher Zug ift Rembrandt eigen und in faft 
allen feinen Bildern zu entdeden. Rembrandt zeigt fih gerade 
darin als einer der erften Riinftler, daß er die Äquivalenten 
Beziehungen feiner Geftalten bis ins Feinfte ausfpinnt, fo daß 
aus den ernfteften Motiven fohließlih eine Tragifomödie entfteht — 
die hodfte Fünftlerifhe Form nad Friedrih Hebbel. Der 
geheimnißvollfte Accentvertheiler dürfte indeffen Arnold Bödlin 
fein. Seine Farbentompofitionen zu enträthfeln, die verborgene 
Harmonie feiner Accentgebung herauszufinden, bildet eine der 
fhwierigften, aber auch reizvollften Studien. Profeffor Konrad 
Lange fagt in feinem Aufjag über „Primitivismus* (die Kunft 
für Alle; März 1898) er ftrebe „offenbar bei allen feinen Bil- 
dern in erfter Linie nad einer febr ftarfen mufifalifden Wir- 
fung“. Diefer Wirfung ordne er „unbewußt die Naturformen 
und Yaturfarben 
unter. Er gebt 
fo vollftändig auf 
in der Herausar- 
beitung eines be- 
ftimmten mujifa- 
lifhen Gebaltes, 
daß er Linien und 
Farben ganz une 
bewußt in der 


Ridtung dieſer 
Stimmung ab- 
wandelt. Eben 


diefe Stimmung, 
welde Bödlin in 
alle feine Bilder 
bineinzulegen 
weiß und die den 
Befhauer in fo 
gebeimnißvoll- 
mächtiger Weife 
ergreift, daß er 
fich überden Grund 
keine Rechenſchaft 
zu geben vermag, 
iſt der Ausdruck 
einer fo ſehr ver- 
fchleierten harmo- 
nifchen Accentver: 
theilung, Saf man 
fie nur unbewußt 
aufnehmen fann, 
ohne zugleich ihre 
matbematifche 
Rompofition zu 
enträtbfeln. Es ift 





Trambauer KA. Nèg 


Prunfrüftung. Nürnberger Arbeit, Anfang 
17. Jahrhundert. Sammlung Sulfowsti, 


428 


hier nicht der Ort, auch unfere Dihtungen unter die Loupe der Accent- 
vertheilung zu nehmen; doch dürften nur wenige der modernen 
Werke vor dem neuen Maßjtab beftehen. Jedenfalls ift es mert- 
würdig, daß man nod nicht unternommen bat, eine Unterfudung 
der Werke eines Rünftlers vom Standpunkt der Accentvertbeilung, 
in welder doc, mie wir faben, das Wefen der Runft begründet 
liegt, vorzunehmen, fondern fic) immer darauf befdranft, fie in 


Deutfhe Runft. 





ihrer hronologifchen Reihenfolge, der Entwidelung des Rünftlers 
gemäß, oder auf ihre technifchen Dollfommenbeiten in einzelnen 
Partien bin zu prüfen. Ein Zeihen, daß das Verftändnig für 
Sas Wabre und Wefentliche der Aunft überhaupt nod nicht auf- 
gegangen ift, ða man fih vorwiegend nur an das Acußerliche 
und Nebenfädhliche, leichter zu Bewältigende hält. 

Heinrid Driesmans. 


Die Grofe Berliner Kunftausftellung. 
Die Berliner. 


II. 


on den ca. 1200 Bemälden, Zeihnungen, Radirungen und Stiden 

der Ausftellung ift etwa ein Diertheil reihehauptftädtifches Erzeugniß. 

Münden mit feinen I50 Werfen des Pinfels und des Stiftes bleibt 
binter diefer Summe um die Hälfte zurüd. Die Statiftit giebt auch den 
Berlinern das Dorrecht, doppelt fo viel Mittelgut auf den Markt zu bringen, 
als die füddeutfhe Ronfurrentin, ein Privileg, von dem zur Zeit ein wenig 
teihlih Bebrauh gemadht worden ift, troß oder vielleicht gerade wegen der 
außergewöhnlien Strenge der Gury. So wird fih denn der größere Theil 
der Rünftler mit der Ehre der Zulaffung und der mention honorable in 
der Tagespreffe zufrieden geben müffen. An dtefer Stelle mag es genügen, 
das hervorzuheben, was über 
das Yiveau der Marftwaare 
mebr oder weniger binaus= 
ragt. Daß die Bäume nicht 
in den Himmel wadfen, 


er aud) den Dent du Midi und das Stilffer Joh malen mag. Eine Ent- 
täufhung fann er mir nur bereiten, wenn er einmal wie heuer reuig an die 
beimifchen Beftade zurüdfehrt und der „Pommerfhen Küfte‘ geheime Reize 
ablaufhen will. Das berührt unangenehm wie unvermdgende greifenbafte 
Liifternbeit. Da ift Aarl Ludwig bei weitem fonfequenter. Als Terrain- 
maler im großen Stil verfällt er bisweilen ins Panoramahafte, aber feine 
Panoramen find ftets tüchtig gemalt und maden einen lebensgrofen Eindrud. 
Der Typus des hohen Fraffen in Vorarlberg ift mit unverfennbarer Treue 
getroffen, und wenn die Wolfenfchleier um die Bergfpigen herum diefen feinen 
befonderen pbyfiognomifhen Ausdrud verleihen, jo liegt das vielleiht an der 
Rolofjalitat der dargeftellten 
Sladen, die das Gntime 
ausfhließen. 

Profeffor Ernft Roerner 
gebührt das unbejtrittene 








dafür ift geforgt. 


Derdienft, unferer nordifchen 





Die ältere Berliner 


Anfbauung den Orient Land- 





Landfdhaftsmalerei if 
von jeher mit Vorliebe über 
die Grenzen des engeren 
Daterlandeshinausgegangen, 
um das Schöne zu fuchen. 
Die Reize der Märkifchen 
Sandbiigel harrten nod der 
Entdedung durd den Maler- 
prinzen, der fih Surh Brom- 
beerheden nicht geniren ließ. 
Man fduf fih ohne befon- 
dere fünftlerifche Unbequem- 
lichfeit eine Domäne im Aug» 
lande, deren Erträgniffe 
man während des Winters 
tubig im beimifhen Atelier 
verdaute. Die ältere Berlis 
ner Landfhaftsmalerei trägt 
einen behäbig foliden Cha- 
rafter zur Schau, der durdh 
feine Sucht vor dem böfen 
Nachbar ins Schwanken ge 
bradt wurde, fintemalen 
Jedes das Spezialgebiet des 
Anderen refpeftirte. Dabei 
gelangte man dur ftete 
Uebung und weife Selbjtbe- 
ſchränkung zu ganz adtbaren 
Ergebniffen. Jh erinnere 
mid, in meiner frübeften 
Jugend an einem Alpen- 
glühen von ©. von Ra- 


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fhafılih näher” gebraht zu 
haben. Er malt Beine 
Ghafelen und feine Märchen 
aus „Taufend und eine 
Nadıt‘, fondern ebrlide Reife- 
bef&hreibungen, auf die man 
fih verlaffen fann, wie auf 
einen malerifhen Bädeder. 
Wenn er dann aus dem 
Orient einen Theil der dort 
erfhauten Farbenpradt und 
Lidtflarheit auf den „belgi- 
fhen Strand bei Nieuport‘* 
überträgt, fo fann man ibm 
nur dafür nur dankbar fein, 
denn unfere noröwejtliche 
Rüfte hat folhe Derflärung 
mehrfach nöthig. Man müßte 
dann auf das andere Aus- 
funftsmittel verfallen, auf 
die reizvolle Mondbeleuch- 
tung, in der £L. Douzette 
die nordöftlihen Dünen ver- 
fhwimmen zu laffen pflegt. 
Woblig löfen fid die Ffor- 
men der Hügel, in deren 
falten ih die Fifcherbiitten 
fhmiegen, und die farben 
tauden in einem matten 
Glanz unter, der metallifch 
wirkt, nidt aufdringlich 

fhimmernd, faft wie orv- 


\ 


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ii WA 








mede in ©eldrud meine 
herzlihe Freude gehabt zu 


IM = IM 





1 i i i Im mm mm 





dirtes Silber. Aber der 
Einfiedler von Barth bat 





haben, und bewahre mir | 2 m 1 nm Q frå 

ine Uebevolle pietăt für ben M NN) — De be eek E 
* $ 
Rünftler, die ih mir nicht den Hohwald der Oftfee- 
verfümmern laffe, fo oft Bucheinband, Deutfche Arbeit, 1558. füfte malt, hört man es 


Dentfhe Runft. 


wirflih raunen und raufden in den 
ragenden Wipfeln, ein feltfames Ton- 
gemifh aus heidnifher Edda und 
hriftlicher Legende. Ein wenig weiter 
hinauf nach Yorden fudt Hans 
Gude feine Motive. Er ift wenig- 
ftens Außerlih feiner norwegifchen 
Heimath tren geblieben, wenn er aud 
alles Berferkerhafte verloren bat und 
düffeldorfifh zahm geworden ift. 
Seine fjorde find ruhige fonnenbe- 
firablte Buchten, und wenn er es in 
den Schären einmal ftürmen läßt, 
fo baben die Möven ihre Freude 
daran, ohne Saf uns um den fewer 
ftampfenden Dampfer befonders bange 
wird, 

Unter den Berliner älteren Candfhaf- 
tern, die im Lande geblieben find und fi 
redlid) nabren, ftebt P. Flidel mit 
in erfter Reihe. Die fonnendurd- 
fhimmerte ,,Lindenallee aus dem 
Rheinsberger Part“, der „Märkifihe 
Oftobermorgen" find Bilder, an deren 
tüchtiger Arbeit aud) der enragirtefte 
Stimmungsmaler feine Freude haben 
~ fann. Die fraftig aufragenden Stamme 
fhaden der Empfindung in feiner Weife, 
und das Nobufte ihrer Erjcheinung 
muthet mit gefunden Augen gefehen le- 
bensfraftig an, weil fie mit dem Pinfel 
und nit mit den Nerven gemalt find. Spezififch berlinerifh und auch faft 
polizeiwidrig gefund fommt uns Julius Jafob. Er geht felten über das 
Berliner Weihbild hinaus, ja er bewegt fih mit Vorliebe in Berlin C., 
defen äußerfte weftlihe Grenze für ihn am Rande des Thiergartens liegt. 
Die „Sungfernbrüde und der „Boldfifchteih" finden an ihm nicht gerade 
ihren malerifhen Homer, aber dodh ihren Befner, einen verftändigen 
Höyllendicter, der dem Alltdgliden fdier unbewußt ein paar Gran Poefie 
abzugewinnen weiß. 

Dom Genre — die ‚Feder fträubt idh merflih gegen diefen antiquirten 
Begriff — ift, foweit die älteren Berliner Ateliers in Frage kommen, der- 
malen nit viel Neues zu berihten. Die Mode des XIX. Säfulums ift von 
vorgeftern, und von der des XX. weiff man nod nichts Beftimmtes. Nur 
Hans Dahl’s nordifhe Gungfrauen laden nod ebenfo „ftillvergnügt‘ auf 
„fonnigen Wellen‘ und überlaffen die Löfung der fozialen Frage denen, die 
eine Nacht dafür übrig haben, und wenn Pfannfhmidt und Plodhorft 
zine alt- oder neuteftamentlihe Legende malen, fo ift in ihren fonventionell- 
Schönen Bildern fiher nihts von driftlid-fozialen Deilletäten zu entdeden. 
Dammeier’s „Feierabend“ halt vorfidtig die Mitte zwifhen einem Augen- 
blidsbild aus einer malerifhen Zimmerwerkftatt und einer „heiligen familie" 
und überläßt es dem Befihauer, Ah mit dem Motiv novelliftifd oder dogmatifch 
abzufinden. 

Ein fräftig Wörtlein ließe fih zum Schluß von dem althergebradten 
Berliner Salon- und Butftuben-Bildnif fagen, das nod immer in einer 
unberedtigten Zahl von Eremplaren die Wände der Fabresausiftellungen 
bededt zur ‚Freude der Dargeftellten und zum Aerger der weniger Gntere/jirten, 
die ihnen weder anverwandt nod zugelhan find. Zum Blüd füllen diefe 
mit mehr oder weniger Befhid gemalten „Zeitgenoffen‘ männlihen und 
weibliden Gefhledhts nicht mehr ungebiibrlid) den illuftrirten Ratalog, obwohl 
ihrer in diefem Surrogat fiir eine gewiffe Publizität nod immer 
zu viele find. Wir würden die Berliner Bildnifmalerei überhaupt 
mit Stillfhweigen übergehen, fintemalen es nit in unferen Gewohnheiten 
liegt, jemandem in ein Befhäft zu reden, das mit Runft wenig zu thun 
bat. Yur gegen die N. Sichel und Dilma Parlaghy können wir uns 
nidt verfügen, von Zeit zu Zeit energifh Proteft einzulegen, weil fie uns 
eben jenes Gefhäft unter falfher Etikette als Runft aufreden möchten. Die 
frauen und Jungfrauen aus dem Chiergartenviertel uns als ,,Madonnen'! 
und ,,Lotosblumen vorftellen, heißt ein falfhes Nationale angeben, und das 
it in der guten Bejellfhaft niht Sitte. Mögen fih die Damen malen 
lajjen wie und von wem fie wollen, das ift ihre Sache, obwohl fie bedenken 





Pokal der Stiftung v. Praun. 


429 


follten, daß es zwifchen einer Modell- und einer Porträtjigung einen Unter- 
fied giebt. Jedenfalls wäre es wünfhenswerth, Titulaturen zu vermeiden, 
die aus der Rommersienrathin dod feine Muttergottes und aus ihrer Tochter 
fein ägyptifhes Rönigsfind mahen. Frau Dilma Parlaghy's fünftlerifhe 
Unaufridtigfeit liegt auf dem Gebiete der Tecnif. Minifter malen ift ein 
Bejhäft, fhleht oder recht, wie man’s eben tann. Aus Seiner Erzellenz 
dem Herrn finangminifter Dr. von Miquel um der genialen (?) Technik willen 
einen Räuberhauptmann aus den Abruzzen herauspinfeln, feine reine Wäfche in 
gelblihes Weißbleh verwandeln, folhe Aunftftüde mahen aus frau Par- 
lagby doc feine echte Lenbad-Sdiilerin, fiir die fie ja wohl noh immer 
gelten möchte, trotdem der Meifter fie mebrfad verleugnet hat. Wer fih von 
der Dame malen läft, thut es auf die Gefahr hin, daß man feine Perfon 
als Unterlage für tehnifhe Mätchen benußt, und darf nicht einmal hoffen, 
fein Conterfei durd) die Goldene Medaille ausgezeihnet zu fehen, in deren 
Befik Frau Parlaghy bereits unvorgefhlagen gefommen ift. 
Georg Malfowsly. 


Das ftädtifche Mufeum zu Hann.-Münden. 


as Schloß zu Münden, das Jabrhunderte hindurch Refidens der 

Herzöge Braunfhweig- Lüneburg war, mahnte bisher an die 

Derganglidfeit alles Zeöifhen im Wandel der Heiten, jüngft aber 
bewabrheitet es Surh feine Wiedergeburt die Worte: „Und neues Leben 
blüht aus den Ruinen". Jm Jahre I070 durch Otto von Northeim er- 
baut, wurde es 1247 von Herzog Otto I. erweitert und zu einer fürftlicen 
Refidenz eingerichtet. Spätere fiirften waren immer darauf bedacht, den 
Bau zu vergrößern und zu verfhönern, jo daß es nah dem neuen Aufbau 
eines J561 duch Feuer zerftörten Theiles im Fabre 1566 als ein Schloß von 
fürftliher Ausftattung daftand. Seinen fürftlihen Charakter behielt es bis 
zum Sabre 1736; von da ab aber datiert fein Niedergang; zunächft zur 
Raferne und 1778 durh König Georg I. zu einem Rornfpeidher degradirt, 
verfiel es immer mehr. Erft vor einem Jahrzehnt wurde dem gänzliden 
Derfall Einhalt gethan und damit begonnen, die alte vergangene Pradt 
neu zu fdaffen. Jet ift das Schloß wieder hergeftellt als ein würdiges 
Heim des ftädtifhen Mufeums, dejjen Räume fih im Mittelbau des Haupt- 
flügels befinden. Eine Wendeltreppe führt zu den Bemädern, den fhönften 
des Schloffes, empor. Die eigentlihe Schloßfapelle enthält die Sammlung 
der Werke des Bildhauers Eberlein, die hier zum Theil zu überrafhend 
fhöner Geltung tommen. Hat dod) Eberlein die Anordnung und Gegen- 
überftellung feiner Skulpturen 
nad fünftlerifhen Brundfägen 
felber geleitet. Bipsabgüjfe, 
rein weiß und bronzirt oder 
in zarter, disfreter Polpdhromie, 
monumentale Werte, Statuetten 
Gruppen, Entwiirfe, die bis in 
die Studienzeit des Meifters 
zurüdreihen, Bemälde, Photo» 
graphien 2c. find zur Schau 
geftellt und geben einen Achtung 
gebietenden Beweis von der 
fruchtbaren Thätigfeit des 
vielfeitigen Rünftlers, der die 
Werte feiner Daterftadt in 
pietätvoller Anhänglichkeit ger 
fhenft hat. Wenn auh das 
Eberlein- Mufeum durd die 
jedem für Schönheit empfäng- 
lihen Gemiithe verftandlide 
Sprache, die feine Schöpfungen 
reden, in Laienfreifen bei 
weitem mehr Gnterefje wert 
als das Alterthümer-Mufeum, 
deffen Begenftänden oft allein 
das gefhichtlihe Moment 
Werth verleiht, fo befigt es 
dod and) fiir den Laien einen 
großen Wertb, indem es ihm 
Bilder aus längft entfdwun- 
dener Zeit entrollt und vor 








Apofteltrug. 


430 


feinem Auge die Dergangenbeit in ihrer ganzen Urfprünglihkeit wieder 
aufleben läft. Zuerft wird ibn eine Zimmereinrihtung aus dem Oberamt 
Münden, die aus dem 17. Jahrhundert ftammt, anheimeln mit ihrer 
alten Sittruhe, dem von außen heisbaren, von Topftaheln überdachten Ofen, 
dem alten mafjiven Tifh, der langen Sitbant dahinter, den Stein- 
frügen und dem Lichtftänder, die auf dem fih an der Wand binztehenden 
Bort fteben. Holzfchemel, alte Stühle mit Strohgefleht und die große 
Bettfpanne vollenden das traulihe Bild eines fehlichten Bauernheims. Honig- 
tudenformen und Thonformen 3u Tdpferarbeiten, von denen die vom Töpfer 
Haharias Rramer in Oberode im 17. Jahrhundert gearbeiteten in form 
und Ausführung vollendet erfheinen, find noch in demfelben Raume untergebracht. 
om Hauptraume befinden fih die „Mündener Fayencen“, deren hervor» 
ragendfte Stüde auf der vor einigen Jahren im Leibnigbaufe zu Han- 
nover veranftalteten feramifhen Anugftellung beredtigtes Aufjehen erregten 
und trog namhafter Angebote feitens hervorragender Sammler niht feil 
waren. Neben ihnen find in Glasfäften präbiftorifhe Funde ausgelegt, 
während andere Räften eine Münzfammlung enthalten. Eine reihe Samm- 
lung von gußeifernen Ofenplatten, die bis zum Anfang des 16. Jahr- 
bunderts zurüdreicht, ift rings im Saale aufgeftellt. Befonders werthvoll 
find zwei reih gefihnitte Brauttruhen, die eine im gothifchen, die andere im 
Renaiffanceftil gehalten. Außer den eigentlihen Mufeumsräumen befinden 
—r ſich im nordöſtlichen 
Flügel des Schloſſes 
zwei Zimmer, die in 
dem Bauinventarium 
von 1699 als „Gemach 
zum weißen Rof" und 
als ,,Romergemad"' be- 
3eidnet werden. Jn 
beiden find nah Ent- 
fernung der Wandtünde 
SFresfomalereien freige- 
legt worden, Bilderaus 
der biblifhen und rö- 
miſchen Geſchichte. 


Don einem bedenten- 
den fortlaufenden Sam- 
melwerfe größeren Um- 
fanges, den „Studien 

aur Deutfden 

Runſtgeſchichte.“ 
Straßburg. J. h. Ed. 
Heitz (Heitz K Münde), 
liegen Heft 10, 11 und 
12 vor. Heft 10 bildet 
einen willfommenen 
Beitrag zur Befchichte 
der deutfhen Plaftit 
des 15. Jahrhunderts 
von Arthur Weefe 
und behandelt die Bamz 
berger Domffulpturen. 
Eine amüfante Un- 
terfudung „Ueber 
den Humor bei 
den deutfhen Rup= 

ferftehern und 
Holzſchnittkünſtler 
des 16. Jahrhunderts 
von Reinhold frei- 
herr von Lidten- 
berg enthält das J. 
Heft. Der DVerfaffer 
gebt von dem ridtigen 
Befihtspunfte aus, daß 
es nöthig ift, um über 





Flügel des Peringsdörfer Altares, 


Deutfhe Runft 


Moderner Vandalismus in Jtalien. 


er Utilitarismus geht fhonungslos gegen die Runftdenfmaler Ser Per- 

gangenbeit und Anlagen von gefdidtlider Bedeutung und ehrwürsigen 

Alters in Ftaliens hiftorifhen Städten vor. Anftatt dem Derfall des 
guten Alten Einhalt zu thun, fördert er ihn, um Boden zu gewinnen für feine 
modernen Bauten. Aud das jhöne Denedig ift feinen pietätlofen Angriffen aus- 
gefetzt, vor denen der Präfident der venetianifhen Akademie Moimentis 
die Lagunenftadt leider vergeblid) 3u retten fucht. Die Randle und fammt- 
lide Lagunen läßt man verfhwinden, moderne Waarenhäufer werden neben 
den marmocnen Paläften errichtet, und poetifhe Winfelhen verwandelt man in 
fhmugige Roblenplake. So wird an Stelle der märdenhaften „Braut des 
Meeres" vielleiht bald eine alltäglihe Stadt mit Fabrifen, Bazaren, Werften 
Elektrizitätsanlagen und allen modernen Einrichtungen ftehen. Es wird aber 
aud nidts gethan, um Denedig andererfeits vor den Jerftörungen der Natur- 
gewalten zu fhüten; die hohen Mauern, welhe die Stadt gegen die See 
bin begrenzen, follen bereits feit längerer Zeit vom Waffer in gefabrorobender 
Weife unterfpült fein. Wud aus anderen Städten Ftaliens fommen fenti- 
mentale Rlagen über den böfen, modernen Vandalismus. Jn Rom follen 
die berrlihen alten Paläfte Denezia und Torlonia niedergeriffen werden. 
Der „Torre del Amadei“ it vom Erdboden verfhwunden, um einem 
Reftaurant Plab zu maden, die „Ponte del Paradifo" wurde zerftdrt, 
damit eine gufßeiferne Pontonbrüde an ihre Stelle treten konnte. In Pi ftoja 
verwiiftete man faft ein ganzes Stadtviertel, um eine Sparkaffenbank er- 
ridten zu fönnen. Die früher traumhaft ftillen, fonnenbeglänzten Buchten 
des Tyrrhenifhen und Adriatifhen Meeres find jekt unintereffant ge- 
madt duch die eintönig geraden Häuferreihen, welhe die Banfpefulanten 
am Ende des 19. Jahrhunderts überall wie Pilze aus der Erde fieğen 
laffen. Natürlich fehlen auh nirgends die gewöhnlihen Baftbäufer, Aneipen 
und Radfahrerfafinos, deren Untuhe und Lärm verbreitende Befucher jedem 
nah Frieden und Einfamteit [hmadhtenden Reifenden den Aufenthalt in jenen 
Gegenden für immer verleiden können. „Der Handel it zum Fluch ge— 
worden, und will man die Größe einer Nation allein nad ihrem Handel 
bemefjen, fo hieße das, die Tugend eines Menfhen nur nad der Höhe feines 
Einfommens beurtbeilen.' 


Kunftlitteratur und Reproduftionen. 


das Runftfhaffen einer Zeit, befonders einer folden, im der neue Fünftlerifche 
Anfhauungen zum Duchbruhe kommen, einen Ueberblid zu gewinnen, neben 
der KRünftlergefhichte diefer Epoche, aud die Entwidelung der einzelnen, nen 
auftauhenden Gebilde für fih zu betradhten. Gndem er die humoriftifchen 
Erjheinungen auf dem Gebiete des Rupferftides und Holzfhnittee vom An- 
fange des 16. Jahrhunderts bis zu den letzten Rünftlern diefes Zeitabfihnittes 
verfolgt, gelingt es ihm, ein heiteres Rulturbild zu entrollen und die gegen 
früher fo fehr verfdiedene Lebensauffaffung des 16. Jahrhunderts zu 
harakterificen. Die Abhandlung hat außerdem noh den Vorzug, die erfte zu 
fein, die das intereffante Thema eingehend behandelt; denn während feit den 
legten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts über den Humor in der Literatur 
eine recht umfangreihe Anzabl von Büchern und Auffägen gefhrieben worden 
iff, lag über den Humor bei den bildenden Rünften bisher nod feine zu- 
fammenfaffende Arbeit vor. 

Die „Studien zur Elfenbeinplaftif der Barodzeit" von Dr. 
Chr. Sherer, die das 12. Heft der Studien zur deutfhen Runftgefihichte 
bilden, befajfen fih mit einem wichtigen Zweige der Rleinplaftit des 17. und 
JS. Jahrhunderts, der bisher von forfhern noh mehr als die Porzellan- 
ftulptur vernadlaffigt worden war. Neuerdings ift das ontereffe für den 
behandelten Runftzweig wieder erwacht, fo daß die Studien Sherer's 
modernen Beftrebungen, die eine Veubelebung Ser Runft der Elfenbein- 
fhnigerei herbeiführen wollen, entfprehen und darum gewiß «ud Anklang 
finden. 

Da die bedeutendften bis jekt erfehienenen Werke über Elfenbeinplaftit 
„La sculpture en ivoire et les ivoiriers flamands“ von U. Fe 
Wauters und „Histoire générale des arts appliqués à l'industrie. 
Ivoires I.“ von €. Molinier für die in Rede ftehende Periode durhaus 
ungenügend find, ja fih gegen die Elfenbeinftulptur, die im 17. Jahrhundert 
do eine zweite Blithe erlebte, merfwiirdig ablebnend verhalten, füllt 
Scherer's Schrift eine Lüde aus. Er hat es zum erften Male verfudt, in 
einer Reihe von Monographien über die Elfenbeinfchniger Elhafen, Permofer, 










Obertheil eines Altarjchreins. 


Liide und Andere, deren Leben und Werke mit Hilfe arhivalifher Nachrichten 
und Aufzeihnungen in den Rirhenbüdern, fowie unter fritifher Benugung 
der fpärlih vorhandenen Literatur zu fhildern und erfüllt in der guten Ab- 
fidt, aud jenen Riinftlern endlih zu ihrem Rechte zu verhelfen, eine Ehren- 
pfliht der Runftgefhichtsfhreibung. 

Sehr nürlih zur Förderung der Arditefturfenntnig fönnte gewiß ein 
deutfher Cicerone fein, obne daß in ihm gerade Burdbhardtifdher Beift zu 
walten braudt. Leider entfpridt , Der deutfde Cicerone" von G. Ebe 
(Leipzig, Spamer), von dem der zweite Theil erfchienen ift, den Anforderungen 
die man an einen „führer durch die Aunftfhäße der Länder deutfcher Zunge‘ 
ftellen muß, nicht Sdurhaus. Die beiden bis jegt erfihienenen Bände ver- 
fpreden nidt einmal ein 3u- 
verlaffiges Nachſchlagebuch, 
denn das Material fheint aus 
verfchiedenen, zufällig ange» 
troffenen Quellen fritiflos zu 
fammengetragen zu fein. Erft 
wenn Ebe feine Arbeit einer 
eingehenden Nadhprüfung unter 
3öge, fönnte er fih als Cice- 
rone, dem man immer glauben 
darf, um die deutfhe Runft 
verdient maden. 

Ein Pradtwerf von ge- 
diegener Ausftattung und 
mufterhafter Ausführung der 






NN Reproduftionen ift das Rö- 
M niglich württembergiſche 

BONNY 

ADMIN] Landes -Bewerbemufeum 


in Stuttgart. Herausge- 
geben von S. Nedelmann, 
Ardhiteften und Profeffor an 
der Rénigliden Tednifden 
Hodfdule in Stuttgart. Ber- 
lin, Derlag von Ernft Was- 
mutb, Marfgrafenftraße 35. 
— Jn der [hönen Publikation 
giebt der Ardhiteft des Landes- 
Bewerbemufeums in Stuttgart 
x eine furz gefaßte Befdreibung 
dieſes Pradtbaues, welche 
durh 24 Broftfolio-Tafeln in 
Lidtdrud nah pbhotographi- 
{hen Original - Aufnahmen 
erläutert ift. Diefe veranjchau- 
fihen zunähft das Aenfere: 


Holzgefchnigter Stuhl, 
16. Jahrhundert. 


Holzſchnitzerei. 


X.Aw. J.L. Trambauer: 


Anfang des 16, Jahrhunderts. 


die Hauptanfiht nah der Rangleiftrafe nebjt Details von diefer und den 
Fronten nah der Schloß- und der Lindenftraße, ferner den Treppenthüren 
(mit einem fhön deforirten Fries von Frudt- und Blumengehängen und 
grotesfen Masken in Sandftein nah Entwürfen von Nedelmann) fowie das 
Hauptportal. Dann folgen Aufnahmen des prächtigen Jnnern, fie zeigen die 
Dorballe, die König Rarl-Halle (vier befonders fhöne Tafeln), den Eingang 
zur Bibliothef, diefe felbft, mit ihrer ebenfo fplendiden wie praftifchen Ein- 
tihtung, den Zapanifhen Saal und endlih das obere Treppenhaus. Den 
Blanzpunft bildet die Rönig Rarl-Halle, welhe auf vier Tafeln dargeftellt 
ift. Diefe zur Erinnerung an die für die Entwidelung der Gewerbe in 
Württemberg jegensreihe Regierung des verftorbenen Rönigs (geftorben 
6. Oftober I891) zu defen 25 jährigem Regierungsjubilaum (1889) geftiftete 
Halle ruht auf 56 Marmorfäulen und 6 Pfeilern aus demfelben foftbaren 
Material. Die fünftlerifhe Ausftattung wurde von den wiirttembergifdhen 
Ständen zu diefem Jubiläum dem König gewidmet. Die von ‚Ferdinand 
Reller ausgeführten Wandgemälde zeigen die fammtliden Herrfhergeftalten 
des mwürttembergifhen Fürftenhaufes, umgeben von hervorragenden ZJeit- 
genoffen aus dem Dolfe und in Verbindung mit reid belebten Gruppen 
idealer Huldigungszüge. Gm Mittelbilde flieht man die imponirende Geftalt 
des Rönigs Rarl, aufrecht ftehend und den Plan der ibm geweibten Halle in 
der Hand haltend; zu feinen Füßen die allegorifhen Beftalten der Furcht» 
lofigfeit und der Treue (nah dem Wappenfprud des KRönigshaufes). Die 
Treppenwangen fhmüden allegorifhe Bronzegruppen von Eberlein: Das im 
grieden ruhende fraftvolle Land; Reidhthum und Fruchtbarkeit des Landes; 
und von Hundriefer (Bewerbe und Handel). Mehrere Tafeln endlih zeigen 
die Brundrijfe der beiden Obergefchoffe, fowie verfhiedene Querjchnitte des 
Prachtbaues. 

Weniger erfreulih find Hans Sebaftian Shmid's Entwürfe für 
modernes Runftbandwert (Münden, franz Lufafdil). Gn die Be 
geifterung, die in einigen den Heften beigegebenen Befprehungen zum Ausdrud 
fommt, vermag ein gewiffenbafter und ernfter Benrtheiler diefer Blüthen des 
modernen Runfthandswerfs nicht einzuftimmen. Die „Derzierung‘ der Möbel ift 
recht gefhmadlos, fo da von einer foldhen nicht gut mehr die Rede fein fann. Alles 
ift überladen von fraufen formen und unnügen Schnörfeln, und mehr als einmal 
begegnet man in den als Schmudformen angewandten Naturgebilden dem Wider- 
finnigen. Was foll auf der Thür eines Wandfhränfhens am hellen Tage ein 
Mond in einer Pappellandfhaft? Was haben auf einem Screibtifche Bäume mit 
leuchtenden Aepfeln in weit fid debnender Landfchaft zu fjuhben? Das einzig 
Gute von den Shmid’fhen Entwürfen it nod die fheinbar praktijche 
Ronftruftion der Stühle, auf denen man wenigftens firen zu Fönnen glaubt. 
Einen Dorzug baben Shmid's Möbel faft alle, fle find dank ihrer 
Schnörkel und ihres Schnitwerts unausführbar. Noh Ffomifher als fie 
felbjt ift ftellenweife der erflärende Tert. Wenn Shmid's Entwürfe den 
Gejhmad des Publifums bilden follen, fo verfehlen fie ihren Jwet voll- 
ftandig, follen fie zeigen, wie man's niht madhen foll, dann bhat ibr 
„Schöpfer erreicht, was er wollte. 


432 





Deutfhe Runft. 





Vermilchtes. 
Kurinfa aus Atelier 
und GIerkfaff. 





Gedanken 
üher 
hiftente Kunft. 





Ruriofa und Vermiſchtes. 


— die Schicſale der Wiener Gemäldegalerie während der 
Offupationszett 1805—1813. Beim Herannahen der Franzofen im 
Fabre J805 wurden die hervorragendften Bilder der faiferlidhen Bemäldts 
fammlung im Belvedere in 48 Riften verpadt und auf dem Wafferwege nad 
Prefburg gebracht, kamen aber fhon am 17. Guli 1806 wieder nad Wien 
zurüd, Am 1. April 1809 aber wurde der Befehl zu ihrer fortfhaffung ge- 
geben, auf den hin Anfangs Mat die Bilder verwahrt wurden. 

Größere Bemälde muften zurüdbleiben. Am 11. Mei Mittags erfdien 
an dem oberen Belvedere ein franzöfiiher Offizier mit 2] Mann, der dem 
Direktor den Befehl vorzeigte, das Schloß als Sauvegarde zu bewaden. 
Anfangs Juni befihtigte Marfhball Duror das Schloß und am 7. Juni Ge- 
neral-Gndendant Daru mit dem Generaldiceftor der Mufeen H. Denon das 
obere Belvedere. Alle Einwendungen füger's, des damaligen Direktors der 
Gemaldefammlung, blieben feudtlos. Denoc ließ das Himmelsfabrtsbild 
von Rubens mit Sägen durchfchneiden und dann einpaden, und im Sdlojfe 
wurden franzöfifhe Truppen einquartirt. Ert nadh dem Friedensfdluffe Fehrte 
wieder Rube ein. Ein Theil der Bilder wurde zurüderftattet; am 30. No- 
vember trafen 26 Riften mit Bildern aus Paris in Wien ein, darunter 
auh die Himmelfahrt Mariä von Rubens. Diele Bilder aber famen nicht 
wieder. Gm Banzen fdeinen von 401 geraubten Bildern 56 in Paris zu. 
tiidgebalten worden zu fein. Mande famen in franzöfifhe Provinzgalerien, 
andere find verfhollen. Am 30. Juli I8I0 famen die 54 Riften mit Bildern 
aus Ungarn zurüd, aber fhon im Jahre 1815 wurden der drohenden Lage 
wegen alle Bilder in 124 Riften verpadt. Gm Zabre 1825 wurde auf Befehl 
das Raifers franz eine Yenaufftellung begonnen und bis 1829 durdy Direktor 
Jofeph Rebell geleitet, defen Nahfolger Peter Krafft das Werk 1856 
beendete. 

— Der erfte Baumeifter des Ulmer Münfters. So genau man 
aud fonft über die Baugefhichte des Ulmer Münftere, jenes bodhberühmten 
Gotteshaufes, das den hödften Rirdhthurm der Welt befikt, unterrichtet 
war, über die erten Anfänge des Baues und über den erften Baumeifter 
it bislang ein völliges Dunkel gebreitet gewefen. Man weiß, daß die Brund- 
fteinlegung am 30. Juni 1377 ftattfand. Als erfter Mame figurirte derjenige 
des Ulrih aus Eufingen unter den Münfterbaumeiftern. Diefer Meifter 
Ulrich, der 1419 ftarb, hat den Bau in größere Dimenfionen, als urfprüng- 
lih geplant waren, übergeführt, um dabei feine Meifterfhaft in jhwierigen, 
fühnen und großartigen Ronftruftionen ans Licht zu feren. Don 1446 bis 
1480 find Ulrid'’s Sohn und Entel, die Meifter Matthäus und Morik, 
an der langfamen Fortführung de3 Riefenbaues thatig. Dann war der be- 
tibmte Matthdus Boblinger, der in Eflingen den Grund zu feiner 
Unfterblichfeit gelegt, der Leiter des Münfterbaues. Er war vornehmlid mit 
dem Ausbau des gigantifhen Weftthburms befhäftigt. Dabei paffirte 1492 
das Unglüd, daß die Fundamente, fiir die Boblinger nicht verantwortlich 
war, zu wanfen anfingen und den Thurmeinfturz befürchten ließen. Meifter 


Matthäus mußte fhleunigft vor der Dolfswuth flühten und einer Der- 
fammlung von 28 einberufenen Arciteften die Reparatur des Schadens über- 
laffen. Später waren noch mehrere Ronftruftionsänderungen nothbwendig zur 
Sidherung des allzu fühn angelegten Baues und 1545 inhibirte ein Raths- 
befhluß - „zur Derbütung von Roftent die Vollendung des Baues 
Der Thurm wurde denn auh ert in unferen Tagen vollendet. Nun ift 
es einem Zufall zu verdanken, daß der Name des erften Baumeifters des 
Ulmer Miinfters fid feftftellen läßt. Es ift der aud fonft befannte Heinrich 
Arler oder Parler, das Haupt einer berühmten Arditeftenfamilie. Mleifter 
Heinrich ift dem Anfhein nad aus der Rölner Dombauhütte hervorgegangen, 
fein Hauptwerk ift die Rirdhe zum Heiligen Rreuz in Bmünd in 
Schwaben. Danad wurde er offenbar Heinrih von Bmünd genannt und 
eben diefer Name fommt aud unter den Baumeiftern des Mailänder Dome 
vor. Sein Sohn war der Arditeft Rarls IV., Peter Parler, der den 
St. Deit-Dom in Prag vollendete und aud die berühmte Moldau- 
Brüde erbaute. Peter's drei Sohne febrten wieder nah Deutfhland zurüd, 
wo fie u. A. 1404—1418 am Bau des Thurmes des Straßburger 
Miinfters befhäftigt waren. Die Entdedung alfo, daß Heinrih Arler 
den Münfterbau in Ulm begonnen, ift von hödfter Wichtigkeit. Bei Arbeiten 
zur Münfterheizung fließ man im nördlihen Seitenfhiff auf einen Ralfftein- 
blod, der ih durch ein Relief als Grabftein eines Münfterbaumeifters zu er- 
fennen giebt. Der Stein trägt auf feiner Schaufeite ein gothifhes Areuz, 
das am fuße fidh in einen Efelsrüdenbogen auflöft, zu beiden Seiten befinden 
fih in natürlicher Bröße zwei Steinmeghammer. Das aber war das Wappen- 
zeihen der Arler oder Parler, genau ein foldes trägt die Büfte des 
Prager Dombaumeifters Peter, die weiteren Umftände laffen mit Sicherheit 
darauf fließen, daß der gefundene Brabftein dem Bedädhtnig des Heinrich 
von Bmünd gilt. Go find denn auh fpätere Mitglieder der Architeften- 
Fantilie aus Gmünd mehrfah zu Arbeiten am Ulmer Münfterbau berange- 
zogen, wie urkundlich feftftebt. 

— Bemälde-Ausftellung für's Volt. Der „Verein St. Peters- 
burger Rünftler" hat die febr fympathifhe Jdee gefaßt, Ausftellungen für's 
Arbeitervolf mit einem Cintrittspreife von nur 5 Ropefen zu veranftalten. 
Die Mufeen ftehen freilih zumeift unentgeltlid) zur Verfügung, aber man Sarf 
fie nur im guter Aleidung betreten, und viele find zudem gerade am Sonntag 
gefhlofien. Aber jo eine Austellung, wohin man dirett von der Arbeit fann, 
die mann aud des Sonntags aufjuhen fann, wird zweifellos große Jug- 
fraft haben, wie das der befannte Maler Werefhtfhagin bewiefen bat, 
der wiederholt in St. Petersburg und Moskau feine Ausftellungen auc 
dem Dolfe zu einem billigen Eintrittspreife zugänglid madte. Die in Ser 
Manege der Garde zu Pferde untergebrahte Ausftellung enthält über 500 Be- 
mälde, Studien, Aquarelle und Skulpturen. Biblifhe und biftorifhe Stoffe, 
fowie das Benre herren vor. 


Gedanken über bildende Ranft. 


Die Erklärung, die Beurtheilung eines Runftwerfes als eines Erzeug- 
niffes menfhlider Araft muß von ‚anderen Dorausfekungen ausgehen, als 
die Erflärung, die Beurtheilung eines Yaturproduftes. Die Erklärung eines 
Naturproduftes dürfen wir, ohne Gefabr, in Grethum zu verfallen, nidt in 
einer beftimmten Eigenfhaft, in einer Abfiht feines Urhebers fucen; ein 
Werf menfhlider Thatigteit aber fonnen wir vollftändig nur verftehen, wenn 
wir feinen Urfprung bis zu einem in der menfhlihen Natur vorhandenen 
Vermögen verfolgen und wenn wir nah dem Zwede fragen, den es der 
Abfiht feines Lrhebers nach zu erfüllen bat. Conrad Fiedler. 

* 

Die Runft hat es nicht mit Geftalten 3u thun, die fie vor ihrer Thatig- 

feit und unabhängig von derfelben vorfindet, fondern Anfang und Ende 


ihrer Thatigfeit liegt in der Schaffung der Beftalten, die durch fie überhaupt 
erft 3um Dajein gelangen. Was fie fhafft, ift nicht eine zweite Welt neben 
einer anderen, die ohne fie eriftirt, fie bringt vielmehr überhaupt ert die 
Welt durd und für das fünftlerifhe Bewußtfein hervor. Und fo hat fie es 
auh niht mit einem Materiale 3u thun, das fon irgendwie zum geiftigen 
Befite des Menjhen geworden wäre; was fihon irgend einem geiftigen Pro- 
zeffe unterlegen bat, ift für fie verloren; denn fie felbft ift ein Prozeß, durch 
den der geijtige Befit der Menfchen unmittelbar bereihert wird; das vom 
menjhliden Geijte nod unberührte ift es, was ihm Thätigfeit erregt, für 
das, was nod in feiner Weife für den menfdliden Geift eriftict, fchafft fie 
die form, unter der es für den menfchlichen Beift zum formvollendeten Dafein 


gelangt. Conrad Fiedler, 


Deutfde Run ſt. 


433 





Die St. Beorgsfirche auf dem Hradcin. 


ie Central-Rommifjion für Runft- und hiftorifhe Denfmale theilt aus 

einem ihr zugefommenen febr wichtigen Berichte über die bei der De- 

molitung des Bewölbes in der St. Beorgs-Riche auf dem Hradcin 
erzielten Aufdedungen des alten Beftandes Nachftehendes mit: I. Bezüglich des 
alten abgetragenen Bewölbes: 1. Die Wölbung ift aus flahem Opufa-Brud 
ftein in Kalkmörtel mit Wafferfand als ein zufammenhängendes Tonnengewölbe 
mit £unetten in Stärke von 45 Centimetern ausgeführt gewefen. — 2. Die 
Gurten aus zugerihteten regelmäßigen Quadern von Gurfaftein waren 
35 Centimeter hod jelbftftändig unter der Tonnenwölbung eingefpannt. Gn 
der Tonnenwölbung waren Spuren vorhanden, daß diefelbe auf Unterfhalung 
in Partien von Mitte zu Mitte der Gurten «ausgeführt wurde. Die Gurten 
waren ftarf deformirt, mehr einem Rorbbogen dbnlid. — 3. An der Wölbung 
beftand urfprünglih ein ganz glatter Stucco-Derpuß mit rothen Streifen an 
den Rippenfanten. Auf diefen Stuccopuß ift fpäter ein verriebener Verpuß, 
nad vorgebender Pddung des erfteren, aufgetragen und mit Bordiiren und 
Palmetten fhwarz, gelb und zinnober an den Rändern in baroden Formen 
geziert worden. — 4. Aehnlihe Malerei in leicht abftaubenden farben ift 
unter der Tiindhe an den Wänden aufgededt worden. Speziell an der füd- 
lihen Mauer des Hanptjhiffes in der Höhe der Emporen „zwei Aebtiffinnen 
mit Paftorale in altarähnliher Einrabmung im Barodityl" ohne nähere Be- 
zeihnung. Der Gefammteindrud des Gnneren der Kirche in diefer Ausmalung 
muß ein grauenbafter gewefen fein und läßt erflaren, warum fpäter alles 
„Ihön weiß“ übertünht wurde. Bemalte Bruchflüde der GBewölbverpuße 
Fflähen wurden forgfältig abgenommen und im verfperrten Lofale der Kirche 
deponirt. — II. Bezüglib des alten Rirhenbeftandes nah Abtragung des 
Bewölbes: 5. Hinter den beftehenden Gurten find im oberen Theil der Mauern 
des Mittelfchiffes die alten romanifden Fenfter in reiner urfprüngliher form 
und Bearbeitung aufgededt worden, und zwar fünf an der Ylordfeite, drei an 
der Siidfeite, dentlid vom Brande geröthet. — 6. Hinter dem abgetragenen 
Gewölbe wurden Spuren der Dedentramlagerung aufgededt. Die Balten- 
nefter mit Safernabdrud im Mörtel find 225 Millimeter bod, 175 Millimeter 
breit, 670 Millimeter tief mit Spuren (ausgebranntes Lager) der Mauecbant. 
Die Träme waren von Mitte zu Mitte 95 Tentimter entfernt ; die Unterfante 
derfelben über dem Scheitel der Fenfterlaibung GO Centimeter hod gelegen. 
— 7. Der aufgededte Triumphbogen zeigt eine ältere, von den Bewölbsgurten 
im Richenfhiffe ganz verfchiedene Ausführung aus flahen regelmäßigen 
Gurfafteinen. Die regelrehte alte Aufmanuerung über demfelben war durdh 
Cinfhmakung des Tonnengewölbes durhbrohen worden. An den Flächen 
diefer Aufmauerung zeigen fid lints Spuren einer alten Einfaffungsmalerei, 
tehts Spuren von figuren, Köpfen, Händen, einem Lamme. — 8. An der 
weitlihen Stirnfeite wurde nad Abfchlagen des Derpußes die ältere Ein- 
wölbung der Fenfter von etwas überhöhtem Bogen, aus Opufaquadern aus- 
geführt, aufgededt. — 9. Unter dem zweiten Felde des alten Bewölbes, vom 
Weften an gerechnet, wurde an der nördlihen Wand des Mittelfchiffes in der 
Höhe der Emporen nad Befeitigung der Nonnen-Chorftühle eine gut erhaltene 
Stesfo-Malerei, „Rreuzigung Chrifti darftellend, aufgededt. Links ift das 
Wappen des Erzbifhofs von Olmii und darunter die Aufjchrift: „Soffige 
Albinka 3 belfenberfu 3 bozi Milofti Aniezna a Abatyjfe Klafftera Sv. 
Gyr3y na hradte Prasfém. — 10. Untec dem Yonnendhor an der Weftfeite 
der Rirhe wurden duch Abjchlagen des Verpukes an der fiidliden Mauer 
des Mittelfchiffes Spuren von alten Wölbungen mit Rapitalreften aufgededt, 
welche darauf fohließen laffen, dağ der Nonnendhor früher viel tiefer mit einer 
Krypta, ähnlid wie an der Oftfeite, angelegt war. Dadurd fände der weft- 


liche Theil der Kirche mit Rüdfiht auf das früher viel höhere Baflenniveau 
dafelbft eine ganz unerwartete Aufklärung, welde erft bei weiteren Nad- 
gtabungen ein genaues Bild des alten Betandes bieten wird. Spuren von 
Säulen oder Pfeilern, analog den im Mitteltheile der Riche befindlichen, wurden 
in den Rirhenmauern unter dem Yonnendhor nicht vorgefunden. — 11. An den 
Rirhenmauern des Kanptjhiffes über dem Nonnendor und an der Südfeite wurde 
durd partielle Aufdedung markanter Mörtelriffe das Vorbandenfein von Tri- 
forien-fenftern fidergeftellt, welde theils vermauert, theils in den fpäter Surh- 
brodenen Gurtbogen der Emporen an der Siidfeite aufgegangen find. 


Berlin. — Der grofe Shak von Aufnahmen märkifher Städte aus 
alter und neuer Zeit, den das Märfifhe Mufeum befikt, ift Sneh eine 
Sammlung von Anfidten aus der alterthiimlidhen Huffitenftadst Bernau an 
der Pante vermehrt worden, die im photographifhen Derlage von 
€. Taubert in Bernau erfchienen find. Ein friedliches, behaglihes Bild bietet 
die Befammtanfiht des altehrwürdigen Städthens, wie es um die Marien- 
firhe herum aufragt aus dem Aranze grüner Bäume und dem Gürtel der 
Mauern, deren cyklopifcher Bau aus Branitfindlingen bis in das 13. Jahr- 
hundert zurüdreiht. An einigen Stellen diefes Bemäuers find noh Spuren 
fpäterer Flickarbeit fihtbar, zu der man Badjleine verwandt hat, nachdem 
der Ziegelbau in die Mark eingeführt war. Um die beiden Thürme des 
Rönigsthores haben Befhidhte und Sage den Nimbus in der Erinnerung 
lebendiger Der- 
gangenbeit ge- 
breitet; im vier» 
etigen Thor- 
thurm wird die 

Huffitenbente 
aufbewahrt, der 
runde abertragt 
ſeit Menſchenge⸗ 
denken das bi- 
ſtoriſche Storch⸗ 
neſt. Auch aus 
den mit Rüſtern 

bepflanzten 
Wallen, dem 
St. Georgen- 
Hofpital, feiner 
Rapelle, die im 
15. Jahrhundert 
an Stelle einer 
älteren, von den 

Huffiten zer- 
ftörten erbaut 
worden ift, den 

„Buden‘* der 
Kirche ſpricht die 
gute alte Zeit 
in ihrer Ur 

ſprünglichkeit. 
Die Sammlung 
enthält Abbil- 
dungen von 
Baudenfmälern 


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Buntpapier. 18. Jahrhundert. 


























434 Deuifae Runt 


bra altenthalben jung ermadhten Antereifra für Baalen a 
peaa aga denen dm oe — eT 





pdin “Oretóijzal, in ‘Benen “ter Monnmenkaltunf 
bin herab Zu Ser Nippes tines modern emehe zu ring zeitgemäßen 
Enfemble ‚pereindät weden folen, Dir _ pereinigten Wertfiatten. für Kurt im. 
Handwerk in Mänden, deren ET Deriretung. für Berlin Helle 
& Meiner übernommen baben, werden bier hoffentlich Hug mit dines Ana 
‘matt ghee: Arbeiten in. Gefehatrdpollecent Attangement.. ‚als in ber aioli 
Bunflaupfeliiing ; an bbe: Deifenichfeik Irrien, Aelinliche aan dar 
miao von rare far Yer leben. geplanten dentſchen Piatatansfellung. 
begen, Mur rotin fie ‘fotche erfüllt, ‚bat. fie tent, naectem, ew du Penifdiand 
hergils cine eigenartige piatat gebt, nad eu naht mehr ng in, ert 
fünftterifhe Kräfte für fie beramsteben, nody Bins. Ihre Hufgabe wäre, 
der neuen Kune der Mffiche enlik den Weg tne Leben. zu bahnen und 
‚Ranflente md. indufteiehle für itie. Arbeiten zu gewinnen, banal der de 
ſchmag imi Beftmadlofin verdorben merde und Ste fihlehten. Bundörude,. die. 
troy bea Befebena: einer ‚gefunden Piafattunft, uoch immer : unjere Mfaki 
— Berungteren, gansligy virfe: Da Tene, wae de “a 











lea: und : See ve = 
SBinnenedume 3 S Suntpapier. Ende des 1. Iatrhunderts 
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md ben were ined beungien einer ſchuchten Wertlichfeit zu Ihe heiste Wrigeintic- 
 fteseniten. tell, in ber ein tiefes Votiremppioden fh auafpriät im Beſtalten 
Faeton. bienen des Intimen, Inneriten Deine des sinfamen: Moorlandes aus Mm Inneren 
: und. äer ble heriua, erfreuen ound ‚erfehfihen Ammer: wieder. Suri den edi beuifhen Bug, 
opm I Sepe m nfiheiniueen. nod. Sad Bedentende,, Am Meinen nod baw Probe zu 
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 Toarmyen nd ir‘ " Runftoeeeiu ala, tretier Habiter und Vertreter. der wieder mit reote = 
Buin flverin etn Jateteſſe aufgensumenen Eihwarz+- Weif + “Kuni, ans bel’ det Decihia Regs 






| "grüßen wit nia patter Charakterhdifen, Als Shllderer Me Rssiihen, des fostalen uns 

.mwllfenmene' - Nommerziehlen Zitlenbildes, in dem fh feine Rünftlerifäre. befiognomie. an. 

Bälle. die. flachen entfaltet Dat, wendet fit Brat ‘Milf ‚Dostiehr. den. Nihtjeten des 
Worpswesrt. menfarlihen Erben. su und entroble mit ein tmf and etgreifenses. Bir- 

‚Farbenpetten, Aritgefchlihle, nigh ohne das verjähnende, Moment Kogiſcher Cduterung, 
‚wenn fit nd. Seine Studie p@olgatha", in der er mit den gerima tert Mitten BOR) umd 
(figs gnauiferen © srateifend. 50. aplefere: weil, ptigh, dag Britia Tin ilesifibe Diwflegirorie 
guten Sanin EN idt abgefbloffen,. “fonder no der ae —— 34 Antes 
i Brite fug Wies N ; — 









anftanafels Difelberf, ~ ag mebreren. Sum pia ne Art — 
Glasgemälde wilt ew: Wappen his Mendel, lung Ar ae. a iſich stedwifhen, Adıpefiaften Rheinlanda und Weftfalena: die Hordiweft- 
Anfang des Its Sabrhunderts, ye hören. sabe ee epee den DEN, una Etien and BR der Verein 





fh ane jeki im ihrer ‚ganzen Eigenart, die eine Holleftien 


geteheh find, ber Dhlfetsorfer Henrenisiee Ferdinand Brätte sla din. brefflicher and yeah. : 


Deutfdhe Runft. 


435 





deutſcher Ciſenhüttenleute 
und der Derein zur Wah- 
tung der gemeinfamen 
wirthſchaftichen Intereſſen 
in Rheinland und Weft- 
phalen, den Bejhluß ge- 
faßt, fh für eine im 
‚Jahre 1902 in Düffel- 
dorf abzuhaltenden Jn«- 
duftries undGewerbe- 
ausftellung von 
Rheinland und Weft- 
pbalen und benad- 
barten Bezirken, mit 
der eine aus Diiffeldorfer 
Riinftlerfreifen angeregte 
Allgemeine dseutfhe 
Runftausftellung ver- 
bunden werden foll, aus» 
3ufpreden. Wenn man 
damit rechnet, daß feit 
S der legten Diiffeldorfer 
Runftausftellung 1880, die iiberall in befter Erinnerung fteht, Die Bevölferung 
der Provingen Rheinland und Weftphalen eine Steigerung von 5 710 078 
Einwohnern auf 7,807,422 Einwohner aufzuweifen bat, die fidh bis 1902 
auf rund 9 Millionen Seelen vermehren dürften, und in Betracht zieht, dağ 
dle genannten Landftrihe von den Provinzen Deutjchlands induftriell und ge- 
werblib am hddften entwidelt find, fo darf man die geplante Ausftellung 
wohl für lebenefähig halten, um fo eher, als fie durch große Fortfehritte und 
Neuerungen auf allen Produftionsgebieten ein Bediirfnif fiir alle Jnduftrie- 
und Bewerbezweige ift. 





Madonna, bemalte Thonbiifte 
Anfang des 16. Jahrhunderts, 


Wiesbaden. — Jn die Deiters'fhen Aunftfäle ift die alte Münchener 
Romantik eingezogen; aber auh ihr eint fo hodverebrter, populärfter Ver- 
treter Wilhelm von Raulbad ift nit mehr im Stande, für die alte 
Ridtung ein mehr als biftorifches Fntereffe wach zu rufen. Fremd fteht uns 
der Meifter gegenüber, für dejien Schätzung bei der Mitwelt die Nachwelt 
fein Derftändniß mehr bat. Es find Skizzen und Entwürfe, in denen wir 
Raulbad's Entwidelungsgang und fomit ein bedeutfames Stüd der Runft- 
gefchichte unferes Jahrhunderts verfolgen können. Diefer gefhidhtlihen Be- 
deutung wegen wäre vielleiht der Ankauf der Raulbadh'fhen Kartons zu 
erörtern. 


Straßburg. — Die Ausftellung der Runftfreunde erfreut fih fort- 
gejett eines lebhaften Befuches. Unter ihren 474 Yummern ift die Plaftit numerifch 
verhältnigmäßig f[hwah vertreten, dafür aber mit guten Arbeiten, von denen 
nur das Stadtwappen von Charles Müller - Straßburg, eine zierliche 
ntlymphe von Albert Mufh werk, die genrehafte Statuette „Bäuerin 
mit Gans von Albert Shulg »- Straßburg und tiidhlige Arbeiten von 
Henri Waderd - Münden erwähnt feien. 

Das zunehmende Runftintereffe unferer Bürgerfhaft hat ih auh in ver- 
fhiedenen Zuwendungen an ftädtifhe Anftalten bethatigt. So erhielt das 
Runftmufeum von 20 Dotatoren, die in der überwiegenden Mehrzahl Be- 
wohner Straßburgs find, am 130 verfchledene Gefdhente. 


Halle a. S. — Das Städtifhe Mufeum bat aud für die tote 
Saifon eine Anregung auf ünftlerifhem Gebiete in 3zwet intereffanten 
Rolleftivansftellungen gebradht; die eine befteht aus einer Sammlung von 
Originalradirungen, Lithograpbien, Algraphien und Feidnungen des Malers 
osmael Geng in Berlin, dejlen Stärke in der Wiedergabe harakteriftijcher 
Röpfe liegt, unter denen die Portraits von Paul Meverbeim, fr. Aröner, 
Mar Liebermann und Mar Klinger befonders intereffieren, Sie andere 
umfaßt 15 Gemälde des Profeffors Ludwig Dettmann in Berlin. 
Namentlih fein dreitheiliges Bild „Die Arbeit“, auf dem der Künftler den 
Werth der Arbeit und die Würde des Arbeiterftandes zur Erfheinung bringt, 
obne in tendenzidfe Armeleutmalerei zu verfallen, fefjelt durch feine Be- 
obadtung aller Spiele des freien Lichtes’ und feiner Reflexe, deren Wiegergabe 
nur einem Meifter fo überzeugend und Jrinimungsvoll gelingen fonnte, dem 
eine virtuofe Beberrfhung jeder Tehni? eigen ift. 


Gern. — Am 17. Auguft hielt der Aunftverein feine ordentlihe Haupt- 
verfammlung ab. Der GBefchäftsberiht für die Jahre 1896 und 1897, der 
gedrudt vorlag, ergiebt nachftehendes, zum Theil recht erfreulides Refultat, 
das für die Lebensfähigkeit des Vereins fpriht: Gm Jahre 1896 wurde die 
Ausftellung am 26. April eröffnet und dauerte bis zum 26. Mei. Sie war 
mit 202 Bemälden befhidt und wurde von 6Il Perfonen befudt, von denen 
175 Nichtmitglieder waren. Der Derfauf von Gemälden war recht wenig 
befriedigend. Es wurden Bilder im Wertbe von nur 1230 Mark verkauft. 
Zwei von diefen Gemälden erwarb der Derein zur Vermehrung feiner nicht 
unbedeutenden Sammlung, und zwar die Gemälde von v. Ejhwege „Thüringer 
Botenfubrmert für 500 Mark und Profeffor Mali „Heranziehendes Ge- 
witter“ für 560 Mark. Der Verein zäblte im Fabre 1896 151 Mitglieder 
mit 206 Untheilen, gegen 132 Mitglieder mit 186 WAntheilen dea Dorjahres. Am 
18. Oftober wurde die vom Verein veranftaltete Dilettanten-Ausftellung eröffnet. 
Die Jahres - Ausftellung 1897 nabm ihren Anfang am I. April und endete 
am 9. Mai. Sie war mit 210 Bemälden befhidt und wurde von 557 Per- 
fonen befudt, Savon 168 MWidtmitgliedern. Gemälde wurden für 2544 Mark 
verfauft. Der Verein erwarb fieben Bilder, die unter den Mitgliedern ver- 
loft wurden. Jm Fabre 1897 wies das Mitgliederverzeihnif einen Beftand 
von 148 Mitgliedern mit J97 Antheilen auf. Die Bibliothef erfuhr eine 
wefentlide Bereiherung durh Subffription auf die von Profellor Anadfuß 
herausgegebenen Riinftler - Monographien. Die Jahrgänge 1896/97 der 
Publifationen der Gefellfhaft für vervielfältigende Kunft in Wien, fowie die 
Jahrgänge 1894/1897 der Lützow'ſchen Zeitfehrift für bildende Kunft und 
das Runftgewerbeblatt wurden der Bibliothef einverleibt. Die Raflenver- 
haltniffe geftalteten ih im Fabre 1895 wie folgt: Einnahmen 4821,12 Mark, 
Ausgaben 3450,60 Mark, Beftand 1590,52 Mark. Fm Jahre 1896 betrugen 
die Einnahmen 3952,45 Mark, Ausgaben 3078,21 Mark, Beftand 874,22 Mark, 
und im Jahre 1897 beliefen fih die Einnahmen auf 4656,06 Mark, Ausgaben 
auf 3588,02 Mark, Befland 1048,04 Mark. Ueber neue mit dem Thüringer 
Ausftellungsverein bildender Rünftler zu Weimar abzufhließende 
Derträge berichtete Profeffor Shmager. Diefe Verträge werden eine voll- 
fändige Umwälzung innerhalb des Aunftvereins herbeiführen, die fiie unfere 
Stadt von nit zu unterfhätender Bedeutung zu werden verjpridht. Be- 
Panntlih hat der „Thüringer Ausftellungsverein bildender Rünjtler" 
die Abfiht, in allen größeren Städten Thüringens ftändige Ausftellungen 
zu errichten, die, mit ihrem Inhalte in gewiſſen Zeiträumen wedfelnd, Jeder- 
mann zugänglid find. 
Der Umfang diefer 
Ausftellungen ift niht 
grok, damit ift die Mög- 
lidfeit fiir eine vertie- 
fende, bildende Betrach⸗ 
tung geboten ; das Ein- 
trittsgeld foll ganz 
niedrig fein (20 Pf); 
datin liegt die Bedin- 
gung für zablreihen 
Befuh und für einen, 
im wahren Sinne volfs- 
bildenden Einfluß. 





Braunfdweig. — 
Am 14. Auguft ift in 
der Aegidienballe die 
35. Runftausftel- 
lung des Runftver- 
eins eröffnet worden. 
Sie ift für die Räum- 
lichkeiten faft zu reidh- 
haltig und enthält feinen 
fogenannten Clou, der 
ja zu häufig mehr dur 

fenfationellen Stoff | 
oder Raffinement der 
Tehnik als duch echten 
künſtleriſchen Gehalt 
wirkt, dafür aber eine 
Reihe wirklich guter 
Bilder, an denen auch 





Maria mit dem Kind, 
Tiroler Holzſchnitzerei 1520 - 1550. 


436 





Deutfdhe Runft. 





ein anfprudsvoller und ftreng gefdulter Befhmad feine Freude haben 
fann. Neben Braunfdhweiger Riinftleen, unter denen fh der junge, 
hodbegabte Bildnifmaler Eris Rdrner urh feine Separat » Portraitaus- 
ftellung befonders hervorhebt, find and viele auswärtige namhafte Maler 
wie Arthur Rampf, Eugen Bradt, Dahl, Dettmann, Edenbreder, 
Walter firle, Mar Roner, Yormann, Raupp, Pietfhmann und 
Plodhorft vertreten. Der Gefammteindrud der Austellung ift ohne Frage 
ein guter. Erwähnt fei noh, daß das Paterländifhe Mufenm eine große 
Zahl von Aquarellen Braunfhweiger Soldaten und Uniformen zur Verfügung 
geftellt hat, die ein Münchener Maler im Auftrage des genannten Mufeums 
in den letzten Jahren ausgeführt hat. 


Göttingen. — Am 1. Auguft fhloß die dritte Ausftellung der Ver- 
einigten Göttinger Aunftfreunde, die wiederum in den Räumen des 
Univerfitätsinfituts für Runftgefdhidte 
ftattgefunden bat. Sie gab haupt- 
fählih Gelegenheit, Originallithogra- 
phien Düffeldorfer Rünftler tennen zu 
lernen, die ein getreues Bild des jest 
in der rheinifchen Malerftadt herrfchenden 
Geſchmacks geben. 

Außer diefen Lithographien waren 
noh funftgewerblihe Begenftände 
ausgeftellt. Die erfte Gruppe der- 
felben wurde gebildet durch eingerahmte 
Roblephotographien nah berühmten 
Originalen, bergeftellt im Atelier von 
Hanfffängl - Münden, und um- 
faßte Repruduftionen von Werken von 
Giorgione, Botticelli, van Dyt, 
franz Hals, Holbein, Raffael, 
Rembrandt, Rubens, Tizian, 
Murillo, Jan van der Meer u. A. 
Die Photographien gewannen no außer- 
ordentlich duch Fünftlerifh empfundene 
Einrabmungen, die im Atelier von 
Nidel-Münden angefertigt find. Die 
3weite Gruppe der funftgewerbliden 
Gegenftände waren fünftlerifch hergefteltte 
Blasgefäße, die den Ateliers von 
Bigot-Paris, Cloutha-London, 
Daum- Nancy und Galle- Nancy 
entftammten, mit Thongefäßen vertreten 
waren M. von Heider- Münden und 
Th. Shmuz - Baudiß - Münden. 
Don den ausgeflellten Runftgegenftänden 
wurde eine große Anzahl zu guten 
Preifen verkauft, und das wird wohl 
manden Rünftler fernerhin anregen, der 
biefigen Dereinigung der Runftfreunde 
feine Werke für die WAnsftellungen 
anzuvertranen. 





Magdeburg. — Alb. Rathke’s Runfthandlung machte uns mit einem 
dänifhen Marinemaler Diggo Hoff bekannt, deffen in Aquarelltedhnif ge- 
malte Motive aus den Gegenden am Sund, Abendftimmungen von der 
fhwedifhen oder dänifhen Rüfte, durh ihre intime Stimmung und die Jart- 
beit in der Wiedergabe des Dunftee, wie er oft nah Sonnenuntergang über 
der ruhigen Meeresflähe jhwebt und den Horizont faft unmerflid in die See 
übergehen läßt, einen eigenartigen Reiz ausiibten. 

Hamburg. — Nahdem die Kollektion des Münchener Malers H. Tairati 
im Runjtfalon von Louis Bod & Sohn anderen Darbietungen wieder 
Platz gemacht hat, erfreuen fih des Beifalls der Befuher außer Werken von 
Profeffor W. Lutteroth, Hans Dahl, Rari Müller 2c, Hand- 
zeihnungen des Berliner Malers f. Hoffmann» Fallersleben, eines 
Sohnes des Diters. 

Der vielfah an den Runftverein gerichtete Wunfch, eine Bismardbilder 
Ausftellung zu veranftalten, fheint bis jetzt noch nicht in Erwägung gezogen 
zu fein. Abgefehen davon, daß die Ausftellung felbft eine eigenartige und 








Mittelalterliches Gewebe. 


interefjante Ehrung des großen Todten wäre, foll fe auh nod als Mittel zu 
einem befonderem Zwede dienen. Man will die Einnahme an Eintrittsgeldern 
mit zur Errichtung des Bismard-Denfmals verwenden. 


Zübek. — Die vom Aunftgewerbe-Derein veranftaltete 
Plakatausftellung führt die Plafatkunft fämmtliher Länder vor, ins- 
befondere, neben Deutfhland, Frantreih, Belgien, England und Amerika. 
Dur‘ Begenüberftellung ‚der alten Plafatkunft und der modernen wird es 
dem Laien leiht gemadt, die Dorzüge diefer zu jener zu erkennen. Wir feben, 
daß in vielen Ländern, 3. B. in frankreih, in der That eine „Runft auf 
der Straße entftanden ift, die wohl ein Fünftlerifhes Derftändniß in den 
breiten Dolfsmajlen erweden Pann. Yatiirlidh konnte bei der foloffalen fille 
der tagtäglih allerorts neu entftebenden Plafate nur ein verhältnigmäßig 
fleiner Theil für die Ausftellung in Betracht fommen, der die großen Fladen 

der Abtheilungswände in der Ratha- 
tinenfirhe dicht bededt und aus mebreren 





hunderten von prädtigen Plafaten 
beftebt. 
Biel, — Gn den beiden vorderen 


Nebenfabinetten unferer Runftballe find 
die von, der Derbindung für bifto- 
tifhe Runft ihren Mitgliedern über- 
teidten jehs Blätter des Hyflus „Dom 
Tode (2. Theil) von Mar Rlinger 
ausgeftellt. Neben ihnen nebmen jich 
die in fauberer Tehnif ausgeführten 
Originalradirungen des Dresdeners $ e- 
org Jahn nod ftarf afademifh aus. 
Ronventionell if aud die Radirung 
„Mondnadt" von Julius Lüders- 
Weimar, während feine „Thüringifche 
Landfhaft" von guter Charafterijtif 
zeugt und Eigenart verräth. Tehnijch her- 
vorragend find die Lithograpbien und 
Radirungen, weldhe zum Dierteljabrsbefte 
des Runftvereins gehören. Es find 
folgende Rünftler, von denen einige 
aud dur Gelbilder hier vertreten find, 
zu nennen: W. Unger, €. Banker, 
Paul Baum, €. Müller- Bres- 
lau, Robert Sterl, Pietfhmann, 
© Sifher E H. Walther uns 
W. Ritter. Die Blätter ftellen’zumeift 
landfhaftlihe Sujets oder folthe in Der- 
bindung mit figuren oder legtere allein 
dar und machen vermöge ibrer großen, 
fräftigen Linien eine gute Wirkung. 





Nideggen. — Vor einigen Wochen 
wurden an einem Pfeiler derin der Re- 
ftauration bejindliden altebrwürdigen 
Rirhe in Nidseggen mebrere fleinere 
Wandgemalde aufgefunden, die nach ihrer Freilegung und Unterfudung durch 
einen fahmann die Dermuthung nabelegten, daß in dem Chore der Kirche 
werthvolle alte Gemälde fih befinden müßten. Dieje Dermuthung bat fic 
jegt beftätigt: im Chore und den Fenfternifhen der Kirche find feds lebens- 
große Figuren freigelegt worden, die edel aufgefaßt und vollendet durch- 
geführt find. Anfcheinend ftellen vier Figuren die großen Propheten des 
Alten Bundes dar. Der Abjhluß zu diefen Figuren it durch ein Teppich- 
mufter bergeftellt, worin man noh ganz deutlih die alten Farben und 
Sdatticungen erfennen fann. Die Bemälde ftammen böhftwahrfiheinlib aus 
dem 13. Gabrhundert, wo das Jüliher Ffürftenhaus feine Refidenz Nideggen 
in jeder Weife bob und verfhönerte. Jn Folge diefer Entdedung bat Herr 
Oberpfarrer Ernft fofort fiirforge getroffen, daß nah Erbauung eines Ge- 
rüftes befonders der obere Theil des Chores freigelegt und unterfudt wird, 
da nah Anfiht von Fachleuten dort nod ein Shak an alten Gemälden 
vorhanden fein foll. Hoffentlid bleiben die entdedten Runftwerfe von unge- 
fchicten Reftaurirungaverfuden verfhont, wie fie beifpielsweife viele alte 
Medlenburgifhe Kirchen verunzieren. 


Deutfhe Runft. 


‚ Deutfhland beweifen. 





Bilder-Reftaurirung. 







Um ältere Belgemälde, deren 
Schatten im Laufe der Zeit nahduufelten, oder in 
denen Riffe oder Sprünge und Brüche der Malfchicht 
oder fonftige ungünftige Veränderungen des firnif- 
überzuges auftraten, wieder berzuftellen und ihnen 
thunlihft die frühere Schönheit wieder zu geben, 
wurden in den letzten Jahrzehnten die verfihiedenartigften 
Derfahren verfuht und angewendet. für das Gelingen 
folder Arbeit fommt es zunähft allerdings fehr viel auf 
das Fünftlerifhe Derftändniß und die Fertigkeit des Neftau- 
rators felbft an, der in jedem Einzelfalle vor Beginn der 
Tpätigkeit den malerifhen Charakter, insbefondere die ur- 
fprünglide Färbung des wieder herzuftellenden Bildes fritifch 
unterfuhen und feftitellen muß. Aber fchlieglich giebt doch 
die angewendete Technik den Hauptausfdlag für das Belingen der Arbeit. Von 
den Derfahrungsweifen, die theilweife mehr oder weniger von Erfolg begleitet 
waren, hat namentlih das Pettenkofer'fhe die weitaus größte Verbreitung 
gefunden. Befanntlih befteht es darin, daß die alten und blind gewordenen 
Bilder nach Befreiung vom Schmuße durd Altoholdunft regenerirt, das beißt, 
der Lad wieder durhfihtig gemacht wird, wodurd das Bild, obne berührt 
3u werden, das Ausfehen der Neuheit wieder gewinnt. Jedoch erfordert die 
Anwendung dtefes Derfahrens eine fehr geübte Hand, um das Durdeinander- 
laufen des nicht entfernten firniffes und der Farbe zu verhindern. Ein 
anderes beliebtes Verfahren ift das nah Lufanus, wobei eine Mifhung des 
Spiritus, Terpentin- und Leindls zur Entfernung des firniffes dient, bier- 
durd die ‚Farbe blosgelegt und dann ein neuer Firnif aufgetragen, in hart- 
nädigen fällen fogar Goda gebraudt wird. Aber folhe fharfe Mittel 
bilden häufig eine Gefahr für die Bilder, weil felbft bei größter Dorficht die 
Farben angegriffen werden, namentlid leiht aufgetragene Lafuren, und damit 
die Feinheit, der Duft des Bildes jhwinden. Ein Bremer Porträtmaler, 
Ernft v. Heymann, bat nunmehr ein Derfabren erfunden, wodurd der auf 
den alten Gemalden befindlihe, verfhmugte, harte und trübe Firnif gelöft 
wird, obne den SFarbenftoff felbft zu erweihen und dadurch die Original- 
malerei zu befhädigen. Dielmehr wird die Farbe gehärtet, jo dağ fie, fo- 
weit fie gegeben oder noh vorhanden ift, erhalten bleibt. Damit wird die 
Serftdrung der feinften Nuancen und Lafuren des Bemäldes vermieden. Fn- 
deffen hat je nad dem Alter und der Befchaffenbeit Sesfelben eine Abs 
ftimmung des Löfemittels zu gefheben. Durd öfters frifhes Auflegen einer 
damit imprägnirten Leinwand wird der firni nad und nah gänzlich auf- 
gefogen und abgehoben, ohne die Malerei, felbft deren dünnften Theil, anzu= 
greifen. Vielmehr tritt diefelbe nad Anwendung and bei den ganz ftumpf 
und trübe ausfehenden Bildern in dem urfpriingliden Glanze wieder zu Tage. 
Riffe und Sprünge, wenngleih fie bis auf die Unterlage, das Holz oder die 
Leinwand gehen, lafen ih durch dies Verfahren in den meiften fallen 
leiht und gut befeitigen. Die Zufammenfegung des Mittels felbft bildet zur 
Heit nod ein Gebeimnif des Erfinders. Don ihm felbft, der als Porträt- 
maler die oben berührte, bei Benutzung feines Mittels recht wefentlihe Babe 
befigt, fic) der Maltehnit des jeweiligen Meifters des wiederherzuftellenden 
Bemäldes leicht und gehörig anzupaflen, wurde eine Reihe von Werten nam- 
hafter alter Meifter beftens reftautirt. Davon wollen wir aus der jüngften 
Het nur erwähnen die theilweife jehr werthvollen Bemälde der Bremer Loge 
naum Oelzweig", ferner eine bedeutende Anzahl von Sammlungen aus 
Bremer fFamilienbefik, worunter fi Werke von Rembrandt, Rubens, Tizian, 
van Dyd, Ruysdael, Wouwermann, Netfher, Weynants, Rarl du Jardin, 
Tenniers, Terburg, Rugendas, Roos, Michelangelo, Tiepolo, Claudse Lorrain 
und vielen anderen nambaften Meiftern befinden. 


— Ueber den Erport von deutfhen Farbendrudbildern und 
Rupferftiden, in denen bei ung die Produktion immer eine anfehnliche gewesen 
ift, laffen fih Zahlen mittheilen, die eine hohe Entwidelung des Runftzweiges in 


437 





Im Jahre 1889 belief fih die deutfhe Ausfuhr in 
Bildern auf 54 940 dz im Werthe von 34,9 Millionen Mark, 1897 war der 
Erport auf 48 060 dz im Werthe von 55,5 Millionen Mark gewadhfen. Die 
Steigerung im Derfand ift eine von Jahr zu Jahr ftar? bemerfbare. Größter 
Abnehmer deutfcher Bilder ift England, weldes im verfloffenen Fahre für 
20,5 Millionen Mark bezog. Ein guter Markt find aud die Vereinigten 
Staaten von Amerika, denen es trog Dingley- Bill glüdlicherweife nicht 
gelang, die deutfhe Waare vom amerifanifhen Markt zu verdrängen. Die 
deutjhe Ausfuhr im Farbendrudbildern, Rupferftihen nach den Vereinigten 
Staaten von Amerifa betrug 1897 8,6 Millionen Mark, Oefterreih-Ungarn 
bezog an Bildern aus Deutfhland für 7,4 Millionen Mark, Holland für 
2,7 Millionen Mart, Rußland für 2,1 Millionen Mark, Belgien für 
2 Millionen Mark, Frankreih für 2,7 Millionen Mart, Stalten, Dänemark, 
Schweden, die Schweiz, Spanien, Brafilien find gute Abnehmer deutjcher 
Bilder. Bemerfenswerth ift dabei, daß der Jmport gleichfalls ftart gewadfen 
ift, er werthete ISS9 auf 3,6 Millionen Mark, 1897 aber auf 10,9 Millionen 
Mart. 





— Einige befonders intereffante Begenftände find im Müngener Runft- 
gewerbeverein ausgeftellt; jo ein neues Eremplar eines fhon vor zwei Jahren 
bier gewefenen Ofens von Hausleiter. Dem weißen, in holländifher Art 
blau deforirten Ofen verleibt feine dreiedige Grundform große Dierlichfeit, die 
urh den ganzen Aufbau von den gefhweiften Füßen bis hinauf zu der be- 
frénenden fleinen Dafe nod gehoben wird. Das intereffantefte Stüt ift 
diesmal eine Schreinerarbeit aus der Werkftatt von Otto frisfhe Zu 
dem doppelten Zwed: pradhtvolle alte getriebene Silberplatten, zwölf an der Zahl, 
welde die zwölf Arbeiten des Herkules fehildern — zu verwenden, und 
offenbar zur Aufnahme irgendwelder Sammelobjefte ein geeignetes Behältnif 
zu fhaffen, ift diefes Möbel nah einem Auftrag ausgeführt worden, und 
zwar in Cidenhols mit einer reich gefchnigten Belleidung von f[hwarzgebeiztem 
Birnbaumbolz. Es ift ein ziemlich breiter Raften von etwa 11/, Meter Höhe, 
deffen beide Thiüren die ge- 
nannten getriebenen Silber- 
reliefs als füllung enthalten, 
während ein feinerer Auffat, 
um den rings ein breiter Rand 
der oberen Platte des Haupt- 
fhranfes frei bleibt, gleichfalls 
zwei diefer Reliefs alo Thür- 
füllung enthält. — franz 
Rneiß bat einen gefehnttten 
Spiegelrahbmen und ein eben- 
ſolches Tiſchchen ausgeſtellt; 
an beiden hilft die wirklich 
gute Schnitzarbeit über die 
nicht wegzuleugnende Nüch— 
ternheit hinweg. Namentlich 
der Rahmen, der nicht allzu 
groß, oval und mit Orna— 
menten, ſowie oben mit Lorbeer⸗ 
zweigen und großen weißen 
Bliithen gefdmiict ift, zeichnet 
fic) hinfichtlic der Ausführung 
befonders des Blattwerfs aus. 

— Om Glaspalaft fteht ein 
Beleudtungstérper von Et- 
mann auf fhönem und prat- 
tifhem Geftell; ein ziemlich 
gleides von Zimmermann 
gefchmiedetes Exemplar befine = 
det fic) unter den Neuheiten im 
Runftgewerbehaufe. Der Träger 





Trinfglas mit Emailfarben 171. 


438 


Deutfde Runf. 








der Glühlampen hat Pflanzenform; aus einem Büfchel Aleeblätter wachen 
fünf lange Stengel gerade in die Höhe, die in der üblihen Weife in Blumen 
enden. Wir ftehen da vor einer garnicht neuen Zdee, die nur bin und wieder 
duch irgend eine neu erdachte Derfion etwas Abwedelung findet. Sodann 
finden wir in einem der ‚Fenfter Stidereien, beffer gejagt: weiblihe Hand- 
arbeiten. Zunähft fallen da die UApplifationsarbeiten von Vogel und 
Altens in's Auge, Saden, dte in Zeihnung und Farbenzufammenftellung 
viel Gefhit verrathen. Kiffenbezüge find es; Pfauen mit prädtig entfaltetem 
Rad füllen den Raum auf den einen fehr gut, während auf anderen figuren 
in der Art modernen Plafatftils fidtbar find. Diel läßt fic) nicht darüber 
fagen, als daß die beabfihtigte Wirkung gut berednet und glüdlih erzielt 
worden ift. Leinentiider, -Beziige und ähnliche in Areuzftih roth auf weiß 
geftidt von Fränlein Weißhaupt find daneben auegeftellt, während fchließlich 
einige fehr niedlide Käfthen binzutommen, deren Bold- und Silberfiligran- 
verzierungen theils eigens zum Schmud diefer Yläh- oder Shmudfäfthen her- 
geftellt find (von Frau Maler Loffom), tbeils aus gefhmadvoll verwendeter 
alter Rlofterarbeit befteben, wie bei Fraulein Weibraud. Don hervorragenden 
Apntereffe für Federmann wird ein Ramin im Stile Ludwig XVI. fein, den 
die firma Doret & Dentant ausgeftellt hat. Das verarbeitete Material 
it afritanifher Onpr, weldher namentlih an den fannelirten Säulen wunder- 
bare farbenfpiele hervorbringt. Nicht überfehen feien einige neue, fehr fhön 
gearbeitete, zierlihe Beleuhtungskörper von Hoppenthaler in Holzkirchen, 
fowie eine umfangreihe Rolleftion neuer Befäße von Wilhelm & Lind, 


— Die im Deutfhen Budgewerbe- Mufeum in Leipzig zur Aug- 
ftellung gelangten dekorativen Panneaur von Eugene Braffet zeigen den 
beliebten Plafatfiinftler als fitengen Stiliften im Anflug an das Mittelalter 
und an die englifhen Präraffaeliten. Er ift gleihmäßiger in feinen linearen 
Umtiffen, gemäßigter in den farben und gemeffener in Ser Schrift als der 
graziöfe, glänzende, fiihne Wuda und feufcher im Befhmad und in der 
Gefinnung als der leidtlebige Jofeph Chéret. Gewig ift Manches in 
Graffet’s Runft troden, aber in allen feinen Entwürfen für Jnnendeforation, 
Wandbelleidungen, Stoffe, Möbel, Blasgemälde, Budeinband u. f. w. be- 
Pundet fih eine reihe Erfindungsgabe, berrfht Gefmad und deforatives 
Gefühl. In erfter Linie maht fih in allen feinen Arbeiten das Studium 
Ser Pflanze, als deffen Ftudht fein Werf „La Plante et son application 
ornamentale“ befannt ift, geltend, in forgfältig gezeichneten, ftilifirten 
Blumen, die er weit über das natürlihe Derhältnig zum Ffigürlihen hinaus- 
wadfen läßt. Ein trefflihes Blatt ift das, auf dem eine fhöne Mädchen- 
geftalt mit aufgeldftem, [hwarzem Haar inmitten goldgelber, großer Rönigs- 
ferzen erfcheint. Alle feine verjhieden individuclifirten weibliden Mädden- 
geftalten verrathen im Stil den Anflug an mittelalterlihe Runft und tragen 
einen Hafiifhen Zug. Wie Grajjet in der Stilifirung an Walter Crane 
erinnert, fo bat er aud) mit ibm und Hubert Herfomer eine feltene Viel- 
feitigfeit gemein, die ihn befähigt für alle Tehnifen zu zeichnen. 


— Seitdem im Jahre 1875 auf der Wiener Welt-Ausftellung die 
damals neue Erfindung des Sandgebläfes weiten Kreijen befannt wurde, 


Preisbewerbungen 


— €in neues Preisausfdreiben auf dem Gebiete des Städte 
baues ergeht joeben an die deutfhen Architekten. Es ift erfreulih, daß fih 
jet allerorts die Anfhaunng Bahn gebroden hat, daß Umänderungen und 
Erweiterungen der deutjhen Städtebilder niht mehr aufs Berathewohl am 
grünen Tifch, fondern unter möglichft ergiebiger Mitwirkung der berufenen 
Rünftler zu geftalten find. Das neue Preisausfchreiben gebt von Raffel aus. 
Dort werden Sfizzen für die Bebauung des neuen Raifer-Plates verlangt. 
für die drei beften Entwürfe find Preife im Betrage von 5000, 2000 und 
1000 Warf ausgeworfen. Die Einlieferungsfrift der Entwürfe ift auf den 
31. Januar 1899 feftgefert und die erforderliben Programme und Unterlagen 
find von der Afdhrott fhen Brundftüds-Derwaltung zu beziehen. 

— Jm Wettbewerb für den Entwurf zum Neubau eines ftädtifhen 
Mufeums zu Magdeburg hat fih das Preisgeriht wie folgt entfdteden 
und zuerfannt: den I. Preis dem Entwurf mit dem Motto: „Rief in de 
Roefen der Herren Ach. Ruder und Müller, Straßburg i. Elj.; einen 
II. Preis: Motto ,,Wordlidt’, stud. arch. Georg Rudolf Riffe, Dresden- 
Radebeul; einen II. Preis: Motto „Tilly, Arh. Joh. Shmidt und frit 
Hejjemer, Münden; einen II. Preis: Motto „Schönheit ziere ihn“, Ard. 
Meier und Werle, Berlin; einen III. Preis: Motto „Feihen eines rothen 
Sterns, Arch. Fran; Thyriot, Südende b. Berlin. Außerdem wurden 
drei Entwürfe zum Ankauf empfoblen, namlid 1. Motto: „U. UA. w. g", 
Arh. Paul Burghardt, Leipzig; 2. Motto: | Parthenopolis, Reg.Bfhr. 
Hans Riefe und franz Schend zu Frankfurt a. M.; 5. Motto: „Magdes 
burgifhe Halbfugeln’, Ach. £. Pfaffendorf, Köln. Die für fofort in 


find unzählige neue Anwendungen des jener Erfindung zu Brunde liegenden 
Derfahrens verfudt worden. Aürzlih ift wieder ein neues Derfabren 
erfunden, defen Mugbarmadung Herr A. Frifoni in Hamburg unternommen 
bat. Eine Auswahl von Marmorplatten, die im Hamburger Mufeum für 
Runft und Gewerbe ausgeftellt find, veranfhauliht die mannigfache Der- 
wendbarfeit der Erfindung. Unter Anderem find auf Platten [hwarzen 
Marmors pbotograpbifhe Bildniffe befannter Perfönlichkeiten in den weichen 
Tönen der photographifhen Aufnahmen unter Zubilfenahme eines geätßten 
Zinfflihes übertragen und mittelft des Sandgebläfes in den Litern und 
Halbtdnen zart marfirt, während die Schatten in dem glänzenden Schwarz 
des Steines erfcheinen. Auf Platten weißen Marmors find farbige Einlagen 
mit gleihem Verfahren nadgeabmt Da aud Drudfgriften fih leiht und 
dauerhaft übertragen laffen, bietet das Verfahren Frifoni's befondere Dor= 
theile für die Herftellung von Reflamen, fowobl auf Wandplatten, wie auf 
Marmortifchen. 


— Die elfäffifgen Rünftler, weldhe auf der Straßburger Runft- 
ausftellung im Ylovember 1897 zum erften Male als gefhloffener Rünftler- 
freis auftraten, haben ih zur Herausgabe eines neuen Runftwerkes vereinigt, 
das als eine Frucht eben jener Runftansftellung angufeben it und eine auf 
breitere Grundlage geftellte Fortfegung der 1895 von Rarl Spindler und 
Fofef Sattler begründeten „Eljäjler Bilderbogen‘. In erhöhtem Maße wird 
das Gntereffe der Aunftfreunde ih dem neuen Unternehmen zuwenden, der 
nöllufteirten Elfaffifhen Rundfhau", herausgegeben von Rarl Spindler 
(Verlag von Sdhlefier & Schweifhardst, Strafburg). Wie das feinfinnig 
empfundene und von ftarfem Runftverftändniß getragene Dorwort zur erften 
Nummer fagt, ‚will die neue Zeitfhrift in erfter Linie die mannigfaltigen 
fünftlerifhen und literarifhen Kräfte des Elfaß um fh fhaaren und dadurch 
ein Bild von dem mädtig aufblühenden Leben elfäjifher Beifteskultur geben. 
Aber and Ser an intereffanten Epodhen fo überreihen früheren Gefchichte 
elfaffifher Kultur foll die befondere Aufmerffamkeit des Herausgebers ge- 
widmet werden, um dadurch bei dem Lebenden Gefhlehte das Gntereffe an 
Elfaffer Runft zu beben, den Sinn für heimifhe Gefhihte, Sage und 
Didhtung, Einrichtungen, Sitten und Bebräude zu beleben und überbanpt die 
Liebe zum engeren Heimatbland zu weden und zu ftärken‘. 





— Die Ateliers der Akademien und Runftfhulen werden häufig von 
Händlern aufgefuht, die photographifhe Aktftudien feilbieten. Nicht immer 
entfprehen folhe Blätter fünftlerifhen Anfprüden und nur felten find fie 
für fünftlerifhe Zwede verwendbar. Den im Runftwerlage von S. Rednagel 
Nadf. in Münden erjihienenen Studien läßt fih dagegen falt durchweg 
fünftlerifher Werth und Braudbarfeit nadfagen. Sie enthalten weibliche 
Geftalten mit fhönen Rörperformen, die in gefhmadvoller Pofe zur Geltung 
fommen, fo daß fie als Studienblatter Malern empfohlen werden können. 
Einige Blätter find darum befonders werthvoll, weil auf ihnen jhwierige 
Stellungen feitgehalten find, die ein Riinjtler am lebenden Modell nur 
flüchtig und niht im Detail beobadten fann, da fie aud das befte Modell nur 
immer auf ganz furze Zeit einnehmen Cénnte. 


und Perfönliches. 


Ausfiht genommene Ausftellung der Entwürfe hat nur drei Tage geöffnet 
bleiben fönnen, da über den Saal des Ratbhaufes anderweit verfügt werden 
mußte.  DVorausfihtlid wird die Ausftellung aber vom J. September ab 
auf 14 Tage wieder zur Befihtigung bereit fteben. 

— Ein Wettbewerb betr. Entwürfe für den Neubau eines Be- 
fhaftshaufes der firma Weddy-Pönide in Halle a. S., der zum 
25. Oftober ò. J. fällig iff, verheißt drei Preife von 1800, 1200 und 
600 Mark und ftellt den Ankauf nit preisgefrönter Entwürfe für je 300 
Mark in Ausfidt. 

— Jur Befhaffung dreier Wandgemälde, mit denen die Flächen 
über dem Altar der Domkiche zu Freiberg gejhmüdt werden follen, erläßt 
der Afademifche Rath auf Anordnung des Rönigl. Minifteriums des Innern 
für fähfifhe oder dod in Schfen lebende Rünftler ein Bewerbungsausfchreiben. 
Die Entwürfe find bis 5. Dezember d. 5. einzureichen. 

— Ein Preisausfcreiben zur Erlangung von Entwürfen für ein 
Plakat erläßt die Rafao-Rompagnie Theodor Reidardt in Halle a. S. 
an die deutjchen Rünftler mit Termin zum 25. September d. J. Ueber die 
Verleihung von drei Preifen von 1000, 500 und 200 Mark, fowie über den 
Ankauf nicht preisgefrönter Entwürfe entjcheidet ein Preisgericht, dem unter 
Anderen die Herren Prof. L. Dettmann, €. Doepler . J. Hans 
dFedner und Bruno Shmik tn Berlin angebsren. 

— Vor einigen Woden eröffnete die firma Benziger & Co. einen 
Wettbewerb um ein Titelblatt für ihre Heitfehrift „Alte und Nene Welt‘. 
Don den 42 Bewerbern Fonnte feiner den erften Preis erhalten, auch Ser 


Deutfhe Runf. 


zweite Preis mußte getheilt werden und zwar zwifhen J. A. Seiler 
(Münden) und Loofe (Leipzig). Den dritten Preis erhielt H. Bef-Gran 
(Münden). 

— 3m Hamburger Mufeum fiir Aunft und Gewerbe ift das vor 
Rurzem eine reihe RKolleftion von Fünftlerifhen Entwürfen fiir Pelifan- 
farben-Plafate ausgeftellt, weldhe wohl geeignet ift, das Interefje weiterer 
Rreife in Anfpruh zu nehmen. Diefe Entwürfe verdanken ihre Entftehung 
einem Preisausfdreiben, weldhes die firma Günther Wagner, Hannover 
und Wien, fabrifen fiir Pelifanfarben (Riinftler-Wafferfarben), erlaffen hatte 
für die beften Plafatentwürfe. Jnagefammt gingen 550 Entwürfe ein, welde 
dem aus folgenden Herren beftehenden Preisgericht vorgelegen haben: Prof. 
€. Doeplec- Berlin, fabrifant Otto Edler-Hannover, Prof. Albr. 
Haupt-Hannover, Maler €. Jordan-Hannover, Direftor €. H. Marten- 
Oldenburg und Fabrifant frig Beindorff-Hannover. Der erfte Preis 
von 1000 Marf wurde dem Entwurfe des Heren Julius Diez-Müncen zu- 
efannt, deffen Entwurf einen fünftlerifh ausgeführten Pelifan zeigt, mit 
einer farbentube im Schnabel, den zweiten Preis von 500 Mark erhielt Herr 
Hans Müller-Dahau bei Münden und den dritten Preis von 300 Mart 
erhielt Herr Oskar Zwintfher-Meißen. Außer diefen drei Entwürfen, 
von denen der mit dem zweiten Preife bedadhte Entwurf des Herein Hans 
Müller zur Ausführung beftimmt ift, ind noh weitere nene Entwürfe von 
dem Preisgeriht als hervorragende Arbeiten bezeihnet worden und zum 
eventuellen Ankauf empfohlen. Die Ausftellung befindet fih glei rechts im 
Rorridor des Mufeums und nimmt bier einen ziemlih großen Raum ein. 
Durhweg trifft man bier auf Arbeiten, welde den Derfertigern alle Ehre 
madhen. Riinftlerifhe Ausführung originelle Zdeen zeichnen die Entwürfe 
aus, deren Befidtigung denjenigen warm empfohlen werden tann, die fdh 
für Entwürfe diefer Art intereffiren. Die Entwürfe bleiben einige Zeit in 
Hamburg ausgeftellt, fpater it die Ausftellung derfelben in Berlin, 
Dresden, Düffeldorf, Köln, Münden, Nürnberg und Wien 
geplant. 

— Der Raifer bat die Wahl des‘ Geheimen Regierungsraths 
Profeffors Hermann Ende zum Präfidenten der Akademie der KRünfte 
in Berlin für die Zeit vom J. Oftober 1898 bis dahin 1899 beftätigt. 
Ebenfo ift die Wahl des Profeffors Dr. Martin Blumner zum Stell- 
vertreter des Präfidenten der Akademie der Riinfle in Berlin für die 
Zeit vom J. Oftober 1898 bis dahin 1899 beflätigt worden. 


439 


— Don dem Rultusminifter find in Beftätigung der ftatutenmäßig von 
der Benoffenfhaft der ordentlihen Mitglieder der Berliner Akademie der 
Rünfte vollzogenen Wahlen der Bildhauer Profeflor Dr. Rudolf Sieme- 
ting, der Arditeft Bauratb Adolf Heyden, der Romponift Profeffor 
Sriedrid Gernsheim und der Gefhidtemaler Profeffor Jofef Sheu- 
tenberg — diefer als Nachfolger des Ende September auf feinen Wunfd 
ausfheldenden Senatsmitgliedes, Wirklihen Beheimen Raths, Prof. Adolf 
Menzel — zu Mitgliedern des Senats der Akademie der Rünfte für den 
Heitraum vom |. Oftober 1898 bis Ende September 1901 berufen bezw. 
weiter berufen worden. 

— Einer der Senioren der Deutfhen Aunft, der alte Landfhafts- 
maler Prof. Mar Schmidt, Mitglied der Berliner Akademie der Künfte, 
feierte am 13. Auguft 3u Rdnigsberg i. Pr. den adtzigften Geburtstag. 
Seine Daterftadt ift Berlin, und bier erhielt er aud anf der Akademie feine 
fünftlerifhe Ausbildung, namentlih in den Ateliers von Rarl Begas und 
Wilhelm Schirmer. Er felbft brachte feinen Namen durch eine Reihe von 
Landfhaftsbildern zu Ehren, die ihm 1859 die Meine, 1868 die große goldene 
Medaille eintrugen. Da find in der Nationalgalerie feine Hauptwerke „Wald 
und Berg" und die „Spreelandfhaft bei trübem Wetter. ferner it an 
zablreihe befannte Wandbilder Schmidt's zu erinnern, an die Odpflee-Land- 
fhaften, an die Serie „Dom Fels zum Meer‘, an die mehr dekorativen 
Bilder im Griehifhen Saal und im Egpptifhen Säulenhof des Neuen 
Mufeums. Gm Jahre 1872 wurde Mar Schmidt als Profeffor an die 
Rénigsberger Ufademie berufen. Der Berliner Akademie gehört er feit 1869 
als ordentlides Mitglied an; fie bat, wie wir hören, dem greifen Rünftler 
ihre Blüdwünfhe in Form einer WAdreffe gefandt. 

— Am 19. Auguft ift in Görlig der Direftor der dortigen Rgl. Bau- 
gewerffhule, Reg.-Baumftr. Dr. Ridard Bohn, verfhieden. Als lang- 
jähriger verdienftvoller Baugewerkfchul = Direftor ift Bohn weniger in die 
Oeffentlichfeit getreten, denn als Arhäologe. An den großen arhäologifhen 
Errungenfchaften Deutfhlands in dem erften Jahrzehnt nad ſeiner Neu- 
geftaltung war Bohn in umfaffender Weife betheiligt. Sein Name ift neben 
dem von Carl Humann mit der Wiederauffindung des pergamenifhen Altars 
und feiner gewaltigen Bigantomadie, welhe den Mittelpunkt des Gntereffes 
der Antifenfammlung des Berliner Mufeums bildet, auf das engfte verknüpft. 


— Der englifhe Maler Walter Crane ift zum Dorfteher der Rönig- 
lihen Aunfifhule in South Renfington ernannt worden. 











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Altenburg, Elberfeld, Barmen, Bielefeld, Börlik, Danzig, Rönigsberg, Stettin n, a. 








Ar. 23. 


15. September 1898. 


II. | Jahrgang. 


£udwig Mangel. 
Pon Georg MalKowshy. 


ie Sfulptur, die Monumentalfunft im eigentliden Sinne 

des Wortes, trägt ein fonfervatives Element in fidh, 
ESS das die Entwidelung ihrer formengebung wefentlih be- 

einflußt. Der Alltäglicfeit Surd ihre Stoffe entrüdt, 
auf die Derfhönerung und Ueberhdhung der wirklihen Erfheinung 
angewiefen, verfällt fie um der lieben Derftändlichfeit willen leicht 
ciner fonventionellen formenfprade, deren Wortfhat in fteter 
Ueberlieferung erftarrt. Dergeblid) fudt die moderne Bildhaner- 
funft einerfeits die Verbindung mit der griehifh-römifchen Antike 
aufreht zu erhalten und andererfeits an die fpärlihen Ueberrefte 
einer bis über die Völkerwanderung zurüdgreifenden nationalen 
Dergangenheit anzufnüpfen. 

Es wird fih faum leugnen laffen, daß die romanifden 
Völler, die Franzofen und Ftaltener, zur Feit die führung in 
der Bildhauerkunft übernommen haben. Jhren finnlich realiftifchen 
Neigungen entfprehend haben fie früher als wir den Anfchluf 
an die moderne Wirklichkeit gefunden. fiir das Anmuthige des 
Benrehaften, wie für das Erhabene des Monumentalen find ihnen 
allgemein verftändlihe Ausdrudsformen geläufig geworden, an 
die wir uns wohl oder übel gewöhnen müffen. Die Belgier 
find ihnen gefolgt, ein Gran germanifden Geiftes hinzuthuend, 
die form mit Denken und Empfinden füllend. Den Meunier 
und Dan der Stappen haben wir zur Zeit wenig Bleid- 
werthiges gegenüberzuftellen. Meuniers ,,Denfmal der Arbeit 
verfpridt ein gewaltiger Markftein zu werden in der Entwidelung 
der modernen Skulptur. 

Wer die für die Skulptur refervirten Räume der Berliner 
Ausftellung 1896 betrat, fah aus der Maffe der Bildwerfe einen 
fühnen Aufbau emporragen, der die Aufmerkfamkeit zwingend 
feffelte. Ein gewaltig Weib in fhlichter germanifher Bewandung, 
den rechten Urm auf einen Anker geftügt, über der linfen Schulter 
eine Rae, deren Segel einen wirkffamen Hintergrund für die 
fräftigen Körperformen bildete, ftand ftolz aufgerichtet weit aus- 
fhauend auf dem Hinterded eines Schiffes, auf deffen Vordertheil 
ein Merkur mit Fliigelhut und Sdhlangenftab faß, über den als 
Adler geftalteten Dorderbug in die Ferne fpähend. Ein nadtes 
Meerweib fhob den auf felfen rubenden Riel bilfreih im die 
Wellen. Selten war „õie Rube in der Bewegung, diefes un- 
trüglihe Merkmal echter Bildnerkunft, zu fo padendem Ausdrud 
gelangt. Noh laftet der Riel auf dem Riff, aber der weit aus- 
geredte Hals des adlerartigen Ungethüms, der vorgebeugte Rörper 
des Hermes, das leichte Nadhfchieben des Meerweibes laffen ibn 
im nädften Moment binausgleiten in die Wellen, fhon ift der 
Anker gelöft, die Segel find fchnell gefett, und zielfiher fhwebt 
das Schiff mit feiner fräftig-[hönen Laft über die Fluthen dahin. 


Die Rompofition war ungemein zwanglos und natürlid, linienfhön 
in der Seiten- wie in der Vorderanfiht. Es handelte fih um 
den preisgekrönten Entwurf für einen Monumentalbrunnen an 
den Hafenanlagen von Stettin. Das geplante Denkmal bat 
eine an Wechfelfällen reihe Vorgefhichte. Die Verwaltung des 
Preufifhen Runftfonds hatte einmal etwas für die Runft in 
Pommern thun wollen. Die Eröffnung des Stettiner Freibafens 
ftand in einigen Jahren bevor. Es wurden zunädhft 75 000 M. 
bewilligt. Die unzureihende Summe bedurfte der Ergänzung. 
Die Stettiner Stadtverwaltung fetzte Alles in Bewegung, um in 
den Befiß eines würdigen Runftwerkes zu gelangen. Sie fihrieb 
eine Aonfurrenz aus, übernahm die Roften des Unterbaues und 
der Baffinanlagen und fucdte die Ausführung des Denkmals den 
vorhandenen Mitteln anzupaffen. Um die Herftellung des Modells 
in natirlider Größe zu erfparen, entfhloß man fi, die Roloffal- 
gruppe von der firma Martin & Pilking, Berlin, in Kupfer 
treiben zu laffen. 

Der Meifter des Denftmals war über Naht zu einem be- 
rühmten Manne geworden, auf deffen Haupt fih die mwohlver- 
dienten Ehren häuften. Die Ausftellung feines Modells bradte 
ihm die große goldene Medaille und den Ehrenpreis der Stadt 
Berlin. Er wurde Mitglied der Runftafademic und des Senats. 
Man mufte fih an den Namen Ludwig Mangzel’s als eines 
der bervorragendften Vertreter moderner deutfcher Bildnerfunft 
gewöhnen. 

Ludwig Manzel ift in Anklam 1858 geboren, befuhte das 
Gymnafium und bezog dann die Berliner Runjtafademie, deren 
Reorganifation foeben Anton von Werner übernommen hatte. 
Nadhdem er bei Paul Thumann zeichnen gelernt hatte, fhloß er 
fih enger an frig Shaper an. Der junge Rünftler war mittel- 
los und fah fih daher gezwungen, fi) durch Fleinere Belegenbeite- 
arbeiten einen Nebenerwerb zu verfhaffen. Er hatte einmal ent- 
dedt, daß er ein gemwilfes Talent zum Rarifaturenzeihnen babe, 
und ward ein gefhägter Mitarbeiter humoriftifcher Blätter, wie 
des „Dorfbarbier. „Jh habe midh in diefer Runft eifrig aus- 
gebildet und brauchte es nicht zu bereuen, denn id fonnte in den 
vielen Jahren, wo mir die Bildhauerei eine brodlofe Runft war, 
meinen Lebensunterhalt erwerben“, erzählt der Riinftler. 

Das Jahr 1886 bracdte den erften Erfolg. Die Gruppe 
„Am Wege* erregte durdy Tiefe der Empfindung und maßvollen 
Realismus der Auffaffung Auffehen. Eine blinde Frau fitt in 
ärmlicher Aleidung, einen Rorb am Arm, an der Landftrape. An 
ihrem Schooße lehnt ein Fleines Madden, erwartungsvoll nad 
den Dorübergehenden ausfpähend, eine Rofe in dem ausgeftredten 
Handdhen. Die Gruppe wirkte in ihrer Sclidtheit ungemein 


442 


Deutfhe Runft 





ergreifend. Sie brachte dem Riinftler ein Reifeftipendium, das 
ibn nadh feinem urfpriingliden Plan nad Jtalien führen follte. 
„Ich blieb aber in Paris fiken, weil ich dort alles fand, was 
ich ſuchte.“ €s it barakteriftifh für den Riinftler, daß er es 
für nothwendig hielt, in der hohen Schule des Realismus ge- 
wiffermaßen umzulernen. Er ftudirte bei dem feinen Zeichner 
Collin drei Jahre lang eifrig nad dem Modell. 

Nah Berlin zurüdgelehrt, brachte er als erfte ‚Frucht feiner 
Studien die Roloffalgruppe „Der Friede duch Waffen gefhütt*. 
Hod aufgeredt fteht eine mächtige breitbruftige Jünglingsgeftalt, 
den energifchen Kopf Fühn -ausblidend erhoben, die faut um 
den Speerfhaft geframpft. Der Lederriemen, der die bugel- 
sefhmüdte Bruftbinde halt, it von der Schulter geglitten, der 
Shildarm erhebt ih fhürend über einer jugendlichen Mädcen- 
geftalt, die fi, einen Palmzweig in der Linken, mit der Rechten 
das Gewand zur Bruft emporziehend, mit innig vertrauendem 
Auffhauen an feine Seite fhmiegt. Die fonzentrirte Energie 
der Bewegung, die den männlichen Körper bis in die gefpannten 
Sehnen des fraftvoll vorgeftredten linfen Fußes hinein erfüllt, 
die fchmiegfame Jartheit des mäschenhaft fnofpenden frauen- 
leibes vereinigte fic) mit Sem zwanglofen Linienfhwung der 
Rompofition zu einer prächtigen Befammtwirfung. Die Pleine 
goldene Medaille in Berlin, der Ankauf der Gruppe durch den 
Staat, eine Medaille erfter Klaffe in Münden waren der Lohn 
des zum Meiftee bherangereiften Riinftlers. Jm Oftober diefes 
Jahres gelangt die Gruppe in Quedlinburg zur Aufftellung. 

Der ftaatlihen Anerkennung folgten die Aufträge aus den 
Rreifen des funftliebenden Publifuns: ie Gruppe der Bud- 
druderfunft in Bronze für Rudolf Moffe, die Alte und die 
Neue Wiffenfhaft in Marmor und Bronze, eine Jubiläumsgabe 
für den Berliner Verleger Dr. Parey. 

Derfelben Feit gehört eine Einzelfigur von mwunderbarem 
Stimmungsreiz an, die für die Nationalgalerie in Bronze aus- 
geführt wurde. Fn ländlicher Tradt, den Rechen, an dem der 
Wafferfrug hängt, mit der Rechten hinter dem Rüden haltend, 
die Linke in die Hüfte geftemmt, fihreitet eine jugendliche 
Sdnitterin der untergebenden Sonne entgegen. Das Rdpfden 
mit dem fchliht gefnoteten Haar ift leife aufgerichtet und über 
Sie leicht geöffneten Lippen gleiten die Töne des ,, Abendliedes*. 
Ein eigenartiger Rhythmus bewegt die zarten Blieder und über 
dem Gefidtdhen mit den halb gefdloffenen Augen liegt es wie 
Rubefebnen nad mühevollem Tagewert. 

gmmer reicher bat fid) in den legten Jahren die bildnerifche 
Tätigkeit Cudwig Manzel’s entfaltet. Jn unermüdlihem Streben 
[hält fh aus der Formenbeherrfhung heraus fein eigener 
deforativer Stil. Seiner Daterftadt Anklam ftiftet er ein 
Raiferdentmal voll ftrenger Schönheit. Der Begründer des 
neuen Deutfchen Reiches ift in Federbelm und Mantel dargeftellt. 
Ueber der Bruft zurüdgefhlagen, fallen die falten in ruhiger 
Ordnung an der hoben Beftalt hinunter. Die Rechte halt das 
Feldglas, die Linke ruht auf dem Degengriff. Haltung und 
Befihtsausdrud find überaus ruhig und edel. Der alte Raifer 
ift fo Sargeftellt, wie er bei Paraden und Manövern den Be- 
wegungen Ser Truppen zu folgen pflegte, wie ibn fein Volf 
in Waffen oft während der „Friedensjahre die Schladhten vor- 
bereitend gefeben. 

Don dem gleichen formenficheren Realismus ift das Relief- 
medaillon erfüllt, das Ser Kultusminifteer Dr. Boffe Sem 
militärärztlichen Friedrich Wilhelmes-Inftitut zu feiner Jubiläums- 
feier geitiftet. Jn dem Schooß einer geflügelten mit Panzer 
und Adlerbelm gefhmüdten Hygiea rubt mit gefchloffenen Augen 
das Haupt eines verwundeten Rriegers. Die linte Hand der 
Böttin hält den Schlangenftab, die rechte reicht Sem Arzte eine 
Shale hinüber. Jm Hintergrunde erblidt man die Front des 
Unterrihtsgebäudes in der ‚Friedrichftraße. Die überaus fhwierige 
Aufgabe, Porträtäbnlichfeit — der Arzt trägt die Züge des 
ehemaligen Direktors der Akademie Dr, Brimm — mit Feal- 
tvpus, moderne Uniform mit antififirender Bewandung zu ver- 
einigen, das Ganze malerifh zu geftalten, obne die Befetze des 
Reliefs zu verlegen und die Gruppe zwanglos in die ger 


gebene Rundform bineinzupaffen, ift mit fhönem Gelingen 
gelöft. Der dekorative Stil Ludwig Manzel’s geht auf die 
ruhige rbythmifh gegliederte Bewegung. Ein glänzendes Wei- 
fpiel für diefe Seite feiner Begabung ift die für das Reihs- 
tagsgebäude beflimmte Statue Raifer Heinrihs III. Der berrjch- 
füdtige Salier ift im vollen Krönungsornate dargeftellt, den 
Goldreif um das Haupt, den reich gejtidten Raifermantel auf 
der rechten Schulter von einer Spange zufammengebalten, Panier 
und Reihsfhwert in der energifch geballten fauft. Geradrauf 
ragt der Canzenfhaft neben der Präftig ausfchreitenden Beitalt, 
während das mädhtige Schwert fih im fpitzen Winkel gegen den 
Fuß des Standbeins lehnt. Ueberall fliet as Begenfätgliche 
der Bliederbewegung in der einheitlihen Ruhe der Körperhaltung 
zufammen. Diefelben Vorzüge weifen die dSeforativen Fdeal- 
figuren auf, die Manzel für den Neubau des Inhabers der Erport- 
firma Staudt in der Thiergartenftraße in Berlin gefhaffen. 
Es handelte fih um Verförperungen der alten und der neuen 
Welt. Die Krone auf dem mit einem Ropftuh bededten Haupt, 
gepanzert und vom fewer fallenden Mantel umwallt, ftebt 
die alte Welt da. Zu ihren füßen rubt das Modell 
eines Domes, die Linke hält eine Scriftrolle, die Rehte erhebt 
ein Schwert, deffen Areuzgriff von Lorbeer ummunden if. Ihm 
wendet fih Fraftbewußt Ser Blid des hoheitsvollen Auges zu. 
In leichterem Rüftzeug ftellt fic) Sie neue Welt dar. Adlerfedern 
fhmüden das in Flehten an den Wangen berabhängende Haar. 
Um den Unterförper, die Bruft frei laffend, ift ein leichtes ge- 
franztes Tuch gefchlungen, ein Band aus Bärenklauen ziert den 
Hals, ein dreifacher Metallting den Oberam. Die erhobene Cinfe 
trägt eine fic) windende Schlange, in der Rechten hängt ein 
Büffelfell herab. Die leicht andeutende Symbolif giebt fic 
durhaus verftandlidh. Die alte Welt hat die Naturgewalten 
ihrem materiellen Bediirfnif Sienftbar gemacht, die neue fie unter- 
worfen und höheren ideellen Zweden untergeordnet. 

für das Waarenhaus Wertheim in Berlin hat Manzel die 
Roloffalftatue der Arbeit und große Pilafterreliefs, Marden Sar- 
ftellend, gefhaffen, für den Dom find ihm die Apoftel Petrus 
und Andreas, für die Siegesallee der Rurfürft Friedrih I. in 
Auftrag gegeben. 

Neben diefer überaus reihen Thätigkeit für die Monumental- 
funft laufen fleinere ltebenswürdige Atelierarbeiten, Porträtbüften 
und genrehafte Aleinbildnerei. Go entitand die Statuette Ses 
Ruhmes mit Sem Medaillonportrat des alten Raifers im Auf- 
trage des Deutfchen Runftvereins, die wir in Nr. 1 des laufenden 
Jabrganges reproduzirt haben, fo die Halbfigur des Pfeife 
ftopfenden Bauern, deren Urbild wir wohl in der engeren 
Heimath des Künftlers zu fuchen haben. 

Die Bildniffiguren Manzel’s zeihnen fih durch flotte Technik 
und das Wefentlihe betonende Charakteriftit aus. Wir bringen die 
Biifte des Bildhauers Norbert Pfrekfdner, in Ser fic) der ebe- 
malige Rorpsftudent und eiftige Jäger auf den erften Blid verräth. 

Die fünftlerifhe PerfSnlicdfeit des Bildners des Stettiner 
Brunnens trägt fpezififh norddeutfche Züge. Jn fih gefeftigt, 
zielbewußt in fteter Arbeit ringend, macht er fid) fremde Vorzüge 
3u eigen, ohne jemals in Nahabhmung zu verfallen. Don 
Thumann und frig Schaper ausgehend, arbeitet er fick 
zu einem eigenartigen, robuften Realimus urh, der die 
Geſetze der Schönheit anerkennt, aber fih niht von ihnen 
beengen läßt. Nirgends zeigen jih bei Manzel augenfällige 
Anlehnungen an die Antike, er erfcheint in Erfindung und Aus- 
führung losgelöft von der Tradition, verliert aber niemals Sen 
Boden des Stils, feines Stils, unter den Füßen. Diefer Stil 
felbft aber bat fic) auf nationaldeutfcher Unterfhicdht entwicelt. 
Die Männer- und Frauengeftalten Ludwig Manzel's tragen ftets 
den unverkennbar germanifhen Typus, fein fünftlerifches 
Empfinden ift fo unbedingt deutfeh, daß felbft die unvermeidliden 
antifen Jdealtypen, wie der Ruhm, die Hygiea, der Hermes, 
eine unbewußte Umbildung nad diefer Richtung bin erfabren. 
Dor allem aber fei eines zum Scluffe hervorgehoben: Die 
moderne Bildnerfunft, wie fie Cudwig Manzel vertritt, it von 
fraftftrogender Gefundbeit bis ins Mar? hinein. 


Deutfde Runft. 448 





£udwig Manzel, Monumentalbrunnen für Stettin, 
Jn Rupfer getrieben. 


444 Deutfde Runf. 


Redhtsfchuß für und gegen die Photographie. 


uf der am 24. Auguft in Magdeburg abgehaltenen Wander- 

verfammlung des „Deutfhen Pbotographen-Dereins‘ fand nah dem 

Dortrage des Profeffors Dr. Bruno Meyer über den „Stand des 
pbotographifhen Schußgefeges" eine längere und lebhafte Debatte ftatt, die 
fhließlih zu der einfimmig angenommenen Refolution führte: „Es ift das 
in der photographifhen Aufnahme liegende pofitive Bild zu fhüßen. Der 
Schuß ift zu ertheilen fowohl gegen Abdrud und Nahdrud, wie auh gegen 
jede Nadhbildung, niht nur gegen medanifche.‘ Cinftweilen ift in dem 
Reihsgefeß vom JO. Januar IS76 nur die Nachahmung auf „mehanifhem 
Wege‘ verboten, fo daß immer noch eine Möglichkeit beftehen bleibt zu einem 
unlauteren Wettbewerb, gegen den fein Gefek Schuß verleiht. Der Ron- 
furrent umgeht nämlidh einfah das Verbot, indem er nad der Photographie 
eine Zeihnung anfertigen läßt, die dann als Vorbild zu weiteren, für den 
Handel beftimmten Aufnahmen dient. Der Wunfch des Photographen-Dereins 
ift nur beredtigt, wenn man bedenkt, daß bei der rapiden Entwidelung, 
urh die der junge Schaffenszweig 
in faum zwanzig Jahren zu fo 
ungeabnter Blüthe gediehen ift, 
ihm fein redtliher Shug niht 
mebr genügen fann. Als fälle, 
auf die ih das Verbot nikt er- 
ftreden foll, führte der Derein auf: 
„freie Benugung einer Photo» 
graphie bei der Hervorbringung 
eines neuen Werkes, eine Einzel- 
fopie und die Benugung zur Jllu- 
ftrirung von Scriftwerfen. Wenn 
man den Beihluß des Photo- 
graphen-Dereins auh begreifen 
fann, fo bat doc aud das Publi- 
fum ein mebr paffives Gntereffe 
am Redtsfdhuge der Photographie, 
fpeziell des Porträts, und darf 
als Ergänzung zu der obigen 
Refolution die Frage —— 
ob und inwieweit der Einzelne 
vor und gegen Mißbrauch photo⸗ 
graphiſcher Bildniſſe und ins- 
beſondere gegen die Taktloſigkeit 
und Gndistretion der Woment- 
photographie rechtlih gefhüst it. 
Daß diefe fogar den Ruf einer 
Perfon fhadigen fann, beweift ein 
Fall, der jiingft vor der Rénigs- 
berger Straffammer verhandelt 
worden ift. Jn einem offenen Laden- 
gefhäfte in Cranz wurden als Er- 
innerungen an Cranz Briefbefhwerer und Poftfarten feilgebalten mit der 
Abbildung eines jungen Mädchens im Badefoftüm, in dem ih ein Fräulein 
Schmidt wiedererfannte. Die dentität der Abbildung mit der jungen 
Dame wurde nadgewiefen und von Seiten des ohne ihr Wiffen aufgenommenen 
Fstänleins, da trog ihrer Einwendungen der Händler die Photograpbien 
weiter verkaufte, der Prozeß angeftrengt, der feinen Abfhluß in der Der- 
urtheilung des Angellagten zu fehs Monaten Befängniß gefunden hat. Eine 
gtiindlide Reform in diefem Punkte, wie überhaupt bei dem fogenannten 
Urheberrechte, erjcheint dringend geboten. Schon einige Male ging man 
daran, ein ,,Derfiigungsredt über das eigene Porträt" zu fchaffen, das 
bis in die fehziger Jahre unferes Jahrhunderts hinein überhaupt niht be» 
ftanden bat. 

Nad damaliger zivilrehtliher Auffaffung war jedes gemalte Porträt oder 
jede Büfte ausfhließlid Cigenthum des betreffenden Rünftlers. Auf den Gedanken, 
daß bei einem Portrat eigentlid) dod) aud der Dargeftellte etwas mitzureden 
babe, fam ert im Jahre 1863 eine von der deutjhen Bundesverfammlung 
zur Ausarbeitung eines Entwurfes zur einheitlihen Regelung des fogenannten 
Urheberrechtes beftellte Rommiffion. Sie formulirte diefen Bedanten in der Be- 
ftimmung, daß bei Porträts das Recht der Vervielfältigung von felbft auf 
den Befteller iibergebe. Eine andere Rommiffion des jahres 1865 ere 
weiterte den Redhtsfhug des Befteilers dahin, daß fein Bildniß nicht ohne 





Cudwig Manzel, Medaillon für das Friedrich Wilhelm- Jnftitut. 


Bronze. 


oder fogar gegen feinen Willen in die Oeffentlidfeit gelangen fönne, und 
war beftrebt, ein „unbedingtes Derfügungsreht über das eigene Porträt‘ zu 
fhaffen. Durd die Stellungnahme der Regierung aber tam es fhließlih nur 
zu folgendem Redtezuftande: Bei gemalten oder gezeihneten Porträts und 
bei Porträtbüften hat der „Befteller" das unbejhränfte Ylahbildungseredht bis 
zu 30 Jahren nah dem Tode des betreffenden Rünftlers (Befez vom 9. Ja- 
nuar 1867, §§ S und 9). Pbotographifche Bildnifje aber find, wieder in der 
Perfon des „Beftellers‘‘, nur dann gefhügt, wenn fie Namen oder firma 
des Derfertigers, Wohnort deffelben und das Kalenderjahr, in dem die 
Photographie „erfhienen" ift, auf dem Bild oder dem Karton enthalten (Be- 
feg vom 10. Januar 1876, §§ 7 und 5); fle find aber nur gefhügt gegen 
„mechanifche* Nadbildung (§ 1), alfo niht gegen irgendwelde freihändige 
fünftlerifhe Nachbildung, und find nur gefhüst auf 5 Jahre vom Jahre der 
Aufnahme oder des „Erfheinens" ab ($ 6); endlich fällt jeder Schuß bin- 
weg, wenn es fih um Nahbildungen handelt, dte fih an Werfen der Jn- 
duftrie, des Handwerks, der fa- 
briten befinden ($ 4), bei Nadh- 
bildungen photograpbifher Bild- 
nife alfo, die 3. B. für Brief: 
befhwerer, Anfihtspoftfarten und 
dergleihen verwendet werden! 

Hierzu fommt nod die Be- 
ftimmung de3 § 7 des Gefekes, 
daß lediglih Ser Befteller das 
Redt hat, zu beftimmen, wie viel 
Abzüge feines Bildes gefertigt 
werden follen, und dağ der Photo- 
graph foon allein dadurh, dağ 
er mehr Bilder, als beftellt find, 
anfertigt, ih eine Beldftrafe bis 
3u 5000 Mark event. fteiheits- 
ftrafe bis zu fehs Monaten zu- 
3iebt, falls er dies in der Ab- 
ficht thut, diefelben zu verbreiten. 
In einer Entfheidung des Reihs- 
gerihts vom 21. September I8SO 
beißt es hierzu: „Die entjhiedene 
Regel bildet, daß der Befteller 
das Bild zum intimen Gebrauch 
verlangt und es jedenfalle von 
feiner Willensbefimmmung ab- 
bängig gemadt feben will, ob 
daffelbe aud) anderen Perfonen, 
wenn aud nur zur Anfiht, zu- 
ganglid fein fol. Es ift dies 
die menfhlih vollftandig ver- 
ftandlide und geredhtfertigte Ab- 
neigung, fid) oder eine andere Perfon wider Willen vor die Oeffentlidfeit 
gezogen und zum Begenftand der WAufmerffamfett und Kritit des Publitums 
gemadt zu feben, welde die Ausnahmevorfhrift hervorgerufen bat.‘ 

Wenn fih fo der gefetlih gewährte Schuß des Porträts nur auf be- 
ftellte Bildniffe befhräntt, fo ift diefer Nechtszuftand für unfere Zeit zwar 
viel zu eng bemefjen, läßt ih aber verftehen und damit entfhuldigen, wenn 
man bedenkt, daß es vor 22 Jahren nur das fogenannte ,,naffe Derfahren‘ 
gab, nad dem die Platten im Bedarfsfalle jedesmal unmittelbar vor der Auf- 
nahme erft präparirt werden mußten. Nachdem aber durch die Er- 
findung der fogenannten „Trodenplatten“, die auf Monate hinaus auf- 
bewahrt und in jedem beliebigen Augenblide verwendet werden können, 
die Momentphotographie auffommen und fih 3u folder Dollfommen- 
beit entwideln fonnte, ift eine Gefekgebung, in deren Mittelpunkt 
der Befteller fteht, felbjtverftändlih nicht mehr ausreihend. Wenn ein ge- 
wiffer Sdhuk dem Momentphotographen gegenüber aud fhon infofern beitebt, 
als auf eine heimlih gemadte Aufnahme, durd die eine Perfon bloßgefteltt 
wird, die Beleidigungsparagraphen oder die bekannte Debnbarfeit des 
Paragraphen über „Groben Unfug" in Anwendung gebradht werden tann, 
fo it doch gefeglih no nit genug mit der Scheu der meiften Menfjben vor 
Preisgabe ihrer Bildniffe an die Oeffentlidfeit, auc ohne befondere, unangenehme 
Nebenumftände, gerechnet. Dor der Gefahr, duch Momentaufnahmen ode 


Deutfhe Rung. 





£udwig Manzel, Kaifer Heinrich III. 


‚für das Neihstagsgebäude in Bronze ausgeführt. 


finetographifche Dorftellungen in unerquidlide Situationen zu tommen, ift 
Niemand fiher,; cs giebt weder ein gefezlihes Propbylaktitum dagegen, noch 
ein Sühnemittel. Der bekannte Spezialift Dr. Stolze fhlägt zu einer end- 
lihen zeitgemäßen Regelung des für photographifhe Aufnahmen beftehenden 
Redtszuftandes, der in der Praris von völliger Nedhtslofigkeit nicht allzu weit 
entfernt ift, folgenden Paragraphen vor: „Auf öffentlihen Straßen, Pläßen, 
Wegen, in öffentliben Parks u. f. w. ift das Photographiren geftattet, foweit 
daffelbe keinerlei Beläftigung des Verkehrs zur Folge hat. Don den fo ge- 
wonnenen Bildern dürfen jedod) foldhe, welde den Charakter der Portraits 
haben, nur mit der Einwilligung der Photographirten veröffentlicht werden. 
Bei feftzügen, großen Menfhenanfammlungen und überall, wo die Perfonen nur 
als Staffage der Landfhaft dienen, ift eine folhe Erlaubnig nicht erforderlich.‘ 

Dielleiht ließe fih dabei auh, um eine Unterbindung der weiteren Ent- 
widelung der Photographie, die für die Herftellung untrüglicher Flluftrationen 
von wiffenfhaftlidem, fünftlerifhem oder kulturgefchichtlihem Werthe fo un- 
entbehrlid geworden ift, unter allen Umftänden zu verhüten, der Rehtsfhut 
der Portraits noch bejhränfen, indem man der Anficht eines der geiftvollften 
Dorfämpfer des Shukes geiftigen Eigenthbums, des Profeffor Dr. J. Robler 
in Berlin, beitritt. Er äußert ih: „Hier gilt der Sak, Saf Perfonen, die 
der Gefhihte angehören, die fih im öffentlichen Betriebe bewegen, die Aus- 
ftellung der Portraits fih gefallen laffen miiffen, nicht aber aud die Aus- 
ftellung einer Rarifatue — abgefehen von einer Rarifatur-Zeitfehrift, in welder 
niht die einzelne Perfon allein, fondern eine ganze Reihe von Zeitgenoffen 
[herzhaft behandelt werden; denn foldes nimmt der Rarifatur den hodft 
perfönlihen Charafter — es liegt dann eben eine fherzhafte Behandlung 
der ganzen Zeitgefhihte vor. Aud) die (nicht Farifirte) Ausftellung von 


Deutfche Kunft in Paris 1900. 


ie Deutfhe Runftausftellung auf der Parifer Weltaus- 

ftellung darf nur etwa 400 Bilder umfaffen. Sie wird alfo eine 
D fleine Ausftellung werden, fo daß man umfomehr darauf be- 
dacht fein muß, fie zu einer Elitenusftellung zu geftalten. Daß Deutjhland 
mit dem Auslande fonfurriren fann, unterliegt feinem Zweifel, ob es aud 
wirfli leiften wird, was es leiften fann, liegt im der Hauptfade an der 
Jury, die mit der Auswahl der Augftellungsgegenftände betraut if. Wenn 
fih bei ihrer endgiltigen Zufammenftellung der deutfhe Rommiffar für die 


445 


Perfonen, welde zwar nicht im öffentlihen Leben thätig find, aber als 
Scriftfteller oder Rünftler fih Namen verfhafft haben, fo daß ein allgemein 
beredtigtes Gntereffe nad perfSnlider Renntnignabme vorhanden ift, darf 
nidt als unbefugt betrachtet werden." 

Eine Perfon, die der Befhihte angehört, ift der verewigte fürft Bis- 
mard unbedingt, und doc bat fic) aud) an ihm die Taftlofigteit eines Pho- 
tographen in einer ftrafbaren Handlung vergehen fdnnen, die auf der 
Wanderverfammlung des Deutfhen Pbotographen-Dereins auh zur Sprache 
gefommen ift. Nikt einmal des Todes ernfte Heiligkeit mar gefhüßt vor 
frefulativer Zudringligkeit; ohne Erlaubniß drang ein Photograph in den 
Raum ein, der die Leiche des großen Kanzlers barg, um fih mit einer Auf» 
nahme des Todten feine Priorität zu fihern und damit die Möglihkeit, ein 
gutes Befhäft zu maden, ehbe ein Ronkurtenzunternehmen auftauchen konnte. 
Eine beabfihtigte gefhäftlihe Schädigung hätte in beftimmter form zunädhft 
nur angenommen werden fönnen gegen die familie von Bismard und 
Profeffor von Lenbad; nit eines unlauteren Wettbewerbes wegen ift aber 
der Eindringling ftrafbar und nicht, weil er den Redhtsfhuß der Perfönlidkeit, 
der für gefhidtlide Perfonen ja nad Dr. Robler'’s Anfidt nicht beftehen 
foll, verlegt bat, fondern wegen Hausfriedensbruds; denn das Vorgehen tann 
gefegli nicht feinem eigentlihen Charakter nad und im Sinne einer Noth- 
webr gegen die Photographie gefühnt werden. 


Was durch folhe Beftimmungen, wie fie von Dr. Stolze, Profeflor 
R obler und dem Deutfhen Photographen-Derein getroffen worden find, erfterftrebt 
wird, ift die Erweiterung des Redtsfhuges der Photographie gegen unbefugte 
Nadbildung und eines gleiden der Perfönlichkeit. Sie wird eine Aufgabe der 
Jurisprudenz der nädften Jahrzehnte fein. Vielleicht gelingt es ihr, einen Redts- 
zuftand zu fhaffen, mit dem die beiden interefjitten Theile zufrieden fein Fönnen, 
der Sem Publifum den nöthigen Shut gewährt und zugleih auc die bered- 
tigten Wünfche der Photo- 
grapben berüdfichtigt. Freilich 
wird es fih faum vermeiden 
laffen, daß im einzelnen 
Falle die Entfheidung dod 
nod dem Richter überlajjen 
bleibt, namentlid wenn es 
fih um abfolut niht aus- 
geſchloſſene Vorkommniſſe 
handelt, in denen das Geſetz 
keine rechte Handhabe bietet, 
um Recht und Unrecht klar zu 
unterſcheiden. Eine Erweite⸗ 
rung und Feſtſtellung des 
Rechtsſchutzes für und gegen 
die Photographie aber iſt 
eine dringende zeitgemäße 
Forderung, deren Erfüllung 
nit allzulange mehr auf- 
gefhoben werden darf, wenn 
fih das Material an Por- 
fallen, fiir die feine direften 
Gefebliden Beftimmungen be- 
fteben, nicht foweit baufen 
foll, dağ man fdlieflid 
feinen Paragraphen mehr 
zur Hand bat, der zur ge- 
febliden Entfheidung beran- 
gezogen werden tann. 





Parifer Weltausftellung, Herr 
Gebeimrath Dr. Ridter, 
mit Zuratbeziehen geeigneter, 
fadverftindiger und vor- 
urtheilsfreier Männer feine 
Machtvollkommenheit wirklich 
bat wahren fönnen, fo darf 
man wohl erwarten, daß 





Ludwig Manzel, Abendlied. 


Berliner Natlonalgaler!e. 


446 


fein löbliher Brundfaß, eine einheitlihe Ausftellung zu fhaffen, in der die 
beiden fich gegenüberftehenden Runftridtungen der Modernen und Ronfervativen, 
oder, was ziemlich dasfelbe bedeutet, der Sezeffionen und der Runftgenoffen= 
[haft in gleiher Stärke vertreten fein follen, auh zur That wird. Wenn 
Herr Gebeimrath Ridter aud Ludwig Dill’s als Anhalt vorgelegte 
Jurorenlifte, auf der jede Aunftftadt mit zwei Riinftlern, einem modernen 
und einem fonfervativen, vertreten war, verworfen hat, fo ift Dill's Plan 
bod anfänglih fhon der eigene unferes Rommiffars gewefen. Die Gefabr lag 
nabe, daß er ihn mit Dill’s Lifte begrub und den Rünftlern felbft die Wahl 
der Jury überließ. Das bequemfte und einzigfte Werkzeug hierzu wäre die 
Deutfhe Runftgenoffenfdhaft gewefen. Da diefe nun ziemlich identifch 
ift mit der fonfervativen Runftpartel, weil die überwiegende Mehrzahl ihrer 
Mitglieder der alten Richtung angehört, fo konnte man von einer Wahl der 
Fury durd die Rünftler felbft nicht allzuviel erwarten, durfte fi vielmehr die 
fhöne Ausfiht nicht vorenthalten, daß fi die deutfhe Runft auf der Parifer 
Weltausftellung etwa ausnehmen würde wie Ser Mond von Heifterbadh. Jn 
folder Geftalt aber fdnnte die deutfhe Runft nidt in den großen Wetllampf 
eintreten, 3u dem eine Weltausftellung berausfordert, und würde ih von 
vornherein hors de concours ftellen. Es blieb aljo das rathjamfte, daf 
Here Geheimrath Ridter die Guroren felbft berief auf die Gefahr hin, daf 
man ihm in gewiffen Rreifen vielleiht ein eigenmadtiges, bureaufratifdes 
Vorgehen vorwerfen wird. Nur diefe Handhabung biirgt bet abfoluter 
Gleihftellung der Aunftgenoffenfhaft und der Sezeflionen für eine geniigende 
Betheiligung fonkurrenzfähiger, ausgefprohener Zndtvidualitäten, die die teh- 
nifhe Entwidelung der bildenden Aunft nit verfchlafen haben. 

Ein erfreulihes Anfehen genießt in Paris das deutfhe Runft- 
gewerbe; wenigftens ift ihm in der allgemeinen Runftgewerbeballe anf der 
Gnvaliden-Esplanade ein größerer Raum zuerfannt worden als dem der 
anderen Länder. für die dekorative Ausftellung diefer Wbtheilung ift die 
Leitung eines tüchtigen Architekten, des Herrn Hoffader- Berlin, bereits 
anerkannt. Die Brundideen des Hoffader'fhen Planes, zu dem fih der 
Reihstommiffar hoffentlih redht bald die Zuftimmung der franzöfifhen Aus- 
ftellungsleitung — fowelt eine folde überhaupt erforderlih it — fichert, 
haben auf der am 27. Auguft in Berlin ftattgehabten Sigung des Arbeits- 
ausfdufjes der funftgewerbliden Rommiffion einftimmige Anerkennung ge- 


Dentfhe Runft. 


funden. Here Gebeimrath Ridter felbft fonnte der Ueberzengung Ausdruck 
geben, daß auf den gewonnenen Grundlagen, danf dem einmiithigen und 
vertrauensvollen Zufammenarbeiten der funftgewerbliden Kräfte aus allen 
Theilen des Reiches, ein erfolgreihes Auftreten Deutfhlands in Paris zu- 
verfihtlih erhofft werden Fönne. 

Es hat den Anfchein, als hätten die franzofen von dem deutfhen Runft- 
gewerbe fhon eine ziemlih hohe Meinung, die uns aber zu größter Dorficht 
mahnt. Nicht felten ftellt man hohe Erwartungen und verbreitet Berüchte, 
Sie folhe erzeugen und nähren, um fih von vornherein eine Enttäufhung 3u 
fihern. Wer die moderne Funftgewerblihe Bewegung und die zunehmenden 
Annäherungsverfuhe der hoben Aunft an fle verfolgt, muĝ idh fagen, dağ 
auf der nädften Weltausftellung nit die hohe und monumentale Runft im 
Dordergrunde des Jntereffes ehen wird, fondern die Rleinfunft. Sie wird 
das entfcheidende Moment bilden im Wettfampfe der romanifhen und ger- 
manifchen Raffen um die Oberhand auf dem Weltmarkte der Runft, fo daß 
gerade hier für eim förderndes Eingreifen des Staates das punctum saliens 
zu fuhen wäre. Was in erfter Linte berüdjihtigt werden müßte, ift die 
große Vorliebe fiir Rleinplaftif, die zu einer überaus lebhaften Aonfurrenz 
der Völler gerade anf diefem Runftgeblete führen wird. Fn Deutfhland wird 
es erft feit furger Zeit gepflegt und wir fteben nod hinter den franzofen 
guriid. Es muğ alfo noh viel gefheben, um uns duch das Auftreten der 
deutfhen Kleinplaftit auf der Parifer Weltausftellung vor einem Beftande 
diefes Eingeftändniffes zu bewahren. 

Der preußifhe Staat bat fih der Pflege und Förderung des neuen, 
bedeutungsvollen Aunftzweiges wenigftens fo weit zugewandt, daß er all- 
jährlich 10 000 Mark zum Ankauf von Rleinfkulpturen, die fonft no nirgends 
verkauft oder ausgeftellt gewefen find, auswirft. Das wirffame pädagogifche 
Mittel ,,Geld wird gewiß and diesmal feinen Zwed nit verfehlen und 
die Rünftler verloden, ih mit allem Eifer einem Gebiete zuzuwenden, von 
deffen Beftand das Anfehen des deutfchen Runftgewerbes auf lange Zeit 
hinaus zunächft abhängt. Wenn erft mehr bedeutende fünftlerifhe Kräfte für 
die Aleinplaftif, der aftuellften Erfheinung des Fünftlerifhen fin de siècle, 
gewonnen find, darf man wohl hoffen, bis zum Jahre 1900 werde unfer 
Runftgewerbe in dem ausjhlaggebenden Genre nod fo weit erftarfen und 
erblühen, daß es neben Franfreidhs Erzeugniffen in Ebren befteht. 


Eine „Eunftgefchichtliche” Streitfchrift. 


a Guffow und der Naturalismus in Deutfdh- 
land, funftgefdhidtlide Streitfhrift von Dr. 

Rarl Pietfdfer P. Ein Profpeft Ser Verlagshandlung, 

an deffen Kopf vorftehender Titel ftebt, bebt fo an: 
„Auf der vorjährigen Runftausftellung in Berlin 30g eine trefflid 
gemalte Satire auf den modernen Naturalismus: „Die neue 
Mufe* von Hermann Clemenk, die Aufmerkffamkeit aller Befucher 
auf ih. Eine freche, nadte Dirne mit rothen Haaren, Palette 
und Pinfel in der Hand, fitt auf einem fteinernen Poftament 
und fohmiegt fih an ein fideles Schwein, das neben der „neuen 
Mufe vergnüglih thront. Das Poftament zeigt an feiner 
Dorderfeite zertrümmerte Relief- figuren, die an den Parthenon- 
Fries erinnern, und aus der Mitte fpendet eine Röhre eine [hwärzlicye 
Sliiffigteit, die man in anftändiger Befellfhaft nit mit dem 
rechten Namen bezeihnen darf. Die Flüfjigkeit ergießt fih, um 
das Maß voll zu maden, auf zertrümmerte antife Bildwerfe. 

Taufende freuten fih über das Bild...“ 

Da ih über Herren Paftor Pietfhfer fhon mandes gehört 
hatte, aber noch nichts, das mid) beredtigt hätte, ihm zuzutrauen, 
daß er fih mit diefem „Bilde“ identifizire, fo Faufte ic) mir feine 
Streitfehrift. Witze über die gegenwärtige Runftbewegung werden 
ja zu hunderten gemadht und wahrfcheinlid die beften im eigenen 
Lager; wenn obiges Bild als gezeihnete Karikatur irgendwo er- 
fhienen wäre, hätte man wohl einen Spaß daran haben Fönnen. 
on der vorliegenden form mußte es jeden, dem der Begriff 
„Runft“ etwas Heiliges it (und zu diefen zählte id bis dahin 
Heren P. Pietjchker), mit dem Gefühl erfüllen, das ein anjtändiger 
Menfh bat, wenn er von Strafenjungen mit Schmuß bes 
worfen wird. 

Was dem „Maler der „Neuen Mufe die „Runt ift, das 
hat er auf einer vorbergebenden Runftausftellung bewieſen, als 


er ein „Berliner Nahtcafe‘* mit all’ feinen Reizen gemalt hatte. 
Nun, viel beffer it die kunſtgeſchichtliche Streitſchrift auch nicht 
Was daran Streitfhrift ift, athmet denfelben Duft wie die „‚Ylene 
Mufe* und was daran funftgefhichtlic ift, die Stellung, Sie er 
Bujfow, als dem unglüdlihen Vater der mißratbenen Rinder, 
der Modernen, anweift, ift falfh. Darüber wird ihn der Meifter 
felbft wohl belehren. Jh fliege das aus einem Briefe Buffow's 
an P. Pietfdfer, auf den ic nod zurüdfommen werde. 

Man muß Pietffer’s Budh farf trennen in die Rapitel I 
bis V und VII, die Guffow gewidmet find und VI und VII, die die 
Moderne todtfhlagen follen. 

Die erfteren athmen eine mandmal ein wenig exaltirte Be- 
geifterung und wenn aud fie nidt fron durch Ausfälle in 
wiifter Tonart befledt wären, Fönnte jeder, der den großen 
Rönner Buffow verehrt — und wer, aud unter Sen Modernen, 
thut das nit — eine ‚Freude beim Lefen haben. Aber 
Rapitel VII und VII! „Naturalismus und Sesefjioniften und 
„Die Mündener Sezeffion und die neue Runt. Der DVerfaffer 
zeigt mehrfach in feinem Budh, wie ibn die franquet'fhe Be- 
zeihnung von Leuten feines Geiftes mit „Schaupöbel* verlegt 
bat. Yun die Qualififation für die legten beiden Silben dSiefes 
Wortes hat er fic) entfchieden mit der Tonart diefer beiden 
Rapitel erworben. Hier ein paar Stilproben: „Aud io sono 
pittore — fagt heutzutage jeder Anftreiher, wenn er ...... 
ein fo wiiftes Leben geführt bat, daß feine fablen Befihtszüge 
„etwas Surdgeiftigt fins. —* 7 

yodstaels ... der nun fcon feit 25 Jahren auf fteter 
eiftiger Sude nad allem Hafliden und Gemeinen ift.* 

Don Liebermann: „Bei ibm fdeint die Sonne bddfiens im 
Frühling, weil er dann recht fparfam mit dem Lichte umgeben 
und bei diefer geizigen Beleuchtung nod obenein hobnladend 


Deutfhe Runft. 














Ludwig Manzel, Der Fricde durd das Dolf in Waffen gefdhiigft. 
Eigentbum des Preufifhen Staates; zur Aufftellung in Quedlinburg beftimmt. 


447 


Deutfde Runft. 








eine fable, arm- 
felige Natur zei- 
gen fann“; er 
it ibm eine 
„galliger Pefii- 
mit“, „felbft- 
berrlihe und 
robe Runftan- 
fhauung der 
Modernen’. . 
„Ihre auf den 
erprobten Ge- 
fhäftsgrundfag 
der Begenfeitig- 
feit begründete 
Unfterblicfeits- 
Derfiherungs- 
anftalt arbeitet 
gefhidt und un- 
| verfroren in ein- 
| flußreihen poli- 
e tifchen undRunft- 
zeitſchriften 
weiter.“ Was 
heißt das, Herr 
Paſtor? Wenn Sie ein ehrlicher Mann ſind und nicht nur vage 
Verleumdungen kolportiren, dann belegen Sie dieſen Satz mit 
Thatſachen. 

Die Vertreter moderner Kunſt ſind Pietſchker nur ein „Kreis 
von excentriſchen Köpfen“. 

„Takt und äſthetiſche Bildung hat der Rünftler au fin de 
siecle nicht mehr nöthig, nur ein unerſchütterliches Selbſtbewußt⸗ 
ſein und ein unverſchämtes Mundwerk.“ 

„Das wüſte Geſchrei der jungen Himmelsſtürmer.“ 

„Solcher nüchterner, um nicht zu fagen ftumpfjinniger Mift- 
finken .... giebt es aber nicht bloß im Bauern- und Arbeiter⸗ 
ſtande, ſondern auch unter den ſogenannten Gebildeten der Stadt, 
nur daß man fie ĝa, canis a non canendo, „Naturaliften“ 
nennt.“ 

„All' die naturaliftifhen Verrüdtheiten werden als Atelier- 
ſchwarten verſchwinden.“ 

Die gegenwärtige Kunſtbewegung iſt von ihren erſten An— 
fängen an, wie jede hohe Sache, mit Schmutz beworfen worden. 
Manch kerniges Wort der Abwehr iſt gefallen. Aber ich glaube, 
gegen Paftor Pietfchfer wird Feiner anfönnen; das muß man 
nur niedriger hängen. Jd) bedauere, nie eine feiner Predigten 
als Bomftädter Landpaftor gehört zu haben: wenn die auf den- 
felben Ton geftimmt waren, miiffen fie ähnlide Rernworte bieten, 
wie die feines feligen Amtsbruders Abraham a Santa Clara. 
„Miftfinfen* — um das Wort ift nun die deutfche Schriftfprache 
reicher! 

Sh babe aus der Streit- 
febrift Sen pofitiven Standpuntt 
des Derfaffers herauszuſchälen 
verfudt. Es ift niht ganz leichte 
Arbeit, Senn die vorgebradten 
Anſichten bilden ein ziemliches 
Chaos. Jn einem Athem wird 
nidt nur auf diefelbe Eigen- 
[haft bei einem Meifter ge- 
fhimpft, beim andern fie als 
Stärke empfunden, fondern der- 
felbe Meifter wird bald verpönt, 
bald gelobt, jenadh Bedürfnif. 
Der Verfaffer fdhimpft auf alles, 
was Sezefjion ift — nein, was 
er Sezeflion nennt und das 
ift etwas anderes. Bei ihm ge- 
hört fogar der Berliner Riinftler- 
Weft-Rlub zu den Sezefjioniften, 











£udwig Manzel, Weibliher Akt. 






die „in all’ ihren Werken diefelben Phyfiognomien wieder zeigen**. 
Er befhuldigt diefe „Sezefjioniften“, dağ fie ñh gewöhnt haben, 
wftatt von der Antife die Ideale der Schönheit zu lernen, lieber 
bei der japanifchen Runft in die Schule zu geben“. — Und 
Stud und Tuaillon und Rlinger und Greiner, Here Paftor? — 

„Man bat mit der organifthen Entwidelung einer mebr- 
taufendjährigen Runft und ihren Regeln und Prinzipien ge- 
broden.* Und 3. B. Liebermann’s begeiftertes Studium 
Rembrandt's und Velasquez’? Und die Anknüpfungen, die 
überall bloß liegen und auf die aud die berufene Runjtwiffen- 
[haft ftets bingewiefen bat? 

Jh muĝ bier auf eine Pleine DVerfhiebung der Begriffe 
binweifen, die der Derfaffer der Streitfhrift vorgenommen bat. 
Er fpriht immer von „alter Kunft. SLandläufig verfteht man 
darunter die Runft bis zum Ende des 18. Jahrhunderts fpäteftens. 
Pietfchker bezeihnet damit aber die Kunft der dreißiger bis fieb- 
ziger Jahre unferes Jahrhunderts. Die berufene Kunftwiffenfhaft 
bat zur Benüge dargethban, wie gerade diefe mit wirklicher 
„alter‘* Runft grundwenig zu thun bat, fondern in Auffaffung 
und Tehnif in engfter Verbindung mit dem ftebt, was zur 
felben Zeit ad usum publici in franfreih produzitt worden 
ift. Die Runftwiffenfhaft bat darauf hingewiefen, daß gerade 
die gegenwärtige Bewegung im Geifte der großen Alten zu 
fhaffen fuce, ohne ihre Ausdrudsmittel zu fopiren. Allerdings 
befteht für den Derfaffer augenblidlih die berufene Vertretung 
der deutjchen Kunftwifjenfchaft in der Praxis aus — „fenfations- 
lüfternen Galerie-Direftoren*. 

Eine Wonne find ihm die Angriffe, die in den Landtagen 
von den Herren, die fo trefflihe Reden über alles zu ſchwingen 
wiffen, gegen die Balerieleiter, die es wagten, moderne Gemälde 
aufzubängen, ergangen jind. Sollte wirflid fein Gedadtnif 
ihn feinen Augenblid erinnert haben an Sie nterpellation im 
Preußifhen Abgeordnetenhaus, als eint Bödlin’s „Befilde der 
Seligen“ der National-Balerie einverleibt wurde. - Jn den 
Reihen der Pietfihfer's von damals ertönten diefelben Entrüftungs- 
rufe gegen Bödlin, wie jegt gegen Klinger, Uhde und Lieber- 
mann und alles, was fie mit dem jchredlihen Sammelnamen 
„moderne Sezefjioniften‘ bezeichnen. 

Pietfäfer weiß nun aber genau, daß es aud in Sen 
Reihen, in denen er fteht, eine ganze Anzahl von Leuten giebt, 
die nicht gänzlid blind find und fo nimmt er bei feinen großen 
Saladten in den Reihen der Moderne hübfch auf fie Rüdficht 
und gewährt ihnen ein Konzefliönhen. Beim Allgemeinen fängt 
er an: „Niemand wird allen forderungen, allen Beftrebungen des 
modernen Sozialismus die Berechtigung abfprecen fonnen** — jeder 
fann fic da feine forderungen und Beftrebungen ausfuhen. Dann 
aber: „Die heilige Gefthichte (v. Ubde’s „Beburt Chrifti und 
Aehnliches) wird ins Sozialdemotratifche iiberfekt, fo daß nichts 
Lieblidhes und Heiliges, nichts Erhabenes mehr übrig war, 
fondern nur Elend, Schmuß und Bemeinheit.“ Die Bezeihnung 
„Sozialdemotrat‘ kommt öfter wieder, wenn er von Uhde fpricht. 
Dielleiht ruft Derfaffer in feiner nädften Brofchüre direft den 
Staatsanwalt auf gegen die modernen Riinftler. Er bat nicht 
das geringjte Empfinden für das durd und durch Ariftofratifche, 
das in dem tiefen Mitleid für die Enterbten liegt. Er giebt die 





£udwig Manzel, Weiblicher Akt, 


Deutfhe Runft. 


449 





„tiefe Gnnerlidfeit von Uhde's Charafterfdhilderung zu, „melde 
den Stoff mit dem Gefühlsleben unferer Zeit wirkflid zu durd- 
dringen wufte; aber dann: „es bleiben nur nod die Neigung 
für das Niedrige, Häßlihe und Gemeine übrig.“ 

Dann über Stud: „Eine fhöpferifhe Phantafie, ein groß- 
artiger Wurf, meift aud ein energifher Ausdrud läßt fi feinen 
neueren Schöpfungen nicht abfpreden. Aber die Eva „wirkt 
unfittlid und wedt im Befhauer unfeufhe Gedanfen. „Ohne 
Hweifel find die Stud’fhen Gemälde bemerfenswerthe Kunft- 
werfe; aber trog einer ftetig wachfenden Tücdhtigfeit in der Aus- 
führung gewährt feins derfelben jene völlige Befriedigung, welde 
jedes wahre Kunftwerf uns verfhaffen foll und auf den meiften 
fommen Derftöße gegen Zeihnung und Modellierung oder Ge- 
fhmadlofigfeiten vor. Warum ftören Sie denn diefe Derftöße 
bei dem von Jhnen fo verehrten 
Cornelius niht? Da wimmelt 
es Sod) Savon. Und dann der 
Dorwurf der Anlehnung, des 
verftedten Plagiats: Beben Sie 
dod ein einziges Wert an, das 
bei alledem nicht ein echter Stud 
wäre. Anlehnungsreihen tann 
man beim felben Motiv durch die 
ganze Runftgefhichte bis zu den 
Affyrern. hinauf verfolgen, das 
weiß jeder, der fi je eingehend 
damit befhäftigt hat. 

Doll der merkfwürdigiten 
Widerſprüche iſt Pietſchker's Be- 
urtheilung Klinger's. Das Genie 
kann er ihm nicht abſprechen. 
Aber er kann aus der Ge— 
ſchichte eines Handſchuhs „abſolut 
nichts Vernünftiges und halb— 
wegs Derftindlides  herausflii- 
geln“*. — Bitte, Herr Paftor, 
wollen Sie ein Plein bischen die 
darüber erfchienene Literatur zu 
Rathe ziehen, 3. 8. Heft 18, 
Jahrg. 1898 diefer Zeitfehrift! — 
€s giebt eben doc eine ganze 
Rlaffe Leute, denen die Sache fehr 
Mar erfcheint. 

Aber nun: in einer Fußnote 
bemerft der Derfaffer, daß der 
„Sammler Pietffer eine Suite 
diefer ,,Parapbrafe über einen 
verlorenen Handfhuh* erworben 
hat, die der „Runftfenner“ Pietfd- 
fer eben fo veradtete. Wo bleibt 
denn da die fonfequente Ehrlich- 
teit der Heberzeugung? Diefe Art Sammelns von Runftwerken 
fteht Sod) wirflid) faum über der Briefmarfen- oder Liebig- 
bilderfammlung! 

Sogar das fhwere Befhüß der „Moral fährt er gegen 
Klinger auf. — Worte wie: (Klinger’s) ,,fonfufe und zotige 
Blätter folgen. Und ein Sak wie: ,,Die Möglichkeit, fich mit 
folder, bei aller Benialität Rlinger’s doc Surd und durd ver- 
robeten Ridtung zu verftändigen, ja aud) nur fdweigend, obne 
Proteft fie noh länger gewähren zu laffen, ift Seshalb ganz und 
gar ausgefhloffen, fo lange man fid nod als Menfd und 
Chrift mit verantwortlich fühlt für die fittlihe Anfhauung feiner 
Heit freit, wenn aud nur verftedt, nad Sem Cenfor und 
Polizei. 

Daf Pietfchfer fic) iiber Leiftifow's Brunewaldfhilderungen 
aufregt, ift ja nur zu erwarten. Wem eben der Grunewald 
nur eine Stätte it wohin man Rremferlandparthien madt, wo 
die populace endimanchee „Natur fneipen“* fann, dem wird 
wohl von der herben Melandolie des märfifchen Föhrenwaldes 
nidts aufgehen. 





Ludwig Manzel, Am Wege, 


Ueber £. v. Hofmann fagt Pietfhler Folgendes: „Ein 
erfhredender Mangel der nothwendigiten Formenkenntniß: weder 
Anatomie noch Perfpektive, [hwindfühtig magere oder aber ge- 
dunfene Leiber, linfifhe Bewegungen, verdrehte Gliedmaßen, 
dazu nod ein Hang zum Phantaftifhen, der ohne jedes Per- 
bindungsglied? das Wilde und Frakenhafte mit einer ton- 
ventionellen, ans Schemenhafte ftreifenden Jdealifirung des Körpers 
gleihgiltig zufammenfügt: Das ift die Runft Hofmann’s und 
feiner Benofjen.* „Wir halten es daher für unmöglid, daß 
felbft die findlichfte Anfhauung eine äftbetifhe Befriedigung 
duch folhe Runft haben fann.* — Seien Sie unbeforgt, meine 
Herrfdaften, er fauft fid) dodh noh einen Hofmann, wie er fih 
die Klinger'fhe Handfhubferie gekauft hat. 

„Dill, Albert Keller, Blof, Habermann, Olde, Erter, Sle- 
vogt* und „wie fonft die Münde- 
ner Himmelsftürmer heißen mögen“ 
— madt der funftftreitende Paftor 
en bloc’ab: „Was an ihren 
Werfen gut ift, ift nicht neu, und 
was neu ift, ift nidt gut“ Yun, 
wenn das „Bute* nit „Neu 
ift, Herr Paftor, dann fann es 
dod) nur auf der „Tradition der 
alten Meijter‘‘ beruhen, was Sie 
doc) fo energifch ableugnen? Und 
wenn das Neue nicht „Gut“ ift, 
wie fommt es, daß fih die be- 
tufene Kunftwiffenfhaft, Sas fih 
eine folde Anzahl von Rünftlern, 
denen Sie felbft die Genialitat 
und das höhhfte Talent nicht ab- 
ftreiten fönnen, für diefes Neue 
erflären? Sind das alles ur- 
theilslofe Laien? Wo nehmen 
Sie den Muth ber, folhe Leute 
mit „fenfationslüfterne Galerie- 
direftoren“ und „junge Himmels- 
ftürmer‘* als „ein Kreis von 
ercentrifchen Röpfen‘* abthun und 
um ibre Achtung bringen zu 
wollen? Sie, der Sie Ihre Auf- 
tidtigteit mit Sem Ankauf von 
Werfen belegen, die Sie angeben 
zu verahten? Ganz wundervoll 
find die Worte Meifter Buffom’s 
in dem oben erwähnten Brief: 
„Der allem Andern verlange id 
von den Alten, daß fie fi jung 
erhalten und nicht aus Senilismus 
und Aerger über die Erfolge der 
Jungen diefen den Krieg erklären, 
der früher oder fpäter zu ihren Ungunften ausfallen muĝ. 
Leben und leben laffen follten beide Parteien auf ihre Fahne 
ſchreiben. Wer's dann mit dem Leben ebrlid) meint, der wird 
aud für fpätere Zeit niht umfonft gelebt haben. — Man 
ftaunt, wo Sie den beifpiellofen Muth hernehmen, den ganz 
flaren und undentelbaren Worten Meifter Guffow’s entgegen- 
zuantworten: Das läßt ibn nur fein alter Oppofitionsgeift 
fagen. Diefe Art ann man mit einem milden Ausdrud nur 
mit „niht echt bezeihnen. Wenn A. von Werner und Pro- 
feſſor Knille die Feder fo gewandt wie den Pinfel führen, fo 
finden Sie das fehr in der Ordnung, aber die Leute, die aus 
dem anderen Lager ihre Anfichten mit der Feder verfedten, find 
Ihnen „unter Modellen und in Nadhtcafes mit Damenbedienung 
ausgebildete und verfannte Maler, die den Pinfel mit der Feder 
vertauſchten“. 

Seinen geiſtigen Gegner perſönlich zu beſchimpfen, galt bis 
jetzt immer für nicht gentlemanlißke. Wenn man aber ſagt: 
„Uhde überſetze die heilige Geſchichte ins Sozialdemokratiſche“, 
wenn man ſagt: „die ungebürſtete Genialthuerei der jungen 





450 


Deutfhe Runft. 





Yaturaliften perhorrescire jeden, der es wage aud anmuthige 
und liebenswürdige Erfcheinungen darzuftellen‘, jo verbreitet man 
bewußt oder unbewußt Unmabhrbeiten — oder kennen Sie 
Rinftler wie f. Stahl, René Reinide, Otto H. Engel niht? 
Und was fegt diefer Mann nun Pofitives ein? Ab- 
gefehen davon, daß die Gedanten über Runft in dem Bud von 
einer feltenen Ronfufion find, daß immer einer den andern auf- 
hebt, daß meift ein fleines Hinterthiirdhen offenbleibt — ,,aller- 
dings und „zwar — find fie nit einmal neu, fondern das 
ganze alte Arfenal der längt widerlegten Vorwürfe wird 
wieder ausgeframt. Das fängt an mit der Mahnung nad 
Leffings Laofoon 3u arbeiten und diefen zu ftudiren: ih tann 
Ihnen verfihern, Herr Paftor, daß vom Laofoon an die ges 
fammte tunftphilofophifhe Literatur den modernen Riinftlern 
geläufiger ift, als mandem der auf Runftauftionen, die Sie ja 
für eine hervorragende Stätte der Derfammlung funftverftandiger 
Leute zu halten feinen, fein äfthetifches Rößlein tummelt. Erft 
die Erfenntnif, wie die ganze Kunftphilofophie nit fähig ge- 
wefen ift, etwas Pofitives zu fhaffen, und die Erfenntniß, wie 
gewaltige ewige Runftwerfe entftanden find entgegen den von 
äfthetifirenden Theoretifern aufgeftellten Regeln, hat die Runft 
frei gemadt und reih an fühn im eigenen individuellen Sinne 
[haffenden Talenten. Jhnen, Herr Paftor, mödhte id aber em- 
pfehlen, Anfelm feuerbady's „Dermädtniß* und die ,,Apho- 
tismen** darin zu lefen und Taine. Dielleiht werden Sie 
Sod) ein bischen befcheidener, wenn Sie fehen, von welder Herzens- 
befcheidenheit 
folche Riefer- 
befeelt find. 
Das Wort 
von der wah- 
ren Runft,auf 
dem aud) Sie 
ja wieder ein- 
mal herum- 
reiten, ift in 
den Kreifen 
Senfender 
Menfden 
Sod) ſchon 
recht anrüchig 
geworden. 
Daß Pietſch- 
ker einige 
kunſthiſtori⸗ 
ſche Schnitzer 
paſſiren, 
ſollte einen 
eigentlich bei 
einem fo „tie- 
fen Kenner“ 
wundern — 
fo 3iebt er 
Courbet 
und feine, ‚Yie- 
gation des 
Jdeals* an, 
weiß aber 
nicht, daß das 
deal, das 
Courbet be- 
fämpfte, ge- 
nau Siefelbe 
‚Formendufe- 
lei war, die 
er felbft auf 








Seite 18 und 

— — — 19 feiner Bro- 

£udwig Manzel, Die neue Welt. ſchüre ver- 
Idealfigut füt den Reubau Staudt, Betlin. höhnt. 


Dann verlangt Pietſchker: Ein Kunſtwerk, das nicht durch 
ſich ſelbſt redet und aus ſich ſelbſt verſtändlich iſt, iſt überhaupt 
fein Runftwerf. Das flingt ganz barmlos, wenn man nicht 
weiß, Saf fir ibn ,,verfteben heißt: in deutſche Satzgefüge 
umfegen fonnen. Jo mödhte wohl wiffen, wie Derfajjer der 
Brofhüre die Disputa, die Dürer'fhen Holzfhnitte obne 
Rommentar verfteht, oder was er mit Titian’s „Jröifher und 
himmlifcher Liebe anfängt? Oder it das fein Runftwerf? 
Es ift auch ein grober Zeichenfehler darauf, Here Paftor! 


Wie nun Jemand, der fo thut, als ob er das Runftfhaffen 
der Gegenwart zu beurtheilen berufen fei, der doh alfo Zügel 
und Frenzel mindeftens fennen muß, behaupten fann, daß Sie 
Meifter der vierziger bis fechziger Jahre „Pferde, Kühe, Schafe, 
Ziegen, Rehe u. f. w. mit einer Vollendung malten, die unfern 
Modernen unerreihbar ift“, das werden wohl außer mir all’ die 
andern Leute auh niht verfteben, die, wo fie nidts wiſſen, 
wenigftens anftändig genug find, den Mund zu halten. 

Was Pietfhter nun als Runft erfceint, it hödhft inter- 
effant: Werefhagin und Villegas, Benlliure, Gallegos, fr. Vinea, 
Tito, Ricci. Er findet es höhft gerechtfertigt, daß dafür von 
den deutfchen „„Runfttennern* und „Sammlern* Millionen aus- 
gegeben werden und ins Ausland wandern. 


Befonders „auf dem Strih“, wie Sie Berliner fagen, hat 
Pietfhter Segantini. Guffow bat ihm einen begeifterten Brief 
über diefen gefdhrieben und wie Pietfhler fid nun in Sem 
Bericht hierüber herumdriidt, ift höhft amüfant. Jn Theologen- 
freifen, Herr Paftor, nennt man das „Eiertänze*. Sehr fpakig 
it, daß Segantini den „groben, paftofen farbenauftrag ,,mit Ser 
Maurerfelle wabrfdeinlid von Dupre (!) und Trojou (!) gelernt 
paben foll! — Und id wollte fo gern ernft bleiben! 


Sudt man den Beift zu faffen, Ser Surh das Banze zieht, 
fo läßt fi furs fagen: Ein Mann, der fid ein hübfhes Ver- 
mögen erworben, ererbt oder erbeirathet hat — Pietjchker läßt 
im Profpeft fogar verbreiten, daß er durch feine Gattin Mit- 
befiger eines befannten fhönen Palagzos in Rom ift und fic 
in folge deffen „civis romanus“ nenne — ein folder Mann 
bef&pließt, Mäcen zu werden; er fängt an, Bilder zu taufen — 
was gewiß fehr löblih if. Da entdedt er, daß es Maler giebt, 
die ganz was anderes als er und feine Befinnungsgenofjen für 
fhön halten. Selbft, daß man ihnen droht, fie verhungern zu 
laffen, daß man fie für verrüdt erklärt, maht fie niht firre. 
Sie [hüten „Ueberzeugung“ vor. „Meberzeugung“*, na, das 
it Sod wirklih albern! — Sie feben gar auf diefe Sorte 
Runftfreunde von oben herunter. Und all’ das fhöne Geld, 
was man fdon fiir Runft ausgegeben hat! — Sogar für foldye 
„verrüdten‘ Werke, denn wer kann wifjen, vielleidt fteigen fie 
im Rurs! — Ja, da muß man dodh wirflid gleih eine Bro- 
fhüre fhreiben! — 


Blof um Guffow ift's fhade! Er -fteht uns allen zu hoch, 
u daß ihm gegönnt würde, für fo etwas als Dedmantel zu 
ienen! — 


Da Herr Dr. Pietfehfer P. ein vorfihtiger Mann ift, bat 
er fic) in Ser Dorrede zu feinem Bud ein Hintertbürden auf- 
gemadt, falls er's für vortheilhafter hält, auf einen Angriff auf- 
fein Buh niht zu antworten. Jh boffe aber, dağ, falls er 
das aud in diefem Falle vorziehen follte, er wenigftens einen 
fonfreten fall vom Wirken der nad) ihm fo eifrig funktionirenden 
Derfiherungsanftalt auf gegenfeitigen Ruhm verdffentliden wird 
— im ntereffe feines guten Namens. 

Dor vier Jahrhunderten fehrieb Dürer aus Venedig an 
feinen Freund Pirfbeimer: „O wie wird mid nad der Sonne 
frieren! bier bin id) ein Herr, daheim ein Schmaroger!* Er 
fannte die Pietjchkergefinnung auh. it's viel anders geworden 
feitdem im deutfchen Vaterland? Wie wenig Leute giebt es doch 
and beute noc bei uns, die es wirklich ernft meinen mit Ser 
Runft und berzenswarme Begeifterung verftandestaltem Brofdiiren- 
fhreiben vorziehen! 


Carl Canghammer. 


Deutfhe Runft. 


451 


Ausftellung ruffifcher Werke im Salon Schulte in Berlin. 


ie Mündener Sezeffion glaubte mit einer Sonderabtheilung ruffifher 

ay Runftwerfe ihrer Ausftellung den Reiz eines Ereignifjes verliehen 
a zu baben, fenfationell genug, um größeres Auffehen zu erregen, 
als jonft die Deranftaltung gemadt haben würde. Gegt find die Ruffen in 
Berlin eingetroffen, wo fie Eduard Schulte für einige Zeit auf ihrer 
Rüdreife fefthalt. Gewig ift die Ausftellung intereffant und lehrreih, leider 
aber fehlt ihr recht eigentlih der nationale Charakter, die jlapifhe Eigenart, 
um ein getreues Spiegelbild zu fein vom Empfindungsleben unferer öftlihen 
Nadbarn, die für die Zuneigung unferer weftlihen fid mit einem Aneignen 
franzöfifher Aunftfprahe erfenntlih zu erweifen fcheinen. So tritt das 
Ruffenthum nur ganz vereinzelt in Erfheinung, in den meiften Bildern ift 
es untergegangen in fremder Manier, die fo ftarf vorherrfcht, daß das Wefen 
nicht mehr zum Ausdrude gelangen fann. Die ruffifhe Malerei feheint nicht 
berufen zu fein, für den Panflavismus zu wirken, in ihr befennen fic) die 
Ruffen viel mehr zu einer Selbftverleugnung, für die wir das Seitenftüd 
nidt allzuweit zu fuhen brauden. Wirklich Yleues und Auffälliges bietet die 
Ausftellung faum; zum großen Theile gehören ihre Bilder einer modernen 
Ridtung an, die wir bereits überwunden haben, dem Jmpreffionismus, der 
nur duch die Farbe hervorgerufene Stimmung fefthalten will auf Rednung 
der Maren form. Das fafbare ift vielfad ganz aufgelöft im Elementaren, 
in Lidt und Farbeneffeften; der Totaleindrud wiedergegeben ohne jede Rüd- 
fiht auf das Einzelne. Am weiteften in diefer Richtung geht Conftantin 
Rorovine (Moskau), defen ,,Amerifanifches Cafe’, „Straße von Paris", 
„Bach“ und „Waldlandfhaft" für unferen Befhmad faum mehr find als fühn 
bingeworfene Farbenftizzen, flühtige Ylotizen, über deren genaue Bedeutung 
nur der Auskunft geben tann, der fie niedergefchrieben. für Andere bleibt 
manches unleferlih und läßt fih nur aus dem Zufammenhang errathen. Aud 
Théodore Botfine (Paris) mit feinen tapetenartigen Capricen, feinen ab- 
fonderlihen Schattenfpielen, die im mißverftandenem, deforativem Parifer 
Stil gehalten find, Alerander Benois, deffen Derfailler Motive mit ihrer 
fteif farificten, bumoriftifh behandelten hiftorifhen Staffage einen etwas 
dürftigen Eindrud maden, und Conftantin Somoff, der feine zierlihen Land- 
[haften mit nit minder witig darafterifirten, mit graziöfem Humor ge= 
zeichneten Geftalten aus dem galanten Jahrzehnt des Neifrods belebt, find 
nur mehr oder weniger gefdidte Anempfinder. Ruffifder find die Landfchafter 
Cztonglinsfy, Marie Jatountfhitow (Mostau), Pereplethifow 
(Mosfau) und Pourvit, die die ruffifhe Natur fehildern. Weite, öde 
Steppenländer mit fpärlihem Baummwude, ertem Schnee, den Pourvit virtuos 
malt, triibe Yebeltage und. die fdarfe Alarheit der Luft geben fie mit 
netürlihem Empfinden für das Charakteriftifhe wieder; mit nod größerer 
Runft und ftärferer Eigenart weif Levitan, deffen Mame fdon feit fünf- 
zehn Jahren auh bei uns befannt ift, den berben Reiz der ruflifhen Land- 
[haft auszudrüden. Seine Dorfrühlingslandfhaft, auf der noh der blau be- 
fhattete, letzte Schnee der Sonne troßend in Graben und furdhen lagert, 
und feine Herbftlandfhaft mit ihrer Maren Luft und dem vergilbten Laub 
der Birken, vor allem aber „Die ewige Ruhe" zeigen ibn als tiidtigen 
Stimmungemaler. Wenn aud Midel Nefterow mit zu den echten Ruffen 
zu zählen ift, fheint ihn dod) in dem großen Bemälde „aus der Legende der 
heiligen Barbara der Franzofe Guftave Moreau beeinflußt zu haben. 
Reizvoll, voller Stimmung und Gedanfengebalt find feine beiden „Mönde‘ 
und die „Einfamkeit‘‘, die fogar ein fosmifches Gefühl, ein leifes Ahnen von 
der Weite des Weltenraums im Befhauer erregt. Das ehtefte Talent, ein 
Maler von antohthoner Kraft it Valentin Seroff, ein Bildnißmaler, 
der nur unter wenigen feines Bleihen findet. Sein Porträt des Broßfürften 
Paul, der in der Uniform des Barderegiments zu Pferde neben feinem 
Rappen fteht, ift das befte Bild der Ausftellung und fteht weit über den 
üblichen, offiziellen Reprafentationsbildniffen von Fürftlihfeiten als ein Ge- 
mälde von fdlidter Natürlichkeit. Der Rüraß ift ein blendendes Stüd 
malerifhen Rönnens. Auch zwei weitere Bildniffe, ein junges Mädchen in 
rofafarbener Bloufe und eine alte Dame in Schwarz, find Leiftungen, in denen 
eine im Auslande amgeeignete breite, überaus malerifhe Tehnit ganz zum 
Ausdrude der eigenen, Fräftigen Perfönlikeit geworden ift. Golde aus- 
gefprodenen Gndividualitéten wie Levitan und Seroff haben die Aeußerlid- 
teiten der Parifer Schule überwunden und bürgen für das Aufblühen einer 
tuffifhen Runft; find ihre Bemälde dod) bereits eigenartige Anfätze zu 
einem nationalen Ausdrud, nah dem and die ruffifche Runt mehr und mehr 
ftrebt, obfdon der internationale Zug noh niht aus ihr verfhwunden ift. 


Man bemerkt in der Ausftellung bereits ganz gefunde Emanzipationsbeftres 
bungen und ebrlides Ringen nah Selbftftändigkeit, die mit der blinden 
Nahahmung verföhnen. Kräftiger und virtuofer in der Technik, mehr befähigt 
für dekorative Farbenwirkung und weniger Iyrifh und pefjimiftifch in der Natur- 
auffaffung als die Ruffen find die finen. Wenn man aud ihnen anmerkt, 
daß fie bei den Frangofen in die Schule gegangen find, haben fie ih ihre 
taube contemplative nordifhe Art, ihren myftifhen Zug, ihre bizarre, fhauer- 
lide Phantaftif dod bewahrt. Der edhtefte Dertreter feiner Raffe und -dabei 
der Gefchictefte und Dielfeitigfte der finen ift Arel Ballen. Meifterhaft 
in ihrer Art find feine Gemälde „Die Dertheidigung des Shakes Sampo", 
eine deforative, gobelinartige Geftaltung dex Rune XXXVI. bis XLIX. des 
finifhen Heldengedidtes ,Ralevala’, das im hellen Sonnenfdeine, im 
Dünenfande fpielende, fi wirffam vom gelben Hintergrunde der Meeresfluth 
abbebende, nadte Kind, „Nach dem Regen, „Eine helle Sommernadt und 
„Der Spedt". Ero Järnefelt's Aquarell „Die grünen Inſeln“ hängt 
leider 3ú ungünftig, um in feiner fräftigen Eigenart zu voller Geltung zu 
tommen. Seine anderen Landfhaften freilih zeigen ibn aud als ein 
frifches, naturwiidfiges Talent. Derfhwommen gehalten wie im Dunfte 
trüben Ylebels find die Sunfeln Landfhaften von Daino Blomfted, 
unter denen „Der Kirhfchof und „Winterlandfhaft‘ die beten find. 
Poetifh reizvoll ift feine Epifode aus „Aalevala. Dagegen maden 
Lagerftram's Landfhaften den Eindrud der fliihtigteit. Schauerlih ift 
die Spmbolifitung des Todes als fhwarz gefleidetes Proletarierweib, das 
über ein weites, 
ödes Schnee- A ea 
feld fchreitet, 
von Magnus 
Endell. Der 
abgeflarte 
Rünftler in fei- 
ner Bruppe, der 
befannte Maler 
feiner Lidt- 
probleme A. 
Edelfelt tft 
mit einer uns 
bedeutenden 
Landfhaft und 
einem an fig 
guten, weih ge- 
malten, fein- 
geiftigen Por- 
trät eines jun- 
gen Mannes in 
wenig baratte- 
riſtiſcher Weiſe 
vertreten. Zu 
erwähnen wå- 
ten nod als 
Arbeiten auf 
anderen Bebie- 
ten der Malerei 
die vier meifter- 
baften Defora- 
tionsffizzen für 
die Oper, Chon- 
wangdtina" von 
Apolinarij 
Wasnetzoff 
(Mostau) und 
dié gelungenen, 
in Aquarell ge- 
malten Jlluftra- 
tionen von 
Serge Ma- 
liontine 
(Mostan). 





Kudwig Manzel, Die alte Welt. 
Pealfigur für den Neubau Staudt, Berlin, 


452 


Deutfde Runft. 





Vermilchfes. 


— Wie ein Denkmal 3u 
Stande fommt. Die Dent- 
mäler-Comites bilden fih wie die 
Wabhlcomites Der Rentier A. 
träumt davon, einen Orden zu er- 
balten und fragt fih, welden 
großen Mann, gleidviel ob er 
aud bloß mittelgroß oder Plein 
war, er wohl auf einem öffent- 
Und ich kenne einen Bildhauer B., der Herrn A. 





liden Plage anfftellen könnte. 
3u einer Wuszeichnung verbolfen hat und der heute nod die Mehrkoften der 
Modelle und Ausführungsarbeiten für ein fehr deforatives Denfmal 3u zahlen hat. 


Die Sade trägt fih fo zu: Herr A. hat die dee zu einem Standbild. 
Er geht natürlich zu dem Bildbauer B. und fragt: 

„Würden Sie niht einen... . (bier der Mame des großen Mannes) 
für 8000 M. machen? Bedenfen Sie, daß dadurd eines ihrer Werke auf 
einem öfjentliben Plate zur Aufftellung gelangte." 

„Wenn id das haben kann, fo made ih es für 6000 M." 

„Bravo! Alfo abgemadt, fiir 6000 M.“ 

A. gebt direft ins Minifterium der Schönen Rünfte. Er verlangt vom 
Staate die Roften des Marmors. Der Staat gewährt gewöhnlid für den 
Marmor die Hälfte deffen, was das Dentmal foften foll. Das ift einmal fo 
Gitte. WU. erfldrt alfo dem Staate, dağ das Standbild wohl 12 000. M. 
foften wird, und der Staat giebt ihm 6000 M., alfo genau den Preis, den 
der Bildhauer verlangt hat. Diefer ift im Voraus bezahlt. Die Subffribenten 
find Reingewinn. Nun kauft A. Papier und läßt den offiziellen Brieffopf 
darauf druden: Comité des Standbildes für A. B. 

Präfident: Herr A. 
Dize-Präfidenten: Herren C. und D. 
Schriftführer: Herr €. G 

Das Standbild wird eingeweiht. Der Präfident A. erhält einen Orden 
III. &laffe, die Dizepräfidenten befommen einen folden IV. Rlaffe, der Sdrift- 
führer einen Titel. Und der Bildhauer? ... Der bat ein mit feinem 
Namen gezeihnetes Werk auf einem öffentlihen Plage. Das Standbild hat 
ihn mehr Mühe und Zeit geloftet, als er erwartet, die 6000 M. und darüber find 
ausgegeben. Der Bildhauer hat aus eigener Tafche zugefegt und fagt philofophifch : 


Kariofa aus Afelier und erkflaff. 
Gedanken ither hiltenbe Kunfl. 


„Ih habe fogar Wedfel unterzeidnet, um die 3000 M. Mehrkoften zu 
bezahlen. Jh babe 9000 M. ausgegeben und 6000 erhalten. Wenn aber 
mein Rnopflod gabnt und mein Geldbeutel leer ift, fo habe id wenigftens 
dem Prafidenten zu einem Orden verholfen. Meine Mühe war alfo nidt 
umfonft."' 


Toujours Meiffonter. Die verftorbene Wittwe Meiffonier's, die 
der berühmte Maler wenige Jahre vor feinem Tode gebeirathet hatte, bat 
dem Louvre-Mufeum die in ihrem Befike befindlihen Bemälde, Aquarellen 
und Seidnungen teftamentarifh vermadt. Die gute frau war eine be- 
geifterte Bewunderin des Talents ihres Batten und bütete niht nur deffen 
fünftlerifhen Nachlaß mit der pietätvollften fiirforge, fondern faufte über- 
dies alle unter den Hammer gelangenden Werke Meiffonier's auf. Mit weld" 
felbftlofer und uneigenniikiger Hingebung fie dem Andenfen an den Der- 
ftorbenen huldigte, fann man aus der Thatfache erfehen, daß fie noch vor 
ganz kurzer Zeit ein Angebot von 800000 frcs., das ihr für die „Be 
lagerung von Paris‘ geboten wurde, ausfhlug, um das Bild dem Louvre- 
Mufeum zu erhalten. Go lange Frau Meiffonier aus ihren eigenen Mitteln 
ihre Privatgalerie um eine Reihe von Bemälden ihres unvergeflihen Gatten 
bereiherte, konnte felbftredend Niemand dagegen etwas einzuwenden haben, 
zumal die Dame perjönlihes Vermögen genug befaß, um fih diefen Lugus 
3u gönnen. Anders verhalten fih aber die Dinge, wenn die ganze Der- 
laffenfhaft — abgefeben von einigen Skulpturen nad Meiffonier’s Ent- 
wiitfen, die an die Mufeen von Grenoble und Lyon vermaht wurden — 
dem Loupre-Mufeum einverleibt werden foll. Das Lurembourg - Mufeum 
befikt bereits zwei der bedeutendften Werke Meiffonier's, „Solferino“ und 
den Lefer’, die nad der vorgefcriebenen frit von zehn Jahren 
nad dem Tode des Riinftlers nad dem Loupre-Mufeum gebracht werden 
follen, fo daß bei aller Achtung für das große Talent des Malers fein 
zwingender Grund vorliegt, einige Wände des Louvre- Mufeums mit 
Meiffonier'fhen Bildern zu behängen. Cine ftrenge Auswabl wäre da 
um fo dringender geboten, als zwei Bilder Meiffonier's einander an ted- 
nifher Durchführung und fünftlerifher Auffaffung fo gleihen wie ein Ei dem 
anderen. Don Gntereffe für den Runfttenner, der fih an den Schägen des 
Loupre-Mufeims nicht fatt feben fann, wäre alfo ein Maflenaufgebot 
Meiffonier'fcher Bilder keineswegs. 


Gedanken über bildende Aunft. 


Die Natur feint um ihrer felbft willen zu wirken, der Rünftler wirkt 
als Menfh, um des Menfhen willen. Aus dem, was uns die Natur dar- 
bietet, lefen wir uns im Leben das Wünfdhenswerthe, das Beniegbare nur 
fümmerlih aus: was der Riinftler dem Menfhen entgegenbringt, foll alles 
faBlid und angenehm, alles aufreizend und anlodend, alles geniefbar und 
befriedigend, alles für den Beift nährend, bildend und erhebend fein: und fo 
giebt Ser Rünftler, dankbar gegen die Natur, die aud ihn bervorbradte, ihr 
eine zweite Natur, aber eine gefühlte, eine gedachte, eine menjchlid vollendete 
zurüd. Soll diefes aber gefiheben, fo muß das Benie, der berufene Rünftler 
nad Gefeken, nad Regeln handeln, die ihm die Natur felbft vorfdrieb, die 
ihr nicht widerfpredhen, die fein größter 
Reihthum find, weil er dadurch fo- 
wohl den großen Reihthbum der Natur 
als den Reihthum feines Gemiiths beberr- 
fhen und brauden lernt. Diderot, 

+ 

Der heilige fit it das Chaos felbft, 
das verwidelte, üppige, h felbft ver- 
fhlingende Schlangengewirr, aus weldem 
alle ornamentalen Formen, die „ftruftiv 
thätigen“, Shervorgingen, in weldes fle, 
nad vollendetem Kreislauf, unabanderlid 
zurückehrten. Sempet. 


* 





Alle menfhlihen Werke find unvollfommen, und wenn wir etwas als 
volltommen preifen, fo, gefhieht es, weil wir die Fehler nicht erkennen. 
So find alle Dollfommenbeiten der Menfhen und alle Menfdhenwerfe nur 
Bleihniffe einer wahren Dollfommenbeit. Deswegen hat man das Wort 
Gefhmad auh in der Malerei eingeführt und gebraudt, um damit zu be- 
deuten, daß ein Werk einen Befhmad der Vollfommenbeit haben tann, obne 
felbft vollfommen zu fein; fo it der Befhmad der Malerei gewiffermaßen dem 
Gefhmad des Baumens äbnlih; nämlihd wie diefer die Zunge und den 
Baumen rührt, fo rührt jener die Augen und den Derftand: in beiden Ge- 
fhmaden find viele Grade, die fih unter einem Namen begreifen, denn fo 
wie viele Saden fauer, füß oder bitter 
fhmeden, ohne daß alle füße oder bittere 
von einer Stärke find, ebenfo giebt es 
and im Befhmade der Malerei das Grofe, 
Harte, Starke, und zwar jedes in unter 
fhiedenen Graden. Raphael Mengs. 

* 

Der Menſch geht in der Kunſt einen 
Rampf mit der Natur ein, niht um feine 
phyfifhe Eritenz, fondern um feine geiftige; 
denn aud die Befriedigung feiner geiftigen 
Bedürfniffe wird ihm nur als Lohn des 
Strebens und der Arbeit zu theil. 

Conrad Fiedler. 


| Deutfde Runf. 


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XXVII. Hauptverfammlung 
der „Derbindung für hiftorifche Kunft“. 


m 27. und 28. Juni bielt die „Verbindung fiir hiftorifde 
Runt“ in Münhen ibre XXVII. Hauptverfammlung ab. Yad 
dem Berichte über die Verhandlungen zählt die Verbindung zur Zeit 

151 Mitglieder mit 145 WAntheilfcheinen.  Erworben wurden vom Runft- 
verein und im Umlauf befinden fi die Bilder von Wd. Edtler, ,Rondolenz- 
bejfuh", G. Hadel, ,,St. Borromens bei den Peftfranfen“, R. Eichftaedt, 
„Diktoria, A. von Bederath „Beweinung Chrifti, Fr. Roeber, ,,Der 
legte Staatsrat des großen Au fürften" und B. fugel, „Petri Pfingftpredigt". 
Als Dereinsblätter wurden im Januar 1897 die Photograviiren nad den 
Gemälden von A. Rampf ,,Dolfsopfer 18/3" und R. Eihftaedt „FZwifchen 
Ligny und Belle-Alliance vertheilt. Demnädft follen Nachbildungen der 
Bilder von Echtler „Rondolenzbefuh" und fugel „Petti Pfingftpredigt‘‘, 
erfteres in farbigem Lidtdrud der Vereinigung der Runftfreunde — Berlin, 
legteres in Photograviire von Rudolf Schufter - Berlin, den Mitgliedern 
zugehen. Binfihtlih der vom Dorftande nah Umfrage bei den Mitgliedern 
bewirkten Beftellung des Alinger'fhen NRadirwerkes „Dom Tode (zweiter 
Theil) bemerkte in der Sigung vom 27. Juni der Befhäftsführer, daß diefer 
Schritt von mander Seite als eine Abweihung von den eigentlihen Auf- 
gaben der Verbindung angefehen worden fei. Zur Rechtfertigung wird auf 
die echeblihen inneren Bründe bingewiefen, weldhe die Erwerbung des Wertes 
tathlid erfcheinen ließen. Der Dorftand erachtete es als Pflicht, die fih dar- 
bietende Gelegenheit zu ergreifen, um den Mitgliedern den Befig eines Werkes 
3u fihern, weldes den hodhgefhätten Meifter auf feinem eigenften Runft- 
gebiet, in dem er unübertroffen dafteht, in hervorragender Weife repräfentirt. 
Ueberdies fomme den Darftellungen Rlinger's der Charakter idealer Kunft 
in höchftem Sinne zu. 

Nah dem Berichte des Raffenfiihrers, der am folgenden Tage fiir ridtig 
befunden wurde, fommen 3u dem Baarbeftande von etwa 18 500 Mark nod Riid- 
ftände von 2200 Mark, die Beiträge für 1899 und 1900 mit etwa 43.000 Mart 
fowie eine Zahlung der Runfthandlung von Amsler & Ruthardt für 
Rlinger'fhe Radirungen mit 15 000 Mark, fo daß rund 78 700 Mark zur 
Derfügung ftehen. 

für Derwaltung, eine nod zu leiflende Zahlung an Profeffor Rlinger, 
für Reproduktion und für einen eifernen Beftand von etwa 6100 Marl geben 
hiervon ab etwa 58 700 Mark. Es würden daher angenblidlid 40 000 Mart 
für Antäufe und Beftellungen von Dereinsbildern verwendet werden können. 

Nah dem Protokoll über die Derloofung war das Bemälde von ferd. 
Reller „Raifer Friedrih‘ dem Röniglih Preußifhen Rultusminifterium, das 
Bild von A. Kampf „Einfegnung freiwilliger 1815" dem Aunftverein zu 
Rarlsruhe und die Skizze zum Reller'fhen Gemälde dem deutjhen Raifer 
3ugefallen. 

Den Bericht der Priifungsfommiffion erftattete Geb. Rath Dr. Jordan: 

Ungewöhnlid viele Rünftler haben fih diesmal durch direfte Cinfendungen 
an der Ronfurrens betheiligt, was mit um fo größerer ‚Freude fonftatirt 
werden müjle, weil ea beweift, daß die Beftrebungen” der Verbindung trot 
der vielfahen abweihenden Strömungen unferer Tage immer wadfenden An- 
flang gewinnen. Dementjprehend fand ih die Derfanmlung gern bereit, in 
der Aufwendung von Mitteln bis an die Äußerfte Grenze zu geben. Wenn 
troßdem nur ein Theil der Bewerber habe Berüdfihtigung finden können, fo 
fühle fih die Verbindung doch den zahlreihen Einfendern werthvoller Bemälde 
und Entwürfe gegenüber zu lebhafiem Danke verpflichtet. 


Nahdem dann nod der Befhäftsführer die von der Rommiffion em- 
pfoblenen Werke, foweit fie fidd im Runftverein, in der Ausftellung im Glas- 
palaft und in der Ausftellung Ser Sezeffion befanden, daratterifirt hatte, 
und fodann in der Distuffion das für und Wider ausfiibrlid zur Geltung 
gebraht worden war, einigte man fih nadh längerer, oft ziemlich lebhafter 
Debatte auf Dorfhlag des Heren Profeffors von Lenbad dahin, mit Hilfe 
eines Befammtaufwandes von etwa 40 000 Mark thunlihft alle nahbenannten 
Bilder und Entwürfe zu erwerben bezw. zur Ausführung bringen zu laffen. 
Bei der endgiltigen Abftimmung ergab fih hierfür nadftehende Reihenfolge: 
A. Deußer (Düffeldorf), „Derfhwörung der Ritterfhaft in der Mark gegen 
Joahim I." Fr. Keller (Stuttgart), „Brablegung Chrifti". Joh. Leon- 
hard (Münden), „Sirene. Ferd. Leete (Münden), „Kampf beim Rüdzuge 
des Bermanitus". Chr. Speyer (Münden), „Heimkehr“. A. Ober- 
länder (Münden), „Uoab's Weinfchente’. H. Roh (Münden), „Begräbniß 
einer Rlofterfrau auf Stauendiemfee. 5. Peterfen (Münden), „Angriff 
der englifhen Flotte durd die Danziger Rapitäne Gebr. Benede 1468". 
€. Rödhling (Berlin), „Die Batterie Bnügge bei Bravelotte". 

Don dem Antaufe einiger vorzügliher Entwürfe des Profeflors f. A. 
von Raulbad, welde die ungetheilte Berwunderuug der Derfammlung 
fanden, mußte leider Abftand genommen werden, da der Rünftler erklärte, fie 
nit entbehren zu fönnen. — Ebenfo ift zu bedauern, daß eine Derftändigung 
mit Heren Profeffor Walther Firle über Erwerbung feines noh zu 
vollendenden Bemäldes Heilige Naht! niht herbeigeführt werden konnte. 

Auf Einladung der Herren aus Barmen wurde fdlieflid nod befdhloffen, 
die nähfte Hauptverfammlung im Jabre 1900 dort ftattfinden zu laffen, weil 
3u diefer Zeit das Mufeum in Barmen mit einer großen Ausftellung erdffnet 
werden folle. 


Rüdbli des Vereins der Kunftfreunde im 
Preukifhen Staate” auf das Befchäftsjahr 1897. 


adh dem Gefdäftsberihte des Vorftandes des „Vereins der Runft- 

freunde im Preugifhen Staate" über das Gefhäftsjahr 1897 

bleibt der Derein vorausfihtlih aud in dem Haufe Bellenueftraße 3 
Mietber des Dereins Berliner Rünftler unter den alten Bedingungen. 
Sehr günftig lautet der Bericht über die Mitgliederbewegung im Jahre 1897. 
Während bei Beginn des Befhäftsjahtes 712 Mitglieder, weldhe Beiträge in 
einer Befammtfumme von 12420 Mark zahlten, vorhanden waren, zählte der 
Derein am Jahresfhluffe Sil Mitglieder mit einer Beitragsfumme von 
13.905 Mark. Der Beftand und die Einnahmen, eingefhloflen die der Seyd- 
Lig’fhen Stiftung und der Rabn’fhen Raution, betrugen in Dokumenten bezw. 
Wertbpapieren 81 000 Mark, in baar 22 210,70 Mark. Don letteren geben 
an Ausgaben, von denen auf die zur lettjährigen Derloofung angefanften 
Runftwerfe einfhlieglih der erforderliden Einrahmungen 10859 Mark und 
auf Prämien aus der von Seydlig'fhen Stiftung an die Maler ©. frengel 
und Profeffor von Gebhardt und dte Bildhauer Profeffor Hundriefer 
und Midael Lod 820,20 Marl fallen, im Ganzen 18 522,55 Mart ab, fo 
daß, eine Summe von GO Mart von im Voraus für das Jabr 1898 entridteten 
Mitgliederbeiträgen eingerechnet, beim Kafjenabfhluffe vorhanden waren 
SI000 Marf in Dofumenten bezw. Wertbpapieren und 3748,15 Mart baar. 
Jm Voranfhlag für das Jahr 189S find für Anfäufe von Aunftwerken ein- 
fhließlih der Einrahmungen 10557,50 Mark und für die Dereinsgaben 2400 Mark 


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ausgeworfen. Ein wichtiges Dereingereigniß des behandelten Befhäftsjahres 
ift die am 8. März 1897 erfolgte Allerhöchfte Benehmigung der von der General- 
verfammlung am 29. April 1896 befdloffenen neuen Sakungen, durd die der 
Derein feine feit Langem gewünfhte, für feine fortentwidelung vielverheißende, 
neue Örganifation erhielt. 


Berlin. — Am erften Tage nad feiner Heimkehr befudte der Kaifer 
das Atelier von J. Uphues, in dem die Denkmalsgruppe Friedridh's des 
Großen fiir dte Sieges-Allee aufgeftellt war, und das Profeffor Herter's, wo 
der Raifer das Standbild des Markgrafen Cudwig's des Aelteren, eine 
weitere Schöpfung für die Sieges-Allee, befichtigte. Auch in der Werkftatt 
des Marmorbildhauers Cafal galt das Hauptaugenmerf des Raifers einer 
der fiir den Thiergarten beftimmten Denfmalsgruppen, die dort «ausgeführt 
wird, dem von den Büften des Berliner Biirgermeifters Friedridh Saffel- 
mann und des Bifdhofs von Brandenburg Wilfar Blanfenfelde flanticten 
Standbilde Friedrids Il, des Eifernen, von Talandrelli. Dann über- 
zeugte fih der Kaifer noh von dem fFortgange der Arbeiten am Dome. 
And die Modelle zu den Wandbrunnen am neuen Marftallgebäude von Pro- 
feffor Otto Leffing haben die lebhafte Anerkennung des Raifers gefunden. 
Mit ihrer Ausführung für zwei Nifhen am der Yordfacade gegenüber dem 
Sdhloffe wird demnähft an Ort und Stelle begonnen. Der eine Brunnen 
behandelt das Prometheus-Motiv. 

Der Adler hat feine Schwingen ausgebreitet und holt mit den fången 
beutegierig aus; der an den Felfen gefhmiedete Prometheus wendet fih ab, 
das kraftvolle Untlig von Jorn und bitterer Derzweiflung erfüllt. Zu feinen 
Füßen erblidt man Seeroffe, welde die bewegten Wellen verkörpern, und 
Ofeaniden, von denen eine mitleidig den Felfen umklammert, die andere mit 
Thranen fh fortwendet. Den Schlußftein der Yiifche bildet der Feusfopf, 
dem die Bligftrahlen beigegeben find. Der zweite Brunnen ftellt den Rampf 
des Perfeus mit dem Draden dar, welder fih unterhalb des fFelfens abfpielt. 
Der Held bat in der Linfen den Schild mit dem Borgonenhaupt und holt, 
in der Rechten das furze Schwert, zu dem entjheidenden Schlage aus. Auf 
dem Felfen folgt Andromeda in bewegter Spannung dem verbheifungsvollen 
Rampfe, neben ihr erblidt man den gefliigelten Pegafus, auf weldem ihr 
Befreter herbeigeeilt it. Als Schlußftein der Nifhe dient bier ein Medufen- 
haupt. Fn der Ausführung erhalten die Figuren mehr als doppelte Lebens- 
größe. Als Material bat der Raifer Sandftein beftimmt. Der eine Brunnen 
wird bereits punftiert. Aud die Ausführung eines dritten Brunnens, des 
Liikowbrunnens, ift Profeffor LCeffing übertragen. Nachdem der erfte Ent- 
wurf, dem eine dee des Stadtbaurathbs Hoffmann zu Grunde lag, bereits 
von der fädtifhen Aunftdeputation genehmigt war, hat der Bildhauer, dem 
feine Arbeit felbft nicht genügte, neuerdings eine veränderte Skizze gejhaffen, 
die den maßgebenden ftädtifhen Kreifen zur Begutadtung vorgelegt 
werden foll. Ueber die Geftaltung des Brunnens verlautet, daß derfelbe von 
Gruppen umgeben und von einer Figur gekrönt wird. Als Material ift rotber 
Mainfandftein gewählt. Aus Sparfamfeitsgriinden foll von der Ausführung 
der Figuren in. Bronze abgefehen werden. Ueberall herrfdt ein reges Aunft- 
fhaffen: König und Rarener haben zu thun, und werfen wit nod einen 
Blid auf das Winterprogramm unferer Runftfalons, fo fönnen wir auf 
Darbietungen rednen, die das ftetig im Wadfen begriffene Gntereffe fiir Runft 
und Runftgewirbe nod fördern werden. Nah der Rolleftivausftellung erfter 
deutfiher Meifter, mit der Keller & Reiner die Saifon eröffnen, treten in 
dem Runftfalon bolländifhe Maler auf, de im November von 
franzöfifhen Meiftern abgelöft werden, nad der Ausftellung „der An- 
fäufe des Deutfhen Runftvereins im Dezember febren im Januar 1899 
die Dahaner wieder, die dann den von Schulte übergefiedelten Berliner „XI“ 
Plak maden. 

Der März gehört Mar Klinger, von sem wir den „Chriftus im 
Olymp‘ und neue Skulpturen fehen werden, und den Schluß der Saifon 
wird im April der Münchener „Ring“ bilden. Die funftgewerbliden Aus- 
ftellungen werden internationalen Charakter tragen. Außer dem Engländer 
Aſhbee, den franzofen Chéret und Charpentier, dem Hollander van 
der Stappen und dem Belgier van der Delde werden Edmann, Röpping 
und Hirzel mit neuen Arbeiten vertreten fein. Befonderes Gntereffe darf 
man einer Ausftellung norwegifcher Webereien und rufjifher Bauernkunft ent- 
gegenbringen, Jm Salon Schulte wird im Oftober eine Ausftellung 
franzöfifher Bilder aus den diesjährigen Parifer Salons und im 
November eine große Lenbadh- Ausftellung ftattfinden.  Sonderaus- 
ftellungen find außerdem dort noch zu erwarten von f. Zmurko- Warfhau, 
Jof. v. Brandt- Münhen, Hans Gude- Berlin, Rari Moll- Wien 


Deutfhe Runft. 


Gugo Kaufmann- Münhen u. A. m. Bei Burlitt werden folde ver- 
anftalten: R. Schufter- Woldau-Münden, Dilma Parlagbi nnd 
Leffer Ury. Die alten, berühmten Bäfte des Salons Bödlin, Len- 
bad, Leibl, Liebermann, Thoma, £L. von Hofmann febren fon 
in der Erdffnungsausftellung wieder. Cine Wusftellung von fünfzehn zum 
Theil unbefannten Werten Anfelm Seuerbah's wird den großen Toten 
vielleicht bei der Nachwelt ein Scerflein jener Anerkennung und jenes Jnter- 
efes finden laffen, die ipm dte Mitwelt fehnöde verfagt bat. Dağ fie heute 
etwas danfbarer ift, beweift der Derfauf in der Grofen Berliner Run ft- 
ausftellung, Ser in der legten Zeit einen bedeutenden Auffhwung ge- 
nommen. Dem Suge der Zeit entfpricht, daß hauptfählid die Funftgewerb- 
lihe Abtheilung ih großer Beliebtheit beim faufenden Publitum erfreut. 


Münden. — Chriftlide Aunftausftellung in den Raimfalen 
nennt fih eine Deranftaltung, die gerade in Münden als folke nidt nur 
möglid, fondern auch erwünfcht wäre. Eine Vereinigung von Religion und 
Runft ift aber diesmal nicht geglüdt; die eine fdlieft hier die andere aus; 
was Runft ift, entbebrt des chriftlihen Elements, und was man driftlich 
nennen tann, ift unfiinftlerifh. Die neun auf Beftellung des Ronfuls Bierf 
gefhaffenen Chriftusdarftellungen von neun Rünftlern find zwar funft- und 
fulturgefhichtlich fehr intereffant, belehren aber alle darüber, daß der, dem 
es an dem fundament hriftliher Ueberzeugung fehlt, bei aller Genialitat 
fein chriftlihes Aunftwerf zu Stande bringen fann. Der bejte aller Derfuche 
it jedenfalls der Meifter Thoma's, der den Friedensmann innig, edel 
und ergreifend gemalt bat. Ghm it es wenigftens gelungen, eine Seite im 
Wefen des Heilandes zu erfafen nnd würdig zum Ausdrud zu bringen. 
Don den fonftigen Bildern it faum nod etwas erwähnenswert. Die fo- 
genannte ,,biftorifde Abtheilung der Ausftellung ift nur eine Rumpel- 


.fammer, vollgeftopft mit Antiquitäten von oft redt zweifelhaftem Wertbe. 


Diefer ganze Theil der Ausftellung dürfte feine verdiente Beadtung vollauf 
gefunden haben mit der Erwähnung des fid im Belize des Schlahtenmalers 
Profeffors £. Braun befindlihen, aus der Liikener Rirhe ftammenden alten 
Alters, unter den die Leihe Guftav Adolf's nah der Schlaht gelegt 
worden fein foll, und eines noch gut erhaltenen Bemäldes Albreht Alt- 
dorfer's (1485— 15358) „Chriftus am Rreuz'* aus der fleinen Sammlung 
des Herrn Dr. W. Schmidt. 

Don franz von Lenbad war in der Fleifhmann’fhen Hof- 
Runfthandlung ein neues Rinderportrat, ein Eleines Madchen in hollandifder 
Tracht, zu fehen. Don einem von dem Meifter im Gabre 1897 gemalten 
Bildniffe des Franken Fürften Bismard, das bisher noh niht in die 
Oeffentlidfeit gefommen ift, verlautet, daß es den Fürften in der Ermüdung 
nah dem Diner im Halbfhlummer darftelle und ein Gegenftiid zu dem be- 
fannten Bilde Raifer Wilhelm's I. im Leipziger Mufeum bilde. 


Düfeldorf. — Profeffor Heinrih Lauenftetn, als Lebrer der 
fatholifden firdhliden Hiftorienmalerei an der Runftatademie der Nachfolger 
Rarl Müller's, þat für die von Profeflor Jofeph Rleefattel in Vierfen 
erbaute St. Jofephsfirhe ein großes Altargemälde, die beilige familie 
darftellend, vollendet. Das Bild ftellt die thronende Madonna mit dem 
oejustinde dar; zur Redten vom Befchauer den beiligen Jofeph, zur 
Linfen die heilige Elifabeth und Johannes, der, das Antlit dem Be- 
fhauer zuwendend, auf den Welterlöfer hinweift: Ecce agnus dei. Ein 
durch echt empfundene religiöfe Begeifterung verklärter Ylaturfinn läßt 
Lanenftein fid frei halten von der Asfetif der Nazarener wie von dem 
Eflettizismus anderer Hiftorienmaler aus der Bendemann'fhen Schule. 
Die Madonna, eine blonde, jungfrdulidhe Erfcheinung von fenfcher Anmuth 
und fdlidter Hobeit, iff Surchaus individuell und im Ausdrud vorzüglich 
gelungen. Auh die Darftellung des Gefusfindes, des Nabrvaters 
Jofeph, der beiligen Elifabeth und ganz befonders des Jobannes- 
Enaben ift dem Rünjtler fehr geglüdt. Gn dem Stile der Gewandung und 
in der Farbengebung ih an die Ueberlieferung baltend, ift das Bild von 
[höner, kräftiger und barmonifher Wirkung. 

Frankfurt n. W. — Die Renovation des Stadtverordneten= 
faales fcreitet rüftig vorwärts. Das Aeufere des Römers ftebt fon 
gerüftfeei vor Aller Augen. Innen nd die Arbeiten noh eifrig im Bange. 
Beim Eintritt in die Saulenballe des NRömers fällt zuerft die fdon feit 
längerer Zeit renovirte berrlihe Römertreppe auf, die zum Saal der Stadt. 
verordneten führt. Der Brunnen in ihre wird wieder Eimer und Rolle und 
fo feinen alten Charakter erhalten. Den Aufgang zur Zufchanergalerie des 


Stadtverordnetenfaales, der früher durch die Dorhalle erfolgte, bildet eine 
Meine fteinerne Wendeltreppe mit gothifhen Spitbogen, cie urh eifernes 
Schmiedewerk verfhloffen find. Der Saal felber ift um einen Meter länger 
geworden, wodurdh adt Plage gewonnen find. Er wird durch die einfade, in 
Tiroler Gothit vertafelte Dede und durd den vier Meter hohen Holzbelag 
der Wände zu einem traulich-vornehmen Raum umgefdhaffen, in dem die ge- 
müthlide Stimmung alter deutfcher Heime durch die Blasmalereien, die die 
Oberlichter der zwölf Fenfter jhmüden follen, noh gehoben wird. Die 
Säulenföpfe, die die Querbalfen der Dede tragen, darakterifiren die ver- 
fhiedenen Stände und Gewerbe. Es find Porträts aus der Mitte unferer 
Stadtväter. Der Sit des DVorfikenden foll durd einen reihen Baldadin 
mit Uhr und vier Figuren (den Rardinaltugenden) gekrönt werden. 


Breslau. — Seit 50. Auguft ift das Mufeum felefifcer WAlterthiimer 
im Erdgefhoß dee Mufeums der bildenden Riinfte gefchloflen, wegen der 
Vorarbeiten für Ueberfiihrung und Neuaufftellung im Breslauer Runftgewerbe- 
mufeum. Die dazu gehörende v. Falkenhauſen'ſche AUlterthiimerfammlung 
bleibt noh im Gewerbefaal des Mufeums, I. Etage, zur Befihtigung aus- 
geftellt. Jm daranftofenden Saal für ARupferftihe und KRunftdrude ift die 
Rolleftion von Abbildungen nadh der Gemäldegalerie des Mufeo del Prado 
ausgeftellt, außerdem das IV. der Diertel-Fahreshefte des Vereins bildender 
Riinftler in Dresden. Gn den Sälen des Sadlefifhen Runftvereins 
Lidtenberg befindet fi feit geftern, nur auf Furze Zeit, die Porträtbüfte 
eines Breslauer hervorragenden Schulmannes, lebensgroß in Bronze, ein 
Werf des Mentors der Breslauer Bildhauer, Albert 
Radner, der aud die leider von den Witterungsver= 
bältniffen arg derangirte Biifte Linnés von Carraras 
Marmor im Botanifhen Garten gejhaffen bat. Die 
Bronzebüfte bleibt nur wenige Tage im Mufeum. Her- 
mine v. Preufhen, die talentvolle Rünjtlerin, bat fid 
leider nod) mebr als friiber Sem modernen 
unfhönen Symbolismus bingegeben. 
Hans Sdulze- Berlin ftellt feder- 
zeihnungen ornamentalen Charakters aus 
mit der Gnbaltsvignette „Deutjche 
Runſt“. 


Baden-Baden. — Mit der Höhe der 
Saifon bat fid aud das Niveau der 
Runftausftellung im Ronverfationshaufe 
bedeutend gehoben. Während man fih 
bei Eröffnung der Ausftellung im Frühling 
fagen mufte, daß fie weit pinter den 
Deranftaltungen der frühe- 
ten Jahre zurüdftand, enthält 
fie jejt Runftwerfe von ber= 
vorragender Bedeutung und 
[hließt den Dilettantismus 
vollftändig aus. A. Bödlin, 
St. von Lenbad, Baifd, 
Shönleber und der Meifter 
des Aquarelle Simoni find 
mit Bemälden von vollendeter 
Schönheit vertreten. 


Heilbronn. — Gn der 
vor furzem wieder eröffneten 
Ausftellung des Runftver- 
eins ift dlesmal vorberrfchende 
beimifhe Runft vertreten in 
einem Cyflus virtuos gemalter 
Aquarelle unferes Landsmanns 
Otto Rautb, die fhon darum 
befonderes Gntereffe verdienen, 
ale fie meift der engeren 
Heimath entftammen. Ein 
Bild Rauth's, „Die Schul- 
gaffe mit dem Riliansthurm“, 


Deutfde Run ft. 


455 


Straßburg. — Nadh längerer Paufe hat die „Befellfhaft der Runft- 
freunde" in Straßburg, die im Jahre 1852 gegründet wurde, jetzt alfo auf eine 
66 jährige Wirkfamkeit zurüdbliden kann, wieder eine große Ausftellung veran= 
ftaltet, in der nicht weniger als 225 Rünftler und Rünftlerinnen mit nahezu 
500 Arbeiten vertreten find. Die diesmalige Ausftellung ift alfo die reichte 
unter allen, die bisher ftattgefunden haben. Jm Gabre 1883 waren 180 Riinftler 
mit 305 Arbeiten vertreten, im Jahre 1884 betheiligten fic) 170 Riinftler mit 
500 Arbeiten, 1885 zählten wir 150 Riinftler mit 266 Arbeiten, 1886 be- 
fhidten 167 Riinftler die Ausftellung mit 300 Arbeiten, ISSS waren 
16] Riinftlee mit 303 Arbeiten, 891 fhon 217 Riinftler mit 420 Arbeiten 
vertreten. Uber nicht nur der Zabl, fondern aud dem Werthe der aus- 
geftellten Aunftgegenftände nad läßt die diesjährige Ausftellung alle ihre 
Dorgängerinnen weit hinter fh zurüd. Ueberaus angenehm berührt das 
Hereinziehen des Runftgewerbes. Die Bronzen, Ziergläfer, Urnen, Dafen, Schalen, 
die Möbel, Stidereien, Füllungen, Shmudfadhen, Holzfhnigereien, fayencen, 
Rrüge, Platten haben mehr als den bloßen Werth äußerliher Ausfhmüdung. 
Sie maden Stimmung, fie wollen dSarthun, wie unabweislid für das 
moderne Aunftbedürfnig die innige Derfhmelzung von Runft und Runft- 
gewerbe, das ganze lünftlerifhe Milieu, erfheint. Jm Dienfte diefes Prinzips 
fteht die ganze Ausftellung, deshalb erwedt fie von vornherein eine höchſt behag⸗ 
lihe Stimmung, und je länger man darin verweilt, defto wohliger fühlt man fi. 


Mek. — Zu den im Runftverein ausgeftellten Bildern langten in den 
legten Tagen des Auguft, in 42 großen Riften verpadt, mehr als SO Bilder 





Sa) 





















bat Ser Runftverein zu feiner 
Derloofung erworben. 


Ludwig Manzel, Kaifer Wilhelm-Denfmal in Anklam. 


456 


verfhiedenen Umfangs, ferner Mappen mit Handzeihnungen, Malftizzen 2c., 
endlih Skulpturen an. Wegen Unzulänglidkeit der Räume kann diefe Un- 
mafie nur allmälig in JOtägiger Reihenfolge zur Ausftellung tommen. 


Barmen. — Der Runftverein bat am 4. September feine diesjährige 
Gemaldeausftellung in der Aunftgewerbefhule eröffnet. Die Ausftellung ent- 
halt eine große Anzahl hervorragender Bilder und überrafcht durh ihre an- 
genehme Befammtwirkung. 


Braunfhweig. — Die 35. Runftausftellung des Aunftvereins in der 
Aegidienhalle maht einen weniger anziehenden GBefammteindrud als ihre 
Dorgängerin im Jahre 1896. Nicht als ob die 1896er Ausftellung lauter 
oder bedeutend mehr Meifterwerke aufzumweifen gehabt hätte — das ift durd- 
ans nicht der fall; and die gegenwärtige Ausftellung ift feineswegs arm 
an febe tiidhtigen und fogar ausgezeichneten Leiftungen. Aber einmal giebt 
fle nicht wie jene Gelegenheit, einige befonders ftarfe und intereffante Indi— 
vidnalitäten und Tendenzen des zeitge- 
nöffifhen Runftfhafiens an harakteriftifchen 
Beifpielen tennen 3u lernen (damals 
Stud, £.v. Hofmann, Mund, fidus, 
die Worpsmweder), und zweitens treten 
— was nod mebr ins Bewidt fällt — 
die guten und beften Werke diesmal des- 
halb mehr in den Hintergrund, weil die 
Ausftellung für unfere örtlichen Derbält- 
niffe viel zu umfänglid if. Die 1896er 
Ausftellung wies ca. 600 Nummern auf, 
und das war eigentlih fhon zu viel; die 
jeige zählt aber gar über flebenhundert. 
Gerade wer es mit dem Gedeihen der þei- 
mifhen Kunft- und Befhmadspflege ebrlid 
meint, fann in folder Ausdehnung der 
Ausftellungen nur eine Befahr fehen und 
muß warnend feine Stimme dagegen er= 
heben. Ulnfere Aegidienhalle ift binficht- 
lid ihrer Lichtverhältniffe gar fein übler 
Raum für Bilderausftellungen, «aber ihre 
Dorzüge laffen fih nicht ausnugen, wenn 
fo viele hundert Bilder placirt werden follen. 
Dollgewidtige Arbeiten unter den fieben- 
hundert Bildern find eigentlih nur: Lud- 
wig Dettmann’s „Ueberführung der 
Leihe Wilhelms I. zum Berliner Dome, 
12. März 1888", Arthur Rampf's 
„Doltsopfer 1815", Raupp's „Ankunft 
der Aebtifjiin Frmingard vor dem Rlofter 
Ftauenwörth" und Mar Pietfhmann's 
„Adam und Eva". Anerkennung verdient 
die plaftifhe WAbthetlung der Aupftellung, die fat ausfhlieflih von Braun- 
[hweigern ftammt. 


Stralfund. — Die 29. Ausftellung des Runftvereins im Rathbaufe ift 
zahlreich befhidt und weift neben Werken tüchtiger älterer Meifter aud moderne 
Bilder von ftarker Eigenart auf, fo daß man vom Entwidelungsgange der 
Malerei der legten Jahrzehnte in den einzelnen Phafen fowie von ihrem heutigen 
Standpunkte ein ziemlih Flares und anjhaulides Bild erhält. Namentlich 
gilt das in Bezug auf die Candfhaft, die wie überall am reidlidften ver- 
treten ift. 


Züberk. — Am J. September ift im der Ratbarinenfirhe eine vom 
Runftgewerbeverein veranftaltete Plafatausftellung eröffnet worden, die zu- 
nädhft ein getreues Bild der heutigen Plafatkunft Deutjhlands giebt, 
aber aud das Ausland ift gut vertreten. Neben Amerika, England, Oefterreich- 
Ungarn und Gtalien ift es befonders Frantreidh, weldhes Surh die Fünftlerifche 
Ausführung feiner Plafate die Aufmerkfamkeit der Befuder in hohem 
Mafe auf fidh lenkt. Die Betheiligung an der Ausftellung Seitens der 
Runftanftalten und Fabriten ift eine fo große, daß die zur Verfügung 
ftebenden Räume faum ausreihen,; es wird jedoh durch Aufftellen neuer 
proviforifher Wände weiterer Plar gefchaffen, fo daß auh nod die 
fpäter eingetroffenen Plafate jämmtlih untergebraht werden können. 





Deutfde Runft. 





Ludwig Manzel, Pfeifenftopfer. 


Riel. — Die Rolleftiv-Ausftellung des Mündener Malers 5. Cairati, 
welde die Räume unferer Runfthalle feit leftem Sonntag beherbergen, bildet 
für unfere Runftausftellung ein Ereigniß. Gn ihren 68 Bemälden und Studien 
madt fie uns mit dem Schaffen eines ebenfo genialen als felbftändigen 
Riinftlers befannt. Cairati ift auf jedem Gebiete der Malerei zu Haufe. 
Der Blit aufs Große, das geniale Erfaffen einer Naturftimmung in ihren 
Hauptzügen, Wahrheit und Prägnanz des Ausdruds in feinen figürlichen 
Darftellungen find ibm eigen. Modern durd fein intimes Yaturftudium, bat 
et fic doch frei gehalten von Schule und fic nicht beirren laffen durch irgend 
weldhe Richtungen, fondern mit einem feinen Gefühl fiir foloriftifhe Reize 
und malerifhe Darftellungsweife feine Technit den jeweiligen Sujets und 
Stimmungen angepaßt. 

Raffel. — Wenn in den Räumen des Runftbaufes aud eine Fleine Ebbe 
eingetreten ift, fo beherbergen fle doc immer nod eine Anzahl von Runft- 
werfen, deren Befihtigung fidh lohnt. Befondere Erwähnung verdienen die 
Landfdaften des Berliners Ernft, von 
denen der „Sonnenuntergang nad dem 
Sturm febr effeftvoll gemalt if, und 
zwölf Aquarelle, Landfhafeen und Archi— 
tefiuren aus Baden und dem Shwarzwalde 
des Profeffors Stieber, Rarlsrube. 


Zwickau. — Der Runfiverein bat fein 
54. Dereinsjabr vollendet und feine dies- 
jährige ordentlibe Hauptverfammlung ab- 
gehalten. Don den unverzinslihen Schuls- 
feinen, welche der Runftverein im Jahre 1878 
anläßlih der Erbauung des Runftvereins- 
gebäudes in der Anzahl von eintaufend 
Stüd über je 20 Mark unter feine Mit- 
glieder ausgegeben hatte, find in dem Seit- 
raume von J88) bis einfhlieflid 1897 
578 Stüd ausgelooft und bis auf 55 Stüd, 
für weldhe die Befiger den Schuldbetrag 
nod nicht erhoben haben, bezahlt worden; 
es beträgt biernach diefe Dereinsfhuld noch 
9100 Mark. Während des abgelaufenen 
Gefhäftsjahres find 25 neue Mitglieder auf- 
genommen worden, dagegen 22 ausgetreten; 
es beziffert ih demnah am Schluſſe des 
54. Dereinsjahres die Mitgliederzabl auf 360. 

Die Erneftinen-Stiftung, welbe vom 
Rathe -der Stadt Zwidau verwaltet wird 
und die Begründung einer ftädtifhen Ge- 
mäldefammlung bezwedt, hat Ende 1897 
ein Dermögen von 5750 Mark, darunter 
4800 Mark in 240 Stüd der oben erwabn- 
ten, aber nod) nid ausgelooften Schulöfheine des Runftvereins befeilen. 

Die Ausftellung des Runftvereins, welhe im legten Vereinsjabre von 
überhaupt 4615 Perfonen befudt worden war, ift wieder eine fehr ftattliche 
und vielfeitige gewefen, denn es find im Banzen 449 Runftwerfe, und zwar 
565 Oelgemälde, 56 Aquarelle, 5 Sepiazeihnungen, I Roblezeihnung und 
22 Werke der Plaftik, fowie eine größere Anzahl Radirungen, Photograviiren 
und Holzfdnitte ansgeftellt worden. Der Gefammtwerth aller diefer Aus- 
ftellungsobjefte bat fid) auf die Summe von 187 986 Mark beziffert. Diefer 
im Derhältniffe zu den früheren Gefhaftsjabren auffällig hohe Betrag bat 
feinen Grund in der gefteigerten Bilderzufuhr, und zwar vor allem durd die 
größeren Rollektivausftellungen. 

Hur Verloofung unter feine Mitglieder hat der Verein angefauft: 9 Oel- 
gemalde im Werthe von je 17 bis ISO Mark, eine Mappe mit Radirungen 
von Medit „Aus der Refidenz Dresden“, ein Bud „Den Deutfhen Oefter- 
reidbs, 100 Studienblatter dentfcher Riinftler und zwei Buntdrude von der 
„Dereinigung der Runftfreunde in Berlin; dabingegen wurden von Der- 
einsmitgliedern Oelgemalde im Gefammtpreife von 1016 Mark gekauft. 


Nad der Gabresrechnung betrugen die Einnabmen 4755 Warf 94 Pf. 
und die Ausgaben 4178 Mark 19 Pf., worunter 1020 Mark für angekaufte 
Runftgegenftände. Außer dem Raffenbeftand von 575 Mark 75 Pf. befigt 
der Derein nod) 7000 Mark in 3!/, prozentiger Fwidauer Stadtanteibe. 


— —— — 


Deutſche Run ft. 


457 









— Jm Derlage der Dieterih’fhen 
Derlagsbuhhandlung, Theodor Wei- 
her, Leipzig, erfcheint ein „Handbuch 
der Anatomie der Thiere fiir Riinftler von Prof. 
Dr. W. Ellenberger, Prof. Dr. H. Baum 
und Maler Hermann Dittrid, von dem Liefe- 
tung | und 2 vorliegen. DVerfchiedene mehr oder 
weniger gute Bücher über die Anatomie des 
Menfchen befigt unfere Literatur fhon jeit geraumer Zeit, 
eine plaftifhe Anatomie der Thiere aber, die fünftlerifchen 
Anfprühen gereht wird, fehlte bisher. Die in dem 
Werte eingefhlagene Lehrmethode ift Mar und praktifch. 
Wie beim Lefen der plaftifhen Anatomie für Rünftler 
der Hauptwerth auf die Anfhauung zu legen, der Vortrag 
aber erft in zweite Linie zu ftellen ift, fo treten an Stelje 
der Präparate und lebenden Thiere im Unterridt in dem 
Handbude naturgetreue, tünftlerifh bergeftellte und gut reproduzirte Ab- 
bildungen der lebenden Thiere und guter anatomifher Präparate und bilden 
die Brundlage des ganzen Werkes. Bei ihrer Herftellung ift ftets ausge- 
gangen vom lebenden Thiere, an das fi in gleicher Stellung oder Bewegung 
eine Zeihnung der präparirten Muskulatur und dann eine folde des Stelettes 
fließt. Die bildlihe Darftellung, die fih in Lieferung I und 2 auf Pferd 
und Rind befchräntt, foll fid in den weiteren Heften auh auf die anderen 
Hausthiere, fowie Dögel, Amphibien, Reptilien, fife 2c. erftreden und be- 
rüdfihtigt nicht nur das ruhende, fondern aud das in Bewegung begriffene 
Thier mit fontrabierten und angefpannten Wusfeln, mit Obrenfptel u. dergl. 
Aud der Certband, Ser mit der 4. Lieferung erfcheinen foll, wird in erfter 
Linie darauf zugefihnitten fein, daß der Rünftler, für dem eine Kenntniß der 
anatomifhen Theile, wie fie uns die todten Thiere zeigen, nicht genügt, einen 
Theil der Thierphyfiologie fennen lerne. Paul Meyerheim und Profeffor 
H. Prell haben den bis jetzt erfchienenen Lieferungen ihren vollen Beifall 
gezollt, und der Dresdener Bildhauer Profeffor Robert Diez fagt in einem 
Geleitswort fiir das Werk: ,,Die gefammte deutfche Rünftlerwelt wird das 
Erfcheinen des hier im erften Hefte vorliegenden Werkes, von dem man wirklich 
einmal fagen kann, daß es eine große, bisher ftets febr empfundene Liide 
ausfüllt, mit wirkliher Freude und größter Dankbarkeit begrüßen. Gd glaube, 
jeder, der es mit der Runft ernft meint, wünfdht mit mir dem begonnenen 
Werte weiteres Bedeihen und Blüd auf den Weg." 


— Die mit einem Antiquariat verbundene Runfthandlung von 
5. Schmals, Berlin O., Blumenftraße 5la I, hat von der Derlagshandlung 
Reimer die duch jahrelanges Lagern in feuchten, dumpfen Räumen verftodte 
und ganz unbraudbar gewordene AReftauflage von Adolf Schrödter's 
Don Quizote, 18354, lithographirt von Gille, Drut vom Kol. lithographifhen 
Onftitut, erworben und fih der Aufgabe unterzogen, die fhönen Blätter durch) 
ein eigenes hemifhes Reinigungsverfahren wiederherzuftellen. Diefes ift abfolut 
fider und obne jeden Nachtheil für die behandelten Blätter, Rupferftiche, 
Radirungen, Stablftihe, Lithographien, Zeihnungen, Aquarelle, farben- 
drude 2c., die hlorfrei und frei von Natron aus dem legten Bade hervorgehen 
und dann wieder geleimt werden. Gewandte Reftauratoren ftehen der An- 
ftalt, die alle Stodfleden, Wafferrdnder und Tintenfleden durd ihr Verfahren 
vollftändig entfernen tann, 3ur Derfiigung. Yur alte braune Oelflede find 
nicht 3u befeitigen, werden aber wenigftens ftarf in der farbe gemildert. 


— Auf dem Werlplak des Granitwerles Reffel & Rshlam Elifabeth- 
ufer in Berlin it das fiir Darmftadt beftimmte Reiterdenfmal des Grof- 
þerzogs Ludwig IV. von Heffen ausgeftellt. Das von Prof. Shaper 
ausgeführte, in Bladenbeds Lronzegießerei gegoffene Reiterftandbild mift 
4 m. €s ftellt den Broßherzog in der nterimsuniform feines befifhen 
Leibregiments, mit etwas zur Seite gewendetem Haupt dar. Als Ropf- 
bededung ift die Müge gewählt. Mit der einen Hand halt der Grofherzog 


"Di Acer 


die Zügel des Pferdes, das in ruhiger Haltung dargeftellt if. Das von 
Reffel & Röhl in rothem polirten £yfelil-Branit ausgeführte Poftament 
it 4 m hod und madt in feiner Einfachheit mit feinen fhön gefhwungenen 
Linien einen vornehmen, impofanten Eindrud. Gn Darmftadt wird unter 
dem Poftament nod eine 54 cm hohe Stufe gelegt werden. Die verfdiedene 
Bearbeitung des Lyfetil-Granits, der für die Stufe nur geftodt, für das 
Quadergefüge des Sodels mit gefdliffenen Rändern verfehen, am eigent- 
lihen Poftament aber polirt ift, ergtebt eine wirkfame Steigerung aus 
elementaree Robeit zu technifher Verfeinerung. So fteigt das Poftament 
des Runftwerfes nicht unmittelbar aus dem Boden empor, fondern entwidelt 
fih gewiffermaßen organifh als ein Produkt des Grundes erft in der Höhe 
zur reinen, arditeftonifhen Runftform. Gn anderer Weife bat die Anftalt 
von Reffel & Röhl fhon am Berliner Luther-Denfmal eine fhöne Wirkung 
erzielt, nämlich durch Verarbeitung zweier Branitforten, des bellrothen Lyfetil- 
fteines und des Sunfleren, grdber gefiigten Wirbogranits, der aud für das 
Siegesdentmal in Berlin verwandt worden if. Aud die Granitarbeiten 
für das Begas'fhe Nationaldentmal find von Reffel & Röhl angefertigt 
worden, die fhon über 160 Denkmäler mit Poftamenten verfehen haben. 
Sämmtlihe Granitforten entftammen fhwedifhen und norwegifhen Stein. 
brühen, wo die Anftalt verfhiedene Betrichaftätten befist. Die Granit- 
induftrie. ift zurüdzuführen bis in die Blüthezeit ägyptifher Runft. Theilweife 
in ganz unverändertem Zuftande erhaltene Werke aus altefter Feit bürgen 
für die Ungzerftörbarkeit des Rohmateriale, die heute mehrfah Anlaß giebt, 
die Steinarbeiten an älteren Dentmälern, die aus Marmor und Sandftein 
bergeftellt find, nadträglih durh Branit zu erfegen. Allgemein befannt ift, 
daß die älteren Branitarbeiten nur mit dem großartigften Aufwand von 
Menfchenträften und Arbeitszeit hergeftellt werden konnten. Aud die 
Aleranderfäule und der Felfenfodel unter der Statue Peters des Grofen in 
St. Petersburg gehören 3ur miihevollen Sflavenarbeit. Während in der 
Folgezeit die Herftellung folher Arbeiten im Allgemeinen ganzlid rubte, 
wurden in der erften Hälfte diefes Jahrhunderts ganz hervorragende Werke 
— u. A. das Maufoleum in Charlottenburg, die Schale im Luftgarten, die 
Säule vor dem Königlihen Schloffe 
in Berlin — von Berliner Steinmeß- 
meiftern bergeftellt und zwar aus 
erratifhen Blöden, welde in der Mark 
und in Pommern gefunden wurden. 
Da legtere aber febr felten, fpäter faft 
gar nicht mehr gefunden wurden, fo 
gab die Herftellung des Berliner 
Siegesdentmals Deranlaffung, den 
Urfprungsort diefer findlinge, Schwe- 
den, aufzufuchen, um von dort das 
Robmaterial 3u beziehen. Die 16 
Monolythe zu dem Siegesdenfmal 
und deren Bafen find in der Dampf- 
granitfchleiferei von Reffel & Röhl 
angefertigt, während die anderen Werk⸗ 
feine nod in alter Weife duch Hand- 
arbeit hergeftellt wurden. 





— Zur förderung des Unter- 
tidtsinder Runftgefdhidte wer- 
den die Aufnahmen der Fönige 
liden Mefbildanftalt in Berlin 
an höhere Schulen und Mufeen feit 
einiger Zeit fhon abgegeben. Don den 
geometrifhen Refonftruftionen nad 
Meßbildaufnahmen find hervorzuheben 
die großen Blätter über den Dom zu 
Freiburg, die gegenwärtig von befonde- 





£udwig Manzel, Portaitbüfte. 


458 


rem Gntereffe find. Ste umfaffen neben dem genauen Brundriß dte an drei Meter 
hobe Darftellung der Weftfeite des Thurmes, an welder alle Feinheiten der Orna- 
mente und des figurenfhmuds genau zu erfennen find. Diefe Wiedergabe, auf 
der aud die Rurvatur der durdhbrodenen Pyramide fih gut verfolgen läßt, 
it aus Anlaß der geplanten Wiederherftellung des Münfters aud dem Broß- 
berzog von Baden unterbreitet worden. Gn dem neneften Derzeihniß der für 
das Denfmalarhiv aufgenommenen Bilder findet man u. UA. den Dom und 
das Rathhaus zu Breslau, den Croy-Teppid) 3u Greifswald, die Ratharinen- 
firhe in Brandenburg, das Piaftenfhloß in Brieg, das Rathhaus zu Tanger- 
münde, die Dome und Miünfter zu Köln, Meg, Trier, Straßburg, Magdeburg 
u. f. w. Die Meßbilder, die vorwiegend wifjenfhaftlihen Zweden dienen, 
haben die Grdfe von 4040 Zentimeter, während die für den Anfhanunge- 
unterricht ausgeführten Dergrößerungen bei S6 Zentimeter Länge 68 Zentimeter 
breit find. 


— Jm Atelier des Heren Jean Bed in Münden waren vor 
Kurzem gedgte Bläfer zu fehen, welhe nah einem neuen Verfahren bergeftellt 
waren und an Schärfe der Zeihnung und an feinem Tone die bisherigen 
£eiftungen auf diefem Gebiete weit übertreffen. Die Wegungen waren theils 
auf reinem, überfangenem oder Tonglafe ausgeführt und zeigten neben ele- 
ganter baarfharfer Heihnung nodh als befonderen Dorzug eine malerifche 
Wirkung, welhe bei diefem fpröden Material und der einfahen Technik nicht 
für möglich gehalten werden follte. Als befonders reizvoll an den Bed'jhen 
Arbeiten find die Aegungen anf Tonglas hervorzuheben, weil diefelben außer 
dem milden Lichte des In allen Tönen zu erhaltenden Blafes fih ganz be- 
fonders für die neuere dekorative Aunftrihtung eignen dürften. 


— Gn der recht reihhaltigen Stiderei-Ausftellung aus alter und neuer 
Heit im Erzbifhsfliden Diözefan - Mufeum verdient eine Fahne be- 
fondere UWufmertfamfeit. Sie ift von den Schweftern des St. Urfala-Rlofters 
3u Dorften ausgeführt, nad einem Entwurf des Malers friedr. Stummel 
in Revelaer, welder für die Geftalt der bl. Urfula das berühmte Bild diefer 
Heiligen von H. Memling am St. Urfula-Schrein zu Brügge zu Grunde legte 
und die Einfaffung der Fahne ahnlid) geftaltete, wie die Randbildungen, 
die flandrifhe Gobelins im Beginne des 16. Jahrhunderts aufweifen. Die 
Fahne ift etwa zwei Meter lang un entfpredhend breit, der ganzen f lähe 
nah auf Leinen, ohne Verwendung von Stoff als Grund oder fonftiger 
Ausfhmüdung, mit feinen Seidenfäden vielfarbig geftidt. Das Mittelfeld 
zeigt die bl. Urfula in rothem, mit Hermelin verbrämten Bewande, weldes 
in weihen falten zur Erde fällt. Fn der redten Hand hält fie das Heiden 
ihrer Marter, den Pfeil, während die Linfe fhüzend den Mantel über einige 
Gefährtinnen breitet. Einen fein abgeftimmten Hintergrund bildet die Stadt 


Deutfhe Run ft. 


Köln und der mit Sdhiffen belebte Rhein. Die Umrahmung des Mittelfeldes 
beftebt aus reid) gegliederten und verzierten Säulen auf Boldgrund, während 
prädtige Blumenguirlanden das Ganze umfdliefen. Die Farbenbarmonie 
ift bet aller Pracht der Wirkung eine fein abgeftimmte und wohlgelungene 
und legt Zeugniß ab von der fünftlerifhen Auffaffung und dem Fleiße der 
ausführenden Ordensfhweftern. Ein Liborium-Mäntelden und ein Sculter- 
Delum find ebenfalls im Dorftener Urfulaflofter gearbeit und lehnen fib an 
alte Dorbilder an, weldhe fid) im Rlofter Wienhaufen befinden. Diefe Arbeiten, 
fowie eine angefangene Stola, welhe in romanifher Zeihnung ganz in 
Meberfangtehnit gearbeitet ift, bringen die glüdlih gewählten farben febr 
gut zur Wirkung. 


— Der fiinftlerifhe Ylahlaß des berühmten franzöffhen Schladten- 
malers Alphonfe de Neuville an Bemälden, Zeichnungen, Aquarellen 2c. 
gelangte fürzlih in Paris zur Derfteigerung, bei der aud Bilder von Detaille 
und Julien Duprap, fowie Aquarelle und Paftelle von Duez, Ternier, 
Rapin uw. U. verkauft wurden. Einzelne, faum bandgroße Skizzen bradten 
es auf 1200 franfs, ,,Die Wille von St. Omer erreichten fogar 1670 frants. 
Don den größeren Runftwerfen erzielten 2 Aquarelle, „Stabsoffizier und 
„Preußifher Offizier, je 6900 frants; der „Parlamentär“, der fo oft durch 
Stiche vervielfältigt if, 41 200 frants; „Héricourt in flammen“ 28 000 frants; 
„Trompeter der Fußjäger in feldausrüftung‘ 7000 frants; Auf Dorpoften“ 
7000 franfs; ,,Ueberall bei Tagesanbrud 5000 frants; „ein Rüraffier“ 
von Detaille 5150 franfs; 2 Studien dejlelben Meifters 2300 bezw. 
1800 franfs und ,,Das Duell von le Blant 2000 frants. 





— £. Tailletet in Paris hat auf Deranlaffung des fürften Albert 
von Monaco einen pbhotographifhen Apparat ausgeführt, der zum erften 
Male bei der internationalen Ballonfahrt am 8. Juni in Anwendung gebracht 
wurde und jowohl von der Erde als von den oberen Regionen alle 41/3 
Minuten automatifh eine Aufnahme madte. Don den oberen Wolfen erhielt 
man febr fchdne Bilder, auf denen aud die Zahlen des Barometers deutlich 
zu lefen find. Dadurd ift es möglid, wenn der Ballon zerftört wird, dennoch 
die erreichte Höhe zu konftatiren. Ebenfo werden auf diefe Weife auch alle 
fonftigen Dorgänge während der Luftreife feftgebalten und zur Aenntnig ge- 
bradt. Der Parifer unbemannte Ballon hat 23 Photogramme mitgebracht, 
woraus zu erjeben ift, daß der Ballon nah 56 Minuten eine Höhe von 
15 700 Meter erreicht hatte, während die Temperatur — 65 Grad war, aud 
weiß man nun, daß er nad Suriidlegung von 420 Rilometern zu finfen be= 
gann. Ein folder Apparat fann natürlih überall mitgenommen werden, 
und von Reifen oder Landpartien laffen fih auf diefem Wege die fhönften 
Anfihten mitbringen, ohne daß man des Photographirens Fundig zu fein braucht. 


Preisbewerbungen und Perfönliches. 


— Dier Berliner Bildhauer arbeiten gegenwärtig an Entwürfen für 
das Denkmal des Herzogs Friedrid von Schleswig -Holftein, des 
Daters der Raiferin. Es ift eim befchränkter Wettbewerb unter den Herren 
Profeffor Brütt, Chriftenfen, Magnuffen und Peterid. Die Dar- 
ftellung des Herzogs foll in Civilfleisung erfolgen. Als Standort ijt ein 
Punft am Rande des Düfterbroofer Holzes bei Riel, auf oder am Abhange 
des Marienheims in Ausfiht genommen. Die Arbeiten fommen in den 
Räumen der proviforifben Aunfthalle in Riel zur Ausftellung. Dem Sieger 
wird die Ausführung des Denkmals übertragen, er erhält ale Gefammt- 
honorar 45 000 Mart. Den anderen Wettbewerbern ift eine Entjhädigung 
von je 1000 Mark 3zugefidert. 

— Zwei Standbilder der Raifer Wilhelm I. und Friedrid 
für die Ruhmeshalle in Barmen werden zum Begenftande eines öffentlihen 
Wettbewerbes unter den deutjchen Bildhauern gemadt. Die Werte follen in 
Marmor ausgeführt werden. Derlangt werden Modelle der Standbilder und 
einer allegorifhen Figur in !/, Lebensgröße. Es werden je zwei Preife zu 
2000 beziehungsweife 1500 und 1000 Mark in Auefidt geftellt; bei der Er- 
theilung des Auftrages werden fie jedoh in Abzug gebradt. Die Entwürfe 
find bis zum 23. Dezember d. 5. an die Direktion der Aunftgewerbefhule in 
Barmen einzureichen. 

— Ein Wettbewerb für Entwürfe zu einem Denkmal Raifer 
Friedrids Il. in Röln wird von einem Verbande dortiger Vereine, Ge- 
fellfhaften und Jnnungen zum 15. Februar 1899 ausgefdrieben. Bei dem 
Wettbewerb, der auf in der preußifchen Rbheinproving lebende oder dafelbit 
geborene Bildhauer bejhränft ift, werden 5 Preife im Betrage von 3000, 
2000 und 1000 Mart zur Vertheilung tommen. 

— Ju dem engeren Wettbewerb um das Raifer Wilhelm-Denfmal, 
weldes das Land Walded in Aroljen errichten wird, find die Bildhauer 
Paul Dreften aus Adorf und Volfe, Riinne wid v. Woedtfe aus 
Berlin zugelaffen worden. Die Entbüllung es Denfmals foll im früh- 
jahre 1900 erfolgen. 

— Das große Jntereffe, welhes ih der Jlluftrirten Poftkarte in 
allen Schichten der Bevölkerung zugewendet bat, und die fiinftlerifde Durd- 


bildung, welde insbefondere in Süd- und Weftdeutjhland der Ausführung 
der Bildfarte zu Theil wurde, veranlaft den Dorftand des Allgemeinen Ge- 
werbevereins zu Danzig zum Erlaß eines Preisausfhreibens für Riinftler- 
Pofttarten. fiir die 10 beiten Originalentwiirfe werden 2 Preife von je 
50 Mark, 4 Preife von je 30 Mark und 4 Preife von je 20 Marf ausgefert. 
Die Entwürfe, welde nidt mit dem Namen des Urhebers verfehen fein dürfen, 
jedodh ein Rennwort tragen miiffen, find bis 1. Movember 1898, Abends 6 Ubr, 
an den Dorfigenden des Allgemeinen Bewerbevereins Herren Julius Mom ber, 
Langgaffe 60/61, einzureihen, von dem aud Abdrüde der näheren Rons 
furrenzbeftimmungen foftenlos zu erlangen find. 

— Eine Preisbewerbung des Arhiteften-Dereins zu Berlin 
für feine Mitglieder betrifjt den Entwurf eines Bebauungsplanes für den 
weftliden Theil der Stadt Schöneberg. Termin ift der J. November d. 5. 
für die beiden beften Entwürfe ftehen zwei Preife von 500 und 300 Mark 
zur Verfügung. 

— Profeffor Reinhold Begas läßt für die Parifer Weltausftellung 
ein Werk ausführen, weldes bisher durd die Ungunft der Derhältniffe nur 
Modell geblieben war. Als in den fiebziger Jahren der jüngere Sohn des 
Dr. Stronsberg nad kurzer Ehe ftarb, betraute der berühmte finanzmann 
unferen Rünftler mit der Kerftellung eines Grabdenfmals, Es entftand eines 
der jhönften Werke feiner Art, weldes 1874 öffentlih ausgeftellt wurde. Das 
Denkmal blieb jedoh Entwurf, da der finanzielle Zufammenbruh des Auf- 
traggebers fhon 1575 begann. So unterblieb die Ausführung und öffent- 
lihe Aufftellung eines der beften Werke der deutfchen Sepufralplaftif, über 
weldes Profefjor Dr. Alfred Gotthold Meyer in feiner Begas-Mono- 
graphie fic) folgendermaßen ausfpridt: „Der Derftorbene hatte ein junges 
Weib und zwei Rinder zurüdgelaffen. Ganz leife klingt dies in den Fdeal- 
figuren an, die bier feine Bahre umgeben. Auch der auf diefer Gelagerte 
felbft ift fein realiftifches Porträt eines Todten. Es fheint, ale entfliebe ibm 
dev legte Athem3ug, als jinfe in diefem Augenblid fein Haupt, vom irdifchen 
Schmerz erlöft, zur ewigen Rube zurüd. Und es ift hold gebettet im Arm 
und auf dem Schoß der jungen Frauengeftalt, die bewegt auf feine ge 
fhloffenen Augen blidt und feine herabgefuntene Rechte fanft emporhebt. Die 


Deutfde Runſt. 


Jugendſchönheit des Lebens neigt ſich über den Tod, und zwei relzende 
Rnaben ſchleppen Roſen und Kränze herbei.“ Profeſſor Begas läßt nun 
dieſes Werk bei Martin und Piltzing in Bronze gießen. Die meiſterliche 
Arbeit wird ſeine Kunſt auf der Pariſer Weltausſtellung beſtens vertreten. 
— Der trefflihe Radirer Profeffor € M. Beyger bat eine in großem 
Maßftabe ausgeführte Originalradirung vollendet, die in dem Berliner Ver- 
lage von Paul Sonntag erfheint. Sie ftellt Raifer Wilbelm I. und 
Bismard in vertrauliher Berathung dar. m der technifhen Durchführung 
der Radirung zeigt fid Geyger wieder einmal als der Meifter. An einigen 
Stellen, befonders bei den bellen Lidhtftellen, ift die „falte Nadel, aud die 
Roulette, 3u Hilfe genommen. Don trefflider malerifher Wirkung ift be- 
fonders das Sonnenlidt, weldhes von der Seite auf dle Gruppe fällt. 


— Der ungarifhe Maler Arthur Ferraris, der an einem Bilde des 
deutfhen Kaiſers arbeitet, begab fih diefer Tage zur Vollendung des Bildes 
nah Potsdam, wo ihm der Raifer in der Zeit vom 11. bis 17. 8. M. nod 
einige Male fist. Das nahezu ferlige Bild ftellt den Raifer in rother unga- 
tifcher Reitergeneralsuniform dar, ein großes Anieftüd, den Ralpaf in der 
linfen Hand, die Mente von einer prachtvollen Edelfteinfpange gehalten, die 
einft Cortez trug, und ein Bejhent tes St. Stefanordens ift. 


— Am 24. Auguft ift der berühmte Maler-Radirer Felicien Rops im 
im Alter von 55 Jahren in Paris geftorben. 14 Tage vorher war der 


459 


Maler Eugène Glug, ein geborener Elfaffer, aus dem Leben gefihieden. 
Glut gehörte zu jener berübmten Gruppe von Riinfilern wie Brion, 
Théophile Sannler, Haffner, Lik, Jundt, Shiigenberger 2c., 
die fid) um die Mitte unferes Fabrhunderts unter der Leitung Gabriel 
Buerin's in Straßburg gebildet hatte. 

— Qn Profeffor Gude's Ausftellung von Aunftwerfen in Chriftiana 
erregen gegen 60 Originalzeihnungen zu cen Bildern, die für Profeflor 
£. Dietridhfons große biographifhe Arbeit „Hans Bude's Leben und Werke‘ 
beftimmt find, befondere Aufmerkjamkeit. Tiefe Arbeit foll zu Weihnachten 
im Ylordifhen Aktienverlag in Chriftianta erfdeinen. 

— Einer der beften fpanifhen Landfhaftsmaler, Cafimiro 
Sainz, ift vor Kurzem in einem Madrider Frrenbaufe geftorben, in weldem 
er zehn Jahre feines Lebens verbradt hatte. Seine Gemälde „Ebroquellen“, 
„Der Wafhplag am Manzanares“, „Auszug aus dem Schafftall u. a. find 
wahre Perlen der Malerei. Sainz, der im Fahre 1845 in Matamöron ge- 
boren wurde, begann feine fünftlerifhe Laufbahn fhon im 17. Lebensjahre 
und errang auf verfhiedenen nationalen uud ausländifhen Augftellungen erfte 
Preife. Ein vorzügliger Zeihner und Rolorift, widmete er fih anfangs aus- 
fchlieBlid) Ser Genremalerei, bis er fein Talent für die Landfhaft entdedte. 
Bewundernswerth ift befonders das Feingefühl, mit weldhem er die tiefiten 
Geheimnifje der Lihtwirfungen und der Perfpeltive ergründete. Seine Haupt- 
werte befinden ih im Aunftmufeum zu Madrid. 




















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462 


(24 Rompofitionen, in Kupfer geflohen von U. Burger, 
R. von GBonzenbad, 5. Merz und H. Shik, Leipzig. 
Verlag von Alphons Dürr) zeigt uns den ftrebfamen Akade- 
mifer, wie er bis tief in die Nadt hinein an der Leihe eines 
Selbfimörders anatomifhe Studien betreibt. Da zaubert die er- 
bitte Phantafie den Schatten des Verftorbenen vor das finnliche 
Auge des Riinftlers. Aus tiefer Herzenswunde blutend, ift ôte 
Beftalt des ruhelofen Sünders herbeigefdwebt und beflagt reue- 
voll felbjtbereitetes Befhid. Ueberaus förderlih für Buona- 
ventura war fein Derfebr im Haufe der Gräfin Raroline 
von finfenftein, die ein platonifhes Verhältnig mit dem 
Obeim Hans Chriftian in romantischer Seelenharmonie pflegte, 
und im Salon der Nabel Levi, wo der junge Rünftler mit 
allen Celebritäten Berlins in Berührung trat. Jm Jahre 1822 
30g Benelli, nahdem er feiner Militärpfliht als freiwilliger 
bei den Barde-Schügen genügt hatte, unterftügt von der Königin 
von Holland, einer preußifhen Prinzeß, nah Rom, um es erft 
nad 12jährigem Aufenthalte wieder zu verlaffen. Hier lernte er 
Reinhard, Jofeph Rod, den alten Rarlefdiiler, den Nazarener 
Overbed, den phantafievollen Dichter und Maler Müller, mit 
dem ihn eine gemeinfame Derebrung des Asmus Jacobus 
Carftens verband, und andere Riinftler von Namen tennen. 
Yad) der Aeußerung Reinhard’s über die unter Rodh’s Namen 
herausgegebene Streitfeprift gegen die verhaßte „„Runftfchreiberei‘, 
„die Rumford'fhe Suppe‘: „eigentlid follte es heißen: Rod 
und Rompagnie, da es die Revue fo vieler erft paffiert bat, ja 
ganze Stüde von mir und Genelli find, fcheint Ser junge 
Heißfporn fhon damals feinen angeborenen Berliner Wi und 
feine unnadhfihtige Spottluft, die fih fpäter in Rarrifaturen von 
Ariftopbanifher Schärfe und vernichtender Satyre namentlid 
über Wilhelm von Raulbadh ergoffen, fräftig bethätigt zu 
haben. Ueber Benelli's Verkehr und feine Arbeiten fchreibt 
Friedrich Preller, zu dem er bereits in Rom in Beziehung 
trat, in feinen Aufzeihnungen aus Rom: „Banz in feine Dar- 
ftellungen der griehifchen Bötter- und Heroenwelt verfentt, hielt 
er fih von der herefhenden Schule der criftlidhen Runft fern 
und befhränkte Umgang und Neigung auf wenige jüngere Leute. 
für Cornelius empfand er nie eine rechte Sympathie. Benelli's 
berrlihe Kompojfitionen wurden fdon damals von Jung und 
Alt bewundert.‘ Obwohl aus Preller’s Bemerfung hervor- 
geht, daß Benelli in Rom nicht faul gewefen ift, hatte er doc 
einmal Anlaß, fic) gegen Sen Vorwurf der Unthatigteit in 
folgender Briefitelle an feinen Bruder Chriftopb zu verwahren: 
„Jh bin nicht bergefommen, um die Kunftmode zu ftudiren, 
wozu man freilich nicht viel mehr denn abt Tage Zeit braudt, 
nod) um eines dünnen Renommés wegen. GFemebr id) jene 
großen Werke fennen lerne, die wabrlid dazu geeignet find, 
einen bedenflid) 3u machen, je mebr muß ic alles leere, eitle 
Blänzen verächtli finden. Wenn ih fhon fo arm gewefen 
wäre, bier drei Bilder malen 3u fSnnen, eg wéire ein Zeichen, 
daß id) nichts an dem zu fehen vermag, was hier zu feben ift, 
und mein ganzes Hierfein wäre nur das Spiel „Pfählden ver- 
wedjeln im größeren Stile. Jh werde mic in meinem einmal 
vorgezeichneten Wege nicht irre machen laffen, Senn ich bin taub 
für allen blinden Ruhm, der angenommen mid vielleicht je 
treffen fönnte, und follte felbft jene Königin, wenn fie fi durch 
falfhe, fleinlautende Berichte über mih betrogen fühlen wird, 
ihre mich bis jetzt baltende Hand zurüdziehen, immerhin, mein 
guter LCeihnam wird’s ertragen, die nicht frante, nur mit fünft- 
lerifhen Betrachtungen erfüllte Seele mit freudigem Bewußtfein 
aud allenfalls hinter einem Pflug zu fchleppen! Glaube aber 
nicht, ich fei wirflih faul, wenn ich nicht glei etwas auf die 
Berliner Ausftellung jhide; Senn alle diejenigen, die in jegiger 
Deit noh etwas Bedeutendes machen, haben anfangs ebenfalls 
faullenzen müffen, als da find die Bebrüder Riepenbaufen und 
der Bildhauer Stolz, Thorwaldfen, der, was freilich etwas zu 
lange it, © Jahre lang nur umbergetrödelt it. — Man enfe 
zu Haufe, was man will, id thue bier, was ich will, ô. b. was 
fih mit meinem Bewiffen verträgt. Mein einziger Richter bleibt 
unfer theurer Onkel.“ Der Unterftüßung der Königin von Holland 


Deutfde Runf. 


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follte Benelli infolge eines mißlihen Zufalls leiser wirflid bald 
verluftig geben. Da er im Befike eines großen Spiegels fich 
die Modellfoften erfparen konnte, wenn er als Rünjtler und 
Modell zugleih thätig war, ibn aber aud an römijchen 
Sommertagen am eigenen Leibe wie immer an den Be- 
fhöpfen feiner Kunft „die Lumpen genierten“, um ein Soppel- 
finniges Wort des Künftlers über Sie routinirte Stoff- 
malerei zu citiren, pflegte Benelli in Bajlifher Nadtbeit in 
feinem Atelier umberzuwandeln, ohne Sağ Jemand Anjtof 
aran genommen bätte. Da wollte es das Unglüd, daß eines 
Tages feine hohe Bönnerin unangemeldet bei ihrem Schüßling 
vorfprad. Auf ihr Rlopfen rief der abnungslofe Rünftler, Ser 
den Befud eines ‚Freundes erwartete, unbefangen „Herein. Die 
fürftin eilte, empört über den Anblid einer nadten Mannes- 
geftalt, hinweg und 309 ihre milde Hand von dem unwürdigen 
Mufenfohne zurüd, der feinerfeits die ergößlihe Szene im Bilde 
verewigte (Aus dem Leben eines Künftlers), nur dag er an 
Stelle der Rönigin einen Fatholifchen Beiftlihen in fomifdem 
Entfegen zur Thür berein fhauen läßt. Bezeihnenð für G e- 
nelli’s fdroffes Wefen ift der Dank, den er dem Direftor Ser 
Berliner Akademie Shadow für ein feiner Meinung nad) er- 
bärmlihes Honorar für eine Zeihnung mit den Worten der Ent- 
rüftung abjtattete, er wolle die zwanzig Thaler, um fich Sie 
Mühe des Zurüdfendens zu erfparen, feinem Bartkrater [henfen. 
„Der Fifh gebört ins Waffer, der Künftler nah Rom! lautete 
ein für damalige Anfchauung charakteriftifhes Befenninif Ge- 
nelli’s. Die Erinnerungen an die römifche Zeit verklärten fein 
jpäteres Leben, und die Sehnfuht nad der Siebenhügelftadt 
blieb immer in ihm lebendig. ‚Jh wünfhe nad Gtalien, dem 
geliebten Daterlande bequemerer Runftübung zurüdzufehren, und 
wenn id aud Sort mit dem Leben fämpfen muß, fo erinnere 
id) mic) doc, Saf mih Sie Anerfennung, die id von tiidtigen 
KRünftlern dort erfahren, für vieles äußere Entbehren ftets reich 
entfhädigt bat. So fihrieb der Riinftler am 20. September 
1835 von Leipzig aus in einem Briefe an den Rönig Ludwig I. 
von Bayern. Das Schreiben war eine Bittfchrift, die Cor- 
nelius glüdlicher Weife nicht befördert hat; Benelli bat Sarin 
um ein Darlehn von 600 Chalern, die er Surh Arbeiten nach 
und nad abtragen wollte; er war namlid in fehr bedrängte 
Lage gerathen, ða er durd ein Ferwiirfnif mit dem reihen Buch- 
händler Dr. ©. H. Hartel, der den Riinftler 1831 nach 
Leipzig berufen hatte, damit er fein römifches Haus mit ‚Fresken 
fhmüde, Derdtenft und Gelegenheit, feine monumental gedachten 
Entwürfe in größeren Verhältniffen auszuführen, plößlih ver- 
loren batte. fiir den Theil der Schuld, der Benelli an der 
Löfung des Vertrages zuzufchreiben ift, bat der ftolze Mann 
reihlih gebüßt. Außer der Derftimmung Dr. Hartel’s, die 
fhon im Anfange Sadurch hervorgerufen war, daß Benelli 
dem Plane des Beftellers, einen Raum mit Darftellungen aus 
der Böyfjee zu fhmüden, entgegen Thaten Ser Olympier mit 
leifer Anlehnung an Raffael’s Fresten in der Farnefina 
wählte, und fortwäbrendes Drängen und Mabnen mag Sem 
KRünftler bei Mangel an technifher Hebung die Luft verdorben 
haben; gewiß hat aud fein Liebesverbaltnif mit einem fdhdnen 
Madden, das ibm trog der geringen Ausfidten auf eine fidere 
Zukunft in Zeiten bitterer Yoth treue Befährtin fürs Leben 
wurde, Benelli von einer regelmäßigen Arbeit abgehalten und 
fomit Anlag zu mißlihen Auseinanderfegungen zwifchen ibm 
und dem Befteller gegeben. Auh als er mit feinem forgfamen, 
trefflihen Weibe 18536 nah Münden übergefiedelt war, fand 
fein Martyrium nod fein Ende; dort, wo Könige und Rarrner 
vollauf 3u thun batten, war für Benelli nichts mehr übrig. 
Seine Armuth ging fo weit, daß er oft fein Geld batte, fih 
Bleiftift und Papier 3u faufen. Trokdem bielt er mit feltener 
Meberzeugungstreue feit an feinem Jdeal, wenn auch feine Runft 
feinen Anklang fand; fie war zu feufh und edel, um Mode 
werden zu fönnen, war zu fremdartig in der Erfiheinung, zu 
cüdjichtslos perfönlihd und zu frei ideal in ihrem Wefen, um 
voltsthümlih zu fein. Popularität um den Preis, ärmer an 
Geit zu erfcheinen als er war, verfchmäbte Genelli now 


upang plus wand sag Shog m, Sunuppfiigharg “pmS 290g Imv syn mouog vanzuoavuong 


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464 


Dentfhe Runft. 








Buonaventura Genelli, Braut und Wahrfagerin, Bleiftiftzeihnung, U, Flinfh, Berlin. 


immer. Trog alledem würde ihn Soc eine von edlen Runft- 
interefjen erfüllte Umgebung und die Anerfennung eines Fleinen, 
auserlefenen Rreifes, dem Emanuel Geibel, Paul Hevfe, 
Julius Broffe, Pedht, Rahl, Ser Bildhauer Brugger, 
Yeureuther und die Rupferfteher Merz und Shüt angehörten, 
aufgerihtet und ermuthigt haben, wenn feine farfe Seele Ser 
Ermuthigung bedurft hätte. Sein beriihmtes Hoflager, Sem 
Paul Heyfe ein bleibendes Denfmal in feiner geiftvollen Novelle 
„Der legte Centaur’, Julius Groffe aber ein nicht minder 
wiirdiges im „Sympofion“* (Bud III) feines „Volframsliedes* 
gefegt bat, hielt Benelli in der Fleinen Weinftube von Shi- 
mon. Der Geift der Unterhaltung war dort beffer als der des 
Weines, Seffen Wirkung Geibel in flaffifhem Latein der Nad- 
welt getreulic) verrathen bat: 

Sed post Schimonense vinum 

Malum venit matutinum. 

Alle Bemühungen feiner Freunde, Genelli’s Cage beffer 
zu geftalten und bobe Perfsnlicfeiten fiir ibn zu interefliren, 
waren vergeblid. Aud Shwind's Verfud, dem genialen 
Freunde die 1845 frei gewordene Profeffur an der Dresdener 
Afademie zu erwirten, blieb erfolglos; in warmer Begeifterung 
fhriedb Shwind damals in der Angelegenheit an Eunft Riet- 
fhel: „Es ift eine Schande für ganz Deutfchland, daß ein 
Mann von fo unglaublidem Talente an Ser Grenze Ser äußerften 
Noth binleben muß. Hat das follen fein angeborenes Uebermaf 
von Kraft, das fic) oft wie Unbändigfeit mag ausgenommen 
haben, in die Grenzen der Friedlichfeit und Liebenswiirdigheit 
zurüdführen, fo könnte es jetzt immerhin ein Ende finden; Senn 
von feiner fprudelnden Jugend fprudelt nur mehr fein Talent 
und das in der fhönen Begrenzung des Studiums und der 
Bildung.“ Eine günftige Wendung in Genelli's Verhaltnijjen 
trat endlid ein Surh das hohe Gntereffe, das Graf Sdhac fiir 
feine Rompofitionen gewann und das zu einer Reihe von Bee 
jtellungen führte. Die fhönften für Shad ausgeführten Bilder, 
deren Entwürfe zum großen Theil bis in Genelli’s vömifihe 


Heit zurüdreihen, find: „Die Difion des Ezediel*, ein Bild, 
das einen Dergleih mit Raffael's Meinem Gemälde im Pa- 
la330 Pitti zu Florens nicht zu fceuen braucht, der 1858 
vollendete „Raub der Europa“, zu dem ihn eine Jövlle des 
griehifhen Dichters Mofhus angeregt hat, und der in Kolorit 
und Kompofition an Giulio Romano erinnert, und ,,Herafles 
Mufagetes bei Omphale. Rarl Rabl fdried 1862 über das 
in den jahren 1860—1862 entftandene bedeutendfte Bemälde 
Genelli’s für die Shad-GBalerie an den Rünftler felbft: „Seit 
der „„Farnefina* ift wohl fhwerlid fo etwas Originelles gemacht 
worden“, und nad Mar Jordan ift diefes Bild „voll feierlich 
gefättigter Pracht, beberrfht von gelbbrauner Cofalftimmung, ein 
Hymnus rubevollen Geniefens; der grau in grau gemalte Fries 
darunter, die Heimbolung Ariadne's, wohl das Vollendetite an 
Modellirung, was wir von Genelli befigen. Der Bachus. 
fries Genelli's ift vorbildlich gewefen für den plaftifhen, Sen 
Ernft Habnel fix das alte Dresdener Hoftheater gefchaffen þat. 
Rälter im Rolorit, aber die dramatifch bewegtefte Rompofition 
des Meifters, ein gruppenreiches Bild, Mar im der Anordnung 
iſt die „Lykurgosſchlacht“‘ (Jlias VI, 130 ff.). Lyturgos., 
der Rönig Ser Edoner, der Repräfentant reaktionären Abjolu- 
tismus’, überfällt den Dionyfos und feine Schaaren, die vor- 
dringende Rultur, und drängt den Bott, dem die Mufen flüchtig 
folgen, ins Meer, wo Thetis ibn aufnimmt. Mifglidt Surch 
ein in fpateren Jahren eingetretenes Verfennen feiner Eigenart 
it die ,,Derbeifung der Engel an Abraham“, deren Rolorit 
den Vorgang mit Leifer Melandolie iiberfchattet. Benelli if 
über den fonftigen Maßftab feiner figuren binausgegangen und 
hat verſucht, den monumentalen Charakter feiner Rompofitionen 
in lebensgroßen Geſtalten voll zum Ausdruck zu bringen. Beweiſt 
dieſes Bild, Saf die altteftamentliche Sprache Genelli tein ge- 
läufiges Jdiom war, fo ift ihm die des nenen Tejtamentes erjt 
vet fremd geblieben. Namentlich der Typus der Engel will 
ihm weder im jidifchen nod im criftlichen Sinne gelingen, fie 
find entweder berkulifche Bejtalten oder, wie auf der Zeichnung 


„Ruhe der heiligen Familie auf der fluht* (im Befike des 
Hern A. Flinfd, Berlin), kindliche Eroten, nie aber die tradi- 
tionellen Zwitterwefen des Jenfeits. Voller Anmuth und an- 
ziehend Surd) die gebeimnifvolle Macht orphifher Ruhe ift das 
Gemälde für Shad „Bachus unter den Mufen, das ur- 
fpriinglid) als Dedengemälde für das römifhe Haus des 
Dr. Hartel in Leipzig beftimmt war. Umrahmt ift es urh 
vier Hwidelftüde mit laufendem Ornamente, die die Derberr- 
lihung des Dionyfos vervollftändigen als Shüger, „Bachus, 
eine Nymphe vor der Vergewaltigung Surd einen Tritonen 
fhütend“, als Derföhner, „Bachus geleitet den Hepbäftos 
zum Olymp zurüd*, als Tröfter, „Bachus und Ariadne, 
und als Rader, ,, Bacchus befiegt den Lyfurgos, 

Die Rompofition „Bachus geleitet den Hephaftos zum 
Olymp suriid’ bat Genelli nod einmal als felbftändiges Bild 
ausgeführt (Seidnung im Befike des Herrn A. Flinfd, Berlin). 
Dionyfos, mit Weinlaub gefhmüdt, fhwebt Sem auf Sem 
Riiden des Pegafos Heimfehrenden vorauf, den Sie Mufe ge- 
leitet, während Eros auf luftigem Wege graziös tanzend ihm 
folgt. Mag aud Niemand fo reiten Fönnen, wie Hephäftos 
es thut, die Haltlofigkeit feiner Stellung ift fo fhön, dağ man 
um folden Preis gern eine Abweihung von der Wirklichkeit in 
Rauf nimmt. Die Anordnung des Ganzen ift harmonifh, der 
Linienflug rhythmifch reizvoll, die Bewegungen der Geftalten 
voller Anmuth und Grazie. Das fonderbare Reitmotiv auf 
Dulcan’s Ritt 3um Olymp, das bier weniger auffällig ift, 
weil der Bott nur auf dem Rüden des Maulthieres von feinem 
SFluge auszuruben fdeint, wie ein Sterblider auf einem Divan, 
febrt häufig bei Benelli wieder. Am wenigften wabrfdheinlid 
wird die malerifhe Stellung in Darftellungen menfdlicden 
Dafeins, wie auf einem Blatte aus dem „Leben eines Künftlers‘, 
das den Maler felbft wiedergiebt, wie er, von Romus geleitet, 
angemait von römifcher Lenzesluft, auf einem luftig wiehernden 
Ejelein binausreitet in die Rampagna, am ungezwungenften 
it fie bei reitenden Eroten, die neben dem Freudenfpender 
Lyaeos Genelli’s Lieblinge find. Häufig fıhildert er ihr find- 
tides Leben in Verbindung mit Thieren. Eine Zeichnung (im 


Deutfde Runf. 


Befige des Herrn A. Flinfh) führt fie vor Augen im Spiele 
mit den Panthern des Bachus, eine andere, wie fie, von einer 
Dryase lidelnd belaufht, als Säuglinge an den Briiften gee 
waltiger Cöwinnen liegen oder, von den riefigen Thieren gelieb- 
ftoft, ruhig fhlummern. Den fihlafenden Eros im Walde zeigt 
eine dritte Rompofition; eine madtige Lowin fihleiht leife an 
dem Schlummernden vorbei und fhaut ih fheu nah ihm um, 
als fürchte fie, die Fraftftrogende Königin der Thiere, den gee 
fiederten Pfeil des zarten Anaben. Auf einem Entwurf für 
einen Brieffaften fteben lintfs und rehts von einer in üppigem 
Afanthusgeranf lodernden Fadel zwei Amoretten, von denen 
die eine eine Rofe in der Hand hält, das Sinnbild Ser Liebe 
und DVerfchwiegenheit, die andere einer Taube einen Brief in 
den Schnabel giebt. Lied, Liebe und Wein, auf sen bar- 
monifden Dreiflang ift Genelli’s bheitere Runft als Vergött- 
lidung des Sinnlihen geftimmt; zuweilen freilih Klingt es 
daneben auch wie ftille Wehmuth des Vielerfahrenen. 

Deforativ tertilen Charakter in feiner Beftimmung, feiner 
Rompofitionsweife und feinem Rolorit wie „Bachus unter den 
Mufen trägt auch der „Cheatervorhang“, deffen Grundgedante 
das in der Mitte auf einem Sprudband ftebende Epigramm 
enthält: 

Der Leidenfhaften wüftes Heer, 

Dem Shoof der alten Macht entitammt, 
Die ftille Schaar der Tugenden, 

Dom Licht geboren, lihtumflammt, 

Der Nemefis, des fatums Walten 
Ihr fhaut es hier in Traumgeftalten. 

Der Romponift Peter Cornelius, der Schöpfer des 
„Barbier von Bagdad“, ein Neffe des Malers, fdrieb über 
diefes Bemälde (Belbild in der Galerie Shad in Münden, 
Aquarell im Mufeum zu Weimar): „Der „Cheatervorhang‘* 
it Genelli’s Grabfcrift, er ift fein jüngftes Gericht, er ift 
feine göttlihe Romddic. Hier fchießen alle Strahlen diefes 
Genius in einem Brennpunkt zufammen. Die Schönheit der 
Linie, die ibm angeboren, Sie Peufthe Poefie der Farben, die 
feinfte Stilempfindung der Anordnung trifft bier zufammen mit 





Frisch.ph 











Buonaventura Genelli, Amoretten auf Panthern, U. Flinfh, Berlin. 


466 


einem erhabenen Beifte, mit einer allen Gipfeln und Untiefen 
des Lebens abgezwungenen Macht der Charafteriftif, mit einer 
Reinheit der Seele und einer weihevollen poetifhen Bercdhtigkeit, 
welde allem Schönen und Großen, was je gedidtet worden, 
die Hand reiht. Nacht und Lidt als Mittelpunkt, Todfünden 
und göttlihe Tugenden als ihre Sproffen und darunter in 
bunten Geftalten die Welt der Bretter, welde Sen Rampf 
zwifchen beiden in poetifche Verklärung der Welt der Wirklichkeit 
zur Selbftertenntnig und Läuterung als Spiegel vorhält: Das 
ift Ser Gubalt eines Bildes, deffen Dichter das tieffte Mart 
feines Genius mit dem vollen Leben des Dramas durchdringen 
mußte, ebe er diefes Werf zu fihaffen vermodte. Jm An- 
[hauen diefes einzigen Bildes löfen fih dann aud alle bangen 
Fragen und das irdifche Dafein diefes Genius in dem lauten 
Rufe des Enthufiasmus, welde feinem unvergänglichen fort- 
leben gilt." Die legte Beftellung des Grafen Shat, „Bachus 
unter den tyrrbenifthen Geerdubern, blieb leider unvollendet; 
der Karton befindet ih im Broßberzoglihen Mufeum zu Weimar 
im gleidhen Saale wie die für Baron Sina in Wien in 
Aquarell ausgeführten Rompofitionen „Homer unter feinen 
jonifhen Hörern*, ein Bild, das zu einem intereffanten Der- 
gleihe herausfordert mit dem ganz in der Nähe hängenden 
„Homer“ von Asmus Jakobus Carftens, ,,Aefop fabeln 
erzäblend“ und „Apoll bei den Hirten durch feine Runft den 
Gram befhwörend*, drei Zeichnungen, die harakteriftifhe Belege 
find für die lineare Eurbythmie in Benelli's Rompofitionen, 
feine gefhmadvolle Anordnung der Gruppen und die Feinheit, 
mit der er den Bleiftift gehandhabt hat. Ein entzüdendes 
mythologifhes Benrebild voller Humor ift „Die Centaurenfamilie** 
nad Lucian’s Befdreibung eines Bemäldes von Prari- 
teles (Aquarell im fSniglidhen Rupferftidfabinet 3u Dresden). 
Der alte, langbärtige, raube Centaurenvater ift von der Jagd 
beimgefehrt und halt der reizenden Gruppe, der Centaurin mit 
Sohn und Todter, die fic) fchalfhaft laufend hinter der 
Mutter Rüden verftedt, lachend einen jungen Löwen als Beute- 
tüd þin. Der Sohn fohreit erfhroden auf und fährt furdhtjam 
von der Mutterbruft zurüd; Eltern und Sdwefter weiden fih 
an feinem Entfeßen. Die Zeihnung „Homer unter feinen 
jonifhen Hörern* fann als nahträglid gefhaffene Ouverture 
bezeichnet werden zu einer folge von Umriffen zu Homer’s 
Bejängen (zuerft erfchienen 1844, Neue Ausgabe von 
€. förfter. Stuttgart 1866), die ebenfowenig wie die zu 
Dante's „Böttlihe Romddie’ (1847—52; in neuer Ausgabe 
bei Alphbons Dürr in Leipzig 1865 erfcienen) Jlluftrationen 
im gewöhnlichen Sinne find. 

Einem fo eigenartigen und felbftftändigen Rünftler war das 
Mak von Affimilationsvermdgen verfagt, um das in anderer 
Runftform fchon vollendet Vorhandene bloß bildnerifh zu über- 
fegen. Vielmehr zeigte fi bei Benelli die Fähigkeit am hödhiten 
entwidelt, in unabhängigem Schaffen den Gebilden des Dichters 
etwas Eigenes gegenüberzuftellen. Recht frei und unbebindert 
fühlte Benelli fic nur, wenn er fih feine Stoffe felbft ge- 
ftaltete, wie er es getban hat in den Darftellungen „Aus dem 
Leben eines Wiiftlings (lithographirt von G. Rod, Verlag von 
Jf. U. Brodbaus) und „Aus dem Leben einer Here (gee 
ftohen von Merz und Gonszenbad, Verlag von Buddeus 
& Weigel). Das erftere diefer cyflifcden Bildergedidte, die in 
der dee erinnern an Hogarth’s und Rlinger's realiftifche 
Heitnovellen, behandelt in völlig origineller Form die Don Juan- 


Deutfdhe Runft. 





Fabel, das zweite, das von Julius Broffe in feiner ,, fauftina’ 
in poetifhe form ift umgegoffen worden, ift eine fauftifch ver- 
tiefte, flaffife) gelduterte und in riftliher Humanität barmonifch 
ausflingende Derwerthung eines romantifdhes Dorwurfs aus der 
ungeſchlachten Geftaltenwelt mittelalterlider Dolfamythologie. Jn 
beiden Werten hat Genelli die Poefie Ser Siinde zu einer 
tragifhen Erhabenheit gefteigert, die Sen Malerpoeten jenen 
großen Meiftern böchfter Runft zugefellt, die im lebendigen Worte 
der metapbyfifchen und fozialen Diffonanz Ses Menfdenlebens 
ewig berrlihen und ergreifenden Ausdrud aus der Tiefe der 
eigenen Seele heraus verliehen haben. Aud er it wie Dante 
durh die Holle begangen und aud für ihn gilt, um feine im 
„Leben eines Wüftlings‘ ausgefprodenen, poetifhen Selbit- 
befenntniffe zu rechtfertigen, das Dichterwort: „wer das erfubr, 
giebt feinem Irdiſchen Rechenſchaft‘“. Jene Ronfeffionen finden 
ihre Ergänzung nad außen in der malerifhen Wutobiographie 
Genelli’s ,,%Aus dem Leben eines Riinftlers (24 Rompofitionen, 
in Rupfer geftohen von A. Burger, R. von Bonzenbad, 
H. Merz und H. Shüß. Leipzig, Verlag von Alfons 
Dürr). Die feds legten Oelbilder fir Graf Shad 
vollendete Benelli in Weimar, wohin ihn im Jahre 1859 
der funftfinnige Grogberrzog Carl Alerander auf Preller's 
Hinweis berufen hatte. Obmobl Genelli nun von Münden 
weit glänzendere Anerbietungen gemaht wurden, flug er fie 
Sod mit den ftolzen Worten aus: „Sie haben 22 Jahre Feit 
gehabt, etwas für mid zu thun; jebt it es zu fpät!* und 
verblieb in dem Kleinen Jlmathen, um bier erft ein barmonifches 
Dafein fennen zu lernen. Aller Sorgen enthoben durch Sie 
felbftlofe Gunft eines verftändnißvollen firften und die Opfer- 
willigfeit eines feinfinnigen, taftvollen Mäcens, fand er volles 
Benügen an feiner Arbeit und dem geiftig anregenden Derkebr 
mit friedrid Preller, franz Liszt, Hoffmann- fallers- 
leben, Genaft und anderen, die zu dem auserlefenen Rreife 
gehörten, den die Fürftin Wittgenftein auf der Altenburg um 
fid) verfammelte. 

Hier war es, wo Benelli’s Kompofition „Braut und 
Wabrfagerin’ (Feihnung im Befike von A. Flinfh, Berlin) 
bei der Dermablung einer Prinzeß als lebendes Bild geftellt 
worden ijt. Hart und jäh ftörte das neidifhe Schidjal noh am 
Cebensabende die Muße des Prytanen; der Tod entrif Sem 
greifen Künftler feinen einzigen, talentvollen Sohn Camillo. 
Der Wudt diefes Schlages war auc die Rraft des nervigen 
Mannes, der fo viel ertragen batte, nicht gewadfen; er verfiel 
in Siechthum, dem er am 15. Movember 1868 erlag. 

Mit Buonaventura Genelli bat in Deutfohland der 
eigentlide Rlaffizismus feinen Abfhluß gefunden; während er 
in frankreih in der antifen Welt Parallelen fand für das fühlen 
und Denken der Nation und duch feine aktuelle Tendenz Ser 
Wirkfamkeit eines David nachhaltige Lebenskraft verlieh, während 
für England der Niederfhlag von Flarman’s Runft im Wed- 
gewoodeporzellan von dauerndem Werthe war, fand die formen- 
fprache dSiefer antififirenden Rihtung beim Seutfchen Dolfe fein 
Verſtändniß und in feinem Leben feinen nennenswerthen, eigen- 
artigen Madflang. Selbjt als der Rlafjizismus in der foloriftifchen 
Richtung feines legten Ausläufers Anfelm Feuerbad zeit- 
gemäßen Anfhauungen HZugeftändniffe madte, ward ihm feine 
Aufnahme; er ift ein jhöner Derfudy geblieben, aus germanifchem 
Beifte heraus dem Schönheitsideal griehifcher Kunft neues Leben 
einzuflößen, ein le&tes Auffladern der großen Renaiffance. 


Die Rembrandt-Ausftelung in Amfterdam. 


er Bedanfe, den großen Rembrandt unter Betheiligung auswärtiger 

amtliher und privater Bildergalerien durch eine Ausftellung feiner 
“ D hervorragendften Meifterwerfe zu verberrliden, tauchte in nieder- 
ländifhen Runfttreifen bereits im Jahre 1895 auf und fand auh allgemeine 
Suftimmung. Man verfhob die WAusfiibrung des fchdnen Planes jedod bis 
auf eine günftige Gelegenheit, die dem Unternehmen nod mebr den Charafter 
einer nationalen Rundgebung verleiben follte. Die Thronbefteigung der 


Rönigin Wilhelmine war der geeignetfte Anlaß dazu; fo fiel die Derberr- 
lidung Rembrandt's mit einer Huldigung des Haufes Oranien zufammen, 
deffen Glangperiode unter Morik von Oranien, friedrid Heinric und 
dem Erbftatthalter Wilhelm IT. aud die Zeit ewig fhöner Blithe nieder- 
ländifher Runft war, gebildet und gepflegt durd Rembrandt's zanber- 
kräftige Hand. Der mit dem Vollzug betraute Ausfhuß dse Aunftvereins „Arti 
et Amicitiae“ aber follte es nit leicht haben. Derfchiedene Mufeen erflärten fih 


offiziell außer Stande, Aunftwerfe leibweife iiberlafjen zu fönnen; andere 
fciigten feuersgefahr vor; Privatbefiger ftellten unannehmbare Bedingungen 
und hobe Perfsnlicdfeiten, wie die Königin von England, vermodten es nicht, 
fid von ihren Aunftfhägen zu trennen. Ert der ntervention der 
jungen Rönigin, die üh mit jugendlider Empfanglicfeit für die glüdlihe 
‚dee begeifterte, gelang es, aud das Ausland zu einer regen Betheiligung 
zu gewinnen und die Derwirklihung eines von ftolzer nationaler Gefinnung 
getragenen Planes herbeizuführen. Am S. September konnte die Ausftellung 
von der Rönigin felbft eröffnet werden. Sie umfaßte 124 große Bemälde 
und 250 Aupferftihe des Meifters, eine verbaltnifmapig Meine Zahl, wenn 
man bedenkt, daß Rembrandt niht weniger als 350 Gemälde binterlafjen 
bat. Rann fie aud einen Anfprud auf Dollftändigfeit maden, fo bietet fie 
dod mit Arbeiten aus allen Lebensepochen des Rünftlers anfhanlihes Material 
genug, um daraus ein genaues Bild von feinem ganzen Entwidlungsgange 


Deutfde Runf. 


467 





vornehmften Bedingung der Schönheit, abgewogen. Eines der fhönften 
Sugendwerfe Rembrandt's hat Raifer Wilhelm II. aus der Privatgalerie 
zu Sansfouci bergeliehen, „Die Gefangennabme Simfon's durd die Philifter‘. 
Rembrandt zählte nod Feine 25 Jahre, als er das Bild malte, verräth 
in ihm aber fhon die Eigenfhaften des Meifters, die prächtige Detaillirung 
der Befihtszüge und den warmen Boldton im Rolorit. Die Königin von 
England hat aus ihrer Sammlung im Budingham-Palace die berühmte „Dame 
mit dem fader und das Doppelbildnig „Rembrandt und feine Bemahlin 
Sastia van Uylenburgh" überlafien, .eines jener zahlreihen Porträts, in 
denen der Rünftler fein von fhwärmerifcher Liebe zu der fhönen Gattin er- 
fülltes Herz ausftrömt. Das Doppelbildniß leitet eine Reihe von Selbftportrats 
Rembrandt's ein, an deren Sammlung Deutfhland in hervorragender Weife 
betheiligt ift. Sie vereinigen dh zu einer malerifhen Autobiographie des 
Riinftlers und behandeln im Einzelnen die Hauptkapitel feines Lebens mit auf- 








Buonaventura Genelli, Theatervorhang, Aquarell, Mufeum in Weimar. 


zu gewinnen. Das Hauptintereffe der Ausftellungsbefuder wendet ih natürlich 
den drei Schöpfungen zu, im denen nach Sem Uebereinfommen der fictenden 
Nadhwelt Rembrandt's fünftlerifhe Thätigfeit gipfelt, den „Bildemeiftern‘‘ 
(Syndics des Drapiers), dem ,,Anatomievortrag und jenem Bemälde, das 
man fälfhlih als „Nadhtwache bezeihnet. Da die dunkle Kleidung des 
Hauptmanns Banning die anderen Geftalten des Bildes befchattet, glaubte 
man früher, es mit dem Rundgange einer Nadhtwadhe zu thun zu haben, bis 
man gerade aus dem Schatten die Tageszeit ridtigftellte. Er giebt dem 
gründlichen Befchaner, der über Zeit und Stunde genau unterrichtet fein will, 
die Auskunft, daß es 4 Uhr Nachmittags ift. Die Hand des Rapitäns wirft 
ihren Schatten ebenjo glaubwürdig und eraft wie der Zeiger einer Sonnen- 
uhr. Leider find von diefem Roloffalgemälde, um es einer Wand anzupaffen, 
In früherer Zeit auf der linken Seite zwei Figuren weggefchnitten worden, 
Eine nod fdlimmere Derftümmelung Ift aus ähnlihem Grunde am Anatomie- 
vortrag‘* verübt worden. Um das Bild in einen Rahmen zu bringen, hat 
ndmlid der Profeffor Dr. Johannes Deyman — eine andere ähnliche 
Darftellung mit der Perfon des Univerfitdteprofeffors Mifolaus Tulp, 
wie er mehreren Amfterdamer Aerzten die Armmusfulatur einer Leiche erflart, 
ift befannter — feinen Ropf laflen miiffen. Don den „Bildemeiftern" tann 
man fagen, nicht einer fit Modell, fie leben. Was könnte man zu ihrem 
Lobe mehr fagen als Wiederholungen? Auf dem prächtigen Bemälde mit 
feinen fünf hellbeleuchteten Charafterfdpfen find der Bleihmuth, die Ruhe der 
Reife und feuer und Rraft der Leidenfhaft zu Ebenmaß und Harmonie, der 


tihtiger Treue als Spiegelbilder der aus den jeweiligen Derbaltnifjen 
refultirenden feelifhen Stimmung. Das fhönfte Bemälde diefer rein perfön- 
lihen Abtheilung it „Rembrandt mit der rothen Müge“ aus dem Belize _ 
des Broßherzogs von Weimar. für den freilih, der Rembrandt's Lebene- 
weg nidt fennt, it das Gemälde, das aus dem Jahre 1645 ftammt, fein 
aufridtiges Zeitbild. Gn fcharladrothen Tdnen gehalten, ift es eine Fanfare 
der Lebensluft und Gugendfraft. Der Meifter erfheint ale fhmuder Don 
Yuan, nicht aber als der, dejjen Herz durch den Derluft der geliebten Saskia 
für immer gebroden war. Wer aber über Rembrandt's Schidjal unter- 
richtet ift, wird die Unaufridtigfeit in dem trefflihen Bilde entfchuldigen 
und es entweder als rührende Reminiscenz, als ein Aufleben vergangenen 
Gliids in der Erinnerung, die das Entjhwundene wieder zu geftalten fudt, oder 
als eine tiefe Parodie von ergreifender Tragik auffaflen. Wie anders erjcheint 
der Maler auf dem im gleihen Jahre entftandenen, roth geftimmten Porträt 
von Rarlsrube! Hier ift das Roth zum Ausdrud für Traurigkeit geworden. 
Beröthet ift das Geficht, gerdthet von Thränen find die Augen. Ein Bild 
äußerlihen Derfalls ift das Porträt aus dem Habre 1650, das dem 
Leipziger Mufeum gehört. Tieftraurig, mit ungepflegtem Bart und jhmugigem 
Rragen giebt der Asjährige Rembrandt das Bild eines brummigen Alten 
ab, mißtranifh und hen durh Dereinfamung und Un geredtigfeit feiner Zeit- 
genofjfen. Jm Begenfatze zu dem Weimarer Bildnif, auf dem der Rünftler 
träumend in vergangenem Blüde fhwelgen mag oder, erhaben über fein 
Sdidjal, es ironifirt, feint er hier übler Laune gewefen zu fein. Gm 


468 


folgenden Jahre (Bildnif aus dem Befike des Herrn Mendelsjohn- Berlin) 
hat er fein kräftiges Selbftbewußtfein, die innere Meberzeugung von feinem 
Genie wiedergewonnen, um fie nie wieder zu verlieren. Majeftätifc blitt er auf 
den Befchauer; ein goldenes Rollier [hmüdt fein rothes Gewand, und würdevoll 
und vornehm hebt fih fein fhmwarzes Barett vom dunkelgrünen Hintergrunde 
ab. Aebnlid wie in feinem Selbftporträt fpielt fid Rembrandt's Leben 
ab in feiner Chriftus-Darftellung. Wie er mit Dürer den harafteriftifhen Zug 
der Huldigurig der eigenen Perfonlidfeit in der Häufigkeit von Selbftbildniffen 
gemein bat, fo ähnelt er dem deutjchen Meifter aud darin, daß er in der 
Geftalt des Heilandes die Paffion des eigenen Lebens zum Ausdrude bringt, 
wenn er and nicht fo weit geht, daß er wie Dürer fih feinen befonderen 
Chriftustypus mit Benukung eigener Befihtszüge fhaflt.: Von den feds 
Chriftusbildern, unter denen „Chriftus in Emmaus (Mme. Jacquemart» 
Paris) und „Chriftus und die Ebebrederin (MM. Weber- Hamburg) die mert- 
wiirdigiten find, ift die Darftellung eines Begeißelten das legte, 1668S gemalte 
Chriftusbild Rembrandt's (Mufeum in Darmftadt). Rembrandt's Jugend 


Deutſche Runf. 


erträumt fih, wie ein Dergleih der Bilder ergiebt, einen ftreitenden Heiland 
als entjprehendes Abbild eigenen Denkens und fiblens. Das Ungeftiim feiner 
mittleren Lebensperiode fommt zum Ausdrud in einem Chriftus aus dem 
Jahre 1661 von weibifh leichtfertiger, äußerliber Auffaffung und im Alter 
endlid) bat er den Dulder in Chriftus entdedt. Get giebt er in ibm nicht 
Gott, nit einen Menfhen, fondern den Menfchen, der ða it wie jeder 
Menfch, wie Turgenjeff ihn in einem fohönen Bediht in Proja fih vor- 
ftellt, das heißt den Inbegriff aller Menfchenliebe und allen Menfhenleides, 
den, in dem alle Menfchen fid wiederfinden und fid verehrten. Einen inter- 
effanten Beitrag zu der Ausftellung hat Herr Georg Rath in Budapeft 
geftiftet, zwei der wenigen Bilder todter Natur, die der niederländifhe Rünftler 
hinterlaffen bat. Ste find, da Rembrandt's Jndividualität nicht febr zu 
Bemälden diefer Art neigte, wie feine einzelnen Landfhaften als Brotarbeiten 
anzufehen, beweifen aber, daß der große Maler aud auf diefem Gebiete 
Meifterwerfe gefhaffen bat, aud dann nod feinem Genius treu als ganzer 
Rünftler, wenn er ihm wenig zufagende Arbeiten auf Beftellung ausführte. 


Zu der Denfmal-Konkurrenz in Nürnberg. 


A 
eber die Preisverthellung beim Wettbewerb um das Nürnberger 
Raifer Wilbelm-Denfmal gehen uns feltfame Mittheilungen zu, denen 

OOo wit im Jnter- 


effe der betheiligten 


noh Schwabe den erften Preis zuerfannt hat. Er ift, obwohl ihn mander 
der abgelehnten Entwürfe vollauf verdient hatte, überhaupt nit zur Per- 
theilung gefommen, fon- 
dern geftrihen worden, 





Riinftler gern Raum ge 
ben. Die dabel vorge- 
Fommenen Unregelmapig= 
teiten müffen im Gntereffe f 
des gefammten Ronfur- y S 
tenzwefens gerügt wer- p 8 
den. Ueber die kritiſch Run * 
wichtigſten Punkte iſt das 
Preisgericht eine Auf lä- 
rung ſchuldig. Wenn es 
zunaͤchſt auffällig erſcheint, 
daß die mit den lau— 
fenden Yummern 14 und 
15 verſehenen beiden 
preisgekroͤnten Entwürfe 
in der Längsachſe des 
Ausſtellungsſaales an 

bevorzugten Plätzen auf⸗ 
geſtellt worden ſind, ſo 
bleibt der dadurch ge— 
zelligte Derdacht, das Ur- 
theil fei bereits vor der 
Aufftellung gefällt ge- 
wefen, dod nureine Dermuthung und bedarf weniger einer Rlarftellung als eine 
nachträgliche, unftatthafte Abweihung von den Bedingungen des Ronkurrenz- 
programms. Mit ihr Scheint man wirklich nur einen Modus gefudt 3u haben, um 
die beiden preisgekrönten Arbeiten für die ihnen zugewiefene Auszeihnung zu 
qualifiziren; denn beide meihen darin von den Forderungen des Programms 
ab, daß fie der Perfon des Raifers Friedrich nicht nur teine hervorragende 
Stellung im Dentmal, die doh ausdrüdlih vorgefchrieben war, einräumen, 
fondern die Bedingung überhaupt ganz unbeadtet laffen. Sowohl Eberle's 
Entwurf, der zur Ausführung vorgefhlagen ift, als aud Profeffor Shwabe's 
Modell find Einzelftatuen Raifer Wilhelm’s zu Pferde, wie fie vielleicht in 
gewijjen KRreifen für opportun gehalten werden, und fteben auh im arhi- 
teftonifhen Aufbau und an monumentaler Wirtung weit hinter anderen 
Arbeiten zurüd, deren Derfafier für die programmmäßige, zum Theil geradezu 
geniale Löfung der fhwierigen Aufgabe fih eine offizielle Zurechtweifung 3u- 
gezogen baben. Don der Schule des Meifters moderner Monumental- 
arditeftur, Bruno Shmit, findet ih an den beiden ausgezeichneten Reiter- 
dentmälern, von denen das von Eberle wenigftens no eine plaftifch 
tüchtige Arbeit nah berühmten Muftern fein foll, feine Spur; das ift um fo mehr 
zu bedauern, als der für das Denkmal beftimmte Platz geradezu laut nad 
einem der Umgebung angepaften arhiteftonifhen Ausdrud einer großen na- 
tionalen dee verlangt. Man fcheint einmal wieder als entfcheidende Eigen- 
[haft weniger den fünftlerifhen Werth der Arbeiten haben gelten laffen als 
die Billigfeit. Soweit war man wenigftens gerecht, daß man weder Eberle 


Fr. ph 


Buonaventura Genelli, Hephacftos RiikFehr zum Olymp. 
Bleiftiftzeihnung. A. flinfh, Berlin, 


— und damit hat ſich das 
Preisrihter-Rollegium 
ein weiteres Vergehen zu 
Schulden fommen Iaffen, 
das Enttäufhung und 
Erbitterung unter den 
Ausftellern bervorrufen 
mußte. Es hat zwar den 
zweiten Preis (Entwurf 
Eberle) um 1000 und 
den dritten (Profeflor 
Schwabe) um 500 M. 
erhöht, weilibm ſchließ⸗ 
lid der ausgefihriebene 
Lobn felbft 3u farg er- 
fhien, aber dafür andere, 
die mehr Redt batten, 
| prämiitt 3u werden, cin- 
fadh leer ausgehen laffen, 

È obne nadftebende, noch 
vor der endgiltigen Be- 
ftätigung des Preisrichter- 
fprudes an den Dor- 
fienden gelangte ernftlihe Verwarnung eines Mitbewerbers zu berüdfichtigen: 

„Bei derartigen Ronfurrenzen pflegt man, fobald die Dorenthaltung des 
erften Preijes geboten erjcheint, den zugeftandenen Werth deffelben auf weitere, 
in diefem Falle etwa auf die drei bis fünf nädftbeften Entwürfe durch Zuweifung 
fleiner fogenannter Antaufspreife zu vertheilen, darum médte id im Namen 
mitbetheiligter Rollegen gebeten haben, unbefiimmert, ob diefe geringe Ent- 
fhadigung fiir eine gewaltige Arbeitsfumme auf meine Leiftung trifft oder 
nidt. Jedenfalls trifft diefe Vergütung Sole, die ihre Hilfetrafte aus 
eigener Tafche zu bezahlen pflegen, die mit großen Fdeen an ibre Aufgabe 
berangetreten find und diefe In großen Zügen zu löfen wußten.‘ 

Wenn das Preisridter-Rollegium alfo niht gewußt haben follte, wie es 
ih zu verhalten babe, ift von berufener Seite dod) der Derfuch gemacht 
worden, ibm aus feiner Verlegenheit zu verhelfen. €s hat aber die warnende 
Stimme nit gehört und nad eigenem Ermeffen eine ungebräuhlihe Ent- 
3iehung des Betrages von 3500 Mark, den es unter Streihung des erften 
Preifes nod zurüdbehalten hat, in Anwendung gebracht. Hoffentlich findet 
das Dorgeben der Nürnberger nicht noh Nachahmung. Sie miiffen fi 
den Dorwurf gefallen laffen, durch eine nachträgliche, unftatthafte Ab- 
änderung ihres Ronfurrenzprogramms eine Summe von Arbeit, welhe nicht 
mit dem zehnfahen Betrage der ausgejerten Preife aufzuwiegen wäre, um- 
jonft hervorgerufen und für einen Derluft an Kraft und Zeit die be- 
theiligten Rünftler nicht fo entjhädigt zu haben, wie es recht und billig ge- 
wefen ware. 


Deutfhe Rung. 


469 





Neue Glasmalereien im Berliner Kunftgewerbe: Me — 


Muſeum. 


m Runftgewerbe-Mufeum find über hundert Arbeiten des Malers 
Hans Chriftianfen ansgeftellt, fämmtlih Entwürfe, theils Skizzen, 
theils ausgeführte Kartons, für farbige Fenfter in Runftverglafung. 

Chriftianfen, aus Flensburg gebiirtig, ift in Hamburg «ausgebildet und 
lebt feit mehreren Jahren in Paris, wo feine Arbeiten, wie fhon früher in 
Deutfchland, lebhaften Anklang finden. Jn feinen Fenftern ift febr wenig 
gemalt, die Wirfung beruht auf der Yebeneinanderftellung farbiger Blasftüde 
von zumeift amerifanifhem fabrifat. Die fdhimmernde Farbengluth diefer 
Glafer beftimmt ibn 3u Rompofitionen in Beer, durchaus moderner Richtung. 

Während früher Fenfter mit Glasmalereien faft ausfdlieflid fiir öffent- 
lihe Räume, wie Rirhen, Rathhäufer und zuweilen aud Reftaurationen be- 
ftimmt waren, follen fie jekt die Privatwohnung mit ihrer Farbenpracht 
fhmüden und den Befhmad an den gefhmadlofen Diaphanien mit ihrer 
Trompetenlprif verderben. 

Die alten Meifter wählten, um eine disfrete Wirkung zu erzielen, für 
ihre Blasmalereien einfarbige Bläjer und bei großem Mafftabe matte Farben, 
die amerifanifhen Fabrifate aber, aus denen Chriftianfen feine Bilder zu- 
fammenfegt, hangiren in der Färbung, es find Blasflüfle von fehr mannig= 
faher Farbenfhattirung ; die gebrodenen, fhillernden Töne opalifirender, ge- 
wellter und gerippter Platten von wechfelnder Stärke find mit Routine und 
großem Erfolg verwendet. Meifter ift der Künftler in der Rompofitionsweife, 
durd die die Schwarzen Bleiftege genau mit den Ronturen der Zeichnung zu— 
fammenfallen. Gm Allgemeinen bringt Chriftianfen bödftens vier farben 
zur Anwendung, erzielt aber trokdem die ftärffte Wirfung. Eigentlih malen 
thut er nur bei Darftellungen mit Figuren, unter denen man dem Mädcen- 
fopfe in Blüthenhainen häufig begegnet, die Befihter. Die ganze figur giebt 
er nur auenahmsmeife, fehredt aber font vor feiner Darftellung zurüd und 
behandelt Stimmungslandfhaften, Blumen= und Fruchtftüde, Ornamente und 
Allegorien mit gleicher Melfterfhaft, wenn er auh manchmal über die Brenzen 
feiner Runftart hinausgeht. Ganz ansgeseidnet find die maturaliftifch be- 
handelten Landfhaften. Das rothe Felfengeftade von Helgoland tauht aus 
dem Meere auf, durch dejlen fhäumende Fluth majeftätifhe Widingerfchiffe, 
von ſchlanken Waflertöchtern begrüßt, herangleiten. Don hoher Schönbeit ift 
ein ftiller Waldfee im Abendfhein, aus dem zwei mädtige Brabanter Bäule 
trinfen. Das Motiv auf blauer Fluth unter Raftanienzweigen feierlich heran- 
raufhende Schwäne, hat Chrijtianfen zu einem Teppichentwurf benußt, der 
duch weiche farben der Qualität des Materials wirfungsvoll entfpriht. Schön 
ausgeführte Scheiben entftammen den Anftalten von Liebert in Dresden 
und Schell in Offenburg; eine große Fahl Ser Rartons ift für die 
firma Engelbreht- Hamburg beftimmt. Gn den drei Fabrifen bat 
Chriftianfen willige Helfer zu immer nenen DVerjuchen gefunden. Die 
transparenten Gemälde bedeuten eine Meubelebung des Blasfenfterfhmudes, 
teht danadı angethan, durch das farbig und gedämpft einbrehende Tageslicht 








A. flinfh, Berlin. 


Frph 


Buonaventura Genelli, Gewandftudic, aus dem Leben eines Wüjtlings. 


Buonaventura Genelli, Gewandftudic zum Theatervorhang. 
A. flinfh, Berlin. 


bunte Märhenftimmung in einem Wobnraume þervorzuzaubern, von deffen 
Heimlifeit fie zugleih den neugierigen Blid der friedlofen Außenwelt fern- 
balten. 


` Ausftellung bei Eduard Schulte in Berlin. 


u der Rolleltiv-UAusftellung rufüfher Werte find nod eine Reihe von 
Oelgemälden, Aquarellen und Studien gefommen, unter denen das 
@F große, figurenreihe Bild „Der Stern von Bethlehem‘ von franz 
Hmurko, Warfchau, den Anfprüchen folder geredht wird, die fih mit modernen 
fünftlerifhen Beftrebungen nicht recht befreunden können. Zmurko findet 
fider ein größeres Publifum als etwa Conftantin Rorovine Sein füß- 
lihes Rolorit, feine forrefte Zeichnung, feine gefhloffene Rompofltion bewegen 
ih in den Grenzen des Herfömmlihen und Gefalligen, Wem daher eine 
glatte Technik Lieber ift als ein eigenartiger, fraftiger Dortrag, eine fhöne 
Pofe lieber als eine Bewegung, die ein wahrer, im Leben beobadteter indi- 
vidueller Ausdrud des Empfindens ift, wem eine gefällige, aber leere Made 
mehr anfpriht als inneres Wefen in fremdartiger Erfhelnung, der wird an 
Zmurko's „Stern von Bethlehem fein Gefallen haben. Frauen auf dem 
‚Felde In traditioneller Monsfeheinftimmung haben den Stern erblidt, der die 
Geburt des Mefjias verfündet und find fheinbar ergriffen von der frohen 
Derheifung in ftillem Gebete und im Gefühle der Erlöfung nieder- 
gefunfen. Das große Gemälde umgeben nod verfhiedene Oelbilder 
und Paftelle von franz Zmurko als eine Sonderausftellung, frei 
von jedem modernen Zuge. Die ©elbilder, Aquarelle und Studien aus 
Kairo und Oberegypten von Mar Rabes- Berlin find tehnifh maf- 
voll gehalten und bieten einen erfreulihen Anblid. Das orientalifde 
Milieu ift überzeugend wiedergegeben. Der Vortrag ift elegant 
und gefhmadvoll. Die Dolkstypen, die Rabes mit Dorliebe behandelt, 
find wahr und et. Jn romantifher Stimmung gehalten ift das Ge- 
mälde „Die Sphinz bei den Pyramiden von Gizeh". Durd die weiche, 
granblane Morgendämmerung breden die erten Strahlen der Sonne, 
die mit rofigem Scheine die ftarren Züge des riefigen Steingebildes 
warm beleben. Weitausfhauend beherrfht die ungeheure Rätbfelgeftalt 
die Wiifte, in wirkfames Verhaltnif gefeRt zu den zwerghaften Figuren 
einer Karawane, die um ein feuer lagert. „ISI5" Scene aus der 
SHhlaht von Belle-Alliance von R. Taton=Woodville ift ein 
Shlachtenbild, das niht gerade befonders erregt und fejjelt. Die 
wirflih padenden Vorgänge der Schlaht find fhon fo oft behandelt 
worden, daß der Künftler, um dem Vorwurf eine neue Seite abzu- 
gewinnen, Napoleon vor der Entjheidung darftellt, wie er der Garde 
den Befehl ertheilt, in die Schlacht einzugreifen. Die Landfdaft vertritt 
Albert Hertel, Berlin, mit 12 Agquarellen. Es find Deduten, UAn- 
fidten aus der alten Raiferftadt Boslar, ohne befondere Eigenart. 





470 





Deutſche Runf. 


Die große Berliner Kunftausftellung. 


Die Berliner. 


e as im Teide ein Sturm ift, bewirtt im weiteren Beden ein leichtes 
Wellengefraufel. Münhen hatte feine Sezeffion, Berlin bat es 
> bödftens zu einer Bruppenbildung gebradt. Gn der Reihs- 
hauptftadt war man von jeher zu Rompromifjen geneigt. Der größere Markt, 
der Maffengefhmad, die Stantsaufträge, die Medaillen, die Profefluren, dies 
Alles bildet ein Begengewiht gegen leiht emporjchnellende Beftrebungen. 
Man fann die ganze Runftausftellung durhwandern, ohne der gefürchteten 
„Moderne zu begegnen. Nur an den äußerften Flügeln der Alten und 
dex Jungen ift jo etwas wie ein unausgeglihener Begenfat erkennbar. Der 
durh Ausmerzung dea ,,Gefabrliden Frieden ftiftende Einfluß der Jury hat 
gewirkt: Es ift Alles ruhig. Wenn die Ausftellung in Moabit gejchloffen 
ift, fann die in der Bellevueftraße eröffnet werden. 

Es ift bezeihnend für die Entftehung 
und Entwidlung effen, was man in Berlin 
allenfalls „neue Runft nennen fönnte, daß 
fle mit der Menfchendarftellung begann. 

Man bat den Einfluß Carl Guffow's 
beinahe vergeffen, weil man fih der Jugend- 
fhwarmerei fiir Guftav Rihter niht mehr 
erinnert. Guffow hatte entdedt, daß aud AG 
die Haut ein lebendiger Organismus, feine £ 
todte Porzellanflähe ift; das überrafchte 
zunädft, und als man dann no gar fand, 
daB die Romplerion, wie fie der Eng- 
länder nennt, aus einer Sfala von Lofal- j 
tönen üh zufammenfegt, die durd Reflexe int 
Wandlungen erfahren, Sa hätte die neue Aers | 
der Bildnifmalerei ruhig beginnen können. | 
Steilih durfte man fih jagen, daß alle | 
diefe Entdedungen eigentlih jhon vor etwa 

zwei und einem bulben Säkulum von den "f 
großen Niederländern gemadt worden, aber 
im Grunde genommen ift es gleidgiltig, ob i yi 
man etwas findel oder wiederfindet, wenn 
es nur da ift und Minderwerthiges vers 
drängt. Es ift eine gewiffe erfrifchende ~ 
UAufrihtigteit über die Bildnifmalerei ge- 
fommen, foweit fie als Runftübung und 
nicht als bloßes Geſchäft zu betrachten 
ift. Die frende an dem eigenen, ziel- 
bewußten Rönnen bat wohl ein wenig 
nadgelaffen, man ift aud bier zahmer geworden, aber die abfidtlicde 
Schönmalerei in Kopf, Figur und Gewand ift verfhwunden, man giebt 
wieder was man fieht und womöglih noch ein wenig mehr, ein Gnnerlides, 
Charaftervolles. Mar Roner's jugendliher Frauenfopf will uns beffer ge- 
fallen als fein lebensgroßer Herbert Bismard, der nur um der Aehnlid- 
feit willen mit dem Dater abfonterfeit 3u fein fdeint, aber fhon in feinem 
Berliner Millionär ftedt ein Stüd fozialer Charakterfhilderung. Ghm_ ftebt 
in der fräftig zufaffenden Tehnif G. Ludwig Meyn nahe mit feiner duntfel- 
haarigen jungen Dame in pelzbefertem weißen Atlas. Ludwig fahren- 
frog bat mit dem Portrait feiner Batlin cin Genrebild von eigenartigem, 
fenell voriiberbujhendem Reiz gefhaffen. Zn tiefblauem Kleide lehnt fie am 
offenen Klavier und läßt, rüdwärts greifend, die Hand leicht über die Taften 
gleiten. Wunderbar entwidelt hat h Reinhold Lepfius. Seine drei 
Damen in Weiß, Grau und Roth muthen an wie Darftellungen dreier mo- 
derner frauentemperamente. Das junge Wadden in Roth ift ganz träu- 
merifches, pafjives Empfinden, die Blondine in Weiß boffinungsfrohes Wollen, 
die Dame in Grau feftes, frafıbewußtes Rönnen. Reinhold Lepfius malt nicht 
gelegentlid auf Beftellung Frauen, fondern die Frau jeiner Feit, er fiebt 
im Einzelwefen den Typus und mifcht ihn mit foviel Flug erfpäbter Eigenart, 
daß man es immer nod mit einem Gndividuum zu thun bat, deffen Aebn- 
lichFeit nicht anzuzweifeln ift. 

Was die Berliner moderne Landfbaft Meifter Eugen Bradt zu danten 
bat, bedarf einmal einer befonderen Beleudtung. Aus feiner Schule ijt cine 
Reihe junger Rünftler hervorgegangen, die mut bet ihm gelernt haben, wie 
ftimmungsvoll die einfadjte FKlahlandfhaft fein fann. Ghm ift die Poefie 








Buonaventura Genelli, Aftjtudie zu Apo unter den Hirten., 
A. flinfh, Berlin. 


der Heide aufgegangen mit ihren Erifabüfheln, den welligen Hügeln und dem 
weiten Horizont. Er malt fie, wo er fie findet, in den Ardennen, in den 
Marfchen, in den feegrasbeftandenen Dünen der Nord- und Oftfee, bisweilen 
treu, wie er fie gefeben, dann wieder fie überhöhend zur fagenbaften, zur 
biftorifhen Landfhaft. Abfihtavoller in den Mitteln giebt ih Müller- Rurz- 
welly mit feinem aufziehenden Gewitter, während 5. Hendrid mit feiner 
„Nordifhen Sommernadt" eine Fdeallandfhaft bietet, redenhaft wie die Edda 
in der Zeihnung und märdenhaft blau wie die Blume der Romantif in der 
farbe. Diefe geträumten Landfhaften wollen empfunden und dann geglaubt 
fein, man darf ihnen nicht geograpbifh zu nabe treten. 

Start geworden tft die empfindfam angeregte moderne Berliner Candfdaft 
duch die ftete Berührung mit dem beimathlihen Boden. Noh Hans Herr- 
mann mußte an die weftliden Rüften der 
Niederlande ziehen, um zu lernen, daß die 
Luftftimmung die fimpelften Umtiffe ver- 
edelt und den gebrodhenen ‚Farben zu 
überaus feinen Abtönungen verbilft. Er 
findet in A. Norman feinen geograpbifdb- 
fünftlerifhen Begenfat, der uns gelebrt bat, 
da auh Sec Norden feine fräftig anein- 
andeiftofenden Lefalténe bat, die der Per- 
mittelung nicht bedürfen, um zu einem leud- 
tenden Gefammtfolorit zufammen zu [hießen 
in einer Sonnenglutb, die man als das 
Dorredt des Südens zu betradten gewohnt 
war. Seither ift eine Rünftlergeneration 
erwadfen, die fid bejcpeiden innerhalb der 
märfifhen Heimath hielt und ihr Reize ab- 
laufchen lernte, von denen man bisber nod 
wenig geabnt. Der Maler dea wendifden 
Spreewaldes, Hagemeifter, ift verfchollen, 


af ik aber ibm ift eine Befolgfhaft erftanden. 


y Die frand, freudemann, feldmann 
7 tennen die märkifhe Lansfhaft und lehren 
fe uns lieben in all’ ihrer Schlichtbeit. 
Daf wir ingwifhen aud ein feefahrend Volt 
geworden, zeigen Salgmann und W. Ha- 
mader, der erftere als offiziöfer Bericht- 
erftatter, der lettere als freier Poet. Treu 
und ehrlihd wie Immer, erfheint Rihard 
Frieſe mit feiner „Rominter Heide‘. 

©. Frenzel bietet mit feiner „Ocdhfenwäfche‘ ein landlides Fdyll voll Rube 
und Sonnenfdhein. Was Walter Leiftifow fiir die Stilifirung der macfifden 
Landfhaft getban, ift in einer befonderen Yummer der „Deutjhen Runfi* 
gewürdigt worden. Seine Candfhaften „Abend“ und „Sommer“ auf der 
diesjährigen Ausftellung haben felbft feine wenig verftändnißvollen Gegner 
einwandsfrei gefunden. 

Wenn man von dem modernen Berliner Sittenbild fpridt, fteben natur= 
gemäß Liebermann, Sfarbina und Dettmann in erfter Reibe. Lieber- 
mann ift, nahdem ec im vergangenen Jahre mit einer Separatausftellung 
erjchienen war, duch eine ffizzenhafte Wiederholung eines größeren Bildes „Sonn- 
tagnadmittag in Laren vertreten. Das formen und farben umfcließende 
Spiel Ses Sonnenlidtes ift mit befannter Dirtuofität wiedergegeben. Auch 
Dettmann fcildert einen dörflihen Feierabend, robufter in Rolorit und 
Zeihnung, größeres Gewicht auf die Durhbildung im Einzelnen legend. Jn 
feiner Einfachheit an Millet erinnernd, läßt Sfarbina einen „Schnitter“ nad 
gethaner Arbeit über den Feldweg nad) feinem Gehöft zurüdfehren. H. Loofden 
bringt nah dänish-fhwedifhen Muftern den Kopf eines Fifcherfindes vom Sund. 

gn die Mittelftände führt uns ©. Engel mit feiner „Nenen freundin", 
die wir in der der Vereinigung „freie Runt" gewidmeten Nummer unferes 
Blattes abgebildet und gewürdigt haben. Gofef Blod’s Genrebild aus 
dem Dorzimmer „Nach Mitternacht" wirkt in Auffaffung und Rolorit ungemein 
fife. Die an den Wänden gäbnend ihrer Herrfhaft barrenden Diener 
find fein beobadtet und obne farrifirende Zutbaten treu nad dem Leben 
abfonterfeit. 

Georg Malfowsfy. 


Deutſche Runf. 


471 


SS. Kunftliteratur. — 


Nachdem in den legten zwanzig Jahren die Runftwiffenfhaft mit 
Ameifenfleiß funftgefhichtlihes Material ziemlih wabllos zufammengetragen 
bat, beginnt jetzt eine Periode ftrenger Sichtung. Größere Befihtspunfte als 
die tabellarifhen und fhematifhen werden aufgeftellt und kennzeichnen eine 
nene Spftemathif, die feine Rubrif mehr fennt für das im Werthe Ver- 
gänglide. Der forfcher fudt wieder nah Gründen für die verjhiedenen Er- 
fheinungen der Fünftlerifhen Thätigteit, ftellt fie unter den Bann mächtiger 
Rulturfattoren und bildet aus ihnen die Phyfiognomie der Zeit. Die Runft- 
wiffenfhaft fängt wieder an philofophifh zu werden. Diefer rein wiffen- 
fchaftliden Erfenntnif wollen fördernd dienen: 

Beiträge zur Aefthetif der bildenden Riinfte. Don Auguft 
Schmarfow. II. Barod und Rokoko. Leipzig. S. Hirzel. 

Der Derfaffer felbft giebt fein Programm in den Worten: „Das Hanpt- 
anliegen des Runftbiftorifers, der 
bier redet, ift die Derbindung 
äfthetifher und biftorifher Er- 
fenntniß der Aunft.* Im erſten 
Theile hat er es durchgeführt in 
einer Unterfuhung des Malerifhen 
in der Malerei jelbjt und im vor- 
liegenden zweiten in einer folden 
des Derhältniffes der Malerei und 
der Skulptur zur Architektur. 
Schmarjow's Sprade hat didte- 
rifhen Schwuna und ift reid an 
poetifhen Wendungen. 

Neue Malereien. Erjte 
folge. Sammlung — praltifder 
Dorbilder fiir die Werkftatt und 
Schule, ausgeführt 
von hervorragenden 
Meiftern unferer 
Tage. Herausge- 
geben von Ernft 
Wasmuth. Ber- 
lin 1898. Ernſt 
Wasmuth. Preis 
der Lieferung 10 M. 
(Befammtpreis 100 
Mart). 

Dies in zehn 
Lieferungen von je S Tafeln erfcheinende Gammelwerf fegt die in den 
Jahren 1890 bis 1894 bei Ernft Wasmuth erfhienenen „Neue Male- 
teten" in Meinerem Maßftabe, nämlih in Folioformat, fort. Sie follen 
fowohl Arbeiten in überlieferten Stilformen bieten, als aud folde in neu- 
gefhaffenen, in denen unfere Runft nad einem zeitgemäßen eigenartigen Aus» 
drude ringt. Das erfte Heft enthält in guten Farbendruden Arbeiten der 
Deforationsmaler Senft (M. JF. Bodenftein), Sobotta, Neubaus, 
f. W. Mayer und Roberftein, zumeift aus Berliner Bauten. Hervor- 
gehoben feien eine dreitheilige Rappendede von Sobotta aus der Pommer- 
fhen Bant in Berlin, bei der die Eifenträger, und eine von Neuhaus ent- 
worfene Dielendede des Herrenhaufes Neuhagen bei Berlin, bei der die 
Balken gefhidt zum Ausgangspunfte der Bemalung gemadt find; ferner 
eine fein gegliederte felderdede von Senft aus dem Erfrifhungsraume des 
Ranfhaufes Leipzigerftraße 132/153 fowie das in fhwarzer Umrißmalerei 
gehaltene GOberliht im Situngsfaale des neuen Landtagsgebäudes von 
Mayer. 

Der Urfprung der Gothif und der altgermanifdhe Runftharalter. 
Don Rarl Limpredt. Elberfeld, Hoffamp 16. Selbftverlag des 
Derfafjers 

befaßt fidh zunähft damit, den Funftphilofopbifhen Beweis zu führen, 

daß die Bothif, obwohl fie fih zunähft auf franzöfifhem Boden entwidelt 

hat, doch ihrem Wefen und ihrem eigentlihen Urjprung nah germanijher 

Natur fei. Damit bat ih der Derfaffer nur überflüffige Arbeit gemacht, da 

dle Anfiht bereits ganz allgemein berrfht und faum mehr beftritten wird. 

Wenn er fic) alfo gegen ,,gelabrte deutfche Profefforen, die dem deutjchen Dolfe 




















Buonaventura Genelli, Aktjiudie. 
A. Slinib, Berlin, 


die Befhämung nidt erfparen wollen, die Bothit als franzöfifhes Runft- 
eigenthbum zu ftempeln“, wendet, fo fampft er nur mit Windmiiblen. Mande 
in dem Sdrifthen, das von einer tiidtigen nationalen Gefinnung 3eugt, ause 
gefprodhene Gedanfen können zur Beherzigung empfohlen werden. Jn der 
Tendenz erinnert Lim predht's Arbeit an das Bud ,, Rembrandt als Er- 
3ieber“. Der Autor it ein fanatifcer Gothifer und behauptet als folder 


wohl etwas zu entfhieden: „Wo in der deutfhen Runft ein Auffhwung zum 
Nationalen bin ftattgefunden bat, ift dies ftets mit einem Zurüdfchlagen auf 
Geift, Wefen, Charakter und Formgebung der Bothit verbunden gewefen“. 
Wenigftens diirfte aud fo Mander von echt nationaler Befinnung fih niht 
von der abfoluten Wahrheit diefes Sates überzeugen laffen. 
Runftgewerblide Stilproben, ein Leitfaden zur Unterfheidung der 
Runftftile 


mit Erläuterungen von Prof. Dr. A. Berling. für 
Runftgewerbefchulen, gewerbliche 
Fortbildungs- und Fahfhulen 
fowie zum Selbftunterriht für 
Laien, Kunftfreunde und Ge- 
werbetreibende. Mit 240 Ab- 
bildungen auf 50 Tafeln. Auf 
Deranlafjung des Rönigl. Sädjf. 
Minifteriums des nnern heraus» 
gegeben von der Direktion der 
Rönigl. Bewerbejdule zu Dres- 
den. Verlag von Rarl W. 
Hierfemann, Leipzig. 1898. 
Preis 2 Matt. 

Ein Hilfsmittel zur Unter= 
(heidung der Runftftile zu beftimm- 
ten Selten und bei beftimmten 
Dölfern, wie es Prof. Berling's 
Bud bietet, if ein überall gefühl- 
tes Bedürfniß. Denn diefe Rennt- 
niĝ wird beute nidt nur von 
Jedem, der im Runfthandwerf oder 
in der Runftinduftrie thatig ift, 
verlangt, fondern auh vom Ge- 
fdhaftemanne auf diefem Gebiete, 
ja von jedem Bebildeten, der Gn- 
tereffe für die ibn taglid um- 
gebenden Gerathe befigen mug. 

Mehr und mehr madt fih 
die Forderung geltend, daß jeder funjtgewerblidhe Gegenftand in erfter Linie 
dem Zwed, dem er zu dienen bat, dann aber aud) dem Stoffe und der 
Tedhnif, die man bei ihm verwenden will, entjprehend gebildet fein foll. 
Die Zeit der unfelbftftändigen Nachbildung früherer Stilepohen, die wabllofe 
Nadhahmung aus ganz anderen Anfprüdhen entftandener Beräthe ift vorüber. 
Selbftfhaffen verlangen wir von der heutigen Beneration. Nicht nahgeahmt 
alfo, aber ernft ftudirt follen die trefflihen Arbeiten unferer Vorfahren 
werden, es läßt fi jehr viel aus ihnen lernen. 

Der vorliegende Leitfaden aus berufenfter Quelle will das Derftändniß 
für die Eigenart der einzelnen Stile weden, er giebt Mittel an die Hand, die 
Unterfheidungen in den verfchiedenen Stil - Wandlungen Pennen zu lernen. 
Der Tert ift einfah und fnapp gehalten, die Eintheilung kurz und über- 
fidtlid. Gegen 40 eigens für den Zwed ausgewählte und gezeichnete Ab- 
bildungen auf 50 Tafeln geben typifche Beifpiele für jede Periode der Runft 
im Abend- und Morgenlande an den Erzeugniffen der verfchledenften Bewerbe. 

Die Bebandlung des Stoffes nimmt Rüdfiht aud auf ein weniger ent- 
wideltes faflungsvermögen, indem fie rein wiflenfhaftlihe und tedhnifhe Be- 
zeihnungen thunlidft vermeidet; die Anordnung des Ganzen weiht auh, obne 
daß der Derfafler fih auf zeitlihe und nationale Bedingungen einläßt, in 
die Entwidelung der einzelnen Stilarten ein, die ein überfihtlih zufammen- 
geftelltes Zlluftrationsmaterial veranfhauliht. So tann das Buh niht nur 
Runftgewerbefchulen, gewerblihen Fortbildungs- und Fahfhulen, für die es 
beftimmt ift, als Leitfaden empfohlen werden, fondern ift and trefflid dazu 
geeignet, dem Laien, der fid) felbft unterrichten will, die Stile unterfdeiden 
zu lehren. 


472 


Vermifchkes. 
Kuriofa ans Alfelien und Cerkflaft. 
Gedanken iiher bildende Kun. 





— Ein Jahrhundert Parifer Ausftellungen. Es ift von Gntereffe, 
jegt einen Rüdblid auf die Entwidelung der Ausftellungen zu werfen, die 
die franzöfifhe Hauptftadt feit einem Gabrhundert gefeben bat. Die erfte 
Ausftellung fand in Paris im Jahre 1798 ftatt mit der befheidenen Zahl 
von lO Ausftelleen und einem Aufwande von nur 60000 francs. Ste 
ftand auf dem Marsfelde, ihre Gebäude waren aus Holz mit Malereien und 
Drapirungen; die Zahl der vertheilten Medaillen belief fih auf 25. Die 
zweite Ansftellung fand fhon drei Jahre darauf ftatt, und zwar innerhalb 
des Louvre; fie hatte fhon 220 Ausfteller aufzuweifen und war ihrer Vor- 
gängerin an Pradht weit überlegen. Fhe Erfolg war fo groß, daß im 
nädften Fahre 1802 auf demfelben Plage wiederum eine Ausftellung von 
540 Theilnehmern abgehalten wurde. Der Raifer Napoleon veranlaßte dann 
eine vierte Ausftellung im Jahre 1806 auf der Gnvalidsenefplanade; der 
Biang des Raiferreihes 309 eine große Zahl von Ausftellern herbei, von 
denen’ J42] zufammenfamen. Yun fand bis zum Jahre 1819 feine Aus- 
ftellung wieder ftatt; die in diefem Fahre abgebaltene wurde aud im Louvre 
untergebracht und hatte wenigftens feinen Rüdgang gegen die lehte aufzu- 
weifen; fie zählte 1622 Ausfteller. Von wenig Erfolg waren die Louvre- 
Augftellungen von 1822 und die von 1827 unter Rarl X. Die adte Aus- 
ftellung unter Louis Philippe auf dem Place de Carouffel bedentete wieder 
einen erheblihen fortfdritt, denn fie zählte 2447 Wusfteller. Ebenfo hatten 
die beiden folgenden Ausftellungen auf den Elyfäifhen Feldern 1859 und 1844 
einen bedeutenden Erfolg. Die Ausftellung von 1849 (ebenfalls auf den 


Deutfhe Runft. 


= AN, 
a 
* az 
— ,y 


Buonaventura Genelli, Halbakt. ER 
A. flinfb, Berlin. 8* 

Champs Elyfées) erftredte fic) bereits 

iiber eine Fladhe von 2200 qm und 

foftete 600000 francs. 1855 fand dann 

die erte Weltausftellung ftatt. Sie 

nabm 168 000 qm ein, dle Ausgaben 

beliefen fih auf I11/, Millionen. Die Zahl der Ausfteller be- 

trug 23954 und die der Befucher über 5 Millionen. Dann 





olgten die befannten Weltausftellungen von 1867 (687 000 qm, 52 000 Aus- 


fteller), 1878 (62835 Ausfteller und 15 Millionen Befuder), ISS9 (55 486 
Ansfteller und 32!/, Millionen Befuder). 

— Eine gute Rapitalsanlage. Aus dem Nadlak des verftorbenen 
Parifer Notars Segond wurden im Hotel Drouot vier Gemälde verfteigert, 
die ganz anfehnlihe Preife erzielten: „Der Tümpel‘ von Roufjean 10! 100 Francs, 
„Die Lefe'’ von Corot 53.000 Francs, „Denedig" von Ziem 20 000 Francs 
und „Weide von Rofa Bonheur 15 900 Francs, 3ufammen alfo 190 000 francs. 
Das Gntereffantefte an dem Verkauf ift aber die Dorgefthidte: Dor einigen 
Jahren erzielte Segond bei einem Unternehmen einen Gewinn von 10 000 Francs, 
die er auf irgend eine Weife fruchtbringend anlegen wollte. Ein Bilder- 
händler, dem er feinen Wunfh mittheilte, empfahl ihm, einige Bilder zu 
faufen, und Segond folgte feinem Rath. Er Paufte den Corot fiir 5000, 
den Rouffeau für 2600 und den diem für 1800 francs. 


Gedanken über bildende unfit. 


Meifter, die ih an italienifhe Beftalt gewöhnt haben, fönnen niht be- 
greifen, wie Rubens den tiefen Eindrud in aller Herzen zu feiner Zeit ge- 
madt habe und nod bei Men- 
[hen macht, denen fie warmes, 
inniges Gefühl der Schönheit 
nicht abfprehen fönnen, da er 
nicht ein einziges Mädchen ge- 
malt, a3 nur mit einer biib- 
fen, rdmifdhen Dirne in einen 
Wettftreit der Schönheit h 
einzulaffen imStande fei. Lieben 
Leute, Waffer thut's freilich 
nit! Rubens hat zum Bei- 
fpiel nur, in feine beften Stüde 
meiftens, eine feiner Frauen zu 
einer Ser weibliden Haupt- 
figuren genommen, und an die- 
fen fannte er jeden Ausdrud 
der freude und des Schmerzes, 
der Wehmuthb und des Ent- 





| \ * zückens; eine Donna von 
— Denedig war ihm nie fo zum 

7 € : \ Gefühl geworden, noh weniger 

M í \ Lais und Phryne, dte er 

/ nie mit Augen geſehen. Und 

/ * wer will außerdem verlangen, 
dağ er an die Ge- 
\ * neralſtaaten hol⸗ 
\ ländifh mit grie- 
= ‘ \ chiſchen Lettern hätte 

= [reiben follen? 

Sa \ 3 LER Windelmann 
N „a vielleiht in feiner 
x Nee j Schwärmerei; aber 
WI gewiß nicht, wenn 


er fonft bei guter 


Buonaventura Genelli, Aftjtudie, 
Laune gewefen. 


A, Flinfh, Berlin, 


Jeder arbeite für das Volf, worunter thn fein Schidfal geworfen und er 
die Jugend verlebt hat, fude defen Herz zu erfchüttern und mit Wol- 
luft und mit Entzüden zu fdwellen, fude defen Luft und Wohl zu verftärfen 
und zu veredeln und helfe ihm weinen, wenn es weinet! Jedes Volk, jedes 
Rlima hat feine eigenthümlihe Schönheit, feine Koft und feine Getränke; und 
wenn echter milder Rüdesheimer nidt fo reizend, fo öl-, mark- und feuerfü 
ift wie der feltene Klazomener, fo ift er doh wahrlih auh niht zum Fenfter 
hinauszuſchütten“. 
Wilbelm Heinfe (Briefe über die Düffeldorfer Galerie. Mertur 1776). 

Die Runft wird mir wie eine zweite Natur, die gleih der Minerva aus 


dem Haupte Jupiters, fo aus dem Haupte der größten Menfchen geboren worden. 
Goethe. 


* 
Die Kunſt gleicht einer empfindſamen Silberplatte in der DunfeleCamera 
der Geſchichte, ohne Vorurtheil verzeichnet ſie das geiſtige und phyſiſche Leben 
der Menſchheit, ſobald ein Strahl deſſelben auf ſie fäͤllt. 


* 

Der Begriff des Schönen in der Natur fällt mit dem des Zwedmäßigen 
zuſammen oder leitet ſich unmittelbar aus dieſem ab, und ſo iſt auch in der 
Lebenskunſt nur das wirklich ſchön, was dem hdberen fittliden Swed des 
Lebens entſpricht. Ja ſelbſt in der bildenden Kunſt läßt ſich dieſelbe Grund— 
bezlehung nachweiſen, nur daß hier als „Zweckmäßigkeit“‘ diejenige Beſchaffen- 
heit eines Aunftwerkes empfunden wird, vermöge deren es irgend eine Eigen- 
art feines Urhebers, wenn aud vielleiht nur eine momentane Stimmung 
deffelben, auszudrüden im Stande ift, vermdge deren es dem Befehauer 
wirllid etwas fagt. 


Walter Crane, 


Benjamin Detter. 


* 

Ueber die unerläßliche Bedingung des Erfreuens kommt keine äſthetiſche 
Definition hinweg. Die bildende Kunſt, welche man gleich der Liebe auf 
den Luftreiz zurüdführen darf, hat ihren Schlüffel in der Benußfähigkeit und 
ihr äußerer Beftand hängt von dem alten Worte ab: „Es gefällt mir, es 
gefällt mir micht."* Otto Rnille. 


£ 
Das Bild ift mir das liebfte, weldes id) mit den Augen, nit mit den 
Obren verftehe, wo ich feben fann, obne wiffen zu müffen. 
š Cornelius Gurlitt. 


Deutfde Runft 





Neuerwerbungen der Berliner Kunftfammlungen. 


ie foeben erfcienenen amtliden Quartal-Beridte aus den Ronigliden 

Runftfammlungen über das Dierteljaht vom I. April bis 50. Juni 1898 

melden 3unddft die Ausgabe der neuen Auflage des Ratalogs der 
Gemäldegalerie. Sie hat die lerte Auflage zur Grundlage, ift aber nah 
allen Ridtungen durhgearbeitet und beridtigt. Die Madbildungen der 
Rünftlerinfohriften find wieder in den Tert aufgenommen, ein kurzes Derzeihniß 
der in den Magazinen befindlihen wie der an Provinzialfammlungen leih- 
weije abgegebenen Gemälde ift hinzugefügt worden. Eigenthbum der Gemälde- 
galerie it durch Zahlung der Auslagen an den Raifer Friedrich - Mufeums- 
Verein Fouquet’s lebensgrofes Porträt des Etienne Chevalier mit 
feinem Schußheiligen geworden. Einige wichtige Stüde find für die Sammlung 
antifer Originalftulpturen im Runfthandel erworben worden. Ein unbärtiger 
Ropf aus Ralltuff ift, obgleid) ftarf befhädigt, eine gute Probe der in den 
Sammlungen außerhalb Griehenlands faum vertretenen alterthümlihen Plaftit 
in weihem Stein, deren tehnifhe und ftiliftifce Cigenthiimlidfeiten fid an 
ihm in lehrreicher Weife erfennen und aufzeigen laffen. Cin iiberlebensgrofer, nod 
mit Shmuß überzogener, im übrigen vorzüglidh erhaltener weibliher Marmor- 
fopf vertritt eine jüngere Stufe der arhaifchen Runft. Die Zahl der Grab- 
reliefs wurde durd das nur unten unvollftandige Relief einer DıAnyvic Muloxov 
Bowria bereidhert, das die Derftorbene von langem Sdleier umwmallt, und 
ihre Meine Dienerin zeigt, die ihr ein Räfthen halt. Eo ift gute Arbeit des 
beginnenden 4. Jahrhunderts. fiir die Sammlung der Bipsabgüffe wurde 
ein Abguß eines der Löwen vom Ylereidenmonument von Xanthos erworben; 
als Befhent erhielt die Sammlung vom Ralf. Ottomanifhen Mufeum in 
Ronftantinopel den Abguß eines neuerdings in Pergamon gefundenen Reliefs, 
das eine Tänzerin darftellt, offenbar zufammengehörig mit dem Berliner 
Bruhftüd einer folhen Darftellung Ar. 954; vom Reihsmufeunm das Relief- 
bild eines Mithrasdieners (Original im Landesmufeum zu Agram). 

Einen befonders reihen Zuwachs erhielten die Bilbwerfe aus der drift- 
liden Epode. Rauflidh erworben wurden: 

Lünette aus Marmor, zwei Putten, die einen Aranz mit Wappen zwifchen 
fih halten, von Benedetto ða Maiano. Das Wappen ift das der 
Gherardi. An Marmorwerfen des Meifters befaß die Sammlung bisher nur 
den Sodel zu einer Rirhenfahne und eine Pleinere Bafis mit Engelstdpfen. 
Das Tympanon ift eine befonders feine Arbeit aus des Meifters fpäter Zeit. 
Die Putten erinnern an die anf dem Marmoraltar der Rirche von Montoliveto 
in Neapel vom Jahre 1489. 

Rleines bemaltes Studrelief der Madonna mit dem Rinde, von guir- 
landentragenden Engeln umgeben, von einem Nachfolger Donatello's, in der 
Erfindung von befonderem Gnterefje. 

Großes bemaltes Studrelief, darftellend die Anbetung des Rindes, von 
einem florentiner Schüler des Donatello. Ein nah verwandtes Werf, an- 
fcheinend von derfelben Hand, befand fi bereits in der Sammlung. 

Denezianifches Bronzerelief um 1500, vermuthlid) die Begegnung des 
Theodofins mit dem hl. Ambrofius am Portal der Rirde darftellend, von 
vortrefflider Patina. Gntereffant die Mifdhung antifer und der Zeit entlehnter 
Elemente in der Tradt. 

Tabernafeltbür in vergoldeter Bronze, Chriftus als Schmerzensmann 
zwifchen zwei Engeln mit den. Ceidenswerkzeugen, vermuthlid von der Hand 
des Tullio Lombardo. 

~ Gruppe von drei fämpfenden nadten Männern, in Bronze, angeblid von 
Giovanni $a Bologna. 

Thonmodell zu einem Tabernafel von Matteo Civitale, den Tod 

Mari darftellend. Das nur fragmentifd erhaltene Werf des außerhalb feiner 


Daterftadt Cucca felten vertretenen Meifters zeigt Chriftus, der mit der Seele 
Mariä im Arme von Engeln emporgettagen wird.‘ Der untere Theil mit dem 
Lager der Sterbenden und den Apofteln ift zerftört. 

Als Gefdhente gingen Ser Abtheilung zu: 

Don Herein Geheimen Guftizrath Leffing (aus der von Sallet'fdhen 
Sammlung) fünf Elfenbeine und eine Evaftatuette in Bronze, deutjche Arbeit, 
um 1520. Unter den Elfenbeinen befinden fih zwei aus Ser Sammlung 
Poffente in Fabriano ftammende werthvolle byzantinifhe Tafeln des XI. Jahr- 
bunderts, eine Areuzigung und die bereits im Madtragsband zu Boris The- 
faurns abgebildete Tafel mit dem Bruftbilde der Mutter Gottes im sierlid 
gefhnigtem, medaillonartigem Rahmen. Die übrigen Stiide find franzdfifden 
Urfprungs. 

Don einem ungenannten Bönner ein nod dem frühen Mittelalter an- 
gehörender Schadhftein (Thurm), vermuthlih deutfche Arbeit des X. Jahr- 
hunderte. 

Ein Relief in Lederpreffung, die Madonna mit dem Rinde zwifchen zwei 
Engeln nah Luca della Robbia, als Gabe eines ungenannten Freundes 
der Sammlung. Ein übereinfiimmender Stucco mit der Jahreszahl 1428 be- 
findet fih in Orford. 

Niiederländifches Relief in Eihenholz, die Alage um den Leihnam Chrifti 
darftellend, vom Ende des XV. Jahrhunderts; Fragment eines größeren 
Ultarwerfes. Gefdenf des Heren Buftav Salomon 
` Don Heren Hans Sdhwarz in Wien eine bemalte Thonftatuette Jo- 
hannes des Evangeliften, aus einer Gruppe der Areuzigung ftammend; gute 
füddeutfhe Arbeit des beginnenden XVIII. Jahrhunderts. 

Endlih an Meineren Arbeiten in Bronze: 
eine altdriftlide Lampe in Geftalt eines Pfaus, angeblidh im Tiberfande ge- 
funden, gefhenft von Herrn A. frowein in Elberfeld, 
ein Windhund, italtenifhe Arbeit des X VI. Jahrhunderts, 
fünf Platetten, Sarunter das Stidblatt eines Schwertes mit David als 

Sieger, bisher unbekanntes, befonders fhönes Wert des Andrea 
Riccio, von ungenannten Bönnern; ferner als Gefdhent des Herrn 
A. Zeiß fehs Bleiplafetten, unter diefen eine Arbeit des „Meifters 
der Orpheusfage‘‘, eine runde, vergoldete Bronzeplafette, deutfche Arbeit 
des XVI. Jahrhunderts, Befhent des Herrn James Simon, ein 
Bronzeplafette von Quellinus (Silen mit Satyrn und Rindern), 
Gefdhenf des Herrn W. Bode, endlidh ein ovales Täfelhen mit der 
Anbetung des Rindes, anfcheinend vlämifh um 1600, Gefchenf des 
Herrn G. Salomon. 

Don den zahlreihen Erwerbungen des Aupferflihfabinets, deren Haupt- 
theil die auf den Derfteigerungen der Sammlungen von Sallet im April 
und Sträter im Mei ð. J. gemachten Ankäufe bilden, felen nur bhervor- 
gehoben die Aupferftihe: Meifter €. S. (1466). Der Marr und die Lauten- 
fhlägerin, Abzug vor der Schrift; Zerael von Medenem. Der heilige 
Lutas. — Der Arzt und der Apotheker. — Das Liebespaar; Martin 
Schongauer. Anbetung der Könige. — Der heilige Antonius; Albrecht 
Dürer. Das Schweißtuh der Deronika, von zwei Engeln gehalten. — Die 
Rupferftidpaffion, 16 Blatt; Heinridh Aldegrever. Bildnif des Albert 
von der Helle; Hans Sebald Beham. Hodzeitstänzer; Nicolaes 
Berghem. 19 Thierdarftellungen; Ferdinand Bol. Bruftbild eines alten 
Mannes; Hendrif Goltzius. Maria mit dem Leihnam Chrifti. — Sitende 
alte frau. — Der Maler Jan Bol. — Jan Arnold Beerefteyn und fein 
Wappen; Jan Hadaert. Der fih fhlängelnde Weg. — Die Gruppe von 
vier Bäumen. — Der große felfen am fluß; Paul Potter. Die folge der 
Odfen und Rühe. — Der flötende Hirt. — Der Ruhlopf; Rembrandt van 
Ryn. Rembrandt mit dem Säbel. — Abraham verläßt Hagar. — Abraham 


474 Deutfde Runft. 


und Sfaat in Unterredung. — David im Bebet. — Die Anbetung der Hirten. 
— Maria mit dem Rinde auf Wolfen, vor den diagonalen Striden am 
Himmel. — Chriftus predigend. — Die Meine Auferwedung des Lazarus. — 
Jefus in Gethfemane. — Chriftus am Arenz. — Chriftus erfcheint den 
Jüngern. — Der bl. Hieronymus in Dürers Befhmad. — Der Stern der 
Rönige. — Der Boldfhmied. — Die alte Bettlerin, vor Ueberarbeitung der 
Haube. — Lazarus. — Sigender Bettler. — Männliher Alt. — Jan Sylvius, 
vor den Retouden im Befiht. — Nachdenklier junger Mann. — Menajfeh 
ben erael, vor der Retoude. — Rablfdpfiger Alter. 
— Rembrandt's Mutter; Jacob Ruisdael. Die 
Hütte auf dem Hügel, vor der Aufäßung. — Die 
2 Reifenden, mit leichter Luft oben redhts, vor der 
$ Pi Wolfe. — Das Rornfeld. Die drei Ciden; Lucas 
EGA, van Uden. Die folge von Landfhaften; Adriaan 
X van de Velde. Die Folge der Thiere. — Stehendes 
g Í \ N Schaf. — Liegender Widder; Marcantonio 
| $ ‘3 Raimondi. Gofeph und Potiphar. — Der bl. 
j Sebaftian. — Der Rindertanz; 7 Stidhe von Claude 
; \ war Lorrain, und „Die Marter des heiligen Bartho- 
| . lomaus von Ginfeppe Ribera. 
| Ferner Holsfdhnitte von Albredht Diirer und 
i Lucas Cranad und 10 werthvolle Biidher mit 
\ Ar Holzfdnitten und Rupferftihen aus dem J5., 16., 
TRS 17. und 19. Jahrhundert. Außerdem erhielt die 
| Sammlung an Werken älterer Runft nod die feder- 
zeihnung Rembrandt's „Eliefer am Brunnen‘ und 
das „Buch der heiligen Dreypaldefeit". Eine Papier- 
handſchrift alhymiftifhen Inhalts mit zahlreihen, 
Buonaventura Benelli, merfwürdigen, fünftlerifh werthvollen Malereien, ge- 
Akt. ſchrieben zu Konſtanz in den Jahren 1416—1419. 
A. Minſch, Berlin. Un Werfen neuerer Runt wurden erworben Radi- 
tungen von feliz Bracquemond, Paul Hellen 
Pierre Georges JFeanniot und Lithographien von UA. Besnard, J. €. 
Blande, €. Dinet, H. fantin-Latour, A. Lepère, Alerandre 
Lunois, Edouard Manet und Jan Veth. Aus dem Landeskunftfonds 
wurden Lithographien von Guftav Federt, Alerander frenz, Otto 
Greiner, Arthur und Eugen Rampf, Cornelia Paczha-Wagnet 
und Hans von Dolfmann u. a. m. angelauft und aus den in der 
Röniglihen tehnifhen Hochfehule zu Charlottenburg bewahren Runflfammlungen 
des Beuthb- Schintel- Mufeums Aupferftihe mit den Zeihen €. ©. und L. 
und von Albreht Altdorfer und Lucas Cranad fowie die dem 
Albreht Dürer zugefhriebene Tufhzeihnung ,,Simfon, die Philifter 
tddtend", dem Aupferftihfabinet leihweife für fünf Jahre überlaffen. 


Unter den in dem behandelten Vierteljahr erworbenen egytifhen Alter- 
thümern bilden zwei Stüde aus der Sammlung des Heren Grafen Protefh 
von Often den Mittelpuntt. Es find dies: 


Eine etwa 30 cm hohe Holzfigue eines ftehenden Mannes aus dem 
neuen Reih, die fih den beften Holzfiguren diefer Zeit an die Seite ftellen 
fann. Der Dargeftellte ift ahltöpfig wie die Priefter und trägt eine Geifel 
und einen furzen Schurz, wie ihn Soldaten trugen. Er war alfo vielleicht 
Offizier im Dienfte einer der großen Tempelverwaltungen. Befonders hübjch 
ift das Befiht wiedergegeben 


Ein hdlzerner Lowenfopf, der wohl den Abflug der Seitenlehne eines 
Thrones gebildet hat. Arbeit und Erhaltung find glei vorzüglid. 


Don anderen Erwerbungen find vor allem zu nennen zwei vortrefflich 
gearbeitete große elfenbeinerne Rinderfüße, etwa von einem Bett. Ganz 
gleihe find in den Königsgräbern aus den erften Dynaftien in Abydos und 
Negade gefunden worden. Derfelben Zeit gehören ein großer Rupfernapf 

. und mehrere Steinfhalen an. 

wichtig find ferner zwei Beräthe, die fic) durch ihre Gnfdriften als 
nftrumente zur Beobadtung der Sterne erweifen. Yur das eine von 
ihnen war bisher, und aud dies nur aus Bildern fpäter Tempel, bekannt. 

Ein Gefen? des Heren Profeffors Shweinfurth ergänzt deffen legte 
Gabe in erwünfchter Weife, denn es enthält zum größten Theil wieder Bei- 
gaben aus Gräbern der erften Dynaftien, befonders Töpfe. Gutereffant find 
vor allem zwei Steingefäße in form eines Elefanten und eines Wilpferdes 
fowie robe Figuren von Frauen, fogenannte Puppen. 

Die Sammlung von Bötterbronzen wurde durh den großen Kopf 
eines Gbis, des Thieres des Gottes Thoth, mit der Géstterfrone, vermehrt. 





Auch eine Reihe von Antäufen wichtiger vorderafiatifher WAlterthiimer 
konnte gefhäftlih abgefchloffen werden. 

Die Neuerwerbungen für das Aunftgewerbe-Mufeum umfa ffen 
84 arditeftonifhe und keramifhe Begenftände, die Befchente fehe Porzellane, 
fleinafiatifhe fayencefliefen aus dem 16. Jahrhundert, eine Silbermünze ven 
©. Roty und fleben Arbeiten neuerer Gnduftrie. Ueberwiefen wurden Sem 
Mufeum von der Beneral-Derwaltung der Röniglihen Mufeen: zwei Schlüffel, 
Schmiedeeifen, und der Röniglihen Regierung in Aurih: Theil einer Leder- 
tapete aus Leer; holländifhe Arbeit 17. Jahrhundert. 

für die Nationalgalerie endlid wurden angekauft die Oelgemalde 
ylbend im Dorfe von f. Starbina, „Die Siinderin’ von N. Geiger, 
beide auf der Grofen Berliner Runftausftellung; ferner die „Madenna im 
Schnee" von KR. f. Bledhen, fowie zwei Bleiftiftzeihnungen von J. von 
Führi „Eliefer und Rebeffa am Brunnen“ und „Ifaat fegnet Jakob‘. 

Das bei Hans fehner beftellte Bildnig des Generals Grafen von 
Rirhbad wurde abgeliefert. 

Als Gefen? erhielt die National-Balerie von Herrn Rittergutsbefiger 
R. Israel das Bemälde „Brunewaldfee bei Abenddämmerung" von 
W. Leiftifow. 


Berlin. — Das neue Riinftlerhaus, dem die „Deutfhe Runft eine be- 
fondere Nummer zu widmen gedentt, geht unter Profeffor Hoffader's 
Leitung feiner Vollendung entgegen. Die Fertigftellung des malerifchen 
SFacadenfhmuces, eines Mofaitgemäldes, das als Apotheofe Dürer’s endlich 
einmal nationalen Charakter hat, verzögerte fich, weil einige Farben, die die 
Harmonie des Banzen ftörten, durch befjer wirkende erfegt werden mußten. 
Auch im großen Feftfaal wird dsurd die monumentale Malerei des Profeflors 
Mar Rod das Deutfhthum ftar? betont. Am 15. Oftober foll das würdige 
Gebäude mit einer Ausftellung eröffnet werden. Wenn fih an ibe auch 
fämmtlihe Berliner Riinftlergruppen einmiithig betheiligen, fo ift doc der 
bie und da fhon laut gewordene Jubel über eine dauernde Vereinigung ver- 
früht und nimmt fi in feiner Beftimmtheit aus wie ein verkleideter Wunjch. 
Annehmen darf man wohl, daß die Aueftellung ein reihes und erfreulihes 
Gefammtbild vom Stande der Berliner Runft geben wird. Ein künftlerifches 
Ereigniß von großer Bedeutung plant die Akademie, eine Rembrandt- 
Ausftellung. Sie will verfuhen, die Sammlung der Werle Rembrandt's, 
die bei Gelegenbeit der Rrénungefeierlidfeiten fic Amfterdam zujammen- 
gebradt worden find, für Berlin zu gewinnen. Auh Gefelfdhap gedentt 
fie mit einer Ausftellung feines fiinftlerifhen Yladhlaffes zu ehren. Das 
Runftfhaffen ift ein ungemein reges; eine große Zahl von Künftlern, 
namentlich Bildhauer, find mit öffentlihen Arbeiten 
betraut, die zum Theil nur nod ihrer Ausführung EN 
in dauerbaftem Material barren. Bildhauer Bör- £ d 


mel hat das große Modell des Raifer Sieges- * 
mund-Dentmals für die Siegesallee vollendet und s + j 
and das der im Charalter der Frühgothit ge- — 4 


haltenen Banfwangen fertiggeftellt. Die beiden 
Büften (Landeshauptmann Lippold v. Bredow 
und Biirgermeifter Bernd Ryle) find vorläufig erft j 
im Hilfemodell dargeftellt. Was die Ausführung 
in Marmor anlangt, fo beabfidtigt der Riinftler, i 
die Statue und die betden Nebenfiguren in Carrara i 
nur punftiren zu laffen und dann in feinem Atelier i 
auszuführen. 

Muth hat eine Bruppe für die Rapelle des Paul 
Gerhardt-Stiftes „Chriftus und der Gidt- suonaventura Genelli. 
brüchige“ gefhaffen. Es ift ein gutes Werk fird- Att. 
lider Runft, gegen das fih boffentlid) aud Feine A. flinfe, Berlin. 
nadtragliden fonfeffionellen Einwendungen erheben, 
wie fle in Berlin nicht gerade men find. Die jüngften haben h gegen 
die foeben vollendete plaftifhe Darftellung der Anbetung Chrifti Surh 
die drei Rönige, die der verftorbene Wifolaus Geiger fiir das Giebel- 
feld über der Eingangspforte der fatholifhen Hedwigstirdhe gejhaffen 
hat, gerichtet. Die figuren der Maria und des Jofeph follen in einer 
Weife dargeftellt fein, die der Fatholifhen Ueberlieferung nicht entfpricht. 
Der Dorwurf erinnert einigermaßen an eine wenn auh niht öffentliche, jo 
doh ſehr lebhafte Erörterung, die unter Theologen und Rünftlen nadh 
Sertigftellung der Heiligkreuzfiche ftattfand über das Rruszifir auf dem 
Altar der Rirde. Die Füße des Aruzifizes find jeder befonders mit einem 
Nagel an dem Kreuz befeftigt. Das aber follte eine fpezififch katholiſche 


Form des Rrusifires fein, während das evangelifhe Kruzifir beide Füße 
übereinander mit nur einem Nagel durdftohen zeigt. Der Streit verlief 
damals ergebnißlos, die Rirhe hat heute nod das Kruzifix. Gerichtlich aber 
entfehieden wurde der Streit darüber, ob die auf den beiden Blodenthürmen 
der Thomasfirhe angebrachten geflügelten Figuren fiinftlerifd als dpriftliche 
Engelsfiguren aufzufaffen fein. Das Beriht bat nah langen Derhandlungen 
und auf Grund ausfiibrlider Butachten fünftlerifcher Autoritäten diefe Frage 
bejaht. Es war von der verflagten Rirhenzemeinde eingewendet worden, 
daß diefe beiden Figuren leine Engelsdarftellungen, fondern das Mafliihe 
Bild der Nite feien, wofür namentlih die Fliigelbaltung der Figuren fpräde. 
Don den als Sachverftindigen vernommenen Riinftlecn wurden dagegen 
zahlreihe Fälle angeführt, wo in driftliden 
Richen Engelsfiguren mit der gleihen Flügel- 


baltung dargeftellt feien wie bier auf den A 
Blodenthürmen. f J— 
Solche nicht eben ſeltenen Einwände F à hy 

find leider geeignet, die freie Entwidlung f 


der firhlihen Runft aufzuhalten und fie in 
leblofer Tradition Zu einer unabanderliden, x 
byzantinifch-fitengen Typenfompofition er- „eräifg” map man ò 
ftarren zu laffen. Der Boden für eine zeit- -0h Niemand jagen fann, wei 
gemäße religiöfe Runft ift einftweilen nod Vor allen Dingen wäre es mehr als 
außerhalb der Kirche zu fuchen. 1, daß num die Zahl der Aufträge für 

Nicht beifer ftand es bisher mit der Hädt mag ja wohl zablungsfähige Ge- 
fhen Runftpflege. Sie war einer Rommiffionfmal vorzogen; aber im Grofen 
anvertraut, deren guter Wille mit dem Bevefen fein, die eben die Summen 
ftreben an anderer Stelle, Berlin zur-sen fonnten. Solde werden eben fiinftig 
Stadt zu machen, fo opferfreudio-od, fiebt man einmal von den Fntereffen der 
daß die Reihshauptftadt baf‘ es denn wirklich fo jhlimm it, wenn in Stendal 
fätte der Befhmadlofigkeit Kaiferdentmal fteht. Wahrjheinlid befommt nie 
Mag es der emfigen Rommifjion aiaPenfmal der anderen zu feben. Und anderer- 
fein, durd die fiinftlidhe Beleuctuniit wenigen Ausnahmen, unfere Rünftler 
Dictoria-Wafferfallse anfprudslofen einander, fo individuell? Herrfht nidt 
berzen einen Hocdgenuß bereitet zu bÅ die Duchfchnittsdentmäler alle aus- 
durch die Potsdamer Brüde und ihren Figuren Grofen Außen werden Aunft und 
fhmud hat fie alles Andere bewiefen, nur‘ Gemeinden, die, aus Moth ober 
fein Kunftverftändniß und feinen Befhmad. "mer eine Bießerei oder einen 
Wenn Berlin nod immer in dem Rufe ftebt, “‘efer Werfe nod) finfen. 
an beiden ftar? Mangel zu leiden, fo 
bat es dieje Nachrede der ftädtifchen Runft- rlin ift nad einer 
fommiffion zu verðanten. Als ein ver- f sen, die wieder 
nünftiger Entfhlug der Stadtverordneten if > ist der 
it es 3u begrüßen, die beiden Gelehrten “ 
Helmbolg und Siemens von ihren Sig- £ 
punkten wieder zu entfernen und irgendwo Zeh 
im fohattigen Brünen unterzubringen, damit 
fie abfeits ein befhaulides Stillleben führen 
und fih den Kopf darüber zerbrechen fönnen, 
welhem Vergeben in ihrem Leben fie es 
3u verdanken baben, in folder Beftalt auf die Nachwelt zu tommen. 
Die Demiithiguig mag für die fladtifehe Runftfommiffion redt beilfam 
gewefen fein und fie fiinftig von abnliden Streihen abhalten. Dafür 
bürgt ein Mann wie der Baurath Hoffmann, der Schöpfer des 
Reihsgerihtsgebäudes in Leipzig, der befanntlih in den Dienft der Stadt 
Berlin getreten it und fider mit dahin wirken wird, einen befjeren fünftlerifchen 
Geift in der Reihshauptftadt großzuziehen. 

Münden. — jm Runftausftellungsgebäude am Rönigsplag, in 
dem feit dem Frühjahr die ,,Sezeffon ihre Dauerausftellung bat, wird vom 
19. November bis Ende Dezember eine internationale Ausftellung fünftlerifher 
Pbotographien ftattfinden. Zur Betheiligung werden nur perjönlihe Ein- 
ladungen ergehen. Die ,,Sezeffion hat vier Säle zu diefem Zwede zur Der- 
fügung geftellt, in denen hddftens 150 Werke der hervorragendften Runft- 
photographen untergebeacht werden follen. Entfpredend dem bei der Sezejjion 
aud geltenden Bebraud werden feine Ehrendiplome oder Medaillen verliehen. 
Letter Tag der Einfendung ift der 5. November. Das Arrangement der 
Sonderausftellung liegt in den Händen des Malers f. Matthies=Mafuren, 
Redakteur des Photographifhen Tentralblattes. — Damit eröffnet alfo die 
„Sezefion“ die von ihr angekündigte Reihe von Deranftaltungen, mit denen 
ein neuer wichtiger Faktor ins Münchener Runftleben eingeführt wirs. 


é — 


Deutſche Runſt. 


Buonaventura Genelli, Aktſtudie zu 


„Aus dem Leben eines Wüſtlings“. 
A. Flinſch, Berlin. 


475 


Der „Internationalen Kunſtausſtellung der Sezeſſion“‘ wurde noch kurz 
vor ihrem Schluß ein Werk der dekorativen Runft einverleibt, ein in Seiden- 
ftiderei nad einem Entwurfe ihres Mannes ausgeführtes Panneau der Madame 
De Rudder in Brüffel, die drei Schidfalsgöttinnen Rlotho, Ladhefis und 
Atropos darftellend. Aurz vorher waren zu den Gemälden im Ausftellungs- 
gebäude am Rönigsplage nod binzugelommen das Porträt des Beneralmufit- 
direftors Levi von franz Stud und „Eine Sommernadht mit Lampions- 
beleuhtung" von frig Thaulow in Dieppe. Der Verkauf von Runftwerten 
it in beiden Ausftellungen nod immer ein lebbafter. Jm Glaspalaft wurden 
aus der Gruppe fiir Arditeftuc und Runfthandwerk zwei Buffets nah Entwürfen 
des Arditeften Martin Dilfer, ausgeführt von U. Pöffenbader, 
Münden, für den Raifer von Rufland an- 
gekauft. Ein angefehner Broßfaufmann in 
St. Petersburg bat das figurenreihe Ge- 
mälde „Die Nuffen vor Aare‘ von Profeffor 
franz Roubaud, Münden, erworben. Es 
ift das erfte Werk für eine Balerie für fhöne 
Rünfte, die der Raufer als eine freie Bil- 
dungsanftalt für das Volt gegründet hat. 
Sein Mufeum wird Jedermann unentgeltlich 


— j offen ftehen und die bisher nod euphe- 
vorberrf. miftifhe Bezeihnung über dem Eingange des 
grund. japanifhen Palais zu Dresden „museum 


und drei i 
fiir die Erleug, 
gemalter Bobeli, I) 
ftände entftammer \ | 
Gebrüder Bauer en, \| 
Guftaw Trelenberd/ 
Wandfpiegel mit Fay 

der Hand der Breslauer 
SF Shulge Nadf. (Junter 
Pendelfheibe mit Stange 
entzüden. 


usui publico patens“ aud wirflidy verdienen. 
gm Gnterefjfe der deutfhen Runft und zur 
fittlihen Hebung des Seutfden Dolfes ift es 
dringend zu wünfchen, daß die in den Der- 
einigten Staaten von Yordamerifa und Ruß- 
land gegebenen Beifpiele von wirflidem 
Woblthun aud einen unferer Millionäre an- 
tegen, dem Sthaffensdrange der deutfden 
Rünftler zeitgemäße belebende Fdeen zu- 
3ufiibren. Yur durdh folde Beftrebungen wird 
der Wunfdh des Proletariats, der in veredel- 
tem Sinne noh immer beißt „panem et 
— m Beige eines betar Circenses!“ in richtiger Weife erfüllt. 
eine in der Bronzegießer ' 
Eremplaren gegoffene Bre 
Bildhauers Wilh. Wattler 
ausgezeichneten Eigenfhe” 
aus dem Hunnent- 
ryendig und F 


— 


Nürnberg. — In der Kirche der 
nahen Ortſchaft Kalchreuth befindet ſich 
ein werthvolles Runſtwerk: ein von Adam 
Kraft gefertigtes fteinernes Saframents- 
bäuschen, weldes jedoh im Laufe der Jabr- 
bunderte f[hadhaft und ruinos wurde. Das 
Staatsminifterium bat nad Einvernehmen 
dea Generalfonfervatoriums in Münden und 
auf Grund des von demfelben erftatteten 
eingehenden Gutadtens genehmigt, daß eine 
Reftauritung des ARunftwerfes vorgenommen 
wird, mit welder der Steinmer Jobann 
Böfcel hier unter Leitung des Arditeten Shmit (weldem die Leitung 
der Reftaurirung der biefigen Sebaldusfirhe übertragen ift) betraut wird. 

Das bayerifhe Bewerbe-Mufeum bat eine Ausftellung von Runftlitho- 
graphien veranftaltet, die nahezu 700 Blätter umfaßt, obwohl mit Rüdfict 
auf die erft kürzlich ftattgebabte Plafatausftellung das Plafat, ein Haupt- 
zweig des litbographifhen Schaffens, ganz ansgefdloffen if. Tie Haupt- 
abtheilung Deutfdland füllt fat den ganzen „Goldenen Saal". Stark 
vertreten ift Berlin namentlih duch Meifter Menzel: „Chriftus als Rnabe 
im Tempel" (lith 1852), ,,Reiffpiel auf der Terrajfe in Potsdam“, „Inter 
ejfante Lektüre, .,Raubritter mit Beute‘ und andere im den Jahren 1849 
bis 1851 in den fehönften Frühdruden, zum Theil mit Randeinfällen her- 
geftellte Runftblätter. Don H. fehner (Berlin) find befannte Porträtlitho- 
graphien wie Profeffor Dirhow, Herm. Sudsermann, Gerhart Haupt- 
Mann, Pring-Regent Luitpold, der jüngft verftorbene Theodor fontane 
u. A. in meifterhafter Ausführung vorhanden. Diefen fließen fih an 
Porträts von J. Geng und M. Liebermann „Bei der Lektüre", „Strand 
von Scheveningen“, „Theodor fontane und pgm Spiel der Wellen", von 
denen ganz befonders das erftere des Riinftlers darakteriftiihe Eigenart 
wiedergiebt. Don den Miindner Riinftlern zeihnet fid frig Burger dsurh 
feine Rreidelithograpbien, Otto Greiner durch feine forgfaltigen, minutiss 
durchgeführten Porträts, Gelegenbeitsblatter und mytbologifhen Darftellungen 


476 Deutide Aunf. / 


aus. Einen Blanzpunft der Ausftellung bildet Rarlerube. Hier hat die 
Lithographie ein forgfältiges Studium erfahren und geftaltet fih zum farben- 
drud. Die Landfhaften von Ñ. Daur, der Schloßpart in Sdhwekingen 
von W. Tonz find fiinftlerifche Leiftungen. Eine fhöne Abendftimmung 
bringt 5. v. Dolkmann. Dresden hat eine trefflihe Künftlerin in Marianne 
Fiedler aufzuweiſen. „Landſchaft“, „Bacchantin“ und ein Herrenportrat 
find gut gezeichnet. ©. Fifher bringt Landjhaften. Gg. Lührig's Dar- 
ftellungen find, wie die fifder's, gut erfaßt und trefflic durchgeführt. Unter 
den Diiffeldorfer Riinftlern verdient befondere Erwähnung der phantaflereide 
Alerander frenz. Frankfurt a. M. ift vertreten Such W. Steinbaufen 
und Hans Thoma. An englifhen Lithographien enthält die Ausftellung 
trefflidhe Blatter von C. H. Shannon, Whiftler, Crane, Holloway, 
Midolfon und Penell. Die lithographifche Produftion Frankreichs fteht 
mit an erfter Stelle. fat den ganzen Mebenfaal fiillen die Blatter von 
Lunois, der insbefondere Motive aus Spanien mit fraftigen Farbenwirtungen 
wablte, von E. Carrière, N., Luce, Fantin-Latour, €. Moreau- 
Nélaton, Dulac, Helleu, Manet, Deber u. A. Der Holländer 
J. Deth it ausfhlieğliġh Poiträtit. Orlif in Prag ift der einzige Re- 
präſentant Oefterreihs. Spanien it durd zwei Rünftler, Baireras und 
Stimona, und Belgien duch Brehmann, Meunier und Nibdrig 


vertreten. 
= zer mit 


B:,.18:; 
Aelt die 


Dresden. — Die Geburtsftadt Cudswig 
Ricter’s ehrt den unvergeBliden Meifter an secs 
feinem Geburtstage, dem 28. September, mit der = ed = 
Enthüllung feines Denkmals auf der Brühl'fhen Ai ag = 
Terraffe, gegeniiber dem Denfmale Semper's. i ai nt avi 
Jur Ehrung eines anderen großen Todten, Bis- te m =. gen, 
mard’s, bat der Rath der Stadt bejchloffen, Fabien pia 
für das Stadtmufenm duch Franz von Len. EN a x 
badh ein Bismardsbild (Anieftüd) anfertigen — p ate PR t- 
3u laffen. Lenbah bat den Auftrag ange ” PARSE EN, 

von A. Besnard, J. €. 

nommen. Unfere Ausftellungen haben fammtlid  Gepde Au 5 
die Winterfaifon mit Darbietungen von größerem > * porki —— 
Aus dem Landeskunſtfonds 

Umfange oder geſteigecter künſtlerlſcher Quali’ Alegander f © 
eröffnet. Unter der Fluth von Landfhafte=! ë tenz, Otto 
z a g ornelia Paczta- Wagnet 

„Sähfifhen Kunftverein‘‘, der übrigens vo ~ Anal cues hea ta 8 
1. Oftober bis 26. November wegen der afadee ' DER IB HER 


/ 





ê 


von Rlingeg' Hand zu [hmüden, it feineswegs aufgehoben; nur über den 
Umfang der) bier in Frage fommenden Arbeit ijt bis jegt noch Feine feft- 
ftellung geirgofien. Leipzig weiß es febr wohl, was es an Rlinger bat, 
und bat ru fon bewiefen, daß es des Riinftlers Bedeutung zu [hägen 
weiß. Ds Leipziger Mufeum befigt von Rlinger's plaftifben Werfen 
„Salongne“ und „Kaſſſandra“, im Kupferſtich-Kabinet ſeine ſämmtlichen 
— zahlreiche Handzeichnungen. Ebenſo gut ift Rlinger in Dresden 
veriro#sten, wabrend man in der Berliner Nationalgalerie ein größeres Werk 
von ihm vergebens fudt. Es ift alfo gar tein Grund vorhanden, daß fic 
“ Derfechter Rlinger'jher Aunft über das Verhalten von Rlinger's Dater- 
fs, at Sem Rünftler gegenüber entrüften. 





ys Düfeldorf. — Der Runftverein fiir Rheinland-Weftfalen bat mit 
der SDerfendung feines diesjährigen Prämien-Blattes begonnen. Nodh mehr als 
font Y bat der Verein bei der Wahl des Kupferftihes eine glüdlibe Hand be- 
funds t Das Gemälde franf Rirhbadh'e, „Chriftus verjagt dsie Mafler 
aug Jom Tempel", ift Surh die Runft des Karlsruher Rupferftehers Araus- 
toph; in feiner ganzen charafteriftifhen Gejtalt und Eigenart wiedergegeben. 


"armen Di Ansftellung des Barmer Aunftvereins ift von 

+ Berlin. — Das neue Ru -srtreffliden Kiinftlern befdidt und bat friiberen 
wondere Nummer zu widmen gy tellungen gegenüber dadurh auh nad der 
feitung feiner Vollendung entgeg atriotifhen Seite hin gewonnen, daf fie 
Faradenfchmudes, eines Mofaifgem& nz3einen fünftlerifchen Kräften unferer Runft- 
einmal nationalen Charatter hat, v-pefdule Gelegenheit giebt, dem Publikum 
Harmonie des Ganzen ftörten, dure Eigenart vorzuflellen. Ludwig fahren- 
Aud im großen Feftfaal wird durd om mit Werken der hoben Runft, unter 
Mar Rod das Deutfchthum ftark betont. aFalgemdlde ,Rrenzigung Chrifti“ 
Gebäude mit einer Ausftellung eröffnet werds imenflonen befonders auffällt 
fämmtlihe Berliner Riinfilergruppen einmiithig + Gute Bilder haben auch 
bie und da fon laut gewordene Jubel über €g Dettmann- Berlin , Jo- 
früpt und nimmt fih in feiner Beftimmt' cenberg- Berlin, Werner Shud- 


Annehmen darf man wohl, daß die Anz Henfeler-Berlin, Buftav Marr- 
Gefammtbild vom Stande der Berliner y, a. m. = 


Ereignif. von großer Bedeutung ple ; 

Uusftellung. Sie will verfuden, Hamburg, — Unfere Runftausftellungen 
die bei Belegenheit der Kroͤnutzeherbergen jetzt intereſſante Gäſte, der Kunſtverein 
Gebradt worden find, fir ~ in der Börfe den Malerradirer Walter Siegler 


mifhen Schülerarbeiten - Ausftellung und wegen er Pora fie mit einer Ausftr aus Berlin und der Salon von Louis Bod 
Reinigung gefdlofen bleibt, verdienen die Ge ~- í gen €. S. und L. Runſtſchaffen iſt e— & Sohn die in Seidenftiderei ausgeführte Ropie 
mälde Alfred Zoff’s befondere Erwähnung. ach fomie die dem namentlich Bildha— A der Girtinifhen Madonna von Clara Rip= 
Bei einer ganzen Reihe anderer Bilder aber be- ya Philifer betraut, die ~ N berger-Dresden, aud cine Arbeit der Nadel- 
greift man wirflich nicht, wie fie vor den Augen fen. z Funft'', die fon den größten Beifall von 
der Aufnahme-Jury haben Gnade finden können. f 3 Riinftlecn, Fadhlenten und Scriftftellern gefunden 
Der Runftfalon von Ernft Arnold (Wilsdruffer- ER Genceli, iti bat. Am 17. September ift in der Runftballe 
ftraße) hat eine umfangreihe Sammelausftellung m een ie =e die fecfte internationale Ausjtellung von Aunft- 


des Rürzlihd in Langebrüd verftorbenen Jagd- 

malers Albert Richter veranftaltet; fie umfaßt 210 Zeichnungen und 
IS Gemälde. Außerdem franz Stud, Arthur Rampf u. U. m. jowie 
adt Intereffante Zeihnungen aus dem 15. Jahrhundert. Sie ftammen aus frant- 
reih und ftellen auf Brund einer mittelalterlihen Erzählung die Gedichte des 
trojanifchen Arieges dar. Charles Simon berichtet darüber: „Get ouvrage 
marque la date d'un événement dans l’histoire d'art français“. Die 
Runfthandlung von Emil Rihter auf der Pragerftraße bringt drei Sonder- 
ausftellungen auf einmal, ðie des Spaniers fabré, des Jtalieners Sar- 
torio und feines Schülers, des Weimaraners R. A. Brendel. Ein neuer 
Runftfalon ift nod im der Pragerftraße eröffnet worden. Ueber die Bediirfnifi- 
frage nad) einem folden fann man bierbei zum Mindeften getheilter Meinung 
fein, und ein „Eile mit Weile"! dürfte derartigen Unternehmungen gegenüber 
nunmebr vielleidt am Plage fein. Giebt es dod) in unferer Stadt neben 
drei hervorragenden Runfthandlungen, die zugleih periodifhe Ausftellungen 
atrangiren und von denen jede eine bejondere Spezialität pflegt, nod unferen 
„Sähfifhen Runfiverein’, und das ift für Dresden bis jett fhon gerade 
genug gewefen. 


Leipzig. — Es verlantete in letter Zeit, Mar Alinger wolle feine 
Daterftadt verlajien, da die Unterhandlungen besiiglid) der Ausführung der 
Wandmalereien im Treppenbanfe des ftädtifhen Mufenms als gefceitert 3u 
betrachten wären. Man bat damit Leipzig eins auswifdhen wollen, was bloß 
nicht gelungen ift; denn der Plan, die betreffenden Wandflähen mit Malereien 


pbotograpbien eröffnet worden. Sie beweift im 
Dergleih mit früheren Ausftellungen in überrafhender Weife, Saf fic) Sie 
Photographie 3u einer erftaunlihen Höhe entwidelt hat, und bietet unter den 
692 ausgeftellten Bildern viele von febr hohem Fünftlerifhen und tednifchen 
Werthe. Broße Bewunderung erregt auh der fön ausgeftattete Ratalog, 
der Seite um Seite mit den zierlichften Arbeiten der Ramera und Proben 
der beten Aufnahmen gefhmüdt ift. 


Zübeck,. — Mitte September ift in der Plafataugftellung eine Sonder- 
abtheilung für Buhfhmud und Buhausftattung eröffnet worden, 
welde über 250 moderne deutfhe Buhumfdläge, eine große Anzahl von Dig- 
nettenproben und Rünftlerifh ausgeführter Profpelte und Buchanzeigen enthält. 
Sie find alle von erften Riinftlern, wie Thoma, Theodor Heine, Otta 
Edmann, fidus, J.R. Wigel n. A. entworfen und von den bedeutendften 
Runftanftalten ausgeführt. Hödft intereffant ift die Bruppe der Wiener Der- 
lagsbuchhandlung ron Berlah & Schenf, wie die Sammlung moderner 
Budzeihen. Der Ausftellungs-Ratalog, der ih in Ihmudem Gewande febr 
hübſch präſentirt, iſt in überfihtliber Weife von Herrn Architert Mar 
Megger jZufammengeftellt. Er enthält die biftorifche Abtheilung der Aus- 
ftellung und die Buhumfhläge in der Sonderausftellung, bei denen der 
Rünjtler genannt ift. Durd eine treffende und furze Einleitung vor jeder 
neuen Ländergruppe fann fih der Laie vollfommen orientiren über die Ent- 
widlung und den Standpunkt der Plafattunft in sen verfciedenen Ländern, 
fo dai der Ratalog fchon dadurd einen bleibenden Werth befikt. 


478 


— „Bei Hans Thoma in Frankfurt“, fo erzählt Lidtwark im Sep= 
temberheft des „Runftwart“, „bewunderte id eines Abends ein pradtiges 
Theefervice, das mit den Blumen unfres Feldes und Barteng geziert war. 
SH hielt es für ein modernes englifhes Erzeugniß, deffen zartes Naturgefühl 
dem feiniinnigen Rünftler fympathifch gewefen wäre. Aber lächelnd bedeutete 
er mir, daß dies moderne Service vor vielen Jahren von feiner Frau (einer 
ausgezeihneten Blumenmalerin nebenbet) fiir eine Weibnadtsmeffe gemalt fei. 
Man babe es aber von der Augftellung zurüdgemwiefen, weil fein natura: 
Hiftifher Charakter mit den Gejegen des Stils in Widerfprud fände. Das 
it ein typifches Ereignif. Ein deutfcher Rünftler geht feiner Zeit durch die 
Schöpfung eines neuen Befhmads voran und wird in folge deffen von den 
Theoretifern zurüdgewiefen. Zwanzig Fabre pater werden diefelben Jeen, 
wenn fie vom Auslande lommen, mit offenen Armen aufgenommen. Wir 
pflegen mit Stolz zu betonen, daß die erflen Jdeen fo oft in Deutfchland 
auftauchen und daß die Ausführung vom Auslande beforgt wird. Sollten 
wir nidt endlih lernen, zur rechten Zeit für die deutjchen Fdeen ein- 
3utreten ?' 


— In Antwerpen if die von der Föniglihen Befellfhaft für die 
Ermuthigung der jhönen Rünfte alle vier Jahre mit der Unterftüßung des 
Staates ftattfindende internationale Ausftellung der fhönen Rünfte eröffnet 
worden. Die Ausftellung ift aus Belgien, Deutfhland, Gefterreih-Ungarn, 
Holland, Frankreih, Ztalien, Dänemark, Norwegen und Spanien befchidt 
und zählt 715 Runftwerfe, und zwar 628 Gemälde und 87 Bildhauerwerfe. 
Der diesjährige Salon enthält mande fhöne Leiftungen, aber die Sieges- 
palme in diefem fünftlerifhen Wetiftreite gebührt unftreitig einem Werke der 
beigifhen Bildhauerkunft, dem „Schiffsentlader" des berühmten Bildhauers 
Conftantin Meunier, der mit feiner genialen Rraft in diefer urwiidfigen 
und padenden Geftalt den ganzen Charakter der Handelsmetropole und ihre 
Hauptarbeit wunderbar verherrliht. Die Stadt Antwerpen hat fofort diefes 
Meijterwert erworben. 


— Eine eigenartig intereffante Bemälde-Ausftellung, die 
aus den Kopien fämmtliher Porträts beftehen foll, weldhe einft die Wände 
der Tuilerten [hmüdten und vor dem Verbrennen gerettet wurden, wird von 
einigen enthufiaftifhen Bewunderern des franzöfffhen Hofes zur Zeit des 
„Second Empire‘ mit Genehmigung der Extaiferin Eugenie gegenwärtig 
auf deren Befigthum in farnborough mit Eifer vorbereitet. Ein junger 
fpanifher Maler ift mit der Organifatton der Austellung und der Wahl der 
Riinftler, von denen die Kopien ausgeführt werden follen, betraut worden. 
Ein Bild nah den andern wird nun aus den Sälen des Schloffes geholt 
und mit größter Dorfiht in dem hödhft genial bergerichteten Treibhaufe zum 
Ropieren aufgeftellt. est ift man damit befhäftigt, ein Facfimile von 
dem Porträt der mit 55 Jahren geftorbenen Herzogin von Alba, der an- 


Preisbewerbungen 


— Aus einer engeren Ronfurren3 3wifdhen einigen namhaften 
deutfchen Porträtmalern zur Erlangung eines würdigen Repräfentationsbild- 
niffes Raijer Friedrid III. in Altona ift der befannte Bildnigmaler Herr 
Paul Bedert in Berlin als Sieger hervorgegangen. Sein nad der Stizze 
ausgeführtes lebensgroßes Bild in ganzer figur ziert den Prunfjaal des 
Ratbhaufes in Altona feit dem 18. Juni, dem Tage, da Raifer Wilhelm II. 
das Reiterftandbild feines Broßvaters enthüllte. 

— du einem befhränften Wettbewerb um den Entwurf eines 
Repräfentations - Bebäudes für das Deutfhe Reih auf der Parifer Welt- 
ausftellung des Jahres 1900 waren, wie erft jet befannt wird, feitens des 
Herrn Reidhsfommiffars I Sseutfche Acditeften aufgefordert worden. Es find 
neun Arbeiten (darunter zwei von demfelben Verfafjer) eingegangen, von 
denen das Preisgeriht drei als zur Ausführung geeignet in Dorfehlag 
bradte — und zwar an erfter Stelle einen Entwurf von Profeffor fr. von 
Thierfh in Münden, an zweiter und dritter Stelle zwei Entwürfe des Re- 
gierungs-Baumeifters Radfe in Berlin-Lichterfelde. Die letteren zeigen mo- 
derne, fhloßähnlihde Bauten mit hohen Thürmen in den Stilformen der 
Gothif und der deutjhen Renaiffance, während der Entwurf von Thierfh 
mebr an füddeutfhe Rathhausbauten der Frührenaiffance fih anlehnt und 
Insbefondere Motive von den Rathhaufern in Lindau und Ulm verwerthet. 
Nahdem die franzöfifhen Ausftellungs : Behörden die ihnen vorbehaltene Zu- 
ftimmung zur Ausführung eines diefer Entwürfe ertbeilt hatten, haben die- 
felben St. Majeftät dem Raifer vorgelegen, der fih für einen der Radke- 
fhen Pläne entjhieden bat. Herr Radke hat befanntlih auh das „Deutjde 
Haus‘ auf der legten Weltausftellung in Chicago entworfen und ausgeführt. 

— Der Wettbewerb um den Entwurf einer neuen Börfe für Mann- 
beim, der, wie es fheint, ein engerer war, ift dahin entjchieden worden, daf 
den drei Arbeiten der Arditelten Köhler & Rarh in Mannheim, Ritter 
& Hefler in ‚frankfurt a. M. und Profeffor Nedelmann in Stuttgart je 
ein gleihwertbiger Preis zugefprohen wurde. 


Deutfhe Runft. 


gebeteten Schwefter Eugeniens, anzufertigen. Auf diefem Bilde ift die 
bolde Spanierin, die nur wenig Achnlidfeit mit ihrer blonden faiferlichen 
Schwefter hat, als ganz in belle duftige Gaze gehüllte Böttin dargeftellt. 
Sie war tief brünett, ihr Befiht hatte nit das feine, edelgejchnittene Profil, 
ihre Figur ließ Mandes zu wünſchen übrig, troßdem aber war fie eine 
bezaubernde Schönheit, die nue nicht neben der unvergleidliden Romtefje 
de Teba zur Beltung fommen fonnte. Don diefer felbft ift eine An- 
zahl vorzügliher Porträta vorhanden, von denen jene von Winterbalter 
gemalten, die man ganz befonders forgfältig zu foptren gedenkt, das größte 
Intereffe der zuünftigen Ausftellungsbefucher erregen werden. Das befte 
diefer Gemälde ift entjehleden eine Studie, auf der man die Raiferin im 
Profil erblidt. Sie ift in einen weißen Burnus gehüllt, und ibt pradtiges 
blondes Haar, das in lofen Loden auf den Naden fallt, ift mit neun Reiben 
herrlich fhimmernder Perlen durhflohten. Von diefem feinem Bilde fertigte 
Winterbalter eigenhändig eine Kopie an und gab fie dem unglüdlihen 
Prinzen Bonaparte bet feiner Abreife nah dem Sululande. Nad deffen 
Tode fhenkte die verzweifelte Mutter das im Befik ibres Sohnes gewejene 
Bd Monfieur Rouber; zu gleiher Zeit erhielt der Herzog von Bajfano 
ein anderes Porträt Eugeniens, auf dem fie in einem einfahen weißen 
Rleide mit einer Coiffüre von mattlila Frisblüthen gemalt if. Außer den 
Ropien diefer Gemälde wird man auf der Meinen Ausftellung aud verfchiedene 
Biiften der Gemablin Napoleons II. vorfinden, von denen jedoh nur eine 
in Wahrheit bewundernswerth fein dürfte, und das ift die von dem Grafen 
Niewerferne gemeifelte Büfte, die Louis Bonaparte vor feiner Heirath 
mit dem Original von dem Rünftler als Befhent erbielt. Grofe Anziehung 
werden aud die Ropien einer Anzahl Bildniffe ausüben, auf denen man 
jene egquifiten Bexutees erkennen Bann, die einft die reizende Raiferin der 
Franzoſen in ihrer Blanzperiode zu umgeben pflegten. Die fhönen Damen 
des zweiten Raiferreihs baben idh fämmtlih in allerlei phantaſtiſchen Bühnen⸗ 
koſtümen malen laſſen. Prinzeſſin Anna Murat, die Confine Napoleons 
und jpätere Herzogin von Moudy, prafentict fih als „Olivia im „Dicar 
of Wakefield’. Die Herzogin von Malatoff, eine liebreizende Brünette, 
bat die Tract einer fpanifhen Edeldame mit der tlaffifhen Mantilla und 
den fharlachrothen Branatblüthen im Haar angelegt. Die Herzogin von 
Morny, jene zarte Blume des Nordens, lebt in einem ruffifhen Roftiim mit 
dem Rafodint auf dem filberblonden Haar zum Entzüden aus. Herzogin 
von Cadore ift eine ideale Heldin, die fhöne Bräfin Walewsfa eine 
Florentinerin und die berühmte de Perfigny, die gleih einer Ninon 
de l'Enclos mit ewiger Jugend ausgeftattet zu fein fhien, fann man als 
lieblihfte Gulia bewundern. Das von Cabanel gemalte Porträt 
Napoleons II. wird mit Eugeniens Erlaubnifß im Original ausgeftellt 
werden. Es repräfentirt den Aaifer im eleganten Gefellfhaftsanzug mit 
dem Bande der Ehrenlegion über der Bruft. 


und Perfönliches. 


— Die Betheiligung an dem Wettbewerb um Sen Bau einer Patho- 
liſchen Kirche in Lodz fheint eine ungemein rege zu fein. €s find von diefer 
Ronturren3 156 Programme von Architekten verfhiedener Lander verlangt 
worden und zwar: 112 aus Deutfhland (meiftens Berlin - Charlottenburg), 
17 aus Oefterreih, 13 aus Rufiih - Polen, 7 aus Rußland, 2 aus Holland, 
J aus Paris, I aus Luremburg, 1 aus der Schweiz, I aus Schweden und 
I aus Bulgarien. 

— Don frantreih aus wird auf einen deutfhen Künftler auf- 
merffam gemacht, von dem man in Deutfdland bis jekt nod gefdwiegen bat, 
während er es verftanden hat, in Paris felt mehr als einem Jahre Alle in 
Staunen zu verferen. Es ift Morik Roebbede, ein Virtuos in der Re- 
produftion alter Meifter. Herrlihe Werte Römifher und Florentiner Galerien 
bat Roebbede fhon trefflih nahgefchaffen. 1893 fopirte er für den Prinzen 
Georg von Preußen, der fih duch eine Sammlung von Ropien nad Meifter- 
werfen dec Renaiffance eine auserlefene Privatgalerie zu jhaffen wünfchte, 
den Raffael der Münchener Pinafothet fo glänzend, daß Prinz Beorg be- 
fhloß, dem Rünftler die ganze Ausführung feiner Sammlung zu übertragen. 
Seit mehr als einem Fahre arbeitet unfer Rünftler im Louvre. Er bat in 
dtefer Feit Arbeiten vollendet, die im ihrer Art einzig daftehen dürften und 
den Augenblid, da Prinz Georg ihn zu fih heranzog, als einen gleih glüdlihen 
für den Auftraggeber und den Betrauten erfcheinen laffen. Raum jemals bat 
ein fhöner Bedanfe eine fhönere Derwirklihung erfahren, als der des Prinzen 
Georg durch Roebbede. Diefer topirte in vollendeter Weife zunähft „Johanna 
von Arragon und den „Jüngling“ von Raffael. Ihnen folgte die Wieder- 
gabe zweier hodberühmter Werke, die in Art und Inhalt, Zwet und Tebnif 
nit nur von jenen beiden, fondern aud unter fib weit verjchieden find: des 
Porträts franz I. von Tizian und desjenigen der Mona Lifa von Lionardo 
da Dinci. Die ungebenerlidjte Aufgabe aber wartete noh Roebbete's. Er 
follte das unter dem Namen „die beilige familie Stanz I. befannte große 


Deutfde Runf. 


479 





Werk Raffael's fopiren. Soeben ift diefe Arbeit beendigt worden und damit 
eine Leiftung geboten, der fih wenig an die Seite ftellen läßt. Das im Ge- 
danfen fo erbabene Werk des großen Santi geiftig zu beberrfhen, ift fhon 
etwas Enormes. Hinzu kommt aber, daß an ihm niht nur zu feiner Ente 
ftlebungszeit von febr verfdiedenen Händen malerifh ausgeführt worden ift, 
— fo verjhiedenen, daß man ftellenweife geneigt ift, die von dem Engel über 
das Chriftfind geftreuten Blumen als von einem Niederländer herrübrend zu 
bezeidnen — fondern aud, daß es, duch Nentoilitung befhädigt, die Ueber- 
malung wejentlicher Theile mußte über fih ergehen laffen. Lnbegreiflih bleibt 
dabei die unzerjtörbare Leuchtkraft der Farbe. Roebbede hat das Werk in 
allen Theilen fo vollendet wiedergegeben, daß die alte Redensart Aber das 
Original" ihre Beredhtigung verloren hat. 


— Monfieur falguiere ift augenblidli der gefuchtefte und am meiften 
mit Arbeit überhäufte franzöfifhe Bildhauer. Gn feneller Reihenfolge hat 
er die Statuen von Pafteur, Lapigerie, Charcot und Larrey, dem 
berühmten napeleonifchen Armee-Chirurg, vollendet, und nun wird er von den 
Bürgern von Nimes beftürmt, ein Denfmal von Alphonfe Daudet an- 
zufertigen. Da falguiere aber noh an der Balzac- Statue, die unter 
fo merkwürdigen Umftänden von Rodin übernommen wurde, zu thun bat, 
fab er fic) gendthigt, das ungeduldige Ylimes um einen Fleinen Aufjhub zu 
erjuhen. Der fleißige Künftler beabfihtigt, ih nah Beendigung feiner jegigen 
Arbeit erft eine Furze Erbolungspaufe zu gönnen und dann mit frifden 
Kräften an die Ausführung des Daudet- Monumentes zu geben. 


— Mar Rlinger Ift gegenwärtig ausfchließlih als Bildhauer thätig. 
Die Ausführung des figenden Beethoven fihreitet langfam vorwärts. Fertig 
ift eine fauernde weiblide figur in Marmor, eine zweite ftebende weiblide 
Beftalt gebt ihrer Vollendung entgegen. Sie it flant, der ©berkörper ift 
nadt und bleibt — ohne Arme. Rlinger bat nämlih diefen Oberförper aus 
einer antifen marmornen Treppenftufe gehauen, die er in Briehenland er- 
worben bat. An den Schultern, wo die Oberarme anfeken, wird man die 
bräunliche Dermwitterung des Marmors fehen. Aud an einer Lampe arbeitet 
Rlinger. Der fug ijt ein fohweres Stüd rothbraunen Steine. An ihm 
wird ein Relief, Leda mit dem Schwan, aus Marmor angebradt. 


— Wilhelm Volz, defen großes Bild ,,Singende Mufen im ver- 
gangenen Jahre die Broße Berliner Runftausftellung fdmiidte und wegen 
feiner poetifhen Farbenfhönheit allgemein gefiel, ift gegenwärtig mit der 
Dollendung eines Werkes befhäftigt, welches einer felten in einer Perfönlid- 
feit vereinigten mufitalifhen und bildneriihen Runftbegabung feinen Urfprung 
verdankt. Zu einer „faunstomödie", deren Dihtung Albreht M. Bartholdy 


nad einer alten Maler Müller'fchen Fdylle fehr glüdlih gefhafien bat, 
fomponirte Dolz eine wirkungsvolle Mufif und führte eine Reihe von 
Heihnungen als Lithographien aus, von denen ein Theil in der diesjährigen 
Miindener ,,Sezeffion ausgeftellt ift. Der Klavierauszug des Singfpiels 
wird in vornehmer Fünftlerifher Wusftattung unter dem Titel ,,Mopfus im 
Herbft dtefes Jahres bei J. A. Pet in Ronftanz erfcheinen. 

— Profefjor Hermann Prell fiebt fid nach Vollendung feiner Wand- 
gemälde für den Palazzo Caffarelli fofort wieder einer neuen Aufgabe 
auf dem Gebiete der Monumentalmalerei gegeniibergeftellt. Diesmal geht der 
Auftrag von Dresden aus, der engeren Heimath des Rünftlers. Das auf der 
Brühljen Terraffe belegene Albertinum, die für die bhercliden Stulpturen- 
Sammlungen neuerbaute Glyptothe?, befigt ein Treppenhaus, für weldes eine 
Ausfhmüdung mit Monumentalmalereien erforderlih erfdeint. Die Rartons 
für diefe Fresten bat Prell nod nit begonnen. Soweit bis jegt feftftebt, 
wird der Cyflus in einem mädtigen Dedengemälde, den Starz der Titanen 
darjtellend, Fulminiren. Prell wird fürs erfte nod niht an die neue Arbeit 
berantreten fönnen. Den Winter wird der Künftler in Rom zubringen und 
vermuthlidh nod mit der Aufbringung der Edda-Bilder im Palaft der deutfchen 
Borjhaft befhäftigt fein. Nah Schluß der Berliner Runftausftellung werden 
die Prell'fhen Riefentableaus gerollt und nah Rom überführt. Dort 
werden fie in die Wandrahmen eingejpannt und der Riinftler wird now 
Mandes zu thun haben, um die bet einem Transport unvermeidliden fleinen 
Schäden auszubeſſern. Bei diefer Gelegenheit möge nod eine andere Frage 
berührt werden. Man þat vielfadh bedauert und mit Befremden bemerkt, daß 
Prell die Edda-Bilder nicht in der Fresfotednif ausgeführt hat. Als Grund 
hat man angegeben, daß Dresden den Rünftler zu Gunften des faiferliden 
Auftrags nicht hat beurlauben wollen. Gewig hatte Dresden’ nur fdweren 
Herzens den gefeierten Monumentalmaler auf drei Jahre — fo lange hätten 
eben die Edda-Bilder erfordert — vermift. Aber das war dod niht der 
ausfhlaggebende Grund, daß die Faiferligen Wandgemälde in Tempera gemalt 
wurden. Das verbot ſich durch die im Palazzo Caffarelli obwaltenden Um— 
ſtände. Dieſer Palaſt iſt nämlich auf die Grundmauer des berühmten 
kapitoliniſchen Jupiter-⸗Tempels aufgeſetzt. Der alte Jupiter ſträubt ſich gegen 
das ihm aufgedrungene profane Epigonenwerk, die antiken Fundamente haben 
ihre Tüden, trotz aller Vorkehtungsmaßregeln wanken und weichen fie ge- 
legentlich aus der Richtſchnur und kleine Riſſe in den Wänden ſind die Folge 
davon. Bei ſolcher Unzuverläſſigkeit der Wände mußte man daher zu einem 
Surrogatmittel greifen, denn es ſteht zu befürchten, daß die Cdda-Bilder, wenn 
ſie in Fresko ausgeführt würden, über kurz oder lang gründlichſt verunſtaltet 
werden müßten. 





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Fritz Stolpe 


BERLIN W., Potsdamer Str. 20, Hof part. 
Gegründet Mi, 37 
Fernsprecher Amt 
Vergolderei, Holzschnitzerei, Steinpappfabrik. Grdsates Fabrikgeschäft im Westen 
Berlins. Atelier für Runsteineahisengen jeder Art. 


Spiegel Console 





Deutfhe Runft. 


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Derlag der „Beutfcen Kunft“, Berlin W.57. — Verantwortlich für die Schriftleitung Dr. Beorg Maltowstv, Berlin W.. Steinmepjtr. 26, — Trud von W. Biürenjtein, Berlin, 














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