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Full text of "Deutsche Tierärztliche Wochenschrift 6.1898"

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Deutsche 

n 

Thierärztliche Wochenschrift 


Sechster Jahrgang. 

1808 . 

4 




Karlsruhe. 

Verlag der „Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift“. 


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LIBRARIES 
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A. 

Abdeckereiwesen in Baden 236. 
Abdeckerei wesens. — Regelung des — Be¬ 
schluss des Deutschen Landwirthschaftsralhcs. 69. 
A b o r t u s bei einer Kuh mit Ausstossung von 
7 Föten. 85. 

Acne des Hundes und ihre Heilung. Fri ck. 365. 
Activitäts-Hypertrophie der willkürlichen 
Muskeln. 307. 

Aderlasses. — Werth des — 319. 
Aerztliche Approbationen im Jahre 1897. 
10 . 

Aetherinhalation auf die Lungen. — Ueber 
die Wirkung der — 445. 

Aetiologie der primären Pleuritis. 370. 

— der sogen. Pocken der Tauben 155. 
Aetiologisches Heilprincip. 110. 
Aetzschorf als Schulz gegen Infection. 128. 
Airol. 280. Gift-und Reizwirkung desselben. 388. 
Aktioomykose beim Rinde. —Jodbehandlung 

der — 397- 

— Ein Fall ausgebreiteter — beim Schweine. 
Carl. 40. Bei Schafen. 291. 

Allylsulfid. 443. ^ 

Alopecia symptomica. 332. 

Alter Herren-Verband für Nordwestdeutsch- 
land. 79. 

Alter von Geflügel und Wild. 435. 
Amerikanische Schinken. 121. 
Amerikanischen Rinderdärmen. — Knötchen 
in — 134. 

Amerikanischer Attache zur Controle der 
deutschen Fleischbeschau 260. 

— Pferde. •— Massregeln bei Einfuhr — 132. 
Amputation beider Vorderbeine bei einem 

Hund. 388. 

Anästhesie — locale in der Thierheilkunde. 
Frick. 29. 

Aneurysma der Art facialis. 461. 
Antisepticum. — Silber als äusserliches — 103. 
Und inneres. 441. 156. 

Antitoxinwirkung. — Zur Kenntniss der — 
221. 

Apparat zum Niederlegen der Thiere. 49. 
Approbationen im Jahre 1897. 108. 
Arsenikbehandlung bei Otitis externa der 
Hunde. 257. 

Arseniksaures Strychnin. 453. 
Arteriosclerose beim Pferde. 370. 

Arthritis purulenta traumatica des Pferdes. 
45*- 

Aseptische M i 1 c h g e w i n n u n g. 105. 
Athmungsorgane in Beziehung zu Bakterien. 
254- 

Atresia ani et recti beim Kalbe. 58. 
Atropin-Morphiuminjection gegen Schulter¬ 
lahmheit. Todesfälle bei — 453- 
Aufruf an die Collegen. 268. 
Augenentzündungen. — Beitrag zur Klärung 
der Ursache der periodischen — 86. 
Augenheilkunde. — Die Geschichte der ver¬ 
gleichenden — 210. 

Augenkrankheiten. 440. 

Ausschuss der Thierärzte in Baden. 383. 
Ausstellung in Dresden. 188.231. Prämiirung 
daselbst. 328. 

Autointoxication der Thiere. 50. — Auto- 
intoxicationen intestinalen Ursprunges. 379. 

B. 

Bacillen-Doppelfärbung 280. 

Bacillus Anthracis. — Variationen in der 
Morphologie des — 178. 

— coli erzeugt eine Hühnerseuche. 5. 
Backsteinblattern. — Sind die — veterinär¬ 
polizeilich zum Rothlauf zu rechnen - Dietrichs. 
457 - 

Baden. — Ausschuss der Thierärzte in — 383. 
Bakterienbefunde in der Butter. 151. 


Sachregister. 


Bakteriengeisclfärbung bei Gebrauch einer 
Orcei'nbeize. 157. 

Bakterien und Eumyceten. 174. 

Bakterienwachsthum. — Einfluss der Re- 
action des Nährbodens auf das — 60. 

Bandagiren. — Womit sollen wir die Pferde. 
Hauptmann. 349. 

Bauchfellentzündung — infectiöse bei Milch¬ 
kälbern. 200. 

Bauchschwangerschaft bei einer Färse. 254. 

, Behandlung der Lungenentzündung des Pferdes. 
462. 

Besserstellung der beamteten Thierärzte. 135. 

Bestrafung. .392. 

Bildungsfehler und ihre Folgen an den Ge¬ 
schlechtsorganen der Hühner. Will ach. 305. 

Bismarck f. 277. Ehrung. 448. 

Blasenzerreissung durch Eichelsteine. 453. 

Bläschenausschlag als Ursache von Uterus¬ 
vorfall. Späth. 331. 

Blutdruck bei Muskelarbeit. 281. 
j Blutharnen beim Pferde. 310. — Blutblätt¬ 
chen. — Untersuchung über — 344. 

Blutmengen bei verschiedenen Schlachtmethoden. 
300. 

Blutserum immuner Thiere gegen die Rinder¬ 
pest. Th ei ler. 205. 

Borna'sche Krankheit. Klett. 329. 

Borsäure als Conservirungsmittel. 373. 121. 

— zur Conservirung von amerikanischen Schinken. 

121. 

Bösartige Klauenseuche der Schafe. 433. 

Botryomykose beim Menschen. 120. 177. 

Botulismus. — Das Antitoxin des — 151. 

— Ueber einen neuen anaeroben Bacillus und 
seine Beziehungen zum — 34. 

Brand- und Aetzschorf als Schutz gegen 
Infection. 128. 

Brechmittel. — Werth der — 309. 

Brechungsanomalien des Pferdeauges. — 
Erkennt niss und Feststellung der — 128. 

Bronchialkatarrh. — Ueber die Wirkung von 
Hydrastis canadenjis- -bÄt— ..461.. 

Bruch der Schäd^Mfosis beim Pferde., 149. 

— des Radius bei^Öf-Pferde. 453. 

Brustseuche. ■£- Serumtfierapie b.ei der —• 120. 

— Ueber Biustseuche. 243.. n- Mjss- 
regeln bei der Bekämpfung der —. Ghri- I 
s t i a n i* 401. v 

Butter. — Bakterien in der!— 151: 

Bücheranzeigen und Kritiken. Verhandlungen 
des Landwirthschaftsrathes von Elsass-Loth- 
ringen, während der Session 1897. 20. — 
Fischoeder: Leitfaden der praktischen 
Fleischbeschau einschliesslich der Trichinen¬ 
schau. 28. — Jahresbericht über die Ver¬ 
breitung von Thierseuchen im Deutschen Reiche. 
28. — Praktische Anleitung zur Trichinenschau 
von Dr. K. Long und M. Preusse. 44. — 
Bayer und Fröhner: Handbuch der thier¬ 
ärztlichen Chirurgie und Geburtshilfe. 64. — 
Die Krankheiten der weiblichen Geschlechts¬ 
organe und der Milchdrüsen. Von Venner¬ 
ho 1 m. 72. — Augst, Amtsthierarzt: Prak¬ 
tische Winke beim Fleischeinkauf. 448. — 
Johne, Prof. Dr.: Der Trichinenschauer. 448. 

— Veterinär-Sanitäts-Bericht über 
die Kgl. Bayerische Armee. 456. — Albrecht 
und Bürchner: ThierärztlicherTaschenkalender 
für 1899. 456. — Schmaltz, Prof. Dr.: Die 
Gliedmassen - Knochen des Pferdes. 72. — 
Goltz: Historische Studien auf dem Gebiete 
der Fleischnahrung und Fleischbeschau. 80. — 
Hutyra, Dr.: Jahresbericht über das Vete¬ 
rinärwesen in Ungarn. 80 — Guittard: Le 
Manuel operatoire pour l’espece bovine. 88. — 
Möller: Lehrbuch der Augenheilkunde für 
Thierärzte. 124. — Traltato di Tecnica e Tera- 
peutica Chirurgica generale e speciale degli 
animali domestici. Von Lanzillotti-ßuon- 


santi. 152. — Lorenz: Rathgeber für Be¬ 
amte. 160. — Eber, Dr. A., Dresden: Tuber- 
culinprobe und Tuberculosebekämpfnng beim 
Rinde. 188. — Zippelius: Die bösartige 
Maul- und Klauenseuche. 188. — Ellen- 
berger und Baum: Leisering’s Atlas der 
Anatomie des Pferdes und der übrigen Haus- 
thiere. 216. 260. 320. 392. — Reiniger, 
Gebbert und Schall: Elektromedicinische 
Apparate und ihre Handhabung. 216. — Ellen¬ 
berger, Schütz und Baum: Jahresbericht 
über die Leistungen auf dem Gebiete der Vete- 
rinärmedicin. 232. — Gutachten über Porcosan, 
Schutzmittel gegen Schweinerothlauf. 232. — 
Zürn, Prof. Dr.: Das Haarkleid, die Farben 
und Abzeichen der Pferde. 260. — Schmaltz, 
Prof. Dr.: Deutscher Veterinär-Kalender für 
1899. 340. — Ellenberger, Baum und 
D i 11 r i c h : Handbuch der Anatomie der Thiere 
für Künstler. 340. — Eber, Dr. A., Dresden: 
Veterinärkalender für das Jahr 1899. 356. — 
Veterinär-Sanitätsbericht über die 
preussische Armee. 376. — N ö r n e r, Dr.: Prak¬ 
tische Schweinezucht. 384. — Bericht über das 
Veterinärwesen in Sachsen. 400. — Casper, Dr.: 
Pathologie der Geschwülste bei Thieren. 420. — 
Fröhner: Compendium der speciellen Chirurgie 
für Thierärzte. 428. — Hoffmann, Prof : 
Allgemeine Thierzucht. 426. — Schwarz, 
Dr. med.: Bau, Einrichtung und Betrieb öffent¬ 
licher Schlacht- und Viehhöfe. 436. 

c. 

Carcinom der Haut beim Hunde. Frick. 377. 

— der Nasenhöhle beim Hunde. Frick. 378. 

— des Unterkiefers beim Pferd. 325. 

Castration des Fohlens. — Modificirte — 244. 

— eines rechtseitigen Abdominalkryptorcbiden. 95. 

— Ursache der Übertragung von Geflügelcholera. 
336. 

Centralvertretung der tbierärztlichen Vereine. 
168. 

Cerebrospinalerkrankung der Pferde. 
Klett. 329. — Sperling. 358. 

Cerebrospinal-Meningitis. 460. 

Chloroform bei Geburten. 324. 

— und Chlorhydratnarkose beim Pferd. 369. 

Choreazufälle als Folge einer Hautläsion beim 

Hunde. 56. 

Coenurus serialis in der Bauchhöhle des 
Hasen. 300. 

Congress. — Internationaler in Madrid — 52. 
179. Baden-Baden. 135. 167. 

Conjunctivitis bei Ziegen. 281. 

Conservirung von Fleisch mit Hülfe von Form¬ 
aldehydgas. St rose. 249. — mit Borsäure. 

* 121. 373- 

C r y p t orc h i d en - C a s t ra t i o n. 95. 

Cysticercus cellulosae im Auge. 320. 

— in den Muskeln eines Schafes. Olt. 439. 

1 ». 

Dämpfigkeit. — Behandlung der — 120. 

Darmantiseptica. — Vergleichende Unter¬ 
suchung über die Wirksamkeit einiger — 360. 

Darmperforation bei einem kolikkranken 
Pferde durch Spulwürmer-Peritonitis. 257. 

Darmsteine beim Maulthiere. 257. 

Degeneration. — Giebt es eine fettige? — 

1 3 °- 

Dermatitis papulosa des Hundes, verursacht 
durch Filaria immitis. 121. 

Desinfection grösserer Räume vermittelst For¬ 
malin. 68. 

Deut sehe Land wirthschafts-Gesellschaft. 
188. 

Deutsch-Ostafrika. — Viehseuchen da¬ 
selbst — 17. 

Diabetes insipida — siehe Polyurie. 125. 


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DEUTSCHE THIER./ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


IV 


Diazoreaction bei Infectionskrankheiten. 316. 
Didymchlorid und seine Wirksamkeit als Des- 
infectionsmittel. Schmidt. 198. 
Diphtherie des Menschen und die Geflügel¬ 
diphtherie. 389. 

Diphtherieheilserum. — Vergleichend 
chemische Untersuchungen Uber das — 368. 
Doctor medicinae. 427. 
Doppelneurotomie beim Spat. 406. 
f Druse. — Serum-Anwendung bei. 417. 
i Dura m ater. — Sandgeschwulst an der. KUnne- 
I mann. 153. 

Dyspepsie. — Ueber nervöse — 83. 

E. 

Eber f. 239. 

Echinococcusblase — Perforation einer — 
in den Thoraxraum. Sperling. 270. 
Eczema rubrum des Hundes. 85. 

Eczem. — Infectiöses — beim Pferde. 454. 
Ehrengerichte in Preussen. — Aufhebung 
der thierärztlichen — 70. 

Eichelstein und Blasenzerreissung beim Pferde. 
453- 

Eihäute. — Retention der — 325. 

Eimer +. 239. 

Einfuhr amerikanischer Pferde. 132. 

Eiweiss im Harn. 174. 

Ekzem — eine Dermatoneurose — 147- 

— infectiöses bei Pferden. 455. 
Embryologische Entdeckung. 25. 
Embryotomie. — Anzeigen und Gegenanzeigen 

der — 31. 

Embryotom nach Pflanz. Von Schmidt. 241. 
Emphysem der Haut. 270. 

Endometritis bei der Kuh als Folge des Be¬ 
gattungsactes. 245. 

Enteritis cjouposa beim Hunde. 256. 
Epilepsie. 49. 

Erbrechen beim Pferde, verursacht durch Throm¬ 
bose. 417. 

— excessives bei Pferdekolik. 368. 
ErmUdungskolik. Albrecht. 65. 

E rm U d un gskr ankheiten der Pferde. Bartke. 
101. 

Esser — Jubiläumsfeier. 195. 

Eucai'n. — Neue Erfahrungen über — 15. 
Eugenoformium — ein neues Darmantisepti- 
cum. 425. 

Eustrongylus gigas bei Hundswuth. 257. 
Excessives Erbrechen bei Pferdekolik. 368. 

F. 

Färben der Wurst, sowie des Hack-und Schabe¬ 
fleisches. 421. 

Farcino cryptococchico. — Mischinfectionen 
beim sogen. —• 292. 

F e i 1 h a 1 fe n gesundhei tsschädlicher Nahrungs- 
mittel. 348. 

Femur. — Luxation des — 60. 

Ferrisulfat zur Abtödtung von Mikroorganismen 
des Stallmistes u. s. w. 373. 
Fettgewebsnekrose bei Haussieren. — Zur 
Kenntniss der —. Olt. 117. 

Fettige Degeneration — giebt es eine? — 

130. 

Fibrosarkom am Rinderherzen. Fehsen- 
meier 67. 

Filaria immitis erzeugt Dermatitis papulosa. 121. 
Finnen. — Ein Fall von im Embryonalstadium 
zu Grunde gegangenen — 353. 

Finniger Rinder und Kälber. — Gesundheits¬ 
polizeiliche Behandlung des Fleisches — 282. 
Firmen. — Festschrift zum 40jährigen Bestehen 
der Firma Hauptner. 8. Neuheiten-Katalog. 26. 
- Spratt’s Patent-Actien-Gesellschaft, Rummel¬ 
burg-Berlin O. 26. 

F i s c h f 1 e i s c h in hygienischer Beziehung. 97. 
Fischkunde. — Professur für — 135. 
Fleischbeschau. — Allgemeine Einführung 
in Deutschland. 456. 

- Beamten in Berlin. — Bestrebungen der — 87. 
In Baden 1896. 134. 301. — Dresden 1897. 
150. — Mannheim. 328. 

— In Sachsen. 390. 392. 

— Wissenschaftliche oder empirische. Edel¬ 
mann. 55. 

Fleisch bei acutem Aufblähen der Wiederkäuer. 
259- 

— finniger Rinder. 282. 



Fleisch. — Leuchtendes — 446. 

— nothgeschlachteter Thiere. 411. 

Fleischconservirung durch Kohlenoxydgas. 

106. 

— mit Hülfe von Formaldehyd gas. Ströse. 249. 

— Verurtheilung wegen Verwendung von schweflig¬ 
sauren Salzen zur — 214. 

Fleischconservirungsmitteln. — Straf¬ 
bare Verwendung von — 99. 

Fleischeinfuhr nach Deutschland. 248. 

Fleisches. — Transport gefrorenen — 389. 

— lieber alkalische Reaction des —. Von Edel¬ 
mann und Noack. 458. 

Fleischfarben des Hack- und Schabefleisches. 

421. 

Fleischhandels. — Beaufsichtigung des — 
121. 

Fleischstempelfarben. Edelmann. 81. 

Fleischverbrauch in Frankreich. 247. 

Fleischvergiftung — siehe auch Wurstver¬ 
giftung 135. — Zur Lehre von der — 151. 
— Ein Beitrag zur — 848 

Fleischversorgung des bayerischen Heeres. 
143- 

Fleischwerth tragender Schweine. 409. 

Fohlenlähme und deren Ursache. 308. 

Follicullarerkrankungen — enzootische 
im Darme des Schweines. 166. 

F o r m a 1 i n zur Desinfection grösserer Räume. 68. 

Formalindämpfe — über das Eindringen der¬ 
selben in die organischen Gewebe. 141. 

Französischen Deputirtenkammer. — Aus der 
— 224. 

Fremdkörper im Darm. 388. 

— im Maule, Schlundkopf und Schlund. 387. 

— Verschlucken desselben durch ein Pferd. 266. 

Fri eb el f. 223. 

Fünfte Gliedmasse beim Kalb. 113 


Ci. 

Gallactifugum. — Oleum Cannabis als •— 5. 
Galle toller Thiere als Antitoxin gegen Tollwuth. 
445- 

Gangrän der Vulva bei Kühen. 405. 
Gastruslarven. — Magenzerreissung in Folge 
von — 352. 

Gebärparese nach Schmitt-Kolding. Kaiser. 
242. 323- 

Geflügel. — Alter von — 435. 
Geflügel-Diphtherie und die Diphtherie 
des Menschen. 389. 

G e fl ü g el p 0 cke n. 155. 

Gehaltserhöhung der beamteten Thierärzte. 
224. 

G ehi rn t u b er c ul o se. 425. 

Gerste als Ersatz für Hafer. 96. 

Geschlechts bei der Honigbiene. — Ueber die 
Bildung, des — 399. 

Geschlechtsorganen. — Bildungsfehler an 
den — 305. 

Geschlechts Verhältnis s. — Einfluss auf 
das —. Albrecht. 287. 

Geschwülste bei Thieren. — Statistik der —. 
Casper. 297. 

Gesundheitschädliches Fleisch. — Ver¬ 
nichtung durch die Polizeibehörde. 310. 
Giftschlangen. — Toxine der — 210. 

Gift- und Reiz Wirkung des Airols. 388. 
Grimmdarmvorfall durch die Scheide bei 
einem Fohlen. 42. 

Grünfütterung. — Aufblähen in Folge von — 
267. 

H. 

Hackfleisch Vergiftungen. — Ein Beitrag 
zur Casuistik der — 348. 

Hafers durch Gerste. — Ersatz des — 96. 
Haemoglobinämic, behandelt mit Veratrin. 
37«- 

Haemoglobinurie des Rindes in Sardinien. 94. 
— Experimenteller Beitrag zur Kenntniss der — 461. 
Hämatinurie des Rindes in Sardinien 94. 
Hämorrhoiden bei einem Hunde. 344- 
Harnblase — Umstülpung der — 417. 
Hauthorn beim Rinde. 58. 

Heilprincip — Ueber das ätiologische — 110. 
Hemiplegia Laryngis beim Hunde. F r i c k. 
366. 

Hermaphroditismus beim Kalbe. 290. 


Hernia perinealis mit einer Hernia diaphrag- 
matica. 15. 

Hernia eines trächtigen Uterus. 58. 

Herzens — Missbildung des — Möbius. 25. 
Herzerweiterung mit Hypertrophie beimPferde. 
245- 

Herzfehler — angeborener bei Hausthieren. 
281. 

Herzkrankheiten des Pferdes. Theurer. 379. 
Hilfsarbeiter — thierärztlicher — im preuss. 

Landwirtschaftlichen Ministerium. 79. 
Hirnabscess — Traumatischer — 243. 
Hirntumoren. — Ein Beitrag zu den —*462. 
Hodensackbrüche. Tapken. 449 
Hodensackdarmbrüche — Ueber die einge¬ 
klemmten — 84. 

Hofer. 302. 

Hohlvenen bei einem Pferde. Böther. 138. 
Hornwand — Einfluss des Bodendrucks auf das 
Wachsthum der — 332. 

Hufeisen — neues Material zur Anfertigung 
von — 353. 

Hufkrebses — pathologisch-histologische Bei¬ 
träge zur Kenntniss des — 255. 

Hüft- und Schulterlahmheit — Günstige 
Wirkung des Brenneisens bei chronischer — 

14'. 

Hühnercholera — Uebertragung durch die 
Castration. 336. 

Hühnerseuche, durch den Bacillus coli er¬ 
zeugt. 5. 

Hundswuth — complicirt mit Anwesenheit von 
Eustrongylus gigas in der Bauchhöhle. 257. 
Husumer Viehmärkte. 167. 

H^irastis canadensis bei Bronchialkatarrh. 
461. 

Hydrometra. 433 - 
Hypertrophie des Herzens. 245. 

I. 

Icterus beim Schwein infolge von Treberfütterung 
446. 

Immunisirungsversuche gegen Rothlauf der 
Schweine. 61. 

Immunisirungsversuche mit plasmatischen 
Zellsäften von Bakterien. 93. 

Immunität — Zur Lehre der — Schlegel. 89. 

— Ueber eine neue Art von künstlicher — 176. 
Impftechnik bei Rauschbrand. 320. 
Infection granulirender Wunden. 176. 
Infectiöses Ekzem bei Pferden 454. 
Influenza. — Veterinärpolizeiliche Massregeln 

gegen die — 462. 

Insekten als Verbreiter von Infectionskrankheiten. 
445- 

Insufficienz der Arteria pulmonalis. 351. 
Internationaler thierärztlicher Congress 
in Baden-Baden. 135. 167. 267. 283. 391. 419. 
Madrid 52. 179. 

Intoxicationen mit Strychnin 309. 

J. 

Jodb^ehan dlung der Aktinomykose beim Rinde. 
397- 

Jodidiosynkrasie beim Hunde Frick 366. 
Jodkalium bei Septicämie. 368. 

H. 

Kahl werden bei jungen Gänsen. W i 11 a c h. 
250. 

Kaiserschnitt bei einer Kuh. 280. 
Kalbefieber — Ueber. — Kaiser. 116. 

— Behandelt Dach Schmidt'scher Methode. Künne- 
mann. 137. 275. 316. 

— Zur Pathogenie — 459. 

Kälberruhr — Zur Kenntniss der — 256. 
Kataplasmen. 431. 

Katarrhalpneumonie des Schweines. Ströse 
und Heine. 313. 

Katarrh der Oberkiefer- und Stirnhöhlen. 440. 
Kehm. 202. 

Keilbeinhöhle — Myxosarkom in der — 94. 
Keratitis punctata beim Pferde. 292. 
Kieferhöhlenkatarrh. 440. 

Klauenkrebs (Klauennekrose) beim Rinde. 442. 
Klauenseuche der Schafe — bösartige. 433. 
Klinische Beobachtungen. 387. 

Knebel. 312. 


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DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Knoblauchöles und des Allysulfids — 
lieber die bactericiden Eigenschaften des — 
443 - 

Kniescheibe — Durchschneidung des innem 
geraden Bandes. 5. 

Kohlenoxydgas zur Fleischconservirung. 106. 

Kolik — Ermüdungs- — bei jungen Pferden. — 
Albrecht. 65. 

Kolik mit Chlorbarium — Behandlung der — 

165. 

— mit Darmperforation durch Spülwürmer. 257. 

— mit Erbrechen 417. 

— und Zerreissung des Magens durch Oestrus- 
larven. 291. 

Koppen der Pferde. — Operative Behandlung. 

397- 

Kopfhalteapparat beim Schächten 320. 

Kosten thierärztlicher Untersuchungen. 168. 

Kraftfuttermittel — Wirkung auf die Milch¬ 
ergiebigkeit der Kühe. 7. 

Krankheitserreger im Mist und C.ompost — 
Ueber das Absterben der — 399. 

Krankheitsursachen und Krankheitsanlagen. 
454- 

Krebspest — Entdeckung des Erregers der — 
295. 

Kreisthierärzte — Pauschalvergütung für die 
Dienstgeschäfte der — Malkmus 267. — 
Hinrichsen 271. 

Kreuzung zwischen HundundWolf! Dahlgrün. 

367- 

Kri tische Periode in der Entwicklung des 
Pferdes. 114. 

Kühlhäuser auf öffentlichen Schlachthöfen. 214. 

Kuhpocken in Folge der Pockenimpfung bdlm 
Stallpersonal. 221. 

Künstliches Gebiss bei einem Hund. 388. 

Kryptorchiden-Castration. 95. 344. 

Vi. 

Lactophenin. Metzger. 13. 

Lähmung des Schlundes. 406. 

v. Langsdorff in Dresden — Jubiläum. 231. 
Auszeichnung. 267. 

Landbeschälung in Oesterreich. 411. 

Landgestüt zu Strassburg Verwaltungsbericht 
für 1896. 6 

Landwirthschaftsrath fürElsass-Lothringen. 

337- 

Landwirthschaftsrath s. — Plenarversamm¬ 
lung des deutschen — 52. — Beschlüsse. 69. 

Landwirthschaft und Veterinärwesen. 381 

Laparatomie bei einem Pferde. 370 

Laparo-Enterotomie bei einer Katze. 38S. 

Leberabscess beim Rinde 113. 

Leber. — Amyloide Entartung und Zerreissung 
der — 148. 

Leistenbruches. — Operation eines beider¬ 
seitigen reponiblen — 17. 

Leuchtendes Fleisch. 446 

Leuckart f. 69. 

Leucocytose. 85. 

Lies — f Nachruf. 50. 

Locale Anästhesie. 29. 

Lorenz’s che Schutzimpfung gegen Roth- 
lauf. 347. 

Luftröhrenschnittes. — Verengerung der 
Luftröhre in Folge des — 359. 

Luftsackentzündung — Eiterige — 443. 

Luftsackmilbe. — Massenerkrankung von 
Hühnern durch die —. Schiel. 450. 

Luf ts t au b - Inf e c t i o n. 455. 

Lungenentzündung. — Zur Behandlung der 
— 290. 462. 

Lungenmykose beim Schwein. 291. 

Lungenseuche oder sporadische Lungenent¬ 
zündung. 96. — Mikroorganismus der — 208. 

— Verbreitung im Deutschen Reiche 1896. 213. 

Lustig f. 168. 193. 

Luxation des Femur. 60. 

Lymphadenom der unteren Halsdrüsen bei 
einer Kuh. 192. 

HI. 

Magenantiseptica — Vergleichende Unter¬ 
suchung über die Wirksamkeit einiger — 360. 

Magencyste beim Huhn. 441. 

Magenzerreissung in Folge von Gastruslarven. 
352. 


V 


M all e in-Frage. — Ein Beitrag zur — 463. 

Masern-Uebertragung auf Thiere 246. 

Mass-enerkrankung von Hühnern durch die 
Luftsackmilbe. Schiel. 450. 

Massregeln bei der Bekämpfung der Brustseuche. 
Christiani. 401. 

Mastviehausstellung in Berlin. Nörner. 
197. 

Maul- und Klauenseuche. — Stand im 
Deutschen Reiche. Im Jahre 1896. — De¬ 
zember 1897 33. — Januar 1898. 62. — Fe¬ 
bruar 97. — März 143. — April 178. Mai. 
223. — Juni 258. — Juli 294. — August 335. 
— September 372. — Oktober 407. — No 
vember 446. 

— Arbeiten zur Erforschung der — 37. 179. 292. 

— Ausbruch der — 392. 398. 409. 427. 

— Beitrag zur Kenntniss der bösartigen Form. 
Fab er. 306. 

— Beschlüsse des deutschen Landwirthschaftsrathes 
betr. Tilgung der — 69. 

— Einwirkung der Kälte auf das Virus der — 319. 

— Empfänglichkeit derKlauenthiere für —. Fehsen- 
m e i e r. 146 

— Experimentelle Uebertragung auf Katzen. 177. 

— Summarischer Bericht über die Ergebnisse der 
Untersuchungen der Commission zur Erforschung 
von — 16. 333. 

— Verluste durch — 18. 436. 

— Verschleppung der — 5. 445. 

— Zur Bekämpfung der —. Von Siegel. 71. 
292. 

Meat preserve und das Reichsgericht. 327. 

Melanotisches Pigment — Ueber — 120. 

Melasse-Torfmehlfutter. — Erfahrungen 
über — 193. — Melassefütterung. 301. 

v. Mendel-Steinfels. — Rede im Abgeordneten¬ 
hause 161. 

Meningitis tuberculosa. 444. 

Metzgereigewerbes. — Beaufsichtigung des 
— 121. 

Mikroorganismus — ähnlich den; Tuberkel- 
bacillus. 143. — der Lungenseuche. 209. 

Milchergiebigkeit bei verschiedenen Futter¬ 
mitteln. 7. 

Milch —rothe, als Ursache von Durchfall. 133. 

Milchbedingungen der Production gehalt¬ 
reicher. 374. 

Milchergiebigkeit der Kühe. — Wirkung 
der verschiedenen Kraftfuttermittel 7. 

Milchgewinnung. — Aseptische. 105. 

Milch säuregehalt des Harns bei Osteomalacie. 
60. 

Milch Verkaufs -Ordniing Tür Darmstadt. 246. 

Mi es eher’sehe Schläuche im Schlunde eines 
Ochsen. 360. 

Militärveterinäre in Frankreich. 124. 

Milzbrand- und Rauschbrand-Verbreitung im 
Deutschen Reiche während des Jahres 1896. 42. 

Milzbrand und Typhus beim Pferde. 57. 

Milzbrand. — Die Leber als Schutz gegen 
Infection durch — 95. 

Milzbrand oder Septicämie? Siebenrogg. 109. 

Milzbrandfall ohne Veränderung der Milz. 177. 

Milzbrandbacillus. — Morphologie des — 178. 

Missbildung des Herzens. Möbius. 25. 

Mischinfe ctionen beim sogen. Farcino 
cryptococcico. 292. 

Molkereitechnik und ihre medicinische Be¬ 
deutung. 373. 

Morbus Basedow i i bei einer Kuh. G ö r i g. 
306. 

Morphin, Aether und Chloroform bei Geburten. 

324. 

Morphologie des Milzbrandbacillus. 178. 

Mundhöhle. — Widerstandsfähigkeit gegen 
pathogene Mikroben. 5. 

Muskelentartung. — Ueber eine besondere 
Form von schwieliger — 113. 

Muskelarbeit auf den Blutdruck. — Ein¬ 
wirkung der — 281. 

Myocarditis — acute rotzige. 256. 

Myxom im linken Ventrikel einer Kuh. 175. 

Myxosarcom in der Keilbeinhöhle. 94. 

\. 

Nabelbruches. — Radicaloperalion eines — 104. 

Nabelring. — Vorfall von Darmschlingen durch 
den offen gebliebenen — 460. 


Nabelvene — Persistenz bei der Kuh. 252. 

Nachrufe. — Sombart. 44. — Lies. 50. — 
Rabe. 79. — Pütz. 107. — Lustig. 193. 
— Kehm. 202. — Friebel. 223. — Zenker. 
232. — Eber. 239. — Eimer. 239. — 
Bismarck. 277. — Knebel. 312. 

Narkose bei Pferden 369. 

Nasenmuscheln. — Nekrose der — 317. 

N a tu r fo rs ch e r-Versammlungin Düsseldorf. 124. 
283. 302. 354. 

Nekrose des Fettgewebes. Olt. 117. 

— der Nasenmuscheln. 317. 

Nephritis beim Rinde. 231. 

— chronische parenchymatöse beim Hunde. 406. 

Nervenfasern in Tumoren. 380. 

Neues Material zur Anfertigung von Hufeisen. 353. 

Neurose des Zwergfells bei einer Kuh. 325. 

Niederlegen der Thiere. — Neuer Apparat 
zum — 49. 

Nierenpathologie. — Beobachtung aus dem Ge¬ 
biete der — 6. 

Nierensteine beim Pferde. 360. 

Nothschlachtungen. — Ueber die Be- 
urtheilung der sogenannten — 34. 

Nystagmus bei Rindern. 175 

o. 

Oberkieferhöhlen-Katarrh 440. 

Obliteration der tiefen Armarterie 32. 

Oesophagismus beim Pferde 433. 

O e s t e rr e i ch i sch e alpine Rinderrassen 
(Ausstellung in Wien. Pusch. 385. 

Oestruslarven. — Kolik und Zerreissung des 
Magens durch — 291. 

Ohrenkrankheit eines Hühnerhundes. 417. 

Oleum Cannabis als Galactifugum. 5. 

Osteomalacie. — Milchsäuregehalt des Harns 
bei — 60. 

Otitis externa der Hunde. — Arsenikbehand¬ 
lung bei — 257. 

P. 

Papillomatose der Lippen and Maulhöhle beim 
Hund. Frick. 378. 

Paraplegie — infectiöse. 84. , 

Parasitologische Mittheilungen. 99. 

Parasiten-Symptomatologie der thierischen — 
119. 

Parasit — neuer pathogener im Blute der Rinder. 
175- 434- 

Pathologisch-histologische Beiträge zur 
Kenntniss des Hufkrebses. 255. 

Pauschalvergütung für die Dienstgeschäfle 
der Kreisthierärzte. Malkmus. 267. — 
Hinrichsen. 271. 

Pericarditis traumatica des Rindes. — Zur 
Verhütung der — 219 

— nicht traumatische. 266. 

Periodischen Augenentzündung. — Bei¬ 
trag zur Klärung der Ursache der — 86. 

Peritonitis der Schweine. 318. 

Perlsuchtstatistik. 347. 447. 

Pentastomenlarven in der Lunge einer Ziege. 
328. 

Persistenz der Nabelvene bei der Kuh. 252. 

Petechialfieber. — Vorfall des Penis und 
Amputation bei — 103. 

Petroleum. — Vergiftung von fünf Pferden 
durch — 252. 

Pferde. — Amerikanische 132. 

Pferdezuchtverein. — Württembergischer. 
193- 303- 

Pferde- und Schafräude im Deutschen Reiche 
1896. 237 

Pferdeserum. — Vergleichend chemische Unter¬ 
suchungen über das normale — 368. 

Pferdekolik. — Excessives Erbrechen bei — 368. 

Pferde - undRindviehbestand in Württem¬ 
berg 1898. 375. 

Pferdestaupe mit schweren, spinalen Läh¬ 
mungen. Blumenberg. 429. 

Pflanz’sche Embryotom — Das — Schmidt. 
241. 

Phagocytentheorie. 58. 

Pigment und Pigmentbildung 120. 

Pikrinsäure und ihr therapeutischer Gebrauch. 
104. 

Pilze. — Gewinnung von plasmatischen Zell¬ 
säften niederer — 149. 


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VI 


DEUTSCHE THIER.ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Plasmatische Zellsäfte zu Immunisirungs- 
und Heilversuchen. 93. 

Plenarversammlung der thierärztlichen Ver¬ 
eine Preussens. 201. 

Pleomorphismusfrage. 176. 

Plessimeter. — Ein neues — I42. 

Pleuritis und Peritonitis der Schweine. 318. 

— Zur Aetiologie der primären — 370. 

Pneumonia verminosa beim Kalbe. 318. 

Pneumothorax durch Zerreissung einer Echino- 
coccusblase. Sperling. 270 

Pökelräume in Kühlhäusern öffentlicher Schlacht¬ 
höfe. 166. 

Pökelverfahren. — Ein neues — 248. 

Pocken der Tauben. 155. 

Pockenimpfung Ursache von Kuhpocken. 221. 

Polyurie des Pferdes. — Zur Aetiologie der — 
Dimmann. 125. — Behandlung mit Extractum 
Hydrastis fluidum. 166. 

Porcosan. — Untersuchungen über — 208. 

Präparate für mikroskopische Zwecke. 149. 

Präservesalzen. — Verurtheilung wegen Ver¬ 
wendung von — I2t. 

Praxis und Unterricht. 139. 

Prämiirung auf der Ausstellung in Dresden. 
328. — In Elsass-Lothringen. 337. 

Preisausschreiben. 192. 

Preussisches Landes-Oekonomie-Col- 
I e g i u m. 64. 

Production gehaltreicher Milch. 374. 

Professur in Halle. 36. 

Prophylaxis der Rotzkrankheit. 211. 

Pseudotuberculose beim Rind. 104 

Pütz, Prof. Dr. f. 107. 

V 

Quecksilbervergiftung 332. 426. 

R. 

Rabe, Prof. Dr. +. 79. 

Radius beim Pferde. — Alter Bruch des — 453. 

Räucherns — Einfluss des — auf Tuberkel- 
bacillen. 246 

Rauschbrand. — Modiflcation der Impftechnik 
beim — 320. 

Rauschbrandschutzimpfung und deren 
Werth. 96. 

Regenbogen 302. 

Reh oder Kitz? Wallmann. 119. 

Remonte-Ankauf in Bayern. 8. 

R e n n t h i e r p e s t. 455. 

Retention der Eihäute beim Rinde. 325. 

Rheumatismus beim Hunde. 398. 

Rinderdärmen. — Knötchen in amerikanischen 
- 134. 

Rinderpest in Südafrika. 43 — Forschungen 

von Koch. 105. — Schutzimpfung gegen — 
152. — Blutserum immuner Thiere im Kampfe 
gegen —. Th eil er. 205.—Weitere Studien 
über Immunität bei — 319. 

Ringbildung an den Hörnern der Cavicomier. 
406. 

Röntgenstrahlen als Bacillentödter. 77. 85. 

Rother Milch. — Durchfall bei einem Kinde 
nach Verabreichung — 133. 

Rothlauf. — Siehe Schweinerothlauf. 

Rothlauf-Impfanstalt. 448. 

Rothlaufseuche unter den Pferden des Hu¬ 
sarenregiments No 12. 166. 

Rotz. — Ein Beitrag zum experimentalen — 463. 

Rotzdiagnose in Preussen. Malkmus. 19. 

Rotzkrankheit im Jahre 1896. 131. — Die 
Prophylaxis der — 211. 

Ruptur der Aorta und der halbmondförmigen 
Klappen beim Pferde. Eng eien. 228. 


Saancnziege. 106. 

Sachsen. — Aus dem Landtage des Königreichs 
— 187. 

Samenstranggeschwülste nach der Ca¬ 
stration. 333. 

Samenstrangfistel mit Jodkalium geheilt. 445. 

Sammlung für die Waisen des verstorbenen 
Prof. Eber. 383. 392 427. 

Sandgeschwulst (Psammom) der Dura mater 
bei einer Kuh. Künnemann. 153. 

Sarkom der Dura mater spinalis beim Hund. 
Fr ick. 377. 


Satteln. — Plötzlicher Tod beim — 433. 
Schächten — Kopfhalteapparat beim — 320. 
Schädelbasis beim Pferde. — Bruch der — 
149- 

Scheintodte Hühnchen. Willach. 242. 
Scheiden- undGebärmutterkatarrh beim 
Rindvieh. 433. 

Schenk’sche Theorie. Albrecht. 287. 
Schinken. — Amerikanische. 121. 
Schlachthäuser in Preussen. •— Uebersicht 
über den Betrieb der —. Edelmann. 45. 
393 - 

Schlachtmethoden und gewonnene Blut¬ 
mengen. 300. 

Schlachthofberichte. — Hannover. 34. — 
Chemnitz. 167. — Lübeck 187. — Karlsruhe. 
215. — Zwickau. 247- — Köln. 259. — Leipzig. 
336. — Berlin. 447. 

Schlundfistel beim Fohlen. 186. 
Schlundlähmung. 406. 

Schlundriss bei einem Pferde. — 405. 
Schlundverletzung bei einem Pferde 433. 
Schulterlahmheit. — Behandlung mit Atropin- 
Morphium. 265. 280. 453. 
Schutzimpfungen gegen Rothlauf. 133. 144. 
— In Württemberg. 179. 

— Lorenz’sche — 347. 

— — gegen Schweineseuchen in Ungarn. 34. 143. 
Schutzpockenlymphe. — Haltbarkeit auf 

dem Transport. 57. 

Schutzserums. — Einfluss der Einverleibung 
auf die Wirksamkeit des — 317. 
Schwefelwass e rs t offmen gen-B es t im m u ng 
in animalen Nahrungsmitteln. 106. 
Schweinepe s t-Ab w ehr und Tilgung in Oester¬ 
reich. 420. 

Schweinerothlaufbekämpfung. 42. — 

Immunisirungsversuche gegen — 61. — Impfung. 
133- 144- 

Schweineseuche. — Heilung der — durch 
intravenöse Injection von Sublimat. 463. 
Schweineseuchen. — Schutzimpfung gegen 
— in Ungarn. 34. 143. 

Schweinezucht. — Reicher Ertrag der — 63. 
Schweizer Saa'nenziege. 106. 
Schwergeburt bei einer Kuh. 405. 
Schwieliger Muskelentartung. — Ueber 
eine besondere Form von — 113. 
Seidenfadeneiterung nebst Bemerkungen 
Uber aseptischen Wundverlauf. 112. 
Septicaemia haemorrhagica beim* Rinde. 

— Zur Kenntniss der — 252. 

Septicämie. — Behandlung mit Jodkalium. 368. 

— Neue — mit Nierenentzündung bei Kälbern 6. 

— oder Milzbrand? Siebenrogg. 109. 
Serumanwendung bei Druse. 417. 
Serumtherapie des Starrkrampfs. 173. — der 

Brustseuche. 120 

Silber als äusserliches Antisepticum. 103. — 
Als inneres — 156. 441. 

Skelets. — Abnorme Färbung des — 259. 
Solaninvergiftung. 441. 

Sombart f — Nachruf. 44. 

Spat der Pferde. 352. 

— Doppelneurotomie beim — 406. 
Speichelstein bei einem Esel. 186. 
Sporadische Lungenentzündung oder Lungen¬ 
seuche. 96. 

Spulwürmer -Peritonitis. - Darmperforation 

bei einem kolikkranken Pferde durch — 257. 
Staatshaushalt Etat. — Neuer preussi- 
scher — 36. 

Stalldesinfection. — Eine neue Methode 
der — 327. 

Stallmistes. — Abtödtung der Mikroorga¬ 
nismen des — 373. 

Starrkrampfes. — Serumtherapie des — 173. 
Starrkrampf, geheilt mit Tizzoni'schem Anti¬ 
toxin. 291. 368. 

Statistik der Geschwülste. Von Casper. 297. 
Staub und Staubkrankheiten. 185. 

Sterilität der Kühe. — Ursache der - -. Augst. 
109. 

Strongylose. — Epizootische — bei Hasen. 49. 
Strongylus armatus. — Arzneiliche Be¬ 
kämpfung des — 407. 

— paradoxus in den Lungen des Schweines. 
Olt. 73. 

Strychnin. — Arseniksaures. 453. 
Strychninintoxicationen. 309. 


Subluxation der Halswirbel beim Pferde. 147. 
Surrakrankheit. 221. 

Symptomatologie der thierischen Parasiten. 

119. 

T. 

Talggrieben. — Vergiftung von Hunden durch 
— Gutachten von Fr ick. 145. 

Tamarinde. — Eigenthümliche Wirkung der — 

,0 5- 

Tanalbin veterin. Kn oll 192. 

Technische Deputation. 151. 160. 

T e t an u s-Behandlung mit Serum antitelanique. 

! Mul o 11 e. 4. 

— Antitoxin. — Tizzoni'sches. Fiedler. 53. 

— Antitoxin — flüssiges. 107. 
Tetanusbacillen. — Ueber die Herkunft 

der — 149. 

Tetanus antitoxische Eigenschaften. 171. 
Tetanusgiftes. — Das Schicksal des — 236. 
Tetanus, geheilt mit intratrachealen Injectionen 
von Carbolsäure. 255. 

Tetanus beim Kalbe, ausgehend vom Mastdarm. 
441- 

Therapie. — Experimentell begründete -ätiolo¬ 
gische. 16 

1 — Die Ziele der modernen medicamenlöscn 32. 
Texasfieber. 222. — Experimentelle Unter¬ 
suchungen über das. 371. 

Thierärzte im Reichstage. 238. — Anzahl in 
Treussen 340. — Besserstellung derbeamteten — 

*35- 225- 

Thierärztinnen in Amerika. 436. 
Thierärztliche Controle. 18. 

—I Hochschulen — Kaisers Geburtstag. 52. 

— Hochschulen — Vorlesungen und Uebungen in 
Berlin. 87. — Dresden. 159. 187. Unfall. — 
Hannover 79. 151. 448. — München 464. 
Veränderung im Lehrkörper zu Dresden. 231. 
— Vorlesungen während des Wintersemesters 
1898/99 in Berlin. 284. — Hannover. 284. 295. 
302. 

— Gerichtsentscheidung betr. Führung des — 
Titels. 151. 

— Untersuchungsgebühren auf die Staatskasse. 87 
— Malkmus. — 251. 

— Fachschriften des Auslandes. 215. 

— Versammlung der Schlachthofthierärzte der 
Provinz Hannover. 18. 

— Versammlung der beamteten Thierärzte des 
Regierungsbezirk Cassel. 27. 

— Versammlung des Vereins Thüringer Thierärzte. 
70. — Provinz Hannover. 115 

— Versammlung ostpreussischer Thierärzte. 152 

Westpreussen. 196. — Preussen 201. — Ham¬ 
burg-Altona. 203. —Württemberg 260. 303. 328. 
— Hamburg-Altona. 275. 363. — Wiesbaden 
276. — Thüringen. 355. — Rheinpreussen 

375. — Baden 412. — Saargebiet 420. 464. 
— Kurhessen 427. — Elsass-Lothringen 428. 

Tollwuth. — Galle todter Thiere als Antitoxin 
gegen — 445- 

-Impfungen zu diagnostischen Zwecken. 408. 

— im Deutschen Reiche 1896. 78. — Impfinstitut 
in Berlin. 86. 273. 

T o r f m eh 1 f u 11 c r. 193. 301. 

Torfstreu, Strohstreu und Torfstiohstreu. — 
Verwendung von — 308. 

Toxine der Giftschlangen. 210. 
Tracheotubus. — Vervollkommnter — 440. 
Transplantationsversuche an Lumbri- 
ciden. 112 

Transport gefrorenen Fleisches. 389. 
Traubenzucker — ein normaler Bestandteil 
des Harnes? 164. 

Traumatischer Hirnabscess beim Pferde. 
Engelen. 243. 

Treberfütterung als Ursache von Icterus. 446. 
Trichinenfrage. — Der gegenwärtige Stand 
der — 215. -- Trichinenepidemie. 248. 

Trichinen-Vertheilung im Fleische der Schweine. 
295- 

Tuberculin. — Gewöhnung an das — 157. 
Tuberculinimpfung — junger Zuchtbullen. 
Pusch. I. 

Tuberculose - Bekämpfung mittelst des T ubercu- 
lins. 33. — In Dänemark. 132. 

— Congress in Frankreich. 124. 

— Versuche zur Heilung. 196. 220. 

— Englische Vorschläge zur Bekämpfung. 228. 


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DEUTSCHE THIER/ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. VH 


Tuberculose. — Gelenk-, Sehnenscheiden- und 
Schleimbeutelentzündung beim Rinde. 245. 

— beim Pferde. 325. 

— Bekämpfung durch die Prophylaxe. 326. 

— der Fische. 354. 

— der Schlachtthiere in Sachsen. 418. 

— des Menschen und der Vögel. 426. 
Tuberkelbacillus im Thierkörper. — Strahlen¬ 
pilzähnliche Wuchsformen des — 61. 

Pseudo*. 143. — Einfluss des Räucherns auf — 
246. 

Tumor im Herzen einer Kuh. 254. 

Tumoren im Gehirn. 462. 

— Nervenfasern in — 380 

U. 

Uebertragbarkeit der Warzen. 461. 
Umstülpung der Harnblase bei einer Stute. 417. 
Unterricht und Praxis. 139. 
Unterschenkelfractur. — Heilung einer — 
396. 

Unterstützungsverein für Thierärzte 273. 
Uterus-Vorfall bei Bläschenausschlag. Späth. 


V erat rin bei Haemoglobinaemie. 371. 
Verbreitung von Infectionskrankheiten durch 

Insecten 445. 

Vergiftung durch Oleanderblätter. 440. 

— von fünf Pferden mit Petroleum. 252. 

V erstäubungsfähigkeit der Luftkeime 

und Tröpfchen. 416. 

Versuch des Feilhaltens gesundheitsschädlicher 
Nahrungsmittel. 348. 

Vesicatorien — Werth der — 309. 
Veterinärinstitut in Leipzig. 448. 


A. 

Albrecht. 65. 287. 456. 

Alix. 454- 
Arloing. 317. 

Aronsohn-Röbel. 370. 

Augst. 109. 272. 448. 

B. 

Babes. 336. 

Bachhaus. 105. 

Bang. 327. 

Bartke. IOI. 357. 
Baruchello/255. 292. 

Battistini. 174. 

Baum. 29. 260. 216. 320. 392. 
Bayer. 64. 72. 

Bayersdörfer. 215. 

Bech 266 
Behring. 16. HO. 

Beier. 426. 

de Benedictis. 58. II3. 

Berg. 291. 

Bergamini 441. 

Berton. 256. 

Bialias. 243- 
Bitard. 31. 245- 290. 
Blumenberg. 429. 

Boccalari 200. 

Boether. 138. 

Bongert 165. 

Bonvicini. 398. 

Bossi. 451. 

Bosso. 252. 256 300- 336. 360. 
Bournay. 433- 
Bowhill. 157. 

Brun-Paris. 462. 

Büchner. 58. 149- 

C 

Cadiot 317. 325. 

Carl. 40. 

Carozzo 3*6. 

Carougeau. 344- 


Veterinärklinik. Grimberghe. 64. 
Veterinärwesen — im badischen Budget. 

Fehsenmeier. 21. — Spanisches. 363. 
Vieh. — Ein-und Ausfuhr Deutschlands 1897. 123. 
Viehmärkte in Husum. 167. 
Viehseuchen in Deutsch-Ostafrika. 17. 

— Massnahmen gegen Einschleppung von — 63. 

— Nachrichtendienst bei — 238. 
Viehseuchen-Entschädigung. 44. 
Viehseuchendebatte im preussischen Ab¬ 
geordnetenhause. 161. 

Viehstand in Bayern. 383. — in Württemberg. 

375- 

Viehtransport auf Eisenbahnen. Zschocke. 
217. 

Viehzählung in Preussen v. 1. Dezember 1897. 
157. — Im Deutschen Reich vom I. Dezember 
1897. 272. 

Viehzuchtverbände. — Förderung der 
bayerischen — 193. 

Viehversicherung. — Gesetzliche in Baden. 
Fehsenmeier. 189. 

Viehversicherungs-Gesellschaften. 
— Agenturen durch Thierärzte. 412. 

— Agenturen von — 44. 99. — Perleberger. 135. 
63. — Badischer Verband. 361. 

— Beschlüsse des Deutschen Landwirthschafts* 
rathes betr. — 69. 

Vorfall von Darmschlingen durch den offen 
gebliebenen Nabelring. 460. 

VorhautVerengerung und zu kurzer Penis 
beim Pferde. 25. 

W. 

Wägungsergebnisse bei geschlachteten 
Rindern. 293. 


Autoren. 


Casella. 443. 

Caspar. 61. 120. 297. 420. 

Casperini und Fogliata. 308. 

Cautone. 255 
Ctfvallari. 5. 

Christian!. 344- 35 2 - 397- 401. 

Christomanos. 461. 

Cinti-Luciani. 320. 

Cohn. 128. 

Connochic. 417. 

Conreur. 459- 
Conti. 291. 

Cred£. 103. 156. 

Curschmann. I13. 

». 

Dahlgrün. 367. 

Dammann. 125. 

Deeleman. 61. 

Deetjen. 344- 
Degive. 440. 

Deila Noce und Giancola. 120. 

Delvos. 417. 

Diedrichs. 457. 

Diem. 446. 

Dougherty. 141. 

Drouin. 148. 

Dupois. 104 

E. 

A. Eber - Dresden. 31. 188. 356. 

W. Eber-Berlin. 50. 106. 280. 

Eckardt. 42 

Edelmann. 45. 55. 81 150. 390. 393. 418. 458. 
Ehrmann. 120. 

Eichert. 133. 

Ellenberger und Baum. 216. 232. 260. 320. 340. 
392- 

Emmerich. 185. 

Engelen. 228. 243. 

Eppinger. 85. 
van Ermengem. 34. 

Ewart. II5. 


Wanderausstellung der deutschen Land- 
wirthschaftsgesellschaft in Dresden. Pusch. 
269. 

Wandergeschwülste beim Pferde Bartke. 

357 - 

Warzen. — Ein Beitrag zur Uebertragbarkeit 
der — 461. 

Widerstandsfähigkeit der Mundhöhle 
gegen pathogene Mikroben. 5 

Wild. — Alter vom — 435. 

Wohnungsdesinfection. — Eine neue 
Methode der — 318. 

Wurfmethode. — Neue — 256. 

Wurst- und Fleischvergiftung. — Zur 
Kenntniss der — 135. 

Württembergischen Oberamtsthier¬ 
ärzte. — Stellung der — 100. 108. 114. 

Württembergischer Pferdezucht¬ 
verein. 303. 

Wuthkrankheit. — Deren Behandlung mit¬ 
telst Einspritzung gesunder Nervensubstanz. 336. 

TL. 

Xeroform in der Thierheilkunde. 156. 

Z. 

Zahnfisteln, falsche und echte beim Pferde. 424 

Zenker f- 232. 

Zerreissung der Buggelenkskapsel. 60. 

Ziegenpocken. 398. 

Ziegenzucht im MUglitzthale. 272. 

Zuchtbullen. — Haltung von — 157. 

Zuchtvieh aus Holland. — Einfuhr von — 63. 

Zwergfellsneurose bei einer Kuh. 325. 

Zwillingsgeburt. 441. 


F. 

Faber. 306. 

Fabretti. 252. 

Falk. 295. 

Falotti. 211. 

Fambach. 406. 

Fehsenmeier. 21. 67. 146. 189. 

Ferre. 389. 

Fiedler. 53. 

Fiorentini. 221. 

Fischoeder. 28. 

Flaum. 411. 

Fonda. 120. 

Förster. 246. 

Frantzius. 444. 

Freitag. 433. 

Frick - Hannover. 29. 68. 145. 365. 
Friedrich. 61. 

Fröbner - Berlin. 64. 72. 406. 425. 428. 
Fröhner-Hünfeld. 6. 42. 186. 213. 
Fuchs. 328. 

CS. 

Gabeau. 291. 352. 

Gärtner. 373. 399. 

Germain. 58. 

Gerosa und Billitz. 143. 

Gerstenberger. 368. 

Geudens. 453. 

Görig. 306. 

Goltz. 80. 300. 

Gonelli. 149. 

Gotti e Brazzola. 94. 

Graf. 166. 

Grips. 318. 

Günther. 406. 

Guidotti. 405. 

Guillebeau. 245. 

Guittard. 88. 281. 

H. 

Haase. 166. 425. 

Hahn. 93. 

Hansen. 267. 


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VIII DEUTSCHE THIERjEKZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Hartenstein. 34. 

Hauptmann. 349. 

Hecker. 177. 

Hendrickx. 96. 

Hengst. 336. 

Hinrichsen. 271. 

Hoare. 398. 

Hobday. 370. 387. 

Hock. 433. 

Höhne. 320. 

Hoffmann-Stuttgart. 257. 428. 
Hofmann. 60. 

Hormann und Morgenroth. 151. 
Howatson. 405. 

Hutyra. 80. 

I. 

Imminger. 29. 442. 

Iwanoff. 141. 

J. 

Jakob. 85. 

Jess. 453. 

Joesl. 112. 

Johan-Olsen. 176. 

Johne. 448. 

H. 

Kaiser-Gross-Bieberau. 242. 

Katzke. 332. 

Kempner. 151. 

Kipping. 399. 

Klett. 329. 

Klimmer. 165. 

Klippstein. 254. 

Knaflitsch. 86. 

Koch-Baden bei Wien. 177. 

Koch. 221. 

Kögler. 167. 

Königshöfer. 210. 

Kolle und Tumer. 105. 175. 3*9- 434- 
Konhäuser. 157. 257. 

Kossel. 221. 

Koudelka. 309. 441. 

Krämer. 374. 

Krüger. 370 
Kühnau. 203. 228. 

Künnemann. 137. 153- 
Kunze 5. 

Ii. 

Labat. 333. 

Lajcik. 256. 

Lanz. 461. 

Lanzillotti-Buonsanti. 25. 152. 

Larrue. 173. 254. 

Larsen. 280. 

Lauri 254. 257. 

Lewin und Goldschmidt. 7. 

Lewin. 360. 

Liebl. 460. 

Liebreich. 32. 

Lienaux. 56. 

Lindemann. 444- 

Loeffler und Frosch 18. 333. 

Long. 44- 
Lorenz. 134. 160. 

Lundgren. 455- 
Lungwitz. 441. 444- 
Lusk. 60. 

llf. 

Maggi. 308. 

Malkinns. 19. 36. 29. 201. 251. 267. 
Marenghi. 463. 

Märtel. 5. 

Martens. 432. 433. 

Martin. 252. 

Martini, M. J. 460. 

Martius. 454- 


Mazzini. 104. 

Megnin. ^9. 

Meinicke. 280. 

Metz. 348. 

Metzger. 13. 

Misseiwitz und Wenzel. 167. 

Möbius. 25. 

Möller-Alfred. I43. 

Möller. 124. 

Mollinari. 149. 

Mongiardino. I47. 149. 

Montoya. 396. 

Morpurgo 307, 

Morris. 105. 

Morselli. 325. 

Mosselmann und Hebrant. 259. 

Mouget et Blanchard. 351. 

Müller, J. 174. 

Müller-Horneberg. 368. 

Müller-Jena. 373. 

Müller-Marburg. 379. 

Mulolte. 4. 

Munich. 84. 

Musehold. 208. 

X. 

Neisser 455. 

Niebel. 435. 

Noack. 458. 

Nocard. 157. 173. 209. 211. 319. 426. 
Noetzel 176. 

Nörner. 7 76. 197. 384. 

Novotny. 60. 

Nutall. 445. 

o. 

Olt. 73. 117- 439- 
Orth 139. 

■». 

Pader. 332. 

Paimans. 325. 

Pasetti. 85. 

Peiper. 119. 

Perdomi. 316. 

Perroncito. 318. 

Peter-Angermünde. 462. 

Piana. 179. 

Plehn. 57. 

Pötting. 31. 

Poppert. II2. 

Preisz. 281. 

Prettner. 320. 463. 

Preusse. 44. 

Pusch. 1. 269. 385. 

V 

Queyron. 192. 

Quittord. 231. 

R. 

Ransom. 236. 

Reiniger, Gebbert und Schall. 216. 
Rexillius. 243 - 3>°. 

Rieck. 247- 
Riegner. 360. 

Röbert. 440. 

Röder. 453. 

Rondelli. 257. 

Roger. 95. 

Rosenfeld. 130. 

Rosenheim. 83. 

Rosenthal 85. 

s. 

Salles. 290. 

Sanfelice. 155. 

Sänger. 461. 

Scassa. 244. 


( Scoffie 433. 

Schattenmann. 135. 

Schirmann. 359. 

Schilling. 353 
j Schlegel. 89. 

Schlossmann. 318. 327. •. 

: Schmaltz. 72. 340. 

Schmidt-Wien. 15. 17. 95. 103. 104. 
Schmidt, J., Dresden. 198. 

' Schmidt - Buxtehude. 241. 

Schmidt-Kulmbach. 446. 

Schiel. 450. 

Schneider 417. 

Schwarz. 166 214. 436. 

| Schwarznecker. 292. 
i Seifert. 388. 

, Siebenrogg. 109. 

Siedamgrotzky. 32. 

Siethof. 177. 

Simadcr. 174. 
i Sinith. 128. 

1 v. Smolenski. 97. 

Solimani. 443. 

! Soltsien. 106. 

■ Späth. 331. 

| Sperling. 270. 358. 

: Sieger. 417. 

| Stöcker. 348. 

1 Storch. 405. 

1 Strebei. 96. 397. 

! Ströse. 99. 249. 313. 

Szontagh und Wellmann. 368. 

T. 

Tangl und Zuntz. 281. 

Tapken. 449. 

Tebaldo. 94. 

Teetz. 186. 

Tempel. 328. 

Theiler. 205. 

Theurer. 379. 

Thomassen. 6. 

Thomson. 58. 

Tizzoni. 368. 

Torreggiani. 113. 44I. 

Trapp. 49. 

Tremmel. 411. 

Trinchera. 5. 

Trülsen. 325. 

II. 

Unverricht. 49. 

Ussai. 186. 

V. 

Vennerholm. 369 72. 

Villain. 259. 

Vogel. 425. 

Vogel-Kreuznach. 461. 

W. 

Wallmann. 119. 

Walther, 327. 

Wassermann. 176. 

Weidmann. 441. 

Westendorf. 34. 

Willach. 242. 250. 305. 

Wilson. 407. 

Wundt 371. 

X. 

Young. 380. 

Z. 

Zimmermann. 406. 

Zippelius. 188. 

Zschocke. 217. 431. 

Zürn. 260. 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thlerärztilche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der Macklofschen Druckerei in Karlsruhe i. B. 


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Deutsche 

Thierärztliche Wochenschrift 


herausgegeben von 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regierungs- und Medizinalrath, 
Direktor der Thierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 


Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregierungsrath 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regierungsrath und Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirektor Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Freiburg i. B. 


redigirt von 


Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit direkter 
portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784 a. 


Sechster Jahrgang. 


Sämratliche Zuschriften und redaktionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 
Korrekturen und Anzeigen an die Expedition der 
Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 
in Karlsruhe (Baden). 


M 1 . 


Ausgegeben am 1. Januar. 


1898. 


Ueber die Tuberculinimpfung junger Zucht¬ 
bullen. 

Von Prof. Dr. Pusch -Dresden. 

Die bedenkliche Zunahme, welche die Tuberculose des 
Rindes in den letzten Decennien aufweist, hat ja in allen zucht¬ 
treibenden Ländern die Frage ihrer Eindämmung zu einer 
brennenden gemacht, um so mehr als die Controle der Schlach¬ 
tungen auch in den mittleren und kleineren Städten immer 
mehr an Ausdehnung gewinnt, und ferner die Werthe für Zucht- 
und Schlachtthiere besserer Qualität gegenüber früher eine 
wesentliche Steigerung erfahren haben. 

Da die wirthschaftlichen Verhältnisse in dem weitaus grössten 
Theile Deutschlands eine Rückkehr zur Weidewirthschaft nicht 
gestatten, das Streben nach höchster Leistung in der Nutzung 
mit all’ seinen die Constitution schwächenden Momenten aber 
immer noch zunimmt, und die ganze Haltung des Rindes die 
Ansteckung und die Erhaltung der Tubercelkeime begünstigt, 
so ist an eine Besserung der augenblicklichen Zustände nicht 
zu denken. Letztere würde sofort eintreten, wenn man die 
Quellen verstopfte, aus denen der Giftstrom unaufhörlich fliesst, 
wenn man die kranken Thiere aus den Ställen beseitigen und 
somit nur gesunde Individuen zur Zucht verwenden könnte. 
Eine derartige radikale Remedur ist leider aus volkswirtschaft¬ 
lichen Gründen z. Z. noch nicht möglich, man muss sich viel¬ 
mehr mit Palliativmassregeln behelfen, deren Anwendung durch 
die Entdeckung und praktische Erprobung des Tuberculins 
glücklicherweise schon wessentlich bessere Erfolge erzielen 
lässt, als es ohne dieses für die Landwirthschaft geradezu 
unschätzbare Präparat möglich gewesen wäre. 

Ich sehe ab von der Bedeutung des Tuberculins als Puri- 
ficationsmittel für verseuchte Bestände, mich interessirt hier 
nur sein Werth als Diagnostikon beim Ankauf von Rindern 
zu Zuchtzwecken. 

Wie überall in der Hausthierzucht, so liegt auch in der 
Zucht des Rindes der Schwerpunkt beim Vaterthiere. 

Von einem Bullen, welcher der Production von Zucht¬ 
kälbern dient, muss man Rasse, Form, Nutzungsmerkmale und 
vor allen Dingen Gesundheit verlangen. 

Wenn man die Gefahren erwägt, welche der Gesundheit 
des Kalbes von der Mutter und vom Vater drohen, so muss man 
allerdings zugeben, dass dieselben seitens einer tuberculösen 
Mutter grösser sind, weil das intrauterine Leben, das Saug¬ 
geschäft und das enge Zusammenleben in den ersten Lebens¬ 
wochen die Uebertragung der Krankheitskeime von der Kuh 
auf das Kalb begünstigen. 


Nach dieser Richtung, der Richtung der directen Ueber¬ 
tragung, ist der Bulle zwar weniger gefährlich, wenngleich die 
Berechtigung der Annahme einer germinativen Vererbung auch 
nicht vollständig von der Hand zu weisen ist, zu fürchten ist 
aber die Vererbung der Disposition, der verminderten Wider¬ 
standsfähigkeit der Gewebe, die den Tubercelbacillen besonders 
dann einen günstigen Nährboden darbietet, wenn gleichzeitig 
schlechte Brustkorbverhältnisse eine ergiebige Athmung beein¬ 
trächtigen. 

Da nun der in Polygamie lebende Zuchtstier namentlich 
bei öffentlicher Benützung eine verhältnissmässig grosse Nach¬ 
kommenschaft producirt, so ist es im Interesse der Landes¬ 
viehzucht geboten, mit allen Mitteln darnach zu streben, nur 
gesunde Vaterthiere zu benutzen, selbst wenn man die Ver- 
erbüng der Disposition als das einzige Uebel ansieht, welches 
vom Bullen auf das Kalb übertragen werden kann. 

Die Erkenntniss von der Bedeutung des Schutzes, welchen 
das Tuberculin hier den Züchtern gewährt, hat denn auch 
bereits immer mehr dazu geführt, dass der Ankauf eines werth¬ 
volleren Bullen von einer reaktionslosen Impfung abhängig 
gemacht wird, und dankenswerther Weise suchen auch die 
Regierungen den Züchtervereinigungen die Ausführung der Impfung 
durch Uebernahme der Kosten zu erleichtern. 

So hat das Königlich sächsische Ministerium des Innern 
schon im Beginn des Jahres 1895 angeordnet, dass die be¬ 
amteten Thierärzte die Bullen in den staatlich unterstützten 
Genossenschaften auf Staatskosten impfen, sofern sich die Be¬ 
sitzer zur Beseitigung der reagirenden Thiere verpflichten, und 
weiterhin hat dasselbe dann die Bewilligung von Beihülfen zur 
Errichtung neuer Genossenschaften davon abhängig gemacht, 
dass die innerhalb derselben zu verwendenden Bullen erst nach 
erfolgter reactionsloser Impfung eingestellt werden. 

Weiterhin hat die Regierung in Breslau den Kreisthier¬ 
ärzten aufgegeben, den Requisitionen des landwirthschaftlichen 
Centralvereins zur Impfung der auf den Bullenstationen auf¬ 
zustellenden Bullen Folge zu leisten, und in neuerer Zeit end¬ 
lich hat das badische Ministerium des Innern die Prämiirung 
von Zuchtbullen bei den Staatsprämiirungen von dem Bestehen 
der Tuberculin-Probe abhängig gemacht. 

Die besagte Verordnung des sächsischen Ministeriums des 
Innern hat mir nun Gelegenheit geboten, eine verhältnissmässig 
nicht unbedeutende Zahl von Impfungen bei jungen Zuchtbullen 
vorzunehmen. 

Es sind nämlich im Interesse der Hebung der Landes¬ 
viehzucht mit Hülfe von Staatsmitteln zwei Bullenaufzuchtstationen 
im Lande errichtet worden, welche den Zweck haben, den 


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2 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


I. Januar. 


Züchtern brauchbare Rassebullen zu massigen Preisen zur Ver¬ 
fügung zu stellen. Entsprechend den Bestrebungen der Landes¬ 
viehzucht liegt die eine im oberen Erzgebirge und ist mit 
36 Simmenthalern besetzt, während die andere, in der Niederung 
befindliche, durchschnittlich 24 Oldenburger beherbergt. Die 
Thiere stehen in einem eigenen Stalle, gehen entweder auf die 
Weide oder erhalten Bewegung im Laufgarten und kommen 
mit anderen Thieren nicht zusammen. Ihre Verpflegung er¬ 
folgt in vorgeschriebener Ration gegen eine bestimmte, tägliche 
Entschädigung und die Abgabe an die Züchter nach festen 
Grundsätzen, es wird denselben in der Regel ein Erlass von 
130—200 Mk. am Selbstkostenpreise gewährt. 

Mit Ausnahme einiger weniger Simmenthaler, die aus dem 
Inlande bezogen werden, erfolgt der Einkauf in den betreffen¬ 
den Zuchtgebieten, und zwar werden sämmtliche Thiere vor 
ihrer Einstellung in die Station der Tuberculinimpfung unter¬ 
worfen. Im Ganzen ist das mit 178 Simmenthalern und 73 
Oldenburgern geschehen, wodurch sowohl ein gewisser Ueber- 
blick über den Procentsatz tuberculöser Thiere wie über die 
Temperaturverhältnisse junger Individuen gewonnen wurde. 

Die Simmenthaler befanden sich im Alter von 5 bis 18 
Monaten, und stammten von den 178 Stück 33 aus dem In¬ 
lande, 103 aus Baden und 42 aus der Schweiz. 

Der Procentsatz der Reagirenden vertheilt sich wie folgt: 

Geimpft 178 Stück, hiervon reagirt 21 Stück — 11,8°/ 0 ; 
davon aus dem Inlande 33 Stück, hiervon reagirt 7 Stück = 
21,2 °/ 0 ; aus Baden 103 Stück, hiervon reagirt 12 Stück = 
n,65 % 5 aus d er Schweiz 42 Stück, hiervon reagirt 2 Stück 
= 4,8 °/o. 

Von den 73 Oldenburgern stammten 7 aus dem Jever¬ 
lande, 63 aus der Wesermarsch und 3 aus dem Inlande; eine 
sichere Reaction ist nach der Impfung nicht aufgetreten (vergl. 
unten). Das Alter schwankte zwischen 5 und 21 Monaten. 

Die Impfung wurde entweder im Stalle des Händlers oder 
auf der Bullenaufzuchtstation oder in den Stallungen der thier¬ 
ärztlichen Hochschule, wohin die Thiere zu Zeiten der Klauen¬ 
seuchegefahr gebracht wurden, ausgeführt, und je nach dem 
Gewicht und Alter der Thiere 0,25—0,4° Tuberculin ver¬ 
wendet. Immer wurde darauf gesehen, dass zwischen Ankunft 
im Stalle und Impfung ein Zeitraum von 48 Stunden lag, ja 
wo es die Umstände gestatteten, wurde die Impfung auch erst 
nach 4—7 Tagen vorgenommen. Letzteres ist namentlich bei 
solchen Thieren wünschenswerth, die von der Weide kommen 
und nun neben den Strapazen des Transportes auch noch eine 
wesentliche Aenderung in der ganzen Haltung und Ernährung 
durchmachen müssen. Die Folgen äussern sich dann einmal 
in einer hohen Temperatur und einer starken Schwankung 
innerhalb der einzelnen Tageszeiten, sodass die Impfung bis¬ 
weilen nur ein unsicheres Resultat ergiebt. 

Wenn ich zunächst mit den Simmenthalern beginne, so 
liegen mir die Temperaturtabellen über 7 Transporte mit 132 
importirten und über 18 im Inlande gezogene Thieren vor. 

I. 14 Simmenthaler, Transport von Thun bis Gottmadingen 
b. Singen, Ruhe 6 Tage, Gewicht 500—1000 Pfd. September. 
Gutes Wetter, luftiger, scheunenartiger Stall. Sämmtliche Thiere 
hatten bis auf eines den Charakter von Weidethieren. 

Höchste Temperatur vor der Impfung 

38,5—38,9 bei 4 Stück, 

39 —39,4 ,, 8 „ 

39.5 — 39,9 ,, 1 

40.5 „ I „ (Ballenschmerzen), 

Tagestemperaturschwankungen vor der Impfung zwischen 
6 Uhr Morgens und 7 Uhr Abends: 

Temperatur Abends niedriger als Morgens bei 5 Thieren 

j, ,, gleich ,, ,, ,, ,, 

,, 1, höher ,, ,, ,, 9 »» (bis 0,5)* 

II. 30 Simmenthaler, hiervon 12 Schweizer und 18 badischer 
Herkunft. Transport von Messkirch (Baden) bis Plauen-Voigt¬ 
land, Ruhe 48 Stunden, Gewicht 400—1000 Pfd., September, 
gutes Wetter, guter, zugfreier, luftiger Stall. 


Höchste Temperatur vor der Impfung: 


38,5 

—38,9 

bei 

3 

Stück, 

39 

—39,4 

yy 

17 


39,5 

—39,9 

n 

10 

M 

40 

—40,4 

yy 

0 

yy 


Tagestemperaturschwankungen zwischen 3 und 6 Uhr Nach¬ 
mittags. 

Temperatur um 6 Uhr niedriger als um 3 Uhr bei 3 Stück, 

»> ,, ,, ,* gleich ,, ,, ,, ,, 2 ,, 

,, ,, ,, ,, höher ,, ,, ,, ,, ,, 20 ,, (o — 0,5), 

>» ,, ,, »> ,, ,, ,, ,, ,, ,, 5 ,, (0,6—1). 

III. 15 badische Simmenthaler, Transport von Messkirch 
nach Plauen, Ruhe 48 Stunden, Gewicht 400 — 600 Pfd., Februar, 
Frost, guter, luftiger, zugfreier Stall. 

Temperatur vor der Impfung: (Nur einmalige Temperaturaufnahme 
vor der Impfung.) 

38.5— 38,9 bei ii Stück, 

39 —39,4 „ 4 „ 

39.5— 39,9 „ 

IV. 20 badische Simmenthaler, Transport von Messkirch 
nach Plauen, Ruhe 48 Stunden, Gewicht 400—600 Pfd., Juni, 
warmes Sommerwetter, guter, luftiger Stall. 

Höchste Temperatur vor der Impfung: 

38,5 — 38,9 bei — Stück, 

39 —39,4 „ 14 „ 

39.5— 39,9 ,, 6 „ 

Tagestemperaturschwankungen zwischen 3 und 6 Uhr Nach¬ 
mittags. 

Temperatur um 6 Uhr niedriger als um 3 Uhr bei 8, 

>> »» »> >» gleich ,, „ ,, ,, 5, 

,, „ »j ,, höher ,, ,, ,, ,, ,, 7 (o—0,5). 

V. 16 badische Simmenthaler, Transport von Messkirch 
bis Plauen, Ruhe 48 Stunden, Gewicht 400—700 Pfd., September, 
gutes Wetter, guter, zugfreier, luftiger Stall. 

Temperatur vor der Impfung: (Nur eipraalige Tcmperaturaufnahme 
vor der Impfung.) 

38.5— 38,9 bei 5 Stück, 

39 —39,4 ,, 8 „ 

39.5— 39,9 ,, 3 „ 

VI. 18 Stück, davon 6 Schweizer und 12 badische Simmen¬ 
thaler, Transport von Messkirch bis Plauen, Ruhe 48 Stunden, 
Gewicht 500—900 Pfd., März, guter, zugfreier, luftiger Stall. 

Höchste Temperatur vor der Impfung: 

38,5—38,9 bei 6 Stück, 

39 —39,4 „ 9 „ 

39.5 - 39,9 „ 1 „ 

4° 4°,4 n 1 ,, Nachderlmpfunggleichmässiger Abfall, 

40.5 40,9 ,, 1 », ,, Abfall und dann wieder Steigerung. 

Tagestemperaturschwankungen zwischen 3 und 6 Uhr Nach¬ 
mittags. 

Temperatur um 6 Uhr niedriger als um 3 Uhr bei 2 Stück, 

,. .. gleich „ „ „ „ 1 „ 

.. „ „ ,, höher „ .. 12 „ (bis 0,5), 

.. „ ., .. „ 2 „ (0,6—1°), 

» .. .. .. „ I „ (um 1,2°). 

VII. 19 badische Simmenthaler, Transport von Radolfzell 
bis Dresden, Ruhe 4 Tage, Gewicht 400—1000 Pfd., September, 
gutes Wetter, luftiger, zugfreier, guter Stall. 

Höchste Temperatur vor der Impfung: 

38.5— 38,9 bei o Stück 

39 —39,4 „ 8 „ 

39.5— 39,9 ,, 8 „ 

40,0—40,4 , 3 „ 

Tagestemperaturschwankungen zwischen 8 Uhr Morgens 
und 9 Uhr Abends. 

Temperatur um 9Uhr Abends niedriger als um8 Uhr Morgens bei 14 Stück (bisi,2) 
>. >. .. .. .. gleich „ „ „ „ „ 1 „ 

.. ,. .. höher „ „ „ „ „ „ 3 „ (biso,5) 

*» 1, >> », 11 >> 1, >• 11 11 ,1 n • 11 (0,8) 


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DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


3 


No. i. 


VIII. 18 einheimische Bullen, in den Ställen der Besitzer 
geimpft, ohne vorherigen Transport oder Umstellung durch¬ 
gemacht zu haben, 300—900 Pfd. schwer. 

Höchste Temperaturen vor der ImpfuDg: 

38.5 — 38,9 bei 2 Stück, 

39 —39,4 „ 8 „ 

39.5 -39,9 ,, 6 „ 

40 - 40,4 „ 1 „ 

40.5 „ 1 „ 

Die Aufnahme dieser Temperaturen fand fast ausnahms¬ 
los im Hochsommer und in mehr oder weniger besetzten 
Ställen statt. 

Mittheilungen über Schwankungen der Tagestemperatur 
liegen von 8 Thieren vor. 

Tagestemperaturschwankungen zwischen Morgen und Abend: 
Am Abend höher bis zu 0,5 0 bei 6 Stück, 

„ „ um o,6° „ 2 „ 

Zusammenstellung: 

Höchste Temperaturen vor der Impfung: 

38.5 — 38,9 bei 31 Stück = 20,7 %, 

39 —39,4 ,, 76 „ = 50,7 „ 

39.5 -39,9 „ 35 „ = 23,3 „ 

40 —40,4 „ 5 „ = 3,3 „ 

40.5 u. mehr „ 3 „ = 2,0 „ 

Temperaturen wurden Morgens und Abends bei 41 Stück 

vor der Impfung aufgenommen. 

Temperatur Abends niedriger als Morgens bei 19 Stück, 

„ „ gleich „ „ 1 „ 

„ „ höher „ „ „18 „ (bis 0,5), 

,, „ „ „ „ „ 3 „ (°,6 1 °). 

Die 70 Oldenburger kamen in 3 Transporten. 

IX. 20 Stück, Transport von Brake bis Dresden, Ruhe 
48 Stunden, Gewicht 400—800 Pfd., Oktober, nasskaltes Wetter, 
guter, luftiger, zugfreier Stall. 

Höchste Temperaturen vor der Impfung : 

38.5— 38,9 bei 15 Stück, 

39,0-39,4 „ 4 „ 

39.5- 39,9 „1 

Temperaturschwankungen zwischen 12 Uhr Mittags und 
8 Uhr Abends. 

Temperatur um 8 Uhr niedriger als um 12 Uhr bei 2 Stück, 
gleich „ „ „ „ 3 „ 


yy n 1» 


yy yy yy 


yy yy yy 


höher „ „ „ „ „13 „ (bis 0,5), 

,, ,, ,, ,, ,, ,, * ,, (1,2). 

X. 18 Stück, Transport von Nordenhamm bis Dresden, 

Ruhe 3 Tage, Gewicht 520—750 Pfd., Februar, trockener Frost, 
guter, luftiger, zugfreier Stall. 

Höchste Temperaturen vor der Impfung: 

38.5— 38,9 bei o Stück, 

39 —39,4 „ 10 „ 

39.5— 39,9 ,, 8 

Temperaturschwankungen zwischen 12 Uhr Mittags und 
8 Uhr Abends. 

Temperatur um 8 Uhr niedriger als um 12 Uhr bei o Stück, 

„ ,, „ ,, gleich ,, ,, „ ,, 2 ,, 

,, ,, ,, », höher ,, ,, ,, ,, ,, 10 ,, (bis 0,5), 

,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, 4 ,, (0,5 1 ), 

,, ,, ,, ,, ,, »» ,, ,, ,, ,, 2 ,, (1,2). 

XI. 32 Stück, Transport von Nordenhamm bis Zabeltitz 
bei Grossenhain in Sachsen, Ruhe 6 Tage, Gewicht 400—900 Pfd., 
Ende August, nasskaltes, windiges Wetter, sehr zugiger, un¬ 
fertiger Stall mit offenen Fensterlöchern. 

Höchste Temperaturen vor der Impfung: 

38,5—38,9 bei 3 Stück, 


39 —39,4 
39,5 — 39,9 

40 —40,4 

40,5—40,9 

41 —41,1 


7 
10 

8 
1 
3 


Zusammenstellung der höchsten Temperaturen vor der Impfung : 


38.5— 38,9 

39 —39,4 

39.5— 39,9 

40 —40,4 

40.5— 40,9 

41 —41,1 


bei 18 Stück 

,, 21 

„ 19 „ 

> 8 „ 

„ 1 „ 

, 3 


= 25,7 °/o, 
= 30,0 „ 
= 27,1 „ 
= 11,4 „ 
= U4 „ 
= 4,3 „ 


Aus der Zusammenstellung der höchsten Temperaturen 
beider Rassen vor der Impfung geht also hervor, dass sich 
die Temperatur der untersuchten Thiere hauptsächlich zwischen 
39 und 39,4 bewegte (44,1 %), weniger haben 22,3 o| 0t zwischen 
39,5 und 39,9 24,5 ü /o, 40-40,4 5,9% und über 40,4 
noch 3,2 % gehabt. 

Fragen wir uns nun, welche Momente die höheren 
Temperaturen bedingen und die Grenzen und Schwankungen 
beeinflussen, so kommen hier in Betracht: Alter, Aussentempe- 
ratur, Transport und Acclimatisation und endlich geschlecht¬ 
liche Aufregung. 

Um den Einfluss des Alters festzustellen, habe ich die 
Thiere in 3 Gruppen getheilt und zwar nach dem Gewichte, 
weil letzteres bei frühreifen, gleichgeschlechtlichen und mehr 
oder weniger gleichartig gezüchteten Individuen einen besseren 
Massstab für die Beurtheilung abgiebt als Altersangaben, die 
trotz vorhandener Ursprungsatteste oft schon in Rücksicht auf 
die ganze Entwickelung des Bullen als unzutreffend angesehen 
Werden müssen. 

Die Thiere sind mit Ausnahme von wenigen gewogen 
worden und habe ich dann das Gewicht der letzteren ein¬ 
geschätzt. 


I. Thiere von 

400—600 

Pfd. Lebendgewicht. 


Simmenthaler 


Oldenburger 


1. 

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5 ° » 

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3 £• 

G I 

71 nicht reagirende 39,21, 

39.2'). 

23 nichtreagirende 39,23, 

3 rweifelhaft 39,5 *), 

39.13, 

10 reagirende 39.27* 

40,21, 

40,4. 

II. Thiere von 

ÖOO—800 

Pfd. Lebendgewicht. 


Simmenthaler 


Oldenburger 



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tu 

44 nicht reagirende 39,o8, 

39.0, 

30 nichtreagirende 39,46, 

39.0. 

7 reagirende 39.3, 

40,6 >), 

1 zweifelhaft 39,2*), 

39.6- 


III. Thiere von 800—1000 Pfd. Lebendgewicht. 


Simmenthaler 


Oldenburger 



• U 

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s 

si- 8 

q|-° 

15 nicht reagirende 38,9, 

38,85, 13 Stück . . . 

. ■ 38,9. 

38,7. 

3 reagirende 

39.i. 

40,2‘). 




i) In der Regel sechsmalige, iweislündliche Messung in der Zeit zwischen der 
11. und ai. Stunde nach der Impfung. 

*) Haben sich bei einer zweiten und dritten Impfung als »ohne Reaction« erwiesen. 


Es bestehen also in der Temperaturhöhe jüngerer und 
älterer Jungbullen trotz gleicher Haltungsverhältnisse Unter¬ 
schiede von mehr als 0,3 °, es sind auch weiterhin die Tages¬ 
temperaturen bei jüngeren Thieren grösseren Schwankungen 
unterworfen als bei älteren. 

In der Regel ist die Abendtemperatur am höchsten. Wenn 
sich bei meinen Messungen hiervon Ausnahmen ergaben, so 
hatte das seinen Grund in dem Umstande, dass sich bei den 
importirten Thieren am Abend der Zeitraum zwischen Aufstallung 
und Messung immer mehr vergrösserte, und somit der Einfluss 
des Transportes geringer wurde. 


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4 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


I. Januar. 


Den Einfluss der Aussentemperatur, mit der diejenige 
im Stalle ja in engem Zusammenhänge steht, konnte ich eben¬ 
falls in den Impfresultaten nachweisen. 

Von 37 im Hochsommer geimpften Thieren Simmenthaler 
Rasse hatte nur i eine Vortemperatur von 38,5—38,9 (2,7 °/J; 
von 79 im September geimpften Thieren Simmenthaler Rasse 
hatten 12 eine Vortemperatur von 38,5—38,9 (15 °/„); von 
34 im Februar — März geimpften Thiere Simmenthaler Rasse 
hatten 18 eine Vortemperatur von 38,5 — 38,9 ( 53 °/o)- 

Bei den im Hochsommer geimpften Thieren kommt noch 
hinzu, dass diese Thiere beinahe zur Hälfte inländischen Wirt¬ 
schaften angehörten, deren Ställe in der Regel sehr warm sind. 

Weiterhin ist der Transport von Einfluss. Frühere Erfah¬ 
rungen, dass die Temperatur junger Thiere nach Zurücklegung 
eines längeren Weges auf der Eisenbahn selbst noch mehrere 
Stunden nach dem Ausladen 40 0 und darüber betragen kann, 
hatte mich veranlasst, immer eine Zeit von ca. 48 Stunden 
verstreichen zu lassen, ehe ich mit den Impfungen begann. 
Bestimmte Zahlen lassen sich da nicht angeben, die Temperatur¬ 
höhe ist hier ebenfalls von dem Alter, der Aussentemperatur, 
dem engen oder bequemen Stehen und der Länge des Trans¬ 
portes abhängig. 

Jüngere Thiere sind mehr empfindlich, sie bekommen 
ebenso wie fette Thiere eher Schmerzen in den Ballen, liegen 
viel nach dem Ausladen, zittern und versagen nicht selten 
vor Erschöpfung und Müdigkeit das Futter. Die Dauer bis 
zur Rückkehr normaler Temperaturen ist hier natürlich eine 
längere. Eng verladene Thiere zeigen im Sommer bei längeren 
Transporten und Wassermangel geradezu Athemnoth, ihre Tem¬ 
peratur kann, wie mir Herr Amtsthierarzt Zschocke in Dresden 
mittheilte, bis zu 42 betragen. 

Wie schon gesagt, betrifft die Steigerung namentlich die 
jüngeren Thiere im Sommer, bei älteren Thieren und bei 
kühler Witterung ist sie unter Umständen gleichJ^Null, wie 
Messungen ergaben, die ich bei einem Transporte vierjähriger 
Mastochsen, welche bei einer Aussentemperatur von — 2 0 
eine 24stündige Eisenbahnfahrt durchgemacht hatten, sofort 
nach dem Ausladen vornehmen liess. 

Weiterhin kommt auch neben der Nachwirkung cfes Ttäns- 
portes die Acclimatisation in Frage, unter deren Einfluss die 
Temperatur oft noch wochenlang um 2 bis 3 Zehntel erhöht 
bleibt, um dann schliesslich auf das Normalmass von 38,7:39,0 
herabzugehen. 

Endlich hat die geschlechtliche Aufregung einen Einfluss. 
Dieselbe beobachtet man namentlich bei den Thieren, die man 
im Wohnorte des Züchters impft und die man dann im Interesse 
der bequemeren Messungen in einem Gehöfte vereinigt. Da 
regen sich die ausgeruhten und üppigen Thiere durch die 
neuen Nachbarn oftmals so auf, dass sie schwitzen und Tem- 
peratursteigerungen von mehr als 1 0 bekommen. 

Importirte und durch den Transport angestrengte Thiere 
stehen gewöhnlich, weil gleichzeitig auch eingeschüchtert durch 
die neue Umgebung, ruhiger, immerhin aber vermeide ich es, 
sie 24 Stunden vor Beginn der Vormessungen zu verstellen 
und achte ferner darauf, dass ihnen durch zweckmässiges An¬ 
binden das Aufspringen auf die Nachbarn unmöglich gemacht wird. 

Unter Umständen reicht aber eine Ruhezeit von mehreren 
Tagen (6) noch nicht aus, um annähernd normale Temperatur¬ 
verhältnisse zu schaffen, und ist man dann, wenn man die 
Impfung nicht mehr aufschieben kann, in einer sehr unange¬ 
nehmen Lage, weil leicht eine falsche Beurtheilung des 
Temperaturergebnisses Platz greifen kann, wodurch wahr¬ 
scheinlich auch der Procentsatz der Fehldiagnosen nach der 
positiven Richtung vergrössert wird. Letzteres trifft namentlich 
bei Weidethieren zu und wird auch von Völlers durch die 
Ergebnisse aus den Seequarantäneanstalten bestätigt, in denen es 
sich ja bei dem aus Dänemark importirten Vieh meist um 
Weidethiere handelt. Völlers giebt an, die Temperatur sei 
bei diesen Thieren Schwankungen von 38—40 0 unterworfen, 
was auch die folgenden Beobachtungen illustriren. 

(Schluss folgt.) 


Erfolgreiche Anwendung von Serum anti- 
tetanique von Prof. Nocard-Paris. 

Von L. Mulotte, Kreisthierarzt in Chäteau-Salins. 

Am 14. Mai 1897 erkrankte bei einem Gutsbesitzer in P. 
eine 10jährige Stute an Starrkrampf. Das Pferd hatte vor circa 
14 Tagen in einen Nagel getreten. Der Nagel wurde von 
einem Schmied entfernt, die Wunde gereinigt, ein Tampon mit 
Werg und Theer aufgelegt, worauf ein geschlossenes Eisen 
aufgeschlagen wurde. Lahm hat sich das Pferd nie gezeigt. 

Bei der Untersuchung fand ich das Thier an ausgesprochenem 
Starrkrampf und zwar in dem Grade erkrankt, dass man nur 
mit Mühe das Eisen abnehmen, die Wunde reinigen und des- 
inficiren konnte. Der Besitzer hatte die ersten Erscheinungen 
des ihm wohlbekannten Starrkrampfes schon Abends vorher 
bemerkt; es sind demselben schon mehrere Pferde an Tetanus 
gefallen. 

Ich verfuhr sofort nach den Angaben von Nocard und 
injicirte dem Pferd 50 ccm Serum antitetaniquc, das ich 
aus dem Institut Pasteur bezogen hatte. 

Am 15., 16. und 17. Mai injicirte ich wiederum je 20 ccm, 
vom 17. Mai ab konnte man schon eine Besserung an dem 
Patienten vermerken. Das Pferd konnte etwas Kleienwasser zu 
sich nehmen, wenn man ihm den Eimer so vorhielt, dass es 
mit dem Kopf bequem an denselben reichen konnte. Der 
Zustand verbesserte sich weiterhin von Tag zu Tag, das Pferd 
ernährte sich bis zum 22. lediglich mit Mehl und Kleienwasser. 
Am 22. versuchte es von grünem Klee, der ihm vorgehalten 
wurde, etwas zu nehmen und vermochte auch, obgleich mit 
Mühe, davon zu verschlucken. Von da ab ging die Genesung 
langsam vor sich und beanspruchte noch ungefähr 18 Tage; 
5 Wochen nach dem Auftreten der ersten Merkmale des Starr¬ 
krampfes wurde das Pferd wieder zur Arbeit herangezogen. 

Einen zweiten Fall von Starrkrampf beobachtete ich am 
20. Mai bei einem 17jährigen Wallach, zu dem ich von einem 
Landwirth H. in der Gemeinde Bioncourt zugezogen wurde. 
Das Pferd hatte am 19. Mai die ersten Tetanuserscheinungen 
gezeigt. Die Recherchen ergaben, dass das Pferd sich vor 
circa 8 Tagen am linken Hinterfuss eine nicht unbedeutende 
Verletzung der Krone und des Schienbeins an der Egge zu¬ 
gezogen hatte. 

Futteraufnahme unmöglich. Häufige Versuche, Wasser zu 
verschlucken. Zunächst wurde eine Reinigung und Desinfection 
der Wunde vorgenommen, sodann erfolgte eine Einspritzung 
am 20. Mai von 50 ccm Serum antitetanique, 

» 21. * » 20 » > » 

» 22. » » 20 » * » 

» 23. * * 10 » » * 

Das Pferd macht rege Kau- und Schluckversuche. Die 
weitere Behandlung überlasse ich dem Besitzer. Das Thier 
wurde wie das vorige in einem dunklen warmen Stallraum 
untergebracht, sanft und ruhig gepflegt und sehr warm gehalten. 

Nach circa 3 Wochen schickt mir H. das Pferd zur Ansicht 
nach meinem Wohnorte Chateau-Salins, der 12 Kilometer von 
seinem Hof entfernt liegt; Hin- und Rückweg hat das Pferd 
ohne besondere Beschwerden zurückgelegt, woraus ohne Weiteres 
sich ergibt, dass eine Heilung desselben eingetreten war. 

Ich bin weit entfernt, behaupten zu wollen, dass alle 
Tetanus-Fälle mit Serum antitetanique geheilt werden können; 
diese zwei Beobachtungen dürften jedoch angethan sein, manchen 
Praktiker zu bewegen, diese Heilmethode zu versuchen. 

In Gegenden, wo der Starrkrampf eine so häufige Krank¬ 
heit ist, wie hier in Lothringen, wird man gewiss gern zur 
Behandlung desselben sich des Antitoxins bedienen, da erfahrungs- 
gemäss von keinem andern Heilmittel Erfolg erwartet werden 
kann. Ist auch die heilsame Wirkung des Tetanus-Antitoxin 
noch nicht über alle Zweifel erhaben, so lassen doch viele 
bereits beobachtete Fälle einen unverkennbar günstigen Einfluss 
dieses neuen Mittels auf den Starrkrampf erkennen, der weitere 
Versuche herausfordert. 


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No. i. 


DEUTSCHE THIER^ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


5 


Auch bei den Menschen wird hier zu Lande Starrkrampf 
nicht selten beobachtet und gerade diese Thatsache hat 
es mir ermöglicht, in den Pferdebeständen, wo jemals Tetanus 
auftrat, überhaupt jede eingreifende Operation mit der Schutz¬ 
impfung zu verbinden. 

Ich hebe hier hervor, dass, zu meiner Zufriedenheit und 
besonders der meiner Clienten, ich seit zwei Jahren Tetanus 
nach Operationen mit vorausgegangener Schutzimpfung über¬ 
haupt nicht mehr beobachtet habe. Die Präventivkur des Tetanus 
hat hier in der Praxis vollständig Eingang gefunden und mancher 
Pferdebesitzer lässt bei Verwundungen an den Extremitäten, 
Nageltritt u. dergl. impfen, oder verlangt jedenfalls die Schutz¬ 
impfung unbedingt bei Vornahme von Castrationen, Bauchope¬ 
rationen u. dergl. an werthvollen Fohlen bezw. älteren Hengsten. 


Referate. 

Verschleppung der Maul- und Klauenseuche. 

Von Bezirksthierarzt Kunze. 

(Sachs. Jahresbericht, 1896, S. 98.) 

Das Impfinstitut Frankenberg impft Kälber gegen Ent¬ 
schädigung im Stalle der Besitzer und lässt hierzu ihren eigenen 
Tisch von einem Gut in das andere schaffen. Nach längerer 
Zeit wurde der Tisch in einem Gute benutzt, von dem sich 
später herausstellte, dass in demselben die Maul- und Klauen¬ 
seuche verheimlicht war. Sämmtliche Gehöfte, in die der Tisch 
nach dieser Impfung gebracht wurde, wurden inficirt, während 
die Gehöfte, von denen zwar Kälber auf dem Tische geimpft, 
der Tisch selbst aber nicht in das Gehöft gekommen war, von 
der Seuche verschont blieben. Fr ick. 


Experimentalstudien über die Widerstandsfähigkeit der 
Mundhöhle gegen pathogene Mikroben. 

(Aus den Annales de I'Instilut Pasteur. Vol. X. 10.) 

Auf Anregung von Metschnikoff sind im Pasteur 'sehen 
Laboratorium in Paris eingehende Versuche an Menschen und 
Thieren unternommen worden, um die immer noch nicht in 
befriedigender Weise gelöste Frage zu beantworten, weshalb 
ungeachtet des grossen Reichthums des Mundspeichels an Bak¬ 
terien Wunden in der Mundhöhle doch nur selten inficirt 
werden. Die Ansichten hierüber stehen sich zum Theil dia¬ 
metral gegenüber und sind noch verwirrter geworden, nach¬ 
dem im genannten Institute festgestellt worden ist, dass dem 
Mundspeichel selbst, auch wenn er im Chamberland'schen 
Filter steril gemacht wurde, keine nennenswerthen baktericiden 
Eigenschaften zukommen und gilt dies auch von dem Rhodan¬ 
kalium, welchem Sanarelli antimikrobische Wirkungen unter¬ 
legt hat, es ist in zu geringer Concentration enthalten. 

Die Untersuchungen wurden mit Capillarröhrchen angestellt, 
die mit Speichel gefüllt in die Bauchhöhle von Meerschweinchen 
geschoben wurden. Was zunächst in die Augen fiel, war eine 
reichliche Einwanderung von Leukocyten und geschah das¬ 
selbe an Wunden, die in der Mundhöhle angelegt wurden. 
Ebenso fiel auf, dass die sich ansammelnden Leukocytenmassen 
reichlich Bakterien aufgenommen hatten und schliesslich mit 
diesen regelmässig vollgestopft waren. Damit lag klar zu Tage, 
dass bei der Vernichtung der gewöhnlich im Speichel vor¬ 
kommenden Bakterien die Leukocyten eine wesentliche Rolle 
spielen und hat sich auch bei den Versuchen ausnahmslos 
ergeben, dass der Mundspeichel positiv chemotactisch auf 
die Leukocyten einwirkt, welche infolgedessen aus den in der 
Mund- und Rachenschleimhaut reichlich vorhandenen lympha¬ 
tischen Apparaten massenhaft in die Mundhöhle einwandern. 
Dem keimfreien (filtrirten) Speichel kommt merkwürdigerweise 
die erstgenannte Wirkung auf Leukocyten nicht zu. 

Eine weitere, nicht minder wichtige Rolle bei der Ver¬ 
nichtung pathogener Keime in der Mundhöhle bei Mensch und 
Thier spielt (abgesehen von der Phagocytose) ausserdem die 
überaus grosse Anzahl von Saprophyten, welche in dem 
Speichel ungleich bessere Wachsthumsbedingungen finden und 


aus diesem Grunde die pathogenen Keime durch Ueberwuche- 
rung zerstören, es erklärt sich daher nunmehr leicht, wenn es 
bei Erosionen oder Traumen in der Mundhöhle nur schwer zu 
einer Infection kommt. Vogel. 


Eine Hühnerseuche, durch den Bacillus coli erzeugt. 

Von Thierarzt Märtel. 

(Annales de Medecine veterinaire. 1897. Heft 9.) 

Schon 1894 wurde die unter Haus- und Truthühnern in 
• manchen Gegenden grassirende Seuche von Ligniöres be¬ 
schrieben und ist jetzt auch vom Verf. in Frankreich beobachtet 
worden. Sie giebt sich durch Mangel an Appetit, eiterige 
Bindehautentzündung, Diarrhöe mit reichlichem Abgang schaumi¬ 
gen Kothes, Somnolenz mit rasch folgender, unter Hypothermie 
eintretender Abmagerung zu erkennen. Bei der Section findet 
man Perikarditis mit Pseudomembranen (ohne flüssigen Erguss), 
' Darmentzündung (besonders Typhlitis) und starke Schwellung 
• der Milz. Die mit Coli-Bacillcn identischen, aus dem Blute 
1 und den Eingeweiden stammenden und vom Verfasser isolirten 
1 Bakterien lassen merkwürdigerweise Hühner intact, wenn diese 
intravenös geimpft werden, nicht aber bei Einführung des 
Infcctionsstoffes in Muskeln: die Impflinge starben sämmtlich 
1 an obiger Krankheit, ebenso Meerschweinchen, gleichviel ob 
’ die Aufnahme des Coli-Bacillus vom Blute, dem Bauch- oder 
' Brustfellsack aus erfolgt. Auch Kaninchen reagiren und ver¬ 
fallen in blutige Diarrhöe, dagegen sind Tauben ganz un¬ 
empfänglich. Vogel. 


Durchschneidung des inneren geraden Bandes der Knie¬ 
scheibe an beiden Hinterfüssen einer Kuh. 

Von Cavallari. 

(La clinica veterinaria 1897, S. 4a«.) 

Eine Kuh zeigte auf beiden Hinterfüssen die bekannten 
Erscheinungen des Festhakens der Kniescheibe. Da sich das 
Leiden oft wiederholte, ging C. operativ dagegen vor, indem 
er voa beiden Gliedmassen die inneren geraden Bänder der 
Kniescheibe subcutan durchschnitt. Der Erfolg trat sofort ein 
und war dauernd. Frick. 

Oleum Cannabis als Galactifugum. 

Von Trinchera. 

(La clinica vct. 1897, S. 411.) 

Tr. sagt, dass der Thierarzt oft genug Veranlassung hätte, 
die Milchsecretion zu verhindern, z. B. bei Hündinnen, denen 
die Jungen genommen oder gestorben sind, bei Stuten, die 
nicht saugen lassen u. s. w. und dass bisher kein Mittel zu diesem 
Zwecke geeignet war. Er hat das aus der Cannabis sativa 
hergestellte Oel, welches beim Menschen zu diesem Zwecke 
Verwendung findet, mit Erfolg zum Vertreiben der Milch benutzt. 

Beim Pferde wurde das Ol. Cannabis täglich i Mal warm 
eingerieben, event. bei starker Füllung des Euters wurde dieses 
zuvor ausgemolken. Die Milchmenge Hess sofort nach dem 
ersten Einreiben nach und verschwand vollends in 3 - 5 Tagen, 
spätestens nach 8 Tagen, obwohl mit dem Einreiben am 3. oder 
4. Tage aufgehört war. Die Haut des Euters wird nicht wesent¬ 
lich von dem Ol. Cannabis alterirt, die Epithelabschuppung war 
auf das energische Reiben zu schieben. Auf jeden Fall wirkte 
das Mittel ohne irgend welche Beihülfe durch andere Medica- 
mente und ohne dass an der Fütterung geändert wurde. 

Bei der Hündin wurde, um das Ablecken zu verhindern, 
stets ein Watteverband angelegt. Auch hier war bei starker 
Spannung des Gesänges ein vorheriges Ausmelken nöthig. Die 
Secretion hörte am 4.—5., nur in einem Falle erst am 7. Tage 
auf, obwohl die Einreibung nur bis zum 3. oder 4. Tage an¬ 
gewendet wurde. Die Haut wurde auch bei der Hündin durch 
das Mittel nicht angegriffen. Aenderungen in der Diät oder 
sonstige Medicamentc fanden auch hier keine Anwendung. 

Frick. 


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6 


DEUTSCHE TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT, 


i. Januar. 


Kurze Mittheilung einer Beobachtung aus dem Gebiete der 
Nierenpathologie. 

Von Prof. Dr. Lewin und Dr. Go Id schmidt. 

(Deutsche medicin. Wochenschr. 1897. No. 38.) 

Gelegentlich eines Experimentes machten die Verfasser 
folgende eigenthümliche Beobachtung, die sie bei vielen Nach¬ 
prüfungen bestätigen konnten. Wenn man in die Harnblase 
Luft injicirt, so tritt, falls letztere in die Ureteren dringt, 
Folgendes ein: Die Niere vergrössert sich und dreht sich etwas 
um ihre Achse; nach einem feinen eigentümlichen Geräusche 
treten in der Richtung aus dem Nierenhilus Luftblasen in die 
vena renalis ein. Dort findet ein leichtes Vibriren derselben 
statt, in kurzer Zeit wird das Blut verdrängt und das Gefäss 
wird zu einem drehenden, vollkommen leeren Rohr, das etwa 

aussieht wie ein Cylinder aus Milchglas. Es treten dann die 

Luftblasen in die Vena cava ein, steigen hier in die Höhe und 
machen auch dieses Gefäss blutleer, nach einigen zuckenden 
Bewegungen der Extremitäten stirbt das Thier. Oeffnet man 
nun die Bauchhöhle, so sieht man, wie das Herz noch eine 
Zeit lang krampfhaft arbeitet; durch die dünne Wand beson¬ 
ders der Vorhöfe hindurch bemerkt man, wie bei der Thätig- 

keit des Muskels das Blut zu Schaum geschlagen wird, da es 

mit Luft vermischt ist. Es ist also hier ein Ucbertritt von 
Luft aus den harnleitenden Wegen in das Blutgefässsystem 
constatirt worden. Folgerungen aus dieser höchst merkwürdigen 
Erscheinung werden von den Verfassern einstweilen nicht ge¬ 
zogen. Eine ähnliche, an Leichen und an einem lebenden 
Hunde gemachte Beobachtung hat P o i r i e r in der Sitzung der 
Sociötö de biologie am n. Juli 1891 vorgetragen, ohne die¬ 
selbe erklären zu können. Casper. 


Eine neue Septicämie mit Nierenentzündung bei Kälbern. 

Von Professor Thomassen. 

(Annales de Midecine veterinaire, 1897, Heft 9.) 

Die Sterblichkeit unter den Kälbern ist in Holland eine 
sehr beträchtliche und sind es besonders die weisse Ruhr, die 
septische Pleuropneumonie und die maligne Septicämie, wie 
sie nach J e n s e n besonders auch in Dänemark vorkommt und 
sich von der vorgenannten Seuche nur durch den rapiden Ver¬ 
lauf und die Abwesenheit der Lungenaffection unterscheidet. 
Ausserdem tritt vielfach Polyarthritis bei Kälbern auf, wenn 
sie auch nicht so mörderischer Art ist, wie die erwähnten In- 
fectionen. 

Eine neue Septicämieform hat Verfasser seit 1896 beob¬ 
achtet. Sie tritt unter den Kälbern gleichfalls seuchenhaft auf, 
zieht grosse Verluste nach sich, da die Thiere zumeist schon 
wenige Tage nach der Geburt betroffen werden. Der Puls 
steigt rasch auf 100 —150, die Athmung auf 50—120, die 
Körpertemperatur auf 40—41 °. Die Kranken collabiren leicht, • 
liegen viel mit auf dem Boden ausgestrecktem Kopf und-wenn 
man sie zwingt aufzustehen, geschieht es in auffallend gebeugter 1 
Rückenstellung. Nur selten tritt Durchfall ein, die Lunge bleibt 
frei, dagegen findet man stets in dem trüben Harn rothe Blut-: 
körperchen, Eiweiss, viel Blasenepithelien und Nierencylinder. 
Bacteriurie ist stets vorhanden. In schwereren Fällen kommt 
es ausserdem regelmässig zu eklamptischen Anfällen, Opistho¬ 
tonus und Trismus, worauf Tod durch allgemeine Paralyse 
folgt. Die gewöhnlichen antimikrobischen Mittel, auch Euka- 1 
lyptol, die Lugol’sche Solution, das Jodtrichlorid, subcutan an¬ 
gewendet befriedigten in keiner Weise, eher eine Mixtur, be¬ 
stehend aus Carbolsäure 1,0; Oleum Menthae pip. 3,0; Al¬ 
kohol 30,0; Kalkwasscr 300,0. 

Bei der Section fand sich bis jetzt stets diffuse, oft auch 
hämorrhagische Nephritis vor und ist immer auch die Schleim¬ 
haut der Harnblase und der Ureteren entzündlich ergriffen. 
Auffallend ist die grosse Anzahl von kleinen Hämorrhagien, 
die man überall, besonders in der geschwollenen Milz, den. 
Lymphdrüsen, im Labmagen und Dünndarm antrifft. Die Leber 
zeigt verschiedene Degenerationsformen, auch in den Meningen 
sind Exsudationen mit Bakterien gefunden worden. Was letztere 
betrifft, gelang es Thomassen, sie zu isoliren und zeigten 


sie dabei grosse Aehnlichkeit mit denen der Influenza des 
Menschen. Sie sind sehr beweglich, nehmen die Gramfärbung 
nicht an, geben nicht Indol, coaguliren auch die Milch nicht 
und sind ähnlich wie das Bacterium Eberth schlecht auf 
Kartoffeln zu cultiviren. Dagegen lässt sich die Krankheit leicht 
durch sie auf Kälber übertragen und haften sie auch bei 
Mäusen, Meerschweinchen und Kaninchen; Pferde und Hunde 
sind refractair. Vogel. 

Thierzucht und Thierhaltung. 

Verwaltungsbericht des Kaiserlichen Landgestüts zu 
Strassburg für 1896. 

(Aus .Verhandlungen des Landwirthschaftsrathes fiir Elsass-Lothringen, Session 1897«.) 

Der Gesundheitszustand der Landgestütshengste war zu¬ 
friedenstellend. Zwei Hengste sind eingegangen; einer an 
Darmverschlingung, der andere an Nierenentzündung. 

Die Gesammtzahl der gedeckten Stuten betrug 4382. Es 
kamen auf einen Hengst 57.5. Das Maximum der von einem 
Hengst gedeckten Stuten betrug 114, das Minimum 12. 

Die Gesammteinnahmen an Sprunggeld beliefen sich auf 
43552 Mk., auf einen Hengst ergiebt dies 573,05 Mk. 

Die vorhandenen 76 Beschäler wurden auf 29 Stationen 
vertheilt, von welchen 21 im Untereisass, 4 im Obereisass 
und 4 in Lothringen liegen. Mit dem Beschälgeschäft wurde 
am 1. März begonnen. 

Das Abfohlungsresultat aus dem Vorjahre war günstig. 
Von 4456 gedeckten Stuten wurden 2198 tragend. Diese 
brachten 2017 lebendige Fohlen zur Welt. Auf 100 gedeckte 
Stuten kommen 49.3 tragende Stuten und 47.5 lebend geborene 
Fohlen. Auf einen Hengst kommen 32.3 tragend gewordene 
Stuten und 29.7 lebend geborene Fohlen. 

Auf jedes lebend geborene Fohlen stellt sich hiernach 
der Zuschuss aus der Landeskasse auf 49,22 Mk. 

Bei den im Berichtsjahre abgehaltencn Hengstkörungen 
wurden angekört 276, zurückgewiesen 66. Das Zuchtergebniss 
bei den approbirten Zuchthengsten aus dem Vorjahre ist 
Folgendes: Gedeckt wurden 7639 Stuten, davon, sind 3874, 
trächtig geworden und haben 3471 lebende Fohlen geboren. 
Es kommen also auf einen Hengst 29,35 tragende Stuten und 
26.29 lebend geborene Fohlen. 

Das Untereisass hielt zu Strassburg, das Obereisass zu 
Colmar und Lothringen zu Metz, Diedenhofen und Falkenberg 
seine Pferdebeschauen ab.. Die Betheiligung und die Resultate 
in den beiden elsässischen Bezirken waren gut. In Lothringen 
war die Betheiligung gering und auch die Resultate nur auf 
der Metzer Pferdeschau günstig. 

Auf den Remontemärkten wurden im Eisass 174 und in 
Lothringen 121 Pferde vorgestellt; angekauft wurden im Eisass 
13 und in Lothringen 3 Pferde. 

Auf der Wanderausstellung zu Stuttgart-Cannstatt waren 
21 elsass-lothringische Pferde ausgestellt, darunter 5 zwei¬ 
jährige und 6 einjährige Stuten des elsass-lothringischen Fohlen¬ 
hofes in Meinau. Diese jungen Stuten errangen 2 erste, je 
einen dritten und vierten Preis und zwei ehrende Anerkennungen, 
ferner auch die silberne Medaille der Gesellschaft der Züchter 
oldenburgischer Kutschpferde. 

Der Bestand des Landgestütes betrug bei Beginn der 
Deckperiode 1896 75 Hengste und 2 Krümper. Sieben Hengste 
sind im Laufe des Jahres verkauft worden und dienen zur 
Zeit als Privatzuchthengste. Dafür wurden acht Hengste in 
Frankreich angekauft und in das Landgestüt eingestellt. Der 
Bestand ist zur Zeit folgender: 2 englische Vollbluthengste, 

1 Norfolk, 36 Anglo-Normannen, 36 Ardenner, Percheron, 
Boulonnais und 2 Krümper. Froehner-Hiinfeld. 

Staatliche Unterstützung der Pferde- und Rindviehzucht 
in Elsass-Lothringen. 

(Aus .Verhandlungen des Landwirthschaftsrathes für Elsass-Lothringen, Session 1897«.) 

Für Zuschüsse zur Förderung der Pferdezucht im Allge¬ 
meinen, insbesondere zum Ankauf und zur Aufzucht von Zucht- 


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No. i. 


DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


7 


material, zur Prämiierung von Zuchtstuten, jungen Pferden und 
Zuchthengsten, zu Prämien und Zuschüssen für Einrichtung guter 
Stallungen und Tummelplätze und für gute Abrichtung Wartung 
und Pfege der Pferde, sowie zur Bestreitung der Kosten der 
Hengstkörung sind in den Landeshaushalt-Etat für 1897/98 
32000 Mk. eingestellt. 

Zur Verbesserung der Rindviehzucht einschliesslich der 
Kosten der Stierkörung sind 42 000 Mk. vorgesehen. Von 
dieser Summe entfallen auf die Stierkörung 12 200 Mk. Den 
einzelnen Bezirken werden zugetheilt: Ober-Elsass 8000 Mk., 
Unter-Elsass 12000 Mk., Lothringen 9800 Mk. 

Im Landwirthschaftsrathe wurde darauf hingewiesen, dass 
für die Rindviehzucht bei einem Bestände an Rindvieh von 
487000 Stück im Werthe von 106 Millionen Mark gegenüber 
der Pferdezucht bei einem Pferdebestande von 37000 Stück 
im Werthanschlag von 54 Millionen Mark von Staatswegen 
zu wenig Unterstützung geleistet würde. Von Seiten der 
Regierung wurde erwidert, dass die derzeit gütigen gesetzlichen 
Bestimmungen über die Bullenhaltung eine nutzbringende Ver¬ 
wendung der öffentlichen Mittel zu gewährleisten nicht im 
Stande seien und dass erst dann, wenn diese Verhältnisse 
besser geregelt sein würden, der Landesausschuss sicherlich 
auch für die Förderung des Rindvieh, auch umfangreichere 
Zuschüsse bewilligen würde. Ftoehner-Hiinfeld. 


Ueber die Wirkung verschiedener Kraftfuttermittel auf 
die Milchergiebigkeit der Kühe. 

(Miltheilungcn aus der akademischen Gutswirthschaft Bonn-Poppelsdorf.) 

(Landwirtbschaftliche Jahrbücher, Berlin 1897, H. 4 und 5.) 

Die bereits früher über die vorstehende Frage angestellten 
Versuche, über die wir in No. 50 d. Jhrg. berichteten, hat 
Prof. Ramm weiter ausgedehnt. 

In der Zeit vom 4. Dezember 1895 bis zum 24. April 1896 
wurden von Prof. Dr. Ramm-Bonn in der akademischen Guts¬ 
wirthschaft zu Poppelsdorf Fütterungsversuche angestellt, welche 
den Zweck hatten, die Wirkung verschiedener Melasse- 
p-räparate und der 'flüssigen Melasse auf die MHch- 
secretion festzustellen und durch Vergleich mit der Wirkung 
anderer Futtermittel ihren Werth zu bestimmen. 

Dem Versuche dienten 12 Kühe. Von diesen waren 
8 .frischmelk. Diese erhielten am Anfang und zu Ende des Ver¬ 
suchs je eine Vergleichsration, in welcher die Stickstofffreien 
in Form von Gerstenfuttermehl (Graupenfutter) enthalten waren. 
Die dazwischen liegenden Rationen enthielten dem gefütterten 
Gerstenfuttermehl entsprechende Mengen von Torfmelasse, 
flüssiger Melasse, Palmkernmelasse, Melasseschnitzel und Melasse- 
pülpe (Abfälle der Stärkefabrikation mit Melasse vermischt) 

Zwei weitere, etwa in der Mitte ihrer Lactation stehende 
Kühe erhielten ausser den Vergleichsrationen abwechslungsweise 
Melasse und Rohzucker. Die Zuckerrationen wurden theils 
mit, theils ohne gleichzeitige Verabreichung verschiedener 
Salze gegeben. Dieser Versuch sollte zur Klarstellung der 
Frage dienen, ob der hohe Salzgehalt der Melasse bei der 
specifischen Wirkung der letzteren mitspricht oder nicht. Die 
beiden letzten Versuchstiere endlich waren zwei tragende 
Kühe, ihnen wurden bis zum Abkalben und einige Zeit nach 
dem Kalben grössere Mengen von Melasse verabreicht, um 
festzustellen, ob die letztere in den späteren Stadien der Tr^ph- 
tigkeit irgend welche gesundheitsschädliche Wirkung äusserte. 

Zur Verbitterung kamen: 

a. Melassetorffuttermehl, hergestellt nach dem 
patentierten Verfahren von W. Schwartz in der Zuckerfabrik 
Sehnde ein Gemisch von 80 Theilen Melasse auf 20 Theile 
Torfmull. 

b. Flüssige Melasse, bezogen von der Zuckerfabrik 
Brühl in einer dem Durchschnitt der Kampagne entsprechenden 
Qualität. 

c. Palmkernmelassefutter, bezogen von der Zucker¬ 
fabrik Brühl; eine Mischung von I Theil Palmkernmehl mit 
1 Theil Melasse. 


d. Melassepülpe, Pülpe frisch vermischt mit Melasse, 
und alsdann getrocknet; bezogen von der Kartoffelmehlfabrik 
Küstrin. 

e. Melasseschnitzel, DiffussionssChnitzel frisch ver¬ 
mengt mit Melasse und alsdann getrocknet; bezogen von der 
Gilbacher Zuckerfabrik. 

f. Gerstenmehl (Graupenmehl), bezogen von den west¬ 
deutschen Mehlwerken in Duisburg. 

d. Palmkernkuchen von mittlerer Qualität. 

Neben dem Kraftfutter enthielten die Rationen Heu, Spreu 
und Runkelrüben. 

Die Futtermittel, sowie fortlaufend die Milch wurden 
genauer analytischer Untersuchung unterstellt. 

Die gewonnenen Resultate fast Prof. Dr. Ramm in folgende 
Sätze zusammen. 

1. Es wurden von den Versuchskühen 8 kg Melasse 
und Melassepräparate pro 1000 kg Lebendgewicht 
verzehrt. Die verschiedenen Präparate wurden im allgemeinen 
gern genommen, nur gegen die Melassepülpe machte sich eine 
gewisse Abneigung bemerkbar, und es konnten von diesem 
Material auch nicht mehr als 3,81 kg pro 1000 kg verfüttert 
werden. Eine von 12 Versuchskühen ertrug die Melassefütterung 
schlecht und nahm nur wenig von dem Futter auf. Nur bei 
der Verabreichung von flüssiger Melasse wurde das Quantum 
auch von dieser Kuh willig verzehrt. 

2. Die Torfmelasse bewirkte in Quantitäten von 8 kg pro 
1000 kg Lebendgewicht verfüttert, bei einer, die Palmkern¬ 
melasse bei zwei Kühen leichte Blähungen verbunden mit 
Zittern und Fiebererscheinungen. 

3. Bei der Verabreichung der Melassepräparate gingen 
die Körpergewichte der Versuchsthiere vorübergehend 
um weniges zurück, nur bei der Verfütterung der Melasse¬ 
schnitzel lag eine sehr beträchtliche Gewichtszunahme vor. 

4. Die Melasse hat eine entschiedene Erhöhung des 
procentischen Fettgehalts dem Gerstenfuttermehl gegen¬ 
über bewirkt. 

5. Die Melasserationen haben durchschnittlich resp. 85, 
8>7 m und-86 n /o der von dem Gerstenfuttermehl erzeugten Milch-, 
Fett- und Trockensubstanzmenge produziert. Von den Melasse¬ 
präparaten standen bezüglich der Wirkung auf die Milch- 
production die Melasseschnitzel an erster Stelle, fast eben¬ 
soviel leistete die flüssige Melasse, während die drei übrigen 
Melassepräparate bezüglich ihrer Wirkung unter sich fast gleich 
aber, mit der ersteren verglichen, nicht unerheblich niedriger 
standen. 

6. Unter den zur Zeit in Poppelsdorf herrschenden Kon- 
juncturen hat, verglichen mit dem Gerstenmehl, die flüssige 
Melasse bei weitem das beste pekuniäre Ergebniss geliefert; 
an zweiter Stelle folgen, unter sich fast gleichstehend, Torf¬ 
melasse nnd Melasseschnitzel, an dritter Stelle schliesst sich 
die Palmkernmelasse an, während die Melassepülpe, von der 
das berechnete Quantum kaum zur Hälfte gefressen wurde, 
nach dieser Richtung hin ausser Konkurrenz bleibt. 

7. Eine gegebene Menge von Zucker vermochte in Form 
von Rohzucker nicht dieselbe Futterwirkung auszuüben, wie 
in Form von Melasse. Der hohe Effekt der Melasse in Be¬ 
ziehung auf die Milchproduction scheint also zum Theil auf 
dem Salzgehalt derselben zu beruhen. Indessen haben die 
zum Ersatz gewählten Salzlösungen die Melassesalzc in dieser 
Beziehung nicht zu ersetzen vermocht. 

8. Der procentische Zuckergehalt der Milch wurde 
durch die Fütterung nicht berührt. Der durchschnittliche 
Zuckergehalt der Milch einzelner Kühe zeigte Differenzen, die 
im Maximum 0,44 ü / 0 betrugen. 

9. Die bei der Melassefütterung gewonnenen Molkerei- 
producte zeigten sich als in jeder Beziehung vollwerthig. 
Dies gilt namentlich bezüglich des Geschmacks von Milch und 
Butter und bezüglich des Schmelz- und Erstarrungspunkts des 
Butterfetts. 

1 o. Zwei hochtragende Kühe wurden in den letzten Monaten 
ihrer Trächtigkeit und einige Zeit nach erfolgter Geburt 
Quantitäten von 8 kg flüssiger Melasse pro Tag und 1000 kg 


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8 


verabreicht, ohne dass sich ein irgendwie schädlicher Einfluss 
auf die Entwicklung und das Befinden der tragenden Thiere 
selbst sowohl, als der Kälber hätte konstatieren lassen. 

Die Melasse ist also ein der Wirkung nach aus¬ 
gezeichnetes, bekömmliches und unter den heutigen 
Preisverhältnissen äusserst billiges Milchfutter. 
Von den verschiedenen Formen aber, in welchen die Melasse 
auf den Markt kommt, hat sich in den gegenwärtigen Versuchen 
am besten bewährt die flüssige Melasse und die mit den 
DifTussionsschnitzeln gemischte Melasse; Torfmelasse und Palm¬ 
kernmelasse haben nicht ganz so günstige Resultate geliefert, 
und die Melassepülpe endlich hat zwar ebenfalls eine befrie¬ 
digende Wirkung geäussert, sie steht aber an Brauchbarkeit 
den erstgenannten Producten entschieden nach, weil sie von 
den Thieren nicht gerne gefressen wird. Nömer. 


Remonte-Ankauf in Bayern. 

Der Ankauf junger Armeepferde im Jahre 1897 lässt 
ersehen, welche Fürsorge das Kriegsministerium der Hebung 
der Pferdezucht in Bayern entgegenbringt. Von den in diesem 
Jahre anzukaufenden 1200 Remonten wurden vor Allem die 
dreijährigen Fohlen — 342 Stück gegen 230 im Vorjahre — 
beinahe alle Artillerie-Zugpferde, sowie die 22 Pferde schweren 
Schlages (Durchschnittspreis 1200 Mk.) für die Fuss-Artillerie 
in Bayern erworben; für die erstgenannten Kategorien werden 
in Bayern im Durchschnitte um 50 Mk. für das Stück mehr als 
im Auslande bezahlt. Um in noch höherem Masse die Reit¬ 
pferde in Bayern ankaufen zu können und die Landwirthc 
zur Züchtung geeigneten Pferdematerials anzueifern, lässt das 
Kriegsministerium 35 edlere Zuchtstuten ankaufen, welche an 
Mitglieder derRemontezuchtvereine bedeutend unter dem Ankaufs¬ 
preise abgegeben werden. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Festschrift zum 40jährigen Bestehen der Instrumenten¬ 
fabrik für Thiermedicin und Landwirtschaft. 

Mit 36 Autotypien nach photographischen Aufnahmen. Berlin 1897. 

Die Firma Hauptner-Berlin blickt in diesem Jahre auf 
ihr 40jähriges Bestehen zurück und hat zur Verherrlichung 
dieser Thathsache eine Festschrift herausgegeben, die allen 
Thierärzten nicht nur Deutschlands, sondern möglichst der ganzen 
Welt kostenfrei zugestellt wird. 

In dieser Festschrift ist in anziehender Weise geschildert, 
wie das Unternehmen aus kleinen Anfängen durch die eiserne 
Energie seines Begründers bis zu einer Blüthe gelangt ist, 
die ihm heute einen Weltruf gesichert hat. Es muss das 
Interesse nicht nur bei dem Instrumentenmacher, sondern auch 
dem Thierarzt in hohem Grade erregen, durch klare Darlegungen 
und unterstützt durch zahlreiche Abbildungen zu erfahren, wie 
die Instrumente, mit denen wir täglich umgehen, heute entstehen. 
Diese Beschreibung der Fabrikation wird aber auch Jedem, der 
Instrumente gebraucht, die Ueberzeugung beibringen, dass es 
sich die Firma ausserordentlich angelegen sein lässt, nur bestes 
Material zu liefern und dass die vielfach gehörte Redensart 
»Hauptner ist theuer« die Güte der Instrumente nicht berück¬ 
sichtigt 

Seit Gründung des Geschäfts im Jahre 1857 ist es stets 
Grundsatz des Leiters gewesen, seine ganze Aufmerksamkeit 
der Production thierärztlicher Instrumente zu widmen. Damit 
setzte sich die Firma von vornherein in anerkennenswerthen 
Gegensatz zu den bisherigen Geschäften, die thierärztliche 
Instrumente nur als Nebensache behandelten und in Folge dessen 
auch niemals die Leistungsfähigkeit Hauptner’s erreichten. 
Dieser Grundsatz ist es gewesen, welcher der Firma dazu ver- 


1. Januar. 


holfen hat, den Weltmarkt zu beherrschen. Freilich ist es 
auch hierbei nicht ohne Kämpfe abgegangen, galt es doch vor 
allen Dingen ein tief eingewurzeltes Vorurtheil der meisten 
Instrumentenmacher, zu beseitigen, welche die thierärztlichen 
Instrumente weit massiger als die in der Menschenheilkunde 
gebrauchten fabriciren zu müssen glaubten. Hand in Hand 
hiermit ging denn auch gewöhnlich eine geringere Sorgfalt in 
der Auswahl des Rohmaterials und in der Ausführung. Ref. 
entsinnt sich noch mit Schrecken der Zeiten, wo die Bistouris 
eher einem Brodmesser als einem chirurgischen Messer ähnlich 
sahen. Ganz zu geschweigen von der Güte eines solchen Messers, 
das entweder zu spröde war und desshalb leicht ausbrach oder 
zu weich, sodass die Schneide sich umlegte. Alle diese Mängel 
hat Hauptner durch Ausdauer zu überwinden gewusst, sodass 
seine Instrumente an Eleganz, Brauchbarkeit und auch Preis¬ 
würdigkeit mit jedem anderen derartigen Product concurriren 
können. Jeder, der viel Instrumente benutzt und auch solche 
von Hauptner versucht hat, wird die hervorragende Güte 
der von der genannten Firma fabricirten Schneideinstrumente 
herausgefunden haben. Ref. kennt kaum ein Fabrikat von Huf¬ 
messern, das dem von Hauptner hergestellten gleichkommt. 
Aber nicht nur Form und Material waren die einzigen Schwierig¬ 
keiten, die Hauptner zu überwinden hatte. Mit dem Fort¬ 
schreiten der Thierheilkunde traten neue Anforderungen an das 
Instrumentarium heran. Die Untersuchungsinstrumente mussten 
verfeinert und neue geschaffen werden; die Anforderungen der 
Anti- und Asepsis an die Instrumente mussten schon bei der 
Fabrikation berücksichtigt werden. Hauptner sen. und jun. 
bewiesen hierbei, dass sie den an sie herantretenden Anforde¬ 
rungen gewachsen waren. Wer je Gelegenheit gehabt hat, 
Hauptner Vater oder Sohn über Verbesserungen an Instru¬ 
menten oder Neuconstruirung von solchen zu conferiren, der 
wird bezeugen, dass er auf Seiten der Genannten nicht minder 
hohes Verständniss für die gestellten Aufgaben vorgefunden 
hat, als Bereitwilligkeit zur Ausführung der oft stark individua- 
lisirten Wünsche. 

So hat deutsche Intelligenz und deutscher Fleiss auch hier 
wieder den Sieg errungen und man kann der Firma zu diesetai 
Erfolge nur Glück wünschen. Aber nicht allein dieser indu¬ 
strielle Erfolg möge den Leitern der Firma Befriedigung ge¬ 
währen, sondern auch das Bewusstsein, dass sie indircct die 
Thierheilkunde haben fördern helfen und an dem Ausbau unserer 
Wissenschaft thätigen Antheil genommen haben. Frick. 


Personal-Nachrichten. 

Auszeichnungen : Dem städtischen Thierarzt und Bezirksthierarzt 
a. D. Josef Geissler von Neuburg a. D. wurde die Ehrenmünze des 
Ludwigsordens verliehen. Thierarzt R. Kantorowicz, Assistent an der 
Veterinärklinik der Universität Leipzig, wurde summa cum laude zufn 
Dr. phil. promovirt. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitzver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Thierarzt Fr. X. Oettle in 
Schwabach wurde zum Zuchtinspector der Allgäuer Herdbuchgesellschaft 
ernannt. Districtsthierarzt S t a u t n e r von Erkheim als Districtsthierarzt in 
Riedenburg (Oberpfalz) aufgestellt. Kreisthierarzt Becker von Guhran 
wurde nach Breslau, Kreisthierarzt Fröhner von Hünfeld nach Fulda ver¬ 
setzt. Thierarzt Karger hat sich in Hirschberg niedergelassen. 

Den Kreisthierärzten Eberhard in Fulda und Bauer in Schmal¬ 
kalden wurde die nachgesuchte Dienstentlassung mit Pension ertheih. 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutschen 

Heeres: Bergin, bisher Königl. württb. Oberrossarzt vom I. Dez. 1897 
ab als Oberrossarzt beim Feld-Art.-Reg. Nr. 33 angestellt. Schlüter, 
Rossarzt vom Art.-Reg. Nr. 17 auf Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt. 

Gestorben : Stabsveterinär J. Weigand in Ansbach. 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thierirztliche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Mal km ns in Hannover) in Karlsruhe 

Druck der Macklofschen Druckerei in Karlsruhe i. B. 


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Deutsche 


Thierärztliche Wochenschrift 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regierungs- und Medicinalrath, 
Director der Thierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 


heraasgegeben von 
Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberreperangsrath 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regierungsrath und Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Freiburg i. B. 


redigirt von 

Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierarztliche Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784 a. 


Sechster Jahrgang. 


Sämmtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 
Correcturen und Anzeigen an die Expedition der 
Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 
in Karlsruhe (Baden;. 


M «. 


Ansgegeben am 8. Januar. 


1898. 


Ueber die Tuberculinimpfung junger Zucht¬ 
bullen. 

Von Prof. Dr. Pusch -Dresden. 

(Schluss./ 

Am 2 7. August Hess ich in Nordenhamm 32 junge Bullen 
der Wesermarschrasse nach Zabeltitz bei Grossenhain in offenen 
Wagen verladen, wo die Thiere am 28. August gegen 7 Uhr 
Abends ankamen. Die Wände solcher Wagen sind ja so hoch, 
dass die Thiere einigermassen vor Zugluft geschützt sind, und 
erfahrungsgemäss vertragen Weiderinder den Transport so am 
besten. Der Weg von der Ausladerampe bis zum Stalle betrug 
4 km. Letzterer war nur zu Contumazzwecken gebaut und 
erst insoweit fertig, als die Wände zwar hochgemauert, die 
Decke und das Dach aber nur nothdürftig eingedeckt waren, 
ebenso waren die Fensterlöcher offen. Bei gutem Wetter wäre 
dieser Aufenthaltsort der denkbar beste gewesen, bei dem da¬ 
mals herrschenden, scharfen Winde aber, der mit häufig herein¬ 
brechenden Regenschauern vergesellschaftet war, musste er als 
sehr zugig bezeichnet werden. 

Wie auf Seite 3, XI, angegeben ist, waren denn auch die 
Temperaturen am 3. September, wo zur Impfung geschritten 
werden sollte, so hoch und unregelmässig, dass dieselbe bei 
9 Thieren bis zum 7. September ausgesetzt werden musste. Die 
folgende Tabelle giebt über die Temperaturverhältnisse dieser 
9 Individuen Aufschluss. 


Wenn ich nun nach Gründen für diese auffallende Steige¬ 
rung suche, so muss ich zunächst erwähnen, dass dieselbe nur 
! die mittleren und jüngeren Thiere betraf, von denen indessen 
j kein$ das Futter versagte und auch keins den Eindruck eines 
fiebernden Thieres machte. Die Mehrzahl der jungen Thiere 
hustqte zwar, doch war das auch bei den gleichaltrigen Thieren 
mit normalen Temperaturen der Fall, denn fast alle hatten 
leichte Reizzustände der Athmungsorgane in Folge der An¬ 
wesenheit von Strongylus micrurus, der ja die jungen Weide¬ 
rinder der Marschen in recht unangenehmer Weise heimsucht, 
sodass die Thiere im Herbst während der Zeit des Abgangs 
- der Schmarotzer, wie die Oldenburger Züchter sagen, während 
der Zeit des Abhustens, in ihrer ganzen Entwickelung nicht 
oder nur wenig vorwärts gehen. 

Immerhin konnte aber das Vorhandensein der Strongylidcn 
, auch aus dem Grunde nicht die alleinige Ursache der hohen Tem- 
I peraturen sein, weil ein anderer »Kälberbulle« desselben Trans¬ 
portes trotz hochgradiger Dyspnoe, die schliesslich seine Noth- 
schlachtung erforderlich machte, nur eine Höchsttemperatur von 
39,6und bei einer siebenmaligen, über eine Zeitdauer von 21 Stun¬ 
den ausgedehnten Messung nur eine Durchschnittstemperatur von 
39,16 zeigte, obwohl seine durch unzählige Würmer bedingte 
Bronchopneumonie eine erhebliche Ausdehnung angenommen hatte. 

Es müssen deshalb noch mehrere Momente mitgewirkt 
haben, und zwar sind hierher die zugigen Stallverhältnisse und 
namentlich der unvermittelte Uebergang vom Weidegange zur 
Stallfütterung zu rechnen. 


No. 

Ge¬ 

wicht 

Messungen vor der Impfung 

Mess 

ungen nach der Impfung 
am 8. September 

3- Sept. 

4. Sept. 


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11 Uhr Vorm. 

I Uhr Mittags 

4 Uhr Nachm. 

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1 L . 

11 Uhr Vorm. 

ti 

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II. 

340 

40,2 

40,2 

39,8 40,2 39,6 

40,3 

40,2 

40,8 

40,4 

39,8 

39,8 

39.8 

39,5 

39.7 

XXI. 

435 

40,2 

40.1 

39.8 39.2 39.8 

40,2 

40,2 

40,9 

40,3 

40,0 

39,9 

39,6 

39.6 

39,6 

I. 

504 

40,2 

40,2 

41.3 41.1 40,7 

40,3 

40,3 

38,9 

38.7 

38,5 

38,6 

39,0 

38,8 

38,9 

XXVII. 

603 

40,1 

40,3 

40,0 39,7 39,9 

40,3 

40 6 

39.5 

39.3 

38,8 

38.7 

39.4 

39.2 

39,1 

XXXI. 

610 

40,2 

40,1 

39.7 39,6 39,5 

39,7 

39,7 

38,6 

38,7 

38,5 

39,o 

39.0 

39.0 

38,8 

XXX. 

650 

40,4 

40,1 

39.7 39.7 39,7 

40,2 

40,1 

40,8 

39.9 

39.2 

39.4 

39,4 

39,6 

39,4 

V. 

700 

40,0 

40.9 

40,5 40,6 40,6 

40,7 

41,0 

39,4 

39,3 

38,7 

38.8 

39.4 

39,3 

39,2 

XXIX. 

728 

39,9 

40,0 

39,6 ( 39,2 39,2 

39,7 

39,5 

40,5 

39,4 

39,3 

39.4 

39,7 

39.5 : 

39,3 

VI. 

75° 

40,6 

41,1 

40,4 40,6 40.8 

1 

40,8 

40,9 

39-2 

38,8 

38,6 

38,7 

38,1 

38,7 

38,6 


Impfung 
am 7. 9. 
Abends 
6 Uhr 

Dosis 


0,2 

0,25 

0,25 

0,25 

o.3 

0.3 

o,35 

o.35 

0,4 



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iö 


DEUTSCHE THlERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


8. Januar. 


Trotzdem sich in der Art der Aufstellung bis zum 7. Sep¬ 
tember nichts ändern liess, gingen die Temperaturen bis zu 
diesem Tage so weit zurück, dass die Impfung erfolgen konnte. 

Bei der Impfung am 3. September waren nun bei 4 anderen 
Thieren Reactionen aufgetreten, denen zu Folge man dieselben 
zum Theile als dringend verdächtig, zum anderen Theile als 
tuberculös hätte bezeichnen müssen, wenn nicht die Steigerung 
der Temperatur bis zur gleichen Höhe während der gleichen 
Beobachtungszeit bei den vorerwähnten 9 Stück zur Vorsicht 
gemahnt hätte. Ich liess daher diese 4 reagirenden Bullen, an 
denen mir aufgefallen war, dass sie trotz der Reaction das 
Futter nicht versagten, dasselbe vielmehr mit dem gleichen 
Appetit wie ihre Stallgenossen verzehrten, zunächst contumciren 
und dann nach Verlauf von 24 Tagen nochmals und zwar mit 
etwas höheren Dosen impfen. 

Ueber das Ergebniss der beiden Impfungen geben die 
nachstehenden Tabellen Aufschluss. 


I. Impfung am 3. September, Abends 7 Uhr. 


z 

Gewicht 

Dosis 

| Vormessung 

| Temperatur nach der Impfung 

am 4. Sept. 

4 Uhr Nachm. 

6 Uhr Abds. 

Früh 5 Uhr 

Früh 7 Uhr 

Früh 9 Uhr 

Früh 11 Uhr 

• Mittg. 1 Uhr 

jqn € "mipBjvj 

Steigerung 

65 

729 

Pfd. 

0,4 

39,2 

39,3 

39 

39,2 

39,1 

39,9 

40,1 

40,5 


66 

556 

„ 

o,3 

39,6 

39,2 

40,0 

40,0 

40,0 

40,5 

40,6 

40 

1° 

67 

571 

99 

o,3 

39-9 

40,0 

40,8 

40,9 

40,7 

41,0 

41,0 

40,8 


68 

467 

99 

0,25 

39,5 

39,2 

40,2 

40,1 

39,3 

4i,o 

40,8 

40,0 

i,5° 


II. Impfung am 27. September, Abends 7 Uhr. 


No. 

Dosis 

Vormessung 

j Messung nach der Impfung - . 

dj 

^ tj 

vO « 

Z I 

7/9- 

Abds. 

2 7-/9- 

Abds. 

>/,6 

27-/9- 

Abds. 

V, 7 

28-/9. 

Früh 

7*8 

‘Mo 

7*12 

7*2 

I 

7*4 

U_/. - 

65 

o,4 

39,'o 

38,7 

39,2 i 

39,3 

38,8 

38,8 

38,7 

38,8 

0 
! 00 
rO 

38,6 

66 

0,4 

39,8 

39,5 

39,i 

39,2 

39,o 

38,7 

38,6 

38,8 

38,8 

38,9 

67 

o,35 

40,1 

39,5 

39,3 

39,2 

38,8 

38,9 

38,5 

38,7 

38,8 

38,9 

68 

o,35 

39,5 

39,o 

39,i 

39,1 

38,7 

38,8 

38,7 

38,5 

38,7 | 

38,8 


Obgleich ich das erste Impfresultat für nicht cinwandsfrei 
hielt, überraschte mich das zweite dennoch, weil bei keinem 
von den 4 Thieren auch nur die geringste Steigerung eintrat. 

Man konnte hier nun annehmen, dass die erste Impfung 
positiv, und der negative Ausfall der zweiten nur die Folge 
erlangter Immunität, oder aber dass die Steigerung nach der 
ersten Impfung nicht auf Rechnung der letzteren, sondern auf 
diejenige der Nebenumstände zu setzen war, weil bei den schon 
erwähnten 9 Thieren auch ohne Impfung eine Steigerung bis 
zur gleichen Höhe, wenn auch in etwas regelloserer Anordnung, 
stattgefunden hatte. 1 

Die Thiere waren nun unter der Bedingung der reactiöns- 
losen Impfung gekauft, doch verlangte der Lieferant im Falle 
der Verweigerung der Abnahme eine Bescheinigung über die 
erfolgte Reaction, um sich an seinem Verkäufer schadlos zu 
halten. 

Mit Rücksicht auf die erwähnten Nebenumstände und in* 
Anbetracht der Erfahrung, dass Rinder nach 4 Wochen bei 
einer zweiten Impfung regelmässig wieder reagiren, sah 'ich 
von einer Rückgabe ab, um so mehr als mir die Thiere auch 
während der Reaction einen irgendwie krankhaften oder auch 
nur angegriffenen Eindruck nicht gemacht hatten. Das Be¬ 
quemste wäre ja die Schlachtung gewesen, doch hätte letztere 
einen Kostenaufwand von mehr als 600 Mk. verursacht, da für 
derartige halbwüchsige Thiere nur die niedrigsten Schlachtpreise 
gezahlt werden. 

Um aber möglichst sicher zu gehen, entschloss ich mich 
am 27. November zu einer dritten Impfung (61 Tage nach 
der zweiten Impfung), bei der wiederum keine Steigerung ein¬ 


trat. Die Temperaturen gingen nicht über 38,8 hinaus, auch 
zeigten die Thiere bei der physikalischen Untersuchung der 
Brust keinerlei Erscheinungen, im Gegentheil sie entwickeln 
sich vorzüglich, sodass ich sie nunmehr für vollständig frei von 
Tuberculose halte. 

Hätte ich sie in Rücksicht auf die absolute und relative 
Höhe der Steigerung beseitigt, so hätte ich entweder bei der 
Schlachtung die Zahl der unzutreffenden Diagnosen vermehrt 
oder aber im Falle der Rückgabe einen Irrthum bei der Auf¬ 
stellung des Zeugnisses begangen. 

Dass die erste Impfung am 3. weder die zweite am 27. Sep¬ 
tember noch die dritte am 27. November beeinflusst haben 
kann, geht aus den Impfergebnissen auf Seite 10 hervor. 

Die Beurtheilung des Impfergebnisses hat also, wie obiger 
Fall lehrt, namentlich bei jungen, importirten Bullen ihre 
besonderen Schwierigkeiten. 

Ehe ich näher darauf eingehe, will ich einige weitere Bei¬ 
spiele anführen. 


Angabe einiger positiven und zweifelhaften Impfresultate 
bei jungen Bullen Simmenthaler Rasse. 





Vor¬ 

messung 

Messungen nach der Impfung 


No. 

Ge¬ 

wicht 

Dosis 

Durchschnitt 

Höchste 

Temperatur 

■J3 

0 

12 St. 

uo 

•ö- 

c/? 

»o 

<SJ 

00 

M 

20 St. 

-2 S 

x s 
w 



Pfd. 












I. 

1000 

0,4 

39,o 

39,i 

39,3 

39,5 

39,9 

39,9 

40,6 

40,6 

1,5 

Als positivbezeichnet. 

II. 

850 

o,35 

39,3 

39,4 

39,7 

40,2 

40,5 

40,5 

40,9 

40,4 

i,5 

,1 „ || 

III. 

850 

o,4 

39,o 

39,1 

39,3 

39,7 

39,7 40,5 

41,8 

41,2 

2,7 

» „ „ 

IV. 

800 

o,35 

39,o 

39,1 

40,9 

4i,i 

41,0 41,2 

41,2 

41,0 

2,1 

„ „ typisch. 

V. 

700 

o,5 

4 o,o 

40,2 

40,8 

4i,3 

41,2 

40,6 

40,3 

40,2 

i.i 

Bei der Obduction 
tuberculös, Vortem¬ 
peratur anormal, Re¬ 
action typisch. 

VI. 

700 

o,5 


39,3 

39,4 

40,2 

40,7 

41,4 

41,4 

40,6 

2,1 

Bei der Obduction 
tuberculös. Reactiwn 
typisch. 

VII. 

600 

o,3 

39,9 

39,9 

39,7 

40,3 

40,5 

41,4 

40,9 

41,2 

1.5 

Als positivbezeichnet. 

VIII. 

520 

o,3 

39,7 

39,8 

41,3 

41,0 

41,2 

4i,i 

41,4 

41,2 

1,6 

Reaction typisch. 

IX. 

540 

o,3 

39,3 

39,4 

4i,i 

4i,5 

4i,i 

40,8 

4 M 

41,0 

2,1 

,, „ 

X. 

530 

o,3 

39,o 

39,1 

39,4 

39,o 

39,3 

39,6 

41,1 

40,3 

2,0 

,, „ 

XI. 

560 

o,3 

39,o 

39,o 

39,4 

39,4 

39,9 

39,7 

40,1 

39,8 

1,1 

Als zweifelhaft be¬ 
zeichnet, deshalbvom 
Ankauf abgesehen. 

XII. 

300 

0,2 

39,o 

39,o 

39,i 

39,2 

39,5 

39,6 

40,0 

39,8 

1,0 

Als nicht verdächtig 
betrachtet, denn 
Thier einmal sehr 
jung und dann 
höchste Temperatur¬ 
steigerung sehr spät. 

XIII. 

400 

0,2 

39,3 

39,5 

40,4 

40,1 

39.8 

39,8 

39,8 

39,8 

0,9 

Als nicht verdächtig 
bezeichnet, weil ein 
anderes gleichaltri¬ 
ges Thier desselben 
Stalles vor der Im¬ 
pfung Mittags und 
Abends wiederholt 
39,6 und ein drittes 
sogar 40,5 hatte. 


Nach alledem möchte ich für die Beurtheilung des Impf¬ 
ergebnisses junger Thiere folgende Sätze aufstcllen. Sollten 
diesen meinen Annahmen durch Schlachtungen controlirte Er¬ 
fahrungen entgegenstehen, so wäre deren Mittheilung im Interesse 
der Klärung dieser für die Rindviehzucht so wichtigen Angelegen¬ 
heit sehr erwünscht. 

1. Es ist wünschenswerth, vor der Impfung eine 2—3malige 
Temperaturaufnahme vorzunehmen, und zwar Früh, 
Mittags und Abends oder Mittags und Abends. Nur 
dann, wenn es sich bei einer grösseren Anzahl von 
Thieren um regelmässige Vormessungsergebnisse handelt, 
ist ein zweimaliges Messen in kürzeren Intervallen 
genügend. Dass die Thermometer genau verglichen 
werden, ist selbstverständlich. Einen Nachtheil von 
unterlassener Desinfection der Impfstelle habe ich nicht 
beobachtet. 


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No. 2. 


DEUTSCHE THIERiCRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


2. Haben junge Thiere einen weiten Bahntransport durch¬ 
gemacht, so soll man im Winter 24, im Sommer 
48 Stunden warten, selbst wenn die Vormessungen 
nicht besonders abweichende Resultate ergaben. 

3. Weder bei frisch bezogenen noch bei länger im Besitz 
befindlichen jungen Bullen soll man 24 Stunden vor 
der Impfung und noch viel weniger in der Zeit zwischen 
Impfung und Beginn der Messung Umstellungen vor¬ 
nehmen. 

4. Hohe Stalltemperaturen sind besonders bei Weidethieren 
zu vermeiden. 

5. Bei der Beurtheilung des Impfergebnisses kann man 
sich nicht nur an die Höhe der Steigerung, sondern 
man muss sich vielmehr an die vollständige Temperatur¬ 
tabelle halten. Eine Temperaturdifferenz von 1,5 0 kann 
also durchaus nicht in jedem Falle entscheiden. 

6. Bei Thieren mit Vortemperaturen von über 40 0 (Ur¬ 
sache: Transport mit nachfolgenden Reizzuständen im 
Darme und der Musculatur, Ballenschmerzen, Einfluss 
des Futterwechsels) ist in erster Linie nur das negative 
Impfergebniss mit Abfall der Temperatur oder Gleich¬ 
bleiben derselben nach der Impfung von Bedeutung. 

7. In zweifelhaften Fällen ist auf die Art der Reaction, 
das Eintreten der Höchsttemperatur und auf die Dauer 
der Steigerung zu achten, ferner ist das Alter des 
Thieres und sein Verhalten vor und nach der Impfung 
zu berücksichtigen. 

Sind die Thiere vor der Impfung munter, waren sie aus¬ 
geruht, haben die Genossen nach der Impfung keine Temperatur¬ 
steigerung gezeigt, ist der ganze Fall also ein normaler, so 
kann man trotz geringerer Steigerung das Ergebniss als positiv 
erachten, namentlich wenn die Thiere während der auf die 
Impfung folgenden Temperatursteigerung husteten oder das 
Futter nicht oder nur mäkelnd frassen. Auf letzteren Umstand 
achte ich bei jungen Thieren ganz besonders. Ich überzeuge 
mich vor der Impfung von der Fresslust und sehe mir die 
THiere äm'Morgen nach der Impfung darauf Hin an. Liegt 
das eine oder andere Individuum, ohne wiederzukauen, mit 
schlaffer Ohrstellung, oder steht es nach rückwärts von der Krippe 
oder mäkelt es gelangweilt am Heu herum, so halte ich es 
für verdächtig und lasse, wenn das Temperaturergebniss meiner 
Schätzung nicht Rechnung trägt, mit verschiedenen Thermo¬ 
metern nachmessen. War die Steigerung noch nicht da, so 
kommt sie in der Regel in kurzer Zeit, und habe ich mich 
darin noch nicht getäuscht. Bei alten Individuen dagegen fehlt 
oftmals trotz hoher Reaction jedes äussere Anzeichen von Un¬ 
behagen. 

Für die positiv verlaufenden Fälle ist noch zu erwähnen, 
in wieweit Reactionen auf Grund anderer, nichttuberculöser 
Krankheitsprocesse eintreten. Da steht mir nun die Erfahrung 
mit den Wurmbronchiten der Oldenburger Jungbullen zu Gebote. 
Gerade in diesem Jahre waren die jüngeren Thiere ausnahms¬ 
los mit Lungenwürmern behaftet, deren Einfluss sich nament¬ 
lich nach der Aufstallung geltend machte. Bei den meisten 
derselben waren die Temperaturen längere Zeit hindurch erhöht, 
indessen die Impfreaction doch bei mehreren gleich Null (vergl. 
S. 9 No. II, XXI, I, XXVII, XXX). 

Was den Einfluss überstandener Krankheiten anlangt, so 
scheint es mir, als ob der seuchenhafte Kälberdurchfall selbst 
noch mehrere Wochen nach der Genesung Temperatursteige¬ 
rungen bewirkt und auch das Impfergebniss beeinträchtigt. 

Von Momenten, welche die Temperatursteigerung reagiren- 
der Thiere beeinflussen sollen, wird nun mit besonderer Be¬ 
tonung das Tränken mit kaltem Wasser angeführt. Letzteres 
soll die Temperatur herabdrücken, und sind ja auch immer die 
besorgten Viehwärter der Händler mit diesem angeblichen Be¬ 
ruhigungsmittel bei der Hand. Versuche, die ich in dieser 
Richtung auf den beiden Bullenaufzuchtstationen anstellen liess, 
ergaben aber, dass das Tränken einen Einfluss nicht auszuüben 
vermag. Die Verhältnisse gestalteten sich folgendermassen: 


11 


I. 26 Oldenburger Bullen (4—900 Pfd. schwer), Durchschnittstemperatur 


vor dem Tränken, Früh, nüchtern.38,77, 

Durchschnittstemperatur nach dem Tränken . . . . 38,73, 

' II. 30 Simmenthaler Bullen (4—900 Pfd. schwer), Durch- 

1. Schnittstemperatur vor dem Tränken, Früh, nüchtern . . 38,85, 

. (Stalltemperatur 12° R., Aussentemperatur —3 °), Durch¬ 
schnittstemperatur nach dem Tränken.38,84, 

t Durchschnittstemperatur Abends nach dem Tränken und 
Füttern.39,08. 


Wenn man bei der Beurtheilung des Impfergebnisses die 
unter 1—7 erwähnten Punkte berücksichtigt, wird man sicher 
im Stande sein, einen Theil der Fehldiagnosen zu vermeiden, 
die ja immer noch mit 13 °/ 0 gegen die absolute Zuverlässig¬ 
keit des Tuberculins in’s Feld geführt werden. Zweifellos müssen 
wir hier durch sorgfältige Sectionen noch Manches lernen, 
immerhin aber kann man doch im Interesse der Landesviehzucht 
froh sein, ein Mittel zu haben, welches uns in 87 °/ 0 der Fälle 
diejenigen Thiere kennzeichnet, die wir entweder nicht oder 
nur mit grosser Vorsicht zur Zucht benützen dürfen. 

Wie schon am Eingänge des Artikels erwähnt wurde, ist 
dem in Polygamie lebenden Zuchtbullen in Bezug auf seinen 
Gesundheitszustand eine grössere Beachtung zu schenken als 
der Kuh und zwar selbst für den Fall, dass er weiter nichts 
als die Disposition auf Kälber überträgt; es ist desshalb bei 
Zuchtbullen ganz besonders von der Prüfung mittelst Tuberculin 
Gebrauch zu machen. 

Wie soll nun aber die Impfung zur Ausführung ge¬ 
langen ? 

Hier giebt es zwei Wege. Der erste und richtigere ist 
der, dass der Züchter nur solche Thiere abgiebt, welche die 
Tubcrculinprobe bestanden haben. Natürlich muss er bei einer 
derartigen, weitgehenden Gewährleistung einen entsprechend 
höheren Preis fordern, auch schon desshalb, weil ihm die Impfung 
Kosten verursacht. 

Andernfalls lässt der Käufer die Impfung vornehmen und 
übernimmt die Thiere nur dann, wenn dieselbe negativ aus¬ 
fällt. Der letztere Modus ist zur Zeit noch der häufigere, aber 
der unzweckmässigere; denn einmal ist er für den Käufer zeit¬ 
raubend und lästig und zweitens für den Verkäufer durchaus 
niclit vortheilhalt, weil der Käufer, meistens der Händler, sicher 
weriiger bezahlt, als wenn ihm das bereits geimpfte und zur 
sofortigen Abnahme hergerichtete Thier angeboten wird. In 
sehr lobenswerther Weise sind in dieser Richtung bereits einige 
Züchtervereinigungen Ost- und Westpreussens vorgegangen, die 
auf- den von ihnen veranstalteten Bullenauctionen nur solche 
Thiere zur Versteigerung brachten, welche bei der Impfung 
nicht reagirten. Aehnlich müssten es die Länder halten, welche, 
wie die Schweiz im Simmenthale und Baden in Radolfzell Zucht- 
vichmärkte abhalten. 

Wenn wir zunächst bei Baden mit seinem grossen Zucht- 
viejunarkte in Radolfzell beginnen, so gelangten dort im letzten 
Jahre 132 junge Bullen, 96 Kühe und 461 Kalben zum Auf¬ 
trieb. Letzterer ist auf die Thiere der oberbadischen Genossen¬ 
schaften beschränkt und dürfen nur Thiere mit Matrikeln, d. i. 
einfachen Ursprungsattesten, den Markt betreten. 

Auf diesem Markte erscheinen nun die Käufer aus dem 
Inlande, den benachbarten fremden Landestheilen und aus weiter 
Fertne, theils Commissionen als Sendlinge ihrer heimathlichen 
Genossenschaften, theils Privatzüchter, theils Händler. Neben 
den Herdbuchthieren werden auch viele importirle Simmenthaler 
Originalstiere in zahlreichen Stallungen, jedoch nicht auf dem 
Markte, gehandelt. Für den weitaus grösseren Procentsatz der 
umgesetzten männlichen Thiere wird nun die Tuberculinprobe 
gefordert. Die Commissionen Badens müssen dieselbe verlangen, 
wollen sie die Bullen überhaupt mit bei den Staatsprämiirungen 
um Staatspreisc concurriren lassen, und die Privatzüchter thun 
es in letzter Zeit ebenfalls dann, wenn es sich um hochwerti¬ 
gere Thiere handelt. Die Händler sehen vielfach und zwar 
mehr aus Gründen der Bequemlichkeit von der Impfung ab, 
zahlen dafür etwas weniger und lassen die Impfung dann zu 


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12 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


8. Januar. 


Hause vornehmen, weil sie für die reagirenden Thiere eben¬ 
falls noch Abnehmer finden. Theils verschweigen sie die con- 
statirte Reaction, theils giebt es aber noch Leute, welche sich 
aus letzterer nichts machen. Als ich vor einigen Jahten für 
eine Dresdener Milchkuranstalt Kühe impfte, ist es mir passirt, 
dass einige Landleute geradezu auf die Reaction warteten, weil 
sie die schönen Thiere, für die ich mir das Verkaufsrecht be¬ 
dungen hatte, haben wollten, was nur geschehen konnte, wenn 
dieselben reagirten. 

Also eine grössere Zahl der Bullen wird geimpft und zwar 
entweder von dem ortsangesessenen Bezirksthierarzte oder von 
denjenigen Bezirksthierärzten, die als sachverständige Beirather 
die Commissionen begleiten. Kommen die Thiere am Tage 
vorher an, was bei denjenigen der Händler und der entfernteren 
Genossenschaftsbezirke der Fall ist, so kann die Tuberculin- 
probe ohne besonderen Zeitverlust vorgenommen werden, was 
aber bei den erst am Markttage eintreffenden Thieren nicht 
möglich ist. 

Eine angenehme Aufgabe ist diese Impfung in den ge¬ 
füllten, unruhigen, engen Ställen durchaus nicht und zwar um 
so weniger, als für die Messungen vielfach die Nacht zu Hülfe 
genommen werden muss, und namentlich bei den jüngeren 
Thieren die Eigenwärme von dem Transporte und den ver¬ 
änderten Lebensverhältnissen beeinflusst wird. 

Hier könnte sich nun die Verbandsleitung ein grosses Ver¬ 
dienst erwerben, wenn sie zunächst mal nur für Bullen die Be¬ 
stimmung träfe, dass nur geimpfte Thiere den Markt betreten 
dürften. Es käme hierdurch eine viel grössere Sicherheit in 
den Handel, und der Zuspruch würde sich auch, wenn diese 
Massnahme bekannt würde, mächtig heben und somit schön in 
Rücksicht auf die grössere Nachfrage eine Preissteigerung ein- 
treten. Fernerhin sind ja in diesem Falle auch die Unkosten 
geringer, weil die Thiere eines Ortes zusammengestellt und so 
gemeinsam geimpft werden können, und das ganze Verfahren 
wäre auch noch desshalb den Züchtern von Nutzen, weil 
Mancher bei dieser Gelegenheit das eine oder andere weibliche 
Thier mitimpfen Hesse, und sich so die Impfung an sieh in 
einer für Zuchtstätten segensreichen Weise einbürgern würde. 

Die Vornahme der Impfung als Vorbedingung für die Be¬ 
schickung des Zuchtviehmarktes würde auch den Kauf in den 
Ställen der Besitzer erleichtern. Will man hier eine grössere 
Zahl von Thieren in verschiedenen Dörfern impfen lassen,' so 
stösst das aus technischen Gründen schon auf Schwierigkeiten, 
und die Möglichkeit der Zusammenstellung der Thiere scheitert 
gewöhnlich an dem Mangel von Bereitwilligkeit seitens der Ver¬ 
käufer. Der Käufer hält sich dann anders schadlos; er macht 
sich einen Ueberschlag, welchen Ausfall er durch die Reaction 
von 12 °/ 0 der Thiere hat und handelt dann so viel ab, dass 
er zu seiner Rechnung kommt. Besucht er dieselben Zucht¬ 
gegenden öfters, so meidet er die Ställe, mit denen er un¬ 
angenehme Erfahrungen gemacht hat oder macht sich hier 
das Bestehen der Impfung ganz besonders zur Bedingung. 

Wenn also die Impfung seitens der Genossenschaftsleitung 
verlangt wird, so hat der Einzelne zwar im Falle einer Reaction 
einen Nachtheil; er muss das Thier mästen und erleidet da¬ 
durch eine Einbusse pro Centner Lebendgewicht von 25, pro 
Stück also von 120—180 Mk., er geht aber der Sache auf 
den Grund, beseitigt die kranken Individuen und sucht durch 
eine sorgsame Jugendernährung mittelst gekochter Milch in 
anderen Fällen weitere Infectionen zu verhüten. 

Was die Impfung der durch Händler in den Stallungen 
zum Verkaufe ausgebotenen Originalsimmenthaler Bullen in 
Radolfzell anlangt, so wird sich für diese auch mit der 
Zeit die Einrichtung eines besonderen Impfstalles erforderlich 
machen. Dann kann das ganze Geschäft ein ortsangesessener 
Thierarzt besorgen, wodurch viele Mühe und Kosten gespart 
werden. 

Was soll nun aber mit den reagirenden Thieren ge¬ 
schehen ? 

Je mehr die Impfung seitens der Käufer verlangt wird, 
eine desto grössere Gefahr liegt für Diejenigen, welche diese 


Forderung nicht stellen, vor, tuberculöse Bullen zu erhalten, 
weil die reagirenden nicht geschlachtet, sondern in andere Ge¬ 
biete abgeschoben werden. Es ist desshalb dringend erforder¬ 
lich, dass die sicher reagirenden Thiere gekennzeichnet und so 
für den Handel unschädlich gemacht werden. 

In dieser Weise verfahrt auch bereits die Schweiz mit 
denjenigen Individuen, die auf Grund der Impfung von Frankreich 
an der Grenze zurückgewiesen werden. Bekanntlich hat die 
französische Regierung für das aus dem Auslande nach Frank¬ 
reich einzuführende Nutzvieh beim Grenzübertritte die Tuber- 
culinimpfung angeordnet. Da die reagirenden Thiere von der 
Einfuhr zurückgewiesen werden, und Genf zum Sammelplätze 
von der Tuberculöse dringend verdächtiger Thiere geworden 
ist, so hat die Regierung des Kantons Genf den Bund um den 
Erlass von Massregeln ersucht, welche geeignet sind, diesen 
Zustand zu beseitigen, worauf die Anordnung ergangen ist, 
dass sämmtliche aus Frankreich zurückgewiesene Thiere durch 
Ausschnitt eines Dreiecks an der Spitze des rechten Ohres 
gekennzeichnet werden. Dieser durch zwingende Umstände 
bedingte Erlass des schweizerischen Bundes weist darauf hin, 
dass die Tuberculöse doch in einer sehr beachtlichen Ver¬ 
breitung Vorkommen muss. Es handelt sich hier aber wohl 
auch viel um ältere Individuen, Abmelkthiere etc. 

Was die jungen Bullen aus den Berner Alpendistricten an¬ 
langt, so erhielt ich bei meinen Impfungen von 42 Stück nur einen 
geringen Procentsatz reagirender (2 Stück d i. 4,8 0 /„), so dass 
ich nicht verstehen kann, weshalb die Schweizer Züchter des 
Simmenthals die Ausführung der Impfung verweigern, wie Hugo 
Lehnert in der landwirtschaftlichen Presse berichtet. Lehnert 
sagt mit Recht, die Herren müssten durch gemeinsames Vor¬ 
gehen der Abnehmer dazu gezwungen werden, denn allenfalls 
könnten wir sogar die Simmenthaler Zuchten in der Schweiz 
entbehren. Nun ich glaube, letzteres ist noch nicht ganz der 
Fall, aber man könnte sich doch in ähnlicher Weise helfen wie 
Frankreich und brauchte ungeimpftes Vieh überhaupt nicht 
herein zu lassen. Wenn wir die Impfung verlangen gegenüber 
Dänemark, das uns in der Hauptsache nur mit Schlachtwaare 
oder mit Weideochsen versieht, so sollte man es erst recht 
thun gegenüber einem Lande, aus dem der ganze deutsche 
Süden zu sehr achtungswerthen Preisen Zuchtthiere bezieht. 
Diese Massregel würde zur Folge haben, dass der ganze Handel 
auf festere Basis gestellt wird, und dass die Händler nicht 
geradezu zum Betrüge verführt werden. Wollten sie die 
reagirenden Thiere, bei denen der Fleischwerth gegenüber dem 
Zuchtwerth oft eine Differenz von mehr als 600 Mk. beträgt, 
schlachten lassen, so könnten sie nicht bestehen, sie müssen 
also eine zu Zuchtzwecken ungeeignete Waare mit Vorwissen 
als gesund verkaufen und werden dadurch thatsächlich zu Be¬ 
trügern. 

Hoffentlich ändert sich die Ansicht der schweizerischen 
Züchter, sodass sie von selbst nur geimpftes Zuchtvieh über 
die deutsche Grenze senden! 

In den Marschen ist die Vornahme der Impfung seitens 
der Züchter mit einer gewissen Schwierigkeit verbunden, weil 
die meisten Thiere bis zum Tage des Abganges auf die Weide 
gehen. Immerhin Hesse sich die Sache aber auch so machen, 
dass der Besitzer, der in der Regel mehrere Thiere zu ver¬ 
kaufen hat, diese zu der Zeit, in der der Verkauf beginnt, 
also Mitte August, für einige Tage in den Stall nimmt, wobei 
sich dann der Nachbar mit kleinerem Besitze anschliessen 
könnte. Man wird mir entgegenhalten, das Ausbringen nach 
erfolgter Impfung mache Umstände, die Weidegenossen würden 
beunruhigt und anderes mehr, das sind aber doch immer nur 
Einwände, welche gegenüber dem Umstande, dass der Käufer 
ein Anrecht darauf hat, für sein gutes Geld auch gesundes 
Zuchtvieh zu verlangen, nicht stichhaltig sind. 

Ich habe hier nur Erfahrungen in Bezug auf Oldenburg, 
doch meine ich, könnten gerade dort die Züchter um so eher 
auf die freiwillige Impfung eingehen, als sie über einen ganz 
hervorragend gesunden Schlag verfügen, von dem nur zu 
wünschen ist, dass er sich diesen grossen Vorzug auch trotz 


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No. 2. 


DEUTSCHE THIERJERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


13 


der neuerdings stark in Aufnahme gekommenen Sammel¬ 
molkereien bewahren möchte. 

Wenn oben erwähnt wurde, es sei nothwendig, dass die 
reagirenden Thiere gekennzeichnet werden, so muss letzteres 
auch geschehen mit denen, welche die Tuberculinprobe bestanden. 

Bekanntlich ist bei der landläufigen Art, das Signalement 
eines Rindes anzugeben, jeder Verwechslung und Unterschiebung 
Thor und Thür geöffnet, und um das zu vermeiden sollte man 
schon seitens der Genossenschaften auf eine unverwischbare 
Kennzeichnung der Thiere Bedacht nehmen. So lange das nicht 
geschieht, haben auch die Ursprungsatteste, Matrikel und wie 
die Nachweise alle heissen, nur einen sehr schwachen Werth. 
In Bezug auf die Zeichnung sind wir jetzt aber weit vor¬ 
geschritten, denn sowohl die Marke von D e r i a z - Lausanne, 
wie die Signum-Marke B. von Haupt ne r-Berlin sind sehr 
empfehlenswerth, sofern man sie erst zwei Tage nach der 
Lochung einzieht, sich bei der letzteren vor einer Verletzung 
der Arterien hütet und die Wunde namentlich vor dem Ein¬ 
ziehen mit Carbolöl bestreicht. Von 61 Marken der beiden 
letzteren Arten ist mir nur eine herausgefallen. 

Noch eines Punktes ist am Schlüsse zu gedenken, der bei 
Beurtheilung des Impfergebnisses von grösster Bedeutung ist, 
d. i. die Gewöhnung der Thiere an das Tuberculin, das Unter¬ 
bleiben einer Reaction bei einer zweiten Impfung trotz vor¬ 
handener Tuberculose. 

N o c a r d und Bang haben ja auf diesen Umstand auf¬ 
merksam gemacht, doch sind die hierüber angestellten Ver¬ 
suche noch nicht genügend. Wäre dem so, dass z. B. junge 
Thiere bei einer zweiten Impfung erst wieder reagiren, wenn 
zwischen dieser und der ersten 25—30 Tage verflossen sind, 
so hätte die Impfung beim Ankäufe von Zuchtthieren über¬ 
haupt keinen Zweck, denn wenn die Verkäufer das einmal 
wissen, würden sie nicht verfehlen, jedem Thiere beim Ver¬ 
lassen ihres Stalles eine Beruhigungsdosis mitzugeben. Man will 
nun zwar hiergegen ankämpfen durch Verbot der Abgabe von 
Tuberculin an Private, aber damit ist durchaus nichts erreicht. 
Einmal ist das schwer zu controliren, und andererseits findet der 
Handel schon Auswege. Die Thiere werden dann einfach von 
Thierärzten geimpft und die reagirenden nach anderen Gegenden 
verschoben, wo sie nun bei einer nochmaligen Impfung natür¬ 
lich als frei von Tuberculose befunden werden müssten. Mit 
dem Verbote des Tuberculins müsste dann also eine zwangs¬ 
weise Kennzeichnung der reagirenden Thiere einhergehen. Da 
der so gewährte Schutz aber natürlich nur für inländische Thiere 
bestünde, müsste man sich bei aus dem Auslande bezogenen 
Zuchtthieren eine längere Carenzzeit ausbedingen. Letzteres 
würde leider nur in Ausnahmefallen möglich sein und daher 
den Züchtern weiter nichts übrig bleiben, als das Risiko selbst 
zu übernehmen und bei den später reagirenden Thieren auf 
die Zuchtleistung zu verzichten. Glücklicherweise scheint aber 
die ganze Sache nicht so ungünstig zu liegen, denn auch bei 
Nocard’s Versuchen reagirten die meisten Thiere schon nach 
weit kürzeren Fristen wieder und den privaten Mittheilungen 
der süddeutschen Collegen nach scheint sich das auch zu be¬ 
stätigen. Ebenfalls sprechen die Erfahrungen aus den See¬ 
quarantäneanstalten dafür, in denen von den dänischen Rindern 
ca. 30 °/ 0 reagiren. Würde die erste Impfung für 25 Tage 
nützen, so wäre nichts selbstverständlicher, als dass die Im¬ 
porteure den Thieren in Dänemark vor dem Abgänge eine 
Tuberculininjection machten, sodass dann eine zweite Impfung 
innerhalb der Zeit der zehntägigen Quarantäne immer negativ 
äusfallen müsste. 

Dass die Befürchtungen übertrieben sind, lehrt auch der 
folgende Fall. 

Am 22. November wurden 8 dreijährige Färsen des roth- 
bunten Holsteiner Schlages mit 0,5 Tuberculin geimpft, worauf 
sämmtliche Thiere sehr stark reagirten. Am 27. November, 
also nach 5 Tagen, liess ich die Impfung mit denselben Dosen 
wiederholen, und hier reagirte nur 1 Thier nicht, während es 
die übrigen 7 thaten. 

Der Uebersicht halber füge ich die Tabellen bei. 


I. Impfung am 22. November, Abends 8 1 /, Uhr, Dosis 0,5. 


No. 

22. Nov. 

Abds. 8 Uhr 


*3- 

November 


Früh 6 Uhr 

9 Uhr 

12 Uhr 

3 Uhr 

6 Uhr 

I. 

39,1 

42,0 

41.9 

42,0 

41,3 

41,0 

II. 

39.7 

4*.7 

41.6 

41,0 

39,8 

39,6 

in. 

39.5 

41,3 

41.4 

41,8 

41.8 

4*«4 

IV. 

39.3 

41,8 

41.5 

41,6 

4i,9 

41.5 

V. 

38,9 

41.8 

41,6 

41.2 

41,2 

41,0 

VI. 

39.2 

40,9 

41.8 

41.2 

41.2 

41,0 

vu. 

39.5 

4M 

40,8 

40,6 

40,0 

39.8 

vm. 

39.6 

40,9 

40,9 

40,5 

4o.s 

40,3 


II. Impfung am 27. November, Abends 8 ’/ 2 Uhr, Dosis 0,5. 


No. 

Vormessung 

am 

27. November 

Messung nach der Impfung am 

28. November 

“ äa-s» 

3 u e 
£3 Sä o. 

8 83 

S 4 

5*/. Uhr 
Nachm. 

8 Uhr 
Abends 

Früh 
>/,6 Uhr 

*/,8 Uhr 

V,io Uhr 

>/,ra Uhr 

•/,a Uhr 

*/*♦ Uhr 

I. 

38,8 

38,9 

41.7 

4».4 

41.3 

41,0 

40,7 

40,5 

o,3 

n. 

39.9 

39.8 

40,0 

39.8 

39.6 

39.3 

39.o 

39.o 

1,7 

HL 

38,4 

38.8 

4».I 

41,6 

41.4 

40,8 

40,6 

40.3 

0,2 

IV. 

39.0 

39,0 

40,8 

41.4 

4*.7 

40,7 

39.8 

39.4 

0,2 

V. 

38,9 

39.» 

41.3 

40,7 

4M 

41.5 

4M 

40,8 

o,3 

VI 

39.2 

39.3 

40,5 

40,5 

40,8 

40,1 

39.8 

39.8 

1,0 

VII. 

39.2 

39.3 

4M 

41,0 

40,7 

40,1 

40,0 

39.6 


vm. 

39.2 

39.0 

40,2 

40,2 

40,3 

40,1 

39.9 

39,7 

0,6 


Trotz alledem herrscht in dieser überaus wichtigen Frage, 
die auf den Handel mit Zuchtvieh geradezu von einschneiden¬ 
der Bedeutung ist, noch eine gewisse Unsicherheit, und wäre 
es sehr zu wünschen, dass einmal die Regierungen Mittel zur 
Klärung der Sachlage bewilligten und andererseits die prak¬ 
tischen Thierärzte jeden Fall veröffentlichten. 

Am bequemsten lassen sich die Versuche in den See¬ 
quarantäneanstalten bewerkstelligen. Würde man hier die Be¬ 
sitzer der reagirenden Thiere für die zweite Impfung ent¬ 
schädigen, so könnte diese für die Praxis und für die gesammte 
deutsche Thierzucht so eminent wichtige Frage mit einem Auf- 
wande von wenigen Tausend Mark in vollständig befriedigender 
Weise gelöst werden. Weiterhin würden auch die Erfahrungen 
der praktischen Thierärzte manchen Aufschluss verschaffen. 
Jpder hat in der Praxis mal einen oder mehrere Fälle, sie 
scheinen ihm aber für die Veröffentlichung zu gering. Würden 
sie nun aber alle an einzelne Centralstellen, z. B. die Re¬ 
dactionen der in Deutschland erscheinenden thierärztlichen 
Wochenschriften gelangen, so würde sich dort sehr bald ein 
lehrreiches Material ansammeln, dessen Zusammenstellung und 
Veröffentlichung sehr nutzbringend wäre. 

Endlich könnte auch die Deutsche Landwirthschaftsgesell- 
schaft, die ihre Mittel ja mit dankenswerther Bereitwilligkeit 
zur Klärung wichtiger Fragen auf dem Gebiete des Acker¬ 
baues, der Thierzucht und Thierhaltung verwendet, hierbei hülf- 
reiche Hand leisten, wenn sie bei ihren zahlreichen Mitgliedern 
dahin wirkte, dass' dieselben ihre Bestände zur Tuberculinprobe 
hergeben, während sie selbst die Kosten der mehrmaligen, 
systematisch ausgeführten Impfung trägt. 

Würde man so den reagirenden Bestand auf dem einen 
Gute nach 3, auf dem anderen Gute nach 6, 9, 12 u. s. w. 
Tagen wiederimpfen und dabei genaue Angaben über Rasse, 
Alter, Gewicht und Geschlecht machen, so würde man sicher 
dehr bald einen sehr werthvollen Aufschluss erhalten und auf 
Grund desselben auch der Frage näher treten können, inwieweit 
Versuche, geringgradig tuberculose, junge Thiere durch wieder¬ 
holte Tuberculininjectionen zu heilen, Aussicht auf Erfolg bieten. 


i 

Ueber Lactophenin. 

Von R. Metzger, prakt. Thierarzt in Furtwangen. 

Die Zahl der neueren Arzneimittel ist bei dem glänzenden 
Aufschwung, den die deutsche chemische Industrie in den zwei 


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14 


DEUTSCHE THlERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


8. Januar. 


letzten Dezennien genommen hat, beinahe ins Unglaubliche ge¬ 
wachsen. Es vergeht kaum eine Woche, ohne dass ein neues 
Mittel auftaucht; namentlich sind es die Desinfections- und 
Fiebermittel, die der Zahl nach allen andern weit voran stehen 
und mit mehr oder weniger Erfolg die Probe der praktischen 
Verwendbarkeit bestanden haben, denn bei der grossen Anzahl 
der neueren Arzneimittel ist es nicht möglich, dass sich alle 
einen dauernden Platz im Arzneischatz erobern, sondern die 
Anzahl der wirklich zuverlässigen Mittel wird immer eine kleine 
bleiben. 

Ein derartiges neueres Präparat, das nach meinen Erfah¬ 
rungen in hervorragender Weise Beachtung verdient, ist das 
Lactophenin. 

Unter dem Namen Lactophenin D. R. P. 70250 bringt 
die Firma C. F. Boehringer und Söhne in Waldhof bei Mann¬ 
heim ein neues Arzneimittel in den Handel, das als Antipyre- 
ticum und Antineuralgicum seit ca. 3 Jahren in der humanen 
Medicin vielfach verwendet wird. Das Lactophenin ist ein 
Phenitidinderivat, indem an die Stelle des im Phenacetin vor¬ 
handenen Essigsäureradicals ein Milchsäureradical tritt. Die 
chemischen und pharmakologischen Eigenschaften des Lacto- 
phenins sind nach den vorliegenden Berichten folgende: 

Das Präparat ist ein weises, krystallinisches, geruchloses 
Pulver von leicht bitterem Geschmack. Schmelzpunkt 117,5'— 
118 0 C. In Wasser ist es nur schwer löslich. Nach den Mit¬ 
theilungen von Dr. Thoms-Berlin löst es sich in Wasser von 
15 °C. im Vcrhältniss von 1:500, in siedendem Wasser im 
Verhältniss von 1:55, in Weingeist von 15 °C. im Verhältniss 
von 1:8,5. In Aether und Petroläther ist es schwer löslich. 
In concentrirter Schwefelsäure wird es farblos gelöst. Fein 
gepulvertes Lactophenin mit 25 proccntiger Salzsäure angerührt 
und unter öfterem Umrühren I—2 Stunden auf die Seite ge¬ 
stellt ergiebt ein Mononitrolactophenin, Schmelzpunkt 96,5 0 C. 

Durch Säuren und Alkalien wird es in seine Componenten 
Paraphenetidin und Milchsäure gespalten. Im Urin lässt es 
sich vermittelst Eisenchlorid (Burgunderrothe Färbung) nach- 
weisen. Lackmuspapier wird durch Lösungen des Lactophe- 
nins nicht verändert. 

Nach den Laboratoriumversuchen von Dr. Strauss-Giessen 
scheint das Lactophenin in stärkeren Concentrationen antifer¬ 
mentative, aseptische Eigenschaften zu besitzen. 

Hinsichtlich seiner pharmakodynamischen Eigenschaften ist 
das Lactophenin zuerst von Prof. Dr. Schmiedeberg-Strass- 
burg einer experimentellen Prüfung unterzogen worden, auf 
Grund deren festgestellt wurde, dass das Lactophenin ähnlich 
wie andere Präparate der Antipyrin- und Phenacetingruppe 
eine prompte Herabsetzung, namentlich der künstlich gestei¬ 
gerten Körpertemperatur bewirke, gleichzeitig erzeuge es ohne 
Beeinflussung der Respiration und Circulation einen Zustand 
von Hypnose und eine bedeutende Herabminderung der Empfind¬ 
lichkeit gegen schmerzhafte Eingriffe. Bei Kaninchen kann 
durch Lactophenin die Sensibilität und Motilität vollständig auf¬ 
gehoben und die Reflexerregbarkeit auf ein Minimum herab¬ 
gedrückt werden, ohne dass die Respiration und die Herz- 
thätigkeit eine merkliche Abschwächung erfahren, ein Zustand 
der nach Schmiedeberg viel Aehnlichkeit mit einer durch 
Urethan hervorgerufenen Narkose hat. 

Die Resorption soll trotz der Schwerlöslichkeit vom Magen 
.aus ziemlich rasch erfolgen. Gemäss den übereinstimmenden 
Berichten vieler Aerzte ist das Lactophenin von specifischer 
Wirkung bei Typhus abdominalis und Gelenkrheumatismus. 
Es wurde ferner vielfach angewandt bei: fieberhafter Bronchitis, 
Pneumonie, neuralgiformen und rheumatischen Schmerzen, 
Ischias, Schlaflosigkeit etc. 

Ueber die Verwendung in der Thierheilkunde liegt, soviel 
mir bekannt ist, bis jetzt blos ein Bericht von Prof. C a d 6 a c - 
Lyon vor. Nach dessen Erfahrungen ist das Lactophenin ein 
vorzügliches Fiebermittel, namentlich deshalb, weil die tempe¬ 
raturherabsetzende Wirkung von längerer Dauer und nicht von 
schlimmen Nebenwirkungen begleitet ist, wie z. B. bei Verab¬ 
reichung von Antifebrin. 


Zunächst fand das Präparat in der Hundepraxis Verwendung. 
Da mir bezüglich der zu verabreichenden Dosis zuverlässige 
Angaben nicht Vorlagen, habe ich mit dem Mittel zunächst an 
zwei gesunden Hunden Versuche gemacht. Dabei ergab sich, 
dass beide Hunde — ein Teckel und ein Spitz — bei Ver¬ 
abreichung von 1 —3 g ausser einem Temperaturabfall von 0,5 — 1 0 
und einer gewissen Schläfrigkeit keine weitere Reaction erkennen 
liessen. Die medicamentöse Dosis beläuft sich nach meiner 
Erfahrung von 0,25—1 g je nach Grösse des Hundes. 

Es gelangten zur Behandlung: 

4 Fälle von Hundestaupe und zwar 3 Fälle der katarrha¬ 
lischen und 1 Fall der nervösen Form, 1 Fall von fieber¬ 
hafter Bronchitis und I Fall von acutem Muskelrheumatismus. 

Die Staupeerkrankungen waren sämmtliche schwerer Art, 
wie aus den folgenden Krankheitsbildern zu ersehen ist: 

I. Fall. Hund, brauner Setter, 3 /4 Jahr alt, bereits stark 
abgemagert, mit beiderseitiger eitriger Conjunctivitis und be¬ 
ginnender Keratitis, capillärer Bronchitis charackterisirt durch 
öftere sehr schmerzhafte Hustenanfälle, sowie giemende Rassel¬ 
geräusche ; ausserdem waren die Erscheinungen eines Magen- 
Darmkatarrhs vorhanden. Rektaltemperatur 41,0° C. Das 
Thier hat ausser etwas Wasser seit drei Tagen keine Nahrung 
aufgenommen und liegt beständig theilnahmslos in seiner Hütte. 
Der Hund erhielt nach einer einmaligen Dosis von I g täglich 
0,5 g Lactophenin. Schon bald nach Verabreichung der ersten 
Dosis wurde das Thier munterer und verzehrte etwas rohes 
Fleisch. Im Verlaufe von 4 Tagen war das Thier soweit ge¬ 
nesen, dass eine vollständige Heilung vorausgesagt werden konnte. 

II. Fall. Dachsbracke J / s Jahre alt mit eitriger Conjunc¬ 
tivitis , beiderseitiger diffuser Keratitis, eitrigem Nasenkatarrh 
(Entleerung grosser Mengen übelriechenden, schleimigen Eiters 
aus beiden Nasenöffnungen), Bronchitis und leichtem Magen¬ 
darmkatarrh. Das Thier hat seit 2 Tagen nichts gefressen. 
Es erhält Morgens und Abends je 0,5 Gr. Lactophenin. Nach 
viertägiger Behandlung ist das Thier ausser Gefahr. 

III. Fall. Teckelhündin I Jahr alt mit Staupepneumonie, 
eitriger Conjunctivitis und Magen-Darmkatarrh. Temp. 41,6. 
Das Thier hat ausser Wasser seit 5 Tagen nichts ,zu sich , ge¬ 
nommen. Es erhält täglich Morgens und Abends ein Pulver 
von 0,5 g Lactophenin. Nach fünftägiger Behandlung ist das 
Thier soweit genesen, dass die Heilung bestimmt vorausgesagt 
werden konnte. 

In den drei angeführten Fällen bewirkte das Lactophenin 
stets eine prompte Herabsetzung der Körpertemperatur um 
1,5—2,1 Grad ohne Auftreten irgend welcher Nebenerschei¬ 
nungen. Die Thiere verfielen gewöhnlich bald nach der Ver¬ 
abreichung des Pulvers in einen ruhigen Schlaf. In allen Fällen 
der Lactopheninbehandlung, auch der folgenden, trat nach 
Verabreichung der Pulver vermehrte Defäkation bezw. Durch¬ 
fall ein, eine Nebenwirkung, die zur schnelleren Genesung 
entschieden beigetragen hat, da sich gleichzeitig der Appetit 
wieder einstellte. Das Medikament wurde von allen Hunden 
auch in den weiter unten angeführten Fällen gut ertragen; 
Erbrechen wurde nie beobachtet. Auch die Abheilung der 
eitrigen Bindehaut- und Hornhautentzündungen erfolgte unter 
Anwendung von 1 0 0 Höllensteinlösung verhältnissmässig sehr 
rasch und ich stehe nicht an diese rasche Genesung der Thiere 
der Wirkung des Lactophenins zuzuschreiben. 

IV. Fall. 1 jz Jahre alter Leonberger. Nervöse Form der 
Hundestaupe. Das Thier zeigte bei Uebernahme seit 4 Tagen 
Zuckungen und Krämpfe über den ganzen Körper, zuweilen 
traten lang anhaltende Kaukrämpfe auf. Auf Verabreichung 
von Bromkali und Chloralhydrat trat keine Besserung ein. 
Am zweiten Tag der Behandlung ist die Hinterhand des Thieres 
vollständig gelähmt; die epileptiformen Anfälle wurden heftiger 
und traten häufiger auf. Vom dritten Tag der Behandlung ab 
erhielt das Thier täglich 3 Pulver von 0,5 Gr. Lactophenin. 
Schon nach Verabreichung der zweiten Dosis lassen die Krämpfe 
an Heftigkeit nach. Am dritten Tage der Lactophenin¬ 
behandlung ist das Thier im Stande sich zu erheben. Die 
Krämpfe waren nach sechstägiger Behandlung mit Lactophenin 
verschwunden und nur noch eine bedeutende Schwäche der 


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No. 2. 


DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Nachhand erkennbar. Im Verlauf von weiteren acht Tagen 
war das Thier vollständig genesen. 

Dieselbe günstige Wirkung des Lactophenins konnte ich 
in einem Fall von fieberhafter Bronchitis bei einem Dachshund 
beobachten. Auch bei dem zur Behandlung gelangten Fall 
von hochgradigem akutem Muskelrheumatismus erwies sich das 
Lactophenin als ein zuverlässiges Mittel. Ich habe in diesem 
Falle zugleich Natr. salicylic. angewandt und dabei die Beo¬ 
bachtung gemacht, dass das Lactophenin mit dem Natr. salicylic. 
die spezifische Heilwirkung gemeinsam zu haben scheint und 
letzterem als Antirheumaticum als gleichwerthig zur Seite gestellt 
werden muss. 

Dadurch dass die Firma C. F. Boehringer und Söhne 
in dankenswerthester Weise mir eine weitere Anzahl von Lacto- 
pheninpulvern überliess, war es mir auch möglich das Präparat 
in der Pferdepraxis bezüglich seiner temperaturherabsetzenden 
Wirkung zu prüfen. 

Der betr. Fall sei kurz angeführt: 9 Jahre alte Rappstute, 
seit zwei Tagen an beiderseitiger Pneumopleuresie erkrankt. 
Das Pferd hatte an beiden Tagen je eine Pille von 20 Gr. 
Antifebrin erhalten, ohne dass die 41,0—41,3 Grad betragende 
Temperatur unter 40,5 Grad zurückging. Nach Verabreichung 
von 15 Gr. Lactophenin am dritten Tag ging die Temperatur 
von 41,2° auf 39,8° zurück und am vierten Tag war nach 
Verabreichung von 20 Gr. Lactophenin ein Temperaturabfall 
von 2 Grad innerhalb 3 Stunden zu verzeichnen. Auf das 
Allgemeinbefinden übte die Verabreichung von Lactophenin 
einen bedeutend günstigeren Einfluss aus als die Behandlung 
mit Antifebrin, und ich kann nicht umhin hier anzuführen, dass 
die Verabreichung von Lactophenin meiner Ansicht nach mit 
zur Genesung des Pferdes beigetragen. 

Aus den angeführten Beobachtungen dürfte zur Genüge 
hervorgehen, dass das Lactophenin als Antipyreticum und 
Antineuralgicum den seither gebräuchlichen Mitteln mindestens 
gleichsteht und vor vielen den Vorzug hat, dass es in seiner 
Wirkung von unangenehmen Nebenerscheinungen nicht begleitet, 
also völlig ungefährlich ist und von den Thieren in Folge der 
Geschmacklosigkeit gern genommen und ausserdem gut er¬ 
tragen wird. Da das Lactophenin in folge seiner bereits aus¬ 
gedehnten Verwendung in der Menschenheilkunde sich voraus¬ 
sichtlich einen bleibenden Platz im Arzneischatz erobern wird, 
wäre es an der Zeit, das Mittel hinsichtlich seiner weiteren 
Verwendbarkeit in der Thierheilkunde in grösserem Massstabe, 
als es mir möglich ist, zu untersuchen, zumal da auch hin¬ 
sichtlich des Preises des Lactophenins keine Schwierigkeiten 
entgegenstehen dürften. 


Referate. 

Neue Erfahrungen über das Eucain. 

(Aus den Therapeutischen Monatsheften, 1897.) 

Die jetzt in grosser Anzahl vorliegenden weiteren Be¬ 
richte über den Werth des Mittels stammen zumeist aus den 
Augenkliniken des In- und Auslandes und fallen immer mehr 
zu Gunsten des Alkaloides aus. Wie bekannt, ist Eucain 
nach der Formel des Cocains synthetisch dargestellt worden 
und bringt auch dementsprechend dieselben pharmacodynami- 
schen Effecte hervor, ist jedoch weniger giftig und wohlfeiler. 
Weitere Vorzüge bestehen darin, dass Eucainum hydrochloricum 
sich nicht so leicht zersetzt, seine Lösungen im Wasser viele 
Wochen lang aufbewahrt werden können, dass es keine Pu- 
pillarerweiterungen erzeugt und keine Accommodationsparese. 
Die Bindehaut wird nicht anämisch, sondern hyperämisch und 
toxische Allgemeinerscheinungen, wie sie beim Cocain zu 
fürchten sind, treten bei Mensch und Thier nicht auf. Was 
man indess bei dem neuen Localanästheticum seither auszu¬ 
setzen hatte, war, dass es nach Einträufelung i—5proc. Lö¬ 
sungen ein Gefühl von Brennen im Auge hervorruft, das i bis 
2 Minuten andauert und die Conjunctiva leicht ihrer schützen¬ 
den Epitheldecke beraubt, ja selbst hart werden kann. Die 


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sensible Reizung erklärt sich daraus, dass zahlreichere Methyl" 
gruppen enthalten sind und das Eucain durch Methylalkohol 
auskrystallisirt wurde, man hat daher ein zweites Präparat 
dargestellt und lässt dieses aus Wasser auskrystallisiren, das 
Eucain B, welches local ebenso stark anästhesirt, aber milder 
vorgeht und jetzt auch anders applicirt wird, als seither. Am 
besten hat sich für das Auge die 2proc. Lösung in Wasser 
erwiesen, man darf aber im Ganzen, wie besonders Schweigger, 
iSilepc u. A. gezeigt haben, nur 4 Tropfen einträufeln und 
muss hierzu 5 Minuten Zeit aüfwenden. Die Ge¬ 
fühllosigkeit tritt schon nach 3 Minuten auf, hält 20 Minuten 
und länger an und kann beliebig (tropfenweise) verlängert 
werden. Würde man öfter instilliren, erhält man allerdings 
eine starke Hyperämie in der Binde- wie Hornhaut und damit 
Trübung des Operationsfeldes durch Bluten, die früheren In- 
convenientien lassen sich also vermeiden und ist Eucain B 
sonach vorzuziehen, wo eine Erweiterung der Pupille oder 
Ischämie nicht ausdrücklich beabsichtigt ist. 

Bei kleineren Operationen an anderen Körperstellen wird 
die Injection von 5 — ioproc. Solutionen nothwendig und lassen 
sich diese auch zu der Infiltrationsanästhesie (Schleich) ver¬ 
wenden, obwohl die örtliche Gefühllosigkeit dabei nicht so 
vollkommen hervortritt, wie beim Cocain, indess kommt .der 
Gebrauch des salzsauren Eucai'ns (wie schon erwähnt) ungleich 
billiger zu stehen. Dasselbe wird zuweilen mit »Eucasin« ver¬ 
wechselt, das ein Ammoniumpräparat des Caseins ist. 

Vogel. 


Seltene Complication einer Hernia perinealis mit einer 

Hernia diaphragmatica. 

Von Th. Schmidt, I. klinischer Assistent, Wien. 

(Thierärztl. Centralbl. 1897, No. 19.) 

Eine 9 Jahre alte männliche Dogge, welche seit längerer 
Zeit an verminderter Fresslust und Schwerharnen litt, wurde 
dem Wiener Thierarznei-Institut zur Vertilgung zugeführt. Links 
neben dem After hatte der Hund eine mannsfaustgrosse Ge¬ 
schwulst, welche sich bei näherer Untersuchung als eine Peri¬ 
nealhernie erwies. Mit Rücksicht hierauf wurde eine genaue 
Obduction des getödteten Hundes vorgenommen und dabei fol¬ 
gender Befund festgestellt: 

Nahezu zwei Drittel der ganzen Brusthöhle waren durch 
einen mannskopfgrossen Tumor angefüllt, der sich bei näherer 
Untersuchung als der sehr stark erweiterte und in seinen Wan¬ 
dungen erheblich verdickte Herzbeutel kennzeichnet. An der 
Spitze desselben über dem Sternum beginnend, fand sich eine 
8 cm hohe und 4 cm breite elliptische Oeffnung mit sehnigen 
.unebenen Rändern vor, welche mit einem ebensolchen Schlitz 
im Zwerchfell communicirte und so eine offene Verbindung 
der Bauchhöhle mit dem Cavum pericardii bei vollständigem 
Abschluss gegen den Brustraum herstellte. Neben dem Herzen 
waren nun folgende Organe in dem Herzbeutel enthalten: der 
Fundustheil des Magens, nahezu der ganze Dünndarm, der 
Blinddarm und ein Stück Grimmdarm, das Pankreas, die Milz, 
zwei Leberlappen in der Grösse einer Hühnerleber und der 
grösste Theil des Netzes, von dem ein 3 mm dicker Strang 
mit der Wandung der linken Vorkammer fest verwachsen war. 
Die venösen Gefässe der verlagerten Organe, sowie die Lymph- 
gefässe des Darmes erwiesen sich erheblich erweitert, stellen¬ 
weise varicös entartet, die Organe selbst mehr oder weniger 
im Stadium chronisch entzündlicher Wucherungen. Die Ex- 
cavatio recto-vesicalis bildete linkerseits eine Ausstülpung nach 
rückwärts bis an das Perineum; in dieser Ausstülpung lag 
der Fundustheil der umgestülpten Harnblase, deren Wan¬ 
dung 4—8 mm stark verdickt war. In der Mucosa sassen 
mehrere linsen- bis zweipfennigstückgrosse Geschwüre. Die 
Prostata war mannsfaustgros, derb, mit einem aus dem Herz¬ 
beutel herziehenden armdicken Strang des grossen Netzes ver- 
löthet. Die Zwerchfellhernie wird für eine erworbene erklärt. 

G ö r i g. 


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DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


8. Januar. 


Ucber experimentell begründete ätiologische Therapie. 

Von Geh. Med.-Rath Dr. E. Behring. 

(Verhandlungen dei Congresies für innere Medicin, 1897.) 

Die moderne experimentelle Therapie der Infectionskrank- 
heiten stellt sich in bewussten Gegensatz zu der Arzneimittel¬ 
prüfung früherer Zeiten. Früher prüfte man die Arzneimittel an 
gesunden Menschen und an gesunden Thieren. Der therapeutische 
Standpunkt der physiologischen Schule, wie er jetzt noch mei¬ 
stens in den pharmakologischen Instituten gepflegt wird, ist 
hauptsächlich gegründet auf die Lehre von den physiologischen 
Gegengiften. Collapszustände sollen durch excitirende, Exci- 
tationszustände durch sedative und schlafmachende Mittel, Fieber¬ 
zustände durch Antipyretica in ihr Gegentheil übergeführt wer¬ 
den. Diese Therapie hat uns eine Menge von Antipyreticis 
und Schlafmitteln gebracht, aber über die Beseitigung von 
Symptomen ist sie nicht hinausgekommen. 

Dagegen sehen wir, dass der Organismus selbst mecha¬ 
nisch und chemisch wirksame Schädlichkeiten, die von aussen 
in ihn hineingelangen, zu beseitigen im Stande ist. Er selbst 
ist es auch, der lebende und todte Infectionsstoffe als Schutz¬ 
mittel verwerthet. Man wusste das zwar schon lange, ahnte 
aber nicht, dass es gelingen könne, die vom lebenden Orga¬ 
nismus für sich selbst präparirten Schutzmittel auf andere Indi¬ 
viduen zu übertragen und als Heilmittel gegen eine schon aus¬ 
gebrochene tödtliche Krankheit gebrauchen zu können. Mehr 
als bisher haben wir die Pflicht, dem lebenden Organismus 
die Geheimnisse seiner Heilkraft abzulauschen. 

Bis jetzt hat die Forschung folgende Heilkräfte des Orga¬ 
nismus kennen gelehrt: 

1. Die Phagocytose. Lebende Zellen nehmen corpusculäre 
Elemente auf, zertrümmern und verdauen sie. Das kann auch 
mit lebenden Infectionsstoffen geschehen und der Vorgang kann 
leistungsfähig genug sein, um Infectionen zu verhüten. 

2. Die eliminirende Kraft drüsiger Organe mit Ausfüh¬ 
rungsgängen. Es steht ausser Zweifel, dass mit dem Schweiss, 
Urin und Koth sehr viel krankheitserregende Stoffe Weggehen. 

3. Die Epidermis und Epithelien, welche einen Schutzwall 
auf der äusseren und inneren Körperoberfläche darstellen. 

Diese Schutz- und Heilvorrichtungen können aber nicht 
als Heilmittel für andere Individuen dienen, weil sie 
sich nicht übertragen lassen. Eine thatsächliche Heilwirkung 
bei kranken Individuen ist bis jetzt experimentell nur nach¬ 
gewiesen von der antitoxischen Kraft, die im Blute hoch- 
immunisirter Thiere aufgespeichert und durch Blutentnahme 
denselben entzogen werden kann. Einwandsfreie positive Er¬ 
gebnisse hat die Antitoxintheraphie bis jetzt bei der Diphtherie 
geliefert. 

Was sind die vom immunisirten Thierkörper 
producirten Antitoxine? Die Blutantitoxine haben kein 
Analogon unter den bisher bekannt gewordenen Medicamenten. 
Sie haben eine Heilwirkung gegenüber acut verlaufenden In¬ 
fectionen und sind dabei für den gesunden und kranken Men¬ 
schen absolut ungiftig. Die an’s Wunderbare grenzende Spe- 
cifität unterscheidet die Antitoxine von allen andern Medi¬ 
camenten. Jedes Antitoxin wirkt nur auf ein einziges Gift und 
nur auf eine einzige Krankheit. Wir haben kein anderes Re¬ 
agens auf das Antitoxin als das zugehörige Gift Dass das 
Antitoxin direct auf das Gift und nicht auf lebende Theile 
des giftbehandelten thierischen Organismus wirkt, geht hervor 
aus der Thatsache, dass man das Antitoxin imverändert im 
Blute der damit behandelten Individuen wiederfindet, ferner aus 
der absoluten Unschädlichkeit und ganz besonders aus der von 
Ehrlich gemachten Entdeckung einer Giftneutralisirung durch 
Antitoxin, die des Thierkörpers gar nicht bedarf. 

Die Frage nach der physikalischen und chemischen 
Natur der Bliitantitoxine beschäftigt die Forschung im¬ 
mer von Neuem. Alle Versuche, die Blutantitoxine rein dar¬ 
zustellen, sind gescheitert. Eine Reindarstellung wird auch nie 
gelingen, weil wir es nicht mit einem antitoxischen Stoff, 
sondern mit einer antitoxischen Kraft zu thun haben. Wie 


das Eisen der Träger der magnetischen Kraft ist, so sind nor¬ 
male Eiweisskörper des Blutes Träger der antitoxischen Kraft. 
Die Entstehung des Antitoxins erfolgt dadurch, dass das Toxin 
die Art und die Richtung bestimmt, in welcher das normale 
Eiweiss polarisirt wird. 

Die Gewinnung des Antitoxins geschieht durch Im- 
munisirung von Thieren gegen das Gift, für welches wir das 
zugehörige Antitoxin haben wollen. Da die Immunität nicht 
eintritt ohne mehr oder weniger sensible Reactionen zu er¬ 
zeugen, in Folge derer dann das Antitoxin entsteht, so nennen 
wir diese Immunisirung eine active, zum Unterschied von der 
momentan und ohne jede Reaction eintretenden passiven Immuni¬ 
sirung mit Hilfe von fertigem Antitoxin. Die Immunität ist in 
beiden Fällen dieselbe, eine Antitoxin-Immunität; nur wird das 
eingeführte Antitoxin sehr schnell wieder ausgeschieden. 
Die Ursache der schnelleren Ausscheidung liegt wahrscheinlich 
in der Fremdartigkeit des Serums. 

Wenn wir das von einem lebenden Infectionsstoff produ- 
cirte Gift besitzen, dann können wir uns auch das Gegengift 
mit Hilfe des giftimmungemachten Thierkörpers hersteilen. Wo 
das Gift uns unbekannt ist, da müssen wir auf die experi¬ 
mentelle Antitoxingewinnung verzichten. Es fallen gegenwärtig 
demnach zunächst alle Krankheiten für die Serumtherapie aus, 
bei welchen wir den Infectionsstoff überhaupt noch nicht kennen, 
ferner alle Krankheiten, bei welchen zwar der lebende In¬ 
fectionsstoff bekannt ist, aber nicht das von ihm sich ableitende 
Gift. Bei einer Reihe von Krankheiten (auch bei Rotz) ist die 
Menge des zu gewinnenden Giftes zu gering, dementsprechend auch 
der antitoxische Serumwerth. Aehnlich war es bisher bei 
der Tuberculose; in neuerer Zeit aber werden nicht mehr die 
Vollculturen der Tuberkelbacillen zur Giftgewinnung benützt, 
sondern die Tuberkelbacillen selber. Man wird allmälig daran 
denken können, auch für praktische Zwecke ein Tuberculose- 
Antitoxin herzustellen; immer aber wird noch Jahr und Tag 
vergehen müssen, ehe die Hoffnung sich erfüllen kann, die von 
Koch angestrebte Immunisirung zu ersetzen durch die Be¬ 
handlung mit den gänzlich ungiftigen directen Heilkörpern aus 
dem Blute tuberculoseimmun gemachter Thiere; ... . 

Mal km ns. 


Summarischer Bericht über die Ergebnisse der Unter¬ 
suchungen der Commission zur Erforschung der Maul- und 
Klauenseuche bei dem Institute für Infectionskrankheiten 

in Berlin. 

Erstattet von 

Geh. Med.-Rath Prof. Loeffler und Prof. Frosch. 

(Centralblau für Bakteriologie, Parasitenkunde u. Infectionskrankheiten, 1897, Bd. aa, 
No. io/ii, S. 957 .) 

Die Seitens des Cultusministeriums bei den Instituten für 
Infectionskrankheiten in Berlin bestellte Commission zur Er¬ 
forschung der Maul- und Klauenseuche giebt durch ihre Referenten 
Löffler und Frosch die Ergebnisse ihrer Forschungen in 
folgender vorläufiger Mittheilung bekannt: i. Alle bisherigen 
Funde von Bakterien als Erreger der Krankheit haben sich 
als accidentelle erwiesen. Der Sigel-Bu sse nius'sehe Ba¬ 
cillus ist ein interessanter, pathogener, schwere Darmerschei¬ 
nungen bei jungen Kälbern erzeugender Organismus, aber nicht 
der Erreger der Maul- und Klauenseuche. Mit bakteriell steriler 
Lymphe lässt sich die Krankheit in typischer Weise hervor- 
rufen. In solcher Lymphe sind morphotische Elemente ver¬ 
schiedener Art vorhanden. Der Beweis, dass unter denselben 
protozoische, als Erreger anzusehende Gebilde vorhanden sind, 
hat sich bis jetzt nicht erbringen lassen. 

2. Rinder und Schweine sind auch experimentell als be¬ 
sonders empfänglich erwiesen. Schafe und Ziegen haben sich 
künstlich nicht inficiren lassen, ebensowenig Hunde, Kaninchen, 
Meerschweinchen, Haus- und Feldmäuse und Geflügel. 

3. Der sicherste Infectionsmodus ist die Injection mit der 
aus den Blasen entnommenen Lymphe in die Blutbahn. Durch 
Injection der Lymphe in die Bauchhöhle und in die Musculatur, 


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DEUTSCHE THIER.ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 




No. 2. 


sowie durch Einreiben derselben in die durch Stichelungen 
verletzte Maulschleimhaut lässt sich die Infection ebenfalls sicher 
herbeiführen. Unsicher sind subcutane und cutane Impfungen. 
Bei intravenös inficirten Thieren treten nach i—3 Tagen, je 
nach Menge und Virulenz der Lymphe, unter Fiebererschei¬ 
nungen die Blasen zuerst im Maule und bei Milchkühen an den 
Eutern auf ev. 1 — 2 Tage später erst die Blasen an den 
Klauen. Die Blasen an den Eutern und an den Klauen ent¬ 
stehen somit durch das im Blute kreisende Virus und nicht 
durch directe Infection von der Haut aus. Mit dem Auftreten 
der Blasen verschwindet das Virus aus der Blutbahn. 

4. Zur Infection genügt ’/sooo ccm frischer Lymphe, klei¬ 
nere Mengen bis zu Vaonoo ccm sind unsicher in der Wirkung, 
noch kleinere sind unwirksam. 

5. Durch Erwärmen auf 37° C während 12 Stunden und 
auf 70 0 C während einer halben Stunde wird die Lymphe un¬ 
wirksam gemacht, ebenso durch 24stündiges Eintrocknen bei 
Sommertemperatur. Im Eisschrank aufbewahrt, hält sich die in 
CapillarenJ eingeschlossene Lymphe 14 Tage wirksam, bisweilen 
auch länger. Einzelne Keime können noch nach 8 — 9 Wochen 
am Leben sein. Zur Infection sind dann grössere Mengen der 
Lymphe nothwendig. 

6. Entgegen den herrschenden Ansichten thierärztlicher 
Autoritäten ist erwiesen, dass die Krankheit bei der über¬ 
wiegenden Mehrzahl der durchseuchten Thiere 2—3 Wochen 
nach der Erkrankung Immunität hervorruft. Es giebt Thiere, 
welche von Natur immun sind und andererseits solche, welche 
hoch empfänglich sich zeigen. Letztere erwerben durch einmaliges 
Ueberstehen der Krankheit noch nicht Immunität, wohl aber 
durch eine zweite Erkrankung. Im Blute der immun gewordenen 
Thiere sind Stoffe vorhanden, welche, mit frischer Lymphe 
geimpft, diese unwirksam machen bei Injection des Gemisches 
in den Körper empfänglicher Thiere. 

7. Rinder und Schweine können künstlich immunisirt wer¬ 
den. Die Immunisirung gelingt durch Injection von Lymphe, 
welche bis zur Aufhebung ihrer Infektionsthätigkeit erwärmt 
worden ist, sowie..auch durch. Injection von.Lymph-Immunblut- 
gemischen. Die überwiegende Mehrzahl der Thiere wird be¬ 
reits durch eine einzige Injection immun. Diese schützenden 
Injectionen machen die Thiere nicht augenfällig krank. 

8. Es ist somit wissenschaftlich sicher festgestellt, dass die 
Maul- und Klauenseuche mit Hilfe von -Schutzimpfungen wirk¬ 
sam bekämpft werden kann. 

Das Nähere über die in der Praxis am besten zu ver¬ 
wendende Methode der Schutzimpfung soll später mitgetheilt 
werden. 


Operation eines beiderseitigen reponiblen Leistenbruches 
beim Hengste. 

Von Th. Schmidt, I. klinischer Assistent, Wien. 

(Thierärztliches Centralblau, 1897, No. 19,) 

Ein zweijähriger Norikerhengst mit beiderseitigem leicht 
reponiblem Leistenbruch wird zur Castration und Operation 
der Brüche in die chirurgische Klinik des Wiener Thierarznei¬ 
instituts eingestellt. Die Maasse des linksseitigen Bruchringes 
betrugen 12:7 cm, rechterseits ist derselbe viel kleiner, der 
rechte Hoden steht vertikal. 

Die Operation wurde mit Kluppen und Castration über 
der Scheidenhaut ohne Narkose in der Rückenlage ausgeführt, 
die sehr grossen Kluppen durch je 2 Näthe in der Scrotalhaut 
unterstützt. Patient wurde darnach im Stalle mit dem Hintcr- 
theil etwas höher gestellt und bekam knapp Grünfütterung. 
Verlauf regelrecht, fieberlos. Die Kluppen blieben so lange 
liegen, bis sie von selbst abfielen, was 25 Tage post Opera¬ 
tionen! geschah. G 0 r i g. 


Oeffentliches Veterinärwesen. 

Die Viehseuchen in Deutsch-Ostafrika. 

Ueber die Viehseuchen in Deutsch-Ostafrika hat der jetzt 
in Dar-es-Salam weilende Geh.-Rath Robert Koch einen 
Bericht eingesandt, dem wir nach dem »Deutsch. Kolonialbl.« 
Folgendes entnehmen: 

Nachdem vor 4—5 Jahren die Rinderpest auf ihrem Zuge 
von den Somaliländern nach Südafrika den grössten Theil des 
Schutzgebietes verheert hatte, hörte man von gefährlichen Vieh¬ 
seuchen im Innern nichts mehr, und es scheint sich der Vieh¬ 
stand in den meisten viehzüchtenden Gebieten der Colonie 
in erfreulicher Weise wieder gehoben zu haben. Nur an der 
Küste kamen immer noch Seuchenausbrüche vor, denen viele 
Rinder zum Opfer fielen. Trotz der Bemühungen des kaiser¬ 
lichen Gouvernements, welches immer von Neuem frische Thiere 
herbeischaffen liess, kam die Viehzucht im Küstengebiet dess- 
wegen nicht vorwärts. Ueber diese Seuchen herrschte bis jetzt 
.vollkommenes Dunkel; man wusste nicht, ob es sich nur um 
eine oder um verschiedene Krankheiten handle, ob die Krank¬ 
heit aus dem Innern stamme, oder an der Küste entstehe. 
Durch die mikroskopische Untersuchung des Blutes von erkrankten 
und der Krankheit erlegenen Thieren Hessen sich diese Fragen 
glücklicher Weise sehr bald beantworten, und es ergab sich, 
dass das Viehsterben an der Küste durch zwei verschiedene 
Krankheiten, nämlich durch das Texasfie be r und durch die 
5 urra- oder T s e t s e - Krankheit bedingt wird. 

Koch beschäftigt sich in seinem Bericht zunächst nur mit 
der Tsetse-Krankheit; diese kennt man in Südafrika seit langer 
Zeit, sie kommt aber auch in Togo und in Nordindien vor, 
wo sie unter dem Namen Surra bekannt ist. Koch hält nach 
seinen Befunden die an verschiedenen Orten beobachteten 
Tsetse- und Surrakrankheiten für identisch. 

Die Krankheit wird bedingt durch einen Parasiten, welcher 
im Blute der erkrankten Thiere lebt und von einem Thiere 
auf das andere durch stechende Insekten, in Südafrika und in 
Togo durch die Tsetse-Fliege Übertragen wird. Der Parasit, 
eine Trypanosomaart, ist zwei- bis dreimal so lang, als der 
Durchmesser eines rothen Blutkörperchens. Er hat eine fisch¬ 
ähnliche Gestalt und treibt sich mit lebhaften, schlängelnden 
Bewegungen zwischen den Blutzellen umher. Er ist farblos, 
nimmt aber Anilinfarben an. Wenn Thiere der Infection aus¬ 
gesetzt gewesen sind, dann erkranken sie nicht sofort, sondern 
nach einem Incubationsstadium, welches bei den von Koch ange- 
stellten künstlichen Uebertragungen eine Dauer von 9—12 Tagen 
hatte. Der Beginn der Krankheit giebt sich durch Steigen der 
Körpertemperatur und das Auftreten der Parasiten im Blute zu 
erkennen. Charakteristische anderweitige Symptome stellen sich 
nicht ein. Unter schnell zunehmender Schwäche, Blutarmuth und 
Abmagerung können die Thiere bald zu Grunde gehen, oder 
sie verfallen in ein mehr oder weniger lange Zeit sich hin¬ 
ziehendes Siechthum. Spontane Heilungen scheinen nicht oder 
doch nur ausnahmsweise vorzukommen. Koch entdeckte die 
Krankheit zuerst in Dar-es-Salam in einer dem Gouvernement 
gehörigen Heerde bei einigen Thieren und kurze Zeit darauf 
auch bei einem Rinde, welches einem früheren Beamten gehörte 
und nie mit jener Heerde in Berührung gekommen war. Später 
konnte er die Krankheit noch auf der Insel Mafia unter den 
Thieren der Viehstation Msikitini, auf der Viehstation Pegu, 
unter den Rindern des Häuptlings Baruck in Barucksruh und 
in einer Heerde nachweisen, welche für West-Usambara bestimmt, 
aber wegen Krankheitsverdachts in Mombo, am Fusse des 
Gebirges, zurückgehalten war. Im Ganzen litten 26 Thiere 
an Surra. Diese Zahl giebt aber bei Weitem nicht an,. wie 
gross die Verluste sind, welche durch die Krankheit bedingt 
werden und wie viele Thiere augenblicklich unter dem Küsten¬ 
vieh mit Surra behaftet sind. Sehr viele Rinder sind schon 
auf dem Transport zur Küste und bald nach ihrer Ankunft zu 
Grunde gegangen und von den noch vorhandenen wurden nur 
die schwerkranken Thiere untersucht. Unter letzteren Hessen 
aber manche, obwohl die anämische Beschaffenheit des Blutes 
bestimmten Verdacht auf Surra erweckte, bei der Untersuchung 


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i8 


DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


8 . Januar. 


die Parasiten vermissen; vermuthlich weil die Thiere sich 
gerade in einer parasitenfreien Zwischenperiode der Krankheit 
befanden. 

Schon bei den ersten Surrabefunden fiel es auf, dass die 1 
erkrankten Thiere sämmtlich eine und dieselbe Herkunft hatten. 
Die verschiedenen Heerden setzten sich aus Vieh zusammen, 
welches aus dem Innern, und zwar aus verschiedenen Gegenden, 
hauptsächlich aber aus Kilimatinde und Iringa stammten. Es 
musste somit der Verdacht entstehen, dass die Krankheit aus 
Iringa stamme. Nach dieser Richtung angestellte Erkundigungen 
ergaben indessen sehr bald, dass das Vieh in Iringa und im 
ganzen Uhehe-Landc vorzüglich gedeiht und dass dort von der 
Syrrakrankheit nichts bekannt ist. Es Hess sich dann weiter 
in Erfahrung bringen, dass das Vieh auf seinem Wege von 
Iringa zur Küste eine Gegend passiren muss, in welcher es 
unmöglich ist, Vieh zu halten, weil dort alle Thiere bei 
längerem Aufenthalte zu Grunde gehen. Es ist dies das Thal 
des Ruahaflusses und es hat den Anschein, als ob in dieser 
Gegend der Sitz der Krankheit und der Ort der Infection für 
das auf dem Wege zur Küste befindliche Vieh zu suchen isti 
In diesem Falle würde der Ruaha für einen Theil des Schutz-t 
gebietes eine ähnliche Rolle spielen wie der Zambesi in Süd- 4 
afrika, welcher bekanntlich durch die an seinen Ufern herri 
sehende Tsetsekrankheit allen Viehtransporten ein fast unüber¬ 
windliches Hinderniss entgegenstellt. Es scheint auch nicht» 
ausgeschlossen, dass ausser dem Ruaha noch andere Fluss-1 
niederungen in der Kolonie existiren, welche ebenfalls Surra-^ 
herde bilden. Leider ist die Entfernung von der Küste zuirt 
Ruaha zu gross, um an Ort und Stelle Nachforschungen darüber: 
anzustellen, ob im Ruahagebiet die Tsetsefliege vorkommt, ob 
und welche Thiere in jenen Gegenden an Surra leiden und die 
Infectionsquelle für die Rinder bilden. In Südafrika hat man! 
in dieser Beziehung die Büffel und grossen Antilopen in Ver-5 
dacht und hat behauptet, dass in den Gegenden, wo diese 
Thiere der vordringenden Kultur gewichen sind, auch die 
Tsetsekrankheit verschwunden ist. Vorläufig sollen gelegentliche 
nach jenen Gegenden gerichtete Expeditionen Untersuchungs-' 
material sammeln und weitere Erkundigungen cinziehcn. Aucjv 
sollen Anfragen in Form eines Fragebogens an alle Stationen 
im Innern gerichtet werden über das etwaige Vorkommen der 
Tsetsefliege. Ferner sollen kleinere Viehtransporte auf ver¬ 
schiedenen Wegen und zu verschiedenen Jahreszeiten von Iringa» 
und anderen geeignet erscheinenden Punkten zur Küste geführt» 
werden, um allmälig in Erfahrung zu bringen, auf welchea 
Wegen und zu welchen Zeiten mit möglichst geringen Verlustea 
Viehtransporte aus Uhehe zur Küste gebracht werden können. 
Einschränkungen in Bezug auf Verwerthung des Fleisches und» 
der Haut der erkrankten Theile sind nicht erforderlich. 

Da man in Indien gefunden hat, dass die Ratten ziemlich; 
häufig Surraparasiten in ihrem Blute haben, und da man dort 
annimmt, dass die Ratten bei der Verbreitung der Krankheit 
eine gewisse Rolle spielen, so hat Koch seine Untersuchungen 
auch auf diesen Punct gerichtet. Es wurden 24 Ratten, sämmtlich' 
in Dar-es-Salem, aber in verschiedenen Häusern gefangen, 
untersucht und in der That bei zehn Thieren im Blute Parasiten 
gefunden, welche den Surraparasiten auf den ersten Blick gleich 
zu sein schienen, sich aber doch bei weiterer Betrachtung als 
eine von ihnen verschiedene Trypanosomaart herausstellten, 
die zur Surrakrankheit der Rinder keine Beziehung hat. 


Verluste durch Maul- und Klauenseuche. 

Bei den vorjährigen Verhandlungen des Landwirthschafts- 
raths von ElsassLothringen ist der Wunsch geäussert 
worden, es möge bciVichverlusten in Folge von Maul¬ 
und Klauenseuche Entschädigung aus Landesmittcln 
gewährt werden. Um eine Uebersicht darüber zu gewinnen, 
in welchem Umfange durch die Gewährung einer Entschädigung 
die Landeskasse belastet werden würde, hat das Ministerium 
Erhebungen angestellt, welche sich auch auf die Feststellung 
der durch Nothschlachtungen aus Anlass der genannten Seucher 
entstandenen Verluste erstrecken. Das Ergebniss dieser Er¬ 


hebungen für die Zeit vom October 1896 bis Ende 
September 1897 ist nachstehend wiedergegeben. 

An der Seuche gefallen sind: 604 Stück Gross- und 
498 Stück Kleinvieh (Rindvieh), sowie 257 Schweine. Der 
entstandene Schaden beziffert sich auf 151000+ 19920+ 10280, 
zusammen 181 200 Mk., wenn man den Verlust bei Grossvieh 
mit 250 Mk. und bei Kleinvieh, sowie bei Schweinen mit 40 Mk. 
für das Stück annimmt. 

Nothgeschlachtet wurden: 188 Stück Gross- und 
47 Stück Kleinvieh (Rindvieh), sowie 45 Schweine. Der in 
Folge der Nothschlachtungen entstandene Verlust beziffert sich 
auf 28200 + 980 + 900, zusammen 30080 Mk. Hierbei ist 
der Verlust beim Grossvieh mit 150 Mk. und beim Kleinvieh, 
sowie den Schweinen mit 20 Mk. per Stück veranschlagt. Der 
durch die Todesfälle und die Nothschlachtungen im Laufe 
eines Jahres entstandene Gesammtschaden beträgt somit 
181 200 -|- 30080, insgesammt also 211280 Mk. 

Diese Erhebungen, welche ein abschliessendes Urtheil noch 
nicht zulassen, sollen einstweilen fortgesetzt werden. 


Thierärztliche Controle. 

Das Kgl. Bayerische Staatsministerium des Innern hat 
neuerlich Veranlassung genommen, anzuordnen, dass das aus 
Oesterreich-Ungarn in die dortigen Schlachthöfe 
eingeführte Fettvieh bei der Ankunft am Bestimmungs¬ 
orte unmittelbar nach der Ausladung einer nochmaligen 
thierärztlichen Controle und Untersuchung zu unterstellen 
ist, und dass die hiebei als seuchenkrank oder als seuche¬ 
verdächtig befundenen Thiere sofort in einem abgeschlossenen 
Raume strenge abzusondern und mit thunlichster Beschleunigung 
der Abschlachtung zu unterstellen sind. 


Nahrungsmittelkunde. 

Protokoll der am 5. Dezember 1897 abgehaltenen Ver¬ 
sammlung der Schlachthofthierärzte der Provinz 
Hannover und Umgegend. 

Zu der Versammlung, zu welcher der mitunterzeiehnete 
Dr S t r ö s e Einladungen an 20 Stadtmagistrate hatte ergehen 
lassen, waren 16 Schlachthofthierärzte und als Gast ein Thierarzt 
erschienen. Es waren entsandt von Münden, Herr Günther; 
Bremen, Herr Sonne wald; Stade, Herr Schöttler; Verden, 
Herr Lenz; Osterode-, Herr Nagel; Celle, Herr Reimers; 
Osnabrück, Herr Burgmann; Emden, Herr Heile; Goslar, 
Herr Deseier; Hameln, Herr Schönknecht; Göttingen, 
Herr Schilling; Harburg, Herr Hertz. 

Der Conferenz ging eine Besichtigung neuer Anlagen auf 
dem Central-Schlachthofe voraus. Zunächst wurden die neu¬ 
erbauten Räume für die Fleischbeschau (die Laboratorien, die 
Sammlung und die Trichinenschauzimmer) in Augenschein ge¬ 
nommen, darauf wurden die von Schlachthausthierarzt K a b i t z - 
Hannover ausgestellten Photogramme sanitätspolizeilich inte¬ 
ressanter Präparate besichtigt, dann begaben sich die Theilnehmer 
in die Schlachthallen. Zunächst wurden sic in die neue Brüh¬ 
halle und die von Otte's Eisenwerk in Altona sehr praktisch 
eingerichtete, erweiterte Schweinehalle geführt. Auch der von 
der Firma Har tmann-Berlin gelieferte, sehr einfache, wohlfeile 
und leistungsfähige Fleischsterilisator wurde einer Besichtigung 
unterzogen. Vom Sterilisationsraume aus begaben sich die 
Theilnehmer in die Talgschmelze, welche kürzlich baulich 
erweitert ist und demnächst maschinell verbessert werden wird. 
Schliesslich stattete man auch dem Freibanklocale einen Besuch ab. 

11+1 Uhr eröffnete S tr ös e-Hannover die Sitzung in 
Mussmann’s Hotel. Nachdem er zum Geschäftsführer der 
Conferenzen und Herr Heine-Hannover zum Schriftführer 
gewählt worden war, wurde nach einem kurzen Berichte über 
die früheren, in Göttingen, Hannover, Hildesheim und Celle 
abgehaltenen Conferenzen zur Verhandlung des zweiten Punktes 
der Tagesordnung, betreffend Besprechung über die Verwerthung 
der Schlachthausabfälle, geschritten. 

Schlachthofdirector Koch war durch Unpässlichkeit leider 
am Erscheinen und der Erstattung seines Referates verhindert. 


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No. 2. 


DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Daher wurde die Besprechung über den Punkt 2 der Tages¬ 
ordnung vom Vorsitzenden eingeleitet. Die Versammlung war 
der Ansicht, dass die Vernichtung der Confiskatc an kleinen 
und mittleren Schlachthöfen in einer den Anforderungen der 
Hygiene entsprechenden Weise mit bedeutenden Schwierigkeiten 
verknüpft sei. Schilling-Göttingen lässt die beanstandeten 
Organe bis zum Zerfall mit Dampf kochen und sie dann in 
den Düngerwagen bringen. Die probeweise Vernichtung der 
Beanstandungen in kleinen Digestoren hat sich in Göttingen 
nicht bewährt. Herr Reimers und Herr Nagel berichten 
über günstige Anerbieten, welche die Fabrikanten der Otte 'sehen 
Vernichtungsapparate gemacht haben; für Osterode hat die 
Firma ihr Anerbieten jedoch zurückgezogen, weil sie sich be¬ 
züglich der Ausnutzung des Materials geirrt hat. Nach Heile 
arbeitet der in Emden aufgestellte Hart mann'sehe Destruktor 
nicht geruchlos. Von StrÖse und Schilling wird die 
Errichtung von Sammelwasenmeistereien mit moderner maschi¬ 
neller Einrichtung empfohlen. Auf Ströse’s Antrag wird 
beschlossen, bezüglich der Verwerthung der Confiskate mit 
der Deutschen Landwirthschaftsgesellschaft in Verbindung zu 
treten. 

Zur Frage der Verwerthung des Stalldüngers bemerkt 
Herr Burgmann, dass er es für zweckmässig erachte, wenn 
in den Rinderställen überhaupt nicht gestreut werde, sofern es 
sich um die Unterbringung von Thieren auf kürzere Zeit handelt; 
durch Weglassen der Streu werde gespart und die Desinfection 
der Fussböden erheblich erleichtert. 

Nach Schluss der sehr lebhaften Debatte hielt Herr 
Schilling- Göttingen einen ebenso interessanten wie lehrreichen 
längeren Vortrag über Verunreinigungen der Kühlhäuser und 
die Desinfection mit Formaldehyd. Redner regte zu weiteren 
Versuchen mit der Tollens'sehen Formaldehydlampe an, da 
seine in dieser Richtung unternommenen Experimente sehr 
günstige Resultate geliefert haben. Da der Vortrag voraus¬ 
sichtlich demnächst in einer Fachzeitschrift publicirt werden 
wird, kann hier von einem Referate abgesehen werden. 

Nachdem Herr Schilling mehrere an ihn bezüglich der 
praktischen • "Verwerthbarkeit des Formaldehyd - Desinfections- 
verfahrens gerichtete Fragen beantwortet hatte, wurde das Wort 
Herrn Günther-Münden ertheilt, der den Begriff der Sepsis 
und die bei dieser Krankheit am Schlachtthier wahrnehmbaren 
pathologischen Veränderungen, in kurzen Worten erläuterte. 
S t r ö s e - Hannover knüpfte einige, den Günther’schen Vortrag 
erweiternde Bemerkungen an, die sich besonders auf die neueren 
Veröffentlichungen von Hartenstein und Augst bezogen. 
Indem Redner die nach Hartenstein besonders für septische 
Processe charakteristische, alkalische Reaktion des Fleisches 
hervorhob und auf die von Hartenstein erwähnte Imbibition 
der Intima der grösseren Gefässstämme und von Augst 
beschriebene Veränderung der Körperlymphdrüssen einging, 
empfahl er, in jedem einzelnen Falle von Sepsis die Harten¬ 
stein’ sehe und Augst’ sehe Untersuchungsmethode nach¬ 
zuprüfen, um auf diesem Wege deren Werth für die Praxis 
der Fleischbeschau festzustellen. Um eine Casuistik der Sepsis 
zu erhalten, wurde der S t r ö s e' sehe Antrag: eine Sammel¬ 
forschung zu veranstalten, angenommen. Zu dieser Sammel¬ 
forschung, die sich zunächst auf ein Jahr erstrecken soll, sollen 
die Schlachthofthierärzte der Provinz, eventuell auch die prak¬ 
tischen Thierärzte beizutragen aufgefordert werden. Die nach 
einem einheitlichen Schema aufzustellenden Berichte sollen 
von S t r ö s e - Hannover und Schilling- Göttingen bearbeitet 
werden. Wegen vorgerückter Zeit wurde Punkt 5 der Tages¬ 
ordnung vorläufig übersprungen und zu Punkt 6 »Errichtung 
eines Kursus für Schlachthausthierärzte«, übergegangen. In 
diesem Kursus sollen Demonstrationen von Dampfkesselanlagen, 
Wasserleitungen, Dampfleitungen, Kühlhauseinrichtungen, Canali- 
sationen u. s. w. abgehalten und Vorträge über Aetiologie der 
Infectionskrankheiten und pathologische Histologie gehalten 
werden. Der Vorsitzende wird sich dementsprechend mit Herrn 
Geheimrath Dr. Dammann, Prof. Rabe und einem Professor der 
technischen Hochschule in Verbindung setzen und die weiteren 
Vorbereitungen übernehmen. 


19 


Punkt 5 der Tagesordnung konnte nicht mehr voll erledigt 
werden. Heine-Hannover fand nur noch Zeit, den Eberschen 
Apparat zur Untersuchung der Nahrungsmittel auf Fäulniss 
praktisch zu demonstriren und den Schlachthausthierärzten zur 
Anschaffung zu empfehlen. 

• Ein gemeinsames Mittagsmahl in Mussmanns Hötel hielt 
die Kollegen noch längere Zeit zusammen. 

Ströse. Heine. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Die Rotzdiagnose in P reussen. _ '<*■*•/ 

Von Dr. Malk m us. 

Vor Jahresfrist hatte der preussische Landwirthschafts- 
minister angeordnet, dass bis auf Weiteres in jedem ersten 
Falle, in welchem der beamtete Thierarzt den Ausbruch der 
Rotzkrankheit in einem Pferdebestande festgestellt hat, 
die besonders in Betracht kommenden Theile des Cadavers an 
das pathologische Institut der Thierärztlichen Hochschule in 
Berlin oder in Hannover zur Nachprüfung eingesandt werden. 
Wie ein neuerdings erlassenes Rescript des Herrn Ministers 
mittheilt, haben diese Nachprüfungen der Entscheidungen der 
Thierärzte zu dem Ergebnisse geführt, dass bei 12 °/ 0 der Nach¬ 
untersuchungen die Rotzdiagnose sich als irrthümlich erwiesen 
hat. In mehreren Fällen haben infolgedessen die in der un¬ 
zutreffenden Annahme des Seuchenausbruches angeordneten 
Schutzmassregeln aufgehoben und nicht unbeträchtliche nutzlose 
Schädigungen der Betheiligten und des allgemeinen Wohlstandes 
verhindert werden können. 

Trotz dieser Bewährung des Erlasses hat nunmehr der 
Herr Minister mit Rücksicht auf die Schwierigkeiten, die sich 
einer jede Ansteckungsgefahr ausschliessenden Verpackung der 
Cadavertheile für den Versand entgegenstellen, sich veranlasst 
gesehen, die Massregel aufzuheben und an ihrer Statt anzu¬ 
ordnen, dass in allen Fällen, für die bisher die Einsendung von 
Cadavertheilen nach Berlin oder Hannover vorgeschrieben war, 
Äh-‘den Zerlegungen der getödteten rotzverdächtigen Thiere der 
Departementsthierarzt zugezogen wird. 

Diese jüngste Verfügung wird gewiss unter den beamteten 
Thierärzten allgemeine Befriedigung hervorrufen; das frühere 
Uebergehen der Departementsthierärzte war um so weniger zu 
begreifen, als man in allen anderen Fällen den Einfluss der¬ 
selben bei ihren Regierungen zu verstärken und zu mehren 
strebte, nachdem man den hieraus entspringenden Vortheil für 
den Gang der veterinärpolizeilichen Geschäfte und die Seuchen¬ 
tilgung speciell kennen gelernt hatte. Der frühere Erlass brach 
so plötzlich und anscheinend unmotivirt mit den seitherigen 
Gepflogenheiten der Verwaltung, dass man sich die Ursache 
desselben nicht erklären konnte. Auf wessen Empfehlung der¬ 
selbe zurückzuführen war, entzieht sich unserer Kenntniss. 

Die neue Verfügung beseitigt einen unhaltbaren Zustand. 
Denn als technische Sachverständige zweiter Instanz können in 
der Veterinärpolizei nur die mit den praktischen Verhältnissen 
aus Erfahrung vertrauten und in der praktischen Seuchentilgung 
durchaus erfahrenen Thierärzte angesehen werden, und das 
sind die Departementsthierärzte. Ihren Einfluss kümmern, 
heisst der Veterinärpolizei Fesseln anlegen und das muss sich 
stets über kurz oder lang fühlbar machen. 

Ganz klare Vorschriften über die fernere Untersuchung 
der wegen Rotz getödteten Pferde giebt die jetzige Verfügung 
indess auch nicht. Die Anordnung, dass »zu den Zerlegungen 
der getödteten rotzverdächtigen Thiere« der Departements¬ 
thierarzt zuzuziehen ist, dürfte gewiss dahin auszulegen sein, 
dass dies nicht nur bezüglich der der Seuche verdächtigen, 
sondern auch der Ansteckung verdächtigen geschehen soll in 
allen den Fällen, wo es sich um die Ermittelung des ersten 
Falles in einem Bestände handelt. 

Aber selbst auch in dieser weitergehenden Auslegung, 
welche ich der erwähnten Verordnung gebe, ist den praktischen 
Verhältnissen nicht vollauf Genüge gethan. Wenn der De¬ 
partementsthierarzt erst zu den »Zerlegungen der getödteten 


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20 


Pferde« entsandt werden soll, wird er in manchen Fällen gewiss 
schon zu spät kommen, denn auch der Ausspruch »rotzver¬ 
dächtig« kann auf einem Irrthum beruhen Ist es festgestellt, 
dass für manche Kreisthierärzte die Rotzdiagnose am Cadaver 
bisweilen eine schwierige Aufgabe ist, so muss dies in noch 
höherem Masse an dem lebenden Thiere der Fall sein. Aus 
meiner eigenen departementsthierärztlichen Thätigkeit habe ich 
erfahren, dass Pferde vom beamteten Thierarzt als »rotzver¬ 
dächtig« bezeichnet wurden, die sich bei der Revision als voll¬ 
kommen frei von jeglichem Verdacht erwiesen. Die Rotz¬ 
krankheit hat eine so eminente wirthschaftliche Bedeutung, 
dass es sich namentlich auch mit Rücksicht auf die gemachten 
Erfahrungen empfiehlt, in allen den Fällen, wo der Kreisthier¬ 
arzt Rotz oder Rotzverdacht in einem bisher seuchefreien 
Bestände feststellt, vorEinleitung weitererMassnahmen 
dem Departementsthierarzt mit der Angabe eines 
Obergutachtens zu beauftragen. 

Die Thatsache, dass 12 °/ 0 der von den beamteten Thier¬ 
ärzten gestellten Rotzdiagnosen sich als falsch erwiesen haben, 
ist sehr bemerkenswerth und kann mit der Controle durch die 
Departemensthierärzte nicht als erledigt angesehen werden.' 
Der Prozentsatz ist ein so hoher, dass er nicht durch schwierige, 
oder Zweifelsfälle erklärt werden kann; es ist vielmehr damit 
eine mangelhafte Ausbildung der beamteten Thier-, 
ärzte erwiesen. Wenn auch 12°/ 0 zuviel Pferde als rotz-^ 
krank bezeichnet werden, so schadet das der Seuchentilgungs 
nichts, schädigt nur den allgemeinen Wohlstand; derartige^ 
Fälle werden künftig durch die Controle der Departements- 
thierärzte voraussichtlich auf das Menschenmögliche verringert 
werden. Aber werden nicht diejenigen Thierärzte, welche den 
Rotz nicht zu diagnostiziren vermögen, nicht auch rotzkranke 
oder rotzverdächtige Pferde aus derselben Unkenntniss als un¬ 
verdächtig laufen und die Seuche auf weitere Pferde noch 
übertragen lassen? Zur Ermittlung der rotzkranken Pferde — 
und der Thierseuchen überhaupt — ist ein tüchtig geschultes 
thierärztliches Personal nothwendig, ohne ein solches ist eine 
vollständige Tilgung der Seuchen überhaupt undenkbar. Von 
Seiten der Thierärzte hat man die Staatsregierungen nie im 
Unklaren darüber gelassen, dass eine bessere Ausbildung der 
Thierärzte dringend nothwendig ist. Ganz besonders die. 
preussische Staatsregierung hat sich diesen Forderungen der 
Thierärzte gegenüber abgeneigt gezeigt; das, was die Thier¬ 
ärzte stets gesagt haben, ohne Gehör zu finden, 
hat sich durch eine einzige sich auf ein Jahr er¬ 
streckende Enquete statistisch als zutreffend er¬ 
wiesen. Zweifellos macht sich die mangelhafte Ausbildung 
der Thierärzte auch bezüglich der Ermittlung und Tilgung [ 
anderer Seuchen fühlbar. Will der Herr Minister einer dau¬ 
ernden »Schädigung des allgemeinen Wohlstandes« Vorbeugen,' 
nun so muss er das Uebel an der Wurzel fassen und für 
bessere Ausbildung der Thierärzte Sorge tragen. 

Aus den Darlegungen, welche den einzelnen Regierungen; 
von Seiten der massgebenden thierärztlichen Körperschaften; 
wiederholt zugegangen sind, ergiebt sich, dass als nothwendigste 
Forderung in dieser Beziehung das Abiturienten-Examen 
als Vorbildung für das thierärztliche Studium be¬ 
zeichnet werden muss. Hierzu auch nur noch ein Wort zu 
sagen, muss als überflüssig bezeichnet werden. 

Gerade im Interesse der Seuchentilgung muss ferner in 
der Ausbildung der Thierärzte in Bezug auf klinische Erken¬ 
nung der einzelnen Seuchen eine Besserung des Unterrichtes 
eintreten. Wie viele Thierärzte sind in der Praxis und gehen 
auch alljährlich noch dahin, ohne jemals Rotz am lebenden 
Pferde gesehen zu haben?! Und wie leicht und billig ist es, 
den Studierenden die einzelnen Seuchen auch klinisch vorzu¬ 
führen, wenn nur die nöthigen Räumlichkeiten vorhanden sind. 
Der Herr Minister hat sich selbst ganz unerwartet den Beweis 
geliefert, dass die thierärztlichen Lehranstalten mit 
einem Institut ausgerüstet werden müssen, in 
denen ohne Gefahr der Ausbreitung auf andere 


8. Januar. 

Thiere den Studierenden die einzelnen Seuchen 
vorgeführt werden können; mag es nun »Seuchen-Institut« 
oder »Hygienisches Institut« genannt werden, der Name thut 
nichts zur Sache, sondern die Bestimmung entscheidet. 

Ich meine, die Staatsregierung wird sich einer solchen 
Nothwendigkeit nicht verschliessen können. 

Das sind meines Erachtens die Consequenzen, die sich 
aus der obigen Thatsache ergeben. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Verhandlungen des Landwirthschaftsrathes von Eisass- 
Lothringen, während der Session 1897. 

Im Verlage von M. Du Mont-Schauberg zu Strassburg ist soeben 
der Bericht Uber die Verhandlungen des Landwirthschafts- 
raths von Elsass-Lothringen während der Session 1897 erschienen. 
Das 207 Seiten umfassende Buch enthält u. a. beachtenswerthe Referate 
über die Verwaltung des LandgestUts im Jahre 1896, über die Grundzüge 
eines Gesetzentwurfs, betreffend die Neuregelung der Zuchtstierhaltung, über 
die in Aussicht genommene Vertheilung der zur Hebung der Pferdezucht zu 
Zuschüssen an landwirtschaftliche Vereine und zur Verbesserung der Rind¬ 
viehzucht bestimmten Gelder, über die Betriebsergebnisse der Fischzucht- 
anstall bei Hüningen im Jahre 1896,97. Ueber einzelne besonders wichtige 
Punkte werden wir kurze Referate bringen, die jedoch das Nachlesen im 
Original Demjenigen nicht ersetzen können, der sich speciell Uber eine oder 
andere der erörterten Fragen eingehend orientiren will. Malkmus. 


Personal-Nachrichten. 

Auszeichnungen: Dem Landgestütsthierarzt M. Zeilinger in 
München wurde der Verdienstorden vom hl. Michael IV. Kl., dem Bezirks¬ 
thierarzt Un giert in Füssen das Verdienstkreuz vom hl. Michael verliehen. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitzver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Medicinalrath Prof. Dr. Ellen¬ 
berger in Dresden wurde zum Ober-Medicinalrath, Gestütsthierarzt Dr. 
Uebel e in Marbach zum Assessor des Königl Medicinal-Collegiums (thier¬ 
ärztliche Abtheilung) in Stuttgart ernannt. Dem Thierarzt A. Staupe zu 
Biedenkopf die Verwaltung der Kreis-Thierarztstclle für den Kreis 'Bieden¬ 
kopf, mit dem Amtswohnsitz zu Biedenkopf, und dem Thierarzt Johann 
Junker zu Wittmund die Verwaltung der Kreis-Thierarztstelk für den Kreis 
Wittmund, mit dem Amtswohnsitz zu Wiltmund, übertragen worden. Dem 
Schlachthofthierarzt Homann in Bielefeld die comm. Verwaltung der Kreis¬ 
thierarztstelle in Stolzenau übertragen. Der Bezirksthierarzt A. Avril in 
Speier wurde als pragmatischer Bezirksthierarzt ernannt. Thierarzt H ä b e r l e, 
Assistent an der Thierärztlichen Hochschule in Stuttgart, zum Gestüt&thier- 
arzt in Marbach, Th. M. Ziese bank zum slädt. Thierarzt in Dresden ernannt. 
Schlachthofthierarzt W. Mü 11 e r in Mannheim mit Wirkung vom I. August 1895 
etatsmässig, Schlachthofinspector G e r 1 a c h in Apolda definitiv angestellt. Tbier- 
arzt Luft in Beerfelden wurde zum Assistenten am Schlachthof in Cottbus, 
Rossarzt Nickel zum provisorischen Schlachthofinspector in Schiawe (Pomm.) 
ernannt. Verzogen sind die Thierärzte E. Lange von Dresden nach Meissen 
als Assistent des Bezirksthierarztes Dr. Röder, A. Köhler von Dresdeh 
nach Rittergut Schlöben bei Roda, M. Uhlemann von Dresden nach 
Breslau, H. Schaaf von Dresden nach Zwickau, P. Gebhardt von 
Dresden nach Könitz bei Saalfeld, W. Grupe von Hirschberg nach Prane- 
berg (Holst.). Th. G. Coblitz von Dresden nach Mannheim. Thierarzt 
P. Süsskind aus Rösselsberg hat sich in Diessen (Ammersee) niedergelassen. 
Der Bezirksthierarzt K. W e b e r in Lohr wurde, seinem Ansuchen entsprechend, 
wegen zurückgelegten 70. Lebensjahres in den dauernden Ruhestand ver¬ 
setzt und demselben bei diesem Anlasse die Anerkennung seiner lang¬ 
jährigen treuen und erspriesslichen Dienste ausgesprochen. 

Das thlerärztliehe Examen bestanden: In Dresden die Candi- 
daten Lange, Gebhardt, Uhlemann, Köhler, Schaaf. In München 
Hans Meyer aus Nördlingen, Peter Schneider aus München. 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutschen 
Heeres: Krüger, Unterrossarzt im Art.-Regt. No. 10, unter Beförderung 
zum Rossarzt in das Drag.-Regt. No. 21 versetzt. 

Gestorben: Bezirksthierarzt Oskar Vogt in Vohenstrauss (Oberpfalz), 
Th. Belschner in Kirchheim (Neckar). 


DEUTSCHE THIER2ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT, 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thlerärzijiche Wochenschrift“ (i. Ä. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsruhe 

Druck der Macklofschen Druckerei in Karlsruhe i. B. 


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Deutsche 


Thierärztliche Wochenschrift 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regierungs- und Medicinalrath, 
Director der Thierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 


herausgegeben von 
Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregierungsrath 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regierungsrath und Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Freiburg i. B. 


redigirt von 


Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thicrarztliche Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zürn Preise von 4 JL viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784 a. 


Sechster Jahrgang. 


Sämmtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 
Correcturen und Anzeigen an die Expedition der 
Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 
in Karlsruhe (Baden). 


M 3 . 


Ausgegeben am 15. Januar. 


1898. 


Die im badischen Staats-Budget für die Jahre 
1898 und 1899 angeforderten Mittel für Vete¬ 
rinärwesen und Förderung der Thierzucht. 

Von Verbandsinspector A. Fehsenmeler-Karlsruhe. 

Dem den beiden Kammern der Landstände vorgelegten 
Voranschlag der Ausgaben und Einnahmen der allgemeinen 
Staatsverwaltung für 1898 und 1899 ist hinsichtlich der An¬ 
forderungen für obige Zwecke Folgendes zu entnehmen: 

I. Veterinärwesen. 

1. Bezirksthierärzte und Thierärzte. 

Der Aufwand für die auf 52 Amtsbezirke vertheilten 57 
(bisher 56) etatmässigen Bezirksthierarztstellen beziffert 
sich an Gehalt auf 76865 Mk., an Wohnungsgeld auf 
8720 Mk., somit im Ganzen durchschnittlich auf rund 85 600 Mk. 
im Jahr. Hiezu kommen weiter U4oMk. an Bureauaversen, 
welche den Bezirksthierärzten mit Rücksicht auf die ihnen ob¬ 
liegenden nicht unerheblichen Bureauarbeiten zustehen. Wie 
seither ist im Voranschlag auch eine Summe von 12000 Mk. 
jährlich vorgesehen, aus welcher an Gemeinden zur An¬ 
stellung bezw. Gewinnung von Thierärzten entsprechende 
Zuschüsse gewährt werden sollen. Im Bedarfsfälle können 
hieraus auch an die gesetzlichen Ortsviehversicherungs¬ 
anstalten zu den Kosten der thierärztlichen Behandlung der 
versicherten Thiere angemessene Zuschüsse bewilligt werden. 
Der Gesammtaufwand für Bezirksthierärzte und 
Thierärzte beziffert sich somit auf rund 100000 Mk. 

Die Kosten, welche ausserdem für die bezirksthier¬ 
ärztlichen Verrichtungen anlässlich der Bekämpfung 
der Thierseuchen erwachsen, sind für sich allein aus dem 
Voranschlag nicht ersichtlich, da dieselben in der Position 
»Tagegelder, Reise- etc. Kosten für die Bezirksverwaltung und 
Polizei« mit inbegriffen sind. Sie betragen jährlich etwa 
30000—40000 Mk. 

2. Thierhygienisches Institut. 

Der Mangel besonderer einheimischer Institute, an welchen 
bakteriologische Untersuchungen zum Zwecke der Bekämpfung 
ansteckender wie ortseigener Thierkrankheiten vorgenommen 
werden können, hat sich im Laufe der letzten Jahre umso mehr 
fühlbar gemacht, als einzelne Thierseuchen in ungewöhnlich 
heftiger Weise auftraten und andere bisher in Baden gänzlich 
unbekannte Krankheiten ansteckender Natur neu eingeschleppt 
wurden (Schweineseuche, Schweinepest). 


Es wurde deshalb im Frühjahr 1893 in dem bakterio¬ 
logischen Institut der Lebensmittelprüfungsanstalt in 
Karlsruhe eine besondere thierhygienische Abtheilung ein¬ 
gerichtet und dieselbe mit einem in der Bakteriologie kundigen 
Thierarzt besetzt, dem ausser den Eingangs erwähnten Unter¬ 
suchungen die Abhaltung von Lehrkursen für Kandidaten der 
staatsthierärztlichen Prüfung in der Mikroskopie und Bakterio¬ 
logie übertragen wurde. 

Es hat sich jedoch bald gezeigt, dass die vorhandenen 
Räumlichkeiten für den Betrieb der neuen Einrichtung ungenügend 
waren und, da eine räumliche Erweiterung in der Lebensmittel¬ 
prüfungsanstalt nicht ermöglicht werden konnte, wurde unter 
Aufhebung der Anstalt in Karlsruhe eine dem Ministerium des 
Innern unterstehende besondere thierhygienische Ab¬ 
theilung an dem hygienischen Institut der Univer¬ 
sität Freiburg unter der Leitung des Direktors dieses 
Instituts errichtet. Zur Unterbringung derselben musste eine 
besondere Gebäulichkeit erstellt werden. Der Aufwand hier¬ 
für mit rund 21000 Mk. wurde aus Grundstocksmitteln der 
Universität unter der Voraussetzung bestritten, dass derselbe 
dem Grundstock nach und nach wieder ersetzt und bis dahm 
angemessen verzinst wird. 

Neben den Eingangs erwähnten Untersuchungen ist es die 
Aufgabe der neuen Anstalt, die Impfstoffe für die Schutz¬ 
impfungen gegen den Rauschbrand und gegen den Schweine¬ 
rothlauf, welche Impfstoffe bisher mit nicht unerheblichen Kosten 
aus dem Auslande bezogen werden mussten, herzustellen und 
erweiterte Fortbildungskurse für die Bezirksthierärzte und Thier¬ 
ärzte insbesondere auf dem Gebiete der in veterinärpolizeilicher 
Beziehung wichtigsten ansteckenden Thierkrankheiten abzuhalten. 

Zur Gewinnung einer geeigneten Persönlichkeit als Assistent 
an dem thierhygienischen Institut musste die etatmässige 
Anstellung vorbehaltlich ständischer Genehmigung zugesichert 
werden, weshalb eine etatmässige Stelle vorgesehen ist. 

Die Anforderung für das thierhygienische Institut setzt sich 
zusammen wie folgt: 

Gehalt und Wohnungsgeld . . 2560 Mk., 

Vergütung des Dieners . . . 700 „ 

Sachlicher Aufwand .... 1800 „ 

zusammen . 5060 Mk. 

im ordentlichen Etat. Hierzu kommt im ausserordentlichen 
Etat der der Universität Freiburg zu ersetzende Aufwand für die 
Erstellung des Gebäudes mit 21 867 Mk., wovon in der Budget¬ 
periode 1898/99 = 10000 Mark ersetzt werden sollen. 


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22 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


15. Januar. 


8. Untersuchungen zur Bekämpfung ansteckender Thier¬ 
krankhelten. 

Mit der Vornahme von Untersuchungen zur Bekämpfung 
ansteckender Thierkrankheiten hat sich, wie oben erwähnt, das 
thierhygienische Institut in Freiburg zu befassen. Neben dem 
durch die Thätigkeit dieses Instituts entstehenden ordentlichen 
Aufwand — vergl. oben — müssen aber dem Ministerium auch 
noch Mittel zur Vornahme von Untersuchungen grösseren Um¬ 
fangs ausserhalb des Rahmens der Thätigkeit des fraglichen 
Instituts, insbesondere zur Fortführung der begonnenen Ver¬ 
suche zur Bekämpfung der Hinschkrankheit und einiger anderer 
ortseigener Krankheiten des Schwarzwaldes und Odenwaldcs 
zur Verfügung stehen, wozu im ausserordentlichen Etat eine 
Summe von 5000 Mk. für die beiden Jahre der Budgetperiode 
vorgesehen ist. 

Die nicht unerheblichen Aufwendungen für das badische 
Veterinärwesen lassen erkennen, wie man der fortschreitenden 
Entwickelung des Letzteren die ihr gebührende Würdigung zu 
Theil werden lässt und die der Veterinärwissenschaft zukom¬ 
mende hohe Bedeutung für das öffentliche Wohl anerkennt. 

II. Förderung: der Thierzucht. 

1. Pferdezucht und Hufbesehlagschulen. 

Die staatliche Pflege der Pferdezucht erstreckt sich auf 
den Ankauf von Zuchthengsten, die Unterstützung der Zucht¬ 
hengst-Haltung, die Prämiirung von Zuchtstuten und die Er- 
theilung von Freideckscheinen, die Unterstützung der im Lande 
vorhandenen 8 Fohlenweiden, die Unterstützung der Einfuhr 
von Stutfohlen, die Förderung des Vereins- und Genossenschafts¬ 
wesens, sowie auf den Unterricht im Hufbeschlag. Zu letz¬ 
terem Zwecke werden 5 Hufbeschlagschulen unterhalten. Der 
im Voranschlag vorgesehene Aufwand für Pferdezuchtzwecke 
beziffert sich für die kommende Budgetperiode auf 1 17000 Mk. 
für das Jahr. Hiezu kommt noch die Anforderung für die Huf¬ 
beschlagschulen mit 13810 Mk. 

2. Rindviehzucht. 

a. Förderung der Rindviehzucht im Allgemeinen. 

Aus dieser Haupt-Position werden die Mittel für die staat¬ 
liche Prämiirung von Zuchtvieh, für Unterstützung von Zucht¬ 
genossenschaften und Jungviehweiden, für Unterstützung der 
Farrenhaltung, zu Prämiien für Abschaffung des *Doppeljoches 
u. s. w., sowie die Beihilfen zur Anschaffung besonders werth¬ 
voller Zuchtfarren in den in der Zucht vorgeschrittenen Bezirken 
und die Kosten der Entsendung eines thierärztlichen Sach¬ 
verständigen in das Simmenthal zur Unterstützung badischer 
Farrenankaufskommissionen geschöpft. 

Die bisherige Anforderung hiefür hat betragen ioooooMk. 

Für die neue Budgetperiode werden nebstdem noch 


weiter angefordert: 

1. Für die staatliche Prämiirung 1898 = 

15000 Mk., 1899 =.30000 Mk. 

2. Für die Unterstützung von Jungviehweiden 

jährlich. 5 000 ,, 

3. Beihilfen für Gaufarren- und Zuchtvieh¬ 
märkte jährlich. 5 000 „ 

Zusammen 1898 = 125000 Mk., 1899 = 140000 Mk. 


Zu den unter Ziffer 1, 2 und 3 verzeichneten Mehrforde¬ 
rungen ist zu bemerken: 

Zu Ziffer 1. Nach den für die staatliche Prämiirung von 
Rindvieh bis zum Jahre 1897 in Geltung gewesenen im gemein¬ 
samen Benehmen mit Vertretern der ehemaligen Centralstelle 
des landwirthschaftlichen Vereins und hervorragenden Züchtern 
festgesetzten Grundsätzen wurden ausschliesslich jüngere Zucht- 
thiere prämiirt, welche dem im betreffenden Bezirk vorzugs¬ 
weise gezüchteten Schlage angehörten und in Bezug auf den 
Bau und die äusseren Merkmale zu den vorzüglichsten Thiercn 
des Bezirks zu rechnen waren. 

Unter den zur Zucht aufgestellten Farren wurden I '/ 2 bis 
2 '/Jährige Thiere bevorzugt, ältere als 3jährige Thiere aber 
in der Regel ausgeschlossen. 


Die Prämien für Farren beliefen sich auf 75 Mk., 
100 Mk. und 150 Mk., die Prämienempfänger hatten sich 
durch einen Revers zu verpflichten, den Farren mindestens bis 
zum Ablauf des 4. Lebensjahres zur Zucht zu verwenden, wenn 
nicht ein Umstand, der thierärztlich festgestellt werden musste, 
die frühere Untauglichkeit des Farrens zur Zucht herbeiführen 
sollte. 

Für weibliche Zuchtthiere, welche nachweislich 
einmal oder das zweite Mal gekalbt und dabei im Alter nicht 
weiter vorgeschritten waren, als dass sie frisch abgezahnt hatten, 
und unter diesen vorzugsweise für solche, welche entweder 
frisch melkend oder wiederum greifbar trächtig waren, waren 
Prämien im Betrag von 50 Mk., 75 Mk., 100 Mk. und 
150 M k. ausgesetzt. 

Der Empfänger einer Prämie hatte sich durch einen Revers 
zu verpflichten, die prämiirte Kuh während der zwei folgenden 
Jahre zur Zucht zu verwenden und dem Vorstand des land¬ 
wirthschaftlichen Bezirksvereins oder dem Bezirksthierarzt, wenn 
derselbe sich an Ort und Stelle befand, auf Verlangen vor¬ 
zuführen. 

Ein Verkauf des prämiirten Thiercs oder die Ueberlieferung 
desselben an die Schlachtbank verpflichtete den Empfänger 
einer Prämie zur Rückzahlung derselben. Von der Rückzahlung 
der Prämie wurde Umgang genommen, wenn das Thier in den 
Besitz eines anderen inländischen Viehzüchters überging, der 
in die von dem ursprünglichen Besitzer übernommenen Ver¬ 
pflichtungen eintrat. 

Für Farren und Kühe, welche als zuchttauglich, nicht aber 
als prämiirungswürdig erkannt wurden, konnten Diplome, 
Bilderpreise, lobende Anerkennungen oder Weg¬ 
gelder im Betrage von 5 bis 10 Mk. nach dem Ermessen 
der Kommission zuerkannt werden. 

Die in den letzten 10 Jahren auf dem Gebiete der ein¬ 
heimischen Rindviehzucht erzielten Fortschritte werden haupt¬ 
sächlich den in Rede stehenden Prämiirungsmassnahmen zu¬ 
zuschreiben sein. Sie unterstützten das Streben der Viehzüchter 
zur Anschaffung und Haltung besserer Zuchtthiere und weckten 
ebenso das züchterische Verständniss, wie sie den züchterischen 
Blick schärften. 

Der dermalige Stand der badischen Rindviehzucht, sowie 
die in Folge der wachsenden Konkurrenz fremder Zuchtgebiete 
erforderlich gewordene nachhaltige Unterstützung züchterischer 
Unternehmungen, führte indess zur Prüfung der Frage, ob die 
Bestimmungen für die staatliche Prämiirung von Rindvieh nicht 
im Sinne einer den Interessen der Zucht noch mehr als bisher 
Rechnung tragenden Weise zu ändern, bezw. zu ergänzen seien. 

Nach den oben erwähnten Vorschriften verpflichtete sich 
der Empfänger einer Prämie für einen Farren, diesen bis zum 
Ablauf des vierten Jahres, und für eine Kuh, diese während 
der zwei folgenden Jahre zur Zucht zu verwenden. Eine ge¬ 
naue Controle hinsichtlich der Erfüllung der eingegangenen 
Verpflichtung fand aber nicht statt, denn die Bestimmung, dass 
der Prämienempfänger dem Vorstand des landwirthschaftlichen 
Bezirksvereins oder dem Bezirksthierarzt, wenn derselbe an Ort 
und Stelle sich befindet, das prämiirte Thier auf Verlangen 
vorzuführen hat, kann als eine solche kaum angesehen werden. 
Ebenso mangelte eine Controlbestimmung darüber, dass das 
prämiirte Thier, wenn es während der auf die Prämiirung fol¬ 
genden zwei Jahre im Lande blieb, auch mit Erfolg zur Zucht 
verwendet wurde. Streng genommen hatte danach die Prä¬ 
miirung bisher mehr eine Aneiferung des Viehhalters zur 
Beschaffung guter Zuchtthiere, als eine .Belohnung und An¬ 
erkennung der Leistung des Züchters bezweckt. Wenn hier¬ 
gegen insolange nichts zu erinnern war, als die Zahl und Be¬ 
schaffenheit der Zuchtthiere nicht eine gewisse Höhe erreicht 
hatten, so war andererseits, nachdem der gegentheilige Fall 
eingetreten, in Erwägung zu ziehen, ob nicht mit der Bewilligung 
der Prämie der Regel nach eine genauere Verlässigung hin¬ 
sichtlich einer züchterischen Leistung zu verbinden sei, als dies 
bisher Uebung war, denn vom Gesichtspunkt der Prämiirungs- 
veranstaltung aus betrachtet, sind Geldprämien, welche aus 
öffentlichen Mitteln stammen, für Zuchthiere, die aus irgend 


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No. 3 


23 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


einem Grunde hinterher für die inländische Zucht verloren 
gehen, sei es, dass sie ausser Landes verkauft werden, oder 
die Eigenschaft der Zuchtfähigkeit verlieren etc., unproductiv 
verausgabt worden. 

Der Leistung auf der einen Seite fehlt die Gegen¬ 
leistung auf der anderen. 

Eine Seitens des Ministeriums des Innern im Jahr 1895 
zusammenberufene Commission von Sachverständigen, welche 
über die Frage der Prämiirung gehört wurde, hat sich grund¬ 
sätzlich für eine Aenderung und Ergänzung der Prämiirungs- 
vorschriften im Sinne der obigen Ausführungen aus¬ 
gesprochen und es weiter für wünschenswerth bezeichnet, dass 
auch Kalbinnen prämiirt werden. 

Die Zulassung der Kalbinnen zur Prämiirung ist nach An¬ 
sicht der erwähnten Commission ein Mittel zur möglichsten 
Einschränkung des den Fortschritt der Zucht im eigenen Lande 
benachtheiligenden lebhaften Verkaufs des besten jungen weib¬ 
lichen Zuchtmaterials in das Ausland. 

In der Berathung wurde insbesondere auch darauf hin¬ 
gewiesen, dass Veräusserungen prämiirter Kühe häufig Vor¬ 
kommen, weil die Prämiirung an und für sich den Kaufpreis 
derselben erhöhe. Manche Viehbesitzer machten sich ein Ge¬ 
schäft daraus, alljährlich geeignete Kühe zur Prämiirung vor¬ 
zuführen, um sie mit der Prämiirungsmarke versehen, mit 
Vortheil verkaufen zu können. Diesem Misstand könnne ge¬ 
steuert werden, wenn die Ausfolgung der Prämie an den 
Nachweis einer Zuchtleistung geknüpft werde, welcher 
erforderlichenfalls gelegentlich der im folgenden Jahre statt¬ 
findenden Prämiirung durch Wiedervorführung der prämiirten 
Kühe mit den von ihnen stammenden Kälbern zu 
erbringen sei. Eine derartige Wiedervorführung der Thiere 
erhöhe, abgesehen von der erwünschten weiteren Controle hin¬ 
sichtlich ihrer Haltung, Ernährung und Pflege, den Werth der 
Prämiirungsveranstaltung als öffentliches Lehrmittel, erleichtere 
die Anstellung vergleichender Beobachtungen bezüglich des 
Standes der Zucht in dem betreffenden Bezirk und führe mehr 
als dies bisher der Fall war, zur Beibehaltung guter 
Zuchtthiere. In letzterer Beziehung wurde der beachtens- 
werthe Vorschlag gemacht, für eine Reihe von Jahren 
für ein und dasselbe Thier, insofern seine Zuchtfähigkeit 
erwiesen und den sonstigen Bedingungen entsprochen ist, 
mindestens die gleichhohe Prämie zu bewilligen. 

Nachdem sich auch der Landwirthschaftsrath in 
seiner Tagung vom Dezember 1896 für eine Aenderung der 
Prämiirungsbestimmungen nach der gedachten Richtung aus¬ 
gesprochen, wurden die nachstehenden Grundbestimmungen 
für die staatliche Prämiirung von Rindvieh erlassen 
und erstmals im Jahre 1897 zur Anwendung gebracht. 

A. Allgemeine Bestimmungen. 

Für zur Zucht aufgestellte Farren und ebensolche weibliche Thiere, 
welche dtr in dem betreffenden Bezirk eingeschlagenen Zuchtrichtung ent¬ 
sprechen und in Bezug auf den Bau und die äusseren Merkmale, sowie mit 
Rücksicht auf ihre Leistungsfähigkeit zu den vorzüglichsten Thieren des 
Bezirks zu rechnen sind, werden unter den folgenden Bedingungen Preise 
ausgesetzt: 

1. In Gegenden, in welchen gute einheimische Schläge (Wälder, Hinter¬ 
wälder) gehalten werden, sind Thiere des heimischen Schlages und, wo es 
durch die wirthschaftlichen Verhältnisse geboten erscheint , ausschliesslich 
zu prämiiren. 

2. Die Prämienempfänger haben sich durch einen Revers zu verpflichten, 
bei Vermeidung des Rückersatzes der Prämie, die prämiirten Farren mindestens 
bis zum Ablauf des vierten Lebensjahres und die prämiirten Kühe während 
der zwei folgenden Jahre zur Zucht zu verwenden. 

Von der Rückerhebung der Prämie wird Umgang genommen, wenn das 
Thier in den Besitz eines andern inländischen Viehzüchters übergeht, der in 
die von dem ursprünglichen Besitzer übernommenen Verpflichtungen eintritt 

Im Falle des Umstehens, der Nothschlachtung oder eingetretener Zucht¬ 
untauglichkeit kann der Prämienrückersatz seitens des Bezirksamts auf erfolgte 
echtzeitige Anzeige ganz oder theilweise erlassen werden, 


3. Ein und derselbe Besitzer soll in der gleichen Abtheilung nicht 
mehrere Preise zugleich erhalten. 

4. Für Thiere, welche als zuchttauglich, nicht aber als prämiirungs- 
würdig erkannt werden, können lobende Anerkennungen oder Weggelder im 
Betrage von 5—10 Mk. nach dem Ermessen der Prämiirungskommission zu¬ 
erkannt werden. 

5. Vieh aus Wirthschaften, in welchen dasselbe zur Erzeugung von 
Milch oder Molkereiproducten für den Handel oder zur Mästung aufgestellt 
ist, sowie Handelsvieh bleibt von der Prämiirung ausgeschlossen. 

B. Besondere Bestimmungen, 
a. Für Farren. 

6. Die Prämien für Farren werden auf 75, 100 und 150 Mk. festgesetzt. 
Unter den zur Zucht aufgeslellten Farren sind vorzugsweise I */*—3jährige 
Thiere zu berücksichtigen, für welche der Nachweis erbracht ist, dass sie 
die Tuberculinprobe bestanden haben. Farren, welche mehr als 6 Schaufeln 
haben oder rücksichtlich welcher der erwähnte Nachweis nicht geliefert 
werden kann, bleiben ausser Betracht. 

Unter sonst gleichen Verhältnissen erhalten die im Eigenthum der Ge¬ 
meinden befindlichen Farren den Vorzug. 

Die zur Prämiirung vorzuftlhrenden Farren müssen mit Nasenringen 
versehen sein. 

Den Bezirksämtern ist anheim gegeben, die Ueberweisung des Prämien¬ 
betrages oder eines Theils desselben seitens der Gemeinde an den Farren- 
halter zu untersagen. 

b. Für weibliche Thiere. 

7. Für Kühe, welche nicht mehr als dreimal gekalbt haben, und unter 
diesen vorzugsweise solche, welche frischmelkend oder greifbar trächtig sind, 
werden Preise von 30, 40 und 50 Mk. ausgesetzt. 

Die gleichen Preise können auch Kalbinnen zuerkannt werden, jedoch 
erfolgt die Auszahlung erst, wenn der Nachweis geliefert ist, dass die prämiirte 
Kalbin geboren hat. ; 

Die Annahme einer Prämie verpflichtet den Empfänger, das prämiirte 
Thier nur von einem gekörten Farren der gleichen Rasse decken zu lassen 
und dasselbe im folgenden Jahre der Prämiirungscommission zur Controle 
vorzuführen. Für die Wiedervorführung solcher Thiere kann die Musterungs¬ 
commission Weggelder bewilligen, insofern nicht die Bestimmung in Ziffer 8 
Platz greift. 

8. Einem und demselben Thiere kann innerhalb 3 Jahren nach erfolgter 
erstmaliger Prämiirung der gleiche Preis ein zweites und drittes Mal verliehen 
werden, wenn es in gut gehaltenem Zustand mit entsprechender Nachzucht 
vorgeführt wird. 

9. Die prämiirlen Thiere werden am linken Horn markirt 

10. Ort und Zeit der Abhaltung der Prämiirung in den einzelnen Amts¬ 
bezirken wird jeweils durch die Bezirksämter bekannt gemacht. 

Abgesehen von dem Nachweis der Zuchtleistung besteht 
die Neuerung des Verfahrens im Wesentlichen darin, dass dem 
Züchter angesonnen wird, die weiblichen Thiere statt nur ein 
Mal wie bisher, mindestens zwei Mal zur Prämiirung vor¬ 
zuführen, wofür ihm aber zwei bis drei Prämien in Aussicht 
stehen, deren Gesammtbetrag die bisher übliche Höhe der 
Prämie durchschnittlich übersteigt. 

Die Durchführung dieser, für die Rindvieh¬ 
zucht wichtigen Bestimmungen kann aber in dem 
erwünschten Umfange nur erfolgen, wenn eine 
beträchtliche Erhöhung der bisher für die Prä¬ 
miirung ausgeworfenen Mittel eintritt. 

Es ergiebt sich dies aus nachstehender Berechnung: 

In den Jahren 1890 bis 1894 wurden durchschnittlich im 
Jahre 330 Farren und 770 weibliche Thiere prämiirt und zwar 


Farren: I Kühe: 


mit 

200 Mk. . 

1 

Stück 

mit 

150 

Mk. . 

2 

Stück 

*1 

150 „ - 

12 

yy 

yy 

lOO 

yy 

. 36 

>» 

yy 

100 „ . 

. 66 

yy 

yy 

75 

yy 

. 150 

»> 

yy 

75 „ • 

. 25^ 

yy 

yy 

50 

yy 

. 58 2_ 

>» 

zusammen . 

• 330 

Stück 

zusammen . 

• 770 

Stück 


Es würden, dieselbe Zufuhr vorausgesetzt, künftig etwa 
zu verausgaben sein: 


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24 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


15. Januar. 


Für Farren: 

1 Preis zu 200 Mk. =. 

12 Preise „ je 150 „ = 

66 ,, 11 n 100 ,, = . 

251 >> **, ” 75 >» == . 

330 Preise im Betrage von . 

Für Kühe 

bei der erstmaligen Vorführung: 

580 Preise zu je 30 Mk. =.17400 Mk. 

15° *> » » 4° >» =. 

40 tt » » 5° >> —. 

770 Preise im Betrage von. 

bei der zweiten Vorführung nach Abzug von 20 ( 
vorgeführten Thiere: 

464 Preise zu je 30 Mk. =.13920 Mk. 

120 40 „ =. 


99 99 

32 n n i) 5° 11 = . 

616 Preise im Betrage von.20320 Mk. 

bei der dritten Vorführung nach Abzug von weiteren 20 '/j der 
erstmals vorgeführten Thiere: 

348 Preise zu je 30 Mk. = 10440 Mk. 

9° »> »» n 4° n —. 

24 „ » » 50 „ =. 


200 

Mk. 

I 800 

» 

6600 

99 

18825 

99 

. 27425 

Mk. 

. 17 400 

Mk. 

6000 

•9 

2000 

99 

. 25 400 

Mk. 

/„ der erstmals 

13 920 

Mk. 

4 800 

99 

I 600 

99 

. 20320 

Mk. 

eren 20 '/ u der 


IO 44 O 

Mk. 

3 600 

99 

I 200 

99 


462 Preise im Betrage von.15 240 Mk. 

Hiezu kommen die Weggelder mit jähr¬ 
lich etwa.6615 Mk. 

Im dritten Jahre nach dem Inkrafttreten des 
neuen Verfahrens beträgt der Gesammtaufwand somit 95000 Mk. 

Aus der bisherigen Bewilligung können jedoch 

für die Prämiirung höchstens.65 000 Mk. 

geschöpft werden, so dass für diesen Zweck . 30000 Mk. 


neu anzüfordern sind. Da indess die neuen Prämiirungs^ 
bestimmungen in vollem Umfang erst im Jahre 1899 wirksam 
werden, ist für 1898 eine Mehrforderung von rund 15 000 Mk. 
ausreichend. 


Zu Ziffer 2:.Eine allgemeine Unterstützung hat die 
Aufzucht des Jungviehs auf Weiden aus Staatsmitteln 
bisher nicht erfahren. Man beschränkte sich vielmehr darauf, 
den Unternehmern für auf der Weide gezüchtete und an 
badische Gemeinden zu Zuchtzwecken verkaufte Farren einen 
Weidezuschuss von 20 Mk., sowie für Kühe, welche als 
Kalbinnen eine Weide begangen hatten und bei der staatlichen 
Prämiirung von Rindvieh als prämiirungswürdig befunden wurden, 
eine Zuschlagsprämie von 50 Mk. zu bezahlen. 

Im Hinblick auf den Werth und die Bedeutung, welche 
dem Weidegang junger Thiere als einem der wichtigsten Mittel 
einer rationellen Aufzucht zukommt, ist jedoch eine weiter¬ 
gehende Unterstützung der Jungviehweiden, ähnlich wie sie den 
Fohlenweiden gewährt wird, geboten, da sie bisher wegen der 
Höhe der zu entrichtenden Weidetaxen nicht in dem wünschens- 
werthen Umfange benutzt wurden. 

Um in dieser Richtung aufzumuntern und den Viehbesitzern 
die Beschickung der Weiden durch Ermässigung der 
Weidetaxen zu erleichtern, hat nunmehr das Ministerium 
den Weideunternehmern, welche sich verpflichten, den Weide¬ 
betrieb der Aufsicht durch staatliche Sachverständige zu unter¬ 
stellen, etwaige hierbei sich ergebende Mängel der Betriebs¬ 
weise zu beseitigen und den Weidethieren neben dem Weid¬ 
gang und dem sonstigen Rauhfutter täglich mindestens ein Kilo 
Kraftfutter zu verabreichen, einen Betriebszuschuss 
von 20 Mk. für jeden Jungfarren und jedes weibliche Rind 
oder Kalbin, welche inländischen Züchtern gehören und während 
der üblichen Weidezeit die Weide mit Erfolg begangen haben, 
in Aussicht gestellt. 

Zur Bestreitung des hierdurch erwachsenen Mehraufwandes 
werden jährlich 5000 Mk. vorgesehen. 

Zu Ziffer 3: Die Beihilfen für die Gaufarrenmärkte 
wurden bisher aus den unter der Position »Gauunternehmungen« 


vorgesehenen Mitteln geschöpft. Einem Anträge des Landwirth- 
schaftsrathes entsprechend soll nun künftig auch eine Prämiirung 
der selbstgezüchteten Farren anlässlich der Zuchtviehmärkte 
stattfinden. Für solche Märkte wurden schon Beihilfen aus der 
erwähnten Budgetposition gewährt. Es erscheint aber richtiger, 
die Beihilfe für Gaufarren- und Zuchtviehmärkte 
unter der Position für Förderung der Rindviehzucht zu ver¬ 
rechnen, wesshalb 5000 Mk. zu besagtem Zwecke angefordert 
werden. 

b. Besondere Anforderungen bezüglich der Förde¬ 
rung der Rindviehzucht. 

Errichtung von Rinderstammzuchtstationen. 

Um die führende Stellung, welche die badische Rindvieh¬ 
zucht bisher eingenommen hat, und die aus derselben den Land- 
wirthen zufliessenden Vorteile zu sichern, sind besondere Mass¬ 
nahmen geboten. Es wurden desshalb aus den im letzten 
Budget bereits verwilligten Mitteln zwei Rinderstammzucht¬ 
stationen — und zwar je eine Zuchtstation für das Simmen- 
thaler- und Wäldervieh — errichtet zu dem Zweck, deren 
Zuchtproducte rationell aufzuzüchten und letztere den Gemeinden 
und Viehhaltern in zuchtreifem Alter als Stammzuchtthiere 
käuflich zu überlassen. 

Auf diese Weise soll erreicht werden, dass stets ein 
Stamm vorzüglich beschaffener Zuchtthiere im Lande vorhanden 
ist, durch deren Nachkommen der Bedarf namentlich von bestem 
männlichen Zuchtmaterial, welcher bisher aus dem Auslande 
bezogen werden musste, mit der Zeit im Lande selbst ge¬ 
deckt werden kann. Mit der Ueberwachung der Zuchtstationen 
ist der zuständige Bezirksthierarzt betraut. Aus den bereits 
bestehenden zwei Stationen werden erstmals im Jahre 1899 
Thiere zur Abgabe gelangen können. Es ist nun die Errichtung 
von zwei weiteren Zuchtstationen fürSimmenthaler 
Vieh, die in den Jahren 1898 und 1899 besetzt werden sollen, 
in Aussicht genommen. Zur Bestreitung der Kosten des An¬ 
kaufs und der Unterhaltung der Thiere werden neben den aus 
der letzten Budgetperiode noch zur Verfügung stehenden Mitteln 
weitere 50000 Mk. angefordert. 

Kosten der Farrenschau. 

Die durch die Mitwirkung der Bezirksthierärzte bei 
der Vornahme der Gemeindefarren-, Eber- und Bockschau 
und bei der Körung von Farren und Ebern erwachsenden Kosten 
wurden bisher schon auf die Staatskasse übernommen, während 
die Gebühren für die landwirthschaftlichen Mitglieder 
der Farrenschaucommission den Gemeindekassen bezw. den 
betr. Farren- (Eber)-Besitzern zur Last fielen. 

In Hinkunft sollen aber neben den durch die Mitwirkung der 
Bezirksthierärzte bei der Gemeindefarrenschau entstehenden Kosten 
an Tagegelden und Reiseauslagen auch die Gebühren und Reise¬ 
kosten der bürgerlichen Mitglieder der Farrenschaukommissionen 
von der Staatskasse getragen werden. Für den ersteren 
Zweck sind desshalb 10000 Mk., für den letzteren 12000 Mk. 
jährlich in den Voranschlag eingestellt. 

Beihilfen zur Errichtung von Farrenställen. 

Bedürftigen Gemeinden, welche die Selbstverpfle¬ 
gung der Gemeindefarren einführen und zu diesem Be- 
hufe Farrenställe errichten müssen, wurde bisher zur 
Bestreitung des hierdurch erwachsenden Aufwandes aus Staats¬ 
mitteln ein einmaliger bis zu 3O°/ 0 des wirklichen Aufwandes 
betragender Zuschuss geleistet. In Anbetracht des erfahrungs- 
gemäss günstigen Einflusses dieser Art der Farrenhaltung auf 
den Stand der Rindviehzucht in den betr. Gemeinden ist die 
Zweckmässigkeit einer derartigen Massnahme nicht zu verkennen. 
Da nun über die im Budget 1896 97 bewilligten 20000 Mk. 
zum grössten Theile verfügt ist, werden, um auch ferner in 
der Lage zu sein, durch Gewährung von Beihilfen der ge¬ 
dachten Art bedürftigeren Gemeinden die Einführung der Selbst¬ 
verpflegung der Farren zu ermöglichen, wiederum iooooMk. 
in Anforderung gebracht. 


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No. 3. 


DEUTSCHE THIERSE RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


25 


8. Förderung sonstiger Zweige der Thierzucht. 

Wie die Pferde- und Rindviehzucht erfreuen sich auch die 
sonstigen Zweige der Thierzucht — namentlich Schweine-, 
Ziegen- und Geflügelzucht etc. — einer kräftigen För¬ 
derung seitens der Grossh. Regierung. Die zu dem Zwecke 
vorgesehenen Mittel sind in der Position »sonstige Zweige des 
landwirthschaftlichen Betriebes«, wofür jährlich 53000 Mk. 
eingestellt sind, inbegriffen. 

Aus der obigen Darstellung geht hervor, dass im Gross¬ 
herzogthum Baden die Staatsfürsorge bestrebt ist, die landwirt¬ 
schaftliche Thierzucht, welche für Baden eine der haupt¬ 
sächlichsten Grundlagen der bäuerlichen Existenz bedeutet, in 
ganz hervorragendem Masse durch vielseitige pflegliche Mass¬ 
nahmen zu heben und zu fördern. 


Missbildung des Herzens. 

Von Amtsthierarzt Möbius, Lengcnfeld i. V. 

Gelegentlich der Untersuchung eines geschlachteten Kalbes 
fiel mir die dunkelblaurothe Farbe der Leber auf. Die Lunge 
war mit dunkelrothen, bis läppchengrossen Flecken besät und 
das Herz abnorm gross. Bei näherer Untersuchung der Leber, 
besonders der Schnittfläche, fand ich, dass die abnorme Farbe I 
durch eine stärkere Füllung der interlobulären, venösen Ge- 
fässe bedingt war, während die Leberläppchen selbst ihre ge¬ 
wöhnliche braune Farbe besassen. Ebenso wurden die dunkel¬ 
rothen Flecke der Lunge durch stark gefüllte, kleinste Gefässe 
verursacht, zum Theil auch durch Blutungen in einzelnen Läpp¬ 
chen. Aus diesem Befunde schloss ich in Anbetracht des hyper- 
trophirten Herzens auf einen Herzfehler und untersuchte das¬ 
selbe näher. Das Herz war breiter wie lang, die Spitze stark 
abgerundet und wog 575 g- Die Wandung der rechten Kammer 
war 12—16 mm, die der linken Kammer 22 — 28 mm stark. 
(Das Gewicht eines normalen Herzens eines gleichalten Kalbes 
beträgt ca. 300 g, die rechte Herzkammer ist 11 —13 mm und 
die linke Kammerwandung 15 — 18 mm stark). Aus diesen 
Massen ergiebt sich die enorme Hypertrophie, fast auf das 
Doppelte der normalen Verhältnisse. Die Vorkammern zeigten 
ausser einer grösseren Geräumigkeit keine Abnormitäten, nur 
war das Foramen ovale n< 5 ch durch den Zeigefinger leicht 
passirbar, bei einem 3 wöchentlichen Kalbe ist es sonst meist 
schon geschlossen. Die grösste Abweichung zeigte der 
Ursprung der Aorta. Dieselbe entsprang mit je 
einer fingerdicken Oeffnung sowohl aus der linken 
wie aus der rechten Kammer über dem freien Rand 
der Kammerscheidewand und war so stark, dass zwei 
Finger bequem passiren konnten. Der der Aortenöffnung gegen¬ 
überliegende freie Rand des Septum ventriculorum bildete einen 
fingerbreiten Muskelwulst. Die halbmondförmige Klappe der 
Aorta war so gelagert, dass bei ihrem Schluss der Rückfluss 
des Aortenblutes nach beiden Kammeröffnungen verhindert 
wurde. Die Pulmonalarteric, welche dicht neben der genannten 
Aortenöffnung in der rechten Kammer entsprang, war nur durch 
einen dünnen Bleistift passirbar, während bei einem normalen 
Herzen das Lumen der Pulmonalarterie grösser ist, als das der 
Aorta. Die Mitralis und Bicuspidalis functionirten nicht ge¬ 
nügend, ihre Ränder waren narbig verdickt und zeigten sub- 
endocardiale Blutungen. Die Musculatur war etwas blässer. 
Das Blut soll nach Angaben des Fleischers etwas dunkler wie ; 
gewöhnlich gewesen sein. 

Bei jeder Herzcontraction wurde demnach Blut sowohl 1 
aus der rechten wie aus der linken Kammer in die Aorta ge¬ 
trieben und war das Verhältniss nicht so, dass das rechte 
Kammerblut zuerst in die linke Kammer und dann in die Aorta 
gelangte, sondern es wurde gleichzeitig sowohl aus der 
rechten wie linken Kammer eine nach meiner Schätzung gleich 
grosse Blutmenge in die Aorta getrieben. Nur die geringe j 
Blutmenge, die in die dünne, rudimentäre Pulmonalarterie ge- i 
langte, nahm seinen Lauf durch die Lunge Es leuchtet somit , 
ein, dass dem Herzen nur wenig arterielles Blut zugeführt 
wurde, und es andererseits zu colossalen Stauungen im venösen j 


Gefassgebiet kommen musste, welche die oben genannten Ver¬ 
änderungen in der Leber und Lunge verursachten. . 

Der Besitzer des Kalbes theilte mir mit, dasselbe sei 
20 Tage alt, habe in den ersten Tagen stark »gerasselt«, 
d. h. Athembeschwerden gehabt, sei aber später munter ge¬ 
wesen. Auch der Fleischergeselle, welcher dasselbe von dem 
ca. 100 Schritt entfernten Besitzer getrieben hat, hat Athem¬ 
beschwerden wahrgenommen. Jedenfalls würde dieser Herz¬ 
fehler gelegentlich eines grösseren Sauerstoffbedarfs zum Tode 
des Thieres geführt haben. 

Referate. 

Verengerung der Vorhaut und zu kurzer Penis beim 

Pferde. 

Von Prof. N. Lanzillotti-Buonsanti. 

(La clinica veterinaria 1897 S. 506.) 

Bei einem Pferde war der Schlauch stark geschwollen, 

I vermehrt warm, schmerzhaft, die Harnentleerung geschah ohne 
Ausschachten. Die manuelle Untersuchung ergab massenhafte 
Ansammlung von stinkendem Smegma, theilweise Ulcerationen 
am inneren Blatte der Vorhaut, Abstossung brandiger Fetzen 
[ und Unmöglichkeit den Penis hervorzuziehen, sodass der Schluss 
gemacht werden musste, dass der Penis zu kurz war und 
desshalb der Harn nicht im Strahle, sondern in die Vorhaut 
entleert wurde, von wo er nach aussen abfloss. Das Präputium 
wurde in der Mittellinie gespalten, beide Vorhautblätter vernäht, 
sodass die Eichel des Penis im hinteren Wundwinkel lag. 
Nach dem Abheilen der Wunde wurde der Harn wieder im 
Strahl aus dem Spalt in der Vorhaut entleert. Frick. 

Verschiedene Mittheilungen. 

Eine embryologische Entdeckung. 

Aus W i e n kommt die sensationelle Kunde, der Lehrer 
der Entwicklungsgeschichte an der Wiener Universität, Prof. 
Dr. Schenk habe ein Verfahren gefunden, das ihm gestattete, 
»willkürlich bei Menschen und Thieren einen wirk¬ 
samen Einfluss darauf zu nehmen, dass das künf¬ 
tige Individuum dem männlichen oder dem weib¬ 
lichen Geschlechte angehöre«. Wie hinzugefügt wird, 
sei dieses Resultat durch Beeinflussung des Stoffwechsels 
ohne medicamentöse oder operative Eingriffe erreicht worden. 

1 Die Behauptung, dass eine sparsame Ernährung der Mutter 
die Production von männlichen Individuen begünstige, ist viel¬ 
fach statistisch zu beweisen versucht worden, eine positive 
Grundlage erhielt sie jedoch erst durch Versuche, die von 
Thierzüchtern in neuerer Zeit angestellt worden sind. So giebt 
I'iquet ein Verfahren an, das ihm bei Kühen in mehr als 
36 Fällen positive Resultate ergab und wodurch es ihm möglich 
sein soll, das Geschlecht des Kalbes vorher zu bestimmen. 
Er lässt das erste Rindern der Kuh unbenützt vorübergehen, 
so dass es nach drei Wochen wiederkehrt. In der Zwischen¬ 
zeit füttert er, wenn ein Stierkalb geworfen werden soll, die 
Kuh mit bestem Kraftfutter und lässt sie auf fettem Weide¬ 
land, während der Stier bei knapper Nahrung bleibt; dadurch 
ist nach drei Wochen die sexuelle Potenz der Kuh auf’s Höchste 
gestiegen, beim Stier macht sich das Gegentheil bemerkbar. 
Will der Züchter ein Kuhkalb erzielen, so schlägt er das ent¬ 
gegengesetzte Verfahren ein, er lässt die Kuh hungern und 
mästet den Stier. 

Es leuchtet ein, dass diese Versuche ziemlich roh sind 
und es bleibt abzuwarten, ob Prof. Schenk ein Mittel ge¬ 
funden hat, die Lehre des Experiments zu einer wissenschaft¬ 
lich begründeten und in ihrer Anwendung humanen Methode 
auszugestalten. 

Prof. Schenk äussert sich nun selbst über seine em¬ 
bryologische Entdeckung: »Ich arbeite seit mehr als zwanzig 
Jahren an dem Werke und in dieser Zeit habe ich nicht 
einen einzigen Misserfolg zu verzeichnen. Sowohl in 
meinem ehelichen Haushalte — meine sechs Buben, zwei sind 
leider gestorben, sind Beweise für die Richtigkeit meiner Ent- 


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26 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


15. Januar. 


deckung — als auch bei meinen Bekannten hatte ich Gelegen 
heit, die von mir aufgestellte Lehre zu berücksichtigen und 
hatte stets positive Ergebnisse erzielt. Namentlich die Beob¬ 
achtungen und Resultate aus den letzten Jahren waren so 
frappirend, dass ich mich hierdurch veranlasst sehe, die Sache 
endlich bekannt zu geben. Die Methode und die Principien 
meiner Entdeckung werde ich erst zu einem späteren Zeit¬ 
punkte, vielleicht nach den Sommerferien, publiciren, sobald 
ich das ganze mir zu Gebote stehende umfangreiche Material 
geordnet habe. Die Sache liegt nicht so ferne. Es haben 
vor mir auch schon Andere auf diesem Gebiet gearbeitet und 
ich schliesse mich nur diesen Anderen an. Selbstverständlich 
ist mein Werk in mancher Beziehung modificirt und dadurch 
schon von früheren Arbeiten anderer Autoren grundverschieden, 
da diese auf den Stoffwechsel beim Menschen keine Rück¬ 
sicht nahmen, was nach meinen Untersuchungen der wesent¬ 
lichste Theil an der Sache ist. Von diesbezüglichen 
Forschern sind die Resultate des Schweizer Gelehrten Thury 
am bekanntesten geworden. Seine Untersuchungen und deren 
Ergebnisse waren auf der Basis der Darwinschen Theorien 
aufgebaut. Hierbei zog er vor Allem das Alter der heirathen- 
den Paare in den Kreis seiner Erwägungen. Meine Lehre 
basirt, wie schon erwähnt, auf dem Stoffwechsel, auf der 
Aenderung der Ernährungsweise, die nicht auf beide Theile 
sich ausdehnen muss. Im Mutterleibe ist jedes Individuum zu¬ 
erst ein Zwitter. Dieser Zustand bleibt bei einigen Thier¬ 
arten erhalten, bei andern Arten, und zu diesen gehört auch 
der Mensch, tritt eine Aenderung ein in der Weise, dass ge¬ 
wisse Werkzeuge zur bestimmten Entwickelung gelangen, während 
die entgegengesetzten Werkzeuge sich zurückbilden. In diesem 
Zustande der Entwickelung greift mein System ein, um einen 
Einfluss zu Gunsten des einen oder des anderen Geschlechtes 
zu üben. Ich hoffe von meinem Systeme Vortheile für die 
Landwirtschaft, wo nach freier Entscheidung Zucht-, Nähr¬ 
und Arbeitsthiere in’s Leben gesetzt werden sollen und aus¬ 
nahmsweise Vortheile für die Menschheit, damit, wenn eih 
bestimmtes Geschlecht vorherrscht, eine Aenderung herbei¬ 
geführt werden könne, ein Geschlecht erstehen könne, welche^ 
erwünscht ist. Mehr kann ich heute noch nicht sagen. Die 
zahlreichen Thierversuche, die ich in meinem Laboratorium art 
Hunden, Meerschweinchen und Vögeln angestellt habe, sind 
unwiderleglich. Ich habe hierbei, wie bei Versuchen an 
Menschen selbstverständlich dasselbe Princip gewahrt und alle 
Experimente in den letzten Jahren haben mir die volle Ueber- 
zeugung von der Richtigkeit meiner Theorie verschafft. So 
viele Versuche, so viele Erfolge!« 

Die Entdeckung wird von wissenschaftlichen Autoritäten 
und in der Presse sehr skeptisch beurtheilt. 

Der Altmeister der Biologie, Rud. Virchow, äussert 
sich in folgender Weise: Herr Professor Schenk hat auf seinem 
wissenschaftlichen Wege so manche Opponenten gefunden, ich 
glaube, dass diese Opponenten auch diesmal nicht ausbleiben 
werden. Da das männliche Geschlecht stärker und grösser ist 
als das weibliche, so konnte man wohl auch annehmen, dass 
kräftige und gut genährte Frauen eher befähigt sind, Knaben 
zu gebären, als schwächliche und schlecht genährte Frauen. 
Aber das ist eben nur eine Annahme, für die uns die nähere 
Bestätigung fehlt, wie überhaupt alle bisherigen Versuche, das 
Geschlecht willkürlich zu bestimmen, mehr oder minder fehl¬ 
geschlagen sind. Um ein Urtheil über die Angaben des Pro¬ 
fessors Schenk zu ermöglichen, müsste man vor allererst 
wissen, wann er damit beginnt, seine Mittel anzuwenden, die 
einen Einfluss auf die Entstehung des Geschlechts nehmen 
sollen. Das Eine erscheint mir sicher, dass schon 
das weibliche Ei ganz bestimmte Geschlechtsan¬ 
lagen in sich birgt; ein Einfluss auf die Entstehung 
des Geschlechts müsste daher meiner Meinung nach 
schon in die Zeit der Entstehung des weiblichen 
Eies fallen. Dass durch diesen Umstand die ganze Frage 
nicht einfacher wird, liegt auf der Hand. Ich möchte die Mög¬ 
lichkeit nicht so ohne Weiteres von der Hand weisen, dass 
ein Einfluss auf die Entstehung des Geschlechtes zu nehmen 


ist, glaube aber auch nicht, dass es so leicht sein wird, dieses 
Problem zu lösen, und stehe daher den Mittheilungen des Herrn 
Professor Schenk sehr skeptisch gegenüber.« — Ebenso er¬ 
klärte Professor Dr. Hertwig, der Director des anatomisch¬ 
biologischen Instituts an der Berliner Universität, dass man alle 
Aeusserungen über die willkürliche Beeinflussung der gesclecht- 
lichen Entwicklung mit grösster Vorsicht aufnehmen müsse. 
An sich lasse sich die Möglichkeit einer Beeinflussung nicht 
vollständig zurückweisen, da unbedingt irgend ein Factor zu der 
Ausbildung des einen oder des anderen Geschlechtes beitragen 
muss ; ob aber die von Professor Schenk angewendete Methode 
thatsächlich erfolgreich sei, lasse sich für den Augenblick nicht 
beurtheilen, da eine genaue Prüfung noch nicht möglich ist. 
Uebrigens weist Professor Hertwig daraufhin, »dass es schon 
früher gelungen ist, bei niedrigen Thieren eine Beeinflussung 
der geschlechtlichen Entwicklung zu erzielen; ob dies insbe¬ 
sondere aber auch beim Menschen der Fall sein werde, müsse 
erst die Zukunft lehren.« — Professor Gusserow, der Director 
der geburtshilflichen Universitätsklinik in Berlin, äussert sich 
wie folgt: »Bei der Stellung, welche Professor Schenk in 
der wissenschaftlichen Welt einnimmt, ist nicht anzunehmen, 
dass er leichtsinniger Weise durch seine Mittheilungen die 
Welt in Aufregung versetzt. Alle bisherigen diesbezüglichen 
Versuche, so zum Beispiel bei Frauen mit engem Becken durch 
möglichst geringe Nahrungszufuhr kleine Kinder entstehen zu 
lassen, haben sich nicht bewährt Ich stehe der Mittheilung 
des Professor Schenk auch sehr skeptisch gegenüber, will aber 
nicht die Möglichkeit leugnen, dass es ihm thatsächlich ge¬ 
lungen, eine Methode zu finden, auf die Entstehung des Ge¬ 
schlechts einzuwirken. Man muss weitere Mittheilungen ab- 
warten, um ein definitives Urtheil zu fällen, jedenfalls wäre 
diese Entdeckung von aussergewohnlicher Wichtigkeit.» — 
Professor J. Munk, der Vorsteher des physiologischen Instituts 
an der thierärztlichen Hochschule in Berlin äussert sich dahin: 
»Es existiren schon sehr viele Angaben von Leuten der Wissen¬ 
schaft darüber, wie man sich zu verhalten habe, damit man 
einen Knaben oder ein Mädchen erzeugt. Keine dieser An¬ 
gaben haben der Prüfung Stand gehalten. Immerhin ist Pro¬ 
fessor Schenk ein Mann, von dem man ein ruhiges Urtheil 
erwarten darf, und der von ihm in Aussicht gestellten näheren 
Mittheilung ist daher mit allergrößtem Interesse entgegenzu¬ 
sehen, denn es würde sich um eine Entdeckung handeln, die 
von ausserordentlicher Bedeutung für die gesammte Menschheit 
ist. Die Sache ist jedenfalls nicht unmöglich und es ist nur 
zu wünschen, dass Professor Schenk baldmöglichst genaue 
Angaben macht.« Also abwarten ! 

Spratt’s Patent Actien-Gesellschaft, Rummelsburg-Berlin O., 
versendet als Neujahrsempfehlung an ihre Kunden einen eigen¬ 
artigen Kalender in zwölf zusammengehefteten Blättern, welche 
wohlgelungene Darstellungen der modernen Hundetypen zeigen 
und die Preise der zahlreichen von der Gesellschaft fabricirten 
Futtermittel, Medikamente und Gebrauchsartikel für Hunde und 
Geflügel verzeichnen. Der Kalender wird jedem Thierarzt auf 
Wunsch kostenfrei zugesandt. 


Hauptner's Neuheiten-Katalog. 

In einem geschmackvoll ausgestatteten und reich illustrirten 
Katalog hat die Firma Hauptner die seit dem Jahre 1896 
erschienenen neuen thierärztlichen Instrumente und Geräthe 
zusammengestellt und mit kurzen Erläuterungen der ihnen zu¬ 
gesprochenen Vorzüge versehen. Wir finden hier zum ersten 
Male den Apparat von Trapp zum Niederlegen grosser Thiere 
in seiner Anwendung illustrirt und mit 390 Mark notirt. Ferner 
die neueren Wurfzeuge, Maulöffner, Taschenbestecke, sterilisir- 
bare Injectionsspritzen, den Durit-Drainage und Irrigator-Schlauch 
als Ersatz für Gummischläuche, einen Thermocautcr »Heureka«, 
plastische Nachbildungen von Organen aus Papiermasse als 
Lehrmittel und Vieles andere. Ein neuer Gesammt-Katalog 
wird im Laufe dieses Jahres erscheinen und sämmtlichen Thier¬ 
ärzten der meisten Culturstaaten kostenfrei übersandt werden. 


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No. 3. 


DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


2; 


Vereinsnachrichten. 

Versammlung der beamteten Thierärzte des Regierungs¬ 
bezirks Cassel. 

Auf eine Einladung des Departements-Thierarztes Tietze 
versammelten sich am 19. Dezember er. im Hotel »zum Deutschen 
Kaiser« in Cassel die beamteten Thierärzte des Regierungs¬ 
bezirkes Cassel zu gemeinsamer Besprechung über wichtige 
veterinäre und sanitätspolizeiliche Fragen. 

Galt es auch, bei dieser Gelegenheit den Kreisthierarzt 
Linker in Fritzlar zu ehren, welcher am 7. Dezember v. J. 
sein sojähriges Berufsjubiläum in aller Stille begangen hatte. 

Erschienen waren ausserdem der Herr Regierungs¬ 
präsident Graf Clairon d’Haussonville und der Dezer¬ 
nent in der Präsidialabtheilung, Regierungsassessor vonGörschen. 

Die Verhandlungen leitete der Departementsthierarzt. Der¬ 
selbe begrüsste die Collegen und die Herren von der Regierung 
und dankte insbesondere dem Herrn Regierungspräsidenten für 
sein Erscheinen, welches Zeugniss gebe für das Interesse und 
das hohe Wohlwollen, welches derselbe uns und unsrer amt¬ 
lichen Thätigkeit jederzeit entgegenbringe. Er richtete sodann 
Worte des Dankes an den Herrn Dezernenten, der schon 
mehrere Jahre hindurch die veterinärpolizeilichen Angelegen¬ 
heiten bearbeitet und den Kreisthierärzten jederzeit in wohl¬ 
wollendster Weise entgegengekommen ist. Beide Herren ehrte 
die Versammlung durch Erheben von den Sitzen. 

Der Herr Regierungspräsident dankte für die Begrüssung 
und wandte sich sodann an den Jubilar Kreisthierarzt L i n k e r- 
Fritzlar. Er sprach dem Jubilar den Glückwunsch der Staats¬ 
regierung aus und dankte ihm für seine durch Pflichtreue, 
Eifer und Energie so fruchtbringend gewordene Thätigkeit als 
Thierarzt und Veterinärbeamter. 

Alsdann referirte Kreisthierarzt Kalteycr-Eschwege über 
die Wirksamkeit der im Regierungsbezirk Cassel 
derzeit gütigen landespolizeilichen Bestimmungen 
zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche. Man 
kann die Anordnungen in zwei Gruppen bringen, von denen 
die eine alle Anordnungen verschliesst, welche bezwecken sollen, 
die im Bezirk ausgebrochene Seuche auf ihren Herd zu 
localisiren; die andere Gruppe von Verfügungen will die 
seuchenfreien Kreise bezw. den ganzen Bezirk vor der Ein¬ 
schleppung schützen. Zu den Massregeln der ersten Art 
gehört die Untersagung der Märkte, das Verbot des Treibens 
von Vieh ausserhalb der Feldmark, das Verbot der Vieh¬ 
verladung auf Eisenbahnen, Beschränkungen des Weggebens 
der Milch, die Bildung von Sperrgebieten, die veterinärpolizei¬ 
liche Ueberwachung der Viehhändlerställe und Gastställe, Des- 
infection der Gastställe und Marktplätze, Einführungs-Controle 
der Listen für An- und Verkauf von Vieh für die Viehhändler, 
thierärztliche Untersuchung des sämmtlichen Hausirerviehs. Die 
Massregeln haben sich im Ganzen sämmtlich bewährt. Die zu¬ 
letzt genannte ist nur kurze Zeit aufrecht erhalten worden, 
weil sie zu grosse wirthschaftliche Nachtheile brachte, sogar 
den Viehhandel vollständig lahm zu legen drohte. Bezüglich 
der Revision der Viehbestände der Händler wünscht Referent 
eine nähere Präzision der Anordnung. Jeder Kreisthierarzt 
müsse amtlich ein Verzeichniss der grösseren Viehmärkte der 
Umgegend zugestcllt erhalten, um möglichst bald nach jedem 
Markt das Handelsvieh, welches von Märkten eingeführt wird, 
untersuchen zu können. Ferner müsste alle 14 Tage oder 
4 Wochen eine Revision vorgeschrieben sein. Auch empfehle 
es sich, die Kosten nach §. 24 d. Pr. Ausf.-Ges. v. 12./3 1881 
auf die Staatskasse zu übernehmen. Die Marktordnung vom 
16. 7. 1896 hat sich in allen Punkten bewährt. Die Ausstellung 
von Scheinen über die Seuchenfreiheit der Orte durch die 
Ortsvorsteher, welche die Viehhändler und Private beim Markt¬ 
auftrieb vorzuzeigen haben, erfülle nicht den beabsichtigten 
Zweck, denn wenn in einem Orte die Maul- und Klauenseuche 
verheimlicht wird, so weiss auch der Ortsvorsteher nichts von 
der Verseuchung des Ortes und stellt die Scheine anstandslos 
aus. Beachtenswerth, aber leider nicht streng durchgeführt ist 
die Vorschrift, dass der Kreisthierarzt über die Art der Auf¬ 


bewahrung und Abfuhr des Düngers in jedem Seuchenorte zu 
hören ist. 

Gegen die Einschleppung der Seuche in bis dahin seuche¬ 
freie Gebiete richten sich folgende Verfügungen: Anordnung 
der Untersuchung des zu Eisenbahn aus verseuchter Provenienz 
eingeführten Viehs. Diese Massregel ist ausserordentlich wichtig 
und wirksam. Die Verordnung müsste aber auch auf das zu 
Landweg eingeführte Vieh ausgedehnt werden, wenn sie vollen 
Ersatz bringen soll. Das Vieh könnte an der Grenze unter¬ 
sucht werden, um eventl. kranke Thiere sofort zu eliminiren. 
Eine gewisse Controle ist dabei gegeben durch die Führung 
der Listenbücher, welche die Händler den beamteten Thier¬ 
ärzten jederzeit vorzuzeigen haben. Sehr erheblich er¬ 
scheine die neueste Anordnung, dass die Kreisthier¬ 
ärzte alle ersten Fälle der Seuche in ihrem Kreise sofort den 
sämmtlichen beamteten Thierärzten der benachbarten preussischen 
oder nichtpreussischen Kreise, Bezirke etc. mit näheren An¬ 
gaben über den Weg der Einschleppung mitzutheilen haben. 

In der Diskussion nahm auch der Herr Regierungs-Präsident 
das Wort und betonte namentlich, dass zwar der Wunsch des 
Referenten nach Untersuchung auch des zu Landweg eingeführten 
Viehs durchaus gerechtfertigt sei, dass dieselbe grossen Erfolg 
verspreche, dass aber die Einführung an der Schwierigkeit der 
Controle scheitere. Um den beamteten Thierärzten, sowie den 
bei Bekämpfung der Thierseuchen betheiligten Behörden einen 
Gesammtblick über die erlassenen diesseitigen Verordnungen 
zu ermöglichen, würde die Herausgabe eines Compendiums 
zweckmässig sein. 

Der Herr Dezernent dankte den Kreisthierärzten für die 
Pflichttreue und die Intelligenz, mit der sie ihre Geschäfte erledi¬ 
gen, obgleich sie noch nicht der Vortheile anderer Beamten theil- 
haftig sind und ging auf einzelne Punkte des Vortrages näher 
ein, indem er den Standpunkt der Regierung zu gewissen 
Fragen darlegte. 

Ueber die G e f 1 üg e 1 c h o 1 e r a referirte Tietze-Cassel. 
Er besprach die Geschichte dieser Seuche, die Pathologie und 
Bakteriologie, die Infektiosität und das Impfverfahren und er¬ 
örterte dann die Einzelheiten der veterinärpolizeilichen Be¬ 
kämpfung der Krankheit. Die Massregeln werden bestehen 
müssen in dem Verbot des Treibens von Geflügel, Anordnung 
des Transportes in Käfigen, Vergraben der verendeten Geflügel¬ 
stücke, Abhaltung kranker und verdächtiger Thiere von öffent¬ 
lichen Flussläufen, Verbot des gemeinschaftlichen Hüteganges, 
Desinfection der Ställe, Observation des aus Russland und 
Galizien eingeführten Geflügels u. s. w. Auch legte Referent 
Werth darauf, dass bei Constatirung der Geflügelcholera die 
mikroskopische Untersuchung des Darminhaltes etc., eventl. die 
Impfung einer Taube vorgenommen werden müssten, da unter 
Geflügel auch Todesfälle (durch Vergiftung etc.) auftreten, 
welche in ihren Erscheinungen der Cholera nicht unähnlich sind. 

In der Discussion wies G r i m m e-Melsungen darauf hin, 
dass bei Gänsen die Aufnahme eines Kreuzblütlers, Erysimum 
crepitifolium, welcher auf Kalkboden wachse, eine der Geflügel¬ 
cholera sehr ähnliche Krankheit, die sog. »Gänsesterbe« her- 
vorrufe. 

Der dritte Punkt der Tagesordnung: Ueber die Schlacht¬ 
viehbeschau nach der Polizeiverordnung vom 1./7. 
1892 konnte nur kurz discutorisch behandelt werden, da der 
Referent leider durch Krankheit verhindert war. Man war der 
Ansicht, dass die Einrichtung der sogenannten Sachverständigen, 
das sind eine Art Oberfleischbeschauer, beseitigt werden müsse. 
Ferner wurde betont, dass die Dienstanweisung gesetzliche 
Kraft erlangen und dass die Schlachtviehbeschauer ein etwas 
umfangreicheres sachliches Wissen sich aneignen müssten. Be¬ 
züglich der Einführung von obligatorischen Unterrichtskursen 
für die Laienfleischbeschauer war eine Einigung nicht zu er¬ 
zielen. 

Nach der Sitzung vereinigte eine gemeinschaftliche Tafel 
die Collegen mit ihren Damen. Tietze-Cassel brachte während 
derselben dem Jubilar Linker-Fritzlar die Glückwünsche der 
beamteten Thierärzte dar und überbrachte im Namen derselben 
zum Andenken an den Ehrentag ein Bild, welches deutsche 


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28 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


15. Januar. 


Eichen im Sturm zum Vorwurf hatte. Stamm-Kirchhain toastete 
auf die Gemahlin des Jubilars und übergab ihr ein prachtvolles 
Gewinde von duftenden weissen Rosen. Für die Ueberraschungen 
dankte der Jubilar sichtlich gerührt. 

Der Departements-Thierarzt Tietze, als derzeitiger Vor¬ 
sitzender des neugebildetcn thierärztlichen Kränzchens in Cassel 
Hess es sich nicht nehmen, sämmtliche Anwesende nach dem 
»Hotel Reichskanzler« einzuladen, woselbst sich die Casseler 
Collegen mit ihren Damen eingefunden hatten und wo man in 
fröhlichster Unterhaltung beim Glase Bier den Abend verbrachte. | 

Bücheranzeigen und Kritiken. 

Fischoeder, F. Leitfaden der praktischen Fleisch- j 
beschau einschliesslich der Trichinenschau. Zweite 
neubearbeitete Auflage. Mit 42 in den Text gedruckten j 
Abbildungen. Berlin 1897. Verlag von Richard Schoetz. . 
Octavformat 240 Seiten. Preis gebunden 5 Mk. 

Als im Jahre 1895 die erste Auflage des vorliegenden Werkes erschien, 
fand dasselbe in der thierärzllichen Fachpresse eine allenthalben günstige 
Aufnahme und der schnelle Absatz, welchen innerhalb zweier Jahre das 
Buch erfahren hat, bestätigt besser als viele Worte die Brauchbarkeit des¬ 
selben. Zwar kam der Verbreitung des F i s c h o e d e r’schen Buches der 
günstige Umstand zu statten, dass in den letzten Jahren die allgemeine 
Fleischbeschau in verschiedenen grösseren Bezirken Deutschlands eingeführt 
wurde und zahlreiche empirische Fleischbeschauer ausgebildet werden mussten. 
Aber dieser Umstand könnte in Anbetracht dessen, dass an Hilfsbüchern 1 
für empirische Fleischbeschauer kein Mangel herrscht, den schnellen Absatz 
des Buches nicht hcrbeifiihern, wenn nicht der innere Werth des letzteren ihm 
empfehlend zur Seite gestanden hätte 

Die vorliegende 2. Auflage unterscheidet sich von der ersten vorlheil- 
haft durch die vorgenommenen Kürzungen, durch welche sich die Seiten¬ 
zahl des Buches trotz Neueinfügung der 34 Seiten umfassenden Trichiücn- 
schau, um 32 Seiten verringert hat. Auch die Zahl der Fremdwörter ist 
weiter eingeschränkt worden, was bei den Zwecken des Buches ebenso 1 
empfehlend wirkt, wie die entsprechende Verwendung verschiedenen Druckes, ‘ 
wodurch der Ueberblick über den Inhalt gewisser Kapitel und deren Ver- 
ständniss wesentlich erleichtert wird 

Auf Einzelheiten des Buches kann naturgemäss hier nicht eingegangen 
werden, und eine specielle Kritik ist bei den Zwecke», denen das Buch 
dienen soll, hier nicht am Platze. Jedenfalls aber ist das Buch allen Thier¬ 
ärzten, welche empirische Fleischbeschauer auszubilden oder zu beaufsich- > 
tigen haben, bestens zu empfehlen. Und auch der junge in die Fleisch- J 
beschau eintretende Thierarzt wird viele beachtenswerthe Winke in dem 
Fi s ch o e d er’schen Buche finden. Edelmann. 

Jahresbericht über die Verbreitung von Thierseuchen 
im Deutschen Reiche. Bearbeitet im Kaiserlichen 
Gesundheitsamte zu Berlin. Elfter Jahrgang. Das Jahr 
1896. Mit fünf Uebersichtskarten. Berlin. Verlag von 
Julius Springer. 1897. 

Der vorliegende Bericht ist auf derselben Grundlage und in der gleichen 
Weise bearbeitet, wie seine Vorgänger. Nach einer allgemeinen Uebersicht 
über die Gesammtergebnisse der Erhebungen bringt er Erörterungen über 
die Zahl und Verbreitung der Fälle der einzelnen übertragbaren Seuchen in 
den Staaten des Reiches und in auswärtigen Staaten. Für einige der letz¬ 
teren werden schon hier tabellarische Uebersichten des Standes der ver¬ 
schiedenen Seuchen in den einzelnen Monaten angereiht. Aus den Er¬ 
örterungen ersieht man, dass das Reich in dem Berichtsjahre von der Pocken¬ 
seuche der Schafe und der Rinderpest verschont geblieben ist.. Von den 
übrigen Seuchen weisen Milzbrand, Rauschbrand, Tollwulh, Lungenseuche 
und namentlich die Maul- und Klauenseuche eine Zunahme ihrer Ausbreitung 
gegenüber dem Vorjahr auf, während in dem Stande des Bläschenausschlages 
und der Pferde- und Schafräude keine wesentlichen Veränderungen ein¬ 
getreten sind und der Rotz sowohl hinsichtlich der Zahl der Verlustfälle als 
auch nach seiner räumlichen Ausbreitung abgenommen hat. Sehr interessant 
sind die bezüglich der Anlässe und Ermittelung der Seuchenausbrüche, der 
Incubationsdaucr, der Uebertragung auf den Menschen, der Impfungen u. s. w. 


bei den einzelnen Seuchen angeknüpften Bemerkungen und die Ergebnisse 
der neuen wissenschaftlichen Untersuchungen, welche hinzugefügt sind. Ueber 
das Auftreten von Schweinerothlauf und Schweineseuche sind nur aus Baden 
statistische Mittheilungen geliefert worden. — Hieran reiht sich eine Zu¬ 
sammenstellung der am 30. Juni 1897 in Deutschland in Kraft befindlichen 
Gesetze und allgemeinen Verwaltungsverordnungen veterinärpolizeilichen In¬ 
halts, sowie solcher, welche auf das Veterinärwesen überhaupt und auf die 
Thätigkeit der beamteten Thierärzte im Besonderen sich beziehen, deren 
Zuverlässigkeit in Folge einer Prüfung seitens der einzelnen Regierungen ver¬ 
bürgt ist, ferner eine Zusammenstellung von Gesetzen und wichtigeren Ver¬ 
waltungsverordnungen auf dem Gebiete der Veterinärpolizei in auswärtigen 
Staaten, soweit sie in der Zeit vom 1. Juli 1896 bis 30. Juni 1897 ' m Kaiser¬ 
lichen Gesundheitsamte bekannt geworden sind, und eine Uebersicht über 
die vom Auslande gegen Deutschland erlassenen Verbote und Beschränkungen 
der Ein- und Durchfuhr von lebendem Vieh und thierischen Bestandtheilen 
nach dem Stande vom 1. Oktober 1897. — Weitere Anlagen bringen nach 
Vorausschickung der Nachweisungen des Viehstandes in den Bundesstaaten 
und der Uebersicht über die Ein- und Ausfuhr von Vieh und thierischen 
Rohstoffen im Zollgebiet während des Jahres 1896 die genauen tabellarischen 
Nachweise des Auftretens der Thierseuchen in den einzelnen Verwaltungs¬ 
bezirken der Reichsländer sowie die Uebersicht der für polizeilich getödtete 
und für gefallene Thiere gewährten Entschädigungen, endlich fünf Karten 
über die Verbreitung der Tollwuth, des Rotzes, der Maul- und Klauenseuche, 
der Lungenseuche und der Schafräude, welche in der bekannten instructiven 
Weise hergestellt sind. 

Der Bericht ist mit musterhafter Sorgfalt und Gründlichkeit und mit 
bewährtem Geschick, wie wir wohl annehmen dürfen, von dem thierärztlichen 
Mitgliede des Gesundheitsamts, Geheimrath Röckl, abgefasst worden; er 
bietet allen Thierärzten, in erster Linie natürlich den beamteten, eine Quelle 
der reichsten Belehrung. Dr. Dam mann. 

Personal-Nachrichten. 

Auszeichnungen : Dem Rossarzt Duvinage in Berlin wurde die 
Erlaubniss zur Anlegung des goldenen Verdienstkreuzes des mecklenburgischen 
Hausordens der wendischen Krone ertheilt. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitzver¬ 
änderungen Und Niederlassungen : Schlachthofassistenzthierarzt B1 u d au 
in Graudenz wurde zum interimistischen Kreisthierarzt in Adelnau, Grenz- 
thierarzt Pfanz-Sponagel in Singen zum provisorischen Bezirksthierarzt in 
Schönau ernannt. Kreisthierarzt Roskowski wurde von Fraustadt nach 
Lissa versetzt. Schlachthofinspector Spangenberg in Remscheid unter 
Ernennung zum Director auf Lebenszeit mit Pensionsberechtigung, Thierarzt 
Schröder in Forst als Schlachthofdirector dortselbst angestellt. Verzogen 
sind die Thierärzte Männer von Donaueschingen nach Tübingen, Nolte 
von Lyck nach Schnackenbeck (Lauenburg), Metzger von Gengenbach 
j nach Karlsruhe, Post von Lasdehnen als Polizeithierarzt nach Berlin, Ahl- 
j bürg von Lamspringe nach Bockenem 

Thierarzt Häberle in Stuttgart kommt nicht als Gestütsthierarzt nach 
Marbach, sondern verbleibt in seiner Stellung als klinischer Assistent an der 
Thierärztlichen Hochschule. 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutschen 
Heeres: Osterwald, Unter-Rossarzt vom Drag.-Regt. No. 16, unter 
Versetzung zum Feld-Art.-Regt. No. 8, Menzel, Unter-Rossarzt vom Feld- 
Art.-Regt. No. 3, unter Versetzung zum Feld-Art.-Regt. No. 20, — zu Ross- 
ärzlen; Nöll, Matthiesen, Nakulski, Friese, Rund, Unter-Ross¬ 
ärzte der Landwehr 1. Aufgebots, Peinemann, Dick, Oehl, Pfeil, 
Himstedt, Glausen, B a s t i a n , E c k h a r d t, K o h 1 , R e i 1 , T h i e d e , 
Lipphardt, Marggraf, Fröhner, Boie, Walters, Aronsohn, 
Banniza, Bauer, Fischer, Goetze, Nolte, Rieger, Sohr, 
Voogd, Wetzmüller, Witt, Petersen, Unter-Rossärzte der Reserve, 
zu Rossärzten des Beurlaubtenstandes, — ernannt. Menge, Rossarzt vom 
2. Bad. Drag.-Regt. No. 21, auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhe¬ 
stand versetzt. 

Gestorben: Thierarzt Jos. Hackenjos in Mannheim, Thierarzt 
Hugo Käst in Hedemünden (Werra), Joh. Terlunen in Buer (Westfal.), 
Landstallmeister a. D. Graf W. v. Tattenbach in München. 


Verlag der G .-Seilschaft „Deutsche Thierärztliche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der Macklot’schen Druckerei in Karlsruhe i. B. 


09“ Mit einer Beilage von Ed. neuster, Mechaniker und Optiker in Berlin NW., Friedrichstrasse 94. 


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Deutsche 

Thierärztliche Wochenschrift 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regierungs- und Medicinalrath, 
Director der Thierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 


herausgegeben von 
Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregierungsratb 
in Baden Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regierungsrath und Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Freiburg i. B. 

redigirt von 

Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
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Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit directer 
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Sämmtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 
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SUttfhstAI* Jahrffflllff. Correcturen und Anzeigen an die Expedition der 
^ Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 

in Karlsruhe (Baden). 


M 4 . 


Ausgegeben am 22. Januar. 



Die locale Anästhesie in der Thierheilkunde. 

Von Frick-Hannover. 

(Vortrag gehalten auf der 69. Versammlung deutscher Naturforscher 
und Aerzte zu Braunschweig 1897). 

M. H.! Die Schmerzen bei operativen Eingriffen zu lindern 
bezw. zu beseitigen war seit jeher das Bestreben aller Chirurgen. 
Die Versuche, dieses Ziel zu erreichen, datiren daher bis in 
das graue Alterthum zurück. Merkwürdig hierbei ist die That- 
sache, dass stets darnach getrachtet worden ist, nur an dem 
Fleck, wo operirt werden sollte, Schmerzlosigkeit zu erzielen. 
Die locale Anästhesie, Localnarkose, die Erzeugung örtlicher 
Unempfindlichkeit ist also älter als unsere so vielverbreitete 
Allgemeinnarkose. 

Wenn auch die Beseitigung der Schmerzen gelegentlich 
operativer Eingriffe in erster Linie des Patienten wegen ange¬ 
strebt wurde, so waren doch auch die Vortheile, welche dem 
Operateur daraus erwuchsen, ganz bedeutende. Die Operation 
konnte mit Ruhe und Sorgfalt ausgeführt werden ohne Rücksicht 
auf Operationsdauer, die bei vollem Empfinden von Seiten des 
Patienten schon der Schmerzen wegen möglichst abgekürzt 
werden musste. Der Zufall hat auch hier seine Rolle gespielt 
insofern, als die ersten allgemeinen Narkotica bei Gelegenheit 
chemischer Experimente entdeckt wurden. Erst als dieser 
Zufall gezeigt hatte, dass das Ziel, Schmerzen bei der Operation 
zu vermeiden, auch auf anderem Wege als bisher erreicht 
werden konnte, war das Princip der Allgemeinnarkose gegeben. 
Auf diesem Wege haben sich bis in die Jetztzeit alle Mittel 
bewegt, welche als Narkotica bei Operationen Verwendung 
gefunden haben. 

Ausser dem Aether, der vor Entdeckung des Chloroforms 
als allgemeines Anästheticum fast ausschliesslich benützt wurde, 
hat sich das Chloroform am meisten Geltung und Verbreitung 
verschafft. Dasselbe wird trotz der Nachtheile, die ihm un¬ 
streitig anhaften, zur Zeit immer noch für das beste Narkoticum 
gehalten. Indess haben sich in der Neuzeit die Todesfälle 
beim Menschen, welche dem Chloroform als solchem zur Last 
gelegt werden müssen, ganz bedeutend vermehrt durch den 
Umstand, dass die angeregten statistischen Erhebungen gezeigt 
haben, dass mehr Todesfälle durch Chloroform Vorkommen, 
als angenommen wurde. Diese Thatsache war zunächst die 
Veranlassung, dass man durch reinere Präparate, sorgfältiges 
Beobachten bei der Narkose und schliesslich durch Verwendung 
anderer Mittel (Chloralhydrat, Stickoxydul, Bromaethyl, Pental, 
Aethylencblorid u. s. w.) versuchte die ungünstigen Resultate 


der Chloroformnarkose zu vermeiden. Allein keines dieser 
Mittel, selbst die Aether-Chloroform-Alkohol-, Benzin-Aether- 
Chloroform-Mischungen u. s. w. waren nicht im Stande die 
Resultate zu verbessern. In wieweit die von Schleich auf 
einen gewissen Siedepunkt eingestellten Gemische von Aether, 
Chloroform, Petroleumäther hieran etwas ändern werden, 
bleibt vor der Hand abzuwarten. Das Chloroform ist daher 
nach wie vor im Gebrauch und wird wohl seinen Platz trotz 
der Gefahren, welche mit seiner Anwendung verknüpft sind, 
noch lange Zeit für gewisse Fälle behaupten. 

Eine Bresche in die Alleinherrschaft der allgemeinen 
Narkose wurde zuerst durch die Entdeckung des Cocains 
gelegt, welches von Koller in die Augenheilkunde eingeführt 
wurde. Die Frage der localen Anästhesie war mit dem Cocain 
aufs Neue angeregt und sofort wurden Versuche gemacht, 
dieselbe zu verwerthen, um die Gefahren der Allgemeinnarkose 
zu umgehen. Ohne Frage ist das Cocain im Stande bei ge¬ 
eigneter Anwendung und am passenden Orte locale Anästhesie 
zu erzeugen, allein seine Anwendung war doch immer auf 
Schleimhäute beschränkt. Wollte man an der Haut das Cocain 
anwenden, oder in den Geweben selbst, so müsste nothwendig 
eine Injection vermittelst der Pravaz’schen Spritze erfolgen 
und darin lag wiederum eine Gefahr. Schon an Schleimhäuten 
hatte man bemerkt, dass eine Resorption des Cocains statt¬ 
fand und dass dies bei der Verwendung grösserer Mengen des 
Mittels und bei der benutzten Concentration (20 0 /o) zu Cocain- 
Vergiftungen führte. Die Hoffnungen, welche an das Cocain 
geknüpft worden waren, waren damit zum grossen Theile in 
Nichts zerronnen, und die Allgemeinnarkose trat wieder in ihre 
alte Stelle. Damit war aber die Frage der Localanästhesie 
keineswegs zu Grabe getragen und Schleich gebührt unstreitig 
das Verdienst, derselben die entsprechende Geltung verschafft 
zu haben durch eine Methode, welche die Allgemeinnarkose 
vielfach ersetzen kann und auch für die Thierheilkunde werth¬ 
voll ist. 

Schon vor Erfindung der Schleich’schen Methode hat 
man locale Anästhesie durch den Aetherspray, also durch Ge¬ 
frierenlassen des betr. Körpertheiles erzeugt, oder dadurch, 
dass man starke Cocainlösung an die sensiblen Nerven brachte, 
also durch chemische Einwirkung auf die Nervensubstanz 
örtliche Unempfindlichkeit geschaffen, allein diese Methoden 
haben unangenehme Nebenwirkungen, so dass sie sich einer 
ausgedehnten Anwendung nicht erfreut haben. Das Wesen der 
Schleie h’schen localen Anästhesie besteht in einer rein 
mechanischen Wirkung auf die sensiblen Nervenfasern und hat 
dadurch den Vortheil der Unschädlichkeit, da irgend welche 


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30 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


22. Januar 


Giftwirkungen ausgeschlossen sind. Deshalb ist die Schleich- 
sche Methode zur Zeit als die beste zu betrachten und diejenige, 
welche auch in der Thierheilkunde brauchbar und durchführ¬ 
bar ist. 

Das Verfahren von Schleich besteht darin, dass er in 
den unempfindlich zu machenden Körpertheilen ein künstliches 
Oedem schafft und durch den rein mechanischen Druck, den 
dasselbe auf die sensiblen Nervenfasern ausübt, die Function 
der Letzteren aufhebt. Er benutzt hierzu eine sterilisirte 


Lösung von 

Coca'inum hydrochloricum 0,2 

Natrium chloratum 0,2 

Morphium hydrochloricum 0,025 

Aqua destillata 100,0 


Acidum carbolicum liquefactum gtt. No. IV—V. 

Schleich hat für den Fall, dass im gegebenen Falle 
mehr als 100 g der Lösung gebraucht werden, die Menge 
des Cocains und Morphiums reduzirt auf 0,02 bezw. 0,01 g, 
ohne dass dadurch die Wirkung der Lösung eine Abschwächung 
erfährt, und so Cocain-Vergiftung immöglich gemacht. Er hat 
die obige Zusammensetzung nach vielen Versuchen als diejenige 
herausgefunden, welche für das Gewebe indifferent ist und 
überdies bei der Application selbst am wenigsten schmerzt. 

Dass der Zusatz der Chemikalien lediglich aus den beiden 
letzteren Gründen erfolgt ist, ergiebt sich aus der von Röder 
festgestellten Thatsache, dass auch sterilisirtes Aqua destillata, 
in der von Schleich angegebenen Weise applicirt, örtliche 
Anästhesie erzeugt. Die Anästhesie nach Schleich beruht 
also auf der rein mechanischen Wirkung des Oedems. 

Genauer auf die Einzelheiten einzugehen, will ich hier 
unterlassen und empfehle zum Studium der Frage: Schleich, 
Schmerzlose Operationen; bezüglich der Technik .mag 
hier kurz Folgendes ausgeführt und im Uebrigen auf obiges 
Buch verwiesen werden. 

Nach sorgfältiger Desinfection des Operationsfeldes^ wird 
ein kleiner Fleck in der Grösse einer Erbse durch Aufsprühen 
von Aether oder Aethylchlorid, (bei Schleimhäuten kann hierzu 
ein Krystall von Cocain oder ein Tropfen reiner Carbolsäure 
an einem Sondenknopf benutzt werden), gefühllos gemacht. 
An dieser Stelle wird die Nadel der Pravaz’schen Spritze bis 
in das rete Malpighi der Haut bezw. in die Submucosa einge¬ 
stochen und von der obigen Lösung soviel injicirt, dass eine 
Quaddel entsteht, welche sofort anästhetisch ist und von der 
aus auf dieselbe Weise eine neue Quaddel in der Nachbar¬ 
schaft der alten erzeugt wird. Auf diese Art lassen sich 
grosse Bezirke der Haut und Schleimhäute bequem gefühllos 
machen, sodass man ohne Reaction von Seiten des Patienten 
innerhalb des ödemisirten Feldes die Haut oder Schleimhaut 
durchtrennen kann. Tiefer gelegene Theile (Subcutis, Muskeln, 
Sehnen, Nerven, Periost) lassen sich durch Injection der ange¬ 
führten Mischung leicht ödematös und damit gefühllos machen, 
sodass man ruhig einschneiden kann und der Patient dabei bei 
voller Besinnung bleibt. Nur die ödematösen Theile sind ge¬ 
fühllos, im Uebrigen ist die Sensibilität erhalten und daher ist 
es erklärlich, dass man praktischerweise einen grösseren Bezirk 
infiltrirt, als eigentlich erkrankt ist, um ev. im Gesunden ope- 
riren zu können, ohne dass der Patient etwas fühlt. 

Nur in seltenen Fällen haben wir bei unseren Hausthieren 
nöthig, die Einstichstelle für die Nadel der Pravaz’schen Spritze 
vorher gefühllos zu machen, da unsere Hausthiere diesen 
Einstich auch meist so ertragen. Ferner habe ich gefunden, 
dass es nicht nöthig und daher eine Erleichterung für den 
Operateur ist, die oben beschriebenen Quaddeln in der Haut 
zu erzeugen. Ich habe bei Hunden stets die Injection sofort 
in die Subcutis gemacht, also von vornherein die Subcutis 
ödemisirt und mich davon überzeugt, dass die Haut dadurch 
hinreichend anästhetisirt wird, um an derselben schneiden, 
brennen u. s. w. zu können, ohne dass die Hunde reagirt 
hätten. Die Infiltration der tiefer gelegenen Schichten des 
Operationsfeldes erfolgt wie oben angegeben, nur liegt in der 
Ausführung bei den einzelnen Geweben insofern ein Unter¬ 
schied, als dieselbe um so mehr Schwierigkeiten bereitet, je 


straffer das Gewebe ist. Die Subcutis sowie lockeres Binde¬ 
gewebe injiciren sich sehr leicht, dagegen muss in Muskeln, in 
der Nähe der Knochen und Sehnen unter sehr kräftigem Drucke 
injicirt werden, um die Interstitien zu füllen. Sind nun gar die 
Interstitien durch Zellen verlegt, wie dies bei der Entzündung 
der Fall ist, dann stösst die Injection auf Schwierigkeiten, sie 
gelingt dann nur unter sehr kräftigem Druck. Da unsere Haus¬ 
thiere, zumal das Pferd, ein wesentlich strafferes Gefüge ihrer 
Gewebe besitzen als der Mensch, so wird klar, dass die Ver¬ 
bindung zwischen Spritze und Nadel eine gute sein muss, wenn 
dieselbe nicht bei dem kräftigen Druck aufgehoben werden 
soll. Ich habe mich hiervon bei Hunden und an entzündeten 
Geweben häufig überzeugen können. 

Die Dauer der Anästhesie ist in Anbetracht der Thatsache, 
dass ein Abfliessen der injicirten Flüssigkeit an den Wund¬ 
flächen, sowie eine Resorption derselben erfolgt und dadurch 
das künstliche Oedem verschwindet, eine beschränkte. Immer¬ 
hin hält die Empfindungslosigkeit 15—20 Minuten an und die 
Dauer kann im Bedarfsfälle jederzeit durch erneute Injection 
verlängert werden. 

Die Intensität der örtlichen Narkose ist an allen Geweben 
die gleiche, jedoch findet man zuweilen, dass dieselbe an ent¬ 
zündeten Geweben nicht so stark ist, wie an normalen. Diese 
Thatsache findet offenbar ihre Erklärung in den bereits oben 
gemachten Angaben, dass nämlich die in den Interstitien ent¬ 
zündeter Gewebe befindlichen Rundzellen der andringenden In- 
jectionsflüssigkeit nur schwer weichen und so das Oedem nicht 
zur vollen Ausbildung kommt. 

Auf einen Umstand muss man bei Anwendung der localen 
Anästhesie nach Schleich gefasst sein, dass nämlich das Aus¬ 
sehen der infiltrirten Gewebe ein anderes ist, als man sonst 
bei operativen Eingriffen zu sehen gewöhnt ist. Dieselben 
sehen alle glasiger aus und haben feuchtere Beschaffenheit als 
normal. Ebenso verschieben sich die topographisen Verhält¬ 
nisse etwas. Die Haut ist dicker, die Subcutis viel umfang¬ 
reicher, die Interstitien sind breiter u. s. w. Auf diese Weise 
findet man an der Operationsstelle Gefässe und Nerven meist 
in viel grösserer Tiefe unter der Haut als sonst. Auch eine 
seitliche Verschiebung der genannten Theile kommt durch die 
stark ödematösen Bindegewebszüge zu Stande. Diesen That- 
sachen muss man bei der Orientirung im gegebenen Falle 
Rechnung tragen, um nicht fehl zu greifen. Andererseits liegt 
aber auch in der ödematösen Beschaffenheit ein Vortheil für 
den Operateur, der ausserordentlich werthvoll ist. Es treten 
nämlich in Folge der Compression der Capillaren, die grösseren 
Gefässe auf dem glasigen Untergründe deutlicher hervor. Da¬ 
durch sind erstens die parenchymatösen Blutungen gering und 
zweitens ist die Möglichkeit gegeben, Gefässe zu unterbinden, 
ehe man sie durchschnitten hat. 

Für die thierärztliche Chirurgie erwachsen aus der localen 
Anästhesie nach Schleich ganz besondere Vortheile noch 
dadurch, dass kleinere operative Eingriffe, wegen deren die 
Pferde gelegt werden mussten, da ihre Ausführung sonst wegen 
der Widersetzlichkeit unmöglich bezw. mit Schwierigkeiten ver¬ 
knüpft war, im Stehen ausgeführt werden können. Was es 
heisst, das Niederlegen eines Pferdes vermeiden zu können, 
und welche Gefahren mit Letzterem verbunden sind, das dürfte 
jedem Praktiker bekannt sein. Aber auch grössere Operationen, 
die nur im Liegen ausführbar sind und bei denen wegen des 
Widerstandes von Seiten des Patienten ein ruhiges und sicheres 
Operiren nur unter Allgemeinnarkose möglich war, lassen sich 
mit Hülfe der Schleich’schen Localnarkose schmerzlos ge¬ 
stalten. Schliesslich darf nicht vergessen werden, dass bei 
Anwendung von Schleich’s Methode eine sachverständige 
Assistenz, wie sie bei der Allgemeinnarkose unerlässlich ist, 
nicht erforderlich ist. Für Nothfälle, die in der Thierheilkunde 
nicht selten sind, liegt darin ein gewaltiger Vortheil. Dass end¬ 
lich die Kosten der Schleich’schen Anästhesie bedeutend 
geringer sind, als die für Chloroform, dürfte leicht auszurechnen 
und unter Umständen auch zu beachten sein. 

Alles in Allem ist die Schleich’sche Localanästhesie 
wegen ihrer bequemen Handhabung, geringen Kosten, Zuver- 


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No. 4. 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


3 * 


lässigkeit und vieler anderer Punkte für die Thierheilkunde 
sehr brauchbar und es dürfte nur noch zu erwägen sein, ob 
die Praxis diese Vorzüge der Methode bestätigt hat. Und 
auch das ist der Fall. 

In der thierärztlichen Literatur sind schon vielfach Fälle 
verzeichnet, in denen operative Eingriffe unter Schleich’scher 
Localnarkose ausgeführt worden sind und zwar zur vollen 
Zufriedenheit der Operateure. Allein den Zweiflern genügen 
derartige Einzelangaben in der Literatur nicht, sie werden von 
denselben meist als Ausnahmefälle betrachtet. Ich habe seit 
Jahresfrist systematisch die Methode angewendet und kann die 
Erfolge nur loben. Bei Hunden habe ich zahlreiche Operationen 
an den empfindlichsten Körpertheilen (Nase, Lippen, Zehen 
u. s. w.) ausgeführt, ohne dass die Patienten irgend welches 
Narkoticum bekommen hätten, nur an der Operationsstelle 
wurde die Schleie h’sche Lösung angewendet und stets hielten 
die Hunde still. Es wurden Stücke Haut excidirt, dieselbe 
bis in die Cutis hinein flächenhaft abgetragen, mit dem Pa- 
quelin gebrannt, Entropiumoperation ausgeführt, Zehen amputirt, 
Schwänze abgetragen, Tumoren excidirt, stets ohne Reaction 
von Seiten des Patienten. Bei einer Foxterrierhündin, die über¬ 
fahren war, wurde die linke Vordergliedmasse dicht unter dem 
Schultergelenk amputirt, und immer war der Erfolg derselbe, 
d. h. die Operation konnte ausgeführt werden, als wenn die 
Hunde in der besten Allgemeinnarkose lagen. 

Auch bei Pferden habe ich in gleicher Weise unter 
Sc hl ei ch’scher Localnarkose operirt und auch die Pferde 
haben stillgestanden, so dass nicht einmal ein Niederlegen der¬ 
selben erforderlich war. Dass Herr Prof. Dr. Malkmus die 
Brostbeulen beim Pferde im Stehen unter Schlei ch’scher 
Anästhesie exstirpirt, mag hier nur kurz erwähnt werden, da 
im Uebrigen die Erfahrungen über die Anwendbarkeit der 
Methode beim Pferde im Spital der hiesigen Hochschule von 
anderer Seite mitgetheilt werden dürften. 

Wenn wir Alles überblicken, so müssen wir gestehen, 
dass die Schleie h’sche Localnarkose in der Thierheilkunde 
mehr Beachtung verdient als bisher geschehen. So manche 
Operation, welche wegen Widersetzlichkeit des Patienten, oder 
aus Furcht vor den Zufällen beim Niederlegen unterbleibt, wird 
sich dann leicht gestalten und daher ausgeführt werden. Auch 
jene üblen Zufälle (Brüche der Wirbel, Rippen, Becken u. s. w.), 
die gerade bei geringfügigen Operationen so häufig den Erfolg 
illusorisch machen, werden fortfallen, da unter der Localnarkose 
das Niederlegen fortfällt. 

In der sich anschliessenden Discussion wurde noch Fol¬ 
gendes hervorgehoben: 

Rossarzt Bernhard Pötting-Braunschweig: Die vom Herrn 
Vorredner empfohlene und beschriebene Methode habe ich bei 
Herrn Prof. Eber an der Berliner Thierärztl. Hochschule kennen¬ 
gelernt und einige Male in meiner Praxis bei Hunden und 
Pferden angewandt. Erst kürzlich entfernte ich unter An¬ 
wendung der Schleich’schen Lösung eine kindskopfgrosse 
Brustbeule am stehenden Pferde. Die Operation gelang in 
diesem, wie auch in anderen Fällen so gut, dass ich in ähn¬ 
lichen Fällen stets wieder zu der Methode greifen werde. Die 
Exstirpation eines Augapfels dahingegen ist mir unter An¬ 
wendung von Cocain am stehenden Pferde nicht ganz gelungen. 
Das Thier liess sich die Durchschneidung der Conjunctiva und 
der Muskeln ruhig gefallen, äusserte jedoch in der Umgebung 
des Sehnerven solche Schmerzen, dass ich gezwungen war, 
das Thier zu werfen. Wahrscheinlich war ich mit der Spritze 
nicht weit genug vorgedrungen. 

Bezirksthierarzt Imminger-Donauwörth: Bereits in einer 
früheren Publication habe ich darauf hingewiesen, dass Cocain 
beim Rinde in das Auge gebracht, fast keine Wirkung her¬ 
vorbringt, weshalb es sich empfiehlt, bei Rindern die Chloro¬ 
formnarkose anzuwenden, zumal selbige in kürzester Zeit bei 
ganz geringfügigem Chloroformverbrauche eintritt. 

Bei der Narkose mit Chloroform habe ich beim Schweine 
die unangenehmsten Erfahrungen gemacht, indem das Chloro¬ 
form von diesen Thieren nicht gut ertragen wird, dagegen bei 
Aethernarkose keine unangenehmen Nebenumstände zu beob¬ 


achten sind. Die Narkose tritt mit Aether sehr rasch ein und 
ist von ziemlicher nachhaltiger Dauer. 

Dr. A. Eber-Dresden: Bei Rindern, namentlich Kalbinnen 
und Jungstieren, empfiehlt sich, von dem Chloroform ausgiebigen 
Gebrauch zu machen, da nur verhältnissmässig geringe Mengen 
erforderlich sind. Man beginnt zweckmässig damit, dem be¬ 
treffenden Thiere bereits im Stehen das Chloroform zum Ein- 
athmen vorzuhalten. Dieselben legen sich meist bald nieder 
und können ohne grosse Mühe gefesselt werden. 

Prof. Dr. Baum-Dresden macht darauf aufmerksam, dass 
die Wirkung des Cocains offenbar davon abhängig ist, ob das 
Mittel in das Stratum Malpighi der eigentlichen Cutis oder in 
die Subcutis injicirt wird, weil demnach die Resorption des 
Cocains eine ganz verschieden grosse ist; es werden sich des¬ 
halb auch nur schwer bestimmte Angaben über die Menge des 
zu injicirenden Cocains, bezw. über die Grösse gefährlicher 
Dosen geben lassen. 

Prof. Mal kmus-Hannover. Die Anwendung der localen 
Anästhesie bietet gegenüber der allgemeinen bei Thieren in 
vielen Fällen noch ganz besondere Vortheile. Beim Nieder¬ 
legen der grossen Hausthiere erfolgt namentlich im Bereiche 
der Schulter eine erhebliche Verschiebung der Haut und der 
Weichtheile; Brustbeulen z. B. treten am stehenden Pferde viel 
besser hervor als am liegenden, wo sie oft unter der Schulter 
ganz verschwinden und die grossen Halsgefässe sich darüber 
legen. Wird hierdurch die Ausführung der Operation schon 
in hohem Grade erschwert, so macht sich auch nach Beendi¬ 
gung derselben ein weiterer Umstand unangenehm bemerkbar. 
Die Haut wird beim Liegen derart verzerrt und verschoben, 
dass nach dem Aufstehen der Thiere die Wundränder nicht 
mehr aufeinander passen und selbst an bereits genähten Wunden 
noch Zerrungen eintreten. Alle diese unangenehmen Zufälle 
werden verhindert, wenn die Operation am stehenden Pferde 
unter Anwendung der Schleie h’schen Infiltrationsmethode aus¬ 
geführt wird. Die Heilung der Wunden wird durch die Oede- 
matisirung der Weichtheile nicht ungünstig beeinflusst; dagegen 
wird durch die rasche Ausführung der Operation und die rich¬ 
tige Aptirung der Wundränder weit häufiger eine Heilung per 
primam erzielt, als bei der umständlicheren und länger dauern¬ 
den Ausführung am liegenden Pferde. Ich operire deshalb 
selbst die grössten Brustbeulen am stehenden Thiere unter An¬ 
wendung der Schleich'schen localen Anästhesie und bin da¬ 
mit ausserordentlich zufrieden. 


Referate. 

Anzeigen und Gegenanzeigen der Embryotomie. 

Von Thierarzt Bitard in Marcillac. 

(Le Progre* veterinaire. 1897. No. 37J 

Verfasser berichtet über drei Schwergeburten von Wind¬ 
kälbern und über die Opportunität der Embryotomie in ge¬ 
wissen Fällen. 

Bei dem ersten Falle handelte es sich um eine Torsion 
des Uterus, die zwar bald gehoben war, indess zeigte sich 
der Mutterhals so verschlossen, dass man auch nicht mit einem 
Finger eindringen konnte, trotzdem die Geburt eine reife zu 
nennen war. Des anderen Tages liess sich zwar auf die an¬ 
geordneten lauen Douchen die Hand einführen, aber immer 
noch war das Collum so enge, dass an eine Entwickelung des 
Kalbes nicht zu denken war. B. schritt daher, da sich die Kuh 
in sehr deplorablem Zustand befand, zum Schlachten. Das 
schon seit mehreren Tagen abgestorbene Kalb hatte durch das 
Hautemphysem einen mindestens doppelten Umfang angenom¬ 
men und konnte auch jetzt eine genügende Erweiterung des 
Cervix (selbst mit 2 Händen) nicht ausgeführt werden. In 
diesem Falle wäre eine Zerstückelung des Jungen nutzlos ge¬ 
wesen, das Kalb hatte ausserdem den ausserordentlich aus¬ 
gedehnten Uterus vollständig ausgefüllt. 

Beim zweiten Falle handelte es sich um ein Kalb, das 
durch einen Gebärmutterriss in die Bauchhöhle gefallen war. 
Beim Eingehen mit der Hand drang ein unerträglicher Geruch 


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DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


22. Januar. 


hervor und da auch die ganze Scheide mit septischen Exsudaten 
beschlagen war, wurde geschlachtet, trotzdem sich das Mutter¬ 
thier ganz gut befand — ein Beweis, wie viel Kühe auszu¬ 
halten im Stande sind. Das Kalb war so enorm emphysematisch 
aufgetrieben, dass man glauben konnte, es sei künstlich Luft 
unter die Haut geblasen worden. Auch hier hätte die Embryo- 
tomie keinen Zweck gehabt, der Mutterhals gestattete kei¬ 
nerlei Erweiterung und hätte auch das ungeheuere Vo¬ 
lumen der Frucht nicht erlaubt, auch nur einen Theil der¬ 
selben in die Beckenhöhle hereinzuzerren. 

Der dritte Fall betraf eine primipare Kuh, deren Ei¬ 
hüllen schon 3 Tage vorher gerissen waren. Die Hinterfüsse 
des längst todten Kalbes hingen aus der Vulva heraus, keine 
menschliche Kraft aber war im Stande, sie nur im Geringsten 
nach auswärts zu ziehen. Verfasser nahm an, das Geburtshin- 
derniss liege in einer emphysematosen Auftreibung der Kruppe, 
er schritt daher in diesem Falle zur Embryotomie und ex- 
articulirte den rechten Hinterfuss im Hüftgelenk, das grosse 
Schwierigkeiten bereitete und sammt der Evisceration 4 Stunden 
Zeit in Anspruch nahm. Der Querschnitt am Oberschenkel 
muss möglichst hoch oben und zugleich parallel mit dem Kreuz¬ 
bein ausgeführt werden, um durch die Muskelmasse auf das 
runde Band des Gelenkes zu stossen. Die Extraction gelang 
hierauf ziemlich gut. Auch in früheren Fällen, wenn der Cervix 
nicht vollständig zur Eröffnung zu bringen war, hat sich Verf. 
niemals zu einer Zerstückelung verleiten lassen, bei den Ex¬ 
tractionsversuchen bilden sich regelmässig kreisförmige Dupli- 
caturen in dem umgebenden Gewebe, die der Entwickelung 
wie ein Schirm entgegenstehen und schliesslich zu einer Per¬ 
foration führen, so dass höchstens eine Extremität ausgezogen 
werden kann. Niemals gelingt es nach den Erfahrungen Bi- 
tard's, den Mutterhals genügend zu erweitern, wenn dessen 
Gewebe die Elasticität schon eingebüsst hat und er¬ 
möglichen dies auch die natürlichen Hilfsmittel nicht, wie sie 
bei Geburten in Thätigkeit treten, kein Wunder also, wenn 
eine absolute Stagnation eintritt und damit Absterben des 
Jungen und gasige Zersetzung, welche in solchen Fällen auch 
niemals fehlt. Vogel. 


Obliteration der tiefen Armarterie. 

Von Siedamgrotzky-Dresden. 

(Sachs. Vet.-Bericht, 1896, S. 18.) 

Bei zwei Rennpferden hatte sich allmälig eine Lahmheit 
eines Vorderschenkels eingestellt, die an Radialislähmung er¬ 
innerte. Die Pferde zeigten in der Ruhe keinerlei Störungen 
örtlicher oder allgemeiner Natur. Im Schritt und im Trab An¬ 
fangs war keine Lahmheit vorhanden. Wurde die Trab¬ 
bewegung fortgesetzt, so ergab sich namentlich in weichem 
Boden oder tiefem Sande folgender Befund: Der betreffende 
Schenkel pendelte vor, wurde jedoch imvollkommen gestreckt 
und knickte leicht nach vom über. Mit zunehmender Trab¬ 
bewegung wurde dieses Ueberknicken häufiger und die Lahm¬ 
heit trat heftiger auf. Die Pferde schwitzten stark und waren 
sehr aufgeregt. Beim Anhalten wurde der Schenkel unter 
starkem Muskelzittern in den Ankonäen zum Stützen benutzt. 
Letztere fühlten sich kühler an, während der übrige Schenkel 
schwitzte. Die Pulsation an der sog. grossen Schienbeinarterie 
ist ungeschwächt zu fühlen. Die Temperatur des Unterfusses 
war von dem der anderen Seite nicht verschieden. Nach 
1 j A — 1 / 8 Stunde Ruhe verloren sich alle Erscheinungen, um bei 
der Bewegung wiederzukehren. Im Bereich des Hautastes vom 
Nervus radialis war keine verminderte Empfindlichkeit nach¬ 
zuweisen. 

Beide Pferde wurden folgendermassen behandelt: Ruhe, 
Aufenthalt in einer Box, wasserreiche Fütterung (Kleienschlapp, 
Rüben, Grünfutter); innerlich täglich 30 g Kali carbonicum. 
Oertlich Massage unter gleichzeitiger Anwendung von Spir. 
camph. Die vollständige Heilung erfolgte in beiden Fällen im 
Verlauf eines Vierteljahres. Frick. 


Die Ziele der modernen medicamentösen Therapie. 

Von Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Oskar Liebreich. 

(Verhandlungen d. Congresses für innere Med. 1897.) 

Bezüglich der uns bekannten Arzneimittel hat sich eine 
für die Forschung sowohl als für die ärztliche Anwendung sehr 
wichtige Eintheilung als zweckmässig erwiesen, nämlich in 
solche Mittel, welche auf die Krankheitsursache und solche, 
welche nur auf die Symptome einwirken. So wirkt Queck¬ 
silber bei Lues, Chinin bei Malaria und Phosphor bei Rhachitis 
auf die Krankheitsursache, während Opium als schmerzstillendes 
Mittel, Secale cornutum als wehentreibendes Mittel nur sympto¬ 
matisch wirken. Dass auch die symptomatischen Mittel lebens¬ 
rettend eingreifen können, erkennt man z. B. bei Vergiftungen, 
bei denen man durch Unterdrückung der tödtlich wirkenden 
Krämpfe dem Organismus Zeit gewährt das Gift auszuscheiden. 

Bei der Aufsuchung neuer Heilmittel sind wir nicht mehr 
wie früher auf Zufälligkeiten angewiesen, sondern werden von 
naturwissenschaftlichen Principien geleitet. Es hat sich namentlich 
ein Zusammenhang der Wirkungen gewisser chemischer Gruppen 
ergeben. Von dem Antipyrin ausgehend, wurde bewiesen, 
dass die grosse Menge der als Pyrazolone erkannten Körper 
nach einer bestimmten Richtung hin, eine ähnliche Wirkung 
äussern. Für die Erforschung der symptomatischen Mittel 
ist durch diese Erkenntniss viel gewonnen. Eine grosse Anzahl 
neuer Mittel ist auf diese Weise geschaffen worden, so dass 
es für den praktisch thätigen Arzt schwer ist sich zu ent- 
schliessen, welches von den vielen fieberwidrigen oder Schlaf¬ 
mitteln im jeweiligen Falle zweckmässig anzuwenden ist. Sie 
haben alle ihre Vortheile und Nachtheile. 

Der Erforschung derjenigen Mittel, welche auf die Krank¬ 
heitsursache einwirken sollen, stellen sich dagegen die 
grössten Schwierigkeiten entgegen. Auf diesem Gebiet hat 
bis jetzt der Empirismus das Meiste geleistet, welcher sich 
über die Ursache der Erkrankung keine Rechenschaft geben 
konnte. Trotz zahlreicher vortrefflicher Untersuchungen des 
Chinins ist es noch nicht gelungen Mittel zu entdecken, welche 
nur mit annähernder Sicherheit wirksam' gegen Malaria sind, 
wie dieses von der Empirie gefundene Mittel. Die theoretische 
Betrachtung hatte die Auffindung der specifischen Krankheits¬ 
ursache als unerlässliche Vorbedingung für die Entdeckung der 
nöthigen Heilmittel sehnlichst herbeigewünscht. Wir kennen 
heute eine ganze Reihe von Krankheitserregern, allein die 
therapeutischen Erfolge fehlen. 

Der Begriff der Krankheitsursache ist allmälig mit einer 
rein mechanischen Anschauung verquickt worden, denn die 
an ihn sich knüpfende Schlussfolgerung »cessante causa, cessat 
effectus« erweckt die Vorstellung, dass mit der Vernichtung der 
Krankheitsursache auch der Effect der Krankheit gehoben sei. 
Wenn alle empfänglichen Individuen der Einwirkung eines 
gewissen Infectionserregers fast ausnahmslos unterliegen würden, 
dann würde es zutreffend sein, alle Mittel, welche diesen 
Krankheitserreger vernichten, als allein zweckmässig anzuer¬ 
kennen. Man hat den Zustand, der ein Individuum für eine 
Infection empfänglich macht, Disposition genannt; ohne auf 
das Wesen der Disposition einzugehen, ist doch zu ersehen, 
dass erst ein besonderer Zustand vorhanden war, welchem 
dann die parasitäre Erkrankung der disponirten Stelle folgte. 
In einem gesunden erwachsenen Körper vermag der Tuberkel¬ 
bacillus keinen Angriffspunkt zu finden; ja der gesunde Körper 
stösst ihn hinaus. Gegenüber der ursprünglich angenommenen 
einfachen Beziehung zwischen Parasit und Mensch waltet ein 
complicirtes Verhältniss, welches L. mit dem Namen Noso- 
parasitismus belegt hat um zu zeigen, dass diejenige Therapie 
sich in einer falschen Richtung bewegt, die glaubt, mit der 
Vernichtung des Tuberkelbacillus bei der Lungenschwindsucht 
das höchste Ziel erreicht zu haben. Nach seiner Vernichtung 
bleibt die Erkrankung ohne Tuberkelbacillus und ohne Tuberkel 
bestehen, und wird die erkrankte Stelle dann als Angriffspunkt 
für Kokken und andere Mikroorganismen dienen können. Bevor 
eine bakterielle Erkrankung eintreten kann, müssen die bekannten 


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No. 4. 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


33 


und bisher unbekannten Schutzvorrichtungen des Organismus 
herabgesetzt oder vernichtet werden. Dieser nosoparasitäre 
Vorgang lässt sich auch experimentell beweisen. Wüste 
fand bei den mit Arsenik vergifteten noch lebenden Thieren 


das Bacterium coli in der Blutbahn, welche sonst bakterien 
frei ist. Bact. coli ist hier ein Parasit der durch das Gift 
erzeugten Erkrankung, ein Nosoparasit. Malkraus. 


Oeffentliches Veterinärwesen. 

Stand der Maul- und Klauenseuche im Deutschen Reiche Ende Dezember 1897. 

(Nach den im Kaiserlichen Gesundheitsamte zusammengestellten Berichten der beamteten Thierärzte. (Veröffentlicht im Reichs-Anzeiger vom 5. Januar 1898.) 




Schleswig 


Mecklenburg- 

Schwerin 


Stade 


Lüneburg R-S 


ithringen 


Von je 
Gemeii 
warer 
Schluß des 
verset 


Abkürzungen 


W. I Keckarkreis W. 2 Schwär zwaldkrcis 

W. 3 Jagitier eit W. 4 Donaukreit 

B. I Landeskommissariat Mannheim 

B. 2 „ „ Karlsruhe 

B. 3 n n Freiburg 

B. 4 n n Konstanz 

H. I Provinz Starkenburg 

H 2 „ Oberhessen 

H. 3 , Rheinhusen 

80 h. Landwehrkompagniebes. Schönberg 

0. I Oldestburg: Fürstenth. Lübeck 

0. 2 „ Birkenfeld 

B r . I Kreise Braunschweig, WolfenbütUl, Helmstedt 

Br. 2 Kreist Holeminden, Gandersheim 

Br. 3 Kreis Blankenburg 

S. Schaumburg-Lippe 

M. Hamburg L Lübeck Br. Bremen 


15,01 u. 


Massstab 1:6000000. 


Bekämpfung der Tuberculose vermittelst des Tuberculins. 

(La clinica vet. 97. S. 433.) 

Auf dem 5. medicinischen Congress in Bergamo wurden 
folgende Resolutionen gefasst: 

Um die Tuberculose des Menschen und der Thiere wirk¬ 
sam zu bekämpfen muss unter Leitung und mit Hülfe der 
Regierung und seiner Organe Folgendes geschehen: 

1. Vor allen Dingen ist die Ausbreitung der Tuberculose 
unter dem Rindvieh mit Hülfe des Tuberculins festzustellen. 
Die Anwendung des letzteren soll obligatorisch sein, nach allen 
Richtungen erleichtert werden und eventl. unentgeltlich erfolgen. 

2. Gesunde und solche Thiere, welche reagirt haben, 
sollen getrennt werden; der Stall muss desinficirt werden. 


3. Kühe, welche als tuberculös erkannt sind, sollen durch 
Castration von der Zucht ausgeschlossen und allmälig abge¬ 
schlachtet werden. 

4. Die Milch tuberculöser Kühe darf nur nach vorher¬ 
gängiger Sterilisation bezw. Pasteurisation, welche unter Auf¬ 
sicht erfolgen muss, zum Genüsse für Menschen und Kälber 
zugelassen werden. 

5. Die Kühe der Molkereien und solche Wirthschaften, 
von denen die Milchhändler beziehen, müssen vorher geimpft 
werden und wenn sie reagiren, von der Milchlieferung ausge¬ 
schlossen werden. Die Communen haben diese Massregel in 
geeigneter Weise zu überwachen. 

6. Neues Rindvieh darf in die Ställe nur nach vorher¬ 
gegangener Injection von Tuberculin eingeführt werden. 




























34 


DEUTSCHE TH 1 EILERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


22. Januar. 


7. Kein Vieh darf zu Ausstellungen, Thierschauen und 
zur Preisbewerbung zugelassen werden, wenn nicht vorher die 
Tuberculinreaction negativ ausgefallen ist. 

8. Alles aus dem Auslande eingeführte Zuchtvieh ist an 

der Grenze zu impfen und die reagirenden sind ohne Weiteres 
abzuschlachten. F r i c k. 


Schutzimpfung gegen Schweineseuche in Ungarn. 

(Wochenschrift für Thierheilkunde und Viehzucht, 1897, No. 4 a.) 

D<jr ungarische Ackerbauminister hat in mehreren Gegenden 
des Landes durch Fachmänner Versuche mit dem Perron- 
cito’schen Impfstoffe gegen die Schweineseuche anstellen 
lassen. Aus diesen Versuchen geht hervor, dass das Mittel 
vollständig wirkungslos gegen die Schweineseuche ist und das 
gesunde Vieh nicht immunisirt. In Folge dessen lässt der 
Ackerbauminister von nun an Versuche blos mit Blutserum vor¬ 
nehmen, da dieser Impfstoff sich bereits in zahlreichen Fällen 
von guter Wirkung gegen die Schweinepest erwiesen hat. 

Will ach. 


Nahrungsmittelkunde. 

Ueber die Beurtheilung der sogenannten Nothschlachtungen. 

Von Hartenstein-Döbeln. 

Die Geschichte der Fleischvergiftungen lehrt, dass in erster 
Linie das Fleisch solcher Thiere der menschlichen Gesundheit 
Schaden zu bringen geeignet ist, welche an Septicämie und 
Pyämie gelitten haben. Septicämische Thiere zeigen immer 
hohes Fieber, grosse Schwäche und Hinfälligkeit. Nach dem 
Schlachten erweist sich zuerst die Leber degenerirt. Sie ist 
geschwollen, graubraun, trübe, die Structur verwischt, der 
Feuchtigkeitsgehalt gering, das Parenchym deshalb welk und 
brüchig (trübe Schwellung oder acute parenchymatöse Degenera¬ 
tion). In weiter vorgeschrittenen Fällen ist die Leber grau- 
oder braungelb, das Messer beschlägt fettig (fettige Degenera¬ 
tion). Aehnlich verändert zeigen sich die Nieren und der 
Herzmuskel. Beide sind heller gefärbt, welk und trübe, leicht 
zeidrückbar; das Herz erscheint wie gekocht. Die serösen 
Häute (Serosa des Darms und der grösseren Gefässe, Epikard) 
zeigen punktförmige Blutungen; an der Intima grosser Gefäss- 
stämme, besonders der Lungenarterie kommen rothe oder roth- 
braune Imbibitionen (»verwaschene Röthung«) vor. Das Fleisch 
kann unmittelbar nach der Schlachtung noch vollständig normal 
erscheinen. Bald aber tritt eine Zersetzung der Muskelsubstanz 
ein, welche sich durch alkalische Reaction zu erkennen giebt. 
Die Querstreifung der Muskelfaser verliert sich. Die Fleisch¬ 
beschau muss nun urtheilen zwischen Septicämie und Saprämie 
(putride Intoxication). Um eine putride Intoxication handelt es 
sich z. B. bei der in Folge Fäulniss der zurückgebliebenen Nach¬ 
geburt im Tragsack so häufig entstehenden Krankheit bei Kühen. 
Hier sind nicht pathogene Bakterien ins Blut gelangt, wie bei 
der Septicämie, sondern nur chemische Gifte, Producte der 
Thätigkeit von Fäulnissbakterien (Saprophyten). Bei dieser pu¬ 
triden Intoxication fehlen die secundären Erscheinungen (blutige 
Diffusionen etc.) auch ist die Reaction des Fleisches nicht alka¬ 
lisch. Solches Fleisch kann deshalb für genusstauglich erklärt 
werden. Die Pyämie charakterisirt sich durch hohes Fieber 
und eitrige Metastasen. Neben dem primären Eiterherd (Huf, 
Gelenke, Uterus) finden sich-im Knochenmark, in der Lunge, 
Milz, in den Nieren u. s. w. secundäre Eiterherde. Die Leber 
ist getrübt, die Milz geschwellt, die Nieren zeigen Blutungen. 
Findet eine Abkapselung der Herde statt, so haben dieselben 
späterhin nur mehr eine locale Bedeutung und sind als harmlos 
zu beurthcilen. 

Die Zeit, welche von der Aufnahme schädlichen Fleisches 
bis zur Erkrankung des Menschen vergeht, ist sehr verschieden ; 
sie differirt zwischen 6 Stunden bis zu 7 Tagen. Ihre Dauer 
ist ahhängig von der Menge des aufgenommenen Fleisches und 
der Art .der Bakterien. Die Wirkung ist schlimmer, wenn das 


kranke Fleisch längere Zeit nach der Schlachtung genossen 
wurde und wenn die Eingeweide (Leber, Nieren) mit con- 
sumirt sind ; sie ist geringer, wenn mit dem Fleische Alkohol 
aufgenommen wurde. Froehner-Fulda. 


Jahresbericht des Central - Schlacht- und Viehhofes zu 
Hannover für die Zeit vom 1. April 1896 bis 31. März 1897. 

Erstattet von Director Westendorf. 

Bericht über die städtische Fleischbeschau in Hannover. 

Von Dr. Ströse, Director der städtischen Fleischbeschau. 

Viehhof-Auftrieb: Den 100 Schlachtviehmärkten wurden 
insgesammt zugeführt: 15 228 Rinder, 66 128 Schweine, 18749 
Kälber, 17 376 Schafe, 1081 Pferde. 

Zahl der Schlachtungen: 13 120 Rinder (9780 Ochsen 
und Bullen, 3340 Kühe und Rinder), 61917 Schweine, 17838 
Kälber, 16 168 Schafe, 1076 Pferde. 

Von diesen Thieren waren bankwürdig: 13 041 Rinder 
(99,4 7„). 17 790 Kälber (99.7 °/ 0 ), 16160 Schafe (99.9 °/o). 
61451 Schweine (99,2 °/ 0 ), 1066 Pferde (99,1 °/„). 

Beanstandungen und Beschlagnehmungen: Von den ge¬ 
schlachteten Thieren wurden krank befunden urjd be¬ 
anstandet: 3071 Rinder (23,4%), 120 Kälber (0,7°/ 0 ), 1746 
Schafe (10,7%), 3393 Schweine (5,5°/..), 76 Pferde (7,1 °/„). 

Davon wurden vernichtet: 16 Rinder (0,1 °/ 0 ), 47 Kälber 
(0,3 °/ 0 ), 8 Schafe (0,05%), 171 Schweine (0,3 °/ 0 ), 10 Pferde 
(0,9 °/o). 

Der Freibank wurden überwiesen: 63 Rinder (0,5 °/ 0 ), 
1 Kalb (0,006°/ 0 ), 295 Schweine (0,5°/ 0 ). 

Tuberculose wurde festgestellt bei 1238 Rindern (9,5°/ 0 ), 
10 Kälbern (o,o5°/o), 1 Schaf (0,006° /0 ), 839 Schweinen (1,03°/ 0 ), 
3 Pferden (0,28 %). 

Trichinen kamen bei 6 Schweinen vor. 

Finnen wurden bei 37 Rindern (0,3 °/ u ) und 92 Schweinen 
(0,2 °/ 0 ) gefunden. 

Den Untersuchungsämtern für eingeführtes Fleisch 
wurden vorgelegt: 2125 Rinder, 8800 Kälber, 9583 Schafe, 
6755 Schweine. 

Dem Consum gänzlich entzogen wurden 16 Rinder 
(6 wegen Septicämie, 1 Milzbrand), 14 Kälber (5 wegen Sep- 
ticämic, 2 Unreife), 1 Schaf wegen Hydrämie, jo Schweine 
(3 wegen Tuberculose, 1 Schweineseuche), während im ge¬ 
kochten Zustand der Freibank überwiesen wurden: 
7 Rinder (1 wegen Tuberculose, 4 Finnen), 12 Schweine (8 wegen 
Schweineseuche, 4 Tuberculose). 

Berechneter Fleischverbrauch bei einer mittleren Bevölke¬ 
rungsziffer von 210000 Einwohnern 63,57 kg per Kopf und Jahr. 

Edelmann. 


Ueber einen neuen anaeroben Bacillus und seine 
Beziehungen zum Botulismus. 

Von Prof. Dr. E. van Ermengem. 

(Zeitschrift für Hygiene und Infectionskrankheiten, Bd. XXVI, 1897, S. 1—55.) 

Die Ursache und das Wesen des Botulismus scheint durch 
die vorliegende äusserst exacte Arbeit van Ermengem’s, 
dessen Namen in der Geschichte der Fleischvergiftungen bereits 
hinlänglich bekannt ist, endlich genügende Aufklärung zu erfahren. 
Verf. legt zunächst Protest ein gegen die Verallgemeinerung 
des Begriffes Botulismus Man soll diesen Ausdruck nur an¬ 
wenden bei denjenigen Erkrankungen, welche durch animalische 
oder vegetabilische Nahrung hervorgerufen werden, sobald sie 
durch die eigenartigen, klinisch leicht zu dia- 
gnosticirenden Erscheinungen der allbekannten 
»Wurstvergiftung« ausgezeichnet sind. Viele Autoren 
gebrauchen den Ausdruck Fälschlicherweise für alle durch 
Fleischgenuss hervorgerufenen Störungen, gleichviel ob das 
Fleisch von gesunden oder kranken Thieren abstammt und ohne 
Rücksicht auf den klinischen Symptomenkomplex, sodass total 


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No. 4 - 


DEUTSCHE THIERvERZTLICHE' WOCHENSCHRIFT. 


35 


verschiedene Krankheitsbilder zusammen geworfen werden, 
jedenfalls müsse der Botulismus unbedingt von den durch 
gastroenteritische Symptome, fast ausschliesslich sich äussemden 
Krankheiten unterschieden werden, welche in einer Infection 
durch Mikroorganismen beruhen, welche dem Gärtner’schen 
Bacillus enteritidis sehr ähnlich sind. Diese gastrointestinalen 
Störungen, die meist nach dem Genuss des Fleisches von sep- 
tikämischen Thieren auftreten, sind viel weniger gefährlich, 
viel häufiger und werden mit Erfolg durch Sanitätsmassregeln 
der Fleischbeschau bekämpft. 

Als Hauptsymptome des klassischen Botulismus, wie sie von 
mehreren Autoren angegeben werden, finden sich: die charakte¬ 
ristisch interne nnd externe Ophthalmoplegie (Blepharoptosis, 
Mydriasis, Accomodationslähmung, Diplopie, Strabismus int.), 
motorische Störungen der Muskelgruppen im Gebiet der N. 
facialis, N. glosso-pharyngeus, N. hypoglossus, N. vagus u. s. w. 
Dysphagie bis Aphagie, Aphonie croupartiges Husten, secreto- 
rische Stockung, hartnäckige Obstipation, grosse Muskelschwäche, 
fieberfreies Verhalten und Intactheit der psychischen Functionen. 

Eine unter diesem Bilde verlaufende Massenerkrankung 
trat im Dezember 1895 in Ellezelles, einem Dorfe im Hennegau 
unter den Mitgliedern eines Musikvereins nach dem Genüsse 
eines rohen Schinkens auf; drei von denselben starben, während 
wenigstens 10 in Todesgefahr schwebten. Die klinischen 
Symptome ergeben sich aus dem Vorstehenden, die Sections- 
erscheinungen waren nicht charakteristisch (Hyperämie der Leber, 
Nieren, der Hirnhäute, fettige Degeneration der Leber, einige 
punktförmige Hämorrhagien im Gehirn). Aus der Milz konnte 
ein anaerober Bacillus gezüchtet werden, dessen Verhältniss zum 
Botulismus weiter unten besprochen wird. Das Schwein, von 
welchem der Schinken stammte, war als gesund befunden 
worden, das frische Fleisch war, ohne irgend welche Störungen 
hervorzurufen, verzehrt worden; das zur Conservirung bestimmte 
Fleisch war 24 Stunden nach dem Schlachten in der gewöhn¬ 
lichen Weise eingesalzen worden. Es wurde festgestellt, dass 
der fragliche Schinken auf dem Boden des Fasses lag und er 
allein in das Salzwasser tauchte. An dem Schinken war kein 
Fäuinrssgeruch nachzuweisen, aber ein ausgesprochen ranziger 
Geruch, ähnlich dem verdorbener Butter; die Muskulatur sah 
gut aus, nur etwas blassfarbig, der Speck war fest und zeigte 
ausser der Buttersäuregährung nichts Abnormes. Aus dem 
Schinken wurden ebenfalls anaerobe sporenbildende. Bakterien 
herausgezüchtet. 

Ueber das vermuthliche Gift des Botulismus sind bereits 
viele Hypothesen aufgestellt, ohne dass man dasselbe bisher 
mit Sicherheit dargestellt hätte; die Ptomaine rufen bei Thieren 
das Bild des Botulismus nicht hervor. Fäulnissalkaloide können 
das eigentliche Agens nicht wohl sein, denn die Veränderungen, 
welche Würsten etc. ihre fürchterliche Wirkung verdanken, 
haben nichts mit der gewöhnlichen Fäulniss zu thun, anderer¬ 
seits ist nachgewiesen, dass Nahrungsmittel ohne jede Spur von 
Fäulniss die heftigsten Erscheinungen hervorrufen können. 
Es muss also angenommen werden, dass das Gift bakteriellen 
Ursprunges sei. 

Während die bakteriologischen Untersuchungen im Gange 
waren, suchte van E. festzustellen, ob das Verabreichen des 
fraglichen Schinkens charakteristische Symptome bei Thieren 
hervorruft. Bisher waren die Versuche, die Symptome des 
Botulismus bei Thieren zu reproduciren, bis auf wenige Aus¬ 
nahmen fehlgeschlagen, und man war geneigt anzunehmen, dass 
die Versuchsthiere gegen das Botulismusgift nicht empfänglich 
sind. Trotz dieser wenig ermuthigenden Erfahrungen nahm 
v. E. die Versuche von neuem auf und verfütterte den Schinken 
theils als solchen, theils als wässeriges Extract oder als Mace- 
ration an verschiedene Thierarten. Mäuse und Meerschweinchen 
erkrankten schwer (Apathie, Schwäche, Erstickungsanfälle, 
Pupillenerweiterung ohne Reaction) und starben innerhalb 
48 Stunden. Ratten erkrankten gar nicht, Katzen nur sehr 
leicht. 3 Affen erkrankten nach Fütterung mit 10 bezw. 5 
und 2 ccm schwer und starben innerhalb 30 Stunden unter 
ziemlich charakteristischen Symptomen. Die subcutane Injection 
wirkte noch prompter; Mäuse starben ;iach ganz minimalen 


Dosen in 24 Stunden, Ratten nur nach Einverleibung grösserer 
Mengen, Hunde und Hühner waren fast refraktär, Tauben 
starben unter eigenthümlichen Erscheinungen nach 1—4 Tagen, 
auch Katzen erlagen der subcutanen Injection, das Krankheits¬ 
bild (s. Original) gestaltete sich bei diesen Thieren sehr merk¬ 
würdig, ähnlich auch bei Kaninchen und Meerschweinchen. Ein 
ausgesprochenes Verhältniss bestand zwischen der Intensität 
und der Dauer der Erscheinungen und der Grösse der Dosen; 
aber immer traten die Krankheitserscheinungen erst spät auf; 
selbst nach sehr starken Dosen konnte man ein Latenz- oder 
Incubationsstadium von 6 — 12 Stunden beobachten. 

Durch Filtrieren erhielt v. E. ein steriles Product, welches 
bei Katzen, Mäussen, Kaninchen etc. dieselbe Wirkung und in 
genau derselben Dosirung ausübte wie das nicht filtrierte. 
Das Gift scheint sich nach vielen Versuchen im Thierkörper 
nicht zu vermehren und seiner Virulenz nach zu den gefährlichsten 
Bakterientoxinen zu gehören. Von den Eigenschaften des Schinken¬ 
giftes muss als besonders wichtig hervorgehoben werden, dass 
dasselbe höheren Temperaturen gegenüber wenig 
widerstandsfähig ist und schon durch wenige 
Minuten langes Kochen zerstört wird. Das Gift ist 
höchst wahrscheinlich während der Einsalzungszeit durch anae¬ 
robe Wucherung gewisser specifischer Mikroorganismen ent¬ 
standen. Für die bakteriologischen Untersuchungen wurden 
die Reste des Schinkens, Harnproben von 2 Kranken, mehrere 
Organe einer obducirten Leiche und endlich eine grosse Zahl 
verendeter, mit dem verdächtigen Schinken geimpfter Thiere 
verwendet. In dem Schinken wurden Sporen eines grösseren 
anaeroben Bacillus nachgewiesen; diese Mikroorganismen waren 
sehr unregelmässig vertheilt, so dass sie an manchen Stellen 
ganz fehlten, waren im Speck nur sehr spärlich, im Knochen¬ 
mark gar nicht vorhanden, ebenso fehlten dieselben in dem 
anderen beim Genüsse unschädlichen Schinken. 

Der anaerobe Bacillus stellt ein gerades Stäbchen dar, 
urid gleicht ziemlich den Milzbrand- und Oedembaciilen. Er 
ist schwach beweglich, mit ziemlich langen Geissein ausgestattet 
urid bildet endständige, ovale Sporen. Die Kulturen verbreiten 
einen stark durchdringenden Geruch nach Buttersäure. 

Durch zahlreiche Experimente überzeugte sich Veff. davöri, 
dass kein wesentlicher Unterschied besteht zwischen der Er¬ 
krankung, welche die Reinkulturen hervorrufen und derjenigen, 
welche das verdächtige Fleisch verursacht. Besonders bei 
Katzen kann durch subcutane Einspritzung der Kulturen aus¬ 
gezeichnet der Symptomencomplex des Botulismus — Zungen¬ 
prolaps, Mydriasis, Aphagie, Aphonie, Collaps, allgemeine Parese, 
croupöser Husten, Erstickungsanfälle — hervorgerufen werden, 
van Ermengem hält den isolirten anaeroben Bacillus, für 
den er den Namen »Bacillus botulinns« vorschlägt, für 
den ursächlichen Erreger der Ellezelles’schen Krankheitsfälle und 
glaubt, dass derselbe auch bei anderen Erkrankungen vorhanden 
sein mag, die unter dem gleichen Symptomencomplex verlaufen. 

Die bei der Section der durch Culturen getödteten Thiere 
gefundenen makroskopischen Veränderungen der Organe sind 
fast absolut identisch mit denen, welche im Thierexperiment 
mit dem Schinken auftreten. Die Organe des Nervensystems, 
welche uns am meisten interessiren, wurden von dem Neuro- 
pathologen Herrn Marinesco eingehend untersucht. »Im 
ersten Stadium findet man nur in den Nervenzellen eine von 
der Peripherie ausgehende Verminderung der chromatophilen 
Elemente, später sind die Nissl’schen Körperchen in feine 
pulverartige Granula umgewandelt. Noch später entstehen 
Vacuolen durch Auflösung der chromatischen Substanz. Diese 
chromatolytischen Degenerationserscheinungen sind im Kern des 
N. hypoglossus, im Nucleus ambiguus, im Nucleus dorsalis des 
N. vagus, in den Purkinje’schen Zellen des Kleinhirns und im 
Mittelkern des Oculo-raotorius beobachtet worden. Neben diesen 
regressiven Läsionen der Nervenzellen bestehen stets progessive 
Veränderungen des Gliagewebes. 

Aus den vorstehenden Untersuchungen ergiebt sich für 
die Prophylaxis die Mahnung, jegliches conservirte Nahrungs¬ 
mittel vom Genuss auszuschliessen, welches durch ranzigen 
Geruch oder dergleichen Verdacht erregt, und solche Nahrungs- 


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22. Januar. 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT, 


36 


mittel, welche hauptsächlich der Anaerobiosc ausgesetzt sind, 
niemals in rohem Zustande, sondern stets gehörig gekocht zu 
gemessen. Was den Schinken anlangt, so scheint eine genü¬ 
gend concentrirte Salzlacke denselben gegen jegliche Verderb- 
niss zu schützen. Casper. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Der neue preussische Staatshaushalts - Etat. 

Der von der Königl. Regierung dem preussischen Ab¬ 
geordnetenhause für das Rechnungsjahr 1898/99 vorgelegte 
Etat ist einer der glänzendsten, die Preussen je gesehen 
hat. Auch für Zwecke der Thierheilkunde sind Be¬ 
träge gefordert, die uns mit Freuden erfüllen müssen. 

Zum Neubau eines hygienischen Instituts an der 
thierärztlichen Hochschule in Berlin sind zunächst als 1. Bau¬ 
rate 35000 Mk. vorgesehen. Die Veterinärverwaltung entbehrt 
bisher ein Institut, in welchem grössere Arbeiten zur Erforschung 
von Thierkrankheiten, insbesondere der für die Veterinärpolizei 
wichtigen, übertragbaren Seuchen, sowie Arbeiten auf dem 
Gebiete der in neuerer Zeit mehr und mehr gewürdigten Thier¬ 
hygiene in einer dem jetzigen Stande der Wissenschaft ent¬ 
sprechenden Weise ausgeführt werden können. Um diesem 
bei den Seuchengängen der letzten Jahre besonders fühlbar 
hervorgetretenem Mangel abzuhelfen, ist die Errichtung des 
erwähnten Instituts auf dem Grundstücke der thierärztlichen 
Hochschule in Aussicht genommen. Das Institut wird gleich¬ 
zeitig für die Unterrichtszwecke der Hochschule, die 
ebenfalls die Errichtung einer derartigen Anstalt 
dringend erfordern, nutzbar gemacht und dementsprechend 
ausgestattet werden. Es soll aus einem Hauptgebäude und zwei 
Stallgebäuden bestehen. Im nächsten Jahre wird die Errichtung der 
beiden zu 3 5 000 Mk. veranschlagten Stallgebäude beabsichtigt. 

Nachdem die preussische Regierung erkannt hat, dass für 
die Unterrichtszwecke der thierärztlichen Hochschule in Berlin 
die Errichtung eines hygienischen Instituts dringend erforder¬ 
lich ist, dürfte diese vielumstrittene Frage auch für die Hoch¬ 
schule in Hannover entschieden sein. Was für den Unterricht 
in Berlin dringend nothwendig ist, wird man auch an der im 
Neubau begriffenen Hochschule in Hannover einrichten müssen, 
wenn man den Studirenden überall den gleichen Unterricht und 
die gleiche practische Ausbildung geben will. Baut man eine 
thierärztliche Hochschule mit grossen Mitteln vollständig neu, 
so muss man sie natürlich auch mit den dringend nothwendigen 
Einrichtungen versehen; Thatsache aber ist, dass der Bau eines 
hygienischen Instituts im Bauplan der Thierärztlichen Hoch¬ 
schule in Hannover bis jetzt noch nicht vorgesehen ist. 

In dem Etat werden ferner zum Neubau der Thier¬ 
ärztlichen Hochschule in Hannover und zur Be¬ 
schaffung eines Theils der inneren Einrichtung für 
die bereits fertig gestellten Gebäude 500000 Mk. gefordert. 

In der Besoldung der Docenten an den thierärzt¬ 
lichen Hochschulen soll eine grundsätzliche Aenderung 
eintreten, die einen sehr unangenehm empfundenen Uebelstand 
für immer beseitigt. Bei der geringen Zahl und dem verhält- 
nissmässig seltenen Wechsel der Docenten an den genannten 
Lehranstalten ist die Beibehaltung der Besoldung nach Durch¬ 
schnittssätzen weder aus dienstlichen Gründen geboten noch 
zweckmässig. Die Gehaltsbemessung soll daher in Zukunft 
nach Dienstaltersstufen erfolgen und das Gehalt, in 8 Stufen 
eingetheilt und mit 3000 Mk. beginnend, nach 3 Jahren um 
500 Mk., nach weiteren 3 Jahren wiederum um 500 Mk. und 
sodann nach je 3 Jahren um 400 Mk. bis zu 6000 Mk. steigen. 
Das Höchstgehalt wird hiernach in 21 Jahren erreicht werden. 
Die Königl. Regierung hat damit einen dringenden Wunsch der 
Betheiligten erfüllt, was wir Alle mit tiefem Danke anerkennen. 

Es ist weiterhin erfreulich, dass die Umwandlung von 
weiteren 7 Departementsthierarztstellen in voll¬ 


besoldete vorgeschlagen, um — wie cs in der Begründung 
heisst — die in den Vorjahren mit gutem Erfolge begonnene 
Organisation der Veterinärverwaltung in der Provinzialinstanz 
fortzusetzen. Die Massnahme soll ausgedehnt werden auf die 
Regierungsbezirke Potsdam, Minden, Arnsberg, Cassel, 
Coblenz, Trier und Aachen. Von den 34 Departements¬ 
thierarztstellen sind nunmehr 22 vollbesoldete und wenn diese 
im Interesse einer einheitlicheren und energischen Seuchen¬ 
tilgung so dringend nothwendige Organisation in dem seit¬ 
herigen Tempo fortgeführt wird, ist die Organisation der 
Veterinär-Verwaltung in der Provinzialinstanz in zwei Jahren 
beendet. Dann wird man endlich auch an eine Reform in der 
Centralinstanz herantreten müssen, wie sie den practischcn 
Verhältnissen entspricht. 

Schliesslich weisst der Staatshaushalts-Etat darauf hin, dass 
eine erhebliche Zahl von kreisthierärztlichen Amtsbezirken noch 
aus mehreren Kreisen besteht und für eine zweckentsprechende 
Handhabung der Veterinärpolizei zu umfangreich ist. Zur 
Theilung solcher Bezirke, sowie zur Verstärkung des veterinär¬ 
polizeilichen Personals in einigen mit ausgedehnten Vieh- und 
Schlachthofanlagen versehenen grossen Städten ist die Gründung 
von 10 neuen Kreisthierarztstellen in Aussicht genommen. 

Der landwirthschaftliche Etat zeigt hiernach sowie im 
Ganzen auch für die Thierärzte ein recht erfreuliches Bild und 
beweist, welches Wohlwollen und welche Bedeutung von Seiten 
des Herrn Ressortministers und speciell auch des Herrn De- 
cernenten der Thierheilkunde und ihren Vertretern entgegen¬ 
gebracht wird. Das muss bei uns das Pflichtgefühl stärken 
und der Arbeitslust neue Impulse geben, um mit unserer Arbeit 
auch das zu erreichen, was dem allgemeinen Wohle des Staates 
frommt. Malkmus. 


Ausserordentliche Professur in Halle. 

In dem Staatshaushaltsetat des preussischen Cultusmini- 
steriums für das Jahr 1898/99 ist für die Universität Halle 
eine ausserordentliche Professur für Thierheil¬ 
kunde eingesetzt worden. 


Personal-Nachrichten. 

Auszeichnungen : Dem Corps-Rossarzt N e u s e beim VII. Armee¬ 
corps wurde der Rothe Adler-Orden 4. Klasse verliehen. Den Königl. Kronen¬ 
orden 4 Klasse erhielten die Corps - Rossärzte Bartke in Stettin und 
Qualitz in Hannover, die Ober-Rossärzte Virchow vom Regiment 
Gardes du Corps und Torzewski vom Art.-Regt. No. 36, der Ober- 
Rossarzt a. D. und Kreisthierarzt D a 1 c h o w zu Rathenow, der Kreisthier¬ 
arzt L o t z e r zu Zabern. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitzver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Der Thierarzt Albert Beer¬ 
mann zu Rheinberg ist zum Königl. Kreis-Thierarzt ernannt und demselben 
die Kreis-Thierarztstelle für den südlichen Theil des Kreises Mörs übertragen 
worden. Thierarzt Botsch von üshofen wurde zum Oberamtsthierarzt in 
Mergentheim, Thierarzt R. Mayer in Stuttgart zum Gestütsthierarzt in Mar¬ 
bach ernannt. Bezirksthierarzt M. Stinglwagner in Reichenhall als prag¬ 
matischer Beamter angestellt. Zu Schlachthofinspectoren wurden gewählt die 
Thierärzte Jenisch für Namslau, Jantzen in Lauenburg für Pasewalk, 
Herbst in Schönlanke für Falkenberg (Pomm.), Gehrt in Jastrow für 
Lauenburg. Verzogen sind die Thierärzte Böttger von Hinsdorf nach 
Nebra, Borger von Kirberg nach Langensalza, Rossarzt a. D. Grabach 
von Strehlen nach Badersleben (Halberstadt), Lenz von Hornbach (Rhein¬ 
pfalz) nach München, Feuerstein von Erbach nach Saulgau, Wolpers, 
Schlachthofvorsteher in Jülich, nach Algermissen (Hannover). Thierarzt P. O. 
Gebhard aus Lichtenhain ist bei Bezirksthierarzt Eder in Erding als 
Assistent eingetreten. Thierarzt G. Zeeh hat sich in Greiz niedergelassen. 

Gestorben: Die Thierärzte C. Barkmann in Reinfeld (Schlesw.), 
Bosch in Ludwigsburg, C. Deertz in Bünsdorf (Holst.), H. Grote in 
Adenstedt (Hannover), L. Mantzel in Stargart (Meckl.), Ch. Meyer in 
Sulingen (Hann.). 


Berichtigung Die in No. 2 dieses Jahrgangs gemeldete Nachricht 
von der Ernennung des Geslütsthierarztes Dr. Uebele zum Assessor beim 
Königl. Württemb. Medicinal-Collegium (Thierärztl. Abtheilung) ist nicht 
richtig. Herr Dr. Uebele ist vielmehr als thierärztlicher Hilfsarbeiter auf 
die Dauer von 2—3 Jahren bestellt worden. 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thierärztliche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der MacWlof sehen Druckerei in Karlsruhe i. B. 

|9* Mit einer Beilage der Cigarren- und Tabak-Fabrik von Gebrttder Blum in Goch (Rheinland). 


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Deutsche 


Thierärztliche Wochenschrift 


Prof. Dr. Dam mann, 

Geheimer Regicrungs- und Medicinalrath, 
Dircctor der Thieriirztlichen Hochschule 
in Hannover. 


herauagegeben von 
Dr. Lydtin/ 

Geheimer Oberregierungsrath 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regierungsrath und Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Freiburg i. B. 


redigirt von 


Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche ThicrHrztliche Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784 a. 


Sechster Jahrgang. 


Sämmtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 
Correcturen und Anzeigen an die Expedition der 
Deutschen Thicrärztlichcn Wochenschrift 
in Karlsruhe (Baden;. 


M 5. 


Ausgegeben am 3. Januar. 


1898. 


Die Arbeiten zur Erforschung der Maul- und 
Klauenseuche. 

Die Maul- und Klauenseuche ist seit ihrem Wiederauf¬ 
treten im Deutschen Reich, im Juli 1887, nicht erloschen. Sie 
hat während dieser Zeit alle Gebiete des Reiches befallen, 
in vielen derselben fast ununterbrochen geherrscht und be¬ 
sonders in den Jahren 1892 und 1896 eine aussergcwühnliche 
Verbreitung erlangt. Nachdem die Unzulänglichkeit der zur 
Bekämpfung der Seuche vorgeschriebenen Massrcgeln sich er¬ 
geben hatte, ist durch Reichsgesetz vom I. Mai 1894 das 
Viehseuchengesetz vom 23. Juni 1880 u. a. durch Einfügung 
des § 44 a erweitert worden, welcher den Verkehr mit Milch 
beim Ausbruch der Maul und Klauenseuche und in den Zeiten 
der Seuchengefahr regelt. Es sind ferner in der mittels Be¬ 
kanntmachung des Reichskanzlers vom 27. Juni 1895 erlassenen 
Vollzugsinstruction die in §§ 57 — 69 vorgeschriebenen Mass¬ 
rcgeln gegen die genannte Seuche nicht unwesentlich verschärft 
worden. Gleichwohl ist es bisher nicht gelungen, der Seuche 
Herr zu werden, wenn auch Erfolge bei energischem, sach- 
gemäss geleiteten und ausgeführten Vorgehen nicht fehlen. Die 
schon früher an verschiedenen Orten in Deutschland und aus¬ 
wärts angestellten wissenschaftlichen Untersuchungen über den 
Erreger der Seuche, welche zum Theil durch ein Preisaus¬ 
schreiben der königl. preussischen technischen Deputation für 
das Veterinärwesen angeregt waren, sind erfolglos geblieben. 

Bei der Berathung des Etats des Reichsamts des Innern 
für das Jahr 1896/97 ist die Angelegenheit im Reichstage zur 
Sprache gebracht und in der Plenarsitzung vom 23. März 1896 
folgender Antrag des Abg. von Podbielski und Genossen 
(Session 1895/96 Nr. 231,232) mit grosser Mehrheit ange¬ 
nommen worden: 

Der Reichstag wolle beschliessen, den Herrn Reichskanzler 
zu ersuchen, 

»für die sofortige Einrichtung von Versuchsanstalten 
zur gründlichen Erforschung der Maul- und Klauenseuche 
von Reichswegen und bei den einzelnen Bundesstaaten 
Sorge tragen zu wollen.« 

Der Bundesrath hat zu Folge Beschlusses vom 14. Juli 1896 
(§ 486 der Protokolle) die Resolution dem Herrn Reichskanzler 
mit dem Ersuchen überwiesen, 

»darauf hinzuwirken, dass durch die Gesundhcits- ' 
behörde des Reichs und der Bundesstaaten nicht nur der 
Krankheitserreger der Maul- und Klauenseuche, sondern 
auch ein geeignetes Heilverfahren ermittelt werde.« 


Für die wissenschaftliche Erforschung der Maul- und Klauen¬ 
seuche haben der Reichstag für das Etatsjahr 1897/1898 
35000 Mk., der preussische Landtag 20000 Mk. bewilligt. 
Diese Summen wurden dem Gesundheitsamt bezw. dem preus¬ 
sischen Institut für Infectionskrankheiten überwiesen, in denen 
mit den Arbeiten nach einem im Gesundheitsamt aufgcstellten 
einheitlichen Plan sofort begonnen wurde. Daneben erschien 
es zweckmässig, die praktischen Erfahrungen der Thierärzte 
über die Seuche in allen Theilen des Reichs zu sammeln, so¬ 
weit sie nicht in den jährlichen amtlichen Viehseuchenberichten 
bereits mitgetheilt waren. 

Die Ergebnisse der bisherigen Forschungen sind einer am 
14. d. M. im Gesundheitsamt- zusammengetretenen Spccial- 
Commission von Landwirthen, Thierärzten und Bakteriologen 
dargelegt worden. Dieselbe berieth auf dieser Grundlage dar¬ 
über, welche Ziele bei der Fortsetzung der Versuche besonders 
ins Auge zu fassen wären. 

Die Forschungen im Kaiserlichen Gesundheitsamt und im 
Institut für Infectionskrankheiten haben zunächst festgestcllt, 
dass die in den letzten Jahren von vielen Beobachtern als Er¬ 
reger der Seuche angesprochenen Mikroorganismen in ursäch¬ 
lichem Zusammenhang mit der Seuche nicht stehen. Insbeson¬ 
dere wurde dies auch bezüglich des Siegel’schen Bacillus 
und des von Kurth angegebenen Streptococcus erwiesen. 

Die in den beiden Laboratorien angestellten Versuche zur 
Ermittelung des Erregers der Maul- und Klauenseuche haben 
bisher zu einer positiven Lösung der Frage noch nicht geführt. 
Es hat sich gezeigt, dass die gebräuchlichsten bakteriologischen 
Methoden, vielleicht sogar unsere technischen Hilfsmittel’ über¬ 
haupt hier nicht ausreichen. 

Zu den Versuchen wurde fast ausschliesslich Lymphe be¬ 
nutzt, die in sterilem Zustande aus Klaucnblasen gewonnen war; 
ausserdem wurde Blut und Gewcbssaft zur Untersuchung ge¬ 
nommen. 

Von Farbstoffen fanden Anwendung: 

Aethylenblau, Alkaliblau, Aurantia, Azocosin, B :arck- 
braun, Carmin, Dircctorangc, Echtgelb, verschiedene Eosine, 
Gentianaviolett, Haematoxylin, Ilexamethylviolctt, Indulin, Me¬ 
thylenblau, Nitromethylenblau, Ncumethylenblau, Ncurubin, Neu- 
tralroth, Nilblau, Orange G, Pikrinsäure, Rhodamin, Rubin, 
Rubin S, Safranin, Tartrazin, Thiazolgelb, Toluidinblau. 

Von diesen Farbstoffen wurden mehrfach 2- und 3fachc 
Farblösungen hergestellt und angewendet. 

In zweiter Linie wurden Lymphe und Blut in frischem 
Zustande im hohlgeschliffenen Objectträger bei Brüttemperatur 
einer mehrtägigen Beobachtung unterworfen 


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3 » 


DEUTSCHE THIER.ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


29. Januar. 


Sodann wurden die mannigfachsten Culturverfahren in An¬ 
wendung gezogen. Als Nährboden fanden Verwendung: Pepton¬ 
fleischwassergelatine , Peptonfleischwasseragar, Glycerinagar, 
Traubenzuckeragar, Serumgelatine, Serumagar, Serumtrauben¬ 
zuckeragar, Alkalialbuminatagar, Blutagar, Agar aus nicht neu- 
tralisirtem Fleischwasser (saurer Agar), Agar aus Leitungs¬ 
wasser mit Peptonwasser, Bouillon, Blut, Serum auf der Agar¬ 
oberfläche, Agar mit Zusatz von Mineralsalzen, wie: phosphor¬ 
saures Kali, Salmiak, Soda (Ammoniumkarbonatagar), erstarrtes 
Blutserum von Rind, Hammel, Kalb und Schwein, ferner flüssiges 
Blutserum derselben Herkunft, ausserdem Peptonfleischwasser, 
Peptonwasser mit I und 10 °/ 0 Pepton und 1 "/ 0 Chlornatrium, 
endlich Peptonwasser und Bouillon mit Blut oder I —10—50 ° 0 
Serum von Schwein, Hammel u. s. w. 

Die Bebrütung wurde bei 22 und 37,5 0 C. vorgenommen 
und zwar mit und ohne Sauerstoffzutritt (in der Wasserstoff¬ 
atmosphäre). 

Gleichzeitig mit diesen Untersuchungen auf Bakterien fanden 
solche auf Protozoen statt; es wurden zu diesem Zwecke die 
neuerdings angegebenen Nährböden, wie Heu- und Strohagar, 
Agar mit Bouillon nach Frasch u. s. w. in vielfache Anwendung 
gezogen. 

Ausserdem wurden die Organe von Thicren, die auf der 
Höhe der Krankheit getödtet waren, auf Mikroorganismen durch 
Schnittpräparate untersucht. Das Hauptaugenmerk wurde hier¬ 
bei auf die Aphthen an der Zunge und an den Klauen gelegt. 
Aber auch hier hat die Untersuchung nichts dargethan, was 
geeignet wäre, einen Fingerzeig auf die Natur und Beschaffen¬ 
heit des Erregers der Krankheit zu geben. 

Die Bestrebungen, kleinere Versuchsthiere mit Maul- und 
Klauenseuche zu inficiren, haben kein günstiges Resultat er¬ 
zielt: Mäuse, Meerschweinchen, Ratten, Kaninchen, Hühner, 
Tauben und Enten waren refraetär. Auch Ziegen zeigten trotz 
Infection mit grossen Mengen einer sehr virulenten Lymphe 
keine ausgesprochenen Erscheinungen der Erkrankung, nur zwei 
Ziegen bekamen an der Infectionsstelle geringe Granulationen, 
die Klauen blieben völlig unverändert. Bei Schafen ist eine 
künstliche Infection in typischer Weise nicht gelungen. 

Gleichmässig gut reagirten Rinder und Schweine auf die 
Infection. 

Ein geringer Bruchthcil von Rindern und Schweinen blieb 
zwar gegen jede Art der Infection immun, ohne dass Residuen 
von bereits einmal überstandener Aphthenseuche nachweisbar 
waren. In der Regel aber erkrankten die Thiere in ganz 
typischer Weise. 

Als gleich guter Infectionsmodus hat sich die Einspritzung 
von Lymphe in die Blutbahn (man wählte am zweckmässigsten, 
sowohl bei Rindern als bei Schweinen, zur Injection eine Ohr¬ 
vene) sowie die Einreibung in die vorher (mittels Messer oder 
Sandpapier) wund gemachte Mundschleimhaut erwiesen. Weniger 
sicher gelang die Infection bei einfachem Einreiben der Lymphe 
oder des Maulspeichels und Schleims mit einem Stroh- oder 
Hcuwisch. Fast regelmässig haftete die Infection mit Lymphe 
in die Bauchhöhle, erfolglos blieben Impfungen unter die Haut. 

Als Infectionsmaterial diente fast ausschliesslich Lymphe, 
nur in vereinzelten Fällen Maulschleim etc. 

Eine besondere Aufmerksamkeit wurde dem Verhalten des 
Blutes bezüglich seiner Infectiosität gewidmet. 

Es wurde zunächst Blut von Thieren genommen, die auf 
der Höhe des Fiebers waren und besonders stark ausgebildete 
örtliche Veränderungen aufwiesen. Mit diesen wurden alsdann 
die verschiedensten Infectionsversuche gemacht: Einreiben 
grösserer Mengen auf die wund gemachte Mundschleimhaut, 
intravenöse, intraperitoneale und subcutane Injection, sowie 
Verfütterung grosser Mengen zusammen mit dem gewöhnlichen 
Futter. Das Ergebniss war bei Schweinen im Kaiserlichen 
Gesundheitsamt negativ. 

Im Institut für Infectionskrankheiten gelang es dagegen, 
mit Blut von Thieren, die 12—28 Stunden vorher inficirt waren 
und Fieberanstieg hatten, die Krankheit auf Kälber zu über¬ 
tragen. 


Auch durch Verfütterung von Muskclfleisch, Milz, Leber 
und Nierenstücken, sowie Darminhalt hat sich bei Schweinen 
eine Infection nicht ermöglichen lassen, wohl aber durch Ver¬ 
fütterung von aphthenbesetzten Organtheilcn (Institut für 
Infectionskrankheiten). 

Mit der Milch erkrankter Kühe, die Blasen am Euter 
zeigten, sind Infectionsversuche an Ferkeln und Katzen an¬ 
gestellt worden in der Weise, dass diese Thiere kein anderes 
Futter als Milch oder Trank, der mit der lauwarmen Milch 
angerührt worden war, erhielten. Die Thiere blieben sämmt- 
lich gesund. Auch durch Verfütterung von Milch, welcher 
reichlich virulenter Blaseninhalt zugesetzt worden war, konnten 
Ferkel nicht krank gemacht werden. Dagegen gelang mit der¬ 
selben Milch am ersten und zweiten Tage die Uebcrtragung 
der Seuche durch Einreiben der Milch in die vorher wund 
gemachte Maulschleimhaut. Die 3 und 4 Tage alte Milch, die 
geronnen war und stark saure Reaction zeigte, rief Erkrankungen 
nicht mehr hervor. 

Neben den Versuchen, den Erreger der Maul- und Klauen¬ 
seuche mikroskopisch und culturell nachzuweisen, wurden Ex¬ 
perimente ausgeführt, um die Natur des Erregers fcstzu- 
stellen. 

Zunächst wurde versucht, die Infectionsfähigkeit der Lymphe 
für längere Zeit durch verschiedene Conservirung zu erhalten. 
Zu diesem Zwecke wurden Lympheproben in unverdünntem 
Zustande in Glaskapillare eingeschmolzcn und 

1) bei Zimmertemperatur, 

2) im Eisschrank bei 8- 10 0 C., 
beide Proben unbelichtet, aufbewahrt. 

Bei einer zweiten Versuchsreihe wurde möglichst frische 
Lymphe in dem Verhältniss von 1 : 4 mit einer Lösung von 
Wasser und Glycerin zu gleichen Theilen verdünnt und als¬ 
dann im Eisschrank unbelichtet aufbewahrt. Bei dieser Con¬ 
servirung erfolgte noch nach Monaten eine prompte Infection 
durch Einspritzung in die Blutbahn. 

Gleich gute Resultate ergab eine Mischung der Lymphe 
mit einer 0,9 °/ 0 Kochsalzlösung. 

Die wesentlichsten Momente für längere Conservirung der 
Infectionsfähigkeit der Lymphe scheinen indess nach den ge¬ 
machten Erfahrungen darin zu bestehen, dass man 

1) Lymphe aus frischen Blasen nimmt, dass 

2) jede bakterielle Verunreinigung der Lymphe ausge¬ 
schlossen ist, und 

3) die Lymphe verdünnt wird. 

Lymphe aus frischen, etwa 1 bis höchstens 2 Tage alten 
unverletzten Blasen hat stets höhere Infectiosität gezeigt, als 
solche aus älteren Blasen, deren Bedeckung dem Zerfall nahe 
war. Lymphe aus frischen Blasen ist in der Regel klar und 
kann leicht, nach gründlicher Desinfection der Blasenwandungen, 
steril und frei von Bakterien entnommen werden, ältere Blasen 
sind wegen der leichten Zerreisslichkeit ihrer Wandungen 
schwer genügend zu desinficiren und enthalten in der Regel 
eine trübe Lymphe, die eine grosse Menge der verschieden¬ 
artigsten Bakterien aufweist. Während erstere Lymphe fast 
ausnahmslos sich als stark infectionstüchtig und gut conservir- 
bar erwies, misslangen die Infectionsversuche mit alter Lymphe 
in der Regel, erforderten zu ihrem Gelingen verhältnissmässig 
grosse Mengen von Lymphe, und war die Virulenz der Lymphe 
bereits nach wenigen Tagen, wahrscheinlich wohl in Folge Zer¬ 
setzung durch die innewohnenden Bakterien, erloschen. 

Systematische Versuche, die kleinste Lymphemenge fest¬ 
zustellen, mit der eine typische Erkrankung erzielt werden kann, 
sind im Institut für Infectionskrankheiten in grösserem Umfange 
angestellt worden und haben ergeben, dass es gelingt, selbst 
noch mit ’/sooo ccm sicher die Krankheit durch Einspritzung 
in die Blutbahn hervorzurufen. 

Eine weitere Reihe von Experimenten wurde vorgenommen, 
um das Verhalten der Lymphe gegen die Einwirkung von ver¬ 
schiedenen Temperaturgraden und gegen Eintrocknung fest¬ 
zustellen. 

Zu diesem Zweck wurde Lymphe, deren Virulenz durch 
einen Controlversuch erwiesen worden war, in dem Verhältniss 


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DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


39 


No. 5. 


von 1 : 9 mit 0,9 ° 0 Kochsalzlösung verdünnt und alsdann diese 
Mischung in Glaskapillaren oder engen Reagenzgläsern ver¬ 
schiedenen Temperaturen ausgesetzt. Es zeigte sich dabei, 
dass der 12 — 24stündige Aufenthalt der Lymphe in dem Brüt¬ 
raum von 37,5 0 C. ihre Virulenz aufhob. 

Ebenso verlor Lymphe, die I Stunde und 20 Minuten bei 
45 0 bis 46 " C. gehalten war, ihre Virulenz, desgleichen Lymphe, 
die auf 50" C. 15 Minuten, auf 70 ' C. 10 Minuten, auf 100 0 C. 
momentan gebracht worden war. Im Institut für Infections¬ 
krankheiten ist Lymphe, die ‘/„ Stunde auf 50 0 C. erwärmt 
worden war, noch infectionsfähig gewesen. Bei der practischen 
Bedeutung dieser Frage sollen noch weitere Versuche darüber 
angestellt werden. 

Lymphe, welche in eine Mischung von Chlorcalcium und 
Eis gebracht worden und darin etwa 3 Stunden in gefrorenem 
Zustande (bei — 48 °) gehalten war, inficirte das geimpfte Thier 
prompt. 

Gegen Eintrocknung scheint die Lymphe nur geringe Wider¬ 
standsfähigkeit zu besitzen, da Lymphe, die auf einer sterili- 
sirten Platte im Exsiccator über Schwefelsäure im Vacuum bei 
etwa 22 0 C. Zimmertemperatur 18 Stunden angetrocknet ge¬ 
wesen war, das damit inficirte Thier nicht krank zu machen 
vermochte. 

Auf Holz, Stein und Flanell bei Zimmertemperatur und 
zerstreutem Tageslicht angetrocknete Lymphe war ebenfalls 
bereits nach 24 Stunden unwirksam geworden. 

Auch gegen Desinfectionsmittel verhielt sich die Lymphe 
wenig widerstandsfähig. Es gelang mit I °j 0 Carbolsäurelösung, 
2 "/„ Formaldehydlösung, 3 °/ 0 Sodalösung, 1 °/o Salzsäurelösung, 
1 °/ 0 Phosphorsäurelösung sowie mit einer in der vorgeschrie¬ 
benen Weise hergestellten Kalkmilch die Virulenz schon nach 
einstündiger Wirkung aufzuheben. 

Eine interessante Beobachtung wurde bei der Filtration der 
verdünnten Lymphe durch Chamberlandfilter gemacht. Es zeigte 
sich dabei, dass das Filtrat infectionstüchtig blieb. Diese über¬ 
aus merkwürdige Thatsache ist an beiden Versuchsstellen beob¬ 
achtet und vom Institut für Infectionskrankheiten zum Gegen¬ 
stand einer eingehenden Untersuchung gemacht worden, die 
zur Zeit noch nicht abgeschlossen ist. 

Die Frage, ob ein einmaliges Ueberstehen der Aphthen¬ 
seuche den Thieren Immunität verleiht, ist durch eine Reihe 
von Versuchen in bejahendem Sinne beantwortet worden. 

Es hat sich gezeigt, dass 2—3 Wochen nach dem erst¬ 
maligen Ueberstehen einer typischen Erkrankung die Thiere 
mit grösseren Mengen eines sehr virulenten Impfstoffs durch 
Einspritzung in die Blutbahn nicht zu inficiren sind. Wie lange 
eine solche, durch Ueberstehen der Krankheit erworbene Im¬ 
munität andauert, hat sich noch nicht nachweisen lassen. 

Weiter ist versucht worden, durch subcutane Ein¬ 
spritzung von Blut, das einmal Thieren entnommen 
war, welche durch das Ueberstehen der Krankheit 
immun geworden waren, und sodann auch Thieren 
entzogen war, die sich im Stadium der Blasen¬ 
bildung und auf der Höhe der Krankheit befanden, 
bei empfänglichen Thieren Immunität gegen eine 
nachfolgende Infection zu erzielen. Diese Ver¬ 
suche sind stets ohne Erfolg geblieben; selbst wenn 
zu verschiedenen Zeiten bis zu hundert und mehr Cubikcenti- 
meter Blut unter die Haut gespritzt worden war, erkrankten 
die Thiere fast ohne Ausnahme bei der folgenden Control¬ 
impfung typisch an der Aphthenseuche. 

Denselben negativen Erfolg hatten subcutane Einspritzungen 
von Serum, das von solchem Blut gewonnen war. 

Ein besseres Resultat erzielten zwei Immunisirungsmethoden, 
die im Institut für Infectionskrankheiten angegeben und im 
Kaiserlichen Gesundheitsamt nachgeprüft worden sind. Spritzte 
man Lymphe, die durch 12 ständigen Aufenthalt im Brutapparat 
bei 37" C. ihre Virulenz verloren hatte, in Mengen von ‘/, 00 bis 
7 h) ccm in die Blutbahn, so waren 30 bis 5 O °/ 0 der geimpften 
Thiere gegen die drei Wochen später vorgenommene Control- 
impfupg immun. Noch bessere Resultate wurden mit der folgen¬ 
den Methode erzielt. Virulente Lymphe wurde in einer Menge 


von ‘/so bis ‘/ 40 ccm zu 1 —10 ccm durch Schütteln defibri- 
nirten Blutes von durchgeseuchten Thieren (sog. Immunblut) 
gesetzt und alsdann Thieren in die Blutbahn gebracht. So be¬ 
handelte Thiere wurden nicht augenfällig krank; sie zeigten 
wohl Temperatursteigerungen, blieben aber stets von den ge¬ 
wöhnlichen localen Erscheinungen im Maul und an den Klauen 
frei. Bei der drei Wochen darauf folgenden Controlimpfung 
sind im Institut für Infectionskrankheiten von Schweinen 95°/o> 
von Rindern 7 5 °/ 0 immun gefunden worden. 

Im Gesundheitsamt hat die Nachprüfung dieser letzten 
Methode nicht dieselben guten Resultate ergeben. Sehr wahr¬ 
scheinlich beruht diese Erscheinung auf dem Umstande, dass 
zu der Controlimpfung hier 20 bis 40 Mal mehr Lymphe an¬ 
gewendet worden ist als im Institut für Infectionskrankheiten. 

Bei der Anwendung dieser zweiten Immunisirungsmethode 
in der Praxis sind vom Institut für Infectionskrankheiten zu¬ 
friedenstellende Ergebnisse erzielt worden. Es wird daher im 
Gesundheitsamt eine nochmalige eingehende Prüfung dieser 
Frage vorgenommen werden. 

Bei den Impfungen sind folgende klinische Erhebungen 
gemacht worden: 

Impft man ein für die Seuche empfängliches Rind durch 
Einreiben von virulenter Lymphe auf die wund gemachte 
Maulschleimhaut, so tritt in den meisten Fällen nach 
24 — 28 Stunden ein Infectionsfieber bis 41 °C. und darüber 
auf. Es kommt aber auch vor, dass die Temperatur erst eine 
mässige Steigerung nach 24 Stunden erfährt, um dann am 3. oder 
4. Tage die vorerwähnte Höhe zu erreichen. 

Gleichzeitig zeigen die Thiere verminderte Fresslust und 
unlustiges Benehmen. Thiere, die sonst sehr munter waren, 
erschienen traurig und abgeschlagen. Das Deckhaar ist etwas auf¬ 
gebürstet. Einzelne Rinder lassen jedoch ausser der Temperatur¬ 
erhöhung Krankheitserscheinungen nicht erkennen. 

Der Zeitpunkt des Eintritts von Fieber hängt offenbar von 
der Virulenz des aufgenommenen Infectionsstoffes, von der 
Menge desselben und der Empfänglichkeit des betreffenden 
Individuums ab. 

Das Fieber fällt am 6. bis 8. Tage nach der Infection bei 
typischen Maul- und Klauenseucheerkrankungen zur Norm herab. 
Das Absinken der Temperatur zur normalen Höhe und die 
Gestalt der Ficbercurve steht in Verbindung mit der Reinheit 
des verwendeten Impfstoffes. 

Verimpft man eine aus ganz frischen Blasen erhaltene 
Lymphe, die weder trübe, noch flockig erscheint, auf mehrere 
Thiere, so werden die Tempcraturcurven immer eine gewisse 
Regelmässigkeit und eine ähnliche Gestalt zeigen. 

Bei der intravenösen Injection von Mischungen der 
Lymphe mit o,9proc. Kochsalzlösung oder mit Glycerin und 
destillirtem Wasser zu gleichen Theilen liegen die Verhältnisse, 
was das Fieber anbetrifft, ganz ähnlich. Die Temperatur steigt 
gewöhnlich 24—48 Stunden nach der Infection an, jedoch kann 
die Steigerung auch länger auf sich warten lassen. 

Auch die Dauer des Fiebers ist bei der intravenösen 
Impfung beim Rind eine ähnliche wie bei der Impfung im 
Maul. Ganz ähnlich wie Rinder verhalten sich Schweine bei 
der Infection. 

Gleichzeitig mit dem Eintritt des Fiebers oder auch einen 
bis zwei oder mehrere Tage später werden die inficirten Thiere 
auf einem oder mehreren Füssen lahm; sie liegen sehr viel 
und sind schwer zum Aufstehen zu bewegen. Beim Stehen 
werden die lahmen Füsse vorgesetzt oder auch in Beugestellung 
gehalten, auf jeden Fall aber möglichst wenig belastet. Die 
Haut erscheint von den Ballen und Kronen der Klauen bis 
hoch in die Beugeflächc des Unterfusses hinauf geschwollen, 
heiss und auf Druck empfindlich; bei weissen Beinen macht 
sich Röthung bemerkbar. Die Druckempfindlichkeit tritt ganz 
besonders hervor an den Theilen, die bei dem Stehen der 
Thiere belastet werden, so z. B. an den Klauenballen. In diesem 
Stadium der Krankheit findet sich die Maulschleimhaut geröthet 
und heiss. Die Speichelsccretion ist vermehrt, die Thiere 
schmatzen, die Lippen sind mit Schaum bedeckt. Der manuellen 


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40 


DEUTSCHE THIER^ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


29. Januar. 


Untersuchung im Maul suchen die Thiere nach Möglichkeit sich 
zu entziehen. 

Zwei bis drei Tage nach der Infection findet man Blasen 
an der Zunge, am hatten Gaumen, dem zahnlosen Rande des 
Oberkiefers, dem Zahnfleische, den Lippen, den Ballen und 
im Klauenspalte; Blasen am Euter wurden wiederholt beob¬ 
achtet; Blasen auf der Scheidensehleimhaut, am Hodensack 
und am Grunde der Hörner konnten nie festgestellt werden. 

Die Blasen sind linsen- bis wallnussgross. 

Der Inhalt der frischen Blase "ist wasserklar bis weingelb 
gefärbt und beträgt oft mehrere Cubikcentimeter. In einem 
Falle wurden aus einer Klauenblase 3 ccm Inhalt entnommen. 
Der Inhalt älterer Blasen ist trübe und flockig. Nach mehr 
oder minder langer Zeit, oft schon sehr kurz nach dem Ent¬ 
stehen, platzen die Blasen und hinterlassen eine hochrothe 
Granulationsfläche, die sich entweder schnell überhäutet oder 
zu einem Geschwür ausbildet, das nach seiner Verheilung eine 
Narbe zurücklässt. Das letztere ist häufig im Maule der Fall. 
Der aus der Blase entnommene Inhalt gerinnt theilweise und 
scheidet eine fadenförmige oder flockige Masse ab. 

Durch die Untersuchungen ist auch die sehr wichtige und 
vielumstrittene Frage über die Dauer der Incubation geklärt 
worden. Es muss dabei die Zeit des Fiebereintritts und der 
Blaseneruption unterschieden werden. Die Incubationsdauer 
beträgt für das Fieber 12 Stunden bis 6 Tage. Zu den localen 
Erscheinungen gesellen sich allgemeine. Bisweilen versagen 
die Thiere das Futter schon während der ersten Fiebersteigerung. 
In anderen Fällen, bei grossen Epithelablösungen auf der Maul¬ 
schleimhaut, im späteren Verlauf der Krankheit, nehmen ganz 
besonders die Rinder nur in beschränktem Mass dünnflüssige 
Nahrung auf, während Heu und Stroh vollkommen verweigert 
werden. Es tritt hin und wieder Durchfall ein von übelriechen¬ 
der Beschaffenheit. Mit dem Abheilen der Blasen verschwinden 
diese Symptome nach und nach. 

Kranke Kühe geben stets weniger Milch; jedoch ist die 
Verringerung oft nicht gross. Bei der geringen Anzahl von 
Milchkühen, die zu den Versuchen benutzt wurden, hat sich 
ein abschliessendes Urtheil über die Veränderungen der Milch 
nicht gewinnen lassen. Bei der Behandlung wurde in erster 
Linie für geeignete diätetische Pflege und für grösste Rein¬ 
haltung der Klauen Sorge getragen. Schwere Nachkrankheiten, 
wie Panaritien und Phlegmonen, kamen nicht vor. Benutzt 
wurden von Medicamenten: Lysol, Pyoktanin, Formalin, Amylo- 
form und Tannoform. Eine innerliche Behandlung war nicht 
nöthig. Specifica gegen die Seuche sind nicht bekannt. 

Die Commission sprach sich dahin aus, dass die Versuche 
fortzusetzen seien, insbesondere: hinsichtlich der Au ff in dun g 
des Erregers der Seuche, der Eingangspforten des¬ 
selben in den Thierkörper, der Ausscheidungswege aus 
dem letzteren u. dgl.; ferner über die Dauer der An¬ 
steckungsfähigkeit des Giftes in der Aphthenlymphe 
und im Maulspeichel bei höheren und niederen Temperaturen, 
im lufttrockenen Zustande an Haaren, Federn, Kleidungsstücken, 
Holz, Lederzeug u. dgl., im Koth, Urin, Dünger, in der Jauche 
und Streu, sowie in den dadurch verunreinigten Standorten 
und an Geräthschaften, in der Milch und den Molkereiproducten 
(Butter, Magermilch); hinsichtlich der Uebertragbarkeit 
des Ansteckungsstoffes durch kleine Thiere als Zwischen¬ 
träger, wie Hunde, Katzen, Kaninchen, Ratten, Mäuse, Geflügel, 
Wild, Fliegen u. dgl., sowie durch Personen und durch rohe 
thicrische Theile, wie Blut, Fleisch, Eingeweide, erkrankte 
Hautstellen, Cadaver gefallener Thiere; über die Incubations¬ 
dauer bei den einzelnen Thierarten; über die Erzeugung von 
Immunität mit Aphthenlymphe und Blutserum immunisirter 
Thiere, sowie die Dauer derselben bei Rindern und Schweinen; 
über den Werth oder Unwerth der gebräuchlichen Ueber- 
impfung der Maul- und Klauenseuche; über das Verhalten 
des Ansteckungsstoffes gegenüber bestimmten Desinfections- 
mitteln; über die Verwendbarkeit von Arzneimitteln zur 
Vorbeugung und zur Heilung der Krankheit. 

Es wurde schliesslich die Frage erörtert, wie sich bei den 
erforderlichen Versuchen über Immunisirung und Heilung, welche 


nur in grösseren Viehbeständen vorgenommen werden können, 
die praktische Mitwirkung der Landwirthe ermög¬ 
lichen lässt. 

Ein Fall von ausgebreiteter Aktinomykose 
beim Schwein. 

Von Schlachthausthierarzt Carl, Karlsruhe. 

Die Casuistik der Aktinomykose hat in den letzten Jahren 
einen ziemlich bedeutenden Umfang angenommen. Die ur¬ 
sprüngliche Annahme, dass diese Krankheit sich im Wesent¬ 
lichen auf die Organe des Kopfes beim Rindvieh beschränke, 
ist durch zahlreiche Arbeiten neuerer Autoren (Johne, Bang, 
Jensen, Rasmusen, Willach, Messmer, Lüpke) als un¬ 
richtig nachgewiesen worden. Wir wissen jetzt, dass der 
Strahlenpilz in fast allen Organen des Thierkörpers seinen Sitz 
haben kann, und dass ausser dem Rind auch das Schwein 
ziemlich häufig durch denselben inficirt wird. Auch generali- 
sirte Aktinomykose wurde in einigen Fällen beim Ochsen 
(Hertwig, Messmer) und beim Schwein (Hertwig, Knoll) 
beobachtet. 

Speciell bei dem letztgenannten Hausthier constatirte Bang 
die Krankheit am Euter in 3 Monaten 52 mal. Auch in den 
Mandeln ist der Pilz von Johne häufig nachgewiesen worden. 
Ferner sah Rasmusen Aktinomykose bei männlichen und 
weiblichen Schweinen im Anschluss an die Castrationsnarbe. 
Die Herde sassen im fibrösen Wundgewebe allein oder zu¬ 
gleich im Subcutangewebe, oft ragten sie auch als kleinere Ge¬ 
schwülste über die Haut hervor. Bei dem von Hertwig be¬ 
obachteten Fall von generalisirter Aktinomykose fand sich der 
Pilz im Gesäuge und in mehreren Rückenwirbeln. Etwas Aehn- 
liches beschreibt Knoll (B. T. W. 1891 No. 23), doch lässt 
sich aus den Angaben dieses Autors, namentlich bezüglich des 
pathologisch-anatomischen Befundes in der Leber und in den 
Knochen, nicht mit voller Sicherheit entnehmen, ob cs sich 
wirklich um allgemeine Aktinomykose gehandelt hat. 

Anschliessend an die soeben aufgezähltcn Fälle möchte 
ich nun ebenfalls einen kleinen Beitrag zur Kenntniss der 
Strahlenpilzkrankheit beim Schweine liefern Es dürfte dies 
um so mehr am Platze sein, als ein solch hervorragendes Er¬ 
griffensein des ganzen Magen-Darmcanals, wie ich es zu be¬ 
obachten Gelegenheit hatte, in der mir zugänglichen Literatur 
nicht verzeichnet ist. Bis jetzt wurde Aktinomykose des Darmes 
nur beim Rinde und zwar von Jensen in einigen Fällen be¬ 
obachtet. 

Vor einiger Zeit wurde im hiesigen Schlachthofe ein ca. 
8 Monate altes, norddeutsches Schwein (Nonne) geschlachtet, 
an dem äusserlich keine Abnormität zu bemerken war. Da¬ 
gegen fällt beim Oeffnen des Thieres zunächst eine von der 
linken Niere ausgehende und dieselbe fast ganz umhüllende 
grauweisse, speckige Bindegewebsmasse auf, welche die ganze 
linke Seite bis zur Medianlinie ausfüllt und sich in einer Dicke 
von ca. 3 cm rückwärts bis zum Beckeneingang erstreckt. In 
diese Neubildung sind mehrere, haselnuss- bis wallnussgrosse 
Abscesse eingelagert, die eine verschiedene Consistenz besitzen. 
Die einen sind breiig weich (»schlabberig«, Kitt), die anderen 
haben eine etwas festere Beschaffenheit. Fast alle Lymph- 
drüsen des Hinterleibes (Lenden-, Darmbein-, Kreuzbein- und 
Leistendrüsen) sind ebenfalls in eine gelbliche breiige Masse 
umgewandelt. Beim Einschneiden in die Castrationsnarbe kommt 
ein etwa kirschgrosser, im Fett sitzender Abscess zum Vor¬ 
schein. Das untere Ende der Milz ist mit der Bauchwand 
verklebt. Ein Schnitt in die Verwachsungsstelle legt einen ca. 
wallnussgrossen Abscess frei. Sonst ist die Milz intact. 

In allen bis jetzt beschriebenen Abscessen lassen sich 
schon mit blossem Auge kleine, schwefelgelbe Körnchen fest¬ 
stellen. Die Untersuchung mit dem bewaffneten Auge ergiebt, 
dass wir in denselben Aktinomycesrasen vor uns haben, die 
allerdings meist nicht die klassisch schöne Ausbildung der 
Keulen besitzen, wie man sie öfters beim Rinde zu beobachten 
Gelegenheit hat. Dies darf uns jedoch nicht wundern, denn 


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DEUTSCHE THIERiERZTUCHE WOCHENSCHRIFT. 


4 » 


No. 5. 


nach Ostertag ist dieses Verhalten ein Charakteristikum der 
vereiterten Aktinomycesheerde — und mit solchen haben wir 
es ja in vorliegendem Falle zu thun. 

An den andern Organen konnte ich weiterhin folgenden 
Befund feststellen. 


Mueosa 


Mnscularis 



Serosa 


Aktinomykom 


Figur 1. Aktinomykom in der Serosa des Magens (Durchschnitt). 
A’aliirl. Grosse. 


An der Aussenwand des Magens sitzt an der Stelle, welche 
der Fundusdrüsenportion entspricht, ein ovaler, 3 cm langer 
und 2 cm breiter, von Aussen weissgrau aussehender Knoten. 
Auf einem Durchschnitt durch denselben kann man sehr gut 
seine Natur erkennen. Er hat nämlich seinen Sitz in der Serosa, 
die an der betreffenden Stelle eine etwa 3 mm dicke, binde¬ 
gewebige Kapsel um den eigentlichen Kern des Knotens ge¬ 
bildet hat. Dieser Kern ist von der Serosa scharf abgegrenzt 
und besteht aus einem Maschengewebc, in dessen Lücken die 
gelben, durch das Mikroskop als Rasen des Strahlenpilzes er¬ 
kennbaren Körnchen sich befinden. Muscularis und Mueosa 
sind an der Stelle des Knotens normal, nur sind sie beide 
etwas nach der Innenseite vorgewölbt. 

Umfangreichere Veränderungen zeigt der Darmcanal. In 
der Wand seiner verschiedenen Abtheilungen habe ich im 
Ganzen 38 Knoten von Linsen- bis Wallnussgrösse gezählt. 
Dieselben sind alle aktinomykotischen Ursprungs und im Dick¬ 
darm etwas zahlreicher vertreten als im Dünndarm. 

Bei näherer Betrachtung dieser Knoten ergiebt sich die 
Thatsache, dass nicht alle denselben Aufbau besitzen, dass sie 
mithin ihre Entstehung nicht dem gleichen pathologischen Vor¬ 
gang verdanken. 

Der grösste Theil und zwar sämmtliche im Dünndarm 
sitzende sowie eine Anzahl der im Dickdarm befindlichen Knoten 
haben im Allgemeinen folgenden inneren Bau. 


Mueosa 


Muscularis 


Figur II. Aktinomykom in der Wand des Dünndarms (Durchschnitt). 

Natürl. Grösse. 

Die Serosa bildet an der betreffenden Stelle eine mehrere 
Millimeter dicke Hülle um eine bröckelige aktinomykotische 
Zerfallsmasse. Der Krankheitsprocess hat von dieser aus unter 
Zerstörung der Muscularis die Mueosa ergriffen. Diese ist 
durch neugebildetes Gewebe verdickt, so dass an der Innen¬ 
fläche des Darmes entsprechend dem äusseren Knoten ein 
warzenartiger Vorsprung entstanden ist. Im Bereiche des letz¬ 
teren hat jedoch die Mueosa, vom Lumen des Darmes aus 
betrachtet, abgesehen von der Hervorwölbung dieselbe Be¬ 
schaffenheit, wie die anstossenden unveränderten Darmpartien. 
Dass der Aktinomyces thatsächlich von aussen nach innen ge¬ 
wuchert ist, geht ausserdem noch daraus hervor, dass der 
innere Knoten im Vergleich zu der zerfallenen Masse des 
äusseren, eine mehr bindegewebige Beschaffenheit besitzt. 



Diese soeben gegebene Beschreibung passt auf den grössten 
Theil der in der Darmwand vorhandenen Aktinomykome. Es 
giebt jedoch auch Ausnahmen. Bei einzelnen ist nämlich wie 
beim Magen ausschliesslich die Serosa ergriffen, bei anderen 
ist der Process nach, innen durchgebrochen, so dass an der 
betreffenden Stelle ein aktinomykotisches Geschwür entstanden 
ist. Solche Geschwüre habe ich zwei im Dünndarm feststellen 
können. Das eine hat den Umfang eines Zweimarkstückes, 
das andere ist halb so gross. Bei beiden ist durch das unvor¬ 
sichtige Herausnehmen des Darmes von Seiten des Schlächters 
in der Darmwand ein Loch entstanden, jedoch beweisen die 
in der Umgebung desselben befindlichen, in reichlicher Menge 
vorhandenen aktinomykotischen Partikel die Natur der be¬ 
schriebenen Neubildung. 

Einen anderen Charakter trägt ein Theil der Aktinomykome 
im Dickdarm. Bei diesen ist die Infection nachweisbar vom 
Darmlumen aus entstanden und nach aussen hin fortgeschritten. 
Als Eintrittspforte benutzte der Pilz die Solitärfollikel, welche 
Spuren seiner Wirkung in allen Stadien erkennen lassen. Ein¬ 
zelne Follikel sind nämlich nur wenig grösser als ihre Nach¬ 
barn, andere dagegen erreichen Linsen-, Erbsen- und selbst 
Kirschengrösse. In diesen allen aber sind Aktinomycesrascn 
mikroskopisch nachweisbar. 

Ein Durchschnitt durch einen solchen vergrösserten Follikel 
bietet genau das umgekehrte Bild der zur ersten Kategorie 
zählenden Knoten. Wir finden dementsprechend das aktinomy¬ 
kotische Gewebe in der eine Kapsel um dasselbe bildenden 
Mueosa. Muscularis und Serosa sind in ihrer Structur nicht 
verändert, jedoch mehr oder weniger nach aussen vorgedrängt. 
Zu einem wirklichen Durchbruch scheint es nirgends gekommen 
zu sein. 

Gekrös- und Magenlymphdrüsen sind zum Theil abscedirt. 
Die Absccsse sind von derselben Beschaffenheit wie in den 
übrigen Lymphdrüsen. Ferner ergab die Untersuchung des 
grossen Netzes zwei bohnengrosse, von einer bindegewebigen 
Hülle umgebene Knoten ebenfalls aktinomykotischen Ursprungs. 

Drei ganz ähnliche Neubildungen haben ihren Sitz an der 
Oberfläche der Leber. Beim Zerschneiden derselben stossen 
wir im Parenchym noch auf einer vierten Knoten. In den 
Portaldrüsen finden sich dieselben Abscesse wie in den Gekrös- 
drüsen. 

Auch die Organe der Brusthöhle sind vom Strahlenpilz 
nicht verschont geblieben. Am hinteren lateralen Rande des 
einen Lungenflügels sind nämlich zwei Geschwülste entstanden, 
von denen die eine etwa die Grösse einer Wallnuss besitzt, 
während die andere einer Haselnuss an Grösse vergleichbar ist. 
Letztere ist durch einen kurzen Bindegewebsstrang mit der 
Lunge verbunden, stellt also nur ein Anhängsel an dieselbe dar. 
Erstere ist von dem normalen Lungengewebe durch stark ent¬ 
wickeltes Bindegewebe abgegrenzt und macht ganz den Ein¬ 
druck, als ob sie von Aussen in das Parenchym der Lunge 
hineingewuchert sei. Mikroskopisch betrachtet sind beide Ge¬ 
schwülste aus vielem Bindegewebe und zahlreichen eingesprengten 
aktinomykotischen Herden zusammengesetzt. 

Dies der pathologisch-anatomische Befund bei dem in Frage 
stehenden Schwein. 

Bezüglich der Art der Untersuchung möchte ich noch er¬ 
wähnen, dass ausser Ausstrichpräparaten auch Schnittpräparatc 
von einem grossen Theil der Organveränderungen angefertigt 
wurden. Der Nachweis der Aktinomycesrasen erfolgte entweder 
durch Färbung mit Eosin und Hämatoxylin oder durch Pikro- 
karmin. 

Zum Schlüsse möchte ich noch die Pathogenese des vor¬ 
liegenden Falles mit einigen Worten berühren. 

Die erste Frage, die wir zu beantworten hätten, wäre 
die nach der Art und Weise des Zustandekommens der Irt- 
fection. 

Der Schluss ist wohl nicht verkehrt, wenn wir annehmen, 
dass derjenige Körpertheil, welcher im Vergleich zu anderen 
die grössten Veränderungen aufweist, auch zuerst vom Aktino¬ 
myces inficirt worden sei. Im vorliegenden Falle haben wir 
deshalb in den in der Bauchhöhle befindlichen von Abscessen 


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DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



29. Januar. 


durchsetzten Bindegewebsmassen wohl dasjenige pathologische 
Product vor uns, das zuerst von dem Strahlenpilz hervorgerufen 
wurde. Demnach wäre der Infectionsstoff direct mit dem Bauch¬ 
fell in Berührung gekommen. Die Möglichkeit dazu war sehr 
leicht dadurch gegeben, dass bei der Castration aktinomvees- 
haltige Partikel, vielleicht Theile von Gerstengrannen, in den 
Bauchfellsack gelangten. 

Der in der vernarbten Castrationswunde im Speck sitzende 
Abscess würde ebenfalls für den angeführten Infectionsmodus 
sprechen. Die verhältnissmässig geringe Grösse dieses Abs- 
cesses ist sehr wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass in 
dem blutarmen Speck eine starke Vermehrung des Krankheits¬ 
erregers unmöglich war. 

Auf welchem Wege hat sich nun der Aktinomyces im 
Körper weiter verbreitet ? 

Ziehen wir in Betracht, dass in der Hauptsache der seröse 
Ueberzug der Organe und erst in zweiter Linie diese selbst 
die Spuren der Aktinomyceswirkung erkennen lassen, so müssen 
wir zu dem Schlüsse kommen, dass lediglich durch die Lymph- 
bahn eine Verschleppung des Krankheitsvirus stattgefunden hat. 
So inficirte der Pilz von der primären aktinomykotischen Local- 
affection aus die Lymphdrüsen des Hinterleibs. Er siedelte 
sich ferner im grossen Netz, auf dem serösen Ueberzug des 
Magens und der Leber an und bildete im Parenchym der 
letzteren eine Metastase. 

An den oberen Darmabschnitten drang der Mikroorganismus 
von der Serosa aus nach dem Darmlumen vor. An zwei Stellen 
gelang ihm, wie wir oben gesehen haben, der Durchbruch nach 
innen, und jetzt war durch den, dem Darminhalt beigemengten 
Infectionsstoff die Gelegenheit gegeben, auch die unteren Darm- 
partieen von der Schleimhaut aus zu inficiren. Daher die 
aktinomykotischen Herde im Dickdarm ausgehend von den 
Lymphfollikeln. 

Die zu der Leber und dem Magen-Darm gehörigen Lymph¬ 
drüsen reagirten sofort durch Bildung von aktinomykotischen 
Abscessen. 

Schliesslich passirte der Strahlenpilz noch das Zwerchfell 
und äusserte seine Wirkung dadurch, dass er die beiden er 1 - 
wähnten Neubildungen an den Lungen entstehen Hess. 

Berichtigung. Durch ein Versehen des Holzschneiders 
ist in Fig. 2 die Mucosa nicht ganz der Originalzeichnung ent¬ 
sprechend dargestellt. In der letzteren war angedeutet, dass 
der Krankheitsprocess sich auch schon auf die Mucosa aus¬ 
gedehnt hat, während diese in Fig. 2 als normal erscheint, c. 


Referate. 

Grimmdarmvorfall durch die Scheide bei einem Fohlen. 

Von Districtsthierarzt C. Eckart in Otterberg. 

(Wochelisch, f. Thierheilkunde u. Viehrucht 1897, No. 41 ) 

Zwischen den Schamlippen eines i '/.Jährigen Fohlens 
bemerkte der Besitzer eines Tages beim Liegen des Thieres 
eine apfelgrosse, rothe Geschwulst, die indess nach dem Auf¬ 
springen des Pferdes wieder verschwand. - Schon damals war 
lehbnfteß Drängen zugegen. Doch zeigte sich weiterhin nichts 
Auffallendes — das Thier war auch stets bei gutem Appetit —, 
bis 14 Tage später die Geschwulst abermals und zwar in grösserer 
Ausdehnung bemerkt wurde und selbst im Stehen nicht zurück¬ 
wich. Beim Versuche, sie zurückzuschieben, barst dieselbe und 
der Grimmdarm quoll I Meter lang aus der Scheide hervor. 
Als Eckart zugezogen wurde, lag das Fohlen auf der rechten 
Seite stöhnend und drängend und mit Schweiss bedeckt. Der 
aus der Scheide meterlang hervorgetretene Grimmdarm war 
bereits durch Futtcrpartikel, Jauche und Koth arg verunreinigt, 
hatte seinen spiegelnden Glanz verloren und zeigte noch rothe 
netzförmige Flecken. Bei näherer Untersuchung zur Auffindung 
des Risses sprang das Fohlen auf — wobei der Darm noch 
weiter . vorfiel — , ging unruhig von einer Seite zur andern 
und. warf sich dann äusserst heftig wieder auf die Streu. Hier¬ 


bei kam ein Thcil des vorgefallenen Darmes unter das Thier 
zu liegen und platzte. Das Fohlen wurde getödtet. Bei der 
Scction enthielt die Beckenhöhle kleine schwarze Blutgerinnsel. 
Vom äusseren Muttermunde anfangend, erstreckte sich eine 
ungefähr 15 cm lange Risswunde quer durch die Scheide; 
die Rissränder zeigten sich zum Theil blutig infiltrirt und fetzig, 
zum Theil mit frischen Gerinseln beschlagen. Etwas Näheres 
über die Entstehungsursache der Ruptur konnte nicht festge¬ 
stellt werden. Will ach. 

Oeffentliches Veterinärwesen. 

Bekämpfung des Rothlaufs der Schweine. 

Das Kaiserliche Ministerium für Elsass-Lothringen hat die 
Kreisthierärzte ermächtigt zur Vornahme von Impfungen an 
Schweinebeständen behufs Bekämpfung des Rothlaufs derSchweine 
Lorenz’sehen Impfstoff auf Staatskosten zu be¬ 
schaffen. Die Bestellungen sind an die Impfstoffbereitungs¬ 
anstalt in Prenzlau zu richten und zwar mittelst Bestellzettel, 
welche vom Ministerium erhältlich sind. 


Die Verbreitung des Milzbrandes und Rauschbrandes im 
Deutschen Reiche während des Jahres i8g6. 

(Alis »Jahresbericht über die Verbreitung von Thicrseuchcn im Deutschen Reiche, be¬ 
arbeitet im Kaiserlichen Gesundheitsamte zu Rerlin. Elfter Jahrgang, das Jahr 1896. 

Berlin, Julius Springer 1897.) 

I. Milzbrand. 

Als erkrankt sind gemeldet 4422 Thierc und zwar 184 
Pferde, 3709 Rinder, 501 Schafe, 2 Ziegen, 26 Schweine. 
Gefallen oder getödtet sind alle Thiere bis auf 43 Stück Rind¬ 
vieh (99 °/o Mortalität). Milzbrand ist nicht vorgekommen in 
Mecklenburg-Strelitz, Schaumburg-Lippe, Lübeck, Waldeck, in 
den oldenburgischcn Fürstcnthümern Lübeck und Birkenfeld 
und im Herzogthum Koburg. Alle Kreise betroffen wurden 
in Sachsen-Weimar, Sachsen-Altenburg und Reuss j. L.; es 
weisen ferner hoheVerhältnisszahlen auf das Königreich 
Sachsen, Schlesien, Posen, Anhalt, Württemberg, Provinz Sachsen, 
Hohenzollern, Brandenburg, Rheinland. Die höchsten Er¬ 
krank u n g s z i f f e r n innerhalb einzelner Gehöfte 
wurden festgestellt in den Kreisen etc. Heydekrug (17 Pferde, 
39 Rinder in 4 Gehöften), Berent (1 Rind, 79 Schafe in 2 Ge¬ 
höften), Pyritz (3 Pferde, 26 Rinder, 50 Schafe in 7 Gehöften), 
ferner Regenwalde, Grimmen, Posen-Ost, Samter, Fraustadt, 
Wirsitz, Inowrazlaw, Strelno, Iserlohn. Die meisten Ver¬ 
luste an Thieren fallen auf das 3. Vierteljahr, demnächst auf 
das zweite. Die stärkste räumliche Verbreitung fällt 
in das zweite, demnächst in das erste Vierteljahr. Die höch¬ 
sten Erkrankungsziffern weisen auf unter den Pferden: 
die Regierungs- etc. Bezirke Lothringen (31 Fälle), Frankfurt 
(29), Gumbinnen (17), Oppeln (15), Breslau (14); unter dem 
Rindvieh die Regierungs- etc. Bezirke Breslau (299 Fälle), 
Potsdam (208), Düsseldorf (180), Frankfurt (172), Zwickau (139), 
Posen 134), Liegnitz und Wiesbaden (je 118), Merseburg (111), 
Pfalz (110), Oppeln (106), Sachsen-Weimar (94). In den am 
stärksten verseuchten Gebieten gestaltet sich das Verhältniss 
des erkrankten Rindviehs zu den überhaupt vorhandenen und 
zwar auf je 10000 nach der Viehzählung vom 1. Dezember 
1892 in den Regierungs- etc. Bezirken Düsseldorf 7,84, Braun¬ 
schweig 7,47, Zwickau 6,96, Potsdam 5,78, Breslau 5,43, 
Lothringen 5,22, Wiesbaden' 5,04, Neckarkreis 4,89, Aachen 
4,77 u. s. w. Die meisten Schafe erkrankten in den 
Regierungs- etc. Bezirken Bromberg (150), Danzig (79), Posen 
(68), Stettin (55). Die beiden Fälle bei Ziegen Hamen vor inj 
Kreise Beeskow-Storkow und im Bezirk Bautzen (Königreich: 
Sachsen). Schweine sind krank gemeldet in den Kreisen etc. 
Angerburg (5), Tnrnowitz (3), Grimmen, Goslar, Jork (je 2) 
und in 12 weiteren Kreisen (je 1).— Auf je 10000 vorhan¬ 
dene Thiere kommen 0,48 milzbrandkranke Pferde, 2,11 Stock. 
Rindvieh, 0,37 Schafe, 0,01 Ziegen, o k 02 Schweine. 


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No. 5. 


DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


43 


In auswärtigen Staaten kam Milzbrand vor wie folgt: Belgien: 
365 Fälle. Bulgarien: in 23 Ortschaften. Dänemark: in 137 Thier¬ 
beständen. Frankreich: in sämmtlichen Regionen; am stärksten in der 
östlichen und nördlichen Region. G r o s s b r i t a n n i en: 916 Fälle. Italien: 
in 588 Gemeinden Niederlande: 263 Fälle. Norwegen: 574 Fälle. 
Oesterreich stark betroffen waren Galizien und Niederösterreich. Bos¬ 
nien und Herzegowina 223 Fälle. Ungarn wies eine erhebliche Abnahme 
auf. Rumänien 86 Fälle. Russland: 29961 Fälle; am stärksten 
waren verseucht Grossrustland mit 12062 und Kleinrussland mit 4441 Fällen, 
am schwächsten der nördliche Kaukasus mit 810 Fällen. Schweiz: 
291 Fälle; davon im Canton Bern 107 Serbien: 96 Fälle; am stärksten 
betroffen war der Kreis Pirot mit 60 Fällen. 

Anlässe zu den Seuchenausbrüchen. Die Veran¬ 
lassung zum Auftreten des Milzbrandes bildete in einigen Fällen 
die Verarbeitung von Rohhäuten und die Verabreichung von 
Futter aus dem Auslande, sowie die mangelhaft ausgeführte 
Desinfection. Hauptsächlich ist jedoch die unzweckmässige Be¬ 
seitigung der Milzbrandkadaver und die Verwendung von auf 
Verscharrungsplätzen gewonnenem Futter die Ursache von Milz¬ 
branderkrankungen gewesen. 

Ermittelung der Seuchenausbrüche. Die meisten 
Fälle sind durch die Thierbesitzer zur Anzeige gebracht worden. 
Durch die thierärztliche Beaufsichtigung der Schlachthäuser und 
Abdeckereien, sowie bei der regelmässigen Fleischbeschau und 
bei der Beschau nothgeschlachteter Thiere sind eine grosse 
Zahl Milzbrandfälle ermittelt worden. 

Incubationsdauer: Fälle, in welchen die Incubations- 
dauer sicher ermittelt wurde, sind nicht mitgetheilt. 

Impfungen: In einem ständig verseuchten Gehöft des 
Bezirks Ehingen (Württ.) wurden 17 Stück, in einem neuver¬ 
seuchten Gehöft des Bezirks Gmünd (Württ.) 18 Stück Vieh 
geimpft. Eine Störung der Gesundheit wurde an keinem Impf¬ 
ling beobachtet. In den Gehöften sind 3 Impflinge und ein 
nicht geimpftes Thier nach 3 bezw. 5 Monaten an Milzbrand 
gefallen. 

Uebertragung auf Menschen; Von Uebertragungen 
des Milzbrandes auf Menschen sind 82 Fälle gemeldet, von 
denen 15 tödtlich verliefen. Am häufigsten erfolgte die An¬ 
steckung beim Zerlegen und Äbhäuten der erkrankten Thiere. 
Unter den erkrankten Personen befanden sich 21 Schlächter, 
2 Schäfer, 1 Kuhhirte, 1 Inspector, 1 Kurpfuscher, 1 Abdecker, 
1 Thierarzt (in der Kreisstadt Kreuznach). 

Gezahlte Entschädigungen: In Preussen wurden 
100 Pferde und 2124 Stück Vieh 1 ) mit 505696,05 Mk., ent¬ 
schädigt, in Bayern 2 Pferde und 635 Stück Rindvieh 1 ) mit 
120982,44 Mk., in Sachsen 2 Pferde und 278 Stück Rindvieh 
mit 72854,40 Mk., in Württemberg 4 Pferde und 307 Stück 
Rindvieh mit 70860 Mk., in Baden 1 Pferd und 120 Stück 
Rindvieh mit 27461,11 Mk., in Sachsen-Weimar 97 Stück Rind¬ 
vieh mit 23 076 Mk., in Braunschweig 89 Stück Rindvieh 1 ) mit 
26445,33 Hk., in Sachsen-Altenburg 24 Stück Rindvieh 1 ) mit 
6652 Mk., in Reuss ä. L. 5 Stück Rindvieh mit 1 240 Mk., in 
Reuss j. L. 19 Stück Rindvieh mit 5051,94 Mk., in Eisass- 
Lothringen 44 Pferde und 122 Stück Rindvieh 1 ) mit 67 432,80 Mk. 
Die Entschädigungen betragen hiernach zusammen 927 752,07 Mk. 
für zusammen 153 Pferde und 3820 Stück Rindvieh. 

Gesetzgebung; Der Regierungspräsident zu Bromberg 
hat angeordnet (27. Juli 96.), dass Impfungen von Thieren gegen 
Milzbrand nur von geprüften Thierärzten oder von den Eigen¬ 
tümern persönlich vorgenommen werden dürfen. In Württem¬ 
berg hat der Minister des Innern eine besondere die Verhütung 
der Uebertragung des Anthrax auf Menschen bezweckende 
Verordnung erlassen (18. Februar 1896). Hessen hat durch 
Gesetz (7. Juli 1896) die Entschädigung für an Milzbrand ge¬ 
fallene Thiere eingeführt. Ebenso Anhalt (24. März 1896 bezw. 
6. November 1896) und Waldeck (14. Dezember 1896). 

II. Rauschbrand. 

Der Rauschbrand ist vorgekommen in Preussen, Bayern, 
Sachsen, Württemberg, Baden, Hessen, Sachsen-Meiningen, 


') Einschliesslich der Rauschbrandfälle. 


Sachsen-Altenburg und Bremen. Erkrankt sind 5 Pferde, 
1108 Rinder und 4 Schafe. Betroffen wurden 613 Ge¬ 
meinden bezw. 1015 Gehöfte. Von den 1112 erkrankten 
Thieren sind alle gefallen oder getödtet bis auf 3 Rinder und 

I Schaf, welche genasen. Die meisten Erkrankungsfälle und 
die stärkste räumliche Verbreitung fielen in das dritte 
Vierteljahr, demnächst in das vierte. Die höchsten Er¬ 
krankungsziffern weisen auf die Kreise etc. Sonthofen 
(118), Rees (70), Uffenheim (48), Mörs (46), Mergentheim (42), 
Lüdinghausen (33), Nördlingen (32), Prüm (31), Steinfurt (27), 
Tölz (26), Cleve (24), Schlüchtern (24) u. s. w. 

Im Auslande ist Rauschbrand in folgenden Staaten vorgekommen: 
Belgien: 281 Fälle: davon in Weslflandern 145. Bulgarien: in zwei 
Ortschaften. Frankreich: in 55 Departements aller Regionen, besonders 
der südlichen. Italien: 67 Fälle, und zwar in den Provinzen Venetien, 
Emilia und Lombardei. Norwegen: 14 Fälle. Von Oesterreich ist 
Niederösterreich am stärksten betroffen worden. Bosnien und Herzegowina: 

II Fälle. Schweiz: 912 Fälle, davon die meisten in den Cantonen Bern, 
Freiburg und Waadt. 

In den meisten Fällen wird als Anlass zu Seuchen¬ 
ausbrüchen die zweckwidrige Verscharrung von Rausch- 
brandcadavern angegeben. 

Ermittelt wurde der Rauschbrand in einer Abdeckerei 
und bei einer polizeilich angeordneten Untersuchung aller ge¬ 
fährdeten Thiere in je einem Fall, drei Mal bei ^er thierärzt¬ 
lichen Beschau nothgeschlachteter Thiere. 

Schutzimpfungen sind im Jahre 1896 in Bayern und 
Baden ausgeführt worden. In Bayern wurden 3446 Stück Jung¬ 
vieh (9,7°/„ des gesammten Bestandes) der Schutzimpfung unter¬ 
worfen. Von den Impflingen verendeten 14 an Impfrauschbrand 
und 18 an natürlichem Rauschbrand. Von den in den betr. 
Gemeinden nicht geimpften Thieren fielen 192 an Rauschbrand. 
In Baden sind 1234 Jungrinder geimpft. Von den Impflingen 
starben 6; an natürlichem Rauschbrand erkrankte keines der 
geimpften Thiere. 

An Entschädigungen wurden gezahlt in Sachsen für 
4 Rinder 1064 Mk., in Baden für 57 Rinder 8319,40 Mk. (Für 
die anderen Staaten ist die für Rauschbrand entschädigte Summe 
mit in den für Milzbrand gewährten Entschädigungen ent¬ 
halten.) Fr oehner -Fulda. 


Die Rinderpest in Süd-Afrika. 

Am 14. und 15. Oktober 1897 hat, den »Veröffentlichungen 
des Kaiserlichen Gesundheitsamts« zufolge, in Kapstadt eine Con- 
ferenz wegen der Impfung gegen Rinderpest zwischen 
dem Thierarzt der Kolonie, dem Direktor des Bakteriologischen 
Instituts und den im Dienst des Koch’schen Laboratoriums 
zu Kimberley angestellten Aerzten stattgefunden, welche im 
wesentlichen zu folgenden Ergebnissen führten: 

Die Impfung mit Galle in solchen Bezirken, wo sie noch 
nicht vorgenommen ist, soll unterbleiben und statt dessen die 
Serummethode angewandt werden. Die mit Koch'scher Galle 
geimpften Thiere sollen nicht mit Rinderpestblut nachgeimpft 
werden, weil erfahrungsmässig diese Nachimpfung keine stärkere 
Immunität gewähre als die blosse Gailimpfung. 

Milchvieh, welches nach Koch mit Galle geimpft ist, 
möge der Eigenthümer, wenn er die Impfung mit Serum und 
Rinderpestblut vermeiden will — da dieses Verfahren die Thiere 
am Milchgeben und häufig auch am Kalben hindere — mit 
reiner Galle wiederimpfen lassen; dadurch wird Monate lang 
die Krankheit ferngehalten und die Milchnutzung nicht ausfallen. 

Was die glycerinirte Galle betrifft, so verlangt diese 
Methode die Einimpfung von '/, 0 ccm Rinderpestblut am zehnt¬ 
folgenden Tage. Man hatte empfohlen, eine zweite Impfung 
14 bis 17 Tage später vorzunehmen, was manchmal befrie¬ 
digende Resultate ergeben, mitunter aber auch eine beträcht¬ 
liche Sterblichkeit zur Folge gehabt hat. Die Conferenz musste 
daher, ohne gerade einer zweiten Impfung mit Rinderpestblut 
entgegenzutreten, ihre allgemeine Einführung als recht gefährlich 
widerrathen. 


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44 

Präparirtcs Serum ist weit besser und zweckdienlicher als 
defibrinirtes Blut, und cs empfiehlt sich der Gebrauch desselben 
dringend, sofern es erhältlich ist. 

In Deutsch-Südwestafrika war, Nachrichten vom 
15. Oktober 1897 zu Folge, die Blutnachimpfung in den Be¬ 
zirken Swakopmund, Otyimbingue und im engeren Polizeibezirk 
Windhoek beendet. Im Bezirk Rehoboth sollte sie in den 
nächstfolgenden Tagen beendet sein. Im Polizeibezirk Wind¬ 
hoek sind vom I. August bis 7. Oktober 2875 Rinder mit 
Blut nachgeimpft worden, von welchen nur 17 verendeten. 
Von den Bezirken Rehoboth und Swakopmund stehen genaue 
Angaben über den Erfolg der Impfung noch aus. Im Polizei¬ 
bezirk Windhoek wurden 5000 Stück Rindvieh durch die Impfung 
nach der Koch’schen Methode gerettet. Es dürfte dies etwa 
der vierte Theil der im ganzen Verwaltungsbezirk Windhoek 
hierdurch geretteten Rinder sein. Im Nordbezirk waren 30782 
Rinder mit Galle geimpft worden. Ueber den Erfolg ist Ge¬ 
naueres noch nicht bekannt. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Viehseuchen - Entschädigung. 

Der dem Landtag zugegangene Antrag Steininger, be¬ 
treffend Viehseuchen-Entschädigung, lautet: Es sei an 
die Königl. Staatsregierung die Bitte zu richten, dem gegen¬ 
wärtig versammelten Landtage einen Gesetzentwurf vorzulegen, 
wonach für Verluste durch Seuchen bei den Rindviehbeständen, 
soweit hierfür nicht bereits durch die bisherige Gesetzgebung 
Vorsorge getroffen ist, in ähnlicher Weise wie bei Milzbrand 
Entschädigung für gefallene Thiere aus der Staatskasse gewährt 
wird. Die Entschädigung soll Ä / 10 des gemeinen Werthes be¬ 
tragen. Wenn diejenigen Viehbesitzer, die auf Grund dieses 
Gesetzes eine Entschädigung erhalten sollen, Mitglieder eines 
Viehversicherungs-Ortsverbandes sind, so soll die Entschädigung 
dem betreffenden Ortsverbande als Beitrag überwiesen werden. 


Agenturen von Viehversicherungsgesellschaften. 

Nach einem Runderlass des preussischen Land- 
wirthschaftsministers, des Cultusministers und des Mi¬ 
nisters des Innern an sämmtliche Oberpräsidenten ist es wieder¬ 
holt vorgekommen, dass Fleischbeschauer und amtlich mit der 
Fleischschau befasste Kreisthierärzte und Schlachthausthierärzte 
gleichzeitig Agenten von Viehversicherungsgesell¬ 
schaften waren. Bei der Art einer solchen Nebenbeschäfti¬ 
gung können leicht Conflicte mit der amtlichen Thätigkeit und 
sonstige Unzuträglichkeiten entstehen. Zur Vermeidung der¬ 
selben empfehle cs sich daher, den beamteten Thierärzten die 
Uebernahme solcher Agenturen zu untersagen. Wegen Erlasses 
eines derartigen Verbotes sei das Erforderliche zu veranlassen. 


Sombart *f\ 

Anton Ludwig Sombart, Rittergutsbesitzer in Ermsleben 
am Harz, ehemaliger Landschaftsdirector der Provinz Sachsen, 
ist am 12. Januar nach kurzem Krankenlager im 82. Lebens¬ 
jahre gestorben. Mit ihm ist einer der besten Gönner des 
thierärztlichen Standes aus diesem Leben abgerufen worden. 
Ursprünglich Geometer und Special-Commissär in der Provinz 
Sachsen, ging er 1850 zur Landwirthschaft über, zu deren 
Verbesserung und Vervollkommnung, besonders auf dem Ge¬ 
biete der Zuckerfabrikation, er sehr viel beigetragen hat. Ein 
ganz hervorragendes Interesse widmete er namentlich auch den 
Fragen der Vermehrung der kleinen landwirthschaftlichen Be¬ 
sitzungen durch Parcellirung grosser Güter. Durch eine lange 
Reihe von Jahren dem preussischen Abgeordnetenhause und 
dem deutschen Reichstage und zwar als Mitglied der national¬ 
liberalen Partei angehörig, galt er als eine der ersten Autori¬ 
täten in allen landwirthschaftlichen Fragen, deren Wort nicht 


29. Januar. 

ungehört verhallte. »Nun ist er«, so sagt die National-Zeitung, 
»hochbetagt dahingegangen, ein warmherziger Mann, ein treuer 
aufrichtiger Politiker, dessen Andenken überall in Ehren ge¬ 
halten werden wird.« Dies zu thun, haben namentlich auch 
die Thierärzte volle Veranlassung, für deren Interessen er stets 
mit Wärme eintrat, wenn es sich um die Hebung des thier¬ 
ärztlichen Standes und um die Schaffung besserer Einrichtungen 
auf dem Gebiete des Veterinärwesens handelte. Dam mann. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Praktische Anleitung zur Trichinenschau von Dr. R. Long, 
Gerichtsphysikus und Medicinalrath in Berlin, und 
M. Preusse, Departements-Thierarzt und Veterinär- 
Assessor in Danzig. Mit vielen Abbildungen. II. Auf¬ 
lage. Berlin 1898. Verlag von Richard Schoetz, Louisen¬ 
strasse 36. — Preis geb. 2 Mk. 

Das Schriftchen präsentirt sich in zweiter Auflage. Schon die That- 
sache, dass es trotz zahlreicher Concurrenten binnen drei Jahren vergriffen 
ward, liefert den Beweis, dass es in den belheiliglen Kreisen als ein brauch¬ 
barer Wegweiser erkannt worden ist. Die Auseinandersetzungen über Bau 
und Entwickelung der Trichine, sowie über die Ausübung der Trichinen¬ 
schau sind klar und verständlich, so dass sowohl Derjenige, welcher sich für 
letztere ausbildet, neben dem Unterricht bei dem Lehrer von dem BUchelchen 
einen zweckmässigen Gebiauch, um das Erlernte zu befestigen, machen, als 
auch der schon thätige Trichinenschauer in zweifelhaften Fällen zuverlässigen 
Aufschluss aus ihm erlangen wird. Die Schrift bietet sogar noch mehr, als 
ihr Titel besagt, indem sie auch zur Finnenschau die Anleitung giebt. 

Gute Abbildungen in grosser Zahl erleichtern das Verständnis des 
Inhaltes wesentlich. Wir können das kleine Buch allen Interessenten für 
Fleischbeschau, in erster Linie aber den Trichinenschauern selber nur warm 
empfehlen. Dr. Dam mann. 


Personal-Nachrichten. 

Auszeichnungen : Dem Privatdocenten an der Universität und Do- 
centen für Fischzucht an der thierärztlichen Hochschule in München Dr. B. 
Hofer wurde vom bayerischen Landes-Fischereiverein das Ehren-Diplom 
verliehen. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitzver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Thierarzt Hettenhausen in 

Reifenhausen wurde zum interim. Kreisthierarzt des Kreises Mörs mit dem 
Wohnsitz in Xanten, Thierarzt Dr. Pöppel aus Stettin wurde zum Thier- 
zuchtinstructor des ostpreuss. landw. Vereins und zum Geschäftsführer der 
ostpreuss Holländer Heerdbuchgesellschaft in Königsberg ernannt. Thier¬ 
arzt Fessler in Meppen wurde zum Schlachthofinspector in Weimar, 
Th. Günther in Chemnitz zum städt. Polizeithierarzt in Waldheim gewählt. 
Thierarzt Schmidt in Schönberg (Meckl.) mit der Vornahme der Fleisch¬ 
beschau dortselbst betraut, Schlachthofinspector H a r t m a n n in Raviisch 
lebenslänglich mit Pensionsberechtigung angestellt. 

Der Königl. Kreisthierarzt G. Zippelius von Würzburg wurde seinem 
Ansuchen entsprechend wegen Krankheit in den bleibenden Ruhestand ver¬ 
setzt unter Anerkennung seiner langjährigen treuen und eifrigen Dienst¬ 
leistungen. 

Das Fähigkeitszeugniss für die Anstellung als beamteter 

Thierarzt in Preussen haben erworben die Thierärzte Ah Iburg in 
Bockenem, Storch in Schmalkalden, Heine in Hannover, Pfleger in 
Elberfeld, Friese in Hannover, M a t z k i in Königsberg. 

Die thierärztliehe Fachprüfung bestanden in Berlin: Walther 
H u t h , Otto C1 a u s s e n , Heinrich Bresser, Georg Schade, Hellmuth 
Stamm, Kurt Moldhof, Hans Davids; in Hannover: Sasse aus 
Barmen, Schulze aus Neuhaldensleben, D e t e r t s aus Jennelt, Hemprich 
aus Bittkau, Schinke aus Aschersleben, Harting aus Meinsen, Bob eil 
aus Gelnhausen. 

Gestorben : Der Hofthierarzt H. L i e s in Braunschweig (Näheres 
werden wir in nächster Nummer bringen), Thierarzt Harder in Mewe. 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thierärztliche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der Macklofschen Druckerei in Karlsruhe i. B. 


DEUTSCHE TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Deutsche 

Thierärztliche Wochenschrift 


herausgegeben von 

Prof. Dr. Dammann, D r Lydtin, Prof. Röckl, 

Geheimer Regiernngs- und Medicinalrath, n Geheimer Regierungsrath und Mitglied 

Director der Thieriirztlichen Hochschule Geheimer^Oberregie^nuigarath des Kaiserlic h en Gesundheitsamtes 

in Hannover. ' in Berlin. 

Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 

Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Freiburg i. B. 

redigirt von 

Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thieriirztliche Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784a. 


- Sftmmtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 

werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 
SUwIlStPP JuhrfTHIIO“. Correcturen und Anzeigen an die Expedition der 
^ U BIC P P Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 

in Karlsruhe (Baden). 



Ausgegeben am 5. Februar. 



898. 


Uebersicht der Resultate des Betriebes der 
öffentlichen Schlachthäuser und der Ross¬ 
schlächtereien in Preussen in der Zeit vom 
1. Januar bis 31. Dezember 1896. 

Von Dr. Edelmann - Dresden. 

Das Königlich preussische Ministerium für Landwirthschaft, 
Domänen und Forsten hat unter dem vorstehenden Titel einen 
37 Folio-Seiten umfassenden Bericht herausgegeben, der aus 
4 Theilen besteht. Im ersten Abschnitte werden die Ergebnisse 
der Beschau in den Schlachthäusern der Monarchie, Welche 
nach Regierungsbezirken geordnet sind, einzeln aufgeführt. 
Dann folgt in einer Tabelle eine Zusammenstellung, welche 
die Gesammtergebnisse der Beschau in den einzelnen Regie¬ 
rungsbezirken zusammenfasst. Hieran schliesst sich eine Ueber¬ 
sicht über die Schlacht- und Beschau-Ergebnisse in den Ross¬ 
schlächtereien und der letzte Theil zeigt eine Tabelle mit den 
Procentsätzen der mit Tuberculose behafteten, geschlachteten 
bezw. in geschlachtetem Zustande eingeführten Rinder in den 
einzelnen Regierungsbezirken.. 

Aus den beiden ersten Abschnitten ist hervorzuheben, 
dass die Zahl der öffentlichen Schlachthäuser in 
Preussen zur Berichtszeit 321 betrug und somit gegen das 
Vorjahr mit 307 Schlachthäusern um 14 zugenommen hat. 
Diese Zunahme ist etwas geringer als die von 1894 zu 1895, 
welche 17 neue Schlachthäuser aufwies. Von den 321 Schlacht¬ 
häusern besitzen 273 = 85 "/o eine Freibank gegen 248 im 
Vorjahre. Diese Zunahme der Freibänke um 25 übersteigt die 
Zahl neueröffneter Schlachthäuser um 11, sodass also n schon 
bestehende Schlachthäuser nachträglich noch Freibänke ein¬ 
gerichtet haben. Die Vertheilung der Schlachthäuser nach den 
einzelnen Regierungsbezirken und die Gesammtergebnisse der 
Beschau in denselben ist aus umstehender, dem zweiten Ab¬ 
schnitte des Berichtes entnommener Tabelle ersichtlich. 

Vergleicht man die Zahlen der geschlachteten 
Thiere mit denen des Vorjahres, so ergiebt sich, dass die 
Schlachtungen allenthalben zugenommen haben und zwar: 
bei Rindern um 8,9 7o bei Schafen um 3,6 °/ 0 

„ Kälbern „ 10,6 "/ 0 ,, Schweinen,, 12,8 "/ 0 

Versucht man sich einen Ueberblick über die beanstan¬ 
deten bezw. beschlagnahmten und ganz oder theil- 
weise verworfenen Thiere zu verschaffen und die ge¬ 
fundenen Zahlen mit entsprechenden aus dem Vorjahre zu 
vergleichen, so kommt man zu folgenden Ergebnissen. 


Es wurden vollständig verworfen: Von den ge¬ 
schlachteten Rindern 3716 = 0,5070, gegen 0,75 7o des Vor¬ 
jahres; von den geschlachteten Kälbern 3149 = 0,28 °/o, gegen 
0,23 7o des Vorjahres ; von den geschlachteten Schafen und 
Ziegen 1282 = 0,11 °/o» gegen °> I2 °/o des Vorjahres; von den 
geschlachteten Schweinen 22893 = 0,75 °/oi gegen 0,63 °/ 0 des 
Vorjahres. 

^Bei Berechnung dieser Zahlen und auch der folgenden 
stösst man allerdings auf Schwierigkeiten und ist theilweise 
auf Schätzungen angewiesen, da bezüglich der Kälber, Schafe, 
Ziegfcn und Schweine die amtliche Statistik keinen Aufschluss 
giebf, wieviel .Thiere wegen Tuberaulose ganz oder theiiv&eise 
beschlagnahmt worden sind und weil nicht ersichtlich ‘ ist, 
welche Zahl der finnigen Schweine vernichtet bezw. noch 
verwerthet wurde. Um aber wenigstens annähernde Zahlen 
zu erhalten, könnte man annehmen, dass bei Kälbern, Schafen 
und Ziegen sämmtliche als tuberculös geführten Thiere ver¬ 
worfen wurden, während bei Schweinen von den als tuberculös 
und finnig bezeichneten Thieren nur je ein Dritttheil als ver¬ 
nichtet, die beiden anderen Dritttheile aber als theilweise ver¬ 
werthet zur Verrechnung gelangten. 

Unter diesen Voraussetzungen erhält man bezüglich der als 
theilweise verworfenen Thiere folgende Zahlen. Es 
wurden theilweise verworfen: Von den geschlachteten Rindern 
4318 = 0,597 0 , gegen 0,357 0 im Vorjahre; von den geschlach¬ 
teten Kälbern 414 = 0,03 °/o> gegen 0,02 °/ 0 im Vorjahre; 
von den geschlachteten Schafen und Ziegen 2267 = 0,206 °/ 0 , 
gegen 0,07 °/o im Vorjahre; von den geschlachteten Schweinen 
40303 = 1,337°. g e g cn 1.067«, »m Vorjahre. 

Von besonderem Interesse sind Vergleiche in der 
Tuberculosestatistik. Es wurden tuberculös befunden 
unter den sämmtlichen geschlachteten 

Rindern. 104272=14,30 °/o, gegen 12,7 °/ 0 imVorj., 

Kälbern. 1257= 0,11 °/ 0 , „ 0,08 °/ 0 „ „ 

Schafen u. Ziegen 760= 0,072 °/ u , „ 0,075 °/ 0 .. .. 

Schweinen ... 54558= 1,80 f /„, „ 1,35 °/o » .. 

Hieraus geht hervor, dass die Tuberculose aber¬ 
mals häufiger festgestellt worden ist bei allen 
Schachtthiergattungcn, ausgenommen Schafe und Ziegen, 
unter denen die Verhältnisse ungefähr gleichgeblieben sind. 
Bei Rindern ist die Zunahme am auffälligsten mit j* 1,6 7 „ , 
während sie bei Schweinen 0,45 °/ 0 und bei den Kälbern 0,03 °/ 0 
beträgt. 

Hinsichtlich der Häufigkeit der Rindertuberculose 
in den einzelnen Regierungsbezirken zeigt sich, dass 
über dem Durchschnitt stehen: Schleswig mit 39,6 w /<>* 


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4 6 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


5. Februar. 


1. 2. 8 . 4. 5. 


Laufende Nummer 1 

Regierungs-Bezirk. 

Anzahl der Städte 
etc., in welchen sich 
öffentliche Schlacht¬ 
häuser befinden 

Zahl der geschlachteten 




Davon 

waren 

Rotz 

Tubercu- 

Pferde 

Rinder 

<L> C 

•14 

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Schweine 

Pferde 

Pferde 

Rinder 

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0 2 
0 - " 

U 

a c 

11 

U O 

ä* 

2* 

Schafe und 
Ziegen 
(zusammen) 

1. 

Königsberg. 

24 

838 

21 469 

33171 

59 770 

102 571 



2 986 

13,9 

35 

20 




3 

4 600 

13719 

16 044 

22 778 



406 


6 

2 

2. 

Gumbinnen. 

13 


9 330 

12 805 

36 035 

51230 



292 

3,2 

2 






1 016 

2 689 

6 743 

6 112 


. 

29 


• 


3. 

Danzig. 

5 

449 

12 427 

15 279 

25 227 

67 981 



3 530 

28,4 

72 

185 




2 

962 

3 237 

1 966 

4 691 



76 


4 


4. 

Marienwerder. 

21 

120 

12168 

22 686 

23 866 

65 085 


. 

1 626 

13.4 

36 

59 





1 036 

3 990 

1 460 

6 741 



17 



1 

5. 

Berlin. 

1 


145 002 

138 739 

393 946 

688 868 



28 968 

19,9 

207 

12 





48 002 

130 972 

34 466 

138 709 



206 


2 

1 

6. 

Potsdam. 

12 

1 141 

14 763 

> 24 617 

31538 

81532 

1 

2 

2 509 

16,9 

28 

7 




2 

1 776 

6 219 

2 276 

8 324 



76 


3 


7. 

Frankfurt. 

10 

909 

16 885 

39 423 

27 363 

98809 


2 

2 277 

13.5 

30 

20 




3 

1 292 

4 667 

3 663 

6 764 


126 




8. 

Stettin. 

7 

701 

12 210 

18 251 

30932 

60 965 

■! 8 

2 045 

16,7 

85 

36 




1 

4 470 

6 263 

3 471 

6 669 


629 

. 

24 

2 

! 9 . 

Köslin. 

9 

181 

5 566 

12 187 

19 072 

28097 


1322 

23,7 

34 

9 




1 

1 274 

4 800 

2 966 

4 461 


146 


9 

3 

10 . 

Stralsund. 

4 

357 

3 761 

7 669 

10 990 

18 853 

. 

1095 

29,i 

72 





2 

22 

91 

13 

34 







11 . 

Posen. 

16 

19 

6444 

16 451 

10 207 

35 751 



637 

9,9 

22 

24 





333 

1 204 

626 

2 699 



1 


4 


12 . 

Bromberg. 

16 

7 

11912 

22 692 

24 884 

67 671 



2 632 

21 3 

24 

60 





302 

914 

1 879 

2 460 

. 

19 


1 


13. 

Breslau. 

17 

1764 

34 973 

71828 

36 649 

146 563 

1 

2 

2 921 

8,3 

50 

24 






3678 











6 

638 

1 040 

318 

2 689 

# 


73 


1 







168 








14. 

Liegnitz. 

14 

1 853 

19 367 

55 905 

25 915 

82 297 

1 


2174 

11,8 

41 

56 




1 

2 166 

6 320 

1 671 

7 431 



63 



3 

15. 

Oppeln. 

19 

684 

28 947 

41656 

11352 

158 316 


i 

3 789 

13,1 

33 

37 




4 

8 440 

21 678 

4 161 

27 929 



1 196 



6 

16 

Magdeburg. 

8 

1550 

21338 

31 973 

33 553 

104 125 

. 


4 267 

19,9 

40 

22 




16 

1 416 

2 031 

444 

786 



121 


1 


17. 

Merseburg. 

6 

2 036 

14 742 

.. 27 265 

26 137 

66 397 


4 

3 903 

26,5 

41 

- 127 




16 

168 

179 

90 

1 366 



22 




18. 

Erfurt. 

3 

222 

8011 

11466 

12 425 

30 006 



966 

12,1 

5 

5 




4 

7 

3 


9 







19. 

Schleswig. 

1 

602 

9 604 

15 610 

8 880 

24 552 


i 

3 812 

39,6 

206 





80 

61 

1 811 

221 

89 





1 


20. 

Hannover. 

3 

1625 

16 757 

22 631 

19 018 

80164 

i 

4 

1193 

7,6 

9 





4 

2 186 

8 634 

9 092 

6 703 







21. 

Hildesheim. 

6 

651 

7 395 

17 819 

12 672 

34 973 

2 


865 

11,7 

2 





3 

234 

979 

182 

404 


. 





22. 

Lüneburg . 

3 

679 

5 903 

4 468 

10 694 

28 434 


1 

1273 

21,6 

42 

7 




16 

287 

109 

268 

164 







23. 

Stade . 

2 

74 

1323 

1470 

2106 

5 259 



130 

9,8 

14 





2 

3 


22 

• 



1 




24. 

Osnabrück . 

2 

479 

2 811 

6 318 

1521 

9 972 



38 

0,9 






13 

618 

2 176 

874 

1 444 







25. 

Aurich. 

4 

88 

2 942 

3 768 

13 698 

6 815 



496 

16,9 

1 






93 


66 

100 







26. 

Münster. 

8 

424 

9134 

, 13 631 

5140 

27 899 


i 

655 

7,2 






6 

41 

19 

2 

238 



1 




27. 

Minden . 

7 

776 

10 284 

19 006 

5 242 

22 208 

1 

4 

376 

3,7 

2 





6 

230 

3 032 

414 

1 190 

_ 






28. 

Arnsberg . 

25 

3101 

45181 

< 54148 

14 103 

145 772 


i 

6174 

13,7 

13 





14 

663 

1 781 

1 640 

4 079 







29. 

Cassel . 

11 

367 

18 357 

, 36 207 

18 660 

65 021 



1107 

6,0 

7 

5 




2 

628 

, 4 066 

2 669 

3 266 



1 

. 


. 

30. 

Wiesbaden . 

4 

913 

35 155 

. 76 010 

36 622 

129 355 



4 811 

13,7 

5 

3 




10 

261 

394 

209 

3 110 



8 


1 

4 

31. 

Coblenz . 

6 

237 

11713 

25 383 

6 582 

29 202 



1864 

16,9 

6 

3 





102 

16 

4 

16 



14 




32. 

Düsseldorf . 

17 

3 261 

96 254 

85417 

58 803 

281 761 


5 

8 576 

8,9 

20 

8 




20 

1 208 

726 

463 

10316 



19 




33. 

Cöln . 

4 

1317 

32 978 

60 473 

30 260 

124 822 


i 

1224 

3,8 

22 

12 




2 

1 363 

416 

1 634 

1 119 

. 


6 




34. 

Trier. 

8 

485 

11 787 

24 104 

6173 

35 010 

1 

i 

1292 

10,9 

13 

9 




3 

266 

222 

39 

211 



17 




35. 

Aachen. 

4 

452 

9 854 

16 485 

7 923 

25 669 



2 501 

25,4 

39 

9 




32 

106 

326 

229 

6 919 







36. 

Sigmaringen. 

2 

• 

1087 

1774 

139 

2 372 



46 

4,2 


1 


Summe . . 

321 

28 162 

726824 

r 088 784 

1 096 997 

3 018 367 

8 

33 

104 272 

14,34 

1257 

760 






36 

78 











272 

86 907 

231 400 

97 934 

288 664 



3 168 


67 

21 






168 









Anmerkung. 1. Die kleingedruckten Zahlen bedeuten auswärts geschlachtetes und in Städten mit öffentlichen Schlachthäusern eingefuhrtes Vieh. a. In den Spalten 6b und 7b 
Lunge oder Leber verworfen sind, und ferner solche, deren Fleisch als minderwerthig der Freibank fiberwiesen ist. 


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No 6. 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


behaftet mit: 
lose 


Als rur mensch¬ 
lichen Nahrung un¬ 
geeignet wurde 


Als zur menschlichen Nahrung ungeeignet wurde aus anderen Gründen verworfen 
das Fleisch von wieviel 


4 

9 

579 

170 

14 

9 

41 

16 

4 


36 

14 

i 

1 

17 

4 

• 

4 

6 

1 


1 


119 

186 

131 

96 

1 

3 

118 

42 

24 

• 

28 



19 

' 3 

30 

3 

1810 

108 

3159 

86 


wegen Tuberculose 


verworfen das 


fleisch von wieviel 

"E 

Rindern, und zwar: 

0- 

I b. theil- 




1 

Pferden 

Rindern 

Kälbern 

unter 

6 Wochen 

J § B 

31 .??! 

Schwei¬ 

nen 

zwar: 


309 

80 

65 

74 

46 , 

16 

9 

6 

56 

24 

17 

104 

. 

4 

. 




4 

98 

30 

60 

3 

7 

49 

5 

9 


65 

’ 4 

9 


19 

’ 6 

85 


23 

’ 5 

15 

22 

’ 8 

11 

66 

* 4 


m 

’ 4 

34 

24 

315 

16 

11 

1 


28 

’ 6 

73 

40 

77 

13 

138 

’ 7 

22 

857 

208 

99 

8 


35 

’ 9 

14 

’ 9 

10 

33 

1 


2704 

2914 

168 

96 



522 I 3654 


168 96 | 3 | 981 788 86 199 9 109 49 16 18 | 

ist nur die Zahl derjenigen Thiere eingestellt, von denen ein Viertel und mehr verworfen worden ist Unberücksichtigt sind gelassen die Thiere, von denen nur einzelne Organe, wie 


126 1404 414 2267 1825 273 

9 109 49 16 18 


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48 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


5 . Februar. 


Stralsund mit 29,1 %, Danzig mit 28,4 °/ 0 , Merseburg mit 26,5%, 
Aachen mit 25,4 °/ 0 Köslin mit 23,7%, Lüneburg mit 21,6°/ 0 - 
Bromberg mit 21,3%, Berlin und Magdeburg mit 19,9%» 
Potsdam und Aurich mit 16,9 °/ 0 , Stettin mit 16,7 °/ 0 , Coblenz 
mit 15,9%. —Unter dem Durchschnitt bleiben: Königs¬ 
berg 13,9%, Arnsberg und Wiesbaden mit 13,7°/,,, Marien¬ 
werder mit 13,4%, Frankfurt a. O. mit 13,5 °/ 0 , Oppeln ,mit 
13,1 ° 0 , Erfurt mit 12,1 °/ 0 , Hildesheim mit 11,7 °/ 0 , Liegnitz 
mit 11,2°/ 0 , Trier mit 10,9%, Posen mit 9,9%, Stade 'mit 
9,8 °/ 0 , Düsseldorf mit 8,9 %, Breslau mit 8,3 %, Hannover 
mit 7,6 %, Münster mit 7 , 2 %, Cassel mit 6,0 °/ 0 , Sigmaringen 
mit 4,2 °/ 0 , Cöln mit 3,8 °/ 0 , Minden mit 3,7%, Gumbiiinen 
mit 3,2 °/o, Osnabrück mit 0,9%. 

In der Häufigkeit der Tuberculose bei Sch weinen 
zeigt den höchsten Stand Schleswig (wie bei der Rindertubercu- 
lose) mit 6,7 °/o, es folgen dann über dem Durchschnitt 
von 1,80% stehend Danzig (4,3%), Stade (3,7), Berlin (3,5), 
Stettin, Lüneburg und Merseburg (3,3), Marienwerder und 
Bromberg (2,9), Königsberg und Aachen (2,7), Köslin und 
Posen (2,2), Potsdam (2,1). In den übrigen Regierungsbezirken 
bewegt sich der Stand der Schweinetuberculose unter dem 
Durchschnitt und nimmt die niedrigste Stelle (wie bei : der 
Rindertuberculose) ein Osnabrück mit 0,01%. 

Dass diese Tuberculosestatistik weder ein genaues Bild 
geben kann von dem Vorkommen der Tuberculose unter den 
Rindern und Schweinen in den einzelnen Regierungsbezirken, 
noch auch eine Vergleichung der Bezirke untereinander zulässt, 
bedarf keiner besonderen Hervorhebung. Gerade die Tubercu¬ 
losestatistik wird von so mannigfachen Verhältnissen, auf die 
hier nicht näher eingegangen werden kann, beeinflusst, dass 
nur nach sorgfältiger Erwägung derselben untereinander und 
Prüfung der Grundbedingungen, von denen die Statistik mehr 
oder weniger abhängig ist, vergleichende Schlussfolgerungen 
berechtigt sind. 

Ueber die Verwerthung der tuberculösen Schl»cht- 
thiere erhält man aus der Statistik nur bezüglich der Rinder 
genauen Aufschluss. Von denselben wurden gänzlich verworfen 
2704 = 2,6 °/o der tuberculösen Rinder gegen 4,5% im Vor¬ 
jahre, theilweise verwerthet' 2914 = 2,8% gegen 1,7 % im 
Vorjahre. Trotzdem also die Rindertuberculose um 1,6% zu¬ 
genommen hat im Vergleiche zum Vorjahre, ist dennoch die Ver¬ 
werthung der tuberculösen Rinder eine wesentlich bessere 
gewesen. Die Zahl der verwertheten Rinder ist um 1,9% 
gesunken und hiermit in Verbindung stehend, die der nur theil¬ 
weise verworfenen um 1,1 °/o gestiegen. Und diese Verhältnisse 
sprechen ganz besonders dafür, dass die Fleischbeschau 
in der Beurtheilung der tuberculösen Rinder mi)der 
geworden ist. Auch der Zunahme der Freibänke dürfte 
ein Antheil an diesem Fortschritte zufallen. 

In welcher Weise die übrigen tuberculösen Schlachtthiere 
verwerthet worden sind, kann man unter den oben angegebenen 
Voraussetzungen wiederum nur schätzungsweise berechnen. Die 
als tuberculös berichteten Kälber, Schafe und Ziegen 
würden dann sämmtlich vernichtet sein, während von den 
Schweinen 3330 der tuberculösen vernichtet und 66,6% 
theilweise verwerthet worden wären. 

Rinderfinnen wurden doppelt so häufig ge¬ 
funden, als Schweinefinnen. 1810 Rinder = 0,2 °/o 
(0,16 % im Vorjahre) erwiesen sich als finnig und entfällt da¬ 
mit auf je 401 Rinder ein finniges. 

Aus dem fortwährenden Ansteigen der Zahl der finnigen 
Rinder geht insbesondere hervor, dass die Fleischbeschau von 
Jahr zu Jahr eifriger diesem Parasiten ihre Aufmerksamkeit 
widmet. Die meisten Rinderfinnen wurden im Regierungsbezirk 
Oppeln gefunden, nämlich bei 0,6 % der geschlachteten Rinder 
und ist hierbei der Schlachthof zu N e i s s e, woselbst unter 
2130 geschlachteten Rindern 143 = 6,7% (im Vor¬ 
jahre 3,2°/o) finnig waren, am stärksten betheiligt. In Berlin 
fand man 0,3 % der Rinder mit Finnen behaftet. 

Die Zahl der finnigen Schweine ist abermals zu¬ 
rückgegangen, eine erfreuliche Thatsache, die ebenfalls 
im Wesentlichen der Fleischbeschau zu verdanken ist. Wäh¬ 


rend im Vorjahre o, 13 °/ 0 der geschlachteten Schweine finnig 
waren und auf 768 Schweine ein finniges kam, wurden 1896 
nur o, io°/o der Schweine finnig befunden, so dass auf 954 
geschlachtete Schweine ein finniges entfällt. Die grösste 
Zahl der finnigen Schweine weist der Regierungsbezirk Oppeln 
auf mit 0,4%, was durch die sehr grosse Anzahl finniger 
Schweine, jedenfalls russischen Ursprungs, veranlasst wird, welche 
in Kattowitz gefunden wurden. Daselbst erwiesen sich von 
24002 geschlachteten Schweinen 299 = 1,24 °/o als finnig. 
Den Durchschnitt von 0,10 °/o übertreffen noch erheb¬ 
lich die Regierungsbezirke Posen (0,33 °/o), Königsberg (0,30 °/o), 
Marienwerder (0,29%), Bromberg (0,22%). In Berlin wurden 
0,08 % der geschlachteten Schweine finnig befunden. Finnen¬ 
frei erwiesen sich die im Reg.-Bez. Aurich geschlachteten 
6815 Schweine, sowie die 2372 des Reg.-Bez. Sigmaringen, 
während man in Erfurt unter 30006 geschlachteten Schweinen 
nur 1 finniges fand. Vergleicht man die östlichen Provinzen 
mit den westlichen, so zeigt sich die bekannte Thatsache des 
häufigeren Vorkommens der Finnen in den ersteren in ganz 
auffälliger Weise. In den östlichen Provinzen (unter Ausschluss 
Berlins) entfällt auf 535 Schweine 1 finniges, während in den 
westlichen (mit Hinzurechnung Berlins) erst auf 1638 ge¬ 
schlachteter Schweine 1 finniges kommt. Die Procentsätze 
der Finnen zu den geschlachteten Schweinen verhalten sich 
wie 0,18 zu 0,06. 

Die Zahl der trichinösen Schweine beträgt 880 
gegen 683 im Vorjahre. Dies bedeutete nicht nur eine abso¬ 
lute, sondern auch eine relative Zunahme, denn im Vorjahre 
betrug der Procentsatz 0,022, während er 1896 auf 0,029 
gestiegen ist und wenn 1895 auf 3855 geschlachtete Schweine 
I trichinöses kam, so ist dies im Berichtsjahr bereits bei 
3429 Schweinen der Fall. Die höchste Zahl der trichi¬ 
nösen Schweine weist der Regierungsbezirk Posen mit 0,52% 
auf, was durch das überaus häufige Vorkommen trichinöser 
Schweine in den Städten Schrimm (1,19%), Koschmin (1,17%), 
Jarotschin (1,14%), Pieschen (0,95 %), Ostrowo (0,61 % erklärt 
wird. Berlin befindet sich mit 0,24 % unter dem Durchschnitt. 
Keine Trichinen wurden gefunden in den Regierungs¬ 
bezirken Stralsund, Erfurt, Stade, Osnabrück, Aurich, Münster, 
Minden, Wiesbaden, Coblenz, Cöln, Aachen, Sigmaringen. 

Geht schon hieraus hervor, dass die östlichen Provinzen 
sehr erheblich mehr trichinöse Schweine liefern als die west¬ 
lichen, so erhellt dies noch mehr aus vergleichenden Berech¬ 
nungen. In den östlichen Provinzen (ohne Berlin) entfällt auf 
1630 Schweine ein trichinöses, während in den westlichen 
unter Hinzurechnung Berlins auf 8310 ein solches entfällt. Die 
Procentsätze der trichinösen zu den geschlachteten Schweinen 
betragen im Osten und Westen 0,061 bezw. 0,012%. 

Was nun endlich die Pferdeschlachtungen in der 
preussischen Monarchie anlangt, so wurden ausser den in der 
obigen Tabelle aufgeführten 28 162 Pferden noch in 254 be¬ 
sonderen Rossschlächtereien weitere 22080 Pferde geschlachtet, 
sodass im ganzen 50242 Pferde zur Schlachtung gelangten. 
Diese Zahl ist um 292 niedriger als im Vorjahre und auch 
die Zahl der besonderen Rossschlächtereien ist um 36 zurück¬ 
gegangen, was nicht allein auf die Neuerrichtung öffentlicher 
Schlachthäuser zurückgeführt werden kann, da deren Zahl nur 
um 14 zugenommen hat. 

Von den geschlachteten Pferden wurden 376 = 0,7% 
vollständig und 279 = 0,5 % theilweise verworfen. Die Rotz¬ 
krankheit konnte bei 12 Pferden = 0,023 % und die Tubercu¬ 
lose bei 41 Pferden = 0,081 °/o festgestellt werden. 

Wir können die Besprechung der vorliegenden Schlacht¬ 
hausstatistik nicht schliessen ohne dem Wunsche Ausdruck zu 
geben, dass dieselbe mehr und mehr ausgebaut und die ihr 
anhaftenden Mängel beseitigt werden möchten. Letztere liegen 
nicht nur auf der Hand, sondern sind auch, theilweise vor 
Jahren bereits, von anderer Seite ausführlich dargelegt worden. 
Eine sorgfältig und erschöpfend angelegte Statistik über die 
Schlachthausbetriebe vermag in einem Staate von dem Umfange 
des Königreiches Preussen ein ausserordentlich wichtiges und 
werthvolles Zahlenmaterial zu liefern, das nicht nur der wissen- 


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No. 6. 


DEUTSCHE TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


49 


schaftlichen und praktischen Fleischbeschau zu Gute kommt, 
sondern ebenso von grosser Bedeutung ist für die Statistik der 
Thierpathologie und nicht zum Geringsten auch für national¬ 
ökonomische Untersuchungen. Die Vervollkommnung dieser 
Statistik unter dem Beirathe erfahrener Sanitätsthierärzte wird 
um so dringlicher, je weiter sich die Fleischbeschau ausbreitet. 
Und dass letztere bald auch in dem kleinsten Orte der 
preussischen Monarchie ihren Einzug hält, dürfte nur noch 
eine Frage der allernächsten Zeit sein! 


Referate. 

Neuer Apparat zum Niederlegen der Thiere. 

Von Ch. Trapp, 

Schlachthofthierarzt in Strassburg i. E. 

In einer kleinen Brochure beschreibt Trapp einen Apparat 
und erläutert denselben durch Zeichnungen, welcher das Nieder¬ 
legen der Thiere bequem und ungefährlich gestalten soll. 
Derselbe besteht aus einem starken Lattengitter, welches bei 
der Anwendung senkrecht aufgerichtet wird. An dem auf der 
Erde senkrecht stehenden Ende dieses Gitters befindet sich 
rechtwinkelig dazu befestigt ein ebensolches aber nur schmales 
Gitter. Auf letzteres wird das nicderzulegende Thier gestellt 
und an dem ersteren Gitter befestigt. Zum Zwecke des be¬ 
quemen Umlegens hat das senkrecht stehende Gitter zwei 
Kreisbogen, welche an demselben wie die Läufer an einer 
Wiege befestigt sind und eine wagerechte Stellung des senk¬ 
rechten Gitters in Tischhöhe ermöglichen. 

Das Princip des Apparates ist ein sehr einfaches; jedoch 
dürfte eine Polsterung des Apparates unentbehrlich sein, da 
sich die Pferde sonst, zumal edlere leicht beim Sträuben ver¬ 
letzen können. Ob sich die Verwendung des Apparates empfiehlt, 
entzieht sich unserer Beurtheilung. Frick. 


Ueber Epilepsie. 

Referat von Prof. Dr. Unverricht in den Verhandlungen 
des Congresses für innere Mcdicin 1897. 

Auf dem Gebiete der Epilepsie sind es besonders zwei 
Fragen, auf welche wie in zwei Brennpunkten das Interesse der 
Forschung und der ausübenden Kunst zusammenstrahlt, nämlich 
die Frage nach dem eigentlichen Wesen der Krankheit 
und die nach ihrer Behandlung. 

In Bezug auf die Pathogenese der Epilepsie haben 
zwei Arbeiten die Brandung des wissenschaftlichen Streites 
überdauert und sind noch bis auf die heutige Zeit die Ausgangs¬ 
punkte der Forschung auf diesem Gebiete geblieben, nämlich 
Kussmaul’s und Nothnagel’s. Kussmaul hat zuerst 
die bei Blutleere des Gehirns auftretenden Zuckungen zu einer 
wissenschaftlichen Theorie der Epilepsie verwendet, während 
Nothnagel durch die Entdeckung des Krampfcentrums die 
Kussmaul’sche Theorie weiter ausgebaut und auf breitere 
klinische Basis gestellt hat. Beide Forscher nehmen an, dass 
von einem umschriebenen in der Medulla oblongata gelegenen 
Centrum aus die Muskelkrämpfe ausgelöst werden (medulläre 
Theorie). Mit Recht macht man gegen diese, eine Anämie 
im Gehirn voraussetzende Theorie geltend, dass anämische 
Krämpfe mannigfach von den Insulten der echten Epilepsie 
abweichen. Die neuere Forschung hat sich mit einer gewissen 
Begeisterung dem Studium der durch Rindenreizung er¬ 
zeugten Krämpfe zugewendet. Thatsächlich kann man 
durch Application eines ganz umschriebenen Reizes einen so 
charakteristischen, der idiopathischen Epilepsie ähnlichen Anfall 
erzeugen, dass man zur Erreichung einer vollkommenen Ana¬ 
logie nichts weiter verlangen kann. Die so erzeugten Krämpfe 
nehmen nicht von der Medulla oblongata oder vom Pons ihren 
Ursprung, sondern sie gehen von der Hirnrinde aus 
und werden auch in ihrem weiteren Ablauf durch 
Rindenerregung unterhalten. 


In der Regel bewegt sich bei Reizung einer Hemisphäre 
die gegenüberliegende Körperhälfte, das ist eine gekreuzte 
Innervation. Beim Hunde kommt auch eine bilaterale 
Innervation für die Kiefer- und Zungenmuskulatur vor; noch 
auffallender ist die Thatsachc, dass bei diesem Thiere es auch 
Muskelgiuppen giebt (Halshautmuskel sowie Rumpf- und Nacken¬ 
muskulatur), welche von der gleichseitigen Hemisphäre aus 
innervirt werden, welche also eine homolaterale Innervation 
besitzen. Reizt man das Rumpfcentrum, so tritt eine starke 
Goncavkrümmung der Wirbelsäule nach der gereizten Hemis¬ 
phäre ein; diese bleibt "auch noch bestehen, wenn man das 
Rückenmark auf derselben Seite durchschneidet. Es müssen 
also diese Rumpffasern im Rückenmark eine nochmalige Kreuzung 
erfahren, indem sie zuerst zur andern Seite gehen, dann aber 
zu derselben Seite zurückkehren. Der Krampf beginnt auf der 
andern Seite in der hinteren Extremität: es zucken dort zuerst 
die Hinter-, dann die Vorderpfote, die Kiefer-, Zungen- Gesichts- 
muskulatur und zuletzt das Ohr. Jeder Anfall zerfällt also in 
zwei vollkommen getrennte Hälften (symptomatologische Zwei- 
■theilung) und er bezeichnet den Gang der Erregung über 
beide Hirnhälften. Trotz der verschiedensten Abwechslung 
in dem Ablauf des Krampfes auf der primär zuckenden Körper¬ 
hälfte, bleibt der Verlauf auf der andern Seite immer ein 
typischer und constanter. 

Hat man den Reizversuch öfter wiederholt, so gehen die 
späteren Anfälle immer schneller über den willkürlichen Muskel- 
äpparat dahin; die Anfälle gleichen immer mehr denen der 
gemeinen Epilepsie. Es kommt schliesslich ein Stadium so 
Hochgradig gesteigerter Erregbarkeit des Thieres, dass von 
dem primär gereizten Centrum aus sich spontane Anfälle 
zu entwickeln beginnen, welche immer rascher aufeinander 
folgen und schliesslich einen dauernden Krampfzustand, einen 
Status epilepticus, hervorrufen. 

Den Zustand kann man durch Morphium nicht beseitigen, 
wohl aber genügt hierzu schon , / sf g Chloral, auch Aether und 
Ghloroform rufen dieselbe, nur rascher vorübergehende Wirkung 
hervor. 

r/ ' Werden nun Theile-der motorischen Hirnrinde exstirpirt, 
so sind die Muskelgruppen, deren Centren exstirpirt wurden, 
nicht mehr an den Krämpfen betheiligt. Dieser Versuch lehrt 
mit zwingender Beweiskraft, dass die Hirnrinde zur Entstehung 
find Fortentwicklung der Muskelzuckungen unbedingt erforder¬ 
lich ist. 

Dass auch die Glieder der anderen Seite bisweilen Zuckungen 
Zeigen ist eine nebensächliche, inconstante Erscheinung, welche 
nicht den geringsten Anlass giebt, an der corticalen Natur der 
Krämpfe zu zweifeln. 

1 Die bei Hunden experimentell erzielten Ergebnisse dürfen 
schon aus dem Grunde auch auf den Menschen bezogen werden, 
Weil auch bei der genuinen Epilepsie vor Eintritt des eigent¬ 
lichen Anfalles Gehörs- und Gesichtshallucinationen auftreten 
(Aura), welche kaum anderswo als in der Gehirnrinde ent¬ 
stehen können. Malkmus. 


V 

Epizootische Strongylose bei Hasen. 

_ Von Megnin. 

(Compt. renil. de la Sociele de Biologie. «897.) 

Eine mörderische, durch massenhafte Einwanderung von 
Strongylus commutatus in die Bronchien erzeugte Seuche herrschte 
in letzter Zeit in verschiedenen Gegenden Frankreichs, nament¬ 
lich in den weiten Jagdrevieren der Franche-Comtö, ist aber 
keineswegs eine neue Erscheinung. In ganz ähnlicher Weise 
•trat die Seuche in den achtziger Jahren im Eisass und in den 
Vogesen auf, wo sie gleichfalls von Mögnin beobachtet und 
amtersucht wurde. Als Haupterscheinung tritt progressive Ab¬ 
zehrung auf und findet man stets in den Lungen eine Menge 
I pseudotuberculöser Läsionen. 

Interesse bot die Seuche den Thierärzten hauptsächlich 
aus dem Grunde, weil ihre Aetiologie gänzlich dunkel geblieben 
und auch die letzte Invasion keinerlei Aufklärung über die Her- 


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DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


5. Februar. 


50 


kunft der Parasiten brachte, dagegen konnte eine nicht unwichtige 
Entdeckung gemacht werden, bestehend darin, dass in den 
Jagden der Franche-Comtö die Hasen einzelner Nachbargebiete 
von der Seuche entweder ganz verschont blieben oder doch 
nicht an derselben zu Grunde gingen und diese benachbarten 
Districte grosse Eichenbestände enthielten, von deren Früchten 
die Hasen grosse Liebhaber sind und sich dadurch vor der 
Erkrankung schützten. Vogel. 


Die Autointoxication der Thiere. 

Auszug aus der Festrede des Prof. W. Eber, gehalten am Ge¬ 
burtstage Seiner Majestät des Kaisers und Königs, am 27. Januar 1898, in 
der Aula der Königlichen Thierärztlichen Hochschule. 

Bei der steigenden Bedeutung, welche die Erforschung der Aetiologie 
der Thierkrankheiten mit jedem Tage gewinnt, sei es mir vergönnt, eine be¬ 
sondere Krankheitsursache in den Brennpunkt des Interesses der hohen Fest¬ 
versammlung zu rücken: die Selbstvergiftung oder Autointoxicatian- 

Die Ursache der Intoxication ist die Aufnahme des präformirten Giftes, 
die Ursache der Autointoxication die im Thierkörper selbst sich bildende 
schädliche Substanz. Die Vorstellung, welche sich die Griechen von den Krank¬ 
heitsursachen überhaupt gemacht hatten, die veränderte »Säftemischung«, er¬ 
innert lebhaft an die Lehre von den Autointoxicationen. Die neue Lehre 
unterscheidet sich aber von der alten Krankenlehre durch das Bestreben, die 
Ursache der Dyskrasien zu iso'.iren und ihre Bildungsstätten zu localisiren. 

Wie in der humanen Medicin, hat sich in der Thierheilkunde seit vielen 
Jahren eine Richtung ausgebildet, welche die Autointoxication für die Ent¬ 
stehung einzelner Thierkrankheiten herangezogen und damit der Prophylaxe 
und dem therapeutischen Eingriffe neue Bahnen eröffnet hat. 

Am übersichtlichsten lässt sich das Wesen der Autointoxication an 
der Selbstvergiftung durch Kohlensäure darstellen. Denn das Gift, seitae 
Bildungsstätten und seine Ausscheidung sind uns bekannt. Hinderung der 
Ausscheidung führt zur Kohlensäure-Autointoxication Sie kann auch Bei 
freien Respirationswegen erfolgen, z B durch Behinderung der Zwerchfell¬ 
bewegung. Sie kann durch Transporte, Arzneien etc. begünstigt werden'. 

Schwieriger zu übersehen ist die Harnvergiftung oder Urämie. Wir 
kennen das »Urämiegift« noch nicht, wissen jedoch, dass das Symptomenblld 
einsetzt, sobald die Harnabsonderung aus irgend einem Grunde sistirt. Die 
Urämie hat für die Thierheilkunde eine geringe Bedeutung. 

Für die Lehre von den Autointoxicationen ergiebt sich, dass Zurück¬ 
haltung der normalen flüchtigen oder fixen Stoffwechselproducte zur Selbst¬ 
vergiftung fuhren kann, und man hat daher diese und ähnliche Autointoxi¬ 
cationen als Retentionstoxikosen zusammengefasst. 

Dieser Begriff muss noch weiter gefasst werden; denn auch Behinde¬ 
rung oder Veränderung der in den Geweben sich abspielenden Stoffwechsel¬ 
vorgänge können gleichfalls zur Retention giftiger Substanzen führen. Als 
Beispiel sei auf den Diabetes mellitus hingewiesen. Die Gewebe vermögen 
den Traubenzucker nicht zu verbrennen, er wird zum Gifte. 

Allein daneben spielen sich noch andere Vorgänge ab. Es bilden sich 
in dem normal functionirenden Körper fremde Substanzen. Der Tod im 
Coma diabeticum wird auf solche neugebildeten Stoffwechselproducte zurück- 
gefÜhrt (Productionstoxikosen). 

Beispiele reiner Productionstoxikosen sind anscheinend die sogenannte 
»schwarze Harnwinde« des Pferdes und die Gebärparese (Kalbefleber) des 
Rindes. Die Therapie hat bei beiden Krankheiten, seitdem die frühere Auf¬ 
fassung über deren Aetiologie verlassen wurde, grössere Erfolge zu ver¬ 
zeichnen. 

Namentlich scheint dies nach dänischen Mittheilungen beim Kalbe¬ 
fieber der Fall zu sein. Die Herabsetzung der Thätigkeit der Euterzellen 
durch Einfüllen einer 5—ioproc. Jodkaliumlösung in die Milchcisternen hat 
die Mortalität an der Parese auf io"/„ gegen 5O n / 0 herabgedrückt (403 Be¬ 
obachtungen). 

Die Intoxicationcn vom Darm aus sind sehr mannigfaltig und kaum 
zu übersehen. Hier tritt gegenüber der lebenden thierischen Zelle noch die 
Thätigkeit der Fermente und Mikroorganismen hervor. Ihre Pro- 
ducte können den Organismus gleichfalls vergiften. Wird jedoch die lebende 
Körperzelle von Parasiten direct angegriffen, so sprechen wir von Infection. 

Hier scheiden sich Aetiologie, Prophylaxe und Therapie. In der Vor¬ 
beugung und Heilung liegt der Schwerpunkt meiner kurzen Skizze über die 
Autointoxicationen der Thiere. 


Die Prophylaxe der Iutoxicationen heisst: Verhütung der Aufnahme 
des chemischen Giftes; die Prophylaxe der Autointoxicationen: Verhütung 
der Zurückhaltung oder BilJung des Giftes durch Beeinflussung der physio¬ 
logischen Körperfunctionen; die Prophylaxe der Seuchen und Infections- 
krankheilen: Verhinderung der Aufnahme des belebten Krankheitsgiftes durch 
gesunde Individuen. 

Die Therapie der Autointoxicationen ist angewandte Toxotherapie 
im weitesten Sinne des Wortes: Entleerung des Intestinaltractus, Neutrali¬ 
sation des Giftes, Erregung aller Secretionen, insbesondere der Haut-Speichel¬ 
drüsen- und Nierenthätigkeit, Erhöhung oder Erniedrigung des Stoffwechsels 
des gesammten Körpers oder einzelner Organe. 

Für die Pharmakotherapie endlich ergiebt sich die Regel, der 
Autointoxication bei der Dosirung und Auswahl der Mittel gerecht zu werden. 

Verschiedene Mittheilungen. 

Heinrich Lies J*- 
Ein Nachruf. 

Schon wieder hat der Tod eine klaffende Lücke in den 
Kreis der Männer gerissen, deren Tüchtigkeit und unverdros¬ 
senem Wirken der thierärztliche Stand den bedeutsamen Auf¬ 
schwung verdankt, den er in den letzten Jahrzehnten gewonnen 
hat. Am Freitag, den 21. Januar wurden wir durch die er¬ 
schütternde Kunde überrascht, dass der Medicinal-Asses- 
sor Lies in Braunschweig nach kurzem Krankenlager aus 
diesem Leben abgerufen worden sei. In voller Rüstigkeit ist 
er durch ein tückisches Verhängniss dahingerafft, viel zu früh 
für die Seinigen und für uns, die wir ihn als einen muthvollen 
Mitstreiter auf der Bahn des Fortschritts schätzten. Sein Hin¬ 
scheiden ist tief beklagenswerth, aber er hinterlässt den Namen 
eines ganzen Mannes, und allseitige, ungetheilte Verehrung folgt 
ihm in sein Grab. 

Heinrich Lies wurde am 2. Februar 1840 als Sohn eines 
Landmanns zu Bodenstedt im Amte Vechelde geboren. Hier, 
in seinem Geburtsorte, besuchte er bis zu seinem 15. Lebens¬ 
jahre die Dorfschule. Erst nach seiner Confirmation ging er 
nach Braunschweig auf die West-Bürgerschule, welcher er ein 
Jahr hindurch angehörte. Hierauf nahm er Privatunterricht in 
der deutschen, englischen und französischen Sprache, weil er 
die Absicht hatte, Postschreiber zu werden. Diesen Gedanken 
gab er indess Ostern 1857 auf und entschloss sich, die thier¬ 
ärztliche Laufbahn einzuschlagen. Um sich für diese vorzu¬ 
bereiten, bezog er das Collegium Carolinum in Braunschweig 
und nahm daneben noch Privatstunden im Lateinischen und 
Griechischen. 

Michaelis 1857 wurde er als Civil-Eleve in die Berliner 
Thierarzneischule aufgenommen. Hier war es, wo ich ihn 
Ostern 1858, als ich in diese Anstalt eintrat, kennen lernte. 
Ich habe mit ihm durch ein halbes Jahr die Wohnung getheilt, 
Freud und Leid zusammen gekostet und innige Freundschaft 
mit ihm geschlossen, die angedauert hat durch das ganze Leben. 
Der Eifer, welchen er bei seinem Studium entwickelte, war 
bewunderungswürdig; er fehlte in keiner Vorlesung und bei 
keiner Excursion, was um so mehr bedeutete, als er daneben 
noch fortgesetzt Lectionen in den Gymnasialfächern nahm, um 
die Lücken in seiner allgemeinen Bildung auszugleichen. Durch 
eisernen Fleiss erreichte er es, innerhalb eines Jahres die Reife 
für die Ober-Secunda eines Gymnasiums zu erwerben. 

Ostern 1859 verliess er Berlin und übersiedelte nach der 
Hannoverschen Thierarzneischule. Hier nahm er ein Jahr lang 
an den Vorlesungen und den Kliniken Theil. Nach einer fünf- 
semestrigen Studienzeit unterwarf er sich im Jahre 1860 vor 
dem Herzoglichen Ober-Sanitäts-Collegium in Braunschweig dem 
thierärztlichen Staatsexamen und bestand dasselbe. Nachdem 
er dann seiner einjährigen Militärpflicht bei der Artillerie ge¬ 
nügt hatte, liess er sich im Jahre 1861 als Thierarzt in Börssum 
nieder; drei Jahre später, 1864, verlegte er seinen Wohnsitz 
nach der Hauptstadt seines Heimathlandes Braunschweig, in 
der er nunmehr dauernd verblieb. 

Hier hatte er anfangs schwer zu kämpfen. Die Schwierig¬ 
keiten , welche sich seinem Emporkommen entgegenstellten, 


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No. 6. 


hat er mir oft in düsteren Farben und der ihm eigenen leb¬ 
haften Weise geschildert. Sein nimmer rastender Eifer und 
sein unverzagtes Streben überwanden jedoch auch diese trotz 
der mehrfachen Störungen, welche sich unliebsam einmischten. 
Im August 1866 musste er als Batterie-Pferdearzt den Feld¬ 
zug nach Bayern mitmachen, und bei dem Ausbruche des 
Krieges gegen Frankreich, Ende Juli 1870, ward er als Thier¬ 
arzt zum Train-Bataillon nach Hannover kommandirt, glück¬ 
licherweise nur für kurze Zeit; denn schon im November des¬ 
selben Jahres wurde er in die Ersatz-Schwadron des Husaren- 
Regimenis nach Braunschweig versetzt, bei der er bis zum 
Einrücken des Regiments in die Garnison im Jahre 1871 
verblieb. 

Es bedeutete für Lies eine werthvolle Errungenschaft, 
dass er — im Oktober 1866 — mit den thierärztlichen Func¬ 
tionen im Herzoglichen Marstall betraut wurde. Von da ab 
mehrte sich seine Praxis zusehends und nahm nach und nach 
eine bedeutende Ausdehnung in der Stadt und im Landgebiete 
Braunschweig an. Es war ein Zeichen der Anerkennung seiner 
tüchtigen Leistungen, dass er 1877 von dem Herzog Wilhelm 
zum Hofthierarzt und in demselben Jahre auch zum ausser¬ 
ordentlichen Mitgliede des Ober-Sanitäts-Collegiums 
ernannt wurde. Als nach dem Erlass des Reichs-Viehseuchen¬ 
gesetzes auch für das Herzogthum Braur^schweig die Stellungen 
von beamteten Thierärzten geschaffen wurden, verstand es sich 
ganz von selbst, dass man ihn zum Kreisthierarzt für den Kreis 
Braunschweig ernannte. Die umfassenden dienstlichen Func¬ 
tionen, welche ihm nunmehr oblagen, zwangen ihn, sich der 
ausgedehnten Landpraxis, die er nicht mehr zu bewältigen 
vermochte, mehr und mehr zu entäussern, und seine private 
tierärztliche Thätigkeit schliesslich fast ganz auf die Stadt Braun¬ 
schweig zu beschränken. Seine amtlichen Obliegenheiten versah 
er aber mit grosser Umsicht und Gewissenhaftigkeit, wofür die 
ihm von seinem Landesherrn zu Theil gewordenen Ehrungen 
der sprechendste Beweis sind: im Jahre 1890 wurde ihm das 
Ritterkreuz 2. Klasse des Ordens Heinrichs des Löwen und 
1895 der Titel »Med icinal-Assessor« verliehen. 

Lies war ein hervorragend tüchtiger Praktiker, dessen 
Können sich auf eine solide wissenschaftliche Unterlage stützte. 
Er verstand objectiv zu beobachten, sowohl am lebenden Thier 
als auch an der Leiche, und, was er gesehen, exakt zu deuten. 
Ich habe bei meinen vielfachen Consultationen im Lande Braun¬ 
schweig häufig Gelegenheit gehabt, seine scharfe Beobachtungs¬ 
gabe und sein klares Urtheil kennen zu lernen. Dass er sich 
diese Fähigkeiten zu eigen gemacht, verdankte er neben seiner 
praktischen Beanlagung dem eminenten Fleisse, welchen er 
für seine wissenschaftliche Vervollkommnung aufwandte. Dieses 
Streben, sich unablässig, allgemein wie fachlich fortzubilden, 
war ein hervorstechender Grundzug seines Wesens. Er hatte 
es, als er in das thierärztliche Studium eintrat, empfunden, 
wie unzulänglich seine Vorbildung für dieselbe war, und oft 
mir Klage darüber geführt, wie sehr er sich in dieser Beziehung 
manchen civilen Commilitonen gegenüber im Nachtheile be¬ 
fände. Mit rühmenswerther Ausdauer suchte er diese Schwie¬ 
rigkeiten zu überwinden, und die Neigung, an seiner Fort¬ 
bildung zu arbeiten, ist ihm treu geblieben bis an sein Lebens¬ 
ende. Mit Eifer verfolgte er die thierärztliche Literatur, die 
deutsche nicht allein, sondern auch die französische und eng¬ 
lische — hatte er es doch mit seinem Fleisse auch dahin ge¬ 
bracht, diese beiden Sprachen ziemlich fertig zu gebrauchen — 
und zeigte sich, zumal in allem was auf die Praxis, die Veteri¬ 
närpolizei und die Forensis Bezug hat, ständig genau orientirt. 
Er nahm den regsten Antheil an dem Vereinsleben, und viel¬ 
leicht kann man von ihm behaupten, dass er niemals in einer 
Sitzung des braunschweigischen und des hannoverschen thier¬ 
ärztlichen Vereins gefehlt hat. Der deutsche Veterinärräth, zu 
dessen Delegirten er gehörte, sah ihn stets in seinen Ver¬ 
sammlungen, und selbst mehrere internationale thierärztliche 
Congresse wurden von ihm besucht, um seinen Gesichtskreis 
zu erweitern. Auch den hygienischen und den landwirtschaft¬ 
lichen Vereinen seines Heimatlandes widmete er sein dauern¬ 
des Interesse. 


51 


Und nicht blos nehmend verhielt er sich hierbei, nein, er 
nahm den lebhaftesten Antheil an den Debatten, und es war 
eine Lust für ihn, aus dem reichen Schatze seiner Erfahrungen 
auszugeben und durch die Discussion sich zu belehren. Auch 
die thierärztliche Literatur verdankt ihm eine Reihe sorgfältiger 
und wohlstudirter Arbeiten. In seiner Heimath Braunschweig 
galt sein sachliches Urtheil sehr viel, und wenn die veterinären 
Einrichtungen dieses Staates im Laufe der letzten Jahrzehnte 
eine so erfreuliche Förderung erfahren haben, so ist dies nicht 
zum wenigsten seinem Verdienste zuzuschreiben. Wahrlich, 
wer den braven und einfachen Dorfjungen, der er war, als er 
die Berliner Thierarzneischule bezog, kennen gelernt, der muss 
billig erstaunt sein, dass er diese herrliche Entwickelung ge¬ 
nommen und vermöge seiner inneren Tüchtigkeit es fertig ge¬ 
bracht hat, eine so einflussreiche Position sich zu schaffen. 

Lies war ein hochachtbarer und zuverlässiger Charakter; 
er hielt die Freundschaft mit unentwegter Treue. Für ihn, der 
die Mühen, sich aus kleinen Verhältnissen emporzuarbeiten, 
sattsam gekostet hatte, war es ein Genuss und es gewährte 
ihm ein Gefühl innerer Befriedigung, jüngere Collegen in ihrem 
Vorwärtskommen zu unterstützen; nicht wenige Fachgenossen 
verdanken es ihm, dass sie eine auskömmliche Stellung erlangt 
haben. Auch nach anderen Richtungen gab er, als er selber 
eine behagliche Situation errungen, bei seinem guten Herzen 
mit vollen Händen; er war ein warmer Freund aller Bedürf¬ 
tigen. Sein thierärztlicher Stand ging ihm über alles; wehe 
dem, der es wagte, diesen anzutasten, dann war er auch fähig, 
schroff zu werden. 

So konnte es denn nicht fehlen, dass ein allseitiges herz¬ 
liches Mitgefühl sich kundgab, als die Nachricht von seiner 
schweren Erkrankung und nun gar von dem Ableben des 
rüstigen Mannes in weitere Kreise drang. Am Donnerstag, den 
13. Januar hatte er zuerst über Schmerzen im Ohr geklagt, 
denselben aber kein grosses Gewicht beigelegt. Denn noch 
am Sonnabend, den 15. Januar, schrieb er eigenhändig an 
meinen hiesigen Collegen Frick, dass er eine Einladung zum 
Diner für Sonntag, den 23. Januar annehme und gerne mit 
seiner Frau kommen werde. Und dieser Sonntag sollte cs 
sejn, an dem wir ihn, statt mit ihm zu feiern, zu Grabe trugen. 
Schon am Montag, den 17. Januar verschlimmerte sich sein 
Zustand erheblich, so dass er sich zu Bett legen musste, und 
Abends verfiel er in Bewusstlosigkeit, aus der er nicht mehr 
erwacht ist. In der Frühe des 20. Januar ist er seinen Leiden 
erlegen; die Section hat eine von einem Abscess im Mittelohr 
ausgegangene eitrige Meningitis aufgedeckt. Als der College 
Dr. Bertram dem Vorsteher der Marstalle und des Harz¬ 
burger Gestüts, Hofstallmeister Freiherrn von Girsewald, 
die Meldung von dem Ableben machte, sagte dieser, tief 
ergriffen: »Ich habe einen Freund verloren«. 

Am 23. Januar haben wir den Freund zur ewigen Ruhe 
gebettet. In der Leichenhalle des Centralfriedhofes war der 
Sarg aufgebahrt, über und über bedeckt mit Palmenzweigen 
und durch Schleifen gezierten Kränzen, die Liebe und Dankbar¬ 
keit gespendet. Zahlreiche Freunde der Familie und Verehrer 
des Dahingeschiedenen waren gekommen, den schmerzerfüllten 
Angehörigen ihre aufrichtige Theilnahme zu bezeugen. Als 
Vertreter des Prinz-Regenten, dessen persönlicher Beamter 
Lies gewesen war, nahm Freiherr von Gricsewald, als 
Vertreter der Staatsbehörden nahmen Mitglieder der Krcis- 
direction an dem Begräbniss Theil. 

. Die Thierärzte aus Stadt und Land Braunschweig waren 
fast vollständig erschienen, und von Hannover waren mit mir 
die Collegen Kaiser, Boether, Malkraus, Frick und 
G e i s s, von Göttingen Professor Esser herbeigeeilt, dem Ent¬ 
schlafenen die letzte Ehre zu erweisen. In einer zu Herzen 
gehenden, trostreichen Rede schilderte der Geistliche, was das 
I^nd an dem Verstorbenen verloren und wie Hoch und Niedrig 
in Braunschweig den Verlust des trefflichen Mannes tief be¬ 
klage. Von dem Centralfriedhofe gaben wir ihm das Geleite .- 
nach dem Dom-Friedhof; hier hat er seine Ruhestätte gefunden 
in der Stadt, in der er 34 Jahre seines Lebens verdienstvoll 
gewirkt. 


DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


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DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


5. Februar. 


52 


Lies hinterlässt eine Wittwe, mit der er etliche zwanzig 
Jahre in der glücklichsten Ehe gelebt hat, und einen Sohn, 
der die Secunda des Gymnasiums besucht, — ein älterer Sohn 
war ihm vor einigen Jahren durch den Tod entrissen. Mit 
ihnen, denen ein herbes Geschick den lieben Gatten und den 
guten Vater geraubt hat, trauern um ihn seine Geschwister und 
deren Kinder, denen er allezeit ein bereiter Helfer war. Die 
thierärztliche Welt hat in ihm eine Zierde des Standes, einen 
hochverdienten Fachgenossen verloren. Mir war er mehr! — 

Dr. Dammann. 


Kaisers Geburtstag an den thierärztlichen Hochschulen. 

Anlässlich des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers und 
Königs fand in den festlich geschmückten Germania-Sälen am 
20. Januar ein Commers der Studirenden der Berliner Hoch¬ 
schule statt. Herr cand. med. vet. Krembzow hielt die 
Kaiserrede. Herr cand. med. vet Reineck begrüsste die 
erschienenen Gäste; daran anknüpfend zeichnete der Rector der 
Hochschule, Herr Geh. Regierungsrath Prof. Dr. Dieckerhoff, 
in markanten Worten die gemeinsamen hohen Aufgaben der 
Lehrenden und Lernenden an der Hochschule und liess seine 
Rede ausklingen in ein Hoch auf die Alma mater. Herr 
cand. med. vet. Hock feierte dann den Kranz schöner Damen, 
der die Logen schmückte. Der Commers verlief in schönster 
Weise und hielt die Theilnehmer bis zu früher Stunde bei¬ 
sammen. 

Am 27. Januar, dem Tage des Geburtsfestes Sr. Majestät 
des Kaisers und Königs selbst, fand ein Festakt in der Aula 
der Hochschule statt. Herr Prof. Eber, der die Festrede 
hielt, hatte als Thema derselben »Autointoxicationen« gewählt* 
(Siehe unter Referate.) 

An der Thierärztlichen Hochschule zu Hannover hatten 
sich die S. C. - Landsmannschaften Hannoverania, Nor- 
mannia und Germania zu einer gemeinsamen Feier des 
Geburtstages Seiner Majestät vereinigt uud hielten am 28. Januar 
einen solennen Commers im Nordstädter Gesellschaftshause ab, 
zu dem sich auch die Mehrzahl des Lehrercollegiums und der 
Assistenten eingefunden hatte. Herr stud. med. vet. Bussenius- 
Hannoveraniae hielt die Festrede und forderte die Commilitonen 
auf, allezeit treu zu Kaiser und Reich zu stehen. Der zur Be¬ 
kräftigung dieses Gelöbnisses darauf folgende brausende Sala¬ 
mander kennzeichnete den Widerhall, den die Worte in den 
Herzen der Studenten gefunden hatten. Herr stud. med. vet. 
Dickmann hiess die Gäste und namentlich die Docenten herz¬ 
lich willkommen. Herr Prof. Dr. Kaiser dankte im Namen 
der soeben Gefeierten und ermahnte die Studentenschaft, stets 
treu zusammenzuhalten, wenn es gilt, vaterländische Feste zu 
feiern und das Ansehen der Hochschule zu vertreten. Dem 
Wohle des Vaterlandes galt der vom Redner commandirte 
Salamander. Nachdem noch Herr stud. med. vet. Peters in 
liebenswürdigen Worten der auf den Galerien zahlreich an¬ 
wesenden Damen gedacht und ihnen einen urkräftigen Sala¬ 
mander geweiht hatte, war der officielle Theil des Festes 
zu Ende. 

Wie überall die Studenten bei vaterländischen Festen nicht 
umhin können, des Altreichskanzlers Bismarck zu ge¬ 
denken, so wurde auch hier eine dahingehende Anregung mit 
brausendem Bravo empfangen und mit donnerndem Salamander 
erwidert. So nahm die Feier der Landsmannschaften einen 
würdigen und fröhlichen Verlauf. 


Internationaler Congress für Hygiene in Madrid. » 
Die Anmeldungen wissenschaftlicher Arbeiten zu dem Con-< 
gress haben bis zum 15. März zu erfolgen. Die sich an den 
Congress anschliessende Ausstellung wird vom 10. April bis 
10. Juli geöffnet sein. Die Eisenbahn- und überseeischen Dampf¬ 
schifffahrt-Gesellschaften haben die Preise für Congressmitglieder 
auf die Hälfte herabgesetzt. Zur Erreichung dieser Vergünsti¬ 
gung braucht der Theilnehmer am Congresse nur eine auf 


seinen Antrag vom Secretariat des Congresses (nach Bezahlung 
der als Gebühr für die Theilnahme zu entrichtenden 25 Pesetas) 
ausgefertigte Urkunde am Schalterraum der Gesellschaften vor¬ 
zuzeigen. 


26. Plenar-Versammlung des Deutschen Landwirthschafts- 

raths. 

Diese findet vom 7. bis 12. Februar 1898 im Provinzial¬ 
ständehause zu Berlin statt. Die Tagesordnung enthält u. a. 
folgende Berathungsgegenstände: Reichs- bezw. landesgesetz¬ 
liche Regelung des Abdeckereiwesens. Referenten: Geheimer 
Regierungsrath Professor Dr. Dam mann-Hannover; Geheimer 
Regierungsrath Prof. Dr. Orth-Berlin. — Neue Erfahrungen 
bei der Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche (Antrag der 
Landwirthschaftskammer für die Provinz Sachsen). Referenten: 
Geheimer Regierungsrath Prof. Dr. Dammann -Hannover; 
Frhr. v. Erffa-Wernburg. — Viehversicherung und Schlacht¬ 
viehversicherung. Referenten Prof. Oek.-Rath v. Langsdorff- 
Dresden; Landesökonomierath v. Mendel-Halle a. S. — Er¬ 
richtung von Vichmarktkassen, Einführung von Schlussscheinen 
im Viehhandel, Schlachtviehtransport, Fleischlieferungen für die 
Armee, Errichtung von landwirthschaftlichen Geschäftsstellen 
an Viehhöfen, Handel und Notirung nach Lebendgewicht. Re¬ 
ferenten: Landesökonomierath v. Mendel-Halle a. S.; Prof. 
May- München. 


Personal-Nachrichten. 

Auszeichnungen: Sectionsrath Bernhard S p e r k , Referent für das 
Veterinärwesen im Ministerium des Innern in Wien erhielt den Titel und 
Charakter eines Ministerialrathes. Dem Veterinärinspector C. Wittmann 
in Wien wurde das goldene Verdienstkreuz mit der Krone und dem Bezirks¬ 
thierarzt E. Mrasek in Wiener-Neustadt das goldene Verdienstkreuz ver¬ 
liehen. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsltzver- 
ftnderungen und Niederlassungen: Districtsthierarzt H. Stautner 
in Erkheim wurde als Districtsthierarzt in Riedenburg (Oberpfalz), Thierarzt 
E. Schenk in Seeg (Füssen) als Districtsthierarzt in Erkheim aufgestellt. 
Zu Schlachthofinspectorcn wurden gewählt die Thierärzte Rassow in 
Teterow (Mecklenburg), Bittner von Oranienburg für Neustrelitz, Schlacht- 
hofinspector Rauer in Neustrelitz hat diese Stelle aufgegeben. Thierarzt 
Wetzmüller von Mühlheim (Ruhr) zum II. Schlachthofthierarzt in Essen, 
Thierarzt L. Roth zum Hilfsthierarzt am Schlacht- und Viehhof in München 
bestellt. Thierarzt Hussmann in Stassfurt mit Vornahme der Fleisch¬ 
beschau in Leopoldhall beiraut. Verzogen sind die Thierärzte Katzfuss 
von Meissen nach Possendorf, Schütte von Berlin nach Rixdorf, A. Kühler 
von Schlöben nach Eisenberg als Assistent des Bezirksthierarztes. 

.Thierarzt A. Borger ist nicht nach Langensalza verzogen, sondern 
verbleibt in Sangerhausen als Assistent des Kreisthierarztes. 

Die thlerärztllehe Faehppüfung an der Thierärztlichen Hoch¬ 
schule in Berlin haben bestanden: Otto Steiner aus Budwethen, Walther 
Majewski aus Grabowen, Joseph Prayon aus Mülheim a./R., Friedrich 
Franke aus Barkow, Johannes Hansen aus Kraghohn, Reinhold Gross 
aus Flensburg. 

Veränderungen beim Veterin&rpersonal des Deutsehen 

Heeres: Zu Unterrossärzten wurden befördert die Eleven Richter im 
Ulanen Regt. No. 17, Slomke im Sächs. Garde-R.-Regt, Winkler im 
Hus.-Regt. No. 18. 

Bayern: Zu Veterinären II. Kl. befördert der Unterveterinär K. Bertel¬ 
mann im 2. Cbev.-Regt. und der Unterveterinär der Reserve Fr. Dorn im 
4. Chev.-Regt., Unlerveterinär der Reserve H. Westermann zum Veterinär 
II. Kl. der Reserve. 

Preussen: Oberrossärzte Weisshaupt im Drag.-Regt. No. 19 und 
Engel im Art.-Regt. No 5 mit Pension in den Ruhestand versetzt. Zu 
Rossärzten des Beurlaubtenstandes befördert die Unterrossärzte der Reserve 
Eberbach, Glassner. 

Gestorben : Rossarzt H e d 1 e r in Mainz, städt. Thierarzt P r e v o r 


in Berlin. 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thierärztliche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der MackloFschen Druckerei in Karlsruhe i. B. 


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Deutsche 


Thierärztliche Wochenschrift 


herausgegeben von 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regierangs- und Medicin&lr&th, 
Director der Thierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 


Dr. Lydtin, 


Geheimer Oberreja 

in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regierungsrath und Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Freiburg i. B. 


redigirt von 

Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot'schen Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784a. 


Sechster Jahrgang. 


Sftmmtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 
Correcturen und Anzeigen an die Expedition der 
Dentschen Thierärztlichen Wochenschrift 
in Karlsruhe (Baden). 


M 7. 


Ausgegeben am 12. Februar. 


1898. 


Ueber das Tizzoni’sche Tetanusantitoxin. 

Eine Krankengeschichte. 1 ) 

Von H. Fiedler, 

Assistent an Grösst). Veterinäranstalt in Giessen. 

Das aus O. bei Weilburg uns zugeführte Pferd — Roth- 
schimmelwallach, II Jahre alt, i,8o m hoch — wurde am 
24. Oktober 1897 in die Klinik hier eingestellt; es soll am 

23. Oktober eine gewisse Schwerfälligkeit beim Gehen und am 

24. Oktober eine geringgradige Athembeschwerde und ein Hoch¬ 
heben des Schweifes gezeigt haben. Vom Herrn Kreisthier¬ 
arzt in Weilburg wurde die Diagnose auf Starrkrampf gestellt 
und auf dessen Anrathen das Thier per Bahn hierher gebracht. 
Behandelt wurde das Pferd vorher nicht. 

Als fragliches Pferd vorgeführt wurde, bemerkte man, 
dass ihm etwas weisser Schaum aus dem Maule floss, dass es 
angestrengt athmete und den Schweif sehr hoch und etwas 
nach der rechten Seite gezogen trug. Bei der näheren Unter¬ 
suchung konnte man noch Folgendes feststellen. Die Schleim¬ 
häute des Kopfes waren von normaler Farbe, der Blick starr, 
Zahl der Athemzüge pro Minute 25. Die Nüstern wurden 
weit geöffnet, das Maul konnte nicht ganz geöffnet werden 
(Trismus), doch nahm das Thier noch Futter und Getränk auf. 
Peristaltik und Kothabsatz waren normal, ebenso die Harn¬ 
entleerung. Die Temperatur betrug 39,1 0 C. und die Zahl 
der Pulse 60 pro Minute. Der Puls war voll und kräftig, die 
Temperatur war über die Körperoberfläche ungleichmässig ver¬ 
theilt, Ohren und Gliedmassen waren kalt, während das Thier 
am Hals und Bauch schwitzte. Der Gang des Patienten war 
schwerfällig und grattlich. Bei der Untersuchung der Körper¬ 
oberfläche auf Wunden wurde am linken Hinterhufe eine ca. 3 bis 
4 cm lange Loslösung des Saumbandes gefunden; die Wund¬ 
fläche hatte ein schwarzes schmieriges Aussehen. Auf die an 
den Besitzer gestellte Frage, wie lange diese Wunde schon 
bestehe, gab dieser' an, dass sie spontan aufgetreten und be¬ 
reits 14 Tage nach dem Entstehen derselben verflossen seien. 

Diagnose: Tetanus, wahrscheinlich in Folge der Ver¬ 
letzung an der Hufkrone hinten links. Differentialdiagnostisch 
konnte hier keine andere Krankheit in Betracht kommen; Tris¬ 
mus, angestrengtes Athmen, Hochheben des Schweifes, der 
gespannte Gang sind für Tetanus ganz charakteristische Sym¬ 
ptome. Da ferner eine schon seit 14 Tagen bestehende Huf- 


*) Mit Genehmigung des Herrn Prof. Pflug veröffentlicht. 


wunde aufgefunden wurde, so war wohl anzunehmen, dass die 
Infection von hier aus erfolgte. 

Die Prognose ist bei Tetanus im Allgemeinen ungünstig, 
doch war in diesem Falle die Krankheit noch nicht weit vor¬ 
geschritten und somit einige Hoffnung auf Genesung vorhanden. 
Jedoch musste in Betracht gezogen werden, dass bei Tetanus 
die das Leben bedrohenden Symptome oft sehr plötzlich und 
unerwartet eintreten, und dass der Tetanus, auch wenn er nur 
niedergradig vorhanden ist, sich doch sehr rasch verallgemeinert 
und über den ganzen Körper verbreitet. 

Therapie: Vor Allem war unsere Aufgabe darauf ge¬ 
richtet, die Entwicklung der Infectionserreger an fraglicher 
Eintrittsstelle nach Möglichkeit zu behindern. Es wurden des¬ 
halb Stunden lang 1 proc. Formalinbäder applicirt und darauf 
ein feuchter Formalinverband angelegt. Weiterhin sollten alle 
aufregenden Momente vom Patienten fern gehalten werden; der 
Stall wurde möglichst dunkel gemacht und ein häufiges Be¬ 
treten desselben vermieden. Die Nahrung des Patienten be¬ 
stand in weichem Heu und in Mehltränke, der ca. 300,0 Natr. 
sulfur. zugesetzt wurden. 

Am 25. Oktober hatte sich der Krankheitzustand nicht 
geändert, die Temperatur betrug 38,1 0 C., die Zahl der Athem¬ 
züge 28, die der Pulse 42. Es sollte eine Injection von Tetanus¬ 
antitoxin gemacht werden, da wir aber solches nicht vorräthig 
hatten, auch in Höchst a. M., Frankfurt, Darmstadt und Mar¬ 
burg nicht zu erhalten war, so bestand die Behandlung des 
Patienten lediglich in der Desinfection der Wunde durch For¬ 
malinbäder und Formalinüberschläge. 

Am 26. Oktober hatte sich der Krankheitszustand etwas 
verschlimmert, denn die Musculatur des Halses war sehr schmerz¬ 
haft und hart, der Hals wurde mehr gerade gestreckt gehalten, 
der Gang war steifer und der Schweif wurde etwas höher und 
auffallend schief gehalten. Es gelang uns endlich heute durch 
Merck in Darmstadt Tetanusantitoxin zum Preise von 55 Mk. 
pro dosi zu erhalten und konnte nun zur subcutanen Injection 
desselben geschritten werden. Dieses Tetanusantitoxin war 
aber das italienische Präparat von Prof. T i z z o n i; es war fest 
und hatte ein dem Gummi arabicum nicht unähnliches Aus¬ 
sehen. Nach Vorschrift des Herstellers sollte die ganze Dosis 
(45,0 g) in der 10fachen Menge destillirten Wassers von höch¬ 
stens 40° C. gelöst werden und mittelst einer in siedendem 
Wasser sterilisirten Pravaz’schen Spritze subcutan injicirt wer¬ 
den, und zwar in der Weise, dass die Hälfte am ersten Tage 
auf einmal injicirt wird; die übrige Hälfte dagegen soll in 
drei Theile getheilt und am folgenden Tage je nach der 
Schwere des Krankheitsfalles verbraucht werden. Die In- 


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54 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


12. Februar. 


jectionen sollen möglichst nahe der vermuthlichen Injections- 
stelle gemacht werden. 

Bei dem Lösen des Präparates stellten sich jedoch nicht 
geringe Unannehmlichkeiten in den Weg, das Präparat löste 
sich nicht in der oben angegebenen Menge Wasser und es 
mussten noch weitere 45,0 g Wasser zugesetzt werden. Durch 
wiederholtes Erwärmen auf ca. 30 0 C., kräftiges fortgesetztes 
Umschütteln gelang es endlich, den grössten Theil des Prä¬ 
parates zu lösen ; am 26. Oktober früh 10 Uhr wurde die Hälfte 
der Flüssigkeit an der rechten Halsseite injicirt. Die Formalin¬ 
bäder wurden fortgesetzt. Am Abend war die Temperatur 
von 38,2 auf 38,9 gestiegen, die Zahl der Pulse betrug 46 und 
die der Athemzüge 34 pro Minute. Das Allgemeinbefinden 
des Patienten hatte sich nicht weiter geändert. 

Am 27. Oktober wurde wesentlich Neues nicht constatirt, 
nur an der Injectionsstelle hatte sich eine faustgrosse ausser¬ 
ordentlich schmerzhafte elastische Anschwellung gebildet, deren 
Oberflächentemperatur sich nicht erhöht anfühlte. Die Körper¬ 
temperatur betrug 39,1, die Zahl der Pulse 48, die der Athem¬ 
züge 40; ausserdem war Patient bedeutend aufgeregter und 
schreckhafter. 

In Anbetracht der Thatsache, dass das Pferd bereits gegen 
5 Tage erkrankt war und die Krankheitserscheinungen sich 
etwas steigerten, wurden gegen die Vorschrift Vormittags 8 ‘//Uhr 
die eine Hälfte und Mittags 1 Uhr schon der Rest der noch 
vorhandenen Flüssigkeit an der linken Halsseite injicirt. Das 
Antitoxin hatte sich allerdings noch nicht vollkommen gelöst, 
sondern bildete eine dickflüssige, schwer bewegliche Masse; 
es wurde jedoch von einer weiteren Lösung abgesehen^ da 
einestheils die dazu nöthigen Wassermengen zu gross gewesen 
wären, anderntheils aber eine Verunreinigung des Antitoxins 
durch Keime aus der Luft zu befürchten war, und ausserdem 
die dicke Flüssigkeit durch die weite Kanüle der Dieckerhoff- 
schen Trachealspritze leicht applicirt werden konnte. Bei der 
Injection wurde selbstverständlich streng nach den Regeln der 
Antiseptik verfahren. Am Abend war die Temperatür i ion 
39,1 auf 39,0 gefallen, an den Injectionsstellen hatten sich 
ebendieselben schmerzhaften Anschwellungen gebildet, wie an 
der rechten Halsseite. Die übrigen Symptome waren die näm¬ 
lichen wie am vorhergehenden Tage. 

Während des 28.—30. Oktober verschwanden allmälig 
die beschriebenen Anschwellungen an den Injectionsstellen und 
die Temperatur fiel von 38,8 auf 38,2, die Zahl der Pulse be¬ 
lief sich im Mittel auf 42, die der Athemzüge auf 54 pro 
Minute. Die übrigen Krankheitssymptome waren noch die¬ 
selben und auch das Allgemeinbefinden hatte sich nicht ge¬ 
bessert. 1 

Am 31. Oktober, dem fünften resp. vierten Tage nach 
der Injection des Tizzoni'sehen Tetanusantitoxins konnte eine 
geringe Besserung constatirt werden, denn das Maul konnte 
etwas weiter geöffnet werden, der Gang war freier und der 
Schweif beweglicher. Die Musculatur des Halses war jedoch 
noch ziemlich fest und überall schmerzhaft. Die Temperatur 
betrug 38,1, die Zahl der Pulse 44, die der Athemzüge aber 
54; Abends war die Temperatur auf 38,2, die Zahl der Pulse 
auf 50, die der Athemzüge sogar auf 60 gestiegen. Durch 
die physikalische Untersuchung der Brusthöhle konnten aber 
keinerlei pathologische Veränderungen in den Respirations¬ 
organen ermittelt werden. 

Am. 1. November konnte wiederum eine Besserung des 
Tetanus constatirt werden, denn die Musculatur des Halses 
fühlte sich nicht mehr so fest an und war an den Injections¬ 
stellen auch nur noch stellenweise schmerzhaft. Die Futter- 
und Getränkaufnahme war etwas lebhafter, das Maul konnte 
mühelos ziemlich weit geöffnet werden, und im Laufe des Vor¬ 
mittags wurde Patient zum ersten Mal liegend im Stalle an¬ 
getroffen. Die Temperatur betrug am Morgen 38,1, die Zahl 
der Pulse 50, die der Athemzüge 46, am Abend 38,2 Tem¬ 
peratur, 46 Athemzüge, 42 Pulse. Die Continuitätstrennung 
am Hufe war allmälig geheilt, die Formalinbäder wurden nicht 
mehr applicirt. 


Prognose: Offenbar war während der letzten zwei Tage 
eine Besserung des Krankheitszustandes zu verzeichnen, die 
tetanische Contraction der Kaumuskeln, Hals-, Rücken- und 
Schweifmuskeln hatte nachgelassen, die Temperatur war auf 
38,2 zurückgegangen, die Bewegungen waren freier, Futter- 
und Getränkaufnahme besser, und der Patient hatte sich zum 
ersten Male gelegt. Nur die Respirationen waren noch ab¬ 
norm häufig, jedoch innerhalb 24 Stunden von 54 und 60 auf 
46 heruntergegangen. Es gestaltete sich demnach die Pro¬ 
gnose heute ziemlich günstig und zwar um so mehr, als bereits 
der zehnte Tag nach Beginn der Erkrankung verflossen war. 
Vom 2. bis 10. November schwankte die Temperatur zwischen 
38,0 und 37,7, die Pulszahl betrug im Mittel 40, die Zahl der 
Athemzüge war von 46 allmälig auf 16 gesunken. Die teta¬ 
nische Contraction der Kopf- und Halsmuskeln war vollkommen 
geschwunden, das Maul wurde mühelos geöffnet, auch waren die 
Gliedmassen vollkommen beweglich. Der grattliche Gang und die 
Steifigkeit waren nicht mehr wahrzunehmen. In Folge dessen 
war die Futter- und Getränkaufnahme sehr gut, die Nasen¬ 
löcher wurden nicht mehr trompetenförmig erweitert, der Hals 
nahm nicht mehr die gestreckte Haltung an. Der Gang war 
frei, die Haltung des Schweifes fast normal. Die Muskeln des 
Rumpfes fanden sich dagegen noch geringgradig tetanisch con- 
trahirt, daher war bei der Athmung eine deutliche Mitbetheili¬ 
gung der Bauchpresse zu constatiren. Schmerzhaft war am 
Körper nur noch die Stelle, an welcher die letzte Injection 
gemacht worden war, und an der sich noch eine geringe An¬ 
schwellung vorfand. Das Allgemeinbefinden des Thieres liess 
nichts zu wünschen übrig. Die Behandlung war bisher seit 
der subcutanen Injection des Tetanusantitoxins eine exspectative. 

Am 11. November waren sämmtliche Krankheitssymptome 
geschwunden, die Schmerzhaftigkeit der Injectionsstelle am 
Halse war nur noch ganz unbedeutend. Patient wurde Nach¬ 
mittags gut zugedeckt, eine halbe Stunde geführt und am 
13. November vollkommen geheilt aus der Klinik entlassen; 
eine weitere Schonung des Pferdes wurde dem Besitzer an¬ 
empfohlen. 

Im vorliegenden Falle haben wir es mit einem allerdings 
nicht schweren Tetanusfalle zu thun, da sich die krankhaften 
Erscheinungen nur langsam steigerten. Am vierten Tage nach 
der letzten Injection konnte eine deutliche Besserung des teta- 
nischen Zustandes constatirt werden; alle Krankheitssymptome 
Hessen nach, nur die Zahl der Athemzüge blieb noch frequent. 
Am fünften Tage nach der Injection wurde der Patient zum 
ersten Male liegend angetroffen, alle Krankheitserscheinungen 
verloren sich nun mehr und mehr, die schmerzhaften Schwel¬ 
lungen am Halse verschwanden, die Temperatur schwankte 
"zwischen 37,7 und 38,0, selbst die Athemzüge gingen schliess¬ 
lich bis auf 16 pro Minute zurück. Am 19 Tage der Er¬ 
krankung war der Patient so weit hergestellt, dass er aus dem 
Spitale entlassen werden konnte. 

In wie weit wir dem Ti zzoni'sehen Tetanusantitoxin 
eine Heilwirkung zusprechen dürfen, lässt sich durch diesen 
Fall nicht klar legen. Rechnen wir unsern Fall zu den leich¬ 
teren, so konnte auch ohne Tetanusantitoxin eine Genesung 
eintreten; denn wenngleich der Procentsatz der an Tetanus 
eingegangenen Pferde ein ziemlich grosser ist, so kommen doch 
manche Patienten — und namentlich leicht erkrankte — auch 
ohne Tetanusantitoxin mit dem Leben davon. Jedenfalls ist 
das mit dem theuren T i z z o n i 'sehen Antitoxin behandelte 
Pferd geheilt worden; in Italien und Ungarn hat man eben¬ 
falls solche Heilwirkungen des Ti zzoni'sehen Präparates ein¬ 
treten sehen. Durch weitere Versuche wird man aber erst 
über den Werth oder Unwerth desselben entscheiden können. 
Diejenigen Tetanusfälle, welche mit T i z z o n i’schem Antitoxin¬ 
behandelt wurden, müssen deshalb registrirt werden, und das 
ist der Grund, warum obiger Fall in der thierärztlichen Literatur 
niedergelegt wird. Ueber den Werth der Formalinbäder soll 
kein Urtheil gefällt werden. Es ist bekannt, dass die gewöhn¬ 
lichen Desinficientien keinen besonderen Einfluss auf die Te¬ 
tanusbacillen resp. Sporen in einer Wunde ausüben. Das For¬ 
malin ist gegen Tetanusmikroben meines Wissens noch nicht 


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55 


DEUTSCHE TH1ER.ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 7 . 


versucht worden; wir wandten es deshalb hier an und beeilten 
uns mit der Dcsinfection der Wunde resp. Abtödtung der Ba¬ 
cillen und Sporen, weil wir von Anfang an kein Antitoxin in 
Händen hatten und bei möglicher Ertödtung der Bacillen durch 
Formalin die Neubildung von Tetanustoxin ein Ende hätte 
nehmen müssen. 


Wissenschaftliche oder empirische Fleisch¬ 
beschau. 

Von Dr. Edelmann, 

Director der städtischen Fleischbeschau in Dresden. 

In letzterer Zeit sind bei der Redaction dieser Wochen¬ 
schrift wiederholt Anfragen von Ortsbehörden, Gemeinderaths¬ 
mitgliedern und sonstigen Interessenten eingegangen, welche 
sich auf die Einführung der Fleischbeschau in kleineren Städten 
bezogen und insbesondere um Aufschluss darüber baten, ob 
es sich empfehle, einen Thierarzt d. h. einen wissenschaftlichen 
Flcischbeschauer anzustellen oder ob man nicht mit einem 
empirischen Fleischbeschauer auskommen könne. Da diese 
Fragen gegenwärtig, wo man in den verschiedensten Gegenden 
Deutschlands mit der Einführung einer Fleischbeschau vorgeht, 
ein allgemeines Interesse besitzen, dürfte eine kurze Erörterung 
derselben den Lesern der Wochenschrift willkommen sein. 
Wenn ich mir auch bewusst bin, mit den folgenden skizzen¬ 
haften Bemerkungen sehr vielen Collegen durchaus nichts Neues 
zu bringen, so finden doch manche der letzteren in der flüch¬ 
tigen Beleuchtung der vorliegenden Angelegenheit vielleicht 
den Vortheil, damit eine Publication über dieselbe zu besitzen, 
welche sie ohne weitere Erläuterung Jedem übergeben können, 
der sich über den Gegenstand schnell unterrichten will. 

Gelegentlich der von mir in No. 33 und 34 des letzten 
Jahrganges dieser Wochenschrift veröffentlichten »Betrachtungen 
über die Rede des Herrn von Mendel-Steinfels im preus- 
sischen Abgeordnetenhause zur Einführung einer obligatorischen 
Fleischbeschau »wurde bereits darauf hingewiesen, dass eine 
ordentliche Fleischbeschau ohne Mitwirkung der 
Thierärzte völlig undenkbar ist. Wenn man auch viel¬ 
fach und besonders auf dem flachen Lande zur Anstellung von 
Laienfleischbeschauern schreiten muss, weil ein Thierarzt unter 
keinen Umständen für die Fleischbeschau zu haben ist, so ist 
doch davon auszugehen, dass, wo ein Thierarzt in einem Orte 
ansässig ist, dieser als in erster Linie berufen zur Ausübung 
der Fleischbeschau zu gelten hat. Letztere ist nicht nur dar¬ 
aufhin einzurichten, sondern es ist auch die Pflicht der Be¬ 
hörde, dem betreffenden Thierarzte die Ausführung der Fleisch¬ 
beschau von vornherein anzutragen. Dies haben die süd¬ 
deutschen Staaten, welche bei Einführung der obligatorischen 
Fleischbeschau immer als vorbildlich gelten, längst anerkannt 
und so besagt beispielsweise § 2 der badischen Fleischschau¬ 
ordnung vom 26. November 1878: »In Gemeinden, in 
welchen ein Thierarzt wohnt, kann nur mit Ge¬ 
nehmigung des Ministeriums des Innern ein Sach¬ 
verständiger, der nicht Thierarzt ist, als Fleisch¬ 
beschauer aufgestellt werden.« 

Die Gründe, welche die badische Regierung bei Erlass 
dieser Vorschrift leiteten, bestehen auch heute noch im vollsten 
Umfange zu Recht; und dieselben sind nicht nur massgebend, 
wenn es sich um die Einführung der Fleischbeschau in einem 
ganzen Lande handelt, sondern verdienen noch vielmehr von 
Stadtverwaltungen beachtet zu werden, welche für ihren Ge¬ 
meindebezirk Fleischbeschaueinrichtungen planen. Soll mit letz¬ 
teren nicht nur, wie es manchmal zu geschehen scheint, der 
öffentlichen Meinung und den herrschenden Zeitströmungen 
Rechnung getragen, sondern vielmehr mit der Einführung der 
Fleischbeschau ernstlich beabsichtigt werden, wichtige und wirk¬ 
same sanitäre Massnahmen zu schaffen, so kann sich keine vor- 
urtheilsfreie Verwaltungsbehörde der Einsicht verschliessen, dass 
sie nur durch eine thierärztlich ausgeübte Fleisch¬ 
beschau ihre Zwecke im vollen Umfange erreicht. 


Letztere bestehen in erster Linie in einem Schutze der 
menschlichen Gesundheit gegen die aus dem Fleischgenusse 
drohenden Gefahren und in der Sorge für ein gutes, den Vor¬ 
aussetzungen eines soliden Fleischergewerbes und den Ansprüchen 
der Consumenten entsprechendes Fleisch. Und diese Zwecke 
sollen erreicht werden, nicht nur ohne erhebliche Belästigung 
der Gewerbetreibenden und unter Würdigung ihrer berechtigten 
Wünsche, sondern vor Allem auch mit thunlichst weitgehender 
Erhaltung der in den Schlachtthieren ruhenden Werthe und 
unter Vermeidung zu grossen Kostenaufwandes. Lassen sich 
nun diese Voraussetzungen leichter und besser erfüllen durch 
eine wissenschaftlich ausgeübte Fleischbeschau oder durch eine 
solche, welche von einem Laienfleischbeschauer bewirkt wird? 

Die Antwort auf diese Frage kann nur zu Gunsten der 
wissenschaftlichen Fleischbeschau ausfallen, welche allein allen 
vorgenannten Verhältnissen im vollsten Umfange gerecht zu 
werden vermag. Was zunächst die sanitäre Aufgabe der 
Fleischbeschau anlangt, so bedarf es keiner besonderen 
Begründung und Ausführung, dass sie derjenige Flcischbeschauer 
am besten erfüllen muss, welcher am gründlichsten die Krank¬ 
heiten der Schlachtthiere, die Veränderungen des Fleisches nach 
der Schlachtung etc. und ihre Bedeutung für den Menschen 
kennt. Dies vermag aber nur der thierärztliche Fleischbeschauer 
im vollkommensten Masse. Zwar wird auch ein gut vorge¬ 
bildeter, intelligenter und gewissenhafter Laienfleischbeschauer 
die häufigst vorkommenden krankhaften Veränderungen von 
gefunden Verhältnissen unterscheiden können, aber feinere Er¬ 
krankungsformen sicher zu erkennen, wird ihm erst nach jahre¬ 
langer Uebung möglich sein und die Würdigung der krank¬ 
haften Veränderungen in einem Schlachtthiere mit Rücksicht 
auf dessen Verwerthung zur menschlichen Nahrung wird sich 
ein Laienfleischbeschauer immer nur in sehr beschränktem Um¬ 
fange aneignen können. Daher ist es auch allenthalben den em¬ 
pirischen Fleischbeschauern nur gestattet, gesunde Schlacht¬ 
thiere zu beurtheilen und § 5 der oben angezogenen badischen 
Fl$ischbeschauordnung schreibt vor: »BeikrankemSchlacht- 
vieh muss die zweite Besichtigung durch einen 
Thi.er.arzt vorgenommen werden.« Wollte man von 
diesem Grundsätze abgehen und Laienfleischbeschauern auch 
die Beurthejlung kranker Schlachtthiere überlassen, so würden 
hiergegen schwere Bedenken, vor Allem von den Fleisch- 
consumenten und den Vieh producirenden Landwirthen erhoben 
werden können. Die ersteren hätten keine Gewähr dafür, dass 
der Laienfleischbeschauer vorkommende Krankheiten richtig 
beurtheilt, dass er nicht gesundheitsschädliches oder verdorbenes 
Fleisch in den Verkehr gelangen lässt, während sich der Vieh¬ 
züchter bei vorkommenden Beanstandungen gewiss eines Ge¬ 
fühls der Ungewissheit darüber nicht wird erwehren können, 
ob denn auch sein angeblich krankes Schlachtthier wirklich 
mit dieser oder jener Krankheit behaftet ist und gerade so 
behandelt werden muss, wie es der Fleischbeschauer ange¬ 
ordnet hat. Handelt es sich im ersteren Falle um die Wahrung 
sanitärer Interessen, so kommt im letzteren der Schutz gegen 
Vermögensschädigungen in Frage. Und daher ist es weder 
in sanitärer Beziehung zu rechtfertigen, noch auch vom ökono¬ 
mischen Standpunkte aus gut zu heissen, einem Laien¬ 
fleischbeschauer die Ueberweisung von Schlacht¬ 
stücken auf die Freibank zu überlassen oder ga-r 
allein auf dessen Gutac hten hin, Schlachtthiere als 
ungeniessbar zu vernichten. Gewiss können sich Fleisch- 
Producenten und Consumenten auch durch die Thätigkeit und 
die Begutachtungen eines wissenschaftlichen Fleischbeschauers 
nicht allenthalben befriedigt fühlen; aber im Allgemeinen darf 
doch das Treffen des Richtigeren dort eher erwartet werden, 
wo die meisten Vorbedingungen hierzu vorhanden sind. Und 
letzteres ist nur beim wissenschaftlichen Fleischbeschauer der 
Fall, dessen Gutachten überdies durch eine obergutachtliche 
Untersuchung und Beurtheilung noch controlirt werden können. 
Nun kann man einwenden, dass letzteres auch bei einem Laien¬ 
fleischbeschauer möglich sei und dass dieser recht wohl die 
allgemeine Fleischbeschau ausüben könne, wenn er nur ver¬ 
pflichtet wird, bei kranken Schlachtthieren, das Gutachten eines 


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56 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


12. Februar. 


wissenschaftlichen Fleischbeschauers, eines Thierarztes, einzu¬ 
holen. Gewiss ist dies angängig, bietet aber dort, wo ein 
Thierarzt zur Ausübung der Fleischbeschau stets zu haben ist, 
keinerlei Vortheile für die ganze Fleischbeschaueinrichtung, 
sondern erschwert nur die Durchführung derselben. Warum 
soll man auch zwei Sachverständige in Bewegung setzen, wenn 
einer die Sache erledigen kann ? Hierbei ist noch ausserdem 
zu erwähnen, dass die Zuziehung des zweiten Sachverständigen, 
des Thierarztes, beachtliche Belästigungen für die Flei¬ 
scher mit sich bringt, denselben Zeitversäumnisse verursacht 
und sie dadurch vielfach in der Verwerthung ihrer Schlacht- 
thiere beschränkt. Zudem entstehen hierdurch auch Kosten, 
welche vermieden werden, wenn die Beschau gleich von vorn¬ 
herein vom Thierarzt bewirkt wird. Empfiehlt sich schon aus 
allen diesen kurz aufgeführten Verhältnissen die Anstellung 
eines Thierarztes, wo ein solcher zur Verfügung steht, für die 
Fleischbeschau, so können auch die dadurch entstehenden Kosten 
einen vorurtheilsfreien Beurtheiler der Sachlage nicht dagegen 
einnehmen. 

Gerade die Kostenfrage wird von den Gegnern einer 
wissenschaftlichen Fleischbeschau immer benützt, um gegen die 
Anstellung eines Thierarztes zu wirken und doch ist durch 
einfache Berechnungen auf Grund der Zahlen der in einem Orte 
jährlich zur Schlachtung kommenden Thiere in der Regel leicht 
nachzuweisen, dass die Gegner sich im Unrecht befinden. Wenn 
auch zugegeben werden soll, dass selbstverständlich ein wissen¬ 
schaftlich gebildeter Fleischbeschauer im Allgemeinen nicht 
ganz so billig arbeiten kann als ein Laie, so werden doch die 
etwaigen Mehrkosten nur unerheblich sein und reichlich 
aufgewogen durch die grössere Sicherheit, welche 
die thierärztliche Fleischbeschau bietet. Dabei steht 
es von vornherein noch keineswegs fest, dass durch letztere 
überhaupt Mehrkosten entstehen und es ist deshalb wohl zu 
erwägen, ob nicht die Gebühren, welche den Laienfleisch¬ 
beschauern zu zahlen sind, unter Zurechnung der Kosten für 
die Requisitionen eines Thierarztes bei kranken Schlachtstücken 
schliesslich dieselbe Höhe erreichen, als wenn überhaupt nur 
eine thierärztliche Beschau stattgefunden hätte. Erreicht die 
Zahl der jährlich zu schlachtenden Viehstücke in einem Orte 
nur einigermassen eine entsprechende Höhe — und das wird 
bei Orten über 4000—5000 Einwohnern stets der Fall sein — 
so wird sich die Anstellung eines thierärztlichen Fleisch¬ 
beschauers stets ermöglichen lassen, ohne dass die Gebühren¬ 
sätze hoch zu bemessen sind. Man braucht nicht zu fürchten, 
dass der ortsanwesende Thierarzt unbillige Honoraransprüche 
stellen könnte, wenn ihm die Ausführung der Fleischbeschau 
angetragen wird. Liegt dem Thierarzte daran die Fleisch¬ 
beschau zu übernehmen und das wird fast stets der Fall sein, 
wenn er nicht eine sehr gute Praxis besitzt, so wird er auch 
anerkennen, dass eine gewisse obere Gebührengrenze nicht 
überschritten werden kann und einer wohlwollenden und ein¬ 
sichtsvollen Ortsbehörde wird es dann stets gelingen, ein beide 
Theile befriedigendes Uebereinkommen mit dem Thierarzte zu 
treffen. Erfreut sich aber ein Thierarzt einer so guten Praxis, 
dass er die Ausübung der Fleischbeschau nicht übernehmen 
kann oder muss er aus anderen Gründen ablehnen, so wird 
gewiss noch Platz für einen zweiten Thierarzt im Orte sein, 
welcher das Fixum aus der Fleischbeschau als Basis für die 
Gründung einer Existenz benutzend, bemüht sein wird, durch 
Erwerbung einer bescheidenen Praxis sein weiteres Fortkommen 
zu finden. Und heutzutage stehen Thierärzte für die Fleisch¬ 
beschau allenthalben vorgebildet zur Verfügung, sodass eine 
Gemeindebehörde, welche ernstlich einen solchen für die 
Fleischbeschau anstellen will, auch sicher eine geeignete Kraft 
finden wird. 

Alles in Allem sind daher keinerlei stichhaltige Gründe 
gegen die Einrichtung einer durch einen wissenschaftlich 
gebildeten Sachverständigen auszuführenden Fleischbeschau dort 
geltend zu machen, wo ein Thierarzt zur Verfügung steht oder 
die Herbeiziehung eines solchen nach Lage der Verhältnisse 
möglich ist. Wie allenthalben in der Welt das Bessere der 
Feind des Guten ist, so verdient auch stets eine Fleischbeschau 


durch einen Thierarzt ausgeübt, den Vorzug vor einer Beschau 
durch einen Sachverständigen, welcher für diese Thätigkeit 
zumeist nur verhältnissmässig dürftige Vorkenntnisse mit¬ 
bringt. Das Institut der Laien fl eischbeschauer ist 
und bleibt immer nur ein Nothbehelf, zu dem nur 
dort gegriffen werden darf, wo ein wissenschaftlicher Fleisch¬ 
beschauer unter keinen Umständen zu haben ist. 

Referate. 

Choreazufälle als Folge einer Hautläsion beim Hunde. 

Von Lienaux, 

klinischem Assistenzthierarzt der Brüsseler Schule. 

(Annales de Medecine vet. 1897. Heft 9.) 

Eine ganz eigenthümliche Beobachtung machte Verf. bei 
einer 4jährigen Bulldogge, welche wegen einer geringfügigen 
eiternden Wunde am Hals in Behandlung kam und während 
der regelrechten Heilung derselben plötzlich in überaus starke, 
nervöse Erregtheit verfiel; da sich weiterhin ganz ungeordnete, 
zuckende, automatische Bewegungen der Körpermuskeln an¬ 
schlossen, musste an Chorea gedacht werden, eine andere 
Deutung liess das Krankheitsbild im Anfang nicht zu. 

Schon gleich im Beginn wurde der Hund in die grösste 
Unruhe versetzt, benahm sich höchst aufgeregt, stiess zuweilen 
einen durchdringenden Schrei aus und verkroch sich unter die 
Möbel, wenn man zum Verbinden der Wunde schreiten wollte. 
Im weiteren Verlauf stellten sich unwillkürliche Contractionen 
besonders an den Streckmuskeln des Vorderkörpers ein, 
durch welche dieser bei jedem Stosse nach vorwärts geschoben, 
bezw. etwas in die Höhe gehoben wurde oder zogen die Con- 
vulsionen den Kopf bei «lufgesperrtem Maule seitwärts auf den 
Hals. Das Gehen war besonders dadurch erschwert, dass bei 
den Vorwärtsstössen das Thier, wie wenn es sich bäumen 
wollte, plötzlich auf die Hinterfüsse gesetzt wurde. In geringerem 
Grade wiederholten sich diese Agitationen während des Schlafes, 
am stärksten traten sie hervor, wenn man die verschriebene 
Arznei (Bromwasser) eingeben wollte, es musste daher von 
allem Mediciniren abgesehen werden. Die Körpertemperatur 
blieb normal, ebenso der Appetit, beim Fressen stellten sich 
jedoch unzeitige Kaumuskelcontractionen ein, welche die Auf¬ 
nahme des Futters erschwerten, war dieses jedoch einmal 
ergriffen, wurde mit wahrem Heisshunger abgeschlungen. Am 
12. Tage der Behandlung war die kleine Wunde vernarbt und 
8 Tage später verschwanden auch die letzten Nervensymptome, 
nur ein scheues, ängstliches Wesen ist zurückgeblieben. 

Was die Diagnose betrifft, war bei der Abwesenheit 
jeglichen Fiebers ein entzündlicher Vorgang in den Central¬ 
organen des Nervensystems unbedingt auszuschliessen, ebenso 
Staupe, deren Krämpfe ja epileptiformer Natur sind. Aber 
auch als Veitstanz lässt sich die Erkrankung des schon von 
Haus aus nervös angelegten Hundes nicht bezeichnen, denn der 
Verlauf war ein acuter und die Ursache bekannt, was bei der 
Chorea nicht zutrifft, dagegen sprach der ganze Symptomen- 
complex für eine Reflexneurose, deren Ausgangspunkt in 
Irritation der Nerven an der Wunde zu suchen war. Auch 
jener choreatische Vorgang ist ein anderer und schwererer, 
der sich zuweilen an die Staupe des Hundes nach ihrer Ab¬ 
heilung anschliesst, denn dieser wird durch die zurückgelassenen 
Toxine der Staupebakterien veranlasst, ähnlich wie der Bacillus 
pyocyanicus Paraplegie erzeugt, der Strepto- und Staphylococcus 
Myelitis oder der Bacillus botulinus Gehirn- und Rückenmarks¬ 
entzündung hervorruft, selbst wenn er in den Darm eingeführt 
wird. Sonach bleibt nur übrig, das bei der Bulldogge beob¬ 
achtete Krankheitsbild als eine seltene Form von »traumatischer 
Neurose« zu erklären, welche die grösste Aehnlichkeit mit 
Chorea hat; die Behandlung der Wunde mit Kreolinwasser 
konnte darauf keinen Einfluss ausüben. (Nicht ersichtlich ist, 
was den Verf. veranlasst hat, bei dieser ganz eigenthümlichen, 
für sich abgeschlossenen, acuten und spontan geheilten Krankheits¬ 
form nicht auch an ein mikrobisches Nervengift zu denken, 


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57 


DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 7. 


herrührend von dem Secrete seltener und noch unbekannter 
Bakterien, die schon vor der antiseptischen Behandlung der 
Wunde eingedrungen sind. Ref.) Vogel. 


Ueber die Haltbarkeit thierischer Schutzpockenlymphe 
auf dem Transport nach Deutsch-Ostafrika. 

Von Dr. Plehn, 

Regierungsarzt beim Gouvernement von Deutsch-Ostafrika. 

1 Arbeiten aus dem Kais. Gesundheitsamte, XIII. Bd , S. 350.) 

Nachdem sich die Nothwendigkeit ergeben hatte, einen 
möglichst grossen Theil der Bevölkerung in der Colonie gegen 
die Pocken zu schützen, hat Verfasser Untersuchungen darüber 
angestellt, ob Vaccine zu allen Jahreszeiten von Europa nach 
Ostafrika im wirksamen Zustande versandt werden könne. 
Die Sendungen sind in etwa 4 wöchentlichen Zwischenräumen 
dorthin abgegangen. Hierbei wurde zunächst absichtlich von 
besonderen Vorsichtsmassregeln Abstand genommen. In einem 
Falle wurde getrocknete, zwischen Objectträgern mit Paraffin¬ 
oder Schellackverschluss verwahrte Lymphe, welche sich voll¬ 
wirksam erwies, in den übrigen Fällen mit Glycerin verdünnte 
Lymphe in kurzen Glascapillaren mit Siegellackverschluss ab- 
gesandt. In der Mehrzahl der Fälle wurde die Lymphe wenige 
Tage nach ihrem Eintreffen verwendet; in einigen Fällen ein 
Theil der Lymphröhrchen ohne besondere Vorsichtsmassregeln 
in einem luftigen, gegen den Einfluss der strahlenden Wärme 
völlig gesicherten Raume aufbewahrt und erst einige Wochen 
nach ihrem Eintreffen verwendet. Als Impflinge dienten in 
erster Linie Schul- und andere Kinder, die früher sicher noch 
nicht geimpft waren und Pocken nicht überstanden hatten, in 
zweiter Linie Angehörige der Polizeitruppe, Bootsleute und 
Kettengefangene, bei welchen die Kontrole unter allen Um¬ 
ständen gesichert war, endlich Plantagenarbeiter und freiwillig 
sich einstellende Bewohner von Tanga und Umgegend. Die 
vergleichenden Beobachtungen des Impferfolges ergaben, dass 
dre' zwischen October und März 1896/97 nach Ostafrika ver £ 
schiffte Lymphe in einem brauchbaren, wenn auch in der 
Wirkung verschiedenen Zustande dortselbst angekommen ist, 
während die vom Mai bis September 1896 verwendete Lymphe 
wesentlich schlechtere, in 2 Fällen gar keine Erfolge ergab. 

Bei Unterbringung der Lymphe in dem Heiz- und Maschinert- 
raum benachbarten Räumen der Seeschiffe, in welchen die 
Temperatur ein wenig niedriger als 50—55 0 bezw. 42—48° C. 
ist, wie sie der Verfasser in jenen Räumen gemessen hat und 
welche häufig zur Unterbringung von Postsendungen benutzt 
werden, müsse schon nach kurz dauernder Seefahrt die Wirk¬ 
samkeit der Lymphe vernichtet oder in so hohem Masse ab¬ 
geschwächt werden, dass sie nur bei besonders disponirten 
Individuen noch Impfpusteln zu erzeugen vermag. 

Es kann mithin auf eine regelmässige Wirksamkeit der 
ohne besondere Vorsichtsmassregeln versandten Lymphe in den 
Tropen nicht gerechnet werden. Ob diese brauchbar ankommt 
oder nicht hängt vom Zufall, d. h. von dem Raume ab, in 
welchem sie an Bord untergebracht war. Die Aussicht, dass 
sie brauchbar ankommt, ist im Winter wesentlich grösser als 
im Sommer. Wenn bei zweckmässiger Unterbringung und 
verbesserter Conservirungsmethodc die Lymphe sich nicht halt¬ 
barer erweisen sollte, müsste eine besondere Lymphegewinnungs¬ 
anstalt in Deutsch-Ostafrika als ein dringendes Bedürfniss 
angesehen werden. 


Ueber Milzbrand und Typhus beim Pferde. 

(Le Progres vetcrinaire 1S97, No. 43.) 

Thierarzt Morot in Troyes giebt im Progrös vetcrinaire eine 
Arbeit der beiden italienischen Artilleriethierärzte Dr. Bernabei 
und Dr. Boatini bekannt, in welcher sich dieselben über das 
gleichzeitige Vorkommen von Anthrax und Typhus beim Pferde 
aussprechen. 


Namentlich bei Militärpferden kam den genannten Thier¬ 
ärzten in den letzten Jahren häufig eine eigenthümliche per¬ 
acute, contagiöse Bluterkrankung vor, bei der sie stets Milz¬ 
brandbacillen im Blute fanden (Typhus charbonneux), aber 
auch ihnen morphologisch sehr ähnliche Diplokokken (Ty¬ 
phus ä diplocoques). Diese schwere Erkrankung ist nicht neu 
und war schon Gegenstand mikrobiologischer Studien von 
Rivolta, Perroncito, Schütz, Bosso, Mazzanti u. A.; 
ausserdem ist sie beschrieben in den pathologischen Lehr¬ 
büchern von Cadöac, Friedberger und Fröhner, Oreste, 
Brusasco und Boschetti. Auch Micellone und Nosotti 
setzen ihre Existenz nicht in Zweifel und widmete ihr auch 
Prof. Leclainche kürzlich eine specielle Besprechung. Des¬ 
gleichen hat Dr. Fiorentini neuestens über den Milzbrand 
des Pferdes geschrieben, bei dem er Anthraxsporen in den 
Mesenterialdrüsen fand, die von der durch Sclerostomen per- 
forirten Darmschleimhaut aus dorthin gelangten und daher 
Futterpartikelchen enthielten. Auch hiebei spielten zwei ver¬ 
schiedene Krankheitserreger eine Rolle, der eine erzeugt fieber¬ 
hafte, typhoide Erscheinungen mit celebraler Depression, der 
andere die rapide Form des Milzbrandes (Blutschlag), man hat 
es daher mit einer äusserst gefährlichen und gewöhnlich auch 
tödtlichen Mischinfection zu schaffen, die besonders in 
grösseren Pferdebeständen vorkommt. 

In letzter Zeit wurde die Krankheit von Bernabei und 
Boatini bei Officierspferden als Seuche in Spezzia beobachtet 
und studirt (Enzootic typho-charbonneuse). Die Haupterschei- 
mingen waren: Anorexie, beschleunigte Respiration und Cir- 
culation, 39,5—40 0 C., Muskelzittern, grosse Aufregung mit 
nachfolgender starker Niedergeschlagenheit, rascher Tod. Nur 
bei einzelnen Pferden traten Petechien in der Nase auf oder 
Oedeme an der Brust. Die Autopsie ergab Hyperämie der 
Lunge, Leber und Milz mit Schwellung, punktförmigen Hämorrha- 
1 gien in den Hirn- und Rückenmarkshäuten; das Blut erschien 
schwärzlich, vollständig flüssig und enthielt neben verschiedenen 
j Diplokokken reichlich Milzbrandstäbchen. Merkwürdigerweise 
fand man bei einem Pferde gar keine Anthraxbacillen, obwohl 
! das klinische Bild bei demselben in gar keiner Weise von dem 
der anderen an Milzbrandapoplexie eingegangenen Pferden ab¬ 
wich, dagegen enthielt das Blut sowie das meningitische Ex¬ 
sudat überaus zahlreiche Diplokokken, welche sich von den 
Pneumokokken F r ä n k e 1 und Friedländer nur dadurch 
unterschieden, dass sie sich schon bei 20 ü auf Gelatine rasch 
entwickelten. Auch eine Ziege erkrankte in einem der Pferde- 
j Ställe und starb an Milzbrand. Weitere bakteriologische Unter- 
I suchungen ergaben, dass die Krankheitskeime nicht vom Futter 
i oder Wasser, sondern von den in schlechtem Zustande befind¬ 
lichen Stallungen herrührten, denn nur in dem von den 
| Wandungen und dem Stallpflaster entnommenen Geschabsel 
' fanden sie sich und bestanden hauptsächlich aus Milzbrand¬ 
stäbchen von der charakteristischen Form des Medusenhauptes. 
Aus all dem geht hervor, wie sehr bisweilen das gewöhnliche 
Bild einer Infectionskrankheit abgeändert werden kann und dass 
eine typhoide Infection beim Pferde (Typhus equin) recht wohl 
neben Milzbrand bestehen kann. Was die französischen Thier¬ 
ärzte unter Infection typhoide verstehen, ist nicht immer 
■ ganz klar und kann derselben auch keine bestimmte Einheit 
unterliegen. In ähnlicher Weise verhält es sich auch mit der 
Influenza des Pferdes, welche, wie bekannt, als »Fievre- 
typhoide« bezeichnet wird. Prof. Cadeac hat sich kürzlich 
| in einem Vortrage des Näheren darüber ausgesprochen und 
1 die Frage aufgeworfen, auf welche Infectionsform einzig das 
Epitheton »typhoid« bezogen werden dürfe. «Das typhoide 
| Fieber des Pferdes ist immer noch dieselbe Krankheit, wie sie 
| es von jeher war und ist genügend charakterisirt durch das 
| fieberhafte enzootische Auftreten, die grosse Muskelschwächc 
; und nervöse Depression, das schwere Digestionsleiden und die 
entzündliche Affection des Augapfels. Diese Symptomengruppe 
beherrscht die Domaine der Influenza vollständig und bildet 
die pathognostische, einheitliche Grundlage, auf welcher sich 
alle jene Krankheitszustände leicht eliminiren lassen, mit denen 
die Influenza von den Praktikern so häufig in einen Topf ge- 


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58 


DEUTSCHE THIEKiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


12. Februar. 


worfen wird. Diese sind insbesondere die Katarrhe der oberen 
Luftwege, Bronchitis, Druse, die infectiöse Pneumonie, die 
Hämoglobinämie, die enzootische Cerebrospinalmeningitis etc. 
Das pathogene (noch völlig unbekannte) Agens der Influenza 
erzeugt die Symptome derselben sofort, der Diagnostiker 
braucht daher nicht erst auf Localisationen zu warten, sie sind 
immer schon da, wenn er Influenza zu Gesicht bekommt, wohl 
aber können sich schon während ihrer Entwicklung neue 
secundäre Infectionen ausbilden, wenn noch andere, nament¬ 
lich pyogene Mikroben oder die der Druse, der Pneumonie 
u. dgl. in den bereits erkrankten und geschwächten Organismus 
einwandern. Hiernach hat man in früherer Zeit eine katarrha¬ 
lische, adenitische, pectorale, gastrische, nervöse Form auf¬ 
gestellt, die proteusähnliche Physiognomie des typhoiden Fiebers 
gehört aber nicht zu seinem Wesen, sie markirt vielmehr nur 
die während des Verlaufs eingetretene Complication.« 

Vo g-el. 


Hauthorn beim Rinde. 

Von C. de Benedictis. 

(II nuovo Ercolani 1897, S. 309.) 

An der Brustwand eines geschlachteten Ochsen fand sich 
ein Hauthorn von plumper, conischer Gestalt, das sich in einen 
grösseren gekrümmten und einen kleinen abgeplatteten schied. 
Letzteres hat unregelmässig dreieckige Gestalt und weist eine 
ca. 1 7 * cm breite Längsspalte auf, welche von der Basis bis 
zur halben Höhe reicht und mit Haut ausgefüllt ist. Die Farbe 
ist die einer Ochsenklaue. Die Oberfläche zeigt feine lamelläre 
Längsstructur und in verschiedenem Abstand von der Basis 
drei tiefe Querrinnen, die an der convexen Seite des Hornes 
tief sind, an der concaven dagegen immer flacher werden, um 
im abgeplatteten Theil des Hornes zu verschwinden. An der 
Basis hat das Hauthorn einen Umfang von 27 cm, auf halber 
Höhe einen solchen von 21 cm. Die Höhe des convexen 
Theiles beträgt 13 cm, die des abgeplatteten 10 cm. Die 
Basis hat unregelmässig elliptische Form mit dem Durchmesser 
9 und 7 1 l i cm. Die äussere Schicht der Geschwulst besteht 
aus hartem Horn, während im Innern weiches Bindegewebe und 
Fett enthalten ist. Nach Entfernung des Letzteren hat das 
Horn das Ansehen einer Kapsel mit einer Wandstärke von 
1 — 1 1 ;' 2 mm, die nach der Spitze beträchtlich zunimmt. Es 
ähnelt einem kleinen Büffelhorn. Frick. 


Atresia ani et recti beim Kalbe. 

Von Germain. 

(II nuovo Ercolani, 1897, S 311.) 

G. fand ein Kalb, zu dem er gerufen wurde, fiebernd, 
Maul kalt und trocken, Flotzmaul ebenso, Ohren und Glied¬ 
massen etwas kalt. Augen stier, Cornea und Sclerotica mit 
blutigen Flecken besetzt, Conjunctiva injicirt, Herzschläge und 
Puls sehr frequent, Urinabsatz regelmässig, Kothabsatz fehlt. 
Als Ursache wird Fehlen des Afters und, da beim Pressen auch 
keine Hervorwölbung an Stelle des Afters eintritt, des Rectums 
festgestellt. Die Operation wird im Stehen in der Weise aus¬ 
geführt, dass nach Kreuzschnitt an der Stelle, wo der Atter 
sitzen soll, mit dem Finger stumpf vorgegangen wird. Hierbei 
wird das Rectum in einer Tiefe von 8,8 cm gefunden und mit 
dem geraden Bistouri eröffnet. Es erfolgt reichlicher Koth¬ 
absatz und das Kalb erholt sich. In Folge überreichlicher 
Fütterung von Seiten des Besitzers, um das Kalb bald fett zu 
machen, geht dasselbe am 18. Tage nach der Operation zu 
Grunde. Die Obduction ergiebt Indigestion als Todesursache 
und zeigt gleichzeitig, dass die Operationswunde im besten Ab¬ 
heilen begriffen war. Gleichzeitig wurde gefunden, dass das 
Rectum während des Fötallebens nicht geradeaus nach dem 
After zu gewachsen war, sondern sich schlingenförmig nach 
oben umgebogen hatte und als Blindsack an der oberen Becken¬ 
wand endigte. Frick. 


Hernie eines trächtigen Uterus; Entwickelung des Fötus;. 

Amputation des Uterus und Genesung der Stute. 

Von Thomson. 

(The Vcterinarian. Aug. 1897.') 

Th. wurde am 26. Mai d. J. zu einer 6jährigen Stute 
gerufen, welche fohlen wollte. Dieselbe hatte sich bisher 
immer ganz gesund und munter gezeigt. Seit 4 Stunden zeigte 
sie Zeichen grosser Unruhe. Ein Jahr zuvor hatte sie ein 
Fohlen leicht und normal zur Welt gebracht, die regelrechte 
Zeit der Trächtigkeit war erst in 8 Tagen abgelaufen. 

Th. fand die Patientin im Stall liegend vor mit allen 
Symptomen der bevorstehenden Geburt, jedoch ohne im Stande 
zu sein, sich zu erheben. Alle Bemühungen, das Thier in die 
Höhe zu bringen, waren vergeblich. 

Eine Untersuchung per vaginam ergab, dass der Gebär¬ 
muttermund sich noch nicht genügend geöffnet hatte; er war 
kaum für zwei Finger passierbar und befand sich ganz vorn 
I am Eingang der Scheide. Th. rieth dem Besitzer, vorläufig 
abzuwarten, bis der Muttermund sich mehr dilatirt habe. Wäh¬ 
rend der Zwischenzeit untersuchte Th. ein lahmes Fohlen, wurde 
jedoch schnell zu der Stute zurückgerufen. Er war erstaunt, 
eine grosse, rothe Geschwulst aus der Scheide der Stute hervor¬ 
hängend zu finden. Es war dies der trächtige Uterus, welcher 
sich durch einen mehrere Zoll langen Riss der oberen Scheiden¬ 
wand gestülpt hatte. 

Nach Application einer Morphiumeinspritzung eröffnete 
Th. mit einem Schnitt den Uterus und extrahirte das Fohlen. 
Nachdem er die Eihäute entfernt hatte, entschloss er sich dazu, 
den hervorgetretenen Theil des Uterus zu entfernen. Es waren 
dies das linke Horn und ein grosser Theil des Körpers. Er 
nähte diese beiden Theile mit doppeltem Faden ab und schnitt 
die ausserhalb der Naht gelegenen Massen mit dem Messer 
1 weg. Nach gründlicher Desinfection beförderte er den Stumpf 
. des Uterus durch die Oeffnung in der oberen Wand der Scheide 
in die Bauchhöle zurück. Diese Wunde wurde nicht geheftet. 

Die Nachbehandlung bestand in Verabreichung von Chloral- 
bydrat, sobald das Thier Unruheerscheinungen zeigte. Ausser¬ 
dem wurden schwach desinficirende, lauwarme Vaginaldouchen 
mehrere Male täglich gemacht. Die Stute erhob sich bereits 
während der Nacht nach der Operation ; 4 Tage lang bestand 
ein geringgradiges Fieber; doch war der Appetit und das 
Allgemeinbefinden leidlich. Vom 5 Tage an besserte sich der 
Zustand zusehends; die locale Behandlung wurde noch mehrere 
! Wochen fortgesetzt. Nach 6 Wochen war die Stute soweit 
hergestellt, dass sie auf die Weide geschickt werden konnte. 

Nach Th.’s Ansicht war die Ruptur der oberen Scheiden¬ 
wand die Ursache, dass sich der Muttermund nicht erweitern 
konnte. Die Stute stand in einem engen Kastenstand; Th. 
glaubt, dass sie ihre Füsse und ihr Kreuz gegen die Wände 
gestemmt hat und so im Stande war, einen so starken Druck 
auf die Wände der Vagina auszuüben, dass eine Ruptur ein- 
treten konnte. Er empfiehlt desshalb, wenn es irgend möglich 
ist, eine hochtragende Stute stets in einer geräumigen Boxe 
unterzubringen. Bartels. 

Ueber die Phagocytentheorie. 

Von H. Büchner. 

(Münchener Medicinische Wochenschrift 1897 No. 47.) 

Prof. Büchner, welcher bei seinen Arbeiten über die 
baktericiden Wirkungen des Blutserums besondere Veranlassung 
hatte, sich mit der Phagocytentheorie von Metschnikoff zu 
beschäftigen und dieselbe kritisch zu prüfen, glaubt, dass M. 
mit seiner Theorie mehr seiner subjektiven Ansicht, als einer 
wissenschaftlich beweisbaren Ueberzeugung folgte. 

B. hatte schon vor Jahren Stellung gegen die Phagocyten¬ 
theorie genommen, indessen nur insoferne, als er bezweifelte, 
dass durch die fressende Thätigkeit der Phagocyten allein 
die Heilung infectiöser Processe, oder die Immunität eines 
Organismus gegen spec. Infectionen bedingt sein kann oder 
bedingt ist. Damals war schon festgestellt, dass dem voll- 


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Ko. 7. 


DEUTSCHE THIER jERZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


59 


kommen zellfreien Blutserum bakterienfeindliche Eigenschaften 
zukommen. Metschnikoff glaubt aber, es seien die bak- 
tericiden Wirkungen zellfreier Säfte lediglich auf Concentrations- 
differenzen zu beziehen zwischen Blut und bezw. Serum einer- | 
seits und der Nährlösung, in welcher sich die Bakterien be¬ 
funden hatten, andererseits. Dieser Einwand war indessen nicht j 
stichhaltig, indem bereits nachgewiesen worden war, dass auf 
55 0 C. erwärmtes Serum keine bakterienfeindlichen Wirkungen 
mehr ausübte, obwohl dessen Concentration derjenigen des 
nicht erwärmten baktericiden Serums gleich war. Metschni¬ 
koff bezweifelt nun heute selbst nicht mehr die baktericide 
Wirksamkeit zellfreier Körpersäfte, erklärt aber die rein humo¬ 
rale Theorie der baktericiden Wirkung der Körpersäfte könne 
unmöglich zur Erklärung der natürlichen Immunität bei Infections- 
krankheiten genügen. Diese Anschauung theilt auch der Ver¬ 
fasser. Derselbe hat keine Alexintheorie in dem Sinne auf¬ 
gestellt, nach welcher die Alexine in den Körperstoffen allein 
als ausreichende Ursache der natürlichen Widerstandsfähigkeit 
gegen Infection gelten sollen. Die baktericide Kraft des Blutes, 
so führt V. weiter aus, ist bei den Thieren einer Species, ja 
selbst bei dem gleichen Thiere, keine constante Grösse, son¬ 
dern grossen Schwankungen unterworfen. Hundeblut zeigt z. B. 
gegen Milzbrandbacillen keinen besonders kräftigen abtötenden 
Einfluss. Dieser steigt aber alsbald nach dem Einbringen der 
Bacillen in den Organismus der Hunde an. Nach den Ver¬ 
suchen von Denys und Havet hängt diese nunmehr gesteigerte 
Wirkung des Hundeblutes mit seinem Reichthum an Leucocyten 
zusammen. Im Stadium der Hypoleucocytose fand sich dieselbe 
vermindert, in demjenigen der Hyperleucocytose aber erhöht. 

Denys und Havet’ glaubten, es sei die Wirkung der 
Leucocyten an den Akt der Phagocytose gebunden. Verfasser 
hat dagegen bereits im Jahre 1894 gemeinschaftlich mit Schuster 
und Kolb nachgewiesen, dass Phagocytose nicht* die Wirkung 
der Leucocyten sein könne. B. erzeugte damals durch Injection 
von sterilem Weizenkleber in die Brusthöhle von Kaninchen 
leucocytcnreiche Pleuraexsudate. Die Leucocyten wurden durch 
Gefrierenlassen abgetödtet. Nach deren Aufthauen war die im 
Verhältniss zu Blut und Serum des gleichen Thieres gesteigerte 
baktericide Wirksamkeit nicht zu Verlust gegangen, sondern 
bestand fort. Hätte die Wirksamkeit ihren Grund nur in Pha¬ 
gocytose gehabt, so wäre diese sicher nach dem Abtödten der 
Leucocyten ausgeblieben. Hahn brachte später directe Be¬ 
weise für das Vorhandensein baktericider Stoffe in den Leuco¬ 
cyten. Zur Ausscheidung derselben müssen die Leucocyten 
nach dem Untersuchen von Hahn, Schattenfroh und Bail 
nicht erst zerfallen, sondern diese erfolgt auch im lebenden 
Zustande derselben. 

Zur Erzielung der Ausscheidung benützte man das von 
Velde aus Staphylokokken gewonnene Leucocidin. Wahr¬ 
scheinlich bewirken demnach gewisse bakterielle Stoffe nicht 
nur Ansammlung von Leucocyten in den Körpersäften, sondern 
auch Ausscheidung baktericider Substanz aus denselben. Die in 
der Nähe der Leucocyten befindlichen Infectionserreger müssen 
von den ausgeschiedenen Alexinen natürlich in erster Linie 
getroffen und geschädigt werden, während das Auffressen nach 
B. erst einen secundären, weniger wichtigen Vorgang darstellt. 
Metschnikoff sagte in neuerer Zeit selbst: Die Phagocyten 
besitzen fertige •mikrobicide Stoffe oder bilden solche je nach 
Bedarf erst nach dem Auffressen der Mikroben. Beim Zu¬ 
grundegehen der Phagocyten wird ein Theil der baktericiden 
Stoffe nach aussen entleert und diese präsentiren einen grossen 
Theil der Alexine der Sera; auch theilt er mit, dass sein 
Assistent Bordet in mehreren Versuchsreihen die Ausscheidung 
baktericider Stoffe von Seiten der Leucocyten in das Serum 
nachgewiesen habe. 

Gleichwohl hält M. die Fressthätigkeit der Phagocyten 
als das entscheidende Moment im Kampfe mit den In- 
fectionserregern. Nach B. hängt dieses zusammen mit einer 
unrichtigen Beurtheilung der Sensibilität des Protoplasmas von 
Seite des Metschnikoff. 

Man beobachtet nämlich, dass die Fressthätigkeit der 
Phagocyten bei harmlosen Mikroorganismen sehr prompt ein- 


I setzt, dagegen verspätet bei weniger harmlosen und bei ge¬ 
fährlichen Mikroben ganz ausbleibt. Versuche zeigten, dass in 
die Bauchhöhle eingeführte Hefezellen von den Phagocyten 
rasch gefressen wurden. Hefezellen können aber auch ohne¬ 
hin in der Bauchhöhle nicht gedeihen; sie gehen an Nahrungs¬ 
mittel zu Grunde, schaden also dem betreffenden Thiere nicht; 
wurden dagegen den Phagocyten andere Mikroorganismen dar¬ 
geboten, z. B. nur säurebildende, dann war das Resultat be¬ 
züglich der Phagocytose bereits ein negatives. Schon die blosse 
Säurebildung genügt zur Fernhaltung der Leucocyten von den 
Bakterien. Wenn sich aber der betreffende Infectionserreger 
gar durch Giftbildung oder überhaupt durch energische Infectio- 
sität auszeichnet, dann vermeiden die Phagocyten die Begegnung 
mit ihm. Metschikoff selbst sagt: »Ie virulenter ein Mikro¬ 
organismus, um so seltener ist seine Anwesenheit in Phagocyten.« 
Also gerade dann, wenn die Phagocytose am nothwendigsten 
wäre, versagt sie, während die Alexine der Körpersäfte unter 
allen Umständen zur Wirkung kommen; ferner können die 
baktericiden Ausscheidungen der Leucocyten in Action treten, 
wenn ein Fressen nicht möglich ist. Dieses scheint z. B. der 
Fall zu sein bei Staphylokokkeninfectionen, wobei die Wall¬ 
bildung der Leucocyten, aber ohne Phagocytose eine ent¬ 
scheidende Rolle spielt. 

Metschnikoff beruft sich nach B. stets darauf, dass 
! sich die Phagocytose regelmässig da einstellt, wo die Infection 
einen für den Körper günstigen Ausgang nimmt, während sie 
fehlt, oder zurücktritt bei rasch siegreichem Verlaufe der In¬ 
fection. B, ist indessen der Ansicht, dass aus diesen Beob¬ 
achtungen ein Schluss über den Causalzusammenhang nicht 
entnommen werden darf und dass die Gefahr einer Verwechs¬ 
lung des post hoc mit dem propter hoc sehr nahe liegt, wenn 
man nicht die Gesammtheit der Kenntnisse zu Rathe zieht. 

' Diese zwingen aber nach B. zu dem Schlüsse: Die Heilung 
j tritt nicht deshalb ein, weil die Phagocyten fressend ihre 

I Schuldigkeit thun, sondern der eintretende Fresser ist nur ein 
prognostisches Anzeichen, ein Symptom, nur der mikroskopische 
1 Ausdruck der beginnenden Heilung. 

j ‘ Das Fressen ist nach B. kein eigentliches Kampfphänomen 

, der Leucocyten. Er prüfte die Frage, welche Stoffe überhaupt 

! die ehern. Sensibilität der Leucocyten erregen und fand, dass 
dies keineswegs nur Bakterien oder bakterielle Producte, son¬ 
dern auch ganz harmlose Substanzen (Kleber, Legumin, Alkali- 
albuminat etc.) sein können Im Wesentlichen handle es sich 
| bei diesen Vorgängen um Ernährungsprocesse für Leucocyten. 

Dies war indessen auch die ursprüngliche Auffassung von 

! Metschnikoff. Er nimmt aber an, dass diese uralte Function 
der intracellularen Nahrungsaufnahme mit der Zeit in eine Ab- 
| wehrfunction umgeändert worden sei, und gerade das bestreitet 
f der Verfasser. Derselbe nimmt an, dass unter dem Einflüsse 
schädigender Momente theils durch vorgebildete Alexine der 
Körpersäfte, theils durch solche, welche die Secretionsthätigkeit 
! der Leucocyten erst an Ort und Stelle liefern, die Bakterien 
zur Ausscheidung von Theilen ihres protoplasmatischen Zell¬ 
inhaltes gezwungen werden. Die ausgeschiedenen Stoffe wirken 
als Lockreiz auf die Phagocyten und dem entspricht dann das 
| Aufgefressenwerden. Dem letzteren geht aber eine Schädigung 
durch gelöste, event. von den Leucocyten selbst ausgeschickte 
Substanz voraus, welche zwar nicht immer zur Abtödtung der 
Krankheitserreger zu führen braucht, aber deren Chemismus, 
soweit derselbe als gifterzeugend oder sonst nachtheilig auf 
den Organismus einwirkt, zu lähmen vermag. Der so in seiner 
chemischen Leistungsfähigkeit herabgeminderte Mikroorganis- 
! mus kann dann gefressen werden. Nach dem Auffressen wird 
im Innern der Phagocyten der Einfluss der dort vorhandenen 
baktericiden Substanzen noch weiter fortwirken und in den 
meisten Fällen dürfte derselbe bis zur völligen Vernichtung 
des Infectionserregers andauern. 

Der geschilderte Causalzusammenhang lässt sich nach B. 
natürlich durch mikroskopische Beobachtung nicht constatiren, 
sondern nur aus der Gesammtheit unserer Kenntnisse erschliessen. 
Da aber die Bildung baktericider Substanzen durch Leucocyten, 
sowie die Ausscheidung durch dieselben feststeht, so ist nach. 


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DEUTSCHE THIERvERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 12. Februar. 


B. anzunehmen, dass der Kampf in erster Linie mit diesen 
Waffen geführt wird und dass die von ihm schon im Jahr 1894 
ausgesprochene Ansicht zutrifft, nach welcher die Leucocyten 
eine wichtige Function bei den natürlichen Ab¬ 
wehrvorrichtungen des Organismus ausüben, aber 
nicht als Phagocyten, sondern durch gelöste Stoffe, 
welche von ihnen secernirt werden. Alb recht. 

Luxation des Femur. 

Von Lusk. 

(Americ. Veter. Review. July 1897.) 

Ein neunzehnjähriges Maulthier, welches als Saumpferd 
bei der Armee der Vereinigten Staaten verwandt wurde, ge- 
rieth gelegentlich einer Expedition in unbewohnte Gegenden, 
in einen Sumpf, in welchem es sofort bis an den Bauch ver¬ 
sank. Nachdem man die Last vom Rücken des Thieres ent¬ 
fernt hatte, gelang es nach vielen Anstrengungen, dasselbe aus 
seiner unglücklichen Lage zu befreien. Es war jedoch nicht 
im Stande, den linken Hinterschenkel zu belasten. Der den 
Zug befehligende Officier ordnete an, dass das Thier nach 
einer benachbarten Farm gebracht wurde, um sich dort zu 
erholen. Bei seiner Rückkehr hoffte er, dasselbe wieder gesund 
vorzufinden. Seine Hoffnung ging jedoch nicht in Erfüllung; 
als er nach 35 Tagen die Farm wieder passierte, war das 
Maulthier noch stark lahm, konnte jedoch etwas vorwärts 
»humpeln« und wurde desshalb 3 Meilen mit fortgenommen, 
um in L’s Behandlung zu gelangen. Die Untersuchung ergab 
Folgendes: Der linke Hinterschenkel erscheint kürzer als der 
rechte, er wird beständig in Adduction und etwas nach vorn 
gehalten; die Zehe berührt kaum den Boden; der obere 
Trochanter ragt stark hervor; die Haut darüber ist sehr ge¬ 
spannt ; die Beweglichkeit des Schenkels ist stark behindert, 
besonders nach vorn und aussen. L.'s Diagnose lautete: 
»Luxatio femoris supracontyloidea«. Er empfahl das Thier tödten 
zu lassen. Die Section ergab eine Supra-luxation des HÜft- 
gelenkes. Der Gclenkkopf des femur war aus dem Acepta-. ; 
bulum getreten und lag ungefähr 4 Zoll vor dem Rande dej 
Gelenkpfanne, wo cs zur Bildung einer Pseudoarthrose ge¬ 
kommen war. Die eigentliche Gelenkpfanne war mit zähem, 
fibrösem, weissem Gewebe ausgefüllt. Bartels; 


Zerreissung der Buggelenkskapsel. 

Von Novotny. 

(Thicraml. Centralblatt, 1897, S. 374 1 

N. sah, dass ein Militärpferd, welches von einem anderen 
angerannt war, eine Beschädigung der linken Vordergliedmasae 
bekam. Er stellte folgenden Befund fest: 

Schultergclcnk weit offen, linkes Ellenbogengelenk steht 
10 cm tiefer als das rechte. Vorderfusswurzelgelenk gebeugt, 
so dass die Zehenwand des llufcs fast den Erdboden berührt. 
Ankonäcn schlaff. Schmerzen bei Bewegung des Bug- und 
Ellenbogengelenks. Eine passive Streckung des Vordcrfuss- 
wurzelgelenkes ist möglich, wobei der Schenkel normale Stellung 
cinnimmt, nach Aufhöhren der Hülfe jedoch sofort in die alte 
Stellung zurückkehrt. Am Schenkel selbst negativer Befund. 
Active Belastung des Schenkels nicht möglich, beim Schritt wird 
letzterer nachgezogen. Eine Behandlung mit Anlegung von 
Holzschienen blieb erfolglos, nach Abnahme der Schienen trat 
sofort wieder die alte Haltung des Schenkels ein. Ucberdies 
war nach Monatsfrist starke Atrophie der Schultermusculatur 
cingctrcten, auch war an zwei Stellen des Unterfusscs (Mcta- 
carpus: 1 Hautgangrän zu Stande gekommen. : 

Das Pferd wurde getödtet und bei der Obduction fand sich: 

Braunrothe Färbung sämmtlicher Schulter- und Brustmuskeln, 
Ucbcrreste von Blutungen im äusseren Strecker des Vorarmes 
und ein Querriss der Gelenkkapsel des Schultergelenks an der 
medialen Seite. Die Rissränder waren zackig, verdickt und 
hellbraunroth verfärbt. Auf der Innenseite der Gelenkkapsel 
waren auch Ucberreste von Blutungen in Form braunrother 
Flecken vorhanden. Der Gelenkknorpel war trocken und glatt. 


(N. schiebt die ganzen Krankheitserscheinungen auf den 
! Kapselbandriss und meint diese Diagnose durch den Obductions- 
befund gerechtfertigt. Der Kapselbandriss und die vom Ge¬ 
lenke sonst gesetzten Contusionen sind zweifellos im Stande, 
eine schwere Stützbeinlahmheit hervorzurufen, allein dass die 
bei der Obduction gefundenen Veränderungen am Buggelenk 
noch nach Monatsfrist im Stande sein sollten, eine Unfähigkeit 
des Pferdes, den Schenkel activ zu strecken, herbeizuführen, 
findet eine Stütze in der Erfahrung nicht. Viel ungezwungener 
und durch die Praxis gestützt, dürfte sich das Krankheitsbild 
durch die Annahme erklären, dass bei der Entstehung des 
Leidens der Gelenkkopf zwar nach innen aus der Pfanne ge- 
j treten, sofort aber wieder zurückgeschnellt ist und dass er 
! hierbei eine heftige Quetschung des Achselgcflechtes bezw. 

1 einzelner Nerven desselben verursacht hat. Die Abbildung, 
welche N. seiner Beschreibung beifügt, ähnelt dem Bilde, 
1 welches man bei der Lähmung des nerv, radialis sieht, auf 
ein Haar. Leider fehlen Prüfungen der Haut-Sensibilität, so- 
1 wie der Motilität der Musceln in dem Befunde N.'s, sodass 
‘ ein definitives Urthcil nicht zu gewinnen ist. Jedenfalls dürfte 
der Kapselbandriss nur als zufälliger Befund, aber nicht als 
I Ursache der Lahmheit zu betrachten sein. D. Ref.) 

Fr i ck. 


Angeblicher Milchsäuregehalt des Harns bei Osteomalacie. 

Von K. B. Hofmann. 

( 0 'cntr.ilblaU f. inner. Med 1897, No. 14). 

Auf Grund älterer Versuche von C. Schmidt und Weber 
wird noch vielfach angenommen, dass der osteomalacische 
Process auf einer rein chemischen Auslaugung der Kalksalze 
1 des Knochens durch Milchsäure, die man nachgewiesen zu haben 
glaubte, beruhe Die Milchsäure sollte durch den Harn ent¬ 
leert werden, und also auch in ihm nachweisbar sein. 

H. hatte nun Gelegenheit, den Harn zweier Fälle von 
j vorgeschrittener Osteomalacie untersuchen zu können. Zur 
Untersuchung gelangten im ersten Falle 15 1, im zweiten 
1 20 '/■; 1 Harn. Die Methode des Nachweises war die von 
Salkowski angegebene. 

Milchsäure konnte in keinem der beiden Fälle nach- 
gewiesen werden. Es traten zwar reichliche Krystallisationcn 
in den entsprechend behandelten Harnen auf, aber es handelte 
] sich dabei um krystallisirten reinen Harnstoff, nicht um milch¬ 
saure Salze. Malkmus. 

j 

Der Einfluss der Reaction des Nährbodens auf das 
Bakterien wachsthum. 

Von Dr. Deel cm an, Kgl. sächs. Stabsarzt. 

(Arbeiten aus dem Kaiserlichen <iesundheitsamte, 13. Bd., S. 374.) 

Die Baktcriennährböden werden in den einzelnen bakterio¬ 
logischen Laboratorien nicht nach einheitlichen Vorschriften 
hergestellt. Die Methode der Zubereitung, sowie die Reaction 
des Nährbodens ist für das Bakterienwachsthum jedoch nicht ohne 
Bedeutung. Wenn der Alkalizusatz danach bemessen wird, 
i dass die Reaction dadurch neutral, deutlich, schwach oder ziem¬ 
lich stark alkalisch wird, so frägt cs sich, was unter deutlich 
j und schwach alkalisch, zu verstehen ist. Eirie Einheitlichkeit 
in der Herstellung und Beurtheilung der Reaction der Nähr- 
i böden kann daher nur erwünscht sein. Im Kaiserlichen Ge¬ 
sundheitsamte wird das in der bekannten Weise hergestelltc 
siedend heisse Fleischwasser nach Hinzugabc von Pepton und 
Kochsalz so lange mit Natronlauge (15 ccm Normallauge: 1 I) 
versetzt, bis eine herausgenommene Probe auf glattem, blau¬ 
violettem Lackmuspapier (aus schwach geleimtem, sog. Post- 
1 papier hergestellt) neutral wie ein zum Vergleich darauf gc- 
' brachter Wassertropfen rcagirt. Nach viertelstündigem Erhitzen 
I in Dampf wird die Flcischflüssigkcit nochmals auf ihre Reaction 
geprüft und, wenn nöthig, die angegebene Reaction durch einige 
; Tropfen Natronlauge wieder hergestellt. Die Bouillon ist nun 
auf den sog. »Lackmusblau-Neutralpunkt« eingestellt. Der Grad 
der Alkalität wird durch den Alkalizusatz, der über diesen 


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No. 7. 


DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


61 


Neutralpunkt gemacht wird, bedingt. Der Lackmusblau-Neutral¬ 
bouillon wird auf 1 1 noch 1,5 g kryst. Soda (= 1,05 ccm °/ 0 
Normalsodalauge) zugesetzt und erstere noch s / 4 Stunden in 
Dampf erhitzt. Agar und Gelatine werden in der gleichen 
Alkalität hergestellt. Der Verfasser suchte zu prüfen, ob bei 
diesem Alkalizusatz die verschiedenartigsten Bakterien zur Ent¬ 
wickelung kommen, und ob ein Zusatz von Aetznatron oder 
von Soda vortheilhafter ist. Er untersuchte 20 verschiedene 
Bakterienarten in Nährgelatine und Nähragar, denen theils Normal¬ 
natronlauge, theils Normalsodalauge zugesetzt war, wobei er 
hauptsächlich zu folgenden Ergebnissen gelangte: 

1) Der Zusatz von Soda war im Allgemeinen vortheilhafter 
als der von Aetznatron. Bei der Diphtherie war dagegen das 
Wachsthum in der Regel, beim Milzbrand ausnahmslos stärker 
bei Zusatz von Aetznatron. 

2) Ein geringer Alkalizusatz über den Lackmusblau-Neutral¬ 
punkt war für die grosse Mehrzahl der Bakterien von Vortheil. 
Nur Bac. pyocyaneus und cyanogenus gediehen auf neutralem 
Nährboden besser. 

3) Das Wachsthumsoptimum lag für gewöhnlich zwischen 
0.34—1,7 ccm °/ 0 Normalnatronlauge und 0,39—1,95 ccm 
Normalsodalauge. 

4) Die Grenze guten Wachsthums lag im Allgemeinen 
zwischen 1,7 — 3,4 ccm °/ 0 und 1,95—3,9 ccm der genannten 
Alkalisorten. 

5) Die unterste Wachsthumsgrenze auf Gelatine war am 
tiefsten bei Sodazusatz. Einige Arten, wie Proteus vulgaris, 
Vibrio cholerae asiat., Hessen bei reichlicher Aussaat sogar bei 
unverhältnissmässig hohem Sodazusatz des Nährbodens noch 
ein schwaches Wachsthum erkennen. 


Ueber strahlenpilzähnliche Wuchsformen des Tuberkel¬ 
bacillus im Thierkörper. 

Von Professor Dr. Friedrich. 

(Aus »Deutsche med. Wochenschrift«, 1897, Nr. 41.) 

In neuerer Zeit wurden bereits von verschiedenen Seiten 
bei den. Tuberkelbacillen kolbenförmige Gebilde beobachtet, 
wie sie sonst dem Aktinomycespilz zukommen. Diese Be¬ 
funde erstreckten sich aber bisher entweder auf Bacillen in 
Reinculturen oder auf Bacillen in Sputis, Cavernen u. dergl. 
und sind nach der Beschreibung meist als kolbige Endverdickungcn 
in Fäden ausgewachsener Bacillen aufzufassen, welche die 
charakteristischen Färbeeigenschaften der Tuberkelbacillen be¬ 
wahren. Friedrich vermochte nun inmitten des Gewebes, 
an den Tuberkelherden selbst derartige Kolbenbildungen nach¬ 
zuweisen, wie wir sie an den Drusen des Strahlenpilzes ganz 
regelmässig sehen. Der Nachweis gelang bei Anwendung einer 
besonderen Färbung an den Präparaten von Niere, Lunge und 
Iris von Kaninchen, bei denen Tuberculose durch Einspritzung 
von Culturen in die Carotis erzeugt worden war. Liess F. 
beispielsweise nach Vorfärbung mit Viktoriablau und Differen- 
zirung mittelst salzsauren Alkohols wasserlösliches Eosin ein¬ 
wirken und differenzirte danach mit Alkalien, so erhielt er die 
Bacilljen inmitten eines schönen Kranzes strahlig angeordneter 
und so gestalteter Keulen und Kolben, wie sie für Aktinomyces 
charakteristisch angesehen werden. Der positive Versuchs¬ 
ausfall ist merkwürdigerweise ausser von dem Färbeverfahren 
abhängig von der Zeit der Untersuchung nach erfolgter Infection. 
Bei Thieren, welche die arterielle Infection über den 30. Tag 
hinaus erleben, gelingt der Nachweis der Keulen oder Kolben 
nicht mehr; dagegen ist derselbe vom 15. Tage ab nach der 
Infection regelmässig zu erbringen, am prägnantesten somit 
zwischen dem 15. und 30 Tage zu führen. Wir sehen mit¬ 
hin die Thatsachen sich mehren, welche mannigfache Formen- 
und Entwickelungsanomalien von Strahlenpilz und Tuberkel¬ 
bacillen zeigen und die nahe Verwandtschaft beider Keimarten 
darthun. (Vielleicht lässt sich auf diese Weise auch später 
mal eine Erklärung dafttf 'finden, dass mit Aktinomykose be¬ 
haftete Rinder zuweilen auf Tuberculin deutlich reagiren. D. Ref.) 

Caspor. 


Oeffentliches Veterinärwesen. 

Ueber die Ergebnisse von Immunisirungsversuchen beim 
Rothlauf der Schweine. 

Voges und Schütz berichten in einer vorläufigen Mit¬ 
theilung 1 ) über die Ergebnisse der Immrnirsirungsversuche, die 
sie im Aufträge des Ministeriums für Landwirthschaft seit 
Dezember 1896 gegen den Rothlauf der Schweine angestellt 
haben. Das wesentlichste Resultat wird in folgenden Sätzen 
zusammengefasst: 

1. In der Praxis werden drei Verfahren zur Immunisirung 
gegen den Schweinerothlauf angewandt: Die Pasteur'sehe 
Methode, das Verfahren von Lorenz, das Porkosan. Alle 
drei beruhen auf dem Princip, Schweine mittels Einspritzung 
abgeschwächter Rothlaufbakterienculturen immun zu machen. 
Ein Unterschied besteht nur in der Methode der Abschwächung. 

2. Die Immunität bei Schweinen kommt nur dann zu Stande, 
wenn die Bakterien die Blutbahn überschwemmen. Dabei ist 
nothwendig, dass die Bakterien so wenig virulent sind, dass 
sie keine äusserlich sichtbaren Krankheitserscheinungen machen. 
Die Bakterien sind etwa 6—10 Tage in der Blutbahn nach¬ 
weisbar, und zwar in solchen Mengen, dass sie schon in Blut¬ 
ausstrichpräparaten erkannt werden können. 

Lebende Bakterien, welche so sehr abgeschwächt sind, 
dass sie nicht mehr in die Blutbahn gelangen können, machen 
keine Immunität. 

3. Es gelingt bei gewissen Thieren, die von Haus aus 
überhaupt nicht für Rothlauf empfänglich sind (Ziege), durch 
eine einzige Injection von Rothlaufbakterien in die Blutbahn 
einen sehr hohen Grad von Immunität zu erzeugen, so dass sich 
die Rothlaufschutzstoffe im Serum derselben nachweisen lassen. 
Bei anderer Application von Rothlaufbakterien ist es recht 
schwierig, Immunität zu erzielen, und bedarf es wiederholter 
Impfungen. 

4. Es gelingt, bei Kaninchen und Schafen eine Immunität 
stärksten Grades durch vielfache subcutane Impfungen mit ab- 
getödteten Rothlaufculturen zu erzielen; man erzielt dabei die 
stärksten Concentrationen der Rothlaufschutzstoffe, die über¬ 
haupt möglichst sind. 

5. Es gelingt nicht, bei Schweinen vom subcutanen Ge¬ 
webe aus mit abgetödteten Rothlaufculturen Immunität zu er¬ 
zielen. Grund: Die Bakterien werden beim Schwein nicht 
resorbirt, und die immunisirenden Stoffe können nicht in die 
Blutbahn und weiterhin an die Bildungsstätte der Rothlauf¬ 
schutzstoffe gelangen. 

6. Abgetödtete Rothlaufculturen machen beim Schwein 
auch Immunität, sobald dieselben direct in die Blutbahn ge¬ 
impft werden. 

7. Die in den Rothlaufculturen enthaltenen] immunisirenden 
Substanzen sind in den Bakterienzellleibern enthalten. Es ist 
bis jetzt nicht gelungen, mit zellfreien Flüssigkeiten Immunität 
zu erzielen. 

8. Die Immunität beim Rothlauf ist bedingt durch die 
mehr oder weniger grosse Concentration von baktericiden 
Antikörpern, dieselben vernichten die Bakterienzellen und sind 
zum geringeren Theil in activer, auch im Reagenzglas wirk¬ 
samer Form, zum überwiegenden Theil aber in inactiver Form 
vorhanden. Diese letzteren können bis jetzt nur im Thier¬ 
körper in die active Modification umgewandelt werden. 

9. Die Zerstörung der Bakterienzellen im Thierkörper geht, 
entgegen den analogen Vorgängen bei Cholera (R. Pfeiffer) 
nur sehr langsam vor sich und dauert bei Schweinen Tage 
lang. Dieses ist bedingt durch den eigenthümlichen Bau der 
Bakterienzelle. 

10. Die specifisch wirkenden baktericiden Rothlaufanti- 
körper besitzen nur eine chemische Affinität zu dem Bakterien¬ 
protoplasma, wodurch dasselbe zerstört wird. 

11. Jeder einzelne Rothlaufbakterien-Protoplasmakörper ist 
von einer schützenden Hülle umgeben. Grosse Mengen vorsichtig 
getrockneter Rothlaufbakterien erinnern lebhaft an Bienenwachs. 

') Deutsche medicinische Wochenschrift 1898 No. 4. 


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62 


DEUTSCHE THIERy£RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


12. Februar. 


12. Dieser wachsartige Panzer bedingt die grosse Wider¬ 
standsfähigkeit der Rothlaufkeime in der lebendigen Natur 
gegenüber Austrocknung, Wärme etc., von ihm ist die Gram¬ 
sche Färbung abhängig n. a. m. 

13. Dieser Mantel schützt auch jedes einzelne Stäbchen 
vor der Einwirkung der Antikörper. Es giebt 3 Wege zu 
ihrer Vernichtung, den chemischen, mechanischen und physio¬ 
logischen. 

14. Die wachsartige Substanz ist gegen die meisten be¬ 
kannten chemischen Lösungsmittel (Alkohol, Chloroform, Aether, 
Benzin, Xylol etc.) völlig indifferent. Das einzige von uns ge¬ 
fundene chemische Mittel, welches die Substanz angreift, ist 
Lauge; dadurch wird sie theilweise in Lösung gebracht, so 
dass die Bakterien nunmehr auch nach Gram entfärbt werden. 
Die Lauge zerstört aber auch die immunisirenden Substanzen, 
so dass auf diese Weise keine Immunität erzielt werden kann. 

15. Der zweite Weg der Befreiung des Rothlaufbakterien- 
Zellprotoplasmas besteht in mechanischer Zertrümmerung der 
Umhüllungen nach dem Vorgänge von R. Koch beim T. R 
Diese Methode lässt völlig im Stich. Die getrockneten Bakterien¬ 
massen sind so zähe und harzartig, dass sie sich überhaupt 


nicht zertrümmern lassen, selbst nach stundenlangem Zerreiben 
geht nichts in Lösung. 

16. Der Thierkörper verfügt über bestimmte Mittel, wo¬ 
durch eine Entpanzerung der Bakterien hervorgerufen wird, 
ohne dass dabei die immunisirenden Substanzen zerstört werden. 
Diese Arbeit wird nicht vom Blute geleistet; weder das Serum 
noch die Formelemente des Blutes (Leukocyten u. s. w.) nor¬ 
maler oder immuner Thiere sind im Stande, das Bakterien¬ 
protoplasma seiner Schutzhülle zu berauben. Nur die in Theilung 
begriffenen Jugendformen können vom baktericiden Serum an¬ 
gegriffen werden, bevor an der Theilungsstelle die feste Hülle 
ausgebildet ist. Die Auflösung der Bakterienhülle erfolgt durch 
die Thätigkcit von einem oder mehreren Körperorganen. 

17. Die Vernichtung der Rothlaufkeime im Thierkörper 
umfasst also zwei Phasen: 

1. Aufschliessung der Bakterienhülle durch Organthätigkeit; 

2. Zerstörung des Bakterienprotoplasmas durch die bak- 
tericid wirkenden, im Blutserum löslichen Schutzstoffe. 

18. Antitoxine nach Behring, Ehrlich, Brieger sind 

niemals nachgewiesen worden. Casper. 


Stand der Maul- und Klauenseuche im Deutschen Reiche Ende Januar 1898. 

(Nach den im Kaiserlichen Gesundheitsamte zusammengestellten Berichten der beameten Thierärzte. (Veröffentlicht im Reichs-Anzeiger vom 5 Februar 1898.) 



•VsV/iVsVsV.W«* »VAVAy 












Sfcfileswf&'V 


Lüneburg 


Frankfurt 


Von je 100 
Gemeinden 
waren am 
Schluß des Monats 
verseucht 


Abkürzungen: 

W. I Neckarkreis W. 2 Schicarmoaldkreis 

W- 3 Jagstkreis W. 4 Donaukreis 

B. I Landeskotnniissariat Mannheim 

B. 2 „ „ Karlsruhe 

8. 3 .. „ Freiburg 

B. 4 „ Konstanz 

H. I Provinz Starkenburg 

H. 2 , Oberlmsscn 

H. 3 „ BhsinJussen 

Sch. Land wehrkompagnieb es. SchSnberg 

0. I Oldenburg: Fürstenth. Lübeck 

0.2 n Birkenfeld 

Br. I Kreise Braunschweig, Wolfenbüttel, Helmstedt 

Br. 2 Kreise Holzminden, Gandersheim 

Br. 3 Kreis Blankenburg 

S. Schaumburg-Lippe 

H. Hamburg L Lübeck Br. Bremen 


Miejierbayi 


Massstab 1:6000 000. 



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No. 7. 


DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


63 


Thierzucht und Thierhaltung. 

Ueber Viehversicherung. 

Der Schaden, welchen das Nationalvermögen alljährlich 
dadurch erleidet, dass ein Theil des Viehbestandes an Krank¬ 
heiten zu Grunde geht, mindestens an Werth verliert und dass 
ein anderer nicht unwesentlicher Theil bei der Schlachtung als 
Nahrungsmittel für Menschen als fast oder vollständig werthlos 
befunden wird, hat dazu geführt, im Wege der Versicherung 
diesen Schaden von dem Einzelnen abzuwenden und ihn so 
leichter erträglich zu machen. Es waren diese Unternehmungen 
bisher stets privater Natur und dadurch häufig nicht so be¬ 
schaffen, wie sie im Interesse des Geschädigten sein sollten. 
Der Wunsch nach einer einheitlichen staatlichen Regelung des 
Viehversicherungswesens ist schon oft ausgesprochcn^worden, 
hat jedoch erst in neuester Zeit durch das Vorgehen von Baden, 
Bayern, Elsass-Lothringen, Sachsen, Hessen und Württemberg 
greifbare Gestalt angenommen. In Baden und Bayern ist die 
Viehversicherung bereits gesetzlich geregelt, in Elsass-Lothringen, 
Sachsen, Hessen, Württemberg sind entsprechende Gesetze in 
der Vorbereitung begriffen. Auch in Preussen ist die Frage 
aufgeworfen und wird über kurz oder lang erledigt werden 
müssen. 

Der Grund, weswegen die Regierungen der Viehversiche- 
rung bisher abwartend gegenübergestanden und erst jetzt nach 
dieser Richtung geeignete Schritte vornehmen, bezw. bereits 
gethan haben, liegt nicht allein in den wachsenden Schäden, 
welche durch Krankheit und Tod der Hausthiere dem National¬ 
vermögen zugefügt werden, sondern findet seine Erklärung viel¬ 
mehr in der Thatsache, dass die Tuberculose des Rindes und 
Schweines dem Wesen nach identisch sind mit dem gleichen 
Leiden des Menschen. Die starke Ausbreitung der Tuber¬ 
culose unter dem Rindvieh und die dadurch bedingte Gefahr 
für den Menschen zwingen dazu, Massregeln gegen die Ver¬ 
breitung dieses Leidens unter dem Rindvieh zu ergreifen. Da 
aber derartige Massregeln mit ausserordentlichen Kosten für 
Viehbesitzer verknüpft sein- werden, so ergiebt sich die Noth- 
wendigkeit, dem Letzteren gleichzeitig eine Beihilfe zu gewähren. 
Und dies kann nur in Form einer gesetzlichen Regelung der 
Viehversicherung geschehen. 

Bis zu der definitiven Regelung dieser Frage dürfte noch 
manches Jahr vergehen und es ist daher jetzt schon ein dringen¬ 
des Bedürfniss vorhanden, die Verluste, welche dem Vieh¬ 
besitzer aus der Entwerthung tuberculöser Schlachtthiere er¬ 
wachsen, erträglicher zu machen. Mit der Einführung der 
allgemeinen obligatorischen Fleischbeschau dürfte die Frage 
noch brennender werden. Es ist daher jede Einrichtung, welche 
nach der beregten Richtung helfend eingreift, freudig zu be- 
grüssen. Die »Perleberger Vie hversicherungs-Ge- 
sellschaft« hat nach dem Urtheil competenter Fachmänner 
(Ly dt in u. A.) neben einer Viehlebens-, Transport- und 
Operationsversicherung vor allen Dingen durch ihre Schlacht¬ 
viehversicherung dem obigen Bedürfniss wesentlich abgeholfen. 
In welcher Weise dieses Ziel erreicht worden ist, geht aus einem 
Referat des Herrn Baron zu Putlitz hervor, das dieser im Aus¬ 
schuss der deutschen Landwirthschaftsgesellschaft erstattet hat. 

Gegen Ende 1897 war die Gesellschaft in mehr als 100 
Plätzen vertreten. Sie steht unter directer Aufsicht der Königl. 
Regierung zu Potsdam und arbeitet nach dem Normalstatut. 
Die Leitung des Verwaltungsrathes liegt in den Händen des 
obengenannten und auch in thierärztlichen Kreisen wohlbekannten 
Barons Putlitz auf Gr. Pankow, der auch Mitglied des Ver- 
sicherungs-Beirathes ist. Die Abtheilung Schlachtviehversiche¬ 
rung entschädigt sämmtliche Verluste, welche den Viehbesitzer 
bei der Schlachtung von Rindern, Kälbern und Schweinen 
treffen, schliesst jedoch Jungvieh, welches weniger als 100 Mk. 
Verkaufswerth, und alte Thiere, welche einen solchen unter 
150 Mk. besitzen, sowie auffällig abgemagerte Thiere aus. 
Dagegen geht der Versicherte die Verpflichtung ein, sämmt- 
liches Vieh, welches er binnen Jahresfrist schlachtet, zu ver¬ 
sichern. Beschädigungen des Schlachtviehs auf dem Trans¬ 
porte werden nicht vergütet, hierzu bedarf es einer besonderen 


Versicherung. . Eine Vergütung wird auch nicht gewährt bei 
Schäden, welche 1 so des Verkaufspreises nicht übersteigen. 
Im Uebrigen geht die Entschädigungssumme bis zu dem vollen 
Verkaufspreis. Auf jeden Fall ist der Minderwerth zu ent¬ 
schädigen, welchen der Versicherte an den Käufer des Schlacht- 
thieres herauszahlcn muss. Die Höhe der Entwerthung muss 
durch thierärztliche Bescheinigung nachgewiesen werden. Eigen¬ 
artig ist die Art und Weise, wie die Identität der Schlacht¬ 
thiere nachgewiesen, sowie die Prämien für die Versicherung 
gezahlt werden. Beides wird auf folgende sehr bequeme und 
zuverlässige Weise erreicht. Jedes Schlachtthier erhält am 
linken Ohr eine Marke eingelegt, welche mit einer Nürtimer 
versehen ist. Diese Marken sind durch Reichspatent geschützt 
und können von der Gesellschaft gegen Erlangung folgender 
Gebühren in beliebiger Zahl bezogen werden. * 

Für Grossvieh kostet die Ohrmarke 7—10 Mk. ' 

,, Kälber 


,, Schweine ,, 

,, Fettkälber „ 

,, Doppellender,, 
Solches Grossvieh 


li 


1 

« 7 * 
2 

4 


und Kälber, welche auf Tuberculin 
rcagirt haben, brauchen Ohrmarken zu 20 bezw. 3 Mk. Thiere, 
die gegen Verluste durch Krankheit bereits bei der Gesell¬ 
schaft versichert sind, zahlen nur 2 Mk. für die Ohrmarke. 
Das Schwanken der Sätze erklärt sich aus dem Umstande, 
dass die Gesellschaft auf Gegenseitigkeit basirt ist und daher je 
nach Höhe der Verluste die Prämiensätze steigen oder fallen. 

Die Grundsätze der Schlachtvieh-Abtheilung der »Perle- 
berger Viehversichcrungs-Gesellschaft sind also 
recht gesunde und da sic aus landwirtschaftlichen Kreisen 
heraus empfohlen wird, so muss sic den an eine Gesellschaft 
billigerweise zu stellenden Forderungen entsprechen. Hiernach 
ist genannte Gesellschaft sehr wohl geeignet, bis zur staatlichen 
Regelung der Viehversicherung eine vorhandene Lücke aus¬ 
zufüllen. Frick. 


. , . Einfuhr von Zuchtvieh aus Holland. 

Die Landwirthschaftskammer für Kurhessen hat im An¬ 
schlüsse an einen Vortrag über die Frage: »Kann Deutsch¬ 
lands Milchwirthschaft bestehen ohne Zufuhr von holländischem 
Milchvieh?« folgende Resolution einstimmig angenommen: »Die 
deutsche Landwirthschaft hat mit Rücksicht auf die Seuchen¬ 
gefahr das dringende Interesse an dem Fortbestehen des Ver¬ 
bots der Einfuhr von Zuchtvieh aus Holland und erklärt, dass 
Deutschlands Rindviehzucht zur Blutauffrischung der Zufuhr von 
Zuchtmaterial aus Holland nicht bedarf.« 


Reicher Ertrag der Schweinezucht. 

Der Schmied und Gastwirth Abel in Hilgermissen (Pro¬ 
vinz Hannover) verkaufte dieser Tage eine 500 Pfund schwere 
Sau, die ihrem Besitzer in den 14 Jahren ihres Erdenwallens 
nicht weniger als 253 Ferken bescheert hatte, aus denen er 
ein schönes Stück Geld gemacht hat. So erhielt er einmal 
für eine Zucht von 17 jungen Ferken pro Stück 10 Thaler, 
also für die Zucht 510 Mk. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Massnahmen gegen Einschleppung von Viehseuchen. 

' In dem preussischen Landtag hat der Minister für Land¬ 
wirthschaft Freiherr von Hammerstein dem hohen Hause 
vpn einem Antrag Kenntniss gegeben, welchen das Königlich 
preussische Staatsministerium in den letzten Tagen an den 
Bundesrath gerichtet hat. 

Der Antrag geht dahin: 

Der Bundesrath wolle die Zurücksendung der in den 
Quarantäneanstalten auf die Tuberculinimpfung reagirenden 
Thiere, d. h. der tuberkelverdächtigen Thiere beschliessen; 

zweitens den Schlachtzwang aller übrigen, das heisst 
.der nicht reagirenden Thiere in öffentlichen Schlachthäusern 
beschliessen und 


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1 2 . Februar. 


DEUTSCHE TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT, 


64 


drittens die Einfuhr auf dem Landwege über Hvid- 
ding auf magere Ochsen im Alter von nicht mehr als 
vier Jahren beschränken. 

Erläuternd setzte der Herr Minister hinzu, dass nach Lage 
,der augenblicklichen Verhältnisse an eine OefTnung der Grenze 
gegen Holland, gestützt auf die bestehende Veterinärgesetz¬ 
gebung zur Zeit nicht zu denken ist. 


Veterinärklinik und Thierpensionat Grimberghe. 

Die Thierklinik des Herrn Kreisthierarztes Dr. Kamp¬ 
mann in Wiesbaden erfreut sich eines sehr regen Zuspruchs; 
in der Zeit vom 2. September bis 31. Dezember 1897 wurden 
6 Pferde, 2 Kühe, 101 Hunde, 5 Katzen, 1 Papagei, ins- 
gesammt 115 Thiere aufgenommen, welche zusammen 1248 Tage 
in der Anstalt verblieben. Behufs schmerzlosen Tödtens wur¬ 
den 20 Thiere eingeliefert. Im Thierpensionat fanden in der¬ 
selben Zeit 39 Thiere Aufnahme und wurden 656 Tage ver¬ 
pflegt. In der Poliklinik wurden 45 Patienten behandelt, 
auf Veranlassung und Kosten des Thierschutzvcrcins Wiesbaden 
wurden 13 herrenlose Hunde und Katzen aufgenommen und 
davon 7 Thiere nach 5 tägigem Aufenthalt getödtet, während 
6 Hunde andere Herren fanden. 

Die wenigen Zahlen beweisen, wie vielseitig die vortreff¬ 
liche Einrichtung des Collegen in Anspruch genommen wird; 
es ist nur zu wünschen, dass der Besuch der Thierklinik sich 
noch immer mehr steigert. 


Preussisches Landes-Oekonomie-Collegium. 

Das Königlich preussische Landes-Oekonomie-Collegium 
hat in seiner Sitzung am 5. Februar auf Antrag des Ritter¬ 
gutsbesitzers von Kries-Trankwitz folgenden, die Rindvieh¬ 
zucht betreffenden Antrag nach kurzer Debatte angenommen: 

»Der Schwerpunkt der Mittel zur Hebung der preussischen 
Viehzucht liegt gegenwärtig auf dem Gebiet der Hygiene. Für 
die Förderung der Gesundheit der heimischen Viehzucht sind 
unbedingt erforderlich 1) Absperrung der Grenze gegen Vieh 
aus solchen Ländern, deren Gesundheitsverhältnisse zu Bedenken 
Veranlassung geben (Lungenseuche, Rinderpest, Maul- und 
Klauenseuche); 2) Tilgung der auch im Inlande vorhandenen 
Seuchen, wie Tuberculose; jedoch erscheinen die bisher hierzu 
ausgeworfenen Mittel nicht ausreichend; 3) schärfere Controle 
des zur Einführung gelangenden Fleisches und der Fleisch- 
conserven.« 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Bayer und Fröhner: Handbuch der thierärztlichen 
Chirurgie und Geburtshilfe. Braumüller. Wien und 
Leipzig. 1897. Lieferung 9. 

I. Sattel- und Geschirrdrücke, Widerristfisteln. Von 
Corpsrossarzt B a r t k e - Stettin. 

II. Chirurgische Krankheiten des Magens und Darmes. 
Von Professor G ut mann -Dorpat. 

Bartke hat die Sattel- und Geschirrdiücke sowie die Widerristfisteln, 
soweit diese Leiden das Pferd betreffen, auf 39 Seiten abgehandelt. Wenn 
je das SprOchwort: »Die Kürze ist der Rede Würze« Anwendung finden 
durfte, so kann dies hier rückhaltlos geschehen. 

B. hat es gut verstanden, jede Weitschweifigkeit zu vermeiden und 
sein Thema trotzdem in mustergiltiger Weise klar und erschöpfend zu be¬ 
handeln ; er hat Theorie und Praxis glücklich mit einander vereinigt, ohne 
dass eine von beiden in ihrem Rechte geschmälert wurde. 

Die Arbeit stellt kurz und klar den derzeitigen Stand der Frage dar 
und muss als vollständig dem Zwecke des Werkes entsprechend aufs Wärmste 
empfohlen werden. Zu bedauern ist nur, dass die Geschirrdrücke des Zug¬ 
rindes keine Besprechung erfahren haben. 


dauungscanal, Darmfisteln, Darmeinschiebung, Achsendrehung des Darmes, 
Vorfälle abgehandelt und diesen schliessen sich die Eingeweidebrüche an. 

Wenn man die bisherigen Erfolge der chirurgischen Behandlung der 
Magen- und Darmkrankheiten bei unseren Hausthieren mit Ausnahme der 
Vorfälle und Hernien genauer prüft, so muss man gestehen, dass auf diesem 
Gebiete bisher noch nicht das nöthige Material vorliegt, um bereits allgemeine 
Regeln aufzustellen. Vor allen Dingen fehlt uns eine genauere Symptomato¬ 
logie dieser Leiden, sodass wir vor der Hand in recht seltenen Fällen recht¬ 
zeitig zur Erkenntniss kommen, dass eine chirurgische Behandlung des Magen¬ 
oder Darmleidens am Platze war. Referent findet dementsprechend auch in 
Gutmann’s Arbeit noch nicht die genügende Unterlage für die Diagnostik; 
es ist auch Sache der internen Medicin, der Chirurgie hier die Wege zu 
ebnen, und deshalb wohl ist dieser Theil recht kurz gehalten. Im Gegen¬ 
satz hierzu ist der operative Theil der Behandlung recht ausführlich behan¬ 
delt, sodass stellenweise eine Kürzung eintreten könnte. Beispielsweise sind 
der Darm naht allein 10 Seiten im Kleindruck gewidmet. Durch diese 
extensive Bearbeitung der Behandlung dürfte mancher Leser die Uebersicht 
verlieren, obwohl Ref. gestehen muss, dass ihm gerade dieser Abschnitt hoch¬ 
interessant gewesen ist. 

Wenn auch eine compendiöse Fassung des Materials wünschenswerlh 
gewesen wäre, so ist dem Autor darum noch kein Vorwurf aus seiner Art 
der Bearbeitung zu machen. Nach Lage der Verhältnisse konnte der Ver¬ 
fasser nur das bisher vorliegende Material sammeln und seine eigenen umfang¬ 
reichen Erfahrungen und Versuche hinzufügen. Die kritische Sichtung und 
Bearbeitung der chirurgischen Leiden des Magens und Darmes muss noth- 
wendig einer späteren Zeit Vorbehalten bleiben. 

Lieferung 10. 

1. Krankheiten der Knochen, von Prof. Zschokke - Zürich; 

2. Krankheiten der Muskeln, Fascien, Nerven und Gefässe 
an den Extremitäten, von Corpsrossarzt Hell-Altona. 

In dieser Lieferung hat Zschokke die Krankheiten der Knochen 
(mit Ausschluss der Gelenkenden) besprochen. Da letztere vielfach an den 
Extremitäten recht interessante und wichtige Veränderungen erfahren, aber 
bei den Gelenkleiden eingehend abgehandelt werden sollen, so sind dem 
Autor ausser den Fracturen nur noch wenige Knochenerkrankungen zu 
bearbeiten übrig geblieben. Das dadurch etwas trockene Thema hat Z. durch 
casuistische Mittheilungen und Abbildungen anregender gestaltet. 

Der von Hell bearbeitete Theil macht den Eindruck eines gründ¬ 
lichen Wissens und einer reichen persönlichen Erfahrung von Seiten des 
Autors. Die Sprache ist kurz und klar, die Disposition sorgfältig, sodass 
dieser Theil entschieden als sehr gelungen zu bezeichnen ist. Einen be¬ 
sonders erfreulichen Eindruck macht die kritische Benutzung der Literatur. 
Auch die eingestreuten Abbildungen sind gut. Der Raum verbietet leider, 
specieller auf die Arbeit einzugehen. Fr ick. 


Personal-Nachrichten. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitzver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Schlachthofthierarzt Reimers in 
Celle wurde zum Director des Schlacht- und Viehhofes in Halle a. S., Thier¬ 
arzt Herschel von Görlitz zum Schlachthofverwalter in Sagan, Schlachthof¬ 
assistenzthierarzt E. Kuhn zum Assistenten am physiologischen Institut der 
thierärztlichen Hochschule in Stuttgart ernannt. Verzogen sind die Thier¬ 
ärzte Reichte von Stühlingen als Grenzthierarzt nach Singen, Schropp 
von Lenzkirch als Grenzthierarzt nach Stühlingen, Axe von Gramzow nach 
Polbitz, Poczka von Rhein (Ostpr.) nach Kamin, Holzapfel von 
Baunach nach Weismain (Oberfranken) als Districtsthierarzt, Schlachthof- 
director Melchers von Coblenz nach Marburg Niedergelassen haben sich 
die Thierärzte Gleich in Bischofswerder, F. Klein in Wadern (Trier), 

Die thlepftrztliehe Faehppüfung haben bestanden: In Hannover: 
E b e 1 i n g aus Klein-Flöthe, Schulz aus Hörsten, A 1 1 i n g aus Suurhusen. 
Block aus Danzig. In Berlin: Reinhold Gross aus Flensburg, Johannes 
Hausen aus Kragbohn, Friedrich Franke aus Borkow. 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutschen 

Heeres: Zu Rossärzten des Beurlaubtenstandes wurden befördert die Unter¬ 
rossärzte der Landwehr Sturm, Sonnewald, Wagner, die Unter¬ 
rossärzte der Reserve Harder, So'mmermeyer, Schubarth, Häder, 
Frede, Voss, Dexheimer, Mahlendorff, Stödter. — Peschke, 
Rossarzt a. D., der Charakter als Oberrossarzt verliehen. 

Gestorben : Geheimrath Dr. Rudolf L e u c k a r t, Professor der Zoo¬ 
logie in Leipzig, Schlachthofdirector Zippel in Finiterwalde, Thierarzt 
C. A. Meyer in Annaberg, Thierarzt Siegmund Blittersdorf in Barth. 


Die Bearbeitung der chirurgischen Krankheiten des Magens und Darmes 
{st eine recht eingehende. Es werden zunächst die Fremdkörper im Ver- 

Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thierärztliche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der Macklot'sehen Druckerei in Karlsruhe i. B. 


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Deutsche 


Thierärztliche Wochenschrift 


herausgegeben von 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regierungs- und Medicinalrath, 
Director der Thierürztlichen Hochschule 
in Hannover. 


Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregierungsratb 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regierungsrath und Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Freiburg i. B. 


redigirt von 


Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thieriirztliche Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784a. 


Sechster Jahrgang. 


Sämmtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 
Correctnren und Anzeigen an die Expedition der 
Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 
in Karlsruhe (Baden). 


M 8 . 


Ausgegeben am 19. Februar. 


1898. 


Lieber Ermüdungskoliken bei jungen Pferden. 

Von Prof. Albrecht- München. 

Zu wiederholten Malen war mir auffallend das verhältniss- 
mässig häufige Vorkommen leichterer Koliken bei jungen 
Pferden im Laufe der sogenannten Frühjahrsbestellung. Die 
Erkrankungen traten zum Theil während der Arbeit der Thiere, 
zum Theil nach derselben im Stalle ein. 

Es betraf in der Regel dreijährige Thiere, die zum Ackern 
benützt wurden und während der Wintermonate nur ab und 
zu und dabei nur wenig zu arbeiten hatten. 

Die Kranken zeigten im Allgemeinen keine bedeutenden 
Schmerzen. Das Krankheitsbild glich mehr oder weniger dem¬ 
jenigen , welches man bei sogenannten Anschoppungskoliken 
beobachtet Bei mässiger Unruhe im stehenden Zustande hielten 
sich die Pferde beim Liegen vollkommen oder fast ganz ruhig. 
Die Peristaltik war unterdrückt, der Hinterleib mitunter etwas 
voll. Dagegen konnte Drängen oder Ansammlung von Koth 
in keinem Falle constatirt werden, wohl aber eine nicht un¬ 
bedeutende Steigerung der Herzthätigkeit, die bisweilen bis 
70 Schläge in der Minute betrug, desgleichen gesteigerte 
Athemfrequenz, welche mitunter auf 25—30 Athemzüge per 
Minute angestiegen war. Die Mastdarmtemperatur betrug in 
keinem Falle mehr als 39,5° C. Auffallend war hiebei immer 
die grosse Mattigkeit der Thiere; bei einzelnen' Patienten be¬ 
obachtete man leichtes Muskelzittern am Hinterschenkel und 
am vierköpfigen Ellenbogenstrecker. Ich konnte diese Symptome 
nicht in Beziehung zu den andern Erkrankungserscheinungen 
bringen und musste sie daher auf Rechnung von Ermüdung 
schreiben. 

Natürlich suchte ich zunächst nach den Ursachen der Er¬ 
krankungen. 

Das Futter, welches den Thicren verabreicht wurde, be¬ 
stand meistens aus Haber und Wicken (beide, mitunter auch 
nur die letztem allein, waren 6 — 12 Stunden vor der Verab¬ 
reichung eingeweicht worden), aus Häcksel von Wiesenheu 
und Stroh, beziehungsweise aus Kleeheu und Stroh und aus 
Langheu auf die Raufe. Einzelne Thiere hatten mit Häcksel 
keine Körner, sondern nur Kleie erhalten. Die untersuchten 
Futtermittel erwiesen sich in keinem Falle qualitativ ungünstig 
beschaffen, so dass man sie als Ursache der Erkrankungen 
hätte bezeichnen können; zudem frassen die andern Pferde 
der betreffenden Stallungen Futter von gleicher Beschaffenheit 
und in den relativ gleichen Gewichtsverhältnissen, endlich traten 
die Koliken nicht auf, als die jungen Pferde meistens im Stalle 


gehalten oder nur kürzere Zeit zu leichterer Arbeit' verwendet 
worden waren. 

Da die Pferde während des Frühjahres bei ihrer Arbeit 
mitunter ungünstigen Witterungsverhältnissen ausgesetzt waren, 
lag die Vermuthung nahe, es möchten die Erkrankungen durch 
Erkältung veranlasst sein. Ich beschuldigte diesen Umstand 
zuerst auch als Ursache, trotzdem die beobachteten Erschei¬ 
nungen bei den kranken Thieren sich mit jenen, welche Er¬ 
kältungkoliken zukommen, nicht deckten. Regelmässig leitete 
ich auch die von mir bei Erkältungskoliken geübte Behand¬ 
lung ein: Massage des Hinterleibes unter gleichzeitiger An¬ 
wendung einer reizenden Einreibung, Wickelung des Bauches 
in Leintücher, welche in heisses Wasser getaucht und aus¬ 
gerungen wurden, eventuell Priessnitzumschläge, Heisswasser- 
klystiere (Temperatur bis zu 40 ) mit dem Irrigator, unter Um¬ 
ständen Morphiumeinspritzung. Verluste kamen nicht vor. 

Es wurde nun aber später entdeckt, dass die Koliken bei 
jungen Pferden unter Umständen auftraten, bei welchen eine 
Erkältung absolut ausgeschlossen war. 

Diese Thatsachen führten mich zu der Vermuthung, dass 
die erwähnten Koliken nicht auf Unregelmässigkeiten bei der 
Fütterung und nicht auf Erkältungen zurückzuführen, sondern 
vielmehr durch Anstrengung der die Arbeit noch nicht ge¬ 
wöhnten jungen Thiere hervorgerufen worden seien, dass man 
es also mit Ermüdungskoliken zu thun habe. Gefestigt und 
zur Ucberzeugung wurde diese Annahme einmal durch die 
oben bemerkte Thatsache, dass die Patienten bedeutende Er¬ 
müdungserscheinungen wahrnehmen Hessen, besonders aber 
durch den Umstand, dass solche Koliken nicht mehr öfter als 
unter gewöhnlichen Verhältnissen auftraten, als die jungen 
Thiere auf meinen Rath nicht mehr sofort nach der Fütterung 
eingespannt und nicht mehr '/< Tag en tour zum Ackern und 
Eggen benützt, sondern jeden halben Tag nur eine Stunde 
und dann steigend höchstens bis zu 2 Stunden Vormittags und 
2 Stunden Nachmittags. 

Es unterliegt nach meinem Dafürhalten daher keinem 
Zweifel, dass die leider vielfach durchgeführte zu umfassende 
Verwendung der Dreijährigen oder gar der erst Zweijährigen 
nicht nur Nachtheile für die Gliedmassen und für die normale 
Entwicklung — zwei allbekannte schädlichen Folgen — hat, 
sondern auch Ursache von Erkrankungen des Digestionsapparates 
zu Ermüdungskoliken ist. 

Die Bemerkung der Oekonomen, das Ackern sei eine so 
leichte Arbeit für die jungen Pferde, dass sie ihnen nicht 
schaden könne, widerspricht hundertfach der Erfahrung. Man 
kann sich übrigens von der Unstichhaltigkeit dieser Ansicht 


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66 


19- Februar. 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


genügend überzeugen, wenn man die jungen Thiere auf dem 
Acker während der Arbeit beobachtet und sieht, wie sie nach 
einiger Dauer der Verwendung die Köpfe hängen lassen, 
schwitzen und wie stark sie athmen. 

Wenn ich nun zur Bezeichnung der besprochenen Er¬ 
krankungen den Ausdruck »Ermüdungskolik« gebrauche, so 
denke ich natürlich nicht daran, dass die Koliken direct durch 
Ermüdung des Magens und Darmes hervorgerufen werden; 
die Arbeit des Digestionsapparates der Pferde war eben keine 
andere, als zu der Zeit, zu welcher keine ungebührlichen An¬ 
forderungen an das Leistungsvermögen der jungen Thiere ge¬ 
stellt wurden. Die negative Beeinflussung des Digestionsapparates 
konnte nur auf indirectem Wege erfolgen, und dass dieses der 
Fall war, davon bin ich, wie bemerkt, vorerst überzeugt. 

Auf welche Weise soll nun aber die Thätigkeit des Ver¬ 
dauungsapparates durch starke Inanspruchnahme des Bewegungs¬ 
apparates in der Entwicklung begriffener Pferde beeinflusst 
werden? Man kann hier an zwei Möglichkeiten denken. 

Einmal ist die Vorstellung zulässig, dass die bei der Arbeit 
gebildeten, sogenannten Ermüdungsstoffe vom Blute aus die 
Darmthätigkeit negativ beeinflussen und zweitens muss als 
wahrscheinlich erachtet werden, dass der Verdauungsapparat 
während der Arbeit der jungen Thiere nicht genügend mit 
Blut versorgt wird. 

Die Ermüdung der Musculatur wird hervorgerufen durch 
Verbrauch der zur Thätigkeit derselben nothwendigen Substanzen. 
Es sollen hier hauptsächlich N-freie Bestandtheile, besonders 
das von CI. Bernard entdeckte Glykogen, in Betracht kommen. 
Ferner ist aber die Ermüdung der Musculatur bedingt durch 
gewisse Stoffe, welche man Ermüdungsstoffe nennt, und die 
während der Thätigkeit der Muskel in ihnen durch die behufs 
Freiwerden lebendiger Kräfte erforderlichen chemischen Pro- 
cesse gebildet werden. Als Ermüdungsstoffe werden bezeich¬ 
net die freie oder die in sauren Salzen gebundene Phosphor¬ 
säure (das saure phosphorsaure Kalium) die C 0 2 und vielleicht 
auch Milchsäure. 

Ranke *) hat zuerst bewiesen, dass im Muskel durch dessen 
Thätigkeit gewisse Stoffe, »Ermüdungsstoffe«, entstehen und 
sich anhäufen, und dass der Muskel nach deren Fortschaffung 
seine Arbeitsfähigkeit wieder gewinnt. 

R. machte ein wässeriges Extract aus Muskeln, die stark 
ermüdet waren und spritzte dasselbe einem frischen Muskel 
durch die Blutgefässe ein. Dieser verlor alsbald seine Leistungs¬ 
fähigkeit und verhielt sich wie ein ermüdeter. Ermüdete Muskel 
wurden wieder leistungsfähig, wenn R. die obengenannten Er¬ 
müdungsstoffe aus ihnen entfernte, indem er dieselben aus den 
Muskeln dadurch wegspülte, dass er in die Muskelgefässe 
physiologische Kochsalzlösung oder schwache Natriumcarbonat¬ 
lösung einbrachte. Mosse 8 ) hat einen dem Ranke'sehen Ver¬ 
suche ähnlichen angestellt. Er spritzte einem normalen Hunde Blut 
von einem ermüdeten Hunde ein. Die Ermüdung des letzteren 
war dadurch herbeigeführt worden, dass dessen Muskeln durch 
den elektrischen Strom nur t / s Minute lang in Contractionen 
versetzt wurden. Die nach dieser Procedur eintretenden Er¬ 
scheinungen äusserten sich ausser durch Ermüdung durch Be¬ 
schleunigung der Athmung bis zur Athemnoth, sowie durch 
heftige Herzaffectionen. Diese letztem Erscheinungen sprechen 
dafür, dass die Ermüdungsstoffe aus dem Muskel auch in’s 
Blut aufgenommen werden und zu den Organen des Körpers 
gelangen. Daraus erklärt sich auch die Thatsache, dass sich 
beim Menschen nach einem anstrengenden Marsche die Er¬ 
müdungserscheinungen nicht nur in den Beinmuskeln, sondern 
auch in den Muskeln der Arme etc. zeigen. Da die Ermüdungs¬ 
stoffe auch zu den Centren des Gehirns gelangen, welche die 
Respirations- und Herzthätigkeit beherrschen, erzeugen sie 
Steigerung der Athem- und Herzbewegung und bei übermässiger 
Anstrengung den Tod durch Herzlähmung. 

Auch die jungen Pferde, von welchen oben die Reed ist, 
zeigten die Erscheinungen, welche starker Ermüdung eigen- 

*) Ueber Tetanus, Leipzig 1865. 

*) Die Ermüdung, Leipzig, 1893. 


thümlich sind: Steigerung der Athmung und Herzthätigkeit, 
Mattigkeit, Traurigkeit. Dazu kamen vom Verdauungsapparate 
ausgehende Schmerzen. Zugegeben muss allerdings werden, 
dass die beobachtete Steigerung der Athmung, sowie der Herz¬ 
thätigkeit durch den abnormen Zustand des Digestionsapparates 
begünstigt wurde. Zu bezweifeln ist aber, dass sie durch diesen 
allein hervorgerufen worden, zumal als die geringen geäusserten 
Schmerzen nicht im richtigen Verhältniss zur Höhe der Athem- 
und Pulsfrequenz standen. Die Vermuthung ist demnach nicht 
ganz ohne Grund, es möchten auch in unsern Fällen die letzt¬ 
genannten Symptome sowohl, als der krankhafte Zustand des 
Digestionsapparates durch die Wirkung der in das Blut auf¬ 
genommenen Ermüdungsstoffe zum Theilc bedingt gewesen sein. 

Zur Erklärung der abnormen Verhältnisse im Verdauungs¬ 
schlauche der betr. Pferde kommt aber nach meinem Dafür¬ 
halten vorzugsweise das angeführte zweite causale Moment in 
Betracht. Ich meine den Blutgehalt der Organe während ihrer 
Thätigkeit und hier speciell den Blutgchalt des Verdauungs¬ 
apparates während der Arbeit. Es ist bekannt, dass der Blut¬ 
gehalt der Organe einen grossen Einfluss auf die Function 
derselben hat und dass auch das Umgekehrte stattfindet. Im 
normalen Zustande wechseln die Organe und Organgruppen 
vielfach in ihrer Thätigkeit ab. Während der besonderen 
Thätigkeit eines Organes können andere ruhen. Versuche und 
Beobachtungen lehren aber, dass die Blutmenge arbeitender 
Organe oder Organgruppen eine relativ grössere ist als jene 
der ruhenden. Ranke 1 ), dem wir unsere Kenntnisse von der 
Beziehung der Blutmenge zum Thätigkeitswechsel der Organe 
besonders zu verdanken haben, bestimmte an lebenden Ka¬ 
ninchen die Vertheilung des Blutes und constatirte, dass sich 
von der gesammten Blutmenge je ein Viertel a) in den ruhen¬ 
den Muskeln, b) in der Leber, c) in den Kreislaufsorganen 
(Herz und grosse Aderstämme), d) in den übrigen Organen 
zusammen befinde. Während der Thätigkeit kann nun der 
Blutgehalt der Organe, bezw. Organgruppen um 30, selbst um 
47 °/ 0 zunehmen; dies geschieht natürlich auf Kosten der 
weniger, bezw. der unthätigen Organe. Bei starker Absonde¬ 
rung der gerötheten, blutreichen Haut ruht z. B. die Nieren- 
thätigkeit in Folge des geringen Blutzuflusses mehr oder weniger, 
eine Thatsache, die bekanntlich therapeutisch zur Entlastung 
der Nieren verwerthet wird. Während der Verdauung be- 
nöthigt der Verdauungsapparat eine grosse Menge Blutes; die 
Zufuhr des Blutes zum Gehirn und der Musculatur ist dem¬ 
nach eine geringere und als Folge hievon beobachtet man Er¬ 
müdung der Muskel und geistige Abspannung. Schlangen, die 
eine grosse Menge Nahrung aufgenommen haben, sind stumpf¬ 
sinnig, bewegen sich faul oder gar nicht, weichen Gefahren 
nicht aus. Der Grund davon ist zu suchen in einem mehr 
oder weniger anämischen Zustande des Gehirns und der 
Musculatur, bedingt durch einen plethorischen Zustand des 
arbeitenden Digestionsapparates; umgekehrt kann gewiss 
auch sehr starke Muskelthätigkeit die Verdauung 
verzögern und in anderer Weise ungünstig beein¬ 
flussen (Kolik). In dem Masse als die Musculatur blutreicher 
wird, muss der Verdauungsapparat blutärmer werden und die 
Function desselben leiden, da diese nur regelmässig vor sich 
gehen kann, wenn der Digestionsapparat mit der genügenden 
Menge normalen, lebensfrischen Blutes durchströmt wird. Wie 
dargethan, lag bei den an Kolik erkrankten jungen Pferden 
keine Kolik vor, die ich unter die bis jetzt bekannten Formen 
hätte subsumiren können. Dagegen wurden bei den Thieren 
Symptome festgestellt, wie man sie auch bei ältern hochgradig 
strapazirten Pferden nach der Arbeit beobachtet, abgesehen 
von den Kolikerscheinungen (Vermehrung der Puls- und Athem- 
frequenz, grosse Müdigkeit, Zittern der Musculatur, Traurig¬ 
keit). Per exclusionem bin ich nun, wie oben bemerkt, zu 
dem Schlüsse gekommen, dass es sich in den angeführten 
Fällen um Koliken handelte, die durch eine unangemessene 
Inanspruchnahme des Bewegungsapparates hervorgerufen wurden. 


>) Die Blutvertheilung und der Thätigkeitswechsel der Organe. 
Leipzig 1871. 


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No. 8. 


DEUTSCHE THIERvERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


67 


Der Umstand, dass ich zu diesem Schlüsse auf dem Wege 
der Ausschliessung komme, stempelt ihn allerdings zu einem 
hypothetischen. Sicher ist derselbe aber nicht ohne Be¬ 
rechtigung. 

Dass die Ermüdung von grossem negativem Einflüsse auf 
den Digestionsapparat sein kann, beweist die Beobachtung, 
dass auch in der Vollkraft ihrer Leistungsfähigkeit stehende 
Pferde häufig schlecht fressen oder die Futteraufnahme voll¬ 
ständig versagen, wenn sie übermässig angestrengt wurden, 
aber wieder regelmässig fressen, sobald sie sich erholt haben. 
Alles weist in solchen Fällen darauf hin, dass Ermüdung 
Ursache des Nichtfressens ist; selbst der Laie hat diese An¬ 
schauung und man hört ihn sagen: »Das Thier frisst nur 
nicht, weil es zu müde ist, morgen frisst es schon wieder.« 
Ich gestehe offen, dass ich früher diese Ansichten nicht theilte, 
wohl aber jetzt. Ich bin ebenfalls der Anschauung, dass die 
Ermüdung indirecte Ursache der Appetitlosigkeit und anderer 
Störungen im Verdauungsapparate (Kolik) sein kann, dass diese 
veranlasst werden können einmal durch ErmüdungsstofFe, welche 
in das Blut, also auch in das den Darmkanal durchströmende 
Blut gelangt sind, oder dadurch, dass in dem in der Verdauung 
begriffenen Digestionsapparate temporär, also während grösserer 
Anstrengung der Thiere zu wenig normal beschaffenes Blut 
circulirt. 

Ich möchte beide Umstände als Ursache der Koliken be¬ 
zeichnen, welche ich bei stark arbeitenden, ermüdeten jungen 
Thieren häufig beobachtete und die ich nicht in eine der be¬ 
kannten Kolikformen unterbringen konnte, besonders aber den 
letztem. 

Wenn man dagegen einwenden will, warum ältere Pferde 
derselben Stallung, die ebenfalls den ganzen Tag am Pfluge 
gehen mussten und sonst unter denselben äussern Einflüssen 
standen wie zwei- und dreijährige Fohlen, nicht auch an Kolik 
erkrankten, so ist darauf zu erwidern, dass diese seit langem 
an die Arbeit gewöhnt waren; ihr Respirations-, Circulations-und 
Bewegungsapparat waren für die zu bewältigenden Leistungen 
angepasst. Desgleichen ist bei an die Arbeit gewöhnten Pferden 
das Nervensystem an die Wirkung der bei der Muskelthätig- 
keit entstehenden Stoffwechselproducte angepasst. Beides findet 
aber bei zwei- und dreijährigen Fohlen nicht statt, besonders 
aber nicht bei solchen, die vor ihrer Verwendung wochen-, 
selbst monatelang müssig im Stalle gestanden sind. Die nach 
der Ansicht vieler Pferdezüchter »leichte Arbeit« solch’ junger 
Thiere am Pfluge steht noch nicht im richtigen Verhältniss zu 
ihrer Leistungsfähigkeit. Die Thiere sind in diesem Alter noch 
nicht im Stande ohne Schaden für sie den ganzen Tag oder 
den grössten Theil desselben am Pfluge oder an der Egge zu 
arbeiten. Derlei Anforderungen an Dreijährige oder gar Zwei¬ 
jährige sind zu hoch und zwar nicht nur relativ mit Rück¬ 
sicht auf den Umstand, dass diese an die Arbeit noch nicht 
gewöhnt sind, sondern in der Regel auch absolut zu hoch, 
selbst für solche junge Thiere, die im Verhältniss zu ihrem 
Alter vorzüglich entwickelt sind. 

Wenn ausnahmsweise selbst vollkommen entwickelte, an 
die Arbeit gewöhnte Pferde, auf hochgradige Muskelanstrengungen 
mit Verdauungsstörungen reagiren, die in solchen Fällen zweifels¬ 
ohne durch ungenügende Blutzufuhr zum Digestionsapparate 
und durch die Wirkung von Muskelstoffwechselproducten be¬ 
dingt sind, so kann man sich nicht wundern, wenn solche Zu¬ 
stände unter den beschriebenen Verhältnissen bei in der Ent¬ 
wickelung begriffenen Thieren auftreten, welche die Arbeit erst 
lernen sollen. 


Subepicardiales Fibrosarkom am Rinder¬ 
herzen. 

Von H. Fehsenmeier in Konstanz. 

Eine Kuh — Braunvieh-Kreuzung, 9 Jahre alt, 6 Monate 
trächtig — war mehrere Jahre im Besitze desselben Landwirthes 
und wurde viel zum Zugdienste verwendet. Krankheitserschei¬ 
nungen zeigte die Kuh zum ersten Male vor etwa 4 Wochen, 


zu welcher Zeit nach Angabe des Besitzers die Futteraufnahme 
etwas vermindert war und an der unteren Hälfte des Halses 
gegen die Brustspitze zu eine ungefähr kopfgrosse, ziemlich 
derbe Anschwellung auftrat. Eine thierärztliche Untersuchung 
und Behandlung hatte bei Lebzeiten der Kuh nie stattgefunden. 
Nach Behandlung durch Waschungen mit warmen Heublumen¬ 
abkochungen verging die erwähnte Anschwellung schon nach 
2—3 Tagen, um aber jedesmal nach Verlauf von ungefähr 
einer Woche wiederzukehren. Die Kuh hatte sich bisher in 
gutem Ernährungszustände befunden. Da sie aber beim Auf¬ 
treten der Schwellung und der hiermit verbundenen vermin¬ 
derten Frcsslust auch im Nährzustande zurückging, entschloss 
sich der Besitzer zur Schlachtung. 

Zur Untersuchung des geschlachteten Thieres wurde ich 
zugezogen. Pathologische Abweichungen waren nur am Herzen 
zu finden, alle übrigen Organe erschienen gesund. 

Der Herzbeutel war ziemlich fettreich, viel Fett auch in 
den Herzfurchen. Die Herzbeutelhöhle enthielt klare Flüssig¬ 
keit in gewöhnlicher Menge. Zwischen der Herzoberfläche und 
der Innenfläche des Herzbeutels in der Gegend der Herzbasis 
fanden sich zahlreiche Verbindungen durch oft 5 —10 cm lange 
sehnenartige fibröse Fäden, welche ihrerseits wieder vielfach 
miteinander verwachsen waren. In der Herzbeutelhöhle lag 
eine etwa halbfaustgrosse längliche Geschwulst von graubraunem 
Aussehen. Die Geschwulst fühlte sich derbweich an. Sie 
hatte ihre Lage auf der Wand der linken Herzkammer, indem 
sie mit einem Ende an der Grenze der linken Kammer und 
Vorkammer polypenartig mit dem Herzmuskel verbunden war 
und mit dem anderen Ende in der Richtung gegen die Herz¬ 
spitze frei in das Lumen der Herzbeutelhöhle hineinragte. Das 
auf dem Durchschnitte etwas hervorquellende graurothe Ge¬ 
webe der Neubildung war von derbweicher Consistenz, mit 
kleinen Blutgefässen und weisslichcn Bindegewebszügen hier 
und da ausgestattet. Das Gewebe der Geschwulst liess sich 
mit dem blossen Auge bis unter das Epicardium verfolgen, 
und vom subcpicardialen Gewebe her strahlten auch noch ein¬ 
zelne Züge des Geschwulstgewebes in den Herzmuskel hinein 
bis in die Nähe der grossen Kranzvene des Herzens. Die 
Geschwulst hatte eine Länge von 13 cm und endigte etwa 4 cm 
von der Herzspitze entfernt; sie hatte ihre grösste Dicke in 
der Mitte (Breitendurchmesser 6 cm, Umfang 16 cm), während 
sich die beiden Enden etwas verjüngten; sie war von wurst¬ 
förmiger Gestalt. Die Neubildung war von einer dem Epicardium 
ähnlichen Haut überzogen, welche nach dem Austritte der 
Geschwulst aus dem subepicardialen Gewebe an ihrer dem 
Herzmuskel zugewandten Fläche noch auf eine Strecke von 
etwa 4 cm hin durch zahlreiche fibröse Fäden mit dem Epi¬ 
cardium des Herzmuskels verbunden war. — In der Umgebung 
der Geschwulst fanden sich viele unregelmässige, flächenartige, 
weissliche Verdickungen am inneren Blatte des Herzbeutels, 
namentlich da, wo der Herzbeutel mit der Neubildung in directe 
Berührung kam. 

Das Präparat sandte ich an Herrn Dr. Will ach mit der 
Bitte um mikroskopische Untersuchung. Derselbe theilte mir 
als Ergebniss seiner Untersuchung mit, dass es sich bei der 
Neubildung um ein subepicardiales Fibrosarkom handle, 
wie es nach Ausweis der Literatur (Kitt, Lehrb. d. path.- 
anat. Diagnostik 1895 Bd. II. S. 367—368; Ostertag, Handb. 
der Fleischbeschau 1895, S. 303) gelegentlich schon wieder¬ 
holt bei geschlachteten Rindern beobachtet worden ist. 

Es ist bedauerlich, dass ich keine Gelegenheit hatte, das 
Thier vor der Schlachtung zu untersuchen, um auch die Krank¬ 
heitserscheinungen festzustellen, welche durch die Veränderung 
am Herzen bedingt wurden. Unzweifelhaft dürfte die an der 
Vorderbrust wiederholt aufgetretene Anschwellung in Beziehung 
zu dem Herzleiden zu bringen und als ein Stauungsödem auf¬ 
zufassen sein. Eine mechanische Behinderung der Blutcirculation 
wurde durch die Neubildung nicht verursacht; es kann mithin 
nur angenommen werden, dass die Kraft des linken Ventrikels 
durch die an ihm hängende Geschwulst allmälig geschwächt 
wurde und so das Oedem zu Stande kam. 


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68 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


19. Februar. 


Referate. 

Die Desinfection grösserer Räume vermittelst Formalin. 

Sammelreferat von F r i c k. 

Wer sich praktisch mit der Seuchentilgung und der damit 
verbundenen Desinfection von Räumen beschäftigt hat, weiss, 
dass letzteres eine recht schwierige, mühselige Arbeit ist. Oft 
genug bleibt sie insofern erfolglos, als Individuen, welche später 
diese Räume benutzen, an denselben ansteckenden Krankheiten 
erkranken, wegen deren die Desinfection vorgenommen wurde. 
Vor allen Dingen lag die Schwierigkeit der Desinfection in der 
verschiedenartigen Beschaffenheit der Träger des Infections- 
stoffes und demgemäss verschiedene Behandlung erheischen. 
Man war lange Zeit bestrebt, Methoden zu finden, welche die 
Desinfection einfacher gestalten sollten. Die gasförmigen Mittel 
Chlor, Brom, schweflige Säure waren hierbei oft in Frage ge¬ 
kommen und geprüft, aber immer wieder verworfen. Entweder 
waren mit ihrer Anwendung Nachtheile für Menschen und Thiere 
verbunden, oder die zu desinficirenden Gegenstände litten' dar¬ 
unter, oder schliesslich waren sie unzuverlässig oder gar un¬ 
wirksam. Erst neuerdings sind die Versuche der Desinfection 
mit gasförmigen Mitteln wieder aufgenommen und in ein neues 
Stadium getreten. 

Durch die Untersuchungen von Aronson, Trillat u. A. 
war die desinficirende Kraft des Formaldehyds genauer studirt. 
Sofort ging man auch daran, dasselbe für die Desinfection 
grosser Räume zu benutzen, allein hierbei ergaben sich auch 
gleich Schwierigkeiten. Obwohl sich durch Erhitzen des Form- 
alins (4oproc. wässerige Lösung des gasförmigen Formaldehyds) 
das Formaldehyd in die Luft überführen lässt, so hat dies 
seine Grenzen daran, dass in dem Momente, wo der Gehalt 
an Formaldehyd im Formalin über 40 °/ 0 steigt, eine Polymeri¬ 
sation des Präparats eintritt und jede fernere Vergasung un¬ 
möglich wird. Man sann daher auf andere Gewinnungsmethoden 
des Formaldehyds und benützte hierzu den Methylalkohol, der 
bei der Oxydation Formaldehyd entwickelt. Es wurden zu 
diesem Zwecke Lampen construirt, die mit Methylalkohol ge¬ 
speist wurden und so Formaldehyd lieferten. Allein die Aus¬ 
beute hierbei war gering und die Prüfung derselben bei An¬ 
wendung in grösserem Massstabe ergab ein ungünstiges Resultat. 

Der Chemischen Fabrik aufActien vorm. Schering 
in Berlin ist es jetzt gelungen, eine Methode ausfindig zu machen, 
die das Formaldehyd endlich für Desinfectionen im grösseren 
Massstabe verwenden lässt. Genannte Fabrik hat sich folgendes 
Verfahren patentiren lassen und den Vertrieb der Präparate und 
Apparate der Firma J. F. Schwarzlose Söhne, Berlin SW., 
Markgrafenstrasse 29, übertragen. - 

Ein festes Polymerisationsproduct des Formaldehyds, das 
Trioxymethylen, wird durch Compression in Pastillenform ge¬ 
bracht, die je 1 g wiegen. Durch heisse Verbrennungsgase 
z. B. einer Spirituslampe lässt sich dieses Präparat in gasförmiges 
Formaldehyd überführen und entfaltet dann seine desinficirenden 
Eigenschaften. Die Firma hat zu diesem Zwecke 2 Lampen 
construirt, eine kleinere für den Hausgebrauch (Abbild. 1) und 
eine grössere für den Grossbetrieb (Abbild. 2). 



Abbildung /. Abbildung a. 


Die Construction dieser Lampen, welche den Namen 
»Hygiea« bezw. »Aesculap« erhalten haben, ist aus beistehen¬ 
den Abbildungen ersjchtlich. Ihre Anwendung geschieht in 
folgender Weise: Die Lampe b wird zur Hälfte mit Brenn¬ 


spiritus gefüllt und der Docht derselben nur so weit hervor¬ 
geschraubt, dass die Flamme den Einsatz nicht erreicht. In 
den Behälter r werden nach Entfernung des Einsatzes der 
nur für die Zwecke der Desodorisation Anwendung findet, die 
nöthigen Formalin-Pastillen hineingethan. Nach dem Anzünden 
der Spiritusflamme wird der Glascylinder a mit seinem Einsatz r 
auf die Lampe aufgesetzt. Die sich bildenden Verbrennungs¬ 
gase streichen nun durch seitliche Löcher des Einsatzes r an 
den Formalin-Pastillen vorbei und entwickeln so gasförmiges 
Formaldehyd. Die Lampe erlischt von selbst, wenn der Spiritus 
verbraucht ist, sodass eine Feuersgefahr nicht vorliegt, nament¬ 
lich wenn die Lampe in die Mitte des Zimmers auf einen 
Tisch oder auf das Ofenblech oder sonst eine sichere Unter¬ 
lage gestellt wird. 

Für die Desinfection grösserer Räume dient die Lampe 
»Aesculap« (Abb. 2). Dieselbe ist ganz und gar aus Blech 
construirt und wird im Uebrigen so benutzt wie die Lampe 
»Hygiea« (Abb. 1). Wenn eine Lampe für einen sehr grossen 
Raum nicht genügt, so stellt man deren mehrere auf. 

Von den oben genannten Pastillen werden vermittelst dieser 
Lampen nach Aronson’s Versuchen pro Cubikmeter Räum 
2 Stück verbraucht. Die neuesten Versuche von Fairbanks 
und Grawitz haben sogar die Wirksamkeit der Methode er¬ 
geben, wenn nur I Pastille pro Cubikmeter Raum verwendet 
wurde. Der Raum selbst wird dicht verschlossen, nachdem 
die Lampe in Gang gesetzt ist. Irgend welche Gefahr für die 
im Raume befindlichen Gegenstände, sowie Feuersgefahr liegt 
in der Anwendung dieser Lampen nicht. Der zu desinficirende 
Raum bleibt 24 Stunden der Einwirkung der Formaldehyd- 
Dämpfe ausgesetzt und wird dann durch Lüften von dem inten¬ 
siven Geruch befreit. 

Da der Preis dieser Methode ein mässiger ist (ein Raum 
von 100 cbm Inhalt würde 200 Pastillen zu 6 Mk. und eine 
grosse Lampe zu 7 Mk. erforderlich machen) und da nach den 
bisherigen Untersuchungen die Resultate günstig sind, so dürfte 
sich dieselbe auch für die Desinfectionspraxis in der Thier¬ 
heilkunde empfehlen. Hoffentlich folgen bald einschlägige 
Untersuchungen. 

Der sehr eingehenden und mit Rücksicht auf 'die prak¬ 
tischen Verhältnisse ausgeführten Arbeit von Fairbanks im 
Centr.-Bl. f. Bakt. Bd. 23 ist Folgendes zu entnehmen, und die 
Wirksamkeit der Methoden zu beleuchten: 

F. benutzte verschiedene Mikroorganismen (Milzbrand¬ 
bacillen und Sporen, Diphterie-, Typhusbacillen, Pyocyaneus, 
Staphylokokken, Streptokokken) und modificirte deren Träger 
in der Weise, dass sie 1. frei an der Luft auf Tuchstückchen 
gestrichen, 2. zwischen zwei Lappen eingeschlossen, 3. zwischen 
Lappen und Matratzen liegend, 4. in mehrere Schichten Lein¬ 
wand gewickelt, 5. mit Staub vermischt den Formaldehydgasen 
ausgesetzt wurden. Letzteres geschah in einem geschlossenen 
Raume und in der oben angegebenen Weise vermittelst Formalin- 
Lampe. Die Untersuchung der Proben vor und nach der Ein¬ 
wirkung der Formalindämpfe erfolgte durch Ansetzen von 
Culturen und durch Verimpfen auf Versuchsthiere. Bei den 
zahlreichen Versuchen, die in der genannten Weise ausgeführt 
wurden, hat sich folgendes Resultat ergeben. 

Die mit den oben genannten Infectionserregern bestrichenen 
Tuchstreifen waren nach 24stündiger Einwirkung der Form¬ 
aldehyddämpfe stets steril, wenn letztere ungehinderten Zutritt 
hatten. 

Wurden die inficirten Tuchstreifen zwischen zwei Lappen 
eingeschlossen der Einwirkung von Formaldehyd ausgesetzt, 
so wurden zwar die Infectionserreger theilweise abgetödtet, 
jedoch war dies um so unsicherer, je virulenter dieselben waren. 

Zwischen Matratzen und gleichzeitig in Lappen eingewickelte 
inficirte Stückchen Hessen sich durch Formaldehyddämpfe zum 
grossen Theil nicht desinficiren. 

Ein Einwickeln der inficirten Tuchstückchen in Leinwand 
schien der Wirkung der Formaldehyddämpfe keinen Abbruch 
zu thun. 

Dagegen schien der Staub, dem Infectionserreger zugemischt 
waren, für letztere einen Schutz gegen die Wirkung der Formal- 


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No. 8. 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


69 


dehyddämpfe zu bilden. Das Gleiche wurde an Diphtherie¬ 
membranen beobachtet. 

Um die Unschädlichkeit der Formaldehyddämpfe für Ge¬ 
brauchs- und Wirthschaftsgegenstände festzustellen, hatte F. 
gleichzeitig in den zu den Versuchen benützten Raum Metall¬ 
sachen, Leder, Seide u. s. w. gelegt. Keine dieser Substanzen, 
selbst das Leder nicht, wiesen irgend welche Spuren einer 
nachtheiligen Einwirkung auf. 

Schliesslich hat F. auch gleichzeitig Kaninchen während 
der ganzen Dauer der Desinfection in dem betr. Raum be¬ 
lassen; dieselben zeigten keinerlei schädliche Folgen (Con¬ 
junctivitis, Katarrhe der Luftwege u. s. w.). 

In dem von Grawitz zu der Arbeit von F. gelieferten 
Nachwort tritt ersterer warm für Desinfection mit Formaldehyd¬ 
dämpfen, welche nach der Schering’schen Methode entwickelt 
werden, ein. Fr ick. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Leuckart f. 

Geheimrath Dr. Rudolf Leuckart, Professor der Zoo¬ 
logie an der Universität in Leipzig, ist gestorben. 

Leuckart, Neffe des 1843 zu Freiburg i. Br. verstorbenen 
Zoologen Friedrich Sigismund Leuckart, war geboren am 
7. Oktober 1822 zu Helmstedt, erhielt nach beendetem Studium 
der Zoologie zu Göttingen 1845 dort eine Anstellung am physio¬ 
logischen Institut, habilitirte sich 1847 für Zoologie, ging 1850 
als ausserordentlicher Professor nach Giessen, wo er 1855 
ordentlicher Professor der Zoologie und vergleichenden Anatomie 
wurde, und wurde 1870 nach Leipzig berufen. Speciell auf 
dem Gebiete der Thierheilkunde hat sich der Verewigte be¬ 
sondere Verdienste durch Aufklärung der Entwicklungsgeschichte 
der Leberegel, Taenia Echinococcus und der Trichinen erworben. 


Beschlüsse des Deutschen Landwirthschaftsrathes. 

Der Deutsche Landwirthschaftsrath hat in seiner Plenar¬ 
versammlung während der abgelaufenen Woche einige für die 
Thifcrheilkunde wichtigen Resolutionen gefasst. Zunächst be¬ 
schäftigte er sich mit den Erfahrungen, die bei der Maul- und 
Klauenseuche gemacht worden sind. Den Bericht darüber 
erstatteten Geheimer Regierungs-Rath Professor Dr. Dam mann 
(Hannover) als Referent und Freiherr von Erffa (Wernburg) 
als Correferent. Eine von letzterem befürwortete Resolution 
erhielt folgende Fassung: »Der Deutsche Laudwirthschafts- 
rath wolle erklären: 

1) Es erscheint nothwendig, das über die See- und Land- 
Quarantäne eingehende Vieh einer vierwöchentlichen Quaran¬ 
tänezeit zu unterwerfen. 

2) Es ist dringend geboten, die Einfuhr russischer Schweine 
und russischen Geflügels zu untersagen. 

3) Es erscheint wünschenswerth, dass die Veröffentlichungen 
des Kaiserlichen Gesundheitsamts über den Stand der Vieh¬ 
seuchen mindestens alle 14 Tage — nicht, wie jetzt, nur alle 
4 Wochen — erfolgen, und zwar für die ganzen 14 Tage und 
nicht blos für den letzten Tag. 

4) Eine grössere Einheitlichkeit der Sperrmassregeln in 
den einzelnen Landestheilen ist anzustreben. 

5) Die Sperrmassregeln gegen die Seuchenverschleppung 
im Inlande sind bei dem heutigen Stande der Sache nicht zu 
entbehren, doch sind dieselben mit thunlichster Vermeidung 
aller Härten von Fall zu Fall durchzuführen. Die Bahnhofs¬ 
sperre ist nur im äussersten Nothfalle zu verhängen. 

6) Der Hausirhandel mit Klauenvieh ist bei Seuchengefahr 
gänzlich zu untersagen und auch sonst der strengsten Controle zu 
unterstellen. Nothwendig erscheint eine regelmässige Revision und 
erforderlichen falls eine regelmässige Desinfection der Händlerställe. 

7) Die Bahnhofs-Verwaltungen sind anzuhalten, dass eine 
noch gründlichere Desinfection der Eisenbahnwagen und der 
Rampen etc. durchgeführt wird. 

8) Nach dem Beispiel Sachsens und Bayerns ist die Er¬ 
richtung von Central-Desinfections-Anstalten dringend erwünscht.« 


Den folgenden Gegenstand bildete die Viehversicherung 
und Schlachtviehversicherung. Der Referent, Oekonomie-Rath 
Professor Dr. von Langsdorf-Dresden, befürwortete, in 
Uebereinstimmung mit dem Correferenten, Landes-Oekonomie- 
Rath von Mendel-Steinfels (Halle a. S.), nachstehenden 
Antrag: 

I. Der Deutsche Landwirthschaftsrath erklärt: 

1) Die weiteste Ausbreitung der Versicherung des Rind¬ 
viehs und des Kleinviehs liegt im Interesse der Erhaltung eines 
leistungsfähigen Bauernstandes. 

2) Zur Erreichung dieses Zieles empfiehlt sich besonders 
die Bildung von Ortsversicherungsvereinen und deren Zusammen¬ 
fassung zu Verbänden behufs theilweiser Rückversicherung. 

3) Staatliche Unterstützung ist geeignet, diese Entwickelung 
zu verallgemeinern und zu beschleunigen. 

4) Allgemeine Versicherung des Schlachtviehs gegen aus 
der Fleischbeschau erwachsende Verluste, einschliesslich der 
durch Tuberkulose entstandenen, ist geboten. 

5) Zu diesem Zweck ist eine einheitliche und allgemeine 
Regelung der Vorschriften, betr. die Fleischbeschau, innerhalb 
der einzelnen Staaten im Interesse der Schlachtviehversicherung 
nothwendig. 

6) Die Entschädigung muss bei der Schlachtviehversicherung 
so bemessen werden, dass der Versicherer einen Theil des 
Schadens selbst trägt. 

7) Andererseits entspricht es den Forderungen der Billig¬ 
keit und liegt zugleich — durch Ausgleich des von dem Schlacht¬ 
viehverkäufer mit zu übernehmenden Risicos — im Interesse 
der Consumenten, dass ein Theil des aus der Versicherung 
des Schlachtviehs gegen Verluste, welche durch sanitätspolizei¬ 
liche Vorschriften veranlasst werden, erwachsenden Aufwandes 
aus öffentlichen Mitteln bestritten werde. 

II. Der Deutsche Landwirthschaftsrath beschliesst, an die 
Reichsregierung die Bitte zu richten, den Entwurf zu einem 
Reichs-Versicherungsgesetz bekannt zu geben, um den Ver¬ 
sicherten selbst Gelegenheit zur Aussprache über denselben zu 
geben. 

Regierungsrath von Jecklin vom Reichs-Justizamt be¬ 
merkte: Die Regierung werde, ehe der Entwurf dem Reichs¬ 
tage zugehe, denselben veröffentlichen, um eine Aussprache 
der Versicherten herbeizuführen. Es liege mithin ein directer 
Anlass zu einem solchen Anträge nicht vor. 

Der Antrag der Referenten wurde einstimmig angenommen. 

Den letzten Gegenstand der Tagesordnung bildete »Die 
reichs- bezw. landesgesetzliche Regelung des Abdeckereiwesens«. 
Der Referent, Geheimer Regierungsrath Prof. Dr. Dammann- 
Hannover, befürwortete in Gemeinschaft mit dem Correferenten, 
Geheimen Regierungsrath Prof. Dr. Orth-Berlin einen Antrag, 
welcher nach einigen Abänderungen folgende Fassung erhält: 

1 »Der Deutsche Landwirthschaftsrath erklärt die einheit¬ 
liche Regelung des Abdeckereiwesens aus sanitätspolizeilichen, 
veterinärpolizeilichen und wirthschaftlichen Gründen wiederholt 
für ein dringendes Bedürfniss. Dieselbe ist, unter Beseitigung 
der noch bestehenden Zwangs- und Bannrechte, auf dem Wege 
der Reichsgesetzgebung herbeizuführen. Bei dem Erlass des 
Gesetzes ist von den Gesichtspunkten auszugehen: 

1) dass die Gemeinden gehalten sind, für sich oder zu¬ 
sammen mit anderen vorschriftsmässig beschaffene und aus¬ 
gestattete Wasenplätze herzugeben und zu erhalten, in denen 
alle zugeführten Stücke eine unschädliche Beseitigung erfahren, 
und Abdecker für dieselben anzustellen; 

2) dass es wünschenswerth ist, wenn in den Kreisen bezw. 
Aemtern und entsprechenden Verwaltungskörpern für sich oder 
in Gemeinschaft mit anderen den Anforderungen der Sanitäts¬ 
und Veterinär-Polizei entsprechende Anstalten (Abdeckerei-An¬ 
stalten) hergerichtet oder bereit gestellt werden, in denen die 
Cadaver gefallener, abgängiger und auf polizeiliche Anordnung 
getödteter Thiere, sowie bei der Fleischbeschau beschlagnahmte 
thierische Theile mittelst thermochemischer Apparate, unter zu¬ 
verlässiger Ertödtung aller Krankheitserreger, im Interesse der 
Besitzer thunlichst nutzbringend verarbeitet werden. 


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70 


DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


19. Februar. 


Preussische Massnahmen gegen thierärztliche Vereins¬ 
bestrebungen. 

Der Herr Minister für Landwirthschaft hat in einer Rund¬ 
verfügung die einzelnen Regierungen darauf hingewiesen, dass 
thierärztliche Vereine bestehen, in deren Satzungen einem durch 
Wahl zu bestellenden Ehrenrathe oder Ehrengerichte die Be- 
fugniss beigelegt ist, gegen Vereinsmitglieder wegen Verletzung 
des allgemeinen Anstandes, der Standespflicht und der Standes¬ 
ehre, überhaupt wegen solcher Handlungen einzuschreiten, die 
geeignet sind, den thierärztlichen Beruf herabzuwürdigen. Die 
Regierungen werden ersucht den beamteten Thierärzten 
aufzugeben, dort wo dies der Fall sein sollte, sofort aus 
den Vereinen auszutreten. 

In einzelnen Regierungsbezirken sind darauf hin die De¬ 
partementsthierärzte zunächst aufgefordert worden zu berichten, 
ob solche Vereine im Bezirk bestehen und zutreffenden Falles, 
welche beamtete Thierärzte ihnen angehören. Die Branden¬ 
burger Kreisthierärzte aber haben bereits die behördliche An¬ 
weisung erhalten aus derartigen thierärztlichen Vereinen aus J 
zutreten. 

Die so plötzlich aufgetauchte Frage hat einige Bestürzung 
hervorgerufen, die aber bei ruhiger Erwägung der Sachlage 
alsbald schwinden muss. Die thierärztlichen Vereine haben 
durch Creirung von Ehrenräthen Verstössen gegen die thier¬ 
ärztliche Standesehre Vorbeugen und im gegebenen Falle 
auch wirksam entgegentreten wollen. Wenn die Mitglieder 
eines Standes einer solchen freiwilligen Gerichtsbarkeit sich 
unterstellen, so muss dies vom allgemeinen moralischen Stand- 1 
punkt aus als lobenswerth anerkannt werden; etwas Ungesetz¬ 
liches oder auch nur Unrechtes kann darin jedenfalls nicht 
erblickt werden. Doch ist andererseits das Verlangen der 
Staatsbehörde, dass ihre Beamten einem derartigen ehren¬ 
gerichtlichen Verfahren nicht unterworfen werden, wohl ver¬ 
ständlich, indem sie sich allein als zuständig für die Beurthei- 
lung des Verhaltens ihrer Beamten erachtet. Diesen Stand¬ 
punkt hat die preussische Regierung bereits beharrlich den 
Aerzten gegenüber behauptet. Die Staatsbehörde besteht dar¬ 
auf, dass beamtete und Militärärzte den allgemeinen ärztlichen. 
Ehrengerichten nicht unterstellt sein sollen, während die Aerzte- 
kammern eine solche Unterstellung zum Mindesten hinsichtlich, 
der privaten ärztlichen Thätigkcit beanspruchen. Der Herr 
Cultusminister aber hat ein für alle Mal erklärt, dass sich 
diese Bestrebungen mit der nothwendigen Einheit 
undAusschliesslichkeitderstaatlichenDisciplinar- 
gewalt nicht vereinigen lassen. So sind bisher die 
ärztlichen Ehrengerichte noch nicht zu Stande gekommen. 

Solamen miserum, socios habere! Wir werden also ledig-, 
lieh mit demselben Masse gemessen, wie andere Beamte, und 
wir haben uns der offenbar wohlgemeinten Anordnung zu fügen. 

Von einem Austritt der beamteten Thierärzte aus den s 
thierärztlichen Vereinen kann nun keine Rede sein, das wäre 
die schlechteste Lösung des Dilemmas, die wir überhaupt vor¬ 
nehmen könnten. Alle Thierärzte, beamtete, wie private Thier¬ 
ärzte müssen nach wie vor in den Vereinen einmüthig zu- > 
sammenhalten, wenn sie die weitere Entwickelung des Standes ; 
thatkräftig fördern wollen. Hier gibt es nur eine Lösung, die 
Herr Prof. Schmaltz in d. B. T. W. bereits vorgeschlagen 
hat, nämlich die Aufhebung der Ehrengerichte. Mit 
der Uebernahme dieses kleineren Uebels ist den Anforderungen 
der Staatsbehörde Genüge gethan. Man kann über die Be¬ 
deutung unserer Ehrengerichte verschiedener Meinung sein. 
Ueberall sind sie nur selten in Function getreten, aber trotz¬ 
dem glaube ich ihnen eine gute Wirkung zuschreiben zu dürfen. 
Zunächst haben sie gewiss prophylaktisch gewirkt, indem leicht¬ 
lebige Herren doch immer zu befürchten hatten, mit dem 
Ehrenrath in Conflict zu kommen; dann aber boten die Ehren¬ 
gerichte die Möglichkeit heikle persönliche Differenzen der 
öffentlichen Erörterung in den Versammlungen zu entziehen 
und vor den bestehenden Ehrenrath zu verweisen. Wir werden 
deshalb das Aufgeben der Ehrengerichte immer als einen Ver¬ 
lust empfinden. 


Diese Aufhebung der Ehrengerichte muss nun schleunigst 
erfolgen, damit die beamteten Thierärzte ihrer Vorgesetzten 
Behörde berichten können, dass sie keinem Verein angehören, 
in dessen Satzungen Ehrengerichte etc. vorgesehen sind. Wenn 
hier Herr Professor Schmaltz den Vorschlag macht, dass 
zunächst die Vorstände die Ehrenrathsstatuten ausser Kraft 
setzen und auf der nächsten Vereinsversammlung die Auf¬ 
hebung ausgesprochen wird, so muss ich ein solches Verfahren 
als nicht ausreichend bezeichnen. Die Vorstände haben nicht 
das Recht die Statuten ausser Kraft zu setzen, diese bestehen 
trotz einer dahin gehenden Erklärung noch zu Recht und die 
beamteten Thierärzte können ihrer Behörde nicht die erforderte 
Erklärung abgeben. Die Statuten des thierärztlichen Vereins 
für die Provinz Brandenburg besagen im § 39: »Der Verein 
kann mit Zweidrittel-Majorität beschliessen, einen Ehrenrath 
einzusetzen bezw. denselben wieder aufheben.« Hier ist aus¬ 
drücklich bestimmt, dass die Aufhebung durch den Verein zu 
erfolgen hat und in Statuten, wo dies nicht gesagt ist, versteht 
es sich von selbst, dass dem Vereinsvorstand nicht die Macht¬ 
befugnis zusteht, eine Aenderung der Statuten oder gar eine 
theilweise Aufhebung, sei es auch nur temporär vorzunehmen. 
Es ist vielmehr nothwendig, dass alsbald ausserordentliche 
Generalversammlungen berufen werden, um in diesen die Auf¬ 
hebung der Ehrenrathsbestimmungen zu beschliessen. 

Malkmus. 


Tuberculinversand aus der Apotheke der Thierärztlichen 
Hochschule zu Hannover. 

Die Herren Thierärzte werden ersucht, Bestellungen von 
Tuberculin nicht an die Adresse des Herrn Prof. Arnold, 
sondern an die Apotheke der Thierärztlichen Hochschule zu 
richten, da sonst Verzögerungen in der Absendung des Tubercu- 
lins eintreten können. 


Vereinsnachrichten. 

Bericht über die 52. Versammlung des Vereins Thüringer 

Thierärzte, .. 

abgehalten am 28. November 1897 zu Erfurt im Hötel 
»Weisses Ross«. 

Tagesordnun g: 

1. Geschäftliches; 

2. Verlesung des Protokolls der 51. Versammlung; 

3. Vorlage der Jahresrechnung pro 1896; 

4. Experimentalvortrag des Herrn Dr. med. C. M iille r-Erfurt: »Die 
Röntgenstrahlen im Dienste der Heilkunde«; 

5. Bericht über die Plenarversammlung des Deutschen Veterinärraths 
in Cassel (Ref.: Wallmann) und über die Versammlung deutscher 
Naturforscher und Aerzte in Braunschweig (Ref.: H e p k e); 

6. Unvorhergesehenes (Mittheilungen aus der Praxis). 

Erschienen waren 23 Mitglieder und Gäste. Entschuldigungsschreiben 
hatten gesandt die Herren Collegen: Herzing, Taubert und Vaerst. 

Nachdem der Herr Vorsitzende um II Uhr die Sitzung eröffnet und 
die Anwesenden willkommen geheissen hatte, wurde zunächst zur Aufnahme 
der als Gäste anwesenden Collegen: G e r 1 a c h - Apolda, Oberländer- 
Apolda und Scherer-Kranichfeld geschritten. Die Genannten wurden 
einstimmig in den Verein aufgenommen. 

Hierauf gab der Herr Vorsitzende der Versammlung von dem Rund¬ 
schreiben des preussischen Ministeriums Kenntniss, welches die Grundsätze 
für das künftig zu beobachtende gesundheitspolizeiliche Verfahren mit dem 
Fleische finniger Rinder und Kälber behandelt. 

Hierauf wurde zur Wahl der Delegirten für den Veterinärrath geschritten. 
Es gingen daraus hervor die Collegen: W a 11 m a n n als erster, H e p k e als 
zweiter Delegirter. 

Für den Behinderungsfall der beiden genannten Herren wurden als 
Stellvertreter gewählt die Collegen : O p p e 1 und Dr. Künnemann. 

College Oppel schlägt vor, um der Vereinskasse unnöthige Kosten 
zu ersparen, jedes Mal einen von denjenigen Collegen als zweiten Vertreter 
zu den Sitzungen des Veterinärraths zu entsenden, welcher von seiner Re¬ 
gierung als Delegirter geschickt wird. Der zweite Delegirte würde alsdann, 
sofern er nicht selber vop seiner Regierung abgeordnet ist, zu Gunsten des 


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No. 8. 


DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


7i 


betreffenden Collegen zurückzutreten haben. Mit diesem Vorschlag erklärt 
sich die Versammlung einverstanden. 

Alsdann wurde das Protokoll der 5t. Versammlung verlesen und mit 
einigen Zusätzen bezw. Abänderungen genehmigt. 

Es wird beschlossen, künftig die Protokolle in der Berliner und Deutschen 
thierärztlichen Wochenschrift zu veröffentlichen. Ein Antrag, die Protokolle 
durch Ueberdruck veivielfältigen zu lassen, wird vom Antragsteller, College 
C o n z e , zurückgezogen. 

Punkt 3, Rechnungslage, ergab eine Einnahme von Mk. 392.15, eine 
Ausgabe von Mk. 145 25 und demnach einen Kassenbestand von Mk. 246.90. 

Die Rechnung wurde durch die Collegen Dassler und Krüger ge¬ 
prüft, richtig befunden und dem Kassirer Entlastung ertheilt. 

Da Punkt 4: Experimentalvortrag des Herrn Dr. med. C. Müller- 
Erfurt: »Die Röntgenstrahlen im Dienste der Heilkunde«, in der Klinik des¬ 
selben stattfinden soll und die Zeit bereits vorgeschritten ist, wird Punkt 5 
von der Tagesordnung abgesetzt. 

Die Collegen Hepke und Wallmann erbieten sich, in der nächsten 
Versammlung event. hierüber Bericht zu erstatten 

Zu Punkt 6 stellt College Dr. Ellinger die Frage zur Discussion: 
wie hoch der Werth eines neurektomirten Pferdes zu bemessen sei, gegen¬ 
über einem solchen, an dem diese Operation nicht ausgeführt worden ist. 

Er sei zu dieser Frage veranlasst, weil er ein Gutachten über einen 
Doppelpony, welcher mit starker Schale behaftet und neurektomirt worden 
sei, habe abgeben müssen. 

Sei nur der Schlachtwerth anzunehmen, oder bedinge die Operation 
überhaupt keinen Minderwerth ? 

Es bestehe zum Theil die Ansicht, dass neurektomirte Pferde nur wenig 
höher bewerthet werden dürften, als der Schlachtwerth beträgt, da solche 
Pferde verschiedenen Unfällen (Vernagelung, Nageltritt, Ausschuhen etc.) aus¬ 
gesetzt seien. 

College Maximilian bemerkt dazu, dass er die Operation in zu¬ 
sammen 41 Fällen vorgenommen habe. Er sei der Meinung, dass sich die 
Bewerthung derartiger Pferde nicht im Allgemeinen ang.ben lasse, es müsse 
vielmehr jeder Fall besonders beurtheilt werden. 

Ein von ihm vor 8 Jahren operirtes Pferd sei noch heute im Ge¬ 
brauch, ohne dass demselben irgend etwas anzumerken sei. Nicht ange¬ 
zeigt sei die Operation bei gemeinen, schwammigen Pferden, wogegen leichte, 
edle Pferde unbedenklich zu operiren seien. 

College Oppel hat sechsmal operirt und zweimal Ausschuhen beob¬ 
achtet und zwar 1. bei Vorhandensein eines Knollhufes; 2. bei einem sehr 
werthvollen Pferde, welches bereits früher einmal neurektomirt worden war, 
aber später wieder lahm wurde. Das Ausschuhen erfolgte etwa 3 Monate nach 
der zweiten Operation. 

College Maximilian möchte Pferde mit Schale und Hufdeformitäten 
(Knollhuf, Zwanghuf etc.) von der Operation ausgeschlossen wissen 

College Hepke hält neurektomirte Pferde zwar für minderwerthig, 
aber jedenfalls höher im Preise als der Schlachtwerth beträgt. 

College Wall mann hat bei 20—30 Fällen nur zweimal Misserfolg 
gesehen, auch er räth bei Hufdeformitäten die Operation zu unterlassen. 

Die allgemeine Ansicht bezüglich der von Ellinger aufgeworfenen 
Fra ge, geht dahin, dass neurektomirte Pferde zwar stets als minderwerthig 
zu betrachten seien, die Höhe des Minderwerthes sich jedoch nach der Be¬ 
schaffenheit des einzelnen Falles richte. Da die Zeit bereits vorgerückt ist, wird 
die Sitzung 12 V4 geschlossen, worauf sich die Anwesenden zu der Privatklinik 

des Herrn Dr. Müller begaben, um den gütigst übernommenen Experimental¬ 
vortrag über die Röntgenstrahlen im Dienste der Heilkunst entgegenzunehmen. 

Nach Demonstration des für die Zwecke der Praxis ausgestatteten 
Röntgenzimmers ging Vortragender zunächst zu einer kurzen Beschreibung 
der zur Röntge’schen Durchleuchtung gehörigen Apparate ein. Zur Er¬ 
zeugung der nothwendigen, hochgespannten Wechselströme stehen demselben 
2 Rühmkorfsche Inductorien von 30 bis zu 50 cm Schlagweite zur Verfügung; 
dieselben werden durch eine Accumulatorenbatterie von 16 Zellen betrieben, 
die gleichzeitig das elektrische Licht des Zimmers liefert. Ausführlicher 
demonstrirt Vortragender dann die zur Erzeugung der Röntgen’schen Strahlen 
benutzte Vacuumröhre. Nach Besprechung der Apparate ging er alsdann 
zur Auseinandersetzung der physikalischen Erscheinungen an und in den 
Apparaten über; längere Erläuterungen wurden vor allen Dingen den ge¬ 
meinschaftlichen Eigenschaften und dem Unterschiede zwischen den Kathoden¬ 
strahlen und den Röntgen’schen Strahlen gewidmet. Besonderes Interesse 
beanspruchte die Auseinandersetzung darüber, wie die Entladungserscheinung 
des Rühmekorfsehen Inductors in der Luft und im geschlossenen Raume 
vor sich gehe. 


Meine Herren! Es wird Ihnen bekannt sein, dass die Strahlen, die 
jetzt allgemein als Röntgen’sche oder X-Strahlen bezeichnet werden, bereits 
früher bekannt waren; das Verdienst Röntgen’s ist es, die Wirkung der Strahlen 
auf die photographische Platte und gewisse fluorescirende Stoffe entdeckt und 
sie für die Heilkunde nutzbar gemacht zu haben. Gestatten Sie mir zu¬ 
nächst einige kurze Bemerkungen über die Wirkung der Inductionsfunken. 
Sie sehen, wenn ich die Elektroden meines Inductors bis zu einer gewissen 
Entfernung nähere, schlagen die Oeffnungsfunken in Form knatternder Blitze 
von der Anodenplatte (-f-) zur Kathodenspitze (—). Zugleich bemerken 
Sie um die Funkenlinie herum einen weniger hell leuchtenden Mantel von 
orangerothem Licht, die sog. Aureole, welche an der Anode mehr roth, an 
der Kathode mehr blau ist. Die Aureole ist als eine langsam continuirliche 
Entladungsform aufzufassen und zeigt die Eigenthümlichkeit, dass sie sich 
durch einen Magneten ablenken lässt. Interessant nun gestalten sich diese 
Entladungserscheinungen, wenn man sie in einer luftdicht geschlossenen 
Glasröhre sich auslösen lässt. 

Je nach dem Material der Elektroden, je nach der Natur des einge¬ 
schlossenen Gases, der Verdünnung desselben, der Form der Röhren, ge¬ 
stalten sich diese Erscheinungen verschiedenartig. Ich erinnere Sie an die 
Lichterscheinungen in den sog. Gaissler’schen Röhren, die Ihnen ja bekannt 
sein dürften. Es zeigt sich bei denselben, dass die Funkenerscheinungen 
ganz aufhören, während die Aureole grösser wird im zarten violetten Lichte 
und durch Einlagerung dunkler Streifen quergeschichtet erscheint. Von der 
Anode geht dabei ein rothvioletter Lichtstrom aus, der aber nicht bis an das 
kornblumenblaue Kathodenlicht heranreicht, sondern durch einen dunkleren 
Raum von diesem getrennt ist. Bei zunehmender Verdünnung nun vergrössert 
sich dieser dunkle Raum, bis er schliesslich fast die ganze Röhre einnimmt. 
Die Kathodenerscheinung verschwindet, das Anodenlicht wird auf einen 
kaum wahrnehmbaren kleinen Rest reducirt. Nunmehr tritt in solchen Röhren 
eine andere Erscheinung auf, nämlich die von Hittorf im Jahre 1869 
entdeckten Kathodenstrahlen. Diese sind unsichtbar und gehen senkrecht 
zur Kathodenoberfläche von diesen aus, pflanzen sich gradlinig, ohne Rück¬ 
sicht auf die Stellung der Anode fort und geben sich dadurch zu erkennen, 
dass sie jeden von ihnen getroffenen festen Körper im Inneren der Röhre 
zur Fluorescenz bringen, desshalb phosphorescirt auch die Stelle der Glas¬ 
wand der Hittorf’schen Röhren, welche von den Kathodenstrahlen getroffen 
wird. Diese Strahlen lassen sich ebenfalls mit dem Magneten ablenken, 
vermögen jedoch durch die Glaswand nicht hindurchzudringen. Die wich¬ 
tigste Eigenschaft dieser Kathodenstrahlen ist nun die von Prof. Röntgen 
entdeckte, nämlich, dass sie an der Stelle, wo sie die Glaswand treffen und 
in Fluorescenz versetzen, die Entstehung derjenigen unsichtbaren Strahlen 
bewirken, welche von ihrem Entdecker X-, von der Mitwelt Röntgenstrahlen 
genannt werden. Diese Strahlen zeigen zum grosssen Theil dieselben Eigen¬ 
schaften wie die Kathodenstrahlen, unterscheiden sich jedoch von denselben 
besonders dadurch, dass sie durch den Magneten nicht abgelenkt werden 
und dass sie aus der Röhre auszutreten vermögen und grössere Wellenlänge 
haben, als die Kathodenstrahlen, denn sie entstehen durch Fluorescenz aus 
ihnen. Es zeigt sich hierbei, dass ein Theil von ihnen in dem durchstrahlten 
Medium absorbirt wird, und zwar im Verhältniss zu der specifischen Dichte 
und Dicke der durchstrahlten Medien. Bei Körpern von gleicher Dicke sind 
im Allgemeinen diejenigen am meisten durchlässig, welche das grösste speci- 
fische Gewicht haben. Die eigenthümlichen Eigenschaften der X-Strahlen, 
die gradlinige Fortpflanzung, ihre Fluorescenzwirkung bezw die chemische 
Wirkung auf die photographische Platte und die Eigenschaft von verschieden 
dichten Körpern verschiedenartig absorbirt zu werden, ermöglicht es uns, 
dieselben optisch und graphisch zur Darstellung zu bringen und sie in der 
Medicin praktisch zu verwerthen. 

Nach diesen theoretischen Explicationen wurde alsdann 
zu praktischen Experimenten geschritten. Zuerst wurden ver¬ 
schiedene Gegenstände, Kasten, Geldbörsen durchleuchtet und 
trat hierbei besonders die grosse Schärfe des pyknoskopischen 
Bildes in die Erscheinung. Weit mehr aber zeigte sich die 
Vorzüglichkeit der verwendeten Apparate, bei der Durch¬ 
leuchtung von Körpertheilen, welcher das Auditorium das grösste 
Interesse entgegenbrachte. Unter Anderen wurden bei ver¬ 
schiedenen der anwesenden Collegen ältere Knochenbruchstellen 
besichtigt und die Art der Heilung demonstrirt: in dem Finger 
eines Collegen wurde eine vor Jahren in Folge eines Schusses 
in denselben hineingelangte Schrote nachgewiesen etc. Das 
Interesse steigerte sich aber noch mehr bei der Durchleuchtung 
der Brust- uud Bauchhöhle eines Menschen. Selbst die ent¬ 
fernt stehenden Herren vermochten deutlich die Bewegung des 


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DEUTSCHE THtERiER^tLICHE WOCHENSCHRIFT. 


19. Februar. 


athmenden Zwerchfells und des schlagenden Herzens wahr¬ 
zunehmen. Ganz besonderes Interesse erweckte begreiflicher¬ 
weise die Demonstration eines Pferdehufes, der einem »reh¬ 
lahmen« Pferde entstammte. Das Hufbein markirte sich, be¬ 
sonders in seiner veränderten Stellung, so deutlich, die Con- 
touren des Hufgelenks traten so scharf hervor, dass man hätte 
glauben können, man hätte den Durchschnitt des Hufes vor 
Augen. Auch wurde ein in das Strahlpolster versuchsweise 
eingetriebener und völlig versteckter feiner Nagel als solcher 
bei verschiedenen Wendungen deutlich erkannt. Zum Schlüsse 
wurde die Durchleuchtung einer durch tuberculöse Costal- 
pleuritis veränderten Brustwand vorgenommen. Das etwa */* qm 
grosse Stück wurde, um die Haut zu ersetzen, in eine dicke 
Decke eingeschlagen und alsdann den Strahlen exponirt. Die 
Wirkung war eine vorzügliche, indem deutlich, auch kleinste 
Auflagerungen, selbst auf den Rippen, erkannt wurden. Die 
anwesenden Collegen sprachen bei dieser überraschenden Wir¬ 
kung die Ueberzeugung aus, dass man auch im Stande ge¬ 
wesen sein würde, am »lebenden« Thier die Veränderungen 
zu erkennen. 

Herrn Dr. Müller wurde Seitens des Vorsitzenden im 
Namen der Anwesenden der herzlichste Dank ausgesprochen 
für den so äusserst interessant gestalteten Vortrag und die theil- 
weise geradezu staunenerregenden praktischen Demonstrationen. 

Nach dem Vortrag kamen die Collegen zu einem gemeinschaftlichen 
Mittagessen im Versammlungslocal zusammen und fand darauf gemiithliches 
Beisammensein bis zum Abend statt. 

Wallmann, Steuding, 

Vorsitzender. Schriftführer. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Bayer und Fröhner: Handbuch der thierärztlichen 
Chirurgie und Geburtshilfe. Braumüller. Wien und 
Leipzig. 1897. Lieferung 11: Die Krankheiten der 
weiblichen Geschlechtsorgane und der Milchdrüsen. Von 
Vennerhol m. 

Die vorliegende Lieferung ist von den bisher erschienenen wohl die 
am breitesten angelegte. V. hat unter ausserordentlich fleissiger Benutzung 
der Literatur Vieles in den Bereich der Besprechung gezogen, was zu den 
selteneren Vorkommnissen gehört z. B. Euterfurunculose, Milchsteine, bezw. 
wohl kaum Gegenstand chirurgischer Behandlung ist, z. B. hängendes Euter. 
Die Erkrankungen des Uterus hätten wohl unbeschadet fortbleiben können, 
zumal dieselben in der Geburtshilfe bereits abgehandelt sind. Ein sehr um¬ 
fangreicher Theil der Lieferung ist das Capitel über die Castration der weib¬ 
lichen Thiere. Dasselbe enthält Alles, was bisher nach der genannten Rich¬ 
tung geschaffen, und dazu die eigenen umfassenden Erfahrungen des Autors 
auf diesem Gebiete Leider muss V. in der sorgfältigen Arbeit über die 
Castration der Kühe (24 Seiten) selbst gestehen, dass die Operation auf die 
Lactation nicht den früher behaupteten Einfluss ausübt. Das Capitel über 
die Krankheiten der Milchdrüse ist dem Autor besonders gelungen, zumal 
es ausserordentlich schwer war, die neuesten ätiologischen Arbeiten zweck¬ 
entsprechend zu verwerthen, ohne der praktischen Seite zu nahe zu treten. 
V. hat die Klippe, welche die Eintheilung der Mastitis in einzelne Formen 
bietet, dadurch umgangen, dass er eine einzige Mastitis-Form annimmt, welche 
parenchymatös ist und welche je nach Art des Erregers, nach seiner Viru¬ 
lenz u. s. w. die verschiedenen klinischen Ansgänge (interstitielle oder phleg¬ 
monöse Mastitis, eitrige Mastitis u. s. w) zeigt. Er überlässt es der Zukunft, 
durch ätiologische Forschungen das Wesen der Mastitis und ihrer Formen 
festzustellen und aufzuklären. Bei der augenblicklichen Lage der Lehre von 
den Euterentzündungen ist die von V. gewählte Form der Betrachtung jeden¬ 
falls berechtigt, ob sie sich als richtig erweisen wird, muss der Zukunft Vor¬ 
behalten bleiben. 

Wenn Ref. einen Wunsch hätte, so wäre es der, dass die Literatur¬ 
angaben im Texte selbst etwas eingeschränkt werden, weil sie die einzelnen 
Abschnitte so umfangreich machen, dass leicht die Uebersichtlichkeit leidet. 

Die zahlreichen Abbildungen, welche die Lieferung enthält, erhöhen 
den Werth der Arbeit bedeutend. F r i c k. 


Die Gliedmassen-Knochen des Pferdes. Mit Einzeichnung 
der Insertionen von Muskeln, Sehnen und Bändern. 
Atlas in 18 Tafeln mit Anmerkungen und Tabellen der 
Benennungen nach den neuaufgestellten nomina ana- 
tomica hominis, sowie der bisherigen deutschen und 
französischen Synonyma von Dr. med. vetr. Reinold 
S c h m a 1 1 z, Professor und Dirigenten des anatomischen 
Institutes der thierärztlichen Hochschule zu Berlin. Berlin 
1898. Verlag von Richard Schoetz, Luisenstrasse 36. 
Preis 10 Mk. 

Herr Professor Schmaltz hat das beneidenswerthe Glück, einen ganz 
hervorragenden Zeichner in Vincent Uwira zu besitzen und hat selbst auf 
Grund einer gereiften Erfahrung die Bedürfnisse der Studirenden bei ihrem 
schwierigen Studium erkannt, versteht es auch ihnen mit Geschick die Auf¬ 
gabe zu erleichtern Der vorliegende Atlas ist nicht etwa als eine grosse 
wissenschaftliche Leistung, sondern als die vollendete Befriedigung eines 
dringenden Bedürfnisses anzusehen Der Studirende bedurfte bisher beim 
Studium der Osteologie der anatomischen Theile selbst, weil gute Abbildungen 
nicht in ausreichendem Masse vorhanden waren Jeder kennt die Schwierig¬ 
keiten der Beschaffung, der Unterbringung und Aufbewahrung, sodass cs 
meist vorgezogen wurde, in der Anatomie oder im Museum trotz der damit 
verbundenen Unbequemlichkeit und vielfachen Störung Osteologie zu studiren. 
Diesen Uebelstand hat Schmaltz in praktischer und ideal schöner Weise 
beseitigt Grossartig plastisch treten uns hier die Knochen mit ihren Tuberosi- 
tälen und Gruben entgegen, weit besser als an einem mangelhaften Knochen¬ 
präparat. Sämmtliche Benennungen sind in lateinischer Sprache auf den 
Zeichnungen ganz ausgeschrieben, so dass ein Text zum Verständniss der 
Zeichnungen nicht nothwendig ist; doch sind jeder Tafel noch erläuternde 
Anmerkungen zugefügt. Um nun nicht die Uebersichtlichkeit durch zahllose 
Namen zu verwirren, liegt auf jeder Tafel eine zweite aus durchsichtigem Papier, 
auf welcher nur die Knochenumrisse und innerhalb dieser die Insertionsfelder 
der Muskeln gedruckt sind. Die beiden Tafeln passen haarscharf auf ein¬ 
ander, so dass man durch Auflegen der durchsichtigen Tafel sofort erkennen 
kann, welcher Muskel etc. an einer bestimmten Stelle entspringt oder liegt. 

Zugleich wird den Thierärzten zum ersten Male die fortan gültige 
Nomenclatur entsprechend den nomina anatomica hominis in einem für den 
Veterinär wichtigen Theil der Osteologie und Myologie vorgefUhrt, wie sie 
nach übereinstimmendem Beschluss der Veterinäranatomen fast aller Nationen 
zu Bern eingeführt werden soll. 

Der Atlas enthält die Einleitung, Anmerkungen und Benennungen auch 
in französischer Sprache; die Uebertragung haben Professor N o y e r und 
sein Assistent Gavard in Bern besorgt. 

Der herrlich ausgestattete Atlas ist Allen, welche Anatomie studiren 
oder einmal repetiren wollen, angelegentlichst zu empfehlen, zumal der Preis 
als sehr billig bezeichnet werden muss. Malkmus. 


Personal-Nachrichten. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitzver- 
Anderungen und Niederlassungen : Der Thierarzt Johann Memmen 
zu Hettstedt ist zum Königlichen Kreisthierarzt ernannt und demselben die 
Kreisthierarztstelle für den Mansfelder Gebirgskreis übertragen worden Der 
Thierarzt Wilhelm Diercks zu Plön ist zum Königlichen Kreisthierarzt 
ernannt und demselben die Kreisthierarztstelle für den Kreis Plön, mit Aus¬ 
schluss der Landgemeinden Ellerbeck und Gaarden, übertragen worden. 
Thierarzt Dr. Georg H u s s, bisher klinischer Assistent an der thierärztlichen 
Hochschule in München, wurde zum Districtsthierarzt in Markt-Erlbach (Mittel- 
franken) ernannt. Verzogen sind die Thierärzte Enderl ein von Spretn- 
berg nach Bad Salzbrunn. W. G r o t h e von Hadmersleben nach Branden¬ 
burg, M. Herde von Peckelsheim nach Steinheim (Westf.), v. Knobloch 
von Wohlau nach Neudamm, Krempl von Kissingen nach Alzenau (Unter- 
franken), R. Lägel von Oevenum nach Wüster (Holst.), Rottke von 
Forst nach Teterow (Meck!.), Rauer von Neustrelitz nach Hohnstein (Sachs.), 
Uder, bisher Schlacbthausthierarzt in Meissen, nach Cölln (Elbe), Z e e h 
von Ullersreuth nach Greiz, Zilm von Stettin nach Stargard. Niedergelassen 
hat sich Thierarzt W. Huth in Senftenberg. 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutsehen 

Heeres: Hochstein (Nürnberg), Veterinär 2 Klasse der Reserve, in den 
Friedensstand des I. Chev.-Regts. Kaiser Nikolaus von Russland versetzt. 

Gestorben: Schlachthofinspector Rissling in Bernburg, die Thier¬ 
ärzte W. Bölke in Strehla (Elbe), G. Born in Berlin, Oberrossarzt Braun 
in Potsdam. 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thierärztliche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsrahe. 

Druck der Macklofschen Druckerei in Karlsruhe i. B. 


Mit drei Beilagen der Chemischen Fabrik anf Actlen (vorm. E. Schering) ln Berlin, betr. nene Desinfectlons-Methode 

mittelst gasförmigen Formalins. 


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Deutsche 


Thierärztliche Wochenschrift 


herausgegeben von 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regierungs- und Medicinalrath, 
Director der Thierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 


Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregierungsrath 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regierungsrath und Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

ür. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Freiburg i. B. 

redigirt von 


Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zürn Preise von 4 Jt viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784 a. 


Sechster Jahrgang. 


Sämmtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 
Correcturen und Anzeigen an die Expedition der 
Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 
in Karlsruhe (Baden). 


M 0 . 


Ausgegeben am 26. Februar. 


1898. 


Strongylus paradoxus in den Lungen des 
Schweines. 

Eine pathologisch-histologische Studie. 

Von 

Dr. Olt-Hamburg. 

Unter den pathologischen Zuständen in den Lungen des 
Schweines sind die durch Strongylus paradoxus bedingten 
zweifellos die häufigsten. Nächst den charakteristischen leicht 
kenntlichen Veränderungen an den Lungen entziehen sich viele 
Strongylidenherde in Folge ihres Sitzes oder ihrer Geringfügig¬ 
keit bei gewöhnlicher Untersuchung dem Auge; andererseits 
zeichnen sich die fraglichen Zustände durch eine Vielgestaltig¬ 
keit aus, so dass mitunter Zweifel über ihre wahre Ursache 
bestehen. 

Bo Hing er (Zur Kenntniss der desquamativen und käsigen 
Pneumonie. Archiv f. experim. Path. u. Pharmacie 1873 Bd. 1 
S. 376), Mueller (Deutsche Zcitschr. f. Thiermedicin, Bd. XV, 
J. 1889) u. A. haben bereits genaue anatomische Studien über 
die durch Würmer bedingten Pneumonien veröffentlicht, einige 
diesbezügliche weitere Beobachtungen dürften jedoch nach¬ 
stehenden Bericht rechtfertigen. 

Entsprechend dem Aufenthalte in den Bronchien verursacht 
Strongylus paradoxus in erster Linie Veränderungen an den 
Bronchialwänden; dabei ist der Effect des Reizes je nach der 
Zahl der Würmer und ihrem Sitze in grösseren oder kleineren 
Luftwegen ein sehr verschiedener. Bekanntlich treten die 
Würmer gelegentlich so zahlreich in den Bronchien auf, dass 
sie ganze Ballen bilden und durch Verlegen der Luftwege zur 
Erstickung Anlass geben. Bei dem massenhaften Auftreten 
der Parasiten entstehen zunächst chronische Bronchiten mit 
Verdickung der Bronchialwand, Vermehrung des peribronchialen 
Bindegewebes und Bronchiectasien. Den Producten der ver¬ 
mehrten schleimigen Exsudation sind hauptsächlich verfettete 
Epithelien, in geringer Menge Leukocyten und massenhaft Eier 
und Embryonen der Parasiten beigemischt. Auch eine geringe 
Anzahl der Parasiten ist schon im Stande, solche Processe in 
kleineren Abschnitten des Bronchialstammes zu verursachen. 
Alsdann lassen sich die betroffenen Aeste mit einer Scheere 
sehr leicht bis fast unmittelbar an die Ränder, bezw. Spitzen 
der Lungenlappen der Länge nach aufschneiden, was nur in 
Folge der Erweiterung des Bronchiallumens ermöglicht wird. 
Die gleichzeitige Verdickung der Bronchialwand giebt sich so¬ 
fort bei dem Betasten solcher Lungen kund und lässt sich 
leicht an Querschnitten feststellen. 


An mikroskopischen Schnitten durch die erkrankten Bron¬ 
chien fällt besonders die Hyperplasie der tubulösen 
Drüsen auf. Zwischen der Muscularis und dem knorpeligen 
Gerüst des Bronchus breitet sich eine mächtige Schicht aus, 
die nur aus hyperplastischenundectatischenSchleim- 
drüsen besteht. Bei makroskopischer Betrachtung erscheint 
daher die Schleimhaut über der knorpeligen Unterlage gallertig. 
Mikroskopisch sind viele der tubulösen Drüsen 
durch Retention des Schleimes cystisch erweitert 
und vielfach geschlängelt. Die Drüsenlumina sind an 
ihrer Ausmündung um ein Mehrfaches erweitert, daher fallen 
auf jedem Schnitt durch die Bronchialschleimhaut im Mikro¬ 
skope die Oeffnungen der Tubuli sofort auf. In dem er¬ 
weiterten Drüsengange liegen Schleimmassen und vereinzelte 
ausgewanderte Zellen. Der sich massenhaft entleerende glasige 
zähe Schleim mischt sich mit den Exsudaten in dem Bronchial¬ 
lumen und hüllt besonders die Wurmbrut ein. Dieser Vorgang 
kann sonach als ein Schutz der Schleimhaut gegen die Würmer 
aufgefasst werden. Zweifellos werden durch die gesteigerte 
Schleimabsonderung auch Schädlichkeiten von aussen her für 
die miterkrankten Lungentheile abgehalten, und somit Compli- 
cationen verhütet. 

Die übrigen Veränderungen an der Schleimhaut sind in 
der Regel sehr bedeutende; mitunter ist von einer Epithel¬ 
schicht kaum noch eine Spur zu erkennen, und durch Granu¬ 
lationen kann bei kleineren Bronchien das Lumen vollständig 
verstreichen. Zu der Granulation der Schleimhaut gesellt 
sich die Proliferation des peribronchialen Binde¬ 
gewebes und eine Hepatisation des unmittelbar 
angrenzenden Lungenparenchyms. Auf diese Weise 
entstehen die erbsen- bis höhnen- und haselnussgrossen Knoten, 
die auf dem Querschnitte in vielen Fällen den Bronchus noch 
erkennen lassen — Bronchitis et Peribronchitis chro¬ 
nica nodosa. In der Regel finden sich diese Zustände an 
den Rändern und Spitzen der Lungen, da nur kleine Bronchial¬ 
äste bis zu dem geschilderten Grade den genannten Prozessen 
unterliegen. 

Mikroskopische Schnitte durch solche Knoten lassen stets 
das Broncbiallumen noch als buchtige oder gefächerte Kammer 
erkennen. Sind die Knoten schon alt, dann wird Epithel der 
Schleimhaut nicht mehr vorgefunden, auch die tubulösen Drüsen 
sind alsdann verödet. In der Höhle der Knötchen liegen ge¬ 
ringe Mengen feinkörniger Detritusmassen und Würmer in 
wechselnder Zahl. Da durch die Granulationen in dem Bronchial¬ 
lumen den Parasiten der Weg nach aussen ganz abgeschlossen 
wird, gehen dieselben in den Knötchen mit der Zeit zu Grunde; 


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74 


sie werden daher je nach dem Alter der entstandenen Knoten 
in sehr verschiedenem Zustande vorgefunden. Mitunter sitzen 
sie noch lebend in der allseitig verschlossenen kleinen Höhle, 
in anderen Fällen sind sie mehr oder weniger zerfallen oder 
mit Kalksalzen durchsetzt. 

Die von der Bronchialschleimhaut ausgegangenen Granu¬ 
lationen werden peripherisch von aussergewöhnlich breiten 
Zügen glatter Musculatur umrahmt. Die Muskelzüge des 
Bronchus sind geradezu in Blöcke umgewandelt, 
deren Dicke normale Bronchialmusculatur manch¬ 
mal um das Zehnfache übertrifft. Diese Hypertrophie 
der Muscularis ist jedenfalls in Folge des andauernden Be¬ 
strebens, die als Fremdkörper reizenden Parasiten weiter zu 
befördern, entstanden. Bei vielen, insbesondere den alten 
entozoischen Knoten ist die Musculatur oft nur das einzige 
Merkmal, welches besagt, dass die Entwickelung der Neu¬ 
bildung von Bronchien ihren Ursprung genommen hat. 

Zwischen den Bündeln der Musculatur befinden sich Lücken, 
die mit Granulationsgewebe ausgestattet sind. Letzteres setzt 
sich unmittelbar in das vermehrte peribronchiale Bindegewebe 
fort. In dieser Zone überwiegen kleine sehr dickwandige Blut¬ 
gefässe und perivasculäre Bindegewebswucherungen. Mithin 
hat sich um die knotige Verdickung eine ziemlich widerstands¬ 
fähige Kapsel gebildet. Ihren Abschluss findet die Kapsel 
nach aussen in verdickten Alveolarsepten, und theils zugranu- 
lirten oder mit zelligen Infiltraten gefüllten Alveolen. 

Es sei hier noch besonders darauf hingewiesen, dass in 
dem "Granulationsgewebe und in den kleinzelligen Infiltraten 
auch Riesenzellen Vorkommen. Die Grösse, die Gestalt und 
der Kernreichthum dieser Zellen welchselt in den weitesten 
Grenzen. Mitunter stellen sie eine umfangreiche Plasmamasse 
dar, die einen grossen Theil eines Wurmes umlagert und nach 
verschiedenen Richtungen Ausläufer entsendet. Die Zahl der 
Kerne in solchen grossen Ricsenzellenbildungen kann mehrere 
Hunderte betragen. Andere Riesenzellen gleichen wieder mehr 
den Formen, wie sie bei der Tuberculose, Aktinomykose und 
in alten Rotzknötchen gefunden werden. Die Kerne sind 
in der Regel so gelagert, dass sie dem Parasiten 
abgewandt sind, während die kernfreie Plasma¬ 
masse des Zellleibes dem Parasiten zugewandt ist 
und auch Ausläufer in dieser Richtung abgibt. Der 
Fremdkörper ist demnach für das Plasma der 
Riesenzelle ein Attractionspunkt, nicht dagegen 
für die Zellkerne. Diesen Satz findet man immer 
wieder bestätigt, sofern es sich um Riesenzellen 
in der Nähe eines reizenden Fremdkörpers handelt, 
seien es thierische Parasiten (Echinokokken, Penta- 
stomen, verirrte Leberegel, Nematoden in Parenchymen) oder 
Aktinomyces- und Botryomycesrasen, oder eingeheilte 
Seidenfäden und dergleichen ähnliche Fremdkörper. 

An den Bronchien, von welchen die geschilderten knotigen 
Verdickungen ausgehen, geben sich beim Abpräpariren des 
Lungengewebes zahlreiche, in das peribronchiale und peri¬ 
vasculäre Bindegewebe eingelagerte graue durchscheinende 
Knötchen zu erkennen. Sie erinnern in ihrem Aussehen an 
Lymphfollikel, sind aber nicht so scharf wie diese umschrieben. 
Bei alten Wurminvasionen sitzen sie so massenhaft dem an und 
für sich schon verdickten Bronchus auf, dass letzterer sofort 
beim Betasten der Lungen als derber knotiger oder fein¬ 
höckeriger Strang auffallt Diese den Lymphknötchen ähnliche 
Bildungen stellen mikroskopisch dichte kleinzellige Infiitrations- 
herde dar, die gruppenweise in einem feinen Reticulum Zu¬ 
sammenlegen. Vielfach setzen sich verästelte Ausläufer der 
Infiltrate in das Lungengewebe fort, wobei die Alveolen dicht 
mit den lymphoiden Zellen gefüllt erscheinen. In manchen 
dieser Infiltrationsknötchen können Wurmexcmplare nachge¬ 
wiesen werden, andere Knötchen scheinen durch den von 
dem Bronchus sich fortsetzenden Reiz entstanden zu sein. Die 
hier in Betracht kommenden knötchenförmigen Infiltrate des 
peribronchialen Gewebes besitzen auch mikroskopisch ganz die 
Einrichtung des lymphatischen Gewebes, und ich zweifle nicht, 
dass in fraglichem Falle solches vorliegt. 


26. Februar. 

Die Frage nach der Herkunft dieser kleinzelligen Infiltrate 
deckt sich überhaupt mit der Frage nach dem Ursprünge der 
lymphoiden Zellen bei entzündlichen Vorgängen. Ribbert 
(Beiträge zur Entzündung. Virchow’s Archiv, Bd. 150, H. 3) 
publicirte in diesen Tagen eine Studie, die jedenfalls als eine 
der wichtigsten Beiträge zur Lehre von der Entzündung zu 
würdigen ist. In dieser Arbeit kommt R. zu dem Schlüsse, 

, dass die lymphoiden Zellen (einkernige) der kleinzelligen In¬ 
filtrate in keinem Zusammenhänge mit den Leukocyten (mehr¬ 
kernige) stehen, und nicht wie letztere bei Entzündungen von 
den Blutgefässen auswandern. Nach Ribbert stammen die 
1 lymphoiden Zellen aus lymphatischen Herden, die in normalem 
Gewebe vorwiegend perivasculär liegen und bei Entzündungen, 

1 an Ort und Stelle eine zelllge Vermehrung erfahren. Hierbei 
j entstehen die zelligen Infiltrationen, in welchen zwischen den 
, lymphoiden Zellen und den dahin ausgewanderten Leukocyten 
streng geschieden werden muss; bei geeigneter Färbung lässt 
sich auch nachweisen, dass keine Uebergänge zwischen beiden 
Zellarten bestehen. Die Herde kleinzelliger Infiltration fasst 
| Ribbert demgemäss als Analoga lymphatischer Apparate auf. 
In dieser Hinsicht bezieht sich der Autor »weniger auf die 
scharf umschriebenen follicularen Apparate wie sie z. B. im 
I Darme Vorkommen, sondern auf die nicht so prägnant gebauten 
lymphoiden Knötchen, die im Innern der Organe schon in der 
Norm Vorkommen.« Arnold (Untersuchungen über Staub¬ 
inhalation und Staubmetastase, Leipzig, Vogel, 1885, und 
Vir chow’s Archiv, Bd 80) hat schon früher auf solche Ge¬ 
bilde in den Lungen hingewiesen. Sie liegen hauptsächlich in 
der Umgebung der Bronchien und Gefässc 'und zeigen keine 
scharfe Abgrenzung gegen das Bindegewebe, ebenso wie ent¬ 
zündliche Infiltrate. 

Den vielen Belegen, die Ribbert für seine Lehre an¬ 
führt, wüsste ich kein besseros Beispiel zuzufügen, als die 
durch Strongylus paradoxus in dem peribronchialen Gewebe 
verursachten Zustände. Die kleinzellige Infiltration 
geht von den Arnold 'sehen lymphatischen Apparaten 
des peribronchialen Gewebes aus, behält mikro¬ 
skopisch den Typus lymphatischen Gewebes bei 
und trägt auch in Folge der reichlichen Entwicke¬ 
lung makroskopisch die Merkmale dieser Gewebsart. 

Neben den lymphatischen Knötchen im peribronchialen 
Bindegewebe und den knotigen Verdickungen der kleinen 
Bronchien (Peribronchitis chronica nodosa) wird noch eine 
Gruppe von Knötchen inmitten des Lungenparenchyms gefunden, 
deren Entstehung gleichfalls auf der Anwesenheit des Strongylus 
paradoxus basirt. Es sind das scharf umschriebene hirsekorn- 
bis erbsengrosse röthlichgraue Gebilde, die sich zwischen den 
Fingern zerquetschen lassen und ebenfalls eine grosse Aehnlich- 
keit mit Lymphknötchen haben. Theils liegen sie direct unter 
der Serosa, theils in der Tiefe der Lungen von ganz intactem 
Lungengewebe umgeben oder an die durch Wurmbrut er¬ 
krankten Herde angrenzend. Bisweilen werden diese Gebilde 
auch in sonst ganz gesunden Lungen ermittelt. Zerlegt man diese 
Gebilde auf dem Mikrotom in Schnittreihen und durchmustert 
die Präparate im Mikroskope, so lässt sich nachweisen, dass 
weder ein Bronchus an die Knötchen herantritt, noch Elemente 
derselben letzteren aufbauen; dagegen findet sich stets im 
Centrum Strongylus paradoxus, und zwar immer nur als ein¬ 
zelnes Exemplar. Die Art des Parasiten wird bei männlichen 
Exemplaren stets an den charakteristischen Spicula des Stron¬ 
gylus paradoxus erkannt. Da alle histologischen Merkmale 
darauf hindeuten, dass die Entwickelung des Knötchens vom 
Lungengewebe ausging, muss sich in diesem Falle Strongylus 
paradoxus in das Paremchym der Lunge verirrt haben. 

Mueller sagt in seiner Abhandlung über »die Nematoden 
der Säugcthierlungen und Lungenwurmkrankheit, dass er Stron¬ 
gylus paradoxus nie im Lungengewebc selbst, in desto reich¬ 
licher Menge jedoch in den grossen und mittleren Bronchien 
zu dicken Knäueln geballt, angetroffen habe. Wahrscheinlich 
verhindere die dicke grosse Bursa des Männchens und die 
kleinere des Weibchens ein tieferes Eindringen.« 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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No. 9. 


DEUTSCHE THIERERZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


7 5 


Der histologische Bau dieser Gruppe von Knötchen in den 
Schweinelungen beweist jedoch, dass Strongylus paradoxus 
gelegentlich auch innerhalb des Lungenparenchyms auftritt. 
Daselbst wird der Parasit ähnlich wie bei der Bildung peri- 
bronchitischer Knötchen abgekapselt und ist alsdann noch nach¬ 
zuweisen, wenn bereits alle übrigen Würmer die Bronchien 
verlassen haben und ihre Folgen an den Lungen längst ab¬ 
geheilt sind. Mit Rücksicht auf die Frage eines Verirrens des 
Parasiten in das Lungenparenchym sei nachstehend eine histo¬ 
logische Schilderung dieser entozoischen Knötchen gegeben. 

An den Knötchen lassen sich folgende Hauptbestandtheile 
unterscheiden: 

a) die Kapsel, 

b) das Gerüst, 

c) das Stroma und 

d) der im Centrum gelegene Parasit. 

Die Kapsel des Knötchens ist sehr dünn und besteht aus 
zellenreichem Bindegewebe. Die spindelförmigen Zellen legen 
sich zu kleinen Balken aneinander, die spaltförmige Räume 
begrenzen. Diese engen Spalten stellen comprimirte Alveolen 
dar, denn nach dem intacten Lungengewebe hin werden die 
Räume immer grösser und zuletzt folgen die Uebergänge in 
vollkommen erhaltene Alveolen. Mithin ist die Kapsel der 
Knötchen aus den Alveolarsepten in Folge Bindegewebszubildung 
entstanden. 

Das maschige Gerüst der Knötchen präsentirt sich auf 
mikroskopischen Schnitten in Gestalt von schmalen Binde- 
gewebsbalken, die sich von der Kapsel nach dem Innern fort¬ 
setzen. Die Maschen dieses Gerüstes entsprechen in Bezug 
auf ihre Grösse den Alveolarräumen; man gewinnt daher so¬ 
fort den Eindruck, dass das Gerüst des Knötchens ebenfalls 
aus den Alveolarsepten hervorgegangen ist. Bei geeigneter 
Präparation lassen sich mitunter die elastischen Elemente des 
Lungengewebes noch sehr schön nachweisen. 

Die Maschen des Gerüstes, welches nach Obigem den 
Alveolarsepta des betreffenden Bezirkes entsprechen, sind voll¬ 
ständig mit runden Zellen angefüllt, welch letztere einen kuge¬ 
ligen, für Hämatoxylin sehr zugänglichen Kern, und einen 
kleinen Plasmaleib besitzen. Diese Zellen stimmen vollständig 
mit den Lymphocyten, wie sie in chronischen Entzündungs¬ 
herden gefunden werden, überein. Dass es sich auch in diesem 
Falle nicht um ausgewanderte, sondern am Orte der Entzündung 
gebildete Zellen im Sinne der Lehre Ribbert's handelt, 
möchte ich aus einem stets zu beobachtenden Merkmale folgern. 
Wo die Balken des Gerüstes, die früheren Alveolarsepten, ver¬ 
laufen, sind die Zellen kleiner und viel dichter bezw. zahl¬ 
reicher vertreten, als inmitten der verstrichenen Alveolarräume. 
Eine Erklärung für diesen Befund bleiben wir schuldig, wenn 
wir die Entstehung der fraglichen Zellen nicht da suchen, wo 
sie so klein sind und so dicht zusammenliegen. Die nach dem 
Alveolarlumen vorgeschobenen Zellen haben dagegen Zeit ge¬ 
funden, sich durch Nahrungsaufnahme zu vergrössern. Zwischen 
den Rundzellen ziehen sich durch die fraglichen Räume noch 
langgezogene sehr dünne Bindegewebsspindeln hin, wodurch 
das hier sogenannte * Stroma« ein viel dichteres Gefüge be¬ 
kommt, als es sonst bei zelligen Exsudaten der Pneumonien 
der Fall ist. Die Knötchen besitzen daher eine solide Be¬ 
schaffenheit und zeichnen sich durch keinerlei Neigung zum 
Zerfalle aus. Sie besitzen im Uebrigen eine so grosse Ueber- 
einstimmung mit Lymphknötchen, dass mikroskopische Schnitte 
damit verwechselt werden können, wenn sie das Lager des 
Wurmes nicht berühren. In nächster Umgebung des Parasiten 
liegen auch eosinophile Zellen, sehr kernreichc und grosse 
Riesenzellen, trockene, feinkernige Detritusmassen, Kernfrag¬ 
mente, und in alten Fällen kalkig inkrustirte Schollen. 

Der in dem Centrum des Knötchens liegende Wurm ist 
in vielen Fällen bis in die feinsten Details gut erhalten, lebte 
alsdann noch, in anderen Knötchen ist er theilweise zerfallen 
oder verkalkt. Bei männlichen Exemplaren sind die Spicula i 
selbst nach eingetretener Verkalkung des Wurmes immer noch 
gut erhalten, manchmal sind dieselben noch die einzigen dia¬ 
gnostischen Merkmale für die entozoische Natur dieser Knötchen. 


In den hier gedachten, von dem Lungengewebe aus¬ 
gehenden Knötchen konnte ich niemals geschlechtsreife Wurm¬ 
exemplare nachweisen, wohl aber in den peribronchitischen 
Knötchen. Sonach scheinen die in das Lungengewebe ver¬ 
irrten Parasiten schon in einem frühen Entwickelungsstadium 
an ihre Lagerstätte gelangt zu sein. Ob diese Wanderung auf 
activem oder passivem Wege geschah, lässt sich nicht ent¬ 
scheiden, da wir heute noch nicht wissen, auf welche Weise 
die Würmer in die Lungen gelangen. Da die Parasiten die 
Bronchien besiedeln, wird von vielen Autoren die Annahme 
vertreten, die Wurmbrut werde aspirirt. Zwei Möglichkeiten 
kommen für den Infcctionsmodus in Betracht, entweder ge¬ 
langen die uns noch nicht bekannten Entwickelungsstadien bei 
der Futteraufnahme in den Darm und von da durch die Blut¬ 
bahn nach den Lungen, oder, sie wandern durch die Luftwege 
ein. Wenn für die letzte Annahme auch manche Wahrschein¬ 
lichkeitsgründe in’s Feld geführt werden, so ist immerhin zu 
bedenken, dass einwandsfreie Gründe nicht vorliegen, und bis 
heute noch keineswegs erwiesen ist, dass thatsächlich die 
Parasiten in die Lungen aspirirt werden. 

Leuckart ist es nicht gelungen, mit Eiern und Embryonen 
der Strongyliden eine Infection zu erzielen, es muss daher an¬ 
genommen werden, dass noch unbekannte Entwicklungsformen 
dieser Parasiten die Infection einleiten. So lange aber diese 
Seite der Biologie der Strongyliden noch nicht erforscht ist, 
muss auch die Entscheidung über den Infectionsmodus vertagt 
werden. 

Gewöhnlich vertheilen sich die Strongyliden in den Lungen 
des Schweines herdeweise auf die Bronchien einzelner Lungen¬ 
läppchen, dabei sind besonders die Spitzen der einzelnen Lungen¬ 
lappen bevorzugt. 

Die Ansammlung der Parasiten in den kleinen Bronchien 
hat immer eine charakteristische Mitaffection des hinter letzteren 
gelegenen Lungengewebes zur Folge. Die Wurmleiber an und 
für sich bilden schon ein Hinderniss für den Luftzutritt der in 
Frage kommenden Lungentheile, erhöht wird dasselbe durch 
die Anschoppung von Schleimmassen, die aussergewöhnlich 
zähe sind und den Wurmballen innig anhaften. Durch eine 
solche Verlegung sind zunächst die Bedingungen für das Zu¬ 
standekommen der Atelektase gegeben. Wenn in den verlegten 
Lungenthcilen durch Resorption der Luftgehalt nach und nach 
abnimmt, so steigert sich in gleichem Verhältniss bei der In¬ 
spiration der auf dem Bronchialpfropfe lastende Luftdruck. 
Die Folge ist, dass die Inhaltsmassen des Bronchus in der 
Richtung nach den Alveolen vorrücken, und Schleimmassen, ver¬ 
fettete Bronchialepithelien, ausgewanderte Zellen sowie Eier und 
Embryonen der Würmer bis in die Infundibula und Alveolen ein- 
dringen. Diese Exsudate und Fremdkörper genügen für das Zu¬ 
standekommen einer Pneumonie der betroffenen Lungenläppchen, 
daher entsteht in ihnen nicht Atelektase, sondern eine Des¬ 
quamativpneumonie. Die Alveolen füllen sich mit Flüssigkeit, 
gequollenen und verfetteten Epithelien, und vereinzelt treten 
Riesenzellen in ihnen auf. Die erkrankten Lungenläppchen 
haben daher eine graurothe Farbe und sind auf dem Durch¬ 
schnitte feucht. Bei seitlichem Drucke auf das hepatisirte 
Lungengewebe tritt mit der Flüssigkeit feinster Schaum über 
die Schnittfläche, ein Beweis, dass ein Theil der Alveolen luft¬ 
haltig geblieben ist, was auch die mikroskopische Untersuchung 
lehrt. Mitunter findet man auch ganze Gruppen von Alveolen, 
die sich im Zustande der Atelektase befinden. Alle diese Ver¬ 
änderungen sind durch die Art des Hindernisses für die Athmung 
bedingt. Man kann sich sehr wohl vorstellen, dass in mini¬ 
malem Grade ein Gasaustausch auch in den erkrankten Lungen- 
theilen unterhalten wird, da Wurmballen und Schleimmassen 
nur ein relatives Hinderniss für den Luftzutritt bilden, das 
nach jeweiligen Umständen bei forcirter In- und Exspiration 
überwunden werden kann. Wird der Bronchus durch den 
Auswurf der Parasiten wieder wegsam, dann sind alle günstigen 
Momente für die Wiederherstellung der erkrankten Lungen¬ 
theile gegeben, wenn es sich in der Hauptsache nur um die 
Beseitigung des« Inhaltes in den Alveolen handelt, der zum 
grössten Theile leicht resorbirt wird. Die nach den Alveolen 


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76 


DEUTSCHE THIER.ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


26. Februar. 


vorgedrungenen Embryonen der Strongyliden können gering- I 
gradige entzündliche Zustände zwar einige Zeit für sich unter- j 
halten. Da sie sich in den Lungen jedoch nicht weiter ent¬ 
wickeln, finden sie, begünstigt durch ihre Kleinheit und Eigen¬ 
bewegung, leicht den Weg nach den Bronchien und von da 
in’s Freie. Nur ein dauernder Verschluss des zuführenden 
Bronchus vereitelt die Regeneration der pneumonischen Herde. 
Alsdann werden die gefährdeten Lung'enläppchen bindegewebig 
indurirt, und an den Lagerstätten der Parasiten tritt Ver¬ 
kalkung ein. 

Die Lungen des Schweines sind bekanntlich sehr oft Sitz 
käsiger Knoten. Letztere sind von sehr verschiedener Pro¬ 
venienz und müssen zum Theile auch auf Strongylus paradoxus 
bezogen werden. B o 11 i n g e r (Zur Kenntniss der desquamativen 
käsigen Pneumonie. Archiv f. experim. Pharm. 1873, Bd I) und 
Kitt (Jahresberichte der Thierarzneischule zu München, 1885 bis 
1886) haben bereits auf diese Thatsache hingewiesen und eine 
Beschreibung der Herde gegeben. Der verkäste Herd für sich 
allein trägt keine Merkmale, aus denen auf ‘die hier in Frage 
kommende Herkunft geschlossen werden kann, nur sein Sitz 
inmitten alter pneumonischer Lungentheile, die durch Wurm¬ 
invasion veranlasst sind, rechtfertigt obige Annahme. Die Ver¬ 
käsung nimmt ihren Ursprung von den Endverzweigungen der 
Bronchien und breitet sich allmälig über mehrere Lungen¬ 
läppchen aus, bis sich eine genügende bindegewebige Ab¬ 
kapselung entwickelt hat. Stossen die Herde an die Serosa, 
dann verdickt sich dieselbe schwielig und verwächst mit der 
Rippenwand. Der Käse zeichnet sich durch seine graugelbe 
Farbe und trockene Beschaffenheit aus, daher besitzen die 
Knoten eine sehr derbe Consistenz. Wenn sich in der Nach¬ 
barschaft solcher käsigen Knoten die übrigen pneumonischen 
Zustände zurückgebildet haben, dann lässt sich nicht mehr 
entscheiden, auf welche Ursache die Verkäsung zu beziehen ist. 

In den fraglichen Knoten lassen sich in der Regel ver¬ 
schiedene Bakterienarten nachweisen, die mit der Verkäsung 
zweifellos in Beziehung stehen, denn die Würmer veranlassen 
für sich allein einen solchen Process nicht. Durch die Strongy¬ 
liden wird ein pneumonischer Herd geschaffen, und damit in 
zweiter Linie ein geeigneter Boden für die Vegetation der 
pflanzlichen Parasiten. 

Unter den Bakterien in den käsigen Knoten kommen ge¬ 
wöhnlich auch ovoide, den Schweineseuchebakterien morpho¬ 
logisch gleichstehende vor. Hieraus darf jedoch noch nicht 
gefolgert werden, dass die Verkäsung auf chronische Schweine¬ 
seuche zu beziehen ist, wenn nicht durch Züchtung und Ver¬ 
impfung der Keime Beweise für eine solche Annahme erbracht 
sind; denn gerade in käsigen oder überhaupt nekrotisirenden 
Herden werden bei verschiedenen Thiergattungen ovoide Bak¬ 
terien gefunden, die keine Gemeinschaft mit Schweineseuche¬ 
bakterien haben. 

R e s u m 6. 

Strongylus paradoxus verursacht in den Lungen des 
Schweines: 

1. Eine Desquamativbronchitis mit Hyperplasie 
und Ektasien der tubulösen Drüsen in der 
Bronchialschleimhaut und Hypertrophie der 
glatten Musculatur. 

2. Bronchiektasien. 

3. Knötchenbildungen an den Bronchien (Bron¬ 
chitis et Peribronchitis chronica nodosa) 
mit eingelagerten Parasiten. 

4. Entzündliche Hyperplasie der Arnold’schen 
lymphatischen Apparate des pcribronchialen 
Bindegewebes mit Knötchenbildung. 

5. Knötchen im Lungengewebe, die gleichfalls 
den Bau lymphatischen Gewebes besitzen 
und im Centrum ein Wurmexemplar bergen. — 
Diese Knötchen zeigen vollkommene Uebcr- 
einstimmung mit den entozoischen Knötchen 
indenLungen des Pferdes, in welchen Grips 


und Verfasser (im Jahre 1894) einen Rund¬ 
wurm entdeckten. 

6. Lobäre Desquamativpneumonien mit dem 
Ausgange in Heilung (die Regel), oder in 
bindegewebige Induration. 

7. Pneumonische Herde, die durch secundäre 
Betheiligung pflanzlicher Mikroorganismen 
verkäsen. 


Referate. 

Zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche. 

.^Zeitschrift der Landwirthschaftskammer für die Provinz Sachsen, Nr. io, October 1897.) 

Herr Dr. Siegel berichtet über die von ihm auf Ver¬ 
anlassung der Landwirthschaftskammer für die Provinz Sachsen 
vorgenommenen Versuche Folgendes : 

»Die von mir im hygienischen Institute der Universität 
Halle unter wesentlicher Unterstützung des Herrn Schlachthaus- 
directors Goltz in Halle unternommenen Versuche zur Er¬ 
forschung der Maul- und Klauenseuche wurden Anfangs Juli 
d. J. begonnen und waren vorläufig Ende September beendet. 

Als Infectionsmaterial diente Lymphe, die entweder aus 
den durch Vermittelung der Landwirthschaftskammer mir ge¬ 
meldeten verseuchten Stallungen des Regierungsbezirkes Merse¬ 
burg stammte oder in Ermangelung dieser Quelle mir von 
Herrn Oberstabsarzt Dr. Weisser, dem Vorsitzenden der im 
Kaiserlichen Gesundheitsamt über Maul- und Klauenseuche 
arbeitenden Commission, mit dem ich im Lympheaustausch 
stand, überlassen wurde. 

Von Impfmethoden zeigten sich als unbrauchbare Ritzungen 
der äusseren Haut, als wenig zuverlässig das Einsperren der 
Thicre mit inficirter Streu. Mit verschwindenden Ausnahmen 
erwies sich als brauchbar die Ritzung der Maulfläche mit Ein¬ 
reibung der Lymphe resp. Verfütterung derselben, sowie vor 
Allem die intravenöse Injection. Letztere Methode hatte den 
Vorzug, die Incubationsdauer eventuell auf 20 Stunden zu 
vermindern. Gerade die letztere Methode habe ich vom Beginn 
meiner diesmaligen Versuche an vorgezogen und glaube, gerade 
diesem Umstande es zu verdanken, dass ich sehr schnell und 
mit einem verhältnissmässig geringen Aufwande von Thier- 
material arbeiten konnte. 

Es gelang, Rinder, Schweine und Schafe zu inficiren, da¬ 
gegen zeigten sich selbst bei Injection grosser Mengen Lymphe 
Ziegen, Kaninchen, Meerschweine und Hühner immun. Es soll 
hieraus nicht der Schluss gezogen werden, dass diese Thiere 
nicht eventuell spontan erkranken können; denn während dieser 
Versuche hatte ich häufig Gelegenheit, die ausserordentlichen 
Schwankungen des Virulenzgrades der einzelnen Seuchenaus¬ 
brüche beziehungsweise des gewonnenen Materials zu beobachten. 

Aussergewöhnliche Localisationen der Blasen zeigten sich 
einmal bei einem brünstigen Thicre an den Schamlippen, sowie 
bei einem anderen Thiere an den Stimmbändern. 

Als gutes Conservirungsmittel erwies sich Glycerin, in dem 
die Lymphe wochenlang wirksam bleibt, besonders wenn sie 
im Eisschrank oder noch besser in dem bei 2 Grad gehaltenen 
Kühlraum des Schlachthofes aufbewahrt wurde. 

Die Untersuchung der Lymphe, des Blutes, der Blasen 
und inneren Organe ergab keine mit den jetzigen Methoden 
nachweisbaren Erreger. Es kann daher der von mir früher 
als Erreger angesprochenc Bacillus nicht mehr als solcher gelten. 

Die Erfahrungen der Thierärzte und Landwirthe, die bei 
den durchseuchten Thieren mit wenigen Ausnahmen eine 
Immunität für die Dauer von 9 bis 12 Monaten annehmen, 
bestätigen sich im Versuchsstalle insofern, als mehrere Thiere 
3 Wochen nach einmaliger Durchseuchung einer zweiten intra¬ 
venösen Impfung widerstanden. Es ergab sich hieraus die 
j Möglichkeit, der Hauptaufgabe dieser Arbeit für die Landwirt¬ 
schaft, eine praktische Immunisirungsmethode zu finden, gerecht 
zu werden. 

Versuche der passiven Immunisirung und therapeutischen 
Beeinflussung des Krankheitsverlaufs mit Serum, welches Thieren, 


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No. 9. 


DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


77 


die vor 2 bis 3 Wochen die Seuche überstanden und ausser- j 
dem eine zweite intravenöse Impfung reactionslos vertragen 
hatten, entnommen wurde, mussten bald aufgegeben werden, 
da subcutane Injection von grössten Mengen ohne Eindruck 
blieben, wenn die Thiere entweder einige Stunden vorher oder 
nachher inficirt waren. 

Als Methoden zur activen Immunisirung kamen in Betracht 
erstens die Abschwächung des Infectionsstoffes durch Ueber- 
tragung desselben auf eine weniger empfängliche Thierart wie 
bei Vaccine. Doch zeigte sich, dass bei dem von Natur 
weniger empfänglichen Schaf eher eine Virulenzstärkung eintritt, 
wenn es sich infiziren lässt. Von den übrigen bekannten 
Methoden, wie Abschwächung des Infectionsstoffes durch Wärme, 
Chemikalien, durch Verdünnung oder Verwendung in Kombination 
mit Immunserum wie bei der Lorenz’schen Rothlaufimmunisirung, 
habe ich namentlich im Hinblick auf die spätere practische 
Verwendung Abstand genommen, da nach meinen Erfahrungen 
die Gewinnung der hierzu unumgänglich nothwendigen grossen 
bakterienfreien Lymphmengen mit den grössten Schwierig¬ 
keiten verbunden ist. 

Es blieben übrig als zunächst cinzuschlagender Weg die 
Versuche mit subcutanen Injectionen activen Blutes, das im 
ersten Beginn des Blasenausbruches den Thieren entnommen 
wurde. Das Blut kann mit Glycerin gemischt wochenlang wirk¬ 
sam und bakterienfrei erhalten und jeder Zeit ohne grössere 
Schwierigkeiten in reichlicher Menge gewonnen werden. Als 
wirksam und praktischer als das Serum dieses Blutes erwies 
sich das durch Schütteln in sterilen Flaschen defibrinirte Blut. 
Schon nach einmaliger subcutaner Injection, die niemals eine 
sichtbare Reaction hervorrief, widerstanden die Thiere mit ganz 
verschwindender Ausnahme nach Ablauf von 2 bis 3 Wochen 
einer Nachimpfung mittelst der den natürlichen Verhältnissen 
nachgeahmten Methode des Maulritzens und Einstreichens von 
vollvirulenter Lymphe, während die Controlthiere erkrankten. 
Arbeiten, die die geringste nothwendige Menge des einzu¬ 
spritzenden Blutes feststellen, werden noch fortgesetzt. 

Als Resultat dieser Arbeit würde demnach die Möglichkeit 
der Immunisirung gegen Maul- und Klauenseuche erscheinen. 

In wie weit die vorgeschlagene Methode praktisch verwerthbar 
ist, müsste festgestellt werden, indem zunächst in abgegrenzten 
Bezirken Impfungen möglichst des gesammten Viehbestandes 
vorgenommen würden etwa in derselben Weise, wie im An¬ 
fang dieses Jahrhunderts kleinere Staaten mit der Vaccination 
vorgingen und später durch ihre statistischen Erfolge die 
grösseren nach sich zogen. Die Landwirthschaftskammer für 
die Provinz Sachsen hat sich bereit erklärt, Versuche in der 
angedeuteten Richtung anzubahnen.« Nömer. 


Die Röntgenstrahlen als Bacillentödter. 

Aus dem Hygienischen Institut der Universität München 
kommt eine Nachricht, die wohl dazu angethan ist, in den 
weitesten Kreisen Aufsehen zu erregen. Dr. Hermann Rieder, 
Privatdocent an der Universität München, hat in dem von 
Professor Hans Büchner geleiteten hygienischen Institut Ver¬ 
suche über die Wirkung der Röntgenstrahlen auf Bakterien 
angestellt, die überraschend günstige Resultate ergeben haben. 

Schon vor längerer Zeit haben zwei französische Forscher 
Lortet und Genoud, Versuche über die Wirkung der 
Röntgenstrahlen auf Tuberkelbacillen angestellt und sind dabei 
zu recht günstigen Resultaten gekommen. Acht Meerschweinchen 
wurden von ihnen mit einer Flüssigkeit geimpft, in welcher 
die Milz eines hochgradig tuberculösen Meerschweinchens zer¬ 
rieben worden war. Nach zwei Tagen wurden drei von den 
geimpften Thieren auf Brettchen gespannt und die Impfstelle 
vermittelst der Röntgenröhren bestrahlt, und zwar täglich durch 
zwei Monate eine Stunde lang. Die fünf nichtgeimpften Thiere 
magerten stark ab, an der Impfstelle entwickelten sich später 
aufbrechende Geschwüre. Die drei mit Röntgenstrahlen be¬ 
handelten Thiere dagegen nahmen an Gewicht zu, auch ent¬ 
wickelten sich bei ihnen an den Impfstellen keine Geschwüre. 


Zu ähnlich günstigen Resultaten waren auch die beiden italie¬ 
nischen Forscher Fiorentini und Li na sc hi gelangt. 

Die bisherigen Versuche mit anderen Bakterien, u. a. mit 
Diphtherie- und Typhusbacillen hatten zwar rein negative Re¬ 
sultate ergeben, trotzdem entschloss sich aber Dr. Rieder die 
Versuche nach dieser Richtung wieder aufzunehmen. Der erste 
Versuch wurde von Dr. Rieder mit Cholerabacillen gemacht, 
und derselbe ergab, entgegen allen bisherigen Versuchen den 
Erreger der Cholera durch die Einwirkung von Röntgenstrahlen 
in seiner Entwicklung zu beeinflussen, ein sehr günstiges Re¬ 
sultat. Auf derjenigen Agarplatte, die 45 Minuten lang den 
Röntgenstrahlen ausgesetzt war, entwickelten sich in dem Brut¬ 
ofen nur wenige Colonien des Cholerabacillus, während die 
andere, nicht bestrahlte Platte, ganz übersät war mit Colonien. 

Um das Resultat recht augenfällig zu machen, wurde nun 
die Glasplatte mit der mit Bakterien beschickten Agarschicht 
durch eine Bleiplatte bedeckt, in die ein kreisrundes oder vier¬ 
eckiges Loch eingeschnitten worden war. An der Stelle des 
Ausschnitts, wohin also die Strahlen dringen und ihre Wirkung 
geltend machen konnten, blieb die Entwicklung der verschie¬ 
denen Krankheitserreger aus. Es wurden nun nacheinander 
Versuche mit dem Cholera-, Milzbrand-, Typhus-, Diphtherie-, 
dem Eiter-Erreger u. s. w. gemacht. Die auf einem Nährboden 
den Röntgenstrahlen nur mässig lange ausgesetzten Bakterien 
gingen jedesmal zu Grunde. 

Bereits entwickelte Cholera-Colonien, die 48 Minuten den 
Röntgenstrahlen ausgesetzt worden waren, zeigten einen be¬ 
dingungslosen Stillstand im Wachsthum, trotzdem sie nach 
ihrer Bestrahlung nochmals 24 Stunden in den Brutofen ge¬ 
bracht worden waren. Ebenso wurde die Entwicklung der 
Tuberkelbacillen, die den Röntgenstrahlen ausgesetzt worden 
waren, zum Stillstand gebracht. 

Die vorstehenden Untersuchungen ermuthigen, so schliesst 
Dr. Rieder seinen sehr interessanten Aufsatz, nicht blos zu 
Thierversuchen, sondern auch zu weiteren klinischen Versuchen. 
Denn es ist gar nicht nöthig, dass durch die Röntgenstrahlen 
eine vollständige Abtödtung der Bakterien innerhalb des mensch¬ 
lichen Körpers zu Stande kommt, es genügt wahrscheinlich 
schon, wenn sie in ihrer Entwicklung nur gehemmt werden; 
den natürlichen Schutzvorrichtungen des Organismus, den Körper¬ 
säften, namentlich dem Blute mit seiner stark bakterientödten- 
den Wirkung, wird dann die weitere Vernichtung der patho¬ 
genen Keime schon gelingen. Nur eine Unterstützung des 
Organismus in seinem Kampfe gegen die gefährlichen kleinen 
Eindringlinge, die Bakterien, keine totale Vernichtung der 
letzteren, wollen wir vor der Hand bei Anwendung der Röntgen¬ 
strahlen zu therapeutischen Zwecken in’s Auge fassen. 


Oeffentliches Veterinärwesen. 

Die Tollwuth im Deutschen Reiche während des 
Jahres 1896. 

(Aus »Jahresbericht über die Verbreitung der Thierseuchen im Deutschen Reiche«. Hcar- 
beitet im Kaiserlichen Gesundheitsamt, n. Jahrgang: 1896.) 

Die Tollwuth hat sich gegen das Vorjahr räumlich weiter 
ausgebreitet und auch erheblich grössere Opfer unter den Thieren 
gefordert. Erkrankt und gefallen oder getödtet sind 939 Thiere, 
nämlich 724 Hunde, 2 Katzen, 8 Pferde, 190 Rinder, 6 Schafe, 
1 Ziege, 8 Schweine. Von der Seuche betroffen wurde 
Preussen, Sachsen, Bayern, Braunschweig, Sachsen-Altenburg 
und Anhalt, und zwar in diesen Staaten 178 Kreise, Bezirke etc. 
Die höchste Zahl der erkrankten Thiere weist das 
zweite und vierte Vierteljahr auf. Die meisten Tollwuth- 
fälle wurden festgestellt in den Regierungs- u. s. w. Bezirken 
Königsberg (205), Gumbinnen (152), Marienwerder (144), Posen 
(in), Danzig (65), Oppeln (53), Zwickau (46), Bromberg (44), 
Breslau (41) etc. bezw. in den Kreisen Löbau (Westpreussen), 
Lyk, Neidenburg, Elbing, Mohrungen, Osterode (Ostpreussen), 
Schlochau, Stuhm, Braunsberg, Allenstcin, Ragnit, Schroda, 
Marienburg (Westpreussen), Heydekrug, Johannisburg, Zwickau, 
Thorn, Witkowo, Orteisburg ctc. Von den wuthkranken 


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78 


Hunden entfallen auf die Provinz Ostpreussen 34,39 °/ 0 , 
Posen 19,61 °/„, Westpreussen i 6,44°/ 0 > Schlesien 14,50 "/o, auf 
das Königreich Sachsen 11,05°.,,, auf die übrigen betroffenen 
Gebiete 4,01 °/ 0 . Auf der beigedruckten Karte ist die Ver¬ 
breitung der Tollwuth unter den Hunden graphisch zur Dar¬ 
stellung gebracht. Es erhellt daraus, dass die östlichen Pro¬ 
vinzen Preussens und das Königreich Sachsen stark verseucht 
waren, während im übrigen Reichsgebiet vereinzelte, nicht zu¬ 
sammenhängende Bezirke betroffen wurden. Von den Grenz¬ 
kreisen gegen Russland findet sich keiner seuchefrei. Von den 
Kreisen u. s. w. an der österreichischen Grenze blieben mehrere 
frei von der Seuche. 

Von den ansteckungsverdächtigen Hunden wurden gemäss 
§ 34 des Reichs-Viehseuchengesetzes und § 16, Abs. 1 der In¬ 
struction zu demselben auf polizeiliche Anordnung getödtet 
1851, unter polizeiliche Beobachtung gestellt 48. Herrenlose 
tollwuthverdächtige Hunde wurden 227 getödtet. Auf je 1 wuth- 
kranken Hund entfallen im Reiche 2,56 als ansteckungs¬ 
verdächtig getödtet, 0,07 unter Beobachtung ge¬ 
stellte und 0,31 getödtete herrenlose wuthverdächtige 
Hunde. 

Ueber das Auftreten der Tollwuth in auswärtigen Staaten liegen fol¬ 
gende amtliche Angaben vor. 

Belgien: 76 Fälle (68 Hunde, 3 Katzen, 2 Rinder, 3 Schweine). 
Bulgarien: 48 Ortschaften. Frankreich: 1505 Hunde und 16 andere 


26. Februar. 


Thiere. 97 Personen wurden gebissen. Algier: 173 Hunde. 12 Personen 
wurden gebissen. Grossbritannien: 453 Hunde und 20 andere Thiere. 
Italien: 47 Gemeinden. Niederlande: I Fall. Oesterreich: am 
stärksten wurde Böhmen, demnächst Niederösterreich und Galizien betroffen. 
Bosnien und Herzegowina: 245 Hunde. Ungarn: Der höchste Stand wurde 
im September erreicht (236 Fälle). Rumänien: 100 Fälle, darunter 
74 Hunde. Schweiz: 40 Fälle; am stärksten verseucht war der Canton 
Luzern mit 13 Fäl'en. Serbien: 2 Hunde, 2 Rinder. 

Anlässe zu den Seuchenausbrüchen: Aus Russ¬ 
land und Böhmen übcrgelaufene tollwuthkranke Hunde haben 
zum Ausbruch der Seuche in mehreren Fällen Anlass gegeben. 

Incubationsdauer: bei Hunden 2 bis 90 Tage *), bei 
Pferden 18 bis 26 Tage, beim Rindvieh 20 bis 102 Tage, bei 
Schafen 10 Tage, bei Ziegen 129 Tage, bei Schweinen 10 Tage. 

Uebertragung auf Menschen: An Wasserscheu starb 
im Kreise Allenstein ein 12 jähriger Knabe, im Kreise Anger¬ 
burg der Kreisthierarzt (inficirt am if. Dezember 1895, ge¬ 
storben 13. September 1896), im Kreise Danzigcr Niederung, 
Bütow, Jarotschin je eine Person. 

Gesetzgebung: In den Niederlanden (10. Juli 1896) 
und in Grossbritannien (23. März 1897) sind die Bestimmungen 
gegen die Tollwuth neu geregelt. Froehner-Fulda. 

*) Die in den Jahren von 1886 bis 1896 beobachteten 
Grenzen sind 2 Tage und 7 Monate bei Hunden, 16 Tage und 6', 2 Monate 
bei Pferden und 14 Tage und II Monate beim Rindvieh 


DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Darstellung: der Im Jahre 1896 amtlich gemeldeten Fälle von Tollwuth unter den Hunden im Deutschen Reiche. 



1|6 bsÜ.L.T -. Crcrmv. q 8 


Schleswig 


Mecklenburg- 

Schwerin 


Aurich 


: Oldenbg, 


Lüneburg 


Potsdam 


Osnabrück 


Frankfurt 


^cÄnhalt. 

Merseburg 


Hlldesh, < 


Arnsberg , 


Tfurtr" 


Kassel 


Thüringen 


(Wiesbaden, 


U^Franken^ 


'J-uxeriK, 


Franken 


Iburg r 
IV'-Jjrier 


\ Mittel- 
•| Franken 


Oberpfalz 


Lothringen 


ElsassJ 


Schwaben 


Oberbayern 


i Ob.- 
»Eleass, 


cs* « 


Tollwuthfälle: 


Abkürzungen: 


bis 10 


u mehr 


W. I Neckar kr ein W. 2 Schicarzicaldkreis 

W- 3 Jagstkreis W. 4 Donaukreis 

B. I Landeskommissariat Mannheim 

B. 2 „ „ Karlsruhe 

B. 3 „ „ Freiburg 

B. 4 „ „ Konstanz 

H. I Provinz Starkenburg 

H. 2 „ Oberhessen 

H. 3 n Bheinhessen 

Sch. Landwehrkompagnicbee. Schöuberg 

0. I Oldenburg: Fürstenth. Lübeck 

0. 2 „ „ Birkenfeld 

Br. I Kreise Braunschiceig. Wolfenbüttel, Helmstedt 

Br. 2 Kreise Holzminden, Gandersheim 

Br. 3 Kreis Blankenburg 

S. Schaumburg- Lippe 

H. Hamburg L. Lübeck Br. Bremen 


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No. 9. DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Immunisirung der Schweine gegen Schweineseuche. 

Uebcr die in den staatlichen bakteriologischen Anstalten 
Ungarns durchgeführten Untersuchungen, durch welche fest¬ 
gestellt worden, dass das Blutserum von Schweinen, welche 
die Schweineseuche überstanden haben, gesunden Thiercn cin- 
geimpft, dieselben gegen Ansteckung immunisirt, gleichwie über 
die bezüglichen vom Ackerbauminister Daranyi im Sommer 
dieses Jahres angeordneten Massnahmen wurde bereits be¬ 
richtet. Nach neuerlichen Meldungen sind, abgesehen von den 
durch Private erfolgten sehr zahlreichen Impfungen, bisher in 
43 Ge'meinden 9000 Stück Borstenvieh geimpft worden. In 
den meisten Fällen trat unter den geimpften Schweinen die 
Krankheit entweder gar nicht auf oder verursachte nur wenige 
Todesfälle. Mit Rücksicht auf dieses Ergebniss hat der Mi¬ 
nister die Verfügung getroffen, dass auf einem geeigneten Ge¬ 
biete des hauptstädtischen (Budapester) X. Bezirkes Schweine 
gehalten werden sollen, welche von der Pest geheilt wurden. 
Von diesen könnten im Bedarfsfälle täglich Impfstoffe für 500 
Schweine hergestellt werden, die dann um einen mässigen 
Preis den Landwirthen zugeschickt werden könnten. Der Minister 
hat zugleich dem Siebenbürgischen Landwirtschaftlichen Verein, 
der in Klausenburg eine ähnliche Station errichtet hat, eine 
GeldunterStÜtZUng gewährt. (Wiener Appr. Zeitg.) 

Verschiedene Mittheilungen. 

Prof. Dr. C. Rabe f. 

Am 22. Februar 1898 starb Dr. Christian Rabe, 
Professor an der thierärztlichen Hochschule zu Hannover, in 
seinem 61. Lebensjahre. 

Seit etwa 2 Jahren kränkelte Rabe; zweimal unterwarf er 
sich schwer eingreifenden Operationen und scheinbar waren 
dieselben von dem erwünschten Erfolg begleitet. Dass dem 
wirklich so sein möchte, war unser aller Wunsch und Hoffnung. 
Berechtigt war dieselbe vorzugsweise durch die sichtliche Rück¬ 
kehr seiner körperlichen und geistigen Frische, durch die 
lebhaftere Wiederaufnahme seiner ihm so lieben Lchrcrthätig- 
keit, die er bis zu seinem Lebensende getreulich ausgeübt hat. 

Unsere trotz alledem nicht ganz behobenen trüben Ahnungen, 
dass das heimtückische Leiden, welches ihn ergriffen hatte, 
dennoch über kurz oder lang seinem Leben ein vorzeitiges 
Ende bereiten würde, — sie sind leider schon gar zu bald 
zur Wahrheit geworden. 

Zwei Tage nach der Rückkunft von seiner Vaterstadt 
Berlin, wo er als Mitglied der kreisthierärztlichen Prüfungs¬ 
commission thätig gewesen war und zur Freude seiner An¬ 
gehörigen vergnügt und heiter verweilt hatte, wollte er am 
Montag seine Vorlesungen an unserer Hochschule wieder fort¬ 
setzen, als ihn plötzlich eine allgemeine Schwäche und Bewusst¬ 
losigkeit befiel, welch letztere ihn nicht wieder verlassen hat. 
Sanft wallte sein Geist hinüber; in der ersten Stunde des 
22. Februar hatte er ausgelitten. 

Durch das allzufrühe Abscheiden unseres allseitig aufrichtig 
hochgeschätzten Collegen Rabe ist in das Lehrercollegium 
der thierärztlichen Hochschule eine tiefe, tiefe Lücke gerissen 
worden. 

Die thierärztliche Wissenschaft hat einen ihren hervor¬ 
ragendsten Vertreter verloren! 

Gleich bei dem Eintritt in das thierärztliche Studium er¬ 
fasste mein Studiengenosse Rabe seine Aufgaben mit tiefstem 
Ernste und nachhaltiger Energie, — Eigenschaften, welche, ge¬ 
paart mit strengstem Pflichtgefühl, allezeit die Richtschnur seines 
gesammten Lebens gewesen sind Reiche Früchte hat seine 
wissenschaftliche Thätigkeit gezeitigt, seine Forschungsergebnisse 
auf dem Gesammtgebiete der Thierheilkunde und ganz be¬ 
sonders auf seinem eigensten Felde, der pathologischen Anatomie, 
sind sehr werthvolles und zum Theil unvergängliches Gemein¬ 
gut der thierärztlichen Welt geworden. — Was Freund und 
Feind aber ganz besonders hochschätzten, das war die Zuver¬ 
lässigkeit seiner Publicationen; die ihm näher gestandenen 
Collegen wissen es, mit welcher peniblen Genauigkeit er alle 


seine Arbeiten begann und durchführte, wie er erst nach reif¬ 
lichster Ueberlegung und manchmal wohl etwas zu lange zögernd 
die erzielten Resultate veröffentlichte. 

Seinen zahlreichen Schülern war deshalb das Wort ihres 
hochverehrten Lehrers ein Evangelium. 

Rabe’s Absicht war, die öffentliche Lehrthätigkeit in 
nicht allzuferner Zeit aufzugeben, um mehr Zeit für die Aus¬ 
arbeitung seiner zahlreich gesammelten Skizzen zu gewinnen. 
Leider hat der allzufrüh gekommene Tod das Wirken dieses 
unermüdlich fleissigen Mannes abgeschlossen. 

Aber nicht allein die thierärztliche Wissenschaft, sondern 
auch der thierärztliche Stand hat gerechte Ursache, Rabe's 
Abscheiden tief zu beklagen. Wie lag Rabe doch die Förde¬ 
rung der Standesinteressen so sehr am Herzen, wie kräftig und 
zielbewusst hat er mitgewirkt, wie freute er sich an jeder Er¬ 
rungenschaft auf dipsem Gebiete. 

Lange Jahre hat Rabe mit grösster Umsicht und allge¬ 
mein anerkanntem Geschick den thierärztlichen Generalverein 
der Provinz Hannover geleitet, lebhafteste Anerkennung für 
sein Streben und Thun wurde ihm auch durch die Ernennung 
zum Ehrcnmitglicde vieler thierärztlichen Vereine zu Theil. 

Rabe’s Andenken wird nicht nur bei seinen Zeitgenossen, 
sondern auch noch bei der Nachwelt in freundlicher und dank¬ 
barster Erinnerung bleiben; und nicht zum wenigsten bei mir 
als einem seiner ältesten Freunde. Dr. Kaiser. 

Thierärztlicher Hilfsarbeiter im preussischen Landwirth- 
schaftlichen Ministerium. 

Nach einer Mittheilung der B. Th. W. wird demnächst, 
vcrmuthlich zum 1. April, ein Hilfsarbeiter zur Bearbeitung der 
veterinärtechnischen Angelegenheiten berufen werden. Dem 
Vernehmen nach soll der Kreisthierarzt Pauli in Mohrungen 
für diese Stelle ausersehen sein. 


Alter Herren-Verband für Nordwest-Deutschland. 

Entsprechend dem Beschlüsse des vorjährigen A.H.V. in 
Bremen tagte derselbe am 19. Februar in Hannover unter dem 
Vorsitze der zur Zeit im R.S. C. präsidirenden Landsmannschaft 
»Suevia«, vertreten durch Vielhauer-Hamburg. Etwa 40 
alte Herren der im R.S.C. vertretenen Landsmannschaften hatten 
sich im Verein mit der Activitas der Hannoveranja, Nor- 
mannia und Germania im kleinen Saale des Parkhauses 
zusammengefunden. Es wurde zunächst beschlossen, den 
nächsten Verbandstag in Hamburg abzuhalten; ferner sollen in 
Abänderung des § 7 der Statuten die einem Verbandstage er¬ 
wachsenden Unkosten durch die anwesenden Herren gedeckt 
werden, um damit allen Weiterungen aus dem Wege zu gehen. 
Alsbald nach Beendigung der Berathung eröffnete Herr Viel- 
hauer, a. H. Sueviae, den Commers; Herr Völlers, a. H. 
Normanniac, gab in seiner Festrede einen kurzen Ueberblick 
über die Entstehung und Thätigkeit des A.H.V. für Nord West¬ 
deutschland und wünschte demselben auch fernerhin gutes Ge¬ 
deihen. Die Kaiserrede hielt Prof. Malkmus, a. H. Nor- 
manniae. Im weiteren Verlauf des sehr fidelen Commerses 
sprachen Sosna, a. H. Salingiae, auf die Activitas, Departe¬ 
mentsthierarzt Holtzhauer, a. H. Teutoniac, auf die Damen, 
cand. med. vetr. Kot he, Germaniae, auf die R.S.C.-Landsmann- 
schaften. Begrüssungstelegrammc liefen ein von allen andern 
Alten Herren-Verbänden, einzelnen alten Herren und den aus¬ 
wärtigen Landsmannsdlaften. Befriedigt über den schönen Ver¬ 
lauf des Verbandstages und gehoben durch den harmlos freund¬ 
schaftlichen Verkehr der Collegen, alten Freunde und Couleur¬ 
brüder unter einander schied man erst in früher Morgenstunde 
in der Hoffnung auf ein gleich fröhliches Wiedersehen. 


Vorlesungen und praktische Uebungen an der Königlichen 
Thierärztlichen Hochschule zu Hannover. 

Sommer-Semester 1898. 

1) Director, Geheimer Regierungsrath, Medicinalrath, Professor Dr. 
Dammann: Seuchenlehre und Veterinärpolizei, Montag bis Donnerstag 
von 8—9 Uhr Vormittags, 4stiindig. Diätetik, Freitag und Sonnabend von 


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8—9 Uhr Vormittags, 2stündig. Hygienische und seuchenklinische Demon¬ 
strationen, je nach vorhandenem Material. 

2) Lehrer N. N.: Allgemeine Pathologie und allgemeine pathologische 
Anatomie, Montag bis Freitag von 8 — 9 Uhr. Vormittags und Sonn¬ 
abend von 9—10 Uhr Vormittags, östündig. Pflanzliche Parasiten, Mittwoch 
und Donnerstag von 12—I Uhr Mittags, 2stilndig. Fleischbeschau, Montag 
und Dienstag von 12—I Uhr Mittags, 2stündig. Fleischbeschau-Uebungen 
und Demonstrationen auf dem Schlachthofe, Freitag von 4*/ 4 — S ll t Uhr Nach¬ 
mittags, istiindig. Obductionen und pathologisch-anatomische Demonstrationen, 
täglich je nach vorhandenem Material. 

3) Professor Dr. Kaiser: Geburtshilfe mit Uebungen am Phantom, 
Dienstag und Freitag von 9—10 Uhr Vormittags, Mittwoch von 9—10 Uhr 
Vormittags und von 5—6 Uhr Nachmittags, 4stilndig. Geschichte der Thier¬ 
heilkunde, Donnerstag von 5—6 Uhr Nachmittags, istiindig. Ambulatorische 
Klinik. Demonstrationen über Exterieur, Rassenkunde und chirurgische 
Krankheiten des Rindes. 

4) Professor Tereg: Physiologie I, täglich von 7—8 Uhr Vormittags, 
6stündig. Arzneimittellehre und Toxikologie, Montag und Freitag von 9 bis 
IO Uhr Vormittags, und Donnerstag von 9 — ll Uhr Vormittags, 4stündig. 

5) Professor Dr. Arnold: Organische Chemie, Montag bis Freitag 
von 8—9 Uhr Vormittags, 5stündig. Receptierkunde, Dienstag und Freitag 
von 10—11 Uhr Vormittags, 2stündig. Uebungen im chemischen Labora¬ 
torium, täglich Vormittags von 10—I Uhr. Pharmazeutische Uebungen. 

6) Professor Boether: Histologie und Embryologie, Montag bis 
Donnerstag von 9—10 Uhr Vormittags, 4stündig. Allgemeine Anatomie, 
Osteologie und Syndesmologie, Freitag und Sonnabend von 9—10 Uhr Vor¬ 
mittags, 2stündig. Anatomie der Sinnesorgane, Dienstag und Freitag von 
4 —5 Uhr Nachmittags, 2stündig. Histologische Uebungen täglich Vormittags 
von 10—1 Uhr. 

7) Professor Dr. Malkmus: Untersuchungsmethoden, Dienstag und 
Mittwoch von 7—8 Uhr Vormittags, 2stündig. Allgemeine Therapie, Frei¬ 
tag und Sonnabend von 7—8 Uhr Vormittags, 2stündig. Propädeutische 
Klinik, täglich von 10—11 Uhr Vormittags, 6stUndig. Spitalklinik für grosse 
Hausthiere, täglich Vormittags von IO—I Uhr. 

8) Docent Frick: Allgemeine Chirurgie, Montag und Donnerstag von 
7—8 Uhr, Sonnabend von 8—9 Uhr Vormittags, 3stündig Operationslehre» 
Dienstag und Mittwoch von 9—10 Uhr Vormittags, 2stündig. Ophthalmo¬ 
skopische Uebungen, Freitag von 7—8 Uhr Vormittags, istündig. Spital¬ 
klinik für kleine Hausthiere, täglich von 10—12 Uhr Vormittags. 

9) Professor Dr. Hess: Botanik, Montag bis Freitag von 3—4 Uhr 
Nachmittags, 5stündig. Botanische Excursionen, Sonnabend von 3—5 Uhr 
Nachmittags, 2stündig. 

10) Beschlaglehrer Geiss. Uebungen am Huf, Freitag und Sonnabend 
von 5 —6 Uhr Nachmittags, 2stündig. 

11) Assistent Diedrichs: Thierische Parasiten, Montag und Donners¬ 
tag von 4—5 Uhr Nachmittags, 2stündig. 

12) Repetitor Dr. Z e 11 n e r: Qualitative chemische Analyse, Sonnabend 
von 8—9 Uhr Vormittags, istündig. 

13) Assistent Dr. Benner: Die landwirthschaftlichen Futtergewächse 
und die Giftpflanzen, Donnerstag von 4—5 Uhr Nachmittags, istündig. 

Zur Aufnahme als Studirender ist der Nachweis der Reife für die 
Prima eines Gymnasiums oder eines Realgymnasiums oder einer durch die 
zuständige Centralbehörde als gleichstehend anerkannten höheren Lehranstalt 
erforderlich. 

Ausländer und Hospitanten können auch mit geringeren Vorkenntnissen 
aufgenommen werden, sofern sie die Zulassung zu den thierärztlichen Staats¬ 
prüfungen in Deutschland nicht beanspruchen. 

Nähere Auskunft ertheilt auf Anfrage unter Zusendung des Programms. 

Hannover, den 7. Februar 1898. 

Die Direction der Thierärztlich-en Hochschule. 

Dr. Dammann. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Historische Studien auf dem Gebiete der Fleischnahrung 
und Fleischbeschau. Von J. Goltz, Thierarzt und 
Director des städtischen Schlacht- und Viehhofes zu 
Köln a. Rh. Selbstverlag des Verf.’s. Preis 2,25 Mk. 


26. Februar. 

Gebiet betreten hat, welches von thierärztlichen Autoren nur ausnahmsweise 
bearbeitet zu werden pflegt. Schon im Jahre 1891 ist Goltz mit geschicht¬ 
lichen Betrachtungen über Fleischnahrung und Fleischbeschau an die Oeffent- 
lichkcit getreten, so dass wir in dem nunmehr vollendeten, 176 Seiten um¬ 
fassenden Werke das F.ndergebniss eines jahrelangen, mühsamen Quellen¬ 
studiums erblicken dürfen. 

Das Goltz 'sehe Buch zerfällt in zwei Abschnitte, von denen im ersten 
auf 31 Seiten die vorgeschichtliche, im zweiten die geschichtliche Zeit be¬ 
handelt wird. Die vorgeschichtliche Zeit theilt Verf. in die paläo- 
lithische und die neolithische Periode sowie in die vorhistorische Bronce- und 
Eisenzeit. In dem Abschnitte über die geschichtliche Zeit werden die 
über die Fleischnahrung und die Fleischhygiene bekannt gewordenen Ueber- 
lieferungen nach Völker- oder Religionsgemeinschaften zusammengefasst be¬ 
sprochen. So finden wir solche Ueberlieferungen von den alten Aegyptem 
und die geschichtliche Entwicklung der Speisevorschriften und der Fleisch¬ 
nahrungshygiene bei den Israeliten, die apostolischen Speisevorschriften der 
christlichen Kirche, die Fasten Vorschriften der christlichen Kirche, die inuha- 
medanischen Speisegesetze und die Gebräuche der Kopten in Bezug auf die 
Fleischnahrung. 

Auf Einzelheiten bei dieser Besprechung einzugehen, verbietet der reiche 
Inhalt und der eigenthümliche Stoff der Goltz’schen Arbeit. Vielleicht 
findet sich später einmal Gelegenheit, aus einzelnen Abschnitten des Buches 
besonders interessante Thatsachcn mitzutheilen. Inzwischen aber sei das 
Goltz'sche Werk allen Collegen bestens empfohlen, welche der Cultur- 
geschichte Interesse abgewinnen und verstehen, auch aus dem Winkel ver¬ 
gangener Zeiten Lehre und Anregung an's Licht zu ziehen. Edelmann. 

Jahresbericht über das Veterinärwesen in Ungarn. Im 
Aufträge des Königl. Ungar. Ackerbauministeriums nach 
amtlichen Quellen bearbeitet von Dr. Franz Hutyra, 
Director der Königl. Ungar. Veterinär-Akademie, Docent 
an der Universität in Budapest VIII. Jahrg. 1896. Buda¬ 
pest 1897. 

Der vorliegende, in der bekannten vorzüglichen Uebersichtlichkeit und 
umfassenden Gründlichkeit bearbeitete Bericht ist 225 Seiten stark. Er ent¬ 
hält zuerst amtliche Mittheilungen über die Budapester Veterinär-Akademie, 
deren Abtheilungen im Einzelnen besprochen werden und giebt dann weiter¬ 
hin einen Ueberblick über den thierärztlichen Dienst in Ungarn, die Krank¬ 
heiten und Seuchen der Hausthiere, den Viehverkchr Ungarns und die da¬ 
selbst angestellten Schutzimpfungen gegen Milzbrand, Rothlauf der Schweine 
und Rauschbrand. In einem Anhänge werden schliesslich die bis zum 
I. September 1897 erlassenen Gesetze und Verordnungen veterinärpolizei¬ 
lichen Inhaltes mitgetheilt. 

Wir behalten uns vor, auf einzelne Abschnitte des Berichtes ausführ¬ 
lich zurückzukommen. Malkmus. 


Personal-Nachrichten. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Bezirksthierarzt Brachinger in 
Berneck wurde zum Bezirksthierarzt in Schweinfurt, Schlachthofthierarzt 
Knüppel in Aachen zum Schlachthofthierarzt in Köln, Thierarzt H. Meyer 
von Nördlingen zum Districtsthierarzt in Hornbach (Rheinpfalz) ernannt. 
Verzogen sind die Thierärzte Kissuth von Lissa nach Guhrau (Breslau), 
Holterbach von Hornbach nach Heltersberg (Rheinpfalz), Michel von 
Gundheim nach Beerfelden (Hessen). Niedergelassen hat sich Thierarzt 
A. Schermer aus Bamberg in Herxheim (Rheinpfalz). Thierarzt Joh. Häfner 
in Weyhern hat seine Praxis aufgegeben. 

Thierarzt Dr. Anton Sticker ist nicht, wie früher irrtümlicherweise 
mitgetheilt wurde, als Schlachthofthierarzt nach Honnef verzogen, sondern 
befindet sich noch Studien halber in Paris. 

Das Examen als beamtete Thierärzte in Preussen haben 
bestanden die Thierärzte Witt, Assistent an der Thierärztlichen Hoch¬ 
schule in Berlin, Schultz aus Gehrden (Hannover). 

Die thierärztllehe Fachprüfung haben in Berlin bestanden die 
Candidaten C. Fuchs aus Hilgers, W. S t i m m i n g aus Wust, G. Kolbe 
aus Striegau, C. Harm aus Zislow. 

Gestorben : Corpsstabsveterinär a. D. L. Hahn in Landshut, Stabs¬ 
veterinär a. D. M Hofbauer in Bamberg. 


Das vorliegende Werk bildet eine überaus fleissige und sorgfältige 
Arbeit, die um so grössere Anerkennung verdient, als ihr Verf. damit ein 

Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thierärztliche Wochenschritt“ (i. A. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der Macklofschen Druckerei in Karlsruhe i. B. 


DEUTSCHE THIER^ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Deutsche 


Thierärztliche Wochenschrift 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regierungs- und Medicinalrath, 
Director der Thierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 


herausgegeben von 

Dr. Lydtin, 
Geheimer Oberre^ierangsra 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regiemngsrath nnd Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Freiburg i. B. 

redigirt von 

Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784a. 


Sechster Jahrgang. 


Sämmtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 
Correcturen und Anzeigen an die Expedition der 
Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 
in Karlsruhe (Baden). 


M IO. 


Ausgegeben 





Ueber Fleischstempelfarben. 

Von Dr. Edelmann, 

Director der städtischen Fleischbeschau in Dresden. 

Fast in allen Orten, in denen eine Fleisch- oder Trichinen¬ 
schau allgemein ausgeübt wird, pflegt man das Fleisch der 
geschlachteten Thiere zum Zeichen, dass eine sachverständige 
Untersuchung desselben stattgefunden hat, zu kennzeichnen. 
Für diesen Zweck erfolgt vorwiegend eine Stempelung des 
Fleisches, wobei in der Regel gleichzeitig nicht nur Stempel 
verschiedener Form genommen werden, um das im Orte ge¬ 
schlachtete Fleisch von dem eingeführten oder das bankwürdige 
von dem - Freibankflfeische zu unterscheiden, sondern auch ver¬ 
schiedene Farben für die Stempelung Verwendung finden, damit 
die beabsichtigten Unterscheidungsmerkmale noch auffälliger 
hervortreten. Die Stempelung des Fleisches ist daher von 
einer beachtlichen Bedeutung, welche den dem Fleische auf¬ 
gedrückten Stempeln nahezu den Werth von Urkunden verleiht. 
Aus diesem Grunde ist auch zu verlangen, dass die auf dem 
Fleische befindlichen Stempel sowohl leicht erkennbar und un¬ 
zweideutig sind, als auch widerstandsfähig sich erweisen gegen 
die Einflüsse, welche beim Hantiren mit dem Fleische, sowie 
im Handel und Verkehr auf dieselben einwirken. Die Erfüllung 
dieser letztgenannten Forderung hängt ausser von der Beschaffen¬ 
heit der Stempel und der Ausführung der Stempelung ganz 
wesentlich ab von der zur Verwendung kommenden Stempel¬ 
farbe, weshalb die nachfolgenden Mittheilungen Überdieselbe 
einiges Interesse für die in der praktischen Fleischbeschau 
stehenden Thierärzte und Verwaltungsbeamten besitzen dürften. 

Bereits seit einigen Jahren sind von mir eine ganze An¬ 
zahl der verschiedensten Stempelfarben mit Rücksicht auf ihre 
Verwendbarkeit zur Kennzeichnung von Fleisch geprüft worden. 
Hierbei bin ich davon ausgegangen, dass, nach meiner Ansicht, 
ungefähr folgende Forderungen an eine in jeder Beziehung 
brauchbare Flcischstempelfarbe gestellt werden müssen: 

1. Die Farbe muss vollkommen unschädlich für Menschen sein. 

2. Für alle Arten von Stempeln verwendbar, soll die Farbe 
am Stempel leicht haften und darf weder den letzteren oder 
das Stempelkissen angreifen oder verschmieren, noch auf dem 
Kissen zu leicht verdunsten. 

3. Die Stempelfarbe muss auch besonders am Fleische 
leicht haften und auffällige Abdrücke liefern, die keinesfalls 
auf dem Fleische auseinander laufen dürfen. 

4. Der Stempelabdruck soll nicht nur auf der Oberfläche 
des Fleisches liegen, sondern die Stempelfarbe muss vielmehr 


in die oberflächlichen Schichten des Fleisches eindringen und die 
Gewebsbestandtheile (Bindegewebs-, Muskelfasern, Fettgewebe 
etc.) färben, welche die gestempelte Fleischoberfläche etc. zu¬ 
sammensetzen. 

5. Wegen der vorwiegend fettigen Oberfläche des zu 
stempelnden Fleisches muss eine gute Stempelfarbe thunlichst 
aus einer fettlösenden oder sich wenigstens leicht mit Fett ver¬ 
bindenden Flüssigkeit bestehen. 

6. Die Stempelfarbe muss möglichst schnell trocknen, die 
getrockneten Abdrücke dürfen sich nicht leicht verwischen 
lassen und durch Wasser nicht entfernbar sein. 

7. Die Stempelabdrücke sollen thunlichst dem Pökeln und 
Räuchern widerstehen und nach Einwirkung dieser Conservirungs- 
methoden noch unzweideutig sichtbar sein. 

Diese vorerwähnten Ansprüche an eine gute Fleisch- 
Stempelfarbe lassen sich, wenigstens zum grossen Theile, am 
leichtesten erfüllen, wenn nur eine Stempelung von frisch 
geschlachteten Schweinen und Kleinvieh oder von mageren 
Rindern in Frage kommt; bei der Stempelung von fetten 
Rindern oder von oberflächlich trockenem, eingeführtem Fleische 
erweisen sich aber in der Regel die meisten Stempelfarben als nicht 
zweckentsprechend. Im ersteren Falle nimmt die feuchte Ober¬ 
fläche von frisch geschlachteten Schweinen, Kleinvieh oder 
mageren Rindern fast jede Stempelfarbe leicht an und letztere 
theilt sich auch den oberflächlichsten Gewebsbestandtheilen so¬ 
wohl der Schweineschwarte, als auch des leicht tingirbaren, 
subcutanen Bindegewebes der letztgenannten Thiergattungen 
schnell mit. Von der Subcutis fetter Rinder aber wird fast 
jede Stempelfarbe schwer angenommen, ebenso wie dieselbe 
auch auf den zumeist trockenen und leicht fettigen, mehr oder 
weniger harten Oberflächen eingeführten Fleisches schlecht 
haften. 

Die von mir geprüften, im Handel befindlichen und mir 
bekannt gewordenen, sowie auch theilweise selbst hergestellten 
Farben, welche zur Stempelung von Fleisch vorwiegend als 
blaue und rothe Farben in verschiedenen Abtönungen Ver¬ 
wendung finden, möchte ich in folgende 3 Gruppen eintheilen: 

A. Vegetabilische Farben, bestehend aus wässerig- 
spirituösen Lösungen von Pflanzenfarbstoffen ohne weitere Zu¬ 
sätze oder höchstens vermischt mit einem Verdickungsmittel 
(Glycerin). 

B. Anilin- bezw. Theerfarben, ebenfalls in wässerig- 
spirituösen Lösungen, denen Verdickungsmittel (Glycerin, Dex¬ 
trin etc.) zugesetzt werden. 

C. Die eine besondere Stellung beanspruchende paten- 
tirte Fleischstempelfarbe von C. Krawutschke in 


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82 


DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Breslau. Dieselbe besteht, soviel mir bekannt ist, aus alkoholi- j 
sehen Farbholzextracten, weshalb sie eigentlich der ersten J 
Gruppe, den vegetabilischen Farben, zugerechnet werden könnte. 
Aber die der Farbe zugesetzte Gallus- und Salicylsäure, welche 
sammt einem Zusatze von Glycerin erst die Stempelfähigkeit der 
Farbholzextracte bedingen, charaktcrisiren die Krawutschke'sche 
Farbe immerhin als etwas Besonderes. 

Wenn nun auch manche der zur Stempelung von Fleisch 
geprüften Farben nach dieser oder jener Richtung hin gewisse 
Vorzüge zeigten, so vermochte doch keine derselben allen oben 
gestellten Anforderungen vollständig gerecht zu werden und 
auch nur eine beschränkte Zahl genügte den Hauptansprüchen. , 
Die wesentlichsten Nachtheile, welche sich bei der praktischen i 
Prüfung der Farben aus den erwähnten drei Gruppen zur Stempe- j 
lung von Schlachtthieren und Fleisch herausstcllten, lassen sich 
kurz wie folgt zusammenfassen. 

a. Die vollkommene Unschädlichkeit für Menschen kann , 
nur bei sehr wenigen Stempelfarben vorausgesetzt oder gewähr¬ 
leistet werden. 

b. Die Farben haften, weil sie vorwiegend wässerige Lö- i 
sungen der Farbstoffe mit nur geringem Alkoholgehalt vor- j 
stellen, schwer auf fettiger Oberfläche. Die Krawutschke’sche 
Farbe wird zwar wegen ihres höheren Alkoholgehaltes vom , 
fettigen Fleische etwas leichter angenommen, sie besitzt aber 
dafür wiederum den Nachtheil grösserer Flüchtigkeit, die sich 
in schneller Eintrocknung der Stempelkissen und stärkerem 
Farbenverbrauch bemerkbar macht. 

c. Die Stempelabdrückc trocknen zumeist schwer, weil 
sehr viele Farben zur Hervorbringung besserer Stempelfähigkeit j 
und grösserer Klebkraft Glycerin, Dextrin oder dcrgl. in beacht- ! 
liehen Mengen enthalten. Die Krawutschke'sche Farbe bildet j 
auch hier eine Ausnahme, da ihr Gehalt an Glycerin augen¬ 
scheinlich nur gering ist. 

d. Weil die meisten Stempelfarben wässerige Farbstoff- 
lösungen sind, dringen sie schwer in fettige thierischc Gewebe 
ein, bleiben in Folge dessen vorwiegend auf der Oberfläche 
des Fleisches liegen, ohne die Gcwcbsbestandtheile des letzteren, 
welche die Oberfläche bilden, selbst intensiver zu färben. Dass j 
sich dieser Nachtheil am wenigsten bei der Stempelung von 
frisch geschlachteten Schweinen, Kleinviehstücken und mageren 
Rindern bemerkbar machen wird, wurde schon oben erwähnt, j 

e. Mit den vorigen beiden Nachtheilen in Verbindung steht 
die weitere unangenehme Eigenschaft vieler Stempelfarben, 
dass sie leicht verwischbar und mit Wasser mehr oder weniger j 
schnell und vollkommen zu entfernen sind. Die Krawutschke’sche 
Farbe jedoch widersteht, sobald sie vollständig eingetrocknet i 
ist, den Einflüssen des Wassers. 

f. Di.e Widerstandsfähigkeit der allermeisten Stempelfarben 
gegen das Pökeln des Fleisches ist, ausgenommen die Kra¬ 
wutschke’sche Farbe, nicht stark, da die Stempelabdrücke leicht 
verwischen und in Folge Quellung der Fleischoberfläche aus¬ 
gelaugt und undeutlich werden. Soweit jedoch die Stempel¬ 
abdrücke einiger Anilinfarben während des Pökelverfahrens gut 
erhalten bleiben, widerstehen sie dann in der Regel auch der 
folgenden Räucherung. Letztere wirkt auf die Krawutschke’sche 
Farbe nach meinen Erfahrungen abblassend ein. 

g. Die Krawutschke’sche Farbe besitzt endlich noch die 
besondere Eigenschaft, nur rothbraune bis schwarzbraune Ab¬ 
drücke zu liefern, welche sich zwar von der weissen Schwarte 
der Schweine deutlich abheben, aber bei dunkler Oberfläche 
und auf gelbem Fett sehr wenig in die Augen fallen. 

Um den vorbesprochenen Nachtheilen der Stempelfarben 
zur Verwendung für die Fleischkennzeichnung abzuhelfen, hat 
in jüngster Zeit die auf dem Gebiete der Tintenfabrikation 
rühmlichst bekannte chemische Fabrik von August Leon- 
hardi in Loschwitz bei Dresden auf mehrfach von anderen 
Seiten gegebene Anregung hin neue Fleischstempelfarben her- 
gestellt, welche von mir geprüft und im Betriebe der hiesigen 
Fleischbeschau auf ihre praktische Verwerthbarkeit gründlichst 
erprobt worden sind. Diese Leonhardi'sehen Fleischstempel¬ 
farben sind zum Patent angemeldet und bedeuten auf dem in 
Frage kommenden Gebiete eine Neuerung sowohl hinsichtlich 


5. März. 

der Zusammensetzung und Herstellung der Farben, als auch 
grösstentheils bezüglich ihrer Eigenschaften und Wirkungen. 

Die Leonhardi'sehen Fleischstcmpelfarben, welche in 
den verschiedensten Farbentönen hergestellt werden können, 
bestehen aus Lösungen sog. Fettfarben, d. h. fettsaure oder 
harzsaure Farbstoffe aus der Thcerfarbenreihe, in Kohlenwasser¬ 
stoffen. Die auf solche Weise in verschiedener Concentration 
hergestellten Fleischstempelfarbcn sind leicht flüssig, vcrhält- 
nissmässig flüchtig und besitzen die unten zusammengcstellten 
Vorzüge. Zunächst wurden mit blauen, violetten, rothen und 
schwarzen Farben Versuche im Laboratorium angestellt, indem 
man Schweineschwarte mit denselben stempelte und letztere 
alsdann 24 Stunden lang folgenden Reagentien aussetzte: 

1. Reines Wasser. 

• 2. Wässerige Ammoniaklösung. 

3. Schwefelwasserstoffwasser. 

4. Einfaches Schwefelammonium. 

5. 25 Kochsalzlösung. 

6. Gesättigte Salpetcrlösung. 

7. „ Borsäurelösung. 

8. „ Boraxlösung. 

9. Deutsches Flcischwasser (freie schweflige Säure ent¬ 
haltende Lösung von schwefligsaurem Natron etc. in 
Wasser). 

10. 25 "/„ wässerige Holzessiglösung. 

Hierbei erwiesen sich anfangs einige Farben nicht allent¬ 
halben widerstandsfähig gegen die Reagentien, welche ihre 
Stempclabdrücke mehr oder weniger zum Verschwinden brachten. 
Schiesslich aber wurden mir blaue, violette, rothe und schwarze 
Fleischstempelfarbcn zur Prüfung übergeben, welche in jeder 
Beziehung der Einwirkung der aufgczähltcn Reagentien wider¬ 
standen, so dass die mit ihnen hergestellten Abdrücke durch 
letztere entweder überhaupt nicht oder doch nicht nennenswerth 
verändert wurden. Sodann liess ich die blauen und rothen 
Stempelfarben bei Ausübung der Fleischbeschau auf dem hiesigen 
Schlachthofe und in den Schauämtern für eingeführtes Fleisch 
in Gebrauch nehmen, wobei allenthalben die praktische Ver¬ 
werthbarkeit der neuen Farben sich im besten Lichte zeigte. 
Und schliesslich wurde auch noch Fleisch mit den Stempel¬ 
abdrücken von blauen, rothen und schwarzen Farben 14 Tage 
lang handwerksmässig gepökelt und geräuchert, um deren 
Widerstandsfähigkeit gegen diese beiden hauptsächlichsten Con- 
servirungsverfahren, den praktischen Verhältnissen vollständig 
entsprechend, zu erproben. 

Auf Grund aller dieser Prüfungen und Beobachtungsergeb¬ 
nisse bin ich zu der Ueberzeugung gekommen, dasss die neuen 
Leonhardi'sehen Fleischstempelfarben beachtenswerthe Vor¬ 
züge besitzen vor den bisher gebrauchten. Letztere beruhen 
in der eigenthümlichen Zusammensetzung dieser Farben, deren 
Eigenschaften und Wirkungen ich wie folgt kurz zusammen¬ 
fassen möchte. 

1. Die Lconhardi’schen Fleichstempelfarben .sind voll¬ 
kommen unschädlich für die menschliche Gesundheit und über¬ 
nimmt in dieser Beziehung die Firma jede gewünschte Gewähr. 

2. Die Stempelfarben werden vom Stempelkissen leicht 
angenommen, haften gut an jeder Art von Stempeln und liefern 
saubere, scharfe Abdrücke, die sich bei Auswahl entsprechender 
Farbentöne auffällig vom Fleische abheben. 

3. Die Farben haften selbst an sehr fettiger Oberfläche 
leicht, und die Abdrücke trocknen schnell. Daher widerstehen 
letztere auch gut »dem Wischen, wobei sie viel weniger leicht 
undeutlich werden, als die Abdrücke der bisher verwendeten 
Stempelfarben. 

4. Die aufgedrückten Stempel liegen nicht nur auf der 
Oberfläche des Fleisches, sondern die Farbe dringt leicht in die 
oberflächlichen Schichten des letzteren ein und färbt diese selbst. 
In Folge dessen und weil die zur Stempelfarbe verwendeten 
Farbstoffe sich in Wasser nicht lösen, sind 

5. die Stempelabdrücke mit Wasser nicht zu entfernen, 
selbst wenn man solches kräftig und längere Zeit auf die Ab¬ 
drücke wirken lässt. 


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No. 10. 


83 


DEUTSCHE THIER7ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


6. Während der Pökelung verändern sich die Stempel- J 
abdrücke nicht nennenswerth und sind — soweit blaue und 
schwarze Farben verwendet wurden — selbst an nicht zu dunkel 
geräuchertem Fleische noch zu erkennen. 

7. Bei grosser Ergiebigkeit sind die Leonhardi'sehen Fleisch¬ 
stempelfarben sehr sparsam im Verbrauch und ermöglichen 
eine schnelle und saubere Ausführung der Stempelung. 

8. Nach den angcstellten, oben erwähnten Laboratoriums- j 
Versuchen sind die Stempelabdrücke auch widerstandsfähig und j 
nahezu unveränderlich gegenüber den Einwirkungen von Ammo- , 
niak, Schwefelwasserstoff, Schwefelammonium, was in Anbetracht 
dessen, dass diese Gase in Schlachthäusern und Aufbewahrungs¬ 
räumen von Fleisch Vorkommen können, nicht unerwähnt bleiben 
mag. Unter Einwirkung der schwefligen Säure büssten nur 
die rothen Stempelabdrücke etwas an Deutlichkeit ein. Gegen 
die anderen Rcagentien zeigten sich, wie schon oben erwähnt, 1 
die Stempelabdrücke allenthalben widerstandsfähig. 

Bei allen diesen guten Eigenschaften der Leonhardi’schen 
Fleischstempelfarben darf auch eine weniger gute nicht uner- , 
wähnt bleiben und * diese ist ihr unangenehmer Geruch nach 
den als Lösungsmittel der Farben verwendeten Kohlenwasser¬ 
stoffen Benzin, Xylol, Benzol, Toluol oder dergleichen. Dieser 
unangenehme Geruch macht sich natürlich um so auffälliger 
bemerkbar, je stärker die Stempelkissen mit den Farben ge¬ 
tränkt sind und je grösser die Oberfläche der Kissen ist. Da¬ 
bei wird der auffällige Geruch der Farben aber immer nur für 
den Stempelnden unangenehm sein und auch dieser wird ihn j 
nur ganz schwach empfinden, wenn das Stempelkissen auf eine 
unbedingt nothwendige Flächengrösse beschränkt wird, was 
zuderrf auch aus anderen Gründen vortheilhaft ist. Auf das ! 
Fleisch, und das ist das Wichtigste, wird der unangenehme i 
Geruch der Stempelfarbe durch das Aufdrücken der Stempel ; 
keinesfalls übertragen, sondern der Geruch verflüchtigt sich \ 
ausserordentlich schnell und ist derselbe daher im Grunde ge¬ 
nommen für die Praxis bedeutungslos. 

Die vorstehend aufgeführten Eigenschaften und Wirkungen 
der Leonhardi’schen Fleischstempelfarben kennzeichnen, im Ver¬ 
gleich mit den Eingangs aufgeführten Anforderungen, welche 
an eine gute Stempelfarbe für Fleisch gestellt werden müssen, 
das Leonhardi’sche Fabrikat nicht nur als eine neue Erfindung, 
sondern auch als ein Erzeugniss mit beachtenswerthen Vorzügen. 
Letztere sind derart, dass die Stempelfarben allen denen em- ! 
pfohlen werden können, welche Werth darauf legen, dass das 
untersuchte Fleisch gut, leicht und nicht nur vorübergehend 
gekennzeichnet wird, sondern dass die aufgedrückten Stempel 
den in Betracht kommenden Einflüssen widerstehen und auf die 
Dauer deutlich bleiben. Die auffälligsten und unter allen Ver¬ 
hältnissen deutlich bleibenden Abdrücke lieferten nach den hier¬ 
seitigen Beobachtungen die blauen, violetten und schwarzen 
Stempelfarben, von denen insbesondere die letzteren verdienen, 
hervorgehoben zu werden. Wo deshalb eine verschiedenartige 
Stempelung der in Betracht kommenden Fleischsorten vorge¬ 
nommen wird, würde zum Beispiel eine Stempelung mit 
schwarzer Farbe für das im Orte geschlachtete Fleisch, mit 
himmelblauer für das von auswärts eingeführte und mit rother 
Farbe für das Freibankfleisch recht auffällige Unterscheidungs¬ 
merkmale bieten. Dabei bleibt natürlich eine beliebige Ver¬ 
tauschung dieser drei Farben für die erwähnten Zwecke dem 
Belieben des Einzelnen überlassen. 

Was endlich noch die zu empfehlenden Arten der Stempe¬ 
lung und insbesondere die Stempel anlangt, so möchte ich auf 
die diesbezüglichen Mittheilungen von Kühnau ') und Lohof f 2 ) 
verweisen. In der hiesigen Fleischbeschau finden nur aus 
Messing oder Stahl geschnittene ovale, runde, viereckige und 
sechseckige Stempel Verwendung, welche sämmtlich in ent¬ 
sprechend geformten Messinghülsen derart stecken, dass die 

*) Kühn au, Stempel und Stempelfarben. Centralzeitung f. Veterinär-, 
Viehmarkt- und Schlachthofangelegenheiten, 1897, No. 13, S. IOO. 

*) Lohoff, Einige Erfahrungen aus der praktischen Fleischbeschau; 
a. lieber die Stempelung des untersuchten Fleisches. Zeitschrift für Fleisch- 
und Milchhygiene, 1898, lid. 8, Heft 5, S. 94. 


Griffe der Stempel so weit aus der Hülse herausragen, dass 
sie leicht erfasst werden können. Am Boden der Stempelhülse 
befindet sich das aus mehreren Schichten von Tuch, feinem 
Filz oder Flanell bestehende Kissen, welches die Farben leicht 
aufnimmt und dessen oberste Lagen häufiger erneuert werden. 
Dadurch, dass die Stempel immer auf den Stempelkissen ruhen 
und deren Oberfläche bedecken, sind nicht allein die Stempel 
stets zum Gebrauch fertig, sondern es wird auf diese Weise 
auch eine Verdunstung der Stempelfarbe thunlichst hintan- 
gehaltcn. Dass diese Verbindung zwischen Stempel und Stempel¬ 
kissen, welche gewiss auch anderwärts beliebt ist, die denkbar 
compendiöseste Handhabung der Stempelungswerkzeuge und 
deren leichteste, unauffällige Mitsichführung seitens der die 
Stempelung ausführenden Personen in sich schliesst, bedarf 
keiner besonderen Hervorhebung. Die Stempel sammt den 
Hülsen können leicht in den Taschen der Kleidung etc. Ver¬ 
wahrung finden und nur dort, wo ein leichtes Herausgleiten 
der Stempel aus den Hülsen befürchtet wird und die Stempel 
nicht häufig gebraucht werden, empfiehlt es sich, die Hülsen 
mit Deckeln zu versehen, welche die Stempel in den Hülsen 
festhalten. 

Referate. 

Ueber nervöse Dyspepsie. 

Von Prof. Dr. Rosenheim-Berlin. 

(Berliner klin. Wochenschrift, 1897, No. 43. 44.) 

Kommt auf Grund seiner Erfahrungen zu folgenden Schluss¬ 
sätzen. 

1. Nervöse Dyspepsie ist ein selbständiger Krankheits¬ 
typus im Sinne Leube’s; sic ist vornehmlich eine Sensibilitäts¬ 
neurose, von Hyperästhesien anderer Art abzugrenzen und da¬ 
durch charakterisirt, dass die Beschwerden der Kranken an 
die Verdauungsthätigkcit des Magens gebunden sind, dass sie 
hauptsächlich denjenigen bei den verschiedenen Formen der 
Gastritis ähneln und dementsprechend nur mässige sind. 

2. Die motorische und die secrctorischc Function des 
Magens können bei nervöser Dyspepsie Abweichungen von der 
Norm zeigen: Anacidität, Subacidität, Superacidität, selbst 
leichter Magensaftfluss, Hypermotilität und Atonie lassen sich 
oft genug, constatiren; häufig wechselt der Befund und dieses 
Untersuchungsergebniss kann dann für die Beurtheilung von 
Bedeutung sein. Ist die functioneile Anomalie sehr hochgradig, 
und ist sie namentlich dauernd nachweisbar, so hat man gewöhn¬ 
lich Grund, statt nervöser Dyspepsie eine andere Affection an¬ 
zunehmen. Diese — meist handelt es sich um eine Form der 
Gastritis, oder um eine motorische Insufficienz erheblicheren 
Grades — kann sich auf dem Boden einer nervösen Dyspepsie 
zpr Selbständigkeit entwickelt haben und erheischt jedenfalls 
besondere Berücksichtigung. 

3. Die nervöse Dyspepsie in unserem Sinne ist keine so 
überaus häufige Krankheit, wie das gemeinhin angenommen 
wird; man hüte sich namentlich davor, dyspeptische Erschei¬ 
nungen bei nervösen Individuen leichthin als nervöse anzu¬ 
sprechen. 

4. Nervöse Dyspepsie, wie wir sie definirt haben, besteht 
in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle neben sonstigen 
nervösen Symptomen, die entweder leichterer Art sind, oder 
das ausgesprochene Krankheitsbild der Neurasthenie, selten 
der Hysterie darbicten. Dass die nervöse Dyspepsie immer 
nur Theilerscheinung einer Neurasthenie sei, ist eine unhalt¬ 
bare Behauptung. Oft genug sind die sonstigen nervösen 
Störungen abhängig von denen des Magens und verschwinden, 
wenn cs gelingt, auf dieses Organ günstig einzuwirken. 

5. Auch bei nervöser Dyspepsie kann die symptomatische 

Behandlung der Magenbeschwerden von grossem Nutzen sein, 
wenn auch von entscheidender Bedeutung meist nur eine Therapie 
ist, die den Allgemeinzustand und die Pathogenese berück¬ 
sichtigt. Malkmus. 


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DEUTSCHE THIERyERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


5. März. 


Infectiöse Paraplegie. 

Von Grangö und Maguin. 

(Recueil de Med. veterinaire. August 1897.) 

Die Verfasser haben obige Krankheit bei 4 Pferden eines 
Holzhändlers zu Epinal beobachtet. In den 4 Fällen endigte 
dieselbe letal. 

I. Das erste Pferd, ein 18jähriger, brauner Wallach, wurde 
am 17. März 1896 in der Frühe gelähmt in seinem Stand vor¬ 
gefunden. Um 11 Uhr Vormittags trat schon der Tod ein. 
Am vorhergehenden Tage hat dasselbe seine Arbeit in gewohnter 
Weise verrichtet und sein Futter zu sich genommen. 

Ein Thierarzt wurde nicht gerufen. Auch unterblieb die 
Section. 

II. Am 18. März, Morgens 4 Uhr, wurde ein 9 jähriger* 
dunkelbrauner Wallach, der am Vorabend gut gefressen und 
gearbeitet hatte, unter denselben Erscheinungen am Boden 
liegend vorgefunden. Um 8 Uhr Abends geht das Thier ein. 
Der erst spät hinzugerufene Thierarzt, dessen angeordnete Be¬ 
handlung erfolglos blieb, konnte bei der am folgenden Tage 
vorgenommenen Section nichts Positives nachweisen. 

III. In der Nacht vom 22. auf den 23. März fällt ein drittes 
Pferd, unter den gleichen Erscheinungen krank. Verfasser 
Gr an ge, der gerufen wurde, fand das Thier schon todt vor. 
Die Section wird am 24. vorgenommen und wird deren Befund, 
um Wiederholungen zu vermeiden, mit demjenigen des folgen¬ 
den 4. Falles beschrieben werden. Die durch das städtische 
chemische Laboratorium vorgenommene Untersuchung der aus 
dem Verdauungsschlauche entnommenen Nahrungsmittel ergab 
ein negatives Resultat. 

IV. Währenddem das dritte Pferd krank darnieder lag, 

wurde der noch übrig bleibende 16jährige Wallach untersucht 
und anscheinend noch in gutem Gesundheitszustand befunden. 
Die Mastdarmtemperatur betrug 37° Celsius. Als auffallend 
wurde nur bemerkt, dass das Thermometer nur schwer in den 
After einzubringen war. ] 

Am 24. Morgens wird dasselbe angespannt, wobei es sich 
jedoch sehr müde zeigt und zweimal vor dem Wagen nieder¬ 
fiel. Am 25. wird es ruhig gelassen und am 26. Morgens lag 
es gelähmt auf der Streu. Bei der Besichtigung liegt der Patient 
ruhig auf dem Boden; beim Anrufen kann er sich nicht ein¬ 
mal auf die Vorderbeine stützen. Fieber ist keines vorhanden; 
der Puls und die Athmung sind normal, desgleichen die Färbung 
der Schleimhäute. Liegend nimmt er Futter und Getränke 
zu sich. 

Die von Zeit zu Zeit abgenommene Mastdarmtemperatur 
schwankt zwischen 37 u und 37 , 7 °. Der Kothabsatz sowie der 
Urin sind normal; die Haut ist weniger empfindlich, besonders 
diejenige der Hinterhand. 

Am 30. Nachmittags 5 Uhr erfolgt der Tod. Am folgen¬ 
den Tage wird die Section vorgenommen. 

Sectionsberichte der beiden letzten Pferde. Die Musculatur 
der Hinterhand scheint etwas verfärbt. In der Brusthöhle keine 
krankhaften Veränderungen. In der Bauchhöhle zeigen die Orr 
ganc des Urogenitalsystems auffallende Krankheitserscheinungea. 
Die Schleimhaut der Harnblase, welche eine kleine Menge 
dicken, fadenziehenden Urins enthält, ist hyperämirt und zeigt 
stellenweise hämorrhagische Flecken. Die Läsionen sind nament¬ 
lich beim dritten Pferde ausgeprägt. 

Die Haupterscheinung jedoch besteht in einer angeblich 
serösen Infiltration, des den Urogenitalapparat umgebenden Binde¬ 
gewebes, von den Nieren bis zur Ruthe. Stellenweise ist die 
Serosität durch eine sulzige, ziemlich derbe Masse ersetzt. Bei 
dem Pferde No. IV betrifft diese seröse-sulzige Infiltration ins¬ 
besondere das Unterhautzellgcwebe des Penis, die Beckenportion 
des Harncanals und den rechten Harnleiter. 

Das Rückenmark ist hyperämirt und zeigt in der Höhe 
der Lendenanschwellung eine ziemlich deutliche allgemeine 
Graufärbung (Erweichung). 

Das Zusammentreffen dieser beiden Thatsachen: Plötzlicher 
Ausbruch der Krankheit während der Nacht und tödtlicher 
Ausgang bei sämmtlichen vier Patienten, hätte einigermassen 


die Annahme einer absichtlichen Vergiftung begründen können. 
Wenn es jedoch dem so gewesen wäre, so hätten die Er¬ 
krankungen zu gleicher Zeit eintreten müssen. Eine Unter¬ 
suchung des Futters und der Pflanzen, die die Pferde in dem 
Wald hätten aufnehmen können, schloss auch die Annahme 
einer zufälligen Vergiftung völlig aus. Dies wird auch dadurch 
bestätigt, dass das Pferd No. III nach einem Ruhetag erkrankte, 
während welchem es gesundes Futter bekam. Endlich war die 
chemische Untersuchung der aus dem Magen und Darm ent¬ 
nommenen Nahrungsmittel eine negative. Es konnte in Folge 
dessen nur die Diagnose auf: > Infectiöse Paraplegie« gestellt 
werden. 

•Nach einiger Zeit wurde der Stall desinficirt, das Pflaster 
wurde ausgehoben, die Krippen und Raufen c-.ncucrt und die 
Mauern neu bestochen. Seitdem ist die Krankheit unter den 
frisch angekauften Pferden nicht wieder aufgetreten. Der Be¬ 
sitzer wohnt in einem allein liegenden Hause und bleibt die 
Art der Einschleppung dieser noch so wenig bekannten Krank¬ 
heit ein Räthsel. Ilaas. 


Ueber die eingeklemmten Hodensackdarmbrüche. 

Von Bezirksthierarzt Julius Münich in Straubing. 

(Wochenschrift für Thierheilkunde und Viehzucht, 1897, No. 43. 

Hodensackdarmbruch lässt sich schon aus dem Gange des 
Hengstes vermuthen, da der Schenkel der kranken Seite meistens 
etwas steif gehalten wird, ähnlich wie bei beginnendem Ein¬ 
schuss. Untersucht man das Scrotum, so wird man immer 
finden, dass der Hoden der kranken Seite fixirt und aufge. egen 
ist; erst durch die Untersuchung per Mastdarm kann die im 
Leistencanal steckende Darmschlinge gefunden und das Leiden 
mit Bestimmtheit festgestellt werden. 

Es gelingt selten, am stehenden Thiere durch Reposition 
den Darm in seine Lage zurückzuführen. Wenn der ein¬ 
geklemmte Bruch festgestellt ist, lässt Münich den Hengst in 
einen Kastenstand bringen, dessen hinteres Ende noch mit 
Dünger belegt und dann gut eingestreut ist, damit der Hengst 
mit dem Hintertheile höher zu liegen kommt. Bei den be¬ 
stehenden Kolikschmerzen legt sich nämlich der Hengst als¬ 
bald nieder. Dann wird um jeden Fessel ein gutes Heuseil 
geschlungen und durch Anziehen an den Seilen der einen Seite 
der Patient auf den Rücken gelegt. Nun werden die vier 
Füsse an den vier Standsäulen in möglichst ungestrecktem 
Zustande fest angebunden, sodass das Thier mit möglichst weit 
auseinander gezogenen Füssen und erhöhtem Hinterthcil in 
sicherer Rückenlage erhalten werden kann. — Sind die Stand¬ 
säulen zu kurz, um das Strecken der Gliedmassen ausführen 
zu können, so müssen dieselben durch Befestigung von Hölzern 
entsprechend erhöht werden. — Nachdem in dieser Weise der 
Hengst befestigt ist, wird der Bruchsack gehörig lang, aber 
vorsichtig durchgek'netet und vom Mastdarme aus, während ein 
Gehilfe auf den Bruchsack ziemlich fest drückt, die Darm¬ 
schlinge zurückgezogen. 

In vielen Fällen gelingt auf diese Weise die Reposition. 
Gelingt sie aber nicht mehr, so schreitet M. zur Operation. 
Nach gehöriger Desinfection der Operationsstelle wird über 
dem Bruch die Haut in eine Querfalte gelegt und mittelst 
Durchschneidung derselben eine entsprechend lange Hautwunde 
gemacht und dann die Fleischhaut und allgemeine Decke bis 
zum äusseren Leistenringe hinauf von der allgemeinen Scheiden¬ 
haut lospräparirt. Letztere wird oben vorsichtig eingeschnitten 
und durch die gemachte Oeffnung der linke Zeigefinger neben 
der Darmschlinge in den Leistencanal vorsichtig eingeführt. 
Der Finger fühlt dann am inneren Leistenring eine stark an¬ 
gespannte Falte, die in den meisten Fällen das Repositions- 
hinderniss bildet und immer durchschnitten werden muss. Zu 
diesem Zwecke führt man auf den im Leistencanal befindlichen 
linken Zeigefinger das Herniotom auf der Seitenfläche ein und 
wendet dann die Schneide mit der Richtung nach aussen gegen 
die Falte, worauf die Durchtrennung ziemlich leicht gelingt. 
Hierauf giesst M. etwas I proc. Carbolöl auf die Darmschlinge 


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No. io. 


DEUTSCHE THIER^ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


85 


und macht dann die Reposition. — Wenn die eingeklemmte 
Darmschlinge stark mit Gasen gefüllt ist, so wird dieselbe 
mittelst Probetroicars entleert. — Sobald die Zurückbringung 
<Ies Öarmes erfolgt ist, wird der Samenstrang mit der all¬ 
gemeinen Scheidenhaut mehrmals um die Längsachse gedreht, 
bis die Drehung bis zum äusseren Leistenringe reicht, worauf 
dann eine gebogene Kluppe ohne Aetzmittel möglichst hoch 
angelegt wird. Der unter der Kluppe befindliche Samenstrang 
mit dem Hoden wird entfernt und die Kluppe an der Bauch¬ 
haut befestigt, damit das Aufdrehen des Samenstranges un¬ 
möglich wird. — Dies geschieht, indem man den am vorderen 
Ende der Kluppen etwas lang gelassenen Spagat an irgend einer 
passenden Stelle mit der Wundnadel durch die Haut zieht und 
beide Spagatenden zusammenbindet. 

Bei bedeutenden Anschwellungen werden die Kluppen schon 
nach 48, sonst erst nach 72 Stunden abgenommen, in der 
Weise, dass der zum Zusammenbinden der Kluppen verwendete 
Spagat vorne und hinten durchschnitten wird und jede Kluppen¬ 
hälfte für sich abgenommen werden kann, damit Lostrennungen 
vermieden bleiben. Der Patient wird hinten hochgestellt, darf 
sich 4 Tage lang nicht niederlegen und erhält 8 Tage hindurch 
nur weiches Futter. Will ach. 


Eczema rubrum des Hundes. 

Von Bezirksthierarzt Eppinger in Ried. 

(Thierarztl. Central!)!. 1897, No. 18.I 

Bei der Behandlung des sog. Eczema rubrum des Hundes, 
das Verfasser mehrere Mal zu beobachten Gelegenheit hatte, 
konnte er die Erfahrung machen, dass eine Heilung durch den 
Futterwechsel wesentlich begünstigt wird. Bei 3 mit diesem 
Leiden behafteten Hunden, deren Behandlung mit den ver¬ 
schiedensten Medicamenten erfolglos geblieben war, hatte der 
Uebcrgang von der vegetabilischen zur animalischen Nahrung 
einen solchen Erfolg, dass die Krankheit nach 14tugiger Fleisch¬ 
fütterung vollständig gehoben war und Recidive bis jetzt nicht 
vorgekommen sind. Die betr. Hunde hatten zuvor niemals 
animalische Nahrung erhalten. 

Verfasser glaubt nun keineswegs, dass die vollständige 
Entziehung der animalischen Nahrung die Entstehung des Eczems 
begünstigt, er ist jedoch der Ansicht, dass ein Futterwechsel 
(von vegetabilischer zu animalischer Nahrung und eventuell 
umgekehrt) von günstigem Einfluss auf die Heilung dieser 
Hautkrankheit ist. Görig. 

Ueber Röntgenstrahlen. 

Von Dr. J. Rosenthal. 

(Vortrag gehalten auf der 69. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte 
in llrautischweig 1897.) 

R. hat sich mit dem Studium der Röntgenstrahlen befasst 
und hierbei namentlich die practische Seite zu entwickeln ver¬ 
sucht. Die Thatsache, dass die bisherige Art der Anwendung 
von Röntgenstrahlen in der Medicin gewisse Unzuträglichkeiten 
hat, lag vor. Der Grund liegt in der langen Expositionszeit, 
sowie überhaupt in der Benutzung der photographischen Methode. 
R. hat daher der directen Beobachtung vermittelst des Fluorescenz- 
schirmes sein Augenmerk zugewendet und hierbei fand er einen 
Nachtheil der bisherigen Röntgenröhren darin, dass sie nicht 
ein ruhiges, sondern ein flatterndes Bild auf dem Flureoscenz- 
schirm erzeugten, das für den Beobachter sehr wenig Werth 
besass. Der Grund hierfür lag in der Schnelligkeit der Unter¬ 
brechungen. Während langsame Unterbrechungen des Stromes 
für die Photographie sogar einen gewissen Werth haben, sind 
solche für die directe Beobachtung vermittelst des Fluorescenz- 
schirmes gar nicht geeignet. R. stellte diesen Missstand durch 
Construction eines geeigneten Stromunterbrechers ab, sodass 
sich der Apparat sowohl für die photographische Aufnahme, 
wie für • die directe Beobachtung mittelst des Fluorescenz- 
schirmes durch ein ruhiges Licht eignete. Noch ein Umstand 
war zu beseitigen, nämlich die gewonnenen Bilder mussten 


schärfer und contrastreicher sein. R. schiebt diese mangel¬ 
hafte Schärfe der Bilder der Thatsache zu, dass auch die 
Röntgenstrahlen nicht alle gleiche Eigenschaften besitzen. Während 
z. B. einige derselben selbst Metallplatten leicht durchdringen, 
giebt es andere, die durch dichte Theile zwar nicht hindurch¬ 
gehen, dasselbe aber bei weniger dichten auch nur schwach 
thun. Erstere Sorte von Strahlen giebt also keine Contraste 
und letztere ebenfalls nicht. Es giebt eben wie zwischen den 
verschiedenen Strahlen des Sonnenspectrums, auch zwischen 
den einzelnen Röntgenstrahlen wesentliche Unterschiede. Nur 
derjenige Theil der Röntgenstrahlen, der dichte Theile gar 
nicht, weniger dichte dagegen leicht durchdringt, eignet sich 
für die Erzeugung contrastreicher Bilder. R. hat derartige 
Bilder erhalten mit Hülfe von Röntgenröhren, welche die Firma 
»Voltolun« in München erzeugt. Die von dieser Firma er¬ 
zeugten Apparate zur directen Beobachtung vermittelst Röntgen¬ 
strahlen dürften z. Z. als die besten angesehen werden 

Fri ck. 


Abortus bei einer Kuh mit Ausstossung von 7 Föten. 

Von Dr. Ferdinando Pasetti. 

(La clinica veterinaria 1897. S. 547.) 

Eine 7 Jahre alte Kuh hatte 4 Jahre hintereinander je 
1 Kalb geboren. Bei der folgenden Trächtigkeit war ihr Hinter¬ 
leib umfangreicher als sonst, doch nicht im Uebermasse. Der 
Abort fand statt ungefähr am 200. Tage der Trächtigkeit. Die 
Wehen begannen Morgens, und um 11 Uhr Vormittags wurde 
der erste Fötus ausgestossen, um 2 Uhr Nachmittags waren 
deren 3 vorhanden. Die Kuh blieb ruhig bis 9 Uhr Abends, 
wo wieder Wehen auftraten, und um Mitternacht waren noch 
4 Föten zur Welt gekommen. Es war immer ein männlicher 
und ein weiblicher Fötus abwechselnd gefolgt, sodass 4 männ¬ 
liche und 3 weibliche Vorlagen. Dieselben waren vollständig 
normal gebildet und wogen jeder ungefähr 7 bis 8 kg. Die 
Kuh selbst war sehr ermattet, die Eihäute waren zurück¬ 
geblieben. Die Temperatur betrug 41,7 u C., es wurde be¬ 
ständiges Stöhnen gehört ; das Flotzmaul war trocken, die Haut 
trocken, das Haar gesträubt, Blick stier, matt. Die Eihäute 
wurden manuell entfernt und der Uterus mit lauwarmem, zwei- 
procentigem Creolinwasser ausgespült. Ueberdies wurde inner¬ 
lich Chinin in warmem Wein verabreicht. Die Kuh starb 
4 Tage nach dem Abortus. Fr ick. 

Ueber Leucocytose. 

Von Dr. Paul Jacob. 

(Verhandlungen des Congresses für interne Medicin 1897.) 

Bei der experimentellen Prüfung der Ursache der auf¬ 
tretenden Vermehrung der weissen Blutkörperchen im kreisen¬ 
den Blute bei acut fieberhaften Krankheiten oder nach intra¬ 
venöser Injection von Albumosen, Organextracten etc. hat man 
die Beobachtung gemacht, dass der Vermehrung (Hyper- 
leucocytose) stets eine Verminderung (Hypoleucocytose) vor¬ 
ausgeht. Goldscheider und J. erklärten den Vorgang auf 
Grundlage der Chemotaxis; sie stellten sich vor, dass die in- 
jicirte Substanz zunächst die Leucocyten in die Capillaren der 
inneren Organe treibt, dass dann das allmählich der in die 
Lymphbahnen übertretende Stoff anlockend auf die in den 
blutbereitenden Organen zur Abstossung bereit liegenden Leuco¬ 
cyten einwirkt und dass dadurch die Hyperleucocytose zu 
Stande kommt. 

Bei den meisten Infectionskrankheiten fehlt eine Hyper¬ 
leucocytose nur dann, wenn der Krankheitsverlauf ein äusserst 
schwerer meist zum Tode führender ist. Es ergiebt sich hier¬ 
aus, dass die Leucocyten erhebliche bactericide Kräfte besitzen. 
Besteht über diese Thatsache auch keine Meinungsverschieden¬ 
heit mehr, so ist man sich doch noch nicht einig über den 
Vorgang dieser Einwirkung. 

Während Metschnikoff und seine Schule die Anschauung 
vertritt, dass die weissen Blutkörperchen die Infectionsstoffe in 

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5. März. 


86 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


sich aufnehmen, gleichsam fressen und dann allmählich ver¬ 
nichten (P h a g o c y t o s e), wird hauptsächlich von den deutschen 
Forschern unter Führung von Büchner auf die chemische 
Wirkung der Leucocyten durch Bildung von Alex inen Ge¬ 
wicht gelegt. 

J. hat zur Klärung der Frage neue Versuche angestellt; 
durch Injection von Albumosen erzeugte er bei Versuchsthieren 
Leucocytose. Einen Theil inficirte er im Stadium der Hypo- 
leucocytose, die andern während der Hyperleucocytose. Erstere 
starben sämmtlich, Letztere wurden entweder gar nicht krank 
oder genasen doch nach leichter Erkrankung. 

Ferner entnahm er Thieren im Stadium der Hyperleucocy¬ 
tose Blut, gewann daraus das Serum und injicirte es andern 
Versuchsthieren, die darauf gleichfalls inficirt wurden. Der 
Krankheitsverlauf war dann weniger heftig als bei den Control- 
thieren. Wurde dagegen Serum aus hypoleucocytotischem 
Blute verwendet, so blieb dies ohne Einfluss auf die nach¬ 
folgende Infection. 

J. präcisirt seine Auffassung wie folgt: 

Befällt eine Infectionskrankheit den Organismus, so hängt 
es von der Menge des von den Bacterien ausgeschiedenen 
Toxins ab, wie sich die Thätigkeit der Leucocyten gestaltet. 
Ist diese Menge eine sehr grosse, so kommt es gewöhnlich 
gar nicht zu einer Hyperleucocytose, da der negativ chemo- 
tactische Einfluss dieses Toxins auf die weissen Blutkörperchen 
zu gross ist, als dass eine stärkere Anlockung derselben aus 
den blutbereitenden Organen erfolgen könnte. Wenn die Toxin¬ 
menge aber eine nur mittlere oder geringe ist, so entsteht 
nach kürzerer oder längerer Zeit auf Grund derjenigen Fac- 
toren, die ich Ihnen im ersten Theile meines Vortrages ent¬ 
wickelte, eine Hyperleucocytose; die frisch in die Blutbahn 
geführten Leucocyten sondern ihre baktericiden Producte ab, 
welche den Kampf mit den von Bakterien ausgeschiedenen 
Toxinen aufnehmen und denselben je nach den Mengenverhält¬ 
nissen zu einem mehr oder minder glücklichen gestalten. 

J. spricht übrigens den Leucocyten keineswegs die Rolle 
der Phagocyten vollkommen ab, glaubt vielmehr, dass, nach¬ 
dem sie die secernirenden Functionen ausgeübt haben, nun 
auch die als Transportträger aufnehmen. 

Zum Schlüsse hält sich J. für berechtigt, bei acuten In- 
fectionskrankheiten Injectionen von Mitteln zu empfehlen, welche 
eine Hyperleucocytose hervorrufen, um dadurch die Leucocyten 
als Truppen aus den blutbereitenden Organen auf den Kampf¬ 
platz locken, um den Sieg über die Bakterien zu entscheiden. 

Malkmus. 


Beitrag zur Klärung der Ursache periodischer Augen¬ 
entzündungen. 

Von Thierarzt M. Knaflitsch. 

Thicrarzl. Ccnlralbl. 1897, No 22. 

Die Aetiologic der periodischen Augenentzündung hat im 
Laufe der Jahre die verschiedensten Deutungen erfahren. Wenn 
nun auch nach Beobachtungen neuerer Autoren kein Zweifel 
mehr besteht, dass infcctiösc Vorgänge die Hauptrolle spielen, 
so lassen doch die in der practischen Pferdezucht und ins¬ 
besondere in den Gestüten gemachten Erfahrungen die Mög¬ 
lichkeit einer Vererbung nicht ganz ausgeschlossen erscheinen. 
Verf., welcher als Thicrarzt einer Remonte-Assent-Commission 
Gelegenheit hat, ein sehr grosses Pferdematerial zu untersuchen, 
thcilt nun mehrere Fälle mit, die für eine Heredität Sprechen. 
Es betreffen diese Fälle sowohl Hengste, welche mit dieser 
Krankheit behaftet dieselbe auf ihre Nachkommen übertrugen, 
als auch erkrankte Mutterthiere, deren Fohlen regelmässig die 
Erscheinungen der periodischen Augenentzündung frühzeitig 
erkennen Hessen. Sämmtlichc Fälle stammten aus Stallungen 
grösserer Besitzer. 

In prophylaktischer Hinsicht macht Verfasser folgende 
Vorschläge: 

1) Untersuchung der Augen der Deckhengste vor ihrer 
Abgabe auf die Beschälplatten durch damit beauftragte Thierärzte. 


| 2) Untersuchung der zu Zuchtzwecken aufgestellten Mutter- 

j thiere durch die betr. Bezirks- bezw. Communalthierärzte in 
der gleichen Zeitperiode wie die Hengste (Monat Februar). 

3) Ausgabe eines Certificates an die Besitzer gesunder 
Stuten, in dem der Name des Züchters und das Signalement 
des Thieres genau aufgezeichnet ist. Auf Grund dieses wird 
die Stute erst zur Deckung zugelassen. 

4) Abnahme des Certificates Seitens des Beschälstations¬ 
leiters nach der Deckung und Ablieferung an die Vorgesetzte 
Behörde. 

In Verfolg dieser Massnahmen wäre eine Deckung augen- 
I kranker Stuten durch ärarische Hengste vollständig aus- 
! geschlossen und einer Vererbung dieser Krankheit nach Mög¬ 
lichkeit entgegengetreten. Görig. 


1 

Verschiedene Mittheilungen. 

Impfinstitut. 

An dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin wird 
eine besondere Abtheilung für Wuthkrankheit einge¬ 
richtet. Zum Leiter der Abtheilung ist Professor Pfeiffer 
i bestimmt. 


Bestrebungen der Fleischschau-Beamten in Berlin. 

Die auf dem Berliner städtischen Schlachthof 
thätigen Thierärzte, Probenehmer und Fleischbe¬ 
sch au er sind in eine Bewegung zur Besserung und Sicherung 
ihrer Lage eingetreten. Sie wollen vor Allem anerkannt wissen, 
dass sie öffentlich-rechtliche Beamte sind und in Folge dessen 
auf Lebenszeit angestellt sein müssen und zwar auch in den 
l Fällen, wo in ihrem Vertrag ausdrücklich, aber gegen Gesetz 
und Recht und somit rechtswidrig, eine Kündigung vorgesehen 
ist; sie wollen ausserdem, soweit dies unter den obwaltenden 
Verhältnissen möglich ist, Pensionsberechtigung erstreben. Man 
hat zunächst eine eingehende Rechtsbelehrung gesucht, die im 
Allgemeinen für die Bestrebungen günstig ausgefallen ist. Der 
Magistrat betrachtet die Betreffenden bekanntlich als »Beamte 
der städtischen Werke« und da die Städteordnung keine Be- 
; amten kennt, die berufen wären, für das Erwerbsleben der 
J Stadt thätig zu sein und da auch das Reichsgericht entschieden 
: hat, dass die Angestellten der städtischen industriellen Unter- 
' nehmungen nicht als Gemeindebeamte im Sinne der Städteord- 
! nung anzusehen sind, steht der Magistrat auf dem Boden der 
I Anschauung, dass die Betreffenden nicht als lebenslänglich An¬ 
gestellte zu betrachten sind. Das Rechtsgutachten ist dem 
i gegenüber zu einer anderen Auffassung gekommen. Da die 
j Thätigkeit der Betreffenden gewissermassen vor den Thoren 
; der Schlachthäuser beginnt, sie auch nicht auf Förderung der 
industriellen Seite des Schlachthofbetriebes gerichtet ist und da 
| das Gesetz über die Fleischschau ausdrücklich bestimmt, dass 
i die Fleischschaugebühren nur so hoch sein dürfen, als nöthig 
j ist, um die Unkosten zu decken, gehört nach dem Gutachten 
i die Flcischschau gar nicht zum industriellen Schlachthofbetrieb 
i und die Beamten der Fleischschau seien in Folge dessen auch 
nicht »Beamte der städtischen Werke«. Sie seien vielmehr 
öffentlich-rechtliche Beamte im Sinne der Städteordnung sowohl 
in Bezug auf den Charakter ihrer Thätigkeit, die sich als Aus- 
| Übung polizeilicher Befugnisse darstelle, wie auch in Bezug auf 
die Art der Anstellung, die unter ausdrücklicher Zustimmung 
| des Polizeipräsidenten erfolge, wie endlich auch in Bezug auf 
1 die strafrechtliche Stellung, da das Reichsgericht ausdrücklich 
anerkannt habe, dass der Fleischbeschauer bezw. der Ange¬ 
stellte der Fleischschau den verstärkten strafrechtlichen Schutz 
der öffentlich-rechtlichen Beamten geniesse. Der Gutachter 
betrachtet ferner die Thierärzte als höhere, die Probenehmer 
und Fleischbeschauer als Subalternbeamte, während er die 
' Stempler als Unterbeamte, also als nicht auf Lebenszeit An- 
1 gestellte, auffasst. 


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DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


87 


No. 10. 


Uebernahme der Kosten thierärztlicher Untersuchungen 
auf die Staatskasse. 

Das Haus der Abgeordneten in Berlin bericth in 
seiner 29. Sitzung den Antrag der Abgg. Herold und Ge¬ 
nossen über: 

die Regierung zu ersuchen, möglichst bald einen Gesetz¬ 
entwurf vorzulegen, durch welchen das Gesetz vom 12. März 
1881, betreffend die Ausführung der Reichsgesetze über die 
Abwehr und Unterdrückung der Viehseuchen, nach der 
Richtung geändert wird, dass die Kosten thierärztlicher 
Untersuchungen, welche auf Anordnung von Verwaltungs¬ 
behörden erfolgen, auf die Staatskasse übernommen 
werden. 

Abg. Herold: Die Aufbringung dieser Kosten durch die , 
Interessenten hat in weiten Kreisen des Landes grosse Miss- ! 
Stimmung erzeugt. Deshalb habe ich meinen von Abgeordneten 
fast aller Parteien unterstützten Antrag eingebracht. Es be- 1 
steht auf diesem Gebiet auch nicht völlige Rechtssicherheit. 1 
Viehhändler brauchen z. B. die Kosten der Ausladung des 
Viehs zur. Untersuchung nicht zu bezahlen. Nur einen Theil 
der Kosten der Untersuchung haben solche Unternehmer zu I 
tragen, und diese Kosten wälzen sie auf die Tausende kleiner j 
Landwirthc ab. Aus allen Schwierigkeiten ist nur dadurch 
herauszukommen, dass die Kosten auf die Staatskasse über- / 
nommen werden. Der Finanzminister hat bereits die Beschcini- 
nungen über die Untersuchungen für stempelfrei erklärt, weil 
ein öffentliches Bedürftyss vorliege. Im Königreich Sachsen 
hat die Staatskasse diese Kosten durch Gesetz übernommen. 
Mein Antrag giebt nur eine allgemeine Anregung und überlässt 
die einzelnen Bestimmungen der Regierung. Ich beantrage, 
meinen Antrag der Agrarcommission zu überweisen. 

Geheimer Regierungsrath Küster: Die Regierung hat sich , 
mit dem Antrag noch nicht beschäftigt; er ist in seiner all¬ 
gemeinen Fassung nicht brauchbar. Ich glaube auch nicht, 
dass der Finanzminister bereit sein wird, die sämmtlichen Kosten 
auf die Staatskasse zu übernehmen. Den Städten können die 
Kosten der Controle auf keinen Fall abgenommen werden, j 
ln Sachsen fällt auch ein Theil der Kosten den Händlern zur 
Last, z. B. die Kosten für die Beschaffung der Stallungen. Die | 
Gewerbeordnung lässt Beschränkungen des Hausirhandels zu, 
z. B. des Treibens des Viehs auf den Strassen; die dadurch 
den Händlern erwachsenden Kosten kann die Staatskasse auch ' 
nicht übernehmen. 

Abg. v. Mendel-Steinfels: Die Belastung der kleinen 
Landwirthe durch die Controlmassregeln zur Abwehr der Vieh- j 
seuchen wird sehr schwer empfunden. Meine Freunde können 
daher den Intentionen des Antragstellers nur folgen. Nicht die 
Unternehmer, die Händler, tragen diese Kosten, sondern sie 
wälzen sie auf die kleinen Landwirthe ab. In Sachsen ist die 
Frage auch noch nicht richtig geordnet; es geht daher nicht 
an, so ohne Weiteres diese Materie zu regeln. In Sachsen ist 
der Viehhandel so sehr in jüdischen Händen, dass der kleine 
Landwirth es nicht wagen darf, in seinem Dorfe ein Stück 
Vieh von Hand zu Hand zu verkaufen; er muss dazu die Ver- | 
mittlung des Händlers anrufen. Ueber kurz oder lang müssen | 
die Gehälter der Kreis-Thierärzte regulirt werden. Die Kreis- j 
Thierärzte haben kein Minimalgehalt, keine Pensionsfähigkeit. ! 
Der Kreis-Thierarzt muss im Interesse des Amtes oft die Privat- | 
kundschaft vernachlässigen; er hat für die Allgemeinheit durch 
die Seuchencontrole viel zu leisten, ohne eine genügende Ent¬ 
schädigung zu erhalten. Durch den Antrag wird die Staats¬ 
kasse sehr belastet werden. Ueber die Grenze kommt sehr 
viel minderwerthiges Vieh herein, das sorgfältigster Controle 
bedarf ; die Kosten dafür darf die Staatskasse nicht den Im¬ 
porteuren abnehmen. Die Staatskasse kann die Kosten nur so 
weit übernehmen, als es nöthig und nützlich ist. In der 
Agrarcommission können wir das pro und contra eingehend 
erwägen. 

Abg. Dasbach: Von den Viehseuchen werden nament¬ 
lich die kleinen Landwirthe betroffen, und diese können die 
Kosten der Seuchencontrolen nicht tragen. Wenn die Materie 


auch sehr schwierig ist, sie muss doch zu Gunsten der kleinen 
Landwirthe geregelt werden. 

Abg. Gothein: Wir sind innerlich mit dem Antrag voll¬ 
kommen einverstanden und sind auch zur Mitarbeit in der 
Commission bereit. Die Städte dürfen nicht anders behandelt 
werden als das Land; auch deren Kosten muss die Staatskasse 
übernehmen. Die finanzielle Belastung des Staats würde nicht 
so bedeutend werden. Diese Politik der kleinen Mittel werden 
wir immer unterstützen. 

Abg. Knebel: Wenn die Städte nicht unterschiedlich 
behandelt werden dürfen, so muss doch der Marktverkehr von 
diesem Antrag ausgeschlossen werden, gleichviel ob er auf dem 
Lande oder in der Stadt stattfindet. Herr v. Mendel ist stets 
der Ansicht gewesen, dass der Viehhandel über Land beseitigt 
werden müsse, aber in Gegenden mit vielem kleinem Grund¬ 
besitz ist dieser Handel nicht entbehrlich und noch nicht ein¬ 
mal genug entwickelt. Der Antrag ist wohl zu prüfen und 
namentlich seine Rückwirkung auf den Marktverkehr und den 
Kleinverkehr zu beachten. Wir sind mit der Ueberweisung 
an die Agrarkommission einverstanden. 

Abg. Reinecke-Sagan: Namens meiner Freunde habe 
ich zu erklären, dass wir bereit sind zu helfen, dass etwas 
Erspriessliches aus dem Antrag herauskommt. Wir wollen den 
Handel an der Grenze und auf dem Lande thunlichst be¬ 
schränken, um endlich der Seuchencinschleppung Einhalt zu 
thun. Die Ueberweisung des Antrages an die Agrarcommission 
ist zweckmässig. 

Nach einem kurzen Schlusswort des Abg. Herold wird 
der Antrag der Agrarcommission überwiesen. 

Verzeichniss der Vorlesungen und praktischen Uebungen 
an der Königlichen Thierärztlichen Hochschule zu Berlin 

im Sommer-Semester 1898. 

(Anfang: 16. April.) 

1) Dr. Schütz, Geheimer Regierungsrath, Professor: Allgemeine Pa¬ 
thologie, täglich von 10—II Uhr Vormittags, 6 ständig. Pathologisch-ana¬ 
tomische Demonstrationen, Montag, Dienstag und Mittwoch von 8—9 Uhr 
Vormittags, 3 stündig. Pathologisch-histologische Uebungen, in Gemeinschaft 
mit Repetitor Dr. W illerding, täglich von 12—2 Uhr Nachmittags. 

2) Dr. Dieckerhoff, Geheimer Regierungsrath, Professor: Gericht¬ 
liche Thierarzneikunde, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag. Freitag und Sonn¬ 
abend von 7—8 Uhr Vormittags, 5 stündig. Klinik für grössere Hausthiere, 
Abtheilung für innere Krankheiten und Gewährmängel, täglich von 10—12 Uhr 
Vormittags und von 4—5 Uhr Nachmittags. 

3) Dr. Munk, Piofessor: Physiologie I, Dienstag, Mittwoch, Freitag 
von 9 —10 Uhr Vormittags und Donnerstag von 9—11 Uhr Vormittags, 
5 stündig 

4) Dr. Pinn er, Professor: Anorganische Chemie, Dienstag, Mittwoch 

und Donnerstag von 4—6 Uhr Nachmittags, 6 stündig. Organische Chemie, 
Montag und Freitag von 4—6 Nachmittags, 4stündig. Chemische Uebungen 
in Gemeinschaft mit dem Assistenten der Chemie Kohlhammer, Montag 
von 2—4 Uhr, Dienstag, Mittwoch und Donnerstag von 4—6 Uhr Nach¬ 
mittags. ' 

5 ) Eggeling, Professor: Seuchenlehre und Veterinär-Polizei, Donners¬ 
tag, Freitag und Sonnabend von 8—9 Uhr Vormittags und Mittwoch von 
9—10 Uhr Vormittags, 4 stündig. Propädeutik der ambulatorischen Klinik, 
Montag und Dienstag von 9—10 Uhr Vormittags. Ambulatorische Klinik. 

6) Dr. F r ö h n e r, Professor: Allgemeine Chirurgie und Akiurgie, täg¬ 
lich von 8—9 Uhr Vormittags, 6 stündig. Klinik für grössere Hausthiere, 
Abtheilung filr äussere Krankheiten, täglich von 10—12 Uhr Vormittags und 
von 4—5 Uhr Nachmittags. 

7) Dr. S c h m a 1 1 z, Professor: Histologie, Montag, Dienstag, Mittwoch 
und Donnerstag von 12—I Uhr Nachmittags, 4stündig. Histologische Uebungen 
in Gemeinschaft mit Prosector Dr. Zernecke, Montag, Dienstag, Mittwoch, 
Freitag und Sonnabend von 10—12 Uhr Vormittags. Embryologie, Donners¬ 
tag von II —12 Uhr und Freitag von 12—1 Uhr, 2 stündig. Geschichte der 
Thierheillcunde, Montag von 7—8 Uhr und Freitag von 9 —10 Uhr Vor¬ 
mittags, 2 stündig. 

8) Dr. O s t e r t a g, Professor : Diätetik, Mittwoch und Freitag von 
9—io Uhr Vormittags, 2stündig. Thierische Parasiten, Sonnabend von 


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88 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


5. März. 


9—10 Uhr Vormittags, istündig. Sanitätspolizeiliche Milchkunde, Donnerstag 
von 9—10 Uhr Vormittags, istündig. Bakteriologie der Thierseuchen, 
Dienstag von 5—6 Uhr Nachmittags, istündig. 

9) Eber, Professor: Pharmakologie und Toxikologie I, Dienstag, Mitt¬ 
woch und Donnertag von 7—8 Uhr Vormittags, 3stündig. Receptirkunde, 
Sonnabend von 9—io Uhr Vormittags, istündig. Allgemeine Therapie, 
Montag, von 7—8 Uhr Vormittags, I stündig. Klinik für kleinere Hausthiere, 
täglich von 10—12 Uhr Vormittags und von 4—5 Uhr Nachmittags. . 

10) Dr. Eberlein, Lehrer: Poliklinik für grössere Hausthiere, täg¬ 
lich von io—12 Uhr Vormittags und von 4—5 Uhr Nachmittags. Uebungen 
am Hufe, in Gemeinschaft mit dem Assistenten Goetze, täglich von 
4—6 Uhr Nachmittags. Exterieur- und Gestütkunde, Donnerstag von 9 bis 
io Uhr, Freitag und Sonnabend von 7—8 Uhr Vormittags, 3 stündig. 

11) Dr. Wittmack, Geheimer Regierungsrath, Professor: Botanik, 
Montag von 9—io Uhr, Mittwoch, Donnerstag und Freitag von 8—9 Uhr 
Vormittags, 4 stündig. Botanische Excursionen, Sonnabend Nachmittags. 

12) Dr. Börnstein, Professor: Physik, Dienstag, Mittwoch und 
Donnerstag von 3—4 Uhr Nachmittags, 3 stündig. 

13) Dr. Werner, Geheimer Regierungsrath, Professor: Rindviehzucht, 
Mittwoch und Donnerstag von 12—I Uhr Nachmittags, 2 stündig. Schweine¬ 
zucht, Sonnabend von 12—I Uhr Nachmittags, istündig. 

14) Dr. Plate, Professor: Zoologie, Montag, Dienstag von 8—9 Uhr, 
Sonnabend von 8—10 Uhr Vormittags, 4stündig. 

15) Dr. Zernecke, Prosector: Histologische Uebungen in Gemein¬ 

schaft mit Professor Dr. Schmält z. Einleitung in die Ahatomie, Dienstag 
bis Freitag von 9—10 Uhr, 4 Wochen lang. 1 

16) Brass, Repetitor: Assistenz in der medicinischen Klinik. | 

17) Dr. Willerding, Repetitor: Pathologisch-histologische Uebungen 
in Gemeinschaft mit Geheimem Regierungsratb, Professor Dr. Schütz. j 

18) Pfeiffer, Repetitor: Assistenz in der chirurgischen Klinik. 

19) Kohlhammer, Assistent der Chemie: Chemische UebungeJ in 
Gemeinschaft mit Professor Dr. P inner. 

ao) Dr. Du Bois-Reymond, Assistent der Physiologie: Repetitionen 
über Physiologie. 

21) Goetze, Assistent in der Poliklinik: Uebungen am Hufe in Ge¬ 
meinschaft mit Lehrer Dr. Eberlein. 

22) Dr. Eschbaum, Apotheker: Pharmazeutische Uebungen, täglich 
von 10—12 Uhr Vormittags und von 4—5 Uhr Nachmittags. 

Berlin, den 9. Februar 1898. 

Der Rector der Thierärztlichen Hochschule. 

Dr. Dieckerhoff 

Vereinsnachrichten. 

Einladung zu einer ausserordentlichen Generalversammlung 
des thierärztlichen Vereins für die Provinz Hannover 

am Dienstag, den 8. März 1898, Vormittags II Uhr, 
im »Continental-Hotel« zu Hannover. 

Einziger Gegenstand der Tagesordnung: Aufhebung der Ehrenraths¬ 
statuten. 

Mit Rücksicht auf § 7 Abs. I unserer Statuten wird um möglichst 
zahlreichen Besuch dringend gebeten. J| 

Nach der ausserordentlichen findet die diesjährige 

XXXVIII. ordentliche Generalversammlung 
statt mit folgender Tagesordnung: 

1. Berichterstattung des Vorsitzenden. 

2. Kassenbericht dis Rendanten. 1 

3. Sollte in der ausserordentlichen Generalversammlung keine Beschluss¬ 
fähigkeit erzielt werden, so würde die ordentliche Generalversamm¬ 
lung über das Ehrenrathsstatut zu entscheiden haben. 

4. Berichterstattung über die Plenarversammlung des Deutschen Vete¬ 
rinärraths in Cassel. Ref. Prof. Dr. Esser. j 

5. Mittheilungen aus dem Gebiete der Geburtshülfe. Prof. Dr. Kaiser. 

6. Neuwahl des Präsidenten. 

Vor der Generalversammlung findet eine Ausschusssitzung statt. 

Nach Schluss der Verhandlungen gemeinschaftliches Mittagessen. • 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Le Manuel opdratoire pour l’esp&ce bovine. J. Guittard. 
Agen, Imprimerie Quillot, Cours Washington 1898. 

G. hat ein Werk geliefert, das nach zwei Richtungen von gleichartigen 
Arbeiten abweicht. Erstens behandelt es nur die beim Rinde vorkommenden 
Operationen und zweitens ist es originell, weil es auf des Verfassers eigenen 
praktischen Erfahrungen beruht, die, soweit sich Ubesehen lässt, recht um¬ 
fangreiche sind. Der letztere Umstand ist Veranlassung, dass in dem Werke 
jener Ballast fehlt, den manche Autoren mit herumschleppen und der den 
Umfang ihrer Werke zwar, aber nicht ihren praktischen Werth erhöht. Es 
ist daher recht lobenswerth, dass G. als Praktiker seine persönlichen Er¬ 
fahrungen mittheilt und zwar ohne sich an Andere anzulehnen oder die 
Arbeiten Anderer kritiklos abzuschreiben. Die Arbeit ist nach jeder Richtung 
originell und schon lediglich deswegen lobend anzuerkennen. 

Der eigentlichen Beschreibung der Operationen, die nach Apparaten 
(Circulations-, Respirations-, Digestions- u. s. w. Apparat) geordnet sind, ist 
ein umfangreiches Kapitel vorangestellt, welches auch eine EigenthÜmlichkeit 
des Werkes ist. G. hat nämlich, unterstützt durch viele einfache, aber sehr 
verständliche Abbildungen, die Hülfsmittel und ihre Verwendung zur Be¬ 
festigung und Bändigung des Rindes ausführlich beschrieben. Hierbei ist er 
sehr gründlich zu Werke gegangen, indem er die gerade in der Rindvieh- 
praxis viel gebrauchten Stricke, Seile, Taue genau beschreibt und auch der 
Schürzung von Knoten, Schleifen, Schlingen u. s. w. eingehende Besprechung 
zu Theil werden lässt. In welcher Weise die in der Landpraxis vorhandenen, 
oft recht primitiven Hülfsmittel für thierärztliche Zwecke verwendet werden, 
ist in dem beregten Kapitel so ausführlich beschrieben, wie in keinem dem 
Ref. bekannten Werke. Für den jungen Thierarzt, der eben erst in die 
Praxis geht, ist dieses Kapitel besonders instructiv, aber auch jeder ältere 
Praktiker wird darin Brauchbares linden. 

Von den einzelnen Operationen, deren ausführliche Besprechung an 
dieser Stelle geradezu unmöglich ist, sind die Operationen an und in der 
Bauchhöhle besonders interessant. G. hat hier gezeigt, dass das Rind für 
derartige Operationen ein geeignetes Feld bietet und dass bei ihm unter ge¬ 
eigneten Massnahmen Eingriffe wie Darmresection, Lösung von Invaginationen 
u. s. w. mit Erfolg vorgenommen werden können. Bei der Häufigkeit von 
Erkrankungen des Digestionsapparates gerade, beim Rinde erscheint dieses 
Capitel des G.'sehen Werkes sehr beachtenswerth. 

Recht ausführlich sind auch die geburtshülflichen Operationen abge¬ 
handelt ; dieselben enthalten viele sehr beachtenswerthe Winke. 

Den Schluss des Werkes bildet ein kurzer Abriss Uber Thermometrie 
und subcutane und intravenöse Injectionen beim Rinde. 

Als Anhang sind ein Schwebe- und Hebeapparat für Rinder, wie man 
ihn selbst hersteilen kann, und die Methode und Apparate für Geburtshülfe 
von Morlot fils besprochen. 

Wenn man das Werk im Ganzen nimmt, so stellt es freilich keine 
wissenschaftliche Operationslehre der Rinder dar, allein der Autor hat dies 
auch offenbar gar nicht beabsichtigt. Er hat aus der Praxis und für die 
Praxis geschrieben und das ist unstreitig ein Vorzug, der das Werk für die 
Praxis geeignet macht wie kaum ein zweites. Alles, was der Autor beschreibt, 
ist von ihm selbst erprobt und daher sofort verwerthbar, so dass das Buch 
jedem Praktiker empfohlen werden kann. Frick. 

Personal-Nachrichten. 

Auszeichnungen: Prof. Dr. v. Ratz an der Veterinärakademie in 
Budapest wurde vom Verein praktischer Thierärzte in Berlin zum Ehren¬ 
mitglied ernannt. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitzver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Dem Thierarzt Ernst Wulff 
in Stolzenau ist die interimistische Verwaltung der Kreisthierarztstelle des 
Kreises Stolzenau übertragen worden. Thierarzt H. Goslar in Siegen 
wurde zum Schlachthofthierarzt in Aachen ernannt. Verzogen sind die Thier¬ 
ärzte Dr. P. Will ach von Freiburg nach Louisenthal (Saar), H. Bresser 
von Berlin nach Duisburg, J. Deterts von Hannover nach Eberswalde, 
C. Claussen von Berlin nach Schmalkalden, M. Pfannenschmidt von 
Breslau nach Hirschberg. 

Bezirksthierarzt G. S t ö r z e r von Radolfszell wurde unter Anerkennung 
seiner treu geleisteten Dienste in den Ruhestand versetzt. 

Gestorben: Th. H. Klingenstein in Aachen. 


Verlag"der Gesellschaft „Deutsche Thierärztliche Wochenschrift“ (i. A". Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der MackloFschen Druckerei in Karlsruhe i. B. 


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Deutsche 


Thierärztliehe Wochenschrift 


herausgegeben von 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regierungs- und Medicinalrath, 
Director der Thierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 


Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregierungsrath 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regierungsrath und Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Freiburg i. B. 


redigirt von 


Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 Jh viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784a. 


Sechster Jahrgang. 


Sämmtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 
Correcturen und Anzeigen an die Expedition der 
Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 
in Karlsruhe (Baden). 


M 11 . 


Ausgegeben am 12. März. 


1898. 


Zur Lehre der Immunität. 

Von M. Schlegel -Freiburg. 

(Vortrag, gehalten auf der XXXI. Generalversammlung des Vereins badischer 

Thierärzte.) 

Werthe Herren Collegen! 

Die noch junge Lehre von der Immunität geht seit 
16 Jahren in ihrer Entwicklung Hand in Hand mit der Er¬ 
forschung der Aetiologie der Infections- und Intoxicationskrank- 
heiten. Innerhalb dieses Zeitraumes wurde die Biologie der 
Spaltpilze nicht nur wissenschaftlich, sondern auch für praktisch 
verwerthbare Zwecke ausgearbeitet und, auf die Principien der¬ 
selben gestützt, entfaltete sich die Immunitätslehre, gefördert 
durch zahlreiche interessante Arbeiten, zu einer Bedeutung, 
deren Erfolge heute in den praktischen Dienst der Prophylaxis 
und Therapie gestellt sind. 

Die Schwierigkeit, die Frage der Immunität nach ihrem 
gegenwärtigen Stande zu entrollen, veranlasste mich, den um- 1 
fangreichen Stoff für unsere Zwecke zu zergliedern und den ! 
Inhalt übersichtlich zu gestalten. Wir theilen nach diesem 
Gesichtspunkte 1 die Immunitätslehre ein in die angeborene \ 
oder natürliche Immunität und in die erworbene Im¬ 
munität; jede dieser beiden Kategorien scheiden wir wieder ! 
in eine Bakterienimmunität und in eine Giftimmunität. ! 

Schreiten wir zunächst zur Besprechung der angeborenen j 
Bakterienimmunität. 

Sieht man sich im Thierreiche nach der natürlichen Im- < 
munität um, so findet man als alltägliche Erscheinung, dass ; 
die natürliche Immunität überall bei den einzelnen Thier¬ 
gattungen von den Warmblütern bis zu den Kaltblütern herab 
vorkommt. So ist allbekannt, dass Menschen gegen Rinder¬ 
pest und Druse, die Thiergattungen gegen Lepra, Scharlach, 
Masern und Syphilis des Menschen, Wiederkäuer gegen 1 
Rotz, Pferde gegen Lungenseuche, Hunde und Hühner gegen 
Milzbrand des Menschen und der Thiere immun sind. In 
niederen Thieren, wie in Ascidien, Meerkrebsen, Rochen, Hai- j 
fischen, Fröschen, Schildkröten und Eidechsen gelangen nach ! 
Lubarsch die Milzbrandbacillen nicht zum Auswachsen, 
während das Seepferdchen (Hippocampus) an Milzbrand zu 
Grunde gehen kann; auch der Goldfisch soll an den Milzbrand¬ 
bacillen, an dem Bac. prodigiosus und dem Bac. pyocyaneus 
eingehen. Aehnliche Unterschiede der natürlichen Immunität, 
welche wir bei den Thieren verschiedener Species gefunden 


I haben, sehen wir auch zwischen den Rassen, ja sogar zwischen 
den Individuen ein und derselben Art. So ist schon lange 
bekannt, dass die algerischen Schafe erheblich geringere Em¬ 
pfänglichkeit gegen Milzbrand und Pocken zeigen, als die Schaf¬ 
rassen unseres Continentes; nach den bekannten genauen Fest- 
j Stellungen von Lydtin und Schottelius zeigen die Yorkshire- 
Schweine eine weit geringere Empfänglichkeit gegen Stäbchen- 
rothlauf, als die ‘übrigen Schweinerassen. Eine angeborene 
individuelle Widerstandsfähigkeit innerhalb derselben Species 
i ist bei jeder grösseren Epidemie eine bekannte Thatsache: 
•i g®gen Scharlach, Masern, Pocken, Maul- und Klauenseuche 
j sind manche Individuen völlig immun und bei den schwersten 
Choleraepidemien wird stets nur ein Bruchtheil der Bevölkerung 
krank. 

Gehen wir über zur Erklärung genannter Thatsachen. 
Diese Frage, worin das Wesen und die Ursache der 
natürlichen Immunität beruhen möge, interessirte nament¬ 
lich seit der Ergründung der Infectionskrankheiten, aber erst 
seit 11 Jahren wurde dieses Problem systematisch bearbeitet. 
Man weiss jetzt, dass die Widerstandskraft des lebenden Or¬ 
ganismus gegen Bakterien von bakterienfeindlichen Stoffen im 
Körper abhängt. Diese baktericiden Substanzen werden im 
Beginne der Bakterieninvasion gebildet, Büchner nennt sie 
Alexine (Abwehrstoffe); es sind dies leichter oder schwerer 
zerstörbare Eiweisskörper, welche als Secretionsproducte der 
Leukocyten anzusehen sind. Die Leukocytcn sind demnach 
thatsächlich an der Abwehr der Infectionserreger betheiligt, 
jedoch nicht durch den Akt des Auffressens und Verdauens 
der Bakterien, also nicht durch die Phagocytose im Sinne 
Metschnikoff’s, sondern durch ihre ausgeschiedenen Stoffe, 
vermöge deren den leukocytenhaltigen Exsudaten die bakteri- 
cide Wirksamkeit verliehen wird; hierher gehören eine Reihe 
experimenteller Arbeiten (Kossel, Vaughan, Büchner). 
Diese bakterientödtende Wirkung wird, wie die Untersuchungen 
von Leber, Massart, Bordet und Büchner hinsichtlich 
der Chemotaxis bewiesen haben, dadurch erhöht, dass die Bak¬ 
terien bei ihrer Thätigkeit positiv chemotactische Stoffe pro- 
duciren und dadurch die Leukocyten in ihre Nähe locken, so¬ 
wie umgekehrt durch negative Chemotaxis fernhalten. — Wo¬ 
durch sind nun die Bakterien befähigt, trotz dieser Abwehr¬ 
vorrichtungen des Körpers auf letzteren infectiös zu wirken? 
Specifische Bakterienproducte sind es, welchen die Eigenschaft 
innewohnt, die Alexine (Abwehrstoffe) unschädlich zu machen. 
Die Bakterien secemiren ebenfalls wirksame Substanzen, welche 
sie ihrerseits als Angriffsstoffe verwenden. — Kruse nennt 
sie Lysine. Ob letztere die Alexine auflösen oder ob sie sich 


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12. März. 


DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


90 

mit den Alexinen zu unschädlichen Stoffen verbinden, ist noch 
dahingestellt. 


Betrachten wir die natürliche Giftimmunität, so muss 
zunächst hervorgehoben werden, dass dieselbe weit seltener 
vorkommt, als die Bakterienimmunität. Man hat seit der Ent¬ 
deckung der Bakteriengifte verschiedene Beispiele einer natür¬ 
lichen Giftimmunität gefunden; jedoch gehen dieselben, wie 
schon aus ihrem selteneren Auftreten hervorgeht, durchaus 
nicht Hand in Hand mit der Bakterienimmunität, So hat Ar- 
1 o i n g nachgewiesen, dass Thiere für Gifte der Anthraxbacillen j 
empfänglich und trotzdem gegen die lebenden Bacillen resistent j 
sein können. Beispiele der natürlichen Giftimmunität überhaupt ; 
sind seit langer Zeit bekannt; man wusste, dass viele Schlangen 
und einzelne Säugethiere, wie der Igel, das Schwein und die 1 
Zibethkatze gegen Schlangengift sehr resistent sind, Skorpione | 
sind gegen ihr eigenes Gift immun. Auch seit der Entdeckung 
der Bakteriengifte sind viele Beispiele der natürlichen Gift- j 
immunität verzeichnet worden; so sind z. B. Ratten gegen ! 
Diphtheriegift immun, dagegen sind Krokodile, welche sonst 
gegen viele pathogene Bakterien und deren Gifte immun sind, 
empfänglich für das Diphtheriegift. Diese Unterschiede treten 
noch deutlicher hervor, wenn man Tetanustoxin an verschiedenen 
Thierarten prüft. Dieses sonst für Thiere stärkste Bakterien¬ 
gift verursacht bei mehreren Vogelarten — namentlich beim 
Huhn — auch in gewaltigen Mengen nur geringen Einfluss 
(Kitasato); Reptilien sind gänzlich immun gegen Tetanus¬ 
toxin, Krokodile und Schildkröten können, ohne zu erkranken, 
sehr grosse Mengen desselben vertragen. 

Die Erklärung der natürlichen Giftimmunität 
ist noch schwieriger, als diejenige der natürlichen Bakterien¬ 
immunität, da hinsichtlich derselben bis jetzt nur das Thier¬ 
experiment beweisend erscheint. Hier giebt cs nach Behring 
keine Antitoxine im Blute der von Natur aus giftimmuiyn 
Thiere. Das Blut derselben kann z. B. nach der Einverleibung 
des Tetanustoxins mehrere Monate giftig bezw. stets tetanus¬ 
erzeugend wirken, trotzdem aber bleiben diese Thiere völlig 
unempfindlich. Es kann somit weder die Antitoxinbildung, noch 
die rasche Zerstörung oder Ausscheidung der Gifte als Ursache 
der Giftimmunität angesprochen werden. Dieser giftimmune 
Zustand kann daher nur durch eine angeborene Unempfind¬ 
lichkeit der lebenden Theile für die Gifte bedingt sein und 
würde sich demnach auf die Sensibilität der Körperzellen be¬ 
ziehen. 


Der zweite Theil unseres Themas soll die erworbene 
Immunität abhandeln; sie bietet uns einen hochinteressanten 
Abschnitt der Bakteriologie. Die Mikroorganismen versetzen 
den Körper, welchen sie krank machen, in einen Zustand, 
welcher ihnen selbst den Weg für einen wiederholten Anfall 
auf denselben Körper völlig verlegt oder doch erschwert. 
Diese Abwehrkraft des ergriffenen Körpers stellt gegenüber 
den cindringenden Bakterien einen Kampf ums Dasein dar, in 
welchem die eine oder andere Partei siegt. — Man hat hin¬ 
sichtlich der erworbenen Immunität, wie Eingangs erwähnt, 
zweierlei Zustände zu berücksichtigen: 1. die erworbene Bak¬ 
terienimmunität und 2. die erworbene Giftimmunität. 

Bezüglich der erworbenen Bakterienimmunität ist seit 
Jahrhunderten derjenige Schutz bekannt, welchen die Blattern 
und Bubonenpest nach einmaligem Ueberstehen dieser Krank¬ 
heiten gegen erneute Infection verleihen. Bei weiterer Umsicht 
finden wir für viele andere Infectionskrankheiten der Menschen 
und Thiere hierher gehörige Beispiele: es sei nur an Scharlach, 
Masern, Abdominaltyphus des Menschen, sowie an Pocken, 
Rinderpest, Lungenseuche, Rauschbrand und Starrkrampf der 
Thiere erinnert. — Seit Jahrhunderten ist ferner auch bekannt, 
dass die künstliche Verimpfung einer Krankheit einen Schutz 


gegen dieselbe gewähren kann. Wem wäre nicht der dauernde, 
günstige Schutz bekannt, welchen die sogen. Vaccination gegen 
Blattern Tausenden von Menschen verleiht? Das Einimpfen des 
Pockengiftes wurde zuerst in China und Indien in uralten Zeiten 
geübt. Die Brahminen impften durch Auflegen von Baum¬ 
wolle, getränkt mit Pockeneiter, auf eine wundgeriebene Stelle 
des Vorderarmes. In Bengalen sollen zu Impfzwecken die 
Pockenschorfe verschluckt worden sein. Von Asien kam die 
Methode nach Constantinopel und von hier nach England (1721), 
von England kam sie nach Deutschlartd, Frankreich und dem 
ganzen Continent. Der eigentliche Entdecker der Vaccination 
ist Edward Jenner, und sein Gedenktag, an welchem er 
zum ersten Male aus der Schutzpockenpustel impfte, ist der 
14. Mai 1796, welcher im vorvergangenen Jahre in medicinischen 
Kreisen festlich begangen wurde. Willems wies im Jahre 1852 
für die Lungenscuche nach, dass die Impfung am Schwanzende 
nur eine geringe locale Affection und in der Folgezeit — ca. vier 
Wochen nach der Impfung — Immunität hervorruft. Die Impfung 
geschieht durch subcutane Injection von reiner, womöglich noch 
warm verwendbarer Lymphe bezw. Gewebssaft aus frischen 
Entzündungsherden der Lunge soeben getödteter oder ge¬ 
storbener lungenseuchekranker Rinder. 

Die eigentliche Erforschung der künstlich erworbenen Im¬ 
munität beginnt mit der Entdeckung der Krankheitserreger und 
mit den Entdeckungen von Pasteur im Jahre 1880, nach 
welchen die Einverleibung abgeschwächter Bakterien 
einen sichern Schutz gegen vollvirulente Bakterien ermöglichte. 
Pasteur zeigte neue Gesichtspunkte und schuf wichtige Ar¬ 
beiten und Befunde. Dieser Forscher impfte mit specifischen 
Bakterienculturen, welche durch erhöhte Temperatur oder 
chemische Substanzen oder aber durch Passieren der Bakterien 
durch einen für sie wenig geeigneten Thierkörper (Rothlauf- 
stäbchen durch Kaninchenkörper) abgeschwächt waren. Die 
Thiere wurden zunächst mit dem ersten, stark abgeschwächten 
Vaccin geimpft, welches nur geringe Reaction hervorrief; nach 
8 —14 Tagen wurde das zweite Vaccin eingespritzt, worauf der 
Körper mit allgemeinen Fiebererscheinungen reagirte. Im An¬ 
schluss hieran entstand eine mehrere Monate andauernde Im¬ 
munität. So schuf Pasteur praktisch verwerthbare Impf¬ 
methoden für Hühnercholera, Milzbrand und Stäbchenrothlauf. 
Dasselbe Impfprincip übertrugen dann Arloing, Corncvin 
und Thomas auf den Rauschbrand. Die subcutane Impfung 
wird auf z\Vei Mal in einem Intervalle von 7—12 Tagen am 
Schweifrücken vorgenommen. Das vom schwärzesten Fleisch 
der Rauschbrandgeschwulst gewonnene, Rauschbrandbacillen 
und deren Sporen enthaltende, getrocknete Virus wird theils 
auf 105°C. während 7 Stunden, theils auf 9O 0 C. während der 
gleichen Zeit im Thermostat erhitzt. Das bei 105 0 abge¬ 
schwächte Virus verleiht den Rindern einen Anfang von Im¬ 
munität, während das bei 85° mitigirte Virus die Immunität 
vervollständigt. In ähnlicher Weise wird bei der Pasteur’- 
sehen Impfung gegen Tollwuth der Impfstoff durch die Organ- 
theile, welche von künstlich mit Tollwuth inficirten Thieren 
stammen, übertragen; doch wird dabei nicht bloss bezweckt, 
zu immunisiren, sondern den Krankheitsausbruch bei Inficirten 
während der Incubationszeit zu coupiren. 

Gegenüber dieser biologischen Auffassung der französischen 
Schule über die Wirkung des eingeführten Bakterienmateriales 
begannen andere Forscher auch die Bakteriengifte, welche von 
den lebendigen Bakterien durch Sterilisiren der Bakterienculturen 
oder durch Filtriren vermittelst Thonfilter befreit wurden, zur 
Immunisirung auf rein chemischem Wege anzuwenden; 
denn durch die Untersuchungen von Löffler, Brieger, 
Fränkel u. A. war nachgewiesen, dass bei vielen Infectionen 
nicht die Bakterien, sondern deren Toxine die Symptome der 
Krankheit verursachen. Dabei ist bemerkenswerth, dass die 
Gifte (wie bei Tetanus und Diphtherie) von den Bakterien 
secernirt werden, oder sie sind an deren Protoplasma gebunden. 
Schutzimpfungen mit den Stoffwechselproducten von Krankheits¬ 
erregern gelangen Toussaint und Chauveau gegen Milz¬ 
brand, SalnVon und Smith gegen die Hogcholera, Roux 
und Chamberland gegen malignes Oedem, Roux gegen 


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No. ii. 


DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


9i 


Rauschbrand u. s. w. Doch sind diese Erfahrungen meist nur 
auf Laboratoriumsvefsuche gestützt. 

Ein principieller Unterschied macht sich zwischen allen 
bisher genannten Impfmethoden und der Serumschutz¬ 
impfung geltend. Studien hierüber verdanken wir in erster 
Linie Behring und seinen Mitarbeitern. Dieser Forscher fand 
eine gesetzmässige Eigenschaft des Blutserums von Thieren, 
welche durch Ueberstehen einer spontan aufgetretenen Krankheit 
Immunität gegen dieselbe erworben haben. Behring fand 
nämlich, dass das Blut gedachter Thiere und ebenso das daraus 
bereitete Serum die Fähigkeit besitzt, die Immunität auf ein 
für dieselbe Infectionskrankheit empfängliches Thier in dessen 
Körper zu übertragen, wofern es in genügender Menge ein¬ 
verleibt wird (Behring’sches Gesetz). Die ersten hierher 
gehörigen Arbeiten stammen von Höricourt und Richet 
f 1888), dann von Babes und Le pp (1889) und es folgte der 
systematische Ausbau dieser Ideen durch Behring, welcher 
1S90 mit Kitasato Kaninchen gegen Tetanus zu immunisiren 
vermochte. Das Blut derselben, auf Mäuse verimpft, machte 
letztere für Tetanus unempfänglich. Die beiden Autoren stellten 
ferner fest, dass die Einimpfung von Serum künstlich gegen 
Tetanus immunisirter Thiere tetanusempfängliche Thiere nicht 
blos gegen Tetanusinfection, sondern auch gegen Tetanus- 
intoxication schützt. Zugleich gelang es diesen Forschern, 
tetanuskranke Thiere durch Einverleibung des Blutserums im¬ 
munisirter Thiere zu heilen. Diese Thatsache bekundet, dass 
die immunität- oder heilungverleihendc Kraft des Serums tetanus- 
immunisirter Thiere auf antitoxischen (giftwidrigen) 
Eigenschaften des Serums beruht. Hieran schlossen sich 
eine Reihe von Arbeiten, um das Blutserum künstlich immuni¬ 
sirter Thiere für Heilzwecke bei Infectionskrankheiten zu ver¬ 
wenden (Blutserumtherapie). An die Untersuchungen des Te¬ 
tanus reihten sich diejenigen über eine ebenfalls durch toxische 
Bakterien veranlasste Krankheit, welche wie der Tetanus auf 
Intoxication beruht, nämlich die Untersuchungen über Immuni- 
sirung bei Diphtherie von Behring und Wern icke (1892). 
Diese Forscher haben aus dem Blute der gegen Diphtherie 
immunisirten Thiere ein Serum zu Heilzwecken gegen diese 
dccimirende Kinderkrankheit, das sogen. Heilserum bereitet. 
Erworbene Immunität und Heilung beruhen demnach auf gleicher 
Grundlage, sind jedoch dem Grade nach verschieden. Die er¬ 
worbene Immunität ist gewöhnlich eine specifische, d. h. diese 
Immunität wird für diejenige Krankheit geschaffen, gegen welche 
das zur Impfung verwendete Blutserum immunisirt war. Durch 
Einspritzung von Schutzserum wird die Unempfänglichkeit 
fast gleichzeitig erworben und ist um so vollkommener, 
je grösser die einverleibte Serummenge war, da die immun¬ 
machenden Substanzen fertig gebildet eingespritzt werden. Da¬ 
gegen tritt die Immunität nach der Behandlung anderer Me¬ 
thoden erst nach längerer Zeit ein, dafür aber entwickelt sie 
sich um so stärker, je länger und nachhaltiger die Behandlung 
vorgenommen wurde; denn in diesem Falle gelangen die im¬ 
munitätbringenden Substanzen im Körper erst zur Bildung. 

Schutzimpfung mit einem Blutserumpräparat hat Lorenz 
gegen Schweincrothlauf in die Praxis der Thicrmedicin erfolg¬ 
reich eingeführt. Nach diesem Verfahren wird den Impflingen 
zuerst das Blutserumpräparat, welches systematisch immunisirten 
Thieren entnommen wurde, injicirt, worauf Giftimmunität ent¬ 
steht. Nach 3—5 Tagen erhält das gleiche Thier eine Ein¬ 
spritzung einer vollvirulenten Rothlaufcultur, wodurch sich völlige 
Bakterienimmunität entwickelt. Der Impfschutz dauert min¬ 
destens 5 Monate an. Diese Methode hat sich bei Rothlauf- 
erkrankung der Schweine auch heilkräftig erwiesen. Bei den 
über 6000 vorgenommenen Schutzimpfungen wird namentlich 
die Ungefährlichkeit und Wirksamkeit derselben gerühmt. 

Für die Erklärung der erworbenen Immunität 
muss vorausgeschickt werden, dass zwischen den Erscheinungen 
der natürlich erworbenen und der künstlich erworbenen Im¬ 
munität eine grosse Analogie besteht, so dass die folgende 
Erklärung uns gleichzeitig über erworbene Immunität und künst¬ 
liche Imunisirung informiren soll. Es sind zur Klarstellung der 


erworbenen Immunität eine Reihe von Thesen, so die Er¬ 
schöpfungstheorie von Pasteur, die Phagocytentheorie von 
Metschnikoff, die Retentionstheoric von Chauveau auf¬ 
gestellt worden, welche aber z. Th. mehr oder weniger ver¬ 
altet sind. Zahlreiche Arbeiten und Thierversuche über die 
in Rede stehenden Verhältnisse haben dargethan, dass durch 
Immunisirung eine Modification des Blutserums bewirkt wird. 
Der Immunisirungsprocess hinterlässt nämlich im Körper Stoffe, 
sogen. Antikörper oder Antitoxine, bezw. Antilysinc nach 
Kruse, welche gegen eindringendc Bakterien einen specifischen 
Effect hervorrufen. In Folge dieser Schutzwirkung des Blut¬ 
serums gelangen auch vollvirulentc Erreger nicht zur Entwick¬ 
lung und nicht zum Wachsthum im empfänglichen Körper und 
Kruse erwähnt, dass die Schutzkraft des Serums immunisirter 
Thiere in der Fähigkeit bestehe, die Eingangs erwähnten An¬ 
griffsstoffe, die Lysinc der virulenten Bakterien im Momente 
ihrer Entstehung zu neutralisiren. Auf diese Weise wird das 
infectiöse Bacterium seiner Angriffsstoffc (der Lysine) beraubt, 
und zwar durch die schützenden Stoffe des Serums (durch die 
Antikörper bezw. Antilysine), so dass dann das Bacterium den 
Einflüssen der genannten Alexine des Gewebes unterliegt, wie 
ein nicht virulentes oder abgeschwächtes Bacterium. Wir 
hätten uns demnach die mobilen Schutztruppen des Körpers, 
die Leukocyten, mit zweierlei Stoffen ausgerüstet zu denken: 
im normalen Thiere, wie zu Anfang erwähnt, mit alexinhaltigen 
Stoffen, im immunisirten Thiere ferner noch mit Antitoxinen 
bezw. Antilysinen. Der Gegensatz, welcher zwischen ange¬ 
borener und erworbener Immunität aufgestellt ist, soll daher 
eine gemeinsame Wirksamkeit der Schutzkräfte beider Immuni¬ 
tätsarten nicht ausschliessen, sondern cs scheint in allen Fällen 
die Vernichtung der Bakteiien durch die gleiche Schutzkraft, 
d. h. durch die baktericide Wirkung der Alexine zu erfolgen; 
letztere kann jedoch im empfänglichen, inficirten Körper erst 
nach Neutralisirung der specifischen Angriffsstoffe (Lysine) in 
Kraft treten, um sodann die Heilung der Krankheit mit Hinter¬ 
lassung von Immunität zu bewirken. 

Es verdient betont zu werden, dass zwar im Blutserum 
von Individuen, welche eine gewisse Infectionskrankheit über¬ 
standen haben, immunisirende Substanzen — wie bereits oben 
erwähnt — enthalten sind, aber die durch das Ueberstehen 
einer Krankheit natürlich erworbene Immunität ist nicht hoch¬ 
gradig genug, um solches Serum zu Heilzwecken verwendbar 
zu machen, vielmehr sind zur Erzielung eines Heileffectes 
grössere Mengen von Serum nothwendig, als für die Immuni¬ 
sirung. Demgegenüber ist weiter zu berücksichtigen, dass 
das Serum von Thieren, welche gegen eine Infectionskrankheit 
von Natur aus (angeboren) immun sind (Pferde gegen Lungen¬ 
seuche), keine baktericiden (immunisirenden) Substanzen besitzt, 
sondern diese können erst bei der Immunisirung gebildet 
werden. 


Wir kommen jetzt zur erworbenen Giftimmunität. 

Die Thatsache, den thierischen Organismus an gewisse 
Gifte gewöhnen zu können, ist schon seit älteren Zeiten und 
auch uncivilisirten Völkern bekannt gewesen. Man hat in 
heissen Ländern, welche häufig von giftigen Schlangen und 
Skorpionen befallen werden, nach Angabe von Reisenden Im- 
munisirungen vorgenommen, welche sicheren Schutz gegen die 
Bisse dieser Thiere gewähren. Die durch Angewöhnen erziel¬ 
bare Abstumpfung gegen Alkaloide, wie z. B. das Morphium, 
ist allbekannt. Es gehören also pflanzliche und thierische Gifte 
hierher. Wissenschaftlich wurde diese erworbene Giftfestigkeit 
— nach dem Vorbilde, Thiere gegen bakterielle Gifte zu 
festigen — von Ehrlich 1891 bearbeitet. Er hat den Nach¬ 
weis erbracht, dass sich das Behring’sche Gesetz auch auf 
Giftfestigungen gegen andere, als nur durch Bakterien gebildete 
Gifte erstrecke. Ehrlich immunisirte Mäuse gegen grosse 
Dosen von Ricin (ein sehr giftiger Eiweisskörper der Ricinus- 
samen) und gegen Abrin (das Toxalbumin der Jequiritybohnen) 
sowie gegen Robin (ebenfalls ein Pflanzeneiweiss) so zwar, dass 
er langsam gesteigerte Dosen der betreffenden Gifte an die 


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92 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


12. März. 


Thiere verfütterte. Das Blut dieser ricinfesten oder abrinfesten 
Thiere hatte dann die Fähigkeit, die Ricin- bezw. Abrinfestig¬ 
keit auf andere Thiere zu übertragen. Andere Forscher, wie 
Calmette und Fraser, konnten daher feststellen, dass 
Menschen oder Thiere gegen Schlangengiftintoxication geschützt 
werden können, wofern man ihnen Blutserum von solchen 
Thieren einspritzt, welche vorher gegen die Intoxication mit 
Schlangengift immunisirt worden waren. Kaninchen, Meer¬ 
schweinchen, Eseln und Pferden wurden zuerst ganz schwache 
und dann allmälig steigende Dosen des Giftes eingespritzt, so 
dass ein hochwirksames Serum, welches grosse Mengen Schlangen¬ 
gift zu compensiren vermochte, gewonnen wurde. Solches 
Serum hatte auch heilende Eigenschalten; denn es vermochten 
4 ccm desselben, eine Stunde nach der Intoxication injicirt, 
Thiere von der sonst in drei Stunden tödtlich wirkenden Dosis 
zu retten. Calmette spritzt zur sicheren Heilung von Menschen 
und Thieren, welche von Schlangen gebissen wurden, eine oder 
mehrere Serumdosen von io ccm subcutan oder intravenös ein. 
Das Serum ist gegenüber dem Gifte aller Schlangen und der 
Skorpione wirksam. — Hinsichtlich der bakteriellen Krank¬ 
heiten gelang anfänglich diese Giftimmunität nur gegen die zwei 
schon angeführten, nämlich gegen Tetanus und Diphtherie. In 
neuester Zeit wurde nach Vervollkommnung der Methode für 
Toxingewinnung unter Bchring’s Leitung von Ransom das 
lösliche Choleratoxin gefunden; vermittelst desselben lassen 
sich die gegen Choleraperitonitis sehr empfindlichen Meer¬ 
schweinchen unschwer gegen dieses Toxin immunisiren. Nach , 
der gleichen Methode hat man in jüngster Zeit lösliche Toxine 
der Typhusbacillen, der Pneumokokken, der Bubonenpestbacillen, 
des Bac. pyocyaneus u. s. w. hergestellt und damit die ent¬ 
sprechende Giftimmunität bewirkt. 

In Folge von Versuchen über die Aufklärung der 
Wirkung und des Wesens der erworbenen Gift¬ 
immunität kamen Behring und andere Forscher zur An¬ 
schauung, dass ausser den schützenden Principien (den Anti¬ 
toxinen) des Blutes auch die Empfindlichkeit der Zellenelemente 
zu berücksichtigen ist, dass also bei der künstlichen Gift¬ 
immunität neben der Antitoxinbildung eine Abstumpfung der 
Giftempfindlichkeit besteht. Metschnikoff hält es für wahr¬ 
scheinlich, dass die Antitoxine eine Modification der Toxine 
darstellen, welche von zelligen Elementen des Körpers pro- 
ducirt und in das Blut ausgeschieden werden. Sie circuliren 
im Blutserum und in der Lymphe und gehen in die Secrete 
und in Ex- und Transsudate über, wie z. B. in Oedemflüssig- 
keit, in Urin, Speichel, Milch und selbst in den Humor aqueus. 

Wenn schon die antiinfcctiöse Wirkung des Blutserums 
als keine streng specifische erkannt wurde, so tritt dieses Ver¬ 
halten bei der antitoxischen Wirkung des Blutserums noch in 
höherem Grade hervor. Principiell wichtig ist auch der Unter¬ 
schied zwischen antibakteriellen (antilytischen) und antitoxischen 
Serumarten, da von ihrem Ursprünge der immunisirende resp. 
heilende Werth abhängt. Die erstere Serumsorte hebt die 
Wirkung der Lysine (Angriffstoffe) der Bakterien, letztere die¬ 
jenige der Bakterientoxine auf. 

Werfen wir schliesslich einen Blick in das praktische 
Gebiet der Immunisirung; experimentelle Prüfungen aus der 
neuesten Zeit scheinen in grosser Anzahl zu Gunsten des im- 
munität- und heilungbringenden Effectes des Serums von Thieren 
mit erworbener Immunität zu sprechen, so z. B. bei der In- 
fection mit Staphylokokken, Streptokokken, Pneumoniekokken, 
Diphtherie, Tetanus, Stäbchenrothlauf der Schweine, Schweine¬ 
seuche, Hühnercholera, Milzbrand, Pest, Tuberculose und bei 
Schlangenbissen. Mögen alle diese Serumsorten vom praktischen 
Standpunkte des Kritikers als präventive Schutzmittel stich¬ 
haltig sein oder nicht, so viel steht sicher fest, dass sich ihre 
praktische Brauchbarkeit gegen einige dieser Infectionen bezw. 
Intoxicationen, namentlich gegen Diphtherie, Tetanus, Schweine¬ 
rothlauf und Schlangenbisse bewährt hat. 

Aus Vorstehendem ersehen wir also, dass eine grosse 
Reihe fruchtbringender Gedanken aus den Forschungen riach ] 


den Gründen der Immunität bereits hervorgegangen ist und 
dass wir zu der Hoffnung berechtigt sind, noch weitere Erfolge 
für die praktischen Bedürfnisse nicht nur der menschlichen 
Therapie, sondern auch der Thierarzneikunde zu erwarten. 

Literatur: 

W. Kruse, Capitel über »Krankheitserregung« in Flügge, Die Mikro¬ 
organismen, III. Auflage, I. Theil, Leipzig 1896. 

— Bemerkungen über Infection, Immunität und Heilung. Referat im Central¬ 
blatt für Bakteriol., Bd. 15, S. 199. 

Elias Metschnikoff in Paris, Immunität, Jena 1897. 

Dieudonni, Schutzimpfung und Serumtherapie, Leipzig 1895. 
Birch-Hirschfeld — Johne, Allgem. pathol. Anatomie, zweite Hälfte, 
5. Auflage, Leipzig 1897. 

Günther, Bakteriologie, Leipzig 1895. 

Kitt, Werth und Unwerth der Schutzimpfungen, Berlin 1886. 

C a s p e r, Beiträge zur Behandlung des Starrkrampfes der Pferde mit B ehring’s 
Tetanus-Antitoxin, Wiesbaden 1897. 

Nuttall, Beiträge zur Kenntniss der Immunität, Göttingen 1890. 

Lydtin und Schottelius, Der Rothlauf der Schweine, seine Entstehung 
und Verhütung, Wiesbaden 1885, S. 186 ff. 

A: Kossel, Ueber die Lymphzellen, Deutsche medic. Wochenschr. 1894, 
S. 146 fr. 

H. Büchner, Ueber den Einfluss der Neutralsalze auf Serumalexine, Central¬ 
blatt f. Bakteriol., Bd. 15, S. 5 14fr. 

— Ueber Immunität und Immunisirung, Münchener medic. Wochenschrift, 

1894, No. 37 und 38, sowie Centralbl. f. Bakteriologie, Bd. 16, S. 737 ff. 

— Berlin, klin. Wochenschr. 1890, S. 1084 ff. 

Salmon und Smith, Experiments on the production of immunity by 
hypodermic injection of sterilized cultures. Refer. Centralbl. f. Bakter. 

1887, S. 543- 

Roux et Chamberland, Immunit£ contre la septicemie conföree par des 
substances solubles. Annal. de l’Instit. Pasteur, 1887, No. 12. 

Roux, Immunite contre le charbon symptomatique conteree par des sub¬ 
stances solubles. Annal. de l’Inslitut Pasteur, 1888, No. 2. 

Behring und Kitasato, Ueber das Zustandekommen der Diphtherie- 
Immunität und der Tetanus-Immunität bei Thieren, Deutsche medicin. 
Wochenschrift, 1890, No. 49 und 50. 

Behring, Die Blutserumtherapie bei Diphtherie und Tetanus, Zeitschr. für 
Hygiene, Bd 12, 1892, S. 1 ff. 

Behring und Wernicke, Ueber Immunisirung und Heilung von Versuchs- 
thieren bei Diphtherie, Zeitschr. f. Hyg, Bd. 12, S. loff. 

Behring, Ueber Immunisirung und Heilung von Versuchsthieren beim Te¬ 
tanus, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 12, S. 45 fr. 

Ehrlich, Deutsche medic. Wochenschr, No. 32. 

Calmette, Contribution ä l’^tude des venins, des toxines et des s£rums 
antitoxiques, Annal. de lTnstit. Pasteur, 1895, Refer. Hygien. Rundschau, 

1895, S. 707. 

— Annal. de l’Instit. Pasteur, 1897, No. 3. 

Ransom, Deutsche medic. Wochenschr., 1895, S. 457ff. 

Emmerich und Mastbaum, Die Ursache der Immunität, die Heilung 

von Infectionskrankheiten, speciell des Rothlaufs der Schweine und ein 
neues Schutzimpfungsverfahren gegen diese Krankheit, Archiv für Hygiene, 
1891. 

Lorenz, Immunisirungsversuche gegen Schweinerothlauf, Thierärztliche Mit¬ 
theilungen, 1892. 

Lorenz, Schutzimpfungsversuche gegen Schweinerothlauf, Deutsche Zeit¬ 
schrift für Thiermedicin, Bd. 20, Heft I. 

Haubner-Siedamgrotzky, Landwirtschaftliche Thierheilkunde, XII. Auf¬ 
lage, Berlin, 1898, S. 352. 

Kitt, Eine neue Schutzimpfung gegen Geflügelpest, Monatshefte für prakt. 
Thierheilkunde, Bd. 4, Heft 2. 

Maragliano, Heilung der Lungentuberculose mittelst des Tuberculose- 
Heilserums, Berlin, klin. Wochenschrift, 1895. 

Yersin, Calmette et Borei, La peste bubonique, Annal. de l’Instit. 

Pasteur, 1895, Refer. Hygien. Rundschau, 1895, S. 941 ff. 

Fraser, On the rendering of animals immune against the venom of the 
cobra and other serpents, Refer. Centralbl. f. Bakter., Bd. 18, S. I49—150 
und S. 336. 

— Immunisation against serpents venom and the treatment of snake-bite 
with antivenene. British medical Journal, 1896. Refer. Centralblatt f. 
Bakter., Bd. 19, S. 908. 


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No. ii. 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


93 


Mirmorek, Traitement de l’erisip&le par le serum antistreptococcique. La 
semaine m^dicale, 1895, Refer. Hygien. Rundschau, 1895, S. 7II. 
Pfeiffer, R., und I s s a e f f, lieber die Specilicität der Choleraimmunisirung, 
Deutsche medic. Wochenschrift 1894, No. 13 und Centralbl. f. BakterioL 
Bd. 15, S. 778 ff. 

P r e i s z, H., Schutzimpfupgen gegen Schweineseuche. 


Referate. 

Immunisirung und Heilversuche mit den plasmatischen 
Zellsäften von Bakterien. 

Von Dr. M. Hahn. 

(Miinchener med. Wochenschrift, No. 48, 1897.) 

Eine Reihe von Arbeiten auf bakteriologischer Grundlage 
aus dem hygienischen Institute der Universität München mit 
praktischer Tendenz für die Prophylaxis gegenüber den In- 
fectionskrankheiten und eventuell für die Therapie solcher 
Krankheiten verdienen das vollste Interesse nicht nur der 
Humanmediciner, sondern auch der Thierärzte. 

Ueber eine dieser Arbeiten, »die Bedeutung der Action 
löslicher Zellproducte für den Chemismus der Zelle« von Pro¬ 
fessor Büchner referirte ich in einer früheren Nummer des 
laufenden Jahrgangs dieser Zeitschrift. 

Soeben erschien wieder die oben bemerkte, auf dieses 
Thema bezügliche Arbeit von Hahn. Auch die in diesem 
Artikel niedergelegten Versuchsergebnisse eröffnen die Per¬ 
spective für die Möglichkeit, Menschen und Thiere durch Ver¬ 
wendung von Zellsäften pathogener Spaltpilze zu immunisiren 
und vielleicht Infectionskrankheiten zu heilen. Mit Rücksicht 
auf die grosse Bedeutung solcher Arbeiten für das so wichtige 
Capitel »Verhütung bezw. Bekämpfung der Thierseuchen« referice 
ich nachstehend in Kürze über den Inhalt der Hahn'sehen 
Arbeit. 

Verfasser wählte zu seinen Versuchen 3 Bakterienarten: 
1. Cholera- und Typhusbakterien, die beim Meerschweinchen 
nur eine acut und local verlaufende Infection im Peritoneum 
erzeugen, 2. Milzbrandbacillen und Staphylokokken, welche bei 
geeigneter Impfung eine acute Allgemeininfection des thierischen 
Körpers hervorzurufen im Stand sind, 3. Tuberkelbacillen, die 
eine chronische Allgemeininfection der Meerschweinchen be¬ 
wirken. 

Die Culturen der Cholerabacillen wurden zunächst mit 
Kieselguhr oder Quarzsand manuell oder auch maschinell zer¬ 
rieben. Die entstandenen knolligen Massen verarbeitete man 
hierauf mit Wasser oder 20 u /„ Glycerinlösung, oder physio¬ 
logischer Kochsalzlösung zu einer Masse von Teigconsistenz, 
brachte diese in ein derbes Presstuch und presste die Masse 
in einer hydraulischen Presse unter einem Drucke von 4—500 
Atmosphären aus. Die auf diese Weise erhaltene und mittelst 
Filtration durch ein dichtes Filter geklärte Flüssigkeit ist zu¬ 
erst hellgelblich und färbt sich nach Verlauf einiger Stunden 
tiefer gelb bis bräunlich. Der Saft ist ziemlich beträchtlich 
eiweisshaltig. Das Eiweiss ist zum grössten Theile durch Essig¬ 
säure fällbar; es löst sich in einem Ueberschusse der Essig¬ 
säure nicht und verhält sich demnach wie Nucleo-Albumin; 
auch gerinnt das Eiweiss zum Theil beim Kochen. Im Uebrigen 
giebt der Presssaft die üblichen Eiweissreactionen. 

Verf. prüfte nun zunächst die Frage: Wirkt der Zellsaft 
lebender Cholerabakterien (Choleraplasmin) auf Meerschweinchen 
giftig ? und constatirte durch Versuche, dass dieses in be¬ 
schränktem Masse der Fall ist; aber erst grössere Dosen des 
Presssaftes der Cholerabacillen vermögen gesunde Meerschwein¬ 
chen zu tödten; der Tod erfolgt in solchen Fällen unter Tem¬ 
peraturabfall, Krämpfen und schliesslich lähmungsartiger Schwäche 
in 12—24 Stunden. Das Choleraplasmin ruft also die gleichen Er¬ 
scheinungen hervor, welche man bei der intraperitonealen In¬ 
fection der Meerschweinchen mit lebenden Cholerabakterien 
beobachtet. An der Injectionsstelle entsteht bei subcutaner 
Injection eine entzündliche Infiltration. 


Hahn konnte nun durch Anwendung von Choleraplasmin 
Meerschweinchen gegen die peritoneale Infection mit lebenden 
Cholerabacillen leicht schützen. Es wurden den Meerschweinchen 
steigende Dosen von 0,2, 0,5, i,o und 1,5 in Intervallen von 
2—3 Tagen eingespritzt. 

Die so behandelten Versuchsthiere ertrugen dann nach 
3 — 4 Monaten noch die 10 fache tödtliche Dosis lebender 
Choleravibrionen. Es blieb hierbei gleichgiltig, ob die Behand¬ 
lung mittelst subcutaner oder intraperitonealer Injection erfolgte. 

Im Ganzen ertrugen die Thiere die angegebene mehrmalige 
Injection gut. Eine Anzahl ging jedoch unter Temperaturabfall 
zu Grunde. Die Section ergab nichts Positives. H. suchte mit 
Rücksicht auf diese Ergebnisse festzustellcn, wie weit die im- 
muni^irende Wirkung kleiner Mengen Presssaft reiche und es 
ergab sich, dass eine Injection von 0,5—0,6 des Cholera¬ 
plasmins die Thiere schon so weit immunisirt, dass sie nach 
8 Tagen eine 10 fache tödtliche Dosis ertrugen. Bei weiteren 
Versuchen stellte sich heraus, dass die Thiere durch 
Injection von 0,5 ccm Presssaft dauernd immunisirt werden 
konnten, d. h. sie vertrugen nach 3 — 4 Monaten noch die 
10 fach tödtliche Dosis lebender Choleravibrionen bei intra- 
peritonealer Injection. So weit Untersuchungen Schlüsse ziehen 
lassen, ist die auf die genannte Weise erzielte Immunität auch 
eine specifische, denn die Thiere vertragen nur ein Multiplum 
der ächten Choleravibrionen, erliegen aber der Infection mit 
andern, den Cholerabacillen morphologisch und culturell ähn¬ 
lichen Bacillen. 

Die Vernichtung der Choleravibrionen erfolgt im Organis- • 
! mus der mit Presssaft immunisirten Thiere nach H. in der 
| Weise, dass die in die Bauchhöhle immuner Thiere injicirten 
i Bacillen zuerst unbeweglich gemacht werden; hierauf werden 
i sie zu Haufen zusammengeballt, d. h. agglutinift und schliess- 
j lieh verwandeln sic sich in glänzende Körper und Schollen; 

‘ aber nicht nur das Exsudat in der Bauchhöhle, sondern auch 
das Blutserum immuner Thiere vermag, wie Versuche von H. 
lehren, die Cholerabacillen zu agglutinircn. Entsprechend seiner 
Eigenschaft zu agglutiniren, besitzt das Serum auch schützende 
Eigenschaften. 

Fast die gleichen Resultate, welche H. bei Immunisirung 
1 von Meerschweinchen mit Cholerabacillenpresssaft erhalten hatte, 
i erzielte er bei Versuchen, welche er gemeinschaftlich mit 
Dr. Mayr mit Presssaft aus Typhusbacillen anstellte. Diese 
[ Versuche benöthigen nach dem Verf. allerdings noch der Ver¬ 
vollständigung und Ergänzung, aber so viel ist jetzt schon klar, 
dass auch die intraperitoneale Typhusinfection des Meerschwein¬ 
chens durch vorherige Behandlung der Thiere mit Typhoplasmin 
ganz verhütet werden kann. Zu den Versuchen wurden die 
Presssäfte ganz so bergestellt, wie jene aus Choleravibrionen. 
Die Meerschweinchen erhielten zum Theil nur eine, zum Theil 
mehrere Injectionen und wurden dann nach Ablauf von 1 bis 
3 Wochen auf ihre Immunität durch intraperitoneale Injection 
von lebenden Typhusbacillen geprüft. Auf diese Injection erfolgte 
nur eine leichte Temperatursteigerung. Die Thiere erholten 
sich sehr schnell, nahmen an Gewicht zu und blieben sämmt- 
lich am Leben, während die Controlthiere nach 8—24 Stunden 
zu Grunde gingen. Schon eine einmalige Injection von 1 ccm 
Presssaft genügte, um die Thiere vor einer beim Controlthiere 
tödtlich verlaufenden Infection, welche erst 3 Wochen nach 
1 der Injection erfolgte, zu retten. Auch hier wurde beobachtet, 
dass in der Bauchhöhle des immunisirten Thieres zuerst eine 
Agglutination der eingeführten lebenden Bakterien entstand und 
dass die Bakterien schliesslich in glänzende Körner und Schollen 
verwandelt wurden. Das Serum der behandelten Thiere besass 
ebenfalls agglutinirende Eigenschaften. Betreffs allenfallsiger 
therapeutischer Verwendung schreibt H., dass an eine solche 
mit Pressaft aus Cholerabacillen bei dem raschen Verlauf dieses 
Leidens nicht zu denken sei, neigt sich aber zur Annahme, 
dass dieser Presssaft allenfalls zur Immunisirung verwendet 
werden könnte. Für den Abdominaltyphus des Menschen kommen 
aber nach H. sowohl die immunisirenden, als die therapeutischen 
1 Wirkungen des Typhoplasmins in Betracht. 


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94 


DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


12. März. 


Die hauptsächlich von Risel und Levaschew mit Press¬ 
säften von Milzbrandbacillen und Staphylokokken angestellten 
Immunisirungsversuche haben bisher nicht zu einem positiven 
Resultate geführt. Die genannten Presssäfte wurden wie jene 
der Cholera- und Typhusbacillen hergestellt. Vor der Ver¬ 
wendung mussten sie durch Chamberland-Filter filtrirt werden, 
weil namentlich die Sporen der Milzbrandbacillen den sonst 
angewandten schwachen Desinfectionsmitteln Widerstand leisteten. 
Verf. glaubt, dass es kaum möglich sein wird, durch subcutane 
Injectionen von Presssäften Kaninchen gegen die Staphylo- 
kokkeninfection, Meerschweinchen gegen Milzbrand sicher zu 
inficiren. Der einzige Erfolg bei den angestellten Versuchen 
war der, dass die behandelten Thiere später zu Grunde gingen 
als die Controlthiere. 

Schon 6 Monate vor dem Erscheinen der Koch’sehen 
Publication über das Neutuberculin hatte Verf. gemeinschaftlich 
mit Dr. Bulling den Zellinhalt der Tuberkelbacillen aufseine 
heilende Wirkung gegen Meerschweinchentuberculose geprüft. 
Diese Versuche sind noch nicht abgeschlossen. 

Die in Erlenmeyer’schen Kolben auf Fleischextract-Glycerin- 
bouillon hergestelltcn Bacillenmassen wurden abfiltrirt, etwas 
abgewaschen und hierauf mit Quarzsand und Kieselguhr feucht 
gerieben. Dann kam die Masse unter die Presse und wurde 
unter Zusatz von Wasser und physiologischer Kochsalzlösung 
ausgepresst. Die ausgepresste, klare, bernsteingelbe Flüssig¬ 
keit enthält viel gerinnbares Eiweiss, verhält sich übrigens im 
Ganzen chemisch wie Presssaft aus Cholerabacillen. Das 
Tuberculoplasmin zerlegt Wasserstoffsuperoxydlösungen, wirkt 
demnach wie eine Fermentlösung (nach Schönbein und 
Schär). Die genannte Fähigkeit des Tubcrculoplasmins wird 
durch Erwärmen auf 6o<> C. verhichtet. 

Die mit dem Tuberculoplasmin behandelten Meerschwein¬ 
chen waren vor der Behandlung mit Reinculturen von Tuberkel¬ 
bacillen oder bacillenhaltigem, menschlichem Sputum inficirt 
worden. 2 Wochen darnach injicirte man zuerst kleine und 
dann allmälig grössere Dosen Presssaft. Die Thiere reagirten 
jedesmal mit deutlichen Fiebererscheinungen. Die Behandlung 
wurde durch Monate fortgesetzt. 

Verf. stellte eine grosse Zahl von Versuchen an. _ Von 
diesen bespricht er nur jene von 23 Thieren. Sechs derselben 
waren Controlthiere. Diese gingen I ‘/z—4 Monate nach der 
Infection an disseminirter allgemeiner Tuberculose zu Grunde. 
Von den 17 behandelten Meerschweinchen starben 5 nach 
3 — 3 */ 2 monatlicher Behandlung an allgemeiner Tuberculose. 
Erscheinungen, welche auf Heilung hindeuteten, waren an ihnen 
nicht zu sehen. 3 Thiere verendeten schon nach 1 1 / 2 Monaten 
bezw. 14 Tagen. Wegen Kürze der Zeit, während welcher 
sie behandelt worden waren, konnten diese Fälle eine Ver- 
werthung für die Statistik nicht liefern. 4 Thiere starben nach 
mehrmonatlicher Behandlung. Die Ausbreitung der Tuberculose 
war bei ihnen geringer als bei den Controlthieren und ausser- | 
dem waren bei ihnen Veränderungen wahrnehmbar, welche auf j 
Heilung deuteten, so namentlich starke Bindegewebsneubildung i 
in der Umgebung der Tuberkel. Fünf der behandelten Thiere 
sind noch heute am Leben, während die Controlthiere schon ! 
1 ‘/ 2 Monate nach der Infection starben. Das letzte Ergebniss, 
d. h. die Erhaltung von fast 1 / a der Thiere, kann nach dem ; 
Verf., mit Rücksicht auf die grosse Empfänglichkeit der Meer¬ 
schweinchen für Tuberculose, als einigermassen günstig bezeichnet 
werden. Verf. ist nicht der Ansicht, dass das Tuberculoplasmin 
ein für alle Fälle der menschlichen Tuberculose geeignetes 
Mittel ist, hält aber eine weitere Prüfung desselben am Kranken- j 
bette für angezeigt, zumal, da es sich bei vorsichtiger An¬ 
wendung als unschädlich erweise. Im Uebrigen glaubt Verf., 
dass die Erfolge der Behandlung des Menschen mit Tuberculo¬ 
plasmin nicht einmal so gross sein werden, wie die bei den 
Meerschweinchen erzielten. Die menschliche Tuberculose komme 
meist in einem viel vorgerückteren Stadium zur Behandlung, 
zeige grosse individuelle Verschiedenheit und häufige Secundär- 
infectionen; ausserdem aber könne dem Meerschweinchen auf 
1 Kilo Körpergewicht viel mehr Presssaft einverleibt werden, 
als dieses beim Menschen je der Fall sein werde. Diese Um¬ 


stände müssen selbstverständlich von bedeutendem Einflüsse 
auf die Resultate der Tuberculoplasmin-Behandlung beim 
Menschen sein. Albrecht. 


Myxosarkom in der Keilbeinhöhle des Pferdes. 

Von Gotti e Brazzola. 

(Mem. della R. Accad. delle Scienze di Bologna. 1897.) 

Ein Pferd zeigte beträchtlichen Ausfluss aus dem linken 
Nasenloch, der an Monge zunahm beim Senken des Kopfes. 
Mit Malleinimpfung und Verimpfung des Ausflusses auf den 
Esel wurde Rotz ausgeschlossen. Im Nasenausfluss fanden sich 
zahlreiche Blastomyceten von verschiedener Grösse, länglich 
oder oval, mit doppelter glänzender Contour. Das Protoplasma 
war granulirt und enthielt glänzende Vacuolen. Einige waren 
mit einander vereinigt, andere eingekapselt, noch andere verkalkt. 

Es stellte sich eine schmerzhafte, warme Anschwellung 
des linken Thränenbeines ein und leichte Schwellung der Kehl¬ 
gangsdrüsen. Trotz Zunahme dieser Erscheinungen blieb das 
Thier fieberfrei und sein Ernährungszustand gut. Die Tre¬ 
panation brachte keinen Aufschluss über die Art des Leidens. 
Plötzlich nahm der Ausfluss wieder zu, es traten heftiges Nasen¬ 
bluten auf und die Schleimhaut der Nase schwoll an Da alle 
Behandlungsmethoden ohne Resultat blieben, wurde das Thier 
getödtet. 

Bei der Obduction fand sich die Keilbeinhöhle bedeutend 
erweitert und von ihr in die Nasenhöhle hineingewuchert ein 
grosser Tumor, der die Umgebung zum Schwund gebracht 
hatte. Die mikroskopische Untersuchung ergab ein Myxo¬ 
sarkom, das zahlreiche Blastomyceten enthielt. Letztere wuchsen 
auf Kartoffeln mit Bildung von Farbstoff, sie verflüssigten Ge¬ 
latine nicht, auf einfachem Agar wuchsen sie langsam, besser 
auf Glycerinagar. In zuckerhaltigen Nährböden entwickelten 
sie sich kräftig. Temperatur Optimum zwischen 25 bis 33 0 
Impfung in die Subcutis von Meerschweinchen führten zu vorüber¬ 
gehenden oder zu dauernden ulcerirenden Anschwellungen. 
Intraperitoneale Injectionen ergaben entzündliche Schwellungen 
der Lymphdrüsen, des Pankreas, Leber, Milz, Hoden, Lunge, 
die sich jedoch sehr langsam entwickelten. Frick. 


Hämoglobinurie, Hämatinurie (Piscia-Tangue) des Rindes 
in Sardinien. 

Von Padovani Tebaldo. 

(II nuovo Ercolani, 1897, S. 359.) 

Die Krankheit tritt fast jedes Jahr in Sardinien auf vom 
Juli bis Oktober, namentlich wenn Regen auf längere Trocken¬ 
heit folgt. Während die Krankheit dann enzootisch herrscht, 
kommt sie auch sporadisch das ganze Jahr hindurch vor. Im 
April, Mai, November sind in Folge der Niederschläge die an 
Gebirgsbächen gelegenen Oertlichkeiten am meisten heim¬ 
gesucht. Dürre Weiden geben constant und am häufigsten 
Veranlassung zur Entstehung der Krankheit. Obwohl die Krank¬ 
heit an gewisse Oertlichkeiten gebunden ist, kommt sie doch 
überall auf der ganzen Insel hin und wieder vor. Selbst die 
hochgelegenen Theile sind nicht verschont. 

Als Ursache der Hämoglobinurie ist ein kugelförmiger 
Parasit (Amöbosporidie nach Bonome) anzusehen, welcher im 
Blute lebt, sich durch Theilung vermehrt und den Jugend¬ 
formen des Malariaparasiten ähnlich sieht. Im Blute der leben¬ 
den kranken Thiere findet er sich in den rothen Blutkörperchen 
oder frei im Serum als runde oder ovale, pigmentlose, i bis 
7 fi grosse Körperchen mit Eigenbewegung. Ihre Form wechselt 
und ihre Zahl nimmt mit der Schwere des Falles zu. 

Die Inkubationszeit beträgt 3—12 Tage und der Verlauf 
ist verschieden je nach der Schwere der Erkrankung. In 
leichten Fällen treten die Anfälle in 3 — 5tägigen, in schweren 
in 8—iotägigen Perioden auf und enden meist tödtlich. 

Ausser beim Rind ist die Krankheit auch beim Schafe 
beobachtet. Höheres Lebensalter, körperliche Anstrengungen 


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■No. ii. 


DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


95 


bei gleichzeitiger mangelhafter Fütterung und Verabreichen 
von schlechtem Wasser prädisponiren zur Krankheit. 

Zuweilen wird ein Prodromalstadium gesehen, welches sich 
durch Mattigkeit, schwerfällige Bewegungen, erschwertes Auf¬ 
stehen und Appetitlosigkeit kundgiebt. Häufig wird dieses 
Stadium übersehen oder fehlt auch ganz, sodass die Krankheit 
ganz plötzlich einsetzt. 

Anfangs besteht massiges Fieber, das starken Schwankungen 
unterliegt. In manchen Fällen setzt dasselbe erst nach der 
offenbaren Erkrankung ein. Heftige Schüttelfröste sind meist 
gleichzeitig mit Absatz eines dunkelrothen Urines in grösserer 
Menge und mit Appetitlosigkeit verbunden. Das Wiederkauen ist 
unterbrochen, Kothabsatz aufgehoben, Dyspnoe deutlich, Athmung 
mühsam, frequent, Husten fehlt, Nierengegend schmerzhaft, 
Abgeschlagenheit, Schleimhäute blass. In leichten Fällen und 
bei zeitiger Behandlung lassen die Erscheinungen nach 2—3 
Tagen nach, in weiteren 2—3 Tagen bessert sich der Zustand 
und es erfolgt Genesung. 

In schweren Fällen steigt die Temperatur bis 42 °; die 
blassen Schleimhäute werden gelblichgrün. Es stellt sich ein 
ruhrartiger Durchfall ein und Leibschmerzen. Der blutige Urin 
nimmt an Menge zu, die Thiere liegen beständig oder legen 
sich aus Schwäche nach dem Aufstehen bald wieder hin. Puls 
klein, frequent, fadenförmig. Herzschlag pochend, in weitem 
Umfange fühlbar. Athmung sehr erschwert, mühsam, schmerz¬ 
haft. Der Durchfall wird stärker, und nimmt blutig-gallige Be¬ 
schaffenheit an. Die Thiere stöhnen, werden immer elender 
und sterben an Erschöpfung in 5 — 9 Tagen. Auch die 
schwersten Formen können heilen; bei geeigneter Behandlung 
genesen 50 °/„; andernfalls sind die Verluste gross. Der Tod 
erfolgt durch Urämie, nicht selten in Folge der Nephritis, die 
als Complication auftritt. 

Wenn Heilung erfolgt, geht dies nur allmälig vor sich, 
indem sich der Urin erst nach und nach klärt. 

Die Diagnose ist bei genauer Befunderhebung, Untersuchung 
von Blut und Harn nicht schwer. 

In differentiell-diagnostischer Beziehung kommen in Be¬ 
tracht: Traumen der Nieren, Lenden, Blase, drastische Medi- 
camente (Canthariden, Terpentinöl u. s. w.), ferner Pflanzen¬ 
vergiftungen (Herbstzeitlose, Ranunculaceen), Strongylus renalis. 
Bei diesen besteht nicht der obige Symptomencomplex und 
die Farbe des Harnes ist durch Beimischung von Blut, nicht 
nur Blutfarbstoff bedingt. 

Die Prognose hängt von der Schwere der Erkrankung ab; 
im Allgemeinen ist sie vorsichtig bis schlecht zu stellen, wenn 
in 4 — 5 Tagen keine Besserung einsetzt. 

Bei der Obduction der an der Hämoglobinurie Gefallenen 
findet sich: 

Blutiges Oedem der Subcutis, zuweilen daselbst Blutungen 
und Anhäufung von schwarzem Pigment. 

Nieren mit Blutungen besetzt; Lymphdrüsen geschwollen. 

Milz doppelt so gross als normal, blutreich, Kapsel ge¬ 
spannt, zerreisslich, Consistenz weicher als normal, Pulpa mürbe, 
fast breiig ; starke Anhäufung von schwarzem Pigment. Farbe 
der Milz roth, braun bis schieferfarben. 

Volumen und Gewicht der Leber vermehrt; in der Gallen¬ 
blase, im ductus hepaticus und choledochus findet sich dick¬ 
flüssige, tiefschwarze Galle. Consistenz der Leber weicher als 
normal, Farbe dunkler. Zuweilen Schwellung des Parenchyms, 
Interstitien intact. 

Knochenmark in Tibia, Femur, Humerus rothbraun, weich, 
flüssig, ölartig, meist gelatinös. 

Die Behandlung muss frühzeitig einsetzen. Zunächst müssen 
gesunde hygienische Bedingungen geschaffen werden (Entfer¬ 
nung von der schädlichen Weide, Aufstellung unter Schuppen, 
Verabreichung von gutem Trinkwasser, mindestens Zusatz von 
Salz oder Salzsäure zu demselben). Der Aderlass, welcher in 
Sardinien leider nur zu umfangreich angewendet wird, ist streng 
verpönt, dagegen empfiehlt sich Anregung der Hautthätigkeit 
durch Abreibung mit oder ohne Terpentinöl. Ferner Kalt- 
wasserklystiere und vor allen Dingen herzhafte Dosen von 
Chininum hydrochloricum, jedoch nicht subcutan applicirt, da 


hiernach leicht umfangreiche Abscesse bezw. Zerstörungen der 
Haut entstehen. Daher wird das Chinin am besten per os in 
Abkochungen Cort. Chinae oder Rad. Gentianae verabreicht. 
Auch als Bolus kann es angewendet werden (Chin. hydrochlor. 
7—8 gr, Ergotin 1,5—2 gr). Daneben wird 200—300 gr Natr. 
sulfuricum in Wasser verabreicht. Das Getränk besteht in 
frischem klarem Wasser angesäuert mit Salzsäure. Die Diät soll 
leicht verdaulich, jedoch kräftig sein (gekochte Gerste, Mehl¬ 
tränke u. s. w.) 

Als Prophylakticum empfiehlt sich Besserung der hygie¬ 
nischen Verhältnisse und Kräftigung des Körpers, ferner Ver¬ 
meiden inficirter Weiden, Weidewechsel. Bei letzterem sind 
möglichst hochgelegene Weiden auszuwählen. Gutes Wasser 
oder Zusatz von Salz oder Salzsäure zum Trinkwasser sind 
sehr empfehlenswerth. Am meisten erfreut sich die Anwendung 
von Chinin (2—9 gr pro Kopf) als Prophylakticum der Gunst, 
auch der Erfolg ist gut. 

Bezüglich der Bodenverhältnisse ist umfangreiche Assanirung 
eine Grundbedingung für die Bekämpfung der Krankheit, also 
Trockenlegung der Weiden, Regelung der Flussläufe und des 
Abflusses stehender Gewässer. 

Im sanitätspolizeilichen Interesse ist es mit Rücksicht auf 
die ökonomischen Verluste nicht angängig strenge Massregeln 
gegen die Krankheit zu erlassen. Es soll nur die Anzeige¬ 
pflicht obligatorisch sein, ferner die bei Infectionskrankheiten all¬ 
gemein vorgeschriebenen Massregeln. Bei endemischem Auf¬ 
treten der Krankheit ist der Gebrauch des Fleisches zu ver¬ 
meiden. Letzteres ist weinroth von Farbe und etwas zähe, 
wird nicht für schädlich gehalten, obwohl es einen Theil seiner 
Nährstoffe eingebüsst hat. Ein geringer Druck auf die dortige 
Gewohnheit, das Fleisch solcher kranken Thiere zu verwerthen, 
wird von den Behörden befürwortet. Der Autor will nicht 
selten bei scheinbar gesunden Schlachtthieren als Folgezustände 
der Hämoglobinurie chronischen Milzturaor und Leberatrophie 
gesehen haben. Fr ick. 


Die Leber als Schutz gegen Infection durch Milzbrand. 

Von Roger. 

(Compte rendu de la Societe de Biologie. Octobre 1897.) 

Die zahlreichen Versuche R o g e r ’s, Thiere mit Milzbrand- 
culturen zu inficiren, und diese auf verschiedenen Wegen dem 
Körper einzuverleiben, haben zu dem merkwürdigen Resultate 
geführt, dass es sehr darauf ankommt, welche Blutgefässe zum 
Einführen des Virus gewählt werden. Am schnellsten erfolgte 
die tödtliche Wirkung des Letzteren, wenn die Dosis direct in 
die Aorta oder in das peripherische Ende der Arteria femoralis 
gespritzt wird, dann folgt die Injection in die Venen und am 
wenigsten schnell sterben Versuchsthiere beim Impfen in die 
Endzweige der Drosselarterie. Was indessen bei der ganzen 
Experimentation Roger’s am meisten Interesse erregte, war 
die Beobachtung, dass sonst absolut tödtlich wirkende Gaben 
von Milzbrandvirus gar nicht tödteten, wenn man sie 
in die Pfortader einspritzte, ausser es wurden die Dosen 
64 Mal stärker genommen. 

Es kann nur die Leber sein, welche diese grossartig 
schützende Rolle gegen Bakterien oder wenigstens gegen Milz- 
brandculturen spielt und erweist sich dieser Schutz viel energischer 
als jener ist, den die Leber bei Einführung chemischer Gifte 
bietet, wenn diese in doppelt höherer Gabe, als die tödtliche 
ist, in die peripheren Venen eingeführt werden. Vogel. 


Castration eines rechtsseitigen Abdominalkryptorchiden. 

Von Assistent Th. Schmidt-Wien. 

(Thierärztl. Centralbl. 1897. No. ai.) 

Der wegen Bösartigkeit zur Castration bestimmte 6 Jahre 
alte Pinzgauer sog. Spitzhengst wird einige Tage diät gehalten 
und sodann nach der Günther'sehen Methode in tiefer 
Chloroformnarkose operirt. 6 cm von der Medianlinie rechter- 


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96 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


12. März. 


seits an der Schlauchmündung beginnend, wird ein 12 cm langer 
Hautschnitt gemacht und das darunter liegende Fettgewebe 
sammt der Tunica abdominalis durch einen 10 cm langen Schnitt 
durchgetrennt. Darnach werden die Wundränder mit Hacken 
auseinander gehalten, der gerade Bauchmuskel in der Richtung 
seines Faserverlaufs etwas angeschnitten und mit dem Zeige- 
und Mittelfinger durch einen kräftigen Stoss die Bauchhöhle 
geöffnet. Das Cavum peritonei wird vorsichtig soweit geöffnet, 
dass mit dem Arm eingegangen werden kann, nach dem Hoden 
gesucht, derselbe durch die Wunde hervorgezogen, unterbunden 
und abgeschnitten; die Wundränder durch Knopfnähte ge¬ 
schlossen unter Bedachtnahme auf Abfluss des sich bildenden 
Wundsecretes und Jodoformcollodium aufgetragen. Ein Verband 
lässt sich wegen der Bösartigkeit des Thieres nicht anlegen. 
Patient wird im Stalle mit dem Hintertheil höher gestellt und 
diät gehalten. Am zweiten und dritten Tage tritt leichtes 
Oedem auf, SQnst ist das Allgemeinbefinden nicht gestört. 
8 Tage post operat. werden die Nähte entfernt, Heilung per 
primam intent. 22 Tage nach der Operation wird das Pferd 
entlassen. Bösartigkeit ist verschwunden. 

Der entfernte Hoden ist hühnereigross, sehr weich und 
von normaler Structur; Spermatozoen wurden nicht gefunden. 

G öri g. 


Ersatz des Hafers durch Gerste bei Pferden. 

Von Hendrickx, Assistent an der Brüsseler Schule. 

(Aus den Annales de Medecine veterinaire. Novcmbre 1857.) 

Eines der wichtigsten ökonomischen Probleme, welches 
zur Zeit Gewerbe und Handel zu lösen sich bemühen, besteht 
sicher darin, die Concurrenz auch dadurch zu bestehen, dass 
die Betriebsunkosten möglichst eingeschränkt, die Baarauslagen 
reducirt werden, so weit es angänglich ist. Dies trifft nament¬ 
lich auch für jene industriellen Unternehmungen zu, die auf 
Pferde angewiesen sind, es lassen sich aber hier nur Erspar¬ 
nisse in den Fütterungskosten erzielen, sofern es gelingt, für 
den allerwärts immer mehr im Werthe steigenden Hafer ein 
anderes Protei'naliment zu finden, das im Preise niedriger steht, 
ohne dass dabei das Wohlbefinden der Pferde und ihre Leistungs¬ 
fähigkeit eine Beeinträchtigung erfährt. 

Von diesen Gesichtspunkten ausgehend, suchte Verf. für 
Zugpferde des nicht schweren Wagenschlages mit anderem 
Körnerfutter vorzugehen und kam zunächst auf den Mais, 
mit welchem er aber schlechte Erfahrungen machte. Nicht 
allein traten häufig gastrische Störungen auf, zum Theil auch 
schon nach kurzem Gebrauch, trotz reiner Waare tödtliche 
Erkrankungen durch Windkolik. Aehnliche Beobachtungen 
wurden ja anderwärts längst gemacht und so wandte sich 
Hendrickx der Gerste zu als jenem Getreide, das dem 
Hafer am nächsten kommt und ihm eigentlich nur hinsichtlich 
der Verdaulichkeit nachsteht; auch dient Gerste in Frankreich, 
Italien, Spanien u. s. w. sogar als Hauptfutter für Pferde. Aller¬ 
dings ist die Corticalschicht der belgischen Gerste sehr hart 
und haben besonders junge Pferde und ältere mit defectem 
Gebiss Mühe, sie ordentlich zu kauen, es lässt sich aber dieser 
Uebelstand leicht durch Quetschen vermeiden, auch soll nicht 
die ganze Haferration durch Gerste ersetzt werden. 

Um nun hierüber in’s Reine zu kommen, experimentirte H. 
an 30 Brüsseler Wagenpferden mit gleichem Alter und Dienst 
und erhielt die eine Hälfte 9 Kilo Hafer, die andere 5 Kilo Heu 
und 4 Kilo gequetschte Gerste pro Tag. Beim Wiederwägen 
des Körpergewichts 7 Monate nachher hatten die Haferpferde 
6 Kilo, die Gerstenpferde 29 Kilo im Mittel an Gewicht zu¬ 
genommen und befanden sich die letzteren in gleich gutem, 
eher besseren Allgemeinzustand. Störungen der Verdauungen 
oder sonstige Zufälle, grössere Abnützung der Extremitäten u. dgl. 
sind weder bei der einen noch anderen Reihe vorgekommen. 
Verf. ist daher, ähnlich wie schon früher Lavallard, durch 
die Gerstenfütterung vollkommen zufrieden gestellt worden 
und lehren auch die weiteren Erfahrungen, welche zahlreiche 
Pferdebesitzer nunmehr gleichfalls mit der Gerste gemacht haben, 


j dass die erwähnte Futtermischung nicht nur die Pferde bei 
I guter Condition erhält, sondern auch keinerlei üble Folgen 
nach sich zieht, wie dies früher gelehrt wurde. Welch be¬ 
deutende Ersparnisse erzielt worden sind, lässt sich leicht 
berechnen, da die Gerste um 5 Frc. billiger zu stehen kam; 
die Minderkosten der 15 mit Gerste verpflegten Pferde betragen 
1100 Frc. pro anno. . Vogel. 

Oeffentliches Veterinärwesen, 

Die Rauschbrandschutzimpfung und deren Werth. 

Von Bezirksthierarzt M. Strebei in Freiburg (Schw.) 

(Oesterr. Monatsschr. f. Thierheilkunde, 1898, I, II.) 

In einer längeren Abhandlung unterzieht Verf. auf Grund 
seiner grossen Erfahrung auf dem Gebiete der Rauschbrand¬ 
schutzimpfung und des in der Literatur über diesen Gegen¬ 
stand vorhandenen sehr reichhaltigen Materials die bisher an¬ 
gewandten Impfmethoden und deren unmittelbare Folgen, die 
gebrauchten Impfstoffe und deren unmittelbare Folgen, sowie 
den Schutzwerth der Rauschbrandimpfungen einer kritischen 
Beleuchtung und kommt hierbei zu folgenden Schlussfolgerungen: 

1. Die zweimalige Impfung am Schwänze mit abgestuften 
Impfstoffen ist bedeutend ungefährlicher als die einmalige 
Impfung mit energischen (Kitt), sowie die zweimalige Impfung 
mit abgestuften Stoffen an der Schultergegend. Die durch die 
Impfung an der Schulter dem Thiere verliehene Immunität ist 
in der Regel keine genügend feste. Es sind daher die ein¬ 
malige Impfung mit energischem Impfstoffe, sowie die zweimalige 
an der Schulter zu unterlassen. 

2. Werden die Impfrauschbrandfalle den spontanen Krank¬ 
heitsfällen zugezählt, so stellt sich der Misserfolgsprocentsatz 
bei der Impfung am Schwänze zu jenem bei der Impfung an 
der Schulter wie 0,45 : 0,66. 

3. Bei den dem Verf. bekannten und in Vergleich kom¬ 
menden 215062 Impfungen stellt sich der Misserfolgsprocent¬ 
satz zu dam Procentsatz der bei den nicht geimpften vor¬ 
gekommenen und gemeldeten Rauschbrandfälle 
wie 0,58 : 1,75. Diese Zahlen zeigen, dass namentlich mit 
Rücksicht auf die vielen bei den Nichtgeimpften verheimlichten 
Rauschbrandfälle die Impfung der Jungrinder ein recht werth¬ 
volles prophylaktisches Mittel gegen den Rauschbrand bildet. 

4. Wird die von Arloing-Cornevin eingeführte Me¬ 

thode der Impfung am Schwänze wieder in Anregung gebracht 
und den Impfärzten ein mit peinlichster Genauigkeit und vollster 
Sachkenntniss hergestellter Impfstoff zur Verfügung gestellt, so 
glaubt Verf., dass hierdurch wieder die früher beobachteten 
günstigen Resultate erzielt werden können. Görig. 


Zur Differentialdiagnose der sporadischen Lungenent¬ 
zündung des Rindes und der Lungenseuche desselben. 

(L’ßcho veterinaire. Dccembre 1897.) 

In einer ausführlichen Abhandlung berichtet Dr. Theobald 
Smith an das Ackerbau-Ministerium der Vereinigten Staaten 
über die Merkmale, durch welche sich beide obgenannten Krank¬ 
heitszustände bei den Rindern von einander unterscheiden lassen. 
Die Arbeit lässt sich in folgenden Sätzen resümiren. 

Die sporadische Pneumonie des Rindes präsentirt sich im 
Allgemeinen als eine Bronchopneumonie, welcher sich Emphysem 
und interlobuläre Ausschwitzung anschliessen kann, wodurch 
das Bild der Lungenseuche vorgetäuscht wird. 

Die Bronchopneumonie kommt selten vor, sie wird -in der 
Mehrzahl der Fälle sehr wahrscheinlich durch das Eindringen 
von Flüssigkeit in die Luftwege während des Trinkens hervor¬ 
gerufen. Tritt sie im Verlaufe der Tuberculose oder nach dem 
Eindringen von Fremdkörpern secundär auf, lassen sich diese 
Ursachen nach dem Schlachten leicht erkennen. 

Entsteht die sporadische Lungenentzündung aus äusseren 
Ursachen, mechanischen Einwirkungen oder durch anhaltende 
Erschütterungen, wie sie an Bord von Dampfschiffen vorzu- 


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No. ii. 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


97 


kommen pflegen, lassen sich Anhaltspunkte hierfür nicht auf¬ 
finden. 

Jene Bakterien (Rothlaufbacillen des Schweines), welche 
bei gesunden Rindern in den oberen Luftwegen angetroffen 
werden, findet man auf dem Wege der Reincultur in der 
Bronchopneumonie wieder, sie erzeugen eine interlobuläre Aus¬ 
schwitzung, welche die Pneumonie durch weitere Ausbreitung 
zur chronischen macht. 

Die Mehrzahl der im Lungenparenchym, in der interlobulären 
Flüssigkeit und in den Exsudaten der Lungenseuche vor¬ 


kommenden Culturen bleiben steril. Zuweilen finden sich auch 
Bakterien, welche der Gruppe der Schweineseuche (pulmonale 
Form) angehören. 

Die bei der Pneumonie des Rindes auftretenden Bakterien 
sind häufiger mit einer Kapsel versehen, als jene, welche sich 
bei Schweinen finden. Die übrigen Unterschiede sind nicht 
constant. 

Die Septicämien und die infectiösen Lungenentzündungen 
der Kälber entstehen im Allgemeinen aus den Mikroben .der 
obengenannten Gruppe, sie sind jedoch virulenter. Vogel. 


Stand der Maul- und Klauenseuche im Deutschen Reiche Ende Februar 1898. 

(Nach den im Kaiserlichen Gcsundheitsamte zusammengestellten Berichten der beameten Thierärzte. (Veröffentlicht im Reichs-Anzeiger vom S- März 1898.) 



Schleswig 


KOslin 


Mecklenburg- 

Schwerin 


Stade 


Oldenbi 


Orgrr.herö 


Lüneburg 


Osnabrück 


Frankfurt 


efa u r0 : 


Von je 100 
Gemeinden 
waren am 
Schluß des Monats 
verseucht 






U.’jpranken 


J-uxeriJ^- 
Iburg r" 


Abkürzungen: 

W. I Ktckarkrei* W. 2 Schwarzwaldkreis 

W • 3 Jag st kreis W. 4 Donaukreis 

B. I Landeskommissariat Mannheim 

B. 2 „ * Karlsruhe 

B. 3 n . Freihitrg 

B. 4 „ „ Konstant 

H. I f'rovim Starkenburg 

H. 2 1 . Oberhessen 

H. 3 n Rheinhessen 

Sch. Landwehr kompagniebet. Schlinberg 

0. I Oldenburg: Fürstenth. Lübeck 

0.2 „ „ Birkenfeld 

Br. I Kreise Braunschweig, WolfenbütUl, Helmstedt 

Br. 2 Kreist Holzminden, Gandersheim 

Br 3 Kreis Blankenburg 

8. Schaumburg-Lippe 

H. Hamburg L. Lübeck Br. Bremen 


mmm 


Obtrplnlt^, 


'm • Nlederbayi 


Obarbayarn < 


Nahrungsmittelkunde. 

Das Fischfleisch in hygienischer Beziehung. 

Von v. Smolenski-St. Petersburg. 

(Hygienische Rundschau. VII. Jahrgang. No. aa—»4.) 

Die hervorragende Bedeutung, welche das Fischfleisch als 
leicht zugängliches und deshalb billiges Nahrungsmittel für die 
Küstenbewohner und, Dank den vielseitigen und zum Theil 
auch recht vollkommenen Versandt- und Conservirungsmitteln 
auch für die Bevölkerung des Inlandes gewonnen hat, nicht 
zum letzten ferner die so vielfach beobachteten Vergiftungen mit 
Fischen lassen die besonders in neuerer Zeit häufigen Bestrebungen, 


die Fischkost zum Gegenstand eingehender hygienischer Unter¬ 
suchungen zu erheben, sehr begreiflich erscheinen. Die Ergeb¬ 
nisse der letzteren werden uns in dem Smolenski'sehen Auf¬ 
sätze dankenswerther Weise in überaus zusammenhängender Form 
und klarer, selbständiger Ausführung zur Kenntniss gebracht. 

Das Fleisch der geniessbaren See- und Süsswasserfische, 
deren zahlreiche Arten einzeln besprochen werden, ist ana¬ 
tomisch kaum wesentlich von dem der Säuger abweichend. 
In chemischer Beziehung zeigt es sich zunächst sehr reich an 
| N-haltigen Substanzen, unter denen namentlich die Extractiv- 
und leimgebenden Stoffe als J / 3 des Gesammtgehaltes hervor- 
| treten; es ist ferner sehr wasserreich, dagegen aber in der 
j Regel arm an Fett. Die Consistenz des letzteren bekundet je 




































98 


DEUTSCHE THIER^ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


12. März. 


nach der Fischart ein sehr ungleiches Verhalten. Chemische 
Zusammensetzung, Geschmack und Nährwerth der Fische 
wechselt nun unter gegebenen, zum Theil noch ungenügend 
erkannten Bedingungen ungemein, selbst bei ein und derselben 
Art. Laichakt, Nahrung und das Aufenthaltsmedium spielen 
dabei eine wesentliche Rolle, indem erfahrungsgemäss z. B. 
das Fleisch vor dem Laichen am festesten und wohlschmeckend¬ 
sten ist, ferner Seefische aus grossen Tiefen und in der Nähe 
felsiger Ufer gefangen, endlich Süsswasserfische aus tiefen Seen 
oder Teichen mit klarem Wasser und sandigem Untergrund 
den besten Geschmack besitzen. Zufolge des Wasserreichthums 
und anderseits der Fettarmuth des Fleisches haben die Fische, 
ganz besonders Häringe und Makrelen, in der Regel eine ge¬ 
ringe, bezw. kurze Haltbarkeit post mortem. Wo deshalb der 
baldige Genuss nach dem Fange nicht angeht, empfehlen sich 
z. B. bei Versandt auf weitere Entfernungen hin, geeignete 
Mittel zur Aufbewahrung, indem man entweder die lebenden 
Fische bis zur Tödtung in Wasser hält bezw. den Transport in 
Barken oder eigens dazu construirten Eisenbahnwagen (mit Wasser¬ 
behältern und doppelten, schlechte Wärmeleiter umfassenden 
Wandungen) bewirkt oder die getödteten Fische conservirt. 

Solche Conservirungsmethoden sind: I. Niedrige Tem¬ 
peraturen. Man lässt hierbei die Fische gefrieren oder 
bringt sie in Eis, kühlende Gemenge u. dergl. oder auch in 
besondere Kühlräume. Bei dieser Methode bleibt der Ge¬ 
schmack der Fische unverändert, einmal gefrorene Fische dürfen 
aber vor dem Verkaufe nicht wieder aufthauen. 2. Das 
Salzen. Dasselbe geschieht durch Einlegen der Fische in toto 
resp. nach Entfernung der Kiemen und Eingeweide in Salz oder 
stärkere Salzlösungen. Es ist die häufigste Conservirungsart, 
hat aber einen mehr oder weniger grösseren Verlust der Ob¬ 
jecte an Wasser, Eiweiss und ExtractivstofTen und eine nicht 
unerhebliche Veränderung des frischen Geschmackes zur Folge. 
Das Salzen findet auch als Conservirungsmittel bei gewissen 
Fischproducten, so des Kaviar, ausgedehnte Verwendung. Der 
Kaviar wird, namentlich im Frühjahr und Herbst, aus dem 
reifen Rogen gewisser Störarten, doch auch anderer Fische 
gewonnen und in fünf Sorten auf den Markt gebracht (frischer 
körniger Kaviar, Warschauer Kaviar, gepresster Kaviar, heisser 
oderSommer-Kaviar, endlichEierstocks-Kaviar oder Jastitschnaja). 
3. Das Trocknen, welches besonders bei Dorschen und 
anderen Fischen, an der Luft oder in Oefen, im Sommer nach 
vorausgegangenem Salzen geschieht. 4. Räuchern. 5. Mari- 
niren, d. i. das Conserviren der Fische in Essig und Ge¬ 
würzen. 6. Einwirkung hoher Temperaturen, so das 
Conserviren von Sardinen, Anchovis etc. in erhitztem Oele 
und Herstellung verschiedener Fischconserven in Gelö, Wein, 
Tomaten etc. 7) Endlich hat man auch versucht, die bei Her¬ 
stellung der Conserven zurückbleibenden Abfallstoffe als 
Fischextracte zur Bereitung von Suppen auszunutzen. Die 
Fischconserven sind sehr reich an werthvollen Nährstoffen, 
unterliegen aber hinsichtlich ihrer chemischen Zusammensetzung 
je nach Eigenschaften und Behandlungsweise des verwendeten 
Materials grossen Schwankungen. 

Die Ausnutzung der Fische durch den mensch¬ 
lichen Organismus ist im Allgemeinen eine gute; wenigstens 
lassen Versuche mit künstlichem Magensaft, die indessen zur 
allseitigen Lösung dieser Trage kaum ausreichen dürften, einiger- 
massen darauf schliessen. Hiernach wird Fischfleisch mit Aus¬ 
nahme nur weniger Fische wie Lachs, Renke u. a., deren 
Fleisch sehr rasch zur Peptonisirung gelangt, schwerer ver¬ 
daut als Rind-, Kalb- und Schaffleisch, dagegen, wenigstens 
so beim Schellfisch, fast ebensogut resorbirt wie Rindfleisch. 
Doch sättigt es, jedenfalls in Folge seines hohen Gehaltes 
an Extractiv- und leimgebenden Stoffen, nur wenig und 
muss deshalb in grösseren Mengen aufgenommen 
werden. Ausserdem beeinträchtigen gewisse ungeniessbare 
Theile, wie Eingeweide, Flossen, Knochen, welche bei einigen 
Fischen (Barsch, Flunder, Dorsch u. a.) einen hohen Procent¬ 
satz erreichen können, wesentlich den allgemeinen Nährwerth. 

Gewisse Fische sind geeignet, durch giftige Eigenschaften, 
Parasiten, einzelne Conserven und endlich durch giftige Sub¬ 


stanzen (Blei, conservirende Mittel etc.), welche von aussen in 
dieselben gelangen, die Gesundheit des Menschen erheblich zu 
schädigen. Giftige Eigenschaften besitzen die sogen, giftigen 
Fische entweder schon bei Lebzeiten oder sie zeigen dieselben 
erst nach dem Tode. Die giftigen Fische der ersten Gruppe 
sind entweder giftführende bezw. verwundende oder eigentliche 
giftige Fische. Erstere, meist kleine marine Arten, benutzen 
das in besonderen Hautdrüsen vorgebildete Gift als Schutzwaffe 
und werden höchstens durch die Wunden und Stiche gefährlich, 
welche sie beibringen, während das Fleisch vielleicht mit nur 
ganz seltenen Ausnahmen an sich unschädlich ist. Die Ver¬ 
giftungssymptome sind je nach Intensität der Verwundung, Gift¬ 
menge und den individuellen Eigenthüralichkeiten des Ver¬ 
wundeten bald örtliche (Entzündung, Nekrose), bald nach Auf¬ 
nahme des Giftes ins Blut allgemeine (Lähmungserscheinungen, 
nicht selten Tod durch Herzlähmung); bei einzelnen Menschen 
sind auch tollwuthähnliche Anfälle beobachtet worden. Die 
eigentlichen giftigen Fische leben hauptsächlich in 
tropischen Meeren, seltener in den Gewässern der gemässigten 
Klimate; sie wirken nur als Speisen giftig, wobei das giftige 
Princip durch Kochen nicht zerstört wird. Das Gift scheint in 
bestimmten Theilen des Körpers localisirt zu sein, und zwar 
suchen die einen es im Kopfe, andere im Fleisch, jene in den 
inneren Organen, vorzugsweise der Leber, diese und mit ihnen 
die meisten Autoren in den Geschlechtsorganen oder dem Laich. 
Bei Aalen ist der eigentlich giftige Bestandtheil das Blut. Die 
Wirkung des Giftes hängt von Rasse und Alter der Fische, 
von der Jahreszeit und den individuellen Eigenthümlichkeiten 
des Consumenten ab. Das Vergiftungsbild selbst erinnert leb¬ 
haft an die verschiedenen Formen der Cholera. Auch sonst 
völlig ungiftige Fische können durch Aufenthalt in sumpfigem 
oder überhaupt verunreinigtem Wasser, durch Aufnahme giftiger 
Nahrung zu giftigen werden. 

Die nach dem Tode der Fische, auch bei sonst 
ganz unschädlichen, auftretenden Giftstoffe sind zweierlei 
Art: Erstens sog. Leichengifte, welche sich in jedem Fisch 
unter den gewöhnlichen Bedingungen der postmortalen Zer¬ 
setzung entwickeln und zweitens Giftstoffe, die ihre Entstehung 
ganz besonderen Bedingungen verdanken und hauptsächlich in 
conservirten, namentlich gesalzenen Fischen beobachtet werden. 
Die Giftstoffe der ersten Art bekunden ihre giftigen Eigen¬ 
schaften nach Brieger und Bock lisch am bemerkbarsten in 
den ersten Stadien der Fäulniss; mit fortschreitender Zersetzung 
werden sie jedoch allmälig unter dem Einfluss von Oxydations¬ 
processen in unschädliche Verbindungen übergeführt. Bei diesen 
Giften wollen aber Laboratoriumsversuch und tägliche Erfahrung 
einstweilen noch nicht übereinstimmen. Vielmehr scheint der 
häufige und beliebte Genuss fauler Fische, wie er in manchen 
Gegenden Russlands, in Grönland u. s. w. Sitte ist, ohne jed¬ 
wede nachtheilige Folgen der Annahme einer Vergiftung durch 
faule Fische direkt zu widersprechen. Die aufgeführten That- 
sachen werden indessen niemals einen vollgültigen Beweis für 
die absolute Unschädlichkeit geben, da von verschiedenen 
Forschern der wissenschaftliche und praktische Nachweis dafür 
erbracht worden ist, dass in bestimmten Fällen faule Fische 
Vergiftungserscheinungen hervorrufen können. 

Relativ häufiger als die eben erörterten sind die Ver¬ 
giftungen mit conservirten Fischen. Das diese veranlassende 
Fischgift wurde von Aurep, Lieventhal, Jakowleff und 
Anderen in Form meist fester Ptomai'ne sowohl aus dem ver¬ 
dächtigen Materiale selbst, als auch aus dem Darminhalte und 
den Eingeweiden der Vergifteten isolirt. Nach Ansicht v. Aurep’s 
nun sollen sich diese Stoffe während der ersten Stadien einer 
langsamen, in den todten Fischen unter ganz bestimmten Be¬ 
dingungen vor sich gehenden Zersetzung bilden und anhäufen, 
das conservirende Salz aber die Zersetzung ausserordentlich 
verzögern. Die Erfahrung lehrt, dass die giftigen Fische zu¬ 
meist kein abnormes Ansehen geboten und in der Regel auch 
nur einige wenige oder doch nur ein Exemplar der ganzen 
Masse giftige Eigenschaften besessen hatten. Es scheinen so¬ 
mit die Fische schon verdorben oder was noch wahrscheinlicher, 
mit einer Infectionskrankhcit behaftet zum Salzen gelangt zu 


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No. I I. 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


99 


sein. Die jene Krankheit erregenden Mikroorganismen, sowie 
die von ihnen producirten giftigen Toxine konnten sich ^ber 
um so wirksamer erhalten, als das conscrvirende Salz jeder 
störenden Fäulniss hindernd entgegenstehen musste. In der 
That sind auch solche Infectionskrankheiten bezw. infectiöse 
Intoxicationen bei Fischen anlässlich verheerender Fischepidemien 
und theilweise anlässlich tödtlicher Vergiftungen von Menschen 
mit derartigem Fleische durch die bakteriologische Forschung | 
aufgedeckt worden. Die isolirten und in Reinculturen ge- i 
züchteten Bakterien, zumeist Bacillen, konnten mit Erfolg auf Ver¬ 
suchsfische übertragen und in einigen Fällen auch von Sieler- 
Schumow in den menschlichen Fäces nachgewiesen werden. 

Weitere Gefahren für das menschliche Wohlbefinden bieten 
die Fische endlich durch die in ihnen enthaltenen Parasiten, | 
namentlich durch die Finnen des Bothriocephalus latus, und 
nicht zum geringsten auch durch die Art der Conservirung. 

In letzter Beziehung erheischen vor Allem die in Blechbüchsen 
conservirten Fische hohe Beachtung. Bei ungenügendem Ver- 
Schlüsse der Büchsen kommt es in den Conserven unter Ein¬ 
wirkung von aussen hinzugetretener Mikroorganismen zu Zer¬ 
setzungen der Eiweisstoffe; diese führen neben Bildung giftiger j 
Toxine zu Freiwerden von organischen Säuren, die ihrerseits j 
wieder aus den Verlöthungen und Verzinnungen der Gefässe 
Blei und Zinn zur Lösung bringen. 

Zur Verhütung jener Erkrankungen ist nun ausser gewissen 
prophylaktischen Massregeln (grosse Vorsicht gegenüber den 
giftführenden und verwundenden Fischen; Ausschluss von giftigen 
Organen und Theilen, sowie Fischen mit Anzeichen der Fäul¬ 
niss vom Consum; Ueberwachung und Instandhaltung der Zucht¬ 
teiche ; Genuss der Fische nur in gut ausgekochtem und ge¬ 
bratenem Zustande; endlich Vorsicht bei Verwendung der Fisch- I 
conserven in Büchsen etc.), eine möglichst genaue Untersuchung 
der Fische vor und nach der Tödtung unerlässlich. Bei der 
Untersuchung lebender Fische ist auf deren eventuelle Giftigkeit | 
und auf ihren Gesundheitszustand zu achten. Leider sind die I 
Infectionskrankheiten der Fische noch viel zu wenig bekannt ' 
und erforscht, als dass sie bei der Beurtheilung irgend welche 
Anhaltspunkte liefern könnten. Man muss sich deshalb be¬ 
gnügen, einen Fisch als verdächtig anzusehen, wenn auf dessen ! 
Haut und Kiemen verdächtige Flecke, Eiterpusteln u. dergl. < 
vorhanden sind, wenn er weniger lebhaft im Wasser umher¬ 
schwimmt, wenn sein Bauch aufgetrieben oder wenn er einem ; 
mit organischen Abfällen verunreinigten Wasser entstammt. Bei 
der Untersuchung der getödteten Fische hat man zu berück¬ 
sichtigen: event. Giftigkeit, Parasiten, Infectionskrankheiten und 
endlich eventuelles Verdorbensein. Die Finnen des Bothrio- j 
cephalus latus machen sich in den Muskeln und Eingeweiden 
durch ihre weisse Farbe von selbst bemerkbar. Verdorbene i 
Fische haben trockene, häufig eine schmutzig bräunliche Flüssig¬ 
keit enthaltende Kiemen von dunkler, gelblich-grauröthlicher 
Farbe und unangenehmem Geruch, getrübte Hornhaut der Augen; 
welkes, leicht lösbares, abnorm gefärbtes und abnorm riechen¬ 
des Fleisch und zuweilen einen bläulich verfärbten, aufgetriebenen 
Bauch. Ein solcher Fisch ist sehr schlaff und schwimmt im 
Wasser. Eine weitere Erkennung angehender Fäulniss ist end¬ 
lich durch die Salmiak-Fäulnissprobe von Eber, durch Prüfung 
der Reaction und Prüfung aufH»S gegeben. Die Untersuchung 
kann sich ausserdem noch auf die Fischconserven und Fisch- 
producte erstrecken. Es sei hier der Kürze wegen nur hervor¬ 
gehoben, dass verdorbene, gesalzene Hering 2 einen unangenehmen 
Geruch, schleimiges, bläulichrothes, welkes Fleisch und bläu¬ 
liche .Verfärbung der Eierstöcke zeigen Schlechter Kaviar ist 
sauer, selbst bitter und von schimmlig-faulem Geruch. (Vgl. die 
Arbeiten von Niebel.) Edelmann. 


(Aus der städtischen Fleischbeschau ln Hannover.) 

Parasitologische Mittheilungen. 

Von Dr. A. StrÖse. 

^Zeitschrift für Fleisch- u .Milchhygiene. VIII. J.ihrg., 5. Heft S. 8«.) 

In seinen parasitologischen Mittheilungen erwähnt Ströse 
folgende interessante Funde: 


1. Pentastomum denticulatum in einer Schweinsleber. 

Unter der glatten, glänzenden Kapsel einer Schweinsleber 
fand er vier stecknadelknopfgrosse, weisse, kreisrunde Knöt¬ 
chen, welche sich leicht herauspräpariren Hessen und je ein 
Exemplar der Larven von Pentastomum denticulatum enthielten. 
Ausserdem hat Ströse diesen Parasiten noch ein andermal in 
der Einzahl in einer Schweinsleber angetroffen. Diese Befunde 
stehen bis jetzt einzig da. 

2. Dochmiasis bei einem Schweine. 

Bei einem wegen Anämie geschlachteten Schweine ent¬ 
deckte Ströse im Dünndarm zahlreiche Exemplare eines 7 
bis 8 mm langen, 0,5 mm breiten Rundwurmes, den er als 
Anchylostomum (s. Dochmius) longemucronatum bestimmte. 

3. Dem Alveolarechinococcus ähnliche Echino¬ 

kokken in einer Schweinsleber. 

An der Oberfläche einer Schweinsleber zeigten sich sehr 
zahlreiche, meist ganz dicht aneinander liegende gelbliche, 
Stecknadelknopf- bis kirschkerngrosse, theils glatte, theils buck¬ 
lige, ziemlich derbe Knötchen, die ganz einen tuberculösen Ein¬ 
druck machten. Die portalen Lymphdrüsen zeigten sich nicht 
unerheblich geschwollen. Die Knötchen bestanden aus einer 
0,5 — 1 mm dicken Wandung und einem gelblichen, zähen, 
käsigen, mit Membranfetzen vermischten Inhalte. Die Wan¬ 
dungen einzelner Knötchen waren glatt, andere zeigten Aus¬ 
buchtungen. Bei der mikroskopischen Untersuchung erwiesen 
sich die Knötchen als sterile Echinokokken. 

4. Ein Alveolarechinococcus in der Schweinsleber. 

Bisher ist ein Alveolarechinococcus in der Schweinsleber 
noch niemals gefunden worden und man kennt nur den von 
Ostertag beschriebenen eigenthümlichen Alveolarechinococcus 
auf der Pleura des Schweines. Der von Ströse gefundene 
Alveolarechinococcus hatte eine Kugelform von 4,5 cm Durch¬ 
messer. Er unterscheidet sich von dem des Rindes durch die 
geringere Entwicklung der einzelnen Bläschen und ferner da¬ 
durch, dass letztere als normale und degenerirte in unregel¬ 
mässiger Mischung vorkamen. 

Endlich wirft Ströse die berechtigte Frage auf, ob der 
Cysticercus tenuicollis beim erwachsenen Rinde, wie 
in der Literatur angegeben ist, thatsächlich vorkommt und 
fordert zu entsprechenden Mittheilungen auf. Edelmann. 


Strafbare Verwendung von Fleischconservirungsmitteln. 

Vom Landgericht Dresden wurden abermals 14 Fleischer¬ 
meister zu Geldstrafen von 15 bis 30 Mk. verurtheilt, weil sie 
Conservirungssalze, welche schwefligsaures Natron enthielten, 
dem Hackfleisch zugesetzt hatten, trotzdem durch wiederholte 
Bekanntmachungen des Stadtrathes zu Dresden vor der Verwen¬ 
dung derartiger Fleichconservirungsmittel gewarnt worden war. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Agenturen von Viehversicherungs-Gesellschaften. 

In No. 5 dieser Wochenschrift haben wir einen Ministerial- 
Erlass mitgetheilt, welcher den beamteten Thierärzten, Schlacht¬ 
hausthierärzten und amtlichen Fleischbeschauern die Uebernahme 
von Agenturen für Viehversicherungsgesellschaften untersagt. 
Gegen diesen Erlass wendet sich die Perleberger Vieh¬ 
versicherungsgesellschaft in einer Petition, welche sie 
an sämmtliche Herrn Oberpräsidenten, Regierungspräsidenten, 
den deutschen Landwirthschaftsrath und die Landwirthschafts- 
kammern eingereicht hat. Es wird darin ausgeführt, wie die 
Mitarbeit sachkundiger Vertreter für die Versicherung von der 
allergrössten Bedeutung ist und das bei keiner anderen Ver¬ 
sicherung so sehr, als bei der Schlachtviehversicherung, weil 
das Schlachtvieh nicht nur Mastvieh, sondern auch das von den 
Besitzern abgestossene verdächtige Vieh umfasst. Bei Zurück¬ 
weisung derartigen Schlachtviehes von der Versicherung setzt 
die Thätigkeit des Thierarztes als Versicherungsvertreter ein 
und bewirkt daher eine niedrige Prämie für anscheinend ge- 


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IOO 


DEUTSCHE THIER.ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


12. März. 


sundes Schlachtvieh; die Vertreterthätigkeit endet damit, dass 
er nach Beanstandung eines Thieres ein Attest einreicht und 
uuberechtigte Ansprüche der Schlächter zurückweist. Würde 
nnn der Erlass voll zur Geltung kommen und den Herren 
Schlachthofdirektoren wie Thierärzten und Fleischbeschauern 
nicht mindestens die Oberaufsicht technisch-thierärztlich gestattet 
sein, so würden die Prämien dementsprechend sich erhöhen, 
wobei die Landwirtschaft den Schaden natürlich allein zu 
tragen haben würde. Die Perleberger Versicherungs¬ 
gesellschaft ersucht schliesslich, auf Zurücknahme des er¬ 
wähnten Runderlasses hinwirken zu wollen. 

Die Mitwirkung der Thierärzte ist notwendig bei der 
Aufnahme der Thiere in die Versicherung, um kranke Thiere 
auszuschliessen und bei der Section kranker Thiere zur Fest¬ 
stellung der Todesursache; auch wird jede Versicherung in 
ihrem eigenen Interesse eine Behandlung kranker Thiere durch 
einen Thierarzt beanspruchen. Damit ist aber auch die Auf¬ 
gabe des Thierarztes erfüllt; lediglich als unparteiischer 
Sachverständiger hat er zu fungiren und weder die 
Interessen des Versicherten noch die der Ver¬ 
sicherung vorwaltend wahrzunehmen. Es verträgt 
sich überhaupt nicht mit der Stellung eines Thierarztes, auch 
die Agenturgeschäfte zu besorgen und für Versicherungsnahme 
zu werben, denn sehr leicht kommt dann sein oder seiner 
Günstlinge Interesse in Conflict mit dem Rechten. Der Mi- 
nisterial-Erlass untersagt nur die Uebernahme von Agenturen; 
die technisch-thierärztliche Mitwirkung bei der Viehversicherung 
dagegen hat er nicht verboten, das könnte er auch gar nicht. 
Die Untersuchung leb ender und todter Thiere und die Be¬ 
scheinigung ihres Zustandes steht jedem Thierarzt frei. Soweit 
also die Viehversicherungen die Mitwirkung der Thierärzte 
gebrauchen, steht sie ihnen nach wie vor zur Verfügung und 
es ist nur zu wünschen, dass diese Seite ihrer Thätigkeit noch 
mehr als bisher in Anspruch genommen wird. Mögen sie vor 
Allem bei der Aufnahme von Thieren in die Versicherung 
eine vorherige Untersuchung derselben durch einen Thierarzt 
ausnahmslos vorschreiben, von dem Ergebniss derselben die 
Aufnahme abhängig machen, auch Sectionsbefunde über todte 
Thiere von Thierärzten verlangen. Bezahlen sie dann auch die 
Thierärzte ihrer Mühewaltung entsprechend, so werden ihnen 
allzeit und überall zuverlässige Thierärzte in genügender Zahl 
zur Verfügung stehen. 

Der Erlass richtet sich nur an die beamteten Thierärzte, 
Schlachthausthierärzte und amtlichen Fleischbeschauer, weil nur 
sie der Disciplinargewalt des Staates unterstellt sind. Den 
Privatthierärzten können in dieser Beziehung keine Vorschriften 
gemacht werden, doch dürfte es auch ihnen aus allgemeinem 
Taktgefühl zweckmässig erscheinen, nachdem die Frage einmal 
der öffentlichen Erörterung unterzogen wurde, auch ihrerseits 
die Uebernahme von Agenturen fernerhin abzulehnen. Die 
Pflichten des Privatthierarztes in der Viehversicherung decken 
sich mit denen des beamteten Thierarztes, denn sie entspringen 
der allgemeinen Moral. 

Von Seiten der Thierärzte kann deshalb der Petition der 
Perleberger Viehversichcrungsgesellschaft keine Unterstützung 
gewährt werden. Gerne werden wir den Viehversicherungs¬ 
gesellschaften im weitesten Masse unsere Mitwirkung zu Theil 
werden lassen, nichts aber darf verlangt werden, was unser 
unparteiisches Urtheil in den Augen der Welt in Frage stellen 
könnte. Malkmus. 


Der 9. März für die württembergischen Oberamts¬ 
thierärzte. 

Soeben trifft die Nachricht ein, dass die württembergische 
Kammer der Landstände genehmigt hat, dass die Oberamts¬ 
thierärzte Staatsdiener-Eigenschaft mit Pensionsberechtigung und 
Versorgung der Hinterbliebenen erhalten; mithin ist Württem¬ 
berg in die Reihe derjenigen Staaten getreten, welche den 
beamteten Thierärzten eine Stellung geben, die auch alle 
anderen Staatsdiener mit entsprechender Vor- und Fachbildung 
einnehmen. Wir beglückwünschen die württembergischen 


Collegen zu dem Fortschritt, welchen der Stand gemacht hat. 
Sie haben lange auf das verheissende Ziel gewartet, sie haben 
es nun aber auch voll und ganz erreicht. Ehre der königlich 
württembergischen Regierung und der württembergischen Volks¬ 
vertretung ! 


Vereinsnachrichten. 

Einladung zur General-Versammlung des Thierärztlichen 
Central Vereins der Provinz Sachsen, der anhaitischen 
und thüringischen Staaten 

am 13. März 1898, Vormittags n Uhr, im »Hotel Goldener 
Ring«, in Halle a. S. 

Tages-Ordnung: 

1. Kassenrevision. 

2. Berathung, die Statuten des Ehrenraths betreffend. 

3. Aenderung des § 10 der Vereins-Statuten. Referent: Departements¬ 
thierarzt Leistiko w-Magdeburg. 

4. »Standesangelegenheiten der Thierärzte.« Referent: Kreisthierarzt 
Liebener - Delitzsch. 

5. »Ansteckender Scheiden- und Gebännutterkatarrh.« Referent: Kreis¬ 
thierarzt Martens - Sangerhausen. 

6. Antrag des Kreisthierarzt Li e b e n e r - Delitzsch, »das Andenken 
des Professor Dr. Hertwig anlässlich seines 100. Geburtstages 
zu ehren.« 

7. Unvorhergesehenes. 

Gemeinsames Mittagessen um 2 1 ' 2 Uhr. 

Halle a. S., im Februar 1S98. 

gez. Pütz, Vorsitzender. gez. Kl ebb a, Schriftführer. 


Personal-Nachrichten. 

Auszeichnungen: Departementsthierarzt F. Winkler in 
Marienwerder wnrde zum Ehrenbürger dieser Stadt ernannt. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz¬ 
veränderungen und Niederlassungen : Thierarzt Dr.A.Bertram 
in Braunsehweig wurde zum Kreisthierarzt für den Kreis Braunschweig 
mit Ausschluss des Amtsbezirkes Thedinghausen ernannt und zugleich 
mit den Dienstgeschäften eines ausserordentlichen Mitgliedes des 
Herzogi. Obersanitätscollegiums mit Bearbeitung der Veterinärsachen 
beauftragt Districtsthierarzt H. Staudinger in Eltmann wurde 
zum Bezirksthierarzt in Lohr, Schlachthofdirector Uthoff in Gera 
zum Director des Schlacht- und Viehhofes in Coblenz, Thierarzt 
Oberwinter in Soest zum Schlachthofverwalter in Schmalkalden, 
Thierarzt Alf. H e m p e 1 bei der städtischen Fleischbeschau in Dresden 
zum Schlachthofthierarzt in Meissen bestellt. Die Stelle eines Gestüts¬ 
thierarztes im Gestüt des Grafen Moy in Stepperg bei Neuburg erhielt 
Thierarzt Josef Zissler in Amberg. Verzogen sind die Thierärzte 
B. Müller von Insterburg nach Wehlau, K. Molthof ven Berlin 
nach Coblenz als Assistent des Departementsthierarztes, B. Keller 
von Dransfeld nach Willich, M. Kunze von Nossen nach Oederan i. S., 
Walch von Strassburg als Assistent des Kreisthierarztes nach Thann 
(Elsass), Tobolewski, Oberrossarzt a. D., von Bartenstein nach 
Mewe (Westpr.). Niedergelassen haben sich die Thierärzte Lägel 
in Zschopau (Sachs.), A. Rössle in Langenburg (Württ.). 

Die Approbationsprüfung bestanden in Berlin die Candi- 
daten Carl Titze aus Detmold, Rudolf Holtgreve aus Gr. Drehle, 
Wilhelm Wender hold aus Coblenz; in München die Candidaten 
Oskar Mahir aus Nürnberg, Jak. Sem ml er aus Ernstweiler, Josef 
Zissler aus Amberg. 

Das Examen als beamtete Thierärzte für Preusseu 
bestanden: Thierarzt Poczka in Cammin (Pommern), Rossarzt 
Michalski in Ohlau. 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutschen 
Heeres: Sachsen: Rüber, Rossarzt der Landwehr 1 . Aufgebots 
des Landw.-Bezirks Dresden-Neust., der Abschied bewilligt. 

Gestorben: Prof. Dr. H. Pütz in Halle, Bezierksthierarzt a. D. 
H. Pleithner in Zweibrücken, Bezirkstbierarzt M. Blank in 
Weiden (Oberpfalz), Districtsthierarzt Xav. Deschelmayer in 
Ichenhansen (Schwaben). 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thierärztliche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der Macklofschen Druckerei in Karlsruhe i. B. 


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Deutsche 

Thierärztliche Wochenschrift 


Qeheimer Regierungs- and Medicinalrath, 
Director der Tierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 


Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregierangsrath 
in Baden-Baden. 


herausgegeben von 

Prof. Dr. Dammann, ß r Lvdtin. Prof. Röckl, 

Geheimer Regierangsrath and Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 

Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 

Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Freiburg i. B. 

redigirt von 

Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zürn Preise von 4 JL viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784a. 


Sechster Jahrgang. 


S&mmtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Malkraus in Hannover erbeten, 
Correcturen und Anzeigen an die Expedition der 
Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 
in Karlsruhe (Baden). 


M I*. 


Ausgegeben am 19. März. 


1898. 


Ueber Ermüdungskrankheiten der Pferde. 

Von Bartke, Corpsrossarzt. 

In No. 8 des sechsten Jahrgangs der Deutschen Thier¬ 
ärztlichen Wochenschrift veröffentlichte Professor Albrecht- 
München seine Beobachtungen über eine Anzahl von Krank¬ 
heitsfällen, welche bei jungen im Frühjahr zur Ackerbestellung 
verwendeten Pferden vorgekommen waren, und welche von 
Alb recht als »Ermüdungskoliken« bezeichnet wurden. Diese 
Mittheilungen sind insofern interessant, weil sie lehren, dass 
Ermüdungskrankheiten bei Pferden auch im langsamen Zug¬ 
dienst zur Entwicklung gelangen können. Bisher hatte man 
Krankheiten der genannten Art hauptsächlich nur nach Ucber- 
anstrengungen der Pferde in schnelleren Gangarten, Trab, Ga¬ 
lopp, kennen gelernt. Die geschilderten Krankheitsfälle gleichen 
aber so sehr manchen bei den Armeepferden zahlreich beob¬ 
achteten, nach Ueberanstrengung vorgekommenen Erkrankungen, 
dass an der Richtigkeit der von Al brecht für die beschrie¬ 
benen Fälle beschuldigten Entstehungsursache nicht gezweifelt 
werden kann. Es dürfte daher nicht überflüssig sein, die bei 
den Militärpferden in Bezug auf »Ermüdungskrankheiten« ge¬ 
wonnenen Erfahrungen der Oeffentlichkeit zu übergeben. 

Den fraglichen Krankheiten bei den Armeepferden ist erst 
in der neueren Zeit eine grössere Beachtung geschenkt worden. 
Die Vervollkommnung der Schusswaffen hat an die Schnellig¬ 
keit und Ausdauer der Armee-, Reit- und Zugpferde erhöhte 
Anforderungen gestellt. Die gesteigerte Inanspruchnahme der 
Pferde hat ergeben, dass der thierische Organismus durch 
methodische Uebung und entsprechende Pflege zu früher un¬ 
geahnten Leistungen befähigt werden kann, dass aber auch 
andererseits bei ungenügender Uebung und beim Ueberschreiten 
der Grenzen der Leistungsfähigkeit Gesundheitsstörungen schwer¬ 
ster Art eintreten können. Nur von diesen Ermüdungskrank¬ 
heiten soll an dieser Stelle die Rede sein. 

Ob die bei den Armeepferden nach anhaltendem Traben 
auf Steinpflaster und harten Wegen vorkommenden Fälle von 
Erkrankungen an Hufrehe schon zu den Ermüdungskrankheiten 
gezählt werden können, bleibe dahingestellt. Thatsache ist, 
dass die fragliche Krankheit häufig nach überanstrengendem 
Traben bezw. Galoppiren auf harten Wegen gelegentlich weiter 
Patrouillen- und Distanzritte entsteht und dass zu Beginn der 
Erkrankung die Ermüdung der Pferde am meisten in die Augen 
springt. Erst mit dem Schwinden der Ermüdung nach i? bis 
24ständiger Ruhe treten die Erscheinungen der localen Krank¬ 
heit an der Huflederhaut mehr in den Vordergrund. Wieder¬ 


holt ist beobachtet worden, dass Pferde, welche gegen Ende 
eines solchen Rittes die ersten Erscheinungen der Hufrehe er¬ 
kennen Hessen, bald darauf an »Herzlähmung« eingingen. 

Die häufigste Ermüdungskrankheit ist die in den Lehr¬ 
büchern als »Lungencongestion«, »Lungenhyperämie«, »Herz- 
und Lungencongestion«, »acute Herzinsufficienz« oder auch 
»Hitzschlag« bezeichnete Krankheit. Dieselbe entsteht meist 
nach Ueberanstrengung der Pferde bei schwüler und heisser 
Witterung und namentlich bei und unmittelbar nach dem 
Exerciren im Verbände, sie ist aber vielfach auch in der 
kälteren Jahreszeit bei und nach Distanzritten gesehen worden. 
Die Mehrzahl der bei dem Distanzritte Wien-Berlin im Jahre 
1892 erkrankten Pferde ist dieser Ermüdungskrankheit zum 
Opfer gefallen. Die fragliche Krankheit tritt in Bezug auf 
Dauer, Ausgang und Erscheinungen verschieden auf. 

Was zunächst die Dauer der Krankheit betrifft, so ist die¬ 
selbe in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle eine sehr kurze. 
Die erste sich bemerkbar machende Erscheinung ist in der 
Regel Mattigkeit. Beim Exerciren im Verbände bleiben die 
betreffenden Pferde im Gliedc zurück. Zum Mitgehen ange¬ 
spornt, versuchen sic zwar, vorwärts zu kommen, sind aber 
bald ausser Stande zu folgen. Dabei besteht Schweissausbruch 
über den ganzen Körper und grosse Athem- und Pulsfrequenz. 
Die Pferde brechen entweder unter dem Reiter zusammen und 
verenden unter Erstickungserscheinungen, oder sie gehen nach 
dem Absitzen des Reiters bezw. nach der Abnahme des Sattels 
unter Erscheinungen grosser Athemnoth und Schwäche inner¬ 
halb l ( A bis */, Stunde ein. In einigen Fällen ist auch noch 
Ausfluss einer blutigen und schaumigen Flüssigkeit aus Nase 
und Maul beobachtet worden. 

Bei der Zerlegung wurden in allen Fällen Hyperämie und 
Oedem der Lungen und eine mehr oder weniger ausgesprochene 
Trübung der Herz- und gesammten Sceletmusculatur, sowie 
die Merkmale des Erstickungstodes gefunden. 

Bei einer Anzahl von Pferden dauerte die Krankheit länger, 
bis 48 Stunden, ehe der tödtliche Ausgang erfolgte. Gerade 
diese Fälle gaben Gelegenheit, die Krankheitserscheinungen ein¬ 
gehend zu studiren. Im Vordergründe standen die Mattigkeit 
und Hinfälligkeit, verbunden mit starker Athemfrequenz, welche 
alle erkrankten Pferde bekundeten. In den Stall gebracht, 
legten sich die meisten Kranken sofort nieder und standen 
trotz der Athemfrequenz und vielfach augenscheinlicher Schmerzen 
im Hinterleibc nicht wieder auf. Mehrere dieser Kranken hatten 
beim Gehen geschwankt. Im Stehen vermieden die kranken 
Pferde jede Bewegung und standen thcilnahmslos für die Um¬ 
gebung da, so dass sic den Eindruck gehirnkranker Pferde 


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t02 


DEUTSCHE THIER^ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


19. Marz. 


machten. Das Futter wurde fast durchweg verschmäht, Trink¬ 
wasser nur wenig aufgenommen. In vielen Fällen wurde Zit¬ 
tern namentlich in der Brust- und Kruppenmusculatur beobachtet. 
Dauerte die Krankheit länger als 12 bis 14 Stunden, so stellten 
sich meist mässige Anschwellungen der unteren Partien aller 
vier Gliedmassen ein. 

Die Athemfrequenz hielt fast bei allen Kranken bis zum 
Tode in gleicher Intensität an; nur bei wenigen Pferden trat 
gegen das Ende der Krankheit eine Verminderung der Zahl 
der Athemzüge ein. Die Zahl der Athemzüge schwankte bei 
den verschiedenen Kranken zwischen 38 und 80 in der Minute. 
Die Athmung geschah oberflächlich. Bei einigen dieser Pferde 
wurde die Brust näher untersucht, und es wurden feuchte Rassel¬ 
geräusche wahrgenommen. 

In allen Fällen war ferner die Zahl der Pulse auf 70 bis 
100 in der Minute und darüber vermehrt. Anfangs war der 
Puls noch ziemlich voll, die Arterien mässig gespannt; im 
weiteren Verlaufe der Krankheit wurde der Puls durchweg 
kleiner und härter und schliesslich drahtförmig, vielfach auch 
unfühlbar. Der Herzschlag war in den meisten Fällen aryth- 
misch und inäqual und zu Anfang der Krankheit häufig 
pochend. 

Die Augenbindehaut zeigte anfänglich gewöhnlich eine ziegel- 
rothe Färbung; später und namentlich gegen das letale Ende 
der Krankheit nahm sie eine mehr cyanotische Beschaffen¬ 
heit an. 

Erscheinungen von Seiten der Hinterleibsorgane fehlten 
bei einer Anzahl von Pferden vollständig oder waren nur wenig 
in die Augen fallend. In vielen Fällen ist eine mehr oder 
weniger auffällige Verminderung der Peristaltik, in anderen 
Abgang dünnbreiiger, theilweise röthlich gefärbter Fäcalmassen 
festgestellt worden. 

In einer Anzahl von Fällen trat als Begleiterscheinung Un¬ 
ruhe der Pferde wie bei der Kolik ein. Die betreffenden 
Pferde sahen sich nach dem Leibe um, scharrten mit den 
Vorderfüssen, einige versuchten sich zu wälzen. Die Unruhe¬ 
erscheinungen verdeckten in mehreren Fällen alle übrigen Sym¬ 
ptome und traten so sehr in den Vordergrund derselben, dass 
die Pferde geradezu für kolikkrank gehalten wurden. Von den 
meisten Beobachtern ist indessen das Eigenartige dieser Kolik¬ 
erkrankungen hervorgehoben und darauf hingewiesen worden, 
dass diese Koliken durch die Hinfälligkeit der Pferde ein be¬ 
sonderes Gepräge erhalten hätten. 

Die Section der gestorbenen Pferde ergab im Grossen und 
Ganzen denselben Befund, wie bei den plötzlich eingegangenen 
Pferden; neben Hyperämie und Oedem der Lungen und paren¬ 
chymatöser Trübung der Sceletmusculatur wurde aber häufig 
noch Hyperämie bezw. Entzündung der Magen-Darmschleimhaut 
und bei einigen Pferden (Stauungs-) Glottisödem gefunden. 

Die Minderzahl der auf diese Weise erkrankten Pferde ist 
genesen. Die Genesung vollzog sich in einigen Fällen schnell, 
so dass die betreffenden Pferde am nächsten Tage ausser etwas 
steifem Gang das Bild vollkommener Gesundheit zeigten. Die 
Athmung hatte sich beruhigt, der Puls war annähernd zur Norm 
zurückgegangen; in einigen Fällen erwies sich der Puls noch 
mehrere Tage lang schwach. Der Appetit war rege. Bei 
anderen Pferden hielt die Puls- und Athemfrequenz sowie die 
Mattigkeit 4 bis 6 bis 8 Tage hindurch an; bei einem Pferde 
hatten sich sämmtliche Erscheinungen erst nach 14 Tagen ver¬ 
loren. Dabei wurde festgestellt, dass die Unregelmässigkeiten 
des Pulses am längsten bestanden. 

Seltener ist die unter den Erscheinungen der Magen-Darm¬ 
entzündung auftretende Ermüdungskrankheit. Bisher ist dieselbe 
mehrfach nach anstrengenden Manövertagen bei heisser Witte¬ 
rung, bei einigen Pferden auch nach Distanzritten im Winter 
zur Beobachtung gekommen. Gerade die letzteren Fälle gaben 
Gelegenheit, die Entwicklung der Krankheit verfolgen zu können. 
Die betreffenden Pferde verschmähten in den Ruhepausen, 
welche beim Distanzritte zur Erholung und zur Verabreichung 
von Futter und Getränk gemacht wurden, das Futter, theilweise 
auch das Getränk und zeigten ausser der Müdigkeit keine auf¬ 
fälligen weiteren Krankheitserscheinungen; auch die Athem¬ 


frequenz war keine hochgradige. Beim Weiterreiten nach der 
Ruhepause machte sich bald Mattigkeit bemerkbar; die Pferde 
mussten schärfer mit Sporen und Peitsche angetricbcn werden 
und waren schwer zum Traben zu bringen. Dabei ist wieder¬ 
holt Abgang dtinnbreiiger Darminhaltsmassen unter Stöhnen 
beobachtet worden. Nur mit Mühe und im Schritt konnten 
die fraglichen Pferde schliesslich bis zu ihrem Bestimmungsorte 
gebracht bezw. geführt werden. Im Stalle legten sie sich sofort 
nieder. Die Athmung war nur mässig beschleunigt, und es 
wurden etwa 20 bis 25 Athemzüge in der Minute festgestellt. 
Das eine von diesen Pferden stöhnte bei fast jedem Athem- 
zuge. Der Puls war in allen Fällen sehr frequent; es wurden 
80 bis 100 und mehr Pulse in der Minute gezählt. Die Arterie 
war klein und hart, drahtförmig, sie wurde im weiteren Ver¬ 
laufe der Krankheit unfühlbar. Die Augenbindehäute zeigten 
cyanotische Beschaffenheit; der Appetit war vollständig auf¬ 
gehoben. Die Peristaltik erwies sich unterdrückt oder ver¬ 
mindert. Bei allen Kranken bestanden anhaltende Unruhe¬ 
erscheinungen. Zeitweise stellten sich diarrhoische Entleerungen 
ein. Der Tod erfolgte schliesslich 6 bis 18 Stunden nach dem 
Einbringen in den Stall. 

Bei der Zerlegung wurden als hauptsächlichste Veränderung 
eine ausgebreitete hämorrhagische Magen-Darmentzündung und 
Hämorrhagien unter dem Brust- und Bauchfell gefunden. Ausser¬ 
dem fand sich bei allen Pferden ein Lungenödem vor. 

Ferner sind Verfasser zwei Fälle von Uebermüdung mit 
tödtlichem Ausgange bekannt geworden, welche sich weder bei 
der Lungencongestion noch der Darmentzündung unterbringen 
lassen. Beide Fälle passen am besten auf die von Diecker¬ 
hoff (Lehrbuch) als »acute Degeneration der Sceletmusculatur 
in Folge krankhafter Ucberanstrengung« beschriebene Krankheit. 
Das eine dieser Pferde war nach einem Distanzritte, das andere 
nach einem dreitägigen Uebungsritte auf einem mit tiefem 
Schnee bedeckten Gelände erkrankt. Bei beiden Pferden war 
eine auffällige Mattigkeit die wesentlichste Erscheinung. Die 
Pferde konnten zum Schluss des Distanzrittes bezw. nach der 
Uebung nicht mehr zum Traben veranlasst werden und mussten 
schliesslich im Schritt kilometerweit nach dem Stalle geführt 
werden. Im Stalle legten sie sich nieder und blieben ruhig 
liegen Das eine Pferd lag ununterbrochen apathisch bis zu 
dem nach ca. 48 Stunden erfolgenden Tode ruhig da; ein Ver¬ 
such, dasselbe zum Stehen zu bringen, gelang nicht. Wasser 
und Futter wurden während dieser Zeit nicht aufgenommen. 

Bei dem anderen Pferde stellten sich am folgenden Tage 
wiederholt epileptiforme Krämpfe ein. Das Pferd zeigte grosse 
Schwäche und Steifigkeit; die Muskeln fühlten sich bretthart 
an. Der Puls war unfühlbär, die Schleimhäute hatten cyano¬ 
tische Beschaffenheit. Die Herztöne waren kaum hörbar. Die 
Innentemperatur stand auf 40,2° C. Gegen Nadelstiche und die 
üblichen Anregungsmittel verhielt sich Patient unempfindlich. 
Der Appetit fehlte vollständig. Nach etwa 36 Stunden trat 
der Tod ein. 

Die Section beider Pferde ergab in der Hauptsache eine 
hochgradige Veränderung des Herzens und der Sceletmusculatur. 
Die Muskeln waren verfärbt, trübe, mürbe und trocken auf der 
Durchschnittsfläche (wie gekocht); ferner wurde Lungenödem 
gefunden. 

Die vorstehend geschilderten Ermüdungskrankheiten lassen 
zwar klinische und anatomische Verschiedenheiten erkennen, 
trotzdem bestehen keine scharf geschiedenen Grenzen zwischen 
denselben, und es kommen mannigfache Uebergangs- und Misch¬ 
formen vor. Immerhin dürften die bisherigen Benennungen 
»Lungencongestion« oder »acute Herzinsufficienz« für die Fälle, 
bei welchen die Störungen von Seiten des Respirationsapparates 
im Vordergründe der Erscheinungen stehen, beizubehalten sein. 
Für die Erkrankungsformen, bei welchen die Erscheinungen 
der Kolik oder Darmentzündung prävaliren, dürfte es sich 
empfehlen, nach dem Beispiele von Professor Al brecht die 
Bezeichnung »Ermüdung« des besseren Verständnisses wegen 
zuzusetzen. Die Fälle, bei welchen weder die Athemfrequenz 
noch Unruhe u. s. w., sondern lediglich die Mattigkeit und 


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No. 12. 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Hinfälligkeit vorherrschen, dürften als zur acuten Muskeldegene- 
ratiön nach Ueberanstrengung gehörig anzuschen sein. 

Gemeinsam ist allen diesen Erkrankungsformen die Ent- 
stehungsursachc, die grosse Mattigkeit und Hinfälligkeit der 
Erkrankten, sowie die bei der Zerlegung gefundenen Verände¬ 
rungen am Herzen und an der Sceletmusculatur, sowie die 
Hyperämie und das Oedem der Lungen. 

Wenn auch in Bezug auf Athemfrequenz während des 
Lebens grosse Verschiedenheiten bei den Kranken sich fest¬ 
stellen lassen, auf dem Sectionstische machen sich die Unter¬ 
schiede in der Hyperämie der Lungen nicht so bemerkbar. 
Grössere Unterschiede dagegen bestehen in den Veränderungen 
der Magen-Darmschleimhaut. In einer Anzahl von Fällen fehlte 
jede Spur einer Erkrankung; in vielen Fällen wurde Röthung 
bezw. einfache Entzündung und bei mehreren Pferden hämor¬ 
rhagische Entzündung festgestellt. 

Schliesslich dürfte noch zu erwägen sein, ob die Art der 
Bewegung bei der Ueberanstrengung auf das Zustandekommen 
der einen oder anderen Ermüdungskrankheit von Einfluss ist. 
Thatsächlich scheinen die bisherigen Beobachtungen dafür zu 
sprechen, dass die Lungencongestion (acute Herzinsufficienz) 
vorwiegend bei anhaltenden schnelleren Gangarten, die Er¬ 
müdungskolik bezw. Darmentzündung bei allmälig eintretender, 
durch abwechselnd schnellere und langsamere Gangarten her¬ 
vorgerufene Ermüdung zur Entwicklung gelangt. Das Letztere 
scheint auch für die als acute Degeneration der Sceletmuscu¬ 
latur bezeichneten Fälle zuzutreffen. Warum es bei diesen 
Pferden nicht zu Störungen im Verdauungsapparate gekommen 
war, könnte vielleicht durch gute Verdauungsverhältnisse bezw. 
durch grosse Widerstandsfähigkeit der Verdauungsorgane er¬ 
klärt werden. 

In Bezug auf Behandlung der Ermüdungskrankheiten ist 
zunächst für ein geräumiges Lager und gute Streu Sorge zu 
tragen, da fast alle Erkrankten im Stalle sofort sich nieder¬ 
legen. Nehmen diese Letzteren noch Getränke auf, so sind 
kleinere Mengen reinen, frischen Wassers oder Mehl- oder 
Kleicntränke öfter zu geben. Bei nicht vollständig darnieder 
liegendem Appetit können leicht verdauliche Futtermittel, Hafer¬ 
schrot, Brot, gutes Heu, Grünfutter verabreicht werden. Da¬ 
neben Frottiren der Körperoberfläche, Massiren und Bandagiren 
der Gliedmassen anzuwenden sein. Machen sich Zeichen von 
Schmerzen und Unruhe bemerkbar, dann sind zunächst Priess- 
nitz’sche Umschläge nach vorherigen Einreibungen mit Kampfer¬ 
spiritus oder Terpentinöl um Brust und Hinterleib am Platze. 
Auch Klystiere bezw. Wasserinfusionen können von Nutzen sein. 

Für die leichteren Krankheitsfälle genügt diese Behandlung 
vollkommen. In den schwereren Behandlungsformen müssen 
neben diesen Massnahmen noch belebende und stärkende Er¬ 
regungsmittel: Spirituosen, Kampfer, Aether, Coffein u. s. w. 
verabreicht werden Im Allgemeinen empfiehlt es sich, kleinere, 
aber häufig wiederholte Dosen der genannten Mittel mit dem 
Getränk verabfolgen zu lassen. Kranken, welche die Getränk- 
aufnahmc verweigern, giebt man Wein oder in Kamillenthee 
verdünnten Branntwein, oder starken Kaffee oder Aether vor¬ 
sichtig ein. Oder man applicirt Kampferspiritus oder Aether 
subcutan. Das letztere ist hauptsächlich dann geboten, wenn 
grosse Apathie besteht und schnelle Hilfe nöthig ist. 

Die Application von Abführmitteln; namentlich des Eserins, 
und der Purgantien hat sich als nicht vorteilhaft erwiesen. 
Alle Beobachter, welche häufiger derartige Krankheiten zu be¬ 
handeln Gelegenheit hatten, warnen vor der Anwendung der 
fraglichen Mittel. Bei den Sectionen der gestorbenen Pferde 
ist auch in keinem Falle eine Anschoppung des Darminhalts 
an irgend einer Stelle des Darmtractus constatirt worden. Dass 
Störungen im Verdauungsapparate bei den Ermüdungskrank¬ 
heiten Vorkommen, ergibt sich aus den Obductionsbefunden 
und aus den während des Lebens gegebenen Erscheinungen, 
der verminderten Peristaltik und dem Abgänge dünnbreiiger 
Fäcalmassen. Ob aber die bei vielen Kranken beobachtete 
Unruhe stets aus Schmerzen in den Verdauungsapparaten resul- 
tirt, ist überhaupt fraglich. Denn wir wissen, dass nach in¬ 
tensiver Thätigkcit der willkürlichen Muskeln schwere Ver- 


| änderungen in denselben bestehen und dass das damit ver¬ 
bundene Ermüdungsgefühl mit heftigen Schmerzen in 
den Muskeln verbunden sein kann. Aus diesem Grunde 
sind die schmerzmildernden Mittel: Opium, Chloralhydrat, Aether, 
indicirt. In Fällen hochgradiger Lungencongestion dürfte auch 
von einem Aderlass Nutzen zu erwarten sein. 


Referate. 

Nekrose des Visceralblattes des Penis bei Petechialfieber, 
Vorfall des Penis, Amputation. 

Von Assistent Th. Schmidt-Wien. 

(Thierärztl. Centralblatt, 1897, No. aa.) 

Ein 4jähriger Pinzgauer Hengst war an Petechialfieber mit 
starker Anschwellung des Penis erkrankt und konnte nach Ab¬ 
lauf dieser Krankheit den Penis nicht mehr in die Vorhaut 
zurückziehen. Die von Schm, vorgenommene Untersuchung 
ergab folgenden Befund: Der ausgeschachtete Penis hat die 
Grösse eines in vollkommener Erection befindlichen Organes 
und hängt beinahe senkrecht herab. Am Dorsum penis ist das 
Visceralblatt der Vorhaut bis gegen die Schlauchmündung voll¬ 
ständig entfernt, ventral und zur Seite ist dasselbe noch bis 
12 cm gegen die Schlauchmündung erhalten. An den entblösten 
Stellen zeigt sich der Penis roth, mit üppigen Granulationen 
bedeckt, stellenweise blutrünstig. Substanzverluste finden sich 
auch in dem noch erhaltenen Visceralblatt. In Folge An¬ 
schwellung der innern Vorhautfalte ist der Penis gegen den 
Schlaucheingang doppelt so dick, wie an der Glans, Eichel¬ 
kranz ausgezackt, mit Granulationen bedeckt, Fossa navicularis 
verstrichen. Urethralmündung mit erbsengrossen Granulationen 
bedeckt, so dass der Harn nur in dünnem Strahle unter hef¬ 
tigem Drängen entleert werden kann. 

Unter Berücksichtigung dieses Befundes war die Ampu¬ 
tation angezeigt und wurde in folgender Weise ausgeführt: Der 
Penis wurde durch einen Assistenten möglichst weit vorgezogen 
und eine Martin’sche Binde angelegt, darnach die den Zugang 
zur Harnröhre beengenden Granulationen abgetragen und ein 
starker Katheter in das Lumen eingeführt. Hierauf wurde der 
ventrale Theil des Viscerälblattes in einer Dicke von 7 mm 
abpräparirt und zurückgeschlagen. Dieses Vorhautstück soll 
den Penisstumpf decken helfen. 20 cm von der Glans wird die 
Harnröhre durch einen 6 cm langen Medianschnitt von der 
ventralen Seite geöffnet, der Katheter herausgezogen und die 
Harnröhre am nasalen Ende des Medianschnittes durchgetrennt. 
Jetzt wird die Harnröhre sammt Corpus cavernosum urethrae 
aus dem Sulcus urethrae in einer Länge von 4 cm heraus- 
präparirt und an das viscerale Vorhautblatt angeheftet; sodann 
wird die elastische Ligatur um den Schwellkörper des Penis 
derartig angelegt, dass der Harnröhrenstumpf den Penisstumpf 
um 4 cm überragt, der Penis 2 cm über der Ligatur abge¬ 
schnitten, die Martin’sche Binde entfernt und event. Blutungen 
gestillt. Nach der Operation entleert Patient in fingerdickem 
Strahl den Urin. In den folgenden Tagen tritt mässige An¬ 
schwellung ein, sonst ist Alles in Ordnung. Am 12. Tage 
fiel der ligirte Stumpf ab, es zeigen sich schöne Granulationen. 
Heilung verlief regelmässig. 

Von wesentlicher Bedeutung bei Vornahme dieser Operation 
ist, worauf Bayer hinweist, die Bildung einer sog. Manschette 
zur raschen Bedeckung des Penisstumpfes und möglichste 
Schonung der Harnröhre; auch ist es nothwenig, den Harn¬ 
röhrenstumpf 3—4 cm länger als den Penisstumpf zu lassen, 
da sich sonst sehr leicht unangenehme Stricturen bilden können. 

G ö r i g. 

Silber als äusserliches Antisepticum. 

Von Hofrath Dr. Cred£ in Dresden. 

(Aus dem .Archiv für klinische Chirurgie«. 1897. Heft 4.) 

Was in der chirurgischen Praxis besonders zu beklagen, 
ist der Umstand, dass sich von dem aseptischen Verfahren nur 


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DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


19 März. 


ein sehr beschränkter Gebrauch machen lässt und dass auch 
der antiseptischen Behandlungsweise ein schwerer Mangel an¬ 
haftet, welcher hauptsächlich zur Einführung der Asepsis ge¬ 
führt hat und darin besteht, dass man kein hinlänglich brauch¬ 
bares Antisepticum besitzt. Diejenigen Mittel, welche dem 
Körper nicht schaden, sind nicht energisch genug und jene, 
die energisch genug sind, schädigen in irgend einer Weise. 
Aus diesem Grunde mussten die Antiseptica im Wesentlichen 
auf die Vorbereitung der aseptischen Eingriffe beschränkt werden 
und dienen mehr nur zur Desinfection des Wundgebietes und 
der chirurgischen Hilfsmittel. Von der Berührung mit der 
Wundfläche selbst wurden sie mehr und mehr ausgeschlossen 
und durch das chemisch-technische System ersetzt, welches 
man die Asepsis nennt. 

Um dem Uebelstande zu begegnen, war Verf. seit Jahren 
bestrebt, möglichst antiseptisch vorzugehen und als Vorbedingung 
hierzu ein Antisepticum zu suchen, welches sowohl energisch 
als unschädlich vorgeht. Ein solches Mittel hat er nun i m 
Silber gefunden, welches Metall die merkwürdige Eigenschaft 
besitzt, bei Berührung mit inficirten Nährböden in milchsaures 
Silber sich umzuwandeln, und eben dieses Salz ist es, das eine 
geradezu eminente, auf der Wundfläche den Sublimat noch weit 
übertreffende antiseptische Kraft entfaltet, ohne im Geringsten 
giftig auf den Organismus einzuwirken. Leider coagulirt das 
künstlich • hergestellte Argentum lacticum (Actol) bei seiner 
leichten Löslichkeit (1:15) alsbald das Eiweiss der Wundfläche, 
ätzt daher leicht und musste vom Verf. als Streupulver wieder 
aufgegeben werden, er wandte sich daher dem schwer löslichen 
citronensauren Silber (1:4000), dem Itrol zu, einem 
weissen, geruchlosen Pulver, das auch den weitgehendsten 
Ansprüchen als Antisepticum entsprochen hat, nicht reizt, absolut 
ungiftig ist wie Eisen und überaus kräftig vorgeht, da es selbst 
die Milzbrandbakterien rasch abtödtet. Es löst sich nur ganz 
allmälig im Wundserum auf, bleibt lange Zeit in Lösung und 
hat daher eine sehr beträchtliche Dauerwirkung, braucht also 
nicht täglich und nur ganz dünn (etwa 10 Mal dünner als Jodo¬ 
form) aufgestäubt zu werden; aus diesem Grunde ist es auch 
ein sehr billiges Mittel. Ebenso sind die Itrollösungen in 
hohem Grade brauchbar, und zwar schon 1:4000—5000, ins¬ 
besondere zum Ausspülen grosser Wunden und der serösen 
Körperhöhlen, sowie zu Aufschlägen aller Art. Nur bei stark 
inficirter Wundfläche sind Actollösungen 1:500 — 2000 
noch werthvoller, ebenso zum Imbibiren von Gaze, Baumwolle, 
Seide, Katgut, Drains u. dgl. 

Nach mehrjährigen praktischen Erfahrungen besteht das 
chirurgische Verfahren mit beiden Silbermitteln am zwcck- 
mässigsten darin, dass man* gewöhnliche Wunden erst mit ab¬ 
gekochtem Wasser reinigt, dann mit diesem abspült und was 
das Wichtigste ist, sie möglichst wenig untersucht; sofort wir.d 
mit Itrolpulver leicht bestäubt und gleich trocken verbunden. 
Aeltere und vernachlässigte Wundflächen werden mit grossem 
Vortheil 1—2 Tage mit einem Priessnitzumschlag versehen und 
dann erst trocken verbunden; in kürzester Zeit schon sondern 
sie als Zeichen völlig steriler Beschaffenheit klares Serum oder 
Serum mit Gerinnseln ab. Dieses ebenso einfache, mühelose, 
als billige, an allen Orten und unter allen Verhältnissen an¬ 
wendbare Verfahren hat sich in mehreren Tausend Fällen so 
bewährt und auch zu offener Wundbehandlung geeignet erwiesen, 
dass es nunmehr von zahlreichen Aerzten und Spitälern auf¬ 
genommen worden ist. (Auf Grund dieser Versicherungen 
Credö’s, Oberarzt am Karolahause in Dresden, ist nicht wohl 
zu zweifeln, dass sich die neue Behandlungsweise auch für 
thierärztliche Zwecke eignet. Ref.) Vogel. 


Pseudotuberculose beim Rind. 

Von Mazzini. 

(Giornale della Reale Socicta ed Accad. Veterinaria Italiana. 1897, S. 758 ) 

Ein Stück Bauchfell war besetzt mit Knoten von Hirse¬ 
korn- bis Buchweizenkorngrösse; dieselben waren zahlreich und 
wechselten ab mit rothen Flecken, welche Blutungen ähnelten 


und Stecknadelkopfgrösse bis 4,5 mm Durchmesser besassen- 
Dieselben gaben sich als kleine Erhöhungen und als Anfänge 
von Pseudotuberkeln zu erkennen. Die letzteren stehen ein¬ 
zeln, haben dann convexe Oberfläche, oder verschmelzen mit 
einander. Einzelne sind blass, andere röthlich, noch andere 
mit Blutungen besetzt. Die Consistenz ist weich, jedoch finden 
sich keinerlei Degenerationsherde. Beim Einschneiden kommt 
ein Gewebe, reich an einem milchweissen Saft, zum Vorschein, 
untermischt mit punktförmigen Blutgerinnseln. Dieser Saft ent¬ 
hält zahlreiche Leukocyten verschiedener Form und Grösse und 
bedeutende Mengen von Bakterien in Zoogloeaform. Die letz¬ 
teren erweisen sich identisch mit jenen, welche in Frankreich 
und Deutschland bei der Pseudotuberculose gefunden sind. 
Ausser diesen Zooglocaformen waren noch zahlreiche Bakterien, 
vor allen Dingen Diplokokken vorhanden Frick. 


Radicaloperation eines Nabelbruches. 

Von Assistent Th. Schm idt-Wien. 

(Thicrarztliches Ccntrulblatt, 1897, No. ao.) 

Ein 8 Monate altes Stutfohlen mit einem über entenei¬ 
grossen Nabelbruch, dessen Bruchpforten eine Weite von 6:3cm 
aufweisen, wird zur Operation in die chirurgische Klinik ein¬ 
geliefert. 

Unter Beobachtung strengster aseptischer Massnahmen 
(Desinfection des Opcrationslagers, des Operationsfeldes in 
weitestem Umkreis, Einwickeln der Füsse in feuchte Binden) 
wurde die Operation unter Chloroformnarkose in der Art aus¬ 
geführt, dass über die gründlichst gereinigte und desinficirtc 
Operationsstelle und deren Umgebung eine in 3 Carbol- 
wasser getauchte vierfach zusammengelegte Serviette aus Hydro¬ 
philgaze gelegt, die Serviette an der Bruchstelle in einer Länge 
von 15 cm aufgeschlitzt, die Haut gespalten und von dem 
Bruchsack lospräparirt wurde (Siedamgrotzky). Darnach 
wurden die derben Bruchränder aufgefrischt, der Bauchfellsack 
in die Bauchhöhle hineingestülpt und während ein Assistent die 
Bauchdecken seitlich zusammendrückte, die Bruchpforte durch 
8 Knopfnähte verschlossen. Zur Unterstützung der Knopfnähte 
diente eine Entspannungsnaht, über welcher die Hautwunde 
durch Knopfnähte vereinigt wurde. Ein Jodoformverband, 
der durch Bänder um den Hals und die Vorderbrust am Ver¬ 
schieben verhindert wurde und darüber ein ziemlich straff an¬ 
gelegtes Bruchband bildeten den vollständigen Abschluss. Drei 
Tage und Nächte wurde das Thierchen bewacht, diät gehalten 
und von Zeit zu Zeit klystirt. Als nach 7 Tagen der Verband 
gewechselt wurde, war mit Ausnahme einiger Stichkanäle in 
der Haut vollständige Heilung eingetreten. Das Fohlen wurde 
nach einigen Tagen geheilt entlassen. Görig. 


Die Pikrinsäure und ihr therapeutischer Gebrauch. 

Von Prof. Dupuis in Brüssel. 

(Annales de Medecine vclerinaire. Janvier 189S.) 

Da bis jetzt über die thierärztliche Verwendung der Pikrin¬ 
säure nur so viel verlautete, dass sie sich innerlich gegen 
Darmwürmer und in neuester Zeit auch äusserlich gegen manche 
Hautaffectioncn gebrauchen lasse, unternahm es D., weitere 
Untersuchungen anzustellen, um ihre praktische Brauchbarkeit 
näher festzustellen. 

Aus der Einwirkung von Salpetersäure auf Carbol als 
Trinitrophenol hervorgegangen, krystallisirt Acidum picri- 
cum oder picronitricum in gelben Blättchen, löst sich leicht in 
Wasser, ist sehr giftig und wirkt äusserlich in concentrirter 
Solution stark reizend, so dass sie heftigen, brennenden 
Schmerz erzeugt. Verdünnt i : ioo Wasser ist der Reiz gering 
und folgt Unempfindlichkeit der Haut nach. Auch anti¬ 
septische Kraft entfaltet die Säure, doch ist von grösserer Be¬ 
deutung die secretionsbeschränkende, austrocknende 
Wirkung, welche stets eine wesentliche Begünstigung der Neu¬ 
bildung von Hornzellen auf der Haut nach sich zieht. Inner- 


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No. 12. 


DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


,0 5 


lieh erzeugt das Mittel Erbrechen, Durchfall und heftige Gastro- I 
enteritis mit Kolik und sterben Hunde unter Convulsionen schon | 
auf Gaben von 0,5. Zu gebrauchen ist die Säure innerlich nur 
als unstreitig starkes Anthelminticum, hat aber das Gefährliche, 
dass sie leicht die Blutkörperchen auflöst, was sich durch Gelb¬ 
farben des Körpergewebes kundgibt, das Mittel muss daher 
gegen Darmwürmer als verwerflich bezeichnet werden, da es 
genug andere unschädliche Vermifuga giebt. 

Zu externem Gebrauche hat sich die Pikrinsäure 
nützlich erwiesen und ist von ausgesprochen günstiger Wirkung 
bei allen Hypersecretionen und exsudativen Vorgängen, ähnlich 
der Chromsäure, insbesondere bei eiterigen, ulcerösen Vorgängen 
auf der Haut, in den Ohren, auf Klauen u. s. w., die Ver¬ 
narbung wird wesentlich durch rasche Epidermisbildung und 
Festigung derselben beschleunigt. Frappant schnell heilen nament¬ 
lich acute, nässende Ekzeme und erweist cs sich am zweck- 
mässigsten, bei allen genannten Processen mit 0,5—1 proc. 
Lösung zu pinseln, um dann einen Watteverband anzulegen, 
der bei grosser Hartnäckigkeit mit der Lösung befeuchtet 
wird. Der Verband braucht nur alle 2 Tage erneuert zu 
werden, die Röthe und Absonderung kommt sammt dem Juck¬ 
reiz rasch zum Verschwinden. In gleicher Weise bewährte sich 
dieser Verband bei Verbrühungen und Verbrennungen, 
wobei möglichst das Häutchen der Brandblasen geschont wird 
und erhalten bleibt; wenn thunlich, badet man zuvor den Theil 
in kalter Lösung und verbindet erst wieder nach 3 — 4 Tagen. 
Besonders schätzcnswerth ist die schmerzstillende Wirkung, die 
schnelle Häutchenbildung und das rasche Vernarben, wie es 
bei keinem anderen Mittel beobachtet werden kann und kann 
so auch der Ueberheilungsprocess bei jeder anderen Wunde 
beschleunigt werden, was insbesondere bei Thieren von Werth 
ist, wenn das Anlegen eines Verbandes unthunlich erscheint. 

Vogel. 


Eigrenthümliche Wirkung der wilden Tamarinde (Leucaena 
glauca) auf Pferde und andere nicht wiederkauende 

Thiere. 

Von Dr. Morris. 

(Juurnal of Comp. Med. and Veterinary Archiv. Nov. 1897) 

Eine seltsame Pflanze ist die wilde Tamarinde oder »jumbai 
plant«, Leucaena glauca, welche an den Flussufern und in den 
Einöden des tropischen Amerika wächst. Ganz eigenartig ist 
ihre Wirkung auf »Nichtwiederkäuer«, welche ihre jungen 
Blätter, Hülsen und Samen verzehren. Pferde verlieren dar¬ 
nach ihre Mähnen- und Schweifhaare, Maulthieren und Eseln 
geht es ebenso; Schweine werden ganz nackt. Pferde erhalten 
ihre Haare wieder, wenn man ausschliesslich Korn und Heu 
füttert; doch ist das neue Haar oft anders gefärbt und nicht 
so hart als das alte, so dass dieselben nie wieder dasselbe 
Aussehen bekommen als vordem. Ein Fall ist auch beobachtet, 
dass ein Pferd ausschuhte. Bei Wiederkäuern machte sich 
diese Wirkung nicht bemerkbar; in einzelnen Gegenden wird 
die wilde Tamarinde viel als Futter für Rinder, Schafe und 
Ziegen verwandt. Die nähere Art und Weise, wie durch das 
Wiederkauen der Pflanze die Schädlichkeit genommen wird, 
ist noch nicht klar gestellt. Bartels. 


Ueber den Fortgang der Rinderpestforschungen in 
Koch’s Versuchsstation in Kimberley. 

Von Dr. W. K o 11 e und Dr. G. Turner. 

(Deutsche mediciaische Wochenschrift 1897, No. 50 u. 51.) 

Bekanntlich hatte Koch die Rinder gegen Rinderpest 
durch Injection der Galle von Thieren, welche der Pest er¬ 
legen waren, immunisirt. Da aber die Ansicht grosse Ver¬ 
breitung fand, dass die Galle selbst die Krankheit auf anderes 
Vieh übertragen könne, und diese Furcht der allgemeinen Ver¬ 
breitung dieser Methode hinderlich war, so suchte man nach 
Mitteln, mit denen sich diese angenommene Gefahr beseitigen 


Hesse. Es war schon Koch gelungen, mit dem Serum von 
Rindern, welche die Krankheit überstanden hatten, Thiere zu 
immunisiren. Jedoch war die zur Immunisirung nothwendige 
Menge des Serums so gross, dass die Beschaffung desselben 
auf Schwierigkeiten gestossen wäre. Kollc und Turner ver¬ 
suchten daher, ein wirksameres Präparat herzustellen; dies 
gelang ihnen dadurch, dass sie Rinder, welche die natürlich 
oder künstlich erzeugte Rinderpest überstanden hatten, durch 
Injection mit steigenden Mengen von vollvirulentem Rinderpest¬ 
blut hoch immunisirten. Von solchen Thieren genügen durch¬ 
schnittlich 30 ccm defibrinirten Blutes, gleich 20 ccm Serum, 
um ein Thier auf 14 Tage bis 3 Wochen völlig gegen jede 
Infcction zu schützen und um in den Anfangsstadien der Krank¬ 
heit heilende Effecte zu erzielen. 

Bezüglich der Dauer der Immunität theilen die Verff. mit, 
dass die reine Galle zweifellos am längsten Schutz gewährt. 
Die durch Galleninjection den Rindern verliehene Immunität 
dauert im Durchschnitt 4 Monate. Mit Glycerin versetzte Galle 
schützt bei einer Dosis von 15 ccm im Durchschnitt nicht länger 
als 10 Tage. Serum in Dosen von 20 ccm verliert im Allge¬ 
meinen für dieselbe Zeit seinen completen Schutz. 

Den Verfassern gelang es auch, bei gesunden Thieren eine 
langdauernde Immunität zu erreichen dadurch, dass sie 0,5 bis 
1,0 ccm vollvirulenten Rinderpestblutes auf der einen Seite des 
Thieres und 10—30 ccm Serum auf der anderen Seite ein¬ 
spritzten. Bei Anwendung dieser Methode wurden bisher vor¬ 
zügliche Resultate erzielt; der Verlust betrug bei über 300 
bisher geimpften Rindern nur 5 °/,. Casper. 


Nahrungsmittelkunde. 

Uebep aseptische Milchgrewinnung. 

Von Professor Dr. Bach haus-Königsberg. 

(Heft II der «Berichte des Landwirtschaftlichen Instituts der Universität Königsberg«, 

Berlin, 1898 ) 

Aus seinen Untersuchungen der Königsberger Marktmilch 
sowie der Milch von Kühen des Landwirthschaftlichen Instituts 
zieht B. den Schluss, dass Milch, unter gewöhnlichen Verhält¬ 
nissen gewonnen, im Cubikcentimeter einen Keimgehalt von 
2000—3000 an bis 900 Millionen besitzen könne. Der Keim¬ 
gehalt sei in einzelnen Städten und zu verschiedenen Jahres¬ 
zeiten sehr wechselnd, dürfte aber im Mittel bei gewöhnlicher 
Marktmilch auf I—5 Millionen anzunehmen sein. 

Der Bakteriengehalt der Milch wird mehr durch Infection, 
besonders durch Contactinfection verursacht, als durch Ver¬ 
mehrung der Bakterien, gegen welche man sich durch Kühlung 
der Milch schützen könne. Während frische Milch bei ver¬ 
schiedenen Versuchen im Mittel einen Keimgehalt von 6600 
im Cubikcentimeter aufwics, stieg derselbe nach Passirung von 
6 sehr sorgfältig gereinigten Gefässen bei einem Versuche auf 
35000, bei einem anderen auf 23000, in einem Falle sogar 
auf 162000. Hieraus ergiebt sich die Aufstellung des Grund¬ 
satzes für eine aseptische Milchgewinnung: möglichst wenig 
Gefässe in Anwendung zu bringen. 

Durch sorgfältige Körperpflege konnte der Keimgehalt der 
Milch auf den achten Theil rediicirt werden. Soll eine möglichst 
keimarme Milch gewonnen werden, so müssen die Thiere sorg¬ 
fältig geputzt werden und das Euter ist unter gewissen-Vor- 
sichtsmassregeln ein Mal täglich zu waschen. 

Die reinlichste Milch wurde erzielt beim Melken in frischer, 
freier Luft, da die Umgebung der Milchthiere für eine aseptische 
Milchgewinnung von grosser Bedeutung ist. Jedoch auch ein 
gut eingerichteter und gut gereinigter Stall habe dem gegen¬ 
über nicht sehr viele Nachtheile. 

Von Einfluss ist auch das Streumaterial auf den Bakterien¬ 
gehalt der Milch; so wurde z. B. im Königsberger Versuchs¬ 
stalle während zweier Wochen ein Keimgehalt erzielt im Durch¬ 
schnitt bei Torfstreu von 3500 und bei Strohstreu von 7330. 
Der Torf müsse daher zwecks einer aseptischen Milchgewinnung 
als ein sehr günstiges Einstreumaterial bezeichnet werden. Das 


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DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


19. März. 


Stroh müsse rein, trocken und nicht von Pilzen befallen sein. 
Verf. empfiehlt, das Streustroh zu Häcksel zu schneiden, da 
hierdurch das Stroh von anhaftendem Staub befreit und ferner 
die Reinhaltung des Lagers im Stall erleichtert wird. 

Unter allen Umständen müsse eine Verunreinigung der 
Milch durch Koththcile vermieden werden, da Koth, besonders 
älterer, durch seinen relativ hohen Gehalt an peptonisirenden 
Bakterien sehr schädlich sei. 

Zur Gewinnung einer aseptischen Milch ist auch die Aus¬ 
führung des Melkens von Wichtigkeit; die ersten 3 bis 6 Züge 
sind unbedingt wcgzumelkcn, da die erste Milch sehr stark 
bakterienhaltig ist; das sogenannte Nassmclkcn ist streng zu 
vermeiden; das Euter ist gut zu reinigen, auch müssen sich 
die Melker die Hände ordentlich waschen. Der Keimgehalt 
der Milch betrug in einem Versuche beim Trockenmclkcn 5600; 
beim Nassmelken 9000; bei gewaschenen Eutern in einem 
anderen Versuch 2200, bei ungewaschenen 3800. Hölzerne 
Melkkübel sind, da sie stark baktericnhaltig sind, zu vermeiden; 
den Vorzug verdienen Emaille- oder Blcchgefässe. Die beste 
Gefässrcinigung ist Ausbürsten mit einer '/, procentigcn, mög¬ 
lichst warmen Natronlauge, darauf Ausspülen mit reinem, kalten 
Wasser und schliesslich Sterilisation mit gespanntem Dampf. 

N ö r n e r. 

lieber das Conserviren des Fleisches mittelst Kohlen¬ 
oxydgras. 

Von P. Soltsien, 

Gerichts- und Nahrungsiniltelchemiker in Erfurt. 

In No. 103 der internationalen Ficischerzeitung vom Jahre 
1897 berichtet S. über erfolgreiche Versuche, Fleisch mittelst 
Kohlenoxydgas zu conserviren. Die zu conservirenden Fleisch- 
waaren werden ca. 10 — 15 Minuten schwebend dem Einfluss 
von Kohlenoxydgas ausgesetzt, um eine allscitige Einwirkung 
des Gases zu erreichen. Bei Anwendung dieses Verfahrens ist 
eine künstliche Erwärmung nicht nöthig, sondern es genügt nur 
ein kalter lebhafter Luftzug, um vollständige Conservirung des 
mit Kohlenoxyd behandelten Fleisches zu erzielen. Die mit 
frischem Rindfleisch, gehacktem Fleische und Würsten ange- 
stelltcn Versuche zeigen, dass eine derartige Conservirung erfolg¬ 
reich ist, da weder beim Genuss nachtheilige Folgen, noch Verderb- 
niss der ein halbes Jahr lang aufbewahrten Waarcn eintraten. 
Jedoch fehlt naturgemäss den nur mit Kohlenoxyd geräucherten 
Waaren der eigentümliche, angenehme Rauchgeschmack, welcher 
aber durch nachträgliche Behandlung mit Holzessig oder ähnlich 
wirkenden Substanzen hervorgerufen werden kann. Wegen 
der Geruchlosigkeit und Giftigkeit des Kohlenoxyds für die 
damit arbeitenden Personen räth Verf., zugleich einen Riech¬ 
stoff zu verwenden, weil dieser, gleichzeitig mit dem entwickelten 
Kohlenoxyd verbreitet, die Anwesenheit von Kohlenoxyd an- 
zcigen würde. Verf. bemüht sich z. Zt., einen Riechstoff zu 
finden, der zugleich dem Fleische einen Geschmack nach Rauch 
verleiht. Edelmann. 

Die colorimetrische Bestimmung kleiner Schwefelwasser¬ 
stoffmengen in animalen Nahrungsmitteln. 

Von Professor W. Eber in Berlin. 

(Zeitschrift für Fleisch- u. Milchhygiene. VIII. Hd., 1897, H 3, S. 41 ) 

In No. 43 dieser Wochenschrift vom Jahre 1897 wurde 
über eine in Heft 11 und 12 des VII. Jahrganges der Zeit¬ 
schrift für Fleisch- und Milchhygiene erschienene Arbeit W. 
Eber’s »Ueber chemische Rcactionen des Fleisches kranker 
Thiere« ausführlich referirt. Die heute vorliegende Veröffent¬ 
lichung desselben Verfassers bildet eine Ergänzung der erst¬ 
genannten Arbeit mit vielen technischen Einzelheiten, welche 
für die einwandsfreie Ausführung der Reactionen von der 
grössten Bedeutung sind, sich aber auszugsweise nicht wieder¬ 
geben lassen. Es müssen deshalb Diejenigen, welche thierische 
Theilc nach dem Eber'sehen Verfahren untersuchen wollen, 
auf das Original der neuen Arbeit verwiesen werden. Hier 


mag nur die neuere Beobachtung Eber's Hervorhebung finden, 
dass das Licht von grossem Einfluss auf das als 
Reagenz dienende Bleipapier ist und nach Befinden 
das Gelingen der Rcaction vollständig vereiteln 
kann. 

Am Schlüsse seiner Arbeit hebt Eber noch besonders 
hervor, dass er seine in der ersten Arbeit geäusserten 
Schlüsse über die praktische Durchfülirung der 
Blcinitratprobc beim Tubcrculoseverdacht auf 
Grund seiner jetzigen Erfahrungen so lange zurück- 
zicht, bis eine Nachprüfung der Verhältnisse unter 
Berücksichtigung aller von ihm angegebenen Cau- 
tclen, insbesondere unter Ausschluss des Lichtes 
und der Zugluft erfolgt ist. 

Beide Publicationen Eber’s sollen die Thierärzte, welche 
Fleischbeschau ausüben, nur anregen, den Werth der neuen 
Probe für die Diagnose bestimmter Erkrankungen, vor Allem 
der Nothschlachtungen überhaupt, zu prüfen. Die Skelct- 
musculatur und die Lymphdrüsen sind dabei in ihrem Verhalten 
unmittelbar nach der Schlachtung und einige Stunden oder Tage 
1 später besonders zu untersuchen 

Auch manche postmortale Veränderungen in animalischen 
I Nahrungsmitteln dürften sich vielleicht ihrer Art und dem Grade 
nach durch eine vergleichende Schwefelwasserstoff-Bestimmung 
erkennen lassen. Besonders aber sind es die Lakeobjecte, 

, Conserven, Fische, Wild und Geflügel, welche eine Beachtung 
nach der angegebenen Richtung hin verdienen. 

Edelmann. 


Thierzucht und Thierhaltung, 

j Die Schweizer Saanenziege. 

Bei der hohen Bedeutung, welche die Ziegenhaltung in 
! vielen Gegenden unseres Vaterlandes hat, und bei dem massen- 
! haften Transport von schweizer Saanenziegcn in solche Gegenden 
! dürften folgende Auslassungen des Dr. August Hertzog aus 
Colmar bcachtenswcrth erscheinen: 

»Als ich meinen Aufsatz über die Bedeutung der elsässi- 
schcn Ziegenzucht veröffentlichte, sprach ich darin die Ansicht 
aus, dass unsere Ziegenzüchter sich hauptsächlich darauf ver¬ 
legen sollten, ihr einheimisches Material zu verbessern und sich 
davor hüten sollten, allzuviel Geld für den Ankauf von schweize- 
! rischen Ziegen auszugeben. Wie sehr man bei dieser Operation 
I vorsichtig sein muss, das beweisen die Ergebnisse der Beob¬ 
achtungen, welche Dr. Wilsdorf im Rasse-Stalle der Uni¬ 
versität Leipzig, und auf einem längeren Aufenthalte in der 
Schweiz, an der Saanenzicge gemacht hat, Ergebnisse, die er 
in einer eigenen Schrift unter dem Titel: »Die schweizerische 
Saanenziege, ihre Heimath, Zucht und Pflege, sowie ihre Be¬ 
deutung für die deutsche Ziegenzucht« nicdergelegt hat. Diese 
Ergebnisse mit ihren Warnungen seien hier, an der Hand eines 
Aufsatzes über diesen Gegenstand aus dem landwirtschaftlichen 
I Theile der »Köln. Volksztg.«, allen bei der Ziegenzucht be- 
! theiligten Landwirthen und speciell den landwirthschaftlichen 
Vereinen zur Kenntniss gebracht. Nach einer einleitenden Be¬ 
sprechung der schweizerischen Ziegenrassen und der überaus 
reichen Milchergiebigkeit der Saanenziege insbesondere, spricht 
Dr. Wilsdorf die Warnung aus vor dem Ankäufe minder- 
j werthigen Zuchtmatcrials, das besonders in jüngster Zeit auf 
j den Markt gelange. Dadurch wird mein Rath, unser clsässi- 
i schcs Ziegenmaterial in sich selbst zu verbessern, bekräftigt 
! und unterstützt. 

Mit jenem Ausschüsse freilich, führt Dr. Wilsdorf aus, 
mit dem jetzt in der Schweiz und neuerdings auch in Deutsch¬ 
land gehandelt wird, der nicht nur an Vereine und Be¬ 
hörden, sondern sogar an die armen Zicgenhalter geliefert 
wird, kann man seiner ganzen Werthlosigkeit wegen weder 
züchterisch noch wirthschaftlich zufrieden sein. 

Diese Ansicht wurde mir seit Erscheinen meines ersten 
Aufsatzes über die Ziegenzucht auch von einem mir befreundeten 
; Thierarzte mitgctheilt, dabei betonte derselbe noch ausdrück- 


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•No. \H. DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 107 


lieh, dass wir in den obcrelsässischen Gebirgsgegenden sehr 
gute Ziegen hätten. 

Der gesammte Ziegenbestand des Saanenthalcs beträgt nach 
der letzten Viehzählung nur 2132 Stück, und die Ziegenbesitzer 
jenes reichen Thaies sind natürlich nicht so unvorsichtig, ihre 
schönsten und milchergiebigsten Ziegen an die Fremden abzu¬ 
geben, um sich eine nicht unbedeutende Concurrenz im Aus¬ 
lande heranzubilden. Dann hängt der Schweizer, wie Dr. Wils¬ 
dorf ausführt, viel zu stark an seinem Vieh, als dass er, mir 
nichts, dir nichts, die besten Exemplare davon weggäbe. 

Zum grössten Theilc sei es nur Schlachtbankwaare, 
die alle Jahre sehr zahlreich zur Ausfuhr gelangte; so seien 
z. B. im Jahre 1893 für ungefähr 40000 Mk. (sage und schreibe 
vierzigtausend Mark) Ziegen aus dem Saanenthale ausgeführt 
worden. Dieser Herr sah in der Schweiz viele Ziegentrans¬ 
porte, welche um schweres Geld angekauft worden waren, für 
einen kenntnissreichen und praktischen Züchter jedoch beinahe 
ohne Werth sein mussten. 

Zum Schluss sagt Dr. Wilsdorf noch, und ich möchte 
mich ihm voll und ganz anschliessen: Wer heute bei der 
äusserst lebhaften Nachfrage nach Simmenthaler Zuchtziegen 
eine gute Ziege dieser Rasse besitzt, der hält sie fest; dem¬ 
jenigen aber, der noch nicht im Besitze eines solchen Thieres 
ist, wird der gut gemeinte Rath ertheilt, sein Geld zu behalten, 
bis die Nachfrage sich etwas gelegt hat und die Nachkommen¬ 
schaft vorzüglicher Ziegen zu vernünftigeren Preisen zu haben 
sein wird. 

Sollen dennoch solche Thiere gekauft werden, so sei man 
sehr streng bei deren Auswahl, und achte ganz besonders auf 
die Rasse-Merkmale der Saanen-Ziege; hauptsächlich achte man 
darauf, dass die Zeugungsorgane, sowohl bei den männlichen 
als auch bei den weiblichen Thieren normal ausgebildet seien, 
denn ein nicht unbedeutender Procentsatz der geworfenen 
Ziegen-Lämmer seien sogenannte Zwitter und in Folge dessen 
untauglich zur Nachzucht. Diese Mittheilung des Dr. Wils¬ 
dorf ward mir durch den obenerwähnten Thierarzt bestätigt, 
der mir sagte, dass unter den durch den Handel eingeführten 
Ziegen aus der Schweiz sich oft solche Zwitter befänden. 

Verschiedene Mittheilungen. 

Professor Dr. phil. Herrmann Pütz f. 

Plötzlich und unerwartet verstarb am 4. März der bis dahin 
körperlich und geistig noch so rüstige Dr. Herrmann Pütz, 
Honorar-Professor der Universität Halle a. S., in seinem nahezu 
vollendeten 69. Lebensjahre. 

Mit ihm ist wiederum einer der überzeugungstreuesten und 
unermüdlichsten Mitstreiter für das Wohl des thierärztlichen 
Standes von uns geschieden. 

Ausgerüstet mit einem Feuereifer für die Vervollkomm¬ 
nung seines gesammten Wissens, war er ebenso rastlos bemüht, 
den Ausbau der thierärztlichen Wissenschaft fördern zu helfen. 
Ausser der Zeitschrift für wissenschaftliche und praktische 
Veterinär-Medicin, welche Pütz in den Jahren 1873/77 heraus¬ 
gab, und zahlreichen Beiträgen in anderen Fachblättcrn über 
verschiedene wissenschaftliche Themata schrieb er ein Hand¬ 
buch: Landwirtschaftliche Thierkunde, ein Lehrbuch der all¬ 
gemeinen chirurgischen Veterinär-Pathologie und Therapie, das 
Handbuch: Die Seuchen und Heerdekrankheiten unserer Haus¬ 
tiere, ferner ein Compendium der Thierheilkunde etc. — Zu 
erwähnen sind ferner noch von seinen kleineren Publicationen: 
Die Stellung der Thiermedicin zu den übrigen Zweigen der 
Naturwissenschaften; die Petition an das preussische Abge¬ 
ordnetenhaus betreffend die Reorganisation des tierärztlichen 
Unterrichtswesens (1887); die Gedächtnissrede bei der Ent¬ 
hüllung des Gerlachdenkmales zu Berlin 1890 u. s. w. 

Die Förderung der Standesinteressen hat Pütz als eine 
seiner hauptsächlichsten Lebensaufgaben erfasst und betätigt; 
nicht nur die Standesgenossen des Inlandes, sondern auch des 


Auslandes haben dies dankbarlichst durch die Verleihung der 
Ehrcnmitgliedschaft ihrer heimatlichen thierärztlichen Vereine 
anerkannt. Pütz war Ehrenmitglied des Senates der Veterinär- 
Institute zu Dorpat und Kasan, des Royal College of Veterinary 
Surgeons, der tierärztlichen Vereine in Oesterreich, Württem¬ 
berg, Baden, Elsass-Lethringen, der Schweiz, Rheinpreussen, 
Pommern, Wcstprcusscn, Brandenburg, Hannover, Cassel (Kur¬ 
hessen), Wiesbaden, Dresden, der thüringischen Staaten; Pütz 
war Präsident des deutschen Vcterinärrathcs bis zum Jahre 1893; 
Vorsitzender des Thierärztlichen Centralvereines für die Provinz 
Sachsen; erster Vorsitzender der Centralvertretung der tier¬ 
ärztlichen Vereine Prcussens von 1886/93. 

Pütz war am 26 März 1829 zu Oberpleis bei Cöln ge¬ 
boren, 1850 legte er zu Berlin die tierärztliche Fachprüfung 
ab, die kreisthierärztliche Prüfung 1857. — Von 1861/69 war 
er Kreisthierarzt in Denklingen und zugleich Lehrer an der 
Ackerbauschule daselbst; 1869 erwarb er die Doctorwürde. 
Von Denklingen aus folgte er 1869 der Berufung als Professor 
und Dircctor der Thierarzneischule zu Bern, 1877 legte er diese 
Stelle nieder und übernahm als Nachfolger von Roloff die 
Professur für Thierheilkunde an der Universität Halle a. Saale. 

Pütz war ein Mann von deutschem Schrot und Korn, auf 
Aeusserlichkeiten legte er kein zu grosses Gewicht, sein per¬ 
sönliches Auftreten war niemals zimperlich, immer ging er direct 
auf das gesteckte Ziel los; in wirklichem Ansehen stand bei 
ihm nur der, der ein braver Mensch war; jederzeit war er 
bereit zu opfern für eine gute Sache. — Dabei war Pütz aber 
auch ein wirklicher Gemütsmensch, seine reinste Freude und 
sein vollberechtigter Stolz war der Besitz seiner hervorragend 
glücklichen Häuslichkeit. 

Das Andenken an Pütz wird deshalb nicht nur bei seinen 
trauernden Angehörigen und bei seinen vielen Freunden, son¬ 
dern auch bei allen Standesgenossen in hohen Ehren verbleiben. 

D r. Kaiser. 


Flüssiges Tetanusantitoxin. 

Die Höchster Farbwerke haben einem Mangel, der dem 
Tetanusantitoxin anhaftete, durch ein neues Präparat abgeholfen. 
Wer Tetanusantitoxin angewendet hat, weiss, dass das Auflösen 
des festen Pulvers eine ziemlich mühsame Arbeit ist, da das 
Präparat sich nur sehr langsam in lauwarmem Wasser löst. 
Ein Schütteln war beim Lösen stets nachtheilig, indem die 
Lösung stark schäumte und das Pulver sich zu einem harz¬ 
artigen Klumpen zusammenballte. Ueberdies war beim Auf¬ 
lösen die Gefahr der Verunreinigung gegeben, die leicht bei 
der intravenösen Anwendung für den Patienten verhängnissvoll 
werden konnte. 

Diese Uebelstände sind durch das flüssige Tetanusantitoxin 
der obigen Firma beseitigt worden. Dasselbe erscheint in 
zwei verschiedenen Arten: 

1. Als Heilpräparat (2 Fläschchen ä 25 ccm = 500 Tet. 
Im. Einh.). 

2. Als Immunisirungspräparat (Fläschchen ä 2 ccm = 
20 Tet. Im. Einh.). 

Die Präparate werden genau so wie die früher üblichen 
der genannten Firma von dem Königl. Preussischen Institut für 
Serumforschung und Serumprüfung in Steglitz bei Berlin auf 
ihren Wirkungswerth und Keimfreiheit geprüft und ständig 
controlirt. Sie sind am kühlen, frostfreien, lichtgeschützten 
Orte mindestens ein Jahr haltbar und vor der Zersetzung 
durch Mikroorganismen durch Zusatz von 0,25 °/ 0 Metacresol 
geschützt. Was das Präparat besonders werthvoll macht, ist 
der Umstand, dass es bei subcutaner Anwendung ebenso wirkt, 
wie bei intravenöser. Bietet eine intravenöse Injection bei 
einem gesunden Pferde auch keine Schwierigkeiten, so ist dies 
bei der Contraction der Musculatur, wie sie beim Tetanus 
j stets vorliegt, ganz anders. Häufig ist die Jugularis durch die 
strangartigen Halsmuskeln derart bedeckt, dass es ausserordent¬ 
lich schwierig wird, eine Nadel in das Gefäss einzuführen. 
Gerade deshalb ist das neue Präparat besonders werthvoll, 


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weil es subcutan angewendet werden kann. Es dürften sich 
eingehendere Versuche mit dem neuen Präparat dringend em¬ 
pfehlen. 


Stellung der beamteten Thierärzte in Württemberg. 

Wie schon in diesen Blättern berichtet wurde, haben es 
die beamteten Thierärzte Württembergs in Gemeinschaft mit 
dem Thierärztlichen Landesvereine in den letzten Jahren an 
Bemühungen nicht fehlen lassen, um sich endlich diejenige 
Stellung im Staate zu verschaffen, welche die beamteten Thier¬ 
ärzte fast in allen übrigen Bundesstaaten bereits besitzen. 
Alle diesbezüglichen Gesuche haben auch bei dem Ministerium 
des Innern stets williges Gehör gefunden Am schwersten 
unter den bestehenden Calamitäten wurde empfunden, dass die 
Oberamtsthierärzte des Landes Corporationsdiener der einzelnen 
Bezirksämter sind, von denen sie auch und zwar unabhängig 
von der Regierung gewählt werden, Letzterer daher nur das 
Auswahls- und Ernennungsrecht zukommt. Schon dieser Miss¬ 
stand allein nöthigte das Ministerium, die Aufnahme dieser 
Beamten unter die Staatsdiener zu verlangen, um sie bei dem 
immer umfangreicher und verantwortungsvoller gewordenen 
Berufe völlig in der Hand zu haben. Der zu diesem Behufe 
ausgearbeitete Gesetzentwurf ist nun im Dezember v. J. 
der Abgeordnetenkammer zugegangen und kam dieser Tage 
zur Vorberathung in der Commision für Gegenstände der inneren 
Verwaltung. Wie bei der günstigen Stimmung der grossen 
Mehrzahl der Ständemitglieder zu hoffen war, stiess der 
schlagend motivirte Gesetzentwurf in der unter dem Vorsitz 
des Abgeordneten Hartranft (Freudenstadt) berathenden Com¬ 
mission in der ersten Lesung auf keinerlei principielle Schwierig¬ 
keiten, auch wurde alsbald der Hauptartikel 2, wonach die 
Oberamtsthierärzte auf Lebenszeit zu Staatsbeamten mit An¬ 
spruch auf Pension erhoben werden, welche aus ihrem 500 Mk. 
betragenden Gehalt aus der Staatskasse und dem von der 
Amtskörperschaft zu leistenden Ergänzungsgehalt bis zum Be¬ 
trage von 300 Mk. berechnet wird, mit 13 gegen 2 Stimmen 
angenommen. Der Artikel 3, der bestimmt, dass die Amts¬ 
körperschaften verpflichtet sind, zu dem Staatsgehalte einen 
Beitrag von mindestens 400 Mk. jährlich zu leisten, wurde un¬ 
verändert angenommen. Dasselbe geschah bei den übrigen 
Artikeln, so dass nunmehr kein Zweifel aufkommen kann, dass 
bei der endgiltigen Beschlussfassung im Plenum der Kammer, 
welche Ende dieses Monats zu erwarten steht, das ganze Gesetz 
ohne wesentliche Abänderung zur Annahme gelangt. Vogel. 


Aerztliche Approbationen im Jahre 1897. 

In der Zahl der in Deutschland approbirten Aerzte 
hat im letzten Prüfungsjahr 1896/97 eine kleine Abnahme statt¬ 
gefunden, indem 1294 Aerzte approbirt sind gegen 1374 im 
Jahre 1895/96 und 1357 im Jahre 1894/95. Die Höchstzahl 
ist mit 1570 Aerzten im Jahre 1890/91 erreicht; seitdem hat 
mit kleinen Unterbrechungen eine kleine Abnahme stattgefunden. 
Zahnärzte sind 119 approbirt gegen 124 im Vorjahr. Hier 
ist die Höchstzahl mit 142 im Jahre 1891/92 erreicht. Thier¬ 
ärzte sind 150 approbirt gegen 194 und 227 in den bei¬ 
den Vorjahren, so dass also eine recht erhebliche Abnahme 
stattgefunden hat. Auch die Zahl der approbirten Apotheker 
ist zurückgegangen; sie betrug im letzten Prüfungsjahr nur 590 
gegen 684 im Jahre 1895/96 und 635 im Jahre 1894/95. Die 
Zahl der für befähigt erklärten Nahrungsmittelchemiker 
ist, nachdem im vorigen Jahre zum ersten Male 411 Bewerber 
nach bestandener Prüfung für befähigt erklärt worden sind, im 
letzten Jahre auf 5 5 gesunken, von denen 3 3 auf Preussen ent¬ 
fallen. 


19. März. 

Bücheranzeigen und Kritiken. 

Die Ausbildung und Prüfung der Hufschmiede und die 
Nothwendigkeit gut eingerichteter Lehrschmieden. 

Von Geh. Rath Professor Dr. Dam mann. Berlin bei 
P. Parey. 1898. 

Die Mängel im Hufbeschlagwesen waren seiner Zeit die Veranlassung 
zum Erlass des Gesetzes vom 18. Juni 1884 betr. den Betrieb des Hufbeschlag¬ 
gewerbes. Man hatte sich viel bezüglich der Hebung des Hufbeschlag¬ 
gewerbes und der Besserung in der Ausführung des Hufbeschlages bei Erlass 
des Gesetzes versprochen. Seit dem Inkrafttreten desselben sind 13 Jahre 
verflossen und die Frage ist gerechtfertigt: Sind die erhofften Besserungen 
erfolgt oder nicht ? Leider muss Jeder, der sich eingehend mit dem Gegen¬ 
stände beschäftigt hat, gestehen, dass doch noch recht viel zu wünschen 
übiig bleibt. Der Schluss, dass bei dieser Sachlage Lücken im Gesetz vor¬ 
handen sein müssen neben sonstigen ungünstigen Verhältnissen, liegt sehr nahe. 

Die vorliegende Broschüre hat die Aufgabe, die Gründe für das Aus¬ 
bleiben der erhofften Segnungen des Gesetzes vom 18. Juni 1884 aufzudecken. 
Der Autor hat diese heikle Aufgabe in der ihm eigenen Weist gelüst, indem 
er Punkt für Punkt zeigt, welche Lücken das Gesetz gelassen hat und wie 
damit die vielfältig lasche bezw. verkehrte Anwendung der Vorschriften Hand 
in Hand geht. Zweck dieser Zeilen kann nicht sein, die einzelnen an¬ 
gezogenen Mängel hier zu besprechen. Jedem, der es aufrichtig mit dem 
Hufbeschlage meint und auch Denen, die dies nicht thun, kann das Studium 
der Schrift nur angelegentlichst empfohlen werden. 

Der Autor ist jedoch nicht dabei stehen geblieben, die einzelnen Mängel 
aufzudecken, sondern er hat auch praktische Vorschläge gemacht, wie den 
Mängeln abzubelfen sei. War schon der erste Theil des Werkes, welcher 
von den vorhandenen Mängeln handelte, werthvoll, so ist dies der zweite, 
welcher letzteren abhelfen soll, noch viel mehr. Der Autor bat mit der 
ihm eigenen Klarheit die einzelnen Vorschläge motivirt und hierbei stine 
umfangreichen Erfahrungen, die er als Curator der Lehrschmiede der Thier¬ 
ärztlichen Hochschule und als Vorsitzender der Prüfungscommission für die 
Erwerbung der Befähigung zur Ausübung des Hufbeschlaggewerbes in Hannover 
1 gesammelt hat, verwerthet. 

Die Arbeit dürfte ihren Zweck nicht verfehlen und sei den Interessenten 
! zum eingehenden Studium warm empfohlen. F.s ist eine recht weite Ver- 
I breilung der Broschüre um so mehr erwünscht, da der Ertrag aus derselben 
für Stipendienzwecke bestimmt ist. Frick. 

Personal-Nachrichten. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz¬ 
veränderungen und Niederlassungen: Die Thierärzte Dr. Peter 
in Angcruifindc, Görlitz in Dirschnu, Ban er in Obornik worden 
zu Krcisthicrärztcn ernannt ond denselben die Kreisthierarztstellen 
für den Kreis Angermünde bezw. Dirschau bezw. Obornik übertragen. 
Vorzogen sind die Thierärzte G. Stroh von Schwandorf nach Ichen- 
| hausen, M. Horde von Peckelsheim nach Steinlieim, W. Wender¬ 
hol d von Beilin nach Siegen als Assistent das Kreisthierarztes. 

Veränderungen beim Veteriuärpersonal des Deutschen 
Heeres: Zu Rossärzten befördert die Unterrossärzte Heinrich vom 
Art.-Regt. No. 17 , Kiosel von der Art.-Schiessschule, Duill vom 
Drag.-Regt. No. 5 unter Versetzung zum Ulanen-Regt. No. 15 , 
Krüger vom Art.-Regt. No. 9 unter Versetzung zum Art.-Regt. 
No. 24 ; zu Rossärzten des Beurlaubtenstandes die Unterrossärzte 
der Reserve Ulm, Friedrich, Schulze. Versetzt worden die 
Rossärzto Roinländer von der Art.-Schiessschule zum Diag.-Regt. 
No. 19 , Christ vom Art-Regt. No. 8 zum Train-Bat. No. 16 , 
Eicke von der Lehrschmiede Königsberg zum Drag.-Regt. No. 12 , 
Grötz vom Ul.-Regt. No. 15 zur Lehrschmiede Königsberg, Schön 
vom Art.-Regt. No. 18 zum Train-Bat No. 5 , Rips vom Drag.- 
Regt. No. 24 zum Art.-Regt. No. 18 . 

Obcr-Rossarzt Fuchs im 2 . Feld-Art.-Regt. No. 29 in Ludwigs¬ 
burg ist auf sein Ansuchen in den Ruhestand versetzt und ihm gleich¬ 
zeitig das Ritterkreuz II. Klasse des Friedrichsordens verliehen worden. 

Gestorben: Thierarzt Luther in Ziesar. 


DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Verlag der Gesellschaft „Deutschs Thierärztliche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der Macklof sehen Druckerei in Karlsruhe i. B. 

Mit einer Beilage der Verlagsbuchhandlung von Richard Carl Schmidt in Frankfurt n. M. betr. Allgemeine Centralzeitnng für Thierzucht. 


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Deutsche 


Thierärztliche Wochenschrift 


herausgegeben von 

Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regierungs- und Medicinalrath, 

Director der Thierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 

Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Freiburg i. B. 

redigirt von 

Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberrei 

in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 


Geheimer Regierangsrath and Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Die Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JC viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784a. 


Sechster Jahrgang. 


Sämmtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 
Correcturen und Anzeigen an die Expedition der 
Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 
in Karlsruhe (Baden). 


m ia. 


Ansgegeben am 26. März. 


1898. 


Die Ursachen der Sterilität der Kühe. 

Von Amtsthierarzt G. Augst - Lauenstein (Sachsen). 

Seit einigen Jahren habe ich mir alle Fälle notirt, bei 
welchen ich durch genauen Vorbericht Seitens des Besitzers 
constatiren konnte, dass die Kuh nur deshalb ge¬ 
schlachtet wurde, weil sie nicht mehr aufnahm. 
Im Ganzen habe ich 34 Kühe nach der Schlachtung daraufhin 
untersucht und von diesen 34 Kühen, die überdies 
alle schon Kälber geboren hatten, waren nicht 
weniger als 31 mit Uterustuberculose behaftet. 

In einem Falle handelte es sich um eine kindskopfgrosse 
fibröse Neubildung der Submucosa in der Nähe des Orificium 
internum, in einem um Fluor albus, in einem dagegen konnte 
ich, da mir nur der Uterus ohne Ovarien vorgelegt wurde, 
nicht constatiren, was die Sterilität hätte erklären können. 

Die Uterustuberculose war in allen Fällen, mit Ausnahme 
eines einzigen, mit Tuberculose anderer Organe, besonders des 
Peritoneum, complicirt. Auch Eileiter und Ovarien fand ich 
wiederholt tuberculös afficirt. 

In dem einen Falle handelte es sich um die zufällige Noth- 
schlachtung einer Handelskuh, die im submucösen Uterusgewebe 
unendlich viele ca. hirsekorngrosse Knötchen und auf der Mu- 
cosa zahlreiche tuberculose Geschwüre zeigte. Es muss also 
hier eine Infection durch den Bullen stattgefunden haben. 

Die Symptome intra vitam waren nach den mir erstatteten 
Berichten durchaus verschieden, die meisten Kühe hatten auf¬ 
fällig oft gerindert, viele nur wenig und einige hatten gar nicht 
zum Bullen geführt werden können. 

Wenn ich nun auch gern zugebe, dass dieser erschreckende 
Procentsatz sich nur zufällig bei meinem Untersuchungsmateriale 
gefunden hat, so ändert dies doch an der Thatsache an sich 
nichts. 

Ausser in dem einen Falle liess sich nun zwar eine pri¬ 
märe Uterustuberculose nicht nachweisen, und so könnte man 
annchmen, dass dieselbe in der Regel secundärer Natur ist. 
Freilich ist es auch ebenso gut möglich, dass die Uterustuber¬ 
culose das Primäre und die Tuberculose der andern Organe, 
insbesondere des Peritoneum, das Secundäre darstellt. 

Bei der ausserordentlichen Wichtigkeit der Tuberculose 
für die Thierzucht ist es angezeigt, die Landwirthe auf das 
Vorkommen der Uterustuberculose und ihren Zusammenhang 
mit der Sterilität der Kühe eindringlich aufmerksam zu machen, 
zumal es sich in den oben erwähnten Fällen, wie bereits hervor¬ 


gehoben wurde, lediglich um solche handelt, die aus dem Vor¬ 
berichte die Ursache zur Schlachtung bezw. Verkauf an den 
Fleischer genau feststellcn liess. 


Milzbrand oder Septicämie? 

Von Thierarzt SiebenrOgg in Ertingen. 

Am 26. September v. J. berichtete mir das Schultheissen- 
amt B.: »Ein dortiger Bürger habe ein schon in Agonie liegen¬ 
des 6 li jähriges Rind geschlachtet; ich möchte die Fleischbeschau 
vornehmen und über den Befund bezw. über die Geniessbarkeit 
des Fleisches entsprechende Mittheilung machen. 

Bei meiner Ankunft hing fragliches Stück Vieh schon in 
der Scheunentenne des Eigenthümers und der Metzger war mit 
dem Herausnehmen der Eingeweide beschäftigt. 

Das schwarze theerartige Blut, die Ecchymosen am Herz 
und Brustfell, Extravasate an verschiedenen Stellen der Unter¬ 
haut, der schwarz verfärbte Darmcanal, am meisten aber die 
enorm vergrösserte Milz, welche von theerartigem Blute strotzte, 
und der schnelle Verlauf der Krankheit erweckten in mir den 
Verdacht, dass es sich um Milzbrand handle und das Thier in 
den letzten Stadien desselben geschlachtet sei. 

Der Thiereigenthümer, der Metzger und die umstehenden 
Leute wurden auf die Gefahren einer möglichen Ansteckung 
aufmerksam gemacht mit dem Bemerken, dass das Fleisch 
unter keinen Umständen genossen werden dürfe, vielmehr vor- 
schriftmässig verscharrt werden müsse, da Milzbrand vorliege. 
Dem Schultheissen machte ich persönlich Anzeige und, da er 
selbst Arzt ist, bot es keine Schwierigkeiten, ihm den That- 
bestand plausibel zu machen. Ich schrieb sofort Herrn Ober- 
amts-Thierarzt R. meine Ansicht und schickte ihm gut verpackt 
die Milz und einige Herzabschnitte durch den Metzger behufs 
mikroskopischer Untersuchung zu. College R erklärte, er finde 
keine Milzbrandbacillen und halte die vorliegende Erkrankung 
vielmehr für Septicämie; trotzdem schrieb er dem Schultheissen- 
amt B., dass meine getroffene Anordnung zu befolgen und das 
Cadaver auf dem Wasen zu verscharren sei. Während dieser 
Zeit verschenkte der Metzger das Fleisch an verschiedene 
Leute und machte so die obrigkeitliche Anordnung unmöglich. 
Ein paar Tage darauf erkrankte der Eigenthümer unter heftigen 
Fiebererscheinungen, er bekam an der rechten Hand eine 
schwarzblaue Pustel, welche vom Arzt sofort entsprechend be¬ 
handelt wurde. Derselbe starb nach ein paar Tagen, wie auch 
die Aerzte vermutheten, an Milzbrandinfection. 


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I IO 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


26. Marz. 


Obgleich ich die Leute auf die Gefahren der Ansteckung 
aufmerksam gemacht hatte, konnte der Metzger der Versuchung 
nicht widerstehen, »das schöne Fleisch«, wie er sagte zu ver¬ 
schenken. Trotzdem kam eine weitere Erkrankung von Menschen 
meines Wissens nicht vor. 

Anfangs Oktober fiel in einer benachbarten Stallung ein 
1 1 j i Jahre altes Rind unter gleichen Erscheinungen. Die Section 
ergab mit unwesentlichen Abweichungen das gleiche Resultat. 
Der Betroffene hatte auch von der menschenfreundlichen Mild- 
thätigkeit des Metzgers Gebrauch gemacht und sich den »Ziemer« 
der oben erwähnten Kuh schenken lassen. 

Bei letzterem Falle war College R. verreist und ich als 
sein Stellvertreter machte die Anzeige beim Schultheissenamt 
mit der Anordnung, dass die Eingeweide, die auf einer Schranne 
ordentlich zurecht gelegt waren, liegen bleiben sollten zur 
weiteren Verfügung des Kgl. Oberamtes. Hiermit ist meine 
Thätigkeit in dieser Angelegenheit zu Ende. Aehnliche Fälle 
mögen öfter Vorkommen als man annimmt; sic haben für hiesige 
Verhältnisse besondere Bedeutung, weil in Württemberg der 
Milzbrand aus der Viehseuchenkasse entschädigt wird. 

Nach der Auffassung der Kreis-Regierung in Ulm wurde, 
weil das Leiden, die Krankheit und ihre Folgen nicht in die 
Kategorie Milzbrand gehöre, eine Entschädigung aus der Vieh- 
scuchenkasse verweigert. Ob dieses Vorgehen bei der That- 
sache, dass der Besitzer sich bei der Schlachtung inficirt hatte 
und an einer Krankheit starb, die von dem behandelnden Arzte 
für Milzbrand erklärt wurde, gerechtfertigt war, kann hier füg¬ 
lich unentschieden bleiben. Immerhin dürfte nach Lage der 
Sache zu erwägen sein, ob das angebliche Fehlen der Milzbrand¬ 
bacillen bei der mikroskopischen Untersuchung schon ausreichte, 
um Milzbrand auszuschliessen. 

Gegen den Metzger ist, weil er trotz Anordnung von zu¬ 
ständiger Seite das Fleisch in den Verkehr durch Wegschenken 
brachte, das gerichtliche Verfahren eingcleitet worden. 


Referate. 

Ueber das ätiologische Heilprincip. 

Von Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Behring. 

In dem Festact, welchen die Universität Marburg zur Feier 
des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers beging, hielt B. über 
obiges Thema die Festrede. Wir entnehmen einem Referat 
darüber in der »Köln. Ztg.« Folgendes: 

Behring vergegenwärtigte zunächst einige der zu allen 
Zeiten wiederkehrenden Ideen, die dem ärztlichen Eingriff in 
den natürlichen Ablauf der Krankheiten zu Grunde liegen, und 
zwar insbesondere in Bezug auf die medicamentöse Behandlung 
des Kranken mit Arzneistoffen. Heute noch ist die der hippo¬ 
kratischen Medicin entstammende Idee populär, dass im kranken 
Körper schlechte Säfte vorhanden seien, die man künstlich ab¬ 
leiten und heraustreiben müsse. Hippokrates wandte hierzu 
Aderlass, verschiedene Hautreize, als Arznei Abführmittel, Brech¬ 
mittel, schweiss- und harntreibende Mittel an. Diesen Gedanken 
finden wir immer wieder in der Volksmedicin; wissenschaftlich 
lässt es sich unter das revulsive Heilprincip unterbringen. Das 
revulsive Medicament erzeugt ganz andersartige Symptome, des¬ 
halb erhielt diese Heilmethode auch den Namen Allopathie. 
Die Allopathie handelt nach dem auf Galen zurückzuführen¬ 
den Grundsatz: contraria contrariis. Der Grundsatz der Homöo¬ 
pathie dagegen ist: similia similibus, sie will eine ähnliche 
Krankheit bewirken, wie die zu bekämpfende, Aequalia aequa- 
libus ist das Heilprincip der Isopathie, die eine qualitativ 
gleiche Krankheit zu Heilzwecken erzeugen will. 

Keines all’ dieser Heilprincipien vermag die Heilwirkung 
gerade der am meisten anerkannten Heilmittel an Arzneien, 


z. B. des Quecksilbers und Jods, der Salicylsäure, des Chinins 
zu erklären. Vorurtheilsfreie Praktiker bringen dies dadurch 
zum Ausdruck, dass sie solche Mittel als Specifica bezeichnen. 
Freilich bedeutet das auch nur, dass eine zwar nicht abzu- 
leugncnde, aber gänzlich unerklärte Beziehung, z. B. des Chinins 
zum Malariafieber, besteht. 

Damit wollte und konnte sich jedoch das Causalitätsbedürf- 
niss der medicinischen Forschung nicht begnügen. Als nun die 
fäulnisswidrigen Eigenschaften des Chinins und seine infusorien- 
und bakterientödtende Fähigkeit entdeckt waren, gewann die 
schon von Sydenham in allgemeinen Umrissen erfasste Idee 
des ätiologischen Heilprincips feste Form; da wurde das Chinin 
als antiparasitäres Heilmittel proklamirt, das dadurch fieber¬ 
tilgend wirke, dass es den Infectionsstoff der Malaria unschäd¬ 
lich mache. Der Malaria-Infectionsstoff wird durch kleinste 
Lebewesen repräsentirt, die zur Classe der Protozoen gerechnet 
und als Amöben bezeichnet werden. Von den Malaria-Amöben 
ist nun festgestellt, dass sie unter der Einwirkung des Chinins 
bei den in der Praxis üblichen Chiningaben ihre Beweglichkeit 
verlieren. Ob auch ihre Lebensfähigkeit dabei beeinträchtigt 
wird, lässt sich leider so lange nicht feststellen, als wir noch 
immer keine künstliche Züchtung mit ihnen vornehmen' können. 
Wie dem aber auch sei, jedenfalls erkennt man leicht, dass 
diejenigen Mediciner, welche die Heilwirkung des Chinins auf 
die Unschädlichmachung der Malaria-Amöben zurückführen — 
der Redner selbst bekennt sich auch zu dieser Auffassung —, 
ein Heilprincip annehmen, das von der Wirkung auf Zellen und 
Organe ganz absieht. Wir wollen nach dieser Auffassung mit 
dem Chinin weder eine revulsive Wirkung ausüben, noch einen 
entgegengesetzten Krankheitszustand schaffen und e.bensowenig 
einen gleichen oder ähnlichen, sondern wir wollen bloss die 
von aussen stammende Krankheitsursache treffen. Das dieser 
Heilabsicht zu Grunde liegende Heilprincip unterscheiden wir 
zweckmässig von dem allopathischen, isopathischen und homöo¬ 
pathischen durch die Bezeichnung Ȋtiologisches Heil 
princip«. 

Als den ersten, der das ätiologische Heilprincip consequent 
und mit allergrösstem Erfolg für die Praxis nutzbar gemacht 
hat, müssen wir Lister nennen. Aber nicht die innem Krank¬ 
heiten, sondern die Wundkrankheiten waren das Gebiet, auf 
welchem Lister seine reformirende und revolutionirende Thätig¬ 
keit entfaltete. Er lehrte, dass man den lebenden Organismus 
und die belebten Theile desselben womöglich ganz in Ruhe 
lassen und statt dessen die von aussen stammenden Schädlich¬ 
keiten, welche dem günstigen Wundheilungsverlauf hinderlich 
sind, zum Angriffspunkt der ärztlichen Thätigkeit machen soll. 
Lister’s Wundbehandlung hat aus der Chirurgie die früher 
so viel benutzten allopathischen Behandlungsmethoden fast voll¬ 
ständig verdrängt. Den Aderlass und die ableitenden Mittel 
aller Art der Hippokratischen Medicin kennt der moderne 
Chirurg bloss noch als geschichtliche Erinnerung. Und auch 
die Adstringentien, Alterantien, die Granulation befördernden 
und alle übrigen Mittel, die in der früheren Chirurgie die Heil¬ 
tendenz verwundeter oder erkrankter Gewebe befördern sollten, 
nehmen nur noch einen sehr bescheidenen Platz in der Wund¬ 
behandlung ein. »Man nehme die krankmachende Ur¬ 
sache hinweg, dann besorgt der lebende Organismus am 
besten ganz allein die Heilung«, das ist der Grundgedanke, der 
alle Schwankungen in der Theorie der Lister'sehen Wund¬ 
behandlung überdauert. 

Der List er'sehe Gedanke, der von der Hypothese aus¬ 
ging, dass in den Wundkrankheiten das krankmachende Agens 
von aussen stamme und durch lebende Mikroorganismen dar¬ 
gestellt werde, ist jetzt so volksthümlich, dass man kaum noch 
sich vorstellen kann, wie eine so einfache Ueberlegung in ihren 
Consequenzen die Chirurgie von Grund aus umgestalten konnte. 
Heutzutage fühlt der Chirurg sein Gewissen belastet, wenn ihm 
zu einer selbstgeschaffenen Wunde eine Wundkrankheit hinzu¬ 
tritt, während früher die Heilung mit vorausgegangener Granu¬ 
lationsbildung und Eiterung als die Regel galt. AU’ dies ist 
der Durchführung des ätiologischen Heilprincips in der Chirurgie 
zu verdanken. 


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No. 13 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Hat die innere Medicin Aehnliches für die Zukunft zu 
hoffen? »Als ich«, so fährt Behring fort, »vor zehn Jahren 
in Bonn im pharmakologischen Institut des Professors Binz, 
des eifrigsten Vorkämpfers der ätiologischen Therapie, ex¬ 
perimentelle Studien über die Heilbarkeit von bakteriellen In- 
fectionskrankheitcn begann, hoffte man noch für Tuberculose, 
Diphtherie, Milzbrand und andere gut bekannte Bakterienkrank¬ 
heiten ein ähnliches Mittel zu finden, wie das Chinin bei Malaria. 
Diese Hoffnung hat uns getäuscht. Erst seitdem wir auf die 
Abtödtung der krankheiterregenden Bakterien verzichten und 
statt dessen die Bakteriengifte unschädlich zu machen suchen, 
ist es gelungen, Mittel aufzufinden, welche die Zellen und Or¬ 
gane des kranken menschlichen und thierischen Körpers un¬ 
berührt lassen und bloss die von aussen stammende Krankheits¬ 
ursache treffen. Im Diphtherieserum und im Tetanusserum 
besitzen wir jetzt schon solche Mittel. Die Diphtheriebacillen 
wachsen ungehindert im Diphtherieheilserum, und wenn sie trotz¬ 
dem durch dasselbe ganz unschädlich werden, so geschieht das 
einzig und allein deswegen, weil ihnen durch ihre Entgiftung 
die Waffe entrissen wird, durch die sie gefährlich werden. 
Seitdem im Jahre 1890 diese Erkenntniss gesichert worden, 
suchen wir nach giftwidrigen Mitteln, und seit dieser Zeit unter¬ 
scheiden wir unter den Mitteln, die unter das ätiologische Heil- 
princip fallen, neben den antiparasitären die antitoxischen 
als wohlberechtigte Sondergruppe. B. bespricht nun aus¬ 
führlich die grosse Tragweite des isopathischen Heilprincips in 
den modernen Heilbestrebungen. Die Koch sehe Tuberculin- 
behandlung der Tuberculose, die Paste ur sche Tollwuth- 
behandlung, die Jenner sehe Pockenimpfung, alle unsere Thier- 
immunisirungen zum Zweck der Gewinnung von Heilkörpern, 
alle diese therapeutischen Leistungen und Bestrebungen fallen 
unter das isopathische Heilprincip. Im innigsten Zusammen¬ 
hang mit demselben steht auch die Organtherapie, von welcher 
als allgemeiner bekanntes Beispiel nur die Schilddrüsenfütterung 
bei der Basedow'sehen Krankheit und bei andern Krankheits¬ 
formen, die mit Störungen der Schilddrüsenfunction in Zusammen¬ 
hang stehen, angeführt seien. Und schliesslich ist auch die 
Selbstheilung vieler Krankheiten nur zu verstehen bei richtiger 
Würdigung des isopathischen Heilprincips. 

Das wissenschaftliche Interesse an der isopathischen Schutz¬ 
wirkung wurde erst vor 20 Jahren lebhafter erregt durch die 
Pasteur’sche Milzbrandimpfung. Indessen hier sowohl wie 
bei der Pockenimpfung und dem Mithridatismus handelt es 
sich nicht um eigentliche Heilwirkungen. Der krankmachende 
Stoff muss hier vor dem Eintritt der zu bekämpfenden Krank¬ 
heit gegeben werden, nachher hat er keine heilbringende, 
sondern eine schädliche Wirkung. Das Problem der isopathi¬ 
schen Schutzwirkung und das der isopathischen Heilung werden 
nun durch neuere Versuchsergebnisse aber in hellere Beleuch¬ 
tung gerückt. Zwei Entdeckungen sind da obenan zu stellen. 
Erstens die Entdeckung, dass nach dem Ueberstehen einer Ver¬ 
giftung mit Mikrobengiften im Blute Gegengifte, die sogenannten 
Antitoxine, auftreten, und zweitens die Entdeckung, dass bei 
einigen Krankheiten, beispielsweise bei der Cholera und beim 
Typhus, sich solche Stoffe im immun gewordenen Organismus 
vorfinden, welche die Cholerabacillen und die Typhusbacillen 
auflösen und abtödten. 

Mit dem Nachweise der antitoxischen und antibakteriellen 
Körper im immunisirten menschlichen Organismus, wie im 
thierischen, war zunächst ein ganz unerwartetes Erklärungs- 
princip für die Thatsache der Selbstheilung von Infectionskrank- 
heiten und für die Entstehung der Immunität nach der Behand¬ 
lung mit Infectionsstoffen gegeben, doch ungelöst blieb die 
Frage der Entstehung dieser Antikörper. Hier hat Ehrlich 
folgende neue Hypothese, die sich erwiesen hat, eingeführt: 
»Dieselbe Substanz im lebenden Körper, welche in der 
Zelle gelegen, Voraussetzung und Bedingung einer Ver¬ 
giftung ist, wird Ursache der Heilung, wenn sie 
sich in der Blutflüssigkeit befindet.« Dieser Satz 
erinnert lebhaft an den Hippokratischen Ausspruch: »Dasselbe, 
was Krankheit erzeugt, heilt sie auch«, mit dem grossen Unter¬ 
schiede jedoch, dass der Hippokratische Satz rein dogmatisch 


111 


formulirt ist, während E h r 1 i c h’s Behauptung der naturwissen¬ 
schaftlichen Analyse und experimentellen Untersuchung zu¬ 
gängig ist. 

Professor Behring führt Dr. Ransow’s und Dr. Wasser¬ 
mann’s Versuche an, die das Richtige der Ehrlich’schen 
Hypothese beweisen und sagt dann weiter: »Dass eine anti¬ 
toxische und antibakterielle Organtherapie sehr wohl möglich 
ist, dafür will ich hier bloss zwei Thatsachen anführen. Pro¬ 
fessor Wer nicke hat durch Verwendung der Milz von milz¬ 
brandbehandelten Meerschweinchen, nach Abtödtung der darin 
enthaltenen Milzbrandbacillen, Antikörper im Organismus ge¬ 
sunder Meerschweinchen erzeugt, welche die Milzbrandinfection 
der Mäuse unschädlich machen. Und Professor Pfeiffer hat aus 
dem Koch'sehen Institut vor einigen Tagen mitgetheilt, dass 
die Choleraschutzkörper in den blutbildenden Organen der Ka¬ 
ninchen um ein mehrfaches stärker angehäuft sind, als im Blute. 
Auch bei der Tubercutöse suchen wir eifrig nach Schutz- und 
Heilkörpern in solchen Organen, die wir als die Hauptangriffs¬ 
objecte des Tuberculose-Infectionsstoffes und in Folge dessen 
auch als die Bildungsstätte für die Antikörper ansehen. Das 
Endziel dieser Untersuchungen ist dasselbe wie bei der Serum¬ 
therapie.« 

Professor Behring zeigt u. A. sehr interessant, wie eine 
durch lebende Bakterien erzeugte Krankheit von selber 
heilen kann. Von der Lungenentzündung z. B. wissen 
wir, dass sie durch eigenartige Bakterien, die Pneumonie¬ 
bakterien, erzeugt wird. Diese Mikroorganismen greifen beim 
Menschen vornehmlich die Lungen an und erzeugen in ihnen 
eine stetig fortschreitende Ausfüllung der Lungenbläschen mit 
entzündlichem Exsudat. Die Athmungsfläche wird immer kleiner; 
so entsteht Athemnoth und hohes Fieber. Die immer höher 
steigende Lebensgefahr und alles, was wir von dem progressiven 
Charakter der typischen Lungenentzündung kennen, ist erklär¬ 
lich genug, wenn man die immer zunehmende Vermehrung dei 
lebenden Krankheitserreger und des von ihnen erzeugten Giftes 
berücksichtigt. Woher nun aber die mit der Krisis eintretende 
Wendung zum Besseren? Durch den Nachweis von Pneumonie- 
Antitoxin im Blute, mit und nach dem Eintritt der Krisis, ist 
zwar das Problem der Selbstheilung bei der Pneumonie unserm 
Verständniss etwas näher gerückt worden. Woher aber kommt 
das Antitoxin ? Jetzt haben wir die Antwort. Dieselben lebenden 
Theile, die von den Pneumoniebakterien und von Pneumonie¬ 
gift angegriffen und zu erhöhter und veränderter Thätigkeit mit 
ihren krankmachenden Folge-Erscheinungen veranlasst worden 
sind, sie sind es auch, welche die Schutzkörper in das Blut 
abstossen, und wenn diese sich in der Blutflüssigkeit in solcher 
Menge angesammelt haben, um das immer weiter producirte 
Gift unschädlich machen zu können, dann hört das Fortschreiten 
des Krankheitsprocesses auf, und die Veränderungen in den 
Lungen können durch die natürlichen Heilkräfte des Organismus 
wieder rückgängig gemacht werden. 

Die Anwendung des isopathischen Heilprincips in der 
Praxis ist immer, so schliesst der Vortragende, mit Gefahren 
verknüpft, da ohne einen gewissen Grad der Vergiftung die 
lebenden Zellen und Organe zur Neubildung der Schutzkörper 
nicht gebracht werden können. Ganz besonders gross aber ist 
die Gefahr, wenn bei dem zu behandelnden Kranken an sich 
schon ein hoher Reizzustand, der sich namentlich in erhöhter 
Körpertemperatur äussert, besteht. Wir sehen das auch bei 
der Tuberculose, bei welcher fiebernde Kranke nach der Vor¬ 
schrift von Koch jetzt gänzlich von der Tuberculinbchandlung 
ausgeschlossen sein sollen. Gerade diese, auch für alle anderen 
activen therapeutischen Eingriffe so schwer zugänglichen Pa¬ 
tienten mit fieberhaft verlaufender Tuberculose werden hoffent¬ 
lich am meisten Vortheil davon haben, wenn wir im Besitz 
eines für die Praxis genügend starken Tuberculose-Antitoxins 
sein werden, mit welchem dem Blute giftbindende Substanzen 
zugeführt wird, ohne dass es dazu eines isopathischen Zellreizes 
bedarf. 


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112 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


26 . März. 


Ueber Seidenfadeneiterung nebst Bemerkungen über 
aseptischen Wund verlauf. 

Von Prof. Poppert. 

(Deutsche mcd. Wochenschrift 1897, S 777.) 

Schon seit langer Zeit wird in der Humanchirurgie das 
Thema der Fadeneiterung discutirt, ohne dass jedoch endlich 
ein Abschluss gefunden wäre. Trotz aller peinlichsten asepti¬ 
schen und antiseptischen Massnahmen und ohne Rücksicht auf 
die strengsten Sterilisationsmethoden wurde immer und immer 
wieder über Eiterungen berichtet, welche durch eingeheilte 
Catgutfäden veranlasst waren. Selbstverständlich handelte es 
sich in solchen Fällen nicht um Eiterungen in Folge von 
mangelhafter Sterilisation des Catgut, oder in Folge zufälliger 
Infection des letzteren bei der Verwendung, sondern es waren 
dies Eiterungen, deren Ursache zunächst dunkel waren. Poppert 
kam schliesslich auf Grund seiner Untersuchungen zu dem 
Resultat, dass im sorgfältig sterilisirten Catgut bei sonst völlig 
aseptischem Wundverlauf chemische Körper enthalten sein 
müssten, die Eiterung erregen. 

Während so für die durch Catgut bedingten Eiterungen 
ein fassbarer Grund gefunden war, konnte ein Gleiches von 
den durch Seidenfäden hervorgerufenen nicht gesagt werden. 
Die Zubereitungsweise der Seide, sowie ihre Provenienz 
schlossen die beim Catgut angezogenen Momente aus. Die 
Frage nach der Ursache der Seidenfadeneiterung war somit 
noch unerledigt. 

Die schon vielfach berichtete Thatsache, dass gerade die 
Radicaloperation der Leistenbrüche eine grosse Anzahl von 
Seidenfadeneiterungen aufwies, wurde von Poppert bestätigt 
und führte ihn zu der Vermuthung, dass ein Zusammenhang 
zwischen diesen Eiterungen und der Besonderheit der Circu- 
lationsverhältnisse an dieser Stelle bestände. Er suchte diesen 
Zusammenhang folgendermassen zu erklären. Bei der genannten 
Operation werden die tiefen Nähte in einem Gewebe angelegt, 
das sich durch Gefässarmuth auszeichnet, nämlich im Pou- 
part’schen Band und den Schenkelfascien. Werden die 
Nähte hierbei stark angezogen, so muss in Folge der 
starken Spannung und der Compression die Ernährung mangel¬ 
haft werden und die genannten Theile fallen leicht der Nekrose 
anheim. Diese Nekrose ist natürlich gefolgt von einer sog. 
demarkirenden Entzündung, die reichlich seröses Secret liefert. 
Dieses Secret wird durch die fibrösen Apparate sehr schwer 
aufgesaugt und sucht sich daher gern einen Weg nach aussen. 
Diesem Vorgänge setzt das junge Narbengewebe keinen Wider¬ 
stand entgegen und so bricht die Wunde wieder auf. Es 
entleert sich Anfangs schleimig-seröses Secret, das nach einigen 
Tagen eitrig wird, und nun folgt regelrechte Eiterung im Be¬ 
reich der Operationsstelle mit Ausstossung der Nähte. In 
welcher Weise die Infection des serösen Secretes vor sich 
geht, lässt Poppert offen. Nach seiner Ansicht giebt es 
3 Möglichkeiten, 

1. die Infection erfolgt von aussen, 

2. ,, ,, „ auf hämatogenem Wege oder 

3. „ „ wird veranlasst durch die in jeder Wunde 

selbst bei rigorosester Anti- und Asepsis vorhandenen wenigen 
Keime, mit denen der Organismus unter normaler Heilung fertig 
wird, die sich aber sofort geltend machen, wenn die oben er¬ 
wähnte Nekrose mit ihren Folgen einsetzt. 

Wenn diese Annahme, dass das feste Zuschnüren der 
Nähte die Ursache der Nekrose und in Folge dessen der 
Eiterung bei der Radicaloperation des Leistenbruches ist, richtig 
war, so müssten die Fadeneiterungen ausbleiben, wenn die 
Fäden nur mässig fest zugeschnürt und nicht zu dicht angelegt 
wurden. 

Schon in den günstigen Resultaten, welche bei Operation 
von Leistenbrüchen bei Kindern gewonnen wurden, lag eine 
Bestätigung der von Poppert gegebenen Erklärung der Faden¬ 
eiterungen. Es ist eben bei Kindern die Lebensenergie der 
Gewebe eine grössere als bei Erwachsenen und ferner sind die 
fibrösen Gewebe viel gefassreicher, sodass bei diesen Nekrose 


seltener erfolgt, bezw. das nekrotische Material leichter re- 
sorbirt wird. Einen directen Beweis für die Richtigkeit seiner 
Ansichten lieferte Poppert jedoch dadurch, dass er bei allen 
Radicaloperationen von Leistenbrüchen Erwachsener entsprechend 
seiner Theorie die Seidennähte nur mässig fest anlegte und 
auch nicht so dicht setzte. In Folge dieser Massnahme hat 
Poppert in I */ 2 Jahren bei 30 derartigen Operationen keine 
einzige Störung der Wundheilung oder Fadeneiterung gesehen. 

Im Anschluss hieran kommt Poppert auf die Thatsache 
zu sprechen, dass den Momenten, welche für die Wundheilung 
in Betracht kommen und die nicht bakterieller Natur sind, viel 
zu wenig Beachtung geschenkt wird. Die Ansicht, dass alle 
Complicationen des Wundverlaufes durch Mikroorganismen ver¬ 
ursacht sind, ist leider so herrschend, dass alles Andere in 
den Hintergrund gedrängt wird. Es hat dies auch dazu ge¬ 
führt, die Behandlung der Wunde viel mehr von der Keim¬ 
freiheit bezw. dem Grade der Infection als den sonstigen 
individuellen Verhältnissen des Patienten und der Wunde 
abhängig zu machen. Diese schematisirende Art der Wund¬ 
behandlung ist um so mehr zu verwerfen, als es uns über¬ 
haupt vor der Hand nicht möglich ist, vollständige Keimfreiheit 
der Wunde und ihrer Umgebung, sowie der Hände des Opera¬ 
teurs zu erreichen. Eine gewisse Anzahl von Keimen bleiben 
stets in der Wunde ; der Organismus wird mit diesen wenigen 
Keimen fertig, wenn er nicht in seinem Bestreben und Können 
durch Massnahmen von Seiten des Therapeuten gestört und 
verhindert wird. Zu derartigen schädlichen Massnahmen ge¬ 
hören die Irrigationen mit starken Sublimat-, Carbollösungen, 
ferner die Schaffung nekrotischen Materials durch zu festes 
Anziehen der Nähte bezw. der Ligaturen an Gefässen. Aus 
den angeführten Gründen empfiehlt Poppert die Asepsis und 
stärkere Berücksichtigung der nicht bakteriellen Schädigungen 
der Gewebe, seien letztere nun mechanischer oder chemischer 
Natur. Frick. 


Transplantationsversuche an Lumbriciden. 
Morphologie und Physiologie der Transplantationen. 

(Aus dem zoologischen Institute der Universität Marburg.) 

Von E. Joest, approbirter Thierarzt, Assistent des Instituts. 

(Separatabdruck aus dem Archiv für Entwickelungsmechanik der Organismen. 

V. Band. 3. Heft.) 

Die von Roux, Born, Witzei und Anderen in jüngster 
Zeit systematisch durchgeführten Versuche, Theilstücke von 
Thieren in verschiedener Orientirung zu dauernder Verwachsung 
zu bringen, sogen. Transplantations versuche, wurden 
neuerdings von Joest, da bisher nur Embryonen oder doch 
nur gleichsam auf embryonaler Stufe stehen gebliebene Thiere 
(Hydra) zur Verwendung gelangten, auch auf völlig entwickelte 
und mit endgültig difFerenzirten Geweben versehene Thiere 
ausgedehnt. In diesem Sinne erschienen namentlich mit Rück¬ 
sicht auf ihr bedeutendes Regenerationsvermögen und ihre 
Lebenszähigkeit gewisse Species der Lumbriciden, vor allem 
Allolobophora terrestris und Lumbricus rubellus, dann aber 
auch Allolob. caliginosa Savigni, cyanea, foetida und chlorotica 
als besonders geeignete Objecte. Die betreffenden Thiere 
wurden zunächst vor der Operation behufs Entleerung des 
Darmes einige Zeit in feuchtes Fliesspapier oder besser feuchte 
Leinwand eingesetzt, dann in Chloroformwasser betäubt, zer- 
theilt und die gewünschten Theilstücke vermittelst feiner Seide 
durch vier Nähte wieder vereinigt. Zur weiteren Beobachtung 
wurden die operirten Thiere in feuchtem Fliesspapier gehalten. 

Im Ganzen operirte der Verfasser 1200 Thiere mit mehr 
oder weniger gutem Erfolge. Das bei gelungenen Transplanta¬ 
tionen erzielte Resultat war in der Regel die Bildung eines 
neuen, vollkommenen und lebensfähigen Individuums, welches' 
an sich einheitlich organisirt, in seiner Gestalt und seinem 
physiologischen Verhalten aber je nach Wahl und Orientirung 
der Theilstücke zu einander bald gar nicht, bald ganz erheb¬ 
lich vom normalen Wurmtypus abweichen kann. In seinem 


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No. 13. 


DEUTSCHE THtERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 




Theilstück behält es auch nach der Verschmelzung Wachsthums¬ 
vermögen, sowie individuelle Eigenthümlichkeiten und wenn 
heteroplastische Transplantationen Vorlagen, auch seine speci- 
fischen Artcharaktere (Pigmentation etc.) bei. Von den ein¬ 
zelnen Organsystemen treten nach der Vereinigung zuerst und 
am schnellsten Hautmuskelschlauch und Darm, dann Blutgefässe 
und zuletzt Nervensystem wieder in functionsfahige Verbindung. 
Am günstigsten liegen die Verhältnisse bei Transplantationen 
von Kopf- mit Schwanzstücken in normaler Stellung; hier ist 
schon nach 9—15 Tagen ein dem unverletzten Wurme voll¬ 
kommen gleichendes, mit durchaus einheitlicher Organisation 
ausgestattetes Individuum hergestellt, das über Jahre hinaus 
unter günstigen Umständen seine Existenz zu fristen vermag. 
Bei veränderter Stellung der Theilstücke zu einander oder bei 
Vereinigung ungleich langer Fragmente ergaben sich des Weiteren 
gewisse Unregelmässigkeiten. Im ersten Falle blieb z. B. bei 
dem durch die Transplantation gewonnenen Thier das Nerven¬ 
system dauernd getrennt; im andern kam es zur Bildung ver- ; 
kürzter oder verlängerter Thiere mit fehlendem oder doppeltem 
Geschlechtsapparat. Bei Transplantationen von zwei Schwanz¬ 
stücken waren neben dem gestörten, eigenthümlichen Bewegungs¬ 
modus namentlich die hier sehr häufigen Regenerationsprocesse 
im Narbengewebe des Verwachsungsbereiches auffällig. Nicht 
nur einzelne Segmente, sondern ganze Kopfstücke werden da¬ 
selbst neu gebildet und somit die Entstehung recht merkwürdiger 
Doppelthiere veranlasst. In seltenen Fällen gelang es dem Ver¬ 
fasser, selbst Ringe aus einem Stücke oder aus zwei Schwanz¬ 
stücken darzustellen, indessen konnten diese Wesen ohne Mund 
und After nicht für längere Zeit am Leben erhalten werden. 
Pfropfungen von Kopf- und Schwanzstücken auf vollständige 
Individuen senkrecht zur Längsaxe der letzteren wurden mit 
günstigem Erfolge sowohl in seitlicher, als auch dorsaler und 
ventraler Stellung versucht. Bei der seitlichen Transplantation 
traten nur die Darmlumina der beiden Stücke in Verbindung, 
bei der ventralen auch Blutgefässe und Nervenstränge; bei der 
dorsalen endlich verbinden sich zwar Darm- und Blutgefäss¬ 
apparat, nicht aber das Nervensystem. Interessant ist ferner 
der vom Verfasser wiederholte Morr au'sehe Versuch, welcher 
eine Parallelvereinigung zweier Thiere bezweckt. Die Com- 
ponenten des hierbei gewonnenen Doppelindividuums führen 
indessen jede für sich eine völlige selbständige Existenz, ge¬ 
meinschaftlich ist beiden nur die Leibeshöhle und die Muscu- 
latur der operirten Segmente. 

Mit zumeist günstigem Erfolge wurden endlich noch dauernde 
Vereinigungen von an sich nicht lebensfähigen Körpertheilen 
mit grösseren lebensfähigen Theilstücken bewirkt. Die meist 
nur aus wenigen Segmenten bestehenden oder der Leibeswand 
excidirten Abschnitte bewahrten auch hierbei trotz innigster 
Verwachsung mit dem Hauptstück ihre specifischen Eigen¬ 
schaften und Artcharaktere. 

Im Anschluss an die sog. Pfropfungsversuche giebt der 
Verfasser schliesslich eine Besprechung der bei den Lumbri- 
ciden beobachteten Doppelmissbildungen. Er führt dabei aus, 
dass dieselben im Allgemeinen selten sind und in der Mehr¬ 
zahl der Fälle das Schwanzstück, ausnahmsweise auch einmal 
das Kopfstück betreffen. Ihre Entstehung verdanken sie wohl 
in der Regel einer postembryonalen Regeneration. 

Edelmann. 


Ueber eine besondere Form von schwieliger Muskel¬ 
entartung. 

Von Prof. Cur sch mann -Leipzig. 

(Münchener med. Wochenschrift >897, No. 47.) 

Eine eigenthümliche Form von schwieliger Muskelentartung, 
welche auf die Gegenwart von Muskeltrichinen zurückzuführen 
ist, beobachtete Curschmann kurz nacheinander bei 3 Per¬ 
sonen. In allen Fällen warea namentlich die Oberarme be¬ 
troffen. Bei dem ersten, 64jährigen Kranken, war der Biceps 
theilweise in eine dünne, derbe, sehnige Masse umgewandelt, 


weniger afficirt waren Triceps und Deltoideus. Ein durch 
Probeexcision entnommenes Muskelstück zeigte sich schon für 
das blosse Auge durchsetzt von Trichinen, mikroskopisch wur¬ 
den in jedem Gesichtsfeld 3—4 und mehr Exemplare fest¬ 
gestellt. Die Trichinen waren von einer Kapsel umgeben, 
aber unverändert erhalten, ln der Umgebung jeder Trichine 
fand sich eine Entartung der Muskelbündel in Form von Ver¬ 
dünnung, Undeutlichkeit der Querstreifung und Vermehrung 
des interstitiellen Bindgewebes und in weiterem Kreise noch 
erhebliche Kernwucherung. Am meisten schwielig entartet 
waren die beiden Endpartieen des Biceps, also die Stellen des 
Muskels, welche erfahrungsgemäss am dichtesten mit Trichinen 
besetzt zu sein pflegen. Einen ähnlichen Befund erhob C. nicht 
lange darauf bei 2 weiteren Patienten. Diese drei Beobach¬ 
tungen beweisen zur Evidenz, dass die Trichineninvasion noch 
nach vielen Jahren — 10 Jahre und mehr — zur Bildung einer 
chronischen Myositis mit Muskelschwund und Schwielenbildung 
Anlass geben kann. Es kann wohl als sicher angenommen 
werden, dass ein gewisser Theil der Fälle von schwieliger 
Muskelentartung, die bisher actiologisch unaufgeklärt blieben, 
auf die Folgen der Trichinose zurückzuführen ist. Casper. 


Leberabscess beim Rinde. 

Von Sabatino de Benedictis. 

(La clinica veterinaria 1897, S. 553.) 

Ein Rind, welches an einem tiefen Druckschaden des 
Nackenbandes, verursacht durch das Joch, gelitten hatte, ver* 
schlechterte sich fortwährend in seinem Ernährungszustände. 
B. stellte folgenden Befund fest: Skclettartiger Nährzustand, 
Muskeln schwach entwickelt, gravida im 5. Monat. Kopf in 
die Krippe gestützt, Blick schläfrig, Schleimhäute blass, Haar 
gesträubt, Haut derb, liegt fest an, Körpertemperatur ungleich- 
mässig vertheilt. Puls klein, 90 pro Minute, Körpertemperatur 40 °. 
Befund in der Brusthöhle negativ. Maul heiss und trocken, 
Appetitlosigkeit, Wiederkauen unterbrochen, Koth hart. Das 
Gehen wird dem Thiere sauer. . Der Zustand besserte sich 
etwas, verschlechterte sich aber wieder und nach 14 Tagen 
abortirte die Kuh. Da die Kuh wieder schlechter wurde, so 
Hess B. sie schlachten. Bei der Obduction ergab sich: 

Milz etwas vergrösssert, mit abgerundeten Rändern, in 
derselben 2 eigrosse Eiterherde, welche von einer Granulations¬ 
schicht umgeben sind. Eiter etwas grau, dick, rahmartig, ent¬ 
hält zahlreiche Streptokokken. Leber 5300 gr schwer, Leber¬ 
kapsel trüb, gelblich, stellenweise mit Fibrin bedeckt und an 
vielen Stellen mit kleinen gelben Eiterherden besetzt. Gallen¬ 
blase fast gefüllt mit fadenziehender Galle. In der Mitte der 
Leber ein unregelmässig gestalteter Abscess mit chocolade- 
farbigem Eiter, der zahlreiche Lebergewebsfetzen enthält. Um¬ 
gebung des Abscesses eitrig infiltrirt. Eiter enthält zahlreiche 
Streptokokken. Fr ick. 


Eine fünfte Gliedmasse beim Kalb. 

Von Torreggiani. 

(Giornale dclla Reale Societa cd Accad. Veterinaria Italiana. 1897, S. 74a.) 

Ein Kuhkalb zeigte an der rechten Seite des Widerrists 
und etwas vor demselben eine vollständig entwickelte Vorder¬ 
gliedmasse, welche pendelnd auf der rechten Schulter hing. 
Das Kalb vermochte in Folge dieser abnormen Gliedmasse nicht 
das Gleichgewicht zu halten. Alle Knochen von der Zehe an 
waren voll entwickelt bis an die obere Epiphyse des Arm¬ 
beines. Daselbst faltete sich die Haut und umschloss einen 
ca. 2 cm dicken Stiel, welcher sich in die Haut der Schulter 
einpflanzte. Nach vorheriger Unterbindung des Stieles wurde 
derselbe mit der Scheere durchschnitten und so die 5. Glied¬ 
masse entfernt. Fr ick. 


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26. März. 


114 DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Thierzucht und Thierhaltung. 

Kritische Periode in der Entwickelung des Pferdes. 

Von Prof. J. C. Ewart. 

Der Verfasser der im Titel genannten Studie findet die 
Ursachen des relativ häufigen Abortirens der Stuten zwischen 
der sechsten und neunten Woche der Trächtigkeit *) theilweise 
in dem besonderen physiologischen Verhalten des Mutterthieres 
zu dieser Zeit, vor Allem aber in Besonderheiten der Frucht¬ 
hüllen beim Pferde und der fötalen Ernährung gegeben, welche 
um diese Periode ziemlich tief greifende Aenderungen erfahren. 
Was Ersteres anlangt, so weist Ewart darauf hin, dass neben 
Erkrankungen der Utcrusschleimhaut (sauere oder zu reichliche 
Secretion, Anämie oder Hyperämie der Schleimhaut, oder un¬ 
genügende Ernährung und in Folge dessen ungenügendes Haften 
des Embryo), der Musculatur und Nerven des Uterus, auch 
physiologische Störungen auf die 3. Woche und ebenso auf 
die 6. und 9. Woche der Trächtigkeit entfallen, welche einer 
mehr oder weniger abgeschwächten Wiederholung der durch 
die Brunst gesetzten Erregungszustände des Nervensystems und 
der sexualen Organe ihre Entstehung verdanken. Dieselben 
gehen mit Hyperämie des Uterus, eventuell leichten Contrac- 
tionen der Uterusmusculatur einher und führen namentlich bei 
unrichtiger Haltung der Stuten (Verweilen in der Nähe brünstiger 
Stuten, Futter-, Temperatur-, Ortswechsel, Ueberanstrengung etc.) 
zur Ablösung und Ausstossung des um diese Zeit besonders 
dazu disponirten Eies. Letztere Behauptung begründet E. durch 
die vergleichende Untersuchung der Fruchthüllen, speciell der 
Anheftung des Eies während der angegebenen Zeit. 

Der vierwöchentliche Pferdeembryo besitzt einen relativ 
grossen Dottersack, welcher in ziemlicher Breite mit der Uterin¬ 
wand fest verbunden ist und durch diese gefässlose Absorptions¬ 
fläche nach E. Nährmaterial direct aufnimmt, um es an die 
seine übrige Oberfläche umspinnenden fötalen Gefässe abzu¬ 
geben (?). Eine besondere Tasche für das Ei ist in der Mucosa 
nicht vorhanden (gemeint ist wohl eine Decidua circumflexa, 
d. Ref.); dagegen läuft, etwa um den halben Eidurchmesser von 
der Anheftungsstelle entfernt, ein aus höheren Zellen der serösen 
Hülle gebildeter Gürtel um dasselbe, welcher eine besondere 
Eigenthümlichkeit des Pferdeeies darzustellen scheint und von E., 
da er weiterhin zu zahlreichen Falten auswächst und mit der 
Uterusschleimhaut in innigen Contact tritt, als accessorisches 
Befestigungsmittel und Resorptionsfläche angesehen wird. — 
Während der nun folgenden Wochen nimmt, da der Dotter¬ 
sack sich nicht weiter ausdehnt, sondern von dem Ende der 
sechsten Woche an sich zurückzubilden beginnt, seine Berührungs¬ 
fläche mit der Uterusinnenfläche einen im Verhältniss zu der 
wachsenden Gesammtausdehnung des Eies, speciell der Allantois, 
immer geringeren Raum ein ; der genannte »Gürtel« entwickelt 
sich nur geringgradig weiter und rückt in die Nähe der Ab¬ 
sorptionsfläche; gleichzeitig sind aber die Zotten der Allantois 
resp. des Chorions, welche weiterhin als diffuse Placenta die 
nutritive und mechanische Verbindung des Eies mit der Uterus¬ 
wand übernehmen, erst in ihrer Ausbildung begriffen (in der 
8. Woche sind es zumeist noch unverästeltc, einfache Fort¬ 
sätze). Zu dieser Zeit, zwischen der 6. und 9. Woche, ist also 
die Verbindung des Pferdeeies mit der Uteruswand am locker¬ 
sten und am leichtesten durch Insulte irgend welcher Art zu 
lösen. In der dritten Woche der Trächtigkeit, während welcher 
eine erste »periodische« Störung des Reproductionssystems der 
Mutter eintritt, haftet das wenig voluminöse Ei etwa mit einem 
Viertel seiner ganzen Oberfläche an der Uteruswand, in der 
sechsten sind alle Haftvorrichtungen auf einen Pol beschränkt. 
Verzögert sich alsdann die Ausbildung des neuen Ernährungs¬ 
und Haftapparates, welcher bei den »Allantoidica« durch die 
Allantois vermittelt wird, so kann der Embryo entweder in 
Folge ungenügender Nährzufuhr oder in Folge primärer Locke- 

') Nach den Feststellungen der Royal Commission of Horse Breeding 
bleiben in England etwa 4O 0 /.i der zur Zucht ausgewfthlten Stuten jährlich 
güste; aus mehreren Districten Indiens werden noch höhere Ziffern gemeldet. 


rung seiner Festigung an der Wand zu Grunde gehen. Wird 
diese »kritische Periode« überstanden, so ist von der 9. Woche 
an, mit der genügenden Ausbildung der definitiven Placenta, 
eine stärkere Störung der Weiterentwickelung aus inneren Ur¬ 
sachen nicht mehr zu fürchten. 

Zu der Erklärung dieses auffälligen Verhaltens der embryo¬ 
nalen Hüllen beim Pferde zieht E. die entsprechenden Ver¬ 
hältnisse bei Beutelthieren (speciell beim Opossum) zum Ver¬ 
gleiche heran. Gegen Ende der 7. Woche geht bei diesen 
die Ernährung durch den Dottersack zu Ende, und E. vermuthet, 
dass dieses ungefähr auch die Zeit war, zu welcher die einer 
Allantois noch entbehrenden marsupialen Vorfahren (r) des 
Pferdes den Uterus verliessen, um in den Beutel des Mutter¬ 
thieres gesetzt zu werden. Um diese Zeit (etwa auf den 47. Tag) 
würde also die Geburt des Pferdes fallen, wenn nicht inzwischen 
an Stelle der Ernährung im Brutbeutel der Vorfahren die 
Allantois-Ernährung eingetreten wäre, die ein längeres Ver¬ 
weilen der Frucht und eine weitere intrauterine Ausbildung 
derselben ermöglicht. 

Wir gehen auf die Kritik dieser geistreichen Hypothese 
und auf die weiteren Gründe, die E. zu ihrer Entstehung aus 
dem Bau des 7 wöchentlichen Embryos abzuleiten sucht, nicht 
ein, da die Phylogenie des Pferdes zu einer Beurtheilung der¬ 
selben keine Möglichkeit an die Hand giebt und die Unter¬ 
scheidung von palingenetischen und känogenetischen Charakteren 
in der Ontogenese bekanntlich eines der schwierigsten embryo¬ 
logischen Probleme darstellt. Jedenfalls liegt in der Ewart- 
schen Untersuchung ein sehr beachtenswerther Beitrag zur 
Kenntniss der »innern« Ursachen der Trächtigkeitsstörungen, 
speciell des Abortus vor, der bei der Wichtigkeit der Sache wohl 
zu entsprechenden Untersuchungen der »kritischen Perioden« 
der Trächtigkeit bei andern Thieren anregen dürfte. Am 
Schlüsse seiner Abhandlung zieht E. unter Darstellung aller 
oben angeführten Momente folgende speciell praktische Rath¬ 
schläge : 

1) Stuten, welche während des Winters im Stalle gehalten 
wurden und im Sommer auf die Weide kommen sollen, sollten 
vor ihrer Deckung acclimatisirt werden, d. h. man sollte ihnen 
Gelegenheit geben, bei Tag und Nacht in's Freie zu laufen, 
damit sie Zeit haben, sich an den Futterwechsel, die stärkeren 
Temperaturschwankungen und an ihre neue Umgebung im All¬ 
gemeinen anzugewöhnen. 

2) Die Stuten, namentlich erregbare Thierc, sollten am 
Abend belegt und während der Nacht von andern Stuten oder 
Wallachen getrennt werden. Alsdann sollten sie, bis die 
periodische Störung aufgehört hat, in einem Laufstand so ent¬ 
fernt al» möglich von Stuten oder Wallachen gehalten werden, 
welche sie in Aufregung versetzen könnten. 

3) Wenn irgend welche Anzeichen von Rossigkeit bei einer 
Stute bemerkt werden (gleichgiltig, ob sie vorher schon zu¬ 
geführt worden oder nicht), so sollte sie von Stuten, die ver- 
muthlich bereits trächtig sind, entfernt werden. 

4) Jede Stute sollte sorgfältig von Woche zu Woche über¬ 
wacht und periodisch — jeden 9. oder 10. Tag — probirt 
werden (?), bis die kritische Periode gut überstanden ist. 

5) Stuten, welche im Frühjahr zurückgeblieben und nicht 
in guter Condition sind, sollten während einiger Wochen we¬ 
nigstens einmal im Tage Hafer erhalten. Denn, wenn sie auch 
gesund und kräftig sind, kann doch die Abstossung der Eier 
sich bis tief in den Sommer hinein verziehen; oder aber, wenn 
Ovulation stattfindet, können die Eier so geschwächt sein, dass 
der Embryo die kritische Periode nicht übersteht oder sich zu 
einem kleinen, schwächlichen Fohlen entwickelt. Alb recht. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Erhebung- der beamteten Thier&rzte in Württemberg: zu 
Staatsdienern. 

Stuttgart. Nachdem der im vorigen Jahre von der Re¬ 
gierung ausgearbeitete Entwurf eines Gesetzes, betr. die Ab¬ 
änderung der Dienstverhältnisse der Oberamts- 


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No. 13. 


Thierärzte des Landes, wie schon in diesen Blättern be¬ 
richtet wurde, in der Commission für Gegenstände der innern 
Verwaltung durchberathen worden ist, kam er am 10. März 
zur endgültigen Beschlussfassung vor die Kammer der Ab¬ 
geordneten (Berichterstatter v. Abel). Auch hier zeigte sich 
nach Einleitung der Debatte allseitiges Wohlwollen und selbst 
auf der früheren Oppositionsbank, wo man noch vor wenigen 
Jahren von Crei'rung neuer Staatsbeamten nichts wissen wollte, 
machte sich die Geneigtheit bemerklich, auf das Verlangen des 
Kgl. Ministeriums des Innern einzugehen. Am meisten hierzu 
beigetragen hat die schlagende Motivirung der Nothwendigkeit 
einer diesbezüglichen Abänderung seitens der Regierung, die 
erhöhten Anforderungen des Staates an das thierärztlichc 
Beamtenpersonal und der Vorgang in anderen Bundesstaaten 
des Reiches, kaum konnte indess erwartet werden, dass alle 
in die Vorlage aufgenommenen Forderungen befriedigt und 
sämmtliche Artikel ohne jede Abänderung von der Kammer 
angenommen würden. Hiernach können die Thierärzte mit 
grösster Genugthuung auf die Verhandlungen des Land¬ 
tages zurückblicken, denn es wurde auch ihrem Stande die 
volle Anerkennung gezollt. Ausserdem kann das Gesetz als 
völlig gesichert angesehen werden, da bekannt ist, dass in 
der ersten Kammer keinerlei Schwierigkeiten erhoben werden 
würden. 

Im Artikel 1 wird die Anstellung eines besonderen thier- 
ärztlichen Beamten für jeden Oberamtsbezirk beibchaltcn und 
wird derselbe in Art. 2 im Sinne des Beamtengesetzes vom 
28. Juni 1876 auf Lebenszeit als Staatsbeamter angestcllt. Den 
künftigen Gehalt bildet der seitherige Beitrag aus der Staats¬ 
kasse von 500 Mk. und sind die Amtskörperschaften verpflichtet, 
hierzu einen Ergänzungsgehalt von mindestens 400 Mk. zu leisten. 
Bei Festsetzung des Ruhegehaltes kommt der Staatsgehalt so¬ 
wohl als die letztere Ergänzung bis zum Betrage von 300 Mk. 
in Rechnung. Die Wahl des Beamten geht nunmehr in die 
Hand des Staats über, wogegen dieser sich im Art. 3 ver¬ 
pflichtet, vor Besetzung der Stelle dem Amtsversammlungs¬ 
ausschuss Gelegenheit zur Aeusserung zu geben, eine gewisse 
Mitwirkung ist daher Letzterem insoweit eingeräumt, als er 
damit in den Stand gesetzt ist, in Betreff der Bewerber Vor¬ 
schläge zu machen oder andere Wünsche auszusprechen. Die 
merkwürdiger Weise von der demokratischen Seite ausgegangene 
Befürchtung, die künftige Stellung der Bezirksthierärzte könnte 
zufolge der aus zwei Kassen zu leistenden Gehaltsbezüge an 
Selbständigkeit zu wünschen übrig lassen, wird von der Kammer 
nicht getheilt, der Antrag daher, wer den Beamten anstelle, 
solle ihn auch ganz bezahlen, abgelchnt. Die weiteren Artikel 
regeln die Verpflichtungen, welche die beamteten Thierärzte 
sowohl dem Staate als den Amtskörperschaften und Gemeinden 
ihres Bezirks gegenüber auf sich zu nehmen haben und fallen 
diese mit denen in den Nachbarländern bestehenden im Wesent¬ 
lichen zusammen. Das Gesetz tritt alsbald mit seiner Ver¬ 
kündigung in Wirksamkeit und bleiben die seither bestandenen 
Dienstverträge insoweit in Kraft, als im Gesetz nicht andere 
Bestimmungen getroffen sind, bezw. weitere Belohnungen für 
besondere Dienstleistungen, Reisekostenentschädigungen u. dgl. 
gewährt werden. Pensionsberechtigt ist die ganze seitherige 
Dienstzeit, wenn diese Einrechnung binnen 3 Monaten beansprucht 
wird, sie bewegt sich auf derselben Höhe wie bei den übrigen 
Civilstaatsdienern (2 °/ 0 der jeweiligen Staatsbeiträge) und wird 
in angemessenen Fristen nachbezahlt. Eine besondere Be¬ 
günstigung besteht darin, dass nur der Staatsbeitrag der Nach¬ 
zahlung zu Grunde gelegt wird und nicht auch der aus dem 
körperschaftlichen Ergänzungsgchalt sich ergebende Betrag von 
300 Mk. Damit wird die Eingabe der Oberamtsthierärzte des 
Landes vom 29. Juni 1897 an die Kammer für erledigt erklärt. 
Eine Anfrage, warum nur beamtete Thierärzte Gesundheits¬ 
zeugnisse ausstellen dürfen, wird vom Regierungstische aus da¬ 
hin beantwortet, dass diese ausschliessliche Berechtigung jetzt 
aufgehoben sei und auch zuverlässigen Nichtbeamteten die¬ 
selbe Befugniss zukomme. Am Ministertisch befand sich der 
Minister des Innern v. P i s c h e k, der Präsident des Medicinal- 
collegiums v. Gessler und Regierungsrath Hofmann, der 


115 


thierärztliche Referent des letzteren, Regierungsrath Be iss 
wänger, war gesundheitshalber beurlaubt. Vogel. 


Vereinsnachrichten. 

Ausserordentliche Generalversammlung: des Thierärzt¬ 
lichen Vereins für die Provinz Hannover 

im Hotel Continental zu Hannover am 8. März 1898. 

An Stelle des verstorbenen Vorsitzenden Prof. Dr. Rabe 
erüffnete der Vicepräsident Prof. Dr. Esser-Göttingen die Ver¬ 
sammlung und brachte den einzigen Punkt derselben > Auf¬ 
hebung der Ehrenrathsstatuten« zur Sprache. 

Nach Klarlegung der bekannten Gründe für diese Mass¬ 
nahme wurde durch Auszählung festgestellt, ob die ausser¬ 
ordentliche Generalversammlung beschlussfähig war. Es ergab 
sich, dass letzteres nicht der Fall war; daher wurde die ausser¬ 
ordentliche Generalversammlung geschlossen und sofort zur Er¬ 
öffnung der für diesen Fall anberaumten 

XXXVIII. ordentlichen Generalversammlung: 

geschritten. 

Zu Punkt 1 der Tagesordnung (Berichterstattung des 
Vorsitzenden) ergriff Herr Prof. Dr. Esser das Wort und 
führte aus, dass die heutige Versammlung nicht nur der ernsten 
Arbeit und der Fröhlichkeit, sondern auch der Trauer gewidmet 
sei. Der unerbittliche Tod hat dem Verein schwere Verluste 
zugefügt, indem er den langjährigen und um den Verein hoch¬ 
verdienten Vorsitzenden Prof. Dr. Rabe unerwartet schnell 
dahinraffte. Prof. Dr. Esser gedenkt in warmen und zu Herzen 
gehenden Worten des Verstorbenen und bittet die Versamm¬ 
lung, das Gedächtniss an denselben durch Erheben von den 
Sitzen zu ehren. (Geschieht.) 

Von dem Tode zweier weiterer Mitglieder, des Medicinal- 
asscssors Lies zu Braunschweig und des Ehrenmitgliedes Prof. 
Dr. Pütz zu Halle, nimmt die Versammlung bewegt Kenntniss 
und gedenkt der für den Verein zu früh Gestorbenen durch 
Erheben von den Sitzen. Ein Gleiches geschieht für mehrere 
Collegen, die dem Verein durch den Tod entrissen. 

Nachdem der Versammlung von dem Austritt einiger aus 
dem Vereinsgebicte verzogener Mitglieder Kenntniss gegeben, 
konnte die Neuaufnahme von 10 neuen Mitgliedern mitgetheilt 
werden. 

Punkt 2 (Kassenbericht des Rendanten) fand glatte Er¬ 
ledigung. Einige Differenzen bezüglich der Wahl der Revisoren 
wurden auf Grund des Statutes geregelt. 

Punkt 3 (Aufhebung der Ehrenrathsstatuten erledigte sich 
dahin, dass die Versammlung die Aufhebung der Ehrenraths¬ 
statuten einstimmig annahm. 

Zu Punkt 4 der Tagesordnung (Berichterstattung 
über die Plenarversammlung des deutschen Veterinärraths zu 
Cassel) nahm Prof. Dr. Esser das Wort. Derselbe hob als 
bemerkenswerthestes Factum von der letzten Plenarversamm¬ 
lung des deutschen Veterinärrathes zu Cassel den Umstand her¬ 
vor, dass die Reichsregierung und die preussische Regierung 
officiell vertreten waren. Es ist dies zum ersten Male ge¬ 
schehen und sehr geeignet, die daselbst verhandelten Fragen 
besser' und directer zur Kenntniss an geeigneter Stelle zu 
bringen, als dies bisher möglich war. Auch die meisten Bundes¬ 
regierungen hatten Vertreter nach Cassel entsendet. 

Ref. liess sich zu den einzelnen in Cassel gefassten Re¬ 
solutionen aus, nahm jedoch von einer eingehenden Bericht¬ 
erstattung Abstand, da das Ergebniss der Verhandlungen den 
Thierärzten durch die Fachpresse bezw. durch den officiell 
herausgegebenen und im Druck erschienenen Bericht hinlänglich 
bekannt ist. 

Zu Punkt 5 der Tagesordnung (Mittheilungen aus 
der Geburtshülfe) hatte Herr Prof. Dr. Kaiser einen Vortrag 


DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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116 

zugesagt, konnte aber, wie er selbst ausführte, nicht das Thema 
behandeln, welches er sich eigentlich gestellt hatte. Er machte 
deswegen ein altes und doch stets neues Capitel, nämlich 
»Aetiologie und Therapie des Kalbefiebcrs« zum Gegenstände 
seines Vortrages. Derselbe soll hier auf Grund eines Steno¬ 
gramms nur auszugsweise folgen. 

Redner schickt voraus, dass die Ursache des Leidens noch 
nicht sicher bekannt ist. Nocard behauptet zwar, dass er in 
dem Harn der kranken Thiere Zucker und in dem Uterus¬ 
schleim Staphylokokken gefunden habe und dass die Staphylo¬ 
kokken die Erreger des Kalbefiebers seien, aber diese Angabe 
ist nicht stichhaltig. Nach Sc hmi d t-Mühlheim soll das nor¬ 
male Genitalsecret ein guter Boden für die Mikroorganismen 
sein, welche Ptomaine bilden und durch Resorption dieser Gifte 
das Kalbefieber hervorriefen. Kaiser meint, die supponirten 
Ptomaine kämen vom Verdauungsapparat her und er be- I 
gründet diese seine Theorie damit, dass hochträchtige Kühe, i 
wenn sie bis zum Kalben intensiv nährstoff haltiges Futter be- i 
kommen, leicht an Kalbefieber erkranken. Dagegen tritt das 
Leiden nicht auf, wenn die Thiere einige Wochen vorher natür- j 
liehe Futtermittel, wie Stroh, Heu, Kleie und Wasser bekommen; , 
der Vortragende will gesehen haben, wie in mehreren Wirth- j 
schäften das Kalbefieber durch diese Prophylaxe geschwunden 
ist. Kaiser hält deshalb das Kalbefieber für eine Auto- 
intoxication, welche vom Darme ausgeht. 

Der Stoff, der beim Kalbefieber entsteht, muss nach Red¬ 
ners Meinung dem Neurin ähnlich sein und berauschen; es ent- i 
steht dabei zuerst ein paretischer Zustand der willkürlichen 
Muskeln, dann der Uterusmuskulatur; der entstehende Rausch 
kann kurz oder langdauernd sein; in dem einen Falle sicht 
man alle Erscheinungen deutlich, in dem anderen nicht. In ! 
einigen Fällen ist der Verlauf ein kurzer und schwerer, im 
anderen Falle ein langer und leichter. Hat sich das Krank- ; 
heitsgift intensiv entwickelt, dann zeigen sich schwere Ver- i 
giftungen und wenn das Krankheitsgift plötzlich durch andere 
Processe zerstört wird, dann wird das Thier gesund und die 
Krankheit verschwindet rasch. 

Entsprechend der Ansicht des Redners über die Aetiologie 
des Kalbefiebers will derselbe die Behandlung folgendermassen 
gestalten: 

Die Darmmusculatur muss wieder angeregt werden, also: 
schleunigste Entleerung des Magens und des Darmes. Beim 
Rinde ist dies nicht so einfach und leicht, aber es stehen uns 
sehr viel Mittel zu Gebote. Redner hat oft das Trokarircn des 
Pansens angewandt, denn bei dem Kalbefieber bilden sich oft 
Gase und das Rülpsen ist unterdrückt. Das Entleeren dieser 
Gase soll dem Thiere gut thun und zudem können durch die 
Trocarhülse Arzneien applicirt werden. Per os kann man nichts 
eingeben, weil die Schlundmuskulatur gelähmt ist und so leicht 
etwas in die Lunge gelangte. Es empfiehlt sich, die Arzneien 
direct in den Pansen zu bringen und diese Arzneien wirken 
gährungshemmend und fäulnisswidrig. Redner empfiehlt dazu 
einen ganzen Eimer voll ‘/s proc. Lysollösung. Es wird zu¬ 
gleich der Mageninhalt verdünnt, desinficirt und die Gährung 
unterdrückt. Gleichzeitig sollen Mittel angewendet werden, die 
die Thätigkeit der Niere anregen. Redner will vor allen Dingen 
dazu die Alkoholica in Form des Weins benutzt und recht gute 
Erfolge davon gesehen haben. 

Auch der Herzmuskel muss angeregt werden und dazu ist 
der Alkohol sehr zu empfehlen. Ueber die von dänischen 
Thierärzten geübte Behandlung, in das Euter der Kuh 5.—10 g 
Jodjodkaliumlösung einzuspritzen, hat Redner keine eigenen 
Erfahrungen gesammelt. Die Mortalität soll dadurch von 50 °/° 
auf 1 o °/o herunter gegangen sein. 

Das Ergebniss der sich an den Vortrag anschliessenden 
Discussion, an der sich die Herren Saake, Frick, De y er¬ 
litt g, Haarstick betheiligten, kann kurz dahin zusammen¬ 
gefasst werden, dass über das Wesen und die Aetiologie des 
Kalbefiebers noch vollständige Dunkelheit herrscht. Alle 


26. März. 

Theorien sind unzulänglich, da jede einzelne nicht alle Er¬ 
scheinungen, die beim Kalbefiebcr gesehen sind, erklärt. Be¬ 
züglich des Werthes der einzelnen Behandlungsmethoden wurde 
als festgestellt erklärt, dass zu Zeiten und unter gewissen Ver¬ 
hältnissen alle Methoden gute Resultate liefern, dass dagegen 
andererseits oft genug jede Methode im Stich lässt. 

Der letzte Punkt der Tagesordnung (Neuwahl des 
Präsidenten) wickelte sich leicht dahin ab, dass Herr Prof. 
Dr. Esser-Göttingen zum Präsidenten des Vereins und, da 
hierdurch die Stelle des Vicepräsidenten frei wurde, Herr 
Dr. Brüeher sen. als solcher gewählt wurde. Beide Herren 
nahmen die Wahl an. 

Damit schloss die Versammlung und es folgte ein gemein¬ 
sames Mittagessen, das die Theilnehmer noch bis um 5 Uhr 
zusammenhielt. 

Nach Schluss der Versammlung übergab Herr Kreisthier¬ 
arzt Saake aus Wolfenbüttel, welcher zufolge einer Aufforderung 
des Präsidenten des deutschen Veterinärrathes bei der Frau 
des verstorbenen Hofthierarztes Lies in Braunschweig die Kasse 
des deutschen Veterinärrathes in Empfang genommen hatte, 
dieselbe dem Herrn Prof. Dr. Esser, welcher Herrn Saake 
für seine Mühewaltung den ergebensten Dank abstattete. 


Personal-Nachrichten. 

Auszeichnungen: Dem Director der Thierärztlichen Hoch¬ 
schule zu Hannover Gchoimrath Dr. Dam man 11 ist von dem Graf 
Regenten von Lippe-Detmold das Ehrenkreuz III. Kl. des Lippeschen 
Ilausordens verliehen worden. Die Thierärzte Schmutzer uud 
Seybold wurden von der medicinischen Fakultät der Universität 
Giessen zu DDr. med. vet. promovirt. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz- 
Veränderungen und Niederlassungen: Der Kreisthierarzt Friedrich 
Holtzhauer zu Lüneburg ist zum Königlichen Departements-Thier¬ 
arzt ernannt und demselben die Departements-Thierarztstelle bei der 
Königlichen Regierung zu Lüneburg übertragen worden. Die Bezirks- 
i thierärzto S. B eich old in Pfaffenhofen und Fr. Haussier in 
Schwabach wurden zu pragmatischen Beamten, Thierarzt Hecker 
in Ermsleben zum Vorstand des bakteriologischen Instituts der Land- 
wirthschaftskammer für die Provinz Sachsen, Schlachthotinspector 
Höhne in Neustadt i. YVestp. zum Schlachthofdirector ernannt. Kreis¬ 
thierarzt Fisch öder in Jarotschin nach Mohrungen versotzt. Vor¬ 
zogen bind die Thiorärzte ßarkow von Bützow nach Justrow, 
Fasold, bisher Assistent an der landwirtschaftlichen Akademie in 
Poppelsdorf, nach Langensalza, Fes er von Eichstädt nach Weissen- 
burg (Mittelfrankcn), Grell von Fehrbellin nach Wusterhausen 
(Brandenburg), Grupe von Piunebcrg nach Stolzenau (Hannover), 
Hissbach von Apolda nach Kamberg (Sachs.-Mein.), Joecks von 
Brüssow nach Schönlanke, Knemeyer von Löningen nach Vers¬ 
mold (Westf.), Iskraut von Trendelburg nach Boitzenbnrg (Elbe). 
Thierarzt Kunze ist nicht nach Oedcran verzogen, sondern bleibt 
in Nossen. 

ßezirksthierarzt A. Kolb in Rosenheim wurde aof Ansuchen 
wegen zurückgelegten 70 . Lebensjahres unter Anerkennung seiner 
langjährigen, treuen, eifrigen und erspriosslichen Dienstleistung in 
den Ruhestand versetzt. 

Die ihierärztliche Fachprüfung haben in Berlin bestanden: 

| Julias Mildenberg aus Witten, Max Wolfram aus Jastrow, 
Oskar Lin den au aus Elbing. 

Das Examen als beamtete Thiorärzte in Prenssen haben 
bestanden: J. Assenmacher, conim. Kreisthierarzt in Heinsberg, 
W. Bischoff, Schlachthofdirector in Sohl, M. Steinwedol in 
Pössneck, K. Zu gehör in Schmiegel. 

Gestorben: Ph. Werner, ßezirksthierarzt a. D. in Germersheim. 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thierärztliche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der Macklof sehen Druckerei in Karlsruhe i. B. 

09 ** Mit einer Beilage der Buchhandlung für Medicin und Naturwissenschaften von Hlehstr«! irhnets in Berlin, betr. Verlagswerke. *96 


DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Deutsche 

Thierärztliche Wochenschrift 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regiernngs- und Medicinalrath, 
Director der Thierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 


herausgegeben von 

Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregierungar&th 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regierungsrath und Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Freiburg i. B. 

redigirt von 

Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784a. 


Sechster Jahrgang. 


Sämmtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 
Correcturen und Anzeigen an die Expedition der 
Dentschen Thierärztlichen Wochenschrift 
in Karlsruhe (Baden). 


M 14 . 


Ausgegeben am 2. April. 


1898. 


Zur Kenntniss der Fettgewebsnekrose bei 
unseren Hausthieren. 

Vorläufige Mittheilung 

von 

Dr. Olt-Hamburg. 

Im Jahre 1882 wies Baiser (Virchow’s Archiv, Bd. 90) 
auf eine räthselhafte Affection des Pankreas beim Menschen 
hin, welche sich durch opake, blassgelbe, stecknadelkopfgrosse, 
nekrotische Herde des Fettgewebes zwischen den Drüsen- 

1872 (Virchow’s Archiv, Bd. 534) in dem Fettmark der Röhren¬ 
knochen eines kachektischen Mädchens ermittelt. Inzwischen 
wurden in der Menschenmedicin wiederholt solche Zustände 
am abdominalen Fette beobachtet und eingehend untersucht. 

Als Ursache des fraglichen Leidens hat Ponfick (Prager 
med. Wochenschrift 1883, No. 31 und Berliner klin. Wochen¬ 
schrift 1896, No, 17) einen dem Bacterium coli commune ähn¬ 
lichen Bacillus beschuldigt. Seine Ansicht wird jedoch von 
verschiedenen Seiten bestritten (Verhandlungen der Gesellschaft 
Deutscher Naturforscher und Aerzte, II. Theil, S. 9. — Leipzig 
1897). 

Auf das Vorkommen der Fettgewebsnekrose bei den Haus¬ 
thieren hat zuerst Ostertag (Zeitschr. f. Fleisch- und Milch¬ 
hygiene, 4. Jahrgang, S. in) hingewiesen. Einige Fälle des 
Leidens sind inzwischen in der Literatur verzeichnet worden, 
histologische Untersuchungsresultate liegen jedoch nur über die 
Fettgewebsnekrose des Schweines von Mar eck (Deutsche Zeit¬ 
schrift für Thiermedicin 1897) vor. Mar eck hat durch genaue 
histologische Schilderung dargethan, dass die beim Schweine 
zwischen den Läppchen des Pankreas vorkommenden nekroti¬ 
schen Fettgewebstheile den beim Menschen vorkommenden als 
gleichwerthig zu erachten sind. Mareck fand das Leiden be¬ 
sonders bei den fetten Mangalicza-Schweinen. 

In Deutschland wird die Fettgewebsnekrose an grösseren 
Schlachthöfen bisweilen besonders bei ungarischen Schweinen 
gefunden. Mareck beschreibt die Zustände als mohnsamen¬ 
grosse, scharf umschriebene, glanzlose, graugelbe Knötchen 
zwischen normalen Drüsen- und Fettgeweben und kleinen Hämor- 
rhagien. Diese Herde bestehen aus abgestorbenen Fettzellen, 
zwischen welchen das Bindegewebsnetz theils noch erhalten, 
theils geschwunden ist. In den Fettzellen liegen Fettsäure-* 
krystalle und körnige Massen. 

Die nekrotisirenden Herde beschränken sich nicht immer 
auf die von Mareck angegebenen Bezirke, sondern breiten 


sich gelegentlich über weite Strecken unter den Serösen über 
das Fettgewebe der Bauchdecken und der Rippenwände aus. 
Vielfach sind die nekrotischen Theile dendritisch verzweigt und 
setzen sich in das intermusculäre Fettgewebe der angrenzenden 
Muskeln fort. Bemerkenswerth ist die Thatsache, dass gelegent¬ 
lich die Nekrose auch Muskelgewebe mitergreift. So sah ich 
z. B. nekrotische Muskelbündel der Zwischenrippcnmusculatur. 
Diese Muskeltheile lagen jedoch vollständig zwischen nekroti¬ 
schem Fettgewebe. Für diese Complication dürfte daher weniger 
ein directes Fortschreiten nekrotisirender Processe als vielmehr 
die im Gefolge der Fettgewebsnekrose auftretende nutritive 
Störung der fraglichen Muskeltheile zu beschuldigen sein. 

Die nekrotisirenden Vorgänge an dem Fettgewebe sind bei 
den einzelnen Thierarten verschiedenartige. Beim Rinde werden 
umfangreiche nekrotische Zustände gelegentlich am Gekröse 
und dem übrigen abdominalen Fette gefunden. Anatomisch 
unterscheiden sich von diesen Abweichungen wieder jene am 
prästernalen Fettgewebe auftretenden nekrobiotischen Zustände 
mit der ausgesprochenen Tendenz zur Verkalkung. 

Die Nekrose am Fettgewebe des Gekröses oder der Niercn- 
kapsel zeichnet sich besonders durch progredienten Charakter 
aus. Mitunter ist das ganze Fettgewebe des Dickdarmgekröses 
höckerig, aussergewöhnlich derb, auf dem Schnitte auffallend 
trübe, rauh und mit Schwielen durchzogen. Die Schnittfläche 
bietet ein buntes Bild verwaschener Flecken in allen Nuancen 
zwischen Weiss, Citronengelb und Orange. Instructiv für die 
Betrachtung sind wallnuss- bis hühnereigrosse, an normales Fett 
grenzende Herde. In den centralen ältesten Theilen überwiegt 
die weisse und gelbe Farbe, am Uebergange in normales Fett¬ 
gewebe kommt eine an körnigem Blutfarbstoff reiche graurothe 
Zone. Die citronengelbe Farbe der älteren nekrotischen Gc- 
webstheile ist gleichfalls durch körnige Pigmente, die vom Blute 
abstammen, bedingt. Bei der spectroskopischen Untersuchung 
sind die Linien des Oxyhämoglobins als dicke Bänder sichtbar, 
nach Zusatz von Stork’schem Reagenz gehen sie alsbald in den 
breiten Streifen des reducirten Blutes über. 

Die Fettzellen besitzen im Mikroskope eine trübe Beschaffen¬ 
heit, welche durch massenhafte Garben der Fettsäurekrystalle 
verursacht wird. 

Auf Schwefelsäurezusatz und nachträgliches Versetzen mit 
Wasser entsteht milchige Trübung durch Ausfällen von Stcarin- 
und Palmitinsäure. Gleichzeitig entweichen Gasbläschen — 
CO* —. Nachträglich konnte die Bildung von Calciumsulfat- 
krystallen beobachtet werden. Weitere Untersuchungen er¬ 
gaben, dass das Calcium theils an Kohlensäure, theils an Fett¬ 
säuren gebunden ist, denn nach vorherigem Lösen und Entfernen 


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118 


DEUTSCHE THIER^ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


aller Fettsäuren werden auf Schwefelsäurezusatz nochmals Fett¬ 
säuren vorgefunden. 

An mikroskopischen Schnitten fällt besonders eine starke 
Vermehrung des gefächerten Bindegewebsgerüstes auf; stellen¬ 
weise durchziehen breite Schwielen das Gewebe und ganze 
Fettläppchen sind geschwunden. Von den Interstitien des Ge¬ 
rüstes strahlen feine Ausläufer der Bindegewebszellen und Endo- 
thelien radiär in das Lager der Oelkugel. Die Lagerung der 
Zellenausläufer entspricht den Lücken zwischen den Fettsäure- 
krystallen. Die Zellen des Gerüstes wachsen sonach derart 
in das Fettzellenlager vor, dass ein Schwund des Fettes gleichen 
Schritt mit der Vermehrung des Bindegewebes hält. Bei dem 
fraglichen Processe geht sonach nicht das ganze Fettgewebe, 
sondern nur der Bestandtheil an eigentlichen Fettzellen unter. 
In dieser Hinsicht besteht ein grosser Unterschied zwischen den 
ähnlichen Processen beim Schweine. Beim Rinde hat der frag¬ 
liche Process eine grosse Aehnlichkeit mit chronischen Ent¬ 
zündungen der Parenchyme, wobei leistungsfähige Substanz 
schwindet und Bindegewebe entsteht. Die Bezeichnung 
Fcttgewebsnekrose ist daher für das beim Rinde 
gedachte Leiden nicht zutreffend, hier handelt es 
sich um eine progrediente Nekrose der Fettzellen, 
welche eine productive Entzündung des inter¬ 
stitiellen Bindegewebes im Gefolge hat. Die pro¬ 
ductive Entzündung wird durch den Reiz unter¬ 
halten, welchen die Stoffwechselproducte des 
Fettes — Fettsäuren etc. — auf das Bindegcwebs- 
gerüst ausüben. 

In dem prästernalen Fettgewebspolster des Rindes werden 
nicht selten eigenthümliche Verkalkungen ermittelt. Zwischen 
derben, bindegewebigen Zügen liegen statt der Fettläppchen 
Kalkmasscn vom Aussehen des Gypses. Ostertag hat in 
seinem »Handbuche der Fleischbeschau« diesen Zuständen eine 
besondere Beachtung geschenkt und Angaben über die chemi¬ 
schen Bestandtheile der verkreideten Gewebstheile gemacht. 
Der Annahme Ostertag's, dass Quetschungen Anlass zu diesen 
eigenthümlichen Verkalkungen geben, muss ich auf Grund einiger 
Beobachtungen aus der Praxis und anatomischer Untersuchungs- 
resultatc bcipflichten. Ueber diese Frage soll später eingehender 
berichtet werden. Zweifellos hat die Verkalkung des prä¬ 
sternalen Fettpolsters bei Rindern mit den in Frage stehenden 
specifischen nekrotisirenden Processen des Fettgewebes nichts 
gemein. 

Das Schaf ist unter unseren Hausthieren am meisten für 
die Bildung nekrotischer Zustände am Fettgewebe veranlagt. 
Die Processe nehmen hier jedoch nicht immer grössere Aus¬ 
dehnung an und werden selten beachtet, da die meist linsen¬ 
grossen Herde durch ihre rein weisse Farbe nach dem Erkalten 
des Talges makroskopisch kaum von normalem Fettgewebe zu 
unterscheiden sind. Wird das Fettgewebe bis zur Annahme 
durchscheinender Beschaffenheit erwärmt, dann erkennt man 
sofort die opaken, scharf begrenzten, nekrotischen Herde ebenso 
deutlich, wie bei frischgeschlachtetcn, noch lebenswarmen, so¬ 
eben geöffneten Schafen. Manchmal ist auch das ganze ab¬ 
dominale oder perirenale Fettgewebe erkrankt. Herr College 
Knese theilte mir einen Fall von Fcttgewebsnekrose mit, die 
sich über den ganzen Rücken ausgebreitet hatte, so dass der 
Schlächter selbst erklärte, dass er das Fleisch des Thieres nicht 
verwerthen könne. Beim Schafe werden nicht nur die Fett¬ 
zellen betroffen, sondern auch das Bindegewebsgerüst stirbt mit 
ab. Die Degenerationsproducte sind dieselben, wie bei der 
Fcttgewebsnekrose des Schweines und der Fettzellennekrose 
des Rindes. 

Ueber das Vorkommen analoger Processe am Fettgewebe 
des Hundes fand ich in der Literatur keine Angaben und 
glaube daher, es einem glücklichen Zufalle zu verdanken, wenn 
mir zwei diesbezügliche Fälle zu Gesicht kamen. Die Thiere 
waren vergiftet worden und wiesen folgende Veränderungen 
auf: Im Fettgewebe des Gekröses zahlreiche grieskorn- bis 
linsengrosse, grauweisse, trübe, scharfbegrenzte Herde, von 
denen zwei in einem rothen Hofe liegen. Die nekrotischen 
Herde sind derber als das intacte Fett und geben sich daher 


2. April. 


als Knötchen beim Betasten leicht zu erkennen. An mikro¬ 
skopischen Schnittpräparaten lässt sich nachweisen, d.iss in den 
betroffenen Bezirken viele Fettzellen gänzlich geschwunden sind 
und ein Ersatz durch zellenreiches Granulationsgewebc geschaffen 
wurde. Der Verlust an Fettzcllen ist jedoch in Bezug auf 
Masse nicht gänzlich durch Granulation gedeckt worden, denn 
immer da, wo ein opaker Herd an die Serosa grenzt, hat sich 
durch Retraction des Gewebes eine Delle gebildet, die einen 
genauen Massstab für den Substanzverlust giebt. 

In vielen Fettzellen liegen ausser Feftsäurckrystallcn und 
körnigen Kalkbestandtheilen randständige, sphärisch geschichtete, 
homogene Massen, wie sie Baiser zuerst bei der Fcttgewebs¬ 
nekrose des Menschen ermittelte. Baiser vermuthete in der 
hyalinen Substanz unreines Stearin. Diese von anderen Autoren 
wie Chiari (Prager med. Wochenschrift 1894, S. 447) für 
fettsaueren Kalk erklärte Substanz fand ich in besonders reich¬ 
lichem Masse in dem nekrotischen Fettgewebe des Geflügels. 
Dieses Stoffwechsclproduct erweist sich nach meinen Beobach¬ 
tungen resistent gegen Säuren, Basen, Alkohol und die ge¬ 
bräuchlichen fettlösenden Mittel. Ueber die Ausscheidung der 
fraglichen Substanz aus dem Fette habe ich eingehende Unter¬ 
suchungen angestellt; darüber will ich jedoch später berichten. 

Beim Geflügel ist die Fcttgewebsnekrose nicht sehr selten, 
die Processe nehmen bei Hühnern und Gänsen eine ausser¬ 
ordentliche Ausbreitung über das ganze abdominale Fett an, 
ohne offenkundige Krankheitserscheinungen während des Lebens 
zu verursachen. Die nekrotischen Herde treten multipel in 
verschiedener Grösse auf; das erkrankte Fettgewebe ist honig¬ 
gelb, trübe, grenzt sich scharf gegen intactes ab und hat eine 
derbe Consistenz, die darüber gelegene Serosa ist trübe und 
weist Einziehungen auf. Zwischen den nekrotischen Theilen 
befinden sich vielfach Lücken, die eine ölartige, an Fettsäuren 
und feinkörnigen Kalksalzen reiche Masse enthalten. In den 
nekrotischen Gewebstheilen geben sich noch ganze Fettträubchcn 
zu erkennen, ihre Oelkugeln sind aber durch eingelagerte Kalk¬ 
körnchen und Krystallnadeln trübe. Gleichzeitig enthalten die 
Fcttzellen grössere Mengen der oben erwähnten hyalinen Sub¬ 
stanz. Dieselbe hat sich in wechselgrossen Tröpfchen oder in 
Gestalt eines zierlichen Gerüstes innerhalb des Fettes ausge¬ 
schieden oder an der Innenwand der Zellmembran schichten¬ 
weise abgelagert. Durch Behandlung der Präparate mit Osmium- 
säurc und Reduction mittelst Holzessig können die schwarzen 
Bestandtheile des Fettes von der nicht für Osmium zugänglichen 
hyalinen Substanz streng geschieden werden. 

Ueber die Ursache des fraglichen Leidens konnte bakterio¬ 
logisch nichts ermittelt werden. Alle Aussaaten in den ver¬ 
schiedensten Nährmedien, ob aerob oder anaerob angelegt, 
blieben steril. Nur in einem Falle wuchsen in Reincultur zahl¬ 
reiche Colonien beweglicher Bakterien, die morphologisch mit 
dem Bacillus übereinstimmten, welchen Ponfick als Erreger 
der Fcttgewebsnekrose des Menschen beschuldigte. Impfver- 
suche mit diesen Bacillen ergaben jedoch durchweg negative 
Resultate. Die Bacillen waren aus dem nekrotischen Fette vom 
Gekröse eines Rindes gezüchtet. Da das Präparat schon zwei 
Tage alt war, muss ich annehmen, dass es sich in fraglichem 
Falle um einen post mortem eingewanderten Bacillus handelte. 
Aus frischen nekrotischen Herden von soeben geschlachteten 
Rindern vermochte ich selbst bei sehr reichlicher Aussaat keine 
Keime zu züchten. 

Nach den bisherigen Untersuchungsresultaten 
ist die Fcttgewebsnekrose meines Erachtens auf 
noch unbekannte Ursachen nutritiver Störungen zu 
beziehen, wobei vielleicht chemische Processe in 
den Oelkugeln besonders in Frage kommen. In 
letzteren vollzieht sich eine regressive Metamor¬ 
phose, wobei ein chemisch noch unbekanntes hya¬ 
lines Degenerationsproduct abgespalten wird und 
gleichzeitig Fettsäuren entstehen, die zum Theile 
an Calcium gebunden werden. Das Gerüst des 
Fettgewebes wird erst in zweiter Linie in Mit¬ 
leidenschaft gezogen und kann äbsterben oder, 
wie beim Rinde, proliferiren. 


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No. 14 . DEUTSCHE TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. u 


Mit der Annahme, dass nutritive Störungen Anlass zu den 
eigenartigen nekrotischen Zuständen am Fettgewebe die Ur¬ 
sache sind, stehen experimentelle Untersuchungsresultate im 
Einklang. Hierüber soll jedoch später im Archiv f. wissensch. 
Thierheilkunde eingehend berichtet werden. 

Die vorstehende Arbeit wurde im pathologischen Institute 
der Thierärztlichen Hochschule zu Berlin in Angriff genommen. 
Herrn Geheimrath Prof. Dr. Schütz verdanke ich die gütige 
Ucberlassung des Materials und die Anregung zu dieser Arbeit. 


Nochmals zur Frage „Reh oder Kitz“. 

Von Departementsthierarzt Wallmann -Erfurt. 

In No. 50 d. Zeitschr. v. Js. giebt Herr Prof. Dr. Malkmus 
einen Auszug aus einem Artikel des Prof. Nit sc he in der 
Deutschen Jägerzeitung, welcher obigen Gegenstand behandelt. 
Nach genauer Darlegung der Zahnbildungs- und Zahnwcchsel- 
verhältnissc kommt M. mit Nitsche zu der Schlussfolgerung, 
dass jedes Stück Rehwild, welches in den Monaten Oktober 
bis Dezember nur höchstens 5 Backenzähne in jedem Kiefer 
und noch den Milchprämolar 1 (welcher dreilappig ist) hat, als 
»Kitz« im Sinne des Gesetzes anzuschen sei. 

Da nun erfahrungsgemäss die Setzzeit ausnahmsweise in 
den Monat August, ja selbst September fällt (s. verschiedene 
Jahrgänge der Deutschen Jägerzeitung), so dürfte doch die 
Frage entstehen, ob die von Herrn Prof. Nitsche aufgestclite 
Behauptung ausnahmslos zutrifft. Mir fehlt leider für die 
Beantwortung dieser Frage die praktische Erfahrung, ich glaube 
jedoch unter Berücksichtigung der Ni tsch e'sehen Angaben 
und in der Annahme, dass bei Spätkitzen die Zahnbildung und 
der Zahnwechsel sich genau so vollzieht, wie bei den im Mai 
gesetzten, dieselbe verneinen zu müssen. 

Herr Prof. Nitsche führt selber aus, dass der 3. Molar¬ 
zahn (bei dem im Mai gesetzten Reh) erst im Juli—September 
des 2. Jahres, also im 15. bis 17. Lebensmonat, vorhanden, und 
dass der Wechsel der Milch-Prämolaren erst im Juli oder August, 
also im 16 : Lebensmonat, beendet sei. Demnach würde also 
bei einem im August gesetzten Reh, im Oktober bezw. No¬ 
vember des nächsten Jahres (im 14. bezw. 15. Lebensmonat) 
unter Umständen weder der I. Prämolar gewechselt, noch der 
3. Molar vorhanden sein. 

Da dieser Gegenstand besonders pro foro von Bedeutung 
und eine Klärung im allgemeinen Interesse wünschenswerth ist, 
so würden diesbezügliche auf praktischen Erfahrungen basirende 
Veröffentlichungen derjenigen Herren Collegen, die Jäger sind, 
dankend entgegengenommen werden. 


Referate. 

Zur Symptomatologie der thierischen Parasiten. 

Von Prof. Dr. E. Peiper in Greifswald. 

(Deutsche mcdicinische Wochenschrift, 1897, S. 763.) 

Im Anschluss an einen Krankheitsfall bei einem Mädchen, 
den P. als Meningitis diagnosticirt, nachher aber als durch 
Spulwürmer bedingt erkannte, erörtert er die Frage der Ent¬ 
stehung der meningitischen Erscheinungen. 

Zumeist werden die nervösen Symptome als reflektorische 
aufgefasst; durch den mechanischen Reiz, den ein, mehrere oder 
viele Parasiten auf die sensiblen Nerven durch ihre Haftwerk¬ 
zeuge, durch ihre schlängelnden, bohrenden Bewegungen im 
Darme wie im After bedingen, soll das periphere wie centrale 
Nervensystem in einen hohen Reizzustand versetzt werden. Die 
später auftretenden convulsivischen Zuckungen, Bewusstsein¬ 
störungen, Unruhe, Pruritus, Speichelfluss, Niedergang der Er¬ 
nährung, die Entwicklung der Anämien werden als schliessliche 
Folgezustände aufgefasst. Verf. bezeichnet diese Erklärung 
nicht als völlig unzutreffend, weist auch auf die Thatsachc hin, 
dass Krampfanfälle epileptiformer Art durch Erregung des peri¬ 


pheren Nervensystems hervorgerufen werden können. Seitdem 
aber durch mannigfache Beobachtungen, die freilich in der 
Litteratur sehr zerstreut sich finden, dargethan ist, dass in den 
thierischen Parasiten ein Gift enthalten sein kann, oder dass 
die Parasiten wahrscheinlich durch ihren Stoffwechselumsatz 
Substanzen producircn, welchen giftige Eigenschaften zukommen, 
liegt der Gedanke nahe, gewisse, bei der Helminthiasis auf¬ 
tretende krankhafte Erscheinungen auf die Gift¬ 
wirkung der Helminthen zurückzuführen. Der be¬ 
kannte Helminthologc v. Lin stow hat jüngst in der inter¬ 
nationalen Monatsschrift für Anatomie und Physiologie 1896, 
S. 188, bereits eine interessante Arbeit »Ucber den Giftgchalt 
der Helminthen« veröffentlicht. 

Der Spulwurm, Ascaris lumbricoides, ist nach 
zahlreichen Beobachtungen keineswegs der harmlose Gast, für 
den er so vielfach gehalten wird. In Westindien richtet er 
unter der dortigen schwarzen Bevölkerung und namentlich unter 
den Kindern grosse Verwüstungen an. Häufig wurden mehr 
oder weniger schwere Symptome beobachtet, die mit der An¬ 
wesenheit von Ascariden in Zusammenhang gebracht werden 
mussten; grosse Reizbarkeit, choreatische Zuckungen, Krampf¬ 
anfälle. Nothnagel erwähnt, dass zahlreiche Fälle bekannt 
sind, in welchen Eklampsie nach Abgang von Würmern heilte. 
Verschiedene Beobachtungen wiesen darauf hin, dass die Asca¬ 
riden giftige Stoffe enthalten. Miram, Arthus und Chanson 
beobachteten Erkrankungsfälle im Laboratorium bei der Be¬ 
schäftigung mit Ascaris mcgalocephala; Stechen in den Augen, 
starke Thränensecretion, Niessen, heftiges Jucken und Anschwellen 
der Finger. Schon beim Aufschneiden des Ascariden erfährt 
man einen eigenthümlichen, pfefferartigen Geruch und die Augen 
thränen. Es liegt deshalb nahe, dass jene Stoffe vom Darm 
aus resorbirt werden und speciell Störungen im Centralnerven¬ 
system hervorzurufen im Stande sind. 

Von den Bandwürmern wurde früher immer behauptet, 
dass sie durch ihre Gegenwart im Darm bei ihren Wirthen 
eine grosse Zahl von Krankheitssymptomen bedingen können. 
Namentlich Gesichts- und Gehörsstörungen, Mydriasis, zeitweilige 
Myosis und Verlust der Pupillcnreaction. Weiterhin ist hin¬ 
länglich bekannt, dass die gelegentlich bei Bothriocephalus- 
trägern vorkommenden schweren anämischen Erscheinungen, 
welche den Charakter der pernieiösen Anämie annehmen und 
als solche verlaufen, auf die Gegenwart der Parasiten zurück¬ 
zuführen sind. Schapiro hat die Ansicht ausgesprochen, dass 
die vom Bandwurm ausgehende Schädigung durch ein von diesem 
producirtes Gift bewirkt werde, welches von deletärem Ein¬ 
flüsse auf das Blut sei. Der Umstand, dass die Mehrzahl der 
Parasitenträger von der Anämie verschont bleibt, legt den Ge¬ 
danken nahe, dass das Gift nur unter besonderen Verhältnissen, 
wie etwa beim Erkranken oder Absterben des Wurmes oder 
nach einer gewissen Dauer des Parasitismus gebildet und re¬ 
sorbirt wird. Das Gift kennen wir noch nicht, wohl aber seine 
deletären Wirkungen. 

Unzweifelhaft sind auch in den Echinococcus-Blasen 
toxisch wirkende Substanzen vorhanden, die sich in der Regel 
aber erst nach Verletzung derselben und Austritt der Flüssig¬ 
keit in Pleura- oder Peritonealraum bemerklich machen. Be¬ 
kannt ist, dass nach der zu diagnostischen Zwecken ausgeführten 
Punktion eines in der Abdominalhöhle befindlichen Echinococcus 
peritonitische Reizung trotz aller Vorsichtsmassregeln auftritt. 
Die Probepunktion ist deshalb, wenn derselben nicht alsbald 
die Operation folgt, mit Recht in Misskredit gekommen. Nicht 
selten treten auch Urticaria, Uebelkeit und Gelenkschmerzen 
auf, besonders nach spontanen Rupturen. 

Auch bei der Trichinose treten schon wenige Stunden nach 
dem Genüsse des trichinösen Fleisches sehr intensive Störungen 
auf: Unbehagen, Uebelkeit, Aufstossen, Erbrechen, Schwindel, 
Eingenommenheit des Kopfes u. s. w., zu einer Zeit also, wo 
die Parasiten also unmöglich nennenswerthe anatomische Stö¬ 
rungen verursacht haben können. Es ist vielmehr wahrschein¬ 
lich, dass die eingekapselten, im Darmlumen jetzt frei gewordenen 
Trichinen eine toxische Substanz innerhalb der Kapsel abgesetzt 
haben, die nun frei und resorbirt wird. Möglich wäre es auch, 


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120 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


2. April. 


dass die in die geschlechtsreife Form übergehenden Parasiten 
das Gift produciren. 

Die Annahme, dass die thierischen Parasiten des Menschen 
durch Giftstoffe einen unter Umständen sogar deletären Einfluss 
ausüben können, wird unterstützt durch Experimente und Be¬ 
obachtungen aus der Thierheilkunde. Leuckart sah häufig 
Versuchsthiere nach Verfütterung grösserer Mengen von Band¬ 
wurmeiern in den ersten Tagen, mitunter schon vor Ablauf 
von 24 Stunden ohne nachweisbare äussere Ursache zu Grunde 
gehen. Auch Zürn beobachtete nach Fütterung der Eier von 
Taenia saginata bei einem Kalbe Fieber, Mattigkeit, verminderte 
Fresslust, Durchfall, Athemnoth und schiesslich den letalen 
Ausgang. Zerschnittene Coenuren, welche Leuckart an einen 
Hund verfütterte, riefen einen sehr intensiven Magen- und 
Dünndarmkatarrh hervor, der innerhalb 18 Stunden letal verlief. 

Die Taenia expansa ruft bei Lämmern die Bandwurm¬ 
seuche hervor, in derem Verlaufe häufig Anämie und Kachexie 
eintritt. Taenia cucumerina und namentlich T. Echinococcus 
erzeugt bei Hunden nicht selten der Tollwuth ähnliche Er¬ 
scheinungen, Neigung zum Beissen, Veränderung der Stimme, 
Schwindel, Zuckungen etc., also Symptome, welche aus einer 
Reizung des Centralnervensystems resultiren. 

Nach diesen Erwägungen kommt der Autor zu folgendem 
Schluss: 

Es ist sehr wahrscheinlich, dass die thierischen 
Parasiten Giftstoffe enthalten oder ausscheiden, 
welche besonders schädigend auf das Nervensystem 
wie auch auf die Blutbereitung wirken können. 
Nur bei einer Quote der Parasitenträger kommen 
dieselben klinisch zur Geltung. Malkmus. 


Anwendung der Serumtherapie bei der Brustseuche der 

Pferde. 

Von Deila Noce und Giancola. 

(La clinica vet. 97. S. 577.) 

In einem Remontedepot erkrankten in kurzer Zeit von 
500 Remonten 374 an der Brustseuche. Bei 97 derselben 
haben N. und G. Seruminjectionen angewendet und angeblich 
sehr günstige Resultate erzielt. Das Serum stammte von 
16 Pferden, die sehr schwer krank gewesen waren, und denen 
cs durch Aderlass (je 2 Liter pro Pferd) entzogen wurde. Der 
Aderlass wurde 10 Tage nach der Genesung ausgeführt. Die 
Kranken erhielten bis zu 7 Injectionen subcutan am Halse und 
zwar einmal je 100 g pro Tag. Die Ergebnisse stellen sich 
folgendermassen: 

Von 97 mit Serum behandelten Pferden starben 2 = 
2,06 %. 

Von 27 mit intratrachealen Injectionen von Jodjodkalium¬ 
lösung Behandelten starben 6 = 22,22%. 

Von 250 verschieden Behandelten starben 33 = 13,5 %. 

Die Besserung soll meist schon nach der ersten Injection 
eine auffällige (?) gewesen sein, so dass meist 4 Injectionen 
genügten und selten nur bis zu 7 gestiegen werden brauchte. 

Fri ck. 


Behandlung der Dämpfigkeit. 

Von Fonda. 

(Giornale della Reale Soc. ed Accad. Veterinaria Italiana. 1897, S. 72/.) 

Ein 6 Jahre altes Lastpferd zeigte nicht nur während der 
Arbeit, sondern bereits im Stande der Ruhe frequente Athmung 
mit deutlichem Absatz in der Mitte des Exspirationsstadiums. 
Der Husten war trocken. Die Behandlung mit Arsenik führte 
nur leichte Besserung herbei. F. griff zu der von Cagny an¬ 
gegebenen Behandlung, welche von Erfolg begleitet war. Das 
Pferd erhielt täglich 0,1 g Veratrin und 50 g Secale cornutum. 
Letzteres wurde zunächst mit Rad. Liquiritiae gemischt und 
dann das Veratrin in Alkohol gelöst zugesetzt. Das Mittel 
wurde auf gekochten Hafer und in Kleientrank gethan und so 


von dem Pferde gefressen. Nach Verwendung von 40 Dosen 
obiger Medicamente konnte das Pferd als geheilt betrachtet 
werden. Höchstens bei angestrengtem und andauerndem Laufen 
zeigte sich ein leichter Rückstoss bei der Ausathmung. In 
einer Fussnote bemerkt Mazzini, dass auch er in zwei Fällen 
mit dieser Behandlung vollen Erfolg erzielt hat. Frick. 


Ueber das Vorkommen der Botryomykose beim 
Menschen 

berichteten Poncet und Dör auf dem französischen 
Chirurgencongress (Paris, 18.—23. Oktober 1897.) Die¬ 
selben beobachteten in 4 Fällen erbsen- bis nussgrosse, ge¬ 
stielte, pilzförmige, blutig infiltrirte Geschwülste an den Fingern, 
dem Thorax, und dem Ellenbogen. Die Tumoren waren aus 
einem ganz eigenartigen entzündlichen Gewebe aufgebaut, 
welches sich ganz wesentlich von einem Neoplasma unterschied. 
Einmal gelang die Ueberimpfung auf einen Esel. Es handelte 
sich um die seit Langem beim Pferde bekannte, besonders 
nach der Castration auftretende Botryomykose. 

Durch diese Mittheilung ist das Vorkommen dieser eigen- 
thümlichen Infection, die in der thierischen Pathologie eine 
grosse Rolle spielt, zum ersten Male beim Menschen nach¬ 
gewiesen. Casper. 


Das melanotische Pigment und die pigmentbildenden 
Zellen des Menschen und der Wirbelthiere in ihrer Ent¬ 
wickelung nebst Bemerkungen über Blutbildung und 

Haarwechsel. 

Von Dr. S. Ehrmann. 

(Cassel, Th. G. Fischer.) 

Ehr mann hat sich durch mühevolle, Jahre lang fortge¬ 
setzte Untersuchungen bestrebt, das Räthsel der Pigmentbildung 
zu lösen. Aus dem umfangreichen, durch zahlreiphe vorzüg¬ 
liche Abbildungen ausgestatteten Werke, auf welches Jeder, 
der sich mit der Frage der Pigmentbildung beschäftigen will, 
wird zurückgreifen müssen, seien hier nur die Resultate der 
Untersuchungen aufgeführt: 

1. Die Pigmentbildung geschieht in eigenthümlichen, weder 
mit Bindegewebszellen, noch Leukocyten, noch mit Epidermis- 
zellen identischen Zellen, den Melanoblasten. 

2. Die Melanoblasten sind Abkömmlinge des mittleren 
Keimblattes, welche zum Theil darin sich selbständig entwickeln, 
in die Epidermis einwachsen und daselbst ein selbständiges 
Zelldasein führen. Ob sich Zellen des äusseren Keimblattes 
in die Anlage des Retinaepithels umwandeln, muss vorläufig 
dahingestellt bleiben. 

3. Die Melanoblasten entstehen bei Horngebilden des 
Menschen, der Säugethiere und Vögel, dann bei Amphibien 
und Reptilien an der Grenze zwischen äusserem und mittlerem 
Keimblatt, von wo sie in die Epidermis einwachsen; sie wachsen 
auch in die tieferen Organe und entstehen bei den drei höheren 
Wirbelthierklassen auch selbständig in der Tiefe. 

4. Das Material, welches zu mclanotischem Pigment ver¬ 
arbeitet wird, entstammt dem Blute und ist Hämoglobin, welches 
in grosser Verdünnung in Lymphe und Gewebssäften enthalten 
ist. Das Hämoglobin wird durch den Lebensprocess der 
Melanoblasten zu melanotischem Pigment umgewandelt. 

5. Die Entstehung von melanotischem Pigment aus Bestand- 
theilen des Kerns oder Umwandlung farbloser Formbestand- 
theile des Protoplasmas ist unbewiesen. Das weisse Pigment 
der Amphibien (Guanin) kann immerhin aus Nuclei'n entstehen. 

6. Die extracelluläre Bildung von melanotischem Pigment 
ist bis jetzt nicht nachgewiesen. Was nach Blutungen als extra- 
celluläres, goldgelbes Pigment beschrieben wurde, ist nicht 
melanotisches Pigment, sondern es sind hämatische Schollen. 
Echtes melanotisches Pigment kommt zweifellos extracellulär 
nur bei Zerfall von pigmentirten Zellen vor. 


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No. 14. 


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DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


7. Die Uebertragung des Pigments geschieht durch inner¬ 
protoplasmatische Strömungen auf Protoplasmafäden, welche die 
Melanoplasten mit den Epithelzellen verbinden. Der Ausdruck 
»Einschleppungstheorie« ist deshalb besser durch »Einströmungs¬ 
theorie« zu ersetzen. 

8. Das Pigment ist wenigstens kurz nach seiner Entstehung 
ein in einer zähflüssigen farblosen Substanz aufgelöster Körper. 

Casper. 


Dermatitis papulosa des Hundes, verursacht durch 
Filaria immitis. 

Von Rosso. 

(II moderno zooiatro, 1897, S. 185.) 

Eine 30 kg schwere Hündin, welche sonst gut genährt j 
war, zeigte über den ganzen Körper, am meisten am Kopfe, 
in den Achselgruben und an den Keulen geröthete Haut. Seit 
8 Tagen besteht lebhafter Juckreiz, so dass die Hündin sich 
fortwährend kratzt und benagt. Es finden sich auf der purpur- 
rothen Haut zahlreiche kleine, harte, prominente Knötchen, 
zerstreut wie Hirsekörner. Am Kopf und an den Pfoten finden 
sich verschiedentlich blutige Knoten, welche mit Borken und 
Schuppen bedeckt und haarlos sind. Die mikroskopische Unter¬ 
suchung der zerzupften, abgetragenen Knötchen wies zwischen 
den rothen Blutkörperchen und jungen Bindegewebszellen zahl¬ 
reiche, sich schlängelnde Embryonen von Filaria immitis nach. 

R. berechnete die Zahl derselben, welche in jedem Blutstropfen 
durchschnittlich 20 betrugen, insgesammt auf 597760 Stück. 

Im Blute konnten die Embryonen zu jeder Tageszeit nach¬ 
gewiesen werden und selbst im Urin waren solche vorhanden, 
freilich in letzterem stets abgestorben. 

Zum Zwecke der Behandlung wurde die Hündin geschoren 
und nach gründlicher Waschung mit einer Salbe von Resorcin 8, 
f,'-Naphthol 16, Menthol 6, Baisamum Peruvianum 30, Tinctura 
Absynthii 50, Adeps lanae 100, Vaselin 50, Ol. Amygdalatum 
dulc. 50 verschiedene Male eingerieben. Zum Schlüsse wurden 
die noch nicht abgeheilten Stellen mit Hydr. bichlor. corr. 3,0, 
Acidi tataric. 8, Aqu. dest. 1000,0 gewaschen. Hiernach ver¬ 
schwand der Juckreiz ganz allmälig. Es brachen noch hier und 
da kleine Abscesse auf, die leicht abnarbten. Der Eiter aus 
letzteren enthielt weder todte noch lebende Filarien, obwohl 
dieselben im Blute noch lange Zeit nachweisbar waren. Die 
Hündin, welche tragend war, hatte inzwischen 8 Junge geworfen, 
die jedoch im Blute keine Filarien enthielten und auch im 
Uebrigen gut gediehen, wie die Mutter selbst. Fr ick. 

Nahrungsmittelkunde. 

Verurtheilung- wegen Verwendung von Pr&servesalzen. 

Landgericht Dresden. 

Die Anklage wegen eines Vergehens gegen das Nahrungs¬ 
mittelgesetz vom 14. Mai 1879 führte 28 Dresdener Fleischer¬ 
meister vor den Strafrichter, nachdem auf Verfügung des Stadt¬ 
raths innerhalb der Zeit vom 6. April bis zum 25. Juni v. Js. 
an 157 Stellen Revisionen stattgefunden hatten, um die mehr¬ 
fach verbotene Verwendung von Conservirungsmitteln in Form 
chemisch präparirter Salze zu rohem, namentlich gehacktem 
Rindfleisch festzustellen. Als Sachverständige waren die Herren 
Stadtbezirksarzt Medicinalrath Dr. Niedner und Obcrmedicinal- 
rath Prof. Dr. Renk vom Landesmedicinalcollegium bezw. der 
Leiter des städtischen chemischen Untersuchungsamtes Director 
Heinze als sachverständiger Zeuge geladen. Das von den 
Angeschuldigten in der Hauptsache verwendete Conservirungs- 
salz wird unter dem Namen »Meat-Preserve-Crystall« 
(unterschwefligsaures Natron) schon seit Jahren in den Handel 
gebracht und bezweckt, dem gehackten Rindfleisch ein frisches, 
rothes Aussehen zu geben. Es wird, im Gegensatz zu einem 
Gutachten des bekannten Sachverständigen, Dr. Bischoff in 


Berlin, auch dann als gesundheitsschädlich bezeichnet, wenn es 
in geringer Quantität zur Verwendung kommt. Vor der Ver¬ 
wendung von dergleichen Conservirungsmitteln war durch Be¬ 
kanntmachung des Stadtrathes vom 14. April und 16. Dezember 
1896, sowie vom 26. April 1897 ausdrücklich verwarnt und 
auch ein strafrechtliches Einschreiten angedroht worden. 

Seitens der Angeklagten wurde die Verwendung von Con- 
servirungssalzen der bezeichneten Gattung im Wesentlichen und 
mit dem Vorbehalt, es habe sich nur um kleine Quantitäten 
gehandelt, zugegeben, aber zur Entschuldigung angeführt, es 
sei dies besonders zur warmen Jahreszeit und in Rücksicht auf 
die Ansprüche des Publikums nicht zu umgehen gewesen. Da¬ 
bei habe es sich ausschliesslich um gutes resp. frisches Rind¬ 
fleisch gehandelt, das in Folge der Temperatur oder weil es 
von besonders gemästeten Thieren herrühre, nicht die beliebte 
| frische, röthliche Farbe zeigte. Die Angeklagten behaupteten 
sämmtlich, dass sie die erwähnten stadträthlichcn Bekannt¬ 
machungen nicht gelesen hätten und im Zusammenhang damit 
stellten sie auch in Abrede, gewusst zu haben, dass der Ge¬ 
nuss des in der bezeichneten Weise conservirten Fleisches ge¬ 
eignet sei, die Gesundheit zu schädigen. Im Laufe der Ver¬ 
handlung kam zur Sprache, dass an verschiedenen Orten Deutsch¬ 
lands, namentlich auch in Berlin, die Verwendung von präparirten 
Salzen resp. schwefelsaurem Natron zur Conservirung des Rind¬ 
fleisches, allerdings in sehr geringen Quantitäten, noch jetzt 
gestattet werde. Nach dem Gutachten der Herren Sachver¬ 
ständigen ist das von den Angeklagten verwendete Conservirungs- 
salz, auch wenn es in kleinen Quantitäten benutzt wird, geeignet, 
die Gesundheit zu schädigen, und gestützt hierauf beantragt die 
Königl. Staatsanwaltschaft Verurtheilung der Beschuldigten wegen 
fahrlässigen Vergehens in der Richtung der §§ 14 und 12 des 
citirten Reichsgesetzes. Der Gerichtshof erkannte inj Sinne des 
staatsanwaltlichen Antrags gegen sämmtliche Angeklagte auf 
Geldstrafen von je 30 Mk. ev. je 5 Tage Gefängniss. 

Edelmann. 


Amerikanische Schinken. 

In vielen Städten werden jetzt amerikanische Schinken 
zum Verkaufe gebracht, die nach ärztlichem Gutachten in Folge 
ihrer Zurichtung gesundheitsschädlich sind. Der Oberbürger¬ 
meister von Köln warnt seine Mitbürger durch folgende Be¬ 
kanntmachung: »Es sind in Köln amerikanische Schinken, die 
zur Conservirung mit Borsäure bestrichen waren, in den 
Handel gebracht. Obgleich sie vor dem Verkaufe sorgiältig 
abgewaschen waren, war nach dem Ergebnisse der chemischen 
Untersuchung das Fleisch sehr stark mit Borsäure durchsetzt 
und am Knochen hatten sich Borkrystalle gebildet. Die Bor¬ 
säure ist aber nach der auf Grund Gutachtens Sachverständiger 
erfolgten Feststellung der Strafkammer in Köln ein Gift, das 
geeignet ist, die menschliche Gesundheit zu schädigen. Das 
Feilhalten und der Verkauf von Fleisch, das mit Borsäure con- 
servirt ist, ist daher unzulässig, und es wird bei Zuwiderhand¬ 
lungen auf Grund des Reichsgesetzes vom 14. Mai 1879, be¬ 
treffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln u. s. w., strafrecht¬ 
lich vorgegangen werden«. 


Der Bezirkspräsident von Ober-Elsass hat unter dem 
13. Dezember v. Js. eine Verordnung über die Beaufsichti¬ 
gung des Metzgergewerbes und des Fleischhandels 
erlassen, woraus wir nachstehende Bestimmungen entnehmen: 

Fleischbeschau. § 1. Für jede Gemeinde, in welcher 
eine Schlächterei (stehendes Fleischgewerbe) betrieben wird, 
ist ein Fleischbeschauer und für denselben ein Stellvertreter 
anzustellen. Er wird nach Anhörung des Bürgermeisters vom 
Kreisdirector ernannt. Als Fleischbeschauer sind vorzugsweise 
die approbirten Thierärzte zu wählen. Jedenfalls dürfen nur 
solche Personen ernannt werden, welche sich über ihre technische 
Fähigkeit durch ein von dem Kreisthierarzt des Kreises, in 
welchem die Anstellung zu erfolgen hat, auszustcllendcs Prüfungs- 
zeugniss ausweisen. Der Kreisdirector kann nach Anhörung 
der Bürgermeister mehrere Gemeinden zu einem Flcischbeschau- 


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122 


DEUTSCHE THIER.ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT, 


2. April. 


bezirke vereinigen, auch einem Flcischbeschauer die Functionen 
in mehreren Gemeinden übertragen. 

§ 2. Die Fleischbeschauer und deren Stellvertreter sind 
in der Ausübung ihrer Functionen Ortspolizeibeamtc. Sie 
werden auf gewissenhaftes Verfahren verpflichtet. Sie haben 
zur Wahrnehmung der ihnen übertragenen Controle in die 
Schlachträume und Metzgerläden zu jeder Zeit während des 
Gewerbebetriebs Zutritt. Die Gewerbetreibenden sind ver¬ 
pflichtet, ihnen auf Verlangen den gesammten Vorrath von 
Fleisch, Fett, Fleischfett und Kuttlerwaren vorzuzeigen. 

§ 3. Der Fleischbeschauer hat ein Tagebuch zu führen 
und in dasselbe jede Schlachtung einzutragen. Die Fälle, in 
welchen ein Thierarzt zuzuziehen ist, sind in dem Tagebuch 
ausdrücklich zu vermerken, ebenso wie der Erfolg der Beschau. 
Nach jeder Fleischbeschau ist das bankwürdige Fleisch zu 
stempeln und dem Besitzer des Schlachtviehs ein mit der 
Nummer des Journals zu versehender Beschauschein auszu¬ 
fertigen. Minderwerthiges Fleisch darf der Fleischbeschauer 
nicht abstempeln, es sei denn, dass er Thierarzt ist. Für 
Fleisch, welches in eine andere Gemeinde gebracht werden 
soll, hat der Fleischbeschauer Begleitscheine auszuhändigen 

§ 4. Der Flcischbeschauer hat für die Beschau und Aus¬ 
stellung des Scheines vom Thierbcsitzer folgende Gebühren zu 
beanspruchen: 1) für das Stück Grossvich 50 Pfg., 2) für das 
Stück Kleinvieh 30 Pfg. Wird der Fleischbeschauer nach einer 
anderen Ortschaft gerufen, so kommen ihm ausser der Beschau¬ 
gebühr für jeden zurückgelegten Kilometer 10 Pfg. Reise¬ 
entschädigung zu. Werden für ein Thier mehrere Scheine aus¬ 
gestellt, z. B. wenn das Fleisch in mehrere Gemeinden gebracht 
werden soll, so stehen ihm für jeden weiteren Schein 10 Pfg. 
zu. Die hinzugezogenen Thierärzte haben von dem Besitzer 
des Schlachjthieres die für thierärztlichc Besuche üblichen Ge¬ 
bühren zu beanspruchen. Diese Bestimmungen finden keine 
Anwendung auf die Fleischbeschau in Gemeindeschlachthäusern, 
in denen von der Gemeindeverwaltung besoldete Fleischbe¬ 
schauer angestellt sind. Doch soll auch hier die Gebühr im 
Wesentlichen nicht höher bemessen sein, als es die durch die 
Fleischbeschau verursachten Kosten erforderlich machen. 

§ 5. Die Einführung der mikroskopischen Beschau des 
Schweinefleisches auf Trichinen bleibt der ortspolizeilichen 
Regelung überlassen. 

Gewerbsmässiger Metzgerbetrieb. § 6. Das 
Schlachten der Schlachtthiere mit Ausnahme des Federviehs, 
deren Fleisch zum Verkauf bestimmt ist, hat in Orten, wo 
öffentliche Schlachthäuser sich befinden, in diesen, in anderen 
Orten in besonderen von der zuständigen Behörde genehmigten 
Räumen stattzufinden. Während der Nachtzeit, d. i. von Sonnen¬ 
untergang bis Sonnenaufgang, sowie an den Sonn- und Feier¬ 
tagen ist das Schlachten verboten. Ausnahmen aus dringlichen 
Gründen bedürfen für jeden Fall einer besonderen, in jedem 
Falle schriftlich zu ertheilenden Genehmigung der Ortsbehörde. 

§ 7. Nach der Schlachtung sind die brauchbaren Abfälle 
(Haut, Eingeweide, Fett u. s. w.) aus dem Schlachtraume zu 
entfernen und dieser rein zu fegen und mit reinem Wasser ab¬ 
zuspülen, auch die gebrauchten Geräthe zu reinigen, Unrath 
und Abfälle entweder in wasserdicht verdeckte und periodisch 
zu räumende Gruben abzuführen oder ausserhalb der Orte zu 
verbringen. Blut und andere Abfallstoffe dürfen nicht auf öffent¬ 
liche Wege und Plätze geleitet werden. 

§ 8. Die Stätten zur Verarbeitung des Fleisches (Wurst¬ 
küchen, Kuttlereien u. dergl.) müssen in besonderen Räumen 
eingerichtet sein, reinlich und luftig gehalten werden, mit un¬ 
durchlässigen Fussböden versehen sein und alljährlich frisch 
getüncht werden, sofern nicht die Wände in Oel gestrichen 
sind oder aus glatt behauenen Steinen oder glasirten Platten 
bestehen. 

§ 9- Metzgerläden unterliegen denselben Vorschriften, 
doch dürfen dieselben nicht geheizt werden. 

§ 10. Das Fleisch darf in den Metzgerläden nicht an der 
Mauer aufliegen und muss derart aufgehängt sein, dass cs Ver¬ 
unreinigungen entzogen und gegen die Sonnenstrahlen geschützt 
ist. Die zum Vertheilcn und Wiegen des Fleisches dienenden 


Instrumente und Vorrichtungen müssen stets rein gehalten 
werden. 

§ 11. Es ist verboten, ungedörrte Därme, verdorbenes 
Fleisch, Fett, Knochen und andere Abfälle, Thierhäute und 
Blut in den Metzgerläden aufzubewahren. 

' § 12. Ochsen, Kühe, Stiere, Rinder, Kälber, Schweine, 

Schafe und Ziegen, welche zum Verkauf als menschliche Nahrung 
geschlachtet werden sollen, müssen vor und nach der Schlach¬ 
tung der Beschau unterstellt werden. Der Fleischbeschauer 
ist zu dem Ende rechtzeitig vor der beabsichtigten Schlachtung 
vorher in Kenntniss zu setzen. Derselbe hat, wenn das Fleisch 
gesund befunden worden, eine Bescheinigung darüber auszu¬ 
stellen und das Fleisch mit dem Controlstempel zu versehen. 

§ 13. Kälber dürfen nur geschlachtet werden, wenn sie 
mindestens 20 Tage alt sind. 

§ 14. Wo Pferde geschlachtet werden, ist die Beschau 
stets eindm approbirten Thierarzte zu übertragen. Pferdefleisch 
in Stück oder verarbeitet, muss ausdrücklich als solches zum 
Verkaufe feilgcboten werden. 

§ 15. Fleisch und andere zum Genuss bestimmte Theile 
des geschlachteten Thiercs, welches aus einer anderen Gemeinde 
resp. aus einem anderen Beschaubezirke zum Verkauf, Weiter¬ 
verkauf oder zur weiteren Ver- und Bearbeitung behufs Ver¬ 
kaufs cingeführt werden, müssen von einem Gesundheitsschein 
des Sohlachtortes begleitet und mit dem Controlstempel dieses 
Ortes auf den einzelnen Stücken versehen sein und sofort dem 
Fleischbeschaucr oder dem Bürgermeister des Verkaufsortes 
vorgezeigt werden, bevor der Verkauf stattfindet. Der Fleisch¬ 
beschauer bezw. Bürgermeister hat hierüber auf dem Gesund¬ 
heitsscheine Vermerk zu machen und das Fleisch abzustempeln. 
Durch polizeiliche Vorschrift kann für diese Beschau des von 
auswärts eingebrachten Fleisches eine Gebühr von 10 Pfg. für 
jedes mit dem Stempel versehene Stück eingeführt werden. 
Fleisch der im § 15 bezcichneten Art darf nicht ausgebeinelt 
sein und muss in halben Vierteln (Grossvieh) oder in Vierteln 
(Kleinvieh) eingeführt werden. Ausnahmen sind nur zulässig 
bei Lümmel (Filet) und Nierenstücken. Die Vorschriften der 
§§■•15 und 16 finden keine Anwendung-auf Fleisch, welches 
zum eigenen Verbrauch eingeführt oder auf Bestellung geliefert 
wird. Das von Metzgern, Wurstlern und Gastwirthen bestellte 
Fleisch gilt niemals als zum eigenen Gebrauch eingeführt. 

Hausirhandel und Wochenmarktsverkehr. § 16. 
Die Vorschriften dieser Verordnung finden mit Ausnahme der 
sich lediglich auf den stehenden Gewerbebetrieb beziehenden 
§§9-11 auch auf den Hausirhandel mit frischem Fleisch und Fett, 
Fleisch-, Fett- und Kuttlcrwaaren, sowie den Wochenmarkts¬ 
verkehr mit diesen Gegenständen Anwendung. Im Ucbrigen 
unterliegen der Hausirhandel und Wochenmarktsverkehr den 
Bestimmungen der Gewerbeordnung für das Deutsche Reich. 

Hausschlachtung. § 17. Der Verkauf von haus¬ 
geschlachtetem Fleisch unterliegt den Bestimmungen dieser Ver¬ 
ordnung, abgesehen von den in den §§. 18—20 enthaltenen 
Ausnahmen. 

§ 18. Viehbesitzer, welche Vieh schlachten, dessen Fleisch 
nicht zum gewerbsmässigen Verkauf bestimmt ist, sind den Vor¬ 
schriften über die Schlachtstätten nicht unterworfen. Jedoch 
muss der Schlachtraum derart beschaffen sein, dass er gegen 
die öffentliche Strasse abgeschlossen ist. Blut und andere Ab¬ 
fallstoffe dürfen nicht auf die öffentlichen Plätze und Wege ab- 
fliessen; Kinder dürfen nicht als Zuschauer zugelasscn werden. 
§ 6, Absatz 2, findet auch auf die Hausschlachtungen An¬ 
wendung. 

§ 19. Viehbesitzer, welche das Fleisch oder Fett von 
hausgeschlachteten Thieren, die sie selbst aufgezogen oder min¬ 
destens 3 Monate nach dem Erwerbe in ihrem Stalle gefüttert 
haben, in ihrem Wohnort oder in dessen Umgebung bis zu 
15 Kilometer Entfernung verkaufen wollen, unterliegen nicht 
den Vorschriften über die Verkaufslokale, so lange der Verkauf 
nicht gewerbsmässig betrieben wird. 

§ 20. Bei Verwendung hausgeschlachteten Fleisches in 
einer Gastwirthschaft ist die Fleischbeschau erforderlich. Statt 


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DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


123 


No. 14. 


eines Fleischbeschauers kann auch ein approbirter Thierarzt 
hiermit beauftragt werden. 

Allgemeine Bestimmungen über ungesundes und 
minderwerthiges Fleisch, sowie über die Noth- 
schlachtung. 

§ 21. Fleisch, welches gemäss den Bestimmungen in den 
vorhergehenden Abschnitten verkauft werden soll, muss bank¬ 
würdig rein. Als bankwürdig ist nur solches Fleisch zu er¬ 
klären, welches von gesunden Thiercn kommt, den vorher¬ 
gehenden Bestimmungen gemäss geschlachtet und noch frisch 
ist. Minderwerthiges Fleisch ist solches, welches bei der Be¬ 
schau »als geniessbar, aber nicht als bankwürdig« befunden 
wird. Fleisch von nothgeschlachteten Thieren ist stets als 
minderwerthig zu erklären. 

§ 22. Wird bei der Beschau das lebende Schlachtvieh 
krank befunden, so ist die Besichtigung und Erlaubniss, falls 
der Fleischbeschauer nicht selbst Thierarzt ist, Seitens eines 
approbirten Thierarztes zum Schlachten nothwendig. Ebenso 
muss ein Thicrarzt sofort herbeigerufen werden, wenn nach 
dem Schlachten Krankheitszeichen wahrgenommen werden. 

§ 23. Soll die Nothschlachtung eines Thieres vorgenommen 
werden, dessen Fleisch zum Verkaufe in oder ausserhalb der 
Gemeinde bestimmt ist, so ist ausser der Beschau die Besichti¬ 
gung und Zustimmung eines Thierarztes zum Schlachten er¬ 
forderlich. — Ausnahmen sind nur dann zulässig, wenn Gefahr 
in Verzug ist (bei Knochenbrüchen, Verwundungen, schweren 
Geburten, plötzlichem Aufblähen, Erstickungsfallen u. dergl.). 
In diesem Falle genügt es, wenn der Thierarzt erst nach der 
Schlachtung herbeigerufen wird; es darf jedoch bis zu dessen 
Erscheinen das Thier weder ganz abgehäutet sein, noch ein 
Theil desselben aus dem Schlachtlokale entfernt werden. 

§ 24. Werden das Fleisch oder die Eingeweide des 
bereits geschlachteten Thieres von dem Thierarzt für ungeniess- 
bar erklärt, so hat er zugleich zu bestimmen, ob und unter 
welchen Bedingungen Fett, Haut, Klauen etc. verwendet werden 
dürfen, oder ob sie mit dem Fleische vergraben werden müssen. 
. §..25., Das. Vergraben . des als ungeniessbar erklärten 

Fleisches und der unverwendbaren anderen Theile hat sofort 
unter der Aufsicht der Ortspolizeibehörde stattzufinden; nach¬ 
dem dieselben vorher mit Wasser und gleichen Theilen Carbol- 
säure oder Petroleum getränkt worden sind. 

§ 26. Ist das Fleisch noch geniessbar, aber minderwerthig, 
so macht der Thierarzt auf dem von ihm auszustellenden oder 
mitzuunterzeichnenden Beschauschein Vermerk, kennzeichnet die 
Fleischstücke durch einen Stempel, der das Wort »Minder¬ 
werthig« enthalten muss und erstattet gleichzeitig der Orts¬ 
behörde Anzeige. 

§ 27. Minderwerthiges Fleisch darf nur im Namen und 
für Rechnung des Thiereigenthümers öffentlich an den vom 
Bürgermeister hierfür bestimmten Plätzen, unter denen sich auch 
die Behausung des Thiereigenthümers befinden kann, und unter 
ortspolizeilicher Aufsicht in Stücken bis zu höchstens 5 Kilo¬ 
gramm Gewicht verkauft oder versteigert werden. Tag und 
Stunde des Verkaufs ist der Ortspolizeibehörde rechtzeitig an¬ 
zuzeigen und in ortsüblicher Weise bekannt zu machen. Der 
Beschauschein, aus welchem namentlich der Grund der Minder- 
werthigkeit ersichtlich sein muss, ist an der Verkaufsstelle leicht 
sichtbar anzuheften. Soll der Verkauf des minderwerthigen 
Fleisches ausserhalb des Schlachtortes stattfinden, so sind die 
Vorschriften der §§. 15 und 16 zu beachten. Aus dem Begleit¬ 
schein muss hervorgehen, dass das Fleisch minderwerthig ist. 
In den Gastwirthschaften, Metzger-, Wurstler- und Kuttlerläden 
darf minderwerthiges Fleisch nicht verkauft werden. 

§ 28. Sind Finnen oder sonstige Schmarotzer in geringem 
Grade im Fleisch gefunden, so muss das Kochen des Fleisches 
vor dem Verkaufe angeordnet werden. 

§ 29. Will der Interessent sich bei der Entscheidung des 
Thierarztes nicht beruhigen, so kann er zur endgültigen Ent¬ 
scheidung den Kreisthierarzt, oder, falls Letzterer selbst als 
Fleischbeschauer fungirt hat, den Landesthierarzt auf seine 
Kosten herbeirufen. _ _ 


Verschiedene Mittheilungen. 

Deutschlands Ein- und Ausfuhr von Vieh und thlerischen 
Producten im Jahre 1897. 

(InternationnU Fleischerzeitung. 1898. No. 10.) 

Für die Vieheinfuhr nach Deutschland kamen bei 
Rindern nur Dänemark, Oesterreich-Ungarn, Schwedcü und 
die Schweiz in Betracht. Die Einfuhr von Grossvieh betrug 
202970 Stück im Werthe von 56765000 Mk. gegen 208145 
Stück im Jahre 1896. Ausgeführt wurden 12 130 Stück im 
Werthe von 4855000 Mk., so dass ein Einfuhrüberschuss 
verblieb von 190 840 Stück mit einem Werthe von 51 910000 Mk. 
Von den Importländern lieferten Oestereich-Ungarn 45,3 °/ 0 , 
Dänemark 41,05%, die Schweiz 8,8 °/ 0 und Schweden 4,2%. 

An Schweinen (ausgeschlossen die Spanferkel) wurden 
nur 89 826 Stück eingeführt mit einem Werthe von 5 713 000 Mk. 
gegen 108091 Stück in 1896 und 245594 Stück in 1895. 
Die Ausfuhr an Schweinen betraf nur 4592 Stück. An der 
Einfuhr ist betheiligt Russland mit fast 80"/,, Frankreich mit 
14,7 %, Schweden mit 4,4 °/ 0 und Oesterreich mit 160 Stück. 

An Kälb-ern führte man ein 14597 St. und aus 455 St. 

„ Schafen „ „ „ 1988 „ „ „ 199295 » 

„ Ziegen „ „ „ 1400 „ „ „ 103 „ 

„ Pferden „ „ 120334 „ „ „ 9050 „ 

Der Werth der eingeführten Pferde ist mit 85 583000 
Mark, der des ausgeführten Schafviehs mit 4498000 Mk. 
in Rechnung gestellt worden. 

Die Absatzgebiete für Deutschlands Viehausfuhr sind 
unverändert geblieben. Für Hornvieh, Kälber und Schweine 
kommen, da es sich lediglich um Zuchtvieh handelt, Oester¬ 
reich und die Schweiz in Betracht, für die Schafausfuhr Belgien 
mit 39°/„, Grossbritamüen mit 26 °/„, Frankreich mit 23,8 °/ 0 
und die Schweiz mit 10 "[g. Auffällig ist die Zunahme des Ex¬ 
portes nach Belgien um 100 °/ 0 (ca. 40000 Stück Schafe) und 
die Abnahme nach Frankreich um ca. 94000 Stück = 60 °/ 0 
gegen das Vorjahr. 

Versucht man die gesammte Vieheinfuhr nach Gewicht 
auszudrücken und berechnet Ochsen und Bullen mit 650 Pfd. 
Fleischgewicht, Kühe 425, Jungvieh 300, Kälber 60, Schweine 
200 und Schafe mit 200 Pfd., so ergiebt sich 1897 ein Ein¬ 
fuhrüberschuss von 988260 Ctr. gegen 1024085 Ctr. Fleisch¬ 
gewicht im Jahre 1896, mithin ein Ausfall von 35825 Ctr. 
Dass der inländische Consum einen solchen Rückgang nicht 
vertragen konnte, liegt auf der Hand. Es musste Ersatz ge¬ 
schaffen werden. Würde der Inlandsconsum sich gleich ge¬ 
blieben sein, würde die Viehzucht in demselben Masse wie im 
Jahre vorher leistungsfähig gewesen sein, so hätten also 
35000 Ctr. Fleisch mehr als im Jahre 1896 importirt werden 
müssen. Wie aber obige Zahlen lehren, ist die Fleischeinfuhr 
um mehr den 400 000 Ctr. gestiegen, woraus es wohl zur Genüge 
erhellt, wie es mit der heimischen Viehproduction bestellt ist. 

Dem Gewicht nach stieg die Fleischeinfuhr, die sich in 
diesem Jahre zum ersten Male in die einzelnen Species zerlegt 
klar dargestellt um 212 800 Doppelcentner oder 80 °/ 0 gegen 
das Vorjahr. Bei alledem ist es zu der Masseneinfuhr australi¬ 
schen frischen Fleisches gar nicht einmal gekommen, die so 
viel von sich reden machte. Allein die Einfuhr amerikani¬ 
schen Fleisches übertrifft die Gesammteinfuhr im Jahre 1896; 
sie hob sich in Jahresfrist fast um 100 °/ t , und zweifellos blüht 
und gedeiht die Fleischwaaren-Industrie drüben trotz der billigen 
Preise. Die Einfuhr von Fleisch und Fleischwaaren war am 
stärksten im Dezember und erreichte in diesem ein Viertel der 
Gesammteinfuhr von 1896, am schwächsten war sie im Juni. 
In Speck trat der Hochstand bereits im November ein, in 
Würsten im September. 

Gegenüber der Fleischeinfuhr fällt die Fleischausfuhr 
kaum in’s Gewicht, sie betrug nicht einmal 8 °/ 0 derselben. 
Den Hauptantheil (35 °/ 0 ) daran haben Schweineschinken, worin 
Frankreich, Belgien, die Schweiz, Oesterreich und Nordamerika 
Nehmer waren. Auch Würste werden in nicht unbeträchtlicher 
Menge nach denselben Ländern exportirt. In’s Gewicht fallt 


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DEUTSCHE THtERzERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


2. April. 


124 

sonst nur noch die Ausfuhr frischen Fleisches, die sich im 
Wesentlichen nach der Schweiz richtete und darin seinen Grund 
hat, dass in der Schweiz ein Verbot rituellen Schächtens be¬ 
steht, was dortige strenge Orthodoxe zwingt, Fleisch aus dem 
Auslande zu beziehen, so dass sich längs der schweizerischen 
Grenze eine regelrechte Ausfuhr - Industrie hat entwickeln 
können. 

Von der Einfuhr von Fetten war die in Schmalz in 
diesem Jahre ebenfalls enorm. Sie stieg gegen das Vorjahr, 
das an und für sich schon höchst bemerkenswerthe Zahlen auf¬ 
wies, um weitere 30 °/o. Demgegenüber gingen nur 4 Waggon 
Schmalz von Deutschland in’s Ausland. Nordamerika lieferte 
uns allein 92 */* °/o der Gesammteinfuhr. Wohl in Folge der 
Ueberfüllung der heimischen Talglager ging die Einfuhr von 
Talg im abgelaufenen Jahre um 12 1 j i °/ 0 zurück, während sich 
die Ausfuhr um 33 °/ 0 hob, so dass der factische Einfuhr¬ 
überschuss nur 85 °/ 0 des vorjährigen beträgt. Die Einfuhr ist 
damit auf den Stand von 1893 zurückgekehrt, während sich 
die Ausfuhr neben das bisher beste Jahr 1888 stellen kann. 

Einen ausserordentlichen Aufschwung hat seit 1890 auch 
der deutsche Darmhandel genommen, der in diesem Jahre 
mit 17 192 Tonnen Einfuhr gerade doppelt so gross war, wie 
in 1890 mit 8584 Tonnen. Die Herkunftsländer haben sich 
allerdings bedeutend verschoben, so dass im Vorjahre Oester¬ 
reich unser Hauptlieferant war, dem die anderen Länder, Däne¬ 
mark, die Schweiz, Schweden, Nordamerika, Holland, Frank¬ 
reich, Grossbritannien in bedeutendem Abstande folgen, während 
Russland heute nur noch an letzter Stelle rangirt und mit 
300 Doppelcentner nur i 4 / 6 °/ 0 der Einfuhrmenge lieferte. 

Edelmann. 


70. Versammlung: der deutschen Naturforscher und Aerzte 
zu Düsseldorf 1898. 

Der Vorstand der Abtheilung für 

Thierheilkunde 

ladet in einem Rundschreiben die Herren Fachgenossen zu der 
vom 19. bis 24. September in Düsseldorf stattfindenden Ver¬ 
sammlung deutscher Naturforscher und Aerzte ein. 

Da den allgemeinen Einladungen, die Anfangs Juni zur 
Versendung gelangen werden, bereits ein vorläufiges Programm 
der Versammlung beigefügt werden soll, so wird gebeten, Vor¬ 
träge und Demonstrationen spätestens bis Ende April 
bei einem der Unterzeichneten anmelden zu wollen. 

Es liegt in der Absicht der Geschäftsführung, dem in den 
Versammlungen zu Frankfurt und Braunschweig hervorgetretenen 
Wunsche auf Beschränkung der Zahl der Abtheilungen dadurch 
gerecht zu werden, dass sie versuchen wird, möglichst viele 
Abtheilungen zu gemeinsamen Sitzungen zu vereinigen. 

Einführende sind Departements- und Kreisthierarzt Joseph • 
Renner, Duisburgerstr. 62, und Thierarzt Wilhelm Junkers, 
Herzogstr. 12; Schriftführer: Thierarzt Theodor Frisch, 
Klosterstr. 84. Anmeldungen von Vorträgen sind bei einem 
der genannten Herren zu bewirken. 


Tuberculosecongress in Frankreich. 

Der 4. Congress für die Erforschung der Tuberculose soll 
in der letzten Woche des Juli 1898 unter dem Vorsitze von 
Professor. Nocard in Paris abgehalten werden. Gegenstand 
der Tagesordnung sind folgende Punkte: 

1. Die Sanatorien als Mittel zur Verhütung und Behand¬ 
lung der Tuberculose. Berichterstatter: Le Gendre, Netter, 
Thoinot. 

2. Die Heilsera und Toxine in der Behandlung der Tubercu¬ 
lose. Berichterstatter: Landouzy, Maragliano. 

3. Die X-Strahlen als diagnostisches Hilfsmittel bei der 
Tuberculose. Berichterstatter: Bouchard, Teissier, Claude. 

3a. Die X-Strahlen bei der Behandlung der Tuberculose. 
Berichterstatter: Lortet. 


4. Die Bekämpfung der Tuberculose bei Thieren durch 
vorbeugende Massregeln. Berichterstatter: Nocard, Bang. 

Die französischen Militärveterin&re. 

In einer Sitzung der von der französischen Abgeordneten- 
Kammer gewählten Armeecommission entwickelte der Abgeordnete 
Bazille einen Gesetzentwurf betr. die Umbildung des Militär- 
Veterinärwesens, welcher nach seiner Meinung »den berechtigten 
Forderungen dieses lobenswerthen Berufes Genüge leisten würde, 
ohne die Ausgaben des Budgets mehr zu belasten.« Die Ein- 
theilung des Corps der Militärthierärzte in Frankreich würde 
sich hiernach folgendermassen gestalten: 

I Veterinärinspecteur mit Oberstenrang; 

II Corpsrossärzte I. Klasse mit Oberstleutnantrang; 

42 Corpsrossärzte II. Klasse mit Majorrang; 

159 Oberrossärzte mit Rittmeisterrang; 

192 Rossärzte bezw. Unterrossärzte mit Premier- bezw. 
Secondeleutnantrang; Summa 405 Veterinäroffiziere. 

Die Commission ertheilte dieser Gesetzesvorlage grund¬ 
sätzlich ihre Zustimmung. Haas. 

Bücheranzeigen und Kritiken. 

Möller: Lehrbuch der Augenheilkunde für Thierärzte. 

Dritte neubearbeitete Auflage. Stuttgart bei Enke. 1898. 

Von den Werken, welche über die Krankheiten der Augen unserer 
Hauslhier* handeln, hat das Möller ’sche entschieden unter den deutschen 
Thierärzten die weiteste Verbreitung gefunden. Und das ist mit Recht ge¬ 
schehen, da es in gleichem Masse der Wissenschaft und der Praxis Rechnung 
trägt. M. hat auf dem Gebiete der Augenheilkunde bei unseren Hausthieren 
umfangreiche praktische Erfahrungen gesammelt und dieselben unter kritischer 
Benutzung der Literatur sorgfältig verarbeitet. 

Dass das Werk in der Thierheilkunde einem wirklichen Bediirfniss ab¬ 
hilft, das beweist auch wieder die vorliegende Auflage. Sie ist seit 1889 
die dritte; dieser Umstand allein spricht schon filr den Werth des Werkes, 
so dass ein näheres Eingehen, auf den Inhalt überflüssig erscheint. Auch 
die dritte Auflage des obigen Werkes schliesst sich würdig den früheren an 
und sei Allen, die sich für Augenkrankheiten unserer Hausthiere interessiren 
(und das sind nicht nur Thierärzte), angelegentlichst empfohlen. Fr ick. 


Personal-Nachrichten. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Bezirksthierarzt Josef Im min ge r 

in Donauwörth wurde zum Kreisthierarzt an der Regierung von Unterfranken 
und Aschaffenburg in Würzburg ernannt. Kreisthierarzt Struve von Sonder¬ 
burg nach Kiel versetzt. Thierarzt Kunkel von Kalk zum Schlachthof¬ 
verwalter in Ibbenbüren gewählt, Thierarzt F-. Grundmann mit Vornahme 
der Fleischbeschau in Schellenberg betraut. Die II. Assistentenstelle an dem 
Prenzlauer Rothlaufinstitut erhielt Thierarzt Harm von Berlin. Nieder¬ 
gelassen haben sich die Thierärzte L. Knudsen in Rödding, Scherrer 
in Heidelberg. 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutschen 

Heeres: Preussen: Versetzt die Rossärzte Winter vom Drag.-Regt. 
No. 20 zum Art.-Regt. No. 7, Marks vom Art.-Regt. No 14 zum Drag.-Regt. 
No. 20, Unterrossarzt Kettel vom Art.-Regt. No. 15 unter Beförderung zum 
Rossarzt zum Art.-Regt. No. 14, die Unterrossärzte Rosenbaum vom 
Hus.-Regt. No. 14 zum Kür.-Regt. No. 5, Kossmag vom Kür.-Regt. No. 5 
zum Hus-Regt. No, 14. Zu Unterrossärzten befördert die Eleven v. Müller 
beim Art.-Regt. No. 20, Weller beim Art.-Regt. No. 32, Rossberg beim 
Ulanen-Regt. No. 18; zum Rossarzt des Beurlaubtenstandes der Unterrossarzt 
der Reserve Carl. 

Bayern: Prechtel, Veterinär I. Kl. im 4. Chev.-Regt., zum Stabs¬ 
veterinär im II. Ul.-Regt. befördert. Betz, Veterinär der Reserve, in den 
Friedensstand des 4. Art.-Regts. versetzt. Zu Unterveterinären des activen 
Dienststandes ernannt und mit Wahrnehmung offener Veterinärstellen betraut 
der einjähr.-freiw. Unterveterinär G. Costa im 2 Schw. Reiter-Regt. und 
der dreijähr.-freiw. Unterveterinär E. Rossmüller im I. Ul.-Regt. 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche ThierärzÜlche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der Macklof sehen Druckerei in Karlsruhe i. B. 


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Deutsche 


Thierärztliehe Wochenschrift 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regierungs- und Medicinalrath, 
Director der Thierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 


herausgegeben von 
Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregieranger&th 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regiemngsrath and Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Freiburg i. B. 


redigirt von 


Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden S&mmtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 

Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man ... ■ 11 werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 

abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbachhandlung in $QCh§t£r Jflhrg flll g. Correctnren nnd Anzeigen an die Expedition der 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit direoter 0 ® Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 

portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784a. in Karlsruhe (Baden). 


M 15 . 


Ausgegeben am 9. April. 


1898. 


Zur Aetiologie der Polyurie des Pferdes. 
Von Dr. Dammann. 

Von einem unserer ersten Rennstallbesitzer, Herrn Fabrik¬ 
besitzer M., wurde ich Ende Juni 1893 ersucht, über die 
Krankheits- und Schwächezustände, welche in dem eben ab¬ 
gelaufenen Frühjahr bei den in seiner Trainiranstalt H. stehen¬ 
den Pferden aufgetreten waren, und über deren Ursache ein 
Urtheil abzugeben. Dabei wurde mir mitgetheilt, dass die 
grosse Mehrzahl der Pferde als hervorstechendstes Symptom 
zu Anfang Mai eine häufige und auffallend reichliche Entleerung 
eines wasserhellen Urins gezeigt hätte, eine Erscheinung, die 
mittlerweile aber wieder verschwunden sei. 

Hiernach lag der Gedanke nahe, dass die Pferde von dem 
sog. Lauterstall befallen gewesen seien und dass dumpfiger 
Hafer, welcher ihnen verabfolgt worden, den schädlichen Factor 
gebildet habe. Dem entsprechend hatte der Bes-tzer auch als¬ 
bald nach dem Auftreten der Polyurie den damals verfütterten 
Hafer einem Lebensmitteluntersuchungsamt zur Prüfung über¬ 
geben; dieses hatte indes auf Grund einer eingehenden Unter¬ 
suchung sich dahin ausgesprochen, dass derselbe frei von jeder 
Verderbniss und von durchaus guter Qualität sei. Dasselbe 
Untersuchungsamt hatte zugleich auch das für die Pferde der 
Trainiranstalt zur Verfügung stehende Trinkwasser einer chemi¬ 
schen Analyse unterworfen und dabei »Freisein desselben von 
Ammoniak, salpetriger Säure, Salpetersäure und sonstigen toxi¬ 
schen Stoffen und einen durchaus zulässigen Gehalt an organi¬ 
scher Substanz, Kochsalz und Härtegraden«, mit einem Worte, 
eine, so weit dies durch chemische Prüfung festgestellt werden 
kann, völlig gedeihliche Beschaffenheit desselben festgestellt. 

Es ward mir möglich, einer Probe des zur Zeit des Auf¬ 
tretens der Polyurie verwendeten Hafers habhaft zu werden, 
so dass ich auch meinerseits eine Untersuchung desselben vor¬ 
nehmen konnte. Hierbei zeigte sich, dass er aus mehr kurzen 
und dicken Körnern von gleichmässig lebhaft gelber Farbe und 
natürlichem Glanz bestand. Angekeimte, fleckige und grün¬ 
spitzige Körner waren nicht darunter. Sein Gewicht betrug, 
auf 1 hl berechnet, 49,5 kg. Er fühlte sich hart und glatt an; 
bei dem Zusammendrücken einer Probe in der geballten Hand 
verschoben sich die Körner leicht und glitten bei dem Oeffnen 
der Hand alsbald auseinander. Auf die Tischplatte nieder¬ 
gefallene Körner Hessen einen hellen Klang vernehmen: alles 
Momente, welche den guten Trockenheitsgrad des Hafers un¬ 
zweideutig bekundeten. Ein besonderer Geruch fehlte ihm ganz 
und gar; insbesondere war ein dumpfiger, schimmliger oder 


modriger Geruch auch nach dem Anhauchen und nach einem 
leichten Anwärmen trotz genauer und wiederholter Prüfung 
nicht auszumitteln. An den entspelzten Körnern Hessen sich 
Schimmelpilze in der Furche auch mit der Lupe nicht ent¬ 
decken ; das Mehl repräsentirte auf der Schnitt- und Bruch¬ 
fläche eine schöne weisse Farbe. Die Menge der in dem Hafer 
enthaltenen fremdartigen Bestandtheile stellte sich unter 1 °/„; 
speciell waren unter diesen Radesamen, Schimmelpilze und 
Brandsporen nicht nachzuweisen. 

Dass ein solcher, in jeder Beziehung vortrefflicher Hafer 
nicht Schwächezustände und Polyurie erzeugen kann, erschien 
ohne Weiteres klar. 

Am 5. Juli reiste ich nach H., um die vorhandenen Pferde 
zu besichtigen und die bei der Ergründung der ursächlichen 
Momente in Betracht kommenden Verhältnisse an Ort und 
Stelle einer Würdigung zu unterziehen. Die anamnestischen 
Erhebungen, welche ich anstellte, ergaben alsbald, dass die 
Sachlage sich doch etwas anders verhielt, als nach der ersten 
oberflächlichen Mittheilung angenommen werden durfte. Denn 
es wurde mir auf Befragen mitgetheilt, dass die Erkrankungen 
schon im März ihren Anfang genommen hätten. In diesem 
Monat und im April seien bei einer grösseren Anzahl der Pferde 
zunächst Rheumatismen aufgetreten, indem sich Steifheit, Lahm¬ 
gehen und mitunter auch Anschwellung an einer Vorderglied- 
masse bemerklich gemacht hätten, die nach kürzerer oder 
längerer Dauer plötzlich verschwunden, dann aber an einer 
Hinterextremität zum Vorschein gekommen wären und bei dem¬ 
selben Pferde auch wohl mehrfach ihren Sitz gewechselt hätten. 
Zu Anfang Mai sei dann eine offensichtlichere Erkrankung ge¬ 
folgt. Die grosse Mehrzahl der Pferde habe dann unter Nach¬ 
lass der Fresslust, unter Mattigkeit und Schwäche, die sich bei 
manchen bis zu taumelnder, schlenkernder Bewegung gesteigert 
hätte, häufig grosse Mengen Urin entleert, sehr starken Durst 
und angeblich auch Empfindlichkeit in der Nierengegend ge¬ 
zeigt. Zu diesen Erscheinungen, welche bei einzelnen der Er¬ 
krankten mehrere Wochen gedauert, habe sich bei den meisten 
noch eine umfangreiche teigige Anschwellung an einem oder 
mehreren Schenkeln bis zum Vorderknie bezw. bis zum Sprung¬ 
gelenk hinauf gesellt, welche unter der Anwendung warmer 
Camillenbähungen bei einigen durch Zertheilung verschwunden 
sei, während bei anderen kleine Abscesse in der geschwollenen 
Partie aufgetreten wären, die aufgebrochen seien und Eiter 
entleert hätten. 

Ich fand die vorhandenen Pferde, zwei-, drei- und mehr¬ 
jährig, dreissig an Zahl, in zwei besonderen Ställen und fünf 
an die Reitbahn angebauten Boxes aufgestellt. Jeder der beiden 


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126 


DEUTSCHE THIERERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


9. April. 


' massig hohen Ställe hatte einen relativ schmalen Mittelgang 
und zu jeder Seite desselben sechs mit Bretterwänden ver¬ 
sehene Boxes. Die Umfangsmauern der Ställe sind aus Ziegel- 
* steinen aufgeführt, die mit Cementmörtel verfugt sind. Aussen 
sind die Wände roh gelassen, im Innern dagegen sind sie in 
der ganzen Ausdehnung des Stalles mit einer reichlichen Cement- 
lage versehen. Derselbe Cementüberzug findet sich durch die 
ganzen beiden Ställe an der sehr flach gewölbten Decke, der 
Fussboden der Boxes sowohl als auch des Mittelganges besteht 
aus flach gelegten Klinkern, die mit Cement gut verfugt sind. 
Auffallend erscheint, dass diese Klinkerlage mit der anstossenden 
Wandstelle nicht geschlossen und innig verbunden ist, sondern 
dass sich zwischen beiden ringsherum in den Ställen ein finger¬ 
breiter, in die Tiefe führender Spalt befindet. Auf mpme 
Frage ward mir mitgetheilt, dass der Fussboden ursprünglich 
aus Cementbeton bestanden habe und dass diesem, da er zu 
glatt erschien, erst nachträglich eine Klinkerschicht aufgelegt 
worden sei. Ob die letztere nur in Sand gebettet oder durch 
Cement mit der Unterlage fest verbunden ist, habe ich bei den 
Widersprüchen in den Angaben nicht ermitteln können. rDer 
Klinkerfussboden ist mit Nadelstreu belegt, die angeblich alle 
acht Tage gewechselt wird. Bei meiner Besichtigung war die¬ 
selbe und ebenso der stellenweise biosliegende Klinkerboden 
trocken, ein Beweis dafür, dass die Streu bis dahin alle flüssigen 
Ausscheidungen unschwer eingesogen hatte. 

In jedem der beiden Ställe befinden sich über dem Mittel¬ 
gange mehrere, aus vier im Quadrat zusammengefügten Brettern 
gebildete Dunstschlote, die durch die Decke und den Boden 
über das Dach hinausführen. Zur Zeit functionirten diese, wie 
der Augenschein lehrte, aber schlecht. Andere Ventilations¬ 
einrichtungen sind in den Ställen nicht vorhanden. Ammoniak 
und sonstige üble Gase waren in dem Stalle indess nicht zu 
spüren, was bei dem Offenstehen der Thüren und der an 
beiden Längsseiten befindlichen Fenster auch natürlich erschien. 

Die an die Reitbahn angebauten Boxes unterscheiden sich 
in ihrer Einrichtung von den Ställen wesentlich dadurch, dass 
ihre Innenwände nicht ganz mit dem Cementbelage versehen 
sind — die der Reitbahn zugekehrte Wandfläche ist frei von 
demselben gelassen worden — und dass die Decke nicht massiv 
ist, sondern aus Brettern besteht. 

Die vorhandenen Pferde erschienen bei meiner Besichtigung 
sämmtlich munter, hatten glattes und glänzendes Haar und 
waren der Angabe nach bei guter Fresslust. Bei der blossen 
Musterung, welche mit den meisten, theils in der gedeckten 
Reitbahn, theils im Freien vorgenommen wurde, boten sie 
keineswegs den Eindruck von Schwäche und Mattigkeit; 
höchstens bei zweien oder dreien schien es so, als ob eine 
geringgradige Schlaffheit bestand. Einige zeigten ein leichtes 
Angelaufensein der Beugesehnen der Zehen, bei etlichen waren 
Narben im Bereiche der Schienbeinpartie sichtbar, Kennzeichen 
ausgeheilter Abscesse, und nur ein einziges wies einen soeben 
zur Perforation gekommenen kleinen Abscess an der beregten 
Körperregion auf. Im Uebrigen erschien auch dieses völlig 
gesund. Die Krankheit war in der Hauptsache bei allen 
Pferden abgelaufen, womit nicht gesagt sein soll, dass sie auch 
starken Anstrengungen schon wieder in vollem Umfange ge¬ 
wachsen waren. 

Bei dieser Sachlage war es nicht wohl möglich, sich ein 
völlig klares Urtheil über den Krankheitsprocess, welcher die 
excessive Harnentleerung bei den Pferden veranlasst hatte, zu 
bilden. Diese Schwierigkeit erhöhte sich noch durch den Um¬ 
stand , dass auch während der Dauer des Bestehens dieser 
Krankheitserscheinung eine chemische und mikroskopische Unter¬ 
suchung des Urins nicht ausgeführt worden ist. Immerhin will 
es zweifellos erscheinen, dass eine einheitliche Ursache den 
gesammten Krankheitszuständen zu Grunde liegt. 

Dass diese nicht in dem Futter gesucht werden darf, liegt 
auf der Hand. Dies würde selbst nicht zulässig sein, wenn 
man lediglich auf die Polyurie Rücksicht nehmen und meinen 
wollte, dass ein sog. Lauterstall bei den Pferden Vorgelegen 
habe. Denn der Hafer, welcher zur Zeit des Auftretens der 
starken Urinentleerungen, Anfang Mai, an diese verfüttert wurde, 


war nicht dumpfig. Neben ihm waren, abgesehen von Luzerne¬ 
heu, Strohhäcksel und Kleie, Materialien, welche durchweg 
eine tadellose Beschaffenheit aufwiesen, auch Bohnen an viele 
der Pferde verabfolgt worden. Nun will ich gar nicht in Ab¬ 
rede stellen, dass dumpfige Bohnen ebenso wie ein solcher 
Hafer Lauterstall erzeugen kann; für dumpfige Erbsen ist dies 
sogar von mir selber festgestellt worden. Trotzdem konnten 
die Bohnen in dem vorliegenden Falle als Noxe gar nicht in 
Betracht kommen. Denn zunächst hatte Niemand an ihnen einen 
dumpfigen Geruch bemerkt — am Tage meiner Untersuchung 
war keine Probe von ihnen mehr vorhanden —; sodann waren 
sie in einer so geringen Menge gereicht worden, dass auf das 
einzelne Pferd etwa ein halbes Pfund pro Tag entfiel und end¬ 
lich waren der mir gemachten Angabe zufolge auch Pferde von 
der Polyurie befallen worden, welche gar keine Bohnen be¬ 
kommen hatten. 

Sprechen diese Momente schon bestimmt dagegen, dass 
die den Pferden verabreichte Nahrung die Schuld an deren 
Erkrankung trägt, so verstärkt sich der Zweifel an der Richtig¬ 
keit einer derartigen Auffassung noch durch einige weitere 
Facta. Vorerst will es schon auffallend erscheinen, dass einige 
der Pferde die Polyurie sowie eine auffällige Mattigkeit und die 
Anschwellung der Gliedmassen nicht bekommen haben. Wäre 
die krankmachende Potenz in dem hier vorzugsweise in Betracht 
kommenden Hafer enthalten gewesen, so hätte man doch er¬ 
warten dürfen, dass alle mit ihm ernährten Pferde von der 
nachtheiligen Wirkung desselben beeinflusst worden wären, zu¬ 
mal sie sämmtlich nahezu die gleiche grosse Quantität davon 
erhielten. Es ist besonders charakteristisch, dass drei erst im 
Monat April in die Trainiranstatt eingestellte Pferde, welche 
also während des Winters nicht in dieser verweilt hatten, von 
allen Krankheitssymptomen völlig verschont geblieben sind, ob¬ 
wohl sie in der zweiten Hälfte des April und zu Anfang Mai 
doch auch mit demselben Hafer gefüttert wurden; und dumpfiger 
Hafer erzeugt bekanntlich gewöhnlich schon Harnruhr, auch 
wenn er erst wenige Tage hindurch von den Pferden genossen 
worden ist. Vollends aber will sich mit der Anschauung, dass 
die Noxe in dem Hafer gelegen habe, ganz und gar nicht der 
Umstand zusammenreimen, dass im März und April rheumatische 
Affectionen bei den erkrankten Pferden voraufgegangen sind, 
die zu dem später aufgetretenen Symptom des excessiven Uri- 
nirens sicherlich in Beziehung stehen. Rheumatismen kann der 
Hafer aber doch unmöglich veranlassen. 

Noch wertiger Berechtigung konnte dem ebenfalls auf¬ 
geworfenen Gedanken zugesprochen werden, der Reitbahn, auf 
welcher die Pferde im Freien bewegt worden sind, die Schuld 
an den geringeren Rennleistungen derselben in dem abgelaufenen 
Frühjahre beizumessen: Diese Ansicht bedurfte im Hinblick 
auf den Charakter der bei den Pferden aufgetretenen Krank¬ 
heitszustände gar keiner Widerlegung ; sie war ebenso hinfällig, 
wie die Meinung, dass die Pferde bei im Uebrigen gesundem 
Zustande deshalb »zusammengebrochen« seien, weil sie über¬ 
arbeitet oder sonstwie unzweckmässig für die Rennen vorbereitet 
waren. 

Vielmehr drängte alles darauf hin, die Ursache für die 
Erkrankungen in der Beschaffenheit der beiden Ställe, speciell 
in der Feuchtigkeit zu suchen, unter welcher sie in der kälteren 
Jahreszeit leiden. Mir war bei dem Eintreten in dieselben so¬ 
fort klar geworden, dass sie diese, im Winter zumal, besitzen 
müssen, und dass dem in Wirklichkeit so ist, wurde mir von 
den Betheiligten auch in vollstem Umfange bestätigt. 

Zur richtigen Würdigung dieses Punktes und der Nach¬ 
theile, welche sich für die Insassen des Stalles daraus ergeben, 
muss Folgendes hervorgehoben werden. 

Das Material, aus welchem die Umfassungsmauern der 
Ställe errichtet werden, muss gute Porosität besitzen. Diese 
ist erstens nöthig, weil sie den Luftwechsel, den Verkehr der 
Aussenluft mit der Stallluft begünstigt. Fehlt diese natürliche 
Ventilation, so ist der Abschluss der durch die Ausscheidungen 
der Thiere und die Zersetzungen der Fäcalmassen verdorbenen 
Stallluft aus dem Stalle wesentlich erschwert. Unter den ge¬ 
wöhnlichen Verhältnissen, bei massigem Winde und geringen 


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No. 15. 


DEUTSCHE THIER^ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Temperaturdifferenzen zwischen der Aussenluft und der Stall¬ 
luft, stellt die durch die Poren der Wände vermittelte Luft¬ 
zufuhr zum Stalle sich allerdings nicht sonderlich hoch; bei 
grossen Wärmeunterschieden und bei starkem Winde kann sie 
dagegen recht beträchtlich ausfallen. 

Zweitens bietet die Porosität der Wände den grossen Vor¬ 
theil, dass sie die Regulirung der Stalltemperatur wesentlich 
erleichtert. Poröse Wände sind schlechte Wärmeleiter, und 
schlecht leitendes Material hindert im Winter eine zu rasche 
Entwärmung, im Sommer eine zu schnelle Erwärmung des 
Stalles. Der Gedanke, dass ein absolut dichtes Mauerwerk 
weit eher diese Eigenschaft besitzen müsse, ist selbstredend 
unzutreffend. Als guter Wärmeleiter macht dasselbe vielmehr 
im Sommer den Stall in Kürze ungebührlich heiss und in der 
kälteren Jahreszeit entzieht es demselben sehr grosse Quanti¬ 
täten von Wärme und fühlt sich selber beständig kalt an. Das 
hat den weiteren bedenklichen Nachtheil, dass der Wasserdunst 
der Stallluft sich leicht in tropfbar flüssiger Form auf die 
Wand niederschlägt und das Feuchtbleiben des Raumes unter¬ 
hält. Bei der wärmeren porösen Wand steht dies viel weniger 
zu gewärtigen; obendrein saugt sie viel von dem condensirten 
Wasser in sich ein und lässt dasselbe nach aussen hin wieder 
abdunsten. 

Dass nasse Wände einen sehr schlimmen Einfluss auf die 
Bewohner des Stalles ausüben müssen, ist leicht zu verstehen. 
Denn ganz abgesehen davon, dass sie ihrer Aufgabe, die natür¬ 
liche Ventilation zu vermitteln, nur beschränkt oder gar nicht 
gerecht werden können und dass sich in Folge dessen ver¬ 
dorbene Luft in dem Stalle anhäuft, sind sie dauernd kalt, weil 
das auf ihnen befindliche bezw. in ihnen steckende Wasser bei 
seinem Verdunsten ihnen Wärme entzieht; sie tragen aus diesem 
Grunde die Tendenz in sich, ihre Nässe fortgesetzt noch mehr 
zu steigern, indem sie den in der Stallluft enthaltenen Wasser¬ 
dampf befähigen, sich tropfbar flüssig auf ihre Innenfläche 
niederzuschlagen. Zugleich entstehen auf ihnen, namentlich in 
den todten Winkeln, dank der Feuchtigkeit, ausgebreitete 
Bakterien- und Schimmelvegetationen, welche durch ihr Ab- 
stäuben und durch die von ihnen gelieferten Fäulniss- und Ver*- 
wesungsproducte zur Verstärkung der Luftverderbniss beitragen. 
In Folge dessen nimmt der ohnehin schon üble Geruch des 
Stallraumes einen modrigen, dumpfigen Charakter an, und die 
Thiere erhalten reichliche Gelegenheit, üble Gase und Pilz¬ 
sporen in Menge einzuathmen. Aber auch an sich bewirken 
schon die nasskalten Wände eine Störung der Wärmeöconomie 
des Körpers, indem die Thiere bei dem Stehen oder Liegen 
in ihrer Nähe oder bei dem unmittelbaren Liegen an ihnen 
einseitig durch Strahlung oder Leitung viel Wärme an sie ab¬ 
geben. 

Die beiden Ställe der Trainiranstalt H. sind aus Ziegel¬ 
steinen aufgeführt, die mit Cementmörtel verfugt sind. Eis 
wäre gesundheitlich vortheilhafter gewesen, man hätte als Binde¬ 
mittel bei dem Zusammenfügen der einzelnen Steine den ge¬ 
wöhnlichen Luftmörtel verwendet, weil diesem eine hohe Poro¬ 
sität zukommt. Der Cement stellt nur in der ersten Zeit nach 
dem Erhärten ein Material von dann sogar ziemlich beträcht¬ 
licher Durchlässigkeit dar; weiterhin aber nimmt seine Permea¬ 
bilität in Folge der bei dem langsamen Erhärten vor sich 
gehenden Umsetzungen immer mehr ab und nach häufigerem 
Beregnen oder sonstigem Benässen wird sie völlig vernichtet. 
Jedenfalls ist durch die Verwendung des Cementmörtels die 
natürliche Wandventilation sehr erheblich herabgesetzt, und der 
Rest, welcher dann noch geblieben, ist vollends dadurch be¬ 
seitigt worden, dass man die Innenfläche der Wand in der 
ganzen Ausdehnung des Stalles mit einer starken Cementschicht 
belegt hat. Gewiss ist dies in der besten Absicht geschehen, 
vermuthlich, um den Stall warm und trocken zu erhalten, aber 
es ist ein hygienischer Fehler gewesen, so zu verfahren, weil 
aus den oben angegebenen Gründen gerade das Gegentheil 
hiervon eintritt. Dieser Fehler ist in dem vorliegenden Falle 
noch dadurch verstärkt worden, dass man auch die ganze Stall¬ 
decke mit dem gleichen Cementguss versehen hat, weil dadurch 
auch jede Ventilation durch diese völlig aufgehoben wurde. | 


Für den Sachkenner ist es von vornherein klar, dass die 
so beschaffenen Ställe die Abfuhr verdorbener und die Zufuhr 
frischer Luft nur sehr mangelhaft besorgen können. Die in 
ihnen angebrachten Ventilatoren können für den nahezu vollen 
Wegfall der natürlichen Ventilation, die lediglich auf die Ritzen 
und Fugen an den Fenstern und Thüren beschränkt ist, einen 
ausreichenden Ersatz unmöglich schaffen, und wenn sie und die 
Fenster bei kalter Witterung geschlossen gehalten werden 
müssen, hört ihre Mitwirkung völlig auf. Es erscheint ebenso 
ohne Weiteres einleuchtend, dass die Ställe im Winter kalt 
und feucht sein müssen. 

Dieser aus der blossen Besichtigung zu ziehende Schluss 
wurde durch die Aussagen der Betheiligten auch in vollem Um¬ 
fange bestätigt. Nach deren Angabe tropft das Wasser in der 
kalten Jahreszeit von der Decke ab, und die Wände sind dann 
fortwährend beschlagen und nass. Zeitweise geht der Uebel- 
stand, wie mir gesagt wurde, so weit, dass die unteren Partien 
der Wände mit einer Eisschicht belegt sind. Das Wasser trieft 
auch von der Wand in die zwischen ihr und dem Fussboden 
befindliche, anscheinend bei der Aenderung des letzteren auch 
nur zu diesem Zwecke belassene Fuge hinein und sammelt 
sich in dieser an, und wenn es so sein sollte, dass die Klinker¬ 
lage des Fussbodens nur in Sand gebettet ist, so muss auch 
diese auf dem Cementbeton befindliche Sandschicht dauernd 
durchfeuchet sein. Ob zu der Feuchtigkeit der Wände auch 
noch andere Momente, wie ein nasser Untergrund und eine 
Verwendung ungeeigneten Bauwassers, das Ihrige beigetragen 
haben, vermochte ich bei der blossen Besichtigung nicht zu 
ermitteln. Die angeführten Momente genügen indess schon 
vollständig, um ihr Zustandekommen zu erklären und sie be¬ 
denklich genug erscheinen zu lassen. 

Begreiflicher Weise kommt das Beschlagen der Wände im 
Sommer, wo sie als gute Wärmeleiter den Stall rasch und oft 
sogar ungebührlich hoch erwärmen, und bei dem ausgedehnten 
Offenstehen von Thüren und Fenstern in Wegfall. Dieses 
letztere Moment wirkt auch der Anhäufung übler Stallluft kräftig 
entgegen. Als den hygienischen Anforderungen entsprechend 
können die Ställe aber auch für diese Jahreszeit nicht erachtet 
werden, schon weil sie leicht zu schnell eine übermässig hohe 
Temperatur annehmen und weil ein Reinbleiben ihrer Luft 
keineswegs in genügendem Masse garantirt ist. Die Nachtheile 
sind nur wesentlich geringer. 

Die an die Reitbahn angebauten Boxes zeigten die beregten 
Uebelstände zwar auch, aber in minderem Grade, wie leicht 
verständlich, w.eil ein Theil ihrer Innenfläche von dem Cemcnt- 
belage freigelassen und namentlich die Decke aus Brettern ge¬ 
fertigt ist. Die natürliche Ventilation konnte sich in ihnen so¬ 
mit wirksamer zur Geltung bringen. 

In den, wie geschildert, feuchten und kalten beiden Ställen 
haben die Pferde den ganzen Winter hindurch gestanden, einen 
Winter, der durch Länge und Strenge ausgezeichnet war. Kein 
Wunder, dass die jugendlichen, warmblütigen, feinhäutigen und 
deshalb empfindlichen Thiere rheumatische Affectionen sich zu¬ 
zogen, wie sie den Angaben zufolge bei einigen Pferden der 
betreffenden Ställe, wenn schon weniger ausgeprägt und minder 
deutlich, auch bereits im Frühling des Vorjahres bemerkt 
worden sind. Gerade der Umstand, dass es in erster Linie 
Rheumatismen waren, welche auftraten, und dass die drei vor¬ 
hin erwähnten Pferde, welche erst im April eingestellt wurden 
und somit nicht den Winter über unter den üblen Einflüssen 
des" Stalles sich befunden hatten, von der Erkrankung völlig 
verschont geblieben sind, fällt entscheidend für die Annahme 
in das Gewicht, dass die Ställe mit ihrer Nasskälte den Aus¬ 
bruch der Krankheit veranlasst haben. 

In welchem ätiologischen und klinischen Zusammenhänge 
die Symptome, welche sich weiterhin anschlossen, die excessive 
Harnentleerung und die zum Theil wenigstens entzündliche An¬ 
schwellung der Beine mit den rheumatischen Affectionen ge¬ 
standen haben, speciell wie die ersteren zu deuten sind, Hess 
sich zuverlässig nicht entscheiden, weil eine eingehende Unter¬ 
suchung der Pferde zur Zeit des Bestehens der Krankheit nicht 
ausgeführt worden ist. Es dürfte indess alles dafür sprechen, 


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128 


DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


9 April. 


dass man die Polyurie als den Ausdruck einer activen Nieren- 
Hyperämie aufzufassen hat. 

Nach alledem musste ich mein Urtheil dahin abgeben, dass 
die Schwäche und die verringerte Leistungsfähigkeit, welche 
die Pferde der Trainiranstalt H. gezeigt hatten, ausschliesslich 
die Folge von Erkältungszuständen gewesen sind, welche die¬ 
selben während des vorangegangenen Winters in ihrem Auf¬ 
enthaltsorte sich zugezogen haben. Lediglich die nasskalte 
Beschaffenheit der Ställe, welche in dem betreffenden Winter 
besonders stark hervorgetreten war, unterstützt vielleicht noch 
von der Wirkung der reichlich angehäuften verdorbenen Stall¬ 
luft trägt nach meiner Ansicht die Schuld an der Calamität. 
Es ist sehr wohl möglich, ja sogar wahrscheinlich, dass letztere 
nicht in jedem Winter sich in gleicher Stärke offenbaren wird, 
aber trotzdem musste es für nothwendig erklärt werden, für 
einen anderen Aufenthaltsort der Thiere Sorge zu tragen. 
Sollen dieselben die vollen Rennleistungen aufweisen, so ist es 
unabweislich, ihnen einen Stall zur Verfügung zu stellen, 
welcher den hygienischen Anforderungen in jeder Beziehung 
gerecht wird. 


Referate. 

In wie weit schützt der Brand- und Aetzschorf aseptische 
Wunden geg:en eine Infection (mit Hühnercholera und 

Milzbrand). 

Von Dr. Paul Cohn. 

Aus dem hygienischen Institut der Universität Halle. 

(Berliner klinische Wochenschrift, 1897, No. 5a.) 

Die Experimente Cohn’s bilden gleichsam eine Fort¬ 
setzung der Arbeiten Schimmelbusch’s, welcher festgestellt 
hatte, dass mit Milzbrand an der Schwanzwurzel inficirte Mäuse 
sämmtlich zu Grunde gingen, obgleich die Wunden sofort nach 
der Infection energisch behandelt wurden, sowohl mit des- 
inficirenden Mitteln, wie mit Aetzung und Brandschorfbildung. 
Sch. machte auch die interessante Beobachtung, dass eine am 
Schwanz mit Anthrax inficirte Maus nach 5 Minuten noch durch 
Abtrennung des Schwanzes zu retten war, während dies bei 
einer anderen nach 10 Minuten nicht mehr gelang. 

Cohn stellte nun seine Untersuchungen an Kaninchen mit 
Hühnercholerabakterien an und wählte als Ort der Infection 
das Ohr; letzteres wurde rasirt, geseift, mit Sublimat, Alkohol 
und Aether desinficirt, dann wurde eine frische Wundfläche 
gebildet und diese nun entweder mit dem Platinbrenner ver- 
schorft oder mit dem Höllensteinstift angeätzt. Auf den Schorf 
wurden einige Platinösen einer virulenten Bouilloncultur gebracht 
und die Schorfstelle mit Gaze, Watte und Collodium ver¬ 
schlossen. Von 4 Brandschorfthieren blieben 3 am Leben, 
während eines zwei Tage nach der Operation starb. Die 4 
mit dem Höllensteinstift geätzten und hinterher inficirten Thiere 
blieben frei von Hühnercholera. Diese Thatsache kann nur 
darin begründet sein, dass der Höllensteinschorf zum Unter¬ 
schiede vom Brandschorf stark antiseptische Eigenschaften hat. 

Dieselben Versuche wurden mit Milzbrandbacillen und 
Sporen angestellt;* das Resultat war im Wesentlichen das 
gleiche, nur dass es noch mehr zu Ungunsten des Brandschorfes 
und zu Gunsten des Aetzschorfes ausfiel. Die Experimente 
lieferten also den Beweis, dass der Höllensteinschorf die Bak¬ 
terien (Hühnercholera und Milzbrand), die mit ihm in Berührung 
gelangen, sofort vernichtet und so die Thiere völlig gegen eine 
Infection schützt. Der Brandschorf erwies sich nicht als ein 
so zuverlässiges Mittel wie der Aetzschorf; immerhin bildet 
auch er, so lange er unverletzt bleibt, einen guten Schutzwall, 
auf dem die empfindlicheren Bakterien wegen Mangels an 
Nahrung bald absterben. Der schwefelsaure Kupferschorf übte, 
obwohl seine Aetzwirkung und auch seine antiseptische Wirkung 
bei Weitem geringer war als beim Höllensteinschorf, doch die 
gleiche Schutzwirkung aus, während der Alaunschorf nur sehr 


schwach wirkte und in Folge dessen dem Brandschorf an die 
Seite zu stellen ist. Casper. 


Die Erkenntniss und Feststellung: der Brechungsanomalien 
des Pferdeaugres. 

Von Smith. 

(Journ. of comp. Path. and Therap. 1897.) 

Unter dem Namen »Shadow test, Retinoskopie, Kerato- 
skopie, Skiaskopie« wird seit 1874 in grösserem Umfange in 
der Menschenmedicin eine Untersuchungs-Methode für die Dia¬ 
gnose und Beurtheilung von Brechungsanomalien des Auges 
benutzt, deren Vortheil darin besteht, dass sie auch bei geistig 
schwachen Personen und bei Kindern anwendbar ist. Sie ist 
eine rein objective Methode, unabhängig vom Patienten und 
von dem Untersucher. Sie ist daher für die Thierheilkunde 
besonders geeignet, da wir nach einer ganz kurzen Untersuchung 
feststellen können, ob ein Pferd kurzsichtig, weitsichtig oder 
astigmatisch ist, ja sogar den Grad derselben können wir so 
bestimmen. Wenn diffuses Tageslicht, oder das Licht einer 
Lampe vermittelst des Augenspiegels in das Auge geworfen 
wird, so wird ein glänzender Reflex im Augenhintergrund wahr¬ 
genommen. Wenn der Spiegel nun ganz leicht seitwärts be¬ 
wegt wird, bewegt sich der erleuchtete Fleck des Augenhinter¬ 
grundes quer über die Pupille weg und zwar an manchen Augen 
in derselben Richtung wie der Spiegel, an anderen in entgegen¬ 
gesetzter. An der Richtung, in der sich der Schatten im Ver- 
hältniss zur Bewegung des Spiegels bewegt, haben wir ein 
Mittel, Brechungsanomalien zu entdecken. Am besten werden 
wir die Methode illustriren an folgendem Experiment: 

Man stelle eine Linse von 2 Zoll Brennweite so gegen¬ 
über einem Stück weissem Papier, dass der Focus der Linse 
in der Papierfläche liegt, also 2 Zoll. Man stelle eine Lampe 
oder sonst eine ruhige Lichtquelle zur Seite des Papiers, in¬ 
dem man darauf sieht, dass beides, Papier und Linse, im 
Schatten sind ; nun stelle man sich auf eine Entfernung von 
4 Fuss von dem Papier ab und werfe mit Hülfe eines Augen¬ 
spiegels x ) Licht auf die Linse. Ein heller, glänzender Lichtkreis 
entsteht auf dem Papier, umgeben von Schatten. Wenn wir 
uns nun mit dem Spiegel leicht nach rechts oder links bewegen, 
dann sehen wir, dass sich das Bild auf dem Papier auch be¬ 
wegt, und es bewegt sich entgegengesetzt der Richtung, in der 
wir den Spiegel bewegt haben, d. h. wenn wir den Spiegel 
nach rechts bewegen, bewegt sich der Schatten nach links. 
Wenn wir die Linse dem Papier gegenüber genau im Focal- 
abstand aufgestellt haben, können wir diese Einrichtung als gleich¬ 
bedeutend mit einem emmetropischen Auge erachten und die 
Erscheinung, welche wir beschrieben haben, ist so, wie wir sie 
bei einem normalsichtigen Auge beobachten. Wenn wir die 
Linse weiter vom Papier weg aufstellen, also weiter, als sein 
Focalabstand beträgt, schaffen wir eine Lage, ähnlich der eines 
myopischen Auges, und wenn wir nun 4 Fuss weit abstehen 
und wir werfen wieder Licht von der Lampe auf die Linse, 
dann ist der scharf glänzende Kreis des emmetropischen Auges 
verschwunden; die erleuchtete Stelle auf dem Papier ist grösser, 
die Helligkeit ist schwächer, der umgebende Schatten nicht 
scharf begrenzt, und je weiter wir die Linse abhalten vom 
Papier, um so ausgeprägter wird dieses, bis wir schliesslich 
zwischen Licht und Schatten nicht mehr unterscheiden können. 
Wenn wir nun die Linse näher an das Papier heran halten, aber 
immer noch in grösserem Abstand, als die Brennweite beträgt, 
und wir bewegen den Spiegel wie oben angegeben, dann wird 
ein Schatten gesehen, welcher sich quer über das Papier bewegt, 
aber diesmal in derselben Richtung wie der Spiegel. Wenn 
wir die Linse dicht an das Papier heranhalten, also innerhalb 
ihres Focalabstandes, dann schaffen wir einen Zustand, welcher 
dem des hypermetropischen Auges entspricht. Beleuchtet man 
jetzt, so ist der Lichtkreis gross und schwach beleuchtet und 


*) Es ist stets ein Concavspiegel gemeint, bei einem Planspiegel liegen 
die Verhältnisse gerade umgekehrt. 


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No. 15. 


DEUTSCHE THIER.ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


129 


die Grenze zwischen Licht und Schatten verschwommen. Be¬ 
wegung des Spiegels veranlasst den Schatten, in entgegengesetzter 
Richtung wie der Spiegel zu gehen, wie bei einem emmetropi¬ 
schen Auge. Angewendet auf das Auge, finden wir, dass beim 
normalen, emmetropischen Auge der Augenhintergrund glänzend 
erleuchtet ist und bei der Bewegung des Spiegels der Schatten 
quer über die Pupille wandert, aber entgegengesetzt der Richtung 
des Spiegels. Bei hochgradiger Hypermetropie wird der Augen¬ 
hintergrund schlecht erleuchtet und der Schatten wandert ent¬ 
gegengesetzt wie der Spiegel. Bei hochgradiger Myopie wird 
der Augenhintergrund auch schlecht erleuchtet, aber der 
Schatten wandert in derselben Richtung wie der Spiegel. Da 
sowohl bei Emmetropie wie bei Hypermetropie der Schatten ent¬ 
gegengesetzt wie der Spiegel sich bewegt, so hält man, um 
zwischen diesen beiden zu unterscheiden, eine schwach convexe 
Linse von 40 Zoll (engl.) Brennweite, gleich 1 Dioptrie, dicht 
an das zu prüfende Auge und untersucht. Die Zwischenschiebung 
dieser schwachen, convexen Linse bringt zu Wege, dass der 
Schatten beim emmetropischen Auge mit dem Spiegel, beim hyper- 
metropischen dagegen demselben entgegengesetzt sich bewegt. 
Wenn wir den Grad der Brechungsanomalie feststellen wollen, 
dann ist nur nöthig, bei hypermetropischem Auge eine Convex¬ 
linse einzuschieben und bei Myopie eine Concavlinse und die 
Untersuchung mit dem Schatten mit Linsen verschiedener 
Brechung so lange zu wiederholen, bis diejenige gefunden ist, 
welche bei Hypermetropie den Schatten veranlasst, mit dem 
Spiegel zu wandern und bei Myopie verursacht, dass er ent¬ 
gegengesetzt wie der Spiegel sich bewegt. Diese Linse mit 
gewissen Correctionen bildet den Massstab für die vorliegende 
Brechungsanomalie. 

Bis hierher haben wir angenommen, dass der Spiegel in 
horizontaler Richtung bewegt wird; aber in derselben Weise 
kann auch der Spiegel in der verticalen Richtung, d. h. von 
oben nach unten bewegt werden. Dadurch können auch 
Brechungsanomalien in diesem Meridian festgestellt werden und 
aus dem Vergleich der Resultate, welche im horizontalen und 
verticalen Meridian gewonnen sind, kann die als Astigmatismus 
bekannte Brechungsanomalie bestimmt werden. 

Die Methode wird am besten in einer Boxe ausgeführt, 
indem alle Lichtquellen mit Ausnahme der, welche für die Er¬ 
leuchtung des Auges benutzt wird (Lampe, Kerze, Fenster) ver¬ 
dunkelt sind. Das Pferd wird so aufgestellt, dass das zu unter¬ 
suchende Auge von der Lichtquelle abgekehrt ist, sich also 
vollständig im Schatten befindet. Atropin ist nicht erforderlich, 
da sich die Pupille von selbst erweitert. Der Beobachter stellt 
sich wenigstens 4 Fuss ab, sieht genau in der optischen Axe 
in das Auge und reflectirt mit dem Spiegel Licht in dasselbe. 
Der Beobachter befindet sich in der Augenaxe, wenn er gerade 
vor dem Pferde steht und so in das Auge sieht, dass eine 
Linie, welche das Centrum der Cornea trifft, genau neben dem 
Grunde des entgegengesetzten Ohres herauskommt. Beim 
Menschen wird bei dieser Beobachtung gerade die Macula lutea 
gesehen. Da das Pferd keinen gelben Fleck hat, ziehe man 
zu diesem Zweck das Tapetum heran, welches in der Augen¬ 
axe und in geringer Entfernung oberhalb der Papilla opticil iegt. 
Wenn man das erste Mal Licht in das Auge des Pferdes wirft, 
röllt es gewöhnlich den Augapfel vor- und rückwärts, bald jedoch 
hört dieses auf und der Augapfel steht still. Auge des Pferdes 
und Auge des Beobachters müssen in gleicher Höhe stehen. 

In derselben Weise wird die Untersuchung des verticalen 
Meridians vorgenommen. In der Regel ist der Reflex glänzend 
und scharf begrenzt, ist er dagegen lichtarm, dann können wir 
erwarten, dass eine bedeutende Brechungsanomalie vorliegt. 
Ist man im Zweifel, ob der Schatten mit oder entgegen¬ 
gesetzt dem Spiegel wandert, so liegt wahrscheinlich Emme¬ 
tropie vor. In anderen Fällen scheint der Schatten im Centrum 
zu entstehen und sich nach der Peripherie auszudehnen, so 
dass man ein verschwommenes Bild bekommt. In solchen 
Fällen kann man einen beträchtlichen Grad von Astigmatismus 
erwarten; hieraus ergiebt sich: 

1. Wandert der Schatten dem Spiegel entgegen¬ 
gesetzt, dann ist das Auge entweder emetropisch, 


hypermetropisch oder leicht myopisch (weniger 
als 1 D.). 

2. Wenn der Schatten mit dem Spiegel wandert, 
ist das Auge myopisch und zwar mehr als 1 D. 

Um in den unter 1. angegebenen Verhältnissen die Art 
der Brechungsanomalie genauer zu bestimmen, verfährt man 
folgendermassen: 

Wenn eine dazwischen geschobene Linse von + */* D den 
Schatten umgekehrt wie erst d. h. mit dem Spiegel gehen 
lässt, dann ist das Auge myopisch und zwar weniger als 1 D. 
Wenn der Schatten dann immer noch dem Spiegel entgegen¬ 
gesetzt wandert, bringen wir eine Linse von + I D dazwischen. 
Wandert dann der Schatten mit dem Spiegel, dann ist das Auge 
emmetropisch. Wenn er aber auch dann noch entgegengesetzt 
dem Spiegel wandert, dann ist das Auge hypermetropisch. 

Die Regel lautet daher : 

’a. + (4 D kehrt den Schatten um, so dass er 
mit dem Spiegel geht = Myopie. 

b. + iD Jeehrt den Schatten um, so dass er mit 
dem Spiegel wandert = Emmetropie. 

c. + iD ist nicht im Stande, den Schatten um¬ 
zukehren, derselbe bleibt entgegengesetzt 
dem Spiegel = Hypermetropie. • 

Im Allgemeinen braucht der Praktiker nicht weiter zu 
gehen, soll aber der Grad der Brechungsanomalie festgestellt 
werden, so braucht man sich nur mit einer Reihe von Convex- 
und Concavlinsen von '/*—4 D zu versehen und diese zwischen 
das zu untersuchende Auge und den Spiegel zu bringen und 
zwar so dicht, dass die Augenlider nicht berührt werden. 

Schätzung des Grades der Hypermetropie. 

Ein Auge hat einen Schatten geliefert, welcher dem Spiegel 
entgegengesetzt wanderte. Derselbe konnte nicht durch eine 
Linse von + 1 D umgekehrt werden. Das Auge war hyper¬ 
metropisch. Linsen von -f 1,25, 1,5, 1,75 D werden der Reihe 
nach eingeschoben und der Reflex bleibt wie oben angegeben. 

Wenn keine dieser Linsen den Schatten umkehrt, fahren 
wir fort mit dem Dazwischenschieben stärkerer Linsen, bis wir 
! zu einer solchen gelangen, welche den Schatten mit dem Spiegel 
1 wandern lässt. Diese zeigt uns dann, dass wir die Hyper- 
I metropie übercorrigirt haben, so dass wir ein Maass der 
j Brechungsanomalie erhalten, wenn wir die stärkste Convexlinsc 
j dazwischen schieben, welche den Schatten gerade noch dem 
Spiegel entgegengesetzt wandern lässt. 

Im obigen Fall gab 2D das Resultat, dass der Schatten 
mit dem Spiegel wanderte; folglich betrug die Brechungs- 
! anomalie + 1,75 D. Hievon müssen wir 1 D abziehen, weil 
das Auge nicht emmetropisch war; in diesem Falle hätte bereits 
eine Linse von + iD den Schatten umgekehrt. Die Hyper- 
j metropie betrug daher 0,75 D. 

1 Regel. Ziehe + iD von der schwächsten Convexlinse, 
welche den Schatten mit dem Spiegel wandern lässt, ab, dann 
ist dies der Grad der Hypermetropie. 

1 . Feststellung des Grades der Myopie. 

Es mag die Myopie weniger als I D betragen; in diesem 
Falle wandert der Schatten entgegen dem Spiegel. Dann 
schieben wir ein schwaches Convexglas, z. B. 0,25 D, ein, 
veranlasst dieses dann den Schatten, mit dem Spiegel zu wan- 
1 dern, dann beträgt die Myopie 1 D, davon kommt 0,25 D auf 
die Linse, und 0,75 D auf das Auge. Wenn der Schatten mit 
1 dem Spiegel wandert, wissen wir sogleich, dass das Auge nicht 
■ nur myopisch ist, sondern dass der Grad derselben auch min¬ 
destens 1 D beträgt. Um den Grad derselben festzustellen, 
schieben wir ein schwaches Concavglas 0,25 D dazwischen 
und untersuchen. Wenn der Schatten immer noch mit dem 
Spiegel wandert, schieben wir nach und nach stärkere Concav¬ 
linsen dazwischen, bis wir eine erreichen, welche den Schatten 
veranlasst, dem Spiegel entgegengesetzt zu wandern. 

Wenn dies erreicht wird mit einer Linse — 2,25 D, suchen 
wir die stärkste Concavlinse, welche den Schatten noch ver- 


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DEUTSCHE THIER^ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


9. April. 


130 

anlasst, mit dem Spiegel zu wandern und daraus berechnen 
wir den Grad der Myopie. 

Bei unserem Beispiel betrug diejenige Concavlinse, welche 
den Schatten mit dem Spiegel wandern lässt, 2 D. 1 D war 
bereits vorhanden, folglich betrug die gesammte Myopie 3 D. 

Regel. Ziehe + 1 D von der stärksten Concavlinse, 
welche den Schatten immer noch mit dem Spiegel wandern 
lässt, ab. 

Myopie. 

1. Der Schatten wandert entgegen dem Spiegel, 
ist aber durch eine schwache Convexlinse dahin 
zu bringen, dass er mit dem Spiegel wandert. 

Nummer der Linse. Grad der vorhandenen Myopie. 

+ 0,25 D 0,75 D 

+ 0,50 D 0,50 D 

+ 0,75 D 0,25 D 

2. Der Schatten wandert mit dem Spiegel, aber wird ver¬ 
anlasst, entgegengesetzt zu wandern durch den Gebrauch von 
Concavlinsen. 

Regel. Man suche die stärkste Concavlinse, welche den 
Schatten eben noch veranlasst mit dem Spiegel zu wandern. 

Nummer der Linse. Grad der vorhandenen Myopie. 


O. 


— 0,251) 

1 D. 

— 0,50 D 

1,50 D 

— 0,75 I) 

i ,75 D 

— 1,00 D 

2,00 1) 

- 1,25 D 

2,25 1) 

— 1,50 D 

2,50 I) 

— 1,75 r> 

2,75 

— 2,00 I) 

3,00 1) 

— 2,25 1) 

3,25 u 


Hypermetropie. 

Der Schatten 

wandert dem Spiegel entgegen, wird aber 

veranlasst, mit demselben zu wandern durch Convexlinsen stärker 

als 1 D. 


Regel. Man 

wähle die schwächste Linse, welche den 

Schatten eben mit 

dem Spiegel wandern lässt. 

Nummer der Linse. Grad der vorhandenen Hypermetropie. 

+ 1,25 I) 

0,25 1) 

-f 1,50 1) 

0,50 D 

+ i ,75 1 > 

o ,75 f) 

-f 2,00 D 

1,00 I) 

+ 2,25 1) 

1,25 D 

+ 2,50 D 

1,50 I) 

+ 2,75 I> 

1-75 D 

+ 3,00 D 

2,00 D 


Verhältniss der Pferde, welche mit Brechungs¬ 
anomalien behaftet waren. 

Die Anzahl der Pferde, bei denen Brechungsanomalien fest¬ 
gestellt sind und die Art der Brechungsanomalie, welche wir 
in der Praxis erwarten dürfen, ergiebt sich aus folgenden Re¬ 
sultaten : 

Von 100 Augen bei 54 Pferden wurden’gefunden: 

51 waren myopisch und astigmatisch. 

2 waren hypermetropisch. 

6 hatten gemischten Astigmatismus. 

39 waren myopisch. 

1 hypermetropisch. 

1 emmetropisch. 

Der Astigmatismus setzte sich folgendermassen zusammen: 

43 hatten zusammengesetzten myopischen Astigmatismus. 

8 hatten einfachen myopischen Astigmatismus. 

1 zusammengesetzten hypermetropischen Astigmatismus. 

6 gemischten Astigmatismus. 

Bei allen Augen, welche myopisch und astigmatisch waren, 
war der horizontale Meridian der Cornea fast stets schwächer 


gekrümmt. Bei 51 Augen gab es nur 9 Ausnahmen von der 
Regel. 

Der Grad der Brechungsanomalic war folgender: 

Myopie (39 Augen). 

Betrag der Anomalie: 0,25 D = 6 Augen. 

0,5 D = 20 „ 

1.25 D= 5 „ 

1.5 D 4 „ 

2.25 D = 2 

2.5 D — 1 

3 D = 1 

Zusammengesetzter myopischer Ästig 
(43 Augen). 

Betrag der Brechungsanomalie: 0,25 D = 21 

o ,5 D = 5 
0,75 D = 11 
1 D = 4 

1,25 D = 2 

Einfacher myopischer Astigmatismus (8 Augen). 

Betrag: 0,25 D = I Augen. 

o ,5 D = 5 „ 

1.25 D = 1 

1.5 D = 1 „ 

Hy permetr opic. 

0,25 D = 1 Auge. 

Zusammengesetzter hypermetropischer Astig¬ 
matismus. 

0,25 D = 1 Auge. 

Einfacher hypermetropischer Astigmatismus. 

0,25 D = 1 Auge. 

Gemischter Astigmatismus (6 Augen). 

0,5 D = 5 Augen. 

2,25 D = 1 „ 

Der Grad der Brechungsanomalie in den einzelnen Fällen 
ist klein, so dass viele Augen als emmetropisch betrachtet 
werden können. Nur in 33 "/„ der myopischen Augen über¬ 
steigt der Grad 1 D. 

Die Zahl der astigmatischen Pferde ist auffällig, nämlich 
65 °/ 0 , aber man kann nicht mit Hirschberg sagen, dass 
dieser Betrag ungeheuer ist. Von 59 astigmatischen Augen 
überschritt der Brechungsgrad nur in 9 Fällen 1 D. Berlin 
betrachtet den grössten Theil der Pferde als hypermetropisch. 
S. hat lediglich einen Fall angetroffen unter 100 Augen und 
auch da war der Grad ein sehr geringer. Der hauptsächlichste 
Augenfehler bei Pferden ist Myopie mit oder ohne Astigmatismus 
und der Grad derselben ist nicht gross. Fr ick. 


Giebt es eine fettige Degeneration? 

Von Dr. Georg Rosenfeld. , 

(Verhandlungen d. Congresses für int. Med. 1897.) 

Die pathologische Anatomie unterscheidet scharf zwischen 
einer fettigen Infiltration und der fettigen Degeneration; 
bei der letzteren denkt man sich, dass das Zelleiweiss zu 
Grunde geht und bei seinem Zerfalle Fett abspaltet. Die 
Voit’sche Lehre von der Entstehung des Fettes aus Eiweiss 
beim Stoffwechsel ist schon von Pflüger als fehlerhaft er¬ 
wiesen; die Annahme eines solchen Ueberganges basirt jetzt 
nur noch auf Thatsachen der pathologischen Anatomie und der 
Bildung des Milchfettes. 

R. hat nun folgende Versuche angestellt: 

Lässt man Hunde 5 Tage hungern und giebt ihnen am 
6. und 7. Tage je 10 g Phloridzin, so tritt eine enorme Fett¬ 
anhäufung in der Leber ein. Wäre dies Fett aus zu Grunde 
gegangenem Eiweiss entstanden, so müsste nun ein Eiweiss- 


mati smus 
Augen. 

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No. 15 


DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


deficit in der Leber vorhanden sein. Vergleichende Unter¬ 
suchungen aber lassen nur einen minimalen Eiweissverlust er¬ 
kennen. Das Fett muss also wohl von aussen her gekommen 
sein. Dem entspricht auch der hohe Fettgehalt des Blutes, 
ferner die Thatsache, dass die Leberzellen keine Degenerations¬ 
erscheinungen zeigen und durch fortgesetzten Hunger die Fett¬ 
leber wieder heilt. Auch in den Geweben, z. B. den Muskeln, 
kann nicht Fett aus Eiweiss entstanden und dann nach der 
Leber transportirt sein, denn der C-haltige Theil des Eiweisses 
wird insgesammt als Zucker ausgeschieden. 

Um zu zeigen, dass dieses Fett aus den Lager¬ 
stätten des Fettes, dem Unterhautbindegewebe, 
den paraperitonealen Räumen in die Leber ge¬ 
wandert sei, bedurfte es der Markirung jenes Fettes, das 
in den Depots lagert. Das gelingt auf folgende Weise: Be¬ 
raubt man einen Hund durch langes Hungern seines Fettes und 
füttert ihn dann mit Hammeltalg, so setzt er überall in seinen 
Depots reinen Hammeltalg an. Aus der Leber lässt sich der 
Talg wieder vertreiben durch mehrtägiges Hungern. Nach nun 
vorgenommener 2 tägiger Vergiftung mit Phloridzin hatten solche 
Hunde 50% Hammelfett in ihrer Leber. Es ist damit erwiesen, 
dass das Fett in der Leber durch Wanderung aus den Körper¬ 
depots dorthin gewandert ist. 

Die Phosphorvergiftung führt bei Hunden wirklich 
zu einer Degeneration; es zerfällt Eiweiss in der Leber, aber 
lange nicht so viel, um die vorhandenen Mengen von Fett er¬ 
klären zu können. Stammte dieses Fett aus dem Eiweiss, so 
müsste es ja gleich sein, ob die Fettdepots gefüllt oder leer 
sind, nur Eiweiss musste das Thier enthalten. Fliesst aber 
das Fett aus den Depots in die Leber, so muss ein fettarmes 
Thier auch durch Phosphorvergiftung keine Fettleber be¬ 
kommen. Es bekamen nun bei den Experimenten ganz ab- 
gemagerte Hühner durch Phosphorvergiftung keine 
Fettleber, während bei gut genährten Hühnern die 
Fettlebern auftraten. Ferner zeigten die mit Phosphor 
vergifteten mageren Thiere nicht ein Decigramm mehr Fett im 
Körper, als bei den nicht vergifteten Hungerthieren. Es war 
also auch durch Phosphor kein Fett neu gebildet 
worden. 

Nun wurden Hammelfetthunde unter Hungern mit Phos¬ 
phor vergiftet, was etwa 14 Tage in Anspruch nahm. Es trat 
starke Fettleber auf, deren Fett Hammelfett war; 
in Hammelfetthunden, die nicht Phosphor erhalten hatten, da¬ 
gegen war die Leber fettfrei. 

Auf demselben Wege wurde durch eine Hammelfetthündin 
zu erreichen gesucht, dass auch das Milchfett aus den 
Depots in die Milchdrüse hinein fliesst. Nach maxi¬ 
maler Entfettung wurde sie reichlich mit Hammelfett gefüttert, 
dann belegt und vom Momente der Befruchtung an mit mager¬ 
stem Fleisch ernährt. Das Thier abortirte zwar, aber bildete 
doch ziemlich reichlich Milch. War das Fett dieser 
Milch nun aus dem Eiweisse entstanden, so musste 
es Hundefett sein. War das Fett aber aus den De¬ 
pots in die Milchdrüse gewandert, so musste es 
Hammelfett sein. Was R. erhielt, war nun chemisch 
und makroskopisch erkennbares Hammelfett. 

Durch diese drei Versuche ist erwiesen, dass nirgendwo 
im Körper Fett aus Eiweiss entsteht. Wenn nun Fett nicht 
aus Eiweiss entstehen kann, so muss die alte These von 
der fettigen Degeneration fallen. An ihre Stelle tritt 
die einfache Degeneration der Zelle. Diese degenerirte Zelle 
holt sich das Fett aus den Depots, um sich möglichst ihren 
Bestand zu sichern. Das Fett tritt also zum Zwecke eines Aus¬ 
gleiches in die Zelle hinein. 

Aus den Versuchen geht hervor, dass alles Fett, das 
im Körper sich findet, entgegen der Voit’schen 
Lehre nur aus dem Nahrungsfett oder aus den 
Kohlehydraten entstanden ist. Malkmus. 


131 


Oeffentliches Veterinärwesen. 

Die Verbreitung der Rotz- und Wurmkrankheit im 
Deutschen Reich während des Jahres 1896. 

(Aus »Jahresbericht über die Verbreitung der Thierseuchen, n. Jahrgang: Das Jahr 1896.) 

An Rotz und Wurm sind erkrankt 505 Pferde, gefallen 17, 
getödtet 632, davon 559 auf polizeiliche Anordnung und 73 
auf Veranlassung der Besitzer. Von den auf polizeiliche An¬ 
ordnung getödteten 559 Pferden wurden in, von den 73 aus 
freier Entschliessung der Besitzer getödteten 33 bei der Ob- 
duction rotzfrei befunden. Ausserdem sind von seuchefreien 
Beständen 51 der Seuche oder der Ansteckung verdächtige 
Pferde theils behufs Sicherstellung der Diagnose, grösstentheils 
jedoch wegen ihres geringen Werthes, welchen eine längere 
Beobachtung nicht lohnte, auf polizeiliche Anordnung getödtet 
und frei von Rotz befunden worden. Mithin beträgt der Gesammt- 
verlust an Pferden 703. 

In das 1. Vierteljahr fielen die meisten, in das 3. die we¬ 
nigsten Erkrankungen. 

Von Seuchcfällen betroffen waren Preussen, Bayern, Sachsen, 
Württemberg, die beiden Mecklenburg, Hamburg, Eisass- 
Lothringen, Sachsen-Meiningen, Lippe. Innerhalb dieser Staaten 
vertheilen sich die Erkrankungsfälle auf 120 Kreise. 

Die grösste räumliche Verbreitung erreichte die Seuche 
in den Regierungsbezirken Breslau (23 Gemeinden, 25 Gehöfte), 
Oppeln (17, 19), Liegnitz (15, 16); in den Kreisen etc. Grottkau 
(6, 7), Löwenberg (4, 4), Neisse (4, 4), Gross-Wartenberg (3, 5), 
Geestlande (3, 5). 

Hohe Erkrankungsziffern weisen nach Hamburg (51), die 
Kreise Geestlande (49), Berlin (19), Hildesheim (19), Dieden- 
hofen (19), Teltow (17), Paderborn (17), Darkehmen (15), 
Briesen (15). Hohe Erkrankungsziffern innerhalb eines Be¬ 
standes sind gemeldet im Stadtkreis Tilsit (7 von 8 Pferden), 
im Stadtkreis Beuthen (9 von 11), im Kreise Diedenhofen (19 
von 26). 

Auf je 10000 Stück des Gesammtbestandes an Pferden 
nach der Zählung vom 1. Dezember 1892 ergaben sich im Reiche 
1,32 Erkrankungsfälle an Rotz (Wurm). Innerhalb der ver¬ 
seuchten Staaten bewegen sich die betreffenden Ziffern zwischen 
30,11 : 10000 (Hamburg) und 0,10: 10000 (Mecklenb.-Schwerin). 
Auf je 1 rotzkrankes Pferd kommen im Reich 1,39 Verluste an 
Pferden. Auf grössere Güter entfallen von den auf polizeiliche 
Anordnung getödteten Pferden 40,48 °/ n , auf kleinere Land¬ 
wirtschaften 32,60 "] 0 , auf Fuhrwerksbetriebe 23,41; der Rest 
ist unbestimmt. 

Die Verbreitung des Rotzes unter den Pferden, auf 10000 
der vorhandenen berechnet, ist auf der beigedruckten Karte 
dargestellt. Das Gesammtbild ist dem vom Vorjahre (siehe 
diese Zeitschrift, Jahrgang 1897, No. 31, S. 272) ähnlich, der 
Nordosten erscheint jedoch weniger stark betroffen. Zu den 
am stärksten betroffenen Kreisen, 8. Stufe der Scala (80,01 und 
darüber auf 10000), gehören 2 Kreise, zur 7. (60—80) 2, 
zur 6. (40 — 60) 4, zur 5. (30 — 40) 4, zur 4. (20—30) 6, 
zur 3. (10-20) 13, zur 2. (5 —10) 30, zur 1. (bis 5) 59 Kreise. 

Aas auswärtigen Staaten liegen folgende Nachrichten über das Auf* 
treten des Rotzes vor: 

Belgien: 243 Fälle, die meisten Fälle (75) in der Provinz Hennegau. 

Bulgarien: 45 Ortschaften, die meisten (13) im District Varna. 

Dänemark: 2 Bestände. In Frankreich war am stärksten be¬ 
troffen die nördliche, demnächst die westliche und südliche Region. In 
Algier waren alle 3 Departements betroffen. Getödtet wurden in Frankreich 
einschliesslich Algier 1690Pferde. Grossbritannien: i3ioFttlle. Italien: 
136 Gemeinden. Niederlande: 114 Fälle. Oesterreich: Am stärksten 
betroffen war Galizien und Niederösterreich. Bosnien und Herzegowina: 
1 Fall. Ungarn: Den höchsten Stand weist der September auf mit 110, den 
niedrigsten der Februar mit 60 Fällen. Rumänien: 118 Fälle. Schweiz: 
37 Fälle, die meisten Fälle (17) im Canton Waadt. Serbien: 5 Fälle. 

Anlässe zu den Seuchenausbrüchen: Aus Russ¬ 
land, Polen, Oesterreich-Ungarn sind eine Anzahl Einschleppungen 
gemeldet. 


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132 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


9. April' 


Darstellung der Verbreitung der Rotzkrankheit unter den Pferden Im Deutschen Reiche Im Jahre 1896. 



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Stade 


Lüneburg 


Von je 10000 
Pferden 
erkrankten: 


(Bautzen 


/'/ U.-Franken 


Abkürzungen: 

W. I Neckar kr eis W. 2 ßchtcarzwaldkreis 

W. 8 Jagst kreis W. 4 Donoukreis 

B. I Landeskommissariat Mannheim 

B. 2 „ „ Karlsruhe 

B. 3 n „ Freiburg 

B. 4 „ „ Konstanz 

H. I Provinz Starkenburg 

H. 2 „ Oberhessen 

H. 3 „ Rheinhessen 

Sch. Landwehrkompagniebez. Schönberg 

0. I Oldenburg: Fürstenth. Lübeck 

0. 2 „ „ Birkenfeld 

Br. I Kreise Braunschweig, Wolfenbüttel, Helmstedt 

Br. 2 Kreise Holzminden, Gandersheim 

Br 3 Kreis Blankenburg 

8. Schcumburg-Lippe 

H. Hamburg L. Lübeck Br. Bremen 


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Ermittelung der Seuchenausbrüche: Auf Pferde¬ 
märkten sind drei Fälle ermittelt, 12 in Rossschlächtereien, 
4 in Abdeckereien; bei der Untersuchung von Hausirerpferden 
und Handelspferden, sowie bei polizeilich angeordneten Unter¬ 
suchungen aller gefährdeten Pferde sind mehrere Rotzfälle zur 
amtlichen Kenntniss gekommen. 

Incubationsdauer: Genau beobachtet wurde in einem 
Falle eine Incubation von 10*/ 2 Monaten, in einem andern 
Falle von 28 Tagen. 

Uebertragung auf Menschen: Es verstarben an 
Rotz ein Rossschlächter nach 4 wöchiger Krankheit, ein Stall¬ 
wärter nach 8 wöchigem Krankenlager und ein Sattlerlehrling. 

Gezahlte Entschädigungen: Für auf polizeiliche An; 
Ordnung getödtete 603 Pferde sind 2i4i5gMk. 90 Pfg. be¬ 
zahlt worden. 

Gesetzgebung: In Preussen ist angeordnet (17. Ok¬ 
tober 1896), dass die thierärztlichen Hochschulen die Cadaver- 
theile zugeschickt bekommen, welche von den beamteten Thier¬ 
ärzten als mit Rotz behaftet erklärt werden. — In den Nieder¬ 
landen sind (10. Juli 1896) die Bestimmungen gegen Rotz 
und Wurm neu geregelt. Froehner-Kulda. 

Bekämpfung: der Tuberculose in Dänemark. 

Bekanntlich geht Dänemark in der Bekämpfung der Tuber¬ 
culose unter den Thieren allen anderen Staaten energisch 


voran. Neuerdings genehmigte die Volksvertretung wiederum 
einstimmig den Gesetzentwurf über Massregeln zur Bekämpfung 
der Tuberculose beim Hornvieh, dessen hauptsächlichste Be¬ 
stimmung dahin geht, die Beihilfe des Staates für die Tuber- 
culinproben auf 100000 Kronen zu erhöhen. 


Massregeln bei Einfuhr amerikanischer Pferde. 

Die Beamten des Ackerbau-Departements in Washington 
äusserten ihre Ueberraschung über die Ausführungen des preussi- 
schen Ministers für Landwirtschaft, Frhrn. v. Hammerstein, 
welche dieser in der Sitzung des preussischen Abgeord¬ 
netenhauses gethan, indem er eine Quarantäne gegen 
amerikanische Pferde zur Verhinderung der Einschleppung 
der Rotzkrankheit in Aussicht stellte. Sie bestreiten die Mög¬ 
lichkeit, dass die amerikanischen Pferde mit der Rotzkrankheit 
behaftet seien, durchaus (?) und sagen, dass die Krankheit, wenn 
sie nach der Einfuhr bei ihnen auftrete, von Pferden übertragen 
sein müsse, die sich bereits an dem Orte befänden. Der Se¬ 
kretär des Ackerbau-Departements erklärt Hammerstein’s An¬ 
gaben für unbegründet. Der Chef des Bureaus für Viehzucht 
bemerkt, die Rotzkrankheit trete, soviel sein Bureau wisse, 
nicht vorwiegend in den Vereinigten Staaten auf. Der Vor¬ 
sitzende der Commission für auswärtige Angelegenheiten, Hitt, 
erklärte auf Befragen, es sei klar, dass die in Aussicht gestellte 
Quarantäne in den Rahmen der allgemeinen Bewegung falle, 


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No. 15 


die auf den Ausschluss amerikanischer Erzeugnisse hinarbeite. 
Senator Dingley, der ebenfalls über seine Meinung befragt 
wurde, meint, eine etwaige Quarantäne wäre augenscheinlich 
demselben Bestreben zuzuschreiben, wie das Obsteinfuhrverbot, 
man müsse aber abwarten, ob die Quarantäne so nachdrücklich 
ausgeübt werden würde, dass sie einer Verhinderung der Ein¬ 
fuhr gleich käme. 


Die Impfung der Schweine zum Schutz gegen Rothlauf. 

In der am 15. Februar ds. Js. in Berlin stattgehabten 
Generalversammlung des Deutschen Milchwirth- 
schaftlichen Vereins hielt Geh. Reg. Rath Prof. Dr. Schütz- 
Berlin einen Vortrag über »Die Impfung der Schweine 
zum Schutz gegen Rothlauf«. Der Gedankengang war 
folgender: 

Die krankheitserregenden Mikroben zerfallen in 2 Haupt¬ 
gruppen: 1. in Bakterien (niederste pflanzliche Gebilde) und 
2. in Protozoen (niederste thierische Gebilde); zu letzteren 
gehören z. B. die Verursacher des Texasfiebers und des 
Wechselfiebers. 

Die Bakterien sind hinsichtlich ihrer Wirkungs- und ihrer 
Bekämpfungsart in zwei verschiedene, wichtige Gruppen zu theilen: 

1. in solche, welche das in sich gebildete Gift ausscheiden 
(z. B. der Tetanus-, der Diphtherie-, der Wurstgift-Bacillus) und 

2. in solche, welche das Gift in sich behalten (z. B. der 
Schweineseuche-, der Rothlauf-, der Cholera-, der Typhus- 
Bacillus). 

Die Immunität ist bedingt durch die Gegenwart von 
»Schutzstoffen«; solche werden bei der Krankheit vom er¬ 
krankten Körper gebildet, und zwar, wie man neuerdings er¬ 
kannt hat, von der Milz, von den Lymphdrüsen und vom 
Knochenmark. - Auch bei künstlicher Infection bilden sich 
diese Schutzstoffe. Wenn ein Thier sie selbst bildet, so redet 
man von »activer Immunität«, werden sie von den Menschen 
künstlich durch Blut von immunisirten Thieren übertragen, so 
redet man von »passiver Immunität«. Der Grad der Im¬ 
munität ist durch successive Impfung zu steigern, in¬ 
dem durch diese der Körper des geimpften Thieres zu immer 
stärkerer Erzeugung von Schutzstoffen gereizt wird. 

Die erste der oben betonten 2 Hauptgruppen der Bakterien 
scheidet also ein Gift, ein Toxin, ab; der inficirte Körper 
reagirt auf dieses durch Bildung eines Schutzstoflfes, eines Gegen¬ 
giftes, eines Antitoxins. 

Die zweite Gruppe der Bakterien dagegen behält das ge¬ 
bildete Gift in sich zurück, als »Zellgift«. 

Gegen die Bakterien dieser zweiten Gruppe würde ein 
Antitoxin nicht wirken; die Natur hilft sich daher mit sog. 
»Baktericiden« (Bakterientödtern), d. h. solchen Schutz¬ 
stoffen, die die Bakterien auflösen, zerstören, beseitigen. 

Die Heilkunde operirt daher mit zwei Arten von Impf¬ 
serum: 1. mit Antitoxin (z. B. in Höchst bei Herstellung des 
Diphtherieserums aus Pferden) und 2. mit Baktericid (z. B. in 
Darmstadt beim Lorenz’schen Serum). 

Ein Impfverfahren gegen Rothlauf muss, um als 
praktisch brauchbar gelten zu können, sein: 1. sicher wirkend, 
2. einfach in der Handhabung und 3. ungefährlich. 

Heute kommen drei Impfmethoden für den Rothlauf 
in Betracht: die von Pasteur, die von Lorenz und die von 
Remy (»Porcosan«). 

Auf Anordnung des Ministers sind diese 3 Methoden ver¬ 
gleichenden Prüfungen in Berlin unterzogen worden. 

a. Pasteur'sehe Methode. Ihre Einfachheit ist unbe¬ 
streitbar. Pasteur’s »vaccin premier« sind Rothlaufbacillen, 

* die durch Kaninchen hindurchgegangen und durch diese 
»Kaninchenpassage« abgeschwächt sind; »vaccin second« da¬ 
gegen Rothlaufbacillen, deren Virulenz durch »Taubenpassage« 
erhöht ist. Nach Einspritzung der Baktericiden wird später die 
zweite Lymphsorte eingespritzt, um die Immunität zu erhöhen. 

In Ungarn gingen an dieser Pasteur'sehen Impfung 
o,75 °/ 0 , in Württemberg 9 °/ 0 , in Deutschland im Durchschnitt 
4 °/ 0 der geimpften Schweine zu Grunde. 


133 


b. Lorenz’sche Methode. Sie zerfallt in 3 Akte: 
1. Einspritzung von Immunserum aus hochgradig immunisirten 
Schweinen, 2. nach 3 — 5 Tagen Einspritzung einer Rothlauf- 
bacillencultur und 3. nach 12—15 Tagen abermals Einspritzung 
einer solchen Cultur, und zwar in doppelter Menge. 

Die Statistik zeigt vorzügliche Resultate bei dieser Impfung: 
die Sterblichkeit ist ganz gering, die Immunisirung tritt sicher 
ein; aber diese letztere ist nicht so hochgradig wie bei der 
Pasteurisirung. 

c. Das Porcosan. Der Entdecker dieses jetzt von 
Dr. Remy in Mannheim fabricirten Impfstoffs sowie die Her¬ 
stellungsweise sind unbekannt, d. h. werden geheim gehalten. 
Das Porcosan zeigt sich als eine in Bouillon gezüchtete Cultur 
lebender Rothlaufbacillen, vermischt mit Glycerin, welches die 
Lebensfähigkeit der Bakterien herabsetzt. 

In der im Dezember 1896 zur Versuchsanstellung nach 
Berlin gesandten Probe waren lebende Rothlaufbacillen vor¬ 
handen, in der Probe vom Februar 1897 dagegen nur abge¬ 
storbene: also wesentliche Verschiedenheit! 

In beiden Fällen, d. h. bei Benutzung beider Porcosan- 
Proben, erkrankten die Thiere nicht; als sie dann aber zur 
Probe mit Rothlauf geimpft wurden, starben sie alle. Dies die 
Berliner Resultate! Beachtenswerth aber bleibt, dass »aus¬ 
gezeichnete Fachmänner anderwärts die gegentheiligen Resultate 
erhielten und veröffentlichten. Jedenfalls ist also das Por- 
cösan nicht zuverlässig, da seine Zusammensetzung 
schwankt.« 

»Das sicherste der betrachteten drei Mittel ist also 
offenbar das Pasteur’sche, dann käme das Lorenz’sche und 
an dritter Stelle das Porcosan; das einfachste wäre freilich 
Porcosan, dann das Pasteur’sche und an dritter Stelle das 
Lorenz’sche. Welches der drei das ungefährlichste ist, 
lässt sich mangels zuverlässiger Vergleichszahlen zur Zeit noch 
nicht sicher entscheiden.« (? D. Red) • 

Als fundamental wichtiger Gesichtspunkt für die Beurtheilung 
der Wirkungsfähigkeit jedes dieser drei Mittel ist zu betonen: 
unerlässlich ist derUebergang der eingeimpften 
Bacillen in die Blutbahnen; bei todten oder zu abge¬ 
schwächten Bacillen findet dieser Uebergang nicht statt. 

Bei allen drei Methoden impfte man lebende Bacillen 
ein. In der menschlichen Heilkunde (bei Cholera, Typhus) hat 
man Impfung mit abgetödteten Bakterien vorgenommen; analoge 
Versuche bei Thieren ergaben aber keinen Uebergang in die 
Blutbahnen und folglich auch keine Immunität. 

Da, wie gesagt, bei jeder der betrachteten 3 Methoden 
lebende Bacillen eingeimpft und durch den Darm ausgeschieden 
werden, so wird, »wer den Rothlauf nicht schon unter 
seinen Schweinen hat, keine dieser Methoden an¬ 
wenden, weil er die Verbreitung des Rothlaufs 
durch sie zu befürchten hat. Anders dagegen, wenn 
der Rothlauf schon ausgebrochen ist«. 

Der Kampf gegen die Rothlaufbacillen ist in letzter Linie 
deshalb so schwer, weil diese Bacillenart äusserlich von einer 
Wachsmasse umschlossen ist, welche die Resorption ver¬ 
hindert und grosse Widerstandsfähigkeit gegen Witterung und 
künstliche Agentien herbeiführt. Alle Bemühungen zur Ent¬ 
fernung dieser Wachsmasse sind bis jetzt erfolglos gewesen. 

Nahrungsmittelkunde. 

Durchfall bei einem Kinde nach Verabreichung: von 
rother Milch. 

Von Eichert-Sensburg, comm. Kreisthierarzt. 

(Zeilschr. f. Fleisch- und Milchhyg. VIII. Jahrg., Heft 5, S. 86.) 

Ein 3 /i jahre altes Kind hatte nach dem Genüsse von Kuh¬ 
milch, welche bei längerem Stehen roth wurde, einen starken, 
übelriechenden Durchfall bekommen, weshalb Eichcrt aufge¬ 
fordert wurde, die Milch zu untersuchen. Letzterer entnahm 
Milch aus dem Euter der Kuh unter strengsten antiseptischen 
Cautelen und bemerkte, dass die Milch bereits immittelbar 
nach der Entnahme eine schwach röthlich-weisse Farbe zeigte, 


DEUTSCHE THIERaERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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*34 


DEUTSCHE TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


9 April. 


sowie von etwas zäher Consistenz war. Nach etwa acht¬ 
stündigem Stehen der Milch konnte man an deren Oberfläche 
kleinste, röthliche Punkte erkennen, welche sich nach ca. 23- 
stündigem Stehen zu etwa stecknadelkopfgrossen Punkten ver- 
grössert hatten, Nach 40stündigem Stehen bestand die untere 
Hälfte der Milch aus Serum, die obere Hälfte aus einer rosa- 
roth gefärbten, käseartigen Masse. 

In den aus beiden Milchschichten angefertigten Ausstrich¬ 
präparaten fand Eichert Bacillen, welche dem bisher als Er¬ 
reger der rothen Milch beschriebenen Bacillus lactis ery- 
throgenes (Hucppe) ausserordentlich ähnlich waren. Be¬ 
merkenswerth bleibt vor Allem, dass die Bacillen bereits im 
Euter der Kuh anwesend waren. 

Das 'Kind genass baldigst wieder nach Verabreichung 
anderer Milch. Edelmann. 


Ergebnisse der Fleischbeschau im Grossherzogthum Baden 
während des Jahres 1896. 

Während des Jahres 1896 vertheilen sich im Grossherzog¬ 
thum Baden die Schlachtungen und Beschlagnahmungen wie folgt: 

a. Rindvieh. 



Ochsen 

Farren 

..... Rinderund 

Kühe Kalbinnen 

Zusam 

Rindv 

men 

ich 

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Geschlachtet 

Vernichtet 

Geschlachtet 

Vernichtet 

Geschlachtet 

Gewerbsmässig 

Nothgeschlachtet 

20 3641 8 
333123 

8 130 8 23 502 
73 4;| 5 492 

210,' 05 892 
893' 1 163 

12 117 888 
122 7 061 

238 j 
1042 

Insgesammt 

20 697;31 8 203; 12 28 9 l J4 



b. Kleinvieh, Schweine und Pferde. 



Kälber 

Schafe 

Ziegen 

Schweine 

Pferde 

1 

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Gewerbsmässig 

Nothgeschlachtet 

145 992 

1261 

37 

45 

22 808 
44 

6 

1 

9 8851 6 

45| 8 

297 290 

1186 

42 

72 

1152 ] 12 

29 3 

Insgesammt 

147 258 

82 

22 852 

7 

9 930 14 

298 476j 114 1181 15 


An einzelnen Theilcn wurden durch die Fleischbeschau 
beschlagnahmt und beseitigt 

bei Rindern: 38 Viertel, 266 einzelne Fleischstücke, 
3374 Lungen, 1737 Lebern, 330 Milzen, 206 Nieren, 1045 
verschiedene Eingeweide, 

bei den übrigen Schlachtthieren: 12 Viertel, 75 
einzelne Fleischstücke 4233 Lungen, 2686 Lebern, 73 Milzen, 
143 Nieren, 149 verschiedene Eingeweide. 

Was die Zahl der Schlachtungen anlangt, so haben 
dieselben gegen das Vorjahr zugenommen bei Rindern um 
14212 Stück = 10,2 °/ 0 , bei Kälbern um 21 554 Stück = 17,1 °/ 0 , 
bei Schafen um 179 Stück = 0,7°/ 0 . bei Ziegen um 436 Stück 
= 4 » 5 °/o> bei Schweinen um 48 164 Stück = I9,2° (0 , bei Pferden 
um 15 Stück = 1,2 "/„• 

Die Zahl der Nothschlachtungen weist bei Rindern 
eine Zunahme auf von 901 Stück = 14,6°/,,, bei Schafen 
um 9 Stück = 25,7"/ 0 > bei Ziegen um 9 Stück = 25 °/ 0 ; da¬ 
gegen eine Abnahme bei Kälbern um 40 Stück = 3,07°/„, 
bei Schweinen um 433 Stück = 27,3 °/„ und bei Pferden um 
4 Stück = i2,i°/ 0 . 

Hinsichtlich der vernichteten Thiere findet man ein 
Anwachsen der Zahlen bei Rindern um 370 Stück = 40,6"/,, 
bei Kälbern um 2, bei Schafen um 4, bei Ziegen um 5 Stück; 
hingegen macht sich ein Rückgang bemerkbar bei Schweinen 
um 34 und bei Pferden um 14 Stück. — Von den ver¬ 



bei Rindern 81,3°/ u , bei Kälbern 54,8 n / 0 , bei Schafen 14,2°/ 0 , 
bei Ziegen 57 , 1 bei Schweinen 63,1 "/ 0 , bei Pferden 20 n / 0 . 

Ueber das Vorkommen der Tuberculose bei den Rindern 
im Jahre 1896 geben nachstehende Tabellen Auskunft. Letztere 
enthalten in den beiden letzten Spalten die entsprechenden 
Zahlen aus dem Jahre 1895 und sind deshalb Vergleiche leicht 


zu ziehen. 



Unter dem ge¬ 
werbsmässig 
geschlachteten 
Rindvieh 

Unter dem 
nothge- 
schlachtetcn 

Rindvieh 

Unter dem 
geschlachteten 
Rindvieh 
überhaupt 

Unter dem im 
Jahre 18«» 
geschlachteten 
Rindvieh 
überhaupt 

J* 

y 

.3 

(53 

% der ge¬ 
schlachteten 
Thiere der 
betr. Thierart 

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(55 

0 . 5-0 § 

1. Nach der Thierart: 









,, /unter öWochen 

10 

) 0,008 

— 

) 0 08 

10 

) 0 008 

u 

) 0,01 

'6 Woch.u.älter 

1 

) 

1 

) 

2 

t 

4 


Rinder u./unter 1 Jahr . 

7 

) 0,75 

7 

) 5,42 

14 

! 0,84 

6 

\ 1,09 

Kalbinnen ii Jahr u. älter 

490 


56 

t 

546 


613 


Runter 3 Jahren 

6 

1 

15 

) 

21 

] 

29 


KUhe '»von 3 —öjahren 

435 

J 7 56 

229 

15,39 

664 

9,05 

643 

Utft 

'6 Jahre u. älter 

1338 

1 

601 

I 

1939 

) 

1620 

1 

/unter 3 Jahren 

11 

\ 

14 

\ 

25 

, 

27 

) 

Ochsen -.von 3—6 Jahren 

492 

\ 2,89 

16 

>10,51 

508 

, 3,01 

550 

3,56 

*6 Jahre u. älter 

86 

I 

5 

) 

91 

1 

153 

J 

/unter 3 Jahren 

52 

\ 

4 

\ 

56 

\ 

75 

\ 

Farren »von 3 6 Jahren 

328 

4,99 

2 

8,22 

330 

> 5.02 

293 

} 384 

'6 Jahre u. älter 

26 

) 

— 

1 

26 

) 

88 

1 

Im Ganzen . . . 

3282 

1,24 

*950 

11,41 

4232 

1,65 

14062 

1,72 

Ohne Kälber . . 

3271 

2,77 

949 

13 45 

4220 

3,88 

4047 

8,66 

II. Nach dem Krankheits- 









sitz: 









Nur äusserlich . . . 

_ 

— 

— 

— 

— 

— . 

2 

0,06 

In einem Organ . 


73,25 

332 

34,95 

2736 

64,65 

2846 

70,06 

In mehreren Organen 






- 


r 

einer Körperhöhle 

215 

6 55 

159 

16,74 

374 

8,84 

847 

8,54 

In mehreren Körper- 









höhlen. 

513 

15,63 

247 


EZ2 

17,96 

6l4 

15,12 

Allgemein. 

Wm\ 

4,57 

212 

22,31 

3R2 

8,55 

253 

6,28 

Zusammen . 

3282 

fOUXtUll 



4232 


1062 

EüEj 

Darunter auch im Fleisch 

18 

0,55 


2,53 

42 

0,99 

43 


III. Nach der Fleisch* 









bcschaffenheit: 









Bankwürdig .... 

2420 

73,74 

43 

4,53 

2463 

58.20 

2634 

62,15 

Nicht bankwürdig, je- 









doch geniessbar . . 

667 

20,32 

553 

58,21 

1220 

28,83 

1092 

26,91 

Ungeniessbar .... 

195 

5,94 

,354 

37,26 

549 

12,97 

f36 

10^4 

Zusammen 

3282} 100,00 

950| 100,00 4232 

100,00 

4062 

160,00 


Hock. 


Feststellung: verkäsender Knötchen an eingeführten 
amerikanischen Rinderdärmen. 

Von R. Lorenz-Kempen in Pr., Kreisthierarzt. 

(Zeitschrift f. Fleisch- u. Milchhygiene. VIII. Jahrg., Heft 5 , S. 88 .) 

Lorenz untersuchte gesalzene amerikanische Rindsdärme 
und fand in deren Schleimhaut zahlreiche, central verkäste 
Koötchen, welche nach dem beschriebenen Untersuchungs¬ 
befunde zweifellos als tuberculöser Natur anzusprechen 
sind. 

Da die Därme nicht als thierische Rohstoffe, sondern als 
Nahrungsmittel für Menschen angesehen werden müssen (Ent¬ 
scheidung des Reichsgerichts vom 14. April 1889), so ist ein 
sanitätspolizeiliches Vorgehen gegen derartige Därme vollständig 
gerechtfertigt. Letztere sind zum Mindesten als hochgradig 
verdorbene Waare anzusehen und dürfte es sich empfehlen, 
derselben einige Aufmerksamkeit zuzuwenden, um so mehr, als 
derartige tuberculose Erkrankungen bei amerikanischen Därmen 
keineswegs selten Vorkommen. Edelmann. 


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No. 15. 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


135 


Beitrag: zur Kenntniss der Wurst- und Fleischvergiftungen. 

Von Friedrich Schattenmann. 

München 1895. Inaug.-Dissert. Erlangen. 

Die Untersuchungen sind nach einem Referate von Roth 
in der Hygien.'Rundschau im pathologisch - anatomischen In¬ 
stitute von Gustav Hauser ausgeführt worden und zwar an 27 
verschiedenen Wurst- und Fleischwaaren. Sämmtliche gefundenen 
Pilze wurden in Bezug auf ihre Fähigkeit, Fäulniss zu erregen, 
untersucht. 

Die gefundenen Ergebnisse entsprechen im Allgemeinen 
denen, welche Beer früher mittheilte. Der Hauser’sche 
Proteus war in 14 Analysen anzutreffen. 13 ergaben ein 
negatives Resultat. Auch in den geräucherten Wurst- und 
Fleischwaaren waren entwickelungsfähige Bakterien in beträcht¬ 
licher Zahl und von verschiedenster Art vorhanden. 

Von den langsam geräucherten Fleischwaaren erwies sich 
allein der untersuchte Speck in seinem Inneren unter der Fett¬ 
schwarte als keimfrei. Im Hamburger Rauchfleisch, in Cervelat- 
wurst, in Schinken wie Schinkenfett fanden sich viele Keime, 
unter denen der Proteus mehrfach vertreten war. Daraus ist 
zu schliessen, dass ein antifermentativer Einfluss sowohl der all- 
mäligen Wirkung des Räucherns, besonders der Heissräucherung, 
unverkennbar ist, dass aber in Fleischwaaren, welche sich durch 
grossen Wassergehalt auszeichnen, die Vernichtung der Fäul- 
nisskeime schwierig oder gar nicht erreicht wurde. 

Edelmann. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Internationaler thierärztlicher Congress in Baden-Baden 

1899. 

Für die Einrichtung und Abhaltung des VII. internationalen 
thierärztlichen Congresses in Baden-Baden im August 1899 hat 
das Grossherzoglich badische Ministerium des Innern 2000 Mk. 
und auf seine Anregung der Herr Reichskanzler 10000 Mk. 
dem Geschäftsausschusse zu Händen des Geheimen Ober- 
Regierungsrathes Dr. Ly dt in in Baden-Baden zur Verfügung 
gestellt. Die einzigen Hindernisse, welche dem Zustandekommen 
des Congresses bisher noch gegenüber standen, sind nun be¬ 
seitigt und der Congress damit gesichert. Diese thatkräftige 
Unterstützung, welche Baden und auf seine Vorstellungen hin 
das Reich dem thierärztlichen Stande hat zu Theil werden lassen, 
wird überall unter den Thierärzten Freude und Befriedigung 
hervorrufen. Es ist sattsam bekannt, dass unter allen deutschen 
Bundesstaaten Baden dem Veterinärwesen die wohlwollendste 
Förderung zu Theil werden lässt und gerade, weil es hierin 
mit gutem Beispiel voran geht, konnte es ihm auch gelingen, 
das Deutsche Reich in seine Bestrebungen mit hineinzuziehen. 

Die Umsicht, welche der geschäftsführende Ausschuss für 
den Congress bisher schon an den Tag gelegt hat, berechtigt 
zu den besten Hoffnungen für eine glänzende Gestaltung des¬ 
selben. Es ist aber nun auch Sache der deutschen Thierärzte, 
den Ausschuss in seinen Aufgaben zu unterstützen, soweit dies 
beansprucht werden kann. In welcher Weise dies geschehen 
soll, wird bald bekannt werden. 


Ausserordentliche Professur für Fischkunde an der 
thierärztlichen Hochschule in München. 

An der thierärztlichen Hochschule in München ist eine 
Centralstation für Untersuchung der Fischkrankheiten entstanden, 
die erste wissenschaftliche Anstalt dieser Art in Deutschland. 
Es ist sehr erfreulich, dass man es in Bayern verstanden hat, 
das sehr dankbare und ertragreiche Gebiet der Fischzucht in 
den Wirkungskreis der thierärztlichen Wissenschaft hineinzu¬ 
ziehen. Der Leiter des Instituts, Herr Dr. Hofer, gilt bereits 
allgemein im Kreise der Fischzüchter als Autorität ersten 
Ranges und erhielt kürzlich einen sehr ehrenvollen Ruf nach 
Berlin, den er aber abgelehnt hat. Im Hinblick auf die grosse 
Bedeutung der Fischzucht für das gesammte Volkswohl hat der 
Finanzausschuss des bayerischen Landtages die Creirung einer 


ausserordentlichen Professur für Fischkunde beschlossen und seine 
Anerkennung über die Leistungen und Erfolge der Pflege der 
Fischkunde ausgesprochen. 


Eintreten der Landwirthe für Besserstellung der beamteten 

Thierärzte. 

Am 28. Februar fand in Darmstadt die Generalver¬ 
sammlung des landwirthschaftlichen Provinzial¬ 
vereins für Starkenburg statt. Sie war von über 100 
Landwirthen besucht. Der Ehrenpräsident des Provinzialvereins, 
Se. Excellenz Herr Oberconsistorialpräsident, Wirkl. Geheime¬ 
rath Dr. G o 1 d m a n n, hatte neben den Vertretern der Grossh. 
Staatsregierung den Verein mit seiner Anwesenheit beehrt. 

Herr Dr. Olt-Hamburg hielt einen reich mit Demon¬ 
strationen durchflochtenen und durch zahlreiche graphische 
Darstellungen illustrirten Vortrag über das Thema: »Die Be¬ 
kämpfung der Maul- und Klauenseuche im Lichte 
der neuesten Forschungsresultate.« An der äusserst 
lebhaften Debatte betheiligten sich nicht weniger als 45 Redner. 
Anknüpfend an die Debatte wurden einstimmig folgende Be¬ 
schlüsse gefasst: 

I. Die heutige Generalversammlung des landwirtschaft¬ 
lichen Provinzialvereins Starkenburg hält es zwar für durchaus 
geboten, dass der Ausbreitung der Maul- und Klauenseuche in 
unserem Lande durch energische Massregeln entgegenzutreten 
sei, dass aber ein durchschlagender Erfolg dieser Massregeln 
nicht zu erwarten ist, wenn einmal nicht in allen Ländern 
Deutschlands die gleichen Schutzmassregeln eingeführt werden 
und wenn zum andern und vor allen Dingen nicht die Grenzen 
Deutschlands gegen die Einschleppung der Seuche vom Auslande 
streng geschlossen werden. • 

Der Herr Präsident des Vereins wird ersucht, sowohl bei 
der Grossh. Regierung als auch beim Reichskanzler dahin vor¬ 
stellig zu werden, dass 

1) einheitliche Massregeln für die Bekämpfung der Seuche 
für das ganze Reich erlassen, 

2) die Grenzen Deutschlands gegen die Einschleppung der 
Seuche streng geschlossen werden. 

II. Die in der heutigen Generalversammlung anwesenden 
Landwirthe bitten den Vorstand, bei der Regierung dahin wirken 
zu wollen, dass die sogenannten Ursprungszeugnisse wieder ein¬ 
geführt werden und dass dieselben in rationellerer und gewissen¬ 
hafterer Weise wie früher ausgestellt werden. Ferner bitten 
dieselben um Einstellung der zum grössten Theil überflüssigen 
Viehmärkte und die Anordnung einer 10 tägigen Quarantäne für 
solches Vieh, welches in Händlerstallungen eingestellt wurde. 

Der Präsident besprach hierauf noch eingehend Reform¬ 
fragen des Veterinärwesens und wies darauf hin, dass 
die beamteten Thierärzte nicht erfolgreich die Seuche tilgen 
könnten, wenn sie ihr Einkommen in der Privatpraxis suchen 
müssten. Unter allseitiger Zustimmung wurde erklärt, die 
Landwirthe wollten eine bessere Stellung’ der 
Thierärzte, die Mehrausgaben für eine Reform des 
Veterinärwesens kämen gegenüber den zu erwar¬ 
tenden Vortheilen gar nicht in Betracht. 

In der Discussion wurde noch erwähnt, dass ein grosser 
Theil der beamteten Thierärzte, besonders in Preussen, haupt¬ 
sächlich auf Diäteneinnahmen angewiesen sei, dass unter solchen 
Umständen ein Erfolg in der Tilgung der Seuche jedoch nicht 
erwartet werden könne. Man solle den beamteten Thierärzten 
ein existenzfähiges Gehalt gewähren und Verhältnisse schaffen, 
dass sie sich ausschliesslich mit dem Staatsdienste befassen 
könnten und direct ein Interesse an der Tilgung der Seuchen 
hätten, dann könne mit sicherer Voraussetzung auf beste Er¬ 
folge gerechnet werden. 


Perleberger Viehversicherungs-Gesellschaft. 

Während des verflossenen Jahres hat die Perleberger Vieh- 
versicherungs-Gesellschaft ihre Thätigkeit hauptsächlich dem 
Ausbau der Schlachtviehversicherung gewidmet, so dass sie 
fortan Erspriessliches zum Wohle der Landwirtschaft zu leisten 


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136 


vermag und in den dauernden Dienst aller Interessenten gestellt 
ist. Es wurden 105738 Rinder und 204892 Schweine mit 
insgesammt 40 Millionen Mark versichert und davon 8530 
Rinder und 6085 Schweine mit insgesammt 728351 Mark 
entschädigt. Der Erlös aus der Verwerthung der als »ver¬ 
dorben« bezeichneten Stücke wäre ein höherer gewesen, wenn 
Freibänkc an allen Schlachthäusern eingerichtet wären, da der 
Unterschied in der Verwerthung zwischen Plätzen, die Freibank 
und solchen, die keine haben, ein ganz bedeutender ist. Bei¬ 
spielsweise werden in Berlin ca. 22 Pf. für das Pfund Fleisch 
in Folge Fehlens der Freibank weniger erzielt, als an andern 
Plätzen mit Freibank; bei der grossen Menge des für minder- 
werthig erklärten Fleisches ist diese Differenz sehr bedeutend. 
Da die Gesellschaft auf Gegenseitigkeit gegründet ist, hat 
lediglich der Viehzüchter den Schaden zu tragen. 

Sehr bemerkenswerth sind die statistischen Nachweise der 
Gesellschaft über die Art der Schäden in der Schlachtvieh¬ 
versicherung. 

Von 8530 entschädigten Rindern hatten 
7327 Tuberculose, 124 Finnen, 1079 sonstige Krankheiten, 
in Procenten ausgedrückt, a) der entschädigten Stückzahl 
85,9°/ 0 Tuberculose, 1,5 % Finnen, 12,6% sonstige Krankheiten, 
b) von der entschädigten Summe, 

86,8 °/ 0 Tuberculose, 5,3% Finnen, 7,9% sonstige Krankheiten. 

Von den 8530 Schadenfällen sind 
595 Total Verluste, 1702 Minderwerthe, 6233 einzelne Theile 
betreffend 

in Procenten a) der entschädigten Stückzahl, 

7% Totalverluste, 20% Minderwerthe, 73 % einzelne Theile, 
b) der entschädigten Summen, 

28.3 % Total Verluste, 51% Minderwerthe, 20,7% einzelne 
Theile. 

Von den 6085 entschädigten Schweinen hatten 
4340 Tuberculose, 345 Finnen und 1400 sonstige Krankheiten, 
in Procenten ausgedrückt, a) der entschädigten Stückzahl 

71.3 °/o Tuberculose, 5 , 7 % Finnen, 23 % sonstige Krankheiten, 
b) von der entschädigten Summe, 

48,1 % Tuberculose, 23% Finnen, 28,9 % sonstige Krankheiten. 

Von den 6085 Schadenfällen sind 
283 Total Verluste, 1498 Minderwerthe, 4304 einzelne Theile 
betreffend 

in Procenten a) der entschädigten Stückzahl 
4,6% Total Verluste, 24,6 % Minderwerthe, 17,!% einzelne 
Theile, 

b) der geschädigten Summen 

23.3 % Totalverluste, 59,6% Minderwerthe, 70,8 % einzelne 
Theile. 

Weniger günstig gestaltete sich das Geschäft in der Vieh- 
Lebensversicherung. 

Es wurden 1897 versichert: 

4625 Pferde mit Mk. 2409210 

4329 Rinder „ „ 1112380 

6724 Schweine „ „ 537040 

_ 45 Ziegen „ „ _ 1200 

Sa. 15723 Thiere mit Mk. 4059830 

Es wurden 1897 entschädigt: 

290 Pferde mit Mk. 90068,65 

211 Rinder „ „ 39 530 ,— 

988 Schweine „ „ 43821,45 

. _ 5 Ziegen „ „ _ I 45 » 6 o 

Sa. 1494 Thiere mit Mk. 173565,70 

Die Entschädigung der einzelnen Thierarten gründete sich 
auf folgende Krankheiten: 

290 Pferde, davon 

63 Kolik, 22 Koller und Dämpfigkeit, 104 Huf- und Beinleiden, 
101 sonstige Krankheiten, 
in Procenten ausgedrückt, 

21,7% Kolik, 7,6% Koller und Dämpfigkeit, 35 , 9 % Huf- 
und Beinleiden, 34,8 % sonstige Krankheiten. 


9. April. 

Von der versicherten Stückzahl wurden insgesammt 6,27 % 
entschädigt. 

Das Verhältniss der die einzelnen Gefahren-Klassen ge¬ 
troffenen Schäden stellt sich folgendermassen bezüglich der 
versicherten Stückzahl 

Klasse I (Lohn- und Lastfuhrpferde) 5,72%, 
Klasse II (andere Arbeitspferde) . 6,36%, 

Klasse III (Luxus- und Militärpferde) 5%. 

211 Rinder, davon 

52 Tuberculose, 22 Schwergeburt und Kalbefieber, 137 sonstige 
Krankheiten, 

in Procenten ausgedrückt, 

24,64 % Tuberculose, 10,43 % Schwergeburt und Kalbefieber, 
64,93 % sonstige Krankheiten. 

Von der versicherten Stückzahl wurden insgesammt 4,88 % 
entschädigt. 

988 Schweine, davon 

294 Rothlauf, 263 Schweine-Seuche und Pest, 68 Krämpfe 
und Pocken, 363 sonstige Krankheiten, 
in Procenten ausgedrückt, 

29,76% Rothlauf, 26,62 % Schweine-Seuche und Pest, 6,88 % 
Krämpfe und Pocken, 36,74 % sonstige Krankheiten. 

Von der versicherten Stückzahl wurden insgesammt 14,70%, 
entschädigt. 

5 Ziegen, davon 

1 Tuberculose, 1 Räude, 1 Beinbruch, 1 Lungenentzündung, 
1 Unbekannt. 

Von der versicherten Stückzahl wurden insgesammt 11,10 % 
entschädigt. 

Das Jahr 1897 war in Bezug auf Schadenbildung für die 
Vieh-Lebensversicherung eines der schlechtesten Jahre der 
Gesellschaft. Zum Ausgleich der Jahresrechnung mussten dem 
Reservefond 16197 Mark entnommen werden. 

Die Verwaltungskosten betrugen rund 20 % der Prämien- 
cinnahme und sind im Verhältniss zu den entsprechenden Aus¬ 
gaben anderer Viehversicherungs-Gesellschaften als gering zu 
bezeichnen. 

Auf die besonderen Vorzüge der Perleberger Viehversichc- 
rungs-Gesellschaft haben wir in unsern Spalten wiederholt auf¬ 
merksam gemacht, so dass sich ein Weiteres erübrigt. 


Personal-Nachrichten. 

Auszeichnungen: Dem Professor Boether an der thierärztlicben 
Hochschule zu Hannover wurde der Rang der Rälhe vierter Klasse verliehen. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Thierarzt Witt, bisher Assistent 
an der Thierärztlichen Hochschule in Berlin, zum commiss. Kreisthierarzt in 
Sonderburg, Schlachthofinspector Storch in Schmalkalden zum comm. Kreis¬ 
thierarzt daselbst, Kreisthierarzt Fr. Stein in Dessau zum Oberrossarzt, 
Thierarzt L. Honigmann zum Rossarzt des herzogl. Marstalls in Dessau, 
Thierarzt Heinrich Nelke in Versmold wurde zum Repetitor für Anatomie 
und Physiologie an der thierfirztlichen Hochschule in Hannover ernannt. 
Schlachthofmspector Stein in Ballenstedt wurde zum Schlachthofinspector 
in Bernburg, Rossarzt a. D. Patschke provisorisch zum Schlachthof¬ 
verwalter in Zoppot, Thierarzt Zehr in Dresden zum städt. Thierarzt 
in Leipzig, Thierarzt CI. Greggers von Hildesheim zum III. Schlacht¬ 
hofthierarzt in Elberfeld, Schlachthofinspector V o i r i n in Bockenheim zum 
II Schlachthofthierarzt in Frankfurt a. M. gewählt. Schlachthofinspector 
V ö m e 1 in Nordhausen ist von seiner Stelle zurllckgetreten und hat sich zur 
Ausübung der Praxis in Niedersachswerfen niedergelassen. Seine Stelle über¬ 
nahm provisorisch Thierarzt R e 1 1 i g. — Zum Director des Schlacht- und 
Viehhofes in Mainz wurde der Bürgermeister Spilling in Weida (Anhalt) 
gewählt. Also doch ein Nichtthierarzt! — Verzogen sind die Thierärzte 
Dr. Müller von Jena an die Quarantäneanstalt nach Hvidding, Eggert 
von Oschersleben nach Lehesten, Schweppe von Charlottenburg nach 
Berlin, Klute von Südende-Berlin nach Lankwitz bei Berlin, Friese von 
Hannover nach Ahlfeld. Niedergelassen haben sich die Thierärzte W. Schaar¬ 
schmidt in Naunhof bei Leipzig, F. Ulrich in Ziesar. 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutschen 

Heeres: Gegenseitig versetzt: Die Oberrossärzte Dischereit vom Hus.- 
Reg. No. 3, Pieczynski vom Ulanen-Reg. No. 11. Zu Einj.-freiw. 
Unterrossärzten bef. die Thierärzte Dr. Sima der im Art.-Regt. No. 25, 
Köhler im Art-Reg. No. 14. 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thierärztliche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsruhe. 

Drnck der Macklof sehen Druckerei in Karlsruhe i. B. 


DEUTSCHE THIERuERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Deutsche 

Thierärztliche Wochenschrift 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regierungsrath und Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


herausgegeben von 

Prof. Dr. Dammann, p r Lydtin, Prof. Röckl, 

Geheimer Regiernngs- und Medicinalrath, n . Geheimer Regierungsrath uni 

Director der Tbierttatlichen Hochschule de > KaiserUcheu Qesimdhei 

in Hannover. * in Berlin. 

• Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Gartll in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willacfl in Freiburg i. B. 

redigirt von 

Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784a. 


Sechster Jahrgang. 


Sämmtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 
Correctnren und Anzeigen an die Expedition der 
Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 
in Karlsruhe (Baden). 


M 16 . 


Ausgegeben am 10. April. 



898. 


Ueber einen nach der Schmidt’schen Methode 
behandelten Fall von Kalbefieber. 

Von Dr. Künnemann, Jena. 

Die glänzenden Erfolge, welche Schmidt-Kolding, mit 
seiner Behandlung des Kalbefiebers erzielte, gab mir Veran¬ 
lassung, eine an Kalbefieber erkrankte Kuh in ähnlicher Weise 
zu behandeln. Der Erfolg war geradezu überraschend. Wenn 
man berücksichtigt, wie hülflos man bisher dieser Krankheit 
gegenüber stand, so kann man nur dem dringenden Wunsche 
Ausdrufik geben, dass die Schmidt’ sehe Methode eine mög¬ 
lichst baldige und allseitige Verwendung finde. Um hierzu 
mit beizutragen, glaubte ich Grund genug zu haben, den einzigen 
von mir behandelten Fall mitzutheilen. In einem Referat der 
Berliner Thierärztlichen Wochenschrift, Jahrgang 1897, S. 621 
sind die Einzelheiten der Schmidt’schen Behandlung kurz 
mitgetheilt. Eine ausführliche Abhandlung über das Kalbefieber 
und seine Behandlung von Schmidt erscheint augenblicklich 
in den Monatsheften für praktische Thierheilkunde, worauf ich 
mir gestatte, nur hinzuweisen. Die Ansicht, dass es sich beim 
Kalbefieber um eine Antointoxication handelt, wird wohl von 
den meisten Thierärzten getheilt. Doch nahm man den Sitz 
für die Bildung der Giftstoffe bisher in der Gebärmutter an. 
Schmidt nimmt an, dass die Bildung im Euter statthat und 
gründet darauf seine Behandlung, indem er durch Eingiessen 
einer Jodkaliumlösung in die vier Zitzen die gebildeten Gifte 
einerseits zu vernichten, andererseits ihre weitere Entstehung 
zu verhüten sucht. Die überaus günstigen Heilerfolge, welche 
Schmidt und nach ihm Andere (s. Ref. 1. c.) erzielt haben, 
rechtfertigen seine Ansicht und die darauf basirte Heilmethode 
auf das Beste. 

Die von mir behandelte Kuh erkrankte ungefähr 20 Stunden 
nach* dem Kalben, das leicht und rasch erfolgt war. Zu dieser 
Zeit zeigte die Kuh verminderten Appetit und Unruheerschei¬ 
nungen ; beim Führen im Stalle einen unsicheren, schwankenden 
Gang. 24 Stunden nach der Geburt wurde ich zu Rathe ge¬ 
zogen. Bei meiner Ankuft war die Kuh nicht mehr im Stande, 
sich zu erheben. Sie lag mit ausgestreckten Beinen auf der 
linken Seite, mit seitwärts auf die Schulter umgebogenem 
Kopfe. Den Kopf war das Thier nicht fähig zu tragen. Der¬ 
selbe fällt nach dem Hochheben kraftlos wieder auf die Seite 
zurück. Der Blick ist stier und glotzend, die Pupille erweitert. 
Aus den Maulwinkeln hängen Speichelstränge. Der Puls ist 
klein und kaum zu fühlen, die Athmung ruhig und tief und 
erfolgt 12 Mal in der Minute. Pansen- und Darmgeräusche 


sind nicht zu hören. Im Mastdarm finden sich taubeneigrossö, 
trockene und harte Kothballen in reichlicher Menge. Die 
Temperatur beträgt im Mastdarm 3 7,7°C. Aus der Scheide 
hängen gallertige glasige Schleimstränge. Die Gebärmutter ist 
ziemlich stark zusammengezogen und in derselben finden sich eben¬ 
falls schleimige glasige Massen. Da ich eine ähnliche Vorrichtung 
zum Eingiessen, wie Schmidt sie verwendet, nicht gleich zur 
Hand hatte, bediente ich mich mit Vortheil der Pravaz’schen Spritze 
mit einer weiten und langen Canüle, wie sie von Di ecker¬ 
hoff für intravenöse Injectionen construirt ist, der ich aber 
die scharfe Spitze abgeschliffen hatte. Nachdem das Euter 
ausgemolken war, spritzte ich in jeden Strichkanal 20 g 
Lugol’scher Lösung (1 Jod, 5 Jodkalium, 100 Aqua). Schmidt 
hält es für wichtig, dass bei dem Eingiessen der Jodkalium¬ 
lösung, öfters geringe Mengen von Luft mit in das Euter ge¬ 
langen, weil dadurch die Bildung von freiem Jod begünstigt 
wurde. Diese Angabe veranlasste mich, die Lugol’sche Lösung 
zu verwenden. Die Resorption des Jods geschah schnell, denn 
bei einer 10 Minuten später erfolgten Melkprobe war die aus- 
fliessende wässrige Flüssigkeit nur noch schwach gelb gefärbt 
und 5 Minuten später bereits farblos. 8 Stunden nach der 
Injection hob die Kuh bereits den Kopf und 3 Stunden später 
stand die Kuh auf. Sie war allerdings noch sehr schwach, 
zitterte und war auch nicht zum Herumtreten zu bewegen. 
Die Temperatur betrug 38,6°C. Der Koth im Mastdarm, 
trotzdem alle zwei Stunden Clystier gemacht wurden, kleinge¬ 
ballt und fest. Die Kuh hatte auch etwas Wasser genommen 
und nach einigen Strohhalmen gegriffen. 15 Stunden nach der 
Injection hatte die Kuh mehr Wasser gesoffen, etwas Heu 
gefressen und bald darauf wieder gekaut. 19 Stunden nach 
der Injection war der Blick frei, die Kuh steht gut auf, tritt 
leicht herum und zeigt kaum noch eine Schwäche. Die 
Temperatur betrug 38,8 °C. Das Euter war weich und die 
Milch von normaler Beschaffenheit. Am folgenden Tage zeigte 
die Kuh sich vollständig gesund, der Appetit war gut, das 
Wiederkauen erfolgte regelmässig und auch der Kothabsatz 
erfolgte leicht, der Koth hatte eine mehr breiige Beschaffenheit. 
Am Euter war keine Reaction eingetreten und ist auch später 
nicht erfolgt, überhaupt hatte die Kuh keinerlei Folgezustände 
erkennen lassen. Es würde mir fern liegen, aus diesem ein¬ 
zigen Fall Rückschlüsse auf die Heilwirkung des verwendeten 
Mittels zu ziehen, wenn nicht die günstigen Erfolge S c h m i d t ’ s 
vorlägen. Dennoch aber glaube ich sicher annehmen zu können, 
dass die Heilung der fragl. Kuh zweifellos auch auf die Injection 
der Lugol’schen Lösung ins Euter zu schieben ist. Die Erfolge 
ermutigen zu weiteren Versuchen, die zweiffellos zu Gunsten 


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DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


16. April. 


der S c h m i d t ’ sehen Behandlungsweise ausfallen und dem Ent¬ 
decker das einmütige Lob der thierärztlichen Kreise eintragen 
werden. 


Ein seltener Fall von zwei vollständig aus¬ 
gebildeten oberen (vorderen) Hohlvenen bei 
einem Pferde. 

Von Professor Boether, Hannover. 

Bekanntlich besitzen die Reptilien und Vögel, sowie der 
eine Theil der Saugethiere — Schnabelthiere, Beutelthiere, 
Insectenfresser, mehrere Nager etc. — zwei obere (vordere) 
Hohlvenen, während der andere Theil der Säugethiere — Ein¬ 
hufer, Wiederkäuer, Omni- und Carnivoren, Affen — und der 
Mensch nur ein derartiges Gefäss aufweisen. Zur Zeit ihres 
Embryonallebens sind indessen auch die letzteren mit zwei 
oberen Hohlvenen ausgestattet, welche gesondert in den Sinus 
venosus bezw. in das rechte Atrium des Herzens münden. Die 
eine von ihnen stellt die caudale Fortsetznng der rechten, die 
andere die der linken Jugularvene dar. Jede obere Hohlvene 
nimmt auf ihrem Wege zum Herzen u. A. eine Vena axillaris 
resp. subclavia, eine V. vertebralis, eine V. cervicalis profunda 
und eine Anzahl Venae intercostales anteriores auf. Ausserdem 
münden von hinten her in sie die Cardinalvenen und zwar 
in die rechte obere Hohlvene die rechte Cardinalvene — die 
spätere Vena azygos —, in die linke obere Hohlvene die linke 
Cardinalvene — die nachherige Vena hemiazygos. — 


Der unpaarige, asymmetrische Zustand der oberen Hohl¬ 
venen entsteht dadurch, dass sich zwischen den kranialen 
(vorderen) Enden derselben ein querer Verbindungsast ent¬ 
wickelt, welcher immer mächtiger wird und schiesslich das 
gesammte Blut von der linken Hohlvene in die rechte über¬ 
leitet, sodass jene überflüssig wird und verödet. Nur ihr cau- 
dales, in das rechte Atrium mündendes Ende, welches nach 
wie vor von der linken Kranzvene des Herzens mit Blut gespeist 
wird, bleibt als Sinus coronarius cordis erhalten. 

Bei Menschen ist nun einige Male beobachtet worden, dass 
die Anastomose zwischen den beiden Venae cavae superiores 
sich entweder garnicht, oder doch nur in ungenügender Weise 
gebildet hatte und infolgedessen die linke Vena cava superior 
mehr oder weniger kräftig entwickelt war. Bei unseren Haus- 
säugethieren liegt meines Wissens eine derartige Beobachtung 
in der Literatur nicht vor; es dürfte deshalb der nachstehende 
Fall von zwei vollständig ausgebildeten oberen Hohlvenen, 
welchen ich vor geraumer Zeit an dem Cadaver einer alten 
Stute, das in dem anatomischen Institute der hiesigen Hoch¬ 
schule zu den Präparirübungen benutzt wurde, feststellte, von 
besonderem Interesse sein. 

Die fraglichen oberen Hohlvenen lagen in dem präkordalen 
(vorderen) Mediastinalraum, ventral von der Luftröhre und 
fassten den Truncus brachiocephalicus communis (sog. vordere 
Aorta), sowie die Nervi vagi und recurrentes mehr oder weniger 
zwischen sich. Sie hatten annähernd eine gleiche Stärke und 
zwar betrug ihr Durchmesser ca. 3 cm. Die rechte obere Hohl¬ 
vene verlief ziemlich gerade zum Herzen, indem sie das Peri- 
cardium etwas vor- und seitwärts vom Aortenbogen durchbohrte 
und sich in das kraniale Ende des rechten Atriums einsenkte. 


V. jugularis dextra. 



A. pulmonalis ' 


V. cava superior s. 


V. cava inferior. 


V. coronaria cordis magna *’ 


V. maramaria interna s. 


V. intercostal sup. s. 
et V. transv. cerv. s. 


V. axillaris d. 

V. vertebralis d. 

V. cervicalis profunda d. 

V. intercostalis suprema d. et V. transversa cervicis d. 
Truncus brachiocephalicus com. 

V. azygos. 

V. cava superior d. 

Aorta descendens. 


V. jugularis s. 
V. vertebral, s. 


V. cervical. p. s. 
V. axillaris s. 


V. V. pulmonales. 


Hers von hinten, oben und links. 


Die linke obere Hohlvene zeigte in ihrem Anfangstheil 
ebenfalls einen gestreckten Verlauf, legte sich dann aber von 
links her auf die Arteria pulmonalis, kreuzte sich etwas ventral 
von dem Ductus arteriosus (Botalli) mit ihr und krümmte 
sich nun in caudoventraler Richtung um die dorsale uud caudale 
Wand des linken Atriums, worauf sie die linke Kranzfurche des 
Herzens erreichte und in derselben den nur noch kurzen Weg 
bis zu ihrer Einsenkung in das rechte Atrium fortsetzte. 
Letztere fand zugleich mit derjenigen der unteren (hinteren) 
Hohlvcne und zwar medial und etwas ventral von dieser, 
gegenüber der Mündung der rechten oberen Hohlvene statt. 


Bei ihrem Eintritt in die Kranzfurche nahm die linke obere 
Hohlvene die grosse Kranzvene des Herzens auf, wodurch sich 
ihr Umfang noch ein wenig vermehrte. An der runden klappen¬ 
losen Mündung hatte die Vene einen Durchmesser von 3,5 cm. 

Die Vena jugularis und Vena axillaris jeder Körperseite, 
welche von gewöhnlicher Stärke waren, confluirten am Brust¬ 
eingange und mündeten gemeinschaftlich in das kraniale Ende 
der gleichseitigen Hohlvene. Ferner nahm jede obere Hohl¬ 
vene die Vena mammaria interna, V. vertebralis, V. cervicalis 
profunda und die V. intercostalis suprema ihrer Seite getrennt auf. 
Die Vena transversa cervicis vereinigte sich jederscit9 mit. der 


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No. 16. 


DEUTSCHE THIER^BRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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V. intercostalis suprema. Eine Anastomose zwischen den beiden 
oberen Hohlvenen war nirgends zu entdecken. Ebenso fehlte 
auch eine Verbindung der linken Vena cava superior mit der 
V. hemiazygos; diese senkte sich, wie gewöhnlich, in der 
Gegend des elften Rückenwirbels in die V. azygos ein, welch’ 
letztere in das caudale Ende der rechten Vena cava superior 
mündete. 

Wie aus der vorstehenden Beschreibung und der beige¬ 
fügten Abbildung hervorgeht, entsprach der Verlauf der persis- 
tirten linken oberen Hohlvene vollständig dem embryonalen. 
Aus welchem Grunde die Ausbildung des Eingangs erwähnten 
Verbindungsastes zwischen den beiden Hohlvenen zur Zeit des 
Fruchtlebens unterblieben ist, habe ich nicht ermitteln können. 
Die Lage des Herzens im Cavum thoracis sowohl, als auch 
die gegenseitige Lagerung der Atrien und Ventrikeln war durch¬ 
aus normal. Bildungsfehler oder sonstige Unregelmässigkeiten 
Hessen sich weder am Herzen selbst, noch am Mediastinum 
anterius, noch am Thorax nachweisen. Das System des Truncus 
brachiocephalicus communis zeigte das gewöhnliche , typische 
Verhalten. 

Das Präparat befindet sich in der Sammlung des ana¬ 
tomischen Instituts der Hochschule. 


Referate. 

Medieinischer Unterricht und ärztliche Praxis. 

Von Prof. Dr. Orth-Göttingen. 

(Vortraf, gehalten auf der Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Braun¬ 
schweig 1897.) 

Die ausserordentlichen Fortschritte, welche die medicinische 
Wissenschaft in den letzten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts ge¬ 
macht hat, haben auch der ärztlichen Praxis neue Aufgaben 
gebracht Dementsprechend hat auch der medicinische Unter¬ 
richt neue Wege beschreiten müssen und es hat sich als noth- 
wendig erwiesen, für gewisse Disciplinen neue Professuren zu 
schaffen. Namentlich hat sich dies für die pathologische Ana¬ 
tomie, die Hygiene, die Bakteriologie, für die Augen-, Geistes¬ 
und Ohrenkrankheiten herausgestellt. Nur so war es möglich, 
eine bessere Ausgestaltung des praktischen Unterrichts herbei- 
zuführen. Gleichzeitig mit diesen Verbesserungen ergab sich 
aber auch, dass die in Deutschland für den medicinischen Unter¬ 
richt bemessene Zeit eine viel zu kurze war. Namentlich war 
sie zu kurz für die technische Ausbildung des jungen Aerzte. 
Dieselben erlangten nicht jenen Grad von Vollkommenheit und 
Sicherheit, der im Interesse des Publikums und des ärztlichen 
Standes selbst erforderlich war. 

Die Behauptung, dass die ärztliche Kunst im Niedergange 
begriffen sei, ist trotz der vorgedachten Mängel keineswegs 
berechtigt. Nicht die jungen Aerzte sind es, welche an den 
vielfach bestehenden Feriencursen theilnehmen, sondern gerade 
ältere Aerzte, welche seit einem Jahrzehnt nicht den Fortschritten 
haben folgen können und deshalb Lücken fühlen, eilen zu diesen 
F or tbildungscursen. 

Die Aufgaben des medicinischen Unterrichts richten sich 
in erster Linie nach dem derzeitigen Stande der Wissenschaft. 
Mit Rücksicht darauf muss festgestellt werden, dass in der 
Medicin ein neuer Zeitabschnitt begonnen hat, nämlich die Er¬ 
forschung der Krankheitsursachen. Dieser neue Zeitabschnitt 
bedingt für die Praxis einen Wendepunkt. Dem Arzte werden 
hierdurch neue Wege und neue Ziele gewiesen. Es ergeben 
sich die beiden wichtigen Gesichtspunkte: 

1. das Eindringen der Krankheitserreger in den Körper zu 
verhindern, 

2. die ausserhalb des Körpers vorhandenen Krankeitserreger 
zu zerstören. 

Beide Punkte stellen das grosse Gebiet der Prophylaxe 
dar, welches an das Können des Arztes grosse Anforderungen 
stellt. Wenn auch in der Natur Mittel und Wege vorhanden 
sind, um die Krankheitserreger zu zerstören, so darf sich der 
Arzt nicht auf diese natürlichen Hülfsquellen verlassen. Er 


muss Desinfection an sich selbst, an den Kranken und vor allen 
Dingen deren Auswurfstoffen üben. Die hierbei auftretenden 
Schwierigkeiten wachsen, wenn es sich um die Zerstörung von 
Krankheitserregern im Körper des Patienten handelt. Sind die 
Sitze derselben von aussen zugänglich, so sind die Schwierig¬ 
keiten, welche der Desinfection entgegentreten, nur mässige, 
sie wachsen aber bedeutend, wenn der Krankheitsherd ver¬ 
borgen ist. Hier liegt schon eine Schwierigkeit in der Fest¬ 
stellung des Herdes. Freilich hat das Koch’sche Tuberculin 
für die Tuberculose diese Angelegenheit bedeutend erleichtert, 
immerhin aber die Schwierigkeit der Desinfection bei diesem 
Leiden noch nicht beseitigt. Neuere ätiologische Forschungen 
haben gezeigt, dass die Krankheitserreger allein nicht die Ent¬ 
stehung der Krankheiten erklären, sondern dass hierbei die 
Beschaffenheit der Körpergewebe bedeutend mitspricht. Auch 
hier hat von Seiten des Arztes noch Vieles zu geschehen. Es 
erwächst ihm die Aufgabe, diese Dispositionen zu verhindern 
bezw. zu beseitigen und den Körper für den Kampf mit den 
Krankheitsursachen zu kräftigen. 

Gerade die Prophylaxe der Krankheiten ist es, welche die 
meisten und grössten Fortschritte gezeitigt hat und daher ganz 
besondere Anforderungen an die Leistungen des Arztes stellt. 
In dem Gesundheitsrathe der Städte und Gemeinden, in der 
Schule, ja vor allen Dingen in der Familie bei Erziehung der 
Kinder, Regelung der Lebensweise u. s. w., muss der Arzt 
helfend und berathend eingreifen. 

Noch ein weites Feld der Thätigkeit steht für den prakti¬ 
schen Arzt offen nämlich das Gebiet der Schutzimpfungen. 
Was Jenner vor 100 Jahren rein empirisch gefunden hatte, 
ist jetzt Gegenstand eingehender wissenschaftlicher Untersuchung. 
Die Lehre von den Schutzimpfungen steckt noch in den Kinder¬ 
schuhen und doch hatte dieselbe bereits Anwendung in der 
Praxis gefunden. Es sei nur an die Impfungen gegen die Toll- 
wuth, den Starrkrampf und die Diphtherie erinnert. Dieses 
Capitel der Prophylaxe ist noch sehr ausdehnungsfahig. 

Wenn schon die Prophylaxe den Arzt so voll und ganz 
beansprucht, so ist seine Aufgabe damit keineswegs erschöpft. 
Er soll auch Krankheiten heilen bezw. unheilbare lindern. Dazu 
gehört in erster Linie die richtige Erkennung des vorliegenden 
Leidens. Und gerade die Feststellung der Krankheiten, die 
Diagnostik hat unendliche Fortschritte gemacht. Alle Zweige 
der Naturwissenschaften und der Technik kommen in Anwendung 
und alle muss der Arzt mehr oder weniger verstehen, um die 
diagnostischen Hülfsmittel richtig benutzen zu können. Man 
denke an die physikalischen Methoden der Laryngoskopie, der 
Cystoskopie, der Untersuchung mit Röntgen-Strahlen u. s. w., 
an die Diagnose der Krankheiten des Harnapparates vermittelst 
der Chemie, der Gehirnleiden vermittelst der Physiologie des 
Gehirns, der Frauenleiden mittelst der Histologie u. s. w. 
Alle diese Methoden sind so vertieft und verfeinert, dass sie 
hohe Ansprüche an die Kentnisse und Fertigkeiten des Arztes 
stellen. 

Die Therapie nach ihrem derzeitigen Stande stellt ein so 
vielseitiges und reichhaltiges Material dar, dass eine gründliche 
Beherrschung aller Heilmethoden seitens eines Einzelnen schon 
gar nicht mehr möglich ist. Gerade die Erforschung der Krank¬ 
heitsursachen hat der Therapie ganz neue Methoden gebracht. 
Die Serumtherapie und die Organtherapie sind das Neueste auf 
diesem Gebiete; wohin sie uns* noch führen werden und welche 
Aussichten sich uns nach der Richtung noch eröffnen werden, 
ist noch gar nicht abzusehen. Immerhin muss man sich hier 
sowohl vor übertriebenen Hoffnungen, als auch vor .unberech¬ 
tigtem Skepticismus hüten. 

Während die innere Medicin erst im Begriffe ist, auf Grund 
der modernen Forschungsergebnisse eine ätiologische Therapie 
aufzubauen, liegen die Verhältnisse in der Chirurgie schon 
anders. Hier giebt es bereits einen festen Bestand erprobter 
Heilmethoden, allein auch die operative Therapie hat gewaltige 
Umwälzungen unter dem Einflüsse der Anti- und Asepsis er¬ 
fahren. Und beendet sind die Fortschritte auf chirurgischem 
Gebiete noch lange nicht. Gerade die Errungenschaft eines 
Li st er ist es gewesen, welche den Chirurgen in den Stand 


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DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


16. April. 


setzte, den Erfolg seiner Operation nicht dem Zufall zu über¬ 
lassen, sondern ihn direct vorher zu bestimmen. So konnten 
mit dem Messer Eingriffe gewagt werden, die früher einer Ob- 
duction am Lebenden, aber nicht einer Heilmethode zu ver¬ 
gleichen waren. Es ist unbestritten, dass kein Gebiet der ge- 
sammten Heilkunde so gewaltige und schnelle Fortschritte 
gemacht hat, als die operative Therapie. 

Bei so bedeutend gewachsenen und immer noch wachsenden 
Anforderungen an den Arzt kann es nicht mehr Wunder nehmen, 
dass der Einzelne nicht mehr alle Zweige der Medicin be¬ 
herrschen kann, die nothwendige Folge war das Specialisten- 
thum. Ohne Frage hat Letzteres seine Schattenseiten; es führt 
leicht zur Einseitigkeit. Ueberdies muss zugegeben werden, 
dass, das Specialisiren stellenweise zu weit getrieben wird. So 
sehr diese Mängel des Specialistenthums auf der einen Seite 
zu beklagen sind, so muss auf der anderen Seite doch die Be¬ 
rechtigung, Specialist zu sein, zugestanden werden. Wenn wir 
die operative Therapie betrachten, so ist wohl kaum ein Zweifel, 
dass dieselbe eine besondere Uebung und Fertigkeit erfordert. 
Letztere kann nur der erwerben, der sich ausschliesslich mit 
diesem Gebiete beschäftigt, d. h. der Specialist. 

Mit dem Specialistenthum in der Heilkunde muss daher 
gerechnet werden schon im Interesse des leidenden Publikums. 
Freilich ist hierbei eine Forderung unerlässlich, dass über dem 
Specialisiren die Gesammtheilt nicht vergessen wird, d. h. dass 
der Zusammenhang der einzelnen Disciplinen mit der Mutter¬ 
wissenschaft nicht verloren geht. Die medicinische Wissen¬ 
schaft ist die gemeinsame Wurzel, aus der alle Zweige des 
Baumes ihre Nahrung schöpfen müssen. Vereint studiren, 
getrennt kuriren, das soll die Losung sein. 

Entsprechend den oben auseinandergesetzten Aufgaben der 
Medicin muss auch die Frage, was der medicinische Unter¬ 
richt zu leisten hat, beantwortet werden. Während der Studien¬ 
zeit muss dem Jünger Aeskulaps alles das geboten werden, was 
ihn befähigt, den obigen Aufgaben zu genügen. Hierbei bleibt 
nur ein Punkt offen, nämlich, ob man verlangen kann, dass 
jeder Arzt als fertiger Praktiker die Universität verlassen muss. 
Letzteres ist aus dem einfachen Grunde unmöglich, weil die 
Medicin als Kunst geübt werden muss, um Künstler zu bilden. 
Eine derartige Uebung kann kein Schüler während der Schul¬ 
zeit erwerben. Der junge Arzt muss durch die Praxis zur Höhe 
seiner Leistungsfähigkeit gelangen. Der Unterricht während der 
Studienzeit kann nur die Grundlage liefern, auf der sich der 
Aerzt selbst weiter entwickeln muss, um Künstler in seinem 
Berufe zu werden. 

Die Kenntniss von den morphologischen und biologischen 
Verhältnissen des gesunden und kranken Menschen ist der 
erste und wichtigste Punkt, welchen der medicinische Unter¬ 
richt zu berücksichtigen hat. Es setzt dies eine gewisse Kennt¬ 
niss jn der Chemie, Mathematik und den beschreibenden Natur¬ 
wissenschaften voraus. Ferner ist die Kenntniss von den 
Krankheitsursachen, ihren Wirkungen im Körper, den Mitteln 
und Wegen zu ihrer Beseitigung, den Veränderungen des Körper¬ 
baus und der Körperfunctionen, der Mittel zum Ausgleich dieser 
Störungen, kurz ein ganz gehöriges Quantum positiven Wissens 
ist zu erwerben während der Studienzeit und von Seiten des 
Unterrichts dem Studirenden zu liefern. Aber dieses blosse 
Wissen genügt nicht, sondern für den Arzt handelt es sich vor 
allen Dingen darum, das Wissen im gegebenen Falle anzu¬ 
wenden. Und dazu gehört eine angestrengte, zielbewusste 
geistige Thätigkeit, richtiges Beobachten, Schlüsseziehen, me¬ 
thodische« Denken. 

»Leider lässt die Vorbildung unserer Studenten in 
dieser Beziehung unendlich viel zu wünschen übrig, und 
eine kostbare Zeit muss darauf verwendet werden, den 
jungen Mediciner zu lehren, seine Sinne zu gebrauchen, 
das sinnlich Wahrgenommene richtig aufzufassen und 
gedanklich zu verarbeiten.« 

Diese Kenntnisse und Fähigkeiten soll der Mediciner sich 
erworben haben, ehe er an das Studium des kranken Menschen 
herantritt. Auch soll, bevor Letzteres geschieht, ein Nachweis 
geführt werden von Seiten des Studirenden, dass er reif im 


Beobachten und in den Naturwissenschaften, der Anatomie, 
Physiologie und Entwicklungsgeschichte ist. Es ist daher vor 
allen Dingen im Tentamcn physicum Werth darauf zu legen, 
dass der Mediciner neben den erforderlichen Kenntnissen in 
den genannten Disciplinen die Fähigkeit, zu beobachten und 
methodisch zu denken nachweist. Nötigenfalls müssen hier 
ungeeignete Elemente bereits definitiv zurückgewiesen werden. 

Jetzt erst darf zum Studium der eigentlichen Fachwissen¬ 
schaften der Pathologie, pathologischen Anatomie, Bakteriologie, 
allgemeiner Therapie, Materia medica u s. w. übergegangen 
werden. Diese Unterrichtsgegenstände muss der Studirende 
zunächst absolvircn, ehe er in die Klinik eintritt. Er muss sie 
beherschen, wenn er überhaupt von der Klinik den entsprechen¬ 
den Nutzen haben soll. Aufgabe der Klinik kann und darf es 
nicht sein, diese Gegenstände erst nachzutreiben. Die Klinik 
soll nur das theoretisch Erworbene praktisch anwenden lehren. 

Nach Erledigung dieser theoretischen Vorlesungen, die nach 
Möglichkeit demonstrativ zu gestalten sind, tritt der Studirende 
in die Klinik ein, wo er zunächst als Zuhörer theilnimmt. Erst 
nach einiger Zeit des Zuhörens in der Klinik beginnt für den 
Studirenden der eigentliche Unterricht in der Behandlung der 
Kranken. Diese Zeit ist es, welche am besten zeigt, ob der 
Studirende die nöthige Vorbildung besitzt. Jetzt muss er seine 
Sinne gebrauchen und je mehr er diese vorher geübt hat, um 
so fruchtbringender wird sich für ihn der klinische Unterricht 
gestalten. Aber er soll nicht nur das sinnlich Wahrnehmbare 
blos erkennen, er soll nun auch das Wahrgenommene geistig 
verarbeiten. Die Erscheinungen müssen auf ihren diagnostischen 
Werth geprüft werden, es muss das Nebensächliche von dem 
Wesentlichen getrennt werden. Mit einem Worte, denken, 
methodisch denken, logisch denken, das ist es, was der Stu¬ 
dirende im klinischen Unterricht fortgesetzt thun muss, um die 
Krankheit, ihr Wesen, ihren Sitz u. s. w. zu erkennen. Dass 
die Erkennung des Leidens nur auf diesem Wege gewonnen 
werden kann, dass nur auf einer richtigen Diagnose sich eine 
rationelle Behandlung aufbauen kann, ist so unbestritten, dass 
es kaum einer dahingehenden Erwähnung bedarf. Und in diesem 
Punkte, d. h. in der Fähigkeit, eine richtige Und genaüe Dia¬ 
gnose zu stellen, unterscheiden sich wissenschaftlich gebildeter 
Arzt und Pfuscher. 

Wenn man mit Rücksicht auf vorstehenden Gesichtspunkt 
den derzeitigen klinischen Unterricht prüft, so muss leider zu¬ 
gegeben werden, dass letzterer das Erforderliche nicht leisten 
kann. An den Kliniken der grossen Universitäten, wo die Zahl 
der Praktikanten in die Hunderte geht, ist es unmöglich, dass 
jeder Einzelne selbst thätig ist. Die Wenigsten haben Gelegen¬ 
heit, sich in dem Masse zu üben, wie dies erforderlich ist. 
Die Meisten müssen sich da auf Zusehen beschränken. Und 
vom Zusehen lernt man nicht diagnosticiren, das muss durch 
praktische Uebung erlernt werden. Nach dieser Richtung haben 
die Kliniken kleiner Universitäten unstreitig grosse Vorzüge. 
In ihnen kann der Lehrer sich mit jedem einzelnen Studirenden 
viel eingehender befassen, als dies unter den oben beregten 
Verhältnissen möglich ist. Ganz abgesehen kann davon werden, 
dass das Krankenmaterial an den kleineren Universitätskliniken 
nicht ein so massenhaftes ist und deshalb viel gründlicher für 
den klinischen Unterricht ausgenützt werden kann, als wenn ein 
sehr umfangreiches klinisches Material täglich zu bewältigen 
ist. Es dürfte auch der ambulatorischen Klinik mit Rücksicht 
auf die Uebung im Diagnosticiren eine besondere Sorgfalt zu 
widmen sein. Hier ist der Einzelne viel mehr sich selbst über¬ 
lassen und ungenirter; Mancher entwickelt sich gerade hier¬ 
durch ganz besonders. 

Bei der z. Zt. festgesetzten Länge der Studienzeit sind 
freilich vorstehende Mängel kaum zu beseitigen. Es kann 
keinem Zweifel unterliegen, dass die Zeit, während der die 
Praktikanten die Klinik besuchen, zu kurz ist. Soll der Praktikant 
die einzelnen Kliniken mit Vortheil besuchen, so gehört dazu 
Zeit, und diese ist bei der Mannigfaltigkeit des klinischen Be¬ 
triebes und den vielen besonderen Zweigen desselben unbedingt 
zu kurz. Eine Verlängerung des medicinischen Studiums auf 
io Semester ausschliesslich der Militärdienstzeit ist daher auf 


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No. 16. 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


die Dauer nicht zu umgehen. Aus einer derartigen Verlängerung 
würde sich noch der Vortheil ergeben, dass Viele als Famuli 
oder Internisten in verschiedenen Kliniken sich ausbilden und 
so den inneren Krankenhausdienst, sowie die Wartung und 
Pflege der Kranken eingehender kennen lernen würden. Da¬ 
durch wäre auch jener Mangel beseitigt, der vielfach gerügt 
ist, dass die Studirenden zwar Kranke, aber keinen Krankheits¬ 
verlauf zu sehen bekommen. Dieser Vorwurf trifft vorwiegend 
wieder die Kliniken grosser Universitäten, während die kleiner 
nicht oder nur unwesentlich berührt und vollends hinfällig 
werden bei chirurgischen Leiden. 

Könnten auch in der oben bercgten Weise die Nachtheile 
des derzeitigen medicinischen Unterrichts beseitigt werden, so 
bleibt immer noch ein Punkt beachtenswerth. Nach erhaltener 
Approbation ist dem jungen Arzte das Wohl und Wehe der 
Menschen sofort anvertraut. Eine Controle darüber, ob er 
dieses verantwortungsvolle Amt auch mit Umsicht, Geschick 
und zum Besten der Patienten verwalten wird, liegt nicht vor. 
Dass er den besten Willen dazu hat, wird Niemand bezweifeln, 
ob aber die Studienzeit dazu ausreicht, einen fertigen, prakti¬ 
schen Arzt zu schaffen? Keineswegs ist dies der Fall. Doch 
liegen die Verhältnisse bei anderen Berufsarten durchaus nicht 
anders. Auch der Jurist, welcher sein Referendarexamen ge¬ 
macht hat, ist noch kein fertiger Richter. Letzteres wird er 
erst durch die praktische Laufbahn, die er unter Leitung er¬ 
fahrener Richter durchmacht. Ein ebensolcher praktischer 
Cursus nach bestandenem Examen ist auch allen Ernstes für 
den Mediciner verlangt worden. Dieser Massregel ist voll und 
ganz beizupflichten. Die Frage, ob der junge Arzt sein prakti¬ 
sches Jahr, welches er vor Zulassung zur Praxis absolviren soll 
nach obigem Vorschläge, nothwendig an einem Krankenhause 
ableisten soll, dürfte nicht unbedingt zu bejahen sein. Es dürfte 
auch genügen, wenn geeignete praktische Aerzte derartige junge 
Aerzte während eines Jahres beschäftigten und so unter Con¬ 
trole in die Praxis einführten. Ueberdies würde das Probejahr 
an einem Krankenhause den jungen Arzt die Verhältnisse der 
Praxis noch keineswegs genügend kennen lernen lassen, was 
doch sehr nöthig ist. 

Der gegen die Verlängerung der Studienzeit und Ableistung 
eines Probejahres gemachte Einwand, es werde dadurch das 
Studium vertheuert, kann aus verschiedenen Gründen nicht zu 
Recht bestehen. Das Wohl und Wehe der Mitmenschen darf 
nicht aus pecuniären Rücksichten vernachlässigt werden. Eine 
Erleichterung des Studiums für befähigte aber minder bemittelte 
Studenten der Medicin Hesse sich ganz leicht dadurch erreichen, 
dass solchen weitgehendster Honorarerlass bewilligt wird. Der 
Staat kann dies um so eher, als er einen Theil der Collegien- 
gelder einzieht. Schliesslich ist der Hinweis auf andere Berufs¬ 
arten, die auch lange Zeit unentgeltlich arbeiten müssen (Juristen, 
Theologen, Philologen), sehr geeignet, den beregten Einwand 
zu entkräften. 

Wenn der medicinische Unterricht in dieser Weise geregelt 
ist, dann würde eine Aenderung der Prüfungsordnung für das 
grosse Staatsexamen sehr am Platze sein. Die Anatomie und 
Physiologie brauchten, da sie bereits im Tentamen physicum 
geprüft sind, im Examen rigorosum nicht noch besonders ge¬ 
prüft zu werden. Diese Disciplinen würden bei Gelegenheit 
anderer Fächer noch genügend berücksichtigt werden können. 
Dagegen wäre es erwünscht, wenn auch über Psychiatrie und 
Ohrenheilkunde ein specieller Nachweis im Examen verlangt 
würde. Ob man vom Specialisten noch einen besonderen Be¬ 
fähigungsnachweis verlangen soll, diese Frage würde erst dis- 
cutabel werden, wenn der Staat den ärztlichen Stand durch ein 
Privilegium schützt. Dann hätte der Staat auch die Verpflichtung, 
dafür zu sorgen, dass die einzelnen Aerzte das leisten, was sie 
versprechen. 

Die stellenweise lautgewordene Befürchtung, dass unter 
dem immer mehr zunehmenden Specialistenthum die Thätigkeit 
der allgemeinen Aerzte Abbruch erleiden würde, ist durchaus 
unberechtigt. Das weite Gebiet der innern Medicin und die 
Prophylaxe der Krankheiten macht den Arzt zweifellos unent¬ 
behrlich. Es ist freilich hierbei auf die Unterstützung des 


14t 


Publicums zu rechnen. Letzteres muss durch die Aerzte selbst 
nach dieser Richtung aufgeklärt werden. Die Aerzte müssen 
rastlos darnach streben, die öffentliche Gesundheitspflege in 
Staat und Gemeinde, die Berathung und Beaufsichtigung der 
Familie, zumal der Entwicklung der Kinder, als ihre Domäne 
zu bearbeiten Es erfordert diese Arbeit ein gründliches me- 
dicinisches Wissen und Können. Um so bedauerlicher war das 
Ergebniss von Verhandlungen im preussischen Abgeordneten¬ 
hause, welche über die Zulassung der Frauen zum medicinischen 
Studium gepflogen wurden. Dieselben zielten dahin, dass für später 
vielleicht zu schaffende Frauen- und Kinderärztinnen möglicher¬ 
weise Erleichterungen im Studium zugelassen werden könnten. 

»Wie, sind denn die Frauen, welche das künftige 
Menschengeschlecht in ihrem Schosse tragen sollen, die 
Kinder, die Nation der Zukunft, in deren Körper gute 
und böse Anlagen gelegt sind, minderwerthige Geschöpfe, 
für deren körperliches Wohl und Wehe mit minder 
wissenschaftlicher Bildung gesorgt zu werden braucht ? 
O nein, und nochmals nein!« 

Daher muss nochmals wiederholt werden, dass der medi¬ 
cinische Unterricht an den Studirenden, ob männlich oder weib¬ 
lich, immer höhere Ansprüche stellen muss, um die Aerzte zu 
befähigen, ihr verantwortungsvolles Amt zu verwalten. Ferner 
muss durch fortgesetzte Belehrung des Publikums gesorgt 
werden, dass in weitesten Kreisen die Bedeutung der Gesund¬ 
heitspflege und Krankheitsprophylaxe zur Anerkennung gelangt, 
dann wird von selbst das Kurpfuscherthum in all’ seinen Formen 
verschwinden und der Arzt die Stellung einnehmen, welche er 
sich wünscht und welche er verdient. Fr ick. 


Günstige Wirkung des Brenneisens bei chronischer 
Hüft- und Schulterlahmheit. 

Von W. Dougherty. 

(Journal of Comp. Med. and Veterinary Archive*. Nov. 1897 ) 

Vor 5 Jahren wurde D. ein Pferd zugeführt, dass auf dem 
linken Hinterfusse »hüftlahm« war. Dasselbe war bereits 
»22 Monate« lahm und auch bereits von mehreren Praktikern 
behandelt. Es bestand eine hochgradige Lahmheit; die Muscil- 
latur der Hinterbacke war derartig atrophirt, dass man das 
Hüftgelenk in seinen Conturen deutlich erkennen konnte. Eine 
Scharfsalbe hatte man mehrere Male angewandt, auch bereits 
ein Haarseil gezogen. Zuletzt war dasselbe von einem Homöo¬ 
pathen innerlich behandelt. 

D. konnte dem Besitzer in Rücksicht auf den seitherigen 
ungünstigen Verlauf nur wenig Hoffnung auf Wiederherstellung 
machen. Derselbe bestand jedoch auf einer Behandlung, welcher 
Art sie auch sein möge. D nahm deshalb seine Zuflucht zu 
1 dem Brenneisen und brannte 4 Punkte um das Gelenk herum, 
einen direct auf dasselbe. Zum Schluss applicirte er auf das 
Ganze noch eine Cantharidensalbe. Sämmtliche fünf gebrannte 
Stellen eiterten später. Nach 10 Tagen begann das Pferd 
besser aufzutreten. Als weitere Behandlung wurden die atro¬ 
phischen Muskeln der Hintergliedmasse täglich mit Campher- 
spiritus cingerieben. Ende August war das Pferd wieder voll¬ 
kommen hergestellt. 

In der angegebenen Weise behandelte D. im ganzen nach 
seiner Angabe 32 ähnliche Fälle, theils Schulter-, theils Hüft- 
lahmheit, und erzielte mit seiner Behandlung stets Erfolg. Er 
empfiehlt deshalb dieselbe auf das Wärmste. Dass D. ener¬ 
gisch mit seiner Therapie zu Werke ging, lässt sich nicht 
leugnen. Bartels. 

; Zur Frage über das Eindringen der Formalindämpfe in 
die organischen Gewebe. 

Von W. A. Iw an off. 

(Centralbl. für Bakteriologie u. Parasitenkumle, XXII, 1897, No a/3, S. 50.) 

I. stellte unter Leitung von Nikiforoff die Einwirkung 
von Formalindämpfen auf die Organe von Kaninchen und Meer¬ 
schweinchen fest, welch’ letztere der Einwirkung von Septi- 


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142 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


16 . April. 


cämiebacillen erlegen waren. I. fand bei seinen Untersuchungen, I 
dass die Formalindämpfe nicht die Eigenschaft besitzen, eine 
rasche Tiefenwirkung auszuüben. Obwohl die Grösse der für 
die Versuche gewählten Organstücke gering war und der Saft 
aus einer Tiefe von nur 5 cm entnommen wurde, bedurfte es 
dennoch zur Vernichtung des Hühnercholerabacillus 3 Stunden, 1 
der Metschnikoff sehen Vibrionen 4 Stunden und des Milzbrand- j 
bacillus 6 Stunden, wenn die Formalindämpfe bei hoher Tempe¬ 
ratur einwirkten. Bei Zimmertemperatur brauchten die Formalin¬ 
dämpfe, um ihre keimtödtende Wirkung auszuüben, noch viel 
mehr Zeit. So musste der Milzbrandbacillus 15 Stunden, der 
Hühnercholerabacillus und der Metschnikoff sehe Vibrio 24 
Stunden lang der Wirkung der Formalindämpfe ausgesetzt 
werden, um Vernichtung der Mikroorganismen zu erreichen. 

Schon aus den makroskopischen Veränderungen der Organe 
konnte man im Voraus den Schluss ziehen, ob eine völlige 
Desinfection stattgefunden hatte oder nicht. Wenn nämlich 
das Organ seine charakteristische Farbe verloren, eine weisslich- 
graue Färbung und eine dichtere Consistenz angenommen hatte, 
so konnte man fast mit Sicherheit darauf rechnen, dass die 
Mikroorganismen sich noch am Leben befanden. Vielleicht 
hängt das Aufhören des Eindringens und der weiteren Wirkung 


der Formalindämpfe von der Vergrösserung der Dichte und 
der Koagulation des Eiweisses der Gewebe ab, welche ihr Ein¬ 
dringen in die Tiefe der Gewebe verhindern. Tereg. 

Ein neues Plessimeter. 

Von Rosso. 

(.II mod. Zooiatro 1897, S. 28.) 

R. tadelt an den Plessimetern, gleichgiltig, ob sie aus 
Holz, Elfenbein, Hartgummi u. s. w. sind, ihre plane Beschaffen¬ 
heit. Dadurch wird das innige Anlegen an die zu percutirende 
Fläche unmöglich und leicht brechen diese Plessimeter auch 
bei starken Schlägen entzwei. Er hat ein Plessimeter ange¬ 
geben, welches aus Buchsbaumholz hergestellt ist. Dasselbe 
ist oval, 5 cm lang, 2,3—2,5 cm breit und seine beiden Flächen 
sind nicht plan, sondern convex, so dass es in der Mitte 
1,3 —1,6 cm stark ist. An den Enden befindet sich je ein 
Knopf zum Fixiren des Instrumentes mit den Fingern. Der 
dazu gehörige Percussionshammer besteht ganz aus Metall und 
trägt den bekannten Gummiknopf. 

Die Resultate mit diesem Plessimeter sollen, abgesehen 
von dem billigen Preise und der Haltbarkeit, bessere sein, als 
mit den sonst gebräuchlichen Instrumenten. Fr ick. 


Oeffentliches Veterinärwesen. 


Stand der Maul- und Klauenseuche lm Deutschen Reiche Ende März 1898. 



(Nach den im Kaiserlichen Gesundheitsamte zusammengestellten Berichten der beameen Thierärzte. (Veröffentlicht im Reichs-Anzeiger vom 5- April 1898.) 


Schleswig^,;-?. 


Mecklenburg- £ 
Schwerin 




Frankfurt 


Von je 100 
Gemeinden 
waren am 
SchluS des Monats 
verseucht 


Abkürzungen: 

W. I Keckarlcrcis W. 2 Schtearztcaldkreis 

W. 3 Jagstkreis W. 4- Donaukreis 

B. I Landeskommissariat Mannheim 

B. 2 „ „ Karlsruhe 

B. 3 „ „ Freiburg 

B. 4 „ „ Konstanz 

H. I Provint Starkenburg 

H. 2 „ Oberhessen 

H. 3 „ Rheinhessen 

Sch. Landwehrkompagmebez. Schönberg 

0. I Oldenburg: Fürstenth. Lübeck 

0.2 „ Birkenfeld 

Br. I Kreise Braunschweig, Wolfenbüttel, Helmstedt 

Br. 2 Kreise Holeminden, Gandersheim 

Br. 3 Kreis Blankenburg 

S. Schaumburg-Lippe 

H. Hamburg L. Lübeck Br. Bremen 


0b<rp4ft' 


Lothringen 


Niederba; 



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No. 16. 


DEUTSCHE THIER .ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Die Schweineseuche und deren Schutzimpfung. 

Von Ge rosa und Billitz. 

(La clinica veterinaria >898, S. 6a ff.) 

Die Autoren hatten Gelegenheit, in einer Molkerei, die 
lebhafte Schweinezucht treibt, das Auftreten der Schweineseuche 
namentlich unter den neugeborenen Ferkeln zu beobachten. 
Die Krankheit zeigte sich gewöhnlich zuerst, wenn die Ferkel 
von der Sau abgesetzt wurden. Es starben von 412 Ferkeln, 
die innerhalb 2 Monate geboren wurden, 170 Stück in einem 
Zeiträume von 7 Monaten, d. h. eine Mortalität von 41 °/ 0 . 
Die Erkrankten wiesen die bekannten Erscheinungen auf. Aus 
den Obductionsbefunden, die auch das bekannte Bild lieferten, 
mag als Besonderheit hervorgehoben werden, dass recht oft in 
der Milz Käseherde gefunden wurden. Eine Behandlung der 
Erkrankten fand nicht statt; die versuchsweise Anwendung von 
ß-Naphthol gegen die Hauterkrankung brachte zwar diese zum 
schnellen Verschwinden, hatte aber sonst keinen Einfluss auf 
den Verlauf der Krankheit. Sogar schwer Erkrankte genasen 
zuweilen ohne jede Behandlung. 

Wegen der fortgesetzten Verluste griffen G. und B. zur 
Schutzimpfung nach Perroncito-Bruschettini. Hierbei 
verfuhren sie so, dass jede Trennung von Kranken und Ge¬ 
sunden unterblieb; auch eine Desinfection wie vor Ausführung 
der Schutzimpfung wurde nicht vorgenommen. Orientirende 
Impfungen wurden zunächst vorgenommen in der Weise, dass 
die Hälfte eines Wurfes Ferkel nach Perroncito geimpft 
wurde, während die andere Hälfte ungeimpft blieb. An beiden 
Abtheilungen wurden sodann die Organe von an Schweineseuche 
gefallenen Thieren verfüttert bezw. sie wurden mit Reinculturen 
der speciflschen Mikroben geimpft. Das Resultat war, dass 
von 18 Schutzgeimpften 5 starben, von 19 nicht Schutzgeimpften 7. 
Es ergab sich also bei diesen Versuchen nur ein Absinken der 
Mortalität um 14°/ 0 . 

Nachdem die Impfung bei allen Thieren ausgeführt war, 
ergab^ sich, dass .kurze Zeit darauf die Mortalität um 54 °/ 0 
sank. Es war also ein Widerspruch zwischen dem Experiment 
und den Beobachtungen am verseuchten Bestände. G. und B. 
erklären diesen Widerspruch bezw. die anscheinend so 
günstige Wirkung der Schutzimpfung dadurch, dass die Impfung 
zu einer Zeit ausgeführt wurde, als die Virulenz des Ansteckungs- 
Stoffes spontan abnahm. Sie Anden sich dazu berechtigt, weil 
das Absinken der Mortalität zu einer Zeit eintrat, als die 
Impfung noch gar nicht ihre Wirkung entfaltet haben konnte. 
Ueberdies befanden sich unter den Impflingen viele, welche 
älter als 6 Monate waren. Nach den Angaben von G. und B. 
erkrankten die Letzteren viel schwerer oder gar nicht in dem 
beregten Seuchengange. 

Die Autoren kommen zu dem Schlüsse, dass die Impfung 
nach Perroncito-Bruschettini nach ihren Beobachtungen 
die Mortalität bei der Schweineseuche nur um 14% zu drücken 
vermag und dass ihre scheinbar grösseren Resultate durch ein 
spontanes Absinken der Virulenz bedingt waren. Fr ick. 


Ein Mikroorganismus, welcher sich morphologisch und 
tinctoriell wie der Tuberkelbacillus verhält. 

Von Dr. Alfred Möller. 

(Berl. Thieräntl. Wochenschrift 189I, No. 9.) 

In seinem Bericht über obiges Thema macht uns Verf* 
mit zwei höchst interessanten Beobachtungen bekannt. Mit der 
experimentellen.Klärung der Frage beschäftigt, ob der Tuberkel¬ 
bacillus oder ein diesem Bacillus sehr nahe stehender Mikro¬ 
organismus auch bei der Pflanzenwelt vorkommt, gelang es 
ihm nach vielen ergebnisslosen Versuchen in einer mit sterilem 
Wasser befeuchteten und in einem verschlossenen Reagenzglase 
während 10—14 Tage bei 37 0 C. im Brütschrank gehaltenen 
Thimotheegrasprobe einen Bacillus nachzuweisen, welcher in. 


Ut 


morphologischer und tinctorieller Hinsicht alle Eigenschaften 
-des Koch'sehen Tuberkelbacillus zeigte. 

Den gleichen Mikroorganismus könnte Verf. auch im Mist¬ 
haufen eines Kuhstaühofes entdecken. Daraufhin angestellte 
bakteriologische Untersuchungen Hessen denselben Mikroben 
in den frischen Darmentleerungen zahlreicher Kühe, welche auf 
eine Tuberculininjection nicht reagirt h atten > des Weiteren in 
den Dejecten von Ziegen, Schweinen, Pferden und Mauleseln 
constatiren. Wenn eine Probe des zu untersuchenden Thier- 
dejectes in einem verschlossenen Reagenzglase während 10 bis 
14 Tage bei 37 0 C. im Thermostaten gehalten wird, tritt eine 
enorme Vermehrung des" betr. Bacillus ein, die auch schon bei 
Zimmertemperatur nachzuweisen ist. Auf Glycerinagar wächst 
der Organismus und lässt oft grosse und gekörnte Formen 
erkennen; auch kolbige Anschwellung an einem oder an beiden 
Enden wird beobachtet. Mit dem von L. R a b i n o w i t s c h >) 
in der Milch bezw. in der Butter entdeckten Bacillus ist er 
nicht identisch ; er gedeiht nicht in Milch. 

Die Beziehungen dieser beiden Mikroorganismen zu dem 
Koch 'sehen Tuberkelbacillus will Veff. demnächst erörtern. 
Zum Schluss macht Verf. noch die Mittheilung, dass er aus 
menschlichem Sputum Tuberkelbacillen auf flltrirtem, sterilisirtem 
und schwach alkalisch gemachtem Kuhmistextract züchten konnte. 

[Ein ähnlicher, vielleicht auch der gleiche Mikroorganismus 
wurde im Jahre 1892 von Dr. Olt und Dr. Garth*) in Darm¬ 
stadt in den Fäkalien tuberculöser Rinder nachgewiesen und 
sollte von Dr. Garth für die Diagnosticirung der Tuberculose 
Verwendung Anden. Da aber spätere Untersuchungen ergaben, 
dass sich der fragliche Bacillus sowohl in den Fäkalien tubercu¬ 
löser wie nichttuberculöser Rinder nachweisen lässt, 
musste ein ätiologischer Zusammenhang mit der Tuberculose 
ausgeschlossen und der Organismus als harmloser, regelmässig 
vorkommender Bewohner der Rinderdejecte aufgefasst werden. 
Vielleicht ist auch der seiner Zeit von Gaffky erwähnte Fall 
über den gelungenen Nachweis von Tuberkelbacillen in dem 
Rinderkoth hierherzuzählen? Der Ref.] Görig. 


Thierzucht und ThierhaJtung. 

Directe Fleischversorgrung des bayerischen Heeres. 

Der bayerische Landwirthschaftsrath hat in der wiederholt 
angeregten Frage der directen Fleisch Versorgung des Heeres 
einen bedeutungsvollen Beschluss gefasst, der den Zwischen¬ 
handel zwischen Landwirthen und Heeresverwaltung beseitigen 
soll. Die bisher von der Militärverwaltung in dieser Angelegen¬ 
heit eingenommene ablehnende Haltung beruht im letzten Grunde 
auf der Befürchtung, dass der directe Einkauf bei den Land¬ 
wirthen eine Vertheuerung des Fleisches herbeiführen werde. 
Der Landwirthschaftsrath ist der Anschauung, dass diese Frage 
sich theoretisch nicht lösen lasse, hielt es vielmehr für uner¬ 
lässlich, hierüber einen praktischen Versuch mit der directen 
Fleischversorgung der Armee zu machen. Es wurde dem ent¬ 
sprechend beschlossen, zur Anstellung eines enger begrenzten 
Versuches mit dem Kgl. Kriegsministerium in Verbindung zu 
treten und das Ananzielle Risiko, welches eventuell mit dem 
einschlägigen Versuche verbunden sein kann, zu übernehmen. 

Der Versuch soll nach folgendem Plan ausgeführt werden: 

I. Um die Möglichkeit und Zweckmässigkeit ,der directen 
.Fleischversorgung der Armee festzustellen, wird von einer aus 
Mitgliedern der Militärverwaltung und des bayerischen Land- 
wirthschaftsraths gebildeten Commission ein diesbezüglicher 
praktischer Versuch angestellt. 2. Der Versuch wird auf die 
Dauer von sieben Tagen ausgedehnt und die Fleischversorgung 
hierbei für einen Truppenkörper von etwa 500 Mann ,in Aus¬ 
sicht genommen werden. 3. Die Fleischversorgung erstreckt 
sich zunächst nur auf den Bedarf von Schlachtergebnissen von 


*) Siehe diese Wochenschrift, 1897, S. 328, 462. 
*) Diese Wochenschrift, 1897, S. 465. 


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144 


Rindvieh. 4. Der bayerische Landwirthschaftsrath kauft durch 
seine Geschäftsstelle die zu dem Versuche nöthigen Schlacht- 
thiere, als Ochsen, Kühe und Jungrinder, und übernimmt das 
Risiko für etwa bei dieser Versuchsdurchführung entstehenden 
Ausfall, so zwar, dass der an dem Versuche betheiligten Truppe 
jedenfalls kein höherer Kostenaufwand als der ihr pro Tag und 
pro Mann seither aufgelaufene für die Verpflegung bezw. Be¬ 
köstigung während der Versuchsdauer erwachsen darf. 5. Die 
von der Geschäftsstelle des bayerischen Landwirthschaftsrathes 
angekauften Schlachtthiere werden den in die Commission ab- 
geordneten Mitgliedern vor der Schlachtung gezeigt, um die 
Qualität dieser Thiere beurtheilen zu können. 6. Derjenige 
Truppenkörper, bei welchem die Schlachtproducte zur Ver¬ 
wendung kommen, stellt die zum Schlachten selbst, sowie zur 
Beförderung des Fleisches etc. nöthige Mannschaft ab, unter 
welcher sich zwei des Metzgergewerbes Kundige befinden 
müssen. 7. Die Ablieferung der Schlachtproducte erfolgt erst 
nach der durch die officiellen Organe vollzogenen Fleisch¬ 
beschau. 8. Die Menage-Commission des Truppenkörpers, welcher 
an dem Versuche betheiligt ist, entwirft in Gemeinschaft mit 
den Mitgliedern der Versuchs - Commission den Speisezettel, 
nach welchem die Schlachtproducte zubereitet und verab¬ 
reicht werden sollen. 9. Die nicht essbaren Schlachtprodukte, 
als Haut, Unschlitt, Knochen, verwerthet die Geschäftsstelle 
des bayerischen Landwirthschaftsrathes. 10. Das Endergebniss 
des Versuches wird von den Mitgliedern der Commission, 
welche denselben durchführte, in Gemeinschaft mit der vor¬ 
genannten Menage-Commission zusammengestellt und der Militär¬ 
verwaltung, sowie dem bayerischen Landwirthschaftsrathe be¬ 
kannt gegeben. 

Für die Ausführung des Versuches wurde eine eigene 
Commission mit dem Rechte der Cooptirung gewählt, bestehend 
aus den Herren Oekonomieräthen Düring und Groh, dem 
Herrn Landtagsabgeordneten Beckh und Gutsbesitzer Kebbel, 
welche mit den Vertretern der Kgl. Militärverwaltung in’s Be¬ 
nehmen treten werden. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Impfung: gregren den Rothlauf der Schweine. 

In der vorigen Nummer dieser Wochenschrift habe ich ein 
Referat über den von Geheimrath Professor Dr. Schütz im 
Deutschen Milchwirthschaftlichen Verein zu Berlin gehaltenen 
Vortrag veröffentlicht, in welch’ letzterem die bekannten 
Impfungsmethoden gegen den Rothlauf der Schweine eine ab¬ 
sonderliche Beurtheilung erfahren haben. 

Von einzelnen Seiten nun ist allein aus der Thatsache, dass 
ich dieses Referat überhaupt brachte, der Schluss gezogen 
worden, als ob ich mich mit dem Inhalte der Ausführungen 
einverstanden erklärt habe. Eine solche Annahme ist weder 
in dem speciell vorliegenden Falle noch bezüglich aller andern 
ihren Autor nachweisenden Artikel der Wochenschrift berechtigt. 
Ein für alle Mal möchte ich erklären, dass ich mich für die 
Richtigkeit der Ausführungen den Lesern gegenüber niemals 
verantwortlich erachte, wenn der Autor angegeben ist. Ich bin 
auch gar nicht in der Lage, alle wissenschaftlichen Arbeiten 
auf ihre Richtigkeit zu prüfen und andererseits werde ich mir 
niemals erlauben, die öffentliche Meinung oder die eines Ein¬ 
zelnen zu terrorisiren. Die Wissenschaft braucht für ihre Ent¬ 
wicklung freien Meinungsaustausch der Autoren; auch unzu¬ 
treffende Behauptungen tragen durch Hervorrufen gründlicher 
Widerlegung zur Klärung der Sachlage bei. 

Was nun die Anschauungen von Schütz über den Werth 
der einzelnen Impfverfahren gegen Rothlauf der Schweine be¬ 
trifft, so habe ich es geradezu für meine Pflicht gehalten, diese 


16. April. 

in einem landwirthschaftlichen Verein gehaltenen Ausführungen 
zur Kenntniss der Thierärzte zu bringen. Diese mit den prakti¬ 
schen Erfahrungen keineswegs übereinstimmenden Darstellungen 
der Sachlage machen jetzt die Runde durch die landwirtschaft¬ 
liche Presse, erschüttern den seitherigen Standpunkt und werden 
auch von gewissen Seiten geschäftlich ausgenutzt. Da aber 
die Schütz’sche Begutachtung der Lorenz’schen Schutz¬ 
impfungen in auffallendem Gegensatz zu den bisherigen prakti¬ 
schen Erfahrungen steht, habe ich durch ein bescheidenes Frage¬ 
zeichen darauf aufmerksam machen, gleichzeitig aber auch 
meinen gegenseitigen Standpunkt in dieser Frage andeuten 
wollen. 

Demnach glaube ich lediglich meiner Pflicht genügt zu 
haben und muss es nun den praktischen Thierärzten, welche 
eigene Beobachtungen mit der Schutzimpfung gegen Rothlauf 
gesammelt haben, überlassen, Stellung zu der wiederum brennend 
gewordenen Frage zu nehmen. Malkmus. 


Personal-Nachrichten. 

Ernennungen. Berufungen. Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Die Thierärzte Max Ohl mann 
zu Schildberg und Wilhelm Dormann zu Hameln sind zu Königlichen 
Kreisthierärzten ernannt und ersterem die Kreis-Thierarztstelle für den Kreis 
Schildberg, letzerem diejenige für den Kreis Hameln Übertragen. Bezirks¬ 
thierarzt Jak. Riedinger inNeumarkt i.O. wurde zum pragmatischen Beamten, 
Districtsthierarzt Jos.Ritzer inW olfstein (Pfalz) zum Bezirksthierarzt in Berneck, 
Thierarzt Josef G Opfert von Kitzingen zum Districtsthierarzt in Eltmann, 
Thierarzt R. S i m o n in Lübeck zum Assistenten an der medicinischen Klinik der 
Thierärztlichen Hochschule in Berlin ernannt. Thierarzt Anders in Katto- 
witz wurde zum II. Schlachthofthierarzt in Beuthen, Thierarzt Schragen- 
h e i m in Eilenburg zum Hilfsthierarzt am Schlachthof in Breslau, Districts¬ 
thierarzt Roth in Weckersheim zum Stadlthierarzt in Sindelüngen bestellt. — 
Thierarzt Herschel in Görlitz hat auf die ihm übertragene Schlachthof- 
verwalterstelle in Sagan Verzicht geleistet. — Verzogen sind die Thierärzte 
Göbels von Gnesen nach Limburg (Lahn), Hissbach von Kamberg nach 
Finsterwalde, M. Michael von Leipzig nach Lugau, Spengler von Tarno- 
witz nach Brüssow. Niedergelassen haben sich die Thierärzte Deterts in 
Eberswalde, W. Schmid, bisher Assistent des Bezirksthierarztes in Donau¬ 
wörth, in Seeg (Allgäu). 

Das thierärztliche Approbationsexamen haben in München 
bestanden: Erwin Moser aus Pottenstein, Georg Schöpperl aus Bamberg. 

Die bezirksthierärztliche Dienstprflfung für Baden haben 
bestanden die Thierärzte Bauer in Offenburg, Deubel in Hechingen 
(Hohenzollem), Dr. Fuchs in Dresden, Heger in Heidelberg, Schneider 
in Salem, Schropp in Stühlingen, Späth in Waldshut. 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutschen 

Heeres: Richter, Rossarzt vom Ulan.-Regt. No. 9, unter Versetzung zum 
Gren.-Regt. zu Pferde Freiherr von Derfflinger No. 3, zum Oberrossarzt, 
Wilke, Unter-Rossarzt vom Feld-Art.-Regt. No. 2, unter Versetzung zum 
Feld-Art-Regt. No. 35, zum Rossarzt, Keller, Schaub, Schwabe, 
Eckelt, Grosse,Westhoff, Nevermann, Göttelmann, Kypke, 
Marcus, Resoow, Unter-Rossärzte der Reserve, zu Rossärzten des Be¬ 
urlaubtenstandes, — ernannt. Aulich, Rossarzt vom Feld-Art.-Reg. No. 35, 
zum Hus.-Regt. No. 13, Dr. Goldbeck, Rossarzt vom 3. Garde-Ulan.-Regt., 
zum Drag.-Regt. No. 5, Ohm, Rossarzt vom Feld-Art.-Regt. No. 16, zum 
Kür -Regt. No.3, — versetzt. Rudolph, Rossaizt vom 3.Feld-Art.-Regt.No. 32, 
zum Ober-Rossarzt des 2. Königin-Hus.-Regts. No. 19, Schmidt, Unter-Ross¬ 
arzt vom 3. Feld-Art.-Regt. No. 3 2 1 zum Rossarzt bei diesem Regiment, 
Scheu fl er, Unter-Rossarzt vom 2. Königin-Hus.-Regt. No. 19, zum Remonte- 
Depot-Rossarzt beim Remonte-Depot Kalkreuth befördert. Deich, Ober- 
Rossarzt des 2. Königin-Hus.-Regts No. 19, zur Landwehr 2. Aufgebots 
entlassen. 

Oestorben: Thierarzt W. Joger in Nieder-Bamim. 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thierärztliche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der Macklofsehen Druckerei in Karlsruhe i. B. 

09* Mit einer Beilage der chemischen Fabrik von Heyden, Radebeul bei Dresden, betr. Xeroform. “00 


DEUTSCHE THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Deutsche 

Thierärztliche Wochenschrift 


Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregierunj 
in Baden-Baden. 


herausgegeben von 

Prof. Dr. Dammann, j) r Lydtin, Prof. Röckl, 

Geheimer Regierungs- und Medicinalrath, .... Geheimer Regierungsrath und Mitglied 

Director der Thierärztlichen Hochschule Geheimer Obenregierangs des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 

in Hannover. " ' in Berlin. 

Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 

Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Freiburg i. B. 

redigirt von 

Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden 
8onnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784a. 


Sämmtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 
“—— werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 

Kpfthatpr Jflhrffflllff. Correcturen und Anzeigen an die Expedition der 

r »am $ 011 $. Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 

in Karlsruhe (Baden). 


M 17 . 


Ansgegeben am 23. April. 


1898. 


Gutachten über Vergiftung von Hunden durch 
Talggrieben. 

Von Docent Frlck- Hannover. 

In der Streitsache des Hundezüchters B. zu M. gegen die 
Firma R. u. E. zu H. bin ich zufolge Beweisbeschluss des 
Königlichen Landgerichts zu St. aufgefordert, ein Gutachten 
darüber abzugeben, 

ob am io. Januar 1897 dem Kläger drei Hunde in Folge 
Genusses der von der beklagten Firma gelieferten Talg¬ 
grieben verendet sind. 

Nach Würdigung der in Acten enthaltenen Thatsachen 

gebe ich mein Gutachten ab, wie folgt. 

.• 

Thatbestand. 

ütläger kaufte von den Beklagten ein grösseres Quantum 
Talggrieben als Hundefutter. 

Von diesen Talggrieben verfütterte er, nachdem er die¬ 
selben eingeweicht hatte, an seine-Hunde am 10. Januar 1897 
Vormittags um 11 Uhr. Am Abend dieses Tages waren sämmt¬ 
liche Hunde mit Ausnahme eines einzigen mehr oder minder 
schwer erkrankt. Ein Hund starb noch an demselben Abend. 

Der Thierarzt S., welcher am folgenden Tage (11. Januar 
1897) hinzugezogen wurde, fand bei einem kranken Hunde 
folgende Erscheinungen: Starke Eingenommenheit des Bewusst¬ 
seins, Liegen platt auf der Seite, Zunge herausgestreckt. Diesen 
Hund, sowie zwei andere bereits gestorbene Hunde hat der 
Thierarzt S. obducirt und hierbei festgestellt: Mageninhalt miss¬ 
farbig, grau, riecht faulig, besteht aus Sehnen und Bindegewebe. 
Schleimhaut des Magens und Darmes aufgelockert, geschwellt 
mit grauem schmierigen Belag, stellenweise von Epithel ent- 
blösst. Blut dick, schwarz, locker geronnen. Petechien am 
Endocardium. 

Mit einer Probe der Talggrieben, die er beim Kläger ent¬ 
nommen, hat der Thierarzt S. Fütterungsversuche angestellt in 
folgender Weise: er weichte die Talggrieben ein und setzte 
sie dem Versuchshunde vor. Derselbe verweigerte beständig 
die Annahme der Talggrieben, so dass ein anderer Versuchs¬ 
hund die eingeweichten Talggrieben vorgesetzt bekam. Dieser 
verzehrte das Futter und zeigte bereits nach J /4 Stunde Speicheln 
und Traurigkeit. Sein Zustand verschlimmerte sich schnell, 
er zog den Leib auf, krümmte sich, ging schwankend, war 
comatös und heulte. Am nächsten Morgen zeigte er starkes 
Coma und starb eine Stunde nach der Besichtigung. Bei der 


Obduction ergab sich derselbe Befund wie bei den drei obigen 
obducirten Hunden des Klägers. 

Durch den Thierarzt S. wurden nun am 11. Januar 1897 
Proben der beregten Talggrieben, sowie Mageninhalt, zwei 
Lebern und zwei Milzen der dem Kläger gefallenen Hunde dem 
städtischen Untersuchungsamt zu H. zugestellt zwecks chemi¬ 
scher Untersuchung auf Gifte. Nach dem Ergebniss dieses 
Untersuchungsamts war # die bakteriologische Untersuchung der 
eingelieferten Organe und des Mageninhalts negativ ausgefallen. 
Dagegen waren in sauren und alkalischen Extracten der Talg¬ 
grieben durch chemische Reactionen Körper nachgewiesen, 
welche PtomaYnreaction gaben. Es wurde seitens des genannten 
Untersuchungsamtes der Schluss gezogen, dass die Hunde durch 
Ptomainvergiftung, verursacht durch die Talggrieben, gestorben 
seien. 

Es wurden nun auch dem städtischen Untersuchungsamt 
zu J. Proben von Talggrieben zugestellt zur Untersuchung auf 
Gifte; und hierbei ergab sich, dass in den Talggrieben weder 
Ptomaine noch sonstige Gifte nachweisbar waren. 

Durch den Thierarzt H. wurde mit einer bei dem Kläger 
entnommenen Probe Talggrieben folgender Fütterungsversuch 
angestellt: Die Talggrieben wurden ca. 5 Minuten mit warmem 
Wasser, in dem man die Hand nicht mehr halten konnte, aus¬ 
gelaugt und nach dem Abgiessen dieses Wassers an einen Hund 
verfüttert. Diese Fütterung ist ohne Schaden für den Hund 
zwei Tage lang fortgesetzt worden. Bemerkenswerth war nur 
hierbei, dass der Versuchshund vermehrten Durst zeigte. 

In derselben Weise wie der Thierarzt H. hat auch der 
Th»erarzt D. Fütterungsversuche mit den fraglichen Talggrieben 
vorgenommen. Er hat innerhalb drei Tagen an einen Hund 
6% Pfund der Talggrieben, welche vorher mit heissem Wasser 
ausgelaugt waren, verfüttert. Der Versuchshund zeigte keinerlei 
Störungen. 

Gutachten. 

Die dem Kläger am 10. Januar 1897 gestorbenen Hunde 
sind zwar in Folge Genusses der von der beklagten Firma ge¬ 
lieferten Talggrieben verendet; jedoch ergiebt sich aus dem 
actcnmässigen Thatbestand, dass diese Talggrieben nicht durch 
Ptomaine, sondern durch ihren Salzgehalt giftig gewirkt haben. 

Gründe. 

Die Thatsache, dass die Hunde des Klägers mit einge¬ 
weichten Talggrieben um 11 Uhr Vormittags gefüttert und 
bereits am Abend ein Hund gestorben war, führt nothgedrungen 
zu ; der Vermuthung, dass keine acute Krankheit irgend eines 
Körperorganes, sondern eine am Futter haftende-Schädlichkeit, 


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146 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


23. April. 


ein Gift, die Ursache für die Erkrankung und den Tod der 
Hunde war. Auch der Umstand, dass gleichzeitig alle Hunde 
des Klägers bis auf einen erkrankten, und dass ferner der Ver¬ 
lauf in den tödtlich gewordenen Fällen ein so ausserordentlich 
schneller war, sprechen für eine Vergiftung. Eine Bestätigung 
findet diese Vermuthung durch die Wahrnehmungen des Thier¬ 
arztes S. Derselbe hat am 11. Januar 1897 einen im Sterben 
liegenden Hund gesehen, der starke Eingenommenheit des Be¬ 
wusstseins zeigte und platt auf der Seite mit herausgestreckter 
Zunge dalag. Ferner hat der Sachverständige diesen Hund, 
sowie zwei andere bereits gestorbene des Klägers obducirt und 
gefunden: Mageninhalt missfarbig, grau, riecht faulig, besteht 
aus Sehnen- und Bindegewebe. Schleimhaut des Magens und 
Darmes aufgelockert, geschwellt, mit grauem, schmierigem Be¬ 
lag, stellenweise von Epithel entblösst. ~Blut dick, schwarz, 
locker geronnen, Petechien am Endocardium. . Aus diesem Be¬ 
funde folgt, dass keine erhebliche Organerkrankung bei den 
gestorbenen Hunden vorlag, welche den schnellen Tod erklärt, 
dass also einfe Vergiftung vorliegen muss. 

In Folge dieser Erwägung hat der Sachverständige von 
den Talggrieben eine Probe entnommen und damit Fütterungs¬ 
versuche mit dem obigen Resultate angestellt. Aus diesem 
Fütterungsversuche folgt direct, dass an den Talggrieben eine 
Schädlichkeit vorhanden war, die den Tod des Hundes ver¬ 
ursacht hat. Andererseits weist der Umstand, dass der erste 
Versuchshund die Talggrieben trotz des Hungers verschmähte, i 
auf eine andere Substanz als Ptomaine. Ptomaine riechen nicht 
und fauliger Geruch, selbst aashafter Gestank des Futters ver¬ 
hindert Hunde nicht, Letzteres aufzunehmen. Im Gegentheil, 
Hunde fressen mit Vorliebe faules Fleisch und Aas. 

Proben der fraglichen Talggrieben, sowie Mageninhalt, 
zwei Lebern und zwei Milzen der gefallenen Hunde sind am 
11. Januar 1897 dem städtischen Untersuchungsamt zu H. durch 
den Thierarzt S. zugestellt worden zur chemischen Untersuchung 
auf Gifte. Das Ergebniss war, dass die bakteriologische Unter¬ 
suchung der eingelieferten Organe und des Mageninhaltes negativ 
ausfiel. Dagegen konnte in alkalischen und sauren Extracten 
der Talggrieben vermittelst gewisser Reagentien die Anwesen¬ 
heit von Körpern nachgewiesen werden, die Ptomainreaction 
gaben. Daraus zogen die Untersucher den unzutreffenden 
Schluss, dass die Hunde durch Ptomai'nvergiftung, verursacht 
durch die Talggrieben, gestorben seien. Unzutreffend ist dieser 
Schluss insofern, als viele organische, uns bisher noch unbe¬ 
kannte chemische Stoffe sog. Ptomainreaction geben, ohne dass 
sie giftig sind. Wir wissen, dass es giftige und ungiftige Pto- 
mai'ne giebt. Beispielsweise sind von Herrn Professor Dr. Ar¬ 
nold an der thierärztlichen Hochschule zu Hannover s. Zt. in 
den Fleischstückrückständen, welche bei der Liebig'schen Fleisch- 
extraetfabrikation entstehen, sowie in einem »Carnepura« ge¬ 
nannten Fleischpräparat massenhaft chemische Körper gefunden, 
die Ptomainreaction gaben, ohne dass jemals eine Vergiftung 
nach dem Genüsse dieser Präparate beobachtet ist. Die 
chemische Analyse des Untersuchungsamtes zu H. beweist nur, 
dass in den Talggrieben Körper enthalten waren, welche Pto¬ 
mainreaction gaben, ob diese Körper aber giftig auf den thieri- 
schen Organismus wirken konnten, ist durch nichts bewiesen. 

Im geraden Gegensätze zu vorstehendem Ergebniss der 
chemischen Untersuchung steht jenes, welches im städtischen 
Untersuchungsamt zu J. gewonnen ist. Der Vorsteher des 
letzteren bekundet, dass die Untersuchung der übersandten 
Probe Talggrieben auf Ptoma'ine negativ ausgefallen ist und dass 
auch andere Gifte nicht in denselben gefunden sind. 

Der Thierarzt H. hat mit einer bei dem Kläger entnom¬ 
menen Probe einen Fütterungsversuch gemacht, nachdem die 
Talggrieben ca. 5 Minuten mit warmem Wasser, in dem man 
die Hand nicht mehr halten konnte, ausgelaugt waren und dieses 
Wasser abgegossen war. Diese Fütterung ist zwei Tage lang 
ohne Schaden für den Versuchshund ausgeführt worden. Als 
werthvolle Beobachtung hierbei ist hervorzuheben, dass der 
Versuchshund vermehrten Durst gezeigt hat. Die Bedeutung 
dieses vermehrten Durstes wird weiter unten gewürdigt 
werden. 


Der Thierarzt D. hat in derselben Weise mit den frag¬ 
lichen Talggrieben Fütterungsversuche gemacht und innerhalb 
drei Tage 6 1 / 2 Pfund an einen Hund verfüttert. Auch dieser 
Versuch fiel negativ aus. 

Wenn auf der einen Seite nichts dafür spricht, dass bei 
den fraglichen Hunden eine Ptomai'nvergiftung Vorgelegen hat, 
so sind doch auf der anderen Seite Momente vorhanden, welche 
auf Schädlichkeit der Talggrieben in Folge starken Salzgehaltes 
schliesscn lassen. Die giftige Wirkung der ungewässerten Talg¬ 
grieben bei den Hunden des Klägers und dem Versuchshunde 
des Thierarztes S., sowie die Unschädlichkeit der gewässerten 
Talggrieben bei den Versuchshunden der Thierärzte H. und D. 
weisen deutlich darauf hin, dass in den Talggrieben ein leicht 
auszulaugender Körper die Schädlichkeit bildete. Und das war 
das in den Talggrieben enthaltene Salz. Dass dieser Salzgehalt 
beträchtlich genug war, beweist der Umstand, dass der Ver¬ 
suchshund des Thierarztes H. nach dem Genüsse der gewässerten 
Talggrieben lebhaften Durst entwickelte. Letzterer war eben 
die Folge des Kochsalzgehaltes. Die beklagte Firma behauptet 
auch, jedem Käufer ihrer Talggrieben gerathen zu haben, den 
hohen Kochsalzgehalt durch Auslaugen mit heissem Wasser zu 
entfernen. Auch die Thatsache, dass Hunde Futter mit nur 
einigermassen bedeutendem Kochsalzgehalt verweigern, wie der 
erste Versuchshund des Thierarztes H. gethan hat, spricht für 
die Annahme, dass Kochsalz in den Talggrieben und zwar in 
1 beträchtlicher Menge vorhanden war. Das gegentheilige Ver¬ 
halten der dem Kläger gestorbenen Hunde spricht nicht gegen 
diesen Schluss, sondern würde sich einfach dadurch erklären, 
dass die Hunde in Folge Hungers die Talggrieben gefressen 
haben. Die Erfahrung hat ferner gelehrt, dass Kochsalz in 
grösseren Mengen bei Hunden giftig und selbst tödtlich wirkt. 
Auch die Krankheitserscheinungen, welche der Thierarzt S. an- 
giebt, sowie der von demselben erhobene Obductionsbefund 
entsprechen dem Bilde der Kochsalzvergiftung. 

Dem Einwand des Untersuchungsamtes zu H., dass durch das 
Auslaugen auch die Ptoma'ine entfernt worden seien, muss entgegen 
gehalten werden, dass die Ptomaine als Producte des Zelleiweisses 
in den Zellen eingeschlossen sind und dadurch sowohl, als auch 
durch ihre Schwerlöslichkeit in Wasser in so kurzer Zeit, wie 
in den obigen Versuchen geschehen, nicht ausgelaugt werden 
können. Wenn dieses Auslaugen mit heissem Wasser zur Ex¬ 
traction der Ptoma'ine genügte, dann wäre nicht zu begreifen, 
warum sich die Chemie so umständlicher Methoden, wi^ ' 
Stas-Otto’schen, zu diesem Zwecke bedient. Fernerhin wäre 
dann nichts einfacher gewesen, als dass genanntes Unter¬ 
suchungsamt die übersandten Talggrieben mit heissem Wasser 
auszog, aus diesem Wasser die Ptomaine durch geeignete Me¬ 
thoden gewann und ihre Giftigkeit durch Versuche direct 
nachwies. 

Die Vergiftung der dem Kläger gestorbenen Hunde und 
des Versuchshundes des Thierarztes S., sowie das Gesundbleiben 
der Versuchshunde der Thierärzte H. und D. findet ihre Er¬ 
klärung einfach in dem Salzgehalt der von der beklagten Firma 
gelieferten Talggrieben. In den ersteren Fällen war das Salz 
nicht durch Auslaugen entfernt, im letzteren dagegen war dieses 
geschehen. Und dass das Auslaugen im Stande war, den Talg¬ 
grieben ihren Salzgehalt zu nehmen, ist zweifellos. 

Aus den angegebenen Gründen muss geschlossen werden, 
dass der Tod der Hunde des Klägers nicht durch giftige Pto¬ 
maine der von der beklagten Firma gelieferten Talggrieben, 
sondern durch den hohen Salzgehalt derselben, welchen der 
Kläger durch Auslaugen mit heissem Wasser zu entfernen unter¬ 
lassen hat, herbeigeführt ist. 


Die Empfänglichkeit der Klauenthiere für 
Maul- und Klauenseuche. 

Von Verbandsinspector A. Fehsenmeler in Karlsruhe. 

Die im Kaiserlichen Gesundheitsamte und im Institut für 
Infectionskrankheiten in Berlin unternommenen Arbeiten zur 
Erforschung der Maul- und Klauenseuche haben — vergl. 


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No. 17. 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


147 


D. Th. W. 1898 No. 5 — u. A. ergeben, dass Rinder und 
Schweine auf die künstliche Infection mit Maul- und Klauen¬ 
seuche gleichmässig gut reagirten, während sowohl Ziegen, 
trotz Infection mit grossen Mengen einer sehr virulenten Lymphe, 
keine ausgesprochenen Erscheinungen der Erkrankung gezeigt 
haben, als auch bei Schafen die Infection nicht gelungen 
ist. Dr. Siegel vermochte zwar anlässlich der von ihm auf 
Veranlassung der Landwirthschaftskammer für die Provinz 
Sachsen Vorgenommenen Versuche, Schafe anzustecken, hin¬ 
gegen ist es auch ihm nicht gelungen, Ziegen — selbst nicht 
durch Injection von grossen Mengen Lymphe — zu inficiren. 
Aus dem Ergebniss dieser Versuche könnte unter Umständen 
der Schluss gezogen werden, dass auch die spontane Er¬ 
krankung von Schafen und namentlich aber von Ziegen 
an Klauenseuche mindestens ein seltenes Vorkommniss sei, eine 
Annahme, welche indess mit der Erfahrung im Widerspruch 
stehen würde. 

Es ist daher wohl der Mühe werth, festzustellen, in wel¬ 
chem Verhältniss in den von der Seuche betroffenen Thier¬ 
beständen die einzelnen Viehgattungen i. d. R. spontan von 
der Seuche ergriffen zu werden pflegen. Eine zahlenmässige 
Grundlage hiefür bieten die im Grossherzogthum Baden den 
Grossh. Bezirksthierärzten gelegentlich der einzelnen Seuchen¬ 
ausbrüche obliegenden amtlichen Erhebungen, welche sich nicht 
lediglich auf die Feststellung der Stückzahl der Thiere des 
verseuchten Bestandes beschränken, sondern sich auch auf die 
Zahl der jeweils an der Seuche erkrankten, umgestandenen, 
getödteten, der genesenen und von der Seuche verschont ge¬ 
bliebenen Thiere jeder einzelnen Viehgattung zu erstrecken 
haben. 

Eine von mir auf Grund dieses statistischen Materials für 
den zehnjährigen Zeitraum 1888 bis 1897 gefertigte bezügliche 
Zusammenstellung ergiebt Folgendes: 


faa 

seuchten 

de 

Zahl der in den ver¬ 
seuchten Bestanden 
aufgestellten 

Zahl der in den betroffenen Bestanden 

an der Seuche erkrankten 

j= 

•s 

“ c 
>2 





Rinder Schweine Ziegen Schafe 


^ 0 

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M 





§ i «• l! B *■ J 6 fc B I a. 

1888 . . ' . 

38 

17S 

15 

3 


146 84,4 13^86,7 3,101),.) — j — 

1889. . . 

491 

3481 

32 

16 

551 

318591,6 23 71,9 13,81,3 451 81,9 

1890. . . 

3499 

18648 485,233 

494 

16431 88 ,i 358j73,8 217193,1.' 494 100,o 

1891 . . . 

5867 

31444'842 219 

2287 

27957 88,9 815,96,8 179 81,?' 1064,46,5 

1892. . . 

4528 

19597 443 195 1267 

17360 88,6.302 68,2 175,89,7 1009 79,6 

1893. . . 

1311 

8153 107 

36 

345 

6920 84,9 6157,o 33 91,7 55 15,9 

1894. . . 

778 

3763 

54 

95 

544 

3129,83,2 4277,7 80 84,2 323jö9,4 

1895. . . 

1495 

9489,413 

72,1437 

7632:80,4 1 158 38,3 60.83,3 1069,74,4 

1896. . . 

2171 

13240;358 

152 1255 

11390 86 .o 215 60,o 139 91,5' 794J63,3 

1897. . . 

2892 

16485 481 

345 2084 

13941 84,6 250 51,9 286 82,9 1897,91,0 

Durchschn. 







1888-1897 

2307 

12447 323’ 136 1140 

10809 86,0 224168,2 118 87,9 795 68,0 


Hieraus geht hervor, dass nach den in Baden gemachten 
Beobachtungen von den in den verseuchten Beständen vor¬ 
handenen Thieren der bezüglichen Viehgattungen durchschnitt¬ 
lich an der Seuche in Folge von natürlicher Infection er¬ 
kranken : 

Ziegen = 87,9 °/ 0 , 

Rinder = 86,0 °/ w , 

Schweine = 68,2 
Schafe = 68,0 ° 0 . 

Ganz im Gegensatz zu dem oben erwähnten Ergebniss der 
bezüglich der künstlichen Infection angestellten Versuche 
steht sonach hier die Ziege an erster Stelle, dann folgt das 
Rind und auf derselben Empfänglichkeitsstufe wie das Schwein 
steht endlich das Schaf. 


Referate. 

Wahre und falsche Subluxation der Halswirbel beim 

Pferde. 

Von Mongiardino. 

(Il raoderno zooiatro, 1897 , S. 373 ff.) 

Obgleich jene Deviationen der Halswirbelsäule bei Pferden, 
die unter dem Namen der »Halswirbelverrenkung« gehen, nicht 
so sehr selten sind, so liegen doch immer noch mangelhafte 
Mittheilungen über die anatomischen Läsionen bei diesem Leiden 
vor. M. hat Gelegenheit gehabt, zwei derartige Fälle zu ob- 
duciren und giebt folgende Befunde, welche während des Lebens 
und nach dem Tode erhoben sind: 

Ein Pferd, welches angeblich seit einigen Tagen gar nichts 
fressen konnte, zeigt sich niedergeschlagen, lässt aus dem Maule 
fadenziehenden Speichel abfliessen und die Unterlippe herab¬ 
hängen. Gleichzeitig bestand Lähmung des rechten oberen 
Augenlides. Der Hals war nach links abgebogen, so dass er 
nach rechts einen convexen Bogen bildete. Wurde der Hals 
nach rechts gebogen, so schnellte er sofort in seine alte Lage 
zurück. Das Pferd starb nach 5 Tagen und bot bei der Ob- 
duction folgende Veränderungen: In Höhe des 3. und 4. Hals¬ 
wirbels ein Blutgerinnsel, Nervus facialis bis an die Gehirnbasis 
heran von gelatinösem Bindegewebe umgeben. Zerreissung der 
Bänder zwischen 5. und 4. Halswirbel. Im Bereich des 3., 4., 
5. Halswirbels blutige Ergüsse in die Rückenmarkshäute. Theil- 
weise Zerreissuug der Zwischenwirbelscheiben zwischen 3. und 
4 , sowie zwischen 4. und 5. Halswirbel. Beim Zurückklappen 
der Halswirbelsäule tritt der Gelenkkopf des 4. Halswirbels aus 
der Gelenkpfanne des 3. deutlich heraus. 

Seit 8 Tagen leidet ein Pferd an einer Verbiegung des 
Halses derart, dass eine Convexität nach rechts besteht, deren 
Höhe in der Mitte des Halses liegt. Der Kopf ist nach links 
geneigt. Die Vordergliedmassen werden weit vorgestellt im 
Stande der Ruhe. Im Schritt geht das Pferd nur langsam mit 
hängendem Kopfe, indem es bei jedem Schritt stehen bleibt 
und eine Vordergliedmasse den Boden streift. Es legt sich 
schwerfällig, mehr fallend hin und schlägt hierbei mit dem 
Kopfe, der in seiner Stellung verharrt, auf die Erde. Ein Ge¬ 
räusch (Crepitation) war nicht zu bemerken, wenn der Kopf in 
seine natürliche Lage gebracht wird. Auch schnellt der Kopf 
nicht in die krankhafte Stellung zurück, sondern dies erfolgt 
ganz allmälig. 

Die Obduction, welche 6 Tage nach Eintritt der Erkrankung 
ausgeführt wurde, ergab Folgendes: Die Muskeln an der con¬ 
vexen Halsseite blass, atrophisch, fettig degenerirt, Querstreifung 
und stellenweise auch Längsstreifung nicht mehr zu erkennen. 
Halswirbelsäule gekrümmt wie im Leben. Kapselbänder und 
Bänder der schiefen Fortsätze auf der convexen Halsseite ge¬ 
dehnt, so dass sich die Gelenkflächen niejit vollständig deckten. 

Aus den beiden obigen Befunden folgt, dass im ersten 
Falle es sich um eine wirkliche Subluxation handelte, dass aber 
im zweiten Falle nur eine Verbiegung der Halswirbelsäule mit 
secundärer Lähmung und Degeneration der Halsmusculatur auf 
der convexen Seite vorlag. Frick. 


Das Ekzem, eine Dermatoneurose. 

(Annales de Medecine veterinaire. Jan vier 189 S.) 

Wie schon Lenoir, Fox, Lewin u. A. ist auch 
Lassartesse auf Grund zahlreicher klinischer Beobachtungen 
zu der Ueberzeugung gelangt, dass das Ekzem nervöser Natur 
ist und trotz der Vielgestaltigkeit, mit der es aufzutreten pflegt, 
auf einer einheitlichen ätiologischen Grundlage beruht. Offenbar 
sind es ausser der individuellen (gewöhnlich ererbten) Prädis¬ 
position, bezw. einer »herpetischen Diathese«, welche immer 
vorauszusetzen ist, gewisse innere Vorgänge, welche zu seiner 
Entstehung führen, seien es neue Autotoxine, die vom 
Darm u. s. w. ausgehen und besondere Beziehungen zu den 
vasomotorischen Geflechten der Hautnerven unterhalten oder 


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148 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


23. April. 


andere Nervengifte, welche von besonderer Art sein müssen, 
da immer nur einzelne Hautstellen von der entzündlichen 
Reizung betroffen werden und kleine Inseln dazwischen völlig 
intakt bleiben. So sehr in vielen Fällen, ja in der Mehrzahl 
derselben diese Vermuthung evident hervortritt, bleibt doch der 
ganze Mechanismus der Entstehung der oberflächlichen Derma¬ 
titis in Dunkel gehüllt, Lasartesse will daher keineswegs 
die pathogenetische Frage näher aufgehellt haben, wohl aber 
mit Entschiedenheit betonen, dass gewissen Formen der Haut¬ 
entzündung , insbesondere des Ekzems eine neurotische 
Unterlage zukommt. 

Am Schlüsse seiner Betrachtungen kommt L. auch auf die 
Behandlung der Ekzeme zu sprechen und ist voll des Lobes 
der Pikrinsäure, welche sich in hunderten von Fällen 
glänzend bewährt hat. Am meisten wirksam erweisen sich, 
wie auch zahlreiche Kliniker angeben, concentrirte Lösungen 
derselben, d. h. 1:86 Wasser und sind diese von so eklatantem 
Effecte, dass meist schon zwei Waschungen genügen. Auch 
sehr grosse Flächen der der Epidermis beraubten Haut lassen 
sich damit behandeln, ohne dass irgend eine ungünstige Erschei¬ 
nung zu Tage tritt, sicher wird daher die Pikrinsäure den hiebei 
eroberten Rang eines Heilmittels ersten Rangs auch behaupten. 
(Eine ähnliche Rolle scheint nach den Versicherungen Dr. Bul- 
kley’s in New-York auch das übermangansaure Kalium in 
1—2 °/ 0 Lösungen zu spielen.) Vogel. 


Amyloide Entartung und Zerreissung der Leber. 

Von Drouin. 

(Recueil de mid. vet. d'Alfort. Dezember 1897.) 

Von allen den Krankheiten, die die inneren Organe unserer 
grösseren Hausthiere befallen können, sind wohl die Leber¬ 
erkrankungen diejenigen, welche am schwersten zu diagnosti- 
ciren sind. Es ist unmöglich, die Leber, vermöge ihrer Lage, 
von aussen zu exploriren und da ihre Functionen rein chemische 
sind, so sind wir vorläufig noch nicht in der Lage, die Folgen 
einer chemischen Veränderung in der Ernährung zu entdecken. 

Das Vorhandensein einer gelblichen Verfärbung der sicht¬ 
baren Schleimhäute kann wohl eine Veränderung in der Ab¬ 
sonderung der Leber feststellen lassen, jene lässt aber nicht 
auf eine krankhafte Veränderung des Organs selbst schliessen. 

Wenn man übrigens einen Beweis der Schwierigkeit, mit 
welcher die Diagnose der Leberkrankheit verbunden ist, haben 
will, so genügt es, die betreffenden Veröffentlichungen durch¬ 
zulesen: es sind meistens Ueberraschungen bei der Obduction. 

Im Allgemeinen treten die Leberkrankheiten in Begleitung 
anderer nebenhergehender Störungen auf, welche die Auf¬ 
merksamkeit des Praktikers ableiten und ihn zur Stellung einer 
anderen Diagnose führen. 

Dieser Fall ist dem Verfasser zugestossen. 

Am 24. Februar 1897 wurde in die Poliklinik zu Alfort 
ein 12jähriger Grauschimmelhengst mit folgender Anamnese 
vorgeführt: 

Vor 14 Tagen hatte das Thier einen heftigen Kolikanfall 
von kurzer Dauer gehabt. Nach einigen Tagen der Ruhe kam 
plötzlich eine Anschwellung des Hodensackes und des Schlauches 
zum Vorschein und trotz einer sehr intensiven Nahrung magert 
das Pferd zusehends ab. 

Bei der Untersuchung des schon sehr abgeschwächten 
Patienten wurde constatirt, dass die Schleimhäute blass waren 
mit einem Stich in’s Gelbe; der Puls war schwach und be¬ 
schleunigt; die Temperatur betrug 38,8° Cels. Die Athmung 
war normal, desgleichen die Herztöne. Der rechte Hoden war 
hart und mit der Scheidenhaut total verwachsen, während der 
linke in seiner serösen Hülle frei lag. 

Auf die Aussage hin, dass das Pferd plötzlich abgemagert 
ist, ohne dass irgend eine Drüsenanschwellung oder Drüsen¬ 
entzündung wahrzunehmen war, konnte die Entzündung des 
Hodens und der Scheidenhaut den Rotzverdacht erwecken; es 


wurde folglich eine Malleineinspritzung gemacht, welche aber 
ohne Folgen blieb. 

Es blieb also nur noch die Möglichkeit eines traumatischen 
Sarkocels oder einer Neubildung am betr. Hoden, nachdem 
das rasche Abmagern etwa durch generalisirte krebsartige In¬ 
filtration nicht leicht erklärlich war. Wir hielten also an der 
Diagnose: traumatische Sarkocele fest. 

Drei Tage nach dem Eintreffen des Patienten, dessen 
Appetit, sowie die übrigen körperlichen Functionen, regelmässig 
und normal geblieben sind, nahm die Schwäche namentlich in 
der Hinterhand dermassen zu, dass er bei der geringsten Be¬ 
wegung förmlich schwankte. Der reichlich abgesonderte Urin 
ist von brauner Farbe, ohne Albumin. 

Am 4. Tage kann sich das Thier nicht mehr aufrecht 
erhalten und am folgenden Tage geht es ein, nachdem es noch 
Kolikerscheinungen gezeigt hatte. 

Bei der Obduction wurde vor Allem die rechte Hälfte des 
Hodensackes geöffnet, wobei festgestellt wurde, dass der Hoden 
mit den umhüllenden Serösen verwachsen und zwischen den 
beiden Vaginalblättern ein ca. 5 cm dickes, gelbes, gelatinöses 
Exsudat vorhanden war. 

Bei der Oeffnung der Bauchhöhle strömt eine grosse Menge 
Blutes aus derselben; in der Zwerchfellgegend befindet sich 
eine grosse, schwarze, unkenntliche und in das Netz eingehüllte 
Masse, welche sich, erst nachdem ungefähr 30 Liter blutiger 
Flüssigkeit aus der Bauchhöhle herausgenommen wurden, als 
die Leber erwies, die einen mindestens fünffachen Umfang und 
ein Gewicht von 38 Kilo erreicht hatte. Die Milz ist ebenfalls 
stark vergrössert. Der Magen und die Därme zeigen nichts 
Krankhaftes. 

Bei näherer Besichtigung der Leber zeigt sich die Glisson’sche 
Kapsel verdickt, stellenweise weist sie einen Durchmesser von 
1 cm auf und ist verhärtet; an ihrer vorderen Fläche und am 
mittleren Leberlappen befindet sich direct unter der serösen 
Haut eine, 15 Liter einer gelblichen Flüssigkeit enthaltende 
Cyste vor, deren Höhle durch fibrinöse Balken durchzogen ist. 

Der linke Leberlappen ist auf eine Länge von 20 cm zer¬ 
rissen und zeigen die Wundränder noch frisches Blutgerinnsel. 
Der rechte Lappen ist blass und zeigt nur leichte Anzeichen 
einer Perihepatitis. Das Parenchym ist überall leicht zerreiblich, 
erweicht oder breiig. Wenn man ein Stückchen im Wasser 
zerreibt, so trennen sich die Drüscnzellen los und es bleibt 
ein gefässreiches Gewebe zurück, ähnlich demjenigen einer ge¬ 
sunden Milz. 

Beim Aufträgen von Lugol’scher Lösung auf die Schnitt¬ 
fläche bleibt letztere unverändert; sind aber die Leberzellen 
durch Auswaschen entfernt und kommt die Jodlösung mit dem 
Gefässnetz direct in Berührung, so nimmt dasselbe sofort eine 
stark braune Färbung an, welche bei Zusatz von Schwefelsäure 
in das Violet überspielt. Es ist also mit Bestimmtheit nach¬ 
gewiesen, dass die Lebergefässe einer amyloiden Entartung 
anheimgefallen sind, während die eigentliche Drüsensubstanz 
unversehrt geblieben ist. 

Die Krankheitsgeschichte des Patienten lässt sich folgender- 
massen zusammenfassen: besagtes Pferd litt an einer amyloiden 
Entartung der Lebergefässe, welche mehrmals kleine Zer- 
reissungen verursacht hatte; gelegentlich des letzten Kolik¬ 
anfalles hat sich dann die enorme Blutcyste an der vorderen 
Fläche der Leber gebildet, welche eine Anämie und eine all¬ 
gemeine Abschwächung zur Folge hatte.. Diese Cyste bildete 
ferner einen mechanischen Widerstand auf die hintere Hohl¬ 
vene, welcher den Blutdruck in den Lebergefässcn dermassen 
erhöhte, dass deren Zerreissung erfolgen und eine Verblutung 
in die Bauchhöhle mit nachfolgendem Tode eintreten musste. 

Verfasser giebt den Rath, Angesichts starker Kolikanfälle, 
welche, na’ch Genesung, eine augenfällige Blutarmuth mit gelb¬ 
licher Färbung der Schleimhäute hinterlassen, an die Möglich¬ 
keit einer inneren Blutung, deren Sitz die Leber ist, zu denken. 
In diesem Falle wird sich dieselbe wiederholen und den Tod 
nach sich ziehen. Haas, 


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DEUTSCHE THIERyERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


149 


No. 17. 


Gewinnung von plasmatischen Zellsäften niederer Pilze. 

Von H. Büchner. 

(Münchener Medicinische Wochenschrift 1897 No. 48.) 

E. Büchner (Tübingen) fand unter Mitwirkung von M. 
Hahn (München) eine Methode, um den plasmatischen Zellsaft, 
d. h. die vollen Inhaltsbestandtheile niederer Pilze unter Aus¬ 
schluss jeder chemischen Einwirkung zu gewinnen. Diese Me¬ 
thode besteht in mechanischer, maschineller Zerreibung der 
feuchten Pilzmasse unter Zumischung von Infusorienerde und 
feinem Quarzsand, und nachfolgender Auspressung des so ge¬ 
wonnenen Teiges in der hydraulischen Presse bei 400 bis 
500 Atmosphären. Die Versuche wurden zunächst mit Bier¬ 
hefe bezw. Presshefe angestellt. Man erhält hierbei aus 1 kg 
Presshefe 500 ccm einer klaren, gelblichen, leicht opalescirenden 
Flüssigkeit, welche beim Erhitzen fast in toto gerinnt, also einen 
sehr starken Gehalt an gerinnbarem Albumin besitzt. Dass 
echtes Albumin in den niederen Pilzen enthalten ist, war bisher 
noch nicht bekannt. Höchst merkwürdig ist ferner das zuerst 
von M. Hahn constatirte Vorkommen kräftiger Verdauungs¬ 
enzyme im Hefenpresssaft, die offenbar der Hefenzelle ent¬ 
stammen. E. Büchner ermittelte ferner die fundamentale 
Thatsache, dass echte alkoholische Gährung ohne Anwesenheit 
und Mitwirkung irgendwelcher lebender Organismen allein durch 
den Presssaft zu Stande kommen kann. Diese durch oft wieder¬ 
holte Versuche sicher gestellte Thatsache lehrt, dass bei der 
Gährung nicht die Hefezelle als solche durch ihren unmittel¬ 
baren Lebensprocess die Wirkung auslöst, sondern dass für 
diese Leistung der Zelle ein besonderer enzymartiger Stoff vor¬ 
handen ist, der als eigentlicher Träger der Giftwirkung ange¬ 
sehen werden muss. Dieser Stoff, Zymase genannt, ist leicht 
veränderlich; geringgradiges Erwärmen vernichtet schon seine 
Wirkung, während Antiseptica, welche die lebenden Zellen sehr 
schädigen, die Zymase nur wenig alteriren. Andererseits er¬ 
lischt die Wirkung der Zymase bei etwas längerem Aufbewahren 
von selbst, was vermuthlich mit der Selbstverdauung zusammen¬ 
hängt. In getrocknetem Zustande ist die Zymase haltbar. 
Nach diesen Erfahrungen lag es nahe, die neue Methode auch 
für pathogene Bakterien in Anwendung zu bringen. Dieser 
Aufgabe unterzog sich M. Hahn, welcher die Bakterien der 
Cholera, des Typhus, des Milzbrandes und der Tuberculose zu 
seinen Versuchen heranzog und analoge Resultate erzielte. 

C a s p e r. 


Ueber die Herkunft der Tetanusbacillen. 

Von Molinari. 

(Giorn. dclla Reale Societa Italiana d'Igienc 1898, S. 36) 

M. suchte die Annahme, dass der Reichthum der ober¬ 
flächlichen Erdschichten an Tetanusbacillen von der Menge der 
Fäkalien, welche ihm zugeführt wird, abhängt, dadurch zu be¬ 
weisen, dass er die Fäkalien der einzelnen Thierc auf Tetanus¬ 
bacillen direct untersuchte. Er entnahm zu diesem Zwecke 
dem Darme vom Rind, Pferd, Schwein, Huhn, Kaninchen, Esel, 
Katze, Hase, Gans, Ente Koth unter streng aseptischen Cautelen 
und brachte ihn in Hauttaschen von Kaninchen. Die Haut¬ 
taschen wurden sorgfältig durch Naht geschlossen und mit 
Collodium bedeckt. Das Ergebniss dieser Impfungen war, dass 
in den meisten Fällen der Koth der genannten Thiere bei den 
Impflingen Tetanus hervorrief, d. h. dass in dem Koth Tetanus¬ 
bacillen enthalten waren. Koth von Menschen, Fröschen und 
Fischen erzeugte niemals bei solcher Impfungsweise Tetanus, 
woraus geschlossen werden musste, dass derselbe keine Tetanus¬ 
bacillen beherbergte. Negativ blieben auch die Impfungen mit 
dem Kothe solcher Kälber und Lämmer, die lange Zeit hin¬ 
durch einen ledernen Maulkorb getragen hatten, sodass sie 
nichts mit dem Maule berühren konnten. Frick. 


Einbetten von Präparaten für mikroskopische Zwecke 

in Paraffin. 

Von M o n g i a r d i n o. 

Zur bequemen Anfertigung von frischen mikroskopischen 
Präparaten benutzt M. folgende Methode: 

Runde oder viereckige Metallcylinder sind an dem einen 
Ende scharf und haben einen Durchmesser von i—4 cm. Mit 
diesen Cylindcrn wird aus sehr gutem, feinem Kork eine 3 mm 
starke Platte geschnitten, welche den Boden in dem Cylinder 
bildet. Nachdem letzter ein wenig erwärmt, wird eine ganz 
geringe Menge Paraffin auf den Korkboden geträufelt und die 
zu schneidenden Stücke hineingelegt. Der übrige Raum wird 
nun mit Paraffin bis zum Rande aufgefüllt und der Cylinder 
zur raschen Abkühlung des Paraffins in kaltes Wasser bis fast 
zum Rande cingetaucht. Hierauf wird der Cylinder ein klein 
wenig erwärmt und nun die Korkplatte mit dem darauf be¬ 
festigten eingebetteten Präparat herausgeschoben. Frick. 

Bruch der Schädelbasis beim Pferde. 

Von Franco Gonclli. 

(La clinica veterinaria 1898. S. na.) 

Ein Pferd war im Trabe auf der Landstrasse gegangen, 
scheute plötzlich und stürzte in den Graben. Hierbei stiess es 
heftig mit dem Maul auf den Grabenrand auf. Nach einiger 
Zeit erhob es sich und ging, nachdem es wieder eingespannt 
war, noch 3 km weit, als es anfing, zu schwanken und hinzu¬ 
fallen drohte. In den Stall gebracht, legte es sich langsam 
nieder, ohne irgend welche Schmerzen zu zeigen. Es lag ruhig 
auf der linken Seite; Kopf, Hals und Gliedmassen gestreckt. 
Die Augen waren weit geöffnet; der Blick war leidend, müde 
und bildete einen auffälligen Gegensatz zu der Ruhe des übrigen 
Körpers. Der Körper fühlte sich ganz kalt an. Reflexerreg¬ 
barkeit an Haut und Cornea stark herabgesetzt. Maul- und 
Nasenschleimhaut blass, Conjunctiva dagegen lebhaft geröthet, 
etwas ecchymotisch. Das Pferd war unfähig, aufzustehen, selbst 
mit Hülfe nicht. Oberhalb des linken Auges, etwas der Median¬ 
ebene zu, fand sich eine runde, 4 cm im Durchmesser grosse 
Quetschwunde. Ausserdem bestanden einige Hautabschürfungen 
an der Kaumuskelgegend. Pulse waren 24 per Minute; Arterie 
hart, gespannt, Pulswelle klein, hüpfend, Rhytmus inäqual. 
Athmung angestrengt costo-abdominal, Athemzügc 10 pro Mi¬ 
nute, langsam, tief, mit Unterbrechungen (Cheyne-Stokes, 
Athmungsphänomen). Mastdarmtemperatur 36,40. 

Das Pferd sollte innerlich I Liter Wein und äusserlich 
Einreibungen mit Terpentinöl entlang der Wirbelsäule erhalten. 
Erstcrer konnte jedoch nicht abgeschluckt werden und auf 
letztere hatte das Pferd gar nicht reagirt. 

Nach 2 Stunden hatte sich der Zustand bedeutend ver¬ 
schlechtert. Das Pferd zeigte tiefe Coma, Athmung noch mehr 
verlangsamt, tief und röchelnd, an der linken Schläfengegend 
ein diffuses Oedcm. Die Zunge hing schlaff aus dem Maule, 
die Conjunctiva war bläulich verfärbt, die Temperatur stand 
36,0 °. Der Puls war zur Norm zurückgekehrt. In der Parotis- 
gegend zeigten sich die Luftsäcke aufgetrieben. 

Die Diagnose wurde auf Bruch der Schädelbasis gestellt; 
die Prognose lautete schlecht und das Pferd starb nach einigen 
Stunden. 

Bei der Obduction fand sich: Starkes Ocdem der Sub¬ 
cutis im Bereich der Zwischenkieferbeine; dasselbe dehnte sich 
nach hinten bis in die Umgebung des Pharynx aus. Am Schläfen- 
theil des Schädels lag eine umfangreiche Blutung vor, die weit 
in die Nachbarschaft reichte. Die Luftsäcke sind mit schwarzem, 
geronnenem Blute prall gefüllt. Schädelbasis einfach, complet 
fracturirt, Bruch cn bec de flute ausgehend von der Basis des 
Hinterhauptsbeines und bis in das Siebbein reichend. In der 
Gehirnbasis eine umfangreiche extrameningealcDuramaterblutung, 
die bis in den Wirbelcanal reichte. Gehirn selbst intact. 

Frick. 


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DEUTSCHE TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


23. April. 


150 


Nahrungsmittelkunde. 

Ergebnisse der Schlachtvieh- und Fleischbeschau der 
Stadt Dresden im Jahre 1897. 

Von Dr. Edelmann, 

Director der städt. Fleischbeschau. 

1. Auftrieb zu den Viehmärkten. 

32 52Q Rinder (davon 2722 aus Oesterreich), 78 386 Kälber, 
57847 Schafe, 146 Ziegen, 163098 Landschweine. 

Der Sanitätsanstalt wurden überwiesen: 
lebend: 80 Rinder, 82 Kälber, 41 Schafe, 697 Schweine, 
verendet: 5 Rinder, 38 Kälber, 39 Schafe, 169 Schweine. 

2. Schlachtungen. 

.24218 Rinder (9124 Ochsen, 5914 Kühe und Kalben, 
9180 Bullen), 71471 Kälber, 45 535 Schafe, 9 Ziegen, 125676 
Schweine, 1103 Pferde. 

3. Beanstandungen. 

8558 Rinder ( 35 , 33 % der geschlachteten), 794 Kälber 
(1,11%), 2471 Schafe (5,42%), 7816 Schweine (6,21 %), 130 
Pferde (11,78%). 

Von den beanstandeten Thieren wurden: 

a. beschlagnahmt und vernichtet: 55 Rinder(0,22% 
der geschlachteten), 57 Kälber (0,07%), 6 Schafe (0.01%), 
35 Schweine (0,02%), *19 Pferde (1,72%). 

b. beschlagnahmt und der Freibank überwiesen: 
634 Rinder (2,61% der geschlachteten), 193 Kälber (0,27%), 
38 Schafe (0,08%), 1646 Schweine (1,30%). 


c. An einzelnen Organen wurden beschlagnahmt: 


Thier¬ 

gattung 

1 

Lungen | 

Herzen 

Lebern 

Milzen 

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23 

Nieren 

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Zungen 

Verschiedenes 

Rind .... 

6845 

22 

1368 

91 

55 

339 

430 

222 

59 

65 

320 

Kalb .... 

166 

11 

307 

5 

12 

214 

— 

— 

— 

— 

10 

Schaf . . . 

1776 

2 

1024 

6 

3 

8 

8 

4 

2 

1 

10 

Schwein . . 

4169 

243 

2405 

47 

475 

106 

575 

51 

7 

1 

406 

Pferd . . . 

54 

— 

21 

4 

1 

3 

1 

— 

2 

1 

— 


4. Krankheits-Statistik. 

Von den hauptsächlich vorkommenden Krankheiten wurden 
beobachtet: 

Abscesse: bei 410 Rindern (1,69%), 85 Kälbern (0,11 %), 
144 Schafen (0,31%), 56 Schweinen (0,04%). 

Aktinomykose: bei 133 Rindern (0,54%) und 36 
Schweinen (0,02%). 

Distomatose: bei 231 Rindern (0,95%) und 733 Schafen 
(1,61%,). 

Echinokokken: bei 348 Rindern (1,43%), 483 Schafen 
(i>o6%), 903 Schweinen (0,71%). 

Euterkrankheiten: bei 171 Rindern (0,70%). 

Finnen: bei 164 Rindern (0,67%) und 56 Schweinen 
(0,04%). 

Herzbeutel- und Herzentzündungen: bei 13 Rin¬ 
dern (0,05%) und 263 Schweinen (0,20%). • 

Kryptorchismus: bei 176 Schweinen (0,14%). 

Leberkrankheiten: bei 93 Rindern (0,38%), 14 Kälbern 
(o,oi%), 53 Schafen (0,11%), 126 Schweinen (0,10%). 

Lungenkrankheiten: bei 40 Rindern (o, 16 %), 64 
Kälbern (0,08%), 503 Schafen (1,10%), 1121 Schweinen (0,89"/,,). 

Lungenwürmer: bei 734 Schafen (1,61%) und 132 
Schweinen (o, io°/o). 

Rothlauf: bei 100 Schweinen (0,07%). 

Schweineseuche: bei 4 Schweinen (0,003%). 

Transportschäden: bei 81 Rindern (0,33%), 22 Kälbern 
(0,03%), 11 Schafen (0,02%), 395 Schweinen (0,31%). 

Trichinen: bei 19 Schweinen (0,01%). 


Was die Tuberculose anlangt, so geben die folgenden 
Tabellen Aufschluss über 


a. Vorkommen der Tuberculose und Verwerthung 
der tuberculösen Schlachtthiere. 


Thiergattung 

Zahl der tuber¬ 
culösen Thiere 

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Stück 

Von den tuberculösen Thieren 
wurden der Freibank über¬ 
wiesen 

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Stück 

1i. 

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a. V 

3 3 C 
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Stück 

Rinder, insgesammt . 

7181 

29,65 

50 

230 

199 


6702 

Ochsen und Stiere 

2650 29,04 

8 

50 

46 


2546 

Kühe Und Kalben 

2329 

39,38 

36 

L30 

110 


2053 

Dullen .... 

2202 

23,98 

6 

50 

43 

— 

2103 

Kälber. 

258 

0,36 

28 

80 

41 

— 

109 

Schafe. 

39 

0,08 

3 

4 

1 

— 

31 

Schweine .... 

3961 

3,15 

13 

487 

318 

281 

2862 

Pferde. 

5 

0,45 

2 

— 

— 

— 

3 

Summa . . 

11444 

4,26 

96 

801 

559 

231 

1 9707 


b. Ausbreitung der Tuberculose: 


Die Tuberculose wurde nachgewiesen als 


Thiergattung 

locale 

Tuberculose 

hochgradige 
und aus¬ 
gebreitete 
Tuberculose 

verallgemeinerte (generalisirte) Tuberculose 

eines Organes oder einzel¬ 
ner Organlymphdrüsen 

V 

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mit Abmagerung und Ver¬ 
änderungen des Fleisches 

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Zahl der überhaupt beob¬ 
achteten Fälle 

mit 

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in Form von acuter fieber¬ 
hafter Miliartuberculose 

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Von den in den 
beiden vorstehen¬ 
den Spalten auf¬ 
geführten Fällen 
waren ergriffen 

1 

Nieren 

Euter 

Rind . 

5826 

877 

_ 

t«! 

363 

129 

66 

_ 

2 

166 

30 

93 

45 

Kalb . 

75 

33 

— 

1 i 

149 

64 

2 


— 

83 

72 

11 

— 

Schaf . 

22 

9 

— 

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8 

3 

1 

— 

— 

4 

4 

— 

— 

Schwein 

1374 

1489 

— 


1098 

328 

288 

1 

— 

481 

422 

65 

4 

Pferd . 

1 

2 

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1 

— 

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1 

— 


5. Beschau des eingeführten Fleisches. 

An eingeführtem frischen Fleisch wurde im Jahre 1897 
zur Beschau gestellt: 

Rindfleisch: 535 232,0 kg, davon wurden zurückgewiesen: 
369 Stücke = 9842,8 kg, und beschlagnahmt 142 Stücke 
— 641,4 kg. 

Kalbfleisch: 298 740,0 kg, zurückgewiesen: 192 Stücke 
= 1042,1 kg, beschlagnahmt 61 Stücke = 73,9 kg. 

Hammelfleisch: 3316,5 kg, zurückgewiesen: 11 Stücke 
= 46,2 kg. 

Ziegenfleisch: 71,0kg,zurückgewiesen: 1 Stück= 21,0kg. 

Schweinefleisch: 209566,5 kg, zurückgewiesen: 81 
Stücke = 573,7 kg, beschlagnahmt: 851 Stücke = 1351,6 kg. 

Den Trichinenschauvorschriften gemäss wurden 
383710,75 kg eingeführtes verarbeitetes Schweinefleisch 
(18040,5 kg gepökeltes, 97560 kg Schinken und geräuchertes 
Fleisch, 268 109,75 kg Wurst) behandelt. Hiervon wurden auf 
Trichinen und Finnen untersucht 7316 Stücke = 47377,5 kg 
und dabei 6 trichinöse Speckseiten und 10 finnige Schinken 
= 115,05 kg beschlagnahmt. 

Das Personal der Fleischbeschau bestand aus dem 
Director, welcher gleichzeitig das Amt eines Königl. Bezirks¬ 
thierarztes für den Schlacht- und Viehhof verwaltet, 3 Amts-, 
7 Hilfsthierärzten, 10 Kanzlei- und Kassenbeamten, 5 Proben¬ 
entnehmern, 65 Trichinenschauern, 6 Hallenaufsehern, 1 Schlacht¬ 
meister für die Sanitätsanstalt, 2 Aufwärtern und 1 Boten. 


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No. 17. DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 151 


Weiterer Beitrag zur Lehre von der Fleischvergiftung. 
Das Antitoxin des Botulismus. 

Von Dr. W. Kcmpner. 

(Zeitschrift fiir Hygiene und Infectionskrankheiten, l!d. XXVI, S. 481.) 

Nachdem van Ermengem aus den Culturen des von 
ihm gefundenen Bacillus botulinus ein specifisches Toxin ge¬ 
wonnen hatte, welches in typischer Weise den Symptomen- 
complex des Botulismus hervorrief, lag es nahe, zu ergründen, 
ob auch eine Immunität gegen diesen Bacillus bezw. sein Toxin 
zu erzielen sei. Mit dieser Frage beschäftigte sich Kempner, 
welchem Culturen des van Ermengem’schen Bacillus zur Ver¬ 
fügung standen, und gelangte auf Gründ seiner Untersuchungen 
zu folgenden Schlusssätzen: 

1. Durch fortgesetzte gesteigerte subcutane Injectionen des 
van Ermengem’schen Botulismustoxins ist bei Ziegen eine active 
Immunität zu erzielen. 

2. Das Serum der immunisirten Ziegen besitzt einen sehr 
hohen Schutzwerth, bis zu iooooo Immunisirungseinheiten nach 
unserer oben aufgestellten Werthbestimmung gegenüber der 
Testdosis, die Meerschweinchen von 250 g Körpergewicht in 
2 Tagen sicher tödtet. 

3. Die Wirksamkeit des Serums erweist sich auch bei 
präventiver Schutzimpfung, die 30 Stunden vor der Intoxication 
der Versuchsthiere erfolgt. 

4. Auch bei intrastomachaler Einverleibung des Serums 
zeigt sich die Schutzwirkung desselben an Katzen, die per os 
mit Botulismustoxin inficirt sind. 

5. Das specifische Botulismusantitoxin ist ferner im Stande, 

Meerschweinchen noch 24 Stunden nach erfolgter Intoxication 
mit einer nach 48 Stunden tödtlichen Testdosis zu heilen, auch 
wenn bereits deutlich ausgesprochene klinische Vergiftungs¬ 
erscheinungen vorhanden sind. Casper. 

Ueber Bakterienbefunde in der Butter. 

(Aus dem hygienischen Institut der Universität Berlin.) 

Von Dr. Horm an n und Dr. Morgenrot h. 

(Hygienische Rundschau, 1898, No. V.) 

Die sich widersprechenden Angaben über das Vorkommen 
von wirklichen Tuberkelbacillen in der Butter, insbesondere die 
in neuerer Zeit veröffentlichten Arbeiten von Obermüller 1 ), 
Gröning 8 ), Petri 3 ) und Andern und die in grellem Gegen¬ 
sätze hierzu stehenden Untersuchungsresultate von L. Rabino- 
witsch 4 ), veranlassten die Verfasser, diesem Gegenstände 
nochmals auf experimentellem Wege näher zu treten, um die 
principielle Frage, ob wirkliche Tuberkelbacillen in der Butter 
Vorkommen, endgiltig zu entscheiden. Ihre Untersuchungen 
erstrecken sich auf io Butterproben. Sie begannen damit, dass 
sie einen Theil dieser Proben (I—VI) bei 3 7 0 C. schmolzen 
und davon je 4—5 ccm an je 4 Meerschweinchen intraperitoneal 
applicirten. Die Proben VII—IX der bei der gleichen Tempe¬ 
ratur geschmolzenen Butter wurden centrifugirt und der fettfreie 
Bodensatz weiteren Versuchsobjecten in die Bauchhöhle ge¬ 
spritzt. Die letzte Butterprobe wurde verschiedenartig behandelt: 

1 Theil des flüssig gemachten Materials wurde 4 Thieren direct 
applicirt, ein anderer Theil, nachdem er 24 Stunden im Brut¬ 
schrank gestanden hatte, der dritte Theil ausgewaschen und 
der entstandene Bodensatz an 2 Meerschweinchen intraperitoneal 
verabfolgt. 

Aus den tabellarisch aufgeführten Sectionsdaten der theils 
gestorbenen, grösstentheils aber in verschieden grossen Zeit¬ 
abschnitten getödteten Impfthiere ergab sich nun, dass unter 
den icr verwandten Butterproben sich 3 befanden, welche bei 
den damit behandelten Impflingen die Veränderungen der Tuber- 
culose hervorgerufen hatten. Dass es sich um ächte Tuber- 
culose handelte, wurde des Weiteren durch das Anlegen von 
Culturen aus den tuberculösen Veränderungen, die späterhin 

*) *) *) 4 ) Siehe diese Wochenschrift 1897, S. 265, 328, 462. 


i alle typischen Eigenschaften einer ächten Tuberkelbacillencultur 
erkennen Hessen und durch die mit diesen Culturen gemachten 
Thierversuche unzweifelhaft festgestellt. Bei der Cultivirung 
der Tuberkelbacillen konnten die Verff. die Beobachtung machen, 
dass sich Glycerin-Agar als Nährboden nicht eignet, dagegen 
erzielten sie schöne Resultate bei Verwendung von Blutserum, 
das einen Zusatz von 5 °/ 0 Glycerin hatte. 

Neben den ächten Tuberkelbacillen gelang es den beiden 
Verff. auch in 2 Fällen den von L. Rabinowitsch be¬ 
schriebenen säurefesten Mikroorganismus nachzuweisen; des 
Weiteren wurden aus den erkrankten Organen mehrerer Thiere 
Bakterien isolirt, welche nicht säurefest waren und sich zum 
Theil als kleine schlanke, zum Theil als kurze plumpe oder 
den Pseudodiphtheriebacillen ähnliche Mikroben präsentirten. 

Impfversuche zur Feststellung der Pathogenität der säure¬ 
festen Bakterien Hessen bei den Meerschweinchen pathologische 
Veränderungen erkennen, welche nicht leicht mit der ächten 
Tuberculose zu verwechseln sind. Sie bestehen in der Haupt¬ 
sache aus peritonischen Zuständen, welche eine entschiedene 
Tendenz zur Heilung zeigen; höchstens die Leber, deren patho¬ 
logische Alterationen in der Gegenwart von grauweissen 
knötchenartigen Auflagerungen, die zuweilen auch in das Paren¬ 
chym hineinragen und in kleinen, bis Stecknadelkopf grossen 
gelblichen Flecken bestehen, könnte zu einer falschen Diagnose 
Veranlassung geben. 

Verff. resumiren die Ergebnisse ihrer Untersuchungen mit 
folgenden Sätzen: 

1. Die beste Methode des Tuberkelbacillennachweises in 
der Butter ist folgende: Verimpfen einer Menge von 4—5 ccm 
der bei 37°C. verflüssigten Butterprobe in die Bauchhöhle von 
Meerschweinchen; Anlegen von Culturen in glycerinirtem Blut¬ 
serum aus den Organen der getödteten oder gestorbenen Ver¬ 
suchsthiere, Verimpfen von Theilen der erkrankten Organe an 
weitere Versuchsthiere (Meerschweinchen und Kaninchen). Tödten 
dieser Impflinge nach 4 Wochen und Anlegen von Culturen 
aus den Organen. 

2. Es ist nachgewiesen, dass in der Butter ächte 
Tuberkelbacillen nicht selten Vorkommen. 

3. Es findet sich in der Butter eine säurefeste Bakterien¬ 
art, die bei Meerschweinchen Veränderungen hervorrufen kann, 
welche mit der Tuberculose nicht leicht zu verwechseln sind; 
insbesondere ist dies der Fall bei weiter vorgeschrittenen patho¬ 
logisch-anatomischen Veränderungen. 

4. Es ist vom hygienischen Standpunkt aus nicht unbe¬ 

denklich, die auf die gewöhnliche Weise hergestellte Butter 
zum Genuss zuzulassen; es ist vielmehr eine Pasteurisirung der 
Milch bezw. des Rahmes erforderlich. Görig. 

Verschiedene Mittheilungen. 

Sitzung der technischen Deputation. 

Am 2. Mai findet eine Plenarversammlung der 
preussischen technischen Deputation für das Vete¬ 
rinärwesen statt. In derselben sollen: 1. einheitliche 
veterinär polizeiliche Schutz massregeln gegen 
Schweineseuche, Schweinepest und Rothlauf für 
den preussischen Staat, 2. die für die Kaiserliche Verordnung 
zu empfehlenden Gewährmängel und Gewährfristen 
beim Viehhandel berathen werden. 

Thierärztliche Hochschule in Hannover. 

Der Polizeithierarzt und Leiter des bakteriologischen In¬ 
stituts in Hamburg, Dr. Olt, wurde an Stelle des verstorbenen 
Professors Dr. Rabe als Docent für pathologische Ana¬ 
tomie an die thierärztliche Hochschule in Hannover berufen. 

Gerichtsentscheidung betr. Führung des Titels Thierarzt. 

Das Oberverwaltungsgericht hat dem Treiben eines thier¬ 
ärztlichen Pfuschers gegenüber ein bemerkenswerthes Urtheil 
gefällt. 


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152 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


23. April. 


Der Viehhändler Feldmann aus der Gegend von Hannover 
übte ohne Approbation die Thierheilkunde aus. An seinem 
Hause befand sich ein Schild, auf dem die Worte »Thier- 
ärztl. Praktik« standen. Das erste Wort war gross ge¬ 
schrieben, wählend das zweite Wort durch den Klingelzug ver¬ 
deckt wurde. Als sodann die Polizeibehörde dem Feldmann 
aufgegeben hatte, das fragliche Schild zu beseitigen, erhob Feld¬ 
mann Klage beim Bezirksausschuss. Dieser erkannte aber auf 
Abweisung der Klage und erklärte, es komme hier vor Allem 
auf die Anschauungsweise der ländlichen Bevölkerung an. Wer, ' 
ohne hierzu approbirt zu sein, sich als Arzt oder Thierarzt j 
bezeichnet oder sich einen ähnlichen Titel beilegt, durch den 
der Glauben erweckt wird, der Inhaber desselben sei eine ge¬ 
prüfte Medicinalperson, macht sich strafbar. Thierärzte nennen 
sich nun häufig praktische Thierärzte, wenn sich Fcldmann 
»Thierärztl. Praktik« nenne, so werde das ländliche Publikum 
diese Bezeichnung mit dem Titel »Prakt. Thicrarzt« verwechseln' 
und annehmen, der Inhaber sei eine geprüfte Medicinalperson. 
Gegen diese Entscheidung legte Feldmann Berufung beim Ober¬ 
verwaltungsgericht ein und machte geltend, es könne nicht ! 
darauf ankommen, was unerfahrene Landleute annehmen; solche 
Personen hätten oft von den klarsten Dingen falsche Auffassungen. 
Die Aufschrift an und für sich erwecke keineswegs den Glauben, 
als ob er eine geprüfte Medicinalperson sei. Das Oberver¬ 
waltungsgericht erachtete aber die Entscheidung des Bezirks¬ 
ausschusses für zutreffend und wies die Berufung des Feldmann . 
als unbegründet ab. 


Schutzimpfung gegen Rinderpest. 

In Deutsch-Südwest-Afrika sind im Bezirke Gibeon, Nach¬ 
richten vom 15. Dezember 1897 zufolge, Schutzimpfungen gegen 
Rinderpest mit gutem Erfolge vorgenommen worden. Wenn 
auch das Endcrgebniss noch nicht bekannt ist, so wird doch 
angenommen, dass etwa 90 °/ 0 der Thiere gerettet sind. Von 1 
207 Thieren dreier Besitzer sind bis zum 20. Tage nach der 
Blutimpfung nur 8 verendet. In einem Bestände auf Zubgsus, 
wo ein Tag vor der Gallenimpfung eine Einschleppung der ^ 
Seuche in Folge Unachtsamkeit der Besitzer erfolgte, sind von 
den 433 Thieren etwa 20 °/ 0 verloren gegangen. Im Bezirke 
Keetmannshoop sollen Impfstationen eingerichtet werden. In 
den übrigen Theilen des Schutzgebietes sind Nachrichten über 
weitere Erkrankungen und Todesfälle bis zum 4. Januar d. J. 
nicht eingegangen. 


Vereinsnachrichten. 

Einladung zu der 21. Sitzung des Vereins ostpreussischer 

Thierärzte 

am Sonntag, den 24. April a. c., Vormittags 11 Uhr zu Königs- 7 
berg i. Pr., im >Hötel de Prusse«. 

Tages-Ordnung: 

,1. Geschäftsbericht des Vorsitzenden. 

2. Kassenbericht. 

3. Beschlussfassung betr. Aufhebung des Ehrcnrathes. 

4. Neuwahl des Vorstandes. 

5. Bericht Uber die VIII. Plenarversammlung des Veterinärrathes zu . T 

Cassel am 9 Oktober 1897. Ref.: Der Vorsitzende. , 

6. Stellungnahme des Vereins zu den Reformbestrebungen der Preussi-. 

sehen Veterinärbeamten. Ref.: Kreisthierarzt Rust. Correferent: - 

: (1 

Grenzthierarzt Dr. A u g s t e i n. j 

7. Mittheilungen aus der Praxis. 4 , 

Gäste sind willkommen. ‘ *| 

Den Herren Vereinsmitgliedern zur gell. Kenntnissnahmc, dass der . | 

Ehrenrath vorbehaltlich der Zustimmung der Generalversammlung vom Vorr 
stände ausser Kraft gesetzt ist. t j \ 

Um 2 Uhr gemeinsames Mittagessen. 

Es wird dringend gebeten, die Theilnahme an demselben bis zum 1 


20. April bei Herrn Kreisthierarzt R u s t - Königsberg, 


anzumelden. 


Der Vorstand. 


I. A.: Dr. Mehrdorf. 


Mittel - Tragheim le 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Tpattato di Tecnica e Terapeutica Chirupglca generale 
e speciale degli animali domesticl. Bd. 2. Kopf 
und Rumpf. Von Lanzillotti-Buonsanti. Mailand 
bei Fratelli Bocca. 1890/97. 

Von dem vorbezeichneten Werke erschien die erste Lieferung 1890, 
die letzte ist im vorigen Jahre erschienen, so dass jetzt der 2. Band voll¬ 
ständig vorliegt. Nach der langen Zeitdauer zu urlheilen, welche zwischen 
dem Beginn und dem Ende des Erscheinens der einzelnen Lieferungen liegt, 
könnte man meinen, dass der Autor unverhältnissmässig säumig gewesen sei. 
Dies ist aber keineswegs der Fall. Wer das Werk aufmerksam liest, der 
wird ohne Weiteres bekennen, dass eine so reiche Fülle von Stoff und die 
umfangreichen Literaturstudien schneller nicht zu bewältigen waren. Wenn 
dies trotzdem geschehen wäre, so würde die Gründlichkeit der Arbeit sicher 
darunter gelitten haben. 

Der Autor hat die verschiedenen chirurgischen Leiden des Kopfes 
und Rumpfes nach einzelnen Körperregionen abgehandelt. Es ist dies in 
recht eingehender Weise geschehen derart, dass sogar die divergirenden An¬ 
sichten der einzelnen Autoren kritisch beleuchtet sind Um diese mehr neben¬ 
sächlichen kritischen Theile, die auch reiche historische Notizen enthalten, 
sofort kenntlich zu machen, ist hierzu ein anderer Druck verwendet. Ausser¬ 
ordentlich reich ist das Werk an literarischen Angaben. Dieselben sind, 
wie man an jeder Stelle merken kann,. k ri t i s c h benutzt und fügen sich 
dem Ganzen gut ein. Rechnet man hierzu, dass der Autor selbst ein hervor¬ 
ragender Chirurg Ist, dem reiche Ertahrungen zu Gebote stehen, so muss 
man gestehen, dass das Werk gründlich und reichhaltig gearbeitet ist. 

Die einzelnen Kapitel zeichnen sich wie das ganze Werk durch klare 
Disposition aus. Die Uebersichtlichkeit ist dadurch eine sely. Jeichte. Unter¬ 
stützt ist der Druck, der sich im Uebrigen durch recht leicht lesbare und 
einfache Fassung auszeichnet, durch zahlreiche Abbildungen. Dieselben um¬ 
fassen nicht nur anatomische, sondern auch operative Situationen und vor 
allen Dingen ist das Instrumentarium in zahlreichen Abbildungen vertreten. 
Bezüglich der Ausführung der Abbildungen muss lobend hervorgehoben werden, 
dass dieselbe in der letzten Lieferung bedeutend besser ist als in den 
früheren. 

Den Stoff als solchen hier zu besprechen, ist nicht gut*<nöglich. Wer 
denselben kennen lernen will, muss das Original zur Hand nehities. Im 
Ganzen ist das Werk gut gelungen und entspricht seinem Zwecke voll und 
ganz. Der Umstand, dass das Werk italienisch geschrieben ist, sollte nicht 
davon abhalten, dasselbe zu benutzen. Jeder, der nur einigermassen italienisch 
versteht, wird Nutzen aus dem Werke ziehen. Bei der leichten Schreib¬ 
weise Lanzilotti Buonsanti’s ist dies sehr wohl möglich. Frick. 


Personal-Nachrichten. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Oberrossarzt a. D. Fuchs in 
Ludwigsburg wurde zum comm. Kreisthierarzt in Bernkastel (Rheinpr.), Thier¬ 
arzt Otto Weidmann in Oberstdorf (Schwaben) zum Bezirksthierarzt in 
Vohenstrauss ernannt. Thierarzt G. Zech in Greiz wurde mit der Vor¬ 
nahme der Fleischbeschau in Lichtenstein betraut. Verzogen sind die Thier¬ 
ärzte L. Freitag von Kreuzburg nach Tornitz, A. Zieger von Mühlberg 
nach Strehla (Elbe), L e n t z von Saar-Union nach Hornbach (Rheinpfr’zJ, 
A. Steil von Gross-Lichterfelde nach Niemegk (Brandenbg.), Deich, Ober¬ 
rossarzt a. D„ von Grimma, nach Oelsnitz (Sachs.), Hohl von Wiblingen 
nach Eisfeld (Sachs.-Meining). Thierarzt Otto Uhl mann von Dresden ist 
bei Bezirksthierarzt Oswald in Donaueschingen als Assistent eingetreten. 

Die thierftpztliehe Faehprüfung haben in Berlin bestanden: 
Julius Graf von Culm, Ernst Scharr von Berlin, Alfred Baum von 
Czarnikau, Ernst Roth von Gross-Strelitz. 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutsehen 

Heeres: Zu einjähr.-freiw. Unterrossärzten befördert die Thierärzte Weber 
im Hus.-Regt. No. 14, C. Clauss im Art.-Regt. No. 29. 

Gestorben : Kreisthierarzt Putscher in Bruck bei München, Bezirks¬ 
thierarzt F. Fuchs in Heidelberg. 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thierärztliche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der Macklof sehen Druckerei in Karlsruhe i. B. 


Mit einer Beilage von Ed. Messter, Optiker und Mechaniker in Berlin, befr. Mikroskope. “Mg 



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Deutsche 


Thierärztliche Wochenschrift 


herausgegeben von 
Dr. Lydtin, 


Prof. Röckl, 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regierung«»- und Medicinalrath, Opheimpr OWpoipmnrarath Geheimer Regierungsrath und Mitglied 

Director der Thierärztlichen Hochschule . R a( i fln .Radfln ” des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 

in Hannover. in Berlin. 

Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Barth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 

Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Louisenthal (Saar). 

redigirt von 

Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden 
Bonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784a. 


Sechster Jahrgang. 


Sämintliche Zuschriften and redaktionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. BI al km ns in Hannover erbeten, 
Correctnren und Anzeigen an die Expedition der 
Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 
in Karlsruhe (Baden!. 


M 18 . 


Aasgegeben am HO. April. 


1898 . 


Sandgeschwulst (Psammom) der Dura mater 
bei einer Kuh. 

Von Dr. Künnemann, Jena. 

Abgesehen von den bei Pferden häufiger vorkommenden 
Cholesteatomen der Adergeflechte und von den tuberculösen 
Neubildungen sind Geschwülste der Gehirnhäute und des Ge¬ 
hirnes nicht häufig bei unseren Hausthieren beobachtet. Die 
Mitteilungen in der Literatur sind spärlich und demgemäss 
auch die Capitel in der pathologischen Anatomie über die Ge¬ 
schwülste des Gehirnes und der Gehirnhäute gewöhnlich nuf 
kurz und häufig sehr allgemein gefasst. Bruckmüller giebt 
an, dass er Neubildungen an der Gehirnsubstanz bei Thieren 
nicht beobachtet hat (Lehrbuch der pathologischen Zootomie 
der Hausthiere, 1869, S. 307). Labat (Ref. Jahresbericht über 
die Leistungen auf dem Gebiete der Veterinär-Medicin, 1897, 
S. 89) erwähnt bei der Aufzählung der Tumoren des Gehimä 
und der Schädelkapsel das Fibrom, Myxom mit der Unterart 
Cholesteatom, das Epitheliom, Sarkom, Lipom, Chondrom, das 
Osteom, die Pigmentgeschwulst und den Tuberkel. Kitt 
(Lehrbuch der pathologisch - anatomischen Diagnostik, Bd. II, 
S. 603) erwähnt Geschwülste der Gehirnsubstanz nicht. Ab¬ 
gesehen von den oben erwähnten Neubildungen sind dagegen 
Neubildungen, welche von den Gehirnhäuten oder vom Schädel¬ 
dach au9gehen, häufiger, wenn auch im Ganzen ebenfalls Sehern 
Kitt erwähnt als »die merkwürdigsten und interessantesten 
intracraniellen Geschwülste die Dentalosteome, die sog. ver¬ 
steinerten Gehirne«, wie sie von Rosh und Goubeaux be¬ 
schrieben sind und auch zwei in der Münchener Sammlung sich 
auf bewahrt finden. Nach Kitt gehen vom Keil- und Zwickel¬ 
bein nicht selten kleine Exostosen aus, welche die harte Hirn¬ 
haut perforiren. Uhl ich (Ref. Jahresber. ü. d. Leistungen etc.* 
1891, S. 86) fand bei einer in Folge Krämpfe nothgeschlachteten 
Kuh auf der linksseitigen Innenfläche des Keilbeins scharfe, 
reibeisenartige Exostosen. Gurlt (Magazin, Bd, 4, S. 506) 
beschreibt ebenfalls zwei von dem Schädeldache ausgehende 
Exostosen. In dem einen Fall fand sich scheinbar alles vom 
grossen Hirn versteinert, Der Ansicht, dass derartige Exostosen 
aus einer Verkalkung oder Versteinerung des Gehirns hervor¬ 
gingen, tritt Gurlt auf das Entschiedenste entgegen, weit 
die Neubildungen einerseits mit einem Knochen des Hirn¬ 
schädels fest verbunden angetroffen werden und die Textur 
der Knochen naebzuweisen ist. Bon net (Münchener Jahres-* 
bericht, 1880/81, S. no, Ref. Jahresbericht ü. d. Leistungen etc.,- 
1883, S. 6j). beobachtete bei einem .an subacuter Gehirnent¬ 


zündung verendeten Pferde ein Epitheliom an der Zwickelbein- 
gegend. Die Geschwulst war hühnereigross und hatte den 
Scheitellappen eingedrückt. Jessen (Magazin, Bd. I, S. 330) 
fand bei einem an Melanosarkomatose verendeten Pferde eiri 
dem Schläfenbein aufsitzendes Melanosarkom, Bo Hinge r bei 
einem Saugkalb ein in der hinteren, mittleren Schädelgrube 
sitzendes angeborenes Melanosarkom. Bruckmüller (I. c.) 
hebt hervor, dass sich an der Basis des Gehirnes selten grössere, 
flachgedrückte, dunkelschwarze, sehr derbe geschwulstartige 
Melanosen vorfinden. Hildach (Magazin Bd. XI S. 331) fand 
bei einer Kuh ein Sarkom der harten Hirnhaut, das den Gross¬ 
hirnhemisphären auflag und eine feste, faserige Structur zeigte. 
Lydtin (Badische Mittheilungen, 1881, S. 20, Ref. Jahresber. 
ü. d. Leistungen etc., 1882, S. 55) fand bei einem 20jährigen 
Fuchswallach, der seit 10 Jahren eine rechtsseitige Kaumuskel¬ 
atrophie gezeigt hatte, eine von der Dura ausgehende kartoffel- 
förmige, höckerige weissliche Geschwulst, welche an der Basis 
der Felsenbeinpyramide sass und den Trigeminus umfasste. 
Die Geschwulst war ein Fibrosarkom. Koch (Ref. Jahresber. 
ü. d. Leistungen etc. 1892) fand bei der Section eines Pferdes, 
das im Leben eine Bewegungsstörung der Vorderextremitäten 
bekundet hatte, ein in der Siebbeingrube sitzendes und schein¬ 
bar von der Dura ausgehendes Fibrom bezw. Fibrosarkom. 
Der Bulbus olfactorius war sehnenartig verdickt, die Gehirn¬ 
substanz war nach oben gedrängt bezw. geschwunden. Mat¬ 
thews fand am Adergefiecht ein Spindelzellensarkom. Seltener 
noch als Sarkome wurden Lipome und epitheliale Geschwülste 
der Gehirnhäute beobachtet. Bruckmüller ( 1 . c.) giebt an, 
dass hanfkom- bis wallnussgrosse Lipome an der Oberfläche 
der harten Hirnhaut und zwar oberhalb der Gezelte bei Pferden, 
welche an chronischem Hydrocephalus gelitten haben, fast nie 
fehlen. Kühn au (Ref. Jahresber. ü. d. Leistungen etc., 1896, 
S. 87) beschreibt von einem 3 jährigen Schlachtrind ein vom 
Gehirn ausgehendes Lipom, das das Stirnbein durchbrochen 
und umfangreich nach Aussen weiter gewachsen war. Mol¬ 
le re au (Ref. Jahresber. ü. d. Leistungen etc., 1891, S. 86) 
secirte ein Pferd, das 4 Monate lang anfallsweise krank ge¬ 
wesen war und dann plötzlich Symptome einer Gehirnerkrankung 
gezeigt hatte und fand eine epitheliale Geschwulst an der Glan¬ 
dula pituitaria. 

Wenn die hier angeführten Literaturangaben auch keinen 
Anspruch auf eine erschöpfende Vollständigkeit machen können, 
so ergiebt sich doch daraus, dass Neubildungen des Gehirnes 
und seiner Häute nicht gar oft beobachtet werden, um so mehr 
rechtfertigt sich wohl die Mittheilung über eine Geschwulst¬ 
bildung, welche bisher bei Thieren, sa weit ich die Literatur 


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»54 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


30. April-. 


überblicke, noch nicht beobachtet und beschrieben wurde. Die 
fragliche Geschwulst fand sich bei einer Kuh, welche vor ihrem 
plötzlichen Tode niemals Krankheitserscheinung gezeigt hatte. 
Die Kuh hatte Mittags noch gut gefressen und sich ganz munter 
gezeigt. Gegen 3 Uhr Nachmittags zeigte sie Unruherschein¬ 
ungen, legte sich in die Kette zurück, stöhnte und speichelte, 
weshalb der Besitzer glaubte, das Thier habe einen Fremd¬ 
körper im Schlunde stecken und dieserhalb in die Klinik schickte. 
Die Untersuchung ergab jedoch, dass das nicht der Fall war, 
vielmehr zeigte das Thier Symptome einer Gehirnentzündung. 
Die Temperatur war normal — 38,3°C., Pansenbewegungen 
waren zu hören. Der Blick war stier und ängstlich. Der Hals 
wurde gestreckt gehalten und die Kuh legte sich stark in die 
Kette zurück. Zeitweilig begann die Kuh am Körper zu zittern. 
Das Zittern steigerte sich, die Kuh wurde sehr unruhig und 
stürzte nieder und führte unter Stöhnen krampfhafte Bewegungen 
mit den Beinen aus. Nach einem solchen Krampfanfall konnte 
die Kuh, angetrieben, sich ganz gut erheben. Bald traten 
jedoch wieder krampfartige Zufälle ein und die Kuh stürzte 
nieder. Nach einer etwa 2 ständigen Krankheitsdauer verendete 
die Kuh unter Stöhnen und Krämpfen. 

Bei der Section wurden an den Organen der Bauch- und 
Brusthöhle keine Veränderungen, abgesehen von einem gering¬ 
gradigen Lungenödem, festgestellt. Bei Eröffnung der Schädel¬ 
höhle ist die harte Hirnhaut über den vorderen Abschnitten 
der Hemisphäre mit dem Schädeldach in fester Verbindung. 
Ihre Ablösung gelang zum Theil überhaupt nicht, zum Theil 
nur sehr schwer. Dabei bemerkte man weiterhin, dass sie 
auch mit dem Gehirn in fester Verbindung war, aber nur so 
weit, als sie mit dem Gehirnschädel verwachsen war. Im Ueb- 
rigen gelang die Ablösung leicht. Bei dem weiteren Bemühen, 
die Ablösung von den Schädelknochen zu ermöglichen, reisst 
ein etwa enteneigrosser flachgedrückter Theil von den Hemi¬ 
sphären ab. Das Abreissen dieses Theiles erklärte sich trotz 
der Sorgfalt, welche bei der Lostrennung angewendet wurde, 
leicht aus dem Umstande, dass im Bereiche der Rissfläche die 
Gehirnsubstanz auffällig weich war. Das losgelöste Stück unter¬ 
schied sich aber durch seine Derbheit von der Gehirnsufostanz, 
sowie durch die auffällige faserige Bruchfläche. Nur die ober¬ 
flächlichsten Partien zeigten das Aussehen und die Beschaffen¬ 
heit von Hirnsubstanz. Es war demnach anzunehmen, dass es 
sich bei dem losgetrennten Stück um eine mit der Dura mater 
und den Hemisphären in Verbindung stehende Geschwulst 
handelte. Dieselbe hatte eine ziemlich derbe Beschaffenheit, 
besonders dort, wo sie mit der Dura in Verbindung stand, die 
oberflächlichen Abschnitte waren jedoch etwas weicher. Die 
Oberfläche zeigte ein zerklüftetes Aussehen. Die Schnittfläche 
Hess ein deutlich ausgeprägtes faseriges Gefüge erkennen. 
Weissere, von der duralen Oberfläche ausgehende und hier 
dichter geordnete Züge strahlten nach der cerebralen Oberfläche 
allseitig aus und Hessen ein weicheres, mehr graues Gewebe 
zwischen sich erkennen, wie es an der nach dem Gehirn zu 
gelegenen Oberfläche fast ausschliesslich vorhanden war. Im 
Ganzen hatte die Schnittfläche eine grauweisse Farbe. Die 
Geschwulst hatte an den vorderen und oberen Abschnitten 
beider Hemisphären gesessen. Im Bereiche des Geschwulstlagers 
war die Gehirnsubstanz auffällig weich, stark durchfeuchtet und 
glänzend und gegenüber der festem und normalen Gehirnsubstanz 
verwaschen gelblich gefärbt. Dieselbe Farbe zeigte auch die 
an der Oberfläche des abgerissenen Stückes sitzende Gehirn¬ 
substanz und hob sich dadurch etwas ab. Eine deutliche Grenze 
zwischen Geschwulst und Gehirn war jedoch nicht zu erkennen, 
vielmehr stand dieselbe mit dem Gehirn offenbar in unmittel¬ 
barer Verbindung. Andererseits war auch eine Abgrenzung 
zwischen Dura und der Geschwulst nicht nachzuweisen und hier 
ebenfalls ein unmittelbarer Uebergang vorhanden. An der 
Knochensubstanz war im Bereiche des Geschwulstsitzes eine 
augenfällige Veränderung nicht festzustellen. Die Gefasse der 
Pia waren stark injicirt. 

Es handelte sich demnach um eine Geschwulst, welche 
wahrscheinlich von der harten Hirnhaut ihren Ausgang ge¬ 
nommen und welche sich nach dem Gehirn zu ausgebreitet hatte 


und selbst in die Gehirnsubstanz vorgewuchert war, so dass 
eine innige Verbindung zwischen Dura und Gehirn verursacht 
wurde. In dem Masse, wie die Geschwulst in dem Gehirn 
sich ausbreitete, war offenbar die Gehirnsubstanz selbst ver¬ 
ändert, worauf die Erweichung derselben im Bereiche des Ge¬ 
schwulstbettes hindeutet. 

Die mikroskopische Untersuchung frischer, vermittelst des 
Gefriermikrotoms angefertigter Schnitte liess faserige Züge er¬ 
kennen und zellige Nester und sowohl innerhalb der Faserzüge 
als auch der Zellnester und Zellstränge gelblich gefärbte, 
drüsige, von einer faserigen Kapsel eingeschlossene Einlagerungen 
von verschiedenster Grösse und vollständig regelloser Vertheilung. 
Ein Zusatz von Säure zeigte, dass die drüsigen Einlagerungen 
kalkiger Natur waren. Für eine genauere Untersuchung der 
Geschwulst wurden kleine Stücke entkalkt, gehärtet und in 
Paraffin eingebettet. Einzelne Stücke wurden vor der Ein¬ 
bettung in Boraxcarmlnlösung gefärbt. Die Stückfärbung in 
Boraxcarminlösung erwies sich jedoch bei der späteren Unter¬ 
suchung feiner Schnitte nicht als vortheilhaft und es wurden 
daher die Schnitte von den ungefärbten Stücken mit Häma- 
toxylin und Eosin gefärbt. Nach dieser Färbemethode gelang 
es ausgezeichnete Präparate zu erhalten, welche dann auch eine 
genaue Untersuchung ermöglichten. Danach war in Schnitten 
von Stücken, welche aus den mittleren Geschwulstpartien 
stammten, ein Gerüst breiterer und schmälerer Stränge fibril¬ 
lären Bindegewebes nachzuweisen und in den Zwischenräumen 
Stränge oder Nester von kleinen Zellen. Die Zellen hatten 
durchweg eine rundlich ovale Gestalt. In der Nähe der Binde- 
gewebszüge zeigten sie eine mehr längliche Form und näherten 
sich mehr der einer Spindel. Der Menge nach hielten sich 
die Bindegewebszüge und Zellanhäufungen ungefähr das Gleich¬ 
gewicht. Sowohl in den Bindegewebszügen als auch in den 
zellenreichen Abschnitten lagen kugelige Körper von ver¬ 
schiedenster Grösse und Anordnung. • Dass diese Körper durch¬ 
weg die Kugelform besassen, ergab sich mit Sicherheit daraus, 
dass die Schnittfläche durch die Stücke, wie sie auch verlaufen 
mochte, immer eine mehr oder weniger kreisförmige Contour 
der Körper ergab. Diese Körper hatten durchweg eine gleich 1 - 
artige Structur. Sie zeigten eine concentrische Schichtung aus 
feinen, in einander geschachtelten Lagen einer homogenen 
Masse, die nur in den periphersten Lagen hier und da einen 
Kern erkennen liess. Manche Kugeln waren aus mehreren 
kleineren aufgebaut, so dass die kleineren ein besonderes La¬ 
mellensystem besassen, die zusammen von einem gemeinsamen 
umschlossen wurden. Die centralen Abschnitte einer solchen 
Kugel zeigten gewöhnlich keine deutliche lamellöse Schichtung, 
in manchen Fällen ein drüsiges oder gekörntes Aussehen. An 
einzelnen Stellen fand sich eine Lagerung der Kugeln um ein 
Gefäss, gewöhnlich war eine derartige Anordnung jedoch nicht 
zu beobachten. Ueberhaupt war die Geschwulst nur arm an 
Blutgefässen. Schnitte von Stücken, welche von der dem Ge¬ 
hirn zugekehrten Oberfläche der Geschwulst genommen waren, 
waren im Gegensatz zu der aus den mittleren Partien arm an 
Bindegewebe. Hier herrschten die Zellstränge vor und nur 
zwischen denselben waren feine Bindegewebszüge zu erkennen, 
welche die Zellstränge verbanden. Aus Querschnitten ergab 
sich, dass die Zellstränge zapfen- oder papillenartige Zell¬ 
wucherungen darstellen, welche mit etwas kolbiger Verdickung 
ihres Endtheiles in der Gehirnsubstanz lagerten. Das sie um¬ 
gebende Gewebe bestand aus einem sehr feinen Netzwerk von 
Fäden, in welchem spärlich Zellen eingelagert waren, welche 
mit feinen Fadenausläufern versehen waren. Dieses feine 
Netzwerk erstreckte sich auch bis tief zwischen die Zell¬ 
stränge, um allmälig spärlicher zu werden und ganz zu ver¬ 
schwinden. Nach der Geschwulstbasis zu wurde das Binde¬ 
gewebe zwischen den Zellsträngen sowohl als auch in ihnen 
selbst reichlicher. Hier und da war auch ein Uebergang eines 
Bindege websstrangs in einen Zell sträng zu beobachten. Die 
Zellstränge waren gleichmässig besetzt von den kugeligen Kör¬ 
pern, die aber hier durchweg kleiner waren und nicht eine 
so starke Lamellenschicht erkennen Hessen. 

Nach dem mikroskopischen Befund handelte es sich dem- 1 


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No. 18. 


DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


155 


nach um eine Geschwulst, welche zum Theil aus Bindegewebe, 
zum Theil aus Zellen bestand, die darnach als Fibrosarkom zu 
bezeichnen wäre. Eine besondere Eigentümlichkeit besass 
dasselbe ferner aber dadurch, dass sich überall in seinen Ge- 
websbestandtheilcn kugelige Gebilde von lamellösem Bau fanden, 
die in ihren centralen Abschnitten verkalkt waren. Diese Kalk¬ 
körper sind charakteristisch für die sog. Gehirnsand- oder kurz 
Sandgeschwülste, für welche Virchow die Bezeichnung 
Psammome eingeführt hat. Herr Geheimer Hofrath Professor 
Dr. Müller, hier, hatte die Güte, die Geschwulst ebenfalls zu 
untersuchen und erklärte mir, dass dieselbe eine Sandgeschwulst 
sei. So weit ich die thierärztliche Fachliteratur überblicke, 
sind echte Psammome bei Thieren bisher noch nicht vorge¬ 
funden und beschrieben. Beim Menschen werden sie dagegen 
öfter gefunden und sind auch solche häufig genug beschrieben. 
Sie finden sich »vornehmlich in den Häuten des Centralnerven¬ 
systems und in den Pinealdrüsen vor und bilden knotige Ge¬ 
schwülste« (Ziegler, Lehrbuch der allgemeinen pathologischen 
Anatomie, 1892, S. 324). Auch in dem vorliegenden Falle ging 
die Neubildung zweifellos von der Dura mater aus. Dafür 
scheint mir der mehr bindegewebige Charakter in den nach 
der harten Hirnhaut zu gelegenen Theilen der Geschwulst zu 
sprechen, sowie hauptsächlich die zapfenartigen jungen Zell¬ 
wucherungen an der Oberfläche und in der Gehirnsubstanz. 
In dem Masse, wie die Zellwucherungen an der Geschwulst 
hervorsprossten und in die Gehirnsubstanz eindrangen, wurde 
diese selbst zum Schwund gebracht und wurde somit Raum 
geschaffen für die uneingeschränkte Ausbreitung der Neubildung. 
Das erklärt auch den Umstand, dass die Geschwulst sich bei 
der Section mehr als ein veränderter Abschnitt der Grosshirn¬ 
hemisphären präsentirte. Die bei Menschen gefundenen Psam¬ 
mome sassen gewöhnlich nur an der Dura fest, standen mit 
dem Gehirn nicht in Verbindung und lagen in einer ihrer Grösse 
entsprechenden Grube atrophischer Gehimsubstanz. Gewöhn¬ 
lich lassen dieselben schon beim Durchschneiden ihre sandige 
Beschaffenheit erkennen. Das war bei der bei der Kuh ge¬ 
fundenen Geschwulst nicht der Fall. Virchow (Die krank¬ 
haften’ Geschwülste” II. B., S. 116) fasist die Psammbme der 
Dura trotz ihrer anscheinend vollkommenen Heteroplasie als 
hyperplastische Bildungen auf. Arnold (Ein Beitrag zu der 
Lehre von dem Bau und der Entwicklung der Psammome — 
Virchow’s Archiv, B. LII, S. 457) hebt mit Virchow die binde¬ 
gewebige Natur der Psammome hervor. In den von Arnold 
beschriebenen Geschwülsten fand sich das Bindegewebe bald 
als Granulationsgewebe, bald als fibrilläres Bindegewebe. Wie 
auch in dem vorliegenden Falle, so fand auch Arnold, dass 
die Zellenzüge in die blassen Bindegewebszüge übergehen und 
der allmälige Uebergang an der Verschmelzung der Zellen deut¬ 
lich hervortrat. Bezüglich der Entstehungsweise der Kalkkugeln 
nimmt Golgi (Ueber Bau und Entwicklung der Psammome 
— Virchow’s Archiv, B. LI, S. 311) an, dass sie sich entweder 
direct aus Bindegewebsfasern entwickeln und dann ähnlich wie 
im normalen Bindegewebe aus Fasern und Zellen bestehen, 
in welche gleichzeitg mit der Bildung der Kugeln auch die Ab¬ 
sonderung der Kalksalze stattfindet, oder dass sie sich aus 
grossen lamellösen Zellen entwickeln und die Ablagerung der 
Kalksalze dann erst in die fertigen alten Kugeln vor sich geht. 
In dem vorliegenden Falle zeigten die Kalkkugeln in jedem 
Falle, selbst die kleinsten, einen verkalkten centralen Kern, 
der nach der Entkalkung eine ausgeprägte Structur nicht er¬ 
kennen liess und aus einer körnigen oder scholligen Masse 
bestand. Dieser Kern war von einer mehr oder weniger dicken 
Lage concentrischer Schichten umhüllt, welche ihrerseits aus 
einer homogenen Substanz bestanden und nur hier und da in 
den peripheren Abschnitten gefärbte Kerne erkennen Hessen. 
Arnold ist ebenfalls wie Steudner der Meinung, dass die 
kugeligen Conglomerate concentrisch gelagerter Zellen nach 
vorheriger colloider Metamorphose zur Bildung der Kalkkugeln 
fuhren können, hebt aber dem gegenüber hervor, dass ihre 
Entstehung in sehr vielen Fällen eine andere und zwar, wie 
das Virchow annimmt, eine unorganische ist und dass ihre 
Vergrösserung durch eine schichtenweise Ablagerung colloider 


Substanz sich vollzieht, welche später petrificirt. In der vor¬ 
stehend beschriebenen Geschwulst fanden sich nur Kalkkugeln. 
Häufig finden sich aber neben den Kugeln im Bindegewebe 
auch noch längliche, spiessartige, stachlige, balkenartige, cylinder- 
und kolbenförmige Kalkconcremente, also Gebilde verschieden¬ 
artigster Gestalt, welche der Petrification von Bindegewebs- 
bündeln ihre Entstehung verdanken. Endlich hat Arnold 
(1. c.) die Verkalkungsvorgänge noch an den Gefässen nach- 
weisen können und zwar sowohl an den Wänden als auch an 
dem Inhalt. Die Psammome stellen darnach eine Geschwulst 
dar, in welcher die verschiedenartigsten Verkalkungsvorgänge 
ablaufen können. 

Was die Krankengeschichte im vorliegenden Falle anbe¬ 
trifft, so kann die kurze Krankbeitsdauer nicht auffallen, wurden 
doch auch beim Menschen, bei welchen sich Psammome fanden, 
häufig keine auffälligen Störungen im Gesundheitszustände be¬ 
obachtet. Allerdings sind die Geschwülste auch meist wohl 
kleiner. Doch werden andererseits geringgradige Störungen 
im Gesundheitszustände, besonders nervöser Art, naturgemäss 
besonders bei Rindern, überhaupt sich einer Beobachtung ent¬ 
ziehen. Gurlt (1. c.) äussert sich demgemäss auch dahingehend, 
dass die meisten Beobachtungen darin übereinstimmen, dass 
trotz der grösseren oder geringeren Zerstörung des Grosshirnes 
die sog. vegetativen Functionen nicht gestört waren, denn die 
Thiere, bei welchen sich Exostosen der Schädelhöhle fanden, 
waren meist gemästet. Die von Hildach (1. c.) behandelte 
Kuh, bei welcher sich ein 2 Zoll grosses Sarkom der harten 
Hirnhaut fand, hatte dagegen häufiger plötzliche Krampfanfälle 
gezeigt, von denen sie sich erholte und dann gewöhnlich stier¬ 
blickend mit gesenktem Kopfe theilnahmlos dastand. Ob äuser- 
lich sichtbare Krankheitserscheinungen in Folge von derartigen 
Geschwülsten auftraten, kann daher nur davon abhängen, ob 
functionell wichtige Theile des Gehirnes betroffen wurden, oder 
wie in dem von Lydtin mitgetheilten Falle ein Gehirnnerv 
von der Neubildung in Mitleidenschaft gezogen wurde. Im 
anderen Falle ist es erklärlich, dass derartige Neubildungen, 
wie in dem beobachteten Falle, in Folge Gehirnapoplexie schnell 
zuffiPTode führen können. 


Referate. 

Beiträge zur Aetiologie der sogen. Pocken der Tauben. 
(Geflügelpocken.) 

Von Prof. Sanfelice. 

(Zeitschrift fiir Hygiene und Infection»kranlcheiten 1897, Bd. XXVI. S. 398.) 

Die Ursache der von Bollinger als Epithelioma con¬ 
tagiosum bezeichneten Geflügelpocken war bisher noch nicht 
einwandsfrei aufgeklärt, wenn auch von verschiedenen Seiten 
eigenthümliche, glänzende Körperchen als Erreger beschuldigt 
wurden. R i v o 11 a und D e 1 p r a t o erklärten einen pflanzlichen 
Parasiten, dem sie den Namen »Epitheliomyces« gaben, für die 
Ursache und wollen denselben rein gezüchtet haben. Später 
beschäftigten sich noch Mingazzini und Casagandri mit 
den Pocken und sprachen sich dahin aus, dass dieselben voll¬ 
kommen identisch seien mit dem Molluscum contagiosum des 
Menschen. Sanfelice nahm nun die Untersuchungen über 
die Aetiologie dieser Krankheit von Neuem auf. Schon bei 
schwacher Vergrösserung erkannte er in den in Glycerin zer¬ 
zupften Knötchen die Parasiten als lichtbrechende, bald rund¬ 
liche, bald ovale oder etwas verlängerte Körper von ver¬ 
schiedener Grösse; die Vermehrung erfolgt stets durch Knospung. 
Mit der centralen Masse der Knötchen wurden zahlreiche 
Impfungen in die Augenlider gesunder Tauben, immer mit 
positivem Erfolge, vorgenommen. Nach 6 Tagen (Incubations- 
dauer) trat eine Schwellung der Augenlider ein, welche etwa 
in 2 Tagen zum vollständigen 'Verschluss der Augen führte. 
Nach io—12 Tagen traten Knötchen auf den Augenlidern auf; 
der Tod erfolgte bei der Mehrzahl der Thiere zwischen dem 
20. und 25. Tage. Junge wie alte Tauben verhielten sich in 
ganz gleicher Weise für die Infection empfänglich. 


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156 


DEUTSCHE THIER^ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


30. April. 


In gefärbten Schnitten — die Technik wird genau be¬ 
schrieben — kann man feststellen, dass die jüngsten Parasiten 
sich nach der Basis der Malpighi’schen Schicht zu finden; die 
in Fortpflanzung befindlichen nehmen die Mitte ein und die 
erwachsenen liegen nach der Oberfläche zu. Die jüngsten Para¬ 
siten färben sich meist homogen, im mittleren Theile des 
Epithels, wo die Parasiten in der Fortpflanzung begriffen sind«, 
erblickt man an denselben eine, zwei oder drei Knospen, von 
den nahe der Oberfläche gelegenen Parasiten sehen einige nor¬ 
mal aus, andere besitzen eine oder mehrere Vacuolen. Was 
die Zellen anlangt, so besitzen diejenigen der tieferen Schicht 
ein normales Aussehen, die der mittleren und oberen Schicht 
dagegen erscheinen gequollen. Die Volumensvergrösserung der 
Malpighi’schen Schicht ist weniger der Vermehrung der Zellen, 
als vielmehr dem Vorhandensein der Parasiten und dem damit 
verbundenen Anschwellen der Zellkörper zuzuschreiben. Die 
Knötchen werden ausser durch die Quellung der Zellen auch 
durch eine bedeutende Infiltration des subepithelialen Binde¬ 
gewebes hervorgerufen. Aus diesen Gründen ist die Bezeich¬ 
nung »Epithelioma contagiosum« für die Taubenpocken 
gar nicht mehr zutreffend, da es sich gar nicht um eine Ver¬ 
mehrung der Epithelzellen handelt. 

Sanfelice ermittelte weiter, dass die Uebertragung auf 
Tauben nicht nur gelingt nach vorausgegangenem Scarificiren, 
sondern dass die einfache Berührung zweier Hautoberflächen 
genügt, um die Krankheit hervorzurufen. Auch konnte er im 
Gegensätze zu Mingazzini nachweisen, dass die oberflächlich 
gelegenen (ältesten) Parasiten in ganz gleicher Weise contagiös 
wirken, wie die tiefer gelegenen (jüngsten). Auf andere Thier¬ 
arten (Hühner, Enten, Truthühner) lassen sich die Geflügel¬ 
pocken nicht so leicht übertragen, die Parasiten scheinen die 
Fähigkeit zu verlieren, auf Thiere einer anderen Species pa¬ 
thogen zu wirken. Impfungen auf Kaninchen und Hunde blieben 
ganz resultatlos. 

Von Interesse war es noch, festzustellen, ob wirklich, wie 
Mingazzini behauptete, der Parasit der Taubenpocken durch 
Chytridiopsis socius, welcher in den Epithelzellen des 
Darmes von Blaps lebt, dargestellt wird. S. fütterte daher 
einige Blaps mit Knötchen von Taubenpocken und impfte mit 
dem Kothe der Käfer Tauben. Es erkrankten nun diejenigen 
Tauben typisch, welche mit dem Kothe geimpft waren, der 
vom dritten Tage nach der Impfung an gewonnen wurde. 

Daraus ergiebt sich, dass die Parasiten der Taubenpocken 
den Darm von Blaps passiren und dabei ihre Lebensfähigkeit 
und Virulenz bewahren. Andererseits konnte aber S. im Gegen¬ 
sätze zu Mingazzin'i den einwandsfreien Beweis erbringen, 
dass der Parasit der Taubenpocken ein von dem Chytridiopsis 
socius vollkommen verschiedenes Wesen ist. — Alle Versuche, 
den Parasiten in künstlichen Nährböden zu züchten, schlugen 
fehl, auch aus den Faeces der Blaps konnte ein specifischer 
pathogener Erreger nicht gewonnen werden. Dagegen gelang 
es dem Verf., von der Haut der Tauben einen Blastomyceten 
zu züchten, welcher nach Einimpfung in die Augenlider von 
jungen Tauben die typische Krankheit erzeugte, wobei freilich 
die Incubationsdauer 15 — 20 Tage betrug. Vergleichende Unter¬ 
suchungen führten S. zu der Ueberzeugung, dass die Geflügel¬ 
pocken und das Molluscum contagiosum des Menschen wohl 
zu demselben Typus gehören, aber nicht mit einander identisch 
sind. Es unterliegt nach Ansicht des Verf.’s keinem Zweifel 
mehr, dass die Taubenpocken eine durch pathogene Blasto¬ 
myceten hervorgerufene Affection sind. Casper. 


Erfahrungen über das Xeroform in der Thierheilkunde. 

Von Docent Fr. Konhäuser in Wien. 

Thierärzl. Centralbl. 1898, No. t. 

Unter den als Ersatzmittel für Jodoform empfohlenen 
Medicamenten hat das Xeroform wegen seiner Ungiftigkeit 
sehr schnell trocknenden, blutstillenden und anästhesirenden 
Eigenschaften in der Menschenmedicin rasch Eingang gefunden. 
In der Thierheilkunde wurde dieses Mittel noch nicht ange¬ 


wendet; erst Verf. hat es in die thierärztliche Chirurgie ein- 
geführt. Auf Grund seiner Erfahrungen empfiehlt er dasselbe 
und glaubt, dass das Xeroform das Jodoform in kurzer Zeit 
verdrängen wird. Der Hauptvortheil ist die Billigkeit, das 
specifisch leichtere Gewicht und das erheblich grössere Volumen 
im Verhältnis zu einer gleich grossen Gewichtsmenge von 
Jodoform. Man reicht deshalb mit dem Xeroform doppelt 
solange aus wie mit dem Jodoform. Es reducirte sich hier¬ 
durch der Preis des Xeroforms auf die Hälfte des Jodoforms, 
Bei der Anwendung ist indess zu beobachten, dass das Mittel 
nur in ganz dünner Schicht aufgetragen wird und vor jedes¬ 
maligem Bestreuen die Wundflächen gut zu reinigen sind, damit 
das Xeroform direct mit der lebenden Körperzelle in Berührung 
kommt. Der ganz schwach phenolartige Geruch verschwindet 
bei dem Gebrauch vollständig. Neben den oben erwähnten 
Eigenschaften regt das Xeroform auch die Granulationsbildung 
sehr an, sodass es rasch zur Ausheilung der Wundflächen 
kommt. G ö r i g. 


Silber als inneres Antiseptieum. 

Vortrag, gehalten von Dr. Cred^-Dresden auf dem XII. inter¬ 
nationalen medicinischen Congress in Moskau 1897. 

Nachdem Redner im Silber ein ebenso untrügliches als 
unschädliches äusseres Antiseptieum I. Ranges kennen gelernt 
hatte, glaubte er annehmen zu dürfen, es werde sich auch zu 
allgemeiner Körperdesinfection vom Blute aus tauglich 
zeigen. Hiernach ging er zunächst mit milchsaurem Silber 
(Actol) vor und bemerkte auch alsbald eine auffallend prompte 
Einwirkung bei Phlegmone, Erysipel und namentlich bei Milz¬ 
brand, das Mittel musste aber bald wieder verlassen werden, 
da es bei subcutaner Injection örtlich Eiweissgerinnung und 
Nekrose erzeugte und war dasselbe bei sämmtlichen Silber¬ 
salzen der Fall. Darauf kam er zu dem Entschlüsse, 
metallisches Silber ins Blut zu führen, falls es gelänge, 
es so fein vertheilt herzustellen, dass es gelöst sich in lebender 
Eiweisslösung erhält, was nunmehr gelungen ist.' 'Es 1 stellt 
ein reines, lockeres, geschmackloses Metallpulver dar, das jetzt 
in den Handel gelangt ist und sich besonders bei Staphylo- 
und Streptococcusmykosen glänzend bewährt hat, ebenso bei 
infectiösen Darmkatarrhen, Typhus, Rothlauf und septischen 
Processen. Der Erfolg war so bedeutend, dass oft schon eine 
einzige Application genügte und verschwand besonders rasch 
das Infectionsfieber. Eclatant wirksam erwies sich das Mittel 
bei einer schweren Scharlachepidemie in Dresden und genasen 
selbst Kinder mit hoher Scharlachdiphtherie, die von anderen 
Aerzten aufgegeben waren, so dass das Mittel jetzt auch in grösseren 
ärztlichen Kreisen Anwendung findet. Nach den eingelaufenen 
Berichten bewährt es sich ausserdem besonders bei Phlegmonen, 
Drüsenschwellungen und dergl. und sind bis jetzt nur schwere 
Fälle mit scharfgestellter Diagnose in Behandlung genommen 
worden. 

Am meisten empfiehlt sich die Silbersalbe, die aus 
der Marienapotheke in Dresden zu beziehen ist und in Mengen 
von 1—3 g in die gesunde Haut ein- oder mehrmals je 
nach Bedarf eingerieben wird. Will man subcutan injiciren, 
verschreibt man 1 proc. Lösungen, mit 1 °/o Eiweiss verschüttelt 
und spritzt 2,0—10,0 ein, innerlich giebt man 0,2—2,0 nach 
Bedarf, auf 40—400 g Wasser mit 1 °/ 0 Eiweiss pro die, im 
Klysma ebensoviel in 3—4 Dosen täglich. (Zu prüfen wäre 
das Mittel bei Thieren zunächst, bei Phlegmonen, Erysipel, 
Anthrax, Angina, bei infectiösen Darmkatarrhen, Ruhr und der 
Druse des Pferdes. Hauptbedingung ist bei der Salbe Scheeren 
der Haut und nachdrückliches Einreiben.) Unmögliches, sagt 
Verf., darf man von dem Silber nicht erwarten. Wenn z. B. 
die Sepsis im Anschluss an einen Eiterherd auftritt, kann dieser 
nicht gleich auch mit verschwinden und schon eingetretene 
örtliche Nekrose muss besonders behandelt werden. Die Ein¬ 
reibung der Salbe war auch von grossem diagnostischem 
Werthe, insofern bei geringem Erfolg ein Abscess und dergl. 
irgendwo vorhanden ist, bei vollem Erfolg nicht und kann die 


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No. i8. 


DEUTSCHE THIERiERZTUCHE WOCHENSCHRIFT. 


eminente Wirkung auch aus dem Grunde behauptet werden, 
weil bei allen Versuchen die Praxis immer mit der Theorie 
übereinstimmte. Vogel. 


Die Gewöhnung- an das Tuberculin. 

Von Nocard. 

(Le Progres vil£rinaire 1897, S. 177.) 

N. hat die Thatsache, dass Rinder, welche mit Tuberculin 
geimpft waren, innerhalb einer gewissen Frist nach der Impfung 
auf eine erneute Injection nicht reagieren, einer Prüfung unter¬ 
worfen. Veranlassung hierzu war ihm der Umstand, dass alle in 
Frankreich zu Zuchtzwecken importirten Rinder laut Gesetz 
vom 14. März 1896 an der Grenze einer Tuberculinimpfung 
unterworfen werden müssen. Hierbei hat sich ergeben, einige 
Thierärzte haben dies offen erklärt, dass sowohl in der Schweiz, 
wie in Belgien die nach Frankreich zu importirenden Rinder 
einige Tage vor Ankunft an der Grenze mit Tuberculin ge¬ 
impft werden, damit sie an der Grenze bei der erneuten Impfung 
nicht reagiren und so als »nicht tuberculös« passiren 
können. Dieselbe Manipulation wird von Viehhändlern nach 
N.’s Angaben angewendet, um die Rinder nicht reagiren zu 
lassen, wenn der Käufer gleich nach dem Kauf die Impfung 
vornehmen lässt. 

Zunächst hat N. festgestellt, in welchem Verhältnis und 
nach welcher Zeit Rinder auf eine erneute Tuberculininjection 
reagiren. Er konnte feststellen, dass von einer Serie mit 
Tuberculin geimpfter Thiere, welche 24 Stunden vorher auf 
Tuberculin reagirt hatten, ungefähr 33 °/ 0 eine Temperatur¬ 
erhöhung zeigten. In der zweiten Serie betrug der Zwischen¬ 
raum zwischen den beiden Impfungen 48 Stunden. Hierbei 
reagirten kaum 33 °/ 0 derjenigen, welche dies auf die erste In¬ 
jection gethan hatten. Bei einer dritten Serie waren 8 Tage 
zwischen erster und zweiter Impfung verflossen. Jetzt reagirten 
schon 5O°/ 0 der Kranken. Nach 14 Tagen thaten dies 60 °/ 0 , 
aber erst 25—30 Tage mussten zwischen 1. und 2. Impfung 
verstrichen seioy wenn alle Rinder, welche bei der ersten 
reagirt hatten, dies auch bei der zweiten thun sollen. 

N. zieht hieraus den Schluss, dass bei frisch angekauften 
Rindern erst rund 1 Monat nach dem Kaufe die Tuberculin¬ 
impfung vorgenommen werden sollte, da sonst leicht Fehl¬ 
resultate sich ergeben. 

Bezüglich der Impfung an der Grenze lässt sich dies natür¬ 
lich nicht durchführen, da eine 30tägige Quarantäne einem 
Vieheinfuhrverbot gleichkommen würde. N. glaubt die Schwierig¬ 
keit auf folgende Weise beseitigen zu können. Nach seiner 
Angabe hat Roux vor Entdeckung des Tuberculins durch 
Koch ihm verschiedene Impfstoffe zur Verfügung gestellt, die 
bei tuberculösen Rindern eine Reaction bewirken. Diese 
Roux’schen Impfstoffe sind bisher weder ihrer Herstellung 
noch ihrem Wesen nach bekannt und ihre Wirkung soll durch 
eine vorhergegangene Tuberculininjection nicht beeinflusst 
werden. N. will daher diese Impfstoffe von Roux an der 
Grenze verwenden und hofft, dass der Staat die Herstellung 
derselben übernimmt, ohne dass letztere bekannt gemacht wird. 
Die Grenzthierärzte sollen dann mit diesem Impfstoff versehen 
und auf diese Weise dem Betrug der Importeure der Boden 
entzogen werden. Die Impfung mit Tuberculin einige Tage 
vor der Ankunft an der Grenze würde dann die angeblichen 
Impfstoffe von Roux in ihrer Wirksamkeit keineswegs beein¬ 
flussen, d. h. die Rinder würden doch reagiren, wenn sie tuber¬ 
culös sind. Frick.. 


Eine neue Methode zur B&kteriengeiselfärbung bei 
Gebrauch einer Orceinbeize. 

Von Professor Thomas Bowhill. 

(Hyg. Rundschau, 1898, I, II.) 

Zur Geiselfärbung empfiehlt B. eine orceinhaltige Flüssig¬ 
keit, die auf folgende Art hergestellt wird: Aus einer gesättigten 


15; 


alkoholischen Orceinlösung, die zur besseren Färbung ca. ioTage 
gestanden hat, und einer 2oproc. Lösung von Tannin in Wasser 
wird eine Mischung gemacht, die sich zusammensetzt aus 15 ccni 
der obigen Orceinlösung, 10 ccm der Tanninlösung und 30 ccm 
destillirten Wassers. Die Anwendungsweise ist folgende; Das 
am besten aus einer jungen Agarcultur entnommene bakterien¬ 
haltige Material, das zuvor auf seine Vitalität im hängenden 
Tropfen untersucht worden ist, wird in abgekochtem destillirtem 
Wasser in einem Reagenzglase suspendirt. Von dieser Flüssig¬ 
keit wird ein Tropfen auf ein Deckglas gebracht, eintrocknen 
lassen und darnach leicht über der Flamme geschmort. Hier¬ 
auf kommt das Präparat mit der bestrichenen Seite nach unten 
in schwimmender Haltung auf die in einem Uhrschälchen ent¬ 
haltene Orceinlösung, wo es 10 —15 Minuten zu bleiben hat. 
Abspülen in Wasser, Abtrocknen des Wassers und Einbetten 
in Xylol-Balsam bilden den Schluss des Verfahrens. Sollte die 
Färbung nicht gelungen sein, so kann dieselbe wiederholt 
werden, selbstverständlich ehe das Präparat in Balsam ein¬ 
gebettet wurde. 

Die so behandelten Präparate zeigen die Bakterienleiber 
bläulich-purpurroth, die Geiseln etwas heller. G ö r i g. . 


Thierzucht und Thierhaltung:. 

Die Ergebnisse der Viehzählung vom 1. Dezember 1897 

ln Preussen. 

Am 1. Dezember v. J. hat im Deutschen Reiche die vierte 
Viehzählung stattgefunden, die zum ersten Male sich nur 
auf die Pferde, Rinder, Schafe und Schweine — unterschieden 
nach je zwei Altersgruppen — erstreckte. Für Preussen erfuhr 
diese Zählung jedoch zu Landeszwecken eine Erweiterung da¬ 
bin, dass auch die Zahl der viehbesitzenden Haushaltungen, 
sowie die der Ziegen, Gänse, Enten und Hühner ermittelt 
wurde. 

Fasst man die Ergebnisse dieser Aufnahme in das Auge, 
i( so überrascht es bei den Zahlen für den ganzen Staat zu¬ 
nächst, dass während des Jahrfünftes 1892/97 die Vermehrung 
der Gehöfte mit Viehstand mit derjenigen der viehbesitzenden 
Haushaltungen nicht gleichen Schritt gehalten hat. Letztere 
stiegen nämlich um 428311 oder 12,99, erstere aber nur um 
243256 oder 9,60 vom Hundert, während sie. von 1883 bis 
1892 um bezw. 5,46 und 5,16 Hundertstel, also sehr gleich- 
mässig, Zunahmen. Die Ursache ist in der diesmaligen Aus¬ 
dehnung der Erhebung auf das Federvieh zu suchen. Will 
man die Bewegung des Viehstandes selbst während der ver¬ 
flossenen fünfundzwanzig Jahre erfassen, so muss man die Haupt¬ 
zahlen jener vier Viehzählungen neben einander .stellen, Wobei 
der Viehstand Lauenburgs dem preussischen hinzugerechnet 
wird. Hierbei ist daran zu erinnern, dass die Zählungen von 
1873 und 1883 je am 10. Januar, die von 189? und 1897 je 
am 1. Dezember stattfanden. Diese und spätere Vergleichungen 
müssen allerdings das Geflügel ausser Betracht lassen, welches 
vor 1897 in Preussen noch niemals erhoben worden ist. 

Es betrug nun die Gesammtzahl 


dec 

1873 

1883 

1892 

1897 

Pferde . . 

2 282435 

2417367 

2653 661 

2 808 4I9 

Rinder. . 

8639514 

8 737 641 

9871 521 

10 352672 

Schafe . . 

19666 794 

14752328 

10 109594 

7859096 

Schweine . 

4 294 926 

5 819 136 

7725601 

9 390 231 

Ziegen . . 

1 481 461 

1 680686 

1 964 130 

2 164425 

Gänse . . 


• 

.. 

3 786144 

Enten . . 



. 

1 564409 

Hühner 

• 

.. 

. 

31 120 77 i 


Mithin zeigt sich, abgesehen von den Schafen, wiederum 
ein namhafter Fortschritt beim Viehstande des gesummten König-' 
reiches. Nur die Schafe weisen abermals einen beträchtlichen ■ 
Rückgang auf, und zwar um reichlich ein Fünftel; durch die • 
veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse begründet, wird' er 
voraussichtlich noch eine geraume Zeit andauem. So bedauerlich" 
diese Wahrnehmung sein mag, darf doch nicht ausser Acht ge- 


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158 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


30. April. 


lassen werden, dass durch die gesteigerte Haltung namentlich 
von Schweinen sowie auch von Rindern, zu welcher sich unsere 
Landwirthe wegen des gewaltigen Sinkens der Wollpreise und 
der unausgesetzten Verminderung der Weideflächen genöthigt 
sehen, jener Ausfall weit mehr als ausgeglichen wird. 

Setzt man an Stelle der wirklichen Verhältnisszahlen, so 


bezifferte sich 
theile 

die jährliche Zu-, bezw. 

Abnahme 

auf Hundert 

bei den 

von 1873 
bis 1883 

von 1883 
bis 1892 

von 1892 
bis 1897 

von 1873 
bis 1897 

Pferden . . 

• + 0,59 

+ 0,98 

+ I,i; 

+ 0,92 

Rindern . . 

. +0,11 

+ 1,30 

+ 1,38 

+ 0,89 

Schafen . . 

. — 2,50 

— 3,15 

— 4,45 

— 2,40 

Schweinen . 

• + 3,55 

+ 3,28 

+ 4,31 

+ 4,75 

Ziegen 

. + i,34 

+ 1,69 

+ 2,04 

+ 1,84 


Diese Berechnungen beweisen aufs deutlichste, dass sich, 
abgesehen von einer belanglosen Ausnahme bei den Schweinen 
während des zweiten Zeitabschnittes, der Jahresdurchschnitt für 
das Anwachsen des Bestandes der Pferde, Rinder, Schweine 
und Ziegen, d. h. der für die Ernährung der Bevölkerung 
und den Verkehr wichtigsten Viehgattungen, von Zählung zu 
Zählung beträchtlich gesteigert hat, was bei den Schafen im 
umgekehrten Sinne hervortritt. Dass sich unsere Viehhaltung 
aber während des letzten Jahrfünftes verhältnissmässig mehr hob 
als während der beiden vorangegangenen Jahrzehnte, ist eine 
um so bemerkenswertherc Thatsache als bekanntlich die durch 
die anhaltende Dürre des Jahres 1893 hervorgerufene Futter- 
noth und der damalige Strohmangel in grossem Umfange zu 
Schlachtungen besonders von Kälbern, Jungvieh, Kühen sowie 
auch von Schweinen zwang, was eine bedeutende Verminderung 
der Bestände jener Thierarten zur Folge hatte. Zieht man 
diese Einbussen, welche inzwischen nicht nur ganz überwunden, 
sondern sogar in ihr vollständiges Gegentheil verwandelt worden 
sind, mit in Berücksichtigung, so ist das beregte, überaus 
günstige Ergebniss um so erfreulicher. 

Wir schliessen hieran einige Betrachtungen über die Sach¬ 
lage in den einzelnen Provinzen, deren verschiedener Flächei), 
inhalt hierbei stets im Auge zu behalten sein wird. Von derii 
Gesammtbestande der betreffenden Viehgattung entfielen 1897 
Hundertstel auf die 


Provinzen 

Pferde 

Rinder 

Schafe 

Schweine 

Ziegen 

Ostpreussen . . 

15,87 

9,68 

9,24 

8,30 

1,60 

\Vestpreussen . 

8,25 

5,7i 

8,76 

5,69 

4,38 

Stadtkreis Berlin . 

i,79 

0,09 

0,04 

0,12 

0,06 

Brandenburg . . 

9,99 

7,64 

n,43 

9,43 

12,02 

Pommern . . . 

7,36 

6,22 

17,90 

8,35 

4,04 

Posen. 

8,89 

7,93 

8,85 

7,o8 

5,88 

Schlesien . . . 

11,08 

14,50 

5,56 

8,41 

10,70 

Sachsen .... 

7,40 

7,15 

11,50 

11,38 

H,39 

Schleswig - Holstein 

6,41 

8,25 

3,19 

5,H 

2,27 

Hannover . . . 

8,35 

10,09 

12,36 

14,00 

11,05 

Westfalen . . . 

5,19 

6,08 

3,50 

8,47 

10,44 

Hessen-Nassau . . 

2,87 

5,36 

4,97 

4,95 

8,09 

Rheinland . . . 

6,36 

10,86 

2,57 

8,42 

14,92 

Hohenzoliern . . 

0,19 

0,44 

0,13 

0,26 

0,16 


Lässt man wegen der Kleinheit ihres Gebietes den Stadt¬ 
kreis Berlin und Hohenzoliern bei Seite, so ergiebt sich, dass 
bei der Pferdezucht Ostpreussen mit über einem Siebentel aller 
Pferde noch immer die erste Stelle behauptet; ihm nähern sich 
Schlesien und Brandenburg, wogegen Hessen - Nassau und 
Westphalen die niedrigsten Antheile zeigen. Mehr als ein 
Siebentel der Rinder besitzt Schlesien, etwa je ein Zehntel 
Rheinland, Hannover und Ostpreussen; Hessen-Nassau und 
Westpreussen haben nur noch je ein Zwanzigstel von ihnen 
aufzuweisen. Es befinden sich gut ein Sechstel sämmtlicher 
Schafe in Pommern, je ein Achtel bis ein Neuntel in Hannover, 
Sachsen und Brandenburg, die wenigsten in Rheinland, Schleswig- 
Holstein und Westphalen. Ein Viertel der Schweine war in 
Hannover nebst Sachsen, gegen nur etwa je ein Zwanzigstel 
in Hessen-Nassau, Schleswig-Holstein und Westpreussen vor¬ 
handen. Die höchsten Bestände an Ziegen, zusammen drei 


Viertel der Gesammtzahl, ergeben sich in Rheinland und Sachsen, 
sodann in Brandenburg, Hannover, Schlesien und Westphalen; 
das noch verbleibende Viertel gehört den anderen acht Pro¬ 
vinzen an. Ueberhaupt stimmte die Vertheilung der ver¬ 
schiedenen Viehgattungen auf die einzelnen Landestheile im 
Grossen und Ganzen mit derjenigen des Jahres 1892, unerheb¬ 
liche Abweichungen ausgenommen, ausserordentlich überein. 

Ferner vermehrten bezw. verminderten sich von 1892 bis 
1897 um Hundertheile 


in der Provinz 

Ostpreussen . 
Westpreussen. 
Stadtkreis 
Berlin 

Brandenburg . 
Pommern . 
Posen . . . 

Schlesien . . 

Sachsen . . 

Schleswig-Hol¬ 
stein . . . 

Hannover . 
Westfalen . 
Hessen-Nassau 
Rheinland . 
Hohenzoliern . 


die 

die 

die 


die 

die 

Pferde 

Rinder 

Schafe 

Schweine 

Ziegen 

+ 

5,17 

+ 

6,63 

—22,47 

+ 

11,34 

+ 35,17 

+ 

4,73 

+ 

8,82 

—27,68 

+ 

25,76 

+ 20,23 

+ 14,61 

+ 28,85 

—27,87 

+ : 

[31,61 

+ I7,M 

+ 

5,25 

+ 

5,93 

-24,34 

+ 

16,06 

+ 1,65 

+ 

2,99 

+ 

9,68 

—24,02 

+ 

23,68 

+ 8,27 

+ 

7,85 

+ 11,15 

-30,55 

+ 

21,18 

+ 22,05 

+ 

4,85 

+ 

4,98 

—33,48 

+ 

19,90 

+ 12,28 

+ 

4,75 

+ 

8,1-3 

—15,17 

+ 

19,68 

N 

+ 6,90 

+ 

4,65 

+ 

5,70 

—13,42 

+ 

39,85 

+ 10,12 

+ 

5,40 

— 

8,05 

-17,45 

+ 

26,30 

+ 8,07 

+ 

9,57 

+ 

6,28 

-13,02 

+ 

24,62 

+ 9,25 

+ 

6,59 

+ 

3,12 

— 4,90 

+ 

14,89 

+ 15,00 

+ 

9,97 

+ 

6,47 

—19,11 

+ 

22,24 

+ 10,62 

+ 

1,16 

— 

1,40 

- 6,84 

+ 

6,28 

+ 15,26 


Demnach vergrösserte sich die Zahl der Pferde um fast 
10 v. H. im Rheinlande und in Westphalen, um über 10 bezw. 
nahebei 10 v. H. die Zahl der Rinder in Posen und Pommern, 
um mehr als 25 v. H. die der Schweine in Schleswig-Holstein, 
Hannover und Westpreussen, um 20 v. H. und darüber die 
Zahl der Ziegen in Ostpreussen, Posen, und Westpreussen. 
Die Schafe erlitten die stärkste Minderung von über 30 v. H. 
in Schlesien und Posen, die geringste von unter 5 v. H. in 
Hessen-Nassau. 

, Besondere Beachtung verdient das Fed^rvi*h,-«über 
dessen Anzahl und Verbreitung in Preussen bisher, wie schon 
angedeutet, keine genauen und zuverlässigen Nachrichten Vor¬ 
lagen. Es wurden 1897 rund 3% Millionen Gänse, I */* Mil¬ 
lionen Enten, 31 Millionen Hühner, sowie 36*/* Millionen Stück 
Federvieh überhaupt gezählt. Dies ist selbst dann ein sehr 
ungünstiges Ergebniss, wenn man berücksichtigt, dass das Feder¬ 
vieh am Zählungstage nahezu den tiefsten Stand im ganzen 
Jahre erreichte. Eine Folge hiervon war, dass 1892/96 im 
Deutschen Reich jährlich durchschnittlich für über 105 x / 4 Mil¬ 
lionen Mark allein an Federvieh, Eiern und Bettfedern aus 
dem Auslande eingeführt wurden, eine Mahnung für um¬ 
fassendere Massnahmen zur Hebung der Geflügelzucht bei uns. 
Wo diese insbesondere einsetzen müssen, lehrt uns die Ver¬ 
theilung auf die einzelnen Provinzen. Von dem 1897 ermittelten 
bezüglichen Gesammtbestand trafen Hundertstel auf 


die Provinz 

die 

die 

die 

das Federvieh 

Gänse 

Enten 

Hühner 

. überhaupt 

Ostpreussen . . . 

8,59 

14,87 

7,13 

7,62 

Westpreussen. . . 

5,73 

9,94 

5,37 

5,60 

Stadtkreis Berlin . . 

0,36 

0,41 

0,21 

0,23 

Brandenburg . . . 

20,44 

9,09 

8,85 

10,06 

Pommern .... 

5,47 

7,51 

6,55 

6,48 

Posen . 

10,93 

13,54 

6,69 

7,42 

Schlesien .... 

22,39 

9,96 

8,67 

10,15 

Sachsen .... 

10,02 

8,39 

11,03 

10,82 

Schleswig-Holstein . 

i,54 

5,67 

5,33 

4,95 

Hannover .... 

4,38 

8,60 

12,53 

11,52 

Westfalen .... 

1,96 

4,42 

9,08 

8,14 

Hessen-Nassau . . 

6,00 

2,00 

5,21 

5,15 

Rheinland .... 

1,87 

4,94 

13,03 

11,52 

Hohenzoliern . . 

0,32 

0,66 

0,32 

o,34 


Fast zwei Drittel aller Gänse waren also in Schlesien, 
Brandenburg, Posen und Sachsen vorhanden, nur etwas über 
ein Drittel in den anderen acht Provinzen, unter denen es 


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No. 18. 


159 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Schleswig-Holstein, Rheinland und Westphalen noch nicht ein¬ 
mal auf je 2 v. H. brachten. Bei den Enten, deren übrige 
Antheile mehr Gleichmäsaigkeit zeigen, stehen Ostpreusscn und 
Posen obenan, Hessen - Nassau zuletzt. Die höchsten Sätze 
wiesen bei den Hühnern Rheinland, Hannover und Sachsen, die 
niedrigsten Hessen-Nassau, Schleswig-Holstein und Westpreussen 
auf. Somit hatten die Hauptgattungen des Federviehes eine 
sehr von einander abweichende Verbreitung. Rechnet man 
sämmtliches Geflügel zusammen, so befanden sich mehr als je 
ein Zehntel der Gesammtstückzahl in Rheinland, Hannover, 
Sachsen, Schlesien und Brandenburg, ungefähr nur je ein 
Zwanzigstel in Schleswig-Holstein, Hessen-Nassau und West¬ 
preussen. 

Was das Verhältniss der drei Federviehgattungen zu ein¬ 
ander anlangt, so betrugen im Staate die Gänse 10,38, die 
Enten 4,29 und die Hühner 85,33 v. H. des gesammten Ge¬ 
flügelbestandes. Es besassen mithin die Hühner eine ausschlag¬ 
gebende Bedeutung; denn sie waren beinahe sechs Mal so stark 
wie die Gänse und Enten gemeinsam vertreten. 


Haltung von Zuchtbullen. 

Am I. April d. J. ist in den Provinzen Hessen-Nassau und 
Schlesien das Gesetz vom 19. August 1897 betreffend die Ver¬ 
pflichtung der Gemeinden zum Halten von Zuchtbullen in Kraft 
getreten. Von diesem Zeitpunkte ab ist jede Gemeinde ver¬ 
pflichtet, eine genügende Anzahl von Zuchtbullen zu halten. 

Die Unterhaltung der Gemeindebullen darf nicht an den 
Mindestfordernden im öffentlichen Aufgebot vergeben werden. 
Auch ist das sogenannte Reiheumhalten der Bullen vom 1. April 
d. Js. ab nicht mehr zulässig. Die bestehenden besonderen 
Verpflichtungen zur Bullenhaltung bleiben jedoch durch das 
oben erwähnte Gesetz unberührt. 

Darüber, ob für die Gemeinden die Nothwendigkeit zum 
Halten von Bullen im Sinne des Gesetzes vorliegt, sowie dar¬ 
über, ob die Anzahl der vorhandenen Bullen als eine unge¬ 
nügende anzusehen ist, und wie viel Bullen im Verhältniss zu 
der Zahl’ von Kühen und-deckfähigen Rindern von der Gemeinde 
zu halten sind, beschliesst der Kreisausschuss mit der Mass- 
gabe, dass auf jedes volle oder angefangene Hundert von 
Kühen oder deckfähigen Rindern mindestens 1 Bulle vorhanden 
sein muss. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Feier des Geburtstages Sr. Majestät des Königs Albert 
von Sachsen. 

Nachdem bereits am 20. April eine Abordnung des Lehr¬ 
körpers der Königl. Thierärztlichen Hochschule in 
Dresden, bestehend aus den Herren Professoren Obermedi- 
cinalrath Dr. Ellenberger, Dr. Pusch und Dr. Baum, 
von Sr. Majestät dem Könige behufs ehrfurchtsvoller Beglück¬ 
wünschung zu seinem 70. Geburtstage und 25 jährigen Re¬ 
gierungsjubiläum empfangen worden war, wurde die für ganz 
Sachsen bedeutungsvolle Doppelfeier an der genannten Hoch¬ 
schule am 22. April durch einen Festactus im reich ge¬ 
schmückten anatomischen Hörsaale festlich begangen. Dieser 
Feier wohnten ausser dem Lehrercollegium, den Assistenten 
und Studirenden der Hochschule eine Anzahl Ehrengäste bei 
als Vertreter des Königl. Ministeriums des Innern, Königlichen 
und städtischen Behörden, des Professorencollegiums der Königl. 
Technischen Hochschule, gelehrter Gesellschaften sowie mehrere 
Thierärzte aus Dresden und Umgebung. 

Mit der Hymne: »Zu Dir, Herr, steige unser Fleh’n« er- 
öffneten Mitglieder des Hoftheater-Singerchores die Feier, wor¬ 
auf Herr Docent Dr. Edelmann, nachdem er die hohe Be¬ 
deutung des festlichen Tages gewürdigt hatte, eine Festrede 
über die neuzeitliche Entwicklung der Fleischbe¬ 
schau in Deutschland hielt. In einem zweiten Festvor- 
trage gab Herr Obermedicinalrath, Professor Dr. med. et phil. 


Ellenberger einen Rückblick über die Thierärztliche 
Hochschule zu Dresden in den letzten 25 Jahren, 
dabei der hohen Herrschertugenden und der grossen geschicht¬ 
lichen Bedeutung Sr. Majestät des Königs, sowie dessen Für¬ 
sorge für die Thierärztliche Hochschule gedenkend. Die 
schwungvolle, von Liebe und Verehrung für den Jubilar durch¬ 
glühte Rede klang aus in einem begeisterten Hoch auf Sachsens 
geliebten König, in das die Festversammlung freudig einstimmte. 
Mit der von dem oben erwähnten Chore gesungenen Cantate: 
»Sei Lob und Ehr’ dem grossen Gott« schloss die erhabene, 
würdige Feier. 

Die Studentenschaft aller Sächsischen Hoch¬ 
schulen hatte sich vereinigt, um die Feier des silbernen 
Doppelfestes gemeinschaftlich glänzend zu begehen. Schon seit 
langer Zeit waren entsprechende Vorbereitungen getroffen durch 
einen Ausschuss, welcher sich zusammensetzte aus Vertretern 
der Landesuniversität Leipzig, der Dresdener Technischen Hoch¬ 
schule, der Bergakademie in Freiberg, der Forstakademie in 
Tharandt und der Thierärztlichen Hochschule in Dresden. 

Die studentische Huldigungsfeier begann mit einem Fest- 
commerse in der städtischen Ausstellungshalle am 23. April 
Abends, welcher von über 2000 Studenten, alten Herren und 
Ehrengästen besucht war und in dem prächtigen, vornehmen 
Saale ein reichbelebtes, farbenfrohes Bild von festlichem, studen¬ 
tischen Treiben darbot. Tags darauf fand eine Auffahrt der 
Vertreter der Hochschulen und der daselbst bestehenden Cor- 
porationen statt. Ueber 60 zwei- und vierspännige Landauer 
bildeten einen imposanten Zug, welcher gegliedert wurde durch 
4 Trompeterchöre zu Pferde, die in ihrer altdeutschen Herolds¬ 
tracht wirkungsvoll abstachen gegen den modernen studentischen 
Wichs der Corporationen. Hoch zu Ross, den Schläger ge¬ 
zogen, ritten zahlreiche Studenten den Wagen ihrer Chargirten 
mit den wehenden Fahnen und Bannern vorauf, theils folgten 
sie, theils blieben sie ihnen zur Seite. Es war ein farben¬ 
prächtiges Bild studentischer Repräsentation, wie es die alte 
Residenzstadt Dresden noch nie gesehen. Am Königl. Schlosse 
defilirte der Zug vor den Königl. Majestäten, die Wagen fuhren 
aüf längs des Königl. Schlosses und die Chargirten begaben 
sich mit den Fahnen in den grossen Schlosshof, woselbst in 
einem Halbkreise vor dem Baikone Aufstellung genommen 
wurde. Hier waren auch schon Hunderte von Studirenden und 
alten Herren versammelt, um sich an der Huldigung zu be¬ 
theiligen. Nachdem die Aufstellung beendet war, wurde eine 
Abordnung der Studentenschaft, bestehend aus den Stud. 
Jauch-Leipzig und F a 1 c k - Dresden als Sprecher, den Stud. 
Geissler-Dresden (Technische Hochschule), Dorn- Freiberg 
(Bergakademie), Reut er-Tharandt (Forstakademie), Heyck- 
Dresden (Thierärztl. Hochschule) von einem Hofmarschall em¬ 
pfangen und zu Sr. Majestät geleitet. Hier geruhten Se. Maje¬ 
stät eine Ansprache des Stud. Jauch entgegenzunehmen, auf 
welche Se. Majestät huldvollst und sichtlich erfreut dankte für 
die ihm dargebrachte Huldigung. Alsdann begab sich Se. Maje¬ 
stät mit den Gliedern der Königl. Familie auf den nach dem 
Schlosshofe hinausgelegenen Balkon, um die Aufstellung im 
Schlosshofe zu besichtigen und die Huldigung der versammelten 
Studenten entgegenzunehmen. Hier dankte der Stud. Falck 
Sr. Majestät für die der studirenden Jugend allezeit bewiesene 
landesväterliche Fürsorge und Gnade, indem er nochmals das 
Gelöbniss unverbrüchlicher Treue und Hingebung der Studenten¬ 
schaft für den König und sein Haus erneuerte. Seine Worte 
endeten mit einem Hoch auf Se. Majestät, welches begeistert 
aufgenommen von der Versammlung, brausend und von Trom¬ 
petenfanfaren begleitet, zum Könige emporschallte. Nach dem 
gemeinsamen Gesänge der Sachsenhymne ordnete sich der 
Wagenzug wieder und durchfuhr noch eine Anzahl Strassen, 
überall freudig begrüsst von einer dichtgedrängten Zuschauer¬ 
menge, um sich dann in der Nähe der Technischen Hochschule 
aufzulösen. Die oben genannte Abordnung der Studentenschaft 
hatte zu dem die Reihe der Festlichkeiten beschliessenden grossen 
Hofball am Abend des 24. April Einladungen erhalten, so dass 
auch hier die akademische Jugend Sachsens vertreten war. b. 


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DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


30 . April. 


160 


Technische Deputation für das Veterlnftrwqsen. 

Dr. Kaiser, Professor an der thierärztlichen Hochschule 
in Hannover, wurde zum ausserordentlichen Mitglied der tech¬ 
nischen Deputation für das Veterinärwesen ernannt. 


Viehseuchengesetz in Spanien. 

Auf dem internationalen Congress für Hygiene zu Madrid 
gelangte am 13. April das Thema »das Viehseuchen¬ 
gesetz in seiner heutigen wirtschaftlichen Be¬ 
deutung« zur Discussion. Nach beifälligen Kundgebungen 
wurde die in 10 Resolutionen zum Ausdruck kommende Arbeit 
mit Einmüthigkeit von der Section gebilligt. Nur einige Dar- 
leguügen seien in Folgendem herausgegriffen; 

Es ist nothwendig, Spanien ein Viehseuchengesetz zu geben, 
um Öffentliche Interessen und das allgemeine Wohl nicht hinten 
an zu stellen. 

Spanien ist der einzige Staat Europas, bei dem noch eine 
derartige Gesetzgebung aussteht. In einigen Staaten Amerikas 
ist ein Viehseuchengesetz zur Einführung gelangt. Es handelt 
sich darum, nationale Interessen nach innen und nach aussen 
zu wahren, insbesondere dem Auslande eine Garantie gegen 
Seucheneinschleppung zu geben und dadurch die Bedenken und 
eingreifenden Massregeln gegenüber spanischer Viehausfuhr in 
Fortfall zu bringen. 

Es ist bei Ausarbeitung eines Seuchengesetzes eine Ent¬ 
schädigung der Besitzer an Seuchen eingegangener oder des¬ 
wegen gekeulter Thiere möglichst in Rücksicht zu ziehen, ebenso 
scharfe Bestrafung bei Uebertretungen. 

Bei der schlechten Finanzlage Spaniens sollen die Kosten, 
die die Durchführung des Seuchengesetzes erfordert, nicht die 
öffentlichen Kassen belasten, sondern nach Art einer Kopfsteuer 
auf eingeführtes und anderswo dem Seuchengesetz unterliegendes 

Vieh erhoben werden. (Gaieta de MedicinaVeterin. vom 15 April 1898.) 

Brons. 


Vereinsnachrichten. 

Einladung zur 34. Versammlung des Thierärztlichen 
Vereins der Kreishauptmannschaft Dresden 

am Sonntag, den i. Mai, Vormittags II Uhr, im rothen Saale 
von Helbig's Restaurant, Dresden, Theaterplatz. 

Tages-Ordnung: 

1. Registrandenvortrag. 

2 . Vorlesung de« Protokolle« der letxten Versammlung. 

3. Kassenbericht für 1897. 

4. Antrag des Herrn Dr. Edelmann auf Abänderung der §§ 6 und 8 
der Vereinssatzungen. 

5. Wahl des Vereins Vorstandes für die nächsten drei Jahre. 

Der gegenwärtige Vorstand besteht aus den Herren: A. Lung- 
witz, Vorsitzender; Lehnert, stellveitr. Vorsitzender; Edel¬ 
mann, Schriftführer und Kassirer; Zschocke, dessen Stell¬ 
vertreter. 

6. Herr Bezirksthierarzt O. Beier: lieber Schutzimpfungen gegen Toll- 
wuth und Erlebnisse im Institut Pasteur zu Paris. 

7. Besprechung Uber die voraussichtliche zukünftige Gestaltung der 
Fleischbeschau im Königreich Sachsen. 

8. Herr Dr. E d e 1 m a n n: Mittheilungen über die Ausstellung der 
Deutschen Landwirthschaftsgesellscbaft in Dresden vom 16. bis 
21. Juni d. J. 

9. Wahl des Ortes für die nächste Herbstversammlung. 

Hierauf gemeinschaftliches Mittagessen. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

1. Rathgeber für Reichs-, Staats- und Communal- 

beamte. I i. Auflage, geb. 1.70 Mk. 

2. Die Beamten-Besoldungstitel für 1898/99. 8 . Jahrgang, 

geheftet 0.60 Mk. 

3. Der Bureau-, Registratur- und Kanzleidienst, i Mk. 

Sämmtlich von H. Lorenz, Berlin NW., Jonasstr. 2. 

Im Selbstverläge des Verfassers. 

Die vorbezeichneten drei Werkchen dürften manchen Thierärzten, die 
im Staat*- oder Communaldienst stehen, recht willkommen sein, weshalb 
auf dieselben aufmerksam gemacht werden soll. 

Der Rathgeber orientirt in gedrängter Form unter genauer Angabe 
der einschlägigen Gesetze und Bestimmungen über die gesammte Beamten¬ 
gesetzgebung, die Organisation der Staatsbehörden und über jene Verwaltung»- 
gesetze, die von allgemeinem Interesse sind. Jeder Beamte kommt öfter in 
die Lage, eines Rathes in dienstlichen Angelegenheiten zu bedürfen, den er 
dann im «Rathgeber« rasch und sicher findet. Thierärzten, welche neu eine 
Dienststelle übernehmen, ist das Werkchen dringend zu empfehlen. Die 
Thatsache, dass das Buch fast jedes Jahr eine neue Auflage erlebt, giebt 
ihm selbst die beste Empfehlung, ermöglicht es aber auch dem Verfasser, 
den »Rathgeber« auf der Höhe der Zeit zu erhalten. 

Die Beamten-Besoldungstitel geben Aufschluss Uber Gehalt^ 
Wohnungsgeldzuschuss und Dienstalterszulagen sämmtlicher Reichs- und 
preussischen Beamten. Zum Vergleich sind die Beamten-Etats von zwei 
Provinzen und drei grossen deutschen Städten beigefttgt. 

Der Bureau- etc. Dienst unterrichtet über Art, Form und Stil des 
amtlichen Geschäftsverkehrs, persönliches Verhalten der Beamten, Anlage 
und Ordnung der Acten und über die spnociell für den Schriftverkehr erlassenen 
Bestimmungen und vieles Andere. Dieses 238 Seiten starke Buch dürfte 
besonders geeignet sein, angehende, beamtete Thierärzte in die ihnen meist 
noch fremden Eigenheiten und Gepflogenheiten des amtlichen Schriftverkehrs 
einzuweihen. Malkmus. . 


Personal-Nachrichten. 

Auszeichnungen : Ernannt wurden von den Docenten an der Thierärzt¬ 
lichen Hochschule in Dresden der Kgl. Sächs. Oekonomierath Prof. v. Längs* 
dorff zum Geheimen Oekonomierath, der Beschlaglehrer A. Lungwitz zum 
Kgl. Sächs. Commissionsrath. Mit dem Ritterkreuz 2. Klasse des Kgl. Sächs. 
Albrechtsordens wurden ausgezeichnet die Bezirksthierärzte Rost in Pirna 
a. d. Elbe, Möbius in Plauen i. Voigtlande, Wilhelm in Zittau (Sachsen). 
Das Kgl. Sächs. Verdienstkreuz erhielt der Corpsrossarzt Müller in Dresden. 
Den prakt. Thierärzten Naumann in Zascbwitz, Weisswange in Lom¬ 
matzsch, Amtsthierarzt Menge in Rosswein wurde das Kgl. Sich«. Albrechts- 
kreuz verliehen. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Thierarzt K. Roth wurde 
zum Assistenten an der Veterinärklinik in Leipzig ernannt. Dr. Paul 
Jess aus Chariottenburg wurde als Polizeithierarzt und Leiter des bakterio¬ 
logischen Instituts in Hamburg einberufen. A($ Hilfsthierärzte bei der städt, 
Fleischbeschau in Dresden wurden ange6tellt die Thierärzte A. Stiehl er 
aus Radeberg, R. Läget aus Zschopau, E. Rössler aus Cöthen. Versetzt 
wurde Bezirksthierarzt Schalter in Oelsnitz nach Zwickau. Verzogen sind 
die Thierärzte Schlüter von Gnesen nach Görlita, Schumann von Landeck 
nach Deutsch-Lissa, L. Neumann, seither Hilfsthierarzt in Dresden, nach 
Radeberg Niedergelassen hat sich Thierarzt P r a y o n in Stolberg b. Aachen. 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutsehen 
Heeres: Sachsen: Zu Rossärzten des Beorlaubtenstandes wurden be¬ 
fördert die Unterrossärste der Reserve Stein, Schneider, Manl, Dehne, 
Lauschke, Straube-Kögler, Schmidt. 

Oestorben: Thierarzt (Hufschmied) Stooss in Stuttgart. 


Der Vorsitzende: 
A. Lungwitz. 


Verlag der Oeeeüac hal t „deutsche TMerlrztücb» Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karterahe. 

Druck der Maddofscben Druckerei in Karlsruhe l B. 


Mit einer Beilage der VerlagsbncMiandlnng ran Paal P«rey 1b Berlin Uber Eber, TabercnHnprobe und Tuberoulese- 

bekftmpfung beitat Binde. 


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Deutsche 

Thierärztliehe Wochenschrift 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regierungs- und Medicinalrath, 
Director der Thierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 


heraosgegeben von 
Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregierungsrath 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regierungsrath und Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Wiflach in Louisenthal (Saar). 


redigirt von 


Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot'scben Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. znm Preise von 4 JL viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post anf No. 1784a. 


Sechster Jahrgang. 


Sämmtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 
Correctnren find Anzeigen an die Expedition der 
Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 
in Karlsruhe (Badend 


M 1 ». 


Ausgegeben am 7. Mai. 


1898. 


Massregeln gegen Viehseuchen sowie Ein- . 
führung der obligatorischen Fleischschau. 

Berathung des Antrages der Abgeordneten von Mendel- 
Steinfels und Ring betreffend Massregeln gegen Viehseuchen 
sowie Einführung der obligatorischen Fleischschau u. s. w. 

Verhandlungendes preussischenAbgeordnetenhauses nach dem stenographischen 

Bericht. 

Die Abgeordneten von Mendel-Steinfels und Ring 
hatten folgenden Antrag eingebracht: 

I. In Rücksicht darauf, dass die dauernde Verseuchung 
der Viehbestände eine grosse Schädigung der Landwirtschaft 
sowie des Nationalvermögens bedeutet und auch die Gesund¬ 
heit der Bevölkerung bedroht; a. auf eine Revision der Be¬ 
stimmungen, betreffend die Einfuhr von Vieh aus seuchen¬ 
verdächtigen Ländern, bei der Reichsregierung hinzuwirken, 
b. einheitliche Vorschriften hinsichtlich der Seuchenver¬ 
schleppung im Inlande für ganz Preussen und Deutschland 
herbeizuführen, c. der pathologischen Bekämpfung der Seuchen 
durch Aussetzung von ausreichenden Staatsmitteln und Heran¬ 
ziehung des praktischen Versuchs im Grossen die Wege zu 
ebnen; II. in Rücksicht darauf, dass die in Aussicht ge¬ 
nommene Einführung der obligatorischen Fleischbeschau im 
Wege der Verordnung in Preussen sich als zu langwierig 
und nicht gangbar erwiesen hat, und in Anbetracht, dass auf 
dem Gebiete des Verkehrs mit Fleisch und Fleischwaaren 
grosse Missstände bestehen, a. sofort, noch in dieser Tagung 
des Abgeordnetenhauses, einen Gesetzentwurf vorzulegen, 
durch welchen die obligatorische Fleischbeschau nur für ge¬ 
werbsmässig zum Verkauf gelangendes Fleisch und im Uebrigen 
generell nach Massgabe der Verordnung für die Provinz 
Hessen-Nassau vom i. Juli 1892 in Preussen eingeführt und 
auf alle ausländischen Einfuhren von Fleisch und Fleisch¬ 
waaren ausgedehnt wird, b. auf die Errichtung kleinerer 
localer Schlachtviehversicherungen mit zwangsweiser Rück¬ 
versicherung bei grossen (Provinzial-) Verbänden mit Unter¬ 
stützung ans öffentlichen Mitteln hinzuwirken, c. eine gesetz- 
mässig festzustellende Verwerthung der Confiscate herbeizu¬ 
führen, d. im Bandesrath ihren Einfluss geltend zu machen: 
eine gleichwerthige Controle von Fleisch und allen Fleisch¬ 
waaren an den Grenzen Deutschlands einzuführen. 

Am 27. April stand der Antrag zur Berathung auf der 
Tagesordnung, wobei von Mendel-Steinfels zur Begrün¬ 


dung desselben Folgendes — mit unwesentlichen Weglassungen — 
ausführte: 

Meine Herren, es hiesse Eulen nach Athen tragen, wenn 
ich hier vor dem Hohen Hause noch einmal im Einzelnen die 
Schäden schildern wollte, welche die Seuchen den Thier- 
bestSnden Deutschlands thatsächlich zufügen. Die Rotz¬ 
krankheit ersteht in Deutschland immer und immer wieder 
von Neuem und während in Deutschland auf 10000 Pferde 
durchschnittlich 1,32 Erkrankungsfälle kommen, weist der Be¬ 
zirk Hamburg 30,11 derselben auf. 

Die Maul- und Klauenseuche hat eine fortwährende Steige¬ 
rung erfahren. 

Wenn ich auf die Vergangenheit unserer Scuchengeschichte 
zurückblicke, so kann ich Ihnen nach oberflächlicher Berech¬ 
nung folgende Zusammenstellung mittheilen. Von 1878 bis 
1896 sind in Deutschland annähernd 4 Millionen Stück Gross¬ 
vieh und 5 Millionen Stück Kleinvieh von der Seuche ergriffen 
worden, was nach vorhandenen Berechnungen einen Verlust 
bedeutet von ungefähr 800 bis 900 Millionen. 

Charakteristisch ist weiterhin — ich werde auch daran 
meine Folgerungen knüpfen —, dass vier Fünftheile Deutsch¬ 
lands von der Seuche ergriffen waren, während nur ein Fünf¬ 
theil frei blieb. Ganz besonders aber waren ergriffen im 
Vergleich zu 1895 die südlichen, südöstlichen und nordwest¬ 
lichen Theile Deutschlands; das sind die Grenzbezirke, die mehr 
oder weniger fremde Länder berühren. Wir haben ferner zu 
constatiren, dass in dem Bezirk Oberschlesiens, wo die Ein¬ 
fuhr russischer Schweine gestattet ist, wiederholt nach den Be¬ 
richten des Reichsgesundheitsamts die Maul- und Klauenseuche 
von den dortigen Schlachthäusern ausgehend, ausgebrochen ist, 
sei es durch schlechte Ueberwachung, durch Schlächter oder 
sonstwie; — das ist nicht festgestellt und untersucht worden. 

Auch der Rothlauf der Schweine, diese gefährliche Krank¬ 
heit, die besonders den wirtschaftlich schwächeren, den kleineren 
Landwirth oft schwer betrifft, ist nicht in der Abnahme; sic 
scheint vielmehr in der Progression begriffen zu sein. 

Von Tuberculose im Allgemeinen zu sprechen, dürfte über¬ 
flüssig sein; ich werde später wiederholt auf sie zurückkommen. 
Ich kann nur das eine sagen: Deutschland wird bedacht sein 
müssen, dass es nicht seine ganzen Viehbestände verseucht 
erhält, und dass dann keine gesunden Bestände mehr vorhanden 
sind, durch die die gesunde Weiterzucht überhaupt noch erreicht 
werden kann. 

Die Geflügelseuchen haben, ausgehend von den Grenzen 
von Russland, Italien, Oesterreich-Ungarn, wieder in den Jahren 


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IÖ2 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


7. Mai. 


1896 und 1897 in umfangreicher Weise ihre Ausbreitung ge¬ 
nommen. 

Wenn ich nun auf unseren Antrag eingehe, 

auf eine Revision der Bestimmungen, betreffend die Ein¬ 
fuhr von Vieh aus seuchenverdächtigen Ländern 
bei der Reichsregierung hinzuwirken, 
so habe ich folgende Grundsätze aufzustellen: Es ist zweifel¬ 
los, dass die Verseuchung des Auslandes eine beträchtliche ist, 
und dass uns aus dem Auslande wesentliche Gefahren der 
Krankheitsübertragung drohen. Es ist besonders der Osten, 
aus dem erfahrungsgemäss ja nicht allein die Thier-, sondern 
auch die Menschenseuchen seit Jahrhunderten ihren Zug nach dem 
Westen begonnen haben, der uns bedroht; hier nenne ich speciell 
Russland und Oesterreich - Ungarn; hinsichtlich des Westens 
und Nordens: Amerika, Dänemark, Schweden und Frankreich. 

Ich möchte die Behauptung aufstellen, dass hinsichtlich 
der Abwehr der Seuchen aus dem Auslande eine Aenderung 
des Reichsviehseuchengesetzes nicht nöthig er¬ 
scheint, sondern dass die bestehenden Vorschriften und Be¬ 
stimmungen vollständig genügen, wenn der Bundesrath und die 
Reichsregierung in entsprechender Weise nachdrücklich ein- 
greifen, d. h. das Gesetz auch zum Vollzug bringen. 

Welche Massregeln bestehen zur Abwehr der Viehseuchen 
aus dem Auslande, welche Massregeln sind uns durch das Ge¬ 
setz an die Hand gegeben? 

Die erste Massregel ist die absolute Sperre. Die Be¬ 
dingungen, unter denen die Sperre verhängt werden kann, sind 
ja durch das Gesetz und die Verhältnisse gegeben. Eine Ab¬ 
schwächung dieser Bedingungen ist nur durch die Seuchen¬ 
convention mit Oesterreich herbeigeführt; wir sind aber auch 
im Stande, Oesterreich-Ungarn gegenüber uns einigermassen 
zu schützen, wenn wir nur wollen. Die Grenzsperre ohne 
Weiteres gegen alle verdächtigen Länder möchte ich aber nicht 
befürworten, aus dem einfachen Grunde, weil einerseits unter 
den heutigen Verhältnissen die Verproviantirung des Volkes 
durch das Ausland noch nothwendig ist, und zweitens, weil wir 
in Rücksicht auf unser Schlächtergewerbe, welches ebenfalls 
ein öffentlicher Erwerbsstand ist, wünschen müssen, dass diese 
nothwendige Verproviantirung mit Fleisch auf einem Wege 
geschehe, dass auch das Schlächtergewerbe dabei existiren 
kann. Auch politische Rücksichten sind vielfach hineingeworfen 
worden; welche Bedeutung dieselben nach meiner persönlichen 
Auffassung haben, werde ich mir erlauben, im weiteren Ver¬ 
laufe meiner Darlegungen noch näher zu beleuchten. Ich halte 
cs für sehr verfehlt, wie ich schon oft ausgesprochen habe, 
dass wir uns in dieser Richtung vor dem Auslande beugen. 

Wenn wir uns fragen, was dann die weiteren Massregeln, 
die in Betracht kommen können, seien, so haben wir die 
strenge und zweckentsprechende Quarantäne zu nennen. Ich 
werde über die Quarantäne noch eingehend mich äussern müssen, 
weil ich im Allgemeinen mit der Einrichtung der Quarantäne, 
wie sie heute besteht, mich nicht einverstanden erklären kann. 
Meine Herren, es wird ganz zweifellos bei der Einfuhr von 
Vieh sich um Quarantäneanstalten handeln müssen, erstens gegen 
Russland hinsichtlich der Pferde, des Geflügels und der Schweine 
(gegen Rindvieh war man abgesperrt), zweitens gegen Oester¬ 
reich-Ungarn (Rindvieh, Schweine, Geflügel, Pferde), drittens 
gegen Frankreich (Rindvieh), und viertens gegen Amerika hin¬ 
sichtlich der Pferde (war man abgesperrt); währenddem ich 
das Einfuhrverbot für Rindvieh und Schweine aus Amerika, 
für Rindvieh aus Holland u. s. w. für durchaus nothwendig und 
zweckmässig halte, wie ich auch das Einfuhrverbot für Schweine 
gegen Russland als durchaus nothwendig erachte und die Ueber- 
zeugung habe, dass die 70000 Schweine, die heute noch herein¬ 
kommen nach den östlichen Bezirken, durchaus nicht mehr 
nothwendig sind; die können sehr leicht im Inlande producirt 
werden. Wir haben stets gesehen, dass was die Schweinezucht 
betrifft, sehr rasch die heimische Production jede Lücke ohne 
Preiserhöhung auszufüllen im Stande ist. 

Und was bedeuten auch 70000 Schweine gegenüber der 
colossalen Schweinezucht und -Production, die in Deutschland 
thatsächlicb vorhanden ist?! 


Betonen möchte ich ferner, dass die Quarantäneanstalten 
so lange in Quarantäne die Thiere halten müssen, als die Ge¬ 
fahr des Seuchenausbruches, die Incubationsdauer stattfindet. 
Die Quarantäne für Rotz an der amerikanischen Grenze, also 
in Hamburg und den anderen Einbruchsstellen, muss so lange 
vorgeschrieben sein, als die Incubation des Rotzes zu erwarten 
ist; die Quarantäne für Maul- und Klauenseuche ist so lange 
zu erstrecken, als die Maul- und Klauenseuche Incubationsdauer 
erfahrungsmässig thatsächlich aufweist. In dieser Beziehung 
findet eine Differenz der Auffassungen statt zwischen der Ve¬ 
terinärdeputation des Herrn Ministers und der praktischen Land- 
wirthschaft. Wir stehen auf dem Standpunkte, dass die zehn¬ 
tägige Quarantäne, wenn sie jetzt vorgeschrieben ist, zu kurz 
sei. Wir berufen uns dabei auf den Erlass des Herrn Reichs¬ 
kanzlers, der für die Quarantäneanstalten ursprünglich 4 Wochen 
in Aussicht genommen hatte und zwar auch gegen die Maul¬ 
und Klauenseuche. 

Ich bitte dann auch in Erwägung zu stellen, ob nicht durch 
desinficirende Waschungen die Weiterübertragung der Infections- 
stoffe der Maul- und Klauenseuche an den Klauen und Hörnern 
und dem Haarkleide Vorsorge getroffen werden kann. Da 
möchte ich mein Bedauern ausdrücken, dass der Beschluss des 
bayerischen Landtages, an der österreichischen Grenze, in 
Bayern, Quarantäneanstalten für Rindvieh zu errichten, durch 
den dortigen Reichsrath abgelehnt worden ist. Es ist nicht 
unwesentlich für Preussen, was die anderen Länder Deutsch¬ 
lands, mit denen wir freien Viehverkehr haben, in dieser Be¬ 
ziehung thun. Aus Bayern z. B. wird in sehr reichlicher Weise 
die Maul- und Klauenseuche zu uns eingeschleppt. 

Wenn man nun beobachtet, wie gross der Bezirk ist, den 
Bayern für den freien Grenzverkehr nach Oesterreich in seinem 
Inlande bezeichnet meilenweit in das Land hinein, ferner den 
Mangel jeder Quarantäneanstalt für Nutz- und Handelsvieh, das 
von Ort zu Ort getrieben wird, ins Auge fasst, dann kann man 
sich denken, dass Bayern für uns eine nicht unwesentliche 
Gefahr der Einschleppung heute bildet. Ich möchte deshalb 
den Wunsch aussprechen, dass die Reichsregierung dahin wirkt, 
dass in Bayern entsprechend dem Vorgehen in Preussen Quaran¬ 
täneanstalten eingerichtet werden mit einer entsprechenden 
Dauer der Quarantäne in Rücksicht auf die Incubation der be¬ 
treffenden Seuchen. 

Dasselbe gilt für den Rotz. Wir haben in Preussen 
Quarantäneeinrichtungen gegen Rotz gehabt. Hamburg hat 
keine Quarantäneeinrichtungen und lässt die Thiere nach einer 
thierärztlichen Untersuchung frei in das Land herein. Auch 
in Hamburg müssen Quarantäneanstalten errichtet werden für 
die amerikanischen Pferde, um die diesbezügliche Incubations- 
zeit unter allen Umständen abwarten zu können. 

Meine Herren, des Weiteren möchte ich hinsichtlich der 
Errichtung von Quarantäncanstalten für Geflügel mich äussern. 
Ich halte es für unbedingt nothwendig, dass gegen das Aus¬ 
land, speciell gegen Russland, gegen Italien und Oesterreich- 
Ungarn Quarantäneanstalten für Geflügel, besonders für Gänse, 
eingerichtet werden. Meine Herren, wenn man sieht, wie das 
Geflügel bei uns durch das Herumtreiben der Wandergänse 
bedroht ist, wenn man bedenkt, dass gerade die wirthschaft- 
lich Schwachen, die kleinen Leute, häufig ihre ganzen Geflügel - 
bestände dadurch verlieren, wenn man erkennt, wie nöthig es 
ist, die Geflügelzucht bei uns zu verbessern und zu vermehren, 
um die Anforderungen der Nation in dieser Beziehung zu er¬ 
füllen; wenn man andererseits den Hemmschuh empfindet, den 
wir in Folge zu grosser Liberalität gegen das Ausland mit uns 
herumschleppen, dann muss man unter allen Umständen un¬ 
geduldig werden und sich sagen: So kann es nicht weiter gehen! 

Meine Herren, wir haben von dem Herrn Landwirthsckafts- 
minister Erklärungen bei der letzten Interpellation des Herrn 
Collegen Ring im Jahre 1897 gehört, die uns damals nüt voller 
Befriedigung erfüllten und die uns zeigten, dass die Staats¬ 
regierung sich bemühen will, diesem Uebelstande abzuhelfen. 
Ich citire die Worte des Herrn Ministers wörtlich, sie tauten: 

Es ist festgestellt, dass die Geflügelchoiera durch aus¬ 
ländisches Geflügel, insbesondere durch die aus Russ- 


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• No. 19. 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


163 


land und Oesterreich-Ungarn in grossen Mengen ein¬ 
geführten Gänse in vielen Fällen eingeschleppt ist und 
grosse Verheerungen unter den einheimischen Geflügel¬ 
beständen angerichtet hat. Insofern kann ich das be¬ 
stätigen, was der Herr Abgeordnete Ring vorge- 
getragen hat. 

Die Regierung beabsichtigt hiergegen die erforder¬ 
lichen Schutzmassregeln zu ergreifen. 

Die Verhandlungen hierüber schweben noch. Vor¬ 
aussichtlich werden die Massnahmen zunächst in der 
Beschränkung der Einfuhr aus Russland und Oesterreich- 
Ungarn auf bestimmte Einbruchsstationen und auf die 
Einrichtung einer mehrtägigen Quarantäne an diesen Ein¬ 
bruchsstationen unter polizeilicher und thierärztlicher 
Aufsicht stehen. 

Thatsächlich ist auch mit der Errichtung der Quarantäne¬ 
anstalten begonnen; plötzlich wurde die Arbeit unterbrochen, 
und wir haben von einer Quarantäneanstalt nichts mehr gehört, 
obwohl die Seucheneinschleppung nach wie vor stattfindet. 
Ich möchte deshalb dringend bitten, im Interesse der deutschen 
Geflügelzucht, im Interesse der Verproviantirung des Volkes 
diese Quarantäneanstalten mit einer Quarantänedauer von 8 
Tagen — die Frist von 3 Tagen, wie beabsichtigt, ist zu 
kurz — nunmehr unverweilt einzurichten. Ich kann mir denken, 
dass die fremdländischen Staaten protestiren werden, wenn 
Deutschland gegen die Einschleppung von Seuchen in solcher 
Weise vorgeht, ich glaube sogar, dass Russland in dieser Weise 
seiner Zeit bereits vorgegangen ist. Nothwendig und Deutsch¬ 
land würdig aber ist es, dass die Staatsregierung sich dann 
nicht beuge: »Landgraf, werde hart!« Man möge nicht ver¬ 
gessen, dass Russland notorisch total verseucht ist, dass Russ¬ 
land kaum eine Veterinärcontrole hat, dass Russland uns also 
auch gar keine Garantie hinsichtlich der Gesundheit seiner Vieh¬ 
bestände geben kann. Deshalb sind die Massregeln unserer¬ 
seits durchaus nothwendig und gerecht! 

Hinsichtlich der Quarantäneanstalten sei noch das Folgende 
geltend gemacht: das Vieh in den Quarantäneanstalten muss 
als seuchenverdächtig angesprochen und behandelt werden, bis 
das Gegentheil erwiesen ist. Hinsichtlich des Verkehrs der 
Viehwärter und hinsichtlich der sonstigen Vorsichtsmassregeln 
müssen die Bestimmungen des Reichsviehseuchengesetzes (§§55 
und 56) bei den Quarantäneanstalten strengstens vorgeschrieben 
werden. Märkte mit denselben zu verbinden, ist absolut un¬ 
zweckmässig. 

Weiterhin möchte ich den Wunsch aussprechen, beziehungs¬ 
weise der Reichsregierung zur Erwägung anheimgeben, ob es 
nicht zweckmässiger und der Sache dienlicher ist, wenn die 
Quarantäneanstalten nicht in Privathänden verbleiben, sondern 
wenn sie als Staatsanstalten eingerichtet sind. Die Privat¬ 
anstalten haben unter allen Umständen ein Interesse daran, 
Rentabilität aus dem Unternehmen zu ziehen, weniger den 
eigentlichen Zweck, für den sie geschaffen sind. Wie ich mir 
habe mittheilen lassen, sollen die Anstalten an der dänischen 
Grenze, z. B. Barenfeld, sogar recht gut rentiren. Es ist also 
für den Staat auch kein wesentliches Risiko, wenn er die Sache 
selbst betreibt. Daran aber sei erinnert, dass, als die Frage 
der Quarantäneanstalten aufgerollt wurde, Minister v. Heyden 
seiner Zeit uns, wie die Stenogramme der diesbezüglichen Reden 
nachweisen werden, nur Staatsquarantäneanstalten auch in Aus¬ 
sicht gestellt hat. 

Dann, meine Herren, möchte ich den Wunsch aussprechen, 
dass die Versendung des Viehes aus den Quarantäneanstalten, 
sofern es sich um Schlachtvieh handelt — und hier handelt es 
sich immer um Schlachtvieh — auch fernerhin nicht ohne Con- 
trolle bleibt, dass z. B. die Gänse, die aus den Quafantäne- 
anstalten kommen, bei der Ausladung auf ihre Gesundheit nochmals 
geprüft Werden, dass die Gänsetransporte durch das Land in 
entsprechende Beobachtung genommen werden und damit Seuchen¬ 
ausbrüche unter allen Umständen beseitigt werden können; 
denn wir wissen aus Erfahrung, dass sehr selten Gänsehändler 
SeuchenausbrüChe anzeigen; sie werfen die gestorbenen Thiere 
in die Stfässengräben und die Seuchenverschleppung findet so 


immer weiter statt. Die Controle nach der Quarantäne will 
ich auch für das Rindvieh haben, es müssen derartige Thiere 
aus der Quarantäne direct nach den Schlachtstätten gebracht 
werden. 

Ganz besonders sei auch auf die Nothwendigkeit der 
Quarantäne bei Rindvieh gegen Oesterreich-Ungarn hingewiesen 
und zwar aus dem Grunde, weil Oesterreich-Ungarn mit seinen 
Hinterländern freien Viehverkehr pflegt, so mit Rumänien, 
Bulgarien und Serbien. Die Seuchengefahr aus den österreichi¬ 
schen Kronländem wird demgemäss verschärft durch den Um¬ 
stand, dass die österreichischen Kronländer freien Viehverkehr 
mit ihren Hinterländern haben, von denen wir unter allen Um¬ 
ständen wissen, dass ihre Veterinärcontrole eine äusserst mangel¬ 
hafte ist. 

Ganz ähnlich denke ich hinsichtlich Dänemarks. Man hat 
mir zwar die Versicherung gegeben, es ginge bisher über Däne¬ 
mark russisches Vieh nicht zu und nicht herein. Trotzdem 
habe ich den Verdacht immer noch und zwar auf Grund der 
Rassenmerkmale mancher aus Dänemark und Schweden kommen¬ 
den Rinder, dass sie russischer Provenienz seien. 

Eine weitere Massregel zur Vermeidung der Einschleppung 
ist die der Abschlachtung der Thiere an bestimmten Schlacht- 
vichhöfen. Auch sie will ich einer Controle unterstellen. Dieses 
Verfahren ist in Bayern für verschiedene Plätze durchgeführt. 
Auch in Preussen haben wir 115 Schlachtviehhöfe, denen das 
Recht der Zufuhr von Mastvieh aus unserem Nachbarlandc zu¬ 
steht; allerdings machen nur 10 davon Gebrauch, darunter 
Frankfurt und Wiesbaden. Diese Zulassung hat manche Be¬ 
denken , denn die Einschleppung und Verschleppung durch 
Schlächter, Transporteure ist dabei nicht ausgeschlossen, 
wie die Erfahrungen in Oberschlesien lehren. Ich bevorzuge 
deshalb die Quarantäneanstalten, wo deren Errichtung möglich 
erscheint. Wo aber die Abschlachtungen stattfinden an bestimmten 
Schlachtviehplätzen, da sind strengste Vorsichtsmassregeln nöthig 
und zwar verdient besondere Berücksichtigung: 1. die Vorschrift 
der sofortigen Abschlachtung, 2. die strengste Beobachtung 
der Wagen hinsichtlich der Desinfection, ferner die Benutzung 
eigener Wagen nur für diese Transporte, Benutzung eigener 
Rampen für das fremdländische Vieh; 3. die Auffrischung der 
Bestimmungen hinsictlich der in §§ 55 und 56 des Reichsvieh¬ 
seuchengesetzes vorgeschriebenen Controle; 4. endlich schärfste 
Controle, betreffend das Personal und dessen Desinfection. 

Von manchen Seiten wird die Anschauung verbreitet, dass 
die thierärztliche Controle des über die Grenzen eingehenden 
Viehes völlig genüge und dass wir weder Sperre noch Quaran¬ 
täne brauchten. Diese Grenzcontrole hat aus dem Grunde 
einen sehr relativen Werth, weil die Thiere bei eventueller 
Seuchenincubation äusserlich als erkrankt häufig gar nicht zu 
erkennen sind, und trotzdem die Seuchenverschlepper sein 
können. 

Ich möchte ferner darauf aufmerksam machen, dass man 
vielfach hört: ja, die Maul- und Klauenseuche wird nicht allein 
durch Thiere über die Grenze gebracht, sondern auch durch 
Menschen. Aber dieses Hereinbringen der Seuchengefahr über 
die Grenze kann nur stattfinden durch Leute, die mit Vieh ver¬ 
kehren. Wenn der Viehhandel an den Grenzen wegen der 
Sperre aufhört oder scharf controlirt wird, dann ist nicht allein 
die annähernde Sicherheit gegeben, dass nicht nur die Thiere, 
sondern dass auch die Menschen die Seuche nicht cinschleppen. 

Ein anderes Mittel ist empfohlen worden, nämlich an der 
Grenze Schlachthäuser zu errichten und das Fleisch dann in's 
Binnenland zu bringen. Auch dem möchte ich aus den mannig¬ 
fachsten Gründen nicht zustimmen. Erstens nicht in Rücksicht 
auf unser Schlächtergewerbe; gemeinsame Interessen verbinden 
uns mit demselben. 

Aber auch im Interesse des Schlächtergewerbes ist zu 
wünschen, dass wir die Seuchen los werden, damit alle die 
Drangsale, die wir heute auch über sie bringen müssen, eben¬ 
falls aufhören möchten. Die Grenzschlächtereien sind auch 
für die betreffende Gegend nicht zu wünschen. Denn es wird 
dort Fleisch, das mangelhaft ist, das nicht mehr transportabel 
erscheint etc., in einem weiteren Umkreise verschleudert, wie 


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DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


7. Mai. 


leider heute schon auf den Vieh- und Fleischmärkten in Ham¬ 
burg und Berlin geschieht, wodurch eine ausserordentliche und 
ungesunde Steuerdepression an solchen Orten herbeigeführt 
wird. 

Damit wäre ich am Ende mit den Betrachtungen hinsichtlich 
des Grenzschutzes, und ich resümire: Wo Sperre nothwen- 
dig und möglich ist, muss gesperrt werden; der 
Ersatz der Sperre ist, Quarantäneanstalt mit ent¬ 
sprechender Ausstattung und entsprechender 
Quarantänezeit. Ein mangelhafteres Hülfsmittel ist das 
Abschlachten an bestimmten, wenn auch scharf controlirten 
Orten; andere Mittel, die Wirkung versprechen, kenne ich nicht. 
Die alleinige Observirung der Grenze durch Thierärzte reicht 
nicht aus. 

Zum Schlüsse bringe ich eine kurze Blüthenlese davon, 
was andere Länder auf dem Gebiete des Grenzschutzes sich 
leisten. Wir sind in Deutschland in dieser Beziehung immer 
etwas zaghaft gewesen und haben dem Ausland gegenüber 
niemals, bis in die neueste Zeit diejenige Rücksichtslosigkeit 
angewendet, die zum Schutz der nationalen Wirthschaftsinteressen 
nöthig war. 

Schweden schreibt für die Einfuhr des deutschen Viehes 
je nach der Art der in Deutschland herrschenden Seuchen eine 
Quarantäne bis zu 120 Tagen vor. Norwegen hat seit 1894 
jegliche Rindvieh- und Schweineeinfuhr wie Fleischeinfuhr aus 
Deutschland überhaupt verboten; werden beschränkt zugelassen. 
Dänemark erliess 1877 ein gänzliches Einfuhrverbot, 1892 
zehntägige Quarantäne gegen im früheren Herzogthum Schles¬ 
wig-Holstein gezüchtetes Vieh. Seit August 1896 ist wieder 
ein gänzliches Einfuhrverbot gegen Deutschland erlassen. Die 
Vereinigten Staaten von Nordamerika bestimmen, 
dass die einzuführenden Thiere nachweislich in dem betreffen¬ 
den Lande in einer Gegend gestanden haben müssen, die 
mindestens ein Jahr lang frei von allen Seuchen gewesen ist. 
Die hiernach überhaupt einfuhrfähigen Thiere müssen aber noch 
eine neunzigtägige Quarantäne in Amerika und zwar in dem 
Ankunftshafen durchmachen; 90 Tage, meine Herren, ist doch 
gleich einer völligen Sperre. Grossbritannien verbiete^ 
jede Einfuhr aus Deutschland, wie aus jedem europäischen 
Lande. Die Einfuhr lebenden Viehes ist von den Nieder¬ 
landen sehr lange schon verboten, viel länger als wir uns 
gegen die Niederlande gesperrt haben. Aehnliche Massregeln 
der strengsten Controle übt auch die Schweiz. Frankreich 
sperrt sich nach Bedürfniss völlig ab und erhöht seine Zölle, 
indem es in der glücklichen Lage ist, nicht gebunden zu sein. 
Die Zollfrage ist ja an sich höchst interessant, indem wir erkennen, 
in welch geringem Masse der Zoll gegen die Einfuhr fremd¬ 
ländischen Viehes und Fleisches Deutschland schützt. Die 
Agrarier haben die niedrigen heimischen Viehzölle, die neben-, 
bei bemerkt auch noch sehr unpraktisch bemessen sind, bisher 
ertragen; sie werden aber bei künftigen Handelsverträgen auch 
in der Richtung den Schutz der nationalen Production nach- 
drücklichst wahren müssen. 

Nun nur ein paar Beispiele. Die Vereinigten Staaten von 
Nordamerika nehmen bei Ochsen 27 */ 2 °/ 0 ad valorem, also 
vom ganzen Werthe des Stückes an Zoll. Oesterreich-Ungarn 
nimmt 26 Mark, Deutschland 25 Mark; bei Stieren nimmt 
Deutschland 9 Mark, die Vereinigten Staaten nehmen 2 7 */ 2 °/ 0 
vom Werth, Frankreich 40,50 Mk.; bei Kühen erheben Deutsch¬ 
land 9 Mk., Frankreich 32,56 Mk., die Vereinigten Staaten 
2 7 Vs °/o vom Werth. Bei Jungvieh nehmen Deutschland 5 Mk., 
Frankreich 16,28 Mk., die Vereinigten Staaten 15,74 Mk. Bei 
Pferden erheben Amerika 126 Mk. pro Stück beziehungsweise 
2 5°/o ad valorem, Deutschland 20 Mk., Frankreich 24,38 Mk. 
Schweine: Frankreich 9,72 Mk., Vereinigte Staaten 6,30 Mk., 
Deutschland 5 Mk. Lebendes Geflügel geht bei uns frei herein. 
Die Vereinigten Staaten nehmen 28,66 Mk. pro 100 kg, Frank¬ 
reich 16,20 Mk. Auch hier tritt uns wieder die Thatsache 
entgegen, dass Deutschland dem Auslande gegenüber in einer 
äusserst milden Form verfährt. Das Ausland hat demgemäss 
in keiner Weise Ursache, über uns Klage zu führen; der 


umgekehrte Fall dürfte mehr Berechtigung haben. Daher: 
»Landgraf werde hart!« 

(Fortsetzung der Verhandlung folgt.) 


Referate. 

Ist Traubenzucker ein normaler Bestandteil des Harns 
unserer Haussäugethiere? 
und 

Zwei neue klinische Methoden der quantitativen Zucker¬ 
bestimmung im Harn. 

Von M. K1 i m m e r - Berlin. 

(Zeitschrift für Thiermedicin, II, 3, S. 95 ff.) 

Im Blute und in allen Organen gesunder Thiere findet sich 
Traubenzucker, es ist deshalb zu erwarten, dass auch im Harn 
Traubenzucker constant vorkommt. 

Im Harn treten verschiedene Zuckersorten auf, jedoch 
kommt hauptsächlich der Traubenzucker (Glükose) in Be¬ 
tracht ; ferner findet sich gelegentlich Milchzucker und 
Fruchtzucker (Fructose), ferner Pentose, Inosit, Maltose und 
Isomaltose. Die Methoden des Zuckernachweises sind sehr 
zahlreich. Die eine Gruppe der Methoden geht darauf aus, 
den Zucker zunächst auszufällen und dann in dem Niederschlag 
zu bestimmen, die andere, in dem Harn den Zucker direct 
nachzuweisen. Von den Nachweis-Methoden werden die Re- 
ductionsproben am meisten angewandt. 

Bei gesunden Thieren ist die Zuckermenge im Harn ver¬ 
schwindend klein, so klein, dass die gebräuchlichsten Methoden 
den Nachweis nicht ermöglichen. 

Kl immer erfand ein neues Verfahren, durch welches es 
gelingt, sehr kleine Zuckermengen qualitativ und quantitativ zu 
bestimmen. Er versetzt die Fehling’sche Flüssigkeit (alkalische 
Kupferoxydlösung) mit einer alkalischen Guaninlösung, die er 
sich selbst darstellt. Es verbindet sich ein Molekül Kupfer¬ 
oxydul mit einem Molekül Guanin zu einem weissgefärbten, 
flockigen, voluminösen Salz. Diese Verbindung ist in Am¬ 
moniak, Kreatinin, Kreatin, Pepsin u. s. w. imlöslich. In Folge 
dessen fällt auch bei Gegenwart von Guanin sämmtliches Kupfer¬ 
oxydul aus, was sonst, bei Abwesenheit von Guanin, im Harn 
nicht vollkommen stattfindet; denn Ammoniak und Körper, die 
beim Erhitzen mit Kali Ammoniak liefern, ferner Pepton, Pepsin, 
Kreatin und Kreatinin, welche Stoffe im Harn Vorkommen, 
halten zuweilen ganz erhebliche Mengen von Kupferoxydul in 
Lösung. In Folge dessen wird häufig Zucker nicht gefunden, 
obgleich er vorhanden ist, namentlich in dunkel gefärbten 
Harnen. Vom Kupferoxydul ist dann ebensowenig zu sehen, 
als von der Farbe der unreduzirten Fehling’schen Lösung. 
Ferner verursacht die Fehling’sche Lösung im Harn nicht selten 
eine schmutzig grünlich-braune Trübung, so dass das Kupfer¬ 
oxydul nicht zu sehen ist. Diese Uebelstände hat Klimm er 
durch seine neue Methode beseitigt. Der Zusatz von alkalischer 
Guaninlösung zur Fehling’schen Lösung bewirkt, dass der sich 
bei der reduzirenden Einwirkung des Zuckers bildende Nieder¬ 
schlag von Guanin-Kupferoxydul alle die Stoffe mit nieder 
schlägt, welche sonst Kupferoxydul in Lösung erhalten oder 
die schmutzig grünlich-braune Trübung verursachen. Beachtens- 
werth ist dabei auch, dass der Guanin-Kupferoxydul-Nieder- 
schlag sehr voluminös und deshalb leicht zu erkennen ist und 
ferner, dass das Guanin-Kupferoxydul weiss ist und sich von 
der blauen Fehling’schen Lösung leichter unterscheidet, als 
das rothe Kupferoxydul. 

Kl immer schlägt bei seinen Harn-Untersuchungen folgenden 
Weg ein: 

5 ccm Harn werden in einem Reagensglas zum Kochen 
erhitzt, in einem anderen Glas eine Mischung von 3 ccm 1 °/<r 
Guaninlösung mit 5 ccm Fehling’scher Lösung. Das Sieden 
der Flüssigkeiten wird gleichzeitig unterbrochen und dieselben 
werden dann nach 20—25 Sekunden zusammengegossen. Die 
Temperatur ist unterdessen auf ca. 60 0 C. herabgesunken* Sehr 


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No. 19. 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


165 


bald trübt sich das Gemisch und in kurzer Zeit bildet sich ein 
reichlicher, weisser, voluminöser Niederschlag (Kupferoxydul- 
Guanin). 

Es finden sich nun aber nachweislich im Harn gesunder 
Thiere noch viele andere Bestandteile, welche der Fehling’- 
schen Lösung gegenüber gleichfalls ein Reductionsvermögen 
besitzen, so vor Allem Harnsäure, Kreatinin, Allantoin, Kreatin, 
Mucin, Brenzkatechin, Hydrochinon, Uroleucinsäure, Galle¬ 
farbstoffe, Urobilin, Glykuronsäureverbindungen und vielleicht 
auch das Indican. Deshalb nimmt K. nach positivem Ausfall 
der von ihm modificirten Trommer’schen Probe noch eine 
Gährungsprobe mit dem Harn vor, filtrirt alsdann den ver- 
gohrenen Harn und nimmt auch an diesem seine Reaction vor. 
War nun der hier entstehende Niederschlag erheblich geringer 
als der im unvergohrenen Harn, so wurde die Gegenwart von 
Zucker angenommen. 

Mit dieser Probe ist nachgewiesen worden, dass der 
Traubenzucker ein normaler Bestandtheil des Harns von Rindern 
und Schweinen ist. Der Gehalt schwankt beim Rinde zwischen 
0,005—0,062 °/ 0 , beträgt also im Durchschnitt 0,04 %• Die 
bei der Analyse der Schweineharne erhaltenen Resultate sind 
ähnlich. 

Von vornherein liess sich ein Zuckergehalt des Harnes aus 
folgenden Gründen annehmen: Der Traubenzucker ist ein nor¬ 
maler Bestandtheil des Blutes und aller Organe, auch der 
Nieren. Er wird ununterbrochen mit dem Blute den Nieren 
zugeführt. Endlich gehört er zu denjenigen Stoffen, welche 
thierische Membranen sehr leicht durchdringen. 

Die zwei neuen klinischen Methoden der quantitativen 
Zuckerbcstimmung bestehen in folgendem Verfahren: 

Fehling’sche Lösung wird mit Guaninlösung (9,375 g salz¬ 
saures Guanin in 1000 ccm 1 proc. Natronlauge gelöst) versetzt 
(etwas mehr, als zur Bildung des Guanin-Kupferoxyduls nöthig 
ist) und gekocht. Der zuckerhaltige Harn wird in kleinen 
Mengen zugesetzt, bis die blaue Farbe geschwunden ist. Dar¬ 
nach kocht man noch 2 Minuten und filtrirt. Ist das Filtrat 
blau, so ist ein neuer Versuch mit Zusatz von mehr zucker¬ 
haltigem Ham anzustellen. Hat man so den Zuckergehalt un¬ 
gefähr ermittelt, so wird der diabetische Harn, bevor man 
titrirt, so stark verdünnt, dass zur Reduction von 10 ccm 
Fehling’scher Lösung 5 —10 ccm zuckerhaltigen verdünnten 
Harns verbraucht werden, dass der Zuckergehalt der Verdünnung 
also nur noch 7* bis 1 °/ 0 beträgt. Bei der Titration dia¬ 
betischer Harne versetzt Verf. die Fehling’sche Lösung mit der 
4 fachen Wassermenge unter Einrechnung der zugesetzten Guanin¬ 
lösung. Einem Cubikcentimeter ursprünglicher Fehling’scher 
Lösung entspricht dann 0,005 g Traubenzucker. 

Beispiel: 

Fehling’sche Lösung 10 ccm, 

7 ,o n Guaninlösung 15 ccm, 

Destillirtes Wasser 25 ccm. 

Zusatz von 1,5 ccm Harn: Filtrat enthält kein Kupfer¬ 
oxydhydrat mehr. 

Verdünnung des Harns auf das 5 fache. 

Zusatz von 6,0 ccm verdünnten Harns: Kupferoxydhydrat, 

„ „ 6,9 ccm „ „ kein Kupferoxydhydrat, 

„ „ 6,7 ccm „ „ Kupferoxydhydrat, 

„ „ 6,8 ccm „ „ kein Kupferoxydhydrat 

im Filtrat nachweisbar. Demnach enthalten 6,8 ccm : 5 = 
1,36 ccm unverdünnten Harns 0,05 g Traubenzucker = 3,69 °/ 0 . 

Zweites Verfahren: Fehling’sche Lösung mit Guanin¬ 
lösung versetzt giebt bei der Zuckertitrirung einen weissen 
Niederschlag von Guanin-Kupferoxydul. Ist weniger Guanin 
vorhanden, als bei der Reduction der Fehling’schen Lösung 
Kupferoxydul gebildet wird, so fallt das Kupfer als rothes 
Kupferoxydul aus. Dieser Farbenumschlag lässt sich bei der 
Titration diabetischer Harne mit grossem Vortheil als End¬ 
reaction benutzen. Bei der Titrirung einer wässrigen Zucker¬ 
lösung tritt die Endreaction auf einen Zusatz von 12,8 ccm 
7,0 n Guaninlösung zu 10 ccm Fehling’scher Flüssigkeit am 


schärfsten hervor. Der nöthige Guaninzusatz zum Harn muss 
vorher bestimmt werden; derselbe ist so zu bemessen, dass 
der Eintritt der Rothfärbung und der völlige Verbrauch der 
Fehling’schen Lösung zusammenfallen. 

Beispiel: 

Die Menge der zuzusetzenden Guaninlösung ist für einen 
bestimmten Harn auf 12,3 ccm festgesetzt. 

10 ccm Fehling’scher Lösung und 12,3 ccm Guaninlösung 
werden mit 4 ccm Harn versetzt. Der beim Kochen entstehende 
Niederschlag ist weiss, bei Zusatz von 5 ccm Harn roth. Die 
Endreaction ist als eingetreten zu betrachten bei 4,85 ccm. 
Hieraus berechneter Zuckerwerth 1,019 °/ 0 . 

F to eh n er-Fulda. 


Veber die Behandlung der Kolik mit Chlorbarium. 

Von Rossarzt Bongert. 

(Zeitschrift f. Veterinärkunde. »898, No. 1.) 

1 Bei zwei Pferden, die als gierige Fresser bekannt waren, 
stellten sich bald nach der Futtcraufnahme heftige Kolik¬ 
erscheinungen ein. Da die Symptome und die Zeit des Auf¬ 
tretens auf eine Ueberladung des Magens schliessen Hessen, 
wurden sofort 35 g Extract. Aloes in Pillenform gegeben und 
nach Verlauf von 7 » — 1 Stunde Barii chlorat. 0,5 : Aqu. de- 
stilfct. 10,0 intravenös injicirt. Es erfolgte hierauf bei beiden 
Thieren Abgang von Flatus und etwas Schleim, jedoch kein 
Kothabsatz; Darmgeräusche wurden wenige Minuten nach der 
Einspritzung lebhafter, ein sicheres Zeichen, dass das Chlor¬ 
barium wirkte. Die Peristaltik wurde aber bald wieder sehr 
schwach. Die Patienten erhielten deswegen nach etwa 1 Stunde 
eine zweite Dosis von je 0,5 g Chlorbarium, worauf abermals 
kein Koth abgesetzt wurde. Bei dem einen Pferde waren nun 
anhaltend lebhafte Darmgeräusche nachweisbar und die Kolik¬ 
erscheinungen zugleich damit geschwunden. Koth wurde erst 
4 Stunden später entleert. Bei dem anderen Pferde lag nach 
der zweiten Injection die Peristaltik noch fast vollständig dar¬ 
nieder, die Unruheerscheinungen steigerten sich. Es wurde 
daher eine dritte Injection von 0,5 g Chlorbarium applicirt, auf 
welche nach einer Viertelstunde Abgang von Gasen und reich¬ 
lichem, dünnbreiigem Kothe mehrere Male eintrat. Der eine 
Patient konnte nach 5-, der andere nach 8 ständiger Krankheits¬ 
dauer als geheilt angesehen werden. 

Aus dem Verlaufe dieser beiden Fälle folgert Verf., dass 
die Behauptung, durch die stark abführende Wirkung des Chlor¬ 
bariums würde selbst der Dünndarminhalt zur Entleerung ge¬ 
bracht, nicht zutrifft. Die dünnbreiige Beschaffenheit, die der nach 
Chlorbariuminjection reichlich entleerte Koth annimmt, beweist 
nicht, dass derselbe Dünndarminhalt ist; derselbe kommt viel¬ 
mehr dem normaliter im Grimm- und Blinddarm befindlichen 
Inhalt noch nicht einmal gleich. Nach letzterem dürfte aber 
doch erst der Dünndarminhalt entleert werden. 

Verf. spricht des Weiteren dem Chlorbarium neben der 
drastischen Wirkung eine secretionsbefördernde, ähnlich der 
des Pilocarpins, namentlich auf die Schleimhaut des Mastdarms 
wirkend, zu. Er ist nicht der Ansicht, dass das Mittel die bis¬ 
her üblichen (Aloe, Glaubersalz) entbehrlich macht, sondern 
empfiehlt letztere hauptsächlich dann, wenn die Ursache der 
Kolik in den vorderen Abschnitten des Digestionstractus zu 
suchen ist, weil das Chlorbarium wie die. Aloe nicht eine 
nachhaltige, sondern nur eine rasch vorübergehende Wirkung 
besitzt. 

B. zieht das Chlorbarium dem Eserin, von dem er oft un¬ 
angenehme Nebenwirkungen gesehen hat, entschieden vor; er 
hat irgend welche Nachtheile dabei trotz vielfacher Anwendung 
noch nicht beobachtet. Bei einem kolikkranken Pferde hat er 
sogar siebenmal je 0,75 g eingespritzt, ehe eine genügende 
Kothentleerung und Genesung nach 18 ständiger Krankheitsdauer 
eintrat 


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166 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


7. Mai. 


Bei Herzschwäche und Herzfehlern ist das Mittel jedoch 
contraindicirt. Es hat nach B. hier vielleicht eine dem Chloro¬ 
form ähnliche, gesteigerte toxische und selbst tödtliche Wirkung. 
Man soll daher bei jeder Kolik nicht nur den Puls, sondern 
auch das Herz genau untersuchen und darnach die Behandlungs¬ 
methode wählen. Oehr. 


Die Rothlaufseuche unter den Pferden des Husaren- 
Reglments No. 12. 

Von Oberrossarzt Graf. 

(Zeitschrift f. Veterinärkunde, 1898, No. 3.) 

Zur Beschleunigung der Durchseuchung wurde nach Fest¬ 
stellung der ersten Fälle eine künstliche Infection versucht; 
diese Massregel hatte theils den gewünschten Erfolg, theils nicht. 
G. konnte beobachten, dass der Seuchengang durch das Wetter 
beeinflusst wurde, indem bei nasskalter, regnerischer Witterung 
die meisten, bei gutem Wetter, insbesondere bei Wind, die 
wenigsten Erkrankungen vorkamen. 

Aeltere Pferde zeigten dieselbe Empfänglichkeit wie jüngere. 
Diejenigen, die im Jahre vorher die Brustseuchc überstanden 
hatten, erkrankten fast alle. 

Ausser den gewöhnlichen Krankheitssymptomen (hohes, 
einige Tage anhaltendes Fieber, Entzündung und Schwellung 
der Lidbindehaut, Verdauungsstörungen mit Kolikerscheinungen, 
Schwellung an den abhängigen Körpertheilen) wurde bei den 
meisten Pferden gleich von vornherein Nesselausschlag, der 
sonst hierbei nur vereinzelt aufzutreten pflegt, festgestellt. Die 
Quaddeln erreichten bei jungen Thieren oft die Grösse eines 
Handtellers, während bei älteren meist erbsengrosse Erhaben¬ 
heiten in der Haut auftraten. Letztere waren bei einem Pferde 
so dicht, dass kaum wahrnehmbare Vertiefungen zwischen den 
einzelnen Erhöhungen zu ermitteln waren. Nach 14 Tagen 
begann in diesem Falle der Ausschlag zu verschwinden, und 
die kahl gewordenen Stellen bedeckten sich bald wieder mit 
Haaren. Im Gegensatz hierzu verschwand bei einem anderen 
Pferde der Quaddelausschlag plötzlich, nachdem er zwei Tage 
bestanden hatte. Bei einem Thiere, das zwei bis drei Tage 
fieberfrei gewesen war, trat von Neuem Fieber auf und blieb 
einige Tage bestehen. Nervöse Erscheinungen sind nur bei 
einem Pferde bemerkt worden. Mehrere der erkrankten Pferde 
zeigten gar keine Temperaturerhöhung, sondern nur etwas ver¬ 
minderte Fresslust, Röthung und Schwellung der Augenlider, 
schlaffen Gang und matten Blick. Im Nährzustand gingen fast 
alle Patienten schnell und bedeutend zurück, nahmen aber bald 
wieder an Gewicht zu. 

Die Behandlung bestand in Diät. Todesfälle und Nach¬ 
krankheiten sind nicht vorgekommen. Oehr. 


Behandlung der Polyurie des Pferdes mit Extractunfi 
Hydrastis fluidum. 

Von Thierarzt Haase in Hohenmölsen. 

(Berliner thieräritliche Wochenschrift, 1898, No. 10.) 

Eine schwere belgische Stute, welche an mangelhafter 
Futteraufnahme und Lauterstall litt, wird H. zur Untersuchung 
und Behandlung zugeführt. Untersuchungsbefund: Schiefer¬ 
zähne, fahlblasse Schleimhäute, regelmässiger, jedoch schlaffer 
Puls und weiches Arterienrohr. Behandlung: Entfernen der 
Schieferzähne, Verabfolgung guten Futters unter Beigabe eines 
Pulvers, bestehend aus Natr. chlorat 60,0, Acid. tannic. 30,0, 
Rhiz. Torment. 150,0. Bei der einige Tage darnach im Stalle 
des Patienten vorgenommenen Untersuchung ist der Zustand 
derselbe; der Harn ist blassgelb, dünnflüssig, wässerig, ohne 
jede Spur von Eiweiss, spec. Gewicht 1,013. Behandlung wird 
fortgesetzt, dazu bekommt Patient täglich 5,0 calcinirt. Eisen¬ 
vitriol. Trotzdem tritt keine Besserung ein. jetzt erhält das 
Pferd täglich einen Theelöffel (4 g) Extract. Hydrastis fluidum. 
Bei dieser Behandlungsmethode tritt schon nach einigen Tagen 


eine wesentliche Besserung ein dahingehend, dass der Harn 
dickflüssiger wurde, eine gelbe Farbe annahm und sein spec. 
Gewicht sich steigerte; auch die Schleimhäute bekamen eine 
mehr hellrothe Farbe. Nach einer fünfwöchigen Behandltings- 
dauer hat der Harn ein spec. Gewicht von 1,031, ist bernätein-> 
bis orangegelb, dickflüssiger, Geruch aromatisch, wird nicht 
mehr so häufig abgesetzt. 

Wenn nun auch keine vollständige Heilung eintrat, so 
berechtigt doch vorstehende Mittheilung zur weiteren Anwendung 
dieses Mittels im gegebenen Falle. Görig. 


Nahrungsmittelkunde. 

Ueber Pökelräume ln Kühlhäusern öffentlicher Schlacht^ 

höfe. 

Von Dr. Schwarz, Schlachthofdirector in Stolp. 

(Zeitschrift f. d. gesammte Kälte-Industrie, V. Jahrg., H. 2, S. *8.) 

Ausgehend von den Nachtheilen, welche das Pökeln von 
Fleisch in den Abtheilungen der allgemeinen, zur Aufbewahrung 
von frischem Fleische dienenden Kühlhalle mit sich bringt, 
empfiehlt Schwarz die Einrichtung von besonderen Pökel¬ 
räumen, verbunden mit Zerlegeräumen in den Kühlhäusern. 
Solche finden sich auf den Schlachthöfen zu Barmen, Heidel¬ 
berg, Köln, Königsberg, Rheydt und sind in Ausführung begriffen 
in Düsseldorf, Mannheim, Mainz, Berlin und Posen. 

Der Pökelraum kann zu ebener Erde oder im Keller¬ 
geschoss angelegt werden, jedoch ist ersteres mehr zu em¬ 
pfehlen. Zur Kühlung des Raumes ist ein besonderer Luft¬ 
kühlapparat aufzustellen, um zu vermeiden, dass die verschieden 
zusammengesetzten Luftmengen der einzelnen Räume sich ver¬ 
mischen, zumal die aus dem Pökelraum abgezogene Luft nicht 
nur einen grösseren Feuchtigkeitsgehalt, sondern auch eine 
wesentlich höhere Temperatur besitzt, welche +8—io° be¬ 
tragen soll Die Wände der Pökelräume müssen aus glattem 
Material bestehen, damit die sich daselbst niederschlagende 
Feuchtigkeit keinen Halt findet und nicht dort ein günstiger 
Nährboden für die Pilzentwicklung geboten wird. Deshalb 
empfehlen sich Platten zur Wandbekleidung; Cementputz ist 
unter allen Umständen zu vermeiden. Für den Fussboden ist 
säurefestes Material (»gefiederte« Fliesen) zu verwenden, welche 
von der Pökellake nicht angegriffen werden. 

Als Gefässe für die Pökelung dienen am besten glasirte 
Thontröge, welche wegen ihrer Säurefestigkeit und leichten 
Reinigung selbst den Cementtrögen vorzuziehen sind. Der¬ 
artige Thongefässe werden geliefert von Villcroy u. Bock in 
Berlin und Dresden, Brandenburger u. Bühler in Crinitz (Lau¬ 
sitz), Ernst Marek Söhne in Charlottenburg, Deutsche Steinzeug- 
waarenfabrik Friedrichsfeld (Baden), Gebr. Nordmann in Hasel¬ 
bach b. Treben (Sachsen - Altenbürg) und Friedrich Christian 
Fickentscher in Zwickau (Sachsen). Sehr gute Erfahrungen hat 
man auch mit Pökelgefässen gemacht, welche von Rosenberg 
u. Cofnp. in Hagen aus Schieferplatten hergestellt werden. 

Die Pökelgefässe, welche nicht auseinander zu nehmen sind, 
müssen mit Absfchlusshähnen versehen sein und über denselben 
sind Zulaufhähne für kaltes und warmes Wasser behufs Reinigung 
anzubringen. 

Um gegenseitige Reibereien und Belästigungen der Fleischer 
zu vermeiden, empfiehlt es sich, auch in die Pökelräume ver- 
schliessbare Zellen hineinzubauen. Edelmann. 


Die enzootisehen Follicullarerkrankung-en im Darme des 

Schweines. 

Von Dr. Olt in Hamburg. 

(Zeitschrift für Fleisch- u. Milchhygiene, VIII. Jahrg., 1898, No. 7, S. lai.) 

In der Darmschleimhaut, besonders des Colon und Rectum, 
beim Schweine hat Olt häufig eine Hypertrophie der Solitär¬ 
follikel mit Ulcerationen von der Oberfläche her beobachtet. 
Die Zustfiride schwinden rri den Wirtteriuonaten, treten inj Früh* 


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No. 19 . 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


167 


jahr von Neuem auf und mehren sich im Sommer so, dass 
selten ein Schwein ganz verschont bleibt. In Schnittpräparaten 
von frisch erkrankten Follikeln fand Olt einen aufgerollten oder 
geschlängelten Rundwurm, den er auf Anregung Ostertag’s 
als Strongylus follicularis bezeichnet und genau be¬ 
schreibt, sowie abbildet. 

Die beregten enzootischen Folliculargeschwüre schaffen im 
Darme einen Locus minoris resistentiae, von dem aus sich in- 
fectiöse Darmerkrankungen leicht entwickeln können. Bei den 
chronischen Darmerkrankungen an Schweineseuche gehen die 
käsigen Processe mit Vorliebe von den Folliculargeschwüren 
aus. Auch die sporadisch auftretenden Verkäsungen im Darme 
des Schweines lassen sich auf letztere zurückführen. Bei den 
an Rothlauf verendeten Schweinen zeichnet sich die Schleim¬ 
haut des Darmes um die enzootischen Folliculargeschwüre ganz 
besonders durch Schwellung und starke Röthung aus. 

Edelmann. 


Bericht über den Vieh- und Schlachthof zu Chemnitz 
für das Jahr 1897. 

Von Kogler, Director des Vieh- und Schlachthofes. 

Bericht über die Schlachtvieh- und Fleischbeschau 
daselbst. 

Voa Misseiwitz und Wenzel. 

Viehhof-Auftrieb: 15407 Rinder, 26716 Kälber, 
28315 Schafe, 78 Ziegen, 69458 Schweine. 

Zahl der Schlachtungen: 10 139 Rinder (2117 Ochsen, 
5334 Kühe, 2688 Bullen), 25 200 Kälber, 14851 Schafe, 77 Ziegen, 
43 482 Schweine, 500 Pferde, 289 Hunde. 

Von diesen Thieren waren bankwürdig: 9938 Rinder 
(98,02%), 25150 Kälber (99,80°/ 0 ), 14836 Schafe (99,90°/ 0 ), 
77 Ziegen (100,0%), 43 157 Schweine (99,25%), 494 Pferde 
(98,80%), 282 Hunde (97,58%). 

Beanstandungen und Beschlagnahmungen: Von 
den geschlachteten Thieren wurden krank befunden und 
beanstandet: 2538 Rinder (25,03%), 101 Kälber (0,4%), 
359 Schafe (2,4%), 1865 Schweine (4,3%), 19 Pferde (3,8%) 
und 9 Hunde (3,1 %). 

Davon wurden vernichtet: 62 Rinder (0,6%), 14 Kälber 
(0,06%), 2 Schafe (0,01%), 80 Schweine (0,2%), 6 Pferde 
(1,2%), 7 Hunde (2,4%). 

Der Freibank wurden überwiesen 139 Rinder (1,4%), 
36 Kälber (0,2%), 13 Schafe (0,09%), 225 Schweine (0,5%), 
sowie das Fett von 20 Schweinen (0,05 %). 

An Eingeweiden und einzelnen Theilen wurden 
beschlagnahmt und vernichtet bei Rindern 2337 Stück, 
bei Kälbern 51, bei Schafen 344, bei Schweinen 1540, bei 
Pferden 13 und bei Hunden 2 Stück. 

Tuberculose wurde festgestellt bei 2276Rindern(22,45%), 
[425 Ochsen (20,08%), 1544 Kühen (28,95%), 307 Bullen 
(11,42%)], 31 Kälbern (0,12%), 1352 Schweinen (3,11%). 

Trichinen kamen vor bei 10 Schweinen (0,023%) und 
4 Hunden (1,4%). 

Finnen wurden bei 24 Rindern (0,24%) und 54 Schweinen 
(o, 1 3 %) gefunden. 

Der Erlös aus den auf der Freibank verwertheten 
Thieren betrug 36453,58 Mk. 

Eingeführtes Fleisch: 138 208 kg Rindfleisch, 57 156 kg 
Kalbfleisch, 1488,5 kg Schaffleisch, 182 564 kg Schweinefleisch. 
Davon wurden beanstandet: 50,5 kg Rindfleisch, 1 kg Kalbfleisch, 
342,5 kg Schweinefleisch. Edelmann. 


Die Frequeaz der Husumer Viehmärkte 1897. 

(Deutsche Fleischerzeitung No. 5.) 

Die Zufuhr von Hornvieh zu den vorjährigen Husumer 
Fejtviehmärktep hat sich fast ganz auf der vorjährigen 
Höhe gehalten. Es sind hier während der Fettvieh-Saison vom 


Ende Juni bis Ende November 59787 Stück Hornvieh gegen 
60 189 Stück im vorigen Jahre, also nur 400 Stück weniger, 
auf den Markt gebracht worden. Die Zufuhr an fetten Schafen 
und Lämmern belief sich während dieses Zeitraumes auf 20 117 
gegen 21 650 im Vorjahre, dieselbe zeigt also eine Verminderung 
von rund 1500 Stück. In der Zeit vom 1. Dezember vorigen 
Jahres bis Mitte April d. Js., um welche Zeit die Frühjahrs- 
Magerviehhiärkte ihren Anfang nehmen, sind auf dem Vieh¬ 
markte bezw. in den Ställen der Commissionäre 2265 Stück 
Hornvieh, darunter sehr viele Jütochsen und 76 Schafe, zum 
Verkauf gestellt gewesen. 

Den Frühjahrs-Magerviehmärkten (Anfang Mitte 
April) waren 15369 Stück Hornvieh und 6365 Schafe, den 
H e r b s t - Magerviehmärkten bis zum 1. Dezeqriier v. J. 7826 
Stück Hornvieh und 82 Schafe zugetrieben. Die Zufuhr an 
Pferden betrug 1953 Stück. 

Es belief sich demnach die Gesammtzufuhr an Rindern 
auf 85247, an Schafen auf 26640 und an Pferden auf 1953 
Stück. Rechnet man hierzu das während der Frühjahrs-Mager¬ 
viehmärkte in den Ställen der Commissionäre verkaufte Fett¬ 
vieh, mehrere hundert Stück, so erreicht die diesjährige Frequenz 
an Hornvieh die vorjährige Höhe, während die Zahl der zu¬ 
getriebenen Schafe um ca. 400 Stück gegen die vorjährige Zu¬ 
fuhr (27000) zurückbleibt, was wohl von dem allgemeinen 
Rückgänge in der Schafhaltung hejrrühren dürfte. Das Resultat 
hätte sich ohne Zweifel noch bedeutend günstiger gestaltet, 
wenn nicht viele Bezirke, die den Husumer Markt mit Vieh 
beschicken, in Folge Ausbruchs der Maul- und Klauenseuche 
zeitweilig abgesperrt worden wären. Während der vorjährigen 
Fettvieh-Saison wurden über Hamburg hinaus nach dem Rhein, 
Süddeutschland, Sachsen, Berlin u. s. w. 43 761 Stück Horn¬ 
vieh und 10 280 Schafe und Lämmer gegen 43 302 Stück Horn¬ 
vieh, 11870 Schafe und Lämmer im Vorjahre von den Husumer 
Märkten versandt. Der Husumer Markt hat also auch in diesem 
Jahre unter den Exportmärkten die erste Stelle behauptet. 


Verschiedene Mittheilungen. 

VII. Internationaler Thierärztlichep Congress zu 
Baden-Baden, Anfang August 1809. 

Der Geschäftsausschuss hat nach Berathung mit seinem 
Vorgänger in Bern und verschiedenen Berichterstattern bei 
früheren Congressen folgende Verhandlungagegenstände für den 
VII. Congress, Anfang August 1899 zu Baden-Baden, aufgestellt: 

a) Schutzmassregeln gegen die Verbreitung von Thier¬ 
seuchen im Gefolge des internationalen Viehverkehrs; 

b) die Bekämpfung der Tuberculose unter den Hausthieren 
und die Verwendung des Fleisches und der Milch tuberculöser 
Tfyere und, daran anknüpfend, die neuesten Anforderungen an 
eine wirksame Fleischbeschau ; 

c) die Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche; 

d) die Bekämpfung der Schweineseuchen; 

e) die Erweiterung des thierärztlichen Unterrichts, ins¬ 
besondere die Errichtung von Seuchenversuchsanstalten und 
von Lehrstühlen für comparative Medicin an den thierärztlichen 
Hochschulen; 

f) Endergebnis der Arbeiten über die Aufstellung einer 
einheitlichen anatomischen Nomenclatur in der Veterinärmedicin, 
bezw. die Ausführung der bezüglichen Beschlüsse des VI. Con- 
gresses. 

g) das Veterinärbeamtenthum. 

Er hat ferner beschlossen, eine Zusammenstellung aller 
Beschlüsse, welche bisher hinsichtlich der aufgestellten Fragen 
seitens der internationalen und nationalen Congresse gefasst 
wurden, fertigen zu lassen und zur Orientirung an die Mit¬ 
glieder des Congresses abzusenden. 

Ferner sollen die Berichte, welche von Referenten fremder 
Zunge erstattet werden, eine gute deutsche Uebersetzung 
erfahren, andrerseits aber auch die deutschen Berichte in die. 


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i68 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


7. Mai. 


französische, event. auch in die englische Sprache übertragen 
werden. 

Während der Congressverhandlungen haben verschiedene 
Secretäre, auch solche fremder Zungen, zu arbeiten. Sie be¬ 
dürfen für ihre Arbeiten einer gemeinsamen Leitung. 

Endlich ist der Generalbericht über den Congress in zwei, 
vielleicht drei Sprachen abzufassen. Der Bericht über den Berner 
Congress war 57 Bogen stark. 

Zur Uebernahme der oben bezeichneten Geschäfte ist ein 
Generalsekretär und ein Stellvertreter desselben 
erforderlich. 

Der Geschäftsausschuss richtet daher an die jüngeren, mit 
der einschlägigen Literatur vertrauten, der französischen oder 
der englische^ Sprache mächtigen und für die gemeinsame 
Sache opferwilligen Herren Collegen, welche das Ehrenamt 
des Generalsecretärs des Congresses und seines 
Stellvertreters übernehmen können und wollen, die er¬ 
gebenste Bitte, innerhalb der nächsten 3 Wochen eine schrift¬ 
liche Erklärung hierüber an den Vorsitzenden des Geschqfts- 
ausschusses, Herrn Dr. Lydtin, Geh. Oberregierungsrath, in 
Baden-Baden, abzugeben. Letzterer ist auch bereit, auf An¬ 
frage nähere Angaben zu machen. 

Der Geschäftsausschuss fügt bei, dass sämmtliche Auslagen 
des Generalsecretärs und seines Stellvertreters aus der Congress- 
kasse ersetzt werden sollem und dass ein ansehnliches Honorar 
für die Arbeiten beider genannten Functionäre in Aussicht ge¬ 
nommen ist. 

Baden-Baden, den 28. April 1898. 

Der Geschäftsausschuss. 

Berner. Hafner. Dr. Lydtin. Braun. Fuchs. 

Stadler. Görig. 


Tagesordnung- 

der VI. Plenarversammlung der Centralvertretung 
der thierärztlichen Vereine Preussens 
zu Berlin am 21. Mai 1898. 

I. Geschäftsbericht. Referent: der Vorsitzende Professor 
Dr. Esser. 

II. Rechnungsablage. Referent: Veterinärassessor Dr. 
Steinbach. 

III. Errichtung einer Unterstützungskasse für Thierärzte. 
Referenten: Veterinärassessor Prcusse und Professor 
Schmaltz. 

IV. Unfallversicherungen. Referent Prof. Dr. Ostertag. 

V. Reform der Stellung der Kreisthierärzte. Referenten: 

Kreisthierarzt Bermbach, Veterinärassessor Dr. 
Steinbach, Kreisthierarzt Kieckkäfer, Krcisthier- 
arzt Thunecke. 

VI. Ueber die Nothwendigkeit bei Erlass eines Fleisch¬ 
schaugesetzes, die Stellung der Schlachthofbeamten 
gesetzlich zu regeln. Referent: Schlachthofdircctor 
Schräder - Brandenburg. 

VII. Die officielle Anerkennung der thierärztlichen Vereine. 
Referent: Departementsthierarzt Dr. Peters- Brom¬ 
berg. 

VIII. Antrag, der Herr Minister möge die Mitwirkung der 
Thierärzte bei der Hebung der Viehzucht veranlassen 
und die Gewährung von Staatsbeiträgen zu Thier¬ 
schauen, Stutenmusterungen und ähnlichen landwirt¬ 
schaftlichen Veranstaltungen von der Voraussetzung 
abhängig machen, dass den Prämiirungscommissionen 
je ein Thierarzt als stimmberechtigtes Mitglied hn- 
gchöre. Referent: Departementsthierarzt Dr. Arndt. 

IX. Verbot der thierärztlichen Kurpfuscherei. Referent: 

Schlachthofdirector, Oberrossarzt a. D. Wulff. 

X. Stiftung einer Büste des Professors Dr. Hertwig 


anlässlich seines hundertjährigen Geburtstages. Referent: 
Kreisthierarzt L i e b e n e r. 

XI. Neuwahl des Ausschusses. 

Zu der vorstehend angekündigten Versammlung lade ich 
alle Herren Delegirten der zugehörigen Vereine mit der Be¬ 
merkung ein, dass die Versammlung in Berlin im Hotel zu den 
Vier Jahreszeiten abgehalten wird und dass ebendaselbst am 
20. Mai, Abends, die zur Versammlung Erscheinenden sich zu 
gegenseitiger Begrüssung zusammenfinden, wobei auch die (mit 
Rücksicht auf die reichhaltige Tagesordnung voraussichtlich frühe) 
Stunde des Beginns der Sitzung bekannt gemacht werden wird. 

Ich füge hinzu, dass nach dem Beschluss der letzten Plenar¬ 
versammlung jedem Vereine eine Stimme bezw. je ein Dele- 
girter zusteht für jede volle 20 seiner Mitgliederzahl und ebenso 
für eine angefangene 20, wenn deren erste Hälfte überschritten 
ist. Die Herren Delegirten sind gebeten, ihre Mandate, sowie 
eine officielle Mittheilung über die Mitgliederzahl ihres resp. 
Vereins zur Legitimation mitzubringen. 

Am Sonnabend Abend findet ein Festmahl statt. Gäste 
sind zu diesem und zur Sitzung willkommen. 

Der Vorsitzende. 

Dr. Esser., 


Prof. Dr. August Lustig f. 

Am 29. April verstarb in Hannover, von langem schweren 
Leiden durch einen erneuten Schlaganfall erlöst, der frühere 
Leiter des Pferdespitals Prof. Dr. August Lustig im 
61. Lebensjahre. Vor drei Jahren nothigte ihn schwere Er¬ 
krankung, seine Berufsthätigkeit aufzugeben und seitdem lebte 
er hier in stiller Zurückgezogenheit. Die Würdigung der Ver¬ 
dienste dieses allgemein beliebten Lehrers und hochgeachteten 
Forschers soll demnächst näher erfolgen. 


Uebernahme der Kosten tierärztlicher Untersuchungen 
auf die Staatskasse. 

In Betreff der Kosten, welche durch die kreisthierärztliche 
Untersuchungen von Handelsvieh und dergl. behufs Verhütung 
von Seuchenverschleppungen entstehen, hat das preussische 
Abgeordnetenhaus am 27. April d. J. beschlossen, 

die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, das Gesetz 
vom 12. März 1881, betreffend die Ausführung der Reichs¬ 
gesetze über die Abwehr und Unterdrückung der Viehseuchen, 
nach Möglichkeit dahin in Anwendung zu bringen, dass die im 
öffentlichen Interesse erwachsenden Kosten von der Staats¬ 
kasse getragen werden. 


Personal-Nachrichten. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Districtsthierarzt Reindl in 
Aibling wurde zum Bezirksthierarzt in Rosenheim, Schlachthofthierarzt 
W. Fietz in Leipzig vertretungsweise zum Director des Schlachthofes in 
Gera, Schlachthofthierarzt Steuerwald in Breslau zum II. Schlachthof¬ 
thierarzt in Kattowitz ernannt. Schlachthofverwalter A n d r i c h in Kattowitz 
erhielt den Titel Director. Verzogen sind die Thierärzte Holtermann 
von Bemkastel nach Haselünne, H. Feser von Weissenburg nach Starn¬ 
berg, Wernicke von der Quarantäneanstalt in Hvidding nach Berlin, 
Sieber von Grossbiberan nach Bernburg (Westph.) 

Das Examen als beamtete Thierärzte bestanden in Berlin: 
Dr. Bernhardt, Gestütsthierarzt in Trakehnen, Dr. Bütz 1 er, Schlachthof¬ 
director in Trier, E, Heese, Schlachthausthierarzt in Magdeburg, E. Möl- 
husen, Rossarzt in Torgau, J. Müller, Schlachthofinspector in Pieschen 
(Posen), Dr. Preusse, Assistent an der Thierlrztlichen Hochschule in 
Berlin, E. Quatscha, Thierarzt in Striegau (Scbles.). 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutschen 

Heeres: Rehfeldt, Rossarzt vom Hus.-Regt. No. 11 , zum Drag.-Regt. 
No. 21 versetzt. 

Gestorben : Professor Dr. Lustig ln Hannover, P. M ö 11 i n g e r, 
städt. Thierarzt in Berlin-Lichtenberg, Th i essen, Thierarzt in Tetenbüll 
(Schlesw.-Holstein), W o 11 g a s t, Thierarzt in Liebenwalde. 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thierärztliche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der Macklofschen Druckerei in Karlsruhe i. B. 

Mit einer Beilage der chemischen Fabrik von BLnoll Jh Co. In Lndwigshafen a./Rh. betr. Weitere Berichte über die 
Wirksamkeit des Tannalbin veterln. (Knoll) bei Durchfällen der Thlere. 


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Deutsche 


Thierärztliche Wochenschrift 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regierungs- and Meilicinalrath, 
Director der Thierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 


herausgegeben von 
Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregiernngsrath 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regierungsrath und Mitglied 
'les Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 


Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Louisenthal (Saar). 


redigirt von 


Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot’schcn Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zürn Preise von 4 viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post auf N'o. 1784 a. 


Sechster Jahrgang. 


Sämmtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 
Correcturen und Anzeigen an die Expedition der 
Deutschen Thierärztliclien Wochenschrift 
in Karlsruhe ' Baden'. 


m ao. 


Ausgegeben am 14. Mai. 


1898. 


Massregeln gegen Viehseuchen sowie Ein¬ 
führung der obligatorischen Fleischschau. 

Verhandlungen des preußischen Abgeordnetenhauses. 

(Fortsetzung <Icr Rede von M c n d c I - S t c i n fe I s.) 

Der zweite Punkt unseres Antrages befasst sich mit der 
Seuchenbekämpfung im Inlandc. Die Seuchenbekämpf¬ 
ung im Inlande ist eine ernste Sache; denn sic soll erstens 
bezwecken die Austilgung der Seuchen und die Beseitigung 
des Seuchengespenstes; zweitens soll sic aber auch bezwecken 
neben der möglichsten Erreichung des ersten Zweckes eine 
möglichst geringe Behinderung der wirtschaftlichen Betätigung 
des Volkes. Dass das letztere nicht immer möglich ist, und 
dass die deutsche Landwirtschaft in den Seuchcnbckämpfungs- 
massregeln im Inlande schwere Lasten auf den Schultern trägt, 
ist ganz zweifellos. 

Nun möchte ich folgende Punkte und Wünsche der Staats¬ 
regierung unterbreiten hinsichtlich einer Reform der Seuchen¬ 
bekämpfung im Inlande: I. das heutige Seuchennachrichtcn- 
wesen ist einer Weise geregelt, die den Ansprüchen der Land¬ 
wirtschaft nicht genügen kann. Es werden allmonatlich einmal 
Seuchennachrichten vom Reichsgesundheitsamte herausgegeben, 
aber nur für den Tag der betreffenden Zusammenstellung 
respektive der Publication, während man in Oesterreich längst 
alle 8 Tage für die ganze Frist, im Königreich Sachsen alle 
14 Tage für die ganze Frist solche Nachrichten veröffentlicht. 
Das Reichsgesundheitsamt hat für die besondere Form in’s 
Feld geführt, dass die öftere Publication über die gesammten 
Seucheneinbrüche die Gefahr hätte, dass dann auch das Aus¬ 
land mehr als bisher über unsere Verseuchung im Inlande 
orientirt würde. Ich kann diesen Einwand nicht anerkennen, 
indem ich einerseits von der Ausfuhr von Vieh aus Deutschland 
ein wesentliches Moment der Beeinflussung unseres wirtschaft¬ 
lichen Interesses nicht erwarte, und indem ich andererseits den 
Nachtheil, der darin besteht, dass wir nie wissen, wo die 
Seuchen herrschen, und demgemäss stets der Gefahr ausgesetzt 
sind, durch Händler Einschleppungen aus diesen Bezirken zu 
erhalten, für bedeutend grösser halte. Die Händler fallen in 
den Gegenden, die seuchenverdächtig sind oder wo die Seuche 
in der Nähe herrscht, ein, weil die Landwirthe in der Regel 
in solchen Fällen geneigt sind, billiger zu verkaufen; die Händler 
aber schleppen dann das Vieh in gesunde Bezirke und dort 
findet die Seuche von neuem Nahrung. 

Ich bin deshalb der Meinung und mit mir meine Fraktion, 
dass es unbedingt nöthig ist, dass in regelmässiger, achttägiger 


Frist mit Einbeziehung der sämmtlichen Seuchenausbrüche der 
vergangenen Woche die betreffenden Publicationen durch das 
Rcichsgesundheitsamt vollzogen werden müssen. 

2. Hinsichtlich der Seuchenanzeige und hinsichtlich der 
ersten Vollziehung der Massregeln der Absperrung muss etwas 
weniger bureaukratisch verfahren werden wie bisher. Augen¬ 
blicklich muss z. B. bei dem Ausbruch der Maul- und Klauen¬ 
seuche die Anzeige von dem Amtsvorstehcr an den Landrath 
gehen; darauf wird der Thicrarzt geschickt, und die Sperre 
erst dann verhängt. Wenn nun die Seuche im Kreise in sehr 
starkem Masse herrscht, dauert es sehr oft drei bis fünf bis 
sechs Tage, bis die Sperre verhängt werden kann In der Zeit 
kann der ganze Ort angesteckt sein. Ich bin unbedingt der 
Meinung, dass der Amtsvorsteher allein schon berechtigt sein 
muss, wo die Seuche ausgebrochen ist, eine provisorische 
Sperre sofort zu verhängen. Nachträglich kann die Sache ja 
definitiv gemacht werden. Bei Schweinerothlauf wird es schon 
so gehandhabt. 

Ich empfehle ausserdem, dass mit der Seuchencontrole 
und besonders auch mit der Bestimmung der Aufhebung der 
Sperre, die vielfach mangels Zeit vom Kreisthierarzt hinaus¬ 
geschoben werden muss, auch andere Thierärzte beamtet werden. 
Es ist meines Erachtens nicht richtig, dem Kreisthicrarzt z. B. 
in einem grossen Kreise und bei starker Verseuchung allein 
die betreffende Seuchencontrole aufzubürden. Wir haben in 
vielen Städten tüchtige Privatthierärzte, die nach einer ent¬ 
sprechenden Orientirung und Prüfung wohl damit beamtet werden 
können, den Kreisthierarzt zu unterstützen, damit einerseits der 
Vollzug der Sperre, andererseits aber auch die Aufhebung, wo 
die Zeit der Sperre abgelaufen ist, und die Controlc der Dcs- 
infection schleunigst besorgt werden kann. Es ist eine schwere 
Belästigung für den Landwirth, wenn er schlachtbarcs Vieh zu 
verkaufen hat und warten muss von Tag zu Tag, wie ich das 
aus Erfahrung weiss, bis der Thierarzt kommt und die Sperre 
aufhebt. In solchen Fällen kommen dann oft Contraventioncn 
gegen die Sperre vor. 

3. DasVerfahrcn in der Bekämpfung der Seuche 
muss möglich einheitlich durch geführt werden. 
Wie ist es denn heute? Jedes Land hat seine eigene Polizei¬ 
bestimmungen, jede Provinz hat ihre eigene Polizeibestimmungen, 
jeder Regierungsbezirk erlässt eigene Polizeibestimmungen, jeder 
Kreis leistet sich wieder eigene Polizeibestimmungen. Vor 
Polizeibestimmungen und Vorschriften weiss man sich kaum 
mehr zu retten! In einem Kreise ist man eingenommen für 
die Flursperre, in einem andern für die Kreissperre, im dritten 
ist man für ein combinirtes System. Hier ist Feldarbeit während 


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170 


DEUTSCHE THIER.ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


14. Mai 


• der Seuchenherrschaft doch nicht zugelassen und so weiter. Von 
einem System, von einer gemeinsamen Bekämpfung der Seuche 
im grösseren Bezirke zur Zeit von grosser Seuche ist gar keine 
Rede. Ich bin deshalb der Meinung, dass es nothwendig ist, 
dass die oberste Centralinstanz bestimmte Gesichtspunkte aus¬ 
arbeiten lässt, feststellt und publicirt, nach denen im All¬ 
gemeinen die Sperrmassregeln zu handhaben sind. Wir brauchen 
. grosse, wesentliche Gesichtspunkte! Es mögen hierbei immer 
noch locale Verhältnisse Berücksichtigung finden, und sie werden 
es auch. Die erste Massregel wird nun die Gehöftsperrc sein 
und zwar nicht allein durch die Absperrung des Viehes, sondern 
auch durch strengste Observirung des Personals, durch die 
möglichste Isolirung auch in anderer Weise, z. B. durch An¬ 
hängen der Hunde, durch das Verbot des Verkehrs von Un¬ 
berufenen auf dem Gehöfte, Desinfection des Dunges u. s. w. 
Wenn es aber den Anschein gewinnt, dass die Seuche durch 
den ganzen Kreis gehen will, dann ist es viel zweckmässiger, 
den ganzen Kreis zu sperren, und damit die freie Feldarbeit 
zu gestatten, den Landwirth nicht zu hindern mit Einzelsperren 
der Orte. Es findet dann gewöhnlich die Verseuchung in ver- 
hältnissmässig kurzer Frist statt und die Belästigung ist weniger 
empfindlich, wie wir aus entsprechenden Beispielen in der 
Provinz Sachsen zur Genüge erfahren haben. 

4. Dass der Herr Minister die sehr lästigen Bahnhofs¬ 
sperren nur mehr im Nothfall anwenden lässt, erkenne ich 
dankbar an. Hinsichtlich der Verschleppung der Seuche durch 
die Menschen verweise ich auf § 63 Ziffer 2 der Ausführungs¬ 
bestimmungen zum Reichsviehseuchengesetz; ich wünschte nur, 
dass dieselben strenge beobachtet werden und dass die Staats¬ 
regierung bei gegebener Gelegenheit auf dieselben hinweist. 

Ich möchte aber auch noch eine andere Anordnung wünschen, 
die kürzlich im Königreich Sachsen erlassen ist und die meines 
Erachtens sehr bedeutsam ist, nämlich die Anordnung, dass 
alles Dienstpersonal, welches zur Abwartung von Rindvieh und 
Schweinen nach anderen Orten sich weiter vermiethet, ins¬ 
besondere die sogenannten Ober- und Unterschweizer, beim 
Stellenwechsel genöthigt werden, ein von der Ortspolizeibehörde 
ausgestelltes Zeugniss beizubringen, in welchem bescheinigt 
wird, dass der Stall, welchen der Inhaber verlassen hat, frei 
von Maul- und Klauenseuche ist. Denn der Dienstbotenwechsel 
ist heute sehr lebhaft und umfangreich, und es ist nicht aus¬ 
geschlossen, dass Verschleppungen eintreten, indem die be¬ 
treffenden Viehwärter verschweigen, dass sie aus einem ver¬ 
seuchten Stall kommen, weil sie befürchten, dass sie sonst der 
Stelle verlustig gehen würden. 

Der Viehhandel und die Märkte bilden ebenfalls eine 
wichtige Seite der Sache. 

Der Viehhandel bedarf einer bedeutend strengeren Ob¬ 
servirung, als es bis heute der Fall ist. Denn wir machen 
die Beobachtung, dass vielfach — ich will nicht sagen überall — 
dem Viehhändler verzweifelt wenig daran liegt, ob er Seuchen 
verschleppt, wenn er selbst nur nicht mit seinem Stall zur 
Sperre kommt und nicht selbst eine pekuniäre Schädigung er¬ 
leidet. Die Beispiele, dass durch die Viehhändler die Seuchen 
dolos verschleppt werden, sind ungemein zahlreich, und ich 
glaube, es wird keinen Regierungsbezirk geben, wo nicht da 
und dort Klagen in dieser Beziehung schon laut geworden sind, 
oder wo nicht Händler wohnen, die unter die von mir ge¬ 
schilderte Kategorie fallen. Ich möchte deshalb wünschen, dass 
generell ein möglichst scharfes Strafmass gegen Seuchen¬ 
verschweigung unter allen Umständen in Anwendung gebracht 
wird; dann möchte ich aber auch wünschen, dass für die ganze 
prcussische Monarchie Bestimmungen von der Centralinstanz 
erlassen werden, die eine schärfere Controle der Viehhändler 
und der Märkte bezwecken. 

Unter den Massregeln hinsichtlich der schärferen Controle 
der Viehhändler hebe ich ganz besonders folgende hervor. 
Erstens wünsche ich, dass, wie ich es bereits im vorigen Jahre 
hier ausgesprochen habe, die Viehhändler gezwungen werden, 
genau Buch zu führen über Eingang und Ausgang, über Kauf 
und Verkauf, über Herkunft und Verbleib des Viehs, sodass 
den beamteten Thierärzten und den Polizeibehörden die Mög¬ 


lichkeit gegeben ist, dem Ursprung der Seuchen eventuell nach¬ 
zukommen. Sie werden häufig finden, dass das Vieh ein¬ 
gekauft ist an Orten, wo bereits Seuchenverdacht herrschte 
und an der Grenze von Seuchenausbrüchen, weil dort der Ein¬ 
kauf, wie bereits erwähnt, billiger ist. Zweitens wünsche ich, 
dass die Ställe der Viehhändler einer dauernden Controle unter¬ 
worfen werden hinsichtlich der Desinfection der Stallungen und 
der Gesundheit der Viehbestände. Drittens verlange ich, dass 
in ganz Preussen den Viehhändlern, besonders den Schweinc- 
händlcrn verboten wird, ihr Vieh ohne Erlaubniss des Besitzers 
auf den -Hof zu treiben. Es ist ein Unfug, der vielfach statt¬ 
findet, dass die Schweinehändler ihr Borstenvieh ohne Erlaub¬ 
niss auf den Hof eines Landwirths treiben; cs wird dadurch 
Gelegenheit zur Verschleppung der Seuchen in eminentem 
Masse geboten. Weiter möchte ich wünschen, dass polizeilich 
verboten wird, dass ein Schlächter oder Viehhändler ohne Er¬ 
laubniss des Besitzers die Ställe desselben betritt, um auch 
durch diese Vorschrift einer Seuchenverschleppung vorzubeugen. 
Die Controle des Wanderviehs in kurzen Fristen halte ich 
ferner für sehr nöthig. Dann möchte ich empfehlen, dass die 
Namen derjenigen Händler, die wiederholt innerhalb einer ge¬ 
wissen Zeit notorisch Seuchen verschleppt haben, öffentlich 
publicirt werden, damit das ländliche Publikum in der Lage 
ist, sich vor solchen Leuten mehr oder weniger zu hüten. Ich 
bedauere, dass wir für Leute, die dolos Seuchen verschleppen, 
nicht nach unserem Reichsgewerbegesetze das Recht der 
Concessionsentziehung haben, sonst würde ich den Wunsch 
aussprechen, dass Viehhändler, die wiederholt und immer wieder 
Seuchen einschleppen, ihre Concession verlieren sollen. 

Auch die Märkte verdienen unsere Beachtung. Wir haben 
schon im vorigen Jahre eine Regulirung der Vorschriften über 
die Märkte erwartet, und ich wünschte sehr, dass endlich nach 
dem Beispiele anderer Staaten in der Sache auch bei uns 
vorgegangen wird. Auf folgende Gesichtspunkte möchte ich 
besonderen Werth gelegt haben: 

1. Am Tage des Marktes und am Tage vor dem Markt 
müssen die sämmtlichen Wirthsstallungen und Privatstallungen, 
die für fremdes Vieh vermiethet werden, desinficirt werden. 

2. Der Vorhandel vor den Märkten wird verboten. Heute • 
herrscht der Unfug allenthalben, dass die Händler schon am 
Tage vorher Geschäfte machen — Einkäufe, Verkäufe —, mit 
dem Vieh weiter ziehen, und um den Markt sich weiter gar 
nicht kümmern. Auch solches Vieh muss controlirt werden, 
und der Vormarkt muss unter allen Umständen verboten werden. 

3. Der Marktplatz muss mit Einrichtungen versehen werden, 
so dass die Thiere angebunden und in Reihen aufgestellt werden; 
das erleichtert die Uebersicht und die Controle. 

4. Der Marktplatz soll nur einen oder höchstens zwei Zu¬ 
gänge haben, die controlirt werden können, so dass kein un- 
controlirtes Thier zugelassen wird. 

5. Der Thierarzt soll das Maul der Thiere nicht selber 
öffnen, damit durch ihn selber Seuchen nicht verschleppt werden, 
sondern muss diejenigen Leute zur Verfügung haben, die das 
Oeffnen des Maules vornehmen, wie es im Grossherzogthum 
Baden z. B. vorgeschrieben ist. 

Endlich sind grössere Menschenansammlungen in Zeiten, 
wo die Seuche an einem Orte herrscht, ebenfalls unter allen 
Umständen zu verbieten. 

Mit den Absichten des Herrn Landwirthschaftsministers 
bin ich einverstanden, dass eine Vorschrift erlassen werde, 
dass die Milch der Meiereien pasteurisirt werden muss, bevor 
sie in den Verkehr geht, damit die Keime der Tuberculosc 
und die Keime der Maul- und Klauenseuche nicht verschleppt 
werden können. Aber ich möchte den Wunsch ausspiechen, 
dass die Durchführung dieser Massregel in einem Tempo statt¬ 
finde, dass eine Schädigung der Molkereien ausgeschlossen ist, 
denn die Kosten einer Vorrichtung zum Erhitzen der Milch 
sind nicht unbedeutend und manche ältere Meiereien sind oft 
kaum in der Lage, in Rücksicht auf Dampfvorrath und Raum 
ohne völligen Umbau den Ansprüchen solcher Verordnung ge¬ 
recht zu werden. 


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No. 20. 


Das Verbrennen des Ccntrifugenschlammes, welches jetzt 
verlangt wird, halte ich für sehr zweckmässig. Schliesslich 
bringe ich zur Kcnntniss des Ministers die Thatsache, dass nach 
dem Königreich Sachsen nach amtlichen Nachweisen von dem 
Rummclsburgcr Markt 123 Fälle von Einschleppung der Maul¬ 
und Klauenseuche durch Schweine stattgefunden haben, dass 
vom Viehhof von Berlin nach Sachsen in 43 Fällen, und zwar 
in 42 durch Schweine und in einem durch Rinder, die Maul¬ 
und Klauenseuche cingcschleppt ist, dass ebenfalls nach dem 
Nürnberger Markt, selbst nach München Scuchenvcrschlcppungen 
von der Centrale Berlin stattgefunden haben. Diese Vorgänge 
mögen noch schärfere Controle veranlassen, wenn sie auch 
lange nicht den Umfang zeigen, wie umgekehrt die Ver¬ 
schleppungen aus Bayern nach Preussen. 

Zu Zeiten grosser Scuchengefahr sollte die Staatsregierung 
entsprechend dem § 2 des Reichsviehseuchengesetzes Scuc hen- 
commissarc ernennen, die mit theilweiser Umgehung der 
Polizeibehörden berechtigt sein sollten, sofortige Massrcgeln zu 
ergreifen, und unter Controle der Regierung im Grossen zu 
organisiren. Die tüchtigsten Thierärzte wären dazu wohl am 
geeignetsten. Dieses Institut der Scuchencommissare halte ich 
für der Beachtung wohl werth. Die Gründe zu schildern unter¬ 
lasse ich, sie gehen aus meinen Ausführungen an sich hervor. 

Endlich möchte ich noch den Wunsch aussprechen, dass 
an die Verbesserung der Lage unserer Kreisthier- 
ärzte gedacht werde, sei es auf dem Wege der Verleihung 
der Pensionsfähigkeit, sei es auf dem Wege der Verbesserung 
ihres Gehaltes und auch hinsichtlich ihrer ganzen Stellung. In 
den Händen dieser Thierärzte liegt doch unter den heutigen 
Verhältnissen wichtiges nationales Kapital! Die Leute müssen 
Lust und Liebe zu ihrem Berufe behalten. In Rücksicht darauf, 
dass die Seuchenbekämpfung einen gewissen Gegensatz zur 
Viehhaltung hervorbringt, indem kein Viehbesitzer zur Zeit der 
Scuchenhcrrschaft einen Kreisthierarzt in seinen Stall rufen 
wird, weil er eine Verschleppung fürchtet, muss der Mann 
vielfach auf Privatverdienst verzichten und zwar im Interesse 
des öffentlichen Dienstes, und dieser lohnt die Thätigkeit nicht 
im Verhältnisse zur geforderten Leistung. So halte ich es 
für dringend nothwendig, dass die Staatsregierung 
an eine Reformirung der Verhältnisse unserer 
Thierärzte herantritt, und diesen Wunsch möchte ich 
dem Herrn Minister ganz besonders ans Herz legen. 

Der dritte Punkt unseres Antrages bezieht sich auf die 
pathologische Bekämpfung der Seuchen. Der Grenzschutz und 
die Bekämpfung der Seuchen im Innern sind zwei wichtige 
Factoren, aber neben diesen käme noch eine Forderung in 
Betracht, die meines Erachtens ebenfalls von eminenter Be¬ 
deutung ist, nämlich die pathologische Bekämpfung 
der Seuchen Diese hat in neuerer Zeit die allgemeine Auf¬ 
merksamkeit wesentlich auf sich gelenkt. In den thiermedicini- 
schen Schriften finden wir eine Anzahl von Vorschlägen zur 
Bekämpfung von Tuberculose, der Maul- und Klauenseuche, 
des Rothlaufs, des Rotzes u. s. w. Ich möchte die Königliche 
Staatsregierung dringend bitten, der pathologischen Bekämpfung 
der Seuchen ihre vollste Aufmerksamkeit zuzuwenden. 

Die Tuberculosebekämpfung ist der erste Punkt, den ich 
kurz beleuchten will; die Perlsucht unter dem Vieh nimmt ja 
zweifellos von Jahr zu Jahr in erschreckendem Masse auch in 
Deutschland zu, wie ich das mit Zahlen beweisen könnte. 
Ucbcrdies ist die Perlsucht auch eine Krankheit, die für die 
menschliche Gesundheit durch Uebertragung im hohen Grade 
bedenklich erscheint. Der Thierarzt Bang in Dänemark hat 
ein Verfahren zusammengestellt, wonach die Scheidung der Thiere, 
nämlich der gesunden und der auf Tuberculinimpfung reagirt 
habenden — also kranke oder verdächtige — durchgeführt wird; 
ferner schreibt er das Kochen der Milch für die Kälber vor 
und die Ausmerzung der Thiere, welche die klinische Aufnahme 
der Krankheit bereits aufweisen u. s. w. Durch diese Methode 
wird eine allmälige Sanirung der Bestände erreicht. Ich 
möchte wünschen, nachdem die Beispiele in Dänemark sich als 
erfolgreich erwiesen haben, dass die Staatsregierung in aus¬ 
gedehntem Masse die Bekämpfung der Seuchen in dieser Rich- 


171 


tung ins Auge fasse einerseits durch Unterstützung der Land- 
wirthschaftskammern, um das Verfahren im Grossen zu betreiben, 
dann durch Prämiirung der Stallungen, die diese Methode durch¬ 
geführt und gesunde Viehbestände werden erlangt haben, drittens 
vielleicht auch durch die theilweise Entschädigung für solches 
Vieh, welches zur Abschlachtung kommen muss, weil es die 
klinischen Anzeichen der Krankeit an sich trägt, also an¬ 
steckungsverdächtig ist. Der Herr Finanzminister muss allcr- 
! dings etwas tiefer in die Tasche greifen, als er bisher für 
solchen Zweck zu thun gewohnt war, denn es werden, wenn 
j die Seuchenbekämpfung auf pathologischem Wege mit Erfolg 
durchgeführt werden soll, beträchtliche Staatsmittel nothwendig 
werden; die Berechtigung, diese Mittel in umfangreicher Weise 
zu benutzen, ist durchaus vorhanden, wie kaum ein Mitglied 
dieses Hauses bezweifeln wird. 

Hinsichtlich der Bekämpfung des Schweinerothlaufes muss 
ich nun eine berechtigte Kritik üben. Wir kennen drei Ver¬ 
fahren, die Rothlaufseuche zu bekämpfen. Erstens das Porcosan, 
ein Mittel, welches vielfach empfohlen worden ist, welches aber 
nach dem Urtheil der thierärztlichen Autoritäten nicht als 
empfchlenswcrth anzuschen ist; zweitens die Pasteur sehe 
Impfmethode, die verhältnissmässig einfachste, die das virulente 
Gift dem Thierkörper einimpft und dadurch eine Immunität 
herbeiführt; sie ist nicht anzuwenden bei älteren Schweinen, 
die nicht selten in Folge der Impfungen eingehen. Erprobt 
hat sich aber die Lorcnz’schc Methode. Ich habe schon 
im vorigen Jahre hier im Hause dringend gewünscht, dass die 
Staatsregierung dieses Verfahren von Herrn Geheimrath Lorenz 
käuflich erwerben und der Landwirtschaft allgemein zur Ver¬ 
fügung stellen möchte, wie es z. B. Württemberg gethan hat. 
Zwar ist vom Herrn Director Schütz das Bedenken geäussert 
worden, dass die Impfung nach der Lorenz'sehen Methode 
die Gefahr der Weiterverschleppung in sich berge, weil die 
betreffenden Impfstoffe noch virulent durch den Koth wieder 
ausgeschieden würden. Die praktischen Erfahrungen aber in 
Tausenden und Abertausenden von Fällen, auch in meiner Pro¬ 
vinz, wo wir mit 9000 Schweinen Versuche angestellt haben, 
bewiesen, dass das Lorenz'sehe Verfahren, wenn es auch 
etwas complicirt, unter allen Umständen als sicheres 
Mittel gegen denRothlauf angesehen werden kann. 
Ich möchte an den Herrn Minister und die Staatsregierung die 
dringende Bitte richten, von der Brandenburgischen Landwirth- 
schaftskammer, in deren Händen heute das Mittel ist, das Ver¬ 
fahren zu erwerben; denn es ist für die einzelne Landwirth- 
schaftskammer eine viel zu schwere Aufgabe und eine viel zu 
grosse Belastung, für das ganze Preussenland und darüber hinaus 
die Lymphe zu beschaffen. Wenn dagegen in jeder Provinz 
eine Lymphbereitungsanstalt eingerichtet ist, und wenn die 
Staatsregierung Mittel den einzelnen Kammern zur Verfügung 
stellt zwecks Verbilligung der Herstellung, dann werden die 
Kammern im Stande sein, in ihren Provinzen das Mittel um¬ 
fangreich zur Verfügung zu stellen und nach localen Bedürf¬ 
nissen und den localen Anforderungen die Lymphe zu bereiten. 
So aber wird das Mittel meiner Ansicht nach nicht seinen 
Zweck voll erreichen. Ich glaube, dass gerade beim Schweine¬ 
rothlauf die vitalsten Interessen auch des kleinen Grundbesitzes 
in Betracht kommen, und doppelte Pflicht der Staatsregierung 
ist es, hier helfend einzugreifen. Ich hoffe deshalb, dass meine 
Bitte als eine unberechtigte nicht angesprochen werden kann, 
sondern dass sie schleunigst erfüllt wird. 

Auch für die Maul- und Klauenseuche ein Be¬ 
kämpfungsmittel zu finden, sind wir auf dem besten Wege. 
Es ist eine eigenthümliche Erscheinung, die unter allen Um¬ 
ständen hier besprochen werden muss, dass fast alle Mittel, 
die auf pathologischem Wege heute zur Bekämpfung der Seuchen 
in die Oeffentlichkeit getreten sind, nicht aus den Centren der 
thierärztlichen Forschung, von den thierärztlichen Hochschulen 
gekommen sind, sondern aus den Kreisen der praktischen Thier¬ 
ärzte. 

Es ist das ein Beweis, meine Herren, dass die Scuchen- 
beobachtung im Grossen ein wesentlicher Factor für die Seuchen- 
sanirung ist, und dass nur der Versuch im Grossen ein 


DEUTSCHE THlERzERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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172 


DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


14. Mai. 


fruchtbringender und erfolgverheissender sein kann. 
Der Laboratoriumsversuch, der Versuch mit den paar Thieren 
in einer wissenschaftlichen Anstalt, meine Herren, dient nicht 
zur praktischen Lösung der Frage; das bleibt ein theoretisches 
Experiment, welches für die Wissenschaft ein grosses Interesse 
haben mag, aber für die Praxis meiner Ueberzeugung nach 
nie und nimmer anwendbare Resultate und Erfolge geben kann. 
Es ist das just so wie mit den pflanzenphysiologischen Stationen. 
Der Versuch im Laboratorium und in der Vegetationsstation 
crgiebt gewisse theoretische Gesichtspunkte; aber massgebend 
für die Praxis ist nur der Feldversuch in der praktischen Land¬ 
wirtschaft und in der freien Natur. Da möchte ich nun 
dringend beantragen, dass die Staatsregierung unter allen Um¬ 
ständen diesen Versuch im Grossen fördert und unterstützt. 
Man will ja der Landwirtschaft nach Kräften helfen. Hic 
Rhodus, hic salta! hier heisst es eingreifen. Ich bin der festen 
Ueberzeugung, meine Herren, wenn hier mit reichen Mitteln 
geholfen wird, dass die Seuchenbeobachtung und Bekämpfung 
und das Experiment in der Seuchenbekämpfung im Grossen in 
den einzelnen Provinzen und z. B. durch die Kammern durch¬ 
geführt werden kann, dann werden wir in verhältnissmässig 
kurzer Zeit zu praktischen Resultaten kommen, die der deutschen 
Landwirtschaft Heil und Segen bringen werden. 

Jede Einseitigkeit, jede bureaukratische Behandlung, jede 
Berücksichtigung von Vorurtheilen auf diesem Gebiete ist vom 
Ucbel. Hier muss im Grossen gekämpft und im Grossen auch 
die Bekämpfung durchgeführt werden. Ich hoffe, dass dieser 
Appell an die Staatsregierung Erfolge hat, und dass im nächsten 
Jahre der Etat die nothwendigen Gelder hierfür vorsieht. Die¬ 
selben werden reichliche Zinsen bringen. Besondere Vorschläge 
zu machen behalte ich mir noch vor. 

Damit, meine Herren, habe ich diejenigen Gesichtspunkte 
beleuchtet, die zu beleuchten meine Aufgabe war. Ich möchte 
dringend wünschen, dass das preussische Abgeordnetenhaus 
nicht auseinandergeht, ohne dass wir bindende Erklärungen 
von der Staatsregierung erhalten haben, dass mit neuer Kraft, 
mit neuen Mitteln und mit der berechtigten Rücksichtslosigkeit 
gegen das Ausland, gegen das Seuchengespenst vorgegangen 
wird. Besonders empfehle ich aber, dass mit derselben Kraft 
und Zähigkeit und mit der gleichen Gewissenhaftigkeit, mit der 
unsere Regierung im Inlande die Seuchen bekämpft, sie auch 
den ausländischen Grenzen gegenüber vorgehe. Dann wird 
hoffentlich auch der Tag anbrechen, wo wir in Deutschland 
wieder sagen können: wir sind, Gott sei Dank, ganz oder einiger- 
massen frei von den Seuchen, wo die deutsche Landwirthschaft 
wieder aufathmen kann und mit doppelter Lust, mit doppelter 
Freude und doppelter Kraft der Viehzucht sich zuwenden wird, 
um das Ziel und Ideal zu erreichen, dem deutschen Volk das, 
was es an Thierproducten bedarf, auch selbst darbieten zu 
können. 

Abgeordneter Ring: Ich befinde mich dem Hohen Hause 
gegenüber heute in der angenehmen Lage, in dem zweiten 
Theil des Antrages, der sich im Wesentlichen beschäftigt mit 
der Erreichung sanitärer und veterinärer Massnahmen, haupt¬ 
sächlich aber sanitärer Massnahmen, die Gefahren zu beleuchten, 
welche dem Consumenten drohen, falls dieser zweite Theil die 
Billigung des Hohen Hauses nicht finden würde. 

Die Einführung der Fleischbeschau in Deutschland ist nicht 
eine Forderung der Landwirthe allein, sondern bereits im 
Jahre 1896 hat eine Anzahl von Schlachthofdirectoren, Ver¬ 
tretern des Schlächtergewerbes und der Landwirthschaft diesen 
Antrag gestellt. Ferner hat der Verein für öffentliche Gesund¬ 
heitspflege auch bereits seit langen Jahren für die Einführung 
der allgemeinen Fleischbeschau plädirt; auch der deutsche 
Veterinärrath sowie der deutsche Aerztetag sind ebenfalls schon 
seit längerer Zeit scharf für die Einführung der obligatorischen 
Fleischbeschau eingetreten. Meine Herren, das- sind doch alles 
hochansehnliche Körperschaften, von denen man nicht sagen 
kann, dass sie rein agrarische Interessen verfolgen. 

Die Einführung der allgemeinen und obligatorischen Fleisch¬ 
beschau ist eine Forderung der öffentlichen Gesund¬ 
heitspflege! Es ist fcstgcstellt worden, dass 4 / 5 sämmtlichcr 


Massenerkrankungen in Folge der Nothschlachtung entstanden 
sind. Wir wissen diese Gefahr draussen auf dem Lande ganz 
genau zu schätzen, und wer Viehhaltung besitzt, dem ist es 
durchaus bekannt, dass, sowie ein Stück Vieh in irgend einer 
Weise erkrankt ist, sehr bald ein sogenannter Winkelschlächter 
oder sogenannter Kaltschlächter erscheint, einen Lumpenpreis 
dafür bietet, und dass dann aus solchem erkrankten Vieh haupt¬ 
sächlich Wurst oder sonstige Conserven gemacht werden. 

Ich erinnere an den Zug des dänischen Viehs im Jahre 
1896, als wir dasselbe noch nicht der Tuberculinprobe unter¬ 
warfen, wo es, von Hamburg kommend, noch in den freien 
Verkehr gelangte; die Stadt Köln, das Kölner Schlachthaus hat 
damals die Einfuhr von dänischem Vieh deshalb zurückgewiesen, 
weil die dortige Schlachtviehvcrsichcrung nicht bestehen konnte, 
da es sich herausstelltc, dass das dänische Vieh so stark tuber- 
culös war, dass eine Entschädigung den Bestand der Ver¬ 
sicherungskasse in Frage stellte. Die allgemeine obligatorische 
Fleischbeschau ist auch durchaus nothwendig im veterinären 
Interesse. Selbstverständlich würde durch die Fleischbeschau 
an dem Vieh, welches geschlachtet wird, festgestellt werden 
können, ob es an irgend einer Seuche litt. 

Meine Herren, ich kann Namen? meiner politischen Freunde 
erklären und werde mir erlauben, einen diesbezüglichen An¬ 
trag einzubringen, dass wir den Satz: 

nur für gewerbsmässig zum Verkauf ge¬ 
langendes Fleisch und im Uebrigen generell 
in Wegfall zu bringen wünschen. 

Bereits im vorigen Jahre ist ja festgestellt worden, dass 
das Hohe Haus der Ansicht war, dass alles zum öffent¬ 
lichen Verkauf bestimmte Fleisch der Fleisch¬ 
beschau unterliegen muss. Ich möchte das Hohe Haus 
bitten, heute dafür einzutreten, dass nicht nur das zum öffent¬ 
lichen Verkauf gelangende Fleisch der Fleischbeschau unter¬ 
liegt, sondern dass die obligatorische Fleischbeschau ausgedehnt 
wird auch auf das platte Land. Ich weiss wohl, dass dem 
platten Lande dadurch manche Beschwerniss auferlegt wird. 
Ich weiss sehr wohl, dass es draussen im Lande manchen 
Landwirth giebt, der vielleicht mit dem Kopfe schütteln wird; 
aber es ist unbedingt nothwendig, dass wir hier vor dem Lande 
bezeugen: wir wollen keine Sonderbestimmung, keine Sonder- 
massregel in unserem Interesse, sondern wir wollen weiter 
nichts als in dem Verkehr mit Fleisch im Inlande gleiches 
Recht für'Alle haben. 

Was nun, meine Herren, die Kosten der allgemeinen 
Fleischbeschau betrifft, so hat die sächsische Regierung fest¬ 
gestellt, dass die Kosten der allgemeinen Fleischbeschau pro 
Kopf der Bevölkerung und pro Jahr 18 Pfennig betragen würden. 
Für 1 kg Fleisch berechnet stellen sich die Kosten beim Rind¬ 
fleisch auf 0,2, bei Schweinefleisch auf 0,3 Pfennig. Also von 
einer in Betracht kommenden Vertheuerung ist nicht die Rede. 

Meine Herren, die obligatorische Fleischbeschau ist aber 
nicht denkbar ohne obligatorische Schlachtviehversicherung, die 
wir bereits in vielen anderen Staaten haben. In Sachsen bei¬ 
spielsweise, wo sie soeben auch durch Gesetz vom dortigen 
Landtag angenommen wurde, ist die Schlachtviehversicherung 
obligatorisch ausgestaltet. Es werden dort bezahlt 80 °/ 0 des 
Werths desjenigen Stückes Vieh, welches beim Schlachten ver¬ 
worfen wird, 25 % werden aus Staatsmitteln dazu gegeben. 
Es würde sich wahrscheinlich nicht empfehlen, den Staat als 
Träger der gesammten Versicherung hinzustellen, sondern es 
würde richtiger sein, nach Provinzen die obligatorische Schlacht¬ 
viehversicherung zu regeln. 

Der deutsche Landwirthschaftsrath ist zu dem allgemeinen 
Beschluss gekommen, dass die Viehversicherung am empfchlens- 
werthesten ist in kleinen Verbänden mit Rückversicherung im 
grossen Verbände, die Schlachtviehversicherung aber 
allgemein obligatorisch gemacht werden muss, wie es 
in Sachsen geschehen ist. Der erste Theil des sächsischen 
Gesetzes heisst ganz einfach: jedes zur ordnungsmässigen 
Schlachtung kommende Thier ist versichert. Man wird ferner 
nicht umhin können, von der Königlichen Staatsregierung die 
Einrichtung von Freibänken zu fordern, um die Landwirthe, 


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No. 20. 


DEUTSCHE THIER^ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


173 


die Schlächter vor grossen Verlusten 2U schützen und zu er¬ 
möglichen, dass geniessbares, nicht gesundheitgefährliches, aber 
nicht tadelfreies Fleisch auf der Freibank verwerthet werden 
kann. 

Meine Herren, erkennt man nun an, dass die allgemeine 
obligatorische Fleischbeschau im Inlande durchaus nothwendig 
ist, so wird man zugeben müssen, dass dieselbe auch eingeführt 
werden muss für die Einfuhr von Fleisch und Fleischconserven 
aus dem Auslande. Während im Jahre. 1893 166000 Doppel- 
centner Fleisch und Fleischwaaren, Speck und Würste u. s. w. 
eingeführt wurden, hat das Jahr 1897 mit der colossalen Ziffer 
von 489 000 Doppelcentnern abgeschlossen, d. h. in diesen 
Jahren, von 1893 bis 1897, ist die Einfuhr von Fleischproducten 
um 200 Procent gestiegen. 

Vom 1. bis 20. April dieses Jahres sind in Hamburg ein¬ 
geführt worden an dänischen Rindervierteln 8487 Stück, von 
denen man beinahe behaupten kann, dass sie fast gar keiner 
Controle unterstellt sind. Im Monat März hat Altona eingeführt 
197000 Kilogramm Fleisch allein aus Dänemark, d. h. es hat 
in diesem einen Monat mehr Fleisch aus Dänemark eingeführt, 
als die ganze Einfuhr 1897 betragen hat. Das sind erstaun¬ 
liche Ziffern, die weiter nichts beweisen, als dass unsere Nach¬ 
barn, die Herren Dänen, einen Weg gefunden haben, das tuber- 
culöse Vieh, was wir Gott sei Dank seit einiger Zeit zurück¬ 
weisen, doch hinüberzusenden. Sie schlachten es in ihren 
Häfen und bringen es als frisches Fleisch zu uns, oder, wenn 
das Vieh sehr stark tuberculös ist, wird es zu Wurst ver¬ 
arbeitet und so den deutschen Consumenten zugänglich gemacht. 
Das sind Zustände, gegen die wir entschieden die Hülfe der 
Staatsregierung nicht allein als Landwirthe, sondern 
auch als Consumenten verlangen müssen. Es ist der 
reine Hohn, der hier mit den Massnahmen der Regierung ge¬ 
trieben wird. 

Meine Herren, wie hat sich nun die Einfuhr, und zwar die 
dolose Einfuhr von schlechtem Fleisch, von trichinösen Schweinen 
aus Amerika gestaltet? Es bringt uns neuerdings die Hamburg- 
Amerikanische Packetfahrtgesellschaft mit jedem Schiff eine 
Sendung von amerikanischen ausgeschlachteten Schweinen, die 
mit Borsäure präparirt sind. Man kann ja über die Ingredienzien, 
mit denen das Fleisch conservirt werden soll, verschiedener 
Ansicht sein, ich kann nur sagen, dass die vielen Magenkrank¬ 
heiten und das Unbehagen auch vieler Collegen, wenn sie sich 
eine Zeit lang hier in Berlin aufgehalten haben, daher kommt, 
dass mit der Fleischnahrung, besonders auch mit den Fleisch¬ 
conserven fortgesetzt Chemikalien in den Magen der Betreffenden 
befördert werden, die sicherlich zu ihrem Behagen nicht bei¬ 
tragen. 

Beispielsweise ist in den rheinischen Schlachthäusern fest¬ 
gestellt worden, dass von 9000 Speckseiten amerikanischen 
Ursprungs 103 trichinös waren, von 4981 Schinken 53, im 
nächsten Jahre von 11 000 Speckseiten 99, von 13 000 Schinken 
169, 1893/94 von 13000 Speckseiten 109; kurzum, die Zahl 
der amerikanischen Schinken und Speckseiten, die stark mit 
Trichinen besetzt sind, hat von Tag zu Tag, man kann sagen, 
von Stunde zu Stunde zugenommen. 

Meine Herren, den meisten von Ihnen sind die Fälle be¬ 
kannt, dass durch die Firma Anna Luise Mohr in Hamburg mit 
ihren 79 Filialen in Güstrow, Malchin, Brandenburg, am Harz 
u. s. w. die Trichinose verbreitet worden ist, und dass die 
Polizeiverordnungen dieser Städte auf das Schärfste vor dem 
Genuss amerikanischer Wurstwaaren warnten. 

Ich will aus den vielen Beispielen, die mir vorliegen, noch 
ganz kurz eine Mittheilung von einem Processe in Köln machen, 
einer Firma Namens Kleefisch, die in Köln und im Lande 
durch zahlreiche Filialen die Trichinose verbreitet hat. Es ist 
von dieser Firma aus Serbien lange Zeit und in grossen Posten 
fortgesetzt verdorbenes Fleisch, verdorbene Schinken, verdorbene 
Wurstwaaren in den Handel gebracht worden, und es ist nach¬ 
gewiesen worden, dass dieses Fleisch, Schinken und Speck zu 
Wurst verarbeitet worden ist, wenn sie frisch nicht mehr ver¬ 
käuflich waren. Bei der Beschlagnahme, bei der Ausräumung 
dieses Augiasstalles, wie es in der Zeitung, die mir zugeschickt 


worden ist, heisst, hat man Hunderte von Stücken verdorbenen 
Fleisches mit Beschlag belegt. 

Der Musterstaat Belgien ist uns Preussen wieder weit zu¬ 
vorgekommen. In der belgischen Verordnung werden be¬ 
stimmte Einfuhrstellen festgelegt, ja sogar Tag und Stunde 
der Einfuhr. Pferdefleischeinfuhr ist gänzlich verboten, und 
ausserdem wird bei der Einfuhr von frischem Fleisch ver¬ 
langt, dass nur ganze Thiere oder ganze Viertel eingeführt 
werden, mit welchen die inneren Organe, Lunge, Leber und 
Milz im Zusammenhang stehen. Die Einfuhr von Fleisch ist 
nur insofern erlaubt, als dasselbe zur öffentlichen Ernährung 
dienen soll. Ich meine, dass alles das, was Belgien thun kann, 
wir sicherlich doch auch thun müssen, und ich bin der An¬ 
sicht, dass die Königliche Staatsregierung bei der von mir ge¬ 
schilderten grossen Gefahr nunmehr in der Lage ist, soweit 
wenigstens die Durchführung der allgemeinen Fleischbeschau 
bei uns gesichert ist, gegen diese gesundheitsgefährliche Ein¬ 
führung aus dem Auslande scharfe Bestimmungen im Wege 
der Verordnung zu treffen. 

Wir verlangen nichts weiter als gleiches Recht für Alle 
im sanitären Interesse. 

(Schluss folgt.) 


Referate. 

Ueber die Serumtherapie des Starrkrampfs bei Thieren. 
Erprobung: der Schutzimpfung:. 

Von Nocard. 

(Bull, de l'Acad. 1897. No. 30, p. 109.) 

Nocard berichtet über die Resultate der Schutzimpfungen, 
welche die französischen Veterinäre mit dem von ihm ge¬ 
lieferten Tetanusserum in der Zeit vom i. August 1895 bis 
zum 1. Juni 1897 ausgeführt haben. Es gingen im Ganzen Mit¬ 
theilungen ein über 2727 Thiere, darunter 2395 Pferde, Esel 
oder Maulesel, 44 Rinder, 82 Schafe oder Lämmer und 206 
Schweine. Jedes dieser Thiere erhielt 2 Seruminjectionen in 
Zwischenräumen von 10—12 Tagen, und zwar wurden beiden 
grossen Thieren je 20 ccm, bei Schafen und Schweinen 6 bis 
10 ccm angewendet. 

Diese 2727 Thiere lassen sich in zwei verschiedene Gruppen 
eintheilen. Die erste, bei weitem wichtigste Gruppe, umfasst 
mehr als 2300 Thiere, welche die erste Seruminjection sofort 
nach der an ihnen vorgenommenen Operation erhielten. Solche 
Operationen waren: Castration, Amputation des Schweifes, 
Operation von Geschwülsten und Samenstrangfisteln, Castration 
von Cryptorchiden, Nabel- und Leistenbruch-Operationen u. a. 
Von diesen 2300 Thieren erkrankte kein einziges 
an Tetanus. 

Die zweite Gruppe ist weniger zahlreich ; es handelt sich 
dabei um ungefähr 400 Thiere, denen die erste Injection mehr 
oder weniger später, 1, 2, 3, 4 und mehr Tage nach einer 
zufälligen Verletzung applicirt wurde, so z. B. nach Nagcltritt, 
Kronentritt, Bisswunden, Verletzungen durch Eggenzinken, com- 
plicirten Verletzungen. Für die Thiere dieser Gruppe waren 
Aussichten der Präventivimpfung a priori weniger günstig; man 
musste befürchten, dass bei einer gewissen Zahl die Serum¬ 
injection zu spät erfolgt wäre und den Ausbruch des Tetanus 
nicht mehr aufhalten würde. Aber diese Befürchtungen reali- 
sirten sich nicht. Keines dieser 400, nach der Ver¬ 
letzung behandelten Thiere ging an Tetanus zu 
Grunde. Ein einziges Pferd, welches 5 Tage nach einer Ver¬ 
nagelung in Behandlung kam, zeigte tetanische Erscheinungen, 
aber die Krankheit verlief leicht, die Symptome waren nach 
12 Tagen vollständig verschwunden. 

Fast alle Thiere gehörten Beständen an, in denen der Te¬ 
tanus vorher Opfer gefordert hatte; viele Thiere standen un¬ 
mittelbar neben starrkrampfkranken Pferden. Bei einer grossen 
Zahl von Fällen handelte es sich um Gegenden, wo der Te¬ 
tanus so häufig auftrat, dass die Eigenthümer aus Furcht vor 


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DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


14. Mai. 


dieser Krankheit auf gewisse Operationen verzichteten, welche 
den Werth der Thiere erhöhen, wie Castration, Amputation des 
Schweifes, Nabelbruchoperation u. dergl. 

Die 63 Berichterstatter, welche in dem oben erwähnten’ 
Zeiträume von 2727 präventiv behandelten Thieren kein einziges 
verloren, beobachteten in derselben Zeit 259 Fälle von Tetanus 
bei nicht behandelten Thieren, unter denen sich 191 Pferde, 

5 7 Widder und 11 Rinder befanden. 

Nocard stellt die Berichte der französischen Veterinäre 
in einer Tabelle übersichtlich zusammen und hebt besonders 
interessante Einzelheiten aus denselben hervor. Casper. 


Ueber das Vorkommen von Eiweiss im Harn unter physio¬ 
logischen und pathologischen Verhältnissen, speciell 
bei Thieren. 

Inaug.-Dissertation von Paul Simader, Thierarzt in Darmstadt. 

(Zeitschrift für Thiennedicin. I. Bd., 1897, S- 40t.) 

Der Harn des Menschen enthält auch unter normalen Ver¬ 
hältnissen geringe Mengen von Eiweiss, die sich indessen durch 
die gewöhnlichen klinischen Untersuchungsmethoden in der 
Regel nicht nachweisen lassen. Dieser minimale Eiweissgehalt 
hat keine praktische Bedeutung; jedoch tritt unter gewissen 
physiologischen Zuständen eine derartige Vermehrung des Ei¬ 
weissgehaltes ein, dass sich dieses auch auf die gewöhnliche 
Untersuchung darstellen lässt. In solchen Fällen kann man 
also von einer physiologischen Albuminurie sprechen. 

Verf. hat nun nach den gleichen Richtungen auch bei Thieren 
Untersuchungen angestellt und sich hierbei der Posner'sehen Me¬ 
thode bedient. Hiernach wird der filtrirte Harn mit der halben 
Menge concentrirter Essigsäure versetzt und 24 Stunden stehen 
gelassen. Eine etwa eintretende Trübung (Mucin) wird abfiltrirt 
und das Filtrat auf J / l0 — 1 / 20 des Volumens eingeengt. In 
diesem Filtrat ist mit den gewöhnlichen Reagentien Eiweiss 
nachweissbar. Dass es sich hierbei wirklich um Eiweiss han¬ 
delte, wurde speciell noch mit der Mjllon’schen Reaction oder 
der Biuretprobe erhärtet. Zur Prüfung wurden nur Harne ver¬ 
wendet, die im gewöhnlichen Sinne eiweissfrei waren. 

Simader fand bei diesen Untersuchungen, dass Eiweiss 
ein constanter Bestandtheil des Harnes von Thieren 
ist. Er beobachtete ferner recht häufig unter normalen Ver¬ 
hältnissen einen so erheblichen Eiweissgehalt, dass zum Nach- 
weiss auch die gewöhnlichen Reactionen ausreichten und man 
füglich von physiologischer Albuminurie sprechen 
konnte. Bei allen Hausthieren, namentlich bei Schweinen und 
Hunden, bekam er öfter deutlich ausgesprochene Eiweiss- 
reaction. Ueber die Verhältnisse, welche“ - eine physiologische 
Albuminurie erzeugen, hat Verf. keine speciellen Untersuchungen 
angestellt; er fand aber gelegentlich im Blaseninhalt einiger 
Foeten Eiweiss. Bei hochtragenden Thieren fand er Eiweiss 
nicht häufiger als bei nichttragenden. Dagegen ist der während 
des Geburtsactes sccernirte Harn wohl in Folge der durch die 
Wehen bedingten nervösen Stauung eiweisshaltig. Der mit 
dem Katheter nach Vollendung des Geburtsactes entnommene 
Harn von Kühen erwies sich regelmässig eiweisshaltig und 
zwar am stärksten bei Erstlingen. 

Der Verf. stellt angeblich im Gegensatz zu den früheren 
Anschauungen drei Grade von Eiweissformen auf: 

1. Der normale Eiweissgehalt jedes Harns der nur 
unter Anwendung bestimmter Methoden in minimalen Mengen 
nachweisbar ist. 

2. Die physiologise Albuminurie als eine noch in 
den Bereich des physiologischen Verhaltens fallende Steigerung 
des normalen Eiweissgehaltes zu betrachten und durch die 
gewöhnlichen Methoden nachweisbar ist. 

3. Die pathologische Albuminurie, ein Symptom 
krankhafter Zustände. 

Eine scharfe Grenze zwischen diesen drei Graden lässt 
sich nicht ziehen; nach Senator kann von einer physiologischen 


Albuminurie nur dann die Rede sein, wenn die betreffenden 
Individuen sich in jeder Beziehung gesund zeigen. 

Zum Schlüsse theilt Verf. mit, dass er den zu den Unter¬ 
suchungen verwendeten Harn frisch geschlachteter Thiere noch 
lebenswarm entnommen hat. Durch vergleichende Unter¬ 
suchungen bei denselben Thieren vor und nach dem Schlachten 
überzeugte er sich zunächst, dass innerhalb der ersten Stunden 
post mortem niemals eine Aenderung des Eiweissgehaltes im 
Leichenharn stattfindet. 

Für die feineren quantitativen Eiweissbestimmungen im 
Harn hat S. das von Esbach construirte Albuminimeter inso¬ 
fern modificirt, als er den Cylinder von viel kleinerem Durch¬ 
messer und entsprechend grösserer Länge hersteilen liess, so 
dass er zwischen der Esbach’schen Graduirung noch eine 
weitere Theilung einfügen konnte, so dass nunmehr auch 
0,01 °/„ Eiweiss abgelesen werden kann. Mal kraus. 


Nystagmus bei Rindern. 

Von Battistini. 

(II nuovo Ercolani, 1898, S. 70.) 

Nach B.’s Angaben ist der Nystagmus beim Rinde in Ri- 
mini nicht selten (5 00 / 00 ). Das Leiden ist auch den Händlern 
und Züchtern hinlänglich bekannt. Ebenso wissen dieselben, 
dass das Leiden unheilbar, jedoch auch ohne Nachtheil für das 
Rind ist. 

Um das Leiden wahrzunehmen, bedarf es einiger Auf¬ 
merksamkeit. Das Auge muss ganz in der Nähe genau be¬ 
sehen werden, am besten durch Aufheben des oberen Augen¬ 
lides. Andernfalls ist das Leiden leicht zu übersehen. Es 
stellt sich als ein eigenartiges Zittern des Bulbus dar. Die 
einzelnen Bewegungen sind kleine Schwingungen von sehr 
schneller Folge und grosser Anzahl. Die Richtung dieser Os- 
cillationen ist rund um eine Axe des Bulbus, welche von oben 
und hinten nach unten und vorn verläuft. Die Intensität der 
Bewegungen nimmt zuweilen auf kurze Zeit und ohne sicht¬ 
bare Ursache zu. In diesem Falle übertragen sich die Be¬ 
wegungen auf das obere Augenlid derartig, dass man sie auf 
3—4 Schritt Entfernung bereits sehen kann. Für gewöhnlich 
beträgt die Anzahl derselben 2—4 pro Sekunde. Ihre Intensität 
steht in einem gewissen Verhältnis zu ihrer Anzahl. 

Der Nystagmus ist jedoch keineswegs stets vorhanden. 
Nur wenn das Rind Gegenstände fixirt, tritt er auf. Bei Be¬ 
wegungen des Bulbus in der Orbita, sowie bei Ablenkung der 
Aufmerksamkeit setzt das Leiden aus. Desgleichen sind die 
1 unfreiwilligen Bewegungen des Bulbus zu verhindern, wenn der 
; Kopf gewaltsam nach der Seite oder nach oben abgebogen 
wird. Auch beim Schlaf fehlen dieselben. 

Das Leiden ist, wenn es nicht etwa ein Symptom eines 
! Gehirnleidens ist, stets angeboren und beiderseitig. Es kommt 
bei Saugkälbern und alten Thieren vor, besteht Jahre lang, 

! ohne dass das Sehvermögen dadurch gestört wird. 

Bezüglich der Behandlung sind besondere Massnahmen 
überflüssig, da das Sehvermögen durch das Leiden nicht beein¬ 
trächtigt wird. Dagegen wären Thiere, welche mit Nystagmus 
behaftet sind, von der Zucht auszuschliessen, weil das Leiden 
erblich ist. Frick. 


Bakterien und Eurayceten, oder was sind und woher 
stammen die Spaltpilze? 

Von J. Müller. 

Unter der Hauptüberschrift »Forschungen in der Natur* 
will der Verf. Arbeiten veröffentlichen, welche über das Fach¬ 
interesse hinausgehen und deshalb Anspruch auf allgemeine 
Beachtung haben sollen. Das erste Thema, welches eine 
Cardinalfrage der Bakteriologie behandelt, interessirt uns. Die 
medicinischen Bakteriologen haben sich in der Regel darauf 
beschränkt, die bei den Infectionskrankheiten betroffenen Para- 


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No. 20. 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


*75 


-siten auf allerhand biologische Eigenschaften zu prüfen, ins¬ 
besondere auf die Pathogenität. Die ebenso wichtige Frage 
nach der Herkunft der Bakterien hat von ihnen bis in die 
neuere Zeit wenig Beachtung gefunden, sie blieb die Domäne 
botanischer Mykologen, wie Brefeld’s u. A. Erst in der 
letzten Zeit, nachdem man die Natur des Aktinomyces näher 
kennen gelernt und ferner gefunden hatte, dass auch der Tuberkel¬ 
bacillus etwas anderes sein dürfte, als ein einfacher Spaltpilz, 
haben sich medicinische Forscher, u. A. Johan-Olsen, diesem 
noch so dunkelen Theile der Bakterienforschung, dessen Be¬ 
leuchtung für die Prophylaxe von grosser Bedeutung werden 
kann, zugewendet. Hier begegnen sie sich mit den Botanikern, 
und die Thätigkeit beider wird hoffentlich bald das nothwendige 
Licht verbreiten. Ein Licht steckt uns der Botaniker Müller 
in seiner Arbeit schon auf. Seine mehrjährigen mykologischen 
Studien haben ihn zu Ergebnissen von grundlegender Bedeutung 
geführt. Er ist ausgegangen von den Spermatien der Asko- 
myceten und Uredineen, wobei er entdeckte, dass sie sich bei 
der künstlichen Färbung mit Anilinfarbstoffen genau wie Spalt¬ 
pilze verhalten. Da auch die weitere Untersuchung mannig¬ 
fache Uebereinstimmung derselben mit Bakterien in Gestalt, 
Theilung, Geissein etc. ergab, kam M. bald zu der Ueber- 
-zeugung, dass die Spermatien heute keine männlichen Be¬ 
fruchtungszellen mehr sind. Sie zeigen eine Entwickelung nach 
<ler vegetativen Seite: Keimung und Uebergänge zu Sporen. 
Aus allen diesen Gebilden, den Protosporen, gehen die Bak¬ 
terien hervor. Sie sind deshalb Formen des Entwickelungs¬ 
kreises anderer Pilze und hätten somit keinen Anspruch darauf, 
als eine naturwissenschaftliche Art zu gelten. Andererseits sind 
sie als gesonderte, selbständige Wesen zu betrachten; denn sie 
besitzen die Fähigkeiten, für sich allein zu existiren, sich zu 
ernähren und fortzupflanzen. Aus diesem Dilemma muss uns 
vorläufig eine Hypothese hinaushelfen, derzufolge die Bakterien 
von höheren Pilzen losgelöste Sonderformen sind, die einer un¬ 
bekannten gemeinsamen Urform entsprechen, mit ihr aber nicht 
mehr übereinstimmen, da sie durch beständige Anpassung an 
•neue Verhältnisse eigene Arten geworden sind. Diese aber 
entsprechen den Wuchsformen der Monobien, welche aus den 
Protosporen und Spermatien gezüchtet werden können. Dies 
ist die Auffassung des Verfassers, welche sich im Laufe lang¬ 
jähriger Untersuchungen bei ihm herausgebildet hat. 

Die Herkunft der Schizomyceten aus höheren Pilzen ist 
als erwiesen anzusehen. Durch dies Ergebniss werden Botanik 
und Medicin in wichtigen Fragen beeinflusst. Die medicinische 
Wissenschaft hat das grösste Interesse, sich den Pilzgattungen 
zuzuwenden, unter denen pathogene Wuchsformen zu vermuthen 
sind. Es ist bedeutungsvoll, dass Müller schon den Zusammen¬ 
hang zwischen einem weitverbreiteten Askomyceten, der Dothi- 
della Ulmi, und dem Gonococcus Neisser entdeckt hat. Freilich 
ist diese Entdeckung noch erst medicinisch nachzuprüfen, bevor 
man weitere Schlüsse aus ihr ziehen darf. 

Zwischen Pflanzen- und Thierkrankheiten werden durch 
die neue Kenntniss Beziehungen hergestellt, indem Bestandtheile 
■von Uredineen, welche selber als Erreger von Pflanzenkrank¬ 
heiten bekannt sind, zu Ansteckungsstofifen von Thier- resp. 
Menschenkrankheiten werden, weshalb Verf. meint, dass nun¬ 
mehr eine Trennung in Phyto-, Zoo- und Anthropopathologie 
nicht mehr zulässig sei. 

Auf den experimentellen Theil der Arbeit kann hier nicht 
eingegangen werden. Es sei aber noch bemerkt, dass M. den' 
Inhalt schliesslich in 26 Thesen übersichtlich und kurz zusammen¬ 
gestellt hat. l ü p k e. 


Myxom im linken Ventrikel einer Kuh. 

Von Larrue. 

(Le Progrei vitirinaire. 1898. S. 81.) 

Eine hochtragende Kuh zeigt mangelhaften Appetit und 
Athembeschwerden bei der Arbeit. Am Digestions-, Geschlechts¬ 
und Respirationsapparate sind keinerlei Abnormitäten nachzu¬ 
weisen. Die Körpertemperatur ist normal. Die Jugularen sind 


beiderseits am Halse als umfangreiche Stränge sichtbar. Das 
Herz zeigt ausser etwas matten Schlägen keine Abweichung 
bezüglich Rhythmus und Herzgeräusche. L. glaubte es hier¬ 
nach mit einer Circulationsstörung in Folge Trächtigkeit zu 
thun zu haben, wurde jedoch nach 3 Tagen bereits zur be¬ 
deutend kränker gewordenen Kuh gerufen. Er fand den Zu¬ 
stand bedeutend verschlechtert. Der Appetit fehlte vollständig; 
das Wiederkauen war ganz unterdrückt. Die Jugularen sind 
strotzend gefüllt, jedoch fehlt Venenpuls. Die Herzschläge sind 
schwach und undeutlich, ohne Nebengeräusche. Der Puls ist 
stark beschleunigt und elend. In den Lungen kann überall 
Wegsamkeit nachgewiesen werden. Die Diagnose lautete jetzt 
auf Herzerkrankung; jedoch blieb die Natur derselben noch 
dunkel. 

Unter Digitalis besserte sich der Zustand der Kuh schein¬ 
bar, allein nach einigen Tagen starb letztere plötzlich. Die 
Obduction ergab reichliche Ansammlung von Exsudat im Herz¬ 
beutel. Ferner fand sich im linken Ventrikel ein birnengrosser, 
ungefähr 200 g schwerer Tumor, der am Herzmuskel mit einem 
Stiel hing. Ventrikel sonst mit schlaff geronnenem Blute reich¬ 
lich gefüllt. Klappenapparat war intact. Die von Besnoit 
ausgefiihrte mikroskopische Untersuchung stellte den Tumor 
als Myxom fest. Fr ick. 


Ueber einen neuen pathogenen Parasiten im Blute der 
Rinder in Südafrika. 

Von Dr. W. Kolle. 

(Zeitschrift für Hygiene und Infectionskrankheiten 1898. Bd. XXVII, S. 45.) 

Gelegentlich seiner Untersuchungen über Rinderpest machte 
Kolle Studien über die Aetiologie einer anderen infectiösen 
Rinderkrankheit, welche in Südafrika ziemlich verbreitet zu sein 
scheint. Die klinischen Erscheinungen bestehen in stark remit- 
tirendem Fieber, Abmagerung und Fressunlust, bis sich gegen 
Ende des Lebens ein comatöser Zustand einstellt. Die Krank¬ 
heit dauert manchmal mehrere Wochen, zuweilen auch mehrere 
Monate. Bei der Section tritt in den Vordergrund eine auf¬ 
fallende Blässe aller Organe, welche ausserdem nach einer 
kurzen Berührung mit der atmosphärischen Luft einen tiefgelben 
Farbenton aufweisen. Ferner beobachtet man wässerige Be¬ 
schaffenheit des Blutes, vergrösserte und weiche, blutüberfüllte 
Milz und Leber; die übrigen Organe zeigen keine bemerkens- 
werthen Veränderungen. 

Im Blute, das in typischen Fällen wässerig aussieht und 
arm an rothen Blutkörperchen ist, konnte Kolle regelmässig 
ein morphologisch eigenartiges Gebilde nachweisen. Im unge¬ 
färbten Präparate zeigte ein Theil der rothen Blutkörperchen 
runde, fast die ganze Zelle ausfüllende, blasse Körperchen, die 
bei Körperwärme amöboide Bewegung erkennen Hessen. Im 
gefärbten Präparate (vergl. die der Arbeit beigefügte Abbildung) 
besitzen die Parasiten eine auffallende Aehnlichkeit mit den 
Malariaparasiten des Menschen. Diese Parasiten scheinen 
innerhalb der rothen Blutscheiben einen Entwicklungscyklus 
durchzumachen, um dann nach erfolgter Reife frei zu werden. 
Selten finden sich zwei Parasiten in einer Blutzelle, in der 
Regel nur einer; bei den grösseren, offenbar älteren Individuen 
sind häufig Vacuolen wahrnehmbar. Wie bei der Malaria des 
Menschen findet sich auch bei dieser Rinderkrankheit Pigment 
in einem Theile der rothen Blutkörperchen, besonders nach 
Ablauf des Fiebers und in chronischen Fällen, welches wohl 
von den zerfallenen Parasiten stammt. 

Bei der Differentialdiagnose käme nach Kolle nur das 
Texasfieber in Betracht; indess sind die Unterschiede in der 
Morphologie der Parasiten, dem klinischen Verlaufe der Krank¬ 
heit und den pathologisch-anatomischen Veränderungen so gross, 
dass man die beiden Krankheiten leicht auseinander halten 
kann. Verf. schlägt für diese'von ihm zum ersten Male be¬ 
obachtete Krankheit der südafrikanischen Rinder den Namen 
»Febris malariaformis« vor. Casper. 


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DEUTSCHE THIKRiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


14 . Mai. 


Zur Pleomorphismusfrage. 

Von Dr. Olav Johan-Olsen. 

(Centralbl. fiir Bakteriologie etc., II. Abth., Bd. III, S. 273.) 

So überwältigend die productive Hochfluth auf dem Ge¬ 
biete der Bakteriologie ist, so ungenügend und unbefriedigend 
sind bisher die Bestrebungen gewesen, das Material zu ordnen 
und in ein brauchbares System zu bringen. Der Zusammen¬ 
schluss der Leistungen der medicinischen Bakteriologen 
mit denen der fachmännischen Mykologen fehlt fast voll¬ 
ständig, da die meisten Pathologen die grundlegenden Werke 
Brefeld’s, die Bibel der Mykologen, gar nicht kennen. Nicht 
allein in systematischer Hinsicht, sondern auch im Hinblick auf 
die praktische Verwerthung bakteriologischer Kenntnisse ist es 
von grosser Bedeutung, die Pilze in ihrem Gesammtleben, d. h. 
besonders auch in dem ausserhalb des Thierkörpers sich ab¬ 
spielenden Theile desselben, von dem wir bei den pathogenen 
Arten noch gar zu wenig wissen, zu studiren. Unbestreitbar 
müsste die breitere mykologische Kenntniss der Bakteriologie 
unter beiden Gesichtswinkeln von grossem Nutzen sein. Sie 
lehrt die bedeutsame, vereinende Thatsache, dass die Bakterien 
auch der bei Pilzen erkannten Regel, betr. den Pleomorphismus 
und den Parasitismus, folgen, und dass die Bakterien als be¬ 
sondere Morphen zu den Pilzen gezählt werden müssen, zu 
welchem Schlüsse die Lehre von Coppen Jones vom Tuberculo- 
myces u. v. a. den thatsächlichen Boden legen. Sie beweisen, 
dass diese vermeintlichen Bakterien eigentlich mycelbildende 
Streptothrixarten sind. Mit Brefeld muss man anerkennen, 
dass unsere Kenntnisse der Bakterien immer noch zu gering 
sind, um uns zur Bildung eines Systems für sie zu befähigen. 
Sie zeigen uns nur eine Reihe von Erscheinungen, von denen 
einige jedenfalls als Morphen von bekannten Mycelpilzen ge¬ 
rechnet werden können. Vorläufig kann ihnen keine andere 
Sonderstellung eingeräumt werden, als die von »unvollständig 
bekannten Pilzen«. 

O. fasst den Standpunkt der Mykologen betreffs der medi¬ 
cinischen Mykologie in Folgendem zusammen: Alle Pilze zu¬ 
sammen bilden ein Reich für sich. Sie zeichnen sich durch 
ihren Mangel an sexuellen Fortplanzungsorganen und durch 
ihren Plcomorphismus aus. Sie nehmen alle, wie die Schma¬ 
rotzer, fertig bereitete Nahrung zu sich. Einzelne besitzen die 
Fähigkeit, sich auf lebendem Substrat zu ernähren, die aber 
nur einer Anpassung entspricht. Der Pleomorphismus äussert 
sich in der Regel so, dass die Hauptform saprophytisch lebt 
auf todtem Substrat, eine andere parasitisch. Kein Pilz kann 
parasitisch leben in unendlichen Generationen, sondern er muss 
wieder zurückkehren zum saprophytischen Zustande, um seine 
Fähigkeit zu erneuern, in lebendes Gewebe einzudringen. Man 
muss annehmen, dass das für alle Pilze gilt. Hierzu müssen 
auch die unter dem Namen »unvollständig bekannte Pilze« be¬ 
schriebenen Bakterien gerechnet werden. Lüpke. 


Ueber die Infection granulirender Wunden. 

Von Dr. W. Noetzel. 

(Aus dem hygienischen Institut in Bonn.) 

(Fortschritte der Medicin, 1898, No. 5 u. 6.) 

Die Frage, ob von granulirenden Wundflächen eine Bak- 
terieninfection ausgehen kann, suchte Verf. durch exacte Ex¬ 
perimente zu lösen. Dabei zeigte sich, dass nur die ganz in- 
tacten Granulationsflächen gegenüber der Bakterieninvasion ein 
Hinderniss abgeben, und dass jede Verletzung derselben gleich¬ 
bedeutend ist mit einer anderen frischen Wunde. Es ist dem¬ 
nach die Annahme gerechtfertigt, dass der Impfschutz mecha¬ 
nischer Natur sein muss, dass das Granulationslager einen 
mechanischen Schutzwall vor der Wunde, d. h. vor den geöff¬ 
neten Gewebsspalten, den Lymph- und Blutbahnen bildet und 
dieselben vollständig verschliesst. Als zweiter, mächtiger, eben¬ 
falls mechanisch wirkender Factor für den Infectionsschutz der 
Granulationen kommt die Exsudation zur Geltung. Durch die¬ 


selbe werden alle Auflagerungen von der Wundoberfläche fort¬ 
geschwemmt, Bakterien und Toxine ebenso wohl wie Verun¬ 
reinigungen anderer Art, nekrotisches Gewebe u. dergl.: »die 
Wunde reinigt sich.« Es geschieht also gerade das Gegentheil 
von einer Resorption. Waren die Wunden mit Verbandstoffen 
bedeckt, welche die Wundsecrete aufnehmen, so werden mit 
diesen auch die Infectionserreger entfernt, waren sie ohne Ver¬ 
band der Luft ausgesetzt geblieben, so fallen die Bakterien 
hier rasch der Austrocknung anheim, die v, Bergmann als 
das beste Antisepticum in der Wunde zu bezeichnen pflegte, 
und werden mit dem Trockenschorfe abgestossen. Unter dem¬ 
selben heilen die nicht verbundenen Wunden sehr rasch. 

Am Schlüsse seiner ausfühlichen Arbeit fasst N o e t z e I 
das Resultat in folgenden Sätzen zusammen: 

Von intacten Granulationsflächen aus können Bakterien 
nicht in die Lymph- und Blutbahn gelangen. Vollvirulenter 
Milzbrand erregt von denselben aus keine Erkrankung der 
Versuchsthiere. 

Es scheint, dass auch die Stoffwechselproducte der Bak¬ 
terien von intacten Granulationsflächen nicht resorbirt werden. 
Für vollvirulente Tetanusbouillonculturen lässt sich dieser Satz 
beweisen. 

Die Ursachen dieses Impfschutzes sind mechanischer Natur. 
Die oberflächliche, die Blut- und Lymphbahnen bedeckende 
Zellenschicht wirkt analog der intacten Epidermis und hält die 
Infectionserreger zurück. 

Auch die Entfernung derselben von der Wunde erfolgt in 
der Regel mechanisch durch die Exsudation, welche die Bak¬ 
terien wegschwemmt, durch die Reinigung der Wunde. Die¬ 
selbe ist in der Regel innerhalb 2—4 Tagen vollendet. Die 
innerhalb dieser Zeit auf den granulirenden Wunden noch vor¬ 
handenen Milzbrandbacillen haben von ihrer Virulenz nichts 
eingebüsst. 

Bakterientödtende Eigenschaften des Granulationssaftes lassen 
sich nicht sicher nachweisen und haben jedenfalls nur eine unter¬ 
geordnete Bedeutung für die Eliminirung der Infectionserreger 
sowohl wie für den Impfschutz der Granulationen im All¬ 
gemeinen. 

Die Phagocytose ist auf inficirten Granulationen regelmässig 
zu beobachten. Für den Impfschutz kommt ihr ebenfalls nur 
eine untergeordnete Bedeutung zu. 

Eine locale Reaction der Granulationsfläche auf die Milz- 
brandinfection lässt sich bei empfänglichen Thieren nicht nach¬ 
weisen. Durch die erfolglose Impfung granulirender Wunden 
wird weder eine allgemeine, noch eine locale Immunität der 
Versuchsthiere gegen die betreffenden Bakterien erzielt. 

Casper. 


1. Ueber eine neue Art von künstlicher Immunität. 

Von Dr. A. Wassermann. 

2. Ueber tetanusantitoxische Eigenschaften des normalen 
Centralnervensystems. 

Von Dr. A. Wassermann und Dr. Takaki. 

(Ans dem Institut für Infectionskrankheiten zu Berlin.) 

(Berliner klinische Wochenschrift 1898, No. 1.) 

Bisher war es noch Niemandem gelungen, die von Behring 
als Antitoxine bezeichnten specifischen Schutz- und Heilsub¬ 
stanzen oder eine Vorstufe derselben in einem Organe des 
normalen Thieres nachzuweisen. Man neigte deshalb allge¬ 
mein der Ansicht zu, dass sich eben bei der künstlichen 
Immunität ganz neue Substanzen im Organismus bilden. Erst 
Ehrlich stellte neuerdings die Theorie auf, dass beispielsweise 
das Tetanus-Antitoxin aus dem normalen Rückenmark stamme 
und nichts anders sei als die im Verlaufe des Immunisicrungs- 
processes abgestossenen und immer wieder regenerierten toxo- 
phoren Seitenketten, mit anderen Worten, in Lösung gegangene 
Bestandteile der normalen Rückenmarkszellen. Von dieser 
Theorie ausgehend haben Wassermann und Takaki Unter- 


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No. 20. DEUTSCHE THIERyEKZTLICIlE WOCHENSCHRIFT. 1 77 


suchungcn angestellt, durch welche Ehrlich’s Annahme voll¬ 
ständig bestätigt wurde. Wenn thatsächlich das Tetanusantitoxin 
nichts anderes ist als gewisse in Lösung übergegangene Bestand¬ 
teile der Rückenmarkszellen, dann — so schlossen die Verf. —, 
müssen derartige Substanzen bereits im normalen Rückenmark 
vorhanden sein und man muss folglich mit dem Rückenmark 
normaler Thiere, so paradox es klingen mag, gegen Tetanus¬ 
gift schützen können. Die Verf. zerrieben also Rückenmark 
und Gehirn von ganz gesunden, niemals vorbchandelten Thieren 
mit physiologischer Kochsalzlösung und injicierten diese Emulsion 
mit Tetanusgift gemischt den für Tetanusgift so sehr empfind¬ 
lichen weissen Mäusen. Es stellte sich dann in der That heraus, 
dass jedes Rückenmark, besonders aber das Gehirn 
von allen bisher untersuchten Thierspecies, wie 
Mensch, Meerschweinchen, Kaninchen, Taube, 
Pferd antitoxischc Eigenschaften gegenüber dem 
Tetanusgifte besitzt. Das normale Centralnervcn- 
System hat aber nicht nur diese giftneutralisierendc 
Kraft, sondern cs schützt auch 24 Stunden vorher 
injiciert, den Organismus gegen die Tetanus¬ 
vergiftung. Ja, selbst mehrere Stunden nach der 
Einverleibung des Giftes ist die Injcction von 
normaler Gehirnmassc imStande, Thiere am Leben 
zu erhalten. — Diese Erscheinung ist wohl zu erklären, 
dass nicht nur zwischen dem Tetanusgift und dem lebenden 
Centralncrvensystem, wie Goldscheider und Flat au ein¬ 
wandsfrei nachwiesen, sondern auch zwischen dem Gift und 
dem todlen Individuum entnommenen Gehirn und Rückenmark 
eine ausgesprochene Affinität besteht. Nun wird offenbar das 
dem Körper einverleibte Tetanusgift von der injicierten, im 
Blut circulierenden Centralncrvensubstanz gebunden und dadurch 
abgehalten, in das lebende Centralncrvensystem der Thiere zu 
dringen und dieses krank zu machen. Wassermann schlägt 
für diese gänzlich neue Art der künstlichen Immunität, die auf 
einem physiologischen Verhalten des normalen Centralncrven- 
systems gegenüber Gift beruht, mit Rücksicht auf Ehrlich’s 
Theorie die Bezeichnung der »Seitenketten-Immunität« vor. 

Interessant ist noch die Thatsache, dass nur das normale 
Gehirn und Rückenmark tetanusantitoxische Wirkung hat, 
während keinem anderen untersuchten Organe des Thieres 
diese Eigenschaft zukommt. Was die Frage anlangt, ob die 
antitoxische Kraft des Gehirns und Rückenmarkes etwa einer 
in diesen Organen vorhandenen wasserlöslichen Substanz zuzu¬ 
schreiben ist, oder ob cs sich hier um eine den Zellen inne¬ 
wohnende Eigenschaft handelt, so spricht der Ausfall der 
Versuche für die letztere Annahme, wie dies auch Ehrlich 
in seiner Theorie bereits ausgesprochen hatte. Casper. 


Botryomykose beim Menschen. 

Von Ten Siethof. 

(Weekblad van het Nicderlandsch Tijdschrift voor Ucnceslcunde.) 

Nachdem Poncet und Dor auf dem vorjährigen französi¬ 
schen Chirurgencongresse zu Paris zum ersten Male über vier 
Fälle von Botryomykose beim Menschen berichtet haben (confer, 
mein Referat in No. 14 dieser Wochenschrift), liegt nunmehr 
auch in der holländischen Literatur eine Mittheilung von Siet¬ 
hof über das Vorkommen dieser Infcctionskrankheit beim 
Menschen vor. Es handelt sich um einen Mann, welcher ein 
an botryomykotischer Fistelbildung des Samenstranges erkranktes 
Pferd gepflegt hatte; damit wäre der erste Fall von directer 
Uebertragung dieser Krankheit auf den Menschen festgestellt. 
Der Patient war primär am Hordeolum (Gerstenkorn) erkrankt, 
daran schloss sich eine mit Schwellung und Knötchenbildung 
einhergehende, unter dem Bilde der Actinomykose verlaufende 
Erkrankung der Conjunctiva palpebrarum. Im Eiter dieser 
Knötchen wurden die typischen Colonien des Botryococcus 

gefunden. (Ref. nach Münchener medicinischc Wochenschrift 1898, No. 15.) 

Casper. 


Oeffentliches Veterinärwesen. 

Experimentelle Uebertragung der Maul- und Klauenseuche 

auf Katzen. 

Von Thierarzt Hecker in Ermsleben. 

(Berliner thicrürztl. Wochenschrift, 1898, No. 6.) ' 

Die der Commission zur Erforschung der Maul- und Klauen¬ 
seuche nicht gelungene experimentelle Uebertragung der Aphthen- 
seuche auf Katzen ist nach einer Mittheilung von H. diesem 
bei zwei jungen Versuchsthieren geglückt. Die typischen Er¬ 
scheinungen der Seuche entwickelten sich bei einem 2— 3 Mo¬ 
nate alten Kätzchen, das mit frischer Lymphe intramusculär 
und durch Einreiben auf die mit Sandpapier etwas wund ge¬ 
machte Nase geimpft worden war, nach ca. 3 4 Tagen. Sie 

bestanden in der Erruption eines stccknadelkopfgrossen Bläs¬ 
chens an der Stelle der linken Unterlippe, welche den Hacken¬ 
zahn berührt; des Weiteren in Entzündunjscrschcinungen an 
den Ansatzstcllcn der Krallen an die Haut, besonders an der 
ersten Zehe der linken Vorderpfote Es kam ferner zur Bildung 
einer Blase an der dritten Zehe der rechten Vorderpfote, welche 
aufging und eine fadenziehende Flüssigkeit entleerte. Diese 
Erscheinungen sind mit heftigen Schmerzen begleitet, weshalb 
das Thicrchcn nur widerwillig unter vorsichtigem Trippeln zum 
Laufen veranlasst werden kann. Dass diese hochgradigen 
Schmerzen auch durch die Gegenwart von Blasen auf der 
Sohlenflächc, welche wegen ihrer schwarzen Pigmcntirung ent¬ 
zündliche Veränderungen nur sehr schwer erkennen lässt, be¬ 
dingt waren, konnte H. ca. 14 Tage nach Ausbruch der Krank¬ 
heit gewahr werden. Es zeigten sich jetzt länglich ovale, ab¬ 
getrocknete Blasen und hirsekorngrossc, runde, vertiefte Haut¬ 
abschürfungen, Veränderungen, wie sie nach überstandener 
Klauenseuche beobachtet werden. Bei dem andern Versuchs¬ 
tiere wurden die gleichen Erscheinungen, nur nicht in so aus¬ 
geprägter Form, beobachtet. 

H. hält die Katzen für leicht empfänglich für Maul- und 
Klauenseuche und glaubt, dass diese Thiere bei ihrem Herum¬ 
streifen in den Stallungen und ihrer Vorliebe für Milch leicht 
Gelegenheit fänden, sich zu inficiren und dadurch auch, sich 
zu immunisiren. Daher käme es, dass ältere Katzen experi¬ 
mentell nicht leicht zu inficiren wären, wodurch die Misserfolge 
der oben erwähnten Commission wahrscheinlich ihre Erklärung 
fänden. ü öri g. 

Ein Milzbrandfall ohne Veränderung: der Milz. 

Von A. Koch in Baden bei Wien. 

(Oesterr. Monatsschr. fiir Thierheillcunde, 1898, No 3.) 

Eine 7jährige Kuh war eines Abends plötzlich erkrankt 
und vor Eintreffen des am folgenden Morgen gerufenen Thier¬ 
arztes verendet. Die zur Feststellung der Todesursache vor¬ 
genommene Obduction ergab folgende Veränderungen: Todten- 
starre nicht eiftgetreten. Blutiger Ausfluss aus dem After, 
Hämorrhagien auf der Pansenserosa, Schleimhaut des Labmagens 
stark geschwollen, stellenweise von dunkelrother bis schwarz- 
rotlier Farbe, mit Blutungen versehen, Dünndärme dunkelroth, 
geschwollen, mit Blutungen reichlich durchsetzt; ähnlich ver¬ 
halten sich die Dickdärme; Gekrösdrüsen mässig geschwollen, 
blutig infiltrirt; die grossen Körperdrüsen mit Ausnahme der 
Milz parenchymatös degenerirt, Milz ohne jegliche Abweichung 
von der Norm. 

Die mikroskopische Untersuchung des blutigen Darminhaltes 
liess neben verschiedenartigen Mikroorganismen auch solche 
erkennen, welche als Mi 1 zbrandbaci 11 en angesprochen 
wurden, weshalb die Diagnose »Darmmilzbrand« gestellt 
wurde. 

[Wäre es nicht notluvcndig gewesen, um jeglichen Zweifel 
an der Richtigkeit der Diagnose zu beseitigen, mindestens auch 
noch das Blut auf die Gegenwart von Milzbrandbacillen zu 
untersuchen ? Der Ref.] G ö r i g. 


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i6 Ostl.L.r. Groenwr. 


Schleswig 


; Mecklenburg- 
Schwerin 


Stade 


-\Oldenbg! 


Potsditn^^^ 


r-%Jllnden 


Arnsberg 


Von je 100 
Gemeinden 
waren am 
Schluß des Monats 
verseucht 


i$^Wt fe8n,u 


ThUtjngen 


Abkürzungen: 

W. I Neckar kr eis W. 2 Sehwarswaldkreis 

W. 3 Jagstkreis W. 4 Donaukreis 

B. I Laudeskoinmissariat Mannheim 
B. 2 „ „ Karlsruhe 

B. 3 „ „ Freiburg 

B. 4 „ „ Konstanz 

H. i Brovins Starkenburg 
H. 2 „ Oberhessen 

H. 3 „ Rheinhessen 

Sch. Land wehr kompagniebes. Schönberg 
0. I Oldenburg: Fürstenth. Lübeck 
2 » „ Birkenfeld 

Br. I Kreise Braunschweig, Wolfenbiiltel, Helmstedt 
ör. 2 Kreist Uolzminden, Gandersheim 
Br. 3 Kreis Blankenburg 
S. Schaumburg-Lippe 
H. Hamburg L. Lübeck Br. Bremen 




DEUTSCHE THIER/ERZTI.ICIIE WOCHENSCHRIFT. 


Stand der Maul- und Klauenseuche im Deutschen Reiche Ende April 1898. 

(Nach den im Kaiserlichen Gcsundheitsamtc zusammengestellten Berichten der beamteten Thierärzte. (Veröffentlicht im Reichs-Anzeiger vom 5. Mai 1898.) 


Massstab^l : 6000 000. 


Ueber Variationen in der Morphologie des Bacillus 
Anthracis. 

Von Piana und Ga 11 i-Valerio. 

(II moderno zooiatro, 1897, S, 342.) 

Gelegentlich der Untersuchung von Gewebsstücken solcher 
Thicre, die am Milzbrand gefallen waren, konnten P. und G. 
beobachten, dass der Milzbrandbacillus in seiner Form keines¬ 
wegs constant ist. Es gelang daher in manchen Fällen erst 

( mit Hülfe von Culturcn und Impfungen, das Wesen der Krank¬ 
heit bezw. des gefundenen Mikroben zu bestimmen. Zur Färbung 
benutzten sic folgendes Verfahren: Dünne, durch die Flammen 
gezogene Ausstrichpräparate werden zuerst mit reinem Wasser 
und dann mit Zichl’schem Carboifuchsin gefärbt. In einigen 
Fällen wurde das Verfahren folgcndermassen modificirt: Auf 
eine Stelle des Ausstrichs kommt ein Tropfen Wasser, auf eine 
andere ein Tropfen Carboifuchsin. Nachdem beide eine Weile 
eingewirkt haben, werden sie mit einander vermischt. Auf diese 
Weise entstanden drei Modificationen in der Färbung, die für 
die Erkcnntniss der Structur des B. Anthracis bedeutende Vor¬ 
theile boten. 


P. und G. stellten folgende Variationen in der Gestalt des 
B. Anthracis fest; 

1. Bei einem an Milzbrand gefallenen Pferde erschienen 
die einzelnen Bacillen so kurz, dass sie fast Streptokokken vor- 
täuschtcn. Sic waren nur wenig länger als breit Bei directer 
Färbung mit Carboifuchsin ohne vorherige Einwirkung von 
Wasser erschien in der Längsrichtung der Bacillenkcttcn eine 
helle, ungefärbte Linie, die entsprechend den Zwischenräumen 
zwischen je 2 Bacillen eine knotenförmige, ungefärbte Auf¬ 
treibung zeigte. Wurde mit Carboifuchsin gefärbt nach vorher¬ 
gängiger Behandlung mit Wasser, dann erschienen die einzelnen 
Bacillen sehr zart und die Zwischenräume zwischen den einzelnen 
waren stark ausgeprägt und linsenförmig. Der Inhalt der Ba¬ 
cillen war fein granulirt und letztere stärker an den Enden als 
in der Mitte gefärbt. An den Stellen, wo das mit Wasser ver¬ 
dünnte Carboifuchsin eingewirkt hatte, zeigten die Bacillen eine 
deutliche, blassgefärbte Kapsel. 

2. Mit der Milz einer an Milzbrand gefallenen Kuh wurde 
ein Meerschweinchen geimpft. Bei der mikroskopischen Unter¬ 
suchung von Milz- und Leberausstrichen dieses Impfthicres 
wurden Milzbrand-Fäden gefunden, die Glieder von 16 fi Länge 
aufwiesen. 













No. 20. 


DEUTSCHE THIER./ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


179 


3. In der Milz einer gefallenen Kuh fanden sich weder 
Milzbrandbacillen, noch überhaupt Bacillen, sondern nur eine 
grosse Anzahl kugeliger, mit Anilinfarben färbbarer Kokken. 
Verimpfung von Milzpulpa auf ein Meerschweinchen führte den 
Tod desselben nach 6 Tagen herbei; bei der mikroskopischen 
Untersuchung fanden sich die obigen Kokken nur in den Leisten¬ 
drüsen der geimpften Gliedmasse. Erst die Verimpfung dieser 
Lymphdrüsen auf ein zweites Meerschweinchen liess dieses nach 
4 Tagen zu Grunde gehen und wies bei der mikroskopischen 
Untersuchung dieses Impflings Bacillen mit dem Charakter der 
Milzbrandbacillen nach. 

4. Bei Schweinen, die plötzlich innerhalb weniger Stunden 
gestorben sind, finden sich ausser geringem Milztumor und 
theerartigem, schwarzem Blut nur multiple Ecchymosen unter 
Epi- und Endocardium. Ausstrichpräparate aus der Milz unter 
Zusatz von Wasser aber ohne Färbung lassen keine Bacillen 
erkennen. Ebensolche Präparate aus den Ecchymosen des 
Herzens weisen Bacillen von verschiedener Grösse und Länge 
auf, die abgerundete Enden besitzen und den Bacillen des ma¬ 
lignen Oedems mehr als denen des Milzbrandes ähneln. Impfungen 
zeigten, dass es sich um Milzbrand handelte. 

Auch bezüglich des Wachsthums in den Culturen, der 
Sporenbildung und der Virulenz konnten P. und G. in vor¬ 
stehenden Fällen Abweichungen von der Norm nachweisen. 
Sie kommen zu folgenden Schlüssen: 

1. Der Milzbrandbacillus kann folgende Variationen zeigen: 

a. Glieder ausserordentlich lang oder kurz, 

b. deutliche Kapselbildung, 

c. Verschiedenheit der Grösse und Abrundung der 
Enden, 

d. Bildung von Involutionsformen, so dass sie kaum er¬ 
kennbar sind, 

e. besonders schnelle Sporenbildung, 

f. herabgesetzte Virulenz, wenigstens bei gewissen 
Thieren, 

g. Unregelmässigkeit in der Entwicklung von Gelatinc- 
stichculturen. 

2. Einige der unter 1. genannten Modificationen können 
bei der Impfung längere Zeit constant bleiben, gehen aber aU- 
mälig bei fortgesetzter Impfung von Meerschwein zu Meerschwein 
verloren, so dass schliesslich wieder normale Bacillenformen 
erscheinen. 

3. An der Entstehung dieser Abweichungen scheint die 

Thierart ursächlich betheiligt zu sein. Fr ick. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Staatlich unterstützte Schutzimpfungen gegen den Roth- 
lauf der Schweine im Königreich Württemberg. 

In Württemberg sind im Jahre 1897 ebenso wie in früheren 
Jahren unter Leitung des Königl. Medicinalcollegiums, thierärzt¬ 
liche Abtheilung mit staatlicher Unterstützung Schutzimpfungen 
gegen den Rothlauf der Schweine nach dem Verfahren des 
Obermedicinalraths Dr. Lorenz in Darmstadt vorgenommen 
worden, und zwar in 215 Gemeinden, welche sich auf 46 Ober¬ 
amtsbezirke vertheilten. Die Zahl der geimpften Schweine be¬ 
trägt 7178 Stück, unter welchen auf Grund amtlicher Erhebungen 
12 Fälle von Erkrankungen an Rothlauf zur Anzeige gebracht 
wurden. Von diesen 12 angeblich an Rothlauf erkrankten 
Schweinen sind zwei gefallen, 9 nothgeschlachtet worden und 
eines ist wieder genesen. Nur in 2 Fällen wurde das Vorliegen 
von Rothlauf durch thierärztliche Untersuchung festgestellt, die 
übrigen 10 Fälle beruhten auf Angaben der Besitzer bezw. 
Schlächter, welche das Vorliegen von Rothlauf in keinem Falle 
fraglos erscheinen lassen. Ferner ist in keinem Falle 
der Zeitraum zwischen der letzten Cultureinspritzung und der 
Erkrankung ein so kurzer, dass die letztere auf eine directe 
schädigende Wirkung des Impfstoffes zurückgeführt werden 
könnte. Eine Uebertragung des Ansteckungsstoffes von ge¬ 
impften auf nicht geimpfte Thiere konnte in keinem Falle fest¬ 


gestellt werden. Auch bezüglich der durch die Impfung 
erzeugten Seuchenfestigkeit muss das Resultat im Berichtsjahr 
als ein günstiges bezeichnet werden, indem aus den Impforten 
1311 unter den nicht geimpften Schweinen beobachtete Fälle 
von Rothlauf gemeldet wurden. Von letzteren entfallen 68 auf 
Gehöfte, in denen sich gleichzeitig geimpfte Schweine befanden. 
In dem Bericht aus einem Gehöft wird sogar der Fall hervor¬ 
gehoben, dass das einzige neben 6 ungeimpften Schweinen vor¬ 
handene geimpfte Thier gesund blieb. Neben diesen Erfolgen 
können die wenigen unter den geimpften Schweinen beobachteten 
Erkrankungen bei der Beurtheilung des Gesammtresultats nicht 
schwer ins Gewicht fallen, da es leicht erklärlich ist, dass bei 
solch zahlreichen Impfungen Zufälligkeiten mit unterlaufen können, 
durch welche eine richtige Entfaltung der Wirksamkeit des 
Impfstoffes beeinträchtigt wird. Jedenfalls darf das Ergebniss 
der im Berichtsjahr vorgenommenen Impfungen als ein solches 
betrachtet werden, welches das der Lorenz'sehen Impfmethode 
gegenüber zu beobachtende wachsende Vertrauen der Schweine¬ 
besitzer in vollem Masse rechtfertigt. 


Zur Erforschung: der Maul- und Klauenseuche. 

Die Landwirthschaftskammer für die Provinz Sachsen hat 
ein »seuchenpathologisches Institut« errichtet, das 
unter Leitung des praktischen Thierarztes Hecker steht; es 
werden daselbst zur Zeit Untersuchungen zur- Erforschung und 
Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche in grösserem Mass- 
stabe vorgenommen. Der Herr College bedarf hierzu dringend 
frischen Aphthenvirus und muss bei- der Beschaffung desselben 
vor Allem auch auf die Unterstützung aller Thierärzte rechnen. 
Er stellt daher das dringende Ersuchen, bei Ausbrüchen der 
Maul- und Klauenseuche frisches Aphthenvirus — wenn auch 
nur Tropfen — zu sammeln und der Landwirthschaftskammer 
so schnell wie möglich einzusenden. Es genügt hierbei 
das Ausziehen des Bläscheninhaltes mit einer durch Auskochen 
oder mit Alkohol und Aether sterilisirten Pravaz-Spritze. Wenn 
angängig, sind die Bläschen vor dem Extrahiren ebenfalls mit 
■etwas Alkohol zu reinigen. Für die Versuche wäre es ganz 
besonders wichtig, wenn auch der Bläscheninhalt von an Maul¬ 
und Klauenseuche erkrankten Schafen eingesandt würde, und 
zwar müsste dieser Inhalt mit ausdrücklicher Kenntlichmachung 
gesondert eingeschickt werden. Die Landwirthschaftskammer 
ist gern bereit, zur Deckung der entstehenden Unkosten per 
Cubikcentimeter Bläscheninhalt 1,50 Mk. zu vergüten und ihnen 
ausserdem das Porto zurückzuerstatten. Sendungen sind zu 
richten an die Adresse der Landwirthschaftskammer für die 
Provinz Sachsen zu Halle a./S., Karlstrasse 16. 


Die IX. Seetion „Veterinäre Hygiene“ auf dem IX. Inter¬ 
nationalen Congress für Hygiene zu Madrid. 

(Entnommen der »G.-tceta de Med. Vet.« vom i.Mai 1898, dem »Liberal« und »Heraldo 

de Madrid«.) 

Von auswärts waren bedeutende Vertreter der thierärzt¬ 
lichen Wissenschaft herbeigeeilt, aus Frankreich, England, Russ¬ 
land und Oesterreich waren sie gekommen, um in der IX. Seetion 
für veterinäre Hygiene an der Seite hervorragender spanischer 
Thierärzte viele zur Zeit brennende Fragen der Thierhygiene 
auf Grund reichlich beigebrachten wissenschaftlichen Materials 
zu berathen. Wird auch manche Frage nicht so bald von den 
Congressen verschwinden, manches, das jetzt schon als reif 
der permanenten internationalen Commission zugewiesen werden 
konnte, wird schon in Kürze als eine Frucht gemeinsamer inter¬ 
nationaler Culturarbeit dem allgemeinen Wohle dienen. 

Zu Ehrenpräsidenten der Seetion wurden gewählt: Nocard 
und Barrier aus Alfort; Wladimiroff, Director des Kaiser¬ 
lichen Instituts für experimentelle Medicin aus Petersburg; 
Penberthy, Director des Vet.-Instituts zu London; Dollar, 
Präsident des thierärztlichen Central-Vereins zu London, und 
Kluczenka, Veterinär-Chef des Sanitätsdienstes in den west¬ 
lichen österreichischen Provinzen. 


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i8o 


Als erstes Thema stand in den Sitzungen vom n. und 
12. April der Vortrag Nocard’s »Die Tuberculose des Rindes 
und des Menschen« zur Discussion. Eigene Abhandlungen 
bildeten in der sehr gründlichen Behandlung des Gegenstandes: 
»Tuberculöses Fleisch und tuberculose Milch« sowie »Durch 
Fütterung mit Fleisch und Milch erzeugte Tuberculose«. Die 
grossen politischen Tageszeitungen »El Liberal« und der »Heraldo 
de Madrid« constatiren in anerkennenden Besprechungen der 
Thätigkeit der IX. Section des Congresses, dass wegen des 
weitgehenden Interesses dieser Fragen der Zudrang zu diesen 
Sitzungen ein grosser gewesen ist. Das Hauptinteresse bean¬ 
spruchten die Ausführungen Nocard’s und Coderque s, 
denen von der Section die Formulirung der Beschlüsse be- 
lassen wurde. 

Am 13. und 14. stand auf der Tagesordnung das Vieh¬ 
seuchengesetz. Das Thema wurde durch Molina Serrano 
(Oberrossarzt und Redacteur der »Gaceta de Med. Vet.«) ver¬ 
treten, und wurde dessen in No. 1 8 der »Deutschen Thierärzt¬ 
lichen Wochenschrift« auszugsweise wiedergegebene Formulirung 
der Beschlüsse beifällig begrüsst und von der Section acccptirt. 

Am 15. sprach derselbe Redner über Hygiene der Re- 
monte- und Cavalleriepferde. Er stellte folgende Beschlüsse 
auf- 1. Die alten nicht separirten Krankenställc sind durch 
den Forderungen der Jetztzeit in Betreff Hygiene und Veterinär- 
Polizei angepasste, entfernt von den Stallungen gelegene Pferde¬ 
spitäler zu ersetzen. 2. Das Mallein hat einen unbestreitbaren 
diagnostischen Werth, seine Anwendung soll reglementmassig 
in den staatlichen Pferdebeständen eingeführt werden. — Als 
einziger sprach Villa in der Discussion gegen eine obliga¬ 
torische Einführung des Mallein. Die Section billigte die Be¬ 
schlüsse nach dem Vorschläge des Autors. 

Am Nachmittage hielt Löpez Martin einen bemerkens- 
werthen Vortrag über die Serotherapie des Tetanus der Pferde. 
In die Discussion traten ein die Herren Vizmanos, Coderque, 
Del Rfo, Villa und der Autor der Arbeit, der beredt für 
die neue Therapie eintrat und dessen Beschlüsse gebilligt wurden. 

Es folgte ein Vortrag des Herrn Morot (Frankreich) über 
die Prophylaxis der Bandwurmkrankheit des Menschen durch 
den Kampf gegen die Rinder- und Schweinefinne. An der 
Discussion betheiligten sich D e 1 R i o, M o 1 i n a und V1 z m a n o s, 

diö Beschlüsse wurden gebilligt. 

Dr. Del Rio, Bakteriologe der Universität Zaragoza, hielt 
einen eingehenden Vortrag über die Aktinomykose des Rindes. 

Des Weiteren gelangten folgende Themata zur Discussion: 
Fingerzeige zu Prämien - Zuerkennungen in der Nutzviehzucht 
(Garrote und Pizarro), Ueber Vaccination (Tiburcio Alargon), 
Die Influenza der Pferde (Valdepcnas), Eine typhusartige 
Epidemie bei Schafen (Vizmanos), zum Schluss ein Vortrag 
von Garcia, Professor an der Madrider Schule, über Lungen¬ 
seuche, der derselbe als eines Krebsschadens spanischer Vieh¬ 
zucht gedachte; zur Bekämpfung der Seuche ist ein werth¬ 
volles Mittel in der Impfung zu suchen. An der Discussion 
betheiligten sich Del Rio, Coderque, Molina, Villa, 
Vizmanos. 

Auch in den anderen Sectionen kamen Fragen der veteri¬ 
nären Hygiene zur Erledigung. 

In der I. Section machte Nocard eine sehr bemerkens- 
werthe Mittheilung über das Microbium der Lungenseuche. In 
derselben Section gelangte auch ein Memorandum der Mil.tär- 
thierärzte Prof. Vizmanos und Dr. Molle da zur Verlesung: 
Ueber das Antitetanusheilserum alsProphylakticum und Curativum. 

In der II. Section verlas Dr. Rubio Amoedo eine Arbeit 
über obligatorische Tuberculin-Impfung der Kühe, deren Milch 
zum öffentlichen Consum gelangt. 

In der IV. Section kam die Denkschrift des Herrn Roman 
(England) über öffentliche Schlachthäuser zur Verlesung. 

In der V. Section wurde eine Denkschrift des Herrn 
La Villa über zum öffentlichen Consum bestimmtes Fleisch 


14. Mai. 


In der VIII. Section hielt Del Rio einen Vortrag über 
Tuberculose jähriger Kälber. 

Dem permanenten internationalen Comitö des Congresses 
wurde auf Grund eines Memorandums des Dr. Al aber n: »Ein¬ 
führungsbeschränkungen gewisser Vögel zwecks Prophylaxis 
der Psittakosis« zur Vorlage an die Regierungen der Cultur- 
staaten der Beschluss übergeben: Luxusvögel möchten an den 
Eingangspforten ebenso wie das zum Consum gelangende Ge¬ 
flügel der thierärztlichen Control e-iiftd' event. zehntägiger Quaran¬ 
täne unterliegen (befürwortet von dort ' DDr. Krauss-Wien, 
Leming-Berlin). 

Grosse Verdienste für die Arbeiten der Section werden 
in »El Liberal« den DDr. Nocard und Barrier aus Alfort, 
Del Rio und Lara aus Zaragoza, Coderque aiis Madrid, 
sowie den Militärthierärzten Molina, Löpez Martin, Vizmanos 
und Ra jus beigemessen. Besonderen Dank weiss die »Gaceta 
de med vet.« den Medicinern Krauss, Leming (?Behring?), 
Alabern und Del Rio für den hervorragenden Antheil, den 
sie der Veterinärwissenschaft in den verschiedenen Sectionen 
an den Einrichtungen der Hygiene zubilligten. 

Auf dem nachfolgenden Festbankett zu Ehren der aus¬ 
ländischen Theilnehmer der IX. Section nahm zum Schluss 
Nocard das Wort. Er stattete im Namen seiner gegenwärtigen 
ausländischen Collegen den Dank ab für die ihnen zu Theil 
gewordene gastliche Aufnahme seitens der spanischen Thier¬ 
ärzte in Madrid und lud sodann zum nächsten Congress in Paris 
im Jahre 1900 ein, sowie zurrr Besuch der Schule in Alfort, 
die der Sammelplatz sein würde aller Thierärzte, die man in 
Frankreich dann würde begrüssen können. 

Bevor man sich trennte, fand noch ein gemeinsamer Be¬ 
such der Madrider Schule statt, deren imposante Baulichkeiten 
und besonders deren Einrichtungen für experimentelle Medicin 
von den ausländischen Theilnehmern gelobt wurden. Bruns. 


Personal-Nachrichten. 

Auszeichnungen: Dem Kreisthierarzt a. D. Schlüter in Kiel 
wurde der Rothe Adlerordcn IV. Kl. verliehen. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Thierarzt Pötting in Pader¬ 
born wurde zum interim. Kreisthierarzt daselbst, Bezirksthierarzt K. Goss- 
mann in Neustadt a. S. zum pragmatischen Beamten, Thierarzt Glagc, 
Assistent am hygienischen Institut der thierärztlichen Hochschule in Berlin, 
zum Polizeithierarzt und Vorsteher des hygienischen Instituts bei der Fleisch¬ 
beschau in Hamburg ernannt. An Stelle des von seinem Amte in der 
medicinischen Klinik zurückgetretenen Assistenten Häberle an der Thier- 
ärztlichen Hochschule in Stuttgart wurde Thierarzt Scybold von Stutt¬ 
gart, welcher im April d. J. in Giessen zum Doctor med. vet. promovirt 
worden ist, zum Assistenten ernannt. Die früher'gebrachte Nachricht von der 
Ernennung des Dr. J e s s in Charloltenburg zum Vorsteher des hygienischen 
Instituts in Hamburg beruht auf einem Irrthum. Es wurden gewählt Schlacht¬ 
hofinspector Homann in Bielefeld zum Schlachthofdirector in Celle, Ober¬ 
rossarzt a. D. Fuchs in Kassel zum II. Schlachthofthicrarzt daselbst, Schlacht¬ 
hofthierarzt Dr. Heffter in Düsseldorf zum Schlachthofinspector in Filehne. 
Verzogen sind die Thierärzte A. LUbke von Trier nach Honnef a. Rh., 
Dr. Kantorowicz von Leipzig als Einjähr.-Frciw nach Spandau. 

Die thierärztliche Fachprüfung bestanden in Berlin: Arnold 
Grabe aus Hasselberg i. Pr., Paul Schulte aus Eickhoff, Johannes 
Zalewski aus Königsberg. 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutschen 
Heeres: Versetzt die Oberrossärzte Mentzel vom Drag.-Regt. No. 6 
zum Drag.-Regt. No 7, Löpitz sch vom Drag.-Regt. No. 7 zum Drag.- 
Regt. No. 6, Rossarzt Michaelis vom Art.-Regt. No. 34 zum Ulanen-Regt. 
No. 9. Zu Rossärzten befördert die Unterrossärzte Block vom Ulanen- 
Regt. No. 9, Pätz vom Art.-Regt. No. 16. Mit Pension in den Ruhestand 
versetzt Rossarzt Nickel vom Hus-Regt. No. 5. 


für spätere Erwägungen in Rücksicht genommen. |__ __ _ __ 

Verla* der Gesellschaft „Deutsche Thierärztliche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Br. Mal km ua in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der Macklot'schen Druckerei in Karlsruhe 1. B. 


DEUTSCHE TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT- 


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Deutsche 


Thierärztliche Wochenschrift 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regierangs- and Meilicinalrath, 
Director der Tierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 


herausgegeben von 

Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregierongsrath 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regierungsrath und Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Louisenthal (Saar). 


redigirt von 

Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784 a. 


Sechster Jahrgang. 


Sämratliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 
Correcturen und Anzeigen an die Expedition der 
Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 
in Karlsruhe (Baden). 


M 21 . 


Ausgegeben am 21. Mai. 


1898. 


Massregeln gegen Viehseuchen sowie Ein¬ 
führung der obligatorischen Fleischschau. 

Verhandlungen des preussischen Abgeordnetenhauses. 

(Schluss.) 

- Ministerpräsident Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe: 
Wehngleich die obligatorische Fleischbeschau in einer Reihe 
von Bundesstaaten, wenn auch in verschiedenem Umfange, 
bereits besteht, so bin ich doch der Ansicht, dass zum Schutz 
von Gesundheit und Leben der Bevölkerung.Einjrichtuag 
im ganzen Reich, und zwar nach übereinstimmenden Grund¬ 
sätzen einzuführen ist. Es besteht deshalb die Absicht, dem 
Bundesrath den Entwurf eines Reichsgesetzes, betreffend die 
Einführung der obligatorischen Fleischbeschau im ganzen Reich, 
zur Beschlussfassung vorzulegen. Selbstverständlich werden 
gegenüber der ausländischen Einfuhr von Fleisch und Fleisch- 
waaren mindestens gleichwerthige hygienische Vorsichtsmass- 
regeln zur Anwendung gelangen müssen, wie gegenüber den 
inländischen Erzeugnissen gleicher Art. Bei der Vorbereitung 
des Reichsgesetzes wird auch der Punkt der zwangsweisen 
Schlachtviehversicherung mit in Erwägung zu ziehen sein und 
ebenso eine zweckmässige Verwerthung der Confiscate. 

Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medicinalangelegen- 
heiten Dr. Bosse: Wir haben seit Jahren auf die Einführung 
der allgemeinen obligatorischen Fleischbeschau gedrungen, weil 
wir darin ein sehr wesentliches Interesse der öffentlichen Ge¬ 
sundheitspflege erblickt haben; anfänglich stiessen wir mit diesem 
Verlangen der Einführung der allgemeinen obligatorischen Fleisch¬ 
beschau allerdings in weiten Kreisen der Bevölkerung, auch in 
landwirtschaftlichen Kreisen, auf mannigfachen Widerstand. 
Ich glaube, dass dieser Widerstand wesentlich beruhte auf 
einer UeberSchätzung der mit der Fleischbeschau allerdings 
verbundenen Belästigungen und Kosten. Aber allmälig hat man 
sich in allen Kreisen der Bevölkerung überzeugt, dass die all¬ 
gemeine Fleischbeschau eine durchaus rationelle, ja notwendige 
Massregel ist, so rationell und notwendig, dass man ihr auf 
die Dauer überhaupt einen erfolgreichen Widerstand nicht wird 
entgegensetzen können; als Medicinalminister begrüsse ich da¬ 
her den Antrag mit Freude. Wenn wir einmal hier helfen 
wollen, dann müssen wir auch gründliche Arbeit machen. Dazu 
aber werden wir dann nicht ein Landesgesetz, sondern ein 
Reichsgesetz herbeizuführen haben. Nur damit ist eine gründ¬ 
liche Abhilfe herbeizuführen, schon um deswillen, weil nur da¬ 
mit an den Grenzen die Controle so energisch wird hergestellt 


werden können, wie es im Interesse der Volksgesundheit dringend 
wünschenswert ist. 

Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Frei¬ 
herr v. Hammerstein: Meine Herren, der zweite Theil des 
Antrages ist bereits vom Herrn Reichskanzler und vom Herrn 
Cultusminister beantwortet. Mir liegt noch ob, die Antwort 
der Staatsregierung auf den ersten Theil der gestellten Anträge 
mitzuteilen. Mit Erlaubniss des Herrn Präsidenten darf ich 
diesfe Antwort verlesen. 

1. Die Königliche Staatsregierung ist bereit, in eine erneute 
Prüfung der Frage einzutreten, ob die zur Zeit be¬ 
stehenden Vorschriften über die Einfuhr von Vieh aus 
seuchenverdächtigen ausserdeutschen Ländern zum Schutz 
der heimischen Viehzucht gegen Verseuchung genügen, 
und wird nötigenfalls eine Aenderung der Bestimmungen 
bei der Reichsregierung beantragen. 

2. Die Königliche Staatsregierung wird auf Grund der Er¬ 
fahrungen, welche mit der Seuchenverschleppung im 
Inland gemacht sind, die bestehenden Seuchenabwehr¬ 
bestimmungen revidiren und dabei eine Vereinheitlichung 
derselben und deren möglichst gleichmässige Hand¬ 
habung in allen Bundesstaaten erstreben. 

3. Die Königliche Staatsregierung wird beim nächsten 
Landtag die Gewährung von Staatsmitteln zum Zweck 
der patologischen Seuchenbekämpfung und für die An¬ 
stellung praktischer Versuche beantragen. 

Ich erkenne die Richtigkeit der Darlegungen des Herrn 
Abgeordneten v. Mendel über den Umfang der Verseuchung 
in den ausserdeutschen Ländern an, soweit ich seinen Dar¬ 
legungen gefolgt bin. Herr v. Mendel hat aber auch schon 
darauf hingewiesen, dass es unmöglich sei, das Deutsche Reich 
mit einer chinesischen Mauer zu umgeben, und hat die Gründe 
gegen solches Vorgehen eingehend besprochen. Wenn die 
Thatsache der Verseuchung der auswärtigen Länder, Russland, 
Dänemark, Schweden, Amerika u s. w. im vollsten Umfange 
anzuerkennen ist und Sie dabei erwägen, wie umfangreiche 
Verkehrsbeziehungen, namentlich an den Landesgrenzen, mit 
unseren Nachbarn stattfinden, so ist es unvermeidlich, dass aus 
diesem Verkehr auf veterinärem wie sanitärem Gebiet auch 
recht erhebliche, nicht ganz zu verhütende Gefahren erwachsen. 
Während Russlands Vieheinfuhr nach Deutschland vollständig 
gesperrt ist, ist an der Grenze gestattet, dass im Grenzverkehr 
Fleischwaaren, namentlich Schweinefleisch, aus Russland zur 
Befriedigung des Bedürfnisses der Grenzbewohner cingeführt 
werden. Aus Russland wurden infolgedessen im vorigen Jahre 


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182 


2i. Mai. 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


in den Grenzbezirk 3 188800 Pfund Schweinefleisch eingeführt. 
Nun besteht die Bestimmung, dass Jeder nur 2 kg Fleisch und 
jedes Mitglied der Familie nur einmal am Tage solches Fleisch 
herüberholen darf. Sie können sich danach ein Bild darüber 
machen, welch umfangreicher Verkehr an der russischen Grenze 
stattfindet, um dieser Erleichterung theilhaftig zu werden, und 
welche Gefahr dieser fortwährende Verkehr bezüglich der Ein¬ 
schleppung von Thierkrankheiten aus dem stark verseuchten 
russischen Gebiet mit sich bringt. Diese Befugniss für den 
Grenzverkehr dient wesentlich dem Interesse der preussischen 
Unterthanen und ist daher schwer zu beschränken oder ganz 
zu beseitigen. Daraus ergiebt sich, wie schwer eine Absperrung 
gegen das Ausland namentlich dann ist, wenn die Grenzgebiete 
territorial an einander grenzen. 

Meine Herren, die Königliche Staatsregierung ist ver¬ 
pflichtet und bereit, solche Massnahmen, welche geeignet sind, 
unsere werthvollen Viehbestände möglichst immun zu erhalten, 
zu ergreifen, wenn sie durchführbar und an sich zulässig und 
Erfolg versprechend sind, aber Unmögliches darf nicht gefordert 
werden, und dahin rechne ich auch absolute Absperrung gegen 
das Ausland. 

Es ist richtig, dass die aus Amerika importirten — aber 
dasselbe.ist-der Fall bei den aus England zu uns gelangenden 
Pferden — vorübergehend durch den Klimawechsel, durch die 
Seereise u. s. y/. in einen drüsigen Zustand gerathen. Diese 
Erkrankungen sind sorgfältig überwacht, eine irgend gefährliche 
Contagiosität hat nicht festgestellt werden können, namentlich 
auch nicht Rotzerkrankung. 

Wiederholt ist der Verdacht ausgesprochen, dass — während 
der Import von Schweinen lediglich zum Consum im ober¬ 
schlesischen Industriebezirk bestimmt und jede Schweinefleisch¬ 
ausfuhr von dort verboten ist — trotzdem nach Breslau, nach 
Berlin u. s. w. gegen das ausdrückliche Verbot Schweinefleisch 
aus diesen Industriebezirken exportirt werde. Es ist mit Sorg¬ 
falt diesen Verhältnissen nachgegangen, es hat aber kein Ueber- 
tretungsfall constatlrt werden können. 

Meine Herren, ferner ist sorgfältig der Gesundheitszustand 
der importirten Schweine in den Schlachthäusern überwacht. 
Erkrankungsfälle sind seit Jahr und Tag geringer geworden, 
da man in Russland, besonders in Sosnovice, eine sorgfältigere 
Controle bei der Einfuhr nach Deutschland führt. 

Nun wende ich mich zur Geflügelzucht und zur Geflügel¬ 
cholera. Es ist unbestreitbar, dass die Geflügelcholera an 
manchen Orten dem heimischen Geflügel erheblichen Schaden 
zugefügt hat, und dass dieselbe aus dem Ausland eingeschleppt 
wird. Seit die Anzeigepflicht zur Durchführung gelangt ist, 
ist es möglich geworden, den Schaden annähernd festzustellen, 
der doch immerhin ein erheblicher ist. Festgestellt ist aber 
auch, dass die zum Schutz gegen die Einschleppung der Krank¬ 
heit getroffenen Massnahmen in verschiedenen Richtungen wirksam 
sich erwiesen haben. Es steht jetzt in Aussicht, noch in nächster 
Zeit das Treiben der Gänse, was wesentlich zur Verbreitung 
der Krankheit beiträgt, gänzlich zu verbieten. Es haben ein¬ 
gehende Verhandlungen darüber stattgefunden, ob, wo und wie 
beziehungsweise mit welchem Erfolg die Geflügeleinfuhr an der 
Grenze einer etwa achttägigen Quarantäne zu unterwerfen sei. 
Es stellten sich indessen sehr erhebliche Schwierigkeiten in der 
Ausführung heraus, auch machten sich Bedenken geltend, welche 
wesentlich auch das Interesse der Landwirtschaft nahe be¬ 
rührten. Ich bin nicht in der Lage, die Verhältnisse erschöpfend 
darzulegen. 

Meine Herren, ich kann versichern: die Königliche Staats¬ 
regierung ist auf das Ernsteste gewillt, der zweifellos unserer 
Geflügelzucht drohenden Gefahr durch Einschleppung der Geflügel¬ 
cholera möglichst entgegenzutreten. 

Präsident: Es ist mir noch ein Antrag überreicht worden 
von den Abgeordneten Ring und v. Mendel-Steinfels, der lautet: 

Das Haus der Abgeordneten wolle beschliessen: 

in Theil II des Antrages die Worte: »nur für gewerbs¬ 
mässig zum Verkauf gelangendes Fleisch und im 
Uebrigen« zu streichen. 

Der Antrag steht mit zur Discussion. 


Regierungscommissar Geheimer Regierungsrath Küster: 
Meine Herren, gestatten Sie mir, über die Einfuhr der beiden 
wichtigsten Vieharten, des Rindviehes und der Schweine, nach 
Deutschland kurz einige Mittheilungen zu machen. 

In Bezug auf die Rindvieheinfuhr sind wir gegen Russland 
bekanntlich seit einer langen Reihe von Jahren völlig gesperrt. 
Aus Oesterreich-Ungarn ist die Einfuhr beschränkt; wir be¬ 
kommen blos Schlachtvieh in plombirten Wagen, das zur un¬ 
mittelbaren Abschlachtung in öffentliche Schlachthäuser gebracht 
werden muss und denjenigen Bedingungen unterliegt, die Herr 
v. Mendel für die Abschlachtung des ausländischen Viehs in 
Deutschland fordert. Es sind im Ganzen 115 preussische 
Schlachthäuser berechtigt, österreichisches Vieh einzuführen; 
es haben auffallender Weise von diesen preussischen Schlacht¬ 
häusern nur 10 davon Gebrauch gemacht. Die Gesammtsumme 
österreichischen Schlachtviehes, das nach Preussen hereingeführt 
ist, betrug im Jahre 1896 8000 Stück; davon ist etwa die 
Hälfte nach Frankfurt a. M. und Wiesbaden gegangen, die 
andere Hälfte ist in Oberschlesien geblieben. Vor Allem ist 
nach Berlin kein einziges Stück österreichischen Schlachtviehes 
gekommen. Es ist eine Einfuhr nach Koblenz und Köln ver¬ 
sucht worden; man hat davon Abstand genommen. Die Gesammt- 
einfuhr aus Oesterreich-Ungarn nach Deutschland betrug 1897 
91 000 Stück, also bleiben für die ausserpreussischen, im Wesent¬ 
lichen die süddeutschen Staaten, mehr als 80000 Stück übrig. 
Von Italien sind wir seit 1893 ganz gesperrt. Die Einfuhr 
von Rindvieh aus der Schweiz ist gestattet und nicht so ganz 
unerheblich gewesen; sie betrug 1897 17000 Stück, aber fast 
ausschliesslich Zucht- und Jungvieh. Dieses Vieh bleibt beinahe 
ausschliesslich in Süddeutschland. Gegen Frankreich sind wir 
seit 1894 vollkommen gesperrt, gegen Holland und Belgien 
auch; gegen Schweden und Norwegen ebenfalls, gegen Nord¬ 
amerika gleichfalls seit 1894. Gegenüber Dänemark liegen 
die Einfuhrverhältnisse so, dass seit dem 1. März d. J. die 
Quarantäneeinrichtungen derartig verschärft sind, dass das Vieh, 
was auf die Tuberculinimpfung reagirt, zurückgeschickt wird 
oder, wenn es nicht zurückgenommen wird, innerhalb 25 Tagen 
vernichtet wird. Das übrige Vieh, das nicht reagirt, wird nur 
zur Ueberführung und Abschlachtung in öffentlichen Schlacht¬ 
häusern zugelassen, unter denselben Bedingungen wie das öster¬ 
reichisch-ungarische Vieh. Die Wirkung dieser Massnahmen 
ist ganz auffallend gewesen. Während im Februar in die 
preussischen Anstalten etwa 7000 Stück Vieh eingeführt wurden, 
sind im März nur 238 Stück eingeführt, und zwar lediglich nach 
Altona und Flensburg. Es ist also anzunehmen, dass der Im¬ 
port aus Dänemark wohl ganz aulhören wird. Sämmtliche 
andere Grenzen Deutschlands sind für die Einfuhr von Vieh 
gesperrt, und ebenso die Einfuhr aus Nordamerika ist voll¬ 
kommen verboten. 

Wende ich mich nun zu den Schweinen, so kann ich mich 
da kürzer fassen. Die Grenzen sind gegen Oesterreich-Ungarn, 
Italien, Belgien, Holland, England, Schweden, Dänemark und 
Nordamerika vollkommen gesperrt. Der einzige Punkt, an dem 
Schweine hereingelassen werden, ist Sosnovice an der russischen 
Grenze, wo für die vier Schlachthäuser des Industriebezirks 
70000 Stück eingeführt werden dürfen. Einen anderen Import 
von Schweinen haben wir nicht mehr. 

Der Import von lebendem Vieh nach Deutschland ist also 
lediglich im veterinären Interesse derart beschränkt, dass wir 
thatsächlich auf dem deutschen Markt weder ein lebendes 
Schwein noch ein Stück Rindvieh, das aus dem Auslande kommt, 
kaufen können. Sie finden das Vieh lediglich in Schlacht¬ 
häusern. 

Abgeordneter Ring: Der Beaufsichtigung seitens des 
Reichs und der Gesetzgebung desselben unterliegen die Mass- 
regeln der Medicinal- und Veterinärpolizei. Danach ist die 
Rcichsregierung zweifellos längst in der Lage gewesen, solche 
Massregeln zu treffen. Wir wünschen daher, obgleich wir 
die Erklärung des Herrn Ministerpräsidenten und Reichskanzlers 
wohl zu schätzen wissen, zunächst eine landesgesetzliche Rege¬ 
lung der Materie, wodurch die Versprechungen, die der Herr 
Minister v. Hammerstein uns im Juni vorigen Jahres bei Ge- 


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No. 21. 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


183 


Iegenheit der Behandlung eines ähnlichen Antrages auf Regelung 
der Fleichbeschau gegeben hat, erfüllt werden. Wir bitten das 
Hohe Haus daher, den Antrag in der jetzigen Fassung anzu- 
nehmen. 

Abgeordneter Dr. Virchow: Der Antrag ist sehr schlecht 
formulirt; er enthält Wendungen und Ausdrücke, die nicht 
deutsch sind. 

Was mich besonders afficirt, ist die Bezeichnung, dass es 
sich um die pathologische Bekämpfung von Seuchen handeln 
soll. Dass die Bekämpfung pathologisch sein soll, werden doch 
die Herren Antragsteller nicht verlangen; denn wenn sie patho¬ 
logisch wäre, so müsste sie eigentlich durch die Gesetzgebung 
beseitigt werden. Nebenbei glaube ich aber, dass darin eine 
gewisse Andeutung Hegt, dass die Herren sich nicht ganz klar 
sind, was eigentlich eine pathologische Bekämpfung ist. Die 
Vermuthung liegt nahe, dass es sich hier um die Injectionen 
handelt, welche theils als prophylaktische, theils als diagnostische 
Mittel gebraucht werden. Sowohl der Landwirthschaftsminister 
wie auch der Cultusminister haben mit grossem Eifer diese 
Frage untersuchen lassen, und es ist auch Manches aufgeklärt 
worden, was die Herren Antragsteller früher auf Grund un¬ 
vollständiger sachverständiger Mittheilungen als wahr ange¬ 
nommen hatten. Ich will nur daran erinnern, dass ich mit 
Herrn Ring vor längerer Zeit eine nicht ganz angenehme Dis- 
cussion hatte in Bezug auf die Bakterien der Klauenseuche, die 
damals nach seinem Sachverständigen als existente Wesen dar¬ 
gestellt wurden, während sie heutzutage immer noch im Be¬ 
reich der grossen Hoffnungen schweben. 

Dieselbe Sachlage besteht in Beziehung auf die Tuberculin- 
impfung. Ich will in keiner Weise dem Gedanken entgegen¬ 
treten, dass dieser Weg ein nothwendig zu verfolgender ist. 
Der Werth des Tuberculins muss versucht und festgestellt 
werden; aber Sie müssen sich nicht immer vorstellen, als wären 
Sie schon am Ende des Wissens angelangt. Weder der Ge¬ 
danke, dass jede ansteckende Thierkrankheit durch ein be¬ 
sonderes Bakterium oder durch ein besonderes selbständiges 
Wesen verursacht sein müsse, noch der Gedanke, dass durch 
die Impfung volle Sicherheit gewonnen werden kann, ist 
sicher. 

Wenn Sie nun annehmen, diese Massregel sei so sicher, 
dass sie zur Grundlage der Gesetzgebung gemacht werden 
müsse;, so ist das meiner Meinung nach ein voreiliger Schritt. 
Wenn Sie die Berichte aus unseren Provinzen durchgehen, so 
werden Sie finden, dass vor einiger Zeit ein sehr eifriger Re¬ 
gierungspräsident die Schlachtung ganzer Viehbestände auf Grund 
sehr mässiger Erfahrungen anordnete, und dass, als vom Mini¬ 
sterium die Genehmigung ertheilt wurde, der Staatskasse sehr 
erhebliche Schäden erwachsen sind. So wurde in Westpreussen 
eine ganze Rinderherde geschlachtet auf Grund von Tuberculin- 
injectionen, und es ergab sich ein Verlust von 40000 Mark 
für die Staatskasse, ohne dass ein einziges von diesen Thieren 
wirklich tuberculös war. 

Meine Herren, daraus folgere ich nicht, dass man die 
Methode verurtheilen soll; es wird sich nur darum handeln, 
die Grenze zu finden, bis wohin Sicherheit besteht, aber man 
wird diese Methode nicht ohne Weiteres für die Gesetzgebung 
verwerthen dürfen. Wenn wir jetzt die Regierung bedrängen, 
in allen Punkten sofort zur Gesetzgebung überzugehen, so 
zwingen wir sie, willkürliche Voraussetzungen oder Möglich¬ 
keiten zu Grunde zu legen, die sich nachher vielleicht als fehler¬ 
haft erweisen. 

Meine Herren, die weitere Behandlung der Materie — das 
will ich zugestehen — wird es nothwendig machen, dass wir 
im Grossen und Ganzen uns dem Gedankengang der Herren 
Antragsteller anschliessen und damit ungefähr dem Gange der 
Dinge, wie er durch die wissenschaftlichen Forschungen vor¬ 
geschrieben war, folgen. Das ist im Ganzen richtig, aber es ist 
im Einzelnen nicht zutreffend, und daher habe ich gegen die 
Formulirung, die die Herren aufgestellt haben, erhebliche Be¬ 
denken. Sie wollen jetzt die obligatorische Fleischbeschau. 
Nun ich will darauf hinweisen, dass die obligatorische Fleisch¬ 
beschau in gewissen Beziehungen ziemlich leicht -nicht blos an¬ 


zuordnen, sondern auch durchzuführen ist, in anderen aber 
ausserordentlich schwierig. Man muss sich zunächst vergegen¬ 
wärtigen, welche grosse Differenz zwischen dem platten Lande 
und den Städten besteht, und wiederum zwischen den grossen 
und den kleinen Städten. Je grösser eine Stadt ist, je besser 
organisirt ihr Schlachthof, um so leichter werden die gesetz¬ 
lichen und polizeilichen Bestimmungen auszuführen sein. Ich 
habe durchaus nichts dagegen, dass man rigorose Bestimmungen 
für die Behandlung des Fleisches auf den Schlachthöfen ein¬ 
führt — viel härter, als sie im Augenblick existiren. Dagegen 
kann ich nicht anerkennen, dass man mit diesen Bestimmungen 
ohne weiteres auf das ganze Land übergehen kann. Ich will 
namentlich darauf hinweisen, dass die Herren Antragsteller sich 
auf die hessische Verordnung vom 11. Juni 1892 berufen. 
Wenn man die Paragraphen dieser Verordnung, die ich in 
Folge dessen genauer studirt habe, ansieht, so zeigt sich sehr 
wenig von der rigorosen Behandlung, welche für die Schlacht¬ 
höfe in den grösseren Städten schon jetzt angeordnet ist. Es 
wird auch, wie ich glaube, in der nächsten Zeit ganz immög¬ 
lich sein, so weit zu gehen, dass man für das ganze Land, für 
jede Schlachtung eine Formel findet, die die Garantie darbietet, 
welche die Herren beanspruchen; man muss Unterschiede 
machen. Ich würde z. B. Unterschiede machen zwischen der 
Behandlung auf den Schlachthöfen und zwischen dem, was auf 
dem Lande stattfindet. Ich erkenne an, dass das ein Mangel 
ist, und dass es wünschenswerth wäre, einheitliche Bestimmungen 
zu geben. Aber Sie werden begreifen, dass einheitliche Be¬ 
stimmungen zu milde werden würden, wenn wir den Massstab 
des platten Landes auf die Schlachthöfe der grossen Städte 
übertragen wollten, umgekehrt, dass wir zu viel verlangen 
würden, wenn wir das, was in den grossen Städten besteht, 
auf das platte Land ausdehnen würden. 

Diese Frage lässt sich leicht erörtern an einem Beispiel, 
das die Herren auch schon herangezogen haben; ich meine 
den Verkauf des Fleisches auf besonderen Fleischbänken. 
Diese Frage ist vielfach erörtert worden; sie ist meistens wieder 
zurückgestellt, weil es ausserordentlich schwierig ist, die all¬ 
gemeinen Gesichtspunkte zu finden, nach denen dieses Fleisch 
zu behandeln ist. Dass man ohne Weiteres Fleisch, welches 
verdächtig ist, auf die Freibank verweisen kann, wird doch 
nur von den rabiaten Anhängern der agrarischen Richtung, die 
eigentlich nur die Fleischpreise in die Höhe treiben wollen, 
gefordert. 

Ich will sehr gern wünschen, dass es gelingen möge, für 
viele andere Krankheiten und Krankheitsstoffe Erleichterungen 
zu finden, wie sie gegenwärtig in Bezug auf Trichinen und 
Finnen getroffen worden sind. Für inländisches Fleisch gilt 
die Bestimmung, dass Fleisch, welches 21 Tage lang in Kühl¬ 
räumen gehangen hat, als unverdächtig zu betrachten ist, auch 
wenn darin Trichinen und Finnen vorhanden sind; man nimmt 
an, dass entweder ihre Lebenskraft gänzlich erloschen ist, oder 
dass sie sich wenigstens nicht mehr fortpflanzen können. 

Wenn Sie diesen Punkt in Bezug auf den ausländischen 
Verkehr prüfen, so wird Jedermann begreifen, dass wenn viel¬ 
leicht aus Australien Fleisch nach Europa kommt, das in Kühl¬ 
räumen die Reise gemacht hat, es eigentlich unter die mildere 
Behandlung der gegenwärtigen Verordnung gebracht werden 
sollte. Aber sowie nur irgend eine Trichine in fremdem 
Fleisch gefunden wird, so schreit gleich die ganze Welt: das 
muss verboten werden, man kann nicht mehr australisches Fleisch 
einführen, die Sache muss vollständig auf hören! 

Sie haben sich auch darin getäuscht, dass Sie in dem 
letzten Satze Ihres Antrages eine gleichwerthige Behandlung des 
ausländischen und des inländischen Fleisches gefordert haben. 
Ich hatte eben schon hervorgehoben, dass selbst im Inlande 
die grossen Städte und das platte Land eine gewisse Differenz 
in der Behandlung erfordern werden, wenigstens noch für längere 
Zeit. So muss ich sagen, dass, was das Ausland betrifft, ich 
mich strengeren Massregeln fügen würde. Ich würde sogar 
keine Bedenken tragen, das Ausland schlechter zu behandeln 
als unser plattes Land, denn ich sehe nicht ein, warum man 
die Gänse, die z. B. von einem Dorfe aus der Nähe in die 


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184 


DEUTSCHE THIERiERZTUCHE WOCHENSCHRIFT. 


21. Mai. 


Stadt gebracht werden, ebenso misstrauisch ansehen soll, wie 
die, welche über die Grenze aus dem Auslande hereingebracht 
werden. Warum soll man sie nicht verschieden behandeln; 
warum soll man in letzterem Falle strengere Massregel ergreifen? 

Ich will nur eine Frage aufwerfen: welche Aehnlichkeit 
hat die Gefahr, welche der Milzbrand für die Menschen hat, 
mit der Gefahr, die die Maul- und Klauenseuche mit sich 
bringt ? Die Maul- und Klauenseuche ist eine Affection, welche 
wesentlich nur die Landwirtschaft interessirt, weil es sich 
darum handelt, die Producte derselben einigermassen zu 
schützen. Der Milzbrand aber ist eine Krankheit, welche in 
eminentem Masse den Menschen bedroht, welche unmittelbar 
auf ihn übergeht, und welche daher von höchster Wichtigkeit 
ist. Und doch, meine Herren, ist die Gleichgültigkeit der 
Gesetzgeber so gross, dass sie manche Affectionen, die nahezu 
ebenso schlimm sind, als die in Betracht gezogenen, als nicht 
existent behandeln, wenn sie auch mit Recht den Anspruch 
erheben können, zum Gegenstand der Gesetzgebung gemacht 
zu werden. 

Dahin gehört z. B. der Strahlenpilz des Rindviehs, der 
Wiederkäuer überhaupt, die sog. Actinomykose. Die Actino- 
mykose erscheint in der Gesetzgebung und in dem Verordnungs¬ 
wesen bis jetzt fast gar nicht; sie wird wie ein nicht existentes 
Wesen behandelt. Und doch häufen sich die Erfahrungen 
immer mehr, dass dieser Pilz, der vorzugsweise beim Rindvieh 
vorkommt, sehr leicht auf den Menschen übertragen wird und 
die allerschauderhaftesten, chronischen, zerstörenden Affectionen 
hervorruft, Affectionen, die zu den schlimmsten gehören, die 
wir kennen. 

Also der Strahlenpilz muss nothwendiger Weise auch 
Gegenstand der Erörterung werden. Die Kühe, welche am 
Strahlenpilz leiden, sind eigentlich schlimmer zu behandeln, als 
diejenigen, welche an Tuberculose leiden; es besteht dazwischen 
eine enorme Differenz der Gefahr. Trotzdem beschäftigt sich 
die öffentliche Gesundheitspflege eigentlich nur mit den Tri¬ 
chinen und lässt den Strahlenpilz laufen. 

Wenn Sie das in Betracht ziehen, so werden Sie begreifen, 
dass ich das Aeusserste, was ich Ihrem Antrag gegenüber 
thun kann, wirklich leiste, wenn ich demselben keinen Wider¬ 
stand entgegensetze, sondern mich ihm im Allgemeinen an- 
schliesse. 

Abgeordneter Dr. Hahn: Auf dem Lande kennt Jeder 
sein Stück Vieh, während in den grossen Städten das Publikum 
gar keine Ahnung hat, wie das Stück Vieh beschaffen gewesen 
sein mag, von dem es das Fleisch essen soll. Jeder Landwirth 
ist bis zu einem gewissen Grade thierärztlicher Sachverständiger, 
dass er beurtheilen kann, ob ein Stück Vieh, welches er 
schlachten will, gesund ist oder nicht. Ja, ich kann sagen, die 
Erscheinungen vieler Thierkrankheiten sind dem praktischen 
Landwirthe so bekannt, er kann sie in den meisten Fällen auf 
den ersten Blick so genau erkennen, dass er vielfach die Hülfe 
des Fleischbeschauers gar nicht braucht. 

Wir denken gar nicht daran, lauter Professoren und Männer, 
die die genaueste Einsicht in die Wissenschaft haben, mit der 
Fleischbeschau zu beauftragen. Für das platte Land reichen 
die Laien als Fleischbeschauer vollkommen aus. Sie haben 
sich in der Provinz Hessen-Nassau in vorzüglicher Weise be¬ 
währt. Es kann ein verständiger Mensch vom Lande, 
wenn er sich eine Woche in einem grossen Schlacht- 
hofe aufgehaltcn hat und bei den Untersuchungen 
zugegen gewesen ist, eine ganze Anzahl von Fällen 
mit ziemlicher, ja, ich möchte sagen, mit absoluter 
Sicherheit feststellen. Wir würden schon den Schutz, 
den das Publikum dadurch erhält, dass solche Laien mit der 
Fleischbeschau beauftragt werden, dankbar anerkennen müssen. 
Die Erfahrungen, die wir mit der Trichinenuntersuchung ge¬ 
macht haben, sind derart günstige, dass wir annehmen können, 
das Publikum wird sich auch an die allgemeine Fleischbeschau 
gewöhnen und vor allen Dingen dann, wenn dieselbe möglichst 
billig eingerichtet werden kann und den Leuten möglichst alle 
Unannehmlichkeiten erspart werden. — Also möglichst 
wenig burcaukratisch und möglichst billig! 


Antragsteller Abgeordneter v. Mendel-Steinfels: Ich 
habe in meinen Darlegungen in Folge der Fülle des vor¬ 
liegenden Materials zwei Punkte vergessen, die ich dem Herrn 
Landwirthschaftsminister nachträglich als Ergänzung unserer 
Anträge noch unterbreiten will. Das erste ist die Bitte, dahin 
zu wirken, dass der Eisenbahntransport der Thiere in einer viel 
schärferen Weise wie bisher noch controlirt wird und dass die 
Desinfection der Wagen in umfangreicherer Weise und zweck¬ 
entsprechenderer Art stattfinden möge, als dies bei der gegen¬ 
wärtigen Gepflogenheit erfolgt. 

Nach den gegenwärtigen Bestimmungen sind zwei Des- 
infectionsvorschriften bestehend. In § 4 lit. a in der betreffenden 
Anordnung ist gesagt, dass die Eisenbahnwagen mit einer zwei- 
procentigen heissen Sodalösung zu reinigen sind; wenn aber 
in einem Eisenbahnwagen die Seuche ausgebrochen ist, dann ist 
dieser Wagen mit einer 5 proc. Carbollösung zu desinficiren. Es 
besteht ein Vacuum und zwar für die Zeit des Seuchen¬ 
verdachtes. Wenn in grösseren Bezirken Deutschlands oder 
Preussens die Seuche herrscht, dann ist der Verdacht der Seuchen¬ 
verschleppung durch den Eisenbahnwagen dringend vorhanden 
und die Nothwendigkeit gegeben, Bahnfahrmaterial in nöthiger 
Fürsorge bereits durch die schärfere Desinfection mit sprocentiger 
Carbollösung anzuwenden ; denn wenn die Seuche erst aus- 
gebrochenist, so ist es zu spät, ausserdem sind die Thiere bereits 
scuchenansteckungsfähig, wenn sie auch noch in der Incubation 
sind, d. h. wenn sie selbst angesteckt sind, ohne dass die 
Seuche schon ausgebrochen wäre. 

Dann verlange ich die zeitweilige Ausspülung der Wagen 
durch Dampf — Dampf ist der beste Desinfector, er durch¬ 
dringt die Poren des Holzes — im Allgemeinen vorzuschreiben, 
beziehungsweise nach den Beispielen von Sachsen und Bayern 
Centralanstalten für Dampfausspülungen einzurichten, nach denen 
gebrauchte Viehwagen dirigirt werden können. 

Weiter möchte ich im Interesse der Vermeidung der 
Seucheneinschleppung und auch im Interesse der Humanität 
bitten, dass die Geflügelwagen, die heute eine recht imrationelle 
Einrichtung aufweisen, neue Umänderungen erfahren. Die 
armen Thiere werden bei jedem Schub und Stoss des Wagens 
übereinander geworfen, so dass sie dadurch erschöpft, krank 
und auch für die Seuchenentwicklung empfänglicher gemacht 
werden. Es müssen Abtheilungen eingebaut werden in den 
verschiedenen Etagen, so dass der Stoss nicht die ganze Masse, 
sondern kleinere Abtheilungen trifft. 

Endlich möchte ich bitten, dass zur Bekämpfung der 
Lungenseuche den Wünschen der Provinz Sachsen endlich 
insofern nachgekommen wird, als man die Schutzimpfung gegen 
die Lungenseuche auf behördlichem Wege für diejenigen Be¬ 
zirke vorschreibt, wo erfahrungsgemäss alljährlich die Seuche 
aufzutreten pflegt, das sind in der Provinz Sachsen besonders 
die Kreise Neu-Haldensleben, Wanzleben und Wolmirstädt. 
Das vollste Vertrauen der Bevölkerung wird der Impfung und 
Impfwirkung entgegengebracht. Die Befürchtungen, dass die 
geimpften Thiere Seuchenträger wären, sind durch Versuche 
und praktische Erfahrungen ohnehin längst beseitigt. Es ist 
aber nöthig, dass die §§ 2 und 45 des preussischen Gesetzes 
vom 18. Juli 1894 dahin ergänzt werden, dass ohne Verhängung 
der Sperre diese behördliche Zwangsimpfung angeordnet werden 
kann. 

Dagegen aber möchte ich Einspruch erheben, dass wir, 
mein College Ring und ich, irgendwie die Staatsregierung 
drängen wollten, die bisherigen Impfverfahren gegen die Maul¬ 
und Klauenseuche — darum hat es sich besonders gehandelt —, 
ferner gegen Schweinerothlauf als perfecte Mittel anzusprechen. 
Wir glauben auch nicht, dass die Diagnose auf Grund der 
Tuberculinimpfung unter allen Umständen unfehlbar sei. I be¬ 
wahre! Der wahre Sachverhalt ist uns allen ebenso bekannt, 
wie dem Herrn Geheimrath Virchow. Aber wir wissen, dass 
man die Tuberculinimpfung für den allgemeinen Gebrauch als 
ein ziemlich sicheres diagnostisches Mittel immerhin ansprechen 
kann; das genügt uns völlig! 

Ich möchte das Haus dringend bitten, unsern Anträgen 
seine Zustimmung nicht zu versagen. Wir können uns mit der 


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No. 21. 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


185 


Erklärung des Herrn Reichskanzlers nicht zufrieden geben, 
sondern müssen unter allen Umständen das Ziel, welches wir 
erreichen wollen, uns kürzer stecken, denn Eile thut noth! 

Wir ziehen die grössere Sicherheit unserer Landesgesetz¬ 
gebung vor und hoffen, dass das Staatsministerium sich dazu 
entschliesst, den Anträgen, die das Haus heute hoffentlich mit 
grosser Majorität oder einstimmig annehmen wird, entsprechende 
Berücksichtigung und schleunigste Durchführung zu gewähren. 

Der Antrag v. Mendel-Steinfels und Ring wird nebst 
den Unteranträgen bei der hierauf folgenden Abstimmung ein¬ 
stimmig angenommen. 


Referate. 

Staub und Staubkrankheiten. 

Von Prof. Dr. Emmerich. 

Der bekannte Hygieniker Prof. Dr. Emmerich hat im 
Volkshochschulverein zu München über die Möglich¬ 
keiten der Uebertragung von Infectionskrankheiten bei Menschen 
einen Vortrag gehalten, der auch in thierärztlichen Kreisen Be¬ 
achtung verdient. Er behandelte insbesondeie die Verbreitungs¬ 
weise von Mikroorganismen und Krankheitskeimen durch die 
Luft unter besonderer Berücksichtigung der neuen, von Prof. 
Flügge in Breslau ausgeführten Versuche, deren Resultate die 
bisherige Lehre von der Verbreitungsweise der Infectionskrank¬ 
heiten wesentlich umgestalten. Schon Nägeli hat nachge¬ 
wiesen, dass von feuchten Flächen (Boden, Kleiderstoffe etc.) 
selbst durch sehr heftige Luftströmungen bis zu 60 m in der 
Sekunde keine Keime losgelöst werden; trockener Staub da¬ 
gegen, welcher auf dem Boden, den Kleidern etc. lose aufliegt, 
wird schon durch Luftgeschwindigkeiten von 1 bis 2 m in der 
Sekunde theilweise fortgeführt, eine gänzliche Entfernung des 
Staubes gelingt aber selbst bei Luftströmungen von 13 m Ge¬ 
schwindigkeit nicht leicht. Der Glaube, man könne mit Krank¬ 
heitserregern behaftete Kleider, an deüen keimhaltige Flüssig¬ 
keiten angetrocknet sind, dadurch desinficiren, dass man mit 
denselben einige Zeit an die Luft geht, ist daher ein grosser 
Irrthum. 

Wenn einmal bakterienhaltiges Material zerstäubt, also in 
Staubform in die Luft gelangt ist, so sind schon Luftgeschwindig¬ 
keiten von weniger als einem Millimeter in der Sekunde, wie 
sie stets in jedem geheizten Zimmer vorhanden sind, genügend, 
um die keimhaltigen trockenen Stäubchen in allen Theilen 
des Zimmers zu verbreiten und können in ruhiger Zimmerluft 
länger als vier Stunden schwebend bleiben. Tappeiner, 
Büchner und Miquel hatten schon beobachtet, dass beim 
Zerstäuben von Flüssigkeiten ausserordentlich feine Flüssigkeits¬ 
tröpfchen entstehen, welche beim Einathmen leicht in die 
tieferen Partien der Luftwege gelangen und durch minimale 
Luftströme weithin verbreitet werden. Flügge konnte nach- 
weisen, dass solche feinste bakterienhaltige Flüssigkeitströpfchen 
auch beim Ausgiessen einer inficirten Flüssigkeit auf den Boden, 
beim Waschen, Scheuern des Fussbodens, sowie beim lauten 
Sprechen, Niesen und Husten gebildet und durch die mini¬ 
malsten Luftströmungen in allen Theilen eines grossen Zimmers 
verbreitet werden. Der Vortragende erläuterte diese That- 
sachen durch vortrefflich gelungene Experimente mit der Be¬ 
tonung, dass solche feinste, bakterienhaltige Tröpfchen schon 
durch Luftgeschwindigkeiten von nur 0,07 mm in der Sekunde 
horizontal und durch solche von 0,2 mm in der Sekunde ver¬ 
tikal fortbewegt und überall in der Zimmerluft verbreitet werden, 
in welcher sie vier bis fünf Stunden schweben. Diese zur 
Fortbewegung feinster Tröpfchen und Stäubchen genügenden 
Luftgeschwindigkeiten sind tausendmal geringer als jene 
Luftbewegungen, welche wir durch unsere empfindlichsten Haut¬ 
stellen eben noch wahrnehmen können. Aus Flügge’s Unter¬ 
suchungen ergiebt sich die wichtige Thatsache, dass auch solche 
Krankheitsbakterien, welche durch Austrocknen zu Grunde 
gehen und daher in trockener Staubform nicht verbreitet werden, 


in Form von Flüssigkeitströpfchen leicht verschleppt werden 
und, von Menschen eingeathmet, zur Entstehung von Krank¬ 
heiten führen können. Krankheiten, bei welchen die Ueber¬ 
tragung durch beim Husten, Niessen etc. in die Luft ge¬ 
schleuderte Tröpfchen des Mund-, Nasen-, Rachen- und Kchl- 
kopfschleimcs der häufigste Ucbertragungsweg ist, sind In¬ 
fluenza, Keuchhusten, croupöse Lungenentzündung, 
Rachen- und Mandelentzündung und der gewöhnliche 
Nasenkatarrh. Mit diesen Thatsachen stimmt auch die Be¬ 
obachtung überein, nach welcher ein kurzer Besuch bei einem 
Influcnzakrankcn die Uebertragung auf den Besucher zur Folge 
hat, indem ja die Influenzabacillen-haltigen Tröpfchen bei jedem 
Hustenstoss von Neuem in die Luft gelangen und dort Stunden 
lang schweben bleiben. In ähnlicher Weise kann ein an 
Schnupfen leidendes Familienglied alle Anderen inficiren. Bei 
einer Gruppe von Krankheiten, bei Masern, Scharlach und 
Blattern ist die Luftinfection der gewöhnlichste und wich¬ 
tigste Uebertragungsweg; im Anfänge der Krankheit kann die 
Uebertragung auf Gesunde durch Verschleudern des Auswurfes 
etc. in Tröpfchenform erfolgen, während im späteren Verlauf, 
den Abschuppungsstadien, die Infection jedenfalls durch 
trockene Stäubchen bewirkt wird, welche sich von der 
spröden Haut der Kranken leicht ablösen und durch die mini¬ 
malsten Luftströmungen in der Zimmerluft verbreitet werden. 

Während bei Typhus und Cholera die Infection höchst 
wahrscheinlich fast immer durch inficirte Nahrungsmittel erfolgt, 
muss bei Lungenschwindsucht die Uebertragung durch 
feinste Tröpfchen des Auswurfs als möglich bezeichnet werden; 
die Gefahr ist aber jedenfalls nicht so gross, wie man nach 
den obigen Experimenten zu schliessen geneigt ist. Es gelingt 
allerdings, wie Flügge zeigte, Meerschweinchen dadurch tuber- 
culös zu machen, dass man einen Schwindsüchtigen in den 
ringsum dicht verschlossenen Käfig der Versuchsthiere husten 
lässt, aber abgesehen davon, dass bei dipsem Experiment die 
Bedingungen der Uebertragungsmöglichkeit ungemein viel gün¬ 
stiger liegen, als beim Verkehr gesunder Menschen mit Lungen¬ 
kranken, ist jedes Meerschweinchen für die Tuberculose ausser¬ 
ordentlich empfänglich, während viele Menschen für diese Krank¬ 
heit gar nicht disponirt sind. Die persönliche Disposition und 
Körperbeschaffenheit spielt hier eine ganz hervorragende Rolle 
und es kommt bekanntlich sehr häufig vor, dass Ehegatten und 
Pflegerinnen trotz jahrelangem engstem Zusammenleben mit 
Tuberculösen nicht angesteckt werden. Das Resultat der 
Flügge'sehen Versuche giebt also keinen Anlass 
zur Beunruhigung; im Gegentheil, Flügge zeigte, dass 
der Auswurf Schwindsüchtiger in trockener Staubform die 
Krankheit nicht zu übertragen vermag, dass somit eine Gefahr 
nicht existirt, die gerade in den letzten Jahren so drastisch 
geschildert und zum Ausgangspunkt aller Desinfectionsmass- 
regeln gemacht wurde. Jedes Hotelzimmer, in dem in den 
letzten Monaten ein Tuberculöser wohnte, hielt man für ver¬ 
dächtig, jedes Eisenbahncoupö, jeder Pferdebahnwagen und die 
Kleider des Kranken schienen gleich gefährlich zu sein, während 
eine solche Gefahr nicht besteht. 

Der Vortragende setzte noch auseinander, wie man die 
Uebertragung von Krankheitskeimen in Tröpfchenform vermeiden 
kann und sprach sich gegen die Unsitte des Aus¬ 
klopfens und Ausbürste ns von Kleidern und Tep¬ 
pichen namentlich in Korridoren und in Treppen¬ 
häusern auf das Energischste aus, solche Reinigungen 
sind im Freien und am besten durch hiefür besonders einge¬ 
richtete Anstalten vorzunchmcn. Zu Ende seines Vortrages, 
der das ganze Interesse der Zuhörer in Anspruch genommen 
hatte, ermahnte Herr Prof. Emmerich das Auditorium, in 
der opferfreudigen Pflege • lungenkranker Anverwandter und 
Freunde nicht zu erlahmen, da diese armen Kranken, welchen 
jede Freude an den Schönheiten der Welt durch ihre Krank¬ 
heit verleidet wird, unserer werkthätigen Liebe besonders be¬ 
dürftig sind. 

Malkmus. 


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21. Mai. 


DEUTSCHE TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Schlundflstel beim Fohlen. 

Von Thierarzt T e e t z in Warin. 

(Bert. Thierärztl. Wochenschrift 1898, No. 11 ) 

Ein ca. io Monate altes Fohlen war an Druse erkrankt, 
es bildete sich in der Ohrdrüsengegend eine Geschwulst, die 
sich nach einigen Tagen vergrösserte und eine fast weiche 
Beschaffenheit annahm. Spaltung der Haut und Durchbohren 
der Fascie mit dem Finger, worauf sich eine grössere Menge 
äusserst übelriechenden Futters mit Eiter untermischt entleerte. 
Das vorgehaltene und aufgenommene Trinkwasser kommt durch 
die Wunde wieder zum Vorschein, es bestand sonach eine 
Schlundfistel. Unter sachgemässer Behandlung, bestehend in 
Ausspülen der Fistel mit Kreolinwasser und Verabreichen von 
Buttermilch, Heu und Hafer tritt nach einigen Wochen voll¬ 
ständige Heilung ein. Görig. 


Ausserordentlich grosser Speichelstein bei einem Esel. 

Von Ussai. 

(La clinica veterinaria 1898 S. 145.) 

Ein steinalter Esel besass an der linken Backe eine pen¬ 
delnde Geschwulst, die nach dem Vorbericht bei demselben 
zuerst im Alter von 6 Jahren bemerkt war. Die Geschwulst 
besass zu dieser Zeit die Grösse einer Nuss und war im Ver¬ 
lauf von 15 Jahren zur jetzigen Grösse hcrangewachsen. Sie 
hatte die Gestalt und Grösse einer grossen Rindernicre und 
befand sich in einer sackförmigen Duplicatur der ausgedehnten 
Haut. Sitz der Geschwulst war der vordere Rand des linken 
Unterkieferastes im Bereich des Maulwinkels. Selbige pendelte 
hin und her. Der grösste Längsdurchmesser war von vorn 
nach hinten, der kleinste von oben nach unten. An derselben 
war eine grosse Curyatur am unteren Rande und zwei kleinere 
an den Enden wahrzunehmen. Die Oberfläche des Hautsackes 
war von Haaren entblösst, glatt und stark schwarz pigmentirt 
mit Ausnahme eines kleinen pfenniggrossen Fleckes auf dem 
vorderen Ende desselben; derselbe war weiss, perlmuttcr J 
glänzend. Die Geschwulst selbst war sehr hart, unschmerzhaft, 
kalt. Die Haut erschien verdünnt und auf der Geschwulst 
leicht verschiebbar. Im Bereich der entsprechenden Parotis 
keine wahrnehmbaren Veränderungen. Die Geschwulst soll 
nach Mittheilung des Besitzers bei vermehrter Arbeit, also im 
Sommer und Herbst, deutlich an Umfang zugenommen haben. 
Desgleichen soll an dem perlmutterglänzenden Fleck bei starker 
Arbeit ein Defect entstanden sein, aus dem fadenziehender 
Speichel reichlich abfloss. Sobald der Esel zur Ruhe kam, 
soll der Defect jedesmal von selbst abgeheilt sein. 

Die operative Entfernung dieses Speichelsteines wollte der 
Besitzer nicht zulassen und U. bat daher, ihn von dem etwaigen 
Tode des Esels in Kenntniss zu setzen. Leider konnten die 
Veränderungen an den entsprechenden Weichtheilen nach dem 
Tode nicht mehr festgestellt werden, da letztere zum grossen 
Theil bereits entfernt waren. Der Stein selbst wies folgende 
Beschaffenheit auf: Gewicht 785 g, Länge 14 cm, Breite 8 cm, 
grösste Dicke 6 cm. Länge des unteren Randes 24 cm, des 
oberen 13 cm. Die Farbe war* hellgrau. Der Stein hatte die 
Form einer abgeplatteten Gurke mit einer äusseren, gewölbten 
und inneren, entsprechend dem Kieferaste ausgehöhlten Fläche. 
Der untere Rand war stark gewölbt, das vordere Ende stumpf, 
das hintere abgerundet spitz. Die Hälfte der äusseren Fläche 
und der untere Rand waren glatt wie mit Schmalz belegt. 
Die obere Fläche ist durch zwei Querfurchen und verschieden 
grosse und verschieden geformte, wie mit feinem Sand be¬ 
streute Erhebungen uneben. Drei Finger breit vom hinteren 
Ende findet sich eine 1 cm breite Furche, in deren Grund 
kuglige, schwach erbsengrosse, festsitzende Concremente wahr¬ 
genommen wurden. Die innere Fläche des Steines ist rauh, 
hauptsächlich die obere Hälfte erscheint wie mit Sandkörnchen 
und linsenförmigen Hervorragungen verschiedener Grösse besetzt. 

Frick. 


Oeffentliches Veterinärwesen. 

Die Verbreitung der Maul- und Klauenseuche im Deutschen 
Reiche während des Jahres 1890. 

(Aus «Jahresbericht über die Verbreitung der Thierseuchen im Deutschen Reich. Be¬ 
arbeitet im Kaiserl. Gesundheitsamt zu Berlin. 11. Jahrgang: Das Jahr 1896.) 


Der Gang und die Verbreitung der Maul- und 
Klauenseuche kn Berichtsjahr geht aus folgender Tabelle hervor : 


Zahl 

I. Viertel¬ 

II. Viertel¬ 

III. Viertel¬ 

IV. Viertel¬ 

der neu betroffenen 

jahr 

jahr 

jahr 

jahr 

Regierungsbezirke 

77 

78 

73 

79 

Kreise .... 

5 i 9 

524 

500 

760 

Gemeinden 

2837 

2 577 

2 234 

• 6 180 

Gehöfte .... 

9405 

IO664 

15 278 

33 527 

Stück Rindvieh . 

114623 

1 15 358 

150 998 

329 502 

Schafe und Ziegen 

89010 

153 090 

Il8 426 

225 362 

Schweine . 

51 292 

47 74 i 

48 412 

104623 


Verschont blieb nur das Lübecksche Staatsgebiet, der 
Regierungsbezirk Gumbinnen und das Oldenburgische Fürsten¬ 
thum Lübeck. Ueberhaupt betroffen waren während 
des Berichtsjahres 25 Staaten und in diesen 864 Kreise (vier 
Fünftel aller vorhandenen!) 14 710 Gemeinden und 72161 Ge¬ 
höfte. Die Gesammtzahl der Thiere in den neu betroffenen 
Gehöften betrug 710481 Stück Rindvieh, 572248 Schafe, 
13 640 Ziegen, 252 068 Schweine, insgesammt 1 548437 Thiere. 

Anlässe zu den Seuchena.usbrüchen: Einschlep¬ 
pungen aus dem Auslande haben zahlreich stattgefunden, so 
gelegentlich des Weidegangs an der russischen Grenze zweimal 
im Kreise Strasburg (Westpreussen), durch Schweineeinfuhr 
aus Russland in mehreren Grenzschlachthäusern, durch den 
kleinen Grenzverkehr von Personen und durch den Bezug von 
Futtermitteln, ferner durch Weidevieh aus Oesterreich-Ungarn. 
Aus England ist die Seuche eingeschleppt worden nach Meck¬ 
lenburg-Schwerin durch Zuchtböcke, aus Dänemark nach Preussen 
(Kreis Mülheim) durch Zuchtvieh, aus den Niederlanden durch 
Rindvieh nach dem Kreis Rees, aus der Schweiz durch Milch¬ 
kühe nach Bayern. Verschleppungen der Seuche aus einem 
Bundesstaat in den andern haben in zahlreichen Fällen statt¬ 
gefunden. Auch innerhalb der einzelnen Staaten sind viele Ver¬ 
schleppungen der Seuche vorgekommen. Sonst werden noch 
als Anlässe zur Ausbreitung genannt: Unterlassung oder mangel¬ 
hafte Ausführung der polizeilich angeordneten Sperrmassregeln 
und zwar speziell der Verkehr von nicht genügend oder über¬ 
haupt nicht desinficirten Personen (Besitzer, Dienstboten, Fleischer), 
Durchbrechung der Gehöftsperre, Unterlassung der Untersuchung 
von eingeführtem Vieh, Nichtinnehaltung der vorgeschriebenen 
Quarantäne, Benutzung kranker Thiere zur Feldarbeit, Be¬ 
gattung durch Bullen verseuchter Bestände, verbotene Abgabe 
von Magermilch aus Sammelmolkereien, verbotwidriges Tränken 
an gemeinschaftlichen Brunnen, ferner Unterlassung und Ver¬ 
zögerung der Anzeige. Auch bei vorschriftsmässiger Beob¬ 
achtung der Sperrmassregeln sind Umstände zu Tage getreten, 
welche für die Verbreitung der Seuche von Einfluss waren: 
Verkehr von Personen mit einander (Dienstboten, Händler, 
Kastrirer etc.), Verleihen von Ackergeräthen, Milchgefässen, 
Hin- und Herlaufen der Hunde, Ratten, des Geflügels, der 
Katzen, Einfuhr frischer Rinderhäute. Ferner sind Seuchen¬ 
ausbrüche zurückzuführen auf mangelhafte Desinfection der 
Ställe, Viehrampen und Eisenbahnwagen. 

Ermittelt wurden die Seuchenausbrüche in zahlreichen 
Fällen bei der thierärztlichen Beaufsichtigung der Viehmärktc, 
Viehhöfe, Schlachthäuser und bei der Schlachtviehbeschau, ferner 
Abdeckereien, bei öffentlichen Auctionen, auf offener Strasse, 
bei der Revision zusammengebrachter Viehbestände der Händler, 
beim Ein- und Ausladen von Vieh auf Bahnhöfen und bei der 
Untersuchung von Treibervieh. 

Die Incubationsdauer beträgt nach zahlreichen Be¬ 
richten 2 bis 4 Tage, schwankt aber zwischen 1 und 14 Tagen. 

Impfungen, d. h. absichtliche Uebertragungen des An¬ 
steckungsstoffes auf gesunde Thiere, sind sehr umfangreich vor¬ 
genommen worden, fast überall mit dem Erfolge, dass der 


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No. 21. 


187 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


ganze Bestand gleichmässig und milde durchseuchte. In einigen 
Fällen ist ein Erfolg nicht beobachtet worden, in anderen sind 
sogar erhebliche Nachtheile, nämlich besonders bösartiger Ver¬ 
lauf des Leidens, constatirt worden. 

Verbote der Viehmärkte sind in allen Staaten er¬ 
lassen worden. Im Allgemeinen erwies sich die Massregel als 
wirksames Mittel gegen die Seuche. Von vielen Seiten wird 
aber jeder Einfluss in Abrede gestellt, da an Stelle des Markt¬ 
handels der Hausirhandel auftrete. 

Uebertragungen auf Menschen haben mehrfach 
stattgefunden. Mehrere Kinder sind gestorben, einige Er¬ 
wachsene waren lebensgefährlich erkrankt. 

Bösartige Maul- und Klauenseuche: In Württem¬ 
berg sind der Seuche erlegen 1472 Rindvieh, 16 Schafe, 
3 Ziegen, 74 Schweine; nothgeschlachtet wurden 431 Stück 
Vieh, 35 Schafe, 24 Schweine. In Baden sind 159 Stück 
Rindvieh, 2 Schafe, 2 Ziegen, 1 Schwein gefallen, 186 Stück 
Rindvieh und 5 Schweine getötet worden. In Anhalt sind 
7 Kälber und 7 Ferkel gefallen und 2 Rinder nothgeschlachtet 
worden. Froehner-Fulda. 


Nahrungsmittelkunde. 

Bericht über das öffentliche Schlachthaus zu Lübeck 
vom 1. April 1896 bis 31. März 1897. 

Erstattet von J. Völlers, Schlachthausinspektor. 

I. Viehverkehr: 

a) auf dem Viehhofe überhaupt. 

1) Auftrieb zum Viehhofe: incl. Stallbestand vom 
31. März 1896 = 11 205 Rinder, 12555 Kälber, fette 
und nüchterne, 6190 Schafe incl. Lämmer, 28904 Schweine, 
616 Pferde, 171 Ziegen; 

2) Abtrieb (lebender Thiere) vom Viehhofe = 6094 Rinder 
( 54 » 4 °/o)> 40 Kälber (0,32%), 101 Schafe (1,65%), 1 Ziege 
(o, 58 °/ 0 ), 3 76 i Schweine (13,05%), 10 Pferde (1,62%). 

b) Vichmarkthalle: 

Derselben wurden 8237 Rinder, 3624 Schweine und 
27 Kälber zugeführt. 594 Rinder, wurden gleich weiter ver¬ 
sandt und waren deshalb gebührenfrei. 

c) Quarantäne-Anstalten. 

1) Zutrieb incl. Bestand vom 31. März 1896 = 8214 Rinder, 
3557 Schweine; 

2) Abtrieb = 8097 Rinder, 3551 Schweine; 

3) Bestand am 31. März 1897 =117 Rinder, 6 Schweine. 

II. Schlachthaus: 

Zahl der Schlachtungen im Berichtjahr: 5019 Rinder, 
12 500 Kälber (fette und nüchterne), 6044 Schafe incl. Lämmer, 
25047 Schweine, 170 Ziegen, 606 Pferde. Gegen das Vor¬ 
jahr hat sich die Zahl der Schlachtungen um 6068 Stück ver¬ 
mindert, was besonders darauf zurückzuführen ist, dass die 
Abschlachtung des ausländischen Viehes alsbald nach der 
Landung fast ganz aufgehört hat. Von den geschlachteten 
Thieren wurden als ungeeignet zur menschlichen 
Nahrung zurückgewiesen bezw. beschlagnahmt: 65 Rinder, 
53 Kälber, 6 Schafe, 3 Ziegen, 137 Schweine, 8 Pferde, sowie 
5718 einzelne erkrankte Organe. Ausserdem wurden ver¬ 
nichtet: 1 zu spät geschlachtetes Schwein, 5 in den Ställen 
verendete Thiere (1 Bulle, 1 Kalb, 1 Schaf, 2 Schweine), 
60 Stück ungeborene grössere Kälber und 83 kg Fleisch von 
Thieren mit Verletzungen. 

Von den als Grund der Beanstandung bezl. Beschlag¬ 
nahmung angeführten Krankheiten seien folgende erwähnt: 

Tuberculose: bei 1659 Stück Rindvieh (33,05°/ 0 ) und 
704 Schweinen (2,81 °/ 0 ), davon wurden ganz vernichtet: 
18 Rinder, 5 Kälber, 4 Schweine; nach Sterilisirung im 
Dampf-Desinfector für den menschlichen Genuss freigegeben: 


33 Rinder, 6 Kälber, 109 Schweine; nur die tuberculösen 
Organe vernichtet bei 1 597 Stück Rindvieh und 591 Schweinen. 

Trichinen: 1 Schwein vernichtet; 

Finnen: 6 Rinder, 1 Kalb und 2 Schweine (6 Rinder 
gepökelt, 1 Kalb und 2 Schweine vernichtet); 

Unreife: 27 Kälber (davon 26 vernichtet und 1 dem 
Vorbesitzer zum eignen Gebrauche unabgestempelt zurück 
gegeben); 

Icterus: 7 Kälber und 6 Schweine (1 Kalb und 1 Schwein 
im Dampf-Desinfector gekocht; 6 Kälber und 5 Schweine 
vernichtet). 

Psorospermienschläuche: 7 Schweine (5 sterilisirt, 
2 zurückgewiesen); 

Muskelstrahlenpilze: 5 Schweine (4 sterilisirt, 1 zu¬ 
rückgewiesen). 

In den Untersuchungsstationen für eingeführtes 
Fleisch wurden zur Schau gestellt: 2811 kg Rind-, 4857 kg 
Kalb-, 92 kg Ziegen-, 25 kg Schaf-, 1 128 kg Schweine- und 
8 210 kg Pferdefleisch. Edelmann. 


In Kirchberg (Sachsen) trat am 25. Januar d. J. eine 
ambulatorische Fleischbeschau in Kraft. 

In Gleiwitz (Schlesien) wurde am 1. Mai d. J. ein neuer 
Schlacht- und Viehhof in Betrieb genommen. 


Die obligatorische Fleischbeschau wurde cingeführt in den 
sächsischen Städten Nossen und Schellenbcrg. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Unfall an der thierärztlichen Hochschale in Dresden. 

Herr Medicinalrath, Professor Dr. Johne in Dresden, 
wplcher sich bei der Section eines an Tollwuth verendeten 
Pferdes verletzte, begab sich nach Wien, um sich im dortigen 
Institut für Schutzimpfungen gegen Lyssa einer Behandlung zu 
unterziehen. Dasselbe that ein Studirender der Dresdener 
Thierärztlichen Hochschule, welchem von einem wuthkranken 
Hunde die rechte Hand durch Bisse erheblich verletzt wurde. 


Aus dem Landtage des Königreichs Sachsen. 

Von den beiden Kammern des Sächsischen Landtages 
sind nunmehr die von der Regierung vorgelegten Gesetz¬ 
entwürfe, 

die Einführung einer allgemein verbindlichen 
Schlachtvieh- und Fleischbeschau, sowie 
die Einrichtung einer staatlichen Schlachtvieh¬ 
versicherung betreffend, 

mit nur geringfügigen Abänderungen genehmigt worden. 

Dagegen hat der gleichzeitig vorgelegte Gesetzentwurf, 
die Bekämpfung der Tuberculose der Ririder be¬ 
treffend, nicht die erforderliche Mehrheit gefunden, obgleich 
eine grosse Zahl von Abgeordneten, besonders in der ersten 
Kammer, auch diesem Gesetzentwürfe allenthalben zustimmend 
gegenüberstanden und dessen Ablehnung bedauerten. 

Indessen haben die Kammern an die Königliche Staats¬ 
regierung das Ersuchen gerichtet, eine Anzahl Ställe nach Ueber- 
einkunft mit Landwirthen einer den Bestimmungen des vor¬ 
gelegten Gesetzes entsprechenden ausgiebigen Controle zu unter¬ 
stellen und die hierbei gewonnenen Resultate, sowie einen, 
diese Ergebnisse berücksichtigenden neuen Entwurf eines Ge¬ 
setzes zur Bekämpfung der Tuberculose der Rinder einem der 
nächsten Landtage vorzulegen. Zur Bezahlung der hierbei 
erforderlichen Entschädigungsgelder wird der Königl. Staats¬ 
regierung ein Berechnungsgeld von 30000 Mk. für die laufende 
Finanzperiode zur Verfügung gestellt. Die Fleischbeschauer 
sollen angewiesen werden, alle Fälle von Tuberculose dem 


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188 


21. Mai. 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Bczirksthicrarzte desjenigen Bezirkes, aus dem das geschlachtete 
Rind stammt, zur Zusammenstellung statistischen Materials an¬ 
zuzeigen. 

Der Wortlaut der oben erwähnten Gesetze wird alsbald 
nach ihrer Vollziehung in dieser Wochenschrift veröffentlicht 
werden. 


Ausstellung 

der Deutschen Landwirthschafts-Gesellschaft ln Dresden. 

Aus Anlass der in den Tagen vom.30. Juni bis 5. Juli d. J. 
in Dresden stattfindenden Ausstellung der Deutschen Land¬ 
wirthschafts-Gesellschaft hat der Dresdener Thierärztliche Verein 
einen thierärztlichen Ausschuss gewählt, welcher sich 
aus den Unterzeichneten zusammensetzt. 

In der sicheren Erwartung, dass diese Ausstellung auch 
von Thierärzten zahlreich besucht werden wird, hat der Unter¬ 
zeichnete Ausschuss sich die Aufgabe gestellt, den die Aus¬ 
stellung besuchenden Herren Collegen in der Beschaffung von 
Wohnungen behilflich zu sein, Auskünfte jeder Art zu ertheilen 
und Vorkehrungen auch für gesellige Veranstaltungen in und 
ausserhalb der Ausstellung zu treffen. 

Die Unterzeichneten stellen sich daher, ein jeder für sich, 
allen Herren Collegen, welche die Ausstellung zu besuchen 
gedenken, bereitwilligst zur Verfügung behufs Auskunftsertheilung 
etc. etc., bitten aber, Bestellungen auf Wohnungen, 
unter genauer Angabe von Zeit, Bettenzahl, Hotel- und Privat¬ 
wohnung und sonstigen Ansprüchen möglichst bald auf¬ 
geben zu wollen, da schon jetzt solche in grosser Zahl bei 
dem von der Ausstellungsleitung eingerichteten Wohnungs- 
burcau cingehen. Letzterem, welchem Wohnungen jeder Grösse 
und Preislage zur Verfügung stehen, wird auch von den Unter¬ 
zeichneten, unter ihrer persönlichen Mitwirkung, die Vermittelung 
von Wohnungen für die Herren Collegen übertragen werden 
müssen. 

Dresden, den 14. Mai 1898. 

Otto Beier, Bczirksthierarzt, Dresden-Neustadt, Königsbrück^r-»- 

strasse 47. 

Max Redlich, Amtsthierarzt, Dresden-Altstadt, Amalicnstrisse 23. 
Karl Schade, Oberrossarzt, Dresden-Neustadt, Bischofsweg 18. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Tuberculinprobe und Tuberkulosebekämpfung* beim 
Rinde. Wissenschaftliche Untersuchungen und praktische 
Erfahrungen. Von Dr. A. Eber, Bczirksthierarzt und 
Lehrer an der Thierärztlichen Hochschule in Dresden. 
Berlin. Verlag von Paul Parey. 1898. 

Eine sehr beachtenswerthe Schrift, mit welcher der Herr Verfasser uns 
beschenkt hat! Wie steht es mit der Zahl der Fehldiagnosen bei der 
Tuberculinprobe? Sind Gefahren mit der Anwendung des Tuberculins für 
die Impflinge verbunden ? Was hat als Reaction zu gelten ? Wie wird die 
Tuberculinprobe am richtigsten durchgeführt ? Wie verhält es sich mit der 
Angewöhnung an das Tuberculin? — Alle diese Fragen, deren zuverlässige 
Klarstellung Grundbedingung lür die erfolgreiche Bekämpfung der Rindfcr- 
tuberculose ist, werden in der Schrift an der Hand exacter Unterlagen, zu 
deren Schaffung der Verfasser selber durch eigene Untersuchungen sehr 
erheblich beigetragen hat, einer eingehenden objectiven, streng kritischen 
Würdigung unterzogen. Ich stimme dem Verfasser durchaus darin bei, dass 
die prcussische Vorschrift, wonach nur dann mit Wahrscheinlichkeit das 
Vorhandensein von Tuberculose anzunehmen ist, wenn die Temperatur des 
geimpften Thieres die höchste vor der Impfung festgestellte Temperatur um 
mindestens 1,5° C. übersteigt, sich in dem Kampfe gegen die Tuberculose 
nicht empfiehlt. Des Weiteren bespricht der Verfasser das Bang'sehe 
Tuberculosc-Tilgungsverfahren und die Bekämpfungsversuche anderer Autoren, 


sowie die Frage, was der Staat zur Beförderung der Bekämpfung dieser 
verderblichen Krankheit thun kann, in sehr klarer und sachgemässer Weise. 

Die Arbeit ist eine sehr verdienstliche; sie zeugt dafür, dass der Ver- 
fasser allen Gesichtspunkten, welche in dieser zur Zeit hochwichtigen Frage 
eine Rolle spielen, mit Verständnis und Gründlichkeit näher getreten ist. 
Ich empfehle sie allen Fachgenossen zur LectUre. Dr. Dammann. 


Die bösartige Maul- und Klauenseuche in Unterfranken 
im Jahre 1896. Referat des Königl. Kreisthierarztes 
Zippelius auf der 48. Plenarversammlung des Vereins 
unterfränkischer Thierärzte. Würzburg 1897. „ 

Der Verwaltungsbezirk Unterfranken hat in der Zeit vom I. Januar 
1896 bis I. Mai 1897 insgesammt 1679 Thiere, vorzugsweise Rindviehstücke 
durch den Tod an Maul- und Klauenseuche verloren. Diese schweren Ein¬ 
bussen haben begreiflicherweise allgemeines Aufsehen erregt und die Thier¬ 
ärzte des Bezirks veranlasst, den Ursachen dieses bösartigen Auftretens der 
Krankheit eifrig nachzuforschen. Zippelius unterscheidet in seinem Re¬ 
ferate 3 Formen des bösartigen Auftretens, die apopleklische, die acute und 
die septicämische, die er im Einzelnen beschreibt. Bei den Sectionen, nament¬ 
lich der apoplektisch verendeten Thiere, hat er vorzugsweise Veränderungen 
des Herzens und der Lungen festgestellt. Das Herz war »vergrössert, welk 
und schlaff, mit Blutextravasaten und fettig entarteten Herden im Muskel 
durchsetzte Im Gegensatz zu anderen Sachverständigen, welche theils die 
Bösartigkeit des Leidens auf vermehrtes Abschlucken des Speichels, hierdurch 
bewirkte Anhäufung der Infectionserreger im Mägen und Darm, Resorption 
grösserer Mengen giftiger Stoffwechselproducte und Lähmung des Central- 
nervensystems, theils auf ein Hinzutreten einer Vergiftung durch Schimmel¬ 
pilze und eine stärkere Virulenz des Contagiums .zurückführen, vertritt Z. 
die Ansicht, dass der schlimme Verlauf durch Mangel an Zufuhr von Sauer¬ 
stoff, veranlasst durch die »unbeschreiblich schlechten Ställe«, ferner durch 
mangelhafte Ernährung oder durch übermässige Fütterung von Kraftfutter 
verschuldet werde. Dem entsprechend sieht er das Heil in der Construction 
gesunder Stallungen, sowie in einer correcten Wartung, Pflege und Fütterung 
der Thiere. 

Wir nehmen Veranlassung, das lesenswerthe, durch den Eifer für die 
Sache dictirte Schriftchen, welches für 50 Pfg. von dem Vereinssecretär und 
städtischen Polizeithierarzt Düll in Würzburg bezogen werden kann, den 
Fachgenossen zu empfehlen. Dr. Dammann. 


Personal-Nachrichten. 

Auszeichnungen: Dem Veterinärassessor und Landesthierarzt Pirl 
in Dessau wurden die Ritterinsignien II. Kl. des Anhaitischen Hausordens 
Albrecht des Bären, dem Sanitätsrath Dr. Eisberg — früher Privat- 
docent für Augenheilkunde an der Thierärztlichen Hochschule in Hannover — 
wurde der Rothe Adlerorden IV. KI. verliehen. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen Und Niederlassungen : Der bisherige Prosector am Ana¬ 
tomischen Institut der Unire-sität zu Tübingen Dr. med. et rer. nat. Rudolf 
Disselhorst wurde zum ausserordentlichen Professor in der philosophischen 
Fakultät (Leiter des Veterinärinstituts) der Universität Halle-Wittenberg, 
der Thierarzt Melchert zu Naugard zum Königlichen Kreisthierarzt für den 
Kreis Naugard, der Thierarzt Hinniger zu Greifenhagen zum Königlichen 
Kreisthierarzt für den Kreis Greifenhagen, Schlachthofinspector P r i e u r in Barth 
zum comm. Kreisthierarzt in Jarotschin, Thierarzt Poczka in Cammin zum 
comm. Kreisthierarzt daselbst, Oberrossarzt a. D. Deich in Grimm zum Be¬ 
zirksthierarzt in Oelsnitz (Sachsen) ernannt. Thierarzt G. L i t f a s s in 
Angerburg wurde zum Schlachthofinspector in Finsterwalde, die Thierärzte 
R. Ulrich in Hamburg und Schragenheim zu Schlachthofthierärzten 
in Breslau bestellt. 

Dem Vorstand des städt. Schlacht- und Viehhofes in Karlsruhe, Thier¬ 
arzt Bayersdörfer wurde die Amtsbezeichnung Director verliehen. 

Gestorben: Kreisthierarzt a. D. Meyer in Boppard, Stadt thierarzt 
Sch us t in Waiblingen, Oberamtsthierarzt Kehm in Laupheim, Thierarzt 
Dietrich in Jestetten (Baden). 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thierärztliche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsrahe. 

Druck der Macklot’schen Druckerei in Karlsruhe i. B. 

Mit einer Beilage von llr. lYilli. Ilernimiii in Kehl a./Rh., Apotheke und Fabrik chemlsch-pharmaceut. Präparate. 

Specialität: Sterllislrte Subcutan-Injcctionen. 


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Deutsche 

Thierärztliehe Wochenschrift 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regierangs- and Medicinalrath, 
Director der Thierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 


herausgegeben von 

Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregiernngsrath 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regierungsrath und Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Louisenthal (Saar). 

redigirt von 


Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierärztliehe Wochenschrift erscheint jeden 

Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man _ 

abonnirt bei der Macklot’sehen Verlagsbuchhandlung in bQCDSlCr Jflurfif&ll&fi 

Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit directer __ 0 

portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784 a._ 


Sämmtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 
Correctnren und Anzeigen an die Expedition der 
Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 

in Karlsruhe fBadenl. 


m »». 


Ausgegeben am 28. Mai. 


1898. 


Die gesetzliche Viehversicherung in Baden. 

Von Verbandsinspector Fehsenmeier in Karlsruhe. 

Die zweite badische Kammer der Landstände hat am 
17. ds. Mts. einen Gesetzentwurf, welcher die Revision des 
Gesetzes vom 26. Juni 1890, betr. die Versicherung der Rind- 
viehbestände u. A. in mehreren principiellen Punkten bezweckt, 
einstimmig angenommen. 

Durch die neuen gesetzlichen Vorschriften ist zunächst 
beabsichtigt, einen in ganz mässigen Grenzen sich 
haltenden Umlagefuss herbeizuführen und zu sichern. 
Der Erreichung dieses Zieles dienen hauptsächlich drei Mittel: 

1. Es wird dadurch, dass die Herbeiführung der Voraus¬ 
setzungen für Errichtung von Ortsviehversicherungsanstalten 
an erleichternde Bedingungen geknüpft werden, auf Erweite¬ 
rung des Kreises der Versicherten hingewirkt. Denn 
unzweifelhaft wird die Versicherung für jedes einzelne Thier 
weniger kostspielig, je grösser die Zahl der Gemeinden ist, die 
mit ihrem Viehbestand der Versicherung angehören. 

2. Die einzelnen Ortsanstalten sollen mehr als dies bei 
der bisherigen Art der Schadenvertheilung zwischen Ortsan¬ 
stalten und Verband bisweilen der Fall war, an einer guten 
und zuverlässigen Geschäftsführung interessiert werden. Hier¬ 
durch wird voraussichtlich eine Minderung des Aufwandes 
in den einzelnen Ortsanstalten herbeigeführt werden. 

3. Den Anstalten soll so lange, bis die gewünschte Aus¬ 
dehnung der Versicherung eingetreten und hierdurch eine ent¬ 
sprechende Minderung des Umlagefusses herbeigeführt worden 
ist, eine noch ausgiebigere Staatsunterstützung als 
dies bisher schon der Fall gewesen ist, gewährt werden. 

Im Besonderen erleidet das Gesetz vom 26. Juni 1890, 
betr. die Versicherung der Rindviehbestände, in der Haupt¬ 
sache folgende Aenderungen: ') 

Artikel I. 

Der Gemeinderath kann mit Zustimmung der Rindviehbesitzer der Ge¬ 
meinde und mit Genehmigung des Bezirksraths eine Ortsviehversicherungs¬ 
anstalt errichten, in welcher das in der Gemeinde dauernd eingestellte Rind¬ 
vieh gegen die durch Umstehen oder Nothschlachtung der Thiere verursachten 
Verluste zu versichern ist. 

In zusammengesetzten Gemeinden ist es zulässig, dass Ortsgemeinden 
mit Genehmigung des Bezirksraths besondere Anstalten bilden. 

') Die neuen bezw. abgeänderten Bestimmungen sind durch gesperrten 
Druck hervorgehoben. 


Auch können durch übereinstimmenden Beschluss der 
betreffenden Gemeinderäthe und mit Genehmigung des 
Bezirksraths mehrere Gemeinden sich zum Zwecke der Er¬ 
richtung einer gemeinsamen Viehversicherungsanstalt ver¬ 
einigen, wenn in jeder dieser Gemeinden die Mehrheit der 
Viehbesitzer sich nach Massgabe des Artikels 2 dieses Ge¬ 
setzes' für die Errichtung einer Viehversicherungsanstalt 
ausgesprochen hat. 

Artikel 2 . 

Die Zustimmung der Viehbesitzer ist gegeben, wenn 
mehr als zwei Drittel der zur Abstimmnng erschienenen 
Besitzer von dauernd in der Gemeinde eingestelltem Rind¬ 
vieh dem Antrag auf Errichtung der Anstalt zustimmt. 

Wenn sich bei der Abstimmung die in Abs. I verlangte 
Mehrheit zwar nicht ergiebt, aber innerhalb eines Monats 
nach der Abstiminungstagfahrf mindestens ein Drittel der 
Rindviehbesitzer der Gemeinde zum Zweck des Anschlusses 
an den Viehversicherungsverband einen Ortsviehversicherungs¬ 
verein mit freiwilligem Beitritt errichtet, so kann letz¬ 
terer mit Genehmigung des Ministeriums des Innern von 
der Verbandsleitung in den Verband aufgenommen werden. 
Auf solche Vereine finden die für Ortsviehversicherungs¬ 
anstalten geltenden Bestimmungen dieses Gesetzes und 
der auf Grund desselben erlassenen Vollzugsbestimmungen 
in vollem Umfang Anwendung. 

Während also bisher die Zustimmung der Viehbesitzer 
unter der Voraussetzung als gegeben erachtet wurde, dass mehr 
als die Hälfte der Viehbesitzer für die Errichtung stimmt und 
dass die Zustimmenden zugleich mehr als die Hälfte 
des dauernd in der Gemeinde eingestellten Vieh¬ 
bestandes besitzen, soll, um die Herbeiführung einer Er¬ 
weiterung des Kreises der Versicherten zu erleichtern, durch 
die getroffene Aenderung das Zustandekommen eines Mehrheits¬ 
beschlusses in den einzelnen Gemeinden dadurch gefördert 
werden, dass man sich mit der Zustimmung der Mehrheit 
der Viehbesitzer begnügt. Der Regierungsentwurf hatte, 
der bisherigen Bestimmung entsprechend, vorgeschrieben, 
dass mehr als die Hälfte der Viehbesitzer der Ge¬ 
meinde sich als zustimmend erweisen müssen, wobei die 
nicht erschienenen als zustimmend gezählt werden 
sollten. Die Kammer hat jedoch hierin Aenderung dahin ge¬ 
troffen, dass nur die bei der Abstimmung erscheinen¬ 
den Viehbesitzer in Betracht gezogen werden und dass die 
Errichtung einer Ortsanstalt geboten ist, wenn eine Mehrheit 
von zwei Dritteln der erschienenen Besitzer zustimmt. Zugleich 


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28. Mai. 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


190 

aber wurde durch Einschaltung des letzten Absatzes — welcher 
in dem Regierungsentwurf nicht enthalten war — die Bildung 
von freiwilligen Ortsvereinen mit Anschluss anden 
Verband ermöglicht. 

Die vor Allem auf den Schutz des mittleren und kleineren 
Landwirths gerichtete Tendenz des Gesetzes Hess sich bis¬ 
her vielfach deshalb nicht verwirklichen, weil die Besitzer 
grösserer Bestände, für welche eine Versicherung allerdings 
nicht von gleich grosser Bedeutung ist, für welche sie sich 
aber immerhin ebenfalls von wohlthätiger Wirkung erweist, 
häufig der Errichtung von Ortsversicherungsanstalten feindlich 
gegenüber standen und gegen Errichtung solcher stimmten. 

Aus diesen Erwägungen dürfte die durch die neuen Be¬ 
stimmungen bewirkte Beschränkung des Uebergcwichts der 
grösseren Besitzer gerechtfertigt und nicht unbillig erscheinen. 

Artikel 4. 

Die Ortsviehversicherungsanstalt wird von einem Vorstand verwaltet 
und vertreten, bestehend aus dem Bürgermeister oder dessen vom Gemeinde¬ 
rath aus seiner Milte gewähltem Stellvertreter und zwei Sachverständigen 
nebst Stellvertretern, welche von den Viehbesitzern mit einfacher 
Stimmenmehrheit gewählt werden. 

Die Vorstandsmitglieder unterliegen den Bestimmungen der Gemeinde¬ 
gesetze über die dienstpolizeilichen Verhältnisse der Gemeindebearaten. 

Der Vorstand hat die erforderliche Zahl Ortsschätzer zu bestellen; 
die Bestellung der Ortsschätzer bedarf der Bestätigung des Bezirksamts. Die 
Entlassung derselben wegen ungenügender Dienstleistung kann durch den 
Bezirksrath nach Anhören des Gemeinderaths und des Vorstandes jederzeit 
erfolgen. 

Die Verwaltung der Anstalt unterliegt der Staatsaufsicht. 

Es wurde für zweckmässig erachtet, die Wahl der Vorstands¬ 
mitglieder, deren Ernennung bisher durch den Gemeinderath 
erfolgt war, wenn in der Abstimmungstagfahrt eine Wahl nicht 
stattgefunden hatte, künftig ausnahmslos den Viehbesitzern zu 
überlassen. Ebenso' sollen die Ortsschätzer lediglich vom 
Anstaltsvorstand, statt, wie bisher, vom Gemeinderath 
unter Zuzug des Vorstandes, aufgestellt werden. 

Artikel 6. 

Die Auflösung einer Ortsviehversicherungsanstalt kann von den Vieh¬ 
besitzern beschlossen werden, wenn mindestens ein Fünftel der versicherten 
Viehbesitzer den Antrag stellt und in der Abstimmungstagfahrt dem Auf¬ 
lösungsantrag mindestens die Hälfte der Viehbesitzer (der Gemeinde) 
zustimmt. 

Die Auflösung kann nur auf Jahresschluss erfolgen. 
Der Austritt muss mindestens 3 Monate vor Jahresschluss 
der Verbandsleitung angezcigt werden. 

Die bisherige Bestimmung, wonach die Auflösung einer 
Ortsanstalt vor Ablauf von 7 Jahren nicht erfolgen konnte, ist 
in Wegfall gekommen, da sie manchmal das Zustandekommen 
einer Anstalt erschwert haben mag. 

Artikel 19. 

Erweisen sich Thiere einer schwer heilbaren oder unheilbaren Erkrankung 
verdächtig, so kann durch den Anstaltsvorstand nach Einholung eines thier¬ 
ärztlichen Gutachtens die alsbaldige Schlachtung des Thieres angeordnet 
werden. (Nothschlachtung.) 

Auch kann der Anstaltsvorstand im Interesse einer 
besseren Verwerthung die Anordnung treffen, dass das zur 
Nothschlachtung bestimmte Thier im lebenden Zustande 
zum Zwecke sofortiger Schlachtung veräussert werde. Dabei 
hat er sich in zuverlässiger Weise zu versichern, dass die 
Schlachtung des Thieres seitens des Käufers alsbald nach 
der Uebernahme oder nach Verbringung an den Bestimmungs¬ 
ort zur Ausführung gelangt. 

Der hier beantragte Zusatz entspricht einem vielfach ge¬ 
hegten Wunsche und wird sich im Interesse einer besseren 
Verwerthung in manchen Fällen als zweckmässig erweisen. 

Dieser Erwägung gegenüber dürfte das Bedenken, es möchte 
die Bestimmung missbraucht werden, namentlich im Hinblick 
auf die dem Anstaltsvorstand im letzten Satze dieses Artikels 
auferlegte Verpflichtung von untergeordneter Bedeutung sein. 


Artikel 23b. 

Der Anspruch auf Entschädigung fällt weg: 

b) wenn der Tod, die Verletzung oderErkrankung inner¬ 
halb der ersten i4Tage nach e r fo l gter Au fnahme desThieres 
zur Versicherung aus anderer Ursache als in Folge einer 
Geburt, eines Unfalls (Beinbruch etc.) oder Aufblähens 
erfolgt ist. 

Die hier für gewisse Fälle erfolgte Aufhebung der Karenz¬ 
zeit entspricht einem viel gehegten Wunsche ebenso, wie der 
Billigkeit. Der beantragten Aufhebung stehen auch keinerlei 
Bedenken entgegen. Im Uebrigen soll aber die Karenzfrist 
wie bisher bestehen bleiben, da der völlige Verzicht auf die¬ 
selbe vom Standpunkt der Nothwendigkeit thunlichster Ver¬ 
hütung von Einschmuggelungen kranker Thiere sich doch nicht 
ganz bedenkenfrei erweist. 

Artikel 26. 

Die Verfügung über das umgestandene, nothgeschlachtete oder zur 
Nothschlachtung bestimmte Thier steht der Versicherungsanstalt zu, deren 
Vorstand für die Verwerthung auf Rechnung der Anstalt zu sorgen hat. 

Lässt sich für das Fleisch n o t h g e s ch 1 a c h t e t e r Thiere 
durch Verkauf an Dritte nicht ein Preis erzielen, welcher 
mindestens dem zur Zeit der Nothschlachtung in der be¬ 
treffenden Gemeinde fürFleisch gleicherArt (Rindfleisch, 
Kuhfleisch, O ch s en f 1 e i sch) üblichen Ladenpreis nach Ab¬ 
zug von 30 °/o entspricht, so hat der Anstaltsvorstand die 
Vertheilung d e s Fl e i s ch e s, sofern es für g e n i es sb ar er k 1 ä r t 
wird, unter die versicherten Th i e r b e si t z e r nachVerhält- 
niss der Kopfzahl des in die Versicherung aufgenommenen 
Viehbestandes anzuordnen, und es sind die Anstalts¬ 
mitglieder in diesem Falle zur Uebernahme des Fleisches 
ge gen eine Vergütung in der obengenannten Höhe ver¬ 
pflichtet. 

Wo nach Lage der Verhältnisse einer Gemeinde ein 
Ladenpreis nicht festgestellt werden kann, ist der Be¬ 
messung der Vergütung der zurZeit d er N o t h s c h 1 a c h t un g 
in der Amtsstadt übliche Ladenpreis zu Grunde zu legen. 

Der Verkauf von zur Nothschlachtung bestimmten 
Thieren im lebenden Zustande (Artikel 19, zweiter Absatz) 
darf nur unter d e r V o r a u s s e t z u n g stattfinden, dass hier¬ 
durch mindestens ein den Bestimmungen des zweiten Ab¬ 
satzes entsprechender Erlös erzielt wird. 

Die hier getroffene Aenderung regelt die Frage der Fleisch- 
verwerthung in klarerer, angemessenerer und insbesondere der 
Billigkeit entsprechenderer Weise, als dies bisher der Fall war. 

Zunächst wird für die Berechnung des Fleischwerthes da¬ 
durch eine zuverlässigere Grundlage geschaffen, dass für die¬ 
selbe künftig der im Orte bezw. in der Amtsstadt übliche 
Ladenpreis (statt nach der bisherigen Fassung der >wirk¬ 
liche Fleischwerth«) als massgebend erklärt wird. Dann wird 
das Interesse der Ortsanstalten an einer thunlichsten Ver¬ 
werthung des Fleisches dadurch gesteigert, dass die Ortsanstalt 
unter allen Umständen dafür aufzukommen hat, dass in der 
That das Fleisch zum Ladenpreis nach Abzug von 30 °/o (bis- 
her 20 °/ 0 ), sei es durch Zutheilung an die Mitglieder, sei es 
auf andere Weise, zur Verwerthung gelangt, während sie ander¬ 
seits den über diesen Betrag sich ergebenden Mehrerlös voll 
und ganz gutgeschrieben erhält. (Vergl. Art. 44, Abs. 3.) 

Artikel 32. 

Die Ortsviehversicherungsanstalten werden zum Zwecke 
gemeinsamer S c h a d e n t r a g u n g zu einem Verband (Ver¬ 
sicherungsverband) mit der Wirkung vereinigt, dass der 
einzelnen Anstalt von der durch sie zu leistenden Ent¬ 
schädigungssumme die Hälfte (bisher ein Viertel) zur Last 
bleibt und die andere Hälfte (bisher drei Viertel) auf alle 
zum Verband gehörigen O r t s vi eh v er si ch e r un gsan s t al t en 
nach Massgabe ihres gemäss Artikel 29 festgesetzten Ver- 
sicherungswerthes umzulegen ist. 

Hat eine O r t s v i e h v e r si ch e ru n gs a n s t al t in Folge des 
Auftretens von Seuchen Entschädigungen in ausserordent¬ 
licher Höhe zu leisten, so kann mit Genehmigung desMini- 


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No. 22. 


DEUTSCHE TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


steriums des Innern die Verbandsumlage bis zur Hälfte 
*hres Betrages nachgelassen werden. 

Es ist nämlich die Erfahrung gemacht worden, dass, wenn 
wie bisher bloss ’/< des Schadens von der Ortsanstalt und s /4 
von dem Verband zu tragen sind, die Versuchung besteht, im 
einzelnen Schadensfall unter Umständen auf Kosten der Ver¬ 
bandskasse mehr als durch Gesetz und Statut geboten ist, zu 
gewähren und die Rücksicht auf angemessene Sparsamkeit 
ausser Acht zu lassen. Den Anforderungen der Gerechtigkeit 
sowohl wie auch der Sparsamkeit wird nun besser entsprochen 
werden, wenn der eine wie der andere Theil, die Ortsanstalt 
wie der Verband, in der Regel mit der Hälfte der zu machenden 
Aufwendungen belastet werden. 

Artikel 40. 

Von den zum Verband gehörenden Anstalten wird für das Fleisch der 
bei ihnen versicherten Thiere Ersatz des nach Massgabe des Artikels 21 zu 
ermittelnden Werthes geleistet, wenn und soweit das Fleisch bei der Schlach¬ 
tung polizeilich als ungeniessbar mit Beschlag belegt wird und der Ver¬ 
sicherte die Schlachtung entweder am Orte der Versicherung selbst oder 
binnen acht (bisher fünf) Tagen nach dem Tage der Entfernung des 
Thiercs aus diesem Orte in einem anderen badischen oder von der Verbands¬ 
verwaltung diesem gleichgestellten Orte vornehmen lässt. 

Unter den gleichen Voraussetzungen wird von den zum 
Verband gehörenden Anstalten Ersatz des MindCPWCPthS ge¬ 
leistet, wenn und soweit das Fleisch auf Grund der Fleisch¬ 
beschau polizeilichen Verkaufsbeschränkungen unterliegt. 

Die Beschlagnahme oder die erfolgte polizeiliche Verkaufsbeschränkung 
muss in Orten, in welchen eine Ortsviehversicherungsanstalt besteht, sobald 
als tliunlich dem Vorstand dieser Anstalt angezeigt werden, welcher die so¬ 
fortige Abschätzung des Fleisches durch die Ortsschätzer zu veranlassen hat. 
In anderen Orten muss noch an demselben Tage, an welchem das Fleisch 
als ungeniessbar mit Beschlag belegt oder polizeilichen Verkaufsbeschränkungen 
unterworfen wurde, der Werth oder in letzterem Falle der Minderwerth des 
Fleisches durch schriftliches Gutachten von zwei Sachverständigen, unter 
denen in Baden der Fleischbeschauer des Scblachtortes, anderwärts ein appro- 
birter Thierarzt sich befinden muss, festgestellt werden. Das Ergebniss der 
Abschätzung ist mit der Anmeldung des Entschädigungsanspruchs unverzüglich 
dem Vorstande der Ortsviehvcrsicherungsanstalt des Versicherungsortes mit- 
zutheile». 

In Fällen, in welchen der die Beschlagnahme oder die polizeiliche 
Verkaufsbeschränkung veranlassende Zustand des Thieres zum Umstehen oder 
zur Nothschlachtung geführt hatte, kann in sinngemässer Anwendung der 
Artikel 23 und 24b die Entschädigung versagt oder verkürzt werden. 

Desgleichen kann bei nicht rechtzeitiger Erstattung 
der im zweiten Absatz vorgeschriebenen Anzeige oder, bei 
nicht rechtzeitiger Einreichung des Entschädigungsanspruchs 
und des Ergebnisses der Abschätzung sowie dann eine Ver¬ 
sagung oder Kürzung der beanspruchten Entschädigung 
eintreten, wenn das verkaufte Thier bei der Uebergabe 
nicht mit der Marke der Ortsanstalt versehen wurde. 

Dem Versicherten steht ein Entschädigungsanspruch auch in dem Falle 
zu, wenn er das Thier zum Zwecke der Schlachtung verkauft, diese inner¬ 
halb 8 Tagen (bisher 10 Tagen) nach erfolgter Uebergabe des Thieres 
erfolgt und die Ungeniessbarkeilserklärung oder die erfolgte polizeiliche 
Verkaufsbeschränkung sich auf einen gesetzlichen Wähischaftsmangel gründet. 

Die hier in Aussicht genommene Erweiterung der Ent¬ 
schädigungspflicht auf nicht bankwürdiges Fleisch entspricht 
ebenso der Billigkeit, wie einem vielfach und lebhaft geäusserten 
Wunsche. 

Die übrigen Aendcrungen dieses Artikels haben lediglich 
den Zweck, verschiedene Zweifel zu beseitigen, zu welchen die 
bisherige Fassung häufig Anlass gab. 

Auch schien es wünschenswerth und unbedenklich, die 
Fristen der Absätze 1 und 6 gleichheitlich zu bestimmen. Da¬ 
gegen sollten die ebenfalls häufig geltend gemachten Wünsche, 
die im letzten Absatz dieses Artikels in seiner bisherigen Fassung 
bestimmte Frist von 10 bezw. jetzt 8 Tagen auf die Dauer 
der Währschaftsfrist zu erweitern, nicht berücksichtigt werden, 
einerseits, weil die Gefahr von Unterschleifen sich als zu gross 
erweissen würde, und deshalb eine zu starke Steigerung des 
Aufwandes befürchtet werden müsste, während anderseits der 


191 

Verkäufer ohne sonstige Schädigung gegen eine weitergehende 
Währschaft recht wohl durch den Verkaufsvertrag sich zu 
schützen vermag. Formulare zu solchen Verkaufsverträgen 
wurden von der Verbandsverwaltung bisher schon beschafft, 
an die Ortsanstalten versendet und auch in der That vielfach 
benützt. 

Artikel 44 

Die Verbandsverwaltung stellt die nach dem Jahresaufwand der Ver¬ 
sicherungsanstalten sich ergebende jährliche Verbandsumlage fest. 

Zu diesem Zwecke werden im Januar eines jeden Jahres von den Ver¬ 
sicherungsanstalten der Verbandsverwaltung vorgelegt: 

1) das Versicherungsverzeichniss der beiden Jahresschauen; 

2) ein Nachweis über die im vergangenen Jahr aus der Vfcrwerthung 
von Thieren und Thiertheilen erzielten Erlöse und die sonstigen 
Einnahmen; 

3) ein Nachweis über den in diesem Zeitraum für Thierarzt, Arzneien 
und Heilmittel erwachsenen Aufwand; 

4) ein solcher Uber die erwachsenen örtlichen Verwaltungskosten. 

Die unter Ziffer 2 bezeichneten Erlöse werden in dem 

in Artikel 26 festgesetzten Betrage je zur Hälfte der An¬ 
staltskasse und der Verbandskasse gutgeschrieben. 

Hat der A ns t al t s v o r s t an d es unterlassen, für eine der 
Bestimmung des Artikels 26 entsprechende Verwerthung 
zu sorgen, so ist der dadurch verursachte Mindererlös nach 
Festsetzung durch die V e rb a n d s v e r w a 1 1 u n g der betreffen¬ 
den Ortsanstalt vorweg zur Last zu setzen, wogegen ein 
jenen Betrag übersteigender Mehrerlös der betreffenden 
Ortsanstalt in seinem vollen Betrag gutzuschreiben ist. 

Einnahmen auf Grund eines nach Artikel 25, Absatz 5 
geltend gemachten Anspruchs werden ebenfalls je hälftig 
zwischen der Anstaltskasse und der Verbandskasse getheilt. 

Die unter Ziffer 3 und 4 bezeichneten Kosten bleiben den Anstalten, 
bei denen sie erwachsen sind, zur Last. 

Die Verbandsverwaltung stellt darnach den Jahresaufwand des Ver¬ 
bandes sowie denjenigen jeder einzelnen Anstalt fest und legt nach Mass¬ 
gabe des Durchschnitts des nach Vorschrift des Artikels 29 festgestellten 
Besitzstandes und Versicherungswerthes den Verbandsaufwand auf alle Ver¬ 
sicherte, den örtlichen Aufwand auf die Mitglieder der betreffenden An¬ 
stalt um. 

Die neue Fassung dieses Artikels ist der Hauptsache nach 
die Consequenz der zu früheren Artikeln getroffenen Aendcrungen. 
(Siche Bemerkung zu Art. 26.) 

Artikel 48. 

Wenn in einem Beitragsjahr die auf je 100 Mark Ver¬ 
sicherungswert entfallende V e r b a n d s u m 1 a g e 20 Pfennig • 
übersteigt, wird der Uberschiessende Betrag aus Mitteln 
des Reservefonds gedeckt. 

Nach Erschöpfung des Reservefonds wird der hiernach 
erforderliche Zuschuss bis zum Jahre 1905 aus der Staats¬ 
kasse geleistet. 

Die bisherige Bestimmung Uber die Bildung und Ver¬ 
wendung des Reservefonds hat sich hauptsächlich in der Rich¬ 
tung als unzureichend erwiesen, als sie offenbar von dem Ge¬ 
danken ausging, dass die Mittel des Reservefonds unter allen 
Umständen oder wenigstens der Regel nach hinreichen werden, 
die Verbandsumlage den Betrag von 40 Pfg. nicht übersteigen 
zu lassen, eine Erwartung, welche in Folge der nicht voraus¬ 
zusehenden verhältnissmässig geringen Betheiligung an der ge¬ 
schaffenen Versicherungsgelegenheit leider nicht eingetroffen ist. 

In Folge dessen hat sich der betheiligten Kreise das Ge¬ 
fühl einer gewissen Unsicherheit über die künftig noch zu er¬ 
wartende Höhe der Verbandsumlage bemächtigt und zum Theil 
wenigstens die volkswirtschaftlich so wünschenswerte Aus¬ 
breitung des Gesetzes hintangchalten. 

Wollte man nun der Ausdehnung der Versicherung auf dem 
Wege der Freiwilligkeit in einigermassen wirksamer Weise 
Vorschub leisten, so galt es vor Allem, die durch die bisherigen 
Bestimmungen des Artikels 48 hervorgerufene Unsicherheit und 
Furcht vor einer allzu grossen Steigerung der Verbandsumlage 
durch Bewilligung eines ausgiebigen Staatsbeitrags zu beseitigen. 


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192 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


28. Mai. 


welcher dafür Sorge trägt, dass die Verbandsumlage künftig 
in der That 40 Pfg. bezw. die diesem Betrag bei der nunmehr 
in Artikel 32 in Aussicht genommenen hälftigen Schadens¬ 
tragung entsprechende Höhe von 20 Pfg. nicht übersteige, 
wobei zur näheren Erläuterung des letzteren Betrages beigefügt 
sei, dass der einer Höchstumlage von 40 Pfg. bei hälftiger 
Schadenstragung rechnungsmässig entsprechende Betrag 
sich zwar etwas höher als 20 Pfg. (26% Pfg.) beläuft, dass 
aber mit Rücksicht nicht nur auf die Zuweisung des hälftigen 
Schadens an die Ortsanstalten, sondern auch ganz besonders 
im Hinblick auf die in den Artikeln 23 b und 40 in Aussicht 
genommene Erweiterung der Leistungen und der hierdurch 
verursachten höheren Belastung der Ortsanstalten materiell 
ein Höchstbetrag von 20 Pfg. dem bisherigen Betrag von 
40 Pfg., sowie der Billigkeit entsprechen wird. 

Bei Annahme eines Höchstbetrages der Verbandsumlage 
von 20 Pfg. wäre bei dem derzeitigen Versicherungsbestand 
(44 407 Thiere) und im Hinblick auf die in Aussicht genommene 
Erweiterung der Leistungen (theilweiser Verzicht auf die Karenz¬ 
zeit Art. 23 b, Entschädigung des Minderwerths Art. 40) ein 
jährlicher Zuschuss aus dem Reservefond oder der Staatskasse 
im Betrage von 60 — 66000 Mk. erforderlich. Dabei sei 
erläuternd bemerkt, dass bei Zugrundelegung einer Verbands¬ 
umlage von 20 Pfg. sich die gesammte durchschnittliche Um¬ 
lage während der drei rückliegenden Jahre für 100 Mk. Ver¬ 
sicherungswerth auf 132 Pfg. = 1V 3 % beliefe, was bei An¬ 
nahme eines Durchschnittswerthes von 250 Mk. für das Stück 
eine Versicherungsprämie von 3 Mk. 30 Pfg. (einschliesslich der 
Kosten für die thierärztliche Behandlung und Heilmittel, welche 
bekanntlich aus der Anstaltskasse bestritten werden) erheischen 
würde. 

Die zeitliche Begrenzung des nach vollständiger Einzehrung 
des Reservefonds zu gewährenden Staatszuschusses erfolgte 
hauptsächlich in der Erwägung, dass die im Laufe der nächsten 
Jahre zu machenden Erfahrungen nach einiger Zeit eine ander¬ 
weite Normirung des Staatszuschusses als erforderlich erscheinen 
lassen werden, während man bei Festsetzung des Endpunktes 
des staatlichen Zuschusses auf das Jahr 1905 von dem Ge¬ 
danken ausging, den Ortsanstalten die Sicherheit zu verschaffen, 
dass sie auf den Staatszuschuss auf eine bestimmte Reihe von 
Jahren hinaus unbedingt rechnen können. 

Die im Uebrigen in der Novelle getroffenen Abänderungen 
der bisherigen Vorschriften (Art. 12, 21, 24, 29, 47) sind mehr 
oder weniger untergeordneter Natur. 

Im Hinblick auf die neuen Vorschriften, welche ein weit¬ 
gehendes Entgegenkommen der Grossh. Regierung — ins¬ 
besondere hinsichtlich der Beihilfen aus Staatsmitteln — be¬ 
deuten, ist zu wünschen, dass die Landwirthe die Vortheile, 
die ihnen durch diese gesetzliche Versicherung geboten werden, 
richtig erkennen und sich zu Nutze machen mögen. That- 
sächlich gewährt das Gesetz in seiner neuen Fassung eine Vcr- 
sicherungsgelegcnheit, welche — wie keine andere ähnlicher 
Art — grösstmögliche Billigkeit mit weitgehendster 
Leistung vereinigt. Denn die badische Viehversicherungs¬ 
anstalt umfasst nicht nur die Versicherung gegen Verluste durch 
Unfälle (Unfallversicherung), sondern sie übernimmt auch 
die den Mitgliedern erwachsenden Kosten für thierärztliche Be¬ 
handlung und Heilmittel (Krankenversicherung) und ge¬ 
währt auch für jene Verluste Entschädigung, welche den Ver¬ 
käufern von Schlachtvieh, sei es durch theilweise Beanstandung 
(Beschränkung im Verkauf) oder durch gänzliche Beschlagnahme 
des Fleisches erwachsen (Schlachtviehversicherung). 


Referate. 

Tannalbin veterin. (Knoll). 

Ueber günstige Erfolge der Behandlung von Diarrhöen bei 
Fohlen und Kälbern mit dem von der chemischen Fabrik von 
Knoll u. Co. in Ludwigshafen a. Rh. nach patentirtem Ver¬ 
fahren hergestellten Tannalbin veterin. wird von zahlreichen 


praktischen Thierärzten berichtet. Die Dosis beträgt 5—15 g 
pro Tag und wird in Pillen, Schleim oder Syrup verabreicht; 
einzelne Praktiker setzen dem Mittel noch Opium oder Salicyl- 
säure zu. Bei der bekannten Unwirksamkeit aller andern Mittel 
gegen die in vielen Zuchten cingenistete und verheerende 
Diarrhoe der jungen Thiere wird das neue, warm von Prakti¬ 
kern empfohlene Tannalbin gewiss allseitig gern versucht 
werden. 


Lymphadenom der unteren Halsdrüsen bei der Kuh. 

Von Queyron. 

(Le Progres veierinairc 1898, S. 1.) 

Eine Kuh, die immer gut gearbeitet hatte, war seit einigen 
Tagen sehr schwach und unfähig, die geringste Arbeit zu leisten. 
Sie zeigte eine gewisse Athembeschwerde, eine beträchtliche 
Anschwellung des Halses, Widerrüstes und Nackens, sowie ge¬ 
schwollene Jugularcn und deutlichen Venenpuls. Die Percussion 
der Brust ergab ein negatives Resultat. Bei der Auscultation 
wurden stellenweis unterdrückte, stellcnweis verstärkte Athem- 
geräuschc festgcstellt. Dagegen waren Herztöne und Herz¬ 
bewegungen schwach und beschleunigt. Hinterleib mit Aus¬ 
nahme einer leichten Auftreibung durch Gase ohne Ab¬ 
weichung. 

Nach dem Vorbericht war die Kuh vor zwei Jahren wegen 
einer unbestimmten Lungenerkrankung behandelt worden und 
hustete seitdem mit Unterbrechungen. Von dieser Zeit her 
stammte auch der Meteorismus. 

Qu. stellte die Wahrscheinlichkeitsdiagnose: Tuberculose 
der Mediastinaldrüsen. 

Zwei Tage nach der Untersuchung hatte sich der Zustand 
der Kuh bedeutend verschlimmert. Es lag hochgradige Athem¬ 
beschwerde vor, der Triel und die unteren Theile der Glied¬ 
massen waren geschwollen, die Herzschläge waren vermehrt an 
Zahl und schwach. Die Mastdarmtemperatur betrug 40 °. Trotz 
der beträchtlichen Anschwellung zeigten sich die Halslymph- 
drüsen von normalem Umfange. Die Kuh verweigerte jede 
Nahrung und war sehr schwach, so dass die Schlachtung vor¬ 
genommen wurde. 

Bei der Obduction zeigten sich Baucheingeweide sowie 
Bauchfell normal. In den Brustorganen wurde nur etwas 
Schleim in den Bronchien gefunden. Das Herz war normal 
gross, der rechte Ventrikel leicht hypertrophisch, das Endo- 
cardium gesund. Auf dem Pericardium fand sich rechterseits 
in der Nähe des rechten Herzohres ein nussgrosser weisser 
Tumor. Die Lymphdrüsen am Brusteingange waren stark ge¬ 
schwollen. Eine derselben war von Mannesfaustgrösse und 
comprimirte den Schlund, die vordere Hohlvene, die Vereini¬ 
gungsstelle der Jugularen und die in die Brust eintretenden 
Nerven. Der Tumor war von grauer Farbe, weicher Con- 
sistenz und glatter Schnittfläche. 

Nach vorhergehender Härtung in Alkohol und Färben mit 
Ammoniakcarmin zeigten Schnitte bei der mikroskopischen 
Untersuchung ein netzförmig angeordnetes Bindegewebsgerüst. 
In den Maschen dieses Netzes lagen zahlreiche Lymphzellen. 
Ebenso war der Knoten am Pericardium gebaut. Mithin lagen 
Lymphadcnome vor. Diese Diagnose wurde vom pathologisch¬ 
anatomischen Institut der medicinischen Facultät zu Bordeaux 
bestätigt. Frick. 


Thierzucht und Thierhaltung. 

Preisausschreiben. 

Die »Illustrirte Landwirtschaftliche Zeitung« in Schöne¬ 
berg-Berlin setzt wiederholt einen Preis von 300 Mk. aus für 
die beste Beantwortung der nachfolgenden Aufgabe: Welche 
Mittel dienen zurHebung der deutschen Rind Vieh¬ 
zucht? 1. Unter welchen Wirthschaftsverhältnissen sind Milch¬ 
wirtschaft, Aufzucht und Mast zu betreiben? 2. Was leisten 
die Heerdbücher zur Hebung der Rindviehzucht und wie sollen 


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No. 22. 


*93 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


sie eingerichtet sein ? Die Einreichung der Bewerbungsschriften 
soll bis zum 30. Juli 1898 erfolgen. Das Preisrichteramt haben 
übernommen: Geheimer Regierungsrath Professor Dr. Werner 
(Berlin) und Rittergutsbesitzer Max Herter zu Burschen, 
Regierungsbezirk Frankfurt a. O. 


Förderung der bayerischen Viehzuchtverbände. 

Nachdem sich mit namhafter Unterstützung aus öffentlichen 
Mitteln im Laufe der letzten Jahre für das oberbayerische, 
schwäbische und oberfränkische Fleckvieh, das Pinzgauer und 
Allgäuer Vieh, das gelbe Frankenvich und das Vorgtländer Vieh 
grosse Zuchtverbände gebildet haben, haben sich nunmehr auch 
die Genossenschaften für Züchtung des Glan-Donners¬ 
berger Viehschlages zu einem Verbände zusammcn- 
geschlossen. Das Kgl. Staatsministerium des Innern hat zu 
den Kosten der ersten Verbandseinrichtung einen Zuschuss be¬ 
willigt und zugleich in Aussicht gestellt, dass die Bezüge des 
von der Vcrbandslcitung aufzustcllenden Zuchtinspectors auf 
die Staatskasse übernommen werden. 


Erfahrungen mit Melasse-Torfmehlfutter bei Pferden 
und Milchkühen. 

In der D. L. P. berichtet ein Herr R. Folgendes: »In einem 
Zeitraum von ca. 3 Wochen gab ich meinen Reitpferden ausser 
8—10 Pfd. Hafer nach und nach 1—4 Pfd. Melassetorfmehl¬ 
futter (Patent Schwartz-Hannover) per Stück. Schon beim 
Verfüttern von 2 Pfd. bemerkte ich bei einem der Pferde auf¬ 
fallende Steifheit, die ich jedoch Anfangs nicht als eine Wir¬ 
kung des Melassefutters betrachtete. Da sich aber dieser 
Krankheitszustand bei der Melassetorfmehlfütterung zusehends 
verschlimmerte, so konnte ich ihn nur auf die Fütterung zurück¬ 
führen. Die Krankheit zeigt sich durch Hitze im Maul, ge¬ 
schwollene Zunge, Steifheit der Glieder und auffallende Mattig¬ 
keit. Sobald ich die Ueberzeugung gewann, dass dieser Zustand 
nur von der Melassefüttcrung herrührte, Hess ich letztere weg 
und ging zur Verfütterung von gequetschtem Hafer über, weil 
die Thiere wegen der Schmerzen im Maul ganzen Hafer nicht 
aufnahmen. Während sich die Krankheit bei dem einen der 
Pferde bei achttägiger Haferfütterung fast verloren hat, ist das 
andere noch vollständig gebrauchsunfähig. Da bis jetzt wenige 
ungünstige Erfahrungen beim Verfüttern von Melassetorfmehl¬ 
futter an Pferde bekannt geworden sind, so möchte ich hier¬ 
durch meine Herren Berufsgenossen zur Veröffentlichung ähn¬ 
licher Erfahrungen auffordern.« 

Beim Verfüttern von Melassetorfmehl glaubt Verf. ein 
Steigen des Fettgehaltes der Milch beobachtet zu haben. 

N ö r n e r. 


Württembergischer Pferdezuchtverein. 

In Württemberg hat sich ein Pferdezuchtverein 
in der Absicht gebildet, württembergisehen Landwirthen den 
Betrieb der Hauspferdezucht zu erleichtern und es ihnen mit 
Hilfe staatlich gewährter Zuschussmittel zu ermöglichen, diesen 
Zweig des landwirtschaftlichen Gewerbes lohnender und nutz¬ 
bringender zu gestalten. Um der bislang der Entwicklung einer 
einheimischen Pferdezucht hinderlich im Wege stehenden Zer¬ 
splitterung vorzubeugen, wurde bei Gründung des Vereins als 
gemeinschaftlich anzustrebendes Zuchtziel aufgestellt: Die 
Zucht eines mittelschweren, kräftigen, gutgebauten 
und gängigen Oekonomiepferdes mit genügendem 
Blut, das sich gleichzeitig zu Artilleriezwecken 
eignet. Zur Aufstellung dieses Zieles sah man sich deshalb 
veranlasst, weil nicht blos das starke Artilleriestangenpferd 
selbst, sondern auch jedes diesem Ideal nahekommende Pferd 
Wirthschafts- wie Marktzwecken in gleichem Masse gerecht wird. 

In der Erkcnntniss, dass das Zuchtziel mit den im Land 
vorhandenen Zuchtstuten vielfach nicht erreichbar ist, und dass 
der Zuchtbetrieb bei Anlage hoher Werthe für das Zucht¬ 


material nicht nutzbringend werden kann, hat es der Verein 
zu seiner vornehmsten Aufgabe gemacht, sorgfältig ausgesuchtes 
Zuchtmaterial um billigen Preis den württembergischen Züchtern 
in die Hände zu geben. 

Der Verein gewährt daher seinen Mitgliedern bei Ankauf 
geeigneter Stutfohlen einen Zuschuss von 120—240 Mk. Bei 
Ankauf einer volljährigen, geeignet befundenen Zuchtstute wird 
gleichfalls eine Prämie von 3 O ü / 0 des nominellen Werthes bis 
zum Höchstbetrag von 300 Mk. gewährt. 

Weiter will der Verein auch dadurch auf die Zucht fördernd 
einwirken, dass er seine Mitglieder, sofern sie nicht in der Lage 
sind, ihre Fohlen auf eigene Weiden zu geben, bei der Be¬ 
nützung der öffentlichen Weiden unterstützt. Er gewährt da¬ 
her, wenn ein Mitglied auf eine der öffentlichen Weiden ein 
in die Zuchtrichtung passendes Stutfohlen schickt, 15 Mk., bei 
Hengstfohlen 10 Mk. Auch werden gute Einrichtungen in Stall 
und Hof je nach ihrer Vollkommenheit mit Prämien bis zu 
50 Mk. bedacht. Endlich liefert der Verein seinen Mitgliedern 
die 2 Mal monatlich erscheinende, bestens empfohlene > Zeit¬ 
schrift für Pferdekunde und Pferdezucht«, um ihnen durch 
Wort und Schrift Belehrung und Anregung zu geben. 

Wie aus den angeführten Massregeln ersichtlich, ist das 
Bestreben des Vereins darauf gerichtet, durch vielerlei, auch 
kleinere Mittel die Zucht zu fördern und so möglichst vielen 
Mitgliedern in irgend einem Gebiete der Pferdezucht die Hand 
zu bieten. Dass der Verein damit das Richtige getroffen, be¬ 
weist sein rascher Aufschwung und seine in kurzer Zeit erreichte 
hohe Mitgliederzahl. 

Geschäftsführer des Vereins ist Dr. G m e 1 i n, Professor 
an der thierärztlichen Hochschule in Stuttgart. 


Verschiedene Mittheilungen. 

August Lustig. 

Ein Nachruf. 

Es geschieht im Gefühle tiefster Wehmuth, dass ich die 
nachfolgenden Zeilen niederschreibe. In dem Manne, welchem 
sie gelten, habe ich meinen besten, meinen treuesten Freund 
verloren, mit dem mich durch 40 Jahre meines Lebens die 
innigsten Bande verknüpft haben. In durch nichts getrübter 
Harmonie sind wir unser ganzes Jünglings- und Mannesalter 
mitsammen durch das Leben geschritten, 20 Jahre lang haben 
wir gemeinsam an derselben Stätte gewirkt, gegenseitig gebend 
und nehmend, der Eine den Anderen in der Wissenschaft und 
im Leben stützend und fördernd, und ein bitterer Schmerz er¬ 
greift mich, wenn ich mir gegenwärtig halte, dass ich ihn nicht 
mehr habe. 

August Lustig wurde am 27, August 1837 zu Glatz 
in Schlesien geboren. Nachdem er das Gymnasium seiner 
Vaterstadt bis zur Prima besucht, entschloss er sich, die thier¬ 
ärztliche Laufbahn einzuschlagen. Da er nicht in der Lage 
war, die Kosten des Studiums aus eigener Tasche zu bestreiten, 
trat er im Früjahr 1856 als Freiwilliger in das Fcld-Artillerie- 
Regiment No. 6 ein, und von diesem aus wurde er zu Michaelis 
1857 als Militär-Eleve an die Militär-Rossarztschule zu Berlin 
commandirt. 

Hier lernte ich ihn Ostern 1858, wo ich die Berliner Thier¬ 
arzneischule als Civil-Eleve bezog, kennen. Wir traten uns 
trotz der ziemlich starren Scheidung, welche damals zwischen 
Civil- und Militäreleven bestand, erklärlich wegen der erstaun¬ 
lich geringen Vorkenntnisse, mit denen die letzteren in jener 
Zeit in die Militär-Rossarztschule aufgenommen werden konnten, 
bald näher, weil er sich — neben einzelnen Genossen — ver¬ 
möge seiner guten Vorbildung und seines angenehmen Wesens 
auffällig von dem Gros abhob. Wir haben zusammen studirt 
und meditirt, wir waren Collaboratoren in der Klinik, wir haben 
manche schöne Stunde in heiterer Geselligkeit verlebt, deren 
Erinnerung uns noch oftmals in unserem späteren Leben er¬ 
quickt hat. Bei seinem Flcisse und seinem guten Auffassungs- 


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194 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


28. Mal. 


vermögen konnte es nicht Wunder nehmen, dass er am Schlüsse 
seiner Studienzeit das Staatsexamen vorzüglich bestand. 

Sein weiterer Lebensgang ist bald erzählt. Sofort nach 
seiner Approbation ward er als Rossarzt in die Bonner Garnison 
beordert, die er nur vorübergehend mit der in Frankfurt a. M. 
vertauschen musste. Nachdem er inzwischen die kreisthicr- 
ärztliche Prüfung erledigt und die Jahre seiner militärischen 
Verpflichtung abgelaufen waren, erlangte er im Herbst 1866 
die Stellung als Kreisthierarzt in Saarburg im Regierungsbezirk 
Trier, welche er bis zum Frühjahr 1871 inne hatte. Eine aus¬ 
gedehnte Praxis hat er dort nicht betrieben — es war damals 
auch nicht möglich, eine solche dort zu erwerben — aber er 
hat sich in Saarburg fachlich und allgemein wissenschaftlich 
weiter gebildet und im Kreise von Gesinnungsgenossen, an der 
Seite seiner vortrefflichen Gattin, einer gemüthvollen Rhein- 
ländcrin, mit der er im Mai 1867 den Bund für das Leben 
geschlossen, ein behagliches Dasein geführt. Die 9 Jahre seines 
Aufenthalts in Bonn und Saarburg sind ihm, wie er mir oft 
erzählt hat, die angenehmsten seines Lebens gewesen. Er 
hatte sich dort aus einem gemüthlichen Schlesier zu einem 
heiteren Rheinländer umgewandclt, und die Schwärmerei für 
den Rhein, der Zug an den Rhein sind ihm für immer geblieben. 

Im Sommer 1870 pepmovirte ihn die Universität Giessen 
auf Grund des bestandenen Examens zum Doctor der Veterinär- 
Mcdicin. Kaum war dies geschehen, so rief ihn der Krieg 
gegen Frankreich unter die Fahne. Er machte die Kämpfe 
um Metz, die ganze Belagerung dieser Veste und weiter den 
Winterfcldzug im Norden unter General v. Goebcn mit. Hier 
traf ihn auch seine Einberufung als Repetitor an die Berliner 
Thicrarzneischule. eine Berufung, die damals noch als besonders 
ehrenvoll galt, da der mit ihr Bedachte als der einzige seiner 
Spccies an dieser Anstalt fungirtc. Ohne Zögern leistete er 
ihr Folge, und mit dem Sommersemestcr 1871 trat er diese 
Stellung an. 

In Berlin suchte er neben seinen Repetitorien sich klinisch 
gut auszubilden. Eine Zeit lang leitete er auch die ambula¬ 
torische Klinik selbständig. Zugleich benutzte er dort die 
Gelegenheit, die Vorlesungen und Ucbungen von Virchow 
und die Kliniken von Langenbeck, Frerichs, ganz be¬ 
sonders aber von Traube eifrig zu frequentiren. Vornehm¬ 
lich durch deren Besuch hat er den Grund zu den hervor¬ 
ragenden diagnostischen Fähigkeiten gelegt, die ihn auszcichneten, 
und mit dankbarer Bewunderung hat er stets des grossen Kli¬ 
nikers Traube gedacht. 

Nachdem er den ihm angebotenen Posten des Landes¬ 
thierarztes für Elsass-Lothringen ausgeschlagcn, übernahm er 
im Herbst 1873 die Stelle des Dirigenten der Spitalkliniken 
an der Thierarzneischule in Hannover. Hier hatte er anfäng¬ 
lich etwas weitgehende Officien: abgesehen von der ihm bald 
darauf übertragenen Stelle des Departements-Thierarztes für den 
Landdrosteibezirk Hannover, neben der Leitung des Pfcrdc- 
spitals auch die des Hundespitals und der Sectionen und den 
Vortrag über pathologische Anatomie. Als er zwei Jahre später 
von den letzteren entlastet ward und sich nun ganz der Pferde¬ 
klinik und den dazu gehörigen Disciplincn widmen konnte, da 
gewann er seine Stellung so lieb, dass er sic um keinen Preis 
mit einer anderen Thätigkeit vertauschen mochte. Selbst einen 
Ruf als Rath an das Kaiserliche Gesundheitsamt in Berlin, der 
ihm in den 80 er Jahren zuging, lehnte er ab, so sehr man sich 
auch mühte, ihn hiefür zu gewinnen. 

Die Beschränkung auf das seiner Neigung zusagende Ge¬ 
biet erüffnete ihm die Möglichkeit, sich in dasselbe zu vertiefen. 
Er that dies auch und versuchte, die Traube'sehen Untcr- 
suchungswciscn auf die grösseren Hausthierc anzuwenden und 
dessen Theorien bei diesen zu vcrificiren und durch eigene 
Forschungen zu ergänzen. Zeugniss für seine exactc und gründ¬ 
liche wissenschaftliche Methode legen die Arbeiten über Hcrz- 
und Nierenkrankheiten, über Brustscuchc, über Harnunter¬ 
suchungen u. s. w. ab, welche er in den »Jahresberichten der 
Thicrarzneischule in Hannover« veröffentlicht hat. Dicke Werke 
hat er nicht geschrieben, aber was er publieirt, trägt den 
Stempel nüchterner Zuverlässigkeit an sich; cs sind Bausteine 


von bleibendem Werthe, die in den Lehrbüchern volle Be¬ 
achtung und Anerkennung gefunden haben und zum klinischen 
Gemeingut geworden sind. Auf seine Licblingsgebiete ver¬ 
wendete er fortgesetzt den höchsten Fleiss; vor mir sehe ich 
einige 20 Jahrgänge selbstgeschriebener Bücher stehen, in welche 
er die Harnanalysen sämmtlicher während seiner hiesigen Thätig¬ 
keit von ihm behandelten, innerlich kranken Pferde und Rinder 
eingetragen hat. Ich gedenke an einer anderen Stelle die 
wissenschaftliche Bedeutung seiner Arbeiten etwas eingehender 
zu würdigen. 

Lustig war kein glänzender Redner, aber dennoch ein 
vortrefflicher Lehrer. Von vielen Worten und von Tüfteleien 
war er kein Freund, sondern was er sprach, war kurz und 
präcis, klar und bestimmt. Seine Schüler hörten nicht nur 
seine Vorlesungen mit der knappen, die Pointen scharf be¬ 
tonenden Vortragsweise gern, sie nahmen noch lieber an seinem 
klinischen Unterricht Thcil. Selbst ein ausgezeichneter Dia¬ 
gnostiker, sicher und geübt im Percutiren und Auscultiren 
wie kein Anderer, besass er auch das Vermögen, seinen Klini- 
cisten, soweit sic überhaupt hierzu befähigt waren, diese Fertig¬ 
keiten beizubringen. Zahlreiche Schüler sind ihm durch ihr 
ganzes Leben dankbar für die ihnen von ihm ertheilte klinische 
Unterweisung. In wissenschaftlichen Fragen, welche die von 
ihm cultivirtcn Wissensgebiete berührten, besass er ein scharfes 
und wohlbegründctcs Urthcil, wie wir oft bei der Berathung 
collcgialer Gutachten zu sehen Gelegenheit hatten. Kamen 
andere Fragen zur Erörterung, so erklärte er rundweg, dass 
er über sie nicht hinreichend orientirt sei, um eine zutreffende 
Ansicht auszusprechen. Auch hierdurch bekundete er die durch 
nichts zu erschütternde Zuverlässigkeit seines Wesens. 

Es war deshalb ein schweres Geschick, welches unsere 
Hochschule ereilte, als er am 23. März 1895 von einem Schlag¬ 
anfall betroffen wurde. Zwar hatte er schon seit Jahr und Tag 
über seinen schwankenden Gesundheitszustand geklagt und da 
er seine Nieren als den Sitz des Ucbels beschuldigte, fortgesetzt 
seinen Harn untersucht, — aber dieses Ereigniss kam uns doch 
unerwartet. Ein zweiter Anfall folgte bald, gegen Ende Mai. 
Von der hiernach eintretenden Lähmung erholte er sich wohl 
wieder im Laufe einer längeren Reihe von Wochen so weit, 
dass er mit Hülfe eines Stockes einige Schritte im Zimmer 
machen, auch die Treppe herunter- und hinaufsteigen konnte; 
völlig weichen wollte sic aber nicht, und so musste er zu 
unserer grossen Bctrübniss den Entschluss fassen, seine Pen- 
sionirung zu erbitten, welche ihm zum I. October 1896 unter 
Anerkennung der bedeutsamen Verdienste, welche er dem 
Staate geleistet, und unter Verleihung des Rothen Adlerordens 
III. Klasse mit der Schleife gewährt ward. 

Diese Ruhe hat er noch anderthalb Jahre lang geniessen 
dürfen, leider ohne dass eine nennenswerthe Besserung seines 
körperlichen Befindens sich einstelltc. Er ertrug seinen Zustand 
mit erstaunlichem Gleichmuth, kaum dass jemals eine leise 
Klage über seine Lippen kam. Er beschäftigte sich mit leichter 
Lectüre und sein ganzes Sinnen war nur seinen Kindern ge¬ 
widmet. Tief betrüben musste es nur, gewahr zu werden, 
wie nach und nach seine geistigen Fähigkeiten abnahmen. 
Immerhin sprachen wir oftmals den Wunsch aus, er möchte 
auch so, frei von Schmerzen und sichtlichem Unbehagen, wie 
er war, den Seinigcn noch recht lange erhalten bleiben. Es 
sollte nicht sein. Nach nahezu zweijähriger Pause traf ihn am 
15. April ein erneuter schwerer Schlaganfall, der alsbald zu 
den schlimmsten Befürchtungen Veranlassung gab. Es war am 
Abend vor seinem Heimgange, als ich ihm das letzte Mal in 
das treue Auge schaute, und mit düsteren Ahnungen verliess 
ich ihn. Am Abend des 29. April packte ihn ein neuer Anfall, 
und plötzlich und sanft schlummerte er hinüber. 

Am 3. Mai ist er auf dem Möckcncr Friedhofe gebettet 
worden. Zahlreiche Freunde und Verehrer folgten dem mit 
Kränzen und Palmcnzweigen überreich geschmückten Sarge, 
vor Allen natürlich die Mitglieder der Hochschule, an der er 
so lange und so verdienstvoll gewirkt. Die Studirenden wollten 
es sich nicht nehmen lassen, dem geliebten Todtcn im vollen 
Gepränge und mit Fackcllicht das Geleite zu geben, wie wenn 


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No. 22. 


*9S 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


er noch ganz ihnen angehörte, obschon kaum mehr einer unter 
ihnen war, der einstmals seinen Worten gelauscht hatte. Am 
Grabe sprach mein College Arnold warme und herzliche 
Worte in meiner Vertretung; denn mir ward der schwere 
Kummer bereitet, dass ich, genöthigt, dienstlich abwesend zu 
sein, meinen lieben alten Freund nicht zu seiner letzten Ruhe¬ 
stätte geleiten konnte. 

Lustig hintcrläst die treue Gefährtin seines Lebens und 
drei Kinder, zwei Söhne und eine Tochter. Sie verlieren viel 
an dem zärtlichen, herzensguten Vater. Mit ihnen trauern seine 
vielen Freunde, denen er durch lange Jahre in trautem Kreise 
ein lieber und heiterer Genosse gewesen war. Es trauern seine 
Collegen, die ihn ob der Aufrichtigkeit seines Charakters, der 
Geradheit und Offenheit seines Wesens, der Noblesse seiner 
Gesinnung in vieljährigcm Zusammenwirken schätzen gelernt, 
seine zahlreichen Schüler, die ihn verehrten, wie keinen anderen 
ihrer Lehrer. Wenn er auch manchmal unwirsch gegen sic 
aufbraustc, sie wussten, dass cs aus warmem und gerechtem 
Herzen kam und nur gut gemeint war. Er hatte kein Falsch; 
was er spsach, war der genaue Abdruck seines Denkens. Un¬ 
wahrheiten und Diplomatenkünstc waren ihm verhasst. Er hat 
durch die Weise seines Auftretens und durch seine ganze 
Lebensführung zur Hebung des thierärztlichen Standes Vieles 
beigetragen. Mit ihm ist einer der besten Menschen, wie 
selten einer gefunden wird, eine Zierde des Standes abberufen. 
Sein Hinscheiden ist tief beklagenswerth; aber er hinterlässt 
den Namen eines ganzen Mannes und die schöne Ucbcrzeugung, 
dass man nicht todt ist, wenn man auch stirbt. 

Carl D am m a n n. 


Jubiläumsfeier für Professor Dr. Esser in Güttingen. 

Am 18. Mai tand auf Anregung der zahlreichen Freunde, 
Collegen, Verehrer und Hörer des Professor Dr. mcd. Esser 
in Göttingen dessen 25 jährige Jubiläumsfeier als Docent der Uni¬ 
versität und Director des Königlichen Thierarznei-Instituts in 
Göttingen statt. Die mannigfachen und allgemein anerkannten 
Verdienste des Jubilars, welche weit über die Grenzen seiner 
fachmännischen Thätigkeit hinausgehen, haben ihn durch sein 
vielseitiges Wirken in thierärztlichen, landwirtschaftlichen, 
politischen etc. Kreisen zu einer allseits beliebten und hoch¬ 
geschätzten Persönlichkeit gemacht und es ermöglicht, dass 
eine so allgemeine und grossartige Feier zu Stande kommen 
konnte. 

Aus dem siegreichen Feldzuge gegen Frankreich kehrte 
der junge Thierarzt Herbert Jacob Esser mit dem eisernen 
Kreuz ausgezeichnet zurück und wirkte bis 1873 als Repetitor 
an der Thierarzneischule in Hannover. Noch im Jahre 1871 
legte er das Examen als beamteter Thierarzt ab und 1872 
wurde er zum Doctor medicinae promovirt; 1873 erhielt er 
den Ruf als Lehrer der Thierheilkunde an das Thicrarznei- 
Institut der Universität Göttingen. Während der 25 Jahre seiner 
Berufsthätigkeit in Göttingen hat er im Thierarznei-Institute da¬ 
selbst Umwandlungen geschaffen, wie sic den Fortschritten und 
Errungenschaften der Wissenschaft entsprechen. Im Besonderen 
hat er. sich während dieser Zeit den Ruf eines tüchtigen 
Chirurgen und Operateurs in der Thiermedicin erworben. Aber 
nicht allein praktisch, sondern auch literarisch ist er thätig ge¬ 
wesen und hat viele in sein Fach schlagende Artikel veröffent¬ 
licht. Von der Universität zu Göttingen wurde Esser im 
Oktober 1875 zum ausserordentlichen Professor der philo¬ 
sophischen Facultät und im April 1890 zum ausserordentlichen 
Honorarprofessor der medicinischen Facultät ernannt. 

Dass sein segensreiches Wirken nicht nur von Seiten der 
Staatsregierung, sondern auch von seinen Berufsgcnossen und 
von anderen Kreisen anerkannt worden ist, beweisen die zahl¬ 
reichen Auszeichnungen, die ihm in Form von Orden Seitens 
der Behörden und Ernennungen zum Ehrenmitgliede in den 
verschiedensten thieräztlichen und landwirtschaftlichen Körper¬ 
schaften zu Thcil geworden sind. 


Als Zeichen besonderen Vertrauens und der Anerkennung 
seiner Verdienste um die Hebung des thierärztlichen Standes 
ist der Umstand anzusehen, dass der Jubilar schon seit einer 
Reihe von Jahren zum Vorsitzenden des Deutschen Veterinär¬ 
raths und der Centralvcrtretung der thierärztlichen Vereine des 
prcussischen Staates gewählt worden ist und auch den Vorsitz 
in dem thierärztlichen Gcncralvcrein der Provinz Hannover 
führt. 

Durch öffentliche Vorträge und Belehrungen in landwirt¬ 
schaftlichen Versammlungen hat er weit über die Grenzen seines 
engeren Wirkungskreises hinaus sich die Dankbarkeit und Ver¬ 
ehrung der Landwirthe erworben Insbesondere sind cs seine 
früheren zahlreichen Hörer, die seiner jederzeit in hoher Ver¬ 
ehrung gedenken und noch gern seinen bewährten Rath in An¬ 
spruch nehmen. 

Gleiches Vertrauen bringt man ihm auch in andern Kreisen, 
mit denen er durch seine vielseitige Thätigkeit in Fühlung steht, 
entgegen. So bekleidet er schon seit Jahren das Amt eines 
Vorsitzenden im Südhannöver’schcn Kriegerbundc, und in Folge 
seines regen Interesses an den politischen Ereignissen wurde 
er 1887 von der nationalliberalen Partei des Wahlkreises Göt- 
tingen-Duderstadt-Münden zum Reichstags-Abgeordneten erwählt 
und ist jetzt wiederum als Reichstagskandidat für die bevor¬ 
stehende Wahl aufgestellt worden 

Wennschon die zahlreichen Anmeldungen vor dem Fest¬ 
essen, das gelegentlich der Jubiläumsfeier in Aussicht genommen 
war, darauf schliessen Hessen, dass die Betheiligung eine überaus 
grosse würde, so wurden die Erwartungen an dem Festtage 
selbst noch bedeutend übertroffen. Der 18. Mai, der von dem 
Festausschuss zur Feier bestimmt war, war, wenn wir Alles in 
Allem zusammenfassen, ein Ehrentag für den Jubilar, 
wie er wohl selten gefeiert wird, und wie er nur dann statt¬ 
finden kann, wenn sich hervorragende Verdienste mit allge¬ 
meiner Beliebtheit die Hand reichen. So schwer es sonst ist, 
sich durch sein Streben und Wirken in zwei Jahrzehnten in 
den verschiedensten Kreisen allgemeine Anerkennung der wissen¬ 
schaftlichen und praktischen Leistungen zu erwerben und da¬ 
bei jedem Einzelnen gerecht zu werden, so ist doch dem Ju¬ 
bilar durch seine hervorragenden persönlichen Eigenschaften 
in vollem Masse gelungen, was anderen Sterblichen kaum mög¬ 
lich erscheinen mag. 

Schon am frühen Morgen des 18. Mai begannen die De¬ 
putationen ihre Ehrungen und Glückwünsche dem Jubilar ent¬ 
gegenzubringen. Den Reigen begann die Deputation ehemaliger 
Schüler, welche dem Jubilar unter der Versicherung unent¬ 
wegter Verehrung und Dankbarkeit ein kunstvoll gearbeitetes 
Album mit den Bildern sämmtlicher früheren Schüler (250) 
überreichte. Im Namen der Universität beglückwünschte 
Herr Curator Geh. Reg.-Rath Dr. Hopfner den Jubilar und 
aus dem engeren Kreise seiner Collegen gratulirten die Pro¬ 
fessoren des Landwirtschaftlichen Instituts der Georgia 
Augusta. Hieran schlossen sich eine Deputation vom Aus¬ 
schuss der Studentenschaft, der Vorstand des Land¬ 
wirtschaftlichen Hauptvereins Göttingen-Grubenhagen, 
die Chargirtcn des Acadcmischen Landwirtschaft¬ 
lichen Vereins, die Vertreter des thierärztlichen Central- 
vereins für die Provinz Hannover, die Delegirten des Göttinger 
Landwehrvereins, die dem Jubilar gleichzeitig die Urkunde 
als Ehrenmitglied überreichten, eine Abordnung seiner früheren 
Assistenten, die Vertretung der Kreisthierärzte des 
Regierungsbezirkes Hildesheim und ausserdem unzählige poli¬ 
tische und persönliche Freunde, die ihm ihre Huldigung ent¬ 
gegenbrachten. Von auswärts, sogar aus fremden Erdtheilen, 
liefen gegen 300 Telegramme und Glückwunschschreiben ein. 
Gross und zum Theil überraschend durch die künstlerische Aus¬ 
stattung ist die Zahl der Geschenke, mit denen man den Jubilar 
überraschte. Was der Wonnemonat Mai an Blumen und ßlüthen 
hervorgebracht hatte, das wurde in Form von herrlichen, un¬ 
zähligen Bouquets und sonstigen Blumenspenden auf den Altar 
der Verehrung gelegt. 

Das Festessen selbst, wozu gegen 300 Theilnehmer aus 
Fern und Nah und aus allen Schichten der Bevölkerung zu- 


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196 


DEUTSCHE THIKRiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


28. Mai. 


sammen geströmt waren, begann Nachmittags 4 Uhr im Ge¬ 
sellschaftshause Union. Bunt und mannigfaltig war der Anblick 
der vollbesetzten Tafeln, an denen die einzelnen Gruppen Platz 
genommen hatten. Unter den Festgenossen erwähnen wir die 
Repräsentanten der Universität in Gestalt des Prorectors 
magnificus und einer grossen Anzahl Professoren, die Ver¬ 
treter der Staatsregierung, als da waren, die Landräthe 
der Kreise Göttingen, Northeim, Einbeck, Uslar, Duderstadt, 
Münden, die Stadtverwaltug, vertreten durch den Bürger¬ 
meister, Magistrat und das Bürgervorstehercollegium, Regi- 
mentscommandeur Oberst Kohltroff mit anderen Re¬ 
präsentanten des Göttinger Offiziercorps, Professoren der 
Thierärztlichen Hochschule Hannover, die Assi¬ 
stenten vom Jahre 1877 bis jetzt, sämmtliche Kreisthier¬ 
ärzte des Regierungsbezirkes Hildesheim, viele praktische 
Thierärzte, zahlreiche jetzige und frühere Hörer, eine 
Menge Landwirthe aus ganz Süd-Hannover, die Delegirten des 
Süd-Hannoverschen Kriegerbundes und Mitglieder der 
Kriegervereine aus Göttingen, eine grosse Zahl politischer 
Parteigenossen nebst vielen Jagdgenossen und sonstigen 
Freunden. Von letzteren erwähnen wir insbesondere seine 
beiden intimsten Freunde, Herrn Geh. Rath Professor Dr. med. 
König und Professor Dr. Möller, die beide aus Berlin ge¬ 
kommen waren und den Jubilar beim Betreten des Festsaales 
in ächt freundschaftlicher Weise überraschten. Herr Justizrath 
Dr. Eckels eröffnete die Reihe der Trinksprüche, indem er 
eine kurze Lebensgeschichte des Jubilars gab und insbesondere 
der vielverzweigten Thätigkeit und Verdienste desselben sowie 
seiner persönlichen Liebenswürdigkeit gedachte. Das stürmisich 
aufgenommene Hoch auf den Jubilar, mit dem der Festv^r- 
sitzende seine Rede schloss, gab Herrn Professor Dr. Essjer 
wohl den schönsten Beweis, dass alle Theilnehmer mit ganaen 
Herzen erschienen waren, nicht etwa, um einer Form der Höf¬ 
lichkeit zu genügen, sondern den Gefühlen der Anhänglichkeit 
begeisternd Ausdruck zu geben. Herr Professor Dr. Es^er 
dankte, sichtlich gerührt, für die ihm gewordene Ehrung und 
gelobte aufs Neue Treue der Georgia Augusta, der Stadt 
Göttingen mit ihrer Umgebung, wo er die glücklichsten Stunden 
seines Lebens verbracht und Freundschaft durch Freundschaft 
erworben habe. Sein Hoch galt der Stadt Göttingen. Wer 
wollte sich darüber wundern, dass da, wo so vom Herzen zum 
Herzen gesprochen wurde, die Festesstimmung zu einer überaus 
animirten wurde; insbesondere war es der Bruder des Jubilars, 
Herr Dr. med. Esser aus Neuss am Rhein, der im Namen 
der Familie für die Ehrenbezeugungen dankte und mit ädht 
rheinischem Humor die festlich gestimmten Gemüther zu neuem 
Jubel anfachte. Neben den noch folgenden anderen Reden 
heben wir hauptsächlich die Rede von Dr. Brücher sen. aus 
Hannover hervor, der als Vertreter der Thierärzte die fach¬ 
männischen Verdienste des Jubilars betonte. Vor Allem rühmte 
er an dem Jubilar, dass er nie, so hoch er auch im Ansehen 
gestiegen sei, die Interessen des thierärztlichen Standes aus 
dem Auge gelassen habe, dass er früher und jetzt mit Wort 
und That für den Stand der Thierärzte als treuer College ein¬ 
getreten sei und keine Opfer scheue, wenn sie für das Wohl 
des gesammten thierärztlichen Standes nothwendig erscheinen. 
Er feierte den Jubilar als den Förderer der thierärztlichen 
Wissenschaft, als hervorragenden Praktiker und als den tapfern 
Kämpfer für die Hebung unseres Standes, dem er auch ferner¬ 
hin als Vorsitzender des Deutschen Veterinärraths, der Central¬ 
vertretung der preussischen Thierärzte und des Hannover’schen 
Provinzialvereins sein reges Interesse erhalten möge. Noch 
mancher Trinkspruch wäre hervorzuheben, wir übergehen sie, 
da sie alle übereinstimmend begeisternd hohe Verehrung und 
Dankbarkeit zum Ausdruck brachten und schlicsscn mit dem 
Wunsche aller Redner, dass cs dem Jubilar noch lange Jahre 
hindurch beschieden sein möge, sein segensreiches, allseitiges 
Wirken in gleicher Rüstigkeit fortzusetzen, zum Wohl des Ein¬ 
zelnen als auch der Gesammtheit, auf dass sich der Ruhmes¬ 


kranz, der ihm mit dankbarer Hand zum 25 jährigen Jubiläum 
gewunden ist, für alle Zeiten unverwelkt erhalte. 


Versuche zur Heilung der Tuberculose. 

Professor Behring in Marburg meint ein Mittel ent¬ 
deckt zu haben, welches im Stande sei, die Rindertuberculose 
zu heilen. Hiervon hat derselbe auf dem internationalen Con- 
gress zu Madrid Mittheilung gemacht. Bevor das Mittel bekannt 
gegeben wird, sollen Versuche und Untersuchungen darüber 
im Grossen an tuberculöscn Rindern angestellt werden, ob das¬ 
selbe in Wirklichkeit einen Heilerfolg verspricht und wie sich 
in Wirklichkeit die Heilvorgängc vollziehen. Diese Prüfungen 
werden in Marburg und an der Thierärztlichen Hochschule in 
Berlin stattfinden. Mit der Leitung der Berliner Versuche ist 
Geheimerath Dr. Schütz betraut worden. Für diese hat 
der Landwirthschaftsminister für das laufende Etatsjahr eine 
Summe von 40000 Mark zur Verfügung gestellt. 


Vereinsnachrichten. 

Einladung zu der 37. Sitzung des thierärztlichen Vereins 
in Westpreussen am 12. Juni 1898, Vormittags 11 Uhr, 
in Danzig, Schlachthofrestaurant. 

Tagesordnung: 

1. Geschäftliches. 

2. Rechnungslegung. 

3. Statutenänderung. 

4. Bericht über die Plenarversammlung der Central - Vertretung der 
thierärztlichen Vereine Preussens am 21. Mai 1898. 

5. Die Bekämpfung der Tuberculose nach Bang’schem Verfahren. 

Referent: Herr Kreisthierarzt Nolte-Berent. 

2 Uhr Dampferfahrt nach Zoppot. 4 Uhr Diner im Kurhaus in Zoppot. 
Um Theilnahme der Damen an der Dampferfahrt und an dem Diner wird 
ergebenst gebeten. 

Der Ver ei n s-Vo rs t a n d. 

I. A.: 

P r e u s s e. 


Personal-Nachrichten. 

Auszeichnungen: Dem Oberrossarzt Liebscher vom 2. Garde- 
Ulanen-Regiment die Erlaubniss zur Anlegung des ihm verliehenen Königlich 
sächsischen Albrechtskreuzes ertheilt. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Thierarzt August Meyer Strasse 
aus Othfreesen wurde zum commissarischen Kreisthierarzt für den Kreis Hiin- 
feld ernannt. Verzogen sind die Thierärzte Jans sen von Wes^elburen, 
Vosshage von Jever nach Schönberg (Mecklenb.), Axe von Schledthausen 
nach Roda (Sachs.-Alt.). 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutschen 

Heeres : Unterrossarzt Käsewurm vom Ul.-Regt. No. 11 zur Schutztruppe 
nach Südwestafrika versetzt. Knauff, Pflanz, Unterrossärzte der Land¬ 
wehr I. Aufgebots, Lebrecht, Oellerich, Unterrossärzte der Reserve, 
zu Rossärzten des Beurlaubtenstandes ernannt. 

Oestorben: Bezirksthierarzt Ross in Achern (Baden)-. 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thierirztiiche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmns in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der Mtcklofschen Druckerei in Karlsrahe i. B. 


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Deutsche 

Thierärztliche Wochenschrift 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regierungs- and Mcdicinalrath, 
Director der Thierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 


heransgegeben von 
Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregierungsrath 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regierungsrath and Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Louisenthal (Saar). 

redigirt yon 

Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post auf Ko. 17K4a. 


Sechster Jahrgang. 


Sämintliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 
Correcturen und Anzeigen an die Expedition der 
Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 
in Karlsruhe (Badenb 


M » 3 . 


Ausgegeben am 4. Juni. 



Bericht über die Berliner Mastviehausstellung. 
Von Dr. C. Nörner. 

Die diesjährige Mastviehausstellung wurde am II. u. 12. Mai 
in den Räumen des Central-Viehhofes in Berlin abgehalten. 
Die Beschickung derselben war sowohl quantitativ als qualitativ 
eine recht gute. Zur Ausstellung waren von 104 Ausstellern 
1038 Thiere in 806 Nummern angemeldet worden; es sind 
dies gegen das Vorjahr 335 Stück mehr. Die 806 Nummern 
vertheilten sich auf die Rinder^btheilung mit 682 Stück, auf 
die Schafabtheilung mit 71 Nummern und auf die Schweine¬ 
abtheilung mit 53 Nummern. 

Weitaus die meisten Thiere hatte die Provinz Posen zur 
Ausstellung gesandt, dann folgten Brandenburg, Braunschweig, 
Schlesien, Pommern, Mecklenburg-Schwerin, Anhalt etc. Schles¬ 
wig-Holstein, welche Provinz die früheren Mastviehausstellungen 
immer reichlich beschickt hatte, hatte nur 6 Angler ausgestellt. 

Zur Abtheilung Rinder aller Rassen waren 682 Stück an¬ 
gemeldet gegen 313 im Vorjahre. 

An Kälbern waren 101 Stück ausgestellt, nämlich 47 nor¬ 
malwüchsige Kälber und 54 Doppelender. Diese überbildeten 
Thiere werden von den Berliner Fleischern sehr gern gekauft, 
da sie wegen ihrer abnorm entwickelten Musculatur sehr gün¬ 
stige Schlachtprocente liefern. Unter den normal gebildeten 
Kälbern war die zweite Altersklasse, Kälber 2 bis nicht voll 
3 , / 2 Monate alt, am besten beschickt. Hier erhielt Meyer- 
Bremen für ein selten schönes Bullkalb der Weserau, Mäster 
und Züchter Kasten Schröder-Fahrenhorst, den Ehrenpreis der 
Stadt Berlin für die vorzüglichste Marktwaare für den Bedarf 
der Stadt Berlin (250 Mk.). Unter den Doppelendern zeigten 
die beiden älteren Klassen besonders schön gemästete Thiere. 

Die ausgestellten Kälber gehörten mit Ausnahme einer 
Freiburger Kreuzung sämmtlich dem Niederungsvieh an. Das 
schwerste Kalb der normal gebauten Kälber war ein 4 Monat 
altes Bullkalb der hannöver’schen Landrasse, ausgestellt von 
C. Witte-Braunschweig und gemästet und gezüchtet von Schmiede¬ 
meister Masemann-Langlingen. Das nur mit Vollmilch gemästete 
Kalb wog 251 kg. Die schwersten Doppelender hatte ebenfalls 
Witte ausgestellt. Es waren dies ein Fersenkalb und ein Bull¬ 
kalb. Beide gehörten der hannöver’schen Landrasse an, waren 
nur mit Vollmilch gemästet und hatten ein Alter von 4 Monat 
11 Tage bezw. 4 Monat 9 Tage; die Gewichte betrugen 304 
bezw. 303 kg. 

In den Klassen der jungen Thiere (Starken und Ochsen, 
1 */* bis nicht voll 2 Jahr alt und von 2 bis nicht voll 2 ’/* Jahr 


alt) waren im Vergleich zu den früheren Ausstellungen verhältniss- 
mässig viel Exemplare der Schläge des deutschen Höhelandes aus¬ 
gestellt, namentlich viel Simmenthaler. Am besten schnitten hier 
Kreuzungsproducte zwischen Holländern und Freiburgem ab. Dom- 
Glauchau-Culmsee erhielt für eine schöne, gut gemästete Col¬ 
lection solcher Kreuzungsthiere den Züchter-Ehrenpreis des Land- 
wirthschaftsministeriums, eine Bronce-Rindvieh-Statuette. Der 
Ehrenpreis der Stadt Berlin für die vorzüglichste Marktwaare 
für den Bedarf der Stadt Berlin (500 Mk.) wurde der Frau 
Marie Fehlau-Neudorf bei Kazmierz als Züchterin und Mästerin 
für eine Collection von Kreuzungsthieren (Holländer mit Simmen¬ 
thaler Halbblut) zuertheilt. 

Die beiden Kuhklassen waren nur mit 39 Thieren be¬ 
schickt. Im Gegensatz zu den übrigen Klassen waren hier 
die Niederungsschläge im Allgemeinen besser als die Höhen¬ 
schläge. 

Das Hauptinteresse der Ausstellung concentrirte sich auf 
die Klasse der jungen Ochsen (2 */* bis nicht voll 3 */* Jahr alt). 
Zu dieser Klasse waren allein 246 Thiere angemeldet; von 
diesen gehörten 70 den Niederungsschlägen, 152 den Höhen¬ 
schlägen an ; 23 Stück waren Kreuzungen; ausserdem war hier 
noch ein Shorthornochse ausgestellt. In dieser Klasse zeigten 
sich die Höhenschläge den Niederungsschlägen auch an Qualität 
überlegen. Ganz hervorragend waren die von Domänenpächter 
Stich-Kaiserhof bei Duschnik ausgestellten 20 Simmenthaler 
Ochsen. Dieselben wurden durch den von der Stadt Berlin 
gestifteten Ehrenpreis von 750 Mk. ausgezeichnet. Eine Bronce- 
Rindvieh-Statuette des Landwirthschaftsminisferiums wurde dem 
Freiherrn von Richthofen für selbstgezüchtete und selbstge¬ 
mästete Holländer Ochsen zu Theil. 

Gegen diese Klasse fiel die der älteren Ochsen erheblich 
ab. Die hier vorgeführten 29 Thiere der Stämme des deutschen 
Tieflandes befriedigten so wenig, dass die ausgesetzten Preise 
nicht vergeben werden konnten. Sehr viel besser waren die 
Thiere des deutschen Höhelandes. Den Ehrenpreis der Stadt 
Berlin (500 Mk.) holte sich auch hier Stich-Kaiserhof mit seiner 
Simmenthaler Collection. 

In dieser Klasse waren auch zwei von v. Chlapowski- 
Turew gemästete ungarische Ochsen ausgestellt. Dieselben 
konnten jedoch mit den übrigen Thieren nicht concurriren. 
Einer derselben wurde am zweiten Ausstellungstage geschlachtet 
ausgestellt. Trotzdem derselbe bei Lebzeiten recht mager er¬ 
schien, zeigte sich derselbe bei der Schachtung als stark über¬ 
fettet. Die Fleischqualität war für den Berliner Markt un¬ 
brauchbar. 


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ig8 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


4. Juni. 


Der schwerste Ochse dieser Klasse war ein von Rehfeld- 
Golzow ausgestellter, sechsjähriger Simmenthaler Ochse; der¬ 
selbe wog 1006 kg. 

Bullen waren 68 Stück angemeldet. Dieselben waren in 
der Qualität genügend. Das schwerste Thier der ganzen Aus¬ 
stellung war ein 9 Jahr 2 Monate alter, importirter Holländer 
Bulle, ausgestellt und gemästet von Stoppel-Seeberg bei Riesen¬ 
burg in Westpreussen; derselbe zeigte das respektable Gewicht 
von 1248 kg. Nach diesem kam ein einjähriger Freiburger 
Bulle, Mäster und Züchter Graf Mielzynski-Gross-Lenka, Posen, 
mit 1100 kg. Ein von v. Heyden-Linden-Megow gezüchteter, 
einjähriger Oldenburger Bulle wog 1082 kg. 

Die Abtheilung Schafe war mit 71 Nummern gegen 91 
des Vorjahres), bezw. 197 Thieren beschickt. 

Die englischen Lämmer und die Kreuzungen zeigten recht 
gute Entwicklung; nicht so zufrieden waren die Preisrichter 
mit den Merinolämmern; auch die Klasse der älteren Merinos 
genügte denselben nicht. Die älteren Kreuzungsthiere waren 
vielfach zu fett und übermästet. Die Shropshires, welche auf 
früheren Ausstellungen zahlreich vertreten waren, waren nur 
in wenigen Exemplaren ausgestellt; dagegen hatten die Hamp¬ 
shires erheblich an Zahl zugenommen. 

Der Züchter-Ehrenpreis des Landwirthschaftsministeriums, 
eine Bronce-Schaf-Statuette, wurde Amtrath Nonne-Gr. Heiden 
für 3 ’/jj Monate alfe, gut entwickelte Hampshire-Zibbenlämmer 
zuerkannt; den Züchter-Ehrenpreis des Klubs der Landwirthe, 
2 Broncc-Armleuchter, erhielt Frau Landesöconomierath Kiepert- 
Marienfelde für 1 Loos 1 Jahr 2 Monate alte Shropshires und 
1 Loos gleichaltrige Merino-Southdowns; den Ehrenpreis der 
Stadt Berlin (500 Mk.) Boetzel-Ritscherheim für eine Collection 
Hampshiredown-Kreuzungen. 

Die Schweineabtheilung wies 53 Nummern auf; 21 
mehr als im Vorjahre. Gegen früher ist die Beschickung der 
Berliner Mastviehausstellung mit Schweinen erheblich zurück¬ 
gegangen. Recht gut hatte Bieler-Machern ausgestellt; er trug 
den Ehrenpreis der Stadt Berlin (500 Mk.) für die vorzüglichste 
Marktwaare davon. Besonders die älteren Thiere der von ihm 
ausgestellten 'weissen englischen Schweine gefielen sehr; die¬ 
selben waren gut gemästet; gleichmässig behaart und in der 
Form ausgeglichen: vom züchterischen Standpunkt waren die 
zu stark ausgesprochenen Mopsköpfe zu tadeln. 

Zwei vom Landwirthschaftsministerium gestiftete Bronce- 
Statuetten erhielten als Züchterehrenpreise Bremer-Jethausen 
für Yorkshire-Kreuzungen und Peters-Quilow für Yorkshires; 
beide Züchter hatten gut gemästete Thiere vorgeführt. 

Die goldene Nathusius-Medaille, welche als Züchter-Ehren¬ 
preis für die Abtheilung Schweine ausgesetzt war, wurde nicht 
vergeben, da die Zahl der Anmeldungen den Preisrichtern zu 
gering erschien. 

. Grosse Schwierigkeiten bereitete auch die Vertheilung der 
goldenen Staatsmedaille. Dieselbe war ursprünglich als Züchter- 
Ehrenpreis für die Abtheilung Schweine bestimmt; sie wurde 
jedoch wegen der verhältnissmässig geringen Zahl von Züchtern, 
die in dieser Abtheilung ausgestellt hatten, auf die Abtheilung 
Rindvieh und zwar für die Klassen Fersen bezw. Ochsen, 2 */ 2 
bis nicht voll 3 ’/* Jahr alt, übertragen. Da jedoch in diesen 
Klassen die hervorragendsten Thiere nicht selbstgczüchtct waren, 
so gelangte dieselbe schliesslich doch in der Schweineabtheilung 
zur Verwendung, und zwar wurde sie Bieler-Machern zuer¬ 
kannt. 

Das Comitö der Mastviehausstellung hatte in diesem Jahre 
zum ersten Male eine Abtheilung für Versuchsthiere eingerichtet, 
um Gelegenheit zu bieten, die Resultate von Fütterungsversuchen 
auf der Ausstellung vorzuführen, ohne dass die betreffenden 
Thiere mit den unter ganz anderen Bedingungen gemästeten 
Thieren derselben Rasse und Altersklasse zu concurriren 
brauchen. 

In dieser Abtheilung hatte die Gutswirthschaft der Königl. 
Academie Poppelsdorf 12 Hammel ausgestellt. Bei dem Hammel¬ 
fleisch ist möglichst zartes Fleisch und möglichst weicher, leicht 
schmelzbarer Talg erwünscht. Durch die Fütterungsversuche 
sollte nun ermittelt werden, ob die Beschaffenheit des Fleisches 


und des Fettes, insbesondere die Consistenz des letzteren bei 
Oelkuchenfütterung eine andere sei, als bei Fütterung mit Erbsen¬ 
schrot und in wie weit die Rasse (englische Schwarzköpfe gegen 
Kammwoll-Merinos) hierbei mitspräche. Die 12 Hammel waren 
in 4 Abtheilungen zu je 3 Stück verschieden gemästet worden. 
Alle Abtheilungen hatten erhalten: 0,66 kg Heuhäcksel und 
6,6 kg Runkelrüben pro 100 kg Lebendgewicht. Ferner Ab¬ 
theilung I und II, geboren Januar bezw. Februar 1897, bis zum 
26. Januar d. J. 1,33 kg Leinkuchen; von da an 2,17 kg Sonnen¬ 
blumenkuchen. Abtheilung III und IV, von gleichem Alter, 
2,33 kg Erbsenschrot. Abtheilung I und III waren Merinos, 
Abtheilung II und IV Hampshire-Oxfordshiredown-Kreuzung. 

Bei der Schlachtung zeigte es sich, dass thatsächlich ein 
Unterschied in der Beschaffenheit des Fettes zu constatiren 
war. Das Fett der mit Sonnenblumenkuchen gemästeten Hammel 
(Abtheilung I und II) war härter und fester als das der mit 
Erbsenschrot gemästeten (Abtheilung III und IV); das Fett der 
letzteren war viel geschmeidiger und ölhaltiger als das der 
ersteren; auch wiesen dieselben einen besseren Mastzustand 
auf. Ein nennenswerther Unterschied im Fleische beider Rassen 
(Merinos und englische Fleischschafe) war jedoch weder im 
Aussehen noch im Geschmack zu bemerken. 

Es sei endlich noch erwähnt, dass die Vereinigung Angler 
Viehzüchter 4 Kühe und 2 Bullen am ersten Tage lebend und 
am zweiten Ausstellungstage geschlachtet ausgestellt hatte, um 
zu zeigen, dass das Fleisch der Angler Rinder nicht so schlecht 
sei, wie es kürzlich im Teltower landwirthschaftlichen Verein 
dargestellt worden war. Das Fleisch der Angler gilt in Schles¬ 
wig-Holstein als fein und besonders wohlschmeckend und wird 
dort gern gekauft; der Fehler ist nur, dass die Angler in Folge 
ihrer geringen Grösse zu wenig Fleisch liefern. Das Fleisch 
der Angler ist im Allgemeinen dunkler gefärbt als das anderer 
Rassen, z. B. der Breitenburger. Ich habe auf diesen eigen- 
thümlichen Umstand an anderen Orten bereits aufmerksam ge¬ 
macht '). Auch die in Berlin ausgestellten Thiere Hessen diese 
dunklere Färbung des Fleisches erkennen. Cie Qualität der 
Thiere war jedoch für den Berliner Markt nicht befriedigend. 


(Aus dem Laboratorium der städtischen Fleischbeschau in 

Dresden.) 

Didymchlorid und seine Wirksamkeit als 
Desinfectionsmittel. 

Von Johannes Schmidt, Stadtbezirksthierarzt in Dresden. 

Unter dem Namen »Didymchlorid« (D. R. Pat. No. 
94 739) wird von der Firma Dr. G. P. Drossbach u. Co., 
Fabrik seltener Metallpräparate in Deuben bei Dresden, seit 
einigen Monaten eine Flüssigkeit in den Handel gebracht, welche 
eine 25 —3oproc. Lösung des Didymchlorids bildet, da letzteres 
im festen Zustand nur schwierig herzustellen ist. Das Präparat 
stellt eine klare, röthlich gefärbte, geruchlose Flüssigkeit vor, 
welche nach der gedruckten Empfehlung desselben stark des- 
inficirende Wirkungen besitzen soll. In der genannten Em¬ 
pfehlung heisst es wörtlich: »Die bakteriologische Unter¬ 
suchung *) hat dargethan, dass dieses ausgezeichnete Desinficiens 
bereits in Verdünnungen von I : 500 bis I : 1000 jede Fäulniss 
verhindert und somit in dieser Beziehung Carbolsäure, Borsäure, 
Kupfervitriol, Eisenvitriol, Chlorzink u. s. w. um ein Bedeutendes 
übertrifft. Vor diesen und ähnlichen Präparaten besitzt das 
neue Conservirungsmittel den Vortheil, absolut geruchlos und 
kaum giftig zu sein, nicht zu ätzen oder Farbstoffe zu zer¬ 
stören.« 

Drossbach (1. c.) stellte fest, dass Didymnitrat (1 : 200) 
den Nährboden theihveise coagulirt, in einer Verdünnung von 


*) Vergl Nörncr: Finden sich bei den Breitenburgern und Anglern 
charakteristische Unterschiede in der feineren Structur der Muskelfasern, die 
man als Rassemerkmale auffassen könnte (Deutsche Landw. Presse, No. 54, 
vom 8. Juli 1896, S. 482)? 

-) Drossbach: Ueber den Einfluss ,der Elemente der Cer- und 
Zircongruppe auf das Wachsthum von Bakterien (Centralblatt für Bak¬ 
teriologie. Cassel, Bd. XXI, No. 2.) 


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No. 23; 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


199 


1 : 2000 die Bildung von Staphylokokkencolonien merklich 
hindert, jedoch das Wachsthum von Schimmelpilzen nicht be¬ 
einflusst. Versuche mit der Behandlung von Sporen waren von 
ihm noch nicht angestellt worden. Dem Didymnitrat ist voll¬ 
ständig gleich zu erachten das Didymchlorid, beide Salze sind 
sehr leicht löslich. Die Sulfate lösen sich jedoch sehr schwer 
und finden daher keine Verwendung. Alle drei Verbindungen 
sind Salze eines Elementes, das zu den sog. »seltenen 
Erden« gehört. 


Die gerühmten Vortheile: starke Desinfectionswirkung, Ge¬ 
ruchlosigkeit, geringe Giftigkeit u. s. w. erwecken natürlich den 
Gedanken an eine etwaige Anwendung des genannten Mittels 
zur Desinfection von Ställen, Schlachtstätten u. s. w. Um nun 
den Grad der Wirksamkeit des Didymchlorid nach dieser Rich¬ 
tung hin zu prüfen, stellte ich auf Anregung des Herrn Director 
Dr. Edelmann einige Versuche an, die ich im Folgenden 
wiedergebe: 


No. 

Impfmaterial 

Nährboden 

Zusatz des Desinficiens 

Verhalten der Keime 

Bemerkungen 

I. 

Bacillus cyano- 
genus. 

Gelatineschalen. 

2 Theile einer Lösung (1:500) 
auf 8 Theile Gelatine. 

Nach 3 Tagen: überall gleich- 
mässig grosse Colonien wie 
auf Platten ohne Zusatz, deut¬ 
liche Färbung der Gelatine. 


II. 

Bacillus subtilis 
(alte sporen¬ 
haltige Cultur) 

Gelatineschalen. 

2 Theile einer Lösung (1: 500) 
auf 8 Theile Gelatine. 

Nach 4 Tagen: Wachsthum 
und Grösse nebst Verflüssi¬ 
gung wie auf Platten ohne 
Zusatz. 


III. 

Bacterium coli. 

Gelatineschalen. 

2 Theile einer Lösung (1: 500) 
auf 6 Theile Gelatine. 

Nach 4Tagen: Dasselbe Wachs¬ 
thum wie auf Platten ohne 
Zusatz. 


IV. 

Bacillus subtilis. 

Agar-Rollcultur. 

Lösung (1:500) eingegossen, 
sodass der Nährboden überall 
damit in Berührung trat, nach 
10 Minuten Ausgiessen des 
Desinfectionsmittels. . 

Nach 4 Tagen: Kein Wachs¬ 
thum. 

Fraglich, ob nicht die für 
Agar-Giessen nothwen- 
dige Temperatur (ca. 
42 °) das Wachsthum 
des Subtilis ungünstig 
beeinflusst hatte. 

V. 

Bacillus cyano- 
genus. 

Agar-Rollcultur. 

Ebenso. 

Nach 5 Tagen:. Wachsthum 
wie in einer Rollcultur ohne 
Zusatz; nach 8 Tagen deut¬ 
liche Farbstoff bildung. 


VI. 

Bacillus des 
Schweineroth¬ 
laufes. 

Gelatineschalen. 

Lösung (1:500) und Gelatine 
zu gleichen Theilen. 

Nach 5 Tagen: zahlreiche, 
kleine Rothlaufcolonien wie 
auf Platten ohne Zusatz. 

Weisse Maus mit einer 
solchen Colonie ge¬ 
impft, stirbt nach drei 
Tagen an typischem 
Rothlauf. 

VII. 

Bacillus cyano- 
genus. 

Gelatineschalen. 

Eine Korkscheibe (pfennig¬ 
stückgross), sterilisirt durch 
einstündiges Kochen, sodann 
auf 1 l 2 Stunde in Didym¬ 
chlorid (1:500) eingelegt, 
mit Fliesspapier leicht ab¬ 
getrocknet und nach dem 
Giessen der Schale in die 
Mitte derselben eingebettet. 

Nach 8 Tagen bräunliche Fär¬ 
bung der Gelatine, Colonien 
bis zum Korkrand. 


VIII. 

Bacillus subtilis. 

Ebenso. 

Ebenso. 

Ueberall bis an den Kork zahl¬ 
reiche Colonien, nach 8 Tagen 
Gelatine vollständig ver¬ 
flüssigt. 



IX. 

X. 

Bacterium coli. 

Bacillus des 
Schweineroth¬ 
laufes. 

Ebenso. 

Ebenso. 

Ebenso. 

Ebenso. 

Zahlreiche, normal entwickelte 
Colonien bis zum Korkrand. 

Ebenso. 


Nicht die geringste 
Spur der Bildung einer 
Desinfectionszone. 

XI. 

Bacillus des 
Milzbrandes. 

Ebenso. 

Ebenso. 

Nach 5 Tagen bis an den Rand 
des Korkes mit normalen 
Colonien versehen ; Gelatine 
oberflächlich verflüssigt. 


Weisse Maus mit einer 
solchen Colonie ge¬ 
impft , stirbt nach 
1 l /s Tagen an ty¬ 
pischem Milzbrand. 

XII. 

Derselbe. 

Gclatineschalen. 

1 Theil einer Lösung (1: 500) 
auf 2 Theile Gelatine. 

Nach 5 Tagen Gelatine stellen¬ 
weise verflüssigt, mit zahl¬ 
reichen Colonien von nor¬ 
malem Aussehen. 

Ebenso. 


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200 


DEUTSCHE THIERERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


4. Juni. 


No. 

Impfmaterial 

Nährboden 

Zusatz des Desinficiens 

Verhalten der Keime 

Bemerkungen 

XIII. 

Faulendes 

Fleisch. 

Gelatineschalen. 

Lösung (1:500) und Gelatine 
zu gleichen Theilen. 

Nach 3 Tagen: üppiges Wachs¬ 
thum aller möglichen Fäul- 
nissbakterien; Gelatine ver¬ 
flüssigt ; starker, übler Geruch. 

Mikroskopische Unter¬ 
suchung: Kokken, Ba¬ 
cillen u. s. w. 


XIV. Impfung einer Maus mit Material aus einer sporenhaltigen Milzbrandcultur, die 4 Tage lang mit concentrirter Didymchlorid- 
lösung übergossen bei Zimmertemperatur gestanden hatte. Das Impfthier geht nach 1*/ 2 Tag an typischem Milzbrand ein. 


XV. a. Frischer Harn des Menschen bleibt ohne Zusatz in einem mit Wattepfropf versehenen sterilisirten Reagenzglas 14 Tage 
stehen. Sehr bald trübt sich der Harn, riecht unangenehm und zeigt einen leicht wolkigen Bodensatz, bestehend aus 
Kokken und Diplokokken. 

b. Frischer Harn des Menschen mit gleichen Theilen einer Didymchloridlösung (1:500) versehen, lässt unmittelbar nach 
dem Zusatz Bildung eines Niederschlages erkennen: derselbe besteht aus zahlreichen Epithelien. Nach 14 Tagen ist 
noch keine Bakterienbildung wahrzunehmen; ebenso fehlt Geruchsveränderung. 


Bei den Versuchen I, II, III, VI, XII, XIII, XV b ging ich 
von der Erwägung aus, dass man die Wirkungsweise eines 
Desinficiens am besten erkennen kann, wenn man dasselbe 
direct dem Nährboden zufügt, daher habe ich dem 
letzteren das Didymchlorid vor der Impfung beigemischt. 
Bei IV und V wollte ich sehen, ob Keime, die ca. 10 Minuten 
lang mit der Versuchsflüssigkeit in Berührung waren, in 
ihrer Entwicklung gehemmt würden. Was endlich die Versuche 
VII—XI anlangt, so sollte erprobt werden, ob durch Einlegen 
eines mit Didymchlorid getränkten Gegenstandes etwa eine 
keimfreie Zone geschaffen würde, in deren Peripherie sich die 
Colonien allmälig zu solchen von normaler Entwicklung um¬ 
bilden würden. Alle die geschilderten Versuche zeigten keinerlei 
ungünstige Beeinflussung der zur Verwendung gekommenen 
Mikroorganismen. Das typische Wachsthum der letzteren, ihre 
Farbstoffbildung, Verhalten zum Nährboden (Verflüssigung der 
Gelatine) und Infectiosität unterschieden sich durch nichts von 
den entsprechenden Eigenschaften derjenigen Mikroorganismen, 
welche in Controlculturen ohne Zusatz von Didymchlorid gleich¬ 
zeitig beobachtet wurden. Selbst der so überaus empfind¬ 
liche Bacillus des Schweinerothlaufes, dessen Colonien auf ihm 
nicht ganz zusagendem Nährboden kein oder nur spärliches 
Wachsthum zeigen, gedieh sehr gut unter Zusatz von Didym¬ 
chlorid. Sporenbildende Bacillen, wie Subtilis und Anthrax, 
Hessen keinerlei Beeinflussung durch das Desinfectionsmittel 
erkennen. 

Wenn auch bei den Versuchen nur wenig starke Lösungen 
verwendet wurden, so lässt doch die für die Praxis vielleicht 
empfehlenswert!! erscheinende Benützung von stärkeren Lösungen 
ebenfalls keinen grösseren Desinfectionserfolg vermuthen. 
Während bei den Laboratoriumsversuchen das Impfmaterial 
doch in unmittelbarer Berührung mit dem Desinficiens sich 
befindet und daher um so kräftiger wirken muss, treten bei 
den Desinfectionsarbeiten im Grossen erhebliche Schwierigkeiten 
ein, die ein etwa an und für sich nur schwach wirkendes Mittel, 
selbst wenn es in concentrirten Lösungen verwendet wird, effect¬ 
los erscheinen lassen. Der Umstand, dass bei Versuch XVb 
der vollständig frische Harn nach geschehenem Zusatz bakterien¬ 
frei blieb, ist noch lange kein Beweis für eine gute Wirkungs¬ 
weise des genannten Mittels bei Vornahme der Stallreinigung, 
da ja der in den Abflussrinnen und Senkgruben sich ansam¬ 
melnde Urin in ganz kurzer Zeit bakterienhaltig ist, welcher 
Zustand durch nachträgliche Beimengung von Didymchlorid nicht 
geändert werden dürfte. 

Auf Grund des geschilderten Gesammtresultates halte ich 
es zunächst nicht für geboten, von diesem neuen Mittel in der 
Veterinärpraxis ausgedehnten Gebrauch zu machen. Denn einer¬ 
seits werden schwache Lösungen keinerlei Effect erzielen und 
andererseits besitzen wir gegenwärtig doch schon eine ziem¬ 
liche Menge von Desinficientien, die mit Recht als zweckent¬ 
sprechend empfohlen werden. Was endlich die in der Ge¬ 
brauchsanweisung erwähnte desodorisirende Wirkung des Didym- 
chlorids anlangt, so kann dieselbe, wenn sie wirklich vorhanden 
ist, allein nimmermehr im Stande sein, einem im Erfolg zweifel¬ 


haften Desinfectionsmittel den Weg zum allgemeinen Gebrauch 
zu ebnen. 

Referate. 

Infectiöse Bauchfellentzündung bei Milchkälbern. 

Von Dr. Boccalari, Schlachthausinspector in Genua. 

(Aus dem Progres veterinaire 1898. No. 6. Von Morot.) 

Die eigenthümliche, fast immer tödtliche Peritonitis kommt 
in Oberitalien, besonders Ligurien, bei 2—4 Monate alten 
Kälbern vielfach vor und zeichnet sich dadurch aus, dass ein 
abundanter, blutiger, oft auch serofibrinöser Erguss unter Fieber 
in die Bauchhöhle gesetzt wird (Wasserbauch, Vitello ha Tacqua) 
und das Fleisch stark roth gefärbt wird, so dass es nicht zum 
Verkauf zugelassen werden kann. Der peritonitische Verlauf 
vollzieht sich sehr rasch und gehen alle Milchkälber in 4 bis 
5 Tagen ein, wenn sie nicht rechtzeitig geschlachtet werden. 
Dabei sind die Symptome keineswegs auffallend, die jungen 
Thiere stehen vom Saugen zurück, bekommen struppige Haare, 
blähen auf, liegen dann beharrlich und zeigen grosse Athem- 
noth. Besonders ergriffen werden die parietalen Blätter des 
Bauchfells, wo immer, wie auch auf einzelnen Darmschlingen 
da und doit fibrinöse, eiterige Platten liegen, die sich leicht 
abheben lassen. Der Darm selbst ist nicht eigentlich erkrankt, 
die Brusthöhle bleibt frei, dagegen zeigen sich Milz und Leber 
stets hyperämisch, geschwollen, jedoch nicht brüchig. Im 
flüssigen Ergüsse findet man überaus reichlich rothe Blutzellen, 
in den häutigen Exsudaten Endothelien, Leukocyten sind nur 
spärlich enthalten. 

Merkwürdig ist, dass von dieser schweren Erkrankung die 
Schlachthausthicrärzte bis jetzt noch keine Notiz genommen 
haben und auch die Pathologen Baillct, Zündel, Galtier, 
Villain, Friedberger und Frochner thun von ihr keine 
Erwähnung. Bakteriologisch fand Boccalari schon mit den 
gewöhnlichen Tinctionsmitteln im Peritonealerguss reichlich 
einen Diplococcus ohne Kapsel, der meist isolirt, selten in 
Ketten auftritt und morphologisch am meisten Aehnlichkeit mit 
dem von Frankel besitzt. Die Gelatine wird rasch verflüssigt 
und sind besonders weisse Mäuse und Kaninchen äusserst em¬ 
pfindlich gegen ihn, sie sterben innerhalb eines Tages an der¬ 
selben Krankheit. In ihrem Blute wie in den Ergüssen der 
serösen Häute tritt derselbe Coccus wieder auf, jedoch mit 
Kapsel, er hat sich indess durch die Uebertragung so abge¬ 
schwächt, dass er beim Zurückimpfen auf gesunde Kälber ein 
negatives Resultat ergiebt. Auf Meerschweinchen wirkt er gar 
nicht ein, dagegen erzeugt er auch bei Kälbern dieselbe Krank¬ 
heit, wenn Blut oder Bauchfellerguss direct von den Kranken 
subcutan eingespritzt wird. Am schnellsten entwickelt sich das 
sehr bewegliche, länglich ovale Bakterium auf Agarglycerin und 
in Bouillon, in ersterem erscheint es weisslich, in Blutserum 
graulich mit gleichförmigem Ueberzug. 

__ Vogel. 


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DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


201 


No. 23. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Verhandlungen der VI. Plenarversammlung der Central¬ 
vertretung der thierärztlichen Vereine Preussens. 

Am 21. Mai d. J. traten die Delegirten der thierärztlichen 
Vereine Preussens unter ihrem derzeitigen Vorsitzenden Herrn 
Prof. Dr. Esser-Göttingen zu Berlin im Hotel »Vier Jahres¬ 
zeiten« zur gemeinsamen Berathung wichtiger Standesangelegen¬ 
heiten zusammen. Als Vereinsdelegirte nahmen an den 
Sitzungen Theil für 

Ostpreussen: Veterinärassessor Dr. Mehrdorf, De¬ 
partementsthierarzt Regenbogen und Kreisthierarzt Dr. Aug¬ 
stein; 

Westpreussen: Veterinärassessor Preusse; 

Brandenburg: Prof. Dr. Schmaltz; 

Pommern-Stettin: Schlachthof-Director Falk; 

Pommern-Coeslin: Departementsthierarzt Brietz- 
mann; 

Berlin: Prof. Dr. Ostertag, Oberrossarzt a. D. Luch¬ 
hau, Thierarzt Rietzei. 

Posen: Veterinärassessor Heyne, Departementsthierarzt 
Peters, Kreisthierarzt Dr. Felisch; 

Schlesien: Departementsthierarzt Dr. Arndt, Departe¬ 
mentsthierarzt Scharmer, Schlachthausthierarzt Hentschel; 

Sachsen: Kreisthierarzt Liebener, Kreisthierarzt Thun¬ 
ecke; 

Westfalen: Veterinär-Assessor Ko 11 ; 

Rheinprovinz: Departementsthierarzt Dr. Lothes; 

Düsseldorf: Kreisthierarzt Schmitt; 

Schleswig - Holstein: Schlachthofdirector Ruser; 
Kreisthierarzt Eiler; 

Hannover: Prof Dr. Esser, Prof. Dr. Malkmus; 

Kurhessen: Departementsthierarzt Titze; 

Wiesbaden: Kreisthierarzt Pitz. 

Thüringen: Departementsthierarzt Wall mann. 

Ausserdem wohnten den Berathungen zahlreiche Gäste zum 
Theil auch als Referenten bei. ' 

Nicht vertreten war lediglich der thierärztlichc Verein für 
den Regierungsbezirk Arnsberg. 

Der Vorsitzende eröffnetc die Versammlung mit einem 
Hoch’auf Seine Majestät den König von Preussen. 
Sodann gedachte er nach einleitenden Worten über die Be¬ 
strebungen der thierärztlichen Centralvertretung der beiden 
heimgegangenen hervorragenden Förderer des thierärztlichen 
Standes Prof. Dr. Rabe und Prof. Dr. Pütz. Rabe hat bei 
der Constituirung der Centralvertretung eifrig mitgewirkt und 
bei keiner Plenarversammlung gefehlt. An allen Berathungen 
nahm er mit regstem Interesse Antheil und oft waren seine 
humoristischen und fein stilisirten Worte ausschlaggebend für 
das Votum der Versammlung. Der Name Pütz wird mit 
unvergesslichen, goldenen Lettern in den Annalen der Thier¬ 
heilkunde verzeichnet sein, der er mit allen Fasern seines 
Herzens ergeben war. Nur den einen Vorwurf könnte man 
gegen ihn erheben, dass er in blinder Liebe zu seinem Fache 
manchmal zu ungestüm vorwärts drängte. Die preussischen 
Thierärzte trauern um den Tod ihrer beiden hervorragenden 
Standesvertreter, die als ein Vorbild für uneigennützige Hin¬ 
gebung allen Thierärzten dienen sollen. Die Versammlung ehrt 
das Andenken der Verstorbenen durch Erheben von den Sitzen. 

Nachdem die Rechnungen durch Ostertag und Liebener 
geprüft und richtig befunden sind, wird dem Kassirer Decharge 
ertheilt. Der Kassenbestand beträgt 108 Mk. 30 Pfg. und 
ausserdem steht die zuletzt ausgeschriebene Umlage von den 
meisten Vereinen noch aus. 

Als wichtigster Punkt der Tagesordnung wurde zunächst 
die Reform der Stellung der Kreisthierärzte berathen. 
Nach den ausführlichen und alle Seiten der Frage beleuchten¬ 
den Darlegungen der Referenten Kreisthierarzt Bermbach 
(Gast), Dr. Steinbach, Kieckhäfer und Thunecke wird 
auf eine Generaldiskussion verzichtet. Bei der Specialberathung 


der von den Referenten zur Erstrebung vorgeschlagenen Punkte 
wurden folgende Beschlüsse gefasst 

Eine Vollbesoldung der Kreisthierärzte mit Aufgeben der 
Privatpraxis wurde einstimmig abgelehnt. 

Die Nothwendigkeit der Pensionsberechtigung und 
Reliktenversorgung unter Zugrundelegung eines ange¬ 
messenen fingirten Einkommens wurde einstimmig anerkannt. 
Es wurde aber Abstand genommen ein bestimmtes Einkommen 
anzugeben, eine allgemeine gültige Festsetzung vielmehr der 
Behörde überlassen. 

Es soll eine Gehaltserhöhung erstrebt werden auf 
1200 Mk. steigend bis 1800 Mk. und ausserdem eine an¬ 
gemessene Entschädigung für Bureaukosten. 

An den Herrn Minister soll eine Petition dahin gehend 
gerichtet werden, den Kreisthierärzten die 6. Rangklasse zu 
gewähren und den älteren Kreisthierärzten den persönlichen 
Rang der Räthe 5. Klasse. Dementsprechend sollen die Tage¬ 
gelder auf 9 Mark und die Gebühren in gerichtlichen An¬ 
gelegenheiten in gleicher Höhe bemessen werden. 

P e t e r s - Bromberg berichtete in einem ausführlichen durch¬ 
aus sachlichen Referate über die Nothwendigkeit der offi- 
ciellen Anerkennung der thierärztlichen Vereine 
bezw. der thierärztlichen Standesvertretung. Unter den jetzigen 
Verhältnissen ist es den Thierärzten nicht möglich hinreichend 
legitimirt den Behörden gegenüber ihre Wünsche zu unter-, 
breiten. Handel, Gewerbe, Landwirthschaft, Anwälte, Aerzte, 
Apotheker etc. haben bereits gesetzlich anerkannte Vertretungen. 
Auch die Thierärzte in Bayern haben behördlich anerkannte 
Vereine, welche Gutachten über Fragen der thierärztlichen Wissen¬ 
schaft, der Veterinärpolizei und Standesinteressen abzugeben 
haben und das Recht besitzen Anträge zu stellen. Was Aerzten 
und Apothekern in Preussen und den Thierärzten in Bayern 
gewährt wurde, kann auch den preussischen Thierärzten nicht 
versagt bleiben. Die technische Deputation für das Veterinär¬ 
wesen kann den zahlreichen und vielseitigen an sie heran¬ 
tretenden Anforderungen, die auch den örtlichen Verhältnissen 
Rechnung zu tragen haben, nicht nachkommen. Die Deputation 
hat auch nur dann ein Gutachten abzugeben, wenn sie gefragt 
wird, besitzt also keine Initiative. 

Ohne Discussion nimmt die Versammlung einstimmig den 
Antrag des Referenten an: 1. Die Centralvertretung der thier¬ 
ärztlichen Vereine Preussens erkennt die Nothwendigkeit der 
Mitwirkung der Thierärzte an den ihnen zufallen¬ 
den Aufgaben durch amtlich anerkannte Vertretung 
an; 2. die Centralvertretung beschliesst, dem Herrn Land- 
wirthschaftsminister die Bitte zu unterbreiten, den Punkt 1 zu 
verwirklichen. 

Kreisthierarzt Liebener entledigt sich eines Auftrages 
des verstorbenen früheren Präsidenten der Centralvertretung 
Prof. Dr. Pütz und beantragt, dem allerseits beliebten und 
um die Veterinärwissenschaft hochverdienten Prof. Dr. Hertwig 
ein dauerndes Andenken zu stiften und zu diesem Zwecke 
seine Büste in der Aula der thierärztlichen Hochschule in Berlin 
aufzustellen. Prof. Schmaltz bemerkt, dass man die Dankes¬ 
pflicht gleichzeitig auch ausdehnen müsse auf G u r 1 1 und S p i - 
nola. Die Versammlung beschliesst, zum Andenken an 
Gurlt, Hertwig und Spinola deren Büsten in der 
Aula der thierärztlichen Hochschule zu Berlin auf¬ 
zustellen und beauftragt gleichzeitig den Ausschuss mit der 
Sammlung der hierzu erforderlichen Mittel. 

Die Errichtung einer Unterstützungskasse für 
Thierärzte ist wiederholt auf der Tagesordnung der Central¬ 
vertretung gewesen; die letzte Versammlung beauftragte eine 
Commission mit der Ausarbeitung eines Statuts. Dieses liegt 
nunmehr gedruckt vor und die Delegirten haben Gelegenheit 
gehabt, dasselbe vorher durch zu studiren. Prof. Schmaltz 
hat es mit bewunderungswerthem Eifer und dankenswerther 
Sorgfalt ausgearbeitet, so dass ihm der Dank der Versammlung 
nicht ausbleiben konnte. Preusse und Dr. Fe lisch erhoben 
Bedenken gegen einzelne Bestimmungen des Statuts; da eine 
specielle Berathung der einzelnen Paragraphen in der Plenar¬ 
sitzung nicht thunlich erscheint, wird zunächst auf Antrag von 


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202 


DEUTSCHE THIER^ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


4. Juni. 


Ostertag die Gründung einer Unterstützungskasse für Thier¬ 
ärzte beschlossen vorbehaltlich der behördlichen Genehmigung 
und nach Massgabc der im Entwurf enthaltenen Grundzüge; 
sodann der Antrag Malkmus angenommen, welcher eine 
Specialcommission mit der Revision der Statuten beauftragt 
und ersucht zu der am nächsten Tage stattfindenden Sitzung 
Bericht zu erstatten. An dieser Berathung nahmen Theil 
Fclisch, Lothes, Malkmus, Mchrdorf, Preussc und 
Schmaltz. Die Commission einigte sich über die strittigen 
Punkte und fasste sodann die Beschlüsse sämmtlich einstimmig. 
Als Referent in der Plenarsitzung referirte Malkmus und 
empfahl im Namen der Commission, den vorliegenden Entwurf 
in zwei Theile zu zerlegen: Satzungen und Geschäftsordnung, 
und mit dieser Aufgabe den zu wählenden Kassenvorstand zu 
betrauen. Referent theilte die einzelnen Abänderungen des 
Statuts in der Fassung der Commission unter Angabe der 
Gründe mit und beantragte, den so abgeänderten Entwurf an¬ 
zunehmen. Die Versammlung beschlicsst ohne Debatte ein¬ 
stimmig die Annahme, nachdem die Anwesenden sich als Mit¬ 
glieder der Kasse eingezeichnet hatten. Der Vorstand des 
Vereins setzt sich zusammen aus dem Ausschuss der Central- 
vertretung und aus drei weiteren von der Generalversammlung 
zu wählenden Mitgliedern. Auf die Einzelbestimmungen der 
Statuten werde ich näher eingehen, sobald die Sache weitere 
Klärung erfahren hat. In den Vereinsvorstand werden noch 
Fe lisch und Preussc gewählt und speciell letzterer mit 
dem Vorsitz beauftragt. 

Prof. Ostertag hat sich eingehend mit der Frage der 
Unfallversicherung für Thierärzte beschäftigt und mit 
den verschiedenen Versicherungsgesellschaften behufs Erlangung 
möglichst günstiger Bedingungen verhandelt. Es lassen sich 
Vergünstigungen nur erreichen, wenn die Centralvertretung 
ein Abkommen unter Abschluss von ca. 50 Versicherungen 
dahingegend trifft, die contrahirende Versicherung in den thier¬ 
ärztlichen Kreisen zu empfehlen. Die Versammlung beauftragt 
Prof. Ostertag, mit einer Versicherungsgesellschaft ein ent¬ 
sprechendes Abkommen zu treffen. 

Nach einem erläuternden Referat des Schlachthofdirectors 
Schrader-Brandenburg (Gast) beschliesst die Centralvertretung 
eine Petition an die betheiligten preussischen Minister einzu¬ 
reichen, dahingehend, dass gelegentlich der gesetzlichen Rege¬ 
lung der Fleischbeschau auch das Dienstverhältniss der 
Sanitätsthierärzte und der Schlachthofverwaltung geregelt 
werde. 

Eine längere Debatte schliesst sich an das Referat des 
Departementsthierarztes Dr. Arndt über die Mitwirkung 
der Thierärzte bei der Hebung der Viehzucht. Der 
Herr Referent erläuterte eingehend die Ursachen, warum in 
Preussen cs den Thierärzten bisher nicht gelungen ist, einen 
annähernden Einfluss auf die Thierzucht zu gewinnen, wie die 
süddeutschen Collegen. Der Hauptgrund liege in dem Domi- 
niren des Grossgrundbesitzers in Norddeutschland, der sich 
von Niemandem Vorschriften geben lassen wolle, während der 
Kleirigrundbesitzcr im Süden dankbar die unparteiische und 
sachverständige Thätigkeit der Thierärzte anerkennt. Bei Er¬ 
örterung der Frage, wie diesem Uebelstande zweckmässig zu 
begegnen sei, wies Referent unter Anderem auf die Noth- 
wCndigkeit hin, den Studirenden auf den thierärztlichen Hoch¬ 
schulen eine bessere Ausbildung in Bezug auf Thierzucht 
und den damit verwandten Gebieten zu geben. Malkmus 
knüpfte hieran die Bemerkung, dass man an leitender Stelle 
in Preussen diesem Punkte leider nicht die gebührende Be¬ 
deutung und Förderung zukommen lasse; in Hannover baue 
man eine neue thierärztliche Hochschule, für die auch ein 
Thierzucht-Institut beantragt war, die Berliner Herren aber 
hätten ein solches für unnöthig erklärt und in Folge dessen 
sei es gestrichen worden. Es wäre ganz gut, wenn aus der Praxis 
heraus einmal erklärt werde, was den Thierärzten Noth thut. 
Prof. Schmaltz wundert sich darüber, dass der Vorredner 
über interne Angelegenheiten der Verwaltung spreche und ver¬ 
sucht zu beweisen, dass thatsächlich ein Thierzuchtinstitut nicht 
nothwendig ja zwecklos sei, denn an den paar dort aufgestellten 


sogenannten Rassethieren lasse sich weder Beurtheilungslehre 
üben noch biete sich dabei Gelegenheit Geburtshilfe zu pflegen, 
da die Geburten doch in der Regel dann stattfinden, wenn die 
Studirenden nicht da sind. Schmaltz wünscht, dass die Frage 
einer besseren Ausbildung der Thierärzte in Bezug auf Thier¬ 
zucht in der Eingabe an den Herrn Minister nicht erwähnt 
werde. Malkmus erklärt, dass er keineswegs aus der Schule 
geplaudert habe, das Factum sei bekannt, auch von Prof. 
Schmaltz selbst in der Berliner Thierärztlichen Wochenschrift 
vertheidigt worden. Im Gegensatz zu Schmaltz hält es 
Malkmus für erforderlich, dass den Studirenden die für eine 
objectivc Beurtheilung nothwendige Grundlage schon auf der 
Hochschule gegeben werde, dazu sei ein Thierzucht-Institut 
unentbehrlich. Die Hochschulen können weder fertige Thier¬ 
ärzte noch Thierzüchter ausbilden, aber die Grundlage für die 
spätere fachmännische Vervollkommnung müssen sie geben so 
gut dies möglich ist. Nachdem Prof. Esser noch auf die 
ungenügende Ausbildung in Geburtshilfe, Scharmer auf die 
Möglichkeit einer besseren Erziehung für die Zwecke der Thier¬ 
zucht hingewiesen, wird der Antrag Arndt einstimmig an¬ 
genommen: »Der Herr Minister möge die Mitwirkung der 
Thierärzte bei der Hebung der Viehzucht veranlassen und die 
Gewährung von Staatsbeiträgen zu Thierschauen, Stutenmuste¬ 
rungen und ähnlichen landwirthschaftlichen Veranstaltungen von 
der Voraussetzung abhängig machen, dass den Prämiirungs- 
Commissionen je ein Thierarzt als stimmberechtigtes Mitglied 
angehöre.« Der Vorsitzende erklärt, dass wohl nichts dem 
Wunsche entgegenstehe, die Nothwendigkeit einer besseren 
Ausbildung der Thierärzte für die Zwecke der Thierzucht in 
der Petition eingehend darzulegen. 

Zu dem letzten Punkt der Tagesordnung »Verbot der 
thierärztlichen Kurpfuscherei« Referent Schlachthofdirector Wulff- 
Cottbus lehnte die Versammlung eine Stellungnahme zur Zeit ab. 

Der bisherige Ausschuss, bestehend aus den Herrn Esser, 
Schmaltz, Heyne und Steinbach, wurde wiedergewählt; 
Prof. Leonh ard t-Frankfurt.a. M. hat eine Wiederwahl ab¬ 
gelehnt, und wird an seine Stelle Malkmus gewählt. 

Nach der Sitzung am 21. Mai fand ein gemeinsames Fest¬ 
essen statt, an dem sich auch zahlreiche Damen der Delegirten 
betheiligten. Ausser den üblichen Toasten benutzte Schmaltz 
die Gelegenheit den Vorsitzenden Prof. Dr. Esser zu seinem 
25jährigen Docenten-Jubiläum zu beglückwünschen uncl als 
Führer der deutschen Thierärzte zu feiern. An der Tafel griff 
bald eine recht heitere Stimmung Platz, doch trennte man sich 
im Hinblick auf die am nächsten Morgen noch zu erledigende 
Tagesordnung ziemlich früh. 

Nach Schluss der Versammlung kann man mit Genug¬ 
tuung auf das Ergebniss der Verhandlungen zurückblicken. 
Die Einmüthigkeit der preussischen Thierärzte lässt hoffen, dass 
sie ihre Ziele unentwegt verfolgen, die massvollen Beschlüsse 
dokumentiren, dass der thierärztliche Stand nichts Ungebühr¬ 
liches verlangt und die Fürsorge für seine hilfsbedürftigen Mit¬ 
glieder zeigt auch, dass er sich selbst so weit zu helfen bereit 
ist, als in seinen Kräften steht. Mit Recht durfte der Herr 
Vorsitzende die VI. Plenarversammlung schliessen mit dem 
Wunsche, die Centralvertretung möge allezeit so einig wie heut 
einstehen für die Interessen des gesammten thierärztlichen 
Standes, auch jede Spaltung in Sondergruppen vermeiden, dann 
könne die endliche Erlangung der Ziele nicht ausbleiben. 

Malkmus. 


Oberaratsthierarzt Kehm in Laupheira f. 

Ganz unerwartet drang am 16. Mai d. J., am ersten Tage 
nach seinem siebenzigsten Geburtsfeste, in die thierärztlichen 
Kreise Württembergs die Kunde von dem plötzlichen Hin¬ 
scheiden des zuvor noch rüstigen lieben Collegen Karl Kehm, 
dessen Name auch ausserhalb der Grenzen seines Heimath- 
landes ein viel bekannter gewesen ist. Das ihn seit Jahren 
belästigende Gichtleiden hatte sich plötzlich nach dem Gehirn 
gewendet. Der Name war ein guter und wenn sich dessen 


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No. 23. 


DEUTSCHE THIER^ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


203 


Träger auch weniger durch publicistische Thätigkeit bemerklich 
gemacht hat, war es hauptsächlich das joviale, biedere Wesen, 
der heitere, offene Charakter, sowie der liebenswürdige Humor, 
welchen sich der Verstorbene selbst auch in trüben Tagen, 
die ihm noch in seiner letzten Lebenszeit sowohl in der Familie, 
als im Berufe nicht erspart blieben, zu erhalten wusste. Als 
besonders bemerkenswerth tritt in seiner 42jährigen Laufbahn 
das rege Interesse hervor, das derselbe an allen Angelegen¬ 
heiten seines Standes genommen und hielt er besonders grosse 
Stücke auf Treue, Glauben und Erhaltung der Collegialität. 
Nach dieser Richtung erwarb er sich unbestritten hohe Ver¬ 
dienste vornehmlich innerhalb des Thierärztlichen Vereines für 
Württemberg, dessen Ausschussmitglied er ununterbrochen ge¬ 
wesen und wohl in keiner einzigen Sitzung gefehlt hat. Seine 
reiche Erfahrung, der offene praktische Blick, wie der bewährte 
Rath kam dem Vereine besonders zu statten und nützte er 
ausserdem dadurch in hervorragender Weise, dass er seine 
Collegen im Donaukreise, welche vordem in mancher Beziehung 
allzusehr vereinzelt standen, zu einem festen Bunde vereinigte 
und so der Gründer des Vereins der Oberschwäbischen Thier¬ 
ärzte geworden ist, dessen Vorstand er bis zu seinem Tode 
blieb. Wie viel er auch in dieser Eigenschaft Gutes leistete 
und insbesondere eine innige Angliederung des Zweigvereins 
an den Hauptverein zu erhalten wusste, darüber wissen alle 
Collegen des Landes reichlich zu erzählen und ist ihm auch 
stets alle Anerkennung zu Theil geworden. Bei der diesjährigen 
Generalversammlung im Juli sollte dem Dahingeschiedenen eine 
solche auch öffentlich durch Erhebung zum Ehrenmitgliede des 
Landesvereins zu Theil werden, es war ihm aber versagt, wie 
ihm auch durch die plötzliche Abberufung die Freude geraubt 
worden ist, in diesem Jahre sein 40jähriges Jubiläum als be¬ 
amteter Thierarzt zu feiern. 

Geboren am 14. Mai 1828 als Sohn des Oberamtsthierarztes 
in Blaubeuren, war der Verstorbene ursprünglich zum Studium 
der Theologie bestimmt, als ihn der Vater im 14. Jahre, nach¬ 
dem schon das Landexamen bestanden war, zum Uebertritt in 
die thierärztliche Laufbahn veranlasst? und nach damaliger Sitte 
in seiner Hufschmiede vorbereitete. Als späterer Schmiede¬ 
zögling eines Cavallerieregimentes sandte ihn dieses in die 
Thierarzneischulc nach Stuttgart, wo er 1856 approbirt wurde 
und dann als »Regimentspterdearzt« weiter diente, jedoch bald 
nachher wegen Gichtleidens seine Pensionirung nachsuchen 
musste. Nichtsdestoweniger machte er die Feldzüge von 1866 
und 1870 mit, nachdem er schon zum Oberamtsthierarzt in 
Laupheim gewählt war. Sein lange gehegter Wunsch, dem¬ 
nächst als neu geschaffener Staatsbeamter in den Pensionsstand 
zu treten, um seinen Lebensabend in Ruhe zu gemessen, sollte 
gleichfalls nicht erfüllt werden, wohl aber wird ihm von all 
seinen Collegen ein treues und dauerndes Andenken bewahrt 
werden. Ueberaus viel Anerkennung und Liebe ist ihm von 
allen Seiten auch bei dem imposanten Leichenbegängniss ge¬ 
worden und hielten ihm besonders warmen Nachruf die Be¬ 
hörden und Vereine des Bezirks und der Stadt, wie auch im 
Aufträge des Landesvereins sowie im Namen der Thierärzt¬ 
lichen Hochschule der am Grabe erschienene Ehrenpräsident 
Prof. Dr. Vogel und im Aufträge des Oberschwäbischen Ver¬ 
eins Oberamtsthierarzt Miller von Blaubeuren. Vogel. 


Vereinsnachrichten. 

Hamburg-Altonaer Thierärztlicher Verein. 

Vieh- und Fleischeinfuhr. 

In der am 21. Mai d. J. im Vercinslokale stattgehabten 
Sitzung wurde vom Vorsitzenden, Herrn Staatsthierarzt Voliers- 
Hamburg zunächst ein Schreiben des Herrn Geh. Ober-Regierungs¬ 
raths Dr. Lydtin zur Verlesung gebracht, worin derselbe für 
die vom Verein zu den Kosten des VII. Internationalen Thier¬ 
ärztlichen Congresses bewilligten 200 Mk. seinen Dank aus¬ 
spricht. Der Vorsitzende theilt ferner mit, dass über die Ver¬ 
handlungen in der letzten Sitzung des Deutschen Veterinär- 


rathes der gedruckte Bericht dem Verein zugestellt ist und den 
Mitgliedern je ein Exemplar zur Verfügung steht. Die auf den 
Verein fallende Quote der Kosten für den Deutschen Veterinär¬ 
rath wird bewilligt. 

Herr Völlers-Hamburg nimmt nunmehr das Wort zu 
dem Vortrag: »Jetziger Stand der Vieh- und Fleisch¬ 
einfuhr«. 

Der Referent führt aus, dass der Schutz der einheimischen 
Viehproduction unter der Aera.Bismarcks in energischer Weise 
in die Hand genommen worden ist. Die Viehzölle waren die 
ersten Massnahmen, welche unsere nationale Production von 
einer Entwerthung durch überreichliche Zufuhr von ausländi¬ 
schen Producten sichern sollten. Als man dann in der Er¬ 
kenntnis der Seuchen, welche im Auslande herrschen, immer 
weitere Fortschritte machte, wurde die Veterinärpolizei in den 
Dienst gestellt, um die einheimische Production zu schützen. 
Die Rinderpest war die Veranlassung, dass man die Vieheinfuhr 
aus den östlichen Ländern verhinderte. Die Schweinepest in 
Dänemark schuf das Einfuhrverbot von Schweinen aus Däne¬ 
mark, das Texasfieber das Einfuhrverbot gegen Amerika und 
die Maul- und Klauenseuche Einfuhrverbote und Beschränkungen 
der Einfuhr gegen eine Reihe von anderen Ländern. Als den 
Landwirthen diese verschiedenen Massnahmen, welche zum 
Schutze der nationalen Viehproduction geschaffen worden waren, 
immer noch nicht genügten, andererseits aber auch den For¬ 
derungen des Verkehrs, Handels und dem Schlachtergewcrbe 
Rechnung getragen werden musste, trat man in eine neue Er¬ 
örterung der ganzen Angelegenheit und schuf die Bestimmungen 
über die Quarantäne-Anstalten. Da man seinerzeit mit den 
Landquarantäne-Anstalten im eigenen Lande recht schlimme 
Erfahrungen hinsichtlich der Verschleppung der Viehseuchen 
gemacht hatte und man dem Auslande nicht zumuthen konnte, 
Quarantäne - Anstalten daselbst unter Aufsicht von deutschen 
Veterinären ins Leben zu rufen, entschloss man sich, die Sec- 
quarantäne-Anstalten einzurichten. Für dänisches und schwedi¬ 
sches Vieh sind diese Seequarantäne-Anstalten in Kraft getreten. 
Wie sicher vorausgesetzt werden konnte, traten unter den die 
Quarantäne abwartenden Schweinen Rothlauf und Schweine- 
seuchcfalle auf und mussten diese nothgedrungen ein Einfuhr¬ 
verbot gegen Schweine und frisches Schweinefleisch aus den 
nordischen Ländern nach sich ziehen. Doch auch hinsichtlich 
der Rinder genügte den Landwirthen der durch die See- 
quarantäne-Anstalten geschaffene Schutz noch nicht, namentlich 
in Beziehung auf die Tuberculose, deren ausgedehnte Ver¬ 
breitung in den nordischen Ländern man durch die Bang.’- 
schen Impfungen kennen gelernt hatte. Die Frucht, eines 
Seitens der Agrarier in dieser Richtung unternommenen An¬ 
sturms war die Einführung der Tuberculin-Impfung in den 
Quarantäne-Anstalten. Bei der Ausführung der Impfung ergab 
sich bei dem dänischen Rindvieh — die Einfuhr des schwedi¬ 
schen Rindviehs war inzwischen wegen Ausbruch der Maul¬ 
und Klauenseuche in Schweden verboten worden — ein Procent- 
satz von annähernd 3 5 % der Rinder, welche auf die Impfung 
reagirten und wurden 88 bis 91 Procent hierunter nach der 
Abschlachtung tuberculös befunden. Aber auch unter den 
nicht reagirten Thieren wurde noch ein Procentsatz von 10 
bis 12 °/ 0 bei der Abschlachtung ermittelt. Es ergaben sich 
hieraus Bedenken, die Unmassen von Rindern, welche auf die 
Impfung reagirten, im Inlande abschlachten zu lassen und ferner 
die Rinder, welche nicht reagirt hatten, in den freien Verkehr 
gelangen zu lassen. Es wurden aus diesen Gründen zu An¬ 
fang dieses Jahres neue Bestimmungen für die Seequarantäne- 
Anstalten erlassen, welche vorschreiben, dass alle eingeführten 
Rinder der Impfung unterworfen werden müssten und die 
reagirenden Thiere von der Einfuhr zurückzuweisen seien, wieder 
ausgeführt werden müssen und im Falle die Ausfuhr nicht 
innerhalb 25 Tagen erfolgt, eine Vernichtung derselben anzu¬ 
ordnen ist. Die nicht reagirenden Thiere sind denselben Be¬ 
stimmungen, wie das österreichisch-ungarische Rindvieh unter¬ 
worfen worden, d. h. die Abschlachtung ist in bestimmten 
Schlachthäusern zulässig. Die Wirkung dieser neuen Bestim¬ 
mungen ist gewesen, dass die Zufuhr zu den Quarantäne- 


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204 


DEUTSCHE TH 1 ER.ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


4. Juni. 


Anstalten ausserordentlich zurückging, dagegen die Fleischein¬ 
fuhr aus Dänemark ausserordentlich an Umfang zunahm. Be¬ 
stimmend für diese Art und Weise der Entwicklung des Ge¬ 
schäftsverkehrs war der Umstand, dass Dänemark es abgelehnt 
hat, die reagirenden Thicre zur Wiedereinfuhr zuzulassen und die 
Ausfuhr der Rinder auf See, Abschlachtung derselben an 
Schiffsbord auf hoher See und Einführung des Fleisches in 
England mit unverhältnissmässigen Kosten verknüpft ist und 
man in England bereits gegen diese Art und Weise der Fleisch¬ 
versorgung Stellung zu nehmen beginnt. Man hat sich in Folge 
dessen bequemen müssen, die Sortirung auf Grund des Er¬ 
gebnisses der Tuberculin-Impfung bereits in Dänemark vorzu¬ 
nehmen. Alles zum Export nach Deutschland bestimmte Schlacht¬ 
vieh wird jetzt in Dänemark mit Tuberculin geimpft, die nicht 
reagirenden Rinder schickt man in die Seequarantäne-Anstalten, 
während man die reagirenden Rinder in den Ausfuhrhäfen Däne¬ 
marks abschlachtet und das Fleisch theils nach England, zum 
grössten Theile aber nach Deutschland einführt. Diese Fleisch- 
einfuhr hat bei den Interessenten des Viehverkehrs und den 
Schlächtern ausserordentliche Beunruhigung hervorgerufen, sodass 
dieselben veranlasst worden sind, zusammenzutreten und sich mit 
den einheimischen Viehproducenten über gemeinsame Mittel 
und Wege zur Abänderung dieser Calamität zu berathen. Bei 
diesen Berathungen trat in erster Linie die Frage in den Vorder¬ 
grund, ob Deutschland überhaupt in der Lage ist, den inländi¬ 
schen Fleischbedarf zu decken. Bei dem mangelhaften statisti¬ 
schen Material ist man nicht in der Lage, hierüber ein er¬ 
schöpfendes Urtheil zu fallen und so eine sichere Unterlage 
für eine Beantwortung dieser Frage zu schaffen. Die Meinungen 
gehen denn auch hierin bei den beiden Interessentengruppen weit 
auseinander, indessen ist doch eine Einigkeit erzielt worden 
und diese betrifft die Controle der vom Auslande eingeführten 
Fleischwaaren. Die gemeinsame Forderung der beiden grossen 
Interessentengruppen ist die allgemeine obligatorische Fleisch¬ 
schau für das sämmtliche inländische und ausländische Fleisch 
und somit wird nunmehr auch die Sanitätspolizei zum Schutze;, 
der einheimischen Viehproduction heraqgezogen. Die Forderung 
ist als berechtigt von der Reichsregierung anerkannt und steht, 
ihre demnächstige Regelung bevor. An der Aufrollung der 
ganzen Frage haben die Thierärzte lebhaften Antheil gehabt und 
können dieselben mit der ganzen Entwicklung zufrieden sein. 

In der Discussion verbreitete sich Herr J. Völlers- 
Lübeck über die Entwicklung der Seequarantäne-Anstalten in ’ 
Lübeck und macht ferner darauf aufmerksam, dass es angehen 
kann, die reagirenden Thiere auf See auszuführen, daselbst ab¬ 
zuschlachten und das Fleisch wieder nach Deutschland einzu¬ 
führen. Herr Kühn au kommt auf den Werth der Tuberculin- 
Impfung zu sprechen und weist an der Hand von Tausenden 
von Schlachtbeobachtungen nach, dass es durchaus geboten 
ist, bei der Tuberculin-Impfung jede ständige Temperatur¬ 
erhöhung über 39,5 0 C. bei älteren und über 40,0° C. bei 
jüngeren Rindern als Reaction zu bezeichnen. Nach einem 
Schlusswort von Herrn Staatsthierarzt Völlers geht die Ver¬ 
sammlung zu dem weiteren Punkt der Tagesordnung: »Mit¬ 
theilungen aus der Praxis« über. 

Herr Ehling-Winsen theilt seine weiteren Erfahrungen 
über die Behandlung des Kalbefiebers nach der Me¬ 
thode von Schmidt-Kolding mit. Im Ganzen hat er 
15 Fälle von Milchfieber mit 10—50 g Jodjodkalium bezw. 
Jodjodnatrium behandelt, 13 sind genesen, 1 ist in Folge einer 
Fremdkörperpneumonie und 1 in Folge einer Blutung an der 
Medulla oblongata eingegangen. Herr Hu s fei dt-Wandsbeck 
hat 9 Fälle behandelt, davon sind 4 geheilt worden; unter den 
tödtlich verlaufenden Fällen waren solche, bei denen eine mehr¬ 
malige Injection der Jodjodkaliumlösung sich nicht ausführen 
liess. Herr Holm-Harburg hat nach Mittheilung von Herrn 
Eh ling von 9 Fällen 7 durchbekommen. Herr Claussen- 
Bergedorf hat von 10 Kühen 8 geheilt. Zu den tödtlich ver¬ 
laufenden Fällen ist er erst nach 30 resp. 12 Stunden hinzu¬ 
gezogen worden. 


Herr Ehling demonstrirt ein, einem Pferdehufe sehr 
ähnliches Steingebilde, welches dadurch besonders interessant 
erscheint, dass in einer auf der Oberfläche sich findenden ca. 
3 cm tiefen Höhlung eine das Hufbein vortäuschende spongiöse 
Masse sich befindet, so dass das Ganze den Eindruck eines 
versteinerten Hufes hervorzurufen wohl geeignet ist. Bei ge¬ 
nauerer Untersuchung stellte es sich heraus, dass man es mit 
einem aus der Kreidezeit stammenden Feuersteingebilde zu 
thun hatte, welches eine Spongie aus der Gruppe der Lithi- 
stiden umschloss, deren Reste übrigens auch auf der Sohlen¬ 
fläche nachweisbar war^n. Der Fund soll dem Museum in 
Lüneburg übergeben werden. 

Im Juni soll noch eine Sitzung abgehalten werden und 
wird Herr Ehling dann nochmals einen Vortrag über Kalbe¬ 
fieber halten. Kühn au. 


Personal-Nachrichten. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Oberrossarzt a. D. Friedrich 
Schmidt zu Elbing und die Thierärzte August Hans zu Nordhausen und 
Jakob Assenmacher zu Heinsberg sind zu Königlichen Kreisthierärzten 
ernannt und denselben die Kreisthierarztstellen in Elbing, Nordhausen und 
Heinsberg übertragen worden. Rossarzt a. D. Matzki in Königsberg wurde 
zum Grenzthierarztassistenten in Eydtkuhnen, Thierarzt Dr. Schmutzer 
in Straubing zum Districtsthierarzt in Fürstenzell ernannt. Es wurden ge¬ 
wählt Bezirksthierarzt Zahn in Wiesloch zum Director des Schlacht- 
und Viehhofes in Heidelberg, Dr. med. vet. Carl Kick, Assistenzthierarzt 
am Schlacht- und Viehhof in Frankfurt a. M., zum Schlachthofinspector 
in Bockenheim-Frankfurt, die Thierärzte Wisnefsky zum Schlachlhof- 
thierarzt in Stettin, D. Focken zum Schlachthof-Inspector in Norderney, 
Heyne zum Schlachthofinspector in Barth, Klieber in Breslau zum 
Schlachthofthierarzt in Coblenz. Verzogen sind die Thierärzte Gerhard 
von Dresden nach Calbe A. S., Fischer von Nüsse nach Reinfeld i. H., 
Hermeyer von Jemgum nach Waldbroel (Köln), S c h e r w i t z von Bruchsal 
nach Ebingen (Württemberg), Bezirksthierarzt a. D. Schmidt von Leupold- 
stein nach Nürnberg. Niedergelassen haben sich die Thierärzte Häfner in 
Strasskirchen, Keller in Jestetten (Baden). 

Das Examen als beamtete Thierärzte für Preussen haben 
bestanden die Thierärzte G. Barkow in Jastrow, M. Jost es in Marien¬ 
werder, R. Melde in Marburg, Rossarzt Dr. Goldbeck in Hofgeismar. 

Die thierärztliehe Faehprüfung haben bestanden in Berlin: 
Fr. Brinkmann aus Meiningen, A. Mann aus Unternissa, in München: 
H. Kroyer aus München, H. Schmid aus Sonthofen, in Hannover: 
Bambauer, LUnemann, Voitmann, Türk. 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutsehen 
Heeres : Reinländer, Rossarzt vom Drag.-Regt. No. 19, G o e r t e, Ross¬ 
arzt von der Militär-Lehrschmiede in Berlin, unter Versetzung zum Hus.- 
Regt. No. 15, — zu Oberrossärzten, Plath, Unterrossarzt vom Feld-Art.- 
Regt. No. 35, Traeger, Unter-Rossarzt vom I. Leib-Hus-Regt. No. I, 
unter Versetzung zum Hus.-Regt. No. 5, Kuske, Unterrossarzt vom Hus.- 
Regt. No. 6, unter Versetzung zum Drag.-Regt. No. 13, — zu Rossärzten, 
Coblenzer, Unterrossarzt der Landwehr I. Aufgebots, v. Wahlde, 
v. Werder, Unterrossärzte der Reserve, — zu Rossärzten des Beurlaubten- 
standes — ernannt. Schatz, Oberrossarzt vom Ulanen-Regt. No. I, zum 
Feld-Art.-Regt. No. 5, Litt mann, Oberrossarzt vom Hus.-Regt. No. 15, 
zum Ulanen-Regt. No. I, Draegert, Rossarzt vom Feld-Art.-Regt. No. 24, 
zur Militär-Lehrschmiede in Berlin, Rautenberg, Rossarzt vom Drag.- 
Regt. No. II, zum Hus.-Regt. No. 3, Eicke, Rossarzt vom Drag.-Regt. 
No. 12, zum Drag.-Regt. No. II, Gärtner, Unterrossarzt vom Ulan.-Regt. 
No. 13, zum Drag.-Regt. No. 16 — versetzt. Rossarzt He dl er vom Hus.- 
Regt. No 13 und Oberrossarzt der Landwehr Mälzer der Abschied be¬ 
willigt. 

Gestorben: Departementsthierarzt a D. Gips in Kolberg, Bezirks¬ 
thierarzt Reimer in Schönberg (Mecklenb.), Thierarzt F. Samplebe in 
Schöppenstedt. 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thierärztliche Wochenschrift“ (i. Ä. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der Macklofsehen Druckerei in Karlsruhe i. B. 


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Deutsche 


Thierärztliehe Wochenschrift 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regierungs- und Medicinalrath, 
Director der Thierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 


herausgegeben von 
Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregierungarath 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regierungsrath und Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 


Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Louisenthal (Saar). 


redigirt von 


Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierärztliehe Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot'schen Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 J(< viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder hei der Post, auf No. 1784 a. 


Sechster Jahrgang. 


Sämmtlicbe Znschriften und red&ctionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 
Correcturen und Anzeigen an die Expedition der 
Deutschen Thicrärztlichcn Wochenschrift 
in Karlsruhe tRadenl. 


M Ä4. 


Ansgegeben am 11. Juni. 


1898. 


Blutserum immuner Thiere im Kampfe gegen 
die Rinderpest. 

Von A. Theiler, 

Landesthierarzt der südafrikanischen Republik. 

Die Nothwendigkcit, Serum von gegen Rinderpest immunen 
Thicren zur Bekämpfung dieser Seuche anzuwenden, stellte sich 
ein, als man gezwungen war, nach anderen Mitteln als Keulung 
und Quarantäne sich umzuschcn, von deren Nutzen man sich 
in Süd-Afrika nicht überzeugen lassen wollte. Zunächst schien 
freilich das Serum wenig Aussicht auf allgemeine Anwendung 
zu haben, da die Koch’sche Gallenimpfung anfänglich das 
Terrain behauptete. Es ist auch kein Zweifel, dass die Ver¬ 
wendung der immunisirenden Eigenschaften der Rinderpestgalle 
für Süd-Afrika von den weitgehendsten, segensreichsten Folgen 
war, wie ich bereits schon früher mitgetheilt. Anderseits ist 
es aber auch Thatsache, dass durch die Anwendung der Gallen¬ 
impfung die Pest überall hin vertragen wurde; aber die günstigen 
Erfolge überwogen dennoch bei Weitem die Nachtheile dieser 
Methode. So schreibt z. B. der Commissar von Basutoland, 
dass dutch die Gallenimpfung von iooooo Stück Vieh doch 
70000 gegen die Pest geschützt werden konnten. Auch 
Hutcheon, der Gouvernements-Thierarzt der Kap-Colonie, 
theilt mit, dass vom Rinderbestande der Colonie, der an die 
zwei Millionen beträgt, ca. 1 , / a Millionen Stück, Dank der Galle, 
vor der Ansteckung bewahrt wurden. Im Vrijstaat sind die 
Resultate ähnliche; wohl die Hälfte des noch übrig gebliebenen 
Bestandes war mit Galle geimpft und Dank dieser verschont 
geblieben. 

Indess ist, wie bereits in einem früheren Artikel erwähnt 
wurde, die durch Galle erzeugte Immunität nur temporär und 
dauert von wenigen Tagen bis zu mehreren Monaten. Zur 
Zeit des Internationalen Congresses in Pretoria (August 1897) 
empfahl man, um die Immunität der mit Galle geimpften Thiere 
zu erhöhen, eine nachfolgende Einspritzung von virulentem Blut. 
Diese Empfehlung stützte sich auf die ersten bei dieser Me¬ 
thode gemachten Beobachtungen, dass keine, oder nur geringe 
Mortalität auftrat und viele Thiere eine leichte Reaction zeigten, 
woraus man den Schluss zog, dass nun complcte Immunität 
eingetreten sei. Vielerorts machte man aber bald schlechte 
Erfahrungen und die Sachverständigen der Kap-Colonie kamen 
zur Meinung, dass das Ausbleiben der Reaction nach der Injection 
virulenten Blutes eher für eine Abnahme, als für eine Zunahme 
der Immunität spricht. Aus diesem Grunde wurde die nach¬ 
folgende Injection des virulenten Blutes nicht mehr empfohlen 


und auch nicht mehr ausgeführt. Auch die nachfolgende zweite 
Gallenimpfung, die v wie auch schon mitgetheilt, in Anwendung 
kam, konnte sich nicht halten, weil keine permanente Immunität 
folgte und die bereits vorhandene Immunität nicht gesteigert 
wurde. 

Bei dieser Lage der Dinge war es nun das Impfverfahren 
mit Serum, welches über die Schwierigkeit hinweg half und 
den Thieren dauernde Immunität verlieh. In Transvaal und 
in Natal war es bald nach seiner Bekanntmachung beinahe das 
einzige Mittel, welches vom Anfang an in noch nicht geimpften 
Herden verwendet wurde; im Vrijstaat hielt es mit der Galle 
ujigsföhr die Wage und in der Kap-Colonie hat cs die Galle 
nun beinahe ganz ersetzt. * 

Die ersten Versuche mit Serum wurden von Pitchford 
und mir im Jahre 1896 gemacht; hierauf folgten die Experi¬ 
mente Koch’s, dann diejenigen der französischen Bakteriologen 
Bordet und Danysz und fast zu gleicher Zeit die von Turner 
und Ko 11 c. Gemäss den Publicationen dieser Experimentatoren 
ist über das Serum immuner Thiere Folgendes fcstgestcllt, was 
von Belang für dessen Anwendung in der Praxis ist: 

Serum eines Thiercs, welches die Pest überstanden hat, 
einem gesunden Thiere subcutan oder intrajugulär cinvcrlcibt, 
giebt diesem einen gewissen Schutz gegen nachfolgende In- 
fection. Diese Immunität gilt nur gegen Infcction mit virulentem 
Blut, nicht aber gegen natürlichen Contact, wenn nur wenig 
Serum eingespritzt wurde. In mittleren Dosen gegeben, ver¬ 
hütet es zwar noch nicht die Ansteckung bei Contact, macht 
aber die Thiere widerstandsfähiger, indem dieselben wohl 
erkranken, aber in der Regel die Krankheit überstehen. In 
einem Versuche von Pitchford und mir schützten bereits 
10 ccm Serum ein ca.’ 18 Monate altes Kalb gegen die An¬ 
steckung mit 1 ccm virulenten Blutes. Wenn wir das Gewicht des 
Kalbes auf 100 kg annehmen, (es war aber eher noch schwerer), 
würde also 1 g Serum 10000 g Lebendgewicht immunisiren. 
100 ccm desselben Serums waren aber nicht im Stande, ein 
gleich grosses Kalb gegen die Ansteckung durch Contact zu 
beschützen, wohl aber vor dem Tode zu bewahren. Es ergiebt 
sich also daraus, dass die natürliche Ansteckung 
ungemein virulenter sein muss, als eine subcutanc 
Einverleibung von Blut eines hochkranken Thicrcs. 

Die Umwandlung der passiven in eine activc Immunität 
kann nur dadurch geschehen, dass das mit Serum geimpfte 
Thier bei einer nachfolgenden Viruseinverleibung oder bei 
Ansteckung durch Contact eine der Rinderpest typische Re¬ 
action zeigt. 


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20 6 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


11. Juni. 


Erst versuchte man nun Serum mit nachfolgender viru¬ 
lenter Bluteinspritzung. Alle Experimentatoren kamen jedoch 
bald davon ab, weil durch das Virus keine Steigerung der 
Immunität zu erzielen war, indem die passive Immunität zu 
rasch verschwand. Eine später einverleibte Menge Virus kam 
dann zu spät, es war kein Serumschutz mehr vorhanden und 
die Thiere verendeten. Mischungen von Serum und Virus 
ergaben dasselbe Resultat. Zwar theilt K o c h einmal mit, dass 
er durch eine solche Mischung Immunität erzeugt habe, so dass 
das Thier noch nach vier Wochen io ccm Virus ohne Reaction 
vertragen konnte. Dieses ist jedoch der einzige, mir bekannte, 
glückliche Erfolg. Unsere Versuche bewiesen deutlich, dass 
Mischungen von Serum und virulentem Blut keine active 
Immunität erzeugen. Serum kann Virus schon in vitro un¬ 
schädlich machen. Da zwischen den verschiedenen Sera jedoch 
ein bedeutender Unterschied ist, so kann es Vorkommen, dass 
Serum- und Pestblutmischungen noch virulent sein können. 

Es wollte Niemandem glücken, diejenige Menge von Serum 
und Virus zu finden, bei welcher ein genügender Schutz erzeugt 
wurde; ebenso wollte es nicht gelingen, den Zeitpunkt zu finden, 
wo eine nachfolgende Injection von Virus gerade noch eine 
nur leichte Krankheit hervorzurufen vermochte. 

Bei den Versuchen von Pitchford und mir fiel es uns 
auf, dass alle mit Serum geimpften Thiere, welche selbst zwei- 
bis dreimalige Viruseinspritzungen überstanden hatten, doch 
noch nach Contact erkrankten, aber um so leichter genasen, 
je mehr Serum sie erhalten hatten. Der Gedanke, Thiere'mit 
grossen Dosen Serum zu impfen und sofort dem Contact aus¬ 
zusetzen, ergab sich demnach von selbst und fielen die dies¬ 
bezüglichen Experimente immer befriedigend aus. Diese Me¬ 
thode wurde dann später auch von den französischen Bakterio¬ 
logen angenommen und verallgemeinert. Turner und K o 11 e 
in der Kap-Colonie versuchten das Verfahren zu verbessern, 
indem sie versuchten, zu gleicher Zeit die Thiere anzustecken 
und zu immunisiren, was sie erreichten, indem sie dem Impf¬ 
linge auf der einen Seite i ccm virulentes Blut und auf der 
andern Seite 30 ccm Serum einspritzten. Die Thiere sollen 
erkranken, die meisten jedoch genesen. Hutcheon, der 
Veterinär en chef der Kap-Colonie, unter dessen Leitung diese 
Methode in der Praxis ausgeführt wurde, theilte mir mit, dass 
sie in einer Reihe von Viehherden grossen Erfolg gehabt habe, 
dass sie jedoch sehr grosse Sorgfalt verlange und dass dazu 
nur vorher geprüftes Serum gebraucht werden dürfe. Das von 
Hutcheon gebrauchte Serum stammte von der Kimberley- 
Station und wurde in folgenden Quantitäten verimpft, zu gleicher 
Zeit mit 1 ccm virulenten Blutes auf der entgegengesetzten 
Körperseite: Junge Kälber erhielten 8 ccm, ältere 10 ccm, 
1 — 1 , / 2 jährige 12 ccm, 2 jährige und mittelgrossc Thiere 15 ccm, 
Kühe von mittlerer Grösse 20 ccm, ganz grosse Thiere 25 bis 
35 ccm. Aber selbst bei der grössten Sorgfalt kam es vor, 
dass eine bedeutende Anzahl Thiere keine Reaction zeigten 
und deshalb nicht immun waren. Neuerdings inficirte nun 
Hutcheon erst seine Impflinge mit 1,5 ccm virulenten Blutes 
und impfte dann nach 48 Stunden Serum in oben angegebenen 
Quantitäten. Dann wiederholt er die Impfung, sobald die Re¬ 
action beginnt (am 4., 5., 6. Tage) mit Dosen von 15 —100 ccm 
für grosse Ochsen. Für wilde Herden ist die gleichzeitige 
Einverleibung von Virus und Serum vorzuziehen, für zahme 
Herden hingegen bietet die letztere mehr Garantie. Hutcheon 
behauptet, dass bei Anwendung von geprüftem Serum die Ver¬ 
luste keineswegs gross seien. Versuche, welche wir hier mit 
Serum von nicht vorbehandelten Thicren anstellten, fielen sehr 
unbefriedigend aus, ich glaube jedoch bestimmt, dass Serum 
hochimmuner Thiere bedeutend besser wirken muss. 

Wenn es also auf der einen Seite galt, einen modus 
operandi zu finden, die durch Serum erhaltene passive Immunität 
ohne allzugrosse Verluste in active zu verwandeln, so galt es 
anderseits, auch ein Serum zu erhalten, welches in kleinster 
Quantität den grösstmöglichen Schutz verlieh. Bereits früher 
habe ich mitgetheilt, dass ein Thier, welches die Pest über¬ 
standen hat, durch nachfolgende Blutinjection in seiner Immunität 
nicht gesteigert werden kann, weil es uns nie gelingen wollte, 


eine Reaction hervorzubringen. In der Folge zeigt sich aber, 
dass man diese Reaction, welche bei Thicrcn, die schon seit 
längerer Zeit, d. h. seit Monaten immun sind, nicht eintritt, 
doch bei Thieren hervorrufen kann, welche die Krankheit soeben 
überstanden haben und besonders bei Thieren, die durch 
Serumbehandlung und nachfolgende natürliche Erkrankung immun 
geworden sind. 

Spritzt man einem Ochsen einige Tage nach seiner Ge¬ 
nesung ca. 100 ccm virulentes Blut ein, so stellt sich in den 
meisten Fällen eine Reaction ein, die typisch ist in ihrem Ver¬ 
lauf, d. h. nach einer 3—6 tägigen Incubation folgt ein con- 
tinuirliches Fieber von 5—8 Tagen; es kann selbst so weit 
kommen, dass das betreffende Thier von Neuem alle Symptome 
der Rinderpest in milderem Grade entwickelt. Turner und 
Kolle haben sogar beobachtet, dass immune, aber durch die 
Krankheit heruntergekommene Thiere durch die oben angeführte 
Reaction zu Grunde gingen. 

Hat das Thier die typische Reaction Überstunden, so wird 
die einzuspritzende Virusmenge gesteigert, succcssive auf 200, 
500, 1000, 2000, 4000 ccm, bis keine Reaction mehr erfolgt; 
ein derartig behandeltes Thier kann dann als hoch immun be¬ 
trachtet werden. Turner und Kolle sahen nach Injection 
von 5000 ccm virulenten Blutes ein mittelgrosses Stück Vieh 
zu Grunde gehen, ohne dass Symptome der Pest oder Abscesse 
aufgetreten wären, und nehmen an, dass das in diesem Blute 
vorhandene Toxin das Thier vergiftet hat. 

Vier bis sechs Wochen nach der letzten Impfung ist das 
Serum eines so behandelten Thieres ungefähr auf der Höhe 
seiner Activität und führt schon in kleinen Dosen zur Genesung. 
Turner und Kolle haben z. B. 24 im Beginne der Krank¬ 
heit stehende Thiere mit 20 ccm solchen Serums behandelt 
und alle Thiere genasen. Aber solches Serum hat natürlich 
auch einen starken präventiven Charakter und kann, in grösseren 
Dosen einverleibt, eine natürliche Ansteckung für ziemlich lange 
(immerhin unbestimmte) Zeit hinausschieben. Die immunisirende 
Kraft dieses Serums nimmt langsam ab, beträgt nach 4 bis 
5 Monaten noch ca. die Hälfte und ist nach 10 — 12 Monaten 
beinahe gleich Null. Dieses ist auch der Fall bei hochgradig 
immunisirten Thicren und die Praxis hat zu wiederholten Malen 
gelehrt, dass schon nach dreimaliger Blutabnahme, d. h. nach 
Entfernung von ungefähr 12 1 Blut, das nachfolgende Serum 
sehr ungünstige Resultate zeitigte und zwar auch dann, wenn 
nach jeder Blutentziehung wieder Virus einverleibt worden war. 
Letzteres scheint zu beweisen, dass die immunisirenden Eigen¬ 
schaften sich nicht erneuern lassen. 

Die ersten Resultate mit der Serum-Contact-Methode waren 
ausserordentlich befriedigend und ermuthigten zu einer All¬ 
gemeinanwendung. In der Praxis wurde die Serumimpfung 
nach der bereis vorausgegangenen Behandlung mit Galle oder 
aber für sich allein ausgeführt. Man hat demnach zweierlei 
Gruppen zu unterscheiden: 

I. Noch nicht behandelte Thiere. 

Ein immunes Thier (in Süd-Afrika nennt man sie »ge¬ 
salzen«, holländisch »gezouten«, englisch »saltcd«) wurde erst 
mit einer Dosis von 100 — 500 ccm virulenten Blutes geimpft; 
einerseits, um dasselbe auf seine Immunität zu prüfen, ander¬ 
seits, um die vorhandene Immunität zu erhöhen, im Fall das 
Thier noch reactionsfahig war. Zwei Wochen nach der letzten 
virulenten Blutimpfung, die 1—3 Mal wiederholt worden war, 
also 4—8 Wochen nach dem Ueberstehen der Krankheit, wurde 
dem Thiere Blut entzogen. Es bildete sich eine besondere 
Zunft, »Impfer«, welche dieses Geschäft besorgten; aber auch 
weitaus die meisten Boeren zeigten dazu ganz ausreichende Be¬ 
fähigung. Zum Zweck der Blutentziehung mussten die Thiere 
gelegt werden, weil sie zu wild waren und dabei fehlte es 
natürlich nicht an aufregenden Scenen. Die Ader wird com- 
primirt, die dicke Haut durchgeschnitten und der Trocart 
in die blosgelegtc Vene eingestossen. Nach Entfernung des 
Stilets fliesst das Blut in schönem Strahle in ein bereitgehaltenes 
Gefass (gewöhnlich von Email) und je nach der Grösse des 
Thieres entnimmt man 6—14 Flaschen. Das einfliessende Blut 


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No. 24. 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


20 7 


wird mit einem Drahtbesen langsam und vorsichtig geschlagen. 
Nachdem das Fibrin so entfernt ist, wird das flüssige Blut 
durch Mousselinc geseiht. Alle Gcräthe, vom Messer und Tro- 
cart bis zum Sieb, werden jeweils vor Gebrauch gekocht, ebenso 
die Injcctionsspritzcn. 

Auch zum Impfen müssen die Thierc gelegt werden. Impf¬ 
stellen sind alle Körperpartien, an denen das Fell sich leicht 
abheben lässt. Mit Vorliebe impft man hinter den Schultern 
und an der Vorderbrust. Bei genauer Beobachtung der vor- 
geschriebcncn aseptischen Massregeln entstehen keine Impfzu¬ 
fälle, d. h. keine Schwellungen. Bei unsauberer Arbeit hin¬ 
gegen, oder wenn das Blut nicht sofort verimpft wird, oder 
noch transportirt werden muss, bilden sich, wie nicht anders 
zu erwarten ist, Abscesse von bedeutendem Umfang mit weit¬ 
gehender Nekrose der Haut, Phlegmonenbildung, malignes 
Oedem und eigentliche Septicämicn. Die Quantität des Impf¬ 
blutes wird bemessen nach dem Zustande, in welchem sich 
das zu impfende Thier befindet. Ist die Herde noch gesund, 
so erhält jedes Thier 100 ccm und nach Verlauf von 6 Tagen 
noch einmal die gleiche Quantität. Sofort nach der ersten 
Impfung kommen die Thiere in Contact, so dass die zweite 
Impfung mit dem Zeitpunkt zusammenfällt, wo die Krankheit 
auszubrechen beginnt. Im günstigsten Falle nun bricht die 
Krankheit bei allen Thicren so aus, dass nach Verlauf von 
14 Tagen nach der ersten Impfung alle Thiere krank und in 
den folgenden 8 Tagen wieder gesund sind. In weniger gün¬ 
stigen Fällen, und das ist in der Praxis fast die Regel, bricht 
die Krankheit nach der Injection des Blutes hochimmuner 
Thiere nicht sofort nach der typischen Incubation aus, oder 
aber es brechen nur einzelne Fälle aus und die Epidemie 
nimmt einen mehr schleichenden Charakter an. Dieselbe kann 
einige Wochen dauern, ja, es kann Vorkommen, dass man über¬ 
haupt nicht im Stande ist, eine Ansteckung zu erzielen und die 
Seuche ausstirbt. Je nach der Art der Ausbrüche gestalten 
sich die Erfolge. Je mehr Thiere in der typischen Zeit er¬ 
kranken, desto eher und desto leichter genesen sie; je später 
die Ausbrüche erfolgen, desto weniger widerstehen die Thiere. 
Das Krankh^itsbild wechselt von einer leichten Krankheit ohne 
Auf hören der* Fresslust bis zu den alarmirendsten Symptomen. 
Im günstigsten Falle, und das ist gar nicht selten, genesen 
95 °/ 0 der Thiere; zuweilen aber genesen auch nur 30—40°/ u . 
Die Boeren hatten bald herausgefunden, dass das Geheimniss 
des Erfolges nach der »gezouten« Blutimpfung im frühzeitigen 
Ausbruch der Seuche lag und begannen deshalb für eine so¬ 
fortige ergiebige Ansteckung zu sorgen. Man benutzte zu 
diesem Zwecke virulentes Blut, Darminhalt etc. etc., bestrich 
damit den Thieren Nasen und Maul und gab ihnen selbst solches 
ein. Aber dennoch waren die Erfolge nicht immer die ge¬ 
wünschten, weil entweder das Serum zu stark oder die Mischung 
nicht virulent genug war. Man schritt deshalb dazu, die Thiere 
vor der Impfung anzustecken; aber auch da waren die Erfolge 
wechselnde. Als beste Infectionsmethode ergab sich das Zu¬ 
sammenstellen mit lebenden kranken Thieren und je inniger 
der Contact mit diesen war, desto schneller erfolgte auch die 
Ansteckung. Als man die inconstanten Resultate der Impfung 
mit Blut hochimmuner Thiere einsah, benutzte man einfach 
Blut immuner Thiere und verringerte auch die Dosis des zu 
verimpfenden Blutes. So gut nun bei gewissenhaftem Arbeiten 
die Resultate waren, so schlecht waren sie im umgekehrten 
Falle und cs fehlte nicht an leichtfertigen Speculantcn, welche 
Tod und Verderben überall hintrugen, wo sie impften. Im 
Transvaal war dies nur zu oft der Fall, aber leider konnte 
man nichts dagegen thun. In Natal errichtete die Regierung 
sog. Scrumstationen unter der Leitung von Thierärzten oder 
intelligenten Farmerssöhnen und erwarben sich dieselben bald 
einen guten Ruf durch ihre gleichmässigen, guten Erfolge. 
Man impfte dort Thiere und bereitete auch "Serum zum Ver¬ 
senden. Wenn bis dahin in der Praxis, ich möchte sagen 
beim Hausirimpfer, der mit seinen >gezouten becsten« von 
Farm zu Farm zog, nur defibrinirtes Blut zur Anwendung kam, 
benutzte man auf diesen Stationen mit Vorliebe Serum. Die 
grösste Serumstation ist diejenige in Kimberley unter der Leitung 


der Herren Turner und Ko Ile. Dort wird beinahe für die 
ganze Kap-Colonie Serum bereitet und zwar in der früher an¬ 
gegebenen Weise von hochimmunen Thieren, welches schon in 
Quantitäten von 20—30 ccm heilkräftige Eigenschaften hat. 
Es ist kein Zweifel, dass nur von solchen Einrichtungen gleich- 
mässige, günstige Erfolge erwartet werden dürfen, leider wollte 
man das im Transvaal nicht einschen und überliess das Ge¬ 
schäft dem Privatunternehmen. Wenn einerseits Serum besser 
wirkte, als defibrinirtes Blut, weil es in gleicher Quantität mehr 
immunisirende Eigenschaften besitzt und weil es auch absolut 
keimfrei gewonnen werden kann, so waren anderseits noch 
andere Ursachen vorhanden, warum man die Anwendung des 
defibrinirten Blutes nur im äussersten Falle empfahl. Man hatte 
gefunden, dass das »Redwater oder Rooiwater« sich mit über¬ 
tragen liess. Redwater ist nämlich identisch mit dem Texas¬ 
fieber; man findet auch in jenem die Pyrosomen. Kolle wies 
sodann eine andere malariaartige Krankheit nach, wobei endo- 
globuläre Parasiten nachweisbar waren, ohne dass das Thier 
eine typische Krankheit gezeigt hätte. 

Die Hauptdomäne des Serums sowie des defibrinirten 
Blutes sind die bereits erkrankten Heerden und hier wirken 
sie manchmal Wunder. Ist das Serum oder Blut nur einiger- 
massen gut, so kann man in einer Heerde, wo die Seuche be¬ 
reits festen Fuss hatte, deren Verlaut so abändern, dass, vom 
Tage der Impfung an, die Mortalität abnimmt und die meisten 
Thiere genesen, oder aber es erfolgen nach 6—10 Tagen keine 
Ausbrüche mehr und die Seuche erlischt. Von dieser Er¬ 
scheinung hat man insofern Nutzen gezogen, als man empfahl, 
erst dann zu impfen, wenn die Seuche sich in einer Heerde 
bemerkbar machte; aber dann auch mit Nachdruck. Thatsache 
ist, dass je mehr Serum man braucht, und je früher dasselbe 
dem kranken Thiere einverleibt wird, desto grösser auch der 
Erfolg ist. Kann man das Serum noch in der Prodromie cin- 
verleibcn, so ist der darauf folgende Krankheitsverlauf sehr 
milde. Leider kann das Thermometer in grossen Heerden 
nicht nutzbringend verwendet werden und bleibt das Impf- 
gcschäft dort mehr ein schablonenhaftes. 

II. Mit Galle behandelte Thiere. 

Wir wissen, dass die Galle eine theilweise Immunität er¬ 
zeugt,- welche früher oder später verschwindet. Nach einer 
Application von Serum »zouten« solche Thiere in der Mehr¬ 
zahl der Fälle. Der Ausbruch der Krankheit in einer mit Galle 
geimpften Heerde ist sehr unregelmässig und kann sich über 
eine ziemlich lange Zeitdauer erstrecken. Auch hier liegt das 
Geheimniss des Erfolges in einer möglichst innigen Ansteckung; 
man behandelt dann die Thiere der Reihe nach, sobald die 
Krankheit ausbricht und um so erfolgreicher, je besseres und 
je mehr Serum man verwenden kann. Eine glcichmässige An¬ 
steckung durch subcutane Injection virulenten Blutes kann auch 
hier nicht erreicht werden; stärker gallenimmune Thiere ver¬ 
tragen dasselbe ohne Reaction. 

Eine Frage, welche die Gemüther in Süd-Afrika eine Zeit 
lang ziemlich beschäftigte, war: Wie lange dauert die Im¬ 
munität nach der Impfung mit Serum oder defibrinirtem Blut 
bei nachfolgendem Contact? Man wollte nämlich beobachtet 
haben, dass Thiere, welche die Seuche überstanden hatten, 
bereits nach einigen Monaten wieder erkrankten und verendeten. 
Es kam vor, dass z. B. in einer geimpften Heerde, wo die 
Krankheit heftig gewüthet hatte und in Folge der Impfung zum 
Stillstand kam, dieselbe 2, 3 und noch mehr Monate später 
wieder ausbrach und einzelne Thiere wegraffte. Es darf hin¬ 
gegen als allgemeine Regel gelten, dass ein Thier, welches die 
typische Pest überstanden hat, gegen diese gefeit ist und dass 
es eine active Immunität besitzt. Welcher Art war aber die¬ 
jenige Immunität, welche die Thiere trotz möglichst grosser 
Ansteckungsgefahr vor dem Erkranken schützte, aber schon 
nach einigen Monaten wieder verschwand? Sie ist kaum als 
blosser Effect des Serums aufzufassen; aber unter dessen Ein¬ 
fluss war vielleicht eine so leichte, nicht merkbare Reaction 
verlaufen, die das Widerstandsvermögen nicht dauernd machen 
konnte. Anderseits aber wurde auch vielfach die Erfahrung 


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208 


DEUTSCHE THIEIGERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


ii. Juni. 


gemacht, dass Thiere nach Serumbehandlung die ganze Epi¬ 
demie mitmachten, nie die geringste Krankheit zeigten und 
nachher doch activ immun waren. Eine geringe Reaction hätte 
aber hier genügt, eine dauernde Immunität zu erzeugen. 

Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Behandlung kranker 
Heerden mit Serum immuner Thiere den grössten Theil des 
noch vorhandenen Viehbestandes gerettet hat. Leider lassen 
sich die Erfolge nicht in Ziffern ausdrücken, weil es ausser¬ 
ordentlich schwer ist, statistische Mittheilungen zu erhalten. 
Wer zu Gunsten der Serumtherapie gegen Rinderpest sprechen 
will, findet leicht Beweise von Erfolgen bis zu ioo %; wer 
Gegner derselben ist, findet leicht Misserfolge heraus. Das 
Hauptmoment bleibt aber, dass die Serumtherapie in Süd-Afrika 
allgemeine Anwendung gefunden hat und dass Dank derselben 
die Rinderpest viel von ihrem Schrecken verloren hat. Gegen¬ 
wärtig ist die Seuche so ziemlich verschwunden und wenn die 
verschiedenen Staaten sich zu gemeinsamem Vorgehen ent- 
schliesscn könnten, so wäre an ein gänzliches Ausrotten der¬ 
selben zu denken. 


Referate. 

Untersuchungen über Porcosan. 

Von Stabsarzt Dr. P. Musehold. 

(Arbeiten a. d. Kaiserl. Gesundheitsamte. Bd. XIV. H. i.) 

(Autorreferat.) 

Nach den verschiedenartigen Beurtheilungen, welche das 
Rothlaufschutzmittel der Farbwerke Friedrichsfeld, »Porcosan«, 
auf Grund casuistischer und experimenteller Beobachtungen in 
der Oeffentlichkcit erfahren hatte, wurde das Porcosan nach 
zwei Richtungen hin untersucht: 

1) ob auch die neueren von der Fabrik Friedrichsfeld ge¬ 
lieferten Porcosan • Proben lebensfähige Rothlaufstäbchen ent¬ 
halten ; 

2) ob das Porcosan thatsächlich immunisirend gegen den 
Rothlauf der Schweine wirkt. 

Im Ganzen wurden fünf Porcosan-Proben und von jeder 
gleichzeitig mehrere Fläschchen, welche möglichst frisch direct 
von der Fabrik in Originalpackung bezogen worden waren, 
untersucht; die Untersuchung begann 2 bis 7 Tage nach dem 
Füllungstage. 

Zum Nachweis lebensfähiger Rothlaufstäbchen im Porcosan 
wurden zwei Wege eingeschlagen, ein directer: unmittelbare 
Uebcrtragung von Porcosan in Gelatine und auf verschiedene 
empfängliche Thiere (Mäuse, Tauben, Schweine), und ein Um¬ 
weg: nämlich mittelst Einschaltung einer Anreicherung in grossen 
Mengen von Aschmann-Pepton-Bouillon nach den Angaben von 
O. Voges; letzteres Verfahren hatte den Zweck, den be- 
kanntermassen die Lebensfähigkeit der Rothlaufstäbchen in 
hohem Grade nachtheilig beeinflussenden Glyceringchalt des 
Porcosans möglichst ausser Wirkung zu setzen. 

Zwei aus dem Mai und Juli v. J. stammende Porcosan- 
Proben — 0,142 und 0,190 — enthielten lebensfähige Roth¬ 
laufstäbchen, welche mittelst des vorerwähnten Anreicherungs¬ 
verfahrens in allen untersuchten Originalfläschchen dieser Probe 
aufgefunden worden sind — vermittelst directer Uebcrtragung 
jedoch nur in einzelnen Fläschchen nachgewiesen werden konnten. 
In der Porcosan - Probe 0,142 waren die Rothlaufstäbchen in 
dem Grade abgeschwächt, dass Einspritzungen des Porcosans 
als solchen bei Mäusen und Schweinen keinerlei nachtheilige 
Folgen hatte; dieselben Stäbchen, in Aschmann-Pepton-Bouillon 
übertragen, waren hochvirulent. Die Probe 0,190 bewirkte bei 
dem einzigen mit derselben geimpften Schweine vorübergehende 
Temperatursteigerung, bei einer Maus (drei andere waren gleich 
nach der Einspritzung dem Glycerintod erlegen) eine schwere 
Rothlauferkrankung, die durch Chloroform abgekürzt wurde. 

Eine 5 bis 6 Wochen später vorgenommene nochmalige 
Untersuchung der beiden Proben 0,142 und 0,190 hatte ein 


negatives Resultat; dies war nicht auffallend, da in analoger 
Weise ältere G 1 y c e r i n - Lymphsorten in der Regel zuverlässiger 
keimfrei gefunden werden, als frische. 

Die drei übrigen untersuchten Porcosan-Proben — o, 15 5 ; 
0,169; 0,183 — waren frei von Rothlaufstäbchen. 

Die immunisirende Wirkung wurde sowohl an Laboratoriums- 
thieren, wie an Schweinen geprüft. Bei ersteren wurden sub- 
cutan oder intramusculär möglichst hohe Dosen Porcosan (der 
Glyceringehalt setzte eine Grenze) und möglichst niedrige In- 
fectionsdosen (subcutan oder intravenös) angewandt; auf das 
Körpergewicht bezogen, erhielten die benutzten weissen Mäuse 
eine verhältnissmässig 20 — 24 Mal grössere Porcosandosis, als 
nach der von den Farbwerken Friedrichsfeld zusammengestellten 
Gebrauchsanweisung für Immunisirung eines Schweines erforder¬ 
lich sein sollte, — die Tauben erhielten unter gleichen Ver¬ 
hältnissen eine 16—20 Mal grössere Dosis; gegenüber der 7 bis 
27 Tage nach der Porcosan-Einspritzung ausgeführten Infection 
verhielten sich diese Thiere nicht anders, wie die nicht mit 
Porcosan vorbehandelten Thiere. 

Von fünf mit Porcosan (subcutan) vorbehandelten Schweinen, 
von denen vier einer Kreuzung der englischen Rasse, eins 
einer ganz gewöhnlichen einheimischen Landrasse angehörten, 
erlagen zwei (englische Kreuzung) innerhalb 2 '/ 3 bezw. 3 Tagen 
der 12 bis 15 Tage nach der Porcosan-Einspritzung vorgenomme¬ 
nen intravenösen (V. saphena) Rothlaufinfection; ein drittes mit 
18 ccm Porcosan gespritztes Schwein erkrankte in Folge einer 
18 Tage später vorgenommenen Infection sehr schwer an Roth¬ 
lauf. Die beiden übrigen, mit Porcosan behandelten Schweine 
(darunter dasjenige der Landrasse), sowie zwei weitere Schweine 
englischer Kreuzung, welche als Controlschweine kein Porcosan 
erhalten hatten, überstanden die in gleicher Weise ausgeführte 
Rothlaufinfection. Der aus der Blase entnommene Urin der 
beiden an Rothlauf verendeten Schweine enthielt zahlreiche 
virulente Rothlaufstäbchen, ebenso der Urin und Koth zweier 
weiterer, zu einem anderen Versuch gehöriger und an Rothlauf 
verendeter Schweine; eines der letzteren gelangte unmittelbar 
nach dem Eingehen zur Scction. 

Das Gesammtergebniss wird in folgenden Sätzen zusammen¬ 
gefasst : 

Von fünf frisch bezogenen Proben-Porcosan verschiedenen 
Füllungstages enthielten zwei Proben in sämmtlichen daraufhin 
untersuchten Originalfläschchen lebensfähige Rothlaufstäbchen. 

Obwohl die in diesen beiden Porcosan-Proben nach¬ 
gewiesenen Rothlaufstäbchen bereits eine Einbusse ihrer Viru¬ 
lenz in dem Grade erlitten hatten, dass sie, in den Schweine¬ 
körper übergeführt, eine belangreiche Schädigung nicht mehr 
auszuüben vermochten, so liegt doch die Wahrscheinlichkeit 
vor, dass die mit dem Porcosan eingeimpften Rothlaufstäbchen 
wenigstens zum Theil durch die Nieren zur Ausscheidung ge¬ 
bracht werden und ausserhalb des Thierkörpers leicht wieder neue 
Virulenz erlangen können. Diese Erwägung lässt bei der An¬ 
wendung des Porcosans dieselben Vorsichtsmassregeln angezeigt 
erscheinen, welche bei den mit lebenden Rothlaufculturen ope- 
rirenden Impfschutz verfahren zu fordern sind. 

Bei weissen Mäusen und bei Tauben ist eine immunisirende 
Wirkung des Porcosans selbst bei Anwendung möglichst hoher 
Dosen des Porcosans und möglichst kleiner Infectionsdosen 
nicht nachweisbar. 

Das Ergebniss der bei Schweinen angestellten Versuche 
spricht gegen das Vorhandensein einer immunisirenden Wirkung 
des Porcosans. — Bei den betreffenden Versuchen erwies sich 
die intravenöse Injection von frischen Rothlauf-Bouillon-Culturen 
(in die V. saphena auf der Innenseite des Unterschenkels ober¬ 
halb des Tarsus) als die zuverlässigste Infectionsmethode. 

Die Empfänglichkeit der Schweine für den Rothlauf hängt 
nicht allein von Rasseneigenthümlichkeiten, sondern auch von 
individuellen Eigenthümlichkeiten ab; scheinbare Erfolge der 
Porcosanimpfung, namentlich bei grösseren von Rothlauf be¬ 
fallenen Beständen, können daher sehr wohl lediglich auf einer 
stattgehabten raschen Auslese der für Rothlauf empfänglichen 
Individuen bezw. auf individueller Immunität beruhen. 


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No. 24. 


DEUTSCHE THIER^ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


209 


Dieses Ergebniss stimmt im Ganzen mit demjenigen der den¬ 
selben Gegenstand betreffenden Untersuchungen von O. Voges 
und W. Schütz überein. Ganz besonders anzuführen ist hier 
der von den beiden genannten Forschern in der »Deutsch, med. 
Wochenschr.«, 1898, No. 4, »Ueber die Ergebnisse von Immuni- 
sirungsversuchen beim Rothlauf der Schweine« mitgetheilte 
Satz (These 5): Es gelingt nicht, bei Schweinen vom subcutanen 
Gewebe aus mit abgetödteten Rothlaufculturen Immunität zu 
erzielen. 


Der Mikroorganismus der Lungenseuche. 

Von Nocard und Roux. 

Unter Mitwirkung von Borei, Salimbemit und 
Dujardin-Beaumetz. 

(Annales de l'Institut Pasteur, Tome XII, 1898, p. 240) 

Die Frage nach dem wirklichen Infectionserreger der 
Lungenseuche blieb bisher ungelöst, obwohl von den ver¬ 
schiedensten Forschern in den pleuritisch - pneumonischen Er¬ 
güssen Mikroorganismen aller Art beschrieben wurden. Schien 
es eine Zeit lang, als wäre der von Poels und N o 1 e n ge¬ 
fundene Mikrococcus der wirkliche Erreger, so haben doch 
die Angaben dieser Autoren von anderer Seite keine Bestäti¬ 
gung gefunden. Auch der von Arloing als »Pneumo- 
bacillus bovis liquefaciens« bezeichnete Organismus 
konnte bisher nicht allgemeine Anerkennung finden. So lange 
man nicht im Stande war, durch Impfung mit den Bakterien 
das typische Bild der Lungenseuche hervorzurufen, konnte diese 
Frage nicht als spruchreif bezeichnet werden. 

Um so mehr musste auf dem diesjährigen internationalen 
Congress für Hygiene zu Madrid die Mittheilung Nocard’s 
Aufsehen erregen, dass es ihm endlich gelungen sei, den echten 
Erreger der Lungenseuche zu finden und künstlich zu züchten. 
Nunmehr liegt die ausführliche Arbeit von Nocard und Roux 
über diesen Gegenstand vor, über welche ausführlich berichtet 
werden soll. 

Zahllose, seit langer Zeit ausgeführte Versuche, aus rein 
gewonnener Lymphe auf den verschiedenen Nährböden Culturen 
anzulegen, blieben vollkommen fruchtlos. Auch gelang es nie¬ 
mals, mikrobische Elemente durch die bekannten Färbungs- 
verfahren nachzuweisen. Es wurde deshalb bereits die Hoff¬ 
nung aufgegeben, den Erreger rein züchten zu können, als die 
bedeutsame Arbeit von Metschnikoff, Roux und Salimbeni ') 
über das Choleratoxin und -Antitoxin erschien. Die Resultate, 
welche diesen Forschern das Anlegen von Culturen im leben¬ 
den Körper, mit Hülfe von Collodiumsäckchen, geliefert hatte, 
erweckten neue Hoffnungen. 

Das Princip und die Technik dieser höchst geistreichen 
Züchtungsmethode sind kurz folgende: 

Man stellt kleine, sehr zartwandige Collodiumsäckchen her, 
sterilisirt dieselben im Antoklaven, füllt einige Cubikcentimeter ; 
Bouillon, welche man mit einer Spur der zu prüfenden Flüssig¬ 
keit beschickt hat, in dieselben und verschliesst sie sorgfältig, j 
Hierauf bringt man die Säckchen in die Bauchhöhle eines i 
frischen Versuchsthicres (Meerschweinchen, Kaninchen, Hund, ! 
Schaf u. s. w.). Wenn man alle Manipulationen kunstgerecht 
ausführt, so erträgt das Thier die Operation und die Gegen¬ 
wart des Collodiumsäckchens in der Bauchhöhle ohne wesent¬ 
liche Störungen. Nach einer gewissen Zeit, welche je nach der 
Natur des zu untersuchenden Erregers zwischen wenigen Tagen 
und mehreren Monaten schwankt, tödtet man das Thier; man 
findet dann das Säckchen an irgend einer Stelle der Bauch¬ 
höhle, umgeben von einer mehr oder weniger dicken Schicht 
von Fibrin und Zellen, oder von jungem Bindegewebe, aus 
dem man es leicht herauslösen kann. 

Wenn das Versuchsthier und die Flüssigkeit richtig ge¬ 
wählt sind, erhält man überraschende Resultate, deren Deutung 
leicht ist. Die Wand des Säckchens bietet für die Mikroben 
und die Zellen eine unübersteigbare Schranke; die Mikroben 


') Annales de l’Institut Pasteur, 1896, p. 257. 


können aus dem Säckchen nicht heraus, aber sie können sich 
in demselben mit grosser Sicherheit vermehren, da sie dem 
Angriff der Phagocyten entzogen sind. Andererseits ist diese 
für Mikroorganismen und Zellen undurchlässige Wand für Flüssig¬ 
keiten und gelöste Substanzen passierbar, sie bildet eine 
osmotische Membran; die von dem Mikroorganismus producirten 
Substanzen können nach aussen diffundiren und, wenn sie wirk¬ 
sam genug sind oder das Thier empfänglich genug ist, den 
Tod des Thieres bedingen oder mehr oder weniger schwere 
Vergiftungserscheinungen hervorrufen, ohne dass ein einziges 
Bacterium in den Organismus gelangt. Die in dem Säckchen 
gegebenen Bedingungen sind für die Cultur äusserst günstig; 
die Stoffwechselproducte des Thieres, welche für den Mikroben 
sehr nützlich sein können, gelangen in das Säckchen hinein, und 
so findet man, wenn man dasselbe öffnet, in der Regel eine 
Cultur von unglaublicher Reichhaltigkeit. 

Diese geistreiche Methode versuchten Nocard und Roux 
auch bei dem Studium der Lungenseuche und, wie wir sehen 
werden, mit grossem Erfolge. Collodiumsäckchen, angefüllt 
mit Bouillon, in welche eine Spur von virulentem Lungensaft 
vertheilt war, und mit allen Cautelen in die Bauchhöhle von 
Kaninchen eingenäht, enthalten nach 15—20 Tagen eine milch- 
weisse, ein wenig trübe, leicht eiweisshaltige Flüssigkeit. Diese 
Flüssigkeit enthält weder Zellen noch Bakterien, welche auf 
den gebräuchlichen Nährböden wachsen. Dafür lässt die mikro¬ 
skopische Untersuchung bei sehr starker, ca. 2000faeher 
Vergrösserung und sehr guter Beleuchtung eine Unmasse 
von kleinen, lichtbrechenden, beweglichen Punkten von solcher 
Zartheit erkennen, dass es selbst bei Anwendung von Farb¬ 
stoffen schwierig ist, ihre Form genau zu erkennen. Wenn 
man zur Controle in die Bauchhöhle desselben Kaninchens ein 
zweites Collodiumsäckchen einnähte, in welches die gleiche 
Bouillon, aber nicht beschickt mit Lungensaft, enthalten war, 
so konnte man sich überzeugen, dass die an der Flüssigkeit 
des ersten Säckchens beobachteten Veränderungen nicht bedingt 
sind einzig und allein durch den osmotischen Austausch, viel¬ 
mehr kann man constatiren, dass die Flüssigkeit des Control¬ 
säckchens ihre ursprüngliche Durchsichtigkeit und Klarheit be¬ 
halten hat. 

In Wirklichkeit sind die lichtbrechenden, beweglichen 
Punkte, welche so zahlreich sind, dass sie trotz ihrer Kleinheit 
die Flüssigkeit getrübt haben, Lebewesen, welche sich bei den 
günstigen Wachsthumsbedingungen sehr schnell vermehrt haben. 

Die meisten Kaninchen magern sehr ab, manche derselben 
erliegen vor dem für die Tödtung angesetzten Tage, sic sind 
dann im höchsten Grade kachektisch. Die Section liefert indess 
keine bemerkenswerthe organische Veränderung; aus dem Blute 
und den Organen lassen sich selbst in Collodiumsäckchen keine 
Culturen erzielen, es handelt sich demnach unzweifelhaft um 
eine reine Intoxication. Auf die Gegenwart der Säckchen im 
Körper allein sind die Störungen nicht zurückzuführen, denn 
die Thiere können solche Säckchen, die nur mit Bouillon ge¬ 
füllt sind, monatelang unbeschadet ihrer Gesundheit in sich 
beherbergen. Wir haben hier ein neues Beispiel dafür, dass ein 
Thier für das Toxin eines Mikroben sehr empfänglich sein kann, 
während es für den Mikroben selbst vollkommen refraetär ist. 
In Meerschweinchen lassen sich die Culturen nicht züchten. 
Dass der oben erwähnte Mikroorganismus in der That der 
ursächliche Erreger der Lungenseuche ist, wurde dadurch be¬ 
wiesen, dass bei fünf Kühen durch Einimpfung einer kleinen 
Quantität des Säckcheninhaltes das absolut charakteristische 
Bild der Lungenscuche erzeugt wurde. Die eine dieser Kühe 
ging an einer sehr starken ödematösen Infiltration zu Grunde, 
die anderen vier blieben am Leben. Zwei von diesen, welche 
hinterher mit einer starken Dosis von virulenter Lungen¬ 
flüssigkeit nachgeimpft wurden, zeigten absolut keine Krankheits¬ 
erscheinungen. 

Wie bereits erwähnt, gelingt es auf keinem der in der 
Bakteriologie gebräuchlichen Nährböden, den Mikroorganismus 
zu züchten. Man kann indess Culturen erlangen, welche ähnlich 
sind denen der Collodiumsäckchen. Aber man muss als Nähr- 
j boden eine sterile Bouillon verwenden, welche, eingeschlossen 


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210 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


i r. Juni. 


in einem Collodiumsäckchen, Wochen lang in der Bauchhöhle 1 
eines.Kaninchens oder einer Kuh gewesen ist. Diese Bouillon 
ändert sich, obwohl nicht inficirt, infolge des osmotischen Aus¬ 
tausches ; sie wird leicht eiweisshaltig und erlangt die Fähigkeit, 
einen guten Nährboden für den Mikroben darzustellen. 

Nach vielen Bemühungen gelang es den Verfassern, den 
Lungenseucheerreger auch ausserhalb des Thierkörpers zu culti- 
viren. Als bester Nährboden ergab sich die von Martin für 
die Züchtung der Diphtheriebacillen empfohlene 
Peptonlösung, welcher eine geringe Menge Kaninchen¬ 
oder Rinderserum (ca. 4 Tropfen zu 5 ccm der Lösung) zu¬ 
gesetzt ist. In dieser Flüssigkeit konnten die Verfasser die 
Erreger direct aus dem Lungenexsudat heraus züchten. 

Das Resume der ausserordentlich lehrreichen Ausführungen 
gipfelt in folgenden Sätzen: 

Der Erreger der Lungenseuche ist ein Mikro¬ 
organismus von ausserordentlicher Kleinheit; 
seine Dimensionen, welche viel kleiner sind als 
diejenigen der bisher als klein bekannten Bak¬ 
terien, lassen selbst im gefärbten Präparate die 
Form desselben nicht genau erkennen. 

Dieser Organismus lässt sich leicht in Collodium¬ 
säckchen züchten, welche in die Bauchhöhle von 
Kaninchen eingebracht sind. Derselbe lässt sich 
nicht auf den bisher gebräuchlichen Nährböden 
cultiviren. Dagegen gelingt seine Züchtung leicht, 
wenn man ihn in Martin’sche Pepton-Bouillon 
bringt, welcher man Kaninchen- oder Rinderserum 
im Verhältniss von 1:20 hinzufügt. 

Am Schlüsse der Arbeit sind die einzelnen Uebertragungs- 
versuche auf Rinder ausführlich mitgetheilt, bezüglich derselben 
muss auf das Original verwiesen werden. Casper. 


Die Geschichte der vergleichenden Augenheilkunde. 

Von Königshöfer-Stuttgart. 

(Zeitschrift für Thiermedicin, II, a, S. 81 flf.j 

Aus der vorchristlichen Zeit ist in naturwissenschaftlichen 
und ärztlichen Schriften über Augenkrankheiten der Thiere 
nichts zu finden. Bei Plinius (i. Jahrh. n. Chr) finden sich 
zwei Stellen, die hierher gehören: Im Buch XI, 55, 2 erwähnt 
dieser Autor, dass bei zunehmendem Monde einige Lastthiere 
Augenübel bekommen, und im Buch XI; 55, 3. dass Schielen 
bei Thieren nicht vorkommt. Plinius hat auch ziemlich zu¬ 
treffende Kenntnisse über den Bau des menschlichen und Thier¬ 
auges.' Galen hat sehr scharfsinnige Studien über die Ana¬ 
tomie des Auges der grossen Hausthiere niedergeschrieben, 
Vegelius Renatus (450 n. Chr.) beschreibt in seiner Ars 
veterinaria einige Krankheiten des Auges der Pferde, z B. den 
grauen Staar (suffucio), die Paracentesis des Auges, die Mond¬ 
blindheit, das Staphylom, die Hornhautflecken. Bis in’s 16. Jahr¬ 
hundert hinein fehlen dann Arbeiten über Augenheilkunde. Ein 
neues Leben für die Anatomie und Physiologie des Auges 
brachten die Arbeiten von Fallopia, Caserio, Stenon, 
Leeuwenhoek und Horius, die die Einrichtung derThränen- 
organe und den mikroskopischen Bau des Auges klarlegten. 
Die moderne vergleichende Augenheilkunde beginnt 1807 
mit dem Erscheinen der Schrift des Rossarztes Ammon 
»Ueber die Natur und Heilung der Augenentzündung des 
Pferdes«. In den 20er Jahren folgt die Arbeit von Toggio 
»Ueber die Ursachen der Blindheit der Pferde« und 1824 die 
Schrift Leblanc’s über die Augenkrankheiten der Hausthiere, 
insbesondere des Pferdes. In Deutschland erschien 20 Jahre 
später Johann Friedrich Müller’s »Handbuch der Vete- 
rinärophthalmologic für Thierärzte«. Die bahnbrechenden Ar¬ 
beiten von Graef und Helmholtz (1851), von Arlt und 
Donders mussten alles bisher über Arzneiheilkunde Bekannte 
modificiren. Die Veterinäre haben erst verhältnissmässig spät 
für ihre Ophthalmologie Nutzen aus den Forschungen dieser 
hervorragenden Humanophthalmologen gezogen. RudolfBerlin 
in Stuttgart war es, der 1874 durch Einrichtung eines Augen¬ 


spiegelkurses für die Professoren der dortigen Thierarzneischule, 
von 1875 an auch für die Studenten derselben die wissen¬ 
schaftliche Ophthalmologie in die Thierheilkunde einführte. 
Berlin verdanken wir eine Reihe grundlegender Arbeiten über 
»Der physikalisch-optische Bau des Pferdeauges«. B. wies 
nach, dass die Augen sämmtlicher Hausthiere hypermetropisch 
sind, dass sie einen unregelmässigen Linsenastigmatismus auf¬ 
weisen, dass am Pferdeauge immer ein regelmässiger Hornhaut¬ 
astigmatismus anzutreffen ist, dass im Pferdeauge eine Accomo- 
dation besteht u. A. m. Darnach folgten seine Arbeiten über 
den Staar und Staaroperationen, über Netzhautablösungen, über 
Sinusthrombose mit Exophthalmus, über Cholestearinkrystalle 
in Glaskörpern, über Entropiumoperation, über die Diagnose 
und Beurtheilung der periodischen Augenentzündung. Berlin’s 
Vorgang wirkte befruchtend auf andere thierärztliche Forscher. 
Bayer-Wien gab seinen vergleichend-ophthalmologischen Atlas 
heraus und bearbeitete in seiner Veterinärchirurgie die Augen¬ 
heilkunde in ausführlicherWeise. Möller veröffentlichte kurz 
darnach seine Augenheilkunde für Thierärzte. Berlin's Nach¬ 
folger in Stuttgart war Schleich. Wir verdanken auch ihm 
eine Reihe werthvoller anatomischer und klinischer Arbeiten. 

Eine ganze Reihe anatomischer und physiologischer Fragen 
harrt noch der Klärung, die Lehre von der Hornhautentzündung 
bei der Hundestaupe, die differentielle Diagnose der periodi¬ 
schen Augenentzündung bedürfen noch der Sichtung. Der Zu¬ 
sammenhang zwischen Augenkrankheiten und Allgemeinleiden 
ist noch in vielen Fällen unklar, und auch auf gerichtlich- 
medicinischem Gebiete ist noch Mancherlei zu erforschen. So 
ist die vergleichende Augenheilkunde ein Gebiet, auf dem der 
Forschereifer noch Vieles erreichen kann. 

F roehner-Fulda. 


Ueber die Toxine der Giftschlangen und Immunisation 
durch dieselben. 

(Bulletins de ln Societe de biologie de Paris. Decembre 1S97.) 

Dass immunisirende Materien neben dem Giftstoff bei Gift¬ 
schlangen eine Rolle spielen, wusste man schon länger, nicht aber 
genau, worin diese bestehen und von welchen Organen im 
Körper sie ausgehen. Allerdings hat schon 1880 Bouchard 
den Satz aufgestellt und verfochten, dass es keineswegs Bak¬ 
terien seien, welche die antitoxischen Substanzen liefern, son¬ 
dern diese Wirkung vom Körperhaushalt ausgehe und noch 
näher untersucht werden müsse. Dr. Phisalix in Paris hat 
sich nun, nachdem die Experimentation lange Zeit keine zu¬ 
friedenstellende Resultate ergab, seit einigen Jahren mit dem 
j Studium der Toxine der Giftschlangen (Vipera) besonders be¬ 
schäftigt , Immunisirungsversuche an Thieren (hauptsächlich 
j Hunden) angestellt und darüber in der Dezembersitzung der 
j biologischen Gesellschaft in Paris berichtet. 

Der Forscher untersuchte zunächst die verschiedenen Ab¬ 
sonderungsflüssigkeiten des Körpers auf ihre Giftwidrigkeit, 
fand aber fast nur das Lebersecret zum Immunisiren brauchbar 
I und erwies sich auch dieses nicht direct antitoxisch, wohl aber 
zeigte es neutralisirende Wirkungen auf das Schlangengift. Alle 
Versuchsthiere gingen ein, so oft er ihnen an einer Stelle Vipern¬ 
gift und an einer andern Stelle nachher Viperngalle einimpfte, 
dagegen blieben alle Hunde am Leben, sobald er die Galle 
24 Stunden vor dem Gift injicirte oder auch, wenn Galle und 
1 Gift zugleich, also gemischt eingespritzt wurde. Erstere 
neutralisirte sonach das Virus. Um weiter zu erfahren, 
welche Gallenbestandtheile dabei von Einfluss sind, hatte sich 
gezeigt, dass die glyko- und taurocholsauren Verbindungen der 
Viperngalle genau so wirken, wie die Galle selbst, während 
das Cholestearin ausserdem auch wirklich antitoxische 
Fähigkeiten besitzt, die sonst nirgends in den Absonderungs¬ 
flüssigkeiten gefunden werden konnten. Selbst 10 Minuten nach 
Injection reinen Schlangengiftes vermochte Cholestearin die Ver¬ 
suchsthiere noch vor dem Tode zu retten. Sonach geht es 
aus den Experimenten hervor, dass die künstliche Immunität 
eigentlich nur darin zu bestehen braucht, dass man mehr neu- 


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No. 24. 


DEUTSCHE THIER^ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


211 


tralisirende und antitoxische Substanzen ins Blut bringt, als 
dies normal in der Körperöconomie geschieht und dass es 
die Leber ist, von der diese Substanzen ausgehen. 

Vogel. 


Trichorrhexis nodosa beim Maulthier. 

Von Falotti. 

(Giorn. della R. Soc. et Accad. Vet. Ital. 1S9S, S. 339.) 

Unter den Maulthieren eines Alpenbataillons beobachtete F. 
folgende Haarkrankheit. Auf der Kruppe, der Lendengegend 
und den Rippen zeigte sich die Haut selbst vollständig intact. 
Die Haare daselbst gehen nicht aus, sondern brechen ab. 
Letzteres erfolgt an knotig aufgetriebenen Stellen der Haare, 
die man bereits mit blossem Auge sieht und die einige Centi- 
meter von der Haut entfernt sitzen. Es entstehen dadurch 
scheinbar kahle Flecke, als wenn die Haare mit der Scheere 
abgeschnitten sind. Dieselben sind nicht rund von Form, son¬ 
dern streifenartig mit seitlichen Ausbuchtungen, so dass eine 
zebraartige Streifung entsteht. An diesen Stellen findet man 
nach dem Verschwinden des Leidens dunklere oder weisse 
Haare, und zwar bei Braunen fast schwarze, weisse dagegen 
bei Grauen. 

Die Krankheit überträgt sich leicht von Thier zu Thier 
direct oder durch Vermittlung der Stallutensilien und des Ge¬ 
schirrs. 

Bei der mikroskopischen Untersuchung der kranken Haare, 
die einige Zeit in 5 proc. Kalilauge gelegen hatten, sah man 
an der knotigen Auftreibung eine Auffaserung des Haares, als 
wenn zwei Pinsel mit den Haaren gegen einander gekehrt waren. 
Ohne Färbung waren an diesen Stellen keine Mikroorganismen 
wahrzunehmen, dagegen sah man nach Färbung mit Methylen¬ 
blau oder Methylviolett solche daselbst zahlreich, theils ein¬ 
zeln, theils in Ketten angeordnet, in den Randschichten und 
knotigen Auftreibungen des Haares. 

Perroncito und Bosso bestätigten diesen Befund. Ob¬ 
wohl F. selbst zugiebt, über das Wesen der genannten Krank¬ 
heit mangels experimenteller Untersuchungen nichts zu wissen, 
neigt er doch dazu, den gefundenen Mikroorganismen ursäch¬ 
liche Bedeutung beizulegen. 

Von den vielen versuchten Heilmitteln hat F. 2—5 proc. 
Sublimatlösungen am wirksamsten gefunden. Dieselben, alle 
2 Tage angewendet, führten eine Heilung in 14 Tagen herbei. 

F. vergleicht das Leiden mit der Trichorrhexis nodosa 
des Menschen, bei der er ebendenselben Befund erheben konnte. 

Frick. 

Oeffentliches Veterinärwesen. 

Die Prophylaxis der Rotz krankheit. _ 

Von Nocard. 

(Recueil de Med. veierinaire. November 1S97O 

1. Jedes Pferd, welches irgend eine rotz- oder wurmver¬ 
dächtige Erscheinung zeigt, soll der Malleinisirung unterworfen 
werden; ruft das Maliern eine vollständige (organische und 
thermische) Reaction vor, so ist das Pferd als rotzig zu tödten; 
tritt im Gegentheil keine Reaction zu Tage, so ist das Pferd 
als nicht rotzig zu erklären, ungeachtet der verdächtigen Er¬ 
scheinungen. 

2. Ist ein Pferd als rotzig erkannt, so sind sämmtliche 
mit ihm in Berührung gewesenen Pferde zu malleinisiren und 
je nach dem Ergebniss in 2 Gruppen zu theilen: der ersten 
Gruppe werden diejenigen Thiere zugetheilt, welche gesund 
sind, d. h. keine Reaction gezeigt haben; dieselben sind dem 
Besitzer zur freien Verfügung zu überlassen und müssen von 
anderen getrennt gehalten werden; neu zugeführte Thiere müssen 
der Mallei'nprobe unterzogen werden. Die zweite Gruppe um¬ 


fasst alle diejenigen Pferde, welche mehr oder weniger auf die 
Malleineinsprilzung reagirt haben; diese Thiere wurden mit 
Zeichen versehen und sorgfältig in desinficirten Ställen isolirt. 
Die Fütterung und die sonstige Pflege wird mit besonderen 
Utensilien durch besonderes Personal besorgt. Alle ein oder 
zwei Monate wird die Mallei'neinspritzung wiederholt und die¬ 
jenigen Pferde, die reagiren oder klinische Zeichen der Rotz¬ 
krankheit zeigen, werden getödtet, während diejenigen, welche 
auf zwei auf einander folgende Einspritzungen keine Erschei¬ 
nungen wahrnehmen lassen, gesund erklärt und dem Besitzer 
zur freien Verfügung überlassen werden. 

Dies Verfahren wird heutzutage in Frankreich befolgt, es 
bietet den grossen Vortheil, dass nur die wirklich rotzigen 
Pferde getödtet und demgemäss die den Pferdebesitzern auf¬ 
erlegten Opfer verringert werden; durch dasselbe ist bewiesen, 
dass viele Pferde, welche bei der ersten Mallei'neinspritzung 
specifische Veränderungen älteren oder neueren Datums in der 
Lunge hatten, durch die Isolirung einer fortgesetzten Ansteckung 
entzogen, rasch geheilt wurden. Es wäre daher übertrieben, 
die Tödtung solcher Pferde zu verlangen, trotz des Nichtvor¬ 
handenseins irgend welcher Erscheinung, die für die Zunahme 
der Krankheit spricht. 

Ausser den oben bezeichneten Massnahmen giebt es noch 
andere allgemeiner Natur, die geeignet sind, die rotzverdächtigen 
Pferde zu entdecken und dadurch die Ansreckungsgelegenheiten 
zu vermindern: 

1. In denjenigen Provinzen, in welchen die militärischen 
Pferde-Vormusterungscommissionen die diensttauglichen Pferde 
aufnehmen, sollten diese Commissionen die verdächtig er¬ 
scheinenden Pferde den veterinärpolizeilichen Beamten an- 
zeigen. 

2. Die veterinärpolizeiliche Beaufsichtigung der Pferde¬ 
märkte, der Pferdeschlächtereien und Abdeckereien würde be¬ 
stimmt eine ganze Anzahl von Rotzherden entdecken und da¬ 
durch die Bekämpfung der Seuche erleichtern. 

3. Mit Rücksicht darauf, dass die Pferde der Wagenver- 
I miether, der Handlungsreisenden, der ziehenden Handelsleute, der 
! Messbudenbesitzer, der Canalschiffer, der Marktschreier etc. 

I der Ansteckung am meisten ausgesetzt sind, wäre eine perio¬ 
dische Untersuchung dieser Thiere angezeigt, welche dann nur 
mit einem eine bestimmte Zeit gültigen Gesundheitszeugnisse 
versehen, durch das Land ziehen könnten. 

4. Endlich sollten die Wirthschaftsstallungen periodisch, 
jedenfalls aber am Tage nach den Viehmärkten gründlich des- 
inficirt werden. 

Die oben aufgestellten Grundsätze begründet Nocard 
folgendermassen: 

Das ganze System beruht auf der methodischen Anwendung 
des Malleins. Bewirkt das Maliern bei einem verdächtigen 
Pferde eine thermische und organische Reaction, so ist das- 
i selbe bestimmt rotzig. Tritt das Gegentheil ein, so ist das 
verdächtige Pferd mit irgend einem rotzähnlichen Leiden be¬ 
haftet, ohne rotzig zu sein. Diese Behauptung ist durch aber- 
j mals zehntausend Beobachtungen bestätigt und lässt absolut 
j keinen Zweifel aufkommen. 

In einem mit verschiedenen Pferden belegten Stalle kommt 
selten nur ein einziger Rotzfall vor; in der Regel erkranken 
I noch andere Thiere, welche aber lange Zeit hindurch alle An- 
I Zeichen einer vollen Gesundheit tragen, und wenn sie späterhin 
i die klinischen Symptome zeigen, haben sie schon lange die 
Rotzkeime unter den Pferden ihrer Umgebung verbreitet. In 
einigen Stunden gestattet eine Mallei'neinspritzung, die ange¬ 
steckten von den nicht angesteckten Thieren zu unterscheiden 
und in Folge dessen die gesunden Thiere von den anderen zu 
trennen und von jeder Ansteckung fern zu halten. 

Die gegenseitige Ansteckung einer-grossen Anzahl von ein 
und demselben Seuchenherde angehörigen Pferden vollzieht sich, 
im Gegensatz "zu~ dem, was man zu glauben geneigt wäre, 
durch die Verdauungsorgane. Dies lässt sich mit Leichtigkeit 
beweisen; w lüimfiän''einem gesunden Pferde eine kleine Quan¬ 
tität einer Rotzcultur, in seinem Futter vermischt, verabreicht. 
Vor der Aufnahme der Cultur reagirt das Thier auf die Mallei'n- 


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DEUTSCHE TH 1 ER.ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


11. Juni. 


einspritzung nicht, acht bis zehn Tage dagegen nach der Fütte¬ 
rung der Cultur reagirt es typisch und wenn man es tödtet, 
befinden sich in der Lunge Miliartuberkel, die sich von den¬ 
jenigen der natürlichen Krankheit nicht unterscheiden lassen. 
Auf diese Weise erklärt man sich leicht die Gefahr der gemein¬ 
samen Tränktröge, wie sie in den Cavalleriekasernen und bei 
anderen grösseren Fuhrunternehmern in Gebrauch sind. 

Daher rührt auch die grosse Gefahr der Wirthschafts- 
stallungen her, in welchen sich Pferde aus allen Gegenden 
beständig ablösen, ohne dass jemals die Tröge, die Krippen 
oder die Raufen gereinigt oder gar desinficirt würden. 

Die Rotzkrankheit kann selbstverständlich auch auf eine 
andere Art, experimentell oder zufällig, als durch die Auf¬ 
nahme von Rotzkeimen durch die Verdauungsorgane hervor¬ 
gerufen werden. Wird ein solches Pferd getödtet, so findet 
man beim Vorhandensein von rotzigen Veränderungen in der 
Lunge, dass die Läsionen keine der natürlichen Krankheit ähn- j 
liehen Miliartuberkel, sondern vielmehr kleinere oder grössere j 
infarcte, pneumonische oder bronchopneumonische Herde dar¬ 
stellen, analog den Erscheinungen, welche in der Lunge von 
inoculirten Eseln gefunden werden. 

Das einzige Mittel, um den Miliartuberkeln des natürlichen 
Rotzes ähnliche experimentell zu erzeugen, besteht darin, dass 
man die Ansteckung bewirkt durch die Aufnahme mit dem 
Futter, einer virulenten Cultur, von virulentem Nasenausfluss 
oder Eiter. 

Verfasser hat dies auf 32 Pferden, 1 Esel und 2 Maul¬ 
eseln nachgewiesen. 

Pferde, welche bei der Mallei'nprobe reagirt haben, jedoch 
keine klinischen Erscheinungen noch zeigen, hält N o c a r d zu 
tödten nicht für angezeigt. Dieselben können, getrennt gehalten, 
zur Arbeit verwendet und müssen aber monatlich einmal einer 
Mallei'nprobe unterworfen werden. Jedes so geimpfte Pferd, 
das zwei auf sich folgende Mallei'nproben ohne Reaction über¬ 
steht, kann zur freien Verfügung dem Besitzer überlassen wer¬ 
den, denn es ist vom Rotze geheilt. 

N o c a r d hält also die Rotzkrankheit auf Grund zahlreicher 
Experimente und Untersuchungen für heilbar, so lange dieselbe 
keine äusseren Erscheinungen angenommen hat bei Individuen, j 
die auf Mallei'ninjection reagirt haben. Der klassische Rotz, so ; 
wie wir ihn kennen, und der eigentlich das letzte Stadium des ! 
Krankheitsprocesses darstellt, ist unheilbar und gefährlich. 

Nocard bestärkt diese seine Behauptung durch seine in j 
dem Remontedepot zu Montoire gemachten Experimente und 
Beobachtungen. 

Im Jahre 1892 brach in diesem Depot Rotz aus; auf An- j 
ordnung des Kriegsministcriums wurde der ganze Pferdebestand 
mallei'nisirt. Den Mitgliedern der zu diesem Behufe ernannten | 
Commission fiel es auf, dass neben den klinisch rotzigen eine i 
grosse Anzahl solcher Pferde auf die Mallei'ninjection reagirten, j 
die gar keine verdächtigen Symptome zeigten. Die Commission 
Hess mehrmals von letzteren tödten; und im Monat August 
1892 wurden ebenfalls 11 Pferde, die nicht reagirt haben, ge¬ 
opfert. Bei sämmtlichen Thieren, gleichgültig, ob sie reagirt 
haben oder nicht, wurden gleichmässige Läsionen in den Lungen j 
festgestellt, welche in grauen oder durchsichtigen Miliartuberkeln 
ohne käsigen Zerfall, ohne fibröse Hülle und ohne entzündlichen 
Hof bestanden. Die rotzige Natur dieser Tuberkel wurde als 
erwiesen angenommen, und erklärte Nocard das Ausbleiben 
der Reactionen dadurch, dass diese früher mit Lungenrotz be¬ 
hafteten Pferde geheilt waren, in anderen Worten, dass die in 
den Lungen Vorgefundenen Tuberkel nicht mehr virulent waren 
und keine lebenden Rotzbacillen mehr enthielten. 

Die 11 in Rede stehenden Pferde wurden auf’s Gerade¬ 
wohl aus einem Bestand von 105 in einem Vorwerk des De- j 
pots untergebrachten Stück, welche nicht reagirt haben, heraus¬ 
genommen ; man konnte daher annehmen, dass die übrigen 
94 Pferde, welche mit diesen getödteten und rotzig befundenen 
zusammen in Freiheit gelebt haben und der Rotz während 
5 Monate in diesem Bestände unbemerkt existirt hat, auch mehr , 
oder weniger erhebliche Läsionen in der Lunge haben müssten. 
Eine gewisse Anzahl dieser Pferde hat jedoch auf die Mallein- 


injection nicht reagirt und zwar, weil dieselben mehrere Wochen 
vor der Experimentirung auf einer Wiese isolirt, in freier Luft 
und bei guter Nahrung gehalten wurden, so dass die schon 
vorhandenen kleinen Läsionen inzwischen geheilt waren. Als 
Beweis dient der Umstand, dass bei den später mit denselben 
Pferden vorgenommenen Mallei'nisirungen die Zahl der nicht 
reagirenden jedesmal geringer wurde und dass endlich 78 Pferde* 
welche das Maliern als rotzig erklärte, nach 5—6 Monaten 
dieses Regim’s als geheilt unter verschiedene Cavallerie-Regi- 
menter vertheilt, den activen Dienst versehen konnten, ohne 
dass je die geringste Erscheinung vom Ende des Jahres 1892 
bis September des Jahres 1897 aufgetreten wäre. 

Im russischen Gouvernement Charkow ist Aehnliches be¬ 
obachtet worden: im Jahre 1893 wurden 658 Pferde einer 
Cavalleriebrigade mallei'nisirt; davon reagirten 290 nicht; von 
den übrigen, welche einige Monate isolirt blieben, wurden die 
wenigen klinisch rotzigen getödtet, während die grösste Mehr¬ 
zahl, nach mehreren Mallei'ninjectionen nicht mehr reagirend, 
in den Dienst ohne Nachtheil wieder eingestellt wurde. 

In einem Depot der Pariser Tramwaygesellschaft hat 
Nocard im Jahre 1893 die gleichen Beoabachtungen machen 
können. Nachdem in einem Pferdebestand von 160 Stück die 
Rotzkrankheit bei 3 Thieren klinisch festgestellt war, wurden 
sämmtliche der Mallei'nprobe unterworfen; davon reagirten 29, 
darunter die klinisch rotzigen, bei deren Obduction veralteter 
Rotz festgestellt wurde. Von den 26 anderen, die keine Sym¬ 
ptome zeigten, wurden 12 Stück getödtet und bei allen durch¬ 
scheinende (translucide) Lungentuberkel vorgefunden. Es kann 
also mit Bestimmtheit behauptet werden, dass die 14 restirenden, 
anscheinend gesunden Pferde, welche mit den 12 obigen reagirt 
haben, ebenfalls wie jene die gleichen Läsionen in der Lunge 
tragen mussten. Trotzdem wurden sie in einem besonderen 
Stall isolirt und monatlich zwei Mal mallei'nisirt. Nach einigen 
Monaten hörte die Reaction auf und ist seither wirkungslos. 
Diese Pferde wurden wieder zu den anderen gebracht und ver¬ 
sahen einen sehr schweren Dienst, ohne dass je eines das 
geringste Rotzsymptom zeigte. Nach Verlauf von 10 Monaten 
wurde die Mallei'nprobe wiederholt; keines der Thiere reagirte 
aber, so dass dieselben als endgültig geheilt angesehen werden 
konnten. 

Um vorstehende Angaben zu prüfen, erhielt die Armee- 
Commission für thierärztliche Medicin und Hygiene vom Kriegs¬ 
minister die Erlaubnis, auf Militärpferden die Experimente 
Nocard’s auszuführen. 

Es sollte festgestellt werden: 1. die Uebertragbarkeit des 
Rotzes durch den Verdauungscanal; 2. der diagnostische Werth 
des Mallei'ns; 3. die Möglichkeit, in der Lunge gesunder Pferde 
Miliartuberkel bezw. durchscheinende (translucide) Knoten zu 
erzeugen, deren rotzige Natur bekanntlich bestritten wurde. 

Diese Reihe von Versuchen wurde auf 6 Pferden aus ver¬ 
schiedenen seit mindestens 10 Jahren rotzfreien Cavallerie- 
regimentern vorgenommen. Auf die Einspritzung von Mallei'n 
reagirte keines der Versuchsthiere, deren dann zwei als Control- 
subjecte bezeichnet, während die 4 anderen je mit einem halben 
Eimer Wassers, welchem das Product einer Rotz-Kartoffelcultur 
beigemischt war, getränkt wurden. 50 Stunden nach der Auf¬ 
nahme stieg die Temperatur dieser 4 Pferde um 1,8 bis 2,6, 
und eine am 6. Tage gemachte Mallei'ninjection rief ein solch 
intensives Fieber bei allen 4 Stück hervor, dass dieselben 
während 3 Tagen in Lebensgefahr waren; am 8. Tage endlich 
trat bei allen 4 Thieren Anschwellung der Kehlgangsdrüsen und 
bei einem Nasenausfluss und Geschwüre auf der Nasenscheide¬ 
wand auf. Bei einer inzwischen auf den 2 Controlpferden vor¬ 
genommenen Mallei'nprobe erwies sich diese als erfolglos. 

14 Tage nach Aufnahme der Rotzcultur Hess die Militär- 
commission 2 der rotzigen und 1 Controlpferd tödten. 

Die Obduction wurde sehr sorgfältig vorgenommen; die 
Lungen der rotzigen Thiere waren mit Miliartuberkeln in allen 
Entwicklungsstadien, deren viele durchscheinend waren, voll¬ 
ständig durchsetzt, wohingegen diejenige des Controlpferdes 
ganz gesund war. Die anderen 2 rotzigen und das 1 Control¬ 
pferd wurden nach Verlauf eines Vierteljahres getödtet, wobei 


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No. 24. 


213 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


das letztere vollständig gesund befunden wurde. Die 2 rotzigen, 
welche schon lange die klinischen Erscheinungen des chroni¬ 
schen Rotzes zeigten, hatten die Lunge mit theils käsigen, 
fibrösen, verkalkten, durchscheinenden Knoten total durchsetzt. 

Nach einiger Zeit ordnete dieselbe Militärcommission eine 
zweite Reihe von Experimenten auf 12 Militärpferden an, welche 
aus verschiedenen seit langer Zeit seuchefreien Cavallerie- 
regimentern entnommen waren. Keines der 12 Thiere zeigte 
bei der zwei Mal wiederholten Mallei'nprobe irgend welche 
Rcaction. Am 30. November 1896 wurde in Gegenwart der 
Commission jedem Pferd ein halber Eimer Wassers, welchem 
25 ccm einer in sterilisirtem Wasser gelösten Rotzcultur bei¬ 
gemischt waren, verabreicht. 14 Tage nachher erzeugte die 
Malleininjection bei sämmtlichcn eine typische Reaction. Diese 
Mallei'nproben wurden von Monat zu Monat wiederholt; 5 Ver¬ 
suchstiere, welche immer reagirt haben, wurden inzwischen 
klinisch rotzig und getödtet, während die 7 übrigen Ende 
Februar auf eine Wiese gebracht und daselbst Tag und Nacht 
bei allem Unwetter verbleibend, schon lange nicht mehr auf 
die Mallei'ninjectionen reagirten. Sie mussten also als geheilt 
angesehen werden. 

Im Monat Juni wurde eines dieser Pferde wegen einer 
schweren doppelseitigen Pleuritis getödtet und da die letzte 
Malleinprobe ohne Erfolg geblieben, wurde ebenfalls ange¬ 
nommen, dass dasselbe geheilt war. In der Lunge fanden sich 
Miliartuberkeln von fibröser, käsiger oder kalkiger Beschaffen¬ 
heit in geringer .Zahl vor; ein Theil davon wurde, vermischt 
mit einem broncho-pneumonischen frischen Herde, zu Pulpa 
zerstossen und die Hälfte unter die Haut des Halses eines 
Esels und die andere Hälfte in das Bauchfell von 2 Meer¬ 
schweinchen gebracht. Zwei weitere Meerschweinchen bekamen 
ausserdem eine Einspritzung von je 5 ccm pleuritischen Ex¬ 
sudats. Sämmtliche Versuchstiere blieben vollständig gesund 
und lieferten den Beweis, dass die specifischen Rotzknötchcn 
der Lunge obigen Pferdes nicht mehr virulent waren. 

Im Monat Juli 1896 Hess die Militärcommission von den 
6 übrigen Pferden, welche schon lange nicht mehr auf Mallci'n- 
injectionen reagirten und daher für geheilt galten, 4 tödten. 
Die Obduction wurde in Gegenwart einer grossen Anzahl von 
Civil- und Militärthierärzten von Paris und Umgegend vor¬ 
genommen. Bei allen waren unstreitig rotzige Erscheinungen 
vorhanden. Die Lungenknötchen waren meistens fibrös, einige 
käsig, andere translucid. Ein Theil der krankhaften Lungen¬ 
veränderungen eines jeden Thieres wurde sorgfältig gesammelt 
und dieselben zu einem Brei zerrieben, unter die Haut eines 
Esels und in das Bauchfell von 2 männlichen Meerschweinchen 
injicirt. Nach 5 Wochen befanden sich Esel und Meerschwein¬ 
chen noch frei von jeglicher Krankheitserscheinung; die den¬ 
selben eingespritzte Pulpa war also auch rotzfrei. 

Dieser Versuch beweist, indem er die Resultate der Mallcin- 
injectionen bestätigt, dass diese 4 rotzigen Pferde vollständig 
geheilt waren. 

Es blieben endlich noch 2 Versuchspferde übrig, von denen 
man mit Recht behaupten konnte, dass sie ebenfalls geheilt 
waren, zumal bei den letzten Mallei'nproben jede Reaction aus¬ 
blieb. Diese beiden Pferde nun wurden in ihr früheres Regi¬ 
ment wieder eingestellt und machten die grossen Corpsmanöver 
im Norden Frankreichs mit, ohne dass irgend ein Symptom 
nur sichtbar wurde. Sie kamen mit glänzendem Haare ohne 
Gewichtsverlust und munter zurück, wurden noch einige Tage 
ohne Erfolg mallemisirt und Mitte Octobcr getödtet. Der Sections- 
befund war der gleiche, wie bei den 4 vorhergehenden Pferden:, 
die Lungenknötchen waren theils fibrös, theils kalkig, theils 
grau gefärbt, theils durchscheinend. Die durch Zerreibung 
solcher Knötchen gewonnene Pulpa wurde 1 Esel unter die 
Haut und 2 Meerschweinchen in das Peritoneum eingespritzt, 
ohne dass innerhalb 3 , / a Monaten irgend welche Erscheinungen 
zu Tage getreten wären. 

Das von Nocard entdeckte und empfohlene Verfahren 
hat in Frankreich allseitigen Beifall gefunden. Seit dem 
20. September 1895 wurde es reglementsmässig in der Armee 


eingeführt und hat dasselbe seither unter den Pferden der 
Pariser Droschkengcscllschaft die glänzendste Probe bestanden. 
Auf 12000 Pferde wurden innerhalb 6 Monaten 586 Stücke 
als klinisch rotzig polizeilich getödtet. Auf 10 231 malleinirte 
reagirten 2037, also rund 20 °/o. Von letzteren wurden wiederum 
687 klinisch rotzig und getödtet, während 338 auf wiederholte 
Mallei'ninjectionen nicht mehr reagirten und wieder in Dienst 
gestellt wurden. Ein grosser Theil der letzteren, welche in 
Folge von Alter, Abnutzung oder Unfälle zur Ausrangirung 
kamen, wurden getödtet und sccirt; bei sämmtlichcn waren die 
vorhandenen Lungenläsioncn geheilt, fibrös oder verkalkt. Die 
damit angesetzten Culturen ergaben keine Löffler’schen Bacillen 
und die ausgeführten Impfungen blieben erfolglos. Dies in der- 
Praxis angewandte Verfahren N o c a r d ’s hat also die auf Ex¬ 
perimente gestützte Theorie vollkommen bestätigt. 

Haas. 


Die Verbreitung’ der Lungenseuche im Deutschen Reiche 
während des Jahres 1896. 

(Aus dein .Jahresbericht über die Verbreitung der Thierseuchen«. 1896.) 

Die Lungcnscuche hat im Berichtsjahre erheblich mehr 
Opfer gefordert als im Vorjahre: erkrankt waren 1608 Stück 
Rindvieh. Die Fälle vertheilen sich auf 70 Gemeinden bezw. 
185 Gehöfte in 7 Staaten, nämlich Preusscn, Bayern, Sachsen- 
Weimar, Braunschweig, Anhalt, Reuss ä. L. Die stärkste räum¬ 
liche Verbreitung hatte die Seuche in den Regierungs¬ 
bezirken Magdeburg (113 Gehöfte in 32 Gemeinden), Köln 
(49, n), Potsdam (26, 12), Düsseldorf (15, 9). Zu den stark 
verseuchten Kreisen zählen Wolmirstedt, Wanzleben, Ncu- 
haldensleben, Osthavelland, Euskirchen. Von je 10000 Stück 
Rindvieh sind im Reiche erkrankt gewesen 0,92; im Einzelnen 
schwanken die Zahlen*für die betroffenen Staaten zwischen 
0,15 (Reuss ä. L.) und 0,01 (Bayern). Gefallen sind 18 Stück 
Rindvieh, getödtet auf polizeiliche Anordnung 1 754 » 
auf Veranlassung der Besitzer 946 Thiere. 23,1 °/ 0 
der auf polizeiliche Anordnung getödteten und 75 > 4 °/o d er au f 
Veranlassung der Besitzer getödteten Thiere wurden bei der 
Section als frei von Lungenseuche befunden. Der Gesammt- 
verlust an Rindvieh aus Anlass der Bekämpfung der Seuche 
betrug somit 2737 Stück. Die grösste räumliche Ausbreitung 
zeigte die Seuche im ersten Vierteljahr, die höchste Erkrankungs¬ 
und Verlustziffcr weist das zweite Vierteljahr auf. 

Ueber das Auftreten der Lungenseuche in auswärtigen Staaten liegen 
folgende Nachrichten vor: Belgien: 2 Fälle. Frankreich: 380 Fälle. 
Grossbritannien: 9 Fälle; ebenso Italien. In Oesterreich war 
am Schlüsse des Jahres nur ein Ort verseucht. 

Anlässe zu den Seuchenausbrüchen: In einem 
Falle ist die Einschleppung durch ein Stück Nutzvieh von 
Böhmen nach Bayern nachgewiesen. Innerhalb der Bundes¬ 
staaten haben zahlreiche Verschleppungen durch den Viehhandel 
stattgefunden. 

Ermittelt wurden die Seuchenausbrüche in den meisten 
Fällen zufolge Anzeige der Besitzer, in einigen Fällen auch 
bei der Schlachtvichbeschau. Die Incubationsdauer ist 
schwankend zwischen 41 und 60 Tagen ermittelt. 

Impfungen wurden vorgenommen an 24 Rinderbeständen. 
Von diesen waren 12 verseucht, 12 nicht verseucht. Von den 
verseuchten Beständen waren 6 nachweislich ganz oder thcil- 
weise schon geimpft, als die Seuche zum Ausbruch kam, 6 nicht 
geimpft. In den 6 schon geimpften Beständen erkrankten beim 
Ausbruch der Seuche von 229 Stück geimpften Thieren 8, von 
den 75 nicht geimpften 7. In den 6 erst nach dem Ausbruch 
der Seuche geimpften Beständen erkrankten beim Ausbruch 
von 544 Stück 24, nach der Impfung von 519 Stück 18. 

An Entschädigungen wurden für 2219 Stück Vieh 
401 934 Mk. 91 Pfg. gezahlt. Froehner-Fulda. 


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214 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


11. Juni. 


Darstellung: der Verbreitung: der Lungenseuche unter dem Rindvieh Im Deutschen Reiche Im Jahre 1896. 



!6 OsÜ.Lr. Gr cm* uw. 


Gumbmnek 1 


Schleswig 


Mecklenburg 

Schwerin 


Marienwi 


Bromberg 


Lüneburg 


Münster 


Von je 10000 Rindern 
erkrankten: 


Nahrungsmittelkunde. 

Zur Rentabilität der Kühlhäuser auf öffentlichen Schlacht¬ 
höfen. 

Von Schlachthofdirector Dr. Schwarz in Stolp. 

Von den etwa 68o öffentlichen Schlachthöfen Deutschlands 
sind ungefähr nur 170, also der vierte Theil mit einem Kühl¬ 
hause versehen. Unter denjenigen, welche noch keine Kühl¬ 
anlage haben, befinden sich recht bedeutende Schlachthöfe, wie 
Kiel, Bamberg, Metz, Lübeck, Mülhausen i. Eisass, Regens¬ 
burg u. a. m. 

Obgleich die Vortheile eines Kühlraumes für kleinere und 
mittlere Städte zwar noch bedeutender sind, wie für grosse, 
so ist noch nicht zu verkennen, dass in ersteren die Rentabilität 
der Kühlräume eine geringere ist. Nach den Aufstellungen 
der »Gesellschaft für Lin de’s Eismaschinen würde ein Quadrat¬ 
meter Zcllcngrundflächc des Kühlhauses zu vermiethen sein 
in einer Stadt von 60000 Einwohnern etwa mit 43.50 Mk. 

11 11 n n 25000 ,, „ ,, 50.— „ 

n n n n 10000 ,, „ ,, 53.— „ 

Jedoch könnte in den erstgenannten beiden Gruppen von Städten 
durch Einschränkung der Betriebskosten der angegebene Betrag 
auf etwa 42 Mk. herabgedrückt werden. 


Nach einer aufgestellten Berechnung von 74 Städten mit 
Kühlhäusern werden 10—60 Mk. pro Quadratmeter Zellcngrund- 
fläche erhoben, dies ergiebt im Durchschnitt 27,3 Mk. Die 
Pachtbemessung geschieht allerdings nach sehr verschiedenen 
Grundsätzen. Ebenso sind die Preise des mit hergcstellten 
künstlichen Eises sehr verschieden. 

Bezüglich der speciellen Zahlenaufstellungen muss auf das 
Original verwiesen werden. Edelmann. 


Verurtheilung wegen Verwendung von schwefligsauren 
Salzen zur Fleischconservirung. 

Die II. Strafkammer des König 1 . Landgerichts 
Dresden verurtheilte am 21. April d. J. 4 Dresdener Fleischer¬ 
meister, welche gewiegtes Rindfleisch mit Präservesalzen ver¬ 
setzt hatten, ungeachtet einer Warnung des Stadtrathcs zu 
Dresden vor dem Gebrauch derartiger Salze wegen Vergehens 
gegen § 12 des Nahrungsmittelgesctzes je zu zwei Wochen 
Gefängnis s. Zwei Gesellen wurden wegen Bei hülfe mit 
je siebentägiger Gefängnisstrafe belegt. Ein fünfter 
Fleichcrmeister und sein Geselle erhielten 3 bezw. 2 Wochen 
Gefangniss, weil sie das Vergehen begingen, nachdem schon 
eine Reihe von Fleischern bestraft und dieses öffentlich bekannt 
gegeben worden war. 


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No. 24. 


DEUTSCHE TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


2i5 


Der gegenwärtige Stand der Trichinenfrage. 

Sammelreferat von Dr. R. Disselhorst in Tübingen. 

(Zeitschrift für Thicrinedicin. Neue Fo ge, IUI. II, 1898, S. 138.) 

Eine in neuester Zeit im Hertwig’schen Laboratorium 
zu München unternommene eingehende Untersuchung von 
J. Y. Graham 1 ) giebt Disselhorst Veranlassung, den gegen¬ 
wärtigen Stand der Trichinenfrage kurz darzulegen. Es handelt 
sich dabei wesentlich um die Erledigung von zwei Hauptfragen, 
welche im Laufe neuerer Untersuchungen abweichend beant¬ 
wortet wurden, nämlich: 

1. Aufklärung des Weges, auf welchem die Trichinen vom 
Darm aus sich in die übrigen Gewebe des Körpers weiter ver¬ 
breiten, und 

2. ob ihre fernere Entwicklung in den Muskelfasern selbst 
oder nur im Zwischengewebe stattfindet. 

Von Forschern, welche seit Leuckart, Virchow, 
Pagenstecher, Zenker, Fiedler, Johne, Hertwig 
u. A. neuerdings auf diesem Gebiete gearbeitet haben und 
deren Arbeiten von Graham citirt werden, seien folgende 
aufgeführt: Chatin, Fourment und Delauvau, Grancher, 
Bakody, Ehrhardt, Cerfontaine, Askanazy, Geisse. 

Was die erstgenannte Frage anlangt, so muss nunmehr 
als erwiesen gelten, dass die Verbreitung der Trichinenbrut 
im Körper nicht durch active Wanderung stattfindet, sondern 
auf dem Wege der Blutbahn erfolgt. Hierfür sprechen 
folgende, von Graham u. A. festgestcllten Befunde: 

1. Es wurden Trichinenlarven gefunden im ausgeflossenen 
Blute (Zenker, Fiedler, Colberg, Graham). 

2. Graham konnte einen Trichinenembryo in einer Zwerch¬ 
fellarterie nachweisen. 

3. Befund von Trichinenlarven in Muskelcapillaren. 

4. Blutungen und Stasen in den Muskelcapillaren, welche 
durch Trichinen hervorgerufen wurden; u. a. Myocarditis. 

5. Befund von Trichinenembryonen neben Blutergüssen im 
Herzmuskel. 

6. Befund von Trichinenembryonen in hämorrhagischen 
Herden der Lunge (Askanazy). 

7. Die Schnelligkeit der Verbreitung. 

Hinsichtlich der Lage der geschlechtsreifen Trichinen im 
Darm hat Graham festgestellt, dass sowohl männliche wie 
weibliche Trichinen mit dem vorderen Körperende in der Tiefe 
eines Li eb er kühn'sehen Drüsenschlauches steckten und zwar 
im Epithel desselben, welches da, wo es in die Zotten über¬ 
geht, defect wird und schwindet. Graham erblickt in dieser 
Lage der Trichinen das Bestreben, sich der vermehrten Darm¬ 
peristaltik zu entziehen. Von hier aus können die abgesetzten 
Embryonen leicht die Chylusgefässe der Darmzotten er¬ 
reichen, welche als einzig bewiesene Bahnen angesehen 
werden können, auf der die Trichinenbrut den Darm verlässt 
(Virchow, Askanazy, Graham). Graham konnte auch 
an seinem Material mit Sicherheit nachweisen, dass die Trichinen¬ 
embryonen durch den Milchbrustgang in die Blutbahn 
gelangen und vom Blute passiv in die Muskeln ver¬ 
schleppt werden. 

Bezüglich der zweiten Frage hat Graham mit Sicherheit 
festgestellt, dass die Trichinen nirgendwo anders sich 
einkapseln, als in der quergestreiften Musculatur 
und zwar innerhalb der Muskelfaser selbst. Die 
Kapselbildung selbst erfolgt nicht nur durch das Sarcolemm, 
sondern auch durch die zerfallene contractile Substanz, obwohl 
keines von beiden die genannte Kapsel bildet. 

Weiterhin beobachtete Graham, dass die Trichine dem 
sicheren Verderben anheimfällt, wenn sie, vom Sarcolemma- 
Schlauche unbeschützt, der Wirkung des Bindegewebes aus¬ 
gesetzt ist. Sie stirbt dann ab, nachdem sich ein mit der 
Kapselbildung nicht vergleichbares Granulationsgewebe um sie 
herum gebildet hat. Deshalb können auch die Trichinen im 
Herzmuskel, dessen Fasern das Sarcolemma fehlt, nicht exi- 
stiren. Sie sterben entweder im Herzfleisch oder aber sie 


•) Archiv f. mikroskop. Anatomie, Bd. L, 1897. 


wandern in den Herzbeutel aus, wo sie von Graham in grosser 
Zahl gefunden wurden. 

Dass die Trichinenembryonen sich nur in den quergestreiften 
Muskelfasern ablagern, erklärt Graham endlich noch aus dem 
engen Caliber der Muskelcapillaren, welche etwa die Weite 
einer eben geborenen Trichine (0,005 mm ) besitzen und neben 
denen die Retina die engsten im Körper sind. Edelmann. 


Verwaltungsbericht der Schlacht- und Vlehhofverwaltung. 
Städtischer Schlacht- und Viehhof Karlsruhe. 
Betriebsjahr 1897. 

Von Bayersdörfer. 

I. Viehhof: 

1. Auftrieb: 6343 Rinder, 28007 Schweine, 16477 Kälber, 
141 Hammel, in Ziegen und Kitzlein. 

2. Abtrieb (Ausfuhr): 553 Rinder, 3755 Schweine, 126 
Kälber. 

II. Schlachthof: 

1. Schlachtungen: 11077 Rinder, 32796 Schweine, 
19863 Kälber, 1792 Hammel und Ziegen, 1547 Ferkel und 
Kitzlein, 175 Pferde. Hiervon wurden beanstandet bezw. be¬ 
schlagnahmt: 102 Rinder (0,92 °/ u ), 163 Schweine (0,6%), 
14 Kälber (0,07°/ 0 ), 2 Kitzlein. Von einzelnen Organen fanden 
sich ungeniessbar bei Rindern 2122 Stück, bei Schweinen 1623, 
bei Kälbern 81, bei Hammeln und Ziegen 2114 Stück. 

Die Beanstandungen bezw. Beschlagnahmungen erfolgten 
u. A. wegen: 

Tuberculose: bei im Rindern (io°/ 0 ), und zwar waren 
davon 78 (7 °/o) nicht bankwürdig, 7 (0,6°/ 0 ) ungeniessbar; bei 
175 Schweinen (0,53°/ 0 ), darunter 73 (4i,7°/o) nicht bankwürdig, 
9 (5i* %) ungeniessbar. Ausserdem 2 nicht bankwürdige tubercu- 
löse Kälber. Einzelne tuberculose Organe wurden beschlag¬ 
nahmt bei Rindern 1456, bei Schweinen 410, bei Kälbern 6, 
bei Ziegen 1 Stück. 

’ v ’ Bauchfellentzündung: 9 Rinder (4 Freibank, 5 ver¬ 
nichtet), 3 Kälber (2 Freibank, 1 vernichtet). 

Darmentzündung: 3 Rinder (2 Freibank, 1 vernichtet). 

2. Von auswärts eingeführtes Fleisch: insgesammt 
880182 kg. Hiervon kamen 805462 kg auf dem Schlachthof 
zur Untersuchung, und zwar 565821 kg Rindfleisch, 24993 kg 
Kalb-, 175 308 kg Schweine- und 39340 kg Hammelfleisch. Als 
nicht bankwürdig erwiesen sich dabei 9127 kg. Als ungeniessbar 
der Abdeckerei überwiesen wurden 705 kg, und zwar 3 Rinder 
wegen Tuberculose, 1 Kalb wegen allgemeiner Kachexie, 
1 Schwein wegen Finnen, 30 kg Sülze wegen Fäulniss, 
24 kg Hammelfleisch wegen Wässrigkeit, 3 Schweinsnieren 
und 2 Rindslungen wegen Entzündung, 6 Schweinslungen 
wegen Faden Würmern, 4 Hammellebern wegen Egeln. 

Bei den durch die ausserordentliche Fleisch¬ 
beschau in der Stadt ausgeführten 567 Laden- und 254 Markt¬ 
revisionen wurden beanstandet: 1 Rindslunge, 2 Milzen wegen 
Tuberculose, 2 Rindslungen wegen Aktinomykose, 1 Rindsschooss, 
I Stück Pferdefleisch, 1 Schweinsniere, 2 Schwartenmagen und 
9 Cervelatwürste wegen Schimmel und Fäulniss. Edelmann. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Neue thierärztliche Fachschriften des Auslandes. 

L’Avenir v6t6rinaire. Von Militär-Thierarzt a. D. M. 
Chenier. Der Herausgeber hat sich schon seit einiger Zeit 
durch Veröffentlichungen in der französischen thierärztlichen 
Presse bekannt gemacht und war namentlich bemüht, manche 
in der Armee eingerissene Missstände zur öffentlichen Be¬ 
sprechung zu bringen, zu welchem Zwecke er sich jedoch ver¬ 
schiedener Pseudonymen bedienen musste, um mit der Militär- 
disciplin nicht in Conflict zu gerathen, man versieht sich daher 
nunmehr, nachdem Chenier aus dem activen Dienst getreten, 


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2l6 


scharfer, die Reform des Militär- wie Civilveterinärwesens in 
Frankreich betreffender Artikel. Ausserdem sollen auch thier¬ 
ärztliche Standesangelegenheiten besonders zur Sprache gebracht 
werden, rein wissenschaftliche Arbeiten sind ausgeschlossen, 
da für diese Raum genug in den übrigen Fachzeitungen vor¬ 
handen ist. Das Blatt erscheint vom I. Januar d. J. ab. 

Revue mödicale vötörinaire et pharmaceutique de 
l’Afrique du Nord erscheint gleichfalls vom I. Januar d. J. ab 
zweimal monatlich in grossem Format zu 32 Seiten. Das Blatt 
hat sich zu der besonderen Aufgabe gemacht, die in den Co- 
lonien Nordafrikas beim Menschen sowohl als den dortigen 
Hausthieren immer zahlreicher vorkommenden und auch in das 
Mutterland übergreifenden Krankheiten mit ihren Eigentüm¬ 
lichkeiten des Näheren zu besprechen, da über dieselben wenig 
zuverlässige Nachrichten vorlicgcn, ein Theil derselben bei uns 
selbst ganz unbekannt geblieben ist. Ausserdem verfolgt die 
Zeitschrift namentlich auch therapeutische Zwecke. Abonne¬ 
mentspreis 6 Frcs. 

II Veterinario di campagna nennt sich ein neues italie¬ 
nisches, ebenfalls zweimal im Monat erscheinendes Fachblatt, 
als deren Redactcurc die beiden Municipalthierärzte Dr. Pictro- 
Caffaratti in Villafranca und Dr. Cottide-Fabretti in 
Comachio genannt sind. Mit professionellen Angelegenheiten 
wird sich die Zeitschrift dem Programme zu Folge nicht be¬ 
schäftigen, ebenso nicht mit Auszügen aus anderen thierärzt¬ 
lichen Journalen, seine Spalten vielmehr lediglich Originalab¬ 
handlungen öffnen, deren Inhalt direct aus der Veterinärpraxis 
geschöpft ist. Viel versprechend ist gleich die erste Nummer 
vom Januar 1898, enthaltend ein neues Castrationsverfahren 
für Fohlen, welches in doppelter Unterbindung des freigelegtcn 
Samenstrangs besteht, sowie eine neue verderbliche Infcctions- 
krankheit der Kälber, wobei nur einzelne oder aber auch sämmt- 
liche serösen Häute im Körper erkrankt sind (Serositis, Poly¬ 
serositis) u. s. w. 

La Revue des Hongreurs. Man sollte nicht glauben, 
wir befänden uns au fin de siöcle, wenn man die neue Er¬ 
scheinung zu Gesicht bekommt, welche soeben unter dem er-* 
staunlichen Titel »Revue der Castrirer« im Westen Frank¬ 
reichs (Ile-et-Vilaine) gegründet worden ist und gewiss einzig 
in seiner Art dasteht. In dem Programm heisst es, das Organ 
sei bestimmt, das Band der Confraternität fester zu schlicssen, 
das alle Mitglieder der grossen Familie, die man »Empiriker« 
nennt und welche die eigentlichen »Vorläufer« der Thierärzte 
sind, umschlingt. Es gebührt ihnen, heisst es weiter, bei den 
vielen Schwierigkeiten ihres Metiers eine Stellung in der mensch¬ 
lichen Gesellschaft, welche sie gegen alle Angriffe von aussen 
schützt, gleichviel, woher sie kommen mögen. Das Merk¬ 
würdigste dabei ist, dass dieses Organ der Hirten, Schäfer, 
Schmiede, Wallacher, Medikaster u. s. w. von einem appro- 
birten Thierarzte — A. Pi not in Vitr6 — ins Leben gerufen 
worden ist, der sich als Informator wie als Schirmherr der 
professionellen Interessen des Pfuscherthums aufwirft, eines 
Institutes, welches, wie angegeben wird, bestimmt ist, der 
Landwirthschaft die grössten Dienste zu leisten und einen Theil 
des Volkswohlstandes zu erhalten. Hiernach würde, bemerkt 
hierzu die Redaction des »Progrfcs v6tcrinaire«, der andere Theil 
des Nationalvermögens den Thierärzten als den natürlichen 
»Nachfolgern« der Pfuscher anvertraut sein! Ein zahlreiches 
Abonniren auf diese interessante Neuheit Seitens der Thier¬ 
ärzte wird wohl die Folge sein. Vogel. 


Briefkastennotiz. 

In dem Regierungsbezirk Arnsberg besteht nur ein thier- 
ärztlicher Verein, nämlich der »Verein der Schlachthaus¬ 
thierärzte«; die übrigen dortigen Herren Collcgcn gehören 
dem Thierärztlichen Central verein für die Provinz 
Westphalen an, der auf der letzten Plenarversammlung der 


II. Juni. 

thierärztlichen Vereine in Berlin durch Herrn Veterinär-Assessor 
Dr. Steinbach vertreten war. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Lelseringf’s Atlas der Anatomie des Pferdes und der 
übrigen Hausthiere. Von Obermedicinalrath Professor 
Dr. W. Ellenberger und Prof. Dr. Baum. III. Auf¬ 
lage. 1898. Verlag B. G. Teubner in Leipzig. 

Der in den Kreisen der Thierärzte rUhmlichst bekannte Leisering’sche 
Anatomische Atlas hat von Ellenberger unter Mitwirkung von Baum 
eine Neubearbeitung erfahren und wird in neun monatlich erscheinenden 
Lieferungen von der bekannten Verlagsfirma herausgegeben. Jede Lieferung 
wird neben dem vervollständigten Text sechs künstlerisch ausgestattete Tafeln 
enthalten und 6 Mark kosten. Die erste jetzt vorliegende Lieferung umfasst 
die Knochen-Bänder- und Gelenklehre. Nach vollständigem Erscheinen des 
ganzen Werkes werden wir aus der Hand eines Fachmannes eine eingehende 
Besprechung bringen. Malkmus. 


Elektromedlcinische Apparate und ihre Handhabung. 

Von Reiniger, Gebbert und Schall. Erlangen. 

Die Elektricität in ihren verschiedenen Formen hat heutzutage eine 
Verbreitung erlangt, die nicht nur in den Kreisen der Fachleute, sondern 
auch bereits in denen der Laien ein gewisses Verständniss verlangt Für 
den Mediciner, der zur Zeit eine ganze Menge von elektrischen Apparaten, 
sei es zur Beleuchtung, als Motoren oder zu diagnostischen und therapeutischen 
Zwecken benutzt, ist eine allgemeine Kenntniss der Gesetze von der Elek¬ 
tricität, sowie der Construction und Benutzungsweise der Apparate besonders 
nöthig. Da die meisten Mediciner wohl kaum den Drang verspüren werden, 
bezw. nicht über die nöthige Zeit verfügen, um sich an der Hand wissen¬ 
schaftlicher Werke die erforderliche Aufklärung zu verschaffen, so ist eine 
kurze präcise Abhandlung über die einschlägigen Verhältnisse ein dringendes 
Bedürfniss. Die obige Firma hat diese Aufgabe recht gut gelöst, indem sie 
in einem kleinen Heftchen kurz und klar die Elektricitätsgesetze, sowie die 
Construction und Benutzungsweise der in der Medicin gebr äuchlichen Appar 
rate an der Hand von guten schematischen Abbildungen erklärt. Mit Hülfe 
dieses Werkchens wird ein Jeder die entsprechenden Apparate benutzen 
können und auch mit etwaigen Fehlerquellen, sowie deren Beseitigung ohne 
Elektrotechniker vertraut gemacht werden. Zu dem Werke gehört das Preis¬ 
verzeichnis der Firma, auf das vielfach verwiesen wird. 

Das Werkchen ist allen Interessenten warm zu empfehlen. Frick. 


Personal-Nachrichten. 

Auszeichnungen : Rossnrzt R. Hcuss vom Hus.-Regt. No. 8 wurde 
von der philosophischen Fakultät der Universität Leipzig zum Dr. phil. pro- 
movirt. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen : Thierarzt Hock, bisher veterinär- 
technischer Hilfsarbeiter im Ministerium des Innern zu Karlsruhe, wurde 
zum Bezirksthierarzt in Waldkirch (Baden), Thierarzt Profi zum Assistenten 
am hygienischen Institut der thierärztlichen Hochschule in Berlin ernannt. 
Thierarzt Kopp aus Strassburg wurde als II. Thierarzt am Vieh- und 
Schlachthofe in Metz angestellt. Versetzt wurden die Bezirksthierärzte 
Dotter von Waldkirch nach Konstanz, Fessenmeier von Konstanz 
nach Radolfzell, S a u t e r von Schopfheim nach Wiesloch , S. B e i c h o 1 d 
von Pfaffenhofen nach Bruck (Bayern), Schlachthofthierarzt W. F i e t z in 
Gera definitiv zum Schlachthofdirector daselbst gewählt. Verzogen sind die 
Thierärzte Wolfsberg von Hamburg nach Kappeln, Karnahl von Pegau 
nach Zwenkau (Sachsen), Pflueg von Uetersen nach Marne, niedergelassen 
haben sich die Thierärzte Mildenberg in Witten, Scharr in Kletzke 
(Brandenbg.). 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutschen 
Heeres ; Rossarzt Bongert vom 2 . Garde-Art.-Regt, zum hygienischen 
Institut der thierärztlichen Hochschule in Berlin commandirt. ' 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thierärztliche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der Macktofsehen Druckerei in Karlsruhe i. B. 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Deutsche 


Thierärztliche Wochenschrift 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regierungs- un<l We<licinalrath, 
Director der Thierärztlidicn Hochschule 
in Hannover. 


heransgegeben von 
Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregierungsrath 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regierungsrath and Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Louisenthal (Saar). 


redigirt von 


Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierürzlliche Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 Jt> viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 17S4a. 


Sechster Jahrgang. 


Sämmtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 
Correctaren und Anzeigen an die Expedition der 
Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 
in Karlsruhe (Badend 


M SS. Ansgegeben am IS. Jnni. 


1898. 


(Aus der städtischen Fleischbeschau in Dresden.) 

Zum Viehtransport auf Eisenbahnen. 

Von Amtsthierarzt Zschocke. 

Alljährlich müssen auf den grösseren Viehhöfen eine be¬ 
trächtliche Anzahl von Thieren, die während des Transportes 
umgestanden sind, beschlagnahmt werden. Die Section ergiebt 
mit verhältnissmässig wenigen Ausnahmen, dass der Tod als 
•Folge der auf dem Transporte erlittenen Schädigungen anzu¬ 
sehen ist. Eine noch grössere Anzahl von Thieren muss aus 
gleichen Gründen alsbaldiger Nothschlachtung unterworfep 
werten. Allgemein ist man geneigt, derartige Fälle auf Rech¬ 
nung einer zu engen Verladung der Thiere, einer »Ueberladung« 
Seitens der Händler resp. der Versender zu setzen, indess ist 
dies keineswegs immer der Fall und ist es zweifellos, dass 
auch die den Transport ausführenden Eisenbahnverwaltungen 
häufig in der Lage wären, durch geeignete Massnahmen den 
Viehtransport humaner und für die Thiere erträglicher zu 
machen. 

I. Art und Umfang der Beladung der Eisenbahn-Vieh¬ 
transportwagen. 

Nach dem Betriebsreglement für die Eisenbahnen Deutsch¬ 
lands ist der Frachtberechnung nur der Flächenraum 
des Wagens, nicht aber die Stückzahl des Viehes zu Grunde 
zu legen und ist es deshalb erklärlich, dass der Händler den 
Wagenraum nach Möglichkeit ausnützt, indem er es selbst, 
bewusst oder fahrlässiger Weise, zu einer Ueberladung kommen 
lässt, auch auf die Gefahr hin, dass ihm ab und zu durch Er¬ 
drücken ein Thier zu Grunde geht oder bei nothwendig wer¬ 
dender Nothschlachtung vielleicht minderwerthig wird. Aus diesen 
Verhältnissen entspringen die Hauptursachen der Ueber- 
ladungen. 

Nun liegt zwar nach § io der Verordnung vom 16. Sep¬ 
tember 1879, betr. »Verladung und Beförderung von lebenden 
Thieren auf Eisenbahnen«, den Bahnverwaltnngen die Pflicht 
ob, die Erfüllung der für die Verladung und Beförderung von 
lebenden Thieren gegebenen Bestimmungen zu überwachen und 
§ 3 derselben Verordnung enthält noch die besondere Ver¬ 
fügung, dass über die zulässige grösste Stückzahl der in einem 
Wagen oder In die einzelnen Abtheilungen desselben aufzu¬ 
nehmenden Thiere im Streitfälle der diensthabende Stations¬ 
beamte zu entscheiden habe, indess gehen die Ansichten gerade 
ia diesem Punkte sehr häufig weit auseinander. Es ist auch 
ohne weiteres zuzugeben, dass es bei der ausserordentlicheh 


Verschiedenheit in der Grösse der einzelnen Thiere sehr schwer 
ist, sich in jedem Falle ein schnelles und sicheres Urtheil zu 
bilden, und die oben erwähnte Verordnung betr. Verladung 
und Beförderung lebender Thiere auf Eisenbahnen giebt auch 
aus demselben Grunde nur ganz allgemeine Anhaltspunkte fiir 
die Beurtheilung dieser Angelegenheit. Ebenso wird der Sach¬ 
verständige, der von Seiten der Polizei- oder Eisenbahnbehörden 
in Fällen vermuthlicher Ueberladung zur Begutachtung aufge¬ 
fordert wird, sein Urtheil nur mit grosser Zurückhaltung ab¬ 
geben können, sobald er die Thiere nicht selbst gesehen hat. 

Durch blosses Augenmass die Grösse der Beladung bezw. 
die Ueberladung feststellen zu wollen, führt häufig zu Irr- 
thümern, da durch Zufälligkeiten, mangelhafte Uebersicht über 
die ganze Wagenfläche bei grossen Thieren, Zusammendrängen 
der durch äussere Umstände beunruhigten Thiere beim Klein¬ 
vieh, eine Ueberladung vorgetäuscht werden kann, wo eine 
solche thatsächlich nicht vorhanden ist. 

Ich habe deshalb auf Anregung und unter Beirath meines 
verehrten Chefs, des Herrn Docent Dr. Edelmann, Directors 
der städtischen Fleischbeschau, versucht, die vorliegende Frage 
einer Prüfung zu unterziehen, das Raumbedürfniss der 
einzelnen Thiergattungen festzustellen und in be¬ 
stimmten Zahlen, Mittelzahlen und, wo nöthig er¬ 
scheinend, auch oberen und unteren Grenzzahlen 
auszudrücken. Ich hoffe, dass die erhaltenen Resultate 
geeignet sind, im einzelnen Falle einen Anhalt für Beurtheilung 
der Frage, ob eine Ueberladung stattgefunden oder nicht, ab¬ 
zugeben. 

a. Messungen an Thieren. 

Als Grundlage für die Bestimmung des Raumbedürfnisses 
wurden Messungen benützt, die an den dem hiesigen Viehhofe 
zugeführten Thieren verschiedener Gattungen und Rassen sowie 
verschiedenen Mastzustandes vorgenommen wurden. Weiterhin 
wurde aber auch eine sich auf reichlich 6 (Sommer- wie Winter-) 
Monate sich erstreckende Statistik über die Beladungszahlcn 
der auf hiesigem Viehhofe eintreffenden Viehwagen aufgenommen 
und mit Hülfe dieser der durchschnittliche Flächenraum fest¬ 
gestellt, der den einzelnen Thiergattungen bei der Beförderung 
mittelst Eisenbahn gewährt zu werden pflegt 

Die Messungen geschahen mit gütiger Unterstützung mehrerer 
Herren Collegcn der hiesigen Fleischbeschau und zwar soweit als 
möglich mittelst des Ly dt in'sehen Messstockes. Sie boten bei 
Rindern keine besonderen Schwierigkeiten, während allerdings 
die kleineren Schlachtthiere den Messungen gern auswichen. 
Es wurde deshalb bei letzteren auch häufig ein leichter zu 


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2l8 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


18. Juni. 


handhabender und den Thieren weniger auffallender gewöhn¬ 
licher Massstab zu Hülfe genommen. 

Da die Rinder mit wenigen Ausnahmen in bestimmter Art 
und Weise in die Eisenbahnwagen eingestellt werden und zwar 
im rechten Winkel zur Fahrtrichtung resp. zur Längsrichtung 
des Wagens, so erschien eine Berechnung des für ein Rind 
nothwendigen Flächenraumes überflüssig, zweckentsprechender 
vielmehr die Feststellung des für ein Rind zu beanspruchenden 
Antheiles der Wagenlänge. Die Einstellung der Rinder in den 
Viehwagen geschieht in der Regel abwechselnd, d. h. so, dass 
der Kopf des einen neben dem Schwanzende des anderen 
Thieres sich befindet. Es wird dadurch nicht nur die beste 
Platzausnützung erzielt, sondern auch gegenseitige Beschädigung 
durch die Hörner fast ganz ausgeschlossen. Wie man sich 
leicht überzeugen kann, kommen bei der geschilderten Ver¬ 
ladungsweise zwei am meisten nach der Seite ausragende 
Punkte des Thierkörpers mit einander in Berührung und zwar 
das Buggelenk des einen Thieres mit dem Bauche, genauer 
der Unterrippengegend des anderen Rindes. Die von zwei 
Rindern beanspruchte Wagenlänge wird sich also leicht be¬ 
rechnen lassen, wenn man die Breite.des einen Thieres zwischen 
den Buggelenken (vordere Brustbreite) und den grössten Quer- 
’durchmesser des Bauches des anderen Thieres (Bauchbreite) 
addirt. Diese beiden Masse sind denn auch bei je ungefähr 
ioo Bullen, Ochsen und Kühen aufgenommen worden. Wie 
schon oben betont, befanden sich darunter Thiere der ver¬ 
schiedensten Rassen und des verschiedensten Mastzustandes. 

Die nachstehende Tabelle ergiebt die daraus berechneten 
Mittel- sowie die oberen und unteren Grenzzahlen. Bezüglich 
der beiden letzteren bemerke ich, dass sie nicht die überhaupt 
aufgefundenen grössten bezw. kleinsten Masse sind, sondern 
den Durchschnitt aus je io höchsten bezw. niedrigsten Zahlen 
darstcllen. 




Vordere 

Bruslbreite 

Bauchbreite 

Wagenlange 
pro Thier 



cm 

cm 

cm 

1 

Höchstzahl 

67,3 

71,2 

69,3 

Bullen . .{ 

Mittelzahl 

56,1 

61,4 

58,8 

\ 

Mindestzahl 

45,1 

52,8 

49,0 

\ 

Höchstzahl 

60,4 

74,8 

67,6 

Ochsen . . { 

Mittelzahl 

51,7 

65,2 

58,5 

1 

Mindestzahl 

43,9 

57,1 

50,5 

( 

Höchstzahl 

53,6 

68,1 

60,9 

Kühe . . { 

Mittelzahl 

44,2 

59,4 

51,8 

1 

Mindestzahl 

41,0 

49,1 

46,1 


Die Zahlen der letzten Spalte geben das absolute Raum- 
bedürfniss der Thiere an. Es stünde dann allerdings, wollte 
man nicht mehr Raum gewähren, das Grossvieh eng aneinander 
gepresst im Wagen, und jede Bewegung würde ihm unmöglich 
gemacht sein. Eine derartige Verladung wäre keinesfalls zu 
billigen und ist auch nach § 3 der oben angezogenen Verord¬ 
nung verboten. Man wird also den Thieren noch ein gewisses 
Mehr an Raum zubilligen müssen. Ueber das Wieviel kann 
man natürlich sehr verschiedener Meinung sein. Ich stimme 
mit Tempel darin überein, dass man recht wohl die im 
Transportreglement der Schweizerischen Eisenbahnen enthaltene 
Bestimmung als Richtschnur annehmen kann, wonach die Ver¬ 
ladung nicht enger bewirkt werden darf, als dass ein Mann 
zwischen zwei Stücken einer Wagenladung leicht vom Hinter- 
theil bis zum Kopfende der Thiere gelangen kann. Ich lege 
diese Bestimmung so aus, dass es dem Manne möglich sein 
soll, in normaler Haltung und Richtung, nicht aber etwa seit¬ 
wärts tretend, die Breitseite des Körpers den Thieren zuge¬ 
wendet, von einer Seite des Wagens zur andern zu gelangen. 
Letztere Stellung würde den Mann bei drängenden, unruhigen 
oder bösartigen Thieren leichter in die Gefahr bringen, ge¬ 
quetscht zu werden. Zur Erfüllung der Forderung des Schweizer 
Reglements dürfte ein freier Raum von etwa 80 cm der Wagen- 
länge als zutreffend zu erachten sein. Bei einer mittleren Be¬ 
legungsziffer der Eisenbahnwagen von 11 Rindern würde also 


zu dem absoluten Raumbedürfniss ein Mehr von reichlich 7 cm 
für jedes Thier kommen. Damit erhalten wir bei Ochsen und 
Bullen 66, bei Kühen 59 cm Wagenlängc als mittlere Raum¬ 
forderung und natürlich auch eine dementsprechende Erhöhung 
der oberen und unteren Zahlen. Der überschüssige Raum 
wird gleichzeitig dazu dienen können, einzelnen Rindern die 
Möglichkeit zu bieten, sich zeitweilig zu legen. Bei langen 
Reisen und schlechter Beschaffenheit der Klauen, wie man sie 
ja bei vielen Kühen, aber auch bei oft sehr schweren Bullen 
und Ochsen sicht, ist es den Thieren häufig ganz unmöglich, 
sich dauernd stehend zu erhalten. Stehen die Thiere zu eng 
an einander gepresst, dann müssen, sobald eines oder gar 
mehrere Thiere zum Liegen kommen, die anderen diese durch 
Treten beschädigen, da die Fläche, welche ein Thier im Liegen 
einnimmt, eine wesentlich grössere ist als die für ein stehendes 
Thier. 

Um auch für diesen Fall das Raumbedürfniss genauer fest¬ 
stellen zu können, wurden bei einer grossen Anzahl liegender 
Rinder ebenfalls die Masse aufgenommen. Eis wurden dabei 
die Thiere als mit völlig untergeschlagenen Füssen ruhend ge¬ 
dacht und deshalb, wo die Lage eine mehr seitliche war, die 
Unterfiisse ausser Rechnung gelassen. Auch der Bauch, der 
sich beim Liegen stark nach der Seite ausbuchtet, wurde als 
etwas zusammendrückbar angesehen (dass dies der Fall, kann 
man an dicht neben einander liegenden Rindern sehen) und 
deshalb sein grösster Durchmesser um etwa 3—4 cm verringert. 
Die darnach erhaltenen Masse sind folgende: 


1 

] 

Vordere Breite 

Hintere Breite 

Bedarf an 
Wagenlänge 

Demnach mehr 
gegen da* 
stenende Thier 

Bullen . . . 

65,6 

81,6 

73,6 

14,8 

Ochsen. . . 

62,8 

82,7 

72,8 

14,3 

Kühe . . . 

60,0 

77,6 

68,8 

17,0 


Es erhöht sich demgemäss das Raumbedürfniss des liegen¬ 
den Rindes gegenüber dem stehenden um durchschnittlich 15 cm. 
Die oben den Massen des stehenden Rindes zugeschlagenen 
7 cm würden also der Rechnung nach genügen, um etwa */ 6 
bis der Hälfte der jeweilig in einem Wagen verladenen Rinder 
Gelegenheit zu bieten, sich zeitweilig zu legen. 

Bei den bisherigen Erörterungen ist eines wichtigen Um¬ 
standes allerdings noch nicht gedacht worden. Meiner bis¬ 
herigen Raumberechnung ist das Querstellen der Rinder im 
Wagen zu Grunde gelegt Eine solche Querstellung im rechten 
Winkel zur Bahnachse ist wegen zu geringer Breite einer grossen 
Anzahl namentlich älterer Wagen nicht immer möglich. Die 
mehrfach angezogene Verordnung verlangt für die zum Trans¬ 
port von Grossvieh zu benutzenden Wagen eine lichte Breite 
von mindestens 2,400 m. Eine grosse Anzahl von solchen 
Zwecken dienenden geschlossenen Wagen besitzt nun thatsäch- 
lich kaum diese Breite, die, wie Tempel mit Recht angiebt, 
mit Rücksicht auf die Länge der den grösseren und stärkeren 
Schlägen angehörenden Rinder, völlig ungenügend ist. Wenn 
auch Längen von 2,68 m bis 2,72 m (von Hornspitze bis zum 
Schwanz), wie ich sie bei schlesischen Ochsen vielfach gemessen 
habe, im Allgemeinen nicht so häufig Vorkommen dürften, so 
sind doch Längen von 2,50—2,60 m gar nicht so selten. 
Sehen wir vorläufig von einer Erörterung der Unbequemlich¬ 
keiten und Beschädigungen, die eine zu geringe Breite der 
Wagen für das Thier mit sich bringt, ab, so ist doch ohne 
Weiteres verständlich, dass eine volle Ausnutzung des Wagen¬ 
raumes bei dem Vorhandensein auch nur eines Thieres mit 
grösserer Länge als die Breite des Wagens beträgt, unmöglich 
ist. Bei einer Wagenbreite von 2,40 m beträgt der Verlust 
an Wagenlänge ungefähr 70 cm bei einer Thierlänge von 2,50, 
ungefähr 100 cm bei einer Thierlänge von 2,60 m. 

Da die Wagen nicht durchgängig diese geringe Breite auf¬ 
weisen, vielmehr auch, wie es scheint in steigendem Masse, 
solche mit einer Breite bis 2,67 m zur Verwendung gelangen, 
so halte ich es nicht für angebracht, für erstere noch besondere 
Berechnungen bezüglich des für ein Thier in Anspruch zu 


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No. 25. 

nehmenden Raumes bezw. Antheiles der Wagenlänge aufzu- 
stcllcn. In der Praxis genügt cs vollkommen, wenn man der 
Berechnung der Wagenlänge aus dem an jedem Wagen ange¬ 
gebenen Inhalt der Bodenfläche eine Wagenbreite von 2,66 zu 
Grunde legt, gleichgiltig, welche Breite der Wagen thatsächlich 
hat. Bei den Wagen unter 17 qm Bodenfläche, die Verhältnis^- 
mässig selten zur Benützung kommen und meiner Beobachtung 
nach sämmtlich noch die geringe Breite von ungefähr 2,40 m 
besitzen, muss jedoch die so erhaltene Wagenlänge noch um 
5—25 cm verringert werden, .zudem ja auch im Allgemeinen 
die Raumausnützung um so ungünstiger werden muss, je kleiner 
der Wagen ist. 

Nach dieser Berechnung erhalten wir nun folgende Be- 
legungszahlcn: 


Bodenfläche des Wagens, qm: 

21,8 

19,5 

18,3 

17,, 

16,2 

15,3 

14,6 

13,8 

Bullen . 


Miltdzalil 

12,4 

IM 

10,4 

9,8 

9,1 

8,5 

8,0 

7,5 


Höchslzahl 

14,f. 

13,2 

12,2 

11,5 

10,0 

10,0 

9,4 

8,9 

Ochsen . . 


Miltclzahl 

12,5 

11,1 

10,5 

9,8 

9,1 

8,5 

*,1 

7,6 


Höchstzahl 

14,2 

12,7 

11,9 

11,2 

10,4 

9,7 

9,2 

8,6 

Kühe . . 


Mittelzahl 

13,9 

12,4 

11,6 

10,9 

10,1 

9,5 

9,0 

8,4 


Höchstzahl 

15,8 

14,0 

13,1 

12,3 

11,4 

10,7 

10,2 

9,5 


Die hier angegebenen Höchstzahlen wird man bei Ver¬ 
ladung von ausschliesslich kleinen, eine geringe Länge auf¬ 
weisenden Rindern in grosse, aber schmale Wagen ganz gut 
noch um etwa 1,5 vergrössern können. Dagegen möchte ich 
noch besonders betonen, dass die Zahlen bei Kühen nur 
für Schlachtthiere, nicht aber für tragende Thiere 
Geltung haben können; für letztere muss meines Erachtens 
entschieden so viel Platz vorhanden sein, dass sich sämmtliche 
Thiere gleichzeitig legen können. 

Der für die kleinen Schlachtthiere: Schweine, Kälber 
und Schafe zu beanspruchende Raum wurde ebenfalls durch 
Messungen an einer grösseren Anzahl von Thicren festzustellcn 
gesucht. v 

Bei den Schweinen wurden Schulter- und Beckenbreite 
gemessen und das Mittel aus diesen als allgemeine Körper¬ 
breite angenommen. Bei der Bestimmung der Körperlänge 
technetc ich den Kopf nur zur Hälfte mit. Länge und Breite 
multiplicirt ergaben den Raum, den das Thier einnimmt. Wie 
die untenstehende Tabelle ergiebt, ist der von dem einzeln 
liegenden Schwein eingenommene Raum etwa 0,08—0,1 qm 
grösser als der vom stehenden beanspruchte. Nun ist zwar 
ohne Weiteres einleuchtend, dass Schweine nicht stehend längere 
Eisenbahnstrecken zurücklcgen können, indess erschien es doch 
zu weitgehend, unseren übrigen Berechnungen den für das ein¬ 
zelne liegende Schwein festgcstellten Raum zu Grunde zu legen. 
Denn einmal haben Schweine die Möglichkeit, auch in hundc- 
sitziger Stellung auszuruhen, dann aber auch kann man häufig 
beobachten, dass Schweine in Gesellschaft sich sehr eng an 
einander schmiegen und mit relativ wenig Platz begnügen. Mit 
Rücksicht darauf wurde das Mittel aus der beim stehenden und 
beim liegenden Schweine berechneten Fläche als genügend an¬ 
gesehen. Ein Versuch bestätigte die Richtigkeit dieser Ueber- 
legung. In eine Bucht von 2,15 X 2,55 m wurden 13 Stück 
fette Schweine von 75 —125 kg Gewicht, die bei der Aus¬ 
messung im Einzelnen je etwa 0,45 qm Raumanspruch im 
Liegen ergeben hatten, eingetrieben. Nach einiger Zeit wurde 
constatirt, dass sich sämmtliche Schweine neben einander ge¬ 
lagert hatten, ohne dass eins das andere drückte. An einer 
Seite war noch etwa die Hälfte des für ein Schwein nöthigen 
Platzes frei. Es hatte demnach jedes Schwein durchschnittlich 
0,41 qm beansprucht. 

Betreffs der Kälber musste davon ausgegangen werden, 
dass diese Thiere in Folge ihres unfertigen Knochengerüstes, 
ihrer Unbcholfenheit und Unerfahrenheit am wenigsten geeignet 
erscheinen, selbst nur kurze Strecken stehend zurückzulegen, 
vielmehr durch jeden Stoss leicht um- und übereinander ge¬ 
worfen werden. Für diese muss unbedingt so viel Raum ge- 


219 


fordert werden, dass sie sich bequem legen können. Es wurde 
deshalb von vornherein nur der Raum festzustellen gesucht, 
den das mit untergeschlagenen Beinen liegende Kalb einnimmt. 
Bei Messung der Körperlänge wurden natürlich Kopf und Hals, 
die entweder aufrecht getragen werden oder unter den Rumpf 
zurückgeschlagen sind, nicht mitgerechnet. Bemerkt sei noch, 
dass auf hiesigen Markt hauptsächlich Kälber im Alter von 
etwa 10—20 Tagen und mit einem Gewicht bis zu etwa 65 kg, 
daneben nur eine geringere Zahl ältere (Mastkälber) aufgetrieben 
werden. Für den Transport ausschliesslich älterer Kälber 
würde demnach bezüglich des Raumes die Höchstzahl mass¬ 
gebend sein. 

Bei Schafen waren Messungen wegen der Furchtsamkeit 
und Scheu dieser Thiere nur in sehr beschränktem Umfange 
möglich. Jedoch fällt dies ja bei der grossen Gleichmässigkeit 
dieser Thiere nicht so sehr ins Gewicht. Indessen muss ich 
noch erwähnen, dass zur Zeit, als ich die Messungen bei 
Schafen vornahm, solche mit voller Wolle nicht vorhanden 
waren, die Zahlen also eher etwas zu niedrig als zu hoch aus¬ 
gefallen sein dürften. Bei der Bemessung des Laderaumes aus 
den am einzelnen Thiere ermittelten Zahlen waren ähnliche Er¬ 
wägungen am Platze, wie bei den Schweinen. »Geduldige 
Schafe gehen viele in einen Stall« sagt das Sprichwort, und so 
wurde auch bei einem Probeeintrieb von Schafen in eine Bucht 
feslgestellt, dass sich der für ein Schaf nothwendige Raum 
gegenüber dem ausgemessenen um etwa 0,04 qm vermindert. 
Damit kommen wir auf die in nachfolgender Tabelle verzeichneten 
Zahlen. 



Schweine 

Kälber 

Schafe 

stehend 

liegend 

Mittel 

Höchstzahl .... 

0,49 

0,58 

0,54 

0,39 

0,29 

Mittclzahl. 

0,36 

0,43 

0,40 

0,31 

0,24 

Mindestzalil .... 

0,22 

0,31 

0,27 

0,22 

0,20 


Bei Zugrundelegung dieser Zahlen erhalten wir nun folgende 
Belegungsziffern für die einzelnen Wagenräume: 


Ladefläche 
des Wagens 
in qm 

Schweine 

Kälber 

Schafe 

I 

Mittclzahl 

Höchstzahl 

Mittclzahl 

Höchstzahl 

Mittelzahl 

Höchstzahl 

21,6 

54,0 

80,0 

69,2 

96,4 

88,5 

108,0 

19,4 

48,5 

71,9 

62,2 

86,6 

79,5 

97,0 

18,5 

46,3 

68,5 

59,6 

82,6 

75,9 

92,5 

17,5 

43,8 

64,8 

56,1 

78,1 

71,7 

87,5 

16,5 

41,3 

61,2 

52,9 

73,6 

67,6 

82,5 

15,3 

38,3 

56,0 

49,4 

68,3 

62,7 

76,5 

14,7 

36,8 

54,4 

47,1 

65,6 

60,3 

73,5 

13,7 

34,3 

50,8 

44,0 

61,2 

56,1 

68,5 

12,7 

31,8 

47,0 

40,7 

56,7 

52,0 

63,5 


(Fortsetzung folgt.) 


Zur Verhütung der Pericarditis traumatica 
des Rindes. 

An den Unterstaatssecretär von Elsass-Lothringen war aus 
landwirtschaftlichen Kreisen das Ersuchen gerichtet worden, 
das Binden der Wellen (Reisig) mit Draht in den Staatsforsten zu 
inhibiren, weil abgebrochene Drahtstücke oft Ursache der trau¬ 
matischen Pericarditis bei Rindern würden. Die daraufhin an¬ 
geordnete thierärztliche Beobachtung der Fremdkörperentzün¬ 
dungen beim Rindvieh in Beziehung auf die ursächlichen Mo¬ 
mente derselben haben nun folgendes Ergebniss gehabt. Die 
Beobachtungszeit dauerte vom März 1897 bis inclusive Oktober 

1897. 

Es wurden im Ganzen von 41 Thierärzten Berichte er¬ 
stattet, darunter 14 Fehlanzeigen. Dem Landesthierarzt wurden 


DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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220 


DEUTSCHE THIERvERZTLICHE WOCHENbCl IKiFl. 


18 . Juni. 


387 Fremdkörper eingesendet, welche bei regulären Schlach¬ 
tungen , Nothschlachtungen und bei Obductionen verendeter 
Rinder gefunden wurden. Darunter befanden sich 174 Nägel 
der verschiedensten Arten, vom kleinen Drahtstift bis zum Huf¬ 
nagel und grossem 5zölligen Drahtstift, sodann 3 Strick¬ 
nadeln, 31 Haarnadeln, 23 Stopfnadeln, 5 Steck¬ 
nadeln, 46 Eisenstücke ohne besondere Form, 4 Knöpfe 
aus Metall, 2 Schuhschnallen und 85 Drahtstücke ver¬ 
schiedenster Dicke und Länge. 

Von den 85 Drahtstücken, um die sich ja die ganze 
Untersuchung bezüglich des Bindedrahtes hauptsächlich drehte, 
wurden 7 Stück im Vergleiche mit dem von der Kaiserlichen 
Forstbehörde von verschiedenen Orten gelieferten Bindedraht¬ 
muster als von Bindedraht herrührend erkannt; während die 
anderen Drahtstückc in Structur und Dicke gar nicht als Binde¬ 
draht bezeichnet werden konnten. - , 

Die 7 als Bindedraht bezeichneten Stücke sind nun grössten- 
theils in Gemeinden gefunden worden, wo gar kein 
Bindedraht zum Binden der Wellen verwendet wird. 
Gerade aus der Gegend aber, wo die meisten Klagen über die 
schädliche Wirkung des Bindedrahtes laut wurden, sind gar 
keine Fremdkörper eingeschickt worden, also auch kein Binde¬ 
draht. 

In 89 Fällen wurden die Fremdkörper bei Nothschlach¬ 
tungen gefunden, in 84 Fällen bei regulären Schlachtungen an¬ 
scheinend gesunder Thiere, wobei man dieselben theils in den 
Mägen, theils in den Lungen und im Herzen constatiren konnte. 

In 50 Fällen wurden Veränderungen an den Mägen con- 
statirt, welche sich als eiterige Abscesse, Durchlöcherungen 
der Magenwände, Verwachsungen mit der Umgebung und Bauch¬ 
fellentzündung zeigten. Die Mägen und das Herz waren zu 
gleicher Zeit ergriffen in 10 Fällen, das Herz allein in 66 Fällen. 
In 9 Fällen waren Leberabscesse und in 4 Fällen Milzabscesse 
durch die betreffenden Fremdkörper entstanden. In je einem 
Falle wurde ein Fremdkörper im Schlund und in der Zunge 
gefunden, und in einem Falle war der Fremdkörper, ein Stück 
von einer Stricknadel, durch die Brustwandung nach Aussen 
gegangen und cs trat Heilung ein. 

Aus der Menge der gefundenen Fremdkörper und der da¬ 
durch entstandenen Leiden und krankhaften Veränderungen ist 
zu ersehen, wie überaus häufig derartige Fälle auftreten und 
in wie verhältnissmässig verschwindender Anzahl die Fälle fest- 
gestellt wurden, wo der Bindedraht die Ursache von Viehver- 
lustcn durch Fremdkörperentzündung war. Einen weiteren 
Beweis für die überaus häufige Aufnahme von allerlei Fremd¬ 
körpern mit dem Futter durch die Wiederkäuer liefert der 
Bericht aus Metz, wo bei nur oberflächlicher Beobachtung im 
Schlachthause dortselbst in der Zeit von 9 Monaten 96 ver¬ 
schiedene Fremdkörper gefunden wurden, die alle schon krank¬ 
hafte Veränderungen hervorgerufen hatten. 

Die Zahl der verdächtigen Drahtstücke, welche man als 
von Bindedraht herrührend, ansehen könnte zu der Gesammt- 
summe von den gefundenen Gegenständen, verhält sich wie 
7 : 387 = 1 : 55 — oder in 1,8 °/ 0 sämmtlicher Fälle war 
Bindedraht die Ursache. 

Ob dieser geringe Procentsatz ein Grund sein dürfte für 
die Forst Verwaltung, die bewährte Art des Bindens mit Draht 
aufzugeben, ist zu bezweifeln, zudem bei nur ganz gewöhnlicher 
Vorsicht im Umgänge mit den drahtgebundenen Wellen das 
gefährliche Umherliegen von Drahtstücken vollständig vermieden 
werden kann. 


Referate. 

Autoreferat von Professor E. Behring: über seinen am 
12. April 1898 auf dem Congrresse für Hygiene und Demo¬ 
graphie in Madrid gehaltenen Vortrag:. 

(Deutsche medicioische Wochenschrift, 1898, No. 19.) 

Behring betonte zunächst, dass die heutigen specifisch- 
therapeutischen Bestrebungen in der Bekämpfung der Tuber- 
culose ihren Ausgangspunkt vom Tuberkelbacillus nehmen. 


Viele seit der Entdeckung desselben aufgestellten therapeuti¬ 
schen Ideen haben nicht das geleistet, was man von ihnen 
erwartet hat. Die Aussicht, den Tuberkelbacillus durch be¬ 
kannte Desinfectionsmittel im lebenden Körper unschädlich 
machen zu können, hat sich nicht erfüllt. Weder Buchner’s 
Vorschlag, allgemeine medicamentöse Entzündungsreize, wie 
Arsen, Phosphor und Antimon als Heilmittel anzuwenden, noch 
die Versuche, durch Einathmung heisser Luft, Schwefelwasser¬ 
stoff und ätherischer Oele den Tuberkelbacillus zu bekämpfen, 
konnten allgemeine Anerkennung finden. Die Einführung 
anderer Bakterien und ihrer Stoffwechselproducte in den Or¬ 
ganismus tuberculöser Menschen erwies sich als ein gefährliches 
Unternehmen. 

Durch Koch’s grossartige Entdeckung des Tuberculins 
begann eine neue Epoche in der Tuberculosefrage, alle neueren 
Arbeiten auf diesem Gebiete haben davon ihren Ausgang ge¬ 
nommen. Mit Hülfe des Tuberculosetoxins suchte Behring 
ein Tuberculose-Antitoxin zu gewinnen. Die Existenz eines 
Tubcrculosc-Antitoxins konnte B. schon vor einigen Jahren an¬ 
kündigen, aber ein sicher wirksames Heilmittel ist in dem von 
Säugcthieren gewonnenen Antitoxin bis jetzt weder für tuber- 
culöse Thiere, noch für tuberculose Menschen vorhanden. 
Dagegen hat neuerdings Ramson in Behring’s Institut ge¬ 
funden, dass unter den Vögeln verschiedene Arten für die Ge¬ 
winnung von Tubcrculose-Antitoxin sich besser eignen, als die 
Säugethiere. 

Behring geht dann über auf die Darstellung eines hoch- 
wirksamen Tuberculosegiftes. Die Tuberkelbacillen enthalten 
eine ganze Menge von differenten Bestandtheilen. Mit Soda¬ 
lösung kann man ihnen neben einer gewissen Menge speci- 
fischen Giftes eine mucinähnlichc Substanz entziehen. Mit 
Aether, Chloroform und Schwefelkohlenstoff behandelt, geben 
sie mehrere Fettarten ab, die bis zu 40 °/„ der gesammten 
getrockneten Tuberkelbacillenmasse repräsentiren. Nach Ent¬ 
fernung dieser Körper sind die Tuberkelbacillen giftiger als 
bei Gegenwart derselben, demnach haben diese Substanzen 
mit dem specifischen Tuberculosegift nichts zu thun. Um nun 
aus den mucinbefreiten und entfetteten Bacillen ein hoch- 
werthiges Tuberculosegift zu erhalten, werden dieselben fein 
zerrieben und bei 150" unter Luftabschluss mit Glycerinwasser 
extrahirt; man bekommt dann eine Flüssigkeit, die in abge¬ 
kühltem Zustande unlöslich gewordene Eiweisskörper ausscheidet. 
Unter diesen kann man durch Benutzung der Differenzen im 
specifischen Gewicht solches Tuberculosegift abtrennen, welches 
10 — 20 Mal so giftig ist, wie die ursprüngliche Bakterien¬ 
masse. 

Dass das von Behring so gewonnene hochwirksame 
Tuberculosegift das echte, originale Tuberculosegift darstellt, 
konnte er durch zahlreiche Versuche nachweisen, so dass die 
Unität des in den Tuberkelbacillen enthaltenen specifischen 
Giftes als sichergestellt zu betrachten ist. 

Behring berichtet des Weiteren, dass das antitoxische 
Tuberculoseserum bei erwachsenen Phthisikern selbst in relativ 
kleinen Mengen fast regelmässig im Laufe der Behandlung 
locale Intoxicationserscheinungen, zuweilen auch allgemeine 
Nebenwirkungen erkennen lässt. Es hat sich aber gezeigt, dass 
nicht das in dem Serum enthaltene Antitoxin die Ursache dieser 
unangenehmen Nebenwirkungen ist, sondern dass das Serum 
als solches, auch wenn es von normalen Thieren gewonnen ist, 
die störenden Erscheinungen hervorruft. Es scheint demnach, 
als ob die Phthisiker eine Ueberempfindlichkeit gegenüber dem 
Blutserum der Pferde und Rinder besitzen. Diese und andere 
Thatsachen sind dem schnellen Vorwärtskommen in der Be¬ 
kämpfung der menschlichen Tuberculose durch ein specifisches 
Antitoxin hinderlich. 

Endlich betont Behring die Möglichkeit einer Heilung 
der Rindertuberculose nach demPrincip derKoch’- 
schen Tuberculinbehandlung des Menschen. In 
der thierärztlichen Hochschule in Berlin sollen 
unter Leitung von Geh. Rath Schütz Versuche an 
tuberculösen Rindern in grösserem Umfange an¬ 
gestellt werden. Für diese Versuche des Geh. Rath 


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No. 25. 


221 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Schütz an tuberculösen Rindern sollen ausschliesslich solche 
Tuberculosegifte verwendet werdet!, welche durch Professor 
Ehrlich im staatlichen Prüfungsinstitut auf ihren Werth amt¬ 
lich controlirt sind. Behring richtet den Wunsch an die 
Fachgenossen, dass auch für diagnostische Zwecke nur exact 
auf ihren Giftwerth geprüfte Tuberculosegifte verwendet werden 
sollen. Eine internationale Einigung über die Giftbestimmungs¬ 
methode mit Hülfe von gesunden Meerschweinchen und über 
die Forderung einer unparteiischen Prüfung sei in hohem Grade 
wünschenswert!!. Casper. 


Zur Kenntniss der Antitoxinwirkung. 

Von Dr. H. Kossel. 

(Berliner klin. Wochenschrift, 1898, S. 153.) 

Die ursprüngliche Anschauung B e h r i n g ’s, dass das Anti¬ 
toxin das Gift zerstört, ist nicht mehr haltbar. Es lassen sich 
nämlich Gifte, welche gegen das Erhitzen widerstandsfähiger 
sind, als ihr Antitoxin, aus dem Scrumgiftgemisch wieder in 
Freiheit setzen, indem man das Antitoxin durch Erwärmen des 
Gemisches auf geeignete Temperatur zerstört. 

Behring nimmt nun an, dass das Antitoxin das Gift aller¬ 
dings nicht zerstört, aber neutralisirt, d. h. er fasst den Vor¬ 
gang als einen rein chemischen auf, der völlig unabhängig von 
den Körperzellen verläuft. Roux und Metschnikoff da¬ 
gegen vertreten die Anschauung, dass die Antitoxinwirkung 
nicht durch directe Neutralisirung des Giftes zu Stande kommt, 
sondern durch die lebenden Elemente des Organismus ver¬ 
mittelt wird. 

Ehrlich war der Erste, der hier Klarheit schaffte. Fügt 
man zu Blut, dessen Gerinnungsfähigkeit durch citronensaures 
Natron aufgehoben ist, im Reagensglase etwas Ricinlösung hinzu, 
so werden die Blutkörperchen zusammengcballt und sinken zu 
Boden. Mischt man dem Ricin aber vorher Antiricin bei, so 
bleibt diese Wirkung auf das Blut aus. Damit ist der Beweis 
erbracht, dass Toxin und Antitoxin einander direct beeinflussen, 
ohne dass eine Mitwirkung des lebenden thierischen Organismus 
nothwendig ist. 

Kossel ist es nun gelungen, den gleichen Beweis für ein 
anderes Gift zu erbringen, das aus dem Thierkörper stammt. 
Das Blut des Aales wirkt giftig auf den Thierkörper, indem 
es dortselbst eine Auflösung der rothen Blutkörperchen be¬ 
wirkt; das Gift (Aalgift) befindet sich im Blutserum. Kanin¬ 
chen lassen sich gegen dieses Aalgift immunisiren und aus 
ihrem Blutserum kann man dann das Antitoxin gewinnen. 
Kossel stellte sich nun eine Aufschwemmung von Kaninchen¬ 
blutkörperchen dar, indem er defibrinirtes Blut mit dem 20- 
fachen Volumen physiologischer Kochsalzlösung verdünnte. 
Beim Stehen der Flüssigkeit senken sich die Blutkörperchen 
zu Boden und die darüber stehende Flüssigkeit ist klar und 
farblos. Fügt man nun aber etwas Aalgift hinzu, so wird den 
rothen Blutkörperchen das Hämoglobin entzogen und ihr farb¬ 
loses Stroma schwimmt in der gleichmässig roth gefärbten 
Flüssigkeit. Wird nun aber einer Aufschwemmung von Ka¬ 
ninchenblutkörperchen erst Antitoxin des Aalgiftes zugefügt und 
dann erst das Aalgift zugesetzt, so werden die rothen Blut¬ 
körperchen nicht zerstört. Eis findet also eine Bindung des 
Toxins durch Antitoxin statt, ohne dass lebende Zellen thätig 
sind. 

Wenn damit auch noch nicht der exacte Beweis erbracht 
ist, dass es sich mit den Bakteriengiften ebenso verhält, so 
dürfen wir doch annehmen, dass die Unschädlichmachung in 
dem passiv immunisirten Thierkörper ebenfalls unabhängig von 
den Körperzellen vor sich geht. Das Verschwinden der pas¬ 
siven Immunität nach Ausscheidung des Antitoxins spricht auch 
dafür, dass die Körperzellen an dem Zustandekommen derselben 
nicht activ betheiligt waren. 

Die activ erworbene Immunität besteht bekanntlich aber 
noch fort, wenn auch das Antitoxin bereits aus dem Körper 
ausgeschieden ist, sie kann also nicht lediglich in einer Gift¬ 
bindung beruhen, sondern in der Beschaffenheit und Leistung 


der Körperzellen muss noch eine Aendcrung eingetreten sein 
(Gcwebsimmunität). Kossel fand auch, dass die aus dem 
iirimunisirten Kaninchenblut möglichst rein gewonnenen Blut¬ 
körperchen widerstandsfähiger gegen die auflösende Kraft des 
Toxins waren. Malkmus. 


Ein Fall von Kuhpocken in Folge der Pockenimpfung 
beim Stallpersonal. 

•1 Von Fiorentini. 

I (Giorn. dclla R. Soc. Ital. d'Igiene, 1898, S. 171.) 

F. wurde zur Besichtigung eines Rindviehbestandes gerufen, 
der für maul- und klauenseucheverdächtig gehalten wurde, ob¬ 
wohl seit langer Zeit in weiter Umgebung diese Seuche nicht 
geherrscht hatte Es handelte sich um ausgedehnte pustulöse 
Erkrankung an der Haut des Euters und der Striche. Die Er¬ 
krankung wurde als Kuhpocken festgestellt Die Entstehung 
derselben wurde durch folgende Thatsachen erklärt: 

Einige Tage vor der Untersuchung waren in der Gemeinde 
Fälle von Menschenpocken vorgekommen und der betr. Arzt 
haite sofort die Impfung der Gesunden vorgenommen. Drei 
derselben waren im Viehstall mit Melken beschäftigt. Diese 
konnten nach ihrer eigenen Aussage das Kratzen der geimpften 
Stellen nicht unterlassen wegen des lebhaften Juckreizes. Auf 
diese Weise gelangte die Lymphe an ihre Hände und so beim 
Melken an das Euter und die Striche. So erklärte sich auch 
die Thatsache, dass 20 in demselben Stalle stehende Jungrinder, 
welche wegen Trächtigkeit nicht gemolken wurden, nicht an 
den Pocken erkrankten. 

Gelegentlich dieser Erkrankung der Kühe wurde auch die 
Erscheinung, welche Jenner zu seiner Methode veranlasste, 
beobachtet; es inficirten sich nämlich drei nicht geimpfte Melker 
von den kranken Kühen aus derartig an den Händen, dass sie 
mehrere Tage ihre Arbeit nicht verrichten konnten. 

F. hatte also die Ucbertragung der Impfpocken vom 
Menschen auf die Kühe und von dort wieder auf den Menschen 
so klar gesehen wie bei einem Experiment. Fr ick. 


Oeffentliches Veterinärwesen. 

Berichte über die Ergebnisse der Expedition des 
Geheimen Medicinalrathes Dr. Koch im Schutzgebiete 
von Deutsch-Ostafrika. 

Ucber die Ergebnisse seiner Untersuchungen gelegentlich 
einer Expedition nach Westusambara hat Geheimer Medicinal- 
rath Dr. Koch unter dem 15. Februar d. Js. folgende Berichte 
erstattet: 

Weiterer Bericht über die Surrakrankheit. 

Bei meinem Aufenthalt auf der Station Masinde theilte mir 
der Stationschef Herr Lieutenant v. Stümer mit, dass in 
Kisuane, welches am östlichen Fusse des Paregebirges liegt, 
unter den dorthin gebrachten Rindern eine Krankheit ausge¬ 
brochen sei, deren Beschreibung in mir den Verdacht auf 
Surra erweckte. Auf meine Veranlassung Hess Herr v. Stümer 
zwei Thierc aus dieser Herde kommen und schickte sie mir 
nach Kwai. Das eine Rind war unterwegs verendet, das zweite 
kam indessen bis Kwai, wo ich es untersuchte und in seinem 
Blute die Surraparasiten nachweisen konnte. Die Herde, zu 
welcher diese Thiere gehörten, war vom Kilimandjaro nach 
Kisuane gebracht. Es muss also der Surraherd auf diesem 
Wege oder in Kisuane selbst, in dessen Nähe sich sumpfige 
Niederungen befinden, zu suchen sein. 

Nach Mittheilungen, welche mir von Eingeborenen des 
Usambaragebirges gemacht wurden, zu urtheilen, scheinen sich 
überhaupt am Fusse dieses sowie des Paregebirges nicht nur 
ein vereinzelter, sondern mehrere solcher Surraherde zu be¬ 
finden. 


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222 


18. Juni. 


DEUTSCHE THIERjERZTUCHE WOCHENSCHRIFT. 


Ein zweiter Surrabefund, der sich in Kikokwc bei Pangani 
zeigte, betraf Vieh, welches vom Südufer des Victoria-Sees 
durch die Massaisteppc znr Küste gebracht war. Derselbe lässt 
auf einen oder mehrere Infcctionshcrdc in den sumpfigen Niede¬ 
rungen am See schlicssen. i 

Auch im Ruahagebiet scheint es sich nicht nur um einen 
engbegrenzten Herd zu handeln, sondern um eine lange Strecke 
des Flusslaufcs, da Dr. Stierling in Iringa in einem kürzlich 
erstatteten Bericht Mittheilungen über eine RindcrkrankhQit 
macht, die unzweifelhaft Surra ist und am oberen Lauf des 
Ruaha in der Nähe von Bueni vorkommt. 

Der früher erwähnte Versuch, die Surra künstlich auf E»cl 
zu übertragen, hat folgendes Ergebniss gehabt: 

Es wurden zwei einheimische Esel, sogenannte Massai- 
Esel, und zwei Bastarde von Massai- und Maskat-Eseln zugleich 
mit einem Rind, zwei Kälbern, zwei Hunden und einigen Ratten 
geimpft, und zwar in der Weise, dass Surrablut in eine kleine 
Hautwunde am Ohr gebracht wurde. Bei sämmtlichcn zuletzt 
aufgczähltcn Thicren erschienen nach 12 bis 14 Tagen die 
Surraparasiten im Blute, es zeigten sich in der Folge die be¬ 
kannten Kraokhcitscrscheinungcn der Surra, unter welchen alle 
bis auf das Rind und ein Kalb, welche beide noch krank sind, 
starben. 

Von den vier Eseln ist bis jetzt, d. h. 3 l j., Monat nach 
der Impfung, keiner krank geworden, und bei keinem wurden 
trotz vielfach wiederholter Blutuntersuchungen Surraparasiten 
aufgefunden. Hiernach scheinen Massai- und Bastard-Esel, 
welche für Transportz wecke hierzulande wohl ausschliesslich in 
Betracht kommen, 'in der That gegen Surra immun zu sein. 
Um volle Gewissheit hierüber zu erlangen, müssten diese Thicre 
allerdings noch in Surrabezirken längere Zeit der natürlichen 
Infection ausgesetzt werden. 

Davon, dass Maulthiere gegen eine derartige natürliche 
Infection nicht geschützt sind, konnte ich mich in den letzten 
Tagen an einem Thier überzeugen, welches längere Zeit in 
Uhehe und zwar ausschliesslich im Gelände des Ulangaflusscs 
als Rcitthicr gedient hatte. Dasselbe war krank zur Küste zurück-' 
gebracht, es war gänzlich abgemagert, hatte geschwollene Hinter¬ 
beine und stark anämische Beschaffenheit des Blutes, in welchem 
bei wiederholten Untersuchungen Surraparasiten in reichlicher 
Zahl gefunden wurden. 

Weiterer Bericht über das Texasfieber. 

Die in meinem letzten Berichte in Aussicht gestellten Ver¬ 
suche über die Beziehungen der Rinderzecken zum Texasfieber 
sind gelegentlich meiner Excursion nach dem Usambaragebirge 
zur Ausführung gekommen und haben in mehrfacher Beziehung 
ein sehr befriedigendes Resultat ergeben. Der Verlauf der 
Seuche war folgender: 

Es wurden in Dar-cs-Saldm kurz vor Beginn der Expedition 
Rinderzecken von Thieren entnommen, welche einer mit Texas¬ 
fieber inficirten Herde angehörten und scheinbar gesund waren. 
Die Zecken wurden in ein Glas gesetzt und unter Watte Ver¬ 
schluss aufbewahrt. 

Ganz in derselben Weise wurde mit Zecken verfahren, 
welche von einem texasficbcrkrankcn Kalbe abgenommen waren 
(das Kalb hatte in seinem Blute die Tcxasficbcrparasitcn in 
sehr grosser Zahl, aber nur in der Jugendform; cs starb schon 
am nächsten Tage.) # 1 

Als ich Dar-cs-Saläm wenige Tage später verlicss, hatten 
die Zecken schon in beiden Gläsern begonnen, ihre Eier ab¬ 
zulegen. Während des Transportes hatten sich dann die jungen 
Zecken entwickelt, waren aber, da es beim Marsch durch die 
Steppe nicht immer möglich gewesen war, sic gegen die Glpth 
der afrikanischen Sonne hinreichend zu schützen, bei der An¬ 
kunft im Gebirge zum grossen Theil wieder abgestorben. 
Immerhin brachte ich noch Hunderte von jungen Zecken lebqnd 
nach Kwai. Der Transport hatte zwei Wochen in Anspruch 
genommen. 

Sofort nach der Ankunft in Kwai wurden die jungen Zecken 
auf Rinder gesetzt, welche aus dem Innern des Landes stammten 
und vorher niemals mit Texasfieber in Berührung gekommen 


waren. Zwei gesunde Rinder erhielten die Zecken von den 
scheinbar gesunden Thieren und zwei andere Rinder die jungen 
Zecken von dem texasfieberkranken Kalbe. Selbstverständlich 
wurden die Versuchsrinder untereinander und von anderen 
Thieren streng getrennt gehalten. 

Die Entwickelung der Zecken war eine ungleichmässige. 
Im Verlauf von drei Wochen waren einige schon zur vollen 
Grösse herangewachsen, während die übrigen alle Abstufungen 
bis zur Grösse eines Mohnkorns herab zeigten. An jedem der 
Versuchsthiere konnten bis 100 und mehr Zecken gezählt werden. 

Auffallende Krankheitserscheinungen traten bei den Ver¬ 
suchstieren nicht ein, aber am 22. Tage, nachdem die Zecken 
angesetzt waren, fanden sich bei der Blutuntersuchung zum 
ersten Male in den rothen Blutkörperchen Exemplare von Pyro- 
soma bigeminum in der so ausserordentlich charakteristischen 
bimförmigen Gestalt des erwachsenen Parasiten. Sehr in- 
: teressant und bedeutsam gestaltete sich das Experiment weiter- 
i hin dadurch, dass nur die beiden Rinder Texasfieberparasiten 
bekamen, welche mit den jungen Zecken vom texasfieberkraoken 
Kalbe inficirt wurden. Die beiden anderen Rinder (mit jungen 
Zecken von gesunden Thieren besetzt) blieben dauernd frei 
von den Parasiten und lieferten somit ein sehr werthvolles 
Gontrolexperiment. 

Die Parasiten hielten sich 10 bis 12 Tage im Blutender 
beiden Rinder, dann verschwänden sie. Sie hatten stets die 
Birnenform, auch waren sie verhältnissmässig wenig zahlreich. 

Dieser Verlauf der Infection entsprach also der leichten 
Form des Texasfiebers, obwohl das Ausgangsmaterial von einem 
sehr schweren und acuten Fall abstammte. 

Es fragte sich nun, wie sich die Infection bei fortgesetzten 
Uebertragungen gestalten würde, ob dieselbe dauernd den 
leichten Charakter bewahren oder zu einer schweren Form 
übergehen würde. Zu diesem Zwecke wurden mit dem Blute 
des einen der durch Zecken inficirten Thiere vier neue gesunde 
Rinder geimpft, und zwar erhielten sie je 20 ccm defibrinirtes 
Blut unter die Haut gespritzt. 

In diesem Falle trat die Wirkung sehr viel schneller ein 
und war erheblich stärker. Sämmtlfche Thiere bekamen am 
fünften Tage nach der Blutinjcction Temperatursteigerungen, 
sie frassen wenig oder gar nicht, hatten Muskelzittern, waren 
matt und erschienen zum Theil schwer krank. Im Blüte fanden 
sich gleichfalls vom fünften Tage ab Pyrosomen, sie waren viel 
zahlreicher als die in der ersten Generation, hielten sich aber 
auch nur etwa zehn Tage im Blute und zeigten sich nur in der 
Birnenform. 

Genau ebenso verhielt sich ein dritter Infectionsvcrsuch, 
welcher noch insofern bemerkenswerth ist, als ausser zwei 
frischen Thieren die vier Thiere vom ersten Versuche, welche 
die jungen Zecken erhalten hatten, ebenfalls 20 ccm Blut sub- 
cutan eingespritzt erhielten. 

Die beiden frischen Thiere und die beiden im ersten Ver¬ 
suche gesund gebliebenen Rinder erkrankten darnach an Texas¬ 
fieber in der vorher geschilderten Weise und hatten Pyrosomen 
im Blute. Die beiden Rinder dagegen, welche durch Zecken 
inficirt gewesen waren und die Krankheit in einer sehr leichten 
Weise vorher überstanden hatten, blieben diesmal vollkommen 
gesund, sie zeigten weder Temperatursteigerung, noch konnten 
in ihrem Blute bei vielfach wiederholten Untersuchungen die 
Parasiten aufgefunden werden. Sic waren also durch das ein¬ 
malige Ucberstchcn der Krankheit in leichtester Form voll¬ 
kommen immun gegen die Wirkung einer Injection von 20 ccm 
Texasfieberblut geworden. 

Die bisherigen Versuche berechtigen zu folgenden 
Schlüssen: 

1. Es ist der ganz einwandfreie Beweis gelungen, dass 
junge Zecken, welche mit kranken Thieren überhaupt nicht in 
Berührung gekommen sind, das Texasfieber erzeugen können 
Dieselben müssen jedoch von Zecken abstammen, welche auf 
kranken Thicren gesessen haben. 

2. Das Ueberstehen des Texasfiebers in der leichtesten 
Form verleiht vollkommene Immunität gegen eine Infection mit 
erheblichen Mengen von Texasfieberblut. 


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No. 25. 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


223 


Es würde zu weit führen, wenn ich hier die grosse Trag¬ 
weite, welche die Resultate für die Wissenschaft und hoffent¬ 
lich auch für die Praxis besitzen, erörtern wollte. 

Da es auch in der dritten Generation nicht gelungen war, 
die schwere und schnell tödtliche Form des Texasfiebers, wie 
ich sie an der Küste so oft zu sehen Gelegenheit gehabt hatte, 
zu erzielen, so brach ich die Versuche im Usambaragebirge ab 
und gedenke dieselben an der Küste, soweit meine Zeit dazu 
noch ausreicht, fortzusetzen. 

Zunächst sollen die in Kwai immunisirten Thiere noch darauf¬ 
hin geprüft werden, ob sie auch gegen die natürliche Infection 
im verseuchten Gebiet immun sind, und wie sich dieselben 
gegen Einspritzung von Blut verhalten, welches die Jugend¬ 
formen des Texasfieberparasiten enthält. Zu diesem Zwecke 
sind die sechs kräftigsten Versuchsthierc von Kwai nach Dar- 


cs-Saläm geschafft und zugleich mit einigen aus Pugu bezogenen 
frischen, d. h. nicht immunen Rindern auf die verseuchten 
Weiden geschickt. 

Die Expedition nach dem Usambaragebirge ging auf dem 
Hinwege über Tanga und zurück über Pangani. Es bot sich 
mir hierbei vielfach Gelegenheit, weiteres Material über die 
Ausbreitung des Texasfiebers an der Küste im nördlichen Ge¬ 
biete der Colonie zu sammeln. 

1 Ucberall, wo ich in den Küstenorten und in der Nähe der 
Küste Erkundigungen einzog, wurde mir bestätigt, dass frisch 
aufe dem Innern bezogenes Vieh sehr bald vom Texasfieber 
ergriffen wird und grosse Verluste erleidet Aber schon wenige 
Tagereisen nach dem Innern zu, so namentlich in den Insel- 
dörfern des Panganiflusses, trifft man ganz gesunde Viehherden, 
welche vollkommen frei von Zecken sind. 


> 


Stand der Maul- und Klauenseuche im 'Deutschen Reiche Ende Mai 1898. 


(Nach den im Kaiserlichen Gesundheitsamte zusammengestellten Berichten der beamteten Thierärzte. 


(Veröffentlicht im Reichs-Anzeiger vom 5. Juni 1898.1 



ÜsU1..t. (iroenw. 


Schleswig 


Mecklenburg 
Schwerin I 


Jüarienw/rder 


Stade 


Oldenbg 


Lüneburg 


Potsdam 


Osnabrück 


Frankfurt 


Ber.'ib 


Münster 


Merseburg 


HildcSh. 


Von je 100 
Gemeinden 
waren am 
Schluß des Monats 
verseucht 


Arnsberg ^ 

.. • .. m 


Licgnilz 


Kassel 


Thüringen 


Zwickau, 


:shade<\ 




Franken 


Abkürzungen: 

W. I Ncclorl.-ri.s W. ? Schicarewaldkreis 

W- 3 Jagst kreis W. 4 Vouaukreis 

B. I Landeakennmisseiriat Mannheim 

B. 2 .. * Karleruhe 

B. 3 „ „ Frethurg 

B. 4 ,1 „ Konstanz 

H. I i 'rormz Starke.tburg 

H. 2 „ Oberhessen 

H. 3 n Hheinheesen 

Geh. Landwehr kfinpagmel.cz. Schönberg 


Rv \ Ffflnkölfö, 


Niedorbayi 


^c.'iwahcn: 

) flherbavoro 

_ 


0. I Oldenburg. Fürstenth. Lübeck 

0. 2 „ „ Birktnftld 

Br. | Kreise Braunschweig. Wolfenbütlel, Helmstedt • 

Br. 2 Kreise JJolsmindeu, Gandersheim 

Br. 3 Kreis Blankenburg 

S. Schaumburg-Lippe 

H. Hamburg L. Lübeck Br. Bremen 


Massstab 1:6000000. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Carl Heinrich Friebel f. 

Am 12. Juni starb in Insterburg in Folge einer schnell 
verlaufenden Lungenbrustfellentzündung der Senior der be¬ 
amteten Thierärzte des Regierungsbezirkes Gumbinnen der 


Königl. Kreisthierarzt Herr Carl Heinrich Friebel im 
6g. Lebensjahre. 

Der Verstorbene hat die Kreisthierarztstelle des Kreises 
Insterburg seit dem Jahre 1877 treu und gewissenhaft verwaltet 
und mit seltener Schaffensfreudigkeit und Pflichttreue, in voller 
Hingebung für seinen Beruf, die thierärztliche Praxis während 















































2^4 


DEUTSCHE THIKRiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


18. Juni. 


3 3 Jahren dort ausgeübt. Ausgerüstet mit einem reichen Masse 
von thierärztlichem Wissen, das er durch fleissiges Studium 
der neuen Errungenschaften auf der Höhe der Zeit zu erhalten 
wusste, von edelster Gesinnung, offen und freundlich im Ver¬ 
kehr mit Jedermann, hatte er es verstanden, sich die allgemeine 
Achtung und Verehrung in einem so ungewöhnlichen Grade zu 
erwerben. Den Standesangelegenheiten brachte er stets das 
regste Interesse entgegen; er war ein eifriger und muthiger 
Verfechter derselben. 

Der thierärztlichc Stand verliert in dem Verstorbenen einen 
mustergiltigen Vertreter, wir aber betrauern einen lieben, guten 
Freund, Berather und Berufsgenossen. ( 

Möge er in Frieden ruhen! 

Wir werden ihm noch über das Grab hinaus ein treues, 
ehrendes Andenken bewahren. . 

Im Namen der beamteten Thierärzte des Regierungsbezirkes 

Gumbinnen: * 

Regenbogen, Departements-Thierarzt. 


Gehaltserhöhungen der beamteten Thierärzte. 

Grossherzogthum Hessen. Der von der hessischen Re¬ 
gierung den Ständekammern vorgelegte Gesetzentwurf, betreffend 
die Besoldung der Staatsbeamten und die Besoldungsordnung, 
hatte für die Kreisveterinärärzte eine Gehaltsscala von 1600 
bis 3600 Mk. vorgesehen. 

Die Zweite Kammer fasste jedoch den Beschluss, das An¬ 
fangsgehalt auf 2400 Mk. zu erhöhen. Von den Abgeordneten 
wurde allseitig anerkannt, dass die Kreisveterinärärzte durch 
die stets sich steigernde Zahl der Dienstgeschäfte wesentlich 
in der Ausübung einer lohnenden Privatpraxis behindert würden. 
Durch die Gehaltsaufbesserung sei es den beamteten Thier¬ 
ärzten möglich, sich von der Privatpraxis thunlichst unabhängig 
zu machen und der Seuchenbekämpfung ihre Thätigkeit in er¬ 
höhtem Masse zu widmen. 

Es bestand kein Zweifel, dass auch die Erste Kammer 
den Beschlüssen der Zweiten Kammer zustimmen würde und 
da dies nunmehr geschehen ist, darf man wohl die hessischea 
Kreisthierarzte beglückwünschen und zwar nicht nur wegen der 
nicht unbeträchtlichen Erhöhung ihrer Gehälter, sondern-vpr 
Allem wegen des wohlwollenden Entgegenkommens der Regierung 
und der Mitglieder beider Kammern. Die fast debattelose Be¬ 
willigung des höheren Diensteinkommens spricht für Anerkennung 
der Leistungen der beamteten Thierärzte und zeigt das Ver¬ 
trauen, das Regierung und Volksvertretung ihnen entgegenbringt. 

Das seitherige Klassensystem ist aufgegeben worden und 
an dessen Stelle das System der Dienstaltersstufen getreten, 
was ebenfalls sehr zu begrüssen ist. Wenn nun noch hinzu¬ 
gefügt wird, dass die Beiträge für die Wittwen- und Waisen¬ 
kasse wegfallen und dass die Gehalterhöhung schon mit Wirkung 
vom 1. April 1897(1) in Kraft tritt, so ergiebt sich, dass die 
hessischen Kreisveterinärärzte alle Ursache haben, sich das Zu¬ 
standekommen des Besoldungsgesetzes, das nicht allen Staats¬ 
dienern die gleichhohc Aufbesserung brachte, zu freuen. • 

Die hessischen Kreisveterinärärzte werden gewiss ihre Ehre 
darin suchen, durch erhöhten Diensteifer den Dank zum Aus¬ 
druck zu bringen, welchen sie der Regierung und den Volks¬ 
vertretern schulden. 

Die Bezirksthierärzte des Grossherzogthums Sachsen- 
Weimar erhalten vom Jahre 1899 ab ein festes pensions¬ 
berechtigtes Gehalt von 1400—2200 Mk. Altersstufen drei¬ 
jährig 100 Mk. — Höchstgehalt nach 18 Dienstjahren. Da 
keine Kilometergebühren gewährt werden, so sind Pferdegelder 
in fester Höhe von 1200 Mk. pro anno und Stelle ausgeworfen. 
Daneben bei Dienstreisen Tagegelder und Pferdefuttcr (1 Ration 
= 7 5 Pfg.). Zulässig pro Tag und Pferd 3 Rationen. Das sind 
sämmtlich sehr dankenswerthe Massregeln. * 

- 1 


Aus der französischen Deputlrtenkammer. 

In No. 12 des Progrfes vöt^rinaire wird über ein köstliches 
Intermezzo berichtet, welches sich in einer der letzten März¬ 
sitzungen des Pariser Abgeordnetenhauses bei Gelegenheit der 
Berathung des Budgets des Ackerbau-Ministeriums zugetragen 
und das den Thierärzten nicht vorenthalten werden soll. Wenn 
die Rinder -r— piejpte Mr. Denis, der Deputirte von Landes — 
welche sich angeblich der Tuberculose verdächtig gemacht 
haben, von Staatswegeja-.zur Abschlachtung kommen sollen, um 
die Axt an die Wurzel dieser Krankheit zu legen, so irrt man 
sich ganz gewaltig, abgesehen davon, dass behufs Entschädigung 
für den erlittenen Minderwerth der Thiere ein Aufwand von 
mindestens 2 Millionen Franken nothwendig wird. Man irrt 
schon aus dem Grunde, weil die Thierärzte einen grossartigen 
Missbrauch mit der Tuberculose treiben. Denis protestirt da¬ 
her mit seinen Freunden gegen das Vorgehen dieser Leute 
der Wissenschaft, welche sich den Landwirthen förmlich auf¬ 
drängen unter dem Vorgeben, die besagte Krankheit gehe auch 
auf den Menschen über; sie wollen also den Viehbesitzern 
nicht blos ihr Kapital retten, sondern auch das Leben, während 
sie diesen damit nur das Leben unerträglich machen. Trotz¬ 
dem man immer mit Statistik daher komme, glaube der Redner 
überhaupt nicht an Tuberculose. Man stopfe in neuerer Zeit 
die Thierärzte viel zu sehr mit Theorie und Wissenschaft, 
diese Leute seien daher viel zu gelehrt geworden und möchte 
er wieder die gute alte Zeit herbeiwünschen, in welcher die 
Viehdoctoren, anstatt für die Thierkrankheiten gelehrt aus¬ 
sehende, aber barbarische Ausdrücke zu erfinden, sich ledig¬ 
lich wieder aufs Purgiren und Verschreiben von Gummisyrup 
beschränken. Namentlich habe man mit dem Tuberculin ganze 
Berge von Vielwisserei aufgerichtet, die völlig werthlos seien, 
denn vor Erfindung dieses Mittels sei das Vieh viel gesünder 
und munterer gewesen, unsere Vorfahren seien auch nie durch 
die Tuberculose incommodirt worden. Brave Deput£! fügt der 
Progrös bei. Wer giebt uns jene idyllische Zeit zurück, ln 
der unsere Kühe noch tuberkelfrei waren, Gummilatwerge zu 
fressen bekamen und in welcher die Hirten in fröhlichem 
Rdigen flötend um ihre Herden tanzten! Vogel. 


Personal-Nachrichten. 

Auszeichnungen : Dem Director der Budapester Veterinär-Akademie 
Dr. F. Hutyra wurde der österreichische Orden der eisernen Krone III. KJ. 
verliehen. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen : Kreisthicrarzt Schmitt in Cleve 
wurde zum commissar. Departementsthierarzt in Düsseldorf, Districtsthierarzt 
F. Mitteldorf in Schwabmünchen zum Bezirksthierarzt in Donauwörth, Grenz¬ 
thierarzt L. Späth von Waldshut zum Bezirksthicrarzt in Achem, Thierarzt 
Schaible in Zell a. H. zum Bezirksthierarzt in Triberg ernannt. Versetzt wurden 
die Bezirksthierärzte P f i s t n e r von Oberkirch nach Schopfheim, B c c h t o 1 d 
von Eppingen nach Oberkirch, Kramer von Triberg nach Eppingen.^ Thier¬ 
arzt O. Schneider von Taubenheim wurde zum Schlachthofvorstcher in 
Sagan, Thierarzt R. Linde in Osnabrück zum Schlachthoflnspector in Biele¬ 
feld gewählt. Dem Thierarzt Hotz in Stetten a. k. M. wurde die Stadt¬ 
thierarztstelle in Zell a. H. übertragen. Verzogen sind die Distriktsthierärzte 
A. Ponader von Kraiburg nach Aibling, Fäustle von Egling nach Krai- 
burg, die Thierärzte Graf von Oschersleben nach Fraulautern, Sieber 
von Berleburg nach Zabrze, V ö m e 1 von Noidhausen nach Langelsheim, 
Wulf von Klempau nach Othfresen, Otto von Wiehe nach Stotternheim 
bei Erfurt. 

Elatmässig angestellt wurde der provisorische Bezirksthierarzt Sturm 
in Bonndorf. 

GestOPben: Hofthierarzt Dr. Bertram in Braunschweig, Kreis¬ 
thierarzt F riebet in Insterburg, Rossarzt Schultz in Stallopönen. 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thierärztliche Wochenschrift* 4 (i. A. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der Macktof sehen Druckerei in Karlsruhe i. B. 


Mit einer Beilage der Instrumenten-Fabrik für Thlermedicin und Landwlrtlischaft von II. Ilaieptner ln Berlin NW., 

Luisenstrasse 53. 


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Deutsche 

Thierärztliehe Wochenschrift 


Prof. Dr. Dam mann, 

Geheimer Regierungs- und Medicinalrath, 
Director der Thierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 


herausgegeben von 
Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregierungsrath 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regierungsrath und Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Louisenthal (Saar). 


redigirt von 


Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784 a. 


.— — ■ - 

Sechster Jahrgang. 


Sämmtliche Zuschriften nnd redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Mal km ns in Hannover erbeten, 
Oorrecturen und Anzeigen an die Expedition der 
Deutschen Thicrärztliclien Wochenschrift 
in Karlsruhe /Baden). 


M ««. 


Aiisgegebcn am 25. Juni. 


1898. 


(Aus der städtischen Fleischbeschau in Dresden.) 

Zum Viehtransport auf Eisenbahnen. 

Von Amtsthierarzt Zschocke. 

(Fortsetzung.) 

b. Statistische Erhebungen über die Beladung der 
Eisenbahn-Vichtransport wagen. 

Wie verhält sich nun gegenüber den vorstehend aufgc- 
stellten Zahlen die thatsächliche Beladung der Eisenbahnwagen 
mit Vieh ? Wie schon erwähnt, wurde ^zur Beantwortung dieser 
Frage eine mehrmonatliche Statistik über die aus den nörd¬ 
lichen und östlichen Gegenden Deutschlands sowie aus Sachsen 
selbst auf dem Dresdener Viehhof ankonupenden Viehtransporte 
aufgestellt. Bei Verwerthung der gewonnenen Zahlen stellte 
sich allerdings bald eine grosse Schwierigkeit heraus, welche 
darin lag, dass sehr viele Wagen unvollständig beladen ankamen. 
Infolge dessen musste bei Einrechnung dieser das Resultat als 
ein sehr günstiges, die Beladung als eine durchschnittlich sehr 
mässige, für die Thiere sehr rücksichtsvolle erscheinen. Es 
machte sich deshalb nothwendig, diese Theilladungen auszu¬ 
scheiden. Die Grenze zwischen diesen und Volladungen zu 
ziehen, war jedoch etwas schwierig. Sie wurde bei Rindern 
in der Weise aufgesucht, dass man den Raum berechnete, der 
nach unsern obenstehenden Ausführungen für ein stärkstes Thier 
in einem 2,6 m breiten Wagen gefordert werden muss, das ist 
rund 2 qm, und nun jeden Wagen als nicht vollbeladen ansah, 
der nicht wenigstens i Thier auf je volle 2 qm aufwies. 

In ähnlicher Weise geschah auch die Ausscheidung unvoll¬ 
ständiger Schweineladungen. Kälber kamen meist in geringerer 
Anzahl mit anderen Thiergattungen zusammen verladen an, so- 
dass bezüglich dieser die Statistik weniger Werth besitzt. 
Schafe wurden dagegen fast ausschliesslich in vollen Wagen¬ 
ladungen eingeführt. 

Die sich aus der Statistik ergebenden Beladungsziffern sind 
aus nachfolgenden Tabellen ersichtlich. 

Rinder. 


Durchschnittl. Flächeninhalt: 

21,8 

19,5 

■1 | 

I8,4|l7,3jlß,5 

15,3 

14,7j 13,7 12,2 

Zahl der Wagen. 

DurchschnittlicheBc- / Sommer: 
ladung, Stück . . t Winter: 

177 

12,5 

13,4 

25 

11,5 

14,2 

120! 15 
ll,4;10,8 
1 2,oj 11,7 

14 

10,1 

11.2 

45 

9,7 

10,5 

I. 3 4 2 

II, 2 7 8 

10,0 0,5 8 

1 


Die Tabelle zeigt uns, dass mit Ausnahme der vcrhältniss- 
mässig- wenig benützten Wagen unter 15 qm die Beladung im 
Durchschnitt im Winter eine stärkere als im Sommer ist. Mari 
könnte dies auf die jedenfalls allgemeiner Billigung werthe 
Ueberlegung der Händler zurückführen, dass die Rinder bei 
höherer Temperatur den Unbilden des Transportes in höherem 
Masse ausgestzt und deshalb bequemer zu verladen seien. In- 
dess findet es vielleicht auch in dem Umstande seine Erklärung, 
dass in der Regel die Wintermärkte stärkeren Auftrieb auf¬ 
weisen, jeder Händler einige Stücke Vieh mehr zuführt und 
einfach dadurch zu einer stärkeren Ausnutzung des Wagen- 
raumes veranlasst wird. 

.. Weiterhin ersehen wir, dass die Wagen mit grösstem 
Flächeninhalt (über 21 qm) durchschnittlich mit derselben An¬ 
zahl Thiere beladen wurden, als sie unsere Berechnung als 
normal hinstellt, dass aber die Besetzung der geringeren 
Flächeninhalt aufweisenden Wagen fast durch¬ 
gängig eine zu hohe war, wie das ja auch ohne Be¬ 
rücksichtigung unserer Berechnung schon aus 
einem Vergleich mit den 21 qm-Wagen hervorgeht. 
Es dürfte dies seinen Hauptgrund haben in einer ungenügenden 
Berücksichtigung bezw. mangelnden Berechnung der Wagen¬ 
grösse Seitens der Verlader. Indess kommt noch ein weiterer 
Umstand in Betracht. Nicht zu selten wird, wie mir von durch¬ 
aus vertrauenswürdigen Viehhändlern versichert wurde, von 
diesen zwar ein »grosser« (21 qm) Wagen erbeten, Seitens der 
Bahnverwaltung jedoch ein kleinerer zur Verfügung gestellt. 
Hat nun irgend ein Vichtreiber die Verladung zu besorgen, so 
wird sich dieser wohl selten Betrachtungen über Grösse oder 
Kleinheit des Wagens hingeben, sondern die Thiere in dem 
ihm angewiesenen Wagen, so gut es geht, verladen. Aber 
auch der Händler bezw. Absender selbst wird bei den durch¬ 
aus nicht unbeträchtlichen Mehrkosten, die die Gestellung eines 
zweiten, natürlich nicht voll ausnutzbaren Wagens verursacht, 
nur zu leicht in die Versuchung geführt, die Thiere in dem 
einen ihm gestellten Wagen unterzubringen. Zwar werden 
nach § 9 der Tarifvorschriften für die eine Wagenladung über- 
schiessenden Stücke Vieh — so weit sich die Fracht nach den 
Sätzen für ganze Wagenladungen nicht billiger stellt — Stück¬ 
sätze berechnet, allein auch mit diesen stellt sich schliesslich 
die Fracht für den Gesammttransport wesentlich höher als wenn 
dem Versender ein Wagen mit grosser Ladefläche zur Ver¬ 
fügung gestanden hätte. 

Ebenso ungünstig ist, um dies hier mit zu erwähnen, in 
pccuniärer Hinsicht für den Absender der § 5 der Tarifvor¬ 
schriften, wonach der Frachtberechnung der Flächenraum der 


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226 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


benutzten Eisenbahnwagen zu Grunde gelegt wird, auch wenn 
in Ermanglung der angeforderten Wagen mit geringerer Lade¬ 
fläche, solche mit grösserer Ladefläche gestellt werden müssen. 


Schweine. 


Durchschnittl. Flächeninhalt: 

21,6 

19,3 

18,4 17,5j 16,5 

15,3 

14,7 

13,7112,8 

Zahl der Wagen bezw. Lade¬ 
flächen (bei Doppelwagen) . 

48 

16 

147 

37 

26 

80 

21 

13 

10 

Durchschnittliche Be- j Sommer: 

55,5 

50,7 

48,8 

48,8 

40,1 

39,0 

37,7 

32,1 

25,6 

ladung, Stück . . 1 Winter: 

53,8 

53,4 

48,4 

46,6 

46,5 

40,2| 

41,9 

40,4 

28,5 


Bei den Schweinen können wir demnach eine geringere 
Beladung im Sommer nicht constatiren, im Gegentheil ist bei 
einer sehr grossen Anzahl der Wagen die Beladung eine stärkere 
als im Winter. Dagegen finden wir auch hier wieder, dass d i e 

grössten Wagen verhältnissmässig am schwächsten 
beladen sind und ihre Ziffern am meisten sich den von uns 
berechneten nähern, während alle anderen mit zufälliger Aus¬ 
nahme der 12 qm-Wagen zu stark beladen erscheinen. 


Scha fe. 


Durchschnittl. Flächeninhalt: 

21,6 1 19,5 

18,2 17,6 16,9 

15,214,7 

13,7 

12,9 

.Zahl der Wagen bezw. Lade¬ 
flächen (bei Doppelwagen). . 

45 

13 

61 16 

2 

45 

9 

3 

3 

Durchschnittliche Be- ( Sommer : 

82,8 

80 

72,7,71,7 

— 

57 

55,9 

47 

60 

ladung, Stück . . \ Winter: 

88,4 

84,2 

75,5 74,1 

52 

60 

75 

46 

45 


Hier finden wir allgemein wieder eine — mit Ausnahme 
der wegen ihrer geringen Anzahl nicht in Betracht kommenden 
Wagen mit 12 und 13 qm Fläche — zu Gunsten einer weit¬ 
läufigeren Besetzung der Wagen während der 
wärmeren Jahreszeit sprechende Verschiedenheit in den 
Ziffern für Sommer und Winter. Der Durchschnitt beider hält 
sich noch etwas unter den von uns aufgestellten normalen Be¬ 
ladungszahlen, was sich wohl durch den bei Aufstellung der¬ 
selben erwähnten Umstand erklären dürfte. Eine verhältniss¬ 
mässig höhere Belastung kleinerer Wagen, wie sie bei Rindern 
und Schweinen zu constatiren war, lässt sich hier nicht nach- 
weisen. 

Kälber. 

Da Kälber, wie schon erwähnt, nur in verschwindender 
Anzahl in ganzen Wagen- bezw. Etagenladungen ankamen, so 
lassen sich über die Beladung der einzelnen Wagengrössen mit 
diesen keine Angaben machen. Es sei deshalb nur erwähnt, 
dass sich der dem einzelnen Kalbe gewährte Wagenraum be¬ 
lief im 

Sommer auf . . 0,32 qm 
Winter „ . . 0,31 qm. 

Im Allgemeinen ergiebt unsere Statistik, dass die Ver¬ 
ladung des Viehes — wenigstens des nach Dresden 
bestimmten — im Durchschnitt als eine zu enge 
nicht bezeichnet werden kann, dass, gleichviel aus 
welcher Ursache, bei allen Thieren mit Ausnahme der 
Schweine im Sommer etwas mehr Raum als im 
Winter gewährt wurde, und dass bei den Wagen mit 
grösserer Bodenfläche auf das einzelne Thier in der Mehrzahl 
der Fälle der meiste Raum entfiel. 

Erscheint somit im Allgemeinen das Resultat als ein gün¬ 
stiges, so soll doch, wie auch schon betont, durchaus nicht 
geleugnet werden, dass Ueberladungen und da¬ 
durch bedingte Thierqälefeien nicht vorkämen. 

Im Folgenden seien einzelne solcher Fälle erwähnt: 

In einem Doppelwagen von 18.2 qm Fläche, insgesammt also 36.4 qm 
Laderaum, kommen 160 Stück starke Hammel (Gewicht 50 kg und darüber) 
mit ziemlich langem Vliess an. 6 Stück sind umgestanden. 4 Stück müssen 
sofort der Nothschlachtung unterworfen werden. Die Section ergiebt blut¬ 
unterlaufene Stellen in den verschiedensten Körpergegerden, bei den um ge¬ 


il). Juni* 

standenen als Ursache des Todes: "Ersticken bezw. Erdrücktsein. Bei der 
Grösse der Thiere und der Länge der Wolle wäre diesfalls jedem Thiere 
mindestens 0,25 qm Raum zu gewähren gewesen. Thalsächlich kommt in- 
dess auf jeden Hammel noch nicht 0,23 qm. Es ist deshalb eine Ueber- 
ladung vorhanden und wird gegen den Absender Anzeige erstattet. Die 
Bahnverwallung zu F„ welche die Viehsendung abgefertigt bitte und dir die 
Pflicht obgelegen hätte, für eine den Bestimmungen entsprechende Ver¬ 
ladung zu sorgen, rechtfertigte sich damit, dass es „in den am Viehversand 
betheiligten Kreisen allgemein üblich sei, in einem Etagenwagen von 18,2 qm 
Ladefläche 160 Stück Hammel zu verladen«. Diesem Einwand konnte eine 
Bedeutung nicht beigemessen werden, da dabei weder auf die Grösse und 
Schwere der Hammel noch auf die Stärke ihres Vliesses Rücksicht ge¬ 
nommen war. 

2. In einem durch Gatter abgegrenzten Raum, der ziemlich genau '/• 
des 18,5 qm messenden Wagens einnimmt, finden sich II Stück Kälber von 
50—55 kg Gewicht, eines derselben ist umgestanden. Zahlreiche blutunter¬ 
laufene Flecke in der Unterbaut und an anderen Körperstellen. Auf I Kalb 
entfällt 0,21 qm Fläche, was ohne jeden Zweifel als zu w'enig zu be¬ 
zeichnen ist. 

3. In einem Wagen von 18,2 qm Ladefläche gehen 50 Schweine von 
sehr verschiedener Grösse, sowie durch Gatter von diesen abgeschlossen 
11 Kälber ein. Von den Kälbern, denen ein Raum von 2,2 qm angewiesen 
ist, ist eines todt, ein zweites muss sofort geschlachtet werden, von den 
Schweinen ist ebenfalls eines umgestanden, während 3 Thiere wegen starker 
Hinfälligkeit sofort zur Nothschlachtung kommen. Die Section ergiebt 
wiederum die gewöhnlichen Befunde. Für die Thiere wären im Durchschnitt 
die mittleren Zahlen der Raumberechnung zu Grunde zu legen gewesen, da> 
sind also 0,31 qm für Kälber und 0,40 qm für Schweine. Das wüide eine 
Rnumforderung von 23,4 qm gegen 18,2 qm thatsächlich gewährten Raum 
ergeben. 

4. ln einem Wagen von 16,8 qm Fläche sind 51 Schweine von 90 bis 
ioo kg und 8 Kälber verladen. Letztere haben 2.3 qm Fläche, so dass für 
die Schweine 14,5 qm übrig bleiben. Von letzteren sind 15 Stück umge¬ 
standen, 3 müssen sofort abgeschlachtet werden. Die Höhe des Verlustes 
erklärt sich einmal durch die zu enge Verladung, das andere Mal aber durch 
die an dem Tage herrschende Hitze und die mangelhafte Ventilation des 
Wagens. Es ist nur eine Thür geöffnet, die Fenster haben nur eine Grösse 
von 25 cm ins Geviert. 

5. 98 Schafe von mittlerer Schwere (ca. 35 kg), kurzwollig, sind auf 
eine Fläche von 19 qm ^verladen, 3 Stück umgestanden, 3 in Folge Zer- 
tretens dem Umstehen nahe. Der Absender wird wegen Uebertretung der 
betreffenden Verordnung vom 16. September 1879 bezw. des § 360, 13 des 
Reichstrafgesetzbuchs zur Anzeige gebracht und erhält eine Geldstrafe von 
20 Mk. auferlegt. Die dagegen angerufene gerichtliche Entscheidung be¬ 
stätigte diese Strafe, indem sich der Richter dem abgegebenen Gutachten, 
wonach 86 Schafe als zulässige Höchstzahl zu bezeichnen seien (auf I Schaf 
0,22 qm), anschloss. 

II. Einrichtung der Eisenbahn-Viehtransportwagen. 

Musste in den vorstehend skizzirten Fällen die Tod resp. 
Nothschlachtung veranlassende Beschädigung auf stattgefundene 
Ueberladung zurückgeführt werden, so war in einer grossen 
Anzahl weiterer Todesfälle eine solche zweifellos nicht vor¬ 
handen. Dazu kommen noch eine grosse Anzahl von äusseren 
Beschädigungen, Knochenbrüchen, Schürfwunden etc. sowie von 
inneren Erkrankungen, die nicht auf Ueberladung, wohl aber 
auf andere, dem Transport entspringende Ursachen zurückzu¬ 
führen sind. Wenn auch eine Anzahl dieser Erkrankungen als 
unvermeidliche Folge der auf die durch widernatürliche Stall¬ 
haltung und die Mästung in ihrer Widerstandskraft geschwächten 
Thiere in erhöhtem Masse einwirkenden Rcisestrapazen ange¬ 
sehen werden muss, so steht doch fest, dass viele davon durch 
geeignete Vorkehrungen abwendbar sein würden. 

a. Ventilationseinrichtungen. 

Hierher gehört in erster Linie die Sorge für eine ge¬ 
nügende Zufuhr frischer Luft. Die Ventilation ist bei 
• den bedeckten Güterwagen, wie auch Tempel hervorhebt, in 
sehr vielen Fällen eine unzureichende. 

§ 2 der mehrerwähnten Verordnung betreffend Verladung 
und Beförderung von lebenden Thieren auf Eisenbahnen besagt 
bezüglich der dazu erforderlichen Einrichtung der Wagen: 


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No. 26. 


»Die bedeckten Wagen sind zum Zwecke der Ventilation mit nahe der 
Wagendecke liegenden verschliessbarcn Oeffnungen von etwa 0,400 m Länge 
und 0,300 in Breite zu versehen. Fehlen diese, so müssen an den Schiebe* 
thüren der Langseiten bezw. an den Thüren der Stirnseiten der Wagen Vor¬ 
richtungen angebracht werden, welche das Offenstellen der Thüren bei Cross¬ 
vieh bis zu 0,350 m und bei Kleinvieh bis zu 0,150 m Länge ermöglichen 
oder es muss bei vollständig geöffneten Thüren die Thüröffnung durch 
einen Bretterverschlag in höchstens 1,500 m Höhe über dem Fussboden des 
Wagens oder durch Lattengitter verstellt werden.« 

Ueber die Ausführung der Ventilation bezw. die dazu im 
einzelnen Falle nothwendigen Vorkehrungen giebt die König!. 
Sächsische Verordnung, die zu Viehtransporten auf Eisenbahnen 
zur Verwendung kommenden bedeckten Güterwagen betreffend, 
vom 9. April 1873 Anweisung: 

»Bedeckte Güterwagen dürfen zu Viehtransporten 

1. während derjenigen Jahreszeit, in welcher die äussere Temperatur 
und die Witterungsverhältnisse das Offenlassen der Schiebethüren gestatten, 
nur unter der Bedingung, dass während des Transportes mindestens eine von 
beiden Thüren ganz offen gehalten und dieselbe 

a. bei Transporten von Pferden und ausgewachsenem Hornvieh mit einem 
in gehöriger Höhe fest eingelegten Querbalken, 

b. bei Transporten von Kälbern, Schafvieh, Ziegen und Schweinen mit 
einem festen Schutzgitter von der gehörigen Höhe versehen werde; 

2. während der rauheren Jahreszeit aber und wenn sonst die Witte- 
rungsverhältniste es nicht gestatten, dass während des Transports die eine 
von den beiden Thüren ganz offen gelassen und in der unter I. vorge¬ 
schriebenen Weise verwahrt wird, für Transporte aller Arten von Thieren 
nur unter der Voraussetzung verwendet werden, dass entweder 

a. beide Schiebethüren nicht ganz, sondern bis auf einen Raum von 
150 mm Breite geschlossen werden und durch geeignete sichere Vorkehrungen 
wie z. B. durch sicher schliessende und gehörig festhaltende Verschlusshaken 
— nicht aber durch blosses Einschieben von Holzkeilen — jede Verengerung 
oder Erweiterung der Otffnung von 150 mm Breite verhindert wird, oder 

b. die betreffenden Güterwagen an jeder Langseite mit je zwei ver¬ 
gitterten Fenstern von 38 o—420 mm Länge und Breite versehen sind, diese 
Fenster während des Transports geöffnet bleiben und dafür, dass sie sich 
nicht schliessen können, gehörige Vorkehrung getroffen ist.« 

Nach diesen Vorschriften können Wagen ohne Fenster¬ 
öffnungen bei Viehtransporten zur Verwendung gelangen, und 
thatsächlich werden auch häufig fensterlose Wagen, selbst solche 
von 18—19 qm Grundfläche und darüber, verwendet. Bei der¬ 
artigen Wagen erscheinen die oben wiedergegebenen Vorschriften 
über die Lüftung als völlig ungenügend. Die zufällig an den 
Thürspalten stehenden Thiere erhalten genügend frische Luft, 
die an den Stirnseiten stehenden sind dagegen von der Zufuhr 
reiner Luft fast ganz abgeschnitten. 

Sind Fenster vorhanden, so findet man sie häufig in der 
Mitte, in der Thür angebracht, wo sie am wenigsten nützen; 
liegen sie dagegen seitwärts, so sind sie häufig dadurch völlig 
unbrauchbar, dass sie Glasscheiben, allerdings zum Glück für 
unser Vieh nicht so selten zerbrochene besitzen; oder sie sind 
durch eiserne Schieber vcrschliessbar, die in eiserner Nuth 
laufend, so fest eingerostet sind, dass man annehmen kann, 
dass sie nie geöffnet wurden. Ueberhaupt habe ich häufig ge¬ 
funden, dass auf die vorhandenen Fenster Seitens der Bahn¬ 
beamten wenig geachtet wird, vielmehr jeder Wagen in Aus¬ 
führung der oben citirten Verordnung so behandelt worden war, 
als ob er keine Fenster besitze. Indess können Fenster von 
400 X 300 mm bezw. 380— 420 mm, wie sie in den beiden 
Verordnungen erwähnt sind, selbst wenn sie vorhanden und für 
die Luft passirbar sind, als genügend für eine gute ausreichende 
Ventilation nicht angesehen werden. Unpraktisch und den Ein¬ 
tritt der Luft fast unmöglich machend, ist auch die Verwahrung 
der Fenster durch ein jalousieartiges Gitter, dessen einzelne, 
feststehende Platten von oben innen nach unten aüssen ge¬ 
neigt sind. Die an den Stirnseiten unter dem Dache ange¬ 
brachten Ventilationsöffnungen, wie ich sie an einzelnen preussi- 
schen (Bromberger) Wagen sah, erscheinen insofern ganz 
praktisch, als sie einen längs streichenden Luftzug erzeugen; 
sie sind jedoch an und für sich zu klein (22 qcm) und über¬ 
dies noch durch ein mit runden Löchern versehenes Blech ver¬ 
schlossen. 


227 


Die grosse Mehrzahl der bisher zum Viehtrans¬ 
port benutzten bedeckten Güterwagen muss dem¬ 
nach hinsichtlich ihrer Ventilation als wenig gut 
geeignet zur Beförderung von Grossvieh wie Klein¬ 
vieh bezeichnet werden. Bei letzterem liegen die Ver¬ 
hältnisse fast noch ungünstiger, insofern diese Thiere in Folge 
ihrer geringen Grösse ihren Sauerstoffbedarf den durch Koth¬ 
und Harnausdünstungen am meisten verunreinigten untersten 
Luftschichten entnehmen müssen. Besonders Schweine sind 
ausserordentlich empfindlich gegen verdorbene Luft und man 
kann häufig beobachten, wie sich die Thiere nach den Thür¬ 
spalten gedrängt haben und wie dann schwächere Thiere durch 
die stärkeren im Kampf um frische Luft erdrückt worden sind. 
Es ist deshalb das Vorhandensein grosser Luken bei den zum 
Kleinviehtransport bestimmten Wagen mindestens ebenso noth- 
wendig, wenn man nicht auf besondere Lüftungsvorrichtungen 
zukommt, die wir noch kennen lernen werden. 

Die bedeckten Wagen neuerer Construction tragen den 
Ansprüchen an genügende Luftzuführung in den meisten Fällen 
besser Rechnung, insofern sie mit wesentlich grösseren Fenstern 
versehen sind, als die Verordnung verlangt, oder deren vier an 
jeder Langseite besitzen. 

Zu den bestventilirtesten Wagen gehören ohne Frage die 
neuen sächsischen Wagen, die auf jeder Langseite 2 Fenster 
zu je 184 X 37 cm besitzen, welche mit nach innen und oben 
schlagenden Klappen versehen sind. 

Das beste Vichtransportwagen-System, das allen billigen 
Anforderungen an Ventilation entspricht und dabei doch einen 
geschlossenen, zur Beförderung anderer Güter ebenfalls geeig¬ 
neten Güterwagen darstellt, ist ein Specialwagen der Direction 
Bromberg, welcher eine Ladefläche von 19 —19,7 qm besitzt. 
Die kleinen Räume, die jederseits von den Seitenwänden des 
Wagens, den Dachsparren und dem Dach selbst gebildet werden, 
sind nur theilweise ausgefüllt, so dass an jeder Langseite direct 
unter dem Dach je etwa 50 Luken von etwa 15 qcm Grösse 
vorhanden sind. Weiterhin besitzt der Wagen an jeder Lang¬ 
seite 4 Fenster von 84 X 53 cm Fläche. Dieselben sind innen 
mit Drahtgitter versehen und von aussen durch leicht beweg¬ 
liche und sicher feststellbare eiserne Jalouisien verschliessbar. 
Zur Ventilation des Wagenbodens, wie sie für Kleinvieh be¬ 
sonders wünschenswerth ist, dienen jederseits 4, zu je 2 über¬ 
einander 10 bezw. 25 cm über dem Wagenboden angebrachte 
Schlitze, die 68 cm lang und 6—7 cm breit und aussen mit 
Eisenblechklappen verschliessbar sind. Die eine Stirnseite ist 
mit einer ungefähr 1,15 m breiten zweiflügligen Thür versehen, 
deren einer Flügel horizontal halbirt ist, so dass die obere 
Hälfte als Fenster für sich geöffnet werden kann. 

b. Breite und innere Einrichtung. 

Die oben erwähnten Bromberger Wagen wie auch die 
neuen sächsischen und andere besitzen auch gegenüber denen 
älterer Construction die wesentlich grössere Breite von 2,60 bis 
2,75 cm. Wie schon an anderer Stelle betont, genügt die in 
der ofterwähnten Verordnung geforderte Mindestbreite von 
2,40 m, die übrigens nicht einmal immer vorhanden und häufig 
auch durch an der innern Wand angebrachte Verstärkungsleisten 
und Einbauten für Zwecke der Personenbeförderung vermindert 
wird, keineswegs, um eine Querstellung von Rindern im Wagen 
zu ermöglichen. Jeder Stoss, der beim Rangiren nicht immer 
zu vermeiden ist, sowie das gegenseitige Drängen wirft das 
vorn kurz angebundene Thier mit dem Hintertheil an die fast 
in jedem Wagen vorhandenen Kanten und Hervorragungen. 
Ein grosser Theil der auf die Schlachtviehmärkte aufgetriebenen 
Thiere zeigt als Folgen solcher Unfälle Schürfungen und tiefer¬ 
gehende Quetschungen an Schweif und Sitzbeinhöckern. 

Ein allerdings nicht so häufig vorkommender Uebelstand 
bei offenen wie gedeckten Grossviehwagen besteht in einer 
mangelhaften Befestigung der Anbinderinge, die ihre Ursache 
entweder in mangelnder Verschraubung oder in Morschheit der 
Wände einzelner Wagen hat. Ein dadurch freiwerdender Bulle 
kann unter Umständen unter dem übrigen Vieh im Wagen 
grossen Schaden anrichten, auch beim Entladen die Viehtreiber 


DEUTSCHE TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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228 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


25. Juni. 


gefährden. Ganz selten, aber auch wenig entschuldbar dürfte 
es sein, wenn ein zu Vichtransportzwecken verwendeter Wagen 
einen so morschen Kasten besitzt, dass eine Kuh während der 
Fahrt durch den Boden bricht und sich dabei natürlich auf das 
Aergste beschädigt, ein Fall, den die Internationale Fleischer¬ 
zeitung berichtet. 

Die Bestimmung, wonach Grossvieh und Kleinvieh sowie 
Thiere verschiedener Gattung in einen Wagen zusammen nur 
dann verladen werden dürfen, wenn die Einstellung in 
durch Barrieren, Bretter- und Lattenverschläge 
von einander getrennten Abtheilungen erfolgt, wird, 
so weit cs hier ankommendes Vieh betrifft, nur verhältniss- 
mässig selten übertreten. Indess erfolgt die Herstellung der 
Bretterverschläge vielfach so leichtfertig, dass namentlich ältere 
Schweine dieselben häufig zerstören. Gerathen diese Thiere 
dann unter Kälber oder Schafe, so müssen häufig eins oder 
mehrere der letzteren den Leichtsinn der Absender mit dem 
Tode büssen. 

c. Streu. 


Sehr viele Verletzungen, Knochenbrüche, Quetschungen u. s. w. 
werden durch ungenügendes und unpassendes Streumaterial 
veranlasst. Bei den bedeckten und geschlossenen Güterwagen 
bestehen Vorschriften über dasselbe nicht, dagegen verbieten 
die Verkehrsbestimmungen bei offenen Wagen (wozu auch 
solche gehören, die zwar eine feste Decke haben, deren Wände 
aber aus Latten bestehen) das Bestreuen der Fussböden mit 
brennbarem Material (Stroh, Spreu, Gras). Zulässig ist mit 
Wasser besprengtes Sägmehl mit oder ohne Zusatz von Sand, 
sowie Torfstreu, wenn sie vorher mit Wasser mässig angefeuchtet 
ist. Sägemehl und Torf sind auch, in hinreichender Menge ver¬ 
wendet, eine vorzügliche weiche Streu für Thiere und werden 
nur leider zu selten angewendet. Statt dessen findet man meist 
grobkiesigen oder stark lehmigen Sand, der auch in geschlosserten 
Wagen häufig die alleinige Unterlage bildet. Beide sind nicht 
dazu geeignet. Kies und Steine bedingen Quetschungen Öer 
Klauen besonders bei schweren Rindern, wodurch diese bald 
zum Stehen völlig unfähig werden, Lehm und Erde machet im 
Verein mit Koth und Harn den Boden bald so schlüpfrig, dass 
die Thiere ausrutschen und stürzen müssen. Vielleicht könnten 
hier die Eisenbahnverwaltungen etwas nachsichtiger sein, ohne 
die Sicherheit des Betriebes zu gefährden, und z. B. Spreu oder 
andere landwirthschaftliche Abfälle unter der Bedingung gründ¬ 
licher Durchfeuchtung mit Wasser unter die zulässigen Einstreu¬ 
mittel aufnehmen. Jedenfalls aber wäre es dankbar zu begrüssen, 
wenn die Eisenbahnbeamten angewiesen würden, über zweck¬ 
entsprechende Art und genügende Menge des Einstreumaterials 

Aufsicht zu üben. ,, - . . 

(Schluss folgt.) 


Ruptur der Aorta und der halbmondförmigen 
Klappen beim Pferde. 

Von Thierarzt W. Engelen in Saarbrücken. 

Ein schweres Arbeitspferd (belg. Rasse) der Grube G. 
hatte auf einer Strecke mit Gefälle einen Kohlenzug zu ziehen. 
Der Führer und ein zweiter Mann waren am Ende des Zuges 
mit dem Bremsen beschäftigt, als der Zug plötzlich zum Stehen 
kam. Das momentan führerlose Pferd war zu Boden gefallen 
und lag da, mit dem Kopfe gegen den Zug gerichtet. Der 
Führer bemerkte nur noch, wie das Pferd nach wenigen Athem- 
zügen verendete. 

Bei der Section waren die Schleimhäute blass, ebenso 
nach Eröffnung der Körperhöhlen die vorliegenden Organe. 
Die 6. Rippe der rechten Seite war am Rippenknorpel zer¬ 
brochen, die Umgebung blutig infiltrirt. Der Herzbeutel war 
mit geronnenem Blute prall gefüllt. An der Spitze des Herz¬ 
beutels gewahrte man einen 2 mm langen Riss, welcher durch 
Blutgerinnsel verschlossen war. In der Aorta fand sich ein 
8 cm langer Riss, welcher am Ursprünge der rechten Kranz¬ 
arterie des Herzens begann, 3 J / 2 cm vom Ursprünge der ersten 


der halbmondförmigen Klappen entfernt, dem Rande der letz¬ 
teren parallel verlaufend, bis in die Gegend der Grenze des 
zweiten und letzten Drittels der mittleren halbmondförmigen 
Klappe reichte. Ansatzstelle und Ränder der beiden Klappen 
waren ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen, indem sich an den¬ 
selben ein ebenso langer Riss befand, welcher einen 2—3 mm 
langen Streifen der Klappenränder auf die genannte Strecke 
hin von dem übrigen Theile der Klappen abgespalten hatte. 
Die äussere Umgebung des Aortenrisscs war auf Handbreite 
dunkelroth, blutig infiltrirt. 

Die Aorta ist bekanntlich gerade an ihrer Ursprungsstellc 
für Rupturen prädisponirt, weil die Wand hier beträchtlich 
dünner ist als im weiteren Verlaufe dieses Gefässes. Von Lustig 
(Wochenschr. f. Thierheilk. und Viehzucht 1877, S. 241) und 
Dieckerhoff (Lehrbuch, S. 794) bezw. Sticker sind früher 
Rupturen der Aorta nach Anstrengungen beim Rennen oder 
an der Longirleine beobachtet worden. 

In solchen Fällen lässt sich nicht immer mit Bestimmtheit 
sagen, ob die Ruptur schon eine Folge der starken Anstrengung 
oder erst eine Folge des Sturzes ist. Der Tod des Thieres 
erfolgt durch innere Verblutung. 


Referate. 

Englische Vorschläge zur Bekämpfung der Tuberculose.') 

Von Küh n au-Hamburg. 

Die in England im Juni 1896 niedergesetzte Commission, 
welche über Massnahmen zur Bekämpfung der Tuberculose be- 
rathen sollte, hat in der letzten Woche ihren Bericht dem 
Unterhause überreicht. Besondere Aufgabe der Commission 
war es, zu untersuchen, welche gesetzlichen Massnahmen ge¬ 
eignet und wünschenswerth erachtet werden, um der dem 
Menschen durch den Genuss des Fleisches und der Milch von 
tuberculösen Thieren drohenden Gefahr zu begegnen und welche 
Gesichtspunkte seitens der’ Verwaltungsbehörden bei der Be¬ 
schlagnahme von mit Erscheinungen der Tuberculose behaftetem 
Fleisch und Fleischwaaren zu beobachten sind. 

Es ist dies bereits die dritte englische Commission, welche 
sich mit der Frage der Tuberculose zu befassen hatte und 
zeugt die Zusammensetzung der Commission (Verwaltungsbeamte, 
Medicinalbeamte, Thierärzte und Landwirthe) dafür, welche 
Wichtigkeit man den Berathungen der Commission beilegte. 

Der Gang der Arbeiten der Commission war folgender: 
Zunächst unterrichtete sich die Commission über das Vor¬ 
kommen der Tuberculose unter den Milchkühen, sowie unter 
den anderen zur menschlichen Nahrung bestimmten Thieren, 
dabei namentlich den hygienischen Verhältnissen Beachtung 
schenkend, unter welchen die Thiere gehalten wurden. Die 
verschiedenartige Handhabung der Fleisch- und Milchschau, 
sowie die dieselben regelnden Bestimmungen wurden ebenfalls 
in den Kreis der Berathungen gezogen. Gutachten wurden 
eingeholt von den grossen Städten, von den kleineren Städten, 
von den Grafschaften, von den Schlachter-Vereinigungen, Land- 
wirthschaftsgesellschaftcn u. s. w. Die Mitglieder der Com¬ 
mission besuchten die hauptsächlichsten Schlachthäuser in Gross- 
Britannien und Irland und widmeten namentlich der daselbst 
üblichen Methode der Fleischuntersuchung ihre Aufmerksamkeit. 
Ferner wurden Milchwirthschaften in den verschiedensten Theilen 
des Landes besucht und die Haupt-Schlachthäuser des Con- 
tinents. In Dänemark beanspruchte das Tilgungssystem der 
Tuberculose besonders die Aufmerksamkeit. 

Bei dem Mangel von genauen Berichten der britischen 
Schlachthäuser war eine genaue Orientirung über die Ver¬ 
breitung der Tuberculose unter den britischen oder irländischen 
Vichständen nicht möglich. Es ergab sich indess mit Gewiss- 


') Aas dem Commissionsbericht ist zu ersehen, wie weit England in 
Bezug auf Sanitäts- und VeterinBrpolizei gegenüber Deutschland noch zurück 
ist und wie die sich nun geltend machende Reaction in mehreren Punkten 
Uber das Ziel hinausschiesst. (D. Red.) 


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229 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


No. 26. 

heit, dass die Seuche viel weiter verbreitet ist, als wie ge¬ 
wöhnlich vermuthet wird. 

Die Commission ist zu der Ueberzeugung gekommen, dass 
das Tuberculin in den Händen eines competenten 
Thierarztes ein fast unfehlbares Mittel für die Er¬ 
kennung der Tuberculose ist und dass durch strenge 
Trennung der verdächtigen Thiere von den gesunden Thiercn 
die Krankheit in verhältnissmässig kurzer Zeit und bei massigen 
Kosten getilgt werden kann. Besonders ist hierbei in dem 
Bericht auf den Versuch hingewiesen, welchen Sir Thomas 
Gibson Carmichael, Bart., unternommen hat und dem es ge¬ 
lungen ist, innerhalb weniger Jahre seine Heerde in einen ge¬ 
sunden Zustand zurückzuführen. 

Die Ermittelungen der Commission ergaben, dass die 
Fleischschau sehr verschieden gehandhabt wird. Zum grossen 
Theil sind mit der Ausübung der Fleischschau Personen betraut, 
von denen nur wenige bezüglich Ausübung der Fleischschau 
ausreichenden Unterricht genossen haben. Edinburgh hat den 
besten Stab von competenten Sachverständigen, die meisten 
von ihnen sind Thierärzte; die Commission ist der Ansicht, 
dass die Frage der Beurtheilung des Fleisches ausserordent¬ 
lich schwierig ist. Um Gleichmässigkeit hinsichtlich der Aus¬ 
übung der Fleischschau herbeizuführen, erachtet es die Com¬ 
mission für nothwendig, dass alle Privatschlachthäuser auf¬ 
gehoben und als Fleischschauer nur Personen angestellt werden, 
welche speciellen Unterricht genossen und ein Examen ab¬ 
gelegt haben. Die schwierige Frage der Entschädigung für 
beschlagnahmte Schlachtstücke hat eingehende Berathung ge¬ 
funden, aber die Commission kann nach Lage der Sache eine 
staatliche Entschädigung nicht befürworten. Sie ist dahingegen 
der Ansicht, dass bei Verwendung von geschulten Fleisch¬ 
schauern Gleichmässigkeit bezüglich Ausübung der Fleischschau 
erreicht wird und dass zukünftig die Confiscationen verhältniss¬ 
mässig seltener werden als in der Vergangenheit. Die Com¬ 
mission empfiehlt eine gegenseitige Versicherung und serzt 
voraus, dass die Local-Verwaltungen, welche Ueberschüsse aus 
den öffentlichen Schlachthäusern erzielen, angehalten werden, 
zu dieser Versicherung einen Theil beizutragen. Die Minorität 
der Commission weicht von dieser Auffassung ab und empfiehlt, 
dass Entschädigung aus dem Reichsfonds gewährt wird. Die 
Schwierigkeit bei einem solchen Vorschläge scheint darin zu 
liegen, dass, wenn eine Entschädigung aus der Staatskasse ge¬ 
zahlt wird, der Staat auch seine eigenen Sachverständigen 
wählen würde, denn er wird nicht zahlen wollen für Con¬ 
fiscationen, die von den Beamten einer anderen Behörde aus¬ 
geführt worden sind. 

Während man im Publikum viel über die Gefährlichkeit 
des tuberculösen Fleisches hört, kam die Commission zu der 
Ueberzeugung, dass, obwohl kein Zweifel besteht, dass die 
Tuberculose durch den Fleischgenuss übertragen 
werden kann, die Gefahr doch im Verhältniss zu 
der Gefährlichkeit der Milch eine sehr geringe 
ist. In dieser Hinsicht stimmt die Commission in ihrer An¬ 
sicht mit der der früheren Commission überein, dass die meisten 
Fälle, in denen der Mensch durch den Genuss von Nahrungs¬ 
mitteln Tuberculose erwirbt, auf den Genuss von Milch, welche 
tuberculöses Material enthält, zurückgeführt werden müssen. 
Die Fleischschau soll ungenügend sein, wie man 
sagt, aber bezüglich der Milch giebt es überhaupt 
noch keine Schau. Besondere Beachtung erforderte die 
Verwendung von Milch aus tuberculösen Eutern; 
obwohl man diese noch verhältnissmässig selten antrifft, scheint 
doch die Ausbreitung der Tuberculose gerade dadurch ausser¬ 
ordentlich rasch zuzunehmen. Die Eutertuberculose ist um so 
mehr gefährlich, als man in den früheren Stadien derselben keine 
besonderen Merkmale auffinden kann. Aus diesem Grunde 
stimmt die Commission mit den Ansichten von Dr. Martin 
und Woodhead von der früheren Commission überein, welche 
sagen, dass kein tuberculöses Thier irgend welcher 
Art als Milchthier sollte gebraucht werden. Bei 
der grossen Verbreitung der Tuberculose unter dem Milchvieh 
ist die Commission der Meinung, dass mit der Ausmerzung der 


tuberculösen Thiere nach und nach vorgegangen werden soll, 
dass aber gleichzeitig eine systematische Controle der sämmt- 
lichen Milchkühe einzurichten sei. Diese Controle muss besonders 
da Platz greifen, wo die Kühe die Bevölkerung einer Gemeinde 
mit Milch versorgen. Verkauf der Milch einer Kuh mit 
krankem Euter zu verhindern, diese Forderung ist sehr 
streng, da aber die Diagnose der Eutertuberculose ziemlich 
schwierig ist und der Durchschnitt der Vieheigenthümer nicht 
genügende Kenntnisse besitzt, um die Krankheiten auseinander 
zu halten, ist die Forderung bei der ernsten Natur der Krank¬ 
heit nicht von der Hand zu weisen. 

Die Commission legt das Hauptgewicht auf die Massnahmen, 
welche geeignet sind, die Tuberculose unter dem Vieh selbst 
zu tilgen. Bei den in dieser Hinsicht in Dänemark angestellten 
Untersuchungen hat die Commission gefunden, dass durch Auf¬ 
wendung einer verhältnissmässig kleinen Summe die dänische Re¬ 
gierung in der Lage gewesen ist, 144800 Thiere der Tuberculin- 
probe zu unterwerfen und die verdächtigen Thiere abzusondern. 
Die Commission ist der Ansicht, dass die mehr intelligenten 
und unternehmenden Landwirthe gern sich der Beihülfe des 
Staates zur Entdeckung der Tuberculose bedienen werden und 
dass die andern allmälig nachfolgen werden. 

Am Schlüsse des Commissionsberichtes sind die einzelnen 
Vorschläge genauer dahin präcisirt: 

I. Fleisch. 

A. Schlachthäuser. 

1. Wir empfehlen: 

a. dass den Städten und Gemeinden, welche öffentliche 
Schlachthäuser besitzen, das Recht zusteht, vorzuschreiben, dass 
andere Plätze zum Schlachten nicht benutzt werden dürfen; 

b; dass diese Gemeinden befugt sind, vorzuschreiben, dass 
alles Fleisch, welches anderswo als im öffentlichen Schlacht¬ 
hause geschlachtet worden ist und zum Verkauf eingeführt 
werden soll, nach bestimmten Plätzen Zwecks Untersuchung 
hintransportirt werden muss und dass für die Untersuchung 
eine Gebühr festgesetzt wird, welche die Kosten der Unter¬ 
suchung deckt; 

1 c. dass, im Falle öffentliche Schlachthäuser errichtet sind, 
Sachverständige angestellt werden, um alle Schlachtthiere un¬ 
mittelbar nach der Schlachtung zu untersuchen und das Fleisch, 
welches gesund befunden worden ist, an einzelnen Stellen mit 
Schaustempeln zu versehen. 

2. Es erscheint wünschenswerth, dass in London die Er¬ 
richtung von öffentlichen Schlachthäusern an Stelle der Privat¬ 
schlachthäuser mit Rücksicht auf die Bedürfnisse ganz Londons 
erwogen werden möge. Gegenwärtig hat nicht eine Gemeinde 
die Befugniss, öffentliche Schlachthäuser anders als nur zur 
Abschlachtung von ausländischem Vieh am Ausschiffungsplatze 
zu errichten. 

3. Was die Schlachthäuser in den ländlichen Bezirken an¬ 
langt, so ist die Frage nicht leicht zu behandeln. Aber die 
Schwierigkeit muss überwunden werden, denn sonst besteht die 
Gefahr, dass ungesunde Thiere in den kleinen Dörfern, wo sie 
der Controle entschlüpfen können, abgeschlachtet und verkauft 
werden. Wir empfehlen deshalb, dass die Fleischschau in den 
ländlichen Bezirken den Grafschafts - Regierungen unterstellt 
wird. 

4 Wir empfehlen weiter, dass es nicht erlaubt sein soll, 
Fleisch eines Thieres zum Verkauf zu bringen, welches nicht 
in einem concessionirten Schlachthause geschlachtet ist. 

B. Qualification der Fleischschauer. 

5. Wir schlagen vor, dass in Zukunft keine Person zur 
Ausübung der Fleischschau zugelassen wird, welche nicht durch 
ein geeignetes Examen vor einer von der Regierung zu be¬ 
stimmenden Behörde ihre Befähigung hinsichtlich folgender 
Punkte dargelegt hat: 

a. die Kenntniss des Gesetzes der Fleischschau, der Aus¬ 
führungsbestimmungen, Verordnungen u. s. w., welche zur Zeit 
des Examens in Kraft sind; 


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230 


25. Juni. 


DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


b die Kenntniss der Namen und Lage der einzelnen Or¬ 
gane des Körpers; 

c. die Kenntniss der Zeichen von Gesundheit und Krank¬ 
heit bei den Thiercn, welche zur menschlichen Nahrung be¬ 
stimmt sind, sowohl vor als nach der Schlachtung; 

d. die Kenntniss über das Aussehen und die Beschaffen¬ 
heit von frischem Fleisch, Organen, Fett und Blut, und die 
Veränderungen oder Zubereitungen, welche es zur menschlichen 
Nahrung tauglich oder untauglich machen. 

C. Tuberculose bei Thieren, welche zur mensch¬ 
lichen Nahrung dienen sollen. 

6. Wir empfehlen, dass die Regierung ermächtigt wird, 
von Zeit zu Zeit Instructionen für die Flcischschauer darüber 
zu erlassen, wo ein Thier theilweisc oder ganz beschlagnahmt 
werden soll. 

Bei der Herausgabe dieser Instructionen sollten folgende 
Gesichtspunkte für die Untersuchung von tuberculöscn Thiercn 
massgebend sein. 

Das ganze Schlachtstück und alle Organe sind 
zu beschlagnahmen: 

a. wenn eine Miliartuberculose beider Lungen vor¬ 
handen ist; 

b. wenn tuberculose Veränderungen sich an Brust- und 
Bauchfell finden; 

c. wenn tuberculose Veränderungen im Fleisch selbst oder 
in den im Fleisch eingebetteten Lymphdrüsen angetroffen 
werden; 

d. wenn tuberculose Veränderungen zugegen sind und das 
Thier abgemagert ist. 

Das Schlachtstück, soweit sonst gesund, soll 
nicht beschlagnahmt werden, sondern nur jeder 
Theil, welcher mit Tuberculose behaftet ist, wenn 
die Veränderungen begrenzt sind auf: 

a. die Lunge und die Lymphdrüsen der Brusthöhle; , 

b. die Leber; 

c. die pharyngealen Lymphdrüsen; 

d. zwei oder mehrere der genannten Organe und nur ge¬ 
ringe Ausbreitung zeigen. 

Mit Rücksicht auf die grössere Neigung der Tuberculose 
beim Schwein zur Generalisation halten wir dafür, dass bei 
Gegenwart von tuberculöscn Veränderungen in irgend einem 
Grade die Beschlagnahme des ganzen Schlachtstücks und sämmt- 
licher Organe erfolgen sollte. Was das ausländische ge¬ 
schlachtete Fleisch anbetrifft, so sollte die Be¬ 
schlagnahme in jedem Falle erfolgen, wo das 
Brustfell ausgefliest ist. 

II Milch. 

D. Euterkrankheiten der Kühe. 

Wir empfehlen, dass 

7. von jeder Euterkrankheit, bei Vermeidung einer Strafe, 
Anzeige erstattet werden muss, von allen Besitzern von Kühen, 
einerlei, ob es nur Privatmilchwirthschaften sind oder ob die 
Milch zum Verkauf gestellt wird; 

8. die Localbehörden befugt sind, Milch, welche von 
Kühen stammt, die mit Eutertuberculose behaftet sind, vom 
Genuss auszuschliessen; 

9. den Localbchörden das Recht gegeben werden soll, 
von Zeit zu Zeit von der Milch, welche in ihren Bezirken pro- 
ducirt oder verkauft wird, Proben zu nehmen und Analysen 
herzustellen, und dass die Milchhändler verpflichtet werden, über 
die Herkunftsquelle ihrer Milch genügende Auskunft zu geben. 

In Häfen, wo Milch und Milchproducte vom Auslande ge¬ 
landet werden, sollen die sämmtlichen Untersuchungskosten von 
den Importeuren getragen werden. 

E. Kuhhaltungen, Ställe u. s. w. 

Wir empfehlen, 

10. die Localbehörden anzuhalten, Vorschriften für Milch- 
wirthschaften, Kuhhaltungen u. s. w. zu erlassen, wo dies noch 
nicht bereits stattgefunden hat; 


11. dass in Zukunft keine Kuhhaltung, Kuhstall oder Mol¬ 
kerei in städtischen Bezirken zugelassen oder eingetragen werden 
soll, wolchc sich von irgend einem Wohnhaus nicht 100 Fuss 
entfernt befindet. Die bereits bestehenden, welche dieser Be¬ 
dingung nicht Genüge leisten, müssen die Bescheinigung eines 
Sanitätsarztes beibringen, dass keine Gefahr für die Einwohner 
der Nachbarschaft damit verbunden ist, oder eines Sanitäts- 
thicrarztes, dass es kein Platz ist, wo die Kühe zum Zwecke 
des Milchverkaufs gehalten werden und dass es unmöglich ist, 
ein solches Geschäft dort einzurichten; 

12. dass für die Milchwirthschaften, welche in bevölkerten 
Districten concessionirt werden sollen, folgende Bedingungen 
erfüllt sein müssen: 

1) ein undurchlässiger Fussboden ; 

2) Genügende Wasserversorgung für die Reinigung; 

3) Sauberer Abfluss; 

4) Eine Dungstätte in genügender Entfernung von den 
Ställen; 

5) ein Mindestraumgehalt von 600 bis 800 Cubikfuss für 
jedes erwachsene Thier; 

6) ein Mindestfussbodenraum von 50 Quadratfuss für jedes 
erwachsene Thier; 

7) genügend Licht und Ventilation. 

Wenn wir einen Mjndestraum und -Platzgehalt vorge¬ 
schrieben haben ohne bestimmte Vorschriften für die Ventilation 
und Beleuchtung zu geben, so betonen wir ausdrücklich, dass 
diese bei Weitem die wichtigsten Erfordernisse sind, um eine 
genügende Bewegung der Luft herbeizuführen. 

Bei den bereits bestehenden Kuhhaltungen sollten die den 
Vorschriften gelegentlich notwendigen baulichen Aenderungen 
angebracht sein. 

13. Die für die Kuhhaltupgen in stark bevölkerten Di¬ 
stricten gütigen Vorschriften sollten auch Anwendung finden 
bei den Milchwirthschaften in schwach bevölkerten Landes- 
theilcn, mit Ausnahme der Bestimmungen über den Cubikinhalt. 
Immer aber müsste auf so viel Ra,um Bedacht genommen sein, 
dass eine ausreichende Ventilation ohne Zugluft vorhanden ist. 

14. Wir empfehlen, dass in Fällen, wo die Kühe in einem 
Bezirk aufgestellt sind und einen anderen mit Milch versorgen, 
die Behörde des ersteren Bezirkes gehalten sein soll, auf An¬ 
suchen der Behörde des zweiten Bezirks volle Auskunft zu 
geben über den Gesundheitszustand der Kühe, Ställe u. s. w., 
aus denen die Milch bezogen wird. Ist die Behörde des Em¬ 
pfangsortes mit dem Bericht nicht zufrieden, so soll sie bei 
der Localregierung eine unparteiische Untersuchung des Milch¬ 
viehbestandes beantragen können. 

F. Tilgung der Rindertuberculose. 

15. Die Commission beantragt, dass dem Landwirthschafts- 
ministerium Fonds zur Verfügung gestellt werden zur Herstellung 
von Tuberculin und dass Viehbesitzer angeregt werden zur 
Impfung ihrer Viehbestände mit Tuberculin gegen das Aner¬ 
bieten freier Verabfolgung von Tuberculin und freiem thier¬ 
ärztlichem Beistand unter folgenden Bedingungen: 

a. dass die Impfung durch einen Thierarzt ausgeführt 
wird; 

b. dass das Tuberculin nur an solche Viehbesitzer verab¬ 
folgt wird, welche sich verpflichten, das reagirende Vieh von 
dem gesunden zu trennen; 

c. dass der Viehbestand, welcher der Prüfung unterzogen 
wird, unter befriedigenden sanitären Verhältnissen gehalten wird 
und besonders, dass ein genügender Luftraum, Ventilation und 
Licht vorgesehen ist in den Gebäuden, welche zur Aufnahme 
der Thiere bestimmt sind. 

16. Wir empfehlen, dass von Seiten der Behörden Cir- 
culäre durch die landwirtschaftlichen Vereine verbreitet werden, 
in denen über die Art und Weise der Anwendung des Tuber- 
culins, über die Zeichen der Reaction und über die Trennung 
der verdächtigen von den gesunden Thieren zu befolgenden 
Regeln Angaben enthalten sind. 


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No. 26, 

Nephritis (?) beim Rinde. 

Von Quittord. 

(Le Progtes vcterinaire. 1898. S. 209.) 

Ein fetter Ochse zeigte zunehmende Abmagerung und 
leichte Harnbeschwerden. Dieser Zustand blieb mit Unter¬ 
brechungen 2 — 3 Tage bestehen. Dann hörte der Ochse auf 
zu fressen, zeigte dumpfe Koliken, stöhnte, blieb mehr stehen 
als sonst und legte sich mit Vorsicht nieder. Der abgesetzte 
Harn war dickflüssig, blutig und wurde in beträchtlichen Mengen 
jedes Mal und unter Beschwerden abgesetzt. An den Haaren 
der Vorhautöffnung fand sich eine geringe Menge eines serös¬ 
schleimigen Secrets. Der Harn enthält reichlich Eiweiss. Die 
Haut ist weich, das Haar glänzend Die Wirbelsäule ist bei 
Druck nicht empfindlicher als sonst. Bei der Untersuchung 
durch den Mastdarm war die Nicrengegend empfindlich. Die 
Nieren waren vergrössert und wiesen eine undeutliche weiche 
Consistenz auf. Der Zustand verschlechterte sich von Tag zu 
Tag. Appetit fehlt gänzlich, Nährzustand elend, Flanken hohl, 
Leib aufgezogen. Der Ochse stöhnt beständig. Der in reich¬ 
lichen Mengen abgesetzte Harn ist etwas eitrig und zeitweise 
saniös. Bei der Rectaluntersuchung lässt sich an der Stelle, 
wo die Nieren sitzen, eine unförmliche, sehr weiche, nicht 
knollige, sehr umfangreiche Masse nachweisen. 

Die Obduction ergab die nachfolgenden Veränderungen: 

Das Netz war in der Gegend der linken Flanke mit dicht¬ 
stehenden punktförmigen Blutungen besetzt. In der rechten 
Flanke ist es zerrissen; durch den Riss sind die Darmschlingen 
geschlüpft. Im Darme an den verschiedensten Stelle eine leb¬ 
hafte Entzündung. In der Nierengegend findet sich eine enorme 
Geschwulstmasse, welche wie eine Magenabtheilung aussieht 
und dem Pansen dicht anliegt. Die Grösse derselben ist gleich 
der des Kopfes eines mittelgrossen Pferdes. Sie ist sehr weich 
und nimmt nach Aufhören des Druckes schnell ihre alte Ge¬ 
stalt wieder an. Sie scheint mit Gasen angefüllt zu sein, aber 
crepitirt nicht. Beim Einschneiden entleert sich keine Flüssig¬ 
keit; auf der Schnittfläche sieht man zahlreiche Höhlen, die 
ausgedehnte Bindegewebsspalten sind. Dieselben haben am 
Rande Nussgrösse und nehmen an, Grösse nach dem Centrum 
zu ab. An letzterer Stelle befindet sich ein festes Gewebe 
von hellgrauer Farbe. Die Malpighi’schen Körperchen zeigen 
stellenweise noch die Farbe der Nieren. Ausserdem entleeren 
einige Gefasse auf die Schnittfläche geringe Mengen Blut. 
Ganz im Centrum der beschriebenen Masse findet sich ein hell¬ 
grauer, sehr derber Kern, der ohne scharfe Grenze in das in- 
filtrirte Gewebe übergeht. Im Innern dieses Kernes ist eine 
faustgrosse Höhle, das Nierenbecken, vorhanden. Dasselbe 
enthält hellgrauen, eiweissreichen Harn, in dem einige Eiter¬ 
flocken schwimmen. 

Die Wand des Nierenbeckens ist einige Millimeter stark 
und ist umgeben von einigen fast zerstörten Nierengewebsinseln, 
in die Blutgefasstümpfe hineinragen. So war die rechte Niere 
beschaffen. An der linken waren die Veränderungen noch aus¬ 
gesprochener. Dieselbe stellte nur eine weite Höhle dar, in 
der sich dieselbe Flüssigkeit wie in der rechten Niere fand. 
Der Harnleiter dieser Seite ist stark erweitert und enthält eben¬ 
solche Flüssigkeit. Es sind keine Spuren von Nierengewebe 
mehr vorhanden. 

Die Blase war fast leer, ihre Schleimhaut war verdickt, 
der wenige vorhandene Harn ist durch die aus den Nieren 
stammende Flüssigkeit getrübt. Fr ick. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Veränderungen im Lehrkörper der Dresdener Thierärzt¬ 
lichen Hochschule. 

Mit Ende dieses Monats legte Geh. Medicinalrath Professor 
Dr. med. et phil. Siedamgrotzky die Leitung der Klinik 
für grosse Hausthiere nieder, wird aber die Vorlesungen über 
Veterinärpolizei und Staatsthierheilkunde beibehalten, der Di- 
rection der Hochschule sowie der Commission für das Veterinär- 


23 t 

wesen weiter angehören und sich seinem Amte als Landes- 
thicrarzt widmen. Als Leiter der Klinik für grosse Hausthiere 
wurde der Bczirksthierarzt Dr. phil. Röder in Meissen be¬ 
rufen, welcher ausserdem Vorlesungen über speciclle Pathologie 
und 1 herapie, speciclle Chirurgie, Operationslehre und pro¬ 
pädeutische Klinik halten wird. Professor Dr. Baum über¬ 
nimmt zu seinem anatomischen Wirkungskreise die Vorlesungen 
über Zoologie und Geschichte der Thierheilkunde. 

Ausstellung- 

der Deutschen Landwirthschafts-Gesellschaft in Dresden. 

Der Unterzeichnete Ausschuss giebt hierdurch bekannt, 
dass als Standquartier für die Herren Thierärzte während 
der in den Tagen vom 30. Juni bis 5. Juli a. c. in Dresden 
stattfindenden Ausstellung der Deutschen Landwirthschafts- 
Gesellschaft das Restaurant »Redlichhaus«, an der Carola¬ 
brücke, bestimmt worden ist. Ferner wird bekannt gegeben, 
dass am Sonnabend, den 2. Juli d. J., die Landsmannschaft 
»Alemannia« im Saal des Musenhauses und die Landsmann¬ 
schaft »Saxonia« in Helbig’s Restaurant an der Elbe ihre 
Stiftungsfestcommerse, beide um 8 Uhr Abends be¬ 
ginnend, abhalten werden, wozu die genannten Landsmann¬ 
schaften die zu dieser Zeit hier anwesenden Herren Thierärzte 
hiermit ergebenst cinladen. 

Für einen am Montag, den 4. Juli, in Begleitung mit Damen 
in Aussicht genommenen Ausflug nach der Bastei wird 
das Nähere über die Zeit der Abfahrt aus Dresden u. s. w. 
durch Anschlag im thierärztlichen Bureau auf dem Aus¬ 
stellungsplatze, woselbst Auskünfte jeder Art, so weit dies 
möglich ist, immer und gern ertheilt werden, noch bekannt 
gemacht werden. 

- Dresden, den 14. Juni 1898. 

Otto Beier, Bczirksthierarzt, Dresden-N., Königsbrückerstr. 47. 

Max Redlich, Amtsthierarzt, Dresden-A., Amalienstr. 23. 

Karl Schade, Oberrossarzt, Dresden-N., Bischofsweg 18. 


DTebstjubiläum des Geheimen Oeconomieraths Professor 
v. Lang-sdorff in Dresden. 

Am 1. Juni beging der in thierärztlichen Kreisen Deutsch¬ 
lands allgemein bekannte Generalsecretär des Kgl. Sächsischen 
Landesculturrathes, Herr Geh. Oeconomierath v. Langsdorff, 
Professor an der Dresdener Thierärztlichen Hochschule, das 
Jubiläum seiner 25 jährigen Thätigkeit im Königreiche Sachsen. 
Da? Präsidium des Landesculturrathes und dessen übrige Be¬ 
amten, die Directorien der landwirthschaftlichen Kreisvereine, 
der landwirthschaftlichen Schulen und Versuchsstationen, der 
Verband der landwirtschaftlichen Genossenschaften Sachsens, 
die Directorien des landwirtschaftlichen Creditvereins, der land¬ 
wirthschaftlichen Feuerversicherungs-Genossenschaft, der Oeco- 
nomischen Gesellschaft und des Landesobstbauvereins, sowie 
der Deutschen Landwirthschaftsgesellschaft brachten persönlich 
ihre Glückwünsche dar unter Ueberreichung von mancherlei 
Ehrengeschenken. Von Aussen waren zahlreiche Glückwunsch¬ 
schreiben und Telegramme eingelaufen, unter anderen auch von 
dem Professoren-Collegium des landwirthschaftlichen Instituts 
der Universität Leipzig, dem Vorstand des Deutschen Land- 
wirthschaftsraths und der Landwirthschaftskammer für die Pro¬ 
vinz Sachsen. Die landwirthschaftlichen Kreisvereine zu Dresden 
und Leipzig ernannten den Jubilar zum Ehrenmitglied und die 
Oeconomische Gesellschaft im Königreiche Sachsen überreichte 
ihm ihre goldene Ehrenmedaille. Ein durch Herrn Geh.'Oeco¬ 
nomierath Münzner veranstaltetes Festmahl auf der Brühl’- 
schen Terrasse hielt einen grossen Theil der Glückwünschenden 
in Gemeinschaft mit dem Jubilar und dessen nächsten Ange¬ 
hörigen bis in die späten Abendstunden in fröhlichster Ver¬ 
einigung beisammen. 

Die thierärztlichen Kreise des Königreiches Sachsen 
begingen das Jubiläum am 10. Juni, weil an diesem Tage vor 
25 Jahren der Jubilar seine Thätigkeit beim Landesculturrathe 


DEUTSCHE THIERvERZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


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2 $. Juni. 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


232 


erst wirklich begonnen hatte. In dankbarer Anerkennung der 
grossen Verdienste, welche sich Herr v. Langsdorff um die 
Herstellung innigster Wechselbeziehungen zwischen Landwirt¬ 
schaft und Thiermedicin erworben hat, entsandten die vier 
thierärztlichen Kreisvereine Sachsens, sowie der Verein sächsi¬ 
scher Bezirksthierärzte Vertreter, welche dem Jubilar die herz- i 
liehen und aufrichtigen Glückwünsche der Thierärzte Sachsens 
zum Ausdrucke brachten. Hierbei verlieh der letztgenannte 
Verein dem Herrn Geheimen Oenonomierath die Ehrenmitglied¬ 
schaft. Auch die Studentenschaft der thierärztlichen Hochschule 
übermittelte dem Jubilar ihre Glückwünsche, sowohl durch Ver¬ 
treter des Ausschusses der Studirenden als auch durch Abord¬ 
nungen der einzelnen Corporationen. Eine besondere Ehrung 
aber bereitete die thierärztliche Hochschule dem Jubilar durch 
die Ueberreichung einer künstlerisch ausgeführten Adresse in 
werthvollem Einbande, welche gelegentlich eines vom gesammten 
Lehrercollegium besuchten Festmahles im Kaiserpalast stattfand. 

In warmen Worten der Anerkennung, Verehrung und Dankbar¬ 
keit gedenkt der Wortlaut der Adresse nicht nur der Thätig- 
keit des Jubilars als Professor an der thierärztlichen Hochschule, 
sondern hebt vor Allem die grossen Verdienste des Jubilars 
hervor, welche in der von Letzterem erfolgreich erstrebten 
Erweiterung des Wirkens der praktischen Thierärzte zum Wohle 
von Landwirtschaft und Viehzucht gipfeln. Nachdem die 
Adresse unter einer herzlichen Ansprache des Herrn Ober- 
medicinalrathes Professor Dr. med. et phil. Ellenberger 
dem Jubilar überreicht worden war, dankte dieser sichtlich ge¬ 
rührt und erfreut für diese Ovation, wiederholt betonend, welchen 
grossen Werth er darauf lege, der thierärztlichen Hochschule 
als Lehrer anzugehören und welch’ grosse Freude es ihm be¬ 
reite, gerade von dieser Stelle aus Anerkennung für sein Wirken 
zu finden. Von dem Geiste freundschaftlichster Gesinnung und 
familiärer Zusammengehörigkeit durchweht, verlief das Fest¬ 
mahl irt heiterster Stimmung und bildete so einen würdigen Ab¬ 
schluss der Jubiläums-Feierlichkeiten. E. 


Professor Zenker f. 

Der ehemalige Erlanger Professor der pathologischen Ana¬ 
tomie, Friedrich Albert von Zenker, ist am Montag fn 
Reppentin in Mecklenburg, wo er sich zum Besuche aufhielt, 
73 Jahre alt gestorben. In weiteren Kreisen ist Zenker be¬ 
kannt geworden durch seinen hervorragenden Antheil an' der 
Entdeckung der Trichinenkrankheit. Wohl hatte man schon 
vor ihm das Vorkommen von Trichinen bei Thieren und 
Menschen beobachtet, allein über ihre Herkunft und ihre Gefähr¬ 
lichkeit war noch keine richtige Deutung gegeben worden. 
Da machte Zenker im Jahre 1860 die wichtige Beobachtung, 
dass der Tod einer angeblich an Typhus gestorbenen Person 
in Wirklichkeit durch den Trichinenwurm erfolgt war. Seine 
in Virchow’s Archiv damals veröffentlichte Arbeit »Ueber die 
Trichinenkrankheit des Menschen« war epochemachend, denn 
sie lieferte zuerst das richtige Krankheitsbild und stellte den 
Charakter und die Gefährlichkeit dieser Krankheit beim Menschen 
fest. Die Untersuchungen Virchow’s, Leuckart’s u. A. 
erweiterten die Kenntniss von der Trichine und ihrer Wirkungen 
bei Mensch und Thier und hatten die gesetzlich eingeführte 
Trichinenschau zur Folge. Professor v. Zenker war am 
13. März 1825 in Dresden geboren, wurde 1851 Prosector am 
Stadtkrankenhause seiner Vaterstadt und 1855 Professor der 
pathologischen Anatomie und allgemeinen Pathologie an der 
dortigen chirurgisch - medicinischen Academie. Nach seiner 
grossen Entdeckung wurde er 1862 zum ordentlichen Professor 
der pathologischen Anatomie an der Universität Erlangen er¬ 
nannt, erhielt 1887 den persönlichen Adel und trat 1895 in 
den Ruhestand. Ausser zahlreichen fachwissenschaftlichen Ar¬ 
beiten gab er mit Professor v. Ziemssen-München seit 1865 
das »Deutsche Archiv für klinische Medicin« heraus. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Jahresbericht über die Leistungen auf dem Gebiete 
der Veterinärmedicin, herausgegeben von Dr. Ellen¬ 
berger, Professor an der thierärztlichen Hochschule 
in Dresden; Dr. Schütz, Professor an der thierärzt¬ 
lichen Hochschule in Berlin, und Dr. Baum, Professor an 
der thierärztlichen Hochschule in Dresden. Siebenzchnter 
Jahrgang (Jahr 1897). Berlin 1898. Verlag von August 
Hirschwald, Unter den Linden NW., No. 68. Preis ro Mk. 

Der Jahresbericht ist in diesem Jahre ungewöhnlich frühzeitig erschienen; 
er schliesst sich mit seiner Disposition eng an seine Vorgänger an; der 
gegenüber dem vorjährigen etwas geringere Umfang ergiebt sich wahrschein¬ 
lich aus dem Umstande, dass von zahlreichen Arbeiten ohne Andeutung des 
Inhaltes nur der Titel genannt ist. Wenn ich diese Einschränkung auch 
keineswegs als einen Vorzug betrachten kann, so bleibt immerhin der Werth 
des Werkes ein so eminent grosser, dass Niemand es entbehren kann, wenn 
er wissenschaftlich arbeiten will. Der Preis ist für die Fülle des Gebotenen 
und dessen übersichtliche Zusammenstellung ein sehr billiger. Malkmus. 

Gutachten über Porcosan, Schutzmittel gegen Schweine¬ 
rothlauf. 

Von dem Farbwerk Friedrichsfeld, Dr. Paul Remy, Mannheim, ist 
vor Kurzem eine weitere Sammlung »Gutachten über Porcosan« veröffentlicht 
worden und ist damit das dritte Heft seit Einführung des Porcosan in die 
Praxis erschienen. Das Bändchen enthält auf 125 Seiten die Berichte, die 
eingegangen sind, nachdem alle Parteien, welche Porcosan im letzten Jahre 
verwendet haben, hierum angegangen worden waren, sowie einige in der 
Fachliteratur erschienene Abhandlungen über Porcosan. Wie wir demselben 
entnehmen, sind bis April 1898 über 61000 Impfungen mit Porcosan vor¬ 
genommen worden. Die Berichte, die den Werth dieser Schutzimpfung 
illustriren. enthalten eine Fülle von Einzelheiten, auf die näher einzugehen wir 
uns hier versagen müssen, die aber sicher für jeden Leser der Broschüre, die 
auf Verlangen kostenlos vom Farbwerk Friedrichsfeld versandt wird, von 
Interesse sein werden. Malkmus. 


Personal-Nachrichten. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Zu pragmatischen Beamten wurden 
ernannt die nachfolgenden Bezirksthierärzte L. .Schöberl in Marktheiden¬ 
feld, M. Hotz in Friedberg, J. Ehrenhardt in Ingolstadt, F. Hock in 
Kissingen, K. Wankmüller in Memmingen, M. Seufft in Bamberg, 
F. Schiller in Eichstätt, R. Miller in Illertissen, H. Engel in Bayreuth, 

F. Schramm in Tirschenreuth, M. Reuter in Karlstadt, J. Huber in 
Staffelstein, A. Brachinger in Schweinfurt, Fr. Schwäbel in Dillingen, 
Dr. L. Böhm in Stadtamhof, M. Geiger in Griesbach, J. Haas in Fürth, 

G. Zimmermann in Hersbruck, J. Grün in Kulmbach, F. Hellberg 
in Sulzbach, Fr Füssl in Freyung, Joh. Roth in Scheinfeld, A. Frank 
in Kusel, Fr. Karl in Wertingen, M. Wörner in Miltenberg, Eug. Urban 
in Regen. Landesherrlich angestellt wurde der Bezirksthierarzt August 
Fessenmeier in Karlsruhe. Grenzthierarztassistent Blume in Stallu- 
pönen wurde zum commiss. Kreisthierarzt in Eyderstedt, Schlachthofthierarzt 
S. Carl in Karlsruhe zum Bezirksthierarzt in Neckargemünd, Thierarzt 
Taubert in Heldburg zum Amtsthierarzt in Rodach ernannt. Gewählt 
wurden der Amtsthierarzt E. Möbius in Lengenfeld als Amtsthierarzt und 
der Thierarzt Dr. O. Müller in Hvidding als Hilfsthierarzt der städti¬ 
schen Fleischbeschau in Dresden, Schlachthofinspector Hissbach in Finster¬ 
walde zum Schlachthofinspector in Ostrowo. Versetzt wurden die Bezirks¬ 
thierärzte V ä t h von Mosbach nach Heidelberg, E. W e h r 1 e von Neckar¬ 
gemünd nach Mosbach. Schlachthofinspector Bittner in Neustrelitz erhielt 
den Titel »Director«. In den Ruhestand versetzt wurde seinem Ansuchen 
entsprechend der Bezirkstbierarzt K. May in Bamberg. 

Die thierärztliehe Fachprüfung haben bestanden in Berlin: 
Wilhelm Belitz aus Karlsbiese, Jakob Goldstein aus Lipine, Paul 
Katschinski aus ßeuthen (Ob.-Schles.), Kurt Lehmann aus Zschorne- 
gozda, Hugo Meier aus Angermüode, Johann Wiel er aus Bonn. 

Gestorben: Thierarzt Reismann in Strassburg (U.-M.). 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thierärztliehe Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmus iu Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der Macklot’schen Druckerei in Karlsruhe i. B. 

Mit einer Beilage der Verlagsbuchhandlung von Rieh» (). Schmidt in Frankfurt a./M. 


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Deutsche 

Thierärztliche Wochenschrift 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regierungs- und Medicinalrath, 
Director der Thierärztlicben Hochschule 
in Hannover. 


herausgegeben von 

Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregierungsr&th 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regierungsrath und Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz» 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Louisenthal (Saat). 


redigirt von 


Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierärzi liehe Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL vierteij. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784a. 


Sechster Jahrgang. 


Sämmtliche Zuschriften und redaktionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 
Correcturen und Anzeigen an die Expedition der 
Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 
in Karlsruhe (Baden). 


M »7. 


Ausgegeben am 2. Juli. 


1898. 


(Aus der städtischen Fleischbeschau in Dresden.) 

Zum Viehtransport auf Eisenbahnen. 

Von Amtsthierarzt Zschocke. 

(Schluss.) 

d. Specialwagen. 

Ausser den bisher betrachteten bedeckten Güterwagen 
kommen noch folgende besondere Specialwagen für Vieh¬ 
transporte zur Verwendung. Für Kleinvieh und Schweine 
sind es -die Etagen- oder doppelbödigen Wagen, bei denen 
zwei Laderäume über einander angebracht sind. Bei diesen 
Wagen bestehen die Wände meist ausschliesslich aus senkrecht 
oder wagrecht angebrachten einzelnen Latten, die Luft kann 
also in jeder Richtung den Wagenraum durchstreichen. Wenn 
nun auch diese Wagen für die wärmere Jahreszeit ausgezeichnet 
verwendbar sind, so erscheinen sie doch für Wintertransporte 
etwas zu luftig. Die an den Wänden liegende Thiere, beson¬ 
ders Schweine, werden durch Frost arg mitgenommen und 
durch ausgebreitete Erfrierung der Haut auch als Schlachtwaare 
minderwerthig gemacht. Ein anderer auch im Sommer fühl¬ 
barer Uebelstand derartiger Wagen ist das ungehinderte Herein¬ 
schlagen des Regens, welcher die nicht immer zweckmässige 
Einstreu in eine schmierige Masse verwandelt, in der die Thiere 
leicht ausgleiten und die Beine brechen. Ganz wesentlich ver¬ 
mindert werden diese Nachtheile, wenn man — wie dies bei 
neueren preussischen Wagen schon geschehen — nur die obere 
Hälfte der Wände jeder Etage durchbrochen, die untere Hälfte 
dagegen geschlossen herstellt. In letzterer kann man dann 
noch einzelne kleinere, mit Klappen schliessbare Oeffnungen 
zum Zwecke der Luftzuführung anbringen. Die von Tempel 
bemängelte Höhe der einzelnen Etagen von noch nicht i m ist 
bei den Wagen neuerer Construction — worunter allerdings 
sächsische nicht zu sein scheinen — au! etwa 1,07 m gebracht. 
Es ist damit auch grösseren Thieren (Kälbern) das Stehen er¬ 
möglicht. 

Ein weiterer Nächtheil der Etagenwagen besteht noch 
darin, dass die Thiere, besonders Schafe, in den offenen Wagen 
äusseren Einwirkungen leichter zugänglich sind und, durch irgend 
welchen Zufall in Furcht und Angst versetzt, sich nach irgend 
einer Richtung zusammendrängen und dabei zu Fall gekommene 
erdrücken. Ein Schafhändler erklärte mir, dass man, um solche 
Fälle zu verhüten, die Schafe so eng verladen müsse, dass sie 
sich überhaupt nicht von der Stelle bewegen könnten. Jeden¬ 
falls dürfte man aber diesen Zweck auf andere und für die 


Thiere schonendere Weise erreichen, wenn man die einzelnen 
Etagen durch feste Gitter theilt. Tempel empfiehlt die bei 
preussischen Wagen längst eingeführte Zweitheilung jeder Etage. 
Noch vortheilhafter ist die bei neueren Wagen zu beobachtende 
Dreitheilung jeder Etage durch zwei parallel den Stirnwänden 
des Wagens laufende Gatter. Jedes Gatter besteht aus zwei 
sich um eine gemeinschaftliche in der Mittellinie des Wagens 
stehende senkrechte Axe drehenden Flügeln. Ein schädliches 
Znsammendrängen der Thiere ist bei diesen Wagen unmöglich, 
auch das Entladen derselben wird durch die Gatterthüren wesent¬ 
lich erleichtert und beschleunigt. 

Die zwischen den Axen der Etagenwagen angebrachten 
Kästen, Trommeln, im österreichischen Tarif Futterkästen ge¬ 
nannt, werden häufig ebenfalls mit Thieren, meist Schweinen, be¬ 
setzt, trotzdem sie ursprünglich fraglos nur zur Aufnahme von 
Futter und Utensilien bestimmt waren. Ich stimme mit Tempel 
darin überein, dass sie als regelmässiger Transportraum für Thiere 
schon wegen ihrer geringen Höhe nicht angesehen werden können. 
Indess meine ich, dass sie zur Absonderung einzelner während des 
Transportes erkrankter Thiere recht wohl noch verwerthbar 
sind. Besonders die an Mastdarmvorfall oder an Verwundungen 
leidenden Schweine, die von ihren Genossen durch Belecken 
und Anfressen der blutigen Theile viel gequält werden, kann 
man zur Noth in den genannten Kästen unterbringen. Die von 
Tempel empfohlene Absperrung mittelst Gatter ist im voll¬ 
besetzten Wagen meist nicht so leicht ausführbar, die andern¬ 
falls verlangte Unterbringung in einem anderen Wagen, wor¬ 
unter ich einen neu einzustellenden verstehen muss, dürfte da¬ 
gegen doch zu hohe Kosten verursachen. 

Für den Transport von Grossvieh giebt es noch besondere 
Wagen, bei denen die Wände in ihrem obersten Viertel durch¬ 
brochen, d. h. durch in Abständen von einander angebrachte 
Latten ersetzt sind. Weiterhin haben wir offene Wagen, d. h. 
hochbordigc Wagen ohne Decke, die meist noch zum Zweck 
der Ventilation des Bodens dicht über demselben an beiden 
Langseiten einige längliche, schmale Oeffnungen besitzen. 

Beiderlei Wagen genügen naturgemäss den Ansprüchen 
an gute Ventilation, indess würde sich für die offenen bei 
schlechter Witterung eine Ueberdachung mit Planen empfehlen, 
wie sie nach Tempel in der »Militärtransportordnung für 
Eisenbahnen im Kriege« schon vorgeschrieben ist. 

e. Specialwagen mit Vorrichtungen zum Füttern 
und Tränken. 

Von mehreren Seiten, so von Toscano und neuerdings 
von einem Ungenannten wird die Einführung besonders ge- 


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234 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


2. Juli. 


bauter Viehwagen mit Vorrichtungen zur Fütterung und Tränkung 
der Thiere während der Fahrt empfohlen, so das amerikanische 
Stallwagensystem sowie die Transportwagen des russischen In¬ 
genieurs Ed graf Rikovskoff’s. Letztere, zweietagig ge¬ 
baut und zur Beförderung von 24—36 Stück Rindvieh bestimmt, 
haben Futterraufen und Rohrleitungen zur Abgabe von Wasser, 
gute Ventilationseinrichtungen, besondere Bodenklappen zur Ent¬ 
fernung des Düngers und Unterkunftsraum für Begleitungs- und 
Wartepersonal. Sie sind angeblich bereits mit bestem Erfolg 
auf russischen Bahnen im Verkehr. 

Wagen mit derartigen Einrichtungen sind jedenfalls das 
Ideal eines Viehbeförderungsmittels und ihre allgemeine Ein¬ 
führung auf deutschen Bahnen würde einen ungeheuren Fort¬ 
schritt auf dem Gebiete des Viehtransportes in sich schlicssen. 
Das russische System dürfte allerdings meines Erachtens in 
Deutschland nicht anwendbar sein, indess würden es unsere 
Techniker wohl ermöglichen, passende Constructionen zu liefern. 
Eine Anzahl Wagen mit Vorrichtungen zum Füttern bezw. 
Tränken giebt es auf deutschen Bahnen zu Zwecken des Pferde¬ 
transportes ja schon. An diesen sind meist Vorrichtungen an 
den Stirnseiten oder an Querbäumen, die parallel den Stirn¬ 
seiten an beiden Seiten der Thüren eingelegt werden, ange¬ 
bracht, welche ein Einhängen von Krippen gestatten. In diese 
Wagen können dann 6 bis höchstens 8 Pferde verladen werden, 
während der zwischen den Thüren liegende Raum für Futter, 
Geräthe und Begleiter frei bleibt. Für Rindvieh wäre also der 
Raum wesentlich schwächer ausnutzbar, als bei der allgemein 
gebräuchlichen Einstellungsweise, und die Transportkosten 
würden sich dementsprechend vertheuern. 

Ein anderes System, das für Rindviehtransporte geeigneter 
erscheint, lernte ich ganz kürzlich erst an einem Bromberger 
Wagen kennen. Möglich, dass diese Wagen bei den längeren 
Transporten nach dem Westen Deutschlands häufiger auch für 
Rinder zur Verwendung gelangen. Bei denselben sind an beiden 
Längsseiten gleichmässig vertheilt je 8 Krippen angebracht. 
(Je 2 Krippen befinden sich jederseits in den Flügelthüren.) 
Die Krippen sind um horizontale, in der Wagenwand ange.-, 
brachte Axen drehbar, so dass sie, ausser Gebrauch gesetzt, 
mit ihrer Höhlung nach aussen zeigend, einen Theil der Wagen¬ 
wand selbst bilden und in dieser Stellung durch von oben ein¬ 
zuschiebende Riegel festgehalten werden. Zieht man die Riegel 
auf, so kann man die Krippen nach innen Umschlagen und von 
aussen durch die dadurch in der Wagenwand entstehenden 
Oeffnungcn mit Wasser oder Futter füllen. Unterhalb der 
Decke sind ausserdem noch Fenster angebracht, ebenso auch 
Ventilationsschlitze dicht über dem Boden. 

Der allgemeinen Einführung dieses wie ähnlicher Systeme 
dürften allerdings manche Bedenken entgegenstehen. Einmal 
haben Viehhandel und Viehtransport in dem industriereichen 
und dichtbevölkerten Deutschland solche Dimensionen ange¬ 
nommen und wachsen täglich immer mehr an, dass es eine 
ganz bedeutende Zahl von Wagen erforderte, um allen An¬ 
sprüchen zu genügen. Weiterhin würden sich bei manchen 
Systemen durch geringere Raumausnützung der Wagen die 
Transportkosten wesentlich erhöhen. Andere Systeme wieder 
würden sich für allgemeine Gütertransporte weniger geeignet 
erweisen, weil sie entweder, wie das oben beschriebene Brom¬ 
berger System, so aber auch alle jetzt gebräuchlichen rti. o. w. 
offenen Viehwagen, gegen Regen etc. nicht völlig abschliessbar 
sind, oder aber ihr Raum wegen vorhandener Einbauten nicht 
völlig ausnützbar ist. Diese Bedenken, die in letzter Reihe 
wesentlich finanzieller Natur sind, dürften schon einer allge¬ 
meinen Einführung von Stallwagen hinderlich sein. Schliesslich 
aber darf man doch bei einer Heranziehung russischer und 
amerikanischer Transportverhältnisse zum Vergleich mit deutschen 
nicht vergessen, dass wir in Deutschland mit wesentlich ge¬ 
ringeren Entfernungen zu rechnen haben. 

III. Beförderung der Viehtransporte. 

Bei der Beförderung der Thiere sprechen einerseits bahn¬ 
technische Rücksichten mit und andererseits ist dieser Theil 
der Angelegenheit unserer directen Beobachtung entzogen. 


Im Allgemeinen ist ja der Grundsatz anerkannt, dass lebende 
Thiere ihrem Bestimmungsorte mit thunlichster Schnelligkeit 
zugeführt werden sollen mit Rücksicht darauf, dass dieselben 
die-mangelnde Vetpflfegung^und Wartung schwer entbehren und 
überhaupt» durch die ungewohnten Anstrengungen wesentlich 
beeinflusst werden. Es ist bekannt, dass Thiere, selbst wenn 
sie in forer Gesundheit nicht direct geschädigt werden, doch in 
Folge des Transportes je nach der Beschwerlichkeit. desselben 
eine ‘m. o. w. beträchtliche Einbussc an Gewicht erleiden. 

TosCano erwähnt einen Versuch, wonach 12 Rinder, die 
von Temesvar nach Wien in einem bequemen, »mit Tränk- und 
Futter Vorrichtung versehenen Wagen transportirt wurden, je 
12,2 kg Gewichtsverlust aufwiesen, während 12 gjeiche Rinder, 
die die Reise in einem gewöhnlichen engen Wagen zurücklegten, 
je 37,8 kg verloren hatten. 

Mit der Länge des Transportes wird naturgemäss auch der 
Gewichtsverlust arteigen, es wächst aber auch die Wahr¬ 
scheinlichkeit, dass einzelne Thiere erkranken oder verenden, 
sei es in Folge der Einflüsse der Witterung etc. oder in Folge 
Mangels an Nahrung. Wie häufig kann man nicht beobachten, 
dass Thiere nach der Entladung andauernd das Futter versagen 
oder umgekehrt so hastig dasselbe aufnehmen, dass sie sich 
überfressen. Magendarmkatarrhe sind bei einer grossen An¬ 
zahl Thiere, besonders Rindern, zu beobachten,, die allerdings 
auch mit dadurch bedingt sein dürften, dass die in den Ställen 
der Viehhöfe vor Beginn des Marktes stattfindende Fütterung 
nicht immer eine zweckmässige ist. Weiterhin kommen häufige 
Erkrankungen und Todesfälle durch Hitzschlag zu Zeiten sehr 
hoher und drückender SommerWärme vor. Hier- äusSert sich 
besonders der ungünstige Einfluss längeren $tilliegens der Trans¬ 
porte. So wurden z. B. unter einem nicht zu eng geladenen 
Transporte Von Schweinen und Kälbern, der in Priestewitz über 
3 Stunden auf Beförderung nach Dresden hatte warten müssen, 
bei der Entladung auf dem hiesigen Viehhofe 9 Schweine und 
1 Kalb todt aufgefunden, während 5 Schweine und 1 Kalb 
wegen völliger Erschöpfung sofort geschlachtet werden mussten. 
Abgesehen von solchen zweifellos auf die Unbilden des Trans¬ 
portes zurückzuführenden Erkrankungen bezw. Todesfällen, 
kommen noch einzelne Fälle vor, bei denen man ebenfalls ver- 
sucht ist, den Anstrengungen der Reise, besonders wenn die¬ 
selbe durch Stielliegen verlängert wurde, einen Antheil zqzu- 
schreiben, auch wenn man einen vollen Beweis dafür nicht 
führen kann. So erkrankten von einem grösseren Transport 
Rinder, die 3 verschiedenen Händlern gehörig, auf mehreren 
Gütern aufgekauft waren und zusammen über 12 Stunden in 
Cottbus auf freier Strecke hatten liegen bleiben müssen, unge¬ 
fähr 36 Stunden nach ihrer Ankunft auf hiesigem Viehhof 
3 Rinder, während ein Rind zur selben Zeit, ein zweites 24 
Stunden später umstand. Die Thiere waren sämmtlich sehr 
erschöpft angekommen, hatten aber Futter aufgenommen. Die 
Erscheinungen bei den erkrankten Rindern hatten Aehnlichkeit 
mit einer narkotischen Intoxication, die Section ergab leichte, 
Gastroenteritis. 

Im Hinblick auf Fälle, wie sie eben skizzirt wurden, kann 
zur Vermeidung von Thierquälereien wie von pekuniären Schädi¬ 
gungen der Viehzüchter und Händler nur dringend gewünscht 
werden, dass allen Viehtransporten eine möglichst 
vielfältige bezw. häufige Gelegenheit zur Beför¬ 
derung geboten werden möge. Die Verordnung betr. Ver-< 
ladung und Beförderung von Vieh bestimmt denn auch, dass 
die Beförderung in Eilgüterzügen, Güterzügen, Perspnenzügen 
und besonderen Viehzügen stattfindet. Von Händlern wird all¬ 
gemein darüber Klage geführt, dass in Sachsen Personenzüge 
nur selten Viehwagen mitnehmen dürfen. Der Grund dafür 
liegt jedenfalls in der starken Entwicklung des Personenver¬ 
kehrs, wodurch die einzelnen Züge schon bis zur zulässigen 
Grenze belastet werden. Für die Beförderung von Vieh bringt 
allerdings dieser Umstand häufig ganz bedeutende Verzögerungen 
mit sich. Da die Ablassung besonderer Viehzüge von dem 
Vorhandensein einer gewissen Anzahl zu befördernder Vieh¬ 
wagen abhängt (die Verordnung verlangt eine ^indestzahljvon 
24 Achsen), so kann eine geringere Anzahl Wagen erst - mit 


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No, 2.7. 


dmi nächsten Güter- oder Eilgüterzuge befördert werden. Da¬ 
mit entsteht aber häufig ein Stilliegen von 5—6 Stunden und 
darüber. Allerdings soll nicht verschwiegen werden, dass in 
neuerer Zeit Seitens der Eisenbahnverwaltungen den besonderen 
Bedürfnissen des Vichverkehrs insofern entgegengekommen wird, 
als man ayf kürzeren Strecken schon beim Vorhandensein von 
5 Wagen (in Preussen nach Angabe mehrerer Viehhändler 
schon bei 3 Wagen) einen besonderen Viehzug ablässt. So 
verkehrt ein solcher z, B. Mittwoch und Sonntag Nachmittags 
zwischen Priestewitz und Dresden-Viehhof. 

So freudig ein solches Entgegenkommen im Interesse der 
Thiere wie ihrer Besitzer zu begrüssen, so dankbar es auch 
von den Viehhändlern anerkannt wird, so behaupten letztere 
doch, dass einzelne Transporte häufig noch Verzögerungen er¬ 
leiden, die unter allen Umständen vermeidbar gewesen wären, 
und sie sind nur zu geneigt, die Ursache in Lässigkeit einer¬ 
seits, andererseits in Mangel an Entgegenkommen sowie an 
Verständniss für die Eigentümlichkeiten des Viehverkehrs 
Seitens einzelner Beamten zu suchen. Jedenfalls müsste es 
Grundsatz sein, dass Viehtransporte vor allen anderen 
Gütern den Vorzug haben, und es dürfte nicht Vorkommen, 
dass, wie Tempel erwähnt, oft Kohlenladungcn eine schnellere 
Beförderung finden als Vieh. Wenn z. B. ein Wagen Schweine 
zu seiner Beförderung von einer Station südlich Berlins bis 
nach dem Dresdener Viehhof 33 Stunden bedarf, ohne dass 
ein Unfall etwa einen Aufenthalt hervorgerufen hätte, so ist 
diese Beförderung offenbar eine sehr langsame. 

Welche Verschiedenheiten in der Transportdauer bei einer 
Beförderung mit Personenzügen gegenüber einer solchen mit 
Güterzügen bestehen, mag folgendes Beispiel zeigen. Ein Vieh¬ 
händler verläd auf einer Station der Linie Magdeburg-Zerbst 
einen Wagen Ochsen und zwei Wagen Schafe. Alle drei 
Wagen gehen gemeinschaftlich bis Falkenberg, wo die Rinder 
dem Personenzug angehängt werden, während die Schafe mit 
dem nächsten Güterzuge Beförderung finden. Letztere kommen 
in Folge dessen 15 Stunden später in Dresden an. 

■ Was schliesslich das Rangiren betrifft, so ist es wohl 
überflüssig, darauf,hinzuweiseo, .dass .den Vorschriften des.dan 
von handelnden § 7 der Verordnung Seitens der Beamten 
streng nachgefolgt werden sollte. Dass gerade durch heftiges 
Anstossen beim Rangiren sehr leicht Niederstürzen der Thiere 
erfolgt und ausserdem Knochenbrüche, Zerreissungen und 
Quetschungen verursacht werden, ist leicht erklärlich. Die Ur¬ 
sache unvorsichtigen Rangirens ist wohl in den meisten Fällen 
in einer gewissen Unachtsamkeit und Vergesslichkeit der die 
Signale abgebenden Beamten bezw. Arbeiter zu suchen, und 
vielleicht wäre eine allgemeine Bezettelung der Viehwagen mit 
dem rothen Zettel »Vorsichtig rangiren« geeignet, einigermassen 
Abhilfe zu schaffen. 

In Betreff der Verpflegung des Viehs während der 
Reise lehrt uns die Erfahrung, dass die Thiere ohne wesent¬ 
lichen Nachtheil den Mangel an fester Nahrung selbst mehrere 
Tage ertragen können, dass dagegen das längere Fehlen der 
Wasserzufuhr eine baldige Schädigung des Organismus um so 
eher zur Folge hat, je höher die Aussentemperatur ist. Die 
mehrerwähnte Verordnung bestimmt deshalb, dass »wenn Trans¬ 
porte eine längere Zeitdauer als 24 Stunden erfordern, inzwischen 
eine Tränkung der Thiere stattfinden muss.» Das Rcichs- 
eisenbahnamt soll die deshalb mit Tränkevorrichtungen auszu¬ 
stattenden Stationen (Tränkestationen) bestimmen. Auf diesen 
ist dann ein längerer Aufenthalt der Züge vorzusehen. Diese 
Vorschrift über das Tränken scheint jedoch sehr lässig gehand- 
habt zu werden, wenigstens ist vielen Händlern sowie Vieh- 
Schaffnern weder das Bestehen der Vorschrift noch auch der 
Tränkestationen bekannt. Ich pflichte Tempel bei, wenn er 
meint, dass es nicht immer möglich sein dürfte, den Bestim¬ 
mungen über das Tränken nachzukommen, da die Züge häufig 
mit m. o. w. Verspätung an den Tränkestationen eintreffen 
und in Folge dessen im Interesse des allgemeinen Verkehrs 
die Welterfahrt erfolgen muss, ohne dass die Thiere getränkt 
worden sind. Immerhin können solche Fälle doch nur Aus- 
riahmen bilden. Jedenfalls aber sollte es m. E. möglich sein, 


235 


in Fällen, wo Viehwagen in Folge eines Zufalls oder mangelnden 
Anschlusses 6 Stunden und mehr auf einer Station liegen 
bleiben müssen und die Transportzeit sieh damit ganz wesent¬ 
lich verlängert, die Wagen nach einer Rampe zu dirigiren, um 
die Ausladung des Viehes behufs Tränkung und Fütterung zu 
ermöglichen. 

Allerdings wird man dabei immer noch mit der Gleich¬ 
gültigkeit mancher Begleiter rechnen müssen, die sich lieber 
selbst in der Gastwirthschaft pflegen, als das ihnen anvertraute 
Vieh versorgen werden. Hier müsste eben von Seiten der 
Eisenbahnbeamten streng darauf gesehen werden, dass die ge¬ 
botene Gelegenheit zur Verpflegung des Viehes auch wirklich 
benützt wird. 

1 Die Tränkung im Wagen selbst vorzunehmen, halte ich 
nicht für räthlich, da eine Menge Wasser verschüttet und da¬ 
durch die an und für sich meist schon mangelhafte Einstreu 
noch mehr verschlechtert wird. Auch nehmen die Thiere, wie 
verschiedene Viehhändler behaupten, im Wagen nur ungern 
Futter und Getränk auf. 

IV. Zusammenfassung. 

1. Der Viehtransport auf Eisenbahnen ist verbesserungs¬ 
bedürftig. Es ist dazu nöthig, dass einerseits in den zur Rege¬ 
lung desselben erlassenen Bestimmungen über die Verladung 
und Beförderung von lebenden Thieren auf Eisenbahnen einzelne 
Abschnitte eine eingehendere Fassung bezw. Aenderung finden, 
andererseits die Ausführung der Verordnung seitens der Eisen¬ 
bahnverwaltungen strenger als bisher überwacht wird. 

2. Zur Viehbeförderung sollten nur möglichst grosse, breite 
und nur mit Fenstern 'versehene Wagen verwendet werden. 
Am meisten empfiehlt sich — so lange man nicht auf be¬ 
sonder mit Tränkeinrichtungen versehene Wagen zukommt — 
der Seite 227 beschriebene Bromberger Specialwagen zur mög¬ 
lichst allgemeinen Einführung. Bei Etagenwagen ist nur die 
obere Hälfte der Wände durchbrochen zu gestalten. 

1 Die Ventilationseinrichtungen (Fenster etc.) sind gut in 
Gang zu erhalten und bei jedem Transport den Witterungs- 
veshäitmsBea angemessen zu stellen. 

3. Behufs Verhinderung von Ueberladungen sind für jede 
Thiergattung und Wagengrösse bestimmte Höchst-Ladezahlen 
aafzustellen, nach denen die Beladung zu regeln und Seitens 
der Bahnverwaltungen zu überwachen ist. 

’ 4. Bei Aufnahme verschiedener Thiergattungen in einen 

Wagen ist für die Anbringung dauerhafter Gatter zu sorgen. 

5. Der Streu ist ganz besondere Aufmerksamkeit zu widmen. 

6. Die Beförderung des Viehes ist mit möglichster Schnellig¬ 
keit zu bewirken. Die Bestimmung über Tränkestationen ist 
streng innezuhalten, insbesondere aber bei längerem Stillliegen 
der Transporte Gelegenheit zu zeitweiligem Ausladen des Viehes, 
auch ohne dass dies Seitens. 1 der Begleiter ausdrücklich ge¬ 
wünscht wird, zu bieten und in allen Fällen das Tränken zu 
Überwachen. 

7. Die untergeordneten Organe des Eisenbahndienstes sind 
nachdrücklich auf die vorsichtigste Ausführung und möglichste 
Beschränkung des Rangirens hinzuweisen. 

Literatur. 

1. Tempel. Unzuträglichkeiten beim Transport von Schlachtthieren 
und GeHügcl u. s. w. Brosch. Dresden 1892. (Mit weiteren Literaturangaben.) 

2. Claussnitzer. Ueber Viehtransportmethoden (Ret. Zeitschrift f. 
Fleisch- u. Milchhygiene, V, S. 154). 

3. Toscano. Der Viehtransport auf Eisenbahnen (Centralzeitung für 
Veterinär-, Viehmarkt- und Schlachthofangelegenheiten 1897, S. 52). 

4. Derselbe. Ueber den Viehtransport auf Eisenbahnen (Oeslerreichische 
Monatsschrift, IX, No. 11). 

5. Lydlin. Ueber den Transport der Schlachtlhiere auf Eisenbahnen 
(Badische thierärztl. Mittheilungen 1876, No. 12). 

6. Deutscher Eisenbabntarif für die Beförderung von lebenden Thieren 
auf Eisenbahnen 1898 und sächsischer Binnentarif 1898. 

7. Missständc im Eisenbahnviehverkehr (Internationale Fleischerzeitung, 
XVII, No. 4). 


DEUTSCHE THIER2ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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236 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


2. Juli. 


Referate. 

Das Schicksal des Tetanusgriftes nach seiner intestinalen 
Einverleibung: in den Meerschweinchenorgranismus. 

Von Dr. Ransom. 

(Deutsche med. Wochenschrift 1898, No 8.) 

Verschiedene Bakteriengifte besitzen die Eigenthümlichkeit, 
dass sie vom Magen-Darmcanal aus unwirksam sind, während 
sie bei subcutaner oder intraperitonealer Verabreichung intensiv 
toxisch sind. Bisher ist diese Eigenschaft nachgewiesen für das 
Diphtheriegift, Tetanusgift, Choleragift und das Tuberculose- 
gift. Für die Erklärung dieser Thatsache hat man bisher nur 
Hypothesen aufgestellt, so soll die Säure im Magen oder der 
Drüsensaft des Darmes vermittelnd auf die Gifte wirken. 

Neuerdings hat nun Ransom in Behring’s Institut 
genaue Untersuchungen über das Verbleiben des Tetanusgiftes 
nach stomachicaler und rectaler Application bei Meerschweinchen 
angestellt und ist dabei zu folgenden Schlüssen gelangt: 

1. Das Tetanusgift ist vom intacten Magendarmcanal aus 
unschädlich, sogar in sehr grossen Dosen. 

2. Das Gift wird weder vom Magen, noch vom Darm ab- 
sorbirt, in Folge dessen erscheint weder Gift noch Antitoxin 
im Blut. 

3. Das Gift wird im Magendarmcanal nicht zerstört, son¬ 

dern fliesst unverändert durch den ganzen Canal und wird per 
anum ausgeschieden. C a s p e r. 


Oeffentliches Veterinärwesen. 

Regelung des Abdeckerei-Wesens in Baden. 

Das Grossherzogthum Baden steht im Begriffe, einen sehr 
wichtigen Zweig der Veterinärpolizei, das Abdeckereiwesen, 
einer gesetzlichen und den heutigen Anforderungen entsprechen¬ 
den Regelung zu unterwerfen. Es entspricht durchaus der 
geschichtlichen Entwicklung des Veterinärwesens in den letzten 
zwei Decennien, dass der kleine »Musterstaat Baden« auch 
in dieser Frage wieder bahnbrechend vorgeht. Bei der Be¬ 
deutung, welche einer derartigen Ordnung inne wohnt, wollen 
wir den Gesetzentwurf, wie er der Kammer zugegangen ist, 
mittheilen und im Kleindruck die Erläuterungen den einzelnen 
Paragraphen hinzufügen. Die im Entwürfe niedergelegten Grund¬ 
züge einer Regelung des Abdeckereiwesens wurden vom Ba¬ 
dischen Landwirthschaftsrath in der 1896 er Tagung nahezu ein¬ 
stimmig gebilligt und auch vom Deutschen Landwirthschaftsrath 
in seiner Sitzung vom 10. Februar 1898 als die für eine be¬ 
friedigende Lösung der Abdeckereifrage massgebenden Gesichts¬ 
punkte anerkannt. 

§ 1. 

Gefallene und zur Beseitigung bestimmte Thiere, sowie die 
auf polizeiliche Anordnung unschädlich zu machenden Thier- 
cadaver müssen von den Besitzern einer den polizeilichen Vor¬ 
schriften entsprechenden Abdeckerei überwiesen werden. 

Ausgenommen hiervon sind, unbeschadet der bei an¬ 
steckenden Thierkrankheiten in Geltung tretenden anderweiten 
Bestimmungen, kleinere Hausthiere, wie Hunde, Katzen, Lämmer, 
Zicklein, Milchschweine, Ferkel, neugeborene Kälber und Fohlen. 

Es kann in Frage gezogen werden, ob dar Abdeckerei neben den ge¬ 
fallenen und den vom Besitzer zur Beseitigung bestimmten (abgängigen) 
Thieren und den auf polizeiliche Anordnung unschädlich zu machenden 
Thiercadavern nicht auch bei der Fleischbeschau beschlagnahmte Theile eines 
Thieres Uberwiesen werden sollten; doch glaubte man mit RUcksicht einer¬ 
seits auf den Umstand, dass das beschlagnahmte Fleisch in die Verfügungs¬ 
gewalt der Polizeibehörde übergeht und demgemäss eine hinreichende Sicher¬ 
heit für eine unschädliche Beseitigung gewährleistet ist, andererseits im Hin¬ 
blick darauf, dass die Fortschaffung derartiger, oft geringfügiger Theile in 
die Abdeckerei häufig mit unverhältnissmässigen Umständlichkeiten verbunden 
wäre, von einer bezüglichen Ausdehnung der Bestimmung des § I Absatz 1 
absehen zu sollen. Der Gesichtspunkt der thunlichsten Vermeidung von un¬ 
verhältnissmässigen Umständlichkeiten und Kosten führte auch zu der in Ab¬ 
satz 2 vorgesehenen Ausnahme, welche um so unbedenklicher zugelassen 


werden kann, als eine den sanitätspolizeilichen Interessen entsprechende VeT- 
lochung dieser Thiere durch den Besitzer selbst leicht bewirkt werden kann 
und bei Auftreten ansteckender Krankheiten unter den im genannten Absatz 
bezeichneten kleineren Haussieren die eine unschädliche Beseitigung sichern¬ 
den Bestimmungen der §§ 9 und 10 des Reichsgesetzes vom 23. Juni 
1880/1. Mai 1894 betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Vieh¬ 
seuchen, in Kraft treten. 

Uebrigens ist beabsichtigt, in der Vollzugsverordnung über die Art der 
Verlochung dieser kleineren Hausthiere nähere Vorschriften zu erlassen. 

§ 2 . 

Die Gemeinden eines Amtsbezirkes sind verpflichtet, eine 
dem Bedürfniss entsprechende Anzahl von Abdeckereien zu er¬ 
richten, und bilden zu diesem Zweck einen Verband mit körper¬ 
schaftlicher Berechtigung. 

Je nach der räumlichen Ausdehnung und den Verhältnissen der Boden¬ 
beschaffenheit eines Amtsbezirks kann sich die Errichtung mehrerer Abdecke¬ 
reien als ein Bedürfniss darstellen; andererseits kann sich je nach Lage der 
Verhältnisse die Errichtung einer mehreren Amtsbezirken gemeinschaftlichen 
Abdeckerei nicht nur als genügend, sondern im Interesse eines gewinn¬ 
bringenden Betriebs geradezu als wünschenswert!! erweisen. 

Die Gewährung körperschaftlicher Berechtigung erscheint namentlich 
mit Rücksicht auf die Eingehung von Rechtsgeschäften und insbesondere die 
Erwerbung von liegenschaftlichen Rechten geboten. 

§ 3 . 

Der Bezirksrath bestimmt: 

1. an welchen Orten der Verband Abdeckereien zu er¬ 
richten hat; 

2. den Abdecker, den ihm zukommenden Gehalt oder 
den von ihm zu entrichtenden Pachtzins. 

Der Abdecker hat das Geschäft auf eigene Rech¬ 
nung zu betreiben. 

3. Die Höhe der Gebühren und Vergütungen, welche 
der Abdecker für die überwiesenen Thiere von dem 
Besitzer zu erheben oder an ihn zu entrichten hat. 

Der Bezirksrath legt ferner nach Massgabe des bei der 
letzten Thierzählung festgestelltcn Rindvieh-, Pferde-, Schweine-, 
Schafe- und Ziegenbestandes die jährlich erwachsenen Kosten 
auf die betheiligten Gemeinden um, wobei ihm die nähere Fest¬ 
setzung des Verhältnisses überlassen bleibt, in welchem die 
einzelnen Thiergattungen in Betracht zu ziehen sind. 

Auch kann er mit Genehmigung des Ministeriums des 
Innern die Errichtung von Anstalten beschliessen, in welchen 
die Cadaver unschädlich gemacht und gleichzeitig thunlichst 
nutzbringend verarbeitet werden, wenn hierzu die Mehrheit der 
Gemeinderäthe ihre Zustimmung ertheilt und gleichzeitig die 
von ihnen vertretenen Gemeinden mehr als die Hälfte der durch 
das Unternehmen entstehenden Kosten aufzubringen haben. 

Da es sich beim Vollzug des Gesetzes im Wesentlichen um durch poli¬ 
zeiliche Interessen gebotene, der Hauptsache nach durch das Gesetz bereits 
bestimmte Einrichtungen und gesetzliche Verpflichtungen der Gemeinden 
handelt, erscheint es zweckmässig, die zum Vollzug im Einzelnen erforder¬ 
lichen und immerhin im engumgrenzten Rahmen sich bewegenden Beschluss¬ 
fassungen dem Bezirksrath zu übertragen, dem durch das Verwaltungsgeselz 
•bereits ähnliche Zuständigkeiten zugewiesen sind. 

Was die Vertheilung der Kosten auf die einzelnen Gemeinden des Ver¬ 
bands anbelangt, so bildet die Grösse des in einer Gemeinde vorhandenen 
Hausthierbestandes, welcher der Regel nach für die grössere oder geringere 
Inanspruchnahme der von den Gemeinden errichteten Abdeckereicinrichtungen 
massgebend sein wird, die naturgemässe Grundlage für deren Umlegung. 
Dabei kann immerhin die Frage entstehen, ob es der Billigkeit entspricht, 
wenn die kleineren Hausthiere, wie Schweine, Schafe und Ziegen im selben 
Verhältnis wie die grösseren Thiere in Betracht gezogen werden; diese 
Frage wird Angesichts der Thatsache, dass nach dem Ergebniss der Statistik 
die Inanspruchnahme der in Betracht kommenden Einrichtungen in Folge 
Umstchens etc. von Kleinvieh, insbesondere Schweinen und Ziegen eine min¬ 
destens ebenso starke ist, wie bei der Beseitigung von Grossvieh, sowie im 
Hinblick auf die für Abdeckerei sich ergebende geringere Verwerthbarkeit 
eines nicht unbeträchtlichen Theiles des hier in Betracht kommenden Ma¬ 
terials für die Regel zu bejahen sein. Da jedoch immerhin Fälle denkbar 
sind, in welchen die gleichheitliche Umlegung der Kosten lediglich nach der 


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No. 27. 


DEUTSCHE THIERjERZTUCHE WOCHENSCHRIFT 


23 7 


Kopfzahl der Thiere Unbilligkeiten im Gefolge haben könnte, soll nach Ab¬ 
satz 2 dem Bezirksrath anheimgegeben werden, dieses bei Umlegung der 
Kosten in Betracht zu ziehende Vcrhältniss der einzelnen Thiergattungen zu 
einander anderweitig festzusetzen. 

Der letzte Absatz dieses Paragraphen hat im Gegensatz von Wasen¬ 
plätzen die Errichtung von Anstalten im Auge, in welchen durch Einwirkung 
hoher Hitzgrade die Fett- und Leimstoffe des abgehäuteten Thiercadavers 
geschieden und der Rest sodann zu Dflngerpulver verarbeitet wird, während 
durch den Process selbst gleichzeitig alle Krankheitserreger in zuverlässigster 
Weise zur Vernichtung gelangen. 

Hierdurch werden sämmtliche im Thierkörper vorhandenen Werthe, 
welche bei einer Verlockung der Hauptsache nach verloren gehen, im In¬ 
teresse des Thierbesitzers nutzbar gemacht und ist gleichzeitig jede im saniläls- 
und veterinärpolizeilichen Interesse erforderliche Sicherheit gegen eine Weiter- 
verbreitung von Krankheit*- und Seuchenkeimen gegeben. 

Im Hinblick auf die nicht unbeträchtlichen Kosten derartiger Anstalten 
soll der Bezirksrath deren Errichtung jedoch nur unter Voraussetzung eines 
Mehrheitsbeschlusses der Gemeinderäthe der betheiligten Gemeinden im Sinne 
des letzten Absatzes dieses Paragraphen bescliliessen dürfen, wobei die Er¬ 
wägung maasgebend war, das Zustandekommen eines derartigen im wirt¬ 
schaftlichen wie im sanitlts- und verterinärpolizeilichen Interesse der Be¬ 
völkerung gelegenen Unternehmens nicht allzu sehr zu erschweren. 

§ 4 ' 

Zur Vertretung des Verbandes und insbesondere zum Voll¬ 
zug der nach Massgabe des § 3 gefassten Beschlüsse ernennt 
der Bezirksrath eine Commission, bestehend aus dem Bezirks¬ 
thierarzt mit berathender Stimme und drei bis fünf Gemeinde¬ 
vertretern. 

Die Beschlüsse dieser Commission bedürfen der Genehmi¬ 
gung des Bezirksrathes, sofern dieselben: 

1. den Erwerb und die Veräusserung von Liegenschaften 
und dinglichen Rechten, 

2. die Aufnahme von Anlehen, 

3. die Uebernahme von dauernden Verpflichtungen und 
von Leistungen in einem höheren Geldwerth als 
200 Mk. zum Gegenstand haben. 

.. ff ... 

Die unmittelbare Aufsicht über die im Bezirk errichteten 
Abdeckereien führt der Bürgermeister derjenigen Gemeinde, in 
deren Gemarkung dieselben gelegen sind, oder welcher die 
betreffende Gemarkung polizeilich zugetheilt ist. 

Die Besorgung des Kassen- und Rechnungswesens liegt 
der Gemeindebehörde des Amtssitzes ob. 

§ 6 . 

Streitigkeiten über die Gebühren der Abdecker und die 
von diesen an die Thierbesitzer zu leistenden Vergütungen so¬ 
wie über die Beitragspflicht zu den Kosten des Verbands (§ 2) 
entscheiden die Verwaltungsgerichte. 

§ 7- 

Die dem Verband durch die erstmalige Errichtung einer 
Abdeckerei oder einer in § 3 Absatz 3 erwähnten Anstalt ent¬ 
stehenden Kosten werden auf Ansuchen gegen dreiprocentige 
Verzinsung auf fünf bis zehn Jahre aus der Staatskasse vorge¬ 
schossen. 

Auch können zur Errichtung einer in § 3 Absatz 3 er¬ 
wähnten Anstalt Staatsbeiträge bewilligt *werden. 

Wenn man in Rücksicht zieht, dass nach den Bestimmungen der Ver¬ 
ordnung vom 17. August -1865, die Behandlung gefallener und auf polizei¬ 
liche Anordnung getödteter Thiere betreffend, jede einzelne Gemeinde für 
einen entsprechenden Wasen und die erforderlichen Einrichtungen sowie für 
Bestellung eines Abdeckers zu sorgen hatte, und diese Verpflichtung nun in 
Wegfall kommt, so werden die Gemeinden eines Verbands durch Errichtung 
einer Allen gemeinschaftlichen Abdeckerei voraussichtlich nicht allzuschwer 
belastet werden; trotzdem soll denselben durch Gewährung der in diesem 
Paragraphen vorgesehenen Vorschüsse eine Erleichterung in Erfüllung der 
ihnen zugewiesenen Aufgabe zu Theil werden. 

Anders verhält es sich mit den durch Errichtung der in § 3 Absatz 3 
erwähnten Anstalten verursachten Aufwendungen, welche allerdings erheb¬ 
lichere Mittel in Anspruch nehmen werden, weshalb es sich gewiss recht¬ 


fertigt, wenn zu deren Aufbringung mit Rücksicht auf die wirthschaftliche 
wie sanitäts- und velerinärpolizeiliche Bedeutung derartiger Einrichtungen die 
Gewährung entsprechender Staatsbeiträge in Aussicht gestellt wird. 

§ 8- 

Aus triftigen Gründen kann das Ministerium des Innern 
von Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes Nachsicht er- 
theilcn. 

§ 9 . 

Die zum Vollzug erforderlichen Vorschriften werden im 
Verordnungswege erlassen. 

§ 10. 

§ 91 des Polizeistrafgesetzbuchs erhält folgende Fassung: 

Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen des Gesetzes 
vom das Abdeckereiwesen betreffend, und die 

Verordnungen über die Behandlung gefallener oder auf polizei¬ 
liche Anordnung getödteter Thiere werden mit Geld bis zu 
100 Mk. oder mit Haft bis zu 14 Tagen bestraft. 


Die Verbreitung’ der Pferde- und Schafräude im Deutschen 
Reiche während des Jahres 1896. 

(Aus dem »Jahresbericht über die Verbreitung der Thierscuchen im Deutschen Reich: 1896».) 

f 1. Pferderäude. 

Es erkrankten 456 Pferde. Die Fälle vertheilen sich 
auf 11 Staaten, in diesen auf 133 Kreise u. s. w., 201 Ge¬ 
meinden u. s. w. und 241 Gehöfte. Die stärkste räumliche 
Verbreitung zeigte die Seuche in den östlichen The.ilen von 
Preussen und im südlichen Bayern; die höchsten Er- 
krankung.sZiffern weisen nach die Regierungs- etc. Bezirke 
Gumbinnen, Danzig, Königsberg, Potsdam, Köslin, Frankfurt a.O., 
Oberbayern. Von je 10000 Pferden waren an Räude krank 
1,19. 

Anlässe zu den Seuchenausbrüchen: Aus Böhmen 
wurde die Seuche durch 2 Fohlen nach Bayern eingeschleppt; 
ferner sind Verschleppungen von Bayern nach Württemberg und 
von Reuss ä. Linie nach Bremen mitgetheilt. 

Ermittelt wurde die Räude bei der grenzthierärztlichen 
Controle, bei der Beaufsichtigung der Pferdemärkle, auf offener 
Strasse, in Abdeckereien und bei der Untersuchung von Hausirer- 
pferden. 

Behandlung: Das Curverfahrcn bestand hauptsächlich 
in der Application von Creolin- oder Lysolbädern. Es war 
meist erfolgreich. Ohne Erfolg blieb die Cur in 4 Fällen, -ein 
Pferd ist gestorben. 

Die Uebertragung der Pferderäude auf Menschen 
ist in 5. Fällen berichtet. 

2. Schafräude. 

Von der Räude betroffen waren 19 Staaten und in 
diesen 226 Kreise u. s. w., 640 Gemeinden u. s. w. und 2753 
Gehöfte. Verschont blieben Mecklenburg-Strelitz, Schaumburg- 
Lippe^ Lübeck, Königreich Sachsen, Sachsen-Altenburg, Reuss 
ä. L. und Hamburg. Eine starke räumliche Verbreitung wurde 
beobachtet in den Regierungsbezirken u. s. w. Cassel (116 Ge¬ 
meinden), Oberfranken (52), Hildesheim (39), Braunschweig (31), 
Lüneburg (28), Unterfranken (28), Hannover (26), Osnabrück 
(24), Arnsberg (20). Von je 10000 Schafen gehören im Reiche 
63,63 den neu betroffenen Beständen an. Wie aus der karto¬ 
graphischen Darstellung hervorgeht, trat die Räude hauptsäch¬ 
lich in den westlich der Elbe gelegenen und süddeutschen 
Gebieten auf; von den ostelbischen Kreisen waren nur 5 be¬ 
fallen. 

Im Ausland wurde die Räude der Schafe wie folgt gemeldet: Bel¬ 
gien: I Gemeinde. Bulgarien: 20 Gemeinden. In Frankreich war 
die östliche und nordöstliche Region am stärksten betroffen. Italien: 
16 Ortschaften. Niederlande: 15482 Erkrankungsfälle. Oesterreich: 
Am stärksten betroffen war Galizien, demnächst Böhmen. Ungarn zeigte 
den höchsten Seuchenstand im April, am Schlüsse des Jahres waren noch 
33 Ortschaften verseucht. In Rumänien sind 558 Fälle mitgetheilt. 
Schweiz: 8 Fälle. 


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PEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


2. Juli. 


238 


Anlässe zu den Scuchenausbrüchcn: Verschlep¬ 
pungen der Räude aus einem deutschen Staat in einen anderen 
sind mehrfach vorgekommen, sehr zahlreich innerhalb einzelner 
Bundesstaaten. 

Ermittelt wurde die Räude auf Märkten, auf einer öffent¬ 
lichen Auction, in Schlachthänsern, auf offener Strasse und bei 
der ortspQlizcilich angeordneten Untersuchung von W^nder- 
heerden. 

Die Behandlung bestand meist in der Anwendung der 
50g. Räudebäder theils mit, theils ohne Schmiercur, oder in 
der Schmiercur allein. Als Heilmittel kamen hauptsächlich die 
Creolin-, das Lysol und die graue Quecksilbersalbe in An¬ 
wendung. Das Heilverfahren war meist erfolgreich. In Preussen 
sind von $06 Beständen mit 28514 Schafen 440 Bestände mit 


23 560 Schafen geheilt, 7 Bestände mit 768 Stück geschlachtet 
In Württemberg wurden 7389 Schafe behandelt und 6807 ge¬ 
heilt. In Baden sind von 229 behandelten Thieren 158 geheilt 
In Bayern wurden der Badecur unterworfen 289 Bestände mit 
einer Kopfzahl von 10938; von diesen sind 188 Bestände mit 
8797 Schafen geheilt worden. Durchweg günstig war der 
Erfolg der Badecur in Hessen, wo 9 Heerdcn gebadet sind. 
In Sachsen-Weimar sind 7 Heerden gebadet worden, 4 sind 
geheilt, 3 nicht geheilt. In Anhalt, Schwarzburg-Sondershausen, 
Schwarzburg-Rudolstadt und Elsass-Lothringen ist fast in allen 
Fällen erfolgreich gebadet worden. Die Schmiercur wurde mit 
gutem Erfolg in Anwendung gebracht in Braunschweig, Waldeck, 
Reuss j. L. In Bremen und Sachsen-Meiningen ist die Räude 
durch Abschlachtung getilgt worden. Froehner-Fulda. 


Darstellung der Verbreitung der Schafräude Im Deutschen Reiche Im Jahre 1896. 



Danzig 


Schleswig 


Köslin 


Mecklenburg- 'f 
Schwerin 


Maricnwerrier 


iOldenbgj 


Bromborg 


Lüneburg 


Potsdam 


Frankfurt 


Berlin 


N. v Münster 


vVA'T Ä "» , alt 1 




n je 10000 Schafen 
gehörten 
neu verseuchten 
Beständen an: 


; Leipzig } V 

ff ‘--n 

/Thüringen ) 

V r- Zwickau/'^" 


Ärjisfctrt v 


Liegnitz 


.Bautzen \ 


Aachen 1 


tWiesbadei 


bis 50,00 
„100,io° 
^ 200,oo 
„300,00 
„ 40Q,oo 
„500,00 


'Luxeiflv, 

•bürg •r' 


«KE 


Abkürzungen: 

W. I Keckarkreis Yt. 2 Schtcaretcoldkreis 

W. 3 .lagslkreis W. 4 Donaukreis 

B. I Landeskommissariat Mannheim 

B. 2 „ „ Karlsruhe 

B. 3 „ „ Freiburg 

B. 4 „ „ Konstanz 

H. I 1‘rovinz Starkotburg 

H. 2 n Oberhessen 

H. 3 „ Bhelnhesstn 

Sch. Istndtethrkompagtuebac. Schönberg 

0. t Oldenburg: Furctcnth. Lübeck 

0.2 >. „ Uirkenfeld 

Bf. | Freute Braunschueig, WolfenbüUrl, Helmstedt 

Br. 2 Kreise Holeminden, Gande-sheim 

Br. 3 Kreis Blankenburg 

S. Schaumburg-Lippe 

H. Homburg L. Lübeck Br. Bremen 


W- i 

f ' Mittel 
i-, Franker 


Oberpfalz 


Lothringen 


Niederbayi 


cfiwaben; 


Oberbajrern 


u.mehr 


Verschiedene Mittheilungen. 

Thierarzt im Reichstage. 

Professor Hoffmann von der Thicrärztlichcn Hochschule 
in Stuttgart ist im XI. (württcmbergischcn) Wahlkreis in der 
Stichwahl vom 24. Juni als Abgeordneter in den Reichstag ge¬ 
wählt worden, letzterer hat somit auch eine tierärztliche Re¬ 
präsentation gefunden. 


Nachrichtendienst bei Viehseuchen. 

Der vom Bundesrath in einer der letzten Sitzungen an¬ 
genommene Entwurf von Bestimmungen über den Nachrichten¬ 
dienst in Vichscuchenangelegenheitcn ergänzt die bisherigen 
Bestimmungen nach den inzwischen gemachten Erfahrungen. 
Zunächst wird die Berichterstattung auch auf die Schweinqseuche 
und die Schweinepest ausgedehnt und zwar soll die Bericht¬ 
erstattung über beide Krankheiten vereinigt werden. Sodann 
wird bestimmt, dass die beamteten Thierärzte halbmonatliche 
Meldungen an das kaiserliche Gesundheitsamt zu erstatten haben, 


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No. 27. 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT! 


das dementsprechend Halbmonatsnachweisungen zusammenstellen 
und im »Reichsanzeiger« veröffentlichen wird. Endlich soll 
für Maul- und Klauenseuche ein besonderer Meldedienst ein¬ 
gerichtet werden, dessen nähere Anordnung den Landes¬ 
regierungen überlassen wird. 

Professor Wilhelm Eber f. 

Der Tod hält in diesem Jahre reiche Ernte unter den 
hervorragenden Vertretern der thierärztlichen Wissenschaft. 
Nachdem die thierärztliche Hochschule in Hannover ein actives 
und ein inactives Mitglied des Lehrkörpers verloren, hat nun 
auch die Hochschule in Berlin den Verlust eines hoffnungsvollen 
Docenten zu beklagen. Diesmal aber griff das Schicksal in die 
Reihen der jüngeren Generation, beweisend, dass auch ihr 
Bleiben nicht gesichert ist. Am 22. Juni starb Professor 
Wilhelm Eber in geistiger Umnachtung nach kurzem schweren 
Leiden im 35. Lebensjahre. 

Wilhelm Eber wurde im Jahre 1863 in Hannover ge¬ 
boren. Allzu frühzeitig traf ihn das harte Geschick, seine 
Mutter zu verlieren, wodurch ihm das Glück der Jugend in er¬ 
heblichem Masse verkümmert wurde; auch seinen Vater verlor 
er, noch ehe er das Studium beendet hatte. Im Herbst 1880 
begann er auf der damaligen Thierarzneischule zu Hannover 
das Studium und hier lernten wir uns zuerst kennen. Gleich 
von Anbeginn entwickelte er grossen Fleiss, sein ganzes Sinnen 
war nur dem Studium gewidmet. Mit mehreren Gleichgesinnten 
gründete er den wissenschaftlichen Verein »Unitas«, in dem 
über die in den Vorlesungen gehörten Lehrgegenstände an der 
Hand der Notizen eifrig discutirt wurde. In Eber wurde be¬ 
reits damals — wie er mir später selbst erzählte — durch die 
öftere Erörterung wissenschaftlicher Themata der Wunsch rege, 
dereinst Docent zu werden. Die naturwissenschaftliche Prüfung 
gab ihm zum ersten Male Gelegenheit, das Mass seiner Kennt¬ 
nisse zu zeigen; weder vor noch nach ihm hat ein Examinand 
so glänzend bestanden, wie Eber; er erhielt in allen Fächern 
die Censur »sehr gut«. Auch das Apprpbationsexamen bestand 
er mit »sehr gut«. Zunächst prakticirte Eber in Ahlden, ging 
dann mit Unterstützung des Herrn Ministers nach Berlin, ge¬ 
nügte auch seiner Militärpflicht und kam im Herbst 1886 als 
Assistent an die unter Professor Dieckerhoff’s Leitung 
stehende mcdicinische Klinik in Berlin, an der ich damals Re¬ 
petitor war. Die gemeinsame Arbeit führte uns täglich zu¬ 
sammen und gab mir Gelegenheit, die feinen Charaktereigen- 
thümlichkeiten meines Collaborators kennen zu lernen. Nach¬ 
dem er dann einige Zeit Polizeithierarzt in Berlin gewesen, 
übernahm er daselbst eine Kreisthierarztstelle und erhielt 1893 
einen Ruf nach Jena als Docent und Leiter des Veterinär- 
Instituts der dortigen Universität. Als im Früjahr 1895 Pro¬ 
fessor Müller seine Lehrthätigkeit aufgab und Prof. Fröhrier 
die chirurgische Klinik übernahm, wurde Eber als Pharma¬ 
kologe und Leiter des Hundespitals an die thierärztliche Hoch¬ 
schule in Berlin berufen. 

Eber war ein von reinsten und kühnsten Idealen durch¬ 
drungener Mann, dessen ganzes Denken und Handeln niemals 
von realen Erwägungen abhängig war. Es war ihm unerklär¬ 
lich, dass gebildete Leute nicht ebenso fühlten, wie er, sondert! 
sidh von kleinlichen, ehrgeizigen und intriganten Motiven leiten 
lassen konnten. In der Nähe solcher Leute fühlte sich Eber 
unwohl. Sie verwirrten und beunruhigten sein Sinnen. Dabei 
war Eber ein friedliebender Charakter, der jeden Streit, selbst 
wenn er sich in der Superiorität befand, gern zu Gunsten eines 
friedlichen Meinungsaustausches fallen liess. Nur zu oft ge¬ 
reichte ihm sein Idealismus zum Nachtheil, denn die heutigen 
Verhältnisse werden leider durch die persönlichen Interessen¬ 
kämpfe bestimmt und das Interesse der Sache wird oft nur 
zum Wohlklang der Worte benutzt. Eber sah sich durch 
seinen Idealismus vereinsamt und wurde schliesslich unzufrieden 
mit sich selbst. 

Als thierärztlicher Forscher entwickelte Eber stets dert 
emsigsten Fleiss bei skrupulöser Genauigkeit. Mit Vorliebe 
widmete er sich der physiologischen Chemie und suchte nament¬ 
lich die unter abnormen Verhältnissen sich entwickelnden Stoffe 


239 

kennen zu lernen. A|s Assistent beschäftigte er sich viel mit 
Harnuntersuchungen und veröffentlichte einen Artikel über die 
»Consistenz des Pferdeharns«, der diese Frage vollständig klärte. 
Als Kreisthierarzt in Berlin fand er ein chemische? Reagens 
zur Erkenntniss der Fäulniss in Fleisch und apdern organischen, 
Substraten, das in Berlin allgemein eingeführt wurde; auf der, 
Naturforscherversammlung in Nürnberg lieferte er »experimen¬ 
telle Beiträge zur Lehre von der Disposition«, namentlich 
arbeitete er über die Wirkung des Eserins und des vqn ihm 
empfohlenen Escridins. Versuche über gewisse Autointoxi- 
cationen, die wir gemeinsam in Berlin begonnen, setzte er später, 
fort und gelegentlich der diesjährigen Geburtstagsfeier Sr. Maje¬ 
stät des Kaisers hielt er in der Aula der thierärztlichen Hoch¬ 
schule einen bemerkenswerthen Vortrag über Autointoxicationen 
bei Thiercn. Auch sein wissenschaftliches Arbeiten war von 
einem unbegrenzten Idealismus beherrscht; es kam ihm nicht 
darauf an, etwas zu ermitteln, was für die Heilkunde gleich 
von praktischer Bedeutung sei, das war ihm zunächst gleich¬ 
gültig. Sein Streben ging darauf, die einmal angeschnittene 
Frage auch nach allen Richtungen hin klar zu legen; 

Als Lehrer war er von seinen Schülern hochgeschätzt; mit 
Lust und Liebe suchte er sie in dem Streben nach Wissen¬ 
schaft zu unterstützen und zu fordern. Seine Vorträge wusste 
er durch Experimente interessant und beweiskräftig zu gestalten. 

In der Blüthc der Jahre, der Vollkraft des Mannes wurde 
sein edler Geist umnachtct und er nach, einem wenige Tage 
dauernden qualvollen Leiden durch den Tod erlöst. Für ihn, 
selbst war dieser rasche, tiefschmerzliche Ausgang das Wünsclpens- 
werthe; an seiner Bahre aber steht die hülflose treue Gattin mit 
sechs unerzogenen Kindern. Tieferschüttert trauern wir um den 
Heimgang des edlen, hoffnungsvollen Freundes und Collegen, 
dessen Andenken wir stets in Ehren bewahren. Von Mitleid 
bewegt trauern wir mit den schwer betroffenen Hinterbliebenen 
um den Gatten und fürsorgenden Vater. Malknns. 

Professor Dr. Eimer in Tübingen f. 

ln Tübingen starb am Pfingstsonntag in der Vollkraft der 
Mannesjahre der Professor der Zoologie und wergleichenden 
Anatomie, Dr. G. H. Theodor Eimer. Sein/Tod ist nicht 
bloss ein schmerzlicher Verlust für die Universität Tübingen, 
sondern wird auch von seinen zahlreichen Schülern und An-* 
bängern aufs tiefste beklagt. Unter diesen befinden sich Zo¬ 
ologen und Naturwissenschaftler von Beruf, Mediciner, Forsti 
leute und Philologen, besonders aber : auch zahlreiche Thier¬ 
ärzte. Allen gewährte er in seinem Laboratorium gastliohe 
Aufnahme und Jeder war ihm willkommen* Von dem er sah, 
dass er in naturwissenschaftlichen Studien und naturwissensrfiaft 4 - 
lichea Kenntnissen die sichere Grundlage nicht bloss für spätere 
Berufsarbeit, sondern für die ganze Lebensanschanung über-i 
haupt erkannte. Besonders zahlreich waren in den letzten 
10 Jahren in Eimers Laboratorium die Thierärzte vertreten* 
welche einen ständigen. Stamm bildeten. Eimer bekundete 
sein werktägiges, lebendiges Interesse, für die aufstrebende* 
wissenschaftliche Thierheilkunde am besten damit, dass ef für 
junge thierärztliche Doctoranden immer noch ein Plätzchen in 
seinebi InStiüit trotz der; Bescheidenheit der Raurtie frei hatte. 
Eimer erkannte wohl, dass gerade für unser» Stand, eine 
naturwissenschaftliche Schulung besonders werthvoll ist, nicht 
bloss um den Platz zu erreichen, den unser Stand in der Ge¬ 
sellschaft anstrebt, sondern weil er auch im Kampf ums Da¬ 
sein, den er oft genug mit urtheilslasera Pubükqm oder un¬ 
lauterer Concurrenz führen muss, ein dauerhaftes Rüstzeug 
braucht, das ihm nur strenge Wissenschaftlichkeit verleihen kann. 

In dfr mannigfaltigen Zusammensetzung seiner Labora-r 
toriumssebüler spiegelte sich der universelle Geist Eimer's 
wieder. Eimer war kein Specialist, der über Einzelheiten das 
Ganze ausser Acht liess. Seine Forschung galt dem Zusammen¬ 
hang der Dinge, ihrer gegenseitigen Beziehung und Wechsel¬ 
wirkung. »Die Thätigkeit, die Function, ruft die organische 
oder physiologische Ausbildung erst hervor«, so lautete das 
von ihm aufgestellte biologische Grundgesetz. Die Beweis¬ 
führung für dieses Gesetz drückt den in seinem Institut ent- 


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240 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


2. Juli. 


standenen Arbeiten den gemeinschaftlichen Stempel auf. Seine 
Laboranten waren ihm aber nicht die Gehilfen nur, die die 
Bausteine herbeischafften, es war ihm vielmehr Pflicht und Ge¬ 
nuss, sie in den grossen Plan Einsicht gewinnen zu lassen, sie 
auf seine Höhe zu sich heraufzuziehen und ihnen den Blick in die 
Gesetzmässigkeit organischen Werdens und Wachsens zu öffnen 
und zu schärfen. Es lag ihm dieses ebensosehr am Herzetij 
als seinen Arbeitern zum Lohne für fleissige Arbeit bei der 
Erlangung des Doctorgrades behilflich zu sein. Jeder, der zu 
seinen- Füssen sass und seinem fliessenden, von der Wärme 
der Ueberzeugung gehobenen Vortrage folgte, wird jene Stunden 
des Lernens zu den schönsten seines Lebens zählen und dem 
Meister ein dankbares Gedenken bewahren. Wem es aber noch 
vergönnt war, im persönlichen Umgang in Eimer den glühen¬ 
den Patrioten kennen zu lernen, wer ihn in öffentlicher Ver¬ 
sammlung in begeisterter, die Herzen der Hörer zwingender Rede 
die nationale Sache vertreten sah, dem werden sich auch die Züge 
Eimer’s unauslöschlich in’s Gedächtniss graben, die hohe offene 
Stirne und das lebendig blitzende Auge, jene Züge, wie wir sie 
wieder Anden an den Bildern der deutschen Männer des Frank¬ 
furter Parlaments, bei einem Arndt, Dahlmann, Gervinus u. A. 

Möge unserer Wissenschaft und insbesondere unsern docto- 
rirenden Collegen an solcher Stelle immer ein Mann vom 
Schlage Eimer’s beschieden sein! 

Im Eimer'sehen Institute arbeiteten der Reihe nach 
folgende Thierärzte: 

Brücher, C. Ueber die Vertheilung und Anordnung der 
Geschmackspapillen auf der Zunge der Säugethiere, speciell 
der Hufthiere. Deutsche Zeitschr. f. Thiermedicin, 1884. 

Gmelin, W. Zur Morphologie der pap. vallat. und foliat. 
Archiv f. mikroskop. Anat. 1892. 

Vogt, Chr. Ueber die Verknöcherung des Hohlhand¬ 
bandes und anderer Sesambeine der Säuger nebst Bemerkungen 
über die Gliedmassenmuskeln. Landshut 1894. 

Pflücke, Max. Zur Kenntniss des feineren Baues der 
Nervenzellen bei Wirbellosen. Tüb. zoolog. Arb. 1895. 

Baer, Max. Beiträge zur Kenntniss der Anatomie und 
Physiologie der AthemWerkzeuge bei den Vögeln (gekrönte 
Preisschrift). Zeitschr. f. wissenschaftl. Zoolog. 1896. 

Zwick, Wilh. Beiträge zur Kenntniss des Baues und 
der Entwicklung der Amphibiengliedmassen, besonders - von 
Carpus und Tarsus. Ib. 1897. 

Huss, Georg. Beitrag zur Kenntniss der Eimer’schen 
Organe in der Schnauze von Säugern. Ib. 1897. 

Hoffmann, Rudolf. Die Hautdrüsen der Säugethiere 
(im Druck). 

Schmidt, Rudolf. Ueber den Bau und die Architectur 
der Knochen besonders von Humerus und Femur. 1898. 

Jacobs, Christian. Beiträge zur Anatomie und Physio¬ 
logie der Schwimmblase bei den Fischen. 1898. 

Ausserdem arbeiten zur Zeit noch in Tübingen die Thier¬ 
ärzte Georg Bugge aus Berlin, Herrn. Maenner aus Weil- 
dorf, Max Trips aus Reichenberg, Franz Rink aus Eisenach 
und der Stud. med. vet. Constantin von Gronkowsky 
aus Moskau. Gmelin. 


Köniffl. Kreisthierarzt Carl Heinrich Friebel +. 

In der Nacht zum 12. d. Mts. verschied zu Insterburg in 
nicht ganz vollendetem 69. Lebensjahre nach kurzem schweren 
Leiden an Lungen- und Brustfellentzündung unser langjähriges 
geschätztes Mitglied, der Königliche Kreisthierarzt des Kreises 
Insterburg, Herr Carl Heinrich Friebel. 

Länger als 33 Jahre hindurch hat der Verewigte mit nie 
erlahmender Schaffensfreudigkeit und mit ungewöhnlich grossem 
Erfolge die thierärztliche Praxis daselbst ausgeübt. Im Besitze 
umfassender Fachkenntnisse, die er bis an sein Lebensende 
den Fortschritten der Wissenschaft entsprechend durch fort¬ 
gesetztes Studium zu erweitern und zu vertiefen suchte, ist es 
ihm vermöge seiner Befähigung und durch unermüdlichen Fleiss 
bei pflichtgetreuer Erledigung seiner beruflichen Obliegenheiten 
gelungen, sich in seinem Wirkungskreise nicht allein reiche 
persönliche Sympathien, sondern bei allen Betheiligten auch ein 


unbegrenztes Vertrauen und in seltenem Masse die Anerkennung 
seiner Leistungen zu erwerben. 

Sein warmes Herz für alles Edle und Gute, sein gerader, 
fester Sinn, sein liebenswürdiges und entgegenkommendes 
Wesen, wie überhaupt seine reichen Geistes- und Herzensgaben, 
die er selbstlos zum Wohle des Ganzen überall einzusetzen 
pflegte, haben ihm ausserdem selbst über seinen Geschäftskreis 
hinaus allgemeine Achtung und zahlreiche treue und aufrichtige 
Freundschaften gesichert. 

Unser Verein verdankt sein Dasein zum nicht geringen 
Theile der enbrgischen Initiative des Verblichenen; stets hat 
er bereitwilligst seine reichen Erfahrungen in den Dienst des¬ 
selben gestellt, und nimmermüde wurde er in seinen Bemühungen, 
die Vereinsangelegenheiten zu fördern, mochten sich gegen die 
Erfüllung seiner Bestrebungen noch so grosse Schwierigkeiten 
mannigfacher Art aufthürmen. Wir verlieren in ihm eins unsrer 
treuesten, strebsamsten und uneigennützigsten Mitglieder. 

Auch in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Vereins 
bezw. als dessen Stellvertreter und als Delegirter zu den Ver¬ 
sammlungen der Central Vertretung der preussischen thierärzt¬ 
lichen Vereine, zu welchen Ehrenämtern er durch das Vertrauen 
der Vereinsgenossen zeitweise berufen wurde, ist der Heim¬ 
gegangene für die Interessen des Standes stets aufs Wärmste 
und nach besten Kräften eingetreten, und seinen Herzenswunsch, 
zur Hebung desselben und zur Förderung seiner Angelegen¬ 
heiten für seinen Theil mit beizutragen, hat er jederzeit mit 
Umsicht und wo es noththat, auch mit thatkräftigem Nachdruck 
in die Wirklichkeit überzuführen gesucht. 

Tief schmerzlich beklagen wir seinen Verlust, der in unsere 
engere Gemeinschaft eine so tiefe Lücke gerissen hat, dass wir 
sie lange Zeit schwer nachempflnden werden. 

Sein Andenken wird bei uns ein unverlöschlich gesichertes 
und gesegnetes bleiben. 

Möge Er in Frieden ruhen! 

Königsberg, den 17. Juni 1898. 

Der Verein ostpreussischer Thierärzte: 

I. A.: Dr. Mehrdorf. 


Personal-Nachrichten. 

Auszeichnungen : Dem Oberrossarzt Engel vom Art.-Regt. No. 5 
und dem Oberrossarzt a. D. Weishaupt in Bremen wurde der Rothe 
Adlerorden IV. Kl, dem Thierarzt Albrecht in Krefeld der Kronenorden 
III. Kl. und dem Landstallmeister Dr. Grabensee in Celle der Verdienst¬ 
orden vom heiligen Michael III. Kl. verliehen. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Thierarzt Kissuth aus Graudens 
wurde zum Kreisthierarzt in Guhrau, Thierarzt Gasteiger in Kissingeo 
zum Bezirksthierarzt in Pfaffenhofen, DistrictsthieTarzt H. P r o e 1 s in Winds¬ 
bach zum Bezirksthierarzt in Neustadt a. d. W.-N., Thierarzt Schaible in 
Zell a. H. zum Bezirksthierarzt in Eppingen, Thierarzt Heger in Heidel¬ 
berg zum Grenzthierarzt in Waldshut ernannt. Die Versetzung des Bezirks¬ 
thierarztes Kramer von Triberg nach Eppingen wurde zurUckgenommen. 
Thierarzt Dörrwächter aus Endingen wurde mit der Function eines 
Verbandsinspectors bei der staatlichen Viehversicherung in Karlsruhe betraut. 
Schlachthofinspector v. Gerhardt in Osterode erhielt den Titel »Director«. 
Die Ausübung der Fleischbeschau in Oberstein übernahm Thierarzt Cull- 
m a n n in Idar. Verzogen sind die Thierärzte A p i n von Weiler nach Röthen¬ 
bach, W u n d t von Linx nach Endingen. 

Dem Kreisthierarzt Glocke in Falkenberg und dem Kreisthierarzt 
Haunschild in Guhrau wurde die nachgesuchte Dienstentlassung ertheilt. 

Das Examen als beamtete Thierärzte haben in Berlin be¬ 
standen: die Thierärzte Grube in Krefeld, Just in Schkölen, Kläger in 
Loitz, Löwel in Langensalza, Reichstein in Königsberg (Brandenburg), 
Stöcker, Schlachthofinspector in Lüben, L ü b k e, Oberrossarzt in Tilsit. 

Die thierärztliche Fachprüfung haben in Berlin bestanden: 
W. Glasomersky von Saarlouis, A. Gräning von Mursewiek, G. Lux 
aus Pless, G. Schwebs von Beeskow; in Hannover: Heinrich Neffgen 
aus Mühlheim a./Rh.. Carl Neuhaus aus Claswipper, Erich Ruppert aus 
Hirschberg i.'Schl.; in München: H. Gutbrod von München, W. Habert 
aus Ludwigshafen, M. Madel von Ichenhausen, F. Wunder von Bamberg. 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutsehen 
Heeres: Rossarzt Breitschuh vom 2. Württemb. Feld.-Art.-Regt. No. 29 
wurde zum Oberrossarzt dieses Regiments, Unterrossarzt Völker vom Ul.-Regt. 
No. 20 zum Rossarzt des 2. Württemb. Feld-Art.-Regts. No. 29, sowie Unter¬ 
rossarzt G 1 o z der Reserve vom Landwehrbezirk Ulm zum Rossarzt befördert. 

Oestorben : Professor W. Eber in Berlin, Thierarzt König in 
Moringen. _ 


Verlag der Gesellschaft „Deutsch« Thlerlrztliche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Mal km ns in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der M neidet’ sehen Druckerei in Karlsruhe i. B. 


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Deutsche 


Thierärztliche Wochenschrift 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regierungs- und Medicinalratb, 
Director der Thierftrztlichen Hochschule 
in Hannover. 


herausgegeben von 
Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregierungsr&th 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regierungsrath und Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Louisenthal (Saar). 


redigirt von 


Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche TbierKrzt liehe Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man ' 

ahonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in JftllF£<Ul£L 

Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit directer ^ ® 

portofreier Zusendung oder hei der Post anf No. 1784 a. 


Sämmtliche Zuschriften nnd redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 
Correcturen und Anzeigen an die Expedition der 
Deutschen Thicrärztlicbeu Wochenschrift 
in Karlsruhe fRarlcrO. 


M * 8 . 


Ausgegeben am 9. Juli. 


1898. 


Das Pflanz’sche Embryotom. 

Von Departementsthierarzt Schmidt in Buxtehude. 

Nachdem ich etwa seit 3 / 4 Jahren im Besitz des Pflanz’schen 
Embryoloms bin und dasselbe in einer Reihe von geburtshülf- 
lichen Fällen benutzt habe, will ich nicht unterlassen, meine 
damit gewonnenen Erfahrungen bekannt zu geben. 

In den Geestbezirken hiesiger Gegend macht sich seit einer 
Reihe von Jahren hauptsächlich in Orten, wo Holländer Bullen 
gehalten werden, die Thatsache bemerkbar, dass namentlich 
die Starken, also Thiere, die zum ersten Male kalben sollen, 
dies vielfach nicht können, weil die Kälber relativ zu gross 
sind und deshalb im ungetheilten Zustande häufig absolut nicht 
durch das Becken hindurch zu bringen sind. Oft handelt es 
sich dabei um sogenannte Doppellender oder Störkälber; aber 
auch andere Kälber sind nicht selten viel zu umfangreich. So 
sind Kälber von 120 Pfd. bei den verhältnissmässig schmalen 
Geestkühen und Starken hiesiger Gegend häufig; ja nicht selten 
haben Kälber, die von mir durch Embryotomie entwickelt 
waren, in dem zerstückelten Zustande ein Gewicht von 140 Pfd. 
und darüber ergeben, während die viel breiteren ostfriesischen 
Kühe des hiesigen Marschbezirks meistens nur Kälber von 80 
bis 100 Pfd. haben. 

Dazu kommt, dass die jungen Rinder in der Geest vielfach 
zu früh gedeckt werden und, wenn sie vor dem Kalben stehen, 
bisweilen erst 1 */ 2 Jahre, höchstens aber 2 Jahre alt sind. 

Wegen dieser Verhältnisse muss ich bei geburtshülflichen 
Fällen vielfach zur Embryotomie schreiten und habe deshalb 
auch in der kurzen Zeit schon manche Gelegenheit gehabt, 
das Pflanz’sche Embryotom anzuwenden. 

Vorzüglich bewährt hat sich dasselbe zum Durchschneiden 
der hinteren Hälfte des Kalbes in der Beckenfuge, nachdem 
das Vordertheil eventuell nach vorheriger Entfernung beider 
Vorderschenkel entwickelt und abgeschnitten ist. Das Ketten¬ 
messer ist hierbei leicht anzulegen, ein Sichverschieben oder 
Sichflachlegen desselben ist ohne Mühe zu verhüten und auch 
das Durchschneiden geschieht leicht und ohne starke Inanspruch¬ 
nahme der Messerkette. 

Ich habe die zu umfangreiche Hinterhälfte des Kalbes 
früher in der von mir in einer Versammlung der Hamburg- 
Altonaer Thierärzte dargelegten und S. 48, Jahrgang 1897 dieser 
Zeitschrift referirten Weise entwickelt und damit auch fast immer 
gute Erfolge erzielt, bin aber, seit ich im Besitz des Pflanz’schen 
Embryotoms bin, zur Durchschneidung mittelst dieses Instru¬ 


mentes übergegangen, da dies doch noch leichter zu bewerk¬ 
stelligen ist und das Mutterthier auch wohl noch mehr schont. 

Sehr gute Dienste hat mir das Pflanz’sche Embryotom 
ferner bei der Steisslage des Kalbes geleistet. Die Messerkette 
lässt sich hierbei leicht um die unter dem Bauche liegenden 
Hinterschenkel legen. Man durchschneidet zunächst einen Hinter¬ 
schenkel und was meistens nöthig ist, auch noch den zweiten. 
Es empfiehlt sich aber, darauf zu achten, dass das Backbein 
möglichst nahe dem Hüftgelenk durchgeschnitten wird, da sonst 
bei im Becken sehr eng gebauter Starken das Durchziehen des 
Hinterrumpfes vom Kalbe doch noch Schwierigkeiten machen 
kann. Ich war wenigstens in einem Falle gezwungen, beide 
Backbeinstümpfe noch aus den Hüftgelenken mittelst eines 
langen stählernen Hakens zu entfernen, bevor der Hinterrumpf 
durch das Becken hindurchgezogen werden konnte. 

Grössere Schwierigkeiten macht es, wenn bei einem zu 
grossen Kalbe die Hinterschenkel nicht unter dem Bauche liegen, 
sondern in die Scheide eingetreten sind. Bei dieser Lage ist 
es mir bisher nicht gelungen, die Entfernung der Hinterschenkel 
durch das Pflanz’sche Embryotom zu bewerkstelligen. Das 
Kettenmesser glitt immer ab. Der Versuch, die Hinterschenkel 
nach Ablösung des Mittelfusses im Sprunggelenk unter den 
Bauch zu schieben und so die vorige Lage herzustellen, ist 
mir nicht geglückt. Es war bei der meistens bereits be¬ 
stehenden Contraction der Gebärmutter nicht möglich, die Knie¬ 
gelenke zu strecken. Sie kehrten immer gleich wieder in die 
Beugestellung zurück. Ich habe in solchen Fällen deshalb immer 
wieder zu der alten Methode des aus der Hautziehens der 
Hinterschenkel zurückkehren müssen, die aber gerade bei den 
Hinterschenkeln viel mehr Arbeit macht, als bei den Vorder¬ 
füssen. 

Bei den abnormen Kopflagen dagegen bewährt sich das 
Instrument, wenn sie nicht anders zu beseitigen sind oder das 
Junge doch schon todt ist, wieder sehr gut. Bei einiger Uebung 
gelingt es bald, ein Sichflachlegen der Messerketten zu verhüten 
und den Hals zu durchschneiden. 

Ich zweifle auch nicht, dass bei Querlagen das Junge, 
wenn nöthig, leicht zu durchschneiden ist. Indess sind mir der¬ 
artige Lagen, seit ich im Besitz des Instrumentes bin, noch 
nicht vorgekommen. 

Ganz vorzügliche Dienste hat mir das Pflanz’sche Embryo¬ 
tom dann aber zur Durchschneidung der Vorder- resp. Hinter¬ 
schenkel in den Vorderknie- resp. Sprunggelenken bei Beuge¬ 
stellung derselben geleistet. Hierbei sucht sich das Ketten¬ 
messer fast von selber die richtige Stelle aus und durchschneidet 
diese Gelenke sehr leicht, indem es zwischen den Knochenreihen 


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DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


9. Juli. 


242 


derselben hindurch geht. Das ist besonders bei den laugen 
Extremitäten der Füllen oft von grossem Werthe. Ich habe 
früher versucht, die Sprunggelenke der Füllen zu durchsägen 
oder zu durchschneiden. Beides ist mir nicht oder erst nach 
vieler Mühe gelungen. Die Kettensäge klemmte sich immer 
sehr bald so fest, dass sie nicht zu bewegen war resp. riss, 
wenn man grössere Kraft anwandte. Mit dem Pflanz’schen 
Embryotom ist mir das Durchschneiden dagegen leicht und 
ohne Mühe gelungen. 

So hat mir das letztere Instrument sehr gute Dienste ge¬ 
leistet und kann ich jedem Collegen, der öfter zu Embryo- 
tomien seine Zuflucht nehmen muss, nur rathen, sich das In¬ 
strument anzuschaffen. Es wird ihm die Arbeit sehr erleichtern, 
ihn weit öfter das Ziel, wenigstens das Leben des Mutterthieres 
zu retten, erreichen und ihn damit mehr Freude an geburts- 
hülflicher Thätigkeit gewinnen lassen. 


Behandlung der Gebärparese nach Schmitt- 

Kolding. 

Von Veterinärarzt Kaiser, Gross-Bieberau. 

Angeregt durch die Aufsehen erregende Mittheilung von 
Schmitt in den Monatsheften für praktische Thierheilkunde 
über die Heilung der Gebärparese vermittelst Infusion von 
Jodkaliumlösung in das Euter der erkrankten Thiere, behandelte 
ich drei derartige Krankheitsfälle nach dieser angegebenen Me¬ 
thode und will das Resultat hier mittheilcn. 

I. Fall. Die Kuh hat 28 Stunden vor Eintritt der ersten 
Krankheitssymptome gekalbt. Der Besitzer zog mich zur Be¬ 
handlung zu, nachdem das Thier bereits seit 6 Stunden kein 
Futter aufgenommen hatte und nun vollständig pnvermögend 
war, aufzustehen. Bei meinem Eintreffen fand ich Folgendes: 
Die mittelschwere und mittelmässig genährte Arbeitskuh mit 
ausgezeichneter Anlage zur Milchproduction soll das Jahr zuvor 
täglich 46 Pfund Milch geliefert haben; sie lag platt ausgestreckt 
auf der Seite und war vollständig unvermögend, den Kopf zu 
heben und sich gar aufzurichten. Die Zunge hing aus dem 
Maule heraus und das Abschlucken von Flüssigkeit war voll¬ 
ständig unmöglich. Die Temperatur betrug 38,0, der Puls war 
schwach, kaum fühlbar; die Blase mässig gefüllt, im Mästdarm 
befanden sich etwas feste Kothballen. Das Euter lieferte keine 
Molken, nur eine geringe Quantität Milch. Darüber konnte 
kein Zweifel aufkommen, dass es sich hier um Gebäfparese 
handelte. Um aber bei der bereits vorhandenen hochgradigen 
Herzschwäche einer eventuellen schädlichen Wirkung des Kalium 
auf die Herzthätigkeit vorzubeugen und den Puls zu kräftigen, 
applicirte ich zunächst 5 g Coff. natr. salicylic. subcutan. So¬ 
dann liess ich nach Schmitt’s Angabe 7 g Jodkalium in lau¬ 
warmem Wasser gelöst in das Euter infundiren. Ich benutzte 
dazu in Ermangelung eines besonderen Apparates einen meter¬ 
langen Gummischlauch mit Glastrichter und die Hohlnadel des 
in der Pravaz’schen Injectionsspritze enthaltenen Troicars. Nach 
Beendigung der Infusion nahm ich ein kräftiges Massircn des 
Euters vor. Ausserdem verabreichte ich mittelst Schlundsonde 
30 g Extract. Aloes. in wässriger Mixtur. Nach 7 Stunden 
richtete sich die Kuh von selbst auf und hielt den Kopf in 
gewöhnlicher Haltung und nahm auch etwas Mehltrank an. Die 
Temperatur war inzwischen auf 40 0 gestiegen. In den darauf 
folgenden Stunden hielt das Thier den Kopf zwar aufrecht, war 
aber noch unvermögend, aufzustehen. Ich applicirte deshalb 
16 Stunden nach der ersten Infusion nochmals 5 g Jodkalium 
auf die angegebene Weise. Die Temperatur war wieder auf 
39 0 gefallen. Nach weiteren 7 Stunden stand das Thier von 
selbst auf und war vollständig hergestellt. Die Milchsecretion, 
die in den ersten Tagen nur gering war, steigerte sich sehr 
schnell, so dass sie nach 5 Tagen 40 Pfund erreichte. 

II. Fall. Gutgenährtc, sehr milchergiebige, 7jährige Kuh 
hat 30 Stunden vor Eintritt der ersten Krankheitssymptome ge¬ 
kalbt. Bei meinem 7 Stunden späteren Eintreffen zeigte das 
Thier folgendes Krankheitsbild: Die Kuh lag gelähmt am 


Boden, zeigte vollständige Unempfindlichkeit gegen Nadelstiche 
und schlug den Kopf sinnlos von einer Seite zur anderen. Die 
Temperatur betrug 38°. Der Puls war kräftig, etwas be¬ 
schleunigt. Das Euter enthielt nur noch eifie geringe Menge 
Milch. Wie oben verabreichte ich 30 g Exträct. Aloes per 
Schlundsonde, da das Abschlucken erschwert war, ferner 5 g 
Coff. natr. salicylic. subcutan und machte dann eine Infusion 
von 8 g Jodkalium in's Euter mit nachfolgender Massage. Nach 
6 Stunden schwand die Bewusstlosigkeit des Thicres und kurz 
darauf erhob sich das Thier und nahm wieder Nahrung auf. 
Die Temperatur war ebenfalls auf 40° gestiegen. 12 Stunden 
nach Application der Jodkalilösung bemerkte ich, dass das eine 
Euterviertel blauschwarz verfärbt und bereits brandig abge¬ 
storben war. Trotz sofortiger Scarification uhd Desinfection 
ging das ganze Euter in Entzündung über, so dass das Thier 
am 5. Krankheitstage geschlachtet werden musste Während 
der 5 Tage langen Behandlung hatte die Kuh immer etwas 
.Getränk genommen, auch Heu gefressen und war frei von 
Lähmungssymptomen. Dies plötzliche Eintreten von Euterbrand 
bei Milchfieber habe ich hierbei zum dritten Male beobachtet. 
In beiden vorhergehenden Fällen war das Euter nicht arznei¬ 
lich behandelt worden. 

III. Fall. Gutgenährte 5 jährige Kuh einer Milchwirthschaft 
zeigte 40 Stunden nach dem Kalben keine Fresslust, starkes 
Schwanken in der Nachhand und vollständige Unempfindlichkeit 
gegen Nadelstiche. Die Milchsecretion war plötzlich auf ein 
Minimum gesunken. Die Temperatur betrug 38,6° C. Kurz 
darauf legte sich das Thier hin und war in der Folge nicht 
mehr im Stande aufzustehen. Es wurde eine Infusion von 
8 g Kalium jodat. in’s Euter applicirt und 5 g Coff. natr. 
salicyl. subcutan und ein abführendes Pulver gegeben. 7 Stunden 
später stand das Thier von selbst auf und trat frei ohne 
Schwanken von einer Seite zur anderen. Nach weiteren 
8 Stunden nahm die Kuh wieder Nahrung zu sich und war 
vollständig hergestellt. Die Temperatur war ebenfalls 7 Stunden 
nach der Infusion auf 40 0 gestiegen. Die Milchsecretion, die 
vollständig aufgehoben war, stellte sich bald wieder ein. 

Geradezu auffallend ist in allen vorbeschriebenen -drei 
Fällen der typische und schnelle Uebergang zur Besserung und 
Genesung, ein Erfolg, wie er durch die früher üblichen Be¬ 
handlungsmethoden nicht einmal in leichten Erkrankungsfällen 
mit solcher Regelmässigkeit zu erzielen war; in allen drei hier 
vorliegenden Fällen aber handelte es sich um schwere Er¬ 
krankungen. 

Wenn auch im Falle II das Thier wegen Euterentzündung 
geschlachtet werden musste, so war doch die eigentliche Gebär¬ 
parese nach 7 Stunden vollständig gehoben und der Misserfolg 
ist nur auf die schwere Complication mit brandiger Entzündung 
zurückzuführen. 

Die Wirkung der immerhin doch als gering zu veran¬ 
schlagenden Dosen von Jodkalium machte sich in allen Fällen 
noch dadurch bemerklich, dass die Thiere 6 Stunden nach der 
Infusion des Mittels einen reichlichen schleimigen Nasenausfluss 
bekamen. 


Scheintodte Hühnchen. 

Von Dr. phil. P. Willach in Louisenthal (Saar). 

Vor Kurzem brachte eine brütende Henne fünf junge 
Kücken in sehr unregelmässigen Zwischenräumen aus, und zwar 
zwei nach 21 ‘/ a , zwei nach 22 */ 2 und eins nach 23 Tagen. 
Dies gab Veranlassung, der Henne jedesmal etwa 4 bis 5 Stunden 
nach dem Ausschlüpfen die Kücken wegzunehmen, in der Ab¬ 
sicht, wenn alle ausgeschlüpft wären, ihr die sämmtlichen 
Thierchen wieder zu geben. Was die Ursache des unregel¬ 
mässigen Auskommens war, liess sich nicht feststellen. Es 
scheinen doch Witterungsverhältnisse das Brutgeschäft nach¬ 
theilig zu beeinflussen, da in diesem Frühjahr in hiesiger Gegend 
fast allgemein nach dieser Richtung hin von den Geflügelzüchtern 
geklagt wird. 


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No. 28. 


243 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Die beiden zuerst ausgeschlüpften Hühnchen wurden, in 
eine Schürze gehüllt, im, Körbchen nach der Küche gebracht 
und sollten dort in der Nähe des Ofens gehalten werden. 
Nach 24 Stunden, etwa Vormittags 9 Uhr, wurde mir mitge- 
theilt, die beiden Thicrchen seien todt, man habe versäumt, 
sie in die Wärme zu stellen. Am selben Tage Nachmittags 
3 Uhr erfuhr ich von anderer Seite, die Thierchen seien schon 
seit dem vorhergehenden Abend im Sterben, nur das eine sei 
todt, das andere »ziepe« noch mit dem Schnabel, ginge aber 
auch zu Grunde. Diese Angabe veranlasste mich, die Thier¬ 
chen zu besehen. Beide lagen auf der Seite ausgestreckt im 
Körbchen, fühlten sich kalt an, das eine liess am Brustkörbe 
noch Athembewegungnn erkennen und schwache Bewegungen 
des Schnabels, das andere schien todt zu sein. Ich brachte 
beide Thierchen, in Walte gehüllt, in einen mit Glasdeckel 
versehenen, an meiner Brutmaschine (Jauert, Braunschweig) über 
der Eierschublade (40 0 C.) angebrachten Kasten, in welchem 
eine Temperatur von etwa 33 0 C. herrschte. Schon nach 
20 Minuten konnte ich beobachten, wie auch das todt geglaubte 
Hühnchen anfing, schwache Bewegungen zum Athemholen mit 
dem Schnabel zu vollführen. Nach einer Stunde versuchten 
beide Thierchen, ihre Köpfchen zu heben und nach 2 */a Stunden 
standen sie schon auf den Beinen und am selben Abend nahmen 
sie noch hart gesottenes Ei und Milch zu sich. Beide Thierchen 
sind gesund geblieben. 

Als nun die Henne ihr Brutgeschäft beendet hatte, weigerte 
sie sich, ihre Kinder zu führen. Die fünf Jungen wurden da¬ 
her versuchsweise einer anderen Henne anvertraut, welche schon 
dreierlei Kinder in verschiedenem Alter übernommen hatte. 
So lange sie bewacht wurde, nahm sie sich auch der vierten 
an. Doch die älteren grösseren Hühnchen liefen mit der Glucke 
so schnell, dass das jüngste der Henne augenscheinlich nicht 
folgen konnte. Als ich gegen Abend wieder nachsah, lag dieses 
eine Thierchen abseits, von der Glucke verlassen, auf der 
rechten Seite und streckte eben noch einmal ein Beinchen und 
einen Flügel, wie wenn es gerade sein Leben ausgehaucht 
hätte. Das Thierchen wurde aufgenommen, es fühlte sich kalt 
• an und...zeigte, keinerlei. Bewegungen mehr, so dass ein gerade 
anwesender Landwirth, dem ich das Vorkommniss mit den 
beiden anderen Hühnchen kurz vorher erzählt hatte, meinte, 
in diesem Falle könnte ich alle Wiederbelebungsversuche sparen; 
das Thierchen sei kalt und todt. Gleichwohl brachte ich es 
in den Wärmekasten und — mit demselben überraschenden 
Ergebniss. Denn bereits nach 1 ! / s Stunden war auch dieses 
Hühnchen wieder vollständig munter. 

Am anderen Tage habe ich die fünf jungen Hühnchen 
einer dritten Henne übergeben. Die Thierchen gedeihen unter 
dieser Führung gut und sind gesund geblieben. 

Hieraus geht hervor, wie nöthig den neugeborenen Hühn¬ 
chen die Wärme ist und wie selbst scheintodte Thierchen noch 
durch zeitige Anwendung von Wärme dem Leben wieder zu¬ 
geführt werden können. 


Traumatischer Hirnabscess beim Pferde. 

Von Thierarzt W. Engelen in Saarbrücken. 

Am 18. Oktober vorigen Jahres zog sich in der Grube G. 
ein Arbeitspferd (belgische Rasse), wahrscheinlich durch An- 
stossen mit dem Kopfe, auf der rechten Seite desselben eine 
Verletzung zu. Der Besitzer hielt dieselbe für unbedeutend; 
die Wunde eiterte und wurde vom Besitzer behandelt. Der 
Appetit des Pferdes war bis Ende November stets gut. Zu 
dieser Zeit aber ging das Pferd im Ernährungszustände etwas 
zurück. Es verrichtete täglich seine gewohnte Arbeit, bis es 
sich am 4. Dezember plötzlich schlaff zeigte. Es sollte aus 
dem Bergwerk noch herausgeführt werden, fiel aber nieder und 
konnte nur mit Mühe wieder auf die Beine gebracht und in 
den nicht so weit entfernten unterirdischen Stall geführt werden, 
hier starb es am 6. Dezember. 

Bei der Obduction fand sich am Kopfe über dem Stern 
eine ca. 4 cm grosse Hautwunde. Bei Abnahme der Haut fiel 


aus der Wunde ein ca. 3 cm langer, 1 cm breiter nekrotischer 
Knochensplitter heraus, welcher von der Mitte der Scheitelbeine 
stammte. Von der Mitte der Scheitelbeine zog nach rechts ein 
fast kleinfingerdicker Canal, welcher mit schmierigem Granu¬ 
lationsgewebe erfüllt war. Der Knochen zeigte, soweit er die 
Wand des Canals bildete, eine buckelige, höckerige Beschaffen¬ 
heit. Mit einer Sonde gelangte man durch die Knochenplatte 
in die Schädelhöhle. Bei Eröffnung der letzteren fand sich, 
der Ausmündungsstelle des Canales entsprechend, auf der 
äusseren Fläche der rechten Gehirnhemisphäre zwischen Dura 
und Pia mater graugelber Eiter. Die graue Hirnsubstanz war 
an dieser Stelle auf einen Raum von 5 cm Länge und 3,5 cm 
Breite in eine schmierige, eiterige Masse umgewandelt. Unter 
dieser Stelle erschien nach dem Durchschneiden der Halbkugel 
die weisse Gehirnsubstanz im Centrum verflüssigt und von grau¬ 
grüner, mit Roth untermischter Färbung. Eine Randzone war 
gelblich gefärbt (Abscess). Im oberen Theile der gestreiften 
Körper, im äusseren Theile der Ammonshörner und am oberen 
Horn fanden sich zahlreiche rothe Pünktchen von der Grösse 
einer f Stecknadelspitze und viele feine rothe Streifen. Die innere 
Fläche des Scheitelbeines war über dem Hirnabscess im Um¬ 
fange eines Fünfmarkstückes durch höckerige Erhebungen ver¬ 
dickt. 

Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Entwicklung des 
im Gehirn Vorgefundenen Abscesses auf eine directe Fortleitung 
der eiterigen Entzündung von der äusseren Verletzung des 
Kopfes her zurückzuführen ist. Nach Dieckerhoff sind um¬ 
schriebene eiterige Entzündungsprocesse im Gehirn bei Pferden 
selten. Die von manchen Seiten vertretene Ansicht, dass auch 
bei Pferden (wie bei Menschen) nach Verletzungen des Schädels 
oder durch Fortsetzung eiteriger Entzündungen aus der Um¬ 
gebung ein Abscess im Gehirn entstehen könne, sei bisher 
durch thatsächliche Feststellungen nicht begründet worden. 
Nach Dieckerhoff's Beobachtungen gehen die Pferde nach 
solchen Läsionen an einer degenerativen Gehirnentzündung 
schnell zu Grunde, so dass es schon an der erforderlichen 
Zeit zur Ausbildung eines umgrenzten Eiterherdes fehle. Die 
grossp Vulnerabilität des Pferdes gegenüber den eiterigen und 
ichorrhösen Entzündungen stehe der Entwicklung des trauma¬ 
tischen Hirnabscesses entgegen. Der hier vorliegende Fall 
beweist jedoch, dass auch beim Pferde sich gelegentlich ein 
Abscess im Gehirn, ausgehend von einer Verletzung des Schädel¬ 
daches, entwickeln kann und nach verhältnissmässig längerer 
Zeit erst zum Tode führt. Man kann Dieckerhoff so weit 
beistimmen, dass dies nicht die Regel ist, aber immerhin muss 
die Angabe, dass Gehirnabscesse bei Pferden »nur« durch Ver¬ 
mittlung der Blutbahn entstehen, als zu weitgehend bezeichnet 
werden. Es liegt auch gar kein Grund vor, anzunehmen, das 
Gehirn des Pferdes sei in höherem Grade empfindlich als das 
des Menschen, so dass es nicht zur Entwicklung eines Abscesses 
von äusseren Läsionen aus kommen könne, die Thiere vielmehr 
vorher sterben müssten, während der Mensch derartige Eiterungs- 
processe und erhebliche Substanzverluste erträgt, ohne davon 
dauernd erheblichen Schaden zu nehmen. 


Referate. 

Ueber Brustseuche. 

1. Von Rossarzt Biallas. 

(Zeitschrift f. Vetcrinärlcunde. 1897, No. 10.) 

2. Von Oberrossarzt Rexilius. 

(Ibidem No. ix.) 

Der Verfasser des ersten Artikels hat die Seuche unter 
den Pferden des Regiments der Gardes du Corps beobachtet 
und beschrieben. Die Infection hat entweder im Manöver statt¬ 
gefunden oder durch Offizierpferde, die aus Berliner Händler¬ 
ställen gekauft waren. Nach Feststellung der Seuche bei einer 
Schwadron erfolgte in verschiedenen Zwischenräumen der Aus¬ 
bruch bei den übrigen; eine Schwadron wurde erst nach neun 
Wochen angesteckt. 


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244 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


9. Juli. 


B. hat häufig sprungweise Uebertragung in den einzelnen 
Stallungen gesehen, oft auch solche auf das neben einem Er¬ 
krankten stehende Thier. Die jüngeren Thiere erkrankten in 
grösserer Anzahl als die älteren. Die Zeit der Durchseuchung 
schwankte zwischen 60 und 165 Tagen. Dabei hat sich heraus¬ 
gestellt, dass die Schwadron, bei der sich die Seuche am 
längsten aufhielt und die die meisten Patienten hatte, am we¬ 
nigsten Verluste hatte. Die Seuche zeigte einen strengen 
Charakter, indem von 88 betroffenen Pferden == 7,95 % 
starben. Die durchschnittliche Krankheitsdauer betrug 13 Tage. 
Einen abortiven und normalen Verlauf, dessen Dauer Verf. bis 
zu 6, bezw. bis zu 8 Tagen annimmt, hatte die Seuche bei 
19 Pferden, protahirten Verlauf (Krankheitsdauer 9—10 Tage) 
bei 15 Pferden; Complicationen und Nachkrankheiten stellten 
sich bei den übrigen 54 Pferden ein. Letaler Ausgang war 
zu befürchten, sobald bei den Patienten längere Zeit Fieber¬ 
temperaturen von 41 °C. und darüber, mehr als 80 Pulse und 
30 Athemzüge pro Minute vorhanden waren. Ausser den ge¬ 
wöhnlichen Krankheitserscheinungen zeigten einige Pferde Ka¬ 
tarrhe der Respirations-, andere der Conjunctivalschleimhäute, 
ein Pferd grauweissen, wässrig-schleimigen Nasenausfluss und 
Anschwellung der Kehlgangslymphdrüscn mit nachheriger Ab- 
scedirung. ln dem Eiter Hessen sich in einigen Präparaten 
den Streptokokken der Druse ähnliche Bakterien nachweisen. 
Als Abnormität führt Verf. an, dass zwei erkrankte Pferde bei 
einer Temperatur von 39,9° C. nur 26 bis 28, zwei andere 
bei 40 bis 41 °C. nur 36 bis 44,^ im Höchstfälle an eihem 
Tage 46 bezw. 54 Pulse pro Minute hatten. Aussetzende 
Pulse wurden in der Reconvalescenz häufig ermittelt. ‘Bei 
zwei Pferden, die beide gestorben sind, trat in der Krisis 
starker Schweissausbruch über den ganzen Körper ein; wählend 
bei dem einen dadurch die Temperatur von 40,5 auf 38,5*°C. 
sank, blieb bei dem anderen das hochgradige Fieber bestellen. 
Knacken in den Gliedern beim Herumtreten und grosse Mus^cel- 
schwäche in der Hinterhand, die sich bis zum Taumeln steigerte, 
wurde einige Male gesehen. [l 

Von den Nachkrankheiten der Brustseuche hat Verfasser 
je einmal beobachtet: 

1. Entzündung der oberen Sehnenscheide des Hufbein- 
beugers, die Lahmheit bedingte, aber in 26 Tagen heilte. 

2. Entzündung der Bursa trochlearis, die eine Atrophie der 
Muskeln zur Folge hatte, 10 Wochen lang Lahmheit verursachte 
und zur völligen Wiederherstellung etwa 1 Jahr erforderte. 1 

3. Meningitis spinalis. 

4. Bronchitis chronica. 

An einer Entzündung der unteren Sehnenscheide des Huf¬ 
beinbeugers litten nach dem Ueberstehen der Seuche 6 Pferde, 
wurden jedoch sämmtlich geheilt. Kehlkopfpfeifen hat sich 
bei 6 Pferden ausgebildet; bei einem von diesen ist das Uebel 
wieder verschwunden, während die anderen mehr oder weniger 
erheblich daran leiden. 

Die Complicationen, die in sämmtlichen 7 Fällen den Tod 
der Patienten herbeiführten, waren zweimal Lungenbrand, ein¬ 
mal eitrig-jauchige Entzündungsprocesse in den Lungen und 
viermal Entzündung des Brustfells mit Wassererguss. Bei allen 
diesen Thieren bestand ausserdem eine schwere parenchyma¬ 
töse Entzündung des Herzmuskels. 

Die Behandlung der Patienten geschah hauptsächlich nach 
den Grundsätzen der Diätetik, ausserdem wurde eine sympto¬ 
matische Behandlung mit den bekannten Mitteln durchgeführt. 
B. hat hierbei gefunden, dass von den angewandten Herzmitteln 
Kampheröl und Fol. digitalis eine bessere Wirkung zeigten als 
Aether und Coffein. 

Der Troikar wurde bei einem Pferde neunmal angewandt 
und insgesammt 89 Liter Exsudat abgelassen. Der Tod des 
Thiercs wurde dadurch zwar hinausgeschoben, trat aber in 
Folge des grossen Eiweissverlustes, Erneuerung der Exsudate 
und zu geringer Futteraufnahme doch ein. 

Der Autor des zweiten Artikels berichtet, was Ansteckung, 
Wesen, Verlauf, Complicationen und Nachkrankheiten der Brust- 
scuche betrifft, wenige Unterschiede von dem ersteren. Es 
mag aus diesem Theile der Arbeit erwähnt werden, dass eine 


directe, schnelle Uebertragung versucht wurde, indem den 
gesunden Pferden Nasenausfluss von Kranken in die Nüstern 
gestrichen, das Futter aus den Krippen kranker Pferde an ge¬ 
sunde verabreicht, ferner in der Reitbahn Pferde aus verseuchten 
Schwadronen mit denen der noch nicht inficirten zusammen¬ 
gebracht und den Mannschaften der freie Verkehr überall ge¬ 
stattet wurde. Trotz dieser Massnahmen ist eine schnelle Ver¬ 
breitung und Durchseuchung nicht erreicht worden. 

Verf. hat regelmässig eine Incubationsdauer von 14 Tagen 
gefunden. 

Da von 2 jüngeren Jahrgängen auffallender Weise fast gar 
keine Pferde erkrankten, so ist anzunehmen, dass diese bereits 
vor 4—5 Jahren, als sie noch im Gestüt waren, die Seuche 
durchgemacht haben. R. folgert deshalb, dass die Immunität 
wenigstens 4 Jahre anhält, kommt aber weiterhin zu der An¬ 
sicht, dass dieselbe wahrscheinlich lebenslänglich besteht, weil 
von den alten Pferden des Regiments, die nachweislich an der 
Seuche im Frühjahr 1885 erkrankt waren, kein einziges inficirt 
wurde. 

Ausser den im ersten Artikel^ gedachten Nachkrankheiten 
sind hier je einmal innere Augenentzündung und Morbus macu- 
losus beobachtet worden. 

Die diätetische und symptomatische Behandlungsmethode 
ist bei 3 Schwadronen zur Anwendung gekommen, bei den 
beiden andern dagegen die Schutzimpfung mit Blutserum aus¬ 
geführt. Das Blut wurde von Pferden gewonnen, welche die 
Seuche überstanden hatten, in sterilisirten Glascylindern auf¬ 
gefangen und bei niedriger Temperatur 24 bis 36 Stunden 
stehen gelassen. Das sodann bei Zimmertemperatur gewonnene 
Serum wurde in einer Dosis von je 50,0 den Pferden an der 
Vorderbrust subcutan injicirt. Ausser geringfügigen, sich bald 
zurückbildenden Oedemen an der Tmpfstelle wurde Folgendes 
bei einer Schwadron beobachtet: Bei einem geimpften Pferde, 
welches vorher zwar hochgeröthete Conjunctiven und 39,4°C, 
hatte, wurde nicht auf Brustseuche geschlossen. Die Tempe¬ 
ratur sowie auch die übrigen Symptome bestanden 6 Tage lang 
in gleicher Weise, worauf Genesung eintrat. Bei 2 Pferden 
wurden am ersten bezw. am zweiten Tage nach der Impfung 
verminderte Fresslust, gelbroth gefärbte Schleimhäute und eine 
Innentemperatur von 40,1 bezw. 40,3 "C. festgestellt. Nach 
24 Stunden sank jedoch die Temperatur auf 38,7° bezw. 38,4° 
und am dritten Tage unter 38,0". Ein drittes Pferd erkrankte 
am zweiten Tage nach der Impfung unter leichten Kolik¬ 
erscheinungen. Es zeigte normalen Puls, leicht geröthete 
Schleimhäute und eine Temperatur von - 39,6° C. Diese Er¬ 
scheinungen beruhten auf einer Lähmung des Mastdarmes, sie 
hörten nach manueller Entleerung von bedeutenden Kothmengen 
einige Stunden auf. Ein viertes Pferd äusserte am siebenten 
Tage nach der Impfung verminderte Fresslust und Schüttel¬ 
frost. Schleimhäute hochgeröthet. Am nächsten Tage war das 
Thier wieder vollständig gesund. 

Dieses Pferd sowie das erstgenannte, welches eine Innen¬ 
temperatur von 40,1° hatte, erkrankten 16 bezw. 43 Tage 
später offenbar an Brustseuche. 

Derartige Fälle wurden bei der anderen Schwadron nicht 
gesehen. Verf. kommt daher zu dem Ergebniss, dass es frag¬ 
lich erscheint, ob dieselben als Reaction auf die Impfung an¬ 
gesehen werden dürfen oder eher als Brustseucheerkrankungen, 
die aber in Folge der Impfung nicht zur vollen Entwicklung 
gelangten. Zieht man nun jedoch hierzu noch in Betracht, dass 
bei diesen beiden Schwadronen die wenigsten Krankheitsfälle 
Vorkommen, so könnte man sagen, dass die Impfung einen 
gewissen Schutz gewährt, doch ist derselbe so gering zu ver¬ 
anschlagen, dass man von einer eigentlichen Schutzimpfung 
nicht sprechen kann. Oehr. 

Modiflcirte Castration des Fohlens. 

Von Thierarzt Scassa. 

(Aus dein Progres veterinaire. 189t, No. 6.) ... 

Die neugegründete Zeitschrift *11 Veterinario di campagna« 
veröffentlicht in ihrer ersten Nummer ein verändertes Castrations- 


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No. 28. 


245 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


verfahren durch Unterbinden, das sich besonders für sehr junge 
Fohlen eignen soll, bei denen das Abdrehen der Samenstränge 
sich weniger zweckdienlich erwiesen hat 

Das Fohlen wird in der gewöhnlichen Weise nieder¬ 
geworfen, worauf man nach Herabschieben des Testikels in 
den untersten Raum des Hodensacks zwei mit der Raphe des¬ 
selben parallel laufende Einschnitte macht, um beide Hoden 
frei zu legen und herauszuziehen. Sodann schreitet man zu 
der Unterbindung, welche mit Hilfe einer besonderen Nadel 
geschieht, die nahe an ihrer zweischneidigen Spitze eine Oeff- 
nung zum Einfädeln besitzt und die Gefässpartie des Samen¬ 
strangs umsticht, worauf ein entsprechend starker, doppelter 
Seidenfaden angelegt und festgeschnürt wird. Den Schluss der 
einfachen Operation bildet das Umlegen einer zweiten Schlinge, 
die den ganzen Samenstrang umfasst, sowie das Zurück¬ 
schieben des letzteren unter die Wundränder des Scrotums. 
Alles weitere wird der Natur überlassen, Bedingung ist nur, 
nicht zu festes Zuschnüren der Ligaturen und antiseptisches 
Verfahren, die Methode soll die besten Resultate erzielen. 

Vogel. 


Enorme Herzerweiterung mit Hypertrophie beim Pferd. 
Tod durch innere Blutung. 

(Journal de Lyon. Septb. 1897. — Annales de Med. vet. Avril 1898.' 

Ein starkes, 9 Jahre altes Arbeitspferd war mit allen Er¬ 
scheinungen eines chronischen Herzleidens behaftet, als es plötz¬ 
lich starb, ohne dass je fieberhafte Symptome vorhergegangen 
wären. 

In der Brusthöhle fand man die Lungen intact, da¬ 
gegen starken flüssigen Erguss und auch der Herzbeutel war 
völlig angefüllt. Desgleichen wurden grosse Mengen seröser 
Exsudate in der Bauchhöhle, sowie eine Masse Blut an- 
getroffen, herrührend aus der geborstenen, mit Blut überhäuften 
Leber, sowie aus der Vena cava, die an der Austrittsstelle der 
letzteren einen grossen Riss zeigte und zu dem unerwarteten, 
plöl;zlichep .yprblutungstod geführt hatte. Als anatomische Ur¬ 
sache der beiden Rupturen musste Asystolie angesehen 
werden. Dieselbe ergab sich aus der ungewöhnlich starken 
Herzdilatation, welche Insufficienz der Ostien und schliess¬ 
lich colossale Hypertrophie des gesammten Myocardiums zur 
Folge hatte. Der Herzmuskel hatte nicht blos ein doppelt 
höheres Gewicht (6 Kilo), sondern auch eine um das Drei¬ 
fache vergrösserte Weite seiner Hohlräume, die sich ganz 
allmälig ausgebildet hatte. Das Herzfleisch erschien blass und 
war da und dort in fettigkörniger Entartung begriffen. Ver¬ 
fasser ist darauf angewiesen, als ursprünglichen Grund 
des Leidens die in der Rasse des Pferdes gelegene ausser¬ 
ordentliche Muskelenergie und den allzu reichlichen Ernährungs¬ 
zustand anzunehmen, wobei es bald zur Ausbildung einer un¬ 
gewöhnlich starken Arbeitshypertrophie des Herzens 
kam und wurde der ganze Process wesentlich begünstigt durch 
den Umstand, dass das eminent arbeitstüchtige Thier alljährlich 
mehrere Monate nicht zum Dienst verwendet wurde und sich 
durch die Ruhe viel Fett im Körper aufspeichertc. Den Schluss 
bildete zu grosse Korpulenz (Polysarcia adiposa) und ist daraus 
auch die Ursache der inneren Blutung leicht zu abstrahiren. 

Vogel. 


Die tubereulöse Gelenk-, Sehnenscheiden- und Schleim¬ 
beutelentzündung beim Rinde. 

Von Guillebeau. 

(Schweizer Archiv f. Thierheilkunde, 1898.) 

Die beim Rinde auftretenden sog. spontanen Entzündungen 
der Synovialsäcke sind nicht selten und ihre Natur hat Seitens 
der einzelnen Beobachter die verschiedenste Deutung erfahren. 
Am häufigsten sind die chronischen, ohne Eiterung verlaufenden 
Erkrankungen der genannten Organe für Rheumatismus erklärt 
worden (Strebei, Cad6ac, Guittord). Der erste, welcher 


die tubereulöse Natur dieses Leidens erkannt hat, war in der 
Schweiz Hess, in Frankreich Luc et, in Schweden V enn er¬ 
hol m. Entgegen den Angaben Fröhner’s ist die Synovitis 
granulosa in den genannten Ländern nicht selten. 

Das Leiden befällt am häufigsten das Kniegelenk und die 
mit demselben communicirende Sehnenscheide des Ext. dig. 
pedis longus, dann das Carpal- und schliesslich das Tarsalgelenk. 
Von 33 Fällen betrafen 23 das Knie-, 6 das Carpal- und 4 
das Tarsalgelenk. 

Die anatomischen Veränderungen bestehen in einer Aus¬ 
dehnung des betroffenen Synovialsackcs und einer Anfüllung 
desselben mit Fibrin. Die Synovialzotten bis zur Grösse einer 
Pflaume aufgetrieben, hyperämisch und nehmen zuweilen platten¬ 
artige Gestalt an. In letzterem Falle legen sie sich zwischen 
die Gelenkenden und führen in ihrem Bereiche zu Zerfall des 
Knorpels. Es entstehen flache, mit Granulation besetzte Defecte, 
die bis in den Knochen hineinreichen. Es stehen so umfang¬ 
reiche Gruben in den Gelenkenden, die mit Granulationsgewebe 
ausgefüllt sind. Die Nachbarschaft des Synovialsackes ist öde- 
matös, dagegen sind periarticuläre Abscesse selten. Die nach¬ 
barliche Musculatur ist auffallend blass und colloid entartet. 
Selten findet sich Verkäsung der Krankheitsproducte. 

Die mikroskopische Untersuchung zeigte, dass die ge¬ 
wucherten Zotten bezw. Membranen keine lockere bindegewebige 
Stützsubstanz besassen, die an ihrer Oberfläche eine Schicht, 
reich an Spindel- und Rundzellen, sowie Bindegewebsfibrillen 
trug. An einigen Stellen traten die Rundzellen in Form von 
Haufen besonders hervor. Die Blutgefässe in den Zotten waren 
an Zahl und Volumen beträchtlich vergrössert. Auch die Zahl 
der Lymphgefässe war eine besonders grosse. Riesenzellen, 
nekrotische und verkäste Herde waren nicht zu beobachten. 
An den grossen Zotten bestand das Centrum aus einem Binde¬ 
gewebe, das sehr reich an Spindelzellen und Haufen von Rund¬ 
zellen war. Die Oberfläche wurde dagegen von einem zell¬ 
armen Bindegewebe gebildet, das meist ödematös war. Während 
auch in diesen Zotten Riesenzellen, nekrotische und verkäste 
Herde vollständig fehlten, waren die Gefässe reichlich ent¬ 
wickelt Die vorhandenen Zellen waren meist mehrkemig und 
besassen nur geringe Mengen von Protoplasmen. Beim Schweine 
täuschten die Rundzellenhaufen oft Lymphfollikel vor. Im Ge¬ 
webe selbst fanden sich vereinzelte Tuberkelbacillen. Die¬ 
selben Hessen sich auch im Entzündungsexsudat nachweisen, 
jedoch gelang dies nicht in allen Fällen durch das Mikroskop, 
sondern vielfach erst mit Hülfe der Verimpfung des Materials 
auf Meerschweinchen. Selbst hierbei kam es vor, dass Meer¬ 
schweinchen «nach der Impfung gesund blieben oder höchstens 
mi* einem tuberculösen Abscess der Impfstelle antworteten, 
obwohl der Process seinen anatomischen Merkmalen nach 
tuberculöser Natur sein musste. G. erklärt dies auf der einen 
Seite durch die geringe Menge der Tuberkelbacillen in dem 
Exsudate, so dass zufällig in dem verimpften Materiale solche 
fehlen konnten. Andererseits giebt er an, dass der Process, 
obwohl tuberculös, doch zuweilen spontan ausheile und dann 
di<; Impfung negativ ausfallen muss, wenn das Impfmaterial im 
Endstadium der Heilung entnommen ist. 

Aus letzterem Grunde hält G. die Würdigung der ana¬ 
tomischen Veränderungen bei diesem Leiden für unerlässlich, 
um zu einer bestimmten Diagnose zu gelangen. Er will auf 
jeden Fall Tubereulöse ausschliessen, wenn eine Verwundung 
des Gelenkes vorliegt, oder Eiter und leicht färbbare Bacillen 
in demselben vorhanden sind. 

Die Tubereulöse der Synovialhäute tritt nach G.’s Fest¬ 
stellungen primär auf und ist zuweilen die einzige tubereulöse 
Affection am ganzen Rind. Fr ick. 

Endometritis bei der Kuh als Folge des Begattungsactes. 

Von Bitard. 

(Le Projrts veterinaire. 1898. S. 357.) 

Eine Färse war zum Stier gebracht worden und auch an¬ 
scheinend regelrecht besprungen. Aus der Scham floss etwas 
Blut ab, wie dies häufiger nach dem Bespringen gesehen wird. 


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246 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


9 Juli. 


Die Färse zeigt nach einigen Tagen lebhaften Juckreiz an den 
Gesdilechtstheilen und scheuert sich deshalb an der Mauer u. s. w. 
Die Scheidenschleimhaut ist lebhaft geröthet, der Schwanz häufig 
erhoben, der Röcken gekrümmt,- die Beine unter den Leib ge¬ 
steift. Harn häufig *in kleinen Mengen abgesetzt und von dunkel¬ 
gelber Farbe. Appetit wählerisch, Durst lebhaft, Puls fast regel¬ 
mässig, Wiederkaücn regelmässig. 

Nach 14 Tagen etwas Drängen, das allmälig häufiger und 
heftiger wird. Es hat den Anschein, als wenn die Färse nicht 
kalben kann. Dabei steht sie aber, während das Drängen im 
Liegen sehr selten ist oder ganz verschwindet. Hierbei er¬ 
scheint der kugelförmige Muttermund zwischen den Scham¬ 
lippen. Während des Drängens scharrt die Färse mit den 
Beinen, blickt stier, athmet beschleunigt, der Herzschlag ist 
pochend, Appetit aufgehoben. 

Beim Liegen verschwinden alle Symptome, so dass das 
Thier gesund zu sein scheint. 

Bei der Rectaluntersuchung fühlte B. die Gebärmutter als 
elliptischen, harten, gespannten Tumor, der sich nach vorn 
erstreckte. Die Gebärmutter hatte den Umfang wie im fünften 
Monat der Trächtigkeit. Während des Drängens tritt dieser 
Tumor nach hinten vollständig in das Becken. In der Scheide 
war der Muttermund als geschlossen zu fühlen, die vermuthetc 
Verletzung, herrührend von der Begattung, war nicht aufzu¬ 
finden. Es musste sich nach dem Ergebniss der Untersuchung 
um eine Metritis mit Ansammlung von ca. 10 Liter Flüssigkeit 
in dem Uterus handeln.' 

B. eröffnete den Uterus durch Einstich mit einem Bistouri 
an der Stelle des Muttermundes und sofort stürzte eine bräun¬ 
liche , stark stinkende Flüssigkeit in der Menge von etwa 
10 Liter hervor. In derselben schwammen einige Fibrinflocken. 
Durch die gemachte Oeffnung wurde 2 °/„ Carbolsäure infundirt, 
die täglich 2 Mal wiederholt wurden. Die Färse genass unter 
dieser Behandlung bald. 

B. führt noch drei ebensolche Fälle an, die er beobachten 
konnte, die mit Ausnahme eines, wo die Färse geschlachtet 
wurde, zur Heilung gelangten. - Fr ick. 


UÜbertragung der Masern auf Thiere. 

(Aus dem Bulletin de l'Academie de Mcdccinc. Paris ) 

Schon früher wurden Ucbertragungsversuche von Masern¬ 
gift des Menschen auf Hausthierc unternommen, jedoch mit 
wenig, gar keinem oder unbestimmtem Erfolge und liegt die 
Ursache wohl darin, dass die Thiere überhaupt wenig Dis¬ 
position für die hauptsächlich bei Kindern auftrctendc. Infections-r 
krankheit besitzen, Schweine offenbar gar keine. Aus diesen 
Gründen kam Dr. Josias-Paris auf den Gedanken, eine Ueber- 
tragung bei Affen zu versuchen und gelang dies auch in 
drei Fällen. 

In dem ersten Falle wurde die Nasenhöhle eines Affen 
mit Rachenschleim eines an fieberhaften Masern erkrankten 
Kindes völlig ausgepinselt und trat dann 13 Tage nachher 
unter Fieber ein Erythem des ganzen Gesichtes mit rothen 
Flecken um die Augen auf; die Eruption verschwand einige 
Tage später von selbst. Bei dem zweiten Falle erschien das¬ 
selbe Gesichtserythem und gesellte sich wie beim Menschen 
ein starkes Coryza hinzu, die Uebertragung erfolgte hier auf 
subcutanem Wege. Im dritten, bemerkenswerthesten Falle 
ging jo sias nicht durch Impfung vor, sondern suchte eine 
Infection dadurch zu erzielen, dass er einen Affen im Käfig 
mitten in einen mit Masernkranken angefüllten Saal stellte, 
nachdem die Einpinselung der Nasenhöhle ohne Erfolg geblieben 
war. Das nach 27 Tagen ausbrechende Gesichtserythem er¬ 
griff auch die Extremitäten und dauerte 5 Tage. Das Eruptions¬ 
fieber erreichte bei allen 3 Versuchstieren die Höhe von 
39 > 4 — 4 *° und immer bildete reichlich kleicnförmige Ab¬ 
schilferung der betroffenen Haut den Schluss. Verf. glaubt 
damit die Uebertragungsfähigkeh der Morbilli auf Thiere dc- 
monstrirt zu haben und wenn auch von den 8 inficirten Affen 
nur 5 erkrankten, beweist dies nur, dass wie beim Menschen 
trotz dez eminenten Contagiosität der Masern eben nicht alle 


der Ansteckung ausgesetzten Individuen in die Krankheit ver¬ 
fallen. Im Ganzen zeigte sich also die Incubationszeit und der 
Ausbruch der Krankheit wie deren Ablauf bei den Alfen in 
derselben Weise wie beim Menschen und fehlte auch das 
Schleimhautexanthcm nicht, es ist also anzunehmen, dass man 
cs mindestens mit einer den Masern ganz ähnlichen Krankheit 
zu thun habe und kann es als erwiesen betrachtet werden, 
dass der Affe Empfänglichkeit für das Maserngift 
besitzt. Vogel. 


Nahrungsmittelkunde. 

Ueber die Einwirkung des Räucherns auf das Leben von 
im Schlachtfleische befindlichen Tuberkelbacillen. 

Von Förster. 

iRefcr. aus der «Deutschen medicin. Wochenschr.«, 1898, No. 11.) 

Förster hatte bereits vor Jahren festgestellt, dass unter 
der Einwirkung des üblichen Salzens und Räucherns (Schnell¬ 
räucherns) von Fleischstücken, welche mit Perlsuchtknoten 
durchsetzt waren, die in diesen anwesenden Tuberkelbacillen 
ihre Entwickelungsfähigkeit und Virulenz nicht verloren. Weitere 
Untersuchungen sollten entscheiden, ob einerseits eine wieder¬ 
holte Räucherung, andererseits ein längeres Aufbewahren des 
geräucherten Fleisches eine andere Wirkung ausübe. Dies 
war in der That der Fall. Als grosse, mit Knötchen besetzte 
Rippenstücke von pcrlsüchtigen Rindern statt nur einmal, wie 
das bei der gewöhnlichen Bereitung des Rauchfleisches meist 
geschieht, zweimal nach einander an verschiedenen Tagen einer 
drei- bis fünfstündigen Einwirkung von Holzrauch in der Rauch¬ 
kammer eines Schlächters ausgesetzt wurden, ergaben nicht 
alle damit gemachten Impfungen bei Meerschweinchen Impf- 
tubcrculose. Von den Versuchsthieren, welche mit dreimal 
hinter einander geräucherten Perlsuchtknoten intraperitoneal 
geimpft wurden, erkrankte kein einziges mehr. Aber auch die 
Perlsuchtknoten von nur einmal geräuchertem Fleische verloren 
ihre Virulenz, wenn dieses nach dem Räuchern einige Zeit.in 
einem trockenem Raume aufbewahrt wurde. Wie lange es 
dauert, bis der Virulenzverlust eintritt, ist natürlich von ver¬ 
schiedenen Umständen abhängig, so von der Dauer der Salz¬ 
einwirkung, der Höhe der Räucherungstemperatur, der Tem¬ 
peratur und der Trockenheit der Kammer, in welcher das 
Fleisch aufbewahrt wird. In mehreren Versuchen erwiesen 
sich die Perlsuchtknoten 14, 17 und 19 Tage nach dem Räuchern, 
in einem Falle einen Monat danach noch virulent. 1 '/ 3 Monat 
und länger nach dem Räuchern war die Virulenz verloren ge¬ 
gangen; Thiere, die nunmehr geimpft wurden, blieben auf die 
Dauer gesund. 

Während also die in Perlsuchtknoten ein¬ 
geschlossenen Tuberkelbacillen dem Schnell¬ 
räucherungsverfahren einige Zeit lang Wider¬ 
stand bieten können, gehen sie zu Grunde, wenn 
wiederholtes Räuchern auf sie einwirkt, oder wenn 
das sie enthaltende Fleisch mindestend I 1 /* bis 
2 Monate in einer Trockenkammer aufbewahrt wird. 

C a s p c r. 

Milchverkaufs-Ordnungr für die Haupt- und Residenzstadt 
Darmstadt vom 21. Mai 1898. 

(Dm rn>Städter Tagblatt, 1898, No. 126.) 

Die für Darmstadt erlassene Milchverkaufs-Ordnung unter¬ 
scheidet Vollmilch und abgerahmte Milch. Erstere muss 
einen Fettgehalt von mindestens 3 °/o und ein spec. Gewicht 
von 1,029 1,033 bei I5°C. besitzen. Vollmilch, welche ein 

spec. Gewicht unter 1,027 und ein dünnes Aussehen besitzt, 
wird als gewässert betrachtet, ebenso Milch, deren spec. 
Gewicht nach 24ständigem Stehen und darauf erfolgtem Ab- 
rahmen unter 1,033 liegt. Gewässerte Vollmilch wird vom 
Verkehr ausgeschlossen und beschlagnahmt. Als abgerahmt 
gilt jede Milch mit einem Fettgehalt unter 3 °/ 0 . 


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No. 28. 


DEUTSCHE THIEILERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


247 


Vom Handelsverkehr ausgeschlossen ist die Milch von 
Thieren, welche an Seuchen einschliesslich der Tuberculose, 
Euterkrankheiten, Durchfall leiden und von Thieren innerhalb 
der ersten 8 Tage nach dem Kalben; ebenso ist der Verkauf 
von bitterer, schleimiger, gefärbter, verdorbener, abgekochter 
oder mit Conservirungsmitteln versetzter Milch verboten. 

Als »Kindermilch« soll nur beste Vollmilch von ge¬ 
sunden Kühen, die mit bestem Futter gefüttert und tadel¬ 
los reinlich gehalten sind, feilgeboten und in Gefässen verkauft 
werden, welche die entsprechende Aufschrift tragen. Hier geht 
die besprochene Milchverkaufs-Ordnung zweifellos nicht weit 
genug und es wäre wünschenswerth gewesen, für die sogen. 
Kindermilch eine strengere sanitäre und veterinäre Controle 
vorzuschreiben. Mit Vorschriften über Fütterung und Haltung 
der Kühe, deren Milch als Kindermilch abgegeben werden soll, 
können bei weitem nicht alle Schädlichkeiten abgehaltcn werden, 
welche den Säuglingen aus dieser Milch drohen. Nach dem 
jetzigen Stande der Wissenschaft kann es nicht mehr als eine 
übertriebene Forderung der Milchhygiene gelten, wenn sie ver¬ 
langt, dass alle Rinderbestände, aus denen sogen. Kindermilch 
ausdrücklich als solche verkauft werden soll, einer stän¬ 
digen Controle durch obrigkeitlich angestelltc Thierärzte unter¬ 
worfen werden, welche die Fütterung und Haltung der Rinder, 
die Milchgewinnung, Aufbewahrung und den Transport der 
Milch aufmerksam überwachen. In solchen Beständen sollten 
keinerlei kranken Kühe geduldet und dieselben von Zeit zu 
Zeit einer Tuberculinimpfung unterworfen werden, wobei es 
selbstverständlich ist, dass diese auch vor der Einstellung neuer 
Thiere in Anwendung kommt. Chemische Untersuchungen der 
Kindermilch sind in regelmässigen Zwischenräumen vorzunchmen. 

Man braucht bei Erlass derartiger Vorschriften, welche sich 
in erster Linie für grössere Gemeindewesen empfehlen, nicht 
zu fürchten, dass sich keine Milchproducenten finden, welche 
sich denselben unterwerfen oder dass in Folge dessen der Preis 
der Kindermilch ungebührlich ansteigt. Gegen beides schützt 
die Concurrenz der Milchproducenten gegen einander, unter denen 
es einsichtsvolle Leute genug giebt, welche allen hygienischen 
Ansprüchen gerecht , werden, dafern sie nur ihre Rechnung da¬ 
bei finden. 

Natürlich wird cs ohne eine entsprechende Steigerung der 
Preise für wirkliche Kindermilch nicht abgehen, aber es werden 
sich auch Leute genug finden, welche gern einen höheren Preis 
für Kindermilch ausgeben, dafern sie nur mit Sicherheit voraus¬ 
setzen können, dass das Product, welches sie ihren Kindern 
verabreichen, thatsächlich den Anforderungen entspricht, welche 
heutzutage im Interesse der Säuglingsernährung an die Kuh¬ 
milch gestellt werden können. Edelmann. 

Verwaltungsbericht über den' städtischen Vieh- und 
Schlachthof zu Zwickau für das Berichtsjahr 1897. 

Erstattet von Director M. Ri eck. 

I. Viehhof: 

Auftrieb: 11.79g Rinder, 32761 Schweine, 4219 Kälber, 

11 762 Schafe. 

Ausfuhr: 7850 Rinder, 15209 Schweine, 713 Kälber, 
6273 Schafe. 

II. Schlachthof: 

Zahl der Schlachtungen. 3305 Rinder, 16806 
Schweine, 6699 Kälber, 4855 Schafe, 46 Ziegen, 62 Pferde und 
28 Hunde = Summa 31801 Schlachtthiere. 

An Fleisch- und Fleischwaaren wurde dem 
Schauamte zugeführt: Vom Rinde: 1 ganzes, 247 Viertel, 
38 englische Braten und 786 Zungen; vom Schweine: 29 ganze, 
838 Rücken und Keulen und 7233 Lebern; vom Kalbe: 
129 ganze, 404 Rücken und Keulen, 30 Lebern und 3 Zungen; 
vom Schafe: 8 Keulen. 

Beanstandungen und Beschlagnahmungen: 1637 
Rinder, 75 Kälber, 1182 Schafe, 1 Ziege, 1584 Schweine und 
2 Pferde. Davon wurden vernichtet: 8 Rinder (0,24°/ 0 ), 
35 Schweine (0,20%), 21 Kälber (0,31 °/ 0 ), 3 Schafe (0,06%), 


1 Pferd (1,61 %); der Freibank überwiesen 79 Rinder (2,3 8 %), 
177 Schweine (1,05%), 2 Kälber {0,03%), 3 Schafe. (0,06%). 
Von den übrigen Thieren würden nur einzelne Organe beschlag¬ 
nahmt, und zwar bei Rindern: 4899 Stück, bei Kälbern 103, 
bei Schafen 1317, bei Ziegen 3 und bei Schweinen: 2667 Stück, 
endlich bei Pferden I Stück. 

Die zu Beanstandung ganzer Thiere führenden Erkrankungen 
waren u. A. folgende: Finnen: 12 Rinder (11 roh,. 4 sterilisirt 
bezw. gepökelt zur Freibank), 8 Schweine (6 roh, 2 sterilisirt 
bezw. gepökelt zur Freibank).,. 

Bauchfellentzündung: I Rind (roh zur Freibank), 1 Schaf 
vernichtet, 4 Kälber (1 roh zur Freibank, 3. vernichtet). 

Transportverletzungen: 2 Rinder (roh zur Freibank), 3 Schafe 
(2 roh zur Freibank, I vernichtet). 

Magen-und Darmentzündung: 1 Kalb (vernichtet), r 2 Schweine 
(1 roh, 9 sterilisirt bezw. gepökelt zur Freibank,- 2 vernichtet). 

Melanosis: I Kalb (roh zur Freibank), 1 Pferd (vernichtet). 

Icterus: 2 Schweine (roh zur Freibank). 

Rothlauf: 7 Schweine (2 roh, 5 sterilisirt bezw, gepökelt 
' zur Freibank). 

Trichinen: 7 Schweine (2 sterilisirt zur Freibank, 1 aus¬ 
geschmolzen, 4 vernichtet). 

Tuberculose: beanstandet im Ganzen 1492 Rinder (45,1 %), 
32 Kälber (0,4 %), 1 Schaf (0,02%), 1 Ziege . (2,1%), 1269 
Schweine (2,5°;,,), 1 Pferd (1,6%). Davon waren bankwürdig 
(also nur einzelne Organe zu beschlagnahmen) 1423 Rinder, 

1 16 Kälber, 1 Schaf, 1 Ziege und 1099 Schweine. Vernichtet 
wurden: 5 Rinder, 16 Kälber, 27 Schweine. Roh zur Frei¬ 
bank kamen: 32 Rinderj 12 Schweine; Sterilisirt zur Frei¬ 
bank : 22 Rinder, 83 Schweine; nur das Fett in ausgeschmolzenem 
Zustande zur Freibank bei 10 Rindern und 4$ Schweinen. 
Summa: 69 Rinder, 16 Kälber, 170 Schweine. 

Im Beschauamte für ' eingeführtes Fleisch würden be- 
' anstandet: 1 Kalbsgekrös (unvorschriftsmisöig), 86’ : Sehweins¬ 
lebern (75 wegen Fäulniss, 3 wegen Tuberculose, wegen 
" Cysticerken und I wegen hochgradig fettiger Entartung).' 

'• ■ • _ ' ’ Edetm»nn, 

Der Fleischverbrauch in Frankreich. 

Nach dem jetzt auch in seinem textlichen Theite' vor¬ 
liegenden Werke »Statistiqüe agricole de la FranCe, paWiöe 
par le Ministfcre de l’Agricülture, Direction de PAgrifcülture. 
Resultats gönöraux de I‘enqü€te ddcenhale tle 1892«' stellten 
‘ sich die Mengen des vön im Lande geschlachteten- Thieren 
gelieferten Fleisches, wie'folgt: ’ : 1 • * • *"■ 

. Rindfleisch . ■ Schweinefleisch- .Zusammen 

1 kg - '■ ■- ■■■kg' i.ltg ■ 

1892 . . 730037 799 161547558 455 359 813«.,: *<346 ^45^30 

1 1882 . . 685005807 167648773 387 304 772 »239959352 

1862 . . 479960724 II4807913 377 703 832 972472469 

1 1840 . . 309 6S$7$4 * ;i 81 S79<7o6 hf9»446+75 681681915 

‘ Wie man sieht, ist-die Production:Yon j bis, 1^92 im 
Ganzen um 106 985 878 kg oder 7,94% gewachsen*, und zwar 
f die Production von Rindfleisch um 45031.992 kg oder 6,5 7 °j °, 
die von Schweinefleisch um 68055101 kg. oder 47,57%, 
während die Production von Schaf- und Ziegenfleisch um 
6101215 kg oder 3,63 % zurückgegangen, ist. 

Die Fleischpreise haben sich, für 1 kg. berechnet, 
folgendermassen bewegt: 

Rindfleisch Schaffleisch Ziegenfleisch- Schweinefleisch 
1892 .... ,146 Fr. 1*69 Fr. 1 0.96 Fr. , ii33.Fr. 

1882 .... 1,58 < 1,76 * >1,02 „ v . 1.51 

1862 .... !,Ii „ 1,24 „ -v o3» .. , 4.36 

1840 . . . .0,75 „ o,8o „ 0,45 * ,©.84> 

Im Vergleich mit dem Jahre 18&2 wies das Jahr *£92 
durchweg einen Rückgang auf, wenn auch die Preise noch er¬ 
heblich über denen von 1862 geblieben waren. 

Ein besonderes Interesse haben - nachstehende -Angaben 
über den Verbrauch von Fleisch-— einschliesslich des 
frisch eingeführten —. pro Jahr pnd Kopf der städti¬ 
schen und ländlichen Bevölkerung. Als Städte sind 


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9- Juli. 


DEUTSCHE THIER^ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


248 

dabei alle Orte mit wenigstens 10000 Einwohnern sowie die 
Hauptorte der Departements und Arrondissements verstanden. 
Pro Kopf und Jahr betrug der Flcischconsum 


In den Städten auf dem Lande überhaupt 
kg kg kg 

1892 .... 58.12 26.25 35.59 

'V 1882 . . . . 64.60 21.89 33.05 

1862 .... 53.60 18.57 25.92 


Es ist also m den Städten im Jahre 1892 der Fleisch¬ 
verbrauch pro Kopf,, um 6,48 °/ 0 kleiner gewesen als 1882, 
während er auf dem Lande 1892 um 4,36 °/ 0 grösser war 
als 1882. Die Hauptgründe für diese Erscheinung erblickt die 
amtliche Statistik in Folgendem: In erster Linie und haupt¬ 
sächlich sei die Zunahme des Consums alkoholischer Getränke 
als ein Grui\d der Abnahme des Fleichconsums in den 
Städten, zu bezeichnen. Ueberall, wo der Verbrauch der¬ 
artiger Getränke stark zugenommen habe, zeige sich eine Ab¬ 
nahme, des Verbrauchs solider Nahrungsmittel. Dazu komme 
die überhandnehmende Sitte der wohlhabenderen und besonders 
am Fleischconsum betheiligten Stadtbewohner, in den Sommer¬ 
monaten die Städte zu verlassen. Die Zunahme desFleisch- 
consums auf dem Lande möge zum Iheil durch letztere 
Sitte mit bedingt werden ; der Hauptfactor sei dabei aber un¬ 
streitig in der Verallgemeinerung des Wohlstandes innerhalb 
der eigentlichen Landbevölkerung selbst zu finden. 


Ein neues Pökelverfahren 

hat der dänische Zoologe August Fjelstrup erfunden, 
welches die ganze Pökelung auf wenige Minuten beschränkt 
und überdies noch den Vorzug hat, dass es das Fleisch in 
keiner Weise auslaugt. Das Schlachtthier, dessen Fleisch zum 
Einpökeln bestimmt ist, wird durch einen Revolverschuss mit 
Schrotladung, damit nicht das Gehirn zertrümmert wird, ge- 
tödtet. Dann wird dem Thier das Herz geöffnet. Ist es richtig 
ausgeblutet, dann werden durch eine grosse Spritze vom Herzen 
aus alle Gelasse mit einer Salzlake gefüllt, die also auf diese 
Weise durch den ganzen Körper dringt. Dieser Vorgang ist 
in einigen Minuten abzuwickeln, und das Fletsch eines der*. 
artigen Thieres soll ebenso gut gepökelt sein, wie es mit dem 
bisher üblichen Einsalzen nur erst nach Tagen erreichbar war. 
Je nach der Starke der Salzlösung hat man es auch völlig in 
der Hand, das Fleisch schwächer oder stärker zu pökeln. Nach 
dem Pökeln kann das Thier sofort zerlegt werden und ist dann 
zum Versand fertig. Das Verfahren soll eine Probe bei mehreren 
hundert Stück Vieh aus der Genossenschaftsschlächterei zu Odense 
bereits bestanden haben. Die Berichte über solches Pökelfleisch 

sollen günstig lauten. (Deutsche Fleischeneitung 1898, No. 47.) 


Fleischeinfuhr nach Deutschland. 

Die Fleischeinfuhr nach Deutschland nimmt seit 
Beginn des vorigen Jahres von Monat zu Monat zu; 189a 
wurden 266960 Doppelcentner Fleisch- und Fleischwaaren nach 
Deutschland eingeführt, 1897 waren es 480858 Doppelcentner, 
und in den ersten 4 Monaten des laufenden Jahres bezifferte 
sich die Einfuhr auf 261986 Doppelcentner (gegen 124469 
Doppelcentner gleichzeitig 1897). Von Interesse ist die That- 
sache, dass mehr als 60 °/o dieser Einführ aus den Vereinigten 
Staaten stammen, von wo im Jahre 1896 142366 Doppel¬ 
centner, 1897 273000 Doppelcentner und in den ersten vier 
Monatea 1898 159 50O Doppelcentner eingeführt wurden. Von 
der diesjährigen Einfuhr von den Vereinigten Staaten entfallen 
allein auf Speck und Schinken 105 309 Doppelcentner. Allem 
Anscheine nach wird sich die amerikanische Einfuhr in nächster 
Zukunft noch weiter vermehren, da die Amerikaner alle An¬ 
strengungen machen, ihren Absatz auf dem deutschen Markte 
zu vergrössern. Abgesehen von der Einfuhr aus Amerika steht 
die Zunahme der deutschen Fleischeinfuhr hauptsächlich im 


Zusammenhänge mit der Einschränkung der Einfuhr von lebendem 
Schlachtvieh. Diejenigen Länder, deren Vieheinfahr nach Deutsch¬ 
land aus sanitären Gründen beschränkt wurde, haben ihre Ein¬ 
fuhr von geschlachtetem Fleisch in das Deutsche Reich ausser¬ 
ordentlich gesteigert, und zwar vor allem Holland und Däne¬ 
mark. Aus Holland kamen 1896 44024 Doppelcentner, 1897 
103000 Doppelcentner und in den ersten vier Monatün 1898 
46 000 Doppelcentner Fleisch und Fleischwaaren, aus Dänemark 
33269, 42000 und 27000 Doppelcentner. Die Einfuhr aus 
Holland besteht vorzugsweise aus Schweinefleisch, diejenige aus 
Dänemark in der Hauptsache aus Rindfleisch. ^Ule drei Länder, 
die .Vereinigten Staaten, Holland und Dänemark zusammen, 
liefern heute nahezu 90 "/ 0 des gesammten in Deutschland ein¬ 
geführten Fleisches, so dass die übrigen an der Fleischver¬ 
sorgung Deutschlands betheiligten Länder, wie vor allem Russ¬ 
land und Oesterreich-Ungarn, nur noch in geringem Masse in 
Betracht kommen; zudem besteht die Einfuhr aus Oesterreich- 
Ungarn und Russland überwiegend in zollfreien Bezügen der 
Grenzbewohner. 


Trichinen-Epidemie. 

Der Verdacht, dass es sich bei den in Planitz bei 
Zwickau (Sachsen) vorgekommenen Massenerkrankungen um 
Trichinosis handelt, hat sich bestätigt. Bei 36 Personen ist 
diese Krankheit amtlich festgestellt worden. Der Fleischer, 
der das trichinöse Fleisch verkauft hat, ist bereits ermittelt; 
er behauptet, dass das Fleisch vorschriftsmässig untersucht sei, 
und ebenso sagt der Fleischbeschauer, dass er keine Trichinen 
in dem betreffenden Schwein habe finden können. In dem 
noch Vorgefundenen Rest hat man Trichinen in grosser Zahl 
entdeckt. Leider dürften auch andere Ortschaften noch in 
Mitleidenschaft gezogen werden, da nicht alles Fleich in Planitz 
verkauft ist. Die staatsänwaltschaftlichen Untersuchungen sind 
eingeleitet. 


Die Eröffnung eines öffentlichen Schlacht- und Viehhofes 
erfolgte in Gleiwitz (Schlesien), die Einführung einer obli¬ 
gatorischen Fleischbeschau in Schellenberg (Sachsen) 
am 1. Juni, in Boppard a. Rh; am 1. April und wird am 
1. Juli ds. Js. für den ganzen Kreis St. Goar eingeführt 
werden. 


Personal-Nachrichten. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Dem Thierarzt Johann Blad au 
zu Graudenz ist die interimistische Verwaltung der Kreisthierarztstelle für 
den Kreis Adelnau, mit dem Amtswohnsitz in Adelnan, übertragen worden. 
Thierarzt Deubel in Hechingen wurde zum preussischen Bezirksthierarzt 
für die Oberamtsbezirke Hechingen und Haigerloch, Thierarzt Hengen in 
Rülzheim zum Zuchtinspector des Glan-Donnersberger Zuchtverbandes in 
Kaiserslautern ernannt. Thierarzt Lohsee in Pieschen zum Schlachthof¬ 
assistenzthierarzt in Hirschberg, Thierarzt E. Lange von Meissen zum Hilfs¬ 
thierarzt am Schlachthof in Leipzig gewühlt. Verzogen sind die Thierürzte 
Peters von Itzehoe nach Oevenum (Insel Föhr), Districtsthierarzt Sch eruier 
von Herxheim nach Rülzheim, Wisnefsky von Stettin nach Wismar; nieder¬ 
gelassen haben sich die Thierürzte Niemer in Ahlen (Westphal.), Meyer in 
Erxleben, Türk in Meiningen. . 

Die thlepärztliehe Fachprüfung haben bestanden in Hannover: 
August Bock aus Wülfel, Conrad Herbig aus Hannover, Gottlieb Knolle 
aus Fiestel. 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutsehen 

Heeres : Befördert zu Unterrossürzten die Militlrrossarzteleven Belitz im 
Art.-Regt. No. 33, Glasomersky im Drag.-Regt. No. 23, Gröning im 
Kür.-Regt. No. 4, Lehmann im Ul.-Regt. No. 11, Schwebs im Art.- 
Regt. No. 5. Unterrossarzt Rassau vom Feld Art.-Regt. No. 14 ist zur 
Schatztruppe in Kiautschou Ubergetreten. 

Gestorben : Schlachthofthierarzt Winter in Hirschberg. 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche ThlerlrztJiche Wochenschrift“ fi. A. Prof. Dr. Malkinns in Hannover) in Karlsrahe. 

Druck der Hacklofsehen Druckerei in Karlsrahe i. B. 


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Deutsche 


Thierärztliche Wochenschrift 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regierungs- uml Metlicinalrath, 
Director der Tierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 


herausgegeben von 

Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregierongsrath 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Begierungsrath und Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Louisenthal (Saar). 


redigirt von 


Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Oie Deutsche Tierärztliche Wochenschrift erscheint jeden Sämmtliche Zuschriften und redactionellen Anfraeen 

Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man ... werden an Prof. Dr. Mai km ns in Hannover erbeten 

abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in SSCCIIStCr *1 Jl 11 IIii. Correcturen und Anzeigen an die Expedition der 

Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 viertelj. mit directer _ [j n Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 

portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784 a. in Karlsruhe fBaden'. 


M 29. 


Ausgegeben am 10. Juli. 


1898. 


Die Conservirung von Fleisch mit Hülfe von 
Formaldehydgas (Formalingas). 

Von Dr. A. Ströse in Hannover. 

Das Wesen der Fleischconservirung beruht auf der Ver¬ 
hinderung des Eintrittes der Fäulniss und des von W. Eber 1 ) 
als »stinkende sauere Gährung« bezeichneten Zersetzungs- 
processes. Während die Fäulniss durch Bakterien verursacht 
wird, ist die »stinkende sauere Gährung« als eine chemische 
Zersetzung aufzufassen, bei welcher Mikroorganismen nicht be¬ 
theiligt sind. 

Da durch die Untersuchungen von Gärtner und Förster 2 ) 
nachgewiesen ist, dass drei Tage altes Fleisch Bakterien nur in 
den äussersten Randzonen enthält 3 ), muss man dasselbe vor 
Fäulniss schützen können, indem man die an der Fleisch¬ 
oberfläche befindlichen Bakterien vernichtet und das Fleisch 
in einem keimfreien Raume unterbringt. Will man gleichzeitig 
das Eintreten der »stinkenden saueren Gährung« verhindern, 
also eine vollständige Conservirung erzielen, so kann eine Venti¬ 
lation des keimfreien Aufbewahrungsraumes nicht entbehrt 
werden. Nach allen unseren Erfahrungen kommt cs nämlich 
zur stinkenden saueren Gährung« nur dann, wenn das frische 
Fleisch derartig aufbewahrt wird, dass der Zutritt der Luft 
verhindert ist. 

Bisher fehlte ein chemisches Mittel zur Desinfcction der 
Luft und der Oberfläche von körperlichen Gegenständen, welches 
für die Fleischconservirung brauchbar ist, ein Desinficiens, das 
Ungiftigkeit mit starken antiseptischen Eigenschaften vereinigt. 
Man war deswegen nicht in der Lage, eine Methode der Fleisch¬ 
conservirung anzuwenden, welche sich auf die oben angeführten 
Bedingungen gründet. Erst durch die Einführung der Form- 
aldehyddesinfection sind wir in den Stand versetzt worden, ein 
Fleischconservirungsverfahren nach den erwähnten Principien 
auszuarbeiten. 

Wenn auch die Frage der Desinfection mit Formaldehyd 
(Formalingas, Formalin) noch nicht als abgeschlossen betrachtet 
werden darf, so ist doch durch zahlreiche einwandsfreie Unter¬ 
suchungen die Brauchbarkeit des Formalins zur Desinfection 
der Luft und der Oberfläche von Gegenständen erwiesen 
worden. Ferner steht fest, dass das Gas ungefährlich ist; ab- 

•) Instruction zur Untersuchung animalischer Nahrungsmittel auf Fttal- 
niss. Berlin 1895. 

*) VergL Bisenau, Archiv f. Hygiene, Bd. 20, Heft 3. 

*) Diese Beobachtung ist von mir bestätigt worden; vergl. Jahres¬ 
bericht über die Fleischbeschau zu Hannover. 1897/98. 


solut ungiftig ist es wenigstens in solchen Mengen, welche 
bei der Fleischconservirung Verwendung finden. 

Ich habe, um die Wirkungen des mit grossen Mengen 
von Formalin behandelten Fleisches auf den Organismus zu 
studiren, Fleischstücke, die viele Tage hindurch Formalingas 
in grossen Mengen ausgesetzt gewesen waren, zunächst an 
Hunde verfüttert, ohne die geringste Giftwirkung zu con- 
statiren. Ich habe dann auch selbst wiederholt solches Fleisch 
roh, gekocht und gebraten verzehrt und Störungen des Be¬ 
findens nicht verspürt; auch von anderen Personen, welche 
mehrere Tage hindurch Speisen genossen haben, die von mit 
Formalin conservirtem Fleische bereitet waren, wurde keine 
unangenehme Wirkung wahrgenommen. Es belehrt uns ja auch 
eine Jahrhundert lange Erfahrung darüber, dass mit Formalingas 
behandeltes Fleisch nicht gesundheitsgefährlich ist; denn in dem 
zur Räucherung dienenden Holzrauche ist, wie Pasqualis 
und Jorissen ') nachgewiesen haben, dieses Gas zu etwa '/*°/ 0 
vorhanden, und wahrscheinlich beruht die conservirende Wir¬ 
kung des Rauches nicht in letzter Linie auf dessen Anwesen¬ 
heit. Auch das polimerisirte Formaldehyd, welches ich für 
die Fleischconservirung als Formaldehydgasentwickler benutze, 
ist nach Aronson*) ein nahezu ungiftiger Körper, der selbst 
von Kindern in grossen Mengen innerlich vertragen wird. 

Ausser seiner Ungiftigkeit besitzt das Formaldchydgas, 
welches mit Hülfe der Schering’schen Formalinlampcn her¬ 
gestellt wird, noch andere Eigenschaften, durch die es sich 
vortheilhaft vor anderen Desinfectionsmitteln auszeichnet. Unter 
der Einwirkung des Formalingases verändert sich nämlich die 
Farbe der thierischen Gewebe relativ unbedeutend, sofern die 
Menge des Gases keine zu erhebliche ist. Lässt man mehr 
als 3— 4 Formalinpastillen in einem luftdicht verschlossenen 
Raume von 1 cbm Inhalt vergasen, also 3 — 4 g reines Form¬ 
aldehydgas auf Fleisch einwirken, so nimmt die Musculatur, 
sofern sie noch ihre natürliche Feuchtigkeit besitzt, nach Ver¬ 
lauf von einigen Stunden eine graurothe Farbe an, so dass sie 
gekochtem Fleische nicht unähnlich ist; diese Verfärbung dringt 
aber kaum 1 cm in die Tiefe. Die Knochen sehen bei sehr 
hoher Concentration der Dämpfe schwärzlich aus. Bei Ver¬ 
gasung von 2 Pastillen in dem nämlichen Raume ist die Ver¬ 
färbung jedoch unbedeutend; die Muskeln nehmen eine ins 
Graue übergehende Farbe an, das Bindegewebe wird ganz 
schwach gelblich verfärbt, die Knochen und das Fett behalten 
den normalen Farbenton vollständig bei. Je trockener die 

’) Ref in der Pharmac. Centralhalle vom 30. Dezember 1897. 

*) Zeitschr. f. Hygiene u. Infectionskrankheiten Bd. XXV. 


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250 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


16. Juli. 


Fleischoberfläche, desto unerheblicher verändert sich die Farbe 
unter dem Einflüsse der Dämpfe. Ganz wenig auffallend ist die 
Farbenveränderung, wenn die Fleischoberfläche vor der Gas¬ 
entwicklung getrocknet ist. Auf jeden Fall ist sogar bei rich¬ 
tiger Dosinmg des Formalins die Verschlechterung der Farbe 
des Fleisches weniger erheblich, als bei längerer Aufbewahrung 
desselben in gewöhnlicher Luft. 

Weiterhin wird der Werth der Formalindämpfe als Fleisch- 
conservirungsmittel dadurch gesteigert, dass sich die Menge 
des zur Desinfection Verwendung findenden Gases genau und 
ohne Umstände bestimmen lässt. Diesen Vortheil besitzt wenig¬ 
stens die neue Schering'sche Formalin-Desinfection, zu deren 
Ausführung zwei nach besonderem Princip construirte hand¬ 
liche Apparate, nämlich der grössere Desinfector »Aesculap« 
und der kleinere Desinfector »Hygiea« dienen, in denen For- 
malin-Pastillen (Paraformaldehyd-Pastillen) in der Weise vergast 
werden, dass eine ganz gleichmässige, selbstthätige Verthellung 
des gasförmigen Formalins im Raume erreicht wird. 

Eine vollständige Desinfection der Fleischoberfläche und eine 
gleichzeitige Desinfection der Luft eines geschlossenen Raumes, 
in dem Fleisch aufbewahrt wird, lässt sich auch in der Weise 
erzielen, dass man wässeriges Formalin (etwa 40proc. Form¬ 
aldehyd) mit Hülfe eines geeigneten Apparates zum Verdampfen 
bringt. Es ist auch von Dr. med. Sarason-Hannover ein ein¬ 
facher Apparat angegeben worden, welcher eine genaue Dosirung 
des Formaldehyds gestattet. Allein die mit Formalinwasser 
arbeitenden Apparate besitzen den Schering’schen Desinfectoren 
gegenüber den erheblichen Nachtheil, dass sie die Fleischober¬ 
fläche feucht machen, diese bedeutender und auch ungleich- 
mässig verfärben, und dass das feuchte Fleisch nicht sofort in 
den Handel gebracht und verwerthet werden kann. Dazu kommt 
noch, dass die Formalin-Zerstäuber weniger sicher arbeiten und 
eine bessere Beaufsichtigung verlangen, als die Apparate »Hy¬ 
giea« und »Aesculap«. 

Bevor wir uns mit der praktischen Ausführung des von 
mir ausfindig gemachten Conservirungsverfahrens beschäftigen, 
wollen wir die Anwendung, die Wirksamkeit und die eventuellen 
Nachtheile der bisher gebräuchlichen Conservirungsmittel kürz 
besprechen. 

1. Das Salzen und Pökeln. 

Durch die Pökelung erleidet nach den Untersuchungen von 
Polentzke und Nothwang das Fleisch eine erhebliche Ein¬ 
busse an Nährstoffen, so dass es, wie Ostertag sich aus¬ 
drückt, als minderwerthige Waare angesehen werden muss. 
Zudem ist der Gebrauchswerth dieses Fleisches ein relativ ge¬ 
ringer. Der Zusatz von Salpeter zu den Salzlaken ist nicht 
ganz unbedenklich, da Salpeter ein ziemlich kräftiges Gift für 
den Menschen vorstellt. 

2. Das Räuchern kann nur in Betracht kommen zur 
Herstellung von Aufschnitt und Wurstwaaren. Der Rauch ver¬ 
leiht bekanntlich dem Fleische einen specifischen Geschmack, 
der dessen Verwendung als Koch- und Bratfleisch häufig ver¬ 
hindert. 

3. Conservirung durch Borsäure, schwefelige 
Säure und Salicylsäure. 

Diese chemischen Agentien sind für den menschlichen Or¬ 
ganismus nicht ganz indifferent und verleihen dem Fleische 
keine sehr bedeutende Haltbarkeit. Im Fleischereibetriebe 
finden die Conservesalze auch nur für die Frischerhaltung von 
Hackfleisch und Würsten Verwendung. 

4. Die Conservirung durch Hitze wird zur Herstellung 
des Büchsenfleisches benutzt. 

Dasselbe ist jedoch entweder nur als Aufschnitt zu ver¬ 
wenden, oder aber die zubereitete Fleischspeisen enthaltenden 
Büchsen sind so theuer, dass sie nur in besonderen Ausnahme¬ 
fällen (für Jagd, Reise, Manöver) praktische Verwendung finden 
können. 

5. Die Eisschränke dienen ganz allgemein zur Con¬ 
servirung frischen Fleisches. Sie haben jedoch zwei erheb¬ 
liche Mängel, nämlich den, dass ihre Unterhaltung nicht billig 
genug ist, um in Kreisen Minderbegüterter Eingang finden zu 
können, und dass das Eisfleisch, sobald es in Zimmer- oder 


Kellertemperatur kommt, äusserst schnell der Fäulniss an¬ 
heimfällt. 

6. Die Kühlanlagen mit maschinellem Betriebe 
bieten den Fleischern sehr bedeutende Vortheile. In den Kühl¬ 
häusern hält sich das Fleisch wochenlang frisch und gewinnt 
an Geschmack, ohne an Nährstoffen zu verlieren. Freilich 
schlagen sich auf der Oberfläche des dem Kühlhause ent¬ 
nommenen Fleisches ebenfalls Wasserdämpfe der Luft nieder, 
so dass das Kühlhausfleisch in gewöhnlichen Räumen keine 
grosse Haltbarkeit mehr besitzt. Für kleinere Gemeinden und 
für die Zwecke des Privatmannes ist das Kühlhaus mit maschi¬ 
nellem Betriebe nicht rentabel. 

7. Durch die Inbetriebsetzung der Schering’¬ 
schen Lampen in den gewöhnlichen Vorraths¬ 
kammern wird eine Frischerhaltung des Fleisches »auf 
mehrere Tage« ermöglicht (vergl. die Arbeit von E. Grune- 
wald in No. 13 der Deutschen Fleischerzeitung vom 14. Februar 
1898). Diesem einfachen Verfahren ist ein praktischer Nutzen 
keineswegs abzusprechen, so dass es wohl verdient, allgemeine 
Anwendung zu finden. Da man aber in einem Raume, welcher 
von Personen betreten wird, so bedeutende Mengen von For¬ 
malingas nicht entwickeln darf, dass durch dasselbe eine Frisch¬ 
erhaltung von Fleisch auf längere Zeit erzielt wird, die Luft 
des Vor rathsraumes auch nicht gewechselt werden kann, genügt 
diese Methode nur für Haushaltungszwecke, wo es lediglich 
auf eine Conservirung des Fleisches für wenige Tage ankommt. 
Die Erfahrungen, welche man bei der Anwendung der in Rede 
stehenden Methode gemacht hat, beweisen übrigens die sehr 
bedeutende conservirende Wirkung der Formalindämpfe. 

8. Auch der luftdicht abgeschlossene Schrank 
ist für die Fleischconservirung mit Formalin weniger geeignet, 
als der von mir construirte, ventilirbare Apparat, wie meine 
nach dieser Richtung hin angestellten zahlreichen Versuche 
gezeigt haben. 

(Schluss folgt.) 


Ein plötzliches Kahlwerden bei jungen Gänsen. 

Von Dr. phil. P. Willach in Louisenthal (Saar). 

In diesem Jahre waren auf einem Gute 18 junge Gänse 
zu ziemlich früher Jahreszeit ausgeschlüpft, so dass die Wirth- 
schafterin fürchtete, die Thiere könnten in Folge der noch 
draussen herrschenden Kälte an ihrer Gesundheit Schaden leiden. 
Sie verbrachte sie daher bald nach dem Ausschlüpfen in den 
warmen Kuhstall, wo sie die ersten Tage auch munter waren 
und kräftiger wurden. An den wärmeren Nachmittagen wurden 
später die Thierchen auf einige Minuten in den beim Kuhstall 
befindlichen Teich getrieben und dann wieder in den Kuhstall 
zurückverbracht. Plötzlich starben drei junge Gänse und es 
wurde angenommen, dass sie von einer der beiden führenden 
alten Gänse aus Ungeschicklichkeit todt getreten worden seien. 
Die eine der beiden alten Gänse wurde daher entfernt und 
die ganze • noch übrig gebliebene Schaar von 15 gleichalterigen 
Jungen der Führung der zweiten Gans überlassen. Schon nach 
der ersten Woche war es aufgefallen, dass die Entwicklung 
der Thiere nicht mehr so schnelle Fortschritte machte, wie 
vorher und dass die Federn an Kopf und Hals verloren gingen. 
Man stellte sich vor, dass die Thierchen sich beim hastigen 
Fressen an Kopf und Hals mit Kleie beschmutzten und später 
sich die Kleien aus dem Gefieder gegenseitig wieder ausfrassen 
und hierbei einander die Federchen auszupften. 

Ich sah die Thiere, als sie 14 Tage alt waren. Bei 
sämmtlichen Jungen waren Kopf und Hals, letzterer oben 
und an den Seiten, vollständig von Federn entblösst. Gewöhn¬ 
lich war ein Büschelchen über dem Schnabel und zu beiden 
Seiten desselben stehen geblieben. Um die Augen herum standen 
noch einzelne kleine Federchen, während die Ohröffnung völlig 
ungeschützt war. Auf dem Rücken war das Federkleid stark 
gelichtet. Das Benehmen der Thiere war unruhig, sie äusserten 
beständiges Juckgefühl, schüttelten fortwährend den Hals, rieben 


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No. 29. 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


251. 


den Hinterkopf auf dem Rücken oder rieben mit dem Schnabel 
an den Flügeln und Beinen. Dass die Thiere bei dieser Arbeit 
einander behülflich gewesen wären, konnte nicht beobachtet 
werden, ein jedes Gänschen hatte mit sich selbst vollauf genug 
zu schaffen. Die Haut an den entblössten Stellen war stark 
geröthet und fühlte sich heiss an. Trotz des frischen und 
trockenen Spreulagers waren alle Thierchen nass. 



Die Temperatur des Kuhstalles, welcher ca. 40 Kühe be¬ 
herbergte, war sehr warm und feucht. Es war daher klar, 
dass die Thierchen, welche vom Bade noch nass, in die be¬ 
ständig feuchtwarme Temperatur des Kuhstalles getrieben worden 
waren, in demselben nicht trocken werden konnten, sondern 
nass bleiben mussten. Bei der alten führenden Gans waren 
hinten und unten die Federn ebenfalls nass und mit einander 
verklebt, während bei der schon vor einigen Tagen ausser 
Thätigkeit gesetzten und nicht mehr im Kuhstalle gehaltenen 
alten Gans das Aussehen ein ganz normales war. 

Ich liess nun die jungen Gänse, da sie’ auch noch stark 
beschmutzt erschienen, in den Teich treiben und dann zum 
Trocknen der Sonnenwärme aussetzen. Manche der Thierchen 
waren so schwach, dass sie über ganz geringe Bodenerhebungen 
(Maulwurfshaufen) stolperten, auf deij Rücken fielen und kaum 
im Stande waren, sich zu erheben. Nachdem die Thiere wieder 
trocken, wurden sie munterer, das Juckgefühl war viel weniger 
stark; sie frassen Grasspitzen, die schwächeren im Liegen. 
Für die Zukunft wurde die Heerde in einem trockenen, im 
Freien gelegenen Stalle untergebracht. Einige wurden mit 
Insektenpulver bestreat, andere nur im Teiche gebadet und 
einer weiteren Behandlung nicht unterzogen. Die Genesung 
ging bei allen gleichmässig gut vorwärts. Nach 3 Tagen war 
das Juckgefühl gänzlich verschwunden, sämmtliche Thierchen 
waren äusserst munter. Die Befiederung begann bereits wieder¬ 
zukehren. Nach weiteren 14 Tagen konnten die ehemals kahlen 
Stellen nur noch daran erkannt werden, dass das neugebildete 
Gefieder weiss war, während im Uebrigen das Federkleid noch 
ein gelbliches Aussehen hatte. Bald aber schwand auch dieser 
Unterschied vollends. 

Die Untersuchung der Haut und Federn nach Milben oder 
anderen thierischen Parasiten hatte ein vollständig negatives 
Ergebniss. Auch die Kühe, welche in der Nähe des Aufent¬ 
haltsortes der Gänse standen, waren mit Hautparasiten nicht 
behaftet. Wohl aber konnten bei der mikroskopischen Unter¬ 
suchung der Hautschuppen der jungen Gänse recht häufig Be- 
standtheile eines Fadenpilzes (braunes Mycel und braune Co- 
nidien) festgestellt werden. 

Es bleibt jedoch die Frage offen, ob dieselben an dem 
Kahlwerden als Ursache betheiligt waren oder ob nicht viel¬ 
mehr die treibhausmässige Aufzucht und der auf den beständig 


nassen Thieren sich ansammelnde Schmutz an sich genügt haben, 
beständiges Juckgefühl und das Ausrupfen der Federn zu ver¬ 
ursachen. 


Uebernahme der Kosten gewisser thierärzt¬ 
licher Untersuchungen auf die Staatskasse. 

Von Dr. Malkmus. 

Das preussische Abgeordnetenhaus beschloss am 27. April 
d. Js., die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, das Gesetz 
vom 12. März 1881, betreffend die Ausführung der Reichs¬ 
gesetze über die Abwehr und Unterdrückung der Viehseuchen, 
nach Möglichkeit dahin in Anwendung zu bringen, dass die im 
öffentlichen Interesse erwachsenden Kosten von der Staatskasse 
getragen werden. Wie aus der Begründung des Antrages zu 
ersehen, hatte man hier die Kosten im Sinne, welche aus der 
durch beamtete Thierärzte zu führenden Beaufsichtigung der 
Vieh- und Pferdemärkte, sowie der sonst zusammengebrachten 
Viehbestände und der öffentlich aufgestellten Zuchtthiere er¬ 
wachsen und gemäss § 24 des erwähnten Gesetzes dem Unter¬ 
nehmer zur Last fallen. 

: Auch von Seiten der beamteten Thierärzte ist hier und 
da der Wunsch laut geworden, dass die durch Beaufsichtigung 
des Handelsviehes etc. entstehenden Kosten auf die Staatskasse 
übernommen werden möchten. 

, Der Herr Minister für Landwirtschaft etc. hat durch ein 
Rundschreiben an die Regierungs-Präsidenten Vorschläge darüber 
eingefordert, »wie die zu vielen Unzuträglichkeiten Anlass bietende 
Einrichtung zu beseitigen sein möchte, dass die beamteten 
Thierärzte für eine Reihe von amtlichen Geschäften unmittelbar 
von den Zahlungspflichtigen Gebühren zu erheben haben, deren 
Betrag überdies der Vereinbarung überlassen ist.« 

Die hier aufgeworfene Frage ist für die beamteten Thier¬ 
ärzte von weit grösserer Bedeutung, als es auf den ersten 
Blick scheinen möchte; wo die beamteten Thierärzte selbst 
über, ihre diesbezüglichen Wünsche gehört werden, ist eine 
reifliche Ueberlegung wohl am Platze. 

Welcher Art die »vielen Unzuträglichkeiten« sind, welche 
sich bei dem jetzt üblichen Verfahren geltend gemacht haben, 
ist mir nicht bekannt; während meiner zehnjährigen amtlichen 
Thätigkeit als Kreisthierarzt habe ich davon nur selten etwas 
empfunden. Wenn die Gebühren für die einzelnen Dienstver- 
riebtungen einmal vereinbart bezw. vom Regierungspräsidenten 
festgesetzt sind, vollzieht sich nach meinen Erfahrungen die 
Honorirung derselben ganz glatt. Insbesondere kann bei der 
Bezahlung der durch Beaufsichtigung von Viehmärkten, Thier¬ 
schauen und öffentlichen Schlachthäusern entstehenden Kosten 
von Unzuträglichkeiten keine Rede sein, denn die betreffen¬ 
de» Gemeindekassen etc. werden angewiesen, den ein für 
alle Mal festgesetzten Betrag an den Kreisthierarzt zu zahlen. 
Die Inhaber von Handelsviehstallungen, Privatschlachthäusern 
etc., welche zum Theil über die Revisionen selbst aufgebracht 
sind, zahlen freilich die Gebühren sehr ungern; in diesen Fällen 
kann auch die unmittelbare Erhebung des Honorars für 
den beamteten Thierarzt unangenehm, ja lästig werden, be¬ 
sonders wenn die Zahlungspflichtigen ungebildete, rohe Leute 
sind. Solchen Unannehmlichkeiten vermag aber der beamtete 
Thierarzt sehr leicht aus dem Wege zu gehen. Es ist nicht 
zutreffend, dass die beamteten Thierärzte die Ge¬ 
bühren unmittelbar von den Zahlungspflichtigen 
zu erheben haben; § 24 des preussischen Gesetzes sagt 
vielmehr, die Kosten fallen dem Unternehmer zur Last und die 
Beitreibung erfolgt im Verwaltungszwangsverfahren. 
Die Besörde ertheilt dem beamteten Thierarzt den Auftrag zu 
den betreffenden Amtsgeschäften und hat billigerweise sowie 
nach dem Sinne des Gesetzgebers die Pflicht, für die Bezahlung 
der Leistung aufzukommen. Sobald mir Zahlungspflichtige bei 
Erstattung des Betrages einmal Unbequemlichkeiten bereiteten, 
liess ich fortab die Kosten durch die Polizeiverwaltung einziehen. 
Zu diesem Zwecke sandte ich eine Liquidation — für regel- 


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DEUTSCHE THIER^BRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


16. Juli. 


252 


massig wiederkehrende Revisionen vierteljährlich — ein und 
stets haben die Verwaltungen meinen Wünschen entsprochen. 
Ich meine überdies, dass sie hierzu durch das Gesetz verpflichtet 
sind; sollte das nicht sein, so würde die Regierung in der 
Lage sein, durch entsprechende Anweisung der Polizeibehörden 
eine Abstellung der Unzuträglichkeiten herbeizuführen. 

Die beamteten Thierärzte haben ein Interesse daran, dass 
die Unternehmer zahlungspflichtig bleiben, weil ihnen von dieser 
Seite höhere Gebühren gesetzlich zustehen, als von Seiten der 
Staatskasse; es kann einem Zweifel gar nicht unterliegen, dass 
die Einnahmen aus der amtlichen Thätigkeit geringer werden, 
sobald die Staatskasse die Gebühren zahlt. Selbst wenn die 
Gebührensätze dieselben blieben, würden viele Geschäfte 
»gelegentlich anderer Dienstverrichtungen« zu erledigen sein 
und dadurch das Einkommen geschmälert werden. Es darf 
aber sicher angenommen werden, dass die §§23 und 24 des 
preussischen Gesetzes eine Aenderung dahin erfahren würden, 
dass die Staatskasse sämmtliche Kosten der Veterinärverwaltung 
trägt und dann bekommt der Thierarzt für amtliche Geschäfte 
am Wohnorte immer nur 1 Mk. 50 Pfg. Fuhrkostenentschädigung. 
So viel beamtete Thierärzte ich über diese Frage interpellirte, 
sie alle gaben zu, dass die Einnahmen der Kreisthierärzte sich 
verschlechtern würden, wenn die Staatskasse die Kosten über¬ 
nimmt, die heute von den Unternehmern gezahlt werden. Da 
sich die Unzuträglichkeiten vermeiden lassen, wünschen die 
beamteten Thierärzte nur die Beibehaltung des 
gegenwärtigen Zustandes. 

Dass die preussische Regierung ein Interesse daran hat, 
die dauernden Lasten auf die Staatskasse zu übernehmen, nur 
um die Taschen der bisher Zahlungspflichtigen zu schonen, ist 
nicht anzunehmen. Will man aber vielleicht den Kreisthier¬ 
ärzten die Stellung besser und angenehmer machen, so brauchen 
Wünsche nicht erst gesucht zu werden, denn die beamteten 
Thierärzte haben die Regierung über ihre dringendsten Wünsche 
nicht im Unklaren gelassen. 

Es mögen bei der Handhabung der Veterinärpolizei ver¬ 
einzelt Unregelmässigkeiten erwachsen sein aus dem Umstande, 
dass Privatleute die Zahlungspflichtigen sind, allein im Grossen und 
Ganzen wird man doch anerkennen müssen, dass die beamteten 
Thierärzte trotz ihrer dem Publikum gegenüber eigenthümlichen 
Stellung ihrer Pflicht im vollsten Masse entsprochen haben. 

Nur die bisher Zahlungspflichtigen würden zunächst erfreut 
sein, von den seitherigen Lasten entbunden zu sein; allein in 
mancher Beziehung würden ihnen neue Unbequemlichkeiten er¬ 
wachsen, welche die Geldausgaben reichlich aufwiegen. Sie 
würden später die Untersuchungen stets von der Behörde zu 
beantragen haben, wodurch ihnen unter Umständen viel Zeit 
verloren gehen kann, sie müssten sich nach dem beamteten 
Thierarzt richten, wären oft an bestimmte Stunden gebunden 
und was es sonst noch für btireaukratische Belästigungen giebt. 
Solche Fesseln erträgt der Handelsverkehr mit Vieh nicht. 
Man hat ja namentlich in den Grenzbezirken besondere officielle 
Verlade-, Einfuhr- und Untersuchungstage angesetzt, aber jeder 
beamtete Thierarzt weiss, wie wenig sich die Händler darum 
kümmern. Sie bezahlen lieber die Untersuchung an den be¬ 
amteten Thierarzt und erhalten dafür dieselbe an jedem ihnen 
erwünschten Ort und zu jeder beliebigen Stunde. 

Hiernach meine ich, dass weder der Staat, noch die be¬ 
amteten Thierärzte, noch die bisher Zahlungspflichtigen ein 
Interesse daran haben können, eine Aenderung des seitherigen 
Modus zu wünschen. Der Beschluss des preussischen Abge¬ 
ordnetenhauses entspringt wohl ganz plausiblen theoretischen 
Erwägungen, praktisch aber ist die von ihm erwünschte 
Aenderung nicht. _ 

Referate. 

Vergiftung von fünf Pferden mit Petroleum. 

Von Martin. 

(La Progri» veterinaire 1898, S. *77.) 

Ein Empiriker hatte einem Besitzer angerathen, seine fünf 
an Räude (Sarcoptes) leidenden Pferde mit Petroleum einzu¬ 


reiben. Auf Wunsch des Besitzers that der Pfuscher dies 
selbst, indem er »über den ganzen Körper und kräftig« jedes 
Pferd mit i '/* Liter Petroleum einrieb. Diese Procedur wieder¬ 
holte er nach 4 Tagen. Das Resultat .war ein recht verblüffen¬ 
des, da alle 5 Pferde am 7. bis 10. Tage nach der Einreibung 
starben. 

Bei der Obduction fand M. eine starke Hautentzündung 
mit vollständigem Haarverlust, heftige Schwellung der Sub¬ 
cutis, Hyperämie der Blase und schwere Entzündung der Nieren. 
Letztere, sowie auch andere Organe der Pferde rochen intensiv 
nach Petroleum. 

Der Besitzer hat den Pfuscher auf Schadenersatz verklagt 
und dazu brauchte er nun den Thierarzt, den er zur Behand¬ 
lung nicht nöthig hatte. Fr ick. 


Persistenz der Nabelvene bei der Kuh. 

Von Fabretti. 

iGiorn. della R. Soc. cd Accad. Vet Ital., 1898, S. 319.) 

Eine Kuh von 11 Jahren zeigte bei der Schlachtung einen 
50 cm langen Strang, der innerhalb der Bauchhöhle vom Nabel¬ 
ring nach der Mitte der hinteren Leberfläche zog. Derselbe 
hat ein Lumen, dicke Wandungen und die Farbe der Venen 
des Nabelstranges. Er besitzt zwei deutliche Häute, von denen 
die äussere sich im Bindegewebe verliert. Der Strang stellt 
ein echtes Blutgefäss dar mit beinahe überall gleichgrossem 
Lumen, das nach aussen von einer Schicht grossmaschigen 
Bindegewebes umgeben ist. Etwa 5 cm vor seinem Eintritt in 
die Leber erweitert sich das Lumen des Stranges allmälig, in¬ 
dem die Wandungen dünner werden. Der Gang mündet direct 
ohne irgend welche Abgrenzung in die Hohlvene da, wo sich 
dieselbe beim Rind als weites, oberflächliches Gelass zeigt. 
Die Wand des Hohlganges gleicht an dieser Stelle vollständig 
der der Hohlvene. Das Lumen dieses Stranges setzt sich fort 
bis in die Einpflanzungsstelle desselben in die Bauchwand im 
Bereich des Nabelringes. Es klafft weit und hat offenbar 
während des Lebens Blut geführt, welches aus den Gefässen 
der Bauchwand stammte. 

Der Strang war als persistirende Nabelvene zu betrachten. 

Fri ck. 


Zur Kenntniss der Septicaemia haemorrhagica beim 

Rinde. 

Von Bosso. 

(Annali della R. Accad. d'AgricoIt. di Torino, Rd. 40.) 

In der Provinz Venedig herrschte unter dem Rindvieh eine 
seuchenartige Erkrankung, die stets tödtlich verlief, sich aber 
weder als Milzbrand, noch als Rinderseuche erwies. Die Er¬ 
krankten zeigten : Plötzliches Auftreten der Symptome, Tempe¬ 
ratur 39°, Wiederkauen verzögert oder aufgehoben, Futter wird 
verweigert, zunehmende Schwäche im Hintertheil, Gang un¬ 
sicher, schwankend, Ueberköthen, Rücken gekrümmt, Schwanz 
meist bogenförmig erhoben, heftiges Drängen ohne Kothabsatz, 
hierbei Mastdarmschleimhaut offen sichtbar. Die Thiere be¬ 
nehmen sich wie eine Kuh, die kalben will. Der Urin bleibt 
normal gefärbt bis zuletzt. Die Erkrankten haben offenbar 
heftige Schmerzen und magern in 3—4 Tagen deutlich ab. 
In den ersten Tagen der Krankheit erheben sie sich noch, 
legen sich jedoch sofort wieder hin. Schliesslich liegen sie 
wie gelähmt am Boden und gehen in 3—4 Tagen zu Grunde. 
Kurz vor dem Tode brüllen die Thiere so heftig, dass man 
es 2—3 Kilometer weit hören kann. Das Sensorium ist bis 
zuletzt klar. 

Alle Heilversuche führten zu keinem Resultat, so dass viele 
Rinder starben. Die meisten waren 3—4 Jahr alt, doch er¬ 
krankten auch ältere. 

Die Krankheit trat nur in niedrigen, sumpfigen Gegenden, 
dagegen nicht auf bergigen, trocken gelegenen Aeckern auf. 
Namentlich waren die durch Regengüsse überschwemmten Ge- 


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No. 29. 


DEUTSCHE THIER/ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


253 


biete ergriffen. Die Ursache der Krankheit wurde meist in 
dem Futter gesucht, welches durch das trübe Wasser ver¬ 
dorben war. 

B. erhielt von solchen Thieren Organe eingesandt und 
zwar einmal Herz, Milz und Nieren eines geschlachteten, das 
andere Mal das Herz mit Herzbeutel, Milz, ein Stück Rücken¬ 
mark, Gehirn und Nieren eines gestorbenen Rindes. 

Die eingesandten Organe zeigten folgende Veränderungen: 

Herz: Unter dem Epicardium, namentlich an der rechten 
Seite, zahlreiche bis stecknadelkopfgrosse Blutungen. Endo- 
cardium ebenso, jedoch waren die Blutungen stellenweise auch 
umfangreicher. Herzfleisch normal; reichliche und feste Blut¬ 
gerinnsel im Herzen vorhanden. Stellenweise besitzen die 
Blutungen scharlachrothe Farbe, während dieselbe sonst glänzend 
schwarz ist. Lymphdrüsen deutlich sichtbar, weiss. 

Milz: Doppelt so gross als normal, Pulpa blutreich, zeigt 
die Malpighi'schen Körperchen sehr deutlich. 

Nieren: Sehr blutreich, dunkelroth bis violett und 
schwarz. 

Gehirn, Rückenmark, sowie deren Häute zeigen 
nichts Bemerkenswerthes. 

Das Blut und die Milz wiesen bei der bakteriologischen 
Untersuchung zahlreiche Bakterien auf, welche eine ovoide Ge¬ 
stalt und abgerundete Enden besassen. In der Mitte hatten 
dieselben eine Einschnürung und einen hellen Fleck, so dass 
sie den Bakterien der Septicaemia haemorrhagica (Hüppe) 
glichen. Sie waren unbeweglich, 1,5 u lang, 0,5 — 0,8 « breit, 
in den Nieren, wo sie am zahlreichsten waren, betrug ihre 
Länge bis zu 2,7 //. Die Färbung derselben gelang nach allen 
Methoden, jedoch entfärbten sie sich nur schwer nach Gram. 
Auf Gelatineplatten entwickelten sich nach 3 Tagen runde, 
feinkörnige, scharfrandige, gelbgraue, mit einem dunkleren Cen¬ 
trum versehene Culturen, die die Gelatine nicht verflüssigten. 
In Gelatinestrichculturen entstand nach 3 Tagen am Strichcanal 
entlang ein zartes, gelblicA weisses, glänzendes Band. Auf 
Strichculturen sah man 40 Stunden nach der Impfung kleine, 
runde, grauweisse Colonien, die allmälig confluirten. Glükose- 
und Glycerinagar zeigten Strichculturen nach 24 Stunden und 
bei 37 0 üppige, verschieden grosse, runde, grauweisse, leicht 
metallisch glänzende, mit dunkleren Conturen versehene, über 
die Oberfläche leicht prominirende, unregelmässig contourirte 
Culturen. Stichculturen entwickelten sich nur mässig im Ver¬ 
lauf des Stiches. In Bouillon mit Glükose- oder Glycerinzusatz 
bei 37 0 entstand gleichmässige Trübung, mit der Zeit bildet 
sich ein dichter Niederschlag, ohne dass die darüberstehende 
Bouillon klar wird. Auch starke Gasentwicklung wird beobachtet 
In Milch wuchsen die Bakterien bei 37 0 üppig, ohne Gerinnung 
zu bewirken. Auf sauren Kartoffeln fand bei 37^ spärliches 
Wachsthum statt. Kartoffeln, alkalisch gemacht, Hessen die 
Bakterien üppig in Form eines dicken, fadenziehenden, gelb¬ 
braunen Belages wachsen. Hierbei nahm der Mikrobe etwas 
längere Gestalt an. Der genannte Mikrobe wuchs nicht im 
Vacuum, war auch wenig widerstandsfähig gegen Austrocknung 
und chemische Agentien. Einstündiges Erhitzen auf 70° tödtet 
ihn, desgleichen 5 tägiges Austrocknen sowohl im Lichte als 
ohne dieses. Durch Sublimat (i°/ ü0 ) und Carbolsäure (5%) 
stirbt er in 5 Minuten ab. Giftige Producte waren in den 
Culturen nicht nachzuweisen. 

Subcutane und intraperitoneale Injectionen der Reinculturen 
tödteten Meerschweinchen in 18 Stunden. Bei der Obduction 
fand sich heftige Peritonitis mit serös-hämorrhagischem und 
eitrig-fibrinösem Exsudat. In diesem, sowie im Blut und den 
Organen fand sich massenhaft das genannte Bakterium. Die 
Lungen sind meist normal. 

Kaninchen reagiren auf subcutane Impfungen nicht, wenn 
das Impfmaterial direct dem Rinde entnommen wird, dagegen 
stets bei intraperitonealen Impfungen; bei subcutanen nur dann, 
wenn Reinculturen verwendet waren. Der Obductionsbefund 
ist sehr unbeständig, bald liegt Peritonitis vor, bald fehlt sie. 
Auf jeden Fall sind die specifischen Mikroben massenhaft im 
Blut und der Milz nachzuweisen. Die Kaninchen starben meist 
in 18—24 Stunden. 


Weisse Mäuse gehen bei subcutanen Impfungen in 60 
Stunden ohne ausgeprägte locale Veränderungen zu Grunde. 
Intraperitoneale Impfung führt, den Tod in 18 Stunden herbei 
und bei der Obduction findet sich nur Milztumor, sowie zahl¬ 
reiche Bakterien im Blute. 

Die mikroskopische Untersuchung gefärbter Nierenschnitte 
ergab eine Vermehrung der Kerne in den Endothelzellen der 
Glomerulargefässe und eine Abstossung der Epithelien, welche 
die Bowman’sche Kapsel und die Glomeruli überziehen. Ueber- 
dies waren die Interstitien zwischen den Harncanälchen ver¬ 
breitert und mit Leukocyten infiltrirt. Auch die Epithelien in 
den Harncanälchen waren degenerirt. Die specifischen Mi¬ 
kroben waren massenhaft in den Gcfässen und den Lymph¬ 
spalten vorhanden. B. bezeichnet daher das Leiden als Glo¬ 
merulonephritis infectiosa und weist den Mikroben in die 
Gruppe der Septicaemia haemorrhagica erzeugenden Bakterien 
(Hüppe) ein. 

Eine Verwechslung mit anderen bisher schon beschriebenen 
Nephritiden (Pyelonephritis bacillosa, Nephritis der Kälber 
[Thomassen]) hält B. für ausgeschlossen. 

In einem zweiten Falle bekam B. ein Stück Herz von 
einem Rinde zugesandt, das innerhalb 24 Stunden acut zu 
Grunde gegangen war. Es hatte noch in den letzten Lebens¬ 
stunden bei scheinbar vollkommener Gesundheit wiedergekaut. 
Die Obduction hatte bläuliche Flecke am Mittelfleische von 
Linsengrösse und darüber ergeben. Die Vorsteherdrüsen waren 
von gelatinösem Exsudat umgeben. Am Pericardium waren 
Blutflecken und in der Darmschleimhaut grosse, bläuliche bis 
schwärzliche, langgestreckte Ecchymosen vorhanden gewesen. 
Die Nieren waren serös infiltrirt und die Milz leicht ge¬ 
schwollen. 

An dem eingesandten Herzstück fanden sich unter dem 
Epicardium massenhafte Blutungen. Das Myocardium war blut¬ 
reich, sonst von normaler Farbe und Consistenz. In mikro¬ 
skopischen Präparaten und den Blutungen waren massenhafte 
ovoide Bakterien mit abgerundeten Enden und hellem Centrum 
zu sehen, die sich oft zu mehreren ( 7 —S) kettenförmig anein¬ 
ander lagerten und mit Methylenblau sich sehr gut färbten. 

, Auf Gelatineplatten entwickelten sich nach 3 Tagen runde, 
erhabene, nicht confluirende Tropfen von blassgelber Farbe 
und welliger Oberfläche. Die Gelatine wurde nicht verflüssigt, 
auch fand keine Gasentwicklung statt. Stichculturen ergaben 
hellgelbe Tropfen im Verlauf des Stichcanals. Strichculturen 
ergaben in 3 Tagen üppige Culturen von weisser bis stroh¬ 
gelber Farbe, die leicht confluiren und das Condensationswasser 
leicht trüben. 

Stichculturen in Agar liefern spärliche Colonien, Strich¬ 
culturen auf Agar ergeben nach 24 Stunden und bei 37 0 eine 
massige Entwicklung von durchscheinenden Tröpfchen, die nach 
2 — 3 Tagen opak werden und graugelbliche Farbe annehmen. 
Sie haben keine Neigung sich auszubreiten und das Condens- 
wasser wird nicht getrübt. Bouillonculturen, mit Glükose ver¬ 
setzt, zeigen bei 37 0 bereits nach 9—10 Stunden deutliche 
Trübung und Entwicklung geruchlosen Gases. Nach 5—6 Tagen 
klärt sich die Bouillon unter Bildung eines Bodensatzes auf. 

In Milch wächst der Mikrobe bei 3 7 0 kräftig unter Bildung 
eines Gerinnsels und Entstehung saurer Reaction. 

Auf Kartoffeln entstehen bei 37° klare Tropfen in spär¬ 
licher Menge, die bald opak werden und nicht confluiren. 

Die Länge des Bacteriums ist 2—2,4 fi, seine Breite 0,4 
bis 0,5 fi, es bildet keine Sporen, ist imbeweglich. Es färbt 
sich mit allen Farben, entfärbt sich nach Gram und lebt facul- 
tativ aerob. Bei Luftabschluss cultivirt, verliert der Organis¬ 
mus seine Virulenz für Meerschweinchen und Kaninchen. Er¬ 
hitzung während einer Stunde auf 6o°, sowie Sublimat (1 °/ 00 ) 
und Carbolsäure (5 °/ n ) tödtet den Mikroben in 5 Minuten. 
Austrocknung bei Luftzutritt und ohne dieses tödtet ihn in 
5 Tagen. In Culturen bildet er keine Toxine, nimmt stetig 
an Virulenz ab, so dass er nach 2 Monaten nicht mehr pa¬ 
thogen wirkt. 

Subcutane und intraperitoneale Injectionen tödten Meer¬ 
schweinchen in 18—36 Stunden. Beim mehrmaligen Durch- 


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254 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


16 . Juli. 


gange durch Meerschweinchen nimmt die Virulenz derartig zu, 
dass die Impfthiere schliesslich sicher in 14 Stunden sterben. 
Die Veränderungen, welche bei der Obduction der Impfthiere 
gefunden werden, liegen hauptsächlich an den Baucheingeweiden 
und dem Peritoneum. Das Blut enthält den Mikroben in 
grossen Mengen. 

Kaninchen starben bei directer Verimpfung des eingesandten 
Materials nicht, dagegen bei Verimpfung des Blutes der ge¬ 
impften Meerschweinchen nach 18 — 20 Stunden. Die Ob¬ 
duction lieferte vor allen Dingen heftige Entzündung der Serösen 
in Bauch- und Brusthöhle. 

Mikroskopische Schnitte des eingeschickten Herzens, sowie 
der Organe der Impfthiere Hessen zahlreiche Blutextravasate 
und Lymphzcllen erkennen. Die Mikroben fanden sich stets 
frei, niemals in den Leukocyten. In den Nieren fand sich stets 
herdförmige Coagulationsnekrose. 

Obgleich die vorgenannten Mikroben gewisse Differenzen 
von den Bakterien der Septicaemia haemorrhagica und unter¬ 
einander zeigen, glaubt B doch, dass sie identisch sind und 
die Unterschiede nur das Product der Lebensbedingungen sind. 

F r i c k. 


Ein Tumor im Herzen einer Kuh. 

Von Thierarzt Larrue in Barp. 

(Le Progtes veterinaire 1898, No. 6.) 

Der Fall bietet praktisches Interesse für den Diagnostiker 
und konnte schon in seinen ersten Anfängen beobachtet werden. 
Wenige Tage vor dem ersten Besuche durch Larrue erkrankte 
die im 6. Monat der Trächtigkeit befindliche Kuh plötzlich, an 
Appetitlosigkeit und Hartschnaufigkeit. Rumination und Ver¬ 
dauung waren in Ordnung, der Fötus lebte, der Puls ist ruhig. 
Die Untersuchung der Brusthöhle ergab nichts Ungewöhnliches, 
es war auch nirgends Schmerz auf der Rippenwand vorhanden, 
nur verstärktes Bläschenathmen und einige leichte Rassel¬ 
geräusche waren vorhanden, sowie auffallendes Hervortreten 
der beiden Jugularenstränge, welche regurgitirten. Herzschlag 
normal, namentlich regelmässig, doch etwas schwach, nirgends 
irgend ein Geräusch, Verf. schob daher die Krankheit, die sich 
nach Aussage des Besitzers schon früher wenn auch weniger 
evident gezeigt hatte, auf Rechnung der Gestation. Einige Tage 
nachher stellte sich indess eine- merkliche Verschlimmerung 
ein, der Appetit war verschwunden, die Herzschläge sind sehr 
schwach, die Drossclvcnen überfüllt, pulsiren daher nicht mehr. 
Aber auch jetzt fehlen abnorme Herzgeräusche gänzlich, da¬ 
gegen ist der Puls auffallend klein und beschleunigt. Beide 
Lungen respiriren allerseits regelmässig. Nun trat der erste 
Verdacht auf ein Herzleiden hervor; aber von welcher Art 
sollte dieses sein? Larrue dachte zunächst an einen Tumor 
in der Brusthöhle, welcher auf die eintretenden Venenstämme 
drückt, Tuberculosc war jedoch ausgeschlossen, Husten u. dgl. 
nie vorhanden. Digitalis, einigemal zu 3,0 gegeben, schien Er¬ 
folg zu haben, plötzlich jedoch verendete die Kuh über Nacht. 

Bei der Obduction fand sich vorgeschrittene Pericarditis 
mit abundanter Exsudation, glatten Gerinnseln und am Eingang 
in den linken Ventrikel eine stark birngrosse, etwa 200 Gramm 
schwere, lipomatös aussehende Geschwulst, welche in unvoll¬ 
ständig geronnenem Blut schwamm und an der Herzwand auf¬ 
gehängt war; mikroskopisch erwies sie sich als Myxom. 
Also wieder ein Beweis, wie wenig und welch’ unbestimmte 
Symptome selbst ein schweres, innerhalb des Herzens selbst 
befindliches Circulationshinderniss hervorruft, auch die ausge¬ 
breitete Herzbeutelentzündung verlief im Leben völlig symptomlos! 

__ Vogel. 

Bauchschwangerschaft bei einer Färse. 

Von Lauri. 

(II mod. Zooiatro >898, S. 186.) 

Bei einer erstgebärenden Färse fand L. schwache Wehen, 
dagegen heftige Kolikschmerzen. Die Färse sprang auf, schlug 


heftig mit den Beinen nach dem Leib und legte sich wieder 
hin. Die Untersuchung des Muttermundes ergab, dass derselbe 
etwas nach oben gedrängt und für die Hand nicht durchgängig 
war. Als Ursache hierfür wurde ein runder Körper erkannt, 
welcher in der Nähe der Blase lag und gegen Uterus und 
Vagina drückte. Nach einiger Mühe gelang es, den Arm in 
den Uterus einzuführen. Letzterer enthielt nur etwas Schleim 
und die Cotyledonen waren nur schwach vergrössert. Es 
musste also Extrauterinschwangerschaft bestehen. Es fand sich 
bei der Palpation des Hinterleibes 15 cm hinter dem Brustbein 
eine knochenharte Masse. Da der Besitzer behauptete, dass 
das Kalb noch Bewegungen gemacht hätte, willigt er in den 
Vorschlag, bei Schlachtung der Kuh durch Kaiserschnitt das 
Kalb zu retten. Durch Schnitt in der weissen Linie Hess sich 
ein grosser, fast runder Sack aus der Wunde entwickeln, in 
dem das todte Kalb nebst Eihäuten und Fruchtwässern lag. 
Der Nacht wegen unterblieb eine genauere Untersuchung der 
anatomischen Verhältnisse und es konnten nur am folgenden 
Tage die nachstehenden Notizen gemacht werden. Der Sack, 
in dem das Kalb gelegen, bestand aus schlaffem Bindegewebe. 
Die Schicht war 6 — 7 mm dick und trug auf ihrer Innenfläche 
eine gefassreiche Schleimhaut, auf der sich einige ovale Coty¬ 
ledonen erhoben. Dieselben waren kleiner als im Uterus. Die 
Eihäute waren normal, nur der Nabelstrang war viel kleiner 
und kürzer als normal. Das Kalb war gross und vollständig 
ausgetragen. Die Haare gingen leicht aus. Die Gebärmutter 
hatte etwas verdickte Wandungen und lag sonst normal. Nach 
dem Vorbericht war die Färse stets munter gewesen bis zum 
7. Monat der Trächtigkeit, wo sie leichte Leibschmerzen ge¬ 
zeigt habe, die jedoch im 8. Monat wieder verschwanden. Im 
9. Monat und bis zur Ankunft von L. waren wieder Wehen 
vorhanden, welche aber bei der Arbeit sistirten. Frick. 


Experimentelle Beiträge zur Frage der Beziehungen 
zwischen Bakterien und Erkrankungen der Athmungs- 

organe. 

Von Dr. Ernst Klippstein. 

(Zeitschrift f. kIin. Medicin 1898, S. 191.) 

Bei allen Formen von Lungenentzündungen finden sich 
pathogene Mikroorganismen verschiedener Art, die auch nicht 
selten in der Mund- und Nasenhöhle gesunder Individuen an¬ 
getroffen werden. Verf. stellte sich die Aufgabe, zu ermitteln, 
auf welchem Wege und unter welchen Umständen diese in die 
Lunge zu gelangen vermögen. Zu den Versuchen verwendete 
er Kaninchen, Katzen und Hunde und gelangte zu folgenden 
Ergebnissen: 

Die Trachea, Bronchien und Lungen gesunder Thiere sind 
unter gewöhnlichen Verhältnissen nahezu keimfrei. Die mit 
der Luft eingeathmeten Keime werden auf den Schleimhäuten 
der Nasenhöhle mit ihren vielen Buchten und Knickungen zurück¬ 
gehalten. Der dort befindliche Schleim wirkt zwar nicht bac- 
tericid, ist aber ein schlechter Nährboden für die Bakterien. 
Das Flimmerepithel befördert die weiter nach abwärts gelangten 
Elemente wieder zurück; die bis in die Alveolen gelangten 
corpusculären Theilchen treten durch die Spalten zwischen den 
Alveolarepithelien in’s Saftcanalsystem und durch die Lymph- 
gefasse in die Bronchialdrüsen, wo sie festgehalten werden. 
Diese Schutzvorrichtungen wirken aber nicht absolut sicher; ist 
die Zahl der eingeathmeten Keime eine zu grosse, so versagen 
sie. Auch bei Erkrankungen der Rcspirationsschleimhaut werden 
sie unwirksam gegen bakterielle Angriffe, was durch besondere 
Versuche festgestellt wurde. Injectionen reizender Flüssigkeiten 
(Terpentinöl, Argent nitric.) durch die Brustwand hindurch in 
die Lungen bewirkten entzündliche und nekrotische Herde, die 
zunächst bacteriell steril waren. Lungenödem, hervorgerufen 
durch forcirte künstliche Athmung, zeigt die Tendenz, rasch 
und vollständig zu heilen, ehe noch Bakterien sich angesiedelt 
haben. Durch Inhalation reizender Gase oder Dämpfe von 
Formaldehyd, Ammoniak, rauchender Schwefelsäure, Brom, 


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29. 


DEUTSCHE TKIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


255 


Osmiumsäure entsteht eine Reizung und Entzündung der Schleim¬ 
häute, entsprechend der Intensität und Dauer der Einwirkung. 
Bei den leichten Formen der Entzündung blieb das Entzündungs- 
product steril, bei Eintritt stärkerer pathologischer Veränderungen 
siedelten sich aber bald bakterielle Bewohner der Maul- und 
Nasenhöhle an. Specielle Untersuchungen ergaben, dass die 
Bakterien vom Pharynx aus zunächst in den Larynx, dann 
weiter hinab in die Trachea, von da in die grösseren und 
feineren Bronchien und schliesslich in die Lungenalveolen 
Schritt für Schritt weiter wandernd vordrangen. 

Brachte man bestimmte, leicht nachweisbare Bakterienarten 
in die Nähe gesunder Kaninchen, so kam es wohl einmal zum 
Entstehen einer Rhinitis, die tieferen Luftwege aber und die 
Lungen zeigten bei der Tödtung der Thiere keine pathologi¬ 
schen Veränderungen und waren völlig frei von den eingebrachten 
Keimen. Inficirte man die Thiere auf gleiche Weise und Hess 
sie nachher reizende Gase einathmen, so kam es zu einer eitri¬ 
gen "Entzündung der Schleimhäute und zum Auftreten von ent- ; 
zündlichen Lungenveränderungen. In dem ursprünglich sterilen 
Eiter wucherten die eingeimpften Bakterien von oben her hinein 
und hatten bei der Tödtung der Thiere von einem bald 
kleineren, bald grösseren Theil des Respirationstractus Besitz 
genommen. 

Das Eindringen von Bakterien in die Lunge 
auf dem Athemwege hatte nie das Entstehen einer 
croupösen Pneumonie zur Folge; die auf diesem 
Wege inficirten Lungen zeigten vielmehr stets 
nur bronchopneumonische Herde. Das Auftreten einer 
croupösen Pneumonie wurde nur einmal nach subcutaner In- 
jection einer Art von Colibakterien beobachtet. 

Die gesunde Nasenschleimhaut zeigte eingebrachten Keimen 
gegenüber eine erhebliche selbstreinigende Kraft. War aber 
die Nasenschleimhaut durch den Reiz eines Gases in einen Zu¬ 
stand stärkerer, mit Eiterabsonderung verbundener Entzündung 
versetzt, so vermehrten sich dort zugesetzte Keime sehr üppig. 

Die thatsächliche Beobachtung, dass nach Einwirkung 
thermischer, chemischer und mechanischer Einflüsse die Ent¬ 
wicklung von infectiösen Krankheiten im Respirationsapparat 
oft eintritt, steht mit diesen experimentellen Untersuchungen 
in vollständiger Uebereinstimmung. Die Bakterien spielen aber 
bei den Krankheiten des Respirationsapparates auch vielfach 
eine primäre Rolle; sie können durch Inhalation direct bis in 
die Alveolen gelangen und dann herdförmige bronchopneu¬ 
monische Herde hervorrufen. Im Gegensatz zu den herdförmigen 
Pneumonien ist die diffuse croupöse Pneumonie eine ätiologisch¬ 
einheitliche Erkrankung. Das regelmässige und im Beginn der 
Krankheit alleinige Vorkommen der Diplokokken in dem er¬ 
krankten Organ, der überaus typische Verlauf der uncomplicirten 
Krankheit sind die wichtigsten Thatsachen, die den Diplococcus 
pneumoniae Fränkel als den specifischen Erreger der croupösen 
Pneumonie erscheinen lassen. Dass er seinen Weg in die 
Lunge durch die Blutbahn bewerkstelligt, wird wahrscheinlich 
gemacht durch den Umstand, dass er im circulirenden Blute 
nachgewiesen wurde. Ferner liegen Beobachtungen über intra¬ 
uterine Pneumokokkeninfectionen von Föten vor und endlich 
treten im Verlauf von croupöser Pneumonie häufig secundäre 
Erkrankungen in den verschiedensten Organen auf (Endocarditis, 
eitrige Gelenkentzündungen etc.), die sich durch das Vorhandensein 
der Diplokokken in denselben als Metastasen charakterisiren. 

Auch die Ergebnisse der Thierversuche sprechen dafür, 
dass (Jie Erreger der croupösen Pneumonie durch die Blutbahn 
in die Lunge eindringen. Die epidemisch auftretenden Pneu¬ 
monien zeichnen sich durch den bösartigen Charakter aus, was 
auf einen hohen Virulenzgrad schliessen lässt. Viele Menschen 
beherbergen Jahre lang lebensfähige Diplokokken im Körper, 
ohne zu erkranken; man kann sich vorstellen, dass sie erst 
virulent werden, wenn noch besondere Umstände, die man als 
Disposition oder Gelegenheitsursachen bezeichnet, eintreten. 
Bei den epidemischen Pneumonien aber genügt das blosse 
Hineingelangen des pneumonischen Virus zur Erzeugung der 
Krankheit, offenbar weil sie hochvirulent sind und deshalb dis- 


ponirender Momente nicht bedürfen, um doch eine Erkrankung 
zu bedingen. Malkmns. 


Tetanus, geheilt mit intratrachealen Injectionen von 
Car boisäure. 

Von Cautone. 

(Giorn. della R. Soc. ed Accad. Vet. Ital., 1898, S. 483.) 

Beim Menschen hat Bocelli s. Zt. subcutane Injectionen 
von Carbolsäure gegen Tetanus empfohlen und angeblich mit 
Erfolg verwendet. C. hat die Carbolsäure bei zwei starrkrampf¬ 
kranken Maulthieren zu gleichem Zwecke benützt und giebt 
Folgendes darüber an. 

Die Maulthiere erhielten pro Tag 3 Mal eine intratracheale 
Injection von 3 g Acid. carbol. cryst. in 10 g Glycerinum 
purum gelöst. Schon am 4. Tage sank die Temperatur von 
40,6 auf 39,4, der Trismus Hess nach und das Thier fing an 
zu fressen. Nach 8 Tagen Hessen sich die Patienten die intra¬ 
tracheale Application nicht mehr gefallen und C. gab 8 g 
Carbolsäure als Bolus auf 2 Mal täglich innerlich. Die Heilung 
erfolgte in dem einen Falle in 1 Monat, in dem anderen nach 
20 Tagen. (Ob die Carbolsäure in diesen Fällen Schuld war 
an dem günstigen Ausgange, scheint nicht einwandsfrei erwiesen, 
da in der angegebenen Zeit auch die spontanen Heilungen des 
Tetanus einzutreten pflegen. Erst eine umfangreichere Zahl 
von einschlägigen Beobachtungen können hier positiv beweisen. 
D. Ref.) Frick. 


Pathologisch-histologische Beiträge zur Kenntniss des 

Hufkrebses. 

Von Baruchello. 

(Il moderno zooiatro, 1898, S. 129.) 

Durch Abkratzen des erkrankten Gewebes dicht an der 
Hufmatrix erhielt B. den bekannten stinkenden, weissen, käsigen 
Brei, in dem sich bei der mikroskopischen Untersuchung ohne 
irgend welchen Zusatz folgende Bestandtheile erkennen Hessen: 
Haufen von Pflasterepithelzellen mit deutlichem Kern und kör¬ 
nigem Protoplasma. Einige dieser Zellen waren zertrümmert. 
Es fanden sich ferner Myriaden der verschiedensten Mikro¬ 
organismen, jedoch kein einziger, der einem Coccidium oder 
Blastomyceten ähnelte. Bei Zusatz von Kalilauge sah B. zahl¬ 
reiche Hyphomycetenfäden und einige runde oder ovale, stark 
lidhtbrechende Körper, die wie Conidien von Schimmelpilzen 
aussahen. Nach der Färbung mit Methylenblau oder Gentiana- 
violett ergab sich, dass der genannte Brei eine Brutstätte der 
verschiedensten Mikroben ist; auch Pilzfäden waren zu sehen. 
Zum Vergleiche untersuchte B. die Flüssigkeit, welche beim 
fahlen Strahl auftritt, und konnte fast dieselbe Zusammensetzung 
feststellen. 

Schnitte, welche von der kranken Hufmatrix angefertigt 
und mit Hämatoxilin und Eosin bezw. Pikrokarmin gefärbt 
waren, ergaben folgendes Bild: 

Zotten nach allen Richtungen vergrössert, deformirt, sie 
weisen massenhaft Blutgefässe auf und den Leukocyten ähn¬ 
liche Zellinfiltration. Indem sich die Zotten verlängern und 
vielfach verzweigen, entstehen geschwulstartige Gebilde. Die 
zahlreichen Buchten und verzweigten Gänge, welche durch 
die Verästelung der Zotten entstehen, sind mit Epidermiszellen 
in Zapfenform ausgefüllt. Diese Epithelzellen sind in der Form 
denen der normalen Haut gleich, sie unterscheiden sich nur 
durch ihre enorme Menge, in der sie die Papillen umgeben. 
Sie haben dicht an den Zotten deutliche Fortsätze und Vacuolen 
im Protoplasma, je mehr nach aussen, desto flacher werden 
sie, nehmen gekörntes Ansehen an, sind aber stets mit Kern 
versehen. Die zahlreichen Gefasse in der Zotte haben verdickte 
Wandungen und zeigen in den perivasalen, sowie den sonstigen 
Lymphgefassen starke Infiltration von Leukocyten. An der 
Peripherie der Wucherungen sind die Zotten oft in toto in 
Folge äusserer Insulte in einen amorphen Detritus umgewandelt, 


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256 


DEUTSCHE THIER^ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


16. Juli. 


in dem man noch hin und wieder eine Capillare von den Leuko- 
cyten ähnlichen Zellen umgeben findet. 

B. hat den Schwerpunkt seiner Untersuchungen auf die 
etwaige Anwesenheit von Mikroorganismen gelegt. Er hat keine 
der bekannten Methoden unversucht gelassen und trotzdem ein 
negatives Resultat erhalten. Niemals konnte er in den cen¬ 
tralen Theilen der Wucherungen, die weit von Ulcerationen ent¬ 
fernt waren, Mikroben nachweisen, dagegen gelang ihm dies 
leicht in den oberflächlichen Epithellagen und in der Nähe von 
Continuitätstrennungen der Wucherungen. Daselbst bestanden 
stets Ulcerationen, Nekrosen oder Zerfall der Gebilde. Meist 
fanden sich daselbst zwischen den Zellen und in den Lymph¬ 
spalten Gruppen von Kokken, die sich gut nach Löffler 
färbten. Der Grund der Ulcera war stets durchsetzt von Mikro¬ 
kokken, Bacillen und Hyphomyceten. 

B. zieht aus dem Fehlen von Mikroben den Schluss, dass 
der Hufkrebs nichtparasitärer Natur wäre, sondern chronischen 
Reizen seine Entstehung .verdanke. (Dieser Schluss ist weder 
gerechtfertigt, noch entspricht er den praktischen Erfahrungen, 
dass durch ein an Hufkrebs leidendes Pferd die Krankheit in 
gesunde Bestände eingeschleppt werden kann. D. Ref.) 

Frick. 


Eine neue Wurfmethode. t 

Von Johann Lajcik. < 

(Rcf. in Oesterr. Monatsschr. f. Thierheilkunde, 1898, V.) 1 

Eine sehr einfache Methode zum Niederlegen der Pferde, 
von Professor Krölikowski an der Lemberger Schule ein¬ 
geführt, wird von L. beschrieben. 

Erforderlich dazu sind nur ein längeres Seil, zwei Fessel¬ 
riemen mit Eisenringen und ein Strick. Das niederzulegende 
Pferd wird an den hierzu vorbereiteten Platz geführt, so dass 
es mit den Vorderfüssen auf das Lager zu stehen kommt, ,mit 
den Hinterfüssen nur den Rand desselben berührt. An beiden 
Hinterfüssen werden die Fessel angelegt mit den Ringen nach 
vorne und die Vorderfüsse in natürlicher Stellung durch den 
Strick verbunden. Jetzt wird das lange Seil mit der Mitte in 
der Weise um den Hals geschlungen und durch einen Knoten 
befestigt, dass die Mitte des Seils am Kammrande des Halses 
vor dem Widerrist und der Knoten am Halsrande unterhalb 
der Vorderbrust zu liegen kommt. Die beiden Seilenden wercfen 
unter den die beiden Vorderfüsse verbindenden Strick gezogen 
und jedes durch einen Fesselring des betreffenden Fusses ge¬ 
führt. Hierauf wird das rechte Seilende nach vorne über den 
Rücken des Pferdes hinter dem Widerrist auf die linke Hals¬ 
seite, das linke Seilende in derselben Weise auf die rechte 
Halsseite geführt, so dass sich die Seilenden auf dem Rückfen 
kreuzen. Jetzt ist das Pferd zum Niederlegen vorbereitet. Ein 
Gehilfe steht am Kopfe, je einer zieht an den Seilenden nath 
vorne, worauf das Pferd zuerst auf die Kniee kommt und dann 
zu Boden fällt. Darnach werden die Füsse fixirt. 

In Ermangelung eines langen Seiles können auch zw«i 
kürzere verwendet werden, nur muss dann jedes in der oben 
erwähnten Weise befestigt werden. Görig. 


Aoute rotzige Myocarditis. 

Von Berton. 

(Recueil de med. vet. Alfort. Mai 1898.) 

Der vom Verfasser angeführte Fall betrifft einen 9jährigen 
Wallach, welcher aus dem in den Alpen stattgefundenen Herbst¬ 
manöver zurückkehrte und noch nie krank war. Am Tage 
der Rückkehr wurde das Thier wegen Magerkeit und schlechtem 
Allgemeinzustand in den Krankenstall aufgenommen. 

Nach 10 Tagen tritt Appetitlosigkeit und eine Steigerung 
der Temperatur (38,5), nebst starkem Hinken an einem Hinter¬ 
bein ein. Das Pferd wird daraufhin isolirt; die Temperatur 
steigt auf 39,2. Wegen des letzten Umstandes muss die 
Malleinisirung unterbleiben. 


Am nächstfolgenden Tage verschlimmert sich das Allgemein¬ 
befinden; das Thier ist niedergeschlagen, am Brustbeine, am 
Bauche und an den Gliedmassen traten ödematöse Anschwellungen 
auf, die Conjunctiva ist cyanotisch, der Puls schwach, die Herz- 
contractionen stark gemehrt und pochend; alle Erscheinungen 
lassen auf ein organisches Herzleiden schliessen. 

Nach Verlauf von 4 Tagen gesellt siGh zu obigem Krankheits¬ 
bilde ein rechtsseitiger, mit Blut durchstreifter Nasenausfluss 
und eine leichte Anschwellung des Kehlganges. 

Nach 24 Stunden wird der Nasenausfluss doppelseitig, 
beide Kehlgangsdrüsen sind angeschwollen und schmerzhaft, 
die Nasenschleimhaut ist entzündet und stark injicirt; die Tem¬ 
peratur steht auf 40°. 

Am folgenden Tage erscheinen auf der Nasenschleimhaut 
specifische Knötchen und Erosionen, welche endlich eine be¬ 
stimmte Diagnose feststellen Hessen; das Pferd wird ab¬ 
geschlachtet. 

Bei der Obduction finden sich die Schleimhäute der Nasen-, 
der Sinus- und der Rachenhöhlen mit zahlreichen Rotzgeschwüren 
bedeckt. Die Schleimhaut der Luftröhre und die Lungen sind 
vollständig gesund. 

Das Herz ist um ein Drittel über sein normales Volumen 
vergrössert. Diese Hypertrophie betrifft sowohl die rechte als 
die linke Kammerwand. Auf dem Durchschnitt ist der Herz¬ 
muskel wie infiltrirt, seine Fasern, mehr als gewöhnlich sicht¬ 
bar, scheinen im Begriffe, sich von einander zu trennen. 

Mittelst des Mikroskops ist festzustellen, dass die Muskel¬ 
fasern durch hämorrhagische Exsudate von einander getrennt 
sind; in den massenhaft vorhandenen, grün gefärbten Blut¬ 
körperchen sind junge Zellen gelagert, welche den Farbstoff 
mit Leichtigkeit aufnehmen. 

Diese myocarditischen Erscheinungen treten besonders an 
beiden Kammerwandungen stark hervor. Haas. 


Enteritis crouposa beim Hunde. 

Von Bosso. 

(Giom. della R. Soc. et Accad. Vet. Ital., 1898, S. »7.) 

Ein Hund, der niemals krank gewesen, zeigte plötzlich 
Appetitlosigkeit. Er erhielt Ol. Ricini und starb kurze Zeit 
darauf. Bei der Obduction ergaben sich folgende Verände¬ 
rungen: Vom Zwölffingerdarm bis in den Mastdarm fand sich 
eine ca. 2 mm dicke Pseudomembran von grauer Farbe. Der 
Darm war sehr stark hyperämisch und sonst ohne Abweichungen, 
jedoch ebenso wie der Magen total leer. Ueber die Ursache 
dieser Veränderungen war nichts zu ermitteln. Frick. 


Beitrag zur Kenntniss der Kälberruhr. 

Von Bosso. 

(Giornale della Reale Soc. ed Accad. Veterinaria Italiana. 1898, S. 482.} 

Ein an Kälberruhr eingegangenes Kalb zeigte bei der Ob¬ 
duction nichts weiter als eine intensive Röthung der Darm¬ 
schleimhaut vom Duodenum bis zum Rectum. An letzterem 
war sie am stärksten. Im Darme selbst war ein gelblich- 
weisser Inhalt, der sich mikroskopisch aus Fettkügelchen, ab- 
gestossenen Epithelien und unzähligen Bakterien der verschieden¬ 
sten Art bestehend erwies. Bei der mikroskopischen Unter¬ 
suchung des Herzblutes Hessen sich in diesem einzelne ovoide 
Bakterien nachweisen. Ein 1 l i ccm dieses Blutes wurde einem 
Meerschweinchen subcutan injicirt, dasselbe starb nach 2 5 Stunden. 
Es zeigten sich bei der Obduction dieses Meerschweinchens 
starker Blutreichthum der Pleura, des visceralen Blattes vom 
Peritoneum und der Nieren. Die Schleimhaut des Dünndarmes 
war leicht hyperämisch und der Darminhalt flüssig, diarrhoisch. 
Im Blute wurden die beim Kalbe gefundenen ovoiden Bakterien 
in Reincultur gefunden. Culturen davon zeigten sehr lebhaftes 
Wachsthum, Gasentwicklung und eigenartigen Geruch, d. h. 
alle jene Eigenschaften, die Jensen von dem Bakterium der 
Kälberruhr angegeben. Abweichend von den Angaben Jensen’s 


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No. 29. 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


257 


und Anderer hat B. gefunden, dass Meerschweinchen nicht 
refractär gegen subcutane Injection des genannten Bakteriums 
sind. Fr ick. 


Darmperfor&tion bei einem kolikkranken Pferde durch 
Spulwürmer-Peritonitls. 

Von Docent Konhäuser in Wien. 

(Thierärztiiches Centralblatt, 1898, No. ta.) 

Ein Pferd war an Kolik erkrankt und andern Tages ver¬ 
endet. Die zur Feststellung der Todesursache vorgenommene 
Obduction constatirte eine Peritonitis, welche ihrerseits ihren 
Ausgang nahm von einer ca. zweimannskopfgrossen blasen¬ 
artigen Geschwulst, deren Sitz zwischen den Gekrösblättern 
im Bereich des Uebergangs des Zwölffingerdarmes in den Leer¬ 
darm war. In der Umgebung dieser Geschwulst sind die Ge- 
fässe stark gefüllt, unter der Scrosa Blutungen. In den breiigen 
Inhaltsmassen des Dünndarmes fanden sich reichlich Spulwürmer, 
welche sich in der Nähe der Geschwulst zu einem faustgrossen 
Knäuel zusammengeballt hatten. In der Mitte der Geschwulst 
hatte der Darm eine erbsengrosse Oeflfnung, in welcher ein 
Spulwurmexemplar steckte. Der Inhalt der Geschwulst selbst 
bestand aus flüssigen und dünnbreiigen Ingestis, vermischt mit 
mehreren Spulwürmern. 

Es ist einleuchtend, dass die Spulwürmer an der Ansatz¬ 
stelle des Gekröses an den Darm diesen durchbohrten und sich 
zwischen die Gekrösblätter einnisteten; durch den nachdringen¬ 
den Darminhalt sackten sich die abgehobenen Gekrösblätter 
aus und bildeten so die Geschwulst, an welche sich secundär 
die Peritonitis anschloss. Görig. 

Ueber Arsenikbehandlung: bei Otitis externa der Hunde 
und sog:. Ausbrennen des Gehörganges. 

Von Prof. L. Hoffmann in Stuttgart. 

(Oesterreich. Monatsschrift für Thierheilkunde, 1898, No. 5 ) 

Eine derjenigen Krankheiten, deren Behandlung trotz An¬ 
wendung der verschiedenartigsten Medikamente sehr oft resultat¬ 
los bleibt, bildet die chronische Entzündung des äusseren Ge¬ 
hörganges der Hunde. Es ist dies jene Krankheit, deren 
Hauptsymptom in der Gegenwart eines sehr reichlichen, braunen 
oder grauen, dünn- oder dickflüssigen, höchst übelriechenden 
Ohrenflusses besteht. Auf Druck entstehen die ominösen 
schnalzenden und quatschenden Geräusche aus der Tiefe des 
Ohres. Die damit behafteten Hunde schlagen oft stundenlang 
die Ohrlappen um den Kopf und verursachen dadurch die be¬ 
kannten klatschenden Töne. 

Seitens des Verf.’s wurden schon die verschiedenartigsten 
Methoden gegen dieses Leiden eingeleitet, ohne jedoch immer 
den gewünschten Heilerfolg zu erzielen. Auch das in Bulgarien 
übliche sog. Ausbrennen, das der Autor durch einen bulgarischen 
Studirenden zu sehen bekam, Hess im Stich, bis eine medika¬ 
mentöse Behandlung mit Arseniklösung günstigen Ausgang 
zeitigte. Mehrere Fälle schon wurden seitens des Vert. auf 
diese Weise geheilt, einen sehr eklatanten dieser Art theilt er 
des Näheren mit. 

Ein werthvoller deutscher Hühnerhund, der schon */* Jahr 
tierärztlich behandelt worden war, wird mit den bekannten 
Symptomen dem Verf. vorgeführt. Nach wochenlanger vergeb¬ 
licher chirurgischer Behandlung wird zur Arsenikcur geschritten 
und erhält Patient die Fowler’sche Lösung in Dosen von 
3 Tropfen, täglich um einen Tropfen steigend bis 20 und dann 
wieder abwärts auf die ursprüngliche Quantität, um wieder von 
Neuem zu steigen. Daneben bekommt der Hund täglich nur 
I Liter verdünnte Milch und wöchentlich 1—2 Mal Weissbrot. 
Der Erfolg war überraschend, indem der Hund vollständig geheilt 
wurde und als Gebrauchshund wieder gut verwandt werden konnte. 
Verf. erwähnt ausdrücklich, dass man die vorgeschriebene Me¬ 
thode strikte durchführen muss und vor frühestens 6 Wochen 
kein sichtbarer Erfolg zu erwarten ist. Zur jedesmaligen rich¬ 


tigen Dosirung der Arseniklösung empfiehlt sich das Anlegen 
einer Tabelle. 

Das oben erwähnte Ausbrennen geschieht folgendermassen: 
Ein ca. 90 qcm grosses feines Leinwandtuch wird in geschmolzenes 
Wachs getaucht und vor Erkalten zu einem Trichter aufgerollt. 
Nach dem Erkalten wird dieser Trichter mit seiner Spitze tief 
in das betreffende Ohr eingeführt und am oberen freien Rande 
angezündet. Sobald der Trichter bis nahe an den Kopf herunter 
gebrannt ist, wird ausgelöscht und der Stumpf herausgezogen, 
wobei sich zeigt, dass das untere Ende des Trichters angefüllt 
ist mit einem weisslichen, mehr oder weniger trockenen Pulver, 
dies sind die in dem Ohre enthalten gewesenen Secretmassen. 
In Folge der saugenden Wirkung der herunter brennenden 
Flammen werden die Secretmassen in den Trichter eingesogen 
und durch die austrocknende Wirkung des Feuers zu einem 
Pulver verwandelt. Görig. 


Darmsteine beim Maulthier. 

Von Lauri. 

(II moderno zooiatro, 1898, S. 1S5.) 

Bei der Untersuchung einer kolikkranken Maulthierstute 
konnte L. per anum nichts Besonderes feststellen, dagegen 
fühlte er von aussen in der rechten Unterrippengegend nach 
der Wirbelsäule zu einen harten Gegenstand. Ausser den ge¬ 
wöhnlichen Symptomen zeigte die Stute eine starke Streckung 
der Hinterbeine nach hinten, sodass der Leib aufgezogen war. 
Mit den Vorderbeinen scharrte sie und hob bald das eine, 
bald das andere Bein auf. Da alle Heilversuche vergebens 
waren, schlug L. die Operation vor, in die aber der Besitzer 
nicht einwilligte, so dass die Stute nach 4 Tagen starb. Bei 
der Obduction fanden sich im Grimmdarm 5 Steine, die je 
20 — 25 cm von einander entfernt lagen und zusammen 5700 g 
wogen. Die Steine waren dreieckig prismatisch und besassen 
leicht gekrümmte Flächen, sowie mehr oder weniger scharfe 
Kanten. Als Futter hatte die Stute Kleie, Reisspelzen und 
Reismehl erhalten. Frick. 


Oeffentliches Veterinärwesen. 

Hundswuth oomplicirt mit Anwesenheit von Eustrongylns 
gigas in der Bauchhöhle. 

Von Rondelli. 

1 (Giornale della Reale Societa ed Accad. Veterinaria Italiana. 1898, S. 46a.) 

Obiger Fall ist insofern ausserordentlich wichtig, als er 
zeigt, dass die Diagnose Wuth oft erst durch den Impf¬ 
versuch entschieden werden kann und dass sowohl die Er¬ 
scheinungen während des Lebens als auch der Obductions- 
befund im Stiche lassen. 

Eine Jagdhündin zeigte seit einigen Tagen Unruhe, Auf¬ 
regung und Störungen in der Futteraufnahme. Auch hatte sie 
Hunde, die ihr zur Begattung beigegeben waren, abgebissen. 
Sie war etwas aufgeregt, heulte fortwährend und lief sehr un¬ 
ruhig umher. Trotzdem war sie beim Streicheln zuthunlich, 
wedelte mit dem Schwänze und rieb sich sogar an den Beinen 
von Personen. Sie speichelte nicht, hatte klaren Blick, nicht er¬ 
weiterte Pupillen und normalen Puls. Zwei durch die läufige Hündin 
angelockte Hunde jagten sich mit ihr herum und beschnupperten 
sic. Sie Hess sich Anfangs dies gefallen, zeigte aber- plötzlich 
dem einen Hunde die Zähne, versuchte sogar, ihn zu beissen, 
während sie sich gegen den andern zutraulich erwies. Es 
wurde die Hündin als wuthverdächtig unter Beobachtung ge¬ 
stellt und abgesperrt. Noch an demselben Tage zeigte die 
Hündin Beisswuth und biss auch wirklich einen Hund und einen 
Menschen, der die Umzäunung ausbesserte, weil die Hündin 
diese zernagte. 

Bei der nächsten Besichtigung lag die Hündin im Grase 
wie schlafend, erhebt sich aber sofort beim Zuruf und verschlingt 
zwei ihr zugeworfene Stücke rohen Fleisches in normaler Weise. 


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2 5 8 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


16. Juli. 


Darauf springt sie auf die Eingangsthür zu und beisst in diese 
hinein. Der Gang war etwas schwankend, jedoch nicht auf¬ 
fällig, sie heulte von Zeit zu Zeit, hatte ein schlechtes Aus¬ 
sehen und unbefriedigendes Allgemeinbefinden. Schlucken von 
Milch und Wasser geschah ohne Beschwerden. Der Zustand 
verschlechterte sich immer mehr und nach zwei Tagen trat der 
Tod ein. Charakteristische Wuthsymptome waren nicht auf¬ 
getreten, trotzdem wurde der Tollwuthverdacht aufrecht erhalten. 

Die Obduction lieferte folgenden Befund: In der Bauch¬ 
höhle liegt eine diffuse Peritonitis mit Bildung zahlreicher Zotten 
vor, hauptsächlich im Bereich von Mesenterium, Milz und Leber 
Letztere war wie umwickelt von einem langen Wurm, einem 
Eustrongylus gigas, der 60 cm lang und i cm breit war. Der 
Magen enthält Flüssigkeit, aber keine Fremdkörper (Gras, Steine, 
Stroh u s. w.) Der Darm ist leer und zeigt namentlich in 
seinen hinteren Partien eine heftige hämorrhagische Entzündung. 
Am Peritoneum gelang es nicht, die Eintrittsstelle des Parasiten 
ausfindig zu machen. Trotz des Parasitenfundes blieb der 
Thierarzt bei seinem Tollwuthverdacht und veranlasste zunächst, 
dass der Gebissene sich einer Behandlung im Instituto anti- 
rabbico dell’ Ufficio Municipale d’Igiene di Torino unterzog. 


Mit dem Gehirn der Hündin wurden zwei Kaninchen ge¬ 
impft, die beide am 16. Tage unter den Erscheinungen der 
paralytischen Wuth starben. Von einem derselben wurde Ge¬ 
hirn entnommen und damit zwei andere Kaninchen geimpft; 
von diesen starb das eine am 14., das andere am 18. Tage 
nach der Impfung an Wuth. Mit dem Gehirn eines derselben 
wurden nochmals zwei Kaninchen geimpft, die ebenfalls am 
II. bezw. 12. Tage an Wuth starben. 

Es konnte demnach kein Zweifel bestehen, dass die Hündin 
an der Wuth gefallen war und dass die Anwesenheit von Eu¬ 
strongylus gigas nur einen Gelegenheitsbefund darstellte. R. 
glaubt fernerhin annchmen zu müssen, dass die vielfach ge¬ 
machte Angabe, Eustrongylus gigas sei im Stande, Wuth- 
erscheinungen hervorzurufen, auf einem diagnostischen Irrthum 
beruhe. Derselbe würde vielleicht nicht Vorkommen, wenn die 
einschlägigen Fälle stets durch die Impfung von Kaninchen 
genau untersucht würden. Letzteres sei um so nöthiger, wenn 
Hunde, bei denen derartige Parasiten nach dem Tode gefunden 
werden, Menschen gebissen haben. Fr ick. 


Stand der Maul- und Klauenseuche im Deutschen Reiche Ende Juni 1898. 

(Nach den im Kaiserlichen Gesumlheitsamtc zusammengcstellten Berichten der beamteten Thierarzte. — Veröffentlicht im Reichs-Anzeiger vom 5 Juli 1898.) 



«PP 


... v 




Mecklenburg- <c/ c l 
Schwerin V 


Lüneburg 


■ankfurt 


V-^Merseburg 


Arnsberg 


Von je 100 
Gemeinden 
blieben am 
Schluß des Monats 
verseucht 


Breshm^^j. 


Abkürzungen: 

W. I Ktckarkrti* W. 2 Schwarzwaldkrei 1 

W- 3 Jagstkreis W. 4 Itoncmkreis 

B. I LandeskomnUtsarial Mannheim 

B. 2 „ „ Karlsruhe 

B. 3 „ „ Frtiburg 

B. 4 „ „ Konstanz 

H. I Provinz Stnrkenburg 

H. 2 „ Ober Hessen 

H. 3 „ Rheinhessen 

Sch. Land wehr kompagni eben. Schönberg 

0. I Oldenburg: Fürstenth. Lübeck 

0-2 „ „ Rirkenfeld 

Br. I Kreise Braunschweig, WolfenbiUul, Helmstedt 

Br. 2 Kreise Hotminden, Gandersheim 

Br* 3 Kreis Blankenburg 

S. Schaumburg-Lippe 

H. Hamburg L Lübeck Br. Bremen 


Massstab I:0COOOOO, 



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No. 29. 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


259 


Nahrungsmittelkunde. 

Das Fleisch bei acutem Aufblähen der Wiederkäuer. 

Von M. Villa in, Chef der Fleischbeschau in Paris. 

(Revue de thlrapeulique med -chir. Annales de med. v<t., 4., 1898.) 

Der Umstand, dass in den grossen Fleischhallen von Paris 
grosse Massen von Fleisch abgeliefert werden, welche von 
Rindern (besonders Kühen) stammen, die hauptsächlich auf den 
Weiden von acutem Aufblähen überrascht wurden und daran 
starben oder kurz vorher getödtet wurden, hat den Verf. ver¬ 
anlasst, sich darüber zu äussern. 

Besonders stark treten die Läsionen dabei in der Muscu- 
latur der Hinterschenkel, sowie unter den Schultern auf und 
findet man hier meist auffallende Entfärbung mit Infiltration. 
Beim Einschneiden ergiesst sich eine blutigseröse Flüssigkeit 
von eigenthümlichem Geruch, der bei Infiltrationen in der Nähe 
des Bauchfells an den Geruch der Excremente erinnert und 
sind immer auch die nächsten Lymphdrüsen, sowie das betr. 
Fett alterirt, alle diese Erscheinungen fehlen indess, wenn die 
Thiere schon bei Beginn der ersten Zufälle zur Schlachtung 
kommen. Endet der Meteorismus bei ganz gesunden Thieren 
sehr rasch mit Tod oder wird noch rechtzeitig geschlachtet, 
fand Villain die Fäulnisserreger nur auf der Oberfläche der 
Haut oder in den Anfängen der nach aussen mündenden 
Schleimhautcanäle, besonders im Darmende. Hauptsächlich 
vom Darm aus gelangen die Mikroben in die Säftemasse und 
geht dies bei krepirten Thieren sehr rasch vor sich. Kurze 
Zeit nach dem Tode treten dann mikrobische Gifte auf und 
diese sind es insbesondere, welche das Fleisch für den Menschen 
in gewissen Fällen so gefährlich machen. Dies ist auch der 
Grund, warum das Fleisch auch bei rasch eingetretenem natür¬ 
lichen Tode zu inhibiren ist und begreift Villain nicht, dass 
die MinisterialVerordnung vom 25. Juli 1894 gestattet, auch 
bei krepirten schlachtbaren Thieren unter Umständen das Fleisch 
zum Verkaufe frei zu geben, so beim Verenden durch innere 
Verblutung, Asphyxie, bei Tod durch Lungen-, Gehirn- oder 
Rückenmarkscongestion. Er will zwar grundsätzlich keine Kritik 
an gesetzlichen Vorschriften üben, hätte es aber, da die erwähnte 
Toleranz nothwendig zu Missbräuchen führen muss, sehr ge¬ 
wünscht, dass die genannte Verordnung unterblieben wäre. 

Vogel. 


Abnorme Färbung: des Skeletts bei einem Rinde. 

Von Prof. Mosselmann und Assistent H^brant in Brüssel. 

(Annales de M^decine veterinaire. Avril 189S.) 

Unter den in den Schlachthäusern anzutreffenden Anomalien 
gehören die Knochen zu den seltenen, noch seltener sind 
aber Farbenveränderungen derselben. Thierarzt Wage man 
in Tirlemont hat nun kürzlich einige Knochen eines jungen 
Rindes, welche wie das ganze Skelett eine Chokoiadefarbe 
zeigten, zu näherer Untersuchung an die Brüsseler Thierarznei¬ 
schule gesendet und veröffentlichen nun Obige das Ergebniss 
ihrer Forschungen. Das Thier stammte aus einer bäuerlichen 
Wirthschaft und wurde in derselben Weise gefüttert und ge¬ 
halten, wie die übrigen Stallinsassen, frass aber wenig und 
wurde aus diesem Grunde der Schlachtbank überliefert. Man 
fand Anämie in leichterem Grade, sonst nichts Krankhaftes, 
ausgenommen rothbraune Färbung sämmtlicher 
Knochen, welche namentlich beim Zerlegen stark hervortrat. 
Das Fleich hatte ein gutes Ansehen. 

Das Raspeln der Knochen ergab ein Pulver, welches wie 
das einer geriebenen Muskatnuss aussah, das Mark dm: Meta- 
carpusknochen erschien cltfonengelb. Da die chemische* Unter¬ 
suchung eine normale Analyse der Bestandtheile aufwies, musste 
das Hauptgewicht auf die Extraction des Farbstoffes gelegt 
werden, Wasser, Alkohol, Aether, Chloroform ergaben jedoch 
ein negatives Resultat. Erst durch Aetzalkalien erhielt man 
eine braune, ins Violette stechende Flüssigkeit, welche im 
Spektroskop drei Absorptionsstreifen zeigte, einen gelben 


zwischen 85 und 90, einen blauen nach 100 und einen vio¬ 
letten zwischen 115 und 120, der gelbe Streifen war der 
schwächere. Auf Lösung des Pulvers in verdünnter Salpeter¬ 
säure trat Rosafärbung auf, die übrigen chemischen Mittel 
(Chlor, Säuren u. dergl.) ergaben nichts Bestimmtes. Beim 
Abdampfen der alkalischen Solution, Entfernen des Alkalis und 
Behandlung des Rückstandes mit erwärmtem Alkohol präcipi- 
tirte der Farbstoff ungelöst, entwickelte in der Wärme Am¬ 
moniak und ergab beim Calciniren den gewöhnlichen Gehalt 
der Pigmente an Eisen; man hatte es somit mit einem organi¬ 
schen, eisenhaltigen Stickstoffkörper zu thun, der wohl aus 
dem Hämoglobin des Blutes stammt und nach Analogie 
anderer ähnlicher Substanzen zu den Melaninen gezählt werden 
muss. Auch diese sind unlöslich in Wasser und Alkohol, un¬ 
veränderlich in der Hitze, löslich dagegen in Alkalien' und von 
gleichem Eisengehalt (0,254 °/ 0 Borow). Durch Schwefel¬ 
oder Salpetersäure gehen sie sämmtlich mit rother Farbe in 
Lösung. 

Behufs der histologischen Untersuchung wurde ein 
Knochenquerschnitt mit stark verdünnter Salzsäure entkalkt, 
wobei indess nur wenig Farbstoff frei wurde. Unter dem Mikro¬ 
skop zeigten feine Schnitte merkwürdigerweise keine gleich- 
mässige Vertheilung der Farbe; in der Grundsubstanz fehlte 
sie, man fand sie nur in den Knochenzellen und zwar bei den 
in Säure entkalkten Knochen nicht krystallinisch, sondern unter 
der- Form von (in dem Protoplasma der Osteoplasten ent¬ 
haltenen) Pigmentgranulationen. Ausserdem wurde da und dort 
bemerkt, dass einzelne Havers’sche Canälchen erweitert waren 
und vielkernige Plättchen einschlossen, sowie dass die um die 
Ersteren gelegenen Lamellenhaufen eine innere, etwas hellere 
Zone zeigten, in der die Knochenzellen leicht vergrössert er¬ 
schienen, es hatte daher an einzelnen Knochenstellen bereits 
ein Degenerationsprocess angesetzt. Aus dem Ganzen glauben 
die beiden Forscher entnehmen zu können, dass man es bei 
der abnormen Färbung des ganzen Skelettes mit einer färben¬ 
den Substanz zu thun habe, welche als Product der regressiven 
Umwandlung des Hämoglobins eines physiologisch veränderten 
Blutes anzusehen ist und dass Letzteres es auch war, welches 
das' Gedeihen des Thieres beeinträchtigte, im Uebrigen aber 
keine Veranlassung abgeben konnte, das Fleisch vom Genüsse 
des Menschen auszuschliessen, was auch von Wage man 
nicht geschehen war. Vogel. 


Verwaltungsberieht der Direction des Sehlacht- und 
Viehhofes zu Köln a./Rhein für das Jahr 1896/97. 

/ I. Viehhof-Auftrieb: 52 816Rinder, 134 751 Schweine, 
53 134 Kälber, 23637 Schafe. 

Ausfuhr: 26248 Rinder, 34418 Schweine, 7948 Kälber 
und Schafe. 

V II. Schlachtungen: 26370 Rinder, 105 193 Schweine, 
49857 Kälber, 25 200 Schafe, 146 Ziegen, ij59 Pferde. Von 
diesen wurden beanstandet: 2764% Rinder (10,52%), 
828 Schweine (0,5%), 130% Kälber (0,28%), 444 Schafe 
(1,76%). Davon vernichtet: 31 % Rinder (0,11%), 16% 
Schweine (0,01%), 8% Kälber (0,01%). Der Freibank über¬ 
wiesen: 232 % Rinder (0,9%), 164 Schweine (0,1%), 95 Kälber 
(0,2%), 28 Schafe (0,11%). An einzelnen Organen wurden 
vernichtet im Ganzen 4378 % Stück, ausserdem 487,5 kg Fleisch. 

Wegen Lungenseuche erfolgte die Beanstandung in 
15 Fällen, wegen Tuberculose in 1887 = 0,97% der 
Gesammtzahl der Schlachtungen. Trichinen wurden nicht 
festgestellt, dagegen Finnen bei 68 Schweinen (0,06°/o). 

In den ländlichen Vororten wurden bei Haus¬ 
schlachtungen untersucht: 419 Schweine, 16 Ziegen, 1 Schaf; 
davon wurden bei 71 Schweinen (16,94 °/o) Finnen festgestellt. 

Das von auswärts eingeführte und auf den Schau¬ 
ämtern untersuchte frische Fleisch belief sich, auf: 2088 
Rinderviertel, 990 halbe Schweine, 137 Kälber, 617 Lämmer 
bezw. Spanferkel, 2989 Schweine-, Kalbs- und Hammelrücken, 


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2ÖO 


DEUTSCHE THIERiERZTUCHE WOCHENSCHRIFT. 


Schweinerippenstücke, Kalbs- und Hammelkeulen, 1404 Würste, 
1 Stück Eingeweide, 2 Schweinelebern. 

Von den Fleischbeschauem wurde in Beschlag genommen 
und vernichtet: 58 Rinderviertel, 2 halbe Schweine, 10 Kälber, 
4 Roastbeefs, 10 Schweinerücken oder Rippenstücke 3 Kalbs- 
bezw. Hammelrücken, 14 Würste und 170 kg Fleisch. 

Zur mikroskopischen Untersuchung kamen 134 
Schinken (22 serbische und 112 amerikanische) und 80 Speck¬ 
seiten (10 serbische und 70 amerikanische). Eine Speckseite 
amerikanischen Ursprungs erwies sich als trichinös. 

Edelmann. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Amerikanischer Attachö zur Controle der deutschen 
Fleischbeschau. 

Der Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika zu 
Berlin ist ein besonderer wissenschaftlicher Attache zugetheilt 
worden, der, wie die »Allgemeine Fleischer-Zeitung« meldet, 
von seiner Regierung direkt zu dem Zwecke nach Deutschland 
entsandt worden ist, um über die in Fleischwaaren amerika¬ 
nischen Ursprungs gemachten Trichinenfunde an Ort und Stelle 
Erhebungen anzustellen. Bis ist dies der dem amerikanischen 
Ackerbau-Ministerium angehörige Zoologe Dr. Ch. War de 11 
Stiles. 

Vermuthlich wird sich der Herr Attache in vorkommenden 
Fällen mit den betr. Sanitätsthierärzten in Verbindung setzen 
und durch eigene Untersuchungen das Interesse seiner Regierung, 
welches mit dem deutschen Interesse nicht immer übereinstimmt, 
nach Möglichkeit zu fördern suchen. 

«=== ! 

Vereinsnachrichten. 

"Einladung zur 52. ordentlichen Plenar-Versammlung des 
Thierärztlichen Vereins für Württemberg. 

Die 52. ordentliche Plenar-Versammlung findet am Sams¬ 
tag, den 23. Juli, Vormittags 10 Uhr im »Hotel Silber«, 
Charlottenplatz, in Stuttgart statt. 

T a ge s-Or d n u n g : 

t. Wissenschaftliche Vorträge: 

a. Die Bestrebungen des Württcmbergischen Pferdezuchtvereins, ins¬ 
besondere die Förderang desselben durch Unterstützung seitens 
der Thierärzte, Referent: Se. Erlaucht Otto Graf von 
Rechberg and Rothenlöwen, Präsident des Württem- 
bergischen Pferdezuchtvereins; 

b. Die infectiöse Cerebrospinalerkrankung der Pferde (sog. Borna’sche 
Krankheit), Referent: Herr Professor Dr. Klett- Stuttgart; 
Carreferat hierüber unter besonderer Berücksichtigung der beob¬ 
achteten Krankheitserscheinungen and der Art des Auftretens: 
Herr Districtsthierarzt Sperling-Langenau. 

2. Rechenschaftsbericht des Vorstandes. 

3. Rechenschaftsbericht des Kassiers. 

4. Erneute Berathung der Statuten mit Rücksicht auf das Bürgerliche 

Gesetzbuch. 

Die verehrlichen Vereinsmitglieder werden zu recht zahl¬ 
reicher Betheiligung freundlichst eingeladen und ebenso 
dringend wie höflich ersucht, ihre Theilnahme bis zum 20. d. M. 
behufs Vorausbestellung der erforderlichen Gedecke für das 
gemeinschaftliche Mittagessen (ä 2,50 Mk. ohne Wein) bei dem 
Unterzeichneten anzumelden. Gäste sind herzlich willkommen. 

Stuttgart, den 8. Juli 1898. 

I. A. des Vereinsausschusses der derzeitige Vorstand: 

Sussdorf. 


16. Juli. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Das Haarkleid, die Farben und Abzeichen der Pferde. 

Von Prof. Dr. Zürn, Kgl. S. Hofrath. Verlag von 
M. Heinsius Nachfolger, Leipzig 1898. Preis 1 Mk. 20 Pfg. 

Thierärzte und Pferdezüehter müssen mit den üblichen Bezeichnungen 
der Haarfarbe und Abzeichen vertraut «ein, um bei Aufstellung von Befund¬ 
scheinen, Zuchtregistern, Stammbäumen und dergl. das Signalement oder 
Nationale der Thiere genau angeben zu können. Der Verf. giebt in der 
vorliegenden Broschüre Uber alle einschlägigen Punkte ausführliche und prä- 
cise Unterweisung, die vielen Interessenten angenehm sein wird und auch 
bestens empfohlen werden kann. Nachdem die verschiedenen Formen und 
Eigenschaften der Haare, auch ungewöhnliche Erscheinungen bezüglich der 
Behaarung, sowie der einzelnen Haare dargelegt sind, finden die Haarfarben 
und Abzeichen der Pferde eine eingehende Beschreibung. Das Vererben 
der Haarfarben und das künstliche Färben des Haarkleides finden in einem 
Anhang kurze Erledigung. Malkmus. 


Leisering’s Atlas der Anatomie des Pferdes und der 
übrigen Hausthiere. Unter Mitwirkung von Professor 
Dr. Baum in Dresden in erweiterter Form heraus¬ 
gegeben von Dr. W. Ellenberger, Kgl. Mcdicinal- 
rath und Professor an der thierärztlichen Hochschule 
in Dresden. 3. Aufl. Lief. 2: Tafel 7—12. 4. In 

Mappe 6 Mk. 

Die soeben erschienene 2. Lieferung enthält auf Tafd 7 — 12 die 
Muskeln des Pferdes mit Ausnahme des Kopfe«. Malkmus. 


Personal-Nachrichten. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Geheimrath Prof.Dr.Dieckerhoff 
ist von der Stelle des Departementsthierarztes bei der Regierung zu Potsdam., 
entbunden und Kreisthierarzt K1 e b b a in Halle zum Depaitementsthierarzt 
für den Reg.-Bez. Potsdam ernannt worden. Die Oberamtsthierarztsteile in 
Mergentheim wurde dem Thierarzt Popp, seither Assistent am pathologischen 
Institute der Stuttgarter Hochschule, übertragen (erstmals durch Königliche 
Verordnung). Dem Thierarzt Paul Hummel zu Znin ist die Kreisthierarzt¬ 
stelle für den Kreis Znin, dem Thierarzt Gustav D U w e 11 die commissarische 
Verwaltung der Kreisthierarztstelle für den Kreis Blumenthal und dem Thier¬ 
arzt Griesow in Naurabnrg die commissarische Verwaltung der Kreis¬ 
thierarztstelle für den Kreis Naumburg übertragen worden. Thierarzt Müller 
in Fürstenberg ist zum Assistenten an der Rothlauf-Impfanstalt der branden- 
burgischen Landwirthschaftskammer ernannt, Thierarzt R ö s s 1 e in Langen- 
burg zum Stadtthierarzt in Waiblingen gewählt worden. — Verzogen sind 
die Thierärzte Leb mann von Callies nach Barmstedt, Hansen von 
Steinbergkirche nach Schöllkrippe, Brinkmann von Würzburg nach Kis- 
singen, Gutfeld von Heidelberg nach Bruchsal. — Niedergelassen hat sich 
Thierarzt Rosenplenter in Adenstedt. 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutschen 
Heeres: Rossarzt Paul vom Feld-Art.-Regt. No. 35 unter Versetzung zum 
Drag.-Regt. No. 4 zum Oberrossarzt, Unterrossarzt Jarmatz vom Drag- 
Regt. No. 6 unter Versetzung zum Feld-Art.-Regt. No. 34 zum Rossarzt, 
Unterrossärzte der Reserve Assenraacher und Büttner zu Rossärzten 
des Beurlaubtenstandes befördert. — Oberrossarzt Füchsel vom Drag.- 
Regt. No. 4 zum Leib-Garde-Hus.-Regt., Rossarzt Schmidt vom Leib- 
Kür.-Regt. No. I zum 2. Garde-Feld-Art.-Regt., Oberrossarzt Dischereit 
auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt, Districtsthierarzt 
Sperling in Langenau, Unterrossarzt der Reserve vom Landwehrbezirk 
Ulm, ist zum Rossarzt befördert worden. 

Gestorben: Departementsthierarzt Pech in Trier, Kreisthierarzt 
Willutzki in Wehlau, Thierarzt Krosch in Erziehen, Thierarzt E. Beck¬ 
mann in Schledehausen, 


Verlag der Gesellschaft „Deutsch« TMerlrztiicbe Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der Macktef scheu Druckerei in Karlsruhe i. B. 


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Deutsche 

Thierärztliehe Wochenschrift 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regierungs- und Medicin&lr&th, 
Director der Thierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 


herausgegeben von 
Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregierangsrath 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Begiernngsrath and Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 

Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Louisenthal (Saar). 

redigirt von 

Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 

Die Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden Sämmtliche Zuschriften nnd redactionellen Anfragen 

Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 

abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in S6CIlSt6r Juhrgflilg. Correcturen und Anzeigen an die Expedition der 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit directer ° 0 Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 

portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784 a. in Karlsruhe (Badenb 



Die Conservirung von Fleisch mit Hülfe von 
Formaldehydgas (Formalingas). 

• Von Dr. A. StrÖSB in Hannover. 

(Schluss.) 

Wir haben erfahren, dass wir bisher einer Conservirungs- 
methode entbehrten, durch welche sich mit einem geringen 
Aufwande von Kosten und Mühe eine Erhaltung des Gebrauchs- 
werthes (Genuss- und Nahrungswerthes) des rohen Fleisches 
auf längere Zeit ermöglichen lässt. Ich glaube nun, durch die 
Anwendung des Principes der Aufbewahrung des frischen 
Fleisches in einem mit Formalin desinficirbaren und durch sterile 
Luft ventilirbaren Raume ein Verfahren aufgefunden zu haben, 
welches den bisher gebräuchlichen Conservirungsmethoden gegen¬ 
über erhebliche Vortheile bietet. Bevor ich auf meine nach 
dieser Richtung hin angestellten Versuche eingehe, werde ich 
den zur Conservirung des Fleisches dienenden Apparat J ) be¬ 
schreiben. 



Er besteht aus einem aus Holz angefertigten Schranke, 
in dessen Decke Haken zur Aufnahme des Fleisches einge¬ 
schraubt sind. Die beiden Seitenwände und die Thür sind mit 

') Derselbe ist zum Patente an gemeldet worden. 


Ventilationslöchern (a und f) versehen, welche mit einer dünnen 
Schicht von entfetteter Watte verschlossen und durch Schieber 
(c und g) abschliessbar sind. Eine zweite Oeffnung findet sich auf 
der Rückseite des Schrankes; dieselbe kann durch Herablassen 
des Schiebers d verschlossen werden und mündet in das Abzugs¬ 
rohr t ein. Letzteres besteht aus Weissblech und führt durch 
ein Loch in der Wand oder durch das Fenster in’s Freie. Der 
Schrank ist in einem sauberen, mässig kühlen, vor directen 
Sonnenstrahlen geschützten Raume aufzustellen. Die Grösse des 
Schrankes richtet sich danach, ob er zur Frischerhaltung 
grösserer oder geringerer Mengen von Fleisch dienen soll. 
Nicht zweckmässig ist es» die Schränke zu umfangreich zu 
bauen. Schlächter, Wildhändler u. s. w. stellen besser mehrere 
Schränke auf, um an Formalin zu sparen. Nur zum Trans¬ 
porte des Fleisches auf sehr weite Strecken, z. B. für die Ein¬ 
fuhr aus überseeischen Ländern, sollen grosse Dcsinfections- 
kammern Verwendung finden. Der Betrieb derselben ist dann 
sehr wohlfeil, wenn sie nicht häufig geöffnet werden. 

Am längsten hält sich solches Fleisch frisch, welches 
höchstens drei Tage alt ist, denn älteres Fleisch enthält auch 
unter der Oberfläche Bakterien, welche durch Formalin 
schwer oder überhaupt nicht zu vernichten sind. Am besten 
eignet sich für die Methode ferner das in Viertel zerlegte 
Fleisch, weil in diesem Falle die Oberfläche aus Knochen, 
Bindegewebe und Fett besteht, die unter dem Einflüsse des 
Gases ihre Farbe nicht verändern, während das Muskelgewebe 
durch Formaldehyd leicht verfärbt wird. Bei der Beschickung des 
Apparates ist selbstverständlich darauf zu achten, dass die ein¬ 
zelnen Fleischtheile frei hängen, so dass sie von allen Seiten von 
der Luft und dem Desinfectionsgase bestrichen werden. Endlich 
muss bemerkt werden, dass die Haken, mit denen das Fleisch auf¬ 
gehängt wird, durch Erhitzen in einer Bunsen- oder Spiritus¬ 
flamme keimfrei zu machen sind, wenn man eine Conservirung 
auf längere Zeit zu erzielen wünscht. Versäumt man diese 
Desinfection, so ist zu befürchten, dass nach Verlauf von einiger 
Zeit Fäulnissprocesse in der Gegend einsetzen, wo die Fleisch¬ 
haken das Fleisch berühren. 

Ist der Schrank mit Fleisch gefüllt, welches noch lebens¬ 
warm ist und eine feuchte Oberfläche besitzt, so muss zunächst 
für eine alsbaldige Trocknung gesorgt werden, indem man die 
sämmtlichen Ventilationslöcher, nötigenfalls sogar die Schrank¬ 
thür öffnet und auch in dem Raume, in dem der Apparat Auf¬ 
stellung gefunden hat, Zugluft erzeugt. Selbstverständlich kann 
die Auskühlung des Fleisches auch an einem anderen luftigen 
Orte geschehen, doch eignen sich hierfür Kühlhäuser und Eis¬ 
schränke nicht. Eine nachträgliche Conservirung des solchen 


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262 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


23. Juli. 


Räumen entnommenen Fleisches ist, wie ich durch diesbezüg¬ 
liche Versuche erfahren habe, also nicht angängig. 

Ist die Fleischoberfläche einigermassen trocken, dann 
schneidet man die Stücke gegebenen Falls noch so zurecht, 
dass sie möglichst glatte Oberflächen besitzen; die (ziemlich 
werthlosen) Bauchlappen z. B. schneide man glatt ab, weil die 
Formalindämpfe in Falten und Taschen schwer eindringen. 

Alsdann werden alle Schieber der Ventilation (c d g ) herab¬ 
gelassen, man stellt die mit 1 — 2 Pastillen (pro Cubikmeter 
Rauminhalt) beschickte brennende Desinfectionslampe derart in 
dem Schranke auf, dass sie sich möglichst nicht ganz nahe 
am Fleische befindet und schliesst die Schrankthür. Durch die 
Glasfenster (m) des Schrankes kann man nun die brennende 
Lampe und das Fleisch deutlich sehen. 

Nach Verlauf von 3 — 7 Stunden öffnet man die Schieber 
c, g und d. Die Dauer des luftdichten Verschlusses hat sich 
danach zu richten, ob man eine längere oder kürzere Frisch¬ 
erhaltung des Fleisches zu erzielen wünscht. Nachdem die 
Ventilation geöffnet ist, tritt die Luft durch die Wattefilter bei 
a und f in den bislang mit Formalin geschwängerten keimfreien 
Raum des Schrankes hinein und verlässt den letzteren durch 
das Abzugsrohr e , welches fortwährend eine saugende Wirkung 
auf die Luft des Schrankes ausübt und dadurch in diesem einen 
constanten Wechsel durch Watte filtrirter, also keimfreier Luft ver¬ 
anlasst. In Folge dieser Einrichtung des Schrankes wird nicht 
nur dem Stickigwerden des frischen Fleisches vorgebeugt und die 
Oberfläche desselben getrocknet, so dass sich die conservirte 
Waare auch dann noch lange frisch hält, wenn sie dem Schranke 
entnommen und in gewöhnlichen Vorrathsräumen untergebracht 
wird, sondern die Aufbewahrung des Fleisches in dem sterilen 
und dabei ventilirten Schranke bietet gegenüber der Unter¬ 
bringung in einem luftdicht geschlossenen, durch Formalin des- 
inficirten Raume auch den Vortheil, dass in ersterem die 
Schimmelpilzbildung') weit leichter und sicherer unterdrückt 
wird, als in letzterem, sowie dass die conservirende Wirkung 
des Formaldehydgases durch den constanten Luftwechsel nicht 
unbedeutend unterstützt wird, so dass geringere Mengen des 
Gases zur Frischerhaltung genügen, Quantitäten, welche eine 
nennenswerthe Veränderung des Muskelfarbstoffes und einen 
tiefgehenden Gerbungsprocess des Fleisches nicht herbeiführen. 

Man darf nun zu jeder beliebigen Zeit die Schrankthür 
öffnen und ganze Fleischstücke oder Theile solcher dem 
Schranke entnehmen, muss jedoch nach Eröffnung des Schrankes 
durch erneutes Inbetriebsetzen der Formalinlampe das Fleisch 
und die Luft wiederum desinficiren. Das braucht jedoch nicht 
alsbald nach der jedesmaligen Oeffnung der Thür zu geschehen, 
sondern wo der Schrank behufs Wechsels seines Inhaltes und 
Entnahme von Theilen des Fleisches tagsüber öfter geöffnet 
werden muss, genügt es, wenn man die Lampe einen Tag um 
den anderen oder an jedem dritten Tage in Gang bringt. Sehr 


*) Während Formaldehydgas ein starkes Bakteriengift ist. gedeihen die 
Hyphomyceten auf Nährlösungen bei einem Formaldehydgehalte, der jede 
Entwicklung von Bakterien unmöglich macht. 


wichtig ist es, dass das Rohr so eingerichtet wird, dass es 
unter allen Umständen gut »zieht«. 

Die Bedienung meines Conservirungsschrankes erfordert 
eine gewisse Uebung, die sich jedoch jeder Laie in kurzer 
Zeit aneignen kann. Man hat zu bedenken, dass unter dem 
Einflüsse übermässiger Mengen von Formalingas die Farbe der 
Musculatur und der Knochen leidet und das Gewebe gegerbt 
wird, dass aber auch andererseits zur wirksamen Desinfection 
mindestens eine Pastille pro Cubikmeter Rauminhalt vergast 
werden und das Formaldehyd mehrere Stunden ein wirken muss; 
zur Conservirung von Fleisch, dessen Oberfläche trocken und 
bereits mit Formalin behandelt worden ist, sind allerdings geringere 
Mengen von Gas erforderlich, weil solches Fleisch an sich schon 
einen ungünstigen Nährboden für die Bakterienvegetation ab- 
giebt. 

Die Frage: Wie lange lässt sich Fleisch in dem Formalin- 
Conservirungsschranke frisch halten? kann ich zur Zeit nicht 
vollständig beantworten, weil meine diesbezüglichen Versuche 
noch nicht abgeschlossen sind. Meine bisherigen Experimente 
lassen jedoch jetzt schon erkennen, dass man, selbst zur Sommers¬ 
zeit und unter ungünstigen Witterungsverhältnissen (feuchte und 
warme Luft, Gewitter), Fleisch (besonders ganze Viertel) un¬ 
schwer 4—6 Wochen lang derart conserviren kann, dass es 
sich in Bezug auf seinen Gebrauchswerth nicht verschlechtert 
und unter allen Umständen als Nahrungsmittel Verwendung 
finden darf. Diese Dauer der Conservirung genügt für die 
gewöhnlichen Bedürfnisse des Fleischers, Wildhändlers, Gast- 
wirthes und Consumenten zunächst vollkommen. Es muss 
jedoch angenommen werden, dass das Fleisch noch eine 
weit längere Zeit (mehrere Monate) hindurch frisch erhalten 
werden kann. Die Kosten der Conservirung sind dabei sehr 
gering (eine Formalinpastille kostet 3 Pfg.). 

Um einen Masstab für den Effect meiner Methode zu ge¬ 
winnen, habe ich die Versuche vielfach derart eingerichtet, 
dass ich gleichzeitig mit der Beschickung des Schrankes Control¬ 
fleisch im Zimmer aufhängte, welches von dem nämlichen 
Thiere stammte, wie das in dem Schranke auf bewahrte Fleisch; 
auch wurde darauf Rücksicht genommen, dass das Control¬ 
fleisch das gleiche Gewicht besass und von derselben Körper¬ 
gegend stammte, wie das Fleisch im Schranke. 

Auf Fäulniss und stinkende sauere Gährung wurde stets 
nach der Methode von W. Eber untersucht. Der Schrank, 
welchen ich zu den Conservirungsversuchen benutzte, war in 
einem nach Süden zu gelegenem kleinen Zimmer aufgestellt und 
hatte einen Inhalt von einem halben Cubikmeter. 

Es bedarf keiner weiteren Erklärung, dass sich meine Con- 
servirungsmethode in erster Linie für frisches Fleisch, Wild 
und Geflügel eignet; ich werde jedoch auch Versuche mit 
anderen Nahrungsmitteln, vor allen Dingen mit Eiern, Fischen, 
Würsten u. s. w. anstellen. 

Ich lasse zum Schlüsse einzelne der Protokolle, die ich 
über meine Conservirungsversuche mit Fleisch geführt habe, 
folgen, weil dieselben geeignet sind, über manche Einzelheiten 
genauere Auskunft zu geben. 


Versuch I. 


Inhalt 

des Schrankes. 


Temperatur 

'S « 






Datum. 

V 

a 

•g 

Höchste 

u sn 

JZ u> 

3 2 

5Ü 

u ■- 
3 *> 

(0 T3 

Baromet 

stand 

Wetter. 

Beschaffenheit des 

Controlfleisches. 

Beschaffenheit des 

conservirten Fleisches. 

Bemerkungen. 



Grad 

Grad 

Grad 

°/o 






Vorderviertel 
eines Mastkalbes. 

20. 5. 98. 

— 

— 

«9.5 

81,0 

75.« 

Schwül. 

— 

— 

Bei offener Ventilation 3 Pastillen 
vergast. 

Eine Stunde nach 
der Schlachtung 
in dem Schranke 
aufgehängt. 

21.5.98. 

13.0 

20,0 

18,5 

64,0 

75.2 

Halbheiter, 

schwül. 

Gut. 

Oberfläche etwas ge¬ 
blasst, gelblich verfärbt. 

Auf 6*/« Stunden 2 Pastillen bei ge¬ 
schlossener Ventilation vergast. Dar¬ 
auf Ventilationsklappen geöffnet. 

32. 5.98. 

«5.0 

19,0 

«9.5 

68,0 

74.9 

Heiter. 

Am Bauchlappen erheb¬ 
liche Fäulniss, geringe 
Oberflächenfäulniss des 
ganzen Viertels. 




Digitized by CjOOQie 



No. 30. 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


263 


Inhalt 

des Schrankes. 


Temperatur 

<U 

Jü 


Beschaffenheit des 

Controlfleisches. 

Beschaffenheit des 

cotiservirten Fleisches. 


Datum. 

.5 

V 

£ 

1 

( U » 

! jc to 

1 ^ s 

1 M ^ 

U u 

3 v 

V T3 

Ui 

Barome 

stanc 

Wetter. 

Bemerkungen. 


23- 5 98. 

( Irad 

16,0 

[ Grad 

«9.5 

Grad 

'8,5 

°lo 

61,0 

74,7 

1 —[ 

Heiter. 

Starke Oberflächenfäul- 

Oberfläche der Muscu- 

1 Pastille vergast bei vierstündigem 


24. 5. 98. 

15,0 

19,0 

'7,5 

65,0 

73.3 

Heiter. 

niss. Stellenweise 
Schimmelbildung. 

Stellenweise Tiefenfäul- 

latur graugelb, Wirbel 
dunkelgrau. Keine Fäul¬ 
niss. Fett und Binde¬ 
gewebe weiss. 

Verschluss. 


25- 5 98. 

13.0 

18,5 

'6,5 

68 0 

74,3 

Bedeckter 

niss. Farbe dunkler, 
unansehnlich. Schimmel¬ 
bildung zugenommen. 
Sehr unansehnlich. 

Wie am 23. Mai. Ge- 

Bauchlappen entfernt. 1 Pastille 


26. 5. 98. 

'3.5 

'6,5 

14,0 

55,o 

74,2 

Himmel. 

Trübe. 

Hochgradige Fäulniss, 
sehr übelriechend. Con- 
sistenz weich. 

Vernichtet. 

ringe Fäulniss in der 
Tasche, welche der 
Bauchlappen bildet. 

vergast bei Verschluss der Ven¬ 
tilation auf 4 Stunden. 


27. 5. 98. 

",5 

«4,5 

'3.5 

61,0 

74.' 

Trübe, windig. 

— 

Ohne Fäulniss, Ober- 

Das conservirte Fleisch ist dem 


28. 5. 98. 

10,0 ! 

17.0 

16,0 

57.0 

75,3' 

1 Halbheiter. 


fläche sonst wie am 
25. Mai. In der Tiefe 
ganz frisch. 

Desgl. 

Schranke entnommen und im Zimmer 
aufgehängt. 

Das Fleisch ist gekocht. Während 
des Kochens ist kein Geruch nach 
Formaldehyd wahrnehmbar. Das 
gekochte Fleisch von tadelloser Be¬ 
schaffenheit und gutem Geschmacke. 
Ist tlieilweise als Sülze, theilweise 
als Frikassee zubereitet genossen. 


Resultat: Bei einer Lufttemperatur zwischen 13 und 20°, einer Feuchtigkeit der Luft von 64,0—8i,o°/ 0 und einem Barometerstände von 
75,i"—75,2° ist bei frischem Kalbfleische (Vorderviertel) eine ra&ssige Oberflächenfäulniss am 3. Tage eingetreten. Schimmelbildung zeigte sich am 4. Tage, 
Tiefenfllulniss am 5. Tage. Das Wetter war während dieser 5 Tage theils schwül, theils halbheiter, theils heiter, die Lufttemperatur schwankte zwischen 
13 und 20°, die Feuchtigkeit der Luft zwischen 61 und 81 °l c der Barometerstand zwischen 75,2 und 73 , 3 °. 

Das mit Formaldehyd behandelte Fleisch erwies sich am 9. Tage als zum Genüsse geeignet, es hatte sich jedoch bei Verwendung von 5 Formalinpastillen 
während zweier aufeinander folgender Tage nicht unerheblich verfärbt. Wihrend der Zeit der Conservirung schwankte die Temperatur zwischen io 0 und 20°, 
die Feuchtigkeit der Luft zwischen 55 und 8i°' 0 und der Barometerstand zwischen 73,0® und 73,3®; das Wetter wechselte und war an zwei Tagen schwül. 

Bemerkung: Bei dem Conservirongsversuche ist der Fehler gemacht worden, dass eine zu bedeutende Menge von Formaldehyd entwickelt und 
der Bauchlappen nicht entfernt wurde. 


Versuch II. 




|| Temperatur 

•3 . 
£ 

1 !• 

4 > 



Beschaffenheit des 

| 7 - . - 

Inhalt 

II «-v 

V 

1 .. 


jj M 3 

v 'd 


Beschaffenheit des 


des Schrankes. 


So 

‘u 

■O 

l| z 

Höchst 

-c u 
33 

2g 

-e 

0 u 

1 3 « 
V T5 

Ü* 

I 2 

S " 
« 


Controlfleisches. 

conservirten Fleisches. 


Keule eines Mast- 

5.5-98. 

Grad 

Grad 

Grad 

'6,5 

1 °/o 

5*>° 

75-4 

Trübe. 

_ 


I 

2 Pastillen bei geschlossener Venti- 

kalbes. Circa drei 
Stunden nach der 
Schlachtung in 
den Schrank ge¬ 
bracht. 

6. 5. 98. 

'5.o 

19.0 

'8.0, 

1 

75.o 

74.5 

Landregen. 

Oberfläche trocken. 


lation vergast; nach Verlauf von fünf 
Stunden ist die Ventilation geöffnet. 

7.5.98. 

'5.0 

16,0 

*5,o j 

66,0 

|75.o 

Bis 6 Uhr 

In der Falte des Bauch- 

— 

— 

8. 5. 98 

11,0 

«5,0 

l 1 

*5.0 

64.0 

74,o 

Abends Regen. 
Halbheiter, 

lappens Fäulniss. 
Stellenweise Bildung von 




9- 5- 98. 

'3.5 

14.0 

14,0 

76,0 

75.' 

keine Nieder¬ 
schläge. 
Trübe, ab- 

Schimmelcolonien. 

Desgl. 

Etwas graugelbliche 

j Schrank auf ca. 5 Minuten ge- 


10. 5. 98. 

14,0 

15,0 

15.0 

57.o 

74.8 

wechselnd 

Niederschläge. 

Halbheiter, 

| Oberflächenfäulniss, 

Oberfläche, Bindegewebe 
und Fett weiss. 

! öffnet. 1 Pastille vergast, Schrank 
4 Stunden abgeschlossen. 


n. 5-98. 

'3,0 

'5.o 

14.0 

71,° 

73.4 

ziemlich be- 1 
wegte Luft, j 
Regnerisch, 

schmieriger Belag. 

Auf frischer Schnittfläche 




12. 5. 98. 

12,0 

'5.0 

13,0 

60,0 

73.6 

windig. 

Trübe, windig. 

keine Fäulniss. 

Auf allen Schnittflächen 

Wie am 9 Mai. Farbe 

1 Pastille bei geschlossener Venti- 


13.5.98. 

'3,0 

' 5 ,o 

15.0 

58,0 

74.3 

Halbheiter, 

Fäulniss, nur die Schnitt- 
flächen der Muse, gastro- 
cnemii zeigen keine 
Fäulniss. 

Desgl. 

der Schnittfläche frisch. 

lation (4 Stunden) vergast. 


14. 5- 98. 

'3.0 

15.5 

14,0 

55 ,o 

75.0 

windig. 

Halbheiter, 

Auf allen Schnittflächen 




15-5.98. 

14,0 

16.5 

16,0 

61,0 

75.2 

Wind. Abends 
Regen. 

Halbheiter, 

Fäulniss. Sehr übel-1 
riechend. Fleisch ver¬ 
nichtet. 




16. 5. 98. 

'5,o 

17,0 

16,0 

65,0 

75.3 

Abends Regen.' 
Trübe. 


Wie am 1 2. Mai. Auf den ' 

Gebraten und gekocht von tadel- 







1 


Schnittflächen v. frischer 
Farbe. Keine Fäulniss. | 

losem Aussehen und Geschmacke. 


Digitized by LjOOQie 













264 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


23. Juli. 


Resultat: Bei einer Lufttemperatur zwischen n° und 19 0 , einem Feuchtigkeitsgehalte der Luft von 51—76°/ 0 und einem Barometerstände 
von 74,0 bis 75,4° ist bei frischem Kalbfleische (Hinterviertel) Oberflächenfäulniss eingetreten am 6. Tage, Tiefenfäulniss am 8. Tage. Das Weiter war 
während dieser Zeit halbheiter, trübe oder regnerisch. 

Im Conservirungsschranke hielt sich das Fleisch 12 Tage frisch. Bei Vergasung von 2 Pastillen hatte die Musculatur eine graugelbliche Farbe 
angenommen, durch welche jedoch das Aussehen des Fleisches nicht wesentlich beeinträchtigt wurde. Diese Farbenveränderung wäre geringer gewesen, 
wenn das Fleisch vor der Einwirkung des Formaldehydgases besser getrocknet worden und anstatt zwei Pastillen am 5. Mai höchstens eine Pastille vergast 
worden wäre. 


Versuch III. 




Temperatur 

’S • 

iL 

0» 



Beschaffenheit des 








4> TJ 



Inhalt des Schrankes. 

Datum. 

to 

V 

Je 

U ¥» 

J= M 

3 2 

V fc- 

11 

Wetter. 

Controlfleisches. 

conservirten Fleisches. 

Bemerkungen. 



-0 

V 

Z 

SO 

X 

sä 

« "V 

fc, 

CS 

eo 







| Grad 

Grad 

1 Grad 

% 






Keulenstück von einem 

24. 5. 98. 

15.0 

« 9,0 

« 7.5 

65,0 

74,3 

Heiler. 

— 

— 

Bei auf 4 Stunden verschlösse- 

Bullen im Gewichte von 






ner Ventilation '/* Pastille ver- 

10 Pfd. Das Stück ent- 










gast. Darauf Ventila- 

hält keinen Knochen und 










tion geöffnet und Watte- 

sehr wenig Fett. — Das 










filter entfernt. 

betr. Thier ist geschlachtet 

25 - 5 - 98 . 

« 5,5 

18,0 

16,0 

68,0 

74.2 

Trübe. 

Farbe dunkelroth, Ober- 

Oberfläche heller als die 

1 Pastille während zweistündi- 

am 23. Mai Vorm., hat in 





fläche fast trocken. 

des Controlfleisches, je- 

gen Verschlusses desSchrankes 

der Schlachthalle gehangen 
bis zum 24. Mai, 7 Uhr 









doch etwas mehr grau. 

vergast. Schrank thür und 
Ventilation geöffnet. 

Vorm., im Zimmer von 

7 bis 9 Uhr. 9 Uhr 10 Min. 
ist es in dem Schranke 

26. 5. 98. 

« 3.5 

« 6,5 

14,0 

55 ,o 

74,2 

Trübe, j 

Oberflächenfäulniss. 
Leichter Schimmelbelag. 

Desgl. 

SchrankthürundVenti- 
lation geöffnet. 

aufgehängt worden. 

27.5.98. 

«'.5 

« 4,5 1 

« 3,5 

61,0 

74.9 

Trübe. 

Aussenfläche schwarz- 
roih. Schnittfläche frisch- 

Desgl. 

Desgl. 









roth. Tiefenfäulniss. 




28. 5. 98. |i 

«o .5 

14,0 

* 3.5 

64,0 j 

75,1 

Trübe. 

Sehr starke Fäulniss. 

Schwache Oberflächen- 

Desgl. 


und Tiefenfäulniss und 
Schimmelbildung. 

Resultat: Rindfleisch (reines Muskelfleisch aus der Mitte der Keule) zeigte am 4. Tage Oberflächen- und am 5. Tage Tiefenfäulniss. Tem¬ 
peratur: 11,5—19,0°, Feuchtigkeit der Luft: 55—68°/ 0 , Barometerstand: 74,2—74,9°. Wetter an drei Tagen trübe, an einem heiter. 

Rindfleisch, welches mit Formaldehydgas in einem geschlossenen Raume behandelt und darauf der freien Luft ausgesetzt 
wird, hält sich etwa noch einmal so lange, wie unter gewöhnlichen Verhältnissen aufbewahrtes Rindfleisch; schwache Oberflächenfäulniss und Schimmel¬ 
bildung war zu bemerken am 6. Tage. 


Versuch IV. 




T emperatur 

W • 

t— 

0> 




Inhalt 

des Schrankes. 

Datum. 

Niedrigste 

Höchste 

Ja M 
3 2 

" 2 

■5 u 
3 J{ 

v ’O 

U* 

Baromet 

stand 

Wetter. 

Beschaffenheit des 

conservirten Fleisches. 

Bemerkungen. 



Grad 

Grad 

Grad 

0/o 





12 Pfund Roast¬ 
beef, abstammend 
von einem am 

25- 5-98. 



16,0 

68,0 

74.3 

Bedeckter Himmel. 


Auf 5 Stunden ist der Schrank geschlossen. 
Während dieser Zeit ist eine Pastille vergast 
worden. Darauf ist die Ventilation geöffnet. 

24. Mai geschlach¬ 
teten Ochsen. Das 
Schlachtthicr hat 

26. 5. 98. 

«3,5 

«6,5 

«4,0 

55.o 

74.2 

Trübe. 


Schrankthür und Ventilation auf 4 Stunden ge¬ 
öffnet, I Pastille bei vierstünd. Verschlüsse der 
Ventilation vergast. Darauf Ventilation geöffnet. 

in der Schlacht- 

27. 5. 98. 

n.5 

«4,5 

»3.5 

61,0 

74.9 

Trübe. 


— 

halle gehangen. 

28. 5.98. 

10,0 

17,0 

16,0 

57,o 

75-3 

Halbheiter. 


— 


29. 5.98. 

10,0 

17,0 

10,0 

57.o 

75,4 

Heiter. 


— 


30. 5- 98. 

I 1,0 

«5.o 

11,0 

78,0 

74,4 

Regnerisch. 

Farbe ganz wenig verändert. 
An keiner Stelle Fäulniss. 

Die Hälfte abgeschnitten und 3 Tage später 
gebraten. Geschmack vorzüglich. */* Pastille 
vergast, während der Schrank auf 4 Stunden 
geschlossen ist. Dann Ventilation geöffnet. 


3«- 5- 98. 

12,0 

13.0 

8,0 

64,0 

74,3 

Trübe, Wind. 


— 


1.6.98. 

I 1,0 

«2.5 

«2.5 

65,0 

74,o 

Desgl. 


— 


2. 6. 98. 

12,0 

«3.0 

«3.0 

64,0 

74,8 

Halbheiter, Nachts 

12 '/j Uhr Gewitter. 

_ 

— 


3. 6. 98. 

«3.5 

«5.5 

«4.0 

73.o 

74,8 

Regen. 

Befund wie am 30. Mai. 
Knochen, Fett und Binde¬ 
gewebe ganz unverändert. 
Oberfläche der Musculatur 
leicht graugelb verfärbt. 

Geöffnet. 

Das Fleisch ist 4 Tage später in gebratenem 
Zustande verzehrt worden und hatte den Ge¬ 
schmack frischen Fleisches. 


Resultat: Rindfleisch (Roastbeef) erwies sich bei einer 10tägigen Aufbewahrung im Formalin-Schranke als tadellos; bei Vergasung von 
2 '/, Pastillen war eine ganz unerhebliche Veränderung der Farbe der Oberfläche der Musculatur eingetreten. Das Wetter war während dieser Zeit 
theils heiter, theils halbheiter, theils regnerisch, einmal fand ein Gewitter statt. Die Lufttemperatur schwankte zwischen io 0 und 17°, der Feuchtigkeits¬ 
gehalt der Luft zwischen 55 und 78®/ # , der Barometerstand zwischen 74,2 und 75,4°. Durch 4tägige Aufbewahrung in einem Hauskeller hatte das Fleisch 
nicht gelitten. 


Digitized by ^jOOQie 













No. 30. 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


265 


Versuch V. 



1 

Temperatur 

1) 


! 












1 







Datum. 

1 des Schrankes. 

Ja 5) 
D 3 

V 

£ 

M 

' TJ ^ 

1 2 Ö 

a s 

i 0 2 

Wetter. 

Bemerkungen. 


1 

1 ag 

•0 

X 

ü 

2 

l V -O 

b 

« 

, 




■ Grad 

Grad 

Grad 

1 ° /j 




28. 5. 98 

Blatt von einem 

16,0 

— 

— 

57.0 

j 75>3 

Halbheiter. 

Während dreistündigen Verschlusses der Ventilation */, pastille 


Schweine, ge- 






I 

vergast. Darauf sind die Schieber geöffnet. 

29. 5. 98. 

schlachtet am 

16,0 

«7,o 

10,0 

63,0 

t 

175.3 

Heiter. 

Während 2 Stunden Ventilation und Thür geöffnet. Dann Ven- 


28. Mai 1898. Hat 



| 

tilation und Thür auf 3 Stunden geschlossen und eine halbe 

30. 5- 98. 

eine Stunde in 
der Schlachthalle 

| 

T3.0 

15.0 

11,0 

78,0 

74.4 

Regnerisch. 

Pastille vergast. Darauf Ventilation geöffnet. 
Behandlung des Schrankes wie Tags zuvor. 

31.5- 98. 

4 Stunden im 

12,0 

«3.0 

8,0 

64,0 

74.3 

Trübe, Wind. 

Schrank unberührt geblieben. 

1.6. 98. 

Schranke, in dem 

; 12,5 

«2.5 

11,0 

65,0 

74.0 

Desgl. 

Desgl. 

2. 6. 98. 

bei geöffneter 
Ventilation zwei 
Pastillen vergast 
worden. 

: «3,o 

«3.o 

12,0 

64,0 

74.8 

Halbheiter, Nachts Gewitter. 

Desgl. 

3- 6. 98. 

• 4,o 

«5.5 

«3.5 

i 73.o 

74.8 

Regnerisch. 

Schrank auf ca. 10 Minuten geöffnet. Fleiscboberfläche trocken, 





i X 


Farbe sehr wenig verändert, etwas gelblich. '/* Pastille während 





1 


' 

dreistündigen Verschlusses der Ventilation vergast. 

4. 6. 98. 


«5.5 

«5-5 

14,0 

63,0 

75.« 

Halbheiter. 

Schrank nicht berührt. 

5. 6. 98. 


18,0 

18,0 

16,0 

68,0 

75.2 

Heiter. 

Desgl. 

6. 6. 98. 


19,0 

«9-5 

18,0 

I65.0 

75.o 

Halbheiter. 

Schrank bedient wie am 3. Juni 1898. 

7. 6. 98. 


«9.5 

20,0 

19,0 

74.o 

75.o 

Trübe, schwül. 

— 

8. 6. 98.' 


•9.5 

«9.5 

18,5 

77,o 

75.2 

Heiter. 

— 

9. 6. 98. 


21,0 

21,0 

«9,o 

61,0 

75.2 

Desgl. 

— 

10. 6. 98. 


21,0 

21,0 

20,0 

49,0 

75.2 

Desgl. 

Schrank bedient wie am 3. Juni 1898. 

11. 6. 98. 


2 «.5 

22,0 

20,0 

50,0 

75.2 

Abends Gewitter. 

- 

12. 6. 98. 


21.5 

21.5 

21,0 

56,0 

75-2 

Heiter. 

— 

13. 6. 98. 


18,0 

22.5 

18,0 

48,0 

75.2 

Halbheiter. 

— 

14. 6. 98. 


16.5 

18,0 

16,0 

56,0 

75.4 

Desgl. 

— 

15. 6. 98. 


16,5 

17,0 

«5,0 

56,0 

75.3 

Desgl. 

- 

16. 6. 98. 


«7.0 

17,0 

15.0 

49.0 

75.2 

Heiter. 


17. 6. 98. 


«6,5 

«7 5 

«5.o 

55.o 

75.4 

Trübe. 

Schrank bedient wie am 3. Juni 1898. 

18. 6. 98. 


26,0 

16,5 

•5.5 

55.o 

75.4 

Halbheiter. 

— 

19. 6. 98. 


18,0 

18,0 

16,0 

66,0 

75.o 

Regnerisch. 

— 

20. 6. 98. 


«7.5 

18,0 

«7,o 

61,0 

75.0 

Trübe. 1 

— 

21. 6. 98. 


18,0 

18,0 

17.0 

59.o 

74.9 

Desgl. 

Schrank bedient wie am 3. Juni 1898. 

22. 6. 98. 


20,0 

20,0 

18,5 

74,o 

74.7 

Mehrere Gewitter. 

— 

23. 6. 98. 


«9.5 

20,0 

«9.5 

63.0 

74,6 

Desgl. 

— 

24. 6. 98. 


«7.0 

«9.5 

16,0 

59.o 

75.o 

Trübe. 

— 

25. 6. 98. 


18,0 

18,0 

«7,o 

63,0 

74.5 

Desgl. 

— 

26. 6. 98. 


«8.5 

«8,5 

18,0 

69,0 

74.2 

Halbheiter. 

Schrank geöffnet und die Hälfte des Fleisches zerlegt. Keine 
Fäulniss, Farbe der Aussenfläche der Musculatur kaum verändert, 
etwas gelblich. Bindegewebe, Knochen, Fett gänzlich unver¬ 
ändert. Die Schnittflächen sind von frischem Fleisch nicht zu 
unterscheiden. Geschmack des Fleisches tadellos. l Pastille 









während dreistündigen Verschlusses der Ventilation vergast. 

27. 6. 98. 


18,0 

«9,o 

«7.5 

64,0 

74.2 

Halbheiter. 

— 

28. 6. 98. 


«8.5 

«8,5 

«7,o 

66,0 

75.o 

Abends Regen. 

— 

29. 6. 98. 


«7.o 

17.0 

16,0 

65,0 

75.1 

Trübe. 

Schrankthür dauernd geöffnet. 

30. 6. 98. 


18,0 

18,0 

«7.0 

67,0 

75.2 

Halbheiter. 

Desgl. 

I. 7. 98. 


18,0 

«8,5 

18,0 

76,0 

75.2 

Trübe. 

Desgl. 

2. 7. 98. 


«7.0 

18,5 

«7.o 

7'.° 

75.« 

Desgl. 

Der Rest des Fleisches ist dem Schranke entnommen und in 








einem Hauskeller aufgehängt. — Am 4. Juli war das Fleisch 
noch gut conservirt und zu jedwedem Gebrauchszwecke geeignet. 
Es ist am 4. Juli gekocht, das Fett zu Schmalz ausgelassen. 











Geschmack tadellos. 


Resultat: Schweinefleisch (Blatt) ist nach 36tägiger Aufbewahrung im Formalin-Scbranke derart conservirt worden, dass es selbst dann noch 
zum Consume geeignet war und an Aussehen nur ganz unerheblich, an Nährwerth und Geschmack aber absolut nicht verloren hatte, als es noch weitere 
zwei Tage im Keller aufbewahrt worden war. Die Lufttemperatur wechselte während dieser Zeit zwischen 22,5° und 8°, die Feuchtigkeit der Luft zwischen 
48 °/o und 78 °/o, der Barometerstand zwischen 74 und 75,4°; das Wetter wechselte sehr, an drei Tagen waren Gewitter. 

Die tadellose Beschaffenheit des 38 Tage alten Fleisches liess darauf schliessen, dass dasselbe noch erheblich 
länger hätte conservirt werden können. _ 


Referate. 

Behandlung: der chronischen und acuten Schulterlahmheit 
durch Atropin- Morphtuminjeetion und die dabei beob¬ 
achteten Nebenwirkungen des Atropins. 

(Sammelreferat aus Bcrl. Th. Wochenschr., 1898, io, 18, 19.) 

Die günstigen Resultate, welche von Dr. Tempel 1 ), 
Bruns 2 ) und in neuester Zeit von Büttner, Reissmann 

*) Siehe diese Wochenschrift 1897, No. 31. 

*) Ebenda, No. 42. 


und Dr. Ellinger durch die combinirte Morphium-Atropin- 
injection bei chronischer Schulterlahmheit erzielt wurden, 
gaben verschiedenen Autoren Veranlassung, das Mittel auch 
gegen acute Schulterlahmheit zu probiren. 

Ein Offizierspferd, das beim Bewegen plötzlich lahm ge¬ 
worden war, wurde Meinickc-Lüncburg vorgeführt. Die 
Untersuchung ergab die Diagnose: acute Schulterlahmheit. Eine 
während 10 Tagen durchgeführte Behandlung, bestehend in 
anfänglichem Kühlen durch Eiswasser und Einreiben von Fluid, 
dem dann Priessnitz’sche Umschläge folgten, führte keine Besse- 


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266 


DEUTSCHE THIERiERZTLJCHE WOCHENSCHRIFT. 


23. Juli. 


rung herbei, weshalb M. sich entschloss, die combinirte Mor- 
phium-Atropininjection auszuführen. Der Erfolg war ein über¬ 
raschender, indem 5 Tage nach der Injection selbst in starkem 
Trabe von der Lahmheit absolut nichts mehr zu sehen war. 
Als besorgnisserregende Nebenerscheinungen traten jedoch, wie 
dies s. Zt schon von Meitzer (s. D. Th, W. 1897, No. 49) 
hervorgehoben wurde, die Wirkungen einer acuten Atropin¬ 
vergiftung zu Tage. Schon 10 Minuten nach der Injection 
trat Mydriasis auf, der Puls wurde drahtförmig und spritzend, 
die Arterienwand gespannt, der Herzschlag pochend. Der Puls 
wurde so heftig, dass er nicht mehr gezählt werden konnte, 
der Herzschlag tumultuarisch, 110 —116 Mal in der Minute; 
es trat Muskelzittern und Schwanken in der Hinterhand ein, 
der Blick wurde stier und ängstlich. Zuletzt bekam Patient 
noch einen tobsuchtartigen Anfall, an den sich jetzt die lang¬ 
same Beruhigung anschloss. Andern Tags war das Pferd wieder 
vollständig munter, hatte regen Appetit und lebhaftes Durst¬ 
gefühl. Am 3. Tage war auch die Mydriasis verschwunden. 

Im Hinblick auf diese unangenehmen Nebenwirkungen wird 
M. in einem wiederholten Falle die Hälfte der Dosis des Atro¬ 
pins nehmen. 

Ueber einen ähnlichen Fall, bei dem auch die Atropin¬ 
wirkungen in heftiger Weise auftraten, wird von Scholte- 
Dingelstedt berichtet. 

Ein schwerer Percheron-Wallach war beim Durchgehen 
mit der Schulter gegen einen Baum gerannt und hatte sich da¬ 
durch eine heftige Hangbeinlahmheit zugezogen. Symptome : 
vermehrte Wärme, Anschwellung und Schmerz an der Schulter, 
vornehmlich im Verlauf des Biceps brachii. Diagnose: acute 
Entzündung der Bursa des Biceps brachii. Eine Behandlung, 
bestehend in Ruhe, Lehmanstrich, später Priessnitz'schen Um¬ 
schlägen, denen dann nach 10 Tagen eine scharfe Einreibung 
folgte, hatte nach 4wöchentlicher Dauer nicht den geringsten 
Erfolg aufzuweisen, weshalb die Morphium-Atropininjection ge¬ 
macht wurde. Schon nach 15 Minuten traten die Atropin¬ 
wirkungen zu Tage, welche immer heftiger wurden und sich 
bis zu tobsuchtartigen Anfällen steigerten, denen dann ein Sta¬ 
dium der Somnolens folgte. Andern Tags war Alles vorbei. 
Als nach 7 Tagen Patient versuchsweise vorgeführt wurde, war 
die Lahmheit vollständig verschwunden und das Pferd konnte 
wieder seinen Gebrauchszwecken nachgehen. 

Diese unangenehmen Atropinnebenwirkungen hat Schmidt- 
Dresden dadurch vermieden, dass er in seinem Falle die von 
Dr. Tempel vorgeschriebene Morphium-Atropinquantität nicht 
auf einmal injicirte, sondern auf den Zeitraum von 4 Tagen 
dergestalt vertheilte, dass er zuerst ’/s, am andern Tag das 
zweite Dritttheil und nach Verlauf von 2 Tagen das letzte Dritt- 
theil einspritzte. Es handelte sich um acuten Muskelrheuma¬ 
tismus, der so hochgradig war, dass das Pferd sich nicht auf¬ 
recht erhalten konnte. Eine Behandlung mit Bleiliniment und 
Morphiuminjection blieb erfolglos, bis die erwähnten Morphium- 
Atropininjectionen nach Verlauf von 6 Tagen vollständige Ge¬ 
brauchsfähigkeit des Pferdes wieder herbeiführten. 

Dieser ausgezeichnete Erfolg ermuthigt Schmidt, das gleiche 
Verfahren auch beim acuten Rheumatismus der Hunde zu versuchen. 

Zieht man aus den bis jetzt mitgetheilten Fällen der com- 
binirten Morphium-Atropinbehandlung das Facit, so kommt man 
zu der Ansicht, dass die Erfolge, abgesehen von dem Meltzer’- 
schen Fall J ) und der unangenehmen Nebenwirkungen, die nach 
den Angaben von Schmidt vermieden werden können, gerade¬ 
zu frappirend sind und dieser Behandlungsmethode in der 
Therapie der acuten und chronischen Schulter- (vielleicht auch 
Hüft-) Lahmheiten augenscheinlich eine hochwichtige Rolle zu¬ 
kommt. Görig. 

Verschlucken eines Fremdkörpers durch ein Pferd. 

Von Thierarzt B. Bech in Vejle. 

(Maancdsskrift for Dyrlaeger, Augustheft 1897.) 

Ein Landwirth hatte mit seinem Pferd aus dem Wald 
Kleinholz nach Hause gebracht. Während des Aufladens be« 

0 Siehe oben. 


nagte das Pferd einen Pfahl. Am darauffolgenden Nachmittag 
zeigte das Pferd Kolikerscheinungen, die längere Zeit andauerten. 
Das Pferd bekam ein Abführmittel und wurde bewegt. Tags 
darauf ging durch den Koth ein etwa 4 Zoll langes und */ 4 bis 
1 Zoll breites, etwas verkrümmtes Stück Buchenholz ab, dem 
auf der äusseren Seite die Rinde noch anhaftete. Das Holz 
wies deutlich die Spuren der Wanderung durch den Darm auf. 
(Ein ähnlicher Fall wurde im März 1897 dem Ref. bekannt, 
den er bisher nur deshalb nicht veröffentlichte, weil das Ab¬ 
gehen des Fremdkörpers — in diesem Falle sogar ein Nagel — 
von ihm selbst nicht beobachtet wurde. Ref. wurde im Laufe 
genannten Monats zu einem 8 Jahre alten Braunwallachen nach 
E. gerufen, der seit 2 Tagen intermittfrende Kolikanfälle zeige, 
einmal Futter aufnehme, das andere Mal Futter verschmähe; 
Koth normal, Absatz etwas verzögert. Bei meiner Untersuchung 
fand ich ein gut genährtes Pferd mit glattem Haarkleid. Aussen- 
temperatur regelrecht über die Körperoberfläche vertheilt. 
Pulse, Athemzüge und Mastdarmtemperatur zeigten nichts Ab¬ 
normes. Auch die Auscultation der Bauchhöhle ergab nichts 
Krankhaftes, ebensowenig die Untersuchung durch den Mast¬ 
darm. Der seelische Zustand des Thieres war ebenfalls nicht 
getrübt, so dass ich die Behandlung bloss nach der Aussage 
des Besitzers richten konnte. Ich verschrieb eine Calomelpille 
und ordnete Mehltränke und leichte Arbeit an. Nach 3 Tagen 
erschien der Besitzer bei mir und sagte mir, sein 7 jähriger 
Sohn habe Tags darauf nach meiner Abwesenheit Morgens 
beim Betreten des Stalles in dem hinter dem Patienten liegenden 
Koth einen Nagel gefunden. Besitzer zeigte mir den 5 cm 
langen Drahtstift, der mit scharfer Spitze versehen, gerade und 
schwarzfleckig oxydirt war. Ich nahm später den Knaben selbst 
ins Verhör und glaube nicht, dass über die Glaubwürdigkeit 
desselben Zweifel bestehen können. Er erklärte mir ohne Ein¬ 
genommenheit, wie er etwas Glänzendes etwa l / s cm aus einem 
Kothballen herausragend bemerkt und dass er beim Auseinander¬ 
brechen des Letzteren den Nagel gefunden habe. Das Pferd 
ist seitdem nicht mehr unwohl gewesen. Es ist also mit grosser 
Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass die Indigestion und das 
Unwohlsein des Pferdes auf die mechanischen Wirkungen des 
Fremdkörpers zurückzuführen waren.) Römer. 


Ein Fall von nicht traumatischer Perlcarditls beim Rinde. 

(Le progr&s vit. 1898, S. 289.) 

Eine hochtragende 4 Jahre alte Kuh, die zum ersten Male 
kalben sollte, zeigte folgende Symptome: Drängen wie bei 
einer kalbenden Kuh, Muttermund leicht geöffnet. Bei der 
Auscultation der Brusthöhle linkerseits verschärftes Vesiculär- 
athmen, in der Herzgegend ganz schwaches Reibegeräusch. 
Im unteren Drittel der Brust gedämpften Percussionston. Beim 
Gehen wird deutliches Stöhnen gehört, der Kopf vorgestreckt 
getragen. Athmung beschleunigt, oberflächlich, stöhnend. Die 
Flanken werden lebhaft bewegt, die Vordergliedmassen werden 
breit gestellt, Ellenbogen nach aussen gehalten. Das Liegen 
bereitet dem Thiere offenbar Schmerzen, es legt sich oft hin, 
um bald wieder aufzustehen. Hierbei werden leichte Wehen 
wahrgenommen. Zuweilen legt sich die Kuh halb auf das Brust¬ 
bein und die rechte Seite mit weit abducirtem linkem Vorder¬ 
bein. Ein ander Mal streckt die Kuh die Vorderbeine weit 
nach vorn und den Kopf desgleichen; die Nasenlöcher sind 
weit geöffnet. Die Jugularen sind stark erweitert und liegen 
in Form von dicken Strängen seitlich am Halse, Venenpuls 
fehlt. Puls klein, schnell, hüpfend. Eine leichte ödematöse 
Schwellung im Kehlgang und am Triel glaubt der Autor auf 
eine Terpentinöleinreibung zurückführen zu müssen. (Wohl mit 
Unrecht! D. Ref.) Es wurde das Kalb künstlich entwickelt, 
starb jedoch bald darauf. Die Kuh wurde als mit Pericarditis 
behaftet geschlachtet und hierbei folgende Herzveränderungen 
gefunden. Das Herz mit Herzblut hat Eimergrösse. Aus dem 
Herzbeutel entleeren sich ca. 10 Liter eines sich bald trübenden, 
citronengelben Serums. Stellenweise Anden sich auf der Herz¬ 
oberfläche bis zu 8 cm starke Pseudomembranen, die schwer 


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No. 30. 


267 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


abzuziehen und theilweise bereits organisirt sind. Der Herz¬ 
beutel ist beträchtlich verdickt und besteht aus festem Binde¬ 
gewebe. Herzfleisch etwas blass, sonst Alles intact. Zeichen 
eines Traumas, das vom Magen ausgegangen wäre, fehlten 
vollständig. 

Als Grund wird Erkältung angesehen. Fr ick. 


Aufblähen in Folge von Grünfütterung. 

Von L. Hansen-Haslev. 

(Maanedsskrift for Dyrlaeger, Augustheft 1897.) 

Die acute Tympanitis beim Rinde nach Grünfütterung be¬ 
handelt Hansen nur noch durch Einspritzung von Kalkwasser 
direct in den Pansen. H. trokarirt mit einem ziemlich langen 
Trokar von der Dicke eines Pferdekatheters und führt dann 
mit einer genau passenden Spritze das Kalkwasser, das ja immer 
leicht und rasch zu beschaffen und deshalb dem SaliAiakgeist 
und der Salzsäure (auch wegen seiner Ungiftigkeit, der Ref.) 
vorzuziehen ist, in den Mageninhalt ein. Nach jeder Spritzen¬ 
entleerung führt H. die Trokarhülse nach verschiedener Rich¬ 
tung hin und her, um so den Mageninhalt mit dem Kalkwasser 
zu mischen. Bei Aufblähen nach Grünfutter führt diese Me¬ 
thode in allen Fällen sehr rasch zum Ziele und ist nicht nur 
ungefährlich, sondern auch sehr einfach. 

Wir halten die Infusion in den Pansen deshalb für ratio¬ 
neller als den Einschütt, weil ja bekanntlich die in kleinen 
Schlücken aufgenommenen Flüssigkeiten gar nicht oder nur in 
geringer Menge in den Pansen kommen, sondern durch die 
Schlundrinne alsbald in die Haube und den Labmagen geführt 
werden, wo aber der Sitz der Gährung bei Grünfutteraufnahme 
gar nicht zu suchen ist. Römer. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Auszeichnung. 

Herrn Geheimen Oeconomierath v. Langsdorff, Pro¬ 
fessor an der Königlichen Thierärztlichen Hochschule zu Dresden, 
wurde Seitens der Deutschen LandwirtfisChäftsgesellsöhaft in 
Anerkennung seiner hervorragenden Verdienste für die Gesell¬ 
schaft und die gesammte deutsche Landwirthschaft die lebens¬ 
längliche Mitgliedschaft der Gesellschaft verliehen unter 
Ueberreichung einer vergrösserten Nachbildung ihrer 
Preismünze in Gold in künstlerisch ausgeführtem Rahmen 
als Zimmerschmuck. 


Pauschalvergütung für die Dienstgeschäfte der Kreis¬ 
thierärzte. 

Von Dr. Malkmus. 

Der Herr Minister für Landwirthschaft etc. hat in einem 
Rundschreiben die Regierungspräsidenten aufgefordert, sich 
darüber zu äussern, »ob und unter welchen Bedingungen sie die 
Gewährung einer Pauschalvergütung für Reisen in veterinär- 
polizeilichen Geschäften an Stelle der jetzt üblichen Einzel¬ 
liquidationen an die Kreisthierärzte für möglich und zweckmässig 
halten.« Ob die preussische Regierung eine Aenderung in dem 
angedeuteten Sinne wünscht, oder welche Beweggründe zu der 
Umfrage Veranlassung gegeben haben, lässt sich aus dem 
Schreiben nicht ersehen. 

Von Seiten der beamteten Thiexärzte wünscht man wohl 
eine Besserung der Besoldung, aber noch nie ist ein Wunsch 
auf Aenderung der Art der Besoldung geäussert worden. Nach¬ 
dem jetzt die Tagebuchabschriften gleichzeitig als Liquidationen 
gelten, ist das ganze Verfahren so einfach gestaltet, wie man 
es nur für möglich hielt. Die den Thierärzten daraus er¬ 
wachsende Arbeitslast ist eine unerhebliche; das Liquidations¬ 
verfahren ist jedoch durch zahlreiche Einzelbestimmungen com- 
plicirt, dabei aber keineswegs durchaus klar, trägt auch den 
praktischen Verhältnissen nicht immer die gebührende Rech¬ 
nung, so dass dessen Beseitigung manche Widerwärtigkeiten 


und Härten den beamteten Thierärzten abnehmen würde. Von 
diesem Gesichtspunkte aus wäre es zweckmässig, wenn das 
ganze Liquidationsverfahren entbehrt werden könnte. 

Geht man aber an die Frage heran, wie die Pauschal¬ 
vergütung zu bemessen sein möchte, so machen sich sofort 
nicht unerhebliche Schwierigkeiten geltend. Die veterinärpoli¬ 
zeilichen Geschäfte sind ihrer Natur entsprechend mit Unkosten 
und grossen Zeitverlusten verbunden und ihre Zahl ist in den 
einzelnen Kreisen so ungemein verschieden, dass die Bezahlung 
nach Leistung als die allein richtige bezeichnet werden muss; 
es wäre deshalb nothwendig, für jeden Kreis die Pauschalver¬ 
gütung besonders festzusetzen. Hier nun das Richtige zu treffen, 
erscheint doch sehr schwer, selbst wenn die Finanzverwaltung 
den beamteten Thierärzten sehr wohl gesinnt wäre. Der Um¬ 
fang der Dienstgeschäfte hängt nicht nur von dem zeitweiligen 
Herrschen der Viehseuchen, sondern auch von der Auffassung 
der einzelnen Landräthe und Polizei-Verwaltungen über die Be¬ 
deutung der veterinärpolizeilichen Massregeln ab. Selbst Ge¬ 
setze und Instructionen lassen hier weitesten Spielraum. Es 
ist ferner eine Thatsache, dass die amtlichen Dienstgeschäfte 
der Kreisthierärzte in den letzten Jahren beständig umfangreicher 
geworden sind, durch Einbeziehung weiterer Seuchen in den 
Kreis veterinärpolizeilicher Massnahmen. Als sicher darf ferner 
angenommen werden, dass nach Festsetzung einer Pauschal¬ 
vergütung der beamtete Thierarzt weit häufiger in Anspruch 
genommen werden wird, weil »es nichts kostet«. Der be¬ 
amtete Thierarzt dagegen ist nicht in der Lage, die Dienst¬ 
geschäfte zu beschränken, er hat vielmehr stets nur den Re¬ 
quisitionen der Polizeibehörden Folge zu leisten, aus eigener 
Machtvollkommenheit hat er kaum jemals ein Dienstgeschäft 
vorzunehmen. Während ihm aber bei dem jetzigen Liquidations¬ 
verfahren durch Verzögerung der Dienstgeschäfte nur Nachtheile 
erwachsen konnten, könnte er nach Fixirung einer Pauschal¬ 
vergütung aus solcher Nachlässigkeit Vortheile ziehen und gleich¬ 
zeitig die ganze Seuchentilgung schädigen. 

Alle diese Momente sind bei Bemessung einer Pauschal¬ 
vergütung zu berücksichtigen; die Schwierigkeiten sind sehr 
erheblich, doch kann man sie nicht als unüberwindlich be¬ 
zeichnen. Um den Schwankungen in dem Umfange der Dienst¬ 
geschäfte zu begegnen und zur Sicherung der Existenz der 
Kreisthierärzte wäre es nothwendig, zunächst das Gehalt der¬ 
selben zu erhöhen. Die Pauschal Vergütung ist dann für jeden 
Kreis nach einem mehrjährigen Durchschnitt der seitherigen 
Liquidationen mit einem Zuschlag, entsprechend der fort¬ 
schreitenden Vermehrung der Geschäfte zu bemessen. Zur Ver¬ 
einfachung der Sache könnten etwa 6 Klassen geschaffen werden 
und ungefähr alle 3 Jahre wäre eine neue Festsetzung der 
Pauschalsumme auf Grund der Tagebücher vorzunehmen. Zur 
Sicherung eines geordneten Veterinärdienstes wäre eine Dienst- 
Instruction für Kreisthierärzte zu erlassen. Die beamteten Thier¬ 
ärzte würden durch eine derartige Neuordnung in eine engere 
Beziehung zum Staate gelangen und mit noch mehr Recht als 
seither würde eine Pensionsberechtigung und Relictenversorgung 
derselben zu fordern sein; die Pauschalvergütung für die Dienst¬ 
geschäfte kann nicht in ganzer Höhe als pensionsfähig angesehen 
werden, weil sie auch zum Theil eine Unkostenentschädigung 
darstellt, aber doch der grössere Theil müsste als pensionsfähige 
Einnahme in Verbindung mit dem Gehalt als Grundlage für 
eine Pensionirung nach den für alle preussischen Beamten gel¬ 
tenden Bestimmungen bezeichnet werden. 

Unter solchen Bedingungen muss die Gewährung einer 
Pauschal Vergütung an Stelle der jetzt üblichen Einzelliquidationen 
an die Kreisthierärzte für möglich und zweckmässig bezeichnet 
werden; damit würde auch gleichzeitig ein den heutigen Ver¬ 
hältnissen und den Wünschen der Kreisthierärzte entsprechende 
Neuregelung ihrer Dienstverhältnisse erfolgen. 


VII. Internationaler Thierärztlicher CongTess vom 
9. bis 14. August 1899 zu Baden-Baden. 

Zu den Kosten für die Vorbereitung und Abhaltung des 
(Kongresses erhielt der Geschäftsausschuss, abgesehen von den 


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268 


beträchtlichen Unterstützungsgeldern aus dem Dispositionsfond 
des Herrn Reichskanzlers (ioooo Mk.) und aus der Grossh. 
bad. Staatskasse (2000 Mk.) von nachstehenden thier¬ 
ärztlichen Vereinen Deutschlands, deren Bezeichnung 
kurz nach dem Lande, nach der Provinz oder nach der Stadt 
ertolgt, die Zusage von Zuschüssen im unten angegebenen Be¬ 
trage : 

Bestimmt Zuschuss 
zugesagter für den Fall 
Zuschuss einesDefizits 


Thierärztlicher Verein in Baden. 

Mk. 

1200 

Mk. 

Verein praktischer Thierärzte in Berlin 

200 

— 

Thierärztlicher Verein in Brandenburg . . . 

200 

800 

„ „ „ Braunschweig . . 

100 

100 

„ „ „ Hamburg-Altona 

200 

— 

„ „ „ Mecklenburg . . 

100 

— 

„ „ „ Mittelfranken . . 

100 

100 

„ „ „ Oberfranken . . . 

200 

— 

„ „ „ Oldenburg . . . 

200 

— 

„ „ „ Rheinbayern . . . 

200 

— 

„ „ „ Schwaben-Neuburg . 

100 

— 

„ „ „ Thüringen . . . 

100 

— 

„ „ „ Westpreussen . . 

200 

— 

„ „ „ Württemberg . . 

500 

— 


36OO IOOO 

Der Geschäftsausschuss dankt den verchrlichen Vereinen 
für die gefälligen Zusagen bestens. 

Nach dem sorgfältig aufgestellten und nochmals nach¬ 
geprüften Kostenvoranschlag sind im Zusammenhalt mit den 
derzeitig zugesagten Unterstützungen noch 12500 Mk. aufzu¬ 
bringen, um die Congresskosten zu decken. Wenn es gelingen 
sollte, 600 zahlende Mitglieder zu gewinnen, so würde sich der 
angegebene Fehlbetrag auf 5300 Mk. vermindern Die ge¬ 
nannte Summe muss durch freiwillige Beiträge aufgebracht 
werden. Wir bitten daher die deutschen Thierärztlichen Vereine, 
dem Beispiel der oben genannten Vereine recht bald zu folgen 
und es auf diese Weise zu ermöglichen, dass der Geschäfts¬ 
ausschuss den aufgestellten Plan zur Abhaltung eines allgemeinen 
nützlichen Weltcongresses unverkürzt auszuführen in die 
Lage komme. 

Sämmtliche Kassengeschäfte besorgt die Filiale der Rheini¬ 
schen Creditbank in Baden-Baden. 

Baden-Baden, den 11. Juli 1898. 

Der Geschäftsausschuss. 


Aufruf an die Collegen. 

Ein tragisches Geschick hat das Leben des Professors an 
der thierärztlichen Hochschule zu Berlin, Wilhelm Eber, ge¬ 
endet. Der Verstorbene ist nur 34 Jahre alt geworden. Früh 
verwaist und ohne Vermögen hat er s. Zt. mit Hülfe fremder 
Mittel seine Studien- und seine Dienstzeit absolviren müssen. 
Er ist dann eine Reihe von Jahren in Stellungen gewesen, deren 
Einkünfte nur eben für den Lebensunterhalt seiner rasch an¬ 
wachsenden Familie ausreichten. In der kurzen Zeit, in welcher 
er sein Amt an der hiesigen Hochschule versehen konnte, ist 
es ihm daher nicht möglich gewesen, seine Verhältnisse soweit 
zu verbessern, dass er auch die Zukunft seiner Familie hätte 
sicher stellen können. 

Neben der Wittwe blieben 6 Kinder im Alter von 7 Jahren 
bis zu wenigen Monaten ohne eigene Hülfsmittel zurück. Da 
der Verstorbene kaum die Pensionsberechtigung erlangt hatte, 
so können die Wittwenpension und die Erziehungsgelder auch 
bei grösstem Wohlwollen der Vorgesetzten Behörde nur so 
gering ausfallen, dass private Hülfe nicht zu entbehren ist. 


2^. Juli. 

Das Lehrercollegium der Berliner thierärztlichen Hoch¬ 
schule wird in besonderer Weise seiner Ehrenpflicht, helfend 
einzugreifen, nachkommen; doch genügt diese Hülfe nicht. Im 
Einverständniss mit den übrigen Mitgliedern des Collegiums 
wenden sich die Unterzeichneten daher bittend an den weiteren 
Kreis aller Collegen. 

Es handelt sich vor Allem darum, die Erziehung der 
6 Waisen zu sichern. Die einkommenden Beiträge sind aus¬ 
drücklich zu diesem Zwecke bestimmt und werden mit dieser 
Bestimmung dem Vormund ausgehändigt werden. 

Die Herren Collegen werden herzlich gebeten, Beiträge an 
einen der Unterzeichneten einzusenden. 

Dr. E. Fröhner. Dr. R. Schmaltz. Dr. R. Ostertag. 

Professoren an der thierärztlichen Hochschule zu Berlin. 


Personal-Nachrichten. 

Auszeichnungen : Dem Departementsthierarzt Renner in Düssel¬ 
dorf wurde bei seinem Ausscheiden aus dem Staatsdienst der Königl. Kronen¬ 
orden III. Kl. verliehen. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Der Docent für Fischkinde an 
der thierärzilichen Hochschule in München, Dr. Bruno Hofer, wurde unter 
Enthebung von seiner Stellung als Privatdocent an der Universität und 
Kustos der zoologischen Sammlungen des Staates zum ausserordentlichen 
Professor für Zoologie und Fischkunde an der genannten Hochschule, der 
Adjunct am Militärthierarzneiinstitut und der thierärztlichen Hochschule in 
Wien, Hermann Dexler, zum ausserordentlichen Professor der Thierseuchen¬ 
lehre und Veterinärpolizei an der Deutschen Universität in Prag, Dr. Schreiber, 
bisher Assistent am pathologischen Institut der thierärztlichen Hochschule in 
Dresden, zum Leiter des Rothlaufserum-Instituts in Landsberg a. W. ernannt. 
Dem Lehrer für Hufbeschlag und Vorstand der Lefirschmiede an der thier¬ 
ärztlichen Hochschule in München, F. Gutenäcker, wurde der Titel 
Professor verliehen. Thierarzt Friedrich in Halle wurde zum Kreis- 
thierarzt für den Saalkreis, Thierarzt A. H a r d e in Badbergen zum Kreis¬ 
thierarzt in Bersenbrück, Thierarzt Heinrich Spitzer zu Dramburg zum 
Kdnigl. Kreisthierarzt ernannt und demselben die Kreisthierztstelle für den 
Kreis Dramburg übertragen. Der Assistent am pathologischen Institut der 
tierärztlichen Hochschule in Hannover, Friedrich Diedrichs, wurde zum 
Kreisthierarzt für den Stadt- und Landkreis Münster i./W. mit dem Amts¬ 
wohnsitz in Münster ernannt. Der klinische Assistent an der thierärzilichen 
Hochschule in Stuttgart, Dr. S e y b o 1 d , wurde zum Assistenten am patho¬ 
logisch-anatomischen Institut daselbst ernannt und an dessen Stelle Thier¬ 
arzt M ö g e 1 e von Cannstadt zum klinischen Assistenten berufen. Thierarzt 
Roth von Weickersheim wurde zum Stadtthierarzt nach Sindelfingen be¬ 
stellt. Thierarzt Agerth in Friedland wurde zum Schlachthausinspector 
in Neubrandenburg, Rossarzt a. D. Krause in Oschatz als Thierarzt der 
städt. Fleischbeschau in Lengenfeld i. V. gewählt. Verzogen sind die Thier¬ 
ärzte Freese von Moringen nach Einbeck, Scherwitz von Ebingen nach 
Stetten a. k. M. - Thierarzt Bärenreiter hat sich in Creglingen, Oberamt 
Mergentheim, niedergelassen. 

Die thierärztliche Faehprüfung haben bestanden in Berlin: 
E. Gallus aus Sommerfeld. Hermann Kettner aus Breslau, Otto Kiesel 
aus Bottmersdorf, Wilhelm K o 1 a n u s aus Damniratsch, Max Richter aus 
Anclam, Andreas Schütt aus Flensburg, Paul Simon aus Potsdam; in 
Hannover: Carl Klein aus LUttringhausen, Hermann Kothe aus 
Bethrum, Eduard Maier aus Hochstädt a./D. 

Veränderungen beim Veterinärperson&l des Deutschen 

Heeres: Der Oberrossarzt Ruttkowski vom Art.-Regt. No. 21 und die 
Rossärzte Schmidtke vom Art.-Regt. No. 30 und Patschke vom Feld- 
Art.-Regt. No. 36 wurden auf ihren Antrag mit Pension in den Ruhestand 
versetzt. 

Bayern: Das Commando des Veterinärs Göbel vom 3. Art.-Regt. 
als Assistent zur Militär-Lehrschmiede vom 1. Oktober auf weitere zwei Jahre 
verlängert. 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thierirztllche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der Mackklfsehen Druckerei in Karlsruhe i. B. 

Mit einer Beilage der Verlagsbuchhandlung von Paul Farey in Berlin, betr. Johne, Gesundheitspflege der land- 

wirtbschaftlleben Haussängethiere. 


DEUTSCHE THIERiERZTLlCHE WOCHENSCHRIFT. 


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Deutsche 


Thierärztliche Wochenschrift 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regiernngs- and Medicin&lrath, 
Director der Thierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 


herausgegeben von 

Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregierungsrath 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Begierungsrath und Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz» 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Louisenthal (Saar). 


redigirt von 

Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden Sämmtliche Zuschriften nnd redactionellen Anfragen 

Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man ' werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 

abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in Jfllirffilllif« Correctnren und Anzeigen an die Expedition der 

Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit directer _ 0 Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 

portofreier Znsendnng oder bei der Post anf No. 1784 a. in Karlsruhe (Baden). 


M 81 . 


Ausgegeben am 30. Juli. 


1898. 


Bericht über die XII. Wanderausstellung der 
deutschen Landwirthschaftsgesellschaft in 
Dresden. 

Von Professor Dr. Pusch in Dresden. 

Mit der in den Tagen vom 30. Juni bis 5. Juli abgehaltencn 
Ausstellung in Dresden hat die deutsche Landwirthschaftsgescll- 
schaft den ersten Turnus ihrer Schauen abgeschlossen. Nach¬ 
dem sie kurz nach ihrer Gründung in Dresden ihre erste Ver¬ 
sammlung veranstaltet, hat sie nach einander die von ihr ab¬ 
gegrenzten 12 Gaue unseres Vaterlandes aufgesucht und io 
Frankfurt, Breslau, Magdeburg, Strassburg, Bremen, Königsberg, 
München, Berlin, Köln, Stuttgart, Hamburg und Dresden ihr grosses 
Zeltlager aufgeschlagen. Vollbefriedigt mit ihren bisherigen Er¬ 
folgen kann sie sich nun zu ihrem zweiten Rundgange anschicken. 

Die Gesellschaft zählt gegenwärtig mehr als 12000 Mit¬ 
glieder, hat im letzten Jahre einschliesslich der Geschäftsstellen 
einen Gesammtumsatz von 13 1 / < Millionen Mk. gehabt und auf 
ihre 12 Ausstellungen einen Zuschuss von zusammen 530000 Mk. 
verwendet. 

Der Verwirklichung des Unternehmens in Dresden standen 
zunächst gewisse Schwierigkeiten bezüglich der Platzfrage im 
Wege. Von den ihrer Grösse nach passenden Plätzen musste 
man theils wegen ihrer Entfernung, theils wegen etwaiger Hoch¬ 
wassergefahr absehen und sich mit einem Terrain begnügen, 
das zwar ausgezeichnet in der verkehrsreichsten Gegend der 
Altstadt, zwischen dieser und dem grossen Garten gelegen 
war, aber seiner räumlichen Beschränkung wegen eine Reduction 
in den Anmeldungen benöthigte. Dazu kam, dass der Platz 
erst vor kurzer Zeit zu städtischen Parkanlagen umgestaltet 
war, welche die Dresdener nicht gerade leichten Herzens den 
ganzen Sommer hindurch dem Verkehr entziehen Hessen. In¬ 
dessen hat die sachkundige Bauleitung der Gesellschaft nicht 
nur bald alle Bedenken beseitigt, sondern auch sich so einzu¬ 
richten gewusst, dass neben den Maschinen, den nothwendigen 
WiKhschaften und Hallen noch 1056 Rinder, 247 Pferde, 453 
Schafe, 437 Schweine und 105 Ziegen Unterkommen Anden 
konnten. Letzteres wurde aber auch nur dadurch ermöglicht, 
dass der über der Strasse gelegene grosse Ausstellungspalast 
mit dem ihn umgebenden Gelände nicht nur die ganze wissen¬ 
schaftliche Abtheilung, sondern auch das Geflügel, die Kanin¬ 
chen» Bienen und Fische und auch einen grossen Theil der 
Ackergeräthe nebst den Futtermitteln etc. aufnehmen konnte. 

Was den Besuch anlangt, so wurde derselbe durch die 
Ungunst des Wetters und auch durch die Verschiebung der 


Ausstellung beeinträchtigt. Der fast tägliche Regen weichte 
dpn Boden zwischen den Stallreihen und in den Ringen so auf, 
dass man theilweise an Stuttgart erinnert wurde und viele Be¬ 
sucher aus der Stadt und Nachbarschaft zu Hause blieben, und 
andererseits hielt auch die Sorge um die Einbringung des nur 
sdhon zu oft nass gewordenen Heus die Landleute aus dem 
Gebirge zurück. Nach letzterer Richtung hin brachte die wegen 
dfer Reichstagswahl nothwendig gewordene Verschiebung nur 
Nachteile. Trotzdem fanden sich aber noch 121 614 Besucher 
ejn, so dass Dresden hier an dritter Stelle erscheint und nur 
n Hamburg mit 165944 und Berlin mit 156046 Besuchern 
ertroffen wird. Beiläufig sei hier gleichzeitig erwähnt, dass 
sich die Gesammtfrcquenz aller 12 Ausstellungen auf 1 104630 
Personen beläuft. 

Die Wanderausstellungen umfassen nun einerseits die ver¬ 
schiedenen Hausthiergattungen, andererseits landwirtschaftliche 
Erzeugnisse, Hülfsmittel und Geräthe, auf deren Prämiirung in 
Dresden 122360 Mk., 140 Preisgaben und 315 Preismünzen 
verwendet wurden, die letzteren in der Hauptsache in der 
Abtheilung für Erzeugnisse und Geräthe. 

Uns interessiren zunächst die Thiere. 

I. Die Pferdeabtheilung. 

Die Pferdeabtheilung ist gegenüber der vorjährigen Ham¬ 
burger Ausstellung nur schwach beschickt, denn ausser den 
Königlichen Dienstpferden waren in Hamburg 542, in Dresden 
nur 240 Thiere angemeldet (Köln 310, Stuttgart .349 Stück). 
Der Grund liegt in dem Umstande, dass die Gesellschaft von 
vornherein des beschränkten Platzes wegen von einer allzu¬ 
reichen Beschickung abgerathen hatte, dass die Ostpreussen 
mit ca. 30 bereits angemeldeten Zuchtpferden fcrnblieben, weil 
die bäuerlichen Besitzer ihre Wirtschaften inmitten der Heu¬ 
ernte nicht verlassen wollten, und dass endlich im Königreich 
Sachsen der Terrain- und Wirthschaftsverhältnisse wegen die 
Pferdezucht eine verhältnissmässig nur geringe Ausbreitung hat. 

Der Rasse nach gehörte der ausgestellte Bestand zur einen 
Hälfte dem warmblütigen und zur anderen dem kaltblütigen 
Schlage an; neben den Zuchttieren waren in der Abtheilung 
Gebrauchspferde noch 14 Stück erschienen, von denen 10 auf 
Ostpreussen und 4 auf Brandenburg entfielen. Von Militär¬ 
pferden waren 8 Remonten aus den Remontedepots, 8 Reit¬ 
pferde der Militärreitanstalt, sowie ein bespanntes Geschütz zur 
Stelle. 

Die Zuchtabtheilung gliederte sich in: 

A. Reit- und Wagenpferde (deutsche Edelzucht) und 

B. Arbeitspferde. 



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DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


30. Juli. 


570 


Die Gruppe A. war beschickt von dem Verbände der 
Pferdezüchter in den Holsteinischen Marschen mit *6 *Stück, 
vom Fohlenaufzuchtverein des Königreichs Sachsen unter der 
Bezeichnung »Gesammt-Pferdeausstellung des Königreichs 
Sachsen« mit 36 Stück. Von Privatzüchtern sind Hans von 
Stechow-Kotzen (Brandenburg), Langen-Zieverich (Rheinprovinz), 
Huss-Datgen (Schleswig-Holstein) und Janssen (Oldenburg) zu 
nennen. Ausser letztgenanntem Züchter war Oldenburg nicht 
vertreten, der »Verband der Züchter des schweren, eleganten 
Oldenburger Kutschpferdes« hatte zwar 6 Pferde für die Zucht¬ 
klasse und in der Abtheilung »Viererzüge vom Bock zu fahren« 
angemeldet, war aber nicht erschienen. 

Das Zuchtgebiet des Verbandes der Pferdezüchter in den 
Holsteinischen Marschen erstreckt sich über die Westküste 
Holsteins von Wedel bei Hamburg bis zur Eider. Hier ist die 
Zucht des Carossiers und starken Reitpferdes alten Datums, 
und die Neuzeit hat nicht geruht, durch Körungen, durch die 
Einrichtung eines Gestütbuches, einer Reit- und Fahrschule mit 
Pferdeverkauf, Schülerausbildung und Leistungsprüfung in Elms¬ 
horn und durch die Anlage eines Hengstdepots, in dem die 
besten Hengstfohlen des Landes .aufgezogen werden, für den 
weiteren Ausbau der heimischen Zucht zu sorgen. Auch die 
in Dresden ausgestellten Thiere zeigten sich wieder als vor¬ 
nehme Wagenpferde mit gutem Aufsatz, schöner Action und 
räumenden Gängen, denen ausser vielen Einzelpreisen auch der 
Sieger-Ehrenpreis des Comitös für die Dresdener Pferde-Aus- 
stellung zugesprochen wurde. 

Die Gesammt-Pferdeausstellung des Königreichs Sachsen, 
der 3 erste, 4 zweite, 4 dritte und 3 vierte Preise zufielen, 
wies ein gutes, mittelschweres, gängiges, nicht zu hochblütigcs 
Wagenpferd auf, welches gegenüber den Holsteinern zwar einen 
schweren Stand hatte, aber mit Ehren aus dem Wettkampfe 
hervorging. 

Die sächsische Landespferdezucht basirt hauptsächlich auf 
dem Oldenburger Blute, das im Landgestüt zu Moritzburg in 
überwiegendem Masse vertreten ist. Da den Fohlen wegen 
der verhältnissmässig kleineren Besitz-, der theueren Bjod^nr. 
und der oft hinderlich im Wege stehenden Terrain Verhältnisse 
namentlich Seitens der bäuerlichen Züchter eine genügende Be¬ 
wegung in der Jugend der Regel nach nicht gewährt werden kant}, 
so hat der sächsische Fohlenaufzuchtverein mit Hülfe von Staats¬ 
mitteln 3 Fohlenaufzuchtstationen eingerichtet, in denen die 
Fohlen vom zweiten bis vierten Lebensjahre gegen einen be¬ 
stimmten Pensionspreis auf der Weide aufgezogen werden. 
Dieser Einrichtung ist neben dem Import von Oldenburger 
Stuten und der Benützung von bestem Hengstmaterial der sicht¬ 
liche Aufschwung zu verdanken, den die Pferdezucht Sachsens 
trotz der mannigfachen, entgegenstehenden Schwierigkeiten ge¬ 
nommen hat; zu letzteren gehört namentlich der Umstand, dass 
in Sachsen die Pferdezahl auch in den landwirtschaftlichen Be¬ 
trieben auf das Notwendigste beschränkt ist, dass die Stute 
in erster Linie der Arbeit und mehr oder weniger nur nebenher 
der Zucht dient, und dass wegen des grossen, mit der ganzen 
industriellen Lage des Landes in Verbindung stehenden Imports 
von Pferden die Schaffung eines auch nur einigermassen homo¬ 
genen Stutenmaterials nur in bescheidenem Masse zu erreichet» 
ist. Nach dieser Richtung der Ausgleichung bleibt den Hengsten 
sehr viel überlassen, und gerade hierin haben sich die Olden¬ 
burger gut bewährt. 

Die von dem Landstaliamt in Moritzburg ausgestellten 
6 Hengste dieses Schlages machten in Gang, Haltung, Masse 
und Bemuskelung einen ausgezeichneten Eindruck und konnten 
mit Recht als erstklassige Vertreter ihrer Heimath gelten. 

Von den Einzelausstellern der Gruppe A. war von Stechow- 
Kotzen mit einer grösseren Zahl, mit 12 Pferden, zur Stelle, 
für die er mehrere Preise erhielt. Seine Collection und nament¬ 
lich sein Viererzug zeigten in der Hauptsache den Typus des 
Neustädter Pferdes. Hans Langen stellte seinen von den frühereit 
Schauen her bekannten Hackney-Fuchshengst »Tempest« mit 
3 Nachkommen aus, wofür er den für Klasse 15 ausgesetzten 
Familienpreis erhielt. 


Was die Kaltblüter anlangt, so waren hier in der Haupt¬ 
sache der bekannte Importeur und rheinische Züchter Meulen- 
bergh, ferner Alfred König-Voldagsen (Hannover) und Dietrich- 
Nimtitz (Königreich Sachsen) mit Belgiern, von Homeyer-Ranzin, 
Schirmer-Neuhaus, Wadsack-Hochsömmern (Provinz Sachsen), 
die schlesische Clydesdale-Gesellschaft und der Pferdezuchtverein 
im Herzogthum Sachsen-Altenburg mit Shires und Clydesdales 
und der Verband der Schleswig’schen Pferdezuchtvereine mit 
Dänen vertreten. 

Ausgezeichnet schnitt hier wiederum Karl Meulenbergh- 
Hofstadt ab, der auf 17 ausgestellte Pferde den Sieger-Ehren¬ 
preis der Aachen- und Münchener Feuer-Versicherungs-Gesell- 
schaft, 5 1 ., 2II., 2III., einen I. Sammlungs- und einen I. Familien¬ 
preis erhielt. Der dreijährige, aus Belgien importirte Hengst 
Pharaon ist aber auch in Form und Gang als ein ausgezeichneter 
Vertreter seines Schlages zu bezeichnen. Neben Meulenbergh 
behauptete sich König-Voldagsen standhaft, dem für seine 15 
Pferde 2 I., 2 II., 2 III. und 3 Familienpreise zufielen. 

Von den Kaltblütern englischer Abkunft ist zu erwähnen, 
dass sie im Allgemeinen viel besser gefüttert waren, als früher, 
sich somit auch ganz anders präsentirten. Theils wurden sie 
als Shires, theils als Clydesdales bezeichnet, doch sind die 
Unterschiede so verwischt, dass Schirmer-Neuhaus es vorgezogeri 
hat, seine Pferde im Katalog als »schwerer Ackerschljig« auf¬ 
führen zu lassen. 

Von den englischen Kaltblütern waren die Schirmer’schen 
Pferde die weitaus besten, auf 9 Stück fielen 3 I., 3 II., 1 IIL 
und 1 I. Familienpreis, von Homeyer erhielt einen ersten Preis 
und einen zweiten Sammlungspreis, je einen Preis Wadsack 
und die schlesische Clydesdale-Stutbuch-Gesellschaft, während 
die 11 Pferde des Pferdezüchtervereins Sachsen-Altenburg leer 
ausgingen. 

Die vom Verbände Schleswiger Pferdezuchtvereine aus¬ 
gestellten 22 Pferde machten sich namentlich in ihren Hengsten 
vorzüglich und gefielen allgemein. Ansprechende, volle Formen, 
Arbeitstüchtigkeit, Leichtfuttrigkeit sind die Haupteigenschaften 
dieses überall gesuchten und gut bezahlten Arbeitspferdes, und 
man känft sich nur freuen, dass diesem Schlage in Nordschleswig 
die gebührende Achtung geschenkt wird, denn um Absatz brauchen 
die Züchter, trotz der Mängel, die vielen ihrer Pferde in Bezug 
auf Gliederstärke und raumgewinnenden Gang noch anhaften, 
nicht in Sorge zu sein, so lange noch jährlich mehrere Tausend 
Gebrauchspferde aus Dänemark von uns eingeführt werden. 
Neben 4 Einzel- und 4 Sammlungs- resp. Familienpreisen entfiel 
auf Schleswig auch der Züchter-Ehrenpreis Sr. Majestät des 
Königs Albert von Sachsen in Form einer Vase aus Meissner 
Porzellan. 


Ausser der beschriebenen Zuchtabtheilung fand sich auch 
eine kleine Gebrauchsabtheilung ausgestellt. Die Einrichtung 
soll den Züchtern Veranlassung geben, fertige Gebrauchspferde 
und damit den Nutzungswerth ihrer Zuchten zu zeigen. Es 
handelte sich im Ganzen nur um 14 Pferde, 2 Viererzüge, 
2 Zweigespanne und 2 Reitpferde. Ein Viererzug Braune, von 
dem schon erwähnten Neustädter Typus, gehörte von Stechow- 
Kotzen, der sie auch selbst vorfuhr, der andere, 4 Rapphengste, 
dem Königl. Littauischen Landgestüt GudWallen. Die Rappen 
entstammten sämmtlich der ostpreussischen Privatzucht und 
wurden auch unter dem Reiter gezeigt, so dass hier in den 
Pferden eine grosse Vielseitigkeit in der Verwendung zum Aus¬ 


druck kam. 


(Fortsetzung folgt.) 


Perforation einer Echinococcusblase in den 
Thoraxraum. Haut-Emphysem und 
Pneumothorax. 

Von Thierarzt Sperling-Langenau. 

Am 6. Juni d. J. untersuchte ich spät Abends eine kranke 
Kuh, welche nach Aussage des Eigentümers Nachmittags ge-* 
kalbt hatte, nach Bestehen des Geburtsaktes anfänglich ganz 
munter war, Fresslust zeigte und sich selbständig erheben 


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No. 31. 


271 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


konnte. Allmälig gegen Abend jedoch wurde die Athmung des 
Thieres angestrengter, es traten rasch zunehmende Schwellungen 
am Rumpfe auf und das Thier war nicht mehr im Stande, sich 
vom Boden zu erheben. 

Die Kuh fand ich mit untergeschlagenen Füssen auf der 
linken Bauchseite liegend, die Athmung geschah sehr ange¬ 
strengt, war schon von Weitem hörbar, zeitweise wurde dabei 
das Maul weit geöffnet, Hals und Kopf gestreckt gehalten. Im 
Bereiche der Seitenbrustwand und der Scitenbauchwand und 
des Beckens beiderseitig, besonders stark im Bereiche des 
Rückens, wurden elastische, gleichmässig zusammenfliessende, 
sich puffig anfühlende und dabei knisternde Schwellungen von 
erheblicher Flächen- und Tiefenausdehnung vorgefunden, bei 
deren Percussion ein tympanitischer bis voller Schall hörbar 
wurde. Beschäftigte man sich irgendwie mit der Kuh, so wurde 
die Athmung sofort angestrengter; die Patientin war psychisch 
vollkommen frei und fieberlos, Verletzungen an den Geburts¬ 
wegen waren nicht vorzufinden. 

Der Thierbesitzer gab an, der Geburtsakt sei mit etwas 
Verzögerung vor sich gegangen, da der Kopf des Kalbes durch 
Kunsthilfe in die Geburtswege gebracht werden musste, auch 
habe sich die Kuh, wie es häufig der Fall, bei Extraction des 
Kalbes gelegt, jedoch ohne besondere Vehemenz. 

Da die Kuh nicht zum Aufstehen zu bewegen war und in 
Folge der starken emphysematosen Schwellung der Subcutis eine 
genauere Untersuchung der Brustwandungen nicht vorgenommen 
werden konnte, vermuthete ich das Vorhandensein einer Lungen¬ 
verletzung in Folge einer Rippenfractur, entstanden vielleicht beim 
Niederlegen oder durch Stoss eines nebenstehenden Thieres. 

Um der Kuh etwas Erleichterung zu verschaffen, wurde 
sie auf die rechte Körperseite gelegt, was auch den gewünschten 
Erfolg, sichtbar an der weniger angestrengten Athmung, sofort 
hatte, im Ucbrigen wurde eine rein diätetische Behandlung ein¬ 
geleitet. 

Am 8. Juni Vormittags traf ich die Kuh stehend an. Die¬ 
selbe war fieberfrei, Fresslust vorhanden, die Athmung geschah 
etwas weniger angestrengt als 1 l J t Tage vorher, die emphysema¬ 
tose Auftreibung der Subcutis war beinahe im ganzen Bereiche 
des Rumpfes nachweisbar, besonders stark am Rücken und der 
rechten Brust- und Bauchwand. Das Bläschenathmen war links¬ 
seitig sehr verschärft und verstärkt, rechtsseitig dagegen kaum 
noch hörbar, die sofort vorgenommene Percussion ergab denn 
auch links vollen, rechts metallischen Schall. 

Die Diagnose »Lungenverletzung, Pneumothorax und sub- 
cutanes Emphysem« war hiernach gerechtfertigt, eine Rippen¬ 
fractur konnte dagegen nicht nachgewiesen werden. 

Von einer Punktion wurde abgesehen, da zu vermuthen 
war, dass die Rissstelle in der Lunge noch offen war und die 
entfernte Luft sich sofort wieder ergänzen werde; überdies 
erfolgte die Athmung etwas weniger angestrengt als Tags zuvor. 

Am 9. Juni Nachmittags musste die Kuh wegen rasch zu¬ 
nehmender Athemnoth geschlachtet werden. 

Beide Brustwandungen waren vollständig intact, dagegen 
wurde als wesentlichste Veränderung etwa handbreit vom 
scharfen Rande des rechten Hauptlappens der Lunge entfernt, 
an deren lateraler Fläche ein ca. 2 1 j a cm langer, etwas klaffender 
Spalt vorgefunden, welcher in einen Hohlraum von über Welsch¬ 
nussgrösse führte, der eine Echinococcusblase beherbergte. 
In der aus bindegewebig verdichtetem Lungengewebe be¬ 
stehenden Wand des Hohlraumes befand sich ein zweiter Riss, 
der bis in das Lungengewebe reichte und auch mehrere kleinste, 
gerade noch sichtbare Bronchien durchsetzte. . 

Die rechte Lunge befand sich in retrahirtem Zustand, 
ausserdem war noch nachweisbar ein interlobuläres und sub¬ 
peritoneales Emphysem, namentlich in der Nierengegend, ferner 
das über den ganzen Rumpf ausgebreitete, rechterseits be¬ 
sonders bedeutende subcutane Emphysem. 

In Folge forcirter Benutzung der Bauchpresse unter Theil- 
nahme der Respiration während des Geburtsactes war also 
jedenfalls die Echinococcusblase geplatzt und die Ausdehnung 
des Risses gestattete der Respirationsluft den Durchgang einer¬ 
seits nach dem Pleurasack, wodurch der Pneumothorax ent¬ 


stand, andererseits aber auch in das interstitielle Gewebe der 
Lunge, von wo aus weiter vordringend das retroperitoneale 
und subcutane Emphysem bewirkt wurde. 


Uebernahme gewisser thierärztlicher Unter¬ 
suchungskosten auf die Staatskasse und 
Pauschalvergütung für amtliche Verrichtungen 
der Kreisthierärzte. 

Von Departementsthierarzt Hinrichsen- Osnabrück. 

In den beiden letzten Nummern dieser Zeitschrift hat Herr 
Professor Dr. Malkmus seinen Standpunkt den vorbezeich- 
neten, neuerdings aufgeworfenen Fragen gegenüber dargelegt, 
dem ich meine etwas abweichende Anschauung anfügen möchte. 

Auch ich bin der Ansicht, dass die Festsetzung und Er¬ 
hebung der Kosten für die Beaufsichtigung der Vieh- und 
Pferdemärkte, der Thierschauen, Auctionen und Körungen, so¬ 
wie der öffentlichen Schlachthäuser den beamteten Thierärzten 
in der Regel keine grossen Schwierigkeiten bereitet, und zwar 
aus dem Grunde, weil hier die Kosten gedeckt werden durch 
die Erhebung von Eintrittsgeld (Thierschauen) oder Standgeld 
(Märkte und Auctionen) oder schliesslich aus Kreis- und Schlacht¬ 
hauskassen, so dass einzelne Personen nicht direct 
belästigt werden. Aber die Höhe dieser Lasten ist wegen 
der ungleichen Entfernung des Kreisthierarztes von dem je¬ 
weiligen Orte seiner Thätigkeit sehr verschieden und die Unter¬ 
nehmer haben ohne Zweifel durchweg das Gefühl, dass der 
Staat seine Beamten selbst entschädigen müsste für Dienst¬ 
leistungen im öffentlichen Interesse, worauf auch die von 
Malkmus erwähnte Beschlussfassung des preussischen Abge¬ 
ordnetenhauses vom 27. April er., sowie der § 23 des preussi¬ 
schen Ausführungsgesetzes vom 12. März 1881 basiren dürften. 

Die meisten Unzuträglichkeiten, welche aus der Einrichtung 
entstehen, dass die Kreisthierärzte für eine Reihe von amtlichen 
Geschäften unmittelbar von den Zahlungspflichtigen Gebühren 
zu°erheben haben, deren Betrag überdies gemäss § 24 des er¬ 
wähnten Gesetzes der Vereinbarung überlassen ist, treten un¬ 
zweifelhaft zu Tage bei der Beaufsichtigung der Gast- und 
Händlerställe, sowie der privaten Schlachthäuser, also wo 
eine einzelne Person die Kosten zu tragen hat. Doch 
die Gastwirthe halten sich zum Theil schadlos oder machen 
sogar ein mehr oder weniger grosses Geschäft dabei, indem 
sie einfach das Standgeld erhöhen und für etwaige Benutzung 
der Viehwaage eine höhere Gebühr erheben. Deshalb sind 
besonders Händler und Privatschlächter meiner Erfahrung zu¬ 
folge am allerwenigsten geneigt, dem Kreisthicrarzt für die 
Revision zu bezahlen und etwaige Anordnungen, betreffend Rein¬ 
haltung und Desinfection ihrer Räumlichkeiten, zu befolgen, 
noch viel weniger zur Ausführung grösserer Reparaturen, welche 
in vielen Fällen erforderlich sind. 

Nun sollen diese Beaufsichtigungen zur Vermeidung grösserer 
Kosten in der Regel gelegentlich anderer Dienst¬ 
reisen der beamteten Thierärzte stattfinden, wobei es Vor¬ 
kommen kann, dass hin und wieder einzelne Ställe etc. in 
einem Quartal überhaupt nicht revidirt werden, denn be¬ 
sondere Reisen würden für einzelne Besitzer von 
Stallungen etc. zu hohe Kosten verursachen, was zu noch 
grösseren Unzuträglichkeiten führen würde. Kommt man zu¬ 
fällig nach stattgehabter Revision am Ende des I. Quartals 
schon wieder im Anfang des II. Quartals gelegentlich vorbei 
und verlangt nach der Revision seine Gebühren, so sagt der 
Zahlungspflichtige nicht selten: »Das Vierteljahr ist ja noch 
nicht verflossen, Sie waren ja erst kürzlich hier!« Dann ist 
man genöthigt, oft im Beisein anderer Leute, zunächst dem 
Zahlungspflichtigen Aufklärungen zu geben, um sich vor dem 
Publikum rein zu waschen und schliesslich die paar Groschen 
gewissermassen als Geschenk einzustecken! Diesen Unannehm¬ 
lichkeiten lässt sich freilich durch jährliche Einforderung der 
Gebühren begegnen, eventuell Seitens der Polizeibehörden, was 
auch Malkmus zutreffend hervorgehoben hat. Ich muss aber 


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272 


DEUTSCHE THffiRiERZTUCHE WOCHENSCHRIFT. 


30. Juli. 


gestehen, dass es mir einzelnen Leuten gegenüber, von denen 
ich weiss, dass sie ungern bezahlen, überhaupt sehr zuwider 
ist, eine Gebühr zu fordern. 

Der Staat vergütet den beamteten Thierärzten nichts für 
solche gelegentliche Thätigkeit, weil dadurch in der Regel nur 
wenig Zeit verloren geht und besondere Kosten nicht entstehen. 
Wie würde es aber, wenn demnächst auch die Kosten sämmt- 
licher Revisionen qu. Ställe und der Privatschlacht¬ 
häuser Seitens des Staates getragen werden sollten, was vielleicht 
als Folge des qu. ministeriellen Erlasses der Fall sein dürfte?! 

Eine kleine Entschädigung würde den beamteten Thier¬ 
ärzten freilich dadurch erwachsen, dass dann, wie z. Zt. bei 
der Controle der Viehrampen etc. an den Eisenbahnstationen, 
besondere Reisen zu machen wären, falls innerhalb eines Quar¬ 
tals keine gelegentliche Revision stattfinden konnte. Sodann 
würden am Wohnorte selbst Fuhrkostenentschädigungen event. 
eine Pauschalsumme erhoben werden können. Aber im Ganzen 
dürfte das Einkommen der Kreisthierärzte dadurch mehr oder 
weniger verringert werden und somit ein Grund mehr 
vorhanden sein, das feste Gehalt derselben zu er¬ 
höhen. Wenn dieser berechtigte Wunsch der beamteten Thier¬ 
ärzte erfüllt und nebenher auch die Diäten von 6 auf 9 Mark 
erhöht werden sollten, dann wäre meines Erachtens gegen die 
Uebernahme der qu. Kosten (Revision der Ställe und 
Privatschlachthäuser betreffend) auf die Staatskasse 
nichts einzuwenden und die grössten Unzuträglichkeiten für 
die Kreisthierärzte beseitigt. Die übrigen hier in Frafce 
stehenden, im öffentlichen Interesse erwachsenden Kosten werdfen 
auch nach meinem Dafürhalten vorläufig weiter unmittelbar 
von den gemäss § 24 des preussischen Ausführungsgesetaes 
vom 12. März 1881 Zahlungspflichtigen zweckmässig erhoben. 

Sind wir aber erst dahin gekommen, dass jeder einzefoe 
Kreis seinen Kreisthierarzt und zu grosse Kreise zwei Kreis¬ 
thierärzte haben werden, was nur eine Frage der Zeit s$in 
dürfte, dann würden auch hier Aenderungen am Platze sein, 
die qu. Kosten Seitens des Staats übernommen werden ahd 
letzterer von den Unternehmern gleichmässige Gebühren *ßjn- 
ziehen können; • womit''alle Unternehmer u gleich’ stark; belastet 
würden im Gegensatz zu jetzt, wo die dem Wohnsitz des Kreis¬ 
thierarztes am nächsten Wohnenden die geringsten Kosten 'zu 
tragen haben und umgekehrt. Die Thätigkeit der Thierärzte 
wird ja voraussichtlich durch die Einführung der allgemeinen 
obligatorischen Schlachtvieh- und Fleischbeschau, durch die 
erhöhte Inanspruchnahme bei der Viehzucht, Seuchentilgung, 
Impfungen etc. allmälig derartig sich steigern, dass jede bisher 
schwer oder überhaupt nicht zu besetzende Kreisthierarztstelle 
ihren Mann ernähren kann und grosse Kreise zwei Kreisthier¬ 
ärzte haben müssen, was ja bereits Seitens der Staatsregierung 
gewünscht und angestrebt wird. 

Dann wird ferner der richtige Zeitpunkt gekommen sein 
für die Festsetzung einer Pauschal Vergütung an Stelle 
der jetzt üblichen Einz*elliquidationen der be¬ 
amteten Thierärzte, was zur Zeit offenbar sehr schwierig 
und nicht zweckmässig sein dürfte. 

Der Antrag des Departementsthierarztes Peters, be¬ 
treffend »die Nothwendigkeit einer officiell anerkannten thier¬ 
ärztlichen Standes Vertretung«, welcher auf der VI. Plenarver¬ 
sammlung der Centralvertretung der thi er ärztlichen Vereine 
Preussens zur Berathung stand und nach einstimmiger Beschluss¬ 
fassung demnächst der Staatsregierung unterbreitet werden soll, 
war offenbar sehr zeitgemäss und dürfte in hervorragender 
Weise dazu beitragen, die berechtigten Wünsche der Thier¬ 
ärzte einer Verwirklichung näher zu bringen. 


Thierzucht und Thierh^ltung. 

Ergebnisse der Viehzählung vom 1. Dezember 1897 
im Deutschen Reich. 

In dem soeben erschienenen II. Vierteljahrshefte zur Sta¬ 
tistik des Deutschen Reichs (1898) sind die ausführlicheren 
Nachweise der am 1. Dezember 1897 ’ n beschränkterem Um¬ 


fang vorgenommenen Viehzählung unter eingehenden tabella¬ 
rischen Vergleichen mit den Ergebnissen früherer Volkszählungen 
veröffentlicht. Danach wurden am 1. Dezember 1897 im 
Deutschen Reich gezählt: 750981 unter 4 Jahre und 3287 504 
über 4 Jahre alte Pferde, 2073246 unter 4 /< Jahr alte und 
16417526 über % Jahr alte Stück Rindvieh, 3087095 unter 
1 Jahr alte und 7779677 über 1 Jahr alte Schafe und 11639286 
unter 1 Jahr alte und 2635271 über 1 Jahr alte Schweine. 
Eine Vergleichung der Ergebnisse mit früheren Zählungen er- 
giebt, dass sich die Stückzahl der Pferde, des Rindviehs und 
der Schweine stetig vermehrt, diejenige der Schafe aber stark 
vermindert hat. 

Die Stückzahl betrug nämlich 

für: Pferde Rindvieh Schweine Schafe 


um das Jahr 1861 3 193 711 14999194 6462572 28016769 

am 10. Jan. 1873 3352231 15776702 7124088 24999406 

am 10. Jan. 1883 3522545 15786764 9206195 19189715 

am 1. Dezbr. 1892 3836256 17555694 12174288 13589612 

am 1.Dezbr. 1897 4038485 18490772 14274557 10866772 
Die Stückzahl der 1897er Zählung hat sich demnach gegen 
die von 1892 vermehrt bei Pferden um 5,27, beim Rindvieh 
um 5,33, bei den Schweinen um 17,25%, dagegen vermindert 
bei den Schafen um 20,04 °/o- 

Im Verhältnis zur Fläche und zur Bevölkerung des Reichs 
stellte sich die Stückzahl des Viehs so, dass entfielen: 



auf 1 

qkm 

auf IOO Einwohner 


1872 

1897 

1873 

1897 

Pferde . 

. . . 6,2 

7,6 

8,2 

7,7 

Rindvieh 

. . . 29,2 

34,2 

38,4 

35,4 

Schafe . 

• • • 46,2 

20,1 

60,9 

20,8 

Schweine 

. . . 13,2 

26,4 

17,4 

27,3 

Die Zunahme 

der Pferde und 

des Rindviehs 

hat also 


der Bevölkerungsvermehrung nicht ganz Schritt gehalten; von 
Schafen entfallen jetzt auf dieselbe Einwohnerzahl nur ein Drittel 
so viel als vor 25 Jahren; bei den betrachteten vier Vieh- 
.,g4tt\ipgqn w ^eigt sich in. der . Zunahpaedes Sch^eine- 

..bcstandes eine die Bevölkerungsvermehrung übertreffende Ent¬ 
wicklung. 


Die Ziegenzucht Im oberen Mliglitzthale. 

>Von Amtsthierarzt Gustav Augst in Lauenstein i. S. 

(Sächsische Landwirtbschaftliche Zeischrift 1898, No. ss u. sj.) 

Verf. giebt ein recht anschauliches Bild über die Ziegen¬ 
zucht im oberen Müglitzthale. Der dort gezüchtete Ziegenschlag 
ist sehr verschieden gefärbt und kann man folgende Farben 
unterscheiden: rehbraun, grauschimmel, schwarz mit weissen 
Augenstreifen und Schecken. In allen 4 Färbungen kommen 
gehörnte und ungehörnte Ziegen vor; am meisten verbreitet 
sind die rehbraunen und finden sich unter diesen immer die 
schönsten Thiere. 

Das Zuchtgebiet dieses Schlages liegt in unmittelbarer Nähe 
des östlichen Erzgebirgkammes in einer Seehöhe von 467 
bis 753 m. 

Seit 1894 wird eine Verbesserung des Ziegenmateriales 
durch Schweizer Böcke angestrebt, und zwar werden haupt¬ 
sächlich weisse Böcke (Saanenschlag ?) hierzu verwendet. Da, 
wie oben erwähnt, die besten Thiere die rehbraunen sind, so 
dürfte es nach Ansicht des Ref. rationeller sein, statt der weissen 
Saanenziegen rehbraune Toggenburger Böcke zur Zucht zu be¬ 
nutzen, da hierdurch viel eher eine Ausgeglichenheit der Nach¬ 
zucht erzielt werden würde, als durch das Mischen extremer 
Farbe. Die Schweizer Toggenburger Ziege ist recht gut als 
Verbesserungsmaterial verwendbar, wie z. B. die Erfolge des 
Ziegenzuchtvereins Ohrdruf in Gotha zeigen; eventuell wären 
auch rehbraune Böcke des Langensalzaer Schlages hierzu ge¬ 
eignet; es finden sich nämlich nicht nur weisse Thiere dieses 
Schlages, sondern auch rehbraune. 

Von letzteren hat z. B. der bekannte Züchter der Langen¬ 
salzaer Ziege, Gutspächter H. Engelbrecht-Sonnebom in Gotha, 


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No. 31. 


DEUTSCHE THIERjERZTUCHE WOCHENSCHRIFT. 


273 


stets einige Exemplare. Die Langensalzaer Ziege hat ja sehr 
vortreffliche Eigenschaften, welche sie als Verbesserungsmaterial 
werthvoll erscheinen lassen. ‘) Vor Allem ist es die Milch¬ 
ergiebigkeit, durch welche sie sich auszeichnet. Diese ist auch 
bei dem im Müglitzthale gezüchteten Schlage gut. 

Nach den von Dr. Kohlschmidt vorgenommenen Unter¬ 
suchungen betrug nämlich der jährliche Milchertrag der an 
27 Thieren verschiedenen Alters vorgenommenen Probemessungen 
im Durchschnitt 725,7 Liter. Bei 24 Thieren erreichte der¬ 
selbe eine Höhe von über 600 Liter und nur bei 3 Thieren, 
die in der ersten Lactationsperiode standen, blieb derselbe 
darunter. Von den 24 älteren Ziegen lieferten 9 Thiere 600 
bis 700 Liter Milch pro Kopf; 7 Thiere 706 - 800 Liter; 
4 Thiere 800—900; 1 über 900 und 3 über 1000 Liter. Der 
höchste jährliche Milchertrag betrug 1077,5 Liter, der niedrigste 
612,37. den Jährlingsziegen schwankte der durchschnitt¬ 
liche Jahresertrag zwischen 328 und 642 Liter. Die Lactations¬ 
periode dauerte im Durchschnitt 332 Tage. Der Fettgehalt der 
Milch betrug 2,74—4,41 °/o, im Mittel 3,43 °/ 0 * 

Wir haben es hier also mit einem recht milchreichen 
Ziegenschlage zu thun. Bei der beabsichtigten Veredelung muss 
besonders darauf geachtet werden, dass diese gute Eigenschaft 
erhalten bleibt. N ö r □ e r. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Institut für Tollwuthbehandiung. 

Beim Institut für Infectionskrankhciten in Berlin ist 
nunmehr eine Station zur Erforschung und Behandlung 
der Tollwuth eröffnet worden. Es können darin die von 
der Tollwuth verdächtigen Thieren gebissenen Menschen un¬ 
entgeltlich nach dem von Pasteur angegebenen Verfahren be¬ 
handelt werden. Die Errichtung einer derartigen Anstalt hat 
sich als nothwendig herausgestellt, da bisher eine solche in 
Deutschland nicht bestanden hat und die Zahl der tollen Hunde 
anscheinend im Zunehmen begriffen ist. Im Jahre 1897 sind 
alieift in Preüsjten fünf Personen,' dänifttfcr ztvel ThiCräfzte,’ in 
Folge von Tollwuth nach Bissverletzung gestorben. 


Unterstützung^-Verein für Thierärzte. 

Gelegentlich der Plenarversammlung der Delegirten der 
Centralvertretung der preussischen thierärztlichen Vereine am 
21. und 22. Mai d. Js. ist ein Unterstützungsverein für deutsche 
Thierärzte gegründet worden. Derselbe bezweckt, vorüber¬ 
gehend oder dauernd arbeitsunfähigen Thierärzlen, sowie Hinter¬ 
bliebenen von Thierärzten auf Ansuchen Unterstützung zu ge¬ 
währen. Es sollen hierdurch einmal die recht oft in den thier¬ 
ärztlichen Fachzeitschriften erscheinenden Aufrufe zu Beiträgen 
für in Noth gerathene Collegen oder für Hinterbliebene von 
solchen möglichst vermieden, andererseits auch einem wirklichen 
Bedürfniss abgeholfen werden, welches in den thierärztlichen 
Kreisen immer mehr hervorgetreten ist. Es ist daher dringend 
erwünscht, dass möglichst alle Collegen sich an diesem humanen 
und für den thierärztlichen Stand ehrenvollen Werke betheiligen. 

Nachstehend veröffentlichen wir den Statutenentwurf, wie 
er am 22. Mai er. von der Versammlung der Vereinsmitglieder 
angenommen worden ist Meldungen zum Beitritt werden mög¬ 
lichst bald an den Vorsitzenden, Departementsthierarzt 
Preusse, Danzig, Schleusengasse 11, erbeten. 

Statut des Unterstützungs-Vereins für Thier&rzte. 

§ 1. 

Der »Unterstützungs-Verein für Thierärzte« 
wird begründet von der »CentralVertretung der thierärztlichen 
Vereine Preussens« mit dem Sitze in Berlin. 

Er beginnt seine Thätigkeit am 1. Januar 1899. 


') Vergl. Nflrner: Die Langeusalzter Ziege and ihre Körpermesse 
(Milch-Zeitung N«. ll vom 13. Mlrz 1897). 


Mitgliedschaft. 

§ 2- 

Die Mitgliedschaft können alle deutschen Thierärzte er¬ 
werben durch Anzeige bei dem Vorsitzenden und Zahlung der 
Beiträge nach § 3. 

§ 3 - 

Die Mitgliedschaft wird erworben durch Zahlung eines 
jährlichen Beitrages von 5 Mark oder durch eine einmalige 
Zahlung von 100 Mark. Die letztere Art des Erwerbs wird auf 
der jedem Mitglied zu ertheilenden Mitgliedskarte bescheinigt. 

§ 4 - 

Mitglieder, welche gröblich gegen Bestimmungen des Sta¬ 
tuts verstossen oder welche Mitglieder des Vereinsvorstandes 
wegen ihrer Thätigkeit in diesem beleidigen, können auf An¬ 
trag des Vorstandes durch eine Versammlung der Vereinsmit¬ 
glieder aus der Mitgliederliste gestrichen werden. 

§ 5 - 

Die Mitglieder sind gleichberechtigte alleinige Eigenthümer 
des Vereinsvermögens. Das Verfügungsrecht der Eigenthümer 
ist jedoch durch die Bestimmungen dieses Statuts begrenzt. 

§ 6. 

So lange die im § 1 genannte Centralvertretung besteht, 
sind Versammlungen der Vereinsmitglieder im An¬ 
schluss an jede Versammlung der Centralvertretung abzuhalten. 
Falls die Centralvertretung nicht mehr bestehen sollte, sind 
besondere Versammlungen nach Berlin einzuberufen. In jedem 
Falle hat mindestens alle 3 Jahre eine Versammlung von Vereins¬ 
mitgliedern stattzufinden. Die Vereinsmitglieder sind hierzu 
rechtzeitig unter Mittheilung der Tages-Ordnung durch die thier¬ 
ärztliche Presse einzuladen. 

Die Versammluug der Vereinsmitglieder, in der jedes Mit¬ 
glied eine Stimme hat, fasst ihre Beschlüsse mit einfacher 
•Majorität, sofern das Statut nicht für gewisse Beschlüsse andere 
•Bestimmung trifft (vgl. §§ 36, 37). Bei Wahlen entscheiden 
>;die höchsten erreichten Stimmenzahlen. 

’ Eine ordnungsmäßig einbferiifene Versammlung der Vereins- 
'mitglieder ist ohne Rücksicht auf die Zahl der erschienenen 
Mitglieder beschlussfähig. 

: 9 7 - 

Die Mitglieder des Unterstützungs-Vereins haben 

a) in erster Linie Aussicht auf Gewährung von Vortheilen 

1 aus der Vereins-Kasse nach Massgabe der Bestimmungen 

des Statuts und der verfügbaren Mittel; 

b) das alleinge Recht, Statutenänderungen zu beschliessen, 
soweit dieselben nach dem bei der Gründung des Unter- 

j Stützungsvereins beschlossenen Statut zulässig und rechts¬ 

verbindlich sind (§ 17 u. 36); 

c) das Recht, die Mitglieder des Vereinsvorstandes zu 
wählen, soweit dieselben nach Massgabe des Statuts 
nicht anderweitig zu ernennen sind (§ 9); 

d) das Recht, gelegentlich jeder Versammlung der Vereins¬ 
mitglieder von dem Vereinsvorstand einen vollständigen 
Rechenschaftsbericht einzufordern, denselben durch eine 
von den Versammelten zu wählende Commission, welche 
einen sachverständigen Revisor zuziehen kann, prüfen 
zu lassen und über Ertheilung der Entlastung zu ent¬ 
scheiden , sowie ausserordentliche Commissionen zur 
Prüfung aller Angelegenheiten zu ernennen; 

e) principielle Directiven bezüglich der Zuwendung von 
Unterstützungen (unbeschadet der §§ 25—35) zu geben 
(Entscheidung über Einzelfalle siehe § 30—31); 

f) das Recht auf sofortige Einberufung einer Versamm¬ 
lung, sobald 10 pCt. der Vereinsmitglieder diese ver¬ 
langen. 

Vorstand. 

§ 8 . 

Die Verwaltung untersteht, unbeschadet der den Mitgliedern 
vorbehaltenen Rechte, einem Vereinsvorstand mit mindestens 5 
bis höchstens 8 Mitgliedern. 


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30. Juli. 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


274 

§ 9 - 

So lange die im § 1 genannte Centralvertretung besteht, ge¬ 
hört der Ausschuss der Central Vertretung bezw. fünf von dem¬ 
selben zu bestimmende Mitglieder desselben eo ipso zum Vor¬ 
stand und der Vorsitzende der Centralvertretung ist zugleich 
Vorsitzender des Vorstandes des Unterstützungsvereins. 

Die Mitglieder des Ausschusses der Centralvertretung können 
jedoch den Eintritt in den Vorstand ablehnen. 

§ 10. 

So weit die Zahl der zum Vorstand gehörigen Mitglieder 
des Ausschusses der Centralvertretung einschliesslich des Vor¬ 
sitzenden die statutenmässige Mindestzahl der Vorstandsmitglieder 
nicht erreicht, sind Ergänzungswahlen aus der Zahl der Vereins¬ 
mitglieder vorzunehmen. 

Eine Verstärkung des Vorstandes, bis zur statutenmässig 
höchsten Mitglicderzahl, ist sowohl auf Antrag des Vorstandes 
als auch in Folge eines Beschlusses der Vereinsmitglieder zu 
bewirken. 

§ 11. 

Der Vorstand kann, unbfeschadet der Bestimmungen des 
Statuts, eine Geschäftsordnung, sowie die Vertheilung der Ge¬ 
schäfte unter sich vereinbaren. 

Die in Bezug auf die Geschäftshandhabung gefassten Be¬ 
schlüsse sind in einem Protokollbuch zur Orientirung künftiger 
Vorstände zu sammeln. 

Jedes mit laufender Correspondenz, Buchführung und Kassen¬ 
geschäften beauftragte Vorstandsmitglied kann für die genannten 
ihm obliegenden Geschäfte Schreibhülfe und andere Unterstützung 
requiriren und liquidiren. Die Prüfung der Angemessenheit der 
Liquidationen steht dem Gesammtvorstande zu. 

§ 12. 

Alle Beschlüsse des Vorstandes erfolgen durch einfache 
Majorität der abgegebenen Stimmen. Bei Stimmengleichheit 
entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. 

§ 13. 

Die wichtigsten Aufgaben des Vorstandes sind nutzbringende 
Vermögensverwaltung und zweckmässige Vertheilung der Unter¬ 
stützungen. 

Vermögensverwaltung. 

§ 14. 

Der Vorstand ist in dem Vertrauen gewählt, dass er die 
Verwaltung des Vermögens nach besten Kräften und mit 
äusserster Vorsicht führen werde. Eine Haftbarkeit für Ver¬ 
luste ruht auf dem Vorstande nur in so weit, als Verluste 
1. durch Verfehlungen im Sinne des Strafrechtes entstehen 
sollten, oder 2. die nachweislichen Folgen der Nichtbeobachtung 
ausdrücklicher Bestimmungen dieses Statuts sind. 

§ 15 . 

Der Unterstützungsverein muss bestrebt sein, ein festes 
Vermögen (Stammcapital) zu sammeln. In jedem Falle sind: 

a) Die Zinsen des in Werthpapieren oder Hypotheken 
(Grundstücken) anzulegenden Stammcapitals so . lange 
zum Capital zu schlagen, bis dasselbe die Summe von 
100000 Mk. erreicht hat. 

Von diesem Zeitpunkt ab ist von jeder Versamm¬ 
lung der Vereinsmitglicder besonderer Beschluss über 
die Verwendung der seit der letzten Versammlung an¬ 
gewachsenen Zinsen zu fassen. 

b) Von den eingehenden Mitglieds-Beiträgen 10 pCt. zum 
Stammcapital zu schlagen, bis dieses 10000 Mk. beträgt. 

c) Die nach § 3 eingehenden Mitgliedsbeiträge von 100 Mk. 
immer dem Stammcapital zuzuführen. 

§ 16. 

Grössere Zuwendungen, Schenkungen und Vermächtnisse 
sind stets dem Stammcapital zuzuführen, wenn die Geber dies 
nicht ausdrücklich anders bestimmen. 

Solche Zuwendungen im Betrage von mindestens 3000 Mk. 
können als besondere Stiftungen mit dem Namen des Gebers 
für alle Zeiten verbunden werden, bilden aber im Uebrigen Theile 
des gesammten Stammcapitals. 


§ 17. 

Das Stammcapital ist für alle Zeiten unangreifbar. Ein 
Beschluss, es anzugreifen, kommt einem Auflösungsbeschluss 
gleich und hat unmittelbar dessen Folgen (§ 37). 

Die zum Stammcapital gehörigen Werthstüeke sind von 
allen übrigen Beständen ausdrücklich zu scheiden. 

Ein Beschluss, Werthstücke in das Stammcapital überzu¬ 
führen, kann nicht zurückgenommen werden. 

§ 18. 

Eine Verpflichtung zur Verausgabung der verfügbaren Ein¬ 
nahmen besteht nicht. 

Jedoch sollen wirklich begründete Unterstützungsgesuche 
nicht, um aus den verfügbaren Mitteln Ersparnisse zu machen, 
zurückgewiesen werden. 

§ 19. 

Von den Mitgliederbeiträgen sind, abgesehen von den Ab¬ 
gaben an das Stammcapital (nach § 15), 10 pCt. zu einem 
Reservefonds bis zur Höhe von 3000 Mk. anzusammeln. 

§ 20. 

Sobald das Stammcapital die Höhe von 100000 Mk. er¬ 
reicht hat, können die Zinsen (soweit nicht deren anderweitige 
Verwendung beschlossen wird nach § 15, a, Abs. 2) sowie die 
nicht anderweitig zu verwendenden Mitgliedsbeiträge zur Er¬ 
höhung des Reservefonds über 3000 Mk. hinaus verwendet 
werden. 

§ 21. 

Der Reservefonds kann bei aussergewöhnlicher Häufung der 
Unterstützungsgesuche mit Genehmigung einer Versammlung der 
Vereinsmitglieder zu Unterstützungen mitverwendet werden, so¬ 
weit dies unumgänglich erforderlich scheint. 

Die Versammlung der Vereinsmitglieder kann bei länger 
dauernder Calamität die Genehmigung zu derartiger Verwendung 
von Theilen des Reservefonds auf Jahre hinaus ertheilcn. 

§ 22. 

Die Versammlung der Vereinsmitglieder kann, falls die 
Höhe des Reservefonds dies zu gestatten scheint, die Ueber- 
führung von Theilen desselben zu dem Stammcapital beschliessen. 

§ 23. 

Alle Sparkassenbücher, Werthpapiere und geldwerthige 
Documente sind unter für die Verwaltung und Sicherheit des 
Vereinsvermögens geeigneten Bedingungen principiell bei der 
Reichsbank zu deponiren. 

Falls solche Bedingungen bei Reichsbankstellen nicht zu 
erlangen sind, kann durch Beschluss des Vorstandes die Auf¬ 
bewahrung bei einem oder mehreren anderen Bankinstituten 
unter obigen Bedingungen erfolgen, wodurch die Vorstands¬ 
mitglieder ebenso von etwaiger Verantwortung, wie bei Auf¬ 
bewahrung auf der Reichsbank, entlastet werden. Diese Banken 
gelten dann als Reichsbankstcllen im Sinne des Statuts. 

§ 24. 

Am Jahresschluss ist die Jahresrechnung und der Vermögens¬ 
stand aufzunchmen und durch mindestens 2 Vorstandsmitglieder, 
welche an der Kassenführung nicht betheiligt sind, zu revidiren. 

Das Ergebniss des Jahresabschlusses ist durch die thier- 
ärztliche Presse zur Kenntniss der Vereinsmitgliedcr zu bringen. 

Unterstützungen. 

§ 25. 

Die Ertheilung von Unterstützungen erfolgt durch Beschluss¬ 
fassung des Vorstandes, unbeschadet der in § 7e, 21, 31, 34 
bestimmten Einschränkungen und innerhalb der Grenzen der 
für Unterstützungen nach Massgabe der Einnahmen und der 
§§ 15 — 21 verfügbaren Mittel. 

§ 26. 

Unterstützungsgesuche sind stets dem Vorsitzenden schrift¬ 
lich einzureichen. Die Gesuche können sowohl von den Unter¬ 
stützungssuchenden als auch für diese von anderen Personen 
eingereicht werden. 

§ 27. 

Der Unterstützungsverein hat folgende, in der hier ge¬ 
gebenen Reihenfolge nach einander zu berücksichtigende Zwecke; 


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No. 31. 


DEUTSCHE THIERiERZTLfCHE WOCHENSCHRIFT. 


2 ?§ 


1. Unterstützung vorübergehend oder dauernd arbeits¬ 
unfähig gewordener Vereinsmitglieder. 

2. Unterstützung von Vereinsmitgliedern in besonderen 
Nothlagen. 

3. Unterstützung von Hinterbliebenen der Vereinsmitglieder. 
Als Hinterbliebene gelten solche Personen, denen gegen¬ 
über das Mitglied eine gesetzliche oder moralische Unter¬ 
haltungspflicht hatte. 

4. Unterstützung von Wittwen und Waisen solcher Thier¬ 
ärzte, welche nicht Vereinsmitglieder waren. 

§ 28. 

In jedem Falle ist der Nachweis dringender Bedürftigkeit 
die Vorbedingung für die Gewährung jeder Unterstützung. 

§ 29 

Alle Vereinsmitglieder sind verpflichtet, wahrheitsgetreue 
Auskunft zu ertheilen bezw. ihnen an Ort und Stelle vom Vereins- 
Vorstand übertragene Ermittelungen vorzunehmen. 

§ 30 - 

Ueber die Gewährung einmaliger Unterstützungen ent¬ 
scheidet endgültig der Beschluss des Vorstandes. 

Die Versammlungen der Vereinsmitglieder haben nicht das 
Recht, an solchen Beschlüssen irgend welche Kritik zu üben. 

§ 31 . 

Ablehnung von Unterstützungsgesuchen wird ebenfalls 
durch Beschluss des Vorstandes ausgesprochen. 

Gegen einen solchen ablehnenden Beschluss kann jedoch 
Protest erhoben werden. 

Wenn der Protest von mindestens 50 Vereinsmitgliedern 
unterzeichnet ist, muss der Vorsitzende, in anderen Fällen 
kann der Vorsitzende dem Vorstande die Sache zur nochmaligen 
Beschlussfassung unterbreiten. 

Wenn die Majorität des Vorstandes bei ihrer Ablehnung 
verbleibt, muss der Fall der nächsten Versammlung der Vereins¬ 
mitglieder zur Entscheidung vorgelegt werden, falls der Protest 
von 50 Mitgliedern des Vereins unterzeichnet gewesen ist. In 
allen anderen Fällen kann nur Seitens einer gegen die Ablehnung 
votirenden Minorität von Vorstandsmitgliedern die Entscheidung 
der Versammlung der Vereinsmitglieder verlangt werden. 

Die sofortige Einberufung einer Versammlung der Vereins¬ 
mitglieder zum Zwecke der Entscheidung über die Ablehnung 
eines Unterstützungsgesuches kann nur im Falle des § 7 f ver¬ 
langt werden. 

Die Beschlussfassung der Versammlung der Vereinsmit¬ 
glieder ist jedenfalls eine endgültige. 

Falls ein Unterstützungsgesuch, dessen Ablehnung von der 
Versammlung der Vereinsmitglieder bestätigt worden ist, er¬ 
neuert wird und dann der Vorstand zu der Entscheidung kommt, 
dass eine Veränderung der Verhältnisse nicht vorliege und eine 
abermalige Ablehnung zu erfolgen habe, so ist gegen diese 
Entscheidung ein Protest nicht zulässig. 

§ 32 . 

Der Vorstand kann beschliessen, alle Gesuche, deren Be¬ 
gründung ihm zweifelhaft und deren Erledigung nicht absolut 
dringend erscheint, zurückzustellen und erst beim Jahresabschluss 
unter Berücksichtigung der verfügbaren Mittel und unter ob- 
jectiver Vergleichung der verschiedenen zur Erledigung vor¬ 
liegenden Gesuche eine Entscheidung zu treffen. 

§ 33 - 

Die Höhe der einzelnen Unterstützungen hat der Vorstand 
zu bemessen. 

§ 34 - 

In jedem Falle (exl. § 35,3) darf die Unterstützung inner¬ 
halb eines Jahres nicht die Summe von 1000 Mk. übersteigen. 

§ 35 - 

Ueber die Verwendung der nach Abschluss der Jahres¬ 
rechnung verbleibenden und nach § 15—21 zu Unterstützungs¬ 
zwecken eventuell verfügbar bleibenden Mittel beschliesst der 
Vorstand spätestens im Januar des folgenden Jahres. 

Dieselben können verwendet werden: 

1. zur Gewährung noch unerledigter Gesuche, 


2. zur nachträglichen Bewilligung abschläglich beschiedener 
Gesuche, 

3. - zur Nachzahlung an im Laufe des vergangenen Jahres 

bereits unterstützte Personen, wobei der § 34 ausser 
Betracht bleibt, 

4. zur Vermehrung der zu Unterstützungszwecken verfüg¬ 
baren Mittel des nächsten Jahres durch Uebertragung 
auf neue Rechnung, 

5. zu Ueberweisungen an das Stammcapital oder gemäss 
§ 20 an den Reservefond. 

Besondere Bestimmungen. 

§ 37 - 

Statutenänderungen können nur von einer Versamm¬ 
lung der Vereinsmitglieder und nur dann beschlossen werden, 
wenn die darauf abzielenden Anträge bei der Berufung der 
Versammlung wörtlich bekannt gemacht worden sind. Aenderung 
der §§ x 5 — * 7 . 3 6 und 37 erfordert 4 / 5 Majorität. 

§ 37 - 

Die Auflösung des Unterstützungsvereins kann 
nur mit 4 / 6 Majorität auf einer Vereinsversammlung beschlossen 
werden. 

Ein Beschluss, das Stammvermögen anzugreifen, ist einem 
Auflösungsbeschluss gleich zu achten (vergl. § 17). 

Die Annahme einer Aenderung dieses Paragraphen 37 kommt 
ebenfalls einem Auflösungsbeschlusse gleich. 

Das Stammvermögen des aufgelösten Vereins fällt einer 
anerkannten, für Thierärzte nützlichen bezw. einer wohlthätigen 
Einrichtung zu. 

Vorstehendes Statut wurde in der Versammlung der Vereins¬ 
mitglieder am 22. Mai 1898 festgestellt. 

Der Vorstand: 

P r e u s s e , 

Vorsitzender. 

Esser. Schmaltz. Malkmus. Steinbach. Heyne. 


Vereinsnachrichten. 

1 

Hamburg-Altonaer Thierärztlicher Verein. 

Kalbefieber. 

In der Junisitzung des Vereins machte zunächst Herr Thier¬ 
arzt Eh 1 ing-Winsen weitere Mittheilungen über die Behand¬ 
lung des Kalbefiebers mittelst Jodpräparaten. Am 
13. Februar d. Js. wurde E. zu einer Kuh gerufen, die weniger 
schwer an Kalbefieber erkrankt war. Zweimal wurden je 
5,0 g Natr. jodat. in das Euter infundirt. Die Kuh ist genesen. 
Am 24. Februar er. kam ein schwerer Fall zur Behandlung. 
Es wurden 3 X 5 >° S Natr. jodat. infundirt, ausserdem 5,0 g 
Coffein eingespritzt. Alsdann trat Genesung ein. Am 25. Febr. 
wurde E. zu einer kalbefieberkranken Kuh gerufen, die 4 Tage 
vorher gekalbt hatte. Ausser Natr. jodat. kam Aloe und Coffein 
zur Verwendung. Des Nachts war die Kuh schwer krank und 
zeigte grosse Athemnoth. Wiederholt wurden Euterirrigationen 
vorgenommen. Im Ganzen wurden 20,0 g Natr. jodat. und 
10,0 g Coffein verbraucht. Allmälig trat Besserung ein und 
die Kuh genas. Am 6. April er. kam ein Fall zur Behandlung, 
der tödtlich verlief. Am 6. und 7 April wurden 4 X 5 »° g 
Coffein und 50,0 g Natr. jodat. eingespritzt. Am 8. April noch¬ 
mals 5,0 g Coffe'in und 5,0 g Natr. jodat. injicirt. Die Section 
des am 8. April gefallenen Thieres ergab als Todesursache 
eine Fremdkörperpneumonie. Die Kuh hatte sich schon hoch¬ 
gradig krank gezeigt. Am 9. April ereignete sich ein Fall, der 
langsam zur Genesung gebracht wurde. Im Ganzen waren 
15,0 g Natr. jodat. und 5,0 g Coffein erforderlich. Eine am 
20. April erkrankte Kuh genas nach 10,0 g Natr. jodat. Eine 
am 25. April erkrankte Kuh, die grosse Athembeschwerde 
zeigte, erhielt bis zur Genesung 20,0 g Natr. jodat. am ersten 
Tage und am zweiten Tage nochmals 7,5 g Natr. jodat. Eine 
ebenfalls am 25. April erkrankte Kuh erhielt am Erkrankungs¬ 
tag® 7»5 and am darauf folgenden Tage nochmals 7,5 g Natr. 


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2^6 


DEUTSCHE THIERjBRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


3 o. Juli. 


jodat, worauf Genesung eintrat. Am 4. Mai er. wurde ein 
mittelschwercr Fall mit 2 X I0 »° g Natr. jodat. zur Genesung 
gebracht. Am 10. Mai kam ein schwerer Fall zur Behandlung, 
welcher zur Heilung 3 X IO *° g Natr. jodat. und 2 X 5 >° g 
Coffein erforderte. Am 11. Mai kam ein Fall zur Behandlung, 
wo zuerst nur mangelhafter Appetit und Kreuzschwäche sich 
zeigte. Im Laufe der Behandlung erkrankte die Kuh schwer, 
am 11. Mai wurden in drei Mal 25 g Natr. jodat. infundirt und 
2 X 5 >° g Coffein eingespritzt, am folgenden Tage nochmals 
7,5 g Natr. jodat. und 1 X 5 i°g Coffein. Die Kuh wurde wieder¬ 
hergestellt. Eine am 13. Mai mittclschwer am Kalbefieber er¬ 
krankte Kuh genas nach 17,5 g Natr. jodat. Ein leichterer 
Fall am 16. Mai erforderte 2 X 7.5 g Natr. jodat. Am 19. Mai 
wurde E. zu einer schwer erkrankten Kuh gerufen, welche Er¬ 
scheinungen des Kalbefiebers zeigte. Trotz Verwendung von 
25,0 g Natr. jodat. und 10,0 g Coffein erfolgte eine Besserung 
nicht und wurde die Kuh nothgeschlachtet. Bei der Section 
fand sich eine Blutung an der Medulla oblongata. Nach Aus¬ 
sage des Besitzers soll die Kuh beim Hinwerfen auf die 
Schnauze gestürzt sein. Am 31. Mai kam ein schwerer Fall 
in Behandlung. Es wurden im Ganzen 30,0 g Natr. jodat. und 
20,0 g Kal. jodat. infundirt und 2 X 5 ,° Coffein eingespritzt. 
Die Kuh erholte sich langsam. Ein leichter Fall am 31. Mai 
kam zur Genesung. Ebenfalls ein solcher am 1. Juni er. nach 
10,0 g Natr. jodat. Am 3. Juni wurde die Behandlung bei 
einer schwer an Kalbefieber erkrankten Kuh eingeleitet. Im 
Ganzen kamen 40,0 g Natr. jodat. und 2 X 5 «° g Coffein zur 
Verwendung. Trotzdem musste zur Nothschlachtung gegriffen 
werden. Bei der Section wurden Krankheitsveränderungen nicht 
angetroffen. Am 6. Juni erkrankte eine Kuh, bei der das Kalbc- 
fieber einen schleichenden Verlauf zeigte und bis zur Genesung 
30 g Natr. jodat. und 5,0 g Coffein verbraucht wurden. 

Von 19 Fällen sind demnach 16 Fälle (84,2 ° /0 ) geheilt 
worden, 3 Fälle gelangten zur Nothschlachtung, von denen bei 
2 Sectionserscheinungen gefunden wurden, die mit der Kalbe¬ 
fiebererkrankung nichts zu thun hatten. E. hält deshalb die 
Behandlung des Kalbefiebers mittelst Jodpräparaten nach 
Schmidt- Kolding für die beste Behandlungsmethode und kann 
diese Behandlung nur empfehlen. > 

Herr Husfeldt-Wandsbeck hat 18 Kühe nach der Me¬ 
thode von Schmidt-Kolding behandelt und nicht die Hälfte 
durchbekommen. H. infundirte 10 bis 15 g Jodnatrium zwei 
Mal, trotzdem gelangte die Hälfte der behandelten Kühe zur 
Nothschlachtung. 

Herr E h 1 i n g führt den Misserfolg darauf zurück, dass der 
Thierarzt die Besserung der Thiere nicht abgewartet hat und 
der Besitzer bei der Erkrankung der Kühe an Kalbeficber sehr 
leicht geneigt ist, die Kühe, um noch etwas zu retten, noth- 
zuschlachten. 

Herr Schmidt-Buxtehude hat 12 schwer am typischen 
Kalbefieber erkrankte Kühe mittelst Jodpräparaten behandelt. 
Hievon sind 2 gestorben und 10 genesen. Schm, hat den 
kranken Kühen zuerst 10,0 g Natr. jodat. infundirt, nach weiteren 
zwei Stunden 5,0 g und am anderen Morgen die gleiche Dosis 
noch einmal, wenn nicht Heilung erfolgt, Abends wieder. Der 
Verlauf bei den einzelnen Kranken war sehr verschieden, eine 
Kuh zeigte noch 8 Tage hinterher Lahmheit. Die beiden un¬ 
günstig verlaufenen Fälle hatten leicht gekalbt. Als Schm, 
hinzugerufen wurde, zeigten die kranken Kühe 39,5 °C. bezw. 
40,5° C. Temperaturerhöhung. Die Thiere waren unvermögend, 
aufzustehen, der Kopf wurde hm und hergeworfen oder platt 
in die Seite gelegt. Die Temperatur im ersten Fall stieg bis 
auf 40° C., im zweiten Fall von 40,5° C. bis 41,2° C. Am 
nächsten Tage nach der Erkrankung trat der Tod ein. Schm, 
glaubt, dass hier eine Mischintoxication Vorgelegen hat. In 
sämmtlichen günstig verlaufenen Fällen war die Temperatur 
38,0° C. oder noch darunter, in einem sehr günstig verlaufenden 
Fall sogar nur 36,5 °C. Die Fälle, wo sich eine Temperatur¬ 
steigerung eingestellt hat, sieht Schm, als ungünstig an und 
hält hier die Einspritzung für contraindicirt. Die grösste zur 


Anwendung gelangte Dosis Jodnatrium betrug 25,0 g, ausser¬ 
dem gelangten in zwei Fällen noch 5,5 g Coffein, Klystiere, 
Einreibungen, Priessnitz’sche Umschläge zur Anwendung. 

Herr Glage-Hamburg hat früher bereits bei Kalbefieber 
Jodkalium subcutan angewendet. Die Temperatur betrug in 
dem einen Falle vor der Einspritzung 36,5° C., ira anderen 
36,9° C. und stieg nach 15 resp. 25 Minuten auf 38,9° C. resp. 
39,i°C., ein Fall verlief ungünstig, die Kuh wurde noth¬ 
geschlachtet, der andere günstig, die Kuh genäss. 

Nachdem der Vorsitzende in Aussicht gestellt hatte, im 
Herbst nochmals auf die Behandlung des Kalbefiebers zurück¬ 
zukommen, wurde die Sitzung geschlossen. KQbnau. 


Einladung 1 

zur Generalversammlung des Vereins der Thierärzte des 
Reg.-Bez. Wiesbaden am 6. August, Vormittags 11 Uhr 
zu Limburg im Nassauer Hof. 

Tages-Ordnung: 

1. Vereinsangelegenheiten. 

2. Bericht Uber die Verhandlung der Centialvertretung der thierÄrzt¬ 
lichen Vereine Preusscns am 21. Mai er. zu Berlin. Referent: Kreis¬ 
thierarzt Pitz. 

3. Theilnahme an dem Internationalen thierärztlichen Congress zu 
Baden-Baden 1899. 

4. Diversa. 

Die ursprünglich auf den 21. Juli festgesetzte Versammlung musste aus 
dringenden Gründen auf 14 Tage verschoben werden. 

Dem Wunsche mehrerer Collegen, die Versimmlung in Frankfurt ab¬ 
zuhalten, konnte mit Rücksicht auf einen früheren Beschluss der General¬ 
versammlung, dass die Sitzungen abwechselnd in Limburg und Wiesbaden 
stattfinden sollen, nicht stattgegeben werden. 

W e i I b u r g, den 20. Juli 1898. 

I. A.: Emmerich, Schriftführer. 


Personal-Nachrichten, 

Anszeichnungen: Thierarzt H. Davids aus Pritzwalk wurde von 
der medicinischen Fakultät der Universität Giessen zum Doctor med. vet , 
Thierarzt R. Schmidt aus Elbing von der naturwissenschaftlichen Fakultät 
der Universität Tübingen zum Doctor rer. nat. promovirt. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Bezirksthierarzt S. Beichold in 
Bruck bei München wurde zum ausserordentlichen Mitgliede des Königlichen 
Obermedicinalausschusses, Oberrossarzt Eichhorn in Pirna zum Bezirks¬ 
thierarzt in Rochlitz, Amtsthierarzt Spörer in Rodach zum Districtsthierarzt 
in Wolfstein, Districtsthierarzt Pletzer in Pfaffenhausen zum Districts¬ 
thierarzt in Schwabmünchen ernannt. Bezirksthierarzt Haubold in Roch¬ 
litz nach Meissen versetzt. Districtsthierarzt H. Heiss In Pasing zum städti¬ 
schen Thierarzt und Schlachthofdirector in Straubing gewählt, Hilfsthierarzt 
Miessner bei der städtischen Fleischbeschau in Berlin zum etatsmässigen 
städtischen Thierarzt, Thierarzt Krippendorf zum Hilfsthierarzt, Thierarzt 
Wegermann zum Sanitätsthierarzt in Wetter (Ruhr) bestellt. Verzogen 
sind die Thierärzte Glaser von Dölitz nach Liebenwalde, P i 11 m a n n von 
Paderborn nach Trier, Gross von Flensburg nach Strassburg als Assistent 
des Landesthierarztes, Rund von Norderney nach Hannover, Haberl von 
Regensburg nach Tölz, Madel von Ichenhausen nach Bruck. Niedergelassen 
haben sich die Thierärzte Harder in Römhild, Lamche in Oranienburg. 

Professor Dr. Skrczecska von der Stellung einet ordentlichen Mit¬ 
gliedes der technischen Deputation für das Veterinärwesen entbunden. 

Die"thiepärztllehe Staatsprüfung haben bestanden in Berlin: 
Max Eggebrecht aus Stettin, Emil Krüger aus Hagenow, Heinrich 
Lohbeck aus Erfurt, Jakob Seegmüller aus Hertlingshausen. 

Die Approbation in München haben erlangt: G. Bernhard ans 
Pegnitz, Fr. M a y er aus Malsch (Baden), J. S ep p aas Schweinfnrt, J. Wuch er 
aus Ansbach, Armin F e s e r aus München, H. Jakob aus Wömitzpostheim. 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutschen 

Heeres: Unterrossarzt Münsterberg vom Ul.-Regt. No. 12 zum Leib- 
Garde-Hns.-Regt., Unterrossarzt Rode vom Leib-Garde-Hos.-Regt. zur Art.- 
Schiessschule versetzt. Zu Uoterrosslrzteo wnrden befördert die Rossarzt¬ 
eleven : Kettner im Hus -Regt. No. 8, Richter im Art.-Regt. No. 3, 
Schütt im Art.-Regt. No. 15, Seegmülierim Art.-Regt. No. 14, Simon 
im Art.-Regt. No. 10. 

Gestorben: Vcterinärassessor Dr. Ulrich iu Breslau, Kreisthierarzt 
Säzler in Görlitz, Kreisthierarzt a. D. Vormeng in Neustadt (Westp.). 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thlerirzülche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmua in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der MaeUefsehen Druckerei in Karlsrahe i. B. 


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Deutsche 

Thierärztliche Wochenschrift 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regierungs- und Medieinalratb, 
Director der Thierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 


herausgegeben von 
Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregierungsrath 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regierungsrath und Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Gartll in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 


Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Louisenthal (Saar). 


redigirt von 


Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784 a. 


Sechster Jahrgang. 


Sämmtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 
Conecturen und Anzeigen an die Expedition der 
Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 
in Karlsruhe CBadenl. 


M 3 ». 


Ausgegeben am 6. August. 


1898 . 


Fürst Bismarck 

Der getreue Eckart des deutschen Reiches 
hat für immer seine Augen geschlossen. Mit 
allen Berufsständen trauern auch die deutschen 
Thierärzte um den Verlust des genialen Politikers 
und Staatsmannes, der den Gedanken des von 
Gelehrten und Dichtern längst geträumten einigen 
Reiches zur Wirklichkeit machte. Als Staats¬ 
bürger zollen sie ihm Dankbarkeit dafür, dass 
er Deutschland zu seiner jetzigen Grösse und 
Macht erhoben und das Nationalgefühl energisch 
geweckt hat, als Veterinäre, dass er die Fach¬ 
genossen von Nord und Süd einander näher ge¬ 
bracht und es ihnen ermöglicht hat, ihre gegen¬ 
seitigen Vorzüge leichter auszutauschen und ihre 
Aufgaben im Interesse der heimischen Volks- 
wirthschaft mit besserem Erfolge durchzuführen. 
Das Andenken an Deutschlands grössten Sohn 
und besten Patrioten wird in den Herzen der 
deutschen Thierärzte nimmer erlöschen. 



Bericht über die XII. Wanderausstellung der 
deutschen Landwirthschaftsgesellschaft in 
Dresden. 

Von Professor Dr. Pusch in Dresden. 

(ForttetzuDg.) 

II. Die Rinderabtheilung. 

Die Rinderabtheilung beansprucht auf den Schauen der 
Deutschen Landwirthschaftsgesellschaft mit Recht das grössere 
Interesse, einmal weil die Rinder immer der Zahl nach an 
erster Stelle stehen, und andererseits weil das mehr oder we¬ 
niger feststehende Programm, die Ausstellordnung, an der trotz 
aller Anstürme nicht viel geändert wird, wesentlich mit dazu 
beigetragen hat, die Zuchten in den verschiedenen Theilen 
Deutschlands auf eine feste Grundlage zu stellen und die Züchter 
zu Genossenschaften und diese wieder zu Verbänden zu ver¬ 


einigen. Dadurch hat man in bestimmten Districten eine gleich- 
massige Zuchtrichtung erreicht, in anderen wiederum das vor¬ 
handene Material in sich gebessert und vervollkommnet, in 
anderen endlich überhaupt zur Zucht selbst angeregt. 

Die Ausstellordnung schreibt zwar nicht im Allgemeinen vor, 
dass nur selbstgezogene Thiere ausgestellt werden dürfen, sie 
stellt aber dieses Postulat für die Sammlungen von Einzelzüchtern, 
Zuchtgenossenschaften und Verbänden auf, denen nur gestattet 
ist, selbstgezogene, weibliche Thiere neben Bullen auszustellen, 
von denen die Hälfte der zulässigen Zahl importirt sein darf. 
Hierdurch schon wird, da jeder grössere Züchter und jede 
Vereinigung in Sammlungen ausstellen will, ein wesentlicher 
Ansporn zur Züchtung gegeben, und es ist wohl nur eine Frage 
der Zeit, dass man schliesslich die Zulassung weiblicher Rinder 
auf die selbstgezogenen beschränken kann. 

Der Andrang zur Beschickung der Rinderabtheilung ist nun 
in der Regel grösser, als der verfügbare Platz, deshalb müssen 
häufiger Reductionen vorgenommen werden, was in Dresden 
auch ganz besonders aus den schon oben genannten Gründen 
der Fall war. 

Anfangs wollte man nur 900 Stück zulassen, später hat 
man die Zahl erhöht und schliesslich 1084 Anmeldungen ent¬ 
gegengenommen. Indessen blieben 118 Thiere fern, wohl in 
der Hauptsache in Folge der Verschiebung und der damit ver¬ 
bundenen wirtschaftlichen Abhaltungen, stattgehabten Ab¬ 
kalbens u. a. m. 

Was nun die Gruppenbeschickung anlangt, so Hessen schon 
die Lage Dresdens, die Rassenvertheilung in Sachsen selbst 
und die Betheiligung der einzelnen deutschen Landestheile an 
der Einfuhr nach Sachsen erwarten, dass Höhen- und Niederungs¬ 
vieh einander der Zahl nach annähernd die Wage halten würden. 
Mit Ausschluss der Zugochsen waren demnach auch 415 Höhen¬ 
rinder und sammt den Shorthorns 605 Niederungsthiere an¬ 
gemeldet. Davon entfielen auf: 


Grosses Fleckvieh 

Pinzgauer . 

Graubraunes Gebirgsvieh . . . . 

Gelbe, einfarbige Höhenschläge . . 

Einfarbig rothes Vieh des Höhenlandes 
Mit Simmenthalern veredeltes Land vieh 
Holländer, Ostfriesen, Jeverländer . 

Oldenburger . 

Rothbunte Schläge Holsteins . . . 

Andere deutsche Niederungs- und 

Landschläge.. 

Shorthorns , .. 


182 

10 

11 

25 

114 

73 

305 

69 

82 


f Höhenschläge. 


Niederungsschläge. 


134 

*5 


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278 


DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


6 . August. 


Aus dem Königreich Sachsen waren 2ioThiere ausgestellt, 
wovon 16 Stück an der Zugprüfung theilnahmen. 

Von Zuchtgenossenschaften hatten sich 23 eingefunden: 
Donaueschingen, Messkirch, Pfullendorf (Baden), Steigra (Provinz 
Sachsen), Triptis (Sachsen-Weimar), der Viehzuchtverein im Ost¬ 
kreise des Herzogthums Altenburg, Waldsassen und Weiden 
(Bayern), 2 Heerdbuchgesellschaften für das Vogelsberger Rind 
aus dem Grossherzogthum Hessen und der Provinz Hessen-Nassau, 
der Voigtländer Heerdbuchverein, der Jeverländer Heerdbuch- 
vcrein, der Oldenburger Wesermarsch-Heerdbuchverein, der 
Bordesholmer Rindviehzuchtverein, die Vereinigung Breitenburger 
Viehzüchter und der Viehzuchtverein für die Holsteinische Elb¬ 
marsch (Schleswig-Holstein), der Rindviehzuchtverein der Wils- 
nacker Niederung (Brandenburg), die Lüneburger Heerdbuch- 
gesellschaft, die Stammzuchtgenossenschaft der altmärkischen 
Elbniederung [Wische] (Provinz Sachsen), die Rothviehstamm- 
heerden der Landwirthschaftskammer für Schlesien, der all¬ 
gemeine Angler-Viehzuchtverein, die Züchtervereinigung für die 
Zucht des schweren, rothen, Nordschleswigschcn Milchviehs 
und die Gesellschaft deutscher Shorthornzüchter. 

Von Verbänden und Heerdbuchgesellschaften wären fol¬ 
gende acht anwesend: Verband der Oberbadischen Genossen¬ 
schaften, Zuchtverband für Bayerisches Rothvieh, Verband der 
Heerdbuchgesellschaften für das Vogelsberger Rind, Verband 
Erzgebirgischer Zuchtgenossenschaften, die Ostpreussische, die 
Baltische (Pommern), die Pommer'sehe und die Westpreussische 
Heerdbuchgesellschaft. 

Das Höhenvieh. 

Nahezu die Hälfte hiervon entfällt auf das grosse Fleck¬ 
vieh, das zum grossen Theile aus Baden, der Provinz Sachsen, 
Sachsen-Weimar, zum kleineren aus dem Königreich Sachsen, 
Altenburg und Oberbayern zugeführt war. Württemberg und 
der Zuchtverband für Oberbayerisches Alpenfleckvieh hatten 
nicht ausgestellt. 

Wie zu erwarten war, stand hier Oberbaden bei weitem 
an der Spitze. Seine zielbewusste langjährige Zucht und das 
zahlreich im Lande vorhandene gute Zucht- und Ausstellüngs- 
material mussten ihm im Verein mit einer erprobten Aus¬ 
stellungstechnik den Sieg leicht machen. Der Messkircher 
Bulle Herkules verdiente seinen Siegerpreis ebenso wie der 
Sultansohn Saul aus Donaueschingen den ersten Preis, während 
der Bulle Sultan der Zuchtgenossenschaft Pfullendorf, die mehrere 
sehr gute, weibliche Thiere ausgestellt hatte, nicht an den Platz 
gehörte, an dem er stand. Hier schadete er nicht nur der 
eigenen Genossenschaft, sondern auch dem ganzen Verbände. 
An Messkirch waren besonders die schönen, edlen Figuren, an 
Donaueschingen mehr die Euter zu loben. 

Die Zuchtgenossenschaft Steigra erhielt in der Sammlungs- 
concurrenz zwar den dritten Preis, wies auch gute Figuren auf, 
Hess aber in der Farbe noch die wünschenswerthe Aus¬ 
geglichenheit vermissen. 

Die Heerdbuchgesellschaft Triptis, die rund 40 Thiere aus¬ 
gestellt hatte, und der Vichzuchtverein im Ostkreise des Herzog¬ 
thums Altenburg haben seit Jahren viel Fleiss auf ihre Zucht 
und auch jetzt viel Sorgfalt auf die Vorbereitungen für die 
Ausstellung verwendet, wofür sie auch in der Kuhklasse die 
verdiente Anerkennung fanden. In Bezug auf Bullen und Färsen 
konnten sie sich indessen neben ihren älteren oberbadischen 
Concurrenten nur sehr mühsam behaupten. 

Von Einzelausstellern sind Siemens-Ahlsdorf (Prof. Sachsen), 
Fohr-Wallenburg (Oberbayern), Zimmermahn-ßornheim (Hessen) 
und Lange - Grünthal zu erwähnen, der einige sehr schöne, 
importirte Kühe zeigte. Warum die edelste davon, die von 
dem Gemeinderathe Tritten in Lenk gezogene Gemschi keinen 
Preis erhalten hat, ja warum ihr selbst die Anerkennung ver¬ 
sagt blieb, war dem sachverständigen Publikum nicht ver¬ 
ständlich. 

Die Pinzgauer entstammten in der Hauptsache einer 
Wirthschaft aus der Nähe von Leipzig und zeichneten sich 
durch eine sehr lobenswerthe Ausgeglichenheit bei genügender 
Körperschwere aus. Obgleich auf 9 Einzelthiere drei I. und 


ein II. Preis entfielen, wurde der einzige Sammlungspreis nicht 
vergeben, sondern die Collection mit einer Anerkennung ab¬ 
gefunden. Der Grund der Entschlicssung des Preisgerichts 
blieb dem Publikum ebenfalls unverständlich. 

Die Sammlung von Allgäuern bot deshalb besonderes Inter¬ 
esse, weil der Züchter derselben die Heerde vor mehr als 
50 Jahren begründet hat. Obgleich dieselbe wenig mehr als 
40 Haupt zählt, ist es ihm trotz starker Inzucht möglich ge¬ 
wesen, die Thiere fruchtbar, gesund und namentlich wüchsig 
zu erhalten, wovon die ausgestellten Individuen auch Zeugniss 
ablegten. Da der Züchter bei der Einführung von Bullen auf 
dunkle Farbe nichts gegeben, ja im Gegentheil der Milch- 
production wegen die helleren Thiere bevorzugt hat, so ist 
die Heerde allerdings zu hell und in manchen älteren Kühen 
fast weiss geworden. 

Das gelbe, einfarbige Frankenvich, von der Musterzucht¬ 
station Prossclsheim und Freiherrn von Grunclius ausgestellt, 
zeigte sehr schöne, in Figur und Farbe gleichmässige, richtig 
gefütterte Thiere. Gegenüber früheren Zeiten hat sich das 
Franken- oder Scheinfelder Vieh wesentlich gebessert, und letz¬ 
teres ist ausser durch Hebung des Futterbaues und rationellere 
Aufzucht erreicht worden durch Benützung von Simmenthaler- 
und Halbblutshorthornbullen. 

Während man früher die Einmischung von Shorthornblut 
ängstlich geheim zu halten suchte, obgleich dasselbe bei manchen 
weiblichen Thieren nur allzu deutlich schon aus den breiten, 
massiven Hüften heraussah, scheint man jetzt nach dieser 
Richtung hin die Oeffentlichkeit, und zwar mit vollem Recht, 
nicht mehr zu scheuen, wie aus den Mittheilungen über die 
Prosselsheimer Rindvieh-Musterzuchtstation im Tageblatt der 
dreizehnten Wander-Versammlung, Stück 5, hervorgeht. Jeden¬ 
falls bewiesen die Thiere in Dresden, dass die Einführung von 
Blut frühreifer Rassen dem Schlage bessere Formen verschafft 
hat, ohne ihm seine Beweglichkeit und Gängigkeit, auf die 
bei Arbeitsrassen ein grosses Gewicht gelegt werden muss, zu 
nehmen. 

In der stark, mit 114 Thieren beschickten Gruppe »Ein¬ 
farbiges, rothes Vieh des Höhenlandes< fanden sich Vogefs- 
berger aus dem Grossherzogthum Hessen und Hessen-Nassau 
und Voigtländer aus Bayern und Sachsen zusammen. 

Das Zuchtgebiet der Vogelsberger umfasst die preussischen 
Kreise Biedenkopf, Dillenburg, Marburg, Wetzlar und die 
hessische Provinz Oberhessen. Die Züchter sind in den einzelnen 
Theilen zu Heerdbuchgesellschaften und diese zu einem Verbände 
zusammengetreten. Die bayerischen Voigtländer, vom Zucht- 
verbande für Oberpfälzer Rothvieh gezüchtet, sind in der Haupt¬ 
sache um die Städte Weiden und Waldsassen zu Hause, deren 
jede auch Sitz einer Zuchtgenossenschaft ist. Die Begründung 
der letzteren und ihr Zusammenschluss zu einem Zuchtverbande 
datirt seit dem Jahre 1896. Im Königreich Sachsen ist man 
in den angrenzenden Bezirken diesem Beispiele gefolgt und hat 
hier den Voigtländer Heerdbuchverein mit dem Sitze in Auer¬ 
bach gegründet. 

In jedem Falle ist es sehr recht, diesen alten, genügsamen, 
deutschen Viehschlag vor dem Aussterben zu bewahren, an 
dem man die Arbeitslust und Arbeitstüchtigkeit und die feine 
Beschaffenheit des Fleisches lobt, während cs mit der Milch 
und der Wüchsigkeit hapert. Hier sind wir aber auch durch 
unsere modernen Culturrassen verwöhnt, an denen die Kunst 
der Züchtung und der grosse Futtersack schon seit Jahrzehnten 
herumgearbeitet haben, während die rothen Landschläge un¬ 
beachtet im Winkel standen. 

Die Besserung der Wüchsigkeit aus dem vorhandenen 
Material heraus ist natürlich möglich, dauert aber sehr lange, 
um so mehr, als arme Bodenverhältnisse und ein in der Haupt¬ 
sache noch an der alten Methode der Aufzucht hängender 
Bauernstand die Sache nicht gerade erleichtern. Da wäre es 
sicherlich kein Fehler, wenn man dem Beispiele der Prossels¬ 
heimer folgte und dem Rothvieh einige Tropfen des Blutes 
einer verwandten, frühreifen Rasse einverleibte. Hier kann 
nur der Devon-Schlag in England in Frage kommen, während 
die Kreuzungen mit Anglern und rothen Ostfriesen den Be- 


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No. 32. 


279 


DEUTSCHE THIER.ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


obachtungen in Sachsen zu Folge als gänzlich fehl geschlagen 
anzusehen sind. Ungleiches mit Ungleichem gepaart, giebt 
ebenfalls Ungleiches, das hat sich auch an den Voigtländern 
und den einfarbig rothen Schlägen Norddeutschlands wieder 
bewahrheitet. 

Was das Pigment, die Farbe und die Formen anlangt, so 
sind die Thiere sowohl des Vogelsberger wie Voigtländer 
Schlages noch ziemlich ungleich. Man verlangt braunrothe 
Farbe, helles Flotzmaul, weisse Schwanzquaste neben sonstigem 
Fehlen weisser Haare. 

Während man nun einerseits einen Bullen wegen eines 
kleinen, weissen Streifens unter der linken Kniefalte von 
der Prämiirung ausschloss, liess man dunkel gesprenkelte 
Flotzmäuler, die namentlich bei den bayerischen Bullen zu sehen 
waren, gelten. Einige der letzteren waren auch theilweise vorn 
so dunkel, dass man sie hier geradezu als schwarz bezeichnen 
konnte. Die sächsischen Voigtländer sind im Allgemeinen heller, 
die Vogelsberger zwischen gelbroth bis rothbraun. Im Gewicht 
sind die Vogelsberger am leichtesten, in der Figur etwas eckig 
und hinter der Schulter dürftig, weicher Rücken war dagegen 
bei vielen Kühen der ganzen Gruppe nebst Neigung zur 
Einsattelung vorhanden. Am meisten zu loben ist die Tiefe 
der Brust, die bei manchen Kühen und den besseren Bullen 
des Voigtländerschlages sehr in die Erscheinung trat, die ausser¬ 
dem einen vorzüglichen Schluss hinter der Schulter aufwiesen. 
Sehr verbesserungsfahig sind noch die Becken, denen es hinten 
an Breite fehlt, weiterhin ist noch französische Stellung und 
Kuhhessigkeit ein nicht seltener Fehler, auch müssen die Euter¬ 
formen noch besser werden. Nach letzterer Richtung hin waren 
die Voigtländer aus Sachsen den anderen etwas überlegen, ob¬ 
wohl gerade die Kühe aus Sachsen bei der Prämiirung nicht 
gerade gut abgeschnitten hatten. 

In der Verbandsconcurrenz siegte das Oberpfälzer Rothvieh 
über die Vogelsberger, während sich in den Sammlungen von 
Genossenschaften die Heerdbuchgesellschaft des Kreises Bieden¬ 
kopf für das Vogelsberger Rind den ersten, der Voigtländer 
Heerdbuchverein den zweiten und die Zuchtgenossenschaft 
Weiden den drittqn Preis erstritt. 

Jedenfalls hat der Vergleich der verwandten Schläge unter 
einander den Züchtern manche Anregung gegeben, die alle ihr 
Möglichstes gethan hatten, um den gemeinsamen Wettkampf 
mit Ehren zu bestehen. 

Als letzte Gruppe erschien unter A. in diesem Jahre zum 
ersten Male das mit Simmenthalcrn veredelte Landvieh. Die 
Aufstellung dieser Gruppe beruhte auf einem nicht unberech¬ 
tigten Zugeständnisse der deutschen Landwirthschaftsgesellschaft 
gegenüber dem Landesculturrathe des Königreichs Sachsen, der 
den Vertretern der in den gebirgigen Theilen des Landes fast 
ausschliesslich betriebenen Simmenthaler Kreuzungszucht die 
Gelegenheit verschaffen wollte, ihr Zuchtmaterial zu zeigen und 
der Kritik eines sachverständigen Publikums zu unterwerfen. 
Hier hat das Entgegenkommen der Gesellschaft und namentlich 
die einsichtsvolle Prüfung der Sachlage durch den zuständigen 
Sonderausschuss den zuchttreibenden Districten viel Nutzen ge¬ 
bracht. Einmal haben sich die Züchter schon vorher bei den 
Vorschauen eine rücksichtslose Kritik gefallen lassen müssen, 
andererseits haben sie aber auch in Dresden gesehen, dass ihre 
Producte doch bereits einen sehr beachtlichen Werth besitzen, 
und endlich ist ihnen durch die Möglichkeit des Vergleiches 
zwischen ihren Thieren und denen der Reinzuchten der Um¬ 
stand klar geworden, dass sie noch Vieles bessern müssen, 
dass sie aber auch noch mehr erreichen können, wenn sie auf 
dem von ihnen eingeschlagenen Wege fortfahren. 

Die Veredelung des Landviehs durch consequente Be¬ 
nutzung von Simmenthaler Bullen wird in der Hauptsache im 
Erzgebirge und in demjenigen Theile des Voigtlandes betrieben, 
der an Oberfranken und die thüringischen Staaten angrenzt. 

Bis vor etwa 15 Jahren bestand der Viehschlag des oberen 
Erzgebirges aus einem rasselosen Material im Höhenviehtypus. 
Die alten, rothen, gelben und schwarzen Rückenschecken hatte 
man vielfach mit Allgäuern gekreuzt, theils letztere auch ohne 
Blutauffrischung in sich fortgezüchtet, so dass eine Aenderung 


dringend nöthig war, sollte nicht der Zukauf sich ganz und gar 
einbürgern und der Handel die Zucht verdrängen. 

Zunächst wurden Genossenschaften durch freiwillige Ver¬ 
einigung von Züchtern gegründet, denen der Staat Simmenthaler 
Bullen gegen eine zehnjährige Verpflichtungszeit kostenlos über¬ 
gab. Im Jahre 1886 wurde dann ein Gesetz erlassen, demzu¬ 
folge sich innerhalb der einzelnen Orte Züchtervereinigungen 
gründen konnten, sofern ein Mehrheitsbeschluss der Rinder¬ 
besitzer hierfür vorhanden war. Diese Genossenschaften stehen 
unter der Aufsicht der Amtshauptmannschaften und haben den 
grossen Vorzug, dass die Beiträge nach Art der Gemeinde¬ 
abgaben eingezogen werden, und dass jeder Viehbesitzer im 
Orte die erstcren im Verhältnisse zu seinen deckfähigen Rindern 
leisten muss. Gleichzeitig wurde auch für die Genossenschaften 
der Körzwang eingeführt und denselben bei ihrer Gründung 
90 °/ 0 zu den Anschaffungskosten der ersten Bullen aus der 
Staatskasse gegeben. Solcher Genossenschaften giebt es bis 
jetzt im Bezirke des landwirtschaftlichen Kreisvereins im Erz¬ 
gebirge 50 mit 129 Bullen, die sich in der Hauptsache auf die 
Amtshauptmannschaften Marienberg, Annaberg und Schwarzen¬ 
berg vertheilen. 

Da grössere Anwesen nur in geringer Anzahl vorhanden 
sind, und die wenigen Rittergüter Milchwirtschaft treiben und 
Niederungsvieh halten, so ruht die Zucht hauptsächlich in den 
Händen der kleineren Besitzer, die in einer Höhenlage von 
5 — 900 Metern sich mühsam durch’s Leben ringen. Während 
die Wirte im Punkte der Feldbestellung und der Düngung 
verhältnissmässig weit vorgeschritten sind, war im Kuhstalle, 
wo die Frau das Regiment führt, von einem Fortschritte nichts 
zu merken, hier haben erst die zahlreichen Thierschauen des 
letzten Jahrzehntes Besserung geschaffen, von denen die im 
Jahre 1895 zu Annaberg abgchaltene mit mehr als 500 
Kreuzungsthiercn im ausgesprochenen Simmenthaler Typus be¬ 
schickt war. 

Da es den Genossenschaften schwer war, bessere, ihren 
Zwecken passende Originalbullen zu beschaffen, so ist mit 
Hülfe von Staatsmitteln im Jahre 1895 eine Bullenaufzuchtstation 
gegründet worden, für die bisher 150 junge Bullen aus dem 
Inlande (27) aus Baden, Bayern und der Schweiz angekauft 
worden sind. Aus der Station erhalten die Züchter die geimpften 
und acclimatisirten Thiere zu 150—200 Mk. unter dem Selbst¬ 
kostenpreise. Diese Einrichtung hat sich bisher als sehr prak¬ 
tisch erwiesen und dürfte auch für die Zukunft ein Haupt¬ 
förderungsmittel der heimischen Zucht abgeben. 

Seit diesem Jahre sind nun die Zuchtgenossenschaften zu 
einem Verbände für Erzgebirgisches Fleckvieh vereinigt worden, 
der als solcher in Dresden 12 Bullen, 24 Kühe und 28 Kalben 
ausstellte. Von den Bullen concurrirten 5 importirte und 3 im 
Lande gezogene mit dem grossen Fleckvieh und 4 in der 
Gruppe >durch Simmenthaler veredeltes Landvieh«. Auf erstere 
entfielen 1 II., 1 III., 1 IV. Preis und 3 Anerkennungen, auf 
letztere 3 I. Preise und die silberne Staatsmedaille der Königl. 
Sächs. Regierung. In reichlichem Masse wurden auch die Kühe 
und Kalben prämiirt, von denen ein grosser Theil sich 
gut präsentirte, obwohl die Züchter in dem Vorbereiten ihrer 
Thiere für eine derartige Ausstellung ganz ungeübt waren. 

Was die Formen anlangt, so würden die Thiere unter das 
mittlere Fleckvieh zu rechnen sein, doch sind die Pigmente 
noch nicht so ausgeglichen, dass hier eine Verbandssammlung 
zusammen gekommen wäre. Diese erschien zwar noch nicht wie 
aus einem Gusse, doch genügte sie nach dem Urtheile der nicht 
sächsischen Sachverständigen vollkommen den Ansprüchen, die 
man bei der Kürze der Zeit, seit welcher die Zuchtrichtung 
verfolgt wird, an eine derartige Collection stellen kann. 
Zudem machte die Auswahl und Controle sehr viele Schwierig¬ 
keiten, da die 64 Thiere 49 Besitzern aus 33 Ortschaften 
gehörten, die sich wiederum über 7 Amtshauptmannschaften 
erstreckten, so dass eine Zusammenstellung unmöglich war, 
und der die Aufsicht führende Zuchtinspector bei angestrengter 
Thätigkeit mehr als eine volle Woche gebrauchte, um die 
angemeldeten Thiere zu controliren. 


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280 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


6. August. 


Da im Erzgebirge fast überall die Industrie auch in die 
Dörfer ihren Einzug gehalten hat, so wird die Milch durch¬ 
schnittlich gut bezahlt, weshalb die Thiere leider zu zeitig 
zugelassen und allerorts diejenigen bevorzugt werden, welche 
viel Milch geben, selbst wenn die Formen etwas zu wünschen 
übrig lassen oder sich an dem Ohre und dem Flotzmaul ein 
unreiner Pigmentfleck findet. Mit dieser wirtschaftlichen For¬ 
derung muss auch die Zuchtleitung rechnen und darf daher bei 
Bullen deshalb nicht in einseitiger Weise die vollen Fleisch¬ 
formen mit der überreich bemuskelten Oberschenkelpartic be¬ 
vorzugen. 

Ausser dem Verbände »Erzgebirgischer Genossenschaften« 
hatten in der Gruppe Ag noch einige Züchter aus dem Voigt¬ 
lande ausgestellt, von denen besonders Hallbauer-Seelingstedt zu 
nennen ist, dessen Thiere sich durch schöne Figuren und grosse 
Wüchsigkeit auszeichneten. 

(Schluss folgt.) 


Referate, 

lieber das Airol. 

Von W. Eber-Berlin. 

(Zeitschrift für Thiermedicin, Bd. II, 1898, S. 3.) 

Airol ist eine Verbindung von Wismuth mit Gallussäure 
und Jod. Es ist also verwandt dem Dermatol (Bismuthum sub- 
gallicum). Airol, ein graugrünes, feines, voluminöses Pulver, 
hat weder Geruch, noch Geschmack, ist lichtbeständig und un¬ 
veränderlich gegenüber trockener Luft. Unter der Einwirkung 
feuchter Luft, des Wassers und des Wundsecretes entsteht eine 
an Jod und Gallussäure ärmere Verbindung von gelbrother 
Farbe. 

Die Wirkung des Airols auf Wunden ist antiseptisch und 
secretionbeschränkend, wobei das abgespaltene Jod in Betracht 
kommt. Eine bakterien t ö d t e n d e Wirkung in Culturen ent¬ 
faltet es nicht, es hemmt jedoch das Wachsthum der Mikro¬ 
organismen. Airol ist weniger toxisch als Jodoform. iw 

Die Humanmediciner haben. Airol mit gutem Erfolg an¬ 
gewandt gegen Abscesse, Verbrennungen, Geschwüre, Otitis, 
Ulcus corneae, Gonorrhoea und als Wundheilmittel. Die Form 
ist verschieden: pur oder mit Talcum als Streupulver, mit 
Ungt. Paraffin, als Salbe, als Airolglycerin und Airolpaste, .als 
Airolstäbchen und Airolgaze. 

Eber’s Versuche mit Airol im Hundespital zu Berlin be¬ 
ziehen sich auf 158 chirurgische Fälle. Am meisten tritt die 
secretionsbeschränkende Wirkung zu Tage; eine Eiterung kommt 
nicht zu Stande, die Granulationen sind gut, die Epithelüber- 
deckung geht flott von Statten, Wundekzeme fehlen, Ver¬ 
giftungen, auch bei Vögeln, sind nicht beobachtet worden. 

Airol kostet pro Kilogramm 55 Mk. (Jodoform 30.25, 
Dermatol 34, Thioform 46, Glutol 62 Mk.). 

F r o eh n er-Fulda. 


Behandlung: der Schulterlahmheit mit Atropinmorphium- 

injection. 

Von Meinicke. 

(Zeitschrift f. Veterinärkunde. 1898, S. 913.) 

Ein acut schulterlahmes Pferd wurde, da keine Besserung 
durch Kühlen, Priessnitz’schc Umschläge und Fluid erreicht 
wurde, mit Atropinmorphiuminjectionen behandelt. Es erhielt 
am 10. Krankheitstagc Atrop. sulf. 0,05, Morph, hydrochlor. 0,2, 
Aqu. dest. 20,0 an zwei Stellen der Schulter injicirt. Bereits 
nach 10 Minuten erweiterten sich die Pupillen, das Pferd streckte 
die Zunge seitlich zum Maule heraus und bewegte dieselbe 
wie ein Zungenstrecker. Wasser und Heu versuchte das Pferd 
aufzunchmen, konnte selbiges aber nicht abschluckcn. Puls 
drahtförmig, spritzend, 60 pro Minute, Arterie stark gespannt, 
Herzschlag pochend, deutlich fühlbar. Nach a /4 Stunden war 
der Puls nicht mehr zählbar, Arterie weich. Herzschlag tumul- 


tuarisch, regelmässig, 90 Mal pro Minute hörbar. Athmung 
erfolgte langsam, 8 Mal pro Minute. Nach 1 Stunde war der 
Herzschlag stark pochend, 110—116 Mal wahrnehmbar; es war 
Muskelzittern und Schwanken in der Hinterhand zugegen. Der 
Blick war stier und ängstlich, die Pupillen sehr stark erweitert. 
Das Pferd fing an, mit den Vorderfüssen an den Boxwänden 
in die Höhe zu steigen. Allmälig beruhigte sich das Pferd; 
die Zahl der Pulse fiel nach 1 */* Stunden auf 90 pro Minute, 
nach 2 Stunden auf 70. Nach weiteren 3 Stunden wurden 
60 Herzschläge gezählt, der Puls war fühlbar, die Pupillen 
jedoch noch weit. Das Pferd zeigte sich müde und rührte 
weder Wasser noch Futter an. 

Am nächsten Tage war der Zustand des Pferdes wieder 
normal bis auf den Appetit, der noch mangelhaft war, und die 
Pupillenerweiterung, die erst nach 3 Tagen verschwand. Auf 
jeden Fall war die Lahmheit darnach beseitigt und blieb es 
auch. M. räth, wegen der stürmischen Wirkung des Atropins 
die Dosis desselben auf 0,015- 0,03 herabzusetzen. 

Frick. 


Doppelfärbung der Bacillen und ihrer Sporen. 

Von Mongiardino. 

(II moderno Zooiatro 1898, S. 184.) 

Die Färbung der Bacillen und eine Contrastfärbung ihrer 
Sporen nimmt M. in folgender Weise vor: 

Dünner Ausstrich auf dem Deckglas, Trocknen an der 
Luft, Erhitzen auf beinahe ioo°C., so dass die Bacillen starben, 
aber nicht die Sporen. Eintauchen des Deckglases in wässrige 
Methylviolettlösung, bis das Präparat intensiv gefärbt ist (un¬ 
gefähr ‘/ 8 Stunde). Abwaschen und Eintauchen in eine 2proc. 
Lösung von Ammoniumbichromat: dadurch werden nur die 
getödteten und gefärbten Bacillen bewirkt, während die noch 
lebenden Sporen kein Ammoniumbichromat aufnehmen. Nach 
einigen Minuten sehr sorgfältiges Trocknen ohne vorheriges Ab- 
spülcn, dann 2—3 Minuten dem dirccten Sonnenlicht oder 
^4 Stunde und mehr dem diffusen Tageslicht aqssetzen. Jetzt 
sorgfältiges Abspülen und Erhitzen, bis die Färbung etwas ab¬ 
blasst (ungefähr I50°C.; hierbei sterben auch die Sporen). 
Abkühlen lassen und Einbringen des Präparates in Ziehl’sches 
Carboifuchsin. In den so behandelten Präparaten erscheinen 
die Bacillen blassviolett bis perlgrau, die Sporen dagegen leb¬ 
haft roth. Frick. 


Kaiserschnitt bei einer Kuh. 

Von Assistent Svent Larsen in Kopenhagen. 

(Maanedsskrift foi Dyrlacger. io. Bd., 9. Heft.) 

Als Leiter der ambulatorischen Klink wurde L. zu einer 
6 Jahre alten Kuh >rother dänischer Rasse« gerufen, die nicht 
gebären konnte. Anamnese und Untersuchung führten zur Dia¬ 
gnose: Vollständige Gebärmutterdrehung nach links. Nach 
verschiedenen vergeblichen Versuchen, die Retorsion durch 
Wälzung zu bewerkstelligen, schritt L. zum Flankenschnitt. 
Aber auch da widerstand der trächtige Uterus allen Versuchen, 
die Lageberichtigung durch directes manuelles Anfassen zu er¬ 
reichen. Haupthindernisse bildeten die Schwere und die allzu 
glatte Oberfläche des Organs. Als der Eigenthümer sich ent¬ 
schloss, die Kuh zu schlachten, rieth ihm L. zum Kaiserschnitt, 
da das Resultat desselben doch nicht zweifelhaft sein könne. 
Die Kuh hatte sich währenddessen gelegt, sie wurde gefesselt 
und die Bauchwunde etwas vergrössert. Sodann fasste L. mit 
der Hand unter das trächtige Gebärmutterhorn, um den Hinter- 
fuss zu fixiren, gegen die Bauchwunde herzudrücken und so 
zu verhindern, dass das Fruchtwasser in die Bauchhöhle ab- 
flicsse. Nachdem die Gebärmutterwand durchschnitten war, 
kam das Kalb zum Vorschein und wurde nach Aufsuchen des 
anderen Hinterbeins hervorgezogen. Das Junge war todt und 
etwas über mittelgross. Während der Uterus an der Bauch- 
1 wunde stets festgchalten wurde, löste L. die Nachgeburt los, 


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No. 32. 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


281 


»eine Arbeit, die keineswegs leicht war, da es unmöglich war, 
die Uterushornspitze ganz von der Nachgeburt reinzubekommen«. 
Mit 10 Catgutnähten wurde die Uteruswand verschlossen und 
die Lageberichtigung, so gut es mit Rücksicht auf die Wund¬ 
naht ging, versucht, jedoch ohne befriedigendes Resultat. Die 
äussere Wunde wurde mit desinficirten Litzen geschlossen. Die 
Kuh war während der Operation ziemlich ruhig, jedoch nachher 
aufgeregt, weshalb L. ein Stimulans (*/, Liter Branntwein in 
warmem Oel) verabreichen Hess. Andern Tags erhob sich die 
Kuh allein, jedoch verschmähte sie Futter und Getränke, hatte 
39,3° Temperatur, 80 Puls, 48 Athem. Der Eigenthümer hielt 
deshalb die Schlachtung für das beste. Die Wunde lag in der 
äusseren Wand des rechten Gebärmutterhorns und hatte eine 
schräge Richtung von oben nach unten. Die Wundränder waren 
ziemlich fest mit Fibringerinnsel verklebt. Der Uterus enthielt 
röthliche, trübe, etwas übelriechende Flüssigkeit sammt Resten 
der Nachgeburt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Kuh die 
Operation überstanden hätte. Römer. 


Ueber die Einwirkung: der Muskelarbeit auf den 
Blutdruck. 

Von Professor Tan gl und Professor Zuntz. 

(Archiv f d. gerammte Physiologie. 70. Bd. S 544.) 

In der Norm ist die Thätigkeit eines Muskels mit einer 
Erweiterung seiner zuführenden Gefässe verbunden; die aus den 
Venen des Masseter und Levator labii superioris des Pferdes 
ausfliessende Blutmenge ist bei der willkürlichen, durch Vor¬ 
legen von Futter herbeigeführten Thätigkeit 3—5 Mal grösser 
als in der Ruhe. Wenn solche Erweiterung der Muskelgefasse 
in grossen Muskelgruppen zugleich erfolgt, wie bei der Loco- 
motion der Thiere, muss der arterielle Druck sinken, falls nicht 
andere Momente dem entgegenwirken. Ein solches Moment ist 
die Förderung des Venenstromes durch die Muskelcontractionen, 
welche jedesmal das in den Venen enthaltene Blut auspressen 
und mit Hilfe der Klappen nach dem Herzen treiben; zugleich 
saugt die vertiefte Athmung das Venenblut energischer nach 
dem Herzen. Endlich wird die dem Herzen vermehrt zufliessende 
Blutmenge durch die zahlreicheren und kräftigeren Herzcon- 
tractionen rascher wieder in das Arteriensystem eingepresst. 
Durch alle diese Einwirkungen wird der Blutdruck beeinflusst. 

Nach den Resultaten der seitherigen Versuche, die an 
niedergelegten Pferden angestellt wurden, schien es, als ob der 
Blutdruck beim Pferde durch die Muskelarbeit herabgesetzt 
würde. In Uebereinstimmung mit Kauffmann fand Zuntz 
beim ruhenden Thiere 155 mm Quecksilberdruck, beim arbei¬ 
tenden 143 mm. Mit Rücksicht auf den Widerspruch, in dem 
sich dies Resultat mit den geläufigen Anschauungen der Kliniker 
über den Einfluss der Muskelarbeit auf den Blutdruck befinde!, 
haben die VerfT. neue Versuche an Hunden angestellt unter 
möglichster Vermeidung der jenen Versuchen anhaftenden 
Mängel; Einzelheiten der Versuchs-Anstellung müssen im Ori¬ 
ginal nachgesehen werden. 

Verff. fanden zunächst den Blutdruck bei Hunden, die 
unter möglichst normalen Verhältnissen gehalten wurden, in der 
Ruhe erheblich niedriger, als man ihn auf Grund der Versuche 
an aufgebundenen, unter unbehaglichen Eindrücken lebenden 
Thieren anzugeben pflegt. Im Mittel aller Versuche beträgt der 
Druck beim ruhig liegenden oder sitzenden Thiere 124 mm, 
beim stehenden 128 mm. 

Aus den Versuchen geht weiter unzweifelhaft hervor, dass 
beim Hunde die Muskelarbeit regelmässig den Blutdruck steigert. 
Bei starker, rasch zur Erschöpfung führender Arbeit ist die 
Steigerung bisweilen sehr bedeutend, in anderen Fällen hält sie 
sich in sehr massigen Grenzen. Häufig wird im Beginn der 
Arbeit eine sehr bald vorübergehende Druckerniedrigung be¬ 
obachtet, die offenbar darauf zurückzuführen ist, dass die Er¬ 
weiterung der Muskelgefasse rascher einsetzt als die Verstärkung 
der Herzarbeit. 


Während der Anspannung der Bauchpresse, also beim 
Koth- und Urinabsatz, steigt der Blutdruck, besonders wenn 
der Vorgang während der Bewegung erfolgt, erheblich. 

Malle mm. 


lieber angeborene Herzfehler bei Hausthieren. 

Von Professor Dr. Preisz, Budapest. 

(Zeitschrift für Thiermedicin. II. Bd., 1698, S- 3.) 

Verfasser schickt seiner Abhandlung eine durch schema¬ 
tische und halbschematische, sehr instructive Abbildungen er¬ 
läuterte Besprechung der Entwicklung des* Säugethierherzens 
voraus, da das Verständniss der Bildungsabweichungen des 
Herzens ohne die Kenntniss dieser Vorgänge nicht möglich sei. 
Die angeborenen Herzfehler können in drei Gruppen getheilt 
werden: I. Fehler durch gehemmte Entwicklung, 2. Fehler 
durch abnorme Entwicklung, 3. Fehler durch intrauterine Herz¬ 
erkrankungen. 

Die weitaus grösste Zahl der angeborenen Herzfehler ge¬ 
hört zur ersten Gruppe, zu den Fehlern in Folge ge¬ 
hemmter Entwicklung. Diese Herzen zeigen einen oder 
mehrere Bestandtheile in unvollendeter Entwicklung, entsprechen 
somit einer gewissen Entwicklungsphase. Dass dabei allerdings 
die Formen sich ändern, erklärt sich daraus, dass die andern 
Bestandtheile sich normal weiter gebildet haben. Hierher ge¬ 
hört die rudimentäre Bildung des Vorhofseptums oder beider 
Septen, das Fehlen des einen oder des anderen Septum, Fehlen 
des Septum bulbi neben lückenhafter Entwicklung des Kammer¬ 
septum, ungeteiltes Ostium atrioventriculare neben mangel¬ 
hafter Entwicklung des Vorhof- und Kammerseptum; ferner die 
Folgen einer nicht eingetretenen Obliteration (z. B. Bestehen¬ 
bleiben der linken Vena cava) eine Minderzahl der Lungenvenen, 
das OfFenbleiben des Foramen ventriculare. 

Die Fehlerdurch fehlerhafte Entwicklung können 
eingetheilt werden in solche, welche durch Entwicklung an ab¬ 
normer Stelle entstehen und solche, welche in abnormer Rich¬ 
tung sich ausbilden. Geht das Septum bulbi die normale 
Drehung von oben nach unten nicht ein, so kann die Art 
pulmon. in den linken, die Aorta in den rechten Ventrikel ein¬ 
münden oder das Lageverhältniss dieser Gefässstämme wenig¬ 
stens verändert werden (»Transposition«). Ferner kann sich 
der Bulbus in zwei ungleich weite Rohre theilen. Meist ist 
dann die Art. pulmon. verengert. Nicht selten entstehen Ab¬ 
normitäten durch Obliteration der Aortenbögen und deren Ver¬ 
bindungsstücke; hierher gehören auch Lücken im Kammer¬ 
septum, die einer Entwicklungsphase nicht entsprechen, Lagerung 
beider Herzohren an der linken Seite der grossen Gefasse, 
abnorm geformter Bulbus, abnorme Zahl und abnormer Ur¬ 
sprung der Arterien, überzählige Septen oder Rudimente von 
solchen. 

Zu den Fehlern durch intrauterine Entzündungen 
zählt man die endokarditischen Processe der Ostien und Klappen, 
welche sich durch Verdickungen des Endokards zu erkennen 
geben. Dadurch werden die arteriellen Ostien verengt oder 
verschlossen, oder es entstehen Aneurysmen der grossen Ge¬ 
fässe, sehnige Stellen an Stelle der Muskulatur in dem Kammer¬ 
septum oder in den Kammerwänden. 

Verfasser bespricht im Anschluss an diese theoretische 
Classification eine Anzahl in der Literatur beschriebener und 
selbst beobachteter Fälle von angeborenen Herzfehlern. 

Froehner-Fulda. 


Conjunctivitis bei Ziegen. 

Von Guittard. 

(Le Progres veterinaire. 1898. S. 369.) 

In einer Ziegenheerde stellte sich eine Augenerkrankung 
ein, die folgende Symptome aufwies: 

Zunächst heftiger Thränenfluss, ohne dass die Cornea oder 
die übrigen Augentheile entzündliche Erscheinungen zeigen. 


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282 


DEUTSCHE THIERvERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


6 . August. 


Erst 4 — 5 Tage nach Beginn des Thränens beginnt die Cornea 
leicht trüb zu werden, jedoch bleibt das Augeninnere sichtbar. 
Diese Trübung nimmt zu und die Cornea wird undurchsichtig. 
Sind beide Augen krank, dann finden die Thiere ihr Futter 
nicht mehr. Lichtscheu besteht nicht; die Augenlidspalte ist 
leicht geöffnet. Die Conjunctiva palpebrarum ist mit farbloser, 
leicht trüber Flüssigkeit durchtränkt. Es bilden sich bald 
Flocken im Conjunctivalsack, die sich den Thränen beimischen 
und diese opalescirend machen. Allmälig lässt die Menge des 
Secretes nach, letzteres wird aber dickflüssiger und trüb. Auch 
die Conjunctiva bulbi ist ebenso verändert. Die Conjunctiva 
wird auf diese Weise herdweise blass bis weiss und gewulstet, 
so dass sie in der Lidspalte sichtbar wird. Zu irgend einem 
Zerfall an der Conjunctiva kommt es nicht. Die Augenlider 
selbst sind vollständig unverändert. Gefässinjection wird stets 
vermisst. 

G. glaubt die Ursache für das beschriebene Leiden in dem 
Umstand suchen zu müssen, dass die Ziegen in einem Stall 
gehalten wurden, der in den Felsen eingebaut und in Folge 
von Regengüssen stark feucht war. 

Die Behandlung bestand in innerlicher Verabreichung von 
Klettenwurzelthee und Instillation von Ag. Rosarum 30, Tct. 
Opii 1 in die Augen. Nach 10—12 Tagen waren die Augen wieder 
gesund. Irgend welche Sehstörungen blieben nicht zurück. 

F r i c k. 


Nahrungsmittelkunde. 

Der neueste preussische Runderlass, betr. die gesund¬ 
heitspolizeiliche Behandlung des Fleisches finniger Rinder 

und Kälber. 

Vom 16. Juni 1898. 

Bekanntlich wurde unter dem 18. November 1897 Seitens 
der preussischen Ministerien für Landwirtschaft der geistlichen 
u. s. w. Angelegenheiten, sowie des Ministeriums des Innern 
den preussischen Regierungspräsidenten und dem Polizeipräsi¬ 
denten in Berlin ein Runderlass') zugefertigt, welcher' neu© 
Vorschriften enthielt für die gesundheitspolizeiliche Behandlung 
finniger Rinder und Kälber. 

Nach diesen Vorschriften waren Thiere mit höchstens 
10 lebensfähigen Finnen als schwachfinnig und 
Thiere mit mehr als 10 lebensfähigen Finnen ala 
stark finnig zu beurtheilen und dementsprechend zu ver¬ 
werten. 

Obwohl nun in den Grundsätzen selbst für die Beurtheilung 
der finnigen Rinder und Kälber keinerlei Angaben darüber 
gemacht worden waren, auf welche Körperstellen sich das 
Suchen nach den 10 oder mehr Finnen zu beschränken habe, 
so hatte doch der Erlass auf Grund einer Stelle seiner er¬ 
läuternden Einleitung von autoritativer Seite die Auslegung er¬ 
fahren, dass nur die Finnen zu zählen seien, welche an den 
sogen. Lieblingssitzen (äussere und innere Kaumuskeln, Zunge 
und Herz) gefunden werden. 

Hiergegen wendet sich der neueste Runderlass, welchen 
wir nachstehend wörtlich wiedergeben: 

Die mit Runderlass vom 18. November v. Js. bekannt gegebenen Grund¬ 
sätze für das gesundheitspolizeiliche Verfahren bei finnigen Rindern und 
Kälbern haben in ihrer Bestimmung über die schwach und stark finnigen 
Thiere durch eine Abhandlung des Professors Dr. Ostertag in der Zeit¬ 
schrift für Fleisch- und Milchhygiene, Januar 1898, Heft 4, S. 64, eine Aus- 
legung dahin erfahren, dass für die Zählung der Finnen nur diejenigen in 
Betracht kommen, welche die beim Schlachten zu Tage tretende Musculatur, 
insbesondere die äusseren und inneren Kaumuskeln, die Zunge und das Herz 
enthalten und nicht etwa auch diejenigen, welche bei der Zerlegung der 
Cadaver in 2V2 kg schwere Stücke nachträglich gefunden werden. Dieser 
Darlegung gegenüber heben wir hervor, dass eine derartige Begriffsbestimmung 
von stark- und schwachfinnigen Thieren nicht zutreffend und insbesondere 
auch mit den gutachtlichen Aeusserungen der Königlichen Wissenschaftlichen 
Deputation für das Medicinalwesen unvereinbar ist. Nach den mitgctheilten 

*) D. Th. W. 1897. No. 50, S. 443 - 


Grundsätzen sollen vielmehr bei der Berechnung der Zahl der in den ge¬ 
schlachteten Thieren Vorgefundenen Finnen alle lebensfähigen Finnen in Be¬ 
tracht gezogen werden, welche vor der Abkochung, vor der Pökelung oder 
vor dem Aufhängen des Fleisches in den Kühlräumen überhaupt in einem 
Schlachtthiere ermittelt worden sind, gleichviel an welchen Stellen und z»: 
welcher Zeit, ob während des Schlachtens oder bei der weiteren Zerlegung 
des Fleisches. Erreicht die Gesainmtzahl aller aufgefnndenen Finnen die 
Zahl von mehr als io, so ist das Schlachtthier als ein starkfinniges zu be¬ 
zeichnen und zu behandeln. Hiernach sind die zuständigen Behörden und 
betheiligten Kreise unverzüglich mit der erforderlichen Mittheilung zu ver¬ 
sehen. 

Der Minister der geistl., Der Minister für Landw., Der Minister 
Unterrichts- u. Medicinal- Domänen des 

Angelegenheiten. und Forsten. Inneren. 


I. A.: I. V.: I. A.: 

Förster. Sterneberg. v. Bitter, 

An die Herren Regierungs-Präsidenten und den Herrn Polizei-Präsi¬ 
denten von Berlin. 


Dieser Commentar zu dem Runderlasse vom 18. November 
1897 ist für die Fleischbeschau in Preussen von der grössten 
Bedeutung und er beseitigte alle etwaigen Zweifel, welche bei 
der Beurtheilung der finnigen Rinder und Kälber entstehen 
konnten und thatsächlich entstanden sind. Ob letzteres be¬ 
rechtigt war oder nicht, mag dahingestellt bleiben. Aber jeden¬ 
falls dürften alle Praktiker, welche den Erlass vom 18. Nov. 
v. Js. im O st er tag ’schen Sinne auslegten und anwandten, 
dies in dem Bestreben gethan haben, möglichst viel Fleisch 
dem Consum zu erhalten und die durch die Finnenkrankheit 
der Thiere dem Nationalvermögen erwachsenden Verluste zu 
mindern. Ausserdem standen dieser milderen Auslegung des 
Erlasses sachliche Gründe keineswegs entgegen. Denn bei der 
Begutachtung stark finnigen Fleisches hinsichtlich seiner Ver- 
werthung als menschliches Nahrungsmittel kommt doch, nach 
den in der Fleischbeschau herrschenden Grundsätzen, im All¬ 
gemeinen nur das Aussehen des Fleisches und dessen objective 
Beschaffenheit in Frage, da wir die durch den Finnengehalt 
bedingte Gesundheitsschädlichkeit des Fleisches zu beseitigen 
im Stande sind. Es bleibt also nur übrig, zu entscheiden, ob 
durch den Finnengehalt das Fleisch die Eigenschaften eines 
hochgradig verdorbenen Nahrungsmittels erlangt hat. Solches 
wird der Fall sein, wenn die Finnen in so grosser Zahl Vor¬ 
kommen, dass sie auf allen Schnittflächen der Musculatur sicht¬ 
bar sind und in Folge dessen das Fleisch als wesentlich sub¬ 
stantiell verändert zu erachten ist. 

Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet erscheint der 
preussische Finnenerlass, welcher bereits beim Vorhandensein 
von 11 Finnen in der gesammten Körpermusculatur eines Rindes 
— so weit dieselbe bei ordnungsmässiger Zerlegung des Fleisches 
in 2 1 li kg schwere Stücke der Untersuchung zugänglich ist — 
das Fleisch für stark finnig erklärt, eine etwas harte Mass- 
regel. 

Wenn es auch finnige Rinder genug giebt, in denen trotz 
aufmerksamster Untersuchung bei der Zerlegung des Fleisches 
nur bis zu 10 Finnen gefunden werden, so ist doch anderer¬ 
seits auch die Zahl derjenigen nicht gering, welche mehr als 
10 Finnen aufweisen. Und unter den letzteren wird das Fleisch 
der überwiegenden Mehrzahl gewiss nicht derartige Eigen¬ 
schaften besitzen, dass man von einer beachtlichen substantiellen 
Veränderung sprechen könnte. Schon wenn man sich 11 Finnen 
auf die gesammte Musculatur eines Rindes gleichmässig ver¬ 
theilt denkt, wird einleuchten, dass recht grosse Muskelstücke 
übrig bleiben müssen, welche, keine Finne enthaltend, von ab¬ 
solut normalem Fleische nicht zu unterscheiden sind. Noch 
viel weniger aber wird das der Fall sein, wenn, was auch nicht 
selten vorkommt, in den sogen. Lieblingssitzen schon 4 bis 
6 Finnen gefunden werden und dann nur 5—7 für die sonstige 
Musculatur übrig bleiben. Es unterliegt keinem Zweifel, dass 
beträchtlich mehr als 10 Finnen bei einem halbwegs fleischigen 
Rinde nothwendig sind, um der Gesammtmusculatur Eigen¬ 
schaften zu verleihen, welche als wesentliche substantielle Ver¬ 
änderungen angesprochen werden könnten und von diesem Ge¬ 
sichtspunkte aus betrachtet eine Ausschliessung des Fleisches 


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No. 32. 


283 


DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


von der Verwendung als menschliches Nahrungsmittel in sich 
schliessen würden. 

Diese theoretischen Erwägungen und mehr noch die Er¬ 
fahrungen der Fleischbeschau-Praxis weisen darauf hin, dass 
es bedenklich erscheint, als Massstab für den Grad der Finnig- 
keit eine bestimmte Zahl von Finnen festzusetzen. Wenn auch 
gern anerkannt werden soll, dass es schwer ist, genaue Normen 
für diese Frage aufzustellen, so bleibt doch gerade deshalb zu 
erwägen, ob es solcher überhaupt bedarf oder ob es nicht 
richtiger ist, die Entscheidung dem sachverständigen Urtheil 
des Fleischbeschaubeamten von Fall zu Fall zu überlassen. 
Wie man auch bei der Aufstellung starrer Zahlengrenzen für 
den Grad der Finnigkeit sich nur auf die Gewissenhaftigkeit 
des Sachverständigen verlassen kann, so dürfte es noch weniger 
bedenklich sein, auch ohne bestimmte Zahlennormen der sach¬ 
verständigen Individualität des Begutachters Vertrauen entgegen 
zu bringen. Sanitätspolizeiliche Bedenken würden einer solchen 
Beurtheilung finniger Thiere gewiss kaum entgegen stehen, wohl 
aber möchte das Ansehen der Fleischbeschau und ihrer Organe 
dadurch gehoben werden. Berücksichtigt man endlich noch, 
dass bei jeder organisirten Fleischbeschau die Berufungsfrage 
geregelt sein muss und es demgemäss den in Betracht kommen¬ 
den Parteien frei steht, noch das Gutachten eines weiteren 
Sachverständigen cinzuholen, so dürfte einleuchten, dass im All¬ 
gemeinen die Gefahr einer falschen Beurtheilung eines finnigen 
Rindes eine grosse nicht genannt werden kann. 

Glaubt man aber dennoch gewisse Beurtheilungsgrundsätze 
für den Grad der Finnigkeit nicht entbehren zu können, so 
möchten dieselben wenigstens so allgemein gehalten werden, 
dass der sachverständige Begutachter auch wirklich einige Sach- 
verständigkeit zu entfalten vermag. Eine Vorschrift, wie z. B. 
die in der Königl. Sächs. Ministerial-Verordnung vom 17. De¬ 
zember i8g2, den Verkauf von Fleisch und von Fett kranker 
Thiere betreffend, nach welcher das Fleisch finniger Thiere a]9 
stark finnig zu erachten und unschädlich zu beseitigen ist, 
»wenn die Finnen in so grosser Zahl Vorkommen, dass sie auf 
jeder Schnittfläche zu sehen sind, oder das Fleisch eine hellere 
Farbe und wässerige Beschaffenheit angenommen hat«, dürfte 
jedenfalls den Bedürfnissen der praktischen Fleischbeschau nach 
gesetzlichen Normen ausreichend Rechnung tragen. 

Edelmann. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Versammlung: deutscher Naturforscher und Aerzte. 

Die diesjährige (70.) Versammlung deutscher Natur¬ 
forscher und Aerzte wird in den Tagen vom 19. bis 
24. September zu Düsseldorf stattfinden. In den allgemeinen 
Sitzungen sollen folgende Vorträge gehalten werden: Geheimer 
Regierungsrath Professor Dr. Klein, Göttingen: »Universität 
und technische Hochschule«; Medicinalrath, Professor Dr. 
Tillmanns, Leipzig: »Hundert Jahre Chirurgie«; Geheimer 
Regierungs- und Baurath, Professor Dr. Intze, Aachen: »Ueber 
den Zweck, die erforderlichen Vorarbeiten und die Bau-Aus¬ 
führung von Thalsperren im Gebirge, sowie über deren Be¬ 
deutung im wirtschaftlichen Leben der Gebirgsbewohner»; 
Professor Dr. Martins, Rostock: »Krankheitsursachen und 
Krankheitsanlagen«; Professor van t’Hoff, Berlin: »Die zu¬ 
nehmende Bedeutung der anorganischen Chemie; Privatdocent 
Dr. Martin Mendelssohn, Berlin: »Die Bedeutung der Kranken¬ 
pflege für die wissenschaftliche Therapie«; eventuell Geheimer 
Medicinalrath Professor Dr. Rudolf Virchow, Berlin: Thema 
Vorbehalten. Ausser diesen Vorträgen sind für die Abtheilungs¬ 
sitzungen über 400 Redner angemeldet. Mit der Versammlung 
werden vier Ausstellungen verbunden sein, nämlich eine histo¬ 
rische, eine photographische (die Photographie im Dienste der 
Wissenschaft), eine Neuheiten-Ausstellung, endlich eine physi¬ 
kalische und chemische Lehrmittel-Sammlung. Der Verein der 
Aerzte und der Naturwissenschaftliche Verein in Düsseldorf 
haben sich bereit erklärt, ein Preisgericht zu wählen, und hervor¬ 


ragende Leistungen der Aussteller sollen durch ein Anerkennungs¬ 
diplom ausgezeichnet werden. 


VII. Internationaler Thierärztlicher Congress zu 
Baden-Baden 1899. 

In Folge des Beschlusses des VI. Ihternationalen Thier¬ 
ärztlichen Congresses zu Bern 1895 soll der VII. Inter¬ 
nationale Thierärztliche Congress in Baden-Baden 
im Jahre 1899 stattfinden. Die badischen Thierärzte wurden 
mit der Ausführung des Congressbeschlusses betraut. Dieselben 
haben mit Zustimmung einer internationalen Versammlung zu 
Stuttgart im Juni 1896 den Unterzeichneten Geschäftsausschuss 
gebildet, welcher beschlossen hat, den Congress in den 
Tagen der 1. Hälfte des Monats August 1899 in Baden- 
Baden mit nachstehendem Programm abzuhalten: a) Schutz- 
massregel gegen die Verbreitung von Thierseuchen im Gefolge 
des internationalen Viehverkehrs; b) die Bekämpfung der Tubercu- 
lose unter den Hausthieren und die Verwendung des Fleisches 
und der Milch tuberculöser Thiere und daran anknüpfend die 
neuesten Anforderungen an eine wirksame Fleischbeschau; c) die 
Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche; d) die Bekämpfung 
der Schweineseuchen; e) die Erweiterung des thierärztlichen 
Unterrichts, insbesondere die Errichtung von Seuchenversuchs¬ 
anstalten und von Lehrstühlen für comparative Medicin an den 
thierärztlichen Hochschulen; f) Endergebniss der Arbeiten über 
die Aufstellung einer einheitlichen anatomischen Nomenclatur 
in der Veterinärmedicin, bezw. die Ausführung der bezüglichen 
Beschlüsse des VI. Congresses; g) das Veterinär-Beamtenthum; 
(Auf allgemeinen Wunsch kann das Programm geändert oder 
ergänzt werden.) Bei den Verhandlungen ist neben der 
deutschen Sprache auch die französische und eng¬ 
lische zugelassen. Für die sofortige Uebersetzung der Anreden 
und Berichte wird Sorge getragen sein. Der MitgHederbeitrag 
ist mit Rücksicht auf die grossen Kosten, welche der Congress 
veranlasst, auf 12 Mark (= 15 Frcs., = 14 Österreich. 
Kronen 5 Kreuzer, = 3 Rubel 75 Kopeken) fest¬ 
gesetzt. Ausserdem werden für die Damen der den Congress 
besuchenden Theilnehmer Damenkarten gegen Einzahlung 
von 6 Mark (= 7,50 Frcs., = 7 Kronen 3 Kreuzer, 
= 1 Rubel 90 Kopeken) auf Verlangen verabfolgt. Die 
Mitglieder empfangen, auch wenn sie nicht per¬ 
sönlich in Baden-Baden erscheinen können, alle 
Veröffentlichungen des Congresses einschliess¬ 
lich des Generalberichtes. Der Kaufpreis des General¬ 
berichtes, den die Mitglieder empfangen, ist auf 16 Mark 
(= 20 Frcs., = 19 Kronen-, = 5 Rubel) festgesetzt. Für 
die Unterkunft der Congressmitglieder wird ein Ortsausschuss 
in Baden-Baden Sorge tragen. Wir sind in der Lage, schon 
jetzt mittheilen zu können, dass die Theilnehmer des Congresses 
Wohnung mit Pension von 6 Mark (= 7,50 Frcs , = 7 Kronen 
3 Kreuzer, = 1 Rubel 90 Kopeken) an finden werden. Die 
Stadt Baden-Baden hat zugesagt, durch geeignete Veranstaltungen • 
des Kur-Comit^’s den Theilnehmern entsprechende Vergnügungen 
und Festlichkeiten anzubieten. Die Grossherzoglich badische 
Regierung und auf deren Veranlassung der deutsche Reichs¬ 
kanzler haben in dankenswerther Weise einen namhaften Bei¬ 
trag für die Abhaltung des Congresses ausgesetzt; Gefl. An-- 
fragen beantwortet Dr. Lydtin, Geheimer Oberregierungs-* • 
rath, Baden-Baden, Lichtenthalerstrasse 9. Die Kassengeschäfte 
besorgt die »Filiale der Rheinischen Kreditbank zu 
Baden-Baden«. Anfragen wegen Wohnungen- sind- 
an den Ortsausschuss des VII. Internat. Thierärztlichen 
Congresses, Lichtenthaler-Strasse 9, Baden-Baden, 
zu richten. Indem der Geschäftsausschuss zur Theilnahme an 
dem Congress schon jetzt einladet, glaubt er die Versicherung- 
aussprechen zu dürfen, dass die Congresstage in Baden-Baden 
nicht allein in Bezug auf Fach und Stand von grosser Be¬ 
deutung sein werden, sondern auch den Theilnehmern die - An¬ 
nehmlichkeiten und Vergnügungen einer Bäderstadt ersten Ranges 
bieten werden. 


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2$4 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


6. August. 


Verzeichniss 

der in der Thierärztlichen Hochschule zu Berlin während 
des Winter-Semesters 1898/99 zu haltenden Vorlesungen 
und praktischen Uebungen. 

Dr. Schütt, Geheimer Regierungs-Rath, Professor: Specielle patho¬ 
logische Anatomie, täglich von 12—I Uhr, 6stündig. Sections-Uebungen, 
täglich von io—12 Uhr in Gemeinschaft mit Repetitor Dr. Wi 11 erding. 

Dr. Dieckerhoff, Geheimer Regierungs-Rath, Professor: Specielle 
Pathologie und Therapie, täglich von 8—9 Uhr, 6stündig. Klinik für grössere 
Hausthiere, Abtheilung für innere Krankheiten und Gewährsmängel, täglich 
von 10—12 nnd von 3—4 Uhr. Propädeutik in der medicinischen Klinik, 
4 Mal wöchentlich von 10—io 1 /* Uhr. 

Dr. Munk, Professor: Physiologie, Dienstag, Mittwoch und Freitag 
von 9 — 10 Uhr nnd Donnerstag von 9—11 Uhr, 5 stündig 

Dr. P i n n e r, Professor: Anorganische Chemie, Dienstag, Mittwoch nnd 
Donnerstag von 4—6 Uhr, 6 stündig. Chemische Uebungen, Montag von 

4— 6, Freitag und Sonnabend von 2—6 Uhr in Gemeinschaft mit dem Assis¬ 
tenten Kohlhammer. 

Eggeling, Professor: Geburtshilfe, Dienstag, Donnerstag und Freitag 
von 8—9 Uhr, 3stündig. Encyklopädie und Methodologie, Montag und 
Donnerstag von 9—10 Uhr, 2 stündig. Ambulatorische Klinik. 

Dr. F r ö h n e r, Professor: Specielle Chirurgie, Montag, Dienstag, Freitag 
und Sonnabend von 9—10 Uhr, 4 stündig. Klinik für grössere Hausthiere, 
Abtheilnng für äussere Krankheiten, täglich von 10—12 und von 3—4 Uhr. 
Operations-Uebungen, Montag und Freitag von 2—4 Uhr in Gemeinschaft 
mit dem Repetitor Pfeiffer. Propädeutik in der chirurgischen Klinik, 
4 Mal wöchentlich von 10—I o 1 /* Uhr. 

Dr. Schmaltz, Professor: Vergleichende Anatomie, Montag von 
9—10 Uhr, Dienstag von 10—11 Uhr, Sonnabend von 9—10 Uhr Vormit¬ 
tags, 3ständig. Anatomie des Pferdes täglich von I—2 Uhr, 6stündig. 
Anatomische Uebungen, täglich von 10—1 Uhr, in Gemeinschaft mit dem 
Prosector Dr. Zernecke. Exeaterier-Uebungen, Montag und Freitag von 

5— 8 Uhr. 

Dr. Ostertag, Professor: Fleischbeschau, Mittwoch und Sonnabend 
von 8—9 Uhr, 2 stündig. Demonstrationen der Fleischbeschau, Donnerstag 
von 2—3 Uhr, 1 stündig. Bakteriologische Uebungen täglich von 10—12 Uhr, 
in Gemeinschaft mit dem Assistenten Profi. 

Vacat. Pharmakologie und Toxikologie II, Mittwoch und Donnerstag 
von 9—io Uhr, Donnerstag von 4—5 Uhr, 3 stündig. Klinik für kleinere 
Hausthiere, täglich von 10—12 und von 3—4 Uhr. Harnuntersuchungen 
für die klinische Propädeutik, Freitag von 4—5 Uhr. 

Dr. Eberlein, Lehrer: Krankheiten des Hufes, Montag und Mitt¬ 
woch von 4—5 Uhr, 2 stündig. Theorie des Hufbeschlags, Montag, Dienstag 
und Donnerstag von 8—9 Uhr, 3 stündig. Poliklinik für grössere Hausthiere, 
täglich von 10—12 und von 3—4 Uhr. 

Dr. Wittmack, Geheimer Regierungs-Rath, Professor: Anatomie 
und Physiologie der Pflanzen, Dienstag von 4—6 Uhr, 2 stündig. 

Dr. Börnstein, Professor: Physik, Dienstag, Mittwoch und Donners¬ 
tag von 3—4 Uhr, 3 stündig. 

Dr. Werner, Geheimer Regierungs-Rath, Professor: Allgemeine Thier¬ 
zucht, Sonnabend von 4—6 Uhr, 2 stündig. Schafzucht, Sonnabend von 
12—l Uhr, 1 stündig. 

Dr. Zernecke, Prosector: Anatomische Uebungen in Gemeinschaft 
mit Professor Dr. Schmaltz. 

Brass, Repetitor der medicinischen Klinik: Assistenz in der Klinik. 
Repetitorium der spedellen Pathologie und Therapie, Dienstag und Mittwoch 
von 5—6 Uhr. 

Pfeiffer, Repetitor der chirurgischen Klinik: Assistenz in der Klinik. 
Operations-Uebungen. Montag und Donnerstag von 2—4 Uhr in Gemein¬ 
schaft mit Professor Dr. Fröhner. Repetitorium der Chirurgie, Freitag 
von 5—6 Uhr. Uebungen mit dem Augenspiegel, Montag von 9—io Uhr. 

Dr. Will er ding, Repetitor der pathologischen Anatomie: Sections- 
Uebungen, täglich von 10 — 12 Uhr in Gemeinschaft mit Geheimem Re¬ 
gierungs-Rath Professor Dr. Schütz. 

Prof i, Assistent: Bakteriologische Uebungen, täglich von 10—12 Uhr, 
ln Gemeinschaft mit Professor Dr. Ostertag. 

Kohlhammer, Assistent der Chemie: Chemische Uebungen, Donners¬ 
tag von 4—6 Uhr, Freitag und Sonnabend von 2—6 Uhr, in Gemeinschaft 


mit Professor Dr. Pinner. Chemische und physikalische Repetitorien, täg¬ 
lich von 6—7 Uhr. 

Dr. Du Bois-Reyraond, Assistent: Physiologische Repetitorien, 
Dienstag und Freitag von 6—7 Uhr. 

Dr. Eschbaum, Apotheker: Pharmazeutische Uebungen, täglich von 
10—12 und von 3—4 Uhr. Pharmakognostische Repetitorien, Dienstag, 
Mittwoch und Donnerstag von 4—5 Uhr. 

Berlin, den 13. Juli 1898. 

Der Rector. 

Dr. Dieckerhoff. 


Thierärztliche Hochschule Hannover. 

Die Hochschule wird in dem gegenwärtigen Sommersemester 
von 218 Studirenden und 20 Hospitanten besucht. Von diesen 
insgesammt 238 Hörern stammen 197 aus Preussen, 2 aus 
Bayern, 3 aus Sachsen, 1 aus Württemberg, 3 aus Baden, 3 aus 
Mecklenburg, 6 aus Oldenburg, 11 aus Braunschweig, 1 aus 
Sachsen-Coburg-Gotha, 1 aus Anhalt, 1 aus Waldeck, 4 aus 
Schaumburg-Lippe, 1 aus Lippe-Detmold, 2 aus Elsass-Lothringen, 
1 aus Oesterreich-Ungarn, 1 aus Bulgarien. 


Veterinärinstitut in Giessen. 

Die Frequenzziffer der im Sommersemester hier stu¬ 
direnden Veterinärmediciner beträgt 63 gegen 58 im Winter¬ 
semester und 60 im Sommersemester 1897. 


Personal-Nachrichten. 

Auszeichnungen : Bezirksthierarzt Fambach in Glauchau wurde 
von der philosophischen Fakultät der Universität Basel, Thierarzt Profe, 
Assistent am hygienischen Institut der thierärztlichen Hochschule in Berlin, 
von der gleichnamigen Fakultät der Universität Greifswald zum Doctor pro- 
movirt. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Sanitätsrath Dr. Königshöfer, 
Lehrer der vergleichenden Augenheilkunde an der thierärztlichen Hochschule 
in Stuttgart, wurde zum Professor ernannt. Thierarzt M. Spie gl er m 
Neustadt a. d.W. wurde zum Diatrictsthierarzt in Weiden, Thierarzt J. Aigner 
in Bruck zum Districtsthierarzt in Rappenhausen bestellt. Auf Ansuchen 
versetzt wurden die Bezirkslhierärzte A. Hum ann von Ebern nach Bam¬ 
berg II, A. Huber von Staffelstein nach Pfaffenhofen. Sanitätsthierarzt 
Hauck in Sulzbach (Saarbrücken) wurde zum Verwalter des neuerbauten 
Schlachthauses gewählt. Verzogen sind die Thierärzte Suckow von Berlin 
nach Stadthagen, Egge 1 ing von Berlin nach Stettin, Both von Berlin 
nach Altdamm bei Stettin, Ebeling von Hannover nach Schledehausen, 
Schaaf von Zwickau nach Glauchau, Hoffheinz von Berlin nach Rixdorf. 

Die thlerärztllehe FaehprQfung haben in Stuttgart bestanden: 
A. Benkendörfer von Wälde (Württemberg), J. Blümer von Stuttgart, 
J. Bock von Bitburg (Preussen), A. Braun von Stuttgart, P. Brugg- 
b ach er von Unterschwarzach (Württemb.), A. Enz von Mannheim, K. Kiesel 
von Stuttgart, E. Mögele von Cannstatt, F. Rick von Strassburg i. E., 
A. Schach von Seebronn (Württemb.), A. Thieme von Schlettstadt; in 
Hannover: P. Schlachtbölter von Datteln, Otto Brandt von Guns¬ 
leben, Karl Braun von Obermusbach, Wilhelm Müller von Glatz; in 
Berlin: Fritz Guhrauer von Bojanowo, Arthur Hellmuth von Naum¬ 
burg a./S., Friedrich Otto von Wolfhagen, Willi Pitt von Gollnow, Hugo 
Schröter von Berlin. 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutschen 
Heeres: Krüger, Rossarzt vom Trainbat. No. 4, unter Versetzung zur 
Militärlehrschmiede in Berlin, zum Oberrossarzt, Gaucke, Unterrossarzt 
vom Ul.-Regt. No. 4, zum Rossarzt, Wertheim, Trops, Unterrossärzte 
der Reserve, zu Rossärzten des Beurlaubtenstandes ernannt. Hömcher, 
Oberrossarzt von der Militärlehrschmiede in Berlin, zum Feld-Art.-Regt. No. 21, 
Michilski, Rossarzt vom Hus.-Regt. No. 4, zum Trainbat. No. 4 versetzt. 
Matzki, Rossarzt vom Kür.-Regt. No. 3, auf seinen Antrag mit Pension 
in den Ruhestand versetzt. 

Gestorben: Grossh. Kreisveterinärarzt Köster in Alzey (Hessen). 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thierlrzttlche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmua in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der MacUefachen Druckerei in Karlsruhe i. ß. 


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Deutsche 


Thierärztliche Wochenschrift 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regieruugs- und Medicinalrath, 
Director der Thierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 


herausgegeben von 
Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregierangsrath 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regiernng3rath and Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Wjllach in Louisenthal (Saar). 


redigirt von 


Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Oie Deutsche Thierttrzt liehe Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Maeklot’scbeu Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784a. 


Sechster Jahrgang. 


Säramtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 
Oorrecturen und Anzeigen an die Expedition der 
Deutschen Tierärztlichen Wochenschrift 
in Karlsruhe fBaden!. 


M 33 . 


Ausgegeben am 13. August. 


1898 . 


Bericht über die XII. Wanderausstellung der 
deutschen Landwirthschaftsgesellschaft in 
Dresden. 

Von Professor Dr. Pusch in Dresden. 

(Schluss ) 

Das Niederungsvieh. 

Sehr stark war die Gruppe Holländer, Ostfriesen und Jever¬ 
länder vertreten, wofür 87 Bullen und 218 weibliche Thiere 
angemeldet waren. 

Neben Einzelzüchtem aus dem Königreich Sachsen, Branden¬ 
burg, Hannover, Sachsen-Altenburg und einigen Händlern aus 
Ostfriesland hatten sich hier fast ausschliesslich Züchterver¬ 
einigungen eingefunden, nämlich der Jevcrländer Heerdbuch- 
vercin mit 17 und die 4 grossen Heerdbuchgesellschaften Pom¬ 
merns (2), Ost- und Westpreussens mit rund je 50 Thieren. 
Der Verein Ostfriesischer Stammviehzüchter hatte nicht aus¬ 
gestellt. 

Die Ostprcussischc Hccrdbuchgesellschaft besteht seit 
1882 und erstreckt sich in der Hauptsache über den Re¬ 
gierungsbezirk Königsberg, zum kleineren Theile über den Re¬ 
gierungsbezirk Gumbinnen. Die Zucht liegt hauptsächlich in 
den Händen des Grossgrundbesitzes, der mit vielem Verständ¬ 
nis und unter Aufwendung grosser Geldmittel, begünstigt durch 
Boden, Weideverhältnisse und Klima, einen Schlag begründet 
hat, der in Bezug auf Leistung etwa in der Mitte zwischen den 
Holländern und Oldenburgern steht und sich durch schöne, 
ebenmässige Formen und gute Euterbildung auszeichnet. 

Die Westpreussische Heerdbuchgesellschaft ist 1889 ge¬ 
gründet, ebenso die Baltische für Vorpommern, während das 
Bestehen der Hinterporamer’schen Vereinigung erst seit dem 
Jahre 1892 datirt. Diese letzteren drei verfolgen den gleichen 
Zweck wie die erstere, doch müssen natürlich ihre Erfolge in 
Anbetracht des Alters und der geringeren Bodenverhältnisse 
mindestens zur Zeit noch hinter denen der ersteren Zurück¬ 
bleiben. 

Wie aber in jeder planmässigen Zucht bei fester Organi¬ 
sation und bei verständnissvoller Leitung und Einsicht Erfolge 
nicht ausbleiben, so waren sie auch bei den drei Züchter¬ 
vereinigungen zu sehen, die sich in Bezug auf Milchleistung 
schon mit den Ostpreussen messen können, während sie den¬ 
selben sowohl in den Formen wie auch in der Leichtemährung 
naturgemäss nachstehen müssen. 

Bei der Prämiirung der Heerdbuchgesellschaften erhielt 
Ostpreussen den I., Westpreussen den II., Vorpommern den 


III. Preis und Hinterpommern eine Anerkennung, ein Ausgang, 
den: man von vorn herein erwarten musste. 

; Jedenfalls werden die vier grossen Zuchtdistricte im Ver¬ 
eine mit Oldenburg, Ostfriesland und Schleswig-Holstein für 
die = Zukunft im Stande sein, den weniger züchtenden Westen 
mit leistungsfähigem Milchvieh zu versorgen, so dass die Wünsche 
um Oeffnung der holländischen Grenze jede Berechtigung ver¬ 
lier An. 

Nach Sachsen werden zu Abmelkzwecken seit Jahren Kühe 
aus Pommern, Westpreussen und dem östlichen und nordwest¬ 
lichen Theile der Mark eingeführt, während in neuerer Zeit 
auch Ostpreussen, in dem früher nur die kleineren Händler 
das billige, minderwerthige Vieh der kleineren Bauern und 
Häusler aufkauften, von solchen besseren Händlern und Con- 
sumenten aufgesucht wird, die früher nur Holländer, Ostfriesen 
oder Oldenburger importirten. 

Der Jeverländer Heerdbuchverein schnitt sehr gut ab, dem 
auf seine 17 Thiere ausser anderen zwei I. Bullen- und vier 
I. Preise auf weibliche Thiere zufielen. 

Gegenüber den Holländern, Ostfriesen und Jeverländern 
standen in Dresden die Oldenburger Wesermarschrinder mit 
69 Stück der Zahl nach bedeutend nach. Der Wesermarsch¬ 
schlag ist in Sachsen zwar sehr vertreten, doch war. einmal 
die Gesammtzahl der auszustellenden Rinder beschränkt, und 
endlich fehlen zur Zeit noch hierfür Heerdbuchgesellschaften} 
da sich die in Sachsen befindlichen, staatlich subventionirten, 
sich nur über je einen Ort erstreckenden 57 Zuchtgenossen¬ 
schaften mit 77 Bullen Oldenburger Rasse noch nicht zu Ver¬ 
bänden oder zu Heerdbuchvereinen zusammengeschlossen haben. 
Neben dem mit 17 Thieren anwesenden Oldenburger Weser- 
marsch-Heerdbuchverein und einigen aussersächsischen Privaten 
waren hier in der Hauptsache in Sachsen gezogene Rinder von 
grösseren Besitzern in Sammlungen ausgestellt, die sich neben 
den unter günstigeren Verhältnissen aufgezogenen Original- 
thieren gut behaupteten, sodass keiner der Aussteller ohne 
Preise ausging. 

Die 82 Rinder der rothbunten Schläge gehörten etwa zur 
Hälfte dem Bordesholmer Rindviehzuchtverein, der Vereinigung 
Breitenburger Viehzüchter und dem Viehzuchtverein für die 
Holsteinische Elbmarsch, die mit je 14 Stück zur Stelle waren 
und in Sammlungen mit einander concurrirtert, zur anderen 
Hälfte Privaten und Händlern aus der Wilstermarsch und dem 
Königreich Sachsen. 

Die drei genannten Züchtervereinigungen stellten Thiere 
aus, die man jetzt mit Recht seitens der Landwirthschafts- 
kammer für Schleswig-Holstein unter der Bezeichnung »roth- 


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286 


! 3 . August. 


DEUTSCHE THIERASRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


bunter Holsteinischer Marschschlag« subsumirt, weil die Unter¬ 
schiede zwischen den Breitenburgern und den Wilstcrmarsch- 
thieren sich immer mehr und so verwischen, dass eine Trennung 
nicht mehr aufrecht zu halten ist. Alle drei Vereinigungen 
hatten den Hauptwerth auf gutes Milchzeug gelegt, aber ob¬ 
wohl namentlich bei den'Kühen der Holsteinischen Elbmarschen 
geradezu Rieseneuter zu sehen waren, musste man doch auch 
die Formen loben, die überall auf eine gewisse Frühreife hin¬ 
wiesen. 

In der Gruppe B d, »Andere deutsche Niederungs- und 
Landschläge«, dem sogenannten »Spucknapfe«, fanden sich die 
verschiedensten, einander ganz heterogenen Schläge zusammen. 
Da concurrirten Angler und das diesem ganz nahe verwandte 
schwere, rothe, Nordschleswig’sche Milchvieh mit schwarz¬ 
bunten Niederungsrindern aus der Wilsnacker Niederung, der 
Altmark und dem Regierungsbezirke Lüneburg und mit dem 
schlesischen Rothvieh. 

Die Angler sind bekannt, weniger dagegen das »schwere, 
rothe, Nordschleswig’sche Milchvieh«, bei dem man jedesmal, 
in Hamburg sowohl, wie auch in Dresden, enttäuscht war, wenn 
man die Figuren mit der Bezeichnung verglich. Die letztere 
mag richtig sein in Correlation zu den Anglern, sonst aber 
nicht, denn die Thiere liessen eigentlich beides, Körperschwere 
und Milchtypus, vermissen. Wenn die Züchter nicht mehr auf 
die Euter geben und ihre Thiere für die Zukunft nicht in 
anderer Verfassung auf die Ausstellungen schicken, so werden 
ihnen die letzteren keinen Nutzen bringen. 

Die drei Züchtervereinigungen aus dem Lüneburgischen 
und der Provinz Brandenburg zeigten einen schwarzbunten, 
ausgesprochenen Niederungs-Milchviehschlag; die Zuchtdistricte 
sind als Productionsgebiete von Milchvieh für Hannover, Berlin, 
die Provinz und das Königreich Sachsen den Consumenten 
schon lange Zeit bekannt. 

Mehr Interesse beanspruchten die Rothviehstammheerden 
der Landwirthschaftskammer für Schlesien, die das Bauernvieh 
der Zukunft für Schlesien, die Lausitz und Posen abgeben 
sollen. Die Kunst der Züchtung hat, wenn man die Thiere, 
die in Dresden und Berlin ausgestellt waren, mit einander ver¬ 
gleicht, unstreitig grosse Fortschritte gemacht, Bullen und weibi 
liehe Thiere zeigten sich in Dresden ausgeglichen im Futter¬ 
zustande, sehr schön in der Form und der Euterentwickelung 
und mit einem freien, guten Gange. Soll man sich über die 
Rassenverhältnisse äussern, so bilden die Thiere einen Mittel¬ 
schlag zwischen Niederungs- und Höhenvieh, mit einem Ueber- 
wiegen des Blutes des letzteren ( 3 / 4 ), was sich besonders in 
der Kopf- und Halsform ausspricht. Die Farbe ist einfarbig 
gelb- bis braunroth, heller wie bei dem einfarbigen, rothen 
Vieh des Höhenlandes; die in Dresden ausgestellten Thiere 
waren auch nach dieser Richtung gut ausgeglichen. 

Den Reigen in der Abtheilung der Niederungsrinder schlossen 
endlich die Shorthorns, die von der Gesellschaft deutscher 
Shorthornzüchter aus Schleswig-Holstein ausgestellt waren. Die 
Thiere bewiesen, wie der Züchter den Ansprüchen des Marktes 
Rechnung tragen muss; dieselben waren ja zwar noch reich¬ 
lich gut genährt, aber doch ohne die hässlichen Fettwülste, 
welche früher die Rinder der englischen Mastrassen besonders 
in der Hüft- und Schwanzansatzgegend nothgedrungen ver¬ 
unstalten mussten. 

Die Zugprüfung. 

Zur Zugprüfung waren 29 Paar Ochsen aus Baden, Bayern, 
Reuss und dem Königreich Sachsen nebst 3 Bullen- und 5 Kuh¬ 
gespannen angemeldet. 

Die Zugprüfung für Bullen ist neu. Sie soll die Bullen¬ 
halter veranlassen, ihren Thieren Bewegung und damit eine 
längere Zuchtbrauchbarkeit zu verschaffen. Das setzt aber 
auch voraus, dass die Bullen überhaupt einen Werth als Zucht- 
thiere und nicht blos einen solchen als Zugochsen haben, wie 
das der Fall war bei dem 6jährigen Bullen No. 344, der, ein 
grobes Kreuzungsproduct, auch deshalb, weil er überhaupt 
keinen bestimmten Rassetypus zeigte, bald nach seiner Ankunft 
den ihm als Einzelthier zugewiesenen Prämiirungsring erfolglos 


verlassen musste. Im Gespanne ging er neben einem gleich- 
alterigen Holländer. Von den Ochsen erhielten den ersten 
Preis die Unterfranken (Scheinfelder) und von den Kühen die 
Vogelsberger. 

III. Die Schafeabtheilung. 

Die Schafeabtheilung war in Dresden reichlich, und zwar 
mit 80 Einheiten und 475 Stück beschickt. Letzteres war nicht 
zu verwundern,, weil sowohl die Züchter edler Woll- wie grosser 
Fleischschafe ein Interesse daran hatten, ihre Producte in einem 
Lande auszustcllen, welches nicht nur in Rücksicht auf seine 
alte Textilindustrie, sondern auch in Rücksicht auf seinen 
starken Schlachtviehimport wesentlich an dem Verbrauch der 
Producte der deutschen Schafzucht betheiligt ist. 

Von den Merinos waren alle Richtungen und von den 
Fleischschafen namentlich die englischen vertreten, während 
die deutschen Rassen und Schläge aus Mittel- und Süddeutsch¬ 
land vollständig fehlten. Die ganze Gruppe wies nur drei 
Einheiten Ostfriesische Milchschafe auf. 

IV. Die Schweineabtheilung. 

Die Schweineabtheilung wies 423 Anmeldungen auf und 
hatte annähernd den Umfang wie in Stuttgart. 

In Dresden kam zum ersten Male die neue Gruppen- 
eintheilung praktisch in Anwendung, nach der die Schweine 
zerfallen in: 

a. Weisse Schweine im ausgesprochenen Edelschwein- 
(englischcn) Typus. 

b. Schwarze Schweine im ausgesprochenen Berkshire- und 
Poland-China-Typus. 

c. Landschweine, unveredelt (Bayern, Hannoveraner, Tam- 
worth u. a.). 

d. Veredelte Landschweine im ausgesprochenen Land¬ 
schwein-Typus. 

e. Schweine, die nicht den in a.—d. bezeichneten Zucht¬ 
zielen angehören (neue Züchter und dergl.), Farbe gleichgültig. 

Die Gruppe a. stellte mit 197 Stück das Hauptcontingent 
aus den bekannten Zuchten von Kreutz-Gandersheim, HofFmann- 
Hofgüle, Mäcklenburg-Liebnicken, Witte-Falkenwalde, Meyer- 
Friedrichswerth und Ungewitter-Gr.-Kühren, ferner waren hier 
die Ammerländische- (Oldenburg), die Oldenburg-Münster- 
ländische- und die Artländer Schweinezucht - Genossenschaft 
(Hannover) vertreten. 

Die Zucht der grossen englischen Schweine ist in Deutsch¬ 
land zu einer ganz bedeutenden Vervollkommnung gelangt. 
Ueberall sah man tiefe, lange, breite Thiere auf kräftigem Ge¬ 
stell, Sauen mit gut entwickeltem Gesäuge und vielen kräftigen 
Ferkeln. 

Wenn hier und da noch Mopsköpfe und faltige Gesichter 
zum Ausdruck kamen, so war das doch die verschwindende 
Minderheit; die consequente Beurtheilung stabiler Richter- 
collegien hat hier unstreitig grosse Erfolge gezeitigt. 

Interesse erweckt die Fütterung der von Wagemann- 
Niebendorf (Brandenburg) ausgestellten Thiere, denen mit Kleie 
vermischtes Klee- und Haferkaff (Spreu), nur wenig mit Wasser 
angefeuchtet, vorgesetzt wurde, was die Schweine mit grossem 
Appetit frassen. 

Berkshires hatten in der Hauptsache die vier grössten 
Züchter, Brauer-Tenever (Bremen), Dr. Crusius-Sahlis (König¬ 
reich Sachsen), Heidemann - Pustohl (Mecklenburg) und Peters- 
Quilow (Pommern) ausgestellt; die Poland-Chinas fehlten ganz, 
sie sind in Deutschland wohl annähernd verschwunden. 

In der Gruppe unveredelte Landschweine concurrirten nur 
zwei Züchter, Steinberg-Drosdowen (Ostpreussen) mit einigen 
wenigen Tamworths und Rühmekorf-Silleine (Hannover). Die 
Rühmekorf sehen Thiere sind typische Landschweine mit langem, 
schmalem Kopfe, grossen, leicht nach vorn überhängenden 
Ohren, schmalem Rücken, etwas abschüssiger Kruppe und hoch- 
gestelltem Körper. Die Zucht soll in Hannover sehr geschätzt 
und die Thiere namentlich als Speckschweine gesucht sein. 

Mit veredelten Landschweinen im ausgesprochenen Land¬ 
schwein-Typus waren namentlich die grösseren Genossenschaften 


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No. 33. 


287 


DEUTSCHE THIEK^ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


vertreten, so die Hoyaer Schweinezuchtgenossenschaft (Han¬ 
nover), die Zuchtgenossenschaft für das Ronneburger Schwein 
(Sachsen-Altenburg), der Verband der Landwirthe zur Hebung 
der Schweinezucht in Minden-Ravensberg (Westfalen). 

Bei diesen Schlägen handelt es sich um Thiere, die in Bezug 
auf Mastfähigkeit und Wüchsigkeit den englischen Schweinen 
zwar etwas nachstehen, die letzteren aber in Bezug auf Wider¬ 
standsfähigkeit und Fruchtbarkeit übertreffen, wenngleich die 
früheren Unterschiede in neuerer Zeit durch die Kunst der 
Züchtung auch mehr und mehr im Verschwinden begriffen 
sind. Besonders bekannt ist das Westfälische Schwein, dessen 
Fleisch schon seit langer Zeit zur Fabrikation feiner Dauer¬ 
würste und Schinken verwendet wird. Hierbei kommt es auf 
ein Ueberwiegen des rothen, saftigen Muskelfleisches an, dem¬ 
gegenüber das Fett in den Hintergrund treten muss. 

Was die Formen anlangt, so sind die veredelten Land¬ 
schweine etwas länger und schmäler als die deutschen Edel¬ 
schweine, aber wie diese rein weiss in der Farbe. Der Kopf 
ist länger und in der Profillinie wenig oder nicht geschnitten, 
nach dem Rüssel zu sich verjüngend, die Ohren gross nach 
vorn überhängend. Vielfach ist der Hals noch etwas zu lang 
und die Kruppe abfallend und ohne genügende Breite. 

Den vorigen ähnlich sind die Meissner, denen man dies¬ 
mal noch eine eigene Untergruppe eingeräumt hatte, die aber 
für die Zukunft mit jenen concurriren werden. 

Die Zuchtgenossenschaft für das Meissener Schwein ist 
mit eine der ältesten derartigen Einrichtungen. Blut dieses 
Schlages ist überall hin bezogen worden und war auch in vielen 
Thieren der Gruppe d zu erkennen. In Bezug auf Fruchtbar¬ 
keit nimmt das Meissener Schwein mit die erste Stelle ein 
und erhielt auch für die beste züchterische Leistung in Bezug 
auf Mutterschweine und Ferkel den Sieger-Ehrenpreis des König¬ 
reichs Sachsen in Form einer Standuhr zuerkannt. Im König¬ 
reich Sachsen ist das Meissener Schwein fast überall in den 
bäuerlichen Wirthschaften als Mastschwein zu finden. 

In Gruppe e, Schweine, die nicht den in a—d bezeichncten 
Zuchtzielen angehören (neue Zuchten u. dergl.), hatte nur ein 
Besitzer Krcuzungsproducte zwischen Berkshires und Land- 
schwcincn ausgestellt, der die dafür ausgesetzten Preise erhielt. 

V. Die Ziegenabtheilung. 

Von den angemeldeten 105 Ziegen stammten 62 aus Sachsen, 
die übrigen gehörten den hessischen Genossenschaften Alzey, 
Heppenheim, Pfungstadt und dem bekannten Züchter Engel- 
brecht-Sonneborn (Sachsen-Coburg-Gotha). Die Ziegen der 
hessischen Genossenschaften sind von den früheren Schauen 
der Deutschen Landwirthschaftsgesellschaft bekannt, in der 
Hauptsache sind es aus der Schweiz eingeführte Thiere, deren 
Nachzucht nun weitergezüchtet wird. Von dieser Nachzucht 
war in Dresden leider nicht allzu viel zu sehen, denn es hatten 
ausgestellt : Alzey 3 Böcke, 6 Ziegen, davon importirt 1 und 4, 
Heppenheim 2 Böcke, 8 Ziegen, davon importirt 2 und 5, 
Pfungstadt 4 Böcke, 8 Ziegen, davon importirt 4 und 5. 

In Bezug auf die Ziegenzucht Sachsens ist zu erwähnen, 
dass sich hier seit dem Jahre 1894 20 Ziegenzuchtgenossen¬ 
schaften gebildet haben, von denen indessen nur einige wenige 
die Anerkennung bei der deutschen Landwirthschaftsgesellschaft 
nachgesucht haben. Ausgestellt hatten die Genossenschaften 
Sebnitz, Borstendorf, Hammerunterwiesenthal, Oberwiesenthal 
und Neudorf Die drei letzteren liegen im oberen Erzgebirge 
unterhalb des Fichtelberges und bestreben sich, rehgraue Ziegen 
zu züchten, die den dort gemachten Erfahrungen nach wetter¬ 
fester als die weissen sein sollen. Die Züchter suchen dieses 
Ziel auf dem Wege der consequenten Kreuzung mit Böcken 
der Saanenrasse zu erreichen und haben sich auch bereits 
ein Material geschaffen, welches zu Zuchtzwecken nach 
anderen Districten Sachsens verkauft und reichlich begehrt 
wird. Die deutschen Landschläge stammten in der Haupt¬ 
sache aus dem östlichen Theile des Erzgebirges, der Gegend 
von Altenberg, Geising und Launstein. Hier werden sie von 
kleineren Professionisten, Waldarbeitern und Bergleuten gehalten, 
die eine Kuh nicht ernähren können. Da man die Milchleistung 


seit Alters her in den Vordergrund gestellt hat, so wurden 
die Formen, trotzdem die Ziegen während des ganzen Spät¬ 
sommers und eines grossen Theiles vom Herbste den Weide¬ 
gang in Heerden von 25—30 Stück geniessen, immer mangel¬ 
hafter, besonders was Ebenmässigkeit in der Form und Stellung 
der Glieder anlangt. Nach dieser Richtung ist in neuerer Zeit 
eine wesentliche Besserung eingetreten 

Um mal zu wissen, wie sich die Milchleistung stellt, wurden 
von Director Dr. Kohlschmidt in Freiberg an 27 Thieren 
regelmässige Probemessungen vorgenommen, welche das über¬ 
raschende Resultat ergaben, dass sich die Menge pro Stück 
auf durchschnittlich 725,7 Liter belief, und zwar lieferten von 
den 24 älteren Ziegen: 

9 Thiere 600 — 700 Liter, 

7 700—800 „ 

4 „ 800—900 „ 

♦ 1 Thier über 900 „ 

3 Thiere ,, 1000 „ 

Der höchste Milchertrag war 1077,5 der niedrigste 612,37 
Liter, der durchschnittliche Fettgehalt 3,43 “/„. Jedenfalls mahnt 
das Ergebniss, mit Einführung anderer Schläge zu Kreuzungs¬ 
zwecken vorsichtig zu sein, da gerade bei Ziegen die Form¬ 
gestaltung gegenüber der Milchleistung naturgemäss in den 
Hintergrund treten muss. 

Bei der Preisbewerbung in der Abtheilung Ziegen siegten 
in der Hauptsache die hessischen Genossenschaften, die einmal 
das importirte, hochwerthige Material zur Stelle hatten, anderer¬ 
seits aber auch ihre Thiere zu Ausstellungszwecken gut her¬ 
zurichten verstehen. 

In der Abtheilung 2, Landwirthschaftliche Erzeugnisse und 
Hülfsmittel intercssirte besonders die wissenschaftliche Ab¬ 
theilung, die, was Vollständigkeit und Uebersichtlichkeit an¬ 
langt, bisher noch in gleichem Masse nicht gezeigt werden 
konnte. Der ganze grosse Mittelbau des Ausstellungspalastes 
nebst den Nebenräumen war von dem Landesculturrathe für 
das Königreich Sachsen eingenommen, dessen um die Land¬ 
wirtschaft Sachsens so überaus verdienter Generalsekretär, 
Geheimrath Professor von Langsdorff, hier in einer dem 
Auge wohlgefälligen Anordnung Alles vereinigt hatte, was in 
der Lage war, eine Uebersicht der Hülfsmittel und der Erfolge 
der sächsischen Landwirtschaft in systematischer Gliederung 
zu geben. 


Referate. 

Einfluss auf das Geschlechtsverhältniss (Theorie Schenk). 

Von Professor Albrecht-Münchcn. 

Sie ist im Ganzen wie im Einzelnen, in Stil, Ordnung des 
Stoffes und Ideen eine seltsame Schrift, die lange angekündigte 
Schenk'sehe Broschüre. In einer langen Einleitung werden 
die früheren Ansichten über das Problem der Geschlechts¬ 
bestimmung, recht kunterbunt, bald mit Anläufen zur Kritik, 
bald ohne solche, aufgeführt. Darauf folgen ziemlich weit¬ 
läufige Auseinandersetzungen über Stoffwechsel und Ausscheidung 
im Allgemeinen, in der Schwangerschaft im Besonderen, die, 
wenn für den Fachmann berechnet, allzu primitiv geschrieben, 
für den Laien trotzdem zu schwer verständlich sein dürften. 
Ein Dutzend Seiten etwa entfällt auf die Darstellung der Harn¬ 
untersuchung, speciell der Untersuchung auf Zucker; der Rest 
verbleibt der eigentlichen »Theorie Schenk«. 

Aus einigen Andeutungen in der ersten Hälfte der Bro¬ 
schüre schien es dem Referenten wahrscheinlich, dass der Ver¬ 
fasser für die Hypothese der gekreuzten Geschlechtsvererbung, 
sowie die bekannten Annahmen über die Einwirkung gesteigerter 
Ernährung auf die Geschlechtsbildung neue und vielleicht be¬ 
weisende Thatsachen würde anführen können. Das erstere Moment 
wird in der eigentlichen Ausführung so gut wie ganz fallen gelassen. 
Das letztere gelangt in einer eigenartig modificirten Weise zur 
Verwendung: »Beeinflussung des Geschlechts« ist nach Schenk 


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DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


möglich durch Verhinderung der Ausscheidung unverbrannten 
Zuckers im Harne. Diese bei vielen anormalen Individuen 
nachgewiesene Ausscheidung betrachtet Schenk, da sie bei 
andern fehlen kann, als die Folge einer wenn auch nur ge¬ 
ringgradigen Herabsetzung der VerbrennungsVorgänge im Or¬ 
ganismus. Dieselbe kommt nach seiner Meinung (bezüglich 
der Beweisführung verweisen wir hauptsächlich auf S. 69 u. 70 ff.) 
beim Weibe, welches Eier zur Reife zu bringen hat, viel stärker 
in Betracht als beim Manne; die »Stoffwechselvorgänge« sind 
bei Zuckerausscheidung im Harn nicht völlig normal, um die 
völlige Reifung von Eiern zu ermöglichen. Falls das Weib im 
Harn Zucker ausscheidet, wird nicht nur die Reifung, son¬ 
dern vielleicht auch die Ernährung des Eichens eine unge¬ 
nügende sein; ein solches Ei ist »nach allen ihm inne wohnenden 
Eigenschaften und Kräften seines Protoplasmas nicl\t so voll¬ 
kommen veranlagt und scheint daher nur geeignet, sich zu 
einem weiblichen Individuum zu gestalten«. Die sämmtlichen 
Tochterzellen dieses Eies, Geschlechts- und alle übrigen Zellen 
werden »weiblich veranlagt« sein. Umgekehrt, wenn alle im 
Organismus gebildeten und aufgenommenen Stoffe in der Weise 
verbrannt sind, dass man keinen Zucker im Harn, selbst auch 
nicht die kleinsten Quantitäten mehr vorfindet, dann kann 
sich ein Ei entwickeln, welches »männlich veranlagt ist« und 
den sämmtlichen nach der Befruchtung aus ihm hervorgehenden 
Tochterzellengenerationen männlichen Charakter aufprägt. 

Die Harne der meisten (wie vieler?) Frauen, welche männ¬ 
liche Nachkommen hatten, enthielten nicht nur keinen Zucker, 
sondern auch andrerseits mehr reducirende Substanzen wäh¬ 
rend der ersten Monate der Schwangerschaft, als solche mit weib¬ 
lichen Früchten. Auch die Vermehrung der reducirenden Sub¬ 
stanzen muss daher während der Zeit, innerhalb welcher das 
Geschlecht des Embryo noch nicht deutlich ausgeprägt ist (etwa 
bis zum dritten Schwangerschaftsmonat), beim menschlichen Weibe 
angestrebt werden. Beides kann bei den meisten, nicht bei allen 
Individuen durch entsprechende Aenderung der Diät (womit 
natürlich eine Erhöhung der Eiweissmenge in der Nahrung ge¬ 
wöhnlich einhergeht) erzielt werden. 

Auf S. 84ff. specialisirt Sch. seine Theorie auf Grund 
von Excerpten aus Haacke hauptsächlich in der Weise, dass 
er annimmt, die Mutter liefere dem Embryo nicht nur in ver¬ 
schiedener Menge die Stoffe zu seinem Stoffansatz, sondern 
noch zweierlei »Reiz«-Stoffe, welche je nachdem die Bildung 
des weiblichen oder männlichen Geschlechts bedingen. »Je nach¬ 
dem nun ein in Entwicklung befindliches Ei oder ein Embryo 
einmal die Säfte — die Reizmittel — zur Erlangung des männ¬ 
lichen Geschlechts, einmal die zur Erlangung des weiblichen 
Geschlechts erhält, wird ein Männchen, wird ein Weibchen 
entstehen«. Die Art und Entstehung dieser Säfte und Reizmittel 
ist unbekannt; »gewiss aber entstehen sie dann, wenn wir das 
Mutterindividuum so ernähren können, dass wir im ausge¬ 
schiedenen Harn desselben nicht die minimalsten Spuren von 
Zucker, dafür aber eine gesteigerte Ausscheidung von redu¬ 
cirenden Substanzen bei relativ hohem Umsatz von stickstoff¬ 
haltigen Substanzen finden können. Die Frage Sein und Fehlen 
der Zuckerausscheidung im Harn ist also nur als ein Symptom 
dieser Fragen zu betrachten«; Veränderung dieser symptoma¬ 
tischen Erscheinung wird, wie Schenk meint, auch die Bildung 
der wirksamen Reize entsprechend beeinflussen. 

Wir kommen auf einige Punkte der Schenk'sehen 
»Theorie« nachher noch zurück. Schenk selbst legt mit 
Recht wenig Werth auf ihre augenblickliche Durchführung und 
Ausarbeitung; auch wir würden uns vollauf befriedigt erklären, 
wenn die thatsächliche Grundlage, von der sie ausgeht, eine 
wirklich erwiesene wäre. Davon kann aber nach den wenigen 
Beispielen, die Schenk anführt, keine Rede sein. Die ersten 
Beobachtungen machte Schenk an »Diabetikerinnen«, welche 
ausschliesslich oder überwiegend Mädchen gebaren. Eis ist 
bekannt, dass dieses Verhältnis durchaus nicht die Regel ist, 
dass auch diabetische Frauen Knaben gebären. Die eigentlich 
»beeinflussten« Fälle scheinen im Ganzen höchstens 7 (8?) zu sein, 
eine für Beurteilungen viel zu geringe Zahl. Nur 2 Fälle sind 
ausführlicher mitgetheilt. ln einem handelt es sich um eine Frau 


13. August. 


aus einer Familie, »in der vorwiegend weibliche Kinder geboren 
wurden«. Die Frau gebar, unter die angegebene diätetische 
Behandlung gestellt, 6 Mal Knaben, das einzige Mal, als die 
Behandlung um die Zeit der Conception nicht eingehalten wurde, 
kam ein Mädchen zur Welt Für den andern Fall wird die 
Behandlungsmethode genau angegeben; »Resultat« ein Knabe. 

Referent möchte an diese kurze Inhaltsangabe einige 
kritische Bemerkungen anschliessen: weniger um die Annahmen 
der Theorie Schenk zu besprechen, als um im Allgemeinen 
die theoretischen Möglichkeiten einer Beeinflussung der Ge¬ 
schlechtsbildung in Kürze auseinander zu setzen. Dass die Ab¬ 
gabe einer geringen Menge Zucker im Harn jedenfalls nicht in 
dem Sinne geschlechtsbestimmend gedacht werden kann, als 
ob damit eine Herabsetzung der Nahrungsausnützung, eine 
Minderernährung des Eis und Embryos gegeben wäre, ist schon 
in Anbetracht der quantitativen Verhältnisse von Stoffwechsel 
der Mutter einerseits, Ernährung und Stoffwechsel des Embryos 
anderseits fast selbstverständlich. Verschieden schnelle Ent¬ 
wicklung (und entsprechend höhere Nahrungsbeanspruchung) 
von männlichen und weiblichen Embryonen in der ersten Zeit 
ist jedenfalls nicht nachgewiesen und dürfte für den mütter¬ 
lichen Organismus kaum sehr grosse Beanspruchungsunterschiede 
bewirken. Wenn in den Ernährungsanforderungen der zu bil¬ 
denden Sexual-Zellen selbst der Grund für eine stärkere oder 
geringe Beanspruchung der mütterlichen Nahrungsbeschaffung 
gedacht werden sollte, so müsste man zunächst eher daran 
denken, für die weiblichen, späterhin zu grossen Eiern 
heran wachsenden Sexualzellen eine bedeutendere »Nahrungs¬ 
zufuhr« zu fordern: wenn nicht eben in der ersten embryonalen 
Zeit die Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Ur- 
geschlechtszellen höchstens differenzialc wären. 

Es könnte aber zunächst wohl sein, dass diese Abgabe 
von Zucker, wie das Schenk in der zweiten Hälfte seiner 
Broschüre, im Anschluss an Haacke, andeutet, ein Symptom 
wäre für gewisse Störungen in diesem Stoffwechsel der 
Mutter — das Gleiche würde gelten für die Erhöhung der 
reducirenden Substanzen im Ham —, Veränderungen, welche 
die Bildung von »geschlechtszcllbildcnden Stoffen«, etwa im 
Sinne von Sachs, nach der einen oder anderen Richtung modi- 
ficircn. Eine solche Möglichkeit wäre an sich sehr wohl denk¬ 
bar; nur darf man natürlich nicht alsdann mit so groben Vor¬ 
stellungen operiren, wie sic in der Parallelisirung von »unvoll¬ 
kommenem« und weiblichem, »vollkommenem« und männlichem 
Ei liegen. Es würde sich eben um chemische Differenzen 
feinster, vorläufig nicht wäg- noch sonst erweisbarer Art handeln, 
etwa gleich denjenigen, welche die Ei- und Samenzellen der 
Arten, Familien, Individuen unterscheiden. — Diese Hypothese 
kann natürlich nicht theoretisch aus Stoffwechselrechnungen, 
sondern nur durch die Prüfung der Thatsachen entschieden 
werden. Nun sind aber für die Lösung der Reizstofffrage 
Thatsachen bekannt, welche, wie Referent meint, dieselbe schon 
jetzt in negativem Sinn zu beantworten erlauben. Der einfache 
Umstand, dass Zwillinge zweierlei Geschlechts sein können, dass 
bei Thieren die Zahlenrelationen von männlichen und weib¬ 
lichen Jungen eines Wurfs sehr variiren, beweist zur Genüge, 
dass es nicht eine specielle Einstellung des mütterlichen Stoff¬ 
wechsels — welcher mit allen Föten eben nur auf dem Wege 
der gleichen Arteriae uterinae und spermaticae sich auseinander¬ 
setzt — auf männliche und weibliche Geschlechts-Reiz-Stoffe 
sein kann, welche das Geschlecht bestimmt. Selbst wenn man 
zu der äusserst unwahrscheinlichen Annahme greifen wollte, 
dass der mütterliche Organismus solche Stoffe in solchen Fällen 
etwa alternircnd produciren könne, würde alsdann die Aufnahme 
und Verwerthung der einen oder andern Kategorie von Reiz¬ 
stoffen eben von der schon gegebenen Beschaffenheit des 
Eis und Embryos, also nicht in letzter Instanz vom mütterlichen 
Stoffwechsel nach der Befruchtung abhängen. Indessen ist für 
eine solche Complication der Anschauungen vorläufig überhaupt 
keinerlei Anlass gegeben. Dass spcciell die Bildung derartiger 
»Reizstoffe« mit der Ausscheidung des Zuckers im Ham nichts 
zu thun hat, geht aus der erwähnten Thatsache hervor, dass 
Diabetikerinnen ebenso gut Knaben als Mädchen zur Welt 


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No. 33- 


DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


289 


bringen. Auf die von Schenk selber erst in zweiter Linie 
angeführte Zunahme oder Abnahme reducirender Substanz 
möchten wir um so weniger Gewicht legen, als deren quanti¬ 
tative Bestimmung, ebenso wie die Auseinanderhaltung von mehr 
zufällig, entsprechend der Nahrungsbeschaffenheit, in den Harn 
übergehenden reducirenden Substanzen und den «übrigen ge¬ 
wöhnlich vorhandenen reducirenden Endproducten der Um¬ 
setzungen im Körper zur Zeit eine wenig aussichtsvolle Auf¬ 
gabe darstellt. 

Stellen wir nunmehr, nach Ablehnung der beiden eben 
skizzirten Annahmen, die Frage nach der Beeinflussung des Ge¬ 
schlechts im befruchteten Ei aufs Neue, so stünde für eine 
solche in zeitlicher Hinsicht die Periode von der Be¬ 
fruchtung bis zur deutlichen Ausprägung der Sexual-Zell¬ 
differenzen, beim Menschen also etwa bis 3 Monate, offen; in 
Hinsicht auf die Art dieser Beeinflussung aber könnte aus dem 
angegebenen Grunde wohl auf nichts Anderes als auf die alte 
Annahme einer verschiedenen Ernährung zurückgegriffen 
werden. Dieses zugegeben, müsste aber im Hinblick auf das 
oben Gesagte als Grund verschiedener Ernährung nicht Stoff¬ 
wechselverschiedenheit des mütterlichen Organismus, sondern 
verschiedene Beschaffenheit der für’s Ei zur Anheftung dienenden, 
die Gefässe ausbildenden Placentarstelle angesehen werden. | 
Hier sind nun allerdings sehr verschiedene Möglichkeiten denk- 1 
bar, die für die erste Entwicklung des Eies von mehr oder ! 
minder grossem Einfluss sein können. Zunächst im Allgemeinen : 
die Beschaffenheit der Uterusmukosa: ob dieselbe (beim Weibe) , 
sich im Zustande fettiger Degeneration befindet, von Capillar- 
blutungen bezw. auch von deren Resten von der letzten Men¬ 
struation her durchsetzt ist (von Erkrankungsabänderungen natür¬ 
lich ganz abgesehen), kann für die Anheftung des Eies und 
dessen erste, wohl durch Circulation von Lymphe erfolgende Er¬ 
nährung nicht gleichgültig sein. In dieser Hinsicht wäre also 
zu vermuthen, dass die Zeit der Hyperämie, stärkerer Schwellung, 
Lockerung der Uterusmukosa, wie sie beim Weibe in der 
zweiten Hälfte der intermenstrualen Perioden sich findet, die * 
günstigsten Bedingungen für Anheftung und erste Ernährung I 
des Eis bieten dürfte. Immerhin sind hier genauere Unter- i 
Buchungen von Nöthen, namentlich auch hinsichtlich der Zeit, | 
von welcher ab nach der Menstruation überhaupt wieder das 
Ei im Stande ist, sich in die Schleimhaut einzubetten, sowie 
darüber, wann die »vorbereitenden« Umbildungsvorgänge in der | 
Mucosa zurückzugehen beginnen. Der Ort, an welchem das j 
Ei sich einbettet, kann wohl nur von geringerer Bedeutung sein; j 
die ersten Gefässe etc., Neubildungen etc. an der Placentar¬ 
stelle werden wohl immer in der Hauptsache capillarer Art 
sein, so dass für’s Erste die nähere oder entferntere Lagerung 
der Hauptverzweigungen der Uterusgefässe kaum in Betracht 
kommt; kann ja doch auch bei Tubar-Schwangerschaften kürzere 
oder längere Zeit, auch für die ganze Dauer der Gravidität, das 
Ei entsprechend ernährt und ausgebildet werden. Wir führen 
den Gedankengang nicht weiter durch, da objective Daten, 
namentlich hinsichtlich der Art, in welcher Circulation und Men¬ 
struation Zusammentreffen bezw. unabhängig von einander ver¬ 
laufen, noch immer nicht in genügender Zahl vorhanden sind. 
Indes mag darauf hingewiesen sein, dass die Thury’sche An¬ 
nahme einer verschiedenen Reife der Eier zu verschiedenen 
Zeiten der Brunst, welche ihn zu seinen bekannten Ver¬ 
suchen führte, durch entsprechende Annahmen für die ver¬ 
schiedene Art der ersten Ernährung des Eies, abhängig von 
dem jeweils vorhandenen Zustande der Uterusmucosa in obigem 
Sinne, völlig ersetzt werden könnte, sowie dass von diesem 
Gesichtspunkte aus, unter Berücksichtigung eben dieser noch 
so gut wie nicht untersuchten Veränderungen, seine Versuche 
wohl eine Wiederaufnahme verdienten. Referent muss sich« 
aber dagegen verwahren, in diesen Andeutungen irgend etwas 
wie eine »Theorie« auch nur angedeutet zu haben: denn es 
erscheint nach wie vor völlig unerwiesen, dass diese theore¬ 
tischen Möglichkeiten für die Geschlechtsbildung wirklich in 
Betracht kommen. Es ist mit ausserordentlichen Schwierigkeiten 
verbunden, für diese Beziehung zwischen Ernährung und Aus¬ 
bildung der Sexualzellen irgend welche einigermassen angängige 


oder unterstützbare Vorstellungen zu machen; und, was wich¬ 
tiger ist, es liegen eben für die Säugethiere und den Menschen 
keine sicheren Angaben über eine Beeinflussung derart vor. 
— Die vielfach beliebte einfache Uebertragung der sicher con- 
statirten Beeinflussung des Geschlechtes wirbelloser Thiere (In- 
secten) durch die Ernährung auf die Verhältnisse bei Wirbel- 
thieren kann natürlich nicht zugelassen werden, um so weniger, 
als es sich hier in den meisten Fällen um eine Ausstattung 
schon des unbefruchteten Eis mit verschiedenen Mengen 
von Nährmaterial (und »geschlechtsbestimmenden« Stoffen?) 
handelt (dotterreiche und dotterarme Eier), deren Anlage zu 3 
dem bei den Insecten sich an bestimmte klimatische Verhältnisse 
(verschiedene Temperatur, Dürre etc.) zu halten pflegt, deren 
Einfluss gleichfalls in Betracht kommt. Immerhin sind hier 
sichere Beobachtungen über die Beeinflussung der Geschlechts¬ 
bildung während der ersten Stadien der Larvenentwicklung ge¬ 
macht worden (Landois u. A.). Nebenbei sei hier bemerkt, 
dass nach den Beobachtungen bei Insecten anscheinend überall 
bei schlechterer Ernährung der Larven bezw. Dotter¬ 
ausstattung des Eies Männchen, bei dotterreichen Eiern und 
bei reichlicher Larvenernährung Weibchen hervorgehen: Welches 
sind hier die »vollkommeneren« Eier? 

Zweieiige Zwillinge sind, wie erwähnt, häufig ge¬ 
trennten Geschlechtes. Dafür könnten vielleicht Ernährungs¬ 
unterschiede, entsprechend der verschiedenen Lagerung und in 
Folge dessen der verschiedenen »Attraction« der Blutgefäss¬ 
bildung und Nahrung in Betracht kommen; möglich ist es 
natürlich, dass primär bereits im befruchteten oder unbe¬ 
fruchteten Ei das Geschlecht bestimmt war. Genauere Be¬ 
obachtungen über die Lagerung der betreffenden Zwillinge, 
Gefässversorgung ihrer Placenten etc. wären hier nothwendig. 
Eineiige Zwillinge sind angeblich stets desselben Ge¬ 
schlechts. Sie setzen sich an der gleichen Stelle fest, erhalten 
auch während der ersten Monate wohl völlig gleiche Nahrungs¬ 
mengen: sie stammen aber auch aus einem Ei. — Andere 
sicherer zu deutende Thatsachen für einen geschlechtsbestim¬ 
menden Einfluss der ersten Ernährung liegen unseres Wissens 
fTiichf vor ; für die Entwicklung des Frosches sprechen die Ver¬ 
suche Pflüger’s direct gegen diese Annahme, da Pflüger 
bei gleicher Ernährung der im Aquarium gehaltenen Frösche 
aus verschiedenen Gegenden das gleiche, nach Gegenden 
wechselnde procentische Verhältniss von Weibchen und Männ¬ 
chen erhielt, wie es bei freilebenden Thieren gefunden wird. 

So viel über die Beeinflussung des Geschlechtes durch Er¬ 
nährung. Die beiden übrig bleibenden und theoretisch gleich¬ 
falls schon lange verfochtenen Möglichkeiten für die Bestimmung 
des Geschlechts sind einmal diejenige einer Bestimmung durch 
die Befruchtung, anderseits die Annahme einer primär 
gegebenen Bestimmung des Geschlechts im unbefruchteten Ei. 
Im letztem Falle könnte wiederum die verschiedene Ernährung, 
Alter etc. des Eis in Frage gezogen werden, im ersteren käme 
es eventuell auf die Concentration des Spermas, bei facultativ 
polyspermirbaren Eiern vielleicht auf die Zahl der einge¬ 
drungenen Samenfäden, sowie auf die verschiedenen Begleit¬ 
umstände der Befruchtung an (trockene und nasse Befruchtung 
bei Fischen etc.). 

In diesem Sinne kann natürlich bei den obligat amphi- 
gonen Thieren, wie die Säugethiere sie darstellen, von einem 
Einfluss der Befruchtung nicht die Rede sein. Hier müssten 
entweder Beschaffenheit der copulirenden Geschlechtsproducte 
oder Zeitpunkt der Befruchtung, besondere Begleitumstände, 
eventuell wie angedeutet Polyspermie in Betracht gezogen 
werden, um für eine Bestimmung des Geschlechts während und 
durch die Befruchtung sich Vorstellungen zu bilden. ' Mit der 
alten und neuerdings wieder aufgetauchten Vorstellung, dass 
Same und Ei gewissermassen ein männliches und weibliches 
Princip vertreten und je nachdem das eine oder andere siege 
(»Erklärung« der gekreuzten Vererbung und anderer erwiesener 
oder vermutheter Gesetzmässigkeiten im Auftreten des einen 
oder andern Geschlechts), wird man nun hoffentlich bald endgiltig 
gebrochen haben. Alle bekannten histiologischen, entwicklungs¬ 
geschichtlichen, vergleichend-anatomischen Thatsachen weisen 


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290 


DEUTSCHE TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


13 August. 


darauf hin, dass Ei- und Samenzelle nicht als »männliche« und 
»weibliche« Zelle, als männliche bezw. weibliche, auch nicht 
als hermaphrodite Individuen, sondern als zwei für ihre jeweilige 
Aufgabe speciell ausgebildete »ungeschlechtliche« Zellen 
zu betrachten sind, welche beide an sich die Fähigkeit zur 
Entwicklung des einen wie des andern Geschlechts besitzen. 

Dass die Richtungskörperbildung und die Samen-Mutter- 
zelltheilungen nicht die Bedeutung haben, etwa männliche oder 
weibliche Keimmasse aus dem Ei und den Samenzellen zu ent¬ 
fernen, kann als festgestellt gelten. Aber trotzdem könnten 
natürlich — und ebenso auch in der Blastula und Gastrula, so¬ 
wie wahrscheinlich in den ersten embryonalen Stadien, welche 
sämmtlich bei den meisten Thieren an sich geschlechtslose 
Bildungen darstellen — schon in der befruchteten oder un¬ 
befruchteten Keimzelle Veränderungen, bestimmte chemische 
Körper oder bestimmte Structureigenthümlichkeiten vorhanden 
sein, welche unter den gegebenen Verhältnissen im Rhythmus 
der Ontogenese nothwendig zur Bildung entweder des männ¬ 
lichen oder des weiblichen Geschlechts, zur Ausbildung von 
Ovarien bezw. Hoden führen müssen. Und eine bestimmte Art 
der Vereinigung, der Einfügung derartiger Körper der beiderlei 
Geschlechtszellen in einander würde z. B. die spätere Ent¬ 
stehung des einen oder andern Geschlechts bestimmen können. 
Die Möglichkeit, dass durch die Befruchtung oder dass vor 
der Befruchtung bereits das künftige Geschlecht in der Keim¬ 
zelle oder Furchungszelle vorgebildet sei, ist also gegeben. 
Unsere gegenwärtigen Kenntnisse erlauben uns nicht, für irgend 
einen der oben als eventuell zu berücksichtigen aufgeführten 
Factoren etwas Genaueres auszusagen; wir müssen beide Fragen 
in suspenso lassen. ' ! 

Wenn wir also unsere theoretischen Ueberlegungen re- 
sumiren, so scheint uns die Frage der Bestimmung des Ge¬ 
schlechtes theoretisch wie praktisch noch heute eine völlig | 
offene: Falls eine Beeinflussung nach der Befruchtung möglich j 
sein soll, wird dieselbe als durch Ernährungsdifferenzen 
hervorgebracht gedacht werden müssen und wird für diese zu¬ 
nächst an Anheftungsort und Zustand der betreffenden Schleim- \ 
hautpartie zu denken sein. Möglich ist es aber ebenso gut, dass 1 
entweder durch den Akt der Befruchtung oder schon im un- ; 
befruchteten Ei hinsichtlich der später zu bildenden Geschlechts¬ 
organe die bestimmende structurelle eventuell chemische Grund- j 
läge gegeben sei. 

Wir haben aber sogar noch eine weitere Möglichkeit, die 
Referent als gleichfalls undiscutirbar an die übrigen hier wenig¬ 
stens anreihen möchte. 

Es ist eine der allerauffälligsten Feststellungen, dass wenig¬ 
stens in Europa in allen Ländern die Zahl der Knabengeburten I 
im Durchschnitte immer auf 100 zu 106 Mädchengeburten sich ! 
verhält. Diese Zahl wurde nicht bloss für die Statistik grösserer ! 
Nationen, sondern auch kleinerer Staaten annähernd constant 1 
gefunden. R a s s e Verschiedenheiten sind für die verschiedene 
Reichlichkeit von Knaben- und Mädchengeburten nachgewiesen 
worden (Juden). Anderseits scheinen die daraufhin beobachteten 
Thiere einer Gegend ein annähernd stabiles procentisches ! 
Verhältniss vonGeburten weiblicher und männlicher Nachkommen 
zu besitzen, welches nach Thier arten schwankt; bei manchen 
scheint dieses Procentverhältniss auch auf grössere Bezirke hin j 
ein festes und gleichmässiges zu sein. Es wäre darnach mög¬ 
lich, dass die Bestimmung des Geschlechts überhaupt nicht in 
dem die Eizellen liefernden Individuum bezw. den bei der 
Befruchtung ihre geschlechtlichen Producte vermischenden In¬ 
dividuen statt hat, sondern auf andere, in den »Art«-Eigenschaften 
enthaltene allgemeine Gesetzlichkeiten zurückgeht, über 
deren Besonderheit uns vorläufig jede Vorstellung mangelt, 
die aber principiell nicht verwunderlicher wären als etwa die 
grossen, periodisch und topographisch wiederkehrenden Gesetz- 1 
mässigkeiten, welche die Meteorologie, Geologie etc. kennen 
gelehrt haben. 

Unsere Aufgabe wird es auf alle Fälle sein, mit der 
Möglichkeit einer Beeinflussung durch Eingriffe des Züchters 
zu rechnen und dieselbe ernsthaft und sorgfältig weiter zu 
prüfen; in erster Linie grosse Massen sicher und planmässig 


angelegten statistischen Materials zu schaffen. Vielleicht findet 
sich Gelegenheit, hiefür gemeinsame und systematisch durch¬ 
zuführende Massregcln auf einem der nächsten thierärztlichen 
Congresse zu vereinbaren. 


Hermaphroditismus beim Kalbe. 

Von Bitard. 

(Le progris vet. 1898, S. 331.} 

Ein 7 Wochen altes, gutgenährtes Schlachtkalb zeigt äusser- 
lich einen Schlauch, der leicht geschwollen ist und aus dem 
Urin und zuweilen eine weissliche, milchähnliche, mit Käse¬ 
krümeln untermischte Flüssigkeit abfliesst. Ein Hodensack und 
Hoden sind nicht vorhanden; die Mittelfleischgegend weist 
keinerlei Abnormität auf. 

Nach der Schlachtung ergab sich das Vorhandensein eines 
Uterus, der zwei nach unten gekrümmte Hörner besass, die 
Länge derselben betrug 6 cm, ihre Dicke 3 cm. An den Enden 
der Hörner sass in Verdoppelungen der breiten Mutterbänder 
je ein Ovarium. Das linke war etwas länglich, birnenförmig 
und gross wie eine kleine Pflaume; das rechte war rund und 
wallnussgross. Etwa 1 cm vor letzterem sassen drei rosinen¬ 
kerngrosse Cysten, von denen zwei eine gelbliche, die dritte 
eine schwach weinrothe Flüssigkeit enthielten. Die im Uebrigen 
gleich grossen und gleich gestalteten Uterushörner communi- 
ciren mit dem Corpus uteri durch zwei verschieden grosse 
Oeffnungen. Der Uterus kann ungefähr 3 Liter Flüssigkeit fassen. 
Seine Oberfläche weist zahlreiche Blutgefässe, aber sonst nichts 
Abnormes auf. Die einzelnen Wandschichten des Uterus sind 
dünn und von verwaschen blassgrauer Farbe. In dem Uterus 
finden sich 3 Liter einer weissen, milchähnlichen, leicht trüben 
Flüssigkeit, welche Brocken wie Käse enthält und einen stark 
sauren Geruch verbreitet. Die Schleimhaut ist sehr dünn und 
liegt der Unterlage fest an; sie ist glatt und sonst ohne patho¬ 
logische Veränderungen. 

Die Harnblase ist leer und so gross wie ein reichlicher 
Apfel Sie liegt in der Medianebene in der Mitte der unteren 
Uterusfläche. Mit dem Uterus hängt sie durch reichliches eng¬ 
maschiges Bindegewebe zusammen. 

Eine Prostata, sowie eine Anschwellung des Blasenhalses 
fehlen. Die Harnröhre hat die Dicke eines kleinen Fingers, 
geht nach hinten durch den Sitzbeinausschnitt und mündet in 
den Schlauch, wo sich ein rudimentärer Penis vorfindet. Leisten¬ 
canäle und Hoden fehlen. 

Eine eigentliche Vagina ist nicht vorhanden, sondern von 
dem Uterus führt in die Harnröhre an ihrer Umschlagstelle 
um die Sitzbeine ein Canal, durch welchen die milchige Flüssig¬ 
keit aus dem Uterus abfliesst. Frick. 


Zur Behandlung: der Lungenentzündung:. 

Von Thierarzt Salles in Castillonnes. 

(Le Progres veterinaire 1898, No. 35.) 

Folgender Fall ist lehrreich, nicht bloss um die eigen- 
thümlichen therapeutischen Anschauungen und Gebräuche der 
französischen Thierärzte, sowie deren Drang, alles Heil in den 
Arzneimitteln zu suchen, kennen zu lernen, sondern auch, um 
zu zeigen, was Alles und wie viel ein krankes Pferd auszu¬ 
halten im Stande ist. 

Es handelte sich um ein werthvolles Rassethier, welches 
(erst frisch gekauft) kleine Eiterklumpen aus der Nase stiess 
und anfing, in einen fieberhaften Zustand zu verfallen; offenbar 
-hatte man es mit den Resten einer Bronchopneumonie zu 
schaffen. Athem beschleunigt, geräuschvoll, mühsam, Bläschen- 
athmen sehr schwach, Temperatur 38,5—39,6°. Auffallend war 
der an zwei apfelgrossen Stellen der rechten Brustwand plötz¬ 
lich aufgetretene, ziemlich starke Rasselfremitus, der die Aus¬ 
bildung einer secundären infectiösen Pneumonie befürchten 
liess. Die Krankheit nahm in den nächsten Tagen allmälig zu, 
trotzdem zahlreiche Abreibungen mit Senfgeist, Sinapismen 


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Is T o. 33 . 


DEUTSCHE THIER./ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


{500,0 Senfmehl), ein Aderlass von 2,5 Litern gemacht und 
diuretische Pillen mit Kermes gegeben wurden. Auch In¬ 
halationen wurden angeordnet und zwei Tage nach dem ersten 
Sinapismus ein zweiter mit 600 Gramm, ausserdem erhielt das 
Pferd nunmehr stündlich zwei Körnerpillen, von denen jede 
1 mg arsenigsaures Strychnin, Digitalin und Aconitin enthielt und 
welche die Circulation herabsetzen und reguliren sollen. 
Dämpfung des Schalls war nicht vorhanden. Nachdem diese 
Mittel trotz der enormen Anschwellung der beiden Brustseiten 
kaum Besserung herbeiführten, wurde zwei Tage später auf die 
entzündeten Hautstellen eine verstärkte Scharfsalbe nachgerieben 
{75,0 Ungt. Canth., 80,0 Oleum Tereb., 10,0 Kampfer), die 
■obigen Granula fortgegeben, mit Chininum ferro-cyanatum ver¬ 
stärkt und auch die Nacht über gereicht. In den weiteren 
Tagen wurden sie dann »nur alle zwei Stunden« applicirt, die 
Inhalationen und diuretischen Boli aber fortgesetzt, auch fragte 
■sich, ob nicht auch die Scharfsalbe wiederholt werden solle, 
-es wurde dies aber doch unterlassen. Vom 7. Tage ab trat 
nun Besserung ein, die Körner wurden jetzt nur mehr 3 stünd¬ 
lich gegeben, jedoch mit Jodkalium verschärft, erschrocken war 
■aber Salles, als sich allmälig ungeheure eiterige Verwüstungen 
auf der Brustwand einstellten. Zum Glück erinnerte er sich 
<ler guten, trocknenden und keratogenen Wirkungen, wie sie 
neuestens bei Verbrennungen der Pikrinsäure nachgerühmt 
•wurden und machte auch 1 proc. täglich 2 Mal von ihr Ge¬ 
brauch, bis jede Secretion aufhörte. Die Haare sollen alle 
•wieder erschienen sein, auch trat bald völlige Heilung ein, nur 
•war die Athmung noch etwas beschleunigt. Eigentlich sollte 
■der Patient nun eine Dampfcur nach französischer Art durch¬ 
machen (Strychnin, arsenic. 0,03, Ferr. arsenic. 0,23 und Kal. 
jodat. 2,0; täglich zwei Gaben), sie wurde ihm aber er¬ 
lassen, weil er »die seitherige Behandlung so gut ausgehalten«. 
Zum Schluss meint Verfasser treuherzig, ohne ein solch drasti¬ 
sches Vorgehen hätte das Pferd die schwere Erkrankung nicht 
überstanden. Die Menge der 5 Tage lang fortgereichten 
Alkaloide in den Pillen betrug 420 mg. Vogel. 


Lungenmykose beim Schwein. 

Von Thierarzt Berg in Esbjerg. 

(Maanedsskrift for Dyrlaeger, Maiheft 1898.) 

B beobachtete auf einem Gute, das verschimmeltes dumpfiges 
Heu als Einstreu für die Schweine verwendete, eine eigentüm¬ 
liche Lungenaffection bei mehreren Schweinen, an welcher sogar 
«inige zu Grunde gingen. Die Thiere husteten viel, die Fress¬ 
lust war dagegen nicht vermindert. Section: Lobäre Pneumonie 
mit Hepatisation von fleischartigem Aussehen und feiner rost¬ 
farbiger Demarcationslinie. Mediastinaldrüsen bis Taubeneigrösse 
■geschwollen, dunkelroth, Milz und Nieren ebenfalls vergrössert 
und dunkel geröthet. Darm normal. In den hepatisirten Lungen¬ 
stücken, in den Mediastinaldrüsen und der Milz fand B. durch 
mikroskopische Untersuchung grosse Mengen einer Pilzart, die 
in rasenartiger Ausbreitung (in der Lunge z. B.) auf der Bronchial- 
■schleimhaut wucherte, so dass das ganze Lungengewebe mit 
den Mycelien wie ein dichtes Netz durchwachsen war. B. hält 
den Pilz für eine Aspergillus-Art. Römer. 


Aktinomykose bei Schafen. 

Von Thierarzt J. Berg in Esbjerg. 

iMaanedtskrift for Dyrlaeger, Aprilheft 1898.) 

B. stellte bei Untersuchung eines Trupps von Export- 
Schafen zweimal Zungenaktinomykose fest, die durch einen 
kleinen Fistelcanal zwischen Körper und Spitze der Zunge ein- 
^edrungen war. Bei Durchschneidung der Zunge nach der 
Schlachtung fand er im Gewebe kleine, gelbe, grützeartige 
Körnchen, ungefähr i mm lang und etwas mehr oder halb so 
dick. In einem Falle fanden sich auch Abscesse in der Kiefer¬ 
höhle. Ferner wurde in einem dritten Falle Lippenaktinomykose 
beobachtet, die sich, von der Unterlippe ausgehend, auf Unter¬ 


291 


kiefer und Zahnfleisch erstreckte. Auch in der Kieferhöhle 
zeigten sich in diesem Falle eiterige Abscesse. 

Die in den beschriebenen drei Fällen von Aktinomykose 
untersuchten detritischen Massen Hessen deutliche Aktinomyces- 
rasen erkennen. Die Keulen waren insgesammt sehr klein. 
Die Länge betrug 0,003 —0,0035 mm und die Dicke 0,0022 mm, 
also verhältnissmässig weniger als bei Rindviehaktinomykose. 
Die Form war bimförmig. 

Leider wurden die inneren Organe dieser 3 Schafe, die 
alsbald nach der Untersuchung geschlachtet wurden, nicht näher 
auf Aktinomykose geprüft, was vielleicht interessante Auf¬ 
schlüsse über die weitere Ausbreitung der bei genannter Thier¬ 
art so wenig beobachteten Krankheit ergeben hätte. 

Römer. 


Kolik und Zerreissung des Magens durch das Vorhanden¬ 
sein von Oestruslarven. 

Von Gabe au. 

(Recueil de med. vet. Alfort. Mai 1898.) 

Ein fünfjähriges Pferd wird wegen Kolik in die Klinik 
gebracht. Es wurde ihm Kaffee, Alkohol etc. verabreicht und 
subcutane Einspritzungen von Pilocarpin und Eserin gemacht. 

Nach einer Stunde nahmen der Schweissausbruch und der 
Schüttelfrost zu, das Thier ist niedergeschlagen, stellt die 
Beine auseinander und athmet sehr schwer. Anderthalb Stunden 
nach dem Beginn der Krankheit tritt der Tod ein. 

Bei der Section enthält die Bauchhöhle eine grosse Quan¬ 
tität Nahrungsmittel, welche die verschiedenen Organe ver¬ 
unreinigt haben. Zwischen Magen und Milz allein befinden 
sich ungefähr io Liter Hafer und Kleie, welche noch unverdaut 
waren. Der Magen ist leer und zeigt an dem grossen Bogen 
einen ca. 20 cm langen, an seinen blutig infiltrirten Rändern 
als ante mortem entstanden erkennbaren Riss. 

Die Schleimhaut des linken Magensackes weist eine Menge 
kleiner, 3 bis 10 mm breiter, durch das Eingraben der Gastro- 
philuslarven hervorgerufener Ulcerationen auf. 

Die Schleimhaut des rechten Sackes ist entzündet und 
stark verdickt, in der Nähe des Pylorus befindet sich in der¬ 
selben ein eigrosser Abscess mit dickem, gelblichem, eiterigem 
Inhalte. Der durch die Schleimhautverdickung an und für sich 
schon sehr enge Pylorus ist durch mehrere Hunderte von Gastro- 
philuslarven förmlich zugestopft, so dass jede Verbindung 
zwischen Magen und Dünndarm unmöglich ist. Der ganze 
Darmschlauch ist mit einer ungeheuren Menge theils freiliegen¬ 
der, theils an der Schleimhaut haftender Oestruslarven an¬ 
gefüllt. 

Diese Magenzerreissung verdankt ihre Entstehung den hefti¬ 
gen Contractionen der ulcerirten und dadurch geschwächten 
Magenwand, Contractionen, welche den Durchgang aus dem 
Magen in den Zwölffingerdarm nicht zu erschliessen vermochten. 

Haas. 


Ein Fall von Starrkrampf mit Tizzoni’schem Antitoxin 

geheilt. 

Von Conti. 

(II moderno Zooiatro, 1898, S. 103.) 

Mit der Anwendung von Tizzoni’s Antitoxin begann C. 
bei dem starrkrampfkranken Pferde am 4. Tage der offen¬ 
sichtlichen Erkrankung. Das Pferd erhielt um 10 Uhr eine 
intratracheale Injection, die 2000000 Immunitätseinheiten ent¬ 
hielt. Um 6 Uhr Abends wurde eine gleiche Injection gemacht. 
Bereits am nächsten Tage Vormittags war ein leichter Nachlass 
dör Erscheinungen zu bemerken, am Nachmittage war dies 
deutlich der Fall. Bis zum 7. Tage Hessen die Muskelcon- 
tractionen derart nach, dass das Pferd sich legen und aufstehen 
konnte. Der Appetit war zu dieser Zeit gut. Trotzdem erhielt 
der Patient am 9. Tage noch 1000000 Immunitätseinheiten in 
Form einer intratrachealen Injection und hiernach besserte sich 


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292 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


13. August.. 


der Zustand derart, dass das Pferd am 30. Tage im Trab und 
Galopp bewegt werden konnte. 

Der von C. beschriebene Apparat, welchen er zur intra¬ 
trachealen Injection beschreibt (bestehend aus Glasflasche mit 
doppelt durchbohrtem Korken, Gummischläuchen, Gummigebläse) 
ist recht complicirt und dürfte in praxi durch die Pravaz’sche 
Spritze ersetzt werden. Frick. 


Mischtnfectionen beim sog. Farcino cryptococchico. 

Von Baruchello. 

(II nuovo Ercolani, 1898, S. 52.) 

Obige Krankheit, deren Ursache von Rivolta in dem 
Cryptococcus farciminosus gefunden ist, zeigt oft insofern Ab¬ 
weichungen im Verlauf, als die ersten Fälle dieser epizootisch 
auftretenden Krankheit regelrecht bei geeigneter Behandlung 
verlaufen. Im weiteren Verlaufe stellen sich dann häufig 
Krankheitsfälle ein, die ganz protrahirt verlaufen. B. hat fest¬ 
gestellt, dass es sich in diesen Fällen um Mischinfection mit 
den Eitererregern handelt. Es lassen sich dann neben dem 
Cryptococcus farciminosus (mikroskopisch und culturell), Staphylo- 
coccus pyogenes aureus, albus, Streptokokken, selbst Bacillus 
subtilis und Proteus vulgaris nachweisen. Frick. 


Keratitis punctata beim Pferde. 

Von Corpsrossarzt Schwarzneck er. 

(Zeitschrift f. Veterinarlcundc 1898, S. 209.) 

Bei 4 Pferden, von denen 2 aus Ostpreussen und 2 aus 
Oesterreich frisch eingeführt waren, zeigten sich folgende Er¬ 
scheinungen an den Augen. Es war keinerlei Entzündung vor¬ 
handen, Lichtscheu, Thränenfluss fehlten. Die Augen waren 
gut geöffnet. Injection der Bindehautgefässe war nicht zugegen. 
Die Cornea war glatt und spiegelnd, sie zeigte bei guter Be¬ 
leuchtung zahlreiche kleine, punktförmige, grauweisse Trübungen. 
Dieselben waren yerhältnissmässig. scharf begrenzt! iiüncU gleich* 
mässig von einander entfernt. Das zwischen den Trübungen 
gelegene Cornealgewebe war durchsichtig und klar, nur, in 
seltenen Fällen leicht getrübt. Das Centrum der Cornea wies, 
die wenigsten Trübungen auf, während die Randpartien mehr 
davon besassen. Im Anfang der Erkrankung waren die Rand¬ 
partien der Cornea in jedem Falle frei von Gefässen. So weit 
es möglich war, dies festzustellen, waren die Iris, Linse u. s. w. 
frei von krankhaften Veränderungen. Im weiteren Verlaufe 
trat am Rande der Cornea Gefässneubildung auf, die in einem 
Falle sehr stark wurde und nach Ablauf der Krankheit schwarze 
oder schwarzbraune Pigmentablagerungen hinterliess. In einem 
Falle waren beide Augen afficirt, während in den übrigen drei 
nur je ein Auge erkrankt war. Einmal bildete sich auch an 
der Cornea eine graugelb gefärbte Stelle von der Grösse einer 
halben Erbse, die sich halbkugelig nach vorn hervorwölbte. 
Dieselbe (offenbar ein Abscess) perforirte nicht, sondern kam 
zur Resorption. Der Verlauf des Leidens war in jedem Falle 
ein recht langwieriger insofern, als 4—5 Monate bis zum Ab¬ 
schluss der Krankheit vergingen. Nur in einem Falle gelang 
die vollständige Beseitigung der Trübung, während in einem 
Falle vollständiger Verlust des Sehvermögens und sonst dauernde 
Trübungen übrig blieben. 

Die Behandlung bestand in feuchtwarmen Umschlägen. 
Auch Aetzungen mit dem Höllensteinstift wurden Anfangs von 
3 zu 3 Tagen, später in Zwischenräumen von 8 Tagen ange¬ 
wendet. In dem Falle, wo starke Pigmentflecke und Verlust 
des Sehvermögens zuiückblieben, hatte auch eine Salbe von 
Hydrargyrum oxydatum rubrum Anwendung gefunden. 

Schwarznecker hält das Leiden für infectiös und glaubt, 
dass der Infectionsstoff durch den Saftstrom in die Cornea ge¬ 
schleppt worden ist. Er glaubt, dass vielleicht eine Beziehung 
des Leidens zur periodischen Augenentzündung besteht und will 
dasselbe auch pro foro wie diese beurtheilen. Frick. 


Ein Vorschlag: zur Bekämpfung: der Maul- und Klauen¬ 
seuche. 

(Le Progres veterinaire. 1898. No. sf.) 

Folgende über den Vorschlag von P. Cagny Seitens der 
Societö de Mödecine veterinaire de l’Oise an das Ackerbau- 
Ministerium nach Paris gerichtete Eingabe ist sowohl durch die 
Einfachheit und Originalität der daselbst niedergelegten Pro¬ 
positionen, als auch durch die republikanische Freimüthigkeit 
der Sprache bemerkenswerth und lautet folgendermassen: 

»Die Mitglieder der Unterzeichneten Thierärztlichen Gesell¬ 
schaft wünschen Ihre Aufmerksamkeit auf die Schwierigkeiten 
zu richten, welche sich bei Handhabung der thierärztlichen 
Sanitätspolizei immer mehr erheben. Die Thierärzte haben sich 
wie auch die Thierbesitzer längst davon überzeugt, dass die 
strikte Durchführung der seitherigen Polizeimassregeln mit all 
ihren Härten allzu vexatorischer Natur sind und dabei von un¬ 
genügendem Effecte begleitet werden, die Folge ist, dass man 
sich bald wepig um sie bekümmert und daraus selbst Ungesetz¬ 
lichkeiten entstehen. Um nur wenige Beispiele anzuführen, er¬ 
wähnen wir eines kürzlichen Falles, in welchem der Präfect 
von Aveyron gegen Maul- und Klauenseuche provisorisch ein 
Verbot sämmtlicher Viehmärkte seines Departements erliess, 
um es nach 8 Tagen wieder aufzuheben, was durchaus illegal 
ist. Ebenso wurde in letzter Woche in Paris, wo in einer Rind¬ 
viehausstellung plötzlich die Klauenseuche ausbrach, amtlich 
gestattet, die betroffenen Thiere nach Hause zu nehmen, anstatt 
sie gesetzlich zu sequestriren oder dem Schlachthaus zu über¬ 
geben. Auch sonst kommen insbesondere halbe Massregeln 
zur Ausführung, so dass grosse Unzufriedenheit entsteht, den 
Thierärzten ihre Stellung erschwert, und die Masse der Vieh¬ 
besitzer zu der oft gehörten Klage veranlasst wird, sie seien 
trotz aller Versprechungen der Regierung nicht genügend gegen 
ansteckende Krankheiten geschützt. 

Um solchen Missständen abzuhelfen, erscheint es dringend 
geboten, die Massregeln theils zu ändern, theils zu mildern, 
ohne gegen den Sinn des Gesetzes vom 21. Juli 1881 zu ver- 
stossen. Zunächst sollte ernstlich ari' die Organisation eines 
Veterinär-Sanitätsdienstes gegangen werden, um einerseits die 
in den einzelnen Fällen zu ergreifenden Massregeln stets 
genau festzustellen, andererseits der landwirthschaftlichen Be¬ 
völkerung die absolute Nothwendigkeit derselben in belehrender 
Weise begreiflich zu machen. 

Sie haben sich, Herr Minister, seither gegen eine solche 
Organisation gesträubt, wir erlauben uns daher, Ihnen ein 
anderes, zu demselben Zwecke führendes Verfahren vorzu¬ 
schlagen. Ueberlassen Sie den Thierbesitzern selbst 
die Sorge, sich vor Seuchen zu bewahren und zwar 
dadurch, dass Sie einen Informationsdienst einführen, welcher 
es ermöglicht, alle Seuchenheerde alsbald kennen zu lernen. 
Zu diesem Behufe wird jeder Thierbesitzer verpflichtet, alljähr¬ 
lich mehrmals dem Ortsvorstande ein thierärztliches Zeugniss 
vorzulegen, in welchem angegeben ist, ob seine Thiere gesund 
bezw. krank sind und an welcher Krankheit sie leiden. Er¬ 
lassen Sie dann in Form einer Belehrung diejenigen Vorbeu- 
gungsmassregeln, wie sie in dem betreffenden Falle zu ergreifen 
sind und gleichzeitig müssten auch die Nachbarn instruirt werden, 
damit sie bei Ausbreitung der Seuche im eigenen Interesse 
wissen, was zu geschehen hat und namentlich auch gegen Die¬ 
jenigen Vorgehen können, welche gegen die erlassenen Vor¬ 
schriften sich säumig verhalten. Seien Sie, Herr Minister, über¬ 
zeugt, dass die Verhängung diesbezüglicher Strafen, wenn sie 
auch nur leichter Art sind, von ungleich höherem Werthe sind, 
als alle Ihre seitherigen Circulaire!« Vogel. 


Oeffentliches Veterinärwesen. 

Arbeiten zur Erforschung der Maul- und Klauenseuche. 

(Aus dem Kaiserlichen Gesundheitsamt.) 

Aus den Jahresberichten über die Verbreitung von Thier¬ 
seuchen, welche nach den Mittheilungen der beamteten Thier- 


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No. 33 


ärzte angefertigt werden, haben sich bezüglich der Maul- und 
Klauenseuche folgende Thatsachen ergeben: 

I. Die Verbreitung des Ansteckungsstoffes erfolgt durch: 
scuchekranke Thicre; durchgeseuchtc Thiere, die noch Träger 
des Ansteckungsstoffes sind; durch gesunde Thiere als Zwischen¬ 
träger (Wiederkäuer, Schweine, Pferde, Hunde, Katzen, Kanin¬ 
chen, Ratten, Mäuse, Geflügel, angeblich auch Wildschweine, 
Rehe, Federwild); durch Producte von seuchekranken Thieren 
(Milch, Häute, Blut, Fleisch, Koth, Jauche, Dünger); durch 
Personen als Träger des Ansteckungsstoffes an ihren Kleidern, 
Schuhwerk, Haaren, entblössten Körpertheilen; durch inficirte 
Räume (Ställe, Weiden, Wege, Eisenbahnwagen, Rampen, 
Schiffe, öffentliche Brunnen), Geräthschaften (Stall- und Acker- 
geräthe, Milchgefasse, Zaumzeug), Futter, Streu. 

II. Anlässe zur Verbreitung der Seuche bilden: Central¬ 
punkte für den Verkehr von Schlacht- und Handelsvieh ; Vieh- 
märktc, Vichausstellungen, Händlerställc, Hausiphandel mit 
Schweinen, Treibschweinen; Einstellen von Vieh in verseuchte 
Gast- und Händlcrställe, gemeinsame Benutzung von Weiden, 
Wegen, Tränken mit seuchekrankem oder verdächtigem Vieh; 
Treiben von verseuchtem Vieh durch seuchefrcic Ortschaften 
und umgekehrt; Verkehr von Personen aus verseuchten Ge¬ 
höften (Besitzer, Dienstboten, Hirten, Händler, Schlächter, 
Kastrirer, Thierärzte) mit Personen und Thieren aus seuche¬ 
freien Orten; Wechsel der Dienstboten, Besuch von Märkten, 
Lustbarkeiten, Sammelmolkereien; Abgabe roher ’ oder unge¬ 
nügend gekochter Milch aus verseuchten Gehöften bew. Sammel¬ 
molkereien; Anlage von Düngerstätten und Jauchegruben an 
öffentlichen Wegen; Unterlassung oder mangelhafte Ausführung 
der Desinfection; Unterlassung oder Verspätung der Anzeige von 
Seuchenausbrüchen. 

III. Die Einschleppung der Seuche aus dem Auslande er¬ 
folgt durch die Einfuhr von Wiederkäuern und Schweinen, 
durch den Schmuggel und den Grenzverkchr. 

IV. Als zweckmässige Bekämpfungsmittcl der Seuche haben 
sich allgemein erwiesen: die Uebertragung der Seuche auf die 
noch gesunden Thiere verseuchter Bestände; Verbot der Ab¬ 
gabe von ungekochter Milch; die thierärztliche Beaufsichtigung 
der Viehmärkte, Schlachthäuser, Abdeckereien, zusammen¬ 
gebrachten Viehbestände, Händlerställe und Treibheerden. Ver¬ 
bot der Viehmärkte und des Hausirhandels mit Vieh. 

Trotz dieser Ergebnisse war es wünschenswerth, Näheres 
über die einschlägigen Verhältnisse zu erfahren und es ist vom 
Gesundheitsamt ein Fragebogen ausgearbeitet und einer kleineren 
Anzahl von beamteten Thierärzten zur Beantwortung zugestellt 
worden. Aus diesen Antworten haben sich folgende bemerkens- 
werthe Resultate ergeben: 

1. Auftreten und Erscheinungen der Seuche bei anderen 
als den im § io des Reichsviehseuchengesetzes genannten 
Thieren. 

a. Bei Pferden soll sie in Form einer Stomatitis pustulosa 
auftreten, sich aber von der contagiösen Form dieses Leidens 
durch schnelleres Abheilen unterscheiden, ln einem Falle soll 
sogar ein Panaritium nach Fütterung inficirtcr Milchresle ent¬ 
standen sein. 

Das Auftreten der Seuche bei Pferden wird von 15 Be¬ 
richterstattern angegeben. 

j b. Beim Geflügel wird das Auftreten der Seuche 6 Mal 
imitgetheilt. 

c. Beim Wild soll diese Seuche öfter gesehen sein, so¬ 
wohl bei zahmem als ungezähmtem. Am Öftesten sollen Rehe 
und Hirsche -erkrankt sein, jedoch wird dies auch von Wild¬ 
schweinen (geschossene) angegeben. 

2. Schafe und Ziegen erkranken wie die Rinder. Die Er¬ 
krankung der Klauen kam bei diesen Thieren am häufigsten 
vor; selten war dtfc Maulschleimhaut Sitz der Erkrankung. 

3. Eine Verschleppung der Seuche durch Thiere aus ver¬ 
seucht gewesenen und wieder frei gegebenen Beständen ist 
recht häufig beobachtet worden, weniger durch Häute, Felle, 
Hufe, Hörner, Haare, Wolle. Dagegen sind Koth, Harn, Dünger 
und Jauche recht häufig Ursache für Verschleppung der Seuche 
gewesen. Eine Verschleppung der Seuche durch Fleisch, Blut, 


293 

Eingeweide, Schlachtabfälle ist einige Male berichtet, jedoch 
ist nur ein Fall einwandsfrei. In diesem waren Thcile eines 
an Maul- und Klauenseuche gefallenen Thicrcs an Schweine 
verfüttert, die sämmtlich schwer an der Seuche erkrankten. 

Milch und Molkcreierzeugnisse, Molkereigcräthe (Milch¬ 
kannen, Milchwagen) spielen nach den Berichten eine bedeutende 
Rolle bei Verbreitung der Seuche Am meisten werden für 
die häufige Verschleppung der Seuche von allen Bericht¬ 
erstattern Personen (Stallwärter, Melker, Viehhändler, Schlächter 
u. s. w) verantwortlich gemacht. Zahlreiche mitgetheiltc Be¬ 
obachtungen sprechen dafür. 

4. Die Uebertragung der Seuche durch nicht dcsinficirte 
Stallungen und Standorte, besonders Vichhöfc, Gast- und Händler¬ 
ställe, Eisenbahnwagen, durch Stallgcräthe, Geschirrstücke und 
Hausrath wurde verhältnissmässig oft beobachtet. Namentlich 
die von Händlern viel benutzten Gastställc scheinen eine be¬ 
sondere Gefahr einzuschliesscn. Die angeführten Mittheilungen 
der beamteten Thierärzte beweisen dies deutlich. 

5. Auf Menschen wurde die Seuche vereinzelt durch den 
Genuss ungekochter Milch seuchekranker Thicre übertragen, 
dagegen verursachte die Butter aus der Milch kranker Kühe, 
sowie der Umgang mit den Häuten solcher Thiere (bei Gerbern, 
Fellhändlern) verschiedentlich die spccifische Erkrankung. 

6. Ueber das Verhalten der Milch bezüglich Menge, Be¬ 

schaffenheit und Rückkehr zur Norm bei den kranken Thieren 
schwanken die Angaben. Die meisten Berichterstatter geben 
an, dass eine Abnahme der Milch während der Erkrankung 
stattfindet. Die Angaben über den Betrag der Abnahme sind 
sehr spärlich. In einzelnen Fällen sank die Milchmenge bis 
auf Null, in anderen bis auf 20 60 °/ 0 - Es scheint das ge¬ 

lieferte Milchquantum in directem Verhältniss zur Schwere der 
Erkrankung zu stehen. 

Ueber die Beschaffenheit der Milch während der Erkrankung 
sind die Angaben dürftig. Sie ist häufig schleimig, leicht ge¬ 
rinnend beim Kochen und schwer zu verbuttern gewesen. Das 
spccifische Gewicht schwankte in einem schweren Falle zwischen 
1026—1028—1041. In wenigen Fällen wird berichtet, dass 
der-Fettgehalt von 3,30 bis auf 6 °/„ gestiegen sei. 

Die Rückkehr der Milch hat sich in den meisten Fällen 
langsam bei schweren und schneller bei leichten Erkrankungen 
eingestellt. Auf jeden Fall wurde fast nie die alte Milchmenge 
wieder erreicht. 

' 7. Bei und nach der Erkrankung wurden häufig Euter¬ 

entzündungen gesehen, die verhältnissmässig oft zu theilweiser 
oder gänzlicher Verödung des Euters, seltener zum Tode durch 
Sepsis führten. 

8. Die Angaben über die Zeit des Auftretens von Fieber 
nach der Infection schwanken von 12 Stunden bis zu 11 Tagen, 
während die Incubationsdauer im Durchschnitt auf 3—4 Tage 
bei Rindern, bei Schweinen auf 24—48 Stunden angegeben wird, 

Die örtlichen Entzündungserscheinungen am Maule und an 
den Klauen, in einzelnen Fällen am Grunde der Hörner wurden 
meist kurze Zeit nach dem Auftreten des Fiebers gesehen. Die 
Bildung der Blasen erfolgt meist wenige Stunden nach dem 
Wahrnehmen der ersten Krankheitserscheinungen. 

9. Der Werth der Impfung wird sehr verschieden ange¬ 
geben. 1 Während viele Beobachter dadurch einen milderen 
Verlauf erzielt haben wollen, halten andere die Impfung für 
werthlos, noch andere für direct schädlich. Alle sind einig, 
dass der Verlauf der Seuche dadurch abgekürzt wird. 

10. Die Angaben bezüglich der Immunität der durch- 
geseuchten Thiere schwanken sehr (zwischen zwei Monaten und 
vier Jahren). Es fehlen nicht Mittheilungen, die von drei¬ 
maligem Erkranken innerhalb eines Jahres sprechen. 

11. Besonders cmpfehlenswerthe Vorbeugungs- und Heil¬ 
verfahren sind keinem Berichterstatter bekannt. Als Vor¬ 
beugungsmittel hat sich Absperrung der verseuchten Bestände, 
Quarantäne frischen Viehs und strenge Durchführung der ge¬ 
setzlichen Massrcgeln am besten bewährt. 

12. Von nachtheiligen Folgen der Maul-und Klauenseuche 
werden genannt: Mangelhafter Milchertrag, Abmagerung, Klauen¬ 
leiden mit Sepsis und Tod, oder mindestens mit Arbeitsunfähig- 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIF t 


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116, OsUX.y. Grcenw 


Marhnw/rder 


Bromberfl 


Potsdam 


Berlin '//*>. 


Merseburg 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


13. August. 


keit, Verkalben, Lebensschwäche der während der Seuche aus¬ 
getragenen Kälber und Lämmer. 

13. Das Auftreten der bösartigen Form der Maul- und 
Klauenseuche ist zwar überall beobachtet, am häufigsten jedoch 
in Süddeutschland und Elsass-Lothringen. Ueber die Ursachen 
sind die Beobachter nicht klar. Während die Einen schlechter 
Witterung, heissen Ställen mit mangelhafter Ventilation, ver¬ 
dorbenem, verschimmeltem, fauligem Futter einen Werth bei¬ 
messen, halten die Anderen eine Mischinfcction für vorliegend. 

Die Verluste durch diese Form der Seuche sind zumal in 
Süddeutschland recht beträchtliche und erstrecken sich auf alle 
Wiederkäuer und Schweine der verschiedensten Lebensalter. 
Die geographische Vertheilung der Verluste ist ganz regellos, 
so dass neben Verlust einiger Thicre auch recht beträchtliche 
(250 Stück Rindvieh innerhalb 8 Monaten) vorgekommen sind. 

Bezüglich des klinischen, anatomischen und bakteriologischen 
Befundes liegen zwar zahlreiche Angaben vor, ohne jedoch die 
Frage nach dem Wesen der bösartigen Form der Maul- und 
Klauenseuche zu erklären. Der Tod erfolgt hierbei entweder 
apoplektisch oder unter den Erscheinungen der Magendarm¬ 
entzündung. Namentlich jüngere Thicre (Jungrinder, Kälber, 


Ferkel) starben apoplektisch, jedoch ist auch bei erwachsenen 
Thieren diese Todesart nicht selten gewesen. Solche Thiere 
erschienen meist nicht schwer krank, die Blasen begannen be¬ 
reits abzuheilen, als ganz unvermuthet angestrengtes Athmcn, 
Zittern, Brüllen beobachtet wurde und der Tod blitzartig eintrat. 
Häufig erfolgte letzterer beim Fressen, Wiederkauen oder Melken. 

Die Obduction ergab öfter Magendarmentzündung und 
Blasenbildung im Schlund, Pansen, Kehlkopf, Luftröhre. 

An den grossen Drüsen bestand Trübung und Schwellung, 
während Lungen und Kehlkopf Congestlvzustände aufwiesen. 
Das Herz war schlaff und weich, der Herzmuskel mürbe, leicht 
zcrreisslich, häufig mit Erweichungsherden durchsetzt. 

Der pathologisch-anatomische Befund war keineswegs con- 
stant und die gefundenen Läsionen durchaus nicht charakte¬ 
ristisch. Viele Cadaver zeigten nur die Veränderungen, wie 
sic beim Erstickungstode gefunden werden. 

Die Angaben über bakteriologische Befunde sind spärlich 
und gestatten keine Schlüsse. 

Die Obductionsbefunde, namentlich aus Süddeutschland, 
sind vielfach in extenso angeführt und bieten manches In¬ 
teressante. Krick 


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Massstab 1:6 OOOOO. 

J ) Inbegriffen sind auch diejenigen Gemeinden, in denen scuchekranke Thiere nicht mehr vorhanden sind, in welchen aber nach den geltenden 
Vorschriften die Seuche nicht als erloschen erklKrt werden konnte. 


Stand der Maul- und Klauenseuche im Deutschen Reiche Ende Juli 1898. *) 

(Nach den Berichten der beamteten Thierärate zusammcngestellt im Kaiserlichen Gesundheitsamt. — Veröffentlicht im Reichs-Anzeiger vom 5. August 1898.) 


Von je 100 
Gemeinden 


waren am 


y Schluß des Monats 
\ verseucht 





















No. 33. 


DEUTSCHE THIER./ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


295 


Nahrungsmittelkunde. 

Einige Wägungsergebnisse bei geschlachteten Rindern. 

Von Schlachthofinspector P. Falk-Schwiebus. 

(Zeilsclir. f. Fleisch- und Milchhygiene VIII. Jahrg., 10. Heft, S. ißj.i 

Aehnlich wie Goltz hat auch Falk eine Reihe von 
Untersuchungen vorgenommen, um die Blutmenge von Rindern 
bei verschiedenen Schlachtmethoden zu ermitteln, wobei er 
gleichzeitig eine Anzahl von Wägungen anstellte, die sich auch 
auf die Gewichtsfeststellung des Darminhaltes, sowie bei s*eben 
Thieren auch diejenige von Kopf, Lunge, Leber, Herz, Schlund, 
Luftröhre, Haut und Klauen erstreckte. 

Die Ergebnisse der Wägungen sind in Tabellen sehr über¬ 
sichtlich zusammengestellt und ist aus denselben Folgendes zu 
entnehmen. 

36 geschlachtete Rinder hatten zusammen ein Reingewicht *) 
von 11514 kg, die gewonnene Blutmenge betrug 531,2 kg = 4,6°/ 0 
des Reingewichts. Nach der Tödtungsart getrennt, ergaben 
sich folgende Zahlen: 

Bei geschächteten Thieren eine Blutmenge von 4,4 
des Reingewichts, 

beim Halsschnitt nach vorhergegangener Be¬ 
täubung eine Blutmenge von 4,2"/,, des Reingewichts, 

beim Bruststich nach vorhergegangener Betäubung 
eine Blutmenge von 4,8°/ 0 des Reingewichts. 

Nach Falk’s Ermittelungen scheinen Kühe eine grössere 
Gesammtblutmenge zu besitzen als Färsen oder gar Bullen und 
Ochsen. Es ergaben nämlich 

FSrsen Ochsen 
u. Kühe u. Bullen 

Beim Schächten eine Blut¬ 
menge von. 4,5 °/„, 3 , 7 °/ 0 des Reingewichts, 

Beim Halsschnitt nach 
Betäubung eine Blutmenge 

von. 4 , 57 ... 3 , 47 .. » 

Beim Bruststich nach Be¬ 
stäubung eine Blutmenge voTf'‘'‘3727;,* 4 » i 7 ° »» „ • 

Demgemäss kommt Falk zu derselben Ansicht wie Goltz, 
dass die der Blutentziehung vorhergehende Be¬ 
täubung ohne nachtheiligen Einfluss auf die Er¬ 
giebigkeit der Blutentziehung bei Rindern ist. 

Die Wägungen des Magen-Darminhaltes von 
37 Rindern ergaben ein Durchschnittsgewicht von 16,35 "/„ des 
Lebendgewichtes und Hessen Schwankungen zwischen 9,4 °/„ 
und 25,2 ® Q erkennen. Bei Rindern, welche schon einen Tag 
im Besitz der Fleischer waren, fand Falk im Allgemeinen 
einen Eingeweideinhalt von weniger als i8°/ 0 des Lebend¬ 
gewichts, wohingegen die direct vom Verkäufer zum Schlacht¬ 
hof gebrachten Thiere ein Mehr an Magen-Darminhalt zeigten. 

Aus der geringen Anzahl von 7 Wägungen, welche sich 
auf das Verhältniss des Gewichts von Kopf und Zunge; Herz, 
Leber und Lunge, sowie Haut und Klauen zum Körpergewicht 
erstrecken, lassen sich bestimmte Verhältnisszahlen nicht ent¬ 
wickeln. Edelmann. 


Vertheilung der Trichinen im Fleische der Schweine. 

In No. 8 des laufenden Jahrganges vom »Trichinenschauer« 
veröffentlicht der Vorsteher des Trichinenschauamtes im Chem¬ 
nitzer Schlachthofe, Wilhelm Günther, eine Statistik über 
die Trichinenfunde bei 50 Schweinen. Von denselben wurden 
je 10 Proben entnommen aus folgenden Muskeln: Brustmuskeln, 
Zwischenrippen-, Lenden-, Schulter-, Zungen-, Kau-, Bauch¬ 
muskel, Keule, Zwerchfell und Zwerchfellpfeiler, und von jeder 
dieser Proben fertigte man 36 Präparate an. Bei der Unter¬ 
suchung der letzteren erwiesen sich als frei von Trichinen: 
die Schultermuskeln . . . in 20 Fällen = 40 °/ 0 der Fälle, 
„ Keulen.„18 „ = 36 „ „ „ • 

•) Falk versteht unter Reingewicht das Gewicht des lebenden Thieres 
abzüglich des ermittelten Gewichts des Magen- und Darminhnltes. 


die 

Bauchmuskeln .... 

in 

18 Fällen = 36 7 „ 

der Fälle, 

99 

Zwischenrippenmuskeln . 

99 

15 

»» — 3 ° n 

n 99 

11 

Brustmuskeln .... 

n 

13 

„ = 26 „ 

n 99 

99 

Lendenmuskeln 

99 

13 

>1 —— 26 ,, 

n 11 

99 

Kaumuskeln .... 

99 

10 

„ = 20 „ 

n 11 

99 

Zungenmuskeln 

99 

4 

» = 8 „ 

99 99 

99 

Zwerchfellpfeiler . . 

»» 

2 

»1 = 4 » 

99 11 

n 

Zwerchfellmuskeln 

M 

1 

Falle = 2 „ 

19 99 


Aus dieser Zusammenstellung erhellt, wie verhältnissmässig 
wenig geeignet die heutzutage noch vielfach als Stellen für die 
Probeentnahme dienenden Bauch-, Zwischenrippen- und Lenden¬ 
muskeln zur Untersuchung der Schweine auf Trichinen sind. 
Ausserdem aber ist aus diesen Befunden der interessante Schluss 
zu ziehen, dass bei ungefähr 40% der trichinösen Schweine 
die Vorder-, und bei 36°/ 0 die Hinterschinken frei von Trichinen 
sein können. Demzufolge können bei der Untersuchung ein¬ 
geführter Schinken solche trichinenfrei befunden werden, trotz¬ 
dem sie von trichinösen Schweinen abstammen oder mit anderen 
Worten, die Zahl der vom Auslande eingeführten und trichinös 
befundenen Schinken entspricht im Allgemeinen nicht der Zahl 
der trichinösen Schweine daselbst, sondern bleibt hinter der 
letzteren zurück. Auch von dem eingeführten untersuchten 
Bauchspeck werden sicher mehr Seiten von trichinösen Schweinen 
abstammen, als bei der Untersuchung sich trichinös erweisen. 

Edelmann. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Neubau der thierärztlichen Hochschule in Hannover. 

Im Lauf der diesjährigen Bauperiode sind zwischen den 
im' äusseren Bau vollendeten grösseren Gebäuden noch mehrere 
kleinere Baulichkeiten aufgeführt; zugleich ist weiter an der 
inneren Einrichtung und Ausstattung der übrigen Gebäude ge¬ 
arbeitet worden. Zu den bereits früher bezeichneten 11 Ge¬ 
bäuden sind hinzugclreten im südwestlichen Theil des aus¬ 
gedehnten Bauplatzes dicht hinter der Klinik für kleinere Haus- 
thiere das Sfallgebäude für die eigenen Pferde der Hochschule 
nebst Kutscherwohnung und daneben liegender Wagenremise; 
ferner an der östlichen Seite das Kesselhaus mit der Heiz¬ 
anlage für das physiologische und chemische Institut und das 
anatomische und pathologisch-anatomische Institut und mit den 
Einrichtungen für die elektrische Lichterzeugung, dicht daneben 
das Macerationshaus. Etwas abseits, dicht an der Schwestern¬ 
hausstrasse, ist ferner ein Gewächshaus errichtet. Neben den 
Kliniken für grössere Hausthiere sind überdachte Düngerstätten 
eingerichtet. Die Canalisation des Grundstücks ist ausgeführt, 
die Bewässerungsanlagen hergestellt und die Fundamente für 
die Einfriedigung des Grundstücks sind aufgemauert. Die 
Flächen zwischen den Gebäuden sind geebnet, mit der Her¬ 
stellung der Strassen und Wege ist begonnen worden; dieselben 
erhalten eine Breite von 6, 5 und 4 Metern und werden as- 
phaltirt. Vor der Reitbahn wird ein Reitplatz hergestellt, neben 
den Grossviehkliniken werden Laufhöfe eingerichtet; die übrigen 
Flächen werden nach den Plänen des Gartendirectors Trip in 
Schmuckanlagen umgewandelt, soweit sie nicht durch die An¬ 
lage des Directorgartens und des botanischen Gartens in An¬ 
spruch genommen werden. Zunächst wird nun der Bau eines 
Beamtenhauses in Angriff genommen werden, dem der Bau des 
hygienischen Instituts folgen wird. Mit Schluss der diesjährigen 
Bauperiode wird die grossartige Anlage ihrer Vollendung ziem¬ 
lich nahe sein, so dass, wie es geplant ist, die Hochschule im 
nächsten Sommer in die neue Anstalt wird übersiedeln können. 


Entdeckung: des Krebspest-Erregrers. 

Der Krebspest-Erreger ist entdeckt. Nach jahre¬ 
langen Forschungen ist es, wie die »Nat.-Ztg.« mittheilt, dem 
rühmlichst bekannten süddeutschen Zoologen Dr. Höf er ge¬ 
lungen, den Erreger der Krebspest zu entdecken und so die 
Ursache dieser unheimlichen Krankheit endgiltig festzustellen. 


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DEUTSCHE THIER-ÄsRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


13. August. 


296 

Die Resultate seiner Forschungen wird Dr. Höfer dem VII. 
deutschen Fischerei-Tage zu Schwerin am 18. bis 21. August 
vorlegen. Die Krebspest, welche zuerst in den Industriebezirken , 
Frankreichs und Belgiens auftrat, hat bekanntlich vor Jahren in 
Deutschland die sonst so krebsreichen Gewässer in kurzer Zeit 
gänzlich von diesem geschätzten Krustenthier entvölkert. Sic 
schien dann erloschen, so dass einige Gewässer sich durch 
überlebende oder eingesetzte Krebse wieder zu beleben schienen. 
Aber immer von Neuem tritt sie wieder auf, so dass Dr. 
Höfer neuerdings wieder pestkranke Krebse aus branden- 
burgischen, mecklenburgischen und ostpreussischen Seen unter¬ 
suchen konnte, ebenso ihm übersendete Handelswaare, welche 
verdächtig schien. Die untersuchten Krebse kamen zum grossen 
Theil noch lebend in das Laboratorium des Gelehrten. In 
allen wurde nun ein besonderer Bacillus gefunden und von 
diesem Reinculturen angelegt, welche vorzüglich gediehen. Die 
damit geimpften Krebse verendeten in 1bis 8 Stunden, alle 
an Krebspest, welche sich durch alle ihre charakteristischen 
Merkmale, namentlich das Abwerfen der Scheeren und Beine, 
zweifellos kennbar machte. Auch mit diesem Bacillus inficirte 
Fische starben bald; frassen Krebse diese Fische, so bekamen 
sie unweigerlich Krebspest. Weitere Versuche sind noch im 
Gange, die bis jetzt erzielten Resultate haben aber den Charakter 
der Krankheit als durch Bacillen verursachte Infectionskrankheit 
allerschlimmster epidemischer Art klar erkennen lassen. * Die 
Vermehrungsfähigkeit dieser Bacillen ist geradezu unheimlich 
zu nennen, daher ihre rasche Wirkung in unsern Gewässern, 
welche den Krebs bei uns vollständig auf den Aussterbeetat 
setzt. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Handbuch der thierärztlichen Chirurgie und Geburts- 
hülfe. Von Bayer und Froh ne r. IV. Band. I. Theil. 
2. Lieferung. 

1. Sehnen, Sehnenscheiden und Schleimbeutel. Von 
Prof. Dr. Siedamgrotzky. 

2. Kriegschirurgie und Statistik. Von Dr. Bartke. 

Für dm Kritiker ist es stets eine angenehme Aufgabe, Werke zu. be¬ 
sprechen, die in jeder Beziehung ihren Zweck erfüllen. Die Arbeit von 
Siedamgrotzky muss rückhaltlos lobend anerkannt werden. Was der 
Autor geschrieben hat, ist das Resultat jahrzehntelanger Erfahrung; und dass 
S. über reiche Erfahrungen verfügt, wird wohl Niemand bestreiten. Dazu 
kommt, dass S. objectiv und nüchtern das Gesehene beurtheilt, ohne zu 
Hypothesen zu greifen. In klarer, bündiger Weise hat er Thatsache neben 
Thatsache gestellt. Es kann die Arbeit vielen Schriftstellern als nachahmens¬ 
wert dringend empfohlen werden. Es wäre ein Leichtes gewesen, aus dem 
reichhaltigen Material nnter Benutzung der Literatur ein Werk zu schaffen, 
das den 3—4fachen Umfang besässe. S. hat mit Recht von dieser vielfach 
beliebten breiten Bearbeitung des Stoffes Abstand genommen und so den 
Werth seiner Arbeit nur erhöht. 

Auf den Inhalt des Werkes an dieser Stelle einzugehen, erscheint über¬ 
flüssig. Derartige Arbeiten muss man einfach selbst lesen. Der Kritik bleibt 
nur die Annehmlichkeit, das Gebotene zu beurlheilen. Und nach dieser 
Richtung ist die Arbeit von S. nur zu loben; auch der Nörgler dürfte hier 
vergebens nach Tadelnswerthem suchen. 

Bartke hat sich bei Besprechung der Kriegschirurgie lediglich auf 
die Schusswunden, wie sie durch die neuen kleinkalibrigen Handfeuerwaffen 
verursacht werden, beschränkt. Da ja bisher nur Versuche mit diesen Waffen 
«erliegen, war es ein Gebot der klugen Vorsicht, auch nur diese zu berück¬ 
sichtigen; ein Ernstfall wird erst die nölhigen Unterlagen für eine weiter¬ 
gehende Behandlung des Stoffes liefern müssen. 

Derselbe Grund, welcher die Abhandlung über Kriegschirurgie etwas 
sehr knapp gestaltet hat, nämlich das Fehlen der nölhigen Unterlagen, hat 
es auch zu Wege gebracht, dass die Statistik nur eine einseitige werde« 
konnte. Sie berücksichtigt nur die chirurgischen Leiden der Mililärpferde; 
dass die Verhältnisse nicht gleich liegen bei Militärpferden und solchen der 


Civilbevölkerung, ist selbstverständlich. Statistiken über chirurgische Er¬ 
krankungen der letzteren Art liegen nicht vor und demgemäss konnte B. 
nicht mehr liefern, als er gebracht, und Ultra posse, nemo obligatur. 

Fri ck. 


Tabellen zum Gebrauche bei mikroskopischen Arbeiten 
von Wilhelm Behrens. III. Auflage (Preis 6 Mk.). 
Verlag von Harald Bruhn, Verlagsbuchhandlung in 
Braunschweig. 

Das vorliegende Buch enthält in 220 Seiten nicht weniger als 75 Ta¬ 
bellen Über Masse, Schmelz- und Siedepunkte, sowie Löslichkeitsverhältnisse 
und Mischungen der in der Mikroskopie gebräuchlichen Stoffe. Besondere 
Berücksichtigung fanden die Farbstoffe in Bezug auf ihre Gebrauchsweise und 
Wirkung. Bei den zahlreich registrirten Fixirungs- und Härtemitteln sind 
genaue Angaben über ihre Zusammensetzung, Anwendung, Dauer der Ein¬ 
wirkung und ihre verschiedenen Eigenschaften gemacht. Die vielen Er¬ 
fahrungen, welche in dieser Hinsicht vorliegen, hat der Verfasser mit grossem 
Fleisse gesammelt und in knappen Anmerkungen einer besonderen Rubrik für 
jedes einzelne Mittel beigefügt. Ferner ist die grosse Zahl der sonst in der 
Mikroskopie angewandten Hilfsmittel in mehreren Tabellen gesichtet und mit 
detailirten Bemerkungen über Anwendung bedacht. 

Genaue Angaben über Gewebs- und Bakterienfärbungen, Zusammen¬ 
setzungen der Nährsubstrate für Bakterien und mikrochemische Reagentien 
gestalten das Buch zu einem willkommenen Berather in bakteriologischen 
Laboratorien. Als Nachschlagebuch haben die Tabellen dabei den Vortheil 
einer klaren, übersichtlichen Zusammenstellung. 

Für die Neubearbeitung der III. Auflage hat der Verfasser eine Reihe 
bewährter Forscher gewonnen, welche bei der Vervollständigung der Tabellen 
mitwirkten. O 11. 


Personal-Nachrichten, 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Kreisthierarzt Bongartz in Bonn 
wurde zum Docenten für Thierheilkunde und Pferdezucht an der land¬ 
wirtschaftlichen Akademie in Poppelsdorf, Kreisthierarzt J. Inimin ger in 
Würzburg zum thierärztlichen Mitglied des unterfränkischen Kreismedicinal- 
ausschusses in Wiirzburg, Thierarzt Reichstein in Königsberg (Neumark) 
zum cotntnissarisehen Kreisthierarzt daselbst, Thierarzt J. Schultz von 
Landau zum Kreisthierarzt in Schlüchtern, Dislrictsthierarzt Sperling in 
Langenau zum Oberamtsthierarzt in Laupheim ernannt. Der prov. Bezirks¬ 
thierarzt Pfanz-Sponagel in Schönau wurde etatsmässig angestellt. Die 
III. Thierarztstelle am Schlacht- und Viehhof in Karlsruhe erhielt Thierarzt 
F. Mayer von Malsch, die II. Schlachthofthierarztstelle m Osnabrück Thier¬ 
arzt Vortmann. Verzogen sind die Thierärzte A. Bokemüller von 
Sontra nach Cassel, Schmidtke von Rastatt nach Halle a. S., J. Zissler 
von Stepperg nach Ising, S. Set tele von Ising «ach Pasing. Thierarzt 
J. Duhms hat sich in Stargard niedergelassen. Thierarzt P. Loos in 
Stadtlauringen hat diese Stelle aufgegeben. 

Auf Ansuchen entbunden wurden Departementsthierarzt a. D. Schell 
in Bonn von seiner Lehrthätigkeit an der Akademie Poppelsdorf, Kreia- 
thierarzt a. D. Z i p p e I i u s in Würaburg von seiner Function beim Kreis- 
medicinalausschuss. 

Das Fähigkeitszeugnlss als beamteter Thierarzt in Preussen 
haben erworben die Thierärzte Grips in Hamburg, G r u n a u in Ncuteich, 
Berner in Guttstadt, Schneeweiss in Berlin. 

Die thlerärztliehe Faehprflfüng haben in Berlin bestanden: 
Otto Budnowski von Danzig, Willy Fischer von Stettin, Joseph Hock 
von Gricssen (Baden), Max Zunack von Berlin, Hermann Mozer von 
Stuttgart, Paul Neu mann von Metschlau, Gottschalk Platscheck von 
Schroda. 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutschen 

Heeres: Dem Veterinär W. Diccas von der Landwehr I in Weilheim der 
Abschied bewilligt. 

Gestorben : Oberrossarzt a. D. Schmidt in Elbing. 


Verlag der Gesellschaft „Deuts«he TMerfirztilehe Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Mal km ns in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der Macklofschen Druckerei in Karlsruhe i. B. 


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Deutsche 

Thierärztliche Wochenschrift 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regiernngs- und Medicinalrath, 
Director der Thierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 


herausgegeben von 

Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregierungsrath 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regiernngsrath and Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 


Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Louisenthal (Saar). 


redigirt von 


Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden 
Bonnabend iin Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abounirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784 a. 


Sechster Jahrgang. 


Sämmtliche Zuschriften and redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 
Correctnren und Anzeigon an die Expedition der 
Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 
in Karlsruhe (Baden!. 


M 34. 


Ansgegeben am 20. August. 


1898. 


Statistik der Geschwülste bei Thieren. 

Von Dr. med. M. Casper Höchst (Main). 

Wer es unternehmen will, eine statistische Darstellung der 
Geschwülste bei Thieren zu geben, ähnlich wie sie in der 
medicinischen Litteratur vielfach vorliegen, wird sich gezwungen 
sehen, das Material zu benutzen, welches in den Jahresberichten 
der thierärztlichen Lehranstalten ijiedergelegt ist. Aber diese 
aus der Zusammenstellung des klinischen und anatomischen 
Materiales sich ergebenden Resultate leiden an verschiedenen 
Mängeln, d\e fr,eilich, t nipht gut z.u vermeiden sind. Einmal 
können diese Zahlen keinen Anspruch auf Vollständigkeit 
machen, weil den Kliniken hauptsächlich nur die schwer er¬ 
krankten und bei Weitem nicht alle kranken Thiere einer 
Gegend zugeführt werden. Sodann sind in vielen dieser Be¬ 
richte die Angaben für die statistische Bearbeitung wenig oder 
gar nicht brauchbar. Entweder sind die Geschwülste über¬ 
haupt nicht gesondert aufgeführt, oder aber sie sind summarisch 
zusammengestellt, so dass man auf die Häufigkeit der einzelnen 
Arten gar keinen Rückschluss machen kann, oder endlich es 
sind nur einzelne Arten derselben (Carcinome, Sarkome) be¬ 
rücksichtigt. Dazu kommt noch, dass die Anschauungen über 
den Begriff »Geschwulst« im Laufe der Jahre mannigfache 
Wandlungen erfahren haben. Viele Gebilde, die man vor 
20 Jahren noch zu den Geschwülsten rechnete, finden heute ihren 
Platz an dieser Stelle nicht mehr. Ich erinnere nur an die Neu¬ 
bildungen infectiösen Ursprunges (Aktinomykome, Botryomykome), 
welche früher als Sarkome und Fibrome registrirt wurden, heute 
aber völlig aus der Geschwulstreihe ausgeschieden sind. 

Es muss hier anerkannt werden, dass die erwähnten 
Mängel in den Berichten immer mehr sich verringern und dass 
die Angaben für eine statistische Verwerthung beinahe von 
Jahr zu Jahr brauchbarer werden. Es existiren auch bereits 
werthvolle tabellarische und statistische Uebersichten, welche als 
Grundlage für eine grössere Statistik dienen können. So hat 
Johne das reichhaltige Material des von ihm geleiteten patho¬ 
logischen Institutes seit 16 Jahren in den »Sächsischen Be¬ 
richten« tabellarisch geordnet niedergelegt und damit für 
die anatomische Statistik der Geschwülste vorgearbeitet. ' Vor 
kurzer Zeit hat auch Fröhner 1 ) in dankenswerther Weise uns 
über ein grosses in der Klinik für kleine Hausthiere während 
8 Jahren beobachtetes Material statistische Angaben gemacht, 
welche in mancher Beziehung als Muster dienen können. Auch von 
anderer Seite sind in der Literatur zum Theil schätzenswerthe 
Beiträge vorhanden, welche für die statistische Darstellung 


verwerthbar sind. (Johne 8 ), Semmer*), Mc. Fadyean'*), 
Casper 6 ). 

Jch habe versucht, mit Benutzung der erwähnten Zu¬ 
sammenstellungen J o h n e’s und F r ö h n e r’s Und an der Hand 
der Zahlen, welche in den Jahresberichten der Berliner, Dresdener 
und Münchener Hochschule und anderswo in der Literatur für 
den vorliegenden Zweck brauchbar sind, die Geschwülste bei 
den Hausthieren von verschiedenen Gesichtspunkten aus sta¬ 
tistisch zu bearbeiten. Freilich kann die nachfolgende Dar¬ 
stellung aus oben entwickelten Gründen keinen Anspruch auf 
Genauigkeit und Vollständigkeit machen, immerhin aber als 
Grundlage für weitere und umfangreiche statistische Erhebungen 
dienen. Vielleicht regt auch dieser erste mühevolle Versuch, 
die Geschwülste bei Thieren auf Grund eines aus verschiedenen 
Quellen stammenden grösseren Materials statistisch zu bearbeiten, 
die; Berichterstatter dazu an, dass sie in den Zusammenstel¬ 
lungen mehr Rücksicht auf die Natur der Neubildung nehmen 
und die statistische Darstellung fördern helfen. — 

: lieber die Häufigkeit der Neubildungen bei 
Thi.eren überhaupt giebt folgende Uebersicht Auskunft. 


1. Pferde. 

A. Spitalklinik. 


- r- - ■ — 

m 

' Zahl der 

1 behandelten 

j| Pferde 

| Zahl 

der Neu- 
j bildungen 

Procentsatz 
der Neu¬ 
bildungen 

l. itlinik der Btrliner thierärztlichen 
Hochschule während 6 Jahren (1889, 
6892—1896) . . ..| 

II 983 

137 

ca. i,I°/ 0 

2. Klinik der Münchener Hochschule 
während 12 Jahren (1876 — 1888) . 

6 396 

127 

„ 2,0 „ 

3. Klinik der Dresdener Hochschule 
während 4 Jahren (1892, 1893. 1894, 
1896).. . 

3 407 

87 

.. 2.5 „ 

GesSmmtsumme der in den Kliniken , 
behandelten Pferde. 

j 21 786 

35« 

ca. l,6°/ 0 

B. Polik 

I. Poliklinik der Berliner Hochschule 
während derselben Zeit . . . . ' 

: 1 i n i k. 

50 992 

443 

ca. 0.9 °/ 0 

2. Poliklinik der Münchener Hochschule 
während derselben Zeit .... 

993 , 

29 

2.9 

3. Poliklinik der Dresdener Hochschule 
während derselben Zeit .... 

«2 343 

308 

.. 2,5 .. 

Gesammtsumme der in den Polikliniken j 
behandelten Pferde. 

: 64 327 

780 

ca. 1.2 °/ 0 

Gesammtsumme aller behandelten Pferde 1, 

86 113 

113« 

ca. 1,3 °/ 0 


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298 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


20. August. 


Aus der vorstehenden Tabelle ergiebt sich, dass von allen 
während der gedachten Zeit in den drei Kliniken behandelten 
86113 Pferden 1 131 = 1,3°/ 0 mit Neubildungen be¬ 
haftet waren. Weiter ersieht man daraus, dass der Procent¬ 
satz der Neubildungen bei den in der Berliner Hochschule be¬ 
handelten Pferden (ca. 0,9 °/ 0 ) etwas geringer ist als in München 
(2,1 °/ 0 ) und in Dresden (ca. 2,5 °/ 0 ). 

11. Hunde. 

A. Spitalklinik. 



1 Zahl der 
Hunde | 

Zahl 

der Neu- 1 
bildungen 

Procentsatz 
der Neu¬ 
bildungen 

1. Klinik der Berliner thierärztlichen 

Hochschule wahrend 8 Jahren (1886 
bis 1893). 

2. Klinik der Münchener Hochschule 
während 12 Jahren (1876—1888) . 

3. Klinik der Dresdener Hochschule j 

während 4 Jahren (1892, 1893, 1894, 
1896) . 

8997 

3 386 

I 499 

643 

237 

154 

ca. 7,3 °/„ 

.. 7.o .. 

.. 10.3 

Summe der in den Kliniken behandelten 1 
Hunde. 

i 

13882 

1 034 

ca. 7,4°/o 

B. Poliklinik. 



1. Poliklinik za Berlin während der- I 

selben Zeit. 

2. Poliklinik zu München während der¬ 
selben Zeit. 1 

3. Poliklinik zu Dresden während der- 1 

selben Zeit. 

5« 474 

4508 

>5 673 

2 228 

107 

65» 

ca. 4,3 °/ u 

2,4 „ 

.. 4.2 „ 

Summe der in den Polikliniken behan- ] 
delten Hunde. 

1 71655 

2 986 

ca. 4,1 °/o 

Gesaramtsumme aller behandelten Hunde j 

1 85 537 

4 020 

ca. 4.7 u /o 


Aus der Tabelle folgt, dass von den 85 537 behandel¬ 
ten Hunden 4020 = ca. 4,7°/ 0 mit Neubildungen behaftet 
waren. 

Von den in der Berliner Hochschule behandelten Hunden 
hatten 4,7 °/ 0 , von den in München 4,4 °/ 0 , von denen in 
Dresden 4,7 °/ u Tumoren. 

III. Rinder. 



Zahl der 

Rinder 

Zahl 

der Neu¬ 
bildungen 

Procentsatz 
der Neu¬ 
bildungen 

2. Ambulatorische Klinik der Berliner 
thierärztlichen Hochschule während 




6 Jahren (1889, 1892—1896) . . 

2. Ambulatorische Klinik der Dresdener 
Hochschule während 3 Jahren (1893, 

3 560 

75 

ca. 2,1% 

1894, 1896). 

1 412 

27 

.. i ,9 .. 

Summe der in beiden Anstalten be- 




handelten Rinder. 

4972 

102 

ca. 2,0 °/ 0 


Demnach waren von 4972 kranken Rindern (102 — 2°/ 0 ) 
mit Tumoren behaftet. 


Vergleichen wir die Resultate vorstehender Tabellen über 
die absolute Häufigkeit der Neubildungen, so sehen wir, dass 
dieselben am häufigsten bei Hunden (4,7 °/ 0 der Erkrankungen) 
zur Beobachtung gelangen, etwas seltener bei Rindern (2 °/ ü ) 
und noch seltener bei Pferden (1,3 °/ 0 der Krankheitsfälle). — 
Was die Häufigkeit des Vorkommens der ein¬ 
zelnen Arten von Geschwülsten bei Thieren anlangt, so 
liegt von klinischer Seite nur eine umfangreiche Specialstatistik 
vor, welche Fröhner 1 ) bei einem grossen Hundematerial ge¬ 
wonnen hat. Es befanden sich unter 643 im Laufe von 8 Jahren 
operirten Tumoren 

262 = 40 °/ 0 Carcinome, 

97 = 13 » Fibrome, 

65 = 10 „ Papillome, 

44 = 7 „ Sarkome, 

39 = 6 „ Lipome, 

2 =0,3 „ Angiome. 


Diese Zusammenstellung berücksichtigt indess nur die 
chirurgisch in Betracht kommenden Tumoren, aber cs geht doch 
schon hieraus hervor, dass die Carcinome bei Hunden 
ungewöhnlich häufig sind. — 

Bei Pferden hat Fröhner (2) ebenfalls eine klinisch-sta¬ 
tistische Zusammenstellung gebracht, die sich freilich auf ein 
kleines Material beschränkt. Danach waren unter 47 im Laufe 
eines Jahres operirten Tumoren 

10 = 21 °/„ Sarkome, 

17 == 36 „ Papillome, 

6 = 13 „ Fibrome, 

3 = 6 „ Carcinome, 

I = 2 „ Lipome, 

1 — 2 ,, Osteome. 

Schon hieraus folgt, dass bei Pferden die Sarkome 
klinisch zu den häufigsten Neubildungen ge¬ 
hören und bei weitem öfter Vorkommen als die 
Carcinome. — 

Bezüglich der Rinder finde ich nur Angaben über das Vor¬ 
kommen von Sarkomen und Carcinomen. Unter 75 bei Rindern 
in der ambulatorischen Klinik zu Berlin beobachteten Tumoren 
waren 

20 = 27 °/ 0 Sarkome und 
2 — 2,7°/" Carcinome. 

Auch bei Rindern sind die Sarkome weitaus 
häufiger als die Carcinome. 

Stellen wir zur Vergleichung folgende Tabellen auf: 


1. Sarkome 

2. Carcinome 


Pferde Hunde 

2I°/o 7%) 

6 „ 40 „ 


Rinder 


2 7.°°/u »Her Tumoren 
2,7. 


Wesentlich anders als die von klinischer Seite aufgcstellte 
Statistik gestaltet sich diejenige des pathologischen Anatomen. 
Es erklärt sich dies schon daraus, dass der letztere auch die 
Geschwülste der inneren Organe berücksichtigt, welche für den 
Kliniker nur zu einem verschwindend kleinen Theilc diagnosticirbar 
sind ; dafür bleiben bei der Section manche kleine Neubildungen 
der äusseren Haut (Papillome, kleine Fibrome) unbeachtet. 
Johne hat das Material der von ihm aufgenommenen ana¬ 
tomischen Befunde so übersichtlich geordnet, dass man dasselbe 
ausgezeichnet für statistische Zwecke verwenden kann. 

Johne constatirte im Laufe von 16 Jahren anatomisch 
bei 4439 Thieren 325 Tumoren und zwar 

„ 1181 Pferden 128 „ 

„ 1600 Hunden 93 „ 

„ 1658 Rindern 104 „ 

Die Tumoren vertheilen sich ihrer Art nach bei den ein¬ 
zelnen Thierspecies wie folgt: 


A. Pferde. 


Unter 128 Neubildungen waren: 


60 = 

ca. 47 % 

Sarkome, 

28 = 

,, 22 „ 

Carcinome, 

17 = 

,, 13 ,, 

Fibrome, 

8 = 

., 6 „ 

Angiome, 

4 = 

,, 3 ,, 

Lipome, 

3 = 

,, 2 ,, 

Myome, 

2 = 

,, L5 ,, 

Adenome, 

1 —- 

,, 0,8 ,, 

Myxome. 


Auch hierin ist das Ueberwiegen der Sarkome 
über die Carcinome bei Pferden ersichtlich. 


B. Hunde. 

Unter 93 Neubildungen waren: 

48 = ca. 52 °/ 0 Carcinome, 
26 = „ 28 „ Sarkome, 

7 = „ 7,5 „ Fibrome, 

5 = „ 5 „ Adenome, 

3=u 3 ,, Myome, 

2 = ,, 2 „ Chondrome, 

1 = „ 1 „ Lipome, 

1 = ,, 1 „ Papillome. 


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No. 34. 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


299 


Wiederum fällt bei Hunden die Häufigkeit 
der Carcinorac auf. 

C. Rinder. 

Unter 104 Neubildungen waren 

36 = ca. 35 °/ 0 Sarkome, 

28 = ,, 27 „ Angiome, 

12 = ,, 11,, Adenome, 

8 = ,, 8 ,, Carcinome, 

6 = ,, 6 ,, Papillome, 

5 = „ 5 „ Fibrome, 

5 = »» 5 » Lipome, 

3 = „ 3 „ Myome, 

1 = „ 1 „ Myxome. 

Es wurden also anatomisch bei Rindern Sarkome 
etwa vier Mal so oft als Carcinome (klinisch Sarkome 
etwa neun Mal so oft als Carcinome, s. S. 298), beobachtet. 
Recht oft wurden Angiome gefunden, welche in der Leber 
ihren Sitz hatten, und Adenome, letztere zum grösseren Theil 
in der Leber, zum kleineren in den Lungen. 

Stellen wir für die Sarkome und Carcinome die klinisch 
und anatomisch gefundenen Zahlen zusammen, so ergiebt sich 
folgendes Bild : 


'1 Pferde 

| Hunde 


a. 

klinisch. . 

• 'l 21.0°/,, 

7.o u /„ 

27,0 %• 

b. 

anatomisch 

• 47.0 » 

28,0 „ 

37.0 

a. 

klinisch. . 

• 6,o „ 

4°.o ,, j 

2.7 .. 

b. 

anatomisch 

• | 22,0 „ 

52,0 „ 

8,0 ,, 


Rinder 


1. Sarkome 


Sind freilich die Carcinome bei Hunden un¬ 
gleich häufiger als bei Pferden und Rindern, so 
lehrt anderseits die Tabelle, dass die Carcinome 
bei den Pflanzenfressern nicht so selten Vorkom¬ 
men, wie es in vielen, besonders medicinischen 
Lehrbüchern dargestellt wird. 

Die topographische Vertheilung der Geschwülste 

Ucber die topographische Häufigkeit der Geschwülste bei 
Thieren liegt von klinischer Seite keine statistische Mittheilung 
vor. Dagegen lässt sich aus dem übersichtlich geordneten 
Sectionsmateriale Johne’s eine statistische Aufstellung con- 
struiren, ausserdem hat Caspcr (6) die im pathologischen Institute 
der Berliner Hochschule beobachteten Carcinome topographisch 
geordnet. Es ergaben sich für die Carcinome und Sarkome 
folgende Zahlen. 

I. Carcinome, 

A. Bei Pferden. 

Von 29 von Johne gesehenen Carcinomen waren 


Carcinome der Nieren 

der Kieferhöhlen 
der Ovarien 
der Nebennieren 
der Lungen . . 

der Lymphdrüsen 
der Schilddrüse 
der Thymusdrüse 
des Penis 
der Harnblase 
der Leber 
der Aorta 
der Haut 

Von 27 Carcinomen waren nach Casper 


9 == ca. 32,0 u / 0 
21,0 „ 
7,o „ 
7 ,o „ 


6 = 
2 — 


7 ,o „ 
3,5 „ 
3,5 „ 
3,5 „ 
3,5 „ 
3,5 „ 
3,5 „ 
3,5 ,, 
3,5 „ 


Carcinome der Nieren 


4 = ca. 15 % 


Carcinome des Penis . . . 

„ des Magens . . 

„ des Samenstranges 

„ des Kehldeckels . 


— ca. 


B. Bei Hunden. 


nach 


17 = 
7 = 
5 = 
4 = 
4 = 
4 — 
2 = 
2 = 
2 = 

Casper 
9 


= ca. 


Pericards 3 = 


Von 48 Carcinomen waren nach Johne 
Carcinome der Schilddrüse 
„ der Leber . 

„ der Haut 

,, der Mamma 

,, der Lymphdrüsen 

„ der Lunge . 

„ der Niere . 

„ des Uterus . 

„ der Backen 

„ der Nebennieren 

Von 51 Carcinomen waren 
Carcimone der Mamma 

„ der Lymphdrüsen 

,, der Leber . 

,, der Schilddrüse 

„ der Prostata 

,, der Lungen 

„ der Hoden . . 

„ der Pleura und des 
„ der Nieren . 

„ der Haut 

„ des Uterus . 

„ der Vagina . 

,, des Ovariums 

,, des Afters . 

„ des Pankreas 

,, der Milz . 

C. Bei Rindern. 

Von 8 Carcinomen waren nach Johne 

Carcinome der Nieren . 4 = 50,0 °/ 0 

,, der Lymphdrüsen I = 12,5 „ 
,, der Lunge . . 1 = 12,5 „ 

„ des Uterus . . 1 — 12,5 „ 

„ der Ovarien . . 1 = 12,5 „ 

II. Sarkome. 

A. Bei Pferden. 

Von 60 Sarkomen waren nach Johne 

Sarkome der Kieferknochen 15 = 2 5 °/ 0 

„ der Lunge . . 13 = 22 ,, 

,, der Kopfhöhlen . 8 = 13 „ 

,, der Lymphdrüsen 5 — 8 „ 

„ der Leber ... 4=7,, 

„ der Milz ... 4=7,, 

„ der Unterhaut 4=7,, 

„ des Peritoneums . 2=3,, 

„ der Haut ... 2=3,, 

,, der Schilddrüse . 1=2,, 

„ der Cornea ... I = 2 „ 

„ der Nebennieren . 1=2,, 

B. Bei Hunden. 

Von 26 Sarkomen waren nach Johne: 

7 =27 °/ 0 


Sarkome der Knochen 
, „ der Mamma 

„ des Peritoneums 

„ der Leber 


der Mamma. 

5 = „ 

19 

II 


der Milz . . . 

. 2 — 

8 „ 

der Kieferhöhlen .... 

3 = „ 

11 

II 

11 

der Niere . . 

• I — 

4 „ 

der Hoden. 

3 — „ 

11 

11 

i> 

der Haut . 

• I -- 

4 „ 

der Lymphdrüsen .... 

3 — „ 

11 

n 

11 

der Lunge . 

. I — 

4 „ 

der Ovarien. 

2 = „ 

7 

n 

>1 

der Hoden 

. I =1 

4 „ 

des Mesenteriums .... 

2 — 

7 

»» 

11 

der Vagina . 

. I = 

4 „ 

der Nebennieren .... 

1 — ,, 

4 

11 

i> 

der Nasenhöhle 

. I = 

4 „ 


= 15 
= 8 
= 8 


4 °/o 
4 „ 
4 „ 
4 „ 


35 „ 

15 „ 
10 „ 

8 „ 
8 „ 
8 „ 
4 „ 
4 ,, 

4 „ 

2 „ 

18 0 / 0 

16 „ 

14 „ 

8 „ 
8 „ 

5 „ 
5 „ 
5 „ 
4 „ 
4 „ 
2 „ 
2 „ 
2 „ 
2 „ 
2 „ 

2 „ 


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Google 


































300 


DEUTSCHE THlERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


20. August. 


Sarkome des Mediastinums . 1=4% 

„ des Herzens ... 1=4,, 

„ der Muskeln ... 1 = 4 „ 

C. Bei Rindern. 

Von 36 Sarkomen waren nach Johne: 

Sarkome der Leber.9 — ca. 25 °/ 0 

„ der Nieren.7 = », *9 ,, 

„ der Kopfknochen.5 = „ 14 „ 

„ der Rumptknochen . . . . 3 = „ 8 ,, 

,, der Mamma. 2 — „ 6 „ 

,, der Lungen.2 == „ 6 „ 

„ des Mediastinums u. Peritoneums 2 = ,, 6 „ 

„ des Herzens.2 = „ 6 „ 

„ der Lymphdrüsen.2 = ,, 6 ,, 

„ des Rektum.1 = „ 3 „ 

„ der Dura.1 = ,, 3 „ 


Vergleichen wir die Zahlen der topographischen Statistik, 
so können wir zunächst feststellen, dass die Verhältnisse 
bei Thieren wesentlich anders liegen, als beim 
Menschen. So gehören z. B. bei letzterem die Carcinome 
des Magens, des Uterus, der Lippen zu den häufigen Er¬ 
scheinungen; nach einer Statistik von R. Virchow kommen 
auf 100 Fälle von Carcinome 34,9 Krebse des Magens, 18,5 
Krebse des Uterus und der Scheide und 4,9 Carcinome der 
Lippen. Bei den Thieren dagegen gehört das Car- 
cinom des Magens, des Uterus und der Lippen zu 
den grössten Seltenheiten. Auffallend ist, dass bei 
Thieren zuweilen die Lymphdrüsen primär an Krebs erkranken, 
ja man kann sogar behaupten, dass sie eine bevorzugte Stelle 
für die Entwickelung primärer Carcinome abgeben. Im All¬ 
gemeinen kann man bei Thieren als Licblingsstellen für das 
Auftreten der Carcinome bezeichnen: die Nieren, die Manama, 
die Kieferhöhlen, die Schilddrüse, die äussere Haut, 
die Lymphdrüsen und Hoden. 

Die Sarkome treten mit Vorliebe auf in den Knochen, 
(hauptsächlich Kieferknochen), in den Lungen, in der Leber, 
den Lymphdrüsen, der Schilddrüse, der Mamma und in . den 
Nieren. 

Statistische Altersangaben sind nur für die Car¬ 
cinome bei Hunden vorhanden und rühren von F r ö h n e r her. 
Von 65 Hunden, bei denen Krebse operirt wurden, waren nur 


10 = 

ca. 

15 

0/ 

Io 

unter 5 Jahren. 

18 = 

1 > 

28 

11 

5 — 

6 jährig, 

22 = 

11 

34 

11 

7— 

8 „ 

12 = 

11 

18 

11 

9 — 

10 „ 

3 — 

11 

4 

11 

11 — 

13 „ 


Bei Hunden unter 2 Jahren hatFröhner niemals 
Carcinome beobachtet. 

Hieraus geht hervor, dass wie beim Menschen so auch 
beim Hunde die Häufigkeit der Carcinome mit dem Alter der 
Thiere zunimmt. Diesem Umstande ist es wohl auch zuzu¬ 
schreiben, dass bei Rindern, Schweinen, Schafen, welche aus 
wirthschaftlichen Gründen in einem frühen Lebensalter ab¬ 
geschlachtet werden, verhältnissmässig seltener Carcinome zur 
Beobachtung gelangen. 

Im Gegensatz zu dem Carcinom wird das Sarkom auch 
bei jungen Thieren angetroffen und kommt sogar angeboren 
vor. Indess fehlen hier statistische Zahlen vollständig. 

Ueber den Einfluss, welchen das Geschlecht auf 
die Häufigkeit der Neubildungen ausübt', fehlen bei 
Thieren statistische Angaben ganz und gar. Soviel jedoch 
steht fest, dass die Tumoren der inneren weiblichen Geschlechts¬ 
organe (Vagina, Uterus, Ovarien) bei weitem nicht so häufig 
sind wie beim menschlichen Weibe. Am ehesten kommen 
dort noch Fibrome und Fibromyome vor, während z. B. Car¬ 
cinome des Uterus und der Ovarien, wie schon erwähnt, zu 
den grössten Seltenheiten gehören. Auf der anderen Seite sind 
die Mamma, der Penis und die Hoden bei Thieren ziemlich 
häufig Sitz von Neubildungen (Papillomen, Carcinomen). 


Literatur. 

1. Fröhner, statistische und casuistische Mittheilungen über das 
Vorkommen der Geschwülste beim Hunde. (Monatshefte für Thierheilkunde 

Bd. VI. S. 1.) 

2. Fröhner, Ueber das Vorkommen der Sarkome beim Pferde- 
(Ibidem Bd. VII S. 402). 

3. Johne, Birch-Hirschfeld's allgem. path. Anatomie. 

4. Semmer, Ueber allgemeine Carcinose und Sarkomatose bei den 
Hauslhieren. Deutsche Zeitschrift für Thiermedicin. Bd. XIV. 1888. S. 245. 

5. Mc. Fadyean, The occurence of tumors in the doraesticated 
animals. Journal of comp. Path. and Therap. Vol. VI p. 143, 243. 

6. Casper, Obduclionsbefunde, Archiv für wissensch. und prakt 
Thierheilkunde. Bd. XIX. 1893. S. 43. 


Referate. 

Coenurus serialis in der Bauchhöhle des Hasen. 

Von Bosso. 

(Giornale della R Soc. ed Accad, vet. ital. 1898, S. 578.) 

In der Bauchhöhle eines sterbend aufgefundenen Hasen 
lag ein Tumor, der die Grösse zweier Fäuste besass. Aussen 
war derselbe von einer fibrösen Kapsel umgeben und barg in 
seinem Innern zahlreiche Cocnurusblasen. Dieselben hatten die 
Grösse einer Erbse bis Nuss und waren alle mit weissen 
Scolices besetzt, welche die Eigenschaften des Coenurus serialis 
aufwiesen. Die Kapsel des Tumors war verhältnissmässig dick 
und trug an ihrer Innenfläche zahlreiche Septa, welche Hohl¬ 
räume bildeten, in denen die kleinen Blasen lagen. Es er¬ 
innerte die ganze Einrichtung an die des Echinococcus multi¬ 
locularis. Fr ick. 

Nahrungsmittelkunde. 

Ueber die bei verschiedenen Schlachtmethoden 
gewonnenen Blutmengen. 

Von Goltz-Köln a. Rh., 

Director des Schlacht- und Viehhofes. 

(Zeitschrift f. Fleisch- u Milchhygienu. VMf. 1898, Nr. 8, S. ,41 ) 

Bekanntlich hat Dembo ') in einer Broschüre »Das Schächten 
im Vergleich mit anderen Schlachtmcthoden« behauptet, dass 
die nach vorheriger Betäubung abgestochenen Schlachtthiere 
viel weniger gut ausbluten als diejenigen, welche nach dem 
jüdisch-rituellen Schlachtverfahren getödtet werden. Diese 
Ansicht widerspricht zwar den Beobachtungen vorurteilsfreier 
Sachverständiger, jedoch fehlte es bisher noch an einer genauen 
Beweisführung für die Richtigkeit der gegenteiligen Meinungen. 

Desshalb war es ein verdienstvolles Unternehmen, als 
Goltz sich entschloss, eine Reihe von Versuchen anzustellen, 
um zu erforschen, ob die auch unter den Fleischern viel ver¬ 
breitete Ansicht, dass geschächtete Thiere besser ausbluten, als 
betäubte, thatsächlich begründet ist. 

Die Ergebnisse dieser Versuche, deren Anordnung im 
Originale ausführlich beschrieben ist, sind sehr übersichtlich 
in einer Tabelle zusammengestcllt worden. Die daselbst auf¬ 
geführten Versuche erstrecken sich auf 17 Rinder (13 Ochsen 
und 4 Kühe) in 4 Gruppen, 8 Kälbern in 3 Gruppen und 9 
Schafe ebenfalls in 3 Gruppen. In jeder Gruppe sind mög¬ 
lichst gleichartige Thiere zusammengestellt. Rechnet man die 
Ergebnisse nach den angewandten Tödtungsarten zusammen, 
so erhält man nachstehende Resultate. 

Bei Rindern wurden im Durchschnitt folgende Blutmengen 


gewonnen: 

pCt. des Lebend¬ 

pCt. des Schlacht¬ 


gewichts 

gewichts 

a) beim Schächten 

3,24 

5,38 

b) bei Schussmaske 

3,20 

5,13 

c) bei Schlagmaske 

2,89 

4,75 

') Leipzig 1894. 




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DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


301 


No. 34 . 


Bei Kälbern: pCt. des Lebend- pCt. des Schlacht¬ 
gewichts gewichts 

a) Schächtschnitt 4,91 6,88 

b) Halsschnitt des Fleischers 4,90 6,89 

c) Keulenschlag 5,07 7,35 

Bei Schafen: pCt. des Lebend- pCt. des Schlacht¬ 
gewichts gewichts 

a) Schächtschnitt 4,15 7,79 

b) Halsstich oder Durch¬ 

schneidung der Carotiden 4,31 7,79 

c) Keulenschlag 4,35 7,88 

Mit anderen Worten ausgedrückt verlor ein Rind von 
700 kg Lebendgewicht: 

kg Blut 

a) beim jüdisch-rituellen Schächten.22,68 

b) bei Anwendung der Schussmaske.22,40 

c) bei Anwendung der Schlagmaske.20,23 

Ein Kalb von 60 kg Lebendgewicht gab: 

kg Blut 

a) beim jüdisch-rituellen Schächten.2,95 

b) bei Abstechen durch den Fleischer ohne Betäubung 2,94 

c) bei Keulenschlag.3,04 

Ein Schaf von 50 kg Lebendgewicht gab: 

kg Blut 

a) beim Schächten.2,07 

b) bei gewerbsmässigem Tödten ohne Betäubung . . 2,15 

c) nach Keulenschlag.2,17 


Aus den gewonnenen Ergebnissen erhellt, dass es rück¬ 
sichtlich der entzogenen Blutmenge ziemlich gleich¬ 
gültig ist, ob ein Schlachtthier auf jüdisch- rituelle 
Weise getödtet wird oder ob der Blutentziehung 
eine Betäubung vorausgeht. Das stimmt mit der Ansicht 
der grossen Mehrzahl der Schlachthofthierärzte vollkommen 
überein. Die kleinen Unterschiede zwischen den gewonnenen 
Blutmengen bei nicht betäubten und bei betäubten Thieren 
sind so unerheblich, dass sic sich bei einer grösseren Zahl 
von Versuchen wahrscheinlich ausgeglichen haben würden. 

Ohne die Richtigkeit der Dembo’schen Angaben in Be¬ 
treff der bei Kaninchen gewonnenen Resultate anzweifeln zu 
wollen, muss ich mich doch dagegen verwahren, dass dieselben 
ohne Weiteres auf unsere Schlachtthiere (Rinder, Kälber und 
Schafe) Rückschlüsse erlauben. Meine Versuche auch auf 
Schweine auszudehnen, hielt ich nicht für nothwendig, weil in 
Bezug auf diese Thiere bisher wohl von Niemand ernstlich be¬ 
hauptet worden ist, sie bluteten nach Betäubung schlechter aus 
als ohne dieselbe. 

Endlich weist Goltz noch darauf hin, dass die von 
E. Wolf) angegebenen Zahlen über die beim Schlachten 
gewonnenen Blutmengen nach seinen Feststellungen für 
Rinder zu hoch gegriffen erscheinen. Edelmann. 

Statistik der Fleischbeschau im Grossherzogthum Baden. 

Im Laufe des Jahres 1897 sind im Grossherzogthum 


Baden geschlachtet worden: 



Gewerbsmässige 

Noth- 


Schlachtungen 

Schlachtungen 

Farren. 

7 758 

90 

Ochsen. 

21 058 

355 

Kühe. 

30 825 

5 618 

Rinder . 

76 964 

1 126 

Zusammen Grossvieh . 

136605 

7 189 

Kälber. 

160 760 

1 170 

Schafe. 

27 432 

43 

Ziegen. 

12 333 

28 

Schweine. 

. 295 968 

617 

Zusammen Kleinvieh . 

• 496 493 

1 858 

Pferde. 

1 271 

28 


*) Siehe deutscher Veterinärkalender von Schm alt 2 Berlin, 1898, 
S. 225. 


Gesundheitlich beanstandet 
wurden: 

und dem 

Konsum entzogen 

Farren. 

5 

9 

Ochsen. 

4 

24 

Kühe. 

253 

971 

Rinder . 

19 

124 

Grossviehstücke . 

281 

1 128 

Kälber. 

35 

57 

Schafe. 

6 

1 

Ziegen. 

5 

3 

Schweine. 

3 i 

25 

Kleinviebstücke. 

77 

86 

Pferde. 

13 

3 


Ausserdem sind bei den gewerblich geschlachteten Thieren 
beseitigt worden: 

bei Grossvieh: bei Kleinvieh: 

Viertel. 132 25 

Einzelne Fleischstücke .... 309 48 

Lungen. 4128 4 948 

Lebern. 2 120 7 508 

Milzen. 368 112 

Nieren. 224 127 

Sonstige Eingeweide. .... 922 148 

Veranlassung zur Nothschlachtung gaben: 


Krankheiten des Nervensystems und der 

Grossvieh 

Kleinvieh 

Pferde 

Sinnesorgane . 

344 

24 

2 

Krankheiten des Gefässsystems 

366 

35 

— 

„ der Athmungsorgane . 

328 

171 

3 

,, „ Verdauungsorgane . 

1642 

379 

4 

„ ,, Harnorgane 

• 243 

53 

1 

,, „ Geschlechtsorgane 

1790 

81 

— 

Infectionskrankheiten. 

1312 

791 

1 

^Parasiten (thierische). 

112 

12 

— 

Krankheiten der Haut und Muskeln 

25 

33 

— 

„ ,, Knochen und Gelenke 

184 

3 i 

2 

,, ,, Hufe und Klauen 

34 

2 

1 

Vergiftungen. 

9 

— 

— 

Störungen der Ernährung .... 

234 

59 

— 

Aeussere Einwirkungen. 

563 

185 

13 

Unbestimmte Fälle. 

3 

2 

— 

Zusammen Fälle von Nothschlachtungen 

1897. 

7189 

1858 

27 


Fehsenmeier. 


Thierzucht und Thierhaltung. 

Ueber Melassefütterung. 

(Zeitschrift f. Veterinärkunde. 1898, Nr. 6). 

In der Armee sind mit der Torfmehlmelasse neuerdings 
in grösserem Umfange Fütterungsversuche gemacht worden. 

Der Zweck der Fütterung war, die folgenden, vom Fabri¬ 
kanten zugeschriebenen Eigenschaften zu prüfen: 

1. Gehalt an grossen Mengen leicht verdaulicher Nährstoffe. 

2. Günstige diätetische Wirkung. 

3. Verringerung der Kolikfälle. 

Die Melasse wurde in den ersten Tagen nicht gern ge¬ 
nommen, bald aber gewöhnten sich die Pferde daran. In 
einzelnen Fällen wurde sogar das Futter verschmäht, wenn 
mit der Melassefüttcrung ausgesetzt wurde. Bei einigen Regi¬ 
mentern erstreckten sich die Versuche auf alle Pferde, bei 
anderen wurde die Melasse nur an schlechte Fresser oder 
solche Thiere, die trotz Futterzulagen im Nährzustande zurück¬ 
blieben , verabreicht. Ausserdem dienten einige Pferde zur 
Controle. Es wurde mit kleinen Mengen — pro Tag und 
Pferd */* kg — begonnen und die Gabe im Allgemeinen auf 
1 1 j i kg im Laufe der Zeit erhöht. 

Ueber die Erfolge wurde von den Regimentern verschieden 
berichtet. Die Mehrzahl theilte mit, dass die mit der Torf- 


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302 


mchlmelasse gefütterten Pferde im Gewicht zugenommen und 
ein glatteres und glänzenderes Haarkleid als sonst bekommen 
haben. Während verschiedene Berichterstatter ferner angaben, 
dass auch die Leistungsfähigkeit der Pferde sich dabei nicht 
verringert hat, dass Koliken dabei seltener aufgetreten und 
keinerlei Nachtheile im Allgemeinbefinden wahrgenommen sind, 
haben andere ihr Urtheil dahin abgegeben, dass Vortheile 
durchaus nicht zu erkennen waren. Denn die Pferde schwitzten 
und ermüdeten leichter, wenn grössere Anforderungen an sie 
gestellt wurden; bekamen auch theilweise Durchfall. Kolikan- 
falle wurden nach einzelnen Angaben nicht verringert. 

Aus den diesbezüglichen Berichten an das Kriegsministerium 
hat sich dann auch ergeben, dass Melasse als Ersatzfuttcr für 
Hafer nicht in Betracht kommen kann, dass sie dagegen als 
Beifutter und als diätetisches Mittel unter Umständen zu 
empfehlen ist, besonders in der Zeit nach den Herbstübungen, 
um dem Auftreten von Kolik entgegenzuwirken, namentlich da, 
wo eine Erhöhung der Heuration nicht gewährt werden kann. 

Oehr. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Naturforscher-Versammlung: in Düsseldorf. 

Zu der 70. Versammlung deutscher Naturforscher und 
Aerzte, welche vom 19—24. September 1898 in Düsseldorf 
tagt, wird seitens des hiezu berufenen Central-Comitcs eine 
rege Thätigkeit entfaltet, um der Versammlung neben der Reich- 1 
haltigkcit des Stoffes eine glänzende Aussenseite zu sichern. 
Es möge diese Thatsachc dazu Anregung geben, dass seitens 
der Vertreter der thierärztlichen Wissenschaft Alles aufgeboten 
werden müsse, um den übrigen auf der Versammlung ver¬ 
tretenen Wissenschaften ebenbürtig zu erscheinen. Es bedarf 
wohl kaum eines Hinweises, dass vorgenannter Zweck nur durch 
möglichst zahlreiches Erscheinen der Fachgenossen, sowie durch 
die Reichhaltigkeit fach- und gemeinwissenschaftlicher Vorträge 
erreicht werden kann. Von der medicinischen Hauptgruppe, 
zu welcher die Abtheilung Thierheilkunde gehört, ist der Arbeits* 
plan bereits festgestellt. Es ist im Allgemeinen die Vorkehrung 
getroffen, dass Vormittags die einzelnen Abtheilungen ihre Vor¬ 
träge halten, dagegen sind die Nachmittage bestimmt zu gemein¬ 
schaftlichen Vorträgen und zu Vergnügungen, wie Ausflüge, 
Besichtigung der Sehenswürdigkeiten von Düsseldorf und Um¬ 
gegend u s. w. 

Zur Beantwortung etwaiger Anfragen sind die Unterzeich¬ 
neten gern bereit. 

Die bereits angemeldeten Vorträge werden, wie auch 
spätere Anmeldungen, durch nachträgliche Veröffentlichung zur 
Kenntniss gebracht. 

Renner. Junker. Frisch. 


Vorlesungen und praktische Uebungen an der Königlichen 
Thierärztlichen Hochschule zu Hannover. 

Winter-Semester 1898/99. 

Direktor, Geheimer Regierungs-Rath Dr. Damm an n: 
Encyklopädic und Methodologie der Thierheilkunde, während 
der ersten beiden Semesterwochen täglich von 9—10 Uhr 
Vormittags. Gerichtliche Thierheilkundc, Dienstag bis Freitag 
von 9-10 Uhr Vormittags, 4stündig. Uebungen im Anfertigen 
von schriftlichen Gutachten und Berichten, Mittwoch von 6—7 
Uhr Nachmittags 1 stündig. Hygiene der Nahrungsmittel und 
der Aufenthaltsorte, Sonnabend von 9—10 Uhr Vormittags, 
1 stündig. Seuchenklinische Demonstrationen. 

Professor Dr. Kaiser: Exterieur des Pferdes und der 
übrigen Arbeitsthiere, Mittwoch und Freitag von 9—10 Uhr 
Vormittags, 2 stündig. Thierzuchtlehre und Gestütskunde, Mon¬ 
tag bis Donnerstag 4—5 Uhr Nachmittags, 4 stündig. Demon¬ 
strationen über Rinderrassen, Exterieur und äussere Krank¬ 
heiten des Rindes, Freitag von 10—11 Uhr Vormittags, istündig. 
Ambulatorische Klinik. 


20. August. 


Professor T e r e g: Physiologie II. Theil, Montag, Mittwoch 
bis Freitag von 8—9 Uhr Vormittags, 4 stündig. Physiologische 
Chemie, Sonnabend von 8 — io Uhr Vormittags, 2stündig. 

Professor Dr. Arnold: Anorganische Chemie, Montag bis 
Donnerstag von 12—1'/* Uhr Nachmittags, 6 stündig. Phar¬ 
makognosie, Dienstag und Freitag von 11 —12 Uhr Mittags, 
2 stündig. Pharmazeutische Uebungen, in der ersten Semester¬ 
hälfte täglich Mittags von 12 —I Uhr und in der zweiten 
Semesterhälftc täglich Mittags von II — 1 Uhr. 

Professor Boether: Anatomie der Hausthiere, Montag, 
Dienstag und Mittwoch von io‘/a —12 Uhr Mittags, und Donners¬ 
tag, Freitag und Sonnabend von 11 —12 Uhr Mittags, in der 
ersten Semesterhälftc 9 stündig, in der zweiten Semesterhälfte 
6 stündig. Anatomische Uebungen, täglich Vormittags von 8 —11 
Uhr. Zoologie, Montag bis Freitag von 5—6 Uhr Nachmittags, 
5 stündig. 

Professor Dr. M a 1 k m u s: SpeziellePathologie und Therapie, 
täglich von 8—9 Uhr Vormittags, 6 stündig. Propädeutische 
Klinik und Spitalklinik für grosse Hausthiere, täglich Vormittags 
von 10 bis 12 Uhr. 

Dozent Fr ick: Spezielle Chirurgie, Montag von 9—10 
Uhr Vormittags, Dienstag, Donnerstag und Freitag von 4—5 
Uhr Nachmittags, 4stündig. Operationsübungen, Montag und 
Mittwoch von 2 — 4 Uhr Nachmittags, 4stündig. Spitalklinik 
für kleine Hausthiere, täglich Vormittags von 10 - 12 Uhr. 

Dozent Dr. Olt: Spezielle pathologische Anatomie, Montag, 
Dienstag, Donnerstag bis Sonnabend von 12—I Uhr, Mittags, 
und Mittwoch von 4—5 Uhr Nachmittags, östündig. Patholo¬ 
gisch-anatomische und pathologisch-histologische Uebungen, 
Montag, Dienstag, Donnerstag bis Sonnabend von 1—2 Uhr und 
Mittwoch von 12—1 Uhr Nachmittags, östündig. Pathologisch¬ 
anatomische Demonstrationen, je nach Material. Obduktionen, 
täglich je nach vorhandenem Material. 

Professor Haeseler: Physik, Montag bis Freitag von 
6—7 Uhr Nachmittags, 5 stündig. 

Beschlaglehrer Geiss: Theorie des Hufbeschlags, Freitag 
und Sonnabend von 4 5 Uhr Nachmittags, 2 stündig. 

Repetitor Nelke: Anatomisch-physiologische. Repetitoren, 
Montag und Mittwoch von 5—6 Uhr, Dienstag, Donnerstag 
und Freitag von 3—4 Uhr Nachmittags, 5 stündig. 

Repetitor Dr. Zellncr: Physikalisch-chemische Repetitorien, 
Montag von 5—6 Uhr Nachmittags und Dienstag, Mittwoch, 
Donnerstag und Freitag von 3—4 Uhr Nachmittags, 5 stündig. 
Ausgcwählte Kapitel der Harnanalyse und der Ausmittelung 
von Giften mit Demonstrationen, Dienstag von 5—6 Uhr Nach¬ 
mittags, istündig. 

Dr. B e n n e r: Die Drogucn und Chcmikatien des deutschen 
Arzneibuchs, Repetitorium, Dienstag von 6—7 Uhr Nachmittags, 

1 stündig. Repetitorium der Botanik und Pflanzenkenntniss, 
Donnerstag von 6—7 Uhr Nachmittags, istündig. 

Nähere Auskunft crthcilt auf Anfrage unter Zusendung 
des Programms. 

Die Direktion der Tierärztlichen Hochschule. 

Dr. Damm an n. 


Der Departementsthierarzt Otto Regenbogen zu Gum¬ 
binnen ist an Stelle des verstorbenen Professor W. Eber als 
Docent für Pharmacic und als Leiter des Hundespitals an der 
Thierärztlichen Hochschule zu Berlin berufen worden und 
wird diese Thätigkeit mit Beginn des kommenden Winter¬ 
semesters aufnehmen. 


In der No. 33 brachten wir eine Notiz über die Ent¬ 
deckung des Erregers der Krebspest durch Herrn Professor 
Dr. Hofer, welche der »Nat.-Ztg.« entnommen war und die 
dctaillirtc Angaben bezüglich dieses Erregers machte. Nach 
einer uns zugegangenen Mittheilung des Leiters der biologischen 
Station des Deutschen Fischereivereines zur Unter¬ 
suchung von Fischkrankheiten in München, Herrn Professor 
Dr. Hofer, ist cs zwar richtig, dass derselbe gemeinsam mit 
seinem Assistenten, Herrn Dr. med. Albrccht, in einem 
Bacillus den Erreger einer als Krebspest zu bezeichnenden 


DEUTSCHE THIER.ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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303 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 34. 

Erkrankung der Krebse aufgefunden hat. Alle übrigen de- 
taillirten Angaben hierüber sind jedoch noch verfrüht und müssen 
bis zum Abschluss der Untersuchungen verschoben werden. 

Wir geben dieser Berichtigung in der Hoffnung Raum, 
dass nicht nur die verfrühten Angaben bestätigt werden, son¬ 
dern auch den genannten Forschern es gelingt, die geeigneten 
Bckämpfungsmittel der Krebspest zu finden. 


• Vereinsnachrichten. 

52. Plenarversammlung des Thierärztlichen Vereins für 
Württemberg. 

Die 52. Plenarversammlung des Thierärztlichen Landes¬ 
vereins wurde am 23. Juli im Hotel »Silber« zu Stuttgart unter 
ungewöhnlich zahlreicher Antheilnahme Seitens der Mitglieder 
aus allen Theilen des Landes abgehalten. Zu derselben hatten 
sich als Ehrengäste Se. Exccllenz der Herr Minister des Innern 
von Pischek und Herr Regierungsrath Hofmann vom 
Kgl. Ministerium des Innern, Herr Professor Zip per len als 
Vertreter des Kgl. Medicinalcollegiums, Herr Medicinalrath 
Dr. Köstlin, Herr Bczirksthierarzt Bossert-Würzburg u. A. 
cingefunden, während Se. Erlaucht Graf Otto von Rechberg 
und Rothenlöwen die Versammlung mit einem Vortrag be¬ 
ehrte. Der Vorstand, Professor Dr. Sussdorf, wies bei der 
Eröffnung auf die grosse Bedeutung der durch das Gesetz vom 
29. März d. Js. vollzogenen Einreihung der Oberamtsthierärzte 
unter die pensionsberechtigten Staatsdiencr hin und sprach dem 
Herrn Staatsminister des Innern den besonderen Dank des 
thierärztlichen Standes für seine Mitwirkung aus. Se. Excellcnz 
dankte für die ehrenden Gesinnungen, die ihm der Verein durch 
den Vorstand entgegengebracht habe; das ihm gespendete Lob 
könne er jedoch nicht für sich in Anspruch nehmen, es gebühre 
vielmehr der gesammten Regierung im Verein mit den beiden 
Ständekammern, die mit dem Eintreten für die von den Ober¬ 
amtsthierärzten gestellten Forderungen und deren gesetzlichen 
Sanctionirung die Berechtigung ihrer Wünsche anerkannt haben. 
Sein Erscheinen .sei geschehen, um die neuen Staatsbeamten 
kennen zu lernen und um zu zeigen, dass er die wissenschaft¬ 
liche und wirthschaftliche Bedeutung der Thierheilkunde zü 
schätzen wisse. Se. Excellenz gab noch der Uebcrzeugung 
Ausdruck, dass der jüngste Beweis staatlicher Fürsorge für die 
Oberamtsthierärzte diesen ein neuer Sporn sein werde, sich 
auf der Höhe der Wissenschaft zu halten und durch ihr ganzes 
amtliches und ausseramtlichcs Verhalten an der Hebung des 
Standes mitzuwirken. 

Hierauf ergriff Herr Graf von Rechberg das Wort zu 
seinem Vortrag »Ueber die Bedeutung des Württembergischen 
Pferdezuchtvereins, insbesondere die Förderung desselben durch 
die Thierärzte«. Redner führte etwa Folgendes aus: 

Der Zweck seines Vortrages, den er in seiner Eigenschaft als Präsident 
des Württembergischen Pferdezuchtvereins übernommen habe, gehe dahin, 
die Bestrebungen dieses Vereins in gedrängter Form vorzuführen, dabei be¬ 
sonders auch die Mitwirkung der Thierärzte in Betracht zu ziehen und zu 
zeigen, wie nothwendig diese sei und in welcher Weise sie sich erfolgreich 
bethätigen können. 

Die Thierzucht ist eine der wichtigsten Berufssphären des Thierarztes 
und zwar sowohl die Rindvieh- als die Pferdezucht. Erstere, als die ver¬ 
breitetere, hat bis jetzt die Interessen der beiheiligten Kreise hauptsächlich 
in Anspruch genommen und darum auch erhöhte Pflege erfahren. Mehr 
zurück steht noch die Pferdezucht. Besonders fehlt es hier an einheitlichen 
Bestrebungen, an der Kenntniss, an dem nöthigen Verständnis. Aufgabe 
der Thierärzte muss es nun sein, die bestehende Lücke auszufüllen: be¬ 
lehrend, helfend, rathend einzugreifen. Die grössere Schwierigkeit der Pferde¬ 
zucht gegenüber der Rindviehzucht beruht aber nicht nur auf der mangel¬ 
haften Kenntniss, sondern auch darin, dass die Erfolge nicht direct vorliegen. 
Während bei der Rindviehzucht 3—4 Jahre hinreichen, um über eine ein¬ 
geschlagene Zuchtrichtung ein ungefähr abschliessendes Urtheil zu gewinnen, 
gehen bei der Pferdezucht 8—10 Jahre in’s Land, bis nur einigermassen der 
Zuchtwerth einer Familie bestimmt werden kann. Hierin liegt hauptsächlich 
der Grund, dass bei dem Bestreben, rasch vorwärts zu kommen, so viel ge¬ 
wechselt wird; hierin liegt zugleich aber auch die grösste Gefahr für jede 


Zucht, besonders aber für die Pferdezucht, welche, sofern sie gedeihen soll, 
neben Ausdauer ein festes Zuchtz'el und ein correctes Zuchtprincip verlangt. 

Die Erkenntniss, dass die Pferdezucht in Württemberg gegenüber der 
Rindviehzucht immer mehr zurückstehe, die Beobachtung, dass den Zucht- 
bestrebnngen der Einzelnen der einheitliche Grundgedanke fehle, führten zu 
dem Wunsche, hier zu bessern, und damit zu der Gründung des Pferdezucht¬ 
vereins. Gleich von Anfang an begegnete dieses Unternehmen Schwierig¬ 
keiten, da Gerüchte umgingen, welche dem Verein die Absicht der Züchtung 
von Rennpferden, Kavalleriepferden u. s. w. unterschoben. Kein Wunder, 
dass die landwirthschaftlichc Bevölkerung zunächst eine gewisse zurückhaltende 
Scheu bewahrte. Mit der Zeit wich dieselbe der besseren Einsicht, wurde 
überwunden und der Verein zählt nun die stattliche Zahl von mehr als 1000 
Mitgliedern. 

Die Bestrebungen des Vereins haben das Interesse der bäuerlichen Be¬ 
völkerung im Auge; es soll daher letztere hierfür immer mehr gewonnen 
werden. Nicht in der Absicht des Vereins liegt es aber, überall die Pferde¬ 
zucht cinzufHhren; nie kann dieselbe als ein selbständiger Betrieb aufkommen 
und stets sollen nur diejenigen Kreise zur Pferdezucht herangezogen werden, 
welchen die nöthigen Vorbedingungen zur Seite stehen; diesen muss dann 
aber auch vielfach die Auflage gemacht werden, besser zu züchten, als dies 
bisher der Fall war. Sofern dies nicht zutrifft, liegt es im Sinne des Vereines, 
von der Zucht abzurathen. In dieser Richtung aufklärend zu wirken, dazu 
erbittet sich der Referent die Beihilfe der Thierärzte. 

Auf correcte Stellung und richtigen Gang, namentlich aber auf guten 
Rücken sei bei der Auswahl der Zuchtstuten besonderes Gewicht zu legen. 
Eine alte Erfahrung lehre, dass Pferde mit gutem Rücken am meisten Aus¬ 
dauer besizen; wenn auch wohl hin und wieder Ausnahmen Vorkommen, so 
liegen in solchen Fällen andere mitwirkende Umstände vor, die dann com- 
pensatorisch, verbessernd in anderer Richtung wirken; solche Ausnahmen 
können aber nur die Regel bestätigen. 

Sc. Erlaucht bespricht nun au der Hand der Statuten des Näheren 
das Zuchtziel des Württembergischen Pferdezuchtvereins. Das Zuchtbestreben 
wurde von dem Grundgedanken geleitet, ein Pferd zu schaffen, das allen 
durchschnittlichen wirtschaftlichen Gebrauchszwecken gerecht werde. Den 
Repräsentanten eines solchen sah man in dem Artillericstangenpferd. Der 
Rahmen, innerhalb dessen sich die Züchtung bewegen soll, ist also, wie 
schon der Begriff »Artilleriestangenpfcrd« besagt, kein eng begrenzter und 
weist nicht streng auf einen unbedingt feststehenden Züchtungstypus hin 
vielmehr wird dem einzelnen Züchter zunächst mehr oder weniger Spielraum ge¬ 
lassen. Die Abrundung der Zucht, der Ausgleich, könne erst der letzte Akt sein. 

Die Erreichung dieses Zuchtzieles erforderte nun vor Allem die richtige 
Auswahl einer Bezugsquelle für das als Unterlage dienende nölhige Material. 
Dabei sah man gleich von vornherein von dem Erwerb von Stuten ab, da 
hierzu die betheiligten Züchterkreise nicht finanzkräftig genug waren; und 
wandte vielmehr die Aufmerksamkeit dem Ankauf von Zuchtfohlen zu. Theils 
wurden solche, soweit das eigene Land sie in guter Qualität bot, hier an¬ 
gekauft, den Schwerpunkt aber bildete doch der Import. Wenn von den 
importirten Fohlen auch nur 20—25 °/ 0 einschlagen, so ergiebt dies immerhin 
ein zufriedenstellendes Resultat, das nach und nach unter Beobachtung von 
Vorsicht und Umsicht sich steigern lässt und zu einem erspriesslichcn Ziele 
führen muss. Um die Zuchterfolge genau prüfen zu können und daraus eine 
sicher fundirte Erfahrung zu sammeln, wurden Zuchtbücher angelegt, welche 
nähere Angaben über die verwendete Mutterstute, sowie eine genaue Cha¬ 
rakteristik des Vaters enthalten und in die alljährlich das Ergebniss der Be¬ 
sichtigung des Zuchtproductes eingetragen wird. 

Um zu verhüten, dass die geeigneten Zuchtthiere bei Angebot ver¬ 
lockender Preise Seitens der Händler wieder ausser Landes gehen, wurden 
die Besitzer durch persönlichen Vertrag verpflichtet, mit der Stute von er¬ 
langter Zuchtreife an 3 Jahre zu züchten. 

Neben dem Aufkauf von Fohlen wurde aber auch die Beschaffung von 
guten Mutterstuten nicht ganz ausser Acht gelassen. Da aber mit dem 
Wachsen der Zahl der Vereinsmitglieder der dargebotene Staatszuschuss 
immer kleiner wird, so musste hierbei auf den Erwerb billigen Materials 
ganz besonders Rücksicht genommen werden. Deshalb verfiel man auf den 
Gedanken, ausrangirte Stuten anzukaufen. Es wurden besonders geeignete 
Mutterstuten ausgesucht und deren Ankauf den Mitgliedern unter Zusicherung 
eines Vereinszuschusses empfohlen. Dieses Unternehmen fiel über Erwarten 
günstig aus, namentlich auch in Hinsicht auf das Trächtigkeitsverhältniss. 
Wohl sind die Pferde manchmal sehr abgemagert und könnten deshalb von 
ihrer Erwerbung zurückschrecken, aber die Erfahrung lehrt, dass sie später 
bei nicht zu schwerer Arbeit sich gut entwickeln und richtige Emährungs 
weise, Wartung und Pflege reichlich lohnen. 


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DEUTSCHE THIERvERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


304 


20. August. 


Se. Erlaucht glaubte mit den bisherigen Ausführungen die Bestrebungen 
des Vereins den Anwesenden genügend klargelegt zu haben und stellte nun 
an sie das Ersuchen, in ihrem Theil nach Kräften zur Erreichung des vor¬ 
gesteckten Zieles beizutragen, von dem Gesichtspunkte ausgehend, dass sie damit 
der Landwirtschaft einen grossen Dienst erweisen. Referent fasste noch 
seine hochinteressanten Ausführungen in 6 Punkte zusammen, in deren 
Rahmen er die besondere Mitwirkung des thierärztlichen Standes an der 
Hebung der württembergischen Pferdezucht sich erbat. Sie beziehen 
sich auf: 

1) Verbreitung der Kenntnisse und des Verständnisses der Pferdezucht 
unter der landwirtschaftlichen Bevölkerung. 

2) Hinweise auf eine zielbewusste, einheitliche Zuchtrichtung. 

3) Richtige Fohlenerziehung. 

4) Ausmerzen schlechten Stutenmaterials aus der Zucht. 

5) Pflege der Hufe beim Fohlen und erwachsenen Thier und Beauf¬ 
sichtigung des Hufbeschlags. (Auf diesen Punkt hatte Oekonomierath 
Maier in besonders nachdrücklicher Weise die Aufmerksamkeit gelenkt.) 

6) Jährlich zweimalige Controle der von den Pferdezüchtern des Ver¬ 
eins gezüchteten Fohlen durch die Thierärzte des betr. Bezirks. 

Auf eine von Dr. Uebele ergangene Anregung hin verbreitete sich 
Se. Erlaucht dis Näheren über seine Stellungnahme zur Frage der Kaltblut¬ 
zucht. Eine Berechtigung derselben müsse fUr diejenigen Bezirke zugegeben 
werden, welche durch ihre klimatischen und geognostisclien Verhältnisse hier¬ 
für geeignet sind und wo die Natur dazu angethan ist, viel Masse zu bilden. 
Sehr gute Erfolge in der Kaltblutzucht werden beispielsweise in der Gegend 
des Unterrhein: erzielt. Redner räth jedoch davon ab, von diesen Erfolge^ 
sich bestricken zu lassen, da erfahrungsgeinäss das kaltblütige Pferd in 
Württemberg die Neigung zeigt, leichter zu werden und der Kaltblüter eben 
nur dann vollen Marktwerth besitzt und seine Zucht als berechtigt erscheinen 
lässt, wenn er möglichst schwer gezogen werden kann. Graf von Rech¬ 
berg empfiehlt vielmehr, auf dem eingeschlagenen Wege zielbewusst nach 
der bis jetzt bewährten Methode fortzufahren und zu beobachten, wie sich 
diese Frage in anderen Ländern, die mit der Kaltblutzucht Versuche an¬ 
stellten, erledige. Auch Bezirksthierarzt Bossert-WUrzburg räth von der 1 
Kaltblutzucht auf Grund von Erfahrungen, die er in Bayern gesammelt, ab,: 
empfiehlt vielmehr die Zucht eines mittelschweren Gebrauchspferdes, das 
stets begehrt sein werde, da man hierfür bei der Armee eine gute Absatz¬ 
quelle finde. 

Districtsthierarzt S p e rl i n g - Langenau führt an, dass man in seiqer 1 
Gegend mit der Kallblutzucht gute Erfahrungen gemacht habe, und dass 
dort auf Grund der bisherigen Ergebnisse nicht beabsichtigt werde, einen_ 
Wechsel in der Zuchtrichtung eintreten zu lassen. Der Mangel lasse sich 
allerdings nicht abstreiten, dass die Producte der Kaltblutzucht allmälig 
leichter werden. 

Professor Zipperlen giebt seiner Anerkennung Ausdruck Uber die 
Ausführungen des Grafen von Rechberg, empfiehlt die darin enthaltenen 
Winke und Rathschläge einer eindringlichen Beachtung und warnt ins¬ 
besondere vor einer weiteren Verbreitung der Kallblutzucht. Dieselbe müsse 
vielmehr auf die bisherigen Bezirke beschränkt bleiben, innerhalb deren sie 
ja auch seitens der Regierung Rath und Unterstützung finde. 

Einen zweiten sehr eingehenden und interessanten Vor¬ 
trag hielt Professor Dr. Klctt in Form eines Referats über 
die infectiöse Cerebrospinalmeningitis (Borna’sche Krankheit) 
der Pferde. Da dieser Vortrag wie auch das vom Districts¬ 
thierarzt Sperling erstattete, sehr gediegene Correferat in 
diesem Blatte erscheinen sollen, so können sie in diesem Be¬ 
richt übergangen werden. Nur wäre hier beizufügen, dass sich 
an die beiden Vorträge eine längere Discussion anschloss, an 
der sich ausser den beiden Vortragenden noch Professor Dr. 
Gmelin, Professor Dr. Vogcl und Oberamtsthierarzt Nagel- 
Ulm betheiligten. Das Ergebniss derselben war, dass die von 
Districtsthierarzt Sperling vorgeführten Fälle noch nicht hin¬ 
reichen, um auf Grund derselben das Vorkommen der Borna¬ 
schen Krankheit in Württemberg bestimmt annehmen zu können. 
Insbesondere wurde betont, dass auch die subacute Gehirn¬ 
entzündung zuweilen in gehäufter Form auftreten und dann 
leicht zu Verwechslungen Anlass geben könne. 

Es folgte hierauf die Erledigung der Reihe der geschäft¬ 
lichen Mittheilungen, die wegen der schon sehr vorgerückten 


Zeit rasch abgewickelt wurden. Dabei fanden namentlich die 
vom Vereinsvorstand auf Grund der Berathungen im Ausschuss 
ausgearbeiteten und dem neuen Bürgerlichen Gesetzbuch an¬ 
gepassten Statuten einstimmige Annahme. 

Zu Ehrenmitgliedern des Vereins wurden ernannt die Herren : 
Obermedicinalrath Dr. L o r e n z - Darmstadt, 

Professor Dr. Klunzinger-Stuttgart, 
Oberamtsthierarzt Ostertag-Gmünd, 

Professor Dr. Fröhner-Berlin, 

Professor Dr. E s s e r - Göttingen. • 

Als nächstjähriger Versammlungsort wurde Freudenstadt 
gewählt. 

Am Schluss der Verhandlungen drückte Stadtthierarzt 
E i s e 1 e dem verdienten Vereinsvorstand Professor Dr. S u s s - 
dorf für die vorzügliche Leitung der Versammlung den Dank 
der Theilnehmer aus und liess denselben in ein freudig' auf¬ 
genommenes Hoch ausklingen. 

Nach den etwa fünfstündigen Verhandlungen versammelten 
sich die Mitglieder zu einem gemeinschaftlichen Mittagessen. 
Im Verlauf desselben toastete der Vorstand auf Se. Majestät 
den König, Oberamtsthierarzt Ostertag auf das Kgl. Medicinal- 
collegium, Dircctor Fricker auf Se. Erlaucht den Grafen 
von Rechberg, Oberamtsthierarzt Grimm auf die beiden 
Redner, Professor Dr. Klett und Districtsthierarzt Sperling. 

Oberamtsthierarzt Kösler feierte die drei Ausschuss¬ 
mitglieder, die Oberamtsthierärzte Ostertag, Model und 
Haussmann, von denen die beiden letzteren leider durch 
Krankheit am Erscheinen verhindert waren. Für. die vielen 
und erfolgreichen Bemühungen, denen sie sich im Interesse 
der Erwerbung der Staatsdienerschaft für die Oberamtsthierärzte 
unterzogen hatten, wurde ihnen durch Ueberreichung einer 
Dankadresse und eines Ehrengeschenke's die gebührende An¬ 
erkennung seitens der Oberamtsthierärzte des Landes gezollt 
und Oberamtsthierarzt Ostertag vom Verein durch die schon 
oben erwähnte Ernennung zum Ehrenmitglied noch besonders 
ausgezeichnet. 

Telegramme wurden abgesandt an Se. Majestät den König, 
an den Präsidenten des Medicinalcollegiums von Gessler, an 
Regierungsrath Beisswänger und an den am gleichen Tage 
in Wien zur Begehung eines Huldigungsfestes anlässlich des 
fünfzigjährigen Regierungsjubiläums Sr. Majestät des Kaisers 
von Oesterreich versammelten Verein österreichischer Thierärzte. 

Am Abend hatte sich eine grosse Zahl der Theilnehmer 
zu fröhlichem Beisammensein im Garten des Hotel Royal ein¬ 
gefunden. 

Der Vereinssekretär Dr. Zwick. 


Personal-Nachrichten. 

Auszeichnungen : Zu Ehrenmitgliedern des Württembergischen thier- 
ärztlichen Vereins wurden ernannt: Professor Dr. Esser in Göttingen, Pro¬ 
fessor Dr. Fröhner in Berlin, Obermedicinalrath Dr. Lorenz in Darra- 
stadt, Professor Dr. Klunzinger in Stuttgart, Oberamtsthierarzt Ost er tag 
in Gmünd. Dem Thierarzt Bischoff in Stadthagen wurde das fürstlich 
Schaumburg-Lippe’sche silberne Verdienstkreuz verliehen. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen Und Niederlassungen: Zu Kreisthierftrzten wurden ernannt 
Thierarzt Bischoff in Stadlhagcn für Falkenberg i. O.-Schl., Thierarzt 
Voigt in Wipperfürth für dortselbst, Thierarzt Ernst Bartels für die 
Kreise Nienburg a. W. und Neustadt a. R. Verzogen sind die Thierärzte E. Bass 
von Grätz nach Görlitz, G. Bauer von Offenburg nach Haslach, Enz von 
Mannheim nach Eppingen, Kiesel von Stuttgart als Assistent des Veterinär- 
rathes Berner nach Pforzheim. 

Die thier&rztliche Fachprflfung haben bestanden in Berlin: 
Georg B i e r m a n n von Berlin, Paul D u d z u s von Berlin, Georg Hitze 
von Siegda, Hermann Sturhau von Dielingen. 

Gestorben: Stabsveterinär a. D. Hofbauer in Bamberg, Thierarzt 
Bombach in Bochum, Thierarzt Rittmeister in Schkeuditz, Kreisthier¬ 
arzt a. D. Heinrich Eberhardt in Fulda. 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche ThierlrztHcbe Wochenschrift 44 (i. A. Prof. Dr. Mal km ns in Hannover) in Karlsrahe. 

Drack der Kacktet’ sehen Druckerei in Karlsruhe i. B. 



Mit einer Beilage der Veterinär-Klinik von Dr. Kamp mann, Kgl. Kreis-Thierarzt in Grimberghe bei Wiesbaden. 


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Deutsche 


Thierärztliche Wochenschrift 


Prof. Dr. Dam mann, 

Geheimer Regierungs- und Medicinalrath, 
Director der Tierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 


heransgegeben von 

Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregierungsrath 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regierungsrath und Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundteitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Louisenthal (Saar). 

redigirt von 


Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 J<, viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post anf No. 1784 a. 


Sechster Jahrgang. 


Sämmtliche Zuschriften nnd redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 
Correctnren und Anzeigen an die Expedition der 
Deutschen Tierärztlichen Wochenschrift 
in Karlsruhe (Badenl. 


M 35. 


Ausgegeben am 27. August. 


1898. 


Einige Bildungsfehler (vitia primae formationis) 
und ihre Folgen an den Geschlechtsorganen 
des Huhnes. 

Von Dr. phil. P. Willach in Louiscnthal (Saar). 

Auf einem grösseren Gcflügclhofc fiel unter nahezu 
200 Hühnern in letzter Zeit ein Huhn dadurch besonders auf, 
dass es tagsüber seinen Standort selten wechselte, sich von 
den anderen Hühnern viel fern hielt und sich wenig Bewegung 
machte. Es war ein mittelgrosses Huhn italienischer Rasse, 
- aus einer ungarischen Zucht stammend und ca. i Jahr alt. Das 
Huhn zeigte Appetit, hatte gesunden Kamm und Kehllappcn. 
Unter dem Bauche war das Fcderklcid stark gelichtet, die 
Bauchhaut geröthet; der Bauch war stark vergrössert und hing 
halbkugelförmig zwischen den Ständern. Die Bauchdcckcn 
waren gespannt. Beim Befühlen konnte Fluctuation im Bauche 
deutlich wahrgenommen werden; doch war dieselbe nicht wie 
gewöhnlich bei Hühnern, welche mit Bauchwassersucht behaftet 
sind, sondern es konnte vielmehr gefolgert werden, dass eine 
schwer bewegliche Flüssigkeit im Bauche vorhanden sein müsste. 
Ein Einstich, welcher mit der Hohlnadel einer Pravaz’schen 
Spritze von der Kloake aus in die Bauchhöhle vorgenommen 
wurde, förderte keine Flüssigkeit zu Tage, weshalb angenommen 
werden musste, dass im freien Raume der Bauchhöhle 
Flüssigkeit nicht vorhanden wäre; sondern die Vcrmuthung 
lag nahe, es könnte sich im vorliegenden Falle um eine Flüssig¬ 
keit enthaltende Neubildung handeln. Irgend welche Organe 
der Bauchhöhle Hessen sich durch die Palpation nicht feststellen. 

Um die Art der Erkrankung des Huhnes kennen zu lernen, 
liess ich dasselbe tödten. Der Nährzustand war gering. Die 
Bauchhöhle wurde von der Mittellinie aus vorsichtig eröffnet 
und aus dem Spalt trat eine mächtige, fast zweifaustgrosse, 
von Venen stark durchzogene, blaurothe, ovale Geschwulst zu 
Tage, welche fast den ganzen Raum der Bauchhöhle eingenommen 
hatte. Leber, Magen und der grösste Theil des Darmkanales 
waren weit nach vorne in den Brustraum hineingedrängt. Bei 
näherer Besichtigung ergab sich, dass die vermeintliche Ge¬ 
schwulst den sackartig erweiterten dünnwandigen (linken) Eileiter 
des Huhnes vorstellte. Dieser so beträchtlich erweiterte Eileiter 
enthielt in seinem Innern zunächst gelbweisse, käsig ausschende, 
schmierige und bröckelige Massen, welche offenbar zerfallene 
Eidotter waren, ferner fünfzehn vollständig ausgebildete, von 
Eiweiss umgebene Eidotter, bei welchen theilweise das Eiweiss 
membranartig verdichtet war, während eine feste Kalkschale 
fehlte. Die Eidotter hatten sämmtlich ein frisches Aussehen; 


ferner enthielt der Sack noch drei nierenförmige, daumenglicd- 
starkc, vollständig getrocknete (mumificirtc) Eidotter. Der 
Inhalt bestand also aus 18 Eiern ohne Kalkschalc, welche fest 
auf einander gepresst lagen. Dieselben hatten sich im vorderen 
Theile des Eileiters angehäuft und denselben sackartig erweitert. 
Die ganze Inhaltsmassc wog 560 g, wovon 35 g auf die schmie¬ 
rigen Zerfallsmassen, 525 g auf die wohlcrhaltenen und un¬ 
beschalten Eier kamen. Die hintere Hälfte des Eileiters war 
von normaler Grösse, aber der Ei leite rmund fehlte voll¬ 
ständig. Dieser Fehler war offenbar angeboren; denn nirgends 
fanden sich Contractionen, Narben od. dcrgl., welche auf eine 
spätere Entstehung des Verschlusses schlicssen Hessen. Der Eicr- 
stock, welcher an der linken Seite der Wirbelsäule seine Lage 
hatte, zeigte ein normales Aussehen, wie bei gesunden Hühnern. 
Dagegen hing an der den linken Eileiter tragenden Bauchfcll- 
falte rechterseits noch ein zweiter Eileiter, welcher ebenfalls 
mit der Kloake nicht in offener Verbindung stand, eine Länge 
von 22 cm hatte und sich in die sackartige Erweiterung des 
andern Eileiters hinein öffnete, sodass man bequem mit einer 
Sonde von hier aus in den Eileiter eingehen konnte. Man 
muss daher annchmen, dass in Wirklichkeit die sackartige Er¬ 
weiterung ebenso gut dem rechten, wie dem linken Eileiter 
oder vielmehr beiden zugleich zuzurechnen ist. Auf der rechten 
Seite war ein Eierstock nicht vorhanden. 

Doppelte Eileiter scheinen bei Hühnern nicht selten zu 
sein. Bei einem älteren Huhne, welches, beiläufig gesagt, an 
der Geflügelcholera gestorben war, fand ich ebenfalls zwei 
Eileiter. Der linke war normal, es fehlte ihm aber der Eileiter¬ 
mund vollständig. Der rechte hatte eine Länge von 12 cm, 
stellte ein sackartiges, einer Harnblase nicht unähnliches Ge¬ 
bilde dar, dessen stärkster Umfang 9 cm betrug. Eine Oeffnung 
nach der Kloake hin fehlte aber auch diesem Eileiter. Ein 
functionirender Eierstock war nicht vorhanden. 

. Nach Gurlt (Anatomie) bestehen die weiblichen Geschlechts- 
theile des ausgebildeten Vogels nur aus dem linken Eierstock 
und dem linken Eileiter. Obgleich ursprünglich die Geschlechts¬ 
organe paarig sind, so schwinden doch der rechte Eierstock 
und der rechte Eileiter schon früh, und es ist daher nur eine 
Ausnahme von der Regel, wenn bei dem erwachsenen Vogel 
noch erkennbare Ueberreste von ihnen vorhanden sind. 

Nach Zürn (Krankheiten des Hausgeflügels) kann bei 
weiblichen Vögeln, welche nie Eier legen, ein Verschluss der 
unteren Oeffnung des Oviducts vorhanden sein; sic sind meist 
trotzdem gesund und munter, da gleichzeitig in der Regel ein 
verkümmerter Eier stock zugegen ist und Eier gar 
nicht entwickelt werden. 


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DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


27. August. 


Der oben geschilderte Fall aber lehrt, dass trotz des 
fehlenden Eileitermundes ein Eierstock vorhanden sein kann, 
aus welchem sich Eier in grösserer Zahl entwickeln, dass aber 
bei Verschluss des Oviducts nicht selten auch noch ein rechter 
Eileiter neben dem linken eigentlichen Eileiter aus der embryo¬ 
nalen Zeit her sich erhalten und bis zu einem gewissen Grade 
ausbilden kann. 

Beitrag zifr Kenntniss der bösartigen Form 
der Maul- und Klauenseuche des Rindviehs. 

Von Bezirksthierarzt Faber- Durlach. 

Nachdem die Maul- und Klauenseuche schon seit einigen 
Jahren recht gutartig aufgetreten war, erschien sie im hiesigen 
wie in verschiedenen Bezirken des Grossherzogthums in den 
letzten Monaten in vielen Fällen bösartig. So sind im Bezirk 
Durlach bereits 9 Stück an der Seuche gefallen bezw. wegen 
derselben nothgcschlachtet worden. • 

In allen diesen Fällen konnte ich nun feststellcn, dass die 
Thiere bereits wieder auf dem Wege der Besserung zu sein 
schienen, als plötzlich ein Rückschlag erfolgte, dem sie dann 
erlagen. Nachdem die erkrankten Thiere einige Tage das 
Futter vollständig versagt hatten, nahmen sie wieder leicht 
Trank, weiches Heu oder Grünfutter zu sich, weshalb die Be¬ 
sitzer glaubten, die Thiere hätten die Krankheit bereits über¬ 
standen. 

Plötzlich, meistens am 5. bis 6. Tage, zeigten die Thiere 
grosse Hinfälligkeit, legten sich oder stürzten nach vorher¬ 
gehendem Schwanken um; bei 3 Thieren konnte ich fcststellen, 
dass sie sich Morgens nicht mehr vom Lager erheben konnten. 
Die Thiere lagen dann vollständig theilnahmslos da, Ohren, 
Füsse und Hörner waren kalt, der Hals wurde steif gehalten, 
dabei hing die Zunge seitlich zum Maule heraus. Futter- und 
Getränkaufnahme war aufgehoben, ebenso die Rumination. 
Darmgeräusche kaum hörbar, Hinterleib hart und schmerzhaft, 
Kothabsatz unterdrückt. In einem Fall habe ich Blutaustritt 
aus After und Scheide gesehen. Bei Zunahme dieser Er¬ 
scheinungen, die sehr rasch erfolgt, gingen die Thiere ein. 

Bei der Obduction habe ich immer neben den bereits in 
Heilung begriffenen Erosionen am Zahnfleisch, sowie am zahn¬ 
losen Rande des Vorderkiefers, an Zunge und hartem Gaumen 
geschwürige Veränderungen an Magen- und Darmwand finden 
können ; in einem Fall waren sogar bis thalergrosse Geschwürs¬ 
flächen vorhanden. Die Veränderungen fanden sich sowohl in 
den einzelnen Magenabtheilungen, besonders aber im Pansen 
und Blättermagen, als auch im Darm, besonders im Dünndarm. 
Leber und Milz erschienen vergrössert, das Herz war schlaff, 
Herzfleisch wie gekocht. Die Herzkammern mit Blutgerinnsel 
ausgefüllt. Die Lungen erschienen ödematös. 

Die Haut am Zwischcnklauenspalt und am Kronenrand war 
vom Epithel cntblösst, cs fanden sich daselbst nässende Stellen. 

Aus den angegebenen Sectionsbefunden war nun zu folgern, 
dass bei der Maul- und Klauenseuche nicht die Erkrankung 
der Schleimhaut des Maules bezw. die der äusseren Haut am 
Kronenrand, Euter u. s. w. das Hauptleidcn darstellt, sondern 
dass bei der bösartigen Form ein hochgradiges Darmlciden 
vorhanden ist, wobei sich an verschiedenen Stellen des Ver¬ 
dauungsschlauches Geschwüre bilden, die auch jedenfalls mittel¬ 
bar die Todesursache abgeben. 

Was nun die Behandlung der kranken Thiere anbelangt, 
so habe ich die früher empfohlenen Mittel, so besonders Salicyl- 
säurc, Lysol und auch den Thymian zur Anwendung gebracht. 
Da ich aber durch diese Mittel positive Resultate nicht erzielt, 
habe ich erstmals in einem Stalle, in dem bereits 1 Thier ver¬ 
endet war, und zwei nothgeschlachtet werden mussten, bei 
zwei weiteren Thieren, bei denen die Hinfälligkeit bereits einen 
solchen Grad erreicht hatte, dass der Besitzer zum Messer 
greifen wollte, die Milch einer nicht erkrankten Kuh, die auch 
dann nicht erkrankte, als das Zahnfleisch mit dem Geifer von 
kranken Thieren eingerieben worden war, gegeben. Ich Hess 


täglich 2 Mal I Liter dieser Milch in rohem, ungekochtem 
Zustand (kuhwarm) einschütten, worauf bei beiden Thieren 
eine merkliche Besserung eintrat. Nach wenigen Tagen waren 
die Thiere so weit hergestellt, dass sic sich gut erheben konnten. 
Futter wurde gerne genommen und nach Verlauf einiger weiterer 
Tage waren die Thiere als geheilt zu betrachten. 

Ich liess in allen späteren Fällen dieselbe Behandlung mit 
gleich gutem Erfolg wiederholen, so speciell in einem Fall 
in K. 

In diesem Stalle waren 4 Kühe aufgestellt, von denen 
3 erkrankten; bei der vierten konnte durch Einbringen von 
Geifer der erkrankten Thiere in das Maul Maul- und Klauen¬ 
seuche nicht erzeugt werden. 

Eine der 3 erkrankten Kühe konnte sich am 5. Tage 
nicht mehr vom Lager erheben, wobei das Thier grosse Hin¬ 
fälligkeit zeigte. Futter und Getränk wurde nicht mehr auf¬ 
genommen. Ich liess dem Thier täglich 2 Mal 1 Liter Milch 
von der nicht erkrankten Kuh einschütten und schon am darauf¬ 
folgenden Tage war der Blick des Thieres freier. Der Kopf 
wurde getragen und etwas Futter aufgenommen; nach 3 Tagen 
konnte sich das Thier wieder vom Lager erheben. 

Aus dem Mitgetheilten scheint hervorzugehen, dass die 
Milch der als immun anzusehenden Kühe Antitoxine enthält 
und dass diese Milch als Heilmittel bei schweren Maul- und 
Klauenseuchefällen verwendet werden kann. 

Indem ich diese Beobachtung der Oeffentlichkeit übergebe, 
ersuche ich die Herren Collegen um Nachprüfung und möchte 
nur auf einen Punkt aufmerksam machen. Da die an der 
bösartigen Maul- und Klauenseuche erkrankten Thiere an 
Schlingbeschwerden leiden, ist es nothwendig, um Fremdkörper- 
Pheumonicn zu verhüten, die Eingüsse selbst zu überwachen. 

Morbus Basedowii bei einer Kuh. 

Von Schlachthofthierarzt GÖrig in Karlsruhe. 

In der Humanpathologie wird eine Reihe von Krankheiten, 
welche wesentlich durch gewisse Störungen der Nervenfunction 
und deren Rückwirkung auf bestimmte Organe gekennzeichnet 
sind, mit grosser Wahrscheinlichkeit auf die Veränderungen 
bestimmter Theilc des peripheren Nervensystems, vornehmlich 
des Sympathicus zurückgeführt. Hierher gehört in erster Linie 
die im Jahre 1840 von dem Merseburger Arzt von Basedow 
zuerst beobachtete und beschriebene sog. Basedow’sche Krank¬ 
heit, deren wesentlichste Symptome in dem gleichzeitigen Vor¬ 
kommen von Herzpalpitationen, Schilddrüsenanschwellung und 
beiderseitigem Exophthalmus bestehen. Die Ursache dieser 
Veränderungen wurde von v. Basedow in einer abnormen, 
der chlorotischen analogen Blutmischung gesucht, während sie 
jetzt als eine Neurose, und zwar mit Rücksicht auf die Ex- 
perimentalcrgcbnisse nach Reizungen des Halssympathicus 
(Atrophie, varicöse Erweiterung der Gefasse, Pigmentirung der 
Ganglienzellen) als eine vasomotorische Neurose des Hals¬ 
sympathicus bezeichnet wird. Indess ist nicht zu verkennen, 
dass diesen positiven Befunden auch vollständig negative ent¬ 
gegenstehen (Paul, Fournier, Wilks u. A.) 

Während diese Krankheit in der Menschenmedicin hin und 
wieder zur Beobachtung gelangt und durch die in jüngster Zeit 
von Mikulicz (Ueber Thymusfütterung bei Kropf und Basedow¬ 
scher Krankheit, Berl. Klin. Wochenschr., 1895, No. 16) mit 
Erfolg dagegen angewandte Fütterung mit frischer, roher Hammel¬ 
thymusdrüse von sich reden gemacht hat, ist über das Vor¬ 
kommen dieses Zustandes bei unsern Hausthieren nur vereinzelt 
Erwähnung gethan. In der mir zugänglichen Literatur fand ich 
nachfolgende Fälle verzeichnet. Jewsejenko (Möller, Lehr¬ 
buch der Augenheilkunde, S. 239, Berl. thierärztl. Wochenschr., 
1893, S. 6) beobachtete eine 4jährige englische Vollblutstutc, 
die nach einem Wettrennen plötzlich erkrankte unter folgen¬ 
den Symptomen: Puls- und Athemfrequenz vermehrt, Herz- 
palpitationcn, Schwellung der Conjunctiva. Nach 16 Tagen 
hochgradiger Exophthalmus mit Unvermögen des Lidschlusses. 
Ein zweiter von demselben Autor beobachteter Fall betraf eine 


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307 


DEUTSCHE THIER^ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 35. 


Mopshündin, die unter epileptischen Anfällen, Herzklopfen und 
beschleunigtem Puls plötzlich erkrankte. Es trat bald darauf 
Anschwellung der Schilddrüse ein und nach ca. 2 Monaten 
hochgradiger Exophthalmus, sodass die Lider nicht mehr ge¬ 
schlossen werden konnten und Ulceration auf der Cornea ent¬ 
stand. Unter Anwendung von Sublimatwaschungen, Jodkali¬ 
salbe u. s. w. trat nach 3 Monaten bis auf Erblindung des linken 
Auges Heilung ein. Der von Albrecht (Wochenschr. f. Thier¬ 
heilkunde und Viehzucht, 1895, No. 25) beschriebene Fall be¬ 
zieht sich ebenfalls auf einen Hund. Ein 3 / 4 jähriger Seiden¬ 
pintscher bekam zeitweise Krämpfe, starke Glotzaugen, 130 aryth- 
mische Pulse, pochenden Herzschlag, grosse Kropfgeschwulst, 
auch das von Gräfe’sche Symptom, d. i. Unbeweglichkeit der 
oberen Augenlider, war zugegen. Die Section ergab ungewöhn¬ 
lich grosse Schilddrüse mit 3 Nebenschilddrüsen, rechtsseitige 
Herzdilatation. Cadiot (Ref. in Berl. thicrärztl. Wochenschr., 
1893, S. 6) stellte in der Alforter Klinik bei einem Pferde 
Folgendes fest: Oedematöse Infiltrationen an verschiedenen 
Körperstellcn, starke Vergrösserung der linken Schilddrüse, 
kräftige arhythmische Bewegungen in den oberflächlich gelegenen 
Arterien wie bei Aorteninsufficienz, pochender Herzschlag. Am 
3. Tage geht Patient ein, ehe sich Exophthalmus ausgebildet 
hatte. Die Section liefert starke Hypertrophie des Herzens, 
Erweiterung der grossen Gefässe, bedeutende Vergrösserung 
der linken Schilddrüse. Trotz Fehlens des Exophthalmus sieht 
Cadiot diesen Fund doch als typischen Morbus Basedowii an. 
Marek (Ref. in Ellenberger-Schütz, Jahresbericht, 1894, 
S. 86) beobachtete bei einer Gidran-Stute, die sich seit zwei 
Wochen nicht nicderlegcn wollte, die Augen stark hervor¬ 
tretend, Unvermögen des Lidschlusses, Anschwellung der Schild¬ 
drüse, heftige Herzpalpitationcn, Unempfindlichkeit der Cornea 
und der ganzen Haut hauptsächlich auf der linken Hals- und 
Kreuzseite, Sehkraft fast Null. Beim Rinde wurde das erwähnte 
Krankheitsbild von Röder (Sächs. Vet.-Bericht, 1890, S. 77, 
Möller, Augenheilkunde, S. 240) gesehen. Es bestand be¬ 
deutender Exophthalmus bilateralis, Strabismus convergens, 
Herzpalpitationen und Struma. Eine der Basedow’schen ähn¬ 
liche Erkrankung will Pauly (Krankhcits- und Sectionsberichte 
beim Geflügel, Ellenberger-Schütz, Jahresbericht, 1883, 
S. 168) beim Huhn gefunden haben. 

Diesem von Röder erwähnten Fall stellt sich der von 
mir beobachtete analog an die Seite. Er betrifft eine ca. 10 Jahre 
alte Schlachtkuh, die gelegentlich Vornahme der Revision des 
während der Nacht in den hiesigen Schlachthof eingebrachten 
Schlachtviehs von mir entdeckt wurde. Die Untersuchung liess 
einen beiderseitigen Vorfall des Bulbus in so hohem Masse 
bestehend feststellen, dass ein Lidschluss vollständig unmöglich 
war. Dabei bestand so hochgradiger Strabismus convergens, 
dass eine Verlängerung der beiderseitigen Sehaxe sich unter 
einem stumpfen Winkel begegnete. Während ich mir nun ein 
weiteres Verfjigungsrecht zur Vornahme anderweitiger Unter¬ 
suchungen von dem betr. Besitzer einholte und mich in der 
Literatur über den Befund orientirte, wurde die Kuh geschlachtet 
und dadurch nur eine weitere Untersuchung am getödteten 
Thiere ermöglicht. Die Section des Kopfes brachte keine in 
causaler Beziehung zum Exophthalmus stehende makroskopische 
Abnormitäten. Dagegen fand sich eine Struma in der Grösse 
eines Hühnereies, des Weiteren eine geringgradige Herzhyper¬ 
trophie mit rechtsseitiger Dilatation. Sonstige Abweichungen 
von der Norm konnten nicht nachgewiesen werden. Leider 
war es nicht möglich, auch das Nervensystem, insbesondere 
das sympathische, einer genauen Untersuchung zu unterziehen, 
da ein Herauspräpariren dieser Theile mit Rücksicht darauf, 
dass das Thier ein Schlachtstück war, nicht vorgenommen 
werden konnte. 

Wenn es nun auch nicht möglich war, intra vitam Störungen 
in der Herzthätigkeit nachzuweisen, so lassen doch die nach 
dem Tode Vorgefundenen Veränderungen mit grösster Wahr¬ 
scheinlichkeit darauf schliessen, dass zu Lebzeiten solche zu¬ 
gegen waren. 

Berücksichtigt man des Weiteren den intra vitam und 
post mortem beobachteten Symptomencomplex, so kann es 


keinem Zweifel begegnen, dass der geschilderte Krankheitsfall 
das typische Bild des Morbus Basedowii darstellt. 

Wie lange das betr. Leiden schon bestanden hatte, dar¬ 
über vermag ich keine positiven Angaben zu machen, da die 
Kuh von einem Händler eingebracht worden war. 


Referate. 

Ueber Actlvitäts-Hypertrophie der willkürlichen Muskeln. 

Von B. Morpurgo. 

(Virchow's Archiv, 13 d. 150, S. 52a.) 

Morpurgo hat sich der ebenso interessanten als müh¬ 
samen Aufgabe unterzogen, die bei der Activitäts-Hyperlrophie 
der Muskeln in Betracht kommenden Veränderungen der Muskel- 
elemcnte zu untersuchen. 

Bis heute ist die Frage nicht sicher entschieden, ob es 
sich bei der Activitätshypertrophie der quergestreiften Musculatur 
um ein^ reine Hypertrophie im Sinne Virchow’s, d. h. 
Vergrösserung der bestehenden Elemente ohne Vermehrung 
derselben oder eine mit Neubildung, einhergehende Vergrösse¬ 
rung, um Hyperplasie handle. Die Untersuchungen Mor¬ 
purgo’s führen den Nachweis, dass es sich ausschliesslich 
um Hypertrophie handelt. 

2 Hunden wurde je ein Sartorius ausgeschnitten, der aadere 
zur Hypertrophie gebracht (Gehen im Tretrade). In beiden 
Fällen wurde innerhalb 8 Wochen eine Verdickung um die 
Hälfte des ursprünglichen Dickenwerthes erreicht. Die Zahl 
der Fasern im mittleren Querschnitt betrug bei dem einen 
Hund */* 7 mehr, bei dem zweiten ’/so weniger als vor dem 
Versuche (= ursprüngliche Verschiedenheiten in der Faser¬ 
zahl der rechts- und linksseitigen Muskeln). Dagegen verhalten 
sich die Mittelwerthe der Faserquerschnitte wie 1:1,5. 

Weiter zeigte es sich, dass von der hypertrophischen Ver¬ 
grösserung vor Allem die dünnsten Fasern der Muskeln betroffen 
wurden, während die maximale Faserdicke des normalen Muskels 
auch im hypertrophischen nur wenig überschritten wird. Auf 
die Vergrösscrungsfähigkeit und die vorhandene Zahl dieser 
relativ dünnsten Fasern normaler Muskeln ist daher in der 
Hauptsache die bei stärkerer functioneller Inanspruchnahme ein¬ 
tretende Zunahme der Leistungsfähigkeit der Muskeln zurück¬ 
zuführen. 

Da gleiche Querschnittsflächen von reichlichen kleinen 
Faserquerschnitten vollkommener auszufüllen sind als durch 
Querschnitte grober Muskelfasern, entspricht eine solche Lo- 
calisation der stärksten Hypertrophie in den dünnsten Fasern 
der besten Ausnützung des verfügbaren Raumes. Im hyper¬ 
trophischen Muskel ist die Menge der Fasern mittlerer Dicke 
eine viel grössere, die Faserdicke im ganzen Muskel daher eine 
viel gleichmässigere als im nichthypertrophischen Muskel; der 
erstere nähert sich in dieser Hinsicht den für ihre Aufgabe 
am vortheilhaftesten ausgcbildeten Muskeln, nämlich denen der 
Vögel. 

Dass eine Verlängerung der Fasern nicht stattfindet, 
constatirte Morpurgo in entsprechenden Versuchen an Ratten. 
Ferner stellte er fest, dass eine Zunahme in der Dicke der 
Primitivfibrillen bei der Hypertrophie nicht erfolgt, dieselbe 
also in der Hauptsache auf die Zunahme des Sarko- 
plasmas zu setzen ist; sowie dass die Zahl der Kerne in 
entsprechenden Volumen-Einheiten der normalen und 
hypertrophischen Muskeln dieselbe bleibt, und dass die so¬ 
genannten Muskelspindeln, welche von mehreren Autoren 
mit der Muskelregeneration in Zusammenhang gebracht wurden, 
während der Hypertrophie nach Zahl und Grösse sich nicht 
verändern. 

Im Gegensatz zu der physiologischen Hypertrophie der 
Muskeln tritt in den wenigen Fällen pathologischer, wirk¬ 
licher Hyperplasie Vermehrung der Kerne auf und ist die 
Dickenzunahme der Fasern eine ausserordentlich variable: 
während die hypertropischen Muskeln sich dem Typus der 
besser organisirten Muskeln der Vögel annähert, werden die- 


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308 


27 . August 


DEUTSCHE THIERvERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


selben bei den pathologischen Formen in Bezug auf die Kaliber¬ 
verhältnisse der Fasern denjenigen der niedriger organisirten 
Wirbclthiere (Fisch, Frosch) ähnlicher. Al brecht. 


Vorläufige Mittheilung über Fohlenlähme und deren 

Ursache. 

Von Gasperini e Fogliata. 

tLa clinica vet. 98. S. 365.) 

% 

Nach den Mittheilungen der Autoren ist die Fohlenlähme 
eine Infcctionskrankheit, die in ausserordentlich verschiedenen 
Formen auftritt. Dem entsprechend sind die anatomischen Be¬ 
funde bei genanntem Leiden sehr variabel. Letztere wiederum 
sind die Ursache für die mannigfachen Bezeichnungen für dieses 
Leiden. Die Autoren hatten Gelegenheit, eine Epidemie 'der 
Fohlenlähme zu beobachten. In späteren Mittheilungen wollen 
sie über die klinischen Formen, in denen dieselbe auftrat, be¬ 
richten. Sie geben nur kurz folgende Formen an: Multiple 
Gelenkserkrankungen, theils einfach serösen, theils eitrigen 
Charakters; Muskelentzündung (parenchymatös und eitrig); 
Nabelcntzündung; rareficirende Ostitis; cerebrale Meningitis mit 
tetaniformen Krämpfen; spinale Meningitis mit Lähmungen; 
Durchfall; Iritis; Lungenentzündung. 

Pathologisch-anatomisch Hessen sich folgende Veränderungen 
fcststcllen: Nabelvene aussen vernarbt, infectiöse Phlebitis und 
Periphlebitis derselben mit Abscedirung. Gekrös- und Leisten¬ 
drüsen in den ersten Fällen stark vergrössert, in den späteren 
fast normal. 

Milz und Leber ohne bemerkenswerthe makroskopische 
Veränderungen. Leberzellen fettig degenerirt. Milz selten ver¬ 
grössert. 

Nieren hyperämisch, selten embolische Infarcte oder aus¬ 
gesprochene fettige Entartung. In der Bauchhöhle fehlt Ex¬ 
sudat für gewöhnlich. 

Lungen häufig herdförmig entzündet. Häufig finden sich 
in denselben kleine oder grosse, im Innern käsig zerfallenp 
Knoten. 

Im Herzbeutel beständig klares, leicht trübes oder blutiges 
Exsudat. 

Die schwersten Veränderungen finden sich an den Ge¬ 
lenken. Hüft- und Kniegelenk leiden am häufigsten. Synovia 
vermehrt, meist klar, gelb, selten eitrig. 

Bei der Erkrankung der Ccntralnervenapparatc ist stets 
Exsudation vorhanden. 

Die Autoren fanden stets im Blut, in der Gelenkflüssigkeit 
u. s. w. denselben Mikroben in Rcincultur, wenn nicht durch 
äussere Verletzungen eine Mischinfection zu Stande gekommen 
war. Im hängenden Tropfen zeigt dieser Mikrobe lebhafte 
Eigenbewegung. Seine Form ist oval. Häufig vereinigen sich 
zwei und mehr von ihnen und täuschen Bakterien vor. Sie 
theilen sich schnell. Sporenbildung konnte nicht beobachtet 
werden. 

Auf Gelatine in Petri'sehen Schalen wächst der Erreger 
in Form von runden, glänzenden Tropfen, die auf der Ober¬ 
fläche der Gelatine perlmutterfarben, in der Tiefe gelblich sind. 
Die Colonien zeigen unter dem Mikroskop scharfe Ränder, ein 
dunkles Centrum, das von einem helleren Hof umgeben ist. 
Letzteres ist dann wieder von einem dunklen Ringe umgeben, 
von dem zarte, feine Striche ausgehen. Auf jeden Fall gehen 
die dunklen Streifen vom Centrum der Colonie aus. Die unter 
der Oberfläche der Gelatine gelegenen Colonien haben viel 
Achnlichkeit mit denen von Bacterium coli commune. Die auf 
der Oberfläche befindlichen haben einen Durchmesser von 
1 — 2 mm. Sie erscheinen im durchfallenden Licht leicht bläu¬ 
lich. Gelatinestichculturen ergeben kein charakteristisches 
Wachsthum. Auf schief erstarrtem Agar wächst der Mikrobe 
in Form eines zarten Häutchens, das nicht an Dicke zunimmt 
und bei durchfallendem Licht leicht bläulich aussieht. In 
Bouillon entsteht eine gleichmässige Trübung. Der Mikrobe ist 
facultativ-acrob. 


Gegen Impfung in die Gelenke und Blutbahn zeigten sich 
Ratten, Kaninchen, Meerschweinchen und Katzen sehr empfäng¬ 
lich. Bei subcutaner Application starben Meerschweinchen, 
Katzen und Kaninchen nicht. Sehr junge Meerschweinchen 
starben nur bei intraperitonealer und intravenöser Impfung. 
Bei tragenden Meerschweinchen entsteht hiernach Abortus. 
Kaninchen sind gegen intravenöse und articuläre Impfungen am 
empfindlichsten. Bei einigen geheilten Kaninchen, die intra- 
peritoneal geimpft waren, blieb eitriges Exsudat in der vorderen 
Augenkammer beider Augen übrig. Zuweilen finden sich neben 
dem genannten Erreger noch andere. Unter diesen ist der am 
schwierigsten auszuschaltende ein Streptococcus. 

Bezüglich der Behandlung wollen G. und F. die meisten 
Erfolge von scharfen Salben auf die kranken Gelenke, sowie 
von subcutancn und intratrachealen Injectionen mit 3 proc. 
Carbolsäure gesehen haben. Letztere sollen sogar bei multipler 
Affection der Gelenke, der Lunge und Augen noch Heilung 
herbeigeführt haben. 

Die Autoren halten es für wahrscheinlich, dass der ge¬ 
nannte Mikrobe identisch ist mit dem Erreger des Abortus 
beim Pferde und stellen weitere Untersuchungen in Aussicht. 

Fr ick. 


Untersuchungen über die Verwendung von Torfstreu, 
Strohstreu und Torfstrohstreu. 

Von Maggi. 

(Rcf. in La clin. vet,, 1898, S. 347.) 

M. hat unter Leitung von Manfredi am hygienischen 
Institute zu Palermo Untersuchungen über den Werth der ein¬ 
zelnen Str cusorten angestellt. Er kommt zu folgenden Schlüssen: 

1. Die Menge der Kohlensäure und flüchtigen organischen 
Substanzen ist in der Luft von Ställen mit Strohstreu grösser 
als in anderen, nämlich bis zum dreifachen Betrage der letzteren. 
Bei Torfstreu ist der Gehalt an obigen Bestandtheilen am ge¬ 
ringsten. Bei gemischter Streu steigt derselbe, entsprechend 
um Weniges. 

2. Die Menge der in der Luft suspendirten organischen 
Substanzen ist zumal beim Aufrühren in Ställen mit Torfstreu 
so hoch, dass die Luft geradezu irrespirabel ist. Im Gegen- 
theil finden sich solche bei Strohstreu bezw. gemischter Streu 
nur in geringen Mengen. 

3. Ammoniak und salpetrige Säure fehlen fast ganz in der 
Luft bei Anwendung von Torf- und Mischstreu, finden sich 
dagegen in grossen und wachsenden Mengen bei Strohstreu. 

4. Der Gehalt der Stallluft an Mikroorganismen ist am 
geringsten bei Anwendung von Torf, bei gemischter Streu 
steigt er um das vierfache. Bei Strohstreu ist immer nur 
*/,— J / 4 der Keimmenge vorhanden wie bei gemischter Streu. 

Ueber die einzelnen Slreusorten giebt M. folgende Vor¬ 
theile und Nachtheile an: 

A. Die Strohstreu entspricht nach keiner Richtung den 
Anforderungen der Hygiene, weil: 

1. Selbst reichliches und gesundes Streustroh zersetzt sich 
nach 8—io tägigem Liegen durch die Berührung mit den Fä- 
kaüen. Namentlich geht im Bereich des Hintertheils das Stroh 
sehr leicht in Fäulniss über. Am leichtesten erfolgt dies in 
den unteren Schichten. Auch tägliches Aufstreuen kann hieran 
nichts ändern. Daher ist Strohstreu ein sehr schlechtes Lager, 
verursacht Fäulniss des Strahlhornes und macht die Luft durch 
stinkende Gase fast irrespirabel. 

2. Beim Aufnehmen der Matratzenstreu aus Stroh sind die 
entweichenden Gerüche fast unerträglich. Hierdurch wird die 
Luft in weitem Umkreise um die Stallungen verpestet und 
gesundheitsschädlich. 

3. Der Stallboden, zumal durchlässiger und schlecht ge¬ 
pflasterter, ist bei Dauerstreu mit Stroh durchtränkt von Harn 
und Fäulnissproducten. Er ist unter diesen Umständen trotz 
sorgfältiger desodorisirender Waschungen stets ein Herd von 
üblen Gerüchen. Auch ist diese Beschaffenheit des Stallbodens 


4 


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No. 35. 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


309 


die beste Vorbedingung für die Fäulniss des neuen Stroh¬ 
lagers. 

B. Die reine Torfstreu hat unstreitige hygienische Vor¬ 
züge. Sie ist nicht praktisch aus folgenden Gründen: 

1. Die Luft in Stallungen mit Torfstreu ist aussordcntlich 
reich an schwärzlichem Staub. Letzterer lagert sich reichlich 
auf den Schleimhäuten der Athmungswcge ab und erregt Husten 
und Niesen bezw. Ausbrausen. 

2. Pferde magern auf Torfstreu sichtlich ab. Als Grund 
giebt M. die fehlende Aufnahme des Streustrohs als Nahrungs¬ 
mittel an. 

3. Auch bei Torfstreu treten Verdauungsstörungen auf. 
Dieselben haben ihren Grund in der Aufnahme von Torf mit 
der Nahrung. Letzterer gelangt entweder durch auf die Erde 
gefallenes Heu oder durch Ablagerung des Torfstaubes auf das 
Futter. Der Koth solcher Thiere zeigt dies durch seine 
schwarze Farbe und trockene Beschaffenheit. 

4. Die Uniuhe der Pferde auf Torfstreu, veruracht durch 
Langeweile oder Schlagen nach Fliegen, hat einen doppelten 
Nachtheil. Erstens gelangt viel Staub in die Athmungsluft und 
zweitens wird das Lager dadurch vorn niedriger als hinten. 
Letzterer Umstand schädigt das Vordertheil des Pferdes durch 
Mehrbelastung. 

5. Die Torfstreu ist, zumal wenn sie Stücke enthält, ziem¬ 
lich hart und ganz unelastisch. Pferde legen sich daher auf 
Torfstreu nur ungern. 

6. Die Torfstreu besudelt zwar nicht dauernd das Haar¬ 
kleid, reizt auch die Haut nicht, aber der Torf bleibt langq 
Zeit zwischen den Haaren sitzen und sammelt sich dort an, 
wenn er nicht häufig manuell entfernt wird. 

C. Der gemischten Streu (unten Torf, oben Stroh) schreibt 
M. alle hygienischen Vorzüge zu. Durch diese Verbindung 
beider Stoffe sollen die Nachtheile jedes einzelnen beseitigt 
werden. Folgende Vorzüge giebt M. an: 

1. Es fehlt nicht das zur Ernährung nothwendige Stroh. 

2. Der mit Stroh ganz bedeckte Torf kann keinen Staub 
in die Luft senden. 

.3. Das Stroh fault kaum. Der Harn läuft oben durch 

und wird vom Torf aufgenommen und unschädlich gemacht. 
Geruch nach Ammoniak tritt im Stalle nicht auf. 

4. Bei der Beseitigung der Streu treten nicht die bei der 
Strohstreu aufgeführten Gerüche auf. 

5. Derartige Streu hält sich über 4 Monate vollkommen 
brauchbar. Der Torf ist wenig durchtränkt, das Stroh etwas 
geschwärzt, aber vollkommen trocken. 

6. Der Boden unter der gemischten Streu ist stets trocken, 
geruchlos und sauber. 

M. hält die gemischte Streu für das Ideal einer Streu und 
wünscht deren allgemeine Verbreitung in Italien. Frick. 


Der Werth des Aderlasses, der Brechmittel und 
Vesicatorien. 

(Bulletin de l'Academie de Medecine de Paris. 1898.) 

Professor Robin ist schon länger zu der Ueberzeugung 
gelangt, dass die medicinische Bedeutung der beiden erst¬ 
genannten, noch vor nicht langer Zeit so hochgeschätzten, nun¬ 
mehr aber fast ausser Gebrauch gekommenen Heilmittel allzu¬ 
sehr verkannt werde und hat sich vorgenommen, die Wirk¬ 
samkeit derselben durch weitere Experimentation festzustellen. 
Nach einer Mittheilung an die medicinische Akademie in Paris 
fand er dabei, dass der Werth der genannten Mittel entschieden 
unterschätzt werde und sie eine allgemeinere Anwendung ver¬ 
dienen, als es zur Zeit geschieht. Dasselbe gilt auch von der 
äusseren Derivation, deren Gebrauch, wenn auch nicht in 
selbem Masse, gleichfalls eine nicht unbedeutende Einschränkung 
erfahren hat. 

Was den Aderlass betrifft, so liegen die einzigen, sich 
aus der heutigen Physiologie ergebenden Indicationen allerdings 
nur in ganz bestimmten Fällen vor, in solchen, bei denen es 
gilt, eine rasche, temporäre Erniedrigung des Blutdruckes zu 


erzielen, oder aber auf dem kürzesten Wege in das Blut ge¬ 
langte Gifte zu eliminiren. Der Effect ist keineswegs bloss ein 
mechanischer, auf Evacuation beruhender, jede Blutentnahme 
übt eine wenn auch nicht sehr nachhaltige, so doch bedeut¬ 
same Action auf die Gesammternährung des Organismus aus, 
von der die Therapie zweifellos Nutzen ziehen kann. Mässiger 
Aderlass ist ein mächtiges Mittel, sämmtlichc Verbrennungs- 
processe im Körper zu verstärken, denn unter seinem Einfluss 
erhöht sich wesentlich der Gehalt des Urins an Stickstoff und 
Phosphorsäure, die Ventilation in den Lungen wird verstärkt 
und damit wesentlich der Austritt von Kohlensäure und ver¬ 
brauchtem Sauerstoff erhöht. Besonders nützlich erweist sich 
der Aderlass bei jenen Affectioncn, in welchen eine unge¬ 
nügende Desassimilation besteht, wie namentlich bei gewissen 
Infectionskrankheiten (z. B. Pneumonien), wo es hauptsächlich 
gilt, die Oxydation und Zerstörung der im Blute kreisenden 
mikrobischen Gifte zu begünstigen, welche die normale Reaction 
im Organismus lähmen. 

Die Vomitive, ehemals bei der Behandlung der Re¬ 
spirationskrankheiten im Vordergrund stehend, haben in der 
Praxis der antiseptischen Medication den Vortritt lassen müssen. 
Ohne letztere unterschätzen zu wollen, glaubt Robin, dass 
die Brechmittel in anderer Weise mindestens ebenso schätz¬ 
bare Wirkungen dadurch zu Stande bringen, dass sie, wie alle 
seine klinischen Untersuchungen ergeben haben, die Lungen¬ 
lüftung in bedeutendem Masse vermehren, die Ausstossung der 
Kohlensäure und Absorption des Sauerstoffs fördern. Was die 
Purgative so Positives bei intestinalen Infectionen zu Wege 
bringen,* leisten die Vomitive bei bronchitischen. 

Die Vesicatorien, wie die anderen, ähnliche vaso¬ 
motorischen Effecte erzielenden Hautableitungsmittel modificiren 
gleichfalls die Gesammternährung in dem Sinne, dass sie alle 
Verbrennungsprocesse im Organismus verstärken. Diese Hyper¬ 
oxydation schon allein trägt wesentlich zur Erhöhung der 
Lungenventilation bei, ohne dass jedoch damit eine lebhaftere 
Absorption von Oxygen im Niveau der Alveolarsubstanz ver¬ 
bunden wäre, die Absorption bleibt auf dem normalen Stande, 
jedoch findet eine ungleich häufigere pulmonäre Lufterneuerung 
statt. Auch diese Steigerung der Verbrennung wird dem 
Organismus wieder besonders zu Gute kommen in seinem 
Kampfe mit infectiösen Toxinen und muss die Umwandlung 
derselben in inoffensive Producte wesentlich begünstigen. 

Vogel. 


Intoxic&tionen mit Strychnin. 

Von Bezirksthicrarzt Koudclka. 

(Oesterreich. Monatsschrift für Thierheilkunde, 1898, No. 7 ) 

Ueber die Todesdosis, sowie die Dauer des Eintritts der 
toxischen Wirkung des Strychnins werden Seitens der Autoren 
sehr verschiedene Angaben gemacht. Diese Varietäten ver- 
anlasstcn K. bei zwei Schweinen, welche an chronischer Schweine¬ 
pest erkrankt waren und im Interesse einer schnellen Tilgung 
dieser Seuche getödtet werden sollten, hierzu eine subcutane 
Injection einer Strychninlösung zu verwenden. Jedem der 
Schweine wurde dieserhalb eine Lösung von 0,10 Strych. nitr. 
in 10,0 heissem destillirtem Wasser an der Unterbrust bezw. 
an der Innenfläche des Hinterschenkels eingespritzt. Während 
nun bei dem ersten Schweine nach Verlauf von 5 Minuten 
nach der Injection die ersten tetanischen Erscheinungen auf¬ 
traten, welche nach einer Dauer von 5 weiteren Minuten den 
Tod im Gefolge hatten, traten bei dem zweiten Schweine schon 
zwischen der 2. und 3. Minute blitzartig heftige Krämpfe auf, 
welche an Intensität immer Zunahmen, bis nach ca. 9 Minuten 
der Tod eintrat. 

Im Anschluss an seine Mittheilung referirt K. über eine 
Strychninvergiftung bei einer Kuh, welche der Thierarzt Täufer 
zu beobachten Gelegenheit hatte. Von diesem war einer an Fest¬ 
liegen nach der Geburt erkrankt gewesenen Kuh die Hälfte einer 
Lösung von 0,15 g in 150,0 Wasser per os eingegeben worden. 
Schon eine halbe Stunde nach Application des Mittels konnten 


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DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


27. August. 


die ersten typischen Erscheinungen, bestehend in über den 
ganzen Körper und die Extremitäten sich erstreckenden tetani- 
schen Krämpfen, beobachtet werden, denen heftige Athcmnoth, 
verbunden mit bis zu 1 /„ Minute dauerndem Pausiren der 
Athemthätigkeit folgte. Nach Verwendung von Morphium und 
Chloralhydrat hörten zwar die Krämpfe einige Zeit auf, um 
jedoch mit erneuter Heftigkeit wieder zu beginnen. Nach 
4 Stunden erfolgte Exitus lethalis durch Asphyxie. Die Tem¬ 
peratur betrug nach dem Tode 43,2° C. Görig. 


Blutharnen beim Pferde. 

Von Oberrossarzt R c x i 1 i u s. 

(Zeitschrift f. Veterinärkunde, 1898, Nu. 6) 

Verf. hat diese beim Pferde noch nicht gesehene Krank¬ 
heit in einigen Fällen selbständig, in wenigen anderen als Com- 
plication bei Druse bezw. Bräune beobachtet. Ausser anfänglich 
etwas unterdrückter Fresslust, die sich jedoch bald wieder in 
einen wahren Heisshunger umwandelte, einem bei den ersten 
Schritten etwas gespannten Gange, Röthung und glasigem Aus¬ 
sehen der Conjunctiven, Erhöhung der Pulszahl mit je nach der 
Schwere der Fälle pochendem Herzschlage auf 48—64, der 
Athemzüge auf 16—24 in der Minute und der Entleerung von 
wässrigem, burgunderrothem Harn, der in längeren Zwischen¬ 
zeiten als normal abgesetzt wurde und in einigen Fällen schwarz- 
roth resp. braunroth, dicker und schleimiger gewesen sein soll, 
wurden in den ersten 8 —10 Tagen des Leidens Krankheits¬ 
symptome nicht wahrgenommen. •• 

Nach dieser Krankheitsdauer konnten die Patienten in der 
Regel sich nicht mehr auf den Beinen halten, sie fielen um und 
waren selbst mit Hülfe von mehreren Personen nicht in die 
Höhe zu bringen. Sie lagen ruhig, sahen sich nur zuweilen 
nach dem Leibe um und verzehrten dabei mit Appetit das dar¬ 
gereichte Futter. Die Gliedmassen fühlten sich kalt an und 
waren auf Nadelstiche wenig empfindlich. Bei einigen Pferden 
bestand ödematöse Schwellung der unteren Enden der Ex¬ 
tremitäten. Lagen die Pferde, so trat innerhalb 1 — 3 Tagen 
der Tod ein. 

Die Section eines der eingegangenen Pferde ergab in der 
Hauptsache graurothe Farbe und mürbe Beschaffenheit der 
Musculatur, insbesondere sahen die Lendenmuskeln fast grau- 
weiss aus. Im Nierenbecken dunkelrothe, schleimigeitrige 
Massen. In der Harnblase eine geringe Menge eines braun- 
rothen Harns. 

Als Ursache nimmt Verf. mit grösster Wahrscheinlichkeit 
einerseits die Verfütterung eines mit Klee gemischten Wiesen¬ 
heus an, das zwar von gutem Aussehen war, jedoch nach Aus¬ 
sage des Besitzers vom Mehlthau befallen gewesen ist, anderer¬ 
seits giebt er der Verabreichung von Kleestroh, welches mit 
einem rostfarbigen Pilze besetzt war, die Schuld. Der Klee war 
von einer am Walde gelegenen Wiese geerntet. 

Nachdem ein Futtcrwechsel angeordnet, traten neue Krank¬ 
heitsfälle nicht mehr auf. Die noch vorhandenen Patienten 
wurden mit Ferrum sulfuricum und Natrium bicarbonicum in 
Leinsamenschleim behandelt und in 4—6 Tagen geheilt. 

O ehr. 


Nahrungsmittelkunde. 

Darf die Polizeibehörde gesundheitsschädliches Fleisch 

vernichten? 

Durch Urtheil des Königl. Preussischen Oberverwaltungs¬ 
gerichts vom 4. Juni 1897 ist für Recht erkannt, dass die 
Klagen gegen die Bescheide des beklagten Königlichen Ober- 
Präsidenten zurückzuweisen und — unter Festsetzung des Streit¬ 
wertes auf 20 Mk. — die Kosten dem Kläger zur Last zu 
legen sind und zwar aus folgenden Gründen: 

Der Molkereibesitzer Z. in Pr. R. hatte mit dem Flcischer- 
meistcr K. in E. ein Abkommen getroffen, wonach er die 


diesem verkauften Schweine oder Theile derselben, sofern sie 
als unverkäuflich oder zum menschlichen Genüsse untauglich 
befunden werden sollten, gegen Erstattung des Kaufpreises oder 
eines verhältnissmässigen Theiles des letzteren zurückzunehmen, 
K. sie zurückzuliefern verpflichtet war. Diesem Abkommen 
unterlagen auch die folgenden drei, den Gegenstand des Streit¬ 
verfahrens bildenden Fälle, in denen K. von dem Z. käuflich 
erworbene Schweine in das städtische Schlachthaus zu E. ein¬ 
gebracht hatte. 

Bei einem dieser Schweine wurde nach ' der • Schlachtung 
die Lunge krank befunden. Sie war nach dem Gutachten des 
Schlachthausdirectors, Thierarzt V., »entzündet und mit ab¬ 
gekapselten Eiterherden durchsetzt«; sie wurde demgemäss als 
gcsundheitsgefahrlich zurückgewiesen und auf Anordnung des 
V. durch Verbrennen vernichtet. 

Bezüglich eines später eingfebrachtcn und krank befundenen 
Schweines crtheilte der V. über den Befund und das bezüglich 
dieses Sqhweines eingeschlagene Verfahren folgende Auskunft: 

Es wurden gefunden: »Tuberculöse Herde in den Sub- 
maxillardrüsen, in den Lungen und in den Bronchialdrüsen, in 
der Leber und in den Portaldrüsen, in den Gekrösdrüsen. In 
der Milz 6 bis 8 hirsekorngrosse Knoten. In der rechten 
Leistendrüse ebenfalls 4 bis 5 im Centrum verkäste, im Uebrigen 
grau erscheinende, nicht abgckapselte, tuberculöse Knötchen 
von derselben Grösse«. 

Die Bug- und Achseldrüsen, die Darmbeindrüsen, die 
Drüsen der Wirbelsäule, die Kniefaltendrüsen waren vollständig 
intact. 

Von dem wegen genereller Tuberculöse beanstandeten 
Schweine wurden die Eingeweide und das rechte Hinterviertel 
durch Verbrennen vernichtet 

Bei einem weiteren auf dem Schlachthofe untersuchten 
Schweine ergab sich nach dem Gutachten des V. im Wesent¬ 
lichen folgender Befund: 

»Neben Tuberculöse aller Eingeweide (Milz incl.) war auch 
Tuberculöse der linken Kniefaltendrüsc vorhanden. 

Das Schwein wurde wegen allgemeiner Tuberculöse eben¬ 
falls beanstandet; das fleisch des. linken Schinkens wurde,diürch, 
Verbrennen vernichtet, im Uebrigen das Fleisch abgekocht und 
freigegeben. 

Der Molkereibesitzer Z. erhob in allen diesen Fällen zu¬ 
nächst Vorstellungen über das Verfahren des Schlachthaus¬ 
directors bei der zuständigen Polizeiverwaltung und beantragte, 
jenes zu missbilligen und den ihm entstandenen Schaden fest¬ 
zustellen und zu ersetzen. Hiermit zurückgewiesen, weil das 
Verfahren des V. gerechtfertigt sei, erhob Z. Beschwerde und 
weitere Beschwerde bei dem Regierungspräsidenten und Ober¬ 
präsidenten, wurde aber von ihnen gleichfalls ablehnend be- 
schieden. 

Gegen die in den fraglichen drei Fällen inhaltlich über¬ 
einstimmenden Bescheide des Oberpräsidenten hat Z. rechtzeitig 
noch Klage erhoben und beantragt, unter Aufhebung dieser 
Bescheide die Polizeibehörde »1. wegen ihrer ungesetzlichen 
Handlungsweise zurechtzuweisen, 2. zum Ersätze des dem 
Kläger erwachsenen Schadens anzuhalten«. 

Zur Begründung sind in den Klagen und in den darin in 
Bezug genommenen Beschwerden folgende, im Wesentlichen 
übereinstimmende An- und Ausführungen gemacht. 

Kläger giebt zu, dass — dem Gutachten des Schlachthaus¬ 
directors gemäss — die Schweinelunge im ersten Falle ent¬ 
zündet, die Schweine im zweiten und dritten Falle mit gene¬ 
reller Tuberculöse behaftet gewesen. Er behauptet aber, dass 
in allen drei Fällen das Einschreiten der Polizei überhaupt nicht 
erforderlich, jedenfalls in der Art, wie es geschehen, unzu¬ 
lässig und rechtswidrig gewesen sei. Zunächst sei die Schäd¬ 
lichkeit des Genusses der fraglichen Lunge und des Schweine¬ 
fleisches für die menschliche Gesundheit nicht festgestellt; der 
Schlachthausdircctor, Thierarzt V., sei in dieser Beziehung kein 
geeigneter Sachverständiger, er könne nur thierische Krankheiten 
begutachten und feststellen. Wäre aber selbst die Genuss¬ 
schädlichkeit der fraglichen Gegenstände für erwiesen zu er¬ 
achten, so sei in keinem Falle die Vernichtung derselben — 


k 


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No. 35. 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


so weit sie erfolgt — geboten gewesen. Durch Durchkochen 
könne jeder Krankheitsträger, jeder Schädling getödtet und so 
das Fleisch etc. zum menschlichen Genuss brauchbar gemacht 
werden; das gelte bezüglich der vom Schlachthausdirector durch 
Verbrennen vernichteten Thierthcile ebenso wie bezüglich der 
durchkochten Theile. Auch eigneten sich jene Theile immer 
noch zum Hunde-, Katzen- und Hühnerfutter oder zu gewerb¬ 
lichen Zwecken, Zubereitung zu Leim u. dergl. Soweit aber 
ein Durchkochen des Fleisches für nothwendig zu erachten, sei 
gar nicht abzusehen, warum dies gerade im Schlachthause zu 
E. habe stattfinden müssen und das Fleisch etc. nicht viel¬ 
mehr dem Kläger zurückgegeben worden, der es zum Pökeln, 
Räuchern, Kochen oder sonst beliebig habe verwenden dürfen. 
Durch das Durchkochen, bei welchem das Fleisch Saft und 
Kraft verliere und nur 2 bis 3 Tage haltbar bleibe, sei der 
Werth über die Hälfte vermindert worden. Bedenken gegen 
die Zurückgabe des zum menschlichen Genuss unbrauchbaren 
Fleisches lägen in keiner Weise vor; die Strafandrohungen, 
des Nahrungsmittelgcsetzes schützten die Allgemeinheit hinläng¬ 
lich vor Schaden, genügten dem öffentlichen Interesse. Es 
fehle an jedem Anhalt für die Annahme, dass Kläger oder IC. 
beabsichtigt haben, das untaugliche Fleisch zur menschlichen 
Nahrung zu verwenden, als Nahrungsmittel zuzubereiten, in den 
Verkehr zu bringen ; die Unterstellung einer solchen Absicht 
sei eine empörende Beleidigung. Nicht gerechtfertigt sei auch 
der Schluss, welchen das Oberverwaltungsgericht in der von 
dem Beklagten in Bezug genommenen Entscheidung vom 
14. October 1893 aus dem Einbringen der Thierc in das 
Schlachthaus auf die Absicht der Einbringer ziehe, auch das 
Fleisch kranker Thiere oder kranker Thierthcile in den Ver¬ 
kehr zu bringen; es werde dabei übersehen, dass man einem 
fetten Schweine im lebenden Zustande eine etwaige Erkrankung 
an Tuberculose, Trichinen oder Finnen nicht anschen könne. 
Bestritten werde hiernach, dass im öffentlichen Interesse die 
Vernichtung der Schweinetheile oder auch nur deren Abkochung 
im Schlachthause erforderlich gewesen. Unter allen Umständen 
aber widerspreche das Verfahren der Polizei der Bestimmung 
im Art. 9 der Verfassungsurkunde, da hiernach dem Eingriffe 
in das Eigenthum des Klägers die vorherige Feststellung des 
Schadens und die wenigstens vorläufige Entschädigung habe 
vorausgehen müssen. Durch das Verfahren der Polizei sei dem 
Kläger zugleich die Sicherung des Beweises entzogen, welche 
durch die Bestimmung des Art. 9 gewährt sei. Wenn auch 
dem Kläger der Rechtsweg zustehe, so sei es doch Pflicht der 
Aufsichtsbehörden, die Polizei, wenn sie rechtswidrig handle, 
in die verfassungsmässigen Schranken zurückzuweisen, diese 
Pflicht hätten der Regierungspräsident und der Oberpräsident 
versäumt und überdies unterlassen, seine Ausführungen gehörig 
zu widerlegen. 

Der Beklagte hat Gegenerklärungen nicht abgegeben. 

In der mündlichen Verhandlung ist der wesentliche Inhalt 
der zahlreichen, vom Kläger im Laufe des Streitverfahrens noch 
überreichten schriftlichen Ausführungen vorgetragen, demnächst 
aber — unter Vereinigung der drei in rechtlichem Zusammen¬ 
hänge stehenden Verfahren zum Zwecke der gleichzeitigen Ent¬ 
scheidung — erkannt worden, wie geschehen. 

Von den beiden Klageanträgen erscheint der zweite jeden¬ 
falls unzulässig. Denn die Frage, ob die Polizeiverwaltung 
zu E. wegen ihres Verfahrens zum Schadensersatz — und 
in welcher Höhe — wird angehaltcn werden können, gehört 
zur Zuständigkeit der Civilgerichte, mag es sich nun (wie Kläger 
annimmt) um Eingriffe der Polizei in Privatrechte des Klägers 
gehandelt haben, für welche nach den gesetzlichen Vorschriften 
über Aufopferungen der Rechte und Vortheile des Einzelnen 
im Interesse des Allgemeinen Entschädigung gewährt werden 
muss (§ 4 des Gesetzes über polizeiliche Verfügungen vom 
11. Mai 1842) oder um widerrechtliche Eingriffe der Polizei¬ 
verwaltung in das Privateigenthum des Klägers, für welche jene 
diesem im Regresswege verhaftet ist (§ 6 a. a. O.). 

Wenn weiter die mit dem Klageanträge zu 1 erstrebte 
»Zurechtweisung« der Polizeibehörde, wörtlich verstanden, nicht 


3H 


Gegenstand eines Verwaltungsstreitverfahrens, sondern nur Auf¬ 
gabe der zu diesem Zwecke anzurufenden Aufsichtsbehörden 
sein kann, so hat doch der Gerichtshof annehmen zu dürfen 
geglaubt, dass mit jenem Anträge auch die Absicht des Klägers 
zum Ausdrucke gebracht worden sei, dass die angefochtenen 
Anordnungen ihm gegenüber für unrechtmässig erklärt würden. 
Daher war in eine sachliche Beurtheilung dieses Antrages ein¬ 
zutreten. 

Zur Erhebung der Klage nach dieser Richtung hin er¬ 
scheint der Kläger sachlich legitimirt. Denn wenngleich die 
fraglichen Anordnungen zunächst dem K. gegenüber ergangen 
sind, so ist damit doch, nach den unbestrittenen Behauptungen 
des Klägers, zugleich in dessen Rechte eingegriffen, wie sich 
denn auch die Polizeibehörde lediglich mit dem Kläger in Ver¬ 
handlungen über die Anordnungen eingelassen hat. Diese 
letzteren sind auch unzweifelhaft solche der Polizeiverwaltung, 
da der Schlachthausdirector im generellen, von ihm nicht über¬ 
schrittenen Aufträge jener gehandelt und die Polizeiverwaltung 
die fraglichen Handlungen überall ausdrücklich genehmigt und 
die Verantwortung dafür übernommen hat. 

Für die Beurtheilung der Anordnungen selbst kommt zu¬ 
nächst in Betracht, dass die vom Kläger wiederholt angerufene 
Vorschrift im § 9 der Verfassungsurkunde der Rechtsgültigkeit 
derselben nicht entgegensteht, wie dies bereits in einer unter 
denselben Parteien ergangenen Streitsache durch die Entscheidung 
des Gerichtshofs vom 14. October 1893 unter Hinweis auf die 
bezügliche frühere Rechtsprechung dargelegt ist. Es fragt sich 
daher, ob aus anderen Gründen die Anordnungen und der zu 
ihrer Durchführung angewandte unmittelbare Zwang der Recht¬ 
mässigkeit entbehren. Dass die Polizei gegen die Möglichkeit 
der Verwendung von festgestelltermassen zum menschlichen 
Genuss untauglichem Fleisch überhaupt vorbeugend cinschreiten 
darf und nicht abzuwarten hat, bis sich Jemand durch die frag¬ 
liche Verwendung straffällig macht, dass ein solches — vom 
Kläger gutgeheissenes — »Gehenlassen« vielmehr mit der Auf¬ 
gabe der Polizei unvereinbar sein würde, ist bereits in der 
erwähnten Entscheidung ausführlicher dargelegt. Unter Ver¬ 
weisung auf diese soll hier nur noch zur Beseitigung eines 
Missverständnisses des Klägers und zur Ablehnung der daraus 
h,ergeleiteten Angriffe gegen das gedachte Urtheil Folgendes 
hervorgehoben werden. Die Einrichtung öffentlicher Schlacht¬ 
häuser und das regelmässig mit ihr verbundene Verbot, anders¬ 
wo als in diesen schlachten und das ausgeschlachtete Fleisch 
untersuchen zu lassen, verfolgt wesentlich mit den Zweck, die 
Polizei zur Ergreifung von Vorkehrungen gegen die Gefahren 
der Verwendung gesundheitsgefährdenden Fleisches in den 
Stand zu setzen. In solchen Vorkehrungen liegt kein Miss¬ 
trauen gegen den, welcher Thiere auf den Schlachthof ein¬ 
bringt, keine Unterstellung der Absicht, dass dieser den gesetz¬ 
lichen, gegen den Verkehr mit schädlichen Nahrungsmitteln etc. 
gerichteten Vorschriften habe zuwiderhandeln wollen, oder, 
wenn er in den Besitz des hinterher gesundheitsgefährdend be¬ 
fundenen Fleisches gesetzt worden, zuwidcrhandeln werde; der 
Polizei soll lediglich die Erfüllung der auf objectiven Motiven 
beruhenden Pflicht, etwa entstehenden Gefahren vorzubeugen, 
ermöglicht werden. Eben deshalb kann in der dem Kläger 
anstössigen Ausführung des Urtheils vom 14. October 1893 

»durch das Einbringen des Schweines in den Schlachthof 
wird die Absicht, dass dasselbe als Nahrungs- und Ge¬ 
nussmittel hergestellt und in den Verkehr gesetzt werde, 
auf das Deutlichste kundgegeben —« 
bei unbefangener Würdigung nicht der Ausdruck der Auf¬ 
fassung gefunden werden, der Einbringer habe jene, oben 
gekennzeichnete Absicht, sondern es ist lediglich damit gesagt, 
dass es sich im gegebenen Falle um ein Stück Schlachtvieh 
gehandelt habe, dessen Fleisch nach der Absicht, welche beim 
Einbringen des Thiercs obgewaltet, für den Verkehr und zum 
menschlichen Genüsse bestimmt ist. Darnach fehlt es an jedem 
Anlass zu der Unterstellung des Klägers, als ob durch jene 
Ausführung der Einbringer des Thicres irgendwie verdächtigt 
worden sei. 


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312 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 27. August. 


An der Auffassung, dass die Polizeibehörde wohlbefugt 
•st, gegen die Verwendung gesundheitsgefährdenden Fleisches 
die erforderlichen Anordnungen zu treffen, ist auch im vor¬ 
liegenden Falle festzuhalten. Die Polizeibehörde hat hierbei, 
wie überall bei ihren Massnahmen, die »nöthigen Anstalten« 
zu treffen (§ 10 Titel 17 Thcil II des Allgemeinen Landrechts), 
sie handelt unrechtsmässig, sofern sie weiter, als nöthig ist, in 
die Rechte des von den Anordnungen Betroffenen cingrcift.' 
Das ist in jedem einzelnen Falle zu prüfen; dass der Gerichts¬ 
hof ein für alle Male die Vernichtung gesundheitsgefährdenden 
Fleisches ohne Weiteres für gerechtfertigt erachtet habe, das 
folgt aus der mehrerwähnten Entscheidung vom 14. October 
1893 — wie die Polizeiverwaltung anzunehmen scheint — 
nicht. 

Ob die angefochtenen Anordnungen im vorliegenden Falle 
für rechtmässig erachtet werden können, ist an der Hand des 
vom Gerichtshof erforderten Gutachtens des Königl. Mcdicinal- 
collegiums zu K. zu prüfen. 

Das Gutachten führt unter Zugrundelegung des V.'sehen 
(unstreitigen) Sachbefundes aus — 

in Ansehung der Schweinelunge: dass diese in Folge ihrer 
Beschaffenheit auch durch ein Durchkochen nicht in einen zum 
menschlichen Genüsse tauglichen Zustand versetzt werden 
könne; 

in Ansehung der beiden später eingebrachten Schweine: 
dass nach allgemein vertretener wissenschaftlicher Annahme der 
Genuss des Fleisches von tubcrculösen Thieren, insoweit es in 
seiner Substanz Tuberkelbacillcn enthalte, geeignet sei, beim 
Menschen dieselbe Infectionskrankheit zur Entstehung zu 
bringen. 

Dass daher im vorliegenden Falle die Verbrennung der 
in Rede stehenden Schweinetheile nicht allein das sicherste und 
wirtschaftlich empfehlenswertheste, sondern auch das einzig 
mögliche Vernichtungsmittel gewesen sei. 

Bei Zugrundelegung dieses Gutachtens ist der Gerichtshof 
zu dem Ergcbniss gelangt, dass die angefochtenen Anordnungen 
der hinlänglichen Begründung nicht entbehren. Es ist anzu¬ 
nehmen, dass die polizeilich vernichteten Schweinetheile auch 
nach völliger Durchkochung weder zum menschlichen Genuss 
noch zum Thierfutter geeignet gewesen wären. Sic konnten 
mit Sicherheit auch zum letzteren Zwecke nur nach vorheriger 
Behandlung in einem besonderen Verfahren bezw. Apparat ver¬ 
wendet werden; die Anschaffung und Unterhaltung eines solchen 
im Interesse der Betheiligten kann indess der Polizeiverwaltung 
nicht angesonnen werden. Dass der Kläger unter Anerbietung 
derartiger besonderen Garantien die Ausantwortung der bean¬ 
standeten Stücke beantragt habe, ist von ihm, auch nachdem 
er von dem Inhalt des Gutachtens Kenntniss erhalten, nicht 
behauptet worden. Unter diesen Umständen muss es dem Er¬ 
messen der Polizei überlassen bleiben, ob nicht auch ohne jene 
Garantien einem sachversändigcn, zuverlässigen und gewissen¬ 
haften Manne, wie es offenbar der Kläger ist, die sogenannte 
»unschädliche Beseitigung« z. B. zum Zwecke der gewerblichen 
Verwendung anvertraut werden kann; eine rechtliche Ver¬ 
pflichtung der Behörde zur Ucbernahme solcher Verantwortung 
ist aber nach dem von dem Gutachten dargclegtcn Stande der 
Wissenschaft nicht anzuerkennen. Dann aber bleibt nur übrig, 
dass die Polizei auch für befugt erachtet werden muss, das 
von ihr nicht widerrechtlich festgehaltene Fleisch zu vernichten. 
Die Hinweise des Klägers auf die Missstände und Unzuträg¬ 
lichkeiten, welche sich angeblich in Hinsicht der thatsächlichcn 
Behandlung des »unschädlich zu beseitigenden« Fleisches auf 
dem str. Schlachthofe und an anderen Orten herausgestellt 
haben, sind für die hier zu treffende Entscheidung ohne Be¬ 
deutung. Nicht verwerthbar für die Auffassung des Klägers 
ist auch die neuerdings erlassene Polizeiverordnung des Re¬ 
gierungspräsidenten zu D. vom 13. Juni 1896, da diese sich 


nur auf die Behandlung von »gefallenen oder ohne den Zweck 
der Nutzung als Schlachtvieh getödteten« Thiere bezieht. Nach 
Lage der Sache kann nicht angenommen werden, dass die 
Polizeiverwaltung durch die angefochtenen Anordnungen erweis¬ 
lich die Rechte des Klägers verletzt habe. Die Klage hat daher 
unter Anwendung der wegen des Kostenpunkts massgebenden 
Vorschrift zurückgewiesen werden müssen. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Geheimer Regrierungsrath Knebel f. 

In der Nacht zum 20. August ist einer der besten Freunde- 
unserer Wochenschrift, einer der eifrigsten Förderer der thier¬ 
ärztlichen Interessen, der Geheime Regierungsrath Knebel, 
im Alter von 58 Jahren gestorben. Der Verewigte verwaltete 
vom Jahre 1867 ab das Landrathsamt Zell a. d. Mosel, von 
1875—1890 war er Landrath des Kreises Merzig. Im letzt¬ 
genannten Jahre schied er aus dem Staatsdienste aus. Seit 
1873 gehörte er als Vertreter des Wahlkreises Kreuznach- 
Simmern-Zell dem preussischen Abgeordnetenhause an. Hier 
ist er alle Zeit mit Wärme für die Hebung des thierärztlichen 
Standes und für die Förderung der wissenschaftlichen Be¬ 
strebungen auf dem Gebiete der Thierheilkunde eingetreten. 
Die Nationalzeitung sagt von ihm: »In Knebel ist ein Mann 
dahingegangen, der wegen seiner stillen emsigen Arbeit auf 
socialem Gebiete sich überall Liebe und Freunde erworben hat.« 

Dtmmann. 


Personal-Nachrichten. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen : Kreisthierarzt K o s c h e 1 in Breslau 
wurde zum commiss. Departementsthierarzt in Breslau, Thierarzt H. Kissuth 
zum cominiss. Kreisthierarzt in Guhrau ernannt. Kreisthierarzt Rust in 
Königsberg in die Krcislhierarztstelle des Landkreises Breslau versetzt. Ver¬ 
zogen sind die Thierärzte F.lsnervon Falkenbcrg nach Steinau a. O., 
Komm nach Lauenburg i. P., Grupe von Stolzenau a. W. nach Stras¬ 
burg (U. M.). Thierarzt J. Zissler aus Nittenau hat sich in Isen (Bayern) 
niedergelassen. Thierarzt A. Weldes aus Nürnberg ist bei Bezirksthierarzt 
Hermann in München als Assistent cingetreten. 

Wegen Krankheit wurde Hofrath Professor Dr. Zürn, Dircctor des 
Veterinärinstituts der Universität Leipzig für nächstes Semester von der Ab¬ 
haltung von Vorlesungen entbunden. 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutschen 
Heeres: Zu Unterrossärzten wurden befördert die Rossarzteleven Simon im 
Art.-Regt. No. io, Kettner im Hus.-Regt. No. 24 , G uh rauer im Art.-Regt. 
No. 2, F.ggebrecht im Art-Regt. No. 9, Krüger im Ul.-Regt. No. 12. 
— Unterrossarzt Freude vom Drag.-Regt. No. 24 zum'Königs-Ul.-Regt, 
versetzt. — Rossarzt Bart eit vom Drag.-Regt. No. 14 mit Pension der 
Abschied ertheilt. 

Sachsen: Eichhorn, Oberrossarzt vom 2. Feld-Art.-Regt. No. 28, 
zur Landw. 2. Aufgebots entlassen. Kunze, Rossarzt vom Garde-Reiter- 
Regt., unter Versetzung zum 2. Feld-Art.-Regt. No. 28, zum Oberrossarzt, 
Eberh ard t, Unterrossarzt vom I. Feld-Art.-Regt. No. 12, unter Versetzung 
zum Garde Reitcr-Regt., zum Rossarzt — unter dem I. August 1898 befördert. 
Krause, Rossarzt vom 1. Ul.-Regt. No. 17, Kaiser Franz Joseph von Oester¬ 
reich, König von Ungarn, auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand 
versetzt. 

Gestorben: Kreisthierarzt a. D. Glokke in Falkenberg, Kreisthierarzt 
Menske in Steinau, Thicrarzt Schäfer in Ueberlingen (Baden), Bezirks 
thierarzt a. D. Hübner in Dresden. 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thierirztilche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der Hacktet*sehen Druckerei in Karlsruhe i. B. 


Mit einer Beilage der holländischen Cigarren« und Tabak > Fabrik von Grebben 

an der holländischen Grenze. 


«*• €0. in Kaldenklrehen 


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Deutsche 


Thierärztliche Wochenschrift 


Prof. Dr. Dammann, 


Geheimer Regierungs- and lledicinalratb, 
Director der Thierärztlicben Hochschule 
in Hannover. 


herausgegeben von 
Dr. Lydtin, 


Geheimer Oberregierungsrath 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regierangsrath and Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 

Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. G&rth in Dannstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 

Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Louisenthal (Saar). 

redigirt von < 
Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden 
Bonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbachhandlang in 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784a. 


Sechster Jahrgang. 


Sämratliche Zuschriften nnd redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Pr. Malkmas in Hannover erbeten, 
Correctnren und Anzeigen an die Expedition der 
Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 
in Karlsruhe ('Baden'». 


M 36 . 


Ausgegeben am 8. September. 


1898 . 


(Aus der städtischen Fleischschau zu Hannover.) 
Beiträge zur Kenntniss der Katarrhalpneu¬ 
monie des Schweines. 

Von A. Ströse und P. Heine. 

Die häufigste Lungenerkrankung bei den in Hannover zur 
Untersuchung gelangenden Schlachtschweinen ist die Katarrhai¬ 
pneumonie, eine Krankheit, welche von Ströse in früheren 
Jahren bei den im Göttinger Schlachthause geschlachteten 
Schweinen ebenfalls recht häufig angetroffen wurde. Sie bietet 
nach mehreren Richtungen hin, besonders in Bezug auf die. 
Differentialdiagnose der Schwcinescuche ein • so erhebliches 
praktisches Interesse, dass cs uns angezeigt erschien, unsere 
Studien über diese Lungenentzündung zu veröffentlichen, trotz¬ 
dem erstere nach vielen Richtungen hin noch sehr lückenhaft 
sind. Vielleicht aber giebt unsere Arbeit berufeneren For¬ 
schem zu eingehenderen Untersuchungen über die in Rede 
stehende, noch so wenig studirte Krankheit Veranlassung. 

I Vorkommen und klinische Bedeutung. 

Aus den uns zugänglichen Flcischbeschaustatistikcn, wie 
auch aus unseren Journalen ist die Häufigkeit des Vorkommens 
der Katarrhalpneumonie der Schweine nicht zu eruiren. Es 
pflegen nämlich hierorts, wie wohl auch anderswo solche Be¬ 
anstandungen nicht genau registrirt zu werden, welche nur zur 
Confiscation kleinerer Organthcile, wie der entzündlich afficirten 
Lungenspitzen geführt haben; ausserdem entgehen wenig um¬ 
fangreiche bronchopneumonische Herde in den Lungenspitzen 
dem Untersucher, welcher die Schweinelungen zunächst nur auf 
Tuberculose der Bronchialdrüscn und auf Strongyliden in den 
hinteren Lungenspitzen untersucht, natürlich sehr leicht. Wir 
haben deshalb in den letzten Monaten die sämmtlichen Schweine¬ 
lungen mit besonderer Sorgfalt auch auf das Vorhandensein von 
entzündeten Partien in den vorderen Lungenspitzen geprüft und 
festgestellt, dass durchschnittlich bei fast I °/ 0 der auf dem 
Schlachthofe geschlachteten Schweine bronchopneumonische • 
Herde nachweisbar waren; oft haben wir an einem Tage bei 
einer Schlachtung von etwa 400 Schweinen 6—io Fälle gesehen. 

Es ist uns schon früher aufgefallen, dass die mit Broncho¬ 
pneumonie behafteten Schweine oft aus ein und demselben Stalle 
stammten; ob freilich in allen Fällen die zu ein und demselben 
Bestände gehörigen Schweine erkrankt waren, wenn ein Schwein 
des betreffenden Besitzers an Katarrhalpneumonie litt, war 
nicht nachzuweisen. Einmal wurden von uns etwa 40 Schweine 
eines Landwirthe9 mit dieser Krankheit behaftet befanden. 


Offenbar trägt die Katarrhalpneumonie der Schweine der Regel 
nach, vielleicht aber auch immer den Charakter einer Enzootie. 
Eine enzootischc Verbreitung dieser Krankheit hat Eggeling 
bereits im Jahre 1885 1 ) beschrieben. 

Bei älteren Schweinen, d. h. etwa über ein Jahr alten 
Thicrcn, haben wir eine reine Katarrhaipneumonie niemals an- 
getroffen, sie ist bei Schweinen wie beim Menschen eine Krankheit 
der Jugend. Beim Menschen kommt sic allerdings auch im 
Grkiscnalter war; ob beim Schweine analoge Fälle cintrcten 
können, ist nicht festzustellen, weil sehr alte Schweine aus 
wirtschaftlichen Gründen bekanntlich nicht gehalten werden. 

Wir hoben die Katarrhalpneumooic bei den in hiesiger 
Gegend gezogenen, wie auch bei von auswärts nach dem 
hiesigen Viehhofe gebrachten Schweinen constatirt. Dass Jahres¬ 
zeit oder Witterung das Auftreten der Krankheit beeinflussen, 
ist von uns nicht beobachtet. 

Die reine Katarrhalpneumonie verursacht erhebliche klinische 
Erscheinungen niemals und hat in keinem der von uns fest- 
gestellten Fälle Veranlassung zur Nothschlachtung geboten. 
Selbst die mit eiteriger bezw. jauchiger Pneumonie behafteten 
Schweine (Fall 29—31, Seite 322) hatten im Leben durchaus 
keinen schwerkranken Eindruck gemacht. Wir hatten nur ein¬ 
mal Gelegenheit, mit Katarrhalpneumonie behaftete Schweine 
im Stalle zu beobachten; die betreffenden Thierc zeigten als 
einziges Symptom Husten. Zum Beweise dafür, dass die reine 
Katarrhalpneumonie niemals ernste Störungen der Gesundheit 
verursacht, führen wir noch die Thatsachc an, dass wir bei der 
Obduction der in unseren Stallungen und in den Eisenbahn¬ 
wagen verendeten Schweine in keinem Falle eine Katarrhal¬ 
pneumonie festgestellt haben. 

Trotzdem muss angenommen werden, dass, wie dies beim 
Menschen erwiesen ist, auch beim Schweine diese Lungenent¬ 
zündung insofern Gefahren mit sich bringt, als sie die In- 
fection mit Tubcrkelbacillen und die Entstehung der tubcrcu- 
lösen Bronchopneumonie begünstigt, welche nach Ströse’s 
Untersuchungen *) bei Schweinen nicht selten vorkommt. Viel¬ 
leicht erleichtert die Katarrhalpneumonie auch das Eindringen 
der Schweinescuchebakterien in die Rcspirationsorganc. 

Diese, allerdings rein theoretischen Erwägungen, besonders 
aber die Thatsache, dass die Katarrhaipneumonie in die eitrige 
und gangränöse Pneumonie übergehen kann, machen es dem 
Thicrarzte zur Pflicht, auch die einfache Bronchopneumonie zu 


’) Archiv f. vmt>eoschafll. n. prakt. Thierheilk. 1885, S. 231. 
*) Siehe diese Zeitschrift No. 28, Jnhrg. 1897. 


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3*4 


DEUTSCHE THIERiEKZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


3. September. 


behandeln und der Verbreitung der Krankheit durch ent¬ 
sprechende Massregeln entgegenzutreten. 

II. Anatomische und bakteriologische Untersuchungen. 

In den nachstehend mitgetheilten Fällen erwiesen sich 
ausser den Lungen die sämmtlichen Organe gesund. Die be¬ 
treffenden Schweine waren ausnahmslos geschlachtet. *) 

Schweinelunge 1 vom 23. Februar 1898. 

Lungen im mittleren Inspirationsstadium. Die Lungen¬ 
oberfläche ist glatt mit Ausnahme des oberen Randes der linken 
Lunge, an dem sich spinnwebenartige graurothe Auflagerungen 
vorfinden. Die ersten Lappen beider Lungen und der zweite 
Lappen der rechten Lunge sind dunkelgrauroth gefärbt, von 
ziemlich derber Consistcnz, luftleer. Das übrige Lungengewebe, 
in dem noch vereinzelte Lobuli die gleiche Beschaffenheit wie die 
vorbeschriebenen Lungenlappen zeigen, ist rosaroth gefärbt, 
elastisch-puffig und lufthaltig. Die Schnittfläche der verfärbten 
Lungentheile ist dunkelgrauroth und feucht, ihre Bronchien ent¬ 
leeren bei Druck trüben, dünnen Schleim. In den Bronchien 
des übrigen Lungengewebes blassröthlicher, feinblasiger Schaum. 
Die Luftröhrenschlcimhaut ist glatt und gelblichweiss gefärbt. 
In den Lungenvenen dunkelrothes, geronnenes Blut. Bronchial¬ 
drüsen daumendick, derb, auf dem Durchschnitte feucht, yon 
grauer Farbe. 

Schweinelunge 2 vom 24. Februar 1898. 

Pleura getrübt, mit zarten, fibrinösen Auflagerungen b e_ 
deckt. Rechter und linker erster Lungenlappen luftleer, dunkel- 
roth, von mässig derber Consistenz; das verdichtete Gewebe 
hebt sich scharf von dem normalen Lungentheile ab. Das 
interlobuläre Gewebe der ersten Lungenlappen mässig ver¬ 
breitert, grau und halb durchsichtig, die Schnittfläche feucht. 
Die Bronchien enthalten zähe, schleimige Massen. 

Die Bronchialdrüsen sind um das Doppelte vergrössert und 
mässig derb; auf dem Durchschnitt erscheint das Drüsengewebe 
saftig und grau mit dunkelrother Peripherie. 

Schweinelungen 3 — 4 vom.24. Februar 1898. 

Sie werden, da sie gleiche pathologische Veränderungen 
zeigen und die betreffenden Schweine aus einem Gehöfte 
stammen, zusammen besprochen. ( 

Oberfläche beider Lungen glatt, hell rosaroth; an den 
beiderseitigen ersten Lungenlappen ist das interlobuläre Gy- 
webe eingezogen. Hier ist die Lunge luftleer, von graurother 
Farbe und mässig derber Consistenz. Dieselbe Farbe besitzt 
die Schnittfläche der ersten Lappen, deren Bronchien weiss- 
lichen, zähen Schleim enthalten. 

Die Bronchialdrüsen sind wallnussdick, derb, auf dem 
Durchschnitt grau und feucht. 

Schweinelunge 5 vom 8. März 1898. 

Die Ränder der vorderen Lungenlappen sind luftleer, blau- 
roth gefärbt, ziemlich derb, auf der Schnittfläche feucht. Das 
interlobuläre Gewebe ist verbreitert, grau und halb durchsichtig. 
In den Bronchien wenig zäher Schleim. 

Die Bronchialdrüsen fast wallnussgross, derb und ramiform 
geröthet. 

Schweinelunge 6 vom 7. März 1898. 

Die Spitze des zweiten rechten Lungenlappens mässig 
derb, grauroth, luftleer; Schnittfläche feucht. In den Bron¬ 
chien röthlicher Schaum. 

An der Spitze des zweiten linken Lungenlappens eine 
daumengrosse Anschwellung von härtlicher Consistenz und hell- 
bläulichrother Farbe. Beim Anschneiden erscheint eine nuss¬ 
grosse Höhle mit grauweisser, zarter, glatter Wandung und 
käsigem Inhalt. 

Bronchialdrüsen kirschgross, mässig derb, auf der Schnitt¬ 
fläche grau und feucht. 

*) Bei der Aufnahme und Sammlung der Befunde bat uns Herr Thier- 
ant Frensel in dankenswerther Weise unterstützt. 


Schweinelunge 7 vom 7. März 1898. 

Die Spitzen der beiden vorderen Lappen der rechten Lunge, 
sowie der sämmtlichen Lappen der linken Lunge sind luftleer, 
blauroth und schlaff hepatisirt, auf der Schnittfläche feucht. 
Die Bronchien der hepatisirten Partien enthalten flüssigen, grauen, 
trüben Schleim. Bronchialdrüsen fast wallnussgross, mässig 
derb, Farbe braunroth, Schnittfläche feucht. 

Schweinelunge 8 vom 9. März 1898. 

Dieselbe schlaffe Hepatisation wie in den bisher be¬ 
schriebenen Befunden zeigen hier die Spitzen der vorderen 
Lungenlappen. In den Bronchien zäher, glasiger Schleim. Das 
interlobuläre Gewebe ist etwas verbreitert, grau und halb durch¬ 
sichtig. 

Bronchialdrüsen wallnussgross, derb, grauroth, auf der 
Schnittfläche feucht. 

Schweinelunge 9 vom 10. März 1898. 

Der zweite linke Lungenlappen erscheint dunkelroth und 
ziemlich derb. Die Schnittfläche ist feucht, das interlobuläre 
Gewebe grauroth und etwas verbreitert. In den Bronchien 
glasiger Schleim. Ebensolche Stellen, 3—4 cm breit, 5 cm 
lang, vom normalen Lungengewebe scharf abgegrenzt, in den 
ersten und zweiten Lappen der rechten Lunge. In dem nicht 
hepatisirten Gewebe liegen zerstreut, theils im interstitiellen 
Gewebe, theils innerhalb der Lobuli dunkelrothe Knötchen, 
hirsekorngross und kleiner. Die grössere Anzahl dieser Knöt¬ 
chen zeigt ein gelbes Centrum. 

Die Bronchialdrüsen sind wallnussgross, derb und mässig 
durchfeuchtet. In dem Drüsenparenchym liegen zer¬ 
streut hirsekorngrosse Käseknötchen. 

Schweinelunge 10 vom 10. März 1898. 

Schlaffe Hepatisation in den unteren Theilen der beider¬ 
seitigen ersten und zweiten Lungenlappen. Die Bronchien in 
dem verdichteten Gewebe enthalten schleimige Massen. 

Im gesunden Lungengewebe vereinzelte kleine Echino¬ 
kokken. _ , . 

• Bronchialdrüscn wallnussgross, stark durchfeuchtet, Schnitt¬ 
fläche grau mit rother Peripherie. 

Schweinelunge 11 vom 12. März 1898. 

Schlaffe Hepatisation im linken und rechten zweiten Lappen, 
deren Pleura getrübt und mit äusserst feinen, fibrinösen Auf¬ 
lagerungen bedeckt ist. Das interlobuläre Bindegewebe ist in 
den entzündeten Lungenpartien verbreitert, die Bronchien ent¬ 
halten wenig trüben Schleim. 

Die Bronchialdrüsen sind wallnussgross, derb, auf der 
Schnittfläche grau und ramiform geröthet. 

Schweinelunge 12 vom 14. März 1898. 

Schlaffe Hepatisation in den Spitzen der beiderseitigen 
vorderen Lungcnlappen. Das verdichtete Gewebe grenzt sich 
scharf von der gesunden Lunge ab. In dem dritten rechten 
Lappen zieht sich von dem erkrankten Gewebe aus ein klein¬ 
fingerbreiter Streifen nach der Mitte des Hauptlappens hin. 
Dieser Streifen, der ebenfalls aus schlaff hepatisirtem Gewebe 
besteht, liegt unter dem Niveau der Lungenoberfläche. 

Die Bronchialdrüsen sind wallnussgross, derb, dunkelgrau¬ 
roth, auf der Schnittfläche feucht. 

Schweinelunge 13 vom 14. März 1898. 

Schlaffe Hepatisation in den unteren Partien der vorderen 
Lungenlappen. Inmitten des verdichteten Gewebes vereinzelte 
lufthaltige blassrothe Lobuli. 

Bronchialdrüsen kirschgröss, mässig derb, grauroth und auf 
der Schnittfläche wenig feucht. 

.Schweinelunge 14 vom 14. März 1898. 

An den Spitzen der vorderen Lungenlappen schlaffe Hepa¬ 
tisation. Ihre Oberfläche erscheint durch Retraction des inter¬ 
lobulären Gewebes höckerig. 

Auf der Pleura feine fibrinöse Auflagerungen. 


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No. 36. 


I'»KUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


315 


In den Bronchien der erkrankten Lungenpartie glasiger 
Schleim. 

Bronchialdrüsen wallnussgross, derb, auf dem Durchschnitt 
grau und feucht. 

Schweinelunge 15 vom 14. März 1898. 

Schlaffe Hepatisation des ersten und zweiten rechten und 
der Spitzen des zweiten und dritten linken Lungenlappens. Auf 
beiden Seiten sind die erkrankten Lungenläppchen, welche luft¬ 
haltige, blassrothe Lobuli zwischen sich lassen, durch zartes 
Bindegewebe verwachsen. 

Bronchialdrüsen wie bei 14. 

Schweinelunge 16 vom 17. März 1898. 

Schlaffe Hepatisation der beiden ersten vorderen Lungen¬ 
lappen. Das interstitielle Gewebe ist verbreitert und glasig; 
in den Bronchien zäh£r Schleim. 

Bronchialdrüsen wie bei 14. 

Schweinelunge 17 vom 29. März 1898. 

Der erste linke Lungenlappen eingefallen, derb, bläulich- 
roth, luftleer. In den verfärbten Lobulis zahlreiche, traubig 
zusammenhängende, stecknadelknopfgrosse gelbliche Fleckchen, 
die nicht ganz scharf umgrenzt sind und über die Oberfläche 
nicht prominiren. Bronchialwandung verdickt, in den Bronchien 
zäher Schleim. Inmitten des hepatisirten Gewebes ein blass- 
rother lufthaltiger Lobulus. 

Die Spitzen des ersten und zweiten rechten Lungenlappens 
im Zustande schlaffer Hepatisation; hier fehlen die vorerwähnten 
gelben Fleckchen. Ein kleinfingerstarker, bläulichrother Streifen 
von mässig derber Consistenz mit feuchter, bläulichrother Schnitt¬ 
fläche zieht sich unter dem Niveau der Lungenoberfläche vom 
zweiten rechten Lungenlappen nach dem Hauptlappen hin. 

Die Pleura ist intact, die Bronchialdrüsen ohne merkliche 
Veränderungen. 

Schweinelunge 18 vom 25. März 1898. 

Hier zeigen die Spitzen sowie einzelne Lobuli der vorderen 
Lungenlappen schlaffe Hepatisation. Auch hier finden sich 
innerhalb des hepatisirten Gewebes dieselben gelblichen Fleckchen, 
wie sie bereits bei 17 gelegentlich der Besprechung des ersten 
linken Lungenlappens beschrieben wurden. 

Die Bronchialdrüsen sind kirschgross, derb, grau und auf 
der Schnittfläche feucht. 

Schweinelungc 19 vom 21. März 1898. 

Schlaffe Hepatisation der Spitze des ersten rechten Lungen¬ 
lappens. 

Bronchialdrüsen wie bei 18. 

Schweinelunge 20 vom 22. März 1898. 

In den im Zustande schlaffer Hepatisation befindlichen 
ersten und zweiten rechten und zweiten linken Lungenlappen 
treten einzelne blassrothe lufthaltige Lobuli hervor. Die in 
dem verdichteten Gewebe liegenden Bronchien sind mit zähem 
Schleim angefullt und vereinzelt knotig erweitert. 

Die Bronchialdrüsen wie bei 18. 

Schweinelunge 21 vom 22. März 1898. 

Befund wie bei 20, jedoch ist auch der erste linke Lungen¬ 
lappen erkrankt. Letzterer ist mit seinem Nachbarlappen durch 
zartes Bindegewebe verwachsen. 

Bronchialdrüsen nicht verändert. 

Schweinelunge 22 vom 14. März 1898. 

Auf der Pleura allenthalben feinfaserige, fibrinöse Auf¬ 
lagerungen. Zweiter und dritter rechter Lungenlappen von 
dunkelrother Farbe, Consistenz etwas derb, Schnittfläche blut¬ 
reich. Das interstitielle Gewebe hier mässig verbreitert, glasig. 
In den Bronchien röthlicher Schaum. 

Bronchialdrüsen kirschgross, braunroth, mässig derb, auf 
der Schnittfläche feucht. 

An zweiter Stelle lassen wir solche Befunde folgen, wo 
die Bronchopneumonie käsig - eiterigen Charakter angenommen 
hatte. 


Schweinelunge 23 vom 3. März 1898. 

Die linke vordere untere Lungenhälfte von rother Farbe. 
In etwa Faustgrösse besitzt sie derbe Consistenz, ihre Ober¬ 
fläche ist höckerig, die Pleura • glatt. Auf dem Durchschnitt 
erscheint das Lungengewebe fleischroth und durchspickt von 
zahlreichen Knoten. Diese sind durchschnittlich 1 cm gross, 
von glatter, grauweisser Wandung umgeben und mit ziemlich 
trockenem, graurothem Käse angefüllt. Diese Knoten erweisen 
sich als bronchiektatische Herde. 

Die Bronchien der erkrankten Lungenpartie enthalten in 
trübem Schleim suspendirtes käsig - flockiges Material. Die 
Bronchialwände sind verdickt. 

Gleiche bronchiektatische Herde finden sich ferner in den 
ersten und zweiten Lappen der rechten Lunge, die beide durch 
zartes Bindegewebe verwachsen sind. Ihre Schnittfläche erscheint 
feucht, die Bronchialwandungen sind verdickt, in den Bronchien 
käsiger Inhalt. 

Die Bronchialdrüsen sind wallnussgross, mässig derb, auf 
der Schnittfläche grau und feucht. 

Schweinelunge 24 vom 10. März 1898. 

Die Spitzen sämmtlicher Lappen zeichnen sich durch grau- 
rothe Farbe, derbe Consistenz und höckerige Oberfläche aus, 
ihre Pleura ist etwas getrübt. Auf Durchschnitten durch die 
erkrankten Partien erscheint das Gewebe feucht, von schmutzig- 
durjkelrother Farbe. Hier und dort ist das interlobuläre Ge¬ 
webe eingezogen. In den Bronchien, deren Wandungen ver¬ 
dickt sind, glasiger Schleim. In .dem hepatisirten Gewebe, das 
sic)i von dem normalen scharf abgrenzt, vereinzelte Knoten 
von Kirschkerngrösse, die von glatten Wandungen umgeben 
sinjd und trockenen, käsigen, gelblichen Inhalt beherbergen. 

Diese Knoten erweisen sich ebenfalls als bronchiektatische 
Herde. 

, Die Bronchialdrüsen sind derb, fast wallnussgross, auf dem 
Durchschnitt grau und nicht durchfeuchtet. 

Schweinelunge 25 vom 22. März 1898. 

Die unteren vorderen Partien beider Lungen von der Farbe 
ausgewässerten Fleisches und ziemlich derber Consistenz. Ihre 
Oberfläche ist höckerig. An einigen Stellen ist die Pleura mit 
rothen fibrinösen Auflagerungen bedeckt. Die Schnittfläche 
besitzt graurothe Farbe. In dem verdichteten Gewebe erblickt 
min stecknadelkopfgrosse, weissliche Stippchen ohne scharfe 
Umrandung. Sie liegen dicht neben einander und prominiren 
nifcht über die Oberfläche. Die Wandungen der in dem erkrankten 
Gewebe gelegenen Bronchien sind verdickt. Letztere enthalten 
trüben Schleim. 

r Weiterhin in dem hepatisirten Gewebe zahlreiche bis kirsch¬ 
kerngrosse Knoten mit glatter Wandung und gelbem, trocken¬ 
käsigem Inhalt. (Bronchiektatische Herde.) 

( Die Bronchialdrüsen sind derb, fast wallnussgross, auf dem 
Durchschnitt grau und feucht. 

Schweinelunge 26 vom 3. März 1898. 

Der pathologisch-anatomische Befund ähnelt dem unter 24 
beschriebenen. Jedoch ist die rechte Lunge in grösserem Um¬ 
fange derb und dunkelroth; ausserdem zeigt ihre Pleura fein¬ 
faserige, fibrinöse Auflagerungen. 

, Das interlobuläre, bronchiale und peribronchiale Gewebe 
sin|d bedeutend verbreitert. 

In dem hepatisirten Gewebe finden sich zahlreiche Käse- 
knpten, bezüglich deren Beschreibung wir auf die vorhergehen- 
dep letzten drei Befunde verweisen. 

Die Bronchialdrüsen wallnussdick, derb, grau und mässig 
durchfeuchtet. 

Schweinelunge 27 vom 14. März 1898. 

Befund wie bei 24 mit dem Unterschiede, dass hier die 
bronchiektatischen Herde Pfefferkorn- bis Kirschkemgrösse be¬ 
sitzen. Die erkrankten Lungenlappen sind durch zartes Binde¬ 
gewebe verklebt. 

Bronchialdrüsen wie bei 26. 


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DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


3. September. 


Schweinelunge 28 vom 12. März 1898. 

Erkrankt sind die Spitzen der zweiten und dritten beider¬ 
seitigen Lungenlappen. Ihre Pleura ist getrübt, die Farbe 
grauroth, die Consistenz ziemlich derb und die Schnittfläche 
feucht. Am unteren Rande der vorderen Lappen feinfaserige, 
zum Theil auch zottige und schwartige Auflagerungen von 
dunkelrother bis bräunlicher Farbe. Einzelne Bronchien des 
erkrankten Gewebes enthalten glasigen, trüben Schleim. Im 
hinteren Theil des rechten dritten Lappens eine kirschgrosse 
Caverne mit ca. 2—3 cm dicker, bindegewebiger, grauweisscr 
Kapsel und gelbem, bröcklichem Inhalt. 

Die Bronchialdrüsen sind wallnussgross, derb, grau; Peri¬ 
pherie der Schnittfläche braunroth. 

Beide der vorbeschriebenen Formen, sowohl die katarrha¬ 
lische, als auch die eitrig - käsige Bronchopneumonie wurden 
bei einem am 4. April eingelieferten Schweinetransport fest- 
gestellt. Es handelte sich um sechs von ein und demselben 
Fleischer geschlachtete Schweine, die nachweislich aus dem¬ 
selben Stalle stammten, und deren Lungen sämmtlich mehr 
oder weniger erheblich erkrankt waren. Ob die Schweine im 
Leben Krankheitserscheinungen gezeigt hatten und demzufolge 
nothgeschlachtet waren, Hess sich nicht nachwcisen. 

Drei von diesen Schweinen (No. 29, 30, 31) zeigten die 
früher beschriebene schlaffe Hepatisation der Spitzen und Ränder 
der vorderen Lungenlappen; in einem Falle waren in gleicher 
Weise die Spitzen und Ränder der Hauptlappen erkrankt. Die 
Bronchialdrüsen waren stets geschwollen und stark durchfeuchtet. 

Bei einem der übrigen Schweine (32) notirten wir den 
folgenden Befund: f 

Rechte Lunge in ihrem vorderen Abschnitte mässig derb 
und von graurother Farbe, ihre Pleura ist getrübt. Die Schnitt¬ 
fläche ist sehr feucht, über sie ergiesst sich eiterige Flüssig¬ 
keit von süsslich fadem Geruch. Verschiedene dicht benafch* 
barte Lobuli sehen grauroth aus, auf ihrer Schnittfläche erblickt 
man gelbe hirse- bis pfefferkorngrosse Einsprenkelungen. Öas 
interlobuläre Gewebe ist etwas (zum Theil bis auf 2 mm) ver¬ 
breitert, von opakem Aussehen. Die Bronchien der erkrankten 
Lungenpartie enthalten eiterige, gelbe Flüssigkeit. Hier ühd 
dort kirschkerngrosse Cavernen mit flüssigem, grünlichem Inhalt. 

Die linke Lunge erwies sich intact. 

Die Bronchialdrüsen sind erheblich geschwollen, ziemlich 
feucht, von grauer Farbe. 

In einem anderen Falle (No. 33) waren die vorderen Partiten 
beider Lungen sehr derb, von grauer Farbe, und die Pleura war 
mit feinfaserigen, fibrinösen Auflagerungen bedeckt. Die Schnitt¬ 
fläche erwies sich ziemlich trocken, die Lobuli waren theils einzeln, 
theils zusammenhängend in eine schwielige, weisse, derbe, binde¬ 
gewebige Masse verwandelt, in welcher sich einzelne weiche, 
eitrige, erbsen- bis kirschgrosse Partien vorfanden. Die Bronchien, 
deren Wandungen stellenweise stark erweitert waren, enthielten 
eine eitrige Flüssigkeit. 

Die Bronchialdrüsen waren derb, grauroth, auf dem Durch¬ 
schnitt ziemlich feucht. 

Bei dem letzten Schwein (No. 34) war der Befund dem 
oben mitgetheilten nahezu gleich; an Stelle der eitrigen Massten 
fand sich trockener, gelblicher Käse vor. 

(Schluss folgt.) 


Referate. 

Modifloation der Behandlung: des Kalbeflebers mit Joid- 
kalium nach Schmidt. 

Von Perdomi. 

(La clinica veterinaria 1898. S. 334.) 

P. wandte das Jodkalium beim Kalbefieber in folgender Weise 
an: Gründliches Ausmelken des Euters, sauberes Abwaschen 
desselben mit heissem Wasser und Seife, kräftiges Einreiten 
des Euters mit ioproc. Jodkaliumsalbe. Innerlich erhielten die 
Kühe 20 g Jodkalium in Decoct. Rad. Gentianae in 4 Dosen. 


Sechs so behandelte Kühe, bei denen die Krankheitserschei¬ 
nungen seit 12 Stunden bestanden, waren am nächsten Tage 
geheilt, während eine siebente, die bereits über 24 Stunden 
krank war, starb. Fr ick. 

Die Ehrlich’sche Diazoreaotion bei den Infections- 
krankheiten unserer Hausthiere. 

Von Carozzo. 

(La clinica veterinaria, 1898, S. 317.) 

Nach den Untersuchungen Ehrlich’s, die derselbe an 
dem Harn Typhuskranker vornahm, giebt dieser Harn, mit 
Alkalien und Diazobenzosulfonsäure versetzt, eine rothe Färbung. 
Anfangs hielt Ehrlich diese Reaction für pathognomonisch für 
Typhusharn, überzeugte sich jedoch bald (wie auch andere Unter¬ 
sucher fanden), dass auch bei anderen Infcctionskrankheitcn der 
Harn eine gleiche Reaction gab. 

C. hat die genannte Reaction bei unseren Hausthieren an¬ 
gewendet und operirt folgendermassen: 

Er stellt zwei Lösungen her: 

1. Acidum sulfanilicum 6, 

Acid. hydrochloricum 5, 

Aq. dest. IOO. 

2. Kalium oder Natrium nitrosum 5, 

Aq. dest. 100. 

Zu 10 ebem des vom Eiweiss befreiten Harnes, der event. 
alkalisch gemacht wird, werden 10 ebem der Lösung No. 1 
und 6 Tropfen der Lösung No. 2 zugesetzt. Nach dem Um- 
schtitteln zeigt sich die Reaction in Form einer blut- oder 
carmoisinrothen Färbung. Die Intensität der Farbe schwankt 
je nach dem Falle. Zuweilen tritt die Reaction sofort ein, 
z. B. beim Typhus und Puerperalfieber, manchmal jedoch erst 
nach 24 Stunden. Die Ergebnisse von C.’s Untersuchungen 
waren: 

1. Eine kräftige. Diazorq^qtipn ergab sich bei 

6 Pferden mit chronischem Nasenrotz, 

2 an acutem Impfrotz leidenden Eseln, 

1 Maulthier mit Hautrotz, 

1 Esel und 1 Maulthier mit Starrkrampf nach der Castration, 
1 Pferd mit Nasenrotz und Pleuritis serosa, 

1 Pferd mit Croup der oberen Luftwege, 

1 Pferd mit Autointoxication, ausgehend vom Darme, 

Harn von Kalb oder Pferd 4 Tage nach der Entleerung. 

2. Schwache Diazoreaction fand sich bei 

1 Stute mit sogen. »Farcino criptococchico« (Lymphangitis 

specifica), 

1 Pferd mit Druse, 

2 Pferden mit Pneumonia crouposa, 

2 zur Pockenlymphegewinnung geimpften Kälbern. 

3. Keine Diazoreaction trat ein bei: 

2 gesunden Kälbern, 

7 gesunden Pferden, 

3 lahmen Pferden, 

1 Pferd mit chronischem Kopfhöhlencatarrh, 

2 Pferden mit chronischem Nasencatarrh, 

1 Pferd mit Darmleidcn, 

1 Pferd mit Gaskolik, 

2 Pferden mit Verstopfungskolik, 

1 Meerschweinchen mit Milzbrand. 

C. zieht aus diesen Ergebnissen vor der Hand nur Schlüsse 
bezüglich des Rotzes, da bei den anderen untersuchten Thieren 
die Anzahl der Untersuchungen entweder zu gering war, oder 
die Reaction unter nicht einwurfsfreien Umständen ausgeführt 
war. Beim Rotz trat die Diazoreaction ein, gleichgiltig, ob 
chronischer oder acuter Rotz vorlag. Daher empfiehlt C. bei 
zweifelhaften Erkrankungen in den Luftwegen des Pferdes die 
genannte Reaction als werthvolles Diagnosticum. Frick. 


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DEUTSCHE THIER/EkZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


317 


No. 36. 


Primäre Nekrose der Nasenmuscheln beim Pferd mit 
consecutiver Meningitis und Pyämie. 

Von Cadiot. 

(Bull, de la Soc. centr. de mid. vet. 1898, S. 327.) 

Eine 12 Jahre alte Stute war seit 14 Tagen krank. Sie 
zeigte seitdem Nasenausfluss. Man diagnosticirtc Angina. 
Rechtcrseits blieb der Ausfluss bestehen und er wurde copiös 
und stinkend. Plötzlich wurde die Stute sehr hinfällig. Sie 
konnte sich kaum auf den Beinen erhalten. Der Appetit fehlte 
vollständig. C. konnte den Patienten bei der Untersuchung 
nur mit Unterstützung stehend erhalten. Bald nach Aufhören 
des Stützens fiel er zu Boden. Es war Coma und vollständige 
Paralyse vorhanden. Die Sensibilität war allgemein herabgesetzt 
und die Pupillen stark verengt. Aus dem rechten Nasenloche 
bestand stinkender Nasenausfluss. Die Kchlgangslymphdrüsen 
waren leicht geschwollen. Die Temperatur betrug 38,5; Pulse 60 
und Athemzüge 36 pro Minute. Die Nasenhöhlen wurden 
katheterisirt, die Kopfhöhlen trepanirt. Hierbei erwies sich die 
rechte Nasenhöhle durchgängig und die Sinus leer. Am 
folgenden Morgen starb die Stute bereits. Die Obduction 
ergab: 

Die Veränderungen der Pyämie ausgehend von der Er¬ 
krankung der Nasenmuscheln. Erkrankt waren die Nasen¬ 
muscheln, das Siebbein und die vorderen unteren Partien der 
Schädelkapsel. Die Schleimhaut der Nasenhöhle in ihren hinteren 
Abschnitten war stark blutreich und infiltrirt. Die untere Nascn- 
muschel rcchterseits war an ihrer Basis im Umfange eines 
Frankstückes zerstört. In der Nachbarschaft dieses Loches 
war die Schleimhaut geschwollen, schwärzlich. Nach hinten zu 
war dieselbe mit nekrotischen Flecken besetzt und mit Eiter 
bedeckt. Der vordere Theil dieser Muschel war mit Eiter an¬ 
gefüllt. Entsprechend dem Loch in der unteren Nasenmuschel 
zeigte die mittlere Nasenmuschel eine nekrotische Stelle. Da¬ 
selbst war die Schleimhaut verdünnt, grau und mit stinkendem, 
blutigem Eiter bedeckt. Die einzelnen Siebbeinzellen waren 
dunkelroth, stellenweise mit Blutungen besetzt. An der Basis 
derselben fanden sich zahlreiche nekrotische Flecke. Die Keil¬ 
beinhöhle war mit stinkendem Eiter gefüllt. Die Dura mater 
war im Bereich der Siebbeinplatte verdickt, gelb bis grünlich 
und stellenweise mit Eiter bedeckt. An der Gehirnbasis, nament¬ 
lich im Bereich der sella turcica lag ein fibrinöses Exsudat. 
Die Gehirnhypophyse war von Eiter umgeben, theilweise erweicht 
und zerstört. 

In dem Eiter der Nasenmuschel fanden sich neben vielen 
anderen Bakterien Streptokokken, Staphylokokken und ein dem 
Nekrosebacillus sehr ähnlicher Bacillus. In dem Eiter der 
metastatischen Herde in den Lungen waren allerlei Mikroben 
nachzuweisen. Unter diesen überwogen die Streptokokken. 
In dem Exsudat an der Gchirnbasis waren nur Streptokokken 
vorhanden. Fr ick. 


Ueber den Einfluss der Wege und der Art der Einverleibung 
eines Schutzserums auf die Entwicklung der immuni- 
sirenden Wirksamkeit. 

Von Arloing. 

(Journal de medecine viterinaire. Juni 1898.) 

Es ist bekannt, dass die Inoculation von diphtheritischem 
Gift unter die Haut eines nicht immunisirten Thiercs locale 
und allgemeine Wirkungen hervorruft. Die locale, zuerst rein 
entzündliche .Natur wird plötzlich durch den Tod des Subjectes 
in ihrer Evolution unterbrochen. Ist das Thier dagegen immuni- 
sirt, so verlaufen beiderlei Erscheinungen, ohne eine erhebliche 
Störung im Allgemeinbefinden hervorzurufen; dasselbe trifft 
zu, wenn ein Gemisch von Toxin und antidiphtheritischem 
Serum unter die Haut gebracht wird. Zeigt das Versuchsthier 
keine absolute, sondern nur eine mehr oder minder grosse 
Widerstandsfähigkeit gegen das Toxin, oder ist bei dem Ge- 


I misch von Toxin und Schutzserum letzteres in ungenügender 
j Quantität nur vorhanden, so vollziehen die localen Erscheinungen 
ihre Evolution allein, während die allgemeinen verschwinden: 
dem warmen diffusen Oedem und der Lymphangitis folgt ein 
hartes, scharf begrenztes Oedem, in dessen Mitte sich eine nekro¬ 
tische, natürlich sich ablösende Stelle bildet, welche dann eine 
geschwürähnliche, mehr oder weniger tiefe Wunde hinterlässt. 

Demzufolge scheint es, als ob das Toxin zwei verschiedene 
Eigenschaften besässe: eine rein toxische und eine nekröti- 
sirendc. 

Die letztere liefert einfach den Beweis der unvollständigen 
Immunisirung. 

Auf Grund der Versuche, die Arloing an Meerschweinchen, 
Kaninchen und besonders an Hunden, welche die deutlichsten 
Resultate liefern, angestellt hat, kommt er zu dem Schlüsse, 
dass das antidiphtheritische Serum die localen Erscheinungen 
me^ir oder weniger abschwächt je nach dem Wege und der 
Art. der Inoculation in den Organismus. 

5 Gramm des angewandten Toxins tödteten das Meer¬ 
schweinchen innerhalb 2 Tagen. Das antidiphtheritische Serum, 
zum Theil frisch, zum Theil 2 Jahre alt, immunisirte 50000 Mal 
sein eigenes Gewicht. Der Verfasser nahm zunächst 4 Hunde 
und machte einem jeden an der inneren Schenkelfläche eine 
Einspritzung von '/» ccm Toxin auf das Kilo lebenden Gewichts. 
Dei Hund No. 1 wurde als Controlthier belassen, während den 
drqi anderen sogleich eine Einspritzung von Schutzserum im 
Verhältnis von 1 ccm per Kilo in die Jugularis bezw. in die 
Bauchhöhle und in das Unterhautzellgewebe beigebracht wurde. 
Einem fünften Hunde wurde endlich ein Gemisch von '/g ccm 
Tojxin und 1 ccm Schutzserum auf das Kilo Lebendgewicht 
unter die Haut des linken Hinterschenkels eingespritzt. 

Am folgenden Tage zeigte das Controlthier schon hoch¬ 
gradiges Fieber, die anderen Thiere dagegen nur eine kleine 
Temperatursteigerung. Sämmtliche Hunde sind traurig; Aus¬ 
nahme macht nur derjenige, der die Serumeinspritzung in die 
Jugularis erhalten hat, derselbe ist munter wie früher. Der 
Huijd No. 1 bewegt sich auf drei Beinen, die No. 3, 4 und 5 
hinken leicht. Die Inoculationsstellen sind mehr oder weniger 
angeschwollen. 

Am 2. Tage ist das Allgemeinbefinden des Controlhundes 
schlimmer, bei den anderen hingegen besser als am Vorabend. 
Bei ersterem sind die localen Erscheinungen im Zunehmen be¬ 
griffen, während dieselben bei No. 2, 3 und 5 verschwinden. 
Der Hund No. 4, welchem die Einspritzungen von Toxin bezw. 
vqn Schutzserum an zwei verschiedenen Stellen in das Unter- 
hajutzellgewebe applicirt wurden, zeigt nur an der Einstichstelle 
def Toxininjection eine breite, feste, mit wulstigem Rande 
versehene Anschwellung. 

Am 3. Tage ist der Controlhund todt. Das locale Oedem 
uipfasst die ganze Gliedmasse, deren Musculatur infiltrirt ist; 
die Leistendrüsen sind stark vergrössert und saftreich. Die 
Hunde No. 2, 3 und 5 sind geheilt. Beim Hunde No. 4 be¬ 
findet sich die angeschwollene Haut stark geröthet und gefäss- 
reich. Die Haare fallen aus und schliesslich tritt Nekrose der 
Hautpartie ein, nach deren Abfallen eine ziemlich tiefe, schöne 
Wunde zurückbleibt. Nach 3 Wochen ist auch diese geheilt. 

Aus diesen Versuchen ist zu schliessen, dass die Wirk¬ 
samkeit des antidiphtheritischen Serums am stärksten ist, wenn 
dasselbe in die Blutbahn und am schwächsten, wenn es in das 
Unterhautzellgewebe eingespritzt wird. Die Einspritzung in 
die Bauchhöhle scheint bezüglich der Wirksamkeit die Mitte zu 
halten. Das directe Verbringen von Schutzserum in das Blut 
hat die gleiche Wirkung wie ein Gemisch von Serum und Toxin. 
Es ergiebt sich ferner aus diesen Versuchen, dass das Schutz¬ 
serum eher allgemeinen krankhaften Erscheinungen entgegen¬ 
tritt als localen. Im Kampfe gegen locale Wirkungen gewisser 
Mikroorganismen ist- dieser Umstand zu beherzigen, denn es 
ist 1 nicht gleichgiltig, diese oder jene Art der Inoculation zu 
wählen, um das therapeutische Serum dem Organismus einzu¬ 
verleiben. Haas, 


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318 


DEUTSCHE THIER/ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


3. September. 


lieber Pneumonia verminosa beim Kalbe. 

Von Perroncito. 

(Giuruale della Reale Societa ed Accad. Velerinaria Italiana. 1898, S. 530) ' 

Bei der Untersuchung einer Kälberlunge, die mit Strongylus 
micrurus stark durchsetzt war, konnte P. den Ursprung des 
interstitiellen und subpleuralen Emphysems nachweisen. Es 
fanden sich zahlreiche Alveolen zerrissen und von den Riss¬ 
stellen aus das lockere Bindegewebe mit Gasblascn geradezu 
infiltrirt. Gleichzeitig mit diesen Untersuchungen hat P. versucht, 
festzustellen, auf welche Mittel die Parasiten am besten reagiren 
bezw. durch welche sie am sichersten getödtet werden. Hier¬ 
bei fand sich: 

a. durch i proc. Schwefel- oder Salzsäure stirbt Str. mi¬ 
crurus in 4 - 5 Minuten, 

b. durch i proc. Carbolsäure stirbt Str. micrurus in 
5 Minuten, 

c. durch 1 proc. Creosotlösung stirbt Str. . micrurus in 
7—8 Minuten, 

d. durch gesättigte wässrige Thymollösung stirbt Str. mi¬ 
crurus in 6—8 Minuten, 

e. durch gesättigte wässrige Salicylsäurelösung stirbt Str. 

micrurus in 17 Minuten, { 

f. durch 1 — 2 proc. Formalinlösung stirbt Str. micruru^ in 
5—6 Minuten, 

g. durch 1 proc. wässrige Lösung eines Gemisches von 
Chloroform und Thymol ää stirbt Str. micrurus in 
3 Minuten. 

Bei der praktischen Verwendung der vorstehenden Re¬ 
sultate ergab sich, dass intratracheale Injectionen von 1 proc. 
Carbolwasser am besten wirkten. Dagegen war das unter g. 
angegebene Gemisch nicht im Stande, günstige Resultate zu 
zeitigen. Frick, 

lieber eine neue Methode der Wohnungsdesinfection.. 

Von Schlossmann. 

(tierliner klin. Wochenschrift, 1898, No. 35.) 

Die Desinfection grösserer Räume ist durch die Einführung 
des Formaldehyds als Desinficiens in ein neues Stadium ge¬ 
treten. Von den zu diesem Zwecke construirten Apparaten 
haben bisher die Tri Hat'sehen und Schering’schen am 
meisten Anwendung gefunden. Beiden Apparaten kommt aber 
nach Sch’s Ansicht eine sicher desinficirende Wirkung nicht 
zu; sie tödten wohl einzelne pathogene Mikroorganismen, die 
an Seidenfäden oberflächlich angetrocknet sind, aber jede tiefer¬ 
gehende Desinfection, jede sichere Abtödtung sporenhaltigen 
Materiales vermögen sie nicht. Es liegt dies daran, weil diese 
Methoden die Polymerisation des gasförmigen Formaldehydes 
nicht unter allen Umständen verhindern. Sch. hat nun zu¬ 
sammen mit Dr. Walther ein Verfahren ausgearbeitet, welches 
diesem Uebelstande abhelfen soll. Durch exacte Versuche 
gelang es ihnen, die Polymerisation des Formaldehyds dadurch 
zu verhindern, dass sie demselben hydrophile Körper zusetzten. 
Am energischsten findet diese Verhinderung der Polymerisation 
statt, wenn man als hydrophilen Körper Glycerin nimmt und 
gleichzeitig für das Vorhandensein genügender Mengen Wasser¬ 
dampfes sorgt. 

Die Firma Lingner in Dresden construirt nach diesem 
Principe einen Vernebelungsapparat, welcher aus einem Ring¬ 
kessel besteht, in welchem Wasser zum Sieden gebracht wird; 
der Wasserdampf steigt alsdann in ein Reservoir, das rpit 
40 proc. Formaldehydlösung angefüllt ist, dem io°/ 0 Glycerin 
zugesetzt sind. Die Mischung in diesem Verhältniss bezeichnet 
Sch. als Glycoformal. Es wird nun durch vier Düsen, die 
nach verschiedenen Richtungen aus dem Reservoir heraus¬ 
führen, durch den Wasserdampf das Formaldehyd grösstentheils 
vergast, gleichzeitig aber Wasser und Glycerin mitgerissen. 
Das Zimmer füllt sich in kurzer Zeit mit einer Mischung von 
Formaldehyd, Wasserdampf und Glycerin, die gerade im Ag¬ 


gregatzustande der Nebelbildung sich befinden. Zehn Minuten, 
nachdem der Apparat seine Thätigkeit begonnen hat, ist ein 
Zimmer von 60 cbm Inhalt mit Nebel undurchdringlich an¬ 
gefüllt, spätestens 3 Stunden nach Beginn des Verfahrens ist 
dasselbe beendet und alle in dem Zimmer befindlichen Keime 
abgetödtet. Kleine Näpfchen mit Gartenerde in 3 mm dicker 
Schicht, beschmutzte Wäschestücke, Pferdemist in 5 mm dicker 
Schicht sind absolut steril. 

Als Vorzüge dieses Verfahrens führt Schlossmann an, 
dass es nicht nöthig ist, Fenster und Thüren zu verkleben, 
dass im Gegentheil etwas Luftzug eher förderlich ist, dass 
das ganze Verfahren höchstens 3 Stunden dauert 
gegenüber 24 Stunden bei Schering oder Trillat 
und dass jede Explosionsgefahr ausgeschlossen ist. Ausserdem 
ist das Verfahren billig; die im Zimmer befindlichen Gegen¬ 
stände werden durchaus nicht beschädigt. 

Nach Beendigung der Desinfection werden zunächst eine 
halbe Stunde lang die Fenster geöffnet, alsdann wird aus einer 
Bombe mit flüssigem Ammoniak eine der Menge des verwandten 
Formaldehydes adäquate Menge Ammoniak in das Zimmer ge¬ 
lassen und hierauf wieder energisch gelüftet. — Die Apparate 
sollen in kurzer Zeit durch die Firma Li ngner in Dresden 
in den Handel gebracht werden. Casper. 

lieber eine mit multipler Abscessbildung verlaufende 
Pleuritis und Peritonitis der Schweine und deren Erreger. 

(Vorläufige Mittheilung.) 

Von W. Grips-Hamburg. 

(Zeitschrift für Fleisch- u. Milchhygiene, VIII. Jahrg., 1898, No. 9, S. 166.) 

Bei Schweinen findet man mitunter chronische Entzündungen 
der Pleura und des Peritoneums, in deren Verlaufe es zur 
Bildung multipler, meist stark abgekapselter Abscesse kommt. 
Den Inhalt der letzteren hat Grips bakteriologisch untersucht 
und dabei stets dasselbe Bakterium gefupdei^. .Letstejss, ist 
ausserordentlich klein und hat morphologisch Aehnlichkeit mit 
dem Erreger der Schweineseuche, von dem es sich jedoch da¬ 
durch unterscheidet, dass es etwas kleiner ist, vielfach eine 
weniger abgerundete, als eine mehr unregelmässige, eckige Ge¬ 
stalt zeigt und dass die bipolare Färbung niemals an demselben 
zu beobachten ist. Namentlich in älteren Abscessen liegen oft 
mehrere Bakterien an einander gereiht und machen den Ein¬ 
druck eines zarten Stäbchens. Das Bakterium färbt sich am 
besten mit Anilinwasser-Gentianaviolett. 

Der beste Nährboden für das Bakterium ist erstarrtes Blut¬ 
serum, auf welchem sich bei 35—37 0 C. nach 2—3 Tagen sehr 
feine, punktförmige Colonien bilden. Auch in flüssigem Blut¬ 
serum, Bouillon, sowie auf Kartoffeln gelangt das Bakterium 
zur Vermehrung, welches im Uebrigen unbeweglich ist und kein 
Gas bildet. 

Durch Verimpfung des Bakteriums lassen sich bei kleinen 
Versuchstieren dieselben Processe erzeugen, wie sie bei den 
Schweinen gefunden werden. Auch die Entwicklung der Eiter¬ 
herde aus anfangs soliden Knötchen ist bei den Versuchstieren 
sehr gut zu beobachten. Milzschwellung tritt nicht ein und 
auch sonst bestehen keine Merkmale einer Septicämie. Be¬ 
merkenswerth ist die Thatsache, dass das Bakterium auch 
bei intravenöser und subcutaner Impfung an den 
serösen Häuten seine pathogene Wirkung entfaltet. 
Im Uebrigen ist die krankmachende Wirkung des Bakteriums 
fiir die Versuchsthiere nur gering, da manche der letzteren die 
Impfung überstehen. Impfversuche bei Schweinen sind bis jetzt 
noch nicht vorgenommen worden. 

Grips meint, dass der in Rede stehende Krankheitsprocess 
bei Schweinen bisher vielleicht für Schweineseuche gehalten 
worden ist, welche Verwechslung um so näher liegt, sobald die 
Pleura erkrankt ist, eitrige oder mehr käsige Herde in den 
Lungen sitzen und das Lungengewebe selbst verdichtet ist. 
Jedoch unterscheidet sich das hier in Betracht kommende Bak¬ 
terium von dem Erreger der Schweineseuche, abgesehen von 



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3*9 


DEUTSCHE TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 36. 

der oben erwähnten Formverschiedenheit, durch besondere 
culturelle Eigentümlichkeiten, welche darin bestehen, dass das 
Bakterium bei der beschriebenen Pleuritis und Peritonitis nur 
bei höherer Temperatur wächst, auf Agar fast gar 
nicht gedeiht, auch auf Blutserum weit langsamer wächst als 
das der Schweineseuche und eine Einschmelzung des 
Nährbodens bewirkt. Namentlich letztere Eigenschaft 
bietet ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal, da das Bak¬ 
terium der Schweineseuche niemals eine solche Einschmelzung 
des Blutserums hervorruft. Insbesondere weichen aber auch 
die beiden Bakterien in ihrer Pathogenität von einander ab, 
denn der Erreger der Schweineseuche erzeugt bei kleinen Ver- 
suchsthieren stets eine in wenigen Tagen tödtliche Septicämie, 
während dies bei dem in Rede stehenden Bakterium, das nur 
locale, eiterige Entzündung hervorruft, niemals der Fall ist. 

Edelmann. 


Oeffentliches Veterinärwesen. 

Weitere Studien über Immunität bei Rinderpest. 

Von Dr. W. Kolle. 

(Deutsche med. Wochenschrift 1898, No. *5.) 

Seit seiner ersten Mittheilung J ) über ein neues Verfahren, 
Rindern durch subcutanc Impfung mit virulentem Rinderpestblut 
auf der einen Körperseite und gleichzeitig mit Serum auf der 
andern Seite (möglichst weit entfernt von der ersten Injections- 
stelle) eine milde Form der Pest und damit eine hohe Im¬ 
munität nach dem Ueberstehen der Krankheit zu verleihen, 
hatte Kolle während 9 Monaten Gelegenheit, die Erfolge dieser 
in der Capcolonie in grosser Ausdehnung angewandten Methode 
zu sehen. Nach seinen Aufzeichnungen sind in Südafrika an¬ 
nähernd zwei Millionen Rinder durch Koch’s grosse Ent¬ 
deckung der Immunisirungskraft der Galle am Leben erhalten 
worden, und diese Zahl würde noch grösser sein, wenn die 
Impfung in den betheiligten Staaten früh genug vor Ver¬ 
seuchung der Viehbestände und zwangsweise durchgeführt wäre. 
Wenn trotzdem die Gallenimpfung durch andere Methoden ver¬ 
drängt wurde, so geschah es deswegen, weil die durch Gallen¬ 
impfung bedingte Immunität nur von kurzer Dauer ist und die 
Impfung in bereits inficirten Heerden meist nur unter grossen 
Verlusten möglich ist, indem die Schutzkraft der Galle erst am 

5. bis 6. Tage nach der Injection sich zeigt. Die Wirk¬ 
samkeit des von Kolle und Turner hergestellten Rinderpest¬ 
serums ist jetzt in mehr als 100000 Fällen erprobt und daher 
über jeden Zweifel erhaben. 

Kolle fasst die Ergebnisse seiner weiteren Versuche und 
Beobachtungen wie folgt zusammen: 

1. Es gelingt nicht, durch Einspritzung einer Mischung 
von Serum und virulentem Blut in verschiedenem Pro¬ 
centsatz Rindern eine milde Form der Krankheit mit Ueber- 
gang in Genesung zu geben, sei es, dass beide Stoffe (Serum 
und Blut) immittelbar vor der Injection gemischt werden oder 
24 Stunden vorher, so dass sie also lange in gegenseitiger Ein¬ 
wirkung sind. Wenn der Procentsatz des zum Serum zugesetzten 
Blutes gering ist, z. B. 1 — 2 °/ 0 , oder die Mischung lange genug 
(24 Stunden) gestanden hat, dann erkranken die damit injicirten 
Thiere überhaupt nicht, sind aber auch nur für einige Tage 
immun. Beträgt andererseits der Procentsatz des zum Serum 
gefügten Blutes bei Mischung unmittelbar vor der Injection 
mehr als 1—2 °/ 0 oder hat bei Hinzufügung grösserer Blut¬ 
mengen (2 — 20 0/„) zum Serum die Mischung nicht lange genug 
gestanden, dann erkranken die damit injicirten Thiere und 
sterben. Es ist deshalb nothwendig, Serum und In- 
fectionsstoff von einander getrennt an verschie¬ 
denen Körperstellen zu injiciren. 

2. Diese und andere Versuche zeigen, dass im Serum 
mikrobicide Substanzen specifischer Natur sein müssen, welche 
die Mikroben der Rinderpest zerstören, ausserhalb wie inner- 

*) Conf. mein Referat S. 105, No. 12 dieser Wochenschrift, 1898. 


halb des Thierkörpers. Normales Serum ist selbst in sehr 
grossen Dosen (1—2 Liter) völlig indifferent gegenüber dem 
Rinderpestinfectionsstoff. Ob neben diesen mikrobiciden Stoffen 
auch antitoxische im Rinderpestserum vorhanden sind, erscheint 
•unwahrscheinlich. Dem entspricht auch, dass in den späteren 
Stadien der Krankheit, wenn sich ausgesprochene Vergiftungs¬ 
erscheinungen einstellen, das Serum in gewaltigen Dosen 
(2 3 Liter) keine Heilkraft entfaltet, während es zu Beginn 

der ,Krankheit (während der drei ersten Tage des Fiebers), 
fast mit Sicherheit die Genesung der kranken Thiere herbei¬ 
führt. Man' hat sich die Heilwirkung des Rinderpest¬ 
serums demnach so vorzustellen, dass das Serum vermöge 
seiner mikrobiciden Eigenschaften die Gewebe des Körpers vor 
einer Invasion des Infectionsstoffes schützt und zugleich die 
Mikroben tödtet. Im wahren Sinne ist das Serum mehr 
Präventiv- als Heilmittel. Cholera-, Typhus-, Pyo- 
cyaneusserum bilden Analoga des Rinderpestserums. 

3. Das Rinderpestserum muss vor seiner Benutzung ge¬ 
prüft werden, indem es zusammen mit 1 ccm virulenten Blutes 
titrirt wird. Es wird eine sogenannte Pfeife angelegt. Zwölf 
Thiere genügen meist zur Prüfung von 10000 Dosen Serum. 

4. An Stelle des Blutes von Rindern kann zur Ausführung 
der Methode auch das Blut von Schafen Verwendung finden, 
welche 3—6 Tage vor der Blutentnahme mit 50-100 ccm 
virulenten Rinderpestblutes geimpft waren. Auf diese Weise 
wird die Uebertragung von Rinderkrankheiten, wie Texasfieber, 
Lun^enseuche etc , durch die Impfung ausgeschlossen. 

5. Die Injection grosser Serumdosen allein (150 —200 ccm), 
ohne virulentes Blut, verleiht den Rindern eine passive Im¬ 
munität von 4—6 Monaten. Eine passive Immunisirung auf 
solcne Dauer ist ein Novum von grossem praktischen und 
theoretischen Interesse. 

6. Selbst bei Benutzung titrirten Serums erkrankt ein ge¬ 
ringer Procentsatz der Thiere nicht, wie beabsichtigt, mit sicht¬ 
baren Symptomen (2—5 °/ 0 ). Wie zahlreiche Versuche gezeigt 
haben, sind solche Thiere trotzdem für 3—4 Monate immun. 

7. Der Erreger der Rinderpest, der noch unbekannt ist, 
kan» Bakterienfilter nicht passiren. 

8. Da die Rinderpestmikroben in geradezu enormer Menge 

im Blute enthalten (selbst kleine Bruchtheile eines Tropfens 
sind sicher infectiös) und trotzdem nicht auffindbar sind, so 
sind sie höchst wahrscheinlich so klein, dass sie über die Grenze 
der' mikroskopischen Sichtbarkeit hinausgehen. Nach Abb£’s 
Mittheilungen über die Leistungsfähigkeit der Mikroskope würden 
sie ‘diese Grenze erreichen, wenn sie nur */ 3 der Grösse von 
R. P fe i ffe r ’s Influenzabacillen hätten. Andererseits können 
sie nicht viel kleiner als jene Stäbchenart sein, weil sie sonst 
gevtehnliche Bakterienfilter passiren würden, wie es nach den 
Angaben von Loeffler und Frosch die Erreger der Maul- 
und’ Klauenseuche thun. Casper. 


Einwirkung der Kälte auf das Virus der Maul- und 
Klauenseuche. 

Von N o c a r d. 

(Buü. de la Soc. centr. de med. vet. 1898, S. 331.) 

N. entnahm den Inhalt aus Aphthen und bewahrte den¬ 
selben in zugeschmolzenen Capillarröhren auf. Die eine Hälfte 
der Röhren wurde bei +8° gehalten. Die andere Hälfte kam 
in einen Kühlraum; in letzterem herrschte eine ständige Tem¬ 
peratur von — 12 0 bis — 15 0 . Beide Sorten von Virus wurden 
so 2 Monate lang conservirt. Nach dieser Zeit wurden, mit 
denselben zwei Schafe geimpft. Der Erfolg war in beiden 
Fällen derselbe. Das mit dem bei +8° auf bewahrten Virus 
geimpfte erkrankte am 5. Tage an Maul- und Klauenseuche. 
Das andere mit dem bei — 12 0 bis — 15 0 aufgehobenen Virus 
geimpfte zeigte dasselbe Resultut. 

Hieraus schliesst Nocard, dass die Kälte auf das Virus 
der : Maul- und Klauenseuche gar keinen Einfluss ausübt. 

Frick. 


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320 

Modiflcation der Impftechnik beim Rauschbrand. 

Von Cinti-Luciani. 

(Giornule cicl a Reale Soc. cd Accad. Vetcrinaria Italiana. 189a, S. 629.) 

Neuerdings hat sich in Italien die Präventivimpfung gegen' 
Rauschbrand viele Anhänger verschafft. Mazzini hat dazu 
besonders beigetragen. Viele italienische Thierärzte habeW die 
Impfung auf Empfehlung von Mazzini angewendet. Hierbei 
haben sich mancherlei Schwierigkeiten ergeben. Arloing 
schreibt als Impfstelle den Schwanz vor. Bei vielen Rindern 
ist die Impfung an dieser Stelle wegen der Wildheit der Thiere 
schwer ausführbar. Auch die Nachbehandlung etwaiger localer 
Impfkrankheiten ist ebenso schwierig, wie eine peinliche t)es- 
infection der Impfstelle. Cinti-Luciani hat deshalb versucht, 
eine bequemere Impfstelle zu finden. Er hat nach vorsichtigen 
Vorversuchen die Seitenfläche des Halses geeignet gefunden. 
Daselbst führt er die Impfung ebenso wie am Schwänze aus. 
Das zeitraubende Lösen des Impfstoffes durch Verreiben' hat 
C.-L. auch zu umgehen versucht. Zu diesem Zwecke hat er 
einfach das Pulver nicht gelöst und filtrirt verwendet, sondern 
nur suspendirt in dem Lösungsmittel. 

Nach seinen Mittheilungen hat Autor mit dieser Methode 
stets gute Erfolgt gehabt und ist mit der Ausführbarkeit sehr 
zufrieden. Den Anmerkungen Mazzini’s zu diesem Artikel 
ist zu entnehmen, dass die von C.-L. angewendete Methode 
nicht so ohne Weiteres zu verwenden sei. Arloing selbst 
macht die Methode von der Empfindlichkeit des Individuums 
abhängig und hat daher den Schwanz als die ungcfährlicBste 
Impfstelle befunden. Die Angaben von Cinti-Luciani bedürfen 
daher noch genauerer und umfangreicherer Nachprüfung, ehe 
sie als beweisend anerkannt werden können. Fr ick. 


I 

Nahrungsmittelkunde. 

Das Schlachten nach jüdischem Ritus unter Anwendung 
des Kopfhalteapparates. 

Von Höhne, Schlachthofinspector. 

Deutsche l.-indw. Presse 1898, No. 55.) 

Verf. hält die Anwendung eines Kopfhalteapparates wenig¬ 
stens beim Schächten der Bullen für dringend nothwendig; nur 
mit Hülfe eines solchen Apparates gehe der Schächtakt sicher 
und schnell von Statten. Aeusserst praktisch sei der Wink- 
1 e r ’sche Kopfhalter, welcher von der Firma Beck und Henkel 
in Kassel zu beziehen ist. Derselbe wird gleich im Stall, wie 
es bei den Schlachtmasken geschieht, dem Thiere aufgesetzt 
und kann bei jedem Rinde, ob es Hörner habe oder nicht, 
angewendet werden; er ist der Grösse des Kopfes entsprechend 
verstellbar. Der Apparat besteht aus einer Ledermaske, zwei 
Bügeln, Ketten und einem Gelenkhebel. Die Maske sitzt auf 
einem starken Bügel, der jederseits bis zu den Ganaschen reicht 
und dort mit dem Gelenkhebel verbunden ist; nach aufwärts 
geht die Maske in einen kleineren Bügel über; derselbe trennt 
sich in zwei sich hinter die Hörner legende Theile. Diese 
münden in Ketten aus, welche mit dem grossen Bügel durch 
Einhängen in die an letzterem befindlichen Sicherheitshaken 
der Kopfgrösse des betreffenden Thiercs entsprechend ver¬ 
bunden werden. Nachdem der Apparat dem Thiere aufgesetzt 
und dasselbe mittelst der Aufzugswinde umgelegt ist, drückt 
man mit Hülfe einer auf vierkantigen Zapfen aufgesteckten 
Hebelstange ein gebogenes Gelenkstück fest gegen den Unter¬ 
kiefer des Thieres. Es sei nun ein Leichtes, den Kopf in die 
zum Schächten erforderliche Lage zu bringen und in dieser 
festzuhalten, ohne dem Thiere Schmerzen zu bereiten, da sich 
die Theile des Apparates der Kopffotm anschmiegen. 

NGrner, 


3. September. 

Zur vergleichenden Statistik des Cysticercus cellulosae 
im Auge des Menschen und der Thiere. 

Von Schlachthofthierarzt Prettner in Prag. 

(Thierärztliches Centralblatt, 1898, No. iß.' 

Nach Voranschicken einiger Literatur über das Vorkommen 
von Cysticercus cellulosae im Auge des Menschen, worunter 
die Angaben Hirschbergs am meisten Beachtung verdienen, 
weil dadurch die segensreichen Erfolge einer rationellen und 
intensiv durchgeführten Fleischbeschau deutlich zu Tage treten, 
erwähnt Verf., dass über das Vorkommen dieses Blasenwurmes 
im Auge der Thiere nur spärliche Angaben in der Literatur 
enthalten sind. Er hatte sich daher die Aufgabe gestellt, dieser 
Frage näher zu treten und zu diesem Zwecke die Augen von 
400 Stück mehr oder minder hochgradig finnig befundenen 
Schweinen auf die Gegenwart dieser Blasenwürmer untersucht. 
Es ergab sich, dass die Finnen im Auge des Schweines sehr 
selten sind. Es fanden sich nur zwei Mal die Finnen im 
Innern des Auges unter der Retina. In 20 °/ 0 wurden die 
Blasenwürmer in der Musculatur des Auges constatirt. Es be¬ 
trafen diese Funde immer hochgradig finnige Thiere. In 17 
Fällen wurden Finnen in den Augenlidern gewöhnlich in der 
Nähe des inneren Augenwinkels sitzend nachgewiesen. Die 
zwei Fälle des subretinalen Sitzes betrafen Schweine, welche 
sehr wenig finnig waren; es ist daher nach Ansicht des Verf.’s 
leicht möglich, dass Schweine, welche bei Ausübung der Fleisch¬ 
beschau als nicht finnig bezeichnet werden, diesen Parasiten 
trotzdem im Auge beherbergen. Verf. will diese Frage durch 
diesbezügliche Untersuchungen klären. Görig. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Leisering’s Atlas "der Anatomie des Pferdes und der 
Übrigen Hausthiere für Thierärzte und Studirende 
der Veterinärkunde, Landwirthe, landwirtschaftliche 
Lehranstalten, Pferdeliebhaber und Künstler. In 54 zum 
Thcil mehrfarbigen Tafeln mit erläuterndem Texte. 
Unter Mitwirkung von Prof. Dr. Baum in Dresden in 
erweiterter Form neu herausgegeben von Dr. W. Ellen- 
berger, Kgl. Sächs. Obermcdicinalrath und Professor 
an der Thierärztlichen Hochschule in Dresden. Liefe¬ 
rung 3. Mk. 6.—. (Verlag von B. G. Teubner, Leipzig.) 

Mit besonderer Freude ist es zu begrüssen, dass die Ausgabe dieses 
hervorragenden Werkes so rüstig fortschreitet und trotz der vielen Ver¬ 
besserungen nach vcrhalinissmäasig kurzer Zeit bereiis die 3. Lieferung vorliegt. 

Sie behandelt auf Tafel 13 bis 16 die Anatomie der Sinnesorgane mit 
F.inschluss der äusseren Haut und der Epidermoidalanhänge. Mit Tafel 17 
beginnt die F.ingeweidclehre. Auf Tafel 17 und 18 sind die Verhältnisse 
des Kopfdarms (der Mund- und Rachenhühlc) mit F.inschluss der Muskeln 
dieser Theile bildlich dargestellt worden. 

Personal-Nachrichten. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Bezirksthierarzt A. Schneider 
in München wurde mit den Functionen des wegen Krankheit beurlaubten 
Bezirks- und Oberthierarztes G. Drechsler betraut und demselben als 
VeterinBr-Assistent der Thierarzt Th. Blaim in Nürnberg II betgegeben. 
Districtsthierarzt A. Lallin ger in Holtfeld wurde zum Districtsthierarzt in 
Windsbach, Thierarzt Gutbrod zum Districtsthierarzt in Mitterfels, Thier¬ 
arzt Wunder desgl. in Weyhern, Thierarzt Freyberger in Oberstdorf, 
Thierarzt M a h i r, früher klinischer Assistent an der ThierRrztlichen Hoch¬ 
schule in München, in F.gling bestellt. Thierarzt Hey in Bernstadt wurde 
zum Schlachthofinspector in Namsiau gewühlt. Verzogen sind die ThierBrzte 
Hanck von Schünenberg (Pfalz) nach Pasing, I.oweg von Leipzig nach 
Ahlen, Hein ick von Dyhernfurth nach Xions, Eggert von Lehesten als 
III. Assistent an die Rothlaufanstalt nach Prenzlau. 

Thierarzt B e n k e n d ö r f e r ist bei Veterinürrath Berner in Pforzheim 
als Assistent eingetreten, nicht, wie in-thUmlich berichtet, Thierarzt Kiesel. 

Oefitorben: Kreisthierarzt Dr. Schmidt in Elbing. 


DEUTSCHE TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thlerirztliche Wochenschrift 4 * (i. Ä. Prof. Dr. Malkmns in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der Macklofsehen Druckerei in Karlsruhe i. R. 


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Deutsche 

Thierärztliche Wochenschrift 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regiernngs- und Medicinalrath, 
Director der Tbierärztliohen Hochschule 
in Hannover. 


herausgegeben von 

Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregierungsrath 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regierungsrath und Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Louisenthal (Saar). 

redigirt von 


Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post, auf No. 1784 a. 


Sechster Jahrgang. 


Sämintliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 
Correcturen und Anzeigen an die Expedition der 
Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 
in Karlsruhe fBadenb 


M 37. 


Ausgegeben am 10. September. 


1898. 


(Aus der städtischen Fleischsehau zu Hannover.) 
Beiträge zur Kenntniss der Katarrhalpneu¬ 
monie des Schweines. 

Von A. Ströse und P. Heine. 

(Schluss.) 

Histologische Befunde. 

Durch die mikroskopische Untersuchung der erkrankten 
Lungen lässt sich leicht nachweisen, dass ausnahmslos eine 
Bronchopneumonie besteht. Die Bronchien und Bronchiolen be¬ 
finden sich im Zustande einqs acuten oder chronischen Katarrhes. 
Im ersteren Falle erblickf man auf der Schleimhautoberfläche 
abgestossene, degenerirte Cylindercpithelien und Rundzellen. 
Mucosa, Submucosa und das pcribronchiale Gewebe sind mit 
mono- und polynucleären Rundzellen durchsetzt; in den kleineren 
Bronchien fehlt das Epithel häufig. Die Blutgefässe sind meist 
dilatirt. In den Fällen von Bronchitis catarrhalis chronica ist 
die Submucosa erheblich verdickt, die Blutcapillaren sind er¬ 
weitert, das peribronchiale Gewebe ist gewuchert und die Mu¬ 
cosa erscheint glatt. Die Bronchien zeigen dann und wann 
Erweiterung und Ausbuchtungen, und die circulären Muskel¬ 
fasern sind hypertrophirt und mit elastischen Fasern untermischt. 
Oft ist die Bindegewebsneubildung so bedeutend, dass sie das 
Zugrundegehen der Muskelfasern bedingt und sehr ausgedehnte 
Bronchiektasien entstehen. 

Wenn man die Lungenstückchen vor der Härtung durch 
Kochen oder Einlegen in Formalin fixirt, erkennt man, dass 
die Alveolen mit Serum, Rundzellen und Epithelien angcfüllt 
sind, und zwar sind in einigen Fällen mehr, in anderen weniger 
zellige Elemente nachweisbar, auch ist deren Vertheilung in 
den einzelnen pneumonischen Partien nicht ganz gleichmässig. 
Dann und wann sind die Epithelien von Fetttröpfchen durchsetzt. 

In dem interalveolären Gewebe findet man die Rundzellen 
regelmässig vermehrt, um die Gefässe herum liegen sie dicht 
nebeneinander gedrängt 

In der Mehrzahl der Fälle findet man das interlobuläre 
und subpleurale Gewebe durch den Entzündungsprocess in Mit¬ 
leidenschaft gezogen. Die Lymphgefässe sind oft sehr bedeutend 
erweitert, mit Serum und Leukocyten oder auch mit einem 
Balkennetze von Fibrinfäden erfüllt. In den Bindegewebsepten 
kommen Rundzellen zerstreut oder in Gruppen liegend vor, 
besonders dicht liegen sie in der unmittelbaren Umgebung der 
Lymphgefässe. 

Die so häufige hämorrhagisch-fibrinöse Pleuritis kennzeichnet 
sich durch die Auflagerung einer mit Leukocyten und rothen 


Blutkörperchen vermischten Fibrinschicht. In den Fällen von 
chronischer Brustfellentzündung bedeckt die Pleura ein aus 
derbem fibrösen Gewebe zusammengesetztes Narbengewebe. 

Bakteriologische Befunde, Cultur- und Impf¬ 
versuche. 

Da die sämmtlichen, von uns untersuchten Schweine ge¬ 
schlachtet und im Kessel gebrüht waren, war von bakterio¬ 
logischen Untersuchungen der Lungen kein sicheres Resultat zu 
erwarten. Es findet sich nämlich bei fast allen geschlachteten 
Schweinen eine mehr oder weniger erhebliche Brühwasser¬ 
infiltration vor, welche die bakteriologische Untersuchung der 
Lungen natürlich werthlos macht, da das Brühwasser viele 
Schmutzpartikeln und Bakterien enthält. Wir haben deswegen 
das Material zur Anlegung der Culturen und zur Anfertigung 
der Ausstrichpräparate in erster Linie den bronchialen Lymph- 
drüsen entnommen, welche bei der Katarrhalpneumonie stets 
mehr oder weniger miterkrankt sind. 

Das Material für die Culturen wurde mit besonderer Vor¬ 
sicht gewonnen. Regelmässig wurde zunächst die Oberfläche 
der Drüsen durch Auflegen eines glühenden Messers desinficirt, 
dann wurde mit einem zweiten sterilen Messer ein Schnitt in 
die Tiefe gelegt und von diesem Schnitte aus mit der aus¬ 
geglühten Platinnadel ein Loch in das Lymphdrüsengewebe 
gebohrt. Mit dem an der Nadel haftenden Materiale wurden 
in mit Fleischwasser - Peptongelatine gefüllten Reagensgläsern 
kunstgerecht Stichcultüren angelegt., 

In unseren Ausstrichpräparaten aus dem Safte der bron¬ 
chialen Lymphdrüsen, sowie in den Culturen fanden wir nie¬ 
mals andere als bipolare Bakterien, die sich mit Gentianaviolett 
— und Methylenblaulösungen wie das Bacterium bipolare multo- 
cidum färbten und sich morphologisch von diesem Bakterium 
nicht unterschieden. Nur in Bezug auf ihre Grösse zeigten sie 
doch etwas erheblichere Schwankungen als die vorgenannten 
Bacillen; was ihre Grössendifferertzen anbetrifft, ähnelten sie 
jenen bipolaren Bakterien, welche von Poels 1 ) als Ursache 
einer in Holland beobachteten Kälberpneumonie hingestellt 
werden. Jene Bacillen zeigten zwar in Bezug auf ihre Virulenz 
und ihr morphologisches Verhalten grosse Aehnlichkeit mit dem 
Bacterium bipolare multocidum, besassen jedoch eine ebenso 
schwankende Grösse (o,i —1,5 \i lang, 0,3—0,5 p breit) wie 
unsere bei der Bronchopneumonie gefundenen Bakterien, von 
denen sie sich aber dadurch unterscheiden, dass sie die Gela¬ 
tine nicht verflüssigen und für Mäuse pathogen sind. Nach der 

') Cit. nach Kitt, Bakterienkande, S. 302. 


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322 


DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


io. September. 


Gram’schen Methode entfärben sich die von uns beobachteten 
Bakterien in derselben Weise, wie die Schweineseuchebakterien. 

Unsere Stichculturen zeigten ausnahmslos folgendes Ver¬ 
halten. 

Bei Zimmertemperatur bildete sich nach Verlauf von 5 bis 
8 Tagen auf der Oberfläche der Gelatine, vom Impfstiche aus¬ 
gehend, ein weissliches, fleckiges Häutchen, das mit der Impf¬ 
nadel schwer entfernbar war. Dann wuchsen die Colonien in 
die Tiefe und bildeten nach Verlauf von weiteren 8—14 Tagen 
Halbkugeln, deren Niveaü in der Oberfläche der Gelatine lag. 
Während des Wachsthumes verflüssigte sich die Gelatine all- 
mälig und die älteren Culturen waren dünnflüssig. Einen be¬ 
sonderen Geruch zeigten die grauen, trüben Culturen nicht. 

Impfversuche haben wir an weissen Mäusen vorgenommen, 
die zu Versuchszwecken vorher nicht gebraucht waren. Es 
hat sich herausgestellt, dass man bedeutende Mengen frischer 
Reinculturen den Thieren in und unter die Haut bringen kann 
und verfüttern darf, ohne dass die Thiere auch nur im Geringsten 
erkranken; sogar eine ganz junge Maus reagirte auf die Impfung 
in keiner Weise. 

III. Zusammenfassung und Besprechung der Resultate 
und Differentialdiagnose. 

Die vorstehend mitgetheilten Fälle von Bronchopneumonie 
lassen sich in 4 Gruppen unterbringen, nämlich in katarrhalische, 
purulente, käsige und gangränöse Entzündungen. In keinem 
Falle lag eine fibrinöse Pneumonie vor. 

Die fibrinöse Lungenentzündung ist bekanntlich der Regel 
nach eine lobäre, d. h. über einen ganzen Lappen oder doch 
über einen grösseren Theil eines solchen ausgebreitete und fast 
stets diffuse Entzündung; es findet hier ein allmäligcr Ueber- 
gang von normalem Gewebe zu dem am meisten veränderten 
statt. Wenn auch, wie Kitt') anführt, die fibrinöse Pneu¬ 
monie der Schweine in manchen Fällen exquisit lobulär bleibt, 
so kann es sich in den von uns beschriebenen Fällen um eine 
solche Pncumonia crouposa lobularis multiplex doch nicht handeln. 
Denn wir konnten niemals die für diese Form charakteristische 
derbe Hepatisation, sowie die ihr zukommende blauschiefrige 
bis grauviolette Farbe und die charakteristische höckerige Be¬ 
schaffenheit der Lungen nachweisen, so dass die Pneumonia 
crouposa lobularis multiplex sich schon makroskopisch leicht von 
Katarrhalpneumonien trennen lässt. Von der. bei Schweinen 
nicht seltenen croupösen Pneumonie, welche meist durch die 
Schweineseuchebakterien hervorgerufen wird, unterscheidet sich 
die Katarrhalpneumonie schon bei oberflächlicher Untersuchung, 
abgesehen von ihrer lobulären Verbreitung und der scharfen 
Markirung der entzündeten Partien, auch dadurch, dass man 
bei der erstgenannten Lungenentzündung gewöhnlich rothe und 
graue Hepatisation neben einander in benachbarten Läppchen¬ 
gebieten vorfindet. 

Tritt auch die Katarrhalpneumonie nicht immer lobulär 
auf, so ist doch die lobäre Verbreitung des Processes immer 
nur darauf zurückzuführen, dass eine dichte Anhäufung der 
erkrankten Läppchen zu Stande gekommen ist. 

Endlich wird in allen Fällen der Charakter der Entzündung 
durch die mehr oder weniger erhebliche Feuchtigkeit und Glätte 
der Schnittfläche verrathen. Freilich ist auf die Beschaffenheit 
der Schnittfläche bei der Unterscheidung der beiden letzt¬ 
genannten Formen der Pneumonie kein grosses Gewicht zu 
legen, weil diese unseren Erfahrungen nach bei der Katarrhal¬ 
pneumonie, wie auch bei der croupösen Entzündung gewisse 
Schwankungen zeigt. 

Somit steht unzweifelhaft fest, dass die von uns be¬ 
schriebenen Lungenentzündungen katarrhalische sind, welche 
eitrige, käsige und gangränöse Ausgänge nehmen können. 

Uebersicht der Befunde. 

I. Fall 1 bis 22 und Fall 29, 30, 31. 

Erkrankt sind nur die vorderen Spitzen und unteren Ränder 
einer oder beider Lungen. Meist sind mehrere benachbarte 


') Diagnostik, Bd. II, S. 250. 


Lobuli angegriffen, dann und wann zeigen sich Streifen von 
verdichtetem Gewebe. Die Pleura war 18 Mal intact, 7 Mal 
bestand eine Pleuritis, und zwar lag 5 Mal eine Pleuritis fibri- 
nosa, 2 Mal eine Pleuritis adhäsiva vor. 

Die Oberfläche der erkrankten Lungentheile sah dunkel- 
roth, grauroth oder bläulichroth aus. 

Die Consistenz des entzündeten Lungengewebes konnte 
niemals als derb bezeichnet werden, meist wurde eine schlaffe 
Hepatisation nachgewiesen. In einigen Fällen war die Ober¬ 
fläche der Lungen uneben, in Fall 22 zeigte sich das Lungen¬ 
gewebe ganz frisch entzündet und fühlte sich noch ziemlich 
elastisch an. 

Das interlobuläre Gewebe war, wie durch die mikroskopische 
Untersuchung von Schnitten dargethan ist, beinahe immer mehr 
oder weniger und in verschiedener Ausbreitung an dem Ent- 
zündungsprocesse betheiligt. Häufig war es erheblich verbreitert 
und glasig durchsichtig, drei Mal war es derartig retrahirt, dass 
die Lungenläppchen auffallende Prominenz zeigten. 

Die Schnittfläche war entweder sehr feucht oder ziemlich 
feucht, doch war ihr Wassergehalt oft auch mit auf finales 
Lungenödem oder eingedrungenes Brühwasser zu beziehen. 

Die Lymphknoten der Lungenwurzel erwiesen sich 7 Mal 
nicht auffällig vergrössert, in den übrigen Fällen waren sie mehr 
oder weniger (bis zu Taubeneigrösse) geschwollen. Manchmal 
sahen sie dunkelroth aus, dann und wann zeigten sie fleckige 
oder ramiforme Röthung, meist war ihre Farbe graugelb. Die 
Consistenz der Lymphdrüsen war nicht regelmässig vermehrt. 

Stichculturen in Fleischwasser-Peptongelatine sind in 
7 Fällen gewachsen, 15 Mal blieb die Cultur steril, 3 Mal 
(Fall 29, 30, 31) mussten wir aus äusseren Gründen von der 
Anlegung von Culturen absehen. Ausnahmslos erwiesen sich 
die Culturen als rein. 

In Fall 9 lag eine Complication mit Tuberculosc vor. 

II. Fall 23 bis 28, 33, 34. 

In den Bronchien fanden sich schleimige, schleimig-eitrige, 
eitrige oder käsige Entzündungsproducte vor, die Wandungen 
des Bronchialbaumes erwiesen sich als mehr oder weniger ver¬ 
dickt, 5 Mal waren kirschkerngrosse, 1 Mal pfefferkorngrosse 
Bronchiectasien vorhanden; in einem Falle wurde eine mit 
trockenem Käse angefüllte Caverne angetroffen. 

Fall 33 zeichnete sich durch seine Chronicität aus; das 
Lungengewebe war an einer Stelle in eine derbe, weisse Binde- 
gewebsmasse verwandelt (Cirrhosis pulmonum), die eitrige Partien 
enthielt. 

Auch in diesen Fällen konnten in den Lymphdrüsen wie 
im Lungengewebe bipolare Bakterien nachgewiesen werden; in 
den bronchiektatischen Herden der Lunge 25 fanden wir Mikro¬ 
organismen, welche von uns als Nekrosebacillen angesprochen 
wurden. 

III. Fall 32. 

Wie die reine Katarrhalpneumonie in die gangränöse Lungen¬ 
entzündung übergehen kann, wird bewiesen durch den sub 32 
registrirten Fall. Dass hier die brandige Zersetzung durch 
Aspiration fauliger Substanzen entstanden sei, ist nicht anzu¬ 
nehmen, denn die übrigen zu dem betreffenden Bestände ge¬ 
hörigen Schweine zeigten die reine Form der Katarrhal pneu¬ 
monie bezw. der eitrig-käsigen Bronchopneumonie. 

Wir messen unseren Untersuchungen über die Katarrhal¬ 
pneumonie des Schweines insofern einigen praktischen Nutzen 
bei, als sie zur Klärung der Differentialdiagnose der Schweine- 
scuchcpneumonie beitragen können. Letzterer ähnelt die 
Bronchopneumonie zunächst insofern, als sie sich häufig gleich¬ 
zeitig über sämmtliche Thiere eines Bestandes verbreitet, ferner, 
indem bei beiden Lungenentzündungen bipolare Bakterien nach¬ 
weisbar sind, endlich dadurch, dass bei beiden Krankheiten 
häufig eine Pleuritis besteht und dass man auch bei der 
Schweineseuchepneumonie eine katarrhalische Entzündung der 
Bronchien und des Lungengewebes, Lymphangoititis, käsige, 
eitrige und gangränöse Proccssc in den Lungen vorfindet 

Die Entzündung der Pleura kann (worüber uns mehrere, 
hier nicht angeführte Fälle belehrt haben) auch bei der reinen 


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No. 37. 


Katarrhalpneumonie auf das Pericardium übergehen. Selbst in 
Bezug auf die klinischen Erscheinungen können sich beide 
Krankheiten ähneln, denn erfahrungsgemäss nimmt auch die 
Schweineseuche in manchen Fällen einen gutartigen Verlauf, 
und andererseits wird auch die Katarrhalpneumonie, indem sie 
eitrigen Charakter annimmt, schwere klinische Symptome her- 
vorrufen können. Kommen neben der katarrhalischen Lungen- 1 
entzündung jene Gebilde im Darme vor, die kürzlich von Olt 1 ) 1 
näher beschrieben wurden und verminösen Ursprunges sind, so 
kann man leicht solche Fälle mit Schweineseuche verwechseln, 
indem man die Katarrhalpneumonie als Pneumonie der Schweine¬ 
seuche und die durch die Dochmien verursachten geschwür- 
artigen Veränderungen im Darme als Schweinepestgeschwüre 
anspricht. Einen solchen interessanten Fall hatten wir kürzlich 
zu beobachten Gelegenheit. 

Die vorderen Lappen der Lungen des betreffenden Schweines 
sahen dunkel bläulichroth aus und waren mässig derb. In dem 
hepatisirten Gewebe fanden sich einzelne normale, lufthaltige 
Lobuli vor. Die Schnittfläche erwies sich glatt, mässig feucht. 

In einzelnen Lobulis waren gelbe, dicht neben einander liegende 
Stippchen wahrnehmbar. Die linke Lunge war in ihrem vor¬ 
deren Theilc mit der Brustwand fest verwachsen und in dem 
schwartigen Gewebe, durch welches die Verwachsung herge¬ 
stellt wurde, fand sich ein aus einer trockenkäsigen Masse be¬ 
stehender, reichlich haselnussgrosser Knoten vor. In der Um¬ 
gebung der Verwachsung war das Lungengewebe sehr derb, 
das interlobuläre Gewebe schwielig und verbreitert. Die Pleura 
pulmonalis war von zarten, röthlichen Fibrinmassen bedeckt. 
Die Bronchialdrüsen waren vergrössert und saftreich. Im ganzen 
Darme, mit Ausnahme des Rectum, wurden ziemlich viel, durch¬ 
schnittlich linsengrosse Geschwüre mit wallartiger Peripherie 
nachgewiesen, und die Solitärfollikel, wie die Peyer’schen Haufen 
erwiesen sich bedeutend geschwollen. 

Im Lungengewebe, sowie in den Lymphdrüsen am Lungen- 
hilus wurden bipolare Bakterien in mässiger Anzahl nach¬ 
gewiesen, die in Fleischwasser-Peptongelatine bei Zimmer¬ 
temperatur wuchsen. Weisse Mäuse blieben nach Ver¬ 
impfung der Reinculturen gesund. 

Unsere Untersuchungen lassen erkennen, dass die Unter¬ 
scheidung der auf Schweineseuche und Schweinepest zu be¬ 
ziehenden Lungenentzündungen von der infectiösen Katarrhal¬ 
pneumonie nicht immer ganz leicht ist. Absolut sicher sind 
in frischen Fällen die Krankheiten aber dadurch zu unter¬ 
scheiden, dass man die Schweineseuchebakterien ausser in den 
Lungen auch stets im Blute und anderen Organen sehr zahlreich 
vorfindet, während jene Bakterien, welche wir in den Lungen 
und deren Drüsen bei Bronchopneumonie angetroffen haben, 
niemals im Blute oder in Organen der Bauchhöhle Vorkommen. 
Diese Vertheilung der Bakterien genügt, wo es sich um die 
Auseinanderhaltung der acuten Schweineseuche und der acuten 
Katarrhalpneumonie handelt, allein. Dagegen entscheidet der 
bakteriologische Befund nicht in jenen Fällen, wo chronische 
Entzündungen der Lungen bestehen, bei denen man auf Ver¬ 
wachsungen der Pleura, chronische Pericarditis und käsige, eitrige 
und nekrotische Herde (Sequester) in den Lungen stösst. Bei 
der chronischen Schweineseuche sind nämlich die Schweineseuche¬ 
bakterien in Ausstrichpräparaten oft nur in geringer Anzahl oder 
überhaupt nicht mehr nachweisbar. Da nun die eben erwähnten 
Veränderungen der Pleura, des Pericardium und der Lungen 
für die Schweineseuche nicht absolut charakteristisch sind, viel¬ 
mehr auch bei jeder Bronchopneumonie Vorkommen können*), 
so genügen die makroskopischen Anhaltspunkte, sowie die Aus¬ 
strichpräparate dann und wann für die Differentialdiagnose allein 
nicht; vielmehr ist der Sachverständige nur auf die Impfung 
angewiesen. Nach Ostertag 3 ) können die Bakterien der 
Schwcincseuche »häufig nur mehr durch Impfung, nicht aber 
durch mikroskopische Untersuchung nachgewiesen werden«. 

') Zeitsclir. f. Fleisch- und Milchhygiene, Jahrg. 1898, Heft 7. 

2 ) Vergl. Orth: Diagnostik, S. 227 und Ziegler: Spec. palh. Anat. 
1892, S. 676. 

8 ) Handb. der Fleischbeschau, S. 590. 


323 


Wenn also Versuchsthiere (Mäuse) nach der Verimpfung des 
zweifelhaften Materiales binnen 3 Tagen nicht sterben, so hat 
man es nicht mit Schweineseuche zu thun. 

In der Mehrzahl der Fälle kann freilich sowohl auf die 
Impfung, wie auch auf die Anfertigung von Ausstrichpräparaten 
verzichtet werden. Denn es ist, wie Marek') hervorhebt, 
selten, dass bei Schweineseuche die Bronchopneumonie allein 
zur Beobachtung gelangt, vielmehr präsentirt sich diese Seuche 
der Regel nach als eine multiple, nekrotisirende, fibrinöse Pneu¬ 
monie, die schon makroskopisch und leicht auch mikroskopisch 
von der Katarrhalpneumonie zu trennen ist. Zudem ist zu be¬ 
denken, dass man bei der Schweineseuche ausser einer Affection 
der Lunge wohl immer eine Entzündung der Lymphdrüsen (in 
chronischen Fällen Verkäsung und Induration) und Blutungen, 
besonders der Nieren oder die Symptome einer Septicämie 
constatiren kann, während die Katarrhalpneumonie von einer 
Affection anderer Organe nicht begleitet ist. Bei der Schweine¬ 
pest, die der Regel nach mit Schweineseuche vergesellschaftet 
ist, ist stets auch der Darm erkrankt. 

Die Aetiologie der infectiösen Bronchopneumonie klarzu¬ 
stellen, haben wir uns nicht zur Aufgabe gemacht. Unsere 
Untersuchungen lassen vermuthen, dass die Krankheit durch 
Mikroorganismen hervorgerufen wird. Interessant, jedoch für die 
Aetiologie nicht ausschlaggebend, ist unsere Beobachtung, dass 
bipolare Bakterien, die in Ausstrichpräparaten von den Bacillen 
der Scpticaemia haemorrhagica nicht immer zu unterscheiden 
sind, in den Lymphknoten am Lungenhilus bei der Broncho- 
pneumonia catarrhalis häufig nachgewiesen wurden. 

Die Thatsache, dass wir solche Bakterien, welche bei der 
Katarrhalpneumonie Vorkommen, in den Bronchialdrüsen gesunder 
Schweine durch Culturen niemals nachweisen konnten, legt die 
Vermuthung nahe, dass Spielarten des Bacillus suisepticus 
(Preisz) beim Zustandekommen der katarrhalischen Lungen¬ 
entzündung eine Rolle spielen. Es steht nämlich fest, dass die 
Virulenz jenes Bakteriums eine sehr schwankende ist 2 ), und 
dass dasselbe in den oberen Luftwegen gesunder Schweine an¬ 
zutreffen ist, so dass man vermuthen könnte, es könne der 
Bacillus suisepticus bei geringer Virulenz und unter besonderen 
Verhältnissen auch eine einfache Bronchopneumonie verursachen. 
Wir sind dieser Frage, die ein grosses wissenschaftliches In¬ 
teresse beansprucht, nicht näher getreten, weil wir mit unseren 
Untersuchungen lediglich rein praktische Ziele verfolgten. 


Referate. 

Ursache und Behandlung: der Gebärparese nach 
Schmidt-Kolding:. 

(Sammelreferat.) 

, Die Gebärparese gehört zu denjenigen Krankheiten, von 
deren Entstehungsweise wir nichts Bestimmtes wissen und bei 
deren Behandlung wir bisher keinen auch nur einigermassen 
gesicherten Erfolg in Aussicht stellen konnten, obwohl ver¬ 
schiedene Theorien über sie existiren und zahlreiche Heilweisen 
gegen sie empfohlen wurden. 

In den Heften 6 und 7 des 9. Bandes (1898) der Monats¬ 
hefte für praktische Thierheilkunde veröffentlicht nun Schmidt- 
Kolding »Studien und Versuche über die Ursache und die 
Behandlung der Gebärparese«. Indem er die Zahl der Kalbe¬ 
fiebertheorien um eine vermehrt, hofft er den Schleier gelüftet 
zu haben, der die bisher so räthselhafte Ursache des Kalbe¬ 
fiebers verhüllte. Mit dem von ihm empfohlenen Heilverfahren 
hat er nicht weniger als 92 °/ 0 der an Milchfieber erkrankten 
Kühe geheilt. 

Ausgehend von der Erfahrungssache, dass meistens nur 
gut genährte und milchreiche Kühe nach leichtem Kalben in 
Gebärparese verfallen, kritisirt er in genannter Abhandlung 

*) Beitr. 2. palhol. Histologie d. Schweineseuche, Zeitsclir. f. Thiermed., 
I. Bd., S. 22. 

*) Vergl. Kitt: Bakterienkunde, S. 307. 


DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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324 


DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


io. September. 


von den über das Kalbefieber aufgestellten Hypothesen die 
beiden am meisten in Aufnahme gekommenen von Franck 
und Schmidt-Mühlheim und zieht Parallelen zwischen Milch¬ 
fieber und gewissen Krankheiten mit ähnlichem Symptomenbild. 
Die Franck’sche Theorie glaubt er ganz von der Hand weisen 
zu sollen. Mit Schmidt-Mühlheim nimmt er zwar auch eine 
Autointoxication durch PtomaVnc an, wie sie ganz ähnlich hin 
und wieder nach Ueberfressen beim Rindvieh vorkommt, doch 
findet nach ihm die Bildung des Giftes weder in der Gebär¬ 
mutter noch im Verdauungscanal, sondern vielmehr im Euter 
statt. Mancherlei ausführlich dargelegte Erwägungen bestimmen 
ihn zu dem Schluss, dass die Ursache des Kalbefiebers zu 
suchen sei in einer Abnormität der Milchabsonderung während 
der Colostrumperiode. Die Annahme liege nahe, dass eine allzu 
grosse Menge giftig wirkender Spaltungsproducte im Euter ent¬ 
wickelt werde, die nach Aufnahme in’s Capillarnetz der Drüsen¬ 
zellen in den allgemeinen Blutstrom übergehen und Selbst- 
intoxication hervorrufen sollen. Schon aus dem eigenthümlichen 
Geruch und Geschmack des Colostrums könne man schliessen, 
dass während der Colostrumperiode eine eigenthümliche Thätig- 
keit in den Drüsenzellen vor sich gehe, sehr verschieden von 
der gewöhnlichen Milchsecretion. Es sei eine Abstossung alter 
Epithelien, eine Art Reinigungsprocess, welcher während der 
Colostrumperiode stattfindet. Daher trete das Kalbefieber auch 
nicht bei Erstgebärenden auf. Die giftigen Spaltungsproducte 
seien immer vorhanden, würden aber für gewöhnlich ausge¬ 
schieden. Erst wenn die Production die Ausscheidung über¬ 
wiege, komme es zur Selbstintoxication, zum Kalbefieber. 

Diesen Voraussetzungen entsprechend musste sich die Be¬ 
handlung hauptsächlich gegen die abnorme und stark erhöhte 
Euterthätigkeit richten. Die günstigste Wirkung in dieser Hin¬ 
sicht versprach sich Schmidt-Kolding von directer Infusion 
von Jodkaliumlösung in’s Euter. Eine o,8—i proc. kochende 
wässrige Jodkaliumlösung kühlte er auf 40° C. ab undi Hess 
davon einen Liter successive durch alle vier Zitzen in das Euter 
einlaufen. Der Infusionsapparat bestand aus Trichter, Gummi¬ 
schlauch und möglichst weitem Melkröhrchen. Aus dem 
Schlauch trat auch immer Luft mit in das Euter, was Schjnidt- 
Kolding für wichtig und nutzbringend hält wegen der Abspaltung 
freien Jods. Das Euter wurde stark geknetet, damit sowohl 
Lösung als Luft in alle Verzweigungen der Milchcanäle und 
Drüsenbläschen komme. 

Jodjodkaliumlösung, statt einfacher Jodkaliumlösung an¬ 
gewandt, reizt das Euter mehr als diese, hat aber sonst weder 
eine günstigere noch giftigere Wirkung. 1,5 proc. Lysollüsung 
hatte, was Hemmung der Krankheit anbetrifft, dieselbe gute 
Wirkung gehabt, wie die Jodverbindungen, beeinflusste dagegen 
die Milchsecretion ungünstig. 

Da, wo die Krankheit einen sehr schnellen Verlauf zu 
nehmen droht, soll man sogleich versuchen, die Herzthätigkeit 
zu kräftigen und den arteriellen Blutdruck zu heben. In diesem 
Betracht hat sich die subcutane Injection von 4—5 g Coffeinum 
natrio-salicylicum besonders wirksam gezeigt. 

Die beschriebene Behandlung soll bei den meisten Patienten 
einen ganz typischen Krankhcitsverlauf bedingt und häufig eine 
auffallend rasche Genesung zur Folge gehabt haben. Bei den 
meisten Patienten verschwand der comatöse Zustand nach Ver¬ 
lauf von 4—6 Stunden. Uebcr die Hälfte der geheilten Pa¬ 
tienten stand schon nach 6-10 Stunden auf, während sonst 
in der Regel die Krankheit 2—3 Mal 24 Stunden dauert. Je 
eher die Patienten in Behandlung kommen, desto besser. 

Schmidt-Kolding behandelte 50 Kühe, von welchen 46 
genasen. Einschliesslich derselben sind von dänischen Thicr- 
ärzten insgesammt 412 Kühe nach seiner Methode behandelt, 
von denen 90 °/ 0 hergcstcllt wurden. Der Jodkali-Infusion folgte 
constant eine Hemmung der Milchsecretion, aber diese ist stets 
nach Verlauf einiger Tage wieder normal geworden. Nur 
bei zwei Kühen hat sie sich längere Zeit hindurch niedrig er¬ 
halten. 

Sch midt-Kolding’s Mittheilungen wurden von allen Thicr- 
ärzten freudig begrüsst und mehrfach praktisch verwerthet. 


Tempel (B. Th. W. 1898, No. 18) heilte zwei Fälle 
von Kalbefiebcr nach Schmidt’s Methode, ohne dass Rück¬ 
fälle oder üble Folgen eingetreten wären. 

Kubaschewsky (Berl. Th. W.-Schr. 1898, No 29) 
berichtet ein Gleiches. Ihm zufolge darf das Euter nicht vor 
Ablauf von 18 Stunden nach geschehener Infusion ausgemolken 
werden, wenn Erfolg erzielt werden soll. In Schmidt-Kol- 
ding’s Abhandlung ist auf diesen Umstand nicht hingewiesen, 
vielmehr bei einzelnen Thieren ausdrücklich angeführt, dass sie 
schon nach 8—10 Stunden gemolken worden seien und Milch 
gaben. 

Witt theilt in seinem Referat über die Schmidt’sche 
Arbeit (Berl. Th. W.-Schr. 1897, No. 50) mit, dass von 13 
Fällen, welche nach der beregten Methode behandelt wurden, 
12 genasen. Eine Kuh behielt Lähmung eines Hinterschenkels 
zurück. 

Neuerdings ist aber auch schon eine Reihe von Versuchen 
bekannt gegeben worden, welche Schmidt-Kolding’s Ent¬ 
deckung nicht bestätigten. 

Meyer-Leese (B. Th. W. 1898, No. 29) behandelte fünf 
an Kalbefieber leidende Kühe nach Schmidt-Kolding, fünf 
andere auf seine früher geübte Weise mit Brechweinstein, 
Kaffee und Wein. Die mit Jodkalium behandelten Thiere 
starben sämmtlich; von den auf andere Weise Behandelten 
genas eines vollständig, zwei wurden während der Krankheit, 
zwei nach Ueberstehcn derselben wegen Fremdkörperpneumonie 
geschlachtet. Meyer schliesst daraus, dass Schmidt-Kol- 
ding’s Kalbefiebertheorie falsch sei und nur eine willkürliche 
Annahme darstclle. Die Colostrumkörperchen seien überhaupt 
keine Drüsenepithelien, sondern nach Michaelis mit Milch¬ 
körperchen beladene Leukocyten. 

Moebius-Plauen (B. Th. W. 1898, No. 31) wendete die 
Schmidt-Kolding’sche Behandlung in einem Krankheitsfall 
ohne jeden Erfolg an, erzeugte vielmehr dadurch eine blutig¬ 
seröse Infiltration des Euters. 

Den Lesern dieser Zeitschrift sind die »Vereinsnachrichten« 
aus No. 31 noch in Erinnerung, denen zufolge 49 Kühe mit 
Jodkalium behandelt wurden, von denen über 30 genasen, 
12 nothgeschlachtet wurden. Die andern starben. 

Christian i. 


Der Gebrauch von Morphin, Aether und Chloroform bei 

Geburten. 

(Scmainc medicale, 1898. — Annales de Med. veter., 6. Heft, 1898.1 

Um den Einfluss der genannten narkotischen Mittel auf die 
Thätigkeit der Muskelhaut des Uterus bei Geburten besser 
kennen zu lernen, richtete Dr. Hcnscn schon seit längerer 
Zeit sein besonderes Augenmerk hierauf, namentlich was das 
Morphin und den Aether betrifft. Von dem Chloroform ist 
schon länger festgestcllt, dass es wie das Chloralhydrat, dieses 
nur in etwas geringerem Grade, eine entschieden paralysirende 
Wirkung auf die in der Arbeit befindliche Gebärmutter ausübt. 

So oft Verf. eine Anästhesirung des thätigen Uterus noth- 
wendig hatte und zum Morphium in den gewöhnlichen Dosen 
griff, machte er die Erfahrung, dass es sich für solche Zwecke 
nicht brauchbar erwies; auch auf den Intcnsitätsgrad der Con- 
tractionen bleibt cs einflusslos, gleichviel, ob cs sich um Con- 
tractionen des Uterus oder der Bauchmuskeln handelt. Ganz 
anders verhielt es sich in mehr als tausend Fällen mit dem 
Aether, welcher nach Art des Chloroforms regelmässig die 
Wehenthätigkeit vermindert und namentlich die Wehcjipausen 
verlängert. Diese präcise Action des Aethers hört jedoch 
in 6—20 Minuten völlig auf, nachdem man von ihm 
Gebrauch gemacht hat, während beim Chloroform noch Wehen 
nachfolgtcn, selbst noch 2 Stunden lang. Wird es daher noth- 
wendig, eine geburtshilfliche Operation auszuführen, erreicht 
man nur durch Aether vollständige Uterusruhc, Chloroform ist 
sonach in dieser Beziehung dem Aether unterzuordnen und hat 
Hensen Ersteres jetzt verlassen. Vogel. 


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No. 37. 


DEUTSCHE THIERZERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Tuberculose beim Pferde. 

Von Thierarzt Trülsen. 

(lieiliner thier.imlichc Wochenstlnift, 1898, No 1-4.) 

Entgegen den Angaben Dieckcrhoff’s, dass die Tuber¬ 
culose beim Pferde nur im späteren Lebensalter zu beobachten 
sei, berichtet T. über das Vorkommen dieser Krankheit bei 
einem 5 Jahre alten Thiere. • 

Ein Pferd war an Druse erkrankt, zu der sich im Laufe 
der Behandlungszeit noch eine acute Laryngo-Pharyngitis mit 
doppelseitiger Pneumonie gesellte. Nachdem die krank¬ 
haften Erscheinungen nach einiger Zeit wieder so weit zu¬ 
rückgetreten waren, dass T. anrathen konnte, das Pferd zu 
leichteren Arbeiten zu verwenden, musste alsbald wieder davon 
Abstand genommen werden, da dasselbe starken Schweissaus¬ 
bruch, verbunden mit heftiger Athemnoth und leichten Kolik¬ 
erscheinungen, bekam. Von dieser Zeit ging das Pferd immer 
weiter im Nährzustand zurück, zeigte das typische Bild einer 
chronischen Kachexie und verendete schliesslich, nachdem cs 
2 Tage lang noch heftige Kolik gehabt hatte. 

Die Scction ergab nachfolgende Veränderungen: Peritonitis 
scrofibrinosa, Milz um das Dreifache vergrössert, höckerig, mit 
7—8 wallnuss- bis mannsfaustgrossen Tumoren, die zum Theil 
eine dickflüssige, gelbe, schmierige, zum Theil eine kalkartige 
bröcklige Masse beherbergten, durchsetzt. Perisplenitis chronica 
villosa. Abscessc in der vergrösserten Bauchspeicheldrüse, die 
Lymphdrüsen des Hinterleibes erheblich vergrössert, mit käsigen 
und kalkigen Herden reichlich durchsetzt. Leber und Nieren 
parenchymatös degenerirt. Im Nierenbecken gelber, rahmartiger 
Eiter. 

Die mikroskopische Untersuchung, die von Tr. und im 
pathologischen Institut der Berliner Hochschule, wohin Thcile 
der krankhaften Veränderungen geschickt worden waren, vor¬ 
genommen wurde, ergab die Diagnose »Tuberculose«. 

Tr. nimmt an, dass die Krankheit vom Darm aus den An¬ 
fang genommen hat und von da sich auf die übrigen Organe 
des Hinterleibes ausdehnte. In den Darm gelangten die Krank¬ 
heitserreger höchst wahrscheinlich durch den Genuss roher, 
von tuberculösen Kühen stammender Milch, zumal in Schlesien, 
wo die Tuberculose eine starke Verbreitung hat, die Fohlen 
oft mit roher Kuhmilch aufgezogen werden. 

In forensischer Hinsicht ist der Fall von Wichtigkeit, da 
auf Grund des Obductionsbcfundes der Verkäufer auf Rück¬ 
ersatz des Kaufpreises verklagt und diese Klage auch zu 
Gunsten des Käufers entschieden wurde, da den Veränderungen 
nach Analogie bei Beurtheilung der Rindcrtuberculosc eine Ent¬ 
wicklungsdauer bis zu 6 Monaten zugestanden werden musste. 

G ö r i g.' 

Neurose des Zwerchfells bei einer Kuh. 

Von Paimans. 

(Rcci.eil d'Alfort. Juni 1S9S.) 

Die nicht allzu selten beim Pferde auftretende Neurose 
des Zwerchfells ist beim Rinde eine weniger häufige Er 
scheirtung. 

Paimans wurde zu einer Kuh gerufen, welche nach ge¬ 
wöhnlicher Futter- und Wasseraufnahmc plötzlich schwer er¬ 
krankt war; die Haupterscheinung war starke Athemnoth. 
Nach Verlauf einer Stunde und bevor Arzneien beschafft werden 
konnten, war das Thier vollständig hergcstellt. 

Nach zwei Tagen liess der Besitzer mitthcilcn, dass die 
Kuh abermals an Athemnoth erkrankt sei und dass dieser Zu¬ 
stand nach jedesmaligem Tränken cinträte. P. besichtigte die¬ 
selbe nochmals und fand ihren Zustand normal. Das ihr ge¬ 
reichte Futter nahm sie gierig zu sich ohne auffallende Er¬ 
scheinung; kaum hatte sic aber einen halben Eimer Wasser 
verschluckt, so trat sie von der Krippe zurück und Hess den 
Kopf hängen; der Blick wurde ängstlich und die Flanken fingen 
an, sich stark zu heben, so dass der ganze Körper dadurch 
erschüttert wurde. Die Zahl dieser Flankenstössc war der¬ 


jenigen der Herzschläge gleich, welche letztere normal er¬ 
schienen. 

Dieser Zustand währte ungefähr eine halbe Stunde; von 
dem Moment an nahmen die Symptome allmälig ab und nach 
einer Stunde war nichts Abnormes mehr zu bemerken. 

In der Annahme, dass diese Zwcrchfellskrämpfe reflectorisch 
durch diese kleinere Menge Wasser hervorgerufen werden 
konnten, wurde Bromkalium verabreicht; darauf nahmen die 
Intensität und die Dauer der Anfälle ständig ab und nach 
6 Tagen war die Kuh geheilt, ohne dass Rückfälle seither ein¬ 
getreten sind. Hans. 

Retention der Eihäute beim Rinde. 

Von M o r s e 11 i. 

(Giorn. della R. Soc. ed Accad. Vet. Ital, 1898, S. 697.I 

Die Beobachtung bietet eine Eigenthümlichkcit, welche 
bisher wohl noch nicht gesehen ist. Die Kuh zeigte die be¬ 
kannten Erscheinungen, ohne dass Eihautreste äusscrlich sichtbar 
waren. Durch Ausspülungen des Uterus wurden anscheinend 
die Eihäute entfernt. Die Kuh wurde munter und gesund. 
5 Tage später stellte sich heftiges Pressen ein und die Kuh 
verfiel von Tag zu Tag. M. untersuchte per anum und per 
vaginam und fand einen kindskopfgrossen Tumor, ausgehend 
vom Uterus, den er für weitere rctinirte und faulende Eihaut¬ 
reste ansah. Der Muttermund war fest geschlossen und M. 
fürchtete einen Durchbruch in die Bauchhöhle. Die Kuh blieb 
noch 6 Tage schwer krank, bis plötzlich Besserung eintrat und 
das Pressen aufhörte. Bei der Rectaluntersuchung fand M. 
zu seinem Erstaunen 15 cm vom After entfernt in der unteren 
Wand des Mastdarms ein Loch, welches in den Uterus führte. 
Durch dieses Loch gelang es M., ungefähr 650 g fauler Eihäute 
und ca. 1 Liter Jauche zu entleeren. Es war also Uterus und 
Mastdarm mit einander verklebt und durch die Verklebungs- 
stclle war der Inhalt des Uterus in den Mastdarm perforirt. 
Nach 8 Tagen soll die Kuh wieder vollständig gesund gewesen 
»ein und in normaler Weise Nutzen gegeben haben, h’rick. 

Carcinom des Unterkiefers beim Pferd. 

Von Cadiot. 

(Huf. de U Soc. centr. de med. vet, 1898, S. 302.) 

Während Carcinome des Oberkiefers nicht so sehr selten 
sind, werden solche des Unterkiefers beim Pferde nicht allzu 
häufig gefunden. C. bekam ein derartig erkranktes Pferd mit 
folgendem Vorbericht zur Untersuchung: Das io Jahre alte 
Pferd zeigte bis vor Monatsfrist keinerlei Krankheitserscheinungen. 
Zu dieser Zeit entstand im Kehlgang eine hühnereigrosse Ge¬ 
schwulst. Der behandelnde Thierarzt hielt dieselbe für einen 
Abscess. Er brannte mit dem spitzen Eisen vier Löcher hinein. 
Eiter kam hierbei nicht zum Vorschein. Acht Tage darnach 
hatte die Geschwulst den fünffachen Umfang angenommen. 
Gleichzeitig trat eine zweite Geschwulst am unteren Theile der 
Backe auf. Diese brach auf und eine Fistel blieb übrig. Jede 
Behandlung blieb erfolglos. Das Pferd wurde daher C. zu¬ 
gesandt. Es bot folgenden Befund: Nährzustand des Pferdes 
gut An den unteren Partien der Backe, an den Ganaschen, 
im Kchlgangc findet sich eine umfangreiche, ulccrirende, 
fungöse, leicht blutende Geschwulst. In Folge Reibens Seitens 
des Patienten waren Brust, Schultern und Vorarmc mit blutigem 
Eiter besudelt. Die Geschwulst im Kehlgang hatte ihren Sitz 
in den submaxillaren Lymphdrüsen. Sie war 20 cm lang, 
10 cm breit, an ihrer höchsten Stelle ragte sie 12 cm hervor. 
Ihre Consistenz war hart, die Oberfläche höckerig, sic haftete 
der Haut fest an, war jedoch gegen den Unterkiefer und den 
Zungengrund verschiebbar. An der Backe befand sich die 
Geschwulst im Bereich der unteren Partien von der Mitte des 
Masseter bis zum Lippcnwinkel. Nach oben überragte sie die 
Jochleiste. In den hinteren Partien prominirte sie 7 — 8 cm 
und trat mit der Geschwulst im Kehlgang zusammen. Sie war 


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io. September. 


/'KUTSCHE THIER^ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


326 


scharf begrenzt, peripher, adhärirte die Haut, das Centrum war 
ulcerirt. Dieser Theil war 10 cm breit und hatte das Aus¬ 
sehen von Blumenkohl. Im Grunde dieser Ulceration konnte 
man mit der Sonde in den erweichten und knirschenden Knochen 
eindringcn. Aus der Maulhöhle kam ein stinkender Geruch. 
Daselbst war die innere Knochentafel des Unterkiefers und die 
Schleimhaut vom Tumor durchbrochen. In dem Raume 
zwischen Zunge und Unterkiefer fand sich Geschwulst in Form 
einer länglichen, röthlichen Masse. Dieselbe bedeckte zum 
Theil die Prämolaren. 

Aus diesem Befunde schloss C. auf ein Carcinom. Das¬ 
selbe musste seinen Ausgang im Mark des Unterkieferastes 
haben. Die mikroskopische Untersuchung von Theilchcn der 
Geschwulst bestätigte die Diagnose. Es lag ein Plattenepithel- 
carcinom mit lappigem Bau vor. 

Eine Behandlung wurde als zwecklos nicht eingclcitet. 
Das Pferd starb 7 Wochen nach Auftreten der offensichtlichen 
Geschwulst in Folge von Erschöpfung. 

Bei der Obduction wurden ausser den Erscheinungen der 
Kachexie und den Tumoren am Kopfe keine krankhaften Ver¬ 
änderungen gefunden. Der linke Unterkiefer war in seiner 
ganzen Höhe und im Bereich der Prämolaren zerstört. In der 
Geschwulst waren nur spärliche Knocheninscln geblieben. Der 
Kiefer in der Nachbarschaft der Geschwulst war stark aufge¬ 
trieben. Die erste und dritte Prämolare wackelten in ihren 
Alveolen; die zweite steckte locker im Granulationsgewebc. 
Der Tumor im Kehlgang wog 1950 g; die übrigen Geschwulst¬ 
massen beinahe 3 kg. Fr ick. 


Oeffentliches Veterinärwesen. 

Kampf ?e?en die thierische Tuberculose durch die 
Prophylaxe. 

Von Professor Bang. 

Vorlrag, gehalten auf dem IV. Tuberculose-Congress zu Paris vom 27 Juli 
bis 2. August 1898. 

(Refer. nach der klinisch-lherapeut. Wochenschr. 1898, No. 3a.) 

Auf dem diesjährigen Congress zum Studium der Tuber¬ 
culose, welcher unter dem Vorsitz des Professors Nocard 
vom 27. Juli bis 2. August in Paris stattfand, hielt Prof. 
Bang-Kopenhagen einen bemerkenswerthen Vortrag über 
den Kampf gegen die thierische Tuberculose durch 
die Prophylaxe. B. bekämpft auf Grund genauer Unter¬ 
suchungen die heutzutage allgemein gütige Annahme, dass die 
Rindertuberculose in raschem Zunehmen begriffen ist. Er glaubt 
vielmehr, dass sie in manchen Gegenden abnimmt, weil die 
Landwirthe in den letzten 20 Jahren sich überzeugt haben, dass 
sie dabei nichts zu gewinnen haben, wenn sic die kranken 
Thiere bis kurz vor dem Tode in den Ställen belassen. Die 
grosse Zahl von positiven Tuberculinrcactionen braucht uns 
nicht zu erschrecken, da die grosse Mehrzahl der reagirenden 
Thiere nur in ganz minimalem Grade afficirt ist, so dass nur 
ganz vereinzelte Knötchen irgend einer Lymphdrüse zu finden 
sind. Diese Thiere sind inficirt, aber nicht krank. Bei vielen 
von ihnen gelangt die Tuberculose gar nicht zur Entwicklung, 
sondern bleibt Jahre lang stationär oder die Knötchen schrumpfen 
ein und verkalken. Solche Thiere sind ganz unschädlich und 
können keine Infection übermitteln. 

Was die Gefahren der Rindertuberculose für den Menschen 
anlangt, so hat man die Gefahr des Rindfleisches früher stark 
übertrieben. Nur bei allgemeiner Tuberculose enthalte das 
Blut Bacillen. Das deutsche System, nach welchem eine gänz¬ 
liche Confiscation des Fleisches nur bei allgemeiner Tuber¬ 
culose vorgeschrieben ist, während die leichten Fälle nach Ent¬ 
fernung 4 er kranken Organe zum Verkaufe unter gewissen 
Vorsichtsmassrcgcln zugclasscn werden, verdient daher Nach¬ 
ahmung. 

Viel grösser ist die der Milch zugeschriebene Gefahr, 
weil diese viel häufiger als das Fleisch in rohem Zustande 
genossen wird und weil sie namentlich im Kindesaltcr das 


hauptsächlichste Nahrungsmittel bildet. Es ist bekannt, dass 
die von der tuberculösen Mamma seccrnirte Milch zahlreiche 
Tuberkelbacillen enthält, und zwar ist die Gefahr der Infection 
durch eine solche Milch um so grösser, als die Tuberculose 
des Euters sich sehr häufig langsam entwickelt und die Milch 
sehr häufig ein ganz normales Aussehen haben kann. Was die 
Häufigkeit der Eutertuberculose anlangt, so wurde dieselbe bei¬ 
spielsweise in Sachsen in den Jahren 1888/96 in *1,2—3 
aller geschlachteten tuberculösen Thiere vorgefunden. Selbst¬ 
verständlich wird die Gefahr der Infection durch Milch durch 
Kochen vollständig behoben, allein Viele haben eine grosse 
Aversion gegen gekochte Milch, weshalb der Verkauf von 
stark pastcurisirter Milch zu empfehlen ist. Die Tuberkcl- 
bacillen werden durch kurzes Erhitzen auf 85°C. 
getödtet. Wenn unmittelbar nach einer solchen Erhitzung 
die Milch stark abgekühlt wird, so hat sie nicht den Geschmack 
der gekochten Milch. 

Ebenso wie der Mensch sind auch die Kälber und 
Schweine der Infection durch Milch sowie durch Molken 
ausgesetzt, wie die zahlreichen Versuche ergeben haben. Um 
diesem Uebelstande abzuhelfen, wird daher schon seit lange 
in Dänemark die abgerahmte Milch, bevor sie in den Meiereien 
verkauft wird, erhitzt, und im Frühjahre dieses Jahres wurde 
sogar ein Gesetz erlassen, wonach keine Meierei die abgerahmte 
Milch ausgeben darf, ohne sie auf 85" erhitzt zu haben. Diese 
Massregel ist von grossem Nutzen, namentlich weil man jetzt 
einfache Mittel hat, um zu controliren, ob die Milch annähernd 
auf die gewünschte Temperatur erhitzt worden ist. Professor 
Storch - Kopenhagen hat nämlich nachgewiesen, 
dass wenn man einen Tropfen einer H^O*-Lösung 
und zwei Tropfen einer wässerigen 2proc. Lösung 
von Paraphenylendiamin einer kleinen Menge Milch 
zusetzt, die nicht auf 80 0 erhitzt worden ist, eine 
Blaufärbug entsteht, dass diese aber ausbleibt, 
wenn die Milch über die genannte Temperatur er¬ 
hitzt worden ist. 

Eine weitere Infectionsquelle ist die Butter, in der aller¬ 
dings in Folge der Centrifugjrung bei der Bereitung derselben 
nur wenige Tuberkelbacillen enthalten sein können. Glücklicher¬ 
weise konnte nachgewiesen werden, dass man auch aus 
dem Rahm, der auf 8 5 0 C. erhitzt worden ist, eine 
ausgezeichnete Butter bereiten kann. Ein neues 
dänisches Gesetz verlangt ferner, dass der an der Innenwand 
der Centrifuge abgesetzte Niederschlag verbrannt werde, weil 
derselbe eine gewisse Menge Tuberkelbacillen enthalte. 

Da die Eutertuberculose in erster Reihe eine Gefahr der 
Uebertragung durch Milch und Milchproducte ist, so hat in 
Dänemark und in Schweden ein Gesetz festgestellt, dass jede 
Kuh, die an Eutertuberculose erkrankt ist, getödtet werde und 
deren Besitzer eine entsprechende Entschädigung erhalte. Die 
rechtzeitige Erkennung der Krankheit bei Rindern ist gegen¬ 
wärtig durch das Tuberculin ermöglicht, doch weist die Tuber- 
culinreaction manche Eigenthümlichkeiten auf, von denen eine 
ganz besonders hervorgehoben zu werden verdient. Während 
nämlich das Tuberculin bei Thieren, die ruhig in ihrer ge¬ 
wohnten Umgebung leben, fast sicheren Aufschluss giebt, bleibt 
die Reaction bei Thieren nach einer Reise oder bei solchen, 
die auf Märkte gebracht werden, aus. Es scheint, dass unter 
gewissen Verhältnissen die Thiere in einen abnormen Zustand 
gerathen, in welchem die Reactionsfähigkeit auf Tuberculin zeit¬ 
weilig verschwindet oder abnimmt. Man muss daher fordern, 
dass die Rinder einige Tage in Ruhe bleiben, ehe sie die 
Tubcrkulininjection bekommen. 

Das Ideal einer Prophylaxe der Tuberculose bei Rin¬ 
dern ist die rechtzeitige Entdeckung aller tuberculösen Thiere, 
die Schlachtung der stärker betroffenen und jener, bei welchen 
die Erkrankung eine contagiöse Form annimmt, endlich die 
vollständige Trennung der gesunden Thiere von den kranken. 
Die Durchführung dieser Wünsche ist aber vorläufig noch un¬ 
möglich, man ist daher genöthigt, die erkrankten Thiere lang¬ 
sam und allmälig auszurotten. Die hierzu anwendbaren Mass- 
regeln hängen davon ab, welche Geldopfer man hierfür bringen 


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No. 37. 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


327 


kann. Scheut man vor grossen Opfern nicht zurück, so kann 
man — wie dies z. B. in Belgien und Massachusetts geschieht — 
in erster Reihe die klinisch tuberculös nachweisbaren Thiere so 
viel als möglich ausrotten; dort, wo das Land über die noth- 
wendigen Mittel nicht verfügt, um die erforderlichen Ent¬ 
schädigungen auszuzahlen, thut man am besten, die Besitzer 
anzuhaltcn, die besten prophylaktischen Massregeln in ihrem 
eigenen Interesse anzuwenden. Dies geschieht am besten, in¬ 
dem sie nach Durchführung der Tubcrculinrcaction die kranken 
Thiere von den gesunden trennen, die tuberculösen schlachten 
und das Fleisch solcher Thiere unter thierärztlicher Controle 
verkaufen. Casper. 

Ueber eine neue Methode der Stalldesinfection. 

Von Dr. Walther und Dr. Schlossmann. 

Privatüocenten an der Technischen Hochschule zu Dresden. 

(Zeitschrift für Thiermcdicin. II, 4, S- 269 fr.) 

Wir wissen, dass die Weiterverbreitung der ansteckenden 
Krankheiten dadurch zu Stande kommt, dass die specifischen 
Krankheitserreger von den kranken Individuen auf gesunde 
übertragen werden und zwar einmal so, dass diese Ueber- 
tragung direct, von Individuum zu Individuum, statthat — directe 
Ansteckung — oder durch ein belebtes oder unbelebtes Medium 
— indirecte Ansteckung. Die indirecte Ansteckung ist die viel 
häufigere und schwerer zu verhütende. Es ist eine Haupt¬ 
aufgabe der prophylaktischen Medicin, nach Methoden zu suchen, 
durch die es gelingt, die Zwischenträger, insbesondere Räume, 
von den ihnen anhaftenden Keimen zu befreien. Man hat zu 
scheiden zwischen dem einfachen Reinigungsverfahren, wobei 
mechanisch durch Beseitigung des Schmutzes auch die Krank¬ 
heitserreger entfernt werden und dem Desinfectionsverfahren 
im engeren Sinne, wobei es sich um eine Abtödtung der Keime 
handelt. 

Das Reinigungsverfahren ist bei jeder Desinfection un¬ 
erlässlich. Allein es ist nicht genügend. Es müssen noch 
Desinfectionsmittel zu Hilfe genommen werden. Von diesen 
giebt es thermische und chemische. Die thermischen Mass¬ 
nahmen kommen für die Stalldesinfection kaum in Betracht. 
Von den chemischen sind für unsere Zwecke die wohlfeilen 
Chlorkalkmischungen, sowie die Carbolsäure und andere Phenol¬ 
derivate am meisten in Gebrauch. Diese Agentien, die in 
Form der Lösung angewendet werden, werden meist einzelne 
Theile des Stalles, Ritzen, Spalten, nicht erreichen. Es ist des¬ 
halb zu erstreben, ein gasförmiges Desinficiens zur Verfügung 
zu haben. Dieses Gas müsse alle Keime sicher abtödten, die 
im Stalle befindlichen Gegenstände- nicht beschädigen und durch 
seine verbleibenden Reste auf Mensch und Thier nicht schädlich 
wirken. Die schweflige Säure erfüllt diese Anforderuhgen picht. 

Da wurden wir 1890 durch Aronsohn in Berlin auf das 
Formaldehyd hingewiesen. Formaldehyd ist ein farbloses Gas, 
von stechendem, reizendem Geruch, das sich zu 40 °/ 0 in 
Wasser löst. Das Formaldehyd hat die Neigung, leicht zu 
polymerisiren, d. h. in Verbindungen überzugehen, bei denen 
die procentische Zusammensetzung gleich, die Moleculargrösse 
verschieden ist. Derartige Polymeren des Formaldehyds kennen 
wir zwei, das Paraformaldehyd und das Trioxymcthylen; beide 
sind viel weniger bakterientödtend, als das Formaldehyd. Die 
Methoden, welche sich des Formaldehyds als Stalldesinficiens 
bedienen, müssen deshalb eine Polymerisirung desselben ver¬ 
hüten. Tri Hat setzt der Formaldehydlösung Chlorcalcium zu. 
Der Apparat wird ausserhalb des zu desinficirenden Raumes 
aufgestellt und die Dämpfe werden durch das Schlüsselloch in 
den betreffenden Raum geleitet. Die Dauer der Desinfection 
beträgt 24 Stunden. Scheering verwendet Paraformaldehyd 
und verwandelt dasselbe durch Wasserdampf in Formaldehyd. 
Beide Methoden sind kostspielig und für Ställe nicht zu em¬ 
pfehlen. 

Die Verfasser haben eine neue Methode eingeführt. Sie 
bedienen sich als Ausgangsmaterial des Formaldehyds. Die 
Polymerisirung wird verhindert durch Gegenwart reichlicher 


Mengen von Wassergas und Glycerin. Die Firma Karl August 
Lingner in Dresden hat einen Apparat construirt, der allen 
Anforderungen genügt. Er besteht aus einer rund angeordneten 
Spirituslampc, durch welche das im kupfernen Kessel befind¬ 
liche Wasser zum Sieden gebracht wird. Der Wasserdampf 
tritt durch messingene Zuleitungsröhrcn in einen gusseisernen 
Kessel, der die Formaldehydlösung und Glycerin enthält (30 °/o 
Formaldehyd, 10 "/« Glycerin, 60 "/„ Wasser). Diese Mischung 
nennen die Verfasser Glycoformal. Auf dieses Glycoforraal 
drücken die Wasserdämpfe und entweichen durch 4 Oeffnungen. 
Dabei wird gasförmiges Formaldehyd frei ; es entweicht ferner 
überflüssiger Wasserdampf und Glycerinstäubchen. Durch die 
nicht hermetisch verschlossenen Fenster und Thüren tritt Luft 
ein, welche eine Bewegung der Luft in dem zu desinficirenden 
Raume bewirkt. Dadurch und durch den Austritt der Form- 
aldehydnebcl nach vier verschiedenen Seiten wird erreicht, dass 
die Luft in allen Theilen sich mit Formaldehyddämpfen 
schwängert. Ein Apparat genügt zur Desinfection eines Stalles 
von 50 cbm. Gebraucht wird Spiritus 500 g, Ä / 4 1 Wasser, 
2 1 Glycoformal. Die Nebelbildung beginnt nach 8 Minuten 
und dauert 20 Minuten. Nach 2—3 Stunden ist die Desinfection 
beendet. Wenn eine Stunde lang tüchtig gelüftet ist, können 
Menschen und Thiere unbeschadet den Raum wieder bewohnen. 

Die Wirkung der Desinfection ist die, dass eine voll¬ 
ständige Abtötung aller Keime, auch der Dauerformen, auf der 
Oberfläche des Raumes und in die Tiefe, soweit als Luft ein¬ 
zudringen vermag, stattfindet. 

Der Apparat kostet 80 Mk., das Liter Glycoformal 4 Mk. 

Die Verfasser bitten um eingehende Prüfung ihrer Methode 
und hoffen, der Veterinärpolizei einen Dienst erwiesen zu 
haben. Fro eh ner-Fulda. 


Nahrungsmittelkunde. 

Meat preserve und das Reichsgericht. 

Vom Landgericht zu Düsseldorf waren Ende vorigen Jahres 
19 Metzgermeister wegen Zusatz von Meat preserve zu je 50 Mk. 
Geldstrafe verurtheilt worden. Der chemische Sachverständige 
hatte sich seiner Zeit dahin geäussert, dass das Preservesalz, 
wenn cs älter werde, seine chemische Zusammensetzung ändere 
und dann das Fleisch nachtheilig beeinflusse. Gehacktes Fleisch 
wird vielfach, so sagt das Urtheil, von Aerzten den Patienten 
und Reconvalescenten verordnet, bei denen dann die Schädi¬ 
gung der Gesundheit um so leichter eintritt. Hackfleisch ohne 
Preservesalz wird schon nach zehn Minuten grau und nach 
einigen Stunden sehr unansehnlich. In Folge der Beimischung 
von Meat preserve bleibt es aber dauernd roth, als wenn es 
erst vor zehn Minuten bereitet wäre. Die Metzger wünschen, 
dass älteres Hackfleisch wie frisches aussehe und täuschen durch 
Anwendung von Meat preserve das Publikum, welches Fleisch 
mit der natürlichen grauen Farbe nicht kaufen würde. Die 
Verfälschung eines Nahrungsmittels wurde deshalb als erwiesen 
angesehen. Von den Verurtheilten hatten nur zwei Revision 
eingelegt, die vor dem ersten Strafsenate des Reichsgerichts 
zur Verhandlung kam. Die Beschwerdeführer behaupteten, sie 
hätten von dem fraglichen Stoffe nicht mehr verwendet, als 
auf der Anweisung zur Meat preserve angegeben sei. Das 
Salz sei ein Conservirungs- nicht ein Färbemittel. Conservirungs- 
mittel seien aber nicht verboten, z. B. die Eisschränke. Der 
Reichsanwalt beantragte die Verwerfung der Revision. Es 
handele sich hier nicht um eine Verfälschung in dem Sinne, 
dass schlechte Waare gut aussehend gemacht würde, sondern 
dass gute Waare von vornherein davor geschützt wird, ein 
schlechteres Aussehen zu bekommen. Das Gericht habe fest¬ 
gestellt, dass das Fleisch trotz des Bestehenbleibens des guten 
Aussehens qualitativ in demselben Masse schlechter werde wie 
solches, ohne den Zusatz. Damit sei aber der strafbare That- 
bestand erfüllt. Das Reichsgericht schloss sich diesen 
Ausführungen an und verwarf die Revision als un¬ 
begründet. (Internation. Fleischerzeitung, No. a6.) 


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J28 DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. io. September. 


Pentastomenlarven in der Lunge einer Ziege. 

Von Dr. M. T e m p e 1 - Chemnitz, Dircctor der städt. Fleischbeschau. 

(Zeitschrift f. Fleisch- u. Milchhygiene, VIII. io Heft, S. 187.) 

In der Lunge einer 6 Jahre alten geschlachteten Ziege 
fand Tempel zahlreiche hirsekorn- bis wickengrosse Knötchen, 
in denen er Larven von Pentastoma taenioides nachweisen 
konnte. Mehrere der letzteren hatten bereits die Kapsel der 
Knötchen durchbrochen und lagen spiralförmig unter der Pleura 
in der Nähe der Knötchen. Beim Ueberstreichen mit dem 
Messerrücken bewegten sich die Larven lebhaft und einige 
traten den Rückzug durch Gänge in das Parenchym der Lunge 
an. In Leber, Milz, Gekrösdrüsen, unter Brust- und Bauchfell 
waren Larven nicht aufzufinden, ebensowenig freiliegende in 
Brust-Bauchhöhle oder Bronchien. 

Der Transport der Larven vom Verdauungsapparat aus 
nach der Lunge dürfte durch den Blutstrom erfolgt sein. 

Da die Lunge sehr selten den Sitz von Pentastomenlarven 
bildet, welche bekanntlich vorzugsweise in den Gekrösdrüsen 
Vorkommen, so erweckt der Tempel’sche Fund besonderes 
Interesse. Edelmann. 

Jahresbericht über Viehmärkte und Fleischbeschau in 
Mannheim für das Jahr 1897. 

Erstattet von Bezirksthierarzt P h. Fuchs, Dircctor des städt. 

Schlacht- und Viehhofes. 

Auftrieb zu den Zucht-,-Nutz- und Schlachtvich- 
märkten: 39523 Rinder, 20198 Kälber, 58499 Schweine,, 

18 811 Ferkel, 496 Schafe, 25 Ziegen, 2885 Pferde. Zusammen:' 
140438 Thiere. 

Fleischbeschau. Geschlachtet wurden im Schlacht¬ 
haus 11518 Rinder, 10369 Kälber, 1064 Schafe, 382 Ziegen 
und Zicklein, 15878 Schweine und 213 Pferde. Zusammen 
3 7 266 Thiere; in den Privatschlächtereien der Stadt kamen 
zur Schlachtung: 6109 Kälber, 1608 Schafe, 24646 Schweine 
und 189 Pferde. In Summa 32652 Thiere. Hierzu noch als 
Nothschlachtungen: 74 Rinder, 42 Kälber, 3 Schafe und 106 
Schweine; zusammen 225 Thiere. Zahl der Gesammt- 
schlachtungen: 11 592 Rinder, 16520 Kälber, 2675 Schafe, 
382 Ziegen und Zicklein, 40630 Schweine und 402 Pferde. 
Beanstandet wurden im Ganzen: 161 Rinder, 59 Kälber, 

8 Schafe, 30 Schweine und 3 Pferde. Davon kamen zur Frei¬ 
bank: 81 Rinder (0,69 °/„), 43 Kälber (0,26 %), 3 Schafe (0,11 °/o) 
22 Schweine (0,05%). Hiervon u. A. wegen Tubcrculose 
60 Rinder und 3 Schweine. 

Als ungeniessbar wurden der Abdeckerei über¬ 
wiesen: 80 Rinder (0,68 °/ 0 ), 16 Kälber (0,09 °/ 0 ), 5 Schafe; 
(0,15 °/ 0 ), 8 Schweine (0,02 u / 0 ) und 3 Pferde (0,07"/,,). Hier¬ 
unter u. A. wegen Tubcrculose 47 Rinder, 1 Kalb, 1 Schwein. 

Ferner wurden wegen verschiedener localer Erkrankungen 
an einzelnen Organen confiscirt: 

a) beim Grossvieh: 298 Lungen, 106 Lebern, 9 Milzen, \ 
5 Nieren und 52 andere Organe und Eingeweide. Davon allein 
wegen Tuberculose: 343 Organe; 

b) beim Kleinvieh: 154 Lungen, 324 Lebern und 29 an¬ 
dere Organe und Eingeweide; davon wegen Tuberculose 
85 Organe; 

c) bei Pferden: 17 Lungen und 9 Lebern. 

Ausserdem 591 kg Fleisch wegen blutiger Beschaffenheit. 

Von auswärts eingeführtes und im Schlachthaus 

untersuchtes Fleisch: Eingeführt wurden in Vierteln: 
4223 Rinder, 1708 Kälber, 2730 Schafe, 953 Ziegen, 2307 Zick¬ 
lein, 4568 Schweine und 4 Pferde. Im Ganzen 16941 Viertel 
mit einem Gesammtgewicht von 296586 kg. Von diesen wurden 
der Freibank überwiesen: 44 Rinder, 3 Kälber, 2 Schweine. — 
Vernichtet wurden 12 Rinder und 25 verschiedene Organe 
vom Grossvieh, 43 vom Kleinvieh. Edelmann. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Zum Bericht über die Plenarversammlung: des Thierärzt¬ 
lichen Vereins für Württemberg:. 

In No. 34 der Wochenschrift brachten wir in dem Vereins¬ 
bericht ein Referat über den Vortrag des Grafen Rcchbcrg 
»lieber die Bedeutung des Württcmbergischcn Pferdezucht¬ 
vereins, insbesondere die Förderung desselben durch die Thier¬ 
ärzte«. Den sehr ausführlichen Vortrag sowohl, wie die sich 
daran schlicsscnde Discussion konnten wir des Raumes wegen 
nur in sehr gedrängter Form wiedergeben. Herr Bczirks- 
thierarzt Bossert in Würzburg befürchtet, dass die von ihm 
berichteten Acusscrungen leicht zu Missdeutungen Anlass geben 
und den Anschein erwecken könnten, als sei er ein Gegner 
der Kaltblutzucht. Wir entsprechen deshalb gern seinem 
Wunsche und geben den Inhalt seiner Darlegungen ausführ¬ 
licher wieder. 

Bczirksthierarzt Bossert-Würzburg: In Bayern haben 
wir Gegenden, in denen die Kaltblutzucht blüht, solche in 
denen sic ein Kunstproduct bleibt, und solche, in denen 
sie völlig Fiasco gemacht hat. Es ist deshalb empfchlcns- 
werth, nur dort Kaltblutzucht zu treiben, wo die 
Vorbedingungen für solche — geeignetes Stutcnmatcrial 
und vorzügliches Rauhfutter in genügender Menge — vor¬ 
handen sind. Besonders warnte ich vor ständigem Wechsel 
in der Zuchtrichtung und vor heterogenen Kreuzungen, wie sie 
Rittmeister v. Ploctz empfiehlt, und zwar auf Grund eigener 
Beobachtungen und Erfahrungen, vor Allem aber auf Grund 
von persönlichen Mittheilungen und Publicationen des Herrn 
Landstallmeisters Dr. Grabensec in Celle, der als früherer 
Leiter des rheinischen Landgestüts Wickrath und als eigent¬ 
licher Begründer der rheinischen Kaltblutzucht ein ebenso 
einwandfreier, wie competenter Beurthciler ist. 

Prämiirung: auf der Ausstellung: der Deutschen Land- 
wirthschafts-Gesellschaft in Dresden. 

Bei der Zugprüfung der Rinder auf der Ausstellung der 
Deutschen Landwirthschaftsgcsellschaft in Dresden erhielt der 
»Zuchtvcrband .für gelbes Frankenvich« in Mittel- 
franken den ersten und Siegerehrenpreis zuerkannt. 

Personal-Nachrichten. 

Auszeichnungen: Dem ordentlichen Honorarprofessor an der Uni¬ 
versität Güttingen Dr. Esser wurde der Charakter als Geh. Mcdicinalrath 
verliehen, dem Geheimrath Dr. Dammann in Hannover die Anlegung des 
Ehrenkreuzes III. Kl. des Fürstlich lippeschen Hausordens genehmigt. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Veterinär a. D. L. Kuchtner in 

Freising wurde zum Vorstand der neu errichteten Hufbeschlagsschule in Lands¬ 
hut, Sanitätsthierarzt Dimpfl in Nürnberg nebenamtlich zum Vorstand der 
Hufbeschlagsschule in Nürnberg ernannt. Dem Thierarzt Albert Eggelin g 
aus Wernigerode ist die comm. Verwaltung der Kreisthierarztstelle für den Kreis 
Randow, mit dem Amtssitze in Stettin, übertragen worden. Thierarzt Schache 
aus Elberfeld zum Assistenzthierarzt am Schlachthof in Düsseldorf bestellt. 
Verzogen sind die Thierärzte Ebelin g von Schledehausen nach Hamburg 
als Polizeithierarzt, Klein von Hannover nach Königstein, Neu haus von 
Hannover nach Claswipper bei Wipperfürth, Türk von Meiningen nach 
Grossenha n, W. Müller von Hannover nach Glatz, Ruppert von Han¬ 
nover nach Hirschberg, Bliimer von Stuttgart nach Freiburg i. 13 ., Braun 
von Stuttgart nach Ebingen, K. Müller von Prenzlau nach Frankfurt a. O. 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutsehen 

Heeres: Zu Unterrossärzten befördert die Rossarzteleven W. Fischer im 
Hus.-Regt. No. 16, Hock im Ul.-Regt. No. 9, Junack im Drag.-Regt. No. 6. 

Bayern: Kuchtner, Veterinär iin I. Art.-Regt., der Abschied be¬ 
willigt. Rossmüller, Unterveterinär im I. Ul.-Regt., zum Veterinär, Roth 
Unterveterinär der Res., zum Veterinär des Beurlaubtenstandes befördert. 

GestOPben: Bezirksthierarzt a. D. J. Wittmann in Pöcking. 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thierärztliche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Mal km u 8 in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der MacUot’schen Druckerei in Karlsruhe i. B. 


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Deutsche 

Thierärztliehe Wochenschrift 


Prof. Dr. Dam mann, 

Geheimer Regierungs- und Medicin&lrath, 
Director der Thierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 


herausgegeben von 
Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregierungarath 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regierungsrath and Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 


Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Louisenthal (Saar). 


redigirt von 


Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784a. 


Sämmtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Mal km ns in Hannover erbeten, 
SftftllSfPT Correcturen und Anzeigen an die Expedition der 

" s Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 

in Karlsruhe fBaden 1 . 


M 38. Ausgegeben am 17. September. 1898. 


Die infectiöse Cerebrospinalerkrankung der 
Pferde (sog. Borna’sche Krankheit). 

(Vortrag auf der 52. ordentlichen Plenarversammlung des Tierärztlichen 
Vereins für Württemberg.) 

Von Prof. Dr. Klett - Stuttgart. 

V. A.! Schon auf der Tagesordnung der vorjährigen 
Plenarversammlung unseres thierärztlichen Landesvereins stand 
als Thema »Die scuChenhafte Cerebrospinalerkrankung der 
Pferde oder die sog. Borna’sche Krankheit«. Dieselbe wüthet 
bekanntermassen seit einer Reihe von Jahren beinahe ununter¬ 
brochen in mörderischer Weise vornehmlich im Königreich 
Sachsen und angrenzenden Ländern. Nun traten meines Wissens 
erstmals im Frühjahre des vorletzten Jahres auch bei uns in 
Württemberg die beängstigenden Gerüchte auf, dass dieser 
Würgeengel der Pferde als ungebetener, unheimlicher Gast 
seinen Einzug gehalten habe. Die Gerüchte wollten nicht ver¬ 
stummen. Indessen erbrachten weder schriftliche noch münd¬ 
liche Aeusserungen württembergischer Thierärzte den Beweis 
für das thatsächlichc Auftreten der Erkrankung hierzulande. 
Es musste demnach als günstigste Gelegenheit für eine Aus¬ 
sprache über diesen Gegenstand unsere Landesversammlung 
gelten. Im vorigen Jahre musste aus bekannten Gründen von 
dem Vortrage Abstand genommen werden. Dem an mich er¬ 
gangenen Wunsche des Ausschusses unseres Vereins, dasselbe 
Thema auf der diesjährigen Landesversammlung zu behandeln, 
glaubte ich, wiewohl uns die Krankheit bis jetzt nur aus den 
Publikationen namentlich der sächsischen Collegen bekannt ist, 
entsprechen zu müssen, einerseits, weil auch in diesem Jahre 
an manchen Orten in Württemberg Fälle einer eigenartigen 
Gehirnerkrankung beim Pferde Vorkommen sollen, die wiederum 
den Verdacht an die Borna’sche Krankheit wachriefen, anderer¬ 
seits, weil die heutige Besprechung der Krankheit am besten 
die Anregung zur allgemeinen Discussion geben dürfte, die 
wohl Aufschluss über die Sachlage in unserem Lande bringen 
wird. Es gilt für uns württembergischen Thierärzte, bei Er¬ 
wägung der eminenten Mortalitätsziffer der Krankheit mit ihrer 
nicht unbeträchtlichen schädigenden Wirkung sowohl des Wohl¬ 
standes des Einzelnen wie des Staates, und im Hinblick auf 
das rückhaltslose Weitergreifen der Seuche auf der Hut und 
mit dem bis jetzt über die Krankheit Bekannten vertraut zu sein. 

M. H. 1 Ueber die seuchenartige Cerebrospinalerkrankung 
der Pferde oder die sog. Borna’sche Krankheit, welch’ letztere 
Bezeichnung der Krankheit wegen ihres häufigen und schweren 
Auftretens in der sächsischen Amtshauptmannschaft Borna von 


Laien beigelegt wurde und somit einen rein geographischen 
Begriff darstellt, liegen, abgesehen von schon im Anfänge der 
50 er Jahre in Nordamerika, wo die Krankheit von dieser Zeit 
ab in verschiedenen Gegenden mit jahrelangen Unterbrechungen 
meist seuchenhaft herrschte, gemachten Beobachtungen und 
einigen vereinzelten Fällen in Belgien, von deutschen Thier¬ 
ärzten bis zum Auftrittsjahre der Seuche in Sachsen nur eine 
kurze Beschreibung aus dem Jahre 1867 von Richter vor, 
der bei 8 jungen Pferden eine mit der sog. Genickstarre der 
Menschen die grösste Aehnlichkeit aufweisende Erkrankung 
beobachtet haben will und eine wahrscheinlich unsere Krank¬ 
heit betreffende Schilderung von Wallendorf aus dem Jahre 
1869, in welcher er seine über die Krankheit anlässlich einer 
Epizootie unter den Pferden in Holstein gemachten Erfahrungen 
niedergelegt hat. 

Vom Jahre 1869/78 fehlen in Deutschland Weitere Mit- 
thcilungen, obwohl die Krankheit hier und dort sich gezeigt 
haben mag; so soll sie nach einer neueren Publication von 
Wall mann z. B. in Thüringen seit Jahrzehnten bekannt sein. 
In dieser Zeit liegen Berichte von Seuchenausbrüchen in anderen 
Ländern, so Aegypten, England, Russland, Oberungarn vor. 
Vom Jahre 1878 ab wüthete sodann die Krankheit mit kürzeren 
oder längeren Pausen im Königreiche Sachsen. Im Frühjahr 
1878 nur bei einigen Pferden beobachtet, liess sich schon im 
nächsten Jahre ein gehäuftes Auftreten derselben Erkrankung 
constatircn. Dann verschwand die Krankheit eine Zeit lang¬ 
kam 1880 wiederum, jedoch nur mit spärlichen Erkrankungen 
zum Vorschein, und ruhte hernach bis zum Jahre 1883. In den 
Jahren 1883/86 herrschte dieselbe ganz bedeutend, erlosch 
dann anscheinend, um vom Jahre 1890 ab ununterbrochen an 
Ausdehnung zuzunehmen. 

Während man der Seuche in Sachsen anfänglich einen 
rein localen Charakter beimass, liess bereits das Jahr 1890 die 
Haltlosigkeit dieser Ansicht erkennen; denn in diesem Jahre 
war bereits ein Weitergreifen der Seuche vorwiegend in nörd¬ 
licher Richtung unverkennbar. 1895 und 1896 überschritt die 
Seuche, nachdem sie vorher in den sächsischen Districtcn 
immer weiter in nördlicher Richtung vorwärts gedrungen war, 
die Grenze und breitete sich, überall gleich gefährlich, nament¬ 
lich in der Provinz Sachsen, in den Gegenden von Lützen, 
Merseburg, Weissenfels, Bitterfeld, Halberstadt, Hohenmölsen, 
Delitsch, Naumburg, Mansfeld, Zeitz aus. — Sporadische Fälle 
sollen in der Nähe von Weimar, in den Provinzen Hannover 
und Schlesien vorgekommen sein. 

Bezüglich der Ursache dieser Pferdekrankheit stand man 
lange Jahre vor einem unlösbar dünkenden Räthsel. Wenn- 


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330 DEUTSCHE THIER/EKZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 17- September. 


gleich die genaue Erwägung der für die Krankheit eigentüm¬ 
lichen Eigenschaften den Gedanken wachrufen musste, dass die 
Ursache auch bei der Genickstarre des Pferdes offenbar nur 
in einer Infection zu suchen ist, so konnte diese Ansicht doch 
nicht allgemein bei dem Fehlen des specifischen Erregers zum 
Durchbruch kommen und man griff dementsprechend immer 
wieder als ursächliche Momente Dinge heraus, die gewiss neben¬ 
sächlicher Natur sind und höchstens als Gclcgenheitsursachen 
aufgefasst werden können. Allerdings ist auch jetzt noch nicht, 
wenigstens einwandsfrei, der specifische Erreger ermittelt, aber 
wir sind bezüglich der Actiologic unserer Erkrankung einen 
respektablen Schritt vorwärts gekommen. Es wurden nämlich 
ähnlich wie bei der Cerebrospinalmeningitis des Menschen, wo 
bekanntermassen die Untersuchungen mit der Entdeckung des 
Weichselbaum-Jäger’schen Diplococcus intracellularis so gut 
wie abgeschlossen sind, Mikroorganismen entdeckt, die wegen 
ihrer ständigen Anwesenheit als in ursächlichem Zusammenhang 
mit der Erkrankung stehend anzusehen sind. Leider besteht 
in den Funden keine Einheit, vielmehr brachten die diesbezüg¬ 
lichen Untersuchungen zweierlei Gebilde an’s Tageslicht, die 
weniger in ihren Wachsthumsverhältnissen, als vielmehr in ihrer 
Gestalt erhebliche, kaum übersehbare Abweichungen aufweisen, 
so dass kurzweg eine Identität beider nicht angenommen werden 
kann. — Es sei angeführt, dass Siedamgrotzky und 
Schlegel, ebenso Noack und Walther aus der Subdural- 
und Ventrikclflüssigkeit, wie aus den verschiedensten Theilen 
entnommener Gehirnsubstanz Bakterien züchten konnten, die in 
ihren morphologischen Verhältnissen vorwiegend als Mono-, 
seltener Diplokokken mit einer durchschnittlichen Grösse 
von 0,6 ^ sich erwiesen. In Reinculturen schienen sie grösser, als 
unmittelbar aus der Schädelflüssigkeit entnommen. Sie wachsen 
aerob und anaerob ohne Sporenbildung bei einem Temperatur¬ 
optimum von 38° C, langsamer bei Zimmertemperatur auf den 
allcrverschiedensten Nährböden, so auf Gelatine, die verflüssigt 
wird, Agar-Agar, Bouillon, Kartoffeln, erstarrtem, dagegen nicht 
auf flüssigem Pferdeblutserum. Im hängenden Tropfen und in 
ungefärbten Deckglaspräparaten und Bouillon von verflüssigter 
Gelatine zeigen sic als nähere Eigenschaften drehende und 
kreiselnde Rotationen. Sie färben sich mit allen wässerigen 
Anilinfarbstoffen und auch nach Gram. Charakteristisch ist, 
dass sie in gefärbten Präparaten öfters häufchenweise im Zell¬ 
leibe zusammenlagern. Die Infectionsversuche erwiesen ihic 
Pathogenität gegenüber Pferden, dagegen nicht gegen kleine 
Versuchsthiere, wie Kaninchen und'Mäuse. Hiergegen fanden 
Johne und Schmidt in den gleichen Substanzen, in einem 
Falle auch im Blute, fast ausschliesslich in Reincultur, aber 
meist sehr spärlich, 0,4—0,8 /j grosse Diplokokken. Morpho¬ 
logisch zeigt dieser Diplococcus die den Gonokokken eigen- 
thümliche Kaffeebohnen- bezw. Semmel-, zuweilen, aber selten 
Tetraederform, weiter kurze, einfache oder unterbrochen 
doppelte Kettenbildung mit Lagerung der Thcilungslinie in der 
Längsaxe der Kette, in frischem Materiale vielfach Kapsel¬ 
bildung, selten vereinzelte oder so zahlreiche Einlagerung in 
die Zellen, »dass diese vollständig damit angefüllt sind und der 
Kern der Zelle nach der Seite gedrängt, vielfach halbmond¬ 
förmig eingedrückt ist- Hin und wieder scheint es sogar, als 
ob die noch haufenweise zusammenliegenden Diplokokken die 
Zelle zersprengt hätten«. Culturell verhält er sich ähnlich den 
vorgenannten Monokokken. Tinctoriell nimmt auch er alle 
wässerigen Anilinfarbstoffe an, gegen die Gram’sche Färbung 
verhält er sich inconstant, am besten soll er sich nach Johne 
mit Z i e h 1 'scher Lösung und nachherigem Abspülen mit 2 proc. 
Essigsäurelösung darstellen lassen. Pathogen erweist er sich 
gegen Pferde, Meerschweinchen und Ziegen. Berührt sei noch, 
dass Haase regelmässig im Aderlassblute, weniger zahlreich 
in der Gehirnflüssigkeit, Diplokokken, seltener Monokokken 
gefunden haben will. 

Wie aus dieser kurzen Anführung zur Genüge ersichtlich, 
besteht, wie schon erwähnt, eine Einheit im Funde nicht, die 
zur einwandfreien, bestimmten Festsetzung der Ursache unserer 
Erkrankung wünschenswerth gewesen wäre. Aus der Constanz 
der Bakterienfunde muss aber gefolgert werden, dass nur 


[ Bakterien als directc Ursachen angesprochen werden können. 
Die früher sicher oder muthmasslich als Ursache angenommenen, 
äusserst mannigfaltigen Einwirkungen müssen als nächste Ur¬ 
sache fallen gelassen werden. Auch für unsere Krankheit 
führen die Autoren eine stattliche Reihe solcher Dinge an, die 
allerdings gelegentlich die Ursache zur Erkrankung übermitteln 
können bezw. als begünstigende Momente für die Entstehung der 
Krankheit anzusehen sind. So seien genannt z. B. Erkältung; 
rauhe, nasskalte, unstätc Witterung; zu warme, dunstige, schlecht 
ventilirte Stallungen; langes Stehen im Stalle bezw. unregel¬ 
mässiger Dienst; zu reichliches und zu nahrhaftes Futter, 
namentlich Klcchcu oder Roggen, oder auch schlechtes, ver¬ 
dorbenes Futter, so dumpfer Hafer, multriges Heu; dann ver¬ 
unreinigtes oder stagnirendes Wasser; zu frühzeitiges Ab¬ 
hären etc. Für alle diese Punkte sind aber wiederum die 
gerade entgegengesetzten Beobachtungen gemacht worden, in¬ 
sofern die Erkrankung auch bei Pferden auftrat, bei denen in 
der Zeit des Seuchenganges jedem etwa die Krankheit be¬ 
dingenden Factor vorsorglicher Weise die eingehendste Be¬ 
achtung und Aufmerksamkeit zu Theil wurde. — Gewisse, 
prädisponirende Momente müssen zugestanden werden. So 
fallen bezüglich der Jahreszeit die meisten Erkrankungen auf 
das Frühjahr. Weiter werden namentlich ausgewachsene Thiere, 
namentlich solche mittleren Alters, befallen. Ausserdem wurden 
die Erkrankungsfälle häufiger bei Landpferden, als bei Stadt- 
pferden beobachtet. Aber auch bezüglich dieser Punkte muss 
erwähnt werden, dass diese Erfahrungen keineswegs als Regel 
hingestellt werden können, vielmehr die Erkrankung weder an 
die Jahreszeit, noch an das Alter, Rasse u. s. w. sich bindet. 

Wenn in Folge der ständigen Nachweise von Mikroorganis¬ 
men und auf Grund der seuchenhaften Ausdehnung der Er¬ 
krankung kaum ein Zweifel darüber bestehen kann, dass wir 
es bei der Erkrankung mit einer durch einen specifischen Spalt¬ 
pilz hervorgerufenen Infectionskrankheit zu thun haben, so harren 
weiterhin noch eine Reihe wichtiger Fragen ihrer endgültigen Ent¬ 
scheidung. — Wie erfolgt die Weiterverbreitung des 
Infectionserregers? Man dachte an die Weiterverbreitung 
entlang den Wasserwegen, insofern der Zug der Seuche un¬ 
verkennbar in nördlicher Richtung erfolgte. Indessen giebt es 
Gründe, die entschieden gegen diese Auffassung sprechen bezw. 
kann nicht in allen Fällen das Wasser als Träger und Verbreiter 
des Krankheitserregers herangezogen werden. Nur in ganz 
seltenen Fällen wurde nämlich beobachtet, dass in der That 
die Ausbreitung der Erkrankung nur an Orten erfolgte, die an 
einem Wasserlaufe ihre Lage hatten. Hingegen gehörte die 
Wahrnehmung nicht zu den Seltenheiten, dass beim Herrschen 
der Seuche im Oberläufe eines Gewässers Erkrankungsfallc im 
Bereiche des Unterlaufes gänzlich fehlten. Ausserdem wurden 
die Gebiete der Wasserscheiden sehr häufig betroffen. Somit 
dürften andere Factoren hauptsächlich für die Verbreitung 
sorgen. — Ferner: ist die Erkrankung eine direct von 
Thier zu Thier ansteckende, also eine rein con- 
tagiösc, oder geht die Weiterentwicklung des krank¬ 
machenden Agens ausserhalb des Thierkörpers vor 
sich, so dass ein Pferd von der Krankheit befallen 
werden kann, ohne mit einem an dieser leidenden 
anderen Pferde in unmittelbare oder mittelbare Be¬ 
rührung gekommen zu sein? Es möge bezüglich der Be¬ 
antwortung dieser Frage Eines vorausgeschickt sein. Wir treffen 
nämlich bekanntermassen bei ansteckenden Krankheiten fast 
durchweg 2 Punkte an, einmal, dass die Zahl der Erkrankungs¬ 
falle eine dem infectionsfähigen Thierbestande entsprechend hohe 
oder niedrige ist, sodann dass je nach der Incubationsdauer der 
betreffenden Erkrankung in dem zeitlichen Aufeinanderfolgen der 
Erkrankungsfälle eine gewisse Gesetzmässigkeit Platz hat. Legen 
wir diese beiden Cardinalpunkte für die Beurtheilung der reinen 
Contagiosität unserer Erkrankung an, so ergiebt sich das Vor¬ 
handensein weder des einen noch des anderen Punktes. Jeder 
einzelne Seuchengang lehrte nämlich, dass niemals, wie dies bei 
ansteckenden Krankheiten Norm ist, eine der Ansteckung von 
Thier zu Thier entsprechende Häufung der Erkrankungsfälle 
sich constatiren liess, im Gegentheil ständig gelangt nur ein 


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No. 38. 

vereinzeltes, wenig dichtes und räumlich gänzlich zerstreutes 
Vorkommen in Einzclbcständen und Ortschaften, demnach 
geradezu ein Mangel von dichteren Seuchenherden, zur Be¬ 
obachtung. Die Erkrankungen sind in Städten mit dichten 
Pferdebeständen, wo zudem eine gegenseitige Berührung der 
Pferde häufiger ist, seltener wie auf dem Lande. Auch die in 
Pferdebcständen gemachten Erfahrungen gehen dahin, dass in 
der Regel bei der Erkrankung nur ein Stallinsasse erkrankt 
und die anderen von der Erkrankung verschont bleiben, während 
in entlegeneren Stallungen der Seuchenausbruch wieder erfolgt. 
Gegen dirccte Ansteckung spricht auch der Umstand, dass im 
Sommer trotz günstigster Lage für ansteckende Erkrankungen 
die Erkrankungsziffer eine geringere ist. Auch die Regellosig¬ 
keit in der Aufeinanderfolge der Fälle in einem verseuchten 
Orte schliesst die Contagiosität der Erkrankung aus. Es 
sprechen sich deshalb auch fast sämmtliche Berichterstatter da¬ 
hin aus, dass das Leiden als direct ansteckend nicht angesehen 
werden kann. Ganz spärlich sind die Fälle, in denen aller¬ 
dings etwas anderes als directe Ansteckung nicht angesehen 
werden kann. — Da sich somit der einwandsfreie Beweis für eine 
Ucbertragung der Erkrankung von Thier zu Thier nur in ganz 
vereinzelten Fällen erbringen lässt, so giebt uns dieses die Be¬ 
rechtigung zu der Annahme, dass die betreffenden Bakterien 
ausserhalb des Thieres vegetiren und sich hiersclbst vermehren. 
Dass solche, wie sie benannt sind, rein miasmatischen Krank¬ 
heiten eine scuchenartige Ausbreitung gewinnen können, ist 
bekannt. Es ist dies namentlich dann der Fall, wenn beson¬ 
ders günstige locale Verhältnisse für die Entwicklung und Ver¬ 
mehrung der betreffenden Krankheitserreger vorhanden sind 
und dieser Gelegenheit findet, auf eine grössere oder kleinere 
Zahl disponirter Individuen einzuwirken. Dass die Erreger der 
Ccrebrospinalerkrankung, sofern sie einmal auf irgend eine 
Weise an diesen oder jenen Ort gekommen sind, ohne allen 
Zweifel günstige Lebensbedingungen vorfinden, das steht fest. 
Es lässt sich dieses abnehmen an dem schon erwähnten cul- 
turellen Verhalten gegenüber den verschiedensten künstlichen 
Nährböden. Sie gedeihen leicht und schnell auf thierischen 
und pflanzlichen Substraten, stellen somit an ihren Nährwirth 
keine grossen Anforderungen. — Welches ist der wahre 
Ort für ihre Vegetation? Auch diese Frage lässt sich bis 
jetzt noch nicht cinwandsfrci beantworten. Als sehr verdächtig 
müssen wir jedenfalls schlecht ventilirte, warme, in ihren Boden¬ 
verhältnissen defcctc Stallungen erklären, wie solche in einer 
sehr grossen Anzahl von Fällen, wie schon erwähnt, sogar als 
dirccte Ursache für die Erkrankung aufgeführt wurden. Auch 
die Beschaffenheit des Erdbodens dürfte in manchen Fällen 
für die Entwicklung der Erreger vortheilhaft sein. Die 
Grundwasserverhältnisse, wie dies von manchen Seiten ge¬ 
schehen ist, für die Entwicklung heranzuziehen, ist mit den 
Erfahrungen über die Seuche nicht in Einklang zu bringen. 
— Auf welchem Wege nimmt der Infectionserreger 
seinen Einzug in den Pferdekörper? Die Frage ist 
bis jetzt gleichfalls nicht als endgültig erwiesen zu betrachten. 
Wegen des gewöhnlichen Ergriffenscins des Digestionsapparates 
beim Beginne der Erkrankung halten viele Autoren die In- 
fcction auf diesem Wege als die hauptsächlichste, Johne glaubt 
auf Grund ganz eigenthümlicher, wenn auch nicht constanter 
Magenbefunde diesen Weg annehmen zu dürfen. Nicht unmög¬ 
lich wäre die Einwanderung auch durch Nase, Siebbein und 
Lungen, wofür der Beweis, wie nachher noch anzuführen ist, 
in der Beobachtung katarrhalischer Erkrankungen dieser Organe 
beim Anfänge der Krankheit liegen kann. 

In den Obductionsergebnissen ist keine Einheitlich¬ 
keit zu verzeichnen. Der weitaus grösste Theil der Autoren, 
namentlich auch Siedamgrotzky und Schlegel, fand bei 
der Scction der gefallenen oder getödteten Pferde Entzündungs¬ 
erscheinungen an der weichen Gehirn- und Rückenmarkshaut 
und zwar zeigte sich das Bild einer serösen Lcptomeningitis, 
die in den meisten Fällen bis zum Rückenmark, höchstens 
jedoch bis zum 2. und 3. Halswirbel reichte. Nur ganz ver¬ 
einzelt wurden ähnliche Erscheinungen in der Gegend des 
Lendenmarkes beobachtet. In keinem einzigen Falle war eine 


331 


eitrige Entzündung zu constatiren, wie solche bei der menschlichen 
epidemischen Ccrebrospinalmeningitis fast ausschliesslich zu Ge¬ 
sicht kommt. Es sei darauf verzichtet, ausführlich den pathologisch¬ 
anatomischen Befund anzugeben, in der Voraussetzung, dass 
derselbe allgemein bekannt ist. Im Gegensätze hiezu stehen die 
Angaben von Johne und Gcnsert, die in allen ihren Fällen 
niemals das Bild einer serösen oder sonstigen entzündlichen 
Affcction der Gehirn- und Rückenmarkshäute feststellen konnten, 
sondern stets nur das einer typischen venösen Stauungs- 
hyperämic antrafen. Auf Grund seines Befundes hält 
Johne es nicht für zutreffend, die Krankheit vom pathologisch¬ 
anatomischen Standpunkte aus als Ccrebrospinalmeningitis scrosa 
zu bezeichnen, vielmehr ist er der Ueberzeugung, dass es sich 
lediglich um eine durch specifisch auf das Centralnervensystcm 
einwirkende, Gifte erzeugende Intoxication handelt. Diese Gifte 
hält er für das Product specifischcr Spaltpilze, die in die Sub¬ 
dural- und Subarachnoidealräume, theilweise auch in die Gchirn- 
und Rückenmarkssubstanz eindringen. Den mehr oder weniger 
hochgradigen Hydrops führt er theils auf die venöse Stauung, 
theils darauf zurück, dass die Gifte auf das Endothelrohr der 
Blut- und Lymphgefässe einwirken und dadurch die Wandung 
dieser Gcfassc durchlässiger machen. Auch die mikroskopische 
und chemische Untersuchung der Gehirnflüssigkeit veranlasste 
Johne, diese nicht als das Product einer Entzündung, sondern 
einer Stauung anzusehen. Nach dieser Sachlage können wir 
demnach nicht für alle Fälle von einer Cercbrospinalmcningits. 

(Schluss folgt.) 


Infection mit Bläschenausschlag als Ursache 
von Uterusvorfall. 

Von Bezirksthicrarzt Späth in Achern. 

Vor einiger Zeit wurde ich von einem grösseren Besitzer 
hinzugezogen, da bei einer seiner Kühe, welche vor 3 Tagen 
gekalbt hatte, ein Gebärmuttervorfall cingetreten war. In dem 
Stalle des Besitzers angelangt, fand ich das betreffende Thier 
— eine 5 Jahre alte Rigikuh — ermattet mit ausgestreckten 
Extremitäten auf dem Boden liegen, beständig drängend und 
oft nach dem Hinterthcil sich umsehend. Der Uterus war voll¬ 
ständig vorgedrängt, die Schleimhaut desselben intensiv braun- 
roth verfärbt und stark ödematös geschwollen, die Kotyledonen 
fast schwarzroth, stellenweise blutig. Ehe ich zur Reposition 
des prolabirten Uterus schritt, wurde derselbe einer gründ¬ 
lichen Reinigung unterzogen und dann zur möglichsten Ab¬ 
schwellung in einen mit 2proc. Lysolwasscr gefüllten Eimer 
getaucht. Zur Hintanhaltung des intensiven Drängens Hess ich 
der stehenden Kuh einen Sack Hafer auflcgcn und um die 
hochgradige Sensibilität hcrabzusetzen, in Ermanglung eines 
andern Sedativums, I Liter Wachholderbeerbranntwein ein¬ 
schütten. Nach mehrmaligen Bemühungen gelang endlich die 
Reposition, worauf ich zur Verhinderung eines erneuten Pro¬ 
lapses Bandagen anlegte. In der Folge beruhigte sich die 
Kuh, das Drängen Hess nach und die Gebärmutter blieb in 
ihrer normalen Lage. 

Da mir der drei Tage post partum erfolgte Uterusvorfall 
ein ungewöhnliches Ereigniss schien und ich eine besondere 
Ursache vermuthete, suchte ich durch Ausfragen des Besitzers 
vielleicht etwas Positives zu erfahren. Er erklärte mir jedoch, 
dass die Geburt regelmässig und leicht vor sich gegangen 
wäre, auch die Nachgeburt vollständig und rechtzeitig ab¬ 
gegangen sei. Während ich noch mit dem Ausfragen des Be¬ 
sitzers beschäftigt war, bemerkte ich, dass die nebenstehende 
Kuh sich unruhig zeigte, hin und her trippelte und beständig 
schwänzelte. Eine nähere Untersuchung derselben Hess Bläschen 
und Geschwüre auf der Genitalschleimhaut constatiren, weshalb 
ich die Diagnose »Bläschenausschlag« stellte. Jetzt erklärte mir 
der Besitzer, dass er diese Kuh vor einiger Zeit beim Stier 
gehabt habe und kurze Zeit darnach sich ein schleimig-eitriger 
Ausfluss aus der Scheide und Bläschen und Geschwüre auf 
der Schleimhaut eingestellt hätten. 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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332 


DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


17. September. 


Unter diesen Verhältnissen hielt ich mich zur Annahme 
berechtigt, dass die frisch geboren habende Kuh entweder vor 
oder gleich nach der Geburt von der an Bläschenausschlag 
erkrankten Kuh auf irgend eine Weise sich auch eine Infection 
mit dieser Krankheit zugezogen hatte. Die schon vor Aus¬ 
bruch der Bläschen eintretenden Reizerscheinungen konnten 
einen Vorfall des Uterus veranlasst haben. 

Meine Vermuthung fand insofern eine Bestätigung, als 
schon nach weiteren zwei Tagen die Genitalschleimhaut der 
mit dem Vorfall behafteten Kuh mit Bläschen und Geschwüren 
behaftet war, Erscheinungen, welche für Bläschenausschlag 
charakteristisch sind. 

Berücksichtigt man, dass das Incubationsstadium beim 
Bläschenausschlag 3—6 Tage dauert, die Bläscheneruption aber 
schon zwei Tage nach dem Utcrusvorfall sich zeigte, so muss 
angenommen werden, dass die Infection mit Bläschenausschlag 
zur Zeit des Eintritts des Prolapsus bereits stattgefunden hatte. 
Der zunächst sich einstellcnde Entzündungsreiz konnte bei der 
von der Geburt her noch bestehenden Erschlaffung unter dem 
Drängen der Kuh dann leicht zu einem Scheidenvorfall fuhren. 

Unter sachgemässcr Anwendung von desinficirenden und 
adstringirenden Lösungen war die Krankheit nach ca. 14 Tagen 
beseitigt. 


Referate. 

Ueber den Einfluss des Bodendrucks auf das Wachsthum 
der Hornwand am Hufe. 

Von Pa der. 

(Kecueil de med. vet., 1898, S. 303.) 

Von Bourgclat und Bouley ist der Satz aufgestellt, 
dass die Schnelligkeit des Wachsthums der einzelnen Theile 
der Hornwand -im umgekehrten Verhältniss zu dem Drucke 
stehen, den die entsprechenden Theile des Tragerandes em¬ 
pfangen. P. hat eine experimentelle Untersuchung dieser Ver¬ 
hältnisse vorgenommen, welche er in folgender Weise ange- 
stcllt hat. 

Er verlegte den Druck, welchen der Tragcrand der Horn¬ 
wand vom Eisen empfängt, auf bestimmte Theile des Trage¬ 
randes, indem er nach sorgfältigem Auf passen des Eisens alle 
diejenigen Theile, welche nicht tragen sollten, fortnahm, so dass 
das Eisen schwebte und nur an einer bestimmten Stelle auf¬ 
lag. Letztere erhielt dann den gesammten Druck, der sich 
sonst auf den ganzen Tragerand vertheilte. Andererseits ent¬ 
lastete er bestimmte Abschnitte des Tragerandes, indem er die¬ 
selben schweben liess. Wenn der obige Satz richtig war, dann 
musste die Wand an den Stellen, wo der Tragerand von 
Seiten des Eisens einen stärkeren Druck empfing, langsamer 
als normal wachsen, während die schwebenden Wandabschnitte 
dies schneller thun mussten. Um das Wachsthum verfolgen 
zu können, legte P. in einem bestimmten Abstande vom Kronen- 
randc Marken an, welche alle auf einer zum Kronenrande 
parallelen geraden Linie lagen. Durch Vergleichung der 
Lagerung dieser Marken zu einander zu den verschiedenen 
Zeiten der Wachsthumsperiode fand er, dass der beregte Satz 
nicht zu Recht besteht. Es ergab sich, dass das Wandhorn 
ganz unabhängig von dem Druck, der auf dem Tragerand 
lastete, wuchs. Zuweilen wuchs es an Partien, wo stärkerer 
Druck herrschte, langsamer, manchmal aber auch schneller als 
normal belastete Wand. Umgekehrt zeigte sich bei den 
schwebenden Wandabschnitten manchmal ein schnelleres Wachs¬ 
thum der Wand, oft jedoch war ein solches nicht zu beobachten, 
zuweilen wuchsen sogar diese Wandabschnitte langsamer als 
die stärker belasteten. 

P. glaubt daher, dass die Schnelligkeit des Wachsthums 
der einzelnen Wandabschnitte nicht von dem Druck auf den 
Tragerand abhängig ist, sondern dass trophoneurotische Ein¬ 
flüsse auf den Kronenwulst, deren Natur und Ursache uns bisher 
unbekannt, darauf von Einfluss sind. Frick. 


$ 


Ein Fall von Alopecia symptomatica, auch ein Beitrag: 
zur Quecksilbervergiftung’ beim Pferde nach Anwendung- 
therapeutischer Dosen von grauer Salbe. 

Von Rossarzt Katzke. 

(Zeitschrift für Vclerinärkunde 1898, No. 6.) 

Verf. behandelte eine Anschwellung am Sprunggelenk beim 
Pferde mit einer Salbe, die bestand aus Ungt. Kal. jodat., 
Ungt. Hydrarg- einer, ää 10,0 und liess davon täglich eine 
etwa bohnengrosse Menge einreiben. Nach 13 Tagen war 
Folgendes festzustellen: 

Patient hat die Streu nach hinten gescharrt und lässt die 
Folgen eines abgelaufenen Schweissausbruchs am Halse er¬ 
kennen. Am nächsten Tage zeigte sich an der inneren Seite 
des Hintermittelfusses in halber Höhe desselben eine halbe 
Handfläche grosse, kahle Stelle. Da K. den Grund des Haar¬ 
ausfalls auf die stattgehabte Massage zurückführte, ordnete er 
den Fortfall derselben an. Von der Salbe waren bisher 15,0 
verbraucht worden. 

2 resp. 3 Tage später war starke ödematöse Anschwellung 
des linken Hintermittelfusses zu constatiren, nach weiteren 
3 Tagen sollen nach Angabe des Besitzers vor dem Reiten 
auch die anderen Beine dick gewesen sein, das Thier unter 
dem Reiter sich schlaff gezeigt und einen kurzen Athem gehabt 
haben. 

Bei der Untersuchung im Stande der Ruhe fand K. beim 
Patienten die gewöhnliche Munterkeit, Schleimhäute diffus-roth, 
Mastdarmtemperatur 39,i°C, Pulse 52, Athemzüge 12 in der 
Minute, Appetit gut. 

An verschiedenen Stellen des Körpers, beiden Gesichts¬ 
hälften , Ellenbogengegenden, Kniefalten, Innenfläche beider 
Hinterschenkel und an der Schweifwurzel werden grosse Epi- 
dermisschuppen nachgewiesen. Dieselben liegen auf der Ober¬ 
fläche und am Grunde des Haarkleides, sind linsen- bis erbsen¬ 
gross, dünn und von grauweisser Farbe. Sie bilden eine zu¬ 
sammenhängende, rasenartige Schicht. Es durchbohren immer 
mehrere Haare eine Epidermisschuppe. Der Pferdepfleger will 
diese am Tage zuvor zum ersten Male beobachtet haben. In 
der linken Kaumuskelgegend zwei bohnengrosse, mit einem 
braunrothen Schorfe bedeckte Erosionen. An der Innenfläche 
des linken Unterschenkels und Hintermittelfusses je eine aus¬ 
gebreitete haarlose Stelle. Sämmtliche Gliedmassen von den 
Fusswurzelgelenken abwärts in mässigem Grade ödematös ge¬ 
schwollen. Verletzungen nirgends nachweisbar. Haare unter 
deutlichem Schmerzgefühl leicht ausziehbar, dieselben ohne 
knotenförmige Anschwellungen, Haarwurzel atrophisch. Die 
Haut ist nicht normal schiefergrau gefärbt, sondern sieht fleckig, 
rosaschiefergrau aus. Die Haut an der linken Halsseite weicht 
insofern von der übrigen ab, als sie hier in etwa fingerbreit 
von einander gelagerten, senkrechten Querfalten liegt, vermehrt 
warm und auf Druck empfindlich ist. Künstlich gebildete Haut¬ 
falten bleiben lange Zeit bestehen. Bei leichtem Kratzen mit 
den Fingerspitzen bebbert Patient mit den Lippen. 

Die Behandlung bestand in Gewährung von Ruhe, sorg¬ 
fältiger Fütterung und Pflege, insbesondere mehrmaligem täg¬ 
lichem Putzen. 

Das in Aussicht gestellte Kahlwerden des Pferdes bis auf 
das Langhaar in etwa 8—14 Tagen trat nicht ein. Ueber den 
weiteren Verlauf des Leidens berichtet Verf. sodann: 

Das Allgemeinbefinden des Pferdes ist von den nächsten 
Tagen an wieder normal. Die ödematöse Schwellung der 
Gliedmassen nimmt bis zum folgenden Tage, die Epidermis¬ 
abschuppung noch 4 Tage lang zu. Die kahlen Stellen haben 
sich besonders an den Gliedmassen vergrössert. Deckhaare 
unterhalb der Fesselgelcnke nur auf der Kruppe nicht auszieh¬ 
bar. Juckreiz nicht beobachtet, Haut nicht mehr gefleckt. 

Nach weiteren 14 Tagen sind im Grossen und Ganzen an 
den Vorarmen und Unterschenkeln die Haare vollständig, im 
Gesicht, am oberen Halsende und an der Aussenfläche der 
Oberschenkel theilweise ausgegangen. Das Haarkleid an den 
zuletzt genannten Körpertheilen also mehr oder weniger ge¬ 
lichtet. Am linken Hintermittelfuss ist die ursprünglich kahle 


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No. 38 . 


DEUTSCHE THIER/ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


333 


Stelle mit einem Flaum neugebildeter Härchen bedeckt; sie 
erscheint bei seitlich auffallendem Lichte bräunlich-gelb. Im 
Laufe der übernächsten Woche verschwindet die Empfindlich¬ 
keit der Haut an» der linken Halsseite, die kahlen Stellen be¬ 
decken sich überall wieder mit jungen Haaren. 

Als Grund des Leidens nahm K. Anfangs pflanzliche oder 
thierische Parasiten an und war geneigt, den sich im Stalle 
auf haltenden Mäusen, die freilich nicht daraufhin untersucht 
wurden, die Schuld beizumessen. Er versuchte auch, durch 
eine cutane Impfung von mit Schuppen gemischtem Blute die 
Uebertragung auf das Nebenpferd. Da dies jedoch nicht ge¬ 
lang , schloss er den parasitären Charakter des Leidens aus. 
Da ferner schlechte Ernährungsverhältnisse, anhaltendes Schwitzen, 
psychische Erregung, Circulationsstürungen in der Haut und 
hautreizende (?) Mittel nicht in Frage kommen, so bildete wahr¬ 
scheinlich nach dem Urtheile des Verf.’s die am Hiriterschenkel 
verwandte Salbe die Ursache. 

Die Jodkaliumsalbe musste hier vollkommen ausser Betracht 
gelassen werden, weil hier noch nicht einmal 1,0 Jod verbraucht 
ist und selbst bei Vergiftungen mit Jod ein derartiges Krank¬ 
heitsbild noch nicht beobachtet wurde. Die Erscheinungen der 
Quecksilbervergiftung, unter welchen Fröhner in seinem 
Lehrbuche der Toxikologie neben anderen angestrengte Athmung, 
Ekzema squamosum, starkes Juckgefühl, Haarausfall, Hautver¬ 
dickung und Anschwellung der Subcutis, lähmungsartige Schwäche, 
normale oder kaum erhöhte Temperatur und beschleunigten 
Puls anführt, zeigen aber mit dem vorliegenden Falle grosse 
Uebereinstimmung. 

Da nun der Verlauf des Leidens zeitlich mit der Application 
der Salbe zusammenfällt, ausserdem noch ein späterer Versuch, 
der aber nicht 2u Ende geführt wurde, bei demselben Pferde 
mit der gleichen Salbe schon nach zweitägigem Gebrauche 
eine ödematöse Schwellung der Gliedmasse verursachte, so hält 
sich Verf. für berechtigt, anzunehmen, dass das in Rede stehende 
Pferd mit einer ausserordentlichen Empfänglichkeit für graue 
Salbe behaftet war. Oehr. 

Samenstrangg’eschwülste unmittelbar nach der 
Castration. 

Von Labat. 

iAnnales de Medccinc veterioaire, 189$, No. 7.) 

L. berichet über drei Fälle von sonst nicht zu beob¬ 
achtender Geschwulstbildung, welche in unmittelbarem An¬ 
schlüsse an die Castration bei einem Maulthier und zwei 
Hengsten am Samenstrang zu Stande kam. Bei zwei dieser 
Thiere geschah die Castration durch Kluppen ä testicules coü- 
verts, beim dritten Fall durch Torsion des Samenstrangs. Von 
Interesse war, wie Labat hervorhebt, dass diese, die Form 
von Champignons an sich tragende Anschwellungen sich 
nicht wie gewöhnlich langsam aus einer chronischen Entzündung 
des Stumpfes oder seiner Umgebung herausbildeten, sondern 
alsbald auftraten und deswegen den Anschein boten, als ob 
eine Dünndarmschlinge aus der Scrotalwunde hervorschaue; 
das acut geschwollene Samenstrangende wurde denn auch in 
der That für einen Hodensackbruch angesehen; erst die nähere 
Inspection und Palpation stellte die Diagnose fest. Die Heilung 
erfolgte bei allen 3 Fällen in kurzer Zeit von selbst. 

Vogel. 

Oeffentliches Veterinärwesen. 

Bericht der Commission zur Erforschung: der Maul- und 
Klauenseuche bei dem Institut für Infectionskrankheiten 

in Berlin. 

Erstattet an den Cultusminister von dem Vorsitzenden der 

Commission, Geheimerath Professor Dr. Loeffler. 

(Deutsche mcd. Wochenschrift 1898, No. 3s.) 

In dem Bericht vom 8. Januar d. Js. war die Beobachtung 
mitgetheilt, dass aus frischen Blasen entnommene Lymphe, mit 


Wasser verdünnt und durch Bakterien jeder Art sicher zurück¬ 
haltende Filter filtrirt,- ihre volle Infectionskraft bewahrt. Durch 
weitere Versuchsreihen ist die Richtigkeit dieser Beobachtung 
gegen jeden Zweifel sichergestellt worden. Namentlich ist es 
auch gelungen, zu beweisen, dass mit Hülfe solcher bakterien¬ 
frei filtrirten Lymphe die Krankheit sich durch eine ganze 
Reihe von Thieren hindurch mit Sicherheit von Thier zu Thier 
übertragen lässt. Bei einer bezüglichen Versuchsreihe erkrankte 
das sechste Thier der Reihe ebenso prompt wie das erste. 
Diese Versuchsreihe, bei welcher stets 1 j s0 ccm der von dem 
vorhergehenden Thiere entnommenen, verdünnten und filtrirten 
Lymphe zur Infection des nächstfolgenden benutzt wurde, 
spricht mit grosser Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Virus 
der Krankheit ein belebtes Agens ist, welches sich im Körper 
des erkrankten Thieres vermehrt. Nimmt man an, dass das 
nach der Injcction des ersten i J s0 ccm filtrirter Lymphe er¬ 
krankte Thier in den bei ihm entstandenen Blasen 3 ccm 
Lymphe producirt hat, was sicher nicht zu hoch gerechnet ist, 
und nimmt man ferner an, dass die gesammte injicirte Lymph- 
menge in diesen 3 ccm Lymphe wieder zur Ausscheidung 
gelangt sei, so ist in 1 J S0 ccm dieser Lymphe, welches Quantum 
nach vorangegangener Filtration dem nächstfolgenden Thiere 

eingespritzt wurde,“ 1 -- der ursprünglichen Lymphe vor¬ 
handen gewesen. Producirt dieses zweite Thier wiederum 3 ccm 
Lymphe und wird von dieser Lymphe ebenfalls J / 50 ccm dem dritten 
Thiere nach vorangegangener Filtration eingespritzt, so beträgt 
bei gleichen Voraussetzungen das Quantum der ursprünglichen 

Lymphe, welches dieses dritte Thier erhalten hat,---, u. s. f. 

bei dem vierten Thiere---, bei dem fünften — 1 — , bei 

150- 3 -50’ 150.4.50’ 

dem sechsten-. Rechnet man diese Zahl aus, so ergiebt 

sich, dass das sechste Thier weniger als ein Zweibilliontcl 
(V2 39og2sooüooo) der ursprünglichen Lymphe erhalten haben 
muss. Da nun nach früheren Versuchen der Commission 
V50 000 ccm frischer Lymphe nicht mehr wirksam ist, so muss 
eine Reproduction des Virus im Körper der mit der filtrirten 
Lymphe behandelten Thiere. stattgefunden haben. 

Für die Annahme, dass es sich bei dem Virus um ein 
corpusculäres und nicht etwa um ein gelöstes Agens handelt, 
spricht die mehrfach gemachte Beobachtung, dass verdünnte 
Lymphe, welche wiederholt durch sehr dichte Kitasatofilter 
hindurchgesaugt war, nicht mehr im Stande war, empfängliche 
Thiere zu inficiren, selbst wenn die einem Quantum von 4 / 50 
reiner Lymphe entsprechende Menge des Filtrates zur Injection 
gelangt. In den besonders engen Poren des Kitasatofilters ist 
demnach das krankmachende Agens zurückgehaltcn worden. 

Der soeben beschriebene Versuch, mittelst filtrirter Lymphe 
die Krankheit auf sechs auf einander folgende Thiere fortzu¬ 
pflanzen, konnte erst angestellt werden, nachdem durch ein¬ 
gehende Versuche mit unfiltrirter Lymphe die Möglichkeit einer 
Uebertragung der Krankheit in fortlaufender Reihe von Thier 
zu Thier dargethan war. Die ad hoc angestellten Versuche 
führten Anfangs zu keinem befriedigenden Ergebniss. Nach 
der vierten, häufig schon nach der dritten Uebertragung zeigte 
es sich, dass die Virulenz in ganz erheblichem Masse abnahm. 
Die Thiere erkrankten dann nur noch ganz leicht und weiterhin 
gar nicht mehr, gleichviel ob Kälber oder Schweine zu diesen 
Versuchen verwandt wurden. Es gelang indessen, diese 
Schwierigkeiten zu überwinden, d. h. die Abnahme der Virulenz 
zu verhüten, dadurch, dass abwechselnd Rinder und Schweine 
zur Weiterführung der Infection verwendet wurden. Nun erst 
war es möglich, den Versuch mit der filtrirten Lymphe anzu¬ 
stellen. 

Die Ergebnisse dieser Versuche waren von besonderer 
praktischer Bedeutung insofern, als durch sie die Erhaltung 
eines Lymphstammes von nahezu constanter Virulenz ermög¬ 
licht und ferner auch die Commission unabhängig gemacht 
war von auswärtigen Seuchenausbrüchen, von welchen früher 
immer wieder frische Lymphe mit vielen Schwierigkeiten und 
Kosten hatte beschafft werden müssen. 


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334 


ly. September. 


DEUTSCHE TIIIER^ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Einen sicheren Massstab für die Virulenz der Lymphe zu 
gewinnen, etwa durch Ermittlung der tüdtlichen Dosis für kleinere 
Thiere, hat die Commission nicht vermocht. 

Die bezüglichen, überaus zahlreichen, an Mäusen, jungen 
Meerschweinchen, jungen Kaninchen, jungen Katzen, jungen 
Kälbern und verschiedenen kleinen Vögeln mit wechselnden 
— von ’/, 00 bis i ccm variirenden — Lymphmengcn ange- j 
stellten Versuche haben zu einem bestimmten Ergebnisse nicht | 
geführt. Gänse, welche nach den Angaben einiger Beobachter ' 
sehr empfänglich sein sollten, haben selbst bei Einspritzung' 
grosser Lymphmengcn (i ccm) nur mit Temperatursteigerung i 
reagirt. i 

Dass unser Lymphstamm eine hohe Virulenz erreicht und 
bewahrt hat, erhellt daraus, dass cs gelang, mit dieser Lymphe 
Ziegen, welche bei früheren Versuchen sich wenig empfänglich 
gezeigt hatten, in typischer Weise krank zu machen. Bemerkt | 
sei, dass die Krankheit von den erkrankten Ziegen sich spontan | 
auf zwei mit denselben zusammengcstclltc gesunde Ziegen über¬ 
tragen hat. Auf eine hohe Virulenz ist ferner auch daraus zu j 
schliessen, dass mehrere Hunde (Fox-Terriers), welche in dem 
Stalle zwischen den erkrankten Thieren hcrumgclaufen waren, 
unter den Erscheinungen der Maul- und Klauenseuche er¬ 
krankt sind. 

Die Commission hat weiterhin Versuche angestellt über 
die Möglichkeit, Thiere zu inficiren durch Einführung des 1 
Virus in den Magen bei sorgfältiger Vermeidung jeder Be- | 
rührung des Virus mit der Maulschleimhaut und den oberen j 
Thcilen des Digestionstractus. Einer Anzahl von Thieren wurden ! 
Gclatinckapseln, in welche frische Lymphe eingcschlossen war, | 
so tief in den Schlund cingcführt, dass sie von den Thieren | 
verschluckt werden mussten. Sämmtliche in dieser Weise in- 
ficirten Thiere erkrankten am zweiten bis dritten Tage ganz 
prompt in typischer Weise. Demnach muss der Aufnahme des 
Virus vom Digestionstractus aus bei der natürlichen Infection 
eine wesentliche Bedeutung beigemessen werden. 

Zahlreiche Versuche wurden angestellt über den besten 
Modus der Conservirung der Lymphe. Bei diesen Versuchen 
hat sich gezeigt, dass baktcrienfrei filtrirtc Lymphe * 
sich im Eisschranke drei bis vier Monate wirksam ’ 
erhält. Zusätze von Phenol, Thymol und auch von 0,5 °, 0 | 
Carbol sind dabei ohne besondere Bedeutung. 

Lymphe im Verhältnis von 1 : 10 mit Wasser verdünnt 
und baktcrienfrei filtrirt, zeigte sich trotz des Zusatzes von 
1 °/ 0 Carbolsäure noch nach 11 Wochen unverändert wirksam. 

Eine Cultur des angenommenen Erregers ist auch bei den 
zahlreichen, noch weiterhin nach dieser Richtung hin angestelltcn 
Versuchen in keinem der versuchten Medien bisher gelungen. 
Weder Milch noch die neuerdings von Nocard und Roux 
für die Cultur des Lungenscuchccrrcgcrs empfohlene Martin’sche 
Nährflüssigkeit haben bisher, wiewohl ihre Zusammensetzung 
und die Culturbcdingungen vielfach variirt wurden, zur Er¬ 
reichung des angestrebten Zieles geführt. 

Immunisirungsverfahren. 

Was nun die Immunisirung gesunder Thiere 
gegen die Maul- und Klauenscuchc-Infection an¬ 
langt, so haben die eingehenden bezüglichen Ver¬ 
suche zu günstigen Ergebnissen geführt. 

Wie bereits in den früheren Berichten dargclegt ist, war ! 
cs der Commission gelungen., Thiere durch Mischungen von ! 
wirksamer Lymphe mit dem Serum von Thieren, welche die 
natürliche Infection überstanden hatten, durch intravenöse Ein- 1 
Spritzungen dieser Gemische gegen Multipla der sicher wirk- , 
samen Lymphdosis zu schützen. Diese Methode, welcher | 
mutatis mutandis das gleiche Princip zur Grundlage dient, | 
welches von Herrn Geheimerath Koch bei der Schutzimpfung ; 
der Rinder gegen Rinderpest mit Erfolg zur Anwendung ge- 1 
bracht ist, hat sich im Grossen und Ganzen auch in den 
weiteren Versuchen der Commission als wirksam erwiesen. 

Wie bereits in dem Bericht vom 8. Januar d. Js. betont 
ist, war cs erforderlich, das Verfahren vor seiner etwaigen 
Einführung in die Praxis noch einer eingehenden experimen- j 


teilen Untersuchung zu unterziehen. Diese Versuche sind an 
einem grossen, auch ausgewachsene Thiere umfassenden Ma¬ 
teriale von der Commission angestellt worden. Bei denselben 
war darauf Bedacht genommen, nur das Serum solcher Thiere 
für die Mischung mit der Lymphe zu verwenden, welche grosse 
Dosen von Lymphe vertragen hatten, ohne locale Krankheits¬ 
erscheinungen zu bieten. Es stellte sich nun heraus, dass ein¬ 
zelne der schutzgeimpften Thiere, namentlich der erwachsenen 
Rinder, in Folge der Einspritzung des Lymphe-Serumgemisches 
erkrankten, gleichviel, ob 1,5,10, 20, 50, 100 ccm Serum 
mit 1 ,' 50 ccm Lymphe vermischt waren. Auch als das Quantum 
der Lymphe auf 1 / l00 bezw. , / 200 ccm herabgesetzt wurde, 
kamen noch einzelne Erkrankungen zur Beobachtung. Meist 
setzten die Erkrankungen erst in der zweiten Woche um den 
zehnten bis zwölften Tag ein. Derartige, selbst ganz vereinzelte 
Infectionen, durch die Schutzimpfung selbst hervorgerufen, 
würden naturgemäss das ganze Schutzimpfungsverfahren als un¬ 
brauchbar für die Praxis erscheinen lassen. Die Möglichkeit 
derartiger Vorkommnisse musste auf jeden Fall ausgeschlossen 
werden. 

Wir versuchten deshalb die Sera verschiedener Thier¬ 
arten auf ihre Verwendbarkeit, nachdem den betreffenden 
Thieren wiederholte Einspritzungen grosser Lymphmengcn ge¬ 
macht worden waren. Es zeigte sich bei diesen Versuchen, 
dass, abgesehen von den Rindern und Schweinen auch Pferde 
und Ziegen ein Serum zu liefern im Stande sind, welches wirk¬ 
same Körper enthält. Das Serum von Gänsen hingegen erwies 
sich als nahezu wirkungslos. Aber auch dann, wenn das Serum 
von Thieren genommen wurde, welche sehr hohe Lymphdosen 
vorher cingespritzt erhalten hatten, wurde nach der Schutz¬ 
impfung mit den mittelst dieses Serums hergc^stellten Serum- 
Lymphe-Mischungen Erkrankungsfälle beobachtet. Es wurde 
nun der Versuch gemacht, die Serum-Lymphe-Mischungen nicht 
unmittelbar nach der Herstellung, sondern erst nach längerem 
Stehen den schutzzuimpfenden Thieren einzuspritzen. Hierbei 
ergab sich, dass Erkrankungen in Folge der Einspritzung nicht 
mehr vorkamen, sofern die Lymphe mit dem Serum genügend 
lange in Contact gewesen war. 

Es musste nun aber weiterhin noch ermittelt werden, ob 
denn die so vorbehandelten Thiere auch wirklich immun ge¬ 
worden waren. Die Versuche ergaben, dass die Thiere nahezu 
ausnahmslos drei Wochen nach der Schutzimpfung eine Probe¬ 
impfung mit 1 j 50 ccm unserer hochwirksamen Lymphe vertrugen. 
Die Immunisirung trat ein, selbst wenn die Serum-Lymphe- 
Mischungen, 10—20 ccm Serum + J / 50 ccm Lymphe, 4 Wochen 
vor der Einspritzung hergestellt waren. 

Die Immunisirung gelingt jetzt gleich gut bei Rindern und 
Schweinen. Der Wirkungswerth der Sera der immunen Thiere 
unterliegt erheblichen individuellen Schwankungen. Einzelne 
Thiere liefern ein so wirksames Serum, dass die mit der aus 
diesem Serum hergestellten Scrum-Lymphe-Mischung schutz¬ 
geimpften Thiere selbst nach sofortiger Einstellung 
in den Seuchenstall zwischen kranke Thiere nicht 
mehr erkranken, ja sogar die intravenöse Ein¬ 
spritzung von ’/ioo ccm Lymphe zehn Tage nach der 
Schutzimpfung vertragen. 

Abgesehen von dem Verfahren der Immunisirung mittelst 
Serum-Lymphe-Mischungen hat die Commission noch ein zweites, 
ohne Zweifel gut brauchbares Schutzimpfungsverfahren ermittelt. 
Wie bereits erwähnt, wird die filtrirte Lymphe nach mehreren 
Monaten unwirksam. Solche unwirksam gewordene Lymphe, 
gesunden Thieren eingespritzt, verleiht diesen Immunität, ohne 
dass sie die geringsten Krankheitserscheinungen hervorruft. 

Alle mit einer 6 Monate conservirtcn Lymphe behandelten 
Thiere haben sich bei der Nachimpfung mit X / R0 ccm hoch- 
wirksamer Lymphe 3 Wochen nach der Schutzimpfung als 
immun erwiesen. 

Ausgedehnte Erfahrungen über die Dauer der künstlichen 
Immunität konnten aus äusseren Gründen nicht gemacht werden. 
Einige Thiere, Rinder und Kälber, welche für diesen Zweck 
asservirt wurden, haben sich drei Monate nach der Schutz¬ 
impfung noch völlig immun gezeigt. 


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No. 38 . DEUTSCHE THIERzERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 335 


Von besonderem Interesse ist eine Beobachtung, welche 
bezüglich der Vererbbarkeit der Immunität gemacht 
wurde. Die Commission hatte eine der ersten Färsen, welche 
die Krankheit im Stalle des Institutes durchgemacht haben, 
aufbewahrt, um an diesem Thiere die Dauer der Immunität zu 
prüfen. Von Zeit zu Zeit wurden dieser Färse grössere Lymph- 
mengen eingespritzt, um ihre Immunität festzustellen. Das 
Serum dieses Thieres wurde wiederholt mit Erfolg zu Immuni- 
sirungszwecken verwandt. 

Anfang dieses Jahres stellte es sich heraus, dass das Thier 
tragend geworden war; vcrmuthlich ist cs von einem jungen 
Bullen, welcher sich losgerissen hatte, belegt worden. Das 
Thier kalbte am 8. Mai. Das junge Kalb wurde drei Tage 
nach der Geburt mit 1 /, 00 ccm hochwirksamer Lymphe intra¬ 
venös geimpft. Es erkrankte nicht. Sechs Tage später erhielt 
es die hohe Dosis von */, 0 ccm Lymphe eingespritzt. Es 
reagirte nicht im Geringsten und blieb auch nach der Einstellung 
in den Seuchenstall gesund. Es hat daher ohne Zweifel eine 
Uebertragung der Immunität von der Mutter auf das Junge 
stattgefunden. Um zu sehen, ob etwa in der Milch der immunen 
Kuh immunisirende Stoffe enthalten waren, wurde das von 


! unserer Kuh geworfene Kalb drei Tage nach der Geburt weg¬ 
genommen und an seine Stelle wurden zwei frisch angekaufte 
Saugkälber der Kuh angelegt. Nachdem diese Thiere 14 Tage 
durch die Milch der immunen Kuh gut ernährt waren, erkrankte 
j das eine Thier spontan an Maul- und Klauenseuche, als in dem 
gleichen Stalle ein anderes Versuchsthier erkrankt war. Das 
i zweite Saugkalb erkrankte typisch nach der Einspritzung von 
1 j 2 „o ccm Lymphe. Beide Thiere waren mithin dadurch, dass 
1 sic 14 Tage lang die Milch eines sicher immunen Thieres ge¬ 
nossen hatten, nicht immun geworden. 

Da das von der immunen Kuh geworfene Kalb sich immun 
erwiesen hat, steht zu hoffen, dass es gelingen wird, durch 
I eine Schutzimpfung tragender Thiere eine gegen Maul- und 
Klauenseuche immune Nachkommenschaft zu erzielen und auf 
diese Weise die hohe Mortalität der neugeborenen und der 
Infectionsgefahr ausgesetzten Kälber zu beseitigen. 

Die Commission hat, da die zur Verfügung gestellten Mittel 
nahezu anfgebraucht sind und die Hauptaufgabe, ein praktisch 
i brauchbares Schutzimpfungsverfahren aufzufinden, gelöst ist, 
ihre Arbeiten vorläufig zum Abschluss gebracht. Casper. 


Stand der Maul- und Klauenseuche im Deutschen Reiche Ende August 1898. 1 ) 

(Nach den im Kaiserlichen Gesundheitsamte zusammengestellten Berichten der beamteten Thierärzte. — Veröffentlicht im Reichs-Anzeiger vom 5. September 1893.) 



■v.‘.v 


Von je 100 
Gemeinden 
waren am 
Schluß des Monats 
verseucht 


Massstab 1:6000000. 


l ) Inbegriffen sind auch diejenigen Gemeinden, in denen seuchekranke Thiere nicht mehr vorhanden sind, in welchen aber nach den geltenden 
Vorschriften die Seuche noch nicht als erloschen erklärt werden konnte. 



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336 


DEUTSCHE THIERvERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


17. September. 


Ueber die Behandlung der Wuthkrankheit mittelst Ein¬ 
spritzung von gesunder Nervensubstanz. 

Von Babes. 

(Recueil d'Alfort, Juni 1898.) 

Im Jahre 1889 bemerkte der Verfasser, dass neurasthenische, 
epileptische oder schwermüthige Personen, welche von tollwuth- 
kranken Hunden gebissen worden sind, in Folge der antirabischen 
Behandlung im Institut Pasteur, von den obigen Nervenkrank¬ 
heiten zum Theil geheilt wurden. 

Auf Grund obiger Beobachtung versuchte Babes zunächst, 
mit obigen Nervenleiden behaftete Personen durch Einspritzungen 
von aus dem verlängerten Marke von Schafen und Kaninchen 
gewonnener Nervensubstanz zu behandeln. 

In der Vermuthung anderntheils, dass die Nervensubstanz 
einen gewissen Grad von Immunisationsvermögen gegen das 
Nervensystem befallende Infectionen besitzen könne, führte 
Babes von Erfolg begleitete Versuche aus, indem er Thieren 
zuerst eine genügende Menge gesunder Nervensubstanz unter 
die Haut einspritzte, welcher dann eine Einspritzung von Wuth- 
gift folgte. Da seit zwei Monaten keines der inoculirten Versuchs¬ 
tiere an der Wuthkrankheit erkrankt ist, so wird vom Ver¬ 
fasser bestimmt angenommen, dass die gesunde Nervensubstanz 
eine präventive oder eine heilende Wirkung bei der Wuth hat. 

Haas. 


Uebertragung der Hühnercholera durch die Castration. 

Von Bosso. 

(Giorn. della R. Soc. et Accad. Vet. Ita!., 1898, S. 700.) 

Von einer Frau waren 22 Hühner castrirt worden im Alter 
von 4—5 Monaten. Nach kurzer Frist waren sie sämmtlich 
gestorben. Bei zwei der Gestorbenen erhob B. folgenden 
Befund: 

Nährzustand gut, Eingeweide mit Blut bedeckt. Zwischen 
den Falten des Mesenteriums lagen zahlreiche Blutgerinnsel, 
welche durch Zerreissung der linken Niere bei der Castratitpn 
entstanden waren. Die Luftsäcke sind stark hyperämisch’ uncf 
zeigen fleckweise Blutungen. Bei dem einen Huhn waj- auch 
die Lunge verletzt und der Hoden lag frei in der Bauchhöhle. 
Milz, Leber und Herz normal. Im Herzblut und in den 
Blutungen in der Bauchhöhle fanden sich Hühncrcholerabakterien 
in Rcincultur und unzähliger Menge. Kaninchen starben nach 
der Impfung mit den Bakterien in 22 Stunden. 

B. nimmt an, dass die Frau vor der Castration sich mit 
kranken Hühnern beschäftigt und bei der Castration den An- 
steckungsstoff übertragen hatte. In Folge der Blutungen in 
der Bauchhöhle fand letzterer günstige Wachsthumsbedingungen 
und führte schnell den Tod der Castraten herbei. Fr ick. 


Nahrungsmittelkunde. 

Betriebs-Bericht des Vieh- und Schlachthofes zu Leipzig ! 
für das Jahr 1897. 

Erstattet vom Director W. Hengst. . , I 

1. Verkehr auf dem Viehhofe: Der Auftrieb betrug ! 
253 224 Thiere, und zwar 26341 Rinder (9267 Ochsen, 1406 ; 
Kalben, 9780 Kühe und 5888 Bullen), 55 540 Kälber, 46847 
Schafe, 6 Ziegen und 124490 Schweine. Dazu kommen noch 
als vom Jahre 1896 überstehende Thiere: 12* Rinder (3 Ochsen, 

9 Kühe) und 54 Schafe. 

Unter den im Viehhofe eingestellten Beständen wurde 
17 Mal die Maul- und Klauenseuche und 1 Mal die Lungen- j 
seuche constatirt. An Rothlauf erkrankten 59 Schweine aus 
35 Transporten, wovon 13 umgestanden sind und 46 noth- 
geschlachtet wurden. 

Aus Oesterreich-Ungarn wurden 116 Rinder (102 Ochsen, 

3 Kühe und 11 Bullen) eingeführt und bis zu ihrer Abschlachtung 
unter Contumaz gestellt. 


2. Verkehr auf dem Schlachthofe. Die Zahl der 
Gesammtschlachtungen betrug im Berichtsjahre 276 159 Thiere,. 
wovon 26932 Rinder (9031 Ochsen, 1471 Kalben, 10242 Kühe 
und 6188 Bullen), 67855 Kälber, 49 544 Schafe, 231 Ziegen 
und 131 597 Schweine, 1530 Pferde und 19 Hunde. 

3. Sanitätsanstalt. Wegen Seuchen oder anderen 
Krankheiten, sowie wegen fehlenden Ursprungszeugnissen wurden 
im Betriebsjahre der Sanitätsanstalt überwiesen und daselbst 
geschlachtet: 259 Rinder (100 Ochsen, 22 Kalben, 113 Kühe 
und 24 Bullen), 106 Kälber, 15 Schafe, 4 Ziegen und 465 Schweine,, 
zusammen 849 Thiere. Als umgestanden wurden der Sanitäts¬ 
anstalt überwiesen: 3 Rinder (1 Ochs und 2 Kühe), 19 Kälber,. 

3 Schafe und 133 Schweine, zusammen 158 Thiere. 

4. Schauamt: Zur Untersuchung kamen 1309 Rinder, 
14 451 Kälber, 9951 Schafe, 231 Ziegen und 13 404 Schweine, 
wovon der Sanitätsanstalt 70 Thiere (44 Rinder, 18 Kälber, 

4 Schafe und 4 Schweine) lebend und 17 Thiere (8 Rinder, 

4 Schafe, 4 Ziegen und 1 Schwein) nothgestochen übermittelt 
wurden. 

Von dem in den Stadtbezirk eingeführten frischen Fleisch 
wurden vorgelegt und untersucht: Von Rindern: 253 ganze 
Rinder, 3720 Viertel, 384 englische Braten, 23 Stücke; von 
Kälbern: 3210 ganze Kälber, 32 Rücken, 730 Keulen, 1 Stück», 
von Hammeln: 286 ganze Hammel, 27 Rücken, 21 Keulen; 
von Schweinen: 311 ganze Schweine, 24 halbe Schweine, 
18 Stücken und 95578 Lebern. Zusammen: 104618 Stücke. 

Auf Trichinen wurden von den eingeführten Schweinefleisch- 
waaren untersucht: 347 Wildschweine, 2 Stücke von solchen,. 
1799 Schinken, 157 Stücke Rauchfleisch, 635 Speckseiten, 

5 andere Fleischwaaren und 199,5 kg Wür^e; zusammen: 
2949 Stück. 

5. Schlachtvieh- und Fleischbeschau, a) Schlacht¬ 
viehbeschau: Beanstandet und der Sanitätsanstalt zur Ab¬ 
schlachtung überwiesen wurden: auf dem Viehhofe: 2*12 
Rinder, 88 Kälber, 7 Schafe und 760 Schweine; im Schau¬ 
amte: 47 Rinder, 18 Kälber, 8 Schafe, 4 Ziegen und 5 Schweine. 

b) Fleischbeschau: Von den geschlachteten 278551 
Thieren wurden beanstandet: 880 Rinder (3,2 °/ 0 ), 192 Kälber 
( 0 , 3 %), 24 Schafe (0,05%), I Ziege (0,42 %), 1670 Schweine 
(1,2%) und 7 Pferde (0,45%)- 

Davon wurden gänzlich vernichtet: 228 Rinder (,0,84 %), 
132 Kälber (0,19%), 3 Schafe (0,003%), 1 Ziege (0,42%), 
7 Pferde (0,45%) und 41 Schweine (0,04%), nur das Fett 
ausgeschmolzen verkauft: bei 294 (0,2%) Schweinen. 

Es kamen sterilisirt und gekocht zur Freibank^ 
481 Rinder (1,7%), 7 Kälber (0,01%) und 1220 Schweine 
(0,9 %,); roh zur Freibank: 171 Rinder 0,65 %), 53 Kälber 
(0,08%), 21 Schafe (0,04%) und 115 Schweine (0,09%). 

Ausserdem wurden wegen verschiedener Krankheiten noch 
33 255 Organe beschlagnahmt: 14810 Lungen, 195 Herzen, 7637 
Lebern, 1809 Milzen, 3708 Mesenterien, 3449 Nieren, 1035 Uteri, 
407 Euter, 112 Zungen und 93 andere Kopftheile, darunter allein 
wegen Tuberculose 13024 Lungen, 105 Herzen, 3736 Lebern, 
1750 Milzen, 3664 Mesenterien, 2959 Nieren, 358 Uteri, 285 
Euter und 19 andere Kopftheile. Ferner wurden noch 
6718,0 kg Rind- und 1328,5 kg Schweinefleisch beschlagnahmt 
und theils vernichtet, theils der Freibank zugewiesen. 

Von dem in den Stadtbezirk eingeführten und 
im Schauamte untersuchten frischen Fleisch wurden 
zurückgewiesen: 4 ganze Rinder, 9 Rinderviertel, 4 englische 
Braten, 3 ganze Kälber, 8 Kalbskeulen, 2 ganze Schweine und 
38 diverse Fleischstücke. 

Beanstandet und vernichtet wurden wegen Tuberculose: 

2 Rinder, 18 Rinderviertel, I engl. Braten, I Kalb, ein halbes 
Schwein, 185 Schweinslebern, ferner 16 Lungen, 1 Zunge, 

3 Lebern und 1 Milz vom Rinde, 1 Kalbsleber und 3 Lungen 
vom Schweine. 

Der Freibank überwiesen im sterilisirten Zustande: 2 Rinder, 

51 Stücke Rindfleisch, 2 Kälber, 4 Stücke Kalbfleisch, ein halbes 
Schwein, 495 Stücke Schweinefleisch, sowie 1 Schwein. 


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No. 38. DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 337 


Von eingeführten Schweinefleischwaaren wurden wegen 
Trichinosis beanstandet: I Wildschwein und I Speckseite ameri¬ 
kanischen Ursprungs 

Uebcr das Vorkommen der Tuberculose gicbt 
nachstehende Tabelle Auskunft: 




V 

on den tube 

culösen Thieren 

wurden 

Bezeichnung 

der 

Schlacht- 

ihiere 

Tuberculös 

a. |j b. 

als nicht bank- 
ganzlich würdig 

c. 

nur das 
Fett aus- 

d. 

dem freien 


vernichtet 

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2,08 96 

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568 

5.73 


— 

9124 

92.19 

Ochsen . 

O 

Ln 

%+* 

Ln 

O 

48 

».50 4 

122 

126 

3-93 



3031 

94.57 

Kalben . 

306 20,49 

9 

2,94!. 8 

26 

34 

..... 



263 

85,95 

Kühe . . 

5068 48,09 

126 

2,48' 81 

274 

355 

7 ,oo 

— 


4587 

90,52 

liullen 

1320 21,24 

24 

1 .8» 3 

50 

53 

4 0. 

— 

— 

»243 

94 . .3 

Kälber . 

139 0,20 

79 

56,80! - 

7 

7 

5.04 

— 

— 

53 

48,16 

S c h a fe 

8! 0,01 

2 

25,00' — 


— 

— 


— 

6 

75.oo 

Ziegen 

— 

— 

— i 1 — 



— 

— 

— 

— 

— 

Schweine 

3679 2J8 

19 

0,51 1 

1173 

1174 

3 ». 9 » 285 

7.74 

220. 

00 

Pferde . 

8 0,52 

2 

25,00: — 

— 

— 

' 

— 


6 

75.00 

Hunde 


— 

— J — 

— 



— 


— 


Summa . 

* 3733 i - 

309 


1652:1749 

1 

285 

— ||l I 39o! — 
Edelmann. 


Thierzucht und Thierhaltung. 

Sitzung: des Landwirthschaftsr&thes für Elsass-Lothringen 
am 23. Juni 1898. 

Den dem obigen Landwirthschaftsrath gemachten Vorlagen 
entnehmen wir Folgendes: 

Die Vorlage No. 1 enthält eine Denkschrift des Landes¬ 
thierarztes über die Organisation der Prämiirungen von Rind¬ 
vieh, über welche eine gutachtliche Aeusserung verlangt wird. 
Die Denkschrift führt etwa Nachfolgendes aus: Die Rindvieh¬ 
zucht ist namentlich in unseren dicht bevölkerten Kreisen mit 
parzellirtem Grundbesitz für die Existenz des landwirtschaft¬ 
lichen Betriebes unumgänglich notwendig. Sie verdient cs 
daher, dass die Staatsverwaltung mit Aufmerksamkeit ihre 
Lebensbedingungen prüft, ihre Entwicklung beobachtet und 
Alles aufbietet, um sie fortgesetzt auf der Höhe der Zeit zu 
erhalten. In erster Linie müssen zu diesem Zweck geordnete 
Zustände bezüglich der Auswahl und Haltung der Zuchtstiere 
hergestellt werden. Dies ist theilweise schon geschehen durch 
den Erlass einer entsprechenden Verordnung, theilweise wird 
es vorbereitet durch die Verhandlung über die Gemeindezucht¬ 
stierhaltung. 

Ausserdem ist die Regierung bestrebt, durch Veranstaltung 
von öffentlichen Belehrungen über die Viehzucht, durch Vor¬ 
träge in den landwirtschaftlichen Schulen und Versammlungen, 
durch Veröffentlichung von belehrenden Aufsätzen in den land¬ 
wirtschaftlichen Zeitungen und der Tagespresse, durch Unter¬ 
stützung gemeinnütziger Bestrebungen auf dem Gebiete der 
Viehzucht: Gründung von Zuchtgenossenschaften, Ankauf edleren 
Materials, Erbauung von Gemeinde-Stierställen u s. w., sowie 
endlich durch Abhaltungen von Preisviehschauen für grössere 
oder kleinere Bezirke, stets fördernd auf die Vervollkommnung 
unserer einheimischen Rindviehzucht einzuwirken. Das zuletzt 
genannte Mittel, durch Verteilung von Preisen auf den Fleiss 
der Züchter einzuwirken, ist jedoch bisher nicht mit dem Er¬ 
folg wirksam gewesen, wie man es nach dem Aufwand von 
Zeit und Geld erwarten sollte. Wenn auch an einzelnen Orten, 
wo die Rindviehzucht sich überhaupt schon eines gewissen Auf¬ 


schwunges erfreut, in wirklich sachverständiger Weise und ob- 
jectiv vorgegangen wird, was bei dem schon mehr ausgesuchten 
Material auch eher möglich ist, so sind doch in den meisten 
Fällen die Prämiirungen von Rindvieh dazu angetan, die Un¬ 
zufriedenheit der wirklich Sachverständigen im landwirtschaft¬ 
lichen Publikum zu erregen und es hält sich deswegen die 
grosse Mehrzahl der wirklichen Viehzüchter von diesen Prä¬ 
miirungen ganz fern. Werden nun hierbei schon die zur Ver¬ 
fügung stehenden öffentlichen Gelder — jährlich etwa 40000 Mk. 
— nicht in nutzbringender Weise verwendet, so ist es auch 
noch ein nicht zu unterschätzender Nachteil dieser Art von 
Prämiirung, dass die bei diesen Gelegenheiten gegenwärtigen 
Landwirthe und Viehzüchter ein ganz unrichtiges Bild von den 
zu erstrebenden Zuchtziclen bekommen. 

Die Schuld liegt aber nicht allein an den Preisrichtern, es 
fehlt vielmehr vor Allem das einheitliche Princip, nach dem 
bei der Beurteilung der zur Preisbewerbung vorgeführten 
Thierc vorgegangen wird. In dieser Hinsicht ist nun die 
»Deutsche Landwirthschaftsgcsellschaft« in dankenswerter 
Weise vorgegangen und hat genaue Normen festgestellt. 

Die Beurtheilung der zur Preisbewerbung vorgeführten 
Rinder darf nach diesen Normen nicht lediglich im Hinblick 
auf die Gesammterscheinung, wie dies im Allgemeinen Ge¬ 
pflogenheit ist, erfolgen, sondern sie hat sich auf die eingehendste 
Prüfung sämmtlicher in Betracht kommenden Körperteile der 
vorgeführten Thierc zu erstrecken, wobei jeder Theil einzeln 
mit einer Note zu bemerken ist. Hierzu kommt noch die, die 
durch den Augenschein gemachten Wahrnehmungen unter¬ 
stützende Messung mit dem Lydtin’schen Messstock, der heut¬ 
zutage bei einer ernsthaften, wirklich zweckdienlichen Prämiirung 
ein unentbehrliches Hilfsmittel, der richtige Unparteiische, ist. 

Dass bei einer derartig durchgeführten Beurtheilung die 
bisherigen Gepflogenheiten in den meisten Kreisen unseres 
Landes verlassen werden müssen, ist wohl selbstverständlich. 
Es muss vor Allem für die Preisrichter genügende Zeit und 
Raum für ihre Arbeit vorgesehen werden, die den Preisrichtern 
bei der Ausübung ihres Amtes meistens fehlt, denn mit der 
Mehrzahl der Preisvertheilungen wurde bisher immer ein Fest 
verbunden, wodurch die Zeit für die Prämiirungsarbeit sehr 
gekürzt wurde, und ausserdem sieht man die Commission vom 
Publikum umringt, welches einen Meinungsaustausch und ruhiges 
Arbeiten geradezu unmöglich macht. Auch eine ordentliche 
Vergleichung der einzelnen Thiere ist dabei kaum durchführbar. 
Es wird sich also für die Zukunft empfehlen, Rindviehprä- 
miirungen nicht mit landwirtschaftlichen Festen zusammenfallen 
zu lassen, wohl aber, die prämiirten Thierc bei solchen in Vor¬ 
führung zu bringen. 

Sodann kommt bei einer sachgemässen Prämiirung noch 
in Betracht: 

1. Der Ort der Prämiirung. Hier wird darauf zu achten 
sein, dass die Wahl der Vorführungsorte nach der Dichtigkeit 
der Rindviehzucht und der leichten Erreichbarkeit des Ortes 
durch möglichst viele Züchter mit ihrem Vieh stattfindet. Kreis¬ 
rindviehschauen können wegen der Entfernungen schlecht ab¬ 
gehalten werden, es müssen also mehrere Schauen in jedem 
Kreise veranstaltet werden, aber unabhängig von der Cantonal- 
eintheilung, weil da wohl dieselben Missstände hervortreten 
würden, wie bei Kreisschauen, wenn auch in geringerem 
Masse. 

2. Alter und Art der vorzuführenden Thiere. An¬ 
erkannt gute ältere Kühe oder Stiere werden ja nicht gerade weg¬ 
gegeben, selbst wenn auch ein anständiger Preis dafür geboten 
wird, aber der Reiz, den gute Preise auf den Züchter bei leicht 
verkäuflichen jungen Thieren ausüben, bewirkt oft den Verkauf 
solcher, so dass die Zuchten nie recht zur Entwicklung kommen. 
Das Hauptaugenmerk ist deswegen auf die Prämiirung der 
jungen Thiere zu richten und es müssten zweierlei Prämiirungen 
eingeführt werden, nämlich alljährlich stattfindende Jungvieh¬ 
beschauen und vielleicht alle 2—3 Jahre stattfindende grössere 
Preis-Thierschauen für älteres Zuchtvieh, mit Prüfung in Milch, 
Zugnutzung etc. Zu diesen Jungviehschauen würden Stiere, 


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338 


Kühe und Rinder vorzuführen sein und zwar unter gewissen 
Bedingungen: Die Stiere dürfen erst in einem Alter von min¬ 
destens 15 Monaten zur Preisbewerbung vorgeführt werden, 
da sich erst in diesem Alter von richtiger Entwicklung sprechen 
lässt — ebenso SQllen Stiere von mehr als 3 'j A Jahren nicht 
mehr in Betracht kommen, da in diesem Alter erfahrungsgemäss 
die Schlachtbank und nicht mehr die Zucht die nächste Ver¬ 
wendung ist. Die Kühe sollen mindestens ein oder zweimal 
gekalbt haben und nicht über 4 Jahre alt sein, also noch nicht 
zum letzten Male gezahnt oder abgeschaufelt haben. Die Rinder 
sollen mindestens 2 Jahre alt sein, also einmal geschaufelt haben 
und durch einen angekörten Stier belegt sein; der Preis für 
Rinder soll aber erst ausbczahlt werden, wenn dieselben im 
Laufe des Prämiirungsjahro6 ein lebendes oder todtes Kalb 
geboren haben, was durch bürgermeistcramtlichcs Attest be¬ 
stätigt werden muss. 

3. Die Rasse der vorzuführenden Thiere. Nach den 
bisher in anderen Ländern gemachten Erfahrungen ist es unbedingt 
nöthig, dass in den einzelnen Schaubezirken nur eine einzige 
Rasse oder Schlag u. s. w. zur Prämiirung kommt. Es geht j 
nicht an, dass man neben den Simmenthalcrn und ihren Kreu¬ 
zungen mit der Landesrasse, zu gleicher Zeit Durham, Nor- 
männer, Appenzeller, Schweizer Braunvieh, Holländer, Glanvich 
und Vogesenvieh prämiirt. Denn dann wird nicht eine ziel¬ 
bewusste Zucht durch staatliche Fonds unterstützt, sondern das 
Geld für zufällige günstige Erwerbungen und für Liebhabereien 
oder auch Rechthabereien Einzelner nutzlos verschleudert. Die 
Prämiirung soll hauptsächlich dazu dienen, einzelne in der Be¬ 
völkerung und von den Technikern als richtig anerkannte und 
den Bedürfnissen des Marktes in Milch, Fleisch oder Zugnutzung 
entsprechende Rassen immer mehr auszubauen und ertragsfähiger 
zu machen, und dies kann nur dadurch geschehen, dass man 
lediglich die besten Thiere prämiirt, welche die gewünschten 
Eigenschaften im vollkommensten Masse besitzen und auch 
erfahrungsgemäss weiter vererben werden. Nur auf diesem 
Weg werden Zuchten geschaffen, welche segensreich auf ganze 
grosse Gegenden einwirken, dieselben zu einem gesuchten Ab¬ 
satzgebiet machen und dadurch, wenn die Leitung in richtigen, 
Händen liegt, nicht nur auf dem Gebiete der Rindvichzucht, 
sondern in allen landwirtschaftlichen Betriebszweigen einem 
nutzbringenden Fortschritt die Wege ebnen werden. Rinder 
und Kühe der rothen Fleckvichrasse z. B., welche von einem 
Holländer Stier tragen, können ebenso wenig berücksichtigt 
werden, wie Stiere, welche Kreuzungsproducte von Durham und 
Simmenthalcr sind, also von Niederungsvieh und rother Fleck¬ 
viehrasse stammen. Anders wird es sein bei Kreuzungen, 
welche in der gleichen Rasse stattfinden: Landrasse mit Durham 

z. B. in Lothringen oder Landrasse mit Simmenthalcr gekreuzt, 
wie es vielfach im Eisass der Fall ist. 

4. Bedingungen, unter welchen die Preisvcr- 
thcilungen stattfinden. Es ist nöthig, dass den Empfängern 
von Preisen gewisse Bedingungen gestellt werden, deren Ein¬ 
haltung auch in der Wirklichkeit gewährleistet werden muss. 
Sie müssen sich namentlich verpflichten, die prämiirten Thiere 
eine gewisse Zeit zur Zucht weiter zu verwenden, bei Ver¬ 
meidung der unbedingten Zurückzahlung der erhaltenen Prämien, 
es sei denn, dass sip durch behördliche und technische Zeug¬ 
nisse die Unmöglichkeit der Bedingungserfüllung nachweisen 
können. 

5. Die Prämiirungscommission. Sollen nach dem Vor¬ 
gänge anderer Länder staatliche Prämiirungen eingeführt werden, 
so lassen sich wirklich gedeihliche Zustände nur dadurch herbei¬ 
führen, dass aus den landwirthschaftlichen Kreisvereinen und 
von der Landesregierung selbst sachverständige Vertreter als 
Preisrichter abgesendet werden. Die Prämiirungscommissionen 
sind Kreiscommissionen und würden sich für jeden Kreis in 
der Zukunft am besten folgcndermassen zusammensetzen: der 
landwirtschaftliche Kreisvercin wählt auf die Zeit von 4 Jahren 
aus seiner Mitte zwei sachverständige Züchter als Mitglieder 
und zwei als Stellvertreter der Commission; diese Herren kennen 
die landwirthschaftlichen und züchterischen Verhältnisse des 


17. September. 


Kreises und sind im Stande, auch in Fragen über diese Dinge 
Aufschluss zu geben. Als Techniker soll aus dem betreffenden 
Kreise der Kreisthierarzt mitwirken, welcher durch seine 
Studien in Anatomie, Physiologie, Züchtungslehre u. s. w., so¬ 
wie durch seine Kenntnisse der einschlägigen Verhältnisse im 
ganzen Kreise und namentlich durch seine Mitarbeit in dem 
Kreisschauamt am besten sich hierzu eignet; auch lür diesen 
ist ein thierärztlicher Vertreter zu bestellen. Ausserdem kann, 
um von den Zuchtbcstrebungen und dem damit Erreichten 
immer vollständig und genau unterrichtet zu sein, die Landes¬ 
verwaltung einen Sachverständigen zu den Prämiirungen für das 
ganze Land abordnen. Die drei Mitglieder der Kreisprämiirungs- 
commission wählen den Vorsitzenden aus ihrer Mitte. Ist der 
von der Landcsvcrwaltung abgeordnete Sachverständige bei der 
Prämiirung anwesend, so führt er den Vorsitz. Bei Stimmen¬ 
gleichheit gibt die Stimme des jedesmaligen Vorsitzenden den 
Ausschlag. Das Amt des Preisrichters ist ein Ehrenamt. Die 
entstehenden Auslagen werden ersetzt. Es wird auf diese 
Weise das landwirthschaftliche und das veterinärtechnische Ele¬ 
ment vertreten sein, welche alle zusammen, nach den ander¬ 
weitigen Erfahrungen, sich rasch und in gedeihlicher Weise ein- 
arbeiten werden und jedenfalls in ihrer Zusammensetzung eine 
grössere Objcctivität in der ganzen Angelegenheit gewährleisten, 
als das bisher der Fall war. 

6. Die Zeit der Prämiirung. Für eine wirklich gedeihliche 
Entwicklung der Rindvichzucht ist cs absolut nöthig, jedes Jahr 
zu prämiiren, und zwar immer in denselben Bezirken, wie das 
in den einzelnen Kreisen, wo die Rindvichzucht schon ent¬ 
wickelter ist, schon jetzt der Fall ist. Denn bei 3- oder gar 
4jährig wiederkchrendcn Prämiirungen können nur der gerade 
vom Zufall begünstigte kleine Landwirth oder nur ganz her¬ 
vorragende Züchter in Betracht kommen. Es ist nur bei jähr¬ 
lich wiederkehrenden Prämiirungen möglich, die Fortschritte 
guter Züchtung aufmerksam zu verfolgen, wenn die im Vor¬ 
jahre prämiirten Thiere wiederkommen und an sich selbst und 
an ihrer Nachzucht controlirt werden können. Der Züchter 
selbst wird mehr Interesse an der Sache gewinnen und seine 
guten Zuchtthicre länger behalten, wenn er weiss, dass er jedes 
Jahr für seine gehabte Mühe und Arbeit Gcnugthuung finden 
kann. Dagegen wird es sich empfehlen, mit dem Ort der 
Prämiirung auch innerhalb desselben Prämiirungsbezirks jährlich 
nach Bedarf zu wechseln, damit allen Züchtern des betreffenden 
Bezirks Gelegenheit gegeben wird, an den Prämiirungen Theil 
zu nehmen. 

7. Die Höhe der Prämien. Die Prämiirung würde alljähr¬ 
lich in jedem Kreise je nach Bedarf, im Durchschnitt in zwei 
Orten, stattfinden. Rechnet man für den Stadtkreis Strassburg 
eine und für die Kreise Strassburg-Land, Wcisscnburg, Zabern, 
Altkirch, Chäteau-Salins, Diedenhofen, Forbach, Metz und Saar¬ 
burg 3 Prämiirungen, so beträgt die Zahl der jährlichen Prä¬ 
miirungen 50. Bei jeder Prämiirung sollen durchschnittlich für 
Stiere: ein erster, zwei zweite und drei dritte Preise ausgegeben 
werden im Betrage von je 80, 50 und 40 Mk., zusammen 
300 Mk., für Kühe: ein erster Preis zu 60 Mk , zwei zweite 
Preise zu 40 und drei dritte Preise zu 30 Mk. = 230 Mk. und 
für Rinder: ein erster Preis zu 50, drei zweite zu 30 und fünf 
dritte zu 20 Mk. = 240 Mk. Es wäre also für jede Prämiirung 
eine Summe von 770 rund 800 Mk. nöthig, für die 50 Prä¬ 
miirungen also 40000 Mk. Mit Wegegeldern für nicht prä- 
miirte Thiere und Ersatz der Auslagen für die Preisrichter wird 
man in Zukunft mit einer Ausgabe von rund 42000 Mk. für 
die Prämiirung des Rindviehs zu rechnen haben. Bisher sind 
etwa 15000 Mk., also 27000 Mk. weniger als nach dem hier 
gemachten Vorschlag benöthigt worden. Um diesen Betrag 
von 27000 Mk. müsste also die im Landeshaushaltsetat stehende 
Summe erhöht werden, wenn die Prämiirungen in der vor- 
geschlagcnen Weise vorgenommen werden sollen, da eine Herab¬ 
setzung der anderweitigen Ausgaben für Rindviehzucht z. B. 
zur Bildung von Verlustfonds beim Ankauf von Zuchtstieren, 
zur Förderung der Gcmcindezuchtstierhaltung und der Zucht- 
gcnossenschaftcn und dergleichen unthunlich ist. Trotz dieser 
Erhöhung würde aber in Elsass-Lothringen noch lange nicht 


DEUTSCHE THIER/ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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339 


DEUTSCHE THIKRjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 38. 

die Summe ausgegeben für Verbesserung der Rindviehzucht, 
wie in den anderen benachbarten Ländern, wo die Bezirke viel 
kleiner sind als unsere Kreise und die Preise höher und zahl¬ 
reicher. In Baden finden z. B. alljährlich 88 staatliche Vieh- 
prämiirungen statt in 52 Bezirken mit etwa 100 000 Mk. Prä¬ 
miengeldern. 

Nach der letzten Viehzählung vom Jahre 1897 wurden in 
Elsass-Lothringen gezählt Stück Rindvieh: unter '/j Jahr: 
63483 und über ’/a Jahr: 448846 = zusammen: 512329 Stück. 
Der Werth beziffert sich ungefähr auf 112 Millionen Mark. — 
Es sind im Jahre 1896/97 aus Staats-, Bezirks- und Kreismitteln 
incl. der Stierkörung für Hebung der Rindviehzucht ausgegeben 
worden 50 500 Mk. Rechnet man noch dazu die vorgeschlagene 
Erhöhung um 27000 Mk., so kommt man auf 77 500 Mk. pro 
Jahr oder 0,67 pro Mille der Werthsummc, als dem Betrag, 
der für die Verbesserung der Rindviehzucht ausgegeben wird, 
gewiss keine zu grosse Aufwendung, wenn man die Ausgaben 
für Pferdezucht damit in Vergleich stellt, wo für einen Werth 
von 54 Millionen 164000 Mk. oder 3,04 pro Mille ausgegeben 
werden, also das Vierundeinhalbfache im Vergleich zur Rind¬ 
viehzucht. Es soll damit nicht gesagt sein, dass für die Pferde¬ 
zucht zu viel ausgegeben wird, sondern es soll nur festgestellt 
werden, dass bei einer doppelten Werthschätzung der Pferde 
gegenüber dem Rindvieh hier nur der 4,5. Theil des Aufwandes 
für Verbesserungen verlangt wird, welche in ihrer Wirksamkeit 
eine weittragende Bedeutung für das ganze wirthschaftliche 
Leben des elsass-lothringischen Volkes haben werden. 

An der lebhaften Debatte über diese Vorlage betheiligten sich ausser 
vielen Anderen der Unterstaatssecretär, Bezirkspräsident Frhr. v. Hammer- 
stein und der Landesthierarzt. Im allgemeinen Theil der Besprechung wurde 
darauf hingewiesen, dass die Prämiirungen, wie sie jetzt ausgeführt würden, 
allerdings den Anforderungen durchweg nicht genügten. Namentlich komme 
es vor, dass ungenügendes Material vorgeführt und doch prämiirt werde, 
weil nichts Besseres vorhanden und man in der Regel der Meinung sei, das 
Geld müsse nun einmal ausgegeben werden. Ein Mitglied hielt es in Folge 
dessen für zweckmässiger, der Pflege der Wiesen, namentlich durch bessere 
Düngung, und der Verbesserung des Futters grössere Sorgfalt zuzuwenden 
und die verlangten Mittel lieber für diese Zwecke zu verwenden. Dieser An¬ 
sicht wurde jedoch mit der Begründung entgegen getreten, dass in dieser 
Hinsicht schon viel geschehe und dass die Ernährung des Viehs im Allge¬ 
meinen mit hinreichendem Futtermaterial stattfinde. Ein anderes Mitglied 
war der Ansicht, die Prämien seien zu gering bemessen; ausserdem sei es 
zweckmässig, dafür Sorge zu tragen, dass lediglich die guten Kälber, die man 
als solche nach ihren Eltern und anderen Anzeichen wohl erkennen könne, 
zur Zucht verwendet würden, da jetzt vielfach das gute Kalb auf die Schlacht¬ 
bank wandere, während das schlechte zur Aufzucht verwendet werde. Die 
Mitwirkung der landwirthschaftlichen Vereine und der Körcommissionen werde 
hierbei von besonderem Werthe sein. Dem gegenüber führte ein anderes 
Mitglied an, der Vorschlag werde schwer durchführbar sein, ähnliche Ver¬ 
suche seien im Obereisass gemacht worden, aber ohne Erfolg. Die Vertreter 
der Regierung erläuterten die Vorlage dahin, es handle sich um nichts Neues, 
denn Prämiirungen fänden ja jetzt schon statt. Es handle sich aber darum, 
System in die Prämiirungen zu bringen und sie in unparteiischer und in 
zweckdienlicherer Weise als bisher vorzunehmen. Die Prämiirungen sollten 
auch zur Belehrung und zur Aneiferung für den kleineren Bauer dienen; dies 
sei aber nur möglich, wenn sie nach einheitlichen Regeln erfolgten. Ferner 
komme es darauf an, die Züchter zu verhindern, das beste Zuchtmaterial zu 
veräussem und auf diese Weise langsam, aber sicher die Zucht zu ver¬ 
schlechtern. Die Frage wegen Verbesserung der Wiesendüngung werde nicht 
ausser Acht gelassen. Die Prämien seien in der vorgeschlagenen Höhe für 
den kleinen Bauer doch schon von Werth. Die Auswahl der jungen Kälber 
sei praktisch schwer durchführbar. Dass zur Zucht geeignete Kälber früh 
zum Schlachten gebracht würden, käme vielfach davon, dass sie eher das 
durch die Fleischbeschauordnungen vorgeschriebene Minimalgewicht erreichten, 
als schlechtere Kälber, in Folge dessen käme der Landwirth durch ihren Ver¬ 
kauf früher zu barem Gelde. Die vorgeschlagene Organisation bilde einen 
integrirenden Theil der Massregeln, die zur Hebung der Rindviehzucht durch- 
ge führt werden sollten. 

Bei den einzelnen in der Denkschrift besprochenen Fragen wurde Fol¬ 
gendes erörtert: Bezüglich des Alters der zu prämiirenden Stiere wurde 
Seitens der Regierung bemerkt, dass die Prämiirung zu junger Stiere deren 
allzu frühe Verwendung begünstigen würde. Jedenfalls Hesse es sich nicht 


vermeiden, wenn jüngere Stiere präiniirt werden sollten, in zwei Kategorien 
zu prämiiren. Die Beibehaltung der Zuchtslicre auf längere Zeit sei wünschens- 
werth, daher müsse a :ch deren Prämiirung vorgesehen werden. In letzterer 
Hinsicht wurde von einem Mitglied darauf hingewiesen, dass das längere 
Halten eines Stieres in derselben Gemeinde wegen der entstehenden Bluts¬ 
verwandtschaften misslich sei. Die Frage der Rasse der zu prämiirenden 
Thiere gab dem Landesthierarzt auf Anfrage eines Mitgliedes zur Aufklärung 
eines Missverständnisses Veranlassung. Es sei weder beabsichtigt, neue 
fremde Rassen einzuführen, noch die im Lande bestehenden zu verdrängen. 
Die sogenannten Landrassen seien allmälig'im Laufe der Zeit und nament¬ 
lich begünstigt durch die früheren mangelhaften Verkehrsverhältnisse ent¬ 
standen. Sie hätten sich dem Lande angepasst und müssten deswegen als 
für die betreffenden Gegenden geeignetsten Rassen auch erhalten bleiben. 
Die Zufuhr von frischem Blut sei aber dabei dringend erforderlich. Dagegen 
müsse jedoch gearbeitet werden und hierzu böten gerade die Prämiirungen 
die geeignete Gelegenheit, dass nicht heterogene Elemente zusammengebracht 
und z. B. Niederungsvieh mit Gebirgsvieh gekreuzt werde. Denn detartige 
Kreuzungen seien züchterische Missgriffe und dem allgemeinen Fortschritt der 
Viehzucht nur hinderlich. Gegenüber dem Vorschlag, einem Besitzer in jeder 
Klasse (Stiere, Kühe, Rinder) nur einen Preis bei der Prämiirung zuzu¬ 
billigen, wurde geltend gemacht, dass es der Billigkeit entspräche, allen 
prämiirungsfähigen Thieren auch thalsächlich Preise zuzutheilen. Dagegen 
wurde regierungsseitig ausgeführt, dass alsdann sehr häufig ein einziger grosser 
Züchter allein die Preise erhalten werde, wodurch die kleineren und mittleren 
Landwirthe, deren Viehzucht zu fördern doch in erster Reihe beabsichtigt 
sei, leicht von der Vorstellung ihres Viehes bei den Prämiirungen abgeschreckt 
werden könnten. Hierbei wurde auch die Frage aufgeworfen, ob neben den 
geplanten staatlichen Prämiirungen fernerhin auch solche durch die Vereine 
stattfinden sollten. Gegen die Prämiirungen durch die Vereine wurde an¬ 
geführt, dass dadurch leicht Verwirrung entstehen könnte, wenn neben den 
nach einheitlichen Grundsätzen abzuhaltenden staatlichen Prämiirungen noch 
andere abgehalten würden. Zu Gunsten der Prämiirung durch die Vereine 
wurde von einem Mitgliede und auch Seitens der Regierung darauf hinge¬ 
wiesen, dass man die Vereine doch nicht darin beschränken könne, aus 
ihren Mitteln Prämiirungen zu veranstalten. Ein praktisches Bedürfniss, be¬ 
sondere Prämiirungen abzuhalten, werde ja für die Vereine nur selten vor¬ 
liegen. Wenn aber die Vereine gelegentlich der landwirthschaftlichen Feste 
besondere Prämiirungen veranstalteten, so würden dies wohl, wie schon jetzt 
in der Hauptsache in Lothringen, Concurrenzprämiirungen sein, namentlich 
auch Familien-, Milchergiebigkeitsprämiirungen u. dergl. Die Beibehaltung 
dieses Zustandes für Lothringen bezw. die Ermöglichung seiner F.inführung 
im Eisass bezwecke auch der Antrag des Correferenten P ä c i. Der im 
Laufe der Verhandlung ausgesprochenen Befürchtung, die staatliche Prämiirung 
werde die Vereine bezüglich ihrer MitgUederzahl schädigen, wurden die loth¬ 
ringischen Verhältnisse entgegen gehalten, wo schon jetzt die Prämiirung 
nicht von der Mitgliedschaft an einem Vereine abhängig ist — Wegen der 
Zusammensetzung der Prämiirungscommission wurden für die 
Ansicht des Berichterstatters — die Commission aus den Mitgliedern des 
Schauamtes zu bilden — die Gründe geltend gemacht, dass das Schauamt 
durch seine Sach- und Ortskenntnis am geeignetsten zur Uebernabme auch 
dieser Aufgabe erscheine. Von anderer Seite wurde dagegen vorgeschlagen, 
die Prämiirungscommission aus den Landwirthen und Thierärzten benachbarter 
Kreise zu nehmen. Auch wurden Vorschläge gemacht, wie dem Uebelstand 
abzuhelfen sei, dass bei der Anwesenheit eines von der Landesverwaltung 
abgeordneten Sachverständigen die Commission aus 4 Mitgliedern bestehe, 
und die Herbeiführung eines Majoritätsbeschlusses daher oft schwer sein 
werde. Schliesslich wurde noch hervorgehoben, dass bei Anwendung des 
Messstockes zweifellos grosse Garantien für die Unparteilichkeit des abge¬ 
gebenen Urtheils vorhanden seien. — Auf diesbezügliche Anfragen der Mit¬ 
glieder wurden von dem Regierungsvertreter die vorgeschlagenen Preise als 
das Maximum der Prämienleistung, etwa wie bei der Pferdeprämürung üblich 
sei, bezeichnet, eine Verpflichtung zur Vergebung aller Preise bestehe nicht. 
Bei der Bildung der Prämiirungsbezirke werde das Gutachten der landwirt¬ 
schaftlichen Vereine eingeholt werden. . Schliesslich fragte noch ein Mitglied 
an, ob bei der Prämiirung nicht auch der Gesundheitszustand der Thiere zu 
berücksichtigen sei, und ob zu diesem Zwecke nicht etwa zweckmässiger¬ 
weise Tuberculinirapfungen der zu prämiirenden Thiere vorgenommen werden 
könnten. Eine derartige Massregel wurde jedoch vom Landesthierarzt als 
mit ausserordentlichen Kosten und Umständen verknüpft und deshalb praktisch 
als undurchführbar bezeichnet. 


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340 


DEUTSCHE THI Elt ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


17. September. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Anzahl der Thierärzte in Preussen 1897. 

Nach den vom Bundesrath angeordneten Aufnahmen über 
das Heilpersonal waren im preussischen Staat am 1. April 1876 
1681, am 1. April 1887 1633 und am 1. August 1897 2250 
Thierärzte (ausschliesslich der nicht prakticircnden Civil- 
Thicrärzte in den Jahren 1876 und 1887 und mit Einschluss 
derselben im Jahre 1897) vorhanden, sodass ein Thierarzt am 
1. April 1876 auf 1358 Pferde, 5140 Stück Rindvieh und auf 
207 qkm, am 1. April 1887 auf 1480 Pferde, 5351 Stück Rind¬ 
vieh und auf 213 qkm, am 1. August 1897 dagegen auf 1248 
Pferde, 4690 Stück Rindvieh und auf 155 qkm kam. 

Für die einzelnen Regierungsbezirke liegen über die An¬ 
zahl der Thierärzte im Jahre 1897 folgende Nachrichten vor: 


Regierungs¬ 

bezirke 

Civil- Militär- 
Thierärzte 

zu¬ 

sammen 

LIU 

Pferde ’) 

merarzi kuii 

Stück 
Rindvieh ’) 

IIH aui 
Quadrat¬ 
kilometer 

Königsberg . 

49 

17 

66 

3793 

9089 

320 

Gumbinnen . 

53 

17 

70 

2791 

6028 

227 

Danzig. 

28 

10 

38 

2319 

5 388 

209 

Maricnwerdcr 

4 i 

12 

53 

2710 

7 504 

331 

Berlin . 

126 

27 

153 

329 

6l 

0,4 

Potsdam . . 

150 

34 

184 

924 

2 I I I 

I 12 

Frankfurt. 

74 

10 

84 

1314 

4973 

229 

Stettin. 

54 

11 

65 

1432 

4355 

186 

Köslin . 

30 

6 

36 

2218 

7 77 6 

390 

Stralsund . . 

16 

— 

16 

2106 

8822 

251 

Posen . . 

49 

9 

58 

2637 

9 390 

302 

Bromberg 

34 

12 

46 

2102 

6353 

249 

Breslau 

70 

23 

93 

1306 

6313 

145 

Liegnitz . 

47 

8 

55 

1363 

8 281 

247 

Oppeln . . 

50 

14 

64 

1792 

7619 

207 

Magdeburg . 

80 

16 

96 

1039 

3 287 

120 

Merseburg 

79 

7 

86 

988 

3918 

1 IQ 

Erfurt . . 

23 

3 

26 

885 

3 928 

136 

Schleswig. . 

157 

15 

172 

1047 

5 061 

110 

Hannover. . 

72 

12 

84 

526 

2034 

68 

Hildesheim 

61 

— 

61 

623 

2525 

88 

Lüneburg. 

47 

5 

52 

923 

4 106 

218 

Stade . . . 

32 

2 

34 

1431 

6 200 

200 

Osnabrück . 

29 

— 

29 

963 

5 550 

214 

Aurich . . 

26 

— 

26 

1073 

5 940 

120 

Münster . . 

37 

6 

43 

1174 

5 553 

169 

Minden 

24 

6 

30 

1424 

6 206 

175 

Arnsberg . . 

57 

— 

57 

925 

3 794 

135 

Cassel . . . 

53 

16 

69 

777 

4 750 

146 

Wiesbaden . 

46 

5 

5 i 

528 

4658 

110 

Koblenz . . 

16 

6 

22 

967 

11 949 

282 

Düsseldorf . 

88 

12 

100 

706 

2628 

55 

Köln . . . 

48 

7 

55 

593 

3 106 

72 

Trier . . . 

25 

16 

4 i 

773 

6783 

*75 

Aachen . . 

27 

1 

28 

800 

6 143 

148 

Sigmaringen . 

7 

— 

7 

758 

6687 

163. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Deutscher Veterinär-Kalender für das Jahr 1899. Heraus¬ 
gegeben in zwei Theilen von Prof. Dr. R. Schmaltz. 
Mit Beiträgen von weiland Prof. Dr. Rabe, Departements¬ 
thierarzt Dr. Arndt, Dr. Eschbaum, Bczirksthierarzt 
Hartenstein, Schlachthofdircctor Koch, Veterinär¬ 
assessor Dr. Steinbach. Berlin 1899. Verlag von 
Richard Schütz, Luisenstr. 36. Preis 4 Mark. 

Der Schmaltz'sehe Veterinärkalender hat unter der sorgsamen Be¬ 
rücksichtigung der Bedürfnisse der prakticirenden Thierärzte auch in diesem 


') Nach der Viehzählung vom I. Dezember 1897. 


Jahre wiederum eine erneute Durcharbeitung und Vermehrung des Inhaltes 
erfahren, so dass er jetzt zu einem Umfang von 300 Druckseiten angekommen 
ist. Die Veterinärpolizeigesetzgebung hat in den Kapiteln Schweineseuche, 
Geflügelcholera und Maul- und Klauenseuche weitere Zusätze erhalten; fern« r 
sind neue Gerichtsentscheidungen und Verwaltungs- Verordnungen nach¬ 
getragen. 

Die therapeutischen Kapitel von Dr. Arndt umfassen fast 90 Druck¬ 
seiten und können Anspruch auf den Titel »Compendium der Heilkunde« 
machen. 

Der Deutsche Veterinärkalender will offenbar auch für den wenig gut 
unterrichteten Thierarzt in allen Lagen, in welche dieser zu kommen vermag, 
ein treuer und sicherer Rathgeber sein und man kann ihm die Anerkennung 
nicht versagen, dass er dies Ziel in der denkbar besten Form erreicht hat. 

' M a 1 k rn u s. 


Handbuch der Anatomie der Thiere für Künstler von 

Prof. Dr. Ellcnberger, Prof. Dr. Baum und Maler 
Hermann D i 11 r i c h. Dietrich’sche Verlagsbuchhandlung, 
Theodor Weicher, Leipzig. 

Das Werk verdankt seine Entstehung einer Anregung aus Künstler¬ 
kreisen, für die es auch speciell bestimmt ist; Thierärzte, welche sich für 
topographische Anatomie interessiren, werden an der Hand der ganz vor¬ 
trefflichen Abbildungen mit besonderer Lust diesem Studium obliegen. 

Das .Handbuch der Anatomie der Thiere für Künstler« zerfällt in einen 
textlichen und einen bildlichen Theil; es ist eingerichtet wie der in thier- 
ärztlichen Kreisen allgemein bekannte Le i s eri n g'sehe Atlas, aus dem es 
auch einen Theil der Abbildungen entnommen hat. Der Text ist kurz, klar 
und einfach gehalten und den Bedürfnissen der Künstler möglichst angepasst. 
Der bildliche Theil soll im Ganzen ca. 90 Tafeln im Format 25 X 3° cm 
umfassen, welche in Lieferungen von & 8 Tafeln in 2—3 monatlichen Zwischen¬ 
räumen erscheinen werden: der Preis beträgt im Abonnement 7 Mk.; der 
Einzelpreis 9 Mk. Sämmtliche Abbildungen sind von lebenden Thieren ent¬ 
nommen, keine einzige nach vorhandenen Modellen hergestellt. 

Die I. Lieferung bringt die Seitenansicht einer Kuh, ihrer oberfläch¬ 
lichen Musculatur und des Skeletts, ferner ebenso die Ansicht von vorn und 
von hinten; in gleicher Weise findet der Unterarm und Unterschenkel seine 
Darstellung. 

Die 2. Lieferung zeigt dieselben Abbildungen vom Pferd sowie auch 
die Darstellung des Kopfes. 

Die Abbildungen sind von lebensfrischer Wärme und mit künstlerischer 
Vollkommenheit dargestellt; bedeutende Künstler haben sich in vortheilhaftester 
eise über dieses Werk ausgesprochen. Es ist sehr erfreulich, dass sich 
thierärztliche Autoren von dem Rufe der Herren Ellenberger und Baum 
bereit gefunden haben, die Künstler über die anatomischen Verhältnisse der 
Hausthiere in authentischer Weise zu unterrichten, damit endlich die das 
Auge eines Kenners beleidigenden Carricatur-Darstellungen verschwinden. 

Wir werden die weiteren Lieferungen kurz registriren und den Hnupt- 
bericht erst nach Vollendung des Werkes liefern. Malkmus. 


Personal-Nachrichten. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Der Thierarzt Albert Vosshage 
zum Assistenten für das Pferdespital der thierärztlichen Hochschule in Han¬ 
nover ernannt. Schlachthofthierarzt H. Luft in Cottbus wurde zum Thier¬ 
arzt am Schlacht- und Viehhof in Mainz gewählt. 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutschen 

Heeres: Brohl, Unterrossarzt vom Drag.-Regt. No. 8, unter Versetzung 
zum Drag.-Regt. No. 14, zum Rossarzt, Dolle, Unlerrossarzt der Reserve, 
zum Rossarzt des Beurlaubtenstandes befördert. Versetzt wurden die Ross¬ 
ärzte Kösters vom Hus.-Regt. No. 13 zum Ul.-Regt. No. 11, Francke 
vom Art.-Regt. No. 7 zum Hus.-Regt. No. 13, Unterrossarzt Brohl vom 
Drag.-Regt. No. 8 unter Beförderung zum Rossarzt in das Drag.-Regt. No. 14. 

Der Abschied mit Pension bewilligt den Rossärzten Zimmermann 
vom Drag.-Regt. No. 1 und Ibscher vom Ul.-Regt. No 10. 

Gestorben: Kreisthierarzt Grasnick in Kattowilz. 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thierirztllche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) io Karlsruhe. 

Druck der Wacklet'scheu Druckerei in Karlsruhe i. B. 


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Die infectiöse Cerebrospinalerkrankung der 
Pferde (sog. Borna’sche Krankheit). 

(Vortrag auf der 52. ordentlichen Plenarversammlung des Thierärztlichen 
Vereins für Württemberg.) 

Von Prof. Dr. Klett - Stuttgart. 

(Schluss.) 

Wenn ich im Folgenden an die Schilderung des Krank¬ 
heitsbildes der Cerebrospinalerkrankung herantrete, so möge 
vorausgeschickt sein, dass ich mich bei der Aufstellung des¬ 
selben eng an die Berichte der sächsischen Collegen halte, die 
in der Lage waren, dieselbe klinisch in reichem Masse be¬ 
obachten zu können. Es sei schon von vornherein betont, dass 
die Angaben der Erscheinungen höchst wechselvolle und in- 
constante sind, weshalb sich auch ein klassisches, typisches Bild 
nur schwer entwerfen lässt. So wie ich Ihnen dasselbe vor¬ 
tragen werde, glaube ich, dass es am zutreffendsten aus den 
publicirten Schilderungen der meisten Autoren sich zeichnen lässt. 

Dem Ausbruch der eigentlichen Krankheit gehen in der 
Regel einige Tage, ja bisweilen 14 Tage vorher Vorboten 
voraus. Dieselben bestehen in erster Linie in einem verschieden- 
gradigen Magen- und Darmkatarrh. Man beobachtet dement¬ 
sprechend eine Störung in der Futteraufnahme, die kaum ver¬ 
ringert, jedoch auch vollständig aufgehoben sein kann. In sehr 
vielen Fällen leitet diese überhaupt als einziges merkliches 
Symptom die Krankheit ein. Daneben deuten Gelbfärbung der 
sichtbaren Schleimhäute, namentlich der Conjunctiven, pappiges 
Maul, Flähmen und Gähnen, wobei von einzelnen Bericht¬ 
erstattern das auffällig weite Aufreissen des Maules betont wird, 
auf die Irritation des Digestionsapparates hin. Die Kothaus¬ 
scheidung ist mangelhaft. Bald werden feste, trockene, stinkende, 
mit zähem Schleim überzogene Massen entleert, bald, jedoch 
ist dies seltener, besteht leichter, aber auch selbst unstillbarer 
Durchfall. Sehr häufig sind leichte oder sehr schwere Kolik¬ 
anfälle das erste auffällige Krankheitssymptom. Neben diesen 
Störungen im Digestionsapparate bietet uns ein von der Krank¬ 
heit betroffenes Pferd noch andere Erscheinungen in diesem 
Vorbotenstadium dar. An dem betreffenden Thiere ist weniger 
Temperament, man kann sagen, weniger Leben, eine gewisse 
Trägheit und Mattigkeit bemerkbar. Das Thier steht mit ge¬ 
senktem Kopfe, schläfrigen Blicken da. Die Körperhaltung ist 
nachlässig, jede active und passive Bewegung äusserst schwer¬ 
fällig. Einige Thiere sind sehr lichtscheu und zeigen hin 
und wieder starkes Thränen; andere setzen auffallend häufig 
Harn ab. 


In diesem Prodromalstadium fehlen in der Regel fast 
durchweg die specifischen Krankheitserscheinungen. Vor Allem 
ist das Sensorium in irgend einer intensiveren Weise nicht 
gestört, d. h. das Thier ist ganz oder nahezu bei vollem Be¬ 
wusstsein. Hin und wieder lenken jedoch schon in diesem 
Stadium gewisse Erscheinungen unsere Aufmerksamkeit auf sich. 
Die Thiere zeigen eine gesteigerte Empfindlichkeit und Gereizt¬ 
heit, sie erschrecken öfters beim geringsten Anlasse und es 
überkommt dieselben eine verschiedengradige Unruhe. Manche 
machen hierbei schaukelnde Bewegungen von vorne nach hinten. 
Bei sehr vielen bemerkt man unwillkürliche, zuckende Be¬ 
wegungen der Gesichtsmuskeln. 

Die gastrischen Erscheinungen verschwinden jetzt in der 
Regel und es treten an ihre Stelle die für die Erkrankung 
charakteristischen Symptome. Es fällt an den Thieren vor 
Allem auf, dass der Kopf und der Hals krampfhaft nach vor¬ 
wärts gestreckt ist oder dass derselbe ständig nach auf- und 
rückwärts, also wie ein Hirschhals gekrümmt gehalten wird. 
Hin und wieder ist der Hals auch im Krampfe nach der Seite 
gebogen. Greift man die befallenen Muskelpartien an, so er¬ 
weisen sie sich bretthart und schmerzhaft. Versucht man nach 
irgend einer Richtung den Hals abzubiegen, so bringt man dieses 
nur schwer oder gar nicht fertig und läuft Gefahr, dass die 
Thiere Zusammenstürzen oder sich überschlagen. Wir haben 
demnach Störungen in der Halsmusculatur. Dieselbe, nament¬ 
lich die Strecker, befindet sich in einem tonischen Krampf¬ 
zustande, der die Rigidität bedingt. Nicht selten wurde die 
Beobachtung gemacht, dass diesem tonischen Krampfe der Hals¬ 
muskeln eine eigenthümliche Bewegung des Kopfes in der Weise 
vorausgeht, dass die Thiere nickende oder zuckende Bewegungen 
nach rückwärts mit demselben ausführen. Dieser Muskelkrampf 
kann auch die Kau-, Rücken-, Rumpf- und Extremitätenmuskeln 
betreffen. Wir beobachten in diesen Fällen Trismus, Opistho¬ 
tonus, sägebockartige Stellung in der Nachhand. 

Neben diesen tonischen Krämpfen treten aber auch vorher 
oder nachher oder zu gleicher Zeit klonische Zuckungen auf. 
Man bemerkt dieselben im Bereiche des Kopfes, Halses, Rumpfes 
und der Extremitäten. Sie repräsentiren sich als Zuckungen 
einzelner Muskeln oder als solche fibrillärer Art. Man sieht 
so z. B. ununterbrochene klappernde Bewegung mit der Unter¬ 
lippe, in Folge deren der Speichel zu Schaum geschlagen wird; 
Wackeln mit der Oberlippe; unmotivirtes Vibriren mit den 
Lippen; plötzliche, unregelmässige Zuckungen im Angesichte, 
an den Augenlidern und den Ohren; Läppern mit der Zunge. 
Fast immer knirschen die Thiere mit den Zähnen und machen 
Kaubewegungen bei leerem Maule. 


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342 


DEUTSCHE THIER^kZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


24. September. 


An Stelle dieser soeben geschilderten sog. Reizerscheinungen 
treten im weiteren Verlaufe solche der Lähmung. Sie kenn¬ 
zeichnen sich einmal als Lähmungen der psychischen Functionen, 
d. h. die Thiere sind z. B. nicht mehr im Stande, das Futter 
zu erkennen und dementsprechend zu ergreifen. Bringt man 
den Thieren Futter tief in das Maul hinein, so erkennt man, 
dass das Abschlucken anstandslos geschehen kann. Sodann 
handelt es sich thatsächlich um motorische Lähmungen. Diese 
können unter den Erscheinungen der Facialislähmung auftreten; 
erwähnt werden Lähmung der Lippen, Ohren, Augenlider. 
Auch Vorfall der Blinzknorpel kam zur Beobachtung. Beinahe 
ständig ist die Kau- und Schlingmuskulatur gelähmt, so dass 
auch hierdurch die Futteraufnahme erschwert oder gänzlich 
aufgehoben ist. Die Thiere regurgitiren, speicheln sehr stark, 
so dass oftmals der Speichel in langen Strängen aus dem 
Maule abfliesst. Hierbei kann es zu Schluckpneumonien 
kommen. 

An den Augen besteht als Zeichen der Reizung und Lähmung 
anfänglich Pupillenverengerung, später Erweiterung, Deviation 
der Bulbi (Schielen). 

Dann sieht man noch eine Reihe von Symptomen, deren 
Deutung schwieriger ist. Sehr häufig machen die Thiere 
Zwangsbewegungen in Form von Manegebewegung, dann Zeiger¬ 
bewegung. Es geschieht dabei die Bewegung zuweilen mit 
ständig seitlicher Kopfhaltung. Ebenso häufig sind Gleich¬ 
gewichtsstörungen in verschieden hohem Grade. Die Thiere 
stellen in der Ruhe ihre Füsse breit, wackeln mit dem Kopfe, 
Schwanken und Taumeln, namentlich beim Gehen; stürzen leicht 
zusammen, wonach sie entweder bewusstlos liegen bleiben und 
selbst nicht einmal mit Unterstützung auf die Füsse zu bringen 
sind, oder von selbst aufspringend, schicssen sie willenlos vor¬ 
wärts bis zum erneuten Zusammensturze. Manche setzen sich 
wie die Hunde auf die Nachhand, andere machen beim Liegen 
zeitweise Schwimmbewegungen, wieder andere sollen sich in 
Vorderbrust und Vorderfüsse beissen und auch nach der be¬ 
rührenden Hand schnappen. Hin und wieder steigen die Thiere 
in die Krippe, bekommen überhaupt Rasercianfälle, so dass die 
Annäherung an das Thier mit Gefahr für den eigenen Leib 
verbunden ist. 

Auch in diesem Stadium ist das Sensorium hin und wieder 
vollkommen frei. Es können somit die der Erkrankung eigen- 
thümlichen Symptome bei nahezu freier Psyche hervortreten. 

Im weiteren Verlaufe gesellen sich zu den vorgenannten 
Erscheinungen noch gewisse Störungen psychischer Art. Die 
Thiere sind mehr oder weniger stark in ihrem Bewusstsein 
getrübt, es ist ihnen die Vorstellung ihrer Beziehungen zur 
Ausscnwclt verloren gegangen, ihr Wille ist gestört, in ihrer 
Empfindung sind sie abgestumpft. Ich brauche Ihnen die aus 
diesen Störungen entspringenden Erscheinungen wohl nicht im 
Spcciellen vorzuführen. Es sind ganz die gleichen, wie sie als 
Depressionserscheinungen bei der acuten oder chronischen Ge- 
hirnventrikclwassersucht jedem Thierarzte bekannt genug sind. 
Es sei nur erwähnt, dass auch bei unserer Krankheit von Zeit 
zu Zeit die vollkommene Bewusstlosigkeit anscheinend durch 
lichte Momente unterbrochen wird, in denen die Thiere von 
selbst oder durch äussere Einwirkung gleichsam aus ihrer 
geistigen Umnachtung erwachend, wieder mehr Aufmerksamkeit 
und ein freieres Benehmen an den Tag legen, um aber in 
Bälde wieder in den alten schlafsüchtigen, kollerähnlichen Zu¬ 
stand zu verfallen. 

Was die allgemeinen Symptome anlangt, so beträgt die 
Temperatur in der Regel 39—39,5°C. Allerdings ist zu merken, 
dass dieselbe nicht gerade selten normal ist oder eine Höhe 
bis zu 41 °C. erreicht. Dabei ist die Vertheilung der Tempe¬ 
ratur über die Körperoberfläche meist unregelmässig, die Ohren 
und Füsse fühlen sich kühl, ja selbst eiskalt an. Greift man 
zwischen die Ohren hinein, so ist fast durchweg an dieser Stelle 
eine vermehrte Temperatur zu constatircn, hin und wieder ist 
dieser Ort brennend heiss. Puls und Athmung gehen in der 
Regel Hand in Hand mit der Höhe der Temperatur. Im 
Uebrigen ist der Puls gewöhnlich weich, nicht voll, zuweilen 
leer und auch die Athmung geschieht, sofern Excitationszu- 


stände und Pneumonie abwesend sind, ruhig und ohne An¬ 
strengung. Der Harn erscheint dickschleimig und dunkel, hin 
und wieder enthält er Eiweiss, rothe Blutkörperchen und 
Cylinder. Ein Autor findet sodann noch erwähnenswerth, dass 
die Congestivzustände nach dem Kopfe sich häufig in solcher 
Weise auf die Schleimhäute der Nasengänge und der Kiefer¬ 
höhle durch venöse Stauung bemerkbar machen, dass Blut¬ 
gefässe bersten und Nasenbluten auftritt, wozu sich häufig 
heftige Katarrhe gesellen. 

Dieses wäre im Grossen und Ganzen das Krankheitsbild, 
wie sich dasselbe auf Grund der Publikationen zeichnen lässt. 
Nochmals sei wiederholt, dass sich selbstverständlich so typisch 
in jedem Einzelfalle das Krankheitsbild nicht darbietet, sondern 
je nach der Intensität des Krankheitsprocesses, sowie je nach 
dem vorwiegenden Ergriffensein des Gehirnes, verlängerten 
Markes oder Rückenmarkes, schliesslich auch je nach dem 
Temperamente und der geistigen Entwicklung des einzelnen 
Individuums werden wesentliche Verschiedenheiten resultiren. 
Zwei Punkte seien noch speciell betont. Erstens: Wenngleich 
in der Mehrzahl der Fälle das geschilderte Prodromalstadium 
den eigentlichen Erscheinungen der Krankheit vorausgeht, so 
kommt es doch auch vor, dass das Leiden sofort mit der 
charakteristischen Retraction des Kopfes und der Rigidität der 
Nackenmuskeln einsetzt, oder dass die Krankheit plötzlich mit 
hohem Fieber und Schüttelfrösten, in Verbindung mit bedeutender 
Hinfälligkeit beginnt. Zweitens sieht man hin und wieder, dass 
die psychischen Störungen mit ihren dummkollerähnlichen Er¬ 
scheinungen, nicht, wie geschildert, den specifischen Symptomen 
der Erkrankung sich anschliessen. Vielmehr ist der Gang so, 
dass dem Vorbotenstadium bezw. dem hohen Initialfieber zuerst 
diese psychischen Störungen folgen und erst an diese sich 
sodann das Stadium von Reizungs- und Lähmungserscheinungen 
auf somatischem Gebiete anreiht. 

Der Verlauf der Krankheit ist meist ein langsamer, indem 
in den ersten 4—8 Tagen eine Zunahme der Erscheinungen 
stattfindet; späterhin folgen sich dann abwechslungsweise Nach¬ 
lass und Zunahme der Symptome. Unter Steigerung des Coma’s 
und der Lähmungen tritt in der Regel in 10—20 Tagen der 
Tod ein. Ausserdem können Erschöpfung, Abzehrung, allgemeine 
Schwäche oder Schädelfracturen beim Niederstürzen, Schluck¬ 
pneumonien, Decubitus mit anschliessender Septicämie u. dergl. 
den Exitus letalis bedingen. 

Die sog. fulminante Form bei der menschlichen Cerebro¬ 
spinalmeningitis , bei der das gesunde Individuum urplötzlich 
ergriffen wird, die Krankheit im Verlauf einiger Stunden sich 
entwickelt, um ebenso schnell zum Tode zu führen, wurde 
beim Thiere nicht beobachtet. Die am raschesten verlaufenden 
Fälle führten in 3—5 Tagen zum Tode Gewiss dürfte es 
aber auch Fälle geben, welche schon innerhalb der ersten 
24 Stunden tödtlich enden. 

Die Prognose ist ungünstig zu stellen, insofern sich die 
Mortalität nach Siedamgrotzky und Schlegel auf 76 — 80 °/ 0 , 
nach Gensert auf 90°/„, nach Wallmann sogar auf 95 0 beläuft. 
Je frühzeitiger die Krankheit im Einzelfalle erkannt wird, um so 
mehr ist Hoffnung auf Rettung vorhanden. Je weniger stark von 
vornherein namentlich das Coma ausgebildet ist, je weniger rasch 
die Zunahme erfolgt, um so besser die Aussicht. Complicationen 
erschweren die Prognose. Wie bei allen Seuchen spielt auch 
bei dieser Krankheit der Charakter des Seuchenganges eine 
wesentliche Rolle. So war in Jahren mit mildem Verlaufe die 
Genesung fast sämmtlicher Patienten zu constatiren, während 
bei schwerem Seuchengange fast alle Thiere der Seuche zum 
Opfer fielen. Von verschiedenen Seiten wird als günstiges 
Prognostikon die Lust zur Futteraufnahme erwähnt. Voll¬ 
kommene Genesung ist selten. Dem tödtlichen Ausgange nahezu 
gleichzustellen, ja bezüglich der statistischen Ziffern noch viel 
höher zu veranschlagen ist der sehr häufige Uebergang der 
Erkrankung in chronische Zustände. Am häufigsten wurde 
Dummkoller beobachtet. Sodann ein- oder doppelseitige 
Amaurosis, Facialislähmung, Taubheit, allgemeine Muskel¬ 
schwäche , Lähmung der Nachhand, Gleichgewichtsstörungen 
unter Erscheinungen der Kreuzschwäche. Kommt cs zur Ge- 


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No. 39. 


DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


343 


nesung, so tritt dieselbe in der Regel ganz langsam im Ver¬ 
laufe von Wochen oder Monaten ein. Dabei verlieren sich 
zuerst die Krämpfe und Lähmungserscheinungen, hernach die 
psychischen Störungen. 

Was die Differentialdiagnose anlangt, so kommen 
eine ganze Reihe von Erkrankungen in Betracht. So z. B. der 
Starrkrampf, Hämoglobinurie, Petechialfieber, Influenza, über¬ 
haupt die mit Gehirnerscheinungen einhergehenden Infections- 
krankheiten, Wuth, Muskelrheumatismus, Pilzvergiftungen u. s. w. 
Ich kann es füglich unterlassen, im Speciellen die überein¬ 
stimmenden und abweichenden Symptome anzuführen, es würde 
dieses auch bei langer und breiter Auseinandersetzung viel zu 
viel Zeit in Anspruch nehmen. Die Cerebrospinalerkrankung 
weist so charakteristische Momente in den vom Gehirn resp. 
Rückenmark ausgehenden Symptomen auf, so dass bei genauer 
Unsersuchung des betreffenden Thieres, bei erschöpfender Er¬ 
hebung des Vorberichtes, bei Würdigung der Symptome und 
namentlich bei Beobachtung des Verlaufes und des Gesammt- 
bildes der Erkrankung in jedem Einzelfalle ohne Schwierigkeit 
die Diagnose sich stellen lässt. 

Bedeutend schwieriger, ja selbst manchmal unmöglich ist 
die Diagnose gegenüber den anderen Gehirnerkrankungen, vor¬ 
wiegend , wenn es sich um die Beurtheilung eines Einzelfalles 
handelt. Es ist wohl zu betonen, dass bezüglich der Gehirn¬ 
erkrankungen unserer Hausthiere die Verhältnisse noch ziem¬ 
lich missliche sind. Wenn auch post mortem in der Regel 
ohne viele Schwierigkeit Sitz, Art u. s. w. der betreffenden 
Gehirnerkrankung sich bestimmen lassen und auf diese Weise 
eine exacte anatomische Classification aufgestellt werden konnte, 
so war dieses bis jetzt noch nicht hinreichend, um -klassische, 
klinische Bilder der verschiedenen Gehirnerkrankungen bei 
unseren Hausthieren zu schaffen, um so das eine vom andern 
mit Bestimmtheit, selbstverständlich bei Heranziehung aller zu 
Gebote stehenden diagnostischen Mittel und Hilfsmittel klinisch 
trennen zu können. Ich will diesen Punkt nicht weiter ver¬ 
folgen, ich glaubte jedoch diese kleine Vorausschickung machen 
zu müssen, weil daraus hervorgeht, dass viele Gehirnkrank¬ 
heiten, die im Laufe der Zeit gewiss getrennt werden, jetzt 
gleichsam noch in einem Topfe unausgelesen bei einander liegen. 
So ist bekannt, dass diejenige Gehirnerkrankung, die am wich¬ 
tigsten für uns in differcntialdiagnostischer Beziehung gegen die 
epidemische Cerebrospinalerkrankung ist, einen Sammelbegriff 
für alles Mögliche darstellt, mithin keine einheitliche Erkrankung 
ist. Es liegen ihr eine Reihe entzündlicher und nicht entzünd¬ 
licher Zustände zu Grunde. Es ist diese die sog. subacute 
Gehirnentzündung des Pferdes oder, unter welchem Namen sie 
fast durchweg in Württemberg geht, die sog. Kopfkrankheit. 
Gerade aus dem Grunde, weil die Kopfkrankheit, wie aus der 
Literatur und auch den Sectionen erhellt, keine Einheit darstellt, 
ist ihr Krankheitsbild ein aussordentlich wechselvolles und in- 
constantes und dürfte so am häufigsten Anlass zu Verwechslungen 
mit der heute in Rede stehenden Cerebrospinalerkrankung geben. 

Für uns sind die wichtigsten Fragen ist nun die, ob die Er¬ 
krankungen, die in Württemberg als Fälle Von Cerebrospinal¬ 
meningitis angesehen wurden, wirkliche Fälle von dieser Er¬ 
krankung sind oder ob dieselben nicht in das Bereich unserer Kopf¬ 
krankheit gehören und weiterhin die, ob sich beide Krankheiten 
ihrem klinischen Bilde nach trennen lassen. (Vergl. das Cor- 
referat in der nächsten Nummer). Einleitend wurde angegeben, 
dass Publicationen nicht vorliegen über das Auftreten der Er- j 
krankung in Württemberg. Es sei an dieser Stelle jedoch be¬ 
richtigt, dass ein Werk bei der Beschreibung der Meningitis 
cerebrospinalis epizootica Folgendes anführt: »Das entschieden 
epizootische Auftreten über grössere Districte, das auch von zahl¬ 
reichen Collegen, besonders bei Weinsberg, Oehringen, Gera- 
bronn beobachtet wurde, veranlasst uns u. s. w.« (Aufforderung 
der Collegen - aus diesen Oberämtern zur Mittheilung.) An¬ 
scheinend liegt in dem Werke eine Identification der Kopf¬ 
krankheit und Cerebrospinalerkrankung vor. Hieran möchte 
ich gleich anschliessen, dass, aus mündlichen Mittheilungen 
geschlossen, anscheinend das gehäufte Auftreten der Erkrankung, 
sei es jetzt die Kopfkrankheit oder die Borna’sche, auf einzelnen 


Seiten den Verdacht auf letztere lenkte. Diese Anhäufung der 
Fälle ist jedoch durchaus kein Beleg dafür, dass es keine Kopf¬ 
krankheit ist. Letztere tritt oft genug gehäuft und ständig in 
Ortschaften und weiterer Ausdehnung auf. Unser verstorbener 
Landsmann und College Wörz führt in seiner auf Grund reicher 
Erfahrung verfassten Monographie ȟber die Kopfkrankheit der 
Pferde« an, dass die Krankheit in manchen Jahrgängen mehrere 
Pferde in verschiedenen Gegenden und Stallungen befällt. Eine 
Reihe von weiteren Belegen sprechen für das seuchenartige 
Auftreten. Nur einer sei noch aufgeführt. Aus dem Jahre 1813 
liegt eine kleine Broschüre »über die hitzige Kopfkrankheit 
der Pferde« vor, in der wörtlich steht: »Diese Krankheit ist 
diejenige, welche 3 / 4 Theile von allen Pferden auf der Alb 
wegrafft und ein grosses Hinderniss der Pferdezucht, die öftere 
Ursache des Ruins ganzer P'amilien ist, indem ich von mehreren 
Bauern weiss, die 12 - 18—20 Pferde während ihres Haus¬ 
standes und oft ihren ganzen Wohlstand daran verloren haben.« 
Wir dürfen somit aus dem epidemischen Auftreten auch nicht kurz¬ 
weg die Cerebrospinalerkrankung diagnosticiren. Schliesslich 
sei noch erwähnt zu diesem Punkte, ob Borna’sche Krankheit 
oder nicht, dass Verfasser selbst von eigener Anschauung eine 
Reihe von Fällen bekannt sind, die den Verdacht an Cerebro¬ 
spinalmeningitis erweckt hatten. In keinem einzigen derselben 
handelte es sich jedoch nach der Ansicht des Verfassers um 
diese Erkrankung. 

Was die zweite Frage anlangt, ob sich die Kopfkrankheit 
und die Cercbrospinalerkrankung klinisch trennen lassen, so 
muss diese für die Mehrzahl der Fälle bejaht werden. Nach 
der heutigen Kenntniss der Gehirnkrankheiten unserer Haus¬ 
thiere muss man bis jetzt jeden einzelnen Fall als eine 
Cerebrospinalerkrankung klinisch auffassen, wenn neben den 
ausgeprägten, eingangs geschilderten cerebralen Störungen die 
erwähnten Erscheinungen von Seiten des Rückenmarks sich 
gesellen. Darunter ist vor Allem zu verstehen die Nacken¬ 
starre und die dieser eventuell folgende Lähmung. Wir sind 
noch nicht so weit wegen der auseinander gehenden Befunde 
über den Erreger und die Obduction, dass wir auf Grund des 
pathologisch-anatomischen und bakteriologischen Fundes den 
sicheren Nachweis einer wirklichen Cerebrospinalmeningitis er¬ 
bringen können. Es kann ja wohl auch in dem einen oder 
andern Falle von Kopfkrankheit der Erkrankungsprocess auf 
das Rückenmark sich ausdehnen. Wir haben dann im kli¬ 
nischen Bilde Erscheinungen für dieses Mitergriffensein des 
Rückenmarkes und müssen daher auch die Diagnose Kopf¬ 
krankheit fallen lassen. Offenbar kommen aber diese Er¬ 
scheinungen bei der Kopfkrankeit, wie aus der Literatur er¬ 
sichtlich, selten vor. W T örz schreibt: Nur in seltenen Fällen 
tritt die Krankheit mit heftigen Convulsionen und klonischen 
Krämpfen auf, so dass den betreffenden Thieren Kopf und 
Hals nach verschiedenen Richtungen gezogen werden« und an 
anderer Stelle heisst es »im weiteren Verlaufe wird der-Kopf 
immer tiefer gehängt. . ., die Haltung des Kopfes ist aber nicht 
immer tief, einzelne Patienten halten ihn Tage lang in gleicher 
Richtung mit dem Rumpfe, ja sogar noch höher«. Aus letzterer 
Angabe geht indessen noch nicht einmal hervor, dass sich hier¬ 
bei der Hals in tonischem Krampfe befindet. Es ist sogar an¬ 
zunehmen, dass in solchem Falle Wörz in seiner Differential¬ 
diagnose auf die Aehnlichkeit mit dem Starrkrampfe hingewiesen 
hätte, wie solches bei der Cerebrospinalerkrankung von einer 
Reihe sächsischer Thierärzte wegen der ausserordentlichen Aehn¬ 
lichkeit gethan wurde. Ausserdem kann auch der Fall derartig 
liegen, dass die Autoren solche mit Nackensteifigkeit einher¬ 
gehenden Fälle für die Kopfkrankheit fälschlicher Weise an¬ 
gesehen haben, während es sich wirklich um einen Fall von 
Cerebrospinalmeningitis gehandelt hat. 

Zum Schlüsse sei bezüglich der Behandlungder Erkrankung 
noch in Kürze erwähnt, dass die bisherigen Erfahrungen in 
Sachsen dahin gehen, dass es weder ein untrügliches Heilmittel 
noch ein sicheres Heilverfahren giebt, um dieser gefährlichen 
Erkrankung im Einzelfalle Herr zu werden. Wie bei der Kopf¬ 
krankheit, so wurden auch bei ihr die verschiedensten Mittel 
in Anwendung und Gebrauch gezogen. Aber trotz Erschöpfung 


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344 


DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


24. September. 


des Arzneischatzes und trotz der Berücksichtigung jedes Punktes 
spottet bis jetzt die Krankheit dem Versuche ihrer Bezwingung. 
Ich unterlasse es, im Speciellen auf die Behandlungsmodi ein¬ 
zugehen. Sollte wirklich die Krankheit unsere Pferdebestände 
heimgesucht haben, so wäre bei der Hilflosigkeit der ärztlichen 
therapeutischen Kunst die Hauptaufmerksamkeit auf die pro¬ 
phylaktischen bezw. veterinärpolizeilichen Massregeln zu richten, 
um so dem Morden der Krankheit und ihrer Ausbildung zur 
Seuche Einhalt zu thun. 


Referate. 

Hämorrhoiden bei einem Hunde. 

Von Thierarzt Carougeau. 

(Annales de Mcdecine veterinaire, 1898, No. 7.) 

Verf. beobachtete bei einem starken, 6jährigen Hunde in 
der nächsten Umgebung des Afters und an der unteren Schweif¬ 
fläche eine Anzahl von kleinen, bläulich oder violett aussehenden 
Geschwülstchen, welche einen hühnereigrossen, schlaff herab¬ 
hängenden Haufen bildeten. Die kleinen Tumoren hatten glatte 
Oberfläche, erzeugten manchmal starkes Jucken und schwitzten 
etwas Blut, wenn die Defäcation anstrengend geschah, ausser¬ 
dem äusserte das Thier bei letzterer regelmässig Schmerzen. 

Carougeau empfahl dem Besitzer, eine Radikalheilung 
vorzunehmen und dies geschah auch dadurch, dass sofort die 
Excision der varicösen Masse unternommen wurde. Nachdem 
die Haut rings um die Neubildung durchschnitten war und die 
Gefässknäuel in dieser Weise biosgelegt wurden, hob C. diese 
mit der Pincette in die Höhe, um sie dann mit Hilfe der 
Scheere kurzweg in der Tiefe auszuschneiden. Die Blutung 
war ziemlich erheblich, konnte aber bald durch das Weiss¬ 
glüheisen zum Stehen gebracht werden; die Vernarbung erfolgte 
indess erst, als täglich ein neuer antiseptischer Verband an¬ 
gebracht wurde. Eine Störung in gesundheitlicher Beziehung 
Hess sich weder vor, noch nachher bei dem Hunde feststellen. 

Vogel. 

Untersuchungen über die Blutplättchen. 

Von Deetjen. 

(Sitzungsbericht des phys. Vereins in Kiel vom 13. Dezember 1897.) 

In einer früheren Untersuchung hat Deetjen constatirt, 
dass Blut, auf Agar ausgestrichen und bei Körpertemperatur 
unter dem Deckglase beobachtet, neben den Leukocyten zahl¬ 
reiche kleinere Körperchen aufweist, welche sowohl im Leben 
Bewegungen zeigten, als auch nach der Fixation durch Formalin¬ 
dämpfe und Färbung Gestaltsveränderungen aufwiesen, die am 
wahrscheinlichsten als amöboide angesprochen werden möchten. 

D. untersuchte nun weiter menschliches Blut, mit etwas 
Na CI-Lösung verdünnt. Kurze Zeit nach Entnahme zeigten 
die Blutplättchen Gestaltsveränderungen, ähnlich den auf Agar 
beobachteten Formen. Sobald aber die Gerinnung eintrat, 
hörten dieselben auf. Auf Agar war nie Gerinnung eingetreten. 
Wenn im Tropfen durch Verdünnung des Bluts die Gerinnung 
verhindert wurde, zeigten die Plättchen zwar Bewegungen, ver¬ 
schwanden aber bald fast völlig. Es schien möglich, dass sie 
sich am Glase ausbreiteten und dadurch unsichtbar wurden. 
Um dies zu verhindern, wurde der Kochsalzlösung Gelatine zu¬ 
gefügt. 

D. beobachtete nun im hängenden Tropfen die Plättchen, 
die sich in eine centrale Masse und einen hyalinen Saum 
differenzirten. Dieser verändert fortwährend seine Gestalt, in¬ 
dem Fortsätze ein- und ausgestreckt werden. Die Bewegungen 
waren nur als amöboide zu deuten und konnten unter günstigen 
Umständen einige Stunden lang beobachtet werden. 

D. ging dann wieder über zur Untersuchung auf Agar. 
Die Methode der Fixirung wurde verbessert. Schmale, 2 mm 
breite Streifen wurden aus Agar ausgeschnitten, um diese ein 
ausgeschnittener Streifen Fliesspapier gelegt, ein Tröpfchen 


Blut auf den Agar gebracht, mit einem Deckgläschen bedeckt 
und auf erwärmtem Objecttisch untersucht. Behufs nach¬ 
träglicher Fixirung wurde das Fliesspapier mit 5 proc. Osmium¬ 
säure getränkt. In wenigen Minuten sind alle Elemente des 
Blutes fixirt und haften durch Capillarattraction so fest am Glase, 
dass man dieses abheben und unter der Leitung abspülen kann. 
Dann wird gefärbt. 

Auf Kochsalz-Agar blifeben die Leukocyten am Leben, die 
Plättchen gingen bald zu Grunde unter Erscheinungen der 
Quellung. Auf Agar, unter Zusatz von Fleischextract oder 
Fleischwasser, blieben sie erhalten. Im gefärbten Präparat 
sieht man neben den rothen und weissen Blutkörperchen zahl¬ 
reiche kleine Körper, die eine centrale Masse, durch Häma- 
toxylin und Methylenblau färbbar, umgeben von einem zarten Saum 
von unregelmässiger Gestalt, der Eosin annimmt, erkennen 
lassen. Die Gestalt ist gleich mit den im Leben in Gelatine 
und auf Agar beobachteten Formen, die Zahl viel grösser als 
die der Leukocyten, die Grösse kleiner als die der rothen; 
meist liegen sie zu Haufen beisammen. Aus diesen Eigen¬ 
schaften, den Erscheinungen beim Zerfall, der directen Be¬ 
obachtung , dem Aussehen nach der Fixirung bei niedriger 
Temperatur und dem Zusatz lähmender Substanzen, wie Pepton, 
bei welchen die Körperchen die scheibenförmige Gestalt be¬ 
wahren, wird geschlossen, dass diese Formen thatsächlich mit 
den Blutplättchen identisch sind. 

Aus den angeführten Thatsachen schliesst D., dass die 
Blutplättchen aus Kern und Protoplasma bestehen 
und amöboider Bewegung fähig sind. 

Ref. möchte hiezu anmerken, dass die Beobachtungen 
Deetjens für den ersten Theil dieses Schlusses unzureichend 
erscheinen. Das Vorhandensein stark färbbarer Innensubstanz 
in den Blutplättchen ist schon oft beschrieben worden, anderer¬ 
seits kann ein solcher Nachweis durchaus nicht mit dem Nach¬ 
weis eines Kerns als identisch erachtet werden. Auch die 
Thatsache, dass amöboide Bewegung oder etwas derselben sehr 
Aehnliches bei den Plättchen vorkommt, erlaubt natürlich keinen 
Schluss auf ihre Zellnatur : wissen wir doch, dass abgeschnürte 
Protoplasmastücke von Amöben sich lange weiterbewegen 
können, sowie dass die von Arnold beschriebenen. Ab¬ 
schnürungsformen von rothen Blutkörperchen in KJ- und NaCl- 
Lösungen und die ähnlichen von Notthaft erzeugten Kunst- 
producte aus rothen Blutkörperchen lebhafte Beweglichkeit 
zeigen können. Al brecht. 


Ueber Kryptorchidencastration. 

Sammelreferat von Oberrossarzt Christiani. 

Ueber Kryptorchidencastration sind von F r ö h n e r und 
T o e p p e r zwei Abhandlungen erschienen, welche jedem In¬ 
teressenten eine Fülle von Belehrung bieten und sich in mancherlei 
Beziehung gegenseitig ergänzen. 

Fr ohne r (Welche Methode der Kryptorchidenoperation 
ist die beste ? Monatshefte für praktische Thierheilkunde, 9. Bd., 
Heft 8) suchte die Frage nach der praktischsten und empfehlens- 
werthesten Kryptorchidenoperation in der Weise zu lösen, dass 
er die Operation sowohl nach der dänischen (Bang), als auch 
nach der belgischen (Degive) und französischen (Cadiot), 
sowie nach der Günther’schen Methode an 17 abdominalen 
und 7 inguinalen Kryptorchiden vornahm. 15 Mal bestand 
hierbei linksseitiger, 6 Mal rechtsseitiger, 3 Mal beiderseitiger 
Kryptorchismus. Die deutsche Operationsmethode nach Günther 
ist eine ventrale, eine Laparotomie; alle anderen sind inguinal, 
wobei von der Leistengegend aus eingedrungen wird. Fröhner 
castrirte 20 Mal nach inguinaler, 4 Mal nach ventraler Methode 
und muss erstere nach seinen Erfahrungen bei Weitem vor¬ 
ziehen. Speciell sagt ihm die belgische Methode nach Degive 
am meisten zu, bei welcher das Bauchfell in der Nähe des 
inneren Leistenrings perforirt wird. Von 20 nach der inguinalen 
Methode operirten Kryptorchiden hat er nur ein Pferd verloren; 
19 Hengste wurden geheilt. Demnach betrug die Heilungs- 
ziflfer 95 °/o, die Mortalität 5 %. 


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No. 39. 


DEUTSCHE THIERyERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


345 


Bezüglich der Wahl der Einzelmethoden bemerkt Fröhner 
Folgendes: 

1. Die dänische Methode ist am leichtesten auszuführeo, 
da bei ihr die Hand am wenigsten weit in die Tiefe dringen 
muss. Indessen sind bei ihr am ehesten Darmvorfälle zu er¬ 
warten. Es wird dabei der innere, schiefe Bauchmuskel perforirt. 

2. Die belgische Methode (Perforation des Bauchfells lateral 
vom inneren Leistenring) lässt weniger leicht Darmvorfalle zustande 
kommen, auch entspricht die Perforationsstelle am häufigsten der 
Lage des in der Bauchhöhle zurückgebliebenen Hodens. 

3. Die französische Methode (Perforation noch mehr lateral 
vom inneren Leistenring) soll am ehesten geeignet sein, Darm¬ 
vorfällen vorzubeugen, was Fröhner aber nicht bestätigt fand. 

Bei inguinalen Kryptorchid en dringt man bis zum Scheiden¬ 
fortsatz, bei abdominalen bis zum inneren Leistenring im Leisten¬ 
canal vor. 

Fröhner beschränkt sich auf Angaben über die belgische 
Operationsmethode und beleuchtet dabei eingehend folgende 
Fragen: Wie lässt sich der Kryptorchismus am sichersten 
diagnosticiren ? In welcher Weise soll das Pferd zur Operation 
vorbereitet werden? In welcher Lage soll operirt werden? 
Empfiehlt sich Narkose? Wie erzielt man am sichersten Asepsis? 
Wie soll der Hautschnitt angelegt werden? Soll die Wunde 
genäht werden? Ist ein Verband anzulegen? Worin besteht 
die Nachbehandlung? 

Dass überhaupt Kryptorchismus und in welcher besonderen 
Art er vorliegt, davon überzeugt man sich sowohl durch äusser- 
liche als durch rectale Untersuchung, zu welcher aber Uebung 
gehört. Der Hoden ist von der Bauchhöhle nach hinten gegen 
die Beckenhöhle zu schieben, wo er leichter mit den Fingern 
betastet werden kann. Von Kothballen unterscheidet er sich 
durch seine platte Form, sowie durch Druckempfindlichkeit 
und Consistenz. Sand charakterisirte letztere durch die Be¬ 
merkung, der Hoden fühle sich an, wie ein mit Quecksilber 
gefülltes Säckchen. Aus naheliegenden Gründen ist das Fehlen 
einer Castrationsnarbe ebenso wenig beweisend für das Vor¬ 
kommen von Kryptorchismus, als das Bestehen einer Narbe an 
entprechender Stelle des Schlauchs. Auch Aeusscrungen des 
Geschlechtstriebes sind kein zuverlässiges Zeichen, da sie auch 
bei Wallachen Vorkommen. Die Operation ist am leichtesten 
bei mageren Thieren auszuführen; fette und schwammige Thiere 
werden daher vortheilhaft durch Diät etwa eine Woche hin¬ 
durch zur Operation vorbereitet. Bei leeren Därmen ist einer¬ 
seits der Hoden leichter zu finden, andererseits die Gefahr 
eines Darmvorfalls geringer. Verhindern des Streufressens (Maul¬ 
korb), Abzug des Rauhfutters, Abführmittel, sowie Bewegen 
vor der Operation sind daher räthlich. Das Werfen der Pferde 
geschieht am besten nach dänischer Methode, wie sie in Heft 6 
des 9. Bandes der Monatshefte für praktische Thierheilkunde 
genau beschrieben ist. Die dänische Wurfmethode schafft ein 
weites und bequemes Operationsfeld, garantirt müheloses Ein¬ 
dringen der Hand in die Bauchhöhle und hat noch sonstige 
kleinere Vorzüge. Das Chloroformiren der Hengste hat manche 
Uebelstände im Gefolge und ist weder nöthig noch empfehlens- 
werth. Asepsis ist dagegen Grundbedingung für das Gelingen 
der Operation. Fröhner operirt in einer ausschliesslich für 
aseptische Operationen bestimmten Halle. Die Pferde stehen 
in einem besonderen Stall, in welchem sichJPferde mit eiternden 
Wunden nicht befinden dürfen. Leistengegend, Schlauch, 
Bauchdecken, Innenfläche der Hinterschenkel und Hufe werden 
gründlich abgeseift, mit Sublimat- oder Creolinwasser abgespült, 
die Hinterhufe mit aseptischen Leinwandlappen verbunden, 
schliesslich die Leistengegend noch mit 50 °/ 0 Alkohol des- 
inficirt, dem 1 °/ 00 Sublimat zugesetzt ist. Aehnlich werden 
Hände und Arme des Operateurs behandelt, Instrumente, 
Tücher und Tupfer ausgekocht. Der Hautschnitt wird in einer 
Länge von 10—12 cm unmittelbar über dem äusseren Leisten¬ 
ring und in dessen Längsaxe angelegt. In gleicher Länge und 
Richtung wird die unterliegende Fascie durchschnitten, wobei 
etwa blutende Gefässe abgedreht oder unterbunden werden. 
Dann legt man das Messer weg und operirt mit den Fingern, 
was für den aseptischen Ausgang der Operation unerlässlich ist. 


Der mit den Fingern auszuführende Act ist die Bildung eines 
künstlichen Leistencanals, da abdominale Kryptorchiden einen 
solchen nicht besitzen, derselbe vielmehr mit lockerem Binde¬ 
gewebe ausgefüllt ist. Man trennt den inneren, schiefen Bauch¬ 
muskel in Form eines Canals oder Trichters, dessen Spitze der 
innere Leistenring bildet, vom Schenkel (Poupart’schen Band) 
los. Die Richtung des Canals geht nach unten, aussen und 
vorne, dem äusseren Darmbeinwinkel zu. Seine Länge ist 
etwa die einer Hand (ca. 20 cm). Am inneren Ende des 
Canals fühlt man nach vorne und innen deutlich den inneren 
schiefen Bauchmuskel mit seinem scharfen Rande, sowie tiefer 
unten das Bauchfell mit den jenseits liegenden Darmtheilen. 
Mit einem raschen Ruck durchstösst man nun unter bohrender 
Bewegung mit dem Zeigefinger das Bauchfell in der Richtung 
nach innen und führt einen zweiten Finger (Mittelfinger oder 
Daumen) in die kleine Oeffnung ein. Man suche zunächst nicht 
nach dem Hoden, sondern nach dem Samenleiter, dem meist 
sehr langen Schweif des Nebenhodens oder dem Hodengekröse. 
Indem man sie mit den Fingern in den Wundcanal hereinholt, 
zieht man an ihnen auch den Hoden aus der Bauchhöhle nach 
oben. Wird hierbei gelegentlich einmal eine Darmschlinge 
hervorgezogen, so schadet dies durchaus nichts, wenn sie nur 
wieder gehörig versenkt wird. Nach dem Hoden selbst sucht 
man nur dann, wenn Samenleiter, Nebenhodenschweif oder 
Hodengekröse nicht erreichbar sind. Dann allerdings ist man 
häufig genöthigt, mit der ganzen Hand in die Bauchhöhle ein¬ 
zugehen. Der hervorgeholte Hoden wird durch eine auf den 
Samenstrang gelegte Castrirzange fixirt, der Samenstrang in 
zwei Partien mit sterilisirter Seide unterbunden und nach Ab¬ 
trennung des Hodens unterhalb der Ligaturen wieder in die 
Bauchhöhle versenkt. Nachdem sodann miteilst sterilisirter 
Tupfer das Wundsecret aus dem Wundcanal entfernt ist, wird 
die Haut exact mit fortlaufender Naht ohne Drainage genäht. 
Die Wundnaht wird mit Airolpaste eingerieben. Nach der 
Operation bleibt das Pferd 6—8 Tage hochgebunden auf hinten 
stark erhöhter Streu stehen. Seitenbewegungen werden durch 
Latirbäume verhindert. Das Hochbinden hält Fröhner für 
eine ausgezeichnete Massregel, um die Gefahr eines Darm¬ 
vorfalls zu verringern. Mit einer einzigen Ausnahme heilten 
alle von ihm operirten Thiere per primam. Das Gewicht der 
entfernten Hoden schwankte zwischen 9 und 175 Gramm. Vor 
der Günther'sehen Methode warnt Fröhner, da er von 
vier nach ihr operirten Pferden zwei verlor. Seine beiden 
günstig verlaufenen Operationen waren in der Weise modificirt, 
dass er in Etagen das Bauchfell, den geraden Bauchmuskel, 
die gelbe Bauchhaut und schliesslich die Haut sorgfältig vernähte. 

Toepper (Die Castration der Kryptorchiden, Berl. Th. W. 
1898, No. 26 u. 27) behandelt denselben Gegenstand in ähn¬ 
licher aber noch umfassenderer Weise als Fröhner. Er be¬ 
ginnt mit einer Zusammenstellung der einschlägigen in- und 
ausländischen Literatur, welche am Schluss noch einmal aus¬ 
führlich und mit Quellenangabe aufgeführt ist. Seine praktische 
Routine in der Ausführung der Operation hat er sich unter 
Anleitung der Professoren Möller-Berlin und Sand-Kopen¬ 
hagen erworben. Die Recapitulation über den Descensus testi- 
culorum, die Entstehungsweise des Kryptorchismus und die 
Eintheilung desselben in abdominalen und inguinalen bietet nicht 
viel Neues. Erwähnenswerth ist jedoch die Erinnerung an den 
Umstand, dass bei inguinalem Kryptorchismus der Hoden immer 
von der Tunica vaginalis communis umgeben ist, was beim 
abdominal gelagerten Hoden nicht der Fall ist. Ferner ist 
von allgemein wissenschaftlichem Interesse, dass Toepper bei 
drei Abdominalhoden mikroskopisch Samenfäden nachzuweisen 
im Stande war. Auch Möller wies in zwei Fällen bei Mon- 
orchiden lebende Spermatozoen nach. Im Gegensatz hiezu hat 
Garth-Darmstadt, welcher sich mit gleichartigen Untersuchungen, 
vorzugsweise allerdings bei sog. Binnenebern, beschäftigte, 
gefunden, dass in der Bauchhöhle verharrende Hoden stets in 
den Samencanälchen verfettete Epithelien, aber keine Sperma¬ 
tozoen aufweisen, wonach Zeugungsfähigkeit bei solchen Thieren 
also ganz ausgeschlossen wäre. Beiderseitige Kryptorchiden 
sollen fast immer unfruchtbar sein. Der schwierigste Theil bei 


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346 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


24. September. 


der Castration der Kryptorchiden war für T o e p p e r anfäng¬ 
lich die Diagnose, an welcher Seite der Hoden verlagert sei. 
Ist der Hoden an einer Seite entfernt, so ist dortselbst eine 
Narbe von ganz besonderer Beschaffenheit vorhanden. Dieselbe 
ist immer eingezogen, trichterförmig und im Umkreis des 
Trichters mit Falten versehen. Bewegt man die Volarfläche 
der Finger an der Seite des Schlauches von vorne nach hinten, 
so findet man fast immer einen griffel- bis kleinfingerdicken 
Strang unter den Fingern hergleiten. An der Seite, wo der 
Hoden verlagert ist, findet man weder die charakteristische 
Narbe, noch den Samenstrangstumpf. Ob der Hoden im Leisten¬ 
canal oder in der Bauchhöhle liegt, ist ohne praktische Be¬ 
deutung, da der Anfang der Operation in beiden Fällen der¬ 
selbe ist. Will man mit Sicherheit feststellen, ob es sich um 
einen Monorchiden oder um einen Castraten handelt, so sucht 
man per rectum den Leistenring der fraglichen Seite auf, legt 
den Zeigefinger darauf und lässt durch einen Gehilfen einen 
Zug am Hodensack ausüben. Ist es ein Castrat, so gleitet der 
Samenstrang unter dem Finger; ist es ein inguinaler Monorchide, 
so fühlt man keine Bewegung. Bei abdominalen Kryptorchiden 
liegt der Hoden oft am vorderen Schambeinrand und ist dann 
leicht durch Untersuchung per anum festzustellen. Für die 
Operation hat diese Untersuchung aber wenig Zweck, da der 
Hoden beim Werfen doch die Lage wechselt und die be¬ 
schmutzte Hand nicht so rasch wieder aseptisch gemacht ist. 
Vor dem 3. Lebensjahr ist von der Operation abzurathen, weil 
bis dahin der Hoden noch in den Hodensack hinabsteigen kann, 
auch die Gewebe der Leistenringe widerstandsfähiger werden. 
Wie Froehner hält auch To epp er die inguinale Operations¬ 
methode für leichter, gefahrloser und deshalb zweckmässiger, 
als die ventrale. Bei der dänischen Modification der inguinalen 
Methode erfolgt der Hautschnitt genau über dem äusseren 
Leistenring und das Eindringen in die Bauchhöhle beruht auf 
Perforation des kleinen schiefen Bauchmuskels in der Längs¬ 
richtung seiner Fasern. Bei der belgischen Methode geschieht 
der Hautschnitt auf dem Scrotum, es folgt Aushöhlung des 
Leistencanals und Eindringen in die Bauchhöhle am hinteren 
Rande des kleinen schiefen Bauchmuskels, indem man einfach 
das Peritoneum durchstösst. Die Methode des Professor Sand, 
nach welcher auch T o e p p e r operirt, stellt eine Combination 
der dänischen und belgischen Methode dar. Der Hautschnitt 
wird auf dem äusseren Leistenring angelegt, beim Eindringen 
in die Bauchhöhle wird nur das Peritoneum am hinteren Rande 
des inneren schiefen Bauchmuskels durchbrochen. Dadurch 
kommt man 2—3 cm weiter nach hinten in die Bauchhöhle, 
wodurch man meistens Samenleiter, Hodengefasse oder das 
Hunter’sche Leitband leichter erreichen kann, als beim Durch- 
stossen des inneren schiefen Bauchmuskels. Das Pferd wird 
am besten auf feuchter Wiesenfläche ohne Strohunterlage ge¬ 
worfen, möglichst so, dass das Hintertheil höher als die Vor¬ 
hand liegt. Benutzt man ein Strohlager, so ist es vor dem 
Werfen nass zu machen. Das Pferd wird auf die entgegen¬ 
gesetzte Seite gelegt, als an welcher der Hoden verlagert ist. 
Das Werfen geschieht mit dem dänischen Wurfzeug. Dasselbe 
besteht aus einem 2,20 m langen Brustgurt, angefertigt aus 
zwei doppelten Lederlagen. Die Breite der unteren Lederlage 
beträgt 14 cm, die der oberen 10 cm. An dem einen Ende 
befindet sich eine grosse, aus Schmiedeeisen gefertigte Schnalle. 
Von dieser Schnalle 50 cm entfernt ist zwischen den beiden 
Lederlagen ein grosser, schmiedeiserner Ring angebracht und 
wird ebenso wie ein zweiter, von diesem 1 m entfernter Ring 
durch vier starke Niete befestigt. Der letztere Ring ist vom 
Ende das Gurtes 70 cm entfernt. Der eine Ring kommt auf 
den Rücken, der andere am Brustbein zu liegen. Die Schnalle 
muss immer auf der Aussenseite des Pferdes sein. Ausserdem 
gehören zum dänischen Wurfzeug vier Fesselriemen. An dem 
Ringe zweier Fesselriemen befindet sich je ein ca. um langer, 
runder Hanfstrick. Legt man z. B. das Pferd auf die linke 
Seite, so dient der eine mit einem Hanfstrick versehene Fessel¬ 
riemen als Hauptfessel und wird um den rechten Vorderfessel 
befestigt. Von diesem wird der Strick durch den Ring des 
linken Vorderfesselriemens und von hier durch den Ring des 


linken Hinterfesselriemens geführt, geht dann durch den am 
Brustbein liegenden grossen Ring des Brustgurtes von hinten 
nach vorne. Der andere mit einem Hanfstrick versehene Fessel¬ 
riemen wird um den rechten Hinterfessel gelegt und dann der 
Hanfstrick durch den am Rücken befindlichen Ring des Brust¬ 
gurtes nach der linken Seite des Pferdes geführt. Drei Ge- 
hülfen, die an der linken Seite des Pferdes stehen, erfassen 
den durch den Rückenring gehenden Strick, drei Gehülfen, an 
der rechten Seite stehend, den Strick, der durch den Brustring 
geht. Ein Mann steht an der linken Seite des Kopfes und 
erfasst mit der linken Hand das linke Ohr, mit der rechten 
Hand die über den oberen Rand des Halses gelegten, straff 
angezogenen Zügel. Lässt man nun zu gleicher Zeit die Ge¬ 
hülfen beide Stricke und den Mann am Kopf die Zügel anziehen,. 
so legt sich das Pferd sanft auf die linke Seite. Der rechte 
Fuss wird nun bis auf ca. einen Fuss an den Rückenring ge¬ 
zogen, der Strick zweimal um das Fesselbein geschlungen und 
demnach hinten unterhalb des Schienbeins um den Unterschenkel 
gelegt. Indem man den Strick wieder nach vorn nach dem 
Fesselbein führt, beschreibt man mit demselben Achtertouren, 
die sich unterhalb des Schienbeins kreuzen. Man hat darauf 
zu achten, dass die um den Unterschenkel geführten Touren 
immer mehr nach dem Pferdekörper, während die Touren am 
Fessel immer mehr nach der Hufspitze zu gelegt werden und 
der Strick bei jeder Tour angezogen wird. Jetzt wird das 
Ende des Stricks einige Male um das Schienbein gewunden, 
geknotet und einem Gehülfen in die Hand gegeben. Auf diese 
Weise wird die ausgiebigste Beugestellung sämmtlicher Gelenke 
des rechten Hinterschenkels herbeigeführt. Die drei anderen 
Beine werden fest bis an den BruString gezogen und zur besseren 
Befestigung das Ende’ des Stricks nochmals durch den Ring 
hindurchgeführt. Indem man nun den Strick zweimal um den 
Fessel wickelt, beschreibt man ebenso wie am rechten Hinter- 
fuss Achtertouren um den Unterschenkel und Huf des linken 
Hinterfusses und bekommt so den linken Hinterfuss ebenfalls 
in starke Beugestellung sämmtlicher Gelenke. Wegen der Un¬ 
fähigkeit der Pferde, bei dieser Wurfmethode sich viel zu 
rühren, ist Narkose derselben nicht erforderlich. Toepper 
injicirt meistens 0,5 g Morphium und beginnt mit dem Werfen 
schon eine Viertelstunde nach der Injection. An Instrumenten 
benützt er: ein geballtes Bistouri, eine Scheere, mehrere 
Pean'sche Pincetten, die Sand'sehe Castrirzange, eine kleine 
Hakenzange und neben Heftnadeln noch strohhalmdicke Seiden¬ 
fäden, die vorher eine Stunde in 5 °,» Carbollösung gekocht 
sind und in 5 u /„ Carbolwasser aufbewahrt werden. Ausserdem 
müssen 5 — 6 Pack sterilisirter Watte ä 50 g und zwei reine 
Bürsten vorhanden sein. Die Operation selbst führt Toepper 
in durchaus ähnlicher Weise aus wie Fröhner, doch schneidet 
er inguinal gelagerte Hoden nicht nach Unterbindung des 
Samenstrangs ab, sondern er trennt Samenstrang nebst Samen¬ 
leiter vom Nebenhodenbande, schiebt in den Spalt die Sand’sche 
Castrirzange, schliesst dieselbe und durchschneidet dann das 
Nebenhodenband dicht am Hoden mit der Scheere oder dem 
Messer. Jetzt dreht man den Hoden langsam ab, wobei es 
genügt, einen 0,5 — 1 cm langen Stumpf zu lassen, um jede Blutung 
zu verhindern. Nach dem Abdrehen des Hodens tupft man 
den Samenstrang sowie die ganze Wunde mit aseptischen 
Tupfern ab und reibt den Samen strangstumpf mit Glutol ein. 
Dann nimmt man die Zange ab und der Samenstrangstumpf 
zieht sich zurück. Bei abdominalen Kryptorchiden ist der 
Samenstrang zäher und lässt sich schwerer abdrehen. Toepper 
unterbindet daher auch in solchem Fall den Samenstrang durch 
Anlegen von zwei Seidenligaturen. Behandlung der Wunde und 
des operirten Pferdes ähnlich wie bei Fröhner. Es ist vor- 
theilhaft, wenn man, ehe man den Patienten verlässt, sich durch 
eine Untersuchung per anum überzeugt, dass an der Operations¬ 
stelle Alles in Ordnung ist, insbesondere kein Darmvorfall be¬ 
steht. Am 6. Tag werden die Wundnähte gelöst, das Pferd 
10—15 Minuten im Schritt geführt, dann täglich zweimal die 
Wunde mit 2 °/„ Creolinlösung gespült. Vollständige Heilung, 
erfolgt in der Regel binnen 2—3 Wochen. 


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No. 39. 


DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


347 


Oeffentliches Veterinärwesen. 

Perlsuchtstatistik. 

Im Jahre 1897 wurden im Grossherzogthum Baden perl¬ 
süchtig befunden von den 


gewerbs¬ 

mässig 


überhaupt 


geschlachteten Thieren 





3U 



Anzahl 

dergcsc 
hiere de 
>etr. Art 

Anzahl 

der gesc 
fjiere de 
>etr. Art 

Anzahl 

tc V 

S V £ 


-Sr- 


-SH 


-SH 

1 

—- - — 




° 


Nach der Gattung: 
Kälber unter 6 Wochen 17^ 1 

6 Wochen tyid älter . 2/ 0,0 x j 1 

Ri nderundl unter I Jahr 6 \ 8 

Kalbinnen/i Jahr u.älter 715/ 0,94 54 

Kühe unter 3 Jahren 23 j 21 

von 3—6 Jahren . . 449 / 6,93 271 

6 Jahre und älter . . 1764) 698 

Ochsen unter 3 Jahren 51 | I 12 
von 3—6 Jahren . . 483 > 3,02i 22 

6 Jahre und älter 101 j 2 

Farren unter 3 Jahren. 104 j |! 7 

von 3—6 Jahren . . 290 [ 5,59!: 4 


6 Jahre und älter 
Im Ganzen 
Ohne Kälber 


769/ 

44 j | 

:| 720 [ 

2462 J 

63! 

■ 5051 > 

io 3 !J 

i»i| 

!; 2 94 / 

! 40.) 
I5146 

1:5125 


gewerbs- j n oth- 1! überhaupt 
mässig || |j r 

geschlachtete Thiere 


23 1 

449 [ 

1764) 

51 

483 

101 ) 

104 | 

290 [ 

40) 


• 4045| 

1,36 I IOI 

. 4026, 

2,95! 1099 


2 


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0 



g mässig’ || noth - überhaupt 

geschlachtete Thiere 



Nach der Beschaffenheit wurde das Fleisch in 
obigen Fällen erklärt als: 


Bankwürdig . 
Nicht bankwürdig 
Geniessbar . 
Ungeniessbar 

Zusammen 


2971 73,45 60 5,45 3031 58,90 

807 19,95 627 56,95:1434 27,87 

16 0,40' 16 1,45 32 0,62 

251 6,20 398 36,15 649 12,61 

4045:100,00' 11 o 1 j 100,00 5146 100,00 


Die Krankheit wurde am lebenden Thiere erkannt: 


■ Bestimmt. 

— 

— 

456 4L42 1 — 

— 

j Wahrscheinlich .... 

— 

— ; 

162 14,71 — 

— 

Muthmasslich .... 

— 

— i 

8 r 7,36 — 

-— 

| Nicht (oder nicht ange- 





geben). 

— 

— 

402! 36,51 — 

— 

Zusammen .... 

— | 

— | 

! 

jl IOI ] 100,00; — I - 

Fehsenmeier. 


Nach der Rasse oder dem Schlage gehörten 


Lorenz’sche Schutzimpfung gegen Rothlauf. 

In der Versammlung der Vereinigung deutscher Schweine¬ 
züchter am 1. Juli in Dresden wurde allseitig festgestellt, dass 
das Lorenz’sche Verfahren das beste Mittel zur Bekämpfung 
der Rothlaufseuche sei. Von verschiedenen Mitgliedern ist das¬ 
selbe mit Erfolg angewendet worden; so hat Rittergutsbesitzer 
Bernsten-Domslaff allein bis jetzt über 2000 Schweine mit 
Lorenz’schem Serum geimpft und weder einen Verlust noch 
die geringste Störung mit diesem Mittel gehabt. 


perlsüchtigen Thiere an: 


dem Landschlag . 

„ Neckarschlag . . 115! 2,84 52! 4,72 167 1 3,25 

„ Wälderschlag . . 77! 1,90; 73] 6,63 150 2,91 

der Simmenthalerrassc . 1433! 35,43] 361! 32,79:1794! 34,86 
„ Rigirasse .... 254 6,281 26: 2,36! 280, 5,44 

„ Holländerrasse ■ . 71 1,76j 6| 0,551 77] 1,50 

Zusammen . . . .4045100,001101100,005146100,00 

Nach der Herkunft stammten die perlsüchtigen Thiere: 


51,79! 583i 


52,95 2678. 52,04 
4,72 167 1 3,25 

6,63 150 2,91 

32,79 1794 34,86 
2,36; 280, 5,44 

o,55! 771 i,5o 


Aus dem Inlande . 

2862; 

70,75. 

I02l! 

92,73:1 

00 

CO 

75,46 

,, Bayern. 

2Öo| 

6,43 

2 

0,18 

262 

5,09 

,, Elsass-Lothringen 

27 

0,67 

— ! 

j. 

27 

o,53 

,, Hessen. 

9 

0,22 

— 

— 

9 

0,18 

,, Württemberg . 

404 

9,99 

8' 

o,73 

412 

8,00 

,, der Schweiz . 

20 

0,50 

2 

0,18 

22 

o,43 

,, Preuss.-Hohenzollern 

2 

0,05 

— 1 

— 

2 

0,04 

,, Preussen sonst . 

69' 

i,7i 

— ! 

— 

69 

L34 

„ dem sonst. Auslande 

81; 

2,00 

_ ! 

— 

81 

L57 

Unbekannt. 

3”i 

7,68, 

68: 

6,18; 

379 

7,36 

Zusammen .... 

4045! 

100,00 

I IOI 

100,00 5146 100,00 


Nach dem Krankheitssitz waren erkrankt: 


Nur äusserlich .... 

6 

0,15 

4 

0,36 

10 

0,19 

Ein Organ. 

2932 

72,49 

442 

40,15 3374 

65,57 

Mehrere Organe einer 

j 






Körperhöhle .... 

274 

6,77 

176 

15 , 99 , 

450 

8,74 

Mehrere Körperhöhlen . 

661 

16,34 1 

259 

23 , 52 , 

920 

17,88 

An allgem. Tuberculose 

172! 

4 , 25 ' 

220 

19 , 98,1 

392 

7,62 

Zusammen .... 

4045 ioo,oo| 

I IOI 

ioo,ooj 5146 100,00 

Unter den obigen Thieren 

j 

l 


1 



zeigten auch Perlen im 
Fleische. 

34I 

! 

0,79 

48 

3 , 72 ; 

82 

1,42 


Allgemein wurde darüber geklagt, dass der Lorenz’sche 
Impfstoff so schwer zu erhalten sei und dass die Anstalt der 
Landwirthschaftskammer für die Provinz Brandenburg zur Ge¬ 
winnung von Lorenz’schem Serum in Prenzlau bei Weitem 
nicht im Stande sei, das Bedürfniss zu befriedigen und dass in 
Folge dessen eine grosse Anzahl von Schweinen nicht hätte 
geimpft werden können. Es wurde weiter darauf aufmerksam 
gemacht, dass von der Landwirthschaftskammer für die Provinz 
Ostpreussen bereits im Jahre 1897 bei dem Landwirthschafts- 
minister beantragt worden sei, die Herstellung Lorenz’scher 
Lymphe vom Staate in die Hand zu nehmen. Wenn dies 
geschehen wäre, wäre Deutschland heute um viele 
Schweine reicher. Es sei nicht geschehen, weil man immer 
auf die Herstellung eines angeblich besseren Verfahrens ge¬ 
wartet hätte. 

Auf Antrag des Zuchtinspectors Marks-Posen wurde 
schliesslich folgender Satz einstimmig angenommen: »Der Herr 
Preussische Minister für Landwirthschaft ist zu ersuchen, den 
deutschen Schweinezüchtern den Bezug von Lorenz’schem 
Serum gegen den Rothlauf der Schweine aus staatlichen Lymph- 
bereitungsanstalten preiswerth zu ermöglichen und sicher zu 
stellen«. 

Auch in Elsass-Lothringen hat man nach dem dorti¬ 
gen amtlichen Viehseuchenbericht mit der Lorenz 'sehen Schutz¬ 
impfung sehr gute Erfolge erzielt. 

Von Herrn Kreisthierarzt Anckly zu Metz sind z. B. im 
Landkreise Metz Schutzimpfungen gegen den Schweinerothlauf 
mit Rothlaufserum nach Lorenz’scher Methode vorgenommen 
worden. Es wurden geimpft in St. Hubert 15 Schweine im 
Gewichte bis zu 35 kg, 1 Schwein von 70 kg (trächtig), in 
Befey 5 Schweine von ebenfalls 35 kg und in Villers-Bettnach 
3 Schweine, hochträchtig, bis 130 kg schwer, sowie 5 kleinere 
Thiere. Das Resultat war ein überaus günstiges. Sämmtliche 


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348 


DEUTSCHE THIER^ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


24 . September, 


Thiere reagirten nur sehr wenig auf die Impfung; als einzigstes 
Symptom bemerkte man leichte, locale Röthung und Schweiss¬ 
ausbruch an den Ohren und der Innenfläche der Schenkel trotz 
der äusserst kühlen Witterung. 

Interessant ist folgende Beobachtung. In einem Stalle mit 
drei Schweinen wurden im Einverständniss mit dem Besitzer 
nur zwei Thiere geimpft. Das dritte, nicht geimpfte Schwein 
erkrankte und verendete an Rothlauf. 

Der Impfstoff wird in Eisass-Lothringen unentgeltlich ge¬ 
liefert. 


Nahrungsmittelku n de. 

Ein Beitrag zur Casuistik der Hackfleischvergiftungen. 

Von Schlachthofinspector Stöcker in Lüben. 

(Zeitschrift für Fleisch- u. Milchhyjfiene, VIII. Jahrg., 1898, H. n, S. aot.) 

Mitte Juli ds. Js. erkrankten von dem in Lüben gar- 
nisonirenden 4. Dragoner-Regiment etwa 60 Mann nach dem 
Genuss von aus Hackfleisch hergestellten, nur schwach durch¬ 
gebratenen Fleischklösschen. Die Erkrankungen traten 6 — 12 
Stunden nach der Mahlzeit auf und äusserten sich in plötzlich 
auftretenden Schwindelanfällen, Benommenheit, Hinfälligkeit, 
Rücken- und Nackenschmerzen, Erbrechen, ruhrartigem Durch¬ 
fall und hohem Fieber (bis 41 0 ). In 2—3 Tagen gingen die 
Krankheitserscheinungen, welche bei keinem der Patienten ge¬ 
fahrdrohend aufgetreten waren, wieder zurück. Dass es sich 
thatsächlich um eine Hackfleischvergiftung gehandelt hat, geht 
aus den Krankheitssymptomen hervor und dass die genossenen 
Fleischklösschen die Ursache abgaben, beweist der Umstand, 
dass die Unteroffiziere, welche kein Hackfleisch zu Mittag 
genossen hatten, nicht erkrankten. Die in der Küche be- 
diensteten Mannschaften, welche vielleicht von dem rohen Fleisch 
gekostet hatten, erkrankten heftiger als die übrigen. 

Betreffs der Ursache der Giftigkeit des Hackfleisches, 
welches von thierärztlich untersuchten Thieren abstammte, war 
nichts Näheres in Erfahrung zu bringen. 

Edelmann. 


„Versuch“ des Feilhaltens gesundheitsschädlicher • j 
Nahrungsmittel. 

Von Schlachthausverwalter Metz in Freiburg. 

(Zeitschr. f. Fleisch- und Milchhygiene, VIII. Jahrg., 1898, H. 11. S. 302.) 

Der von Metz mitgetheilte Fall einer Bestrafung von Per¬ 
sonen wegen versuchten Feilhaltens gesundheitsschädlicher 
Nahrungsmittel ist nicht nur deshalb interessant, weil die be¬ 
treffenden Gewerbetreibenden das Fleisch vor dem eigent¬ 
lichen Inverkehrbringen zur geordneten Beschau 
gestellt hatten, sondern auch, weil das Reichsgericht | 
in der Sache entschieden hat. 

Es handelte sich um einen Ochsen, welcher bereits im I 
Leben auffällig krank gewesen war und bei dem der Laien- ] 
fleischbeschauer nur »Lungensucht« gefunden haben wollte. ! 
Derselbe hatte deshalb, angeblich aber erst auf Zureden der j 
Schlachtenden, den Ochsen für bankwürdig erklärt und ein j 
entsprechendes Attest ausgestellt. Von dem Ochsen wurden ( 
die vier Viertel nach Freiburg geschafft und daselbst auf dem 
Schlachthofe zur Beschau gestellt. Hier fand man ausgebreitete I 
Tuberculose der Fleischlymphdrüsen, beschlagnahmte das Fleisch ; 
und erstattete Anzeige gegen die Betheiligten, welche sammt I 
dem Laienfleischbeschauer vom Landgericht Freiburg zu 2 
bezw. 3 Monaten Gefängniss und in die Kosten verurtheilt j 
wurden. 1 

Die von zwei Angeklagten eingelegte Berufung beim Reichs - 
gericht wurde verworfen und das Urtheil vom 26. Mai 1898 | 

wie folgt begründet: | 


Das Urtheil steht im Einklang mit den in den Entscheidungen 
des Reichsgerichts vom 2. Mai 1884 und 15. Februar 1882 
— Rechtssprechung Bd. VI, S. 336; Entscheidungen Bd. VI, 
S. 46 — ausgesprochenen Rechtsgrundsätzen, auf welch’ erstere 
schon die Strafkammer verwiesen hat. Hiernach ist gemäss 
§ 12 Abs. 2 des Gesetzes vom 14. Mai 1879 der Versuch 
des Feilhaltens gesundheitsschädlicher Nahrungs- und Genuss¬ 
mittel straffällig. Der Transport von solchen aber in fertiger 
Gestaltung an den Ort, wo sie feilgehalten werden, kann sich 
als ein über das Stadium blosser Vorbereitung hinaus — der 
Vollendung vorangehender Akt darstellen. 

Nach dem festgestellten Vorsatz der beiden Angeklagten 
sollte das gesundheitsschädliche Fleisch in Freiburg — sei es 
auf dem Wochenmarkte, sei es in besonderem Verkaufslocal — 
feilgehalten werden. Es war kunstgerecht in vier Viertel zer¬ 
legt, somit zum Verkauf fertig gestellt. Die Behauptung der 
Revision, dass es hierzu weiterer Zerlegung in kleinere Fleisch¬ 
partien und besonderer Herrichtung bedurft hätte, findet im 
Urtheil keine Bestätigung und hat gemäss Str.-Pr.-O. § 376 
nicht in Betracht zu kommen. Das Feilhalten konnte vielmehr, 
wie dem Urtheile zu entnehmen ist, im Anschlüsse an die 
Fleischbeschau der Freiburger Controlbehörde erfolgen und ist 
nur durch deren Massregeln vereitelt worden. Zutreffend er¬ 
klärt deshalb der erste Richter diese Besichtigung für das letzte 
Hinderniss, das der Vollendung entgegen stand. 

Mit dem Transport des gesundheitsschädlichen Nahrungs¬ 
mittels hatte das planmässige, normwidrige Handeln der An¬ 
geklagten seinen Anfang genommen; ohne das Einschreiten der 
Freiburger Gesundheitspolizei würde es in ungestörtem Fort¬ 
gang zur Erfüllung des gesetzwidrigen Thatbestandes ge¬ 
langt sein. 

Der Rechtsbegriff ist hiernach gegeben. 

Da auch im Uebrigen keine Bedenken gegen die An¬ 
wendung des § 12, 1 des Gesetzes vom 14. Mai 1879, betr. 
den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genussmitteln u. s. w., in 
Verbindung mit § 47 des Strafgesetzbuches bestehen und eine 
weitere Revision gegen das Urtheil nicht eingelegt ist, so musste 
das Rechtsmittel verworfen werden. Edelmann. 


Personal-Nachrichten. 

Auszeichnungen : Den Oberrossärzten Herbst an der Lehr¬ 
schmiede Hannover, Mit t mann im Ul.-Regt. No. 5, Rosenfeld im 
Hus.-Regt. No. 17, Wassersleben im Art.-Regt. No. 10 wurde der Königl. 
Kronenorden IV. Kl. verliehen. Dem Departementsthierarzt a. D., Docenten 
für Thierheilkunde an der Landwirtschaftlichen Akademie in Poppelsdorf 
Arnold Schell ist das Prädikat »Professor« beigelegt worden. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Thierarzt Otto Schultz in Gehrden 
wurde zum Kreisthierarzt in Hofgeismar ernannt. Veterinärassessor Dr. Stein¬ 
bachin Münster wurde nach Trier, Kreisthierarzt John in Haynau nach Görlitz, 
Kreisthierarzt Wancke von Freystadt nach Haynau versetzt. Der erste 
Assistent an der Seuchenversuchstation der thierärztlichen Hochschule München 
K. Höflich ist von dieser Stelle zurückgetreten, an dessen Stelle kam der 
bisherige Hilfsassistent W. Dürrbeck. Schlachthofthierarzt Dr. Heffter 
in Düsseldorf wurde zum Schlachthofinspector in Filehne, Thierarzt Bärtling 
von Hannover zum Schlachthofthierarzt in Erfurt gewählt. Verzogen sind 
die Thierärzte Neu mann von Darkehmen nach Neukirch, Mord von Mainz 
nach Stommeln, Kypke von Daun nach Trier, Zissler von Isen nach 
Taufkirchen. 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutsehen 

Heeres : Oberrossarzt Petersen vom Remontedepot Jurgaitschen nach 
Mecklenhorst, Rossarzt Pelka vom Art.-Regt. No. 25 an das Remontedepot 
Jurgaitschen versetzt, Oberrossarzt P i c h e 1 vom Remontedepot Mecklenhorst 
mit Pension der Abschied bewilligt. 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thierärztliche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der MackloPschen Druckerei in Karlsruhe i. B. 

Hierzu Beilagen der chemischen Fabrik von Ileyden in Radeheul bei Dresden, betr. Versuche mit Xeroform, und der Verlagshandlung 
von Rieh. C. Schmidt in Frankfurt a.'M., betr. Einladung zum Abonnement auf die Allgemeine Centralzeitung für Thierzucht, 


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Deutsche 

Thierärztliche Wochenschrift 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regiernngs- und Medicinalrath, 
Director der Thierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 


heransgegebea von 
Dr. Lydtin, 


Prof. Röckl, 


Geheimer Oberregi 
in Baden-Ba 


Geheimer Regierungsrath und Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Louisenthal (Saar). 

redigirt von 

Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Oie Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden 
Sohnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post anf No. 1784 a. 


Sechster Jahrgang. 


Sämmtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 
Correcturen und Anzeigen an die Expedition der 
Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 
in Karlsruhe (Baden'. 


M 40 . 


Ausffcffcbcn am l Oktober. 


1898 . 


Womit sollen wir die Pferde bandagiren? 

Von Thierarzt Emil Hauptmann - Warnsdorf. 

(Vortrag, gehalten auf der Naturforscher-Versammlung in Düsseldorf.) 

Schon seit Alters her wird der Druck als Heilmittel be¬ 
nutzt. Die Nützlichkeit seiner Wirkungsweise geht wohl am 
besten daraus hervor, dass dieses Heilmittel in den breitesten 
Volksschichten bekannt ist und vielfach verwerthet wird. Welche 
Wärterin würde nicht, wenn sich ihr schutzbefohlenes Kind die 
Stirne anstiess oder beim Fallen aufschlug, sofort die flache 
Messerklinge auf die gequetschte Stelle drücken, um das Ent¬ 
stehen einer verräterischen Anschwellung zu verhindern ? 
Welche Mutter würde sich nicht bemühen, die böse Beule 
ihres Lieblings mittelst eines Tuches nicdcrdrückcn zu wollen? 

In der Thierheilkunde sind cs besonders die Extremitäten 
der Pferde, welche durch ihre mannigfachen Schäden zur aus¬ 
giebigen Anwendung der Druckwirkung als Heilmittel Ver¬ 
anlassung gaben; so ist seit je und fast überall das Aufbinden 
von festen Gegenständen (als flache Steine, Holz- oder Blei¬ 
stückchen, welche später durch Guttapercha, Leder, Papier 
ersetzt wurden) auf Uebetbeinc volksthümlicher Gebrauch. 

Mit der steigenden Erkenntniss der Mannigfaltigkeit in der 
Wirkung des Druckes — bei der Mehrzahl der Verdickungen 
in der Schienbeinregion, gleichgiltig, ob deren Charakter acuter 
oder chronischer Natur ist, ob deren Ursprung in der Haut, 
dem Unterhautbindegewebe, den Sehnen und deren Scheiden, 
der Beinhaut oder den Fascialcndigungen zugeschrieben werden 
muss — hat sich mit der Zeit die Anwcndungsweisc vervoll¬ 
kommnet, so dass gegenwärtig eine ganze Reihe Behelfe zur 
Verfügung stehen, die theils für sich allein, thcils im Vereine 
mit anderen günstig wirkenden Mitteln (wie feuchte Wärme, 
Salben, Einreibungen) der leidenden Thierwelt zu gute kommen. 

Hierbei kommen in Betracht: 

1. die starren Binden (englische Bandagen), 

2. die dehnbaren Binden (elastische Bandagen) und 

3. die elastischen Gamaschen. 

Wie wir sehen, unterscheiden sich die aufgeführten Hilfs¬ 
mittel sowohl in der Beschaffenheit, als auch in der Form 
des verwendeten Materiales. 

Das ursprünglichste sind die starren (englischen) Binden, 
das sind verschieden lange und meist ziemlich breite St re i fe'n 
aus festem, unnachgiebigem und unelastischem Ma¬ 
teriale (Schafwoll- oder Baumwollstoff), welches bei der Be¬ 
nützung seine Formmur wenig ändert. Diese Streifen werden 


in $piraltouren, die sich theilweise decken, um das Bein ge¬ 
wunden und mittelst aufgenähter Bändchen befestigt. 

, Die Starrheit, die Haupteigenschaft dieser Binden, sichert 
wohl eine ziemliche Haltbarkeit, erschwert aber das 
Anlegen an allen Partien, welche keinen gleichwcitcn Umfang 
haben und keine geraden Begrenzungslinien aufweisen. Nur 
sehr geübten Händen kann es gelingen, damit verschieden-starke 
TheiLc oder gar Winkclungen der Gelenke ohne Faltcnbildung 
zu umhüllen. Der Unerfahrene aber — und selbst der weniger 
Geübte — ist dies unter solchen Verhältnissen niemals im Stande. 

j-. Der wesentlichste Nachtheil der Starrheit — der sich durch 
keinerlei Geschicklichkeit überwinden lässt — besteht aber 
darin, dass derartige Binden einerseits der im Zunchmcn 
begriffenen Geschwulst nicht nachzugeben ver¬ 
mögen und in Folge dessen auf den cingeschnürten Theil 
einen zu heftigen und deshalb schädlichen Druck ausüben und 
dass andererseits eine dergestaltetc Bandagirung der zurück¬ 
tretenden Geschwulst nicht folgen kann. Die Druck¬ 
wirkung beschränkt sich deshalb nur auf eine kurze Zeit, nach 
welcher die Binde nur lose an der Geschwulst hängt, ohne 
dieselbe weiter beeinflussen zu können. Entsprechend dieser 
unvollkommenen Wirkung ist natürlich auch der Effect nur ein 
sehr allmäliger. 

'■ Um das schwierige Anlegen der starren Binden und die 
damit verbundenen Fährlichkciten zu umgehen, wurden Binden 
aus einem lockeren, weniger stabilen Gewebe erzeugt. Die 
Erzeuger nannten ihre Fabrikate zum Unterschiede von den 
starren Binden »elastische« Bandagen. 

Die sogenannten »elastischen« Bandagen, wie solche in 
Band- oder Schlauchform gewebt, gestrickt oder gewirkt auf 
den Markt gebracht werden, verdienen keineswegs diesen 
Namen, denn sie sind nicht im Stande, auf den 
bandagirten Theil einen elastischen Druck aus¬ 
üben zu können, da ihre- Elasticität nur ganz minimal ist und 
überdies schon nach dem erstmaligen Gebrauche so gut wie 
verloren geht. 

Solche Binden unterscheiden sich von den ganz starren, 
englischen Artikeln nur durch ihre Dehnbarkeit, vermöge 
welcher dieselben von jedem Wärter entsprechend der Form 
der zu umschliesscnden Körperpartic gezogen werden kann. 
Dadurch wird nun allerdings bei der erstmaligen Benutzung 
die Entstehung von Falten vermeidbar sein, aber gerade durch 
diese Eigenschaft, die wohl bei der Erstanlagc Vorthcilc bot, 
stellen sich später Nachthcilc ein, indem die gedehnten 
Theile der Binde Ausbuchtungen bilden — der 
beste Beweis für das Fehlen der Elasticität dieser 


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I. Oktober. 


DEUTSCHE THlER^ERZTLlCHE WOCHENSCHRIFT. 


350 


elastischen Bandagen — welche bei dem ferneren 
Bandagiren um so hinderlicher werden, da doch die 
einzelnen Touren nicht immer in ganz derselben Weise zu 
liegen kommen, wie dies bei der erstmaligen Benützung der 
Fall war. 

Durch das Anziehen gelegentlich des Bandagirens werden 
alle Binden schmäler, sie bekommen Längsfalten (schieben sich 
zusammen) und legen sich jedesmal weniger gut an, wenn man 
sich auch zuvor noch so sehr bemühte, die Falten zu glätten 
und die Ausbuchtungen auszugleichen. Die gebrauchte Binde 
giebt in der Folge am Fusse nicht nur ein weniger schönes 
Bild, sondern die übcrbandagirten Falten und Ausbuchtungen 
verursachen ein unangenehmes, drückendes, selbst brennendes 
Gefühl. Dieser Druck einerseits und das verschieden starke 
Anziehen der einzelnen Spiralwindungen andererseits beeinflussen 
die Blutcirculation und machen sich mit der Zeit durch Auf¬ 
treten einer dicken, derben Haut und weisser Haare in Form 
von weissen Streifen, Flecken oder Stichelhaarigkeit bemerkbar; 
abgesehen davon, dass höhere Grade dieser ungünstigen und 
schwer vermeidlichen Zufälle acute Folgeübel heraufbeschwören 
können, wie solche besonders bei ungeübten Wärtern nicht 
selten zu sehen sind. 

Ausserdem erfolgt das Bandagiren in der Regel von unten 
nach oben, mithin gegen den Strich der Haare, wodurch diese 
mit der Zeit aus ihrer glatten Lage herausgebracht werden, 
sich einbiegen und dadurch ein wellenförmiges Aussehen geben, 
das den Kenner sofort auf die stattgehabte Procedur auf¬ 
merksam macht. 

Schliesslich ist nur zu bekannt, dass die »elastischen« 
Bandagen wegen ihres lockeren Gewebes von keiner Dauer 
sind, und insbesondere den Bemühungen der Pferde, sich der 
Umhüllung (die, wie oben erwähnt, oft schmerzt oder wenigstens 
eine unangenehme Empfindung erzeugt) zu entledigen, zu wenig 
Widerstand entgegenstellen kann. Die vielen Lagen bieten 
sogar den Stollen und Kanten des Eisens sehr schöne Anhalts¬ 
punkte. 

Die ungünstigen Eigenschaften der starren und sogenannten 
elastischen Bandagen als Träger der Druckwirkung ergeben 
sich nach dem Gesagten einmal aus der Form, welche die 
Intensität der Anspannung, wie die Lagerung der Bandage stets 
der Willkür der Hand des Wärters anheim stellt — da Binden 
den Fuss wiederholt umschliessen müssen und sich in ihren 
Lagen ganz oder theilweise überdecken —, das andere Mal aber 
aus dem Mangel an Elasticität des Gewebes, wodurch, 
wie oben ausgeführt wurde, der Druckwirkung sehr bald eine 
Grenze gesetzt wird, das Anlegen für den Wärter erschwert, 
für die Thiere nachtheilig und für den Besitzer kostspielig wird. 

Die unvermeidlichen Folgen bei der Benützung solch un¬ 
günstig beschaffener und gestalteter Medien schwinden, wenn 
es gelingt, die Bandform zu umgehen und ein Ma¬ 
teriale zu benützen, welches unter constanter 
Druckwirkung den Veränderungen des umschlossenen 
Theiles zu folgen vermag. 

Beide Probleme lassen sich lösen, wenn man Vorrichtungen 
aus einem einheitlichen, zusammenhängenden, die Form des zu 
umschliesscnden Theiles bildenden, elastischen Gummigewebe 
construirt, welche sich als ein Ganzes der Form des Fusses 
gleichmässig anschmiegt. 

Die »elastischen Gamaschen« — wie man die geformten 
Gummigewebe nennt — bedeuten mithin einen bedeutenden 
Fortschritt in der Bandagir-Technik, welcher in Fachkreisen 
allgemein anerkannt wird. So schreibt Prof. Dr. Bayer in seiner 
bekannten »Chirurgie« auf S. 51 gelegentlich der Therapie der 
Entzündung durch Druck: »Die elastischen Gamaschen erweisen 
sich als praktisch sehr gut verwendbar.« Ferner heisst es 
unter dem Capitel »Sehnenscheidenentzündung« S. 151: »Sehr 
empfehlenswerth sind elastische Gamaschen, durch deren con- 
sequente Anwendung die Gallen in der Fesselgegend zum 
Mindesten bedeutend verkleinert werden können.« Wenn trotz 
der augenfälligen Vortheile und der warmen Anerkennung und 
Empfehlung durch hervorragendste Vertreter des thierärztlichen 
Standes die elastischen Gamaschen bisher keine entsprechend 


allgemeine Anwendung in jeder Pferdehaltung fanden, so ist 
das Hinderniss hierfür in einigen Mängeln gelegen, welche der 
bisher gebräuchlichen Construction dieser Gamaschen anhafteten. 
Es gilt dies insbesondere für die Art des Verschlusses, 
welcher bekanntlich mittelst in Leder genieteter Metallösen und 
Bändchen durch Verschnürung bewerkstelligt wurde. 

Sollen bei dieser Methode die Gamaschen gut sitzen, so 
sind beim Anlegen 2 Personen erforderlich, eine, welche die 
Gamasche in entsprechender Lage und Spannung an den Fuss 
anhält und eine weitere, welche die Bänder legt, anzieht und 
verknüpft. Das Anlegen ist demnach keineswegs handlich. 

Dazu kommt noch, dass die Gamasche eine fixe — un¬ 
veränderliche — Weite besitzt, in Folge welcher für 
jeden Fall eine eigens nach Massangabe zu construirende Ga¬ 
masche bestellt werden muss, wenn man sich nicht begnügen 
will, aus der geringen Anzahl der etwa vorhandenen Weiten¬ 
nummern aufs Geradewohl eine solche zu wählen. Bei den 
gleichweiten, cylindrischen Schienbeingamaschen würde ein 
solcher Vorgang noch am ehesten angehen, allein bei den ver¬ 
schieden dimensionirten Sehnenscheidengamaschen passen nur 
in seltenen Fällen Fabrikserzeugnisse, selbst wenn sie über 
Massangabe hergestellt wurden. 

Dieser Umstand kann wohl nicht Wunder nehmen, wenn 
man bedenkt, dass die gebräuchlichen Sehnenscheidengamaschen 
zugleich auch das ganze Fesselgelenk umfassen. Es ist mithin 
bei der Construction nicht allein der differente Umfang ober¬ 
halb, unterhalb und im Fesselgelenke zu berücksichtigen, son¬ 
dern auch die Winkelung der Gelenke selbst. 

Ausserdem gestattet der Schnürverschluss wohl e i n 
Weiterstellen der Gamasche (obwohl auch nur im be¬ 
schränkten Masse), keineswegs aber ein Engerstellen, 
während doch die Geschwulst unter dem Drucke zurückgeht 
und die Gamaschen durch den Gebrauch allmälig ausgedehnt, 
also weiter werden. Diesem Umstande ist es zuzuschrciben, 
dass für manche Fälle zwei oder mehrere Gamaschen mit ver¬ 
schiedenen Weiten gekauft werden mussten und die volle Aus¬ 
nützung der vorhandenen, für einen bestimmten Fall beschafften 
Gamaschen nicht gestattete, indem solche Exemplare zumeist 
anderen Thieren nicht passten. 

Schliesslich darf nicht unerwähnt bleiben, dass es trotz 
des umständlichen zeitraubenden und zwei Wärter beschäftigenden 
Anlegens Vorkommen kann, dass durch unegales Anziehen 
der Schnüre einzelne Partien des Gummigewebes 
straffer angespannt werden, wodurch sich Querfalten 
bilden und die elastische Kraft Einbusse leidet, was 
sich darin äussert, dass die stärker gedehnten Partien bei später 
gleichmässiger Anspannung nicht mehr dieselbe energische 
Wirkung entfalten als die weniger ausgedehnten Stellen. 

Bei alledem ist der Preis für die Schnür-Gamaschen mit 
Rücksicht auf die Erzeugung nach Massangaben oder in ver¬ 
schiedenen Grössen (welche ein grösseres Lager zur Auswahl 
verursachen) und den kostspieligen Verschluss verhältniss- 
mässighoch, so dass sich die weniger bemittelten Pferde¬ 
besitzer die Auslage dafür oft nicht leisten mögen. So kam 
es, dass die elastischen Gamaschen beinahe ausschliesslich auf 
Luxusstallungen und grössere Kliniken beschränkt blieben. 

Um der Anwendung des elastischen Druckes weite Kreise 
zu öffnen, mussten die aufgeführten Mängel beseitigt 
werden, und dies gelang einerseits durch Anbringung eines 
neuartigen Verschlusses und andererseits durch eine 
Vereinfachung der Construction der Gamaschen, welche 
für die Sehnenscheiden bestimmt sind. ‘) 

Vor Allem hiess es, den Grad der Spannung des 
elastischen Gewebes vollkommen der Beeinflussung 
ungeübter und verständnissloser Hände der Wärter 
zu entrücken. Dies geschah durch einen Verschluss, welcher 
darin besteht, dass das elastische Gummigewebe an den zu 
vereinigenden Enden mit elastischen Metallplättchen abge¬ 
schlossen wird, welch’ letztere durch gleichlange, aufknöpfbare 
Lederriemchen mit einander fixirt werden. Das Aufknöpfen 

*) Za beziehen dnreh die bestbelcsnnte Firma H. Hauptner-Berlin. 


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No. 40. 


DEUTSCHE TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


kann Jeder, auch der ungeschickteste Laie, ohne jed¬ 
wede Beihilfe und in der denkbar kürzesten Zeit ausführen. 


Trotz dieser einfachen Handhabung, welche ein tadelloses 
Sitzen und Spannen der Gamasche garantirt, wäre der Ver¬ 
schluss unvollkommen, wenn er nicht erlauben würde, der 
Gamasche jede beliebige Weite zu geben, weil ja an¬ 
sonsten für jeden Fall eine besondere Gamasche nach Mass 
angefertigt werden müsste. Um den Verschluss auch in dieser 
Beziehung den Anforderungen zwecktauglich zu gestalten, wurde 
nur die eine Metallschiene mit dem Gummistoffe constant ver¬ 
bunden, während die andere durch Einknöpfen in den Stoff 
jede erwünschte Dimension in der Weite möglich macht. Durch 
diese einfache Einrichtung ist Jedermann im Stande, eine 
Gamasche jedem Pferde nach dessen Bedürfnisse 
anlegen zu können. 

Was die Construction der Gallengamaschen anlangt, so ist 
dieselbe — gemäss der Form der zu umschliessenden Partie — 
von oben nach abwärts konisch erweitert. Die Gamasche lässt 
das Fesselgelenk vollkommen frei, bildet deshalb keine Winke- 
lung, welche bei den schon bestehenden Gallengamaschen zum 
Schnüren so oft Ursache des Nichtpassens wurde. Die konische 
Form der Gallengamaschen ermöglicht im Vereine mit der Ver¬ 
stellbarkeit des Verschlusses, dass auch die Gallen-Ga- 
maschen eben so gut wie die Schienbein-Gamaschen 
durch den Laiert selbst je nach Bedarf genau 
passend angelegt werden können. 

Der vollkommene Sitz bedingt eine günstige Wirkungs¬ 
weise. Am meisten springt der Erfolg bei der Behandlung 
von Gallen, Oedemen, Quetschgeschwülsten etc. in die Augen. 
So sind z. B. auch grössere Flussgallen Morgens verschwunden, 
wenn die Gamaschen während der Nachtzeit aufgelegt worden 
waren. Dieselben kehrten nach entsprechend langer An¬ 
wendung auch während der Tagesbeschäftigung nicht mehr 
wieder. Der Erfolg wird natürlich rascher bemerkbar, wenn 
die Gamaschen von den Thieren auch während der Bewegung 
getragen werden, was bei keiner Gangart auf Hindernisse stösst. 
Um die Gamaschen in der Bewegung auch als Schutz gegen 
etwaiges Anschlägen verwenden zu können, Hesse sich an der 
inneren Seite ein schützendes Leder aufnähen. 

Es war nun von Bedeutung, zu erfahren, welche Em¬ 
pfindung der von den Knopfgamaschen umschlossene 
Körpertheil besitzen möge. Um dies zu ermitteln, legte 
ich über Anregung des Rectors des k. u. k. Militär-Thierarznei- 
Institutes und der thierärztlichen Hochschule, Herrn Professor 
Dr. Josef Bayer in Wien, die Gamaschen bei entsprechender 
Einstellung selbst am Unterarme und Unterschenkel an und 
Hess dieselben bis 12 Stunden liegen, um sie nach kurzer Pause 
neuerlich aufzuknöpfen, wie dies ja bei der Verwendung in der 
Thierpraxis auch der Fall ist. Hierbei ergab sich, dass die 
Gamaschen den betreffenden Theil unter vollkommen 
gleichmässiger Druckwirkung umschlossen, ohne 
dass die Lage des Verschlusses durch irgend welche 
Differenz bemerkbar geworden wäre. (Aus diesem 
Grunde kann auch das Anbringen eines Lederschutzes an der 
inneren Fläche der Gamasche die Druckwirkung nicht beein¬ 
trächtigen.) 

Es stellte sich weder Brennen noch Summen, Ameisen¬ 
laufen oder irgend welches andere Gefühl eines partiellen 


35i 


Druckes oder einer Blutstauung ein; vielmehr gewann der um¬ 
schlossene Theil ein Gefühl der Kraft und der Festig¬ 
keit. 

Auf dem thierischen Haarkleide angelegt, ist auch nach 
monatelangem Gebrauche Kräuselung, Stichel¬ 
haarigkeit, Streifen- oder Fleckenbildung unmög¬ 
lich, das Haar wird vielmehr glatt und glänzend 
anliegen. 

Dabei leidet wegen der immer gleichmässigen 
Anspannung des Gummigewebes die Haltbarkeit selbst 
nach wochenlanger Verwendung keinen Schaden. 
Ich konnte in meiner Praxis die Wahrnehmung machen, dass 
nach langer Benützung wohl die Lederläppchen des Verschlusses 
rissen, das übrige Materiale aber vollkommen intact blieb. Die 
abnehmende elastische Kraft wird durch Engerstellen der Ga¬ 
masche ausgeglichen, was aber nur nach grossen Intervallen 
nothwendig wird, da die aufzuknöpfenden Lederriemchen einige 
Löcher zur Regulirung der Spannung besitzen. 

An dieser Stelle sind der Vollständigkeit halber noch die 
Pulswärmer ähnlichen, gewirkten Stutzen mit Gummieinzug zu 
erwähnen, obwohl dieselben für eine allgemeine Verwendung 
ohne grössere Bedeutung sind. 

Zwei Nachtheile stehen deren Einbürgerung entgegen: 
die mangelnde Starrheit des Gewebes, in Folge welchen 
Fehlers sich diese Stutzen zu leicht zusammenschieben und die 
schwierige Anlegbarkeit über den Huf, welcher doch 
durch den Beschlag noch vergrössert wird, durch welche Mani¬ 
pulation überdies die Gummifäden in der allerkürzesten 
Zeit überdehnt und wirkungslos werden. 

Endlich gestaltet die rasche Abnützung den Gebrauch 
solcher Fabrikate zu theuer. 

Aus diesen Auseinandersetzungen, bestätigt durch prak¬ 
tische Erfolge und eigene Experimente, geht mit Bestimmtheit 
hervor, dass unter den bestehenden Verhältnissen die elasti¬ 
schen Gamaschen mit stellbarem Knopfverschlüsse 
zur Zeit als die praktischeste Druck Vorrichtung 
bezeichnet werden müssen und deshalb einen wahren 
Fortschritt in der Bandagirkunst bedeutet. Zu dieser Folgerung 
gelangen wir immer mehr, wenn wir berücksichtigen, dass die 
elastischen Gamaschen auch die combinirte Anwenduug 
der feuchten Wärme gestatten; zu letzterem Behufe 
wird der leidende Theil vorerst mit einem feuchten Leinen¬ 
läppchen umhüllt und hierauf mit einem undurchlässigen Ma¬ 
teriale (Billroth-Battist, Guttapercha-Taffct, Pergamentpapier etc.) 
bedeckt. 


Referate. 

Insufflcienz der Arteria pulmonalis als Folge der 
Hämoglobinämie. 

Von Mouquet et Blanchard. 

(Bull, de !a Soc. centr. de med. vet., 1898, S. 3*4.) 

Ein sonst gesundes Pferd erkrankte an der Hämoglobinämie 
und genas bald. Es wurde bis zum Herbst auf die Weide 
geschickt. Nach der Rückkehr von dort war das Pferd matt 
und kam bei der Arbeit leicht ausser Athem. Eines Tages 
trat plötzlich ein Nasenbluten ein mit Verlust von ungefähr 
2 Liter. Von diesem Augenblicke an war das Pferd zu jeder 
Arbeit unbrauchbar. Im Stande der Ruhe war das Allgemein¬ 
befinden gut, der Appetit ausgezeichnet, die Athmung regel¬ 
mässig, Herzschläge matt ohne Unterbrechung. Nach einem 
Marsch von höchstens 4 km konnte Patient nicht mehr weiter 
gebracht werden. Selbst Peitschenhiebe fruchteten nichts. Der 
Kopf wurde dann gesenkt gehalten. Der Körper war mit 
Schweiss bedeckt. Die Nasenlöcher wurden weit aufgerissen. 
Die Athmung geschah sehr frequent. Zuweilen erfolgte Nasen¬ 
bluten. Es war Venenpuls vorhanden. Der Herzstoss war 
ausserordentlich heftig. Die Herztöne waren fast im Bereich 
der ganzen Brust hörbar. 




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352 


DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


I. Oktober. 


Im Dezember hatten die Erscheinungen noch zugenommen. 
Einige 20 m Trab erzeugten am Herzen statt der einzelnen 
Töne ein veritables Rollen. Im Stande der Ruhe fanden sich 
40—45 schwache Pulse in der Minute. Die Herztöne waren 
gleichmässig schwach und der zweite war von einem Blasen 
gefolgt. Letzteres erinnerte an das bei kleinen, mit Lungen¬ 
emphysem behafteten Hunden zu hörende Lungengeräusch. Es 
wurde unmittelbar nach dem Schluss der halbmondförmigen 
Klappen gehört. 

Die Autoren schlossen aus diesem Befunde auf eine Aorten- 
insufficienz. Im Januar starb das Pferd plötzlich. Die Ob- 
duction ergab: 

Im Herzbeutel ist etwas röthliche Flüssigkeit vorhanden. 
Das Herz wiegt 5 kg. Der rechte Ventrikel ist stark dilatirt. 
Die Mitralis ist roth und am freien Rande verdickt. Die halb¬ 
mondförmigen Klappen in der Aorta sind verdickt und sonst 
wie die Mitralis beschaffen. Die etwas röthlichen Klappen in 
der Artcria pulmonalis sind ohne Abweichungen in Form und 
Grösse. Die Art. pulm. selbst ist stark erweitert. Man kann 
in dieselbe eine Faust einführen. Aus letzterem Grunde 
schliesscn die Klappen nicht. Die Aorta ist leicht zerreisslich. 
Die Intima erscheint glanzlos, gefaltet und verdickt. Sic lässt 
sich leicht ablösen und ist bis in die Lendengegend von schwach 
gelblicher Farbe. Die Art. pulm. ist ähnlich beschaffen. Die 
Leber war blass, auf dem Schnitt graugelb. Sie ist eine 
sog. Muskatnusslebcr. Ausserdem fand sich stellenweise Ver¬ 
dickung und Verhärtung (Hepatitis chron. interstit.). Die Nieren 
waren weich und leicht zerreisslich. Rindensubstanz stark ent¬ 
färbt, Marksubstanz fast schwarz. Fr ick. 


Mag-enzerreissung: beim Pferde in Folge von Gastrus- 

larven. 

Von Gabe au. 

(Kecucii de medccine vetetinaire, 1898, S. 39a.) 

Ein Pferd zeigte alle Symptome einer heftigen Magenkolik. 
Die Brechbewegungen verschwanden nach einer Stunde und 
kalter Schweiss trat auf. i '/z Stunden nach Beginn der Kolik 
starb das Pferd. Bei der Obduction fand sich in der Bauch¬ 
höhle zwischen den Darmschlingen Futterbrei. Der Magen 
war an der grossen Curvatur in einer Länge von 20 cm zer¬ 
rissen. Die Rissränder waren blutig. Die Schleimhaut in der 
Portio cardiaca des Magens zeigt zahlreiche Defecte von. 
4—io mm Durchmesser. Dieselben rühren von Gastruslarven 
her. In der Portio pylorica ist die Magenschleimhaut heftig 
entzündet und stark verdickt. In der Schleimhaut selbst, 

15 cm vom Pylorus entfernt, findet sich ein hühnereigrosser 
Absccss. Derselbe enthält dicken, gelbweisen Eiter. Nach 
dem Pylorus zu nehmen die entzündlichen Erscheinungen an 
Heftigkeit zu. Daselbst ist die Schleimhaut stark verdickt. 
Ein Haufe von mehreren hundert Gastruslarven verstopft den 
Pylorus vollständig. Das Lumen des letzteren ist durch die 
Schlcimhautschwcllung so schon bedeutend verengt. Eine Ver¬ 
bindung zwischen Magen- und Zwölffingerdarm fehlt. Auch die 
Schleimhaut des Zwölffingerdarmes ist durch in derselben 
sitzende Gastruslarven heftig entzündet. Im ganzen Darmtractus 
finden sich theils frei, theils der Schleimhaut anhängend enorme 
Mengen von Gastruslarven. 

G. nimmt an, dass einerseits die Gastruslarven die Magen¬ 
wand verdünnt und so zum Reissen gebracht haben, während 
andererseits durch Verlegung des Pylorus heftige Magencon- 
tractionen ausgclöst worden sind, die ihrerseits die Zerreissung 
befördert haben. Fr Ick. 


Der Spat der Pferde. 

(Sammelreferat.) 

Von Christiani-Darmstadt. 

Die klassische Arbeit Dieckerhoff’s über den Spat der 
Pferde hat zwar das Verständniss für das Wesen des genannten 


Leidens erheblich gefördert, aber noch keine Einigung in der 
Streitfrage seiner Pathogenese herbeizuführen vermocht. Je 
nach dem Standpunkt des Thierarztes in dieser Angelegenheit 
geschieht die Behandlung dieses Leidens immer noch in ver¬ 
schiedenster Weise. 

Auf Anregung Hoffmann’s und besonders Fröhner’s 
ist neuerdings das schon sehr alte perforirende Spatbrennen 
mit glühenden Stiften wieder mehr in den Vordergrund ge¬ 
treten und hat auch gute Resultate gezeitigt, obwohl Di ecker¬ 
hoff vor dieser Behandlungsmethode eindringlich warnt, weil 
er nur zu häufig eiterige oder jauchige Gelenkentzündung dar¬ 
nach eintreten sah. 

Froh n er (Monatshefte für praktische Thierheilkunde, 
Bd. VIII, Heft 8) stellte eine Reihe von Versuchen über Spat¬ 
behandlung an und kam zu dem Schluss, dass gerade das 
perforirende Spatbrennen die wirksamste Methode und durch¬ 
aus nicht so gefährlich sei, wie von Dieckerhoff angegeben 
wird. Dasselbe wurde ausgeführt mit spitzen, nadelförmigen 
Brenneisen von i l ' i bis cm Länge und 2—4 mm Durch¬ 
messer, in der Weise, dass meistens vier Punkte durch Haut 
und Periost bis an den Knochen gebrannt wurden, bei sehr 
starker Knochenauftreibung auch 5—6, bei schwacher nur 
2—3 Punkte. Ungünstiger Ausfall wurde bei 59 Fällen nicht 
beobachtet, dagegen konnte bei mehr als der Hälfte der Pferde 
gute Wirkung festgestcllt werden. Nur eines der Pferde 
musste binnen Jahresfrist zweimal gebrannt werden. Die andern 
Thiere waren durch irgendwelche Verhältnisse der Controle 
entzogen worden. Peinlichste Asepsis vor und nach dem 
Brennen ist aber unbedingtes Erforderniss, da sonst allerdings 
septische Sprunggelenksentzündung sich leicht anschliessen 
kann. Fröhner erzielte Asepsis durch Abscheeren der Haare, 
sorgsames Bürsten der geschorenen Hautstellen mit Seifenwasser 
und nachfolgende Desinfection. Auf die Brandstellen wurde 
Jodoformcollodium aufgepinselt und den Pferden mindestens 
ein Monat absolute Ruhe gewährt. 

Labal (Referat in der Berl. Th. W. 1897, No. 13) sah 
noch 21 Tage nach perforirendem Brennen septische Gelenk¬ 
entzündung entstehen, ohne dass ein Trauma nachzuweisen 
gewesen wäre. Reinbold (Radikale Behandlung des Spats, 
Berl. Th. W. 1897 No. 21) hält bei Spat einen Angriff auf das 
Pyramidenbein für indicirt und zwar will er es durch eine 
medicamentös erzeugte destruirende Entzündung zur Nekrose 
bringen. Ihm zufolge wird täglich dreimal bis zum kräftigen 
Durchdringen des goldgelben Serums, am besten an drei auf¬ 
einanderfolgenden Tagen, eine scharfe Salbe aus Euphorbium 
und Canthariden mittelst kreisförmiger, gewissermassen rührender 
und zugleich drückender Bewegung gegen die Lage der Haare 
über jenem Knochen eingerieben. Neun Tage nach dieser Ein¬ 
reibung soll sich das Pyramidenbein aus seiner Verbindung mit 
dem Sprunggelenk loslösen. Die Wunde erfordert nach Rein¬ 
bold keine besondere Behandlung. Dreiwöchentliche Ruhe 
genügt angeblich zur dauernden Herstellung des Pferdes, für 
welche aber die Nekrose des Pyramidenbeins conditio sine qua 
non ist. In wie viel Fällen Reinbold mit diesem Verfahren 
günstigen Erfolg erzielt hat, ist nicht angegeben. 

Bosi (Ein Beitrag zur Spatbehandlung, Berl. Th. W. 1898, 
No. 18), will Beseitigung der Spatlahmheit durch Neurectomie 
erreichen und zwar soll der tiefe Ast des Nervus peroneus und 
der Nervus tibialis durchschnitten werden. Andere Nerven- 
verästelungen, die für das Sprunggelenk in Betracht kämen, 
hat Bosi nicht gefunden. Er hat auf seine Weise sechs spat¬ 
lahme Pferde geheilt. 

Eine Abhandlung Eberlein’s (Monatshefte für praktische 
Thierheilkunde, IX. Bd., Heft 1 und 2) über den Spat der 
Pferde kann, wenn auch nicht quantitativ so doch qualitativ 
der Dieckerhoff'schen Monographie unbedenklich zur Seite 
gestellt werden, mit welcher sie auch in Bezug auf Anordnung 
des Stoffes viel Aehnlichkeit hat. Sie beginnt mit kritischer 
Sichtung der einschlägigen Literatur und der bisher aufgestelltcn 
Spattheorien, welche letztere dann an Hand zahlreicher ein¬ 
gehender Untersuchungen und Beobachtungen nachgeprüft werden. 
Die Untersuchungsmethoden sind genau angegeben. Die Re- 


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No. 40. DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 353 


sultate der anatomischen Untersuchungen nehmen fortgesetzt 
das Interesse lebhaft in Anspruch und sind durch eine grössere 
Anzahl naturtreuer Abbildungen vorzüglich erläutert. Aus diesem 
Grunde und aus Rüsksicht auf den Raum soll hier von einer 
auszugsweisen Besprechung abgesehen, vielmehr auf das Original 
verwiesen werden, welches keinem Thierarzt unbekannt bleiben 
dürfte. Eber lein fasst die Ergebnisse seiner anatomischen I 
Untersuchungen dahin zusammen, dass beim Spat als erste Ver- j 
änderung eine Osteoporosis, Ostitis rarefaciens, in der Regel 
der schiffförmigen Beine und des Metatarsus eintritt, welcher 
sehr bald eine Osteosclerosis (ostitis condensans) folgt. Im 
Anschluss daran entwickelt sich an dem betreffenden Gelenk¬ 
knorpel eine Chondritis mit Proliferation der Knorpelzellen und 
Zerfall der Grundsubstanz, die früher oder später zu einer 
Anchylose der betreffenden Gelenke führt. Häufig, doch nicht 
in allen Fällen, geht dann die Entzündung vom Gelenk oder 
direct vom Knochen auf das Periost der kleinen Sprunggclenks- | 
knochen über und ruft hier eine ossificirende Periostitis mit 
Hyperostosenbildung an der inneren Fläche der Fusswurzel 
hervor. Die Veränderungen an dem das Gelenk umgebenden I 
Gewebe sind nebensächlicher Art. 

E b e r 1 e i n glaubt durch seine Untersuchungen den Beweis 
erbracht zu haben, dass der Spat sich von innen nach Aussen, j 
also excentrisch entwickelt und nicht aus einer primären j 
Zerrung des Bandapparats entsteht. Demnach muss es auch I 
einen sogenannten unsichtbaren Spat geben und ist der Spat 
nicht in allen Fällen leicht zu heilen. Das perforirende Brennen 
ist nach Eber lein Unbestrittenermassen die wirksamste aller 
Behandlungsmethoden. 

Hess (Der Spat mit Rücksicht auf die anatomisch-physio¬ 
logischen Verhältnisse des Sprunggelenks, Schweizer Archiv für 
Thierheilkunde, Bd. XL, Heft 4) nimmt in der Frage der Spat¬ 
entwicklung einen völlig verschiedenen Standpunkt ein. Nach 
ihm kommt Spat in Folge von Bandzerrung zu Stande und 
stellt zunächst eine Entzündung der gedehnten Bänder und des 
Periostes dar. Die eigenthümliche Sprunggelenksmechanik, eine 
Folge der Schraubenformation des Unterschenkel-Rollbeingelenks, 
der Schiefstellung der Achse dieses Gelenks sowie der ex j 
centrischen Anheftung seiner Bänder, bedinge eine Rotation der 
Gliedmasse während der Bewegung und eine stärkere An- I 
strengung gewisser Haftapparate, besonders des medialen, 
kurzen Seitenbandes, bei der Arbeit. Namentlich am Pyra¬ 
midenbein sollen sich starke Zugkräfte geltend machen, daher 
hier der Locus minoris resistentiae sein. An Stelle der Durch- I 
schneidung des medialen Astes des Sthienbeinbeugers wäre 
vielmehr eine Durchschneidung des Ligamentum interosseum 
zwischen Pyramiden- und Fersenbein angezeigt. Ob diese 
Operation praktisch durchführbar wäre, bleibt noch abzu¬ 
warten. 

Völlig neu und eigenartig sind die Ansichten Höhne’s 
(Berl. Th. W. 1898, No. 25) über Spat. Im Jahre 1892 be¬ 
schrieb er an gleicher Stelle (Berl. Th. W., No. 7) einen Fall 
von chronischer Lahmheit eines Hinterschenkels, welche s / 4 
Jahre andauerte und mit Heilung endete. Im Verlauf der 
Lahmheit entwickelte sich bei dem betreffenden Thier ein Ucber- 
bein am inneren Kniegelenksknorren des Unterschenkelbeins, 
welches Höhne als Ursache der Lahmheit ansah. In der Folge 
untersuchte er bei allen spatlahmen Pferden das Kniegelenk 
und kam zu dem überraschenden Resultat, dass fast bei allen 
das Kniegelenk mitleidet und zwar meistens früher leidet als 
das Sprunggelenk. Er zog daraus den Schluss, dass der Spat 
ein complicirtes Leiden sei, bei dem nicht allein das Sprung¬ 
gelenk Sitz der Lahmheit ist. Der sogenannte unsichtbare Spat 
habe zunächst seinen Sitz im Kniegelenk. Diesen Standpunkt 
vertritt Höhne auch heute noch und behauptet, bei der Be¬ 
handlung spatlahmer Pferde werde in der Regel ein intactes 
Sprunggelenk mit Ferrum candens bearbeitet. Spat als solcher 
müsse leicht zu heilen sein. Werde er nicht geheilt, so liege 
stets ein Diagnosenfehler vor, der sich durch mangelhafte Unter¬ 
suchung erkläre und dadurch, dass die thierärztliche Welt an 
der Ueberlieferung (??) festhalte, andauerndes Hinken der Pferde 
mit einem Hinterfuss sei bedingt durch Spat. Spat komme 


als Lahmheitsursache überhaupt selten und nur dann in Frage, 
wenn am Sprunggelenk sich deutliche Entzündungserscheinungen 
markiren. Bemerkenswerth ist, dass Höhne auf Abdeckereien 
und in Rossschlächtereien seit Jahren alle ihm zur Verfügung 
stehenden Kniegelenke geöffnet und recht wenig gefunden hat. 
Dagegen will er in der Spongiosa des Kniegelenkkopfes der 
Tibia Eburnationskerne beobachtet haben als Folgczustand einer 
Anfangs einschmelzenden und später sclerosirenden Ostitis, die 
er kurzweg als Kniegelcnksentzündung bezeichnet. Heilung 
soll mit Hilfe von Ruhe immer erfolgen. 

Ein neues Material zur Anfertigung von Hufeisen. 

iCiornalc dclla R. Soc. cd Accad. vet. ital. i£y ; , S. 752.) 

Auf der Industrieausstellung zu Turin hat ein italienischer 
Thierarzt, Bottazzi, eine Aluminiumlegirung ausgestellt, die 
der Hauptsache nach Aluminium enthält, ausserdem aber noch 
vier andere Metalle. Den daraus gefertigten Hufeisen werden 
folgende Vorzüge nachgesagt: 

1. Leichtigkeit, 

2. Elasticität, so dass der Stoss, welchen der Huf vom 
Boden empfängt, abgeschwächt und der Hufmechanismus 
nicht behindert wird, 

3. es verhindert das Gleiten und lässt wegen seincrLcichtig- 
keit Unebenheiten der Stützfläche leicht durch Ver¬ 
dickung des Eisens bequem ausgleichcn, 

4. das Eisen kann auch kalt aufgeschlagen werden und 
die Nägel lassen sich wegen der Elasticität des Ma¬ 
terials in das Eisen gut eintreiben, sitzen daher fester. 

Von Seiten des italienischen Kriegsministeriums ist eine 
Commission ernannt, die sich lobend über die Erfindung aus¬ 
gesprochen hat. 

Der Preis des Beschlages für 4 Hufe stellt sich auf 
Mk. 2.40. 

Es bleibt weiteren Versuchen Vorbehalten, die praktische 
Verwendbarkeit des Materials zu beweisen. Er ick. 

Nahrungsmittelkunde. 

Ein Fall von im Embryonalstadium zu Grunde gegangenen 

Finnen. 

Von Schlachthofdirector Schilling in Göttingen. 

(Zeitschrift f. Fleisch- u. Milchhygiene, VIII. n Heft, S. 204.) 

Der von Schilling beobachtete Fall von im Embryonal¬ 
stadium degencrirten Rinderflnnen bestätigte die bereits in den 
Lehrbüchern über Fleischbeschau hervorgehobene Thatsache, 
dass nicht nur ausgewachsene Cysticerken der Verkäsung an¬ 
heimfallen, sondern dass die letztere auch unausgebildete Finnen 
ergreifen kann. 

Schilling fand in den Kaumuskeln eines 5jährigen Rindes 
zahlreiche erbsen- bis haselnussgrosse, grauweisse Knötchen, 
deren dicker, grüner, zäher Inhalt von einer starken, binde¬ 
gewebigen Kapsel umgeben war. An der Schlundmusku¬ 
latur waren zwei Knoten gleichen Charakters bemerkbar, 
während Zunge, Herz und die übrige Skeletmuskulatur, soweit 
dieselbe am ausgeschlachteten und durchgehauenen Thierc zu 
übersehen war, keine Abnormitäten aufwiesen. Von S. wurden 
die Knoten auf Grund einer mikroskopischen Untersuchung zu¬ 
nächst für Coccidienknötchen gehalten. Als aber anderen Tags 
in der gesammten Muskulatur ähnliche Knötchen nachgewiesen 
werden konnten und Schilling an einem aus zwei Knoten, 
deren Verkäsung noch nicht sehr weit fortgeschritten war, her- 
gestellten Quetschpräparate eine Schwanzblase mit Skolex 
nachweisen konnte, wurde die Finnennatur der Knötchen offenbar. 
Saugnäpfe waren noch nicht vorhanden, auch ihre Andeutung 
nicht bemerkbar. 

Das Hygienische Institut der Berliner Thierärztlichen Hoch¬ 
schule bestätigte die Diagnose S c h i 11 i n g ’s unter Hinweis dar- 


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DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


I. Oktober. 


354 


auf, dass die meist grüne, käsige Detritusmasse innerhalb 
der bindegewebigen Kapseln als typisch für Rinderfinnen an 
gesehen werden müsse und man bei der mikroskopischen Unter¬ 
suchung die zapfenartigen Vorsprünge von lamellösem Bau findet, 
welche noch vor der Differenzirung des Skolex ein wesentliches 
Moment für die Erkennung der Finnen bilden. Edelmann. 


Tuberculose bei Fischen. 

(The Lancet, 16. April 1898; rcfer. nach Deutsch, mcdiciu. Wochcnschr., 1898, No. 27.) 

Nach einer Mittheilung von Dubar, Bataillon und 
T e r r e an die Acadömie des Sciences wurde unter den Karpfen 
eines Teiches, in dem die Sputa und Dejectionen einer an vor¬ 
geschrittener Lungen- und Darmtuberculose leidenden Frau be¬ 
seitigt waren, ein Absterben bemerkt, und cs ergab sich, dass 
in Leber und Milz der Thiere zahlreiche Tuberkelbacillen 
vorhanden waren. Aus Anlass dieser Beobachtung gemachte 
Versuche experimenteller Fütterung von Karpfen mit tubercu- 
lösem Material von Menschen, Kaninchen und Hühnern fielen 
ebenso positiv aus: die Fische starben nach zwei bis fünf 
Wochen unter analogen Erscheinungen, und die Bacillen von 
den erkrankten Karpfen waren für andere in demselben Masse 
infectiös, nicht aber mehr für Warmblüter. So ist die Gefahr 
der Uebertragung der Tuberculose durch Fische anscheinend 
nicht erheblich, abgesehen davon, dass sic doch nur unter be¬ 
sonderen Bedingungen, wie in geschlossenen Teichen, im All¬ 
gemeinen inficirt werden. Casper. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Die 70. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte 
in Düsseldorf vom 19. bis 24. September 1898. 

Schon am 17. September hatten sich einige Collegcn ein¬ 
gefunden, um an der diesjährigen Naturforscher-Versammlipig 
in der Kunst- und Gartenstadt Düsseldorf theilzunehmen. Düssel¬ 
dorf hat den Theilnehmern so viel Unterhaltung, Ausflüge und 
Sehenswürdigkeiten geboten, wenn eg auch den Reiz benach¬ 
barter Wege nicht hat, sodass Düsseldorf sich den früheren 
Städten, wo Naturforscher-Versammlungen abgehalten wurden, 
ebenbürtig zur Seite stellen kann. 

Bei Lösung der Theilnehmerkarten wurden unentgeltlich 
verabfolgt: 

1. Festschrift der Stadt Düsseldorf, welche den Besuchern 
Düsseldorfs ein übersichtliches Bild der hygienischen Ein¬ 
richtungen und Verhältnisse und der naturwissenschaftlichen 
Anstalten der Stadt giebt. Des neu zu eröffnenden Schlacht¬ 
hofes wird in einer 12 Seiten langen Abhandlung gedacht. 
Interessant ist es, aus dieser Abhandlung zu ersehen, dass früh¬ 
zeitig auf die Fleischbeschau bezügliche sanitäre Vorschriften 
erlassen wurden. So bestimmt ein Erlass des Herzogs Wilhelm 
zu Jülich, Cleve und Berg vom Jahre 1546, dass Diejenigen, 
so Fleisch bynnen der Statt verkaufen willen, die sollen jwe 
beesten (ihre Thiere) in die Statt leuendig (lebendig) brengen, 
den Martmeystern besehen lassen, das die beesten gesont 
seyens. Ein öffentliches Schlachthaus wird bereits im Jahre 
1706 erwähnt und ist auch in diesem Jahre von dem damaligen 
Herzog Johann Wilhelm ein Reglement erlassen worden: wor- 
nach sich ein und der ander sonderlich aber hiesiger Unserer 
Rcsidentz- und Haupt Statt Fleischhackere in der New 
erbowter Fleisch-Hallen und sonsten vors künftig zuverhalten 
haben sollen. 

2. Eine Festschrift der wissenschaftlichen Vereine Düssel¬ 
dorfs, >Historische Studien und Skizzen der Naturwissenschaft, 
Industrie und Medicin am Niederrhein. 

3. Führer durch Düsseldorf und Umgebung mit zahlreichen 
Illustrationen u. s. w. 

Am Montag, den 19. September wurde Vormittag 9 Uhr 
die 70. Naturforscher - Versammlung eröffnet und Nachmittag 


3 Uhr trat die Abtheilung 35 — Veterinärmedicin — zusammen 
und eröffnete Herr Departementsthierarzt Schmidt-Düssel¬ 
dorf die Abtheilung Veterinärmedicin mit einigen passenden 
Worten und übertrug alsdann dem Departementsthierarzt 
Dr. Lothes-Cöln den Vorsitz. Nach Feststellung der Tages¬ 
ordnung für die nächste Sitzung wurde die I. Sitzung geschlossen. 
Des Abends trafen sich die Collegen beim Festcommers in der 
städtischen Tonhalle, nachdem man vorher dem Begrüssungs- 
Festspiele in demselben Lokale beigewohnt hatte, in feucht¬ 
fröhlicher Unterhaltung nach echt rheinischer Weise. 

Die II. Sitzung der Abtheilung Veterinärmedicin fand am 
Dienstag den 20. September statt. Bevor die Collegen sich in 
ihrem Vortragslokal vereinigten, waren sie einer Einladung der 
Abtheilung 34, Geschichte der Medicin, gefolgt, woselbst Baron 
Dr. von O e f e 11 einen äusserst interessanten Vortrag über den 
Veterinär-Papyrus von Kahun hielt. Die anwesenden 
Collegen erhielten eine Photographie dieses Papyrus von Baron 
Dr. von O e f e 11 als Dedication und sei an dieser Stelle ge¬ 
nanntem Herrn nochmals für sein liebenswürdiges Entgegen¬ 
kommen der Dank unserer Abtheilung erstattet. Nachdem die 
Collegen sich bei einem Frühschoppen zu weiterer Thätigkeit 
gestärkt hatten, versammelten sie sich wieder in dem Vortrags¬ 
lokal und hielt Kreisthierarzt Imminger-Würzburg einen Vor¬ 
trag über Klauenkrebs (Klauennekrose) beim Rind, woran sich 
eine lebhafte Discussiön schloss. Nachmittags fand eine Be¬ 
sichtigung der Sehenswürdigkeiten von Düsseldorf statt. Am 
Mittwoch, den 21. September, machte ein Theil der Collegen 
einen Ausflug nach Holland, um unter Führung von Departements¬ 
thierarzt Schmidt einige Musterstallungen von Holländischen 
Rindviehrassen zu besichtigen. Die anderen Collegen nahmen 
an den allgemeinen Vorträgen theil und besichtigen unter 
Führung von Dr. von Oe feil die historische Ausstellung für 
Medicin und verwandte Wissenschaften. Nach den Aussagen 
von Fachautoren sind noch niemals soviel ägyptische und 
römische medicinische Funde zusammen gewesen. 

Am 22 September versammelten sich die Collegen wieder 
in ihrem Vortragslokal unter dem Vorsitze von Kreisthierarzt 
Imminger. Thierarzt Frisch- Düsseldorf übernahm für den 
verhinderten Collegen Hauptmann-Warendorf die Demonstra¬ 
tion der elastischen Gamaschen. Imminger hielt hierauf einen 
Vortrag über Melanome bei Pferd und Rind. Zum Schluss 
hielt noch Frisch einen Vortrag über den Tilger'sehen 
transportablen Desinfectionsapparat und seine damit angestellten 
Versuche. Die Versuche betrafen die Vernichtung je eines 
Pferde- und Kuhcadavers in diesem Apparat. 

Imminger schloss die Abtheilungssitzungen, sich dabei 
beklagend, dass nur so wenige von den Collegen Düsseldorfs 
und Umgegend an der Naturforscher-Versammlung theilnehmen; 
eine derartige geringe Betheiligung in einer mit Thierärzten 
dicht besetzten Gegend sei durch keine Gründe, welche man 
immerhin auch anführen möge, entschuldbar. 

Zur Naturforscher-Versammlung waren noch drei weitere 
Vorträge angemeldet, jedoch hatten die Betreffenden kurz vor¬ 
her ihre unerwartete Unabkömmlichkeit mitgetheilt. 

Die übrig bleibende freie Zeit hatten die Collegen aus¬ 
gefüllt mit Besuchen von Museen, Kunstausstellungen, Gemälde¬ 
galerien, Concert und Theater, Festball, Abschiedstrunk der 
Stadt Düsseldorf, Ausflügen u. s. w. Jedenfalls sind die theil- 
nehmenden Collegen von Düsseldorf abgereist mit dem Bewusst¬ 
sein, schöne und angenehme Tage in Düsseldorf verlebt zu 
haben. 

In die Liste der Theilnehmer der 70. Versammlung der 
Naturforscher und Aerzte waren eingetragen: Kreisthierarzt 
Imminger-Würzburg, Departementsthierarzt Dr. Lothes- 
Köln und S c h m i d t - Düsseldorf, Kreisthierarzt Eckardt-Neuss 
und Schaum keil-Hagen, Oberrossarzt Dr. Schulz-Düssel¬ 
dorf, Schlachthofdirector Albert-Iserlohn und Bockeimann- 
Aachen, Thierarzt Brase 1 mann-Neuss und Frisch-Düssel- 
dorf, cand. med. vet. Scheuer-Berlin, Thierarzt Kraus- 
Odenkirchen. 


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No. 40. 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT, 


355 


Vereinsnachrichten. 

Bericht über die 53. Versammlung: des Vereins Thüringer 

Thierärzte, 

abgehalten am 3. Juli 1898 zu Erfurt im Hotel »Weisses Ross«. 

T agesordnung. 

1. Geschäftliches. (Eingänge, Aufnahme neuer Mitglieder, 
Vertheilung der Berichte des Veterinärraths etc.) 

2. Verlesung und event. Genehmigung des Protokolls der 
52. Versammlung. 

3. Beschlussfassung über Aufhebung des Ehrenrathes und 
Statutenänderung. 

4. Bericht über die Plenarversammlung der Centralvcr- 
tretung der thierärztlichen Vereine Preussens am 21. 
und 22. Mai d. Js. in Berlin. (Rcf. Wall mann.) 

5. Vortrag des Collegen Dr. Ellinger über: »Die Be¬ 
deutung der Genitalausflüsse bei unseren Hausthiercn«. 

6. Vorstandswahl. 

Um 11 Uhr wurde die Sitzung durch den Vorsitzenden, 
Herrn Departementsthierarzt Wall mann eröffnet; anwesend 
waren 18 Mitglieder und 2 Gäste. 

Entschuldigungsschreiben hatten gesandt: die Collegen 
Conze, Dr. Lungershausen und Traut. 

Zunächst giebt der Herr Vorsitzende bekannt, dass der 
Verein leider den Tod eines Ehrenmitgliedes, des Herrn Pro¬ 
fessor Dr. Pütz-Halle a. S. zu beklagen hat und widmet dem 
Andenken des Verstorbenen, unter Hervorhebung seiner grossen 
Verdienste um die thierärztliche Wissenschaft einen ehrenden 
Nachruf. 

In gleicher Weise wurde des leider so früh verstorbenen 
ehemaligen Vereinsmitgliedes, Herrn Professors Eber-Berlin 
gedacht. Zur Ehrung der Entschlafenen erheben sich die An¬ 
wesenden von den Sitzen. 

Zur Tagesordnung übergehend, wird zunächst von Seiten 
des Vorsitzenden Mittheilung über den Verlauf der Festsitzung 
des thierärztlichen Centralvereins für die Provinz Sachsen, den 
thüringischen und anhaitischen Staaten zur Feier seines 20- 
jährigen Bestehens gemacht. 

Sodann wurde ein Einladungsschreiben des Organisations- 
comites des in den letzten Tagen des Juli oder Anfangs August 
1899 in Baden-Baden stattflndenden thierärztlichen Congresses 
verlesen. Der Mitgliederbeitrag ist auf 12 Mark (Damenkarten 
6 Mk.) festgesetzt. Die Anmeldung zur Theilnahme hat bis 
zum 1. Juli 1899 zu erfolgen. 

Zu den auf 26—27000 Mk. veranschlagten Kosten sind 
von Seiten der deutschen Reichsregierung 10000 Mk , von der 
badischen und württembergi sehen Regierung 2000 bezw. 
500 Mk. Zuschuss bewilligt worden. 

Der Verein badischer Thierärzte wird 1200 Mk. beisteuern. 
Die übrigen Kosten sollen durch die thierärztlichen Vereine 
aufgebracht werden. 

Es wird deshalb darüber berathen, ob ein Beitrag vom 
Verein geleistet werden und wie hoch dieser sein soll. Auf 
Antrag des Vorsitzenden werden 100 Mk. für diesen Zweck 
bewilligt. 

Die Collegen Wallmann, Dr. Ellinger und Zeeb 
beabsichtigen am Congress theilzunehmen. 

Als Delegirter des Vereins wird der Vorsitzende gewählt, 
welcher zu Gunsten der Vereinskasse auf einen Reisezuschuss 
Verzicht leistet. Im Verhinderungsfälle tritt ein anderes, sich 
am Congress betheiligendes Mitglied ein. Es sollen alsdann, 
analog der in der 52. Versammlung gefassten Entschliessung 
(betr. Entsendung von Delegirten zu den Sitzungen des deutschön 
Veterinärraths) solche Mitglieder als Delegirte entsendet werden, 
welche bereits von Seiten ihrer Regierungen dazu ausersehen 
sind. 

Ferner wird noch hierzu mitgetheilt, dass die Delegierten 
Beitrag zahlender Vereine kein Eintrittsgeld (12 Mk.) zu ent¬ 
richten haben. 


Es wurden sodann folgende Collegen in den Verein auf¬ 
genommen: Rettig-Nordhausen, Taubert-Rodach und Zeeb- 
Langensalza. 

Hierauf stellte College Dr. Ellinger einen Antrag auf 
Unterstützung der Hinterbliebenen des auf so tragische Weise 
aus dem Leben geschiedenen Professors W. Eber-Berlin. 
In Anerkennung der in einem öffentlichen Aufrufe ausge¬ 
sprochenen Nothlage der Familie wird beschlossen, durch 
Sammlung freiwilliger Beiträge unter den Mitgliedern diesem 
Anträge zu entsprechen. Diese Beiträge sind bis spätestens 
1. August d. Js. an den Vorsitzenden einzusenden und soll 
dieser Beschluss den Mitgliedern durch Cirkular bekannt gegeben 
werden. 

Hierauf fand die Vertheilung der Berichte über die 
VIII. Plenarversammlung des deutschen Veterinärrathes statt. 

Der zweite Gegenstand der Tagesordnung betraf die Ver¬ 
lesung des Protokolls der 52. Versammlung, welches genehmigt 
wurde. 

Zu Punkt 3 der Tagesordnung: »Beschlussfassung über 
Aufhebung des Ehrenrathes und Statutenänderung« giebt zu¬ 
nächst College W a 11 m a n n eine Erklärung über die Veran¬ 
lassung zur Anregung dieser Frage ab. 

Ueber diesen Punkt der Tagesordnung entwickelte sich 
eine lebhafte Debatte. Es wurde zunächst mitgetheilt, dass 
bereits der thierärztliche Verein Hannover den Ehrenrath auf¬ 
gehoben hat. Hierauf stellt College Dr. Ellinger folgenden 
Antrag: »Der Verein Thüringer Thierärzte erklärt, in Anbe¬ 
tracht eines Erlasses des preussischen Ministeriums, dass die 
den Vereinen angehörigen beamteten preussischen Thierärzte 
den Bestimmungen des Vereinsehrenrathes nicht mehr unter¬ 
liegen sollten, im Uebrigen sollten die Bestimmungen für die 
anderen Mitglieder bestehen bleiben. 

College Dr. Vaerst entgegnet, man solle, da man in 
anderen Vereinen Strafbestimmungen habe, dies auch hier be¬ 
stehen lassen. Es bleibe zwar den preussischen beamteten 
Thierärzten keine Wahl, er könne jedoch wegen der geforderten 
Ausnahmestellung der beamteten Thierärzte den Privatthier¬ 
ärzten gegenüber dem Antrag nicht zustimmen. 

College Löwel ist der Ansicht, dass § 8 der Vereins¬ 
statuten ohne Bedenken gestrichen werden könne, da es sehr 
wohl möglich sei, ein missliebiges Vereinsmitglied auch ohne 
diesen Paragraphen zum Ausscheiden aus dem Vereine zu ver¬ 
anlassen. 

Nach diesen Ausführungen zieht College Dr. Ellinger 
seinen Antrag zurück. 

Hierauf wird vom Collegen Maximilian die Aufhebung 
des Ehrenrathes beantragt und findet dieser Antrag die Zu¬ 
stimmung der Versammlung um so eher, als der Ehrenrath des 
Vereins seit seinem Bestehen (23. Oktober 1887) erfreulicher 
Weise noch nie Gelegenheit hatte, in Function zu treten. 

Den § 8 der Vereinsstatuten betreffend, befürwortet College 
Dr. Vaerst, denselben fortbestehen zu lassen, da es das 
Recht einer jeden Corporation sei, gegebenen Falls Mitglieder 
auszuschlicssen. 

Die gleiche Ansicht äussert College Maximilian mit 
dem Hinzufügen, dass es nur nöthig sei, aus dem § 8 die 
Worte: »nach vorheriger Anhörung des Ehrenrathes« zu 
streichen. Die Versammlung beschliesst demgemäss und beauf¬ 
tragt den Schriftführer, dem Königl. Regierungspräsidenten in 
Erfurt von der Aufhebung des Ehrenrathes Mittheilung zu 
machen. 

Darauf ergriff College Wall mann das Wort zu seinem 
Referat über die VI. Plenarversammlung der Central Vertretung 
der thierärztlichen Vereine Preussens und berichtete, dass 
17 Vereine mit 54 Stimmen vertreten gewesen sind. 

Auf die einzelnen Verhandlungsgegenstände eingehend, 
wies Referent besonders auf die Gründung einer Unterstützungs¬ 
kasse für deutsche Thierärzte hin, worüber das ausführliche 
Protokoll, wie auch der Statutenentwurf bereits in der Berl. 
Th. W. veröffentlicht worden sind. Es genügt deshalb, nur 
kurz das Wichtigste davon anzuführen. 


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356 

Die Mitgliedschaft kann durch einen jährlichen Beitrag von 
5 Mk. oder durch eine einmalige Zahlung von ioo Mk. er¬ 
worben werden. Der Beitritt aller Thierärzte zum Unter- 
stützungsvercin ist sehr wünschenswert!!, um fortgesetzte Einzel¬ 
sammlungen zu verhindern. 

College Loewel beantragt, diesen Punkt auf die nächste 
Tagesordnung zu setzen und spricht für »zwangsweise« Be¬ 
theiligung. Dagegen erklärt sich College Dr. Vaerst, 
welcher wünscht, dass der Beitritt freigestellt bleibe. College 
Dr. Ellinger zweifelt nicht daran, dass die gutgestellten 
Collegen, wo es erforderlich ist, gern helfend eingreifen, aber 
er möchte doch die Zwangsbetheiligung empfehlen, um zu ver¬ 
hindern, dass die öfteren Aufrufe zur Unterstützung in die 
Oeffentlichkeit dringen. 

Nachdem die Collegen Loewel, Maximilian und 
Dr. Vaerst theils für, theils gegen die zwangsweise Bc- 
theiligung gesprochen haben, wird schliesslich der Antrag 
Loewel, die weitere Beschlussfassung über event. zwangs¬ 
weisen Beitritt der Vereinsmitglieder auf die nächste Tages¬ 
ordnung zu setzen, angenommen. College Loewel glaubt, 
dass durch den Zusatz »zwangsweise« ein zahlreicheres Er¬ 
scheinen der Collegen veranlasst werde. 

Zu funkt 4 der Tagesordnung erstattet der Vorsitzende 
College Wall mann des Weiteren Bericht über die Verhand¬ 
lungen, betreffend die Besoldung der beamteten Thierärzte, die 
Entziehung der Privatpraxis u. s. w. Er bemerkt, dass 12 bis 
1800 Mk. Gehalt und angemessene Pension neben einem Dienst¬ 
auslagenzuschuss beantragt worden seien und weist dabei auch 
auf die sehr verschiedene amtliche Beschäftigung der Kreis¬ 
thierärzte hin. 

Er macht ferner die Mittheilung, dass der Antrag auf ein 
Verbot der thierärztlichen Kurpfuscherei vorläufig fallen ge¬ 
lassen worden sei. 

Hierauf giebt er der Versammlung davon Kenntniss, dass 
die Verhandlungen des Herrn Professor Dr. Ostertag mit 
verschiedenen Versicherungsgesellschaften, bezüglich Ermässigung 
der Unfallprämie der Thicrärztc bezw. Auszahlung des Kapitals 
anstatt der Invaliditätsrentc, ein ziemlich günstiges Resultat 
ergeben haben, so dass der Abschluss eines Vertrages mit 
einer gutfundirten Gesellschaft in allernächster Zeit zu erwarten 
steht. 

Her Professor Dr. Ostertag will weitere Verhandlungen 
und Erhebungen einleitcn und das Resultat veröffentlichen. Es 
wird daher denjenigen Collegen, deren Versicherung in nächster 
Zeit abläuft, gerathen, nicht wieder bei einer Privatgesellschaft 
eine Einzelversicherung cinzugehen, sondern sich die Vortheile 
der Verbandsversicherung zu Nutze zu machen. 

College Wall mann erklärt sich bereit, etwaige Anträge 
auf Versicherung entgegcnzunchmcn. 

Wegen vorgeschrittener Zeit musste Punkt 5 der Tages¬ 
ordnung: Vortrag des Collegen Dr. Ellinger »Ueber das 
Verhältniss vom Bläschcnausschlag zur pustulösen Scheiden¬ 
entzündung« ausgesetzt und bis zur Hcrbstvcrsammlung vertagt 
werden. 

Es wurde darauf zur Vorstandswahl geschritten und wurde 
dabei der bisherige Vorstand wiedergewählt (Präsident Wall¬ 
mann-Erfurt, Vice-Präsident Hepke-Weimar, Schriftführer 
Stcuding - Gotha , Stellvertreter Kö 11 ing II.- Sömmerda, 
Kassierer O p p e 1 - Arnstadt). 

Nach Schluss der Versammlung fand ein gemeinschaftliches 
Essen unter Betheiligung einer grösseren Anzahl von Damen 
statt. 

Toaste und musikalische Vorträge würzten das Mahl und 
cs blieben auch nach Beendigung desselben die Anwesenden 
in fröhlichster Stimmung bis zum Abend vereint. 

Steuding. 


I. Oktober. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Veterinärkalender für das Jahr 1899. Unter Mitwirkung 
von Dr. A. Eber, Docent an der thierärztlichen Hoch¬ 
schule in Dresden, F. Holtzhauer, Kgl. Departements¬ 
thierarzt in Lüneburg, Medicinalrath Dr. Johne, Pro¬ 
fessor an der thierärztlichen Hochschule in Dresden, 
herausgegeben von Oberrossarzt König, Inspicient der 
Militär-Rossarztschule in Berlin. Berlin 1899. Verlag 
von August Hirschwald, N. W., Unter den Linden 
No. 68. Preis 3 Mark. 

Der Herausgeber des Jahrganges 1898, Herr Prof Wilh. Eber-Berlin, 
welcher mit seinen Hilfskräften den allbekannten Veterinärkalender bereits 
vielseitig und zeitgemäss umgestaltet hatte, ist leider durch frühzeitigen Tod 
an der Neubearbeitung verhindert worden. 

Die Herausgabe für das Jahr 1899 hat der bisherige Mitarbeiter, Herr 
Oberrossarzt König, Inspicient der Militär-Rossarztschule zu Berlin, über¬ 
nommen unter Mitwirkung der seitherigen Hilfskräfte. Der Kalender besteht, 
wie früher, aus zwei Theilen, welche sorgfaltigst bearbeitet und vielfach 
erweitert worden sind. Beamtete und Privalthierärzte sowohl, als auch 
Militärthierärzte können bei der übersichtlichen Zusammenstellung von wissen¬ 
schaftlichen Notizen, Gesetzen und Verordnungen, sowie von Arzneimitteln 
und deren Anwendung etc. etc. ohne grossen Zeitverlust vielfach sich Aus¬ 
kunft verschaffen. Die Personalien * der Thierärzte des Deutschen Reiches 
wurden wiederam seitens des Rechnungsrathes im Ministerium für Land¬ 
wirtschaft, Herrn Dammann, bearbeitet. Dieselben wurden bisher nirgends 
in solcher Uebersichtlichkeit und Vollständigkeit geboten. Solche Dar¬ 
bietungen dienen dem Interesse eines jeden einzelnen Thierarztes und konnten 
in dieser Vollkommenheit auch nur durch die Mitarbeit und Unterstützung 
vieler deutscher Thierärzte erlangt werden. 

Die I. Abtheilung, das Geschäftstaschenbuch, ist schlank und leicht, 
somit als Taschenbuch sehr geeignet. Die Ausstattung ist gut; die Verlags¬ 
handlung hat insbesondere den von der Kritik des letzten Jahrganges ge- 
äusserten Wünschen Rechnung getragen und besseres Papier gewählt, so dass 
der Druck nunmehr gut leserlich ist. 

Bei der Reichhaltigkeit des Inhaltes und der gediegenen Ausstattung 
muss der Preis von 3 Mark für beide Theile des Veterinärkalenders als 
äusserst billig bezeichnet werden; der Kalender kann deshalb allen Thier¬ 
ärzten auf’s Wärmste empfohlen werden. Hinrichsen. 


Personal-Nachrichten. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Dem Privatdocenten an der Uni¬ 
versität Marburg Dr. A. Knorr wurde die Function eines Doccnten für 
Hygiene an der thierärztlichen Hochschule in München, sowie die Function 
eines Adjunkten bei der Seuchenversuchstation dieser Anstalt übertragen. 
Districtsthierarzt L. Werkmeister in Volkach wurde zum Bezirksthierarzl 
in Staffelstcin, Rossarzt a. D. Rössler in Münster zunr comm. Kreisthierarzt 
in Lübbecke, Thierarzt E. Wieland in Zehden zum comm. Kreisthierarzt 
in Soldin, Thierarzt C Bauermeister aus Friedeberg i. U. zum Assistenten 
am pathologischen Institut der thierärztlichen Hochschule in Hannover ernannt. 
Stadtthierarzt Rössle in Langenburg wurde zum Stadtthierarzt in Waib¬ 
lingen, Thierarzt Dr. R. Schmidt in Elbing zum Schlachthofassistenzthierarzt 
daselbst, Thierarzt Schache von Elberfeld zum Schlachthofassistenzthicrarzt 
in Düsseldorf bestellt. Versetzt: Kreisthierarzt Grasses in Barmen nach 
Opladen (Rheinpr.). Verzogen sind die Thierärzte Bress von Bitsch nach 
Schönenberg (Rheinpfalz), Kiesel von Stuttgart nach Baden-Baden als 
Assistent des Bezirksthierarztes, Schröter von Berlin nach Ortclsburg, 
Gerhardt von Sandersleben nach Alsleben a. S. 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutschep 

Heeres: Keller, Major ä la suite des Ul.-Regts. No. 8, Vorstand der 
Militärlehrschmiede in Berlin, von seinen Functionen bei der Militärrossarzt¬ 
schule entbunden und mit Pension und der Erlaubniss zum Tragen seiner 
bisherigen Uniform der Abschied bewilligt. 

Klinner, Unterrossarzt im Hus.-Regt. No. 9, zum Hus.-Regt. No. 6 
versetzt. Rössler, Rossarzt im Art.-Regt. No. 22 , mit Pension der Ab¬ 
schied bewilligt. 

Gestorben: Corpsstabsveterinär a. D. Merz in München. 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thierlrztliche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der MaoMofsehen Druckerei in Karlsruhe i. B. 


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Deutsche 

Thierärztliche Wochenschrift 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Begierangs- und Medicinalrath, 
Director der Thierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 


herausgegeben von 
Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregierangsrath 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Begierangsratb und Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Wiiiach in Louisenthal (Saar). 

redigirt von 

Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 


Sämmtliche Zuschriften und redaktionellen Anfragen 

__ 0 ._„__ werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 

abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in S6CuSl6r Jftlll*ff flü ff• Correctnren und Anzeigen an die Expedition der 

Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JC viertelj. mit directer ° ° Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 

portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784a. in Karlsruhe »'BadenV_ 


M 41 . 


Ausgegeben am 8. Oktober. 


1898 . 


Ueber Wandergeschwülste beim Pferde. 

Von Bartke, Corpsrossarzt. 

In den neueren und neuesten Lehr- und Handbüchern der 
thierärztlichen Chirurgie finden sich keine Angaben vber Wandcr- 
geschwülstc bei unseren Hausthicrcn. Aus der Literatur sind 
Verfasser überhaupt nur zwei Fälle von Wandcrgeschwülsten 
bekannt. Diese beiden Fälle, sowie eine eigene Beobachtung 
lehren, dass die fraglichen Geschwülste ausserordentlich selten 
sind, trotzdem sind sic für den Chirurgen nicht ganz ohne 
Interesse. 

Hansen (Stockflcth, Chirurgie, S. 134) schnitt einem 
zweijährigen Füllen ein Paar wandernde Bindegewcbsgcschwülstc 
aus der Haut, welche lose im subcutancn Gewebe lagen und 
am Halse, Widerriste und Rücken hin* und her wanderten; die 
eine verfolgte stets die Bahn der anderen, beide waren schwer 
zu fixiren. Die Geschwülste wogen 101 und 50 Gramm, waren 
glatt und flachgedrückt. 

Lübke (Statistischer Veterinär-Sanitäts-Bericht über die 
preussische Armee für das Jahr 1895, S. 109) entfernte bei 
einem Reitpferde fünf ungefähr dreimarkstückgrossse und einen 
Centimeter dicke, rundliche, mit einer dünnen, glatten Haut 
bekleidete Lipome aus der Unterhaut der Sattellagc. Die Ge¬ 
schwülste Hessen sich mit Leichtigkeit unter der Haut von 
vorn nach hinten über den ganzen Rücken verschieben. Bei 
der Operation entleerte sich aus der Operationswunde eine der 
Synovia ähnliche Flüssigkeit. Die letztere stammte aus Gängen 
in der Unterhaut, welche mit einer feinen Haut ausgekleidet 
waren und parallel mit der Wirbelsäule von vorn nach hinten 
verliefen. In diesen Gängen hatten die Geschwülste gelegen 
und sich hin- und herbewegt. 

Verfasser beobachtete bei einem älteren Reitpferde eine 
an der linken Rückenseite gelegene und etwa eine Hand breit 
von den Dornfortsätzen entfernte, flache, beinahe thalergrossc 
Geschwulst, welche sich in bestimmter Richtung von der Gegend 
des Widerristes bis zur Kreuzbeingegend leicht verschieben 
liess. Beim Auflegen des Sattels glitt die Geschwulst von 
selbst so weit nach hinten, dass sie vom Sattel nicht mehr 
berührt wurde; nach der Abnahme des Sattels kehrte sie all- 
mälig wahrscheinlich in Folge der Körperbewegung des Thieres 
bis an das Widerrist zurück. Da die Geschwulst zu Sattel¬ 
drücken keine Veranlassung gab, so unterblieb die operative 
Beseitigung derselben. 

Es frägt sich nun, wie die Entstehung der Wanderge¬ 
schwülste zu erklären ist. Dass es sich hierbei um eine an¬ 


geborene Abnormität handelt, ist kaum anzunchmcn; auch der 
Hansen’schc Fall ist kein sicherer Beweis für die intrauterine 
Entwicklung der fraglichen Geschwülste bezw. Gänge. Die 
Existenz' der Gänge muss aber als Vorbedingung für das Hin- 
und Herwandern der Geschwülste unter der Haut auch für die 
beiden anderen Fälle vorausgesetzt werden. 

Was zunächst die Art der Geschwülste betrifft, so handelte 
es sich zweifellos in allen drei Fällen um Lipome, ln dem 
Lübke’schen Falle wurden die Geschwülste durch die mikro¬ 
skopische Untersuchung als Lipome bestimmt. Aber auch bei 
den von Hansen gefundenen Geschwülsten dürften Lipome 
Vorgelegen haben, und zwar waren cs wahrscheinlich sog. harte 
Lipome oder Lipofibrome, welche irrthümlich für Bindegewebs- 
geschwülste gehalten wurden. 

Beim Menschen kommen bekanntlich Lipome in der Unter¬ 
haut am Rücken und Halse nicht selten vor, sie können hier 
eine bedeutende Grösse erreichen. Eine allmälig erfolgende 
Ortsveränderung der Geschwülste kommt wohl nur insofern zu 
Stande, als sie vermöge ihrer zunehmenden Schwere mehr nach 
unten sinken. Bei den Thieren werden (circumscripte) Lipome 
in der Unterhaut des Rückens ebenfalls gefunden. Für das 
Hin- und Herwandern der Geschwülste auf dem horizontalen 
Rücken der Thiere müssen jedoch andere Kräfte als die 
Schwere verantwortlich gemacht werden. 

Das Wandern der Lipome wird erst durch das Vorhanden¬ 
sein von Gängen in der Unterhaut ermöglicht. Diese Gänge 
dürften wohl auf dieselbe Weise zur Entwicklung gelangen, 
wie dies für die ebenfalls im extrauterinen Leben entstehenden 
subcutancn Schleimbeutel angenommen wird. Die Gänge würden 
sich demnach durch Zerreissung des subcutanen Gewebes ent¬ 
wickeln. Den Anstoss zur Zerreissung giebt höchst wahrschein¬ 
lich ein Druck auf die etwas elastische .Fettgeschwulst von 
aussen, z. B. vom Sattel oder Geschirr, vielleicht sind auch die 
Körper- bezw. Hautbewegungen mitwirkend. Unter der Ein¬ 
wirkung des Druckes weicht die Geschwulst vermöge ihrer 
Elasticität aus und schiebt sich, die Unterhaut dabei zerreissend, 
nach der Richtung hin, von welcher ihr der geringste Wider¬ 
stand entgegengesetzt wird, das ist jedenfalls die zu beiden 
Seiten der Wirbelsäule gelegene Partie des Rückens. Nach 
oben erschweren die Dornfortsätze, nach unten das Rippen¬ 
gewölbe ihrer festeren Unterlage wegen die Verschiebung. 
Günstigere Bedingungen für die letzteren dagegen sind zu 
beiden Seiten der Wirbelsäule gegeben. Hier ist es nament¬ 
lich der eine weich-elastische Unterlage bildende lange Rücken¬ 
muskel , welcher eine derartige Ortsveränderung erleichtert. 
In Folge von öfter sich wiederholenden Verschiebungen der 


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358 DEUTSCHE THIERjEKZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


8. Oktober. 


ursprünglich festsitzenden Fettgeschwulst grenzt sich die zer¬ 
rissene Unterhaut allmälig durch eine verdichtete Binde- 
gewebsschicht ab, dasselbe tritt an der Oberfläche der Fett¬ 
geschwulst ein und schliesslich liegt die letztere als freier 
Körper in einem auf die vorstehend geschilderte Weise ent¬ 
standenen Sacke in der Unterhaut. Die Beweglichkeit des 
Lipoms in dem Sacke wird noch durch eine auf der Innen¬ 
fläche des Sackes sich ansammelndc synoviaartige Flüssigkeit 
erhöht. Bei weiteren Verschiebungen der Geschwulst in der 
Richtung von vorn nach hinten und umgekehrt verlängert sich 
der Sack mit der Zeit und bildet endlich einen mehr oder 
weniger langen Gang, welcher in Folge seiner schlüpfrigen und 
glatten Wände die Verschiebung der ebenfalls abgeglätteten 
Geschwulst selbst auf weitere Strecken zulässt und zuletzt durch 
die blosse Körperbewegung erfolgt. 

Die Entfernung der Geschwülste geschieht durch die Ope¬ 
ration. Schwierigkeiten kann die Fixirung der Geschwülste 
bereiten. Hansen fixirte die eine Geschwulst auf die Weise, 
dass er eine Nadel durch die Haut in die Geschwulst einstiess 
und darauf die Haut auf der festgestellten Geschwulst spaltete. 
Die zweite Geschwulst schlüpfte von selbst aus der Operations¬ 
wunde. 

In dem Lübke'sehen Falle wurde die Heilung der Ope¬ 
rationswunden durch die reichlich abgesonderte synoviaartige 
Flüssigkeit aus den Gängen verzögert. Erst nachdem Terpentinöl 
in die Gänge eingespritzt worden war, trat nach 6 Wochen 
langer Behandlung eine Verwachsung der Gänge und damit die 
Heilung der Operationswunden ein. 


Die infectiöse Cerebrospinalerkrankung der 

Pferde. 

(Auszug aus dem Correferat auf der 52. ordentlichen Plenarversammlung des 
Thierärztlichen Vereins für Württemberg.) 

Von Districtsthierarzt Sperling-Langenau. 

Während der Jahre 1895 und 1896 hatte ich häufig Ge¬ 
legenheit, Cerebrospinalerkrankungen bei Pferden zu beobachten. 
Es handelte sich dabei um ein Leiden, dessen Anblick den 
praktischen Thierarzt gerade nicht mit Entzücken erfüllt, weil 
die Therapie ziemlich machtlos ist, die Erkrankung meist tödt- 
lich verläuft, in manchen Fällen die Heilung eine unvollständige 
ist und verhältnissmässig selten ein positiver Heilerfolg erzielt 
wird, eine Krankheit, die dabei namentlich während des An¬ 
fangsstadiums leicht zu Fehldiagnosen verleitet und bezüglich 
ihres Auftretens, der Variabilität der Krankheitserscheinungen 
im Einzelnen und ihrer Constanz im Zusammenhalt viel Eigen¬ 
artiges an sich hat. 

Der Verlauf des Leidens ist in Kürze geschildert folgender: 

Der Besitzer beobachtet bei dem Thiere, das in der Regel 
kurz vorher noch zur Arbeit verwendet worden war, vermin¬ 
derte bezw. aufgehobene Fresslust und Mattigkeit. 

Bei allgemeiner Betrachtung bemerkt man meist, dass das 
Pferd einen etwas schlaffen, schläfrigen Eindruck macht. Der 
Blick ist nicht munter, wie sonst, das Pferd sieht wie träumend, 
geistesabwesend in eine Ecke des Standes. Beschäftigt man 
sich jedoch näher mit dem Thiere, so kann die Aufmerksam¬ 
keit desselben wieder rege werden, so dass es psychisch frei 
erscheint. 

Die Mastdarmtemperatur ist immer auch ganz im Anfangs¬ 
stadium fieberhaft erhöht, in manchen Fällen nur schwach 
38,5—39,o°C., häufig mittel 39,0—40,0, manchmal sehr hoch 
40,0—41,5 °C. Die Körpertemperatur ist dabei in der Regel 
gleichmässig vertheilt, manchmal fühlt sich die Schädeldecke 
höher temperirt an. 

Der Puls ist meist etwas erhöht auf 45—60 Schläge per 
Minute, dabei gleich und regelmässig. 

Bei Betrachtung der frei liegenden Schleimhäute fiel mir 
vor Allem die Beschaffenheit der Lidbindehaut auf, dieselbe 
zeigte eine verwaschen rothe Färbung und stärkere Injection 


ihrer grösseren Gefässe, ein Symptom, das im Anfangsstadium 
nicht vermisst wird und von grösstem Werth für die Dia¬ 
gnose ist. 

Im Respirations- und Urogenitalapparate keine wesentlichen 
Störungen. 

Wichtig dagegen sind die Erscheinungen von Seite des 
Digestionsapparates, denn sie liessen ja auch den Thierbesitzer 
zuerst erkennen, dass das Pferd erkrankt ist. 

Das Pferd kann Anfangs noch mehr oder weniger Fress¬ 
lust zeigen, geht rasch auf das vorgelegte Futter zu, sucht 
darin herum, ergreift Theile davon mit den Lippen, lieber aus 
der Krippe als von der Raufe herab und fängt an zu kauen, 
auffallend ist dabei nur, dass es kleinere Portionen ergreift, 
länger daran kaut und dass trotz länger fortgesetzten Fressens 
das Futter äusserst langsam weniger wird. 

Der Hinterleib ist meist etwas leer und aufgezogen, der 
Koth zeigt normale Beschaffenheit. 

Trotz der zur Beobachtung gekommenen leichten psychischen 
Depression reagirt das Pferd bei Beginn in der Regel auf die 
gewöhnlichen Sensibilitätsproben, wie Stirneschnellen, Krone¬ 
treten, Ohrengreifen, weshalb der Besitzer häufig nicht recht 
glauben will, dass ein Gehirnlciden in Entwicklung begriffen 
ist und auch der Sachverständige sich täuschen lässt. 

Wichtig sind noch die Symptome von Seiten des Be¬ 
wegungsapparates. Das Pferd ist schwer im Stande, umzu¬ 
kehren oder zurückzuschieben und der Gang desselben ist ge¬ 
spannt und steif, die Bewegung der hinteren Körperhälfte ins¬ 
besondere geschieht auch im Schritt mit einer gewissen Un¬ 
sicherheit. 

Im weiteren Verlauf prägt sich die psychische Depression 
deutlicher aus. Das Pferd kann apathisch, wie bewusstlos in 
eine Ecke des Standes starren, reagirt auch auf die gewöhn¬ 
lichen Sensibilitätsproben nicht mehr so. stark, nur das Ohren¬ 
greifen veranlasst immer eine Gefühlsäusserung. 

Das Fieber bleibt bestehen, meist 39,5—4O,o 0 C. 

Die charakteristische Verfärbung und stärkere Injection 
der Lidbindehaut wird deutlicher, dieselbe ist meist etwas 
sulzig geschwollen. 

Soweit noch Futteraufnahmc besteht, wird dieselbe äusserst 
auffallend. Das Pferd sucht zeitweise im Futter herum, ergreift 
es mit den Lippen, bringt es in die Maulhöhle, kaut längere 
Zeit daran und lässt es dann wieder aus der Maulhöhle heraus¬ 
fallen. Unter Umständen wird sofort ein neuer Futterbissen 
ergriffen und dieselbe Proccdur wiederholt sich. Diese Schling¬ 
lähmung ist in den meisten Fällen zu beobachten und pro¬ 
gnostisch ungünstig zu beurtheilen. 

Der Hinterleib wird in Folge der immer geringeren Futter¬ 
aufnahme stark aufgezogen, es sind die verschiedenen Anzeichen 
beginnender allgemeiner Abmagerung zu beobachten. 

Die Bewegungsstörung wird immer deutlicher. Das Pferd 
ist äusserst schwer rückwärts zu bringen, dabei geschieht die 
Bewegung unter starkem Schwanken des ganzen Hinterkörpers, 
die Gliedmassen kreuzen sich und werden hochgehoben, wie 
wenn das Pferd im Wasser waten würde oder auf dem Boden 
fortgeschleift, man hat jeden Moment zu befürchten, das Pferd 
könne Umstürzen. 

Häufig treten dann im Verlauf des Leidens Excitations- 
erscheinungen auf, z. B. habe ich beobachtet, stundenlang fort¬ 
gesetztes Zusammcnschlagen der Lippen, krampfhafte Con- 
tractionen der Backenmuskulatur, fortgesetzte Kaukrämpfe mit 
deutlich hörbarem Zähneknirschen, Verdrehen des Augapfels,- 
einseitige schiefe Haltung des hochgehobenen Kopfes, ähnlich 
wie man es bei Rindern und Schafen beobachtet, die mit 
Coenurus cerebralis behaftet sind. Ferner Drängen gegen eine 
Seite des Standes, krampfhaftes Abbiegen des Halses und 
Kopfes immer nach derselben Seite und Manegebewegungen. 

Auch wirkliche Tobsuchtanfälle treten auf. Hierbei schieben 
die Pferde meist mit dem Kopfe gegen die Wand, graben den 
Boden mit den Vorderfüssen auf, stürzen plötzlich nieder u. s. w. 
Letztes Symptom habe ich bei einem Pferde beobachtet, wenn 
demselben beim Eingeben von Nahrungsmitteln und Medika¬ 
menten der Kopf etwas in die Höhe gehoben wurde. 


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359 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 41. 


Gegen Schluss der Krankheit magern die Thiere rapid ab 
und können vor Eintritt des Todes noch stunden- und tagelang 
im bewusstlosen Zustande auf dem Boden liegen. 

Der Verlauf des Leidens ist ein schleichender. Die Dauer 
beträgt I — 3 Wochen. 

Die Mortalitätsziffcr dürfte sich auf mindestens 80 °/„ be¬ 
laufen. Bei den später zur Beobachtung gekommenen Fällen 
war der Procentsatz etwas günstiger. 

Als Nachkrankheiten habe ich länger bestehende Kreuz¬ 
schwäche, in einem Falle mehrere Wochen fortgesetztes krampf¬ 
haftes Abbiegen des Halses nach links und Manegebewegungen, 
in einem Falle Amaurose beobachtet. 

Die Section ergab vor Allem das Bestehen einer starken 
Injection der Gefässe der Pia mater und einer besonders auf¬ 
fallenden Injection der Gefässe der Adergeflechtc, welche sulzig 
geschwollen sind und manchmal Hämorrhagien enthalten. 
Ausserdem können im Subduralraum nicht selten erhebliche 
Mengen einer klaren, serösen Flüssigkeit vorgefunden werden, 
auch in den Seitenventrikeln ist dieselbe manchmal, aber durch¬ 
aus nicht immer, in schwankender Quantität enthalten und aus 
dem Rückenmarkscanal können bei Abnahme des Kopfes manch¬ 
mal erhebliche Mengen (ca. 5—6 Esslöffel) davon zum Ausfluss 
kommen. 

Bezüglich der Therapie ist zu bemerken, dass keines der 
angewandten Mittel eine auffallend günstige Wirkung entfaltete. 
Die bei Gehirnentzündung übliche kalte Behandlung des Schädel¬ 
daches scheint mehr zu schaden, da die Application die Thiere 
aufregt. 

Am vorteilhaftesten ist ein möglichst frühzeitiges Ent¬ 
fernen der Thiere von ihrem bisherigen Standort und Verbringen 
derselben in einen ruhigen, kühlen Aufenthaltsort und am meisten 
Aussicht ist vorhanden, wenn die Thiere noch etwas feste oder 
flüssige Nahrung aufzunehmen im Stande sind. 

In differentialdiagnostischer Beziehung dürfte die Cardinal- 
frage sein, ob cs sich um eine Cercbrospinalmcningitis ge¬ 
handelt hat, die seuchenartig auftritt, oder um eine gewöhn¬ 
liche subacute Gehirnentzündung? 

Die geschilderten pathologisch-anatomischen Veränderungen 
könnten auch bei einer subacutcn Gehirnentzündung vorgefunden 
werden. Dagegen tritt diese nicht in der Mehrzahl ihrer Fälle 
in dieser schleichenden Weise auf, wobei längere Zeit nur 
Fieber und Verdauungsstörungen zu beobachten sind, cerebrale 
Symptome beinahe vollständig fehlen. Auch fehlt im Verlauf 
der subacuten Gehirnentzündung manchmal Fieber, bei der 
geschilderten Cerebrospinalerkrankung nie, ferner treten bei 
der letzteren die eigcnthümlichc Verfärbung der Lidbindehaut, 
dann namentlich die paralytischen Erscheinungen — Schling- 
und Bewegungsstörungen —- gegenüher den Störungen des 
Bewusstseins und der Sensibilität, welch’ letztere bei der sub¬ 
acuten Gehirnentzündung eine so grosse Rolle spielen, stark in 
den Vordergrund. 

Die wichtigsten Anhaltspunkte für die Beurtheilung der 
geschilderten Cerebrospinalerkrankung liefert entschieden die 
Art ihres Auftretens. 

Vor Allem ist zu bemerken, dass die Krankheit in einzelnen 
Jahren sehr häufig auftritt, während sie in anderen nahezu ver¬ 
schwindet. 

Ich habe die zahlreichsten Fälle beobachtet in den Jahren 
1895 und 1896. Fnihjahr und Sommer kommen die meisten 
Erkrankungen vor, doch habe ich solche auch im Winter be¬ 
obachtet. 

Gut genährte Pferde im mittleren Alter werden am meisten 
betroffen, nicht selten jedoch auch Fohlen und ältere Pferde, 
dabei handelt es sich ausschliesslich um Thiere, die in land¬ 
wirtschaftlichen Betrieben verwendet wurden und dem mittel- 
schweren bis schweren Arbeitsschlage angehörten. 

Die Cerebrospinalerkrankungen traten in einzelnen Ge¬ 
meinden meines Wirkungskreises, namentlich den Gemeinden 
der Ulmer Alb, sehr häufig auf, während andere, insbesondere 
die Gemeinden im Donauthal, seltener betroffen wurden. Dass 
der Fütterung und Verpflegung irgend • welche Schuld zuge¬ 
messen werden könnte, ist unwahrscheinlich. 


Am häufigsten tritt die Krankheit in den betroffenen Ge¬ 
meinden und Stallungen sporadisch auf, diese sporadischen 
Fälle können sich jedoch zu gewissen Zeiten so häufen, dass 
man von einer enzootischen Verbreitung sprechen muss. 

Für gewöhnlich ist eine directe Contagiosität nicht nach¬ 
weisbar, doch beobachtete ich zweimal, dass in einem Stalle 
zwei Pferde zu gleicher Zeit an Cerebrospinalmeningitis er¬ 
krankt waren, der eine der betroffenen Landwirthe verlor bei 
einem Pferdebestand von ca. 8 Stück innerhalb etwa eines 
Vierteljahres 3 Pferde an dieser Krankheit, während ein viertes 
erkranktes Pferd genas. 

Ocfter konnte ich dagegen in grösseren Pferdebeständen 
beobachten, dass nur ein Pferd erkrankte, die übrigen vorläufig 
gesund und arbeitsfähig blieben, dass aber nach einigen Wochen 
oder Monaten im gleichen Stalle ein zweites Pferd betroffen 
wurde und das konnte sich in längeren oder kürzeren Inter¬ 
vallen wiederholen, so dass manche Landwirthe in einem Jahre 
3—4 Pferde an Cerebrospinalcrkrankung verloren und genöthigt 
waren, ihre Pferde theilweise durch Ochsengespanne zu er¬ 
setzen. 

Einmal konnte ich beobachten, dass einem Landwirth, der 
sein einziges Pferd an Cerebrospinalmeningitis verloren hatte, 
nach einigen Monaten das als Ersatz gekaufte Pferd ebenfalls 
an diesem Leiden einging. 

Wenn also die geschilderte Krankheit auch manchmal uns 
rein sporadisch vorkommt, so weist doch eigenartiger Krank¬ 
heitsverlauf, das gehäufte Auftreten zu gewissen Zeiten, in ge¬ 
wissen Gemeinden und Stallungen darauf hin, dass man es 
wahrscheinlich mit einer Infectionskrankheit zu thun hat. 

Da eine directe Contagiosität in der Regel fehlte, ver- 
muthetc ich als Ursache ein Stallmiasma, das zu gewissen 
Zeiten bei gesteigerter Virulenz oder herabgesetzter Wider¬ 
standsfähigkeit des Thierkörpers im Stande ist, mit Erfolg den 
Kampf mit dem Organismus aufzunehmen. 

Mit Rücksicht hierauf wäre den Pferdebesitzern in erster 
Linie eine gründliche und wiederholte Desinfection ihrer Stall¬ 
ungen , namentlich vor Beginn des Frühjahres anzurathen. 
Ausserdem wäre es wünschenswerth, wenn statistisches Material 
über das Auftreten der Gehirnleiden bei Pferden gesammelt 
würde. 


Referate. 

Verengerung der Luftröhre in Folge des Luftröhren¬ 
schnittes. 

Von Oberrossarzt Schirmann. 

(Zeitschrift f. Veterinärkunde, 1898, S. 360.) 

Einem Pferde war das Schuhende der Lanze bis in die 
Rachenhöhle eingestossen worden. Dieselbe konnte nur mit 
Gewalt herausgezogen werden. Das Pferd verschmähte Futter 
und fing am nächsten Tage an zu fiebern. Appetit war vor¬ 
handen, das Abschlucken aber unmöglich. In der Gegend der 
Ohrspeicheldrüsen trat starke Anschwellung auf. In den 
nächsten 8 Tagen verschwanden alle Erscheinungen, so dass 
das Pferd gut fressen konnte. Am 9. Tage traten plötzlich 
Erscheinungen der Bräune (Athemnoth) ein. Es wurde daher 
der Luftröhrenschnitt gemacht. Linkerseits bildete sich an der 
Ohrspeicheldrüsengcgend eine Anschwellung aus. Bei der Er¬ 
öffnung derselben entleerte sich jauchiger Eiter. Vorher war 
wegen der Athemnoth die Tracheotomie gemacht. Unter Drai¬ 
nage und Ausspülung des Abscesses mit essigsaurer Thonerde 
trat in 14 Tagen Heilung ein. Der Tracheotubus konnte fort¬ 
gelassen werden und das Pferd konnte Dienst thun. Einige 
Wochen später zeigte das Thier Athembeschwerde und bei der 
Inspiration einen pfeifenden Ton. An der Stelle der Tracheo¬ 
tomie war eine faustgrosse Geschwulst entstanden. Die Athem- 
beschwerden nahmen immer mehr zu und das Pferd wurde un¬ 
brauchbar. t - 

Versuchsweise wurde unterhalb der alten Operationsteile 
nochmals die Luftröhre gespalten. Hierbei ergab sich an der 


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DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


8. Oktober. 


360 


alten Stelle eine Verengerung im Lumen der Trachea, die kaum 
einen Finger passiren liess. Es wurde wieder eine Canüle ein¬ 
gelegt und das Pferd sollte ausrangirt werden. Kurz, bevor 
dies geschah, erstickte das Pferd durch Herausfallen der Canüle. 

.Bei der Obduction zeigte sich die Schleimhaut von einer 
Stelle 10 cm unterhalb des Kehlkopfes bis zur Theilungsstelle 
der Trachea zwar glatt, aber derb, speckig, verdickt. An der 
Narbe sass eine wallnussgrosse, warzenähnliche Wucherung. 
Als Rest der Verletzung mit der Lanze fand sich in der Mitte 
der hinteren Rachenwand eine sternförmige Narbe. Dieselbe 
sass dem zweiten Halswirbel fest an. Frick. ' 

Nierensteine beim Pferde. 

Von Oberrossarzt L e w i n. 

(Zeitschrift für Veterinärkunde. 1898, S. 366). 

Bei der Obduction eines 28jährigen Pferdes, das plötzlich 
umgefallcn war und sich nicht mehr erheben konnte, fand L. 
folgende Veränderungen an den Nieren: 

Beide Nieren normal gross. Die linke ist hart anzufühlen. 
Schon von aussen sind in derselben Steine nachzuweisen. Nach 
dem Aufschncidcn finden sich in dem Sack, welcher die Niere 
darstellt, Concremente im Gesammtgcwicht von 875 g; das 
grösste von diesen wiegt 700 g. Sic haben rauhe Oberfläche 
und sind gegen einander abgcschliffcn. Ausserdem findet sich 
noch Gries in dem Sacke. Nierengewebe fehlt vollständig. 
Die Wand des Sackes ist */* cm dick. Eingebettet sind die 
Concremente in eine grössere Menge zähen, grauen Schleimes. 
Harnleiter daumenstark. Nierenarterie thrombotisch verlegt. 
Rechte Niere normal in Form und Grösse. Frick. 


Vergleichende Untersuchungen über die Wirksamkeit 
einiger Magen- und Darmantiseptica. 

Von Dr. Rudolf Riegner. 

(Deutsche med. Wochenschrift 1898, No 35.) 

Im Gegensatz zu der Auffassung Bouchard’s geht zur 
Zeit die allgemeine Anschauung dahin, dass eine vollständige 
Desinfection des Magen-Darmcanals unmöglich ist. Dagegen 
wird eine partielle Beeinflussung der Zersetzungsvorgängc im 
Verdauungstractus durch medicamentöse Behandlung von den 
Meisten für möglich gehalten. Es frägt sich nun, welches von 
den vielen empfohlenen Mitteln leistet hierbei das Meiste ? So 
weit der Magen in Betracht kommt, liegen prägnante Unter¬ 
suchungen von Kuhn vor, während für die Frage der Darm- 
dcsinfection bisher systematische Versuche noch nicht ausgeführt 
wurden. 

Riegner hat daher eine grössere Reihe von Versuchen 
über die Desinfectionskraft verschiedener Antiseptica gegenüber 
gährendem Magen- und Darminhalt angestellt; zur Prüfung 
kamen: Natrium salicylicum, Menthol, Thymol, Chinosol, Chloral- 
hydrat, Resorcin, Steriform, Ichthyol, ferner von den Crede’- 
schen Silberpräparaten Actol und das lösliche metallische Silber, 
als Darmantiseptica, ausserdem noch das Bismuthum-ß-naph- 
tholicum, Bismuthum salicylicum und das Benzonaphthol. 

Die Untersuchungen ergaben: 

A. Bezüglich der Magenantiseptica. 

1. Salicylsaurcs Natrium, Menthol und Thymol zeigen eine 
relativ hohe Desinfectionskraft. Es liegen die Concentrationen, 
bei welchen eine Aufhebung der Gährung erfolgt: für salicyl- 
saures Natrium weniger als J / 8 °/ 00 , für Menthol zwischen 1 j i 
und 2 °/ oft , für Thymol zwischen 1 / 8 und */* °/ 0ü . 

2. Eine mittlere Desinfectionskraft, d. h. eine merkliche 
Verzögerung des Gährungsprocesses, zeigen Chinosol, Chloral- 
hydrat, Argentum Credo und Actol Credö, und zwar in folgenden 
Concentrationen: Chinosol zwischen i und l l 6 °l 0 , Chloralhydrat 
zwischen i und */ 4 °/ u , Argentum zwischen */ 2 und V* °/ 0 , Actol 
zwischen I und 1 4 °/„. 

3. Eine geringe Desinfectionskraft zeigen selbst bei An¬ 
wendung relativ hoher Dosen Steriform und Ichthyol. Die Des¬ 


infectionskraft des Ichthyols beginnt bei 1 H / 0 , die des Steri- 
forms bei 2 °/ 0 . 

B. Bezüglich der Darmantiseptica. 

1. Chinosol und Thymol hemmen die Gährung bei einer Con- 
centration von J /* °/o und verzögern sie schon bei */ e 0 /„ merklich. 

2. Actol, Bismuthum salicylicum, Bismuthum-’-naphtholicum 
und Menthol hemmen die Gährung bei 1 °/o und verzögern sie 
bei Vi °/o- 

3. Resorcin, Chloralhydrat und Argentum vermögen wohl 
auch die Gährung zu verzögern, besonders das Resorcin in 1 proc. 
Concentration, aber ihr Werth als Darmantisepticum steht im All¬ 
gemeinen der Desinfectionskraft der sub 1 und 2 genannten Mittel 
nach. Dies gilt noch mehr vom Benzonaphthol und vom Steriform. 

Von grosser Wichtigkeit ist ferner das physikalisch¬ 
chemische Verhalten des Desinficiens. Ein Darm-Anti- 
septicum soll schwer löslich sein, weil die schwere 
Löslichkeit erst den Transport des Antisepticum bis zu den 
tieferen Abschnitten des Darmcanals ermöglicht. Sodann ist 
eine möglichst feine Vertheilung des Antisepticum erwünscht, 
damit es in möglichst ausgedehnte Berührung mit den zu des- 
inficirenden Massen kommt. Die Darreichung des Antisepticum 
soll in häufigen, kleinen Dosen erfolgen, welche eine mög¬ 
lichst ununterbrochene Einwirkung des Antisepticum auf den 
Magen- bezw. Darminhalt in Aussicht stellen. 

Von diesen Gesichtspunkten aus hat sich bei Magen- und 
Darmgährungen die Salicylsäure, das Menthol und 
Thymol als brauchbar erwiesen. Für die Zwecke der Darm- 
desinfection hat Strauss besonders das Menthol empfohlen, 
weil es gleichzeitig carminative und sedative Eigenschaften 
besitzt. _ Casper. 

Zahlreiche Mieseher’sche Schläuche im Schlunde eines 

Ochsen. 

Von G. Bosso. 

(Glurnalc della Reale Soc. cd Accad. Veterinaria Italiaaa. 9. 1898.' 

B. erhielt den Schlund eines gemästeten Ochsen zur Unter¬ 
suchung, der wegen immer wiederkehrender Tympanitis ge¬ 
schlachtet war. Bei der Obduction ergab sich nur eine be¬ 
trächtliche Verdickung des Schlundes. Ursache derselben war 
eine Umfangszunahme der Muscularis' des Schlundes. Letztere 
war durch Vermehrung des interstitiellen Bindegewebes und die 
Anwesenheit zahlreicher länglicher Knoten bedingt. In diesen 
Knoten fanden sich eitrige Herde von */a — i mm Grösse und 
darüber. In der Muscularis konnte man durch diese hindurch 
gelblich grüne Knötchen sehen. Die mikroskopische Unter¬ 
suchung frischer Präparate ergab die Anwesenheit zahlreicher 
Miescher’scher Schläuche in den verschiedensten Entwicklungs¬ 
stadien. Dieselben hatten eine deutliche Kapsel, welche gelb 
gefärbt erschien, und sassen in den quergestreiften Fasern. 
Ausserdem fand sich Ansammlung von massenhaften Leukocyten 
in Form kleinster Knötchen. Die Leukocyten sassen entweder 
als kleine Herde in den Interstitien oder infiltrirten letztere nur. 
Die Frage, ob die Miescher'sehen Schläuche die Ursache der 
heftigen Entzündung des Schlundes waren, glaubt B. an der 
Hand mikroskopischer Schnitte bejahen zu müssen. Es fanden 
sich an gefärbten Schnitten in Paraffin eingebetteter Stücke 
des Schlundes: eine massenhafte Infiltration von Leukocyten, 
so dass stellenweise grössere Herde mit deutlicher Nekrose 
gefunden wurde. An einigen Stellen war die Zahl der ange¬ 
häuften Zellen so gross, dass ganze Bezirke lediglich aus solchen 
zu bestehen schienen. Die Schläuche waren in reichlicher An¬ 
zahl vorhanden. Sie färbten sich mit Safranin und Methylen¬ 
blau gut. Die Kapsel färbte sich nicht, blieb aber durchsichtig. 
Nierenförmige Körperchen waren nicht zu finden. Immerhin 
will B. trotz der grossen Anzahl der vorhandenen Miescher’schen 
Schläuche die blosse Gegenwart derselben allein nicht als Ur¬ 
sache der heftigen Entzündung ansprechen, sondern glaubt nach 
den Untersuchungen Pfeifer’s die Toxine der Miescher’schen 
Schläuche hierfür verantwortlich machen zu müssen. Frick. 


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No. 41. DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 361 


Thierzucht und Thierhaltung. 

Der badische Viehversicherungsverband 


umfasste nach dem soeben erschienenen Jahresbericht für 1897 
123 Ortsvichversicherungsanstalten mit 12803 Mitgliedern. Die 
Zahl der versicherten Rindviehstücke bezifferte sich auf 44827 
mit einem Gesammtversicherungsvverth von 12002955 Mk., 
d. i. durchschnittlich 268 Mk. für ein Stück. 

Im Versicherungsbcstande ist demnach gegenüber dem 
Vorjahre keine wesentliche Aenderung eingetreten. 

Es wurden 1425 Entschädigungsansprüche erhoben. Davon 
waren 1396 begründet und wurden voll entschädigt, während 
15 nur theilweise begründet und 14 = 0,98 °/ 0 nicht begründet 
waren. Auf je 100 versicherte Thiere trafen 3,15 entschädigte 
Verlustfälle. Auch für das Berichtsjahr ist sonach eine Steige¬ 
rung der Verlustziffer, und zwar um 0,39% (im Vorjahr um 
0.47 %) zu verzeichnen. 

Als Ursache des Ansteigens der Schadenziffer hat sich 
eine ungewöhnlich hohe Zahl von Verlustfällcn in Folge von 
Tuberculose — 42 °/ 0 — erwiesen. 

Die Schadenfälle vertheilen sich auf die einzelnen Monate 
des Jahres wie folgt: 


Zahl der Schadenfälle 


im Monat 

durch 

Noth¬ 

schlachtung 

durch 

Umstehen 

durch Be¬ 
schlagnahme 
von Fleisch 

im Ganzen 

Januar . 

1 *3 

10 

3 

,26 1 1 

Februar . 

111 

5 

10 

126 [ L 

März. 

99 

9 

12 

I 2 o )372 

April. 

102 

>3 

8 

123 1 „ 

Mai. 

>03 

10 

4 

117 

Juni. 

101 

10 

12 

.23 1 363 

Juli. 

100 

8 

6 


August. 

80 

10 

5 

95 } 1U ' 

September .... 

76 

13 

4 

93 ) 302 

Oktober .... 

79 

5 

7 


November .... 

129 

>3 

18 

160 5 iv - 

Dezember .... 

100 

9 

>4 

I23 i 374 

Jahr 1897 .... 

>193 

»5 

103 

1411 


Von den zur Entschädigung gelangten Rindviehstücken 
waren 85 % nothgeschlachtet, 8 % waren umgestanden und 
7 % waren gewerblich geschlachtet (Schlachtviehversicherung). 
Darunter waren 78,67% Kühe, 17,79% Rinder und Kalbinnen, 
i,42%Farren und 2,12 % Ochsen. 

Zur Zeit des Todes standen im Alter von unter 1 Jahr 
8,15 °/o> von 1 —5 Jahren 35.86%, von 6—12 Jahren 52,52 % 
und von über 12 Jahren 3,47%. 

Bei 1183 wegen Nothschlachtung und Umstehens ent¬ 
schädigten Fällen fand thierärztliche Behandlung oder Unter¬ 
suchung statt; in 125 Fällen wurde eine solche nicht herbei¬ 
geführt. 

Wie erheblich die Anstaltsmitglieder in Folge der Ueber- 
nahme sämmtlicher Kosten für thierärztliche Behandlung und 
Heilmittel auf die Anstaltskasse entlastet werden, mag daraus 
ersehen werden, dass der in den Verbandsvereinen erwachsene 
bezügliche Aufwand im Ganzen 37879 Mk. 99 Pfg. betragen 
hat. Durch besondere Zuschüsse aus der Staatskasse 
wurden hiervon 8810 Mk. gedeckt. Derartige Beihilfen wurden 
89 Ortsanstalten auf Ansuchen bewilligt. 

ln den 103 Fällen der Schlachtviehversicherung 
wurde die Ungeniessbarkeit bezw. Beschlagnahme des Fleisches 
verursacht 

durch Tuberculose bei . . 102 = 99,03 % 
durch Echinokokken bei . 1 = 0,97 % 

Das Vcrhältniss zwischen der Gesammtzahl der Schäden 
und den einzelnen Schadenursachen hat sich gegenüber dem 
Vorjahre insofern verändert, als die »Verlustfälle in Folge 
äusserer Einwirkungen« eine Verminderung von 4,05 auf 2,75 %, 


die »Krankheiten der Geschlechtsorgane« einen Rückgang von 
21 auf 17,05, somit um 4%, und die durch Infectionskrank- 
heiten verursachten Schäden eine Vermehrung von 7 %, näm¬ 
lich von 29"/« in 1896 auf 36,39% im Berichtsjahr. Es darf 
wohl angenommen werden, dass die allmälige Verminderung 
der durch äussere Einwirkung verursachten Unfälle einer mehr 
und mehr Platz greifenden besseren Sorgfalt in der Art der 
Viehhaltung und der Rückgang in der Zahl der Krankheiten 
der Geschlechtsorgane der häufigeren Zuziehung thierärzt¬ 
licher Hilfe bei vorkommenden schweren Geburtsfällen, in 
denen bisher in manchen Ortsanstalten die Hilfe von orts¬ 
ansässigen, mehr oder weniger unkundigen Laien zunächst an- 
gcrufen wurde, zuzuschreiben ist. Von ganz besonderer Be¬ 
deutung ist die Zunahme der Zahl der Schadenfälle in Folge 
von Infectionskrankheiten. Einen kleinen Theil der 7 % be¬ 
tragenden Vermehrung nimmt das im Berichtsjahre etwas häufigere 
Vorkommen von Todesfällen in Folge von Maul- und Klauen¬ 
seuche in Anspruch, während der ungleich grössere Theil mit 
mindesten 6 % allein durch das verstärkte Auftreten der 
Tuberculose veranlasst worden ist. Die Zahl der Schaden¬ 
fälle in Folge von Tuberculose beträgt — die 102 Fälle der 
Schlachtviehversicherung eingerechnet — 36% der Gesammt¬ 
zahl gegenüber bisherigen 30 %. 

Im Hinblick auf diese wenig erfreuliche Erscheinung weist 
der Bericht darauf hin, dass die Tuberculin-Impfung ein 
sicheres Mittel ist, die Versicherungsanstalten vor den erheb¬ 
lichen Schädigungen, welche denselben aus der Aufnahme von 
tuberculösen Thieren drohen, in zuverlässiger Weise zu schützen. 
Der Jahresbericht empfiehlt daher dringend, dass 
die Anstaltsvorstände, sofern dies nach Lage der 
örtlichen Verhältnisse irgend möglich ist, die Neu¬ 
aufnahme von zur Versicherung angemeldeten 
Thieren thunlichst ausnahmslos von dem Bestehen 
der Tuberculinprobe abhängig machen. Bei der Be¬ 
willigung von Zuschüssen zu den Kosten der thierärztlichen 
Behandlung werden einem bezüglichen Erlasse Grossh. Mini¬ 
steriums des Innern gemäss übrigens vorzugsweise solche Orts¬ 
anstalten berücksichtigt, in welchen die Tuberculinimpfung all¬ 
gemein zur Anwendung gebracht wird. 

Die Summe der durch die Amtskassen gemäss Art. 42 
des Gesetzes vom 26. Juni 1890 vorschüsslich ausbezahlten Ent¬ 
schädigungen beträgt 303 450 Mk. 59 Pfg. 

Im Besonderen entfallen von der obigen Summe auf Ent¬ 
schädigungen für 1308 nothgeschlachtete und umgestandene 
Thiere 296475 Mk. 94 Pfg. oder durchschnittlich 226 Mk. 
66 Pfg. für ein entschädigtes Rindviehstück Die in den 
103 Fällen der Schlachtviehversicherung als ungeniessbar poli¬ 
zeilich beschlagnahmten Theile bezahlte Entschädigungssumme 
beläuft sich im Ganzen auf 6974 Mk. 65 Pfg, d. h. für einen 
Fall durchnittlich auf 67 Mk. 72 Pfg. 

Der gesammte Entschädigungsaufwand hat sich gegen 1896 
um 24612 Mk. 17 Pfg. erhöht. 

An Entschädigungen, deren antheilige Uebernahme zu Lasten 
des Verbandes gemäss Artikel 43 des Gesetzes abgelehnt 
werden musste, wurden 2079 Mk. 05 Pfg. vorschüsslich aus 
der Amtskasse ausbezahlt und — abzüglich des in den ge¬ 
dachten Fällen erzielten Erlöses von 260 Mk. 49 Pfg. — ganz 
zu Lasten der betreffenden Ortsviehversicherungsanstalten ver¬ 
rechnet. 

Der aus Thieren und Thiertheilen erzielte Reinerlös 
beträgt 95 467 Mk. 04 Pfg., d. i. für ein Stück durchschnitt¬ 
lich = 72 Mk. 99 Pfg. oder 31,39 % der bezahlten Ent¬ 
schädigungssumme. Das procentuale Verhältniss des Reinerlöses 
zu der Entschädigungssumme (die Verwerthungsziffer) hat sich 
gegenüber dem Vorjahr nicht wesentlich verändert und bleibt 
gegen den bisherigen Durchschnitt ebenfalls um rund 2 % 
zurück. 

Die Schadentragung zwischen dem Verband und den 
Ortsviehversichcrungsanstalten hatte bisher in der Weise zu 
erfolgen, dass von den Letzteren nur ein Viertel, vom Verbände 
hingegen drei Viertel der jeweiligen Entschädigungssumme zu 
übernehmen war. Hierbei ist jedoch die Erfahrung gemacht 


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362 


DEUTSCHE TH 1 ER/ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


8. Oktober. 


worden, dass an manchen Orten die Versuchung bestand, im 
einzelnen Schadenfall unter Umständen auf Kosten des Ver¬ 
bandes die Rücksicht auf eine angemessene Sparsamkeit ausser 
Acht zu lassen. Die gedachte Vorschrift hat deshalb nunmehr 
durch die Gcsetzesnovelle vom 12. Juli 1898 ) eine Aenderung 
dahin erfahren, dass der einzelnen Anstalt in Hinkunft die 
Hälfte zur Last bleibt und die andere Hälfte dem Verband, 
durch den ; sie dann auf alle dem Verbände zugehörigen Orts- 
Viehversicherungsanstalten nach Massgabc ihres Versichcrungs- 
werthes umzulegen ist. Da die Ortsanstalt wie auch der Ver¬ 
band nunmehr mit der Hälfte des durch Entschädigungslcistung 
-erwachsenden Aufwandes belastet wird, dürfte den Anforderungen 
der Gerechtigkeit und Sparsamkeit für die Folge besser als 
seither entsprochen werden. 

Der örtliche Betriebsaufwand setzt sich somit nun¬ 
mehr zusammen: 

I. aus der Hälfte des Entschädigungsaufwandes gemäss 
Art. 32 des Gesetzes, abzüglich der Hälfte der erzielten 
Reinerlöse und des etwa über den in Art. 26 fest¬ 
gesetzten Durchschnittsbetrag sich ergebenden Mehr¬ 
erlöses bezw. zuzüglich des durch eine der letztgenannten 
Vorschrift nicht entsprechende Verwerthung verursachten 
Mindererlöses; 

2* aus den Kosten der örtlichen Verwaltung; 

3. aus den Kosten für die thierärztliche Behandlung der 
versicherten Thiere, einschliesslich des Aufwandes für 
Arzneien und Heilmittel. 

Der Verbandsaufwand stellt die Hälfte des in sämmt- 
lichen Anstalten erwachsenen Aufwandes für geleistete Ent¬ 
schädigungen, abzüglich der Hälfte der erzielten bezw. nach 
Massgabe des Art. 26 berechneten Reinerlöse dar. 

Im Besonderen beträgt nach der von der Verbandsvcr- 
waltung auf Grund der Rechnungsnachweise der einzelnen An¬ 
stalten uiid des Rechnungsergebnisses der Amtskassen gefertigten 
Nachweisung die Summe des ungedeckten örtlichen Versichcrungs- 
aufwandes 147900 Mk. 46 Pfg., der ungedeckte Verbands¬ 
aufwand 103 991 Mk. 97 Pfg. 

Dabei ist zu bemerken, dass in § 3 des Gesetzes vom 
12. Juli 1898 die neuen Bestimmungen in Artikel 32 und 48 
vom 1. Januar 1897 an in Wirksamkeit zu treten, also 
rückwirkende Kraft erhalten haben und demgemäss bei Auf¬ 
stellung der oben erwähnten Rechnungsnachweisung die nun¬ 
mehr vorgeschriebene hälftige Schadentragung zwischen Ver¬ 
band und Ortsanstalten bereits Berücksichtigung gefunden hat. 
In gleicher Weise werden dieser Bestimmung gemäss den Orts¬ 
anstalten selbstverständlich auch die Vortheile des in der neuen 
Vorschrift des Art. 48 vorgesehenen erhöhten Beitrages 
aus dem Reservefond bezw. aus der Staatskasse 
schon für das Jahr 1897 zugewendet. (Vcrgl. unten.) 

Der in jeder einzelnen Anstalt erwachsene örtliche Auf¬ 
wand ist gemäss Art. 44 des Gesetzes auf die Mitglieder der 
betreffenden Ortsanstalt (Ortsumlage), der Verbandsaufwand 
dagegen auf alle Versicherte (Verbandsumlage) umzulegen. 

Die Höhe der zur Deckung des örtlichen Aufwandes in 
jeder einzelnen Anstalt auf je 100 Mk. Versichcrungswcrth 
entfallenden Umlage (Ortsumlage) ist aus dem dem Berichte 
angeschlosscnen Verzeichniss zu ersehen. Dieselbe schwankt 
zwischen 19 Pfg. und 240 Pfg. und beträgt im Durchschnitt 
117 Pfg. pro 100 Mk. Versichcrungswerth. 

Auf die Gestaltung der Höhe der Ortsumlage sind die 
neuen Vorschriften des Gesetzes, namentlich in Art. 26 und 44, 
von ganz besonderer Bedeutung. Da die fraglichen Bestimmungen 
bis jetzt noch nicht in Kraft waren, so lässt die Höhe des 
Satzes der Ortsumlagc in den einzelnen Anstalten für das Be¬ 
richtsjahr eine Beurthcilung der einschlägigen Verhältnisse nicht 
zu. Denn es ist zweifellos unter der Wirkung der neuen Vor¬ 
schriften künftig eine erhebliche Verschiebung der Umlagehöhe 
zu Gunsten derjenigen Anstalten, welche gut wirthschaftcn und 
zu Ungunsten jener, deren Geschäftsgebahrung mangelhaft 
bezw. den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprechend geführt 

*) Vergl. No. 22 des laufenden Jahrgangs dieser Wochenschrift. 


wird, zu erwarten. In wesentlich höherem Masse als 
bisher wird die Art der Geschäftsführung Seitens 
der Leitung der einzelnen Ortsanstalt auf die Ge¬ 
staltung der Umlagehöhe derselben von Einfluss 
sein. Die volle Wirkung der neuen Bestimmungen nach der 
gedachten Richtung hin wird allerdings erst vom Jahr 1899 
an zu erwarten sein, da auch für einen Thcil des Jahres 1898 
die neuen Bestimmungen noch nicht völlig zur Anwendung 
gebracht werden konnten. 

Zur Deckung des Verbandsaufwandes für geleistete 
Entschädigungen würde auf je 100 Mk. VcrsichcrungS- 
werth eine Umlage (Verbandsumlage) von 87 Pfg. ent¬ 
fallen. 

Auch hinsichtlich der Höhe der von den Viehbesitzern 
thatsächlich zur Erhebung gelangenden Verbands¬ 
umlage treten die Bestimmungen des Gesetzes vom 12. Juli 
189S für das Berichtsjahr erstmals in Wirksamkeit. Gemäss 
der abgeänderten Bestimmung des Artikels 48 ist deshalb, da 
die auf je 100 Mk. Versicherungswerth entfallende Verbands- 
umlagc 20 Pfennig übersteigt, der überschicsscnde Betrag aus 
Mitteln des Reservefonds bezw. aus der Staatskasse zu decken. 
Sonach gelangt von den Viehbesitzern eine Verbands¬ 
umlage von nur 20 Pfennig für 100 Mk. Versicherungs¬ 
werth zur Erhebung, während zur Deckung des übrigen 
Theiles. des Verbandsaufwandes der Reservefond 
mit einem Betrag von 67 Pfennig pro 100 Mk., d. i. im 
Ganzen mit einer Summe von rund 80000 Mk. gesetz- 
mässig herangezogen wird. 

Der Gesammtbetrag der von den versicherten Vieh¬ 
besitzern zur Erhebung gelangenden Vcrsicherungsumlagc für 
1897 stellt sich in Folge dessen durchschnittlich auf 
137 pfg. für je 100 Mk. Versichcrungswerth (1896 = 163 Pfg., 
1895 = 129 Pfg., 1894 = 140 Pfg-, 1893 — 110 Pfg.). 

Dabei ist zu beachten, dass in dem fraglichen Betrag 
sämmtliche Kosten für thierärztliche Behandlung, Arzneien und 
Heilmittel, sowie die örtlichen Verwaltungskosten mit in¬ 
begriffen sind. Im Einzelnen setzt sich die durchschnitt¬ 
liche Gesammtumlage zusammen wie folgt: 

a. Verbandsumlage (gemäss Artikel 48 . 

des Gesetzes).=20 Pfg. 

b. Ortsumlage: 

1. Zur Deckung des hälftigen 
Entschädigungsauf¬ 
wandes durchschnittlich 87 Pfg. 

2. Zur Deckung der Kosten 
für thierärztlichc Behand¬ 
lung, Arzneien und Heil¬ 
mittel (soweit dieser Auf¬ 
wand nicht durch beson¬ 
dere Beihilfen vom Staat, 
von Gemeinden etc. ge¬ 
deckt ist), durchschnittlich = 20 Pfg. 

3. Zur Deckung der örtlichen 

Verwaltungskostcn durch¬ 
schnittlich .=10 Pfg. 

Im Ganzen wie oben . 1 37 Pfg- 

für je 100 Mk. Versichcrungswerth oder für ein versichertes 
Rindviehstück durchschnittlich 3 Mk. 66 Pfg. 

Die Kosten derVerbandsverwaltung, welche ihre 
Geschäfte für 1897 in 3607 Nummern zu erledigen hatte, 
bleiben für die von den Anstaltsmitgliedern zur Erhebung ge¬ 
langenden Umlagen ausser Betracht, da dieselben nach 
wie vor von der Grossh. Staatskasse getragen werden. 

Nachdem durch die Revision des Gesetzes vom 26. Juni 
1890 den Wünschen der betheiligten Kreise so weit als thun- 
lich Rechnung getragen worden ist, so dass die Einrichtung 
jetzt allen billigen Ansprüchen in weitgehendstem Masse zu ent¬ 
sprechen im Stande sein wird, spricht der Bericht die Erwartung 
aus, dass von der so wohlthätigen und wirthschaftlich äusserst 
wichtigen Versicherung der Rindvichbeständc nun auch all¬ 
gemein Gebrauch gemacht wird. In jeder Gemeinde sollte 


J = ii 7 Pfg- 


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No. 41. DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 36# 


eine Ortsviehvcrsichcrungsanstalt alsbald errichtet werden; wo 
aber solche etwa bereits bestehen, sollten sie sich dem Ver- 
.band anschlicssen. Hinsichtlich der Leistungen der Ver¬ 
sicherungsanstalten zu Gunsten der Versicherten gewährt das 
Gesetz den Letzteren nicht nur Versicherung gegen Verluste 
durch Unglücksfälle (Umstehen, Nothschlachtung etc.), sondern 
es entlastet sie auch von den Kosten für thierärztlichc Behand¬ 
lung und Arzneimittel und trifft für die Verluste, welche den 
Verkäufern von Schlachtvieh aus der Beanstandung oder Be¬ 
schlagnahme des Fleisches erwachsen, in einer Weise Fürsorge, 
wie dies von keiner anderen Anstalt ähnlicher Art 
geschieht. Das Gesetz umfasst sonach drei Versicherungs¬ 
arten, nämlich die Unfall-, die Kranken- und die Schlacht¬ 
vieh-Versicherung, in denkbar vollkommenster Weise, da 
sic — Dank der reichlichen Beihilfe aus Staatsmitteln — mit 
weitgehender Leistung die grösstmügliche Billigkeit 
verbindet. Fehscnmeier. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Spanisches Veterinärwesen. 

Die »Gaceta de Med. Vct.< vom 15. September 1898 
weiss zu melden, dass das Eingehenlassen der Vctcrinärschulen 
zu Zaragoza und Leon nahe bevorsteht. 

Derselben Zeitung zufolge ist ein Credit von einer Million 
Pesetas für den Neubau der Vetcrinärschule zu Santiago be¬ 
willigt. Der Bau eines allen Anforderungen genügenden Rassen- 
stallcs ist vorgesehen. 

Somit scheint eine Gesundung der Vctcrinärvcrhältnisse in 
die Wege geleitet zu sein und haben die dringenden Wünsche 
der dortigen Veterinäre an richtiger Stelle die ihnen zukommende 
Beachtung gefunden. Bruns. 


Vereinsnachrichten. 

Hamburg-Altonaer Thierärztlicher Verein. 

In der Sitzung am 10. September 1898 ma»chte der Vor¬ 
sitzende, Herr Staatsthicrarzt Voliers-Hamburg, Mittheilung, 
dass Herr Kreisthicrarzt Ricchclmann-Harburg a. E. am 
9. October d Js. sein 25 jähriges Dienstjubiläum begehe. Von 
Seiten des Vereins wird beschlossen, Herrn Collegen Rieche 1 - 
mann anlässlich seines Jubiläums eine Dedikation durch eine 
Deputation des Hamburg-Altonacr Thierärztlichen Vereins über¬ 
reichen zu lassen. 

Herr G 1 a g c - Hamburg bespricht darauf die Knochen¬ 
krankheiten des Rindes und Schweines in ihrer 
differentialdiagnostischen Bedeutung zur Knochen- 
tuberculose und demonstrirt eine Reihe von Präparaten. 

Der Referent führt aus, dass in jedem Falle die Fest¬ 
stellung der Knochentuberculose als geglückter Nachweis der 
Generalisation gelten müsse. Primäre Knochentuberculose be¬ 
obachte man bei Thieren nicht. Aber nicht nur für die Frage 
der Beanstandung, sondern auch für die Sicherung der Unter¬ 
suchung an und für sich habe die Inspection der Knochen 
grossen Werth. Beim Schwein ersetzen in dieser Hinsicht die 
Knochen zum Theil die Lymphdrüsen, da einzelne Gruppen, 
wie die Achseldrüsen, fehlen und die Bugdrüsen schwer auf¬ 
zufinden seien. 

Für die Untersuchung direct zugänglich seien allerdings 
nur wenige Knochen und zwar nur solche ohne Markhöhle. 
Vor Allem käme die Wirbelsäule in Frage. Schon normaliter 
wären die Durchschnitte der Wirbel verschieden gefärbt, be¬ 
sonders beim Schwein. Man fände alle Schattirungen vom 
leuchtenden Hellroth, Dunkelroth bis zum Grauroth. Die Farbe 
hänge ab von dem gegenseitigen Verhältniss zwischen den 
Knochenbälkchen, der Blutmenge und der Fettmarkbildung. 
Letztere trete zuerst im Kreuzbein und den ersten Schwanz¬ 
wirbeln ein. Beim Rind lägen die Verhältnisse einfacher. Hier 


bilde sich in den dunkel- bis schwarzrothcn Wirbelkörpern 
central Fettmark in verschiedener Ausdehnung. Kleine, cen¬ 
trale Markhöhlen entständen selten, öfters im Brustbein. Diese 
Grundlage für die Untersuchung könne durch Pigmenteinlage- 
rungen verändert werden. Referent erinnert an die Melanosis 
bei Kälbern und die Ochronosis der Schweine. Letztere soll 
nach neueren Untersuchungen bei erheblichen Blutdissolutionen 
entstehen. Die Knochen würden brüchig und morsch. Wenn 
auch über eine Rückbildung des Processes nichts bekannt sei, 
so wäre das Stillstehen der Pigmenteinlagerung dadurch zu 
beweisen, dass z. B. die Ersatzzähnc im Kiefer weiss seien, 
während das ganze Skelett incl. der Milchzähne gefärbt er¬ 
scheint. 

Die tuberculösen Granulationen fände man natürlich leichter 
bei differenter Färbung der Grundlage. So sei die Unter¬ 
suchung bei amerikanischen, gefrorenen Schweinen dadurch so 
erschwert, dass die Knochendurchschnitte aus unbekannten 
Gründen eine intensiv schmutzig gelbe Farbe annehmen. 

Bei einem andern Theil der Knochen sei nur die Inspection 
von aussen angängig, der Rest würde gemeinhin überhaupt 
nicht untersucht. 

Referent beschreibt des Weiteren die Art der Bildung der 
tuberculösen Granulationen, das Entstehen der Knochenkapseln 
und die regressiven Metamorphosen bei der Tuberculose. 

Zwischen der Tuberculose des Rindes und Schweines seien 
einige Unterschiede bemerkenswerth. Beim Rind beobachte 
man die Neigung zur Bildung fibröser Tuberkel, beim Schwein 
seien die Neubildungen im Knochen eine echte Granulation., 
Aus diesem differenten Verhalten müsse man auf Unterschiede 
in der Schnelligkeit des Wachsthums schliessen. Thatsache 
sei, dass die Zerstörungen in den Knochen der Schweine mehr, 
hervortreten, wie beim Rind, wo der Process oft abgeschlossen 
erscheint. Tuberculose Knochenauftreibungen beobachte man 
beim Rind relativ seltener, wie bei Schweinen, und das sei 
nicht auf die grössere Dicke der Knochen allein zurückzuführen. 
Die Anordnung der Geschwülste zu Trauben fände sich nur 
bei’ der Knochentuberculose des Rindes, die Farbe der Tumoren 
sei beim Rind schmutzig dunkelgelb, beim Schwein hellgelb, 
so dass kleine Herde bei Gasbeleuchtung sehr leicht übersehen 
würden. Durchweg sei die Knochentuberculose beim Rind 
seltener wie beim Schwein. 

Die Diagnose der Tuberculose müsse sich bei den Massen¬ 
untersuchungen am Schlachthofe in erster Linie auf den patho¬ 
logisch-anatomischen Befund stützen. Der Nachweis des In- 
fectionsstoffes und die Thierimpfung wären praktisch nicht 
immer verwendbar. Riesenzellen seien nicht für Tuberculose 
allein specifisch. Hauptsache bleibe die Erkennung bestimmter 
Merkmale an den Geschwülsten in Verbindung mit dem Nach¬ 
weis anderweitiger Organtuberculose. 

Die Erkrankungen der Knochen weichen beim Rind und 
Schwein generell von denen des Pferdes insofern ab, als bei 
letzterem ossificirendc, bei den erstcren specifische Granulationen 
und eitrige Processe vorwiegen. Verwechselt würden in erster 
Reihe Geschwülste, wobei solche nach dem Typus des Binde¬ 
gewebes naturgemäss zunächst in Frage kämen. Referent 
demonstrirt an Präparaten die Unterschiede zwischen Knochen¬ 
tuberculose einerseits und Lipomen, Sarkomen und Aktino- 
mykomen andererseits. 

Das Vorkommen von Parasiten in den Knochen habe nach 
der Literatur als sicher zu gelten. Beobachtet wären Ecchino-i 
kokken und Finnen. Die genaue Untersuchung sqhütze in 
jedem Falle vor Verwechselungen, selbst wenn die Parasiten 
verkalkt oder verkäst wären. Dazu seien weitere Exemplare 
auch in anderen Organen zu erwarten. . •< 

Eitrige Processe könnten embolisch entstehen, durch nach¬ 
barliche Infection oder primär. Die erste Gruppe hat Referent 
speciell in der Wirbelsäule nicht beobachtet. Die Art der Ge- 
fässverzweigung biete auch ein bedeutsames Hinderniss für 
grobe Embolien. Die Untersuchung der Wirbel habe für die 
Feststellung der Pyämie z. B. keine Wichtigkeit- Das häufige» 
Auftreten der Knochentuberculose sei lediglich von bakteriellen 
Embolien herzuleiten. Fortgeleitete Eiterungen beobachte man 


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DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


8 . Oktober. 


beim Vorhandensein von eitrigen Processen in der Nachbar¬ 
schaft, da' käme es zu eitrigen Pcriostitcn, Knochennekrose, 
Dissection event. Sequesterbildung Primäre Eiterungen könnten 
an Rippen und Brustbein bei äusseren oder inneren Ver¬ 
letzungen, z. B. nach traumatischen Magen-Zwerchfellentzün¬ 
dungen, entstehen 

Für die makroskopische Diagnose der Knochentuberculose 
sei die Beurtheilung der entstehenden Knochenkapseln, des In¬ 
haltes derselben und falls die Geschwülste nicht freigelegt 
seien, der auftretenden Verdickungen an den Knochen mass- 
gebend. 

Die Knochenkapseln sind verschieden nach der speciellen 
Art der Einlagerung. Bei den gutartigen Lipomen wäre die 
Kapsel sehr zart und dünn, die Sarkome hätten die Tendenz, 
die erst gebildeten Knochenkapseln schnell zu durchbrechen, 
bei der Aktinomykose walte die Neigung vor, in den Knochen 
ausgesprochen multiloculäre Tumoren zu erzeugen, wie es beim 
Rind an den Kiefern bekannt sei. 

Dem gegenüber vermisse man bei den eitrigen Processen 
die Neigung zur fortschreitenden Ausbreitung. Selbst wenn ein 
beträchtliches Knochenstück in Mitleidenschaft gezogen sei, 
bleibe der eitrige Process an und für sich gutartig; er habe 
die Tendenz zur Heilung. Die Einschmelzung der sich bildenden 
Knochenkapseln von der Innenwand her fehle im Gegensatz zu 
den local weiter wuchernden Granulomen. Der Reiz bleibe 
aber bestehen, wenn die eitrig-nekrotischen Knochentheile nicht 
entfernt werden könnten, daher bildeten sich dann auffallend 
dicke, innen glatte Kapseln aus. In dieser Beziehung seien 
den gewöhnlichen Eiterungen die bei Mischinfectionen vor¬ 
kommenden, käsig-eitrigen, tuberculösen Herde gleichzustellen. 
Für gewöhnlich dagegen sind die Knochenschalen um tuber- 
culöse Granulationen nicht sehr nothwendig und begrenzen ein¬ 
fache Höhlen mit geringen secundären Ausbuchtungen besonders 
beim Schwein, höchstens beim Rind seien auffälliger aus- 
gebuchtete Höhlen als Abgüsse von traubenförmigen, tuber¬ 
culösen Einlagerungen anzutreffen, doch finden sich auch hier 
nicht in dem Masse zerfressene vor, wie bei der Aktino¬ 
mykose. 

Referent verbreitet sich dann über die Unterschiede zwischen 
den verschiedenen Processen, soweit die Untersuchung auf die 
Einlagerungen selbst Bezug nehmen muss. 

Kann ein Knochen nur von aussen besichtigt werden, so 
deute öfters eine Verdickung auf das Vorhandensein von Tubcr- 
culose hin. Das gelte besonders für die Rippen. Bei der 
Rhachitis der Schweine entständen Verdickungen beträchtlichen 
Umfanges. Man habe bei dieser Krankheit ein + an Pro¬ 
duction und — an Verknöcherung des neugebildcten Gewebes. 
Deshalb wären die Auftreibungen relativ leicht schneidbar, 
ähnlich wie ältere tuberculöse Verdickungen. Aber das mul¬ 
tiple Auftreten der Auftreibungen, besonders an der Ver¬ 
bindungsstelle von Knochen und Knorpeln, die gleichzeitige 
Erkrankung der Gelenke, etwaige Verbiegungen der Wirbelsäule 
verrathen die Ursache. Die Ostcomalacie gebe zu Verwechse¬ 
lungen keine Veranlassung. 

Dagegen könnten Verdickungen nach Rippenbrüchen öfters 
zur Täuschung führen. Die Callusbildung sei erheblich, weil 
die Heilung durch die Athmung gestört werde und bei den 
Querbrüchen Deviationen der Knochenenden veranlasst würden. 
Ein Theil der Rippenwand sei durch Muskulatur relativ ge¬ 
schützt, prädisponirt durch die Lage wären für Brüche die 
Mittelstücke der Rippen hinter den Anconäen. Man fände 
gewöhnlich vollständige Querbrüche, bisweilen mehrere in gleicher 
Höhe an einigen benachbarten Rippen. Erst sei das entstehende 
osteoide Gewebe weich, später aber der Callus nicht schneidbar 
im Gegensatz zu älteren tuberculösen Verdickungen. Also 
deute die Lage auf Brüche, während tuberculöse Granulationen 
sich regellos überall in den Rippen entwickeln könnten. 
Schliesslich sichere ein Durchschnitt stets die Diagnose. Frische 
Knochenbrüche an Becken und Schenkeln können nicht zu 


Täuschungen führen. Verdickungen deuten endlich an den 
Gelenken beim Schwein öfters auf Tuberculöse. Dieselben 
haben aber äusscrlich nichts Charakteristisches und könnten 
ebenso gut durch einfache, nicht specifischc Entzündungen ver¬ 
schiedenster Art bedingt sein. Da sei es nöthig, das Gelenk 
freizulegen und die specifischen Knötchen nachzuweisen. Quetsch¬ 
ungen, Distorsionen etc. hätten für die Untersuchung keine Be¬ 
deutung, nur könne bemerkt werden, dass in derartig lädirten 
Gelenken der Tuberkelbacillus sich leichter festsetze. 

Mittheilungen aus der Praxis: Herr Stödter- 
Hamburg berichtet über die Erscheinungen der Bleiver¬ 
giftung bei einem Pferde, welches Gelegenheit gehabt 
hatte, Mennige aufzunehmen. Patient erkrankte unter Kolik¬ 
erscheinungen. Gaben von Schwefel Hessen die Erscheinungen 
zum Stillstand kommen und das Pferd gesunden. 

Herr Martensen bringt einen Fall von Milzbrand zur 
Erörterung. Es erkrankten 30 Rinder, von denen nur eines 
krepirte. Herr Ehling-Winsen hat durch Gaben von Creolin, 
Herr Claussen-Bergedorf durch Gaben von Jodkalium öfter 
Heilungen des Milzbrandes eintreten sehen. 

Schluss der Versammlung. 

Kühn au. Schriflführcr. 


Personal-Nachrichten. 

Auszeichnungen : Dem Kreisthierarzt Georg Linker in Fritzlar 
wurde der Rothe Adlcrorden 4. Kl. verliehen. AnlHsslich der Feier des 
Centrallandwirthschaftsfestes in München erhielten für erfolgreiche und ver¬ 
dienstliche Bestrebungen zur Förderung der Landwirthschaft Auszeichnungen : 
a. die goldene Vereinsdenkmünze : Bezirksthierarzt F. F.b crsb e r g e r in 
Deggendorf, Kreisthierarzt J. Ott in Ansbach, b. die grosse silberne Vereins¬ 
denkmünze: die Bezirksthierärzte Stuffler in Mühldorf, Schwamm in 
Tirschenreuth, Mack in Forchheim, Neidhardt in Günzburg, c. die kleine 
silberne Vereinsdenkmünze: Bezirksthierarzt Schilffahrt in Burglengen¬ 
feld, die Districtsthierärzte KhLderle in Prien, Hintermaycr in Nittenau, 
d. ehrende Erwähnung: Bezirksthierarzt Restle in Lauingen, Districtsthier- 
arzt Schmid in Weissenburg. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Dem Kreisthierarzt Dr. Oehmkc 
in Ziclenzig ist die Kreisthienrztstelle in Braunschweig übertragen worden. 
Thierarzt M. Bischoff in Warmbrunn wurde zum comm. Kreisthierarzt 
in Falkenberg O.-S., Thierarzt E Meisterin Weingarten (Pfalz) zum Zucht¬ 
inspector der Herdbuchgesellschaft Für oberfränkisches Scheckvieh in Bayreuth. 
Bezirksthierarzt M. Schmutterer in Ebersberg zum pragmatischen Beamten 
ernannt. Bezirksthierarzt A. H u m a n n von Bamberg auf Ansuchen nach 
Ebern versetzt. Gewählt wurden Schlachthofinspector Lund in Wismar 
als Schlachthofinspector in Lübeck, Thierarzt Lüdtke in Metz zum Garnison- 
schlachthausinspector daselbst, Schlachlhofthierarzt H. Luft in Mainz zum 
Polizeithierarzt in Hamburg. Verzogen sind die Thierärzte F. Schumann 
von Landeck nach Liebstadt, Rauer von Hohnstein nach Quaritz, Hoppe 
von Zachau nach Dölitz, Zobel von Dresden nach Breslau. Thierarzt 
K. Rauscher aus Rottenburg a. T. ist bei Bezirksthierarzt Reindl in 
Rosenheim als Assistent eingetreten. 

Bezirksthierarzt J. N Huber von Neu-Ulm wurde seinem Ansuchen 
entsprechend wegen Krankheit in den bleibenden Ruhestand versetzt unter 
Anerkennung seiner langjährigen treuen Dienstleistungen. 

Die thierärztliehe FaehprQfung haben bestanden in Berlin: 
Georg Bischoff aus Sachsendorf, Ernst Grix aus Schönberg, Willy 
Juckel aus Posen, Karl Loeb aus Karlsruhe, Paul Luchhau aus Stettin, 
Karl M i e t h c aus Burglehn, Willy Müller aus Berlin, Heinrich Nabel 
aus Schöningcn, Friedrich RahncnfUhrer aus Friedrichsgraben, Otto 
Purtzel aus Könitz, Georg Spin gl er aus Gerach. 

Oestorben : Schlachthofdirector Rehbock in Zeitz, städt. Thier¬ 
arzt C. Henning in Berlin. 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thferärztliche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmu? in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der Mackief sehen Druckerei in Karlsruhe i. B. 


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Deutsche 

Thierärztliche Wochenschrift 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regierungs- and Medicin&lrath, 
Director der Thierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 


heratifigegeben von 
Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregierangsrath 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Begierungsrath nnd Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Gartll in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Louisenthal (Saar). 

redigirt von 

Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierärzt liche Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit directer 
;>ortofreier Zusendunsr oder hei der Post, auf No. 1784a. 


Sämmtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Mal kraus in Hannover erbeten, 
SCCUStCr JfthrSfADff* Correcturen und Anzeigen an die Expedition der 

™ " ripHtnrhcn Thippiir7t.lir>hpn tVnnhani/>hp!lt 


Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 
in Karlsruhe fBadenl. 


M 42 . 


Ausgegeben am 15. Oktober. 



[MiÄ 


Mittheilungen aus dem Spital für kleine Haus- 
thiere der Thierärztlichen Hochschule. 

Von Frick- Hannover. 

I. Die Acne des Hundes und ihre Heilung. 

Jeder, der mit Hunden viel zu thun hat, kennt jenes hart¬ 
näckige Hautleidcn der Hunde die Acne, welche nicht durch 
die Acarusmilbe bedingt ist und der Behandlung bisher recht 
grosse Schwierigkeiten bot. Die letzteren waren oft unüber¬ 
windlich,- wenn -es -sinh.- um.umfangreichere -Erkrankung. 4er -Haut 
handelte. 

Eine Beschreibung der Krankheitserscheinungen des vor- 
würfigen Leidens kann an dieser Stelle unterbleiben, da einer¬ 
seits das Leiden hinlänglich bekannt ist und andererseits 
Fröhner eine solche bereits im i. Bande seiner Monatshefte 
für praktische Thierheilkunde geliefert hat. Bezüglich der Aetio- 
logie des Leidens kann ich mich Fröhner’s Angaben nicht 
recht anschliessen. Fröhner schreibt den mechanischen In¬ 
sulten, welche die Haut auf dem Nasenrücken durch den Maul¬ 
korb erfährt, die meiste Schuld an der Entstehung der Acne 
zu. Erst secundär nimmt er eine Infection und Vereiterung 
der entzündlich gereizten Haarfollikel an und begründet seine 
Ansicht mit der Angabe, dass das Leiden in Gegenden, wo 
kein Maulkorbzwang existirt, unbekannt sei. Abgesehen davon, 
dass ich das Leiden auch bei Hunden gesehen habe, die nie 
einen Maulkorb getragen haben, tritt die Erkrankung der Haut 
auch an Körperstellen auf, wo weder der Maulkorb liegt, noch 
auch sonstige mechanische Insulte die Haut treffen, nämlich 
auf dem Rücken. Es ist nicht zu bestreiten, dass mechanische 
Insulte der Haut diese zur Acne prädisponiren und dass desha^D 
das Leiden so häufig auf dem Nasenrücken auftritt, wo der 
Maulkorb scheuert. Fernerhin führt die Thatsache, dass die 
Aussenflächen der Gliedmassen (Ellenbogengelenk, Vorderfuss- 
wurzel, Kniegelenk, Sprunggelenk) häufig mit Acne-Pusteln be¬ 
setzt sind, zu der Annahme, dass mechanische Insulte eine 
Rolle bei der Entstehung der Acne spielen. Trotzdem dürfte 
dieses mechanische Moment allein noch keine Acne-Pustel er¬ 
zeugen, sondern nur eine Eingangspforte darstellen für die 
Mikroorganismen, welche ihrerseits die Vereiterung des Haar¬ 
follikels herbeiführen. Die Ursache der Acne der Hunde dürfte 
vielmehr in einer Infection zu suchen sein, zu der die Haut 
durch mechanische Insulte prädisponirt wird. 

Ueber den Ansteckungsstoff selbst ist bisher nichts Ge¬ 
naueres bekannt geworden; auch ich kann nur angeben, dass 
ich in dem Eiter noch uneröffneter Acne-Pusteln stets einen 


Staphylococcus mikroskopisch nachweisen konnte, der oft in 
Reincultur vorhanden war. Culturen auf schräg erstarrter Nähr¬ 
gelatine ergaben ein Wachsthum wie beim Staphylococcus 
pyogenes aureus. Mangels weiterer Untersuchungen und Impf¬ 
versuche kann ich über die event. ursächlichen Beziehungen zur 
Acne, sowie die etwaige Identität mit dem Staphylococcus 
pyogenes aureus nichts Näheres behaupten. 

Bezüglich des Verlaufes der Acne hat Fröhner keinerlei 
Angaben gemacht. Es mag daher hier erwähnt werden, dass 
die Acne keineswegs nur eine lästige Hautkrankheit darstellt, 
sondern dass sie unter Umständen auch Gefahr für den Patienten 
birgt. Nachstehende Beobathtung dürfte dies zeigen. 

Zwei Teckel wurden mir vorgestellt, welche beide an aus¬ 
gedehnter Acne des Kopfes litten. Der eine von Beiden zeigte 
überdies aber zwischen den einzelnen Acne-Pusteln noch mehr 
oder minder linsengrosse Defecte der Haut, aus denen sich 
Eiter und ein nekrotischer Hautpfropf herausdrücken liess. 
Unzweifelhaft lagen also auch Furunkeln vor. Ausserdem 
wurden bei der eingehenden Untersuchung des Hundes auch 
an den Backen, am Grunde der Ohrmuscheln und am Körper 
einige bis wallnussgrosse Abscesse in der Subcutis gefunden. 
Gleichzeitig war das Allgemeinbefinden efes Hundes schlecht; 
der Appetit war wählerisch, das Benehmen mürrisch, unlustig, 
müde. Dazu kam eine Temperaturerhöhung, die zu der An¬ 
nahme führte, dass der Hund an einer Allgemeininfection 
(Pyämie) litt, welche ihren Ausgang von der Acne genommen 
hatte. Der Hund ging bald zu Grunde und die Obduction 
ergab, dass er an Pyämie gelitten hatte, als deren Ausgangs¬ 
punkt die Acne-Pusteln und die daraus hervorgegangenen 
Furunkeln zu betrachten waren. Dieser Fall zeigte auf der 
einen Seite klinisch eine Construction der Processe, die von 
der Acne zum Furunkel, dieser zu Abscessen und letztere zur 
Pyämie geführt hatten; auf der andern Seite bewies er aber, 
dass die Acne in Folge dieser Consecution eine Allgemein- 
infectiön einleiten und diese ihrerseits den Tod bedingen kann. 

Die Prognose der Acne stellt Fröhner ungünstig aus 
dem Grunde, weil die Heilung des Leidens auf grosse Schwierig¬ 
keiten stösst. Dem dürfte jedoch hinzuzufügen sein, dass die 
Beurtheilung des Leidens vorsichtig geschehen muss, weil bei 
grösserer Ausbreitung desselben die Gefahr einer Allgemein¬ 
infection zu fürchten ist. Ist letzteres nicht der Fall, so kann 
die Prognose günstig gestellt werden, da unter der von mir 
angewendet'en Behandlung eine Heilung des Leidens mit Sicher¬ 
heit und ohne grosse Schwierigkeiten zu erreichen ist. Wenn 
Fröhner das Gegentheil s. Zt. behauptet, so war er nach 
dem damaligen Stande der Therapie vollauf berechtigt. 


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366 


DEUTSCHE TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Die Acne hat die allerverschiedenste Behandlung erfahren, 
jedoch sind alle Beobachter darüber einig, dass sie eine chirur¬ 
gische sein muss. Auch darüber herrscht Einigkeit in der 
Literatur, dass das Leiden unter den bisherigen therapeutischen 
Massnahmen ein recht langwieriges und undankbares war. Auch 
ich habe dies zur Genüge erfahren und habe der Reihe nach 
alle angegebenen Heilmethoden ohne durchschlagenden Erfolg 
versucht. Schliesslich bin ich zur Anwendung des Feuers über¬ 
gegangen und habe mit demselben Erfolge erzielt, die jeden 
Therapeuten befriedigen werden. 

Die von den meisten Therapeuten bevorzugte Behandlungs¬ 
art ist das Spalten der Acne-Pusteln und die Desinfection der 
kleinen Abscesschen. Letztere wird meist in der Weise be¬ 
werkstelligt, dass die inficirte Granulation mit dem scharfen 
Löffel ausgekratzt und dann ein chemisches Desinfectionsmittel 
(meist Jodoform) in die Höhle eingebracht wird. Ist diese Be¬ 
handlung schon bei einigen Pusteln recht zeitraubend (abgesehen 
von der Schmerzhaftigkeit und der meist erheblichen Blutung), 
so wird dieselbe zur Unmöglichkeit bei umfangreicherer Er¬ 
krankung der Haut. In diesem Falle schlagen die meisten 
Autoren die Totalentfernung der erkrankten Hautpartie vor. 
Auch ich habe früher so behandelt, bis ich im Feuer ein viel 
bequemeres Heilmittel gefunden habe. Ich wende dasselbe in 
Form des Paquelin’schen Brenners an und zwar benütze ich 
den Brenner mit feiner Spitze. Damit der Hund still hält, 
wird die zu brennende Hautpartie nach Schleich anästhetisirt 
und nun jede Pustel sorgfältig durch Einsenken der Spitze des 
Brenners ausgebrannt. Bei kleinen Pusteln genügt ein einmaliges 
Einführen, während bei grösseren, oder wenn die Haut in 
weiterem Umfange unterminirt ist, mehrmals so verfahren werden 
muss. Je sorgfältiger man die stets schlaffe, inficirte Granu¬ 
lation in den Pusteln, kleinen Abscessen und Gängen zerstört, 
um so sicherer ist der Erfolg. Als Massstab dafür, dass dies 
richtig geschehen, lasse ich den Umstand gelten, ob bei Druck 
auf die soeben gebrannte Stelle noch Eiter entleert werden 
kann oder nicht. Auf genannte Wei%e kann man den ganzen 
Nasenrücken, die Lippen, Backen u. s. w. bequem brennen, 
ohne dass Blut fliesst und ohne besondere Schwierigkeiten. 
Der Effect besteht darin, dass sich an den Brandstellen nach 
24 Stunden ein trockener Schorf vorfindet, derselbe wird jedoch 
bis zum 4. bis 5. Tage, d. h. bis zum Auftreten einer kräftigen 
Granulation, täglich entfernt und die Stelle selbst sorgfältig mit 
einer Desinfectionsflüssigkeit (Sublimat 1 °/ 00 ) abgetupft. Ent¬ 
fernt man den Brandschorf nicht, so wird er Ursache, dass der 
in der Höhle befindliche Brandschorf nicht ausgestossen wird 
und so die Eiterung zu Stande kommt. Die Ausstossung des 
Nekrotischen ist am 4., spätestens 5. Tage erfolgt und dann 
deckt sich die Wuntfe meist mit einem trockenen Schorfe ein, 
unter dem nach 8 Tagen eine Narbe zum Vorschein kommt. 
Die letzteren ziehen sich meist sehr gut zusammen, so dass 
später ganz unbedeutende Spuren, selbst wenn viele Narben 
vorhanden gewesen sind, hinterbleiben. Unter dieser Behand¬ 
lung verschwindet sogar die in der Nachbarschaft der Pusteln 
meist recht beträchtliche Verdickung der Haut, so dass letztere 
wieder weich und verschiebbar wird und die Haare daselbst 
nicht mehr gesträubt stehen. Nur selten hat man nöthig, das 
Brennen zu wiederholen; in diesem Falle sind entweder die 
vorhandenen Pusteln und Gänge nicht gründlich ausgebrannt 
oder es sind solche gänzlich übersehen worden. Es empfiehlt 
sich daher, jede verdächtige Stelle beim Brennen mitzunehmen. 

Mit der genannten Methode habe ich eine ganz beträcht¬ 
liche Anzahl von an Acne leidenden Hunden behandelt und 
stets Heilung in kurzer Zeit erreicht, obwohl sich unter den 
behandelten Fällen manche recht schwere befanden. Die Aus¬ 
breitung war in einigen derselben so umfangreich, dass event. 
3 bis 4 handtellergrosse Hautlappen hätten müssen entfernt 
werden. 

2. Jodidiosynkrasie beim Hunde. 

In der Literatur finden sich Angaben über Jodoformver¬ 
giftungen beim Hunde, auf Grund deren Vorsicht bei der An¬ 
wendung dieses Jodpräparates angerathen wird. Ich habe bisher 


15. Oktober. 


trotz ausgedehnter Benutzung des Jodoforms beim Hunde noch 
keine Vergifung dadurch gesehen, so dass ich glaubte annehmen 
zu können, Hunde vertrügen die Jodpräparate ganz gut. Um 
so überraschter war ich, als ein junger Bernhardiner, der wegen 
Rhachitis Phosphorleberthran erhielt (0,01 : 100 Ol. Jec. Aselli), 
sich so empfindlich gegen Jod zeigte, dass er auf die geringen 
Mengen von Jod, welche sich im Leberthran finden, mit einem 
ausgebreiteten Jodexanthem antwortete. Der Verlauf gestaltete 
sich wie folgt: 

Der Hund erhält vom 18.—25. April täglich 1 Esslöffel 
voll Phosphorleberthran. Schon in den letzten Tagen vor dem 
25. April fällt es auf, dass der Hund sich namentlich am Ge¬ 
säuge und an den inneren Schenkelfiächen eigenthümlich feucht 
anfühlt. Bei genauerem Zusehen weist die Haut an den ge¬ 
nannten Stellen, ohne sonst eine Abweichung in Farbe und 
Beschaffenheit zu zeigen, wasserhelle, kleinste Tropfen auf, die 
während der Untersuchung sichtlich an Grösse zunehmen. Mit 
anderen Worten, der Hund zeigt deutliche Schweisssecretion. 
Am 25. April treten unter dem Bauch, der Brust, an den 
Ohren, Backen u. s. w. kleine, Stecknadelkopf- bis linsengrosse, 
hellrothe Knötchen auf, die mit einem starken Juckreiz ver¬ 
bunden sind. Der Hund kratzt sich in Folge dessen viel und 
hat bald die Haut an den afficirten Stellen wund gekratzt. 
Die Verabreichung von Phosphorleberthran wird sofort aus¬ 
gesetzt und bis zum 3. Mai ist die ganze Hautaffection soweit 
abgeheilt, dass nur noch die Haare, welche vollständig aus¬ 
gefallen waren, wieder zu wachsen brauchen. Bis zum 12. Mai 
war bereits ein reichlicher Nachwuchs junger Haare vorhanden 
und es wird wieder Phosphorleberthran gegeben. Bereits am 
14. Mai, d. h. nach 48 Stunden, ist das oben beschriebene 
Jodexanthem mit allen seinen Erscheinungen wieder vorhanden. 
Trotzdem erhält der Hund den Phosphor weiter, allein nicht 
mehr in Leberthran gelöst, sondern in gewöhnlichem Oleum 
Rapae. Sofort heilte die Hauterkrankung wieder ab, so dass 
nur der Leberthran letztere hervorgerufen haben konnte. 

Bei der geringen Menge von Jod, die im Leberthran ent¬ 
halten ipt (höchstens 0,05 °/ 0 )„ war es zunächst zweifelhaft, ob 
die Schädlichkeit des Leberthrans auf seinen geringfügigen 
Jodgehalt zu schieben war. Das Experiment entschied hierüber 
sofort. Der Hund erhielt, nachdem die Hauterkrankung wieder 
vollständig verschwunden war, einmal täglich einen Esslöffel 
voll Oleum Rapae, dem auf 100 g 10 Tropfen einer 6proc. 
Jodvasogene zugesetzt waren. Sofort trat wieder das be¬ 
schriebene Exanthem auf und zwar 72 Stunden nach der Ver¬ 
abreichung des Jodvasogenölgemisches. Da auch dieses Ge¬ 
misch nur Spuren von Jod enthält und der Hund trotzdem so 
prompt mit dem Exanthem darauf reagirte, so ist nur der 
Schluss berechtigt, dass das im Leberthran enthaltene Jod bei 
fraglichem Hunde im Stande war, ein Jodexanthem zu erzeugen. 
Da die in Frage kommenden Mengen Jod so minimal waren, 
dass man fast von homöopathischen Dosen sprechen kann, so 
bleibt zur Erklärung der beobachteten Erscheinungen nur jene 
hohe Empfänglichkeit für Arzneien von Seiten des Hundes 
übrig, die wir mit »Idiosynkrasie« bezeichnen. 

Meines Wissens ist kein derartiger Fall bisher in der 
Literatur veröffentlicht und deshalb habe ich ihn mitgetheilt. 

• 3. Hemiplegia Laryngis beim Hunde in Folge 
Bruches der 1. linken Rippe. 

Nach dem Vorbericht war ein schwarzer Spitz aus einem 
Fenster des ersten Stocks gefallen, hatte vor Schmerzen geheult 
und besitzt seitdem einen eigenartigen Gang und heisere 
Stimme. 

Der Hund zeigt keinerlei Erscheinungen einer acut fieber¬ 
haften Krankheit. Er liegt im Käfig meist auf der linken Seite 
und athmet etwas frequent. Beim Anfassen äussert der Hund 
heftige Schmerzen, die er durch recht schwaches, heiseres 
Schreien kundgiebt. Vor allen Dingen schmerzhaft ist das Er¬ 
greifen des Hundes bei den Pfoten, namentlich der linken 
Vorderpfote. Im Stande der Ruhe zeigte der Hund keine Ab¬ 
normität in der Haltung des Körpers. An den Gliedmassen 
selbst kann keinerlei Schmerzhaftigkeit festgestellt werden. 


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No. 42. 


DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


367 


Nimmt man an dem auf der rechten Seite liegenden Hunde die 
linke Vorderpfote stark nach vorn, so äussert er lebhafte 
Schmerzen. Beim Abtasten der linksseitigen Rippen, indem 
man von hinten her unter das Schulterblatt bei stark vor¬ 
gebrachtem Schenkel fasst, erweist sich die erste Rippe beim 
Druck sehr schmerzhaft. Dieselbe giebt dem Druck deutlich 
nach. Crepitation ist nicht nachzuweisen. Der Hund stellt 
beim Gehen die Vorderbeine stark nach vorn und abducirt das 
linke deutlich. Die Hinterbeine hingegen werden unter den 
Leib geschoben und tragen hauptsächlich die Körperlast. Die 
Vorderbeine werden etwas steif und zögernd vorgebracht. Der 
Gang wird dadurch wackelnd. Zum Laufen ist der Hund nicht 
zu bewegen, auch springt, er weder vom Tisch herunter, noch 
in seinen Käfig hinein. 

Die directe Besichtigung des Kehlkopfes ergiebt keine 
krankhaften Veränderungen an der Schleimhaut. Die Stimm¬ 
bänder liegen bei der Exspiration dicht an einander mit Aus¬ 
nahme des oberen Endes der Stimmritze. Daselbst bleibt ein 
kleiner, dreieckiger Spalt. Bei der Inspiration erweitert sich 
die Stimmritze zwar, allein das rechte Stimmband rückt be¬ 
deutend weiter nach aussen als das linke, welches in das Lumen 
des Kehlkopfes hineinragt. 

Die Behandlung bestand in Ruhe und täglichem Elektrisiren 
der Nervi reccurrentcs. Ausserdem erhielt der Hund täglich 
subcutan Strychnin. 

Unter dieser Behandlung verloren sich allmälig die krank¬ 
haften Erscheinungen. Die Stimme wurde kräftiger, lauter und 
klangvoller, jedoch ist sie am 11. Juni, also drei Wochen nach 
Beginn der Behandlung, immer noch heisser. Der Gang ist 
ganz normal, auch springt der Hund wieder gern. 

Aus dem vorstehend beschriebenen Krankheitsbilde im Zu¬ 
sammenhang mit dem Vorbericht geht ohne Frage hervor, dass 
zwischen dem Sturz aus dem Fenster und der vorhandenen 
Lahmheit und der veränderten Stimme ursächliche Beziehungen 
bestehen müssen. Die Schmerzhaftigkeit der ersten Rippe und 
ihre Nachgiebigkeit bei Druck auf dieselbe weisen auf einen 
Bruch derselben hin, der zweifellos Folge des Sturzes war. 
Das Fehlet* der Crepitätiöfi Spricht nicht gegen eine Rippen-' 
fractur. Schwieriger schien der Zusammenhang zwischen dem 
Sturz und der veränderten Stimme zu sein. Allein auch letztere 
findet ihre ungezwungene Erklärung, wenn man annimmt, dass 
in Folge des Rippenbruches eine Blutung zu Stande gekommen 
ist, welche durch Druck auf den linken Nervus recurrens eine 
halbseitige Lähmung der Erweiterer der Stimmritze hervor¬ 
gerufen hat. Der dirccte Nachweis der Trägheit des linken 
Stimmbandes bei der Inspiration spricht zu Gunsten dieser 
Erklärung. Auch der Verlauf des Leidens steht in Ueberein- 
stimmung hiermit, so dass der - Sturz aus dem Fenster indirect 
durch Vermittlung des Rippenbruches auch Ursache der ver¬ 
änderten Stimme im vorliegenden Falle ist. 

(Schluss folgt.) 


Erfolgreiche Kreuzung zwischen Hund und 

Wolf. 

Von Thierarzt Dahlgrün- Hannover. 

Obwohl sich in der Regel nur Thiere derselben Art paaren, 
sind doch erfolgreiche Begattungen zwischen Individuen ver¬ 
schiedener Arten gar nicht so selten. Oft spielt der Zufall 
eine Rolle, häufig aber werden derartige Kreuzungen vom 
Menschen zwecks Versuches oder aus Nützlichkeitsrücksichten 
vorgenommen. So sind Bastarde von Esel und Pferd, euro¬ 
päischem Rind und indischem Zebu ziemlich häufig, von Ziege 
und Steinbock, Wildschwein und zahmem Schwein, Haus- und 
Wildkatze, Hase und Kaninchen dagegen ungleich seltener. 
Einige Autoritäten bestreiten sogar entschieden die Möglichkeit 
erfolgreicher Kreuzungen in einigen der zuletzt angeführten Bei¬ 
spiele. Kreuzungen von Haus- und Stockenten (Anas boschas L.), 
Gans und Wildgans (Anser cinereus L), Birkhahn und Auer¬ 
hahn (dei sog. Rackeihahn) sind ebenfalls nicht selten. Auch 


erfolgreiche Paarung des Haushundes mit seinen nächsten wilden 
Verwandten, dem Wolf, Schakal und Fuchs wurden mehrfach 
beobachtet. 

Die ersten Nachrichten über eine Kreuzung des Haus¬ 
hundes mit wilden Hundearten giebt etwa 400 Jahre v. Chr. 
Xenophon in seinem Buche über die Jagd. Er bezeichnet 
eine Rasse als »Fuchshunde« oder »fuchsartige Hunde« (Vul- 
pinae), »weil sie von Hunden und Füchsen erzeugt werden«. 
Aristoteles schildert ein halbes Jahrhundert später eine als 
Jagd- und Hirtenhund benutzte Rasse, den Canis spartanus, als 
Bastard von Hund und Fuchs, während er eine andere Form, 
den Canis cyrenaicus aus Cyrene in der Berberei, für einen 
Bastard von Hund und Wolf erklärt. Von den alten Galliern 
wird erzählt, dass sie ihre Hündinnen in den Wäldern anbänden, 
damit dieselben von Wölfen belegt würden, um wildere und 
muthigere Nachkommen zu erzeugen. Auch heute noch sollen 
die Eskimos ihre Hunde mit Wölfen kreuzen, um erstere zu 
verbessern; und in der That gleichen nach Hayes die Eskimo¬ 
hunde den dortigen Wölfen ganz ausserordentlich. Ebenso 
machen es einige Indianerstämme Nordamerikas mit dem Coyote 
(Canis latrans Say). Die Eingeborenen von Guiana kreuzen 
ihre Hunde mit dem bei ihnen heimischen Schakal, dem Karassisi 
(Canis canecivorus Desm.), die Wilden Australiens die ihrigen 
mit dem Dingo (Canis dingo Gould). In Europa sind in den 
verschiedensten Ländern, wo überhaupt Wölfe Vorkommen, 
fruchtbare Paarungen derselben mit dem Hunde constatirt. In 
den Walddörfern Galiziens und in Ungarn soll der Wolf zu¬ 
weilen die läufigen Hündinnen vor den Dörfern und bei den 
Heerden aufsuchen. 

Ein sehr interessanter Fall von Paarung in der Gefangen¬ 
schaft wurde im Jahre 1883 aus Karlsruhe berichtet. Eine 
Ardennenwölfin wurde mit einem Hofhund gepaart und brachte 
Junge zur Welt. Von diesen wurde ein Weibchen mit einem 
Dingo zusammengehalten und von demselben auch belegt. Aus 
diesem seltsamen Ehebündniss entsprossen fünf Kinder, die also 
dreierlei Blut enthielten. 

Ein Beispiel neuesten Datums ist, wie Herr Dr. Willach 
zu berichten die Freundlichkeit hatte, das Folgende: 

Ein Naturfreund und Gasthofbesitzer im Kreise Saarbrücken, 
Herr Adolf Nieden in Burbach, schaffte sich im vergangenen 
Jahre einen wolfsgrauen jungen deutschen Schäferhund von hoch- 
prämiirter Abstammung an. Diesem gesellte er eine junge 
russische Wölfin zu, gewöhnte in einem geräumigen Garten mit 
hoher Mauer beide Thiere aneinander. Am 2. Januar zeigte 
sich die Wölfin hitzig und wurde von dem Schäferhunde ge¬ 
deckt. Die beiden Thiere hingen etwa 10 Minuten lang. Am 
5. März, also nach 63 Tagen, wölfte die Wölfin 8 kräftige 
Jungen, unter welchen sich 2 männliche ^ind 6 weibliche In¬ 
dividuen befanden. Das eine männliche Junge wurde von der 
Wölfin gleich nach der Geburt todtgebissen, weil, wie der Be¬ 
sitzer meint, die eine Saugwarze der Mutter wahrscheinlich 
keine Milch lieferte. Die übrigen Welpen wurden sorgsam 
gepflegt und gesäugt und sind in Folge dessen ganz prächtige 
Thiere geworden. Bei den meisten ähnelt das Aussehen mehr 
dem Vater'als der Mutter, doch sind einige der jungen Thiere 
dem Wolfe frappant ähnlich. Die Farbe der Welpen ist wolfs¬ 
grau und sie besitzen Deck- und Wollhaar. 

Die Ohren hatten Anfangs eine herabhängende Spitze, 
richteten sich aber nach mehreren Wochen vollständig auf. 
Die Thiere zeigen das Benehmen von Hunden und gehorchen 
ihrem Herrn auf den Wink. Das männliche Junge wurde, so 
viel ich erfahren konnte, für den Preis von 150 Mk. nach 
München verkauft. 

Interessant ist, dass die sechs jungen weiblichen Welpen 
kürzlich sämmtlich von der Staupe befallen wurden und bis 
auf einen wieder genesen sind. Das eine Thier starb. Zur 
Obduction bot sich leider keine Gelegenheit. 

Leider erwiesen sich die Bastarde mancher Arten unter 
einander gepaart als steril, wohl aber gelang es durch An¬ 
paarung Erfolge zu erzielen. So hat man sich ohne Erfolg 
bemüht, die in manchen Gegenden hoch geschätzten Maulthiere 
direct fortzupflanzen, auch die Leporiden, das Kreuzungsproduct 


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368 


DEUTSCHE TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


15. Oktober. 


von Hase und Kaninchen, zeigten sich unter einander unfruchtbar. 
Unzweifelhaft wurde durch exacte Versuche festgestellt, dass 
sich Bastarde von Hund und Wolf bezüglich Schakal, unter¬ 
einander gepaart, selbst unter ungünstigen Lebensbedingungen 
(enge Käfige) und bei strengster Inzucht fortpflanzen. Buffon 
sowohl wie F. Cu vier und Flourens erzielten 3 Generationen 
Bastarde aus einer Kreuzung von Hund und Wolf imter den 
ungünstigsten Bedingungen für active Fruchtbarkeit und bei 
engster Bluts Verwandschaft. Prof. Kuhn-Halle erhielt aus einer 
Kajanahündin (finnländische Vogelhtindin) von einem indischen 
Schakal (Canis aureus indicus) in 3 Würfen 9 männliche und 
3 weibliche Bastarde, welche sich im Typus mehr dem Schakal 
näherten und sehr scheu und bissig waren. Dieselben erwiesen 
sich sowohl durch Anpaarung, wie auch unter sich fruchtbar. 
Es ist nun behauptet worden, dass das Fortpflanzungsvermögen 
bei den Bastarden nach einigen Generationen erlösche, nach 
meiner Ansicht würden sich aber Bastarde des Hundes und der 
wilden Caniden unbedingt fruchtbar erweisen, wenn man Inzucht 
ganz ausschliessen und eine zweckmässige Haltung der Thiere 
in Anwendung bringen würde. 


Referate. 

Vergleichend chemische Untersuchungen über das normale 
Pferdeserum und das Diphtherieheilserum. 

Von Dr. Felix von Szontagh und Oscar Wellmann. 
Aus dem physiologischen Institute der thierärztlichen Academie in Budapest. 

(Deutsche med. Wochenschrift 1898, No. 97.) 

Die Verff. berichten über vergleichende Untersuchungen, 
welche sie über normales Pferdeserum und Serum von Diph¬ 
therie-Heilserum liefernden Pferden vorgenommen haben. Was 
den Gehalt des Serums an Nucleoalbumin anlangt — von 
einigen wird nämlich die immunisirende und heilende Wirkung 
des Serums mit Nucleoalbuminen in Zusammenhang gebracht —, 
so fanden dieselben in vielen Parallelversuchen, dass weder im 
normalen Serum noch auch im Heilserum Nucleoalbumin ent¬ 
halten ist; das wirksame Agens des Heilserums kann 
demnach kein Nucleoalbumin sein. Die Berechnung 
des Eiweissgehaltes wurde sowohl nach der Kjeldahl’- 
schen Methode (Bestimmung des N-Gehaltes) wie auch durch 
Fällung ausgeführt; beide Methoden gaben übereinstimmende 
Resultate und lehrten, dass die Eiweisskörper im Blutserum 
während der Immunisirung keine wesentliche Modification er¬ 
litten haben konnten in dem Sinne, dass die Eiweissmolecüle 
in nennenswerther Weise zu einfacheren (nicht eiweissartigen) 
Verbindungen zerfallen wären, und dass aych die N-haltigen 
Körper sich quantitativ nicht veränderten. Dagegen zeigte sich 
merkwürdiger Weise, dass das Heilserum bei 12 ver¬ 
gleichenden Analysen um 0,253 °/ 0 mehr Eiweiss 
enthält als das Normalserum. Hinsichtlich des speci- 
fischen Gewichtes, des Asche- und des Chlor¬ 
gehaltes ist ein Unterschied zwischen beiden Serumarten 
nicht nachzuweisen. 

Dagegen ergaben sich wesentliche Unterschiede zwischen 
beiden Sera in der Gefrierpunktserniedrigung und im 
elektrischen Leitungsvermögen. Durch vergleichende 
Untersuchungen von Serumarten verschiedener Quellen wurde 
immer festgestellt, dass die Gefrierpunktserniedrigung und die 
elektrische Leitungsfähigkeit im Heilserum geringer sind 
als im normalen Serum, und zwar nehmen beide Factoren 
während der Immunisirung anscheinend proportional dem 
Antitoxinwerthe ab. 

Wenn in der That das elektrische Lcitungsvermögen des 
Blutserums während der Immunisirung abnimmt und zwar, wie 
cs scheint, um so mehr, je höher der Antitoxingehalt steigt, 
dann wäre cs, wie die Verfasser annchmen, möglich, uns über 
den Heilwerth des Serums aus dessen elektrischem Leitungs¬ 


vermögen wenigstens annähernd zu orientiren, ein Verfahren» 
das jedenfalls einfacher wäre, als das Thierexperiment. 

Casper. . 


Wirkung des Jodkaliums bei Septicämie. 

Von F. L. Müller-Horneberg. 

(Berl. Thierärztl. Wochenschrift 1898, No. 30.) 

Müller berichtet über die Erfolge, welche er bei sep¬ 
tischer Allgemeininfection in Folge Verletzung der Geburtswege 
durch innerliche Verabreichung von Jodkafi zu verzeichnen 
hatte. In drei von vier Fällen ist vollständige Genesung der 
fast hoffnungslos erkrankten Kühe eingetreten; der erste Fall 
verlief tödtlich. Es waren 2 Mal 6,0 Jodkali gegeben worden, 
worauf anscheinend Besserung eintrat. Die übrigen Patienten 
erhielten je 2 Mal 12,0 Jodkali innerhalb 6 Stunden, worauf 
sich Besserung des Allgemeinbefindens, Abfall der Temperatur 
und allmälig völlige Genesung einstellte. Bei einer Kuh war 
eine dritte Gabe von Jodkali erforderlich, da die Besserung 
anfänglich nur geringgradig war. 

Bei der verendeten und zwei anderen Kühen fand eine 
örtliche Behandlung der erkrankten Genitalien statt; im letzten 
Falle, der mit einer heftigen Entzündung der Harnröhre und 
der Blase einherging, unterblieb diese. Die auch hier ein¬ 
getretene völlige Wiederherstellung der Patientin veranlasst M., 
die Ansicht auszusprechen, dass die örtliche Behandlung be¬ 
langlos sei. Unangenehme Nebenwirkungen in Folge der hohen 
Jodkalidosen in der schnellen Wiederholung wurden nicht 
beobachtet. Garth. 


Excessives Erbrechen bei Pferdekolik. 

Von Bezirksthierarzt Gerstenberger in Villach. 

(Thierärztliche* Centralblatt, 1898, No. 18.) 

G. wurde zur Behandlung eines kolikkranken Pferdes ge¬ 
rufen und ordinirte, da die Erscheinungen für eine bestimmte 
Kolikart nicht charakteristisch genug waren, rectale Seifen¬ 
wasserinfusionen, kräftige Frottationen und später eine Aloe¬ 
pille. Da die Unruhe anhielt, wurde eine subcutane Injection 
von 0,3 Morph, und 0,015 Atropin gemacht. Als G. einige 
Stunden darnach den Patienten wieder besuchte, wurde ihm 
Seitens des Kutschers berichtet, dass das Pferd ein paar Mal 
grünlichen Brei durch die Nase erbrochen hätte. Während der 
Anwesenheit von G. geschah es öfters, dass das Pferd, das 
nebenbei bemerkt ein starker Weber war und trotz Kolik 
seiner Untugend oblag, von Zeit zu Zeit ängstlicher wurde, 
heftiger athmete, die Bauchmuskeln zusammenzog und darnach 
Ingestis durch die Nase entleerte. Das Erbrechen dauerte 
einige Stunden fort und brachte jedesmal dem Patienten sicht¬ 
lich Erleichterung, weshalb nichts dagegen vorgenommen wurde. 
Mit dem Aufhören des Erbrechens war die Kolik beseitigt. 

Görig. 


Starrkrampf beim Pferde mit Tizzoni’sehem Tetanus¬ 
antitoxin geheilt. 

Von Tizzoni. 

(La clinica veterinaria, 1898, S. 341.) 

Schon vor der Herstellung des Beh ring'sehen Heilserums 
hat T. ein nach ihm benanntes Antitoxin gegen Tetanus her¬ 
gestellt. Bisher hatte dasselbe nur Anwendung beim Menschen 
gefunden und sich auch wirksam erwiesen. Der Starrkrampf 
des Pferdes war noch nicht Gegenstand der Behandlung mit 
T.’s Antitoxin gewesen. Gelegenheit hierzu hatte T. kürzlich 
bei einem Militärpferde. Dasselbe war 7 Tage offensichtlich 
an Starrkrampf erkrankt. Es erhielt eine intratracheale Injection 
von Antitoxin mit 1 000 000 Immunitätseinheiten. Am folgenden 
Tage wurde eine ebensolche Dosis applicirt. 23 Stunden nach 
der ersten Injection trat bereits eine Besserung ein. Die Con- 


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DEUTSCHE THIER^KZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


369 


No. 42. 


traction der Backen- und Kruppenmuskulatur Hess nach. 2 Tage 
später war die Besserung noch weiter vorgeschritten. Das Pferd 
konnte sich ohne Beschwerden hinlegen und wieder aufstehen. 
Trotzdem erhielt Patient nochmals 1000000 Immunitätseinheiten 
intratracheal. Sein Befinden besserte sich zusehends. Plötz¬ 
lich (am 7. Behandlungstage) setzte eine ernste Verschlechterung 
im Zustande des Patienten ein. Ergreifen und Kauen der 
Nahrungsmittel geschah beschwerlich. Die Muskelkrämpfe waren 
minder heftig. Patient erhielt daher am folgenden Tage eine 
4. Injection von Antitoxin. Am nächsten Tage war der Zu¬ 
stand derselbe. Das Pferd zeigte an dem früher bereits er¬ 
krankten rechten Vorderfuss deutliche Lahmheit. Beim Nach¬ 
schneiden an der Sohle findet sich im Bereich der inneren 
Tracht Eiter zwischen Horn- und Weichtheilen, derselbe ist 
dünnflüssig und stinkend. Die Wunde wird mit Argentum 
nitricum behandelt und hierauf trat baldige Heilung ein. Das 
Pferde konnte ungefähr 4 Wochen nach Beginn der Behandlung 
seinen Dienst wieder aufnehmen. Frick. 


Beiträge zur Frage der Chloroform- und Chloralhydrat- 
narkose beim Pferd. 

Von Vennerholm-Stockholm. 

(Zeitschrift für Thicrmedicm. II, 4, S- 241.1 

Die Narkose konnte in der Vetcrinärmedicin nicht zu der¬ 
selben Ausbreitung gelangen, wie in der Humanmedicin, weil 
uns Thierärzten in der Praxis vielfach sachverständige Hilfe¬ 
leistung fehlt, weil häufig eine stärkere Fesselung des Patienten 
erforderlich würde, weil sie in der Anwendung bei Schlacht- 
thieren Bedenken begegnet, und endlich auch wegen des Geld¬ 
punktes. Dazu kommt noch, dass uns Thierärzten bisher eine 
wirklich bequeme und praktische Methode der Narkotisirung 
nicht zu Gebote stand. 

1 . Die Chloroform-Narkose. 

So ganz ungefährlich ist die Anwendung des Chloroforms- 
beim Pferde nicht, wie Viele annehmen. Verfasser sah Todes- j 
fälle während der Chloroformnarkose beim Pferde (systolische 
Herzlähmung) und erwähnt die von Fröhner -Berlin in der 
Literatur mitgetheilten. Häufig sind gewisse Complicationen. 
Beispielsweise sieht man manchmal, dass nach dem Erwachen 
aus der Narkose Futterbälle im Schlund stecken bleiben, wenn 
das Thier bald nach der Operation gefüttert wird. Es zeigt 
sich Hustenreiz, Unvermögen zu schlucken, Salivation. Ob die | 
Fähigkeit, die Grösse der Bissen richtig abzumessen, abhanden l 
gekommen oder ob eine Parese der Schlund-Musculatur, ob I 
Mangel an Speichelsecrction oder ob ein krankhaftes Hunger- j 
gefühl, weil man ja die Thierc meist vor der Chloroformirung | 
hungern lässt, vorliegen, ist nicht entschieden. Eine Pilocarpin¬ 
oder Arecolin-Injection schafft Abhilfe. Man kann auch, ob- ! 
gleich dies nicht ungefährlich ist, zur Schlundsonde greifen. . 

- Bei alten Thiercn folgt auf eine Narkose manchmal mehrere 
Tage anhaltende Dyspnoe, die unschwer auf Herzschwäche 
zurückgeführt werden kann. Diese Dyspnoe ist auch zuweilen 
mit hohen Temperaturen von 41 ~42"C. verbunden und führt 
dann zum Tode. Man findet starke parenchymatöse und fettige 
Degeneration des Herzmuskels und Lungenödem. 

Die Dosis des Chloroforms wird sehr verschieden ange¬ 
geben, die Einen wollen mit 20—30 g auskommen, Andere 
gebrauchen 100 200 g. Es kommt ganz darauf an, wie man 

das Chloroform zur Anwendung bringt. Die Chloroformdämpfe 1 
müssen dauernd stark erhalten werden, andernfalls erwacht das 
Thier zwischen je zwei Aufgiessungen und es wird in Folge 
dessen viel mehr Chloroform gebraucht, auch dauert es viel 
länger, bis die vollkommene Bewusstlosigkeit eintritt. Es ge¬ 
nügt nicht, schon beim Aufhören der Zungenreaction die Nar¬ 
kose zu unterbrechen. Der Cornealreflex giebt den Anhalt. 

Vennerholm’s Apparat zur Chloroform - Narkose, der 
schon vor Jahren in Hauptner's Katalog abgebildet war, ist 
wie folgt construirt. In einem Reservoir, das mit Deckel ver¬ 


sehen ist, befindet sich ein Schwamm. Am Deckel befindet 
sich ein Knierohr, an dessem freien Ende ein schwach federndes 
Ventil sitzt, welches sich bei der Inspiration öffnet und bei der 
Exspiration schliesst. Ein anderes verschliessbares Rohr dient 
zum Eingiessen des Chloroforms. Vom Boden des Reservoirs 
aus geht ein mit einer muschelartigen Erweiterung abschliessendes 
Rohr, welche auf die Nasenöffnungen des Pferdes passt. Die 
Exspirationsluft entweicht durch ein von der Muschel sich ab¬ 
zweigendes Rohr, dessen Ventil sich beim Ausathmen öffnet. 
Die Exspirationsluft passirt also nicht das Reservoir, wodurch 
Chloroform gespart wird. Bei Anwendung dieses Apparates 
braucht Vennerholm 30—200 g Chloroform, je nach der 
Empfänglichkeit des Thieres. Der Apparat hat den grossen 
Vortheil, dass er nur die Nasenöffnungen bedeckt, das Maul 
und die Lippen aber zu einem operativen Eingriff freilässt. — 
Ein anderer, viel einfacherer Apparat leistet auch gute Dienste. 
Ein aus weichem Eisendraht gearbeiteter Korb ist so geformt, 
dass er mit seinen Rändern der Oberlippe, den Partien über 
den Ossa intermaxillaria sowie dem Nasenrücken dicht anliegt 
und so ausgehöhlt, dass er zwischen den Nasenflügeln einen 
Raum von 5 cm freilässt. Darin finden zwei platte Schwämme 
Platz. Aussea ist der Korb mit dickem Flanell überzogen. 
Die Schwämme werden durch Spangen in ihrer Lage gehalten. 
Der Apparat muss bei jedem Chloroformaufguss fortgenommen 
werden, so dass das Pferd ein paar Athemzüge frischer Luft 
athmet. Dadurch wird zweifellos die Narkose verzögert und 
Chloroform verschwendet. Diesem Uebelstand begegnet man 
nach Vennerholm’s Vorschlag durch folgende Aenderung 
an der Chloroformirungsmaske. Das Drahtgerippe wird doppelt 
angelegt, das äussere Gerippe lässt sich wie ein Visir durch 
Anbringung eines Charniers aufklappen. Man kann auf diese 
Weise, ohne die Schwämme von den Nasenöffnungen zu ent¬ 
fernen, Chloroform aufgiessen. 

Von der Anwendung des Morphins zur Beschleunigung der 
Narkose und Vervollständigung der Wirkung des Chloroforms 
sah Vennerholm trotz Dosen von 0,6—1,25 g nicht die 
günstige Wirkung, die andere Chirurgen beschrieben haben. 
Die Chk>roformdosis blieb die gleiche. 

2. Die Chloralhydrat-Narkose. 

Beim Chloralhydrat fehlt die excitirende Wirkung. Bei 
mittelgrossen Dosen wird Puls, Respiration und Körperwärme 
nicht wesentlich beeinflusst. Chloralhydrat wirkt stark ent¬ 
zündungserregend, es wird deshalb am besten durch intravenöse 
Injection oder in starker Verdünnung und am liebsten mit 
Schleim per os oder per rectum applicirt. Die intravenöse 
Dosis ist 50 — 60 g. 200—300 g per os gelten als tödtliche 
Dosis. 

Sehr empfehlenswerth ist die gemischte Chloralhydrat- 
Chloroform-Narkose. Das Excitationsstadium ist sehr gering. 
Man kommt mit 25 — 50 g Chloroform aus. Das Chloroform 
wird 10 Minuten nach der Chloralhydrat-Injection angewandt. 

Das Chloralhydrat wird in der dreifachen Menge destillirten 
Wassers gelöst und destillirt und darnach auf Körpertemperatur 
erwärmt. Die Injcctionsspritze muss die ganze Lösung (ca. 200 g) 
fassen. Die Nadel wird durch die Haut und Venenwand schief 
nach innen, hinten und innen eingestochen. Ist die Vene ge¬ 
troffen, so strömt das Blut aus der Canülc. Die Chloralhydrat- 
lösung wird nun langsam eingespritzt. In einer Minute ist die 
Wirkung da. Meist fällt das Pferd nieder, andernfalls ist es 
leicht niederzulegen. 

Bei der intravenösen Chloralhydrat-Injection kommen 
mancherlei Complicationen vor. Kommen einige Tropfen der 
Lösung in das perivasculäre Zellgewebe, so entsteht eine Phle¬ 
bitis der V. jugularis, die meist purulent wird und zur Thrombo¬ 
phlebitis führt. — Es wird ferner zuweilen als Folge der In¬ 
jection beobachtet oberflächliche Athmung, starke Pupillen¬ 
dilatation, Jugularpulsation. Trotzdem bleibt die Chloralhydrat- 
Narkose eine sehr bequeme, namentlich dort, wo es an Hilfs¬ 
kräften zur Durchführung der Chloroform-Narkose fehlt. 

Froehne r - Fulda. 


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3/0 


DEUTSCHE THIER^ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


15. Oktober. 


Zur Aetiologrie der primären Pleuritis. 

Von Dr. Aronsohn-Röbel. 

(Berliner Thierärztl. Wochenschrift, No. 38, 1898.) 

A. beobachtete zu verschiedenen Zeiten bei zwei jedesmal 
8 Wochen alt gewordenen Fohlen derselben Stute die Er¬ 
scheinungen einer exsudativen Pleuritis. 

Die Krankheit nahm in jedem Falle einen tödtlichen Aus¬ 
gang am 3. bezw. 4. Krankheitstage. 

Bei derSection zeigten sich die Lungen gesund; in den Pleura¬ 
fäden fand sich grauröthliches, trübes, wässeriges Exsudat. Die 
Pleura costalis war mit dickem, festem, fibrinösem Belag überzogen. 

Nach Lage der Verhältnisse, welche Erkältung und In- 
fection ausschliessen, glaubt A. die Erkrankung auf den Um¬ 
stand zurückführen zu sollen, dass beide Fohlen jeweils 10 bis 
12 Tage vor dem Ausbruch der Krankheit Gelegenheit hatten, 
mit der Mutter Wicken in nennenswerther Menge zu fressen. 
Ebenso wie nach Wickenfütterung Erkrankungen der Hirnhäute 
und der Huflederhaut auftreten könnten, so vermöchten auch 
»die in den Wicken präformirten oder sich aus denselben im 
Körper bildenden Schädlichkeiten« Erkrankung der serösen 
Häute, besonders des Brustfells, mit rasch tödtlichem Ausgang 
zu erzeugen. G a r t h. 

Zwei Fälle von Arteriosclerose beim Pferde. 

Von Rossarzt Krüger. 

(Zeitschrift f. Veterinarkunde 1898, S. 308.) 

Nach Vorausschickung einiger literarischer Notizen über 
die pathologische Anatomie des obigen Leidens führt K. zwei 
Fälle dieser Art an. 

1. Ein Dienstpferd erkrankte an Kolik, genas jedoch unter 
entsprechender Behandlung bald. Schon gelegentlich dieser 
Kolik wurde bei dem fraglichen Pferde ein Herzfehler fest¬ 
gestellt. Der Herzschlag war unregelmässig, zeitweise, nament¬ 
lich bei Aufregung pochend. Er konnte dann nicht nur an 
der linken Rippenwand gefühlt, sondern auch an der Bauch¬ 
wand gehört werden. Oft war dieses Pochen so stark, dass 
das ganze Pferd erzitterte. Aftergeräusche nicht vorhanden, 
dagegen fehlte zuweilen ein Herzton. Dieser Zustand bestand 
unter scheinbarer Besserung einige Zeit, verschlimmerte sich 
jedoch dann plötzlich und führte innerhalb 5 Minuten zum 
Tode. Bei der Obduction war erhebliche Verdickung und Ver¬ 
kürzung der Mitralis vorhanden, sowie Hypertrophie des Herzens. 
In der Aorta, dicht oberhalb der unveränderten halbmondförmigen 
Klappen fand sich eine bohnengrosse Verdickung. Dieselbe war 
von der scheinbar intacten Intima überzogen. 10 cm oberhalb 
dieser Verdickung war eine zweite ebensolche, die sich auch fest 
und derb anfühlte und auf der Oberfläche und auf dem Durch¬ 
schnitt gelb, wie die Aortenwand aussah. Zwischen beiden Ver¬ 
dickungen lagen neben einander zwei Defecte in der Aortenwand. 
Der eine war 4 cm lang, 2 cm breit, der andere 2 cm lang und 
breit. An diesen Stellen fehlte die Intima ; es lagen daselbst 
kleine, bis linsengrosse, scharfkantige Knochenplatten. Die wall¬ 
artigen Ränder der Defecte waren wie zerfressen und verknöchert. 

2. Ein Pferd war mit chronischem Magenkatarrh behaftet 
und magerte trotz Behandlung zusehends ab. Es lag viel und 
ging an Decubitalgangrän ein. Während des Lebens war ein 
Herzfehler nicht festzustellen gewesen. Bei der Obduction fand 
sich: Verdickung der Tricuspidalis und in der Aorta 3 cm 
oberhalb der halbmondförmigen Klappen zwei warzenartige Ver¬ 
dickungen der Aortenwand, welche 1 cm von einander entfernt 
waren. Sie waren über bohnengross, ihre Oberfläche glänzend, 
höckerig. Sie sassen mit schmaler, scharf begrenzter Basis auf 
und waren hart wie Knorpel. Hinter einer halbmondförmigen 
Klappe (in der Tasche) sass eine ebensolche Geschwulst, die 
der Aorta mit breiter Basis aufsass. 

Ueber die Ursache war nichts zu ermitteln. Namentlich 
war nicht festzustellen, ob die Pferde an der Brustseuche ge¬ 
litten hatten, obwohl sie aus Truppentheilen stammten, in denen 
diese Seuche umfangreich geherrscht hatte. Frick. 


Laparatomie bei einem Pferde. 

Von Fred. Hobday, Royal Veterinary College, London. 

(The Journal of Comparative Pathology and Therapcutics, 1897, Vol. X, Part. 4.) 

Am 20. November früh erkrankte eine 9 Jahre alte Stute 
(Zugpferd) an Kolik. Während der daraufgehenden Nacht 
war kein Koth .abgegangen, auch wurde kein Futter auf¬ 
genommen. Auffallend war eine eigenthümliche Art des Nieder- 
knieens mit möglichst hochgehobenem Hintertheile. Schmerz¬ 
schauer wechselten mit kurzen Ruhepausen. Temperatur normal, 
Puls und Athmung leicht beschleunigt. Belladonna-Extract, 
Terpentinöl und Leinöl wurden ohne Erfolg angewandt. Für 
den Abend wurde eine abführende Gabe Aloe verordnet. Die 
Mastdarmuntersuchung ergab, dass dieser fast völlig leer war, 
während sich der übrige Dickdarm mit breiigen Inhaltsmassen 
angefüllt zeigte. Während der nächsten 4 Tage fanden die 
gleichen Schmerzensäusserungen in kurzen Zwischenräumen 
statt wie am 20. November. Etwas wässriger Koth wurde 
am 22. und 23. November abgesetzt. Appetit sehr gering, 
Temperatur normal, Puls 65 Schläge in der Minute. Krampf¬ 
stillende Mittel und eine weitere Gabe Aloe hatten keine 
Wirkung. Am 24. November wurde der Mastdarm völlig leer, 
der Grimmdarm mit harten Inhaltsmassen angefüllt gefunden. 
Es wurde nunmehr beschlossen, bei dem Pferde, ehe es 
schwächer wurde, sofort die Laparotomie vorzunehmen. 

Das Thier wurde auf die linke Seite gelegt und eine grosse 
Fläche in der rechten Flanke geschoren, rasirt und 20 Minuten 
lang mit Wattebäuschen bedeckt, welche mit Chinosollösung 
getränkt waren. In Chloroformnarkose wurde nunmehr von 
einem ungefähr 7 Zoll unter dem äusseren Darmbeinwinkel 
und 3 Zoll von der hinteren Begrenzung der falschen Rippen 
entfernt gelegenen Punkte ein 6 Zoll langer, nahezu senkrechter 
Schnitt angelegt und der äussere schiefe Bauchmuskel unter 
Zurückziehung des rechten Hinterschenkels durchschnitten. 
Der innere schiefe Bauchmuskel wurde zur Vermeidung von 
Blutungen mit Skalpelgriff und Finger durchtrennt. Alle Blut¬ 
gefässe wurden mit Arterienklammern gefasst und die Wund¬ 
ränder von Zeit zu Zeit mit Chinosollösung (1 : 1200) betupft. 
Nachdem noch das Bauchfell mit dem Messer durchschnitten und 
Arm und Hand nochmals gründlich desinficirt war, wurde nach 
der Ursache der Verstopfung geforscht. Als solche wurde ein sehr 
grosser, harter, trockener Kothball am Ende des Doppelcolons 
festgestellt. Nachdem derselbe etwa 10 Minuten lang von 
aussen mit den Fingern geknetet war, zerbrach derselbe in 
mehrere harte, knotige Stücke. Da weitere Hindernisse im 
Darm nicht festgestellt wurden, so unterblieb die Herausnahme 
bezw. Oeffnung des Darms. Peritoneum, Muskeln und Haut wurdeh 
einzeln auf das Sorgfältigste geheftet und das Ganze mit einem 
in Chinosol getauchten Wattebausch bedeckt. Die Operation 
fand Abends bei Lampenlicht statt und dauerte 3 l j t Stunden. 

Eine Stunde nach der Operation stand die Stute auf 
und schien ganz frei von Schmerzen. Am 25. November früh 
8 Uhr nahm sie etwas Wasser und Haferschleim, sowie etwas 
Gras und einige Mohrrüben. Um 10 1 / 2 Uhr war die Respiration 
normal, Temperatur 40" C. Puls 72 Schläge in der Minute. 
Um 11 Uhr wurde eine Quantität weichen Kothes mit 3 oder 
4 harten Stücken abgesetzt. Dieses war der erste Kothabgang 
seit dem 20. November. Auch um 8 Uhr Abends war der 
innere Befund wie am Vormittage, Schmerzäusserungen waren 
nicht wieder aufgetreten. Am 26., 27. und 28. November 
hielt der Appetit an, auch wurde wässriger Koth abgesetzt. 
Puls und Temperatur wie am 25. November. Keine Schmerz¬ 
äusserung. Die Wunde wurde zweimal täglich mit Chinosol¬ 
lösung gereinigt und vom 28. ab offen behandelt. Am 29. No¬ 
vember war der Appetit nicht so gut als bisher, Athmung etwas 
beschleunigt. Nach vorübergehender Besserung am 30. No¬ 
vember versagte Patient am 1. Dezember jegliches Futter, 
schwitzte heftig und stand mit gesenktem Kopfe in der Ecke. 
Koth war in der vorhergenden Nacht nicht mehr abgesetzt, 
auch schien Patient wieder Schmerzen zu haben. Temperatur 
40,5 °C., Puls beschleunigt. Da krampfstillende Mittel keine 
Besserung brachten, tödtete der Besitzer die Stute am Abend. 


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No. 42. 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


37i 


Die Section ergab völlige Heilung des Peritoneums an 
der Schnittstelle. Nicht die geringste Spur Eiter fand sich auf 
der Innenfläche vor. Auch der innere schiefe Bauchmuskel 
schien völlig vereinigt und sah gut aus. In den Spalten der 
äusseren Wunde fand sich übelriechende eitrige Flüssigkeit vor. 
Der Darm selbst zeigte am Ende des Doppelcolons offenbare 
Entzündungserscheinungen. Beim Einschneiden fand sich ein 
ca. 6 Pfund schwerer, 18 1 / 8 bis 19 '/ 2 Zoll im Umfang messender 
harter Kothballen vor. Derselbe war so gelagert, dass er das 
Darmlumen völlig verschloss. Die Masse stellte lediglich ver¬ 
härteten Darminhalt dar und konnte mit dem Messer leicht 
durchschnitten werden. 

Hobday knüpft hieran die Bemerkung, dass Laparo¬ 
tomie und Laparo-Enterotomie beim Pferde nur bei absolut 
sicherer Diagnose und unter Berücksichtigung der möglichen 
Folgen bei Unterlassung der Operation ausgeführt werden sollen. 
Die glatte Heilung der Peritonealwunde in dem vorliegenden 
Falle zeige, 'dass bei Innehaltung peinlicher Asepsis Peritonitis 
nicht sehr zu fürchten sei. Die Blutung bei Durchschneidung 
der Bauchmuskeln sei auffallend gering, worauf bereits Dollar, 
Rogers und Rickards aufmerksam gemacht hätten. Inter¬ 
essant sei auch der Umstand, dass nach theilweiser Zertrümme¬ 
rung des Concrements im Darm die Schmerzen sogleich auf¬ 
hörten. Ob das bei der Section gefundene grosse Concrement 
zur Zeit der Operation bereits vollständig vorhanden war oder 
erst in der Woche nach der Operation diese Grösse erreichte, 
oder ob dasselbe mit dem theilweise zertrümmerten identisch 
und durch Wiedervereinigung der Bruchstücke sich aufs Neue 
gebildet hatte, muss fraglich bleiben. A. Eber. 


Behandlung: der Haemoglobinämie mit Veratrin. 

Von Wundt-Linx. 

(Berliner thierärztliche Wochenschrift, No. »8, 1898.) 

W. applicirte einem schwer an Hämoglobinämie erkrankten 
Pferde »zur Probe« eine Injection von Veratrin. sulf. 0,1. Als¬ 
bald nach der Injection efhob sich der Patient, zeigte starken 
Schweissausbruch, setzte mehrmals dunklen Urin ab, nahm 
Futter und Getränk auf und genas vollständig. W. hatte bis 
jetzt keine Gelegenheit, die »Probeinjection« zu wiederholen. 

G ar th. 


Oeffentliches Veterinärwesen. 

Experimentelle Untersuchungen über das Texasfieber 

des Rindes. 

(Bull, of the Agricultural Experiment Station of Louisiana State University. II. Sems, No. 51.) 

Den Untersuchungen des genannten Instituts geht eine Be¬ 
schreibung der Erscheinungen und des pathologisch-anatomischen 
Befundes vorauf. Bei der Wichtigkeit, welche genannte Seuche 
auch für uns zeitweise besessen hat bezw. jeden Tag wieder 
erlangen kann, dürfte die Symptomatologie und der Obductions- 
befund hier eingehendere Würdigung finden. 

In den heissen Sommermonaten tritt die Krankheit meist 
acut auf. Es geschieht dies plötzlich, so dass eine Heerde 
nach der Infection fast gleichmässig erkrankt. Bereits einige 
Tage vor der offensichtlichen Erkrankung werden Temperaturen 
von 40,5—42,0 0 gemessen. Auf dieser Höhe bleibt auch die 
Temperatur bis fast zum Tode oder zur Genesung. Vor dem 
Tode kommt häufig subnormale Temperatur zu Stande. 

Die Zahl der Athemzüge steigt bis auf 60 — 100 pro Minute, 
die der Pulse auf 90—100. Der Puls bleibt in der ersten Zeit 
der Genesung noch stark frequent. Naht der Tod, dann werden 
die Herzschläge schwächer und nehmen an Zahl zu, die Zahl 
der Athemzüge sinkt jedoch mit der Körpertemperatur unter 
di6 Norm. Der entleerte Urin ist oft dunkelroth durch Hämo¬ 
globin. Dieses Symptom fehlt bei acuten Fällen fast nie. Der 
Darmtractus ist regelmässig mit afficirt. Die Fäces werden 
weicher und sind mehr oder weniger stark durch Gallenfarb¬ 


stoff gefärbt. Appetit und Wiederkauen fehlt. Erscheinungen 
von Seiten des Nervensystems sind zuweilen vorhanden und 
zeigen sich durch Sehstörungen, Krämpfe, wackelnden Gang, 
Muskelzittern der hinteren Gliedmassen. 

Das durch Einschnitt entleerte Blut ist dünn, wässerig, 
blassgefärbt. Die Zahl der rothen Blutkörperchen ist auf 
1 — 2000000 im Cubikcentimeter verringert in Folge des massen¬ 
haften Zerfalls derselben. 

Die Dauer der Krankheit schwankt, jedoch hält das con- 
tinuirliche, hohe Fieber selten länger als 8—10 Tage an. Bei 
genesenden Thieren bedeutet Temperaturabfall stets das Ende 
des Zerfalls der rothen Blutkörperchen. Die chronische Form 
tritt mehr in den nördlichen Breiten und nach den heissen 
Monaten auf. Die Erscheinungen derselben sind nur graduell 
von denen der acuten Form verschieden. 

Die Obduction liefert in der Hauptsache folgenden Befund: 
Fett in einzelnen Fällen deutlich gelb gefärbt. Rechter Ven¬ 
trikel mit flüssigem oder geronnenem Blute prall gefüllt. Linker 
Ventrikel gewöhnlich contrahirt, enthält nur wenig Blut. Ecchy- 
mosen unter Peri- und Endocardium sind stets vorhanden. 

Die Milz ist in acuten Fällen 2—4 Mal so schwer als normal. 
Die Pulpa ist dunkel braunroth, wie Brombeermarmelade durch 
massenhafte Anwesenheit von rothen Blutkörperchen. 

Die Leber ist stets bedeutend vergrössert, hyperämisch, 
gelb gefärbt (icterisch) und fettig degenerirt. Die Schnittfläche 
ist blasser als normal und fleckig. Die Gallengänge sind verstopft, 
die Leberzellen fettig zerfallen. In der Gallenblase findet sich viel 
Galle. Letztere hat die Farbe gekauten Grases und ist faden¬ 
ziehend. Beim Stehen im Gefäss setzt sie eine Schicht Flocken ab. 

Die Farbe der Nieren variirt je nach der Schwere des 
Falles. Sterben die Thiere frühzeitig, dann sind die Nieren 
vergrössert und gleichmässig dunkelrothbraun. In der Harn¬ 
blase findet sich dann Urin von Portweinfarbe. 

Ueber die Entwicklung der bei dem Texasfieber so starke 
ursächliche Bedeutung besitzenden Zecke (Boophilus bovis) ist 
Folgendes bemerkenswert!!. 

Das stark geschwollene Weibchen, welches sich stets auf 
den Rindern findet, lässt sich auf den Boden fallen und legt 
an versteckten Orten 1500 — 3000 Eier ab. Im Sommer 
kriechen aus diesen Eiern innerhalb 15—20 Tagen die sechs- 
beinigen Jungen aus, die sog. »seed ticks«. Diese leben in 
Colonien auf den höchsten Spitzen des Grases, von wo sie leicht 
auf die Rinder gelangen. Sie haken sich dann auf den Rindern 
fest mit ihren Kauwerkzeugen und häuten sich nach 12 bis 
15 Tagen, wo sie das 4. Beinpaar erhalten. Nach der zweiten 
Häutung sind die Zecken geschlechtsreif, sie begatten sich und, 
nachdem sie sich mit Blut vollgesogen, fallen sie von ihrem 
Wirthe ab. Sie wechseln ihren Sitz am Wirthe nicht und 
werden sie von der Stelle, wo sie sich festgehakt hatten, ent¬ 
fernt, so sterben sie unbedingt ab. 

Die experimentellen Untersuchungen über die Entwicklung 
der Eier haben ergeben: 

1. Wasser, selbst heftige Regengüsse, stört die Entwick¬ 
lung der Eier nicht. 

2. Licht, vor allen Dingen Sonnenlicht, tödtet die Eier in Kürze. 
Daher leben die Zecken fast ausschliesslich auf Waldwiesen. 

3. Kälte zerstört einen Theil der Eier, der übrig bleibende 
Theil zeigt stark verzögerte Entwicklung. 

4. Die Wärme scheint sehr ungleichmässig auf die Ent¬ 
wicklung der Eier einzuwirken; die Experimente haben zu 
keinem constanten Ergebniss geführt. 

Das Ueberkriechen der jungen Zecken auf den Wirth 
geschieht in der Weise, dass sie sich mit den beiden Hinter¬ 
beinpaaren an den Spitzen der betreffenden Pflanzen halten, 
während das vordere Beinpaar beständig in der Luft schwebt. 
In dieser Stellung erwarten sie vorübergehende Rinder und 
haken sich an denselben fest. 

Eingehende Untersuchungen haben gelehrt, dass 

1. die jungen Zecken, so lange sie zu mehreren vereint 
sind, durch Wasser nicht leiden, sondern auf diesem lange Zeit 
schwimmen. Sobald sie einzeln sind, ertrinken sie jedoch. 

2. dass eine Temperatur von nicht unter —8,5° sie nicht 


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372 


DEUTSCHE THIER.ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


15. Oktober. 


tödtet, sondern nur in Kältestarre versetzt, aus der sie sehr 
schnell wieder erwachen bei Erhöhung der Temperatur. 

Während die Zeckenbrut gegen Regen wenig empfindlich 
ist, wird die erwachsene weibliche Zecke durch Regen bezw. 
viel Wasser sehr leicht ertränkt. Ebenso sterben sie alle mit 
einander durch eine Temperatur von —6,5 U C. 

Auch die Eiablage von Seiten der weiblichen Zecke ver¬ 
läuft verschieden je nach der Lufttemperatur. Je niedriger 
letztere, um so später erfolgt die Eiablage nach dem Verlassen 
des Wirthes, so dass dieser Zeitraum von 12—48 Stunden im 
Sommer bis zu 3 Wochen im Winter beträgt. 

Die Vernichtung der Zecken auf den inficirten Weiden 
gelingt sehr leicht, wenn die betreffenden Weiden ein Jahr 
durch von Rindvieh nicht beweidet werden. Da dann den 
Zecken, namentlich der Brut, die Bedingungen zur Fortpflanzung 
und Ernährung fehlen, gehen sie zu Grunde. 

Dasselbe erreicht man zum grossen Theil durch Pflege der 
Weiden (Entfernung aller üppig wachsenden Pflanzen, die der 
Zeckenbrut Schutz gewähren). 

Auf den Rindern selbst lassen sich die Zecken durch 
Mineralöl, Fischthran, Baumwollsamenöl leicht tödten. Zu diesem 
Zwecke werden vielfach Bäder angewendet in der Weise, dass 
die Thiere einzeln durch eine Grube getrieben werden, in 
welcher sich Wasser befindet, auf dessen Oberfläche eine bei¬ 
nahe 1 Zoll dicke Schicht der obigen Fette schwimmt. Von 
derartigen Bädern sollen drei genügen, um alle Zecken zu 


tödten und die Thiere zeckenfrei auf die nördlichen Märkte 
bringen zu können. 

Die immunisirende Kraft des Blutserums von im Süden der 
Vereinigten Staaten geborenen Rindern, welche eine natürliche 
Immunität gegen das Texasfieber besitzen, sollte nach den An¬ 
gaben von Connaway genügen, um Rinder unempfänglich 
gegen die Seuche zu machen. Von 4 mit Serum behandelten 
Rindern starben 2 an typischem Texasfieber, trotzdem sie die 
Seruminjection in reichlicher Menge vor der Infection erhalten 
hatten. Die beiden anderen genasen, obwohl sie das Serum 
erst nach dem Auftreten des Fiebers bekommen hatten. Die¬ 
selben Misserfolge sind auch von anderen Experimentatoren 
erzielt worden, so dass die Serumbehandlung des Texasfiebers 
zur Zeit noch nicht empfohlen werden kann. 

Ueber die Beziehungen zwischen Weide, Zecke und Texas¬ 
fieber geben folgende Versuche Aufschluss: 

1. Gesunde Kühe, auf eine desinficirte bezw. zeckenfreie 
Weide gebracht, blieben gesund, erst nachdem ein mit Zecken 
besetztes Rind auf dieselbe Weide kam, starben die Versuchs- 
thiere am Texasfieber. 

2. Kühe, die auf einer desinficirten Weide gehalten wurden, 

blieben gesund, trotzdem sie von einer daneben gelegenen, mit 
Zecken besetzten Weide nur durch einen Stacketenzaun ge¬ 
trennt waren. Nachdem sie auf letztere Weide gebracht, er¬ 
krankten sie. Fr ick. 


Stand der Maul- und Klauenseuche im Deutschen Reiche Ende September 1898. *) 


.Nach den im Kaiserlichen Gesundheitsamte zusammengestelltcn Berichten der beamteten Thierärzte. — Veröffentlicht im Reichs-Anzeiger vom 5. Oktober 1898.) 



Schleswig 


Mecklenburg- 


■/ Marlerw/rder 


Stade 


p.'cfontiö'y- 


üi-om hV{f' 


Lüneburg 


Potsdam 


OsnabrDck 


Frankfurt 


iflnifcnk HJItfesh i./Bj 


tm °:fev^n« b «rg 


Von je 100 
Gemeinden 
waren am 
Schluß des Monats 
verseucht 


«Erfurt* 


Liegolt* 


^ Leipzig ! \ 
IhQringefi v i 

Ob/-: 


Bautzen 


'J-uxem^ 

.bürg 


Abkürzungen: 

W. I Neckarkreh W. 2 Schecaretoaldkreis 

W. 3 Jagatkrtia W. 4 Donaukreis 

B. I LandeskommLssariat Mannheim 

B. 2 „ „ Karlsruhe 

B. 3 „ „ Freiburg 

B. 4 r „ Konstanz 

H. I Provim Starkenburg 

H. 2 * Oberhessen 

H. 3 „ Itheinhessen 

Sch. Landuehrkompagnlebes. Schönberg 

0. I Oldenburg: Fürslenth. Lübeck 

0.2 „ lUrktnfeld 

Br. I Kreise Braunschweig, Wolfenbüttel, Helmstedt 

Br. 2 Kreise floletninden, Gandersheim 

Br. 3 Kreis Blankenburg 

S. Schaumburg-Lippe 

H. Hamburg L. Lübeck Br. Bremen 


Oberpfilz 


Niederbayi 


Eisass' 


CWt'i . 


x ) Inbegriffen sind auch diejenigen Gemeinden, in denen seuchekranke Thiere 
Vorschriften die Seuche noch nicht als erloschen erklärt werden konnte. 


nicht mehr vorhanden sind, in welchen aber nach den geltenden 

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No. 42 


DEUTSCHE TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


373 


Uebep Versuche mit Ferrisulfat zur Abtödtun? der de- 
nitriflcirenden Mikroorganismen des Stallmistes und der 
Erreger der Rothlauf- und Schweineseuche. 

Von Dr. O. Müller-Jena. 

(Journal für Landwirtschaft 1898, S. 207 1 

Nachdem Ri ecke dargcthan hatte, dass man im Stande 
ist, mit einem von der Firma Meyer und Riemann in 
Hannover-Linden hergestellten, grösstentheils aus Ferri¬ 
sulfat bestehenden Pulver infectiöse menschliche Entleerungen 
(Cholera, Typhus) sicher unschädlich zu machen, trat die Frage 
heran, ob nicht eine Bekämpfung gewisser Thierkrankheiten 
auf ähnliche Weise möglich sei. Von solchen Thierseuchen 
kamen für die vorliegenden Untersuchungen nur Schweineseuche 
und Rothlauf in Betracht. Daneben sollte zugleich festgestellt 
werden, ob das fragliche Präparat nicht geeignet ist, jene für 
die Landwirtschaft so bedeutsamen, durch Bakterien verur¬ 
sachten Stickstoffverluste zu verhindern. Es war deshalb die 
Aufgabe des Verf., zu prüfen, ob man mittelst des fraglichen 
Präparates die im Boden und im Dünger vorhandenen, de- 
nitrificirenden Bakterien in zweckmässiger Weise abtödten kann. 

Die von Müller angestellten Untersuchungen lieferten 
folgendes Resultat: 

Das fragliche Mittel ist ein .energisches Desinfectionsmittel 
und nicht nur geeignet, menschliche wie thierische infectiöse 
Entleerungen unschädlich zu machen, sondern auch im Stande, 
in zweckmässiger Weise die durch Bakterien bedingten Stick¬ 
stoffverluste des Düngers zu verhindern. Es dürfte sich 
aber nicht empfehlen, das Mittel in pulverförmigem Zu¬ 
stande anzuwenden, ganz besonders deshalb, weil ver- 
hältnissmässig grosse Mengen zur Erreichung des er¬ 
wähnten Zweckes erforderlich sind. Viel zweckmässiger ist die 
Verwendung des gelösten Präparates mit dem sich in einfacher 
Weise durch mehrmalige Begiessung des Düngers eine aus¬ 
reichende Wirkung erzielen lässt. Der Vortheil bei der Ver¬ 
wendung des gelösten Mittels gegenüber der des pulverförmigen 
Präparats besteht in einer leichte*n Applicationsweise und 
besonders in dem Verbrauche weit geringerer Mengen. Während 
dort beispielsweise mindestens 5 g zur Abtödtung der denitri- 
ficirenden Bakterien erforderlich waren, genügten hier schon 
zweimal je 20 g der 5proc. Lösung, also 2 g, um 100 g 
Dünger zu desinficiren. 

Casper.' 


Nahrungsmittelkunde. 

Verwendung der Borsäure als Conservirungsmittel. 

Die Frage, ob die Behandlung von Schinken mit Bor¬ 
säure gesundheitsschädlich ist, beschäftigte kürzlich die Straf¬ 
kammer in Elberfeld. In Solingen besteht, wie in andern 
Städten, eine Polizeiverfügung, die den Verkauf von mit Bor¬ 
säure eingeriebenen Schinken für strafbar erklärt, weil der 
Genuss solcher Schinken als gesundheitsschädlich gilt. Ein 
Solinger Colonialwaarenhändler kaufte nun im Januar bei einer 
Fleischgrosshandlung in Ohligs 70—80 amerikanische Schinken 
unter der ausdrücklichen Bedingung, dass die Waare nicht mit 
Borsäure conservirt sei. Als die Schinken in Solingen ankamen, 
wurden sie durch die Polizei beschlagnahmt, weil sie, wie auch 
später durch einen Chemiker festgestellt wurde, der Verein¬ 
barung zuwider mit Borsäure eingerieben waren, und zwar 
derart, dass auf ein halbes Pfund Schinken 0,915 g Borsäure 
kamen. Gegen den Ohiigser Fleischwaarenhändler wurde darauf¬ 
hin das Verfahren wegen Vergehens gegen das Nahrungsmittel¬ 
gesetz eingeleitet. In der Verhandlung erklärte Geh. Sanitätsrath 
Dr. Schulz vom Medicinalcollegiujn in Coblenz als Sachver¬ 


ständiger, dass der fortgesetzte Genuss von Borsäure gesund¬ 
heitsschädlich sei und dass Kranke bei der von Aerzten vor¬ 
genommenen Behandlung mit Borsäure gestorben seien. In 
anderen Fällen habe der Genuss von Borsäure bedenkliche Er¬ 
scheinungen, wie Ausschlag, Magen- und Darmkatarrh, Nieren¬ 
entzündung u. s. w. gezeitigt. Einige andere als Sachver¬ 
ständige geladene Aerzte schlossen sich dieser Ansicht an. 
Anderer Meinung war jedoch Professor Dr. Liebreich aus 
Berlin. Die Wissenschaft sei noch nicht darüber einig, ob 
Borsäure gesundheitsschädlich sei oder nicht. Auch das kaiser¬ 
liche Gesundheitsamt in Berlin halte die Untersuchung über 
diese Frage noch nicht für abgeschlossen. Die von Geh. 
Sanitätsrath Dr. Schulz angeführten schädlichen Wirkungen 
zeigten sich auch bei fortgesetztem Genuss von täglich im Ge¬ 
brauch befindlichen Substanzen, z. B. von Pökelfleisch. Unter 
solchen Umständen könne man mit Borsäure conservirte 
Schinken nicht als gesundheitsschädlich bezeichnen. Entsprechend 
diesem letzteren Gutachten erkannte der Gerichtshof auf kosten¬ 
lose Freisprechung des Angeklagten. 


Ueber einige Fortschritte der Molkereitechnik und ihre 
medicinische Bedeutung. 

Von Professor Dr. G. Gärtner in Wien. 

(Deutsche med. Wochenschrift 1898, No. 31.) 

Die Gewinnung und Zubereitung der Milch und der Milch¬ 
produkte hat in der letzten Zeit grosse Fortschritte gemacht; 
G. hat auch ein Verfahren angegeben, nach welchem es ermög¬ 
licht ist, die Zusammensetzung der Milch in beliebiger Weise 
zu verändern. Die Kuhmilch wurde bisher, um sie für Neu¬ 
geborene verdaulicher zu machen, verdünnt, dadurch wurde der 
Gehalt an schwer verdaulichem Käsestoff vermindert. Durch 
die Verdünnung wird aber auch ein Fehler eingeführt; während 
die Kuhmilch in ihrem Nährwerth der Frauenmilch ziemlich 
gleichsteht, wird dieser Werth durch die Verdünnung natürlich 
herabgesetzt. G. hat nun ein sehr einfaches Verfahren an¬ 
gegeben , um eine Milch herzustellen, deren Caseingehalt 
herabgesetzt ist, während der Fettgehalt so hoch ist, dass ihr 
Verbrennungswerth dem der Muttermilch nahezu gleichkommt. 
Die Kuhmilch wird beispielsweise mit gleichen Theilen Wasser 
verdünnt; dieses Gemenge wird auf den Milchseparator, eine 
Centrifuge, gebracht, in welchem sich das Leichte vom Schweren 
in wenigen Sekunden scheidet Die Trommel der Centrifuge 
besitzt zwei Abflüsse, aus dem einen an der Peripherie gelegenen 
fliesst die fast fettfreie Magermilch ab und aus dem anderen 
mehr nach der Mitte gelegenen fliesst die fettreiche Milch. 
Man kann den Apparat so reguliren, dass aus dem zweiten Ab¬ 
flüsse Milch von ganz bestimmtem Fettgehalt zu Tage tritt, 
zum Beispiel Milch, die nur den halben Käsestoff der Ursprungs¬ 
milch und ihren vollen Fettgehalt hat. 

Um den eigenthümlichen, brenzlichen, unangehmen Ge¬ 
schmack zu vermeiden, welcher der gekochten Milch anhaftet 
und viele Kranke von dem Genuss derselben abhält, füllt G. 
die Milch in Obstgläser (Einmachegläser), die einen cylindrischen 
Hals haben, und wirft in jedes Glas ein nussgrosses Stück 
reinen Paraffins, das bei 6o° schmilzt. Diese Gläser werden 
in einem Dampfkochtopf erhitzt, das schmelzende Paraffin bildet 
eine zusammenhängende Oelschicht an der Oberfläche und so 
kann man die Milch beliebig lange Zeit kochen, ohne dass die 
Milch mit der Luft in Berührung kommt. Die so gekochte 
Milch hat einen so geringen Kochgeschmack, dass Viele sie 
schon für roh gehalten haben. Nach der Abkühlung der Milch 
erstarrt das Paraffin an der Oberfläche und bildet eine 
schützende, feste Decke, so dass die Milch wie sterilisirte tage¬ 
lang aufbewahrt werden kann. 

Casper. 


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15. Oktober. 


DEUTSCHE TI I 1 ER/ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


374 


Thierzucht und Thierhaltung. 

Die Bedingungen der Production gehaltreicher Milch. 

Leitsätze aus einem Referate, erstattet in der Gesellschaft 
schweizerischer Landwirthe am 6. Mai 1898 

von Professor Dr. A. Kraemer-Zürich. 

Den vorzugsweise werthbestimmenden Bestandthcil der 
Trockensubstanz der Milch bildet das Milch- oder Butter¬ 
fett. Im Gesichtspunkte der Oekonomie der Magersennerei 
berechnet sich der Werth des Butterfetts zu demjenigen der 
fettfreien Trockensubstanz zur Zeit etwa = 7:1. Die hervor¬ 
ragende Werthstellung des Milchfetts gegenüber den ander- 
weiten Bestandtheilen der Trockensubstanz behauptet sich eben¬ 
falls im Bereiche der Darstellung von Fettkäsen. Im grossen 
Ganzen (Ausnahmen Vorbehalten) ist die Ausbeute an Fettkäse 
nach Menge und Güte dem Fettgehalte der Milch proportional. 

Obwohl der Stoffgehalt als solcher wesentlich bedingend 
ist für die Güte der Milch und für diese einen Massstab grund¬ 
legender Bedeutung bildet, so vermag er doch nicht den Be¬ 
griff der Qualität derselben zu erschöpfen, insofern die Taug¬ 
lichkeit der Milch fiir den directen Consum oder für die tech¬ 
nische Verarbeitung durch besondere Eigenschaften derselben 
alterirt werden kann, welche, unabhängig von den spe- 
cifischen Bestandtheilen der Milch an sich, auf das 
Vorkommen gewisser im Körper der Milchthiere entstandener 
oder von aussen in die Milch eintretender Stoffe zurückzu¬ 
führen sind. | 

Die Erfahrung hat gelehrt, dass das Leistungsvermögen 
der Thiere in Bezug auf Menge und Gehalt der Milch in ver¬ 
schiedenen Rinderrassen ungleich entwickelt ist. Auch wurden 
bei den einzelnen Rassen Unterschiede in der Grösse der Fett¬ 
kügelchen der Milch beobachtet. 

Wie überhaupt die Milchergiebigkeit, so ist auch der Ge¬ 
halt der Milch an festen Stoffen und das gegenseitige Ver- 
hältniss der einzelnen Stoffgruppen in der Trockensubstanz der 
Milch, insonderheit das Verhältniss des Fetts zur fettfreien 
Trockensubstanz, bei den Thieren der gleichen Rasse je nach 
deren ererbtem oder erworbenem individuellen Ver¬ 
mögen sehr verschieden. Dies Verhalten kann an dem ein¬ 
zelnen Thiere durch äussere Mittel nicht oder nicht wesentlich 
geändert, es kann also von der milchfettarmen Kuh auch nicht 
eine fettreiche Milch erzielt werden. In Züchtereien, welche 
programmgemäss das Ziel hoher Leistung der Thiere in Milch 
• voranstellen, kann es sich ebensowenig um einseitiges Hin¬ 
arbeiten auf robuste Constitution und Formenfülle, wie um 
rücksichtslose Verfolgung des stärksten Milchvermögens 
handeln, muss vielmehr die Aufgabe in der Darstellung von 
Thieren gipfeln, welche sich durch hohe Ergiebigkeit in gehalt¬ 
reicher Milch und zugleich durch typische, aber kräftige 
Formen, durch Gesundheit und Widerstandskraft hervorthun. 
Beide Rücksichten sind vereinbar. Damit ist der Weg be¬ 
zeichnet, welchen die eigentliche Züchtungskunst einzu¬ 
schlagen hat, welcher aber, ob er auch schwer sein mag, gleich¬ 
wohl, wie die vorliegenden Erfahrungen beweisen, mit Erfolg 
betreten werden kann. 

Die Meinung, dass die Milch von Kühen, welche 
sehr viel Milch geben, unbedingt geringhaltiger sei, 
als die Milch von Kühen, welche geringere Milch¬ 
mengen liefern, hat sich, wenigstens in dem Rahmen der 
gleichen Rasse, nicht als zutreffend erwiesen. 

Mit vorrückender Lactationszeit steigt der pro- 
centische Gehalt der Milch an Trockensubstanz, dabei aber in 
der Regel der procentische Fettgehalt sowohl der Milch sowie 
der Trockensubstanz. Häufig erhebt sich der Fettgehalt der 
Milch in der ersten Zeit nach dem Kalben über den Jahres¬ 
durchschnitt; regelmässig geht derselbe aber in den nächsten 
Monaten mit der Abnahme der Milchmenge zurück, um dann 
im weitern Verlaufe der Laktation bis gegen das Ende der¬ 


selben bei abnehmenden Milchquantitäten wieder über und oft 
bedeutend über den Jahresdurchschnitt zu steigen. 

Im Beginne der Laktation ist im Allgemeinen die mittlere 
Grösse der Fettkügelchen am bedeutendsten. Dieselbe nimmt 
mit der Annäherung an die Trockenzeit allmälig ab. Immerhin 
vermögen Wechsel in der Lebenshaltung der Thiere auch in 
diesem Verhältnisse Schwankungen herbeizuführen. 

Je geringer mit fortschreitender Lactationszeit die Grösse 
der Fettkügelchen wird, desto niedriger ist im Allgemeinen der 
Gehalt des Fetts an flüchtigen Fettsäuren und die Verseifungs¬ 
zahl des Fetts, desto grösser der Gehalt an nicht flüchtigen 
Fettsäuren und insbesondere an Oelsäure, die Jodzahl und die 
Schmelz- und Erstarrungstemperatur des Fetts, sowie die An¬ 
zahl der Fettkügelchen. Im Gleichen wird die Farbe des Butter¬ 
fetts blasser. 

Diese Verhältnisse scheinen auch die Beschaffenheit — 
Feinheit und Wohlgeschmack — der Butter zu beeinflussen, inso¬ 
fern die Qualität der Butter geringer wird, wenn die Kühe dem 
Trockcnstcllen näher rücken. 

Durch dreimaliges Melken wird ein höherer Milch- 
ertrag, nicht aber ein höherer procentischer Gehalt der Milch 
erzielt, als durch zweimaliges Melken. Abgesehen von der 
Behandlung neumelkener, sehr milchreicher Kühe ist es frag¬ 
lich, ob dieser Mehrertrag die erhöhten Kosten und Umständ¬ 
lichkeiten, welche das öftere Melken verursacht, aufwiege. 

Dreimalige Fütterung liefert im Allgemeinen kein 
wesentlich günstigeres Milchergebniss als zweimalige. 

Der mit zunehmendem Alter der Thiere ein¬ 
tretende Rückgang des quantitativen Milchertrags ist in der 
Regel mit einer Abnahme des Trockensubstanzgehalts und einer 
relativ noch stärkeren Abnahme des Fettgehalts der Milch ver¬ 
bunden. 

Mässige Bewegung der Milchkühe im Freien be¬ 
günstigt die Milchabsonderung. Dabei geht mit dem Mehrertrage 
eine ebenmässige Erhöhung des Fettgehalts und des Gehalts 
an fettfreier Trockensubstanz einher. Nach dem Ergebnisse 
eines neuern, sorgfältig durchgeführten Versuchs wurde durch 
die Verwendung der Küh<f zu mässiger, nicht mit starken An¬ 
strengungen verbundener Arbeit der Milchertrag zwar etwas 
vermindert, dagegen der Gehalt der Milch an Trockensubstanz 
gesteigert. Diese Steigerung traf vornehmlich den Fettgehalt. 
Dabei blieb die absolute Fettmenge der Tagesmilch bei Arbeit 
und Ruhe der Thiere gleich, gingen aber die absoluten Mengen 
der Protei'nstoffe und der Trockensubstanz der Milch etwas 
zurück. 

Automatische Tränke begünstigt den Milchertrag und 
steigert mit ihm den Gehalt der Milch an Trockensubstanz. — 
Durch kreuzweises Melken wird mehr und fettere Milch 
erzielt als durch gleichseitiges Melken. — Die zuerst aus 
dem Euter gewonnene Milch ist fettärmer als die 
zuletzt abgemolkene. 

Die Steigerung der Milcherträge durch kräftigere 
Fütterung beruht im Wesentlichen auf der Anregung der 
Drüsenalveolen zu erneuter Thätigkeit. Inwieweit es im gegebenen 
Falle wirthschaftlich rathsam und geboten ist, die Grenze 
der Reichfütterung, insbesondere die absolute und relative 
Steigerung der Protein- und Fettmengen in der Futterration aus¬ 
zudehnen, muss unter Anlehnung an die bekannten sog. Nähr¬ 
stoffnormen durch directe Beobachtung und Prüfung festgestellt 
werden. In dem gleichen Lactationsstadium hängt die sog. 
Futterdankbarkeit der Thiere von deren individueller Be¬ 
anlagung — Fresslust, Futterausnutzungsvermögen und Energie 
der Functionen des Drüsenapparats — ab. Hieraus resultirt 
die Wichtigkeit der sog. individuellen Fütterung. 

Die Frage, ob es möglich sei, den Gehalt der Trocken¬ 
substanz der Milch an irgend einem Bestandtheil durch 
gewisse Futtermittel einseitig nach Willkür zu 
erhöhen, kann nicht unbedingt bejaht werden. Insbesondere 
ist es mindestens zweifelhaft, ob es gelingt, den Fettgehalt 
der Milch durch Verabreichung relativ sehr fettreicher 


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No. 42. DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 375 


Futtermittel (Oelfrüchte, Oelkuchen oder Fette in Substanz) 
einseitig zu steigern. Den Versuchen, deren Ergebniss für 
einen solchen Erfolg spricht, stehen mindestens ebenso viele 
gegenüber, welche in durchaus negativem Sinne abschlossen. 

Sowohl die Ansicht, dass, wenn Steigerung der Fettgaben 
eine Vermehrung des Fettgehalts der Milch zur Folge hat, ein 
directer Uebergang von Futterfett in Milchfett 
stattfinde, wie diejenige, dass in jenem Falle Nahrungsfett 
an Stelle von Körperfett angesetzt werde und dem 
entsprechend Körperfett, als Rindertalg, in die Milch 
übergehe, ist als zutreffend nicht erwiesen. 

Auch physiologische Beobachtungen zeigen, dass die Menge 
des aus dem Futter in die Milch übertretenden Fetts nur ver¬ 
schwindend klein sein kann gegenüber derjenigen, welche in 
den Epithelzellen der Drüsenalveolen durch das Protoplasma 
gebildet wird. 

Die Beschaffenheit des Milchfetts wird durch die 
verschiedenen Futtermittel ungleich beeinflusst. 
Hierüber liegen zahlreiche Beobachtungen vor. Aufgabe des 
Landwirths ist es, sich mit der Wirkung, welche die einzelnen 
Futtermittel in dieser Richtung üben, bekannt zu machen. 

Die Bestrebungen der Züchter, die qualitative Milch¬ 
leistung der Kühe zu steigern, können in durchgreifender 
Weise gefördert werden, wenn im Bereiche der Sennerei an 
Stelle des Systems des Verkaufs der Milch an einen Unter¬ 
nehmer (Käser) durchweg der genossenschaftliche Be¬ 
trieb der Verarbeitung der Milch eingeführt wird. 


Der Pferde- und Rindviehbestand in Württemberg 
am 1. April 1898. 

Um die Entschädigungen für das zur Bekämpfung von 
Viehseuchen auf polizeiliche Anordnung getödtete oder an der 
Seuche gefallene Vieh umzulegen, lässt die württembergische 
Regierung alljährlich am 31. März in jeder Gemeinde durch 
den Gemeindepfleger den Bestand gn Pferden, Eseln, Maul- 
thieren, Mauleseln und Rindvieh feststellen. Ausgenommen 
von der Aufnahme sind Thiere, welche dem Reich, den 'Einzel¬ 
staaten oder welche zu den landesherrlichen Gestüten gehören, 
sowie das in Schlachtviehhöfen oder in öffentlichen Schlacht¬ 
häusern aufgestellte Schlachtvieh. In den »Mittheilungen des 
Königlichen Statistischen Landesamts« wird das Ergebniss der 
Aufnahme vom 31. März 1898, unter Vergleichung mit der¬ 
jenigen des Vorjahres, mitgetheilt. Eine Vergleichung mit der 
allgemeinen Viehzählung vom 1. Dezember 1897, welche den 
ganzen, also nicht blos den umlagepflichtigen Viehbestand 
erfasste, musste deshalb und wegen des verschiedenen Zähl¬ 
termins unterlassen werden. 

Der Gesammtbestand an umlagepflichtigen Pferden mit 
102554 Stück hat gegen das Vorjahr um 1823 Stück zu¬ 
genommen, und zwar am stärksten im Neckarkreis (+ 615 Stück), 
demnächst im Jagstkreis (-f- 554 Stück), worauf Donaukreis 
(383 Stück) und Schwarzwaldkreis (271 Stück) folgen. 

Der umlagepflichtige Rindviehbestand von 966304 Stück 
zeigt dagegen im Vergleich mit dem der beiden Vorjahre eine 
beträchtliche Abnahme — erheblich stärker in der West¬ 
hälfte des Landes (Neckar- und Schwarzwaldkreis) als in der 
Osthälfte. Es betrug nämlich: 



der Stand am 3t. Mürz 

die Abnahme 

im Kreis 

1898 

1897 

1896 

von I>97 
auf >898 


Stück 

Stück 

Stück 

Stück 

°/o 

Neckarkreis. . . 

177472 

184 866 

186845 

7 394 

4 ,o 

Schwarzwaldkreis . 

204 705 

211 112 

216997 

6407 

3 ,o 

Jagstkreis . . 

257897 

259835 

260 264 

1938 

0,7 

Donaukreis . . . 

326230 

329257 

332 821 

3 027 

0,9 

Württemberg . 

966 304 

985079 

996927 

18766 

L 9 


Diese Abnahme dürfte zu einem beträchtlichen Theil ver¬ 
anlasst worden sein durch die Maul- und Klauenseuche, in Folge 


deren weniger Kälber zur Aufzucht gelangten und auch aus 
Furcht vor Ansteckung weniger Handclsvieh gekauft wurde; 
sodann durch die zur Unterdrückung der Seuche getroffenen 
Sperrmassregeln, indem über die Dauer der Sperre das Vieh 
nicht auf den Markt gebracht werden konnte und die Futter- 
vorräthe aufgezehrt wurden, was zur Folge hatte, dass nach 
Aufhören der Sperre an Stelle des verkauften Viehs wegen 
Mangels an Futter kein Vieh eingestellt werden konnte; endlich 
durch die quantitativ und qualitativ geringwerthige Grummet¬ 
ernte des vorigen Jahres, sodass im Frühjahr d. J. ein vorüber¬ 
gehender Futtermangel eintrat und der regelmässig im ersten 
Frühjahr erfolgende Abstoss von Vieh in diesem Jahre bereits 
im Februar und März erfolgte. 


Vereinsnachrichten. 

Protokoll über die Herbstgeneralversammlung des Vereins 
Rheinpreussischer Thierärzte am 22. September in 
Düsseldorf. 

Mit Rücksicht auf die Tagung der Naturforscher- und 
Aerzte-Versammlung hatte der Verein beschlossen, seine Herbst¬ 
generalversammlung in Düsseldorf abzuhaltcn. An derselben 
nahmen 37 Collegen Theil, unter denen sich auch Herr Geheim¬ 
rath Professor Dr. Esser, Ehrenmitglied des Vereins, und 
Herr Kreisthierarzt Imminger aus Würzburg befanden. 

Der Vorsitzende, Departementsthierarzt Dr. Schmidt, er- 
öffnctc die Sitzong mit einer herzlichen Begrüssung der Er¬ 
schienenen und machte sodann Mittheilung von dem Ableben 
der Mitglieder Departementsthierarzt Pech-Trier und Junkers- 
Düsseldorf, deren unerwartetes Hinscheiden von Allen auf das 
Tiefste bedauert wurde. Auf Ersuchen des Vorsitzenden er¬ 
hoben sich die Anwesenden zum ehrenden Andenken an die 
wohlverdienten Collegen von ihren Sitzen. Nunmehr erinnerte 
der Versitzende daran, dass im nächsten Jahre der internationale 
thierärztliche Congress in Baden-Baden tagen werde, der ohne 
Zweifel reichlicher Geldmittel zu seinen Vorbereitungen bedürfen 
werde. Schon hätten von allen Seiten die Vereine Beiträge 
gezeichnet und es dürfte an der Zeit sein, dass auch wir uns 
schlüssig machten, ob und welchen Beitrag wir bewilligen 
wollten. 

Auf Antrag Dr. Lothes’ beschliesst der Verein, einen 
Beitrag von 200 Mk. zu bewilligen. 

Das Referat zu Punkt 2 der Tagesordnung hatte Departe¬ 
mentsthierarzt Ko 11 übernommen; er war jedoch am Erscheinen 
verhindert und hat sich bereit erklärt, in der nächsten Ver¬ 
sammlung sein Versprechen zu erfüllen. 

Dr. Lothes nahm nun das Wort und führte aus, dass 
K o 11 die Absicht gehabt hätte, über die Stellung der Thier¬ 
ärzte bei der Pferdezucht zu sprechen. Wie seiner Zeit in der 
Berliner Thierärztlichen Wochenschrift mitgetheilt worden sei, 
habe der Ausschuss für Pferdezucht ihn (Redner) als ständiges 
Mitglied bei den Pferdeschauen und Prämiirungen und den 
Departementsthierarzt Koll als Stellvertreter ernannt. Wenn 
berücksichtigt werde, wie wir Thierärzte bis jetzt grundsätzlich 
aus den Körcommissionen als vollwerthige Mitglieder aus¬ 
geschlossen gewesen seien, müsse diese obengenannte That- 
sache als ein erfreulicher Schritt zur Anbahnung besserer Ver¬ 
hältnisse bezeichnet werden. Er habe sich überzeugt, dass bei 
vielen Züchtern nicht immer die nöthigen Fachkenntnisse vor¬ 
handen seien und ersucht alle Collegen, bei thierzüchterischen 
Fragen sich in den Dienst der Landwirtschaft zu stellen, wie 
es der Ausschuss als Gegenleistung erbeten habe. 

Bongartz betont, das Errungene könne freudig begrüsst 
werden, aber nur im Sinne einer Abschlagszahlung. Wir dürften 
nicht eher ruhen, bis die Thierärzte in den Körcommissionen 


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DEUTSCHE THIEKvERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


15. Oktober. 


stimmberechtigte Mitglieder seien und bei allen thierzüchterischen 
Fragen als Sachverständige zugezogen würden. Wie die Ver¬ 
hältnisse im grössten Theile der Provinz einmal liegen, gäbe 
es bei dem zerstückelten Grundbesitze wenig grössere Züchter, 
so dass es den meisten Landwirthen an den erforderlichen Er¬ 
fahrungen auf dem Gebiete der Thierzucht fehle. Er habe 
sich oft überzeugt, dass dieselben sehr geneigt seien, die Rath¬ 
schläge erfahrener Thierärzte entgegen zu nehmen und zu ver- 
werthen. Wir müssten darnach streben, einen ähnlichen Ein¬ 
fluss auf die Thierzucht zu gewinnen, wie die Thierärzte in 
Süddeutschland. Nachdem Dr. Lothes hervorgehoben, dass 
auch er das Errungene nicht für ausreichend halte, vielmehr 
der Meinung sei, man müsse darnach streben, allmälig weiter 
zu kommen, wird zu dem dritten Punkte der Tagesordnung 
»Referat über die Sitzung der Centralvertretung« übergegangen. 

Referent Dr. Lothes erstattet ausführlichen Bericht und 
freut sich, mittheilen zu können, dass die Beschlüsse sich fast 
deckten mit unseren Beschlüssen in der Frühjahrsgeneralver¬ 
sammlung. Nur in Beziehung auf die Erhöhung der Tagegelder 
und die Versetzung der Kreisthierärzte in die sechste Rang¬ 
klasse sei die Centralvertretung weitergegangen. So viel bis 
jetzt bekannt geworden, dürften wir auf Entgegenkommen 
Seitens der Königlichen Staatsregierung hoffen. Von grosser 
Wichtigkeit sei auch die Gründung einer Unterstützungskassc 
für Thierärzte. Herr Professor Dr. S c h m a 11 z habe zu diesem 
Zwecke einen Statutentwurf mit grosser Sorgfalt ausgearbeitet, 
der mit geringen Acnderungen angenommen worden sei. End¬ 
lich habe die Centralvertretung sich auch befasst mit der Frage, 
wie den Thierärzten die Unfall- und Haftpflichtversicherung 
billiger zugänglich gemacht werden könne und wie die Stellung 
der Sänitätsthierärzte gesetzlich zu regeln sei. (Da die Thier- 
ärztlichen Wochenschriften hierüber ausführlich berichtet haben, 
muss der Raumersparniss wegen darauf verwiesen werden). 

Der Vorsitzende dankte dem Redner für das ausführliche 
Referat und ging nun zum letzten Punkte der Tagesordnung 
über »Mittheilungen aus der Praxis«. : ; 

Zunächst theilen mehrere Collegen ihre Erfahrungen bezüg¬ 
lich der Jodkaliumbehandlung beim Kalbefieber mit, die durch¬ 
weg erkennen lassen, dass die Resultate günstige gewesAi sind; 
denn im Ganzen kommen etwa 50—70 % Heilungen heraus, 
während Nachtheile nicht beobachtet wurden. ' Ebenso günstig 
waren die Resultate der Atropin-Morphium-Einspritzung bei 
Schulter- und Hüftlahmheiten. Ueber die Chlorbaryumver- 
wendung bei Kolik lagen Erfahrungen über mehr als hundert 
Fälle vor, die durchweg gute Ergebnisse geliefert hatten. 

Zum Schluss bringt Stelke ns-Straelen eine eigene Art 
des Castrirens der Kühe zum Vortrag; er benutzt zur Er¬ 
weiterung der Scheide den Gerlach’schen Dilatator und schneidet 
den Eierstock mit einer eigens dazu construirten geballten 
Scheere ab, wobei keinerlei Blutung vorkommt. 

Da eine Einladung der städtischen Schlachthofverwaltung 
zur Besichtigung der neuen Schlachthofanlagen vorlag, schloss 
der Vorsitzende die Sitzung und wurde nunmehr zu dem Mittag¬ 
essen geschritten, das unter reger Damenbetheiligung einen 
animirten Verlauf nahm. Bei demselben brachte der Vorsitzende 
den mit Begeisterung aufgenommenen Kaisertoast aus, Im¬ 
ming er brachte in launiger, süddeutscher Art ein Hoch auf 
die Damen. Bongartz feierte die Ehrengäste, besonders den 
um den thierärztlichen Stand so hochverdienten Geheimerath 
Professor Dr. Esser. Letzterer dankte und trank auf das 
Wachsen und Blühen des Vereins. 

Damit hatte die officieile Sitzung ihr Ende erreicht und 
wurde der Nachmittag zur Besichtigung der Schlachthofanlagen 
Verwandt. 

Bongartz. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Statist. Veterinär-Sanitätsbericht über die preussische 
Armee für das Rapportjahr 1897. Berlin bei 
E. S. Mittler und Sohn. Preis 6 Mk. 

Die obigen Berichte haben für die Thierheilkunde aus verschiedenen 
Gründen einen besonderen Werth. Eine statistische Uebersicht über Krank¬ 
heiten lasst sich beim Menschen aus bekannten Gründen sehr leicht ge¬ 
winnen. Nicht so in der Thierheilkunde. Die verschiedensten Umstände 
tragen dazu bei, dass der Thierarzt seine Patienten kaum mehr wie einige 
Male zu sehen bekommt. Nach der Heilung erfolgt dies in den meisten 
Fällen nicht. Fernerhin sind die Verhältnisse in der Landpraxis so ausser¬ 
ordentlich verschieden, dass statistische Erhebungen von dieser Seite die 
grössten Schwierigkeiten in den Weg gelegt bekommen. Auch unsere Kliniken 
bieten aus begreiflichen Gründen wenig statistisches Material. Der genannte 
Veterinär-Sanitätsbericht füllt diese Lücke zum Theil aus. Zum Theil thut 
er dies nur, weil er von unseren Hausthieren nur das Pferd berücksichtigt 
und andererseits auch nur eine bestimmte Gattung des Pferdes, nämlich das 
Milrtärpferd in den Kreis der Betrachtung zieht. Trotzdem ist der Veterinftr- 
Sanitätsbericht Uber die preussische Armee ausserordentlich werthvoll. F.r 
sollte daher auch von den Civilthierärzten genügend gewürdigt werden. Bietet 
er doch neben den rein statistischen Angaben auch eine grosse Fülle von 
klinischen und therapeutischen Notizen, die gerade, weil sie an einem be¬ 
stimmten Pferdematerial gewonnen sind, auf Zuverlässigkeit Anspruch haben. 

Das vorliegende Werk kann daher allen Interessenten zum Studium 
warm empfohlen werden. Eine eingehendere Besprechung des daselbst nieder¬ 
gelegten Materials wird demnächst erscheinen. Fr ick. 


Personal-Nachrichten. 

Auszeichnungen: Unterrossarzt J. Hock in Demmin wurde von 
der medicinischen Fakultät der Universität Giessen zum Dr. med. vet. pro- 
movirt. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Bezirksthierarzt F. Birnbaum 
in Roding w^urde zum Bczirksthierarzt für Bamberg II, Thierarzt W. H a b e r 1 
in Regensburg zum II. Assistenten am pathologischen Institut der thierärzt¬ 
lichen Hochschule in München ernannt. Verzogen sind die Thierärzte 
Ibscher von ZUllichau nach Berlin, Hi ent sch von Berlin nach Jerichow 
an der Elbe, M. Müther von Valendar nach Andernach, Oberrossarzt a D. 
Kempa von Friesack nach Gleiwitz, Oberrossarzt a. D. Pichel von 
Mecklenhorst nach Bernstadt, Strohn von Rostock nach Jatzthum (Pomm.), 
Neu mann von Schlochau nach Wartenberg, Rottke von Teterow nach 
Tessin (Meckl.), Russ von Massow nach Pössneck (Sachs.-Weim.), Stein¬ 
hardt von Furtwangen nach Bruchsal als Assistent des Bezirksthierarztes. 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutschen 

Heeres: Pantke, Unterrossarzt vom Kür.-Regt. No. 3, unter Versetzung 
zum Drag.-Regt. No. I, Gube, Unterrossarzt vom Hus.-Regt. No. 4, Amann, 
Unterrossarzt vom 2. Bad. Feld-Art.-Regt. No. 30, zu Rossärzten, Abraham, 
Stegmann, Flöge, Lamprecht, Unterrossärzte der Landw. I. Auf¬ 
gebots bezw. der Reserve, zu Rossärzten des Beurlaubtenstandes ernannt. 
Troester, Oberrossarzt und Inspicient bei der Militär-Rossarztschule, zum 
Ulan.-Regt. No. 16, Lud ewig, Oberrossarzt vom Ulan.-Regt. No. 16, als 
Inspicient zur Militär-Rossarztschule, Ehlert, Rossarzt vom Feld-Art.-Regt. 
No. 18, zum Ulan.-Regt. No. 16, Dr. Goldbeck vom Drag.-Regt. No. 5 
zum Ulan.-Regt. No. 11 versetzt. 

W e n t z e 1, Corpsrossarzt vom 11. Armeecorps, Kunze, Oberrossarzt 
im Drag.-Regt. No. 16, mit Pension in den Ruhestand versetzt. 

Zu Unterrossärzten wurden befördert die Rossarzteleven Jäckel im 
Drag.-Regt. No. 8, Loeb im Art.-Regt. No. 30, Müller im Art.-Regt. 
No. 36, Spängler im Hus.-Regt. No. 9. 

Sachsen: Schmidtchen, Rossarzt im Carab.-Regt., zur Militär¬ 
abtheilung und der Lehrschmiede der thierärztlichen Hochschule in Dresden. 
Schulze, Rossarzt, von der thierärztlichen Hochschule zum Carab.-Regt. 
Rehm, Unterrossarzt im Carab.-Regt. zum Art.-Regt. No. 12 versetzt. 

Gestorben : Bezirksthierarzt J. Fischer in Landsberg. 


Verlag der Gesellschaft „Deutsch« Thlerlrztliche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der Mac klofgehen Druckerei in Karlsruhe i. B. 


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Deutsche 

Thierärztliche Wochenschrift 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regiernngs- und Medicinalrath, 
Director der Thierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 


herausgegeben von 
Dr. Lydtin, 


Geheimer Oberregierungsrath 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regierungsrath und Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Louisenthal (Saar). 


redigirt von 


Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden Sämmtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 

Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 

abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in SßCOStCr flflllCorrecturen und Anzeigen an die Expedition der 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit directer ° ® Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 

portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784a. in Karlsruhe (Badenl. 


M 43. 


Ausgegebeo am '22. Oktober. 


1898. 


Mittheilungen aus dem Spital für kleine Haus¬ 
siere der Thierärztlichen Hochschule. 

Von Frick - Hannover. 

(Schluss.) 

4. Umfangreiches Carcinom der Haut am Vorarm 
beim Hunde. 

Der nachstehende Fall bietet ein gewisses Interesse inso¬ 
fern, als trotz der Grösse der Geschwulst, die aus neben¬ 
stehender Abbildung ersichtlich ist, keine Metastasen in den 
inneren Organen vorhanden waren, sondern secundäre Tumoren 
nur in den regionären Lymphdrüsen gefunden wurden. 

Ein Hofhund zeigte ausser schlechtem Ernährungszustand 
an der medialen Fläche des linken Vorderschenkels dicht unter¬ 
halb des Ellenbogengelenks eine reichlich kindskopfgrosse Ge¬ 
schwulst. Dieselbe pendelt hin und 
her und sitzt der Haut nur mit 
fünfmarkstückgrosser Fläche auf. 
Sie ist nicht rein kugelrund, hat 
vielmehr eine höckerige, knotige 
Oberfläche. Die einzelnen Knoten 
sind von Erbsen- bis zu Haselnuss¬ 
grösse. Die Haare fehlen auf der 
Geschwulst zum grössten Theile, 
nur an der Peripherie sind solche 
noch spärlich vorhanden. Die Ober¬ 
fläche hat ein glänzendes, narbiges 
Aussehen und ist weiss gefleckt. Sie 
zeigt an den verschiedensten Stellen 
mehr oder minder tiefe, trichter¬ 
förmige Einziehungen. Aus einzelnen 
derselben entleert sich etwas blutige, 
graurothe, trübe Flüssigkeit. An der 
vorderen Partie der Geschwulst 
findet sich ein etwa handteller¬ 
grosser , seichter Defect mit nar¬ 
bigen Rändern und hellrothem, granu- 
lirendem Grunde. Innerhalb dieser 
Fläche sieht man einzelne bis zu 2 cm tiefe Gruben, welche sich in 
die Geschwulst hinein erstrecken. Bedeckt ist dieser Defect 
mit einem zähen, gelblichen Schleim. Die Geschwulst fühlt sich 
festweich bis derb an, ist nicht schmerzhaft und nicht vermehrt 
warm. Sie lässt sich auf der Unterlage leicht verschieben. 
Von ihrer Basis ziehen um die vordere Contour des Schenkels 
und über die äussere Fläche desselben zwei deutlich sichtbare 


(s. Abbild.), federkielstarke Stränge nach den Achseldrüsen. 
' Letztere sind reichlich wallnussgross, nicht schmerzhaft, knotig 
und derb. 

Da nach Lage der Verhältnisse eine operative Entfernung 
der Geschwulst nicht möglich war und fernerhin angenommen 
werden musste, dass bereits in inneren Organen Metastasen 
Vorlagen, so wurde die Tödtung des Hundes vorgenommen. 

Bei der Obduction ergab sich zunächst, dass Metastasen 
ausser in den Achseldrüsen noch nicht vorhanden waren. Die 
Geschwulst erwies sich schon makroskopisch als sehr reich an 
Bindegewebe, durchsetzt mit zahlreichen Aesten einer epithelialen 
Neubildung, so dass ein Carcinom vorlag. Auch in den ver- 
grösserten Achseldrüsen fanden sich mehrere Epithelnester nebst 
kleinen Höhlen, die eine trübe, graurothe Flüssigkeit, unter¬ 
mischt mit krümligen gelben Flocken enthielten. Ausserdem 
war die Schnittfläche von zahlreichen narbigen Bindegewebs- 
zügen durchsetzt. 

Dass die Geschwulst trotz ihres carcinomatösen Charakters 
so lange auf den primären Sitz und die dazu gehörigen Lymph¬ 
drüsen localisirt geblieben ist, dürfte in dem Reichthum der 
Geschwulst an Bindegewebe zu suchen sein. Erfahrungsgemäss 
bleiben die sog. Faserkrebse oder die Scirrhi sehr lange local 
und führen erst sehr spät zu genereller Carcinomatose. Auch 
der Umstand, dass der Hund als Hofhund wenig Bewegung 
hatte und daher die Geschwulst selten oder gar nicht mechanisch 
gereizt wurde, dürfte ein üppiges Wuchern der epithelialen 
Neubildung und dadurch erleichterte Metastasenbildung ver¬ 
hindert bezw. aufgehalten haben. 

5. Spindelzellensarkom der Dura mater spinalis 
beim Hund. 

Eine gelbe Dogge wurde mit dem Vorbericht eingeliefert, 
dass sie einen Schlag auf den Rücken erhalten habe und seit 
dieser Zeit hinten links lahm ginge. Bei der Untersuchung 
findet sich ein guter Ernährungszustand und an der äusseren 
Fläche des linken Sprunggelenks mehrere pfennig- bis mark¬ 
stückgrosse, haarlose Hautstellen, die lebhaft geröthet, von 
Epithel entblösst und feucht sind. Der Hund kann nicht gehen, 
er steht jedoch auf allen vier Beinen mit Ausnahme des linken 
Hinterbeines. Letzteres hält er fast stets gebeugt, die Musku¬ 
latur an demselben ist fast vollständig atrophirt. Rechterseits 
ist die Muskelatrophie nicht so stark ausgeprägt als links. Auf 
Nadelstiche in Schwanz, Hinterschenkel, namentlich die Zehen, 
reagirt der Hund nicht. Perverse Stellungen der Gliedmassen, 
z. B. auf der Dorsalfläche der Zehen, oder Kreuzung der Hinter¬ 
beine behält der Hund lange Zeit bei, ohne sie zu berichtigen. 



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378 


DEUTSCHE TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


22. Oktober. 


Sehnenreflexe sind nicht vorhanden, dagegen sind die Patellar- 
reflexe erhalten, linkerseits sogar stärker als rechts. Harn Und 
Kothabsatz nicht gestört. Im Verlauf der Wirbelsäule ist die 
Sensibilität unverändert bis in Höhe des 2.—3. Lendenwirbels. 

Mit Rücksicht auf die bestimmte Angabe, dass ein Schlag 
die Ursache sei, wurde eine Lähmung des Lendenmarkes an¬ 
genommen und dementsprechend mit dem Inductionsstrom und 
subcutanen Strychnininjectionen therapeutisch vorgegangen. 
Unter dieser Behandlung besserte sich auch der Zustand etwas. 
Der Hund gebrauchte seine rechte Hintergliedmasse kräftig, 
so dass er selbständig aufstehen und auf drei Beinen in den 
Käfig gehen konnte. Diese Besserung hielt nicht lange an, es 
stellte sich bald der alte Zustand wieder ein, sogar Harn und 
Koth wurden nicht mehr freiwillig abgesetzt. Die Hinter¬ 
schenkel schwollen ödematös an und an einigen Stellen des 
Hintertheils trat Decubitus ein. Hiermit fiel die Diagnose 
Lähmung des Lendenmarkes in Folge eines Schlages und es 
wurde eine allmälig zunehmende Compression des Lendenmarkes 
(wahrscheinlich durch einen Tumor) angenommen. In Folge 
der Unheilbarkeit des Leidens wurde der Hund vergiftet und 
die Obduction ergab folgenden Befund: 

Im Bereich der letzten Lendenwirbel und dem Anfangs- 
theil des Kreuzbeins sieht man nach Abnahme der Haut ein£ 
Geschwulst, welche zwischen den inneren Darmbein winkeln 
hervortritt und sich von der umliegenden Muskulatur und dem 
Fettgewebe deutlich abgrenzt. Die Geschwulst hat etwa die 
Grösse einer Kinderfaust und sie sitzt in der Tiefe dem Bogen 
des letzten Lendenwirbels fest auf. Die Oberfläche ist höckerig, 
knollig, die Consistenz festweich. Auf dem Durchschnitt be¬ 
merkt man einen lappigen Bau der röthlichen Geschwulstmasse, 
die von zarten Bindegewebszügen durchsetzt ist. Der Wirbel¬ 
bogen selbst ist morsch und bröcklig. Nach Entfernung des¬ 
selben sieht man, dass die Geschwulst durch den Raum zwischen 
letztem Lendenwirbel und Kreuzbein in den Wirbelcanal ein- 
tritt. In letzterem ist das Rückenmark vom 3. Lendenwirbel 
an stark nach rechts gedrängt und die linke Hälfte desselbeh 
bedeutend atrophirt. Die Dura mater spinalis ist an der linken 
und unteren Seite des Wirbelcanals in eine Geschwulstmasse 
von der oben beschriebenen Beschaffenheit umgewandelt. 
Durch diese Geschwutst, welche sich keilförmig zwischen 
Rückenmark und Wand des Wirbelcanals einschiebt, ist das 
erstere zur Seite gedrängt. Die mikroskopische Untersuchung 
stellte fest, dass die Geschwulst ein Spindelzellensarkom war. 

6. Carcinom der Nasenhöhle beim Hund. 

Ein 5 Jahre alter Leonberger zeigte seit einiger Zeit einen 
schleimig-eitrigen Nasenausfluss aus dem linken Nasenloch. Im 
Uebrigen war keinerlei krankhafte Erscheinung an ihm wahr¬ 
zunehmen; besonders Appetit, Abschlucken und Athmung war 
ungestört. Nach einiger Zeit stellt sich anfallsweise Athem- 
noth ein; die Athmung wird sehr frequent (88 pro Minute), 
sie erfolgt ziehend und durch die Maulhöhle, indem die Zunge 
aus derselben heraushängt. Diese Anfälle dauern 1 — 2 Minuten, 
dann geschieht die Athmung wieder regelmässig, ruhig, jedoch 
immer noch durch die Maulhöhle. Oft wird bei dem Athmen 
durch die Maulhöhle ein schnarchendes, schlotterndes Geräusch, 
das durch das Gaumensegel verursacht wird, gehört. Allmälig 
stellt sich an der linken Gesichtshälfte unterhalb des Auges 
und etwa 4 cm vom Nasenrücken entfernt eine flache, knochen¬ 
harte, schmerzlose, nicht vermehrt warme Auftreibung von 
Thalergrösse ein. Die Haut über dieser Anschwellung ist ver¬ 
schiebbar, während letztere dem Knochen fest aufsitzt. Die¬ 
selbe nimmt langsam an Umfang zu und zeigt eines Tages auf 
der Höhe Fluctuation. Es erfolgt spontaner Aufbruch mit 
Bildung eines Defectes, der die Grösse eines silbernen 20 Pfennig¬ 
stückes hat. Die Ränder dieses Defectes sind etwas eingezogen, 
unregelmässig und von schmutzig graugelber Farbe. Aus der 
Oeffnung entleert sich ein gelber bis grünlicher, schleimiger Eiter, 
dem oft Blut in Form von Punkten und Striemen beigemischt 
ist. Dieser Eiter entleert sich in beträchtlicher Menge con- 
tinuirlich und besudelt die Nachbarschaft des Loches, sowie die 
linke Backe, woselbst die Haare mit Krusten und Borken be¬ 


deckt sind. Durch diese Oeffnung kann man mit der Sonde 
bequem bis in die Stirnhöhle gelangen. Die Athmung erfolgt 
jetzt nur durch das Maul unter beständigem Schlottern des 
Gaumensegels. Der Appetit ist im Uebrigen ungetrübt. In der 
Maulhöhle erblickt man vom zweiten Backenzahn an nach hinten 
eine Hervorwölbung des harten Gaumens von Hühnereigrösse, 
die sich weich, elastisch anfühlt und nicht schmerzhaft oder 
vermehrt warm ist. Vom harten Gaumen ist nichts zu fühlen. 

Mit Rücksicht auf diesen Befund, der für einen Tumor 
sprach, und weil ein operativer Eingriff aussichtslos erschien, 
wurde der Hund getödtet. 

Die Obduction (Dr. Olt) lieferte folgenden Befund: 

Die linke Gesichtshälfte ist bis zum Auge hin aufgetrieben. 
Auf dieser Seite, 4 cm vom medialen Augenwinkel und 2 cm 
vom Nasenrücken entfernt, findet sich in der Haut ein bleifeder¬ 
starkes Loch. .Die Ränder desselben sind unregelmässig rauh, 
etwas eingezogen und von schwarzgraugelber Farbe. Bei Druck 
entleert sich aus dieser Oeffnung zäher, schleimiger Eiter von 
grauer bis gelblichgrauer Farbe, untermischt mit Blutpunkten 
und Blutstriemen. In der Nachbarschaft dieser Oeffnung sind 
die Haare verklebt. Aus dem linken Nasenloche läuft Eiter 
von derselben Farbe und Consistenz. Das genannte Loch setzt 
sich bis zur Stirnhöhle fort und zwar in schräger Linie von 
links und unten nach rechts und oben. Das Lumen des Canals 
hat theils die Weite einer Bleifeder, theils ist es nur federkiel¬ 
stark. Die Stirnhöhle ist mit etwa 200 g dicken, zähen, 
schleimigen Eiters erfüllt. Die einzelnen Knochenvorsprünge, 
Brücken und Leisten, die normaliter in der Stirnhöhle vorhanden 
sind, fehlen. Die auskleidende Schleimhaut ist silbergrau bis 
dunkelgraugrün, die darunter gelegene Knochensubstanz ist 
mürbe. Die Stirnhöhle steht durch einen stricknadelstarken 
Canal mit der Nasenhöhle in Verbindung. Nach Durchsägung 
des Kopfes neben der Medianebene sieht man eine Geschwulst, 
die beide Nasenhöhlen fast vollständig einnimmt. Die Länge 
derselben beträgt 14 cm, die Höhe 5 */ 8 cm. Etwa 2 cm vor 
dem Siebbein beginnend, erstreckt sie sich nach vorn und endet 
linkerseits */ 8 cm über dem Nasenloche; nach oben berührt sie 
das Nasenbein. Das Septum nasale ist etwa in seiner Mitte 
im Umfange eines Thalers geschwunden und hier erstreckt sich 
die Geschwulst in die rechte Nasenhöhle. Hier nimmt sie die¬ 
selben Dimensionen an wie linkerseits, nur endet sie etwas 
früher (etwa 1 1 / 2 cm) über dem Nasenloche. Die Dütenbeine 
sind beiderseits bis auf Spuren eingeschmolzen, ebenso ist am 
harten Gaumen alle Knochensubstanz geschwunden. Nach der 
Maul- bezw. Rachenhöhle hin ist eine hühnereigrosse Hervor¬ 
wölbung entstanden, die 7 cm lang ist und etwa */» cm P ro " 
minirt. Die Schleimhaut der Nasenhöhlen ist dunkelbraun bis 
grauroth, weich, die Knochensubstanz porös und mürbe. Die 
Geschwulst selbst hat eine festweiche, elastische Consistenz. 
Die Farbe ist aussen blassroth, auf der saftigen Schnittfläche 
grauweiss. Durch diese grauweisse Substanz verlaufen weisse, 
feste Bindegewebszüge kreuz und quer in Wellen und Schnörkeln. 
Stellenweise sind dunkelrothe Flecken zu sehen, die unregel¬ 
mässig zerstreut liegen und zwischen Stecknadelkopf- bis Zehn¬ 
pfenniggrösse wechseln. 

Die mikroskopische Untersuchung der Geschwulst zeigte, 
dass es sich um ein Carcinom handelte. 

7. Umfangreiche Papillomatose der Lippen und 
Maulhöhle beim Hunde. 

Ein zwei Jahre alter Jagdhund zeigte mit Ausnahme des 
Maules und der Lippen keinerlei Krankheitserscheinungen. An 
letzteren Theilen fanden sich zahllose Warzen der verschieden¬ 
sten Form und Grösse. Besetzt waren von diesen Neubildungen 
die Lippen, der Maulspalt, die Backenschleimhaut, das Zahn¬ 
fleisch, der harte und weiche Gaumen, sowie auch die Zunge. 
Die Warzen sassen vielfach mit breiter Basis auf, jedoch waren 
auch viele derselben gestielt. Ihre Oberfläche zeigte im 
Bereich des Maulspaltes und an den Aussenflächen der Lippen 
eine brombeerartige, trockene Beschaffenheit, während im Maule 
selbst durch die Maceration von Seiten des Speichels die Ober¬ 
fläche der Neubildungen in zahlreiche spitze Zotten aufgelöst 


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No. 43 . 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


379 


erschien. Diese Zotten waren weich, von weisser Farbe und 
verbreiteten einen süsslich faden Geruch. 

Bei der Ausdehnung des Leidens war an eine rein operative 
Entfernung der Neubildung nicht zu denken. Daher wurde die 
Behandlung in der Weise gestaltet, dass der Hund innerlich 
täglich Liquor Kali arsenicosi erhielt und zwar beginnend mit 
2 Tropfen und steigend pro Tag um 2 Tropfen bis zu 
25 Tropfen. Dann wieder rückwärts bis zu 2 Tropfen. Eine 
derartige Application des Arseniks erfolgte, ohne dass Ver¬ 
giftungserscheinungen auftraten, zweimal im Verlauf von 38 
Tagen. Gleichzeitig mit dieser innerlichen Behandlung wurden 
die grössten Warzen, die zuweilen Conglomerate von Haselnuss¬ 
grösse darstellten, operativ entfernt. Letzteres geschah mit 
Hülfe der Lüer’schen Knochenzange, mit der die Neubildungen 
an der Basis gefasst und unter leichter Drehung abgerissen 
wurden. Die auftretende Blutung war unbedeutend und wurde 
sich selbst überlassen. Zwecks Anästhesie der betreffenden 
Region, an der operirt werden sollte, wurde dieselbe nach 
Schleich unempfindlich gemacht. Auf diese Weise wurde 
ein beträchtlicher Theil der grössten Neubildungen in neun 
Sitzungen entfernt. Die kleineren Warzen bildeten sich unter 
dem Einfluss der Arsenikkur sichtlich zurück, so dass nach 
einer Gesammtdauer der Behandlung von 38 Tagen sämmtliche 
Warzen beseitigt waren. Es blieben an den Stellen der Maul¬ 
schleimhaut, wo die Warzen operativ entfernt waren, kleine, 
seichte, weisse, bis reichlich linsengrosse Narben übrig, die 
sich scharf von der sonst lichtbraunen Schleimhaut abhoben. 

Beitrag zum Kapitel der Herzkrankheiten des 

Pferdes. 

Von Oberamtsthierarzt Theurer -Künzelsau. 

Ende Mai d. Js. wurde mir ein öjähriges Bayerpferd mit 
der Anamnese zur Untersuchung vorgeführt, das Pferd zeige 
seit einigen Wochen trotz ordentlichen Appetits und gering¬ 
gradiger Verwendung zur Arbeit auffallende Abmagerung und 
rascheres Athmen. Bei der vorgenommenen Untersuchung konnte 
ich eine Temperatur von 39,8° C., 35 oberflächliche Athemzüge 
und 60 stark fühlbare Pulsschläge pro Minute feststellen. Irgend 
eine Localerkrankung war nicht nachzuweisen. 

Trotz vollständiger Ruhe des Pferdes und diätetischer Be¬ 
handlung waren die Erscheinungen bei verschiedenen, in Zwischen¬ 
räumen von 5—8 Tagen vor genommenen, nachherigen Unter¬ 
suchungen die gleichen, nur fiel auf, dass nach kurzer Bewegung 
des Pferdes, wenn auch nur im Schritt, der Puls sofort auf 
80—90 Schläge pro Minute hinaufging. Der Harn wurde, ins¬ 
besondere auch später, wiederholt chemisch untersucht, eine 
Eiweissreaction war jedoch nicht im Geringsten zu constatiren. 
Trotzdem sowohl durch Percussion wie Auscultation eine Ab¬ 
normität des Herzens absolut nicht nachzuweisen war, stellte 
ich doch hauptsächlich auf dem Wege des Ausschlusses einer 
andern Krankheit meine Diagnose auf Endocarditis. Einmal 
konnte ich in der Folgezeit eine Dämpfung im untern Viertel 
der rechten Brust nachweisen. Auch trat ein paar Tage lang 
die Erscheinung eines sehr schwachen, aussetzenden Pulses 
hervor. Diese Symptome verschwanden jedoch wieder und trat 
an Stelle des schwachen Pulses wieder ein auffallend stark fühl¬ 
barer Pulsschlag. Der Appetit war während der ganzen Krank¬ 
heitsdauer ein ordentlicher. Die Temperatur schwankte zwischen 
39 und 40 °C. Die Athmung war immer mehr oder minder 
beschleunigt und oberflächlich. Dabei lag das Pferd ziemlich 
viel. Nach und nach trat noch stärkere Abmagerung, Schwanken 
des Thieres bei kürzester Bewegung ein, es stürzte auch etliche 
Male zusammen und am 7. Juli, Morgens, wurde es sodann todt 
im Stalle liegend angetroffen. Das Sensorium war während 
der ganzen Krankheit so ziemlich gar nicht getrübt. Das Pferd 
zeigte sich stets sehr aufmerksam allen Vorgängen in seiner 
Umgebung gegenüber, wie es z. B. noch in seinen letzten 
Lebenstagen auszuschlagen versuchte. 

Ungefähr 12 Stunden nach dem Tode des Thieres nahm 
ich die Section vor. Hierbei konnte ich nun eine beinahe voll¬ 


ständige, allerdings ziemlich lockere Verwachsung des Peri- 
cardiums mit seiner Umgebung, Verdickung des Herzbeutels, 
sowie stellenweise leichte seröse Infiltration feststellen. Der 
Herzbeutel enthielt stark 1 j s Liter röthlicher, ziemlich klarer 
Flüssigkeit. Das Herz war leicht vergrössert. In dem ziem¬ 
lich brüchigen und erweichten, hellgrauröthlichen Myocardium 
fanden sich linkerseits gegen die Spitze zu verschiedene kegel¬ 
förmige, sehr derbe, harte, weissgraue Herde, sog. Herz¬ 
schwielen (Myomalacia cordis; nach Ziegler eine Folge arterieller 
Anämie, herrührend von Atheromatose, Embolie der betreffenden 
Arterien). Die Semilunarklappen linkerseits zeigten eine Ver¬ 
dickung bis zu 1 cm in Folge Auflagerung höckeriger, leicht 
abbröckelbarer, röthlicher, ziemlich fester Gewebsmassen. An 
der Basis der Klappen erwies sich das Endocardium stark ver¬ 
dickt, sehr derb, weisslich gefärbt. Die Mitralklappen zeigten 
eine Verdickung bis zu 3 mm, gelblichweisse Färbung, derbe 
Consistenz. Rechterseits waren endocarditische Veränderungen 
nicht festzustellen. 

Als Folge dieser Herzerkrankungen waren die weiter noch 
Vorgefundenen, beinahe doppelte Vergrösserungen der Leber, 
Milz und Nieren anzusehen. Ueber die Ursache der Erkrankung 
war lediglich nichts zu ermitteln. 

• 

Referate. 

Autointoxicationen intestinalen Ursprunges. 

Referat von Prof. Dr. Friedrich Müller -Marburg. 

(Verhandlungen des Congresses für innere Medicin, 1898.) 

Die Ausbildung der Lehre von den Autointoxicationen 
haben wir Bouchard und seinen Schülern zu danken; sie er¬ 
folgte, nachdem zumal aus Deutschland eine Reihe wichtiger 
Beobachtungen über diesen Gegenstand mitgetheilt waren. 
Man versteht unter Autointoxication eine Ver¬ 
giftung durch solche Stoffe, welche der Organis¬ 
mus bei seinen Lebensprocessen selbst erzeugt. 
Jene Fälle, wo ein Gift von aussen in den Körper eingeführt 
oder auch im Innern des Körpers durch Mikroorganismen ge¬ 
bildet wird, darf man also nicht zu den Autointoxicationen zählen. 
Tetanus, der zweifellos durch eine Giftwirkung entsteht, ist 
keine Autointoxication, weil das Gift nicht das Product der Körper¬ 
zellen, sondern der Tetanusbacillen ist. Dagegen stellt jede 
Ueberladung des Blutes mit Kohlensäure eine Intoxication in 
typischem Sinne dar. 

Fasst man so die Definition der Autointoxication auf, so 
giebt es eigentlich keine intestinale Form; denn die Gifte, 
welche sich in Folge abnormer Zersetzungen im Darmcanale 
bilden, sind nicht Producte des Organismus selbst, sondern von 
Schmarotzern, die auf der Oberfläche der Darmschleimhaut 
vegetiren. Man rechnet aber derartige Krankheiten — der 
Gewohnheit gemäss — z. Zt. noch zu den Autointoxicatiqpen, 
zumal das Gift immerhin im Körper (endogen) erst entsteht. 

Am häufigsten entstehen Vergiftungen durch verdorbene 
Nahrungsmittel; man kann annehmen, dass die Zersetzungen, 
welchen die Nahrungsmittel im Innern des Darmes unterliegen, 
jenen ähnlich sind, die sie auch ausserhalb des Körpers erleiden 
und dass dabei analoge Producte gebildet werden. Es dürfte des¬ 
halb zweckmässig sein, die Folgen derartiger Vergiftungen im 
Auge zu behalten, wenn man die Autointoxicationen studiren will. 

Die Fleischvergiftungen zeigen sich als typhusähn¬ 
liche Erkrankung oder unter dem Bilde der Ptomatropinvergiftung, 
meistens aber als Gastroenteritis. Die erste Form ist mehr als 
Infection, denn als Intoxication aufzufassen, denn es besteht 
regelmässig Milztumor und hohes Fieber. Die zweite Art führt 
den Namen Botulismus und wird durch ausserhalb der Körper 
durch Mikroben gebildete Fäulnissgifte (Ptomai'nc) verursacht. 
Eine Gastroenteritis endlich kommt zumeist nach Genuss von 
Fleisch kranker Thiere zu Stande; es handelte sich hauptsäch¬ 
lich um puerperale Erkrankungen bei Kühen und septische Zu¬ 
stände, derethalben die Thiere nothgeschlachtet waren. Bei 
den Untersuchungen fanden sich sehr virulente Kokken und 


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380 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


22. Oktober. 


Stäbchen, die ein durch Siedehitze nicht zerstörbares Gift liefern 
und entweder durch dieses eine toxische Enteritis oder durch 
Eindringen in den Blutkreislauf eine Infection bewirken. 

Die durch Milch und Käse hervorgerufenen Erkrankungen 
kamen in einzelnen Fällen durch Krankheiten der Kühe zu 
Stande, meist aber hatten diese Nahrungsmittel erst nach der 
Gerinnung eine Verderbniss angenommen. 

Bisher wurden gewiss öfter derartige Fleisch-, Fisch-, Milch- 
und Käsevergiftungen fälschlicherweise als Autointoxicationcn be¬ 
schrieben, während cs sich doch um exogene Giftbildung handelt. 
Die exogene Entstehung kann immer nur bei Massenerkrankungen 
mit Sicherheit als erwiesen betrachtet werden. 

Bei den Gährungs- und Fäulnissprocessen, die sich jm 
Magen und Darm gesunder Menschen abspielen, werden zweifel¬ 
los auch schädliche Substanzen gebildet: Buttersäure, Essig¬ 
säure, Phenol, Indol, Schwefelwasserstoff, Ammoniak u. a. Diese 
normale Darmfäulniss kann aber nur dann einen Schaden an- 
richten, wenn sie weit über das normale Mass gesteigert ist. 
Dies kann aus mancherlei Ursachen geschehen; bei Secretions- 
anomalien, Katarrhen, toxischen Einflüssen und vor Allem bei 
Stauung. Ueberall sehen wir im Körper abnorme Zersetzungs¬ 
vorgänge eintreten, wo Stagnation besteht, sei es in den Bron¬ 
chien, im Urogenitalapparat oder im Magen und Darmcanal. 
Namentlich führt schon eine gewöhnliche Verstopfung im Darm* 
canal zur vermehrten Bildung von Fäulnissproducten. 

Der Magendarmtractus enthält immer eine grosse Menge von 
Bakterien, die schwere Erkrankung hervorzurufen vermögen, falls 
es ihnen gelingt, in andere Organe einzudringen. Die französischen 
Forscher Nocard, Desonbry und Pore her haben die Be¬ 
hauptung aufgestellt, dass normalerWeise während derNahrungs- 
resorbtion »ganze Bataillone« von Mikroorganismen aus dem 
Darm in die Chylusgefässe und das Blut übertreten, dass sie 
aber in der Lunge und den übrigen Organen unschädlich ge¬ 
macht und grossentheils durch den Harn wieder ausgeschieden 
werden. Wenn aber die Vitalität der Gewebe herabgesetzt ist, 
so finden diese Bakterien günstige Bedingungen für ihre Ent¬ 
wicklung und es resultirt eine Krankheit. Dagegen hat Neisser 
in Flügge’s Laboratorium bewiesen, dass normalerweise die Darm- 
schlcimhaut für Bakterien nicht durchgängig ist, dass vielmehr 
bei gesunden Thieren selbst nach bakterienreichem Futter der 
Chylus, das Blut und die Organe keimfrei bleiben. Für alle 
Fälle aber genügt dieser Schutzwall nicht; es giebt sehr virulente 
Bakterien, die die Darmwand zu durchdringen vermögen: 
Tuberkelbacillus, Milzbrandbacillus. Ferner aber können krank¬ 
hafte Zustände in der Darmwand das Passiren der Mikro¬ 
organismen, auch des Colonbacillus ermöglichen. 

Als Resultat dieser Betrachtung ergiebt sich, dass sowohl 
bei der Infection wie bei der Intoxication vom Darme aus den 
von aussen eingeführten Bakterien und ihren Pro- 
ducten eine ungleich grössere Bedeutung zuerkannt 
werden muss, als den im Darm normalerweise vor¬ 
handenen Saprophyten; dass es ferner ganz ausser¬ 
ordentlich schwer ist, zu entscheiden, ob eine In¬ 
fection oder eine Intoxication vorliegt. 

Zum Nachweis einer Intoxication genügt nicht, dass die 
Krankheit mit Erbrechen, Durchfall oder Verstopfung verbunden 
ist, denn diese Erscheinungen treten auch bei septischen In- 
fectionen auf. Von grösserer Bedeutung ist schon der Nachweis 
einer vermehrten Ausscheidung der Aetherschwefelsäuren, die 
zweifellos auf eine erhöhte Eiweisszersetzung im Darm hinweisen. 
Sie selbst üben allerdings eine giftige Wirkung nicht aus, es 
bilden sich neben ihnen vermuthlich specifische Toxalbumine. 

Der Nachweis der specifischen Gifte ist sehr schwer und 
bisher nicht gelungen; Bouchard experimentirte mit Koth- 
cxtract, Horn, Magensaft, Nahrungsmitteln etc., ohne das Ziel 
zu erreichen. Auch Blutuntersuchungen ergaben negative Re¬ 
sultate. Trotz alledem wird man bei einer Reihe von Krank¬ 
heitszuständen einen ursächlichen Zusammenhang mit abnormen 
Zersetzungsvorgängen im Darm kaum leugnen können. Als 
praktisch wichtig ist die Frage zu beantworten, auf welche 
Weise abnorme Gährungs- und Fäulnissprocesse des Intestinal- 
tractus am sichersten unschädlich gemacht werden können. Es 


kann sich nicht darum handeln, alle im Darm vorhandenen 
Bakterien zu tödten, sondern es würde genügen, ihre Thätig- 
keit soweit abzuschwächen, dass die Bildung giftiger Producte 
unterbleibt. Abgesehen von Calomel, ist eine grosse Anzahl 
solcher Mittel empfohlen worden: Menthol, Enterokresol, Xero¬ 
form, Naphthalin, Naphthol, Terpentinöl, Salicylpräparate, 
Campher etc. Thatsächlich hat kein einziges der 
sogenannten Darmantiseptica diesen Namen ver¬ 
dient. Sie sind weder imStande, die normale Darmfäulniss 
und damit die Ausscheidung der Aetherschwefelsäuren im Harn 
zu mindern, noch haben sie sich bei abnormen Zersetzungen 
der Ingesta wirksam erwiesen. Von entscheidendem Einflüsse 
auf die intestinalen Fäulnissprocesse und vor Allem auf die 
Resorbtion ihrer Producte sind nur diejenigen Mittel, welche 
eine gründliche Entleerung bewirken. Darum ist das Er¬ 
brechen und ein prompt wirkendes Abführmittel das 
Beste. Selbst die unbestreitbare Wirkung des Calomel scheint 
ganz oder wenigstens zur Hauptsache auf der Darmreinigung 
zu beruhen. Tannin, Wismuth und Silbersalze wirken auf Magen, 
Darm und Blase meist besser als die stärksten Antiseptica. 

Mit Rücksicht auf die Thatsache, dass Zersetzungsvorgänge 
in hohem Grade abhängig sind von der Art des Nährmaterials, 
lassen sich nach dem Vorschläge von Escherich die Gährungs- 
und Fäulnissprocesse im Darm .wirksam beeinflussen durch 
principielle Aenderung der Nahrung. Wenn man das Nahrungs¬ 
mittel kennt, dessen bakterielle Zersetzung als krankmachende 
Ursache anzusehen ist, so wird man auch darauf Bedacht 
nehmen, dasselbe zu beseitigen und durch ein grundsätzlich 
verschiedenes zu ersetzen. Malkmus. 


Ueber die Gegenwart von Nervenfasern in Tumoren und 
andere Structureigenthümlichkeiten derselben dargestellt 
mit der modifleirten Ehrlich’schen Methylenblaureaction. 

Von Young. 

(The Journ. of experim. med. Bd. II. S. i.) 

Ehrlich hat in den Geweben die Nervenfasern in der 
Weise sichtbar gemacht, dass er an den lebenden Versuchs¬ 
tieren Methylenblau in die betr. Gewebe hineinspritzte. Y. hat 
diese Methode bei Tumoren von Menschen dahin abgeändert, 
dass er mit Hülfe des Doppelmessers feine Schnitte anfertigte 
aus den frisch exstirpirten Tumoren und diese dünnen Scheibchen 
in die Farblösung einlegte. Die Farblösung, welche jedes Mal 
frisch zubereitet werden muss, besteht aus: 

Frisches Eiereiweiss, 

o,6proc. Kochsalzlösung, 

0,25proc. wässerige Lösung von Ammon, chloratum, 

1 proc. wässerige Lösung von Methylenblau, 
von jedem 10 ebem. 

Die Färbung erfolgt in der Weise, dass die Gewebs- 
scheiben auf Glasplatten gelegt und mit der Farbflüssigkeit 
bedeckt werden. Die so präparirten Glasplatten kommen in 
eine feucht-warme Kammer und werden von Zeit zu Zeit bei 
schwacher Vergrösserung besichtigt. 

Nach 45 Minuten bis 2 Stunden werden die Scheiben in 
folgende eiskalte Flüssigkeit getaucht: 

Ammon, molybdat. 1 g, 

Aq. dest. 10 ebem., 

Wasserstoffsuperoxyd I ebem, 

Acid. hydrochlor. 1 Tropfen. 

In dieser Flüssigkeit bleiben die Scheiben über Nacht, und 
zwar im Eisschrank und werden dann sorgfältig 1 —2 Stunden 
in fliessendem Wasser ausgewaschen. Dann werden sie in ab¬ 
solutem Alkohol entwässert, in Xylol aufgehellt und in Paraffin 
eingebettet. Von diesen eingebetteten Stückchen werden Serien¬ 
schnitte angefertigt, die man auch noch mit Alauncochenille 
gegenfärben kann, und mit Oelimmersion untersucht. 

Mit Hülfe der angegebenen Methode untersuchte Y. fol¬ 
gende Tumoren vom Menschen: 

1. 3 Fälle von Scirrhus (sog. Faserkrebs) der Brustdrüse. 

2. Carcinom des Collum Uteri. 

3. Subperiosteales Sarkom der Tibia. 


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No. 43. 


DEUTSCHE THIERyEKZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


381 


4. Myxom der Achselhöhle. 

5. Metastatisches Carcinom der Halsdrüsen. 

6. Sarkom der Beinmuskeln. 

7. Mykosis fungoides. 

8. Subperiosteales Sarkom der Femurcondylen. 

9. Intracanaliculäres Myxom der Brustdrüse. 

10. Amputationsneurom. 

11. Myxom. 

Mit Ausnahme der Fälle 4, 7, 10, die an nervenreichen 
Organen sassen und daher ausscheiden, konnte in 5 von den 
übrigen 10 Fällen das Vorhandensein von Nervenfasern positiv 
nachgewiesen werden. In einzelnen Fällen waren ordentliche 
Bündel von theils markhaltigen, theils marklosen Fasern, in 
anderen Fällen nur einige zarte welllige Fasern sichtbar. Sie be¬ 
gleiteten meist kleine Venen und Arterien, wurden jedoch auch 
ohne diese zwischen den specifischen Tumorzellen nachgewiesen. 

Y. beantwortet die Frage, ob die Vorgefundenen Nerven¬ 
fasern nur von den Tumormassen eingeschlossene normale sind, 
oder ob sie ein integrirender Bestandtheil des Tumors selbst 
sind, dahin, dass dies nicht ohne Weiteres für alle seine Fälle 
zu entscheiden sei. Er meint jedoch, dass in den beiden unter¬ 
suchten subperiostealen Sarkomen die Nervenfasern so weit in 
der Geschwulst lagen und so ohne jede Begleitung durch nor¬ 
males Gewebe verliefen, dass die Annahme, es handle sich bei 
den Nervenfasern um integrirende Bestandtheile des Sarkoms, 
nicht von der Hand zu weisen sei. 

Ueber die Function der gefundenen Nerven lässt sich ein 
Urtheil nicht gewinnen, da ihre Endigungen nicht nachgewiesen 
wurden. Y. glaubt, dass ein Theil derselben in den Sarkomen 
wegen der Nachbarschaft der Gefässe zu den letzteren Be¬ 
ziehungen haben. 

Ausserdem fanden sich auch noch in den geprüften Tumoren 
Zellen, die eine Blaufärbung annehmen: 

1; Mastzellen und Plasmazellen; von den ersteren herrschten 
zwei Formen vor: solche mit langen Protoplasmafortsätzen und 
deutlichen Granulis, die sich tief blau färben und andere runde, 
ovale, aber kleinere, die sich diffus färben und erst bei starker 
Vergrösserung zarte Körnung aufweisen. Die Plasmazellen 
waren massenhaft vorhanden. 

2. Die rothen Blutkörperchen färbten sich sehr kräftig mit 
Methylenblau. 

3. In den Zellen des Tibiasarkoms fanden sich vielfach 
Einschlüsse von unregelmässiger Gestalt, die die Farbe sehr 
leicht annahmen. Die solche Einschlüsse enthaltenden Zellen 
sehen geschwollen aus und sind grösser als die nachbarlichen 
Sarkomzellen. Ihr Protoplasma ist blass, ihre Krone deutlich; 
letztere färben sich gut mit Alauncochenille. Diese Zellein¬ 
schlüsse sind verschieden gross und die grösseren besitzen sogar 
Vacuolen, die sich als farbloser Hof zeigen. Ihre Gestalt ist 
meist kuglig, doch haben auch viele Halbmond- und Hufeisen¬ 
form. Die Anzahl derselben in den einzelnen Zellen schwankt von 
3—10 und darüber. Wenige von diesen blaugefärbten Körpern 
finden sich auch zwischen den Zellen anscheinend freiliegend. 

Die Frage nach der Natur dieser Körperchen lässt Y. offen. 
(Von vielen, namentlich italienischen Forschern sind bekannt¬ 
lich diese Dingo für die specifischen Parasiten des Tumors 
erklärt worden. D. Ref.) 

Ausser den blaugefärbten Nervenfasern konnte Y. auch 
noch andere tief blaugefärbte Fibrillen nachweisen. Sie finden 
sich im sonst ungefärbten Stroma der Carcinome als leicht 
wellige, tief blaue, zart contourirte Fasern von oft recht be¬ 
trächtlicher Länge. In Sarkomen kommen solche Fasern auch 
zwischen den Zellen des Tumors vor. Sie sind ausserordent¬ 
lich gross, der Regel nach ganz gerade, nur selten etwas wellig 
und anastomosiren zuweilen mit einander. Einige sind ganz 
dick, während andere sehr fein sind. Y. hält eine Verwechse¬ 
lung mit Nervenfasern für ausgeschlossen. Ueber das Wesen, 
sowie die Beziehung dieser Fasern zum Tumor kann Y. keine 
Auskunft geben. Frick. 


Thierzucht und Thierhaltung. 

Landwirtschaft und Veterinärwesen. 

Der Kreisthierarzt Bermbach in Schroda hat in No. 36 der 
B. T. W. in längerer Ausführung betont, dass die erste und vor¬ 
nehmste Aufgabe der Thierheilkunde in allen ihren Zweigen darin 
bestehe, der Landwirtschaft zu helfen und die landwirtschaftliche 
Viehhaltung nach Kräften zu fördern und sie möglichst auf der Höhe 
zu halten. Die Thierheilkunde habe heute nicht mehr allein die 
Aufgabe, kranke Thiere zu heilen, sondern ihr liege die viel 
wichtigere Aufgabe ob, Krankheiten, insbesondere Seuchen, von 
den Haustieren fernzuhaltcn; ausserdem sei es ihr unbestrittenes 
Recht und ihre Bestimmung, dem Landwirt in allen Fragen, welche 
die Viehzucht und Thierhaltung im Allgemeinen betreffen, als 
Ratgeber und erfahrener Sachverständiger zur Seite zu stehen. 

Verf. bespricht sodann die Massregcln zur Hebung der 
Schweinezucht und macht folgende, sehr beachtenswerte Vor¬ 
schläge : 

1. Das erste und wirksamste Mittel, der ein¬ 
heimischen Schweinezucht wieder aufzuhelfen, 
besteht in der dauernden Schliessung der Grenzen 
gegen jede Zufuhr von Schweinen und von Schweine¬ 
fleisch im rohen, gepökelten oder geräucherten 
Zustande. 

2. Ein zweites, nicht weniger wirksames Mittel, 
der einheimischen Schweinezucht zu helfen, be¬ 
stände darin, dass da, wo Schweinezucht in grösserem 
Massstabe betrieben wird, den Deputat-Leuten 
nicht mehr gestattet würde, Schweine zu halten. 

3. Das dritte Mittel, durch welches die in¬ 
ländische Schweinezucht wirksam gefördert werden 
kann, beruht in der Impfung. 

Ad 1. Verf. steht hier auf dem Standpunkt, der übrigens 
von den meisten Landwirthcn getheilt wird, dass die einheimische 
Production durch dauernde Sperrung der Grenzen gegen jede 
Zufuhr von Schweinen und von Schweinefleisch geschützt werden 
müsse. Während die Einfuhr von lebenden Schweinen aus dem 
Auslande in den letzten Jahren erheblich zurückgegangen ist 
(sie betrug im Jahre 1896 110 532 Stück gegen 987687 im 
Jahre 1892), wurden im vergangenen Jahre an Schweinefleisch 
und Schweineproducten nach Abzug der verhältnissmässig ge¬ 
ringen Ausfuhr folgende Massen eingeführt: frisches Schweine¬ 
fleisch 11 137900 kg, zubereitetes Schweinefleisch 4 157900 kg, 
Schweineschinken 2002600 kg, Schweinespeck 16871100 kg, 
Würste 513600 kg und Schweineschmalz 97 237 300 kg *). Aus 
diesen Zahlen ist zu ersehen, dass die Einfuhr ganz ausser¬ 
ordentliche Dimensionen angenommen hat. Das Schlimmste bei 
dieser Einfuhr ist jedoch, dass es meistens minderwerthige 
Waare ist, mit welcher uns das 'Ausland und besonders Amerika 
überschüttet ; soll doch z. B. das beste Schmalz, welches uns 
Amerika unter dem Namen Raffined Lard etc. liefert, nach 
Angabe des Vorsitzenden des deutschen Fleischerverbandes, 
Altmeister Stein-Lübeck*), nur 30°/ 0 und weniger wirkliches 
Schmalz enthalten. 

Aber die ausländische Waare ist nicht allein minderwerthig, 
sondern vielfach direct gesundheitsschädlich, wie die vielen 
Fälle, in denen in Würsten und Schinken amerikanischen Ur¬ 
sprungs Trichinen aufgefunden worden sind, lehren. Dies hat 
Ref. an a. O. *) ausführlich nachgewiesen. 

Verf. verkennt zwar nicht, dass durch eine derartige Mass- 
regel der dauernden Schliessung der Grenzen die Preise für 
Schweinefleisch sehr schnell in die Höhe geschraubt würden; 
diese Preissteigerung würde jedoch nur eine vorübergehende 
sein, da die Landwirtschaft, wenn ihr die Gewissheit geboten 
würde, dass die einheimische Waare nicht wieder durch über- 


*) Siehe No. 15 der »Allgemeinen Fleischer-Zeitung« vom 21. Februar 
1898, p. 5, Petition des Vorsitzenden des Deutschen Fleischer-Verbandes, 
Eduard S t e i n - Lübeck, Namens des Vorstandes an den Reichskanzler gegen 
die Verschärfung des Einfuhrverbotes von lebendem Vieh. 

*) Mittheilungen der Vereinigung deutscher Schweinezüchter, No. 4, 
1898, p. 64. 

") Nörner: Praktisch« Schweinezucht, p. 298 u. flf. 


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38a 


DEUTSCHE THIERiCRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


22 . Oktober. 


massige Zufuhr von aussen einen natürlichen Preisdruck erleiden 
würde, der Schweinezucht sehr bald wieder vollste Aufmerksam¬ 
keit zuwenden würde, so dass binnen verhältnissmässig kurzer 
Zeit die Production zur Deckung des inländischen Bedarfes aus¬ 
reichen würde. Ohne Zweifel hat Verf. mit diesem Satz voll¬ 
ständig Recht. Es kann nicht bestritten werden, dass die 
Schweinezucht und Haltung in vielen Gegenden Deutschlands 
noch recht darniederliegt. »Hindernd auf die Entwicklung der 
Schweinezucht,« so hat sich Ref. a. a. O. ausgesprochen'), 
»wirken verschiedene Umstände; einmal sind es die colossal^n 
Preisschwankungen, die wir in den letzten Jahren in der 
Schweinezucht zu verzeichnen hatten: das häufige Sperren und 
Wiedereröffnen der Grenze gegen die Einfuhr vom Auslande 
kam sofort durch Steigen bezw. Fallen der Schweinepreise zum 
Ausdruck. Die sehr niedrigen Schweinepreise, die wir eine 
Zeit lang hatten, wirkten lähmend auf die Zucht ein und waren 
die Veranlassung, dass mancher Landwirth seine Zuchtsauen 
wieder abschaffte. Viele kleinere Landwirthe betreiben Schweine¬ 
zucht überhaupt nur zeitweilig; bei niederen Preisen vermindern 
sie ihre Bestände so sehr, dass sie nicht im Stande sind, die 
häufig ganz plötzlich auftretenden günstigen Conjuncturen ge¬ 
nügend ausnutzen zu können. Dann sind es die Seuchen, 
welche die Schweinebcstände vieler Gegenden decimiren und 
die Entwicklung der Zucht hemmen.« 

Verf. äussert sich in ähnlichem Sinne, indem er sagt: »Bei 
den Preisen, wie sie bis vor kurzer Zeit waren, war die Schweine¬ 
zucht nur mit Verlusten verknüpft, namentlich wenn man die 
häufigen und sehr erheblichen Schäden durch Seuchen in Rech¬ 
nung zieht. Es lohnte in der That bis dahin nicht, irgend 
etwas für die Schweinezucht aufzuwenden, und in diesem Umstande 
liegt nicht zum kleinstem Theile die Schuld, dass die Schweine¬ 
seuchen so erheblich an Ausdehnung gewinnen konnten. Wenn 
aber die Schweinezucht einen lohnenden Betrieb darstellt, so wird 
der Züchter naturgemäss eher geneigt und auch in der Lage sein, 
die Einrichtung seiner Ställe den Anforderungen der Hygiene 
entsprechend zu gestalten und die unmittelbarste Folge davon 
wäre, dass die Seuchen sich zum Rückzuge bequemen müsstet*«. 

Verf. macht dann darauf aufmerksam, dass die Grenzsperre 
auch den Vortheil brächte, die Seuchen fernzuhalten; die 
Veterinärpolizei müsse daher die Forderung stellen, die Grenzen 
gegen jede Einfuhr abzuschliessen. 

So sehr diese Sperrung der Grenzen auch den Wünschen 
der Landwirthschaft entsprechen würde, so wenig Anklang findet 
dieselbe in den Kreisen der Fleischer. Von diesen wird gegen¬ 
wärtig unter der Behauptung, dass die deutsche Landwirthschaft 
nicht im Stande sei, den nöthigen Bedarf an Schlachtthieren zu 
decken und dass schon jetzt eine »Fleischnoth« vorhanden sei, 
für Oeffnung der Grenzen agitirt. Ob mit Recht oder Unrecht, 
dies zu untersuchen, ist hier nicht der Ort. Erwähnt sei nur, 
dass während das berufenste Organ der Fleischer, die All¬ 
gemeine Fleischer-Zeitung 2 ) auf Grund einer Umfrage über die 
Fleischnoth das Vorhandensein einer solchen annimmt, in einem 
»Fleischnoth?« betitelten Artikel der Deutschen Landwirthschaft- 
lichen Presse (No. 70 vom 31. August d. Js., S. 761) nach¬ 
zuweisen gesucht wird, dass: 

a. die Viehpreise seit Jahresfrist in • Deutschland nicht ge¬ 
stiegen, sondern erheblich gefallen sind; 

b. im Inlande kein Mangel, sondern an allen Märkten ein 
reichliches Ueberangebot an Schlachtvieh aller Arten 
und Qualitäten vorhanden sei 8 ), und dass der tiefer im 
Lande wohnende Producent sein Vieh vielfach auch zu 
schlechten Preisen überhaupt nicht los werde; 

*) Praktische Schweinezucht: 1. c. p. 238. 

*) Vergl. die Nummern 76—78, 1898. 

*) Anm. d. Ref.: Aus No. 79 der Allgemeinen Fleischer Zeitung vom 
3. d. Mts. ergiebt sich folgendes Bild der gegenwärtigen Marktlage: Berlin 
(Amtlicher Bericht der Direction): Das Rindergeschäft wickelte sich langsam 
ab und hinterllsst starken Ueberstand. Der Kälberhandel gestaltete sich 
langsam und wird kaum ganz ansverkauft. Bei den Schafen war der Ge¬ 
schäftsgang langsam, es bleibt erheblicher Ueberstand. Der Schweinemarkt 
verlief ruhig und wurde geräumt. Nürnberg: Geschäftsgang ziemlich flau; 
Markt geräumt; Preise gegen die Vorwoche für Rindvieh gleich, für Schweine 
etwas gefallen, Hannover: Geschäft schleppend. Zwickau, Leipzig: mittej- 


c. Deutschland seit Jahren keine Grenzsperre verhängt 
habe; die einzige Massregel, gegen die die Agitation sich 
richte, sei, die deutsche Verfügung gegen den Import 
von solchem Schlachtvieh, das durch die amtliche 
Tuberculinprobe sich als krank erweist. Im Uebrigen 
sei die Einfuhr sowohl dänischen als auch österreichi¬ 
schen Schlachtviehes gestattet, und diese Einfuhr finde 
auch fortgesetzt aus Dänemark wie aus Oesterreich in 
einem den Bedarf Deutschlands weit übersteigenden 
Masse statt, so dass es gerade dieserhalb der heimischen 
Production vielfach an Absatz mangele. 

Ad 2 bemerkt Verf.: »So merkwürdig es auch von vorn 
herein klingen möge, der Schweinezucht zu helfen, indem man 
einem erheblichen Theil des schweinezüchtenden und mästenden 
Publikums die Schweinehaltung unterbindet, so richtig ist dieser 
Ausspruch. Der ländliche Arbeiter glaubt nicht an die grosse 
Gefahr, welche die Schweineseuchen mit sich bringen; er weist 
jede Belehrung in dieser Hinsicht zurück. Er zeigt auch ver¬ 
hältnissmässig selten die Seuche an und thut auch sonst nichts, 
damit die Seuche nicht weiter um sich greift. Dabei treiben 
sich seine Schweine meist an den Landstrassen umher und die 
Händler und Fleischer verkehren immerzu in seinem Stalle. 
In Folge dieser Umstände wüthen die Seuchen am meisten unter 
den Schweinen der sogenannten kleinen Leute und finden von 
hier in der Regel den Weg zu den Schweinebeständen der 
Gutsherrschaft. Wenn daher auf denjenigen Gütern, wo eine 
nennenswerthe Schweinehaltung betrieben wird, den Deputat- 
Leuten die Schweinehaltung nicht mehr gestattet wird, so 
werden — wenn sonst keine Vorsichtsmassregeln ausser Acht 
gelassen werden — dort die Schweineseuchen ganz erheblich 
an Häufigkeit einbüssen.« Der Arbeiter müsse natürlich in 
anderer Weise hierfür schadlos gehalten werden, dann würde 
diese Massregel für ihn zu einer Wohlthat, während er unter 
den heutigen Verhältnissen nur zu häufig sein kleines Verflögen 
durch das Schweinesterben wieder einbüsse. 

Dass die Schweine der ländlichen Arbeiter sehr häufig von 
Seuchen ergriffen werden, kann Ref. aus eigener praktischer 
Erfahrung bestätigen; die Hausgärten derselben sind bisweilen 
wahre Brutstätten des Rothlaufs. Diese vom Verf. empfohlene 
Massregel ist daher wohl im Stande, hemmend auf die Weiter¬ 
verbreitung der Seuchen einzuwirken. 

Ad 3. Bei Besprechung der Schutzimpfung macht Verf. 
darauf aufmerksam, dass die Klagen der Landwirthe, dass der 
Lorenz’sche Impfstoff nur sehr spärlich oder auch meist gar 
nicht zu erhalten sei, immer mehr und mehr zunehmen. Hierzu 
möchte Ref. noch bemerken, dass solche Klagen auch in der 
Provinz Sachsen wiederholt laut geworden sind. Die Anstalt 
zur Erzeugung Lorenz'scher Lymphe in Prenzlau ist bei weitem 
nicht im Stande, den Bedarf an Lorenz’schem Impfstoff auch 
nur annähernd zu decken. Verschiedene Landwirthschafts- 
kammem, so besonders die Landwirthschaftskammer für die 
Provinz Sachsen, sind daher schon vor längerer Zeit bei dem 
preussischen Landwirthschaftsminister dahin vorstellig geworden, 
dass die Lorenz’sche Serummethode vom preussischen Staate 
angekauft und das Verfahren den einzelnen Provinzen über¬ 
lassen werde. Eine Entscheidung hierüber ist noch nicht ein¬ 
getroffen. • Nörner. 


Der Viehstand Im Königreich Bayern nach der Viehzählung* 
vom 1. Dezember 1897. 

Die nach dem Beschluss des Bundesraths vom 7. Juli 1892 
— neben der alle 10 Jahre im Gebiete des Deutschen Reichs 
stattfindenden umfassenderen Viehzählung — alle 5 Jahre vor¬ 
zunehmende, auf Pferde, Rinder, Schafe und Schweine nach 
zwei Altersklassen beschränkte Aufnahme des Nutzviehstandes 
ist zuletzt am 1. Dezember 1897 ausgeführt worden. Die Er¬ 
gebnisse für Bayern sind kürzlich in der »Zeitschrift des König- 

mftssig. Elberfeld: still. Magdeburg: Tendenz langsam; Ueberstand: 
25 Rinder, 35 Schafe, 100 Schweine. Bremen: Ueberstand: 3 Rinder, 
64 Schweine, 22 Schafe. Strassburg i. E.: Tendenz ruhig. Karlsruhe: leb¬ 
haft. Bromberg: rege etc. Nach diesem Marktbericht kann von einer sog. 
Fleischnoth nicht die Rede sein. 



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No. 43. 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


383 


lieh bayerischen Statistischen Bureaus« (1898, I) veröffentlicht 
worden. Sie sind in der Hauptsache unter Vergleich mit denen 
der früheren Erhebungen in Nachstehendem mitgetheilt. Gezählt 
ist säramtliches Vieh der bezeichneten Gattung, nicht nur das 
landwirtschaftliche Nutzvieh. Insbesondere sind auch die 
Militärpferde in den Zahlen enthalten. 

Im Gesammtgebiet des Königreichs wurden, um mit einem 
Rückblick zu beginnen, ermittelt im Jahre 


1873 1883 1892 1897 

Pferde . . 350818 356316 369035 376757 

Rinder . . 3066263 3037098 3 337 978 3419421 

Schafe . . 1342290 1178270 968484 905916 

Schweine. . 872098 1038344 1358744 1412 579 

Der Pferdestand und in noch höherem Masse die Zahlen 
der Schweine zeigen steigende Zunahmen. Dagegen setzt sich 
die Minderung der Schafe andauernd fort. Der Rinderstand 
war von 1873 bis 1883 etwas zurückgegangen, er hat sich 
aber nach den beiden letzten Erhebungen wieder beträchtlich 
vermehrt. Die in Folge der Futternoth 1893 eingetretene Ver¬ 
ringerung der Rinderbestände scheint glücklicher Weise eine 
nur vorübergehende gewesen zu sein. 

Gegen den Stand von 1892 hatten 1897 zu- oder ab¬ 
genommen (+ oder —) die 


in 

Pferde 

Rinder 

Schafe 

Schweine 

um °l„ 

um "/* 

um *>/„ 

um 

u /o 

Oberbayem 

— 

0,1 

4- 4,4 

— 

9,5 

4- 

3,5 

Niederbayem . . 

— 

3,3 

+ 0,2 

— 

23,8 

— 

7,4 

Pfalz .... 

+ 

8,4 

+ 2,8 

■— 

25,i 

4- 

23,5 

Oberpfalz . . . 

+ 

4,0 

— 0,2 

— 

7,6 

— 

3,8 

Oberfranken . . 

+ 

13,0 

+ 1,5 

— 

2,2 

4- 

9,o 

Mittelfranken . . 

+ 

8,5 

+ 3,3 

+ 

3,7 

4- 

4,2 

Unterfranken . . 

+ 

12,5 

+ 4,2 

— 

4,3 

4- 

1 *«3 

Schwaben . . . 

— 

0,1 

+ 2,9 

— 

4,1 

+ 

6,0 

im Königreich . 

+ 

2,1 

4- 2,4 

— 

6,5 

+ 

4,0 

Bemerkt wird 

ZU 

diesen 

Zahlen: 

»Entgegen der 

für 

das 


gesammte .Königreich verzeichneten Zunahme zeigt die Ober- 
pfalz bei den Rindern, Niederbayern und die Oberpfalz bei den 
Schweinen einen Rückgang. Die Schafe haben lediglich in 
Mittelfranken, das bisher gleich den übrigen Regierungsbezirken 
Abnahme aufwies, seit 1892 sich gemehrt. An Pferden wurden 
erheblich mehr in 5, unbeträchtlich weniger in 3 Kreisen ge¬ 
zählt; diese Minderungen erklären sich aus Garnisonwechseln.« 

Was den Stand vom 1. Dezember 1897 betrifft, so kamen 
auf 1000 Einwohner (a) und auf 1 qkm (b): 


in 

Oberbayern. 
Niederbayern . 
Pfalz .... 
Oberpfalz . . 

Oberfranken 
Mittelfranken . 
Unterfranken . 
Schwaben . . 

im Königreich 



Pferde 

Rinder 

Schafe 

Schweine 

/ a - 

97,7 

578,1 

154,8 

148,9 


6,9 

41,0 

11,0 

10,6 

ja. 

111,3 

852,5 

117,7 

353,1 

l b. 

7,0 

43,4 

7,3 

22,1 

/ a ' 

50,1 

331,6 

25.9 

169,0 

1b. 

6,5 

42,9 

3,3 

21,9 

1 a - 

34,2 

702,5 

150,3 

325,2 

1 b. 

1,9 

39,8 

8,5 

18,4 

/ a ‘ 

19,1 

499,4 

110,0 

208,3 

1b. 

1,6 

41,8 

9,2 

17,4 

/ a * 

45,8 

470,2 

280,3 

269,4 

\b. 

8,5. 

45,7 

27,3 

26,2 

Ja- 

38,4 

537,7 

218,3 

361,1 

1 b. 

2,9 

40,4 

16,4 

27,2 

/ a> 

86,1 

785,4 

191,3 

205,3 

1b. 

6,0 

64,8 

55,o 

13,4 

14,4 

j a. 

587,7 

155,7 

242,8 

\b. 

5,0 

45,1 

11,9 

18,6 


Der auffallend hohe und seit 1892 wieder gestiegene Schaf¬ 
bestand in Mittelfranken tritt besonders hervor in den Bezirks¬ 
ämtern Rothenburg a. T. mit 1233,6 auf 1000 Einwohner und 
54,3 auf 1 qkm, Uffenheim (953,0 und 53,3), Ansbach (785,7 
und 41,0), Dinkelsbühl (659,1 und 41,0), denen auch sonst 
alle Bezirksämter des Königreichs an Zahl der Schafe nachstehen. 

Aufschluss über die Vertheilung der gezählten Viehstücke 
auf die Viehhaltungen steht noch in Aussicht 


Verschiedene Mittheilungen. 

Neuwahl des Ausschusses der Thierärzte in Baden. 

Nachdem die vierjährige Periode, für welche die im 
Oktober 1894 gewählten Mitglieder des Ausschusses der Thier¬ 
ärzte bestellt sind, abgelaufen ist, so wird jetzt durch das 
Grossherzogliche Ministerium auf Grund der Verordnung vom 
7. Oktober 1864 eine Neuwahl dieses Ausschusses angeordnet. 
Die wahlberechtigten Thierärzte des Landes werden aufgefordert, 
spätestens bis zum 15. November ihre Abstimmung schriftlich 
und verschlossen mit der Aufschrift des Namens und Standes 
des Wählers versehen dem Bezirksthierarzt ihres Bezirks abzu¬ 
geben. Da der Ausschuss aus fünf Mitgliedern bestehen soll, 
so hat jeder wählende Thierarzt auch fünf Angehörige seines 
Standes zu wählen. Die Bezirksthierärzte sind angewiesen, die 
eingegangenen Stimmzettel nach abgelaufener Wahlfrist sofort 
unerbrochen an das Ministerium einzusenden. 


Sammlung für die Waisen des verstorbenen Professor 

Eber. 

Die von den Professoren Fröhner, Schmaltz und 
Ostertag ins Werk gesetzte Sammlung für die Waisen des 
Professors W. Eber hat jetzt mit einem ausserordentlich 
günstigen Ergebniss ihren Abschluss gefunden. Es gingen als 
Beiträge von einzelnen Personen und thierärztlichen Vereinen 
eilt 9053 Mk. 50 Pfg.; ausserdem wurde von den Lehrer¬ 
kollegien zu Berlin, Dresden, Hannover und Stuttgart 
depi Fond übermittelt 2070 Mk., sodass im Ganzen 11 123,50 Mk. 
dem Vormund der Kinder, Herrn Docenten Ge iss in Hannover 
übergeben werden konnten. Die Wohlthätigkeit der Thierärzte 
hat hier wieder einmal Hervorragendes geleistet. Besonders 
rühmend aber darf hervorgehoben werden, dass der wissen¬ 
schaftliche Verein der Studirenden an der thierärztlichen Hoch¬ 
schule in Hannover, Unitas, beschlossen hat, alljährlich noch 
20Ö Mk. dem Vormund zur Erziehung der Waisen zur Ver¬ 
fügung zu stellen. 

Die in der B. T. W. No. 36 enthaltene Quittung über 
i 43 Mk. vom Veterinär-medicinischcn Verein Starken¬ 
burg soll auf besonderen Wunsch hier specialisirt werden. 

1 Für die Hinterbliebenen des Prof. Eber-Berlin sind von 
den Mitgliedern des Vet.-med. Prov.-Vereins Starken¬ 
burg folgende Beiträge gegeben worden: 

1 Mark. 


A. 1. Kr.-Vet.-Arzt Sauer, Gross-Gerau . . . 5.— 


2. 

Ob.-Rossarzt a. D. Z a p e 1 , Darmstadt . . 

5.— 

3. 

Kr.-Vet.-Arzt Dr. Schneider, Offenbach . 

3 — 

4- 

„ Dr. Güngerich, Bensheim . 

3 — 

5- 

„ Friedrich, Dieburg . . . 

5-— 

• 6. 

„ Dr. Weinsheimer, Darmstadt 

5-— 

7- 

„ Hahn, Reichelsheim . . . 

5 — 

8 . 

Schlachthof-Director Dr. Garth, Darmstadt 

5-— 

9- 

Vet.-Arzt Trops, Langen. 

5-— 

10. 

„ Kaiser, Gr.-Bieberau .... 

3 — 

11. 

„ Blume, Gernsheim. 

3 — 

12. 

„ Klingemeyer, Pfungstadt . . 

3- — 

13. 

„ Speer, Wimpfen. 

3-— 

14- 

„ Diffin^, Rüsselsheim .... 

3-— 

15. 

Kr.-Vet.-Arzt Arnold, Erbach .... 

3-— 

16. 

Rossarzt Krause, Darmstadt ...... 

3.— 

17. 

Kr.-Vet.-Arzt Erberich, Rimbach . . 

3 -— 

B. Vom Vet.-med. Prov.-Verein Starken- 


bürg* . 

75-— 

C. Von 

Herrn Ober-Rossarzt Christiani, 


Darmstadt, zur Uebermittelung an Herrn Prof. 


Dr. 

Ostertag. 

3-— 


Summa . . 

I43-— 


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384 


DEUTSCHE TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


22. Oktober. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Praktische Schweinezucht von Dr. C. Nörner. Mit 77 
in den Text gedruckten Abbildungen. Neudamm 1899. 
Verlag von J. Neumann, Verlagsbuchhandlung für Land¬ 
wirtschaft etc. Preis 5 Mk. 

Das unter dem vorstehenden Titel erschienene, 3 31 Druck¬ 
seiten umfassende Buch soll vorzugsweise dem praktischen 
Landwirth als Wegweiser dienen. 

Im ersten Kapitel bespricht Verf. den Schweinestall und 
seine Einrichtung. 

Wir finden in dem Inhalte dieses Abschnittes eine Reihe 
Darlegungen, deren Beachtung zur Förderung einer gedeihlichen 
Entwicklung der Schweine und zur Verhütung von Krankheiten 
von Bedeutung sind. Die Erfahrungen, welche von Schweine¬ 
züchtern und Baukundigen bei Herstellung von Schweine¬ 
stallungen behufs möglichst vollkommener Erfüllung der hygie¬ 
nischen Forderungen gemacht wurden, hat Verf. umfassend 
zusammengestellt. 

In Kapitel II, »Schweinerassen«, werden nur diejenigen 
Typen beschrieben, welche für den deutschen Züchter Interesse 
haben, nämlich das deutsche Edelschwein, das schwarze eng¬ 
lische Berkshireschwein, die Typen des veredelten und unver¬ 
edelten Landschweines. 

Verf. beschränkt sich indessen nicht lediglich auf die Be¬ 
schreibung der Rassen, sondern bespricht auch den wirtschaft¬ 
lichen Werth derselben unter den verschiedenen Aussenverhfclt- 
nissen und giebt die Bezugsquellen zur Erwerbung guter Zucht¬ 
tiere an. 

Im Weiteren warnt Verf. vor der zu weit gehenden Ver¬ 
edlung der Landschweine für Verhältnisse, wo die Bedingungen 
für die Zucht edler Schweinerassen und eine rentirliche Haltung 
des Edelschweines nicht vorhanden sind; auch stellt er den 
Werth der Kreuzung des Berkshireschweines mit Landschweinen 
in das richtige Licht. Nach diesen beiden Richtungen decken 
sich unsere Beobachtungen vollkommen mit den Erörterungen 
des Verfassers. 

Im Abschnitte »Fütterung und Futterzubereitung« bespricht 
Verf. die einzelnen Futtermittel und behandelt dann eingehend 
deren Einfluss auf die Qualität des Fleisches und Speckes, 
besonders wenn es sich um Herstellung von Dauerwaaren 
handelt. Die vielfach angeschnittene und schon früher von 
Brümmer besprochene Frage, ob die bisher übliche Auf¬ 
schwemmung der Futtermittel mit Wasser für das Schwein 
naturgemäss und zweckmässig sei, wird vom Verf. im Sinne 
Brümmer’s auf Grundlage physiologischer Daten und der 
Ergebnisse, welche bei Trocken- und Breifütterung der Schweine 
beobachtet wurden, verneint. 

Im Kapitel »Züchtung« findet vor Allem die Auswahl der 
Zuchtthiere sachgemässe Beleuchtung, hierbei warnt Verf. be¬ 
sonders vor zu heterogener Paarung, Paarung in zu enger Ver¬ 
wandtschaft, Nichtbeachtung der Abkunft der zu paarenden 
Thiere, und betont die ausserordentliche Wichtigkeit strengster 
Anforderung an die Eber. Die Unterabschnitte dieses Kapitels: 
Pflege, Haltung und Fütterung der Mutterthiere, der Ferkel und 
Läuferschweine sind vorzüglich bearbeitet; besonders eingehend 
behandelt Verf. die Vorkommnisse, welche der gedeihlichen 
Entwicklung der Ferkel hinderlich sein können. 

Der Unterabschnitt »Paarung«, welcher am Schlüsse des 
Kapitels »Züchtung« steht, wäre nach unserem Dafürhalten 
besser nach dem Unterabschnitte »Auswahl der Zuchtthiere« 
eingefügt worden, da bei den züchterischen Verrichtungen der 
Auswahl der Zuchtthiere die Paarung folgt und nach dieser im 
Falle der Befruchtung die Aufzucht durch Beeinflussung der 
trächtigen Mutterthiere beginnt. 

Im Unterabschnitte »Verwerfhung der Zuchtproducte«, 
welcher in dem Buche zweckmässiger als unabhängiges Kapitel 
und nicht als integrirender Theil des Kapitels »Züchtung« 
figurirt hätte, behandelt Verf. die Verwerthung der Ferkel und 
daran anschliessend die Mast der Schweine. Seine Ausführungen 

Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thlerirztiiche Wochensch 

Druck der MacMofschen 


über Haltung und Fütterung der zur Mast gestellten Thiere 
begründet er durch Mittheilung mehrerer, der Praxis ent¬ 
nommenen, sehr rationellen Mastmethoden. 

Im folgenden Kapitel behandelt Verf. die Schweineseuchen 
und ihre Bekämpfung. 

Das Wesen der Seuchen (Tuberculose, Rothlaufseuche, 
Schweineseuche und Schweinepest), die natürlichen Schutzvor¬ 
richtungen im Organismus gegen die Erreger der Seuchen, die 
Schutzimpfungen, die Art der Wirkung derselben, deren Be¬ 
deutung, sowie die andern Schutzmassregeln finden. in diesem 
Kapitel eine dem neuesten Standpunkte der Wissenschaft ent¬ 
sprechende, dem Laien verständliche und da, wo es erforder¬ 
lich (Impfstoffe von Lorenz, Pasteur und Remy), kritische 
objective Beleuchtung. Der Züchter findet in diesem Abschnitt 
Vieles, dessen Beachtung dazu dienen kann, Hindernisse seiner 
züchterischen Bestrebungen hintanzuhalten und sich vor Schädi¬ 
gung zu bewahren. 

Im Schlusskapitel »Massregeln zur Hebung der Schweine¬ 
zucht« bespricht Verf. die Mittel und Wege für die einzelnen 
Genossenschaften, die Massnahmen der Landwirthschaftskammern 
und des Staates, welche zur Förderung der Schweinezucht dien¬ 
lich sind. Für zu gründende Genossenschaften finden die 
Züchter in diesem Abschnitt Statuten, welche sich bei Genossen¬ 
schaften bewährt haben, Stammregister u. A. 

Als Mittel zur Hebung der Schweinezucht von Seite der 
Landwirthschaftskammern und des Staates bezeichnet Verf. die 
Aufstellung tüchtiger Wanderlehrer oder Inspectoren für Thier¬ 
zucht, pekuniäre Unterstützung der Privaten und Genossen¬ 
schaften zur Beschaffung guter Zuchtthiere, besonders männ¬ 
licher, zur Errichtung von Eberstationen, Schutz der einheimischen 
Production von Seite des Staates gegen die unreelle Concurrenz 
des Auslandes, gesetzliche Regelung der Fleischbeschau, Körung 
der Zuchteber etc. 

Wenn auch die erwähnten Massnahmen auf andern züchte¬ 
rischen Gebieten im Principe bereits Anwendung finden (z. B. 
in der Rindviehzucht), an sich also nicht neu sind, so gebührt 
dem Verf. doch das Verdienst, dieselben präcise und über¬ 
sichtlich zusammengestellt und deren Beachtung als unabweis¬ 
bare Nothwendigkeit auch zur Hebung der Schweinezucht be¬ 
wiesen zu haben. 

Beim Studium des Nörner'sehen Buches findet man in 
jedem Kapitel den Beleg dafür, dass sich der Verfasser bei 
dessen Bearbeitung auf einen Standpunkt gestellt hat, welcher 
ihn die Bedürfnisse des praktischen Züchters schauen liess. 
Diesen Bedürfnissen ist der leichtfassliche Inhalt des Werkes 
allseitig angepasst und unter Betonung desjenigen, worauf es 
ankommt, in einen engen Rahmen gefasst. Züchter und In¬ 
teressenten für das Gebiet der Schweinezucht wird das 
Nörner'sehe Werk ein willkommener Rathgeber sein. 

Al brecht. 


Personal-Nachrichten. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen : Zu Kreisthierärzten wurden 
ernannt: Dr. Zernecke, Prosector an der thierärztlichen Hochschule in 
Berlin, commissarisch für den Land- und Stadtkreis Elbing, Thierarzt Bart eit 
commissarisch für den Kreis Lissa, Thierarzt H. Vömel in Langelsheim 
(Braunschweig) interim, für den Kreis Daun, der comm. Kreisthierarzt G. Witt 
in Sonderburg definitiv zum Kreisthierarzt der Kreise Sonderburg und Appen¬ 
rade. Die erledigte Assistentenstelle an der Lehrscbmiede der thierärztlichen 
Hochschule in München wurde dem Thierarzte Christ. Wirth aus Kempten 
übertragen. Gewählt wurden Thierarzt Luft in Cottbus zum Schlachthof¬ 
verwalter in Homburg v. d. H., Thierarzt Biber, in Maulbronn zum Stadt¬ 
thierarzt in Langenau (Württemberg). Verzogen sind Oberrossarzt a. D. 
Möhring von Wehse nach Kl.-Ziethen, die Thierärzte Hoppe von Han¬ 
nover nach Gross-Himstedt, S c h m e y von Beuthen nach Berlin, Türk von 
Grossenhain nach Rummelsburg, Riethus von Magdeburg nach Hessen 
(Braunschw.), Freitag von Salzwedel nach Magdeburg, Fasold von Offen¬ 
bach nach Dresden, Köhler von Karlsruhe nach Bretten als Assistent des 
Bezirksthierarztes. Niedergelassen haben sich die Thierärzte B e y e in 
Willingen (Hannover), G e u t h‘ e r in Hagen (Bremen), Enz in Offenburg 
(Baden). 


“ fi. A. Prof. Dr. Mal km ns in Hannover) in Karlsruhe, 
nckerei in Karlsruhe i. B. 


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Deutsche 

Thierärztliche Wochenschrift 


heransgegeben von 

Prof. Dr. Dammann, j) r Lydtin Prof* ^°ckl, 

Geheimer Regierungs- und Medicinalrath, _ n ._Geheimer Regierungsrath und Mitglied 

Director der Thieilrztlichen Hochschule Geheimer Otoegi^gsrath dea Kaiserlichen Gesundheitsamtes 

in Hannover. in Berlin. 

Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 

Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Louisenthal (Saar). 

redigirt von 

Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784a. 


Sechster Jahrgang. 


Sämmtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Pr. Malkmus in Hannover erbeten, 
Correctnren und Anzeigen an die Expedition der 
Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 
in Karlsruhe fBadenb 


M 44 . 


Ausgcgebeo am 29. Oktober. 



Die Ausstellung der österreichischen alpinen 
Rinderrassen in Wien. 

Von Professor Dr. Pusch in Dresden. 

In den Tagen vom 3. bis 12. September veranstaltete das 
k. k. Ackerbauministerium in Wien eine sehr interessante und 
lehrreiche Specialausstellung der in den österreichischen Alpen¬ 
ländern: Tirol, Vorarlberg, Salzburg, Kärnten und Steiermark, 
'sowie in den alpinen Theilen von Krain, Ober- und Nieder¬ 
österreich einheimischen Rinderrasseri, interessant und lehrreich 
besonders deshalb, weil dem Beschauer nicht nur vorzügliche 
Thiere aus den besagten Districtcn, sondern Collcctionen gezeigt 
wurden, die aus der gleichen Anzahl von Thiercn, die in jeder 
Collection auch das gleiche Geschlecht, Alter und sogar die 
gleiche Aufstellung hatten, bestehend, durch die Möglichkeit des 
Vergleiches nicht nur das Studium der Rassenverhältnisse 
wesentlich erleichterten, sondern auch ein Bild boten über 
das, was die heimathliche Scholle in Bezug auf Wüchsigkeit 
leisten kann. 

Vor etwa zwei Jahrzehnten begann die österreichische Re¬ 
gierung, Erhebungen über den Zustand der österreichischen 
Rinderrassen anzustellen, deren Ergebniss in dem bekannten 
grossen Werke von Kaltenegger niedergelegt worden ist. 
Des Weiteren wurde vor einigen Jahren vom Ackerbauministerium 
ein Album der Rinderrassen der österreichischen Alpenländer 
herausgegeben, das in naturgetreuer Wiedergabe Farbendruck¬ 
bilder von typischen Kühen der 18 angestammten Alpcnschläge 
enthält, und während der Ausstellung erschien endlich eine 
sehr instructive Karte, welche die Verbreitungsbezirke der 
verschiedenen Rassen in der Farbe der letzteren zum Aus¬ 
druck bringt. 

So war also für die Ausstellung in wissenschaftlicher Be¬ 
ziehung von langer Hand genügend vorgearbeitet, wodurch die 
praktische Veranstaltung in der gebotenen Form überhaupt nur 
ermöglicht wurde. 

Um die vergleichende Uebersicht möglichst erschöpfend zu 
geben, hatte der Veranstalter der Schau, Hofrath Kaltenegger, 
mit Recht nur die Vorführung einer geringen Anzahl von Thieren, 
nämlich je zehn innerhalb jeder Rassengruppe in’s Auge gefasst, 
und zwar befanden sich rn jeder Gruppe: 

1. Ein'physisch vollkommen entwickelter Sprungstier, 
mit gewechselten Mittelzähnen, im Alter zwischen 2 , / 8 und 
3 l f 9 Jahren. 


2. Ein sprungreifer Jungstier, mit durchgebrochenem 
fünften Backzahn und noch nicht gewechselten Zangen, im Alter 
zwischen 14 und 18 Monaten. 

3. Ein sog. Kälberstier, mit bereits erschienenem, aber 
noch keine Abnützung zeigenden vierten Backzahn, im Alter 
zwischen 6 und 9 Monaten. 

4. und 5. Zwei volljährige, mit dem dritten Kalbe er¬ 
kennbar trächtig gehende oder dasselbe säugende Kühe mit 
acht breiten Zähnen, im Alter zwischen 4 und 5 Jahren. 

6. Eine hochtragende Kalbin oder eine Erstlingskuh, 
mit zwei oder vier breiten Zähnen, im Alter zwischen 24 und 
30 Monaten. 

7. Eine Galt kalbin (sog. Rind), mit dem fünften Back¬ 
zahn und ungewechseltcn Zangen, im Alter zwischen 14 und 
18 Monaten. 

8. Eine sog. Kälberkalbin, mit bereits erschienenem, 
aber noch keine Abreibung zeigenden vierten Backzahn, im 
Alter zwischen 6 und 9 Monaten. 

9. und 10. Ein Paar, mit sechs oder acht Altcrszähnen 
versehene, zur Arbeit angelernte Ochsen, im Alter zwischen 
3 Vjs und 4 */* Jahren. 

Die Sicherung der einzelnen Collcctionen innerhalb der 
verschiedenen, räumlich zerstreuten Ländergebiete benöthigte 
natürlich längerer Vorbereitungen. Deshalb wurde die Auswahl 
der älteren Thiere schon im Frühjahr 1897 vorgenommen und 
die Haltung, Fütterung und namentlich die Zuchtbenutzung 
zwecks Production der erforderlichen jüngeren Individuen ein¬ 
heitlich geregelt. Der Nährzustand der Thiere war deshalb 
ein annähernd gleicher, und zwar gut, ohne dabei mastig zu sein. 

Da die Zeiteintheilung von Interesse ist, so erfolgt hier 
die Wiedergabe des »Kalendariums über die züchterischen Vor¬ 
bereitungen.« 

März und April 1897: 

1. Auswahl des Altstieres im jetzigen Alter zwischen 
15 und 18 Monaten; fortgesetzte, jedoch schonende Benützung 
desselben zum Sprungdienste. 

2. Aufstellung dreier Stäcrsaugkälber im Alter von nicht 
unter 3 und nicht über 6 Wochen, aus denen im heurigen 
Herbste oder im nächsten Frühjahr der Jungstier ausge¬ 
wählt wird. 

3. Aufstellung dreier Kuhsaugkälber, zwischen 3 und 6 
Wochen alt, aus denen im kommenden Frühjahr die Galt- 
k a 1 b i n auszuwählen ist. 

4. Auswahl und Aufstellung der zwei Musterkühe, die 
in Gestalt, Grösse, Farbe und Farbenzeichnung die möglichste. 


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386 


DEUTSCHE THIERiEKZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


29. Oktober. 


Uebereinstimmung zeigen und im März oder April 1 . Js. das 
zweitemal abkalben sollen. Fallen schöne Kälber, so sind 
dieselben in die unter Post 2 und 3 aufgeführten Gruppen 
aufzunehmen, nachdem die Abstammung des Jungstieres 
und der Galtkalbin von den Modellkühen wünschenswerth 
erscheint. 

5. Aufstellung bezw. Inaussichtnahme dreier weiblicher 

Jungrinder im Alter von 10 bis 14 Monaten, mit der Be¬ 
stimmung, im Jänner oder Februar 1898 von einem Collections- 
stiere belegt und nach constatirter Trächtigkeit behufs Lieferung 
der hochtragenden Kalbin in engere Auswahl gezogen 
zu werden. . . 

6. Einstellung des Ochsenpaares in grosser und schwer¬ 
wüchsiger, sowie nach Figur und Färbung egal beschaffener 
Schlagform mit dem gegenwärtigen Alter von 2 ‘/ 2 bis 3 Jahren. 
Die Thiere sind in guter Fütterung und leichter Arbeit zu 
halten, damit Wachsthum, Körperfülle und Kraft möglichst be¬ 
fördert werden. 

Mai und Juni 1 897: 

7. Zulassen, der beiden Musterkühe, wenn sie vom 
Abkalben her gesund und in normaler Zuchtcondition sind. Als 
Vaterthier ist der Altstier zu benützen, um für die Ausstellung 
eventuell auch den Kälberstier oder die Kälberkalbin (Post 9) 
aus nächster Familienabstammung zu gewinnen. 

Befriedigen Gesundheit und Zuchtcondition der im März 
oder April fürgewählten Musterkühe nicht, so sind dieselben 
ehethunlichst, spätestens jedoch im Laufe des 

September und Oktober 1897: 

8. gegen zwei andere, mit dem zweiten Kalbe trächtig 
gehende und im November oder Dezember »werdende« Stücke 
auszutauschen. Letztere sind dann im Frühling 1898 (April, 
Mai) von einem der beiden Collectionsstiere belegen zu lassen. 

Jänner und Februar 1898: 

9. Anzucht der eventuell von den beiden im März oder- 
April 1897 aufgestellten und beibehaltenen Musterkühen fallenden 
Kälber und Einreihung derselben in die gleichzeitig aus je drei 
Stücken zu errichtenden Stier- und Kuhsaugkälbergruppen, denen 
weiterhin der Kälberstier und die Kälberkalbin für die 
Ausstellung zu entnehmen sind. 

10. Zulassen der unter Post 5 besprochenen, nunmehr 
22 bis 26 Monate alt gewordenen Jungrinder bei einem der 
Collectionsstiere, um später (Juni, Juli) nach constatirter Trächtig¬ 
keit das für die Ausstellung bestgeeignete trächtige Muster¬ 
rind bestimmen zu können. 

März und April 1898: 

11. Zeigen die unter Post 9 erwähnten, im Jänner oder 
Februar geborenen Kälber der Modellkühe keine günstige Ent¬ 
wicklung, oder wurden sie überhaupt nicht in Anzucht ge¬ 
nommen, und infolgedessen auch mit der Aufstellung ander¬ 
weitiger Saugkälber nicht vorgegangen, so hat dies spätestens 
jetzt zu geschehen, indem drei Stier- und drei Kuhkälber im 
Alter von 3 bis 6 Wochen zur Auswahl bereit gestellt werden, 
denen seinerzeit der Kälberstier und die Kälberkalbin 
der Collection zu entnehmen sein würden. 

12. Zulassen der eventuell nach Post 8 ersatzweise zur 
Aufstellung gelangten Kühe bei einem der Collectionsstiere. 

Juli und August 1898: 

13. Definitive Auswahl des Ausstellungs-Kälberstieres 
und der Kälberkalbin. 

14. Generalrevision, bezw. letzte Ergänzung aller Aus¬ 
stellungsstücke und Concentrining derselben unter einheitliche 
Fütterung und Pflege. 

Was nun die Thiere auf der Ausstellung anlangt, so standen 
dieselben in einem grossen, gedeckten Bretterschuppen in zwei 
Reihen zu je 90 Stück, mit dem Kopfe einander zugekehrt. 
Der zwischen den beiden Reihen befindliche, breite, saubere 
Gang mündete auf den Giebelseiten in zwei weite Thore und 


gestattete den zahlreichen Besuchern eine eingehende Besichtigung 
der Thiere von vorn, während Denjenigen, die mehr sehen 
wollten, ein genügend breiter Gang an den Längsseiten die 
Beurtheilung der Thiere von hinten ermöglichte. Im ganzen 
Stalle herrschte die grösste Sauberkeit, und boten die ver¬ 
schiedenen Trachten des Wärterpersonals im Verein mit den¬ 
jenigen der Besucher aus Stadt und Land ein sehr abwechselungs¬ 
reiches Bild. Hofrath Kaltenegger war den grössten Theil 
des Tages über im Ausstellungsschuppen anwesend und immer 
bereit, Jedem über die Heimath- und Entstehungsverhältnisse 
der 18 Rassen Aufschluss zu geben. 

Eine Prämiirung fand nicht statt, und sind die Züchter 
und Aussteller auf andere Weise entschädigt worden, sagte 
man doch, dass das ganze Unternehmen einen Aufwand von 
50000 Gulden erfordert habe. 

Behufs näherer Fixirung des Schlagcharakters sind die 
Thiere gemessen, gewogen und in Gruppen photographirt worden, 
was bei manchen Bullen nicht unerhebliche Schwierigkeiten 
verursachte, da auch die älteren Stiere fast ausnahmslos einen 
Nasenring nicht trugen. Da die Aussteller die Thiere grössten- 
theils nicht wieder mit nach Hause nehmen wollten, so war 
die Ausstellleitung bemüht, dieselben in der zweckmässigsten 
Weise unterzubringen. Einige Collectionen wurden ganz von 
Züchtern angekauft, aus anderen verfielen die älteren Stiere 
dem Schlachtmesser, während sämmtliche 36 Ochsen von einer 
Zuckerfabrik Mährens übernommen wurden, welche vergleichende 
Untersuchungen über die Arbeitsleistung und die Ausmästungs¬ 
und Schlachtergebnisse anstellen lassen will. 

Innerhalb der einzelnen Gruppen war die Aufstellung eine 
ganz gleichmässige. Zuerst zwei Ochsen, dann der Altstier, 
Jungstier, Kälberstier, dann die Kälberkalbin, Galtkalbin, Zucht¬ 
kalbin und zuletzt die beiden Kühe. Die Aufstellung der Gruppen 
war nach ihrer räumlichen Vertheilung im Alpengebiete und 
nach der Grundfärbung des Haarkleides erfolgt, die Orientirung 
wurde dem Besucher durch Tafeln über dem Mittelgange und 
hinter den Thieren sehr erleichtert, wie folgende Aufzeichnung 
ergiebt. 


Westliche Gruppe 
gleichmassig einfarbiger 
Typen 

Mittlere Gruppe 
gefleckt-farbiger Typen 

Oestliche Gruppe 
gleichmässig einfarbiger 
Typen 

Braun¬ 

vieh 

Grauvieh 

Rothbuntvieh 

Blondvieh 

! 

Monta¬ 

voner 

2. 

Lech- 

thaler 

8 . 

Ober- 

Inn- 

thaler 

4. 

Pinz¬ 

gauer 

5. 

Möll- 

thaler 

6 . 

Enns- 

thaler 

7. 

Mal- 

teiner 

8. 

Maria¬ 

hofer 

9. 

Lavan- 

thaler 

S t a 1 1 g a s s e. 

18. 

Ren¬ 

denaer 

17. 

Etsch- 

thaler 

16. 

Wipp- 

thaler 

15. 

Ziller- 

thaler 

14. 

Duxer 

13. 

Puster- 

tbaler 

12. 

Welser- 

schecker 

11. 

Mur- 

bodener 

10. 

Miirz- 

thaler 

Braun¬ 

vieh 

Grauvieh 

Roth¬ 

bunt¬ 

vieh 

Braun¬ 

bunt¬ 

vieh 

Schwarzbunt¬ 

vieh 

Grauvieh 

Westliche Gruppe 
gleichmassig einfarbiger 
Typen 

Mittlere Gruppe 
gefleckt-färbiger Typen 

Oestliche 
Gruppe gleich¬ 
mässig ein¬ 
farbiger Typen 


I. Die westliche Gruppe, 
a. Das Braunvieh: Montavoner und Rendenaer. 

Die Montavoner sind über den grössten Theil von Vor¬ 
arlberg verbreitet; die ausgestellte Collection wies fast aus- 



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No. 44. 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


3 37 


schliesslich sehr schöne, schwere Thicre auf, die in Bezug auf 
Rassezeichen und Körperbeschaffenheit den besten Schwyzcrn 
nichts nachgaben. — In erster Linie Milchschlag. 

Die Rendenaer haben ihre Heimath in Welschtirol und 
stellen einen der kleinsten Braunvichschläge von schwarzbrauner 
Farbe und feinen Gliedern dar. Hauptsächlich Milchschlag. 

b. Das Grauvieh: Oberinnthaler, Lechthalcr, Etschthaler, 
Wippthaler. 

Die Oberinnthaler und Lechthalcr sind fast gleich und schwer 
von einander zu unterscheiden; die letzteren sind ein klein wenig 
schwerer. Beide in Tirol zu Hause, sind sie heller in der Farbe 
(gelbgrau) und leichter als die Montavoner, aber schwerer als 
die Rendenaer. — Milchschlag. 

Die Etschthaler, auch Vintschgauer, Meraner, Ultner, Nons- 
berger, Fleimser genannt, sind im tiroler Etschthale und seinen 
Verzweigungen zu Hause. Die in Wien ausgestellten Thiere 
waren zwar in der Kopfform verschieden, indem einige mehr 
den langen Primigenius-, andere wieder den in der Nase kürzeren 
Schädel des Braunvichs aufwiesen, aber gleichmässig silbergrau 
gefärbt, kräftig in der Muskulatur und von auffallender Glieder- 
stärkc. Der Schlag eignet sich in erster Linie zum Zuge und 
scheint sich einer ausgezeichneten Constitution zu erfreuen. 

Etschthaler werden viel nach Ungarn und Niederösterreich 
ausgeführt, auch Süddeutschland soll dieselben häufig als All¬ 
gäuer aufnehmen. 

Die Wippthaler, um den Brenner herum verbreitet, sind 
den vorigen ähnlich, nur etwas leichter. 

II. Die mittlere Gruppe. 

a. Rothbuntvich: Pinzgauer, Möllthaler, Ennsthaler und 
Zillerthalcr. 

Die in Wien ausgestellten Pinzgauer waren sehr schöne 
Figuren und zeigten, was aus dem Schlage gemacht werden 
kann. Die Bullen wurden zu sehr hohen Preisen an die Landes¬ 
regierung von Croatien verkauft. Die Pinzgauer werden in den 
Oberlaufgebieten der Ostalpenströme (Salzach, Enns, Mur und 
Drau) gezüchtet, und nimmt ihr Gebiet und auch ihr Export 
mit Recht alljährlich zu, weil sie sehr acclimatisationsfähig, 
gesund und wegen ihrer Zugtüchtigkeit und ihres feinen Fleisches 
sehr geschätzt sind. Ihre schöne Farbe und eigenthümliche 
Zeichnung ist allgemein bekannt. 

Die Möllthaler sind etwas leichter als die vorigen, sonst 
aber von denselben nicht zu unterscheiden. 

Das Verbreitungsgebiet der Ennsthaler liegt an der Enns 
und Mur, ihre Zucht ist im Rückgänge begriffen. Sie stellen 
einen leichteren Landschlag mit langem, schmalen Schädel dar, 
der in seiner Farbe sehr an das Rind im bayerischen Walde 
erinnert. (Gelbrothe Rückenschecken mit weissem Kopfe). — 
Milchschlag, Fleisch als besonders fein geschätzt. 

Die Zillerthaler, aus dem Thale gleichen Namens stammend, 
gehen an Zahl alljährlich zurück, indem sie von dem ober¬ 
bayerischen Alpenfleckvieh von Norden und von den Pinz- 
gauem von Süden her verdrängt werden, mit denen sie eine 
gewisse Aehnlichkeit und zweifellose Verwandtschaft haben. 
Sie sind braunroth mit weissem Schwanzbeinfleck, von der¬ 
selben Körperschwere wie die Pinzgauer und wie diese ihres 
Fleisches wegen geschätzt. 

b. Braunbuntvieh: Duxer. 

Die Heimath der Duxer findet sich im Unter-Inn- und im 
Zillerthale. Dieselben sind den Zillerthalern bis auf den etwas 
kürzeren, nicht selten mopsigen Kopf, sehr ähnlich, nur dass 
sie nicht wie jene braunroth, sondern schwarzbraun gefärbt 
sind. Ihr Verbreitungsbezirk wird ebenfalls von Jahr zu Jahr 
kleiner. — Mastschlag. 

c. Schwarzbuntvieh: Pusterthaler, Weiserschecken. 

Die Pusterthaler repräsentiren einen schönen Schlag mit 
runden, geschlossenen Formen, der im Pusterthale um Bruneck 
und Brixen herum gezüchtet wird. Die Thiere sind schwarze 
und schwarzbraune Rückenschecken in ausgesprochenem Gebirgs- 
typus, deren Kopf und Hals getigert ist. — Mastschlag. 


Die Weiserschecken sind beinahe ausgestorben, und mag 
es Mühe gekostet haben, die erforderlichen Exemplare für die 
Collection zusammen zu bringen. Die Thicre sind schwarze 
Rückenschecken, bei denen das Weiss überwiegt und das 
Schwarze sehr gesprenkelt ist, mit langem Landkopfe, wenig 
Muskeln und leichten, hohen Beinen. Aehnliche Thicre trifft man 
häufig noch in der sächsischen Oberlausitz und im sächsischen 
Erzgebirge, und stellen diese Schläge den Uebergang zwischen 
den Niederungs- und Höhenrassen her. 

III. Die östliche Gruppe. 

a. Blondvieh: Malteiner, Mariahofer und Lavanthaler. 

Die Malteiner werden nur noch in einzelnen Berggemeinden 
Unterkärntens gezüchtet und haben die meiste Aehnlichkeit mit 
den Scheinfeldern Mittelfrankens. Wie diese sind sie einfarbig 
gelb, mit hellem Flotzmaul und thcils hellen, theils dunklen 
Hornspitzen. Auffallend war bei ihnen das namentlich im Vorder- 
thcile gelockte Deckhaar, das auf dem Kamm bei manchen 
Thieren zu einer Art Mähne ausläuft. — Arbeitsschlag. 

Die Mariahofer und Lavanthaler haben ihr Zuchtgebiet in 
einem grossen Theile Obersteiermarks und Kärntens. Beide 
Schläge sind einander gleich und machen dem Beschauer die 
nur in Oesterreich gängige Bezeichnung »Blondvieh« verständ¬ 
lich. Die Farbe ist gelbweiss bis weiss mit ausgesprochenen 
hellen Pigmenten und auffallend langem Kopfe, der besonders 
bei den Ochsen zum Ausdruck kam. Beide Schläge liefern 
gute Arbeits- und vorzügliche Schlachtthiere. 

b. Grauvieh. 

Die Mürzthaler aus Nordsteiermark sehen aus wie All¬ 
gäuer, die man unter fremden Verhältnissen ohne Blutauffrischung 
fortgezüchtet hat. Die Farbe ist silberweiss bis dachsfarbig 
mit dunklen Pigmenten, geflecktem Flotzmaul und Masken¬ 
zeichnung am Kopfe. — Mast- und Arbeitsschlag. 

Die Murbodener, ebenfalls aus Obersteiermark, sind den 
vorigen in der Nutzung und Form sehr ähnlich, aber von gelb¬ 
licher Farbe. ' 


Referate. 

Klinische Beobachtungen. 

Von Fred. Hobday, Royal Veterinary College, London. 

(The Journal of Compar. Patholog. and Therapeutics, «897, Vol. X, Part. 4.) 

Fremdkörper im Maule, Schlundkopf undSchlund; 

Schlundschnitt. 

Während der letzten drei Jahre hat Hobday ca. 15 bis 
20 Fälle dieser Art in seiner Klinik gehabt. In einigen Fällen 
wurde der Fremdkörper ohne Schwierigkeit entfernt, in andern 
Fällen war viel Geduld und Geschicklichkeit hierzu erforderlich. 
Die bei Weitem häufigste Veranlassung, besonders bei Katzen, 
war eine Nadel oder eine Nadel mit Faden. In einem 
Falle sass der betreffende Gegenstand ganz am unteren Ende 
der Halsportion des Schlundes und konnte nur mit Hülfe einer 
langen, gebogenen Zange, nachdem die Katze durch Chloro¬ 
form theilweise unempfindlich gemacht war, erfasst werden. 
Nächst den Nadeln wurden Gräten am häufigsten beobachtet. 
Diese wurden, wenn sie nicht mit der Zange entfernt werden 
konnten, entweder bis zum Magen hinabgestossen oder mit 
Hülfe einer Schlundsonde, ähnlich der beim Menschen ge¬ 
bräuchlichen, in die Maulhöhle gebracht. Splitter von Vogel¬ 
oder Kaninchenknochen wurden in der gleichen Weise entfernt. 
Zwei Fälle kamen vor, in welchen die Thiere (Hunde) sehr 
grosse Knochenstücke verschluckt hatten. In dem einen Falle 
blieb das Knochenstück vor der vordem Brustöffnung sitzen 
und wurde, da es nicht in den Magen gebracht werden konnte, 
durch Schlundschnitt entfernt. In dem zweiten Falle, in welchem 
das Knochenstück in der Brustpartie des Schlundes stecken 


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388 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


29. Oktober. 


geblieben war, musste die Tödtung des Hundes angerathen 
werden. 

Fremdkörper im Magen und Darm; Perforation. 

Hobday stellt 8 Fälle dieser Art zusammen. Der erste 
Fall betraf eine 3 Jahre alte Katze, welche offenbares Siech¬ 
thum zeigte und unter dem Verdachte der Tuberculose getödtet 
wurde. Die Section ergab das Vorhandensein eines halben 
Weinkorkes im divertikelartig erweiterten Dünn¬ 
därme. 

Der zweite Fall betraf eine 6 Wochen alte Katze, welche 
an Entkräftung starb. Bei der Section wurden im Darm 
mehrere Ellen Nähgarn, zu einem Knäuel verwickelt, 
vorgefunden. 

Fall 3 stellt den zufälligen Fund einer Glaskugel im 
Magen eines aus anderer Ursache getödteten jungen Hundes 
fest, welcher keinerlei Krankheitserscheinungen geäussert hatte. 

Der vierte Fall betraf einen Mops, welcher gern Krebse 
frass und versehentlich den grösseren Theil einer Krebs- 
s c h e e r e mit verschlang. Der Hund litt 3 Tage schwer an 
Gastro-Enteritis; dann ging nach Anwendung geeigneter Ab¬ 
führmittel die Krebsscheere mit dem Kote ab. 

Bei einem andern Hunde (5. Fall), welcher mit schwerer 
Gastro-Enteritis in die Klinik kam, ging bei entsprechender 
Behandlung ein glatter Stein mit dem Kothe ab. Das Thier 
genas ebenfalls. 

Fall 6 stellt den zufälligen Befund von 8—10 Pflaumen¬ 
kernen im Anfangstheile des Zwölffingerdarmes 
bei einem mit Strychnin vergifteten Hunde fest. 

In Fall 7 handelte es sich um die operative Entfernung 
einer Nadel mit kurzem Faden aus dem Magen eines 
Hundes, welche in einem Abscesse in der Flanke zu Tage 
trat. Die Heilung ging gut von Statten. 

Der 8. Fall endlich betraf den Fund eines 5 ’/s Zoll langen 
hölzernen Wurstscheilers im Magen eines plötzlich ver¬ 
endeten Mopshundes. Das stumpfe Ende steckte- im Dünndarm, 
das spitze Ende hatte die Magenwandung durchbohrt und sass 
am Zwerchfell. 

Laparo-Enterotomie bei einer Katze; Tod durch 
Carbois äurevergiftung. 

Bei einer weiblichen, sehr heruntergekommenen Katze 
wurde durch die Untersuchung das Vorhandensein eines Fremd¬ 
körpers im Dünndarm fcstgestellt und die Laparo-Enteromie 
ausgeführt Der Fremdkörper erwies sich als ein Korkstück. 
Leider war bereits Ulceration und Perforation an einer um¬ 
schriebenen Stelle des Darms eingetreten. Die Ränder des 
ulcerirten Darmtheils wurden abgeschnitten, die Aussen- und 
Innenfläche des Darms, sowie die Bauchhöhle sorgfältig mit 
Carbollösung abgetupft und die Ränder der Darmwunde mittelst 
der Lembert-Naht geschlossen. Die Bauchwand wurde in der 
üblichen Weise genäht und die äussere Wunde mit Jodoform- 
collodium geschlossen. 

Obwohl der Gebrauch der Carbolsäure möglichst ein¬ 
geschränkt war, zeigten sich doch, noch ehe die Operation 
beendet, deutliche Erscheinungen der beginnenden Carboisäure¬ 
vergiftung: heftiges Zucken der willkürlichen Muskulatur, Ab¬ 
fall der Körpertemperatur. Trotz sofortiger Anwendung von 
Gegenmitteln betrug die Körpertemperatur nach einer Stunde 
nur noch 35,5° C. und 2 Stunden nach der Operation war 
Patient verendet. 

Amputation beider Vorderbeine bei einem Hunde. 

Bei einem werthvollen, 8—9 Jahre alten Hunde, welcher 
sich bei einem Sprunge aus dem Fenster beide Vorarme 
gebrochen hatte, derart, dass die Knochenenden frei aus 
der Wunde hervorragten, wurde, um das Leben des Thieres 
zu retten, die Amputation beider Vorderbeine aus¬ 
geführt. In 10 Tagen waren die Wunden völlig geheilt. Der 
Hund konnte sich nur durch Hüpfen auf den Hinterbeinen fort¬ 


bewegen, ähnlich wie ein Känguruh, doch erlangte er in dieser 
Art der Fortbewegung bald eine grosse Geschicklichkeit. Es 
wurden auch versuchsweise künstliche Beine an die Stümpfe 
geschnallt, doch schien der Hund lieber ohne dieselben zu 
laufen. 

Künstliches Gebiss bei einem Hunde. 

Bei einem alten, werthvollen Hunde, dessen Zähne fast 
alle mit der Zeit ausgefallen waren, entschloss sich Hobday 
mit Unterstützung eines Zahntechnikers ein künstliches Ge¬ 
biss in Anwendung zu bringen. In der Chloroformnarkose 
wurde ein genauer Abdruck der Maulhöhle mit Modelliermasse 
hergestellt und hiernach das Gebiss gearbeitet. Es wurden 
Platinplatten mit vollständigem Gaumen verwandt und im Ganzen 
24 Zähne (6 Schncidezähne, 6 Molaren und 6 Prämolaren auf 
jeder Seite) eingesetzt. Die Zahnplattcn wurden ebenso wie 
beim Menschen der Maulhöhle auf das Genaueste angepasst und 
jeden Abend behufs Reinigung entfernt. Ein oder zweimal 
musste beim Einsetzen oder Herausnehmen des Gebisses Chloro¬ 
form angewandt werden, aber dann Hess das Thier die Mani¬ 
pulationen ohne Störung vornehmen. Im Anfang zeigte der 
Hund 2 Stunden lang nach dem Einsetzen des Gebisses Un¬ 
behaglichkeit, aber später hörte auch dieses auf. Vor Einsetzen 
der falschen Zähne wog der Hund 7 '^ Pfund und sah mager 
aus. Alle Speise musste ihm in nahezu flüssiger Form gegeben 
werden. Jetzt verzehrt er Fleisch und Knochen ohne Störung; 
und in einem Monate ist sein Gewicht auf 9 Pfund gestiegen. 

A. Eber. 


Ueber die Ursachen der Gift- und Reizwirkung: des Airols. 

Von Dr. R. Seifert in Radebeul bei Dresden. 

(Originalmittheilung.) 

(Therapeutische Monatshefte, 1898. September) 

Das Airol wird bekanntlich als ein absolut ungiftiger und 
reizloser Ersatz für Jodoform empfohlen. Vor Kurzem aber 
sind Fälle bekannt geworden, aus denen hervorgeht, dass das 
Airol diese Eigenschaften nicht besitzt, sondern im Gegentheil 
giftiger und stärker reizend wirkt als Jodoform. 

Die Ursache dieser Gift- und Reizwirkung hat schon 
Ae mm er a. a. O. kurz gestreift, indem er auf die Löslichkeit 
des Airols hinwies. In der That ist das Airol entweder eine 
sehr innige Mischung oder eine sehr leicht spaltbare Verbindung 
aus einer löslichen und einer unlöslichen Wismuthverbindung. 

Die im Airol enthaltene lösliche Wismuthverbindung ist 
Wismuthtrijodid Bi J 3 . Behandelt man Airol mit indifferenten 
Lösungsmitteln, z. B. mit Aceton oder Essigäther oder einem 
Gemisch von Alkohol und Aether, so färbt sich bei schwachem 
Erwärmen das Lösungsmittel dunkelroth, während der ungelöste 
Theil des Airolpulvers eine hellere, gelbrothe Farbe annimmt. 
Die Lösung enthält Wismuthtrijodid, während der ungelöste 
Theil des Airols im Wesentlichen aus gallussaurem Wismuth 
besteht. Behufs Bestimmung der im Airol enthaltenen Menge 
löslicher Wismuthsalze extrahirte ich 25 g Airol mit Aceton in 
einem Extractionsapparat. Das Lösungsmittel löste 7 g Wismuth¬ 
trijodid. Der im Aceton unlösliche gelbe Rückstand wog 18 g. 
Durch diesen Versuch ist erwiesen, dass das Airol keine un¬ 
lösliche Wismuthverbindung ist, sondern grosse Mengen Wis- 
muthjodides an indifferente Lösungsmittel abgiebt. 

Aber nicht nur die oben angegebenen Lösungsmittel, son¬ 
dern auch Glycerin, Olivenöl und andere Fettstoffe lösen aus 
dem Airol Wismuthjodid. Lösliche Wismuthverbindungen sind 
aber bekanntlich schon in Mengen von 0,01—0,02 g per Kilo¬ 
gramm Körpergewicht tödtlich für Warmblüter. 

Dieser Gehalt des Airols an löslichem extrahirbarem Wis¬ 
mutjodid erklärt aber nicht nur die Gift-, sondern auch die 
Reizwirkung des Airols, denn Wismuthjodid ist ein Stoff, welcher 
besonders in der sehr feinen Mehlform des Airols schon mit 
Wasser und mit den Körpersäften zerfällt in rothes Wismuth- 
oxyjodid und freie Jodwasserstoffsäure, welche letztere ja be- 


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No. 44. 


kanntlich stark reizend und ätzend wirkt. Auch in der Wunde 
findet diese Zerlegung des Airols statt, was sicher daran er¬ 
kennbar ist, dass die Farbe des Airols auch auf der Wunde 
diejenige Veränderung erleidet, welche man bei der Extraction 
des Wismuthtrijodids resp. bei der Abspaltung von Jodwasser¬ 
stoffsäure aus Airol bemerkt. 

Um die Quantität der aus dem Airol bei Gegenwart von 
Wasser sich abspaltenden freien Jodwasserstoffsäure festzustellen, 
erwärmte ich 10 g Airol mit 500 ccm Wasser auf dem Wasser¬ 
bade, bis die graue Farbe des Airols in eine rothe umge¬ 
schlagen war. Nach dem Erkalten wurde die aus dem Airol 
abgespaltenc freie Jodwasserstoffsäure bestimmt. Aus 10 g 
Airol hatten sich 1,29 g freie Jodwasserstoffsäure .abgespalten. 

Malkmos. 


Die Diphtherie des Menschen und die Geflügeldiphtherie. 

Vortrag des Dr. Ferre, Professor an der medicinischen Facultät 
zu Burdeos, auf dem IX. Congress für Hygiene und Demo¬ 
graphie. 

(Caccia de Medicina-Veteriu. vom 15 Sept. «8y8 ) 

Beschlüsse: 

1. Die Geflügeldiphtheric — unter Ausserachtlassung alles 
dessen, was sich auf Tuberculose und Gregarinose zurückführen 
lässt — scheint wie die menschliche Diphtherie an das Vor¬ 
handensein einer gewissen Anzahl von Mikrobienspecics gebunden 
zu sein. 

2. Unter den Mikrobienspecics, die sich bei der Geflügel¬ 
diphtheric finden, sind anzutreffen Mikrokokken, Staphylokokken, 
Streptokokken, Pneumoniebacillen und Bacillenspecies, unter 
denen besonders zwei unsere Aufmerksamkeit auf sich lenken. 

3. Diese beiden Bacillenspecies unterscheiden sich nicht 
sehr in ihren morphologischen Eigenschaften. Der Unterschied 
besteht in ihrer Reaction auf gewisse Farbmittel, die eine 
Spccics färbt sich mit Gentianaviolett, die andere nicht. 

4. Der sich nicht färbende Bacillus kann dem Bacillus 
coli comm. verglichen werden. 

5. Der sich färbende Bacillus besitzt genau die morpho¬ 
logischen Eigenschaften des Löffler'schen Bacillus. Es lassen 
sich mit ihm Pseudomembranen beim Kaninchen, bei der Taube 
und dem Huhn experimentell erzeugen. Er ist virulent für das 
indische und das gemeine Kaninchen, sowie für Vögel; nicht 
virulent ist derselbe für Mäuse. Das Toxin (chemisch ähnlich den 
Toxalbuminen) ruft nervöse Erscheinungen, Lähmungen hervor 
bei dem indischen Kaninchen und dem Hausgeflügel. Bei anderen 
Thiercn sind Versuche mit dem Toxin nicht vorgenommen. 

6. Es finden sich bei der Geflügel- und der menschlichen 
Diphtherie die gleichen Gattungen Mikrobien: Mikrokokken, 
Staphylokokken, Streptokokken, sowie der Pneumoniebacillus 
und Bacillus coli comm. und der Löffler’sche Bacillus. Unter 
diesen Umständen muss eine begrenzte Uebereinstimmung 
zwischen diesen zwei Krankheiten und die Möglichkeit der 
Uebcrtragung vom Hausgeflügel auf den Menschen und um¬ 
gekehrt zugestanden werden. 

7. Wie man aus Versuchen bemerkt, hat das aus Thieren, 
die mit dem aus den Culturen Löffler’scher Bacillen des Menschen 
ausgezogenen Toxin präparirt sind, gewonnene Antidiphtherie- 
scrum sehr günstige Resultate bei Behandlung der Geflügel¬ 
diphtherie gezeitigt, sowie auch bei der Behandlung der ner¬ 
vösen Zufälle etc., die entwickelt werden durch das aus Culturen 
Löffler’scher Bacillen, die vom Hausgeflügel herrühren, extra- 
hirte Toxin. 

8. Wie bei dem gesunden Menschen finden sich auch bei 
dem gesunden Geflügel im Pharynx die Mikrobien der Gcflügel- 
diphtherie, ausserdem findet sich der Löffler’sche Bacillus mit 
seinen abweichenden Formen in der Cloake. 

9. Den Löffler’schen Bacillus hat man in der Rachenhöhle 
einer gewissen Anzahl Thiergattungen in deren Gesundheits¬ 
zustand angetroffen. 

10. Unter dem Gesichtspunkt der Prophylaxe ist zu fordern, 
dass das mit Diphtherie behaftete Hausgeflügel, besonders wo 


389 


Erscheinungen der Paralyse auftreten, isolirt wird. Das gesunde 
Geflügel wird so wenig unter Massnahmen gestellt, wie der 
gesunde Mensch, in dessen Nasenrachenraum die Gegen¬ 
wart des Löffler’schen Bacillus oder des Pneumoniediplo- 
coccus, des Streptococcus und anderer pathogener Species fest¬ 
gestellt wird. Bruns. 


Nahrungsmittelkunde. 

Der Transport gefrorenen Fleisches. 

Um Kenntniss davon zu erlangen, wie lange sich ge¬ 
frorenes Fleisch unter veränderten Umständen, d. h. verpackt 
oder unverpackt, auf dem Transporte hält und namentlich dar¬ 
über, inwiefern es in Kriegszeiten als Ersatz frischen oder Con-: 
servefleischcs Verwendung finden kann, sind in der französischen 
Armee jüngst interessante Versuche gemacht worden. Die Ver¬ 
suche geschahen nach folgendem Plane: 

1. rasches Ueberführet) auf grosse Entfernungen, unver¬ 
packt oder in Packgefässen und unmittelbar darauf er¬ 
folgende Ausgabe; 

2. langsames Ucberführen auf grosse Entfernungen, Wieder- 
einlcgen in die Gefrierkammern oder Ausgabe; 

3. theilweise rasches und langsames Ucberführen und Aus¬ 
gabe erst nach einer zeitweiligen Aufbewahrung. 

Gleichzeitig wurden Erfahrungen über die beste Art, das 
Fleisch für den Transport zu verpacken und zu lagern, ge¬ 
sammelt. 

Erster Versuch. Eisenbahntransport von Paris nach 
Montpellier. Am 18. August wurden 650 kg Rindfleisch und 
100 kg Hammelfleisch, welche Menge seit 5 Monaten in den 
Gefrierkammern von Billancourt gelegen war, versendet. Die 
einzelnen Fleischstückc wurden, um während der Verschickung 
möglichst die Aussenwärme abzuhalten, noch innerhalb des Ge¬ 
frierraumes in zwei Lagen Baumwollenzeug gewickelt und dann 
überdies in verschiedenartige pulverige Lager gebettet, wobei 
die Umhüllungen auch bereits seit 14 Tagen in dem Gefrier¬ 
raume hinterlegt worden waren. Zwei Viertel Rindfleisch im 
Gewicht von 160 kg und ein Hammel mit 25 kg kamen sodann 
in eine Kiste, die mit Sägespähnen ausgefüllt wurde; zwei 
weitere Viertel von zusammen 15 1 kg wurden in eine ganz ähn¬ 
liche Kiste gepackt; ein Stück Rindfleisch im Gewichte von 
30 Kilogramm war in ein doppelwandiges Fass gelegt, wobei 
der Zwischenraum zwischen den Wandungen mit Korkstaub aus¬ 
gefüllt wurde. Zur Versendung wurden alle diese Gefässe in 
einen Frachtwagen gegeben. Zwei halbe Ochsen im Gesammt- 
gcwichte von 314 kg und 3 Hammel mit 70 kg wurden bloss 
mit den früher erwähnten Umhüllungen auf den Boden des 
Waggons gelegt, woselbst aber ein 15 cm hohes Torfbett ge¬ 
bildet war, das durch entsprechend befestigte Bretter zusammen 
gehrten wurde. Unmittelbar vor der Verpackung zeigte die 
Gefrierkammer eine Temperatur von —5 0 , während das Fleisch 
und die Hüllen —5,5° aufwiesen. Die Fahrt nach Montpellier 
währte bis zum nächsten Abende, das ist 27,5 Stunden; während 
dieser Zeit kam unvermuthet ein heftiger Sturm und die Aussen- 
temperatur erhob sich auf 29°. Der Wagen wurde erst am 
kommenden Morgen geöffnet, bei welcher Gelegenheit dessen 
Innentemperatur mit 19° gemessen wurde; das blosgelegte 
Fleisch war ohne Ausnahme noch vollkommen gefroren und 
steif, obwohl die Sägespähnc +2°, das Korkmehl + 1 , 5 ° und 
der Torfmull + 1 0 hatten. Bloss mit den zwei Umhüllungen 
versehen, wurde nun das Fleisch mittelst eines Trainwagfns 
in das 1 km entfernte Militärproviantmagazin geführt und unter¬ 
sucht. Das Thermometer zeigte folgende Temperaturen bei 
einer Temperatur von +22" in der Halle: 



im Inneren 

an der Oberfläche 

Rindfleisch in den Kisten 

0® 

+ 5 ° 

,, im Fasse . 

- - 1 , 5 ° 

+ 7 0 

„ unverpackt . . 

. — 2,0° 

+ 6° 

Hammelfleisch in den Kisten 

• — 1 , 5 ° 

4 - 12® 

„ unverpackt . 

• — 1 , 5 ° 

+ u ® 


DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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39° 


DEUTSCHE THIER./ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


29. Oktober. 


Dieser erste Versuch zeigte, dass das durch Gefrieren 
conservirte Fleisch unbedenklich 24 Stunden auf dem Trans¬ 
porte sein kann, dass der Torf das beste Isolirungsmittel ist, 
dass die Fleischstücke sich um so weniger erwärmen, je grösser 
sie sind und dass endlich die Versendung in unverpacktem 
Zustande am vortheilhaftesten erscheint. 

Zweiter Versuch. Wagentransport. Am 5. Mai wurde 
Ochsenfleisch, in Viertel getheilt, der Gefrierkammer entnommen, 
wovon 414 kg auf einem Trainwagen und 409 kg auf einem 
gemietheten Wagen verladen wurden; in beiden Fällen waren 
die Fleichstücke bloss mit einem leichten Baumwollgewebe 
bedeckt und theils in Torfmull, theils in Stroh eingelagert, wo¬ 
bei die betreffenden Einhüllungen etwa 1 m Höhe erreichten. 
Während mehrerer auf einander folgender Tage wurden nun 
Fahrten zwischen Billancourt und Versailles unternommen; in 
Versailles wurde jeweilig 1 ‘/ 2 Stunden gerastet und in Billan¬ 
court genächtigt. Täglich vor der Abfahrt und nach der Rück¬ 
kunft wurde die Temperatur in der Mitte und an der Ober¬ 
fläche der Fleischstücke erhoben. Die Fahrten mit dem ge¬ 
mietheten Wagen wurden am 8. Mai eingestellt, weil die Um¬ 
hüllungen und das Stroh feucht geworden waren und die 
Innentemperatur 4»5 0 betrug; das Fleisch kam wieder in die 
Gefrierkammer. Der Trainwagen setzte seinen Weg bis zum 
12. Mai fort, ein in Stroh gelagertes Stück, das am 10. eine 
Innentemperatur von +4,75° zeigte, wurde sofort wieder in 
die Gefrierkammer eingelagert. Die übrigen in Stroh liegenden 
Stücke hatten noch am Morgen des 11. innerhalb — j 0 und 
an der Oberfläche +2 0 , doch stieg die Temperatur von da 
an fortwährend, so dass sie am 12. +4,5 bezw. +8° er¬ 
reichte , während die Aussentemperatur + 17 0 betrug. Alle 
Stücke waren jedoch zur Ausgabe geeignet, mit Ausnahme von 
zwei Vierteln, die zurückgewiesen wurden, und von noch ein¬ 
zelnen Theilen anderer Vierteln, die ausgeschnitten werden 
mussten. Bei diesem Versuche ergab sich, dass das Fleisch 
selbst unter ungünstigen Verhältnissen in unverpacktem Zu¬ 
stande einen 4tägigen Transport aushält, unter günstigen Be¬ 
dingungen sogar einen 8 tägigen. Wie bei dem früheren Ver¬ 
suche wurde auch jetzt dargethan, dass der Torf das bessere 
Isolirungsmittel ist, dass aber Stroh im Nothfalle auch verwendet 
werden kann. 

Dritter Versuch. Gemischter Transport. Am 12. Mai 
Nachmittags 3 Uhr, bei einer äusseren Temperatur von + 16 0 , 
wurden 5 Ochsenhälften der Gefrierkammer entnommen, in 
leichten Baumwollstoff eingehüllt und in einem Torfbette liegend, 
mittelst der Eisenbahn bis nach Vitry-le-Frangois befördert, dort 
auf einen Trainwagen umgeladen und in das Lager von Chalons 
überführt, woselbst sie am 22.(?) um 2 Uhr Nachmittags an¬ 
langten. Dort blieb das Fleisch in einem luftigen Magazine 
24 Stunden liegen und zeigte dann —1,5° an den vorderen 
und — 1 0 an den hinteren Vierteln. Die Umhüllungen waren 
ganz feucht, doch war das Fleisch von einem Aussehen, wie 
am Vortage geschlagenes Fleisch und liess theilweise Saft heraus¬ 
rinnen. Es wurde getheilt und Abends ausgegeben. 

Vierter Versuch. Gemischter Transport. Fünf andere 
Ochsenhälften wurden am 13. Mai unter änlichen Verhältnissen 
wie vorher nach Nancy verschickt. Am 14. dort angekommen, 
wurden sie in einem Keller des Proviantmagazins, der + 11 0 
hatte, bis zum nächsten Morgen aufbewahrt. Die Vorderviertel 
zeigten dann —1,5°, die hinteren 2,5° bei einer Temperatur 
der Umgebung von +23°. Die Umhüllungen waren nur theil- 
weise feucht, das Fleisch sah gut aus, seine Oberfläche war 
feucht, der Saft ausschwitzend. 

^Ergänzun gs-Versuche. In den ersten Tagen des 
Juni wurden Versuche mit gefrorenem Fleisch, das aus Neu¬ 
seeland stammte, zur Erhärtung der bisherigen Ergebnisse durch¬ 
geführt. Am 3. Juni wurden um 4 Uhr Morgens mehrere 
Viertel der Gefrierkammer in London entnommen und bloss 
mit zwei Umhüllungen versehen: die erste aus einem engen 
Baumwollengewebc, die zweite aus Packlcinwand bestehend. 
Die Ueberführung nach Boulogne erfolgte auf dem Packctboote 
und zwar im Zwischendeck, in einem Raum nahe der Maschine. 
Um 2 Uhr Nachmittags in Boulogne angekommen, wurden vier 


beliebige Stücke untersucht, wobei die Temperatur in der Mitte 
der fleischigsten Stellen gemessen wurde, es ergaben sich —2° 
bezw. —2,5° bei den Vordervierteln und—2,5° bei den Hinter¬ 
vierteln, an den Oberflächen war überall +4°, die umgebende 
Temperatur betrug 20°. Die Umhüllungen waren nass, die 
Aussenhüllen theilweise feucht. Einzelne Stücke, die man auf- 
thauen liess, hatten den Geruch frischen Fleisches, das Fett 
war etwas gelblich, aber geruchlos und in gutem Zustande, 
das Fleisch hatte schöne rothe Farbe und war fest, aber nicht 
hart. Gesotten und gebraten besass es denselben Geruch und 
Geschmack, wie frisches Fleisch guter Qualität. Dieses Fleisch 
kam nun in die Gefrierkammer nach Billancourt. Am 6. wurde 
ein Theil dayon nach Toul gesendet, wo es am 8. in der Frühe 
ankam und in die Militärfleischerei gebracht wurde. Beim Ver¬ 
lassen der Gefrierkammer hatte es im Innern —4 0 gehabt, 
jetzt zeigte es —1" und 1,5° an den vorderen, —1,5" und 
2 0 an den rückwärtigen Vierteln. Am 8. erfolgte wieder eine 
Versendung nach Toul mit theilweise noch günstigeren Ergeb¬ 
nissen. Alles Fleisch war nach dem Aufthauen in Aussehen 
und Farbe wie gewöhnliches gutes Fleisch. Aus diesen ver¬ 
schiedenen Versuchen ergaben sich folgende Schlussfolgerungen: 

1. das beste Isolationsmittel ist Torfmull, 

2. die Verschickung in unverpacktem Zustande ist jener 
in Packgcfässen vorzuziehen, 

3. gefrorenes Fleisch verträgt eine Eisenbahnfahrt von 
vier Tagen und selbst mehr, auch bei hohen Aussen- 
temperaturen, 

4. der Wagentransport ist nachtheiliger als jener mit der 
Bahn, aber dessen ungeachtet kann man das Fleisch 

a) in requirirten Wagen sechs Tage lang führen, wenn es 
in Torf lagert, vier Tage, wenn es in Stroh gelegt wird, 

b) bei beiden Verpackungsarten acht Tage mittelst der 
Trainwagen. Ueberdies hält sich das Fleisch nach 
solchen Verschickungen noch 48 Stunden in einem 
Magazine von 12°. 

5. Die Transportdauer lässt sich in allen Fällen bedeutend 
steigern, wenn man zeitweilig das Fleisch wieder in 
Gefrierkammern einlegen kann, schon wenige Stunden 
neuerlichen Gefrierens bringen es in einen solchen Zu¬ 
stand, als ob es die Kälte gar nicht verlassen hätte. 
Die Ueberführung in unverpacktem Zustande lässt das 
Fleisch an Gewicht verlieren, sobald die Temperatur 
der Umgebung -hi5<> übersteigt, indem das Fleisch 
einen Theil seines Wassers abgiebt, sobald die Ober¬ 
fläche aufzuthauen beginnt. 

(loternation. Flcischcr : Zcituug >898, No. 64.) 


Neues: 

Neue Schlachthäuser in Emmendingen, Neubranden¬ 
burg, Oels. N 

Obligatorische Fleischbeschau eingeführt in Annen, 
Delitzsch. 


Bericht über die Fleischbeschau im Königreich Sachsen 
yom Jahre 1897. 

Von Docent Dr. Edelmann, 

Direclor der städtischen Fleischbeschau in Dresden. 

(Bericht über das Veterinärwesen im Königreich Sachsen für das Jahr 1897, S. 17a.) 

Im Jahre 1897 wurde im Königreiche Sachsen eine ge¬ 
regelte Fleischbeschau in 34 Städten ausgeübt. Von letzteren 
besitzen 26 Städte Schlachthöfe, welche bis auf Leipzig, 
Plauen i.;V., Zwickau, Zittau, Riesa, Waldheim, Löbau den 
Fleischerinnungen gehören, während in 8 Städten (Crimmitschau, 
Hainichen, Penig, Bischofswerda, Lengenfeld i./V., Waldenburg, 
Werdau, Eibenstock und Neustädtel) eine ambulatorische Fleisch¬ 
beschau ausgeübt wird. Letztere besteht auch in drei Dörfern 
bei Chemnitz und in den Städten Treuen, Lichtenstein und 
Adorf, jedoch konnten die dort gewonnenen Ergebnisse statistisch 
nicht verarbeitet werden. 


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No. 44. 


DEUTSCHE THIEEiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


39 t ‘ 


a. Zahl der Schlachtungen. 

An Schlachtthieren, welche der Königlichen Schlachtsteuer 
unterliegen, sind geschlachtet worden: 

Zahl der Darunter Nolh- 
Thiergattung Schlachtungen Schlachtungen 

1897 1897 

Ochsen. 31 914 ”3 


Sonstiges Schlachtvieh mit Aus-) 
nähme der Kälber.j 


180 368 


5 739 


Zusammen 


Schweine. 

Summe der versteuerten Schlacht- 
thiere. 


212 282 
991 653 


:! 


I 203 935 


5 852 
7966 


13 8l8 


Die Gesammtsumme der versteuerten Schlachtthiere hat 
somit gegen das Vorjahr um 21072 Stück abgenommen', 
während 1895 eine Zunahme von 143288 Stück zu verzeichnen 
gewesen war. Diese Abnahme wird ausschliesslich durch die 
Minderschlachtung von 38 515 Schweinen = 3,88 % bedingt, 
welche zweifellos auf das beträchtliche Ansteigen der Schweine¬ 
preise im Berichtsjahre zurückzuführen ist. Die Zahl der ge¬ 
schlachteten Rinder hat um 17443, das sind 8,21 % zugenommen. 
Dagegen ist die Zahl der Nothschlachtungen, welche im Vor¬ 
jahre auffallender Weise zugenommen hatte, im Berichtsjahre 
erfreulicher Weise wieder zurückgegangen, und zwar bei Rindern 
um 163 Stück, bei Schweinen um 4460 Stück. 

Ueber die Zahl der geschlachteten Kälber und Schafe liegen 
aus dem ganzen Lande keine Angaben vor, da für diese Thier¬ 
gattungen eine staatliche Schlachtsteuer nicht zu entrichten ist. 

In den Städten mit Fleischbeschau waren im Jahre 
1897 einer Beschau unterworfen: 940 709 Schlachtthiere und 
mit Hinzurechnung der im ganzen Lande geschlachteten und 
thierärztlich untersuchten Pferde, sowie einer Anzahl von Bezirks- 
thierärzten und von empirischen Fleischbeschauern untersuchten 


Schlachtthiere insgesammt rund 951600 Stück Schlachtvieh. 
Gegen das Vorjahr mit 876000 Stück sind somit mehr unter¬ 
sucht worden 75 600 Schlachtthiere; das ist eine Zunahme von 
8)6"/,, gegen 7,1% im Vorjahre. Thatsächlich ist aber diese 
Zunahme noch erheblicher, da aus drei Städten mit Fleisch¬ 
beschau keine Berichte vorliegen. 

Von den während des Berichtsjahres im Königreiche Sachsen 
geschlachteten 212282 Rindern sind 99636=46,93 °/ 0 (im 
Vorjahre 44,08 %), von den 991653 geschlachteten Schweinen 
sind 452774 = 45,60 °/ n (im Vorjahre 41,5 °/ 0 ) einer Beschau 
unterworfen gewesen, wobei die Thiere unberücksichtigt geblieben 
sind, welche auf dem Lande oder auch in einzelnen Städten 
in besonderen Fällen thierärztlich untersucht wurden. 

b. Beanstandungen und Beschlagnahmungen. 

Ueber die ziffernmässigen Gesammtergebnisse der Fleisch¬ 
beschau in den vorgenannten Städten, die Zahlen der be¬ 
anstandeten und beschlagnahmten Thiere, sowie deren Ver- 
werthung giebt eine besondere Tabelle Auskunft. 

Aus den Summen dieser Tabelle geht hervor, dass von 
940709 untersuchten Schlachtthieren für bankwürdig be¬ 
funden worden sind 932666 = 99,14 °/ 0 (wie im Vorjahre). 
Beanstandet überhaupt wurden 69409 = 7,37 % (6,82 % 
im Vorjahre). Es wurden beschlagnahmt 8043 = 11,58% 
der beanstandeten und 0,85 % der geschlachteten Thiere. Von 
den beschlagnahmten Thieren wurden vernichtet 1409 = o, 14% 
der geschlachteten Thiere (0,13 % im Vorjahre); zur Freibank 
kamen ganz oder zum grössten Theile 5848 = 0,62 % (wie 
im Vorjahre); nur das Fett von 786 Thieren = 0,08% (0,71 % 
im Vorjahre). Demgemäss wurden überhaupt auf der Freibank 
verwerthet 6634 Thiere = 0,70 % der geschlachteten (0,71 % 
im Vorjahre). 

Die Beschlagnahmungen einzelner Organe und Theile von 
Schlachtthieren ergeben sich aus folgender Tabelle: 


Thiergattung 

Fleisch 

Lungen 



Milzen 

Magen und 
Gedärme 



Euter 

Kopftheile 

Zungen 

Verschiedenes 

der Frei¬ 
bank über¬ 
wiesen 

vernichtet 

kg 

kg 


Rinder. 

II92.5 

8661.5 

38239 

297 

7495 

1254 

2563 

1602 

*779 

7*3 

296 

232 

*376 

Kfilber. 

4.5 

13.5 

344 

45 

708 

89 

60 

829 

7 

— 

5 

5 

4* 

Schafe. 

— 

11,0 

4050 

6 

45*7 

26 

io 

28 

290 

*5 

6 

5 

12 

Ziegen . 

— 

— 

27 

6 

35 

2 

4 

2 

3 

4 

2 

1 

— 

Schweine ....... 

374.5 

3521.75 

14334 

644 

9377 

1^09 

2916 

2434 

1169 

245 

47 

*9 

2096 

Pferde. 

— 

383.0 

328 

. 4 

81 

8 

25 

*9 

1 


6 

1 

28 

Hunde. 

— 

1,0 

9 

— 

3 

1 

6 

— 


— 

1 


1 

| Summe . . . 

*571,5 

12591.75 

4733« 

1002 

22216 

3*89 

5584 

4914 

3249 

977 

363 

263 

3554 


Ueber die bei den einzelnen Schlachtthieren beobachteten 
Krankheiten geben besondere Tabellen Auskunft. 

c. Trichinenschau. 

Die Zahl der trichinös befundenen Schweine ist gegen das 
Vorjahr mit 106 um 12 trichinöse Schweine zurückgegangen, 
da nur 94 Schweine = 0,0094 % der geschlachteten Schweine 
trichinös befunden worden sind. In den vorausgehenden Jahren 
wurden folgende Procentsätze festgestellt: 0,0102 °/o im Jahre 
1896, 0,012% im Jahre 1895, 0,007% im Jahre 1894, 
0,008 °/o im Jahre 1893, 0,011 % im Jahre 1892, 0,014 % »*** 
Jahre 1891. Das Verhältniss der 94 trichinösen Schweine zu 
den im Lande geschlachteten 991653 Stück betrug 1 : 10549 
gegen 1 : 9718 im Jahre 1896. 

Ausserdem wurden trichinös befunden 1 Wildschwein, 
4 Hunde, 7 amerikanische Speckseiten, 1 amerikanischer 
Schinken, sowie die von 5 conservirt eingeführten Schweins¬ 
lebern entnommenen anhängenden Muskelstückchen. 

d. Pferde- und Hundeschlächterei. 

Nach den Berichten der Bezirksthierärzte sind ausser den 
in den Städten mit Fleischbeschau geschlachteten 4216 Pferden 


noch weitere 1683 Pferde geschlachtet und thierärztlich unter¬ 
sucht worden, so dass im Ganzen rund 5899 Pferde zur 
Schlachtung und Untersuchung gelangten. Somit hat die Zahl 
der Pferdeschlachtungen gegen das Vorjahr mit 5091 Stück 
um 808 Pferde = 15,8 % zugenommen. 

Die Zahl der Hundeschlachtungen ist auf 474 angestiegen 
und hat somit um 75 Stück = 18,8 % gegen das Vorjahr zu¬ 
genommen. 

In Chemnitz sind seit Anfang des Berichtsjahres alle ge¬ 
schlachteten Hunde auf Trichinen untersucht und daselbst die 
unter Trichinenschau erwähnten 4 trichinösen Hunde gefunden 
worden. Edelmann. 


Verschiedene Mittheilungen. 

VII. Internationaler Thierärztlicher Congress 1899 
zu Baden-Baden. 

Zu den Kosten für die Vorbereitung und Abhaltung des 
Congresses erhielt der Geschäftsausschuss ausser den bisher 




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DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


29. Oktober. 


'392 


bewilligten (s. Berliner thierärztl. Wochenschrift, 1898, No. 28) 
weitere Beiträge von folgenden Vereinen: 


Thierärztl. Verein von Elsass-Lothringen 

Bestimmt 

zugesagter 

Zuschuss 

200 Mk. 

Zuschuss im 
Kalle eines 
I)cficit 9 

300 Mk. 

Verein Unterfränkischer Thierärzte 

200 „ 


Thierärztl. Verein von Oberbayern. . 

200 „ 

IOO „ 

Verein der Thierärzte des Regierungs¬ 
bezirks Wiesbaden. 

*50 „ 

11 


Der früher angegebene Zuschuss des 
Vereins Mecklenburgischer Thierärzte 
wurde von 100 Mk. auf 150 Mk. 
erhöht. 

Erhöhung.. 50 ,, — „ 

Hierzu die früher angegebenen Beträge 3600 „ 1000 ,, 

4400 Mk. 1400 Mk. 

Der Geschäftsausschuss dankt den verehrlichen Vereinen 
für die gefl. Zusagen bestens und bittet die deutschen thier- 
ärztlichen Vereine, welche bisher noch keinen Beitrag bewilligt 
haben, dem Beispiele der oben genannten Vereine recht bald 
zu folgen. Sämmtliche Kassengeschäfte besorgt die Filiale der 
Rheinischen Crcditbank in Baden-Baden. 

Baden-Baden, den 18. Oktober 1898. 

Der Geschäftsausschuss. 


Unterstützung: der Waisen des verstorbenen Prof. Eber. 

Zu dem in unserer letzten Nummer mitgctheiltcn, reichen 
Ergcbniss der Sammlung für die Waisen des Prof. W. Eber 
kommt noch eine bisher ungenannte jährliche Unterstützung von 
200 Mk., welche die Alten Herren des veterinär- 
wissenschaftlichen Vereins Germania in Berlin ge¬ 
stiftet haben. Auch die jährliche Unterstützung, welche der 
wissenschaftliche Verein Unitas in Hannover zu leisten 
sich verpflichtet hat, wird, wie wir hier ergänzend berichten 
wollen, nicht von der Activitas, sondern von den guten Alten 
Herren aufgebracht. 


Vorbereitungen zur Einführung der allgemeinen Fleisch¬ 
beschau im Königreiche Sachsen. 

Die vierwöchentliche Ausbildung der bei Einführung der 
Fleischbeschau erforderlichen Laienfleischbeschauer hat 
an den hierzu bestimmten Schlachthöfen in Dresden, Leipzig, 
Chemnitz, Zwickau und Zittau begonnen und sind auch bereits 
die ersten Prüfungen mit einem Theile der Ausgebildeten ab¬ 
gehalten worden. Die Prüfungscommission besteht aus den 
Herren: Landesthierarzt Geh. Med.-Rath Prof. Dr. S i e d a m - 
grotzky als Vorsitzenden, Med.-Rath Prof. Dr. Johne und 
dem Director der Dresdener Fleischbeschau, Docent Dr. Edel¬ 
mann. 

Die’ zu dem Fleischbeschau-Gesetze vom 1. Juni 1898 zu 
erlassende Ausführungsverordnung ist in Bearbeitung und wird, 
ebenso wie die erforderliche Dienstanweisung für die Fleisch¬ 
beschauer, Ende Oktober d. Js. veröffentlicht werden. 

Auch der vom Med.-Rath Prof. Dr. Johne herauszugebende 
Leitfaden für den Laienfleischbeschauer dürfte im November d. Js. 
erscheinen. 


Bestrafung. 

Ein Zuchtviehhändler, welcher in der Amtshauptmannschaft 
Zwickau (Sachsen) Schweine vor der bezirksthierärztlichen Unter¬ 
suchung verkauft, auch eine bezirksthierärztliche Bescheinigung 
gefälscht hatte, wurde vom Landgericht zu 3 Wochen und 
2 Tagen Gefängniss verurtheilt. 


Maul- und Klauenseuche. 

Auf dem Schlachthofe zu Dresden wurde am 21. Oktober 
der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche constatirt. 

Mit Rücksicht auf die z. Z. ungewöhnlich starke Verbreitung 
der Maul- und Klauenseuche in der Schweiz ist für 
Baden, Württemberg, Bayern und Elsass-Lothringen, 
ein Verbot der Ein- und Durchfuhr von Rindvieh, 
Schafen, Schweinen und Ziegen aus der Schweiz ergangen; 
auch Italien hat nunmehr die Einfuhr der genannten Thier¬ 
gattungen aus der Schweiz verboten. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

. Leisering’s Atlas der Anatomie des Pferdes und der 
übrigen Hausthiere für Thierärzte und Studirendc der 
Veterinärkunde, Landwirthe, landwirthschaftliche Lehr¬ 
anstalten, Pferdeliebhaber und Künstler. In 54 zum 
Theil mehrfarbigen Tafeln mit erläuterndem Texte. 
Unter Mitwirkung von Professor Dr. Baum in Dresden 
in erweiterter Form neu hcrausgegeben von Dr. W. Ellen- 
berger, Kgl. Sächs. Obermedicinalrath und Professor 
an der thierärztlichen Hochschule in Dresden. 9 Liefe¬ 
rungen ä Mk. 6.—. Lieferung 4 und 5. 

Die 4. Lieferung behandelt die Athmungs-, Verdauungs- und 
männlichen Geschlechtsorgane. In der 5. Lieferung finden zu¬ 
nächst die zuletzt genannten Organe ihre Erledigung, ferner 
das Herz, das Nervensystem, die Blutgefässe und Nerven der 
Brusthöhle und des Halses. 


Personal-Nachrichten. 

Auszeichnungen : Dem Bezirksthierarzt Reindl in Rosenheim 
wurde der Künigl. Kronenorden IV. Kl. verliehen. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Schlachthofdirector Völkel in 
Elbing wurde zum Kreisthierarzt in Wehlau ernannt. Kreisthierarzt 
Kubaschewski von Angerburg nach Insterburg versetzt. Rossarzt a. D. 
Lau ff von HennichshOtte wurde zum Schlachthofverwalter in Merzig, Thier¬ 
arzt A. Fasold als Hilfsthierarzt .bei der .städtischen . Fleischbeschau in 
Dresden. Thierarzt Wisnefsky io Berlin, zum Schlachthofinspector in 
Wismar, Thierarzt Jochim in Springe .(Hannover). zum Sanitätsthierarzt in 
Eickel bei Bochum, Thierarzt Zobel in Dresden zum Schlachthofthierarzt 
in Breslau, Thierarzt Becker von. Karlsruhe zum Stadtthierarzt in 
Murrhardt gewählt. Verzogen sind die Thierärzte Dr. Ehlers von Wessel- 
biiren nach Bremen, Lankow von Misdroy nach Fjiesack, Lies von Neu¬ 
stettin nach Nieder-Mohne (Nassau). Becker von Gnesen nach Pakosch, 
Rund von Hannover nach Pegau bei Leipzig, Molthoff von Coblenz 
nach Biehna (Prov. Sachsen), Scherier von Heidelberg nach Tauber¬ 
bischofsheim (Baden), Zischank von Dresden nach Bautzen. Nieder¬ 
gelassen hat sich Thierarzt Holtgreve in Schönberg (Meckl.). — Auf 
Ansuchen seines Dienstes enthoben wurde der städt. Bezirksthierarzt und 
Schlachthofbetriebsleiter L. S c h m i d in Passan. 

Der nicht thierärztliche Director des neueröffneten Schlacht- und Vieh- 
hofes in Mainz hat diese Stelle gekündigt, an seine Stelle kam der Polizei- 
commissär Schüler von dort. 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutschen 

Heeres : v. Woikowsky -Biedau, Rittmeister und Esk.-Chef im Drag.-Regt. 
No. 12, zum Vorstand der Militärlehrschmiede in Berlin ernannt. Versetzt 
wurden: Löwner, Rossarzt bei der Lehrschmiede in Breslau, unter Be¬ 
förderung zum Oberrossarzt in das Ul.-Regt. No. II, Fritze, Rossarzt vom 
Ul.-Regt. No. II, zum Drag.-Regt. No. 11, Suder, Unterrossarzt ina Drag.- 
Regt. No. 12, unter Beförderung zum Rossarzt in das Ul.-Regt. No. ro. — 
Ulrich, Kolbe, Damann, Unterrossärzte der Reserve, zu Rossärzten 
des Beurlaubtenstandes befördert; 

Gestorben : Dr. E. G e i s 9 1 e r, Professor der Cliemie und Physik 
an der thierärztlichen Hochschule in Dresden. • 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thierlrztllche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dri llalkwus in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der Mtcldofsehen Druckerei in Karlsrahe i. B. 

4 • 


* 


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Deutsche 


Thierärztliehe Wochenschrift 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regierung»- und Medicinalrath, 
Director der Thieritrrtlichen Hochschule 
in Hannover. 


herausgegeben von 

Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberrec 

in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Begierungscath und Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin.. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann .in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Louisenthal (Saar). 


redigirt von 


Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Oie Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden Sämmtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 

Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 

abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in S6Cu8t6r JflhrSIHlSi Correcturen und Anzeigen an die Expedition der 

Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 Ji viertelj. mit directer ° 0 Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 

portofreier Zusendung oder bei der Post au! No. 1784a._in Karlsruhe (Badent. _ 


M 45 . 


Ausgegeben am 5. November. 


1898 . 


Uebersicht der Resultate des Betriebes der 
öffentlichen Schlachthäuser und der Ross¬ 
schlächtereien in Preussen in der Zeit vom 
1. Januar bis 31. Dezember 1897. 

Von Dr. Edelmann - Dresden. 

Wie in dem Vorjahre hat das königl. preussische Mini¬ 
sterium für Lan'dwirthsehaft auch jetzt wieder unter oben¬ 
stehendem Titel einen 37 Foliosciten umfassenden Bericht ver¬ 
öffentlicht, welcher aus zwei Haupttheilen besteht, deren erster 
die Betriebsresultate der öffentlichen Schlachthäuser nach den 
einzelnen Städten der Regierungsbezirke geordnet enthält, 
während im zweiten Theil die Gesammtresultate der Ross¬ 
schlächtereien der einzelnen Regierungsbezirke aufgeführt werden. 
An den ersten Theil schliesst sich eine Zusammenstellung der 
Gesammtresultate der Beschau in den einzelnen Regierungs¬ 
bezirken an. Als Anhang ist eine Tabelle über das Vorkommen 
der Tuberculosc, welche bei den Schlachtungen der Rinder und 
bei der Beschau von eingeführtem Rindfleisch beobachtet worden 
ist, angefügt. 

Die Zahl der Städte mit Schlachthäusern betrug, 
wie aus dem ersten Theil des Berichtes zu ersehen ist, in dem 
Berichtsjahr 344, sie hat gegen das Vorjahr, in welchem 321 
Städte mit Schlachthäusern versehen waren, demnach um 23 
zugenommen, während von 1895 zu 1896 nur eine Zu¬ 
nahme von 14 Schlachthäusern zu constatiren war. 

Von den 344 im Berichtsjahr vorhandenen Schlachthöfen 
besitzen 296 = 86°/ 0 eine Freibank gegen 273 = 85 °/ 0 im 
Vorjahre; die Zahl der Freibänke ist demnach übereinstimmend 
mit der Zahl der neu eröffneten Schlachthäuser gewachsen. 

Die Vertheilung der Schlachthäuser nach den einzelnen 
Regierungsbezirken und die Gesammtergebnisse der Beschau 
in denselben ist aus untenstehender Tabelle zu ersehen. 

Vergleicht man die Zahlen der geschlachteten 
Thierc mit denen des Vorjahres, so ergiebt sich, dass die 
Schlachtungen wiederum bei allen Thiergattungen zugenommen 


haben und zwar 

bei Rindern um.13,88 °/ u , 

„ Kälbern um.9,96 

„ Schafen und Ziegen (zusammen) um 8,19 %, 
„ Schweinen um. 1,217"/« 


Um einen Ueberblick über die in der Tabelle enthaltenen 
Resultate der Fleischbeschau unter Vergleichung derselben mit 
denen des Jahres 1896 zu geben, sei Folgendes mitgetheilt. 


Es wurden vollständig verworfen 3803 Rinder 
= 0,45 % gegen 0,5 °/ 0 des Vorjahres ; von den geschlachteten 
Kälbern 3485 = 0,29% gegen 0,28 des Vorjahres; von den 
geschlachteten Schafen und Ziegen 1600 = 0,13 °/ 0 gegen 
o, 11 °/ 0 des Vorjahres; von den geschlachteten Schweinen 
25 514 = 0,83 °/ 0 gegen 0,75 % des Vorjahres. 

Die amtliche Statistik giebt leider wiederum darüber keinen 
Aufschluss, wie viel Kälber bezw. Schafe und Schweine wegen 
Tuberculose ganz oder theilweise vernichtet worden sind, ebenso 
fehlt der Aufschluss bei den Zahlen der mit Finnen behafteten 
Schweine. 

Um annähernde Zahlen zur weiteren Berechnung aufstellen 
zu können, ist, wie schon im Vorjahre angenommen worden, 
dass sämmtliche Kälber und Schafe, die mit Tuberculose be¬ 
haftet waren, verworfen wurden, während von den als tuberculös 
und finnig aufgeführten Schweinen je ein Dritttheil als ver¬ 
nichtet, die beiden anderen Dritttheile aber als theilweise ver- 
werthet betrachtet worden sind. 

Unter diesen Voraussetzungen erhält man für die theil¬ 
weise verworfenen Thicre folgende Zahlen. Es wurden 
theilweise verworfen: Von den geschlachteten Rindern 5899 
= o,7i°/o gegen 0,59 % im Vorjahre, von den geschlachteten 
Kälbern 435 = 0,03 "/„ gegen dieselbe Zahl im Vorjahre, von 
den geschlachteten Schafen und Ziegen 3061 = 0,258 °/ 0 gegen 
0,206 °/ 0 im Vorjahre, von den geschlachteten Schweinen 48707 
= 1 , 59 °/« gegen 1 , 33 % im Vorjahre. 

Besonders hervorzuheben sind die Resultate der Tubercu- 
lose-Statistik im Vergleich zu denen des Vorjahres. Es 
wurden tuberculös befunden: unter den geschlachteten Rindern 
131325 = 15,88 % gegen 14,30 % im Vorjahre, unter den 
geschlachteten Kälbern 1710 = 0,142% gegen 0,11 "/„ im 
Vorjahre, Schafen und Ziegen 1024 = 0,086 °/ 0 gegen 0,072 
im Vorjahre, Schweinen 65439 = 2,14% gegen 1,80 n /o im 
Vorjahre. 

Diese Zahlen liefern den deutlichen Beweis, dass die 
Tuberculose abermals, und zwar bei allen Thier¬ 
gattungen häufiger festgestellt worden ist. Bei 
Rindern haben wir dieses Mal eine Zunahme von 1,58% gegen¬ 
über einer Zunahme von 1895 zu 1896 von 1,6%, bei Schweinen 
beträgt dieselbe 0,34%, bei Kälbern 0,031 %, bei Schafen und 
Ziegen 0,014%. 

In der Häufigkeit der Beobachtung der Rinder- 
tuberculose in den einzelnen Regierungsbezirken 
treten ganz auffällige Schwankungen ein, die durch folgende 
Zahlen illustrirt werden dürften. 


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394 


DEUTSCHE THIERjfLKZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


5 . November. 


1 ._ i. _ 3 ._ j. _ 5. 














Davon 


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Zahl de 





















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Tubercu- 

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1. 

Königsberg. 

24 

848 

24 879 

34 888 

57 044 

95 366 

_ 

_ 

1 3 831 

15,89 

63 

33 




— 

4 606 

14 61 1 

14 193 

23 180 

— 

— 

438 

— 

8 

2 

2. 

Gumbinnen. 

13 

— 

11811 

13 705 

36 341 

44 996 

— 

— 

564 

4,77 

5 

1 




— 

989 

2 628 

6 482 

4 312 

— 

— 

26 

— 

— 

— 

3. 

Danzig. 

7 

510 

16 290 

22 394 

29 210 

77 432 

— 

— 

j 4 450 

27,3 1 

102 

245 




1 

1 910 

6 863 

3216 

7 121 

— 

— 

138 

— 

13 

— 

4. 

Marienwerder. 

23 

199 

15 158 

24 274 

26 887 

53 764 

— 

— 

2 048 

13,5 1 

49 

79 




— 

sse 

1 171 

698 

4 606 

— 

— 

18 

— 

— 

1 






2817 








5. 

Berlin. 

1 

— 

151 126 

136 864 

402 343 

675 142 

— 

— 

28 834 

19,07 

204 

8 




— 

62 1 17 

132 908 

36 676 

146 849 

— 

— 

176 

— 

1 

1 

6. 

Potsdam. 

12 

1 237 

15 997 

26 964 

30 957 

83 621 

1 

— 

2 758 

17,25 

34 

20 




2 

1 724 

6 690 

2 113 

7 686 

— 

— 

96 

— 

3 

1 

7. 

Frankfurt. 

12 

1 257 

21 131 

44 641 

31 109 

108 845 

— 

2 

2 513 

11,89 

45 

36 




2 

1 387 

6 809 

3 672 

7 162 

— 

— 

107 

— 

1 

— 

8. 

Stettin. 

7 

939 

16 629 

23 338 

38 977 

71 383 

1 

4 

2 249 

13,51 

49 

20 ! 




— 

3 867 

4 928 

2 907 

6 360 

— 

— 

309 

— 

6 

2 

9. 

Köslin. 

9 

186 

6 855 

13 880 

23 213 

32 369 

— 

— 

1 441 

21,02 

60 

9 




4 

1 41 1 

3 436 

2 928 

4 216 

— 

- 

206 

— 

22 

— 






1128 








10. 

Stralsund. 

4 

513 

4 234 

8 639 

11620 

18 442 

— 

— 

1 205 

28,4 6 

68 

1 




1 

16 

21 

1 

24 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

11. 

Posen. 

21 

14 

10102 

22 917 

14 224 

46 509 

— 

— 

994 

9,83 

42 

65 




— 

218 

1 273 

768 

1 648 


— 

3 

— 

1 

— 

12. 

Bromberg. 

18 

— 

14 025 

24 089 

26 274 

57 096 

— 

— 

3 065 

21,85 

37 

129 

13. 



— 

396 

1 060 

2 087 

2 197 

.— 

— 

71 

— 

1 

4 

Breslau. 

18 

3 647 

39 376 

83 665 

49 219 

170 677 

3 

9 

10 247 

26,0 2 

208 

40 




2 

746 

— 

— 

2 233 

— 

— 

38 

— 

1 

2 






3749 













1 724 

349 








14. 





161 





• 



Liegnitz. 

14 

2 276 

21 386 

57 280 

26 914 

86 672 

— 

4 

2 428 

11,35 

36 

55 




1 

2 361 

6 616 

1 630 

7 670 

— 

— 

77 

— 

2 

— 

15. 

Oppeln. 

20 

783 

35 571 

46 431 

12 748 

152 839 

1 

2 

5 819 

16,35 

61 

48 




6 

8 038 

20 340 

3 044 

19 872 

— 

— 

699 

— 

6 

1 

16. 

Magdeburg. 

9 

1 906 

23 957 

34 389 

35 475 

104 981 

1 

2 

4 950 

20,66 

81 

35 




24 

1 141 

2 239 

339 

640 

— 

— 

101 

— 

3 

— 

17. 

Merseburg. 

6 

2 736 

15 567 

27 672 

26 0(59 

66 412 

— 

4 

4512 

28,98 

61 

98 




14 

161 

167 

86 

969 

— 

— 

29 

— 

— 

2 

18. 

Erfurt. 

4 

427 

11018 

15 806 

18158 

39 849 

— 

1 

1 073 

9,7 3 

4 

8 




3 

6 

6 

— 

4 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

19. 

Schleswig. 

1 

766 

10 550 

16 050 

9 325 

22 858 

— 

— 

5 080 

48,15 

225 

— 




68 

126 

1 962 

134 

101 

— 

— 

— 

— 

3 

— 

20. 

Hannover . 

3 

1837 

17 569 

24 284 

18 960 

83 691 

1 

3 

1 931 

10,99 

3 

6 




2 

261 

9 888 

12 831 

6 366 

— 

— 

16 

— 

— 

— 

21. 

Hildesheim. 

6 

555 

8 231 

19 475 

14 433 

35 932 

— 

1 

784 

9,52 

2 

— 

22. 



3 

163 

963 

236 

226 

— 

— 

6 

■— 

— 

— 

Lüneburg . 

3 

732 

6 266 

5 016 

11697 

28 096 

— 

1 

1 246 

19,88 

58 

5 

23. 



7 

336 

119 

141 

87 

— 

— 

12 

— 

1 

— 

Stade. 

2 

109 

1 700 

2 246 

2 653 

6 451 

— 

1 

188 

11,05 

39 

2 




16 

— 

1 

67 

1 

_ 

_ 

— 

— 

— 

— 

24. 

Osnabrück . 

2 

587 

4 156 

7 031 

1457 

8 919 

1 

— 

64 

1,53 

— 

— 

25. 



21 

617 

2 176 

989 

1 320 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

Aurich. 

5 

127 

3 400 

3 421 

15 421 

6 090 

—- 

— 

475 

13,97 

— 

1 

26. 



— 

62 

— 

109 

136 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

Münster. 

8 

650 

10 743 

15 295 

5 847 

27 592 

— 1 

1 

619 

5,74 

— 

— 




8 

37 

46 

11 

24 

— 1 

— 

— 

— 

— 

— 

27. 

Minden . 

7 

908 

11823 

20 663 

5 996 

22 259 

— . 

2 

499 

4,21 

1 

3 

28. 



9 

221 

3 062 

388 

1 039 

— ! 

— 

1 

— 

— 

-- 

Arnsberg. 

25 

3 811 

54 421 

61 249 

17 377 

146 403 


4 

7 306 

13,42 

17 

27 

29. 



21 

612 

• 993 

176 

3 446 

— I 

— 

— 

— 

— 

— 

Cassel. 

11 

339 

20 250 

38 121 

23 221 

63 151 

— 1 

— 

1 144 

5,64 

10 

5 

30. 



— 

776 

4 922 

3 429 

2 848 

— | 

— 

2 

— 

— 

— 

Wiesbaden. 

5 

1088 

39 622 

84 605 

38180 

122 601 

— j 

— 

6 450 

16,27 

4 

— 

31. 



7 

1 336 

246 

107 

2 943 

— 

— 

7 

— 

— 

— 

Coblenz. 

5 

225 

13 720 

26 715 

6 972 

29 320 

— 1 

— 

2 517 

18,34 

5 

6 

32. 



— 

62 

— 

— 

2 

— ’ 

— 

9 

— 

— 

— 

Düsseldorf. 

20 

3 922 

105 727 

96 726 

67 623 

278 767 

— ■ 

3 

12 661 

11,97 

35 

G 

33. 



23 

3 690 

1 621 

643 

28 492 

— 

— 

23 

— 

— 

— 

Cöln. 

4 

1 433 

37 263 

66 202 

.33 987 

121 369 

— ( 

— 

2 779 

7,45 

34 

7 

34. 

Trier. 


4 

660 

696 

328 

1 967 

— 

— 

— 


— 

— 

8 

775 

13 701 

27 062 

7 621 

35 225 


2 

1 673 

12,21 

6 

11 

35. 



9 

996 

188 

32 

613 

— 

— 

10 

— 

— 

— 

Aachen . 

5 

547 

12 278 

19 425 

8 988 

27 625 

— 

— 

2 869 

23,8« 

62 

15 

36. 

Sigmaringen. 


13 

3t 

699 

204 

6 616 

— 

— 

1 

— 

— 

— 

2 

— 

1 234 

1 824 

17 

346 

2 386 

21 


— 

59 

4,78 

_ 

— 


Summe 

344 

35 919 

827 766 

1 197 246 

1 186 886 

3 055 L30 

9 , 

46 

131 325 

— 

1710 

1024 




271 

91 699 

3749 

300 664 

— j 


2 617 


72 

16 






236 744 

98 772 













4096 


I 


l ( 


T I (> 



A . * ■ I I ----- I , II 1 L. II I 

1 ** “IV k . u n '• V ie lc .' e, ngedruckten Zahlen bedeuten auswärts geschlachtetes und in Städten mit öffentlichen Schlachthäusern eingefiihrtes Vieh. -^-9. In den Spalten 6 b und 7 b 

j^unge un ueoer verworfen sind, und ferner solche, deren Fleisch als minderwertig der Freibank überwiesen ist. 























































No. 45. 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


395 


6;_ 7. 8. 


behaftet mit: 


Als zur mensch- 
liehen Nahrung un¬ 
geeignet, wurde 
wegen Tuberculose 

Als zur menschlichen Nahrung ungeeignet, wurde aus anderen Gründen verworfen 
das Fleisch von wieviel 

Zahl der Schlacht¬ 
häuser mit Freibank 

lose 

Finnen 

nen 

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Rindern, 

a. ganz 

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n wieviel 
und zwar: 

b. t heil - 
weise 



a. ganz 

und 

zwar: 

b. 

theilweise 


3 061 

3,ao 

227 

332 

39 

79 

233 

6 

43 

112 

14 

132 

_ 

92 

45 

■1 

127 

23 

fit 8 

— 

28 

32 

11 

6 

12 

— 

43 

113 

2 

16 

— 

22 

28 


13 


30 

0,17 

24 

72 

21 

28 

79 

— 

24 

8 

1 

32 

— 

39 

39 

■Ml 

39 

9 

8 160 

4,08 

108 

153 

24 

50 

30 

3 

24 

48 

15 

86 

2 

3 

3 


124 

7 

123 

— 

13 

3 

— 

1 

— 

— 

2 

8 

— 

— 

— 

1 

— 


3 


1 340 

3,4 2 

47 

98 

58 

89 

235 

1 

32 

91 

28 


— 

36 

18 

14 

68 

20 

14 

— 

2 

2 

1 

— 

1 

— 

2 

4 

1 

1 

— 

1 

6 

1 

1 


26 983 

3,98 

713 

533 

193 

879 

20 

_ 

229 

407 

236 

811 

_ 

11 

2 

3 

19 

_ 

36 

— 

21 

6 

4 

110 

26 

— 

166 

231 

103 

82 

— 

2 

12 

2 

10 


1 640 

1,96 

50 

55 

22 

94 

! 22 

16 

28 

94 

26 

74 

2 

9 

2 

2 

24 

11 

33 

— 

16 

4 

3 

3 

2 

1 

2 

6 

2 

6 

— 

2 

— 

— 

— 


1 134 

1,04 

70 

59 

24 

50 

1 338 

18 

32 

35 

15 

95 

5 

10 

9 

5 

25 

9 

86 

— 

3 

1 

— 

4 

6 

— 

4 

2 

— 

6 

— 

2 

3 

— 

4 


1 413 

1,97 

162 

5 

} 4 

88 

t 128 

4 

14 

00 

7 

96 

3 

154 

30 

194 

451 

5 

63 

— 

i 60 

1 

— 

6 

— 

— 

3 

8 

— 


— 

2 

— 

— 

2 


535 

1,65 


6 

3 

26 

Kfl 

— 

16 

42 

14 


— 

65 

34 

123 

103 

8 

63 

— 

2 

1 

— 

1 



— 

1 

12 



— 

3 

6 

2 

1 


573 

3,13 

2 

- 

1 

V;" : 

fei! 

— 

19 

21 

1 


2 

24 

3 

5 

41 

3 

971 

2,08 

54 

147 

112 


■ff: 

— 

20 

58 

10 


— 

206 

38 

149 

302 

21 

1 703 

2,99 

52 


62 


Kif 

— 

37 

49 

6 

34 

— 

22 

5 

2 

60 

18 

43 

— 

14 


— 

— 

— 

— 

1 

— 

1 

6 

— 

— 

— 

— 

— 


5 339 

3,15 

198 

227 

39 

82 

88 

61 

39 

65 

12 

149 

20 

39 

8 

25 

50 

18 

tl 


6 

1 

1 


3 



2 

7 

1 

3 


3 



1 


825 

0,95 

16 

25 

28 

70 

215 

18 

36 

84 

23 

48 


83 

34 

52 

67 

12 

8 

— 

1 

— 

3 

1 

22 

1 

9 

H 

— 

2 


2 

— 

— 

— 


2 016 

1,31 

121 

814 

31 

37 

199 

4 

18 

mm% 

5 



75 

24 

9 

79 

12 

86 


13 

— 

— 

3 

6 

■ — 

10 

Do 

— 

— 



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— 

2 


2 557 

2,4 3 

85 

62 

2 

61 

6 

10 

37 

fcdH 

22 

49 




— 

9 

9 

12 

— 

6 

— 

— 

2 

— 

— 

21 


6 

1 

1 



— 

— 


2 456 

3,69 

59 

58 

9 

49 

— 

13 

15 

22 

3 

13 

— 

9 

1 

— 

2 

6 

50 

162 

0,4 0 

54 

3 

1 

26 

14 

3 

9 

4 

m 

9 

— 


B 

1 

— 

4 

l 286 

5,6 3 

71 

8 

11 

104 

— 

— 

12 

80 

B 

23 

— 

1 

B 

B 

_ 

— 

1 297 

1,54 

62 

117 

2 

16 

4 

13 

7 

52 


192 

1 

4 

1 

__ 

_ 

2 

8 

— 

- 

— 



— 

1 

11 

19 


9 

— 

2 

4 

— 

14 


606 

1,68 

36 

2 

— 

19 

18 

8 

13 

34 


29 

— 

11 

1 

— 

2 

5 

995 

3,54 

41 

16 

1 

13 

4 

6 

6 

9 

4 

56 

2 

1 

2 

3 

16 

2 

219 

3,3 9 

9 

6 

1 

6 

2 

2 

3 

6 

2 

5 

— 

B 

1 

— 


2 

7 

0,07 

— 

6 

— 

m 

55 

m 

10 

8 

— 

9 

2 

7 

— 

— 

1 

2 

38 

0,6 2 

1 

— 

— 


302 

B 

1 

7 

5 

4 

10 

358 

17 

1430 

94 

3 

106 

0,38 

— 

1 

1 

11 

H 

I 

8 

10 

4 

wl 

_ 

52 

B 


11 

7 

90 

0,40 

13 

29 

2 

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1 


19 

3 

28 

— 

3 



5 

7 

560 

0,37 

43 

46 

6 

97 

76 


42 

62 

50 

118 

62 

97 

9 

B 

135 

23 

488 

0,7 7 

28 

12 

7 

62 

417 

1 

21 

19 

4 

62 

8 

450 

49 


786 

8 

1 

— 1 

— 

1 

— 

— 

2 

— 

2 

— 

— 

1 


14 

8 


4 


267 

0,21 

6 

42 

1 

221 

8 

4 

36 

24 

2 

29 


15 

3 

— 

36 

5 

394 

1,34 

65 

8 


30 

581 

— 

7 

9 

5 

9 


47 

21 

449 

206 

5 

1 408 

0,50 

39 

57 

5 

211 

85 

33 

92 

97 

30 

156 

1 

112 

25 

2 

72 

14 

34 

— 

— 

— 

— 

3 

— 

4 

8 


2 

9 

— 

— 

2 

— 

— 


140 

0,11 

52 

46 

1 

36 

7 

3 

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— 

6 

— 

11 

5 

3 

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244 

0,69 

27 

8 

1 

3 

1 

6 

m 

m 

3 

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— 

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1 

B 

6 

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B 

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0,12 ; 

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— 

— 

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B 

— 

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B 

3 

B 

2 

65 439 

— 

2629 

3159 

712 

2842 

3823 

287 

961 

1775 

576 

2648 

156 

2076 

435 

3061 

2975 


961 


178 

6fi 

23 

146 

82 

8 

303 

479 

127 

171 

2 

79 

74 

24 

88 

1 


ist nur die Zahl derjenigen Thierc eingestellt, von denen ein Viertel und mehr verworfen worden ist. Unberücksichtigt sind gelassen die Thiere, von denen nur einzelne Organe, wie 
























































































396 


DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


5. November. 


Ueber demDurchschnitt von 15,88% stehen folgende 
Regierungsbezirke: Schleswig 48,15 °/ 0 , Merseburg 28,98 °/o, 
Stralsund 28,46 °/o, Danzig 27,31 %, Breslau 26,023 %, Aachen 
23,36 °/ 0 , Bromberg 21,85 %» Köslin 21,021 °/ 0 , Magdeburg 
20,66%, Lüneburg 19,88 °/ 0 , Berlin 19,079%, Coblenz 18,34%, 
Potsdam 17,25 %, Oppeln 16,35 %. Wiesbaden 16,27%; unter 
dem Durchschnitt bleiben Königsberg 15,39%, Aurich 13,97 %» 
Stettin 13,51%, Marienwerder 13,51%, Arnsberg 13,42%, 
Trier 12,21 %, Düsseldorf 11,97 %, Frankfurt 11,89 %, Liegnitz 
n,35%, Stade 11,05%, Hannover 10,99%, Posen 9,83%, 
Erfurt 9,73 %, Hildesheim 9,52 %, Köln 7,45 %, Münster 5,66 %,, 
Cassel 5,64%, Sigmaringen, 4,797 %, Gumbinnen 4,77%, 
Minden 4,219%, Osnabrück 1,53 %. 

In der Häufigkeit der Beobachtung der Schweine- 
tubcrculose steht, wie bei der Rindertuberculose, Schleswig 
mit 5,62 % an der Spitze; es folgen sodann über dem 2,14 % 
betragenden Durchschnitt Danzig mit 4,08 %, Berlin 3,98%, 
Merseburg 3,69%, Lüneburg 3,54 %, Marienwerder 3,42 %, 
Stade 3,39%, Königsberg 3,209%, Breslau 3,15 %,' Stralsund 
3,134%, Aachen 2,99%, Bromberg 2,99%, Magdeburg 2,43%; 
unter dem Durchschnitt stehen Posen 2,08%, Stettin 1,97%, 
Potsdam 1,96%, Hildesheim 1,68%, Köslin 1,65%, Hannover 
1 ,54 %, Coblenz 1,34%, Oppeln 1,31%, Frankfurt 1,04%, 
Liegnitz 0,95 %, Cassel 0,77 %, Trier 0,69%, Aurich 0,623 %, 
Düsseldorf 0,505 %, Erfurt 0,406 %, Minden 0,404 %, Miinstef 
0,38%, Arnsberg 0,37%, Wiesbaden 0,218%, Gumbinnen 
°, I 77 %, Sigmaringen 0,12 %, Köln 0,115 %, Osnabrück 0,078%. 

Aus diesen Zusammenstellungen der beobachteten Tubercu- 
losefälle in den einzelnen Regierungsbezirken Schlüsse über 
das Auftreten der Tubcrculose bei den Schlachtthieren in den 
Bezirken selbst ziehen zu wollen, dürfte gewagt erscheinen. 

Bezüglich der hohen Zahl der in Kiel tuberculös befundenen 
Rinder hebt der Bericht selbst hervor, dass aus derselben keines¬ 
falls auf die Verbreitung der Rindertuberculose in der Provinz 
Schleswig-Holstein geschlossen werden könne. Die hohe Zahl 
der tuberculösen Rinder erklärt sich vielmehr aus der Einfuhr 
tuberculöser Thiere aus Schweden, Norwegen und Dänemark 
in das Kieler Schlachthaus. 

Wie schon Eingangs erwähnt, ist die Verwerthung 
der tuberculösen Thiere nur hinsichtlich der Rinder 
ziffernmässig angegeben. Von den Rindern wurden wegen 
Tuberculosc 2842 gänzlich verworfen, das sind 2,16 % alleij 
tuberculösen gegen 2,6 % des Vorjahres, theilweise verwerthe( 
wurden 2,91 % gegen 2,8 % im Vorjahre. Trotzdem im Jahre 
1897 die Tuberculose um 1,58 % gestiegen ist, so ist doch 
die Verwerthung der tuberculösen Rinder wiederum eine 
bessere geworden, da die Zahl der vernichteten Rinder pro- 
ccntualiter in weiterem Sinken begriffen gewesen ist. Die 
mildere Beurtheilung der tuberculösen Rinder geht auch daraus 
hervor, dass von sämmtlichen tuberculösen Rindern 94,924 % 
bankwürdig waren gegen 94,601 % im Vorjahre. Es ist dem¬ 
nach die Zahl der bankwürdigen tuberculösen Rinder gestiegen 
gleichzeitig mit der Zahl der theilweise verwerteten Thiere, 
während die Zahl der wegen Tuberculose gänzlich verworfenen 
um nahezu 0,5 % abgenommen hat. 

Bezüglich der Verwerthung der tuberculösen Kälber, Schafe 
und Schweine sind, wie oben schon bemerkt wurde, nur 
Schätzungen möglich. Nach solchen dürften alle tuberculös 
befundenen Kälber und Schafe vernichtet worden sein, von den 
mit Tuberkulose behafteten Schweinen würden aber 66,6 % 
eine gänzliche oder theilweise Verwerthung gefunden haben. 

Rinderfinnen wurden bei 2629 Thieren = 0,318% 
gefunden'gegen 1810 = 0,2 im Vorjahre. Erfreulicherweise 
hat demnach auch der Eifer, mit dem nach Finnen geforscht 
worden ist, angehalten und vielleicht sogar etwas zugenommen. 

Den höchsten Procentsatz finniger Rinder hat der Regierungs¬ 
bezirk Stettin mit 0,97 % aufzuweisen; den höchsten Procent¬ 
satz unter den einzelnen Schlachthäusern finden wir im Schlacht¬ 
haus zu Pieschen mit 4,46%. Unter den Regierungsbezirken 
haben die nächst höheren Procentsätze aufzuweisen: Königsberg 
0,91%, Aachen 0,71%, Schleswig 0,67%, Posen 0,53%; 
Berlin steht mit 0,47 % noch über dem Durchschnitt. In 


drei Bezirken ist das Vorkommen von Finnen überhaupt nicht 
beobachtet worden. 

Die Zahl der finnigen Schweine betrug 3159 
= 0,1033 %, sie ist öen vorjährigen im Verhältniss nahezu 
gleich geblieben, hat aber dennoch um ein Geringes abgenommen, 
so dass ein finniges Schwein auf 967 geschlachtete Schweine 
entfällt, während im Vorjahre ein finniges auf 954 entfiel. Der 
Regierungsbezirk Oppeln weist mit 0,53 % den höchsten Procent¬ 
satz auf, darnach folgt Königsberg mit 0,34 %; Berlin hat 
0,07 % aufzuweisen. Drei Regierungsbezirke lassen das Vor¬ 
kommen von Schweinefinnen gänzlich vermissen. 

Die Zahl der trichinösen Schweine betrug 712, 
d.h. 0,0233 % aller geschlachteten Schweine gegen 880=0,029% 
im Vorjahre. Es entfällt ein trichinöses Schwein auf 4290 ge¬ 
schlachtete Schweine, während im Vorjahre ein trichinöses auf 
3429 entfiel. Die relativ höchste Zahl erreicht der Regierungs¬ 
bezirk Posen mit 112 = 0,2408%, während die absolut höchste 
Zahl Berlin mit 193 =0,028%, also immer noch über dem 
Durchschnitt stehend, aufzuweisen hat. Aus dem Regierungs¬ 
bezirk Posen sind wegen besonders häufigen Vorkommens trichi¬ 
nöser Schweine die Schlachthöfe zu Jarotschin mit 1,136%, 
Schrimm 0,9%, Koschmin 0,75 %, Krotoschin 0,514%, Wreschen 
0.43%. Ostrowo 0,25 % hervorzuheben. In sechs Regierungs¬ 
bezirken, die sämmtlich dem Westen Deutschlands angehören, 
sind Trichinen überhaupt nicht gefunden worden. 

Werfen wir zum Schluss noch einen Blick auf die Resul¬ 
tate der Rossschlachtungen in Pröusscn, so betrug die 
Zahl der in besonderen Rossschlächtereien geschlachteten Pferde 
22 535 g e g cn 22080 im Jahre 1896. Die Zahl der Ross¬ 
schlächtereien ist auffallender Weise von 254 auf 266 ge¬ 
stiegen, während im Vorjahre ein Rückgang um 36 Stück zu 
verzeichnen war. Die Zahl der in Tabelle I als in den öffent¬ 
lichen Schlachthäusern aufgeführten geschlachteten Pferde be¬ 
trägt 35919. Es sind demnach 58454 gegen 50242 Pferde 
im Vorjahre geschlachtet worden. 

Von diesen Pferden sind 468 = 0,8 gegen 0,7% im Vor¬ 
jahre ganz, 353 = 0,6 gegen 0,5 % theilweise verworfen worden. 
Rotz wurde bei 15 Pferden = 0,025%, Tuberculose bei 
66 Pferden =0,11 % beobachtet. 

In der als Anhang gegebenen Tabelle über die Tuberculose- 
fälle in den einzelnen Regierungsbezirken ist leider das ein¬ 
geführte Fleisch mit in den Kreis der Berechnungen gezogen 
worden. Hierdurch werden naturgemäss die Procentsätze gegen¬ 
über unseren Berechnungen, die das eingeführte Fleisch voll¬ 
ständig unberücksichtigt lassen, günstig beeinflusst und fallen 
in Folge dessen etwas niedriger aus. 


Referate. 

Heilung: einer im oberen Dritttheil erfolgten Unter- 
schenkelfractur. 

Von Sädava Montoya. 

(Gaceta de Medicina Vetennaria vom i. Sept. 1898.) 

Betreffendes Thier, jnnger Maulesel, 1,10 m hoch, wurde 
vom Verfasser wegen einer completen, nicht complicirten, im 
oberen Dritttheil erfolgten Unterschenkelfractur in erfolgreiche 
Behandlung genommen. Nachdem das Thier gelegt und die 
Reposition bewirkt war, wurde ein passender Verband angelegt 
mit Hilfe einer Mischung von gleichen Theilen Colophonium, 
Fichtenharz und Schusterpech, weniger Terpentin und gewöhn¬ 
liches Oel. Das Thier wurde in einen Hängeapparat gebracht. 
Nach fünf Wochen wurde der Verband abgenommen. Es hatte 
sich ein fester Callus gebildet. Nach weiteren vier Wochen 
war vollständige Heilung erfolgt. 

(Verfasser war über den günstigen Ausgang überrascht, da 
die zu Rathe gezogenen Autoren eine Heilung im oberen Dritt¬ 
theil des Unterschenkels ausschlossen oder eine Behandlung 
derselben als rationell nicht anerkennen wollen. Doch dürfte 
diese Auffassung für im Wachsthum vollendete Gebrauchsthiere 
schwereren Gewichts immer gültig bleiben. Ref.) Bruns. 



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No. 45. 


DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


397 


Die operative Behandlung: des Koppens der Pferde. 

Sammelreferat von Christiani -Darmstadt. 

Das Koppen der Pferde stellt in jeder Form eine so un¬ 
angenehme und den Werth der damit behafteten Pferde so 
bedeutend herabsetzende Untugend dar, dass Thierärzte und 
Thierbesitzer sich von jeher bemühten, die Pferde an der Aus¬ 
führung desselben durch mechanische Vorrichtungen, oft auch 
durch Züchtigungen zu verhindern und ihnen dieselbe womög¬ 
lich zu verleiden. Leider musste man sich immer von Neuem 
wieder überzeugen, dass auf diesem Wege nur ein ganz vorüber¬ 
gehender und geringer Erfolg zu erreichen ist. Operative Ver¬ 
suche, wie sie von Gerl ach (Durchschneidung der Schulter¬ 
zungenbeinmuskeln), Hertwig (Durchschneidung der Sehnen 
der Brustkinnbacken - Muskeln), Hell (Durchschneidung der 
Muskelbäuchc der Brustkinnbacken-Muskeln) und nach ihnen 
von Anderen ausgeführt wurden, erzielten zwar manches gute 
Resultat, meistens aber auch keinen bleibenden Erfolg und man 
stand dem Ucbel nach wie vor ziemlich machtlos gegenüber. 
Da brachte im vorigen Jahr ein Artikel Dieckerhoff’s, 
dessen Studien über das Koppen früher schon verschiedene 
interessante und praktisch wichtige Details sichergestellt hatten, 
die Frage der operativen Behandlung des Koppens in neuen 
Fluss und wurde begreiflicher Weise mit einer gewissen Be¬ 
geisterung aufgenommen. Dieckerhoff berichtete in No. 32 
der Berliner Thierärztlichen Wochenschrift über zwei von ihm 
versuchte Arten der Operation, nämlich Durchschneidung des 
(motorischen) vorderen unteren Astes des Nervus accessorius 
Willisii und Durchschneidung der vereinigten Brustzungenbein- 
und Brustschildmuskeln im oberen Dritttheil des Halses. Der 
vordere untere Ast des 11. Gehirnnerven versorgt den Brust¬ 
kinnbackenmuskel. Neurectomie desselben kommt also schon 
im Effect den Operationen von Hertwig und Hell gleich 
und ihr Resultat geht nach Dieckerhoff dahin, dass nach 
der dauernden Lähmung der Brustkinnbackenmuskeln die Er¬ 
weiterung des Thorax zum Zweck des Inspirationsspiels des 
Koppens dem Pferde lästiger als früher und darum weniger 
ergiebig ausgeführt wird. Mehr soll in praxi die Durch- 
schncidung der Brustzungenbein- und Brustschildmuskeln leisten 
und zwar kann nach Dieckerhoff das Koppen mit Hülfe 
dieser Operation nicht nur auf einen ungefährlichen Grad reducirt, 
sondern sogar vollständig geheilt werden. 

Auf Dieckerhoff’s Anregung und nach dessen Vorschlag 
ist man seither vielfach gegen das Koppen der Pferde vor¬ 
gegangen und in der Literatur ist bereits über eine ganze Reihe 
bezüglicher Operationen berichtet. In Heft 3 und 4 des laufen¬ 
den Jahrgangs der Zeitschrift für Veterinärkunde sind allein 
14 solcher Fälle zusammengestellt Die Erfolge der Operateure 
waren verschieden. Fünf derselben hatten keinerlei bleibenden 
Nutzen von der Durchschneidung der Brustschild- und Brust¬ 
zungenbeinmuskeln. Bei den Uebrigen wirkte letztere insofern 
günstig, als die Pferde zwar noch koppten, aber weder einen 
so lauten Koppton wie früher erzeugen, noch bezw. so viel 
Luft abschlucken konnten, als vorher. Der Nährzustand der 
operirten Thiere soll sich durchgängig gebessert haben. Be¬ 
merkenswerth ist, dass Kühme den erwähnten Erfolg erst 
hatte, nachdem er der Myotomie der vereinigten Brustschild- 
und Brustzungenbeinmuskeln diejenige der Brustkinnbacken¬ 
muskeln hatte folgen lassen. Knüppel erreichte in zwei 
Fällen durch die Hell’sche Operation gutes Resultat, während 
ihn in einem dritten Fall die Durchschneidung der Brustzungen¬ 
bein- und Brustschildmuskeln im Stich Hess. 

In der Berl. Thierärztl. Wochenschrift No. 39, S. 460, 
theilt Steinmeyer-Weissenfels einen durchaus günstigen Er¬ 
folg letztgenannter Operation mit, während in No. 52 Gold¬ 
beck einen solchen nicht beobachten konnte. Referent ope- 
rirte ein Vollblutpferd, welches in Folge von Freikoppen mit 
Luftabschlucken wiederholt und schwer an Kolik erkrankt war. 
Die Kolik war stets mit starker Auftreibung verbunden und 
schwand jedesmal nach reichlichem Abgang von Winden, ohne 
Folgezustände zu hinterlassen. Günthers Koppcandare und 


selbst ein eng geschnallter Würgeriemen hatten sich als Vor- 
bauungsmittel fast wirkungslos erwiesen. Nun wurde zur Durch¬ 
schneidung der Brustzungenbein- und Brustschildmuskeln ge¬ 
schritten. Während einiger Tage fiel dem Thiere darnach das 
Koppen schwer, sehr bald erlangte es aber die alte Virtuosität 
wieder, doch traten die Kolikanfällc seltener und nicht mehr 
mit der früheren Heftigkeit ein. Sobald die Operations¬ 
wunden geheilt waren, wurde der Koppriemen wieder um¬ 
gelegt, die Günther’sche Röhre aber weggelassen. Auftreibung 
und leichte Kolik tritt jetzt nur noch ein, wenn durch Ver¬ 
sehen des Pflegers der Würgeriemen während längerer Zeit nicht 
umgelegt wird. 

Die vorliegenden Berichte lassen zwar noch kein abge¬ 
schlossenes Urtheil über den Werth der Durchschncidung des 
Brustschild- und Brustzungenbeinmuskels zu, doch kann jetzt 
schon mit Bestimmtheit gesagt werden, dass nicht immer ein 
Nutzen damit verbunden ist. Es bleibt zu ermitteln, ob 
dauernder, guter Erfolg durch Combination der beiden von 
Dieckerhoff vorgeschlagenen Methoden bezw. mittelst Durch¬ 
trennung der Brustschild-, Brustzungenbein- und Brustkinnbacken- 
muskcln bewirkt werden kann. Hierfür spricht der von Kühne 
berichtete Fall. 


Die Jodbehandlung: der Aktinomykose beim Rinde. 

Von M. Strebel-Freiburg. 

(Schweizer Archiv f. Thierheükuudc, XL, S. 3, 1898.) 

Die von Professor Thomassen in Utrecht eingeführte 
Verabreichung von Jodkalium bei aktinomykotischer Erkrankung 
des Rindes ist mit vielem Erfolg seither angewandt worden. 

Thomassen empfahl neben der innerlichen Behandlung 
bei Zungenaktinomykose Bepinselung der vorher skarificirten 
Zunge mit Jodtinctur. Neuerdings beschränkt er sich auf die 
innerliche Behandlung. 

Es werden täglich 6,0 Jodkalium in , / 3 Liter Wasser auf 
einmal gegeben bis zum Eintritt der Besserung, von da ab 
4—5,0 pr. die. 

Str. führt zunächst mehrere in der Literatur nieder¬ 
gelegte, unter der Jodkaliumbehandlung günstig verlaufene Fälle 
an, 1 aus denen hervorzuheben ist, dass bei Trockenfütterung 
gern Jodismus auftrete (Trinchera, Clinica vet. 1893) und 
deshalb die Behandlung nach 5 — 6 Tagen eingestellt werden 
müsse (Bass, Th. Rundschau, II). Bei Erkrankung der Zunge 
wird der Erfolg durch Bepinselung mit Jodtinctur unterstützt 
(Trinchera) oder diese allein für genügend zur Herbeiführung 
der Heilung erachtet (Imminger, Woch. f. Thierheilk. 1894). 
Strebei — Tour-de-TrCme — gab in 3 Fällen 16—20 Tage 
lang 6 g Jodkalium täglich, Imminger leisteten kleine Dosen, 
2—3,0 pro die, dieselben guten Dienste. Er giebt sie 10 Tage 
lang, setzt dann 8 Tage aus und verabfolgt das Mittel weitere 
5 Tage. Bis zur Bekanntgabe der Thomassen'sehen Me¬ 
thode hat Str. in über 100 Fällen von Zungenaktinomykose 
durch Bepinselung der nicht immer skarificirten Zunge zufrieden¬ 
stellende Resultate erzielt. In neuerer Zeit unterlässt er die 
Skarification der Zunge, weil diese überflüssig ist, mehr schadet 
als nützt und den Thieren heftige Schmerzen, insbesondere 
beim Ueberstreichen mit Jodtinctur verursacht. 

In den Str. zur Behandlung gekommenen Fällen von 
Zungenaktinomykose wurde meist das combinirte Verfahren an¬ 
gewandt (Bepinselung der Zunge mit Tinct. jodi und innerlich 
Jodkalium). 

Eine Kuh wurde lediglich durch Bepinselung der Zunge 
mit Jodtinctur geheilt (14 tägige Behandlung), desgleichen ein 
2 jähriges Rind nach kurzer Zeit. 

Die in anderen Fällen ordinirten Gaben von Jodkalium 
variiren zwischen 6 und 7 g pr. die, welche je zur Hälfte 
Morgens und Abends verabreicht wurden. In der Regel trat 
nach 3 —6 Tagen Besserung, nach 2—4 Wochen meist definitive 
Heilung ein. 

In einem Falle trat nach 2, in einem anderen nach 
4 Wochen ein Recidiv ein, doch wurde auch hier durch er- 


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5. November. 


DEUTSCHE TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


398 


neute Gaben von Jodkalium alsbald Besserung bezw. definitive 
Heilung erzielt. 

Auch bei Hinterkieferaktinomykosc leistete die 
combinirte Behandlung gute Dienste (innerlich 2 '/ z g Jodkalium 
2 Mal täglich während 6 Tage). Nach 3 Wochen war die 
Kiefergeschwulst merklich kleiner geworden. 

Ebenso verhielt es sich bei einer an hochgradiger aktino- 
mykotischer Erkrankung der Vorderlippe und der 
Nasenschleimhäute leidenden Kuh. Die hypertrophirten 
Theile nahmen an Umfang nach 14 tägiger Bepinselung mit Jod- 
tinctur ab, trotzdem dieselbe nur sehr lässig ausgeführt worden 
war. Nach weiteren 14 Tagen und ausgiebiger Verwendung 
von Tinctur konnte beträchtliche Besserung erzielt werden. 
Patientin erhielt dann während 6 Tagen 2 Mal täglich 2 g 
Jodkalium mit gutem Erfolg; eine Heilung wurde jedoch nicht 
herbeigeführt, sondern das Thjer, weil gut genährt, geschlachtet. 

G a r t h. 


Rheumatismus beim Hunde. 

Von E. Wallis Hoare, F. R. C. V. S., Cork. 

(The Vcterinary Journal 1898, Uil. XLVI, p. 396.) 

Hoare vermisst in den neueren Werken über Hunde¬ 
krankheiten ausführliche Abhandlungen über gewisse Formen 
des Rheumatismus und bespricht auf Grund eigener Beobach¬ 
tungen den Muskelrheumatismus der Hunde. 

Am häufigsten erkranken die Bauchmuskeln, dann die 
Rücken-, Lenden- und Nackenmuskeln. Wenn die Bauch¬ 
muskeln ergriffen sind, kann die Erkrankung leicht für acute 
Darmverstopfung oder Bauchfellentzündung gehalten wenden. 
Die Thiere erleiden anfallsweise heftige Schmerzen. Die Bauch¬ 
gegend ist geschwollen und sehr empfindlich. Selbst der leiseste 
Druck veranlasst die lebhaftesten Schmcrzensäusserungen. ; Im 
Beginne der Erkrankung kann Erbrechen auftreten. Der Appetit 
fehlt fast vollständig. Die Athmung ist beschleunigt, keuchend; 
Herzaction beschleunigt, unregelmässig; Temperatur erhöht; 
ferner lebhaftes Durstgefühl und hartnäckige Verstopfung. 1 

Die Dauer der Erkrankung schwankt. Sie beträgt 
in vielen Fällen 7 bis 10 Tage, häufig noch länger. Es kommen 
auch Pausen vor, so dass der scheinbar genesene Patient plötz¬ 
lich einen neuen Anfall bekommt. Häufig werden Rücken- und 
Lendenmuskeln ergriffen, wenn die Bauchmuskeln wieder 1 frei 
sind. Solche Fälle erweisen sich als sehr ernst. 

Verzärtelte, überfütterte und fette Hunde werden am 
häufigsten von Rheumatismus ergriffen und gewähren, wenn sie 
zur Behandlung gebracht werden, in Folge ihrer intensiven 
Schmerzensäusserungen einen mitleiderregenden Anblick. 

Bezüglich der Behandlung des Muskelrheumatis¬ 
mus lehrt die Erfahrung, dass vor Allem für Entleerung des 
Verdauungscanals zu sorgen ist. Hierzu eignet sich am besten 
Ricinusöl mit kleinen Gaben Calomel. Bei empfindlichem 
Magen empfiehlt es sich, das Rincinusöl in Kapseln zu geben. 
Zur Linderung der Schmerzen sind Beruhigungsmittel angezeigt. 
Von guter Wirkung ist Liqu. Opii sedativus (Battley). Auch 
empfehlen sich heisse Bähungen der schmerzhaften Muskeln 
mit in heissem Wasser ausgerungenen Flanelllappen. Innerlich 
wird Natrium salicylicum in kleinen Dosen verabreicht, bei 
Reizungszuständen des Magens Wismuth. Zur Ernährung dient 
Milch, abwechselnd mit irgend einem der bekannten Fleisch- 
extracte. Wenn die Rücken- und Nackcnmuskeln ergriffen 
sind, thun reizende Einreibungen gute Dienste. Manche Fälle 
sind sehr langwierig zu behandeln. In solchen Fällen sind mit 
der Anwendung des Natrium bicarbonicum, der Nux vomica 
und der Enzian- oder Columbowurzel noch gute Erfolge 
erzielt. 

Was nun die Behandlung der durch Muskelrheumatismus 
erzeugten Lähmung des Hintertheils anbetrifft, so sind 
die Indicationen nicht immer klar ersichtlich. Bei erstmaligen 
Anfällen hat sich die Anwendung eines kräftigen Abführmittels 
mit nachfolgender subcutaner Strychnininjcction oder Einreibung 
reizender Linimente auf dem Rücken erfolgreich erwiesen. 


Aber es giebt auch Fälle, in denen jede Art der Behandlung 
versagt. Doch sind selbst diese Fälle nicht zu schnell als 
völlig unheilbar aufzugeben, da auch hier bisweilen mit der 
Zeit noch ganz wesentliche Besserungen beobachtet sind. Ueber- 
haupt sind die Ursachen der Paralyse des Hintertheils beim 
Hunde noch dunkel. Zweifellos giebt es viele Fälle von Para¬ 
lyse, in denen Muskelrheumatismus in keiner Weise als Ursche 
angenommen werden kann. Die Zahl der Misserfolge bei der 
Behandlung dieses Leidens ist trotz Strychnininjectionen und 
trotz Anwendung der Elektricität eine erhebliche. A. Eber. 


Oeffentliches Veterinärwesen. 

Maul- und Klauenseuche. 

Beim Kaiserlichen Gesundheitsamt wurden Neuausbrüche 
der Maul- und Klauenseuche von den Schlachthöfen in Berlin 
und Strassburg i./E. gemeldet. 

Ueber Ziegenpocken. 

.Von Professor Bonvicini. 

(II nuuvo Erculaiii, 1898, S. 227.) 

Im Allgemeinen ist die Meinung vertreten, dass Pocken bei 
den Ziegen eine Seltenheit sind und dass sie keine besondere 
Krankheit der Ziegen darstellen, sondern von pockenkranken 
Kühen oder Schweinen übertragen sind. Nur wenige Autoren 
(Hering, Hausen, Pcrez-Blasco) halten die Ziegenpocke 
für eine besondere Form. Bonvicini liefert zu letzter An¬ 
nahme einen neuen Beitrag und beweist auch, dass die Ziegen¬ 
pocke in Italien ein recht häufiges Leiden ist. 

In einer Heerde von 300 Stück bestand seit 3 Jahren eine 
Erkrankung, die vor allen Dingen an den Strichen der Milch- 
ziege auftrat. Dieselbe verlief meist gutartig, hatte jedoch in 
letzter Zeit an Heftigkeit gewonnen. Das Leiden breitete sich 
namentlich bei Sauglämmern über den ganzen Körper aus und 
verursachte auch Verluste. B. konnte bei einem 25 Tage alten 
Zicgcnlamm folgenden Befund erheben: 

An der Haut der Lippen, Backen, des Brustkorbes, Unter¬ 
seite des Bauches, inneren Schenkelflächc waren runde, schwärz¬ 
liche Borken; dieselben waren dick, sassen sehr fest und pro- 
minirten über die Haut. Umgeben waren sie von einer kleinen, 
infiltrirten Hautzone. Ihre Grösse schwankte von Erbsen- bis 
Centesimogrösse. Unter diesen Borken fand sich eine geringe 
Menge eines zähen, dicken Eiters. Der Capillarkörpcr daselbst 
war stark geröthet und blutete leicht. Am besten waren die 
Veränderungen in der Umgebung der Scham und des Afters 
zu sehen. Daselbst fanden sich pfenniggrosse, runde Pusteln, 
die die Haut deutlich überragten. Dieselben besassen eine 
rothe Peripherie von infiltrirtcr Haut und eine centrale Deila 
und waren mit einer zarten, dunkelgelben Borke bedeckt. Die 
Deila besass schmutzig weisse Farbe. In der Pustel war eine 
zähe, dicke, milchartige Flüssigkeit vorhanden. 

Ausser diesen Veränderungen an der Haut wies das Ziegen¬ 
lamm doppelseitigen, schleimig-eitrigen Nasenausfluss auf, Rasseln 
in der Nase und der Rachenhöhle und häufigen, feuchten, 
dumpfen Husten, der leicht hervorgerufen werden konnte. 

Mit dem abgekratzten Pustelinhalt wurde eine zweijährige 
Milchziege am Euter und ein I Monat altes Ziegenlamm an der 
Unterseite des Bauches geimpft. Die Impfschnitte zeigten sich 
am nächsten Tage von Borken bedeckt und die Haut in der 
Nachbarschaft geröthet. Am 5. Tage waren die Impfstellen 
von einem rothen Hof umgeben und am 6. traten röthliche, 
transparente Bläschen auf. Am 8. Tage waren die Pusteln voll 
entwickelt. Der Inhalt der Pusteln fing am 9. Tage an leicht 
trüb zu werden. 

Während bei der Ziege die Eruption der Pusteln auf die 
Impfstelle beschränkt blieb, traten bei dem Ziegenlamm auch 
an anderen Körperstcllcn solche auf neben Allgemeinerschei¬ 
nungen (Juckreiz, Appetitlosigkeit, Mattigkeit). Vom 17. bis 
19. Tage an trockneten die Pusteln ein zu einer gelben bis 


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No. 45. 


DEUTSCHE TH1ERJERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



schwärzlichen Kruste, die bei der Ziege am 20. Tage abzu¬ 
fallen begannen. Bei dem Ziegenlamm begann die Abstossung 
der Borken erst viel später und dauerte 4 Wochen. 

Mit dem Pustelinhalt der beiden geimpften Ziegen wurden 
ferner geimpft: 

1 Schaflamm am Scrotum, 

1 junger Hund in der Leistengegend, 

1 Esel auf der Brustwand, 

2 Kaninchen an der Ohrbasis. 

Nur bei dem Schaflamm und dem Hund war ein positives 
Ergebniss der Impfung erfolgt. Bei dem Lamm war der Ver¬ 
lauf derselbe wie bei dem Ziegenlamm. Eine Impfung von 
diesem Schaflamm auf ein anderes fiel negativ aus. 

Mit dem Pustelinhalt der Ziege wurde auch ein Kalb an 
der Brustwand und Pcrianalgegend geimpft. Am 6. Tage hatte 
sich an allen Impfstellen ein rother, prominenter Hof gebildet, 
dessen Borken sich vom 12. Tage ab abstiessen. Eine Ent¬ 
wicklung von Pusteln erfolgte nicht. 

Dieselbe Erkrankung konnte B. auch in einer anderen, 
200 Stück starken Ziegcnhecrdc feststellen. 

B. kommt zu dem Schlüsse, dass die Ziegenpocke nichts 
mit den Pocken der Kuh, des Schafes und Schweines zu thun 
habe, sondern eine Erkrankung sui generis sei. Er kommt zu 
diesem Schlüsse durch die Thatsache, dass die mit den kranken 
Ziegen zusammengehaltcncn Kühe, die auch von denselben 
Personen gemolken wurden, niemals an Pocken erkrankten. 
Auch die negativen bezw. mangelhaften Ergebnisse der Ueber- 
tragung auf Esel, Kaninchen, Hund u. s. w. bringen B. zu der 
obigen Schlussfolgerung. Frick. 

Ueber das Absterben von Krankheitserregern im Mist 
und Compost- 

Von Prof. Dr. A. Gärtner. 

(Zeitschrift dir Hygiene und Infectionskrankheiten Bd, XXVIII, 1898, S. 1.) 

Von der deutschen Landwirthschaftsgescllschaft ist die 
Frage aufgestcllt worden, ob nicht durch blosse Compostrrung 
oder durch die im Stallmist erzeugte Wärme oder die dort 
vorhandenenen Bakterien hineingeschüttete Krankheitskeime zu 
Grunde gingen. Die zur Beantwortung dieser Frage angestellten 
Versuche, welche möglichst den natürlichen Verhältnissen ent¬ 
sprechen, führten zu folgenden Schlussfolgerungen: 

Cholera und Typhus vermögen sich mehr als eine Woche 
lang im Mist und Koth zu halten, Schweinerothlauf konnte 
14 Tage lang nachgewiesen werden und die Erreger der hämor¬ 
rhagischen Scpticämien (Schweineseuche, Wild- und Rinder¬ 
seuche, Hühnercholera), sowie der Tuberculose blieben Monate 
lang in den verschiedensten Mist- und Compostarten lebendig 
und virulent. 

Die Versuche haben gelehrt, dass durch einfaches 
Hineinbringen in Compost oder Mist ein sicheres 
Abtödten der Krankheitskeime in relativ kurzer 
Zeit nicht zu erreichen ist. Es ist keine zu lange Frist, 
wenn Cholera- und Typhuskeime, die auf den Mist entleert 
worden sind, sich dort bis zu io Tagen und mehr halten. 

Die Erreger der untersuchten Thierkrankheiten halten sich 
länger im Mist, als die Erreger der menschlichen Krankheiten, 
was auch begreiflich erscheint. Nun ergaben die Versuche, 
dass man durch vorsichtiges Packen des Mistes 
denselben in wenig Tagen fast keimfrei machen, 
jedenfalls alle nicht sporenbildenden Krankheits¬ 
keime abtödten kann. Hierzu ist nothwendig die Gährung 
im Mist so zu leiten, dass überall eine Temperatur von ca. 60 
bis 70 0 herrscht; das gelingt leicht durch Anlage nicht zu 
grosser Misthaufen, die nur mässig festgepackt sein dürfen und 
ist im Innern derselben die angegebene Temperatur erreicht, 
so ist der Haufen mit gutem Mist einzudecken und mit etwas 
Erde zu überdecken, damit auch die äusseren Lagen des in- 
ficirten Mistes so hoch temperirt werden. Die Versuche lehrten 
somit, wie der Landmann kostenlos und sicher den 
Mist aus verseuchten Stallungen unschädlich machen 


kann; er erhält so einen Mist* der gut verrottet ist, der 
aber wahrscheinlich nicht unbeträchtliche Stickstoffverluste er¬ 
fahren hat. 

Dahingegen halten sich die Erreger der Thierkrankheiten 
in dem in gewöhnlicher Weise aufgestapelten oder in Gruben 
gebrachten Mist je nach ihrer Art und der Temperatur Monat© 
lang. So inficirtcr Mist kann durch sofortiges Vergraben oder 
tiefes Unterpflügen oder vielleicht durch gründliche An¬ 
wendung von Desinfectionsmitteln unschädlich gemacht werden. 

Casper. 

Thierzucht und Thierhaltung. 

Ueber die Bildung: des Geschlechtes bei der Honigbiene. 

Von Sanitätsrath Dr. K i p p i n g in Roda. 

(Deutsche meti. Wochenschrift 1898, No. 1 9, S. 465.) 

Die Behauptung, dass bei der Biene noch eine wahre 
Parthenogenese Vorkommen soll, hat den Verfasser veranlasst, 
in dieser Hinsicht Versuche und Beobachtungen anzustcllen. 
Zuerst suchte er nach Gründen, welche das Vorhandensein der 
Parthenogenesis als unbedingt nothwendig für das Leben und 
die Fortpflanzung der Bienen erscheinen Hessen, konnte aber 
trotz jahrelanger genauer Prüfung der Vorkommnisse im Bicnen- 
lebcn deren Zweckmässigkeit nicht feststellen. 

Pfarrer Dr. Dzierzon, welcher die Parthenogenesis zuerst 
annahm und vertheidigte, hatte eine Kreuzung zwischen italieni¬ 
schen und deutschen Bienen vorgenommen (verschiedene deutsche 
Königinnen wurden durch italienische Drohnen befruchtet) und 
erhielt weniger der italienischen, sondern meist der deutschen 
Biene gleiche Drohnen. Dieses Resultat liefert jedoch noch 
nicht, wie Dr. D. annimmt, den Beweis, dass der grosse Theil 
dieser Eier unbefruchtet gewesen ist, sondern spricht nach 
Dr. K. vielmehr dafür, dass die Drohneneier sicher befruchtet 
gewesen sind, da die daraus entstandenen Drohnen, wenigstens 
theilweise, die Eigenschaften des Vaters (der italienischen Drohne) 
zeigten. • . ■ • • 

Für die Befruchtung eines jeden Bieneneies spricht ferner 
die an jedem Ei bemerkbare Mikropyle, welche nicht erforder¬ 
lich wäre, wenn eine Befruchtung nicht stattfände. 

Ebenso ist die Behauptung unwahrscheinlich, dass die 
Königin willkürlich weibliche, d. h. befruchtete, oder ebenso 
unbefruchtete Eier ablegen kann, denn die Begattung ist wohl 
ein willkürlicher Akt, nicht aber die Vereinigung des Samen¬ 
fadens mit dem Eiinnern. 

v. Siebold und v. Leuckart fanden bei ihren Unter¬ 
suchungen Samenfaden nur in Eiern aus Arbeiterzellen. Hier-' 
gegen ist zu bedenken, dass frische Eier zu erhalten sehr schwer 
ist und bei der kurzen Dauer des Eies als solches die Ver¬ 
einigung von Samenfaden und Eiinnern unmittelbar nach der 
Befruchtung vor sich gehen wird, da bereits nach 3 Tagen die 
Made ausschlüpft. Weiter ist als Hinderungsgrund, die Samen¬ 
fäden stets festzustellen, der Druck des Deckgläschens auf das 
Ei, wodurch die Eihülle und oft wohl auch der Samenfaden 
zerdrückt werden, in Betracht zu ziehen. ' 

: Von 1885 bis 1894 hatte K. dreimal Gelegenheit zu be¬ 
obachten, dass bei weisellos gewordenen Völkern einzelne Ar¬ 
beitszellen in Weiselzellen und z. Th. in Drohnenzellen um¬ 
gewandelt worden waren. Es waren also aus befruchteten' 
Arbeitereiern Drohnen, welche aus unbefruchteten Eiern ent¬ 
stehen sollen, gezogen worden. 

Um diese Beobachtungen direct zu beweisen, stellte K. 
folgende Versuche an: 

Ein gesundes Volk wurde, nachdem die Königin entfernt 
und sämmtliche Drohnenzellen herausgeschnitten waren, somit 
also nur Arbeiterzellen, welche theils mit Eiern, theils mit 
Maden belegt waren, sich selbst überlassen. Nach kurzer Zeit 
fanden sich ausser Arbeiterzellen verschiedene Königin- und 
Drohnenzellen vor. 

Eine Brutwabe aus Arbeiterzellen eines gesunden Stockes 
wurde in einen kranken gebracht. Bei der später vorgenommenen 


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400 


DEUTSCHE THIER^R 2 TLICHE WOCHENSCHRIFT. 


5. November. 


Durchsicht fanden sich die bei Beginn des Versuchs mit Eiern 
bestifteten Arbeiterzellen zumeist in bedeckelte Drohnenzellen 
umgewandelt; im gesunden Stocke würden lediglich Arbeits¬ 
bienen gezogen worden sein. 

In umgekehrter Weise wurde ein Stück Drohnenbau einem 
gesunden Stocke zugehängt ; am folgenden Morgen waren die 
Zellen mit frischen Eiern besetzt, worauf sie einem kranken 
Stocke einverleibt wurden. . Es stellte sich hierbei heraus, dass 
in zwei Reihen Arbeitsbienen gezogen wurden, während doch 
im gesunden Staate nur Drohnen erbrütet worden wären. 

. Einem Stock wurde die Königin genommen und derselbe 
sich selbst überlassen. Eine Wabe desselben, welche einen 
reinen Arbeitsbienenbau zeigte, enthielt in der Mitte junge 
Maden, nach aussen durchgehends Eier. Nach 10 Tagen fanden 
sich in der Mitte verdeckelte Arbeiterzellen, nach der Peri¬ 
pherie zu verdeckelte Drohnenbrut und am Rande 2 Weisel¬ 
zellen. Nath 20 Tagen war die Arbeiterbrut zumeist ausge¬ 
laufen, ebenso die Königinnen; die Drohnenzellen enthielten 
entwickelte Drohnen. 

Gestützt auf die von v. Planta durch chemische Unter¬ 
suchungen nachgewiesene Verschiedenheit der Nahrung für die 
einzelnen Maden und auf die von Dr. Nussbaum bei Züchtung ■ 
von Süsswasserpolypen vorgenommenen Untersuchungen, nach 
welchen lediglich das Futter Einfluss auf die Entstehung des 
Geschlechts ausübt, kommt K. zu dem Ergebniss, dass sowohl 
die grössere Menge der verabreichten Nahrung, wahrschein¬ 
licher aber die verschiedene chemische Zusammensetzung der¬ 
selben bei der Entstehung des Geschlechtes von Bedeutung ist, 
und dass die reichlichere Aufnahme von Futter nur die schnellere 
Entwicklung des Thieres bedingt. Beweiskräftig hierfür sind 
die Thatsachen, dass eine Arbeitsbiene (während ihres Lebpns 
als Made) mehr Nahrung erhält als eine Drohne, eine Königin 
wiederum mehr als eine Arbeiterin. Die Dauer der Meta¬ 
morphose beträgt bei der Königin 17, bei der Arbeiterin 21, 
bei der Drohne 25 Tage, wovon je 3 Tage auf das Ei, je 
7 Tage auf das Leben als Made entfallen. 

Dr. Kipping fasst nun die Ergebnisse seiner Beobachtungen 
und Veruche in folgenden Sätzen zusammen: 

1. Alle von einer Bienenkönigin gelegten Eier sind befruchtet. 

2. Durch den Akt der Befruchtung wird das Geschlecht 
der Thiere nicht bestimmt, sondern das Ei wird dadurch bloss 
entwicklungsfähig. 

3. Das Ei ist während der Dauer seines Zustandes ge¬ 
schlechtslos. 

4. Die Differenzirung der Geschlechtsanlage beginnt mit 
dem Ausschlüpfen der Made. 

5. Die Veranlassung zu dieser Differenzirung wird durch 
das selbständig von der Made aufgenommene, von den Arbeits¬ 
bienen bereitete Futter gegeben; wahrscheinlich ist der wirk¬ 
same Factor die verschiedenartige chemische Zusammensetzung 
der gereichten Nahrung. 

6. Mit der Weiterentwicklung der Geschlechtsorgane bis zur 
Fortpflanzungsfahigkeit entwickelt sich gleichzeitig und gleich- 
mässig die dem betreffenden Geschlecht zukommendc äussere 
Körperform. 

7. Hat die Differenzirung der Geschlechtsorgane statt¬ 
gefunden, so ist durch einen Wechsel der Fütterung eine 
Aenderung derselben in eine andere Form nicht mehr möglich 

Sind diese Sätze richtig, so kann eine Parthenogenese bei 
einem gesunden Bienenstamm nicht Vorkommen. Nun bliebe 
aber immer noch der Satz aufzuklären, welcher sich in allen 
Lehrbüchern der Bienenzucht findet, »dass unter besonderen 
Umständen eine Arbeitsbiene das Geschäft des Eierlegens über¬ 
nimmt und dass aus solchen Eiern, die nicht befruchtet sein 
können, weil die Arbeitsbiene nicht begättungsfahig ist, sich 
nur Drohnen entwickeln«. Obwohl diese Annahme schon an 
und für sich nicht sehr wahrscheinlich ist, hat sich dennoch 
Kipping die Aufgabe gestellt, über dieselbe sichere Auf¬ 
klärung ZU schaffen. Edelmann. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Bericht über das Veterinär wesen im Königreiche 
Sachsen für das Jahr 1897. Herausgegeben von der 
Königlichen Commission für das Veterinärwesen zu 
Dresden. G. Schönfeld's Verlagsbuchhandlung in Dresden. 
1898. 

Der jetzt vorliegende 42 Jahrgang schliesst sich seinen Vorgängern in 
Bezug auf Anordnung des Inhaltes wie auch in Hinsicht auf die Reichhaltig¬ 
keit und Vielseitigkeit des Dargebotenen würdig an. 

Der I. Abschnitt giebt einen kurzen Ueberblick über die Zusammen¬ 
setzung und Thäligkeit der Commission für das Veterinär wesen sowie über 
besonders erwähnenswerthe Vorkommnisse und Erlasse. 

Im 2. Abschnitt findet sich ein ausführlicher Bericht über die thicr- 
ärzlliche Hochschule. Den statistischen Mittheilungen aus der pathologischen 
Anatomie ist ein sehr wichtiger und lehrreicher Aufsatz »Ueber die Tollwuth- 
impfungen zu diagnostischen Zwecken« von Prof. Johne angefugt. 

Der 3. Abschnitt enthält zahlreiche Mitlheilungen aus den Berichten 
der Bezirksthierärzte auf das Jahr 1897, welche sich auf die verschiedenen 
Viehseuchen, sporadische Krankheitsfälle, Kurmethoden und Heilmittel, 
Diätetik, Vergiftungen, Vieheinfuhr, Viehverkehr und besondere Fälle der 
Rechtsprechung beziehen. 

Gesondert berichten Prof. Pusch über die Rindviehzucht, Dr. Edel¬ 
mann Uber die Schlacht- und Fleischbeschau und Corps-Rossarzt Müller 
Uber die Erkrankungen der Pferde des XII. (Königlich sächsischen) Armee¬ 
corps. Im Anhang sind einige Mittheilungen aus dem anatomischen und 
physiologischen Institute enthalten und den Schluss bildet eine Rede von 
Dr. Edelmann Uber die neuzeitliche Entwickelung der Fleischbeschau in 
Deutschland. 

Wie schon aus der kurzen Uebersicht Uber den Inhalt zu erkennen ist, 
bietet der Bericht Interessantes und wissenschaftlich werthvolles Material in 
reichem Masse; dem Lchrercollegium gebührt Dank für diese lehrreiche Arbeit. 

Malkmus. 


Personal-Nachrichten. 

jt » 

Auszeichnungen : Dem Oberrossarzt a D. Rügener zu Ortels- 
burg wurde der Königliche Kronenorden IV. Kl. verliehen. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Prakt. Vet.-Arzt Joh. Nuss, 
Nieder-Moos, zum Kr.-Vet.-Arzt in Rimbach i./O., Thierarzt W. Keller, 
Assistent am anatomischen Institut der thierärztlichen Hochschule in Berlin, 
wurde zum Prosector, Rossarzt Müller vom Drag.-Regt. No. 19 zum Assistenten 
am gleichnamigen Institut, Thierarzt C. V a e r s t in Meiningen zum Assistenten 
an der thierärztlichen Hochschule in Dresden, Thierarzt Brädel in Berlin 
zum commiss. Kreisthierarzt in Stuhm ernannt. Versetzt wurden die Kreis¬ 
thierärzte Schmitt von Mayen nach Cleve, Decker von Meisenheim nach 
Mayen, Kreisveteiinärarzt Dr. Erben ich von Reinbach i. O. nach Reichels¬ 
heim i./O., Kreisveterinärarzt Hahn von Reichelsheim i./O. nach Alzey 
Gewählt wurden Thierarzt Klaphake in Güsten zum Schlachthofdirector 
in Zeitz, Thierarzt Joh. Jost in Berlin zum städtischen Thierarzt da¬ 
selbst, Kreisthierarzt Knopf in Schleusingen nebenamtlich zum Schlachlhof- 
thierarzt daselbst, Districtsthierarzt Kronacher in Wörth a. D. zum slädt. 
Thierarzt in Landsberg a. L. Verzogen sind die Thierärzte Sieber von 
Zabrze nach Kattowitz, W. Weigand von Glanmünchweiler nach Wein¬ 
garten (Pfalz), L. Büttner von Penzlin nach Eberswalde, M 0 z e r von 
Stuttgart nach Ziesar bei Magdeburg, Pfannenschmidt von Hirschberg 
nach Haynau. 

Das Fähigkeitszeugniss als beamteter Thierarzt inPreussen 

haben erworben: die Thierärzte Bernhard in Ranis, Böttcher in Stettin, 
Brädel in Berlin, Ehling in Winsen, Götze in Berlin, Hoffmeister 
in Berlin, Hilckstädt in Weissensee in Thüringen, Michaelis in 
Rybnik, Schulze in Burg, Schlieper in Orteisburg, Sepmcyer in 
Fürstenberg, Walpers in Jülich, der Rossarzt Eicke in Stallupönen. 

Das thierärztliehe Approbationsexamen bestanden in Han¬ 
nover: Oskar Greiser aus Lauenbrück, Heinrich Beckedorf aus Gehrden. 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutsehen 

Heeres: Der Abschied mit Pension bewilligt: Gold mann, Rossarzt im 
Ul.-Regt. No. 16, Scharrmann, Rossarzt im Drag.-Regt. No. 16, Kölling, 
Rossarzt im Grenad.-Regt. z. Pferd Fr. v. Derfflinger No. 3 zur I.ehrschtniede 
Breslau versetzt. 

Württemberg: Huber vom Art.-Regt. No. 13 unter Beförderung 
zum Oberrossarzt zum .Remontedepot Breithülen versetzt. 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche ThledrzDlcke Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmus in Hannover)ln Karlsruhe. 

Dreck der Macldet’scben Druckerei in Karlsruhe i. B. 

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Deutsche 

Thierärztliche Wochenschrift 


herauagegeben von 

Prof. Dr. Dammann, j) r Lydtin, Prot. Röckl, 

Geheimer Kegierangs- und Medicinalrath, Geheimer Eegierungarath un< 

Dinetor du Thieilratlichen Hochschule Oberr.giemnguUh 4« KMserlichcn Gcsuudhei 

in Hannover. “ " aae “' in Berlin. 

Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Louisenthal (Saar). 

redigirt von 

Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Prof. Röckl, 


Geheimer Oberre 
in Baden-! 


Geheimer Regierangsrath und Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Die Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. sum Preise von 4 JL viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784a. 


Sechster Jahrgang. 


Sämmtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 
Correcturen und Anzeigen an die Expedition der 
Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 
in Karlsmhe fRadenh 



Ausgegeben am 12. November. 



Welche Massregeln haben sich bei der Be¬ 
kämpfung der Brustseuche am besten 
bewährt? 

Von Christianl - Darmstadt. 

Wie es im Deutschen Reiche überhaupt gelungen ist, durch 
die wohlberechneten und zweckmässigen Vorschriften der Vieh¬ 
seuchen-Gesetzgebung eine Anzahl von Thierseuchen gänzlich 
zu tilgen oder doch erheblich einzuschränken, so hat man dies 
auch innerhalb der Armee erreicht hinsichtlich derjenigen in- 
fectiösen Pferdekrankheiten, welche die sogenannte Seuchen¬ 
instruction gemeinsam mit dem Reichs-Viehseuchengesetz zum 
Gegenstand hat. Dagegen konnten die in letztgenanntem Gesetz 
nicht enthaltenen, wohl aber durch Bestimmungen der Seuchen¬ 
instruction in der Armee bekämpften Krankheiten der Influenza- 
Gruppe bisher nicht wesentlich eingedämmt werden. Die am 
häufigsten vorkommende und am verheerendsten auftretende 
Krankheit dieser Gruppe ist die Brustseuche. Sie steht unter 
allen Infectionskrankheiten des Pferdes wohl am meisten im 
Mittelpunkt des Interesses der Militärbehörden und Rossärzte, 
weil sie zahlreiche Opfer fordert, sehr häufig bleibende Fehler 
hinterlässt und auch bei günstigstem Verlauf die von ihr be¬ 
fallenen Pferde auf Wochen hinaus dienstunfähig oder doch 
schonungsbedürftig macht. Sie richtet dadurch grossen mate- j 
riellen Schaden an und bedingt ausserdem wie kaum eine andere 
Krankheit empfindliche Störungen im Dienstbetriebe der be¬ 
rittenen Truppen. Die Heeresverwaltung liess sich deshalb von 
jeher die Abwehr und Unterdrückung der Brustseuche angelegen 
sein und suchte deren Bekämpfung immer wirksamer zu ge¬ 
stalten, indem sie den Truppentheilen von allen dabei gewonnenen 
Erfahrungen Kenntniss gab, wirkungslos befundene Massregeln 
ausschaltete und andere, welche mehr Erfolg versprachen, an 
deren Stelle setzte. 

Die Königliche Inspektion des Militär-Veterinärwesens liess 
vom Jahre 1882 bis zum Jahre 1888 vierteljährlich Auszüge 
aus den Rapporten über die Krankheiten bei den Dienstpferden 
der Armee und vom Jahr 1886 ab jährlich einen statistischen 
Veterinär-Sanitätsbericht erscheinen. In den Sanitätsberichten 
sind so umfassende und zahlenmässig begründete Aufschlüsse 
über das Auftreten, die Verbreitung und die Bekämpfungs¬ 
resultate der Brustseuche gegeben, dass gerade sie zu einer 
kritischen Betrachtung der gegen letztere gerichteten Massregeln 
die geeignetste Grundlage abgeben. 


Nachstehende Erwägungen und die beigegebenen graphi¬ 
schen Darstellungen stützen sich in der Hauptsache auf das 
in den Veterinär-Sanitäts-Berichten niedergelegte Material. 

Betrachtet man an Hand der graphischen Darstellungen (siehe 
unten Tafeln I bis V) den Verlauf der Brustseuche unter den 
Armeepferden im Allgemeinen, so fällt zunächst in’s Auge, dass 
die Seuchencurve einen den Jahreszeiten entsprechenden typischen 
Verlauf nimmt. Im Winterhalbjahr steht sie am höchsten, im 
Sommerhalbjahr am tiefsten. Als genügende Erklärung für 
diese Thatsachen kann angesehen werden, dass die Armee¬ 
pferde im Winter den weitaus grössten Theil des Tages zu¬ 
sammen im Stalle zubringen. Sie haben also ausgiebigste Ge¬ 
legenheit den KrankheitsstofF in sich aufzunehmen, sei es, dass 
die Uebertragung von Thier zu Thier erfolgt. Während der 
Sommermonate bewegen sich die Pferde viel in frischer Luft 
und sind nicht in dem Masse der Ansteckung auf die eine oder 
die andere Art ausgesetzt, wie im Winter. Dies führt zu dem 
Schluss, dass wohl reichliche Bewegung im Freien und thun- 
lichste Vermeidung des Stallaufenthaltes den Stand der Seuche 
niedrig zu erhalten geeignet sind. Eine Abhängigkeit des 
Seuchenstandes von der Lufttemperatur ist hingegen aus den 
graphischen Darstellungen nicht zu erweisen, denn die höchsten 
und tiefsten Vierteljahrstemperaturen entsprechen nicht dem 
höchsten und tiefsten Stand der Seuche. Wenngleich die jähen 
Temperaturwechsel während des Winterhalbjahres mit dazu bei¬ 
tragen mögen, die Pferde durch Erkältungen für Brustseuche 
disponirt zu machen, so kann hierin doch nicht die Veranlassung 
zu dem stärkeren Auftreten der Brustseuche im Winter erblickt 
werden. 

Es ist Erfahrungssache, dass Ankaufspferde, wenn sie in 
grösserer Anzahl in die Armee eingestellt werden, regelmässig 
Brustseuche und Druse, manchmal auch noch andere Infections¬ 
krankheiten mitbringen. Daher scheint es ohne Weiteres erklär¬ 
lich, dass mit der Zunahme des Pferdebestandes der Armee, 
d. h. mit der Vermehrung eines für die Krankheit empfäng¬ 
lichen und der Ansteckung auch ausgesetzten Pferdcmaterials, 
die Brustseuche an Ausdehnung gewinnen muss. Diese That- 
sache wird besonders durch Tafel I illustrirt. 

Alle gegen die Brustseuche gerichteten Massregeln haben 
den typischen Verlauf der Seuche nicht abgeändert. Dieses hat 
mit darin seinen Grund, dass bis heute über die Natur des 
Brustseucheerregers nichts Sicheres bekannt ist und deshalb 
die Grundbedingungen zu erfolgreicher Bekämpfung desselben 
fehlen. Eine Erörterung der herrschenden Ansichten über Ent¬ 
stehung und Wesen der Brüstseuche kann vielleicht etwas zur 


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402 


DEUTSCHE THIERvERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


12. November. 


Klärung der Verhältnisse beitragen und weiterhin die Beurtheilung 
der Massregeln erleichtern. 


Tafel /. 



— — — — — — — Armeestärke. Zugehörige Zahlenscala rechts (Tausender) 
und oben (Hunderter und darunter). 

' .. i.— Brustseuchen-Curve nach vierteljährlichen absoluten Zahlen. 

Zahlenscala links. 

Ueber den römischen Quartalsziffern ist alljährlich die Zahl der ver* 
seuchten Truppentheile in arabischen Ziffern eingetragen. 

In den Veterinär-Sanitätsberichten ist fortlaufend die An¬ 
sicht vertreten, die Brustseuche sei eine reine Contagion, d. h. 
sie pflanze sich nur durch Ansteckung von Pferd zu Pferd fort. 
Wie aus mehreren Stellen der Sanitätsberichte und auch aus 
der Zeitschrift für Veterinärkunde (Jahrg. IV, 1891, S. 12) 
hervorgeht, bekennt sich die überwiegende Mehrzahl der Militär¬ 
thierärzte zu dieser Ansicht, welche auch eine genügende Er¬ 
klärung für den hohetl Stand der Seuche im Winter und nach 
Armee-Verstärkungen bietet. 

Die Verschleppbarkeit der Seuche durch Handel und Ver¬ 
kehr, ihre Ausbreitungsfähigkeit über grössere Gebiete unter 
gewissen Umständen, sowie ihr Stationärwerden gerade in den 
Orten, in welchen die Bedingungen hierzu für alle ansteckenden 
Krankheiten gegeben sind, sollen nach Ansicht der Contagio- 
nisten handgreifliche Beweise für die ausschliesslich contagiöse 
Verbreitungsweise der Brustseuche sein. Die Contagionisten 
halten dementsprechend Massregeln gegen Einschleppung der 
Seuche und gegen deren Uebertragung von Pferd zu Pferd für 
ausreichend zur Bekämpfung derselben. 

Ihnen gegenüber steht die Gruppe der Localisten, als 
deren entschiedenste Vertreter ausserhalb der Armee Dam- 
mann, Martin, Peters und Mieckley gelten müssen, die 
aber auch in der Armee stets eine wenn auch geringe Anzahl 
Anhänger behalten hat. Dieckerhoff schreibt ebenfalls dem 
Krankheitsstoff der Brustseuche eine miasmatisch-contagiöse 
Natur zu, erkennt also die Fähigkeit desselben zur Existenz 
ausserhalb des Thierkörpers an. 

Die Localisten leugnen keineswegs die unbestreitbare 
directe Uebertragbarkeit der Brustseuche von kranken Pferden 
auf gesunde, behaupten jedoch, dass der Erreger der Brust¬ 
seuche sich unter günstigen Umständen im Stalluntergrunde er¬ 
halten und vermehren, dann gelegentlich nach aussen geführt 
werden und im Stalle stehende empfängliche Thiere krank 
machen könne. Die 'miasmatische Entwicklung des Krankheits¬ 


stoffes sei für das Auftreten und die Verbreitung der Brust¬ 
seuche von grösserer Bedeutung als die Uebertragung von Thier 
zu Thier. 

Dammann sagt in seiner Gesundheitspflege der land¬ 
wirtschaftlichen Haussäugethiere«: »Jedenfalls muss man sagen, 
dass wenn directe Ansteckung überhaupt vorkommt, sie sicher 
ein eminent seltenes Et eigniss ist.« 

Martin und Peters sind durch locale Messungen des 
Grundwasserstandes und Vergleich desselben mit dem jeweiligen 
Stand der Brustseuche zu dem Resultat gekommen, dass das 
Entstehen der Brustseuche-Epidemien durch folgende Factoren 
begünstigt werde: 

1. durch einen Boden, der für Wasser und Luft mehrere 
Fuss tief, ähnlich dem Alluvialboden, durchgängig ist; 

2. durch das Vorhandensein organischer Stoffe im Boden 
(Nährsubstrat für die Mikroorganismen); 

3. durch eine Bodentemperatur, welche dauernd nicht unter 
14—i6°C. liegt, so dass der Brustseuche-Mikroorganis- 
mus oder dessen hypothetische Dauerformen sich con- 
serviren können; 

4. durch zeitweilige grössere Grundwasser-Schwankungen. 
Mit jedem Seuchenausbruch gehe ein Fallen des Grund- 
wassers Hand in Hand oder demselben voraus Nicht 
die absolute Tiefe des Grundwassers sei entscheidend, 
sondern die Schwankung. 

Mieckley bestätigt diese Angaben auf Grund seiner im 
Hauptgestüt Trakehnen gemachten Erfahrungen. Martin und 
Peters folgern aus ihrer Ansicht, dass bauliche Aenderungen 
der Ställe das Hauptmittel zur Bekämpfung der Brustseuche 
sein müssten. 


Tafel II. 


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Brustseuche-Curve in vierteljährlichen Procenten des Pferde¬ 
bestandes der Armee. 

— — — — — — — Sterblichkeitscurve der Brustsenche in vierteljährlichen Pro- 
centen der Brustsenchekracken. 

Beide Curven haben die linksseitige Zahlenscala °/ 0 gemeinsam. 

Quartalsmittel der Lufttemperatur in Celsiusgraden. Zahlen¬ 
scala rechts C°. 

Das Quartalsmittel der Niederschläge in Millimetern ist durch Sthraffirung 
angedeutet. Zahlenscala NS. m'm links. 

Da statistische Nachweisungen über Grundwasserverhält¬ 
nisse in den verschiedenen Garnisonen nicht zur Verfügung 


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No. 46. DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


403 


stehen, eine gewisse Ucbereinstimmung des Grundwasserstandes 
mit der Menge der atmosphärischen Niederschläge aber wohl 
nicht in Abrede gestellt werden kann, so ist auf den Tafeln 
II bis V der Versuch gemacht, das Verhältniss der Niederschläge 
zum Stand der Brustseuche zu veranschaulichen. Als Massstab 
für die Niederschläge ist in jedem Quartal das Monatsmittcl 
für dasselbe genommen. Auch die Temperatur-Mittelzahlen 
sind eingetragen. Die bezüglichen Angaben sind Müttrich’s 
»Ergebnissen der Beobachtungen der forstlich-meteorologischen 
Stationen« entlehnt bezw. nach diesen berechnet. Die benutzten 
ursprünglichen Zahlen gelten freilich nur für je einen Punkt 
der Provinzen Brandenburg (Ebcrswalde) und Ostpreussen (Kur¬ 
wien) sowie der Reichslande (Hagenau). Das Lageverhältniss 
der drei Territorien rechtfertigt aber wohl bis zu einem ge¬ 
wissen Grade die Berechnung einer für die ganze Armee be¬ 
nutzten Niederschlags- und eben solchen Temperaturcurve aus 
den für sie geltenden Zahlen (vcrgl. Tafel II). Lässt doch auch 
die Vergleichung der als Ausgangspunkt benutzten Zahlen in 
Müttrich’s Tabellen erkennen, dass eine gewisse Aehnlich- 
keit in den Schwankungen der Niederschlagshöhen für das 
ganze Reich besteht. 

Ueberdies soll durch die Curven kein Beweis für die 
Martin-Peters’sche Theorie erbracht, sondern letztere nur, so¬ 
weit dies möglich ist, auf den Grad ihrer Wahrscheinlichkeit 
geprüft werden. Leichter und anschaulicher hätte das ge¬ 
schehen können, wenn die Ziffern der Brustseuche-Patienten 
monatweise zur Verfügung gestanden hätten. 

Wirklich scheint eine Wechselbeziehung zwischen Brust¬ 
seuche und Niederschlagsmengen insoweit vorhanden zu sein, 
als die Perioden der stärksten Niederschlagsschwankungen auch 
diejenigen der Seuchenmaxima sind und gerade die höchsten 
Spitzen der Seuchencurvc immer hinter einem Niederschlags¬ 
maximum liegen (vergl. Tafel II). 

Tafel III. 



I.' Armeecorps. Ostpreussen. 

■ Brustseuchencurve nach vierteljährlichen \ Gemeinsame 

absoluten Zahlen. | Zahlenscala 

Quartalsmittel der Niederschläge in Milli- f P Z. und m/m 
metern. ) rechts u. links. 

Quartalsmittel der Lufttemperatur in Celsiusgraden. Zahlen¬ 
scala rechts C°. 

Für das 1., 3. und 15. Armeecorps sind die Tafeln III, 
IV und V besonders entworfen und haben vor Tafel II den 
Anspruch auf grössere Richtigkeit der Niederschlags- und Tempe¬ 
raturziffern voraus; sie widersprechen auch nicht der in Rede 
stehenden Theorie. Den gleichmässigen Niederschlägen in der 
Mark Brandenburg entspricht die ziemlich gestreckte Seuchen- 
curve des 3. Armeecorps (vergl. Tafel IV). Ostpreussen hat 


stark wechselnde Niederschläge, das 1. Armeecorps eine scharf 
gewinkelte Seuchencurve (vergl. Tafel III). Die Tabelle für 
Eisass und das 15. Armeecorps dürfte wegen der gedrängten 
Belegung und dem stärkeren Verkehr in den Reichslanden nicht 
soviel Beweiskraft haben (Tafel V). 


Tafel IV. 



Brustseuchencurve nach vierteljährlichen absoluten Zahlen. 
Quartalsmittel der Niederschläge in Millimetern. Gemeinsame Zahlen¬ 
scala P Z. m/m rechts. 

_Quartalsmittel der Lufttemperatur in Celsiusgraden. Ziffer¬ 
scala C° links. 


Tafel V 



XV. Armeecorps. Elsas«. 

Brustseuchen-Curve nach vierteljährlichen absoluten Zahlen. 

Quartalsmittel der Niederschläge in Millimetern. 

Gemeinsame Zahlenscala P Z. m/m rechts und links. 

Quartalsmittel der Lufttemperatur in Celsiusgraden. Ziffer¬ 
scala C° rechts und links. 

Zwischen der auf Tafel II nach Procentzahlen der Er¬ 
krankten veranschaulichten Brustseuche-Sterblichkeit und den 
meteorologischen Verhältnissen ist aus den graphischen Dar¬ 
stellungen kein gesetzmässiger Zusammenhang herzuleiten. 


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404 


deutsche Thier ärztliche Wochenschrift. 


12. November. 


Wohl aber macht es ein Vergleich der Sterblichkeitslinie mit 
den Krankheitscurven der Tafel VI höchst wahrscheinlich, dass 
die Brustseuche wie mit Rothlaufseuche so auch mit den unter 
»Andere Lungenkrankheiten« einbegriffenen und den Haupt- 
antheil derselben ausmachenden infectiösen Katarrhen der Luft¬ 
wege sich verbinden kann und durch sie häufig zu tödtlichem 
Ausgang geführt wird (cf/ bes. 1888). Taf. VI enthält die 
Curven der für die Differentialdiagnose der Brustseuche haupt¬ 
sächlich in Betracht kommenden Krankheiten nach jährlichen 
und absoluten Zahlen. Sie bestätigt auch die Zugehörigkeit 
der meisten vereinzelt auftretenden Pneumonien zur Brustseuche, 
wie sie frühzeitig von Dieckerhoff und Schütz sowie in 
der Armee erkannt worden ist. 

Sieht man sich in dem militärischen Berichtsmaterial um 
nach bestimmten Angaben, welche für die localistische Theorie 
verwerthet werden können, so fehlt es an solchen keineswegs 
(vergl. Auszüge aus den Rapporten für das III. Quartal 1885, 
S. 17, I. Quartal 1886, S. 16; Veterinär-Sanitätsberichte pro 
1890, S. 66, pro 1896, S. 55). An mehreren Stellen ist die 
Beschaffenheit des Stallbodens als Ursache der Brustseuche 
beschuldigt und Erlöschen der Seuche nach Erneuerung oder 
zweckmässiger Veränderung desselben constatirt. Wiederholt 
hat man sogar den Ausbruch der Brustseuche in Verbindung 
gebracht mit dem Tränkwasser, welches aus dem Grundwasser 
in der Umgebung des Stalles gewonnen war und beobachtete 
in beiden Fällen eine Abnahme der Erkrankungen, sobald den 
Pferden anderes (bezw. Leitungs-) Wasser verabreicht wurde. 

Die vielfach bewiesene Tenacität des Brustseuche-Con- 
tagiums in einmal inficirten Stallungen, sowie die bekannte 
Thatsache, dass oft Pferde von genuiner Lungenentzündung 
(Brustseuche nach Dieckerhoff, Schütz u. A.) befallen 
werden, welche aus irgend einem Grunde längere Zeit im 
Stalle stehen müssen, besonders dann, wenn in ihrer Nähe in 
der Matratzenstreu herumgearbeitet wird, lassen sich ebenfalls 
zwanglos durch miasmatische Natur des Brustseuche-Infections- 
stoffes erklären. Beständig im Stall verbleibende Pferde sind 
doch einer Ansteckung selten ausgesetzt. 

Nach alledem dürfte jedenfalls die Möglichkeit einer mias¬ 
matischen Entstehung der Brustseuche nicht von der Hand zu 
weisen sein und wäre eine solche bei Anordnung von Mass- 
regeln mit in Betracht zu ziehen. Entgiftung des Stallunter¬ 
grundes durch Erneuerung desselben oder durch zweckmässige 
Beimischungen, Undurchlässigmachen des Fussbodens im Stall 
und in dessen nächster Umgebung für Bodenluft und Wasser, 
Sorge für zweifellos gutes Tränkwasser wären daher in die 
Kette der Massregeln als wichtige Glieder aufzunehmen. 

Gehen wir nun zur Besprechung der von militärischer 
Seite gegen die Brustseuche verhängten Massregeln über. 

Am 6. Mai 1886 erschien als Bestandtheil der neu heraus¬ 
gegebenen Militär-Veterinärordnung eine Seucheninstruction, 
welche sich im Allgemeinen an das Reichs-Viehseuchengesetz 
anlehnte und in welchem ausserdem Erfolg versprechende 
Massregeln gegen Brust- und Rothlaufseuche Aufnahme gefunden 
hatten. 

Als allgemeine Vorsichtsmassregel gegen Einschleppung 
von Seuchen war darin bestimmt, dass jegliche Berührung von 
Militärpferden mit anderweitigen und unbekannten Pferden so¬ 
viel als thunlich vermieden werden sollte, Privatpferde durften 
an Militärschmieden nur verkehren, wenn sie von einem Ross¬ 
arzt untersucht und gesund befunden worden waren. Die von 
Händlern für den Dienst bei der Truppe gekauften Pferde 
mussten während der ersten Wochen von der Berührung mit 
den Truppenpferden in Stall, Schmiede, Reitbahn etc. soweit 
angängig ausgeschlossen und abgesondert unter Beobachtung 
gestellt werden. Auf den Ankauf von Futter aus verseuchten 
Orten wurde die Aufmerksamkeit gelenkt, auch für die Venti¬ 
lation der Ställe, sowie für die Behandlung der Streu in den¬ 
selben besondere Grundsätze aufgestellt, um der Einschleppung 
und Einnistung der Seuche vorzubeugen. 

Als weiteres Bekämpfungsmittel wurde möglichst frühzeitige 
Feststellung der Seuche und sofortige strenge Absonderung ver¬ 
dächtiger und kranker Thicre benutzt. Um Beides zu ermög¬ 


lichen, musste — und dies geschieht auch heute noch — neben 
der beständigen Beaufsichtigung der Thiere durch die Pfleger, 
mindestens alle 14 Tage, eine thierärztliche Untersuchung sämmt- 
licher Pferde stattfinden. Verdächtige Thiere waren sofort aus 
dem gemeinschaftlichen Stall zu entfernen und isolirt unterzu¬ 
bringen unter Mitgabe sämmtlicher Ausrüstungsstücke. 

Zur Beseitigung des im Stalle etwa vorhandenen Ansteckungs- 
stoffcs hielt man es für ausreichend, dass die von den kranken 
Pferden innegehabten Stände gehörig gereinigt und desinficirt 
wurden. Die Desinfection sollte mit 5 proc. Carbolwasser drei¬ 
mal, in Zwischenräumen von je 3 Tagen, ausgeführt werden 
und sich auch auf die Ausrüstungsstücke der Thiere erstrecken. 
In Ställen mit Lehmboden, aber nur in diesen, sollte die Erde 
20 cm tief ausgegraben und durch neue ersetzt werden. Den 
Mannschaften, welche zur Pflege der wegen Brustseuche oder 
Brustseucheverdacht abgesonderten Pferde commandirt waren, 
wurde besondere Vorsicht hinsichtlich der Vermeidung der 
Krankheitsübertragung auf gesunde Thiere zur Pflicht gemacht. 
Die gesunden Thiere wurden vom Dienst ausgeschlossen und 
täglich längere Zeit unter Decken bewegt. 

Weder in der Gesammtzahl der an Brustseuche erkrankten 
Pferde noch in derjenigen der von der Seuche heimgesuchten 
Truppentheile wurde nach dem Inkrafttreten obiger, bis zum 
16. Dezember 1889 geltenden Seuchenmassregeln eine Ver¬ 
ringerung herbeigeführt, noch liess sich endlich eine Milderung 
des Krankheitsverlaufs mit Seltenerwerden des tödtlichen Aus¬ 
ganges feststellen. Dies beweist ein Blick auf die Tafeln I und II. 
Dennoch erklärten sich alle Berichterstatter in den Veterinär- 
Sanitätsberichten für die gute Wirkung frühzeitiger Separation 
der Kranken von den Gesunden, durch welche Massregel sich 
die Seuche oft auf ihren Ursprung habe beschränken lassen. 
Thatsächlich ist bei jährlich sechs bis dreizehn Truppentheilen 
die Zahl der Brustseuche-Patienten unter zehn geblieben. (Vergl. 
Veterinär-Sanitätsberichte.) 

Von der Desinfection verseuchter Stallungen und der Aus¬ 
rüstungsstücke wird zwar gesagt, dass sie von grosser Bedeutung 
für die Seuchentilgung sei, doch ist an keiner Stelle ein günstiger 
Erfolg der Desinfection bestimmt nachgewiesen. Wohl aber 
trat in einer Anzahl von Fällen die Brustseuche kurze Zeit nach 
dem Einrücken der Pferde in die gut gereinigten und des- 
inficirten Ställe auf und zwar einige Male gleich von vornherein 
in grosser Verbreitung. 

Um neue Gesichtspunkte zu wirksamerer Bekämpfung der 
Brustseuche zu gewinnen, schrieb das Königliche lönegsmini- 
sterium schon im Jahre 1887 den Gegenstand betreffende Preis¬ 
arbeiten aus und ernannte eine besondere Commission zu deren 
Prüfung und Verwerthung zu Vorschlägen. 

Gleichzeitig liess es durch den Oberrossarzt Hell Schutz¬ 
impfungsversuche mit den von Schütz entdeckten Brustseuche- 
Mikrokokken anstellen. Nach Beendigung der Versuche mit 
negativem Ergebniss wurde am 16. Dezember 1889 ein nach 
den Vorschlägen der erwähnten Commission ausgearbeiteter Ent¬ 
wurf einer Instruction über Bekämpfung der Brust- und Roth¬ 
laufseuche probeweise in Kraft gesetzt und dieser bedeutete 
eine erhebliche Verschärfung sowohl der Abwehr- als der Unter- 
drückungsmassregeln (Dauer bis 6. Juli 1891). 

Remonten und die für Truppen oder Officiere angekauften 
Pferde mussten fürderhin sechs Wochen separirt aufgestellt, 
verpflegt und geritten werden, unterlagen dabei einer täglichen 
genauen Untersuchung durch den Rossarzt. Letztere hatte auch 
stattzufinden bei solchen Truppenpferden, die in fremden 
Stallungen gewesen waren, sowie bei sämmtlichen Krümper¬ 
pferden. Der Beschlag von Privatpferden in den Militärschmieden 
wurde gänzlich verboten. 

Nicht bloss verdächtige und kranke Pferde, sondern auch 
deren Nebenpferde mussten von jetzt ab isolirt werden. Alle 
mit ihnen im selben Stall aufgestellten Pferde galten als der 
Ansteckung verdächtig und mussten für die Dauer von vier 
bis fünf Tagen an einem entfernten Ort untergebracht und täg¬ 
lich untersucht werden. Im Sommer sollte womöglich Biwak 
bezogen werden. Während dieser Zeit war der geräumte Stall 
aufs Gründlichste zu reinigen und mit Sublimatlösung zu des- 


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DEUTSCHE THIER/ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 46. 

inficiren. Erneuerung des Stallbodens war indessen nicht vor¬ 
gesehen. 1 

War weder Separation der kranken Pferde noch Beziehen 
eines Biwakes möglich, so war der verseuchte Stall als Kranken¬ 
stall zu betrachten. Der Dünger war sofort nach dem Ent¬ 
fernen aus dem Stall mit Sublimatlösung zu übergiessen. Aus¬ 
schliesslich zur thierärztlichen Behandlung der abgesonderten 
Pferde wurde ein besonderer Rossarzt commandirt, welcher vor 
Antritt seines Dienstes einen bestimmten Anzug anzulegen und 
nach demselben wieder abzulegen hatte. Die zur Untersuchung 
der Thiere benützten Instrumente mussten nach jedem Gebrauch 
desinficirt werden. Auch die zur Pflege der Pferde comman- 
dirten Mannschaften hatten nach ihrer diesbezüglichen Thätig- 
keit Anzug und Fussbekleidung zu wechseln und die Hände zu 
desinficiren. 

Die gesunden Pferde sollten zwar täglich sich mehrere 
Stunden im Freien aufhalten, dabei aber keiner körperlichen 
Anstrengung ausgesetzt werden. 

Im Jahre 1890 kamen die neuen Massregeln zur Bekämpfung 
der Brustseuche bei 78 Truppentheilen zur Anwendung Wenn 
eine Verminderung der Seuche auf die Massregeln zurückgeführt 
werden darf, so kann deren Erfolg als ein günstiger bezeichnet 
werden, denn bis zum zweiten Vierteljahr 1890 sank sowohl 
die Zahl der Brustseuche-Patienten als namentlich auch die Sterb¬ 
lichkeit unter denselben auffallend und bei 20 Truppentheilen 
erreichte die Zahl der Erkrankungsfälle nicht die Zahl 10 
(cf. Tafeln I, II). 

Es wäre zu untersuchen, welche der Massregeln den gün¬ 
stigen Erfolg bewirkt haben können. Tafel II lässt in den 
Witterungs- bezw. den Grundwasserverhältnissen keine Ursache 
dafür erkennen. Auch die zur Abwehr der Seuche bestimmten 
Massregeln können an demselben keinen wesentlichen Antheil 
haben, da die Zahl der verseuchten Truppentheile gegen früher 
eine enorm hohe ist (cf. Tafel I). 

Der Umstand, dass 20 Truppentheile weniger als 10 Er¬ 
krankungsfälle haben, deutet darauf hin, dass es die Verschärfung 
der Unterdrückungsmassregeln war, welche die günstige 
Wirkung erzielte. In erster Linie muss dies von der früh¬ 
zeitigen und strengen Absonderung der Verdächtigen und 
Kranken, sodann aber auch von den Stallräumungen und dem 
Biwakiren verseuchter Bestände gelten. 

(Schluss folgt.) 

Referate. 

Schwergeburt bei der Kuh in Folge eigenartiger Stellung 
der Zwillingskälber. 

Von Guidotti. 

(La Clinica veterinaria, 1898, S. 482.) 

Eine eigenartige Lagerung der beiden Kälber gegen ein¬ 
ander fand G. als Geburtshinderniss bei der Kuh. Aus der 
Scham der Kuh sahen 2 Vorderbeine heraus. Beim Eingehen 
mit dem Arm fand sich auf denselben ein Kopf. Trotzdem 
ging die Geburt nicht von statten. Eine genauere Unter¬ 
suchung ergab: 

Die Vorderbeine gehörten dem einen Kalbe an, der Kopf 
dagegen dem zweiten. Der Kopf des ersten Kalbes war zwischen 
die herausgesteckten Vorderbeine nach unten verschlagen und 
ruhte auf dem Brustbein. Das zweite Kalb ritt auf dem Rücken 
des ersten und hatte die Vorderbeine nach hinten gestreckt, 
während der Kopf in die Geburtswege eingetreten war und 
auf den Vorderbeinen des ersten Kalbes ruhte. 

Nach Berichtigung der Lagen und bei geeigneter Hülfe 
wurde die Geburt leicht beendigt. Die Kälber waren vorher 
bereits abgestorben. Die Kuh genas bald. Fr ick. 


405 

Schlundriss bei einem Pferde. 

Von T. Charles Howatson, New Veterinary College. 

(The Veterinary Journal .1898, l’d. XLVI, p. 320.) 

Einen interessanten Fall von Schlundriss bei einem Pferde 
veröffentlicht Howatson. Er fand das plötzlich erkrankte 
Thier mit gesenktem Kopf im Stalle stehend, während eine 
grosse Menge grünlicher Flüssigkeit aus beiden Nasenlöchern 
zur Erde floss. Das Pferd hatte noch am Morgen auf dem 
Felde gearbeitet und daselbst etwas frisch geschnittenes Gras 
gefressen. Bis zur Ankunft im Stalle war nichts Krankhaftes 
bei dem Pferde wahrgenommen. 

Die weitere Untersuchung ergab das Vorhandensein einer 
faustgrossen, weichen Geschwulst oberhalb des Schlundes an 
der Eintrittsstelle in den Thorax und eine emphysematose 
Schwellung im Verlaufe der Drosselvene bis zum Kopfe auf¬ 
wärts. Puls 73 Schläge in der Minute, Temperatur 39,5 U C. 
Beim Versuche, Wasser zu saufen, kam dieses, mit etwas Gras 
untermengt, durch die Nase zurück. Es wurden warme 
Bähungen und eine leichte, reizende Einreibung für den Hals 
angeordnet. Am nächsten Tage hatte das Emphysem zuge¬ 
nommen. Der übrige Befund war derselbe. Am 4. Tage 
wurde etwas Wasser abgeschluckt. Das Emphysem hatte sich 
allmälig über den ganzen Körper ausgebreitet und verlieh dem 
Thiere ein groteskes Aussehen. Am 5. Tage war die Tempe 
ratur auf 41,1" C. gestiegen; Puls 80 Schläge in der Minute, 
sehr schwach; Athem übelriechend. Das Pferd starb noch an 
diesem Tage Abends. 

Die Section ergab das Vorhandensein stinkender Gase 
in der Bauchhöhle. Der Magen enthielt blutige Flüssigkeit. 
Der Schlund war hochgradig entzündet und zeigte an jeder 
Seite im Bereiche der Geschwulst einen 1 1 / 2 Zoll langen Längs¬ 
riss. Aufwärts fanden sich zu beiden Seiten der Trachea zer¬ 
setzte Futtermassen. Trotz sorgfältigster Untersuchung wurde 
die Ursache der Ruptur nicht aufgefunden. A. Eber. 


Ueber seuchenartig* auftretende Gangrän der Vulva bei 

Kühen. 

Von Störch-Schmalkalden. 

(Berliner Thieriirztl. Wochenschrift, No. 34, 1898.) 

Storch beschreibt eine Anzahl Fälle von Vulva-Gangrän, 
welche wegen ihres ätiologischen Zusammenhanges von be¬ 
sonderem Interesse sind. Am 2. April 1898 erkrankte plötz¬ 
lich die Kuh eines Nagelschmiedes im Dotfe Hcrges-Hallenberg. 
Dieselbe hatte angeblich vor vier Tagen gekalbt. Die Geburt, 
bei welcher der Kuhhirte des Ortes Hilfe leistete, war rasch 
und leicht von Statten gegangen. Seit verflossenem Abend 
jedoch, bis zu welchem das Befinden des Thieres ein unge¬ 
trübtes gewesen ist, soll sich eine immer mehr zunehmende 
Anschwellung des Wurfs bemerkbar machen. Die von Storch 
vorgenommene Untersuchung hatte folgendes Ergebniss. Die 
ungefähr 6 Jahre alte Kuh liegt und steht erst nach wieder¬ 
holtem Antreiben auf. Ohrmuscheln eisig-kalt, Flotzmaul trocken. 
Die Augäpfel stecken tief in ihren Höhlen. Pulsus tremulus. 
Athmung mässig beschleunigt. Hungergruben eingefallen. Der 
ganze Wurf zeigt unförmliche, doppeltmannskopfgrosse Schwel¬ 
lung. Die Haut der Schamlippen ist gespannt, glänzend, diffus 
blauroth gefärbt; letztere fühlen sich kühl und teigig an, sind 
gegen Druck unempfindlich. Unter der Epidermis der rechten 
Schamlippe befindet sich nahe der oberen Commissur eine 
apfelgrosse Gasblase (Brandblase). Ein knisterndes Geräusch 
entsteht beim Ueberstreichen der geschwollenen Partien mit 
dem Finger nicht. Im unteren Schamwinkel befindet sich ein 
pfenniggrosses, seichtes Geschwür. Die Schleimhaut des Scheiden¬ 
vorhofes ist dichter geröthet und blau gestreift. Beim Ein¬ 
schneiden in die Schamlippen verräth Patient keinen Schmerz. 
Gasblasen finden sich nicht in dem durchschnittenen Gewebe. 
Behandlung: Scarificationen und Berieseln mit Creolinwasser. 
Am folgenden Vormittag verendete die Kuh. Section wurde 


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406 


DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


12. November. 


in diesem Falle nicht gemacht, wohl aber in einem durchaus 
gleichartigen, welcher im selbigen Ort am 26. April ebenfalls 
mit dem Tode des Thieres endete. Sie ergab hier Folgendes: 
Schnittfläche der kopfgross geschwollenen, teigigen, linken 
Schamlippe relativ trocken, grauroth, von schwarzen Blutpunkten 
durchsetzt. Subcutis an den Innenflächen der Hinterschenkel 
sulzig infiltrirt. Magendarmcanal ohne Veränderungen. Milz 
nicht geschwollen, Parenchym schwarzroth, nicht ausfliessend. 
Leber lehmfarbig, mürbe. Nierenparenchym getrübt. Ober¬ 
fläche des gut contrahirten Uterus glatt, glänzend, grau-rosa. 
Im rechten Gebärmutterhorn ca. */* Liter röthlich gefärbte, 
schleimige, geruchlose Flüssigkeit. Schleimhaut grauweiss bis 
grauroth, grubig, ohne Geschwüre, Wunden oder Blutungen. 
Linkes Horn stark zusammengezogen* ohne Veränderung. Lunge 
überall lufthaltig. Herzmuskel getrübt, fleckig; unter dem Endo- 
card der linken Kammer mehrere strichförmige Hämorrhagien. 

Am 30. April erkrankten drei weitere Kühe an Vulva- 
Gangrän und starben. In allen angeführten Fällen hatte derselbe 
Hirte Geburtshilfe geleistet. Da die Ställe, in welchen Storch 
die Krankheitsfalle festgestellt hatte, im Dorfe weit aus einander 
lagen und weder die Thiere noch die Insassen der Gehöfte 
mit einander in Berührung gekommen waren, so erschien die 
Annahme berechtigt, dass der erwähnte Hirte die Infection bei 
der Geburtshilfe verursacht habe. Die Annahme wurde auch 
dadurch bestätigt, dass keine Fälle von Vulvagangrän mehr auf¬ 
traten, nachdem für die Dauer von 4 Wochen dem Hirten jede 
Hilfeleistung bei Geburten untersagt und seine Kleidung durch 
Auskochen desinficirt worden war. Tauben und Kaninchen 
verendeten nicht nach subcutaner Einimpfung des Schnittflächen¬ 
saftes der erkrankten Vulva, auch fanden sich in Ausstrich¬ 
präparaten des Saftes nur Kokken und einzelne Bacillen vom 
Aussehen der Oedembacillen, aber keine Anthraxstäbchen. 

_C h r i s t i a n i. 

Die Ringbildung- an den Hörnern der Cavicornier. 

Von Fambach. 

(Zeitschrift für Thiennedicin. II, 5.) 

Die Ringbildung ist entweder eine regelmässige Erscheinung 
und bildet einen stabilen Schmuck der Hörner (bei den Anti¬ 
lopen, Schafen, Ziegen) oder ein zufälliger, nicht regelmässiger 
Befund (beim Rind, Gnu). Die Ringe der ersten Art sind ihrer Ent¬ 
stehung nach von den Ringen der andern Art streng verschieden. 

Die Ringe, welche regelmässig vorhanden sind, entwickeln 
sich unabhängig von Brunstzeit, Trächtigkeit, Castration, bei 
männlichen Thieren gerade so wie bei weiblichen, bei guter 
wie bei geringer Ernährung. Von Einfluss ist aber das Alter. 
Ganz junge Thiere haben Hörner ohne Ringe. Daher ist auch 
die Spitze der Hörner älterer Thiere glatt. Beim Schaf und 
der Ziege tritt der i. Ring im Alter von 5—10 Wochen am 
Horn hervor. Jährlich bilden sich 8-10. Im jugendlichen 
Alter sind sie schöner, deutlicher und höher, als später. An 
der Frontalfläche des Horns sind sie kräftiger als an den andern 
Flächen. Der Verlauf der Ringe entspricht der Linie, welche 
der Ansatz des Horns an der Haargrenze zeigt. An der innern 
Seite des Horns zeigt sich zuweilen dem Ring entsprechend 
eine rinnenformige Vertiefung, häufig ist aber auch die Innenseite 
des Horns ganz glatt. Die Ringe entstehen an derjenigen Stelle 
der Matrix, welche in unmittelbarer Nähe der Haargrenze liegt. 

Der stabile Ringschmuck entsteht durch periodische Lage- 
und Gestaltsveränderungen der Matrix und seiner Papillen oder 
durch Faltenbildung der Matrix am Horngrunde. Die Veran¬ 
lassung hierzu sind venöse Stauungen. 

Bei anderen Cavicornier, z. B. beim Rind, fehlen die zur 
Erzeugung der Ringbildung erforderlichen Bedingungen: die 
Weichheit, Länge und Nachgiebigkeit der Papillen, die leichte 
Verschiebbarkeit der Subcutis und der Ueberschuss an Papillen 
an der Haargrenze. 

Die zufällig auftretende Ringbildung ist die Folge von ent¬ 
fernt wirkenden Ursachen (Trächtigkeit, Futter- und Haar¬ 
wechsel). Froehner-Fulda. 


Lähmung: des Schlundes. 

Von Bezirksthierarzt Günther in Traunstein. 

(Wochenschr. f. Thierheillcunde u. Viehzucht 1898, No. 34.) 

Ein Pferd war seit etlichen Tagen nicht mehr im Stande, 
Futter oder Wasser aufzunehmen, obwohl es grosse Begierde 
darnach hatte. Es bestand -vollständige Lähmung des Schlundes, 
deren Ursache sich nicht nachweisen liess. Günther leitete 
künstliche Ernährung ein und brachte Injectionen einer Strychnin¬ 
lösung in der Schlundkopfgegend zur Anwendung. Im Verlauf 
von 4 Tagen war vollständige Heilung erzielt. Will ach. 


Chronische parenchymatöse Nephritis beim Hunde. 

Von Zimmermann-Budapest. 

(Zeitschrift für Thiermedicin, II, 5.) 

Ein 10jähriger Neufundländer männlichen Geschlechts wurde 
der Klinik der Veterinärakademie zu Budapest mit dem Bericht 
zugeführt, dass derselbe die beiden Hinterfüsse schwerfällig 
bewege, keine Fäces absetze, sowie keinen Appetit zeige. 

Patient verharrt meist in liegender Stellung und steht nur 
ungern auf, wobei er heult. Gang unsicher, steif. Blick matt, 
ausdruckslos. Mastdarmtemperatur 39,7° C. Conjunctiven und 
Maulschleimhaut blassroth, Zunge belegt. 136 kräftige, auf¬ 
geregte Herzschläge. Betasten der Bauchwand in der Lenden¬ 
gegend schmerzhaft. Harn lichtgelb, trüb, dünnflüssig, spec. 
Gew. 1,022. Reaction neutral. Chloride, Sulfate, Phosphate 
in mittelmässiger Menge vorhanden. Gallenfarbstofie nicht nach¬ 
weisbar. Viel Eiweiss und Indikan. Kein Zucker. Nach 
6 Wochen Exitus. 

Befund: Beide Nieren mässig geschwellt. Oberfläche 
convex, Ränder abgerundet. Schnittfläche der Rindensubstanz 
8—10 cm breit, grauroth mit gelblicher Nuance. Die Mark¬ 
substanz ist 18 — 20 mm breit, blasser als die Rindensubstanz. 
Nierenkapseln weissgrau, etwas verdickt. Consistenz der Nieren 
weich und mürbe. Schleimhaut der Harnleiter grauroth. 

Herz in seiner Längsaxe vergrössert, Herzfleisch blass,» 
grauroth, mürbe, linke Kammer etwas erweitert. Endokard 
glatt und glänzend. 

Pathologisch-anatomische Diagnose: Nephritis parenchyma- 
tosa chronica, Hypertrophia excentrica consecutiva ventriculi 
cordis sinistri, dilatatio passiva ventriculi cordis dextri. 

Die histologische Untersuchung ergab, dass die patho¬ 
logischen Veränderungen sich fast ausschliesslich auf die Epithel- 
zellen der Tubuli contorti und theilweise auf die Glomeruli 
erstreckten. Froehner-Fuld*. 


Die Doppelneurotomie (Peroneus und Tibialis) beim Spat. 

Von Prof. Dr. Fröhner-Berlin. 

(Monatshefte f. prakt. Thierheilkunde, Bd IX, H. 9,) 

F r ö h n e r hat die von B o s i empfohlene gleichzeitige 
Neurotomie des Peroneus und Tibialis bei einem Pferde, das 
seit einem Jahre mit Spat (starke Exostose und erhebliche 
Lahmheit) behaftet und erfolglos gebrannt worden war, mit 
bestem Erfolg ausgeführt. 

Das Pferd wurde geworfen und zunächst die Tibialis- 
neurectomie vorgenommen, dann wurde es über den Rücken 
gewälzt, der Peroneus zwischen dem langen und seitlichen 
Zehenstrecker aufgesucht und durchschnitten, etwa in der Höhe 
der ersten Operationsstelle. Nach der Operation war die Lahm¬ 
heit verschwunden und blieb es auch. 

F. empfiehlt die Nachprüfung des Verfahrens wegen der 
Wichtigkeit des Gegenstandes. Er erörtert weiterhin kurz die 
Frage: Doppelneurotomie oder perforirendes Spatbrennen? 

Nach den Erfahrungen F.’s ist das letztere ein ausgezeichnet 
wirksames und dabei einfaches Mittel, das in der Praxis wohl 
den Vorrang vor der umständlichen und zeitraubenden Neuro¬ 
tomie behaupten wird. Da jedoch immerhin ein bestimmter 


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Lüneburg 


Bautzen \ 


Thüringen 


‘) Inbegriffen sind auch diejenigen Gemeinden, in denen seuchekranke Thiere nicht mehr vorhanden sind, in welchen aber nach den geltenden 
Vorschriften die Seuche noch nicht als erloschen erklärt werden konnte. 


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No. 46. 


DEUTSCHE THIER^ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Procentsatz der gebrannten Pferde lahm bleibt und das eine 
Verfahren das andere nicht ausschliesst, so können sich beide 
ergänzen. Die Neurotomie kommt als letzter Versuch in Be¬ 
tracht und wird hier wie bei anderen chronischen Lahmheiten 
nur als ultima ratio angewandt werden. Zunächst versuche 
man es beim Spat mit dem perforirenden Brennen; wenn aber 
das Brennen unbefriedigende Resultate liefern sollte, dann 
schreite man zur Doppelneurotomie des Peroneus und Tibialis. 

_ G a r t h. 

Die arzneiliche Bekämpfung des Strongylus armatus. 

Von Peter Wilson, M. R. C. V. S., Penicaik. 

(The Veterinarian, 1898, Bd. LXXI, p. 157.) 

Nach vielen vergeblichen Versuchen, Strongylus armatus 
durch Anwendung von Cupr. sulfuricum, Ferrum sulfuric., Liqu. 
Ferri perchlor., Acid. arsenic., Acid. carbol., Chloroform oder 
Terpentinöl zu beseitigen, glaubt Wilson in der innerlichen 
Darreichung von Thymol ein sicheres Mittel zur Vertreibung 
dieser Parasiten gefunden zu haben. 

Man beginnt zweckmässig mit io Gramm-Dosen (o,6 g) 
und zwar täglich i Dosis 3 Tage hindurch. Am 4. Tage lässt 


man eine abführende Dosis Ricinusöl folgen. Nach 4 oder 
5 Tagen beginnt man auf's Neue und zwar nunmehr mit 15 
Gramm-Dosen (0,9 g) in 3 tägigen Pausen und giebt einen Tag 
nach der 3. Dosis wieder eine tüchtige Gabe Ricinusöl. Wenn 
sich nach dieser Kur noch Würmer zeigen, so kann das Mittel 
noch einmal in der gleichen Weise angewandt werden. 

Da das Thymol in Wasser schwer löslich ist, hat W. das¬ 
selbe in gleichen Theilen Glycerin und Spiritus oder in Spiritus 
allein (je 30 g für die oben angegebenen Dosen) gelöst und 
alsdann in süsser Milch oder Wasser dargereicht. Die an¬ 
gegebenen Dosen haben keinerlei üble Nebenwirkung bei Fohlen 
im Alter von 6 Monaten, vielmehr besserte sich der Appetit 
bereits nach den ersten 2 oder 3 Dosen. 

Von den 7 mit Thymol behandelten Fohlen starb eins. 
Es war das jüngste und am^stärksten befallene. Die Würmer 
hatten an verschiedenen Stellen den Darm durchbohrt und lagen 
in Haufen unmittelbar unter dem Peritoneum. 5 von den 
übrigen 6 Fohlen befinden sich bereits völlig wohl und das 
letzte ist ebenfalls in der Genesung begriffen. 

Auch bei Ascaris megalocephala scheint Thymol äusserst 
wirksam zu sein, denn dem einen damit behandelten Fohlen 
ging eine erhebliche Menge dieser Würmer ab. A. Eber. 


Oeffentliches Veterinärwesen. 

Stand der Maul- und Klauenseuche hn Deutschen Reiche Ende Oktober 1898. ^ 

(Nach den im Kaiserlichen Gesundheitsamte zusammengestellten Berichten der beamteten Thierörzte. — Veröffentlicht im Reichs-Anzeiger vom 5. November 1898.) 


Von je 100 
Gemeinden 


waren am 
Schluß des Monats 
verseucht 























408 


12. November- 


DEUTSCHE THIERyERZTUCHE WOCHENSCHRIFT. 


Ueber ToIIwuthimpfungren zu diagnostischen Zwecken. 

. Von Johne. 

(Aus dem Berichte über die pathologische Anatomie der thierarztlichen Hochschule zu 
Dresden im Bericht über das Veterinarwesen im Königreich Sachsen für 1897, S. 50 — 74.) 

In dem vom Med.-Rath Prof. Dr. Johne geleiteten In¬ 
stitut für pathologische Anatomie an der Dresdener Thierärzt¬ 
lichen Hochschule wurde eine längere Reihe von Impfversuchen 
vorgenommen, um die klinisch oder pathologisch-anatomisch 
testgestellten Tollwuthdiagnosen bei Hunden zu controliren. 
Zu den in der Hauptsache vom Assistenten dieses Institutes, 
Dr. Schreiber, unter Leitung des Institutsvorstandes ange- 
stellten Versuchen dienten Kaninchen und zerfallen die Ver¬ 
suche in drei Gruppen. Die ersten beiden Gruppen wurden 
mit Gehirnsubstanz "von Hunden angestellt, die weder an Toll- 
wuth erkrankt, noch sich der Seuche verdächtig gezeigt hatten, 
die letzte und umfangreichste Gruppe aber mit Gehirnmasse 
von solchen wuthkranken oder wuthverdächtigen Hunden aus¬ 
geführt, welche theils im Thierspitale der Hochschule verendet, 
thcils dem pathologischen Institute derselben todt zur Section 
und Feststellung der Diagnose überwiesen worden waren. Bei 
den Versuchen wurde den Versuchskaninchen unter Wahrung 
strengster Asepsis gewonnene und entsprechend behandelte 
Gehirnmasse in die vordere Augenkammer eines gänzlich un¬ 
empfindlich gemachten Auges eingespritzt. 

Die ersten beiden Versuchsgruppen sollten zunächst den 
Zweck haben, festzustellen, welche Krankheitserscheinungen an 
den geimpften Kaninchen auftreten, wenn dieselben mit einem 
unverdächtigen Materiale geimpft werden. Gruppe I um¬ 
fasste zwei Versuche mit vier Kaninchen, denen man Gehirn¬ 
substanz von zwei völlig gesunden Hunden einimpfte. Die 
II. Gruppe umfasste sechs Versuchsthiere und das hierbei vef- 
wendete Impfmaterial stammte von Hunden, welche an den 
Folgen von Gehirnentzündung, blutiger Magen-Darmentzündung 
und Fleischvergiftung verendet waren. Letztere sechs Ver¬ 
suchsthiere blieben ebenso wie die vier der Gruppe I völlig 
gesund und zeigten zu keiner Zeit ihrer Beobaqh-. 
tung nur irgend welche Spuren von Krankheits¬ 
erscheinungen. 

Die wichtigste Versuchsgruppe III umfasst 46 Kaninchen 
und einen Hund, denen Gehirnsubstanz von wuthkranken 
oder wuthverdächtigen Hunden eingeimpft wurde. Bei 
jedem Versuche wurde das von einem Hunde entnommene 
Impfmaterial stets zwei Kaninchen eingeimpft; bei einem Ver¬ 
suche kam ausserdem ein Hund als Impfthier zur Verwendung. 

Der Verlauf dieser Impfungen gestaltete sich im Allgemeinen 
so, dass zunächst die Thiere vollständig gesund und munter 
blieben,, bis sich die ersten Vorboten der ausbrechenden Wuth- 
krankheit, bestehend in grosser Scheu, Verkriechen und Appetit¬ 
losigkeit, einstellten. Die Incubationszeit schwankte zwischen 
14 und 23 Tagen, betrug also im Mittel 18,5 Tage; die Zeit, 
welche von der Impfung bis zum Tode verstrich, betrug 15 
bis 25 Tage, im Mittel also 19*/ 4 Tage. Nach dem Auftreten 
der Vorboten steigerte sich die Krankheit sehr schnell und 
führte in 24 — 48 Stunden unter allgemeinen Lähmungserschei¬ 
nungen, also genau demselben Verlaufe, welcher von Pasteur 
in Paris und Högyes in Budapest beobachtet und als charakte¬ 
ristisch für die Impfwuth bei Kaninchen beschrieben worden 
ist, zum Tode. 

Von denVersuchsthieren der Gruppe III starben 
43 Kaninchen und der Hund an paralytischer Toll- 
wuth und nur 3 Kaninchen blieben gesund. Zu den 
letzteren gehören 2 Kaninchen, welche mit Gehirnmasse eines 
Hundes geimpft waren, bei dem der Verdacht auf Tollwuth 
weder klinisch noch pathologisch-anatomisch genügend sicher 
begründet war, der aber dennoch zu Versuchen benutzt wurde, 
weil er Menschen gebissen hatte. Das andere Kaninchen ge¬ 
hörte einem Versuche an, dessen zweites, von demselben Hunde 
geimpftes Kaninchen thatsächlich an Wuth erkrankte. Dem¬ 
gemäss sind alle Impfversuche der Gruppe III mit 
Ausnahme eines einzigen positiv ausgefallen. 
Welche Ursachen bei dem letzteren es bedingten, dass nur das 


eine und nicht beide Kaninchen inficirt wurden, lieSs sich nicht 
feststellen. 

Aus dem Gesammtergebnisse der Johne’schen Versuche 1 
geht hervor, dass die Impfung von Kaninchen in die vordere 
Augenkammer mit Gehirnsubstanz von unter Tollwuth ver¬ 
dächtigen Erscheinungen verendeten oder getödteten Hunden 
als ein absolut sicheres diagnostisches Hilfsmittel- 
zur Feststellung der Tollwuth gelten kann. Mit 
Hilfe dieser Impfungen ist weiterhin sicher bewiesen 
worden, dass sich der Vorstand der Klinik für kleine Haus- 
thiere an der hiesigen Thierärztlichen Hochschule, Professor 
Dr. Müller, und der pathologische Anatom dieser Hoch¬ 
schule, der Versuchsansteller, in ihren Wuthdiagnosen bei den 
seit dem 22. Februar 1897 bis 10. Juni 1898 zur Untersuchung 
gelangten 22 wuthverdächtigen Hunden nicht ein einziges Mal 
geirrt haben und dass somit die gewiss sehr leidige Hunde¬ 
sperre kein einziges Mal unnöthig über Dresden und Umgegend 
verhängt worden ist. 

Bezüglich der aus diesen Versuchen zu ziehenden veterinär¬ 
polizeilichen Schlussfolgerungen führt Johne in seinem Berichte- 
noch Folgendes aus: 

»Für die Veterinärpolizei dürfte die nach dem Vorstehenden- 
ausserordentlich werthvolle diagnostische Wuthimpfung leider 
zunächst nicht in dem wünschenswerthen Umfange in Betracht 
kommen, da der offiziellen Verwendung derselben die Be¬ 
stimmungen des Reichsgesetzes, betreffend die Abwehr und 
Unterdrückung von Viehseuchen vom 23. Juni 1890 und 11. Mai 
1894, entgegenstehen. Dasselbe schreibt nämlich in § 38 aus¬ 
drücklich vor, dass, wenn ein wuthkranker oder der Seuche 
verdächtiger Hund frei herumgelaufen ist, für die Dauer der 
Gefahr die Hundesperre einzutreten habe. Es würde somit 
gesetzlich gar nicht statthaft sein, wollte man die Verhängung 
der Hundesperre bis nach Ablauf der verhältnissmässig sehr 
langen Zeit, welche zwischen der Wuthimpfung und dem Tode 
der genannten Thiere verstreicht, aussetzen. Diese Zeit beträgt 
nach den hier gemachten Erfahrungen bis zu 25 Tagen und 
müsste der Sicherheit halber unbedingt auf 28 Tage = 

4 Wochen festgesetzt werden. Während dieser Zeit könnte 
natürlich bei verschiedenen der gebissenen Hunde die Wuth 
ausbrechen und würde hierdurch der Verbreitung der Tollwuth 
Thür und Thor geöffnet werden. 

Ein Ausweg Hesse sich allerdings vielleicht dadurch, 
finden, dass die vorgeschriebene Hundesperre zwar sofort nach, 
dem Auftreten eines tollen oder der Tollwuth verdächtigen 
Hundes angeordnet, dass aber den Polizeibehörden die Befug- 
niss ertheilt würde, dieselbe wieder aufzuheben, wenn die vor¬ 
genommene Impfung von zwei Kaninchen nach Verlauf von, 
28 Tagen kein positives Resultat ergaben hat. 

Abgesehen davon, dass eine solche Massnahme eine Ab¬ 
änderung des Reichs-Viehseuchengesetzes nöthig machen würde,, 
für welche zur Zeit kaum eine Geneigtheit vorhanden sein 
dürfte, erregt dieselbe auch noch aus einem anderen Grunde 
ernste Bedenken. § 37 des Reichs-Viehseuchengesetzes ordnet 
nämlich an, dass nach Feststellung der Tollwuth an einem Hunde 
oder an einem anderen Hausthiere die sofortige Tödtung 
des wuthkranken Thieres und aller davon gebissenen Hunde 
und Katzen anzuordnen sei. Die veterinärpolizeiliche Feststellung 
der Tollwuth kann aber in der Praxis vielfach weniger durch 
die klinische Beobachtung, als durch die Section erfolgen. 
Wird auf Grund derselben die Tollwuth festgestellt, so sind 
alle gebissenen Hunde und Katzen sofort zu tödten. Sollte 
es sich im gegebenen Falle nun um eines der genannten Thiere: 
handeln, bei welchem, was ja leicht möglich sein kann, die,, 
wie oben ausgeführt, wenig charakteristischen pathologisch¬ 
anatomischen Veränderungen einen Irrthum in der Diagnose 
veranlassen, und sollte der Impferfolg lehren, dass der fragliche- 
Hund gar nicht an Tollwuth gelitten hätte, so wären Ent¬ 
schädigungsansprüche für die sozusagen unschuldig getödteten 
Hunde und Katzen Seitens deren Besitzer an den Staat ganz 
unvermeidlich. 

Indessen bietet hier der Wortlaut des Gesetzes vielleicht 
einen Ausweg. § 37 sagt nämlich ausdrücklich: Ist die Toll- 




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409 


DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 46. 


wuth an einem Hunde etc. »festgestellt«. Die Erfahrung 
lehrt aber, dass eine sicher zweifellose Feststellung der Wuth 
nur durch Impfung möglich ist. Da nun Absatz 4 des § 37 
des Reichs-Viehseuchengesetzes mindestens dreimonatliche Ab¬ 
sperrung eines der Tollwuth verdächtigen, das heisst doch durch 
Gebissenwordensein von einem tollen Hunde verdächtig ge¬ 
wordenen Hundes unter den erforderlichen Sicherheitsmassregeln 
gestattet, so dürfte im Verordnungswege wenigstens insofern 
eine Milderung der betreffenden veterinärpolizeilichen Massregeln 
erzielt werden können, als in allen denjenigen Fällen, in welchen 
der Impfversuch zweifellos dargethan hat, dass der seinerzeit 
als wuthverdächtig getödtete Hund nicht toll gewesen ist, alle 
Polizeimassregeln gegen die von demselben gebissenen Hunde 
und andere Hausthicre, die bis dahin einer veterinärpolizeilichen 
Controle unterlegen haben, aufgehoben werden. könnten.« 

Ob und wie die Durchführung einer solchen diagnostischen 
Impfung in Sachsen oder in ganz Deutschland möglich wäre, 
bleibt noch zu erwägen. Denn es ist vor Allem daran zu 
denken, dass das zu verwendende Impfmaterial thunlichst frisch 
sein muss, wenn die Thiere nicht an Blutvergiftung zu Grunde 
gehen sollen. Immerhin haben auch in dieser Beziehung die 
in Oesterreich gewonnenen Erfahrungen gelehrt, dass nur bei 
etwa 10 Procent von den an die thierärztlichen Hochschulen 
in Wien und Budapest gesandten Köpfe tollwuthverdächtiger 
Hunde die Gehirnsubstanz bereits derart in Fäulniss überge¬ 
gangen war, dass die Impfung mit derselben erfolglos ausfallen 
musste. Demgemäss lässt sich also doch in etwa 90 Procent 
ein nach der einen oder anderen Richtung hin aufklärendes 
Impfergebniss erzielen. Derartige Impfungen für veterinär¬ 
polizeiliche Zwecke auszuführen, dürfte aber mit Hilfe der 
pathologischen oder hygienischen Institute der thierärztlichen 
Hochschulen und Universitäten Deutschlands ohne zu grosse 
Schwierigkeiten möglich sein. Ein Anfang, allerdings für andere 
Zwecke, ist in dieser Beziehung bereits gemacht worden, da¬ 
durch, dass die preussische Staatsregierung angeordnet hat, 
dass die Köpfe aller Hunde, welche Menschen gebissen haben 
und als wuthverdächtig erklärt worden sind, an das Institut für 
Infectionskrankheiten in Berlin geschickt werden. An letzterem 
finden bekanntlich seit einiger Zeit die Schutzimpfungen von 
Menschen nach der Pasteur’schen Methode statt, welche von 
tollwuthkranken Hunden gebissen worden sind. 

Als Einleitung zu seinem Berichte giebt Johne eine 
kritische Aufzählung der für die pathologisch-anatomische Dia¬ 
gnose der Tollwuth bei Hunden in Betracht kommenden Er¬ 
scheinungen. Edelmann. 


Maul- und Klauenseuche. 

Der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche ist ge¬ 
meldet vom Viehhofe in Metz und München. 

Die auf dem Schlachthofe zu Berlin am 31. Oktober 
festgestellte Maul- und Klauenseuche ist in Folge Abschlachtens 
der Bestände Und Ausführung der Desinfection noch an dem¬ 
selben Tage erloschen. 


Nahrungsmittelkunde. 

Der Werth des Fleisches tragender Schweine. 

In No. 45 unseres Jahrgangs 1897 gaben wir unsern Lesern 
von einer Rechtsangelegenheit Kenntniss, in der es sich um 
die Frage handelte, ob das Fleisch tragender Schweine 
minderwerthig sei oder nicht, und führten bei dieser 
Gelegenheit ein zu dieser Frage abgegebenes Gutachten des 
Herrn Prof. Dr. Ostertag an, wie ferner auch ein solches 
der Königlichen Technischen Deputation für das 
Veterinär wesen. 

Nunmehr ist in der betreffenden Angelegenheit das ge¬ 
richtliche Erkenntniss ergangen und inzwischen rechts¬ 


kräftig geworden. Das Gericht lässt der »Deutsch. Fleiscber- 
Ztg.« zufolge die Gutachten der Herren Prof. Dr. Ostertag, 
Thierarzt Jost und auch der Veterinärcommission un¬ 
beachtet; es stützt sich allein auf die Ausführungen der 
praktischen Sachverständigen und erkennt den 
Minderwerth des Fleisches tragender Schweine 
a n! Nachstehend bringen wir das Urtheil in der in genannter 
Zeitung vom 3. Oktober d. Js abgedruckten Fassung. 

Thatbestand. 

Der Beklagte hat die in der Klagerechnung verzeichneten 
Schweine zu den hier angegebenen Zeiten und Preisen von 
dem Kläger geliefert erhalten. Von diesen Schweinen sind beim 
Schlachten drei über die Hälfte der Zeit trächtig befunden 
worden. Das Gesammtgewicht dieser drei Schweine betrug 
330 kg. Die Trachten dieser drei Schweine wogen zusammen 
69 Pfd. Der Beklagte hat daher bei Zahlung des Kaufpreises 
für 69 Pfd. — ä 43 Pfg. — zusammen 29,67 Mk. und ausser¬ 
dem wegen Minderwerthigkeit des Fleisches in Folge der 
Trächtigkeit für das Kilogramm 10 Pfg., im Ganzen 33 Mk., 
ferner für zwei Bescheinigungen 2 Mk., zusammen also 64,67 Mk. 
— die Klagesumme — abgezogen. 

Dies ist unstreitig. 

Der Kläger hält den Beklagten zu diesen Abzügen nicht 
für berechtigt. Er behauptet, dass das Gewicht der Trachten 
schon jedesmal in dem nach der Klagerechnung zugebilligten 
20 pCt. Gutgewicht Berücksichtigung gefunden hätte und des¬ 
halb nicht noch besonders in Abzug gebracht werden dürfte. 
Im vorliegenden Falle hätten auch die gesammten unbrauchbaren 
Bestandteile der streitigen Schweine einschliesslich der Trachten 
weniger als 20 °/„ ausgemacht, wie der Verkäufer Kamphenkel 
bekunden werde. Ferner sei auch das Fleisch von trächtigen 
Schweinen nicht minderwerthig. Kläger fordert die einbe¬ 
haltene Kaufsumme mit 64,67 Mk. 

Der Beklagte bestreitet die klägerischen Behauptungen. 
In der Processsache Kailer contra Lentz sei bereits rechts¬ 
kräftig festgestellt worden, dass der Verkäufer eines Schweins 
sich das Gewicht der Tracht noch ausser usancemässig ge¬ 
währten 20 °/„ abziehen lassen müsse, und dass auch das Fleisch 
trächtiger Schweine minderwerthig sei. Letzteres sei haupt¬ 
sächlich nur deshalb der Fall, weil solches Fleisch stets weich 
und wässerig sei und bei der gewerblichen Ausnutzung nur zu 
minderwerthigen Waaren verwandt werden könne. Eine Dauer- 
waare sei aus solchem Fleisch überhaupt nicht herzustellen. 

Der Kläger bestreitet dies wiederum und schiebt dem Be¬ 
klagten den Eid darüber zu, dass er das Fleisch von den hier 
in Rede stehenden drei $chweinen nicht für einen geringem 
Preis in Handel gebracht habe, als das Fleisch der nicht; träch¬ 
tigen Schweine. Der Beklagte hat diesen Eid in der Üeber- 
zeugungsform angenommen, aber für unerheblich gehalten. 

Es ist Beweis erhoben worden darüber, ob der Käufer 
von Schweinen, wenn sich beim Schlachten ergiebt, dass die¬ 
selben trächtig sind, berechtigt ist, das Gewicht der Trachten 
in Abzug zu bringen, und ob das Fleisch von trächtigen 
Schweinen minderwerthig ist, und zwar um 10 Pfg. pro Kilo¬ 
gramm, durch Vernehmung der gerichtlichen Sachverständigen: 
1. des Schlächtermeisters KarlHoffmann, 2. des Schlächter¬ 
meisters Georg Kliffmann, 3. der Schlächtermeisters Albert 
Henze als Gutachter des Beklagten. 

Der Beklagte hat ferner Bezug genommen auf das Urtheil 
in Sachen K a i 1 e r contra Lentz sowie auf die Gutachten ver¬ 
schiedener' Fleischer-Innungen, abgedruckt in der »Deutschen 
Fleischer-Zeitung« vom 5. April 1897 und 4. April 1898. Das 
Urtheil Kailer contra Lentz, sowie die zuletzt genannten 
Drucksachen sind vorgelegt und zum Gegenstände der Ver¬ 
handlung gemacht worden. 

Der Kläger hat sich gegenbeweislich berufen auf die Gut¬ 
achten des Thierarztes Jost, des Prof. Dr. Ostertag und 
der König 1 . Technischen Deputation für Veterinär¬ 
wesen in Berlin. Auf die betreffenden Gutachten wird ver¬ 
wiesen ; 


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4io DEUTSCHE TII 1 ER/ERZTLICIIK WOCHENSCHRIFT. 12. November. 


Entscheidungsgründe. 

,Zur Entscheidung stehen zwei Fragen: 

1 . Ist der Käufer von trächtigen Schweinen, 
wenn sich diese Trächtigkeit erst beim Schlachten 
herausstellt, berechtigt, das Gewicht derTraqhten 
in Abzug zu bringen? 

2. Ist das Fleisch von trächtigen Schweinen 
minderwerthig? 

Beide Fragen sind zu bejahen. 

Zu I. Es ist unstreitig, dass sich die Trächtigkeit der 
drei Schweine erst bei dem Schlachten herausgestcllt hat und 
dass das Gesammtgewicht der drei Trachten 69 Pfd. betrug, 
ln dieser Höhe hat der Beklagte also das Fleisch der nach 
Gewicht gekauften Schweine nicht verwerthen können. 

Es ist aber bei dem Kauf stillschweigend vorausgesetzt 
worden, dass das gesamrnte Fleisch für den Käufer verkäuflich 
sei. Die drei Schweine sind somit fehlerhaft im Sinne der 
§§ 198, T. I Tit. 11 und 319, T. I Tit. 5 Allg. L.-R., und 
muss deshalb der Kläger dafür Gewähr leisten. Der Beklagte 
kann daher nach §§ 331 und 328,, I. 5 a. a. O. so viel an 
Vergütung fordern, als die drei Schweine wegen der fehlenden 
Eigenschaften weniger werth gewesen sind. Da nun das Pfund 
Lebendgewicht unstreitig mit 43 Pfg. bezahlt worden ist, so 
ist der Beklagte berechtigt, 69 X 43 = 29,67 Mk. in Abzug 
zu bringen. Der Ansicht des Klägers, dass die Trachten in 
die für jedes Schwein gewährten 20 °/„ Gutgewicht einbegriffen 
seien, hat sich das Gericht nicht anschliessen können. Einmal 
hat der Kläger einen Beweis dafür nicht erbracht, dann ist 
<aber auch in dem oben erwähnten Process Kailer contra 
Lentz das Gegentheil bereits festgestellt, und endlich sprachen 
siph auch die Gutachten Hoffmann und Dr. Ostertag da¬ 
gegen aus. Es erscheint auch einleuchtend, dass die 20 °/ 0 
Gutgewicht hauptsächlich als Vergütung für Abgänge gedacht 
sind, welche bei jedem Stück Vieh selbstverständlich Vorkommen, 
wie Blut, Schmutz, Haare etc.; hierbei handelt es sich über¬ 
haupt nicht um Gewährleistung, da jene Abgänge die Liefer¬ 
barkeit nicht beeinträchtigen. Es erledigt sich dadurch auch 
die klägerische Behauptung, dass im vorliegenden Falle die 
gesammten unbrauchbaren Bestandtheile einschliesslich der 
Trachten weniger als 20 °/ 0 ausgemacht hätten. 

Zu 2. Die gerichtlichen Sachverständigen, Schlächter¬ 
meister Hoffmann, Kliffmann und Henze, haben eidlich 
begutachtet, dass das Fleisch von trächtigen Schweinen minder¬ 
werthig ist, und zwar hauptsächlich, weil es bei der gewerb¬ 
lichen Ausnutzung nur zu minderwerthigen Waaren verwandt, 
und weil Dsuerwaaren daraus nicht bereitet werden könnten. 
Für diese Ansicht sprechen sich auch die Vorstände der 
Fleischerinnungen zu Mainz, Dresden, Bielefeld, Stettin und 
Berlin in (len vorgenannten Fleischerzeitungen aus, und sie muss 
auch als die richtige erachtet werden sowohl im Allgemeinen, 
als auch besonders in dem vorliegenden Falle. Hier hat der 
Schlächtermeister Henze die streitigen .Schweine besichtigt 
Hipd sich dahin geäussert: 

1. das Fleisch war wässerig und matt, 

2. das Fett war lappig und weich, 

3. die Bäuche hatten schon Milcheuter angesetzt. 

Dieses Gutachten kann durch das Gutachten des Thier¬ 
arztes Jost nicht erschüttert werden, da dieser sich über die 
Beschaffenheit der Fleischbestandtheilc der untersuchten Schweine 
gar nicht äussert, sondern nur erklärt, dass er Von seinem 
thierärztlichen Standpunkte aus bei Schweinen einen, Minder¬ 
werth nicht annehmen könne, einmal weil es wissenschaftlich 
nicht erwiesen sei, und sodann, weil der untersuchende Thier¬ 
arzt auf dem städtischen Schlachthofe die streitigen Schweine 
abgestempelt und damit als vollwerthige, gute, zur menschlichen 
Nahrung geeignete Waare hingcstcllt habe. Vom thierärztlichen 
wissenschaftlichen Standpunkte aus allein aber kann die streitige 
Frage überhaupt nicht entschieden werden, und durch die Ab¬ 
stempelung der Schlachtthiere soll doch nur kundgegeben 


werden, dass dieselben die Fleischschau passirt haben und dass 
das Fleisch zur menschlichen Nahrung geeignet ist. Nicht aber 
soll und kann dadurch bezeugt werden, dass jede Waare nun 
vollwerthig und gut genannt werden kann ; es passiren zweifel¬ 
los auch Stücke die Flcischschau, die weniger werthvoll und 
weniger gut sind, aber immerhin die Untersuchung bestehen 
und dann auch die Abstempelung erfahren. Kann also das 
jost’sche Gutachten aus den vorgedachten Gründen das 
Henze 'sehe Gutachten nicht entkräften, und das Gericht hat 
auch keine Veranlassung, an der Richtigkeit des letztem zu 
zweifeln, so gelangt auch das Obergutachten der Technischen 
Deputation für das Veterinärwesen vom 3. März 1898 
zu dem Schluss, dass das Fleisch der streitigen Schweine minder¬ 
werthig gewesen ist. Das weitere Argument der Deputation, 
dass, wenn das Fleisch die von Henze bekundeten mangel¬ 
haften Eigenschaften gehabt hätte, als verdorben anzusehen 
gewesen und von der Fleischschau verworfen wäre, ist völlig 
irrig. Derartiges Fleisch ist keineswegs als verdorben anzu¬ 
sehen und wird nicht verworfen, sondern kommt in grossen 
Mengen in den Handel. Ein diesbezüglicher Artikel in der vor¬ 
genannten »Deutschen Fleischer-Ztg.« vom 4. April 1898 be¬ 
stätigt diese Ansicht. Die Technische Deputation ist 
auch in dem ersten Gutachten vom 23. August 1897 anderer 
Meinung; denn hier heisst es bezüglich geschlachteter, träch¬ 
tiger Schweine auf Seite 6 »das Fett ist gelblich gefärbt, 
weich und lappig; das Fleisch von matt graurother Farbe«, 
und sodann: »derartiges Fleisch ist als minderwerthig zu be¬ 
zeichnen. Im Viehhandel werden solche Schweine wegen ihres 
dürftigen Nährzustands allgemein auch zu niedrigen Preisen 
verkauft.« Keineswegs aber wird hier, obwohl es fast genau 
dasselbe besagt, wie das Henze 'sehe Gutachten, erklärt, dass 
solches Fleisch als verdorben anzusehen sei im Sinne des § 10 
des Gesetzes vom 14. Mai 1879. Das Obergutachten der Tech¬ 
nischen Deputation kann aber auch im Allgemeinen das Gut¬ 
achten der sachverständigen Schlächtermeister nicht entkräften. 
Es heisst nämlich in dem ersten Gutachten vom 23. August 
1897: »Wenn Schweine während der Dauer der Trächtigkeit 
Futter erhalten, welches für Zuchtzwecke passend ist, so 
geht der Nährzustand der Thiere in der zweiten Hälfte der 
Trächtigkeit allmälig zurück. Das Fleisch zeigt eine erhebliche 
Verschiedenheit von dem Fleische gemästeter, nicht tragender 
Schweine«, und sodann: »das Fleisch trächtiger, aber im guten 
Mastzustand befindlicher Schweine wird durch die Trächtigkeit 
nicht erheblich verändert«. Das Obergutachten giebt also auch 
in letzterem Falle eine Veränderung in dem Zustande der be¬ 
treffenden Thiere zu, wenn auch nur eine nicht erhebliche, so 
dass deshalb solches Fleisch vom wissenschaftlichen Standpunkte 
aus nicht als minderwerthig bezeichnet werden könne. Also 
nur aus letzterem Gesichtspunkt kann das Obergutachten ge¬ 
würdigt werden, und zwar um so mehr, als es am Schlüsse 
desselben heisst: »schliesslich bemerken wir, dass sich die 
Frage, ob das Fleisch der im vorgeschrittenen Grade trächtigen 
Schweine sich schwerer zu Wurstwaaren und dergleichen ver¬ 
arbeiten lässt, unserer Beurtheilung entzieht«. Damit bekennt 
die Technische Deputation, dass die streitige Frage hauptsäch¬ 
lich aus der Praxis heraus zu entscheiden ist, und die sach¬ 
verständigen Schlächtermeister, sowie auch die Vorstände der 
vorerwähnten Fleischer-Innungen sind der Meinung, dass der¬ 
artiges Fleisch sich schwerer zu Wurstwaaren u.*dergl. ver¬ 
arbeiten lässt und nur zu minderwerthigen Verkaufswaaren ver¬ 
wandt werden kann. Das Gutachten der Praxis muss deshalb 
allein ausschlaggebend sein, und somit ist der Beklagte auch 
hier berechtigt, den Minderwerth auf Grund der zu 1 ange¬ 
führten gesetzlichen Bestimmungen auf den Kaufpreis in Abzug 
zu bringen. Er beträgt nach dem Gutachten 10 Pfg. pro Kilo¬ 
gramm, im Ganzen also 33 Mk. Es kommen hierzu 2 Mk. für 
verauslagte ßescheinigungsgebühren, so dass der Beklagte im 
Ganzen 64,67 Mk. in Abzug bringen durfte. Die Behauptung 
des Klägers, dass der Beklagte das Fleisch von den streitigen 
Schweinen für einen geringeren Preis in Handel gebracht habe, 
als das Fleisch von nicht trächtigen Schweinen, ist durch den 
nach dieser Richtung hin Seitens des Beklagten geleisteten Eid 


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No. 46. 


DEUTSCHE TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


4 t 1 


widerlegt. Aus den vorstehenden Erwägungen war unter An¬ 
wendung der §§ 87, 649 Civilprocessordnung, wie geschehen, 
zu erkennen. 


Das Fleisch nothgeschlachteter Thiere. 

Von Amtsthierarzt Tremmel-Wien. 

(Thierärztliches Centralblatt, 1898, No. »9.' 

Mit B6zug auf die Ausführungen von Augst und Harten¬ 
stein über die Beurtheilung des Fleisches nothgeschlachteter 
Thiere giebt Verf. seine während seiner Thätigkeit als Beschau¬ 
thierarzt an der Wiener Grossmarkthalle gesammelten Er¬ 
fahrungen über diesen Gegenstand bekannt: 

In fast allen untersuchten Fällen war die Reaction des 
meist ohne Eingeweide eingebrachten Fleisches sauer, wobei 
T r. jedoch bemerkt, dass die Vornahme der Prüfung 2 — 3 und 
selbst 4 Tage nach der Schlachtung geschah. Häufig wurde 
eine sulzige, blutig-sulzige, ja selbst hämorrhagische Infiltration 
des Binde- und Muskelgewebes constatirt, ohne dass mechanische 
Einflüsse hierfür verantwortlich zu machen waren. Auffallend 
war meist die Farbe des Fleisches, dunkel, fast schwarz, lehm¬ 
farbig oder wie gekocht aussehend. Frische Schnittflächen 
wurden nach kurzer Zeit ziegelroth. Manchmal wurde auch 
ein eigenthümlicher, an Phosphor erinnernder Geruch wahr¬ 
genommen. Das Fett ist oft röthlich bis violettroth gefärbt 
in der Tiefe nicht minder wie auf der Oberfläche. Die Drüsen 
werden häufig vergrössert, serös oder blutig durchtränkt vor¬ 
gefunden, namentlich war dies der Fall bei den Schenkeldrüsen. 
Die Capillaren sind stark gefüllt, in den grösseren Gefässen ist 
flüssiges, dunkel gefärbtes Blut enthalten. 

Ueber die Beurtheilung des nothgeschlachteten Fleisches 
lassen sich keine bestimmten Normen aufstellen, sondern man 
muss in Rücksicht auf das Vorhandensein der oben erwähnten 
Veränderungen immer von Fall zu Fall entscheiden. Görig. 


Thierzucht und Thierhaltung. 

Zur Landbeschälung In Oesterreich und die dazu be¬ 
nutzten Vollbluthengste. 

Von Fritz Flaum. 

(Oesterreich. Monatsschrift für Thierheilkunde, 1898, 7—8.) 

Aus der Gepflogenheit der Fürsten und Grossen, ihre 
Hengste zum Decken der Stuten ihrer Unterthanen abzugeben, 
entwickelte sich die Landbeschälung. Die Züchter hatten hier¬ 
für die Verpflichtung, die aus der Paarung entstammenden Hengst¬ 
fohlen zur Hofhaltung, zum Kriegsdienst etc. abzugeben, die 
Stutfohlen aber zur Weiter Züchtung zu gebrauchen. Welchen 
Einfluss dieses Institut der Landbeschälung für die Pferdezucht 
hatte, geht daraus hervor, dass nach einer Angabe von Wörz 
in »die Staats- oder Landespferdezuchtanstalten in Württem¬ 
berg« die Landstände in Württemberg im Jahre 1566 berichten 
konnten: »Tls hielten sich so viele Leute Füllen, aus denen 
sie schöne und köstliche Rosse zögen, dass man zur Fütterung 
neben dem Hafer auch Dinkel gebraucht habe« und die württem- 
bergische Regierung daraufhin ein Verbot ergehen Hess, die 
Pferde nicht zu sehr zum Nachtheil der Ochsen zu vermehren. 

In Württemberg wurde unter der Regierung des Herzogs 
Friedrich Karl von dem Oberststallmeister v. Kniestädt im 
Jahre 1685 das erste Landgestüt eingerichtet, die erste be¬ 
kannte und ausschliesslich der Landesbeschälung dienende Ein¬ 
richtung. Oesterreich folgte erst ca. 100 Jahre später mit der 
Aufstellung von Landbeschälern, welche hinsichtlich ihres Ge¬ 
brauchszweckes bald jedoch so sehr ansprachen, dass bereits 
im Jahre 1781 ihre Zahl auf 400 Stück vermehrt werden 
konnte. 


Nach dieser kurzen, geschichtlichen Einleitung kommt 
Verf. auf die Landespferdezucht in Oesterreich in dem letzten 
anderthalb Decennium und beginnt mit der Aufzählung der in 
den einzelnen Landestheilen vorhandenen Pferdebestände, der 
zur Zucht aufgestellten Hengste nach Anzahl, Rasse und Schlag. 
Der Gesammtbestand aller Landbeschäler in den im Reichs- 
rathe vertretenen Ländern der österreichischen Monarchie belief 
sich im Jahre 1884 auf 1966 Staatshengste, im Jahre 1898 auf 
2199, hat sonach in dem Zeitraum von 15 Jahren eine Ver¬ 
mehrung um 233 Stück erfahren. Aus der nun folgenden 
Detaillirung der Staatshengste in den einzelnen Kronländern 
nach Rasse und Schlag ist zu entnehmen, dass die Anzahl der 
zur Zucht aufgestellten kaltblütigen Pferde eine ganz bedeutende 
ist. Von diesen stellt die Pinzgauer Rasse das grösste Con- 
tingent und beherrscht vornehmlich die österreichischen Alpen¬ 
länder, die Landestheile der ehemals römischen Provinz Noricum. 
Es sind hiervon aufgestellt in Oberösterrcich 32, Niederösterreich 
23, Salzburg, wo sich die Rasse am reinsten erhalten hat und 
keine Hengste anderer Rasse zum Deckgeschäft verwendet 
werden, 37, Steyermark 36, Kärnthen 68, Krain 29, Böhmen 16. 
Neben den Pinzgauern sind von kaltblütigen Schlägen vertreten: 
Wallonen, Burgunder, Ardenner, Carthorses und einige Suffolk¬ 
pferde. 

Wehn oben erwähnt wurde, dass die Kaltblutzucht einen 
bedeutenden Umfang genommen hat, so ist indess zu bemerken, 
dass dem edlen Pferde (Vollblut und Halbblut englischen und 
orientalischen Ursprungs) immer noch der grössere Antheil an 
der Landbeschälung zufällt. Galizien und Schlesien z. B. be¬ 
sitzen nur 1 bezw. 2 kaltblütige Beschäler, in der Bukowina 
sind nur Beschäler edler Abstammung aufgestellt, sie bildet in 
dieser Beziehung den Gegensatz zu Salzburg. Auch in Böhmen 
und Mähren, ferner in Ober- und Niederösterreich wird die 
Edelzucht gepflegt. Der Gesammtbestand beläuft, sich nach 
Zahl und Rasse auf 96 englische Vollblüter, 718 englische 
Halbblut, 202 Norfolk, 16 orientalische Vollblut, 344 orientalische 
Halbblut, 68 Lippizaner, 10 Kladruber, 125 Noniushengste. 
Bemerkenswerth dürfte noch sein, dass sich unter deh 
Halbblutpferden eine nicht unbeträchtliche Zahl Oldenburger 
und Hannoveraner Hengste befinden, ferner 7 amerikanische 
Traber. 

Hinsichtlich ihres Ursprungs ist zu erwähnen, dass fast 
ein Dritttheil (632) der Landbeschäler aus den Staatsgestüten 
Radautz und Piber stammt, 605 Hengste wurden von den Staats¬ 
fohlenhöfen geliefert, 681 wurden im Inlande, 34 in Ungarn 
und nur 247 im Auslande angekauft. Der grösste Theil davon 
wurde aus Oldenburg, Hannover und anderen Gebieten Deutsch¬ 
lands, in denen zielbewusst eine constante Rasse gezüchtet wird, 
bezogen. 

Die Deckgebühren sind im Allgemeinen sehr niedrig. 
Während in Krain gar kein Deckgeld erhoben wird, beträgt 
dasselbe in anderen Ländern nur I, 2—3 Gulden. Indess 
werden auch sehr hohe Gebühren erhoben: z. B. für den im 
Jahre 1894 für die ganz respektable Summe von 18000 Guineen 
angekauften Matchbox 300 Gulden für Halbblut- und 200 Gulden 
für Vollblutstuten. Die im GaHzischen aufgestellten Vollblüter 
Or-vert und Weathercock fordern 30 Gulden für Voll- und 
Halbblutstuten. 

In dem zuletzt abgeschlossenen Berichtsjahre 1896 haben 
2117 Landbeschäler 104746 Stuten gedeckt, von denen 54810 
befruchtet wurden. Hiervon haben 48322 lebende Fohlen zur 
Welt gebracht. Es hat sonach jeder Hengst durchschnittlich 
49 Stuten gedeckt, wovon 26 befruchtet wurden und 23 lebend 
gefohlt haben. Neben diesen Staatshengsten befindet sich noch 
eine nicht unbeträchtliche Zahl (ca. 450) von staatlich licenzirtcn 
Privathengsten im Gebrauch. 

Die in Privatpflege befindlichen Hengste würden am meisten 
zum Deckgeschäft Seitens der Landbevölkerung bevorzugt. Von 
diesen hatte jeder 55 Stuten zu decken, auf die Deckhengste 
in den Stationen kamen 46 Stück und auf die in Miethe 
stehenden sogar nur 31 Stuten. In Krain deckte jeder Staats¬ 
hengst'56, in Steyermark 55, Böhmen 47 etc. Stuten. Die 


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412 


DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


12. November 


niedrigste. Zahl hat Niederösterreich mit nur 33 Stuten auf einen 
Hengst. 

Bezüglich der Grösse des Landes im Verhältniss zur An¬ 
zahl der Hengste ist zu constatiren, dass auf 5416 Quadrat¬ 
meilen 2199 Hengste decken, mithin auf 2,46 Quadratmeilen 
1 Deckhengst kommt. Die entsprechenden Zahlen in Preussen 
betragen 6393 Quadratmeilen, 2748 Landbeschäler, 1 Deck¬ 
hengst auf 2,32 Quadratmeilen. 

Am Schlüsse seiner interessanten Arbeit kommt der Autor 
auf die Vollblutzucht im Allgemeinen zu sprechen und erwähnt 
hierbei, dass, wenn auch dieselbe in einzelnen Kronländern 
nicht verwendbar ist und deshalb weniger Interesse hierfür 
besteht, doch diese für das grosse Ganze von hoher Bedeutung 
ist. In richtigem Verständniss und Würdigung dieser Momente 
hat die Leitung der österreichischen Landespferdezucht sich 
nicht gescheut, hohe Summen für die Gewinnung hochedler 
Vallbluthengste anzulegen. Als solche sind anzuführen der 
schon oben erwähnte Matchbox, Stronzian, Weathercock, der 
im Jahre 1896 als Dreijähriger mit der ganz ansehnlichen Summe 
von 144400 Kronen an der Spitze der Rennpferde Oesterreichs 
steht; BenoRon, gewann als Dreijähriger 26690 Kronen, Bri¬ 
tanniens etc. Der weitaus grösste Theil der Vollbluthengste 
stammt aus Oesterreich, bezw. Ungarn, nur ein kleiner Theil 
wurde aus dem Auslande bezogen. 

Dem Bericht ist ferner eine Liste der Vollblut-Landbe- 
schäler nebst Angabe von Alter, Abstammung und des zu ent¬ 
richtenden Deckgeldes und eine Kartenskizze angefügt, auf 
welcher die Beschälstationen und die Anzahl der daselbst auf¬ 
gestellten Hengste mit Angabe ihrer Rasse eingezeichnet sind. 

G ö r i g. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Uebera&hme von Viehversichepungrs-Agenturen durch 

Thierärzte. 

Bekanntlich ist durch gemeinsamen Runderlass des preussi- 
schen Landwirthschaftsministers, Kultusministers 
Und Ministers des Innern den Kreisthierärzten, Schlacht¬ 
hausthierärzten und Fleischbeschauern die Uebernahme von 
Agenturen für Viehversicherungen untersagt worden. Die 
Perleberger Viehversicherungsgesellschaft ist nun 
bei dem preussischen Ministerium um eine Abänderung dieser 
Bestimmung vorstellig geworden; darauf ist unterm 5. Juli d. J. 
folgender Bescheid ergangen: 

Bei dem Verbote in unserem gemeinsamen Erlasse vom 
3. Januar d. Js., dass beamtete Thierärzte Agenturen von Vieh¬ 
versicherungsgesellschaften übernehmen, muss es verbleiben. 
Dagegen haben wir nichts dawieder zü erinnern, wenn Seitens 
der Herren Regierungs-Präsidenten eine Betheiligung der be¬ 
amteten Thierärzte bei dem Betriebe der Schlachtvieh Versicherung 
widerruflich dahin gestattet wird, dass dieselben gegen ange¬ 
messenes Entgelt die zur Aufnahme der Thiere erforderlichen 
thierärztlichen Untersuchungen übernehmen und die erforder¬ 
lichen Atteste ausstellen, während die eigentlichen Agentur¬ 
geschäfte von anderen Personen besorgt werden 

Das Entgelt darf weder in einem Antheile an der Prämie 
oder Versicherungssumme, noch in einer sonstigen Betheiligung 
an den finanziellen Ergebnissen der Gesellschaften bestehen, 
sondern es ist entweder nach festen Sätzen für jede Unter¬ 
suchung, jedes Attest u. s. w. zu bemessen, oder als feste Ver¬ 
gütung für einen bestimmten Zeitabschnitt festzusetzen. 

Desfallsige Gesuche sind an die Herren Regierungs-Präsi¬ 
denten zu richten. 


Vereinsnachrichten. 

Verein Badischer Thierärzte. 

T agesordn ung 

für die am 19. November 1898 in Karlsruhe stattfindende 
XXXII. Generalversammlung. 

1. Berichterstattung Aber die Thätigkeit des Vereins 1897/98. 

2. Verkündung, PrUfung und Verbescheidung der Vereinsrechnung und 
der Rechnung der Fuchsstiftung fQr 1897. 

3. Aufstellung des Voranschlags pro 1898/99. 

4. Bestimmung des Orts der 1899 er General Versammlung. 

5. Vortrag des Collegen Stad 1 er-Karlsruhe: »Die Versicherung der 
Rindviehbestände«. 

6. Vortrag des Collegen Schlegel-Freibnrg: »Die Lungenwurm- 
- seuche der Ziege«. 

7. Vortrag des Collegen F 1 u m - Eberbach : »Einiges über die Be¬ 
kämpfung des Rothlaufs der Schweine«. 

8. Wünsche und Anträge. 

Die Vereinsdirection. 

Braun. 


Personal-Nachrichten. 

Auszeichnungen: Dem k. k. Oberthierarzt im 7. Husaren-Regiment, 
Schindler, wurde der Rothe Adlerorden IV. CI. verliehen. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen : Thierarzt T r o p s in Langen wurde 
zum Kreisveterinärarzt in Worms ernannt. Schlachthofverwalter Schultz in 
Neuroarkt wurde zum Schlachthofinspektor in Wismar, nicht wie irrthQmlich 
berichtet, Thierarzt Wisnefsky, Thierarzt Lohsee in Hirschberg zum 
Schlachthofassistenzthierarzt in Cottbus, Tbierarzt F r a s c h, bisher klinischer 
Assistent an der thierärztlichen Hochschule in Stuttgart, zum Districtstbierarzt 
in Hayingen gewählt. Verzogen sind die Thierärzte E. M. Arndt von 
Jastrow nach Freystadt, Dürwald von Schlamersdorf nach Pansdorf (Hol¬ 
stein), Hohmann von Braunschweig nach Hamburg, Nethe von Gerb- 
städt nach Rosenberg (Westpr.), Schaarscbmidt von Naunhof nach 
Gerbstädt, Lenz von Berlin nach Wetzlar, Keim von Rastenburg nach 
Nimptsch (bei Breslau), Wolfram von Tempelburg nach Bochum, G e 1 b k e 
von Nimptsch nach Creuzburg a. W. Niedergelassen haben sich die Thier¬ 
ärzte Dr. Fr. Bruns in Hensweiler, Schönweiler in Schledehausen 
(Hann.), H. S toi pp in Mockmühl (Württ). 

Das Examen als beamteter Thierarzt in Bayern haben be¬ 
bestanden: Georg Stroh, prakt. Thierarzt in-lchenhausen, Carl Gas teiger, 
prakt. Thierarzt in Erding, Carl Hammer, prakt. Thierarzt in Mutterstadt, 
Johann Mattem, prakt. Thierarzt in Hasslach, Anton Zölch, Veterinär 
im Kgl. 2. schweren Reiter-Regiment in Landshut, Hermann F e s e r, bezirlu- 
thierärztlicher Assistent in Starnberg, Ludwig Rücker, prakt. Thierarzt in 
Iffeldorf, Wilhelm S c h m i d , prakt. Thierarzt in Seeg bei Füssen, Theodor 
Bla im, städtischer Veterinärassistent in München, Dr. Henry Borgert, 
Polizei-Thierarzt in Hamburg, Friedrich Z i n c k, Districtsthierarzt in Sesshch, 
Wilhelm Krempl, prakt. Thierarzt in Bad Kissingen, Christian Summa, 
Distriktsthierarat in Männerstadt, Franz Oskar, Districtsthierarzt in Hemau, 
Wilhelm D U r b e c k, Assistent an der Kgl. thieräifetlichen Hochschale in 
München, Hyacinth Abele, Districtsthierarzt in Roth a./S., Alois Strauss, 
Districtstbierarzt in Wemding, Otto Halter, Districtsthierarzt ln Rottenbuch. 

Das thier&rztliehe Approbationsexamen bestanden in.Stutt- 
gart: Carl Schönweiler und H. S t o 1 p p. 

Veränderungen beim Veterlii&ppepson&l des Deutschen 

Heeres: Versetzt: Rossarzt Hogrefe vom Art.-Regt No. 7 in Wesel nach 
Düsseldorf. Zum Rossarzt befördert: Unterrossarzt Gottleuber vom 
Ul.-Regt. No. 18 unter Versetzung zum Ul.-Regt. No. 17, 

Gestorben: Oberrossarzt a. D. Scharffenberg in Mühlheim a. Rh., 
Thierarzt C. Neumann in Neuenburg (Westpr.), Thierarzt L. Andrer in 
Hohenziatz (Sachsen). 


Verleg der Gesellschaft „Deutsche TMerlrzttkhe Wecfccmchrlft“ (i. A. Prof. Dr. Mal km ns in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der MaoklePsehen Druckerei in Karlsruhe i. B. 


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Deutsche 

Thierärztliche Wochenschrift 


Prof. Dr. Dam mann, 

Geheimer Begiernngs- and Medicinalrath, 
Director der Thierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 


herauagegeben von 
Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregierangerath 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Begierongsrath und Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Louisenthal (Saar). 

redigirt von 

Prof. Dr. Malkmu$ in Hannover. 


Die Deutsche Thierilrzt liehe Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Han 
abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit directer 
portofreier Zusendung oder bei der Post, auf No. 1784a. 


Sämmtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. M&lkmus in Hannover erbeten, 
Sechster J&hrff&Ilff« Correctnren und Anzeigen an die Expedition der 
^ ® Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 

in Karlsmhe (Baden!. 


M 47. 


Ausgegeben am 19. November. 



Welche Massregeln haben sich bei der Be¬ 
kämpfung der Brustseuche am besten 
bewährt? 

Von Christian! - Darmstadt. 

(Schluss.) 

Bezüglich der Desinfection ist in den Veterinär-Sanitäts¬ 
berichten nur gesagt, dass sie sich gut bewährt habe. 

Die Schwierigkeit, geeignete Absonderungsräumlichkeiten 
zu beschaffen, ist zuerst Veranlassung dazu geworden, ver¬ 
seuchte Bestände im Freien, unterzubringen. Dabei stellte sich 
heraus, dass das Biwakiren als eines der besten und geeignetsten 
Tilgungsmittel für Brustseuche angesehen werden muss, was ja 
auch leicht erklärlich ist. Nicht nur sind im Biwak die Pferde 
etwaigen krankmachenden Einflüssen des Stalles entrückt, 
sondern es ist eine Separation der Kranken von den Gesunden 
und von einander selbst dann noch möglich, wenn die Seuche 
bereits grosse Ausdehnung gewonnen hat. Die Unterdrückung 
der Seuche ist also durch das Biwakiren wesentlich erleichtert. 
Der Aufenthalt im Freien bringt erwiesener Massen auch bei 
schlechter Witterung, ausser minder gutem Haar- und Nähr¬ 
zustand sowie häufigeren Verletzungen, keinen erheblichen Nach¬ 
theil und ist namentlich die Furcht vor Erkältungen für gewöhn¬ 
lich kaum begründet. Der Verlauf der einzelnen Krankheits¬ 
fälle gestaltet sich im Biwak vielmehr günstiger. 

Luftige Baracken und Zeltstallungen kommen in ihrer heil¬ 
samen und seuchetilgenden Wirkung dem Biwak nahezu gleich 
und sind bei nasskaltem, windigem Wetter diesem vielleicht 
vorzuziehen. 

Die Veterinär-Sanitätsberichte melden zahlreiche günstige 
Erfolge des Biwakirens, welchen nur wenig ungünstige Ergeb¬ 
nisse desselben gegenüberstehen. In den Sanitätsberichten pro 
1889, S. 71 und pro 1890, S. 70, wird mitgetheilt, dass bei 
einigen Regimentern die Brustseuche im Biwak sich weiter aus¬ 
gebreitet und stellenweise sogar einen schnellen Verlauf ge¬ 
nommen habe. Eine Erklärung für diese ausnahmsweise geringe 
oder gar ungünstige Wirkung des Biwaks auf Einzelerkrankung 
und Seuchenverlauf ist in den Berichten nicht gegeben. Wirft 
man aber einen Blick auf die graphischen Darstellungen der 
Tafel - VI, so sieht man, dass im Jahre 1889 der im Vorjahr 
in grosser Verbreitung herrschende infectiöse Katarrh der oberen 
Luftwege noch nicht erloschen ist und die Rothlaufseuche-Curve 
gewaltig ansteigt, um sich bis zum Jahre 1892 auf beträcht¬ 
licher Höhe zu erhalten. Da drängt sich die Vermuthung auf, 
dass man es bei den betreffenden Regimentern entweder über¬ 


haupt nicht mit Brustseuche oder mit dieser und einer anderen 
Seuche zu gleicher Zeit zu thun gehabt habe. Letzteres ist 
bei einzelnen Regimentern ganz unzweifelhaft der Fall gewesen. 
Im Jahre 1890 herrschte in meiner damaligen Garnison Brust¬ 
seuche und mehr noch Rothlaufseuche unter den Pferden der 
Civilbevölkerung. Als nun einzelne Pferde meines Regiments 
unter dem Bilde der Brustseuche erkrankten, wurde diese Seuche 
commissarisch festgestellt und zwei Batterien bezogen Biwak. 
Während desselben ging die Krankheit unter den Pferden ruhig 
weiter, hatte aber bald ausschliesslich den Charakter der Roth¬ 
laufseuche angenommen. Im Veterinär-Sanitätsbericht figurirt 
das Regiment mit Brustseuche. 


Tafel VI. 



Rothlaufseuchencurve nach jährlichen absoluten Zahlen. 
_______ Katarrhe der Luftwege und »andere Lungenkrankheiten« 

nach jährlichen absoluten Zahlen. Gemeinsame Ziffer¬ 
scala links. 

Sporadische Lungenentzündungen nach jährlichen absoluten 
Zahlen. Zifferscala rechts; der Deutlichkeit wegen in 
50 fach grösserem Massstab als für die beiden anderen 
Curven. 

Ausser Acht dürfte auch nicht zu lassen sein, dass vom 
Jahre 1888 bis zum Jahre 1890 die Armee stark vermehrt 
worden ist (cf. Tafel I) und die Ankaufspferde, wie immer, 
neben der Brustseuche auch Druse und andere Infectionskrank- 
heiten mitbrachten, so dass in diesen Jahren, namentlich bei 
den von der Augmentation vorzugsweise betroffenen Artillerie- 


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414 

Regimentern, von reinen Brastseuche-Epidemien wahrscheinlich I 
nicht zu sprechen sein dürfte. 

Verwechslungen der Brustseuche mit infectiösen Katarrhen ! 
der Luftwege und umgekehrt werden in den Veterinär-Sanitäts¬ 
berichten alljährlich bestätigt. Hin und wieder werden die 
Katarrhe ausdrücklich als leichte Form der Brustseuche ange- j 
sprochen, aber wohl mit Unrecht, wie folgender Fall dar- j 
thun mag. 

Nachdem die früher im Barackenlager auf dem Truppen¬ 
übungsplatz bei Griesheim untergebrachte 4. Eskadron Dragoner- 
Regiments No. 24 im Laufe des Winters 1896/1897 von der 
Brustseuche heimgesucht worden, durchgeseucht hatte und am 
19. März 1897 für seuchenfrei erklärt worden war, siedelte 
sie bald darnach in einen neu erbauten Theil des gemeinschaft¬ 
lichen Kasernements des Regiments in Darmstadt über. Hier 
stellte sich kurze Zeit darauf bei vielen Pferden der Eskadron 
ein acuter Katarrh der Luftwege ein, welcher bei den meisten 
Thieren mit fieberhaft gesteigerter Körpertemperatur, bei allen 
mit mangelhafter Fresslust, allgemeiner Schwäche und Hin¬ 
fälligkeit einherging. Die sichtbaren Schleimhäute waren meist 
geröthet, wenig geschwollen. Gelbrothe Verfärbung fand sich ; 
in keinem Falle. Nasenausfluss bestand nur bei einzelnen 
Thieren, war grauweiss, schleimig. Pferde, welche kurz zuvor 
die Brustseuche überstanden hatten, wurden in gleichem Grade 
wie andere befallen. Eine Uebertragung des Katarrhs auf 
Pferde anderer Eskadrons kam nicht vor, obwohl keine Ab¬ 
sperrung bestand. Er charakterisirte sich vielmehr als eine 
nicht übertragbare Stallseuche, die weder bei anderen Truppen¬ 
pferden noch bei Privatpferden der Garnison gleichzeitig zu 
beobachten war. 

Wenn nun angegeben wird, dass die Brustseuche im Biwak 
ruhig weiterschreitet und sogar, entgegen ihrem sonstigen Ver¬ 
halten, rasch an Ausbreitung gewinnt, so dürften Zweifel an 
der Richtigkeit der unter Umständen sehr schwierigen Diagnose 
nicht ganz ohne Berechtigung sein. Man wird daher das Bi- 
wakiren nach wie vor als gutes Bekämpfungsmittel der Brust¬ 
seuche ansehen müssen. 

Die genaue Durchführung der verschärften Massrcgeln, j 
namentlich die Stallräumungen und das Beziehen von Biwaks, 
hatte für die Truppen mancherlei Unzuträglichkeiten mit sich 
gebracht, deren Beseitigung wünschenswerth erschien. Der 
gute Erfolg der Massrcgeln war auch kein bleibender, denn nach der 
Armeeverstärkung im Jahre 1890 schnellte die Zahl der Seuchen- i 
kranken im vierten Quartal zu einer vorher noch nie erreichten 
Höhe auf, die sich auch im ersten Quartal 1891 nicht nennens- 
werth verminderte (Tafel I und II). Der bis dahin gültige Ent¬ 
wurf einer Seucheninstruction wurde am 6. Juli 1891 durch 
einen neuen mit milderen Bestimmungen ersetzt. Vor Allem 
wurde die Evacuirung der Ställe, in welchen sich Brustseuche 
gezeigt hatte, aufgehoben und nur die Separation kranker und 
verdächtiger Pferde war weiterhin vorgeschrieben. Bei unzu¬ 
reichenden Krankenställen oder bei Mangel an sonstigen ge¬ 
eigneten Unterkunfsräumen wurde Biwakiren bis zum Erlöschen 
der Seuche empfohlen, aber auch dann nur unter der Voraus¬ 
setzung guter und beständiger Witterung sowie einer Minimal- j 
lufttemperatur von -f6C. Waren diese Bedingungen nicht j 
gegeben, so sollte der Stall, in welchem die Seuche ausgc- [ 
brochen war, als Krankenstall gelten. Immer aber sollten die 
bei rossärztlicher Untersuchung als gesund befundenen Pferde [ 
zum Dienst herangezogen werden, so dass die kriegsmässige j 
Ausbildung des Truppentheils, bei sorgfältiger Beobachtung j 
und Berücksichtigung des Gesundheitszustandes der Pferde, [ 
nicht wesentlich behindert wurde. 

Dcsinfectioncn sollten periodisch vorgenommen werden, 
auch dann, wenn keine Erkrankungen vorgckoinmcn waren. \ 
Als Desinfectionmittel wurde Sublimatwasscr (1 : 5000) bestimmt. 

Am Stallbodcn wurden die mit Urin durchtränkten Stellen j 
mittelst heisscr Asche ausgebrannt. Der Dünger war stets so- \ 
fort abzufahren oder zu vernichten. 

Mit Genehmigung des Gcneralcommandos konnten die 
Massregeln erweitert oder eingeschränkt werden. 


19. November. 

Trotz der Milderung der Massrcgeln sank auffallender Weise 
die Zahl der Brustscuche-Erkrankungen sowie der verseuchten 
Truppentheile, nach einer vorübergehenden Herabsetzung der 
Zahl der Armeepferde, bis zum Jahre 1893, dagegen blieb die 
durchschnittliche Brustseuche-Sterblichkeit fast dauernd erhöht. 
Im Verlauf des Jahres 1E93 erfolgte eine neuerliche Vermehrung 
des Pferdebestandes der Armee, worauf im vierten Quartal die 
Seuche wieder einen relativ hohen Stand erreichte. 

Die schon wiederholt beobachtete Zu- und Abnahme der 
Erkrankungsziffer mit dem Steigen und Sinken des EfTectiv- 
bestandes der Armee an Pferden und das regelmässige An¬ 
steigen der Seuche im vierten Quartal führen zu dem Schluss, 
dass die Seuche, ungeachtet aller gegen sie angewendeten Mass¬ 
rcgeln, immer mit dem Zeitpunkt erscheint, wo inficirtes oder 
empfängliches Material neu hinzukommt und die Pferde dann 
viel im Stalle stehen müssen. 

Am 4. Juli 1894 gab das Kriegsministcrium den Truppcn- 
theilen anheim, bei Ausbruch der Brustscuchc von Unter- 
drückungsmassregeln abzuschen und zu versuchen, ob die 
Scuchendauer mittelst Durchseuchcnlassen der Pferde ohne er¬ 
hebliche Nachtheile abgekürzt werden könne. Gerade ältere 
und wohlerfahrene Rossärzte waren es gewesen, welche das 
Durchseuchenlassen bei Brustseuche empfohlen hatten, durch¬ 
drungen von der Wirkungslosigkeit der Unterdrückungsmass- 
regeln, und man berichtete Anfangs mehrfach über günstige 
Resultate desselben. Den Desinfcctionen wurde jeder Einfluss 
auf die Seuchentilgung abgesprochen. Man ging sogar so weit, 
eine künstliche Infection aller in die Armee einzustellenden 
Pferde mit der Brustseuche vorzuschlagcn. Abgesehen davon, 
dass eine künstliche Infection nicht immer gelingt, die an¬ 
scheinend unempfänglichen Thicrc aber später bei neuerlichem 
Seuchenausbruch dennoch erkranken, ist zu berücksichtigen, 
dass jährlich weit mehr als 7000 Pferde an die Truppen ver¬ 
theilt werden. Die Brustscuchc würde bei eventueller Ver¬ 
wirklichung des genannten Vorschlages dauernd auf einer Höhe 
erhalten, die sie bis jetzt noch nie erreicht hat und demnach 
noch viel mehr Schaden anrichten als bisher. Die Remonte- 
depots würden zu Seuchenherden umgeschaffen, von denen 
immer neue Infcctioncn der Pferde der Civilbevölkcrung aus- 
gehen würden. 

Nachdem ausreichende Erfahrungen mit dem Durchseuchen¬ 
lassen inficirter Bestände gesammelt worden waren, äusserten 
sich so ziemlich alle Referenten übereinstimmend dahin, dass 
mit ihm kein Nutzen für die Truppen verbunden sei, weil mehr 
Pferde und diese meistens schwerer erkrankten, als es bei der 
Separation kranker Thiere der Fall zu sein pflegt, auch wurde 
der Scuchenvcrlauf dadurch nicht abgekürzt. In Folge der 
Tcnacität des Krankheitsstoffcs in den Stallungen wurden ein¬ 
zelne Regimenter seit Anwendung der Methode des Durch- 
seuchens so lange nicht mehr ganz seuchenfrei, bis sie durch 
frühzeitiges Feststellen der Seuche, sofortiges Isoliren der 
Kranken und gründliche Desinfection der Ställe die Tilgung 
erstrebten. Das Durchseuchcnlassen hat sich also nicht be¬ 
währt. 

Alle bisher zur Fernhaltung und Unterdrückung der Brust¬ 
seuche unter den Militärpferden angewendeten Massregeln sind, 
im Grossen und Ganzen genommen, ohne wesentlichen Erfolg 
geblieben und werden es auch so lange bleiben, als die Quellen 
der Infection mit Brustscuchc nicht verstopft werden. 

Es ist eine unumstössliche Thatsache, dass durch Ankaufs¬ 
pferde gar oft Brustscuchc eingcschleppt wird und weiterhin 
ist cs unbestritten, dass sich die Krankheit unter den Pferden 
der Civilbevölkerung mehr und mehr ausbreitet, weil sie durch 
keine Massregcl darin gehemmt wird. Hier ist die unversieg¬ 
bare Quelle für die Einschleppung der Seuche in den Pferde¬ 
bestand der Armee gegeben, da sich nicht jede Berührung der 
Armccpfcrdc mit den Pferden der Civilbevölkerung, auch nicht 
jede Benutzung von Privatstallungen durch Armeepferde um¬ 
gehen lässt. Die Abwehrmassregeln gegen die Einschleppung 
der Brustscuchc könnten erst dann vollen Werth gewinnen, 
wenn gegen die Brustscuche unter den Pferden der Civilbe¬ 
völkerung polizeiliche Tilgungsmasscgcln eingeführt würden. 


DEUTSCHE THIERjEKZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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No. 47. 

Ein Erlass des landwirtschaftlichen Ministers an die Landes- 
polizeibchürdcn, datirt vom 15. Dezember 1SS9, führt für be¬ 
amtete Thicrärztc die Verpflichtung zur Anzeige von Influenza- 
krankhciten ein. Der Werth dieser Anordnung als Scuchcnmass- 
regcl ist fast illusorisch, da die Krankheiten meist nur zufällig zur 
Kenntniss des Kreisthierarztes kommen und es wird durch sie 
nicht einmal die Grundlage zu einer auch nur annähernd rich¬ 
tigen Brustseuche-Statistik geschaffen. Dennoch dürfte kein 
Zweifel darüber obwalten, dass ohne die Anwendung von Ab- 
wehrmassrcgcln die Brustseuche noch häufiger als jetzt sich 
Eingang in die Pferdebestände der Armee verschafft haben 
würde und damit ist sowohl der Nutzen als die Nothwendigkcit 
der Abwehrmassrcgcln erwiesen. Sie benöthigen jedoch einer 
Vervollständigung, da sie bisher nur einer Verbreitung der 
Brustscuche durch Ansteckung Rechnung trugen. 

Darf angenommen werden, dass die Mikroorganismen der 
Brustseuche auch ausserhalb des Thierkörpers leben und sich 
vermehren können, so ist es selbstverständlich, dass dies besser 
geschehen kann in einem durchlässigen, warmen, jauchedurch- 
tränkten Stallboden als an andern Orten, wo so günstige Lebens¬ 
bedingungen nicht gegeben sind. Die Möglichkeit, dass der 
Erreger der Brustscuche seinen Ursprungsort im Stallbodcn 
haben könne, dürfte deshalb bei Abwehr der Seuche nicht un¬ 
berücksichtigt bleiben und wäre namentlich bei Neuanlage von 
Stallungen von vornherein in’s Auge zu fassen. Tiefgelegenes, 
verunreinigtes-Terrain und solches, welches Ueberschwcmmungcn 
ausgesetzt ist, müsste vermieden werden. Ist man auf eine 
tiefliegende Baustelle angewiesen, so müsste sie mit Kies, 
Schlacken oder reiner Erde, kcincnfalls aber mit Bauschutt, 
Unrath oder gar mit Muttererde so hoch aufgeschüttet werden, 
dass auch bei höchstem Stand des Grundwassers dessen Feuchtig¬ 
keitsbereich der Stallsohle nicht nahe kommt. Das Terrain in 
der Umgebung des Stalles müsste den Niederschlagswässcrn 
Gelegenheit zum Abfluss bieten. Von ganz besonderer Wichtig¬ 
keit für unseren Gegenstand ist die Beschaffenheit des Stall- 
fussbodens, welcher den Untergrund auf die Dauer gegen In¬ 
filtration mit Urin, Abwässern u s. w., den Stallraum aber 
gegen alle wie auch immer gearteten Effluvien des Untergrundes 
schützen muss. Absolute Undurchlässigkeit desselben für Luft 
und Wasser wäre anzustreben. 

Aborte, Senkgruben und Cloaken dürfen in nächster Nähe 
der Stallung oder unter derselben weder angelegt noch geduldet 
werden. Auch Brunnen, welche ihren Zufluss aus der obersten 
Grundwasserschicht beziehen, sollten mit dem Stalluntergrund 
keine Coramunication haben, da Reinerhaltung des Tränkwassers 
der Gegenstand besonderer Sorgfalt sein muss. In Seuchen¬ 
ställen wäre demnach durchlässiger Boden soweit auszuheben, 
als er von oben her mit Jauche durchtränkt erscheint, durch 
neue Erdmassen zu ersetzen, darnach der Fussboden undurch¬ 
lässig herzustellen. 

Giebt es eine miasmatische Entstehung der Brustseuchc 
im Stalle selbst, so kann eine noch so gründliche Desinfection 
der inneren Stalloberfläche, auch die Isolirung der Kranken und 
selbst das Beziehen von Biwaks durch verseuchte Bestände 
keinen dauernden Erfolg haben, so lange dem Infectionsstoff 
das Eindringen in die Stallräume von seinem Entwicklungsort 
aus möglich ist. Vielleicht liegt auch hierin zum Theil die 
Erklärung für die ungenügende Wirksamkeit der bis jetzt an¬ 
gewendeten Massrcgeln gegen Brustseuchc. 

Auch ausserhalb des Rahmens allgemein gültiger Ver¬ 
ordnungen sind bei vielen Truppentheilen auf Veranlassung 
des Kriegsministeriums Versuche zur Bekämpfung der Brust¬ 
seuche gemacht worden. 

Im Jahre 1887 bezeichnctc Schütz auf Grund eingehen¬ 
der Beobachtungen und zahlreicher Versuche als Infectionsstoff 
der Brustseuche ein kleines ovales Bacterium, welches in den 
Lungen, oft auch in anderen Organen an Brustseuche erkrankter 
Pferde vorkommt. Seine Angaben wurden von Fiedeler, 
Rust, Hell und vielen Anderen bestätigt und das Vorkommen 
der Schütz'sehen Bakterien auch bei vereinzelt aufgetretenen 
Lungenentzündungen nachgewiesen, worin eine Bestätigung der 


415 

Ansicht von der Zugehörigkeit der sporadischen Pneumonien 
zur Brustseuche erblickt werden konnte. Versuche, Pferde durch 
Impfung mit den Schütz'sehen Kokken gegen Brustseuche 
immun zu machen, versprachen Anfangs günstigen Erfolg. Leider 
ergaben aber die auf Befehl des Kriegsministeriums mehrfach 
und auch im Grossen angestellten Versuche, dass Pferde, welche 
völlige Immunität gegen die Schütz’schen Kokken erlangt 
hatten, nicht vor der natürlichen Ansteckung mit Brustseuche 
geschützt waren, auch keinen milderen Krankheitsverlauf auf¬ 
zuweisen hatten, als andere Thiere. 

Vom Jahre 1892 ab bis in die neueste Zeit bemühte man 
sich nach dem Vorgang Hell’s bei einer Reihe von Regimentern, 
sowie ausserhalb der Armee, Pferde gegen Brustseuche zu 
immunisiren durch Einverleibung von Blutserum, das aus dem 
1 Blute solcher Individuen gewonnen war, welche die Krankheit 
vor kürzerer oder längerer Zeit überstanden und natürliche 
Immunität sich erworben hatten. Der Verlauf der recht inter¬ 
essanten Impfversuche ist noch zu frisch in aller Gedächtniss, 
als dass es nöthig wäre, dieselben hier einzeln aufzuführen, 
i Die in der beigegebenen Tabelle enthaltenen Angaben dürften 
zur Orientirung über die einschlägigen Verhältnisse genügen. 

| Die Minderzahl hatte anscheinend günstigen, die Mehrzahl keinen 
Erfolg. Der gegenwärtige Standpunkt der Frage der Immuni- 
sirung gegen Brustseuche durch Blutserum dürfte sich kurz 
dahin präcisiren lassen, dass durch die Injection von Blutserum 
durchgescuchter Thiere dem Impfling eine kurz dauernde 
i Immunität verliehen wird. Ein Heilmittel stellt die Serum- 
i Injection nicht dar, auch ist durch sie kein erheblicher Ein- 
i fluss auf den Gang der Seuche sichergestellt. In ähnlicher 
Weise, wie es beim Rothlauf der Schweine der Fall ist, genügt 
; also das Blut natürlich immun gewordener Thiere nicht zur 
i Herstellung von nachhaltig wirksamem Heilserum und cs bleibt 
j zu bedauern, dass der Erreger der Brustseuche noch nicht 
bekannt geworden ist und zur Erzielung von Immunität Ver- 
, wendung finden kann. 


Tabellarische Uebersicht über die Serumimpfungen zur 
Bekämpfung der Brustseuche. 


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1. 

1892. 

Hell. 

1888.1890 

55 

40 g Serum, 

Krankheits- 

Coupirung 




1892. 


bei 47 Pfer- 

verlauf 

der Seuche. 






den subcut., 

günstig. 







7 intra¬ 
tracheal, 








I beide 
Arten. 



2. 

1892. 

Toepper. 

1892. 

90 

4 Mal 50 g 

Günstig. 

Günstig. 






Serum 

subcutan. 



3 * 

1892. 

Lies. 

1892. 

92 

4 Mal 50 g 

Günstig. 

Günstig. 






Serum 

subcutan. 



4 - 

1892. 

Eichhorn. 

1892. 

>5 

5 Mal 40 g 
Serum 
subcutan. 

Günstig. 

Günstig. 

5 

1S92. 

Pilz. 

1890.1892. 

254? 

2 Mal IO g 

Keiner. 

Keiner. 


1893. 




und 5 Mal 
20 g Serum 








subcutan. 



6. 

1893. Ruscheweyh 

1888. 

47 

6 — 7 Mal 

Keiner. 

Keiner. 






40 g Serum 
subcut. und 








intratrach. 



7 - 

1893- 

Steffens. 

1889.1891. 

S6 

50 g Serum 

Günstig. 

Günstig. 




1S93. 


subcutan. 



S. 

1893. 

Willig 

1886.18S9. 

140 

5 Mal 40 bis 

Keiner. 

Keiner. 




1890.189t. 


50 g Serum 






1892.1893. 


subcutan. 



9 - 

«893 

Schirmann. 

1890. 

»34 

c, Mal 20 g 

Keiner. 

Keiner. 






subcutan. 




DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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DEUTSCHE THIER-ßLRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


19. November. 


416 


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Therapeu¬ 
tischer Erfo 

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sichtlich T 
gung der 
Brustseuch 

IO. 

1894- 

Wassers- 

1893 und 

186 

50 g sub- 

Zweifelhaft 

Zweifelhaft. 



leben und 

1894. 


cutan. 





Ebertz. 






II. 

1894. 

Weisshaupt. 

1893 und 

692 ? 

3 Mal 67 g 

Keiner. 

1 bis 2 Mo- 




1894 


und 4 Mal 


nate 






g Serum 


Immunität? 






subcutan. 



12. 

1894. 

Fuchs. 

1894. 

42 

to g Serum 

Günstig. 

Günstig. 






subcutan. 



13. 

1894 

Jensen. 

1893 bis 

466 

100 g Serum 

Günstig. 

Günstig. 


bis 


1895. 


subcutan. 




1896. 

• 






14- 

1895 

Toepper. 

1894.1897. 

75 

2 Mal 100 g 

Sehr 

Günstig. 


u. 




Serum sub- 

zweifelhaft. 



1897. 




cutan. 



'5- 

1897. 

Rexllius. 

1897. 

275 ? 

*;o g Serum 

Sehr 

Keiner. 




subcutan. 

zweifelhaft. 


16. 

1897. 

Peschke. 

1897. 

18 

2 Mal 100 g 
Serum sub- 

Keiner. 

Keiner 






cutan. 



>7- 

1898. 

Hahn. ') 

1898. 

320? 

50 g Serum 

Keiner. 

Keiner. 





subcutan. 




») Mündliche Mittheilung. Die Impfungen wurden beim Ulanen-Regiment No. 15 
vorgenommen. 


Zu den Massregeln gegen die Brustseuche kann auch die 
Behandlung derselben im Einzelfalle gerechnet werden, für 
welche in der Seucheninstruction zu keiner Zeit bestimmte 
Directiven gegeben waren. Den Veterinär - Sanitätsberichten 
zu Folge bewährte sich am besten ein sorgfältig geregeltes 
diätetisches und hygienisches Regime. Ständiger Aufenthalt in 
frischer Luft und Verabreichung von leicht verdaulichem gutem 
Futter soll in der Regel zur Herbeiführung eines günstigen 
Ausgangs der Krankheit und zur Vermeidung von Complicationen 
genügt haben. Dagegen ist es nicht gelungen, durch irgend 
ein Arzneimittel oder sonstigen nichtbacteriellen Stoff den Ver¬ 
lauf der Krankheit abzukürzen oder zu mildern, geschweige 
denn Immunität zu erreichen, wie dies 1887 von einem Ross¬ 
arzt mittelst Arsenik angestrebt wurde. Complicationen und 
Nachkrankheiten werden nach den dafür geltenden Indicationen 
und Grundsätzen behandelt, nötigenfalls medicamentös. 

Unter Beziehung auf das bisher Gesagte dürfte die Frage 
nach den gegen Brustseuche bewährt befundenen Massregeln 
wie folgt zu beantworten sein: 

1. Zu den erprobten prophylaktischen Massregeln muss 
die Vermeidung jeglicher Berührung gesunder Pferde mit kranken 
und verdächtigen Thieren gerechnet werden, sowie des Ein¬ 
stellens gesunder Pferde in Stallungen, welche kranken oder 
verdächtigen Thieren zum Aufenthalt gedient haben. Auch 
eine mindestens sechswöchentliche Quarantäne neu angekaufter 
oder von auswärts gekommener Pferde hat sich bewährt und 
wird zweckmässig noch verlängert, wenn Druse oder andere 
fieberhafte Krankheiten unter den Pferden auftreten und eine 
möglicherweise vorhandene Brustseuche verdecken könnten. 

2. Es hat sich ferner erwiesen, dass zweckmässige Regelung 
der Stall- und Fütterungshygiene sehr viel zur Gesunderhaltung 
der Pferde beiträgt. Sorgfältige Reinigung und Lüftung der 
Ställe ist namentlich dann geboten, wenn sich die Brustseuche 
in der Nachbarschaft gezeigt hat oder ihre Einschleppung auf 
anderem Wege zu befürchten steht. In solchem Falle sind 
reichliche Bewegung in frischer Luft, thunlichste Abkürzung 
des Stallaufenthaltes, Verabreichung von gutem und ausreichen¬ 
dem Futter und Tränkwasser von guter Wirkung gewesen. 

3. Durch sofortige Entfernung verdächtiger und bereits 
kranker Thiere aus dem gemeinschaftlichen Stall und durch 
möglichst isolirte Unterbringung derselben ist es oft gelungen, 
den Seuchengang zu coupiren. Soll dieser Zweck erreicht 
werden, so müssen aber alle fieberhaft erkrankten Pferde bis 
zu zweifelloser Sicherstellung einer anderen Diagnose als der 


Brustseuche verdächtig gelten, auch ist jeder von der Brust¬ 
seuche bedrohte Pferdebestand sorgfältig in Bezug auf Körper¬ 
temperatur, Fresslust, Leistung, sowie auf Beschaffenheit der 
Kopfschleimhäute zu beobachten 

4. Die Unterdrückung der Brustseuche und ein günstiger 
Verlauf ihrer einzelnen Fälle ist am ehesten erreicht worden 
durch möglichst sofortige Anwendung von Biwaks, welche in 
diesem Betracht durch kein anderes Mittel zu ersetzen sind. 
Nur bei sehr schlechter Witterung sollte an ihre Stelle die 
ebenfalls bewährte Unterbringung in offenen Schuppen oder 
Zeltstallungen auf luftigen Plätzen treten. Die günstige Ein¬ 
wirkung des häufigen Stabwechsels während des Manövers auf 
den Seuchengang der Brustseuche ist allbekannt. 

5. Gewisse bauliche Veränderungen an den Seuchen¬ 
stallungen, insbesondere Erneuerungen des Fussbodens und Ver¬ 
besserung der Ventilation, haben in einzelnen Fällen sehr 
guten Erfolg gehabt, sind aber leider nur selten im Interesse 
der Seuchenbekämpfung ausgeführt worden. 

6. Ueber die Wirkung der Desinfection ist in den Veterinär- 
Sanitätsberichten durchgängig günstig berichtet worden, indessen 
ohne Anführung stichhaltiger Belege. Die infectiösc Natur der 
Brustseuche lässt aber die Ausführung der Desinfection, wie 
sie bei ansteckenden Krankheiten üblich ist, wegen der Zer¬ 
störung des Ansteckungsstoffes in ihrem Bereich, nützlich und 
empfehlenswerth erscheinen. 

7. Die Behandlung brustseuchekranker Pferde fordert nach 
der Erfahrung nur eine exacte Regelung der Gesundheitspflege 
und die Vermeidung körperlicher Anstrengungen zur Erzielung 
eines möglichst milden Krankheitsverlaufes. Eine Medication 
kann sich auf allenfalls nöthig werdende Bekämpfung gefahr¬ 
drohender Symptome beschränken. 


Referate. 

Ueber die Verstäubungsfähig-keit der Luftkeime und 
Tröpfchen. 

(Deutsche mcdicinische Wochenschrift, 1898, N'o. 19.) 

Um die immer noch nicht gelöste Frage aufzuklären, ob 
und unter welchen Umständen der trockene, keimhaltige Staub 
bewohnter Räume schon bei gewöhnlicher Bewegung der 
Luft übertragbar und damit inficirbar ist, sind neuestens weitere 
und präcisere Versuche unternommen worden; die seitherigen 
waren nicht beweiskräftig, weil sie mit viel zu starken Luft¬ 
strömungen angestellt wurden oder sich nur auf die Trocknung 
von Bakterien im Staub bezogen. Als normale Geschwindig¬ 
keit, mit welcher sich der in der Atmosphäre eines Zimmers 
schwebende Staub fortbewegt, darf jene angesehen werden, wie 
sie in einem gut ventilirten Raume besteht und mit dieser muss 
ausschliesslich gerechnet werden. Sie ist von Flügge ge¬ 
messen worden und beträgt 2—4 mm pro Sekunde, das äusserste 
Maximum ist Zugluft mit 10—15 mm. 

Die jüngsten Versuche sind nun, wie Neisser berichtet, 
mit einem Apparate unternommen worden, durch welchen feiner, 
künstlich inficirter Staub etwa 1 m weit gegen seine Schwere 
durch constante, messbare Luftströme von verschiedener Ge¬ 
schwindigkeit in geschlossenem Raume fortbewegt und dann 
aufgefangen wurde. Die Resultate ergaben, dass die meisten 
pathogenen Keime dadurch überhaupt nicht verstäubbar 
sind, selbst wenn sie durch starke Luftströme, wie sie in 
Zimmern gar nicht Vorkommen, in Bewegung gesetzt werden 
und gilt dies insbesondere von dem Bacillus der Tuberculose, 
der Pest und den Pneumokokken. Der Bacillus typhi ist erst 
bei 60 mm Geschwindigkeit pro Sekunde aufzurütteln und zu 
verstäuben, der Bacillus pyocyaneus bei 280 mm, der Diphtherie¬ 
bacillus gar erst bei 40 cm, der Cholerabacillus auch dann noch 
nicht. Dagegen zeigten sich nur wenige der untersuchten 
Mikroben sehr leicht verstäubbar und zwar schon bei geringem 
Luftstrom, der nur I mm Geschwindigkeit hat, es sind dies 
nur drei, d. h. die sporenhaltigcn Keime des Milzbrandes, der 



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DEUTSCHE THIERiEkZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


4 l 7 


No. 47. 


Staphylococcus pyogenes aureus und Streptococcus pyogenes. 
Sonach haben die Versuche den Beweis geliefert, dass ein 
Transport und damit eine Infcction durch den in Zimmern 
schwebenden und sich bewegenden trockenen Staub nur für 
die drei zuletzt genannten Bakterien möglich, für alle anderen 
untersuchten Infectionserreger aber unmöglich ist. 

Merkwürdigerweise verhält es sich ganz anders, wenn 
Luftkeime in Tröpfchenform verbreitet werden, worüber 
Flügge berichtet. Die Transportirbarkeit feinster bakterien¬ 
haltiger Tröpfchen in die umgebende Luft gelingt ungleich 
leichter, ganz besonders schon beim Husten von Phthisikern. 
Selbst bei lautem Sprechen oder während des Nicsens erfolgt 
eine feinste Zcrtheilung des natürlichen Sputums in überaus 
kleine, zahlreiche Tröpfchen, die sich bei den schwächsten 
Luftströmungen (unter 10 mm Geschwindigkeit) über 1 m hoch 
fortbewegen Hessen. Die nachher in einer Chlornatriumlösung 
aufgefangenen Theilchen, auf Meerschweine übertragen, veran- 
lassten tödtliche Tubcrculose. Die Versuche waren überraschend 
und werden fortgesetzt. Falls sie mit ähnlichem Resultate aus- 
fallen, wird man weit mehr als bisher mit einer Uebertragung j 
der Phthise durch die beim Husten verschleuderten 
Tröpfchen des Sputums zu rechnen haben. Schon frühere j 
Untersuchungen haben bewiesen, dass bei Thicrcn Inhalations- I 
versuche sehr selten Erfolg haben, wenn trockenes, staubförmiges 
Material verwendet wird, leicht und mit Sicherheit aber gelingen 
sie mit versprengtem flüssigem Lungenauswurf. Vogel. 


Umstülpung: der Harnblase bei einer Stute. 

Von Districtsthierarzt Gg. Schneider in Murnau. 

(Wochenschrift für Thierheilkumle und Viehzucht, 1898, No. 31.) 

Am 3. April wurde Schneider zu einer Stute gerufen, 
welche am 16. März gefohlt hatte und seitdem krank war. 
Die Geburt des. Fohlens, welches sich in der Stcissbeckenend- 
lage befunden hatte, war nicht leicht von Statten gegangen. 
Eine Blase, welche im Geburtswege gelegen hatte, soll die Ge¬ 
burt besonders erschwert haben. Die Nachgeburt war 18 Stunden 
später abgegangen. Seitdem magerte die Stute sichtlich ab. 
Besonders auffallend war, dass das Thier, wenn ihm Wasser 
gereicht wurde, wieherte, wobei stets Urin gussförmig entleert 
wurde. Der aus den Harnleitern continuirlich entleerte Urin 
pflegte sich, wie es schien, im vorderen Scheidenraume, sowie 
im Tragsacke anzusammeln und wurde bei den durch das 
Wiehern erzeugten Bewegungen stossweise entleert. 

Bei der manuellen Untersuchung der inneren Geburtswege 
traf man auf eine kindskopfgrosse, derbe Geschwulst, welche 
sich in der Gegend der Harnröhrenmündung befand und ge¬ 
stielt erschien. Der Muttermund war noch ganz geöffnet, der 
noch nicht ganz contrahirte Tragsack enthielt viel schmutzig¬ 
gelbe, nach Urin riechende Flüssigkeit. Jene Geschwulst war 
nichts anderes als die umgestülpte Harnblase, deren Blasen¬ 
wand hochgradige Stauungserscheinungen zeigte, sehr derb war 
und am Blasengrunde eine kleine Narbe aufwies, welche wahr¬ 
scheinlich daher rührte, dass man bei der Geburtshilfe die 
Blase,* welche man für eine Neubildung hielt, vergeblich mit 
den Fingernägeln aufzuzwicken versucht hatte. 

Die Thierärzte Schneider und Rücker nahmen 2 Tage 
später die Reposition der Blase wie folgt vor: »Der Vorhof 
und das Scheidengewölbe wurden mit einer 1 proc. Lysollösung 
gut desinficirt. Hierauf wurde die Blase durch Massage zu 
verkleinern gesucht. Dieselbe wurde zu diesem Zwecke mit 
einem leinenen Tuche, welches man öfters in 5 proc. Alaun¬ 
lösung tauchte, umfasst und zusammengedrückt, um durch 
kräftiges Kneten und Pressen eine Volumverminderung der 
Blase zu erzielen. Nachdem Beide abwechselnd 2 Stunden lang 
die Manipulation fortgesetzt hatten, fühlte sich die Blase weniger 
dick an und das Volumen war geringer geworden. Nun wurde 
zur eigentlichen Reposition geschritten. Nachdem das Pferd 
vorne sehr tief gestellt war, wurde der Knopf einer Schlund¬ 
röhre gut eingefettet, am Grunde der Blase angesetzt, diese 
sachte vorwärtsgeschoben, und es gelang ohne viel Mühe, 


letztere wieder in ihre richtige Lage zurückzubringen. Die 
reponirte Blase wurde mit 2 1 Wasser, das vorher gekocht und 
auf 35 0 abgekühlt worden war, ausgespritzt. Der Tragsack 
wurde mit 3 1 einer 2 proc. Lösung von Liq. Alum. acct. aus¬ 
gespült; dann wurde das Pferd eine Stunde lang bewegt und 
dabei meistens abwärts geführt. Die reponirte Blase blieb in 
ihrer Lage«. 

Der Tragsack wurde noch 3 Tage lang mit obiger Lösung 
behandelt, zog sich zusammen, der Muttermund schloss sich. 
In den ersten Tagen wurde der Urin in geringen Quantitäten 
sehr oft abgesetzt, wobei die Stute heftig presste, jedoch ohne 
dass die Harnblase wieder ausgetreten wäre. Vom 6. Tage 
an war jede Behandlung überflüssig. Die Condition des Pferdes 
besserte sich zusehends. Willach. 


Ohrenkrankheit eines Hühnerhundes. 

Von Bezirksthierarzt St eg er in Dachau. 

1 Wochenschrift fiir Thierheilkumle und Viehzucht, >898, No 24.) 

Ein Hand litt längere Zeit an Ohrenkatarrh und wurde 
mit Einträufelungen von Spirit, vin. rect. behandelt. Bei späterer 
thierärztlicher Untersuchung des erkrankten Ohres auf die Ur¬ 
sache des übelriechenden Ausflusses entfernte Steger mit der 
Pincette eine tief im Ohre sitzende, vollständige, 6 cm lange 
Kornähre. Lauwarme Ausspritzungen mit Borsäure führten 
in kurzer Zeit Heilung des Katarrhs herbei. Willach. 


Serum-Anwendung: bei Druse. 

Von Delvos-Gladbach. 

(Berl. Thierärztl. Wochenschr. 1898, No. a ) 

Sowohl prophylaktisch als zu therapeutischen Zwecken ver¬ 
wandte De Ivos Injectionen von Serum »ausgedruster« Pferde 
mit gutem Erfolg. Am wirksamsten soll das Serum von nicht 
zu fett genährten und von »stark gedrusten« Pferden sein. Ist 
die Druse überstanden, so soll nicht zu lange mit dem Ader¬ 
lass gezögert werden. D e 1 v o s erhielt aus vier Litern Blut 
900 —1000 Gramm klares Serum. Während das Blut aus der 
Jugularis ausströmt, lässt er das aufgefangene Blut beständig 
umrühren, ebenso 10 Minuten nachher bis zur Gerinnung, cs 
dann 3 — 4 Tage auf Eis stehen. Das Serum wird durch ein 
sterilisirtes Tuch in eine Porzellanschale gegossen, nach Zusatz 
von V^proc. reiner Carbolsäure bis zu 70 0 erwärmt und zur 
Aufbewahrung in dunkle Gefässe gegossen. Insgesammt impfte 
Del vos 98 Pferde, ausnahmslos mit gutem Erfolg, so dass es 
für ihn feststeht, dass durch das Serum die Infection von anderen 
Pferden verhindert werden kann, bereits erkrankte Thiere aber 
im höchsten Grade günstig beeinflusst werden. Im Allgemeinen 
wurden pro Pferd 20 Gramm Serum gegeben. In einem Falle 
von Druse, welche sich mit ausgesprochenem Morbus maculosus 
complicirt hatte, wurden am ersten Tage 30 Gramm, am vierten 
Tag 40 Gramm Serum injicirt, worauf unter auffälliger Hebung 
des Allgemeinbefindens reichlicher Nasenausfluss und Rück¬ 
bildung sämmtlicher Anschwellungen eintrat. Christiani. 

Erbrechen beim Pferde, verursacht durch Thrombose 
der vorderen Gekrösvene. 

Von J. Connochic, M. R. C. V. S., Ayton. 

(The Veterinary Journal, 1898 lld. XLVI, p. 324.) 

Bei einem 3 jährigen Stutfohlen, welches im Laufe des 
Winters zeitweilig ein paar Tage schlecht gefressen, sonst aber 
keinerlei Krankheitserscheinungen gezeigt hatte, trat im Ver¬ 
laufe eines Kolikanfalls plötzlich heftiges Erbrechen auf. 
3 Stunden lang dauerten die Brechbewegungen an, bevor Flüssig¬ 
keit ausgeworfen wurde. Dann aber entleerten sich fast un¬ 
unterbrochen 9 Stunden lang bald grössere, bald kleinere 
Mengen einer gelblichen, übelriechenden, Heu- und sonstige 
Futterpartikelchen enthaltenden Flüssigkeit durch die Nase. 


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418 


i oder 2 Stunden, nachdem das Erbrechen aufgehört hatte, 
starb das Pferd. 

Die Section ergab wider Erwarten keinerlei patho¬ 
logische Veränderungen am Magen und Schlunde. 
Dagegen wurden auffallende pathologische Veränderungen am 
Pankreas, Dünndarm und Gekröse wahrgenommen. Das Pankreas 
war grün verfärbt und zeigte Erscheinungen beginnender Gangrän. 
Der Dünndarm war geschwollen und von dunkclrother Farbe. 
Das bemerkenswertheste Aussehen bot das Mesenterium dar. 
Jede Vene, gross oder klein, und jede Capillare in demselben 
war aufs äusserste erweitert und prall mit Blut gefüllt. Das 
Mesenterium hatte sein durchscheinendes, glattes, glänzendes 
Aussehen verloren und war in Folge Austritts von Serum aus 
den erweiterten und prall gefüllten Venen und Lymphgefässen 
dick und starr geworden. Sehr schön unterschieden sich auch 
die prall mit Blut gefüllten Venen von den prall mit Chylus 
gefüllten Lymphgefässen. Als Ursache dieser völligen Blutstase 
im Nervensystem fand sich ein das Lumen völlig verschliessender, 
an der Intima fest anhaftender, grauer Thrombus in der 
vorderen Gekrösvene. In der Umgebung des Thrombus 
war die Wandung der Vene verdickt und zusammengeschnürt, 
jenseits des Thrombus war das Lumen der Gekrösvene sowie 
der dieselbe zusammensetzenden kleineren Venen bis zu ihren 
Ursprungsstellen enorm erweitert. 

Die Magensymptome müssen als Reflexerscheinungen auf¬ 
gefasst werden, erzeugt möglicherweise durch Druck der er¬ 
weiterten Venen auf die Nervenfäden, welche das Sonnengeflecht 
bilden, und die freien Anastomosen, welche zwischen diesem 
und dem Lungen-Magennerven verlaufen. A. Eber. 


Nahrungsmittelkunde. 

Die Tuberculöse der Schlachtthiere im Königreich Sachsen 
im Jahre 1897. 

Zusammengestellt nach den Berichten der Schlachthofthicrärztc 
von Dr. Edelmann. 

(Bericht über das Veterinärwesen iin Königreich Sachsen für das Jahr 1897 ) 

Aus den eingegangenen Schlachthof- und Fleischbcschau- 
berichten von 34 Städten ergiebt sich, dass die Zahl der 
tuberculös befundenen Thiere bei sämmtlichen Thiergattungen, 
mit Ausnahme der Pferde und Hunde, eine Zunahme erfahren hat. 

I. Vorkommen der Tuberculöse und die Verwerthung 
der tuberculösen Schlachtthiere. 

a. Von 98 348 geschlachteten Rindern wurden tuberculös 
befunden 28656 = 29,13 % gegen 26,72% im Vorjahre. Die 
höchste Tuberculoseziffer hat Zwickau 45,1 %, die niedrigste 
Plauen i./V. mit 3,05 %, wobei jedoch daran erinnert werden 
muss, dass in letzterer Stadt nicht alle geschlachteten Rinder 
thierärztlich untersucht werden. Von den tuberculösen Rindern 
waren bankwürdig 26652 = 93% (im Vorjahre 92,23 °/„) 
der tuberculösen oder 27,99% (24,65 % im Vorjahre) der ge¬ 
schlachteten Rinder; der Freibank zu überweisen 1493 =5,21 % 
(im Vorjahre 5,68''/.,) der tuberculösen oder 1,51 % (1,51 °/„) 
der geschlachteten Rinder, unter den Freibankthieren befinden 
sich 10 = 0,03 °/ n der tuberculösen, von welchen nur das Fett 
Verwerthung fand; zu vernichten 511 = 1,77% (2,08% 
im Vorjahre) der tuberculösen oder 0,51% (0,55%) der ge¬ 
schlachteten Rinder. 

Was die Vertheilung der Tuberculosefalle auf die einzelnen 
Geschlechter anlangt, so waren unter 27475 geschlachteten 
Ochsen tuberculös 7431 =27,04% (25,55 % Vorjahre). 
Die höchste Ziffer zeigte Leipzig mit 35,1 %, die niedrigste 
Eibenstock mit 0,50 %. — Unter 46 118 geschlachteten Kühen 
und Kalben befanden sich 16001 = 34,69% (31,77% im 
Vorjahre) tuberculöse. Die höchste Ziffer besitzt Zwickau mit 
57,5 %, die niedrigste Plauen i. ( V. mit 5,75 %. — Von 24755 
geschlachteten Bullen waren 5224 = 21,10% (18,60% ira 


19. November. 

Vorjahre) tuberculös. — Die meisten tuberculösen Bullen wurden 
in Zwickau mit 39 %, die wenigsten in Plauen i./V. mit 1,41% 
gefunden. 

b. Von 240374" geschlachteten Kälbern erwiesen sich 
tuberculös 627 = 0,26% (0,21 % im Vorjahre). Von diesen 
wurden vernichtet 175 = 27,91 % der tuberculös befundenen 
(29,25 % im Vorjahre), während 186 = 29,66% (32,09% im 
Jahre 1896) der Freibank überwiesen wurden und 266 
= 42,42"/,, (38,64%) bankwürdig waren. 

Die meisten tuberculösen Kälber wurden in Crimmitschau 
mit 2,92 %, die wenigsten in Riesa mit 0,048 % gefunden. 

c. Von 147388 geschlachteten Schafen waren 116 = 0,07 % 
im Vorjahre) tuberculös. Davon wurden 8 = 6,89 ‘ 7 ,, (6,38% 
im Vorjahre) vernichtet, 5 =4,31% (6,38% im Jahre 
1896) der Freibank überwiesen, während 103 = 88,79% 
(87,23% im Vorjahre) bankwürdig waren. 

Das stärkste Vorkommen von Tuberculöse bei Schafen 
wird von Zschopau (empirische Fleischbeschau!) mit 2,49 %„ 
das geringste von Leipzig mit 0,01 % berichtet. 

d. Unter 3429 geschlachteten Ziegen und Zickeln befanden 
sich 13=0,37% (gegen 0,30% im Vorjahre) tuberculöse, 
von denen 2 = 15,38"/., (wie im Vorjahre) zu vernichten, 
1 =7,69"/,, der Fre'ibank zu überweisen waren und 10 =76,92% 
(60,0 "/, im Vorjahre) bankwürdig befunden wurden. 

Die meisten tuberculösen Ziegen fand man in Lcngen- 
feld i./V. (11,11%), die wenigsten in Mittweida (0,37%). 

e. Bei den 446480 geschlachteten Schweinen wurde 
13 876 Mal, das sind 3,10 % (2,74 % im Vorjahre), die Tubercu- 
lose festgestellt. Es waren zu vernichten 267 Schweine 
= 1,92 % (gegen 1,68 % im Vorjahre); der Freibank wurden 
übergeben 2424 Schweine = 17,46%; da ausserdem das Fett 
von 665 tuberculösen Schweinen = 4,79 % auf der Freibank 
verkauft wurde, so sind insgesammt 3089 Schweine = 22,26% 
(gegen 26,02 % im Vorjahre) ganz oder theilweise auf der 
Freibank verwerthet worden. Bankwürdig waren 10520 
— 75,81 % (72,29% im Vorjahre) aller tuberculösen Schweine. 

Die höchste Tuberculoseziffer zeigt Zwickau mit 7,5 %> 
die niedrigste Plauen i./V. mit o, 1 %. 

f. Unter 4216 Pferden wurden 14 =0,33% (0,34 % im 
Vorjahre) tuberculös befunden, von denen 4 = 28,57% (im 
Vorjahre 2 = 16,66%) vernichtet wurden, während 10 
= 71,42 % bankwürdig waren. 

In Zwickau wurden die meisten tuberculösen Pferde (1,6%), 
in Dresden die wenigsten (0,45 %) gefunden. 

g. Bei 474 geschlachteten Hunden wurde kein Fall von 
Tuberculöse beobachtet (im Vorjahre I =2,22 %). 

II. Die Ausbreitung der Tuberculöse innerhalb der 
Schlachtthiere 


ergiebt sich aus der nachstehenden Tabelle: 



Die Tuberculöse 

wurde nachgewiesen 

als: 


locale 

Tuberculöse 

hochgradige 1 









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und aus- | 
gebreitete , 

verallgemeinerte (generalisirte) Tuberculöse 

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Edelmann. 


DEUTSCHE THIER.ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



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No. 47. 


419 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Verschiedene Mittheilungen. 

VII. Internationaler Thierärztlicher Congress 1899 
zu Baden-Baden. 

Baden-Baden, den io. November 1898. 
Für die bereits veröffentlichten Verhandlungsgegcnstände, 
welche den Congress beschäftigen werden, haben nachstehende 
Herren die Berichterstattung übernommen: 

a) Schutzmassregeln gegen die Verbreitung von 
Thierseuchen im Gefolge des internationalen Vich- 

verkehrs. 

Berichterstatter: 

Cope, Veterinär-Sectionsvorstand im Ackerbauministerium in 
London, 

Dr. Hutyra, Professor und Director der Veterinär-Akademie 
in Budapest, 

Leblanc, Seuchenthierarzt, Mitglied der Acadcmie de mede- 
cine in Paris, 

Völlers, Staatsthierarzt in Hamburg. 

Der schweizerische Berichterstatter steht noch aus. 

b) 1. Die Bekämpfung der Tuberculose unter den 

Hausthieren. 

Berichterstatter: 

Dr. Bang, Professor an der Thierärztlichen Hochschule in 
Kopenhagen, 

Dr. Siedamgrotzky, Geh. Medicmalrath, Professor an der 
Königl. Thierärztlichen Hochschule. in Dresden, Landes¬ 
thierarzt im Königreich Sachsen, 

Dr. mcd. Stubbe, Veterinär-Inspector im Landwirthschafts- 
Ministerium in Brüssel. 

2. Die Verwendung des Fleisches und der Milch 
tuberculöser Thierc. 

Berichterstatter: 

Butel, Schlachthofthicrarzt in Meaux, 

De Jong, Kgl. Staatsthierarzt in Leyden, 

Dr. Ostertag, Professor an der Kgl. Thierärztlichen Hoch¬ 
schule in Berlin. 

3. Die neuesten Anforderungen an eine wirksame 
Fleischbeschau. 

Berichterstatter: 

Dr. Edelmann, Director der Fleischbeschau und Docent in 
Dresden, 

Kjerrulf, Staatsveterinärarzt in Stockholm, 

Postolka. K. K. Amtsthierarzt in Wien. 

’ i 

c) Die Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche. 

Berichterstatter: 

Paul Cagny, Thicrarzt in Senlis, 

Cope, Veterinär-Sectionsvorstand im Ackerbauministerium in 
London, 

Dr. Dammann, Geh. Regierungs- und Medicinalrath, Professor 
und Director der Königl. Tierärztlichen Hochschule in 
Hannover, 

Dr. Furtuna, Vorstand des Veterinärdienstes in Bukarest, 
Hafner, Regierungsrath und veterinärtechnischer Referent im 
Grossh. Ministerium des Innern in Karlsruhe, 

Hess, Professor an der Thierarzneischule in Bern, 

L i n d q u i s t, Professor und Director der Thierärztlichen Hoch¬ 
schule in Stockholm, 

Dr. Wirtz, Professor und Director der Thierärztlichen Hoch¬ 
schule in Utrecht (hat noch nicht bestimmt zugesagt). 

d) Die Bekämpfung der Schweineseuchen. 

Berichterstatter: 

Lcclainche, Professor an der Thierarzneischule in Toulouse, 
Dr. Lorenz, Grossh. Obermedicinalrath in Darmstadt, 


Dr. Perroncito, Professor an der Thierärztlichen Akademie 
in Turin. 

e) Die Erweiterung des thierärztlichen Unterrichts, 
insbesondere die Errichtung von Seuchen-Ver- 
suchsanstalten und von Lehrstühlen für ver¬ 
gleichende Medicin an den Thierärztlichen Hoch¬ 
schulen. 

Berichterstatter: 

Degive, Professor und Director der Thierärztlichen Hoch¬ 
schule in Brüssel, 

Dr. Kitt, Professor an der Königl. Thierärztlichen Hochschule 
in München, 

Dr. Malkmus, Professor an der Königl. Thierärztlichen Hoch¬ 
schule in Hannover, 

Paula Nogueira, Professor an dem agronomischen und thier- 
ärztlichen Institut in Lissabon, 

Nocard, Professor an der Thierärztlichen Hochschule in Alfort- 
Paris, Mitglied der Acadömie de mödecine, 

Dr. Raup ach, Staatsrath, Professor und Director des Kais. 

Veterinärinstituts in Dorpat (nicht bestimmt), 

Dr. Schütz, Geh. Regierungsrath, Professor an der Kgl. Thier¬ 
ärztlichen Hochschule in Berlin. 

f) Endergebniss der Arbeiten über die Aufstellung 
einer einheitlichen anatomischen Nomenclatur in 
der Veterinärmedicin, bezw. die Ausführung der 

bezüglichen Beschlüsse des VI. Congresses. 

Berichterstatter: 

Dr. Ellenberger, Obermedicinalrath, Professor an der Kgl. 

Thierärztlichen Hochschule in Dresden, 

Dr. Sussdorf, Professor an der Kgl. Thierärztlichen Hoch¬ 
schule in Stuttgart. 

g) Das Veterinär-Beamtenthum. 
Berichterstatter: 

Dr. Ly dt in, Geh. Oberregierungsrath in Baden-Baden. 

Die Berichterstatter haben in der Mehrzahl zugesagt, die 
Berichte bis Januar 1899 einzuliefern. Die Uebersetzung und 
der Druck der Berichte werden etwa 2—3 Monate in Anspruch 
nehmen. Einzelne Berichte können aber schon im ersten 
Vierteljahr 1899 zur Versendung gelangen. 

Damit nun die Herren, welche an den Arbeiten des Con¬ 
gresses theilnehmen wollen oder sonst sich für die Arbeiten 
des Congresses interessiren, die Berichte und sonstigen Ver¬ 
öffentlichungen des Congresses rechtzeitig empfangen, ist es 
erwünscht, dass die genannten Herren jetzt schon, längstens 
aber bis zum 31. März nächsten Jahres, sich als Mitglieder 
des Congresses erklären. 

Dies geschieht durch Einsendung des Mitgliederbeitrages 
von 12 Mark an die »Filiale der Rheinischen Credit- 
bank in Baden-Baden.« 

Die Herren, welche sich als Mitglieder erklären, 
erhalten, gleichviel, ob sie bei dem Congresse 
persönlich erscheinen oder nicht, sämmtliche Ver¬ 
öffentlichungen des Congresses, einschliesslich 
des Generalberichtes durch die Post portofrei zu- 
gesandt. 

t Diejenigen Herren, welche sich erst bei der Eröffnung 
des Congresses einschreiben, empfangen die Veröffentlichungen 
erst nachträglich. 

Der Geschäftsausschuss gestattet sich, abermals darauf 
aufmerksam zu machen, dass jetzt schon Bestellungen auf Woh¬ 
nungen und Pensionen bei dem Ortsausschüsse, Lichten- 
thalerstr. 9I, Baden-Baden gemacht werden können. 

Die Herren Professor N o y e r - Bern, Generalsekretär des 
VI. Internat. Thierärztlichen Congresses, Herr Staatsthierarzt 
Siegen, Luxemburg, Director des Staatsinstitutes für Erzeugung 
animalischer Lymphe und Mitglied des ständigen Ausschusses 
der Ackerbau - Commission des Grossherzogthums Luxemburg, 
Herr Kreisthierarzt Haas-Metz, Vorsitzender des thierärzt- 


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42Ö 


DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 19- November. 


liehen Vereins für Elsass-Lothringen und Herr Kreisthierarzt 
Zündel in Mülhausen i. Eisass haben den dankenswertheh 
Dienst des Uebersetzens aus dem Deutschen ins Französische 
und umgekehrt übernommen. Die Dolmetscher für die eng¬ 
lische Sprache werden erst aufgestellt werden, wenn eine hin¬ 
reichende Zahl englisch sprechender Mitglieder angemeldet ist. 

Der Geschäftsausschuss. 

Dr. M. Casper-Höchst a. Main, Dr. Lydtin-Baden-Baden, 

Schriftführer. Vorsitzender. 


Abwehr und Tilgrung: der Schweinepest (Schweineseuche) 
in Oesterreich. 

Wie die Wochenschr. f. Th. mittheilt, wurde dem öster¬ 
reichischen Abgeordnetenhause unterm 19. October ein Gesetz¬ 
entwurf betr. die Abwehr und Unterdrückung der Schweinepest 
(Schweineseuche) vorgelegt, welcher im Wesentlichen dem 
österreichischen Lungenseuchetilgungs-Gesetze nachgebildet ist 
und die Tilgung der Seuche im Wege der Keulung der 
kranken und verdächtigen Schweine gegen Entschädigung 
aus Staatsmitteln bezweckt. Der Entwurf entspricht den 
Anträgen des Abgeordnetenhauses vom 1. und 3. Juni 1 . Js. 
Die Entschädigung für die von Amtswegen getödteten, gesund 
befundenen Schweine wird mit 95 °/ 0 des Werthes aller con- 
sumirbaren Theile des Thieres bemessen; um jedoch die Er¬ 
mittlung dieses Werthes durch eine umständliche, kostspielige 
und nicht immer verlässliche Abschätzung zu vermeiden, wird 
der durchschnittliche Marktpreis der geschlachteten Schweine 
in der Landeshauptstadt der Bewerthung zu Grunde gelegt. 
Für die getödteten Schweine, welche als scuchenkrank befunden 
werden, soll eine Entschädigung nicht gewährt werden, da 
solche Schweine zum Consum nicht verwendet werden dürfen 
und in den meisten Fällen der Seuche erliegen. Nur in den 
ersten 60 Tagen der Wirksamkeit des Gesetzes soll auch für 
erkrankt befundene Schweine eine Entschädigung mit 5 o"/o des 
Fleischpreises gewährt werden, um für die Zeit des Ueber- 
ganges die Landwirthe vor übergrossen Verlusten zu schützen und 
ihnen jeden Anlass zur Verheimlichung der Seuche zu benehmen. 

Die österreichische Regierung hofft mit einem Aufwande 
von 80000 fl. aus Staatsmitteln das Tilgungsverfahren durch¬ 
führen zu können. 


Vereinsnachrichten. 

Verein der Thierärzte des Saargebietes. 

Die Herbstversammlung findet am 27. November, Vorm. 
11 Uhr im »Alten Münchner Kindl« in St. Johann an der 
Saar statt. 

Tagesordnung: 

1. Vereins- und Standesangelegenheiten. 

2. Festsetzung des zu bewilligenden Beitrages für den 
VII. internationalen thierärztlichen Congress zu Baden- 
Baden. 

3. Mittheilungen aus der Fleischbeschau (Ref.: Dr. Bützler- 
Trier). 

4. Mittheilungen aus der Praxis. 

Nach Schluss der Versammlung gemeinsames Diner mit 
Betheiligung der Damen. Hauck. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Pathologie der Geschwülste bei Thieren. Von Dr. mcd. 
Max Casper. Verlag von J. F. Bergmann, Wiesbaden 
1899. Preis 3 Mk. 

In dem vorliegenden Werkchen hat sich der Verfasser der 
mühevollen Aufgabe unterzogen, eine zusammenhängende ana¬ 
tomische Darstellung der thierischcn Geschwülste zu geben. 


Mit anerkennenswerthem Geschicke ist diese Aufgabe gelöst 
und damit auch eine lang gefühlte Lücke in der thicrärztlichcn 
Literatur beseitigt worden. 

Von den vielen in der Literatur nicdergelegten einschlägigen 
Arbeiten sind hier die beachtenswerthen zum ersten Male über¬ 
sichtlich behandelt, bei denCapiteln der einzelnen Geschwulstarten 
citirt und in den Erläuterungen des Textes genauer berücksichtigt. 

In dem ersten Theile »Allgemeine Pathologie der Ge¬ 
schwülste« werden Begriffsbestimmung, Eintheilung, Aetiologie, 
Bau und Entwicklung der Geschwülste und ihr Verhalten zum 
Gesammtorganismus abgehandelt. Eine Zusammenstellung sta¬ 
tistischer Publicationen giebt eine Uebersicht über das Vor¬ 
kommen der einzelnen Geschwulstarten bei den verschiedenen 
Hausthicren. 

In dem speciellen Theile werden die Geschwulstarten mit 
Rücksicht auf ihren Bau klar definirt und an Hand literarischer 
Angaben besprochen. Ebenso sind die Cholesteatome und 
Cysten in einem Anhänge abgehandelt. 

Das Werkchen steht vollkommen auf der Höhe unserer 
Zeit und giebt eine klare Information der heutigen Ansichten 
über das Wesen der Geschwülste. 

Es berührt sympathisch, dass der Verfasser diejenigen 
Arbeiten, welche pflanzliche bezw. thierische Parasiten als Ur¬ 
sache von Carcinomen und Sarkomen beschuldigen, unberück¬ 
sichtigt gelassen hat und dem Satze huldigt, »dass bisher 
noch für keine Geschwulstart Spaltpilze oder Pro¬ 
tozoen mit Sicherheit als Erreger nachgewiesen 
sind, und dass bis zu dieser Stunde ein zwingender 
Beweis für die infectiöse Natur der Geschwülste 
nicht erbracht ist « 

Den Fachgenossen und Studirenden der Thierheilkunde 
ist das Werkchen sehr zu empfehlen, zumal der Preis von 
3 Mk. ein sehr billiger für das Gebotene ist. Olt. 


Personal-Nachrichten. 

Auszeichnungen: Dem comm. Kreisthierarzt Bischoff zu Falken¬ 
berg i. Schl, wurde die Genehmigung zur Anlegung des 'Fürstlich schaumbnrg- 
lippischen silbernen Verdienstkreuzes ertheilt. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Dr. Schmidtmann, Geheimer 
Medicinalrath und Vortragender Rath im Ministerium der geistlichen, Unter¬ 
richts- und Medicinal-Angelegenheiten, wurde zum Mitgliede der Technischen 
Deputation für das Veterinärwesen, Benefeldt, Rittergutsbesitzer in Quoossen, 
Kreis Friedland in Ostpreussen, Bierschenk, Gutsbesitzer in Wichmanns¬ 
hausen, Kreis Eschwege, von Colbe, Gutsbesitzer in Wartenberg, Kreis 
Znin, von Helldorf, Rittergutsbesitzer auf Zingst, Kreis Querfurt, 
Dr. Kaiser, Professor an der Thierärztlichen Hochschule in Hannover, 
Max Graf von Landsberg-Velen und Gemen auf Schloss Velen, 
Kreis Borken, von Puttkamer, Rittergutsbesitzer auf Treblin, Kreis 
Rummelsburg, Graf von Schimmelmann auf Ahrensburg, Kreis Stormarn, 
Wülfing, Rittergutsbesitzer auf Burg Kriegshoven, Kreis Rheinbach, zu 
ausserordentli. hen Mitgliedern der Technischen Deputation iür das Veterinär¬ 
wesen, Bezirksthierarzt P. Kronburger in Beilngries zum pragmatischen 
Beamten, Thierarzt Zu gehör in Schmiegel zum Kreisthierarzt in Schönau 
(Katzbach), Kreisthierarzt Hirschberg in Schönau zum Kreisthierarzt in 
Freystadt ernannt. Thierarzt Heckmann in Krefeld definitiv zum Director 
des dortigen Schlachthofes, Thierarzt Staubitz in Bingen zum Schlachthof- 
thierarzt in Mannheim gewählt. Dem Thierarzt O Mahir in Egling wurde 
die dortige Districtsthierarztstelle übertragen. Verzogen sind die Thierärzte 
Mollhof von Koblenz nach Cochem, Keil von Jülich nach Kessenich, Herrn. 
Coblenzer von Seesen nach Hildesheim, Alf. Müller von Grimmen nach 
Seesen. — In den Ruhestand getreten sind Hofrath Professor Dr. Zürn in 
Leipzig, Bezirksthierarzt L. Schlicht in Nördlingen. 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutsehen 
Heeres: Württemberg: Unterrossarzt Däinghaus vom Art.-Regt. 
No. 29 unter Beförderung zum Rossarzt in das Art.-Regt. No. 13 versetzt. 

Gestorben : Oberamtsthierarzt Hausmann in Nürtingen, Oberamts¬ 
thierarzt a. D. Hezel in Oberndorf a N. 



Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thierirztliche Wochenschrift“ (i. A. Prüf. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der Macklofschen Druckerei in Karlsruhe i. B. 

Xit einer Beilage der Verlagsbuchhandlung von Engen Ulnser ln Stuttgart: „Hoffmann, Allgemeine Thlerancht.“ 


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Deutsche 

Thierärztliche Wochenschrift 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regiernngs- und Medicinalr&th, 
Director der Thierärztlichen Hochschule 
in Hannover. 


heraasgegeben von 

Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregierungsrath 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Begierungsrath und Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Louisenthal (Saar). 


redigirt von 


Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden Sämmtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 

Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 

abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in SCCHStCr Correctnren und Anzeigen an die Expedition der 

Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 Jt viertelj. mit directer _” ° Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 

portofreier Zusendung oder bei der Post, anf No. 17S4a. in Karlsrnhe (Baden],_ i 


M 48 


Aosgegeben am 26. November. 


1898. 


Denkschrift über das Färben der Wurst sowie 
des Hack- und Schabefleisches. 

(Ausgearbeitet im Kaiser 1. Gesundheitsamt.) 

Die rothe Farbe des Fleisches von frischgeschlachteten 
Thieren wird verursacht durch einen in der Muskelsubstanz 
enthaltenen Farbstoff, der nach unseren jetzigen Kenntnissen 
mit dem Farbstoff der rothen Blutkörperchen, dem Oxyhämo¬ 
globin, identisch ist. Das Blut hat mit dieser Färbung nichts 
zu thun, denn auch das völlig ausgeblutete Fleisch sieht roth 
aus. Die durch den rothen Farbstoff verursachte Färbung ist 
nicht blos bei den verschiedenen Thiergattungen sehr ver¬ 
schieden und schwankt zwischen einem hellen Grauroth und 
einem gesättigten Dunkelroth, sie kann auch bei einem und 
demselben Thiere sehr erhebliche Unterschiede in den einzelnen 
Muskelgruppen aufweisen. Man findet z. B. beim Geflügel heller 
und dunkler gefärbte Fleischpartien und spricht daher von 
weissen und rothen Muskeln. Erstere sind zwar nicht ganz frei 
von Hämoglobin, aber doch sehr arm daran, letztere enthalten 
wesentlich mehr von diesem Farbstoff. Ferner finden sich 
solche weisse und rothe Muskeln beim Schwein und Kaninchen. 

Ausser diesen Unterschieden im Hämoglobingehalt der 
Muskeln giebt es noch andere Verhältnisse, die eine Ver¬ 
schiedenheit in der Färbung des Fleisches verursachen. Ein 
grösserer Gehalt des Fleisches an Fett, das in kleinen, nur 
mikroskopisch sichtbaren Theilchen zwischen die Muskelfaser¬ 
bündel eingelagert ist, verursacht eine heller rothe Farbe. 
Fleisch magerer Thiere ist stets dunkler gefärbt, als das Fleisch 
fetter Thiere. Auch der Wassergehalt des Fleisches wirkt auf 
die Abstufung der Rothfärbung ein. Das wasserreiche Fleisch 
junger Thiere ist heller gefärbt, als das wasserärmere alter 
Thiere und von solchem Vieh, das schwere Arbeit ver¬ 
richtet hat. 

Die Farbe des Fleisches der verschiedenen, zu Nahrungs¬ 
zwecken hauptsächlich verwendeten Thiere findet sich in der 
bezüglichen Literatur (Dämmer, Lexikon der Gesundheits¬ 
pflege, Ostertag, Handbuch der Fleischbeschau, Weyl, 
Handbuch der Hygiene, Bd. III) folgendermassen beschrieben: 

Rindfleisch besitzt im Allgemeinen eine rothe, in’s 
Bräunliche spielende Farbe. Jedoch ist sie nach dem Alter 
des Thieres wechselnd. Jungrinder von , / s bis ft / 4 Jahren haben 
blassrothes, Ochsen von 1 1 / i bis 6 Jahren hell- bis ziegelrothes 
Fleisch. Das Fleisch gemästeter Fersen und der jungen Kühe 


gleicht fast ganz dem der jungen Ochsen, während ältere, ab¬ 
gemolkene Kühe und Bullen dunkles, derbes Fleisch haben. 

Kalbfleisch ist blassroth, auch grauröthlich. 

Auffallend hell ist das Fleisch von Milchkälbern. 

' Hammel-, Schaf- und Schöpsenfleisch wechselt 
iii der Farbe je nach dem Alter des Thieres zwischen hellziegel- 
roth bis dunkelbraunroth. 

Schweinefleisch ist im Allgemeinen blassroth, rosa- 
roth, auch grauroth. Doch bemerkt man auch dunkler roth 
gefärbte Partien an einem und demselben Fleischstück, her- 
rührend yon dem verschiedenen Gehalt an Muskelfarbstoff in 
den weissen und rothen Muskeln. 

Pferdefleisch erscheint dunkelroth bis braunroth. 

W i 1 d p r e t hat in der Regel eine dunkle, braunrothe 
Färbung, die theils durch den Mangel an eingelagertem Fett, 
theils durch den hohen Gehalt an Blut bedingt wird, der bei 
Üen kunstgemäss geschlachteten, gesunden Hausthieren fehlt, 
f Das von frischgeschlachteten Thieren gewonnene Fleisch 
ünterliegt bald nach dem Schlachten gewissen physiologischen 
Veränderungen, die sich im Starrwerden des Gewebes (der so¬ 
genannten Todtenstarre) und einer Säurebildung zu erkennen 
geben. Die Färbung der Muskulatur wird durch den Luftzu¬ 
tritt gesättigter, scharlachfarben. Dieser Farbenwechsel ist 
besonders deutlich an frischen Schnittflächen wahrzunehmen. 
Der Vorgang rührt davon her, dass in den der Luft nicht zu¬ 
gänglichen Fleischtheilen der Muskelfarbstoff reducirt wird, 
d. h. seines Sauerstoffs verlustig geht und sich dabei in das 
mehr violettrothe Hämoglobin verwandelt. Bei Luftzutritt ent¬ 
steht durch Sauerstoffaufnahme das blutrothe Oxyhämoglobin. 

An den Vorgang der eben geschilderten einfachen Säuerung 
schliesst sich dann die saure Gährung an, deren Ursachen zur 
Zeit noch unbekannt sind und die möglicherweise durch die 
Thätigkeit von Mikroorganismen hervorgerufen wird. Das 
Muskelgewebe verliert seine Starrheit, wird mürbe, wasser¬ 
reicher und büsst allmälig die Fähigkeit ein, auf den Schnitt¬ 
flächen eine lebhaftrothe Farbe anzunehmen. Die Oberfläche 
des Fleisches und die Schnittflächen werden dunkelbraunroth, 
später gelblichbraun oder graubraun. Besonders rasch tritt 
diese Farbenveränderung beim Hack- und Schabefleisch ein. 
Solches Fleisch kann unter Umständen — wenn beim Zer¬ 
kleinern nicht peinliche Sauberkeit waltet und die Aufbewahrung 
nicht bei niederer Temperatur, also im Eisschrank oder Kühl¬ 
raum geschieht — seine rothe Farbe schon innerhalb weniger 
Stunden verlieren, während bei grossen Fleischstücken der 
Farbenumschlag erst nach einigen Tagen eintritt. Diese Vor- 


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422 


gänge bezeichnet man als das Reifwerden des Fleisches und 
derartiges Fleisch als altschlachten. 

Unter besonderen Umständen — bei Wildpret, dessen 
Fleisch noch warm verladen worden ist und nicht hat auskühlen 
können — verläuft die saure Gährung unter Auftreten von 
stinkenden Producten. Hierbei färben sich die Schnittflächen 
des Fleisches graugrün bis laubgrün. 

Die später eintretende Fäulniss oder ammoniakalische 
Gährung des Fleisches ist von charakteristischen Farben Ver¬ 
änderungen nicht begleitet, wenn auch nicht selten bräunlich¬ 
grünliche Verfärbung, besonders in der Nähe der Knochen, zu 
beobachten ist. 

Durch die physikalischen Conservirungsmethoden (Ge¬ 
frieren u. s. w.) wird die natürliche Färbung des Fleisches 
nicht verändert. 

Andere viel ältere Methoden, um Fleisch länger haltbar 
zu machen, sind die häufig vereinigten Verfahren des Räucherns 
und Pökelns. Das Pökeln geschieht bekanntlich in der Weise, 
dass man die mit Kochsalz und Salpeter cingericbcnen Fleisch¬ 
stücke in Fässer schichtet. Zur Conservirung allein würde 
Kochsalz schon genügen, doch wird dadurch eine Verfärbung 
des Fleisches nicht verhütet, da mit Kochsalz allein gepökeltes 
Fleisch sich durch Auslaugung oder Zersetzung des Muskel¬ 
farbstoffes grau färbt. Durch die allgemein gebräuchliche Zu¬ 
fügung von Salpeter (auch Zucker wird zu diesem Zweck em¬ 
pfohlen) erzielt man eine schöne rothe Färbung des Fleisches. 
Diese Farbe, die sogenannte Salzungsröthe, tritt erst allmälig 
und nach längerer Einwirkung des Salzgemisches ein, nachdem 
schon vorher die ursprüngliche Färbung des Fleisches ver¬ 
schwunden ist. Ungenügend lange gepökeltes Fleisch zeigt in 
Folge des unvollkommenen Eintritts der Salzungsröthe in der 
Mitte des Stückes eine graue Farbe. Es handelt sich somit 
beim Pökeln nicht um eine Erhaltung des ursprünglichen Fleisch- 
farbstoffes, wie auch aus dem Verhalten des Pökelfleisches beim 
Kochen hervorgeht. Denn während nicht gepökeltes Fleisch 
in der Hitze seine rothe Farbe verliert, wie unten weiter aus¬ 
geführt werden soJJ, behält das Pökelfleisch seine Färbung, die 
nur durch die beim Kochen eintretende Gerinnung der Eiweiss¬ 
körper einen etwas helleren Ton annimmt. 

Das Räuchern ist auf die Farbe des in der Regel vorher 
gepökelten Fleisches ohne wesentlichen Einfluss; vielleicht wird 
in Folge der dabei eintretenden Wasserentziehung und des Ein¬ 
flusses der Rauchbestandtheile die Farbe etwas dunkler. 

Das zu Rohwurst (Salami-, Cervelat-, Mett-, Schlack- Plock- 
wurst u. dergl.) verarbeitete Fleisch ist in der Regel ein Ge¬ 
menge von fein zerkleinertem Schweine- und Rindfleisch, das 
mit Salz, Salpeter (bisweilen auch Zucker) und dem nüthigen 
Gewürz in Därme gefüllt und geräuchert wird. Das gesalzene 
Wurstfleisch unterliegt ebenso wie das Pökelfleisch einer Farben¬ 
veränderung. Einige Tage nach dem Einfüllen in den Darm 
färbt es sich mehr oder weniger grau, am stärksten, wenn es 
blass, wasserreich und in kalter, feuchter Luft aufbewahrt ist. 
Allmälig tritt in der Wurst die Salzungsröthe ein, die von der 
Mitte aus gegen die Oberfläche fortschreitet. Dieser Vorgang, 
der ungefähr 4 Wochen dauert, wird als Gährung (Fermentation) 
bezeichnet. Bleibt diese Salzungsröthe aus oder tritt sie nur 
unvollkommen ein, so soll die Ursache angeblich in mangelnder 
Sauberkeit und Sorgfalt bei der Auswahl und Behandlung des 
Fleisches, in der Einwirkung kalter, feuchter Luft während des 
Räucherns und in der Verwendung schlechter Gewürze zu 
suchen sein. Die rothe Färbung der Wurst ist ebenso wie 
die des gepökelten Fleisches von der natürlichen Farbe des 
frischen Fleisches verschieden und ein Product der durch die 
Einwirkung des Salzes und Salpeters auf das Muskelgewebe 
entstehenden Veränderungen. Dass die Salzungsröthe sich über¬ 
haupt nicht oder nur unvollkommen bildet oder bald wieder 
verschwindet, ist zum Thcil durch die Einwirkung von Mikro¬ 
organismen zu erklären. Vielleicht spielt auch die Zusammen¬ 
setzung des Fleisches, jedenfalls der Wasser- und Farbstoff¬ 
gehalt eine Rolle dabei. Denn wenn auch, wie oben auscin- 
andergesetzt worden ist, die Salzungsröthe von der durch den 
Muskelfarbstoff bewirkten, normalen rothen Farbe des Fleisches 


26. November. 


verschieden ist, so scheint doch insofern ein gewisser Zusammen¬ 
hang zwischen beiden zu bestehen, als die Erfahrung gelehrt 
hat, dass die Salzungsröthe bei der Verwendung von kernigem, 
farbstoffrcichem Fleisch besonders schön eintritt. Hieraus er¬ 
klärt es sich, dass die Wurstfabrikanten mit Vorliebe das farb¬ 
stoffreiche , weniger wasserhaltige Fleisch von Bullen und 
mageren Kühen zur Fabrikation verwenden. 

Beim Kochen verliert das Fleisch seine rothe Farbe und 
wird graubraun. Der Grad der Färbung hängt ab von dem 
ursprünglichen Muskelfarbstoff. Dieser Farbstoff zerfällt beim 
Erwärmen zwischen 70 und 80" C in Eiwciss und einen braunen 
Farbstoff Hämatin. War das zum Kochen oder Braten ver¬ 
wendete Fleisch reich an Farbstoff, so bildet sich viel Hämatin 
und es erhält eine dunkelbraungraue Farbe; dagegen wird 
Fleisch, das sehr arm an rothem Farbstoff ist, wie Kalbfleisch, 
manches Schweinefleisch und die weissen Muskeln des Ge¬ 
flügels, beim Kochen und Braten weiss, höchstens hellgrau. 
Wenn das Braten des Fleisches nur kurze Zeit andauert, so 
dass die Wärme im Innern des Fleischstückes nicht bis auf 
70" C. steigt, so bleibt das Fleisch in der Mitte rosaroth ge¬ 
färbt, weil die dort erreichten Wärmegrade nicht genügt haben, 
um den Muskelfarbstoff zu zersetzen. 

Während die durch das Kochen und Braten hervorgerufene 
Farbenveränderung des Fleisches vom Publikum als etwas 
natürlich Gegebenes hingenommen wird, nimmt es an dem 
grauen Aussehen des Hack- und Schabefleisches, sowie der 
Rohfleischwurst Anstoss. Es verlangt, dass das Hack- und 
Schabefleisch keine graue, sondern eine rothe Farbe zeigt, 
gleich derjenigen der frisch geschlachteten Fleischstückc, und 
dass die Rohfleischwurst beim Anschnitt ebenfalls eine gleich- 
mässige, hcllrothe Färbung aulweist, wie sie beim gut gepökelten 
Fleisch zu beobachten ist. 

Diesem Verlangen des Publikums glauben die Fleischer 
vielfach dadurch Rechnung tragen zu müssen, dass sie eines- 
theils die zur Herstellung der Rohfleischwurst verwendete Fleisch¬ 
mischung direct mit Farbstoff versetzen, anderntheils dem Hack- 
und Schabefleisch Substanzen zumischen, die geeignet sind, die 
naturgemäss nach einiger Zeit auftretende Verfärbung desselben 
zu verhindern. 

Wie oben ausgeführt wurde, wird eine haltbare Roth- 
färbung (Salzungsröthe) der Rohwurst durch Zusatz von Koch¬ 
salz und Salpeter, bisweilen auch Rohrzucker, erzielt. Die 
Hauptbedingungen dabei sind die Verwendung von kernigem, 
farbstoffreichem Fleisch, sorgfältige Behandlung desselben, so¬ 
wie der fertigen Waare und vor Allem die Beobachtung pein¬ 
lichster Sauberkeit bei der Fabrikation. Um nun auch blasses, 
wasserhaltiges Schweinefleisch oder das in grossen Mengen ein¬ 
geführte und vielfach zur Wurstfabrikation verwendete amerika¬ 
nische Rinderpökelfleisch zu einer Wurst von haltbarer rother 
Färbung verarbeiten zu können, setzen gegenwärtig manche 
Fleischer der Wurstmasse Farbstoff zu. In einigen kleineren 
Betrieben wird der Farbzusatz zweifellos aus dem Grunde statt¬ 
finden, um bei der Herstellung der Wurst einer besonderen 
Sorgfalt und Sauberkeit enthoben zu sein und doch eine gleich- 
mässig schön gefärbte, leicht verkäufliche Waare zu erhalten. 

Der Zusatz von Farbstoff geschieht in Deutschland seit 
ungefähr 40 Jahren. Nachweislich wurde im Jahr 1858 in 
Eisenberg (Sachsen-Altenburg) gefärbte Wurst speciell für den 
Berliner Bedarf hergestellt. Erst viel später ist das Färben 
in anderen Theilen Deutschlands geübt worden, wozu die Con- 
currenz der gefärbten Thüringer Wurst den Anstoss gab. Vor 
dem Erscheinen der gefärbten Wurst auf dem Markte hat das 
Publikum ohne Bedenken die ungefärbte gekauft. Man muss 
daher annehmen, dass der ursprüngliche Anlass zur Färbung 
für den Fabrikanten darin lag, ein im Aussehen besseres Fabrikat 
als die Concurrenz oder ein gleich gutes bei Verwendung minder¬ 
wertigen Materials zu liefern. 

Als Farbstoff findet in den meisten Fällen das aus der 
Cochenille gewonnene Karmin Verwendung, das entweder als 
solches oder gelöst und dann meist als Geheimmittel, (z. B. 
Roseline) in die Hand des Wurstfabrikanten kommt. Von ge¬ 
ringerer Bedeutung sind bei der Wurstfärbung Theerfarbstoffe, 


DEUTSCHE THIERjEKZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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423 


DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 48. 


wie Fuchsin, Safranin und andere; so wurde z. B. in einer 
Wurstfarbe »Brillant-Berolina« der Azofarbstoff »Ponceau 2G« 
ermittelt. Alle diese Farbstoffe werden in verhältnissmässig 
kleiner Menge angewendet, da die Färbekraft derselben, be¬ 
sonders des Karmins und Fuchsins, sehr erheblich ist. Direct 
gesundheitsschädliche Farben, deren Verwendung bei der Her¬ 
stellung von Nahrungsmitteln, Genussmitteln und Gebrauchs¬ 
gegenständen durch das Gesetz vom 5. Juli 1887 verboten ist, 
sind — soweit bekannt — in gefärbter Wurst nur selten nach¬ 
gewiesen worden. Insbesondere ist das in weitaus grösster 
Ausdehnung zur Färbung verwendete Karmin nicht gesundheits¬ 
schädlich. Seit langer Zeit wird dieser Farbstoff von Zucker¬ 
bäckern und in Haushaltungen zur Färbung von Speisen, 
Früchten u. dergl. ohne Nachtheil benutzt, und auch durch 
wissenschaftliche Versuche ist die Unschädlichkeit grosser 
Mengen Karmins festgestellt worden. Aehnlich liegen die Ver¬ 
hältnisse hinsichtlich der hygienischen Zulässigkeit des reinen 
Fuchsins. Früher wurde allerdings vielfach Fuchsin im Handel 
angetroffen, welches von der Herstellung her Arsen enthielt. 
Dass ein solches arsenhaltiges Fuchsin beim Genuss damit ge¬ 
färbter Wurstwaarcn den menschlichen Körper schädigen kann, 
steht ausser Zweifel Seine Verwendung würde nach dem oben 
erwähnten Gesetz vom 5. Juli 1887 strafbar sein. Seitdem 
man aber gelernt hat, bei der Fabrikation des Fuchsins die 
Arsensäure durch andere Stoffe zu ersetzen, wird arsenhaltige 
Waare nur gänz selten angetroffen. Uebcr die Schädlichkeit 
der anderen hier und da zur Wurstfärbung verwendeten Farb¬ 
stoffe liegen nur vereinzelte Untersuchungen vor. Das Safranin 
scheint nach den angestellten Thierversuchen keineswegs un¬ 
schädlich zu sein. Von den verschiedenen mit »Ponceau« bc- 
zeichneten Azofarbstoffen des Handels werden einige als un¬ 
giftig bezeichnet und im Beschluss des italienischen Ministeriums, 
betr. gesundheitsschädliche Farben vom 18. Juni 1890 (Veröff. 
des Kaiserl. Gesundheitsamtes 1890, S. 685), wird »Ponceau« 
geradezu zur Färbung von Nahrungsmitteln zugelassen. In¬ 
dessen dürften wohl diese bezüglich ihrer physiologischen 
Wirkung noch wenig untersuchten Farbstoffe vorläufig als 
hygienisch bedenklich zu bezeichnen sein. 

Wenn von einem Theile der Fabrikanten und Fleischer 
behauptet wird, dass die künstliche Färbung der Wurst aus 
Verkehrsintercssen erforderlich sei, so kann diese Ansicht vom 
Standpunkte des Gemeinwohls aus als richtig nicht anerkannt 
werden. Das ergiebt sich namentlich aus den Verhandlungen, 
die über diese Frage im Jahre 1896 im Kaiserl. Gesundheits¬ 
amt stattfanden. Die Vertreter der praktischen Landwirthschaft 
erklärten damals ausdrücklich, dass die Verdeckung einer ge¬ 
ringeren Fleischqualität durch Färben nicht im Interesse der 
Mäster liegt. Würde das Färben allgemein gestattet, so müsste 
die Nachfrage nach wirklich guter Schlachtwaare für Wurst¬ 
zwecke zurückgehen, mithin würde einer Verbesserung der Zucht 
nach dieser Richtung hin entgegengewirkt. Auch die anwesenden 
Vertreter des Fleischergewerbes fürchteten eine Schädigung des 
reellen Gewerbebetriebes, weil die bessere Waare im Werthe 
verlieren würde, wenn ihr minderwerthige im Aussehen gleich 
gemacht wird. Die Färbung sei im Allgemeinen als Deck¬ 
mantel für minderwerthige Waare anzusehen. Der grösste 
Theil des Publikums würde die Waare zurückweisen, wenn er 
' Kenntniss von der Färbung hätte. Jedenfalls können die Käufer 
von Fleischwaaren beanspruchen, dass durch Zusatz von Farbe 
nicht die wahre Beschaffenheit der Waare verschleiert wird. 

Wesentlich anders als bei der Rohfleischwurst liegen die 
Verhältnisse beim Schabe-, Wiege- oder Hackfleisch. 
Wie oben ausgeführt wurde, erfährt jedes Fleisch einige Zeit 
nach dem Schlachten eine gewisse Veränderung der Farbe. 
Dieser Farbenwechsel, welcher wahrscheinlich durch die dem 
Fleisch anhaftenden Mikroorganismen hervorgerufen wird, tritt 
beim Hackfleisch wesentlich schneller als bei grossen Fleisch¬ 
stücken ein, und zwar besonders rasch dann, wenn das zum 
Hacken oder Wiegen verwendete Fleisch nicht ganz frisch¬ 
schlachten ist. Da das kaufende Publikum ein roth, nicht aber 
graubraun aussehendes Hackfleisch verlangt, weil es in der 
rothen Farbe erfahrungsgemäss ein Kennzeichen der Frische 


des Fleisches erblickt, so bemühen sich viele Fleischer, durch 
Zusatz von sogenannten Conservirungssalzen und -flüssigkeiten 
die rothe Farbe künstlich zu erhalten und zu verbessern. Diese 
Präparate, die meistens als Geheimmittel unter den verschieden¬ 
sten Namen (Treuenit, Real Australian Meat Preserve, Sozolith, 
Meat Preserve Krystall, Lakolin, Phlodaritt, Carnat u. a.) im 
Handel Vorkommen, enthalten neben anderen, unwesentlichen 
Bestandttheilen fast sämmtlich schweflige Säure bezw. deren 
Salze und zwar schwefligsaures Natrium oder Calcium. Die 
schweflige Säure und ihre Salze sind im Stande, Hackfleisch 
für einige Tage zu conserviren, d. h. die Entwicklung der im 
Fleisch enthaltenen Bakterien zu hemmen. Durch Hintanhaltung 
der Bakterienthätigkeit, wie sie auch durch andere Conser- 
virungsmittel, wie Kälte, Borsäure, Salicylsäure u. a. geschieht, 
lässt sich die geschilderte Veränderung der rothen Farbe des 
Fleisches in bräunlich und grau hinausschieben. Neben dieser 
fäulnisshcmmenden, also conservirenden Wirkung wird bei der 
Anwendung der schwefligen Säure und ihrer Salze auch zugleich 
eine Verbesserung der natürlichen Farbe des Fleisches erzielt. 
Das damit behandelte Hackfleisch zeigt eine leuchtend hellrothe 
Färbung, die so auffallend nach dem Ziegelroth hinüberspielt, 
dass sie dem Sachverständigen als künstlich erzeugt auffällt, 
dem Unkundigen dagegen eine besondere Fiische des Fleisches 
vorspicgelt. Die schweflige Säure und deren Salze stellen sich 
demnach als ein vorzügliches Färbemittel für das Hackfleisch 
dar, und auf diese Eigenschaft legen die Fleischer den Haupt¬ 
werth. Dies geht aus folgenden in einem Gutachten des Kgl. 
sächsischen Landesmedicinalcollegiums angeführten Thatsachen 
deutlich hervor. Die Verwendung von schwefligsauren Salzen 
ist bei gehacktem Rindfleisch eine ungleich häufigere als bei 
Kalb- oder Schweinefleisch. Bei einer in Dresden angestellten 
Massenuntersuchung wurden von 67 Proben gehackten Rind¬ 
fleisches 47 = 70,15 ° 0 mit schwefligsauren Salzen versetzt 
gefunden, von 9 Proben Kalbfleisch nur 3 = 33,33 °/o unt * von 
23 Proben gehackten Schweinefleisches nur 2 = 8,67 °/ 0 . 
Würden die schwefligsauren Salze nur als Conservirungsmittel 
zugesetzt, so müsste dies bei allen Fleischsorten ziemlich gleich- 
mässig geschehen, ja mit Rücksicht auf den höheren Wasser¬ 
gehalt des Kalbfleisches und die dadurch bedingte schnellere 
Zersetzung desselben müsste der Zusatz von Conservirungs- 
mittcln ein besonders dringendes Bedürfniss sein. Dass dies 
nicht der Fall ist, sondern vielmehr schwefligsaure Salze vor¬ 
wiegend dem vom Rind herrührenden Hackfleisch beigemischt 
werden, hat seinen Grund in der verschiedenen Farbe der drei 
Fleischsorten. Während Kalb- und Schweinefleisch wegen 
ihres geringen Gehaltes an Muskelfarbstoff nur hellrosa gefärbt 
sind, zeigt das Rindfleisch eine dunkelrothe, gesättigte Farbe. 
In Folge dessen macht sich bei letzterem die in Folge des Alt¬ 
werdens cintretende Farbenveränderung wesentlich eher bemerk- 
lich, obwohl es ebenso haltbar ist, als Kalb- und Schweinefleisch. 
Dieselbe Eigenschaft des Rindfleisches ermöglicht es auch, 
durch die Anwendung der schwefligsauren Salze bei ihm eine 
Verstärkung und Verschönerung der Farbe* hervorzubringen, 
während das bei dem farbstoffarmeren Kalb- und Schweine¬ 
fleisch nicht gelingt. Andere chemische Conservirungsmittel, 
wie Borsäure und Salicylsäure, besitzen eine ähnliche Wirkung 
auf den Fleischfarbstoff nicht, und die Fleischer wenden des¬ 
halb auch fast ausschliesslich die schwefligsauren Salze bei der 
Conservirung des Hackfleisches an. Aus allen diesen Be¬ 
obachtungen zieht das sächsische Landesmcdicinalcollegium den 
Schluss, dass für die Fleischer die Färbung im Vordergründe 
steht und die gleichzeitig zu erzielende Conservirung eine, 
allerdings erfreuliche, Nebenwirkung ist. Auch Professor 
Dr. Rubncr hat sich auf dem internationalen hygienischen 
Congress zu Madrid dahin ausgesprochen, dass die schweflig¬ 
sauren Salze im Wesentlichen nur ein Conservirungsmittel für 
den Blutfarbstoff * darstellen (Münch, med. Wochenschr. 1898, 
No. 18). 

Wenn ein grosser Theil der Fleischer behauptet, dass das 
Publikum Hackfleisch von frischrother Farbe verlange und ver¬ 
färbtes Fleisch als alt oder verdorben zurückweise, so ist das 
ohne Weiteres zuzugeben, denn der Käufer sieht mit Recht 


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424 


DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


26. November. 


in der rothen Färbung des Hackfleisches einen Beweis dafür, 
dass das Fleisch frisch und vor nicht allzulanger Zeit zerkleinert 
worden ist. Wenn aber von Seiten der Fleischer weiterhin 
behauptet wird, dass das beste gehackte Rindfleisch ohne 
F^rbungs- oder Conservirungsmittel nach wenigen Stunden grau 
werde, so darf das allgemein giltig nicht anerkannt werden. 
Unstreitig kann, wie schon oben erwähnt wurde, die Verfärbung 
des Hackfleisches bei Verwendung älteren Fleisches, bei 
mangelnder Sauberkeit in der Herstellung und Aufbewahrung 
bei höherer Temperatur schon nach wenigen Stunden eintreten. 
Beachtet man dagegen beim Zerkleinern sorgfältigste Reinlich¬ 
keit und bewahrt das Hackfleisch im kalten Raume auf, so 
tritt, wenn frisches Fleisch verwendet worden ist, erst nach 
mehr als 24 Stunden eine bräunliche Verfärbung ein. 

Dass sich dem Verlangen des Publikums nach rothem, 
also frischem Hackfleisch auch ohne Conservesalze entsprechen 
lässt, geht daraus hervor, dass bei Weitem nicht alle Fleischer 
dieselben anwenden. In Nürnberg ergab eine Massenunter¬ 
suchung bei 29 °/ 0 der untersuchten Proben einen Gehalt an 
schwefligsauren Salzen, in Dresden bei 5 2 °/ 0 . 

Im Uebrigen könnte nach einem beachtenswerthen Vor¬ 
schläge des sächsischen Landesmedicinalcollegiums dem Ver¬ 
langen des Publikums nach frischem Hackfleisch auch Seitens 
kleinerer Fleischereien am besten dadurch entsprochen werden, 
dass die Fleischer sich verpflichten, frische Waare ohne Zu¬ 
sätze nur zu bestimmten Stunden '— ein- oder zweimal am 
Tage — vorräthig zu halten und dies der Kundschaft bekannt 
zu geben. Wenn somit ein zwingendes Bedürfniss der Ver L 
Wendung der schwefligsauren Salze zur Färbung von Hackfleisch 
nicht anzuerkennen ist, wie ja auch daraus hervorgeht, dass 
eine Anzahl von Fleischern die Anwendung derselben ver¬ 
schmähen, so muss vielmehr hervorgehoben werden, dass es 
möglich ist, einem bereits alt gewordenen Fleisch durch die¬ 
selben den Anschein von Frische zu geben. Versetzt man ein 
24 Stunden bei Zimmertemperatur auf bewahrtes, verfärbtes 
Hackfleisch mit schwefligsauren Salzen, so erhält es wieder das 
Aussehen frisch geschlachteten und gehackten Fleisches. Es 
erscheint also sehr wohl möglich, ältere, unverkäuflich gebliebene 
Fleischstücke kurz ehe sie in Fäulniss übergehen, zu Hackfleisch 
zu verarbeiten und ihnen durch Zusatz von schwefligsauren 
Salzen eine leuchtend rothe Farbe und damit den Anschein 
völlig frischer Waare zu geben. • 

Zu diesem einen Gesichtspunkt für die Beurtheilung des 
Zusatzes von schwefligsauren Salzen zu Hackfleisch kommt noch 
als weiterer hinzu, dass der Genuss derartig präparirten Fleisches 
als keineswegs unbedenklich für die Gesundheit anzusehen ist. 
Allerdings sind auf den Umhüllungen mehrerer dieser Con¬ 
servirungsmittel Urtheile von Sachverständigen abgedrucktj 
worin diese Präparate in gewissen Dosen als durchaus unschäd¬ 
lich hingestellt werden, und die Fleischer pflegen, auf diesen 
Gutachten fussend, die schwefligsauren Salze unbesorgt anzu¬ 
wenden. Dass diese Gutachten über die Gesundheitsunschäd¬ 
lichkeit meist von Chemikern, also von Männern abgegeben 
werden, deren Fachkenntnisse vermöge ihrer Ausbildung auf 
anderen, als auf den hier ausschlaggebenden medicinisch- 
hygienischen Gebieten liegen, vermögen sie nicht zu beurtheilen. 

Wie aus den Versuchen von Pfeiffer und Kionka her¬ 
vorgeht, sind die schwefligsauren Salze giftig und folglich be¬ 
sitzen auch die im Handel befindlichen Conservirungsmittel, die 
solche Salze enthalten, eine ausgesprochene Giftwirkung. Die¬ 
selbe besteht im Wesentlichen in einer örtlichen Reizung der 
Magenschleimhaut in Folge der Entwicklung freier schwefliger 
Säure und einer Schädigung des Blutkreislaufs. Wie Pfeiffer 
an mehreren gesunden Menschen nachgewiesen hat, ist der 
Genuss von 0,5 Gramm schwefligsauren Natriums, entsprechend 
0,125 Gramm schwefliger Säure, bereits von allgemeinem Un¬ 
behagen und Verdauungsstörungen begleitet. Wahrscheinlich 
werden kleinere Gaben des Salzes auf den gesunden Menschen 
ohne Wirkung sein, obwohl darüber nichts Zuverlässiges be¬ 
kannt ist. Aber selbst wenn, was bisher nicht geschehen ist, 
eine gewisse Menge beim regelmässigen Genuss für den ge¬ 
sunden Menschen als unschädlich fcstgestcllt würde, so müsste 


man immerhin Bedenken tragen, ein mit dieser Menge versetztes 
Hackfleisch im allgemeinen Verkehr zuzulassen. Bekanntlich 
wird der Genuss von Hack- und Schabefleisch von den Aerzten 
mit Vorliebe Kranken und Reconvalescenten, also Personen, 
deren Verdauungsorgane sich in geschwächtem Zustande be¬ 
finden, als Nahrungsmittel empfohlen. Es kann keinem Zweifel 
unterliegen, dass für solche Menschen der Genuss eines mit 
schwefligsauren Salzen auch nur in geringer Menge versetzten 
Fleisches von schädlichen Folgen begleitet sein kann. Hierbei 
ist noch zu berücksichtigen, dass die Vertheilung des Con- 
servirungsmittels in der Fleischmasse bei nicht sorgfältiger 
Arbeit eine ungleichmässige sein kann, so dass an einzelnen 
Stellen leicht verhältnissmässig grössere Mengen vorgefunden 
werden. Von manchen Fleischern wird der Zusatz ohnehin 
nicht mit besonderer Sorgfalt vorgenommen, in vielen Fällen 
wird die Waage überhaupt nicht benutzt, vielmehr begnügt 
man sich damit, eine nach dem Augenmass abgemessene Menge 
dem Fleisch beizumengen. Dies beweisen die ausserordentlich 
wechselnden Mengen von schwefliger Säure, die man im ge¬ 
färbten Hackfleisch gefunden hat. So schwankte der Gehalt 
der beim städtischen Untersuchungsamte in Breslau eingelieferten 
Hackfleischproben zwischen 0,01 und 0,34 schwefliger Säure, 
und bei 54 in Dresden untersuchten Proben fanden sich 0,02 
bis 0,25 °/ 0 schwefliger Säure. 

(Schluss folgt.) 


Referate. 

Ueber falsche und echte Zahnflsteln beim Pferde. 

Von Professor Dr. Fröhner-Berlin. 

(Monatshefte f. prakt. Thierheil künde Bd. IX, Heft 9.) 

Zur Klärung des Begriffes »Zahnfistel«, der namentlich in 
der gerichtlichen Thierheilkunde und auch in unserer Literatur 
vielfach missbräuchliche Anwendung finde, weist F. darauf hin, 
dass nicht jede Fistel am Ober- oder Unterkiefer des Pferdes 
kurzweg als Zahnfistel angesprochen werden dürfe. Es sei zu 
unterscheiden zwischen echten und falschen Zahnfisteln. Mass¬ 
gebend für die Unterscheidung sei, ob im gegebenen Fall die 
Fistel durch einen kranken Zahn veranlasst worden sei bezw. 
unterhalten werde oder nicht. 

Die Diagnose werde nur durch die Anwendung des Maul¬ 
gatters gesichert. 

Die echte Zahnfistel wird definirt »als eine mit Knochen¬ 
fistel complicirte, gewöhnlich durch Zahncaries bedingte eitrige 
Alveolarperiostitis«. 

In der Regel bilde die durch Zahncaries oder Zahnspaltung 
veranlasste eitrige Alveolarperiostitis den Ausgangspunkt für die 
Entwicklung der echten Zahnfistel, doch sei es auch möglich, 
dass, namentlich nach complicirten Kieferfracturen, die Knochen¬ 
eiterung das Primäre und die Erkrankung des Zahnes das 
Secundäre sei. 

Das klinische Bild der echten Zahnfistel umfasse zwei 
Symptomengruppen: die äusserlich fühlbare Knochenfistel und 
die durch die Untersuchung der Maulhöhle nachweisbare Zahn¬ 
krankheit. 

Wenn auch bezüglich der Knochenfistel bei echten und 
falschen Zahnfisteln besonders auffallende Abweichungen nicht 
gegeben seien, so Hessen sich doch gewisse unterscheidende 
Merkmale feststellen. 

Die echte Zahnfistel soll öfter bei älteren als bei jungen 
Pferden Vorkommen, vorzüglich im Gebiete der Molaren, nament¬ 
lich am Oberkiefer, die Entwicklung sei eine langsamere und 
in der Regel scheinbar spontane, vor Allem sei die Knochen¬ 
auftreibung eine viel erheblichere als bei der falschen Zahn¬ 
fistel. Die Auftreibung gehe meist mit dem Zahn in die Höhe 
und sei nicht selten auch auf der Innenfläche des Kieferastes 
nachweisbar, während sie sich bei der falschen Fistel meist 
auf den unteren Rand des Unterkiefers beschränke. Schliess¬ 
lich sei bei der echten Fistel der Canal meist länger und ent¬ 
leere ein reichliches, mehr übelriechendes Secrct. 



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DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


425 


Gin Fall von Gehirntuberculose. 

Von Thierarzt H a a s e - Hohenmölsen. 

^Berliner thierärztl. Wochenschrift 1898, S. 445) 


No. 48 


In der Maulhöhle finde man die bekannten Erscheinungen 
der Zahncaries, Alveolarperiostitis, Lockerung oder Fehlen der 
Zähne, Einkeilung von Futterballen etc., daneben Schwellung 
der regionären Lymphdrüsen, übler Geruch, Speicheln, Priemen, 
Kaustörungen u. s. f. 

Die Prognose sei nicht so günstig, wie häufig angenommen 
werde. Die rasche und dauernde Heilung sei schwierig, 
namentlich wenn Empyem der Kieferhöhlen oder Nekrose der 
Nasenmuscheln vorhanden sei. 

In forensischer Beziehung sei die echte Zahnfistel jeden¬ 
falls als ein erheblicher Mangel anzusehen. 

Die Behandlung bestehe zunächst in der Entfernung des 
kranken Zahnes und nachfolgender Operation der Knochenfistel. 

Die falsche Zahnfistel habe mit einem kranken Zahn 
überhaupt nichts zu thun; sie sei eine reine Knochen¬ 
fistel, verursacht — in Folge äusserlicher Insulte — durch 
complicirte Fracturcn des Ober- bezw. Unterkiefers mit In- 
fraction und Nekrose umschriebener Knochenstücke. 

Besonders häufig sei sie bei Fohlen anzutreffen, wie über¬ 
haupt bei jüngeren Pferden, die an und für sich mehr trau¬ 
matischen Insulten ausgesetzt seien. 

Die Knochenauftreibung sei meist klein, scharf begrenzt, 
der Fistelcanal kurz, doch komme es auch vor, dass dieser, 
ohne Zahn und Alveole zu berühren, sogar bis in die Maul¬ 
höhle vordringe. Zuweilen seien zwei oder mehr Fistelöffnungen 
vorhanden, in deren Tiefe nekrotische, lose Knochenstücke 
nachgewiesen werden könnten. 

Die Zähne seien vollständig intact und Kaustörungen des¬ 
halb nicht vorhanden. 

Die falschen Knochcnfisteln seien günstiger zu beurtheilen, 
da sich ihre Heilung sicherer und schneller herbeiführen lasse, 
wie bei den echten. Aus diesem Grunde und in Anbetracht 
dessen, dass die Ernährung und Leistungsfähigkeit der Pferde 
durch das Leiden nicht beeinträchtigt wird, hält F. die falsche 
Zahnfistel i. e. reine Knochenfistel an Ober- und Unterkiefer 
des Pferdes in forensischer Beziehung nicht für einen erheb¬ 
lichen Mangel, 

Als die einzig rationelle Behandlungsmethode wird die 
Nekrotomie — Aufmeiseln und Auskratzen des Fistclcanals und 
gründliche Entfernung der Sequester — empfohlen. Das Pferd 
wird geworfen, die Operationsstelle gereinigt und rasirt. 

Nach Einführung der Sonde, behufs Feststellung der Rich¬ 
tung des Fistelcanals und Lage des Sequesters, wird die Haut 
über der Knochenauftreibung gespalten und dabei die Fistel¬ 
öffnung kreisförmig Umschnitten. Diese wird, nachdem die Haut 
rechts und links zurückpräparirt worden ist, mitsammt dem 
verdickten Periost, Narbengewebe und sonstigen Weichtheilen 
entfernt, so dass der Knochen freiliegt. Mit Hilfe des geraden 
oder Hohlmeisels wird der Canal in seiner ganzen Ausdehnung 
freigelegt, die nekrotischen Knochenstücke und das Granulations¬ 
gewebe entfernt, eventuell ausgelöffelt. 

Die Höhle wird mit Jodoformgaze austamponirt und darüber 
zur Befestigung des Tampons eine Hautnaht angelegt. Nach 
einigen Tagen wird die Wunde als offene behandelt. 

Vollständige Heilung soll in 3—4 Wochen eintreten. 

F. betont mit Recht, dass das Ausziehen des Zahnes bei 
diesen reinen Knochenfisteln unnöthig und verwerflich sei. 
Unnöthig, weil ja der Zahn gesund sei und verwerflich, da 
leicht durch die in die leere Alveole eindringenden und sich 
dort bald zersetzenden Futterstoffe eine Alveolarperiostitis mit 
ihren unangenehmen Folgen entstehen könne. Insbesondere 
sei die Sache schlimm im Bereiche der Molaren des Ober¬ 
kiefers, wo nach der Extraction eines gesunden Zahnes Ge¬ 
legenheit zur Bildung eines Empyems der Kieferhöhle geschaffen 
werde. 

Der Operateur solle sich vor jeder Zahnextraction genau 
darüber Klarheit verschaffen, ob sie thatsächlich nöthig ist. 

F. konnte feststellcn, dass in 28 ihm zur Beobachtung 
gekommenen Fällen cs sich 15 Mal um falsche und nur 13 Mal 
um echte Zahnfisteln im Sinne obiger Ausführungen handelte. 

Garth. 


Von einem Landwirth zur Untersuchung einer Kuh ge¬ 
rufen, weil dieselbe plötzlich Krämpfe bekommen habe, hatte 
H. Gelegenheit, gleich beim Eintreffen in den Stall einen Krampf¬ 
anfall zu beobachten. Die Kuh lag auf der rechten Seite, hatte 
Kopf und Hals gedreht, so dass Kehl- und Unterkiefergegend 
schräg nach oben schauten, Rollen und Verdrehen der Augen, 
Stöhnen und Knirschen mit den Zähnen unter heftigem Speichel¬ 
fluss, Gesichts- und Extremitätenkrämpfc. Besitzer erklärte noch, 
dass die Kuh vor 14 Tagen schon einen und während der 
Nacht mehrere solcher Krampfanfälle bekommen hatte. 

Diagnose: auf unbekannter Ursache basirende Gehiip- 
krämpfe. Anrathen zur Nothschlachtung, die alsbald vorge¬ 
nommen wurde. 

Beim Durchschneiden des unteren Verstopfungs- und der 
beiden Kapselbänder des Hinterhaupt-Atlasgelenkes zwecks Ab¬ 
setzen des Kopfes kam eine ganz klare, wasserhelle Flüssigkeit 
zum Vorschein, mit welcher der Subduralraum prall angefüllt 
war und die nach vollständigem Absetzen des Kopfes in ziem¬ 
lich reichlicher Menge abfloss. 

Am Gehirn zeigte sich Tuberculose der Pia mater an der 
Basilarfläche, an den Seiten der Hemisphären, am Balken zwischen 
den Hemisphären und an der Medulla oblongata. Die tuber- 
culösen Veränderungen bestanden in Form von zahlreichen 
grieskorngrossen, grauweissen Knötchen, die entlang den Ge- 
fässen und Furchen perlschnurartig angeordnet waren. Daneben 
bestand generalisirte Tuberculose, so dass das Fleisch als un- 
geniessbar erklärt werden musste. 

In ätiologischer Hinsicht bemerkt H. mit Recht, dass die 
Krampfanfälle durch die Gegenwart der Transudatmenge be¬ 
dingt wurden und in keinem directen Zusammenhang mit den 
tuberculösen Veränderungen stehen. Würden sie den tuber- 
culösen Krankheitsprocessen ihre Entstehung zu verdanken 
haben, so hätten dieselben schon viel früher sich gezeigt haben 
müssen, denn den tuberculösen Processen musste ein Alter von 
mindestens einigen Wochen zugesprochen werden. Indess ist 
es sehr wahrscheinlich, dass die tuberculösen Veränderungen 
Veranlassung gaben zur späteren Bildung des Transudates. 

- Zur Feststellung von an der Basilarfläche des Gehirns und 
des verlängerten Markes event. vorhandener Flüssigkeitsmengen 
empfiehlt H. bei dem auf dem Rücken mit ausgestrecktem 
Kopf und Halse liegenden Cadaver die Weichtheile an der 
ventralen Halsseite bis auf das Atlas-Hinterhauptgelenk zu durch- 
schneiden und dann mit einer Pravaz’schen Spritze einzustechen 
und anzusaugen. Darnach kann dann das Gelenk eröffnet und 
das Rückenmark unterbunden werden, ein Verfahren, welches 
1 Referent im pathologischen Institut der Stuttgarter Hochschule 
' des Oefteren auszuführen Gelegenheit hatte und dasselbe als 
1 zweckdienlich und bei einiger Geschicklichkeit leicht ausführbar 
. bezeichnen kann. Görig. 


Eugrenoformium, ein neues Darmantisepticum. 

Von Professor Dr. Vogel. 

lOeslerrcich Monatsschrift für Thierheilkunde, 1898, No ti.) 

Bei der Einwirkung von Formaldehyd auf Phenol und 
I Eugenol entsteht eine neue Verbindung, Eugenoform genannt, 
| die mit Natrium vereinigt, in langen, weissen Nadeln krystallisirt 
und in Wasser leicht löslich ist. Da dieses neue Mittel leicht 
Formalin wieder abspaltet, so war zu erwarten, dass es dem¬ 
nach auch stark baktericide Eigenschaften besitzen würde und 
in der That ergaben die von Cohn in Berlin mit Cholera¬ 
vibrionen, Typhusbacillen und Staphylococcus pyogenes aureus 
an Thieren angestellten Experimente, dass z. B. Verdünnungen 
| von 1 : 500 das Wachsthum dieser Mikroorganismen bedeutend 
| verringern, solche von I : 200 vollständig aufheben und die 


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DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


26. November. 


Virulenz derselben vernichten. Dabei hat dieses neue Phenol¬ 
derivat noch stark anästhesirende Eigenschaften. 

Diese Eigenschaften, welche durch die auflösende Wirkung 
der Magensäurc noch wesentlich erhöht werden, machen das 
Mittel als besonders geeignet zur Desinfection des Magendarm¬ 
canals bei durch Mikroorganismen verursachten Affectionen, 
z. B. Cholera, Typhus, infectiöse Katarrhe. In dieser Wirkung 
wird das Eugenoform nur von der Carbolsäure erreicht, welche 
indess wegen ihrer giftigen Wirkung nur in minimalen Dosen 
angewandt werden kann und deshalb nicht hinreichend ist, den 
langen Darmcanal zu desinficiren. Das Eugenoform jedoch 
kann in 6—8 mal höheren Einzeldosen verabfolgt werden wie 
die ganze Tagesdosis der Carbolsäure beträgt. Die Dosis für 
den Menschen beträgt 0,5 -1,0 Morgens und Abends, mit der 
jedoch schon nach einigen Tagen auf 2,0 pro die gestiegen 
werden kann. 2 Stunden nach der Application schon erscheint 
Eug. im Harn und kann durch Zusatz von Schwefelsäure, wo¬ 
durch eine rothe Zone entsteht, nachgewiesen werden. Ueber 
den Preis macht Verf. keine Angabe. In der Thierheilkunde 
ist das neue Mittel anscheinend noch nicht angewandt worden. 

Görig. 


Quecksilbervergiftung: bei einer Kuh. 

Von Bezirksthierarzt Beier. 

(Bericht über das Veterinärwesen im Königreich Sachsen. 1897.) 

Eine Kuh mit Zurückbleiben der Nachgeburt wurde mit 
Lysolausspülungen behandelt. Plötzlich trat eine Aenderung in 
dem bis dahin guten Allgemeinbefinden, eine grosse Hinfällig¬ 
keit, starkes Speicheln, livide Färbung der Schleimhäute, neben 
unaufhörlichem Pressen und Drängen hervor. Diese unerklär¬ 
liche Erkrankung wurde durch Nachforschungen verständlich, 
welche ergaben, dass der Besitzer auf fremdes Anrathen Tags 
vorher eine stärkere Sublimatausspülung gemacht hatte. Die 
Kuh ging am nächsten Tage an acuter Quecksilbervergiftung ein. 

M a 1 k m u s. 


Ueber die Beziehungen zwischen der Tuberculose des 
Menschen und der Vögel. 

Von Nocard. 

(Vortrag, gehalten auf dem Tuberculose-Congress zu Paris am 30. Juli 1898.) 

(Annales de 1 'Institut Pasteur, T. XII, 1898, p 56t.) 

Die Identität der Tuberculose bei allen Säugethierai;ten 
wird heute nicht mehr bestritten, nur die Beziehungen zwischen 
den Bacillen der Tuberculose des Menschen und der Vögel 
stehen noch zur Discussion. Nach Rivolta, Mafucci, Straus 
und Gamalöia stellen dieselben 2 verschiedene Spccies von 
Mikroben dar, wofür folgende Beweise angeführt werden: 

1. Das Aussehen der Culturen ist sehr verschieden; die 
der menschlichen Tuberculose sind trocken, schuppig, schwer 
aufzulösen; die der Geflügeltuberculose sind weich, fettig, 
schmierig, gefaltet, und wachsen noch bei 43", bei welcher 
Temperatur die der menschlichen Tuberculose nicht mehr fort- 
kommen. 

2. In der Regel gelingt es nicht, die Säugethiertubcrculose 
auf Hühner zu übertragen, wie man auch impfen mag. Anderer¬ 
seits sind manche Säugethiere gegen die Geflügeltuberculose 
refraetär, wie z. B. der Hund; das Meerschweinchen widersteht 
der subcutanen Impfung mit Geflügeltuberculose und zeigt, 
wenn es der intraperitonealen Impfung erliegt, Erscheinungen, 
die ganz verschieden sind von denen, welche die Tuberculose 
des Menschen hervorruft. 

Gegen diese Argumente kann man einwenden, dass die 
Culturen trotz des verschiedenen Aussehens eine identische 
Tuberculose erzeugen, dass man mitunter Hühner durch Impfung 1 
mit menschlicher Tuberculose tubcrculös machen kann und dass 
diese Tuberculose in Serien übertragen werden kann (Bol- 
linger, Koch, Nocard, Cadiot, Gilbert und Roger, 


Courmont und Dor); dass es Säugethiere giebt, welche für 
die Tuberculose des Geflügels ebenso empfänglich sind wie für 
die des Menschen, und endlich, dass nach einer kleinen Zahl 
von Passagen die Erscheinungen beider Arten identisch sind. 
Dies trifft für das Kaninchen zu. 

Nocard hat gezeigt, dass dasselbe beim Pferde der 
Fall ist. Das Pferd, so widerstandsfähig es gegenüber der 
experimentellen Tuberculose ist, erkrankt häufig genug unter 
natürlichen Verhältnissen an Tuberculose, und zwar unter zwei 
klinisch verschiedenen Formen; am häufigsten beginnt der Pro- 
ccss an den Organen der Bauchhöhle (Darmcanal, mesenterialen 
I.ymphdrüsen, Leber, Milz, Nieren), seltener erkranken die 
Lungen primär. Nocard vermochte neuerdings die Ursache 
dieser beiden klinisch verschiedenen Formen zu ermitteln; 
während die Lungentuberculose bedingt ist durch einen Bacillus, 
welcher identisch ist dem der menschlichen Tuberculose, ist 
es ein Bacillus vom Typus der Geflügeltuberculose, bedeutend 
modificirt durch seine Passage in den Pferdeorganismus, welcher 
die abdominale Form der Pferdetubcrculose hervorruft. 

Pferd und Kaninchen sind nicht die einzigen Säugethiere, 
welche an Hühnertuberculose erkranken können; andererseits 
fehlt es nicht an guten Beobachtungen, nach welchen die Tuber- 
culosc auf Hühnerhöfen mehrere Monate später zum Ausbruch 
kam, nachdem man die Hühner der Pflege von Phthisikern 
übergeben hatte; es erscheint sicher, dass das Geflügel sich 
durch die Aufnahme des tuberculösen Auswurfs inficirt hat. 
Doch war es bisher weder Straus und Wurtz noch Nocard 
gelungen, Hühner durch Fütterung selbst mit grossen Mengen 
tuberculösen Materiales von Menschen, Rindern, Schweinen oder 
Pferden tuberculös zu machen. 

Die Identität der Tuberculose der Säugethiere und der 
Vögel kann erst dann für identisch erklärt werden, wenn es 
gelingt, den Bacillus der einen Gruppe in den der anderen um¬ 
zuwandeln. 

Dieses Letztere ist nun Nocard neuerdings gelungen, und 
zwar mit Hülfe der von Metschnikoff, Roux und Salim- 
beni eingeführten Züchtungsmethode'), nach welcher Collodium- 
säckchen in die Bauchhöhle von Versuchsthieren eingebracht 
werden. Nocard füllte die sterilisirten Collodiumsäckchen 
mit einer Aufschwemmung einer jungen Tuberkclbacillencultur, 
herrührend von Menschen, brachte dieselben in die Bauchhöhle 
von Hühnern, deren er eine grosse Anzahl benutzte und liess 
die Säckchen mindestens 4 Monate lang uneröffnet. Wenn man 
dann das Versuchsthier tödtet, um das Collodiumsäckchen 
herauszunehmen, erscheint das letztere schlaff, fast vollständig 
leer von Flüssigkeit und enthält nur eine mehr oder weniger 
dicke, schlammige Masse, die aus lauter Tuberkelbacillen 
besteht. 

Diese Bacillen sind in der Regel noch lebensfähig, aber 
die daraus gewonnenen Culturen nehmen, wenn das Collodium¬ 
säckchen lange genug in der Bauchhöhle von Hühnern war, 
alle Charaktereigenschaften der Geflügeltuberculose an: sie sind 
weich, fettig, schmierig, gefaltet, leicht zu vertheilen und breiten 
sich leicht auf allen Nährböden aus. Auch die Virulenz hat 
sich geändert. Meerschweinchen bleiben nach subcutaner 
Impfung am Leben, es bildet sich höchstens ein kleiner Abscess; 
nach intraperitonealer Impfung sterben mehr als die Hälfte der 
Thiere; bei der Section findet man dann Ascites, fibrinöse Auf¬ 
lagerungen, oft kleine Eiterherde im Netz, fast immer eine ver- 
grösserte Milz, mit weissen, käsigen oder eiterigen Knötchen 
durchsetzt. Niemals aber beobachtet man die so ausgeprägte^ 
Veränderungen der Meerschweinchentubcrculose; die Lunge und 
die Leber sind fast immer intact. Kurzum, die Veränderungen 
gleichen mehr denjenigen, welche der Bacillus der Hühner¬ 
tuberculose hervorruft. Die Hühner hingegen widerstehen der 
Infection mit dem Inhalt des Säckchens, wie man auch die 
Impfung vornehmen mag. Wenn man aber die Passagen in 
den Collodiumsäckchen mehrmals wiederholt und den Auf¬ 
enthalt derselben im Körper des Huhnes verlängert, gelingt 
auch die Infection der Hühner: bei intravenöser oder intra- 

•) S. Deutsche Thierärztl. Wochenschr. 1898, S. 209. 


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No. 48. 


DEUTSCHE THIER^ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


42; 


peritonealer Impfung erliegen sie und zeigen die nämlichen Er¬ 
scheinungen, wie bei der natürlichen Erkrankung. 

Die Versuche Nocard's, deren Einzelheiten im Original 
nachzulescn sind, lehren, dass es möglich ist, dem Ba¬ 
cillus der menschlichen Tuberculose die biologi¬ 
schen und virulenten Eigenschaften zu verleihen, 
welche den Bacillus der Geflügeltubcrculose 
charaktcrisiren; daraus muss man sc h li esse n, dass 
die beiden Bacillen, so verschieden sie anscheinend 
sind, nicht verschiedene Arten darstellen, sondern 
nur Varietäten ein- und derselben Art. Casper. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Doctor medicinae. 

Bezüglich der medicinischen Doctorpromotion hat das 
preussische Ministerium nach Fühlungnahme und in 
Uebereinstimmung mit den übrigen betheiligten Bundesregierungen 
eine Verfügung dahin getroffen, dass die Verleihung des 
Doctorgrades regelmässig erst nach der ärztlichen 
Approbationsprüfung erfolgen soll und dass bezüg¬ 
lich anderer wesentlicher Punkte ein gleichmässiges Verfahren 
anzustreben sei; es empfehle sich insbesondere die Auf¬ 
stellung gewisser mindester Erfordernisse für die 
mcdicinische Doctorpromotion, die von allen medicinischen 
Facultäten im Reiche zu beobachten wären. Als solche min¬ 
desten Erfordernisse werden hierbei die folgenden in Aussicht 
genommen: 1. Hinsichtlich der wissenschaftlichen Vor¬ 
bildung soll gefordert werden: a. bei Inländern dasjenige 
Rcifezeugniss, welches für die Zulassung zur ärztlichen Appro¬ 
bationsprüfung erforderlich ist; b. bei Ausländern ein Zeugniss 
über gleichwerthige Schulbildung. 2. Hinsichtlich der Doctor- 
Dissertation soll verlangt werden: a. dass sie eine wissen¬ 
schaftlich beachtenswerthe, zur Aufnahme in eine wissenschaft¬ 
liche Zeitschrift geeignete Abhandlung sein muss; b. dass sie 
unter Bekanntgabe des Beurtheilers durch den Druck zu ver¬ 
öffentlichen sei. 3. Bezüglich der mündlichen Prüfung 
(Colloquium) wird gefordert: a. die Anwesenheit von mindestens 
drei Mitgliedern der medicinischen Facultät; b. der Candidat 
hat darzuthun, dass er in mindestens einem Hauptfache der 
Mcdicin eingehende wissenschaftliche Studien gemacht und in 
mindestens zwei anderen Hauptfächern der Medicin sich eine 
allgemeine medicinische Bildung, wie sie bei der ärztlichen 
Approbationsprüfung gefordert wird, erworben hat. Der letztere 
Nachweis soll wegfallen, wenn die Approbationsprüfung bereits 
bestanden ist; c. Ausländer sollen, wenn sie nicht eine der 
ärztlichen Approbationsprüfung gleichwerthige Prüfung in ihrer 
Heimath abgelegt haben, als Doctorprüfung eine der Appro¬ 
bationsprüfung thunlichst angenäherte Prüfung ablegen; d. die 
mündliche Prüfung ist öffentlich. Der Dispens in besonderen 
Ausnahmefällen ist an Einstimmigkeit des Facultätsbeschlusses 
zu knüpfen. Die Einführung der neuen Vorschriften erfolgt am 
1. April 1899. 

Es ist sattsam bekannt, dass bei den medicinischen Doctor- 
Promotionen auf den Universitäten sich unhaltbare Missstände 
ausgebildet haben; jedem neu approbirten Arzte und selbst 
den noch im Examen stehenden Candidaten wird — wenn sie 
es nur wünschen — der gelehrte Grad eines Doctors der Me¬ 
dian mit auf den Weg gegeben Dagegen wird jedem Nicht- 
Arzt, auch wenn er wissenschaftlich zu arbeiten versteht, die 
Erlangung der medicinischen Doctorwürde erschwert. Durch 
den neuen Erlass ist für die Zukunft der medicinische Doctor 
für den Stand der Aerzte monopolisirt, für diese selbst aber 
das Examen officiell erleichtert. Dass mit dieser Wendung 
der Dinge eine Besserung eingetreten sei, wird — ausser den 
Aerzten — kein Eingeweihter behaupten wollen. 

Es hat zunächst der medicinische Doctor mit dem ärzt¬ 
lichen Approbationsexamen keine Beziehungen, ebenso wenig 


wie der Doctor juris mit den Aufgaben des Richters. Nach¬ 
dem aber der medicinische Doctor für die Aerzte reservirt ist, 
werden nun die Anforderungen zur Erlangung dieses gelehrten 
Grades erhöht ? Keineswegs! Die Examinatoren im Appro¬ 
bationsexamen sind dieselben wie beim Doctorexamen; werden 
sie in der mündlichen Prüfung etwa einen Doctoranden durch¬ 
fallen lassen, den sie vorher als Arzt approbirten? Wo finden 
sich ferner ernsthafte und wissenschaftliche Themata für die 
Tausende von Dissertationen? Auch kein Arzt wird behaupten 
können, dass ihm während des medicinischen Studiums noch 
Zeit zu selbständigem wissenschaftlichen Arbeiten geblieben 
wäre. 

Sollen ernsthafte Besserungen im medicinischen Promotions¬ 
wesen eingeführt werden, so muss zunächst anerkannt werden, 
dass der »Doctor« keineswegs ein nothwendiges Attribut des 
»Arztes« ist; dann soll man von dem Doctoranden den stricten 
Nachweis verlangen, dass er selbständig und exact wissen¬ 
schaftlich auf dem Gebiete der Medicin zu arbeiten versteht. 
Mit den Bestimmungen des neuen preussischen Ministerialerlasses 
kann der Doctorgrad in den Augen der Gclehrtcnwelt nicht 
an Ansehen gewinnen. 

Oeffentliche Quittung. 

In Vollmacht von zwei Herren in Dresden, deren Namen 
mir nicht mitgetheilt sind, wurde mir durch Herrn Medicinal- 
rath Prof. Dr. Johne als jährlicher, jedes Mal am 1. Oktober 
zu zahlender Erziehungsbeitrag für die Kinder meines ver¬ 
storbenen Bruders die Summe von 250 Mk. zugesichert und 
der erste Beitrag für das Jahr 1898 ausgezahlt, worüber hier¬ 
mit herzlich dankend quittirt wird. 

Dresden, den 19. November 1898. 

Dr. A. Eber. 


Maul- und Klauenseuche. 

• Der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche ist neuerdings 
gemeldet von den Schlacht-Viehhöfen in München, Köln, 
Breslau und Strassburg i. E. Diese Mittheilungen bestätigen 
die von den Thierärzten oft ausgesprochene Behauptung, dass die 
Seuche häufig von den Landwirthen verheimlicht wird. Sie 
verkaufen auch Thiere aus dem verseuchten Bestände, und bei 
diesen wird dann auf den unter thierärztlicher Controle stehen¬ 
den Schlacht- und Viehhöfen die Seuche constatirt. Es ergiebt 
sich aber weiterhin aus dieser Thatsache, wie nothwendig cs 
ist, eine ebenso regelmässige wie sorgfältige Controle des 
Viefies in den Viehhöfen und auch in Handelsviehstallungen 
auszuüben. 

Da die Maul- und Klauenseuche in den benachbarten 
Grenzdistricten Frankreichs eine grosse Ausdehnung ange¬ 
nommen hat und dabei sehr bösartig auftritt, ist durch Mini- 
sterialverordnung vom 9. November der kleine Grenzver¬ 
kehr mitRindvich, Schweinen, Schafen und Ziegen 
längs der französisch —elsasslothringischen Grenze gesperrt 
worden. 

Vereinsnachrichten. 

Verein Kurhessischer Thierärzte. 

Einladung 

zur XXXIII. General-Versammlung auf Sonntag, den 27. No¬ 
vember 1898, Vormittags 10 Uhr, im Hotel zum »Casseler 
Hof« in Cassel. 


Tages-Ordnung: 

1. Geschäftliche Mittheilungen. Rechnungs-Ablage. 

2. Bericht über die VI. Plenar-Versammlung der Central- 
Vertretung der thierärztlichen Vereine Preussens zu 
Berlin am 21. und 22. Mai 1898. (Referent: Herr 
Veterinär-Assessor T i e t z e - Cassel.) 


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428 


DEUTSCHE TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


3. Differential-Diagnostisches über Rothlauf des Schweines 
und Schweineseuche. (Referent: Herr Docent Dr. 01 1 - 
Hannover.) 

4. Mittheilungen aus der Praxis: über Geflügel-Cholera, 
Behandlung der Kolik. (Referent: Herr Dr. Rievel- 
Marburg.) 

5. Neuwahl des Vorstandes. 

Diejenigen Herren Collegen, welche schon vor dem 27. No¬ 
vember in Cassel sind, treffen sich am Abend des 26. November 
im »Casseler Hof«. 

Hannover, am 12. November 1898. 

Der Vereins-Präsident. 

Dr. Kaiser. 


Thierärztlicher Verein von Elsass-Lothrlngen. 

Der Verein wird am Sonntag, den 4. Dezember 1 . J., 
Vormittags 11 Uhr, eine General-Versajnmlung in Strass¬ 
burg, Guttenbergplatz (Hötel du Commerce, Saal der Gesell¬ 
schaft zur Förderung der Künste, Ackerbau und Wissenschaften) 
abhalten, zu welcher wir Sie hiermit ergebenst einladcn. 

Tages-Ordnung: 

1. Verlesung des Protokolls der letzten General-Ver¬ 
sammlung ; 

2. Commissionsbericht betr. die Gründung einer Kranken- 
und Unterstützungskasse (Ref.: Herr Zündel); ' 

3. Vortrag des Herrn Schlegel, vom thierhygienischen 
Institut in Freiburg i. B., über »Moderne Seuqien- 
forschung« ; 

4. Vortrag des Herrn Mandel über »Beamtete Thier¬ 
ärzte und praktische Thierärzte« ; *' 

5. Vortrag des Herrn Haas über »Die Genickbeule beim 
Rind«; 

6. Vortrag des Herrn Zündel über »Die Einrichtung 
einer Wasenmeisterei nach System Otte in Mülhausen« ; 

7. Wahl eines 2. Delegirten zum Deutschen Veterinätpüth; 

8. Vorschläge für die nächste Generalversammlung; , 

9. Wahl des Ortes der nächsten Generalversammlung; 

10. Verschiedenes. 

Nach der Versammlung gemeinschaftliches Mittagessen im 
Hötel zur Krone. > 

Um pünktliches Erscheinen zur Versammlung wird - ge¬ 
beten. 

Der I. Schriftführer: Der Präsident: > 

J. Zündel. V. Haas. > 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Fröhner: Compendium der speciellen Chirurgie für 
Thierärzte. Ferdinand Enke. Stuttgart. 1898. Preis 
6 Mark. 

Fr. hat seinen viel- und mannigfaltigen Erzeugnissen ein neues hinzu¬ 
gefügt. Auf 316 Seiten ist das ganze Gebiet der speciellen Chirurgie ein¬ 
schliesslich Augenkrankheilen, Krankheiten der weiblichen Geschlechtslheilc 
und Hufkrankheiten abgehandelt. Möglich war dies nur durch sehr kurze 
Fassung der einzelnen Capitel. Es ist das Compendium, gewissermassen nur 
das Skelett einer speciellen Chirurgie, die Weichtheile zu demselben, welche 
erst das Leben bedingen, sind in dem gross angelegten, bisher noch nicht 
vollendeten Werke von Bayer-Fröhner zu finden. Der Autor hat sich 
in dem Werk darauf beschrankt, lediglich seine nicht allseitig anerkannten 
Ansichten zu bieten, so dass das Werk für die Hörer des Autors jedenfalls 
von Nutzen sein wird. Der Autor spart durch das Werk das nicht überall 
übliche Dictat, welches er seinen Hörem am Ende jeder Vorlesung über das 
Gehörte gab und kann nun die Vorlesungsstunden voll für den Vortrag aus- 
nützen. FricR. 


26. November. 


Allgemeine Thierzucht. Ein Lehr- und Handbuch für 
Studirende und Praktiker, bearbeitet von L. Hoffmann, 
Professor für Thierzucht, Exterieur etc. an der Königl. 
Thierärztlichen Hochschule in Stuttgart. Mit 25 Ab¬ 
bildungen. Stuttgart, Verlag von Eugen Ulmer. 1899. 
Preis 10 Mark. 

Das vorliegende Buch ist eine interessante Erscheinung auf dem Ge¬ 
biete der wissenschaftlichen ZUchtungskunde, und zwar namentlich insofern, 
als der Verfasser in demselben mit grossem Fleisse und mit Hülfe eines 
geradezu enormen kritischen Literaturstudiums besonders die Geschichte und 
die Abstammungslehre unserer Hausthiere in einer so umfassenden Weise 
bearbeitet hat, wie dies bisher noch nirgends geschehen ist. 

Diesem Gegenstände sind die beiden ersten Kapitel und 138 von dem 
insgesammt 547 Seiten starken Bande gewidmet. Der Autor hat hier auch 
der Kosmogonie einen Abschnitt zugesprochen, w r as in Rücksicht auf die 
Vollständigkeit der Darlegungen über Ur- und Vorzeit geschehen sein mag, 
denn sonst geht man zu weit, wenn man sich in einem Lehrbuche der Thier¬ 
zucht auch mit der Entstehungsgeschichte der Welt beschäftigt. 

Das dritte Kapitel behandelt unter der Ueberschrift Baumaterial des 
Züchters« die Anatomie, Physiologie, Morphologie und Biologie, das vierte 
die Fortpflanzung und das fünfte die thierzüchterischen Gesetze, Regeln, 
Theorien und Hypothesen. Auch diese drei Hauptabschnitte zeichnen sich 
durch grosse Vollständigkeit aus, ja mancherorts hätte man im Interesse des 
Buches sogar wünschen müssen, die Deductionen wären weniger ausführlich 
gewesen und hätten sich in einem engeren Rahmen gehalten, denn ein Lehr¬ 
buch der allgemeinen Thierzucht kann und soll auch nicht gleichzeitig ein 
Lehrbuch der Embryologie sein! Dieses Streben, dem Werke einen möglichst 
universellen Charakter zu geben, entrückt dasselbe auch seiner Bestimmung als 
Lehrbuch für Studirende, dazu ist es zu ausführlich, es eignet sich viel mehr 
als Hand- und Nachschlagebuch für alle Diejenigen, die nicht mehr im 
Anfangsstadium des Wissens stehen, sondern schon mit den nöthigen Vor¬ 
kenntnissen ausgestaltet, sich weiter ausbilden und sich eingehender mit der 
geschichtlichen und wissenschaftlich-züchterischen Seite beschäftigen wollen. 
Allen diesen Lesern wird an dem Buch noch besonders gefallen, dass Hoff¬ 
mann seiner ganzen Natur nach kein Autor ist, der sich bemüht, ängstlich 
und vorsichtig in seinen Ansichten die Mitte zu halten, ausgleichend und 
ausweichend zu verfahren, sondern dass er überall in ausgesprochenem indivi¬ 
duellem Masse seine eigene Meinung zur Geltung bringt, selbst auf die Ge¬ 
fahr hin, dass der Leser nicht in allen Punkten mit seiner Anschauung ein¬ 
verstanden ist. (Kalt- und warmblütige Pferde ) 

Was die Schreibweise anlangt, so ist dieselbe klar und verständlich, 
auch versteht der Verfasser anziehend zu schildern und dem Leser die oft¬ 
mals trockene Materie schmackhaft zu machen, sodass der Inhalt anregend 
und nicht ermüdend wirkt. 

Sicherlich wird sich das Buch im Kreise der Interessenten viele Freunde 
erwerben und Jedem, der Sinn für züchterische Fragen und für die ge¬ 
schichtliche Seite dieser Wissenschaft hat, eine lehrreiche und anregende 
Lectüre bieten 

Die buclihändlerische Ausstattung ist gut, der Preis von 10 Mk. billig. 

Da sich verschiedene Druckfehler eingeschlichen haben, wäre ein Druck- 
fehlerverzeichniss am Platze gewesen. Pusch. 


Personal-Nachrichten. 

Auszeichnungen: Thierarzt M. Schlegel, Assistent der thier¬ 
hygienischen Abtheilung des hygienischen Instituts in Freiburg i./B., wurde 
von der philosophischen Fakultät der Universität Freiburg i./B. zum Doctor 
philosophiae promovirt. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Thierarzt Quatscha in Striegau 
wurde zum comm. Kreisthierarzt m Angerburg ernannt. Verzogen sind die 
Thierärzte J. H a u c k von Schönenberg nach München, Loos von Stadt¬ 
lauringen nach Volkart (Unterfranken), Feldhofen von Bruchsal als 
Assistent des Bezirksthierarztes nach Baden. Niedergelassen haben sich die 
Thierärzte Kerlen in Güsten (Anhalt), Hänsgen in Satow (Mecldenb.). 


Verlag der Gesellschaft „Deutschs Thierärztliche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der Mac Uofsehen Druckerei in Karlsruhe i. B. 



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Deutsche 

Thierärztliche Wochenschrift 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Eegierungs- und Medicinalrath, 
Direotor der Tbierärztlichen Pochschale 
in Hannover. 


herausgegeben von 

Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregicrungsrath 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regierangsrath and Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Wiliach in Louisenthal (Saar). 


redigirt von 

Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thierftrztliche Wochenschrift erscheint jeden Sämmtliche Zuschriften nnd redactionellen Anfragen 

Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 

abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in S6CDSt6P JftOrEAIlE« Correcturen und Anzeigen an die Expedition der 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit directer ° 0 Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 

portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784a. in Karlsruhe (Badend _ 


M 40 . 


Ansgegeben am 1 Dezember. 


1898 . 


Ein Auftreten der Pferdestaupe mit schweren 
spinalen Lähmungen. 

Von Thierarzt Karl Blumenberg in Holle. 

Nachstehend bringe ich ein Auftreten der Pferdestaupe 
zur Mittheilung, welches wegen seines ungewöhnlich heftigen 
Verlaufes, der zahlreichen Fälle schwerer spinaler Lähmung und 
nachfolgender recidivirender innerer Augenentzündung ein be¬ 
sonderes Interesse in Anspruch nimmt. Selbiges ereignete sich 
im Februar 1897 in dem Gestüte des Baron v. C. auf Oe. und 
war schon dadurch sehr fatal, dass der Besitzer 11 fremde 
werthvolle, nicht trächtige und hochtragende Stuten aus Mecklen¬ 
burg, Pommern, dem Herzogi. Gestüt Harzburg u. s. w. auf¬ 
genommen hatte, welche dort, die letzteren, nachdem sie ab¬ 
gefohlt, von dem Gestütshengst Alconbury gedeckt und dann 
wieder entlassen werden sollten. 

Die Vertheilung der auf dem Rittergute vorhandenen Pferde 
war folgende: In dem eigentlichen Gestütsstall standen links 
vom Eingang nur trächtige Stuten in Boxes, während rechts 
vom Eingang die fremden nicht tragenden Stuten ebenfalls in 
Boxes eingestellt waren. Während des Ausbruchs 'der Seuche 
sind einzelne dieser Thiere umgestellt worden. 

In einem weiteren, auf der Nordseite des Hofes belegenen 
Abtheil befanden sich in zwei grossen Boxes edle Vollblutfohlen 
und solche des kaltblütigen Schlages. Der etwa 150 m hier¬ 
von entfernt auf der östlichen Hofseite situirte Ackerstall ent¬ 
hielt einen -Bestand von 23 Arbeitspferden, indessen waren in 
diesem in Boxes auch zwei fremde Stuten mit Fohlen unter¬ 
gebracht. Unmittelbar an den Ackerstall schloss sich der 
Kutschstall, in welchem rechts vom Eingänge die Kutschpferde 
in Kastenstände eingestellt waren, während auf der linken Seite 
in drei Boxes der Deckhengst und zwei säugende edle Mutter¬ 
stuten des Baron v. C. Aufnahme gefunden hatten. Eine der 
letzteren hatte vorher im Gestütsstall gestanden. Der Rest des 
werthvollen Pferdebestandes befand Sich in dem sog. Parkstall, 
der in einer Entfernung von. mehreren Hundert Metern vom 
Kutschstall belegen und ebenfalls mit edlen tragenden und 
nicht tragenden Stuten besetzt war. 

Die Gesammtzahl der Pferde stellte sich, von den neu¬ 
geborenen 5 Fällen abgesehen, auf 67 Stück. 

Am 18. Februar erkrankte eine der Stuten des Gestüts¬ 
stalles, Senta, unter den Symptomen der Harnverhaltung; das 
von ihr geborene Fohlen zeigte Durchfall. Beide Thiere waren 
nach 3 bezw. 5 Tagen genesen. 


Am Mittwoch den 24. Februar wurde ich zu einem zweiten, 
14 Tage alten, schwer erkrankten Fohlen gerufen; dasselbe 
War matt, taumelte und hatte sehr geringe Sauglust. Deren 
Mutter, Asteroide, zeigte bei einer Temperatur von 38,2° C. 
sehr schlechte Fresslust, etwas Secret im inneren Augenwinkel, 
geringgradige Lymphdrüsenschwellung im Kehlgang und massiges 
Oedem der Fussenden, welches bis zum 27. Februar fortbestand. 

Diesem Falle folgte schon am nächsten Tage ein weiterer. 
Ein etwa 1 Woche altes Füllen erkrankte hochfieberhaft mit 
Petechien auf der Maulschleimhaut und verendete binnen zwölf 
Stunden. Die Section ergab starke Röthung und Schwellung 
der Magen- und Darmschleimhaut, leichten Milztumor und trübe 
Schwellung von Leber, Nieren und Herz. Die Mutter dieses 
Füllens (Meredith) erschien leicht fieberhaft erkrankt (38,5°C.), 
ihre Fresslust war mangelhaft. Am 27. Februar war diese aber 
schon wieder gut zu nennen, während die Körperwärme noch 
auf 38,3° stand. 

Hiernach nahm ich am 26. Februar eine genaue Unter¬ 
suchung des Pferdebestandes vor. Hierbei zeigte die Stute 
Consuelo, welche erst am 24. Februar nicht-tragend in das 
Gestüt gebracht war, eine katarrhalische Conjunctivitis mit 
grau-schleimigem Secret und leichte Kehlgangsdrüsenschwellung 
bei einer Temperatur von nur 37,9 0 C.; ihr Appetit war nicht 
gerade schlecht. 

Die am 1. Februar in das Gestüt gekommene, ebenfalls 
dicht-trächtige Stute Gratias hatte auch leichten Augenkatarrh 
und mässige Kehlgangsdrüsenschwellung, daneben geringgradigen 
schleimigen Nasenausfluss. Sie hatte an dem Morgen aber 
Schlecht gefressen und ihre Temperatur stand auf 38,8 0 C. Bis 
zum nächsten Tage war letztere, wie alsbald bemerkt sein 
mag, schon wieder auf 37,8 0 gesunken und die Fresslust wieder¬ 
gekehrt. 

f Die Stute Ahnentafel, welche am 18. Februar, auch 
nicht-tragend, eingetroffen war, zeigte am 26. Februar keinen 
guten Appetit, kalte Ohren und 38,8 0 C. Temperatur. Tags 
darauf betrug ihre Körperwärme sogar 39,2 °, trotzdem hatte 
sie besser gefressen. 

Mit Ahnentafel war am 18. Februar die hochträchtige 
Stute Evergreen in Oe. angelangt. Diese hatte am 26. Fe¬ 
bruar früh ihr Futter nur zur Hälfte verzehrt. Sie wies Kehl¬ 
gangsdrüsenschwellung auf, hatte 56 Pulse und eine Temperatur 
von 39 0 C. Tags darauf nahm sie bei einer Temperatur von 
38,8° nur etwas Kleientrank zu sich. 

Die Stute Lady Baby, welche bereits gefohlt hatte, 
erschien selber gesund, dagegen bemerkte man an ihrem Füllen 

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430 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


3. Dezember. 


schleimig-eitrigen Nasenausfluss und auffällige Lymphdrüsen- 
schwellung im Kehlgange. 

Die trächtige Stute Tarpeja hatte am 26. Februar zwar 
gut gefressen, sie zeigte aber 40,0 0 C. und unverkennbares 
Oedem der Unterextremitäten. Der rege Appetit und die Bein¬ 
schwellung bestanden auch am folgenden Tage noch, während 
die Körperwärme bis dahin auf 38,8° abgefallen war. 

Von der Stute Laetitia endlich wurde gemeldet, dass 
sie mangelhaften Appetit bekundet habe. Ihre Besichtigung 
Hess erkennen, dass die Unterpartien ihrer Gliedmassen stark 
geschwollen waren. Die Körperwärme betrug 38,0 0 C. 

Sonstige Veränderungen Hessen sich bei diesen Thieren 
nicht wahrnehmen, weder eine nennenswerthe Beschleunigung 
der Zahl, noch eine abnorme Beschaffenheit des Pulses, noch 
auch eine stärkere Frequenz des Athmens. Auch von Mattig¬ 
keit und Eingenommenheit war an diesem Tage nichts zu con- 
statiren. Alle übrigen Pferde des Gutes erschienen frei von 
krankhaften Symptomen. 

Am Sonnabend den 27. Februar verendete das Eingangs 
beregte Fohlen, welches am 24. Februar erkrankt war. Hierzu 
kam, dass die oben genannte Stute Laetitia, nachdem sie 
schon am Abend zuvor das Futter fast gänzlich versagt, von 
Kreuzlähmung befallen wurde und sich gegen 11 Uhr Vor¬ 
mittags niedergelegt hatte, unvermögend, sich wieder zu erheben. 

Bei diesem Stande der Dinge hielt sich der Besitzer schon 
im Hinblick auf das ihm anvertraute werthvollS fremde Material 
verpflichtet, Herrn Geheimrath Dam mann telegraphisch um 
seinen schleunigen Besuch zu bitten, was auch wegen der 
schweren Verantwortlichkeit, welche auf mir ruhte, meinen 
eigenen Wünschen entsprach. Dieser traf noch an demselben 
Abend in später Stunde in Oe. ein und untersuchte, durch mich 
über den Sachverhalt orientirt, zunächst die Laetitia, welche, 
er ruhig am Boden Hegend vorfand. Er constatirte deren volle 
Unfähigkeit, auch mit Hülfe aufzustehpn, Abschwächung der 
Sensibilität im Bereiche des Hintertheils, eine Temperatur von 
36,5 0 C., eine Pulszahl von 44, eine Athemfrequenz von 18 Zügeq 
pro Minute. Dabei war der Puls mittelkräftig, die Herztöne 
wie das Athmen nicht sonderlich angestrengt, die ausculta- 
torischen Geräusche normal, vorgehaltenes Heu nahm die Stute 
an. Eine eingehendere Untersuchung untersagte die mangel¬ 
hafte Beleuchtung. 

Geheimrath Dam mann nahm auch zugleich die ver¬ 
abreichten Futterstoffe in Augenschein und fand, soweit eine 
oberflächliche Augenblicksbesichtigung ein Urtheil gestattet, 
Heu, Stroh und Kleie von guter, den Hafer von sehr mässiger 
Beschaffenheit. Eine sichere Diagnose vermochte er an diesem 
Abend nicht zu stellen; indess sprach er, nachdem ich ihn noch 
mit den Eingangs dargelegten Thatsachen im Detail bekannt 
gemacht, die Vermuthung aus, dass Pferdestaupe vorliege. 

In der Frühe des 28. Februar wurde eine eingehende 
Untersuchung von uns vorgenommen. Zunächst ward consta- 
tirt, dass von den 13 vorhandenen trächtigen Stuten bis dahin 
fünf gefohlt hatten. Zwei der Fohlen waren gestorben, eines 
— das der Baby — hatte Drüsenschwellung, zwei waren gesund. 

Die Laetitia lag noch in demselben Zustande, wie Abends 
zuvor; ihre Körperwärme stand auf 37,1 0 C. Ausserdem Hess 
sich Schwellung der Augenlider, leichtes Angelaufensein der 
Fussenden und unterdrückte Peristaltik bei ihr constatiren. 

Der Zustand von Evergreen hatte sich verschlimmert. 
Zwar hatte sie nur eine Temperatur von 37,5 0 C., sie war aber 
auffällig matt, lag, konnte sich nicht erheben, war fast ganz 
appetitlos, hatte 60 weiche, leicht unterdrückbare Pulse, einige 
20 Athemzüge, die Maulschleimhaut war mit einer schmutzig¬ 
grauen Masse belegt, die Peristaltik wenig rege, die Augen 
thränten, die Lider waren geschwollen, die Conjunctiven gallertig 
gequollen, in den Lidsäcken fand sich eine mässige Menge 
schleimig-eitriger Flüssigkeit, die Gliedmassen erschienen leicht 
geschwollen. 

Lidschwellung, gelbrothe, glasige Quellung der Bindehaut 
mit grau-schleimiger oder schleimig-eitriger Secretion, leicht 
gelbliche Färbung der Sclera, etwas Thränen und mässiges 
Oedem der Unterextremitäten ward auch bei Consuelo, 


Gratia, Ahnentafel und Tarpeja constatirt. Im Uebrigen 
erschienen diese Thiere munterer, bei leidlich guter Fresslust 
und die Temperatur stand bei ihnen, abgesehen von Ahnen¬ 
tafel, welche 39,2 ü C. aufwies, unterhalb der Fiebergrenze. 

Während diese Untersuchungen vor sich gingen, wurde 
gemeldet, dass die Stute Morgengabe plötzlich auffallend 
unruhig geworden sei, scharre und dränge. Die Besichtigung 
Hess alsbald erkennen, dass sie im Begriff stand,' zu gebären; 
mit meiner Hülfe brachte sie binnen kurzer Zeit ein todtes 
Fohlen zur Welt. 

Demnächst nahm Geh.-Rath D a m m a n n eine Untersuchung 
der Eingeweide des Tags zuvor nach dreitägigem Kranksein 
verendeten Fohlens vor, welche für ihn aufbewahrt worden 
waren. Hierbei fand er die Schleimhaut der Pförtnerhälfte des 
Magens geschwollen, in Falten gelegt, mit lebhafter Röthung der 
Faltenkämme, die Submucosa von einer gelblich gefärbten, 
leicht getrübten Flüssigkeit durchtränkt, — an der Dünndarm¬ 
schleimhaut viele Querfalten mit stellenweiser Röthung der 
Gipfel und gelatinöse Quellung der Submucosa, auffällige Ver- 
grösserung der Peyer’schen Haufen, namentlich im Ileum, — 
starke Bildung von glasig aussehenden Querwülsten in dem 
Blind- und Grimmdarm, die auf Einschnitt eine gelblich trübe 
Flüssigkeit aus der Schleimhaut und dem Unterschleimhaut¬ 
gewebe entleeren Hessen, — Vergrösserung der Mesenterial¬ 
drüsen mit ödematöser Beschaffenheit der Schnittfläche, — trübe 
Schwellung von Leber, Nieren und Herz, — schlottrige Wülste 
am Kehlkopfeingang, — Ekchymosen in der Darmserosa, der 
Lungenpleura, dem Epi- und Endocardium. 

(Schluss folgt.) 


Denkschrift über das Färben der Wurst sowie 
des Hack- und Schabefleisches. 

(A u s g e a r b e i t e t im Kaiser!. Gesundheitsamt.) 

(Schluss.) 

Ein Theil der Fleischer befindet sich im Kampfe mit den 
Behörden. Es ist begreiflich, dass von ersterer Seite die Zu¬ 
lassung der Färbung von Fleischwaaren gefordert wird; denn 
durch das bequeme Mittel der Färbung wird beim Vertriebe 
jener Waare im Allgemeinen ein leichterer und grösserer Ver¬ 
dienst erzielt , als durch mühevolle sachkundige Auswahl und 
Zubereitung derselben. Amtlicherseits sind zur Beseitigung der 
Unsitte des Färbens bereits mehrfach Warnungen erlassen 
worden, z. B. in Berlin, Bayern, Sachsen. Im Auslande sind 
ausdrückliche gesetzliche Verbote ergangen, z. B. in der Schweiz 
und in Oesterreich. Auch Strafverfahren sind eingeleitet 
worden. * 

Die Entscheidung der Frage, ob in Deutschland das Färben 
der Wurst sowie das Feilhalten und der Verkauf gefärbter 
Wurst reichsrechtlich verboten ist, hängt ab von der Anwend¬ 
barkeit des Gesetzes vom 14. Mai 1879, betreffend den Ver¬ 
kehr mit Nahrungsmitteln, Genussmitteln und Gebrauchsgegen¬ 
ständen : 

§ 10. Mit Gefängniss bis zu 6» Monaten und mit Geldstrafen bis za 
1500 Mk. oder mit einer dieser Strafen wird bestraft: 

1. wer zum Zwecke der Täuschung im Handel und Verkehr Nahrungs¬ 
oder Genussmittel nachmacht oder verfälscht; 

2. wer wissentlich Nahrungs- oder Genussmittel, welche verdorben oder 
nachgemacht oder verfälscht sind, unter Verschweigung dieses Um¬ 
standes verkauft oder unter einer zur Täuschung geeigneten Be¬ 
zeichnung feilhält. 

§ 11. Ist die im § 10 No. 2 bezeichnete Handlung ans Fahrlässigkeit 
begangen worden, so tritt Geldstrafe bis zu 150 Mk. oder Hait ein. 

oder des Strafgesetzbuches vom 15. Mai 1871: 

§ 367. Mit Geldstrafe bis zu 150 Mk. oder mit Haft wird be¬ 
straft :. 

7. wer verfälschte oder verdorbene Getränke oder Esswaaren, insbe¬ 
sondere trichinenhaltiges Fleisch feilhält oder verkauft. , 

Die Verfälschung einer Waare kann entweder in der Richtung 
• der Verschlechterung oder der scheinbaren Verbesserung durch 


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No. 49. 


DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


431 


Zusetzen oder Entnehmen von Stoffen erfolgen. Beide Arten 
setzen eine bestimmte Norm der Waare voraus, von welcher 
abgewichen wird. Bei der Prüfung, welche Zusammensetzung 
der Wurst als normal anzusehen ist, wird gemäss den vom 
Reichsgerichte aufgestellten Grundsätzen nur der von jeher als 
reell erachtete und den Wünschen des Publikums entsprechende 
Geschäftsgebrauch in Betracht zu ziehen sein. Das Publikum 
liebt zwar Dauerwurst von frisch-rothem Aussehen, wünscht 
jedoch, dass diese Frische durch die Salzungsröthe, nicht durch 
Färbemittel hervorgerufen ist. Wenn also jetzt in einigen 
Gegenden die Wurstfabrikanten — auch die beste Waare — 
regelmässig färben, so machen sie dadurch den Farbstoff nicht 
zu einem normalen Bestandtheil der Wurst. Die Abweichung 
von der Norm durch Zusatz von Farbe kann sowohl eine Ver¬ 
schlechterung der Wurst durch Herabsetzung ihres Genuss¬ 
und Geldwerthes als insbesondere den Schein besserer Be¬ 
schaffenheit herbeiführen. Ein solcher Schein wird selbst tadel¬ 
loser Wurst durch Farbzusatz verliehen, weil derartige Wurst 
noch frisch zu einer Zeit erscheint, in welcher sie ohne den 
Zusatz in Folge Alters bereits missfarbig sein würde. 

Bei der Färbung von Hack- und Schabefleisch — zu 
welcher nach Obigem regelmässig schweflige Säure verwendet 
wird — kommen zwar auch dieselben Gesichtspunkte, in erster 
Linie aber die Anwendbarkeit der §§ 12', 14 des Nahrungs¬ 
mittelgesetzes in Frage: 

§ 12. Mit Gefängniss .... wird bestraft: 

I. wer vorsätzlich Gegenstände, welche bestimmt sind, Anderen als 
Nahrungs- oder Genussmittel zu dienen, derart herstellt, dass der 
Genuss derselben die menschliche Gesundheit zu beschädigen ge¬ 
eignet ist, ingleichen wer wissentlich Gegenstände, deren Genuss 
die menschliche Gesundheit zu beschädigen geeignet ist, als 
Nahrungs- oder Genussmittel verkauft, feilhält oder sonst in Ver¬ 
kehr bringt. 

§ 14. Ist eine der in den §§ 12, 13 bezeichneten Handlungen aus 
Fahrlässigkeit begangen worden, so ist auf Geldstrafe bis zu iooo Mk. oder 
Gefängniss bis zu 6 Manaten .... zu erkennen. 

Wie sich aus der Rechtsprechung ergiebt, haben die Ge¬ 
richte die Färbung von Wurst sowie von Hack- und Schabe¬ 
fleisch in der überwiegenden Anzahl der zu gerichtlicher Ent¬ 
scheidung gelangten Fälle für strafbar erklärt. Ein Theil der 
Freisprechungen dürfte auf die Auswahl der Sachverständigen, 
welchen in den betreffenden Fällen das Gericht gefolgt ist, 
zurückzuführen sein; so z. B. das Urtheil, in welchem die 
Wurstfärbung mittelst Karmin als ein dankenswerther Fortschritt 
bezeichnet wird. Insbesondere sind aber die Urtheile, welche 
bei Zusatz von schwefliger Säure auf Freisprechung lauten, 
durch die auf den Umhüllungen der sog. Conservirungsmittel 
befindliche Aufschrift beeinflusst worden, dass nach dem Gut¬ 
achten eines speciell genannten, aber nach den weiter oben 
gemachten Ausführungen zu Begutachtung medicinischer Fragen 
nicht berufenen Chemikers der Zusatz des Mittels zu Fleisch 
in Höhe von 0,2 °/ 0 unschädlich sei. 

Die vorstehende Ausführung kann in folgende Sätze zu¬ 
sammengefasst werden: 

1. Bei Verwendung geeigneten farbstoffreichen Fleisches 
und unter Beobachtung jjer handwerksgerechten Sorgfalt 
und Reinlichkeit lässt sich eine gleichmässig roth ge¬ 
färbte Dauerwurst ohne Benutzung künstlicher Färbe¬ 
mittel hersteilen; 

2. der Zusatz von Farbstoff ermöglicht es, einer aus minder 
geeignetem Material oder mit nicht genügender Sorgfalt 
hergestellten Wurst den Anschein einer besseren Be¬ 
schaffenheit zu verleihen, mithin die Käufer über die 
wahre Beschaffenheit der Wurst zu täuschen; 

3. im Einklang mit den von dem Reichsgericht aufgestellten 
Rechtsgrundsätzen nimmt die Mehrzahl der bisher mit 
der Frage befassten Gerichte an, dass die in manchen 
Gegenden eingeführte Färbung von Wurst vom Stand¬ 
punkte des Nahrungsmittelgesetzes als ein berechtigter 
Geschäftsgebrauch nicht anzuerkennen ist; 

4. bei Verwendung giftiger Farbstoffe vermag der Genuss 


damit gefärbter Wurst die menschliche Gesundheit zu 
schädigen; 

5. aus frischgeschlachtetem Fleisch lässt sich ohne An¬ 
wendung von chemischen Conservirungsmitteln unter 
Beobachtung handwerksgerechter Sauberkeit Hack¬ 
fleisch hersteilen, das bei Aufbewahrung in niedriger 
Temperatur seine natürliche Farbe länger als 12 Stunden 
behält; 

6. der Zusatz von schwefligsauren Salzen und solche Salze 
enthaltenden Conservirungsmitteln ist geeignet, die natür¬ 
liche Färbung des Fleisches — aber nicht das Fleisch 
selbst — zu verbessern und länger haltbar zu machen; 
dem Hackfleisch kann mithin hierdurch der Anschein 
besserer Beschaffenheit verliehen werden; 

7. der regelmässige Genuss von Hackfleisch, welches mit 
schwefligsauren Salzen versetzt ist, vermag die mensch¬ 
liche Gesundheit, namentlich von kranken und schwäch¬ 
lichen Personen, zu schädigen. 


Referate. 

Ueber Katapl&smen. 

Von E. Zschokke, Zürich. 

(Schweizer Archiv für Thierheilkunde 1898, Heft 5.) 

Unter den sog. Bähungen oder Kataplasmen versteht man 
eine Reihe von Mitteln, welche weniger in ihrer Form oder 
chemischen Composition, als in ihrer Wirkung (Erweichung, 
Erschlaffung der Gewebe, oft Reizung der Haut und der darunter 
liegenden Gewebe) eine gewisse Uebereinstimmung besitzen. 

Die Kataplasmen oder besser die Emollienzien gehören zu 
den ältesten Heilmitteln. Das wirksame Princip aller dieser in 
Bezug auf Zahl und Anwendungsform so zahlreicher Mittel ist 
die feuchte Wärme. 

Schon warmes Wasser, für sich benutzt als Bad oder in 
Form von Umschlägen, erfüllt diesen Zweck. Häufiger verwendet 
man aber andere Vehikel für das Wasser, theils mineralische 
Substanzen, wie Lehm, Fango, theils organische, wie Leinsamen, 
Mohnsamen, Krüsch, Mehl, Malven, Camillenblüthc, Kartoffel¬ 
brei, Heusamen, Kuhkoth, Panseninhalt etc., oder endlich Com- 
binationen in beliebiger Form. Bei der Anwendung noch anderer 
Mittel wird entweder die Wärme des Körpers (Priessnitz’sche 
Umschläge) oder die natürliche Feuchtigkeit der Haut selbst 
mit zur Heilwirkung herbeigezogen (Aufträgen von Fetten, 
Vaseline, Pflaster, Kautschuck u. s. w.). 

Wie weit ausser der feuchten Wärme noch andere Mo¬ 
mente in Betracht kommen, ist nicht genügend bekannt. Aro¬ 
matische Substanzen (Heublumcn, Camillen) sollen noch schmerz¬ 
stillende (narkotische) Wirkung haben. Der Krüschbrei wird 
als besonders erweichend und hautreinigend gehalten. Lein¬ 
samenbrei übt leicht eine ätzende Wirkung (Haarausfall, De¬ 
cubitus) aus wegen der raschen Säurebildung. Kuhmist soll 
ähnlich wirken. Trotz der baldigen Fäulniss wird er von Laien 
noch sehr oft sogar bei Wunden angewandt (Gefahr einer In- 
fection mit Tetanusbacillen). 

Während die Wärme im Allgemeinen erschlafft und ex- 
pandirt, bewirkt die Feuchtigkeit ein Aufquellen der Epi- 
thelien der Haut und dadurch eine grössere Lockerung derselben. 
Trockene Wärme führt hingegen eher zu einer Zusammen¬ 
ziehung, weil sie die Hautoberfläche austrocknet. 

Wasser von o—i8°C. nennt man kalt, von 18 — 29° frisch, 
von 30 — 35° indifferent, von 35,5 — 37,5° warm und von 37,5° 
an aufwärts heiss. Kaltes und heisses Wasser wirkt intensiv 
auf die sensiblen Nerven. Viele Kältereize führen zu gewissen 
Störungen (Rheumatismus), während man über die Wirkung 
von Hochtemperaturreizen noch nicht ganz klar ist. Man be¬ 
nutzt dieselben zur Bekämpfung rheumatischer Leiden. 

Temperaturen von über 55" C. wirken coagulirend auf viele 
Eiweisslösungen und dadurch tödtend auf die Zellen. Kaninchen 
sterben die Ohrspitzen ab, wenn diese während 5 Minuten in 
Wasser von 52° getaucht werden. Temperaturen von 42—50°C, 


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432 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


3 . Dezember. 


wirken auf Haut und Nervenzellen reizend, aber nicht nekro- 
tisirend, und scheinen sie zur vermehrten Thätigkeit, nutritiv 
und formativ, anzuregen. 

Nicht nur findet eine Erweiterung der Capillaren (ex- 
pandirende Wirkung), also stärkerer Blutzufluss statt, sondern 
die Zellen werden auch angeregt zur vermehrten Verwendung 
dieser stärkeren Nahrungszufuhr, z. B. bei Regeneration von 
Defecten. 

Bei infectiösen Entzündungen genügt die Erhaltung der 
normalen Körpertemperatur, 37—40 °, weil die Toxine schon 
hinlänglich irritiren. Bei Anwendung von Kälte verlaufen solche 
Entzündungen viel bösartiger und langwieriger, weil die Zellen 
durch dieselbe in ihrer Thätigkeit zur Unterdrückung der In- 
fection (Phagocytose, Schaffung der Antitoxine) gehindert werden. 
In diesem Sinne wirkt dann die Wärme sogar antiphlogistisch, 
oder wie man früher sagte, zertheilend. 

Als Haupteigenschaft der eigentlichen breiigen Kataplasmeii 
muss man verlangen einen gewissen und andauernden Wasser¬ 
gehalt und möglichst schlechtes Wärmeleitungsvermögen; auch 
muss die Masse gut plastisch, also feinkörnig, nicht reizend) 
ätzend oder infectionsgefahrlich sein. 

Auf diese Eigenschaften hin wurde eine Reihe der ge¬ 
bräuchlichsten Kataplasmen geprüft. 

Fango (Linimentum minerale) ist ein feiner, körniger, 
dunkelgrauer See- oder Teichschlamm, welcher sich in dei^ 
Thermen von Battaglia bei Padua bildet (100 kg kosten 30 Fr ). 
Einwicklungen mit Fangobrei von 40 — 50° C. sollen sehr gute 
Dienste leisten bei Arthritis acuta, chronischer Gicht, Neuralgien, 
rheumatischen Affectionen, sogar bei Pleuritis, bei chronischer 
Lymphdrüsenschwellung und Hautkrankheiten. Versuchsweise 
wurde Fango auch bei chronischen Gelenk-, Sehnen- und Huf¬ 
entzündungen angewandt und zwar mit befriedigendem Resultate. 

Um zu prüfen, ob und in welchem Grade der Fango¬ 
schlamm die Qualität der Kataplasmen verbessere, wurden Ver¬ 
suche angestellt, welche die wasser- und wärmebindende Eigen-» 
schaft verschiedener Medien vergleichen sollten. Fango, Lehm, 
Lehm- und Krüschgemenge, Krüsch, Kuhmist und Leinsamen 
wurden mit Wasser bis zur Kuhmistconsistenz angerührt und 
in Bechergläser gefüllt, in die bis zur Mitte ein Thermometer, 
eingesteckt wurde. Ein Glas mit Wasser diente zum Vergleiche. 
Sämmtliche 7 Gläser kamen in ein offenes Wasserbad, das zur 
Siedetemperatur und so lange erwärmt wurde, bis die Tempe-- 
ratur in den verschiedenen Gläsern nicht mehr stieg. 

Hierauf wurden sie herausgenommen und auf einen Tisch 
bei etwa 15 0 Zimmertemperatur aufgestellt und von Zeit zu< 
Zeit die Temperatur abgelesen. > 

Fango und Krüschbrei hatten sich nach , / s Stunde am in¬ 
tensivsten erwärmt, nämlich auf 96 bezw. 94 °. Die schnellste 
Temperaturabnahme zeigte sich beim Wasser. Der mittlere 
Wärmegrad (die Summe der einzelnen Messungsergebnisse von) 
der höchsten Temperatur an getheilt durch die Anzahl der- 
Messungen) war folgender: Leinsamenbrei 50,5, Krüsch und; 
Lehm 49, Fango 48,8, Krüsch 48,5, Kuhmist 46,9, Lehm 45,7,; 
Wasser 40,9. Ein Versuch mit Fett im Vergleich zu Wasser 
ergab, dass das Wärmeleitungsvermögen des Fettes noch grösser 
als dasjenige des Wassers ist, seine Verhältnisszahl nämlich 
ist 37 , 4 - 

Da nun auch die Wasserverdunstung von Belang ist, weil 
die Plasticität sich wesentlich nach dem Wassergehalte richtet, 
so wurde auch diese geprüft. 

Der Wasserverlust nach 24ständigem Austrocknen betrug 
in °/ 0 vom Gesammtwassergehalte beim Lehm 40,6, Lehm und 
Krüsch 27,1, Leinsamenbrei 25,6, Fango 22,3, Krüschbrei 10,5, 
Kuhmist 5,4. 

Kuhmist und Krüschbrei trocknen also sehr langsam aus, 
durch Beimengung dieser pflanzlichen Stoffe können auch Erd¬ 
arten länger feucht gehalten werden. 

Die Reaction 24 Stunden nach der Erwärmung war fol¬ 
gende : 

Lehm, Lehm-Krüsch und Fango neutral, Kuhmist stark 
alkalisch, Krüschbrei schwach sauer, Leinsamen stark sauer. 


Schlussfolgerung: 

Fango ist ein sehr geeignetes Mittel zum Gebrauch als 
Kataplasmen, wird es auch hinsichtlich wärme- und wasser¬ 
bindender Kraft von Leinsamen etwas überholt, so ist es doch 
wegen seiner Bakterienreinheit, seiner Indifferenz (neutrale Re¬ 
action) und dem appetitlichen Aussehen diesem vorzuziehen. 
Kuhkoth empfiehlt sich höchstens zum Erweichen von Hufhorn; 
Krüsch- und Leinsamenbrei sind wegen der Säuerung nie länger 
als 24 Stunden zu verwenden. Vorzüglich eignet sich die Com- 
bination Lehm und Krüsch (1 Vol. Lehm und 2 Vol. Krüsch) 
zu Kataplasmen, da dies Gemenge in der Wirkung dem Fango 
gleichkommt und den Vorzug der Billigkeit hat. Vosshuge. 


Der ansteckende Scheiden- und Gebärmutterkatarrh beim 

Rindvieh. 

Von Martens-Sangerhausen. 

(Uerliner thierarztliche Wochenschrift, No 13, 1898.) 

Martens hat seit etwa io Jahren mehrere Tausend Kühe 
und Rinder wegen des angegebenen und nicht mit dem Bläschen¬ 
ausschlag zu verwechselnden Leidens in Behandlung gehabt, in 
einzelnen Gemeinden oder auf grösseren Gütern zuweilen fünfzig 
bis hundert Thiere zu gleicher Zeit. Auf Grund seiner reichen 
bezüglichen Erfahrung glaubt er das Nichttragendwerden, 
häufiges Umrindern und Verkalben häufig, scuchenhaften Abortus 
aber in der Mehrzahl der Fälle auf eben diesen Scheiden¬ 
katarrh zurückführen zu müssen. Eminent ansteckend wird der¬ 
selbe nicht allein durch Begattung, sondern auch durch Zwischen¬ 
träger, z. B. Streu, Dünger, Jaucherinnen u. s. w. übertragen 
und selbst Kälber haben oft, wenn in einem Stall die Seuche 
herrscht, die typischen Erscheinungen der letzteren. In wirth- 
schaftlicher Beziehung ist diese von grossen Nachtheilen be¬ 
gleitet Störung in der Milchwirthschaft, Fehlen der Nachzucht, 
häufiger Wechsel des theueren Bullenmaterials sind die schäd¬ 
lichen Folgen, welche einer Gemeinde oder grösseren Wirt¬ 
schaft enormen materiellen Nachtheil verursachen können. Die 
Ermittlung aller Krankheitsfälle in einer Gemeinde bietet sehr 
viel Schwierigkeit dar, weil jeder Besitzer bemüht ist, seine 
Thiere als gesund darzustellen. Am meisten empfiehlt sich, 
sämmtliche zu untersuchenden Thiere in ein grosses Gehöft 
bringen zu lassen und dort im Freien zu untersuchen. Ab¬ 
gesonderte Schleim- und Eitermassen kommen in Folge der 
Bewegung dann eher zum Vorschein, während sie in dem über¬ 
dies oft mangelhaft beleuchteten Stall von dem Besitzer vor 
der Untersuchung sorgfältig entfernt werden. Manchmal sind 
die Symptome auch nur sehr geringe; weshalb eine einmalige 
Untersuchung in der Regel nicht genügt. Am besten ist wieder¬ 
holte Untersuchung durch eine besondere Commission. Jedes 
Thier, welches umrindert, muss als verdächtig gelten. Wenn 
alle kranken Thiere eruirt sind, beginnt die Behandlung, bei 1 
welcher nach Martens sich Irrigationen mit Lösungen von 
Borsäure oder Burow’scher Mischung mit Tannin zu gleichen 
Theilen am besten bewährt haben. Creolin und Sublimat 
reizen und verursachen starkes Drängen. Die Behandlung ist 
wochenlang fortzusetzen, bis da« Aufhören des Ausflusses, des 
Juckreizes, des häufigen Rinderns, die Abnahme der Röthung 
und Schwellung den eingetretenen Erfolg anzeigen. Auf Des- 
infection der Jaucherinnen, der Streu und des Düngers der 
hinteren Theile der Stände ist bei Tilgung der Seuche die 
grösste Sorgfalt zu verwenden. Martens lässt täglich Kalk 
streuen oder mit Kalkmilch abschlämmen. Bei tragenden 
Thiercn ist öfteres Abwaschen der Hinterschenkel, des Schwanzes, 
der Schamtheile mit lauwarmer Creolinlösung unerlässlich. Bei 
seuchenhaftem Abortus wird empfohlen, die tragenden Thiere 
aus dem Stall zu bringen, zu isoliren oder wenigstens sie im 
Stalle zusammenzustellen. Bei Uteruskatarrh verspricht die Be¬ 
handlung wenig Erfolg, wohl bei Scheidenkatarrh. Auch die 
Bullen müssen gleichzeitig behandelt werden und zwar irrigirt 
man täglich oder nach jedem Sprung die Vorhaut mit einer 
dünnen Lösung von essigsaurer Thonerde. Als Ursache des 





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No. 49. 


DEUTSCHE TI IIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


433 


infectiösen Katarrhs der Geburtswege nimmt Martens einen 
specifischen Mikroorganismus an, der auch in die Gebärmutter 
eindringen und Abortus bewirken könne. Die Symptome des 
infectiösen Katarrhs sind je nach Grad und Ausdehnung des 
Leidens mehr oder minder augenfällig, doch sind sie nicht über¬ 
einstimmend mit denen des Bläschen-Ausschlages, bei welchem 
die Scheide bedeutend geschwollen, schmerzhaft, dunkelroth und 
mit hirsekom- bis erbsengrossen Bläschen von weissgelber Farbe 
besetzt ist, welche bald platzen und geschwürige Stellen mit 
käsig-eitrigem Belag bilden. Bei ersterem Leiden bestehen nur 
die Erscheinungen eines Katarrhs. Chris tiani. 


Ein neuer Fall von Oesoph&gismus beim Pferde. 

Von Thierarzt Bournay. 

(Annales de Medecine veterinaire. Aoüt 1898.) 

Functionelle Störungen des Schlundes in Form von unwill¬ 
kürlichen Contractionen dieses Hohlmuskcls sind im Ganzen bei 
Pferden eine seltene Erscheinung und erwähnt z. B. Cadöac 
in seinem Lehrbuch der Pathologie uud Therapie nur wenige 
Fälle, die bis jetzt bekannt geworden sind, um so dankbarer 
wird daher folgende Beobachtung Bournay’s aufgenommen 
werden. 

Es handelte sich um ein sehr altes Wagenpferd, welches 
plötzlich jede Nahrung versagte und schien es, als ob dem 
Thiere Futter im Schlunde stecken geblieben und dieser ver¬ 
stopft sei, die Schlundröhre belehrte aber den Verfasser anders, 
denn dieselbe liess sich ohne weitere Schwierigkeit in den 
Magen einführen. Neben ausgesprochener Nausea wurde fort¬ 
während gespeichelt und bemerkte man dieselben Undulationen 
in der linken Drosselrinne des Halses, wie bei der Obstruction 
des Schlundes, nur mit dem Unterschied, dass der grössere 
Theil der wellenförmigen Bewegungen in der Richtung nach 
aufwärts erfolgte. Besonders deutlich traten sie hervor, wenn 
man kleine Mengen Wasser schlucken liess, die alsbald stärkere 
Krämpfe auslösten; sie verschwanden nur ganz allmälig, worauf 
der Schlund wieder frei wurde. Der Spasmus betraf haupt¬ 
sächlich die Brustportion der Speiseröhre und wurde durch 
ältere, in Vernarbung begriffene Schleimhautgeschwüre erzeugt, 
die besonders ihren Sitz im linken Sack des Magens hatten, 
zum Theil auch sich bis in die beiden letzten Drittel des 
Schlundes fortsetzten. Der ganze Process dauerte nur 2 Tage, 
worauf unter Erschöpfung der Tod eintrat. In der ganzen Zeit 
wurde weder festes Futter noch irgend eine Flüssigkeit an¬ 
genommen. Vogel. 


Ueber Schlundverletzung: bei einem Pferde mit Heilung:. 

Von Kgl. Bezirksthierarzt Hock in Bad Kissingen. 

(Wochenschrift für Thierheilkunde und Viehiuchf, 1898, No. 4 .J.) 

Vermuthlich durch einen scharfen oder spitzigen Gegen¬ 
stand, welcher mit dem Futter abgeschluckt worden war, hatte 
sich ein Pferd eine von Fistelbildung etc. gefolgte Schlund¬ 
verletzung zugezogen. Aeusserlich machte sich das Leiden zu¬ 
nächst durch eine Anschwellung bemerkbar, sowie durch etwas 
angestrengtes und schnarchendes Athmen. Die Anschwellung 
war hühnereigross, ziemlich hart und hatte ihren Sitz an der 
rechten Seite des Halses am Schlundkopfe. Diese Erscheinungen 
Hessen die Art des Leidens noch nicht erkennen. Priessnitz’sche 
Umschläge, Einreibungen von Jodsalbe und Jodkalium wurden 
angewandt. Nach 3 Tagen zeigte das Thier heftige Athem- 
noth. Die Geschwulst wurde geöffnet, es entleerte sich aber 
kein Eiter, sondern eine übelriechende, breiige Futtermasse aus 
der Oeffnung. Ein «3 cm breiter und 10-12 cm langer 
Fistelgang, in welchen man den Finger einlegen konnte, führte 
bis zum Schlundkopfe und an der oberen Seite des Schlundes 
unmittelbar hinter dem Schlundkopfe befand sich eine 1 '/s cm 
grosse Verletzung. Die Wände des Fistelganges waren mit 
Futtertheilchen beschmutzt. Beim Abschlucken von Futter 
traten breiige Futtermassen aus der Fistelöffnung hervor. 


In den vorher gereinigten Fistelcanal legte Hock einen 
faustgrossen, mit 1 n / rtn Sublimatlösung getränkten und mit Jodo¬ 
formpulver imprägnirten Wattetampon, welchen er mit einem 
dünnen Faden locker zusammenband, und liess den Tampon 
täglich in gleicher Weise erneuern. Der Fistelcanal heilte all¬ 
mälig zu. Das Pferd wurde wieder vollständig hergestellt. 

Willach. 


Hydrometra. 

Von Bezirksthierarzt Freitag. 

Bericht über das Veterinirwesen im Königreich Sachsen. 1897.) 

Eine Kuh, die nach Aufzeichnungen des Besitzers aus¬ 
getragen haben musste, hackte zeitweilig mit den Hinterbeinen, 
stellte sich wie zum Uriniren hin und presste heftig. Der Leib 
war stark, ein Kalb in der rechten Flanke nicht zu fühlen. 
Der Muttermund konnte von der Vagina aus nicht gefühlt 
werden; 40 cm von der Vulva entfernt war die Vagina ver¬ 
wachsen und man konnte hier nur eine querverlaufende Narbe 
fühlen; hinter dieser Vcrwachsungsstelle bemerkte man eine 
prall gespannte, fluctuirende Blase. Nach der angerathenen 
Schlachtung ergab sich, dass das Thier nicht tragend gewesen 
war: die Gebärmutter war mit einer serösen Flüssigkeit, in 
der grössere Klumpen einer käseartigen, bröckligen Masse 
schwammen, prall angefüllt. Nach Angabe des Besitzers hat 
die Kuh im vorigen Jahre schwer gekalbt und ist 3 Wochen 
lang nach der Geburt kränklich gewesen. Malkmus. 


Plötzlicher Tod beim Satteln. 

Von Thierarzt Scoffife. 

(Annales de Medecine vetirinaire. Octobrc 1898.) 

Wie die Mittheilung des Verf.’s im Journal de Lyon meldet, 
stürzte der Zuchthengst Thörabin während des Satteins kurz 
nach dem Mittagfutter beim letzten Anziehen der Gurte unver¬ 
sehens zu Boden und war sofort eine Leiche. Als Ursache 
wufde eine subarachnoideale Gehirnblutung gefunden, die wohl 
ihre Entstehung einem chronischen Herzfehler zu verdanken 
hatte (tricuspidale Insufficienz). Derartige plötzliche Todesarten 
scheinen bei Pferden sehr selten zu sein, Verf. fand in der 
Literatur nur eine einzige, von Hering stammende Notiz, wo¬ 
nach gleichfalls ein Zuchthengst während des Satteins an Herz¬ 
ruptur verendete. Apoplexiefälle bei männlichen Pferden, 
während des Begattungsaktes eingetreten, sind fast unbekannt, 
während sie beim Menschen nicht so sehr selten Vorkommen. 
Verf. knüpft an den Vorfall die Bemerkung, es sei ein Fehler, 
dass Hengste vor der Aufstellung zu Zuchtzwecken viel zu 
wenig oder gar nicht betreffs des Zustandes ihres Herzens 
untersucht werden, da doch so leicht sich Herzfehler vererben, 
ebenso sei es überhaupt gefährlich, bei der starken Tension 
der Blutmasse, wie sie während der Verdauung zu Stande 
kommt, nach dem Füttern zu satteln und sollten mindestens 
1—2 Darmentleerungen abgewartet werden. Vogel. 


Oeffentliches Veterinärwesen. 

Ueber die bösartige Klauenseuche der Schafe. 

(Vortrag in der Versammlung des thierSrztlichen Vereins für die Provinz 

Sachsen.) 

Von Martens -Sangerhausen. 

(Berliner thierärztliche Wochenschrift, No. 45.) 

Die Maul- und Klauenseuche nimmt augenblicklich das 
Interesse der thierärztlichen Kreise lebhaft in Anspruch und so 
hat auch das von Martens in seinem Vortrag behandelte 
Thema eine actuelle Bedeutung. Trotzdem die bösartige Klauen¬ 
seuche schon seit einem Jahrhundert in Europa bekannt ist, 
bestehen immer noch die verschiedensten Meinungen darüber, 
ob das Leiden als eine Krankheit sui generis oder als eine 


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434 


DEUTSCHE THIERifjRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


3 . Dezember. 


Folgekrankheit der epizootischen Aphthenseuche zu betrachten 
sei. Von den ältern Schriftstellern spricht sich besonders 
Spino 1 a, von den neueren Friedberger und Fröhner 
energisch für die Identität der bösartigen Klauenseuche mit 
der Maul- und Klauenseuche aus Andere Thierärzte, z. B. der 
verstorbene Professor Jacobi in Erfurt, leugnen überhaupt das 
Vorkommen der Maul- und Klauenseuche bei Schafen. Seibst 
das Ministerium fühlte sich veranlasst, den beamteten Thjer- 
ärzten grosse Vorsicht bei Feststellung der Aphthenseuch^ in 
Schafheerden zu empfehlen, damit Fehldiagnosen vermieden 
würden. Als Leiden, welche mit der Maul- und Klauenseuphe 
bei Schafen, besonders bei dem einzelnen Individuum, ver¬ 
wechselt werden können, bezeichnet und bespricht Martens: 

1. die sogenannte bösartige Klauenseuche; 2. die mechanisjch- 
traumatische Klauenentzündung. 

Die bösartige Klauenseue hält Martens für eine von der 
Maul- und Klauenseuche durchaus verschiedene infectiöse Stall¬ 
krankheit, deren miasmatischer Charakter sich dadurch erweise, 
dass in einem Ort oft eine Heerde an dem Klauenweh leidet, 
während die 'anderen, trotz vielfacher Gelegenheit zur Ueber- 
tragung, verschont bleiben. Der Ansteckungsstoff bedarf ^ur 
Fortdauer und Weiterentwicklung besonderer Bedingungen, ^die 
vorzugsweise in der Lage und Bodenbeschaffenheit des Stajles 
gegeben sind. Bringt man Schafe mit bösartiger Klauenseuche 
in Schäfereien, die diesen Bedingungen nicht entsprechen,, so 
nimmt die Krankheit keinen grösseren Umfang an, die Seuche 
erlischt ohne, besonderes Zuthun. In Gemeindeheerden, die 
im Herbst und Winter in Einzelstallungen stehen, hat Martens 
nie das Vorkommen der bösartigen Klauenseuche beobachtet, 
sondern nur in grösseren Gutsschäfereien. In drei solcher 
Schäfereien wurde vor vier bis fünf Jahren eine Anzahl Schafe 
eingeführt, welche mit dem Klauenleiden behaftet waren und 
seit dieser Zeit herrscht dasselbe ununterbrochen darin. Die 
Erscheinungen der Krankheit sind folgende: Anfänglich bewegen 
die Thiere den ergriffenen Fuss schonend, hinken leicht, man 
findet innen am Rand des Hornsaums eine geringfügige Tren¬ 
nung, die sich später erweitert. In der Klauenspalte tritt 
schwache Röthe und vermehrte Wärme ein. Aus der Spalte 
am Hornsaum sickert eine dünne, weissliche, trübe, übelriechende 
Flüssigkeit, die später eine mehr jauchige Beschaffenheit und 
graue Farbe annimmt. Der Process nimmt unter der Horn- 
wand vom Saum aus besonders nach der Spitze und der Sohle 
zu seinen Fortgang, so dass man nach dem Abheben der Horn- 
theile geschwürige Stellen und Gänge findet, welche mit grauen, 
abgestorbenen Massen bedeckt bezw. gefüllt sind. Die Untcr- 
minirung geht, falls keine passende Behandlung eingreift, auf 
die äussere Seite, später auch auf die andere Klauenhälfte 
über An der Krone treten Schwellungen, flache, blasige Ab¬ 
hebungen der Haut mit dünnflüssigem, eitrig -jauchigepi, 
stinkendem Inhalt auf, die Bänder, Sehnen, Knochen werden 
schliesslich ergriffen. Die Klauen sehen deformirt, knollig aus 
und werden mit Ringen bedeckt. Daneben findet man leichte 
Schwellung und Wärme des Ballens der leidenden Klaue, Pustel¬ 
bildung mit übelriechender, trüber Flüssigkeit in der Klauen¬ 
spalte. Die Schafe zeigen, so lange nicht mehrere Füssejn 
umfangreichem Masse befallen sind, rege Fresslust und Munter¬ 
keit. Der Verlauf des Leidens ist meist ein chronischer, so 
dass selbst bei zweckmässiger Behandlung und günstigen Wit¬ 
terungsverhältnissen Wochen vergehen können, bevor eine völlige 
Heilung eintritt. Besonders hartnäckig und langsam ist der 
Verlauf, das eigenthümliche Kriechen des Processes und die 
Neigung zu Recidiven, wenn der Schäfer nachlässig ist oder es 
nicht versteht, die Klauen auszuschneiden, die unterminirtpn 
Stellen und Gänge freizulegen. Man braucht, wie beim Huf¬ 
krebs der Pferde, nur einen winzigen Punkt zu übersehen und 
das Uebel ist nach mehreren Wochen in alter Weise da. Die 
chirurgische Behandlung der Klauen ist die Hauptsache; zu 
welchem der inficircnden oder adstringirenden Mittel man sonst 
seine Zuflucht nimmt, ist gleichgiltig. Das Beschneiden der 
Klauen darf nicht auf der Stallstreu geschehen, da sonst immer 
neue Infectionsherde geschaffen werden. Die abgeschnittenen 
Fetzen und Horntheile sind regelmässig zu verbrennen. 


Martens fasst die Thatsachen, welche die bösartige 
Klauenseuche und die Maul- und Klauenseuche unterscheiden, 
in sechs Sätze zusammen: 

1. Es giebl viele Ortschaften, in denen einzelne Heerden 
seit langen Jahren an bösartiger Klauenseuche leiden, andere 
nicht, trotzdem die Schafe täglich dieselben Wege und Triften 
ziehen. Ferner ist noch nie einwandsfrei nachgewiesen, dass 
Rindvieh, Schweine, Ziegen von der Aphthenseuche befallen 
sind, wenn auch durch an bösartiger Klauenseuche leidende 
Schafe fast täglich Gelegenheit zur Uebertragung geboten wird. 

2. Es giebt manche Schaf heerden, in denen das bösartige 
Klauenweli seit Jahren herrscht und doch werden diese von 
der Maul- und Klauenseuche befallen, wenn sich eine Gelegen¬ 
heit zur Ansteckung bietet. 

3. Der Verlauf bei der bösartigen Klauenseuche ist ein 
chronischer, während die Aphthenseuche in einer Heerde acut 
und fast immer gutartig verläuft. 

4. Bei der Maul- und Klauenseuche finden sich in einer 
Heerde immer Thiere, welche Erscheinungen im Maule zeigen. 

5. Bei der bösartigen Klauenseuche leidet vorzugsweise 
eine Klaue, während bei der Maul- und Klauenseuche in der 
Regel mehrere Klauen befallen werden. 

6. Das Krankheitsbild der bösartigen Klauenseuche ist von 
dem der Maul- und Klauenseuche (und ihrer Nachkranheiten) 
verschieden. 

Die mechanisch-traumatischen Klauenentzündungen können 
auch unter Umständen mit der Maul- und Klauenseuche ver¬ 
wechselt werden. Für jene Klauenleiden sind seit langer Zeit 
Ausdrücke wie Moderhinke, Drecklähme, Stoppellähme land¬ 
läufig geworden, welche die ursächlichen Verhältnisse genügend 
kennzeichnen. Je nach den Ursachen wird sich das Krankheits¬ 
bild verschieden gestalten, wenn auch im Grossen und Ganzen 
die Klauenspalte der ursprüngliche Sitz ist. Man wird bei 
Drecklähme besonders Druckflecke, bei der Stoppellähme Ver¬ 
wundungen im Klauenspalt finden. Die Thiere lahmen und 
zeigen anfänglich Röthe und Schwellung in der Haut zwischen 
den Klauen und an der Krone. Nach einiger Zeit ist eine 
seröse, gelbliche, schmierige, später eitrige Flüssigkeit zu er¬ 
kennen. Die Haut ist dann oft pustelförmig aufgehoben. 
Wenn das Leiden in diesem Stadium vernachlässigt wird, kommt 
es zu einer Loslösung des Saumbandes, Eitersenkung, Unter¬ 
minirung der Hornwand, selbst zu umfangreichen Zerstörungen 
und zum Ausschuhen. Da einzelne Schafe erkranken, wenn 
andere schon geheilt sind, macht das Leiden oft den Eindruck 
einer Seuche, namentlich wenn noch Läsionen der Maulschleim¬ 
haut durch scharfe Stoppeln, Bildung von Pusteln und Schwämm¬ 
chen durch Pilze verschiedener Art hinzukommen. Bei ober¬ 
flächlicher Untersuchung kann dann das Bild der Maul- und 
Klauenseuche vorgetäuscht werden. Die Kenntniss vom Vor¬ 
kommen solcher Complicationen, genaue Aufnahme des Be¬ 
fundes, Erhebung der Anamnese und Fehlen der Ansteckungs¬ 
fähigkeit wird auch 'hier Fehldiagnosen verhüten. 

Die Unterscheidung der auf mechanischen Ursachen be¬ 
ruhenden Klauenentzündungen von den Nachkrankheiten der 
epizootischen Klauenseuche ist an einzelnen Individuen nicht 
leicht. Um ein richtiges Krankheitsbild und eine feste Diagnose 
zu bekommen, muss eine grössere Anzahl von Schafen unter¬ 
sucht werden. Zu verwerthen ist dabei der Umstand, dass in 
Folge der Maul- und Klauenseuche meistens geringfügige Ver¬ 
änderungen , Riefen, Abblätterungen an der äusseren Horn¬ 
schicht der Klauen vom Saum aus auftreten. Sollte die Er¬ 
kennung der Natur des Leidens dennoch Schwierigkeiten machen, 
so kann schliesslich eine Besichtigung des etwa vorhandenen 
Rindviehes auf Residuen der Maul- und Klauenseuche vorge¬ 
nommen werden. 


Ueber einen pathogenen Parasiten im Blute der Rinder 
in Süd-Afrika. 

Von Dr. W. Kolle. 

■Zeitschrift fiir Hygiene und Infectionskrankheiten. XXVII. Kd., i. Heft, 1898.) 

Gelegentlich seiner Untersuchungen über Rinderpest in 
R. Koch’s Experimentalstation in Kimberley hatte Kolle Ge- 



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No. 49. 


DEUTSCHE THIER^ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


435 


legenheit, eine Krankheit des Rindviehes näher zu studiren, die 
sich nach Verlauf und Verbreitungs- bezw. Uebertragungsweisc 
als eine infectiöse kennzeichnete und in Südafrika ziemlich ver¬ 
breitet war. Die Symptome äussern sich in stark remittirendem 
Fieber, Abmagerung und Fressunlust, bis sich gegen Ende des 
Lebens ein comatöscr Zustand einstellt, in dem die Thiere zu¬ 
weilen mehrere Tage liegen, ohne Nahrung zu sich zu nehmen. 
Tod erfolgt nach Verlauf mehrerer Wochen, zuweilen erst nach 
mehreren Monaten. Mortalität sehr gross. Hämoglobinurie 
nicht beobachtet. 

Die pathologisch-anatomischen Veränderungen kennzeichnen 
sich in auffallender Blässe aller Organe, die nach kurzer Be¬ 
rührung mit der atmosphärischen Luft einen tiefgelben Farbenton 
aufweisen, wässeriger Beschaffenheit des Blutes, vergrösserter 
und weicher, blutüberfüllter Milz und Leber. Die übrigen Or¬ 
gane, Nervensystem, Respirations- und Digestionstractus, zeigen 
ausser Blässe nichts Abnormes. Nieren und Harnblase normal. 

Das Blut sieht meist völlig wässerig aus und ist arm an 
rothen Blutkörperchen. In einem Theile der rothen Blutscheiben 
fanden sich runde, fast die ganze Zelle ausfüllende, blasse 
Körperchen, die bei Körperwärme amöboide Bewegung zeigten. 
Diese Körperchen zeigen eine auffallende Aehnlichkeit mit den 
Malaria-ParaÄiten des Menschen. 

Verfasser hat verschiedene Formen dieses Parasiten ge¬ 
funden und glaubt dies darauf zurückführen zu sollen, dass die 
Parasiten einen Entwicklungscyklus innerhalb der rothen Blut¬ 
körperchen durchmachen, der so zu denken sei, dass ein durch 
Zerfall eines ausgewachsenen Parasiten entstandenes Theilstück 
in eine Blutzelle eindringt. Hier entsteht aus dem als Spore 
zu denkenden Stückchen ein neuer Parasit, der zunächst klein 
ist, dann wächst und zerfällt, wahrscheinlich innerhalb der ihn 
überlebenden Blutzelle. 

Ein ähnlicher Parasit ist weder von K. noch von Anderen 
' je im Blute weder von gesunden, noch in demjenigen an anderen 
Krankheiten leidenden Rinder gesehen. 

Dass es sich hier um eine starke morphologische Varietät 
des Erregers des Texasfiebers handele, sei nicht anzunehmen 
wegen des Unterschiedes in der Morphologie des Parasiten, 
dem klinischen Verlaufe der Krankheit und der pathologisch¬ 
anatomischen Veränderungen. 

Während nämlich beim Texasfieber der Parasit (Pyrosoma 
bigeminum) fast stets zu zweien in einer Blutzelle gefunden wird 
und keulen oder birnenförmig ist, findet sich bei dieser Krank¬ 
heit meist nur ein runder Parasit, der das Blutkörperchen oft 
ganz ausfüllt. In einem Theile der Blutzellen findet sich Pig¬ 
ment (von gefallenen Parasiten abstammend), was beim Texas¬ 
erreger nicht beobachtet wird. Auch die Befunde der Nieren 
und Harnblase (Fehlen von Hämoglobinurie) zeigten, dass diese 
Erkrankung nicht als Texasfieber gedeutet werden könne. 
K. hält deshalb die beschriebene Krankheit als eine solche 
sui generis und nennt sie Febris malarioformis. Er 
nimmt an, dass eine Uebertragung des Infectionsstoffes durch 
Vermittlung blutsaugender Zecken stattfindet. 

Die Mortalität beträgt 5 o°/ 0 . Vosshage. 


Nahrungsmittelkunde, 

lieber die Bestimmung des Alters von Geflügel und Wild. 

Von W. Nifebel-Berlin, 

Kreisthierarzt bei dem Königl. Polizei-Präsidium. 

(Zeitschrift fiir Fleisch- und Milchbygiene. IX. Jahrgang. 1898. Heft a. S. 21 — 27 . 

Mil 7 Abbildungen.; 

Mit seiner verdienstvollen Arbeit über die Altersbestimmung 
von Geflügel und Wild hat N i e b e I eine empfindliche Lücke 
in der Literatur über Nahrungsmittelkunde ausgefüllt und wird 
schon deshalb die leicht verständliche Anweisung, welche von 
ihm für die Feststellung des Alters gegeben wird, den be¬ 
theiligten Kreisen sehr willkommen sein. 

Zur Beurtheilung des Alters vieler Geflügelarten 
ist in erster Linie die Beschaffenheit der äussersten 
Handschwinge (Schwungfeder) zu verwenden. Die Feder¬ 


fahne dieser Schwinge ist bei jungen Thieren der 
j Gattungen Perlhuhn, Truthahn, Auerhuhn, Birkhuhn, Haselhuhn, 
Schneehuhn, Rebhuhn und Steinhuhn spitz, bei alten Thieren 
mehr oder weniger abgerundet. Behufs besonderer 
Erläuterung sind die Federspitzen der am häufigsten in Betracht 
kommenden Vögel in natürlicher Grösse abgebildet. — Ein 
werteres Merkmal bildet der Sporn, dessen Grösse bei Haus¬ 
hahn, Trat-, Auer-, und Fasanenhahn auf Jugend oder Alter 
deuten lässt. — Auch die Knochen bilden gute Alters¬ 
merkmale , da die grössere oder geringere Festigkeit und 
Biegsamkeit von Brust-, Scham- und Sitzbein einem höheren 
oder niedrigeren Alter entspricht. 

Für die Altersbestimmung bei den einzelnen Geflügelarten 
giebt Nie bei folgende Anhaltspunkte. 

1. Beim Haushuhn (Gallus domesticus) unterscheidet man 
das ganz junge Huhn (Hamburger Huhn), das junge Huhn und 
das alte Huhn, deren Altersmerkmale sich aus Folgendem 
ergaben. Das ganz junge Huhn hat ein Brustbein, das sich 
in seinem hinteren Theile leicht nach aussen umbiegen lässt; 
beihi jungen Huhn bricht dieser Theil leicht, während bei 
einem alten Huhn das Brechen nur unter grösserer Kraft¬ 
anwendung gelingt. Der Brustbeinkamm biegt sich beim 
jungen Thier seitwärts, beim alten bleibt er fest stehen. 
Scham- und Sitzbein lassen sich beim jungen Huhn nach 
innen eindrücken, meist ohne zu brechen; bei alten Hühnern 
brechen diese Knochen mit deutlich knackendem Geräusch. 
Ein alter Hahn hat einen über I cm langen Sporn, welcher 
beim jungen entsprechend kleiner ist. Kommt einmal bei einem 
8—9 Monate alten Hahn ein centimeterlanger Sporn vor, so 
fehlt diesem in der Regel die Hornspitze. 

2. Zur Altersbestimmung beim Perlhuhn (Numida me- 
leagris) dient vorwiegend die oben beschriebene Beschaffenheit 
der äussersten, ersten Handschwinge. Das Brustbein verhält 
sich wie beim Haushuhn. 

. 3. Beim Truthahn, Puter (Meleagris gallopava), ent¬ 
scheidet der Sporn und ausserdem die erste Handschwinge. 
Letztere ebenfalls bei- der Henne, deren After, üherdies bei 
alten Thieren von einem rothenRing (Legekranz) umgeben ist. 

1 4. Gemeiner Fasan, Edelfasan (Phasianus colchicus). 
Der Sporn eines jungen Hahnes ist kurz, gedrungen, der eines 
altän ist 10 mm und darüber lang und 7 mm breit; beim etwa 
10 Monate alten Hahn ist der Sporn nur 6 mm lang. Der 
Sporn wird zuweilen in betrügerischer Absicht verkürzt und 
abgefeilt, worauf zu achten ist. Das Brustbein ist in der 
frühesten Jugend biegsam, lässt sich beim jungen Thier brechen, 
beim alten hingegen nicht oder nur sehr schwer. 

• 5. Die Haustaube (Columba livia) gilt bis zur Geschlechts¬ 
reife (5.—6. Monat) als jung, doch werden meist noch nicht 
flügge Thiere (bis zu 6 Wochen) als solche verkauft. Bei ganz 
jungen Tauben erscheint die Brust weiss, sehr bald wird sie 
bläulichroth bis schliesslich ganz blauroth. Das Brustbein biegt 
sich bei ganz jungen Tauben in toto, bei jungen am hinteren 
Ende, bei alten überhaupt nicht ein. Bei einer jungen Taube 
erscheint die Steuerfeder gestielt, d. h. der Schaft derselben 
besitzt in der unteren Partie noch keine Federfahne. 

6.—9. Bei Auerhahn (Tetrao urogallus), Birkhuhn 
(T. tetrix), Haselhuhn (T. bonasia), Schneehuhn (Lagopus 
albtis et alpinus) entscheiden die äussersten Handschwingen 
be2w. Brustbein und Sporn. 

10. Ein altes Rebhuhn (Perdix cinerea) unterscheidet 
sich von einem jungen durch den kräftigeren Körperbau; durch 
graue bis graublaue Beine, welche bei jungen mehr gelblich sind; 
durch gelbbraune Federn auf dem Kopf, während ein junges 
grabe Federn trägt. Da aber nach 4 Monaten auch die jungen 
Thiere schon gelbbraune Kopffedern bekommen, so Ist dann 
nur noch die Spitze der äussersten Handschwinge massgebend. 

11. Beim Steinhuhn, rothes Rebhuhn (Perdix saxatilis), 
ist die äusserste Handschwinge, nicht der Ansatz von Sporn 
entscheidend. 

’ 12. Auf das Alter der Wachtel (Cotarnix communis) 
wird in der Regel kein Gewicht gelegt. 


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3. Dezember. 


DEUTSCHE THIER^ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


13. Bei einer jungen Hausgans (Anser domesticus) ist 
die Luftröhre vor dem Brusteingange leicht eindrückbar, 
was bei einer alten nicht möglich ist Besitzt eine Gans noch 
gelbliche Flaumfedern, so ist sie höchstens 10 Wochen alt. — 
Die Festigkeit der Luftröhrenringe entscheidet ebenfalls bei 

14. —20. Wildgans (Anser ferus), Saatgans (A. segetum), 
Hausente (Anas domesticus), Brand- (A. tadoma), Löffel- 
(Spatula clypeata), Stock- (Anas boschas) und Krickente (Anas 
crecca. 

21. Bei Waldschnepfe (Scolopax rusticola) und B‘e- 
kassine (Gallinago media) fragt man nicht nach dem Alter. 

22. Die jungen grossen und Zwerg-Trappen (Otis 
tarda bezw. tetrax) haben ein biegsames bezw. leicht brech¬ 
bares hinteres Brustbeinende, welches bei alten Thieren fest wird. 

Ob die Altersbestimmung des Wildes, d. h. des Haar- und 
Schwarzwildes, als eine Fortsetzung der Arbeit Niebel’s zu 
erwarten ist, geht zwar aus einer Anmerkung nicht hervor, 
dürfte aber wohl zu erhoffen sein. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Thierärztinnen in Amerika. 

In einem Artikel der New-Yorker Tageszeitung »The World« 
lesen wir, dass sich daselbst auch Damen dem thierärztlichen 
Studium zuwenden und in dem New York College of Veterinary 
Surgeons durch Dr. Edward Leavy in dreijährigen Lehrkursen 
zu vollständigen Thierärztinnen ausgebildet werden. Der Studien¬ 
gang und die Thätigkeit der Studentinnen ist in dem Artikel 
ausführlich geschildert, wobei nach amerikanischer Manier auch 
Abbildungen nicht fehlen, welche die Obduction eines Huncfes 
und die Untersuchung des Hufes eines Pferdes durch die 
Studentinnen veranschaulichen. Letztere sollen sich mit grossem 
Eifer und viel Geschicklichkeit ihrem Studium hingeben und 
besonders soll hierbei das dem weiblichen Geschlechte eigene 
liebevolle Gemüth und dessen Sorgfalt bei der Behandlung der 
Patienten recht auffällig zur Geltung kommen. Klinik und 
Poliklinik sollen musterhaft eingerichtet sein und mit Ambulanz¬ 
wagen begeben sich die studirenden Damen selbst auf die 
ambulatorische Praxis. Die Vorbildung für das thierärztliche 
Studium im Staate New-York ist dasselbe wie für den Besuch 
der Universität. Die Bezahlung für thierärztliche Hilfeleistungen 
scheint nicht schlecht zu sein, wenn man liest, dass für einen 
Tages-Besuch in der Stadt 2—3 und für einen Nacht-Besuch 
5 Dollar als übliche Honorarsätze gelten. Die in den staat¬ 
lichen Gesundheitsämtern oder den landwirtschaftlichen Ab¬ 
teilungen der Regierung angestellten tierärztlichen Inspectoren 
beziehen Jahres-Gehälter von 1000—3000 Dollars. 


Schaden durch Maul- und Klauenseuche. 

Vom 1. Oktober 1897 bis zum 1. Oktober 1898 sind in 
Elsass-Lothringen an der Maul- und Klauenseuche gefallen: 
132 Stück Grossvieh, 84 Stück Kleinvieh und n Schweine. 

Nothgeschlachtet wurden im Ganzen 45 Stück Gross¬ 
vieh, 9 Stück Kleinvieh und 24 Schweine. 

Der entstandene Schaden wird bei den gefallenen Thieren 
auf 36800 Mk-, bei den nothgeschlachteten auf 7410, ins- 
gesammt also auf rund 44 200 Mk. geschätzt. 

. • f 

Bücheranzeigen und Kritiken. 

Bau, Einrichtung: und Betrieb öffentlicher Schlacht* 
und Viehhöfe. Ein Handbuch für Sanitäts- und Ver¬ 
waltungsbeamte. Von Dr. med. Oscar Schwarz, 
Director des städt. Schlacht- und Viehhofes zu Stolp i. P. 
Zweite umgearbeitete und vermehrte Auflage. Mit 196 
in den Text gedruckten Abbildungen. Berlin 1898. 
Verlag von Julius Springer; Preis 10 Mk. 

Kram 4 Jahre sind verflossen, seit das vorliegende Werk in erbter Auf¬ 
lage erschienen ist. Wurde es schon damals in den betheiligten Kreisen 


allenthalben willkommen geheissen, so wird die zweite Auflage allseitiger An¬ 
erkennung sicher sein. Und letztere ist auch um so berechtigter, als die 
neue Auflage mit einem Fleisse, einer Liebe zur Sache, einer Fachkenntniss 
und Gründlichkeit bearbeitet worden ist, fiir die dem Verfasser öffentlicher 
Dank gezollt werden muss. 

Vergleicht man die zweite Auflage des S c h w a r z'sehen Werkes mit 
der ersten, so glaubt man ein ganz anderes Buch zu erblicken, denn schon 
durch doppelte Stärke, 488 gegenüber 238 Seiten, zeichnet sich die neue 
Auflage aus, für die auch eine gediegene buchhändlerische Ausstattung ein¬ 
nimmt. Enthielt die erste Auflage nur 32 Abbildungen, so ist die zweite 
durch 196 reich illustrirt, bezüglich deren nur der Wunsch offen bleibt, dass 
sie durch kurze Legenden unmittelbar erläutert sein möchten. 

Sämmtliche Kapitel, deren Einteilung die altbewährte geblieben ist, 
haben eine Erweiterung und Vervollständigung erfahren, welche besonders 
bei den folgenden hervorgehoben zu werden verdient. In Kap. I sind die 
Schlachthofverhältnisse sämmtlicher europäischer und einiger aussereuropäischer 
Staaten besprochen. Bei Kap. II erläutern zahlreiche Anmerkungen den Text 
des Schlachthausgesetzes. In Kap. VI sind nicht nur alle neuen Con- 
structionen und Apparate ausführlich in Wort und Bild veranschaulicht, son¬ 
dern es sind auch noch verschiedene Pläne bereits ausgeführter Schlachthof¬ 
anlagen beigefügt. In einem Anhänge zu diesem Kapitel werden die Be¬ 
täubungsinstrumente, Niederleg- und Schächtvorrichtungen u. s. w. eingehend 
besprochen. Vollständig neu und in allen Theüen eingehend behandelt 
wurde der Abschnitt »Viehhof«. Auch die Kapitel über die Abwässer-Klär¬ 
anlagen und die Düngerverwerthung, sowie über die Verwerthung und Ver¬ 
nichtung beanstandeten Fleisches haben eine umfängliche Erweiterung er¬ 
fahren, ebenso wie das Kapitel »Grenzschlachthäuser« durch Besprechung 
der Seequarantäne-Anstalten vermehrt worden ist. 

Das Schwarz'sehe Werk bietet eine bedeutende Menge des In¬ 
teressanten und Wissenswerlhen, wobei auch die geringsten Kleinigkeiten 
nicht ausgeschlossen sind. Bei den grossen Anforderungen, welche heutzu¬ 
tage an die in der Fleischbeschau und insbesondere im Schlachthofdienste 
thätigen Thierärzte in Bezug auf die Kenntniss baulicher, betrieblicher und 
maschineller Einrichtungen von Schlacht- und Viehhöfen gestellt werden, 
bildet das vorliegende Buch einen unersetzlichen Ralhgeber t der unbedingt 
zu dem geistigen Rüstzeug eines jeden auf diesem Gebiete thätigen Thier¬ 
arztes gehört. Edelmann. 


Personal-Nachrichten. 

Auszeichnungen : Promovirt wurden Rossarzt Lutz vom Art. Regt. 
No. 13 von der medicinischen Fakultät der Universität Giessen zum Doctor 
med. vet., Thierarzt Johann von Teterow von der philosophischen Fakultät 
der Universität Rostock zum Doctor phil. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Districtsthierarzt K am m in Feucht¬ 
wangen wurde zum Bezirksthierarzt in Roding ernannt. Oberthierarzt St au ff 
in Königsberg wurde zum Schlachthofdirector in Elbing, Schlachthofthierarzt 
Zobel in Breslau zum Schlachthofthierarzt in Königsberg, Districtsthierarzt 
Berndorfer in Abensberg zum städtischen Thierarzt in Passau gewählt. 
Verzogen sind die Thierärzte Feser von Starnberg nach Abensberg, Römer 
von Melverode nach Oschersleben, Stenzei von Rodenkirchen nach Springe 
(Hann.), Hausen von Nordballig nach Tritten (Holstein), Dr. Sima der 
von Darmstadt nach Langen. Niedergelassen haben sich die Thierttrzte 
Gerke in Liebenburg a. H., Neffgen in Mülheim a./Rh., L. Schmid in 
München. — Bezirksthierarzt Schlicht in Nördlingen wurde seinem An¬ 
suchen entsprechend wegen Krankheit in den Ruhestand versetzt. 

Die thierärztliche Fachprüfung haben bestanden in Berlin: 
Friedrich Günther aus Breunker, Joseph Neubauer aus Seeburg. 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutschen 

Heeres: Zum Unterrossarzt befördert der Rossarzteleve Günther im 
Art.-Regt. No. 6. 

Oestorben: Oberrossarzt Klett in Oels, Oberrossarzt a. D. Ibscher 
in Guhrau, Schlachthofinspector Schuberth in Ratibor, die Thierärzte 
Schupp ln Riesa (Sachs.), Sieverling in Eldagsen, Wolters in Boden¬ 
teich (Hann). __ 


Verlag der Gesellschalt „Deutsche ThierlrztJIch* Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der Hacktet 1 sehen Druckerei in Karlsruhe i. B. 


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Deutsche 

Thierärztliche Wochenschrift 


heraasgegeben von 

Prof. Dr. Dammann, j) r Lydtin, Prof. Röckl, 

Geheimer Regiernngs- und Medicinalrath, o-h-impr nwr»<ri*ninintr&th Geheimer Regierungsrath uni 

Director der Thierlrttüchen Hochschule Geheim« ^Obew^enmgsrath des Kaiserlichen Geaundhei 

in Hannover. in Berlin. 

Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Gartll in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Louisenthal (Saar). 

redigirt von 

Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Prof. Röckl, 


in Baden-Baden. 


Geheimer Regierungsrath and Mitglied 
des KaiserUchen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Die Deutsche Thierftrztliche Wochenschrift erscheint jeden 
äonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 
abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlang in 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit dirccter 
portofreier Zusendung oder bei der Post auf No. 1784a. 


Sechster Jahrgang. 


Sämmtlichc Zuschriften und redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 
Correcturen und Anzeigen an die Expedition der 
Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 
in Karlsruhe (Badend 


M 50 . 


Ansgegeben am 10. Dezember. 



Ein Auftreten der Pferdestaupe mit schweren 
spinalen Lähmungen. 

Von Thierarzt Karl Blumenberg in Holle. 

(Schluss.) 

Auf Grund dieser Befunde — des theilweise hohen Fiebers 
bei kaum krank erscheinenden Pferden, der Veränderungen an 
den Augenlidern und des Oedems an den Extremitäten bei 
Lebzeiten, der entzündlichen Veränderungen an der Mucosa 
und Submucosa mit den Erscheinungen infectiösen Charakters 
an den grossen Parenchymen bei der Section — sprach Geh. 
Rath Dammann mit Bestimmtheit aus, dass Pferdestaupe vor¬ 
liege. Das Zutreffende dieses Urtheils wurde alsbald noch durch 
ein weiteres Ergebniss der Untersuchung verstärkt. Der Besitzer 
hatte am 24. Februar die Stute Meredith mit Fohlen aus 
dem Gestütsstall in eine Box des Kutschstalles versetzt, und 
die Musterung eines in der Nebenbox befindlichen Pferdes Hess 
erkennen, dass auch letzteres hohe Temperatur bei matter Fress¬ 
lust, glasige Schwellung der Bindehaut und Oedem der Augen¬ 
lider aufwies, dass es also inficirt und in einem Zeitraum von 
4 Tagen erkrankt war. 

Hiernach wurde angeordnet, dass sämmtliche Thiere mit 
Ausnahme der beiden am Boden liegenden Laetitia und 
Evergreen aus dem Gestüts stall entfernt und in den zur 
Hälfte leeren, hohen, luftigen Schafstall gebracht werden sollten, 
was auch sofort geschah. Hier wurden sie mit Decken belegt, 
diät gehalten, bekamen Oelkuchen im Tränkwasser und, wenn, 
wie sonst regelmässig der Fall, die Entleerung der Excremente 
verzögert war, erhielten sie kleine Dosen Calomel in Pillenform 
und Leinsamenschleim, daneben lauwarme Wasser-Infusionen 
in den Mastdarm. In leichten Fällen fand gar keine arznei¬ 
liche Behandlung statt. 

Die zunächst im Gestütsstall verbliebene Laetitia erhielt 
gleichfalls Calomel, Leinsamenschleim und Wasser-Infusionen, 
ausserdem leicht reizende Einreibungen längs des Rückens und 
Kreuzes bei warmer Eindeckung. Die in Folge des Scheuerns 
bei dem unruhigen Liegen am Boden stark verletzten und ge¬ 
schwollenen Lider wurden mit Kamillenthee gebäht und mit 
Sublimatwasser gewaschen. Alle 2 — 3 Stunden ward die Stute 
in eine andere Lage gebracht. Nachdem sie 36 Stunden am 
Boden gelegen, erhob sie sich in der Nacht von selbst und 
wurde am folgenden Morgen, gut eingedeckt und von Männern 
gestützt, ebenfalls in eine Box in den Schafstall überführt. 
Während sie noch am Boden lag, hatte ich, dem Vorschläge 


des Geh. Rath Dammann entsprechend, den Versuch ge¬ 
macht, eine Frühgeburt einzuleiten, um zu sehen, ob nicht da¬ 
durch der Lähmungszustand behoben werden könnte. Bei dem 
Verschluss des Muttermundes, den ich vorfand, stand ich 
indess davon ab, die Eröffnung zu forciren. Acht Tage später 
verfohlte Laetitia im Schafstall; das Fohlen, welches noch 
lebend zur Welt kam, verstarb sogleich. Der lähmungsartige 
Zustand, in welchem sie dauernd mit weitgespreizten Beinen 
dastand, verlor sich nur sehr langsam wieder; es vergingen 
einige Monate darüber, bis sie die volle Mobilität wieder er¬ 
langte. 

Schlimmer verlief die Erkrankung bei der ebenfalls im 
Gestütsstall verbliebenen Stute Evergreen. Ihr Zustand 
verschlechterte sich im Laufe des 28. Februar stündlich; in 
der folgenden Nacht brachte sie ohne Hülfe ein todtes Füllen 
und 2 Stunden darauf erfolgte ein Prolapsus Uteri. Der Ver¬ 
such, den verwundeten Tragsack zu reponiren, misslang wegen 
des heftigen Drängens, und nach Verlauf weniger Stunden ver¬ 
endete sie. 

Alle übrigen aus dem Gestütsstall in den Schafstall trans- 
portirten Pferde, die zum Theil schon krank dorthin kamen, 
zum Theil in diesem erst von der Pferdestaupe befallen wurden, 
genasen. Die Herstellung erfolgte unter Rückkehr der Munter¬ 
keit und besseren Appetits durchschnittlich in einer Woche. 
Nachdem dies geschehen, wurden die Thiere in den inzwischen 
an Wänden, Decken, Fussboden, Krippen und Holztheilen mit 
heisser Sodalauge, Kalkmilch und Chlorkalk gründlich des- 
inficirten und dann gehörig gelüfteten Gestütstall zurückversetzt. 

Mittlerweile hatte die vorhin schon erwähnte, durch die 
Meredith veranlasste ernste Erkrankung im Kutschstall 
weitere Fälle in diesem nach sich gezogen. Sämmtliche In¬ 
sassen desselben wurden befallen; bei einem Thiere, der nicht¬ 
trächtigen Stute Sabine, trat Kreuzlähmung und Unvermögen, 
selber sich zu erheben, ein. Dieses wich jedoch unter dem 
Einflüsse der bezeichneten Behandlung sehr bald, und schon 
nach 34 Stunden vermochte das Thier wieder aufzustehen. 
Der Deckhengst Alconburg, bei welchem von sämmtlichen 
Thieren des Kutschstalles die Erkrankung mit der höchsten 
Temperatur — 40,7° C. — einsetzte, genas am schnellsten 
wieder ; schon nach Verlauf von 2—3 Tagen war dessen Körper¬ 
wärme fast vollständig wieder zur Norm zurückgekehrt. Todes¬ 
fälle kamen im Kutschstalle gar nicht vor. Nachdem die Er¬ 
krankungen hier nachgelassen, wurden die sämmtlichen Insassen 
mit Ausnahme des Deckhengstes ebenfalls in den Schafstall 
überführt und dann auch im Kutschstall, unter Umstellen des 
Hengstes in den Boxes, die Desinfection vollzogen. 


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438 


io. Dezember. 


DEUTSCHE THIERiEKZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Inzwischen hatte die Pferdestaupe am 5. März auch in 
den Park st all ihren Einzug gehalten. Hier wurden sämmt- 
liche Pferde ergriffen, besonders schwer die trächtige Vollblut¬ 
stute Brunswiga und die ebenfalls trächtige Halbblutstute 
Oda. Beide Thiere erkrankten von vornherein in der heftigsten 
Weise und zwar ebenfalls mit Kreuzlähmung. Die Brun¬ 
swiga vermochte der Erkrankung nicht lange zu widerstehen, 
sie verendete innerhalb 18 Stunden unter heftigen Krämpfen. Die 
kräftigere Oda, das Reitpferd des Besitzers, hielt den schweren 
Anfällen unter Verabreichung von Alcoholicis Stand und erhob 
sich wieder nach Verlauf von 34 Stunden. Abschürfungen und 
Quetschungen am Kopfe, den Augenbogen und anderen Körper¬ 
stellen, hervorgerufen durch die krampfartige Unruhe am Boden, 
hatten das Thier ganz entstellt. Oda hat sich indess von 
ihrem lähmungsartigen Zustande viel schneller als die früher 
erwähnte Laetitia erholt; nach Ablauf eines Monats war sie 
ziemlich wieder mobil. In der Zeit der schwersten Erkrankungen 
in diesem Stalle bin ich drei Tage und Nächte hinter einander 
fast ununterbrochen an Ort und Stelle gewesen. 

Aus den Ackerställen wurden mir die ersten Krank¬ 
heitsfälle am 16. März gemeldet, und zwar wurden hier zunächst 
zwei junge kaltblütige Hengste betroffen, bei denen die Er¬ 
krankung mit Fieber, Mattigkeit und Eingenommenheit einsetzte. 
Es folgten dann die Veränderungen an den Conjunctiven, unter¬ 
drückte Peristaltik, Verweigerung von Nahrungsmitteln und 
Getränk. Ich ordinirte hier neben Mastdarm-Infusionen bei hohen 
Temperaturen Pillen aus Ichthyol, einem Mittel, das mir in 
diesen Fällen und auch sonst sehr gute Dienste geleistet hat; 
es desinficirt den Verdauungstractus, führt ganz milde ab und 
hebt die Verdauung vortrefflich. Die Uebertragung der Krank¬ 
heit vollzog sich in diesem Stalle nicht flugartig wie im Gestüt, 
sondern geschah allmäliger; die Einzelerkrankungen waren hier 
auch lange nicht so schwerer Natur. Trotzdem vermochten 
sich die Thiere nur ganz langsam zu erholen, einmal, weil sie 
wegen der drängenden Frühjahrsbestellung nur im fieberhaften 
Stadium geschont werden konnten, andererseits, weil der Hafer 
damals allerorts eine so mangelhafte Beschaffenheit hatte, dass 
die Pferde bei dem Auftreten der Staupe auch unter den Sym¬ 
ptomen der Polyurie erkrankt waren. 

Im Ackerstall wurden sämmtliche Insassen betroffen; als 
letzter erkrankte am 29. Mai ein alter, 17jähriger Hengst, und 
zwar, um dem ganzen Seuchenausbruche nochmals das rechte 
Gepräge zu geben, unter den Erscheinungen der Kreuzlähmung. 
Schwere krampfartige Zustände machten seinem Leben inner¬ 
halb 24 Stunden ein Ende. Dieser Hengst bildet den einzigen 
Verlust durch Tod im Ackerstall. Hiernach wurde auch dieser 
desinficirt, wie es vorher auch schon im Parkstall geschehen 
war. — 

Dieser Schilderung des Verlaufes der Seuche habe ich 
noch Zweierlei hinzuzufügen. 

Alle Stuten im Gestüt, welche zur Zeit des Seuchenaus¬ 
bruches noch nicht geboren hatten, abortirten, während von 
den 5 bereits geborenen edlen Fohlen noch 2 eingingen. Von 
den 2 kaltblütigen, tragenden Stuten im Ackerstall hat keine 
verfohlt. 

Die grosse Mehrzahl der Pferde zeigte im Verlaufe der 
Krankheit Conjunctivitis, oft mit ausgesprochener Chamosis und 
mit Keratitis. Bei einzelnen von diesen stellte sich in der 
Reconvalescenzperiode eine fatale, recidivirendc innere Augen¬ 
entzündung ein. Dies geschah zunächst bei der oben bereits 
erwähnten Stute Oda, die am 7. März erkrankte und am 
20. März als genesen zu betrachten war. Schon am I. April 
hatte man bei ihr ein erneutes Erkranken der Augen bemerkt; 
ich erhielt jedoch erst am 6. April hiervon Kenntniss, da der 
Besitzer diesem Momente keine besondere Bedeutung beigclegt 
hatte. Bei meiner Untersuchung fand ich auf dem linken Auge 
Lichtscheu, Thränenfluss, pericorncale Injection, verengte Pu¬ 
pille und grau-gelbliches Sediment in der vorderen Augen¬ 
kammer — Erscheinungen, welche unzweideutig eine entzünd¬ 
liche Erkrankung des Uvealtractus zum Ausdruck brachten. 
Eine sehr viel geringere Affection zeigte das rechte Auge. 
Dieses reagirte prompt auf Atropin, wogegen die verzerrte 


Pupille des linken Auges ersehen Hess, dass hier bereits par¬ 
tielle hintere Synechie eingetreten war. Trotz Verbringens des 
Patienten in einen luftigen Raum mit abgedämpftem Licht, 
kühlenden, leicht abführenden Futters und Instillationen von 
1 proc. Atropin-, abwechselnd mit 2 proc. Cocain-Lösung blieb 
nach dem Ablaufe des entzündlichen Zustandes auf dem linken 
Auge eine merkliche Verengerung der Pupille zurück, während 
auf dem rechten Auge der Glaskörper leicht getrübt erschien. 

Die Anfälle haben sich bei der Oda in periodischen 
Zwischenräumen wiederholt ; das Thier ist weiterhin zuerst auf 
dem linken, seit diesem Sommer auch auf dem rechten Auge 
vollständig erblindet. 

Unter den gleichen Symptomen erkrankte am 17. April 
1897 das einjährige Vollblutfohlen Salamander (Mutterstute 
S.u n 1 i g h t) auf dem linken Auge. Nach 4 Wochen stellte sich ein 
zweiter, später ein dritter, vierter u. s. w. Anfall ein und seit 
diesem Frühjahr ist das Thier auf dem betreffenden Auge 
total blind. Das rechte Auge ist bis jetzt gesund. 

Am 23. April 1897 wurden dieselben Augenerkrankungen 
von den einjährigen Vollblutfohlen Brunhilde (Mutterstute 
die schon vor dem Staupeausbruch auf beiden Augen erblindete 
Brunswiga) und Ornix (Mutterstute Oda) gemeldet. Auch 
bei diesen beiden Fohlen war das linke Auge betroffen. Mehr¬ 
fache Recidive führten den vollen Verlust des Sehvermögens 
auf diesem Auge herbei. 

Am 14. Mai 1897 erkrankten zwei einjährige, schwere 
Fohlen von kaltblütigen Mutterstuten. Nach wiederholten Rc- 
cidivcn ist das eine Fohlen auf dem linken, das andere auf 
dem rechten Auge erblindet. 

Endlich wurde noch am 7. Juli 1897 das zweijährige 3 /,-Blut¬ 
fohlen Minca (a. d. Monica) von der Augenerkrankung be¬ 
fallen. Trotz mehrfacher Anfälle ist dasselbe bis heute noch 
nicht ganz erblindet. 

Vielleicht ist es nicht ohne Interesse, anzuführen, dass die 
4 unter dem 23. April und 14. Mai augenkrank gemeldeten 
Fohlen, während sie die Pferdestaupe durchmachten, eine ge¬ 
meinschaftliche Box innegehabt haben. 

Die Würdigung des Gesammtvcrlaufes führt zu folgenden 


Erfahrungen und Bemerkungen: 

1. Es sind erkrankt 

a) im Gestüts-, Kutsch- 

und Parkstall von 27 vorhandenen Pferden .... 26 

„17 ,, 1—4jähr. Fohlen . 17 

,, 5 neugeborenen Füllen .... 5 

b) im Ackerstall ,, 23 Arbeits-Pferden.23 

insgesammt von 72 Thieren ......... 71 


Die Empfänglichkeit für die Krankheit ist sonach eine all¬ 
gemeine gewesen. Zugleich erscheint evident, dass das ein¬ 
zige Pferd, welches von der Krankheit verschont 
blieb, obschon es mitten unter den kranken Thieren stand, 
den Infectionserreger eingeschleppt hat. Denn in 
der ganzen Gegend, in weitem Umkreise, herrschte damals 
keine Pferdestaupe, und das in Rede stehende Pferd, eine 
fremde Vollblutstute, befand sich zur Zeit ihrer Ankunft in Oe. 
in dem dürftigsten Nährzustande. Dieser hat sich auch trotz 
des besten Futters während eines 2 ’/* monatigen Aufenthaltes 
in Oe. nicht gebessert; die Stute ist, ohne concipirt zu haben, 
wieder abgegangen und nach einem späteren Berichte des Be¬ 
sitzers noch im Jahre 1897 gestorben. Ueber die Ursache ihres 
Todes haben wir keine Nachricht bekommen. Es wird ange¬ 
nommen werden dürfen, dass sie vor ihrem Transport nach Oe. 
die Pferdestaupe durchgemacht hat. 

2. Die Dauer deslncubationsstadiums der Pferde¬ 
staupe beträgt allen Angaben zufolge durchschnittlich 4-7 Tage. 
Dass selbiges mitunter erheblich kürzer sein kann, lehrt der 
oben erwähnte Fall der Stute Consuelo, welche am 24. Fe¬ 
bruar direct aus dem benachbarten Harzburger Gestüt ein¬ 
getroffen war und bereits am 26. Februar offensichtlich staupe¬ 
krank befunden wurde. Dass die Stute die Infection aber nicht 
mitgebracht hat, steht ausser Zweifel; denn weder im Harz¬ 
burger Gestüt noch, wie gesagt, in der ganzen Umgegend 


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No. 50. 


439 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


herrschte damals die Pferdestaupe. Die Incubationsdauer hat 
in dem beregten Falle also kaum 2 Tage betragen. 

3. Von besonderem Interesse waren die auffallend zahl¬ 
reichen Fälle schwerer spinaler Lähmung, welche in dieser 
Seuchenepisode bei hochträchtigen Stuten und auch bei nicht- 
tragenden Thieren vorkamen. Solche stellte sich bei 

3 hochtragenden edlen Vollblutstuten, 

1 hochtragenden edlen Halbblutstute, 
j nicht-tragenden edlen Vollblutstute, 

1 Hengste 

ein. Dass diese Complication den Zustand sehr erheblich ver¬ 
schlimmert, ist gewiss nicht in Abrede zu stellen: irrthümlich 
ist aber die von Manchen gehegte Meinung, dass sie die Pro¬ 
gnose unbedingt zu einer schlechten mache. Drei der von ihr 
befallenen Pferde, eine trächtige und eine nicht-trächtige Voll¬ 
blutstute und eine trächtige Halbblutstute, sind sogar noch nach 
34- bezw. 3östündigem Unvermögen, mit Hülfe sich zu erheben, 
von selber wieder aufgestanden und — allerdings nur sehr all- 
mälig — genesen; bei den übrigen drei Thieren, zwei tragenden 
Vollblutstuten und dem Hengste, hat die Complication zu einem 
letalen Ausgange geführt. 

4. Im Uebrigen entspricht die bei diesem Seuchenaus- 
bruchc beobachtete Mortalität ungefähr derjenigen, welche 
bei anderen Eruptionen festgestellt worden ist. Abgesehen von 
den oben genannten, durch die Complication mit Kreuzlähmung 
herbeigeführten Todesfällen (den Vollblutstuten Evergreen 
und Brunswiga und dem 17jährigen Hengst aus dem Acker¬ 
stall) sind nur noch 2 Füllen, welche in den ersten Lebens¬ 
wochen sich befanden, insgesammt also von 71 erkrankten 
Thieren 5 der Seuche erlegen. Dies macht einen Sterblichkeits¬ 
satz von 7 7 „ oder, wenn män die beiden ein und zwei Wochen 
alten Füllen bei Seite lässt, sogar nur von etwas mehr als 
4 % aus. 

5. Diese Verluste erhöhten sich freilich noch sehr erheb¬ 
lich durch die zahlreichen Fälle von Verfohlen. Wie gesagt, 
abortirten die sämmtlichen hochträchtigen edlen Stuten oder, 
soweit sie, wie von Laetitia und Oda, noch lebend zur 
Welt kamen, starben sie gleich nach der Geburt. Interessant 
ist es, dass die beiden einzigen tragenden kaltblütigen Stuten 
sich in diesem Punkte widerstandskräftiger erwiesen; sie trugen 
normal aus, und ihre Fohlen erwiesen sich auch lebensfähig. 

6. Bemerkenswerth ist ferner die grosse Zahl von Fällen 
innerer Augenentzündung — 7 von 71 erkrankten 
Pferden, also nahezu 10 M /o —> welche in der Reconvalescenz 
auftraten, sowie die Thatsache, dass diese durchweg einen 
recidivirendcn Charakter an sich trugen und sammt und sonders 
theils durch Katarakt, theils durch Glaskörpertrübung und Netz¬ 
hautablösung zur Erblindung der betreffenden Augen führten. 
Leichte Iriten, die mit dem Schwinden der entzündlichen Er¬ 
scheinungen für immer beseitigt waren, sind gar nicht zur Be¬ 
obachtung gelangt. 

7. Die Seuche hat bald nach Mitte Februar ihren Anfang 
genommen und erst mit dem Tode des Hengstes im Ackerstall, 
am 30. Mai, ihren Abschluss gefunden. Diese lange Dauer 
von 3 /2 Monaten erklärt sich zum Theil aus der Verthcilung 
der Pferde auf vier gesonderte und von einander entfernt ge¬ 
legene Stallungen, sehr wesentlich aber auch aus der erheblich 
geringeren Empfänglichkeit, welche die Insassen des Acker¬ 
stalles für die Krankheit zeigten. 

Zum Schlüsse mag noch erwähnt sein, dass ein Jahr später, 
am 17. März 1898, ein Fohlen der Vollblutstute Sabine ver¬ 
endete, welche im Vorjahr nichttragend die Pferdestaupe mit 
schwerer Kreuzlähmung im Kutschstalle durchgemacht hatte 
und nach ihrer Genesung alsbald mit Erfolg gedeckt worden 
war. Die entzündlichen Veränderungen, welche die Section im 
Darmcanal aufdeckte, Hessen den Gedanken rege werden, dass 
der Infectionsstoff in Oe. trotz aller gründlichen Desinfection 
nicht völlig getilgt sei und dass ein erneuter Ausbruch der 
Seuche bevorstehe. Diese Befürchtung hat sich glücklicher¬ 
weise nicht bestätigt, vielmehr hat die schwere und beklagens- 
werthe Calamität mit den geschilderten Krankheitsfällen und 
deren Nachwehen ihr Ende gefunden. 


Berichtigung. In dem ersten Theile des Artikels hat 
sich S. 430, Spalte 1, Zeile 38 ein sinnentstellender Druckfehler 
eingeschlichen, indem statt »rein«, »wie« zu lesen ist. Die 
Stelle muss also lauten: ». . . die Herztöne rein, das Athmen 
nicht sonderlich angestrengt,«. 


Cysticercus cellulosae in den Muskeln eines 

Schafes. 

Von Dr. Olt, Hannover. 

Von Herrn Schlachthausdirector Wehrhahn in Minden 
wurden dem pathologischen Institute der thierärztlichen Hoch¬ 
schule zu Hannover Theile eines als finnig erkannten Schafes, 
und zwar ein Unterkiefer mit Muskulatur, die Zunge, ein Theil 
des Herzens und Stücke aus dem Zwerchfelle und der Kruppen¬ 
muskulatur zugesandt. Bei der Untersuchung dieser Theile 
wurde Nachstehendes ermittelt. 

Zungen-, Herz- und Skelettmuskulatur sind mit hanfkorn- 
bis erbsengrossen Knoten ausgestattet, welche aus einer derben, 
bindegewebigen Kapsel und einer kleinen, mit graugrünlicher, 
käseähnlicher Masse gefüllten Höhle bestehen. Im Lumen sehr 
vieler Knötchen liegt ein hanfkorngrosser Cysticercus mit vier 
gut entwickelten Saugnäpfen und einem doppelten Hakenkranz, 
dessen einzelne Haken in ihrer Grösse und Gestalt vollkommen 
mit denen des Cysticercus cellulosae überein3timmen. Cysti- 
cerken von der Grösse ausgewachsener Schweinefinnen wurden 
nicht gefunden. Es kann sonach keinem Zweifel unterliegen, 
dass das fragliche Schaf mit dieser Finnenart behaftet war 
und seinerzeit Eier bezw. reife Glieder der Taenia solium auf¬ 
genommen hatte. 

Nicht in allen Knötchen waren die Finnen noch vollständig 
erhalten, sondern in den meisten trugen sie die Merkmale des 
Zerfalles. Viele Finnen waren trüb, nicht mehr mit Flüssigkeit 
gefüllt oder makroskopisch überhaupt nicht aufzufinden. Mikro¬ 
skopisch Hessen sich bei manchen der abgestorbenen Finnen 
die Saugnäpfe in ihrer Form gerade noch erkennen, bei anderen 
war jegliche Structur verstrichen. Die Haken lagen regellos 
in dem Finnenleibe und waren am Fusse schon zerfallen. In 
einigen Knötchen mit trockenem, graugrünen, käsigen Inhalt 
lagen nur noch die Sicheln der Haken als einzige Merkmale, 
welche auf eine Finne bezogen werden konnten, denn auch 
die Cestodenkalkkörperchen waren geschwunden. Nur in den 
besser erhaltenen Finnenleibern konnten hyaline, zerklüftete 
und theils auch zerfallene Schollen mit Rücksicht auf ihre 
Grösse oder Gestalt auf jene Körperchen bezogen werden. 

Neben der Finne, auch wenn sie noch vollständig erhalten 
und anscheinend lebensfähig war, befand sich in der engen, 
glattwandigen Lagerstätte immer noch eine gewisse Menge 
grauer, schmieriger Masse, welche aus Leukocyten, Mastzellen 
und kleinen, einkernigen Rundzellen und fettig-körnigem De¬ 
tritus bestand. Der grösste Theil dieser Zellen war bereits 
abgestorben, denn ihre Kerne färbten sich nur bei vereinzelten 
Zelleü. In den Knötchen mit hochgradig zerfallenen Finnen¬ 
leibern enthielt die Detritusmasse noch Kalksalze in feinkörniger 
Vertheilung. 

Die aussergewohnlich dicke Kapsel, 1—2 mm messend, 
besteht innen aus mehr straffem und in der Peripherie aus 
lockerem, mit atrophischen Muskelfasern ausgestattetem Binde¬ 
gewebe. Durch die Dicke der Kapsel fühlen sich sämmtliche 
Finnenlager als derbe Knötchen an. Da wo die Knötchen des 
Zwerchfells direct unter den Serösen Hegen, hat sich das sub¬ 
seröse Gewebe durch zellige Infiltrate und Wucherung im Um¬ 
fange eines Zehnpfennigstückes schwielenartig verdickt. 

Auffallend war bei diesem Funde die Reaction der Musku¬ 
latur, denn die Dicke der bindegewebigen Kapsel, welche die 
Finnen umgab, stand in keinem Verhältnisse zu dem spärlich 
vorhandenen Bindegewebe des Finnenlagers bei Schweinen. 
Diese viel heftigere Reaction der Muskulatur des Schafes auf 
die Finneninvasion und die Ansammlung entzündlicher Exsudate 


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440 


DEUTSCHE THIER^EkZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


io. Dezember. 


um die Parasiten hat zweifellos auch den frühen Tod bei den 
meisten derselben bedingt. 

Die Frage, ob Schafe im Allgemeinen für Cysticercus 
cellulosae, wie das bei dem in Rede stehenden der Fall war, 
empfänglich sind, dürfte durch Fütterungsversuche leicht zu 
entscheiden sein. Eine Beobachtung, welche ich im Jahre 1884 
am Schlachthofe zu Stettin bei einem Schafe zu machen Ge¬ 
legenheit hatte, könnte zu Gunsten der Annahme, dass die 
Muskeln des Schafes Finnen gelegentlich bergen, gedeutet 
werden. Bei fraglichem Thiere fanden sich in der Skelett¬ 
muskulatur zahlreiche, erbsengrosse, grünlichgraue Zerfallsherde 
innerhalb einer bindegewebigen Hülle, welche ebenso aussahen, 
wie die oben beschriebenen Knötchen, in denen die Finnen 
makroskopisch nicht mehr zu erkennen waren. In den Zerfalls¬ 
herden konnten aber keine Parasitenreste ermittelt werden, es 
lag nur ein mit Kalkschollen durchsetzter körniger Detritus vor. 
Pflanzliche Parasiten fanden sich, wie zu erwarten, nicht in 
diesen Massen. Ueberhaupt deutete die ganze Beschaffenheit 
fraglicher Herde auf zooparasitären Ursprung hin; möglicher¬ 
weise ist auch dieser Befund auf Cysticercus cellulosae zu 
beziehen. 


Referate. 

Chronischer Katarrh der Oberkiefer- und Stirnhöhlen. 

(Stat, Vet. San.-Ber. d. preuss. Armee für 1897.) 

1. Ein Dienstpferd zeigte alle bekannten Erscheinungen 
des obigen Leidens. Bei der Trepanation der Kiefer- und 
Stirnhöhle entleerte sich aus diesen eine grosse Menge blutiger 
Eiter. Die Schleimhaut der Höhlen war höckrig, von lockeren, 
leicht blutenden Geschwulstmassen bedeckt. Dieselben wucherten 
trotz adstringirender, desinficirenden Ausrieselungen und inner¬ 
licher Gaben von Jodkalium zu den Trepanationsöffnungen 
heraus. Es wurde nochmals trepanirt, auch gleichzeitig die 
Nasenhöhle der entgegengesetzten Seite eröffnet. Die Geschwulst¬ 
massen wurden mit dem scharfen Löffel entfernt und die Höhlen 
täglich mit 2proc. Formalinlösung ausgespült. Hiernach Hess 
der Ausfluss zusehends nach, auch schwollen die submaxillaren 
Lymphdrüsen ab, so dass vollständige Heilung zu erwarten war. 

2. Ein Pferd war schon längere Zeit mit einem Oberkiefer¬ 
höhlenkatarrh behaftet und zeigte starke Auftreibung, sowie 
Athembeschwerden. Dasselbe starb auf dem Marsche plötzlich 
unter Erstickungserscheinungen. Bei der Obduction fand sich 
die Oberkieferhöhle stark erweitert und in ihr ein gänseei¬ 
grosses, concentrisch geschichtetes Concrement. Hierdurch 
war das Lumen beider Nasenhöhlen fast ganz verlegt. 

3. In einem Falle von Stirnhöhlenkatarrh des Pferdes fand 
sich in dieser ein grosser Echinococcus. 

4. In der Oberkieferhöhle wurden bei der Trepanation 
zwei wallnussgrosse Knochenstücke gefunden. Dieselben ent¬ 
stammten der ersten Molare und waren in Folge einer eitrigen 
Alveolarperiostitis in die Oberkieferhöhle gelangt. Frick. 


Augenkrankheiten. 

(Stal. Vet.-San.-Ber. d. preuss. Armee für 1897.) 

1. Ein Artilleriepferd litt seit längerer Zeit an einem Binde¬ 
hautkatarrh, der durch ein Entropium des unteren Augenlides 
unterhalten wurde. Am stehenden Pferde wurde ioproc. 
Cocainlösung in den Bindehautsack cingeträufelt und unter die 
Haut des unteren Augenlides gespritzt. Es wurde ein 4 cm 
langes und 1 */* cm breites Hautstück aus dem Lid heraus¬ 
geschnitten. Die Heilung erfolgte per primam und die Con¬ 
junctivitis verschwand. 

2. In dem Glaskörper eines Dienstpferdes, das beim zweiten 
Anfall von periodischer Augenentzündung auf dem rechten Auge 
erblindete, wurde mit dem Augenspiegel eine Filaria gesehen. 
Dieselbe stieg bei Bewegungen des Kopfes in Begleitung von 
weissen Flocken aus dem Augeninnern auf und verschwand 


bei Ruhehaltung wieder. Selbständige Bewegungen machte der 
Wurm nicht. Er war etwa 3 mm lang, leicht geringelt, stark 
lichtbrechend und an den Enden zugespitzt. Cornea und Linse 
waren klar. Die Pupille reagirte auf Lichtreize. Das Kammer- 
wasscr war nicht getrübt. Pupillarreflex grün. Die Retina 
war oberhalb der Papille getrübt und abgehoben. Der Aug¬ 
apfel war atrophisch und weich. 

3. Ein Pferd, das bereits vor 3 Jahren durch periodische 
Augenentzündung an einem Auge erblindet war, erkrankte leicht 
auf dem anderen Auge. Nach Ablauf des Anfalles war mit 
blossem Auge nichts an demselben zu entdecken. Die Pupille 
reagirte normal. Mit dem Augenspiegel wurden im Glaskörper 
einige grauweisse Pünktchen gesehen, die sich schneeflocken¬ 
artig hin und her bewegten. Das Sehvermögen schien nicht 
getrübt zu sein. Frick. 


Vergiftung: durch Oleanderblätter. 

Von Bezirksthierarzt Robert. 

(Bericht über das Veterinärwesen im Königreich Sachsen 1898.) 

Zwei Gänse frassen von einem im Garten stehenden 
Oleanderstocke ziemlich viel Blätter und verendeten darauf 
innerhalb 12 Stunden unter heftigen Zuckungen und profusem 
Durchfall. Bei der Section fand sich hochgradige Darment¬ 
zündung. Mal km us. 


Vervollkommneter Tracheotubus. 

Von Director Prof. Degive. 

(Annales de Medecine veterinaire. Octobie 1898.) 

Nachdem bis jetzt die sich selbst haltenden Luftröhren¬ 
tuben nur für Pferde von gewöhnlichem Schlage zu dauerndem 
Gebrauche dienten, wird es mehr und mehr nothwendig, sie 
auch für Luxuspferde und, wie namentlich in England, für 
Renn- und Reitpferde in Verwendung zu nehmen, ohne dass 
diese dadurch vom Dienstgebräuche ausgeschlossen werden 
müssten. Zu diesem Zwecke bedarf es einiger Modificationen 
der gewöhnlichen Tuben und müssen diese insbesondere drei 
Bedingungen entsprechen. Sie sollen eine absolut sichere 
Fixationsfähigkeit besitzen, leicht und von Jedermann eingelegt 
und entfernt werden können, sowie keinerlei Reizung an der 
Applicationsstelle hervorrufen. 

Die beiden erstgenannten Voraussetzungen treffen bei den 
zur Zeit im Gebrauch stehenden Einsatzröhren wohl zu, indess 
ist bei ihnen nicht ausgeschlossen, dass bei ihrer längeren oder 
kürzeren Verwendung das Gewebe am Operationsorte in jenem 
Winkel eine Pression erfährt bezw. mehr oder weniger ein¬ 
geklemmt wird, welcher durch die Vereinigung beider Metall¬ 
stücke gebildet wird ; der hier gesetzte andauernde Reiz führt 
zu Proliferationen der betroffenen Gewebstheile und dadurch 
bald zu Verengerung der Eingangsöffnung, so dass schliesslich 
eine chirurgische Intervention nothwendig wird. Der neue von 
Degive construiite Tubus soll diesen Uebelstand beseitigen 
und hat im Ganzen die Grösse und Form des Le bl anc'sehen 
Tubus oder des von Degive schon 1871 hergestellten Mo¬ 
dells, dessen beide innere Hacken gleichfalls senkrecht in die 
Luftröhre zu liegen kommen. Die bewegliche Einlage wird bei 
dem neuen Instrument mit dem Hacken nach abwärts gestellt 
und an der äusseren Platte in einer Weise befestigt, dass an 
der Vereinigungsstelle obgenannte Inconvenienz nicht eintreten 
kann. Die Art der Construction ist ohne Abbildung nicht gut 
verständlich, die Metallröhre vom Instrumentenmacher Van der 
Marcken (in Firma Barnasconi, Brüssel) zu beziehen. Im Stande 
der Ruhe des Pferdes ist die äussere Tubusöffnung durch eine 
Mctallkapsel verschliessbar, wie sie in England viel im Gebrauch 
steht und jedes Eindringen fremder Substanzen verhindert. 

Da jeder Luftröhrentubus mindestens alle zwei Tage (besser 
täglich) entfernt und geputzt werden muss, die Reinigung und 
Desinfection aber immer 10 — 15 Minuten in Anspruch nimmt, 
kommt es häufig vor, dass schon in dieser kurzen Spanne Zeit 


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No. 50, 


DEUTSCHE THIER^RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



eine Retraction der Gewebe an der Operationsstelle entsteht, 
welche das Wiedereinfuhren der Röhre erschwert, selbst un¬ 
möglich macht, so dass das Messer zu Hilfe genommen werden 
muss. Aus diesem Grunde giebt Degive den Rath, stets 
zwei Tracheotuben parat zu halten, um nach dem Ausziehen 
des einen sofort den anderen einzuschieben; empfehlenswerth 
ist ausserdem das Bestreichen des durchaus nicht complicirten 
Instrumentes mit Vaselin. Der neue Tubus hat sich bis jetzt 
auch bei Rennpferden während des Curses gut bewährt. 

Vogel. 

Silber als äusseres und inneres Antisepticum. 

Von Bezirksthierarzt Weidmann. 

(Oesterr. Monatsschr. f. Thierheilkunde, 1898, S. 369.1 

Im Anschluss an seine schon früher mitgetheilten Versuche 
mit citronensaurem Silber berichtet W. über seine weiteren 
Erfahrungen in der Silberwundbehandlung. Es wurden ver¬ 
wendet: 1. milchsaures Silber, Actol (Arg. lact. puriss) 
eignet sich vornehmlich zur erstmaligen Desinfection einer ! 
Wunde und zu Uterusausspülungen, angewendet in Lösungen 
von 1 0 /' l)0 oder eine Tablette auf 200,0 Wasser. Es wurden ! 
dadurch noch Heilungen erzielt, wo bereits Peritonitis, hoch- j 
gradiger und jauchiger Ausfluss aus den Genitalien bestand, j 
was Verf. der hochgradig baktericiden Eigenschaft des Silbers 
zuschreibt. 2. citronensaures Silber, Itrol (Arg. citr. ! 
puriss), wirkt vorzüglich als Wundstreupulver, wobei die Wunde 
nur dünn, hauchartig damit bedeckt zu werden braucht. Um j 
das Mittel zu verbilligen und dadurch ausgiebigeren Gebrauch 
davon machen zu können, hat W. auf Anrathen von Hofrath 
Crede, der die Silberbehandlung in die Medicin eingeführt hat, 
Milchzucker zugesetzt: I Itrol zu 9,0 Milchzucker. 2. Ar¬ 
gentum Crede ist fast metallisches Silber, löslich in de- 
stillirtem Wasser, findet Verwendung zu subcutanen Injectionen 
gegen phlegmonöse Processe oder 4. als Unguentum 
Crede bei Lymphangitis, Phlegmone und septischen Processen. 
Bei der hartnäckigen Ohrenentzündung der Hunde (Ohrwurm) 1 
wurden durch Ausspülen mit Actollösungen und nachherigcs 
Aufträgen von Silbersalbe sehr gute Erfolge erzielt. Görig. ! 


Tetanus beim Kalbe, ausgehend vom Mastdarm. 

Von Bergamini. 

(Giorn. dclla R. Soc. et Accad Vet. Ital., 1893, S. 805 I 1 

I 

In Folge lebhaften Juckens am After drängte ein Kalb die 
Afterschleimhaut vor. Es entwickelte sich daraus ein Prolapsus 
ani, der beim Liegen im Stalle allen Insulten ausgesetzt war. ; 
An dem vorgefallenen Theile waren multiple, die Schleimhaut j 
überragende, fluctuirende, leicht blutende Knötchen vorhanden. 

B. bezeichnet sie als Hämorrhoiden. Eines Tages zeigte das | 
Kalb eine gewisse Steifigkeit, der Prolaps war verschwunden, ! 
aber das Maul liess sich sehr wenig öffnen. B. fand das Kalb | 
unbeweglich im Stalle stehen, Hals gestreckt, Kopf horizontal, j 
Ohren steif und aufgerichtet, Schwanz erhoben. Die Haare 
waren über den ganzen Körper gesträubt, die Hinterbeine ge- ; 
spreizt. Die Kiefer waren nicht von einander zu entfernen. 
Speicheln war vorhanden. Festes Futter konnte nicht aufge¬ 
nommen werden, dagegen trank das Kalb Milch noch gern. 
Eine Behandlung wurde aus wirthschaftlichen Gründen nicht I 
eingeleiiet und das Kalb starb nach einigen Tagen. 

B. untersuchte das Cadaver, konnte aber keinerlei andere 
Verletzungen, als die am After finden und erklärt diese mit 
Recht für die Eintrittspforte des Ansteckungsstoffes. Er schliesst 
daran die Mahnung, bei Verletzungen im Bereich des Afters 
der Desinfection des Lagers, Standortes u. s. w. besondere 
Sorgfalt zu widmen, da von dort die Infection ausgeht. (So 
lange der Darminhalt Tetanusbacillen enthält und nicht zu des- 
inficiren ist, dürfte diese Vorsicht zwecklos sein. D. Ref.) 

Fr i ck. 


44 1 

Zurückbleiben eines Kalbes im Uterus bei Zwillingen* 

Von Bezirksthierarzt Koudelka-Wischau. 

• (Oesterr. Monatsschr. (ür Thierheilkunde, 1898, S 459.) 

Bei einer Kuh, welche nach abgelaufener Trächtigkeitszeit 
ohne erhebliche Beschwerden gekalbt hatte, ging die Nach¬ 
geburt nicht ab, weshalb der Besitzer einen Empiriker zu Rathe 
zog. Dieser constatirte im Uterus noch ein zweites Kalb, ver¬ 
mochte dasselbe jedoch nicht zu entwickeln. Der jetzt zur 
Untersuchung gerufene Sachverständige fand ein in Steissend- 
lage sich befindliches, mit den beiden Hinterfüssen und dem 
Hintertheil in den Geburtswegen fest eingekeiltes Kalb, das 
schon längere Zeit abgestorben war und bei dem bereits Fäul- 
nissvorgänge eingetreten waren. Da der Besitzer in Hinsicht 
auf diese Sachlage wohlangezeigten Schlachtung seine Einwilligung 
versagte, extrahirte K. das Kalb und löste darnach die Nach¬ 
geburt ab. Zur event. Verhütung einer septischen Infection 
wurden Ausspülungen mit Kal. permanganat-Lösung gemacht 
und Priessnitz'sche Umschläge um den Leib angelegt. In der 
Folge verminderte sich das Allgemeinbefinden der Kuh sehr, 
sie magerte ab und hatte jauchigen Ausfluss aus der Scheide. 
Einige Wochen darnach besserte sich der Zustand auffallender 
Weise so sehr, dass die Kuh wieder Milch in ganz beträcht¬ 
licher Menge lieferte. Als die Kuh jedoch nach einiger Zeit 
wieder zum Zugdienst verwendet wurde, versagte sie das Futter, 
bekam heftige Athemnoth und wurde anderen Tags verendet 
im Stall angetroffen. Die von K. vorgenommene Obduction 
ergab acutes Lungenödem, Verwachsungen der ganzen Bauch¬ 
eingeweide unter einander und mit dem Bauchfell, so dass sie 
nur mit Mühe herausgenommen werden konnten. Uterus nur 
mässig vergrössert, enthielt eine geringe Menge einer miss¬ 
farbigen, blutig-schleimigen Flüssigkeit, Schleimhaut schiefer¬ 
grau, gewulstet und verdickt. Im rechten Gebärmutterhorn 
ein ca. taubeneigrosser, mit eingedicktem, käsigem Eiter ge¬ 
füllter Abscess. 

Verf. führt alle diese Veränderungen auf das Zurückbleiben 
des Jungen und die zur Extraction desselben getroffenen Mass¬ 
nahmen und deren Folgen zurück. Görig. 

Magencyste beim Huhn. 

Von Toreggiani. 

tGiornale delln R. Soc. cd Accad. Vet. Ital. 189?, S. 820.) 

Bei der Castration eines jungen Hahnes fand sich in der 
sonst normalen Bauchhöhle ein blasenartiger Anhang am Magen. 
Derselbe war blasenartig und besass eine Länge von 4—5 cm. 
Er war mit dem Kropf durch lockeres Bindegewebe verbunden. 
Nach dem Anschneiden entleerten sich aus der Cyste 60 ccm 
einer dünnflüssigen, trüblich weissen, leicht alkalischen Flüssig¬ 
keit, aus der sich beim Stehen eine Menge weisscr Flocken 
niederschlug. Die Cyste war von der Serosa des Magens und 
Kropfes überzogen, sie stand jedoch sonst in keiner Verbindung 
mit Letzteren. Auch die Muskelschicht der Cystenwand war 
unabhängig von der Muskulatur des Magens und Kropfes. Im 
Cysteninhalt waren durch Culturen keinerlei Mikroorganismen 
nachweisbar. Derselbe wies bei der mikroskopischen Unter¬ 
suchung Pflasterepithel, zuweilen in grossen Fetzen, Fettzcllen 
und Fetttropfen, Bindegewebszellen, Kalkconcrementc, einige 
rothe Blutkörperchen und viel körnigen Detritus auf. Die 
Cystenwand war wie die Wand des Digestionstractus aufgebaut. 
T. hält die Neubildung für eine Magencyste; der Inhalt ent¬ 
stammte den zahlreichen Drüsen,. welche in der Schleimhaut 
der Cystenwand sassen. Fr ick. 


Solaninvergiftung. 

Von Bezirksthierarzt Dr. Lungwitz. 

(Bericht über das Veterinarwescn im Königreich Sachsen. 1898 ) 

Bei zwei Kühen und zwei Ochsen auf einem Rittergute 
beobachtete L. in Folge Verfütterns gedämpfter, gekeimter 


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442 


DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


io. Dezember. 


Kartoffeln eine Erkrankung, welche er als Solaninvergiftung 
betrachtet. Die Thiere zeigten neben Taumelerscheinungen 
wenig Lust zum Stehen. Eine Kuh war, nachdem sie schwer¬ 
fällig sich erhoben, durch leichten Händedruck zum ‘Umfallen 
zu bringen. Die andere vermochte zwar taumelnd aus dem 
Stalle zu gehen, war aber nicht fähig, wieder zurückzukehren. 
Sie musste in den Stall geschleppt werden und wurde schliess¬ 
lich nothgeschlachtet, wobei sich krankhafte Veränderungen 
nirgends vorfanden. Malkmus. 


Ueber den sogenannten Klauenkrebs (Klauennekrose) 

beim Rinde. 

Vortrag von I in in i n g c r - Würzburg, gehalten ain 20. September 1898 in 
der 70. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Düsseldorf, 
dicrliner thierar/tl. Wochenschrift, 1898. N'o. 44) 

ln Nachstehendem soll das Wichtigste aus dem oben näher 
bezeichnetcn und in mehr als einer Hinsicht interessanten Vor¬ 
trag berichtet werden. Die Entdeckung des Nekrosebacillus, 
Bacillus nccrophorus, durch Löffler hat eine Reihe von 
weiteren Untersuchungen über die Bedeutung dieses Mikro¬ 
organismus zur Folge gehabt. Insbesondere hat Bang nach- 
gewiesen, dass durch den genannten Bacillus die verschiedensten 
krankhaften Processc hervorgerufen werden können. Nach 
Jensen ist er ein ständiger Bewohner des Darmcanals, dessen 
schlummernde Fähigkeiten plötzlich zu erhöhter Energie an¬ 
gefacht werden können. Von den durch den Bacillus erzeugten 
Krankheitsvorgängen bespricht Imminger in erster Linie das 
vielfach endemisch auftretende bösartige Klauengeschwür der 
Rinder, dessen Bekämpfung so viele Mühe macht und so selten 
Erfolge zeitigt. 

Von den Krankheitserscheinungen, welche im Gefolge der 
Klauengeschwüre auftreten, ist neben starker Deformität der 
Klauen eine umfangreiche Verdickung der Fussenden, welche 
sich oft bis über die Afterklauen und noch höher hinauf er¬ 
streckt, besonders augenfällig Derartig erkrankte Thiere zeigen 
mehr oder weniger heftige Schmerzen, geringe Frcsslust, be¬ 
deutend herabgesetzte Milchsccretion und magern allmälig ab 
Im weiteren Verlauf der Krankheit liegen die Thiere viel; cs 
entstehen an den Fusswurzclgclcnken, an der Unterbrust und 
an der äusseren Fläche der Hüftgelenke wunde Stellen, welche 
der Ausgangspunkt tiefgehender Veränderungen sein können. 
Der Nckrosebacillus beginnt hier in noch weit grösserem Um¬ 
fange als an den Klauen seine langsamen, aber sicheren Zer¬ 
störungen. In einzelnen Fällen ist ein erheblicher Bruchtheil 
grösserer Rindviehbestände von dem Leiden ergriffen, das in 
hohem Grade auf gesunde Thiere übertragbar ist. Scheckvieh 
mit weichem, weissem Klauenhorn wird viel rascher davon 
befallen, als einfarbige, mit schwarzem Klauenhorn ausgestattete 
Thiere. Dass die gewöhnlich als harmlose Saprophyten den 
Darmcanal bewohnenden Nckroscbacillen plötzlich höchst ge¬ 
fährliche Krankhcitsprocessc hervorrufen, glaubt Imminger 
in der Weise erklären zu müssen, dass diese Bakterien durch 
besondere, bis jetzt noch nicht bekannte Umstände schnell an 
Giftigkeit im Thierkörper gewinnen, wie dies in ähnlicher Weise 
von Kitt für den Bacillus der Hühnercholera angenommen 
wird. Nach I mminger's Beobachtungen dürfte diese Virulenz- 
steigerung mit einer allzu intensiven Ernährung der Rinder, 
besonders mit der umfangreichen Verabreichung von Brennerei- 
Abfällen in Zusammenhang zu bringen sein. Unter derartig 
gehaltenen Beständen findet man das Vorkommen nekrotischer 
Processc selbst nach geringen Verletzungen viel häufiger als in 
Beständen mit anderer Fiittcrungswcise. Neben diesen Um¬ 
ständen dürften auch die Bodenverhältnisse bei der Entstehung 
des Leidens in Betracht kommen 

In stark gedüngten schwarzen Böden, in Böden mit moorigem 
Grunde scheint der fragliche Krankheitserreger sich besonders 
leicht lebensfähig zu erhalten. Gleichzeitig muss er unter den vor- 
bczcichnctcn Bedingungen lange Zeit eine weit grössere Virulenz 
bcibchaltcn können, als dies beim Aufenthalt im Darmcanal der 


Fall ist, da im letzteren Fall mit dem. Wechsel des Futters, 
d. h. mit der Weglassung des Kraftfutters bezw. der Brennerei¬ 
abfälle die Häufigkeit solcher Erkrankungen sofort gemindert 
wird, wofern die bereits ergriffenen Stücke aus dem Stalle ent¬ 
fernt und eine exacte Desinfection der Räumlichkeiten vor¬ 
genommen worden ist. Ungleich schwieriger gestaltet sich die 
Bekämpfung, wenn Thiede auf inficirten Böden gehen müssen, 
namentlich bei vorhandener loser Wand, die sich bei Stall¬ 
rindern fast regelmässig vorfindet. Durch Einlagerung von 
Schmutz in die hohle Wand wird die Stalldesinfection in der 
Mehrzahl der Fälle illusorisch gemacht. Die Zerstörung der 
Klaue durch den nekrotisirenden Process beginnt der Regel 
nach an der Klauenspitze und macht sich nach aussen wenig 
bemerkbar. Es kann schon das halbe Klauenhorn zerstört sein, 
ohne dass am Fuss irgend welche Schwellung oder bei Druck 
auf die Klauen Schmerzäusserungen zu erkennen wären. Ein 
derartig erkrankter Fuss ist, äusserlich betrachtet, so tadellos, 
dass es fast unglaublich erscheint, dass bereits solche hoch¬ 
gradigen Zerstörungen in demselben vorhanden sind. 

Schlechtes Haarkleid und weniger guter Nährzustand sind 
die einzigen augenfälligen Erscheinungen an den so erkrankten 
Thieren. Dieselben sind fieberlos, doch geht die Milchsccretion 
regelmässig nahezu bis auf die Hälfte zurück. Beim Gehen 
lässt sich wenig wahrnehmen, nur glaubt man ein etwas vor¬ 
sichtigeres Auftreten beobachten zu können, ähnlich dem eines 
klamm gehenden Pferdes. Bei entsprechender Beschneidung 
der kranken Klaue entleert sich eine dicke, chokoladenfarbige, 
schmierige Zerfallsmasse von brenzlichem Geruch. In den Zer¬ 
fallsherden besteht, unterschieden von gewöhnlichen Klauen- 
absccssen, kein erhöhter Druck. Ausserdem haben die durch 
die Wirkung des Nekrosebacillus veränderten Weichtheile der 
Klauen ein verändertes, schmutzig-graublaues Aussehen und 
wenig Heiltendenz. Werden Zerfallsherde nicht operativ ge¬ 
öffnet, so brechen sie an der Krone durch, das Secret wird 
übelriechend und es schliesst sich oft Fieber an. 

Zur Erlangung dauernder Erfolge bei der Bekämpfung des 
Leidens ist nicht allein gründliche Desinfection der Stallungen, 
sondern auch der Hofräume, soweit sie mit Dünger und Jauche 
verunreinigt sind, erforderlich. Imminger empfiehlt, solche 
inficirten Hofräume nach ausgiebiger Reinigung mit einer dünnen 
Schicht feiner Steinkohlenasche, sog. Lösch, aufzufüllen. 

Thiere, welche bei Beginn des Leidens erst ganz gering¬ 
fügige Veränderungen der Klauen zeigen, erkranken durch zu¬ 
fälliges Hinzutreten eines entzündlichen Kiankheitsprocesses an 
irgend einem Organ hochgradig unter Fiebererscheinungen, 
z. B. bei Gebärmuttervorfall, bei Maul- und Klauenseuche, deren 
schwerere Folgezustände nach Imminger auf Einwirkung des 
Nekrosebacillus zurückzuführen sind. Imminger bezeichnet 
die bei Intercurriren eines anderen Krankhcitsprocesscs schnell 
eintretende Steigerung der Virulenz der Nekrosebakterien als 
eine »symbiotische«. 

In Ställen, welche mit Nekrosebacillen inficirt sind, schliessen 
sich oft an ganz geringfügige Verletzungen der Geburtswege, 
wie sie auch bei leichten Geburten Vorkommen, nekrotische 
Veränderungen an, welche sich mit unglaublicher Schnelligkeit 
ausdehnen und in kürzester Frist den Tod des Thieres herbei¬ 
führen können. Vielfach sind Rinderställe inficirt worden durch 
neu eingestellte Thiere, welche mit dem in Rede stehenden 
Klauenleiden behaftet waren. 

Aehnlich wie bei intensiver Ernährung mit Kraftfutter 
oder Brennerei-Abfällen hat man Klauenkrebs nicht selten aus¬ 
gebreitet und in ausgedehntem Masse bei Rindern, die mit 
schlecht eingebrachtem oder an Nährstoffen armem Heu ernährt 
werden. Auch an andern Stellen der Körperoberflächc setzen 
bei solchen oft nekrotische Veränderungen ein. 

Ein mit dem Hufkrebs der Pferde identisches Leiden soll 
nach Imminger an den Klauen der Rinder nicht Vorkommen, 
wohl aber soll ein gewisses Stadium des Klauenkrebses mit 
dem Hufkrebs grosse Aehnlichkcit haben, nämlich wenn ein 
Stillstand des nekrotischen Klauenleidens ohne jedes Zuthun 
unter Zurücklassung einer höchst übelriechenden Geschwürs¬ 
fläche eingetreten ist. 


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DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


443 


No. 50. 

Das therapeutische Verfahren Imminger’s ist rein ope- I c. Der Knoblauchsaft wirkt an der Injectionsstelle ätzend 


rativer Natur. Am niedergelegten Thier wird alles unter- 
minirte Horn und alles erkrankte Gewebe bei künstlicher Blut¬ 
leere des Schenkels entfernt, darnach mit 5 °/ 0 Formalinlösung 
desinficirt und ein aussen mit Theer zu bestreichender Trocken¬ 
verband angelegt. Je nach dem Umfang des operativen Ein¬ 
griffes, welcher bei Miterkrankung eines Gelenks auch eine 
Klauenamputation darzustellen hat, kann der Verband 14 Tage 
und länger liegen bleiben, wenn nicht der Eintritt erhöhter 
Schmerzen am operirten Fuss den Erfolg zweifelhaft erscheinen 
lässt. Im letzteren Falle muss ein Verbandwechsel sowie ent¬ 
sprechende Correction der operirten Stelle vorgenommen werden. 
Wenn die Verbände nicht gut angelegt sind und Verunreinigung 
möglich ist, kann der nekrotische Process sehr leicht weitere 
Ausdehnung gewinnen und so die Heilung verzögert werden. 

In inficirten Ställen sind nach jeder Geburt desinficirende 
Ausspülungen der Scheide auszuführen. Als ganz besonders 
wirksam hat Imminger das zwei- bis dreimalige Einbringen 
von 2 % Pyoctanin-Streupulver in die äusseren Geburtswege 
gefunden. 


Zwei Fälle von eitriger Luftsackentzündung. 

Von Solimani. 

(La clin. vet., 1898, S. 333.) 

Bei zwei Pferden, welche vor 6 Monaten die Druse gehabt 
hatten, zeigte sich einseitiger krümliger, stinkender, eitriger 
Nasenausfluss. Die Athmung war Anfangs etwas röchelnd und 
wurde es noch mehr beim Trablaufen. Der Kopf wurde etwas 
gestreckt gehalten und im Bereich des Viborg’schen Dreiecks 
bestand Anschwellung. Die Diagnose »Luftsackerkrankung« 
wurde durch Katheterisiren gestellt. ln Ermangelung eines 
Günther'sehen Katheters verwendete S. hierzu einen dünnen 
Schlundkatheter. Die Krümmung der Spitze erreichte er durch 
Einschieben eines am Ende abgebogenen Metallmandrins in den 
Katheter. Irrigationen in den Luftsack mit Hülfe dieses In¬ 
strumentes Hessen sich die Pferde auf die Dauer nicht ge¬ 
fallen. S. legte die Pferde und führte im Viborg’schen Dreieck 
nack Spaltung der Haut einen Trokar unter die Parotis und 
in den Luftsack. Es entleerte sich ein grösseres Quantum 
Eiter. Die Trokarwunde wurde erweitert und ein Drainrohr 
eingelegt. Durch letzteres wurde täglich der Luftsack mit 
2 proc. Lösung von Acidum tannicum ausgerieselt und so in 
12 Tagen Auf hören des Ausflusses bewirkt. Die Irrigationen 
wurden noch 14 Tage fortgesetzt und bei beiden Pferden voll¬ 
ständige Heilung erzielt. Fr ick. 


Ueber die baktericiden Eigenschaften des Knoblauchöles 
und des Allylsulfids. 

Von Aristo Casella. 

(Giorn. della R. Soc. et Accad. Vet. ltal., 1898, S. 876.). 

C. stellte sich zwei Sorten von Knoblauchsaft her, die er | 
Saft a und Saft b nennt. 

Saft a: Die Knoblauchzwiebeln werden von Schalen, 
Keimen befreit und I Minute in eine Spiritusflamme gebracht, 
so dass sie steril sind. Sie werden dann in einem sterilisirten 
Holzmörser zu Brei zerstampft und ausgepresst. Es wird so 
der Saft a als gelbliche, dicke, zähe Flüssigkeit gewonnen. 

Saft b: In einer Glasflasche wird der Zwiebelbrei mit i 
dem gleichen Gewicht Wasser 24 Stunden gemischt stehen 
gelassen und die Flüssigkeit abgepresst. Der so gewonnene j 
Saft b ist hellgelb, wenig zähe und dick. 

Beide Sorten von Saft Tauben unter die Flügelhaut in 
der Menge von 1 ccm injicirt, ergaben folgendes Resultat: 

a. Saft a wirkt viel kräftiger als Saft b. 

b. Will man eine schwächere Wirkung haben, so ver¬ 
dünnt man besser Saft a mit sterilisirtem Wasser, als dass man 
Saft b nimmt. 


oder nur reizend, je nach der Concentration des angewandten 
Saftes. 

Saft a wird mit dem gleichen Quantum einer Bouilloncultur 
von Rothlaufbacillen gemischt und das Gemisch bis zu 48 Stunden 
im Thermostaten gehalten. Dem Gemisch wurden nach 3, 4, 
6, 12, 24, 48 Stunden je 1 ccm entnommen und Tauben in die 
Subcutis des Flügels gebracht. Nur mit dem 3 Stunden alten 
Gemisch geimpfte Tauben starben an Rothlauf, die anderen 
blieben gesund und zeigen nur leichte Röthe an der Injections¬ 
stelle. 

Saft b in derselben Weise mit Rothlaufbouillonculturen ge¬ 
mischt und Tauben damit geimpft, ergiebt, dass die Tauben 
an Rothlauf starben, wenn das Gemisch weniger als 6 Stunden 
im Thermostaten gestanden hat. 

Daraus folgt: 

a. Saft a wirkt sowohl im Glase als im Thierkörper ener¬ 
gischer als Saft b auf die Rothlaufbacillen ein. 

b. Oertliche und allgemeine Wirkungen üben beide Säfte 
nicht aus. 

c. Die fortgesetzten Impfungen bei demselben Thier mit 
Saft-Culturgemischen erzeugen zwar keine Immunität, aber sie 
verzögern den durch tödtliche Dosen bewirkten Tod von 52 bis 
auf 70 bezw. 89 Stunden. 

d. Knoblauchsaft tödtet entschieden Rothlaufbacillen. 

Culturversuche auf Gelatine mit dem 0,6, 12, 24, 48 Stunden 

alten Saftbouillongemisch ergaben: 

a. die Rothlaufbacillen entwickeln sich nicht mehr, 

b. die Rothlaufbacillen verlieren ihre Pathogenität. 

Um die Wirkung des Knoblauchsaftes auf eine folgende 
Infection mit Rothlauf festzustellen, gab C. einer Taube per os 
innerhalb 14 Tagen nach und nach 95 ccm von Saft b und 
55 ccm von Saft a. Die Taube erlag der subcutanen Injection 
von Rothlaufbacillen nach 90 Stunden, sodass der Tod um 
3 8 Stunden (gegen 52 bei Controlversuchen) verzögert worden war. 

Einer anderen mit Rothlauf subcutan inficirten Taube 
wurden nach 24, 48, 72 Stunden je ein Cubikcentimeter von 
Saft a an einer anderen Körperstelle subcutan gegeben. Diese 
Taube starb 113 Stunden nach der Infection, sodass geschlossen 
werden muss: 

a. dass der Knoblauchsaft subcutan viel energischer wirkt 
als per os, 

b. dass er den Tod durch Tödtung der Rothlaufbacillen 
verzögert, 

c. dass er subcutan wegen seiner ätzenden Wirkung nicht 
brauchbar ist. 

C. hat dann direct mit dem wirksamen Princip des Knob¬ 
lauchs, dem Allylsulfid, experimentirt und zunächst festgestellt, 
dass 1 j i ccm desselben bei einer Taube, einem Kaninchen und 
einem kleinen Hunde subcutan vollständig unschädlich ist. 

Eine Mischung von zwei Theilen einer Rothlaufbouillon- 
cultur mit einem Theil Allylsulfid erwies sich bereits nach 
5 Minuten bei Gelatineculturversuchen steril. Dagegen war 
1 ccm Cultur, dem nur I Tropfen Allylsulfid zugesetzt war, 
erst eine Stunde nach erfolgter Mischung steril. Eine Taube 
erhielt subcutan 1 ccm der letzteren Mischung, welche 1 Stunde 
alt war; sie starb nicht. Eine andere Taube dagegen, welche 
eben so viel von demselben Gemisch, das jedoch nur 30 Mi¬ 
nuten alt war, erhalten hatte, starb an Rothlauf nach 73 Stunden. 
Es muss daher dem Allylsulfid auch im Körper eine kräftige 
baktericide Kraft zugeschrieben werden. 

Zwei Tauben erhielten zwei Tage nach der subcutanen 
Infection mit Rothlauf, als sich schon deutliche Symptome der 
Impfkrankheit zeigten, subcutan je ’/i ccm Allylsulfid und so 
auch in den folgenden drei Tagen. Die Tauben genasen hier¬ 
nach vollständig, allein einer neuen Infection mit I ccm einer 
vollvirulenten Bouilloncultur erlagen sie nach 104 Stunden. Die 
Tauben waren also von der ersten Infection durch Allylsulfid 
geheilt, aber nicht dadurch immun geworden. 

Auch gegen Bacterium coli commune hat sich Allylsulfid 
als kräftiges Heilmittel erwiesen. Einem Hunde wurden 2 ccm 
einer frischen Bouilloncultur von Bact. coli comm. per os ein- 


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444 


DEUTSCHE TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


io. Dezember, 


gegeben. Nach drei Tagen zeigte er heftige Diarrhoe, Appetit¬ 
losigkeit u. s. w. Er erhielt 3 ccm Knoblauchsaft am Morgen 
und ebensoviel am Abend, d. h. im Ganzen 6 ccm. In ferneren 
drei Tagen war er vollständig gesund. 

Denselben Erfolg hatte dieses Experiment bei einem anderen 
Hunde, sodass der Knoblauchsaft unzweifelhaft das Bact. coli 
commune im Darmcanal vernichtet. 

Auf Milzbrandbacillen vermochte Knoblauchsaft und Allyl¬ 
sulfid nur insofern einzuwirken, als die Gemische von Bouill. 
Anthr. mit den genannten Stoffen bei den Impfthieren den Tod 
etwas verzögerten, ihn jedoch nicht aufzuheben vermochten. 

Nach den obigen Versuchen glaubt C. zu dem Schlüsse 
kommen zu müssen, dass dem Knoblauchsaft und dem Allyl¬ 
sulfid bei dem Rothlauf und der Colibacillose des Darmes eine 
therapeutische Bedeutung zukommen dürfte, was durch weitere 
Versuche festzustellen sei. Fr Ick. 

Meningitis tuberculosa. 

Von Bezirksthierarzt Dr. Lungwitz. 

(Bericht über d. Veterin.-Wesen im Koiiigr. Sachsen ) 

Innerhalb eines Jahres konnte L. bei drei im zweiten 
Lebensjahre stehenden Kalben eine tuberculöse Erkrankung 
der Gehirnhäute beobachten. 

Eine Kalbe kam, nachdem sie drei Tage lang gering¬ 
gradiges Schwanken im Hinterthcile und mühsames Aufstehen 
gezeigt hatte, zum Festliegen. Dabei hielt das fieberfreie Thier 
den baumelnden Kopf beständig nach links. Die Mutter war 
tuberculös gewesen. Die Nothschlachtung ergab: Hochgradige 
Allgemeintubcrculose, dabei Tuberculöse des Gehirns und der 
Gehirnhäute. 

Die zweite Kalbe war nach dem Fressen plötzlich um¬ 
gefallen, aber darnach wieder aufgestanden. Sie stand bei der 
Untersuchung mit gespreizten Vorderbeinen und äusserst auf¬ 
geregt im Stalle, den Kopf stier nach vorwärts gestreckt, zitternd 
am ganzen Körper und beständig Kaubewegungen, 168 Kiefer-., 
bewegungen in der Minute, ausführend. Als die Kalbe tob¬ 
süchtig nach vorwärts drängte und mit den Vorderbeinen in 
die Krippe stieg, wurde zur Tödtung geschritten. Die Section 
ergab denselben Befund wie oben. l 

Die dritte Kalbe hatte sich über Nacht auf zunächst nicht 
erklärliche Weise das linke Horn abgestossen. Sie war munter j 
und bei gutem Appetite, zeigte aber, aus dem Stalle genommen, • 
taumelnden Gang. Auf bereits vor dem oben genannten Zu¬ 
falle ergangenes Ansuchen wurde die Tuberculinimpfung aus- 1 
geführt, welche eine typische Reaction lieferte. Die daraufhin j 
vorgenommene Nothschlachtung ergab denselben Befund, wie 
die beiden voranstchcnden Fälle. Die Mutter der dritten Kalbe 
war wegen Abmagerung und Husten zur Schlachtung verkauft ! 
worden. Bei der dritten Kalbe bestand auch Tuberculöse des I 
Uterus. 1 

In allen drei Fällen handelte es sich um Kalben mit 
schlechtem Haar, mangelhafter Haut und trübem Blicke, welche , 
bei gutem Futter in der Ernährung zurückgeblieben waren. 
Die Tuberculöse war in allen drei Fällen eine intrauterin er- j 
worbene, dafür sprachen die ausgedehnte Verkalkung der 
tuberculöscn Proccssc und die bedeutende Vergrösserung der 
kreidigen Portal- und Mcdiastinal-Drüsen, jene charakteristischen 
Eigenthümlichkeiten der tuberculöscn nüchternen Kälber. 

Malkmus. 

Ueber die Wirkung der Aetherinhalation auf die Lungen. 

Von Dr. W. Linde mann. 

(Ccntralbl. f allgemeine I’ath . o^ie u. p.ubol->£. Anatomie, No. n/ia, «6t/S. i 

Es ist statistisch festgestellt, dass Todesfälle in Folge einer 
Aethernarkose seltener sind als bei einer Chloroformnarkose; | 
dagegen sind aber die gefahrdrohenden consecutiven Störungen [ 
beim Aether sehr viel häufiger. 


Man kann die Zwischenfälle in Folge der Aethernarkose 
eintheilen: 

A. Zwischenfälle während der Narkose. 

1 a. Todesfälle. 

1 b. Vorübergehende Asphyxien und Collapserschei- 

nungen. 

B. Zwischenfälle nach der Narkose. 

2 a. Tod durch Spätcollaps. 

2 b. Vorübergehender Collaps. 

3 a. Tod an Lungenödem und Pneumonie. 

3 b. Lungenödem, Pneumonie und Bronchitis ohne tödt 
liehen Ausgang. 

4. Albuminurie, die in 7 °/ 0 aller Fälle auftritt. 

Unter diesen Erscheinungen sind die Affectionen des 
Athmungsapparates wohl die wichtigsten und berüchtigsten. 
Hauptsächlich sind es zweierlei Störungen: I. Acutes Lungen¬ 
ödem, welches während der Narkose oder erst nach mehreren 
Stunden eintreten kann. 2. Eitrige, lobuläre Pneumonien und 
eitrige Bronchitiden, zuweilen mit Pleuritis complicirt. Aber 
weder über die Art der Wirkung, noch über die eigentliche 
Ursache ist bisher etwas Sicheres bekannt. 

Nimmt man eine directe toxische Wirkung an, so müsste 
das Lungenödem eine stete Begleiterscheinung der Narkose 
sein, andererseits aber bliebe das Auftreten des secundären 
Lungenödems mehrere Stunden nach der Narkose schwer be¬ 
greiflich, wenn der Aether schon grösstentheils aus dem Körper 
ausgeschieden ist. 

Die Annahme, dass die Actherpneumonie eine Schluck¬ 
pneumonie sei, ist gewiss in manchen Fällen nicht zu be¬ 
zweifeln , aber für das acute Lungenödem doch nicht aus¬ 
reichend. 

L. hat nun verschiedene Versuche mit Kaninchen und 
Hunden angestellt, um die Frage der Entstehung der acuten 
Lungcnaffectionen zu klären. 

W 7 ie aus den Versuchsprotokollen zu sehen ist, bestehen 
die Veränderungen zunächst in einer sehr ausgesprochenen 
Blutfüllung der Lungcncapillarcn, welcher multiple Hämorrhagien 
und mehr oder minder starkes Lungenödem folgen. Sind nun 
diese auf einer abnormen Blutvertheilung beruhenden Ver¬ 
änderungen von einer localen Wirkung auf die Gefässe oder 
von einer Herzwirkung des Aethcrs abhängig? Diese Frage 
hat Verfasser durch seine Versuche dahin entschieden, dass 
zwar eine locale Wirkung nicht ganz in Abrede zu stellen ist, 
dass aber bei Aethernarkose in erster Linie das Herz sehr 
stark in Anspruch genommen wird. Die ungenügende Herz¬ 
action macht sich fast bei jeder Narkose durch Cyanose be¬ 
merkbar, welche ihrerseits von Ueberfüllung der präcapillaren 
Venen im grossen und kleinen Kreisläufe begleitet ist. Ueber- 
dies kommt noch eine direct schädigende Wirkung des Aethers 
auf die Gefässwandungen hinzu; somit sind für die Entstehung 
des Oedems sehr günstige Bedingungen vorhanden. Wenn die 
Alteration der Gefässwandung stark genug ist, so treten auch 
Blutkörperchen durch, und so kommt es zu multiplen Hämor¬ 
rhagien in der Lunge, selbst zur Anfüllung der Glomerulus- 
kapseln und der Harncanälchen mit Blut. 

Für die Wirkung speciell auf die Lungen nimmt L. fol¬ 
gende Entstehungsweise an. 

Der inhalirtc Aether wird durch die Lungencapillaren re- 
sorbirt. Dabei kommt es zur Veränderung des Tonus und der 
Durchlässigkeit der Gefässe, vor Allem in den Lungen. In 
Folge dessen werden die Venen überfüllt und das Blut sammelt 
sich hauptsächlich in dem kleinen Kreisläufe. Zusammen mit 
der gesteigerten Transsudation kommt cs hierdurch am Ende 
zu mehr oder minder starkem Lungenödem. Die Circulations- 
störungen treten sehr schnell ein und dauern sehr lange auch 
nach dem Aufgeben der Narkose fort, die Veränderungen der 
Durchlässigkeit der Gefässwandung pflegen dagegen nur sehr 
allmälig anzuwachsen und gehen auch ziemlich leicht zurück. 
Es können demnach folgende Combinationen der Herz- und 
Gefässwirkung stattfinden: 


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No. 50. 


DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


445 


1. Acute Insufficienz des Herzens bei einer sehr starken 
Vergiftung, die vor der Veränderung der Gefässwandung 
eintritt. 

2. Acute Insufficienz bei veränderten Gefässen (Lungen¬ 
ödem). 

3. Secundäres Lungenödem, wenn die Herzinsufficienz sich 
erst später einstellt, aber bevor die Gefässveränderungen rück¬ 
gängig geworden sind. 

4. Die secundäre Herzinsufficienz stellt sich ein, nachdem 
die Gefässveränderungen schon abgelaufen sind. (Tod durch 
Spätcollaps). 

Alle diese Erscheinungen sind also auf die toxische Herz- 
und GefässWirkung des Aethers zurückzuführen. Diese Wirkung 
kann aber nicht etwa in der Art der grob anatomisch wirkenden 
Gifte eine entzündungserregende sein, weil die Veränderungen 
so leicht in wenigen Stunden rückgängig werden, sondern muss 
auf einer vorübergehenden Gefässparalyse beruhen, welche nicht 
nur von einer Parese des Gefässcentrums abhängt, sondern 
auch mit einer localen Affection der Gcfässwand im Zusammen¬ 
hang Steht. Vosshage. 


Samenstrang-flstel mit Jodkalium geheilt. 

(Stat. Vet.-San.-Ber. über die preuss. Armee dir 1897 ) 

Ein Pferd zeigte eine doppelt faustgrosse Verdickung des 
Samenstranges und erhielt dagegen täglich 15 g Kal. jodatum 
innerlich. Innerhalb drei Monaten wurden 1090 g verabreicht 
ohne üble Nebenerscheinungen. Am Ende der drei Monate 
war die Anschwellung nur noch halb so gross und nach weiteren 
s / 4 Jahren nur noch daumenstark. Fr ick. 


Oeffentliches Veterinärwesen. 

Ein bemerkenswerthep Fall von Verschleppung der 
Maul- und Klauenseuche. 

Der *Tägl. Rundschau« wird aus Dänemark über einen 
bemerkenswerthen Fall von Verschleppung der Maul- und 
Klauenseuche berichtet. Auf der dänischen Insel Laaland brach 
unter dem Viehbestände eines Landmannes, der in der Nähe 
von Rödby an der See wohnt, die Maul- und Klauenseuche 
aus. Es war ein Räthsel, wie nach dem einsam liegenden 
Gehöfte die Seuche verschleppt werden konnte; die Lösung 
kann nur durch folgende Erklärung gefunden werden. Uebers 
Meer kamen öfters Wildenten geflogen und setzten sich auf 
einer Viehweide am Strande nieder. Zu gleicher Zeit 
herrschte die Seuche stark auf der nur etwa 40 Kilometer 
entfernt liegenden holsteinischen Insel Fehmarn. Beim Umher¬ 
laufen auf den dortigen Wiesen, wo krankes Vieh graste, hatten 
die Enten den Ansteckungsstoff an die Füsse bekommen und 
ihn so über das Meer getragen und schliesslich auf dem Grase 
bei Rödby abgesetzt. 

Die Galle toller Thiere als Antitoxin gegen Tollwuth. 

Von E. J. Frantzius. 

(Centralblau für Bakteriologie.) 

Bereits im Jahre 1889 wurden im Blutserum immunisirter 
Hunde antitoxische Körper nachgewiesen, die im Stande waren, 
Thiere vor den Bissen toller Hunde zu schützen. Auch im 
Blute von Tauben und immunisirten Kaninchen sind solche 
Körper gefunden worden. Da aber die mit dem schützenden 
Thierserum behandelten Krankheitsfälle beim Menschen keine 
genügende Resultate lieferten, stellte Frantzius, angeregt 
durch die Erfolge R. Koch’s mit der Impfung von Galle bei 
der Rinderpest, Versuche über den Einfluss der Galle auf 
das Gift der Tollwuth an. Diese Versuche hatten folgendes 
Resultat: 


Subcutane Einspritzungen zeigten keine immunisirende 
Eigenschaft, sodass die Galle bei dieser Form der Anwendung 
sich als Heilmittel für die Tollwuth nicht eignet. 

Eine hemmende Wirkung (Verlängerung der Incubations- 
zeit) trat ein, wenn Kaninchen eine tödtliche Dosis Tollwuth- 
gift (Virus fixe) in die rechte Augenkanrmer gespritzt wurde, 
während die linke eine gleiche Portion Tollwuthgalle erhielt. 
Die Thiere gingen nach 2—3 Wochen an Rabies zu Grunde, 
Controlthiere starben früher. 

Wurden aber 0,2 Galle mit 0,2 starker Emulsion der Me- 
dulla oblongata der an Virus fixe eingegangenen Thiere in einem 
sterilisirten Glase gemischt und damit gesunde Kaninchen sub¬ 
dural geimpft, so blieben die Thiere gesund, während eine 
Impfung allein mit giftiger Marksubstanz Tod an Rabies zur 
Folge hatte. 

Subdurale Einspritzungen eines Gemisches von giftiger 
Emulsion mit der Galle nicht an Tollwuth leidender Thiere 
bewiesen, im Gegensatz zu dem vorigen Versuche, dass die 
gesunde Galle keine antitoxische Eigenschaft besitzt, während 
die Galle der an Tollwuth eingegangenen Thiere ein Antitoxin 
enthält, das nach Ansicht des Verfassers an Kraft alle bis jetzt 
beschriebenen Rabiesantitoxine übertrifft. Vosshage. 


Zur Aufklärung: der Rolle, welche stechende Insekten 
bei der Verbreitung: von Infectionskrankheiten spielen. 

Von George H. F. Nutall. 

(Centralblatt für Bakteriologie.) 

Zur Klärung der Frage, ob durch Stiche blutsaugender 
Insekten Infectionskrankheiten, wie die Pest, urffeiter verbreitet 
werden können, wurden im hygienischen Institut Berlin eine 
grosse Anzahl Versuche mit den Erregern von Milzbrand, Hühner¬ 
cholera und Mäusesepticämie angestellt. Bei diesen Krankheiten 
haben wir es mit einem im Blute vor dem Tode circulirenden 
Mikroorganismus zu thun, der durch die Stiche blutsaugender 
Insekten aus der Blutbahn kranker Thiere in die gesunder 
übertragen, eine Infection zu Stande bringen soll. Als Versuchs¬ 
objecte dienten Mäuse, die für Milzbrand, Hühnercholera und 
Mäusesepticämie sehr empfindlich sind, Wanzen und Flöhe 
wurden als Zwischenträger verwandt. 

Die Versuche wurden folgendermassen ausgeführt: 

1. Hungrige Wanzen wurden in eine Glasschale gebracht, 
welche eine kurz vorher an Milzbrand, Hühnercholera oder 
Mäusesepticämie verendete oder sterbende Maus enthielt, um 
etwas Blut einzusaugen. Jetzt wurden einer gesunden, in einen 
Mäusehalter gebrachten Maus am Rücken die Haare kurz ab¬ 
geschoren und auf diese Stelle die sich vorher inficirte Wanze 
gebracht. Sämmtliche Mäuse, die auf diese Weise mit inficirten 
Wanzen versehen wurden, blieben gesund. 

2. Mit dem Inhalte inficirter Wanzen werden Culturversuche 
angestellt, um zu prüfen, ob und nach welcher Zeit die Ba¬ 
cillen im Wanzenleibe absterben. 

Während die sofort angelegten Culturen viele Tausende 
von Colonien bildeten, entwickelten sich nach 24 Stunden nur 
noch wenige, nach 4 Tagen keine Colonie mehr, wonach die 
Annahme berechtigt erscheint, dass die in den Wanzen befind¬ 
lichen Bacillen einfach verdaut werden. Von Einfluss war noch 
die Temperatur, unter der die Wanzen gehalten wurden. 

3. Mit dem Inhalte inficirter Wanzen wurden Impfversuche 
an Mäusen angestellt. Die in den ersten 48 Stunden geimpften 
Thiere starben, später geimpfte blieben am Leben. 

Mit Flöhen wurde in gleicher Weise experimentirt. 

Verfasser kommt auf Grund seiner Versuche zu folgenden 
Schlussfolgerungen: dass 

1. die Infectionserreger in den Insecten zu Grunde gehen, 
und dass dieses Absterben der Keime weit schneller 
vor sich geht bei höherer Temperatur, wenn also die 
Insekten physiologisch thätiger sind und schneller ver¬ 
dauen, 


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ro. Dezember. 


DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


2. eine lnfection an Milzbrand, Pest, Hühnercholera und möglich, dass durch Fingernägel, welche mit zer- 

Mäusesepticämie durch Insektenstiche, wenn auch nicht quetschten inficirten Wanzen oder Flöhen, bezw. deren 

unmöglich, so doch zu den Seltenheiten gehört, da die Excreten in Berührung gekommen seien, in Folge 

den stechenden Mundwerkzeugen etwa anhaftenden ; Kratzens an der gestochenen Stelle eine lnfection her- 

Infectionserreger durch das Saugen der Insekten aus vorgerufen werden könne. Vosshage, 

der Wunde entfernt würden. Es sei aber sehr wohl _ 

Stand der Maul- und Klauenseuche Im Deutschen Reiche Ende November 1898. ! ) 

(Nach den im Kaiserlichen Gesundheitsamte zusammengesteilten Berichten der beamteten Thierärzte. — Veröffentlicht im Reichs-Anzeiger vom S- Dezember 1898.) 


Schleswig 


Mecklenburg- 

Schwerin 


Marlenw/rder 

-y r 


Stade 


Lüneburg 


Potsdam ''//>■ 


1 Osnabrück 

Ir; 


Frankfurt 


Münster 


mm 

.Erfurtrr&SsÄX 


Von je 100 
Gemeinden 
waren am 
Schlüsse des Monats 
verseucht 


Leipzig 


Liegnltz 


Bautzen 


.Thüringen 




'lesbaden' 


.•-Franken' 


Abkürzungen: 

W. I Keckarkreie W. 2 Schwär zwoldkr eis 

W. 3 Jagst kreis W. 4 Donaukrtis 

B. I Landeskommissariat Mannheim 

B. 2 „ „ Karlsruhe 

B. 3 „ „ Freiburg 

B. 4 „ „ Konstanz 

H. I Provinz Starkenburg 

H. 2 , Oberhessen 

H. 3 „ Bheinhessen 

Sch. Landwehrkompagmehco. Schönberg 

0. I Oldenburg: Fürstenth. Lübeck 

0.2 „ „ Birkenfeld 

Br. I Kreise Braunschweig, WolfenbüUel, Helmstedt 

Br. 2 Kreise Holcminden, Gandersheim 

Br. 3 Kreis Blankenburg 

S. Schaumburg-Lippe 

H. Hamburg |_ Lübeck Br. ßretnen 


NiederbayiTi 


mehr. 


ObpFbayerc 


') Inbegriffen sind auch diejenigen Gemeinden, in denen seuchekranke Thiere nicht mehr vorhanden sind, in welchen aber nach den geltenden 
Vorschriften die Seuche noch nicht als erloschen erklärt werden konnte. 


aussetzen und nur Milch mit Sal. carol. factit. geben, 
hatten sich sämmtliche erkrankten Thiere wieder erholt 


Nahrungsmittelkunde. 

Icterus beim Schwein in Folge von Treberfütterung. 

Von Gestütsthierarzt Di cm in Stepperg. 

Wochenschrift f:r Thierhcilkunde und Viehzucht, 1898, No 2:.) 

Auf einem Gute erkrankten plötzlich mehrere Schweine 
an Icterus; sie verweigerten die Futteraufnahme, versteckten 
sich in der Streu, zeigten Verstopfung, Fieber, Gelbfärbung 
der sichtbaren Schleimhäute und der Sclera des Auges. Bei 
einem geschlachteten Schweine war die Leber stark geschwollen, 
lchmfarbig; am ganzen Körper zeigten sich icterischc Er¬ 
scheinungen. Nachdem die Schweine in letzter Zeit Treber 
als Futter bekommen hatten, waren sic bald darauf in der ge¬ 
nannten Weise erkrankt. Di cm liess mit der Treberfütterung 


Leuchtendes Fleisch. 

Von Städt. Bezirksthierarzt Schmidt in Kulmbach. 

(Wochenschrift für Thierhcilkunde und Viehzucht. 1898, No. 35.) 

Schmidt wurde von einem Viehhändler Fleisch einer 
2 Tage vorher geschlachteten Kalbin überbracht, welches die 
Eigenschaft besass, im Dunkeln zu leuchten. Der Nachweis 
der Lcuchtbakterien gelang unschwer. Ueber die Art der Ent¬ 
stehung der lnfection giebt Schmidt Folgendes an: »Der 
Ueberbringer benützte zum Aufbewahren des Fleisches seit 
längerer Zeit ein und dasselbe Schaff. Ein Reifen dieses 






No. <>o. 


DEUTSCHE THIER^ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


447 


Schaffes war ruinös geworden, weshalb das Schaff einem Böttcher 
zum Ausbessern übergeben wurde. Dieser ersetzte den ruinösen 
Reifen nicht durch einen neuen, sondern benützte einen noch 
gut erhaltenen Reifen eines schon gebrauchten Fasses, wie 
solche die Landesproducten- und Delikatessenhändler bei See¬ 
fischsendungen erhalten, und da die Rücksendung nicht der 
Mühe werth ist, um billigen Preis abgeben. Als der Reifen 
ersetzt war, erhielt der Händler das Schaff zurück, welches 
sofort wieder zum Aufbewahren von Fleischschnitten verwendet 
wurde. In der übernächsten Nacht wurde das Leuchten in 
prachtvollster Weise wahrgenommen. Im gegebenen Falle ist 
die Uebertragung der Photobakterien von dem neu ersetzten 
Reifen mit Sicherheit anzunehmen«. 


Der Schlacht* und Viehhof in Berlin. 

Der Magistrat von Berlin hat vor Kurzem den ersten Theil 
seines mit Abbildungen, Karten und Plänen reich ausgestatteten 
»Berichts über die Gemeinde-Verwaltung der Stadt Berlin in 
den Jahren 1889 bis 1895« (Karl Heymann’s Verlag, Berlin) 
veröffentlicht. Der stattliche Band enthält eine Fülle inter¬ 
essanter Mittheilungen und Berichte über die Entwickelung 
Berlins in der ersten Hälfte der 90 er Jahre. 

Für thierärztliche Kreise besonders interessant ist der Theil, 
welcher über die Einrichtungen für die Fleischbeschau unter¬ 
richtet. 

Der Versorgung der Bevölkerung Berlins mit Lebensmitteln 
dienen als öffentliche Einrichtungen der aus 60 massiven Ge¬ 
bäuden bestehende städtische Central-Vieh- und Schlachthof im 
Osten Berlins und 14 in den verschiedenen Stadttheilen ge¬ 
legene Markthallen. Seit der Eröffnung des Vieh- und Schlacht¬ 
hofes am 1. März 1881 hat der Verkehr auf demselben sehr 
bald eine solche Steigerung erfahren, dass Erweiterungen der 
Anlage nothwendig wurden. Den vorhandenen 10 Stallgebäuden 
für 3150 Rinder mussten 6 weitere für 1770 Rinder hinzugefügt 
werden; die Halle für 1800 Kälber erhielt Anbauten für weitere 
1000 Stück; eine Anstalt zum Einsalzen und Trocknen von 
Häuten wurde ebenfalls erbaut. Die vorgeschriebene strenge 
Isolirung der ausländischen Schweine erforderte einen Neubau 
für 2000 derselben. Der circa 34 Morgen grosse Bahnhof, 
obwohl bereits mit über I Million Mark zu Buch stehend, musste 
um 9 Geleise und um ein neues Stationsgebäude erweitert 
werden. Die vermehrten Schlachtungen machten den Neubau 
einer Kälber-, einer neuen Schweineschlachthalle und zweier 
grossen Schweineschlachtställe nothwendig. Für die Fleischschau 
wurden durch Aufbau auf einem Stallgebäude 8 Säle für Mikro- 
skopiker von mehr als 1000 qm Fläche hergestellt; die Albumin¬ 
fabrik musste durch Anbau erweitert werden. Schliesslich sah 
sich die Stadtverwaltung doch noch in die Nothwendigkeit ver¬ 
setzt, allgemein eine Vergrösserung des Schlachthofterrains in’s 
Auge zu fassen und dasselbe, welches bis dahin 8 ha umfasste 
(das Gesammtterrain des Vieh- und Schlachthofes betrug bis 
dahin 36,45 ha), im Jahre 1889 durch Ankauf einer angrenzen¬ 
den Fläche von 10,45 ha für I 554968 Mk. zu erweitern. Mit 
dieser Kaufsumme erhöhte sich das Anlagekapital von ursprüng¬ 
lich 12700000 Mk. auf 14277018 Mk. Ende März 1895 ist, 
nachdem inzwischen noch 4 neue Rinderställe gebaut worden 
sind, der Werth der Gesammtanlage für das städtische Grund- 
und Lagerbuch amtlich durch Commissare der städtischen Ver¬ 
waltung auf 14720040 Mk. geschätzt worden. Der im Sommer 
1895 begonnene Neubau des Schweineschlachthofes kostet 
ca. 4300000 Mk.; der Herstellungswerth der Gesammtanlage 
einschliesslich der Kosten des Baues der Vernichtungsanstalt 
für Fleischkonfiskatc steigt damit auf rund 21 Millionen Mark. 
Die 60 massiven Gebäude des Vieh- und Schlachthofes be¬ 
decken eine Grundfläche von etwa 52 Morgen oder 13 ha und 
sind mit 8 668 900 Mk. in der städtischen Feuersocietät ver¬ 
sichert, die Futtervorräthe ausserdem mit 180000 Mk , das 
Inventar mit 342000 Mk., die Vieh- und Fleischbestände mit 
2 Millionen Mark. Die Einnahmen der Verwaltung des städti¬ 
schen Vieh- und Schlachlhofs (Viehmarkt-Standgeld, Futter¬ 


umsatz, Schlacht-, Eisenbahngebühren u. s. w.) stellten sich im 
Jahre 1885/86 auf 2 273 462 Mk., 1894/95 bereits auf 3047993 Mk. 
Der Viehauftrieb betrug im Jahre 1894*95 : 211911 (wöchent¬ 
lich 4078) Rinder, 668503 (wöchentlich 12856) Schweine, 
142448 (wöchentlich 2739) Kälber, 651 326 (wöchentlich 12 525) 
Schafe. Der Werth des Gesammtauftriebes wird für 1894/95 
auf mehr als 134 Millionen Mark geschätzt. — Grunderwerbs-, 
Baukosten und Inventarwerth der 14 in den Jahren 1886 bis 
1893 eröffneten städtischen Markthallen betrugen Ende März 
1895 zusammen 27 975 776 Mk. Die Verwaltung der Markt¬ 
hallen erzielte im Jahre 1894/95 eine Gesammteinnahme von 
2 60g 084 Mk. und einen Ueberschuss der Einnahmen über die 
Ausgaben in Höhe von 195 164 Mk. Malkmus. 


Perlsuchtstatistik. 

Die amtlichen Erhebungen, welche seit 1888 im Gross¬ 
herzogthum Baden über das Vorkommen der Tuberculose bei 
geschlachtetem Rindvieh gepflogen werden, haben für den nun¬ 
mehr abgeschlossenen zehnjährigen Zeitraum von 1888 
bis 1898 das folgende Ergebniss geliefert: 

Die Zahl der geschlachteten — gewerbsmässig und noth- 
gcschlachteten — Rindviehstücke beträgt 2737140, darunter 

Kälber . 1 433 306, somit 

1-303 834 Stück 

ohne Kälber. 

Nach der Schlachtung wurden mit Tuberculose behaftet 
befunden 33245 Stück = 1,22 °/ (l . Darunter waren 
118 = 0,35 °/ 0 Kälber, 

5238 = 15,76 ü / 0 Rinder und Kalbinnen, 

21017= 63,22 °/ 0 Kühe, 

4262= 12,82 °/ 0 Ochsen und 

2610= 7,85 "/ 0 Farren. 

33 245 = 100,00 0 / 0 . 

Bei Ausserachtlassung der geschlachteten und der nach 
der Schlachtung tuberculös befundenen Kälber ergiebt sich 
eine Tuberculose-Ziffer von 33 127 Stück oder = 2,54 °/ 0 . 

Im Besonderen wurden von dem geschlachteten Rindvieh 


(ohne Kälber) tuberculös 
1888 = 

befunden: 

2 226 Stück 

= 1,60 °/ 

1889 = 

2 406 

>> 

= 1,77 „ 

1890 = 

2 143 

>> 

= L77 ,, 

1891 = 

2305 

n 

= L 99 „ 

1892 = 

2941 

n 

= 2,29 „ 

1893 = 

3 953 

n 

= 2,40 „ 

1894 = 

3 76i 

>» 

= 3,13 ,, 

1895 = 

4047 


— 3,65 „ 

1896 = 

4 220 

n 

= 3,38 „ 

1897 = 

5 125 

n 

= 3,56 „ 


1888 — 1897 = 33 127 Stück = 2,54 ü / 0 . 

Die Procentzahlen bestätigen die Annahme, dass die Tubercu¬ 
lose in langsamer, aber stetiger Zunahme begriffen sei. 
Von den 33 245 tuberculösen Schlachtthieren waren erkrankt 

nur äusserlich. 27 = 0,09 °/ 0 

ein Organ bei.21 144 = 63,61 „ 

mehrere Organe einer Körperhöhle bei 3489= 10,50,, 
mehrere Körperhöhlen bei ... 5850= 17,57 „ 

an allgem. Tuberculose .... 2735 = 8,23 „ 

Zusammen . . 32245 = 100,00 °/ 0 . 
Darunter zeigten auch 

Perlen im Fleisch. 530= 1,59 °/ 0 . 

Das Fleisch wurde erklärt 

als bankwürdig .... in 17410 Fällen = 52,37 °/ 0 

„ nicht bankwürdig . . „ 11232 „ = 33,79,, 

„ ungeniessbar. . . . „ 4603 » = 13,84 „ 

Zusammen 33245 Fälle = 100,00 °/ 0 . 
Von den geschlachteten 2 737 140 Rindviehstücken waren 
nothgeschlachtet = 7867 und bei diesen wurde die Krankheit 
am lebenden Thiere erkannt 


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44^ 


DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. io. Dezember. 


bestimmt. 

. in 2906 Fällen — 

38 

wahrscheinlich. 

• u 1623 „ — 

21 

muthmasslich. 

. „ 1003 „ = 

12 

nicht oder nicht angegeben 

• .. 2335 „ = 

29 


Zusammen 7867 Fälle = 100 "/o- 

Fehsenmeier. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Bismarck - Ehrung. 

Am 3. Dezember traten in Hamburg Delegirte aller 
deutschen Universitäten und Hochschulen zusammen, 
um sich über eine gemeinsam zu veranstaltende »Bismarck- 
Ehrung« schlüssig zu machen. Die Versammlung beschloss, 
am Todestage des Fürsten Bismarck alljährlich durch Delegirte 
aller Hochschulen einen Kranz am Sarge des Fürsten nieder¬ 
legen zu lassen. Ferner sollen volksthümlichc Wahrzeichen 
nationalen Dankes in Gestalt von »Bismarck-Denksteinen« auf 
weit sichtbaren und für grössere Feierlichkeiten geeigneten 
Plätzen, in erster Linie in der Nähe solcher Städte, in denen 
Universitäten, Polytechniken, Forst- oder landwirtschaftliche 
Akademien oder sonstige Hochschulen bestehen, errichtet 
werden. Zur Verwirklichung dieses Gedankens ergeht ein be¬ 
sonderer Aufruf an das deutsche Volk. Endlich wurde be¬ 
schlossen, den Sonnenwendtag eines jeden Jahres, den 21. Juni, 
als studentischen Bismarck-Gedenktag zu feiern. 


Thierärztliche Hochschule in Hannover. 

Dem Docenten Dr. Olt ist die von ihm bisher commissarisch 
versehene Stelle eines Lehrers für pathologische Anatomie de¬ 
finitiv übertragen worden. 


Veterinärinstitut der Universität Leipzig. 

Der Leiter des Veterinärinstituts an der Universität Leipzig, 
Hofrath Prof. Dr. Zürn, legt am 1. April n. J. wegen vor¬ 
gerückten Alters sein Amt nieder. An seine Stelle ist der 
Docent an der thierärztlichen Hochschule in Dresden, Dr. 
August Eber, zum ausserordentlichen Professor der Thier¬ 
heilkunde und Director des Veterinärinstituts ernannt worden. 
Die seit fast zwei Jahren von dem Veterinärinstitut getrennte 
Veterinärklinik wird vom gedachten Zeitpunkte an wieder mit 
diesem vereinigt werden. Für beide Institute ist ausserdem 
ein den Anforderungen der Neuzeit entsprechender Neubau in 
Aussicht genommen. 


Von der Rothlauf-Impfanstalt 

Um im nächsten Jahre Serumpräparat Lorenz in grösserer 
Menge liefern zu können, ist von der Landwirthschaftskammer 
für die Provinz Brandenburg am 1. Dezember d. J. in Dallmin 
bei Karstädt (Provinz Brandenburg) eine zweite Filiale der 
Rothlauf-Impfanstalt errichtet worden. Die zur Serumgewinnung 
nothwendigen Schweine werden aus den Zuchten Sr. Excellenz 
des Herrn Staatssekretär von Podbielski und des Herrn Ritterguts¬ 
besitzer von Winterfeld-Karwe gestellt. 

Diese zweite Filiale ist dem bisherigen Assistenten an der 
Hauptanstalt, Herrn Thierarzt Fr. Eggert, unterstellt worden. 
Die an der Hauptanstalt frei gewordene Assistcntenstellc ist 
Herrn Thierarzt Georg Moumalle-Idstein übertragen 
worden. 

Die eigentliche Darstellung des Serumpräparatcs sowie 
der Versand geschieht nach wie vor ausschliesslich von der 
Hauptanstalt zu Prenzlau aus. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Praktische Winke beim Fleischeinkauf. Die bankmässige 
Zerlegung unserer Schlachtthiere und die zweckmässige 
Verwerthung der einzelnen Theile in der bürgerlichen 
Küche. Mit einem Anhänge: Ueber die Zerlegung des 
Wildes. Mit 7 Figuren auf 4 Tafeln. Bearbeitet von 
G. Augst, Amtsthierarzt. Dresden und Leipzig, 
Alexander Köhler. 

Auf 18 Seiten erläutert Verf. die einzelnen Theile unserer Schlacht- 
thiere und diejenigen von Hirsch, Reh, Wildschwein. Hase und Kaninchen 
in Bezug auf die handwerksmässige Zerlegung und Benennung, sowie ihren 
culinarischen Werth. Das Verständniss filr letzteren bei den Fleischcon- 
sumenten zu erwecken, ist eine Hauptaufgabe des mit Liebe zur Sache und 
auf Grund praktischer Studien geschriebenen Werkchens, welches somit die¬ 
selben Zwecke verfolgt, wie das umfänglichere Werk von Hengst und 
Schmidt und die Tafeln von A. Tiebe u. A, 

Die Abbildungen sind trotz der Einfachheit instructiv, wenn es natürlich 
auch nicht ausbleiben kann, dass gewisse Bezeichnungen und Begrenzungen 
einzelner Fleischstfleke sich nicht überall mit den in Deutschland theilweise recht 
verschiedenen örtlichen Gebräuchen decken. Ist es doch selbst dem Deutschen 
Fleischer-Verbände trotz vieler Bemühungen noch nicht gelungen, in dieser Be¬ 
ziehung eine einheitliche Nomenclatur zu schaffen. Edelmann. 


Der Trichinenschauer, Leitfaden für den Unterricht in der 
Trichinenschau und für die mit der Controle und Nach¬ 
prüfung der Trichinenschauer beauftragten Veterinär - 
und Medicinalbeamten. Von Medicinalrath Professor 
Dr. med. h. c. et phil. A. Johne. Sechste, dureb- 
gesehene und verbesserte Auflage mit 125 Text¬ 
abbildungen. Verlagsbuchhandlung von Paul Parey, 
Berlin 1898. Preis 3 Mk. 50 Pfg. 

Innerhalb 12 Jahren hat Johne’s Trichinenschauer nicht weniger als 
6 Auflagen erlebt. Diese Thatsache spricht allein schon für die beifällige 
Aufnahme, welche das vorzügliche Werk gefunden hat. Mit einer muster¬ 
haften Gründlichkeit giebt das bewährte Buch Anleitung über die Diagnostik 
der Parasiten des Fleisches und die praktische Ausführung der Trichinen¬ 
schau. In einem Anhänge sind die gesetzlichen Vorschriften über die 
Trichinenschau in den einzelnen deutschen Staaten zusammengestellt. Der 
Verfasser hat das in den früheren Auflagen erprobte Gute des Werkchens, 
die klare und übersichüiche Bearbeitung des Stoffes, sowie die Hervorhebung 
des Wesentlichen durch grossen bezw. gesperrten und die Kennzeichnung 
des weniger Wichtigen durch kleinen Druck, auch die instructiven Abbildungen 
getreulich beibehalten. Die einschlägigen neueren Forschungsresultate sind 
allseitig berücksichtigt, ohne dass dadurch der Umfang des Buches erweitert 
wurde. _ 011. 


Personal-Nachrichten. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Docent Fr ick an der thierärzt¬ 
lichen Hochschule in Hannover wurde zum Professor, der prov. Lehrer 
Dr. Olt an der gleichnamigen Hochschule zum etatsmässigen Docenten, 
Docent Dr. Eber in Dresden zum ausserordentlichen Professor für Thier¬ 
heilkunde und Director des Veterinärinstituts der Universität Leipzig er¬ 
nannt. Schlachthofthierarzt Liebe in Giessen wurde zum Director des 
dortigen Schlachthofes, Thierarzt Ibscher in Berlin zum Schlachthof¬ 
inspector in Guhrau, Kreisveterinärarzt Trops in Worms nebenamtlich zum 
Verwalter des dortigen Schlachthofes, Thierarzt A. Braun von Stuttgart 
zum Assistenten an der Rothlaufserumanstalt in Landsberg a. W., Thierarzt 
M o u m a 11 e in Idstein zum Assistenten an der gleichnamigen Anstalt in 
Prenzlau, Thierarzt K. Kr afft in Stuttgart zum Assistenten am Veterinär¬ 
institut in Giessen ernannt. Die staatlich subventionirte Stelle in Nieder¬ 
moos erhielt Thierarzt A. Marggraff in Speyer. Verzogen sind die Thier¬ 
ärzte Stern von Stettin nach Schönbaum, Bol sing er von Schw. Gmünd 
nach Zell a. M., R. Weber von Annaberg (Sachsen) nach Fnlda als Assistent 
des Kreisthierarztes. 

Dr. Otto V o g e s, Assistent am Institut für Infectionskrankheiten in 
Berlin, geht zu Beginn des neuen Jahres, einem Rufe der argentinischen 
Regierung folgend, als Professor nach Buenos Aires und übernimmt dort die 
Stellung eines Chefs des bakteriologischen Instituts des Gesundheitsrathes. 

Die thierärztliche Fachprüfung haben in Berlin bestanden: 
Oskar Hemmerling aus Berlin, Fr. R e i m e r von Schleswig; in München: 
Anton Schaffer von Ruhmannsfelden, K. Schricker von Passau. 

Gestorben: Kreisthierarzt Berna in Colmar (Eisass). 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thierärztliche Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Mal km ns in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der Hacldef sehen Druckerei in Karlsruhe i. B. 



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Deutsche 


Thierärztliche Wochenschrift 


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Geheimer Regierungs- und Mediciualratb, 
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Dr. Lydtin, 

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Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 
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Die Deutsche Thierärztliche Wochenschrift erscheint jeden Sämmtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 

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M 51 . 


Ausgegeben am 17. Dezember. 


1898 . 


Ueber Hodensackbrüche. 

Von Amtsthierarzt A. Tapken in Varel. 

Hodensackbrüche kommen in Oldenburg bei Füllen recht 
oft vor. Sie sind angeboren, werden aber manchmal erst 
mehrere Wochen nach der Geburt bemerkt, wenn sich die 
Baucheingeweide stärker entwickelt haben und das junge Thier 
sich mehr Bewegung macht. Der Bruch ist in der Regel nur 
an einer Seite und häufiger links als rechts vorhanden. Er 
kann, bei etwa y —4 Monate alten Füllen reichlich die Grösse 
eines halben Mannskopfes erreichen. Nach meinen Beobach¬ 
tungen kommt es in sehr vielen, wenn nicht in den meisten 
Fällen zur spontanen Heilung, so dass, wenn die Thiere 
castrirt werden, was hier gewöhnlich geschieht, nachdem sie 
1 — i l li Jahr alt geworden sind, nichts mehr von einem Bruch 
zu bemerken ist. 

Krankheitserscheinungen pflegt der Hodensackbruch beim 
Füllen nicht hervorzurufen. Nur ein Mal habe ich eine Ein¬ 
klemmung beobachtet. Es handelte sich um ein 5 Monate altes 
Füllen, das schon wiederholt an leichteren Kolikanfallen gelitten 
hatte, die aber bald ohne Behandlung vorüber gegangen waren. 
Ein neuer Anfall hielt jedoch länger an und hatte, als ich das 
Füllen untersuchte, bereits mehrere Stunden bestanden. Das 
Thier zeigte mässige Kolikerscheinungen. Bei näherer Unter¬ 
suchung fand sich ein beiderseitiger Hodensackbruch. An der 
einen Seite Hess sich der Bruch leicht zurückschieben, an der 
anderen war er dagegen gespannt, unbeweglich und leicht 
schmerzhaft. Das Füllen wurde auf den Rücken gelegt. Erst 
nach längeren Bemühungen gelang es, durch sanftes Kneten 
und Drücken die eingeklemmten Eingeweide zu reponiren, 
worauf die Kolikerscheinungen sofort aufhörten. Einige Tage 
später stellte sich nach Mittheilung des Besitzers nochmals eine 
leichte Kolik ein. Der Bruch war wieder etwas gespannt, 
konnte aber vom Besitzer zurückgebracht werden. Das Füllen 
wurde darnach ruhig. 

Bei 4 Füllen mit Hodensackbruch habe ich die Castration 
ausfefiihrt. Das Füllen wird hierbei auf den Rücken und mit 
dem Hinterleib etwas erhöht gelegt, ein ergiebiger Hautschnitt 
gemacht und sodann die Scheidenhaut von der Tunica dartos 
so weit losgelöst, dass sich die Kluppe bequem und möglichst 
hoch über den von der Scheidenhaut bedeckten Samenstrang 
legen lässt (Castration ä testicule couvert). Ich verwende die 
gewöhnliche, gerade Kluppe mit Aetzmasse, die ich auch in 
gewöhnlichen Fällen zur Castration gebrauche. Warum es 
zweckmässig sein soll, die äussere Haut über die Kluppe zu 


ziehen, was von Stock fl eth und Möller geschehen ist, ver¬ 
mag ich nicht einzusehen. Die Scheidenhaut dürfte wohl ge¬ 
nügend Festigkeit zum Tragen der Kluppen besitzen. 1 ) 

Bei den beiden von mir zuletzt operirten Fällen wurden 
Scheidenhaut und Hoden nicht abgeschnitten. Diese Theile 
trocknen rasch ein und werden pergamentartig. Die Kluppen 
bleiben mindestens 8 Tage lang liegen. Nach etwa 12 bis 
14 Tagen würden sie übrigens wohl von selbst abfallen. 

Der zweite Hoden wird gleich mit entfernt. Ich castrire 
seit einigen Jahren mit bedecktem Testikel und lasse die 
Kluppen 2 Tage lang liegen. 

Das Füllen bleibt mindestens einige Stunden, höchstens 
2 Tage nach der Operation auf dem Stall und wird dann auf 
die Weide gebracht. Auch bei den gewöhnlichen Castrationen 
kommen die Füllen im Sommer häufig mit den Kluppen auf 
die Weide. 

In den erwähnten 3 Fällen von Hodensackbruch trat nach 
der Operation nur eine recht mässige Schwellung ein. Das 
Allgemeinbefinden der Thiere wurde nicht gestört und es er¬ 
folgte rasch Heilung. 

Ein Mal fand ich ganz unerwarteter Weise einen Hoden¬ 
sackbruch bei der Castration eines Füllens vor. Als das Thier 
am Boden lag und Anstrengungen machte, um sich zu befreien, 
trat die eine Hälfte des Skrotums auffallend stark hervor. Der 
Besitzer, der das Füllen aufgezogen hatte, erklärte auf das 
Bestimmteste, an dem Füllen sei nie ein Bruch bemerkt worden. 
Die Palpation des Hodensacks lieferte kein sicheres Ergebniss. 
Ich führte nun zunächst den Hautschnitt aus und machte so¬ 
dann eine kleine Oeffnung in die Scheidenhaut. Da nun eine 
ziemlich beträchtliche Menge Flüssigkeit zum Vorschein kam 
und sich der Hodensack verkleinerte, glaubte ich es mit Hydrocele 
zu thun zu haben und spaltete die Scheidenhaut weiter auf. 
Es kam darauf bei erneuter Unruhe des Pferdes plötzlich eine 
Darmschlinge zum Vorschein. Ich brachte diese zurück und 
führte vier Finger einer Hand in den Hodensack ein, um einen 
abermaligen Vorfall zu verhindern. 

Wenn ich nun in Folgendem noch das weitere Verfahren 
bei der Operation mittheile, so geschieht das selbstverständlich 
nicht für den erfahrenen Praktiker, sondern im Hinblick auf 
jüngere Collegen, von denen vielleicht der eine oder andere 
in solchem Fall, wo nicht derartige Hilfsmittel, wie z. B. in 

’) Anmerkung d. Red. Die von Stockfleth und Möller ange¬ 
gebene Methode ist doch berechtigt, da in manchen Fällen sonst die Scheiden¬ 
haut dicht über der Kluppe, zumal bei heftigem Drängen, abreisst und Ein- 
geweidevorfall entsteht. 


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den Operationshallen der thierärztlichen Hochschulen zur Ver¬ 
fügung stehen, leicht in Verlegenheit kommen kann. 

An Chloroformiren konnte nicht gedacht werden, da kein 
Chloroform — und kein sachverständiger Assistent — zur 
Hand war. In diesem Fall würden aber selbst wohl Anhänger 
desselben von seiner Anwendung abgesehen haben, weil es 
zunächst eine grössere Unruhe des Füllens bewirkt hätte, was 
unter den obwaltenden Umständen bedenklich gewesen wäre. 

Nachdem noch einige Personen herbeigeholt worden waren, 
Hess ich an jeder Seite des Pferdes, das auf einer Weide lag, 
etwa 3—4 m von einander entfernt, je einen Ackerwagen in 
der Längsrichtung hinschieben. Die Leitern der Ackerwagen 
an der dem Pferde zugekehrten Seite wurden festgebunden und 
von einem Wagen zum anderen ein starker Baum, ein sog. 
Bindebaum, gelegt und dieser gleichfalls befestigt. Das Pferd 
wurde nun auf den Rücken gelegt und in dieser Lage durch 
einen Strick, der um den Bindebaum geschlungen war, erhalten. 

Der Hoden wurde nun, nachdem ich mich überzeugt hatte, 
dass die Darmschlinge vollständig zurückgetreten war, aus dem 
Skrotum geholt, die Scheidenhaut etwas hervorgezogen und los¬ 
gelöst, die Kluppe angelegt und der Hoden entfernt. Nach¬ 
theilige Folgezustände stellten sich nicht ein. 

Ueber Hodensackbrüche beim Schaf finde ich in der 
Literatur nichts erwähnt. Ich habe vor längeren Jahren bei 
einem 4 Monate alten ostfriesischen Schafbock einen Hoden¬ 
sackbruch von so beträchtlicher Ausdehnung behandelt, dass 
das Skrotum beim stehenden Thier nahezu den Erdboden be¬ 
rührte. Das Allgemeinbefinden des Schafes war stets unge¬ 
stört gewesen. Bei Ausführung der Operation wurde das Thier 
hingelegt und ein Einschnitt in den Hodensack gemacht, um 
festzustellen, welcher Art sein Inhalt war. 

Es zeigten sich Darmschlingen, die, nachdem das Schaf 
auf den Rücken gelegt worden war, leicht reponirt werden 
konnten. Das ganze Skrotum wurde mit einer starken Schlinge 
abgebunden und ein paar Centimeter unterhalb der Ligatur 
abgeschnitten. Die Heilung erfolgte ohne Zwischenfall. 

Die Anlegung einer Ligatur direct auf die Scheidenhaut 
erschien mir nicht zweckmässig, da bei diesem Verfahren eine 
grössere Wundfläche als nach dem Abschnüren des ganzen 
Hodensacks zurückgeblieben wäre und Infectionsstoffe leichter 
hätten Eingang finden können.. Ueberdies würde die Ligatur 
früher durchgeschnitten haben, als eine genügend feste Ver¬ 
klebung eingetreten war. 

Beim Schwein findet sich der Hodensackbruch ausser¬ 
ordentlich häufig. Der Fehler ist in starkem Masse erblich. 
Es kann Vorkommen, dass 3 oder 4, oder selbst alle männ¬ 
lichen Ferkel eines Wurfes damit behaftet sind. Gewöhnlich 
wird der Hodensackbruch einige Tage nach der Geburt be¬ 
merkt; er vergrössert sich dann nach und nach und kann bei 
6 Wochen alten Ferkeln reichlich den Umfang einer Faust und 
mehr erreichen. Meistens ist der Bruch nur an einer Seite 
und weit häufiger links als rechts, seltener beiderseits vor¬ 
handen. 

Nach schriftlicher Mittheilung von Amtsthierarzt Dr.L. Greve 
in Oldenburg fand sich bei 86 von ihm operirten Ferkeln der 
Hodcnsackbruch 71 Mal links, 5 Mal rechts, 10 Mal doppel¬ 
seitig. 

Spontane Heilungen habe ich bei Schweinen nicht be¬ 
obachtet. Die Thiere werden übrigens in der Regel im Alter 
von etwa 4—8 Wochen castrirt und es ist anzunehmen, dass, 
wenn das nicht geschähe, mitunter auch ein Verschwinden des 
Bruches ohne Operation eintreten würde. 

Die Operation wird in bekannter Weise mittelst Abbinden 
der Scheidenhaut ausgeführt. Möller 1 ) empfiehlt, die Bruch¬ 
ferkel einige Tage hindurch mager zu füttern und 10 bis 
12 Stunden vor der Operation fasten zu lassen. Ein solches 
Verfahren ist wohl nicht ohne Vortheil, indessen in der Praxis 
schwer durchführbar, da die Ferkel entweder noch beim 
Mutterthier saugen oder mit anderen Schweinen zusammen 
gefüttert werden. Die Heftung der äusseren Haut, welche 

*) Möller: Chirurgie, S. 330. 


17. Dezember. 


Stock fl eth vornimmt, oder die Anlegung einer Entspannungs¬ 
naht, die Ger lach 1 ) empfiehlt, würde die Operation in der 
Praxis zu umständlich machen. Todesfälle nach der Castration 
von Bruchferkeln sind auch bei einfachstem Verfahren äusserst 
selten. 

Um ein dauerndes Verschwinden des Bruches zu erzielen, 
ist es selbstverständlich erforderlich, die Scheidenhaut weit 
nach oben hin loszulösen und die Ligatur hoch anzulcgen. 
In Beginn meiner Praxis habe ich öfters mit Catgut unter¬ 
bunden, kann dieses jedoch zu diesem Zweck nicht empfehlen, 
da das glatte Material leicht abgleitet. Ich benütze jetzt nur 
noch einen gewöhnlichen dünnen Bindfaden als Ligatur. 

In der Regel kommt es nach der Operation zu dauernder 
Heilung. Oefters zeigt sich allerdings in der Leistengegend 
zunächst noch eine kleinere Bruchgeschwulst, die aber mit der 
Zeit zu verschwinden pflegt. In selteneren Fällen bildet sich 
noch nach Wochen oder Monaten von Neuem ein Bruch aus. 
Ein solcher kann bei etwa 3 bis 6 Monaten alten Schweinen 
aber auch entstehen, ohne dass bei der Castration irgend etwas 
Abnormes bemerkt worden ist. Diese Brüche bleiben gewöhn¬ 
lich nur klein, sie klemmen sich aber leicht ein. Die all¬ 
gemeinen Erscheinungen sind dabei wenig charakteristisch. Die 
Futteraufnahme verringert sich zwar, hört aber in den ersten 
Tagen nicht auf. Kolikartige Erscheinungen habe ich nie wahr¬ 
genommen. In allen von mir beobachteten Fällen war meine 
Hilfe erst in Anspruch genommen worden, nachdem Brand ein¬ 
getreten war und in Folge dessen zur Schlachtung geschritten 
werden musste. 

Massenerkrankung von Hühnern durch die 
Luftsackmilbe. 

Von Thierarzt Schiel in Wandsbeck. 

Seitdem die Anzeigepflicht für die Geflügelcholera ein¬ 
geführt ist, finden die Massenkrankheiten bei Hühnern sowohl 
bei den Besitzern, als auch bei den Thierärzten eine grössere 
Beachtung; es dürfte deshalb auch eine auf dem Hühnerhofe 
eines Bahnschaffncrs in Wandsbeck von mir beobachtete seuchen¬ 
artige Erkrankung von Hühnern von Interesse sein. 

Seit ca. 6 Wochen waren unter dem Bestände von etwa 
20 Hühnern einige Küken verendet, die übrigen waren mehr 
oder weniger hochgradig krank, während die älteren Hühner 
zwar mager, aber sonst gesund schienen. 

Von Krankheitserscheinungen zeigten einige Thiere bei 
guter, fast gieriger Fresslust starke Abmagerung und struppiges 
Gefieder. Andere Thiere waren ausserdem matt und kauerten 
in einer Ecke des Stalles. Die am schwersten erkrankten lagen 
auf einer Seite und hatten starke Athemnoth. Die Dauer der 
Krankheit am einzelnen Thiere betrug ca. 14 Tage bis 3 Wochen. 
Die letzten 3—4 Tage vor dem Tode lagen die Küken still 
auf einer Seite, die Beine von sich gestreckt und bekundeten 
nur durch das Aufsperren des Schnabels bei jedem Athem- 
zuge, dass sie noch lebten. Ein eigenartiger Ton, wie Zürn 
erwähnt, wurde bei der Athmung nicht gehört. 

Was den Verlauf der Erkrankung unter dem Bestände 
anbetrifft, so ist zu bemerken, dass in einem Zeitraum von 
etwa 3 Monaten sämmtliche im Frühjahre geborenen Küken 
im Alter von 6 Wochen bis 4 Monaten starben, während die 
I Jahr und darüber alten Hühner, wie schon gesagt, nicht sichtbar 
erkrankten. Bei der Section war skeletartige Abmagerung des Ca- 
davers die in die Augen fallendste Veränderung. An den Organen, 
von denen besonders Luftröhre und Lunge beachtet wurden, 
fand sich keine Spur, welche einen Schluss auf die Art der 
Krankheit erlaubten. Dagegen waren die Wandungen der Luft¬ 
säcke dicht besäet mit hirsekorngrossen, linsenförmigen weissen 
Pünktchen. Bei der Untersuchung mit der Loupe konnte an 
diesen Gebilden keine Struktur erkannt werden. Erst als die 
kleinen Gebilde auf einem Objectträger mit Hilfe eines zweiten 
Objectträgers etwas zerdrückt waren, konnte man unter dem 

l ) Gerlach: Gurlt n. Hertwig, XX, S. 307. 


DEUTSCHE THIERvEKZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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No. 51. 


DEUTSCHE THIER^SRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Mikroskope deutlich mehrere Milben erkennen. Eine genauere 
Untersuchung ergab, dass es sich um die Luitsackmilbe Cyto- 
leichus sarcoptoides handelte. Da andere Veränderungen bei 
den gestorbenen Küken nicht gefunden wurden, steht es ausser 
Zweifel, dass durch die Invasion der Milben die jungen Thierchen 
allmälig bis zum Tode entkräftet wurden 

Zur Tilgung wurde vorgeschlagen und durchgeführt: Ab¬ 
schlachtung der übrig gebliebenen, älteren Hühner, Verbrennen 
fauler Holztheile des Stalles, Abwaschen und Kalkanstrich der 
Stallwände. Abtragen einer handhohen Erdschicht des kleinen 
Hofes mit nachträglichem Sandaufstreuen. 

Die Erkrankung ist im Oktober 1897 beobachtet worden. 
Im Laufe des Winters wurden dann neue Hühner angeschafTt, 
deren Küken nicht wieder befallen sind. 


Referate. 

Untersuchungen über die Arthritis purulenta traumatica 

des Pferdes. 

Von Bossi. 

(II nuovo Ercolani, 1858, S. 231.) 

Die traumatischen Gelenkentzündungen sind beim Pferde 
nicht selten. Ihr Ausgang ist recht häufig Eiterung und Tod. 
B. suchte die Beziehungen der Eitererreger zu diesem Leiden 
festzustellen. Im Allgemeinen hat er gefunden, dass die heftigen 
acuten Gelenkentzündungen, welche mit Eiterung verbunden 
sind, durch den Staphylococcus pyogenes aureus, selten in Ge¬ 
meinschaft mit dem St. pyog. albus bedingt werden. Hierbei 
wird sehr oft Septicämie als Ausgang beobachtet, sehr selten 
kommt es zu Pyämie. Dagegen ist die Arthritis purulenta mit 
subacutem Verlauf der Regel nach durch Streptococcus pyo¬ 
genes verursacht Diese Form führt meist zu langsamen 
Eiterungen in den Lymphgefässen und Lymphdrüsen. Im Gegen¬ 
satz zum Pferde, bei dem die Eitererreger in den Gelenken 
sehr heftige Processe anregen, stehen Esel und Maulthier, die 
eine verhältnissmässig hohe Widerstandsfähigkeit der Gelenke 
gegen die genannten Erreger besitzen. 

Die anatomischen Veränderungen und der bakteriologische 
Befund in den nachfolgenden Fällen gestaltete sich folgender- 
massen: 

Ein s / 4 -Blutpferd hatte sich am rechten Ellenbogengelenk 
eine kleine Gelenkwunde zugezogen. Trotz aller Behandlung 
wurde die Schlachtung nöthig. In der Nachbarschaft des Ge¬ 
lenkes bestand kräftige Infiltration. Die Gelenkkapsel war auf 
das Doppelte verdickt. Sie enthielt eine geringe Menge Eiter, 
war mit kleinen Zotten und stellenweise mit Granulation besetzt. 
Der Gelenkknorpel war in grösserem Umfange abgestossen und 
selbst die Knochenenden angefressen. Die Gelenkenden zeigten 
leichte Exostosen am Rande. Im Eiter fand sich Staphylo¬ 
coccus pyogenes aureus, dagegen fehlte derselbe im Herzblut, 
Leber, Milz. 

Ein Rennpferd hatte sich eine schwere Verwundung an 
der Vorderfläche der Vorderfusswurzel zugezogen. Die Be¬ 
handlung blieb erfolglos und das Pferd wurde getödtet. Die 
Veränderungen am Gelenk glichen denen des vorhergehenden 
Falles, jedoch waren die Knochenenden stärker nekrotisirt bezw. 
stark mit Granulation besetzt. Im Eiter des Gelenkes wurde 
Streptococcus pyogenes nachgewiesen. Letzteres gelang nicht 
bei Untersuchung des Blutes und der grossen Parenchyme. 

$ei einem am 18. Behandlungstage getödteten Fohlen, das 
an eitriger Kniegelenksentzündung litt, fand sich Staphylococcus 
pyogenes aureus im Gelenkeiter. Hier bestand umfangreiche 
Nekrose der Gelenkenden, dagegen nur geringfügige Exostosen¬ 
bildung. 

An dem Sprunggelenk eines an eitriger Sprunggelenks¬ 
entzündung erkrankten Pferdes fand sich eine bedeutende eitrige 
Infiltration des periarticulären Gewebes. Die Gelenkkapsel war 
beträchtlich verdickt und mit Granulationen besetzt. Die 


Knochen waren tief erodirt. In dem Eiter war Staphylococcus 
pyogenes aureus in hochvirulentem Zustande enthalten. 

Ein Pferd starb an Septicämie in Folge einer durch Riss¬ 
wunde entstandenen eitrigen Gelenkentzündung. Die Obduction 
lieferte die Veränderungen der Septicämie. Aus der Milz und 
dem Blute Hess sich Staphylococcus pyogenes aureus in Rein- 
cultur züchten. 

B. hat viele Fälle von eitriger Gelenkentzündung bakterio¬ 
logisch untersucht und folgende Resultate erhalten: 

19 Mal fand sich Streptococcus pyogenes, 

3 ,, ,, „ Staphylococcus pyog. aureus, 

4 >» u >> »> >> albus, 

3 „ „ „ „ » .» und St. pyog. aureus, 

5 „ „ ,, Staph. pyogen, albus und Strept. pyog., 

3 „ „ ,, Streptoc. pyog. und Bact. coli commune. 

B. hat dann experimentell die Frage beantwortet: Ob die 
Eitererreger allein im Stande sind, eine eitrige Gelenkentzündung 
zu erzeugen, oder ob dazu eine Verwundung der Gelenkkapsel 
erforderlich ist. Er impfte bei drei Eseln in die Tibioastragal- 
gelenke Theile einer hochvirulenten Reincultur von Strepto¬ 
coccus pyogenes mit folgenden Modificationen: 

In vier Gelenke wurde vermittelst feiner Pravaz’scher 
Nadel Ä / 10 , 4 / 10 , 3 / 10 , 2 / 10 ccm Cultur eingespritzt. In die beiden 
anderen Gelenke wurde a /i o bezw. 2 / 10 ccm des Streptoc. pyog. 
mit einer dicken und schneidenden Canüle eingebracht. Mit 
letzterer wurde die Synovialis mehrfach und in einem Falle 
auch der Gelenkknorpel verletzt. 

Die mit 2 / 10 , 3 /, 0 , 4 / 10 ccm geimpften Gelenke waren 
48 Stunden lang warm und geschwollen, dann verschwand aber 
Alles. An dem mit 5 / I0 ccm geimpften Gelenke setzte eine 
schwere eitrige Gelenkentzündung ein, ebenso an den gleich¬ 
zeitig verletzten und geimpften beiden Gelenken. 

Aus seinen Impfversuchen sowohl mit Staphyloc. pyog. 
aureus, als auch mit Streptoc. pyog. zieht B. den Schluss, dass 
beim Pferd und Esel eine eitrige Gelenkentzündung mit all 
ihren Folgen stets entsteht, wenn die Infection eine heftige ist, 
d. h. mindestens i—2 ccm Culturflüssigkeit. 

B. hat die anatomischen Läsionen, welche einer Gelenk¬ 
wunde folgen, eingehend studirt vom ersten Tage der Ver¬ 
letzung an und macht darüber hochinteressante Angaben. 

24 Stunden nach Entstehung einer 2 cm langen linearen 
Wunde des Tibioastragalgelenkes, die gleichzeitig inficirt war, 
war eine periarticuläre Anschwellung von wechselnder Grösse 
vorhanden. Diese war stets heiss und ziemlich schmerzhaft. 
Die Secretion von Synovia war verstärkt. Letztere enthielt 
zahlreiche Leukocyten, Endothelien und Eitererreger. Die 
Kapsel in der Nachbarschaft der Wunde war stark infiltrirt 
und geröthet. Die Innenfläche der Synovialis, sowie der Gelenk¬ 
knorpel erschien fleckig geröthet. Am Knorpel machte sich 
diese Röthung am meisten an denjenigen Stellen bemerkbar, 
wo Ueberreste alter Gelenkserkrankungen bereits bestanden 
hatten. Letztere zeigten sich als Abschleifungen, Erosionen, 
Umwandlung in Bindegewebe von Seiten des Knorpels. 

’ Nach 48 Stunden war makroskopisch nur eine stärkere 
periarticuläre Schwellung festzustellen. Die Synovia enthielt 
mehr Leukocyten. 

Am 3. und 4. Tage war die Synovialis nach der Gelenk¬ 
höhle zu aufgelockert und mit zahlreichen, wenige Millimeter 
messenden prominenten Erhöhungen besetzt, die einer hyper- 
ämischen Dünndarmschleimhaut ähneln. Die Synovia hat an 
Menge und Dichtigkeit zugenommen durch stärkeren Gehalt 
an Leukocyten. Der Gelenkknorpel ist stellenweise deutlich 
geröthet, an anderen Stellen trüb. Bei schwacher Vergrösserung 
und durch Befühlen kann man kleine Erosionen und Knorpel¬ 
blättchen nachweisen. 

Am 7. und 8. Tage ist der Knorpelüberzug derartig ver¬ 
dünnt, dass die Knochen stellenweise fast bloss liegen, auch 
beginnt bereits hier und da Knochennekrose. In dieser Pe¬ 
riode sind die Veränderungen nicht auf das Tibioastragalgelenk 
beschränkt, sondern auch die straffen Gelenke des Sprung¬ 
gelenks sind bereits ergriffen. B. sucht den Grund hierfür in 


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DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


17. Dezember. 


alten Processen in diesen Gelenken, da erfahrungsgemäss an 
solchen Stellen die eitrigen Processe zuerst einsetzen. In der 
Nachbarschaft des Gelenkes finden sich zu dieser Zeit bereits 
Knochenneubildungen. Die Innenfläche der Gelenkkapsel ist 
stellenweise mit Granulationsgewebe besetzt, das jedoch nicht 
üppig wuchert, wie bei der Arthritis fungosa. 

B. hat aus seinen Untersuchungen als Ergebniss gefunden, 
dass bei acutem Verlauf der Arthritis purulenta neben den Ver¬ 
änderungen an Knorpel, Gelenkkapsel vor allen Dingen Osteo¬ 
porose der Knochen gefunden wird. Dagegen treten bei mehr 
chronischem Verlauf am Knochen mehr Knochenneubildung 
(Osteosclerose) auf. 

Die histologischen Veränderungen bei der traumatischen 
eitrigen Arthritis bestehen zunächst in einer heftigen Hyper¬ 
ämie der Gefässe in der Synovialis. Dieselbe führt zur In¬ 
filtration der letzteren und zu vermehrter Absonderung von 
Synovia. Nach 24—48 Stunden ist das Endothel der Synovialis 
an den beetförmig erhabenen Stellen abgestossen. Diese Stelleri 
sind mit Leukocyten und Exsudat infiltrirt. In dem Binde¬ 
gewebe finden sich zahlreiche Leukocythen, die Capillaren da¬ 
selbst sind erweitert, ihre Endothelien gequollen. Das Inter- 
stitialgewebe tritt ganz in den Hintergrund, die Interstitien sind 
mit Serum gefüllt, im Uebrigen sind viele grosse Zellen vor¬ 
handen. Die Endothelzellen sind an den Stellen, wo sie ab* 
gestossen werden, fettig degencrirt und mit Exsudat bedeckt. 
Die Kerne besitzen kein Chromatin mehr und zeigen Vacuolen. 
Bei der Färbung nach Gram zeigen sich in dem die Endo¬ 
thelien bedeckenden Exsudat zahlreiche Eitererreger in Zoogloea- 
form. Nach B.’s Ansicht sind die Mikroorganismen die Ursache 
für das Absterben der Endothelien. Durch die so entstandenen 
Lücken dringen dann die Eitererreger in das subendotheliale 
Bindegewebe und bedingen dort eine eitrige Entzündung. Letz 1 - 
tere breitet sich jedoch nicht weit aus in der Nachbarschaft 
des Gelenkes. Der Charakter des Processes ist vorwiegend 
ein productiver und an der Production sind hauptsächlich die 
Endothelien der Synovialisoberfläche und im subendothelialen 
Bindegewebe betheiligt. Niemals, selbst bei vorgeschrittener' 
Erkrankung konnte B. Granulation, wie bei der Arthritis fun¬ 
gosa, feststellen. 

War der Staphylococcus pyog. die Ursache der Gelenk¬ 
entzündung, so könnte der specifische Process nicht nur in 
den Lymphspalten der Gelenkkapsel, sondern auch in dem 
periarticulären Gewebe nachgewiesen werden. Daselbst war 
dann Abscessbildung vorhanden. Bei Staphylococcus pyog. 
kommt dieses Letztere höchst selten vor. 

Bemerkenswerth ist die auffällige Widerstandsfähigkeit des 
Endothels gegen die Wirkung der Mikroben. Selbst in schweren, 
mehrere Tage alten Fällen, die sogar zum Tode geführt haben, 
ist die Synovialis in weitem Umfange von Endothel bedeckt. 
Es macht sich sogar eine kräftige Wucherung desselben, aus¬ 
gehend von den unter ihm gelegenen Keimzellen, bemerkbar. 

Die Wucherung des subendothelialen Bindegewebes führt 
zur Zottenbildung. Die Zotten erlangen jedoch keine beträcht¬ 
liche Länge. Dieselben unterscheiden sich von den alten, aus 
früheren Processen herrührenden Zotten durch ihr junges, zell¬ 
reiches Bindegewebe und den reichen Gefässgehalt. Im Gegen¬ 
satz hierzu bestehen die alten Zotten aus straffem, gefäss- 
armera Bindegewebe, das oft Knorpelelemente, sowie Kalk¬ 
ablagerungen und Zerfallsherde enthält. 

Die Umfangsvermehrung der Synovialis und des peri¬ 
articulären Gewebes ist bedingt durch Infiltration mit Exsudat 
und Neubildung der Bindegewebszellen. 

Da B. sich durch die Veränderungen an den Weichtheilen 
die Schwere der Erkrankung nicht erklären konnte, so unter¬ 
suchte er eingehend die Knorpel und die Knochenenden des 
Gelenkes. Bereits zu einer Zeit, wo noch keine makroskopischen 
Läsionen am Gelenkknorpel zu sehen waren, konnte an den 
unter dem Knorpel gelegenen Haversi'sehen Canälen stärkere 
Füllung der Gefässe, Randstellung und Emigration der Leuko¬ 
cyten festgestellt werden. Bei der Untersuchung umfangreicherer 
Stellen des Knorpels fand sich stellenweise Nekrose, wahr¬ 


scheinlich als Folge der Einwirkung der Mikroorganismen. 
Dadurch entstehen winzige Erosionen und Zusammenhangs¬ 
trennungen, die nach der Tiefe zu an Ausdehnung gewinnen 
und den Weg angeben, auf welchem die Eitererreger an den 
Knochen gelangen. 

An denjenigen Stellen, wo in Folge alter Processe der 
Gelenkknorpel in Bindegewebe umgewandelt ist, findet sich 
dieses mit Leukocyten infiltrirt. In den darunter gelegenen 
Haversi’schen Canälen sind die Gefässe ebenfalls vollgepfropft 
mit Leukocyten und thrombosirt. Auch das wenige peri- 
vasculäre Bindegewebe in den Haversi’schen Canälen enthält 
Fibrin und Hämatinkryställe B. glaubt, dass diese Thrombose 
weniger die Wirkung der Mikroorganismen, als die Folge da¬ 
von ist, dass die Gewebe sich nicht ausdehnen können. Die 
Folge dieser Thrombose ist Nekrose des Knochens, die offen¬ 
bar durch die Wirkung der Bakterien befördert wird. Während 
diese Vorgänge sich in den dicht unter dem Gelenkknorpel 
gelegenen Knochenpartien abspielen, findet in den tiefer ge¬ 
legenen Haversi’schen Canälen eine Neubildung von Granulations¬ 
gewebe, Markzellcn und Osteoklasten statt. Durch die Wir¬ 
kung dieser Processe werden die oben erwähnten nekrotischen 
Knochenmassen demarkirt und eliminirt. Auch an anderen 
Theilen der afficirten Knochen werden Hyperämie und An¬ 
sammlung von Leukocyten gefunden. Letzteres ist namentlich 
im Knochenmark der Fall. Die Folge der Granulationsbildung 
und der Thätigkeit von Leukocyten und Osteoklasten ist, dass 
der Knochen vor allen Dingen in der Nachbarschaft der primär 
erkrankten Theile poröser ist. Diese Porosität entsteht aber 
stets auf Kosten der bereits vorhandenen Knochensubstanz. 
Im Gegensatz hierzu wird der Knochen im Bereich der Gelenk¬ 
enden bei chronischem Verlauf (selbst bei chronisch-eitrigen 
Arthriten) nicht poröser, sondern durch die Thätigkeit der 
Osteoblasten, welche die Haversi’schen Canäle in langen Zell¬ 
strängen anfüllen, dichter und fester auf Kosten des Binde¬ 
gewebes in genannten Canälen. 

Die an den marginalen Theilen eines Gelenkes, welches 
eitrig erkrankt ist, auftretenden Knochenneubildungen sind zwar 
das Product einer Periostitis, d. h. einer Wucherung der Osteo¬ 
blastenschicht desselben, jedoch sind an diesen Knochen¬ 
neubildungen auch die in den Randpartien des Knochens ent¬ 
haltenen Osteoblasten kräftig betheiligt. 

Ueber die bei der Ausheilung einer Arthritis purulenta 
ablaufenden Processe konnte B. wegen Mangels an einschlägigem 
Material keine histologischen Untersuchungen anstellen. Er be¬ 
hauptet, dass eine Heilung mit Functionsfähigkeit des Gelenkes 
nur bei eitrigen Gelenkentzündungen mit langsamem Verlauf 
vorkomme. Daneben ist ein nicht seltener Ausgang die Anky¬ 
lose des Gelenks. 

B. schliesst aus den Untersuchungen: 

1. Die Infection des Knochens geht meist von den Stellen 
des Gelenkknorpels aus, wo alte Reste früherer Erkrankungen 
bestehen. 

2. Bestehen solche alten Defecte nicht, dann werden durch 
die Infection zunächst am Gelenkknorpel Nekrose und Zu¬ 
sammenhangstrennungen geschaffen, und diese bilden Eintritts¬ 
pforten für die Mikroben. 

3. Auf jeden Fall kriecht die Infection in die in den 
Haversi’schen Canälen befindlichen Weichtheile und erzeugt 
dort Thrombose der Gefässe, Nekrose des Knochens und des 
ihn bedeckenden Knorpels, sowie eine Osteomyelitis, welche 
die Elimination der Knochenfragmente und die Reparation der 
Defecte besorgt. 

4. Aus diesen Knochenläsionen erklärt sich die Schwere 
der eitrigen Gelenkentzündungen und die Aussichtslosigkeit einer 
antiseptischen Berieselung der Gelenkflächen. 

5. Der Ausgang ganz acuter eitriger Gelenkentzündungen 
ist Osteoporose, während bei den langsamer verlaufenden oder 
gar chronischen Osteosclerose zu Stande kommt. 

Friclc. 


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DEUTSCHE THIER.ERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


453 


No. 51. 

Alter Bruch des Radius beim Pferde. 

Von Bezirksthierarzt Dr. Röder. 

(Bericht über diu Veterinärwesen im Königreich Sachsen.) 

Ein neu gekauftes, altes Pferd, welches eine bedeutende, 
angeblich in Folge eines Schlages entstandene Anschwellung 
am rechten Vorderknie bis hinauf zum halben Radius zeigte, 
wurde zu langsamem Botenfuhrwerke verwendet. Es ging 
während der nächsten fünf Tage nach dem Kaufe insgesammt 
gegen 80 km. Am fünften Tage wurde das Pferd auf ebener 
Strasse auf dem kranken Beine so lahm, dass es nicht 
mehr von der Stelle zu bringen war. Das Bein war ge¬ 
brochen. Das Pferd wurde geschlachtet. Bei der Section 
wurde festgestellt, dass der Radius an der unteren Epiphyse 
quer durchgebrochen war. Die Knochen- beziehentlich Bruch¬ 
enden waren wie abgeschliffen. Scharfe Ränder fanden sich 
gar nicht mehr vor. Die schwammige Knochensubstanz hatte 
eine schwarzrothe Farbe und sah aus wie zermalmt. Die Ge¬ 
schwulst um den Knochen herum war von allen Seiten nahezu 
gleichmässig 10 cm dick und hatte ein speckig-sulziges Aus¬ 
sehen. Offenbar sind die Bruchenden durch den Antagonismus 
der Muskeln bezw. der Sehnen und durch die Entzündungs¬ 
geschwulst auf einander gehalten worden, bis schliesslich die 
Bruchenden in Folge des glatten Abschliffes von einander ab¬ 
glitten. M a 1 k m u s. 

Eichelstein und Blasenzerreissung beim Pferde. 

(Stat. Vet.-Ber. über die preuss. Armee für 1897.) 

Ein Dienstpferd ist wegen Lahmheit in den Stall gebracht. 
Daselbst ist es zusammengestürzt und zeigt folgende Er¬ 
scheinungen: Liegen auf der rechten Seite, Körper mit Aus¬ 
nahme der Hinterhand mit Schweiss bedeckt, lautes Stöhnen, 
Umsehen nach dem Hinterleib, zeitweise heftiges Drängen auf 
den Mastdarm, periodische Muskelkrämpfe und Zähneknirschen, 
abwechselnd mit Lähmungserscheinungen. Athmung oberfläch¬ 
lich, 40 pro Minute, Schleimhäute schmutzig dunkelroth, Sen¬ 
sibilität überall vorhanden, Peristaltik aufgehoben; Versuche, 
den Patienten aufzurichten, scheitern, er kann sich nicht stehend 
erhalten. Bei der Untersuchung per anum ist der Mastdarm 
fast leer. Harnblase prall gefüllt, sehr schmerzhaft. Patient 
erhält 0,5 Morph, hydrochlor., ferner soll der Blasenstich per 
rectum ausgeführt werden. Bevor dies erfolgt, drängt das 
Pferd heftig, so dass die Blase berstet. Die weitere Unter¬ 
suchung weist in der die Eichel umgebenden Vorhautduplicatur 
ca. 150 g Vorhauttalg nach, der angeblich die Harnröhre com- 
primirte und den Harnabfluss verhinderte. Das Pferd ging am 
anderen Morgen zu Grunde und die Obduction ergab: Blasen- 
zerreissung. (Ref. kann nicht verhehlen, dass der Symptomen- 
complex ausserordentliche Aehnlichkeit mit dem bei Thrombose 
der Beckengefasse bezw. Aorta zeigt. Die Füllung der Blase 
würde auch zu diesem Leiden passen. Leider fehlen Angaben 
über die Beschaffenheit der in Frage kommenden Gefasse.) 

F r i c k. 

Arseniksaures Strychnin. 

Von Thierarzt Geudens in Westerloo. 

(L’£cho veterinaire. Juin 1898.) 

Verfasser hat sich in letzter Zeit in Gemeinschaft mit ver¬ 
schiedenen belgischen Collegen viel mit der Wirkung und Dosen¬ 
bestimmung einiger neuestens besonders auch in Frankreich 
viel empfohlener Alkaloide beschäftigt, welche noch wenig bei 
den Hausthieren geprüft worden sind, aber mehr Anwendung 
verdienen, als es bis jetzt der Fall gewesen ist. Aus diesen 
Gründen will er auch nicht mit seinen seither gemachten Be¬ 
obachtungen und Erfahrungen hinter dem Berge halten, sondern 
sie bekannt geben, um einestheils eine Discussion dieser eigen- 
thümlichen (besonders von Burggraeve aufgestellten) Be¬ 
handlungsweise zu veranlassen, andererseits die Thierärzte zu 
diesbezüglichen Versuchen aufzufordern. Seine Erfolge stimmen 


mit denen durch eine Anzahl anderer Praktiker gewonnenen 
überein. 

Um das arseniksaure Strychnin handelt es sich in 
erster Linie und ist dasselbe bis jetzt wegen seiner prononcirten, 
hauptsächlich auf das Rückenmark gerichteten Wirkungen mehr 
nur bei paralytischen Zuständen gebraucht worden. Die übrigen 
sich im Nervensystem bemcrklich machenden Strychnineffecte, 
die gleichfalls mit grosser Zuverlässigkeit hervortreten und 
namentlich in einer starken Erregung des vasomotorischen und 
respiratorischen Centrums bestehen, haben noch wenig (in 
Deutschland fast gar nicht) Beachtung in der thierärztlichen 
Praxis gefunden, trotzdem sie von hohem Werthe sein können, 
vornehmlich aber, wenn Strychnin mit andern ähnlich sicher 
wirkenden Alkaloiden combinirt wird. Insbesondere ist es 
die anregende, belebende Action, welche das Mittel so 
schätzbar macht, wo es gilt, die in Unordnung gerathene In¬ 
nervation wieder herzustellen, die Thätigkeit in den Nerven- 
centren zu reguliren, gestörte Sensibilität zu corrigiren. 
Schon beim einfachsten Fieber geht es nicht ohne nervöse 
Ueberreizung mit nachfolgender Schwächung ab und ist dasselbe 
der Fall im Verlauf einer grossen Reihe anderer Krankheits¬ 
zustände, auch wenn dabei nicht direct das Nervensystem be¬ 
troffen ist. Am meisten bemerkt man den günstigen Einfluss 
bei jener Abschwächung der Nervenzellen, welche die Recon- 
valesccnz hindert und kann hier mit Strychnin ausserordentlich 
genützt werden, das Arseniat desselben ist dabei für das Nerven¬ 
system genau das, was für das Blutleben Eisen ist Es trägt 
wesentlich zur Erhaltung der zelligen Elemente der Nerven bei, 
ernährt sie gleichsam, indem Ersparnisse beim Stoffumsatz 
während der Krankheit gemacht werden und schützt es so vor 
Verlusten organischer Substanz und Entartung derselben nament¬ 
lich in den Ganglien. Dazu kommt die kräftige Erregung des 
vasomotorischen Systems und erfährt dabei der Blutdruck 
eine so erwünschte Steigerung, wodurch es nicht ausbleiben 
kann, dass nicht bloss die Assimilation und Nutrition in den 
Zellen erhöht, sondern auch der Transport der bei der be¬ 
treffenden Krankheit gereichten Arzneimittel in der Säftemasse 
begünstigt wird. Dadurch kommt die Wirkung der letzteren 
sicherer und zugleich schneller zu Stande, kurz, das gesammte 
Terrain wird zu rascherem Ablaufe des pathologischen Pro- 
cesses vorbereitet. So liegen bei der Gebärparese sehr zu¬ 
friedenstellende Ergebnisse vor, Heilungen sind schon in 
14 Stunden zu erreichen gewesen. Wenn die seitherige Be¬ 
handlung im Stiche liess, wurde mit Strychninum arsenicosum 
(5 mg) vorgegangen und dieses mit Aconitin und Digital in 
(je 5 mg pro dosi) vermischt. Die Mengung wird stündlich 
wiederholt und genügen meist 5 Pülverchen, im anderen Falle 
wird das Verfahren repetirt und zwar 3 / 4 stündlich; unter Um¬ 
ständen soll Hyoscyamin (1 mg) zugesetzt werden, um die 
Wirkung zu beschleunigen. Bei zurückgebliebener Nach¬ 
geburt wird dem Arseniate (5 mg) Ergotin (0,02) beige¬ 
geben, stündlich 1 solches Pülverchen (Granulum) am besten in 
schwärzem Kaffee; selten braucht man mehr als 5 derartige 
Dosen. Bei zögernder Eröffnung des Muttermundes ist die 
Beigabe von Hyoscyamin (1 mg) besonders nützlich. Gegen 
Kälberruhr wurden Versuche unternommen mit arsenik¬ 
saurem Strychnin (5 mg), das mit arseniksaurem Chinin 
(0,01) zu verstärken ist. In 5 Fällen, die sonst vom Eigen¬ 
tümer aufgegeben zu werden pflegen, konnte viermal Heilung 
erzielt werden. (In Deutschland sind allerdings die obenge¬ 
nannten Alkaloide bis jetzt bei den genannten Krankheiten 
ausser Beachtung geblieben und werden es wohl auch ferner 
bleiben, da das Hauptgewicht auf die causale Behandlung 
gelegt werden muss. Ref.) Vogel. 

Todesfall bei Atropin-Morphiuminjection {fegen Schulter¬ 
lahmheit. 

Von Dr. J e s s - Charlottenburg. 

(Berliner thierarztliche Wochenschrift, No. 39, 1898.) 

Nachdem schon von verschiedenen Seiten (Meitzer, 
Meinicke, Schmidt u. A.) auf die nach einer combinirten 


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454 


\y. Dezember. 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Atropin - Morphiuminjection beobachteten Vergiftungserschei¬ 
nungen aufmerksam gemacht und zur Vorsicht bei der Ap¬ 
plication dieser Medicamente gerathen wurde, berichtet Dr. J. 
über einen Fall mit tödtlichem Ausgang. 

Bei edleren Pferden beobachtete Verf. stets eine sehr un¬ 
angenehme Kolik, welche ihn vor der Anwendung der Injection 
zur Vorsicht und Bedachtnahme auf dieselbe mahnte, weshalb 
er als Erhaltungsfutter nur Kleie und Heu verabfolgen Hess. 
Ein leichteres Pferd erhielt 1 / 3 der Atropin-Morphiumlösung 
eingespritzt. Da aber die Kolik später wie sonst eintrat, war 
das Stallpcrsonal schon aus dem Stalle weg anderweitig be¬ 
schäftigt. Als man einige Zeit nach dem Pferde sah, lag es 
mit enorm aufgetriebenem Hinterleib verendet auf dem Boden. 
Section konnte nicht gemacht werden. 

Verf. räth vor Anwendung einer combinirten Atropin- 
Morphiuminjection den Besitzer auf die event. eintretende Kolik 
und deren Folge aufmerksam zu machen, um unangenehmen 
Zwischenfällen Seitens des Besitzers zu entgehen. 

G ö r i g'. 

Ueber Krankheitsursachen und Krankheitsanlagen 1 . 

Von Prof. Dr. Martius. 

(Vortrag, gehalten auf der 70. Versammlung deutscher Naturforscher und 

Acrzte.) , 

Bei der mit der Unabwendbarkeit eines Naturereignisses sich 
vollziehenden Neigung der heutigen experimentellen Wissen¬ 
schaft, insbesondere der Medicin, in die Breite zu gehen und 
specialistisch aus einander zu fallen, tritt immer mehr die Auf¬ 
gabe in den Vordergrund, den in den Einzelheiten verirrten 
und ermüdeten Geist wieder grossen, allgemeinen Gedanken 
und Zielen zuzuführen. Der ungeheure positive Erwerb der 
bakteriologischen Aera an Thatsachen und Einzelwissen, et soll 
und wird uns niemals verloren gehen. Und doch knüpfen wir 
heute mit unseren allgemein pathogenetischen Anschauungen 
da wieder an,' wo Virchow vor 18 Jahren stehen blieb. 
Freilich mit einer einzigen Einschränkung. Virchow suchte 
noch nach dem »Wesen« der Krankheit und fand dasselbe in 
der kranken Zelle. In diesem Ausdruck könnte man noch 
einen Rest mystischer Anschauungsweise erblicken. Für den, 
der erkenntnisstheoretisch auf dem Standpunkt steht, dass wir 
das »Wesen« der Dinge überhaupt nicht zu entschleiern ver¬ 
mögen, ist allerdings die Zelle zwar der Boden, auf dem die 
kranken Vorgänge sich abspielen, aber auch die Ccllularpatho- 
logic enthüllt ihm das Wesen der Krankheit nicht. Wie viel 
würde gewonnen werden, wenn man endlich anfinge, sich klar 
zu machen, dass der Nachweis eines bisher unbekannten Factors 
im Getriebe der Krankheitsentstehung uns keineswegs plötzlich 
das »Wesen* der Sache enthüllt, sondern uns nur befähigt, 
den äusserst verwickelten Vorgang, den wir Krankheit nennen, 
von einem neuen Gesichtspunkt aus zu beschreiben. 1 In 
schroffem Gegensätze steht diese Auffassung zu der weitver¬ 
breiteten, uns Allen so geläufigen Ansicht, dass nicht die ein¬ 
fache Beschreibung eines Vorganges, sondern seine ursächliche 
Begründung höchste Aufgabe der Wissenschaft sei. Ganz be¬ 
sonders aber soll das gelten von der Erforschung der Krank¬ 
heitsentstehung und Heilmittelwirkung. Was nun die Frage 
nach den Ursachen der Krankheitsentstchung betrifft, so hat 
zweifellos — entgegen der viclgeäusscrten Tagesmeinung — 
die wissenschaftliche Medicin von jeher damit gerungen, sich 
von dem einseitigen, naiv ätiologischen Denken frei zu machen. 
Konnte es doch dem schärferen kritischen Denken nicht 
entgehen, dass die Lehre von den Krankheitsursachen in der 
üblichen Form einen inneren Widerspruch enthielt, der sich 
immer wieder unangenehm aufdrängte. So stand die Frage, 
als der starke Strom der Bakteriologie, Alles mit sich fort¬ 
reissend, in dieselbe eingriff. Jedes Individuum einer über¬ 
haupt empfänglichen Species erkrankt der neuen Lehre zufolge 
mit unfehlbarer Sicherheit jedesmal dann, wenn die Infection 
mit dem betreffenden pathogenen Mikroorganismus wirklich 
erfolgt ist. Darnach sind die Mikroben alleinige und aus¬ 


reichende Ursache der Krankheit. Sie rufen dieselbe noth- 
wendigerweise hervor. War diese Ansicht richtig, so musste 
jede natürliche Infection eines Menschen mit einem specifischen 
Krankheitserreger von der typischen Krankheit gefolgt sein. 
Nicht wenig Verwunderung hat es angerichtet, dass diese dem 
naiv ätiologischen Denken als selbstverständlich erscheinende 
Annahme sich als falsch erwiesen hat. Herr v. Pettenkofer, 
der berühmte Vorkämpfer einer epidemiologischen Hygiene, 
wird immer als klassischer Zeuge dafür gelten können (er 
machte bekanntlich das Experiment an sich selbst), dass man 
sich mit virulenten Cholerabacillen inficiren kann, ohne typisch 
krank zu werden. Seitdem hat sich das Thatsachenmaterial, 
das in demselben Sinne spricht, ganz erheblich vermehrt. 
Daraus ergiebt sich, dass Infection und Erkrankung keineswegs 
sich deckende Begriffe sind. Freilich giebt es keine Infections- 
krankheit ohne Infection. Was das naturwissenschaftliche 
Denken niemals zugeben wird, das ist der auch nur entfernte 
Gedanke an eine autochthone (selbständige) Entstehung der 
Krankheit. Auch das Pulver explodirt nicht »von selbst«. 
Irgendwo muss der auslösende Funke herkommen. Insofern 
besteht thatsächlich 'ein ursächliches Nothwendigkeitsverhältniss 
im Sinne der formalen Logik. Aber nicht umgekehrt. Nicht 
jede Infection ist von einer Erkrankung gefolgt. Dazu gehört 
noch, dass das inficirte Individuum auch erkrankungsfähig 
ist. Nur die grundsätzliche Vernachlässigung dieses zweiten 
Etwas hat zu der einseitigen Gestaltung des Begriffes »pathogen« 
führen können, die uns immer wieder irre führt. Gewiss wird 
auch in Zukunft der Bakteriologie zu geben sein, was ihr zu¬ 
kommt. Aber viele der Hauptfragen, die jetzt der Erledigung 
harren: die Schularztfrage, die Frage der Volksheilstätten für 
Tuberculose, die Sanatorien für unbemittelte Nervenkranke, 
— werden ihrem innersten Wesen nach nicht blos mit dem 
Studium der Krankheitsursachen zu lösen sein, sondern noch 
viel mehr mit der Erforschung und Bekämpfung der 
Krankheitsanlagen. 


Infectiöses Ekzem bei Pferden. 

Von Thierarzt Al ix. 

(Bull, de la Societe centrale de Medecine veterinaire. Kevricr 1898.) 

In grösserer Ausbreitung beobachtete Verfasser im ver¬ 
gangenen Winter unter den Pferden eine infectiöse Form des 
Ekzems, die in mancher Beziehung andere Charaktere aufwies, 
als der gewöhnliche Bläschenausschlag des Pferdes, auch ist 
seines Wissens die Krankheit in seiner Gegend früher nie auf¬ 
getreten. 

Deutlich konnten 3 Grade des Exanthems unterschieden 
werden. Der erste Grad kennzeichnete sich durch den fast 
fieberlosen Ausbruch von kleinen Bläschen am Halse junger 
wie älterer Pferde, besonders an der Kummetlage und erstreckte 
sich derselbe unter nur mässigem Juckreiz meist auch über 
den Rücken gegen die Hinterschenkel herab. Die sich bald 
bildenden Krusten wurden durch Scheuern in der Regel etwas 
abgehoben, um dann mit den Haaren zu verkleben, die all- 
mälig ausgingen und breite, kahle Stellen zurückliessen. Im 
dritten Grade kam es zu mehr ausgebreiteten Denudationen 
und wurde dabei die Haut stets runzlich, ohne indess irgendwo 
eine Sklerosirung zu erfahren, wie dies beim gewöhnlichen 
Ekzem und einiger Dauer desselben vorzukommen pflegt, auch 
konnte kein einziges Mal ein Nässen des Ausschlages bemerkt 
werden oder eine Adhärenz in der Subcutis, wie es auch nie¬ 
mals zu einer Destruction der Haarbälge kam. Die beiden 
ersten Grade dauerten nicht über 8 Tage, beim dritten Grade 
stand es dagegen mehrere Wochen, selbst Monate an, bis voll¬ 
ständige Heilung erfolgte. Günstig war der trockene Winter, 
obwohl auch hier häufig Recidive auftraten, am ungünstigsten 
wirkte Unreinlichkeit im Stalle ein. Als Ursache des Eczema 
siccum konnte nur eine Infection bezeichnet werden, alles 
Forschen nach Mikroorganismen blieb jedoch erfolglos. Mit 
den durch Dermanyssus erzeugten Hautläsionen liess sich der 
Aasschlag nicht wohl verwechseln. Einestheils waren keine 


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No. 51 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


455 


Hühnerställe vorhanden, anderntheils bildeten sich aus den 
Depilationen stets insulare, unregelmässig gestaltete Flecken 
aus, welche schilferten. Vor Confusion mit der Sarkoptesräude 
des Pferdes schützt die mikroskopische Untersuchung. 

Bei der Behandlung kam man am raschesten zu Stande, 
wenn alsbald die erkrankten Hautstellen geschoren, mit Natron¬ 
seife gewaschen und dann durch Sublimatwasser (2—5 °/ 0 ) des- 
inficirt wurden. Sobald sich Krusten bilden, sucht man ihre 
Abstossung durch Carboiglycerin zu beschleunigen, um rasch 
reine Flächen herzustellen. Der Gebrauch von grüner Seife 
ist wegen Reizung der empfindlich gewordenen Haut zu miss- 
rathen, so lange daher Entzündung besteht, wird am besten 
nicht eingerieben oder greift man zu Waschungen mit Chloral- 
lösungen, später leistet auch eine 2—5 proc. Schwefelkalium¬ 
lösung gute Dienste, nicht aber Carbolsäure. Wesentlich ist 
ausserdem, die Thiere in bessere Aussenverhältnisse zu bringen 
und namentlich auf absolute Reinlichkeit im Stalle zu sehen, 
die Prognose ist im Ganzen ungleich besser zu stellen, als bei 
der nicht infectiösen Ekzemform. Die häufigste Uebertragung 
von Pferd zu Pferd geschah durch Geschirrstücke und das 
gemeinschaftliche Tränken. Vogel. 


Oeffentliches Veterinärwesen. 

Die Rennthierpest. 

Von Lundgren-Stockholm. 

(Zeitschrift für Thiermcdicin.) 

Unter den Rennthierheerden der Lappländer in dem nörd¬ 
lichsten Theile Schwedens herrschte in den Jahren 1895 und 
1896 eine verheerende Seuche, der Tausende (2—3000) der 
Thiere zum Opfer fielen, ohne dass die Thierärzte, welche die 
Krankheit zu beobachten Gelegenheit hatten, die Art derselben 
zu erkennen vermochten. Das Königl. Medicinalamt zu Stock¬ 
holm beauftragte daher den Director der thierärztlichen Hoch¬ 
schule zu Stockholm, eingehende Studien über die Natur der 
Krankheit anzustellen und event. Massregeln gegen die Weiter¬ 
verbreitung derselben vorzuschlagen; demselben bot sich aber 
nur Gelegenheit, ein an der betreffenden Krankheit verendetes 
Rennthier seciren zu können. 

Nach Aussage der Lappländer sollen die Thiere ängstlich 
und unruhig werden, sie beginnen zu schwanken und bleiben 
hinter der Heerde zurück, der Bauch treibt auf, aus den Nasen¬ 
öffnungen fliesst stinkender Eiter. Fresslust hat aufgehört. Der 
Tod tritt bei Kälbern nach einigen Stunden, bei älteren Thieren 
nach 10—12 Stunden ein. Sehr oft verläuft die Krankheit 
per acut, so dass die Heerde scheinbar noch ganz gesund auf 
ein Schneefeld getrieben wurde, um zu ruhen und wiederzu- 
käuen, während beim Abtrieb desselben nach einigen Stunden 
schon mehrere Thiere todt zurückblieben. Kurz vor dem Tode 
treten an verschiedenen Theilen des Körpers (Kopf, Bauch) 
begrenzte Oedeme auf. Die von Lundgren vorgenommene 
Section des ca. 4jährigen männlichen Rennthieres ergab eine 
Füllung der ganzen Subcutis mit Gasbläschen, so dass die Haut 
zu bersten drohte. Blut schwarz, gut geronnen. In Brusthöhle 
einige Liter klarer, blutiger Flüssigkeit. Lungen normal. Im 
Herzbeutel eine nicht unbedeutende Menge blutfarbiger Flüssig¬ 
keit, hellfarbiger und trüber, wie in der Brusthöhle. Auf dem 
Epicardium eine leicht lösbare, graue Pseudomembran. In den 
Herzkammern gut geronnenes Blut. Herzfleisch gelbgrau, miss¬ 
farbig, sehr mürbe; es enthielt überall zahlreiche Gasbläschen. 
In der Bauchhöhle etwas Flüssigkeit, Mägen und Därme ohne 
nennenswerthe Veränderungen. Leber graugelb, sehr ange¬ 
schwollen; Schnittfläche graugelb, marmorirt; Parenchym mürbe, 
beinahe wie gekocht, reichlich mit Gasbläschen angefüllt. Milz 
angeschwollen, dunkelroth, stark mit Gas gefüllt, von loser 
Consistenz, doch nicht so dunkel und mit Blut gefüllt, wie bei 
Milzbrand. Nieren geschwollen. Rindenschicht graugelb, stark 
mit Gas gefüllt, Markschicht blauroth. Harnblase leer, Schleim¬ 
haut normal. Im Milzsaft und der Pericardialflüssigkeit kamen 


Bakterien einer einzigen Art vor und zwar am häufigsten in der 
Pericardialflüssigkeit, geringer im Milzsaft und ziemlich sparsam 
im Blute. Es waren gleichdicke Stäbchen, bedeutend schmäler 
wie Milzbrandbacillen. Mehrere zeigten in der Mitte oder am 
Ende Anschwellungen, die eine ovale, ungefärbte, stark licht¬ 
brechende Spore enthielten. Im Blute hingen mitunter zwei 
Bacillen unter Bildung eines stumpfen Winkels zusammen, 
bildeten auch zuweilen längere Fäden (2—3 Bacillen lang). In 
Glycerinagar wuchs eine einzige, den beschriebenen Bakterien 
ähnliche Bakterienart. Sie wachsen im Stiche wie an der Ober¬ 
fläche mit einer "halbdurchsichtigen, schmutzig grauweissen Farbe 
und entwickeln um den Stich herum grosse Gasblasen. Sie 
wachsen auch in Bouillon und Glycerinbouillon. Die Länge der 
Bakterien wechselt etwas, Sporen sind mehr oder weniger zahl¬ 
reich. Die Bakterien sind beweglich, färben sich gut nach 
Gram. Mäuse und Meerschweinchen sterben nach^ 16 Stunden 
und zeigen hämorrhagische Oedeme und Emphyseme in der 
Subcutis; in ihrem Körper fanden sich dieselben sporenhaltigen 
Bakterien.« L. hält das gefundene Bacterium für den speci- 
fischen Krankheitserreger, da bei der Section des Cadavers 
noch keinerlei Fäulniss zugegen war und die Versuchsthiere 
dieselben Krankheitserscheinungen und dieselben Bakterien 
zeigten, wie das Rennthier. Morphologisch ähnelt das Bacterium 
der Rennthierpest dem des malignen Oedems, des Rausch¬ 
brands und des Bradsot der Schafe, unterscheidet sich jedoch 
dadurch von ihnen, dass es bei ungehindertem Luftzutritt aus¬ 
gezeichnet gut wächst, während jene anaerob sind. Auch der 
Sectionsbefund stimmt weder mit Rauschbrand noch mit Bradsot 
überein, so dass L. annimmt, dass die Rennthierpest eine speci- 
fische, durch ein besonderes Bacterium erzeugte Krankheit dar¬ 
stellt. Die Infection erfolgt wahrscheinlich durch Wunden der 
Haut und Schleimhaut des Darmc^nals ; möglicherweise findet 
sie durch Wunden an den Klauen statt, da gerade in den 
Jahren, wo die Rennthierpest am verheerendsten auftrat, die 
Thiere an bösartiggr Klauenseuche litten. Massregeln gegen 
die..[Verbreitung.der Seuche Hessen sich bei den eigenartigen 
wirtschaftlichen Verhältnissen wenig oder gar nicht treffen; 
man musste sich darauf beschränken, die Lappen zu hindern, 
durch Abhäuten und Zerstückelung der Thiere einer Weiter¬ 
verbreitung der Seuche Vorschub zu leisten. Rievel. 


Ueber Luftstaub-Infection. 

1 

Ein Beitrag zum Studium der Infectionswege. 

Von Privatdocent Dr. Max Neisser in Breslau. 

'Zeitschrift für Hygiene und Infectionskrankheiten. 1898, XXVII. Bd., 2. Heft.) 

Ueber die bedeutungsvolle Frage, welche Rolle bei der 
Verbreitung von Infectionskrankheiten eine Infection durch den 
Luftstaub spielt, hat N. eine Reihe sehr exacter Versuche an- 
gestellt, die im Stande sein dürften, Klärung zu schaffen und 
unsere vielfach falschen Vorstellungen über die Gefahr einer 
indirecten Uebertragung durch inficirten Staub richtig zu stellen. 

Nach folgendem Versuchsplan wurde gearbeitet: 

Es war ein möglichst feiner Staub zu sterilisiren, zu 
trocknen, mit einer Aufschwemmung der zu untersuchenden 
Bakterienart zu inficiren und gründlich zu verreiben. Dieser 
Staub, war alsdann aufzuschtitteln und nun eine Strecke weit 
(etwa 1 m) entgegen seiner Schwere durch einen Luftstrom 
von der Geschwindigkeit von etwa i—4 mm pro Sekunde, 
welcher der Zimmerstaub sein Schweben und seinen Transport 
verdankt, fortzuführen. Der Feuchtigkeitsgrad des Staubes war 
so zu wählen, dass der grösste Theil des Staubes überging, 
dass aber ein Rest übrig blieb, der nicht etwa aus an sich 
gröberen Elementen zusammengesetzt war, sondern nur durch 
die Feuchtigkeit entstandene Conglomerate jener feinen Ele¬ 
mente enthielt. Darnach musste er aufgefangen und auf die 
Lebensfähigkeit der betreffenden Bakterien untersucht werden. 
Bakterienarten, welche diesen Weg im lebenden Zustande nicht 
mehr passiren konnten, waren dann als »nicht verstäubbar« 
anzusprechen. 


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DEUTSCHE TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


17. Dezember. 


456 


Betreffs der Ausführung dieses genauen Untersuchungs¬ 
planes muss auf die interessante Original - Arbeit verwiesen 
werden, die in ihrer Einleitung noch über directe und indirecte 
Uebertragilng der Infectionserreger, über die Luftbewegungen 
im Zimmer und im Freien genauere Mittheilungen enthält. Es 
sei hier nur das Endergebniss dieser Versuche mitgetheilt. 

Eine Verbreitung durch den schwebenden Zimmerstaub 
ist unmöglich bei ' 

Bacillus diphtheriae, Vibrio cholerae asiaticae, 

„ typhi abdominalis, Pneumococcus, » 

„ pestis, Streptococcus pyogenes? 

Die Verstäubbarkeit ist aber nach dem biologischen Ver¬ 
halten der Infectionserreger nicht auszuschliessen bei 
Staphylococcus pyogenes aureus, 

-Bacillus pyocyaneus, Bacillus tuberculosis, 

Bacillus änthracis, Meningococcus. 

Es hat sich also gezeigt, dass dem schwebenden Luftstaub 
für die erwähnten Krankheitserreger eine epidemiologische Rolle 
nicht zukommt. 

Es ist wohl möglich, dass Infectionsmatcrial im einzelnen 
Falle in den Staub gelangt und sich dort lange Zeit conservirt, 
es ist auch denkbar, dass von da aus gelegentlich eine neue 
Infection durch Contact erfolgt; die Vorstellung aber, dass dieser 
Staub zum Schweben kommen und so eine dauernde, unsicht¬ 
bare Gefahr für Wohnung, Haus und Nachbarschaft bilden 
könnte, ist auf Grund der Versuche von N. nicht mehr haltbar. 

Vosshage. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Einführung der allgemeinen Fleischbeschau in' 
Deutschland. 

Bei den Berathungen des preussischcn Abgeordnetenhauses 
im Vergangenen Frühjahre über Massregeln gegen Viehseuchen 
sowie Einführung der obligatorischen Fleischschau hatte der 
Herr Reichskanzler mitgetheilt, es bestehe die Absicht, 
dem Bundesrath den Entwurf eines Reichsgesetzes, betreffend 
die Einführung der obligatorischen Fleischbeschau im ganzen 
Reich, zur Beschlussfassung vorzulcgen. Dieses Versprechen 
scheint sich sehr bald verwirklichen zu sollen. Bei der Eröff¬ 
nung des Reichstages sagte Se. Majestät der Kaiser, nach 
dem Reichsanzeiger wörtlich wie folgt: ' 

»Um den Gefahren zu begegnen, die der Verkehr mit un- 
untersuchtem, zum menschlichen Genüsse bestimmten Fleische, 
sei cs in- oder ausländischer Herkunft, mit sich bringt, wird 
von den verbündeten Regierungen die allgemeine Einführung 
der Schlachtvieh- und Fleischschau erwogen. Ein diesen Gegen¬ 
stand regelnder Gesetz-Vorschlag wird Sie, wie ich hoffe, noch 
in dieser Tagung beschäftigen.« 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Statistischer Veterinär-Sanitäts-Bericht über die Königl. 
Bayerische Armee für das Rapportjahr 1897. München 
1898. Gedruckt im Königlich Bayerischen Kriegs¬ 
ministerium. 

Der Verfasser des vorliegenden Berichtes ist zwar nicht genannt, es 
lüsst aber die technisch-sachgemässe Anordnung und Behandlung des Stoffes 
zweifellos erkennen, dass der Verfasser ein hervorragender Veterinär Ist. Der 
Bericht enthält im ersten Theile eine Uebersicht Uber die Vertheilpng der 
Krankheitsfälle auf die einzelnen Truppentheile und die verschiedenen 
Krankheitsgruppen. Es bestehen hier bedeutende Unterschiede, deren Ursache 
zu ergründen für die Militär-Verwaltung wie für die Veterinäre von grosser 
Wichtigkeit ist; so erkrankten z. B. in Landshut 111 n / 0 , in Bamberg da¬ 
gegen nur 31 °/ 0 der Belegung, bei den schweren Reitern 86 0 ,' 0 . bei den 


Ulanen nur 35 w / 0 . Im zweiten Theile werden die einzelnen Krankheiten 
nach dem ein für alle Mal aufgestellten Schema eingehend besprochen und 
hier finden sich zahlreiche Einzelbeobachtungen geschildert, die für jeden 
Thierarzt von Interesse sind. Wir werden einzelne derselben speciell heraus¬ 
greifen, um sie auch in der thierärztlichen Literatur zu erhalten. 

Der ganze Bericht umfasst 14 Druckbogen und ist als amtlicher Be¬ 
richt sehr gut ausgestattet; er legt ein beredtes Zeugniss dafür ab, welches 
Interesse man in Bayern dem Veterinärwesen entgegenbringt. Der ungenannte 
Verfasser hat sich durch die objective und wissenschaftlich vollendete Be¬ 
arbeitung ein besonderes Verdienst sowohl in militärischen als auch thier- 
ärztlichen Kreisen erworben. M a 1 k m u s. 


Thierärztlicher Taschenkalender für 1899 von Aibrecht 
und Bürchner. 

Der vorliegende 3. Jahrgang des obigen Kalenders weist eine ausser¬ 
ordentliche Fülle von Material auf. Derselbe zerfällt in drei Theile, von 
denen der erste Theil einen so umfangreichen und umfassenden Inhalt bietet, 
dass man ihn als Compendium des allgemeinen Wissens, welches der Thier¬ 
arzt besitzen muss, betrachten kann. Der zweite und dritte Theil sind aus- 
schliessl ch den Standesinteressen gewidmet und sehr eingehend bearbeitet. 

Der Kalender wird sicher nicht nur in Süddeutschland, sondern auch 
in Norddeutschland Freunde finden. Frick. 


Personal-Nachrichten. 

Auszeichnungen : Dem Kreisveterinärarzt Dr. Wolpert in Mainz 
wurde das Ritterkreuz II. Kl. des Verdienstordens Philipp des Grossmüthigen 
verliehen. Anlässlich des 50jährigen Regierungsjubiläums des Kaisers von 
Oesterreich wurden auch sehr viele Thierärzte durch Titel und Orden aus¬ 
gezeichnet, u. A erhielten der Rector der thierärztlichen Hochschule in Wien, 
Prof. Dr. Bayer, den Titel eines k. k. Hofrathes, das Ritterkreuz des Franz- 
Josefsordens die Professoren an der thierärztlichen Hochschule in Wien 
Dr. J. Csokor und Obersanilätsrath Dr. Polansky , das goldene Verdienst¬ 
kreuz der städtische Oberthierarzt Anton Toscano-Canella in Wien, 
Präsident des Vereins der Thierärzte in Oesterreich, und der Amtsthierarzt 
A. Postolka in Wien. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Dem Landesinspector für Thier¬ 
zucht Dr. L. Vogel in München wurde Rang, Gehalt und staatsdienerliche 
Rechte eines Kreisthierarztes verliehen. Versetzt wurden die Bezirksthierärzte 
R. Miller von Illertissen nach Neu-Ulm, H. Zundel von Lörrach nach 
Konstanz und Dotter von Konstanz nach Lörrach. Mit der Vornahme der 
Fleischbeschau wurden betraut die Thierärzte Haase in Hohenmölsen, 
Mannhardt in Kellinghusen, Stichler in Auerbach. Verzogen sind die 
Thierärzte Arndt von Freystadt nach Neuenburg (Westp.), H. Wulf von 
Othfresen nach Boitzenburg, Otto Mayer von München als Assistent des 
Bczirksthierarztcs nach Starnberg. Schricker von Passau als Assistent des 
Bezirksthieiarztes nach Erding. 

Die thierärztliehe Staatsprüfung in Stuttgart haben im De¬ 
zember bestanden: Georg Alber, Stadtthierarzt in Ebingen, De Bruyn, 
Thierarzt in Finnland, Häberle, Thierarzt in Stuttgart, Hägele, Stadt¬ 
thierarzt in Lauffen a. N., Kuhn, Assistent an der Thierärztlichen Hoch¬ 
schule, Reinhardt, Thierarzt in Pforzheim, Dr. Zwick, Prosector an 
der Thierärztlichen Hochschule. 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutschen 

Heeres: Frh. V. Beauiieu-Marconnay, Major im Leib-Kür.-Regt. 
No. I. und Inspecteur des Militärveterinärwesens, wurde zum Oberstlieutenant 
befördert. In den Ruhestand versetzt Oberrossarzt Schirrmann im 
KUr.-Regt. No. 3. 

Bayern: Steinbrüchel, Unter-Veterinär der Reserve, mit der 
Wirksamkeit vom I. Dezember d. J. zum Unter-Veterinär des activen Dienst¬ 
standes im I. Feld-Art.-Regt. ernannt und mit Wahrnehmung einer offenen 
Veterinärstelle beauftragt. 

Gestorben : Districtsthierarzt P. Lermann in Monheim (Schwaben), 
Thierarzt Stützner in Boitzenburg. 


(i. A. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsruhe. 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche TMerlrztiicbe Wochenschrift“ 

Druck der MaeUot'schen Druckerei in Karlsruhe i. B. 


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Deutsche 


Thierärztliche Wochenschrift 


Prof. Dr. Dammann, 

Geheimer Regierung»- und Medicin&lr&th, 
Director der Thierärztlichen Hochschul« 
in Hannover. 


herausgegeben von 
Dr. Lydtin, 

Geheimer Oberregierungsrath 
in Baden-Baden. 


Prof. Röckl, 

Geheimer Regierungsrath und Mitglied 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 
in Berlin. 


Unter Mitwirkung von 

Dr. Edelmann in Dresden, Schlachthofdirector Dr. Garth in Darmstadt, Kreisthierarzt Haas in Metz, 


Prof. Dr. Vogel in Stuttgart und Dr. Willach in Louisenthal (Saar). 

redigirt von 


Prof. Dr. Malkmus in Hannover. 


Die Deutsche Thiernrztliche Wochenschrift erscheint jeden 
Sonnabend im Umfange von mindestens 1 Bogen. Man 

abonnirt bei der Macklot’schen Verlagsbuchhandlung in SCCDSlCr JflhfitflBff« 
Karlsruhe i./B. zum Preise von 4 JL viertelj. mit directer ° 0 

portofreier Zusendung oder bei der Post, auf No. 1784 a._ 


Sämmtliche Zuschriften und redactionellen Anfragen 
werden an Prof. Dr. Malkmus in Hannover erbeten, 
Correcturen und Anzeigen an die Expedition der 
Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift 
in Karlsruhe (Baden). 


M 5S8. 


Ausgegeben am 24. Dezember. 


1898. 


Sind die Backsteinblattern veterinärpolizeilich 
zum Rothlauf zu rechnen? 

Von Kreisthierarzt DiedrichS in Münster (Westfalen). 

Sowohl in meiner Heimath als auch während meiner früheren 
Thätigkeit im Reg.-Bez. Cassel habe ich sehr häufig Gelegen¬ 
heit gehabt, die Backsteinblattern oder das Nesselfieber bei 
Schweinen zu beobachten, und zwar zu allen Jahreszeiten, be¬ 
sonders aber während der Sommermonate. Eine Behandlung 
ist nur in den wenigsten Fällen gewünscht worden, weil bei 
den Besitzern durchgängig die Ansicht herrschte, eine solche 
sei nicht erforderlich, da die Schweine in wenigen Tagen Wieder 
besser wären. Und in der That habe ich keinen Todesfall 
beobachtet, trotzdem einzelne Thiere zuweilen sehr schwer 
krank waren. In dem hiesigen Bezirke ist der Verlauf der 
genannten Krankheit aber doch häufig ein anderer und die Er¬ 
fahrungen, welche ich in der kurzen Zeit von zwei Monaten 
zu machen Gelegenheit hatte, haben meine bisherige Ansicht 
doch wesentlich geändert. 

Bei der Wichtigkeit, welche dieser Krankheit in dem oben 
beregten Sinne zukommt, hielt ich es für zweckmässig, einige 
praktisch beobachtete Fälle mitzutheilen, welche die Beziehungen 
der Backsteinblattern zum Rothlauf der Schweine dokumentiren. 
Es will mir scheinen, als ob die Anschauungen der beamteten 
Thierärzte hierin noch weit auseinander gehen und sie ins¬ 
besondere den Backsteinblattern nicht diejenige Bedeutung bei¬ 
messen, die ihnen thatsächlich innewohnt. 

Am 2 . November wurde ich amtlich beauftragt, in einem 
Orte Untersuchungen über den Ausbruch des Schweinerothlaufs 
anzustellen. Bei meiner Ankunft erfuhr ich, dass vor drei 
Tagen ein grosses schlachtbares Schwein, weil es über den 
ganzen Körper roth und nahe am Verenden gewesen sei, in 
Gegenwart des Ortsvorstehers abgestochen und auch alsbald 
vergraben wurde. Ich liess nun das Schwein wieder ausgraben 
und stellte durch eine mikroskopische Untersuchung das Vor¬ 
handensein von Rothlaufbacillen in der Milz fest. Von den 
zwei Schweinen, welche sich mit dem erkrankten in demselben 
Stalle befunden hatten, zeigte das eine die charakteristischen, 
viereckigen, rothen, etwas beetartig erhabenen Flecke der 
Backsteinblattern, frass nicht und hatte eine Temperatur von 
41,2 0 C. Sechs Tage später, am 8 . November, wurde ich 
wieder nach demselben Orte wegen Rothlaufs requirirt. Ich 
erfuhr jetzt, dass ein College das fragliche Schwein behandelt 
und dem Besitzer gesagt hatte, die Krankheit würde ein Paar 
Tage dauern, sei aber völlig ungefährlich, das Thier habe 


nur die »Flecken«. Nach einigen Tagen aber ist dann das 
Schwein auf Anrathen desselben Thierarztes geschlachtet und 
von ihm als rothlaufkrank der Polizeibehörde angezeigt worden, 
woraufhin meine Requisition erfolgte. Ich fand das Thier aus- 
gcschlachtet vor, die Haut zeigte zahllose viereckige, rothe bis 
schwarzrothe Flecke und daneben eine diffuse Röthe über den 
ganzen Körper. Die im Innern des Körpers gelegenen Lymph- 
drüsen, die Milz und die Nieren zeigten die unverkennbaren 
Veränderungen des Rothlaufs; Rothlaufbacillen, in Milz und 
Nieren mikroskopisch nachgewiesen, vervollständigten diesen 
Befund. 

In einem zweiten Falle stellte ich am 3 . Dezember bei 
zwei Schweinen, die am Abend vorher noch gut gefressen hatten 
und am 3 . Morgens verendet waren, makroskopisch durch Ob- 
duction upd mikroskopisch Rothlauf fest. Zwei andere Schweine 
desselben Stalles zeigten die Erscheinungen der Backstein¬ 
blattern. Ein drittes von einem angrenzenden Stalle zeigte 
neben den charakteristischen Flecken der Backsteinblattern eine 
diffuse Röthe über den ganzen Körper. Dieses letztere ist eben¬ 
falls verendet und die beiden anderen wurden nothgeschlachtet. 

Diese beiden Beobachtungen erscheinen mir lehrreich. 
Schon längst sind ja von Lorenz bei den Backsteinblattern 
die Rothlaufbacillen nachgewiesen und von ihm, wie auch von 
Jensen ist die Krankheit als eine milde Form des Rothlaufs 
bezeichnet worden. Aus den von mir beschriebenen Fällen 
geht ebenso zweifellos hervor, dass diese mildere Form auch 
wirklich in den gewöhnlichen Rothlauf übergehen und dann 
letal enden kann. Am schlagendsten beweist dies wohl der 
zweite Fall, in dem von dem Herrn Collegen, der die Krank¬ 
heit erst für Backsteinblattern erklärte und demgemäss eine 
günstige Prognose formulirte, dann doch noch während des 
Lebens des Patienten der Rothlauf festgestellt und Noth- 
schlachtung angeordnet wurde. 

Auch im dritten Falle zeigte das eine noch lebende, aber 
kranke Thier neben den charakteristischen Flecken der Backstein¬ 
blattern noch die diffuse Röthe des Rothlaufs und ist auch verendet. 

Nachdem also durch die einwandsfreien Untersuchungen 
von Lorenz und Jensen erwiesen ist, dass die bei den 
Backsteinblattern des Schweines auftretenden Bacillen mit den 
Rothlaufbacillen identisch sind und wenn ferner die praktischen 
Beobachtungen ergeben, dass die in der Regel milde verlaufen¬ 
den Backsteinblattern in den echten Rothlauf übergehen können, 
so müssen sie auch als eine besondere Form des Rothlaufs 
angesehen und veterinärpolizeilich ebenso wie dieser behandelt 
werden. 




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458 


DEUTSCHE TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


24. Dezember. 


Ueber alkalische Reaction des Fleisches von 
Schlachtthieren. 

Voa 

Dr. Edelmann und Crl Noack, 

Dirertor Ami ithierarzl 

der städtischen Fleibeschau in Dresden. 

In der Fleischbeschau-Technik spielt die Reaction des 
Fleisches zwar bei den regelrecht geschlachteten Thieren keine 
besondere Rolle, wohl aber kommt ihr einige Bedeutung zu, 
wenn es sich um nothgeschlachtete Thiere handelt. Besonders 
bei Krankheitszuständen, welche den Verdacht auf Sepsis er¬ 
wecken, gehört die Prüfung der Fleischreaction unbedingt zu 
einer regelrechten, sachverständigen Untersuchung. Ist cs doch 
eine bekannte Thatsache, dass das Fleisch frisch geschlachteter, 
septisch erkrankter Thiere alkalisch reagirt und sich somit von 
der vorwiegend sauer reagirenden Muskulatur gesunder Schlacht- 
thicre auffallend unterscheidet. Diese leicht zu prüfende Ab¬ 
weichung der Fleischreaction ist bei der Feststellung der Sepsis 
an einem geschlachteten Thiere gewissermassen mit zu einem 
Kriterium für die Erkennung dieser in sanitärer Beziehung hoch¬ 
wichtigen Krankheit geworden, was bei der bekannten Dürftig¬ 
keit an sonstigen sicheren pathologisch-anatomischen Merk¬ 
malen der Sepsis nicht auffällig erscheint. Gleichwohl darf 
auch andererseits die Bedeutung der Fleischreaction in dia¬ 
gnostischer Beziehung nicht überschätzt werden; und deshalb 
möchten wir durch diese Veröffentlichung versuchen, über 
den diagnostischen Werth der Reaction der Musku¬ 
latur der Schlachtthiere einige Aufklärung zu 
schaffen. 

In den Lehr- und Handbüchern der Fleischbeschau sind 
nur sehr dürftige Angaben über Abweichungen von der nor¬ 
malen Reaction des Fleisches enthalten und auch in der übrigen 
Literatur finden sich nur einige wenige Veröffentlichungen über 
diesen Gegenstand. 

Hartenstein 1 ) und Augst 2 ) weisen in ihren Beiträgen 
zur sanitätspolizeilichen Beurtheilung der sog. Nothschlachtungen 
nachdrücklich auf die Wichtigkeit der Fleischreaction als dia¬ 
gnostisches Hilfsmittel hin und betonen mit Recht, dass, wie 
oben schon bemerkt wurde, eine alkalische Reaction dA Musku¬ 
latur, bei sonstigen Erscheinungen der Sepsis, ein wichtiges 
Unterstützungsmittel zur Sicherung der Diagnose abgebe. 

Hartenstein 3 ) fand weiterhin alkalische Fleischreaction 
bei einer wegen hartnäckiger sog. Unverdaulichkeit am fünften 
Krankheitstage nothgeschlachteten Kuh, bei welcher sich im 
Ucbrigen ausser hypostatischen Erscheinungen in den Bugdrüsen 
(Saftreichthum, röthliche Verfärbung) keinerlei Organverände¬ 
rungen feststellen Hessen. Hartenstein schloss in Folge 
dessen mit Recht Sepsis aus, erklärte das Fleisch für geeignet 
zum menschlichen Genüsse und vermochte am folgenden 
Tage ausgesprochen saure Reaction am Fleische 
zu constatiren. Auf Grund dieses Befundes hält H. die 
kurz nach der Schlachtung eines kranken Thieres vorhandene 
alkalische Fleischreaction nur dann für ein bedenkliches Zeichen, 
wenn dieselbe dauernd ist. 

Ferner hat Augst') beobachtet, dass das Fleisch von 
Thieren, welche unter den Symptomen der Athemnoth (Fremd¬ 
körper im Schlunde, Pericarditis traumatica, acute Pneumonien, 
Tympanitis etc.) nothgeschlachtet wurden, die normale saure 
Reaction, besonders im Sommer, erst nach 24 Stunden und 
darüber zeigt, bis dahin aber alkalisch reagirt. 

Ebenso fand Lungwitz r ') an dem Fleische eines Bullen, 
welcher wegen Wurmpneumonie und drohender Erstickungs- 

') Hartenstein: Zeitschr. f. Thierinedicin, N. F. t I, 1897. S. 431. 

*) Augst: Deutsche Thierärztl. Wochenschr., V, 1897, No. 37, 

s. 319 

3 ) Hartenstein: Zeitschr. f. Fleisch- u. Milchhygiene, VIII. Jahrg.; 
Heft 4, S. 68. 

4 ) Augst: Vorgen. Zeitschr. S. 87. 

b ) Lungwitz: Bericht üb. d. Veterinärwesen i. Königreich Sachsen 
f. 1897, S. 196. 


gefahr geschlachtet worden war, eine schwach alkalische Re¬ 
action 24 Stunden nach der Schlachtung, ohne dass irgend 
welche Erscheinungen der Sepsis vorhanden waren. 

Ausser den Genannten hat noch Rückner 1 ) — nach 
einem Versammlungsbericht des Vereins schlesischer Schlachthof¬ 
thierärzte — öfters alkalische Fleischreaction an nothge¬ 
schlachteten Thieren bei Abwesenheit jeglicher auf gesundheits¬ 
schädigende Eigenschaften hindeutender Symptome beobachtet. 
Aus der Versammlung hat man diese Erscheinung mit einer 
mangelhaften Beschaffenheit des verwendeten Reagenzpapieres 
zu erklären versucht, »da gutes, zuverlässiges Papier nicht 
überall erhältlich sei«. 

Wir selbst haben am hiesigen Schlachthofe alka¬ 
lische Fleischreaction bei Nothschlachtungen ohne irgend welche 
Erscheinungen von Sepsis etc. bereits seit mehreren Jahren 
beobachtet an Thieren, welche der Sanitäts-Anstalt zur Schlach¬ 
tung eingcliefert worden waren und wurde hierauf von Edel¬ 
mann 2 ) bereits im Oktober 1897 gelegentlich einer thierärzt¬ 
lichen Versammlung hingewiesen. Veranlassung zu den Schlacht¬ 
ungen in der Sanitätsanstalt gaben in der Regel Transport¬ 
beschädigungen, Knochenbrüche, Congestivzustände nach Lunge 
und Gehirn mit Erstickungs- bezw. Lähmungscrscheinungen bei 
Schweinen, Transportübermüdungen, m. o. w.. ausgedehnte 
Muskelzertrümmerungen und Blutunterlaufungen in Folge Ge¬ 
tretenwerdens von anderen Thieren u. s. w. bei Rindern, Kälbern 
und Schafen. 

Vorstehende Beobachtung gab uns Veranlassung, seit März 
1896 der gedachten Erscheinung besondere Aufmerksamkeit zu 
widmen und bei jedem nothgeschlachteten Thiere, soweit es 
angängig war, am Tage nach der Schlachtung — in der Regel 
innerhalb 12—30 Stunden darnach — eine Prüfung der Fleisch¬ 
reaction mittelst Lakmuspapiers vorzunehmen. Dabei stellte 
sich die überraschende Thatsache heraus, dass un¬ 
geahnt häufig alkalische Reaction des Fleisches, 
insbesondere bei Schweinen, welche naturgemäss vor¬ 
wiegend zur Nothschlachtung kommen, festzustellen war. 
Ueber die Häufigkeit des Vorkommens alkalischer Fleischreaction 
geben unsere Aufzeichnungen, welche sich von Mitte März 1896 
bis Mitte November 1898 erstrecken, folgende Auskunft. 

Von 1474 nothgeschlachteten Schweinen zeigten 147 
= 10 °/ 0 alkalische Fleischreaction. Als Krankheit bezw. Ur¬ 
sache zur Nothschlachtung war bei den Schweinen festzustellen: 
in 92 Fällen Contusionen, Rippenbrüche, Bein- und Becken¬ 
brüche; 

in 44 Fällen Erscheinungen allgemeiner Hinfälligkeit vor der 
Schlachtung, mangelhafte Ausblutung mit Lungenödem 
in Folge von Herzschwäche — in wenigen Fällen auch 
mit Entzündungserscheinungen am Darmcanal — nach 
der Schlachtung; 
in 1 Falle Mastdarmvorfall und 

in 10 Fällen Rothlauf von insgesammt 211 wegen Rothlaufs 
nothgeschlachteten Thieren (= 4,7%). 

Ein überraschender Befund wurde bei einem sehr fetten, 
schweren, weiblichen Landschweine, welches wegen bedrohlicher 
Collaps-Erscheinungen auf der linken Seite liegend abge¬ 
stochen worden war, festgestellt. Die Untersuchung,, ca. 12 
Stunden nach der Schlachtung, förderte ausser den Zeichen un¬ 
genügend erfolgter Ausblutung auffallende pathologische Ver¬ 
änderungen nicht zu Tage, jedoch zeigten die Fleischtheile 
der linken Hälfte des Thieres ausgesprochen al¬ 
kalische, die der rechten schwach saure Reaction. 

Von 89 nothgeschlachteten Rindern zeigten 4 = 4,5 °/ tf 
Alkalcsccnz des Fleisches, und zwar handelte es sich hier in 
allen Fällen um Transportbeschädigungen, 1 Mal in Verbindung 
mit hochgradiger Trächtigkeit. 

Von 62 nothgeschlachteten Schafen wurde bei 5 Thieren 
= 8% alkalische Fleischreaction beobachtet. Hier hatten in 

') Rückncr: Zeitschr. f. Fleisch- u. Milchhyg , VIII. Jahrg., Hft. IO, 
S. 193. 

*) Edelmann, vgl. Augst: Zeitschr. f. Fleisch- u. Milchhyg., 1 . c. 



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459 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 52. 


4 Fällen Transportbeschädigungen, 1 Mal Icterus gravis Anlass 
zur Nothschlachtung gegeben. 

Bei 251 nothgeschlachteten Kälbern fanden wir 5 Mal, also 
in 2 °/ 0 der Fälle, alkalische Fleischreaction. Die Obduction 
ergab bei 4 Thieren Transportbeschädigungen, mangelhafte 
Ausblutung, Lungenödem, während sich im 5. Falle gangränöse 
Pneumonie vorfand. 

Im Ganzen wurde somit bei 1876 nothge¬ 
schlachteten Thieren die Fleischreaction geprüft 
und dabei in 161 Fällen = 8,6 "0 eine Alkalescenz der 
Muskulatur festgestellt, ohne dass ein einziges 
Mal Sepsis oder Pyämie Vorgelegen hätte. 

Des Weiteren galt es festzustellen, ob die alkalische 
Reaction des Fleisches nur eine vorübergehende 
war oder sich dauernd erhielt. Hierzu wurden grössere 
Fleischstücke (Keulen von Schweinen, Kälbern ctc.) geeignet 
aufbewahrt und täglich mehrmals der Prüfung unterzogen. Da¬ 
bei war mitunter ein recht später Eintritt der Säuerung zu er¬ 
mitteln, nämlich nach 48, bisweilen auch erst nach 72 Stunden; 
während, entgegen den Beobachtungen von Hartenstein und 
Augst, in der überwiegenden Zahl der Fälle die Alkalicität 
tagelang bezw. bis zum Eintritt der Zersetzung bestehen blieb. 

Was überhaupt den Eintritt der sauren Reaction 
am Fleische normal geschlachteter Rinder und Schweine an¬ 
langt, so erfolgt dieselbe nach unseren Beobachtungen in der 
Regel nicht schon kurz nach der Schlachtung, sondern erst 
nach mehreren (3 — 6) Stunden. Es würde also im 
Hartenstein’schen Falle, in welchem die erstmalige Prüfung 
der Fleischreaction 4 — 5 Stunden nach der Schlachtung erfolgt ist, 
nicht unbedingt zu folgern sein, dass die gefundene Alkalicität 
eine abnorme Erscheinung vorstellte. 

Ausser dem oben erwähnten Falle zeigte es sich wieder¬ 
holt , dass die Reaction an verschiedenen Körper- 
theilen verschieden war, so fand sich z. B. in den 
Glutäen und der Nackenmuskulatur oder den Anconäen deut¬ 
lich alkalische, in anderen Muskelgruppen aber saure Reaction. 
Daher ist es nothwendig, in Zweifelsfällen die Re- 
actionsprüfung nicht auf einen einzelnen Muskel 
oder eine einzelne Muskelgruppc zu beschränken, 
sondern vielmehr verschiedene und von einander 
entfernt gelegene Muskelpartien djer Prüfung zu 
unterwerfen. 

Was endlich die Grundursache der abnormen Fleisch¬ 
reaction und deren Wesen anlangt, so erlauben- wir uns gegen¬ 
wärtig ein abschliessendes Urtheil noch nicht abzugeben. 

Bezüglich der Gelegenheitserkrankungen der Schlachtthiere, 
bei denen man alkalische Fleischreaction beobachten kann, 
scheint sich die Angabe von Augst (s. o.) zu bestätigen, dass 
suffokatorische Zustände der geschlachteten Thiere eine Rolle 
spielen, und dabei vielleicht die vorhandene ungenügende Oxy¬ 
dation des Blutes mit der abnormen Muskelreaction in ursäch¬ 
lichem Zusammenhänge steht. Der von Lungwitz (s. o.) 
beobachtete Fall spricht ebenfalls dafür. Auch liegt die Mög¬ 
lichkeit nahe, dass in Folge allgemeiner Uebcrmüdung und 
Erschlaffung der Thiere, veranlasst z. B. durch die Unbilden 
längerer Eisenbahntransporte, und durch die daraus nicht selten 
resultirenden Erscheinungen von Herzschwäche der normale 
Stoffwechsel derart gestört wird, dass unbekannte chemische 
Umsetzungsvorgänge in den Muskeln ablaufen, die nach dem 
Tode der Thiere sich als Abweichungen in der normalen Re¬ 
action zeigen. Gerade letztere Fälle dürften bei den Noth- 
schlachtungen in grösseren Schlachtviehhöfen, denen thatsäch- 
lich kranke Thiere doch nur in Ausnahmefällen zugeführt 
werden, überwiegen. Gewiss spielen aber auch Disposition 
und verschiedene prädisponirende Momente bei dem Zustande¬ 
kommen abnormer Muskelreaction eine Rolle, und scheinen 
insbesondere schwächliche, weniger widerstandsfähige, leicht 
erregbare Thiere in gedachter Richtung ein grosses Contigent 
zu stellen. 

Jedenfalls handelt es sich bei der abnormen Fleischreaction 
um eine Störung des Chemismus der Muskulatur, 


dessen Wesen und Ursachen noch mannigfacher Aufklärung 
bedürfen. Deshalb werden auch unsere Untersuchungen noch 
fortgesetzt und hoffen wir schliesslich, mit Hülfe der analytischen 
Chemie zur Lösung der schwierigen Frage beitragen zu können. 
Die hierzu erforderlichen Untersuchungen sind jedoch umständ¬ 
lich und langwierig, so dass deren Abschluss so bald nicht zu 
erwarten steht. Aus diesem Grunde und weil dem besprochenen 
Gegenstände eine gewisse sanitätspolizeiliche Bedeutung zu¬ 
kommt, glaubten wir mit dieser Veröffentlichung nicht länger 
zurückhalten zu sollen, um einerseits den in der praktischen 
Fleischbeschau stehenden Collegen einige nutzbringende Winke 
und andererseits Anregung zu geben, dass die Frage der Fleisch¬ 
reaction von möglichst vielen Seiten verfolgt und insbesondere 
casuistisches Material in thunlichst grossem Umfange veröffent¬ 
licht werden möchte. 

Referate. 

Zur Pathogenie des Kalbefiebers. 

Von Thierarzt Conreur. 

(Annalcs de Medccine velerinaire. Novembre 1898.) 

Dass die paralytische Form des Kalbefiebers infectiöser 
Natur ist und von specifischen, Nervengifte erzeugenden Mi¬ 
kroben abhängt, ist zur Zeit allgemeine Annahme, der Verf. 
hat es daher in Gemeinschaft mit dem Bakteriologen Pottiez 
unternommen, der Art und Wirkungsweise des Infectionsstoffes 
in weiteren Versuchen nachzuspüren. 

Nachdem alle Untersuchungen der Milch, des Harns oder 
der von den Genitalorganen ausgehenden Se- und Excrete er¬ 
folglos blieben, hielten sich die beiden Forscher an das Blut 
und fanden sie bei einer Anzahl von Kühen mit Kalbefieber, bei 
denen keinerlei Complication mit Metritis, Peritonitis, Pyämie 
u. dergl. bestand, regelmässig im Blute einen Streptococcus, 
welcher von zahlreichen andern Mikroben begleitet war und 
nach der Günther’schen Methode isolirt und cultivirt werden 
konnte, also wohl als die Ursache der Erkrankung angesehen 
werden darf. Schon nach 36—48 Stunden entwickelten sich 
bei 18 — 20° zahlreiche Colonien in Form von weisslichen 
Punkten, ebenso nach 8 Tagen bei 25 0 in alkalischer Bouillon. 
Später nahmen die Culturen ein granulöses Ansehen an und 
wurden bald von einer transparenten Zone umgeben, um welche 
sich nach aussen ein hellerer Rand bildete. Wird der Strepto¬ 
coccus auf Urin gezüchtet, repräsentirt er sich in schönen 
Kettchen, misst 2 u und lässt sich sehr leicht färben, wird aber 
nach Gram nicht entfärbt. In Ermangelung von Versuchs¬ 
rindern wurde er auf Hunde, Katzen, Meerschweinchen und 
Ratten übertragen und erwiesen sich besonders letztere sehr 
empfänglich, die ersteren Thiere nicht. Die Meerschweinchen 
starben auf subcutane Injectionen von 10 ccm in 5—6 Tagen, 
die Ratten auf I—2 ccm schon nach I—2 Tagen, nachdem 
Manegebewegungen und starkes Coma vorhergegangen waren. 
Aus dem Blute der gestorbenen Thiere konnten wieder ganz 
ähnliche Culturen gezogen werden und war auch die Inoculation 
dieser wirksam. Die Verff. glauben nun, aus ihren Ergebnissn 
schliessen zu dürfen, dass die Streptokokken dieser Art speci- 
fischer Natur sind, wohl von der Schleimhaut des Magendarms 
aus in die Blutbahn gelangen, sowie dass trächtige Kühe ver¬ 
möge der bei ihnen am Schlüsse der Gestation sich aus¬ 
bildenden Oligämie und der daraus resultirenden Abschwächung 
der Verdauungsorgane besonders für die Infection vom Darme 
aus zugänglich sind. Die Verff. verhehlen sich indess nicht, 
dass es sich vorerst nur um eine Hypothese handeln könne, 
weitere Versuhe an Rindern und die klinische Beobachtung erst 
können Gewissheit darüber schaffen, ob der neu gefundene 
Streptococcus die wirkliche und einzige Ursache der bovinen 
Gebärparese ist. 

Vogel. 


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460 


DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


24. Dezember. 


Cerebrospinal-Meningitis. 

Von W. J. Martin, U. S., Kankakee, Illinois. 

(Amer. Veter. Review, 1898, Vol. XXI, No. »2 (März), p. 829.) 

Unter dem Namen Cerebrospinal-Meningitis be¬ 
schreibt Martin eine eigenthümliche, in gewissen Bezirken 
von Illinois unter den Pferden vorkommende Gehirnerkrankung. 

Die Krankheit ist am häufigsten in solchen Gegenden, in 
denen das Wiesen- und Weideland tiefgelegen, sumpfig und 
nicht drainirt ist. Während des Frühlings ist das Gras solcher 
Wiesen mehr oder weniger von Wasser überfluthet und mit 
einem schlammigen Niederschlage bedeckt. Unter den Pferden, 
welche ausschliesslich mit Gras und Heu von solchen Wiesen 
gefüttert werden, kommen gewöhnlich sporadische Fälle von 
Cerebrospinal-Meningitis vor, obwohl dieselben auch bei solchen 
Pferden nicht gänzlich vermisst werden, welche mit dem besten, 
auf gut drainirtem, fruchtbaren, schwarzen Wiesengrunde ge¬ 
wonnenen Heu gefüttert werden. 

M. unterscheidet drei Formen des Auftretens der Krank¬ 
heit : die acute, die subacute und die chronische Form. Diese 
verschiedenen Formen sind keineswegs immer streng zu trennen, 
da die Krankheit mehrere Wochen lang einen chronischen Ver¬ 
lauf nehmen kann, um dann auf einmal acut zu werden und 
das Thier zu tödten. Die unangenehmste Form ist die acute. 
Die subacute Form kann in der Mehrzahl der Fälle nicht von 
der chronischen Form unterschieden werden ausser in den¬ 
jenigen Fällen, in denen eine zeitweilige Besserung eintritt. 

Was die Erscheinungen anbetrifft, so zeigt sich der 
Patient einige Tage hindurch träge und schwerfällig in seinen 
Bewegungen, verrichtet seine gewöhnliche Arbeit nicht wie 
sonst, bleibt hinter seinen Arbeitsgenossen zurück und versagt 
zeitweilig das Futter. Der Puls ist langsam und unregelmässig, 
bisweilen aussetzend. Die Augen sind matt, die Conjunctiven 
blutreich; das Sehvermögen ist geschwächt. In den acuten 
Fällen kann das Thier völlig blind sein. Der Appetit ist im 
Anfangsstadium wechselnd. Bisweilen rührt das Thier kein 
Futter an, ein ander Mal frisst es seinen eigenen Koth. Der 
Durst ist in der Regel nur mässig; einzelne Thiere rühren 
mehrere Tage lang kein Wasser an. Nur in acuten, schnell 
zu Tode führenden Fällen wurde Lähmung des Schlundkopfes 
wahrgenommen. Der Gang ist schwankend, die Hinterbeine 
werden träge nachgezogen. Bei schnellen Wendungen taumelt 
Patient und droht umzufallen. Die Schamlippen der weiblichen 
Thiere sind blass, anämisch; der Sphinkter vesicae ist gelähmt, 
der Urin tropft unfreiwillig ab. Beim männlichen Thiere hängt 
der Penis schlaff, pendelnd herab. Unfreiwilliger Urinabfluss 
wird auch hier beobachtet, doch seltener als bei der Stute. 
Die Athmung erfolgt abnorm langsam, so dass die Athemzüge 
nur schwer zu zählen sind. Wenn ungestört, stehen die Thiere 
theilnahmlos, den Kopf auf die Krippe oder gegen die Wand 
gestützt, da. Schreckt man sie auf, fahren sie heftig zusammen, 
fallen aber bald wieder in ihren schlafähnlichen Zustand zurück. 
In den meisten Fällen besteht hartnäckige Verstopfung, welche 
sich bis zur völligen oder theilweisen Darmlähmung steigern 
kann. Die Körpertemperatur ist in der Mehrzahl der Fälle 
normal, obwohl bei der acuten Erkrankungsform Temperaturen 
von 41,0—41,6° C. herabsinken. In einigen chronischen Fällen 
kann die Temperatur auf 37,0—35,5° C. herabsinken. In den 
acuten Fällen wird Urin von wasserheller Farbe in reichlicher 
Menge abgesetzt. In den chronischen Fällen dagegen ist der 
Urin spärlich, von strengem Geruch und tief brauner Farbe. 
Der Koth ist kleingeballt und sehr hart. Zwischen den Zähnen 
sieht man Unrath aller Art; das Zahnfleisch ist abgeschürft; 
die Lippen sind vom Anrennen an Hindernisse geschwollen. 
Die Zunge ist trocken und mit einem weisslich-grauen Belage 
bedeckt, der Athem stinkend. Nervöse Zuckungen der Lippen, 
Kopf- und Schenkelmuskeln werden häufig beobachtet. In 
acuten Fällen kommt bisweilen ein tetanischer Krampf der 
Muskeln in der Lenden- und Cervicalgegend vor. Mit zu¬ 
nehmender Krankheit nimmt auch die Schlafsucht der Thiere 
zu. Sic stehen mit weit gespreizten Beinen da und bewegen 


dieselben automatenhaft auf und ab, als wenn sie gehen. Bis¬ 
weilen setzen die Thiere das Sternum fest gegen die Krippe 
und drängen in dieser Stellung mit Aufwendung aller Körper¬ 
kraft vorwärts. Die Gehirnerscheinungen lassen einige Tage 
vor dem Tode nach. Gewöhnlich sterben die Patienten inner¬ 
halb 10—30 Tagen, in einigen leichten Fällen können die 
Thiere auch in ein paar Monaten langsam hinsiechen. Selten 
aber stirbt ein Thier selbst in den schwersten Fällen vor Ab¬ 
lauf von 10 Tagen. 

Keine Jahreszeit ist völlig frei von der Krankheit, obwohl 
sie am häufigsten in den Herbst- und Wintermonaten auftritt. 
Zeitweilig kann die Krankheit in einzelnen Districten einen 
epidemischen Charakter annehmen. 

Trotz vieler Bemühungen in den letzten Jahren ist die 
Aetiologie dieser Krankheit noch völlig dunkel. Die all¬ 
gemeine Meinung der Thierärzte, welche die Krankheit klinisch 
beobachtet haben, geht dahin, dass die Cerebrospinal-Meningitis 
als eine interstitielle Entzündusg des Gehirns und Rückenmarks 
sammt ihrer Häute aufzufassen ist, welche durch kleinste Lebe¬ 
wesen (Spaltpilze oder Protozoen) verursacht wird, die ihrerseits 
wieder entweder mit dem Futter bezw. Trinkwasser oder durch 
die Athmungsluft Eingang in den Körper der Thiere gefunden 
haben. 

Die Behandlung ist rein empirisch, doch hat keine Heil¬ 
methode, obwohl nahezu Alles versucht worden ist, dauernden 
Erfolg gehabt. Gelegentlich erholt sich auch einmal ein Patient 
selbst von einer schweren Erkrankung wieder ohne medica- 
mentösc Behandlung, doch bleibt in den seltenen Fällen der 
Genesung stets eine Schwäche im Hinterleibe zurück, welche 
das Thier für schwerere Arbeit völlig untauglich macht. 

Bei der Section verendeter Thiere findet man im Untcr- 
hautzellgewebe grosse Mengen geronnenen Serums von gelblicher 
Farbe. Die Blutgefässe enthalten dunkles, aber nicht gerinnendes 
Blut. Die Dura des Gehirns und Rückenmarks ist mit zahl¬ 
reichen Blutflecken bedeckt. Bedeutende Ergüsse von Serum 
finden sich in den Arachnoidalräumen. Dasselbe enthält in den 
acuten Krankheitsfällen Fibringerinnsel, rothe Blutkörperchen etc. 
Die Pia zeigt Erscheinungen hochgradiger Entzündung und ist 
vielfach durch plastisches Exsudat fest mit dem Rückenmark 
verklebt. Die Blutgefässe in Gehirn und Rückenmark sind ver- 
grössert und prall mit dunkelrothem Blute gefüllt. Das Rücken¬ 
mark zeigt eine weiche, halbgelatinöse Consistenz und in der 
Regel dunkelrothe Färbung. Der Magen enthält gewöhnlich 
nur geringe Mengen trockenen Futters. Die Lungen sind 
ödematös bei der chronischen Form und zeigen Erscheinungen 
hypostatischer Congestion. Bei der acuten Form findet man 
in den vorderen Lungenlappen die Veränderungen typischer 
Lobulärpneumonie. Der Darm ist strichweise mit dunklen 
Flecken bedeckt. Das Colon enthält meist trockenen Inhalt. 
Bisweilen trifft man zahlreiche Parasiten im Darm an. Die 
Leber ist geschwollen, sehr blutreich. In chronischen Fällen 
werden Erscheinungen von Cirrhosis wahrgenommen. Die Milz 
ist ebenfalls vergrössert, sehr blutreich; Pulpa weich. 

A. Eber. 

Vorfall von Darmschlingen durch den offen gebliebenen 

Nabelring. 

Von Districtsthicrarzt Liebl in Dorfen. 

IWochenschrift für Thicrlicilkuiidc und Viehzucht, 189s, No. 16) 

Eine mannskopfgrosse, pendelnde, fluctuirende Geschwulst 
zeigte sich am Nabel eines neu geborenen Kalbes. Beim Er¬ 
öffnen wurde dieselbe als vorgestülpter Bauchfellsack erkannt, 
in welchem ca. 3 m Därme lagen. Nachdem der Bauchfellsack 
mit der Schcere entfernt und der stark geschwollene Nabelring 
operativ erweitert war, wurden die Gedärme reponirt, die 
Wunde mit Catgut geschlossen, aussen mit Seide vernäht, ein 
Jodoformverband angelegt, mit Guttapercha bedeckt und ein 
Eisbeutel darauf gelegt. Die Wunde schloss sich nach 4 Tagen. 
Das Thier wurde geheilt. Will ach. 



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No. 52. DEUTSCHE THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 461 


Aneurysma der Arteria facialis und ihrer Verzweigungen 
bei einer Kuh. 

Von Dr. Vogel-Kreuznach. 

lUerliner thierärztliche Wochenschrift, 1898, No. 39.) 

Bei einer schweren Simmenthaler Kuh konnte Verf. ein 
ungleichmässiges, mehrfach buchtig und sackartig erweitertes, 
rechtsseitiges Aneurysma der Arteria facialis von ihrer Um¬ 
biegungsstelle auf die Angesichtsfläche bis in den Verlauf der 
Augenwinkelarterie constatiren. Die stärkste, ca hühnerei- 
grosse Erweiterung lag am Ende der Augenwinkelarterje. Die 
Erweiterungen fühlen sich elastisch an, lassen eine Pulsation 
deutlich wahrnehmen und beim Anlegen des Ohres hört man 
schwirrende und zischende Geräusche. Die Augengefässc sind 
stark gefüllt, die Sklera diffus geröthet, jedoch ohne entzünd¬ 
liche Erscheinungen. Als V. einige Zeit darnach die Kuh wieder 
zu Gesicht bekam, hatten sich die aneurysmatischen Verände¬ 
rungen bedeutend vergrösscrt und bis gegen das Ohr aus¬ 
gedehnt. Das am Ende der Augenwinkelarterie befindliche 
Aneurysma hatte die Grösse einer . Faust. Die Gcfässe der 
Sklera sind strotzend gefüllt. 

Anschliessend giebt Verf. Erwähnung von einem Aneurysma 
arterio venosum zwischen Jugularis und Carotis bei einem 
Pferde, entstanden jedenfalls bei Ausführung eines Aderlasses 
dadurch, dass das benutzte Instrument durch die Wandungen 
der Jugularis hindurch auch noch die Carotis traf. 

[Ref. hatte vor einiger Zeit Gelegenheit, ein Aneurysma 
arterio venosum am Samenstrang eines Ochsen zu beobachten. 

. Der betreffende Samenstrangstumpf hatte die Grösse einer Faust, 
fühlte sich fluctuirend an und Hess die Blutcirculation in seinem 
Innern in Form von quirllenden Wallungen und Strömungen 
deutlich wahrnehmen. Nach der Schlachtung ergab sich, dass 
die Verbindung der beiden Gefässe die Grösse eines grossen 
Hühnereies besass und die beiden Gefässe bis in die Bauch¬ 
höhle hinein so stark erweitert waren, dass bequem ein Zeige¬ 
finger eingeführt werden konnte.] Görig. 

Ueber die Wirkung 1 von Hydrastis canadensis bei 
Bronchialkatarrh. 

Von M. Sänger. 

(Cbl. f. inn. Med., 1897, No. 17. Orig.-Referat a. d. Centralbl. f. raed. Wissenschaften.) 

S. machte bei einem tuberculösen Kranken, dem er gegen 
Haemoptoe Hydrastis verordnet hatte, die Beobachtung, dass 
nach Einnehmen des Mittels auch die Erscheinungen des Bron¬ 
chialkatarrhs sich erheblich besserten; dies veranlasste ihn, 
Hydrastis auch sonst bei Bronchialkatarrh anzuwenden. — In 
der vorliegenden Arbeit berichtet S. über seine zahlreichen, 
über einen Zeitraum von nahezu 6 Jahren sich erstreckenden 
Beobachtungen. Namentlich bewährte sich das Mittel bei 
chronischer Bronchitis, wo es bedeutende Abnahme des Husten¬ 
reizes, wesentliche Erleichterung der Expectoration, bessere 
Beschaffenheit des Sputums und deutliche Abnahme der physi¬ 
kalisch wahrnehmbaren Erscheinungen, des Katarrhs bewirkte. 
Die Darreichung geschah in Form des Fluidextracts, wovon 
Erwachsenen 4 Mal täglich 20 — 30 Tropfen verordnet wurden. 
Versuche mit Hydrastinin ergaben kein zufriedenstellendes 
Resultat. Vosshage. 

Ein Beitrag: zur Frage der Uebertragbarkeit von Warzen. 

Von O. Lanz. 

(Corr.-Blatt f. Schweizer Aerzte, 1898, No. 9.) 

Lanz versuchte bei einem Jungen, der an den Händen 
^ind am linken Vorderarme zahlreiche Warzen hatte, von denen 
einige grosse von einer Schaar kleiner und kleinster Tochter¬ 
warzen umgeben waren, eine künstliche Aussaat auf die Um¬ 
gebung einer alleinstehenden, besonders umfangt eichen Warze 
dadureji hervorzurufen, dass er diese häufig und energisch 
»verrieb«. Das Resultat war für den Patienten ein negatives, 


dagegen entstanden beim Verfasser selbst nach einigen Wochen 
Warzen an den zum Reiben benutzten Fingerbeeren des Zeige- 
und Mittelfingers, wie an der Volarseite des zweiten Mittel¬ 
fingergliedes, und eine von ihnen wuchs zu einem tiefsitzenden, 
harten, kirschkerngrossen, papillären Gebilde heran, das mit 
dem Thermokauter zerstört werden musste. Vosshage. 

Experimenteller Beitrag zur Kenntniss der Hämo¬ 
globinurie. 

iCentra b. f. allgem. Pathologie u. pathol. Anatomie, No. 10, «898.) 

Auf Grund zahlreicher an Kaninchen ausgeführten Ver¬ 
suchen suchte Chrystomanos das Schicksal der rothen 
Blutkörperchen während der Hämoglobinurie zu erforschen, 
indem er Glycerin einspritzte, wodurch stets eine überaus reich¬ 
liche Ausscheidung von Oxy- und Methämoglobin erzielt wurde; 
nachher verfolgte er durch mikroskopische Untersuchungen die 
hieraus entstandenen Veränderungen. 

Sehr hohe Glycerinmengen, die raschen Tod durch schwere 
Blutalteration erzeugen, setzten keine anatomischen Verände¬ 
rungen in den Organen, wohl aber und stets einen diffusen 
Hämoglobin-lnfarct in beiden Nieren, sowie vollkommene Todten- 
starre schon in 2 —10 Minuten. Bei geringeren Glycerindosen 
nimmt in Folge Wasserverarmung die Zahl der Erythrocyten 
im Blute scheinbar zu, ihr Durchmesser dagegen ab. Dieser 
Vermehrung, die noch andauert, während bereits Blutfarbstoff 
im Harn erschienen ist, folgt alsbald eine Verminderung der 
Zahl der rothen Blutzellen, die entweder zum Tod führt oder 
sich allmälig wieder ausgleicht. Tritt Hämoglobinurie wie ge¬ 
wöhnlich auf, findet sich in den Organen ausser allgemeiner 
Hämoglobinämie nichts Besonderes, nur die Nieren sind 
durch das halbflüssige, jedoch nicht coagulirte Blut infarcirt und 
wird dann die Ausscheidung der Hämoglobintröpfchen durch 
die Epithelien der Henle’schen Schleifen und der gewundenen 
Canäle besorgt, während die Bowmann’schen Kapseln leer 
bleiben. Zur Zeit der zunehmenden Blutzellenverarmung fand 
Chr. fast nie etwas Abnormes in den Nieren, dagegen be¬ 
herbergen Milz und Knochenmark eine bedeutende Zahl grosser, 
durch blassrothe Blutkörperchen vollgepfropfter Zellen (bis 
30 Erythrocyten in einer Zelle), im Blute selbst sind aber 
zu keiner Zeit Trümmer rother Blutkörperchen 
sichtbar. Stets sind letztere ganz erhalten, wenn auch ab¬ 
geplattete neben kugeligen angetroffen werden. 

Auf Grund dieser Erscheinungen kommt Verf. zum Schluss, 
dass bei der Hämoglobinurie die Blutkörperchen zunächst nur 
entfärbt werden durch Abgabe ihres Farbstoffes an das 
Plasma. Sie gelangen hierauf in die Milz und das Knochen¬ 
mark, wo sie entweder von Neuem mit Farbstoff versehen 
werden, um abermals in die Circulation einzutreten, oder aber 
vollends zerstört werden. Die Zerstörung und Erneuerung des 
Blutes soll auch während des physiologischen Lebens wenigstens 
theilweise durch Verlust und Erneuerung des bei dem Stoff¬ 
wechsel leicht zerlegbaren Hämoglobins stattfinden, ohne dass 
das Blutkörperchenstroma nothwendig mit zu ver¬ 
fallen braucht. Ihre Stütze findet diese Aufstellung indem 
Vorhandensein von Blutkörperchen verschiedenen Hämoglobin¬ 
gehaltes auch im normalen Blute und von Blutkörperchen ent¬ 
haltenden Zellen in Milz und Knochenmark, während Blut¬ 
körperchentrümmer oder Pigmentschollen so selten im circu- 
lirenden Blute angetroffen werden, dass ihre Menge der täglich 
vor sich gehenden Hämoglobinzersctzung (Gallen- und Farb¬ 
stoffausscheidung) nicht entspricht. Ausserdem konnte durch 
Präparate constatirt werden, dass die Niere bloss die Aus¬ 
scheidung des im Blute gelösten Farbstoffs besorgt, ohne selbst 
in Mitleidenschaft gezogen zu werden, als durch den Infarct 
ihrer Canäle und der dadurch bedingten Volumzunahme des 
ganzen Organs (Nierenödem, Nierenschmerzen) und dürfte 
hieraus die oft rasch vor sich gehende Genesung der Kranken 
zu erklären sein. Endlich fiel auch eine (an die zur Er¬ 
klärung der paroxysmalen Hämoglobinurie angenommene 
Nerveperregung erinnernde) enorme Verengerung der Haupt- 
gefässe auf und war die daraus resultirende periphere An 


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4Ö2 


DEUTSCHE THIERyERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


24. Dezember. 


ämie bei den mit tödtlichen Glycerinmengen behandelten 
Kaninchen so excessiv, dass nicht einmal die zum Zählen nöthige 
Blutmenge aus der Haut entnommen werden konnte. Vogel. 

Ein Beitrag: zu den Hirntumoren. 

Von Dr. Peter-Angermünde. 

(Berliner thierarztl. Wochenschrift, 1898, No. 43) 

Von einem Schlächtermeister zur Begutachtung einer zur 
Schlachtung gekauften Färse, welche seit einigen Wochen 
Drehbewegungen macht, gerufen, konnte P. bei der Unter¬ 
suchung Folgendes feststellen. 

Das ca. 18 Monate alte Rind steht sich selbst überlassen, 
mit tiefgesenktem Kopf und stierem, unbeweglichem Blick da; 
wird es zum Gehen angetrieben, so dreht es sich im Kreise 
nach rechts mit schief nach oben und links gehaltener Nase. 
Sucht man das Rind aus dieser Bewegungsart zu stören, so 
verfällt es in einen hochgradigen Erregungszustand und drängt 
rechtsseitig nach der Wand der Stallung. Freiwillig vermag 
die Färse den Stall nicht zu verlassen, da sie mit der rechten 
Schulter an dem Thürpfosten hängen bleibt und sich mit aller 
Gewalt dagegen stützt. Bei der Bewegung knickt das rechte 
Fesselgelenk mehrfach vorn über. Nach einigen Schritten kommt 
die Färse auf das rechte Carpalgelenk nieder, wo sie ca. 
5 Minuten liegen bleibt und dann mit einem mächtigen Satz 
cmporschnellt, um in die alten Drehbewegungen wieder zu ver¬ 
fallen. Sonstige Störungen des Allgemeinbefindens wurden nicht 
beobachtet. 

Diagnose: chronische Veränderungen (Tumor?) in der 
linken Hirnhälfte, vielleicht auch Coenurus cerebralis. Bei den 
nach der Tödtung durch den Schächtschnitt vorgenommenen 
Obduction wurden nachfolgende Veränderungen am Gehirn 
wahrgenommen. Der linksseitige Sehhügel und die linke 
Hälfte des unteren Vicrhügelpaares springen bedeutend stärker 
hervor, als die betreffenden rechtsseitigen Theile. Die rechte 
Vierhügelabtheilung wird durch die linke zur Seite gedrängt. 
In der Substanz des linken Sehhügels und des linken Vier¬ 
hügelabschnittes sitzt ein Tumor, dessen genauere Charakte¬ 
ristik von P. folgendermassen zusammengefasst wird: wallnuss¬ 
grosser, 5 g schwerer, begrenzter, gefässarmer Tumor von 
weicher Consistenz mit grobhöckeriger Oberfläche, bestehend 
aus einer grauen, durchscheinenden Grundsubstanz, in welcher 
sehr viele gleichmässig vertheilte, grieskorngrosse, weissgelb¬ 
liche Kalkkörnchen liegen. Die Grundsubstanz besteht histo¬ 
logisch aus kleinen, feingranulirten, kernhaltigen Rundzellen mit 
einem sehr spärlichen Zwischengewebe. Durch das Vorherrschen 
der zelligen Elemente documentirte die Geschwulst ihre Zu¬ 
gehörigkeit zu den Sarkomen. Eine Besonderheit und seltenes 
Vorkommen sind die grieskorngrossen, weissgelblichen Kalk¬ 
körnchen. 

Da die Färse noch mit veralteten, tuberculösen Verände¬ 
rungen der Bronchialdrüsen und der Pleura pulmonalis behaftet 
war, wurde die Geschwulst, um jeden Zweifel an der Diagnose 
zu beseitigen, auch auf Tuberkclbacillen untersucht, jedoch mit 
negativem Resultat. 

Mit Rücksicht auf die beim Menschen bei Vierhügeltumoren 
durch Affection des Oculomotoriuskernes bedingte Ophthalmo¬ 
plegie, die nach Ansicht des Verf.’s auch bei der in Rede 
stehenden Färse zweifellos zugegen war, hätte die genauere 
klinische Diagnose »Vicrhügeltumor« lauten müssen. Görig. 


Zur Behandlung: der Lungenentzündung des Pferdes. 

vBull. de la Socieie de Mcdecme veterinairc.i 

Thierarzt Brun von Paris berichtet über seine günstigen 
Erfolge, welche er bei der Pneumonie des Pferdes durch 
permanente Application von Eis in den letzten Jahren 
erzielt hat und will diese neue Therapie der seitherigen Be¬ 
handlung durch Ableitung mittelst der Kantharidcnsalbe bei 
Weitem vorziehen. Weitere Mittel wendet Brun nicht an, 
ausser, wenn nöthig, Einspritzung von Aethcr oder Coffein, unter 
die Haut. Die Versuche mit der neuen Methode machte er 


nur bei schwereren Pneumoniefällen und hatte stets Erfolg, der 
sich auch dadurch zeigte, dass die Krankheit nie länger als 
12 Tage dauerte. Auf das veränderte Heilverfahren kam er 
dadurch, dass ihm zuvor mehrere infectiöse Pneumonien durch 
einfache, kalte Waschungen und kleine, wiederholte Aderlässe 
rasch zur Heilung gelangten. Schon früher hatte eine ähnliche 
Revulsion der russische Veterinär Woronzow empfohlen und 
verlor er dabei unter 250 Fällen nur 4 "/o- Brun giebt das 
Eis etagenweise in einen grossen Beutel, befestigt ihn auf die 
kranke Seite und lässt ihn unter rechtzeitiger Erneuerung des 
Inhaltes tagelang liegen. 

Bei der in der Sitzung obengenannter Gesellschaft hierüber 
entsponnenen Debatte wendete Le bl an c ein, man dürfe, auch 
wenn diese permanente Eisbehandlung sehr gute Dienste leiste, 
doch nicht die seitherige Bekämpfungsweise der Lungenent¬ 
zündung verdammen, namentlich sei z. B. im Anfang schwerer 
typhoider Pneumonien die tägliche Anwendung von zwei Dosen 
des schwefelsauren Chinins (h 5,0) von hohem Werthe. 
Trasbot meinte, es sei Sache der Klugheit, sich gegenüber 
derartiger neuer Behandlungsmethoden sehr reservirt zu ver¬ 
halten, sie verbreiten im Beginn. grossen Nimbus um sich, um 
dann nur zu häufig rasch wieder vom Schauplatz zu ver¬ 
schwinden. Sicher stehe wohl, dass eine Abkühlung des 
Körpers besonders bei den infectiösen Pneumonieformen von 
entschiedenem Werthe sei, die wahre, rationelle Therapie könne 
aber nur darin bestehen, die mikrobische Ursache, die Pneumo¬ 
kokken, zu vernichten und so weit sei man noch nicht ge¬ 
kommen. A 1 i x findet, dass ein entsprechendes hygienisches 
Verhalten, insbesondere ausgiebiges Lüften der Stallung, in der 
Regel schon allein hinreiche. Schlieslich kam die Versammlung 
zu folgenden Betrachtungen. 

Es ist sehr schwer, wenn nicht unmöglich, durch inner¬ 
liche Mittel eine erhebliche Temperaturverminderung zu erzielen, 
wenn nicht zugleich eine äusserliche Deplation getroffen wird. 
Letztere, am besten durch Senföl eingeleitet, hat sich im All¬ 
gemeinen durchaus bewährt und ist auch leicht praktisch aus¬ 
führbar, was von der permanenten Eisapplication keineswegs 
gesagt werden kann; sie muss geschickten Händen anvertraut 
werden und besteht eine weitere Schwierigkeit darin, dass Eis 
nicht überall leicht zu beschaffen ist. Unbestritten spielen die 
hygienischen Massregeln eine Hauptrolle und steht neben der 
Ventilation des Aufenthaltsraumes die Anwendung der Bürste 
und des Striegels oben an, welche täglich 4 — 5 Mal zu ge¬ 
schehen hat. Die Haut ist wesentlich ein Exhalationsorgan und 
hat für die kranke Lunge einzutreten. Auch Sonnenbäder sind 
empfehlenswerth. Ausserdem hat sich besonders bei der in¬ 
fectiösen Lungenentzündung eine zeitweise Desinfection des Ver- 
dauungstractes durch Creolinpillen recht nützlich erwiesen, so¬ 
wie ausgiebiges Anbieten warmer Getränke aus Abkochungen 
von Heu oder Leinsamen und “sollten davon 25—30 Liter im 
Tage gereicht werden. Man erzielt hierdurch ein reichliches 
Auswaschen des Blutes, wobei grosse Mengen toxischer Pro- 
ducte der Pneumokokken durch die Nieren excernirt werden. 
Aehnliche Dienste leistet auch die Milch, wenn sie täglich in 
grösseren Quantitäten (etwa 12 Liter) vorgelegt wird. (Genannte 
Eisbehandlung wird in praxi nicht besonders Platz greifen und 
kann eine nur 12 tägige Dauer der Krankheit oder nur 4 °/ 0 
Verlust als kein wirklicher Erfolg angesehen werden, abgesehen 
davon, dass bei der Lungenentzündung hauptsächlich individuali- 
sirt werden muss. Ref.) Vogel. 

Oeffentliches Veterinärwesen. 

Veterinärpolizeiliche Mas9regeln gegen die „Influenza“. 

Die Zahl der Viehseuchen, deren Unterdrückung durch 
veterinärpolizeiliche Massnahmen erstrebt wird, mehrt siclr 
erfreulicher Weise immer mehr. Durch Bekanntmachung des 
Herrn Reichskanzlers ist seit dem I. Oktober d. J. die Anzeige¬ 
pflicht für die als Influenza der Pferde bezeichneten Krank¬ 
heiten (Pferdestaupe und Brustseuche) für die preussische Pro¬ 
vinz Ostpreussen eingeführt worden. Der Regierungs-Präsident 


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No. 52. 


zu Gumbinnen hat unterm 27. November 1898 nunmehr durch 
landespolizeiliche Anordnung zur Bekämpfung der genannten 
Seuchen Massregeln erlassen, die bei allen Thieiärzten einem 
regen Interesse begegnen werden, da es doch die ersten sind, 
welche in Deutschland ergehen; wir wollen sie deshalb auch 
in ihren Grundzügen hier mittheilen. 

Der erstmalige Ausbruch der allgemein als Influenza be- 
zeichneten Krankheiten der Pferde (Pferdestaupe und Brust¬ 
suche) in einem bis dahin seuchenfreien Gehöft ist nach erfolgter 
Feststellung durch den beamteten Thierarzt von der Polizei¬ 
behörde sofort auf ortsübliche Weise und durch Bekanntmachung 
in dem für amtliche Publikationen bestimmten Blatte zur öffent¬ 
lichen Kcnntniss zu bringen, auch den Polizeibehörden aller 
dem Seuchenorte benachbarten deutschen Gemeinden mitzu- 
theilen, welche ihrerseits gleichfalls den Seuchenausbruch zur 
Kenntniss der Ortseinwohner zu bringen haben. 

Das Seuchengchöft ist am Haupteingangsthore oder an 
einer sonstigen geeigneten Stelle in augenfälliger und haltbarer 
Weise mit der Inschrift »Influenza« zu versehen. An allen 
Eingängen des Seuchenorts sind Tafeln mit gleicher Inschrift 
aufzustellen. In grösseren Orten ist die Aufstellung der Tafeln 
auf einzelne Strassen oder Theile des Orts zu beschränken. 

Ist in einem Pferdebestande die Influenza oder - der Ver¬ 
dacht derselben von dem beamteten Thierarzt festgestellt worden, 
so sind die scuchenkrankcn oder seuchenverdächtigen Pferde 
bis zu ihrer vollständigen Genesung von den gesunden Pferden 
möglichst derart zu trennen, dass .auch jede mittelbare Be¬ 
rührung vermieden wird. 

Die seuchenkranken Pferde unterliegen der Gehöftsperre. 

Fuhrwerke, die mit Pferden aus einem verseuchten Ge¬ 
höft bespannt sind, haben eine Tafel mit der Inschrift »Influenza« 
zu führen. 

Pferde, welche aus einem verseuchten Gehöft stammen, 
dürfen in fremde Gehöfte nicht eingestellt werden. Fremde 
Futterkrippen, Tränkeimer oder Geräthschaften dürfen für die¬ 
selben nicht benutzt werden. 

Das Seuchengehöft ist für fremde Pferde gesperrt. 

Die Seuche gilt als erloschen, und die angeordneton Schutz- 
massregeln sind aufzuheben, wenn nach Abheilung des letzten 
Krankheitsfalles eine Frist von 4 Wochen vergangen, nach der¬ 
selben die Unverdächtigkeit der Pferde durch den beamteten 
Thierarzt festgestellt, und wenn die vorschriftsmässigc Des- 
infection erfolgt ist. Nach Aufhebung der Schutzmassregeln 
ist das Erlöschen der Seuche in gleicher Weise wie der Aus¬ 
bruch der Seuche zur öffentlichen Kenntniss zu bringen. 

Zur Desinfection der Stallungen und sonstigen Räumlich¬ 
keiten, in denen seuchenkranke Pferde gestanden haben, ist 
zunächst nach Massgabe der §§ 4—8 der Anweisung für das 
Desinfectionsverfahren bei ansteckenden Krankheiten der Haus- 
thiere (Anlage A der Bundesraths-Instruction vom 27. Juni 1895) 
eine gründliche Reinigung und Lüftung vorzunehmen, darauf 
hat nach § 9 der Anweisung eine Uebertünchung der Stall¬ 
decken, Wände und Geräthschaften sowie eine Abschlemmung 
des Fussbodens mit aus frisch gelöschtem Kalk hergestellter 
Kalkmilch zu erfolgen. 

Eisentheile sind mit Theer, Lack oder Oelfarbe zu be¬ 
streichen. Das gleiche Verfahren ist bei Holz und Steintheilen 
an Stelle der Uebertünchung mit Kalkmilch anwendbar. 

Die Ausführung der Desinfection ist von der Polizeibehörde 
zu überwachen. 

Es folgen dann die üblichen Verweisungen auf die Straf¬ 
bestimmungen, sowie die Inkraftsetzung der ganzen Verordnung 
vom Tage der Bekanntmachung an. 

Ob nach der erstmaligen Feststellung der Seuche durch 
den beamteten Thierarzt nicht noch Revisionen etwa nach Ab¬ 
lauf von 14 Tagen nothwendig sind, um die Durchführung der 
Gehöftsperre für kranke Pferde zu sichern, wird die praktische 
Beobachtung ergeben. Wird es den Besitzern ganz und gar 
überlassen, etwa nachträglich erkrankte Pferde selbständig zu 
separiren, so dürfte von dieser Seite wenig zu erwarten sein; 
die Strafbestimmungen reichen da auch nicht aus, weil der 
Besitzer den Ausbruch der Seuche erst erkannt haben muss, 


463 


ehe er zur Separation verpflichtet ist; erfahrungsgemäss hängt 
diese Erkenntniss nicht nur vom »Können«, sondern auch vom 
»Wollen« ab. 

Heilung der Schweineseuche dur^i intravenöse 
Injectionen von Sublimat. 

Von Marenghi. 

idiorn. della R. Soc ed Accad. Vet. Ital., 1898, S. «041.) 

Nachdem M. sich durch Versuche hinlänglich überzeugt 
hatte, dass alle bisherigen Kurmethoden, welche gegen die 
Schweineseuche angegeben sind, werthlos waren, griff er zu den 
intravenösen Injectionen von Sublimat. 

Ein Kaninchen erhielt intravenös i mg Sublimat und 
gleichzeitig i ccm einer virulenten Cultur des Schweineseuche- 
bacteriums. Zur Controle erhielt von zwei anderen Kaninchen 
das eine i mg Sublimat intravenös, das andere Cultur von 
Schweineseuchebakterien. Von diesen drei Kaninchen starb 
nur das letzte. 

Durch diesen Vorversuch ermuthigt, wandte M. das Ver¬ 
fahren bei Schweinen an. Er benutzte eine Sublimatlösung 
von 1 g Sublimat, 3 g Kochsalz, 1000 g Wasser, die vermittelst 
der Pravaz’schcn Spritze injicirt wird. Die Nadel der Spritze 
ist 2 Mal rechtwinklig abgeknickt und mit der Spritze durch 
ein Stück Gummischlauch verbunden. Die Menge des injicirten 
Sublimats betrug Anfangs 0,5 mg pro Tag und stieg in den 
folgenden Tagen bis auf 1 mg. Zur Injection wählte M. bei 
grossen Schweinen die Vene am äusseren Rande der Ohr¬ 
muschel, bei kleineren die Brustvene, welche eine Fingerbreite 
von den Zitzen entfernt, parallel mit diesen verläuft und durch 
Hautschnitt freigelegt werden muss. 

In dieser Weise hat M. 170 Schweine behandelt und will 
stets innerhalb 8 Tagen Heilung erzielt haben. Die intravenöse 
Injection ist durch keine andere Applicationsmethode zu ersetzen. 

Fr ick. 


Beitrag zum experimentalen Rotz und zur Malle'in-Frage. 

Von Thierarzt M. Prcttner. 

(Thicrarztliches Centralblatt. 1898. No. 33.) 

Den in der Literatur verzeichneten zwei Fällen von posi¬ 
tiver Uebertragung des Rotzes durch cutane Impfung, deren 
einer von Csokor, der andere von Penchu mitgetheilt wurde, 
stellt Pr. einen gegenüber, wobei es nicht gelang, einen Schaf¬ 
bock wirksam zu inficiren. 

Im Prager bakteriologischen Institut impfte Pr. einen Schaf¬ 
bock mit 20 ccm Bouillon-Rotzcultur intraperitoneal. Das Control¬ 
meerschweinchen verendete nach 6 Tagen an typischem Rotz. 
Bei der nach drei Monaten behufs Serumgewinnung durch Ab¬ 
schneiden der Carotis bewirkten Tödtung und nachfolgenden 
Obduction wurden keine Veränderungen gefunden, welche auf 
Rotzkrankheit hindeuteten, auch blieben die aus den Organen 
angelegten Culturen steril. Mit dem gewonnenen Serum wurden 
zwei Meerschweinchen, welche 2 ccm Bouillon-Rotzcultur ein¬ 
gespritzt bekommen hatten, zur Feststellung event. antitoxischer 
Wirkung derartigen Serums geimpft. Beide Thiere erlagen 
jedoch innerhalb 6 Tagen an typischem Rotz. Aus diesen Ver¬ 
suchen resultirt, dass das betr. Schaf immun gegen Rotz war 
und das aus dem Blute desselben gewonnene Serum keinen 
hemmenden Einfluss auf die Entwicklung der Rotzkrankheit bei 
damit geimpften Thieren auszuüben im Stande ist. Vielleicht 
ist auch die Annahme berechtigt, dass die cutane Impfung und 
die intraperitoneale verschiedene Resultate hervorbringen können. 

Ein mit Lungenstrongylose behaiteter Schafbock wurde 
mit Mallein geimpft. Er bekam 2 ccm des aus Bouillonculturen 
hergestellten Malleins an der inneren Schenkelfläche eingespritzt. 
Die Körpertemperatur stieg darnach auf 40,1. Das Thier wurde 
sehr traurig, matt und versagte das Futter vollständig; diese 
krankhaften Erscheinungen waren Tags darauf wieder ver¬ 
schwunden und die Temperatur zur Norm zurückgekehrt. Nach 
der Schlachtung zeigten sich die bekannten Veränderungen der 
Wurmpneumonie in nur geringem Grade. 


DEUTSCHE THIERiERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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24. Dezember. 


DEUTSCHE THIERjERZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Der Versuch zeigt, dass, wie dies ja schon beim Pferde 
beobachtet wurde, auch bei anderen Thieren bei Gegenwart 
einer andern Krankheit als Rotz nach einer Malleineinspritzung 
eine Temperaturerhöhung zu beobachten ist. Görig. 


Verschiedene Mittheilungen. 

Von der thierärztlichen Hochschule in München. 

Der S. C. der thierärztlichen Hochschule zu München, be¬ 
stehend aus den drei Corps Hassonassovia, Normannia und 
Vandalia, feierte am 5. Dezember d. J. den Semesterbeginn 
durch einen solennen Commers. 

Im hübsch decorirten Kaimsaale hatten sich Professoren 
und Assistenten der thierärztlichen Hochschule, Freunde und 
Gönner der studirenden Jugend und die alten Herren der drei 
Corps äusserst zahlreich eingefunden, um wieder auf einige 
Stunden mit der Jugend zu leben. Die Gallerie war zahlreich 
mit Damen besetzt. Der Senior des zur Zeit präsidirenden 
Corps Normannia, Herr cand. med. vet. Rehaber, sprach nach 
Eröffnung des Commerses und Begrüssung der Corona die Fest¬ 
rede, in welcher er die Prinzipien des Corps in beredten Worten 
darlegte. Herr cand. med. vet. Bayer-Normanniae feierte in 
würdiger Weise den Landesfürsten und brachte ihm ein drei¬ 
fach donnerndes Hoch, in welches die Festversammlung be¬ 
geistert einstimmte, worauf die Königshymne gesungen wurde. 
Die Worte des Herrn cand. med. vet. Luginger - Hasso- 
nassoviae galten den Herren Professoren und Herr cand. 
med. vet. Günther-Vandaliae errang sich und seinen Com- 
militonen die Gunst der Damen durch seine gewählte, mit vielem 
Humor gewürzte Ansprache. 

Um 1 Uhr war der officielle Theil beendet, dem die fidcle 
Exkneipe folgte. Nur zu schnell entflogen die herrlichen Stunden 
und es war früher Morgen, als sich die frohe Runde zu lichten 
begann. Die Feier hatte einen vornehmen und herzlichen Cha¬ 
rakter und jeder Theilnehmer an dem Feste nahm die Empfindung 
mit nach Hause, einen gediegenen, vom Geiste echter deutscher 
Jugend getragenen Abend verlebt zu haben. 

Vereinsnachrichten. 

Herbstversammlung: des Vereins der Thierärzte des 

Saargrebietes 

am 27. November im Restaurant »Altes Münchner Kindl« 
zu St. Johann a. d. S. 

Der Vorsitzende des Vereins, Herr Kreisthierarzt Mette 
in Saarbrücken, eröffnete die Versammlung um 11 Uhr, in¬ 
dem er die Anwesenden herzlich willkommen hicss und seiner 
Freude darüber Ausdruck gab, dass die Herren Collegen so 
zahlreich zur Versammlung erschienen waren. 

Es waren anwesend: Mette-Saarbrücken, Zahn-Saar¬ 
brücken, Dr. Bützlcr-Trier, Nithack-Saarburg, Meyer¬ 
st. Johann, Hosemann-Forbach, Schäfer-Dudweder, Kncip- 
Völklingen, Kaas-Saarlouis, Wertheim-Saarlouis, Menges- 
Saargemünd, Behr-Mcrzig und Hauck-Sulzbach. 

Als Gäste: B a c k m u n d - Saargemünd, Lauff-Mcrzig und 
Bruns-Hausweiler. 

Zu Punkt 1 der Tagesordnung: Vereins- und Standes¬ 
angelegenheiten wurde von dem Vorsitzenden das Austritts¬ 
gesuch des Herrn Sanitätsthierarztes Matt in Friedrichsthal 
zur Kenntniss der Versammlung gebracht. 

Die Herren Collegen Backmund-Saargcmünd, Lauff- 
Merzig und Bruns-Hausweiler hatten sich zur Aufnahme ge¬ 
meldet und wurden einstimmig aufgenommen. 

Zu Punkt 2 der Tagesordnung: Der Verein bezahlt zu 
den Kosten des VII. internationalen thierärztlichen Congresses 
zu Baden-Baden 100 Mk., welche von dem Rechner des Vereins 
alsbald an die Filiale der Rheinischen Creditbank zu Baden- 
Baden zu übersenden sind. 


Zu Punkt 3 der Tagesordnung: Mitteilungen aus der 
Fleischbeschau hielt Herr College Dr. Bützlcr aus Trier 
einen äusserst lehrreichen Vortrag über folgende Fälle aus der 
Fleischbeschau: 

1. Ein Fall von Neuritis prolifera bei einem Ochsen. 

2. Kreuzlähme beim Pferd, verursacht durch Rückenmarks¬ 
erweichung. 

3. Multiple Lipome beim Rind. 

4. Generalisirte Tuberculose beim Rind und Schwein. 

5. Beziehungen zwischen Urticaria und Schweinerothlauf. 

Herr College Mette dankte unserm verehrten Herrn 

Dr. Bützler für seinen äusserst interessanten Vortrag und 
bat ihn, uns noch recht oft durch Vorträge aus dem Schatze 
seines reichen Wissens zu erfreuen. 

Hieran anschliessend wurde der neue preussische Finnen¬ 
erlass eingehend besprochen und seine Härten gerade hier in 
den Grenzbezirken durch Beispiele reich illustrirt. Es wurde 
allgemein hervorgehoben, dass die Bestimmungen des Erlasses 
die Fleischbeschau ausserordentlich erschweren, besonders da 
hier vielfach Schlachtvieh aus der Pfalz und aus Elsass-Loth- 
ringen bezogen wird, wo eine Währschaftspflicht für Finnen 
bei Rindern nicht besteht. Wegen zu weit vorgeschrittener 
Zeit konnte diese Frage nicht vollständig erledigt werden und 
soll in der Früjahrsversammlung die Sache noch einmal zur 
Sprache gebracht werden. 

Um 2 Uhr Nachmittags wurde die Versammlung durch 
den Vorsitzenden geschlossen. 

Nach Schluss der Versammlung fand ein gemeinsames Essen 
statt, an dem sich eine stattliche Anzahl Damen und einige Gäste 
betheiligten. Zwanglose Fröhlichkeit herrschte in unserem kleinen 
Kreise und erst zu vorgerückter Stunde trennten sich die 
Letzten mit dem Wunsche »Auf Wiedersehen bis Frühjahr!« 

I. A.: Der Schriftführer: Hauck. 


Personal-Nachrichten. 

Ernennungen, Berufungen, Versetzungen, Wohnsitz-Ver¬ 
änderungen und Niederlassungen: Thierarzt Lübke in Erfurt wurde 
zum Bezirksthierarzt in Frankenhausen a. KyfTh., Thierarzt S. Gräfin Weitnau 
zum Distiictsthierarzt in Wörth a. D. ernannt. Verzogen ist Thierarzt 
E. Müller von Liebstadt nach Exdorf (Meiningen) In den Ruhestand ge¬ 
treten Schlachthausverwalter Jüngers in Mülhausen i. E. 

Das Examen als beamteter Thierarzt haben bestanden: in 
Berlin: die Thierärzte Wu 1 f f-Stolzenau, T i d d e n s-Ohrdruf, Schott¬ 
mann-Hannover, S ch m e y- Berlin, H o s a n g-Berlin , N i p p e r t - Berlin, 
Mü gge nb u r g-Berlin, Dr. Willerding-Berlin und Matschke-Zülz ; in 
Dresden: M. Bärner, Unterrossarzt und Repetitor an der thierärztlichen 
Hochschule. 

Die thierärztliehe Fachprdfung haben bestanden: in Berlin: 
Karl Förster aus Breitenworbis, Wilhelm Töllner aus Jethausen, Julius 
Biesterfeld aus Heesen, Theobald D ah m e aus Berlin, Friedrich Ha gen¬ 
stein aus Lippehne, Paul Knuth aus Miltzow; in Hannover: Alfred 
Schwarz aus Hannover, Johannes Schmidt aus Erfurt, Wilhelm Rabert. 
aus Schapdetten, Johann Huth aus Köln, Alfred Altmann aus Dresden, 
Wilhelm Schweitzer aus Frankfurt a./M. 

Veränderungen beim Veterinärpersonal des Deutschen 

Heeres: Zu Rossärzten wurden befördert die Unterrossärzte Bussmann 
vom Art.-Regt. No. 1 unter Versetzung zum Ul.-Regt. No. 16, Stolp vom 
Art.-Regt. No. 2t zum Art.-Regt. No. 18, Bock vom Kür.-Regt. No. 3 
zum Art.-Regt. No. 16, Rugge vom Drag.-Regt. No. 7 zum Drag.-Regt. 
No. 16, Lottermann vom Gren.-Regt. z. Pf. Gegenseitig versetzt die 
Ober-Rossärzte Hirsemann vom Ul.-Regt. No. 10 und Samuel vom 
Ul.-Regt. No. 14. Zu Rossärzten des Beurlaubtenstandes befördert die Unter¬ 
rossärzte der Reserve Schliwa, Jelen, Polowski, Stehn und der 
Unterrossarzt der Landwehr Carl. 

Sachsen: Unterrossarzt M. Rossberg vom Hus.-Regt. No. 19 zui (P 
Ul.-Regt. No. 18 versetzt. 

GeStOPben: Corpsrossarzt a. D. Werner in Stettin, Kreisthierarzt a. D. 
Mangenot in Saarburg. 


Verlag der Gesellschaft „Deutsche Thierärztliehe Wochenschrift“ (i. A. Prof. Dr. Malkmus in Hannover) in Karlsruhe. 

Druck der MackJoPschen Druckerei in Karlsruhe i. B. 


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