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Full text of "Deutsche entomologische Zeitschrift. Lepidopterologisches Heft"

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OF 


WILLIAM SCHAUS 
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NATIONAL MUSEUM 


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Iris, Dresden, Band 111. 


Deutsche 


ROADEAAche Zeitschrift 


herausgegeben 


von der 


Gesellschaft Iris zu Dresden 


in Verbindung mit der 


Deutschen intomologischen (sesellschaft 


ZeaiBbBerlin 


Lepidopterologische Hefte 


(Fortsetzung des „Correspondenz-Blattes des Entomolggischen Vereins lris“) 


Band III. 
Jahrgang 1890. 


Mit 4 colorirten Tafeln und 2 Textfiguren. 


Redacteur: Dr. © Staudinger. 


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Inhalts-Uebersicht. 


Pagenstecher, Dr. Arnold: Heteroceren der Insel Palawan . 1-33 
Weymer, 6.: Norasuma Richteri n, sp. (Hierzu Tafel I, Fig. 4,5) 34—36 
Ribbe, €C.: Einige Beobachtungen über die Lebensweise von 
ÖOrnithoptera (Hierzu Taf. I, Fig. 1—3) . 2 237 —44 
Ribbe, H.: Abweichnngen und Zwitter aus der Sammlung des 
Herrn Gustav Bornemann in Magdeburg (Fortsetzung), 45—46 
(Hierzu Tafel II, Fig. 1—7.) 
Calberla, H.: Die Maerolepidopterenfauna der römischen Campagna 
und der angrenzenden Provinzen Mittel-Italiens. 
(Fortsetzung und Ende) . i i e : rar 94 
Pabst, Prof. Dr.: Vergleichung der Macrolepidopteren-Fauna 
von Chenmitz mit der des Leipziger Gebietes (mit 
einer systematischen Liste) ! Ä : . 95—127 
Stuudinger, Dr. 0.: Lebensskizze des Dr. Paul Hahnel . 128—132 
Hahnel, Dr. P.: Entomologische Erinneruugen an Süd-Amerika 133— 8332 
(Hierzu alphabetische Liste der Gattungen, Arten, 
Varietäten und Aberrationen.) 
Kheil, Professor Napoleon: Ueber geschlechtlichen Dimor- 
phismus des abyssynischen Pap. Antinorii Oberth, 333 —336 
Haase, Dr. Erich: Vie Analpinsel der männlichen Danaiden 336— 337 
Staudinger, Dr. 0.: Bemerkungen zu den Tafeln III und IV. 337—338 


Inhalts-Uebersicht i : j : | ' ; I 
Vereins-Nachrichten . } 1 . | - ; .. H—-IN 
Verzeiehniss der Mitglieder j s ; i i | . IV— VI 
Alphabetische Liste . : E x £ j ; : VII—XV 


Für den Inhalt der in dieser Zeitschrift veröffentlichten Aufsätze 
sind die Herren Autoren allein verantwortlich, die Gesellschaft „Iris“ ist 


es in keiner Weise, 


Vereins-Nachrichten. 


Die Geschäfte des Vereins wurden während des ver- 
flossenen ‚Jahres von den. nachstehend. genannten Vorstands- 
Mitgliedern geführt: 

Dr. Otto Staudinger, erster Vorsitzender, 

Heinrich Ribbe, zweiter Vorsitzender, 

Hermann Steinert, erster Schriftführer, 

Richard Weise, zweiter Schriftführer, 

Bruno Sperrhaken, Rechnungsführer und Bibliothekar. 

Das Amt eines zweiten Vorsitzenden blieb jedoch während 
der letzten vier Monate unbesetzt, da Herr Heimrich Ribbe 
Ende August aus ‚dem Verein ausschied. — In der Haupt- 
versammlung zu Anfang November wählte der Verein die 
Beamten für das künftige Jahr: Dr. Staudinger, H. Steinert, 
R. Weise und B. Sperrhaken wurden wiedergewählt, während 
man mit den. Geschäften des 2. Vorsitzenden Professor Dr. 
Oskar Schneider betraute. 

Der Pressausschuss wird von folgenden Mitgliedern 
gebildet: Dr. 0. Staudinger, H. Calberla, Prof. Dr. Schneider 
und H. Steinert. 

Zu Ehrenmitgliedern des Vereins wurden folgende drei 
Herren ernannt: Professor Dr. Chr. Aurivillius im Stockholm, 
(eheimrath Baron Dr. Cajet. Felder in Wien und Dr. Max 
Wocke in Breslau. | 

Seit dem 1. April d. J. sind die nachgenannten Herren 
sowie eine Dame dem Verein als ordentliche Mitglieder bei- 
getreten: A. Bang-Haas (Striesen-Dresden), V. v. Bönning- 
hausen (Rio de Janeiro), H. Booch-Arkossy (Plagwitz-Leipzig). 
A. de Uaradja (Tirgu-Neamtu in Rumänien), Ph. Crowley 
(Croydon in. England), A. Curo (Bergamo in Italien), M. Daub 
(Karlsruhe), W. Doherty (z. Z. in Indien), H. Druce (London), 
L. Durban (Nürnberg), L. Durrstein (z. Z. in Genf), J. Elwes 
(Cirencester in England), E. Geilenkeuser (Elberfeld), B. Hart- 
mann (Reichenbach i. Schl.), Dr. M. Heylaerts (Breda i. Holland), 
H. Honegger (Basel), Dr. C. Horn (Stassfurt), N. Kheil (Prag), 
(&. Kretschmar (Dresden), Dr. Th. Krüper (Athen), M. Kulka 
(Bergedorf-Hamburg), ©. Lamarche (Liege in Belgien), Dr. 
R. Lazarevitsch (Belgrad in Serbien), H. Leech (London), 


Vereins-Nachrichten. II] 


A. Loose (Magdeburg), E. Meyer (Essen), H. v. Mitis (Wien), 
GG. Mühlenpfordt (Hannover), F. Philip (Köln), H. Richel- 
mann (z. 7. in Langensalza), A. Rogenhofer (Wien), A. Ruh 
(Karlsruhe), W. v. Schönberg (Naumbur &), Miss. E. M. Sharpe 
(Chiswick in England), W. Spemann (Dresden), F. Teute 
(z. 4. in Nord-Amerika), G. v. Turati (Mailand), H. Wagemann 
(Wiesbaden), A. Werner (Köln). -— Der Verein hatte also 
die Freude, 39 neue Mitglieder aufnehmen zu können. — 
Ausgetreten sind nur folgende 3 Herren: A. Herzog (Dresden), 
H. Ribbe (Dresden) und .). Seiler-Strübin (Liestal i. d. Schweiz); 
die Herren P. Meyer (Chemnitz) und H. Seefried (Speyer) 
haben ihren Austritt für 1. ‚Januar 15091. angekündigt. 

Es wurde im Verein beschlossen, dass die lebensläng- 
liche Mitgliedschaft durch eine einmalige Zahlung von 
200 Mark erworben werden kann. Von dieser Bestimmung 
haben die Herren L. Durrstein, J. H. Leech und Ant. Aug. 
de Carvalho Monteiro Gebrauch gemacht. 

Der Jahresbeitrag von 10 Mark ist in den ersten 
Monaten eines jeden Jahres zu entrichten, (au den Rech- 
nungsführer B. Sperrhaken oder an den Vorsitzenden Dr. 
O. Staudinger). Ist: derselbe vor dem Erscheinen des zweiten 
(letzten) Heftes der Zeitschrift nicht bezahlt, so wird er vor 
oder bei Zusendung dieses Heftes durch Postauftrag ein- 
Bezogen. 

Mitglieder, welche ihren Austritt nach Empfang: des 
ersten Heftes anzeigen, sind verpflichtet, für das laufende 
Vereinsjahr ihren Beitrag noch zu zahlen. 

Die auswärtigen Mitglieder, welche mit den hiesigen in 
Tauschverkehr treten möchten, sind freundlichst gebeten, ihre 
“ dahinzielenden Wünsche dem Unterzeichneten mitzutheilen. 

Da sich unsere Zeitschrift in der jüngsten Zeit bedeutend 
vergrössert hat, so gelang es dem Verein, von der Französischen 
und von der Belgischen Entomologischen ( esellschaft (die Annales 
im Tausch zu erhalten. Beiden Gesellschaften sei für die Be- 
reitwilligkeit, mit der sie unsere Bitte erfüllten, der wärmste 
Dank ausgesprochen. 

Endlich gebührt noch der besondere Dank des Vereins 
den Herren E. Bornemann (Magdeburg) und L. Durrstein 
(Genf) für die Tafeln, die sie aus ihren Mitteln der Iris zur 
Verfügung stellten, sowie dem Herrn H. Booch-Arkossy, 
der die Thiere auf den beiden letzten Tafeln zeichnete. 


Hermann Steinert, d. Z. Schriftführer. 


Verzeichniss der Mitglieder”) 


der 


Entomologischen Gesellschaft „Iris“ zu Dresden, 


Ende Dezember 1890. 


Ehren-Mitglieder. 


Aurivillius, Christopher, Dr. phil. und Universitätsprofessor. Stockholm, 

Felder, Cajetan, Dr. jur., Freiherr von k. k. Geheimer Rath Exe. Wien. T, 
Schottengasse 1. 

Wocke, Max. Dr. phil., Lepidopterolog. Breslau, Klosterstr. 87. 


Ordentliche Mitglieder. 


Bang-Haas, Audreas, Kaufmann. Dresden-Striesen ö . ‚1890 
Barfuss, Max. Chemnitz, Hartmannstrasse 15 h 4 2 . 1889 
Bauer, A. Stettin, Elisabethstrasse 5 . ‘ e } e ...1889 
Bispen, Theodor. Petersburg, Moika 40, Qu. 41 . ... 1888 
Blass, R., Kassirer. Ronsdorf bei Elberfeld ’ . .,1888 
Bönninghausen, Vietor von, Kaufmann. Rio de Janeiro, Post 
Office Box No. 775 . : 4 j 2 2 ... 1890 
Booch-Arkossy, Hans, Kaufmann. Plagwitz-Leipzig . 3 ... 1890 
Bornemann, Edwin, Kaufmann. Magdeburg, Grosse Junkerstr 1. 1885 
- Bossanyi, Joseph von, Pfarrer. Nyitra-Novak (Ungarn) e 1888. 
Caflisch, J. L., Advokat und Staatsanwalt. Chur. (Schweiz) . "21889 


Calberla, Heinrich, Privatus. Dresden, an der Bürgerwiese Sp . 1886 

Caradja, Aristide de, Gutsbesitzer. Tirgu Neamtu (Rumänien) . 1890 

Christoph, Hugo. Custos Seiner Kaiser]. Hoheit des Grossfürsten 
Nicolai Michailowitsch. Petersburg, Gr. Stallhofstrsase, 


Finnisches Kirchenhaus Qu. 56 . 4 . : . 1888 
Crowley, Philipp, lsq. Croydon (England), Waddon House . .1890 
Curo, Antonio, Ingenieur. Bergamo (Italien) ! d j ...1890 
Daub, M., Architekt. Karlsruhe, Wilhelmstrasse 36 1 4 . 1890 
Daumiller, Professor und Realgymnasial-Rektor. Nürnberg . . 1889 
Doherty, William, Entomolog aus Nordamerika, ,z, Z. in Indien .. 1890 
Druce, Herbert, Fabrikant. London . 1890 
Durban, L., Inhaber eines Agentur- uud Commissions-Geschäftes, 

Nürnberg : . s : . i . N 5 ...1890 


*) Die hinter dem Namen stehende Zahl bedeutet das Jahr des 
Eintritts des betreffenden Mitgliedes. 


Verzeiehniss der Mitglieder, 


V 


Durrstein, L., Rentier aus Nord-Amerika, z. Z, in. Genf, Villa 
Fauvette ; ß ; g : ; ? { - 
Elwes, H. J., Gutsbesitzer. Cirencester (England), Preston. House 
Eiffinger, A., Eisenbahnsecretär. Sachsenhausen .b. Frankfurt a, M. 
Ferber, Wilhelm, Commerzienrath. Gera (Reuss j. L.) 
Ficke, H, Privatus. Freiburg in Baden . 
Geilenkeuser, Ernst, Lehrer. Elberfeld, Baustrasse, 57. 
Godman, Frederie Ducane, Ksq. London W., 10..Cbandos- Street, 
Cavendish Square | 
Grossmann, H., Kaufmann. Moskau, Lefortowo 3. Bezirk, E ligenesHaus 
&untermann, "Joseph, Kaufmann. Düsseldorf N : ; 
Hartmann, Bruno, Stadtrath. ' Reichenbach i. Schl. 
Haverkampf sen., Fritz. Ronsdorf bei Elberfeld ; i 
Heyden, Lucas von, Dr. phil., Hauptmann.  Bockenheim bei 
Frankfurt/a. M. . 
Heylaerts, F. J. M., Dr. med. Breda (Holland), St. Jannstr. A. 503 
Hirschmann, Adolf, Kaufmann. Dresden, Uhlandstrasse 17... 
Höffken, Wilhelm, Kaufmann. Barmen, "Alleestrasse 
Hofmann, Ernst, Dr. phil., Kustos am Kgl. Museum: zu Stuitgart, 
Alleenstr asse 9 
Hofmann, K.B., Dr phil. und Universitätsprof., Graz, Schillerstr.il 
Holland, W. J., Rev. Dr. phil. BUWnEEN: Pa. (Nord-Amerika) 
5 th Avenue - . . L A 
Honegger, Hermann. Basel, Leinenstrasse 13 i 
Honrath, Eduard, Kunsthändler. Berlin, Unter den Linden 2 
Horn, Karl, Dr. jur., Stadtrath. Stassfurt . ' 
ihle, Richard, Tischlermeister. Dresden, Böhmische Strasse 24 
Kalchberg, Adolf, Freiherr von. Penzing bei Wien .. ; 
Kheil, Napoleon, Professor und. Handelsschuldirektor, Prag, 
Ferdinandstrasse 38... i F oaımıd . s 
Klähr, Hermann, Torstassessor. Dresden, Reissigerstrasse 42 
Kraatz, @ustav, Dr. phil., Entomolog. Berlin, Linkstrasse' 28 
Kretschmar, Egon, Kaufmann, Dresden, Freiberger Platz 1 
Kretzschmar, Gustav, Kaufmann. Dresden, Werderstrasse 29 
Kroth, Konrad, Gärtner. Coblenz, Kirchhof ' ) > ö 
Krüper, Theobald, Dr. phil., Conservator am Museum: zu: Athen 
Kühn, Heinrich, Naturalist, z. Z. auf Reisen in Indien 
Kulka, Max, Fabrikdirektor. Bergedorf bei Hamburg 
Lamarche, Oskar, Bankdirektor. Liege (Belgien), 70 Rue Louvrez 
Lanz, Hermann, Krane Friedrichshafen a. Bodensee 
Lazarevitch, Radmio, Dr. med, Belgrad, Jetremova uliza 20 
Leech, J. HB. Esq. London 8. W., 29 Hyde Park Gate 
Loose, A., Oberingenieur. Magdeburg, Anhalter: Str. 9 ä 
Meyer, Eugen, Kaufmann. Essen a. d. Ruhr, Lindenallee 15 
Meyer, Paul. Chemnitz, Theaterstrasse 27. . i \ } 
Mitis, Heinrich Ritter von, K. K. Militär-Offieial.' , Wien, 
Fleischmarkt 19 i ‘ { 
Monteiro, Antonio Augusto de Carvalho. Lissabon, Rua do 
Alegrim 72... } & 
Mühlenpfordt, G., Direktor. Hannover, Fabrikstrasse 2 


Neumögen, B., Bankier. New-York, 40 Exchange Place P.O.Box2581 


Oberthür, Charles. Rennes (Frankreich, Ile-et-Vilaine) 
Veser, Emil, Prokurist. Dresden, Florastrasse 10 \ : 4 
Pabst, M,, Dr. phil. und Professor. ‚Chemnitz ; N . s 


1590 
1890 
1886 
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1859 
1890 


1887 
1887 
1885 
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1862 
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1890 
1857 
1888 
1387 
1890 


1889 . 


1890 
1885 
1890 
1890 
1887 
1890 
1890 
1590 
1890 
1889 


1590 


1589 
1890 
1989 
1386 
1885 
1884 


V] Ver zeichniss der Mitgtieder. 


Pagenstecher, Arnold, Dr. met., Kgl. Sanitätsrath, Wiesbaden, 
Taunusstrasse 30 4 e ß ! 
Philipps, Franz, Kaufmann. Köln, Klingelpütz 49 . 4 i 
Püngeler, Rudolf, Gerichtsassessor. Burtscheid b, Aachen, Kur- 
brunnenstrasse 26 3 
Ragonot, E. L., Bankier. Paris, Quai de>ia Rape rat; . 
Rassmann, Friedrich, Inspektor. Dresden, Grosse Plauense he: Str. 
Vitzthumsches Gymnasium 
Reichelt, Hugo, Kaufmann. Dresden, ( Gutzkowstraise' 28 . 
Reutter, Enzio, Magister der Philosophie. Helsingfors, (P innland) 
Malmgatan 5 N 4 ! } . ; | . 
Ribbe, Karl, Naturalist. Radebeul b. Dresden 5 I 
Richelmann, Hauptmann] 2. 7. auf Ü 
Röder, Adolf, Privatus. Wiesbaden, Taunusstiasseor % £ 
Rogenhofer, ‘Aloys, Kustos im k. k, Museum. Wien; ‘Josefstädter 
Strasse 19 } 1 5 h s } .r 
Ruh, August, Fabrikant. Karlsruhe, Würzstrasse 10 
Schanfuss, Camillo, Kaufmann. Cöl'n b. Meissen - j 
Schneider, Oskar, Dr. phil. ae Dresden, 


Portikusstrasse 9 L : i 
Schunke, Otto, Privatus. Dresden, ‚Stepianienstrasse 24 , N 
Schönberg, Wolf von, kgl. Landgerichtsrath a. D. Naumburg a. $, 
Seefried, H. Speyer a. Rh. . E E : x 


Seiler, Robert, Kaufmann, Dresden, Leipzigerstrasse 18 
Semper, Georg, labrikant. Altona, Klopstockstrase 23 


Sharpe, Miss E.M. Chiswick (England) Lyndhurst 4 Barrowgate Road 


Smith, Henley Grose, Rechtsanwalt London Br. Harley Street 136 
Speck, Franz. Werkführer. Radebeul b. Dresden 
Spemann, Wilhelm, Maler. Dresden, Albrechtstrasse 31 ; 
Sperrhaken, Bruno, Ministerial-Caleulator. Dresden, Lüttichau- 
strasse 19 : . f ; y ® 3 £ 
Standfuss, Max, Dr. phil. Kustos am Eidgenössischen Polytech- 
nikum, Zürich . i , E 3 | . 
Staudinger, Otto, Dr. phil., Lepidopterolog. Blasewitz-Dresden , 
Stehle, Fritz, Fabrikdirektor. Hainsberg b. Dresden . 
Steinert, Hermann, Bürgerschullehrer. Dresden.Schweizerstrasse 16 


Steinhausen, Dr. med., Oberstabsarzt. Frankfurt a. M. i 
Sulger, H., Konservator am Museum. Basel, Malzgasse 21 
Taistrzik, Rittmeister. Köln. Hohenstaufenring 18. } 


Teute, Ferdinand, z. 7. in Nordamerika 
Till, Franz, Kunsthändier; Dresden, Christianstrasse 27 
Turati, Gianfranco Graf. Mailand, Via Meravigli 13 
Uffeln, Karl, Gerichtsassessor. Warburg (W estfalen).: '; £ { 
Uhlemann, Ernst, Mechanikus. Dresden Moritzstrasse 12 
Vuillot, Paul, Kaufmann, Paris, 23 Rue Jean-Jaeques-Rousseau 
Wagemann, Hugo. Wiesbaden, Luisenstrasse 56 . Ä 2 ; 
Watkins, William, Kaufmann. Croydon (England), The Hollies 
Vicarage Road, Surrey . N : | 
Weise, Richard, Kaufmann, Dresden, Bartholomäistrasse 11 
Wendt, Julius, Schlosser Dresden, Förstereistrasse 38. { 
Werner, August, Apotheker. Köln, Vogteistrasse 24 . i 
Weskamp, A. Köln-Ehrenfeld, Venloerstrasse 221 3 
Weyding, August, Lithograph. Elberfeld, Harmoniestrasse 
Weymer, ustav, Eisenbahn-Beamter. lberfeld, Sadowastrasse 21 


1854 
1890 


155% 
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18590 
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1589 


1885 
1862 
1885 
1883 
1884 
1889 
1889 
1890 
1855 
1890 
1889 
1889 
1889 
1890 


1889 
1588 
1554 
1890 
1889 
1889 
1889 


Verzeichniss der Mitglieder, 


Windrath, W., Kaufmann, z. Z. in Indien : ; n 
Wiskett, Max, Fabrikbesitzer. Breslau, Kaiser Wilhelmstrasse 69 
Wolschke, Oskar, Standesbeamter. Annaberg (Sachsen) 


‚Ausserdem: 


Internationaler Entomologischer Verein, «uben. Vorsitzender: 
H. Redlich . . | = - R : : 
Wiener Entomologischer Verein, Schriftführer: A. Nicolits, 

Schwarzenbergplatz_ 3 > i ; F 


vo 
1889 


1855 
1889 


1859 


1589 


Alphabetische Liste 
der in diesem Bande vorkommenden Namen der Gattungen, 
Arten, Varietäten und Aberrationen, 


Die neu aufgestellten Arten sind durch fetten Druck, 
die neu benannten Varietäten und Aberrationen durch Cursiv- 
Schrift hervorgehoben. Die in der Arbeit des verstorbenen 
Dr. Hahnel „Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika* 
aufgeführten Namen der Gattungen, Arten, Varietäten und 
Aberrationen sind bereits in einer alphabetischen Liste, S. 523 
zusammengestellt und finden im Nachstehenden keine Erwälhn- 
ung; desgleichen sind die Namen der systematischen Liste 
der „Vergleichung der Macrolepidopteren-Fauna von Chemnitz 
mit der des. Leipziger Gebietes“ von Herrn Professor Dr. 
Pabst, Seite 116— 127 nicht wiederholt. 

Abraxas Adustata, Grossulariata 62; Hypsata 31; Marginata, 
Pantaria 62. 

Achaea Melicerte 22. 

Acidalia Aversata, ab. Spoliata 56; Beckerarla 57; Bisetata 55; 
Cireuitarla 54; Consanguinaria, Contiguaria 52; 
Decorata 58; Degeneraria 56; Dilutaria 55; Dimi- 
diata 52; Elongaria 54: Kmarginata 57: Emutaria 58; 
üxtarsaria 53; Filacearia 52; Filicata 55; Flaveolaria 52; 
Herbariata 54; Holosericata 56; Humiliata 55; Imi- 
taria 58 ; Immorata 57; Immutata 55 ; Incanata 57; Incar- 
naria 54; Inornata, var. Deversaria 56; Laevigaria 53: 
Litigiosaria 52; ILaridata var. Confinaria, var. Roma- 
naria, Marginepunctata 57; Moniliata, Muricata 52; 
Obsoletaria 54; Ochrata 52; Ormata 58; Pallidata 55; 
Perochraria 52; Politata 55; Punctata 57; Pyemae- 
aria 51: Remutaria, Rubiginata 57; Rufaria 52; Rusti- 
cata, var. Vulpinaria 55; Sericeata 52; Sodaliaria 53; 
Strigilaria 58 ; Submutata 57 ; Subsericeata 53 ; Trigemi- 
nata 55; Trilineata 52; Turbidaria 57; Virgularia, var, 
Canteneraria 53; Vittaria 52. ! 

Acontia Lueida, Imetuosa 110. 


Alphabetische Liste. 1X 


Acosmia Ualiginosa 109. 

Acronycta Abscondita 107; Guspis, Euphorbiae, Ligustri 111. 

Aedia Funesta 110. | 

Agarista Lincea 5. 

Aorotis Candelarum‘ 112; Comes 08; Crassa, Florida, Forei- 
pula, Obelisea 1125 Orbona 108; Saucia, Signum, Sobrina, 
Stigmatica, Umbrosa, Vestigialis 112. 

Amblychia Angeronaria 26. 

Amphidasis Betularius 67. 

Anaitis Plagiata 83; Praefornrata 82. 

Angerona Prunaria 69. 

Anisopteryx Aescularia 66. 

Anomis Fulvida 16. 

Antherea Larissa 15. 

Aplasta Ononarla, var. Faecataria 78. 

Aporophila Lutulenta 108, 113. 

Argina Oribraria 7. 

Argiva Hieroglyphica 20. 

Argynnis Adippe 100; Ino 102: Niphe 3: Selene 46. 

Arsilonche Albovenosa 107. 

Asphalia Ruficollis 107. | 

Aspilates Gilvaria, Ochrearia 77 ; Strigillaria 78. 

Asteroscopus Nubeeulosus, Sphinx 109. 

Attacus Atlas, Riecini 14. 

Bapta Bimaculata, Temerata 62. 

Biston Graecarius, var. Florentina, Hirtarius, Hispidarius 66; 
Stratsrius 67. 

Boarmia Aneularia 69; Cinetaria 69; Consortaria, Urepus- 
cularia 69 ; Gemmaria 68 ; Lichenaria 69; Pertusarla 26; 
Punctularia, Repandata, Roboraria, Selenaria, var. 
Dianaria 69; Umbraria 68. 

Bombyx Catax 106. 

Bot,ys Multilineals 31. 

Brephos Nothum 111. 

Bryophila Algae, Muralis I11; Perla 107; Ravula Ill. 

Uabera Exanthemata, ab. Pellagraria, Pusaria 69. 

Calymnia Affinis, Diffinis 109. 

Caradrina Palustris 108; Respersı 114. 

Catagramma Michaeli 337. 

Catocola Elocata, Promissa 110. 

Celerena Palawaniea 31. 

Chalcosia Imitans 5; Marginata 6. 

Chariptera Viridana 113. 


p 4 Alphabetische Liste, 


Chesias Rufata, Spartiata 89. 

(idaria Albulata,  Alchemillata 90; Aptata ab. Suplata; 
Aqueata 85; Berberata 91; Bicolorata 84; Bilineata, var. 
Testaceolata, Bistrigata 91; Caesiata 88; Candidata 90; 
Confusaria 91; Corollaria 89;  Gorticata 92; Guculata 89; 
Unpressata 85; Uyanata 85; Decolorata 90 ; Disjunctaria 57; 
Dotata S4; Ferrugata 87; Flavieinetata 88; Fluetuata, 
Fluviata 87; Frustata, var. Fulvocinctata 89; Fuivata 84, 
Galiata 389; ‚Juniperata 85. Minorata, Molluginata 90; 
Montanata 57; Nebulata 884 Nigrofasciaria, Obliterata 91: 
Ocellata 84; Olivata 85; Polygrammata var? Conjunc- 
taria 92; Pomoeriaria 87; Procellata 90; Putridaria 89; 
(Juadrifasciarit 87; Riguata 89; Rivata 90; Rubidata 91; 
Salicata 85, var. Rufieinetaria 87;  Seripturata 89; 
Silaceata 91; Simulata var. 'Geneata,  Siterata 85; 
Sociata 90; Sordidata var. Infuscata 91; Tersata 92; 
Trifasciata 91; Tristata 90; Truncatı 85; Unidentaria 87; 
Unifasciata, ab. Aquilaria 90; Variata 84 ab. Stragu- 
lata 85; Verberata 89; Vespertaria 87; Viridaria 85; 
Vitalbata 92. 

Uleoceris Viminalis 114 

Cleogene Acuminaria 75; Lutearia 76, 

Uleosiris Catamita 4. 

Unethocampa Processionea 105. 

Colias Hyale 45. = 

Collix Sparsata 92. 

Cossus Terebra 105. 

Urocallis Elinguaria, Tusciaria var. Gaigeri 64. 

Uueullia Tanaceti 109. 

Uyclodes Omma 16. 

Uynandra @rose Smithi 338. 

Danaus Lutescens 336. 

Daphnis Andamana 2 

Decetia Pallidaria 26. 

Deiopeia Pulchella 7, 105. 

Delias Melusina 338. 

Dianthoecia Albimacula, Proxima 113. 

Diastictis Artesiaria 74. 

Dichonia Aeruginea 113. 

Dieyela O0 109. 

Diludia _Diseistriga 2. 

Diphtera Ludifica 111. 

Dischorista Suspecta 109, 114, 


Alphabetische Liste, x 


- 


Drepana Harpagula 105. 

Echana Plicalis 24. 

Elphos Hymenaria 26. 

Ematurga Atomaria, var. Orientaria 72. 

Epinephele 'Tithonus 1032. 

Erastria Deceptoria, Pusilla 110. 

Erebia Ligea 100. 

Eriopus Purpureofasciata 108. 

Eubolia Murinaria 74. 

Eucosmia Certata 83; Undulata 84. 

Eucrostis Herbaria 49; Olympiaria var. Beryllaria 50. 

Eugonia Erosaria, Quercinaria 69. 

Eumelea Eugeniata, Rosalia 27. 

Enpithecia Abbreviata 94: Assimiliata 95; Breviculata 92; 
Castigata; Coronata 93; Friceata 94; Kuphrasiata 93; 
(Gemellata 94 ; Helveticaria 93 ; Innotata 93 ; Insigniata 95 ; 
Irriguata 92; Isogrammaria, Laquaeria 93; Larieiata 94; 
Linariata, Nanata ab. Obscnrata, Nepetata 93; Obbon- 
sata 92; Oxycedrata 94; Pimpinellata, Plumbeolata 9»: 
Pumilata, var. Pauxillaria 94; Pusillata, Reetangulata, 
Satyrata, Scopariata, var. Guinardaria, Scriptaria, Spissi- 
lineata, Ultimaria, Venosata, Vulgata 93. 

Kuplocia Membliaria 8. 

Euploea Durrsteini 338. 

Eurymene Dolabraria 65. 

Eusemia Vetula 5. 

Filodes Fulvidorsalis 32. 

Fumea Intermediella 100. 

(seometra Papilionaria, Vernaria 48; Viridiluteata 27. 

Glottula Radians 15. 

(‚nophos Dilueidaria 72; Glaucinaria, var, Falconaria, var. 
Supinaria, var. Plumbearia 71; Mucidaria, Obfuscaria 72; 
Obseuraria, var. Argillacearia, Onustaria var. Serraria, 
Pullata 70; Serotinaria, Variegata, var. Üymbalariata 72. 

Halia Contaminaria 73; Wauaria 74. 

Hadena Abjecta 114, Gemmea 113; Hepatica 114; Pabula- 
tricula 108; Porphyrea 113; Sublustris 108. 

Hazis Bellonaria, Malayanus 30. 

Heliothis Ononis 110. 

Hemerophila Abruptaria, Fractaria (Japygiaria) 67. 

Hemioplisis Amoenaria 28. 

Herminia Derivalis, Tentacularia 111. 

Herona Schoenbergi 337. 


xl Alphabetische Liste. 


Hesperia Actaeon 108. 

Hestia Linteata. 337. 

Hewitsonia Preussi 338. 

Hoporina Uroceago 109. 

Hulodes Caranea 21, 

Hybernia Leucophaearia, Marginaria 66. 

Hyperythra Lutea 26. 

Hypolimnas Misippus 335. 

Hypopyra Vespertilio 21. 

Hyposidra Albifera 29. 

Hypsa Albifera 12; Aleiphron 115; Dama 12: Egens 
‚Javana 10; Intacta 11: Orbienlaris»10. 

Idiodes Aspilatataria, re 25. 

Ino Pruni 104. 

‚Jodis Lactearia, Putata 51. 

lLagoptera Magica 21. 

Lasiocampa Lunigera var. Lobulina 106: 


Leucania Albipuneta‘ 108; Obsoleta 114: Straminea er 


Leucoma spec. ? 13. 

Limenitis Archippus 355. 

Lithosia Griseola, Lurideola, Muscerda 104. 
Lithostege Farinata 82. 

Lobophora -Halterata 83. 

Lophopteryx Uueulla 107. 

L,ycaena Corydon 102; Hylas 45; Orion '1OL: 
lıygniodes Plateni 18. 

Lygris Associata, Populata. Prunata 84. 
Iıymantria Lunata 13. 

I,ythria Purpnraria 80. 


11; 


Macaria Aestimaria 66; Alternaria 65; Liturata 665 Notata 63. 


' Macroglossa Sylvia 2. 

Mamestra 113. 

Mastigophora spec. ? 23. 

Melanothrix Alternans 13. 

Melitaea Aurelia 100; Aurinia 45, 46. 

Meroetena Staintoni 32. 

Mesotype Virgata 81. 

Metrocampa Honoraria, Margaritaria 68. 
Mieronia Fasciata 27; Gannata, Rectinervata 28 
Minoa Murinata, ab. Cinerearia, var Cyparisaria st. 
Naclia Ancilla 104. KIIRMIOHTEF 
Natada Lutea 14. 

Nemeophila Plantaginis 106. 


Alphabetische Liste, XIII 


= —ı_ 


Nemoria Porrinata, Pulmentaria, ab. Etruscaria, Strigata 51; 
Viridata 50; 

Neochera Eugenia, Heliconoides 9. 

Nola Albula, Strigula 104. 

Nonagria Arundinis, Cannae 108; Nexa 114; Sparganii 108. 

Norasuma Richteri 34. 

Notodonta Argentina 105. 

Nudaria Senex 105. 

Numeria Capreolaria 68. 

Nyetalemon Menoetius 24. 

Nyetemera Maculosum, Tripunctaria 12. 

Nyetipao Ephesperis 20. 

Odezia Atrata, var. Costai 82. 

Odontopera Bidentata 64. 

Ommatophora Luminosa 20. 

Ophideres Cajeta, Cocalus 17; Fullonica 16; Hypermnestra 17. 

Ophiusa Arcuata 22. f 

Ornithoptera Criton 42, 43; Uroesus 38, 42, 44; Haliphron 38, 
var. Bauermanni 37; Helena 41; Hippolytus 38, 41, 42; 
Pompeus 37; Poseidou 41;  Priamus 41, 42, 44; var. 
Aruana 39. 

Orrhodia Erytlrocephala 109. 

Ortholitha Bipunctaria,ab.Grachtaria81; Gervinata, Coarctata 80; 
Limitata, Moeniata 81; Plumbaria 80. 

Orthosia Nitida 114. 

Oxyodes Clytia 19. 

Pachyarches Amphitritalis 32. 

Pachyenemia Hippocastanaria 69. 

Panaethia Exul 30. 

Panthea Coenobita 111. 

Papilio Antinorii 333; Brutus 534; Meriones 334; Merope 334; 
ab. Niavioides 335; Quadratus 337; Ruspinae 336. 

Pararge Achine 103; Maera 100. 

Pellonia Calabraria, Vibicaria, var. Strigata 61. 

Pericallia Syringaria 64. 

Pidorus Flavofasciatus 6. 

Phasiane Clathrata, Glarearia, Petraria 74. 

Philona Inops 9. 

Phorodesma Pustulata, Smaragdaria 49. 

Phyllodes Perspicillator 17. 

Plusia Chaleytes 15; Jota 109; Pulchrina 114. 

Polia Flavieincta, Ruficineta, Xanthomista, var. Nigroeimeta 113. 

Polla Rufolinearia 28. 


XIV Alphabetische Liste, 


Polyommatus Aleiphron 100; Amphidamas, Phlaeas, var, Kleus, 
var. Schmidtii 101; T’hersamon 100. 

Potamophora Manlia 17. 

Prothoe Chrysodonia 358. 

Prothymia Viridaria 110. 

Psendacraea Sibyllina 3535; Usagarae 358. 

Pseudosphinx Nyctiphanes 2. 

Pseudoterpna Coronillaria, Pruinata 48. 

Psyche Opacella 106. 

Ptilophora Plumigera 107. 

Pygospila Tyres 32. 

Remigia Archesia, Frugalis 23. 

Rumia Luteolata 65. 

Satyrus Briseis 102. 

Sceodiona Conspersarla 74. 

Scoria Lineata 77. 

Scotosia Badiata, Rhamnata, Vetulata S4. 

Selenia Bi unaria, Lunaria, Tetraiunaria 64. 

Selidosema Ambustaria, Ericetaria 13. 

Sesia Uulieiformis, Empiformis 104;  Formicaeformis 103; 
l,eucopsiformis, Muscaeformis 104; Scoliaeformis 109. 

Spilosoma Luctifera 106 ; Mendiea 104. 

Spilothyrus Alceae 108. 

Spirama Triloba 21; Retorta 20. 

Spiredonia Obscura 19. 

Stegania Trimaculata 62. 

Sterrha ‚Sacraria, ab. Atrifasciaria, ab, Sanguinarla TS. 

Synopsia Sociaria 68. 

Syntomis Acuminata 7; Phegea 104; Tenuis 7. 

Sypna spec. ? 19. 

Taeniocampa Miniosa, Populeti 109. 

Tapinostola Musculosa 108. 

Tascina Metallica 3. 

Telesilla Amethystima 109. 

Tephronia Sepiaria 69. 

Thalera Fimbrialis 51. 

Thecla Spini 100. 

Timandra Amata 61. 

Trigonia Uydonialis 23. 

Trigonodes Hyppasia 22. 

Triphosa Dubitata 83. 

Trochilium Melanocephalum 103. 

Urapteryx Urocopterata 24; Sambucaria 69. 


Alphabetische Liste. XV 


Uropus Ulmi 107. 

Valeria Jaspidea 113. 

Vanessa Atalanta 45; Urticae 46. 

Venilia Macularia 65. 

Xanthia Aurago,Citrago, Flavago, Fulvago, Gilvago,Ocellaris 109. 

Xanthodes Flava 15. 

Zanclognatha Tarsipennalis, Tarsiplumalis 114. 

Zanclopteryx Zincaria 27. 

/onosoma Annulata, Pendularia 55; Porata, Punctaria 50, 
ab. Suppunctaria, ab, Ruficiliaria 60; Pupillaria, ab. 
Badiaria 58, ab. Gyrata, ab. Nolaria 59. 

Zygaena Ephialtes var. Peucedani, Meliloti, Pilosellae, Sca- 
biosae 104. 


Das erste Heft (Seite 1—208, Taf. I u. II) dieses Ill. Bandes der 
Zeitschrift Iris wurde im ‘September 1890, das zweite Heft Ende De- 
zember 1890 versandt. 


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- Pagenstecher: Heteroceren der Insel Palawan. 1 


Heteroceren der Insel Palawan. 
Von Dr. Arnold Pagenstecher zu Wiesbaden. 


Herr Dr. ©. Staudinger hat in dem Correspondenzblatt 
des entomologischen Vereins „Iris“ zu Dresden 1888, Nr. 5, 
S, 273 ff. und in der Deutschen entomol. Zeitschrift 1889, 
S.3 ff. die für ihn von Herrn Dr. Platen auf der Insel 
Palawan gesammelten Tagfalter beschrieben und verzeichnet. 
Auf seine eütiee Aufforderung hin gebe ich im Nachstehenden 
eine kurze Bearbeitung der dortselbst ; eleichzeitig aufgefundenen 
Heteroceren. Hinsichtlich des Charakters der Insel und ihrer 
Fauna beziehe ich mich auf das von Herm Dr. ©. Baus r 
am angegebenen Ort Mitgetheilte. Wenn er dort sagt: „Die 
Fauna ist jedenfalls ein Gemisch von Arten der grossen Sundak 
Inseln (besonders von Borneo) und der der Philippinen, mit 
einer Anzahl endemischer Arten, doch scheinen die Borneo- 
Arten die vorherrschenden zu sein*, so gilt dies auch für die 
Heteroceren. 

Im malayischen Archipel scheinen unter dem Kinflusse 
veränderter klimatischer Bedingungen oder der Isolirung bei 
Taefaltern vielfach bedeutsame Abweichungen von den s0- 
genannten typischen Formen (wobei es freilich immerhin öfters 
fraglich bleibt, welche Form gerade als die Grundform anzu- 
sehen ist) aufzutreten, die je nach dem individuellen Stand- 
punkte des Autors als Arten oder Varietäten beschrieben zu 
werden pflegen. Bei den Heteroceren sind diese Erscheinungen 
weniger prägnant. Um so mehr erschien es mir geboten, 
nicht dem Beispiele vieler hervorragenden Forscher, insbesonder e 
der englischen, zu folgen. Ich ziehe es vor, leichte Varietäten 
der Stammart unter Angabe der unterscheidenden Merkmale 
einzuordnen. Die Uebersicht über das in der Neuzeit sich so 
rasch mehrende lepidopterologische Material wird hierdureh 
meines Erachtens mehr erleichtert und die Wissenschaft 
gefördert. — 

Ich verfehle nicht, dem Herrn Oberstlieutenant Saal- 
müller zu Bockenheim und Herrn P. C. T. Snellen in 
Rotterdam für ihre stets bewährte bereitwillige Unterstützung 
besten Dank zu sagen. 


$% Pagenstecher: - 


Heterocera. 

Sphingides. Genus Diludia, Grote & Robinson. 

1. Diludia diseistriga, Walker. 

Macrosila diseistriga, Walker, Cat. Lep. Het. Br. Mus. VII, 
p. 209 n. 17 (1856); Moore, Cat. Lep. E. J. C. Mus. 
p. 268 n. 618: Java, Nord-India. 

Diludia diseistriga, Butler, Rev. Sphing in Trans. Zool. Soc. 
Lond. Vol. IX p. 10, 8. 615 (1877) Hongkong, North 
China, ‚Java, Massuri, Bombay; G. Semper Verhandl. zool. 
bot. Ges. Wien 1867 pl. XXIIL£. 2.A. (larva). 

Meganoton diseistriga, Boisduval, Heteroceres, p. 59: India, 
Luzon; Pagenstecher, Nass. Jahrb. f. Naturkunde 1888. 
Lep. Amboin. n. 195: Amboina. 

Diludia Vates, Butler, Proc. Zool. Soc. Lond. 1875 n. 28: 
('otes and Swinhoe, Cat. Moths India p. 35, n. 180. 

Es liegt nur ein Exemplar dieses nach G. Semper auch 
auf den Philippinen vorkommenden Schwärmers vor, 

Genus Pseudosphinx, Burmeister. 

2. Pseudosphinx nyetiphanes, Walker. 

Maecrosila nyctiphanes, Walker, Cat. Het. VIII p. 209, n. 16 
(1856); Moore, Cat. Lep. E. J. C. Mus. p. 268, n. 647. 
Pseudosphinx nycetiphanes, Butler, Il. typ. Het. V, S. 15, 
Taf. S1f. 5: Silhet: Cotes and Swinhoe, Cat. Moths of India, 

p. 51, n. 169: Silhet. 

Das einzelne Exemplar ist etwas dunkler und schärfer 
gezeichnet, als die Butler’sche Abbildung zeigt. Der gelbliche 
(rundton tritt mehr zurück. Cotes und Swinhoe erwähnen 
ebenfalls eine dunklere Varietät von den Andamanen und 
von Perak. 

Deilephilides. 

(senus Chaerocampa, Boisduval. Gruppe Daphnis, Boisd. 

3. Daphnis andamana, Druce. 
Druce, Entom. Monthly Mag. XIX p. 16; Cotes and Swinhoe, 

Cat. Moths India p. 22, n. 116: Andamans. 

Ein einzelnes vorliegendes Exemplar scheint hierher zu 

eehören. 
Macroglossidae. 
Genus Macroglossa, Ochsenheimer. 

4, Maeroglossa Sylvia, Boisduval. 

Boisduval, Het. S. 350, n. 29: Celebes. Ternate. 


 Heteroceren der Insel Palawan. 3 


Das vorliegende Exemplar stimmt mit der Beschreibung 
Boisduval’s überein, die freilich für Faro, Cramer nicht 
wesentlich verschieden lautet. Der Schwärmer kommt nach 
(4. Semper auch auf den Philippinen vor. 


Castniidae. 
Genus Taseina, Westwood. 

Westwood, on the Lepid. genus Castnia and some allied groups 
in Trans. Zool. Soc. 1875, Sec. Ser. Vol. I, S. 155 ff. 
pl. XXXIL 

Westwood stellt das Genus Tascina mit der Type 

T. orientalis auf und bildet diese Spezies ab mit dem Be- 

merken: „Insectum orientale Castnias Americae orientalis 

mundo antiquo repraesentans“. Er gibt eine ausführliche 

Diagnose der Gattungscharactere und eine kurze Beschreibung 

des im Oxforder Museum aufbewahrten 'Thieres von Singapore. 


5. Taseina metallica, nov. spec. 

Herr Dr. Staudinger sandte mir drei Exemplare dieser 
Art ein. Zwei derselben sind gleich gezeichnet; das eine von 
52 mm Spannweite ist gut erhalten, das andere von 506 mm 
etwas defekt. Beides sind Männer, während ein drittes, eben- 
falls gut erhaltenes, ein weibliches Exemplar darstellt. 

In der äusseren Erscheinung gleichen die Thiere sowohl 
der genannten T. orientalis, als auch der Castnia Pelasgus, 
Fabr. (= Orthia augias Biv., bei Herr. Schäffer, Exot-Schm. 
f. 18) und der mit letzterer wohl Synonymen Castnia unifas- 
ciata, Felder Lepid. Novar. Taf. 79 f. 5 

Die Vorderflügel aller drei Exemplare sind dreieckig, 
mit leicht convexem Vorderrande, scharfer Flügelspitze, unter 
welcher der Aussenrand leicht eingeschnitten erscheint. 
Letzterer ist convex, der Aussenwinkel abgerundet, der Innen- 
rand gerade. Die Hinterflügel sind dreieckig mit abgerundeten 
Winkeln. Haftborste ist vorhanden. Die Adervertheilung 
entspricht, soweit dies ohne Abschuppunge und weitere Hülfs- 
mittel zu sehen ist, den von Westwood auf Taf. 33 £.5g und 
und 5h angegebenen Verhältnissen. 

Die Antennen reichen bis zur Mitte des Vorderrandes, 
sie schwellen gegen das Ende keulenförmig an und enden in 
einer mit einem Haarpinsel versehenen Spitze. Sie sind ge- 
gliedert, oben schwärzlich, unten rostgelb. Die Palpen ragen 
mit dem ganz kurzen pfriemenartigen Endgliede und dem 
längeren zweiten Gliede etwas über den Kopf hervor, sie sind 


1* 


4 Pagenstecher: 


dünn, oben schwärzlich, unten rostbramm. Eine Zunge ist 
nicht sichtbar. Die Augen sind sehr gross, kuglig, Neben- 
augen vorhanden. Stirn schwärzlich behaart. Thorax oben 
mit dunklen, bläulich schimmernden Haaren bekleidet, unten 
rostbraun.  Hinterleib etwas den Afterwinkel überragend, 
schwärzlich, mit blauem Metallschimmer auf der Oberseite, 
unten rostbraun, bei den beiden Männern mit rostbraunem 
Afterbüschel. Die Beine sind (soweit sie erhalten geblieben) 
oben mit metallisch glänzenden Schuppen versehen, unten rost- 
braun. (Westwood gibt an: Tibiae anticae breves, in medio 
calcare armatae. Tarsi antici elongati, pulvillo mediocri, 
unguibas acutis, eurvatis, simplheibus, setisque duabus elongatis 
apicalibus instructi.) 

Die beiden männlichen Exemplare zeigen auf der Ober- 
seite der schwärzlichen, ins Grünblaue metallisch schimmernden 
Oberflügel einen von nahe der Mitte des Vorderrandes bis 
zum Aussenwinkel ziehenden, schmalen geraden gelblichen 
Streifen mit nahezu parallelen Rändern, welcher sich nach dem 
Aussenrande etwas verbreitert. Die Unterflügel sind schwarz 
mit einem die ganze Mitte derselben einnehmenden lebhaften 
erünblauen Metallschimmer. Die Fransen sind etwas heller. 
Die Unterseite aller Flügel ist schwärzlich, die Vorderflügel- 
spitze rostbraun gefärbt, die Binde etwas verbreitert. Der 
Vorderwinkel des Hinterflügels ist ebenfalls rostbraun, ebenso, 
aber viel schwächer gefärbt, der Flügelerund. 

Bei dem dritten Exemplare sind die Palpen kurz, vor- 
gestreckt und nur bis zur Hälfte des Kopfes reichend (ab- 
gebrochen ?). Die Oberflügelbinde ist oben und unten etwas 
schmäler, als bei den beiden anderen Exemplaren, die Hinter- 
flügel sind tiefsammtschwarz und die metallischblaue Färbung 
erstreckt sich nur auf den Innenrand der Unterflügel und den 
Flügelerund der Oberflügel. Auf der Unterseite ist die rost- 
braune Färbung viel ausgedehnter, als bei den beiden anderen 
Exemplaren und es erstreckt sich dieselbe auf die Oberflügel 
längs des Vorderrandes und der Hälfte des Aussenrandes. 
Auf den Hinterflügeln nimmt sie den ganzen Flügelgrund bis 
auf den Innenrand ein. Ein metallischblauer Schimmer ist 
über die Ober- und Unterflügel auf der Unterseite verbreitet. 


Callidulidae, Moore. Genus Cleosiris, Boisduval. 
6. Cleosiris Catamita, Hübner. 


Hübner, Zuträge Exot. Schmett. f. 655 (Tetragonus €); 
Boisıduval, Spee. gen. I Taf, NXIH, 


Heteroceren der Insel Palawan. 5 


Pagenstecher, Gallidnlidae, Nass. Jahrb. f. Naturk. 1897, 
S. 239: Indien, Ceylon, Sumatra, Molukken, China; Cotes 
and Swinhoe, Cat. Moths of India II, p. 82 n. 482: Silhet, 
India, Java, Ceylon, Andamans, Nicobars; Snellen, Tijd. v. 
Ent. Bd. 22, S. 27: Gelebes; G. Semper, Philippinen. 

Die beiden mir vorliegenden Exemplare unterscheiden 
sich nicht wesentlich von denjenigen anderer Lokalitäten. 
Die Schrägbinde des Oberflügels ist nicht angedeutet, die 
Unterseite der Flügel ist wenig lebhaft gefärbt. 

Agaristidae, Swainson. Genus Agarista, Leach. 

7. Agarista Lincea, Uramer. 

Phalaena Lincea, Uramer, Pap. Exot. Taf. 228 f. B.; 

Noctua Bambusina, Escholtz in Kotzebue’s Reise III, p. 219, 
30h Dart fr30: 

Pagenstecher, Nass. Jahrb. f. Naturkunde 1884, S. 212; Auri- 
villius Lep. Mus. Lud. Ulr. p. 180. 

In der typischen Form, die nach G. Semper auch auf 
den Philippinen vorkommt. 


Genus Eusemia, Dalman. 
8. Eusemia Vetula, Hübner. 

Hübner, Zutr. Exot. Schm. 657, 658; Pagenstecher, Het. Nias 
in Nass. Jahrb. f. Naturk. 1885, n. 12; Cotes and Swinhoe, 
Cat. Motls of India II, p. 61, n. 324: Silhet, Nepal, 
Java, Sikkim. 

In der Varietät Kus. fasciatrix, Westwood, Cab. Oriental 

Ent. p. 67, die mit Eus. maculatrix Westwood, Cab. Orient. 

p. 67, pl. 35 f. 1 zusammenzufassen ist. (Moore, Cat. Lep. 

POS. Muss ln. 287.) 


Chalcosidae. 

Genus Chalcesia, Hübner. Epyrgis Herr. Schäff, 

9. Chalcosia imitans. Butler: varietas. 

Epyrgis imitans, Butler, Il. typ. Het. V, p. 24, pl. 84 £. 1: 
Bliotan; Cotes and Swinhoe, Cat. M. India IL, n. 418. 
Chaleosia imitans, Pagenstecher, Het. Nias in Nass, Jahrb. f. 

Naturk. 1885, n. 15: Nias. 

Das mir vorliegende Exemplar ziehe ich als Varietät zu 
imitans, wiewohl es einige bemerkenswerthe Verschiedenheiten 
von der Type zeigt. Uebergänge bilden die Exemplare von 
Nias, welche ebenfalls dunkler gefärbt sind. 


6 Pagenstecher: 


65 mm Ausmaass, etwas grösser als die Exemplare von 
Nias, die Grundfärbung mit starkem grünlichen Anflug, 
olänzender. Die Oberflügel bis auf sieben gelblichweisse 
Randpunkte am Aussenrande und drei gleiche am Vorderrande 
schwärzlich angelaufen, wobei hellere Streifenflecke schwach 
durehschimmern. Am Flügelerunde in einer dunkelbläulichen 
Färbung (Thorax und Antennen erscheinen in derselben) ein 
weisslicher Punkt. Auf den Unterflügeln entsprechen die 
weisslichen Streifenflecke der Butler’schen Abbildung in der 
Anlage, doch sind sie schmäler und die schwärzliche Grund- 
färbung überwiegt. Auf der Unterseite der Flügel tritt eben- 
falls eine stärkere Verdunklung auf, als bei den Nias- 
Exemplaren, aber viel geringer, als auf der Oberseite, der 
Flügelerund der Oberflügel hat einen bläulichen Schimmer, die 
hellen Strahlen am Flügelerunde fehlen. Auf den Unter- 
tlügeln ist die Strahlenzeichnung mehr entwickelt, als auf 
der Oberseite, wodurch die Aehnlichkeit mit einer Danais- 
Art viel prägnanter wird. Die Fransen sind auf der Ober- 
und Unterseite weisslich, der Hinterleib oben schwärzlichgrün, 
unten gelblichweiss. 


10. Chaleosia marginata, Guerin. 

Gynautocera marginata, Guerin, Voy. Deless. II p. 53, pl. 258. 1. 
Pulo-Penang. 

Pompelon acrocyanea, de Haan; 
— marginata, Snellen, Tijd. v. Ent., Bd. XX, S. 74: Celebes; 
Walker, Het. coll. at Sarawak in Journal Proc. Lin. 
Soc. Lond. Vol. VI., n. 22, p. 95, n. 94. Hindostan, Java; 
Moore, Cat. Lep. E. J. C. Mus. p. 312 n. 722: Java, Penang. 

Chalcosia (Heterusia) marginata, Herr. Schäffer, aussereurop, 
Schmett. f. 158, 159: Penang, Java: Snellen, Tijd. v. Ent. 
Bd. 19, p. 67: Sumatra. 

Zwei Exemplare, eines von 60 mm und von 50 mm. 
Kommt in gleicher Form auf Java und Borneo vor. Die 
Lesart: acrocyanea findet sieh bei Herrich Schäffer und 
Moore; Snellen hat sie in atrocyanea umgesetzt. 


Genus Pidorus, Walker. 
11. Pidorus flavofasciatus, Pagenstecher; 
Pagenstecher, Het. Nias in Nass. Jahrb. f. Naturk. 1885, 
S. 12, T. 1 £. 42’ Nias. 
Vor mir liegen ein Z aus Palawan und ein 2 aus Borneo, 
welche mich in den Stand setzen, der nach meinem einzigen 


Heteroceren der Insel Palawan, 
d 


Exemplare von Nias gegebenen Beschreibung einige Zusätze 
zu machen. 

Bei dem 4 aus Palawan ist die Unterseite des Kopfes, 
der Brust und des Hinterleibes gelblich-weiss, wie die Beine. 
Der Hinterleib trägt einen bräunlichgelben Afterbüschel. Die 
Hinterflügel haben nur zwei bläulich glänzende Flecke am 
Aussenrande. Bei dem 2 aus Borneo ist der oben braun- 
schwarze Hinterleib auf der Unterseite mit gelblichweissen 
(uerstreifen versehen. Die vier glänzend blauen Flecke am 
Aussenrande des Hinterflügels nehmen vom Vorderrande an 
an Grösse ab. — 

Syntomidae. 
Genus Syntomis, Ochsenheimer. 

12. Syntomis tenuis, Walker. 

Walker,:Cat. Het: Br. Mus. VII 'p. 1595; Snellen,: T. v, E. 
Bd. 22,: 8.70, Pl. 6. f. 3:, Celebes. 

Ein Exemplar, welches sowohl der Snellenschen Abbildung, 
als einem mir in natura von Gelebes vorliegenden Exemplare 
entspricht. 


13. Syntomis acuminata, Snellen. 
Snellen, Midden Sumatra Lep. p. 31: Sumatra. 

Ein wenig gezeichnetes Exemplar dieser der vorstehenden 
sehr ähnlichen Art. 


Arctiidae. 
Genus Argina, Hübner. 
14. Argina eribraria, Ulerck. 

Clerck, Icones II A. 44 f. 4; Aurivillius, Lep. Mus. Lud. 
Ulr. p. 181; Cotes and Swinhoe, Cat. II p. 117 n. 743; 
Pagenstecher Het. Nias n. 24. 

Bombyx pylotis, Hübner, Sammlung Exot. Schm. 1. 

f. 189. Phalaena cribraria, Cramer, P. E. III p. 27, 28, 

tat. 208 f. 0. G. Argina astrea, Drury, Illust. II p. 11, 
pl. 6 £. 3; Snellen T. v. Ent. Bd. 22 S. 99: Celebes. 

Die sehr weit verbreitete Art (India, Andamans, Ceylon, 

Sumatra, Nias, Amboina, Java, Nicobars, China, Rodriguez, 

Mauritius u. s. w.) kommt auch auf den Philippinen vor. 


Genus Deiopeia, Steph. 
15. Deiopeia pulchella, Linne. 
Linne, Syst. Nat. I, 2, 884, 349; Cotes and Swinhoe Cat. Moths 


Pagenstecher: 


| 00 


Ind. II, 116, n.: 739; Snellen, T. v. Knut. Bd. 22. S. 99: 
Gelebes; Tijd. v. Ent. p. 20 p. 8: Java. 

Kin Exemplar dieser so überaus weit verbreiteten Art, 
welches an Grösse den amboinensischen und philippinischen 
Stücken gleich kommt, also weit hinter den europäischen 
zurückbleibt. Es zeigt etwas mehr Roth, als die philippinischen 
Exemplare. 

Aganaidae, Herrich Schäffer. 
Snellen, Bijdr. tot d. Kennis van de Aganaidae, Herr, Schäffer 
in Tijd. v. Entom. Bd. 31 8. 109 ft. 


Genus Ruploeia, Hübner. 
16. Euplocia membliaria, Cramer. 
Phalaena membliaria, Cramer P. E. III p. 269 £. C. D.: Ost- 
Indien; Kuplocia membliaria, Hübner, Verz. Exot. Schm. 
p. 172; Moore, Pr. Zool. Soc. London 1867, p. 677, Ben- 
ealen; 1877 p. 598: Andamans; Cat. Lep. E. J. C.M. II, 
p. 295: Java; Cotes and Swinhoe, Cat. Moths India II 
p. 87, n! 513; Snellen, "Trjd. v. Bntr Bd, 81:8. 118 
Hypsa membliaria, Walker, Cat. Lep. Het. Br. Mus. II, 
p. 448. Hypsa inconspieua, Butler. Trans. Ent. Soe. Lond. 
1575 p. 328. Aganais membliaria, Suellen, Tijd. v. Ent., 
bd. 22, S. 77: Celebes. Band 28, S. 29. 
Aganais renigera, Felder Nov. Lep. pl. 106 f. 2 
— var.? Kuplocia moderata, Butler, Tr. Ent. Soc. London 
1379.D0:.327 = a2 
Herr Staudinger sandte zwei Exemplare ein. Das eine, 
welches ich in gleicher Weise von Gelebes und von Malacca 
besitze, entspricht der Abbildung bei Cramer. Das zweite (2) 
hat einen mehr bläulichen Anflug sämmtlicher Flügel und 
stärkere weisse Bestäubung der Adern; auch am Vorderrande 
des Flügelgrundes fünf dunklere Streifenpunkte an der subor- 
talis hin, sowie endlich in der schmalen Mittelzelle vom 
Flügelgrunde an eine orange Färbung, welche in ihrer Spitze 
einen schwarzen Punkt trägt. Darauf folgt ein nierenförmiger, 
oranger Fleck in der Zelle. In dieser Zeichnung (nicht aber 
in der Grundfärbunge der Flügel) entspricht dieses Exemplar 
der von Felder (Nov. Lep. pl. 106 f. 2) abgebildeten Aganais 
reeinera, welche von Snellen als beinahe sichere Varietät der 
Javanischen Rasse angesehen wird. Ebenso rechnet Snellen 
die Euplocia moderata, Butler hierher, wie ein gleiches auch 
von der Inconspieua, Butler anzunehmen ist. 
(+. Semper erwähnt die Art von den Philippinen. 


ITeteroceren der Insel Palawan. 9 


Genus Philona, Butler. 
17. Philona Inops, Walker. 

Hypsa (Philone) Inops, Walker, Cat. II, p. 457; 

Philona Inops, Butler, Ill. typ. Het. V p. 42 pl. Sf. 6: Silhet; 
Moore, Cat. Lep. E. J. C. Mus. II, p. 294, n. 676: Java, 
Silhet, Darjeling; Proc. Zool. Soc. 1867, p. 677; Snellen 
T, v. E, Bd. 31, p. 120: Java, Sumatra, Nias; Cotes and 
Swinhoe Cat. II p. 91, n. 541. 

Aganais Inops, Pagenstecher, Het. Nias 1. ec. n. 29. 

var. Phil. cinerascens, Moor. Pr. Zool. Soc. Lond. 1877, p. 598, 
pl. 59 f. 6 Andamans. 

Ein Exemplar mit gelben Unterflügeln von dieser nach 

(+. Semper auf den Philippinen vorkommenden Art liegt mir vor. 


Genus Neochera, Hübner. 

15. Neochera Eugenia, Cramer. 

Cramer, P. E. IV. p. 235 pl. 398 M: Amboina; Snellen, T. 
v. E. Bd. 22 p. 78: Celebes; Band. 31 p. 120; Butler, Pr. 
Zo0l. Soc. 1879 p. 162: N.-Irland; Salvin & Godman, 
Pr. Zool. Soc. 1877 p. 150; Pagenstecher, Het. Aru in 
Nass. Jahrb. f. Naturk. 1886 n. 30; Lep. Amboin. 1. c. 
1858 n. 258. var: Neochera Bhawana, Moor. Cat. Lep. 
Bere Mas I p 295%pL, VIl a. .4: Java; Butler, 
Tr. Ent. Soc. London 1875 p. 328; Snellen, T. v. E. Bd. 31, 
p. 121: Java, Sumatra. 

Das mir von Herrn Staudinger eingesandte Stück ist 
von Herrn Moore als Bhawana bestimmt worden und ent- 
spricht auch der Mooreschen Abbildung. Indess ist Bhawana 
so wenig von der typischen Eugenia verschieden, die überdies 
bekanntlich je nach der Lokalität variüirt, dass eine Trennung 
in zwei Arten unthunlich erscheint. Auch dürfte N. Domina, 
Cramer Ill p. 123 pl. 263 f. AB und N. Marmorea, Butler, 
I. Typ. Het. V. p. 43 pl. 37 f. 10,11 zu Eugenia zu ziehen sein. 

Eugenia kommt nach G. Semper auf den Philippinen vor. 


19. Neochera Heliconoides, Moore. 
Moore, Pr. Zool. Soc. 1878, p. 6; Snellen, T. v. E. Bd. 31 p. 12; 

Ein von Herrn Staudinger als Heliconoides, Moore ein- 
gesandtes Exemplar, welches mit dem Mooreschen Original 
übereinstimmen soll, ist etwas kleiner als membliaria und 
Eugenia und kommt den 9 der ersteren nahe. Die Oberflügel 
sind grau, die Adern weiss bestäubt, am Grunde mit einem 
nierenförmigen orangegelben Fleck, der vom Vorderrande bis 


10 Pagenstecher: 


nahe zum Innenrande geht und schwärzlich begrenzt erscheint. 

Die Unterflügel sind schwarzgrau mit silbergrauen Fransen, 

der Flügelgrund und der Vorderrand ebenfalls silbergrau; 

eine gezackte, in der Flügelmitte stärker nach innen vor- 
springende, schmale, silbergraue Binde, geht vom Analwinkel, 
theilweise fast parallel mit dem Aussenrande zum Vorderrande, 
sich hier verbreiternd. Der Aussenrand bleibt schwarzerau 
und ebenso drei Strahlen, welche vom Flügelerund in den 

Flügel einspringen, ebenso wie die Innenseite. der silbergrauen 

Binde. 

Auf der Unterseite ist der grössere Theil des Ober- 
tlügelerundes silbergrau, der Aussenrand schwärzlichgrau, die 
Untertlügel ebenso hellgrau mit dunklem Vorderrand und 
Aussenrand und zwei dunklen Punkten in der Flügelnitte, 
von denen der äussere, der grössere. Halskragen und Leib 
orangegelb mit schwarzen Rücken- und Seitenflecken. Snellen 
betrachtet (l. ec. S. 121) Heliconoides als Subvarietät von 
Eugenia. 

Genus Hypsa, Hübner. 
A. 
(Aganopis, Butler.) 

20. Hypsa orbicularis, Moore. 

Moore, Cat. Lep. E. J. C.. Mus. II p. 296 pl. 7a f. 5; pl. 13 
f. 10, 10 a: Java, North India; Walker, Cat. ll, p. 445 
Snellen, Tijd. v. Entom., Bd. 31, p. 123: Birma. 

Peridrome orbieularis, Moore, Proc. Zool. Soc. 1867. p. 677; 
1877 p. 591; 1878 p. 847; Cotes & Swinhoe, Cat. il, p. 87, 
n. 512: Silhet, Tenasserim, Andamans, Rangoon, Assam. 

Aganopis subquadrata, Herrich Schäffer, Saml. ausserenn, 
Schmetterl. f. 501.502 (2). 

Das mir vorlierende Pärchen unterscheidet sich nicht 
von Exemplaren aus anderen Gegenden. G. Semper führt die 
Art von den Philippinen an. 

D. 
(Aganais, Butler.) 
. Hypsa Javana, Cramer. 

(ramer “ BEP. 146 pl) WAENG,, Be »r, Cat. II p. 454; 
Sne Ilen, T. v. E. Bd. 31 p. 128 n. 8: Java; Walker, Journ. 
Proe. Linn. Soc. Zool. Vol. 27, n. 23 p. 100: Hindostan, 
Java, Borneo, Damalis javana, Cotes and Swinhoe, Cat. II 
p. 90, n. 532: Java, India. 


Heteroceren der Insel Palawan. 11 


Die mir eingesandten Stücke dieser, nach G. Semper 
auch auf den Philippinen vorkommenden Art entsprechen 
völlige der Cramerischen Abbildung. Üelebensis, Hopfer ist 
zwar sehr ähnlich, aber doch prägnant verschieden; vergleiche 
auch Snellen in Tijd. voor Entom. Bd. 31 p. 128, n. 9, 
BIr=12T.. 3, 

KR, 
T. 
22. Hypsa Aleiphron, Cramer. 


Phal. Alciphron, Cramer II, p. 58 pl. 155 f. E. 

Noctua Caricae, Fabr. Ent. Syst. III, 2, p. 37,63; Donovan, 
Ins. Neu-Holland pl. 33 f. 2. 

Hypocrita caricae, Hübner Samml. Exot. Schmett. I pl. 1911.14. 

Damalis Caricae, Hübn. Verz. p. 172. 

Hypsa (Damalis) caricae, Walker, Cat. Il p. 454. 

Hypsa Alciphron, Moore, Cat. Lep. E. J. C. Mus: II, p. 292, 
pl. 13 £. 6: Java; Moore Ceylon Lep. pl. 162 f. 1: Java, 
Penang. 

Aganais Caricae, Snellen, Tijd. v. Ent. XXII p. 79: Celebes. 

Nach G. Semper auf den Philippinen. 
9) 


23. Hypsa Egens, Butler. 


Hypsa (Damalis) Egens, Butler, Trans. Ent. Soc. Lond. 1875 
2.239332 7 Butler, I11l."typ! Het. Br. Mus.-V p. 43, pl. 871. 8; 
Walker, Cat. II, p. 453; Walker, Journal Proc. Lin. Soe. 
Lond. Zool. VI n. 23 p. 100: Hindostan, ‚Java, Borneo; 
Moore, Cat. Lep. E. J. C. Mus. p. 292: Java, Penang, 
Bootan; Snellen, T. v. Ent. Bd. XXI, p. 80, pl. 7 f. 4: 
Gelebes; T. v. E. Bd. XXXI p. 132, n. 20: Java, Celebes. 

Hypsa andamana. Moore, Proc. Zool. Soc. 1877, p. 598, 
pl. 89.7. 3. 

Nach G. Semper auch auf den Philippinen. 

ÖOrbona, Snellen von Vollenhoven, Tijd. voor Ent. VI, p. 187, 
pl. IX f. 4 und Sienificans, Walker Cat. Suppl. V, p. 215 
sind nach Snellen, (Tijd. v. Ent. Bd. 31, p. 135) nur 
Varietäten von Egens. 


24. Hypsa Intacta, Walker. 


Walker, Cat. II p. 451; Snellen, T. v. E. Ed. 31 p. 135, 
PB Bow Lin: 


12 Pagenstecher: 


25. Hypsa Dama, Fahr. 
Fabr. Spee. Ins. I1°p!'216; Ent. Syst. III, 2,p. 29)n.'69% 
Donovan Ins. Neu-Holland, pl. 39 f. 1; Snellen, T v. E. 
Bd. 31, p. 39, n. 26. 


) 
ei). 


26. Hypsa Albifera, Felder & Rogenhofer. 

Felder & Rogenhofer, Reise Novara Lepid. II, pl. 106 £. 3: 
Piepers Snellen, T. v. E. Bd. 20 p. 5: Java; Snellen, 
TV. BE. Bd. 22; put Belehesi HT, ul BE 
p. 144 n. 36. 

Hypsa plana, Moore, Cat. Lep: E. J. C. M. I pl. 131. 9: 
larva; Semper, Verh. zool. bot. Ges. Wien 1867 p. 609; 
Walker, Cat. II.p. 450. 

Hypsa complana, Walker, Cat. Suppl. I, p. 213. 

Hypsa lacteata, Butler, TI. typ. Het. Br. Mus. V. p. 43, 
DO. 

Ein grosses 2, welchem der schwarze Mitteltleck der 

Oberseite der Oberflügel fehlt, wie bei dem von Snellen ge- 

meldeten Exemplar (l. ec. XXII p. 79) von Uelebes. 


Lithosidae. 
(senus Nyetemera, Hübner. 
27. Nyetemera tripunetaria, Linne. 
Phalaena tripunctaria, Linne, Mus. Lud. Ulr, p. 392; Syst. 
Nat. (ed. XII) 2 p. 864,226; Cramer, P. E. I pl. 22f£ E. 
Nyctemera tripunctaria, Walker, Cat. Lep. Het. II p. 897. 
28. Nyetemera maculosum, Felder & Rogenhofer. 
(Leptosoma m.) Felder & Rogenhofer, Reise Novara Lep.T. 105.2. 
Zwei Exemplare, der Felder’schen Abbildung entsprechend. 
Sie tragen am Grunde der Oberflügel je ein schwarzes Fleckchen 
und schwarze Flecke auf dem weissen Hinterleib, der Mann 


einen gelblichen Afterbüschel. — Ein sehr ähnliches, aus 
Amboina mir vorliesendes — ein gleiches habe ich aus 
(elebes vor mir — 702 ich ebenfalls früher zu maculosum 


und reeistrirte es als solches in meinem Verzeichniss der 
Schmetterlinge von Amboina, Nass. Jahrb. f. Naturk. 1888 
n. 247 als Leptosoma maculosum = Nyetemera bipunctella, 
Walker, List. XXXV. Indess zeigt das Amboina-Exemplar (£) 
einen «dunklen Hinterleib und gelben Afterbüschel, das Celebes- 
Exemplar (2) einen einfarbig weissen Hinterleib. Ausserdem 


Heteroceren der Insel Palawan. 1: 


sind bei dem Amboina-Kxemplar die weisslichen Flecke und 
Striche zahlreicher, grösser und mehr zusammengeflossen. 
Bei dem sonst gleichen Celebes-(Minnahassa)-Exemplar fehlen 
die beiden äusseren Flecke im schwarzen Rande der Unter- 
flügel,. Trotz dieser Verschiedenheiten kann ich diese Form 
nur als Varietät annehmen. 


Liparidae. 
(Genus Melanothrix, Felder. 


29. Melanothrix alternans, nov. spec. 

Es liegt mir ein Exemplar (2) einer Melanothrix vor, 
das der Melanothrix pulchrieolor, Felder & Rogenhofer, Novara 
Lep. T. 94 f. 2 von Java und den Philippinen, von welcher 
Art mir ein sehr schönes Exemplar von Ostjava vorliegt, sehr 
nahe steht, indess als eigene Art angesehen werden darf. 

60 mm Ausmaass. Die Oberflügel sind schwarz mit 
schmaler, weisser Querbinde, die etwa von '/, des Vorderrandes, 
anfangs verbreitert zum Aussenrande geht und sich mit ein- 
zelnen Zacken längs der Adeın nach dem Aussenrande hin 
erstreckt. Auf den Unterflügeln ist der Flügelerund schwarz 
(nicht weiss, wie bei pulchricolor). Im dem weissen Aussen- 
rande stehen 5 schwarze Flecken, indem die Randbinde 
Strahlen nach den weissen Fransen entsendet. Die Unter- 
seite ist wie oben. Der Hinterleib gelb gefärbt: Kopf, Brust. 
beine und Leib, wie die ganz versteckten Palpen und die 
schwach gekrümmten Fühler schwarz. 

Bei Herrn von Schönberg in Naumburg a. Saale sah ieh 
eine weitere verwandte Art von Borneo in einem leider sehr 
verflogenen Exemplare, das sich durch bedeutend mehr aus- 
gebildete, weisse, streifige Färbung auszeichnete. 

Genus Lymantria, Hübner. 

30. Lymantria lunata, Cramer. 

Cramer, P. E. IV p. 156 pl. 369% C; Walker, Cat. Lep. IV. 

p. 579; Pagenstecher, Nass. Jahrb. f. Nat. 1888, n. 305: Amboina: 
Cotes and Swinhoe, Cat. S. 1535, n. 1010: India, Hongkong. 
Amboina; Snellen, T. v. E. Bd. 22, S. 111; Celebes. 


Genus Leucoma, Steph. 


31. Leuecoma spec. Fine weitere, auch H. Snellen un- 
bekannte Liparide kann der schlechten Erhaltung des einen 
Exemplars wegen nicht näher classifieirt werden. Die Flügel 


. 


14 Pagenstecher: 


sind milchweiss, die Adern etwas gelblich bestäubt, eine 
zackige, gelbliche Querlinie ist namentlich am Aussenrande 
der Ober- und Unterflügel angedeutet. 


Nototondidae. 
(Genus Natada (?). 

32. Natada lutea nov. spec. Eine in einem Exemplare 
wohnende unzweifelhafte Nototondide, welche einige Aehnlich- 
keit mit der Walker’schen Trabala niveiceps (Cat. Lep. Het. 
Suppl. II, p. 554), Nadata niveiceps (Butler Ill. typ. Het. 
Bd. VI, Taf. 104 f. 5) hat und in die Nähe derselben gehört. 
führe ich hier an. Möglicherweise ist das 'Thier neu. Es 
war Herrn Snellen auch unbekannt. 

45 mm (2), Palpen kurz, gelblich behaart. Stirn, Hals. 
Kragen und Thorax schmutzig lehmgelb, die Beine (soweit er- 
halten) und der Hinterleib ockergelb. Die abgebrochenen 
Fühler mit kurzen Kammzähnen. 

Oberflügel mit leicht convexemVorderrand, geschweiftem 
Aussenrand, schmutzig lehmgelb mit undeutlichen, dunkleren, 
eezackten Querstreifen, dunklem Mittelpunkt und 5 dunklen 
Punkten im Aussenrand. Unterflügel etwas dunkler gefärbt, 
mit undeutlichen Querlinien, Aussenrand stärker verdunkelt. 
Atterwinkel leicht gelblich. Die Unterseite aller Flügel lichter 
eelb, die Querstreifen als zwei deutlich gezackte Binden auf 
Ober- und Unterflügeln vortretend, mit dunklerem Mittelpunkt 
aller Flügel und schwärzlichen Punkten im Aussenrand der 
Vorderflügel. Ich habe diese Art auch von Borneo erhalten, 


Saturnidae. 
(Genus Attacus, Linne. 
De AN Atlas, Linne. 
ee > EI WEB SEDEF 382" TE; 
34. lan Rieini, Boisduval. 

Saturnia Rieini, Boisduval, Annals. Soe. Ent. Frane. (3) II p. 759. 

Attacus lunula, Walker Cat. V p. 1221. 

Attacus Rieini, Moore, Cat. Lep: C. E. J. C. M. II p. 407; 
Walker, Cat. XXAxAI p. 525; Cotes and Swinhoe, Cat. 
Moths India II p. 225, n. 1541. 

Philosamia lunula, Butler, Il. typ. Het. V, p. 601, pl. 94 f. 1 
India, Bengal, Ceylon, China. 

Das vorlierende Exemplar kommt der Butler’schen Ab- 
bildung sehr nahe, doch läuft die helle Querbinde im Grunde 


Heteroceren der Insel Palawan. 15 


des Oberflügels steiler nach dem Glasfleck zu, parallel der des 
Unterflügels. 
Genus Antherea, Hübner. 

35. Antherea Larissa, Westwood. 

Westwood, Cab. Orient. Ent. London 1848, p. 49, pl. XXIV FE. 1: 
Java. 

Das vorliegende Exemplar (2) stimmt mit der West- 

wood’schen Abbildung und Beschreibung überein. 


Noctuelites, Guence. 


Trifidae, Guen. Trib. III Minores, Guen. 
Genus Xanthodes, (Guen. 
36. Nanthodes flava, Fabr. 
Noctua flava, Fabr. Ent. Syst. III, 2, p. 51, Nr. 139. 
Xanthodes transversa, Guen. Noct. IL, p. 211, pl. 10 8. 5; 
Walker, Cat. XII, p. 778; Moore, Proc. Zool. Soc. Lond. 
1867 p. 61; 1877 p. 605; Swinhoe. Proc. Zool. Soc. Lond. 
1885 p. 454; Snellen, Midden Sumatra Lep. p. 44; Pagen- 
stecher, Het. Ceram in „Iris“ Nr. 3, p. 42. 
Avontia flava, Moore, Lep. Ceyl. III, p. 42, pl. 149 f£. 2. 
Xanthodes flava, Cotes and Swinhoe, Cat. Moths of India III, 
p. 283, n. 1805. 
Die auf Java und Silhet, India, Sumatra, Sikkim, Ceylon, 
Andamanen beobachtete Art kommt auch auf den Molukken 
und Philippinen vor. 


Trib. II @enuinae, Guen. Fam. II @lottulidae, Guen. 
(Genus Glottula, Guen. 
37T. Glottula radians, \Westwood. 
Glottula radians, Westwood, Cab. Or. Ent. pl. 28 f. 4; Pagen- 
stecher, Het. Aru. in Nass. Jahrb. f. Naturk. 1886, n. 62. 
Asparasa radians, Moore, Proc. Zool. Soe. Lond. 1877, p. 604: 
Andamanen. 
Nach G. Semper auch auf den Philippinen vorkommend. 


Quadrifidae, Guen. Fam. IV Plusiidae, Guen. 
Genus Plusia, Ochsenheimer. 
38 Plusia Chaleytes, Esper. 
Esper, p. 447, pl. 141 f. S; Guende, Noct. II, p. 343, n. 1167. 
Die weit verbreitete Art kommt auch auf den Phi- 
lippinen vor. 


16 Pagenstecher: 


Kam. VIII &onopteridae, Guen. Genus Anomis, Hübner. 
39. Anomis fulvida, Guence., 

Anomis fulvida, Gmenee, Noet. II, p. 397: Amerika, India; 
Walker, Cat. Lep. Het. XIII, p. 988; Walker, Journal 
Proe. Linn Soe. VI 26, p. 77: Hindostan, Ceylon, Borneo; 
Moore, Proc. Zool. Soc. 1867, p. 44 Bengalen; 1877 p. 606: 
Andamans; Snellen, Tijd. voor Entom. Bd. 20, p. 29: Java; 
Id. 23, p. 75: Celebes; Wallengereen, Wiener Ent. Mon. VII, 
p. 75: Panama; Pagenstecher, Nass. Jahrb. f. Naturk. 18SS, 
Lep. Amboina, n. 370. (1884 n. 49 Nies; 1886 n. 67 Am. 

Anomis euttanivis, Moore, Proc. Zool. Soc. 1867, p. 64. 

Gonitis guttanivis, Walker, Cat. XIII, p. 1003. 

(ronitis fulvida, Moore, Proc. Z001. Soc. 1885, p. 19; Moore, 
lwep. Ceylon III, p. 85, pl. 155 £. 3,3a: Cotes and Swinhoe, 
Cat. III, p. 344: Sikkim, Ceylon, Java, N.-Amerieca. 

(onitis ecombinans, Walker, Cataloe XII, p. 1001. 


Trib. IV Extensae, (en. 
Fam. HI Hypogrammidae, (Guen. 
Genus Cyelodes, Guence. 
40. Üyelodes omma, van der Hoeven. 
Noctua omma, van der Hoeven, Deser. Lep. Nouveaux V, 
DEE ZN. 3.D, 
Frebus omma, van der Hoeven, Tijd. voor Nat. Gesch. VII, 
Dean un. 7, 7 
Cyelodes omma, Guenee, Noct. III, p. 27, 1353; Walker, Cat. 
Lep. Het. Br. Mus. XIV, p. 1085; Moore, Lep., Ceyl. III, 
D. 1952 >D1. 100.1. 7; «Snellen- 7, vEntz, Dd.26, op2epe 
Celebes; Snellen, T. v. E. Bd. 29, p. 235: Java, Celebes; 
Cotes and Swinhoe, Cat. p. 394, n. 2573: Silhet, Ceylon, 
Java. 
jeregra replenens, Walker, Cat. XIV, p. 1315; Moore, Pr. 
2091:7806;..1867,.:P:78: 
Kin sehr frisches Exemplar dieser auch auf den Philippinen 
nach G. Semper vorkommende Art. 


Fam. V ®phideridae, Guenee. 
Genus Ophideres, Boisduval. 
41. Ophideres fullonica, Linne. 
Phalaena fullonica, Linne, Syst. Nat. IT, p. 812, 16; Clerck, 
[eones, pl. 48. 
Phalaena pomona, Cramer P. E. IL, p. 7E.E. 


Heteroceren der Insel Palawan. 17 


Ophideres fullonica, Guenee, Noct. III, p. 111, n. 1477; Walker, 
on Heter. eoll. et Sarawak, Journal Proc. Linn Soc. London, 
7001. vol. VII, 27, p. 117: Westafrika, Hindostan, Geylon, 
Australien, Navigator Island, North Hebrides; Snellen, 
Tijd. v. Ent. Bd. 20, p. 32: Java; Bd. 23, p. 72: Celebes; 
Pagenstecher, Nass. Jahrb. f. Naturk. 1885, p. 1, n. 54: 
Nias. 

Othreis fullonica, Moore, Lep. Ceyl. III, p. 131: Ceylon; Cotes 
and Swinhoe, Cat. p. 376, n. 2477: Afrika, Australia, 
Andamans, Sikkim, Malay. 

Diese Art stellt das 2 dar. 


x 


Ophideres Cajeta, Cramer. 
8 lramer Pi. BE... p1.,30% ABC;.Guenee, Noect., TIL; p. 102, 
n. 1478. 
Nach G. Semper auf den Philippinen. 


42. Ophideres Hypermnestra, Cramer. 

Phalaena hypermnestra, Cramer, P. E. II, 323 f. AB. 

Ophideres hypermnestra, Guenee, Noect. III, p. 116; Snellen, 
T.. v. E. Bd. 20, p. 32: Java; Pagenstecher, Nass. Jahrb. 
f. Naturk. 1885, p. 32, n. 58: Nias. 

Rhytia hypsermuestra, Hübner, Verz. n. 2198; Moore, Ceyl. 
Lep. pl.. 162 £. 9; Cotes and Swinhoe, Cat. S. 378, n. 2480: 
Silhet, Sikkim, Ceylon, Andamans. 

Diese Art ist das 2 zu. 
Ophideres Cocalus, Cramer. 

a Cramer, P. E. pl. 134 f. B; Guenee, Noct. III, p. 115; 
Pagenstecher, Nass. Jahrb. f. Naturk. 1885, p. 32, n. 37; 
Cotes and Swinhoe, Cat. p. 378, n. 2479: Java, Coro- 
mandel, Silhet. 

Nach G. Semper auf den Philippinen vorkommend. 
Genus Phyllodes, Boisduval. 
43. Phyllodes Perspieillator, Guenee. 

(suenee, Noct. III, p. 120: Silhet, Assam. 

Phyllodes eonsobrina, Westwood, Cab. Or. Ent. p. 57, pl. 28 f. 2; 
Moore, Pr. Zool. Soc. 1879, p. 608: Andamans; Cotes and 
Swinhoe, Cat. p. 379, n. 2485. 

Genus Potamophora, (Guenee. 
44. Potamophora Manlia, Cramer. 
Phalaena Manlia, Cramer, P. E. pl. 92 £. A. 
Potamophora Manlia, Guenee, Noct. II, p. 123; Pagenstecher, 


> 


a 


18 Pagenstecher: 


Nass. Jahrb. f. Naturk. 1885, p. 32, n. 59: Nias; 1888 n. 190: 
Amboina; Snellen, T. v. E. Bd. 20, S. 32: Java, p. 72: 
Java, Bd. 23, p. 92: Celebes. 

Ischyja manlia, Hübn. Verz. p. 260, Moore, Ceylon, Lep. III, 
p. 118, pl. 163 £. 1, 1a; Journal Proc. Linn. Soc. Lond. 
Zool. VII, 27, p. 127: Hindostan, Ceylon, China, Java, 
Philippinen; Cotes and Swinhoe, Cat. p. 380, n. 2492: 
Sikkim, Java, Andamans, Borneo, Philippine Islands, China. 


Genus Lygniodes, Guenee. 
(Agonista, Felder.) 

45. Lygniodes Plateni nov. spec. 

Ein schönes Pärchen liegt mir vor, der endoleuca nahe 
kommend, etwas kleiner als die amboinesischen Exemplare 
dieser Art. 

@ Oberflügel tief sammtschwarz, mit grünlichem Metall- 
schimmer, mit schmalen, gelblichen Fransen, die namentlich 
am Aussenwinkel hervortreten. Hinterflügel ebenso gefärbt; 
Aussenrand von der Mitte an schmal orangegelb, welche 
Färbung sich auf den grössten T’heil des Innenrandes fortsetzt, _ 
(wie bei endoleuca die weisse Färbung). Die Unterseite der 
' Hinterflügel bis zu ?°/, ganz gelblich gefärbt, nur der Vor- 
derrand und ein Theil des Aussenrandes ist bräunlich. Leib 
oben schwarz, unten bräunlich (bei endoleuca ganz gelb). 

? Dem Weib der endoleuca sehr ähnlich, doch im Ganzen 
lebhafter und dunkler gefärbt. Die Zeichnungen der Ober- 
flügel sind nahezu die gleichen wie bei jener Art, doch zeichnet 
sich die schwarze Querbinde und die dunkle Wellenlinie weit 
stärker ab, auch springen die dunklen Makeln durch gelb- 
liche Umrandung stärker hervor. Die Unterflügel sind am 
Grunde schwärzlich braun, der Aussenrand breit gelblich mit 
schwärzlichen Auflagerungen. Die dunkle Querbinde erscheint 
schärfer gebrochen, als bei endoleuca. Die Unterseite der 
Oberflügel ist hellerbraun mit gelblichen Wellenlinien und 
einer Reihe gelblicher Punkte zwischen den Adern am Aussen- 
rande. Die Unterflügel sind gelblich gefärbt bis auf das 
obere Drittel, welches bräunlich ist. Eine gelbliche Fort- 
setzung der Oberflügelbinde durchsetzt ihn, nach innen dunkler 
begrenzt. Palpen und Fühler sind braun, die Beine bräunlich, 
Thorax und Hinterleib braun, am Grunde schwach gelblich. 

Von Borneo liegt mir eine sehr ähnliche Form in mehreren 
männlichen Exemplaren vor. Dieselben sind nur ein Geringes 
grösser, der Aussenrand der schwarzbraunen, erünlich schin- 


Heteroceren der Insel Palawan, 19 


mernden Oberflügel zeigt deutlich gelbliche Fransen. Der 

Innenrand der ebenso bräunlich-schwarzen Unterflügel schmal 

gelblich orange, welche Färbung sich nur ganz wenig auf 

den Aussenrand fortsetzt. Unterseite der Unterflügel bis zu 

'/, gelb gefärbt, diese bräunlich wie die der Oberflügel. Der 

ganze Hinterleib gelblich, bis auf die vordere Rücken- 

parthie, welche schwärzlich bleibt. Vorderschimmer schwärzlich, 
wie die Brust; Mittel- und Hinterschimmer gelblich, die 

Fransen bräunlich. Ich gebe dieser Form den Namen Schön- 

bergi nach meinem verehrten Freunde v. Schönberg in Naum- 

burg, durch dessen Güte ich sie besitze. Sie dürfte wohl 
verschieden sein von Lygniodes ciliata, Moore Proc. Zool. Soc. 

Lond. 1867 p. 69 von Bengalen, wenn diese auch eine sehr 

nahe verwandte Form ist. Leider ist die Beschreibung Moores 

eine sehr kurze. Es werden nur die Fransen als gelb an- 
gegeben, während über die Färbung des Hinter- und Innen- 
randes der Hinterflügel, wie die des Hinterleibes nichts 
gesagt wird. 
Trib. VI. Patulae, Guence. 
Fam I. Erebidae, Guen. Genus Oxyodes, Guen. 
46. Oxyodes CUlytia, Cramer. 

Phalaena Clytia, Oramer P. E. T. 399 f. G. 

Oxyodes Ulytia, Guenee, Noct. III, p. 128 n. 1501; Walker, 
Cat. Lep. Het. Br. Mus. XIV p. 1239; Moore, Proc. Zool. 
Soc. Lond. 1867 p. 69. Snellen, T. v. Ent. Bd. 23 £. 92: 
Celebes; Pagenstecher, Lep. Amboina, Nass. Jahrb. f. Nat. 
1888 n. 393. 

Noctua scrobieulata, Fabr. Sp. Ins. II, p. 212 N. 14. 

Oxyodes, serobiculata, Moore, Lep. Ceyl. III, pl. 141 p. 164 
f. 1; Cotes and Swinhoe, Cat. Moths. of India p. 381 n. 
2497: Sylhet, Ceylon. 

Nach @. Semper auf den Philippinen. 
Genus Sypna, (suenee, 
47. Sypna spec. (?). Es liegt mir ein Männchen einer 

Art vor, die mit Sypna tenebrosa, Butler, Trans. Ent. Soc. 

1854 p. 205 und mit Sypna martina, Felder nahe verwandt 

ist, die ich aber bis jetzt nicht genauer unterbringen kann. 

Fam II Ommatophoridae, (Guence. 
Genus Spiredonia, Guence. 
48. Spiredonia obseura, Cramer. 
Cramer "PB. 274 f. B., Snellen T. v..E. Bd. 23 p. 94: 


Pagenstecher: 


Celebes. Scheint identisch zu sein mit Spiredonia Zamis, 
Stoll. Suppl. 162 pl. 36 f. 11; Cotes and Swinhoe, Cat. 
p. 390 n. 2554, welche von G. Semper als auf den 
Philippinen vorkommend aufgeführt wird. 
Genus Argiva, Hübner. 
49. Argiva hieroglyphica. Drury. 
Phalaena hieroglyphica, Drury Ins. Exot. II, p. 5, pl. ILf. 1. 
Phalaena mygdonia, Cramer II, pl. 174 f. F. (8). 
Phalaena hermonia, Cramer, pl. 174 f. E. f 
Argiva hieroglyphica, Guenee, Noct. III, p. 179; Snellen T. 
v. E. Bd. 20 p. 33: Java; Pagenstecher, Nass. Jahrb. t. 


Naturk. 1888 n. 400: Amboina; Cotes and Swinhoe, Cat. 
p. 386. n. 2535: Silhet, Geylon, Sikkim, Andamans, Mada- 


cascar. 
(Genus Nyetipao, Hübner. 


50. Nyetipao Ephesperis, Hübner. 
Hübner Verz. 2575. 
Phal. erepuseularis, Cramer 160 f. A. 
rm 
‘ 


Nyetipao ephesperis, Guen6e, Noct. III, p. 185 n. 1575. 


Genus Ommatophora, (Guence. 
51. Ommatophora luminosa, Cramer. 


Phalaena' luminosa, Cramer, P. E. IH, pl. 274 f. D. 

Ommatophora luminosa, Guenee, Noct. II, p. 190 n. 1586: 
Java; Pagenstecher, Nass. Jahrb. f. Naturk. 1888. Lepid. 
Amboina n. 403; Cotes and Swinhoe, Cat. p. 359 n. 2549; 
Sikkim, Java, Philippinen, Walker, Cat. Lep. coll. at 
Sarawak, ‚Journal. Proc. Linn. Soc. Lond. Zool. Vol. VII, 
p. 177 n. 400: ‚Java, Philippinen. 


21 


Fam II, Hypopyridae, (Guence. 
Genus Spirama, (uence. 


52. Spirama retorta, Linne. 

Phal. retorta, Linne, Mus. Lud. Ulr. p. 376; Cramer, P. E. L, 
1, KB. DEM: 274 1,,A, 

Spirama suffmmosa, Guenee Noect. III p. 195: Java, Silhet (2). 

Spirama retorta, Guenee Noct. III p. 196: Java, China, Coro- 
mandel, Silhet; Cotes and Swinhoe, Cat. p. 392 n. 2561: 
India, Hongkong; Pagenstecher, Nass. Jahrb. f. Nat. 1588. 
lepid. Amboina n. 404; Snellen, T. v. E. Bd. 20, p. 33: 


Java; Bd. 23 p. 96: Celebes. 


Heteroceren der el Palawan. 9 


Spirama remota, Felder, Sitzungs. Wien Ac. Wi is. Math. Nat. 
U. 45 p. 43 n. 104. 

Nach G. Semper auf den Philippinen. 

Aurivillius, Lep. Mus. Lud. Ulr. S. 153 hält Spirama retorta, 
Linne = Spirama remota, Felder, aber distinkt von Spi- 
rama retorta, Cramer, welche er für identisch mit Spirama 
suffumosa und Noctua spiralis, Fabricius ansieht. Spirama 
voluta, Felder & Rogenhofer (Nov. Lep. taf. 115 £. 4) hält 
er für nahe verwandt, aber verschieden. 

53. Spirama triloba, Guenee. 

Guenee Noct. III p. 197 n. 1595: Java. Zwei kleine Exemplare 

von 55 mm, der Varietät A von Guende mehr entsprechend. 
Genus Hypopyra, (wende. 
54. Hypopyra Vespertilio, Fabricius. 

Noctua vespertilio, Fabr. Mant Ins. IL: p. 136 n. 16; Ent. 
Systi IIL| 2: p.:15.n. 23. 

Hypopyra vespertilio, Guenee, Noct. III p. 199: Java, Silhet. 
Walker, Cat. XIV p. 1326: Walker, Journal Proc. Linn. 
Soe. Lond. Zool. Vol. VII n. 27 p. 178: Hindostan, Ueylon, 
China, Borneo; Cotes and Swinhoe, Cat. p. 393 n. 2572: 
Sikkim, Andamans, Tranquebar, Ceylon, China. 

Fam IV. Bendidae, Guenee. 
Genus Hulodes, Guenee. 
55. Hulodes Caranea, Cramer. 

Phalaena caranea, Cramer, P. E. III, pl. 269 £. E. F. 

Bendis caranea Hübner Ver. B. Sch. p. 269 N. 2650. 

Hulodes caranea, Guenee, Noct. III, p. 208: Java, Silhet, Ind. 
centrale; Snellen, T. v. E. Bd. 20 p. 34: Java; Bd. 23 
p. 96: Gelebes; Pagenstecher, Nass. Jahrb. f. Naturk. 1886 
Het. Aru n. 79: Ceram. Ternate, Philippinen. Cotes and 
Swinhoe, Cat. p. 394 n. 2575: India, Java, Ceylon. 

Trib. VII Serpentinae, Guenee. 
Fam I Ophiusidae, Guenee. 
Genus Lagoptera, (Guenee. 
56. Lagoptera magieca, Hübner. 

"Noctua coronata, Fabr. Syst. Ent. p. 596 n. 24. 

Noctua leonina, Fahr. 1. c. p. 596 n. a 

Noetua ancilla, Fab. Ent. Sy st IH, 2 p. 17 2.29. 

Corycia magica, Hübn. Zutr. Exot. Sn Ill, 32,268 f. 535,536. 


22 Pagenstecher: 


Ophiusa magica, Boid. Faun. Ent. Mad. Lep. 100,101. 

l,agoptera magica, (uenee, Noct. III p. 225; W alker, Cat. 
Lep. Het. Br. Mn. XIV p. 1352; Moore, Proe. Zool. Soc. 
Lond. 1867, p. 74; Snellen T. v. E. Bd. 20, p. 34: Java; 
Bd. 23, p. 98: Gelebes. 

Thyas coronata, Moore Lep. Geylon III, p. 158, pl. 167 £. 1, 
pl. 166 £. 5; Cotes and Swinhoe, Cat. p. 397, n. 2595; 
Sikkim, Bombay, Nepal, Silhet, Geylon, Andamans. 

Lagoptera coronata, Moore, Pr. Zool. Soc. Lond. 1877, p. 609. 

Genus Achaea, Hübner. 
57. Achaea melicerte, Drury. 

Phalaena melicerte, De Ins. I, p. 46, pl. 23 £. 1; Cramer, 
Pap: Exot- AV, pl: 3283 120D. 

Noctua tigrina, Fabrieius Spe. Ins. p. 218, N. 52; Ent. Syst. III, 
p. 402, n. 109. 

Achaea melicerte, Hübner, Verz. bek. Schm. p. 269, n. 2645; 
Guenee, Noct. III, p. 247; Walker, Cat. XIV, p. 1396; 
Moore, Pr. Zool. Soc. Lond. 1867, .p. 75; 1877 p. 609; 
Lep. Ceylon EH. p. 163, pl. 168 f. 2;/ Snellen, T. v. E,, 
Bd. 23, p. 100: Celebes; a Lepid. Amboinas in 
Nass. Jahrb. f. Naturk. 1888, 422; Cotes and Swinhoe, 
Cat. p. 402, n. 2624: India, en Celebes, Australia, 
Sikkim, Andamans, Nicobars. G. Semper: Philippinen. 


Genus Ophiusa, Ochsenheimer. 
58. Ophiusa arcuata, Moore. 
Ophiusa arcuata, Moore, Pr. Zool. Soc. Lond. 1877, p. 609; 
Pagenstecher, Nass. Jahrb. f. Naturk. 1888, Lep. Amboinas 
n. 429; Cotes and Swinhoe, Cat. Moths India, p. 408, 
n. 2665: Andamans, ‚Java, Ceylon. India. 
ÖOphiusa joviana, Guende Noct. Ill, p. 269: Java, Inde centrale. 
Ophiusa Gueneei, Snellen, T. v. E. Bd. 23, p. 103: Celebes. 


Fam II Kuelididae, Guen‘ce. Genus Trigonodes, Guenee. 
59. Trigonodes Hyppasia, Uramer. 

Phalaena hyppasia, Cramer HI, pl. 250 f. ©. 

Chaleiope hypasia, Hübner n.! 2634. 

Trieonodes compar, Walker, Cat. XIV, p. 1451. 

Trigonodes hypasia, Guen6e Noct. III, p. 283, n. 1726; Indes 
orientales; Pagenstecher, Nass. Jahrb. f. Naturk. Verz. 
Schmett. Amboina, n. 416; Cotes En Swinhoe, Cat. p. 415, 
n. 2687: India, Sikkim, Nepal, Ceylon, China; Snellen, 
T.v. E. Bd. 20,.Bdr 372 Jaya: Bd. 239.100: Belener 
Nach G. Semper auf den Philippinen. 


Heteroceren der Insel Palawan. 25 


Fam III Remigidae, Guenee. Genus Remigia, (Guence. 
60. Remigia frugalis, Fabricius. 

Phalaena frugalis, Fabr. Ent. Syst. ILL, 2, p. 138 

Chaleiope lycopodia, Hübner, Zutr. Exot. Schm. f. 897, 898. 

Remigia frugalis, Guenee, Noct. 1Il, p. 314; Walker, Cat. Lep. 
Het. XIV, p. 1507; Moore, Pr. Zool. Soc. Lond. 1867, 
p. 77; Moore, Lep. Ceyl. III, p. 190, pl. 172 £.. 4; Pagen- 
stecher, Nass. Jahrb. f. Naturk. 1888 Schmetterl. Amboina, 

437; Cotes and Swinhoe, Cat. p. 415, n. 2702: Cachar, 
Sikkim, Andamans, India, Ceylon, Afrika, Java, Borneo. 
(4. Semper: Philippinen. 

61. Remigia Archesia, Cramer. 

Phalaena archesia, Cramer III, pl. 373 f. F. G.; var. Virbia, 
Cramer, pl. 273 f. H. 

Remigia archesia, Guen6e, Noct. III, 318; Pagenstecher, Nass. 
Jahrb. f. Naturk 1886, n. 84 Aru.; 1888, n. 438: Amboina, 
Walker, Journal Pr. Linn. Soc. Lond. VII, n. 28, pl. 1231; 
Sierra Leone, Hindostan, China, Ueylon, ‚Java; Snellen, 
P.. va E.tBd! 20, p: 38: Java, :Pp. 73; Sumatra, "Bd. 23: 
p. 106: Gelebes. 

Uauninda archesia, Moore, Ceyl. Lep. pl. 172 £. 3: Geylon, 
Cotes and Swinhoe, Cat. n. 2697: S.-Africa, Java, China. 

Nach G. Semper auf den Philippinen. 


Frib IX. Deltoideae, (zuence. 

Fam 1. Platydidae, Guende. Genus Trigonia, (suenee. 
Trigonia eydonialis, Cramer. 
Phalaena cydonia, Cramer, Pap. Exot. pl. 22 £. 
Trigonia eydonialis, Guenee, Delt. et P Na 

Schmetterlinge Amboinas in Nass. Jahrb. f. 
Rn; 4547. 
Olaterna eydonia, Moore, Lep. Ceyl. III, p. 216, pl. 175 £. 11: 
Gevlon. Cotes and Swinhoe, Cat. p. 436, n. 2843: ÜUeylon. 
Nach G. Semper auf den Philippinen. Das vorliegende 
Exemplar ist etwas schärfer gezeichnet, als die Exemplare 
von Amboina, der «dreieckige weisse Fleck des Oberflügels 
kleiner, die weissliche Querbinde schmäler. 


agenstecher, 


F. 
B 
Naturk. 1888, 


Fam III Herminidae, (Guenee. 

Genus Mastigophora, Poey. 
63. Mastigophora, spec. Ein mir vorliegendes, leider 
nicht gut erhaltenes Exemplar scheint mir in dieses Genus 


24 Pagenstecher: 


zu gehören, oder zu Olanyma, Gmuenee. Beide Geschlechter 
haben bisher nur Vertreter aus Amerika. 


Genus Echana, Walker. 
64. Echana plicalis, Moore. 

Moore, Pr. Zool. Soc. 1867, p. 86, pl. VIL£. 7; Snellen, T. v. E. 
Bd. 23, p. 127; Celebes, Bd. 24, pl. 6 f£. 5; Cotes and 
Swinhoe, Cat. p. 451, n. 2966: Sikkim. 

Nur ein Exemplar, zwar sehr mangelhaft erhalten, aber 
doch wohl mit Sicherheit hierher zu beziehen. 


Uranidae. 
Fam III. Nyetalemonidae, Guenee. 
(Genus Nyetalemon, Dalman. 

65. Nyetalemon Menoetius, Hopfer. 

Hopfer, Neue Schmetterl. Zool. Mus. II, Taf. 5 £. 1. 

Phalaena Patroclus, Cramer, T. 109 f. AB. Hopfer in Stett. 
Ent. Ztg. 1874, n. 160: Celebes; Pagenstecher, Nass. Jahrb. 
f. Naturk. 1885, Heterocera Nias S. 44, n. 74. 

Der Cramer’schen Abbildung entsprechend, mit ansehn- 
lich breitem, weissen Bande. Die Unterseite der Unterflügel 
namentlich intensiv schwärzer gefärbt am Aussenrande. Ein 
weiteres Exemplar, mit schmälerem durchlaufenden weissen 
Streifen, wurde von Herrn Staudinger als Nyet. Zampa, 
(Butler Ent. Monthly Mag. V, 278) angesehen. Ich kann die 
Unterschiede, welche für Zampa, Patroclus und Menoetius an- 
gegeben werden, nicht für so bedeutend halten, um daraus 
getrennte Arten festzustellen. Ich halte sie alle für Varietäten 
einer Art. — Bei den Nias-Exemplaren ist das weisse Band 
nach aussen noch von einer lichteren Färbung begleitet. — 
Nyct. najabula (Moore, Lep. Andamans in Pr. Zool Soe. 1867, 
p. 620) dürfte wohl auch eine Varietät sein. — Menoetius 
und Zampa werden beide als auf den Philippinen vorkommend 
aufgeführt. 


Geometra, Linne. 
(Phalenites, Guenee.) 
Fam II Urapterydae, (wende Genus Urapteryx, Leach 
66. Urapteryx erocopterata, Kollar. 
Kollar in v. Hügels Caschmir IV, p. 483; Moore, Pr. Zool. 
Soc. 1867, p. 613; 1877, p. 620; Snellen, "T.' vB. Bd. 22 
p. 69: Gelebes, 


Heteroceren der Insel Palawan. 


(Guenee, Ur. et Phal. IX, p. 29: Bengalen. 
Thinopteryx crocopterata, CGotes and Swinhoe, Cat. p. 475, 
n. 9114. 
Genus Idiodes, (Gene. 
Gruppe 1. 

67. Idiodes aspilatataria nov. spec. 

Ein Exemplar von 34 mm vorliegend. Alle Flügel 
weissgrau mit röthlichbraunen Atomen überstreut, welche sich 
zu je einem queren schmalen Streifen verdichten, der von 
etwas unterhalb der Flügelspitze am Aussenrand beginnt und 
nach der Mitte des Hinterrandes der Oberflügel und von hier 
über die Unterflügel zu '/, des Innenrandes sich erstreckt. 
Ein zweiter Streifen zieht auf dem Unterflügel den Aussen- 
rand geradlinig abschliessend, von der Flügelspitze bis nahe 
zum Afterwinkel, dem vorigen nahezu parallel. Beide Streifen 
sind nach aussen dunkel umschattet. Oberflügel mit centralem 
Mittelpunkt. 

Unterseite weissgrau, die rostbraunen Atome viel zahl- 
reicher, namentlich längs des oberen Drittels des Aussenrandes 
und am Vorderrande, die Querstreifen der Oberseite undeut- 
lich wiedergebend und auf die Unterflügeln mehrere undeut- 
liche Wellenlinien hervorrufend. Thorax weisslich, rostbraun 
bestäubt, ebenso der Hinterleib. Palpen dunkelbraun, zweites 
(lied dicht beschuppt. Antennen. ? 


68. Idiodes simplaria, Snellen. 


Numeria simplaria, Snellen in literis; Pagenstecher, Nass. 
Jahrb. f. Naturk. 1888, Schmetterlinge Amboinas, n. 535. 

Dieses Thierchen erwähnte ich am angegebenen Orte als 
Numeria simplaria, mit welchem Namen mir es Herr Snellen, 
der es beschreiben wollte, bezeichnet hatte. Neuerdings 
glaubt Herr Snellen es aber für eine echte Idiodes halten zu 
müssen. 

»5 mm Ausmaass. Alle Flügel violettgrau, seidenartig 
glänzend, mit einem auf den Oberflügeln von der Flügelspitze 
zu '/, des Anussenrandes und ‘auf den Unterflügeln weiter- 
ziehenden dunkelvioletten Querstreifen, der auf den Ober- 
flügeln leicht gewellt ist. Letztere zeigen einen dunklen Mittel- 
punkt. Der Aussentheil der Flügel ist etwas dunkler, als der 
Grund. Die Unterseite aller Flügel ist violettgrau, die Quer- 
linie weniger stark entwickelt. Leib und Beine wie die 
Flügel gefärbt. Antennen. ? 


26 Pagenstecher: 


_ 


Fam. II Ennomidae. Genus Hyperythra, Guenee. 
69. Hyperythra lutea, Cramer. 

Phalaena lutea, Cramer IV, pl. 370, Fig. C. D. 

Hyperythra lutea, Moore, Ceylon Lep. III, pl. 185 £. 6; Snellen, 
T. v. Entom. Bd. 24, p. 70: Celebes; Pagenstecher, Jahr- 
büch f. Naturk. 1558 Schmetterlinge Amboinas, n. 483. 
Cotes and Swinhoe, Cat. Geom. p. 478, n. 3148: India, 
('eylon, Andamans, Java, Afrika, China. 

Hyperythra limbolaria. Guenee, Phal. p. 101, n. 155, pl. 13 £. 3: 
Inde orientale, Ceylon, Bengalen; Snellen, T. v. E. p. 20, 
p. 40: Java. 

Hyperythra penicillaria, Guenee, Phal. I, p. 101, n. 154. 

Aspilates susceptaria, Walker, Cat. XNXXV, p. 1664. 

Nach G. Semper auf den Philippinen. 


Fam. III Oenochromidae. Genus Decetia, Walker. 
70. Decetia pallidaria, Pagenstecher. 
Pagenstecher, Nass. Jahrb. f. Naturkunde 1888, Schmetterlinge 
Amboinas, n. 485. Ein schönes Pärchen. 


Fam. V Boarmidae. Genus Ambilyehia, (Guenee. 

71. Ampblychia Angeronaria, Guenee. 

Guenee, Ur. et Phal. p. 215, pl. 4 f. 9: Inde. centrale; Moore, 
Pr. Zool. Soc. Lond. 1867, p. 635: Bengalen. 
Ein & von 70 mm. 
Genus Boarmia, Treitschke. 
72. Boarmia pertusaria, Felder & Rogenhoter. 
Felder und Rogenhofer, Novara Lep. T. 125 f. 17. 

Kin 3, das ich hierher ziehe, wiewohl es eine lebhaftere 
grüne Grundfarbe, als auch etwas dichtere schwarze Zeich- 
nungen hat, die aber im Uebrigen gerade so angebracht sind, 
wie in Felder’s Bild. Auf der Unterseite läuft die schwärz- 
liche Randbinde längs des ganzen Aussenrandes der Ober- 
flügel, während sie bei einem typischen, mir von Darjeling 
vorliesenden Stück unterbrochen ist. 

Kommt nach G. Semper auf den Philippinen vor. 

Genus Kiphos, Guenee. 

73. Elphos hymenaria, Gmenee. 

(uenee, Phal. I, p. 285, n. 456, pl. 16 £. 4; Walker, Cat. XXI 
p. 449; Moore, Ceyl. Lep. III, p. 420, pl. 193 f. 1. Cotes 
and Swinhoe, Cat. p. 509, n. 3398: India, Sikkim. 


Heteroceren der Insel Palawan. 97 


Nach G. Semper auf den Philippinen. Zwei Männer, 
kleiner als die indischen Stücke und ein ? etwas varlirend 
in der Färbung. 

Fam. VII Geometridae. Genus @eometra, Linne. 

74. Geometra viridiluteata, Walker. 

(Geometra viridiluteata, Walker, Cat. Het. Br. Mus. XXII, 
p. 515; Moore, Pr. Zool. Soc. Lond. 186%, p. 636. 

Tanaorhinus viridiluteatus, Butler, Ill. typ. Het. VI, p. 6%, 
pL 117 f. 2; Cotes and, Swinhoe, Cat. p. 516, n. 3449: 
Sikkim. 

Fam. IV Palyadae. Genus Eumelea, Jardiu. 

75. Eumelea Rosalia, Cramer. 

Cramer, Taf. 368 f. F.; Cotes and Swinhoe, p. 528, n. 3549. 

Diese weit verbreitete Art liegt in drei Formen vor, 
der typischen Rosalia und ausserdem als Aureliata, Guenee, 
pl. 22 £. 6; Cotes and Swinhoe p. 527, n. 3538 und Feliciata, 
(uenee, Phal. p. 393, n. 628; Cotes and Swinhoe, p. 527, 
n. 3540. Nach G. Semper in den 3 Formen auf den Phi- 
lippinen. 


76. Eumelea Eugeniata, Guenee. 


(uenee, Phal. p. 394, n. 639. 
Phalaena fimbriata, Cramer P. E. 398 £. N. 
Fam. XI Acidalidae. 
Genus Zanelopteryx, Herrich Schäffer. 
77. Zanclopteryx Zincaria, (zuenee. 
Guenee, Phal. II, p. 16, n. 916: Sarawak (Borneo); Snellen, 
T. v. E. Bd. 24, p. 83: Celebes; Pagenstecher, Nass. Jahrb. 
f. Naturk. 1856 Het. Nias, n. 84; 1888 Schmetterlinge 
Amboinas, n. 513. | 


Fam. XII Mieronidae. Genus Mieronia, Gene. 
78. Mieronia fasciata, Cramer. 
Phal. fasciata, Cramer T. 104 £f. D. 
Phal. caudata, Fabr. Ent. Syst. III, 165, 124. 
Strophidia faseiata, Moore, Ceyl. Lep. III, p. 460, pl. 209 8. 7; 
Cotes and Swinhoe, Cat. p. 588, n. 4016: India, Andamans. 
Mieronia obtusata, Guenee, Phal. p. 25, n. 927, pl. 5 £ 6. 
Micronia fasciata, Moore, Proe. Zool. Soc. Lond. 1867, p. 646; 
Pagenstecher, Nass. Jahrb. f. Naturk. 1888, Schmetterlinge 
Amboinas, n. 514. ’ 
Nach G, Semper auf den Philippinen. 


98 Pagenstecher: 


79. Mieronia reetinervata, (ruenee, 
(uende, Phal. p. 27: Singapore. 
S0. Mieronia gannata, Guenee. 
(suenee, Phal. p. 26; Snellen, T. v. E. Bd. 24, p. 84: Celebes. 
Herr Snellen bemerkt (Tijd. v. Ent. Bd. XXXII, p. 398), 
dass der Genus Micronia mit Nyctalemon, Cydimon und Urania 
im Aderverlauf zusammenfalle und möglicherweise gar nicht 
zu den Geometriden gehöre. 


Fam. XV Fidonidae. 
Genus Polla, Herr. Schäffer, Exot. Schm. 

Sl. Polla rufolinearia, nov. spec. 

Der Polla praeditaria, Herr. Schäffer, Exot. Schm. f. 416, 
sehr ähnlich und der Polla costipunetaria (H. Schäffer, Exot. 
Schm. f. 455) verwandt, von ersterer nur durch röthliche 
Färbung und Mangel der Apikelflecke verschieden, sonst in 
Zeichnung gleich. 42 mm. 

Die langen Fühler mit Kammzähnen, die sich nach 
(der Spitze zu verjüngen. Alle Flügel hellröthlich, braun mit 
dunklen Atomen überstreut. Eine schmale, röthlichbraune 
(Juerbinde durchzieht von der Flügelspitze bis zu '/, des 
Innenrandes der Oberflügel und setzt sich auf dem Unter- 
tlügel zum Innenrande fort. Unterseite wie die Oberseite ge- 
färbt, mit dichten dunklen Atomen. Auf den Oberflügeln 
zwei undeutliche, nahezu parallele Querstreifen. Alle Flügel 
mit dunklem Mittelpunkt, Leib und Beine rothbrann. 

Ich besitze diese Art auch von Amboina. 

Genus Hemioplisis, Herrich Schäffer. 

S2. Hemioplisis amoenaria nov. spec. 

Der Hemioplisis drepanularia (Herr. Schäffer Exot. Schm. 
f. 450) nahe verwandt. 

2 35 mm Ausmaass. Fühler auf einer Seite mit langen 
Kammzähnen, welche rasch vom Grunde anschwellen und nach 
der Spitze hin abnehmen. Augen gross, kuglig, Palpen ganz 
kurz, Sporen stark, lang. Vorderrand der Vorderflügel leicht 
eonvex, zugespitzt, Aussenrand oben eingeschnitten, dann 
convex: Innenrand gerade. Unterflügel dreieckig, Aussenrand 
leicht econvex, Innenrand gerade. Alle Flügel dunkel kupfer- 
roth, einfarbig, mit undeutlichen etwas dunklen Querlinien, 
von denen zwei äussere gewellte nahezu parallel vom Vor- 
derrand zum Innenrande ziehen, ein dunkles Feld in sich ein- 
schliessend, die innere leicht nach aussen convex auf ihr läuft. 


Heteroceren der Insel Palawan. 29 
Fransen dunkelroth. —- Auf den Unterflügeln sind ebenfalls 


zwei undeutliche Querlinien, in der äusseren stehen drei schwache 
weissliche Punkte. Unterseite einfarbig, hellkupferroth mit 
einer dunklen Querlinie, welche etwas nach innen von der 
Spitze der Vorderflügel vom Vorderrande zu '/, des Innen- 
randes zieht und sich schwach entwickelt auf den Unter- 
flügeln fortsetzt. Der Aussenrand an der Flügelspitze dunkel- 
rothbraun. Brust, Hinterleib und Beine röthlichbraun, der 
Hinterleib auf der Unterseite heller. 


Genus Hyposidra, (ruenee. 
83. Hyposidra albifera, Moore. 


Kalabana albifera, Moore, New Asiat. Lep. Proc. Zool. Soc. 
1879, p. 415; Cotes and Swinhoe, Cat. p. 476 n. 3133. 


Moore sagt von seiner Kalabana albifera von N. W. 
Himalaya, dass sie „allied to K. picaria (Lagyra picaria, 
Walker Cat. 26, p. 1541 von Java) und K. lencomela (Gele- 
vena leucomela, Walker Cat. Br. M. V. p. 1877) von den 
Philippinen sei. Felder & Rogenhofer bilden in dem Novara- 
Werke, Taf. C. XXIX f. 25 eine Hyposidra (= Lagyra, 
Walker Cat. XX p. 58 und Chizala p. 264), leptosoma 3 von 
Luzon von der Unterseite ab, von der sie sagen: affınis 
Lagyrae picariae, Walker List. XXXV, 1541. 


Vor mir liegen zwei Stücke, ein & und ein 9, welche 
mit der Moore’schen. Beschreibung gut stimmen, wenigstens 
der 2. Von der Felder’schen Art, die übrigens doch identisch 
sein dürfte, zeigt der & insofern leichte Verschiedenheiten, 
als die Felder’sche Abbildung auf der Unterseite des Ober- 
flügels am Grunde noch zwei weisse Flecken zeigt, welche 
bei unserm Exemplare fehlen. Auch sind bei dem vorliegenden 
die Randflecken zusammengeflossen und auf den Unterflügeln 
ist der Grund weiss. Moore setzt das von ihm aufgestellte 
(senus Kalabana zu den Urapterygidae und ihm folgen Cotes 
und Swinhoe. Ich sehe keinen rechten Grund ein, um die 
vorliegende Art von der ihr so nahe verwandten Hyposidra 
vampyraria (Snellen Tijd. v. Entom. XXIV p. 90 pl. 9 £. 3; 
Pagenstecher Nass. Jahrb. f. Naturk. 1888, Schmetterlinge 
Amboina’s n. 558 = Lagyra Talaca, Walker Cat. XX p. 59; 
Moore, Ceyl. Lep. p. 392 Taf. 185 f. 1) zu trennen, und lasse 
dieselbe bei Hyposidra. — G. Semper führt Hyposidra lepto- 
soma von den Philippinen auf. 


30 Pagenstecher: 


Fam. XVI Hazidae, (uenee. 
(Genus Hazis, Boisduval. 
S4. Hazis malayanus, Guerin. 


(ucrin, Voy. Deless. p. 89 pl. 23 f. 2; Snellen, Tijd. v. Ent. 
NXVII p. 96; Snellen, Midden-Sumatra Lep. p. 59. 

Es liegen mir zwei Exemplare dieser Art vor, welche 
in der Zeichnung mit Hazis malayanus, wie sie Guerin ab- 
bildet, völlige übereinstimmen, nur ist der Analwinkel der 
Hinterflügel bei beiden nur sehr schwach gelblich angeflogen, 
so dass die Exemplare mit Palmyra, Stoll. Suppl. pl. 36 f. 1 
übereinstimmen würden, wenn nicht die äusserste bläuliche 
tandfärbung bei Stoll ununterbrochen erschien, während sie 
bei Guerin und unsern Exemplaren von der hellen Grundfarbe 
unterbrochen wird. Snellen bemerkt bereits, dass Palmyra, 
Stoll, wenn nicht dasselbe jedenfalls ein sehr nahestehendes 
Thier sei. Kuschema proba, Butler, Il. typ. Het. T. 115 
f. 2 und Annals Nat. Hist. (5) VI p. 120, ist ebenfalls als 
synonym zu betrachten, wie Hazis manillaria, Guenee, welche 
(4. Semper von den Philippinen aufführt. Vergl. auch Pagen- 
stecher, Nass. Jahrb. f. Naturk. 1885, Het. Nias p. 53. 


s5. Hazis Bellonaria, Guenee. 


(uenee, Phal. p. 193 pl. 18, f. 1: Borneo, Malacca. Snellen, 
Midden Sumatra Lepid. p. 60; Tijd. v. Entom. Bd. 27, 
Verslag LXAXII; Pagenstecher, Nass. Jahrb. f. Naturk. 
1885 Het. Nias p. 52 n. %. 

Euschema suprepleta, Butler, Ill. typ. Het. I, p. 57 pl. XIV 
f. 4: Walker, Cat. Lep. II p. 406; Walker, Journal Proc. 
Linn. Soc. Lond. Vol. VI, 22 p. 93 n. 43: Ceylon, Malacca. 

Euschema Ares, Weymer, Stett. Ent. Ztg. 1885, p. 279. 

/wei gute Exemplare. 


Fam. XVII Zerenidae. 
(Genus Panaethia, Guenee. 
S6, Panaethia exul, Herrich Schäffer. 


Tigridoptera exul, Herrich Schäffer, Neue Exot. Schmett. f. 533, 
Inde orientale?; Moore, Cat. Lep. E. J. C. Mus. Il p. 296 

n. 680: Java. 
Nach @. Semper auf den Philippinen vorkommend und 


Heteroceren der Insel Palawan. 31 


varrirend. Drei Exemplare, von denen zwei gleichgefärbt 
sind, das dritte der zahlreichen schwarzen Streifen, welche 
längs der Rippen zum Aussenrande laufen, entbehrt. Allen 
drei Exemplaren fehlt auch die gelbliche Färbung des Vor- 
derrandes, den die Herrich-Schäffer’sche Abbildung zeigt. — 
Das Genus Tigridoptera stellt Herrich Schäffer zu den Litho- 
sinen, Moore neben Euplocia. 
Genus Celerena, Felder & Rogenhofer. 
37. Celerena palawanica, nov. spec. 
Es liegt mir ein schönes Pärchen dieser neuen Art vor. 
& und 2 haben 58 mm Ausmaass; beide sind gleich gezeichnet, 
doch der & etwas schärfer. Alle Flügel goldgelb mit breiter, 
silbergrauer Aussenrandfärbung, die noch ein Drittel des 
Vorderrandes der Oberflügel einnimmt. Diese  silbergraue 
Färbung ist nach innen schwärzlich eingefasst und letztere 
dunkle Färbung umschliesst am äusseren Drittel des Ober- 
flügels eine halbmondförmig abgegrenzte Parthie der gelben 
Grundfärbung und überkleidet auch den schmalen, silber- 
erauen Vorderrand. Rumpf, Brust, Hinterleib und Schiener 
gelb, Tarsen schwärzlich. Auf der Unterseite der Oberfiügel 
ist die silbergraue Färbung dunkler, die schwärzliche Um- 
randung ist breiter und dunkler und geht auch auf das Centrum 
des Flügels über. Auf den Unterflügeln ist die silbergraue 
Färbung des Aussenrandes ebenfalls dunkler und breiter 
schwarz eingefasst; die dunkle Umrandung setzt sich auch 
längs des Vorderrandes fort. — Die Art steht der andamana, 
Felder (divisa, Butler) und der mutata, Kirsch, nahe, unter- 
scheidet sich aber durch die vollständig dentlich abgeerenzte 
halbmondförmige Abtheilung des Oberflügels. 
(Genus Abraxas, Leach. 
SS. Abraxas hypsata, Felder & Rogenhofer. 
Felder & Rogenhofer, Reise Novara Lep. T. 130 f. 16. Pagen- 
stecher, Nass. Jahrb. f. Naturk. 1888, Schmetterl. Amboinas 
n. 511; 1886 Het. Aru., n. 132. Cotes and Swinhoe, Cat. 
p. 553, 3733: India. 
Nach G. Semper anf den Philippinen. 
Pyralidina. 
Genus Botys, Treitschke. 
S9. Botys multilinealis, Guenee. 
(Guenee, Delt. et Pyral. p. 337, pl. 8 f. 11; Lederer, Wien. 


; 


32 Pagenstecher: 


Ent. Mon. VII, p. 375, Taf. 11 f. 3» Ostindien; Snellen, 
Tijd. v. Entom. Bd. XX, p. 47: Java; Bd. XXVI, p. 130: 
(elebes; Pagenstecher, Nass. Jahrb. f. Naturk. 1885, Het. 
Nias, n. 100; 1888 Schmetterl. Amboinas, n. 580. 

Botys basipunetalis, Bremer, Lep. Ost-Sibiriens, p. 68, pl. 6 f. 8. 
Synelera multilinealis, Moore, Ceyl. Lep. p. 5315. CGotes and 
Swinhoe, Cat. p. 634, n. 4306: India, Ceylon, China. 

Nach @. Semper auf den Philippinen. 
(Genus Filodes, (Guenee. 
90. Filodes fulvidorsalis, Hübner. 
Pinacia fulvidorsalis, Hübner, Zutr. Exot. Schm. 643,644. 
Kilodes fulvidorsalis, Guenee, Delt. et. Pyr. p. 317. Lederer, 
Wien, Ent. Mon. VII, pl 12 £. 17: Manilla, Java; Snellen, 
T. v. E. Bd. 26, p.. 137:  Ceylon; Moore, Lep.. Ceyl. 
pl. 182 f. 2; Pagenstecher, Nass. Jahrb. f. Naturk. 1888, 
Schmetterl. Amboinas, n. 601; Cotes and Swinhoe, Cat. 
p. 621, n. 4220: India, Ceylon, Java, Manilla, Reunion. 
Euelyphis fulvidorsalis, Walker, Cat. XVII, p. 599; 
Moore, Proc. Zool. Soe. 1867, p. 695: Bengalen. 
Nach G. Semper auf den Philippinen. 
(Genus Meroctena, Lederer. 
)1. Meroctena Staintoni, Lederer. 
Lederer, Wien. Ent. Mon. VII, p. 392, Taf. 13 f. 4; Snellen, 
T. v. E. Bd. 26, p. 138: Celebes; Pagenstecher, Nass. Jahrb. 
f. Naturk. 1885 Het. Nias, n. 102; 1886 Het. Aru., n. 100; 
1588 Schmetterl. Amboinas, n. 604. 
Nach G. Semper auf den Philippinen. 
Das vorliegende Stück hat einen breiteren violetten 
Aussenrand, als die Exemplare von Amboina. 
Genus Pachyarches, Lederer. 
92. Pachyarches amphitritalis, Guenee. 
Margarodes amphitritalis, Guenee, Delt. et Pyr. p. 307, n. 327: 
Silhet, Inde centrale. 
Margaronia amphitritalis, Walker, Cat. XVIIL, p. 529. 
Pachyarches amphitritalis, Lederer, Wien. Ent. Mon. p. 398: 
Östindien, China; Cotes and Swinhoe, Cat. p. 618, 
n. 4209; Silhet. 
Genus Pygospila, (Guence. 
3. Pygospila tyres, Cramer. 
Phalaena tyres, Cramer P. E. t. 263 f. C. 


Heteroceren der Insel Palawan. 33 


Pygospila tyres, Lederer, Wien Ent. Mon. VII, p. 404: Ost- 
Indien; Moore, Lep. Cyl. p. 329; Pagenstecher Nass. Jahrb. 
f. Nat. 1888, Schmetterl. Amboinas n. 624; Cotes and 
Swinhoe, Cat. p. 620 n. 4218: India, Ceylon. 

Pypospila tyresalis, Guenee, Delt. et. Pyr. p. 312: Beneala, 
Silhet, Pondichery; Walker, Cat. XVIII p. 837. 

Pyg. costiflexalis, Guenee, 1. ec. p. 313: Bomberg. 

Lomatropa costiflexalis, Lederer, 1. c. p. 404 pl. 14 f. 8: 
Ostindien. 

Phalaena aestuata, Fabr. Ent. Lyst. p. 638. 

Nach Georg Semper auf den Philippinen. 


Norasuma Richterin. sp. 
Beschrieben von G. Weymer. 
Hierzu Datelsi, FIgy ara 

& Länge des Körpers 21—23 mm, Länge eines Vorder- 
flügels 20—21 mm. Körper bräunlich ockergelb, Halskragen 
etwas dunkler. Fühler ebenso, nur '/, der Flügellänge er- 
reichend, mit 2 nach unten gegen einander gebogenen Reihen 
gelbbrauner Kammzähne, die bis an die Spitze reichen. Vorder-, 
Mittel- und Hinterschienen dick hellbräunlich behaart. 

Die Vorderflügel ziemlich breit, auf Rippe 7 in eine 
stumpfe Spitze ausgezogen, der Vorderrand daneben ziemlich 
hoch gewölbt, so dass die Gestalt der Flügel eine sichelförmige 
wird. Der Aussenrand ist schwach wellenförmig. Rippe 7 
und 10 entspringen aus einem Punkte in kurzer Entfernung 
hinter der vordern Ecke der Mittelzelle. Denkt man sich 
von diesem Punkte ab die Rippe 7 in 3 gleiche Theile zerlegt, 
so entspringt Rippe 9 ungefähr beim Ende des ersten Drittels 
und Rippe S beim Ende des zweiten Drittels. Die Grund- 
farbe ist ein bräunliches Ockergelb, am Aussenrande und vor 
der Spitze reiner und heller ockergelb, mit 3 braunen ge- 
bogenen Quer- und einem besonders scharf hervortretenden 
dunkelbraunen, fast geraden Längsstreifen. Letzterer beginnt 
als feine Linie an der Wurzel des Vorderrandes, geht an 
Breite zunehmend durch den obern Theil der Mittelzelle und 
dann über Rippe 5 und 6 bis zur vorgezogenen Spitze des 
Flügels. Der erste der Querstreifen ist undeutlich und meist 
nur in der Innenrandshälfte vor der Mitte des Flügels sichtbar. 
Der zweite Querstreif beginnt als ziemlich dicker dreieckiger 
Fleck am Vorderrande hinter der Mitte, biegt sich nach aussen, 
wird dann von dem Längsstreifen durchschnitten und setzt 
sich gerade, doch ziemlich verschwommen, bis zum Innenrande 
fort. Der dritte Streifen ist schmal doch deutlich, beginnt 
bei ?/, des Vorderrandes, biegt sich zuerst schräg nach aussen 
und nach Durchkreuzung des Längsstreifens wieder nach 
innen und geht dann senkrecht zum Innenrande herab. Er 
ist nach aussen von einer hellern Linie eingefasst. Nahe der 
Spitze des Flügels befindet sich am hochgewölbten "Theil des 
Vorderrandes ein schmaler, dunkelbrauner Flecken. Unterhalb 
der vorgezogenen Spitze ist der Aussenrand bräunlich, der 
Saum bis zu Rippe 4 schmal dunkelbraun, die Fransen bis 
zum Innenwinkel dunkelbraun, jedoch ist ihre äusserste Spitze 
überall weiss. Unterhalb des Längsstreifens zieht sich parallel 
mit ihm ein weisserauer Streif durch die Flügel. 


Weymer: Norasuma Richteri. 35 


Die Hinterflügel haben einen fein gewellten Saum. 
Ihre Grundfarbe ist ebenfalls bräunlich ockergelb, mit zwei 
braunen Querstreifen und breitem braunen Aussenrande. Der 
erste der Querstreifen zieht bogenförmig durch die Mitte, der 
zweite schmälere steht dicht neben dem braunen Aussenrande 
und bildet vor seiner Mitte einen stumpfen Winkel. Vor dem 
Innenwinkel liegen zwei kleine dreieckige, weisse Flecken. 
Der Innenrand ist in seiner Mitte schwarzbraun behaart, 
welche Behaarung durch eine kurze weisse Querlinie unter- 
brochen wird. Die Fransen sind gelbbraun. 

Auf der Unterseite sind die Vorderflügel in der hintern 
Hälfte hellockergelb, der braune Längsstreif ist viel breiter 
wie oben, so dass die vordere Hälfte dieser Flügel fast ganz 
braun erscheint. Am Vorderrande liegt ein grosser rothgelber 
Flecken, in welchem die zwei dunkelbraunen, aus Halbmonden 
gebildeten Querstreifen ihren Anfang nehmen und bis zum 
Innenrande hinabziehen, der erste in gerader Richtung, der 
zweite nahe am Vorderrande etwas nach aussen gebogen. 
Kransen braun. Die röthlichgelbe Grundfarbe der Hinterflügel 
ist durch braunen Staub sehr verdunkelt, in der Mittelzelle 
stehen zwei schwarze Punkte schräg über einander, hinter 
denselben zwei gebogene aus braunen Halbmonden gebildete 
(Juerbinden, von denen die innere sich in einiger Entfernung 
vom Innenrande zu einem braunen sich wurzelwärts ver- 
längernder Fleck ausdehnt. Fransen gelbgrau. 

2 Bedeutend grösser, Körper viel kräftiger, Länge des- 
selben 31—33 mm, Länge eines Vorderflügels 32—34 mm. 
Die Fühler sind jedoch nicht länger als beim Manne, haben 
also nur '/, der Vorderllügellänge. Ihre Kämme sind kürzer 
als dort. Das dritte Pelpenglied tritt kurz aus der Behaarung 
des Kopfes hervor. Die Beine sind verhältnissmässie klein 
und die Schienen nicht durch besondere Behaarung ausge- 
zeichnet. Ueber die Mitte des Hinterleibes geht in seiner 
ganzen Ausdehnung eine scharf vorspringende Kante, welche 
Moore bei der Charakterisirung der Gattung Norasuma erwähnt. 
Die Farbe des Körpers ist einfarbig hellbräunlich ockergelb. 

Die Gestalt der Flügel ist wie beim Manne, nur ist der 
Saum der Vorderflügel unterhalb der sichelförmig vorgezogenen 
Spitze nicht wellenförmig und der Innenrand der Hinterflügel 
mehr gerundet. Rippe S und 9 der Vorderflügel entspringen 
wie beim Manne aus 7, jedoch ist ihr Ursprnng etwas mehr 
wurzelwärts gerückt, Rippe 9 entspringt bei '/,„, Rippe 8 bei 
'. der Länge der Rippe 7. Die Grundfarbe der Vorderflügel 

3* 


36 Weymer: Norasuma Richteri. 


ist heller ockergelb und geht nach aussen in bläulich grau 
über. Der auffallende dunkelbraune Längsstreifen des Mannes 
ist fast ganz verschwunden. Nur ein bläulichgrauer Schatten 
zieht sich von dem Winkel des mittleren Querstreifen bis zur 
vorgezogenen Flügelspitze, sich nach hinten und aussen zu 
einem Dreieck erweiternd, welches am Saum vor Rippe 2 
endigt und hier sowie an seiner vorderen Seite je einen ver- 
loschenen röthlichweissen Flecken neben sich hat. Von den 
3 Querstreifen sind nur die beiden äusseren ziemlich deutlich 
bläulichgrau, beide vor der Spitze nach aussen gebogen, der 
erste innere zeigt sich nur vor dem Innenrande und lehnt 
sich hier fast an den zweiten Querstreif an. Ein dunkel- 
brauner schmaler Fleck liegt wie beim Manne dicht am Vorder- 
rande vor der Spitze. Die vor der Spitze braungrauen Fransen 
eehen nach hinten in gelbrau über. 

Die Hinterflügel sind wurzelwärts hellockergelb, saum- 
wärts bläulichgrau. Von den 2 gebogenen Querstreifen des 
Männchens ist nur der innere als dunkler Schatten zu er- 
kennen. Die Mitte des Innenrandes zeichnet sich wie beim 
Manne durch schwarzbraune Behaarung aus, welche wie dort 
durch einen weissen Schrägstrich unterbrochen ist. 

Die Unterseite ist in der Aussenhälfte der Vorderflügel 
wie beim Männchen gefärbt, die Wurzelhälfte dieser Flügel 
ist dagegen bis an den ersten @uerstreifen einfärbig hell- 
röthlich ockergelb. Die Hinterflügel sind unten weniger mit 
braunem Staube bedeckt und in Folge dessen heller. Am 
Innenrande liegt ein dunkelbrauner Längsstreifen, der sich 
bis zur Wurzel hinzieht und in seiner äusseren Hälfte mit 
weissem Staube bestreut ist. Die 2 @uerbinden und die 
2 Punkte in der Zelle sind wie beim &. 

Von dieser Art sammelte Herr €. Ribbe in Tombugu 
auf Ost-Celebes im Jahre 1855 eine grosse Anzahl Exemplare 
von beiden Geschlechtern. 

Die nächste Verwandte ist Norasuma ‚Javanica Moore 
(Proceed. Zool. Soc. Lond. 1872 pag. 576 p. 33, Fig. 6), 
welche nur im weiblichen Geschlecht abgebildet und beschrieben 
ist. Von derselben unterscheidet sich die gegenwärtige Art 
durch bedeutendere Grösse, stumpfere Flügelspitze, mehr gelb- 
braune Grundfarbe, durch das braungraue Dreieck am Aussen- 
rande, durch geringere Zahl «der schmälern Querbinden und 
auf der Unterseite dureh den grossen rothgelben Flecken am 
Vorderrande der Vorderflügel. 


Einige Beobachtungen über die Lebensweise 
von Ormithoptera, 


von €. Ribbe in Niederländisch-Indien gemacht. 


Es war dicht bei Batavia in dem Campone*) Duri, wo 
ich zum ersten Male in Indien eine Ormithoptera fliegen sah 
und dieselbe fangen konnte. Schon damals versuchte ich, die 
Raupen oder die Puppen dieser Art (Pompeus) zu finden, 
leider war mir jedoch die ganze Lebensweise der Thiere und 
vor Allem die Futterpflanze unbekannt. Es gelang mir nicht 
Pompeus-Raupen oder -Puppen zu finden; mein Aufenthalt in 
Batavia war ein so kurzer, dass ich mich nicht genügend mit 
der Angelegenheit beschäftigen konnte. 

Einige Wochen später, als ich von Mankassar aus die 
kleine Insel Kabia (oder Baars-Eiland) besuchte, sollte ich 
zum Ziele gelangen. Ich war nach Kabia gegangen, um 
Vogeleier und Bälge, nicht aber um Schmetterlinge zu sammeln, 
da man mir in Mankassar die Insel als Ödes, baumloses 
Guanoeiland geschildert hatte, wo Tausende von Vögeln 
nisteten. Als ich in Kabia landete, sah ich zu meinem Er- 
staunen, dass die kleine Insel vollkommen mit üppigem Walde 
bedeckt war und dass am Strande sich wiesenartige Flächen 
vorfanden, auf welchen sich unzählige Schmetterlinge tummelten. 
Unter diesen flog auch eine gelbe -Ornithoptera (Haliphron 
v. Bauermanni), die vor Allem am Waldrande eine leichte 
Beute für mich wurde. Nachdem ich den Schmetterling ge- 
fangen, wollte ich natürlich auch Raupe und Puppe kennen 
lernen. Kreuz und quer durchsuchte ich die kaum 2 [_]km 
grosse Insel, verfolgte sowohl Männer als Weiber von Bauer- 
manni in der Hoffnung, dass dieselben die Futterpflanze auf- 
suchen würden; ich hatte mich in dieser Annahme nicht 
getäuscht, denn bald fand ich inmitten einer wiederum mit 
Gebüsch bewachsenen Wiese einen Baum, der von einer 
Schlinepflanze vollkommen erstickt war und worauf viele 
3—8 cm lange, buntgefärbte Raupen herumkrochen. Sofort 
war es mir klar, dass es nur die zu Bauermanui gehörigen 


*] Campong —= Dorf. 


38 ©. Ribbe: 


Raupen sein könnten. Ich begann meine Schachteln zu füllen 
und als ich bei dem Ablesen der Raupen zufällig auch unter 
den Strauch salı, bemerkte ich, dass beinahe unter jedem 
Blatte, an jedem Aste eine Puppe hing. 

Nur 3 Tage konnte ich mich auf Kabia aufhalten und 
fand in dieser kurzen Zeit gegen 200 Puppen und gegen 
400 Raupen von Ornithoptera Bauermanni. Leider war die 
Rückreise nach Makassar selır stürmisch, so dass mir viele 
Puppen und die meisten Raupen zu Grunde «ingen. In 
Makassar angekommen, begab ich mich sofort auf die Suche 
nach Futter für die Raupen, fand jedoch dasselbe nicht und 
musste zu meinem grössten Aerger zusehen, wie der übrig 
gebliebene Rest der Raupen nach und nach verhungerte. Aus 
den mitgebrachten Puppen schlüpften bald die Falter aus, 
leider mehr Weiber als Männer. 

Die Futterpflanze von Bauermanni ist eine der Aristolochia 
ähnliche Pflanze, die beinahe ebenso grosse Blätter wie das 
bei uns wachsende Gaisblatt hat, der Standplatz der Pflanze, 
jene obenerwähnte Wiese. lag gegen 10 Meter über dem 
Meeresspiegel, war also ein verhältnissmässig trockener zu 
nennen. 

Die Raupe ich fand dieselbe in allen Grössen — 
hat viel Aehnlichkeit mit den in Europa vorkommenden Thais- 
raupen. Auf Tafel I, Fig. 1 ist die Raupe von Ornithopt. 
Croesus abgebildet und hat dieselbe grosse Aehnlichkeit mit 
der von Bauermanni, nur ist letztere kleiner und nicht so 
schwarz, sondern grau gefärbt, die Fleischdornen sind nicht 
so schön carmin-, sondern mehr ziegelroth, und der auf dem 
mittleren Ringe befindliche weissgelbe Streifen ist dunkler. 

Die Puppe ist kleiner wie die auf Tafel I, Fig. 2 und 3 
abgebildete, nicht gelb, sondern gelbgrün gefärbt. Die auf 
den Leibringen befindlichen dornenartigen Ansätze sind grösser, 
vor Allem gilt dieses von den auf dem 2. und 3. Ring 
stehenden. Die Puppe ist ebenso wie alle anderen Papilion- 
puppen, an dem Blatte, bezw. Aste angeheftet und nicht, wie 
früher fälschlicherweise angenommen wurde (vergl. Brehm’s 
'Thierleben), verkehrt aufgehängt. Merkwürdig ist, dass, ob- 
gleich noch an vielen Stellen auf Kabia die Futterpflanze 
wächst, nur an dem einen Orte die Raupen und Puppen zu 
finden waren; scheinbar lieben die Raupen die Geselligkeit. 

Von Makassar aus begab ich mich später an den 
Wasserfall von Maros, wo ich die Ornithoptera Hippolytus und 
Haliphron fing; trotz aller Mühe gelang es mir hier nicht, 


Ornithoptera. 39 


Raupen oder Puppen dieser beiden Arten zu finden. Einige 
Monate später, als ich mich in dem Thale von Galumanpakaia, 
in Pangie, aufhielt, fand ich einige Raupen und auch Puppen 
von Haliphron. Die Futterpflanze rankte an einem felsigen 
Abhanee an verwilderten Kaffeebäumen empor, stand also auch 
auf trockenem Gelände; scheinbar war es dieselbe, der Aristo- 
lochia ähnliche Pflanze wie auf Kabia. Die Raupe und auch 
die Puppe von Haliphron ist von Bauermanni kaum zu unter- 
scheiden; der einzige mir auffallende Unterschied war die 
(Grösse, denn Haliphron - Raupen und -Puppen sind etwas 
grösser, wie ja auch der Schmetterling Bauermanni an Grösse 
übertrifft. 

In Süd- und Ost-Celebes, wo ich längere Zeit sammelte, 
sind die Ornithoptera recht seltene Thiere, was mir um so 
mehr auffiel, als ich sonst überall fand, dass die Ornithoptera 
da, wo sie einmal fliegen, auch sehr häufig auftreten und die 
Raupen mehr gesellig beieinander leben. Welche Umstände 
hierfür in Betracht Kommen, konnte ich nicht herausfinden, 
glaube aber, dass der wenig üppige Stand der Futterpflanze 
von grosser Wirkung auf die Seltenheit der 'T'hiere ist. 

Nachdem ich beinahe ein Jahr in Celebes gesammelt hatte, 
veiste ich nach den wenig bekannten Aru-Inseln, die westlich von 
(uinea, nördlich von Australien unter dem 135. Längen- und 
6. Breitegrade liegen und faunistisch zu Papua-Australien 
gehören. Auf Aru fliegt die zu Priamus gehörige Ornithoptera 
var. Aruana. Bald nach meiner Ankunft gelang es mir, die- 
selbe bei Dobbo, in dem niederen Walde am Strande, zu 
fangen; die Weiber waren häufiger wie die Männer. Da ich 
mich in Dobbo für eimen längeren, 6 monatlichen Aufenthalt 
eingerichtet hatte, ein bequemes Wohnhaus besass und auch sonst 
die Annehmlichkeiten eines geregelten Lebens genoss, konnte 
ich auch daran denken, die weitgehendsten Zuchtversuche zu 
machen. Die Futterpflanze der Ornithoptera fand ich bald 
ganz in der Nähe meines Hauses, und zwar im trockenen, 
sandigen Gelände. Ich setzte an der Sonnenseite meines 
Hauses verschiedene Ranken ein, die gut fortkamen. Grosse 
Zuchtkästen wurden aus alten Kisten und Tüll zusammen- 
gebaut, und so konnte, nachdem ich mich derart vorbereitet 
hatte, die Suche nach Raupen und Puppen beginnen. Es 
dauerte nicht lange, so fand ich beide, zwar nicht in grosser, 
jedoch in genügender Anzahl, so dass ich zufrieden gestellt war. 

Da ich in der ersten Zeit auf Arı beinahe jeden Tag 
Regen hatte, der Schmetterlingfang also beinahe ganz ruhen 


40 ©. Ribbe: 


musste, konnte ich viel Zeit auf das Suchen nach Ornithoptera- 
Raupen und -Puppen verwenden. Ich beobachtete die Weiber, 
merkte mir die Stellen, wo sie vermuthlich Eier abgelegt 
hatten, suchte nach letzteren und, nachdem ich sie gefunden, 
machte ich mir das Blatt oder den Ast durch Zeichen erkenn- 
bar. Waren die Raupen aus den Eiern ausgeschlüpft, so 
holte ich mir dieselben und setzte sie in meinen Zuchtkasten. 
Abgeflogene und schlechte Weiber nahm ich lebend mit nach 
Hause, setzte sie in einen grossen Behälter und liess Eier 
ablegen, was die meisten Weiber, wenn auch in beschränktem 
Maasse, thaten. Mehrere Male sperrte ich Männer und Weiber 
zusammen in einen Behälter, der mit Pflanzen und Zweigen 
ausgestattet war und hatte die Freude, zu sehen, dass die 
Thiere in Copulation gingen. Leider brachten die so erzielten 
wenigen Kier keine Raupen; allem Anschein war also die 
Copulation keine vollständige gewesen. 

Als ich später nach Gross-Aru, nach Ureiuning am 
Salzwasserfluss Naforwatta, kam und den für mich sammelnden 
Eingeborenen den Auftrag gab, auch Puppen und Raupen von 
Aruana zu suchen, erhielt ich von beiden eine grosse Anzahl. 
(Gleich hinter Ureiuning an einem steilen Abhange stand die 
Futterpflanze in Massen, und hier fand ich selbst ziemlich viele 
Puppen. Raupen nahm ich gar nicht mit, da die Zucht auf der 
kleinen, immer hin- und herschwankenden Prau®), auf welcher 
ich sechs Monate lang kreuz und quer durch den Aru-Archipel 
fuhr, viel zu mühsam und undankbar war; denn wenn die aus- 
gewachsenen Raupen sich zum Verpuppen im Kasten auf- 
sehangen hatten und im Uebergangsstadium begriffen waren, 
so bewirkte die geringste Bewegung, dass sie herunterfielen 
und sich hierbei zerschlugen. 

Auch bei der Zucht erlangte man, wie beim Fange, 
mehr Weiber als Männer, die weiblichen Puppen sind leicht 
erkennbar, denn sie sind grösser und kräftiger als die männ- 
lichen gebaut. Auf 2 Männer kann man immer 3 Weiber 
rechnen. 

Die Futterpflanze von Arnana ist der von Bauermanni 
sehr ähnlich, sie ist bestimmt zu derselben Gattung gehörig, 
doch sind die Blätter der ersteren etwas grösser, als die der 
letzteren. Die Blüthe ist röthlich und die Frucht grösser als 
eine Wallnuss. Getrocknete Blätter, Blüthen und Früchte 
brachte ich mit, doch konnte mir, da die Gegenstände sehr 


*] Prau oder Prauw —= kleines Seeschiff. 


Ornithoptera. 41 


oelitten hatten, die Art nicht bestimmt werden. Auffallend 
ist bei Aruana, dass man die Raupen und Puppen nur am 
Strande oder in der Nähe der Wasserläufe, wennschon auf 
trockenem Gelände, findet. Auf meinen Ausflügen, die ich auf 
Gross-Arıu unternahm und die mich stundenweit in das Land 
hineinführten, traf ich wohl hin und wieder einen Schmetter- 
ling, aber niemals Raupen oder Puppen von Aruana an. 

Die Raupe von Aruana hat grosse Aehnlichkeit mit der 
von Uroesus; sie ist dunkler gefärbt, mehr sammetartig schwarz, 
die Fleischdornen sind mehr carminroth. Sie hat meistens 
nur auf dem einen Mittelringe einen weisslichgelben Streifen. 

Die Puppe ist von der Croesuspuppe kaum zu unter- 
scheiden. Bei Aruana tritt die eoldgelbe Färbung mehr in 
den Hintergrund, die ganze Puppe ist graugelb. 

Von den Aru-Inseln ging ich nach den Key-Inseln, wo 
Ornithoptera Poseidon fliegt. Trotzdem ich viel nach der Futter- 
pflanze suchte, um Raupen und Puppen zu erlangen, fand 
ich dieselben nicht, weder auf Klein-Key noch Gross-Key. 
Schmetterlinge fing ich einige, und zwar beide Geschlechter. 

Die Männer sind von Aruana nicht zu unterscheiden, 
nur die Weiber zeichnen sich durch eine sehr helle Färbung 
ans und sind mit Aruana-Weibern gar nicht zu verwechseln. 

Die Insel Gross-Ceram war der nächste Ort, wo ich mich 
längere Zeit aufhielt und auch Ornithoptera fing. Priamus, 
Hippolytus und Helena sind die 3 Arten, die auf Ceram 
fliegen. 

Nur von Helena gelang es mir, dicht am Strande Raupen 
und auch Puppen zu finden. -Die Futterpflanze war natürlich 
wieder eine der Aristolochia ähnliche Schlingpflanze, jedoch 
eine kleinblättrige, annähernd der auf Kabia gefundenen. 

Die Raupe war der Bauermanni-Raupe ganz ähnlich, 
natürlich im ausgewachsenen Zustande bedeutend grösser, auch 
etwas dunkler, jedoch nicht ganz so dunkel wie die Croesus- 
Raupe. 

Die Puppe ist gelberün gefärbt, hat die bei Bauermanni 
erwähnten Ansätze und steht, was Färbung und Gestalt an- 
belangt, zwischen Uroesus und Bauermanni. Von Ceram reiste 
ich nach Banda und Amboina. An letzerem Orte traf ich den 
damals für Dr. Staudinger sammelnden Capitän Holz, wir 
unternahmen mehrere Ausflüge, um nach Ornithoptera-Raupen 
und Puppen zu suchen. Die Futterpflanze hatte ich bald 
gefunden, auch leere Puppen; lebende Puppen und Raupen 
fanden wir jedoch erst nach längerem Suchen, und auch nur 


42 ©. Ribbe: 


sehr einzeln. Sie ergaben sämmtlich Priamus. Später hat, 
wie ich hörte, Cap. Holz auch die Raupen und Puppen von 
Hippolytus gefunden, leider gelang es mir nicht, von diesen 
Thieren Abbildungen zu erhalten. 

Sowohl Puppe, als auch Raupe von Priamus haben grosse 
Aehnlichkeit mit denen von Uroesus, die Puppe ist nicht so 
goldgelb wie bei Uroesus, die Raupe dunkler gefärbt. Die 
Futterpflanze stand an einem dicht bewachsenen Abhange, 
also auf trockenem Gelände. 

Batjan war der letzte Ort, wo ich mich auf meiner 
indischen Reise mit Sammeln von Schmetterlingen beschäftigen 
konnte. Ornithoptera Uroesus und Criton kommen auf Batjan 
vor, von beiden Arten erhielt ich Raupen und Puppen. Auf 
Taf. I, Fig. 1—3, sind die Raupen und die Puppen von Üroesus 
abgebildet. Bemerken will ich, dass die Zeichnung eine nicht 
ganz ausgewachsene Raupe darstellt. 

Als ich einige Tage in Batjan war, täglich nach Uroesus- 
Raupen und -Puppen und vor allem nach der Futterpflanze 
vergeblich gesucht hatte, wurden mir von den Eingeborenen 
mehrere Puppen gebracht. Durch mehrfaches Fragen erfuhr 
ich, dass die Futterpflanze in den bei Labuan befindlichen 
Sagosümpfen zu finden sei. Am nächsten Tage begab ich 
mich mit meinem Diener nach dem betreffenden Sumpf und 
[and auch bald am Rande einige Pflanzen stehen. Um jedoch 
Raupen und Puppen zu erlangen, mussten wir in den Sumpf 
selbst hineingehen. Bis zu den Schultern reichte uns oft das 
braunschwarze, schlammige Wasser; der Fuss musste bei jedem 
Schritt erst nach einem Ruhepunkt suchen; häufig elitt man 
aus, verschwand ganz und gar in dem Schmutz und kam als 
Mohr wieder zum Vorschein. Ueberall war der Wege mit den 
stachlichen Blattrippen der Sagopalmen versperrt, überall stach, 
stiess und quetschte man sich, und dabei musste man doch 
noch seine ganze Aufmerksamkeit auf das Suchen nach Puppen 
und Raupen verwenden. Ich habe niemals auf meinen Reisen 
unter so ungünstigen Verhältnissen Raupen gesucht, wie gerade 
auf Batjan. Der Erfole war auch nicht sehr gross zu nennen; 
denn nachdem man mit Aufbieten aller Kräfte den ganzen 
Vormittag in dem Sumpf herumgewatet war, bestand das 
Resultat in 2 oder 3 Raupen und ebensoviel Puppen. Ich 
versuchte an anderen Stellen die 'T'hiere zu finden, doch gelang 
es mir nicht; ja die Eingeborenen versicherten mir ausdrück- 
lich, dass Uroesus nur in diesem Sumpfe auf Batjan zu finden 
sei. Um nur einigermassen eine genügende Zahl von Uroesus 


Ormithoptera. 45 


zu erlangen, nahm ich mir Eingeborene an, die täglich von 
früh bis spät den Sumpf absuchen mussten, und auf diese Art 
erhielt ich eine beträchtliche Anzahl von Raupen, Puppen und 
Schmetterlingen, Die Falter kamen leicht aus, und merk- 
würdiger Weise schlüpften ebensoviel Männer wie Weiber. 
Bei dem Suchen nach Raupen und Puppen fiel mir die Selten- 
heit und die Kleinheit der Futterpflanze auf, es wird dies 
auch die Ursache zu dem spärlichen Vorkommen der Thiere sein. 

Ausser Oroesus kommt noch Ornithoptera Criton auf 
Batjan vor. Die Futterpflanze dieser Art kenne ich nicht; 
ich selbst fand weder Raupen noch Puppen, sondern erhielt 
solche von meinen Sammlern. Am Strande scheint Criton 
selten zu sein, denn wie mir die Leute erzählten, holten sie 
Raupen und Puppen aus dem Gebirge. 

Die Criton-Raupe ist ganz ähnlich der von Bauermanni 
gezeichnet, nur etwas lebhafter in den Farben. Die Puppe 
ist zwar ähnlich der von Crvesus gebaut, ist jedoch von grün- 
licher Färbung, beinahe so wie die grossen indischen Papilio- 
puppen gefärbt. 

Ich züchtete viele Oriton während meines Aufenthaltes 
in Batjan und fand, dass gerade diese Art sehr zum Ver- 
krüppeln neigte; denn kaum drei Viertel waren normal 
gebildet. 

Nachdem ich nun die einzelnen von mir in Indien ge- 
fundenen Ornithopteren erwähnt habe, lasse ich noch einige 
kurze, allgemeine Bemerkungen folgen. Alle Ornithopteren, 
die ich fing und beobachten konnte, hatten einen schweren, 
langsamen Flug, der mehr schwehend und wieeend ist, wie 
bei anderen Papilioarten. Durch irgend einen Umstand auf- 
gescheucht, schiessen sie pfeilschnell in die Höhe und be- 
ruhigen sich sehr schwer. Nicht die Flussthäler, nicht die 
offenen Stellen sind ihre Lieblingstummelplätze, sondern der 
dichte Wald, dort wird man sie, die Baumkronen umfliegend, 
häufig antreffen, die Strandwälder werden bevorzugt, da ja 
dort die Futterpflanze am häufigsten zu finden ist. 

Während des ganzen Jahres wird man Raupen, Puppen 
und Schmetterlinge finden, jedoch scheint die Regenperiode 
die Hauptzeit der intwickelung zu sein, denn dann findet 
man die meisten Raupen und Puppen. Ich machte sowohl in 
Kabia und Aru, als auch in Batjan diese Erfahrung. In der 
trocknen Zeit giebt es wohl Schmetterlinge, die Raupen und 
Puppen gehören jedoch zu den Seltenheiten. Die Verwandlungs- 
zeit ist eine kurze; scheint sich jedoch je nach der Jahreszeit 


44 C. Ribbe: Ormnithoptera. 


zu verlängern oder zu verkürzen; leider habe ich während 
meines Aufenthaltes in Indien hierüber keine Notizen gemacht. 

Ich habe bei den verschiedenen Ornithopteren-Ärten 
immer auf die Beschaffenheit des Bodens aufmerksam gemacht, 
der die Futterpflanze trägt. Ich halte es bei der Priamus- 
Gruppe für sehr wichtig, auf welchem Boden die Schling- 
pflanze in den verschiedenen Ge&enden steht; denn ich glaube, 
dass dadurch die Farbenabweichungen sowohl bei den Männern, 
als auch bei den Weibern hervorgerufen werden. Am auf- 
fallensten ist es bei Priamus und Uroesus; die Futterpflanze von 
ersterer Art, welch’ letztere grün gefärbt ist, steht in trockenem 
Boden, die von der rothgoldene OÖ. Croesus steht dagegen im nassen, 
sumpfigen Gelände. Noch auffallender ist, dass der grüne 
Priamus von der Seite golden, der goldene Croesus von der 
Seite grün schimmert. Welche Umstände bei diesen merk- 
würdigen Erscheinungen in Betracht zu ziehen sind, wird wohl 
Niemand angeben können, da man bis jetzt noch keine Ver- 
suche mit Kreuzungen der beiden Arten, oder Ueberführung 
der feucht Lebenden auf trockene stehende Pflanzen und um- 
oekehrt gemacht hat. Es sollte mich gar nicht wundern, 
wenn aus nach Amboina überführten Stücken von Uroesus 
nach und nach bei trocken stehender Futterpflanze Priamus 
und nmeekehrt in Batjan aus Priamus durch Zucht auf nass- 
stehender Pflanze Crvesus erzielt würden. 


Abweichungen und Zwitter 
aus der 
Sammlung des Herrn Gustav Bornemann 
in Magdeburg. 
Beschrieben von H. Ribbe. 


(Fortsetzung. ) 


Colias Hyale L. <& Aberratio Taf. II, Fig. 1. 

Die Oberseite der Vorderflügel von der Makel bis zur 
äusseren Punktbinde schwarz nach unten lichter werdend. 
Die Oberseite der Hinterflügel normal. 

Die Unterseite der Vorderflügel hat von der Makel zur 
äusseren Binde zwei schwärzliche Streifen. Die Unterseite 
der Hinterflügel weicht dadurch ab, dass die Makel von einem 
bräunlichen Streif umgeben ist, welcher sich theilend bis zur 
äusseren Punktbinde verläuft. 


Lycaena Hylas Esp. Hermaphroditus Taf. II, Fig 2. 
Oberseite links männlich, rechts weiblich nur ein Dritt- 
theil des Vorderflügels wie des Hinterflügels männlich und 
zwar bei beiden Flügeln der obere Theil. Unterseite, Fühler 
und Körper männlich. 


Vanessa Atalanta L. 2 Aberratio Taf, II, Fie. >. 

Die weissen Flecke auf der Oberseite der Vorderflügel 
sind verwischt und theilweise schwarz bestäubt; in der rothen 
Binde, welche gerader ist als bei gewöhnlichen Exemplaren, 
befindet sich dicht am Aussenrande ein kleiner weisser Punkt. 
Hinterflügel gewöhnlich, nur fehlen in der rothen Binde die 
schwarzen Punkte. 

Die Unterseite sämmtlicher Flügel ist verwischt. 
Melitaea Aurinia Rott. 7 Aberratio Taf. II, Fig. 4. 

Oberseite der Vorderflügel schwarzbraun, an der Spitze 


heller, die Makel rothbraun, zwischen dieser und der Flügel- 
wurzel eine rothbraune Binde und nahe am Aussenrande eine 


46 H. Ribbe: Abweichungen und Zwitter ete. 


rothbraune matte Punktbinde. Der Aussenrand der Hinter- 
flügel ist fast schwarz ebenso die Mittelbinde. 

Unterseite der Vorderflügel schmutzig gelbbraun. Unter- 
seite der Hinterflügel rothbraun, nahe der Flügelwurzeln mit 
4 grösseren zusammenhängenden schwarzen Flecken, dureh 
die Mitte der Flügel eine schwarze nach unten gelblichweiss 
bestäubte Binde, die schwarze Aussenrandbinde ist nach aussen 
heller. 


Melitaea Aurinia Rott. 2 Aberratio Taf. II, Fig. 5. 
Die Oberseite der Vorderflügel ist fast wie bei Fig. 4, 
nur ist die äussere Punktbinde heller und mehr hervortretend. 
Die Oberseite der Hinterflügel und die Unterseite der 
sämmtlichen Flügel sind nicht abweichend. 


Vanessa Urticae L. 3 Aberratio Taf. Il, Fig. 6. 

Die schwarzen Flecke auf der Oberseite der Vorder- 
flügel sind zusammengeflossen und bilden am oberen Rande 
einen erossen schwarzen von unten durch Rothbraun wenig 
bedeckten, länglichen Fleck. In der Mitte des Flügels nalıe 
am Innenrande befindet sich ein schwarzer Fleck. Die blauen 
Flecke am Aussenrande fehlen, die schwarze Aussenrandbinde 
geht in den hellbraunen Aussenrand verlöschend über. Die 
Oberseite der Hinterflügel ist schwarzbraun und fast ohne 
Zeichnung. Die Zeichnung auf der Unterseite sämmtlicher 
Flügel ist verloschen, die Färbung heller als auf der Oberseite. 


Argynnis Selene Schiff. 3 Aberratio Taf. Il, Fig. 7. 

Grosses Exemplar kräftie gefärbt. Oberseite sämmtlicher 
Flügel schön schwarz mit wenigen rothbraunen hellen Flecken. 
Die Unterseite kräftiger und schwärzer gefärbt als bei ge- 
wöhnlichen Exemplaren. 


Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna etc. 47 


Die Macrolepidopterenfauna der römischen Gampagna und 


der angrenzenden Provinzen Mittel-Italiens, 
Von H. Calberla. 


(Fortsetzung). 


Ausser den in der Einleitung dieser Schrift erwähnten 
Arbeiten benutzte ich bei den Spannern noch folgendes: 

1. Lepidopterologische Beobachtungen in Italien (1847 
— 1853), besonders in Toscana, von Herrn Otto Speyer. 
Herr Hofrath Dr. Speyer in Rhoden hatte die Güte, 
mir diese interessanten, noch nicht veröffentlichten 
Beiträge seines Bruders zu überlassen und danke ich 
den beiden Herren auf das herzlichste dafür; sie 
bieten manches Neue und vervollständigen die bis- 
herigen Beobachtungen. Ich habe sie unter (Sp.) 
angeführt; Arten aus Florenz wurden meistens im 
(Garten des Palazzo Pandolfini gesammelt; Graenone, 
welches oft erwähnt wird, ist eine Ortschaft in der 
Nähe von Arezzo, wo Herr Otto Speyer den Herbst 
zu verleben pflegte. 

2, Das Universitätsmuseum zu Neapel, dessen lepidop- 
terologische Sammlung mir der Director desselben, 
Herr Prof. A. Costa während mehrerer Wochen gütigst 
zu besichtigen eestattete, um mir diejenigen Arten 
anzumerken, welche aus dem von mir bearbeiteten 
Gebiete darin vorhanden sind; sie sind unter (Mus. 
Nap.) angeführt. 

3. Die Sammlung des Herrn Dr. ©. Staudinger in 
Blasewitz. Wie schon in der Einleitung bemerkt 
wurde, unterstützte mich Herr Dr. Staudinger auf 
das liebenswürdigste mit Literatur und gestattete 
mir seine Sammlung durchzusehen, um mir darin aus 
Mittelitalien stammende Arten zu notiren; ich gebe 
sie unter (Stgr.) an. 

4. ©. G. Costa, Fauna del Regno di Napoli, Geometre 
Text S. :1—104, Taf. 1—13. (Napoli 1832—1851 
unvollständig). Ich entnehme ihr diejenigen Arten, 


48 


Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete. 


6. 


welche aus den Abruzzen, hauptsächlich vom Gran Sasso 
d’Italia (2919 m.) und der von diesem südlich gelegenen 
Majella (2795 m.), angegeben sind. 

Verzeichniss der von Herrn Jos. Mann beobachteten tos- 
canischen Microlepidoptera von P. 6. Zeller (Stettiner 
entom. Zeit. 1849, S. 200—220). 

Um die darin angegebenen Flugplätze und andere 
Bemerkungen nicht zu wiederholen, habe ich meistens 
nur die den ersteren am nächsten liegende grössere und 
bekanntere Stadt, sowie die Flugzeit und Häufigkeit der 
Falter angeführt; Ardenza, Antienano, Posignano, Monte- 
nero, Riparbella, Orciano ete. sind Ortschaften südlich von 
Livorno; Pratoveechio und Poppi liegen am Arno ober- 
halb von Arezzo, welcher Theil das Cassentino genannt 
wird, Pratolino liegt nördlich von Florenz an der Strasse 
nach Bologna. 

P. Rossi, Fauna Etrusca, Liburni 1790; sie lässt viele 
Arten unklar und giebt selten Flugplätze an. 


Geometrae. 


(Gen. Pseudoterpna H.-N. 


Pruinata Hufn. Diese Art fing ich mehrmals im Ap. tose. 


bei Boscolungo und bei Vallombrosa im Juli, sie war 
nirgends häufig. Unter meinen Exemplaren befinden sich 
Uebergänge zur ab. Agrestaria Dup.; diese sind zwar 
nicht kleiner als die Grundform, aber die grüne Färbung 
ist bleicher und die Querlinien sind kaum angedeutet. — 
Cytisaria, im Mai um Livorno und Pisa, Anf. Juni bei Florenz, sehr 
gemein (M.). — 8., M.-1. 2 (C.). 


Coronillaria Hb. Herr Dr. Standfuss und ich klopften nur 


wenige sehr hellgrau gefärbte Exemplare aus einem Laub- 
eehölz Anf. Juli in den Abruzzen, 900 m hoch. Sie be- 
sitzen auf den V.-Fl. sehr feine schwarze Querlinien und 
einen sehr- kleinen und undenutlichen dunklen Strich auf 
der Querrippe. 


(Gen. Geometra D. 


Papilionaria L. Toscana ? (C.). 
Vernaria Hb. In der Campagna bei Monterotondo in Hecken, 


Ende Mai, Anf. Juni, nicht häufig. Bei dem einzigen &, 
welches ich vergleichen kann, bemerke ich, dass es viel 
gestrecktere H.-Fl. und eime schärfere Ecke in der Mitte 


Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna etc. 49 


der Mittellinie und im Saume derselben hat als cis- 
alpinische &. Dieselbe Beobachtung machte Zeller an 
einem d&, welches Mann am 10. Juni bei Pratoveechio 
eefangen hatte, als er es mit österreichischen 2 verglich, 
& hatte er nicht zum Vergleich. Ob auch die italienischen 
? von solchen diesseits der Alpen in ähnlicher Weise 
abweichen, konnte ich nicht feststellen, da ich bis jetzt 
nie 2 fing; ebenso ist es mir nicht möglich zu sagen, ob 
mein Stück wie Zeller’s toscanisches, ein schöneres, weniger 
mit Blau gemischtes Grün als österreichische 2 hatte, da 
es bereits sehr gebleicht ist. — Gran Sasso (Mus. Nap.). — 
F., S., in 2 oder 3 Generationen, M.-L. 3 (C.). 


(sen. Phorodesma B. 


Pustulata Hufn. Toscana ? (C.). 

Smaragdaria F. Ende Aug., Anf. Sept. an Stellen in der 
Campagna, wo das Gras nicht abgeweidet ist, nicht häufig; 
auch fing ich sie an der Lampe in M.-R. Es sind 25 mm 
erosse Exemplare, auf den V.-Fl. mit deutlichen, weissen 
(Juerlinien und Mittelpunkten. Ein 2 bildet den Ueber- 
gang zu var. Prasinaria Ev.; hier sind die beiden weissen 
(Juerlinien der V.-Fl. sehr breit und die H.-Fl. sind auf 
der Vorderrandshälfte weiss. Es gleicht Milliere’s Ab- 
bildung le. 96. 1. Volgaria Gm. & in der Grösse, Färbung 
und Zeichnung, nur ist der weisse Mittelpunkt auf den 
V,-Fl. verwaschener, die H.-Fl. sind am Innenrande breiter 
erün gefärbt und die äussere Querlinie auf den V.-Fl. 
ist genau so gezogen wie bei Milliere’s Abbildung 
Te. 152. 19. Volearia Gn. 9, mit welchem letzteren es im 
Uebrigen nicht stimmt. Ob diese Art auch im Juni, Juli 
wie Smaragdaria F., oder im Mai wie Prasinaria Ev. 
fliegt, habe ich bis jetzt nicht feststellen können. — 
S., M.-I. 4 (C.). 


(sen. Euerostis Hb. 


Herbaria Hb. Von dieser Art erhielt ich 2 2 aus Sasso- 
ferrato, welche Graf 'Turati in den „Note lepid. sulla 
Fauna ital.“ bereits als var. Advolata Ev. erwähnt; ihre 
Flugzeit ist dort im Aug. oder Sept. Das eine Stück 
gehört unzweifelhaft zur Grundform, denn «die beiden 
weisslichen Querlinien auf den V.-Fl. sind fein und un- 
deutlich. Das andere Exemplar ähnelt aber var. Advo- 
lata Ev., da es zwei sehr breite, parallellaufende weisse 

4 


50 Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete. 


(Juerlinien auf den V.-Fl. besitzt, die sehr schräg gestellt 
sind, so dass die äussere an ihrem unteren Ende fast den 
Innenwinkel des Flügels berührt; die innere bildet vor 
dem Vorderrande eine Biegung nach einwärts. Auf den 
H.-Fl. ist bei diesem Stück die weisse Querlinie deutlicher 
als bei dem anderen, und sie erscheint mir weiter nach 
dem Aussenrande gerückt, als dieses gewöhnlich bei 
Herbaria Hb. der Fall ist. — In der Umgegend von 
Livorno fand Mann Ende Mai auf Hutweiden und an 
Kornfeldern, wie es scheint, ebenfalls letztere Form, denn 
dafür halte ich seine Graminaria Koll. in lit., da er von 
weissen Binden auf den V.-Fl. spricht und schmale Binden » 
könnte man die beiden Querlinien bei meinem Stück auch 
nennen. Zeller hält sie für Herbaria Hb., obgleich Mann 
sie von dieser ausdrücklich unterscheidet (Stett. ent. Z. 
1549 S. 204). Die Färbung des Vorderrandes der V.-Fl. 
kann ich bei meinen beiden Stücken nicht beschreiben, 
da dieselben verblichen sind, der Fühlerschaft ist aber 
bei ihnen röthlich wie bei Zeller’s und Mann’s Herbaria 
Hb. und nicht blassgelb wie bei Mann’s Graminaria Koll. 
in lit. — Die Grundform im Mai, Juni, Toscana 4 (C.). 

Olympiaria H.-S. var. Beryllaria Mn. Bei M.-R. und Tivoli 
fing ich sie recht häufig an der Lampe, zweite Hälfte 
Mai, Juni, dann wieder Ende Aug., Sept. 

Es sind dunkel bläulicherün gefärbte Exemplare mit 
sehr undeutlichem weissen äusseren Querstreif auf den 
V.-Fl. Von dem inneren und dem Mittelstreifen auf den 
H.-Fl. sind nur Spuren vorhanden oder sie fehlen. Aus 
Sassoferrato erhielt sie Dr. Struve nicht, wie Graf Turati 
es erwähnt. 


(en. Nemoria Hb. 


? Viridata L. Anf. u. Ende $., M.-I. 3 (C.). — Mir ist das Vor- 
kommen dieser Art im eigentlichen Mittelitalien sehr 
fraglich. Mann’s Cloraria (Stett. ent. Z. 1849 S. 205) 
ist jedenfalls Pulmentaria Gn., denn Zeller sagt, dass er 
das ihm von Mann als Cloraria gesendete 2 aus Toscana 
nicht von dessen Viridata, die er Etruscaria nennt, unter- 
scheiden kann, und Etruscaria Z. ist eine Aberration von 
Pulmentaria Gn. Ferner ist die Angabe Rossi’s, dass 
Viridata L. in Toscana vorkomme, sehr unsicher, denn 
er konnte unter diesem Namen eine andere Nemoria vor 
sich haben, da zu seiner Zeit die Unterschiede von Viri- 


Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete. 51 


data L., Porrinata Z. und Pulmentaria Gn. noch nicht 
festgestellt waren. 

Porrinata 7. Ich fing nur ein einziges 2 im Juni bei M.-R., 
welches durch seinen schwarz gesprenkelten Vorderrand 
der V,-Fl. nieht mit der vorigen Art verwechselt werden 
kann. Herr Dr. Staudinger fing sie in mehreren Exem- 
plaren Mitte Juni in Vallombrosa. 

Pulmentaria Gn. Ich klopfte sie häufige im Mai, Juni und 
dann Ende Aug., Anf. Sept. aus Hecken in der Campagna 
bei M.-R.; aus Sassoferrato erhielt sie Struve ebenfalls 
nicht, wie Graf Turati glaubt. Meine Stücken besitzen 
die hellen Querstrichelehen auf der Oberseite der Flügel 
wie die Grundform, stimmen auch in allem Uebrigen mit 
dieser überein, nur der Vorderrand der V.-Fl. ist wie bei 
ab. Etruscaria Z. grün, der Grundfarbe der Flügel gleich 
gefärbt und höchstens bei den 2 in ganz feiner Linie 
gelblich, nie aber breit fahlgelb wie bei der Grundform ; 
die übrigen von Zeller bemerkten Eigenschaften der 


Etrusearia sehe ich nicht. — Cloraria, Ende April um Livorno 
(M.). — Tose.?, wahrscheinlich in ganz Italien (C.). 


Ab. Etrusearia 7. Im Mai bei Livorno und Pisa nicht selten (M.). 
— Toscana (C.). 
Strigata Muell. Livorno (M.). 


Gen. Thalera Hb. 


Fimbrialis Sc. In der GCampagna bei M.-R. im Mai und dann 
im Aug., nicht häufig; ein abgeflogenes Stück Ende Juli 
auf dem Gran Sasso, 1700 m hoch. — 8. M.-I. 3 (C.). — 
Thymiaria L., Monte S. Giuliano bei Pisa (Rossi). 


Gen. Jodis Hb. 


Putata L. (Putataria L.). Toscana (Rossi.)? 

Laectearia L. (Aeruginaria Tr.). Auf hohen Bergen in den Abruzzen 
im Mai, Juni, nicht selten (Costa). — Anf. Mai in den Sümpfen bei 
Pisa nicht selten (M.). — F., S., M.-L 3 (C.). 


(sen. Acidalia Tr. 

Pygmaearia Hb. Von Ende April bis Ende Mai in der 
Uampaena stellenweise recht häufig auf trocknen grasigen 
Stellen und in Farnkraut. Die & fliegen, am Tage auf- 
gescheucht, wild in die Höhe, die 2 hingegen halten sich 
im Grase versteckt. Zeller fand sie auch häufig Ende 
Aug. und Anf. Sept. bei Rom und bei Narmi; mir sind 


4* 


52 Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna etc. 
sie zu dieser Zeit sehr selten vorgekommen. — Abruzzen 


(Mus. Nap.). — Vallombrosa (Stgr.). — Von Mitte April bis Ende 
Mai bei Pisa, um Livorno, Riparbella, Lucca, im Juni bei Florenz 
und Pratoveechio (M.). — Apr., Mai, M.-I. 2 (C.). 

VYittaria Hb. Win Exemplar bei Riparbella am 13. Mai (M.). 

Filacearia H.-S. In den Abruzzen zwischen Aquila und dem 
(‚ran Sasso nicht selten im Juli, bei etwa 1000 m Höhe, 
och meist nur einzeln fliegend. Die 2 dieser Art sind 
viel heller gelb gefärbt als die &, ein Unterschied, der 
bei den verwandten Arten Trilineata Sc. Luteolaria 
Const. und Flaveolaria Hb. nicht so auffällig ist. 

Trilineata Sc. Ein Exemplar am 8. Juli in einem Thale am West- 
abhange des Gran Sasso (Struve)? — Mitte Juli in den Abruzzen, 
3000° hoch, häufig (Stdf.)? — Aureolaria, überall bei Pisa und 
Livorno auf Hutweiden im April nicht selten, um Florenz und in 
den Apenninen im Juni (M.). — 8. M.-I. 2 (C.). 

Flaveolaria Hb. S., M.-1. 3 (C.). 

Peroehraria F. Im Mai bei M.-R., häufig (Stdf.)? — Im April, Mai 
in den Sümpfen bei Pisa, im Mai um Livorno sehr gemein, im Juni 
bei Pratoveechio und in den Apenninen, Anf. Juli auf Monte Falterono 
(M.). — April., Mai, M.-l. 3 (C.). 

Ochrata Sc. Im Mai und Juni in der Campagna auf Wiesen, 
in manchen Jahren häufig; im ‚Juli bei Sassoferrato, Bos- 
colungo im Ap. tosc. Es sind durchgehend grosse, bleich- 


ockergelb gefärbte Exemplare. — Ochrearia, Umgegend von 
Livorno, Ende Juni bei Pratolino einzeln (M.). — 8., häufig in ganz 
Italien (C.). — Florenz, 9. Juli 1 Exemplar (Sp.). 


Rufaria Hb. Häufig im Juli in den Abruzzen und im Ap. 
tosc. bei Boscolungo; sie ist wie Vorige ebenfalls sehr 
hell gefärbt. — Mitte Juni bei Florenz und Livorno (M.). — 
3.0.13 (0), 

Consangninaria Ld. Ich fing nur wenige Stücke bei M.-R., 
Ende Mai und im ‚Juni, nicht aber in den Abruzzen, wie 
es Graf Turati angiebt. — Ende Juni 2 3 bei Antignano (M.). 

Litigiosaria B. Juni, M.-I. 3 (C.). 

Sericeata Hb. In manchen Jahren recht häufig. Anf. und 
Mitte Juli an trocknen Abhängen bei Aquila, 900 m hoch. — 
Juni, M.-l. 3 (C.). 

Moniliata F. Im Mai bei Livorno, selten (M.). — 8. M.-I. 4 (C.). 

Muricata Hufn. (Auroraria), Ende Mai bei Pisa (M.). — S., M.-1.5 (C.). 

Dimidiata Hufn. Im Mai, Juni und dann wieder Ende Aug., 
Anf. Sept. in der Campagna bei M.-R. häufig, in Hecken. 
Die Herbstgeneration besitzt eine mehr in’s graue ziehende 
Färbung und ist kleiner als die Sommergeneration. —— 
Scutulata, Mai, Juni um Livorno nicht selten (M.). — 8., M.-I. 4 (C.), 

Contiguaria Hb. 8, M.-L. 3 \C.. 


Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete. 53 


Sodaliaria H.-S. Um Livorno (M.\. 

Virgularia Hb. (Incanata), um Livorno, Florenz, Pratoveechio im Mai, 
Juni, nicht selten (M.). — F., S, M.-L. 1 (C.). 

Var. Ganteneraria B. Diese Form kommt in der Uampagna 
ausschliesslich vor. Ich fine sie im Mai, ‚Juni und dann 
wieder von Ende Aug. bis Ende Oct. sehr häufig bei 
M.-R., Tivoli, Rom; sie varlirt in Grösse, Bestäubung der 
Flügel und Deutlichkeit der Zeichnung sehr beträchtlich. 
Calcearia Koll. in lit., um Livorno von Mitte April bis Ende Mai 
(M.). — In ganz Italien. (C.). — Florenz, häufig (Sp.). 

Pallidata Bkh. S., M.-1. 2 (C.). 

Subsericeata Hw. Im Mai und dann Ende Aug., Sept. sehr 
bänfie in der Campagna aus Hecken geklopft; in M.-R. 
fing ich sie oft des Nachts, wo sie um blühenden Buxus 
schwärmte, und zwar die grössere Form Asbestaria Z. 
in einem, die kleinere Form Pinguedinata Z. im anderen 
Jahre an derselben Stelle. Die von Zeller (Stett. ent. 
7. 1549 8. 216) angegebenen Unterschiede zeigen sich 
bald bei der kleinen, bald bei der grossen Form, so dass 


ich sie nicht trennen kann. — Pinguedinata, bei Cisterna Ende 
Aug. (Z.). — Asbestaria, um Livorno im Mai selten (M.). — >., 


M.-I. 3 (C.). 

Laevigaria Hb. In M.-R. nur 1 2 im Juli, ein zweites am 

br Sept. — Iinde Mai bei M.-R., Mitte Juli in den Abruzzen, 
3000° hoch (Stdf.). — Laevigata, bei Livorno Ende Mai, selten (M.). 

Extarsaria H.-S. Herr Dr. Standfuss und ich klopften einige 
Exemplare Ende ‚Juni aus Buxushecken in der Villa 
d’Este in Tivoli; Ersterer fand sie auch bei M.-R. Ihre 
Grösse ist 16-17 mm. Der Raum zwischen der äusseren 
(Qmerlinie und dem Aussenrande auf beiden Seiten der 
helleren Wellenlinie ist bei dem 2 meist dunkler als bei 
dem &. Die Wellenlinie endet auf den V.-Fl. vor der hellen 
Flügelspitze, welche in Zelle 6 durch einen schräggestellten 
braunschwarzen Länesstrich, der vom Saume bis zur 
Wellenlinie reicht, von dem dunklen Aussenrande getrennt 
wird, Diesen Strich erwähnt weder H.-S., noch Zeller 
bei Beschreibung von Kfflorata, die mit Extarsaria H.-S. 
identisch ist und sehe ich ihn auch in der Staudinger’schen 
Sammlung an den Mann’schen Originalen aus Toscana 
nicht so deutlich; unter 5 Exemplaren aus Toscana aus 
der Lederer’schen Sammlung, ist er bei drei d nur an- 
gedeutet, doch so schwach, dass Zeller ihn übersehen 
konnte, bei 2 2 fehlt er; bei Letzteren ist der Raum 
zwischen äusserer @Querlinie und Saum nicht dunkler als 


54 Die Macrolepidopterentauna der römischen Campagna etc, 


bei den 3 &. Bei meinen Exemplaren zeigt sich der dunkle 
Strich ausserdem ganz schwach auf der Unterseite der 
Flügel und hier sind auch auf den Rippen die schwarzen 
Punkte der äusseren Querlinie deutlich. Ferner zeigt 
sich auf der Oberseite die Wurzelhälfte aller Flügel bis 
in die Gegend des Mittelpunktes schwach verdunkelt, 
so dass eine undeutliche hellere Binde zwischen den 
Mittelpunkten und der äusseren Querlinie entsteht, die 
auch auf der Unterseite vorhanden ist. Durch diese 
Unterschiede bilden meine Exemplare den Uebergang 
zu Inesata Mill., welche ich aus Sieilien sowohl in typischen, 
18—19 mm grossen Stücken, wie Mill. Ic. 100, 3—5, 
als auch in Uebergangsstücken zu meinen Exemplaren 
aus Tivoli besitze, und möchte ich annehmen, dass Inesata 
Mill. zu Extarsaria H.-S. gehört. Der Uebergang von 
Extarsaria zu Inesata ist so allmählich, dass eine Varietät 
kaum zu benennen ist. Ich muss hier noch bemerken, 
dass die Hinterschienen von Inesata Z aus Sicilien wie 
bei Kfflorata Z. und bei meiner Extarsarla aus Tivoli, 
breit gedrückt sind und einen Haarbüschel besitzen, 
während Milliere letzteren nicht erwähnt, aber sagt, dass 
seine Art aus Barcelona zwei Paar Sporen an den Hinter- 
schienen führt. Dass diese Verschiedenheit bei derselben 
Art vorkommen kann, ist schon von anderen Arten z. B. 
Ac. Rusticata F. (Spr. Stett. ent. Z. 1863. S. 156) bekannt. 
Den scharfen Unterschied, welchen Milliere zwischen 
Inesata & und 2 macht, finde ich bei meinen Sicilianern 
nicht immer zutreffend, ich besitze 2 mit so dunklem 
Aussenrande wie Mill. Fig. 4 9, aber auch solche mit so 
hellem Aussenrande wie ihn das & in Fig. 3 zeigt. — 
Efflorata Z, Um Livorno, Riparbella, nicht häufig, Mai, Juni (M.). 
— 8., M.-I. 3 (C.). 

Obsoletaria Rbr. Toscana (M.). — Abruzzen, 3000‘ hoch, Mitte Juli 

: (Stdf.)? 

Incarnaria H.-S. (Ruficostata 27.) Um Livorno, Mai, Juni, selten 
(M.). — Bei’Rom und in Toscana (Z.). — F., S., M.-I. 4 (C.). 
Cireuitaria Hb. Südlich von Rom in der Campagna Ende Aug. (Z.) 

Juni, dann Aug., M.-I, 4 (Ü.). 

Herbariata F. In M.-R., Tivoli und der ganzen Campagna 
im Juni, in den Abruzzen im Juli, bis 1500 m hoch, doch 
überall einzeln, in Häusern und Gemäuer. — Pusillaria, im 
Juni einzeln in Badia und Pratolino (M.) — 8., M.-I. 3 (C.) 

Elongaria Rbr. In M.-R. sehr häufig im Aug., Sept., seltener 
im F. Meine Herbsstücke gehören zu Zeller's Form Ari- 


ze 


Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete., 55 


data a, mit schwarzen Mittelpunkten auf allen Flügeln. 
2 & der Frühjahrsgeneration und 12 aus den Abruzzen, 
letzteres im Juli gefangen, stimmen besser zu Rambur’s 
Beschreibung; sie unterscheiden sich von der gelblich- 
grauen Aridata Z. durch röthlichgelbe Färbung und 
kürzere, breitere Flügel. Das 2 aus den Abruzzen hat, 
ausserdem einen auffallend rothgelben Vorderrand und 
gelbliche Unterseite der V.-Fl.; auf der Oberseite derselben 
ist hier die äussere Querlinie undeutlich und auf den 
Rippen nicht schwarz punktirt. Hätte ich nicht alle 
Uebergänge, so könnte ich versucht sein, dieses ? zu 
Obsoletaria Rbr. zu stellen. — Aridata, 2 Exemplare bei Cis- 
terna und bei Rom, Ende Aug., auf dürren, sonnigen Plätzen (Z.). — 
Ardenza (M.). — Mai, Juni, dann Aug., M.-I 4 (C.). 

Bisetata Hufn. M.-R, F. (Stdf.). — 8., M.-I. 4 (Tose. Mann) (C.). 

Trigeminata Hw. In M.-R. fing ich Anf. Juli 1 2, Anf. 
Sept. kam diese Art häufiger an die Lampe. 1 frisches 
8 Anf. Juli in den Abruzzen, 2000° hoch (Stdf.). — Reversata, um 
Livorno nicht selten, bei Florenz einzeln, Mitte Mai (M.). — S., 
NIE). 

Politata Hb. Bei M.-R. an Hecken in der Campagna, nicht 
häufig, im Mai; nach Dr. Standfuss auch schon im April. 
Meine Stücke besitzen keinen dunklen, bindenförmigen 
Aussenrand der Flügel, nur ist die äussere Querlinie aus- 
wärts bisweilen schwach dunkel beschattet. — Juni, Um- 
gegend von Livorno (M.). — F., S., M.-I. 3 (C.). 

Filicata Hb. In der Campagna in Hecken, häufig, im Apr., 
Mai, dann wieder im Aue., Anf. Sept. Die Herbstgene- 
ration ist kleiner und heller, bei der Frühjahrsgeneration 
hat das Weiss eine gelbliche Beimischung. Auf den V.-Fl. 
steht der schwarze Mittelfleck bald innerhalb, bald ausser- 
halb der dunklen Wurzelhälfte, wie es Zeller von den 
bei Rom und Ancona, Ende Aug. und Anf. Sept. ge- 


fangenen Stücken erwähnt. — Umgegend von Livorno, Ripar- 
bella, im Mai, Juni, nicht selten, im Juni bei Florenz und Prato- 
veechio (M.). — Mai bis Ende Aug., M.-I. 2 (C.). — Häufig in 


Florenz (Sp.). 

Rusticata F. Ende Juni fing ich 1 2 dieser Art bei Aquila. 
Apr., Mai aus Zäunen bei M.-R. geklopft (Stdf.). — Bei Badia Anf. 
Juni selten (M.). — Mai bis Ende Aug, M.-l. 3 (C.). 

Var. Vulpinaria H.-S. Im Juni in der Umgegend von Livorno (M.). 
Humiliata Hufn. (Osseata), bei Florenz und Pratoveechio Anf. Juni 
sehr gemein [M.]. — S, M.-I. 2 [C.]. — Häufig, Florenz [Sp.]. 
Dilutaria Hb. Zwischen Aquila und dem Gran Sasso und 

bei S. Marcello im Ap. tosc. Mitte Juli einige Stücke aus 


56 Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete. 


(sebüsch am Bachufer geklopft. — Apr., Mai,aus Zäunen bei 
M,-R. [Stdf.]. — Interjeetaria B., im Mai bei Pisa einzeln [M.|; doch 


hält Zeller ein ihm von Mann mitgetheiltes 5 für eine Osseata 
|Humiliata Hufn.] -Varietät mit ungeröthetem Vorderrande der V.-Fl. 
2.8, MAL [C. 

Holosericata Dup. Bei Boscolungo im Ap. tose. ein Stück; 

‚Juli. — Holoseriecaria F. R., bei Pratoveechio im Juni selten [M.]. 
1, BE SO, 

Degeneraria Hb. Im Frühjahr und dann Ende Aug., Sept., 
in manchen Jahren recht häufig bei M.-R. in röthlich 
erauner Form. — Degenerata, Umgebung von Livorno, Riparbella, 
Fauglia, Pisa im Mai, bei Florenz und Pisa im Juni, nieht selten; 
(lie Farbe der Binden veränderlich [M.]. — Gragnone, Herbst [Sp.]. 

- Vom. Mai bis Sept., M.-I. 2 [C.]. 

Inornata Hw. Im Juni und dann Ende Aug., Sept. bei M.-R. 
in sehr heller, strohgelber Färbung, nicht selten. — 
S., Tose. 3 nach Mann [C.]. 

Var. Deversaria H.-S. Im Juli im Ap. tose. zwischen S. Mar- 
cello und Boscolungo häufig im Kastanienwald. Die stroh- 
gelbe Färbung ist kräftiger, die Querlinien und Schatten 
sind deutlicher, die äussere Querlinie bildet auf der O R 
einen stärkeren Haken als bei Inornata Hw. aus M.-R., 
die Fransen sind nieht immer hinter den Rippenenden 
schwarz punktirt. — Bei M.-R, |Stdf.]. 

Aversata L. Bei M.-R. fing ich Anf. Sept. 2 kleine & von 
bleicher Färbung; bei ihnen ist die dunkle Mittelbinde 
zwar deutlich, aber verwaschen; die innere, der Flügel- 
wurzel am nächsten liegende @uerlinie auf den V.-Fl. ist 
kaum bemerkbar, die schwarzen Mittelpunkte aller Flügel 
sind aber sehr deutlich und gross; auf der Unterseite 
zeigt sich keine dunkle Binde, nur die äussere Querlinie 
ist schwach, die sehr grossen Mittelpunkte sind deutlich 
sichtbar. Die schwarzen Punkte in den Fransen hinter 
(den Rippenenden sind auf beiden Seiten recht klein. — 
Von Mai bis Sept. in ganz Italien [C.]. — Antignano [M.]. 

Ab. Spoliata Steger. Unter Voriger in Laubwald der röm. 
Camp. bei’ M.-R., aber häufiger; ebenfalls sehr kleine 
Exemplare; sie messen 22—24 mm Flügelspannune und 
varliren in der Färbung von bleichstrohgelb bis röthlich- 
grau, die Querlinien sind anf beiden Seiten sehr fein, die 
Mittelpunkte sehr gross, die Fransen schwach schwarz 


punktirt. — Vallombrosa, Gran Sasso [Mus. Nap.] — Aversata, 
um Liv. überall Mitte Mai, auch im Apennin nicht selten [M.].— Häufiger 
als die Grundform in ganz Italien [C.]. — 1 Exemplar am 24, Aug. 


in Florenz [Sp.]. 


Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete. f 


Emarginata L. (Emarginaria). Am 24. Mai zwischen Pisa und Livormo 
nicht selten in den Sümpfen (M.). — Mai, Juni, M.-I. 3 (C.). 

Immorata L. (Immoraria). Ende Juni im Park von Pratolino, nicht 
selten (M.). — Juli, M.-I. 3, Apennino (C.). 

Rubiginata Hufn. In der Campagna ein sehr häufiger Spanner, 
Apr., Mai, dann wieder von Mitte Aug. bis Mitte October, 
namentlich auf grasreichen Stellen; auch erhielt ich ihn 
aus Sassoferrato. Er varlirt sehr in der Farbe von 
gelblichbraun durch röthlich- und dunkelbraun bis röthlich- 
grau, ist aber nie so lebhaft violettröthlich gefärbt, wie 
oft deutsche Exemplare. — Ende Aug., Anf. Sept. bei Rom (Z.). 
— Vallombrosa (Stgr.). — Aquila (Mus. Nap.). — Rubricaria, unı 
Livorno und Pisa Mitte Mai, um Florenz und Pratoveechio im Juni (M.). 
— Mai bis Sept., M.-I. 2 (C.). 

Turbidaria H.-S. Im Apr, Mai, dann wieder Ende Aug., 
Anf. Sept. unter Voriger bei M.-R., doch nicht so häufie, 
Ihre Färbung ist gelblicherau, heller als das von H.-S. 472 
abgebildete Exemplar. 

Beckeraria Ld. Von dieser für Italien neuen Art fing ich 
am 9. Aug. auf dem Monte Luco bei Aquila ein &. Es 
ist um weniges heller gefärbt als südrussische und 
spanische, etwa wie «die Amasia- und Turkestanstücke der 
Staudinger’schen Sammlung, besitzt aber die feine Zeich- 
nung der Stücke von Sarepta. 

Marginepunctata Göze. In der Camp. und dem ganzen Ge- 
birgsgebiete, Toscana ete. em sehr häufiger Spanner, von 
Apr. bis Oct. Im Juli flog er bis 1700 m. hoch auf dem 
Gran Sasso. Diese Art variirt in Färbung, dunkler Be- 
stäubung und Deutlichkeit der Querlinien und Schatten 


wie bei uns. — Rom, Tolentino, Ende Aug., Anf. Sept. (Z.). — 
Immutata,. um Liv. und Pisa im Mai (M.). — Häufig in fast ganz 
Italien (C.). — Toscana (Sp.). 


Luridata Z. var. Confinaria H.-S. Mitte Juli in den Abruzzen 
3—4000° hoch, an Felsen sitzend (Stdf.). 

Var. Romanaria Mill. In den Ruinen von Rom in 3 Generationen, 
die Raupe lebt auf Linaria Cymbalaria nach Milliöre (C.). 

Submutata Tr. Von Mai bis Sept., M.-L. 2 (GC). 

Incanata L. Häufig in den Abruzzen im Juli und Anf. Aug, 
weissgraue, helle Exemplare; die Bestäubung und Denut- 
lichkeit der Linien und Schatten variirt beträchtlich. — 
M.-R. (Stdf.) — Mutata, um Livorno und in den Sümpfen bei Pisa 
Mitte Mai nicht selten in bläulichgrauer Färbung (M.).—8., M.-I. 3 (C.). 

Remutaria Hb. Anf. Juli in Pratoveechio an den Ufern des Arno (M.), 

Punctata Tr. s., M.-I. 4 (C.). — Bei Pisa, Mitte Mai selten auf gras- 
reichen Stellen der Sümpfe (M.). 


58° Die Maerolepidopterenfauna ‚der römise ‚chen Campagna ete. 


Immutata 1. Abr., 3000‘ hoch, ziemlich häufig (Stdf.) ? — Sylvestraria, 
bei Pisa, Mitte Mai in Sümpfen um Binsen, bei Poppi im Juni am 
Arno (M.). 

Strigilaria Hb. (Strigilata), 1 helles @ Ende Aug. bei Rom (Z.). — 
Bei Pratoveechio und Pratolino Anf, Juni einzeln (M.). — Mai bis 
Einde Sept., M.-I. 2 (C.). 

Emutaria Hb. Bei M.-R. im Mai und dann wieder Ende 
Aug., Anf. Sept. in Hecken und hohem Grase. — In den 
Sümpfen bei Pisa einzeln im Mai (M.). — Juni, dann Aug., M.-I. 3 (C.). 

Imitaria Hb. In den Weinbergen und in Hecken der Cam- 
pagna ein sehr gemeiner Spanner, von Mai bis Ende Oct. 
Die Frühjahrsgeneration ist meist blass ockergelblich, 
die Herbsteeneration isabell- oder röthlich fleischfarben; 
die schräg über die Mitte aller Flügel ziehende 
dunkle Linie ist bei letzterer öfter auswärtsdunkel 


beschattet als bei der Frühjahrsgeneration. — Ende Aug. 
bei Rom (Z.). — Ende Apr., Mai um Livorno, nicht selten (M.), 


ändert ab ete. (Z.). — M.-I. 2 (C.). — Florenz (Sp.). 

Ornata ar Sehr gemein in Hecken und Distelgestrüpp in 
der Campagna; bei M.-R., Tivoli, Olevano etc., im Mai, 
‚Juni, dann wieder von Ende Aug... bis. Anf,; Oet, — 
Ende Aug., Rom (Z.). — Atina (Mus. Nap.). — Paludata L., im Mai 
bei Ardenza sehr gemein, bei Florenz und Pratoveechio im Juni nicht 
selten (M.). — Vallombrosa (Stgr.). — F., 8., H., sehr häufig in ganz 
Italien (C.). 

Decorata Bkh. Ein grosses Exemplar im Juni bei Aquila. — 
Bei Livorno, Pisa Ende Mai, bei Pratolino im Juni, seltener als 
Vorige (M.). — F., S., H., M.-I. 2 (C.). 


(sen. Zonosoma Lid. 


Pendularia ©]. M.-R. (Stdf.). — Toscana (Rossi). 

Annulata Schulze. Ende Aug. bis Ende Sept. in M.-R. häufig; 
es sind sehr kleine helle Exemplare mit dunklem Mittel- 
schatten. — Omicronaria, im Mai bei Pisa und Livorno, ziemlich 
selten (M.). — 8., M.-IL. 3 (C.). 

Pupillaria Hb. Bei M.-R. im Juni und dann im Sept. nicht 
selten, im ‚Juni in Tivoli, im ‚Juli bei Boscolungo im Ap. 
tose.; in der röthlichgelben Färbung und Deutlichkeit der 
Mittelringe sehr varlirend. — Montenero (M.). — F., S8., 
M:SK43 (03. 

Ab. Badiaria Stgr. Zwei kupferroth gefärbte Stücke aus 
Livorno als Gyrata aus der Lederer’schen Sammlung 
stecken in der Staudinger’schen Sammlung ; S sie hesitaße 
starke dunkle Binden und grosse, weisse Augen in 
der Mitte aller Flügel. Ich vermuthe, dass sie identisch 


Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete. 59 


mit Pupillaria M. sind, die Mann bei S. Andrea Mitte 
März, bei Livorno einzeln im April, bei Florenz verflogen 
im Juni fing. 

Ab. Gyrata Hb. Ein fleischfarbiges 2 am 9. Juli bei Bos- 
colungo im Ap. tose. mit breiter, schwarzgrauer Binde. 
Die zwei Querlinien sind nur durch Punkte auf allen 
Flügeln angedeutet, die Rippen sind im Saumfelde nicht 
dunkler; der Hinterleib hat rothe Flecke auf der Ober- 
seite der Ringe, wie es auch bisweilen bei meinen Stücken 
der Grundform vorkommt. — Begleitet mehr oder weniger häufig 
die Grundform in ganz Italien (C.). Auch hierher ist wohl 
Mann’s Pupillaria aus Toscana zum Theil zu ziehen, denn 
Zeller sagt, dass das ihm von Mann mitgetheilte Exemplar 
seiner Gyraria, die’ er zu Hübner’s Abbildung 543 stellt, 
am nächsten steht. (Stett. ent. Z. 1849, S. 210, Isis 
1847, S. 497). 

Ab. Nolaria Hb. Ein ockergelb gefärbtes 2 im Sept. bei M.-R. 
aus einer Hecke geklopft. Die schwarzen Augen sind 
auf allen Flügeln sehr gross, fein weiss gekernt, die 
(Juerlinien durch grosse blauschwarze Punkte auf den 
Rippen angedeutet, Mittelschatten nur am Innenrande 
aller Flügel bemerkbar. 

Porata F. Im Frühjahr und dann von Ende Aug. bis Ende 
Sept. häufig in Hecken der Campagna bei M.-R.; es sind 
meistens kleine gelbliche Exemplare mit deutlichen, dunklen 
Flecken vor dem Aussenrande der V.-Fl. — In der Staudinger’- 
schen Sammlung befinden sich Stücke aus Vallombrosa. — Poraria 
bei Poppi und Bibbiena Mitte Juni nicht selten, bei Montenero, bei 
Stia am 8. April eine Varietät (M.). -- F., S., H, M.-I. 2 (C.). 

Punetaria L. Im Frühjahr bei M.-R. in Eichenwald, nicht 
häufig; sie unterscheidet sich wenig von Zeller’s Be- 
schreibnng seiner neapolitanischen Stücke (Isis 1847, 
S. 495) und ist mehr oder weniger blass, bräunlich 
ockergelb gefärbt, schwarz und röthlich punktförmig be- 
stäubt, mit wenigen röthlichen Strichelchen auf der Mitte 
der V.-Fl.; die zwei Punktreihen sind deutlich und oft 
zeigt sich an Stelle der inneren eine feine, deutliche Linie 
wie bei der folgenden ab. Suppunctaria Z.; der schwarz- 
braune Mittelstreifen ist entweder ziemlich geradlinig 
oder er bildet auf den Medianadern einen deutlichen 
starken Bogen und geht von da bis zum Innenrande ganz 
gerade. Die Saumlinie aller Flügel ist sehr deutlich 
unterbrochen schwarz gestrichelt; Staubflecke vor dem 


60 


Ah, 


Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete. 


Aussenrande zeigen sieh nieht, die Stirn ist röthlichbraun, 
— Dr, Staudinger besitzt Exemplare aus Pratovecehio. — Florenz 
(Rossi), — F., S., M.-L 3 (C.). 


. Suppunetaria Z. Bei M.-R. wie die Grundform, aber 


Ende Aue. Anf. Sept., nicht häufig; Dr. Standfuss fing 


sie auch im Frühjahr. — In Dr  Staudinger’s Sammlung 
stecken BExemplare aus Livorno. — Bei Kom nach Zeller (C.). 


Meine Exemplare stimmen mit der Beschreibung Zeller, 
welche er von solchen aus Neapel giebt (Isis 1847, S. 496), 
sowie auch ziemlich mit H.-S. Abbildung 415. Diese Form 
ähnelt Linearia Hb. 

Von meinen Exemplaren der Grundform ist Suppunetaria 
durch folgendes verschieden; sie ist Kleiner, ihre Grund- 
farbe ist bleicher, die Bestäubung feiner, röthlich, es zeigen 
sich keine sechwärzlichen Atome darunter wie bei der 
Grundform; der dunkle Mittelstreifen ist femer, violett- 
oyau, nieht schwarzbraun wie bei der Grundform; die 
äussere Punktreihe ist undeutlicher; Stirn und Fühler- 
schaft sind bleicher, erstere ist stets von der Färbung 
der V.-Fl.; die Unterseite ist heller, ohne, oder mit wenig 
röthilicher Bestäubung und undeutlicher Zeiehnung. Ver- 
oliechen mit Linearia Hb. unterscheidet sich Suppunctaria, 
soviel ich in der reichhaltigen Standinger’schen Sammlung 
ersehen kann, dureh folgendes. Linearia hat stets drei 
Linien auf allen Flügeln, von «denen die äussere oft, 
manchmal auch die innere nur durch eimzelne Punkte 
gebildet werden, Suppunetaria hat stets nur eine dent- 
liche Mittellinie, die beiden anderen fehlen oder wenn sie 
vorhanden sind. bildet die äussere eine schwach ange- 
deutete Punktreihe. Mir erscheint, dass die Vorderfllügel- 
spitze bei Linearia mehr vorgezogen und der Saum mehr 
oeschwungen ist. Die Stirn ist bei Linearia zimmtroth ge- 
färbt, stets dunkler als die V.-Fl., bei Suppunctaria ist sie 
stets von der Farbe der letzteren; die Grundfarbe der Flügel 
zieht bei Linearia mehr ins Gelbliche, bei Suppunetaria 
mehr in’s Röthliche. Mit der viel kleineren, blassrötl- 
lichen, unbestäubten und mit drei undentlichen Querlinien 
versehenen var. Strabonaria Z. lässt sich Suppunetaria 
nicht vergleichen. 


Rufieiliaria H.-S. Ein 2 Ende Aug. bei M.-R. unter 
Vorieer unterscheidet sich durch sehr dichte, grobe, rötlı- 
liche Bestäubung, weisse deutliche Mittelpunkte auf allen 
Flügeln und ganz undeutlichen Mittelstreifen. Die Punkt- 


Die Macrolepidopterenfauna der römischen Gampagna ete. 61 


=: 


reihen sind ebenfalls undeutlich, aber ausserhalb der 
aeusseren zeigen sich einige dunkle Flecke, wie es bei 
der deutschen Grundform öfters vorkommt; die Fransen 
sind etwas röthlich. Die Unterseite ist  hellröthlich- 
gelb, ebenfalls sehr stark rot bestäubt, glänzend, ohne 
alle Zeichnung, die Saumlinie sehr schwach dunkel linirt, 


die äussere Fransenhälfte purpurroth. — Ein Mann’sches 
Exemplar aus Toscana mit starkem Mittelstreifen befindet sich in der 
Staudinger’schen Sammlung. — Gyraria, häufig Mitte März bei Pra- 


toveechio an Eichen (M.), ganz verschieden von meiner Gyraria, 1sis 1847, 
S. 497, aber einerlei mit der von mir nach meinem männlichen Exem- 
plare bezeichneten Pupillaria, 8. 498 (Z.). Hier und da mit der 
Grundform in ganz Italien (Ü.). 


> 


(en. Timandra Dup. B. 


Amafla L. Im Mai, Juni und dann Aug. Sept, Oct. sehr 


Vibi 


Var. 


häufige im ganzen Gebiete, namentlich in den Weinbergen 
der Umgebung Rom’s, M.-R. ete. Die Herbstgeneration, 
welche fast durchgängig kleiner und dunkler ist als die 
Frühjahrsgeneration hat auch kleinere und undeutlichere 


Mittelpunkte der V. -Fl. — Amataria, Mai bis Juni, bei Livomo, 
Sümpfe bei" Pisa nicht selten (M.). — F.. 8. H., M.-T. 2 (C.). 


Gen. Pellonia Dup. 


‘aria Cl. Bei M.-R. und im der ganzen Campagna ist nur 
die Grundform zu finden, und nicht sehr häufige; der 
Raum zwischen zweiter und dritter @Querlinie ist stets 
nur auf der Wurzelhälfte roth gefärbt. Im Apennin bei 
Boscolungo fand ich Exemplare mit ganz vrothem Quer- 
band und solche, die von denjenigen der Campaena nicht 
verschieden waren. In der Campaena im Mai, Juni, im 


(sebirge im Juli. — Am 7. Juli in den Abruzzen zwischen 
3—4000° [Stdf.] — Im Juni zwischen Livorno und Pisa, bei Pratolino 
und Erioyecchion,3 in SR een u der Binden so veränderlich 
wie bei uns (M.). SANT. 18. [0;]. 


Strigata Steger. m Aal in Br Abruzzen, SO0O—1300 m 
hoch, bei Boscolungo über 1300 m hoch fliegend. Die 
Grundfarbe der Flügel ist ein viel helleres Ledergelb als 
bei der Grundform von derselben Flugstelle bei Boscolungo, 


Calabraria 7. In der Campagna ein sehr häufiger Spanner, 


Mai, ‚Juni; in den Abruzzen geht er bis 900. m hoch. ist 
aber seltener, ebenso bei S. Marcello im Ap. tose,, ‚Juni, 
Juli. ‚Je südlicher Calabraria vorkommt, um so intensiver 
ist das Rotlı und um so dunkler die grünlichgelbe Grund- 


62 Die Macrolepidopterenfauns der römischen Campagna ete. 


farbe der Flügel; meine Campagnastücke stehen in dieser 
Beziehung zwischen Stücken von Süditalien und solchen 
aus den Abruzzen und dem Apennino tose., diese letzteren 
sind wieder dunkler und führen mehr Roth als südtiroler 


TL' . . . . 

Exemplare. — Umgegend von Livorno, Anf. Juni bei Pratolino, 
Mitte Juni bei Pratoveeehio ziemlieh selten [|M.]. — An sonnigen 
Abhängen bei Florenz im Juni un — Im Mai, Juli im Neopolita- 


nischen überall [Costa]. — F., 8., M.-1. 2 [C.]. 
Gen. Abraxas Leach. 


G«rossulariata DL. Im Frühjahr in Zäunen bei M.-R, [Stdf.]. — Majella 
|Mus. Nap.| — Anf. Juli, Pratoveechio |M.]. 8., M.-I 3 [C). — 
Toscana | Rossi]. 

Pantaria L. 8. M-1. 3 [C.]. 

Adustata Schiff. Sehr gemein in Hecken der Campagma, Mai, 
‚Juni, dann von Aug. bis Oct.; im Albanergebirge bei 


Nemi schon Ende April. — Ende Aug, Cisterna [Z.]. — Mai, 
um Livorno, Juni bei Pratoveechio nicht selten [M.]. — Florenz |Sp.]. 


Marginata L. Bei M.-R. im Frühjahr m Zäunen, einzeln auch 
im Herbst bis Mitte Oct.; ein Stück bei Boscolungo (Ap. 
tosc.) aus Laubgehölz geklopft, Juli. — Vallombrosa [Stgr.] 
— Livorno, Pisa im April nicht selten [M.|. — F, 8., Tose, ete. 3 [C]. 


(sen. Bapta Stph. 


Bimaeulata F. En) bei ’’isa im Mai in Sümpfen, selten [M.]. 
— Jwni, M.-L 3 [C.]. 


Temerata Hb. Pratoveechio im Juni, selten [M.]. — Mai, Juni, Tos- 
cana 5 [C.]. 


Gen. Stegania Dup. 


Trimaeculata Vill. Im Mai, Juni und dann Ende Aug., Sept, 
in der Jampagna an grasreichen Plätzen häufig; auc h aus 
Sassoferrato erhielt ich sie. Meine Stücke sind viel heller 
— gelblich weiss — gefärbt als tiroler. Bei einem Stück 
läuft eine dunkle, feine Querlinie auch aus dem dritten 
äusseren Fleck am Vorderrande der V.-Fl., parallel dem 
Saume, über den Flügel und setzt sich auch auf den H.-Fl. 
fort, nimmt aber hier gegen den Innenrand an Stärke ab. Die 
Deutlichkeit und die Stärke der Querlinien sind bei meinen 
Stücken verschieden; die Unterseite ist grauweiss und nur 
der Vorderrand der V.-Fl. von gelblicher Färbung. — Permu- 
tataria Hb., Ende Apr. bei Livorno, Orciano, Anf. Juni in Pratoveechio 
[M.]. F., S., M.-1. 2 [C.]. — Florenz [Sp.]. Abruzzen [Mus. Nap.]. 


Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna etc, 63 


Gen. Cabera Tr. 


Pusaria L. 1 2 im Juli bei Boscolungo (Ap. tose.). — 
Vallombrosa (Stgr.). — Pisa, Livorno, Orciano im Mai sehr häufig (M.). 
BSR), 

Exanthemata Sc. (Exanthemaria), bei Pisa in den Sümpfen Ende 
Apr. sehr häufig [M.|. — F., S., M.-I. 2 [C.]. 

Ab. Pellagraria Gn. Ein ? im Herbst bei M.-R. gefangen, ist auf 
beiden Seiten fast so weiss wie Pusaria L. und sehr schwach 
dunkel bestäubt, die Stirn ist gelblicher als bei der 
(Grundform, die schwarzen Mittelpunkte auf allen Flügeln 
sind klein aber deutlich. — Vallombrosa [Stgr.|, ein Stück mit 
stärkerer gelber Bestäubung. — Unter der Grundform bei Pisa [M.]. 


(sen. Numeria Dup. 


Capreolaria F. Im Ap. tose. bei Boscolungo und Vallombrosa 
im Juni, Juli, bei Camoldoli Anf. und Mitte Sept. recht 
häufig in dichtem jungen Fichtenbestande. Die Sommer- 
generation ist grösser, von deutschen Stücken nicht ver- 
schieden; bei der Herbstgeneration sind die Flügel düsterer 
gefärbt, feiner dunkel bestäubt, das Mittelfeld der V.-Fl. 
hebt sich nicht so stark ab und ist mit dem Wurzelfeld 
fast gleichfarbig, nur das Saumfeld ist heller, die beiden 
das Mittelfeld einschliessenden Querlinien sind feiner und 
die äussere hat keine helle Begrenzung nach auswärts 
wie bei der Sommergeneration. Die Querlinie der H.-Fl. 
ist bei meinen Stücken meistens bis zum Vorderrand 
deutlich, während sie bei eisalpinischen Stücken hier 
meistens verwaschen ist. Bei der Herbstgeneration ist 
die Unterseite sehr hell, ohne alle Zeichnung und die 
Mittelpunkte sind kleiner als bei der Sommergeneration. 
— Im Tannenwald bei Gragnone häufig Ende Sept. |Sp.]. 


(sen. Metrocampa Latr. 


Margaritaria L. Ein 3 am 12. Juli in Boscoluneo. — 
Am 13. Juli 1 Stück unter einer Rothbuche 4500’ hoch in den 
Abruzzen [Struve]. — 6. Juli bei Pratoveechio an Eichen und jungen 
Kastanienbäumen, selten [M.]. — F., S., M.-I. 3, zwei Generationen [C.]. 

Honoraria Schiff. Ein röthlichbraunes 2 am 23. Sept. bei 
M.-R. — In Toscana [M.]. 


(sen. Eugonia Hb. 


Quereinaria Hufn. [Angularia], 20. März einmal an einer Korkeiche 
bei Pratolino [M.]. 
Erosaria Bkl. An Eichen im Herbst bei Gragnone einzeln [Sp.]. 


64 Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete. 


(sen. Selenia Hb. 


Bilunaria Ksp. Vallombrosa, Mitte Juni [Stgr.]. — Selten im Neapoli- 
tanischen, Juni, Sept. [Costa]. 

Lunaria Schiff. Im Frühjahr bei M.-R., selten; ich besitze 
nur ein sehr Kleines ockergelb gefärbtes Z, welches einen 
(lurchaus nicht helleren Vorderrand der V.-Fl. hat, wie 
es sonst gewöhnlich der Fall ist; die innere Querlinie ist 
sehr verloschen, die äussere, welche meist in gerader Linie 
schräg über den V.-Fl. zieht, bildet auf M 3 eine Ecke, 
zieht dann in flachen, gegen die Flügelwurzel gerichteten 
Bogen bis vor die S M und von da einwärts gegen den 
Innenrand; der Saum ist ausserdem sehr flach ausge- 
buchtet, die Bestäubune der Flügel ist stark aber fein, 
(lie Mondsichel steht auf allen Flügeln in dem sehr ver- 
waschenen Mittelsehatten. — Tose. [Rossi]. — Apr., Mai, dann 
Aug., Sept., M.-I. 3 [C.]. 

Tetralunaria Hufn.  [Iustraria], bei Antignano [M.|. 


(sen. Perieallia Stph. 
Syringaria L. .F., 8. M.-L 3 [C.] 


(sen. Odontopera Stph. 
Bidendata Cl. Vallombrosa, Anf, Juni [Stgr.], ein dunkles 9. 


(Gen. Croeallis Tr. 


Tuseiaria Seriba var. Kaigeri Steger. (Stett. ent. Z. 1885, 8. 349). 
Bei M.-R., Mitte October, in manchen Jahren die. & sehr 
hänfie; sie kommen gern an die Lampe. Dr. Standfuss 
fand die Raupen an Rosmarinus offiemalis im Frühjahr. 
Der Falter erscheint in der verschiedenen Färbung, wie es 
Herr Dr. Staudinger beschreibt; @ habe ich nicht ge- 
fangen, meine Stücke sind aber grösser, 35—42 mm 
von einer Flügelspitze zur anderen, 33—45 mm von Mitte 


zu Mitte des Saumes der V.-Fl. — Florenz, 1 grosses & im 
November mit dunkelrehbraunen V.-Fl., die im Wurzel- und Saum- 
felde nur wenig gelichtet sind [Sp.]. — Die typische Form in Tos- 


cana?, in Mittelitalien nach Staudinger |C.]. 

Elinguaria L. Nur I sehr grosses, bleichgefärbtes, im Spät- 
sommer gefangenes 2 erhielt ich aus Sassoferrato, 1 2 fing 
ich am 14. Oct. bei M.-R. Das Mittelfeld der V.-Fl. ist 
kaum dunkler als die beiden anderen Felder. — Toscana ?[C.]. 


Die Maerolepidopterenfauna der römischen C'ampagna ete. 65 


(sen. Eurymene Dup. 
Dolabraria L. Mai, dann Juli, Aug., M.-I. 4 [C.|. 


(sen. Angerona Dup. 


Prunaria L. Ein kleines, recht ockergelb gefärbtes ? Ende 
Aug. in M.-R. Die 4 Mittelmonde sind sehr gross und 
dunkel, die Querstrichelchen sehr grob, ebenfalls dunkel, 
aber weit von einander abstehend; die Unterseite ist von 
der Oberseite nicht verschieden. — Am 12. April 2 Raupen 
an Prunus spinosa, im Mai davon ein normales & in M.-R. [Stdf.]. 


— Am 5. Juni einzeln bei Pratoveechio am Fusse der Apenninen 
[M.]. — Mai, Juni, dann Juli?, M.-L. 3 [C.]. — Toscana [Rossi]. 


(en. Urapteryx Leach. 


Sambucaria L. Am 25. Mai bei Montenero mehrere auf Sambucus 
nigra [M.]. — S., M.-I. 4 [C.]. 


(en. Rumia Dup. 


Luteolata L. Mai, Juni und von Ende Aug. bis Anf. Oet. 
sehr häufig in der Gampagna, im Aug. bei Sassoferrato, 
Mitte Sept. bei Camaldoli (Ap. tose.). — Valombrosa [Stgr.]. 
- Im Juli am Gran Sasso und bei Teramo [Costa]. — Crataegata, Mitte 
Apr. bis Ende Mai bei Livorno, Pisa, Riparbella ete. nicht selten, 
sehr scharf ‚gezeichnet [M.]. — Florenz, häufig, [Sp.]. — F., S., H., 
M.-I. 2 [C.). 


(sen. Venilia Dup. 


Macularia L. Mitte Juli im Ap. tosc. in Laubwald bei S. Mar- 
cello, nicht häufig; sehr hochgelb gefärbte Stücke — 
Maculata, bei Livorno im Mai, bei Pisa, Florenz und Pratoveechio 
im Juni, nieht selten [M.]. — Ende Mai in Vallombrosa [Stgr.]. — 
Mai, Juni, M.-1. 3 (C.). 


Gen. Macaria Üurt. 
Notata L. Toscana (Rossi). — M.-I.? [C.]. 


Alternaria Hb. Im Herbst bei M.-R. nicht selten. Es sind 
sehr kleine, dunkelgrau gefärbte Exemplare, bei denen 
auch die Costalflecken der V.-Fl. kaum rostbraun ge- 
färbt sind; die Unterseite ist weisslicher als gewöhnlich, 
die schwarzen Mittelpunkte fehlen meist auf.den V.-Fl., 
die Mittelbinde besitzt hier weniger gelb als gewöhnlich; 
die Ausbuchtung im Saum der V.-Fl. ist auffallend 

5 


66 Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna etc. 


schwach. — Nicht sehr selten bei Orciano im Mai [M.], kleiner als 
bei uns [Z.]. — F., 8., H., M.-I. 3, Apennin? [C.]. 

Aestimaria Hb. Um Livorno von Ende Apr. bis Ende Juni [M.], das 
ö ändert in der Streekung der Flügel etwas ab [Z.]. — Mai, dann 
Sept., Tosc. 3 [C.]. 

Liturata Cl. Vallombrosa [Stgr.]. 


(Gen. Hybernia Latr. 
Leucophaearia Schiff. Nicht selten bei Pratoveechio Ende März [M.]. 


Marginaria Bkh. [Progemmaria], ebendaselbst zu derselben Zeit, nicht 
selten [M.]. — Februar, März, Herbst [!], Tose. 3 [C.]. 


(sen. Anisopteryx Stph. 


Aeseularia Schiff. Bei Badia Ende März nicht häufig [M.]. — Februar, 
März, Tose. 3 [C.]. 


Gen. Biston Leach. 


Hispidarius F. [Hispidaria], 2 3 am 19, März im Park von Prato- 
lino [M.]. — März, Tosc. 5 [C.). 

Graecarius Stger. Ich fand eine Raupe Ende ‚Juni bei Aquila 
auf Gras, Herr Dr. Standfuss eine andere auf Spartium 
in der Campagna im Juni, welche im Februar 1 & ergab. 
— Alpinaria, 1 © am 17. April bei Montenero [M.]. — Gragnone, 
1 2 im Herbst [Sp.]. — Prof. Stefanelli fand sie auf den 
Hügeln von Fiesole und erwähnt, dass hier das & von 
der Grundform durch hellere Färbung abweicht, sowie 
dadurch, dass die 3 krummen, gebogenen Querlinien ver- 
wischt sind. Ferner hat das 2 auf den Flügelstümpfen, 
dem Kopf, Thorax und Hinterleib weisse Haare, anstatt 
wie bei der Grundform gelbliche und die Hinterleibsringe 
sind auf der Oberseite gelblich anstatt roth. Bei den 
Florentiner & in der Staudinger’'schen Sammlung finde 
ich, dass sie in Bezug auf Färbung und Deutlichkeit der 
3 Querlinien zwischen den dunklen Stücken aus der Attica, 
von Korfu, Macedonien u. s. w. und andererseits den 
helleren Stücken aus Spalato stehen; die $ besitzen auch 
aus anderen Gegenden weisse Haare auf Kopf, Thorax, 
Hinterleib und Flügelstümpfen; ob die Hinterleibsringe 
gelb oder roth sind, lässt sich bei getrockneten Exemplaren 
nicht mehr sehen. Prof. Stefanelli nennt seine Form: 

Var. Florentina (Bull. della Soc. ent. ital. 1882, S. 221). 

Hirtarius Cl. [Hirtaria], Mitte März bei Pratoveechio, nicht selten [M.]. 
— F., M.-1. 3 [C.). 


Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete. 67 


Stratarius Hufn. Toscana? [C.] 


(sen. Amphidasis Tr. 
Betularius L. Toscana [Rossi]. — Mai, Juni, M.-L 3 [C., 


(sen. Hemerophila Stph. 


Fractaria Stgr. In immergrünem Gebüsch der Gärten, Villen 
und Weinberge Roms und der Ortschaften der Umgebung 
verbreitet, bei M.-R. recht häufig; Mai, Juni, dann von 
Mitte Aug. bis Ende October in mindestens zwei Gene- 
rationen. Die Z varliren in der Grundfarbe von hell- 
gelblichbraun bis dunkel-graubraun; die & der Herbst- 
generation gleichen Rambur’s Abbildung (Rhizolitharia Cat. 
S. And. 17, 6), bei der Frühjahrsgeneration dagegen ist 
meistens das Mittel- und Saumfeld düsterer graubraun 
und oft mit dem Wurzelfeld gleich gefärbt, sodass die 
ganze Fläche nicht so bunt erscheint wie bei der Herbst- 
generation. 2 habe ich nur im Herbst gefangen und 
unterscheiden sie sich von den & durch mehr hell gelblich- 
graue Färbung, breitere Beschattung der beiden Quer- 
linien, auch sind sie meist etwas grösser. Auf der Unters. 
ist die Herbstgeneration stärker und gröber schwarz 
bestäubt, und die über alle Flügel ziehende äussere Quer- 
linie ist stärker und auswärts mehr beschattet; bei den 
? ist letztere nach auswärts meist breiter dunkel be- 
schattet als bei den &. Diese Art kommt in beiden 


Geschlechtern gern an das Licht. — Am 14. Mai fingich 1 9 
am Licht, welches um die Hälfte grösser als die & und von ziemlich 
heller grauer Färbung war; es legte wohl 80 ziemlich längliche, schön 
himmelblaue, zierlich chagrinirte Eier. Leider verkamen die Räupchen, 
da das richtige Futter nicht getroffen wurde; Helianthemum, das 
Dr, Staudinger als Futter vermuthet, nahmen sie nicht an. Die Art 
wurde aus Spanien beschrieben, sie fliegt auch in Kleinasien, woher 
ich ein von den römischen in nichts abweichendes 3 1883 erhielt 


[Std£.]. — Im Museum von Florenz sah ich ein Exemplar 
aus Toscana. — Costa bildet sie bereits in der Fauna 
del Regno di Napoli, Geometre Taf. 9, 5 ab und beschreibt 
sie S. 70 als Japygiaria aus Lecce in Süditalien, so dass 
dieser Name die Priorität vor Fractaria haben dürfte, 
da letzterer 1859, ersterer wohl bereits 1851 gegeben wurde. 


Abruptaria Thnb. Im Mai, Juni und dann wieder von Ende 
Aug. bis Mitte October bei M.-R., doch nicht so häufig 
wie vorige, aber an denselben Stellen und an das Licht 


5* 


68 


Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete. 


kommend, auch in den Gärten von Rom und Umgebung; 
meist sind es kleine Exemplare, die gelbliche Grundfarbe 
ist mehr oder weniger mit Grau gemischt, die 2 sind 


sehr selten und besitzen hellere Grundfarbe und Schatten. 
Petrificata, bei Pratoveechio, Stia, Ardenza [M.]. — Apr., Maäi, 
dann Sept., M.-I. 3 [C.]. 


Gen. Synopsia Hb. 


Soeiaria Hb. Im Mai, Juni, dann im Aug., Sept. häufig bei 


CGinetaria Schiff. Mitte April um Livorno nicht selten [M.]. — F., 8. 


M.-R., Rom ete.; 2 selten. Variirt in der Grösse und 
Färbung. Meine Stücke sind 25—»5 mm, 2 sogar über 
4) mm gross; die Grundfarbe ist bei ihnen bald heller, 
bald dunkler grau oder bräunlichgrau; alle zeichnenssich 
aber durch bunte Färbung und sehr deutliche schwarze 
(Juerlinien aus. Das Mittelfeld ist oft rein aschgrau, die 
übrigen Felder bräunlichgrau, ebenso oft ist ersteres aber 
aue h mit letzteren gleichfarbig; der Schatten auf den V.-Fl. 
ist meist sehr breit und dunkel, die dunkle Bestäubung 
sehr verschieden stark. Einige Stücke können daher zur 
Grundform, andere zu ab. Propinquaria Gn. gezogen 
werden, in Wirklichkeit ist aber zwischen beiden Formen 
keine Grenze festzuhalten und Herr Dr. Staudinger hat 
Recht, Propinquaria als Synonym zu Sociaria zu ziehen 


(Horae 1870, S. 162). — Im Mai die Raupen auf Tamarix bei 
Livorno, Falter Anf. Juni [M.]. 


(en. Boarmia Tr. 


R 2 ’ 
in 2 Generationen, Tose. 3 [C.]. 


Gemmaria Brahm. Sehr häufig bei M.-R., Rom, in der Cam- 


pagna, bei Olevano u. s. w.; Mai, ‚Juni, dann wieder von 
Ende Aug. bis Mitte Oect.; sie sind von unseren Exemplaren 
kaum verschieden, höchstens besitzen die meisten etwas 
mehr gelbliche Beimischung in der Grundfarbe; die Rand- 
linie der Flügel finde ich in den Interstitien nicht stärker 
fleckenartig verdickt als gewöhnlich, während es Zeller bei 


toscanischen Exemplaren angiebt. — Die Raupen im April sehr 
häufig an Buxbaum und Rosmarinus oftieinalis; sie lieferten im Mai den 
Falter, zu gleicher Zeit kam die Art auch in M,-R. häufig an die 


Lampe [Stdf.]. — Rhomboidaria, Mai, bei Livorno nicht selten [M.], 
helle Exemplare [= ]- — Florenz, "gemein [Sp.]. — Vallombrosa 
[Stgr.]. — $., H., 2 Generationen, M.-I. 2 [C.]. 


Umbraria Hb. In M.-R. kamen 2 sehr helle & am 19. Sept. 


an die Lampe. Die Verdunkelung zwischen den beiden 


Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete. 69 
nn Je 


Qnuerlinien auf der Innenrandshälfte der V.-Fl. ist sehr 
schmal und im Saumfelde zeigt sich an der Wellenlinie 
sehr wenig schwarze Färbung. — Mai, Anf, Juni in M.-R., 
des Tags an Stämmen [Stdf.]. 

Repandata L. Im Mai, Anf. Juni in M.-R., des Tags an Stämmen 
[Stdf.]. — Repandaria, bei Pisa Ende Mai, einzeln [M.]. — Im 
Museum von Neapel befinden sich Exemplare aus Vallombrosa und 
vom Gran Sasso. — 8., M.-I. 3 [C.]. 

Roboraria Schiff. Mitte Mai bei Livorno [M.]. 

Consortaria F. Im Mai, Juni bei M.-R., selten, in Laubwald, 
nicht von deutschen Exemplaren verschieden. — Mai, Juni, 
N.-I. 3 [C.]. 

Angularia Thnb. In den Abruzzen und bei Boscolungo im 
Ap. tosc. im Juli, selten. — Vallombrosa [Stgr. Sammlung]. — 
8, M.-I. 4 [C]. 

Lichenaria Hufn. Pratovecchio Mitte Juni |M.]. — Im Museum von 
Neapel Exemplare vom Gran Sasso, 

Selenaria Hb. Anf. Mai bei Livorno an Tamarisken, grosse und scharf- 
gezeichnete Exemplare [M.]. — F., 8., M.-I. 3 [C.]. 

Var. Dianaria Hb. Ein 2 an einem Baumstamm in Subiaco 
im Sabinergebirge am 5. Aug.; es ist ein grosses Exemplar 
mit scharfer Zeichnung wie in H.-S.s Abbildung 375, die 
Grundfarbe ist etwas weisslicher als dort; auf der Ober- 
seite eines jeden Hinterleibringes stehen zwei schwarze 
Flecken. 

Grepuseularia Hb. F., M.-I. 3 [C.]. 

Punetularia Hb. (Punetulata), Anf. April in Badia [Toscana] an Erl- 
stämmen nicht selten [M.]. — F., Tose. 3 [C.]. 


(sen. Tephronia Hb. 


Sepiaria Hufn. In M.-R. Ende Aug., Anf. Sept., nicht häufig. 
Hellgraue Exemplare mit deutlichen, nicht unterbrochenen 
schwarzen @Querlinien und Mittelschatten auf den V.-Fl. 
Auf den H.-Fl. bildet die äussere Querlinie auf OR einen 
sehr starken Haken nach auswärts; sie ist auf der Unters. 
deutlicher als auf der Oberseite. — Am 10. Juli ein frisches & 
in den Abruzzen 3000° hoch zur Lampe [Stdf.|. — Aquila im Juli 
[Costa]. — Pratoveechio [M.]. 


(sen. Pachyenemia Stph. 


Hippocastanaria Hb. [Hippocastanata], bei Montenero und Pisa Mitte 
Mai an baumartiger Haide [M.]. — Vallombrosa |Stgr. Sammlung]. 
— F., dann Ende $., 2 oder 3 Generationen, M.-I. 3 [C.]. — Häufig 
in Gragnone im Herbst an Erica arborea [Sp.]. 


70 


Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna etc. 


(Gen. @nophos Tr. 


Obseuraria Hb. Im Boscolungo (Ap. tose.) im Juli einige 


Var. 


Exemplare; die dunkle Bestäubung ist schwach, die gelblich- 
oraue Grundfarbe tritt daher lebhaft hervor und erhält 
das Thier dadurch einen schönen goldigen Glanz. — Ende 
Juni bei Florenz einzeln [M.]. — Vallombrosa [Mus. v. Neapel]. — 
S., Tose. 3 [C.]. — 1 Ex. im Garten Pandolfini in Florenz [Sp.]. 

Argillacearia Stgr. Auf dem Gran Sasso kam Mitte 
Sept. 1 Q an die Lampe, ein anderes klopfte ich am 13. Sept. 
bei Gubbio aus einer Hecke. Von meinen toscanischen 
Stücken der Grundform sind sie verschieden durch be- 
deutendere Grösse, weisslichgraue Grundfarbe, anstatt 
gelblichgrauer wie dort, und durch stärker gezackten 
Saum der H.-Fl. ; ihre eigentliche Flugzeit scheint Juli, Aug. 
zu sein, denn meine beiden Stücken sind bereits abgeflogen. 


Onustaria H.-S. var, Serraria Gn. Am 29. April klopfte ich 


ein & aus Laubgehölz bei Nemi im Albanergebirge, Ende 
Aug. spiesste ich ein 2 an einem Baumstamm in Olevano. 
In der Grösse gleichen sie zwar Rambur’s Abbildung 
(Catenulata Cat. S. And. 19, 5), besitzen aber nicht die 
gelblichgraue Färbung und keine so breite äussere 
Querlinie wie dort. Mein Stück aus Nemi gleicht vielmehr 
der H.-S.schen Abbildung von Onustaria 496, 497, nur 
ist es kleiner, etwas heller weissgrau gefärbt, auch sind 
die Mittelringe kleiner und auf den H.-Fl. stehen sie 
entfernt von der gezähnten Querlinie. Das $ aus Olevano 
dagegen hat als Grundfarbe ein reines Weiss und eine 
viel spärlichere dunkle Bestäubung als das 3 von Nemi, 
die Querlinien sind feiner und undeutlicher, die Mittel- 
ringe grösser und gleichen in Grösse und Stellung der 
H.-S.’schen Abbildung. Auf der Unterseite zeigt sich bei 
diesem Stück jedoch nicht die Querlinie und die V.-Fl. sind 
nicht dunkler als die H.-Fl. wie dort und wie bei meinem 
&; es ist hier ganz einförmig hell weissgrau gefärbt, 
spärlich dunkel bestäubt, Mittelfleck und dunkler Schatten 
am Vorderrand unter der Vorderflügelspitze sind stärker; 
der Saum aller Flügel ist fein schwarz, aufden Rippen breit 
unterbrochen, während das & nur sehr schwache schwarze 
Saumpunkte hier zwischen den Rippen führt. Die Vorder- 
flügelspitze ist auf der Unterseite bei beiden Exemplaren 
etwas gelblicher gefärbt, was aus der H.-S.schen Figur 
nicht ersichtlich ist. 


? Pullata Tr. (Pullaria), Juli, Aug., bei Aquila auf Monte 


S. Giuliano (Costa). — $8., Mittel-Italien 4, Aquila (C.), — Die 


Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna etc, 71 


Abbildung Oosta’s (Geom. Taf. 10, 3) gleicht mehr Glau- 
cinaria Hb. als Pullata Tr., ähnliche aber kleinere Exem- 
plare von Glaueinaria fing ich im Apennin und führe sie 
unter var. Plumbearia Stgr. später an; Costa’s Be- 
schreibung von Pullaria S. 76 passt schlecht zur Ab- 
bildung und zu Pullata Tr., aber besser zu meiner später 
angeführten Glaucinaria Hb. var. Supinaria Mn., welche 
ich oft in den Abruzzen gefangen habe. Pullata Tr. traf 
ich dort nie an und glaube auch nicht, dass sie bis jetzt 
gefunden wurde. Im Museum zu Neapel stecken Glau- 
cinaria Hb. und ihre Varietäten ebenfalls unter dem 
Namen Pullata aus den Abruzzen und von der Majella, 
und von diesen hat Costa wahrscheinlich seine Abbildung 
genommen. In der Angabe Üuro’s vermuthe ich eine 
Wiederholung derjenigen ÜOosta’s. 


Glaueinaria Hb. 4--5000° hoch in den Abruzzen (Stdf.) — F., S., 


Var. 


Var. 


Var. 


H., M.-I. 3 (C.). — Die Grundform habe ich nie angetroffen, 
hingegen 

Falconaria Frr. 1 & am Felsen sitzend am 13. Aug., 
1700 m. hoch am Westabhange des Gran Sasso. Es 
besitzt eine sehr schöne dunkle, blaugraue Färbung der 
Oberseite ohne Einmischung von Gelb und mit sehr wenig 
dunkler Bestäubung. Die Querlinien sind ganz auffallend 
dunkel auf allen Flügeln. 

Supinaria Mn. Sehr häufig an Felsen auf dem Gran 
Sasso und in den ganzen Abruzzen im Juli, Aug., Sept. 
Die helle weissgraue Oberseite ist bei diesen Stücken 
sehr fein dunkel bestäubt, die Unterseite sehr hell und 
alle dunkle Färbung verwaschen. 


Plumbearia Stgr. Im Sept. bei Gubbio, Camaldoli in Tose. 
und Sassoferrato mehrere Exemplare; kleiner (23—28 mm) 
als die vorigen beiden Varietäten (30—32 mm). Diese 
Form scheint im Apennin nicht über 1000 m hoch 
vorzukommen, während Supinaria und Falconaria die 
höher fliegenden Formen sind. Es sind gelblichgrau gefärbte 
Exemplare, mit dichter, aber sehr feiner, dunkler Be- 
stäubung. Die Unterseite ist dunkler als bei Supinaria, 
heller grau als bei Falconaria und der Grundform; die 
weisse Binde ist deutlich, der weisse Wisch in der dunklen 
Aussenrandsbinde in Zelle 3 der V.-Fl. dagegen un- 
deutlich oder fehlt, während er bei meiner Falconaria 
deutlicher ist; bei Supinaria zeigt er sich verwaschen und 
in die übrigen Zellen übergehend; die Vorderflügelspitze 


72 Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna etc, 


ist: bei Plumbearia oft nicht heller als die Grundfarbe. 
Das Stück aus Sassoferrato besitzt sehr starke dunkle 
Querlinien auf der Oberseite und ist wie auch das Stück 
aus Gubbio spärlicher dunkel bestäubt, so dass die gelb- 
liehe Grundfarbe mehr sichtbar wird, als bei den dichter 
bestäubten Stücken aus Camaldoli, deren Oberseite eine 
mehr bleifarbene ist. — Vallombrosa (Stgr.). 

Variegata Dup. Anf. S., M.-1. 3 [C\]. 

Var. Üymbalariata Mill. Ein kleines $ im Juni bei M.-R.; 
es hat blänlichgraue Oberseite mit nur wenig Gelb im 
Mittelfeld, —  Seheint die vorherrschende Form in Rom zu sein (C.). 

Mueidaria Hb. 4--5000° hoch in den Abruzzen bei Tage an Felsen 
ruhend gefangen [Stdf.]. 

Serotinaria Hb. Zwei sehr dunkle & fing ich bei Boseolungo 
im Laubwald am 12. Juli, 1200 m hoch. Die Be- 
stäubung der Flügel auf der Oberseite besteht aus Quer- 
strichelehen und ist sehr dicht, so dass die gelbliche 
Grundfarbe weniger hervortritt; auch die Unterseite ist 
diehter bestäubt, als es bei Alpenstücken der Fall ist. 

Dilueidaria Hb. Ss., Apennin? [C.]. 

Obfuscaria Hb. Kine hänfige Art bei 1500—2000 m auf dem 
Gran Sasso, nach Costa auch auf der Majella; ‚Juli, Aug. 
Die # sind hellgrau gefärbt und haben wenig gelblichen 
Schimmer; bei einigen Stücken sind die Querstreifen sehr 
deutlich oder dunkel, und ausserhalb des äusseren der 
V.-Fl. und. des Mittelstreifens der H.-Fl. sind diese heller. 
Die 2 unterscheiden sich von Alpenstücken viel mehr. 
Bei ihnen ist der ganze Körper und die Oberseite der 
Flügel auffallend weissgrau, spärlicher aber gröber dunkel 
bestäubt als bei jenen, und die Querlinien sind nur durch 
schwarze Punkte auf den Rippen angedeutet; die Unter- 
seite ist ebenfalls etwas heller. 


(sen. Ematurga Lid. 


Atomaria L. Im Apr., Mai, häufig bei M.-R. Tivoli und 
anderen Orten der Campagna, wo Gebüsch steht; einzelne 
Stücke fing ich auch im Sept. bei M.-R. Es sind 30 
bis 32 mm grosse, lebhaft gelb gefärbte Exemplare mit 
breitem, braunem Aussenrande und ebensolchen Querstreifen. 
Ein & der Herbstgeneration ist ockergelb gefärbt mit ver- 
waschenem dunklen Aussenrande und undentlichen (uer- 
streifen. Sie bilden den Uebergang zu var. Orientaria Stgr. 

Var. Orientaria Stgr. Ende April bei Ansedonia am Litorale 


Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna etc. 13 


des Mittelländischen Meeres in dichtem, immergriünem 
Gebüsch ein & wie H.-S’s Abbildung 322, mit schwefel- 
gelber Grundfarbe, 30 mm gross. In dem dunklen Aussen- 
rande erkennt man deutlich auf allen Flügeln eine helle 
Wellenlinie; die V.-Fl. besitzen deutliche schwarze Mittel- 
flecke, aber undeutliche Querstreifen, die H.-Fl. undeutliche 
Mittelflecke und keine Querstreifen. — Im März, Apr. bei M.-R. 


in erster, im Juni bereits in zweiter Generation Niegend, letztere in sehr 
grossen und bunten Exemplaren zu v. Orientaria Stgr, gehörend [Stdf.]. 
— Im April und Juli in den Abruzzen [Costa), der Abbildung nach 
(Geom. Taf. 6, 4) wie meine Exemplare aus der Uam- 
pagna. — Montenero, Livormo; im Apr., Mai in den Sümpfen bei 
Pisa sehr häufig, grösser und verschieden von Wiener und böhmischen 
Stücken [M.]. — Stücke aus Vallombrosa, Ende Mai (Stgr.) 
und solche vom Gran Sasso und den Abruzzen (Mus. Nap.) 
sind kleiner und heller gelb gefärbt als die meinigen aus 


M.-R., sie nähern sich also mehr der Grundform. — 
F., 8, M.-L. 1 [C.\. 


(sen. Selidosema Hb. 

Ericetaria Vill. Bei Sassoferrato und Gubbio klopfte ich sie 
Mitte Sept., wahrscheinlich als zweite Generation, in den 
Abruzzen 1600 m hoch, schon Mitte Aug. recht häufig 
aus Hecken. Erstere besitzen eine blaugraue, oft etwas ins 
gelbliche ziehende Grundfarbe und braunen Aussenrand auf 
allen Flügeln, letzterer ist auf der inneren Seite fleckig 
schwärzlich; die Abruzzenstücke hingegen sind weissgrau 
gefärbt und der Aussenrand ist nur auf den V.-Fl. um 
ein weniges verdunkelt, manchmal ist diese Verdunkelung 
nur durch Flecken auf der inneren Seite angedeutet; 
letztere Form gleicht der sieilianischen. Alle meine 
‘xemplare sind gross, ebenso sind die Mittelflecken 
aller Flügel; die zwei dunklen Flecke am Vorderrand 
und der Mittelschatten der V.-Fl. sind recht verschieden 
deutlich, bei der Abruzzenform fehlt letzterer bisweilen 
voll-tändig. — Toscana? [C.]. 

Ambhustaria H.-G. In den Abruzzen, Juni, Aug., selten [Costa]. 


(sen. Halia Dup. 


Gontaminaria Hb. Ende April bei Nemi im Albanergebirge 
in Laubwald, Mitte Juli am Westabhange des Gran Sasso 
1500 m hoch, nirgends häufig; ein kräftig gefärbtes 4 
1500 m hoch bei Boscolungo im Ap. t0s6. — Mai, in Eichen- 
wäldern bei M.-R,, häufig [Stdf.|. — Mai, bei Orciano und zwischen 


74 Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete. 


Livorno und Pisa an Korkeichen, selten [M.. — Mai, Juni, 
Toscana 4 [C.]. 

Wauaria L. In den Abruzzen, erste Hälfte Juli, nieht häufig. 
Die Futterpflanze Ribes Grossularia L. wächst in den 
Abruzzen zwischen 1000—1500 m sehr häufig wild und 
ihre Früchte waren mit Zucker Bekgeht, mir oft eine 
willkommene Speise, 


(Gen. Diastietis Hb. 
Artesiaria F. 1 scharfgezeichnetes 2? am 7. Sept. in der 
Campagna bei M.-R.; das Aussenfeld der V.-Fl. und der 


Mittelschatten auf denselben sind sehr dunkel. — Ende Mai 
bei Livorno einzeln (M.). 


(sen. Phasiane Dup. 


Petraria Hb. Bei M.-R. im Mai, aber nicht häufig, an Stellen, wo 
die Futterpflanze Pteris aquilina häufig stand (Stdf.). — Anf. Mai 
bei Montenero auf sonnigen Abhängen (M.). — Apr., Mai, M.-I. 3 (C.). 

Glarearia Brahm. Im Mai häufig in der Campagna bei M.-R., 
dann wieder im Sept., aber seltener. Grundfarbe der 
Flügel weisslichgelb, sehr stark dunkel gefleckt und 
bestäubt, die Unterseite kaum verschieden von der Ober- 
seite; die dunklen Binden oft auf der Oberseite fehlend, 
auf der Unterseite aber immer deutlich. Bei einem & 
zeigen sich auf der Oberseite auch viele orangenfarbige 
Flecke zwischen der schwarzen Bestäubung. — Eine Va- 
vietät 2 Anf. Sept. bei Rom (Z.). — Bei Livorno, ünde Juni bei 
Florenz und Pratolino auf sonnigen Gebirgsstellen nicht selten; sehr 
abweichend von der Wiener Art, indem sie mehr gegittert und 
schwärzer gezeichnet ist (M.). — Die Mann’schen 2 sind Zeller’s 
3eschreibung nach sehr klein, nähern sich in der Färbung 
sehr den & und scheinen im Uebrigen mit meinen Stücken 
übereinzustimmen. — Im Museum zu Neapel stecken Stücke aus 
Teramo. — F,, 8, M.-I. 2 (C.). 

Clathrata L. Anf. Mai um Livorno und Pisa, im Juni bei Pratoveechio 


auf troeknen Wiesen und Hutweiden nicht selten (M.). — Majella 
(Mus. Nap.). — F., S., M.-l. 1 (C.). 


(en. Eubolia B. 
Murinaria F. Mai, dann Juli, Toscana 2 (C.). 


(en. Scodiona B. 


Gonspersaria F. Bei Pratolino an sonnigen Berglehnen zu Anf. Jun 
einige Male, ihre Färbung ist matter als die der Wiener Exemplare 
(M.). — Anf. Juni, Toscana 4, die var, Turturia B.? (C.). 


Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna etc. 75 


Gen. Cleogene B. 


Acuminaria Ev. Bull. M. 1851, 636; Gn. I, 97; Glessaria 


Chr. Horae 1877 S. 259, VII. 30; Opulentaria Stgr. Stett. 
ent. Z. 1877 S. 203. Ein abgeflogenes 2 Mitte Sept. bei 
Camaldoli im Cassentino. Diese nur aus dem Kaukasus 
und Centralasien bekannte Art wurde von Eversmann 
zu Epione Dup. gezogen, Dr. Staudinger stellte sie da- 
gegen wegen des Geäders und des zwischen Rippe 4—6 
eingezogenen gewellten Aussenrandes der H.-Fl. zu Oleogene 
B. Die in der Sammlung des Herrn Dr. Staudinger 
befindlichen Exemplare variiren unter sich sehr bedeutend, 
ausserdem zeigt sich ein merklicher Unterschied zwischen 
den Kaukasusstücken einerseits und den centralasiatischen 
andererseits. Bei ersteren erlischt die über den V.-Fl. 
in schräger Richtung nach der Flügelspitze ziehende 
zweimal gebogene äussere Querlinie vor derselben in Zelle 6, 
der Saum der Flügel ist nur schwach gewellt, der der 
V.-Fl. kaum oder nicht; bei den Asiaten ist letzterer, 
namentlich auf den H.-Fl., mehr oder weniger tief aus- 
gebuchtet und die äussere Querlinie auf den V.-Fl. erlischt 
meist nicht vor der Flügelspitze, sondern bricht sich im 
Zelle 6 und zieht deutlich und senkrecht zum Vorder- 
rande. Bei meinem Stück aus dem Apennin zeigen sich 
folgende Unterschiede: 


. Der Saum aller Flügel ist tief ausgebuchtet, fast gezackt, 


auf den H.-Fl. stärker; Stücke aus. Osch, Samarkand, 
Margelan und Numagan haben ihn auf den H.-Fl. ebenso 
stark, auf den V.-Fl. schwächer ausgebuchtet, Stücke aus 
Kuldja, Lepsa, Saisan haben ihn dagegen fast nur so 
leicht gewellt, wie solche von Kurusch im Kaukasus. 


. Die dunkle Bestäubung auf beiden Seiten der Flügel ist 


mehr punktförmig oder besteht aus nicht so langen dunklen 
Strichelchen wie bei den Kaukasus- und asiatischen 
Stücken. 


. Die äussere Querlinie auf den V.-Fl. ist weniger breit 


bindenartig dunkel nach aussen beschattet; Dr. Staudinger 
nennt sie bei seinen Stücken mit Recht die innere Be- 
grenzung einer bräunlichen Aussenbinde; diese Binde ist bei 
den Asiaten meist breiter als bei den Kaukasusstücken. 


Die äussere Querlinie auf den V.-Fl. ist anders gebogen; 


76 


Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna etc. 


sie erlischt aber vor der Flügelspitze wie bei den Kaukasus- 
stücken. Sie läuft vom Innenrande gerade bis M 1, von 
da bis UR bildet sie den ersten starken Bogen nach aus- 
wärts, von UR bis in Zelle 6, wo sie erlischt, den zweiten 
flacheren ; bei Dr. Staudinger’s Stücken beeinnt der erste 
Bogen schon zwischen SM und M 1 und endet auf M 3; er 
ist ausserdem oft flacher. 


Die Mittelpunkte sind auf allen Flügeln SYösser. 


. Die innere Querlinie, welche das dieht dunkelbestäubte 


Basalfeld nach aussen begrenzt, bildet nieht wie bei 
Dr. Staudinger’s Stücken einen Bogen, sondern auf M 1, 
M und SC Ecken und ausserdem convexe Bogen zwischen 
SM und Mi, M und SC. Beide Querlinien stehen sich 
in Zelle 2 am nächsten; nur ein Stück aus Lepsa hat 
eine ähnlich gezogene innere Querlinie. 


Auf den H.-Fl. zeigt sich die bis in den Vorderrand 
laufende Mittellinie deutlich, von der ausserhalb von ihr 
eelerenen dunklen Binde sind nur Spuren vorhanden, 
vielleicht weil mein Stück schon abgeflogen ist. Auf 
der Unterseite scheint nur die äussere Querlinie auf den 
V.-Fl. durch, aber die 4 Mittelpunkte sind deutlich; bei 
frischen Stücken dürfte die Unterseite nicht verschieden 
sein. Die Raupe dieser Art lebt im Kaukasus auf 
Alchemilla an kräuterreichen Abhängen, 7—8000° hoch; 
der Falter fliegt hier schon im Aug., in Centralasien im 
Juni, Juli; er dürfte im Apennin bei 3000° ebenfalls im 
Aue, fliegen und ich nur ein verspätet ausgekonmmenes 
Exemplar gefangen haben. Das isolirte Vorkommen dieser 
Art im Apennin ist sehr interessant und ein neuer 
Beweis, dass die örtlichen Verhältnisse und Lebens- 
bedingungen für viele Arten im Apennin Mittelitaliens 
und manchen Theilen Südrusslands und ÜGentralasiens 
ziemlich dieselben sein müssen, um gleiche Arten ge- 
meinsam besitzen zu können, wenn auch in etwas ab- 
eeänderter Form, oder dass sich so ähnliche Arten zu 
bilden vermochten, dass unser Auge sie nicht oder schwer 
zu trennen vermag; ich erinnere an Call. Dominula L. 
ab. Rossica Kol. — var. Italica Stdf., Plusia Beckeri Stgr. 
— Italica Stgr. etc. 


Lutearia F. Eine ziemlich häufig auftretende Art auf dem 


Gran Sasso, Monte Cimone im Ap. toscano und anderen 
Bergen bei Boscolungoe, den ganzen Juli hindurch bis 


Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete. 17 


Anf. Aug., zwischen 1700—2000 m; die 2 sind selten. 
— Majella (Costa). — $., M.-I. 2, Apemin (C.). 


Gen. Scoria Stph. 


Lineata Sc. (Dealbata), ‘bei Livorno und Pisa Mitte Mai zwischen 
jungem Gesträuch, bei Florenz Anf. Juni an sonnigen grasreichen 
Lehnen nicht selten (M.). — Mai, Juni, M.-I. 2 (C.). 


(sen. Aspilates Tr. 

Gilvaria F. In der ersten Hälfte Aug. auf dem Gran Sasso 
recht häufig an Stellen, wo hohes Gras wächst, 1800 bis 
2000 m hoch, in sehr lebhaft gelber Färbung und ohne 
dunkle Bestäubung der V.-Fl. — F., dann Spätsommer, M.-I. 
3 ı(C.). 

Ochrearia Rossi. April und dann Ende Aug., Sept. in der 
Campagna und auf den Bergen der Sabina bei Tivoli; 
oft tritt sie massenhaft in der Campagna auf dürrem 
Weidelande auf. Die Frühjahrsgeneration ist ganz ver- 
schieden von der Sommergeneration. Die erstere besitzt 
hochgelb gefärbte, spärlich und fein dunkel bestäubte 
\.-Fl. mit blaugrauen Querstreifen, schwachen, ebenso 
gefärbten, oder fast fehlenden Mittelpunkten und gelblich- 
weisse H.-F].; die Sommergeneration dagegen hat blasse, 
fahlgelbe V.-Fl, welche mit dichten. und gröberen 
Stäubehen bedeckt sind; «lie Querstreifen sind hier stärker, 
blaugrau oder hellbraun gefärbt, der äussere oft in der 
Mitte verdickt und nach beiden Seiten zu schwächer 
werdend; die Mittelpunkte sind grösser, die H.-Fl. weiss- 
licher, die ganze Unterseite meiststärker dunkelbestäubt. Bei 
beiden Generationen sind die Querstreifen und Mittelpunkte 
auf der Unterseite stärker und dunkler, die Grundfarbe 
lebhafter gelb als auf der Oberseite. Der Querstreifen 
und der Mittelpunkt auf der Oberseite der H.-Fl. 
sind sehr verschieden deutlich, oft verloschen. Bei der 
Frühjahrsgeneration sind die Fransen aller Flügel ent- 
weder einfach gelb oder ihre Spitzen sind mehr oder 
weniger schwarzbraun und gelb gescheckt; bei der 
Sommergeneration dagegen sind sie fast immer vollkommen 
bis zum Flügelsaum gescheckt. Nur wenige Exemplare 
der Sommergeneration, auch ein solches aus Sassoferrato 
sind auf beiden Seiten so schwach bestäubt wie die 
Frühjahrsgeneration und führen auch schwächer und un- 
vollkommen gescheckte Fransen. Die von Zeller Ende 
Aug., Anf. Sept. bei Rom und Narni gefangenen Stücke 


18 


Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna etc. 


der Sommergeneration scheinen der Beschreibung nach, 
in Bezug auf die Fransen, den letzteren gleich gewesen 
zu sem. — Florenz, am 23. Juli (Sp.). — Citraria, am 15. April 
auf einer Bergwiese, Ende Apr. in den Sümpfen bei Pisa nicht selten, 
Mitte Mai bei Livorno auf Hutweiden am Meere einzeln (M.). — F., 
dann Spätsommer, M.-I. 2 (C.). 


Strigillaria Hb. In Eichenwald bei M.-R., Ende Mai, einige 


bis 40 mm grosse Exemplare. Graf Turati giebt nach 
Dr. Standfuss an, dass var. Cretaria Ev. bei M.-R. in 
Eichenwäldern gefunden worden sei, ich kann aber meine 
Stücke nicht dazu ziehen, denn wenn sie sich auch durch 
sehr weissliche, etwas spärlicher gelbbraun bestäubte 
Oberseite auszeichnen, so sind doch vier braungelbe Quer- 
streifen auf den V.-Fl. und drei auf den H.-Fl. sehr 
deutlich vorhanden wie bei der Grundform, der äussere 
allerdings nur als Schatten. Die Unters. ist ebenfalls 
weiss, aber viel stärker braun bestäubt, die V.-Fl. sind 
in der Grundfarbe nicht dunkler als die H.-Fl., auf 
ersteren sind zwei, auf letzteren nur ein gelbbrauner Quer- 
streifen sichtbar. Schwarze Mittelpunkte sind auf allen 
Flügeln deutlich, auf der Unterseite sind sie stärker; die 
weissen Fransen sind auf beiden Seiten durch eine dunkle 
Linie getheilt, hinter den Rippenenden ist diese flecken- 
artig erweitert, nach aussen stärker als nach dem Flügel- 
saum zu, auf der Unterseite stärker als auf der Öber- 
seite. Von H.-S.’s Abbildung 423,424 der Cretaria Ev. 
sind meine Stücke also sehr verschieden. — Teramo (Mus. 
Nap.). — Bei Pratolino Mitte Juni selten auf trockenen grasigen 
Bergabhängen (M.), beträchtlich weisser als Exemplare aus dem Ge- 


birge und dem westlichen Deutschland (Z.). — Vallombrosa, Ant, 
Juni (Stgr. Sammlung). — F. bis H. (C.). 


Gen. Aplasta Hb. 


Ononaria Fuesl. Gemein bei M.-R. in der Camp. im F. und 


Var. 


dann wieder Ende Aug., Sept. Sie hat die Grösse der 
3rundform, durch die helle, bleichgelbe Färbung und die 
rothe Bestäubung gleichen die meisten Stücken der 


Faecataria Hb. — Ononaria, in den Sümpfen bei Pisa Mitte 
Mai, auf trockenen Grasplätzen bei Pratolino Mitte Juni, ziemlich 
selten, bei Antignano (M.). — Mai, Juni, Tose. 4 (C.). 


Gen. Sterrha Hb. 


Saeraria L., mit Ab. Atrifaseiaria Stef. (? Bull. della Soc. 


Ent. ital. 1870 S. 191) und Ab. Sanguinaria Esp. Sehr 
gemein in der ganzen röm. Camp. auf dürren Stellen. 


Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete. 79 


Ah. 


Diese Art ändert ungemein ab und finden sich alle Ab- 
stufungen zwischen der Grundform und den beiden 
Aberrationen. Ihre Flugzeit ist von Frühjahr bis in den 
Oct., und hat sie mindestens 2 Generationen. Bei der 
Grundform mit hellgelben V.-Fl. besitzt das & einen 
rothen Querstreifen aus der Flügelspitze bis in die Mitte 
des Innenrandes, rothen Mittelpunkt und Wisch in der 
Mittelzelle, sowie rothen Vorderrand von der Wurzel bis 
auf die Höhe des Querastes; bei dem 2 sind alle Zeich- 
nungen purpur- oder braunroth, der Querstreifen endet 
entfernt von dem Innenrande, auf dem Vorderrande ist 
die braunrothe Färbung weniger ausgedehnt. 


. Sanguinaria Esp. Nur die & haben ganz rothe V.-Fl. 


und einen etwas dunkleren rothen Querstreifen, die Rippen 
bleiben aber auch hier gelb; bei den $ kommt auf den 
V.-Fl. die gelbe Farbe mehr oder weniger hervor, der 
rothe Querstreifen ist in seiner äusseren Hälfte meistens 
dunkelbraun gefärbt. In beiden Geschlechtern ist der 
Querstreifen bis zum Innenrande vollständig, nach aussen 
ist er liehtgelb begrenzt, die Fransen sind röthlich; mit 
zunehmender rother Färbung der V.-Fl. werden auch die 
gelblichweissen H.-F]. etwas grauer. Sie ist so häufig wie 
die Grundform, die Uebergangsstücke sind am häufigsten. 
Atrifasciaria Stef. Sie zeigt sich nur im weiblichen 
Geschlecht und ist ebenso häufig wie die 2 der beiden 
anderen Formen. Das Gelb der V.-Fl. ist dunkler und 
hat oft schwärzliche Beimischung; der nach aussen hell- 
gelb begrenzte Querstreifen, der Mittelpunkt und, wenn 
vorhanden, der Wisch in der Mittelzelle sind dunkelbraun 
oder schwarz; der (Querstreifen ist nach innen ver- 
waschen, nach aussen scharf und endet meistens entfernt 
vom Innenrande; der Vorderrand ist nur selten an der 
Wurzel schwärzlich; höchstens auf den Fransen zeigt sich 
bisweilen etwas röthlicher Schimmer. Die H.-Fl. sind 
gelblichgrau, dunkler als bei den anderen Formen. Eine 
weitere Aberration besitze ich im weiblichen Geschlecht; 
hier sind die Vorderflügel und Fransen derselben schmutzig 
roth, die Vorderrandshälfte der ersteren ist etwas orange- 
farben, die Querstreifen und Mittelpunkte sind schwarz 
wie bei Atrifasciaria, die H.-Fl. licht braungrau. — 
Stefanelli’s Atrifasciaria scheint identisch mit Zeller’s 
var. d,e, f (Isis 1847 S. 491) zu sein, var. a, b, e ist 
die Grundform, var. g ist ab. Sanguinaria Esp. — Bei 


30 


Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete, 


Florenz Sanguinaria selten, Grundform sehr häufig, Atrifaseiaria, nur 


9, selten, aber in Toscana häufiger wie die 2 der Grundform; von 
9 im Sept. gefangenen 7 waren 7 Atrifaseiaria und 2 gehörten zur 
Grundform, sie bilden aber oft Uebergänge (Stef.). — Sacraria, Ende 
Sept. in Gragnone (Sp.). — Aug., Sept. bei Rom, Narni, Ancona (Z.). 
— Juni, Juli überall (Costa). — F., 8. H., M.-I. 2 (C.). — Um 
Livorno auf Stoppelfeldern (M.). 


(en. Lythria Hb. 


Purpuraria L. Mitte Juli in den Abruzzen, 1600 m hoch, 


aber selten. Es sind ziemlich grosse Exemplare mit 
gelben V.-Fl.; die Binden sind breit, von "hellvioletter 
Farbe, die äussere ist vor dem Vorderrande gespalten, 
nach dem Innenrande zu kaum verschmälert; der. Innen- 
rand aller Flügel ist stark schwarz bestäubt; die H.-Fl. 
sind lebhaft orangefarben; die Saumlinie der V.-Fl. ist 
dunkel. Auf der Unterseite zeigt sich auf den V.-Fl. am . 
Vorderrande die äussere Binde als zwei rothe Streifen, 
die bald verlöschen, auf den H.-Fl. fliessen die zwei rothen 
Binden vor dem Innenrande zusammen und zeigt sich 
auch ein deutlicher rother Mittelpunkt; auch hier ist auf 
den V.-Fl. der Saum fein schwarz; die Fransen aller 
Flügel sind auf beiden Seiten violett, nur am Innen- 
winkel der vorderen und am vorderen Theile der hinteren 
sind sie mehr der Grundfarbe der Flügel gleich gefärbt. 
— Ende Aug., Anf. Sept. bei Rom und Narni nicht selten, wie die Var. 
unserer Sommergeneration mit schmaler innerer und ein wenig breiterer 


äusserer Querlinie auf den V.-Fl., welche letztere einfach und voll- 
ständig ist; das 3 ist lebhafter gefärbt als gewöhnlich und hat auf 


der ganzen Fläche spärlich aufgestreute verloschene Strichpunkite (2.). 
— Ende März bei Pratovecehio nicht selten auf den Arnowiesen; im 
Apr., Mai bei Livorno und Pisa auf Brachfeldern gemein, in der 
Färbung wie die hiesige Purpuraria (M.). — F, 8., M.-l. 2, var, 
Rotaria F, scheint die Form der I. Gen. zu sein (C.). 


(Gen. Ortholitha Hb. 


Coaretata FE. (Coaretaria,) Ende März bei Pratoveechio auf den ersten 


Hügeln des .Apennin, viel seltener als bei Wien (M.). — F,, S., 
Apennin 3 (UN. 


Plumbaria F. Im Ap. tosc. bei Boscolungo auf Weidetriften 


nicht selten im Juli, in hellgrauer Form. — Palumbaria, Mai 
um Livorno auf Hutweiden und an der Strasse nach Pisa gar nicht 
selten (M.), darunter eine Var. (Z.). — Mai bis Sept., M.-I. 2 (C.). 
— Toscana (Sp.). — Vallombrosa, Anf. Juni (Stgr. Sammlung). 


Cervinata Schiff. Bei M.-R. recht häufig im Oect., Nov. auf 


dürren Grasplätzen, wo Malvenarten wachsen, an denen 
die Raupe lebt. — S., H., Toscana? (C.). 


Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna etc, s1 


Limitata Sc. In den Wäldern der Abruzzen den ganzen 
Juli hindurch, ziemlich häufig, zwischen 1200-1600 m; 
essind sehr hell gefärbte Exemplare. — Mensuraria, bei Florenz 
Anf. Juni, bei Pratoveechio später in jungen Eichenwäldern (M.). — 
Majella, Vallombrosa (Mus. Nap.). — 8., M.-T. 3 (C.). 

Moeniata Sc. Von Juli bis Sept. in den Abruzzen, namentlich 
auf dem Gran Sasso, seltener wie vorige; meist in der 
bekannten bläulichgrauen, aber auch bisweilen in gelblich- 
brauner Färbung. Bei letzteren Stücken sind Wurzel- 
und Saumfeld der V.-Fl. hell ledergelb, die H.-Fl. sehr 
hell gelblichgrau gefärbt, auf den V.-Fl. zeigt sich keine 


Spur von bläulichem Ton. — Moeniaria, Ende Juni bei Prato- 
lino an sonnigen Abhängen der Apenninen (M.). — Aquila (Mus. 


Nap.). — 8. M.-I. 3 (C.). 

Bipunectaria Schiff. Im Juli und Aug. in den Abruzzen sehr 
häufig, einzeln bei Boscolungo im Ap. tosc., auf dem Gran 
Sasso namentlich zwischen 1600 und 1800 m häufig am 
Westabhange. Zum Theil ist es die typische Form, sehr oft 
aber erscheint sie heller, bläulich weissgrau mit wenig 
braun im Mittelfelde und namentlich ganz hellem Saum- 
feld, dann sind auch die H.-Fl. heller grau, nicht mit 
braun gemischt. — Majella (Mus. Nap.). — Anf. Juli auf den 
Alpenwiesen des Monte Falterono, bei Pisa und Florenz Ende Mai, 
bei Poppi und Bibbiena auf sonnigen Grasplätzen nicht selten (M.). 
— 8, M.-I. 2 (©). — Ein Stück vom Gran Sasso gehört zu 

Ab. Gachtaria Fır.; hier sind die V.-Fl. lichtbräunlich, nur 
am Vorderrand im Mittel- und Saumfeld verbleibt die 
blaugraue Grundfarbe; die H.-Fl. sind beträchtlich 
dunkler braungrau gefärbt. Bei allen Stücken ausser bei 
letzterem ist die Unters. heller gefärbt als gewöhnlich. 


(ren. Mesotype Hb. 
Virgata Rott. Bei Livorno (M.). 


Gen. Minoa B. 


Murinata Sc. (Euphorbiata), bei Montenero im Mai sehr gemein an 
Waldrändern, wo Euphorbien wachsen (M.). — Florenz (Rossi). — 
Gran Sasso (Mus. Nap.). — Majella (Costa). — Vallombrosa, Anf. 
Juni (Stgr.). — F., 8., M.-I. 2 (C.). 

Ab. Cinerearia Stgr. Im Ap. tose. bei Boscolungo in Laub- 
wald, nicht selten. — Begleitet manchmal die Grundform (C.), 

Var. Cyparissaria Mn. Am Golf von Spezia von Ghiliani ge- 
funden (C.). 


82 Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna etc. 


Gen. Odezia B. 


Atrata L. Im Juli auf dem Gran Sasso, 1600 bis 2000 m 
hoch, auf feuchten Wiesen ziemlich häufig. — Juni, Juli, 
Apennin M.-I. 2 (C.). — Im Museum zu Neapel fand ich in 
mehreren Exemplaren einen der Atrata sehr ähnlichen 
Spanner, welcher noch unbestimmt war. Nachdem ich 
ein Exemplar, welches Herr Prof. Costa mir gütigst nach 
Dresden sandte, genau betrachtet habe, halte ich den- 
selben für eine Varietät von Atrata L. und nenne sie zu 
Ehren ihres Entdeckers, des Herrn Professor Achille Costa 
in Neapel, 


Var. Costai. Körper und Flügel sind auf beiden Seiten gelb- 
braun ohne Zeichnung, vor dem Aussenrande sind letztere 
eine Wenigkeit dunkler braun, doch ist das bei manchen 
Stücken nicht auffallend ; die Fransen sind gleichfarbig 
und wie bei Atrata L. an der Spitze der V.-Fl. weiss. 
(srösse wie Atrata L. Der Entdecker schreibt mir, dass 
er das Thier in den letzten Tagen des Monats Juli im 
Valle d’Orfenda an der Majella, in den Mittagsstunden 
fliegend, gefangen habe, dass es nicht eben selten gewesen 
wäre und dass Atrata L. bisher nie auf der Majella an- 
getroffen wurde. Atrata ist bis jetzt als nicht aberrirend 
bekannt und fliegt auf dem Gran Sasso in unveränderter 
schwarzer Form, daher ist das Vorkommen dieser braunen 
Localvarietät sehr auffallend, denn die Majella liegt nur 
etwa 50 Kilometer südlich vom Gran Sasso und ist mit 
ihm durch Gebirgsland verbunden; das letztere wird nur 
von dem schmalen Flusse Pescara durchschnitten. 


(sen. Lithostege Hb. 
Farinata Hufn. S., Toscana 5 nach Mann (C.). 


(sen. Anaitis Dup. 


Praeformata Hb. Im Juli auf dem Gran Sasso und bei 
Boscolungo im Ap. tosc. häufig, bis 2000 m hoch fliegend. 
Die blau-grauen V.-Fl. haben weniger röthliche Bei- 
mischung als gewöhnlich, die H.-Fl. sind heller; die 
Querlinien der V.-Fl. sind feiner und verwaschen, die- 
jenigen auf der inneren Hälfte des Saumfeldes ver- 
schwinden in einer dunklen Be:chattung, diejenigen in 
der Aussenhälfte des Mittelfeldes stehen gedrängter und 


Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna etc. 83 


näher zur äusseren Querlinie, daher erscheint das Mittel- 

feld breiter und gleichmässiger blaugrau gefärbt, nach 

dem Saume zu breit dunkel beschattet. — Anf. Juli 1 9 

auf Monte Falterono (M.). — Vallombrosa, Anf. Juni (Stgr. und Sp.). 

S., Toscana 3 (C.). 

Plagiata L. Bei M.-R., im Wald und in Hecken der Cam- 
pagna, des Albanergebirges etc. nicht selten, Mai, Juni, 
dann Sept., Oct. Sie erscheint in zwei Formen; die eine, 
33—838 mm gross, ist von unserer Form nicht ver- 
schieden, sie fliegt im Juni und dann Sept.; die andere, 
im Mai und dann wieder im Oct. fliegend, ist nur 26—29 mm 
gross und hat grauere mit weniger Blau gemischte V.-Fl.; 
die Querlinien sind hier verwaschener, nicht so dunkel, 
namentlich ist der rostbraune Wisch in der Flügelspitze 
blasser und röthlicher; die Binden sind kaum dunkler 
als die Grundfarbe des Flügels und haben keine oder 
nur wenig Verdunklung am Vorderrande; die Unterseite 
ist weniger röthlich gefärbt. Herr Dr. Staudinger besitzt 
ähnliche Stücke aus Spanien, Macedonien und Kleinasien 
unter der Grundform. Sie bilden den Uebergang zu var. 
Pallidata Stgr., welche letztere aber viel kleiner und 
lichter weissgrau gefärbt ist und deren Querlinien noch 
weniger scharf gezogen sind. — Die grosse Form überall, Juni, 
Juli, Aug, Oct. (Costa). — Antignano, Pratolino Ende Juni an sonnigen 
Abhängen nicht selten (M.). — Gragnone im Herbst gemein (Sp.). — 
Sehr häufig in ganz Italien, Mai, Juli, Aug. (C.). — Vallombrosa, 
iinde Mai (Stgr.). 


(sen. Chesias Tr. 
Spartiata Fuesl. S., H., Tose.? (©). 
Rufata F. F., Anf. $., M.-I. 4 (C.). — Vallombrosa, Ende Mai (Stgr. 
Sammlung.). 
(sen. Lobophora Gurt. 
Halterata Hufn. (Hexapterata), bei Pratoveechio und Stia Anf. April 
an Pappelstämmen nicht selten (M.). — F., M.-1. 3 (C.). 
Gen. Triphosa Stph. 
Dubitata L. F., S., H., M.-I. 3 (C.). 


(sen. Eucosmia Stph. 


CGertata Hb. Bei Pratoveechio an Dornenheeken zu Anf. Juni nicht selten 
(M.). — Apr., Mai, M.-L 3 (C.). 


6* 


S4 Die Maerolepidopterenfauna der römischen Campagna ete. 


Undulata L. Im Juli in den Nadelwäldern bei Boscolungo 
im Ap. tosc., 1500 m hoch, nicht so häufig wie bei uns. 


(en. Seotosia Stph. 


Vetulata Schiff. Bei Pratoveechio, Poppi und Bibbiena in Dornhecken 
Mitte Juni nicht selten (M.). — Juni, Juli, M.-I. 3 (C.). 

Rhamnata Schiff. Ende Mai in Hecken bei Livorno und Pisa, einzeln 
(M.). — F., S., Tosc. 4 (C.). 

Badiata Hb. Selten bei Livorno Ende Mai an lebenden Zäunen (M.). 


(ren. Lygris Hb. 
Prunata L. Bei Livorno Mitte Mai einigemal um dürre Zäune (M.). 
— 8., M.-1. 3 (C.). 
Populata L. In den Caseinen bei Florenz (Sp). — Ende Juli, Aug., 
M.-I. 2 Apennin (C.). — Tose. (Rossi). 
Assoeiata Bkh. Juni, M.-I. 3, nördlicher Theil [C.]. 


Gen. Cidaria Tr. 

Dotata L. Im Juli, Aug. in den Abruzzen am Gran Sasso 
und im Ap. tosc. bei Boscolungo nicht sehr häufig auf 
Alpenwiesen, 1600 m hoch. Die toscanischen Stücke 
sind lebhafter gezeichnet und gefärbt. — Pyraliata, nicht 
selten Mitte Mai bei Pisa in den Sümpfen, im Juni bei Florenz an 


Grasstellen (M.). — Majella, Vallombrosa (Mus. Nap.). — Mai, Juni, 
M.-L 2 (C.). 


Fulvata Forst. Im Juli in den Abruzzen am Gran Sasso 
1300 m hoch in Laubwald nur wenige Exemplare. — 


Mitte Mai bei Pisa, im Juni bei Pratoveechio um wilde Rosen nicht 
selten (M.). — Mai, Juni, M.-I. 3 (C.). 


Ocellata L. In der Campagna sehr gemein in Hecken, im 


Mai, Juni, Aug., Sept., Oct. — Bei Livorno, Pisa, Lucca sehr 
häufig an Einzäunungen, in denen Evonymus wuchs, Mitte Mai (M.). 
— Vallombrosa, Mitte Juni (Stgr. Sammlung). — F., S., M.-I. 1, sehr 


häufig in Toscana (C.). 

Bicolorata Hufn. Im Frühjahr in Weinbergszäunen bei M.-R. häufig 
(Stdf.)? — Juni, Toscana 4 nach Mann (C.). 

Variata Schiff. In den Nadelwäldern Toscanas häufig, Bos- 
colungo, Vallombrosa, Camaldoli; Juli, Sept. In weisslich- 
grauer Form mit scharf abgehobenem graubraunen oder 
gelblichbraunen Basal- und Mittelfeld, variirend wie bei 
uns, aber fast immer mit deutlicher, weisslicher Be- 


erenzung des Basal- und Mittelfeldes.. — Gragnone, in 
Tannengehölz im Herbst (Sp... — Vallombrosa, Mai, Juni (Stgr. 


Sammlung). 


Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete. 85 


Ab. Stragulata Hb. Unter Voriger bei Boscolungo im Juli. 
Die Grundfarbe der V.-Fl. ist weisslich, kaum grünlich 
schimmernd, Uebergangsstücke zur Grundform sind stärker 
dunkel bestäubt. — Vallombrosa, Ende Juni (Stgr. Sammlung). 

Simulata Hb. var. Geneata Feisth. Auf dem Gran Sasso im 
Juli einige Exemplare, 1600 m hoch, in heller röthlich- 
graubrauner Färbung, wie solche aus den französischen 
Alpen. 

Juniperata L. “ Anf. Juni bei Poppi in einem lichten Eichenwäldcehen, 
worin viel Juniperus, nicht häufig (M.). — S8., Tose. 4 (C.). 

Cupressata H.-G. Bei M.-R. häufig im Frühjahr und dann 
Ende Sept., Oct., in heller, bräunlichgrauer, wenig röth- 
licher Färbung. — Raupen der verschiedensten Grösse, Puppen 
und Falter zu gleicher Zeit bei M.-R., daher sind mehrere Genera- 
tionen anzunehmen, während Milliere glaubt, dass nur eine Generation 
besteht (Stdf.). — Ende April, Anf. Mai bei Livorno, einzeln und 
selten an Cypressen (M.). 

Siterata Hufn. Ein Exemplar bei M.-R. im Sept. Die V.-Fl. 
mit sehr wenig röthlicher Einmischung und wenig grüner 
Färbung; die beiden Binden, welche das auffallend schwärz- 
liche Mittelfeld einschliessen, sind sehr hell, sodass dieses 
stärker als gewöhnlich hervortritt. — F., dann Aug., Sept., 
M-143. (0). 

Truncata Hufn. (Russata), im Juni bei Pratoveechio an Hecken nicht 
selten [M.]. — Abruzzen |Mus. zu Neapel]. -— 8., M.-I. 3 Apennin 
C.). — 1 Exemplar auf Corno alle scale [Ap. tose.], 1950 m 
hoch [Sp.]. 

Aptata Hb. ab. Suplata Frr. Im Mai bei M.-R. einzeln. 

Olivata Bkh. Im Ap. tosc. bei S. Marcello einzeln im Juli, 
einige abgeflogene Exemplare Mitte Sept. bei Camaldoli 
(Ap. tosc.). Die V.-Fl. haben sehr wenig grüne Bei- 
mischung. — 8. M.-1. 3 (C.). 

Viridaria F. Mitte Mai in Hecken bei M.-R., im Juli bei 
Boscolungo im Ap. tosc. in Laubwald, nicht häufig, mit 
lebhaft gelbgrüner Färbung der V.-Fl. — (Miaria), Mai bei 
Livorno, Salviano, Antignano an Einzäunungen nicht selten (M.). — 
S., M.-I. 3 (C.). — Vallombrosa, Mitte Juni (Stgr. Sammlung). 

Aqueata Hb. Im Juli, Aug. auf dem Gran Sasso häufig an 
die Lampe kommend, 1600—2000 m hoch. Es sind 
kleine, weissliche Exemplare, selbst bei frischen Stücken 
haben die V.-Fl. wenig grünliche Beimischung und die 
Unterseite der Flügel ist sehr hell. — Ende Mai, Juni, M.-I. 
3 Apennin (Ö.). 

Salicata Hb. Bei M.-R. im Juni und dann wieder von Anf. 


Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete. 


Sept. bis Ende Oet. emzeln, die Herbstgeneration jedoch 
häufiger; bei Gubbio Mitte Sept. in Hecken. Diese 
Stücke gehören zu keiner der bekannten und abgebildeten 
Formen; Herr Dr. Staudinger erwähnt ein ähnliches 4 
aus Griechenland (Horae 1870, 173) und besitzt solche 
auch aus Lissa und Spalato. Sie halten die Mitte zwischen 
Salicata Hb. und v. Rufficinctaria Gen.; Grösse 20—23 mım. 
Die V.-Fl. sind hell weisserau gefärbt, das Mittelfeld 
allein ist sehr dunkel, alle übrige Zeichnung ist ver- 
waschen, von gelber Färbung zeigen sich nur Spuren 
auf den Rippen im Aussenfelde, die H.-Fl. sind weisslich- 
grau mit undeutlicher, hellerer Binde. Ein Herbsstück 
aus M.-R. unterscheidet sich durch starke gelbe Beimischung 
auf den V.-Fl., kann aber, da es sehr klein ist, nicht zu 
Ruficinetaria gezogen werden und scheint hier eine Aber- 
ration zu sein, ebenso gut wie Ablutaria Mill. Ic. 1859 
III, 3, 12 in Frankreich, der es nur in der Farbe ähnelt 
und welche Herr Dr. Staudinger zu Ablutaria H.-S. 332, 
383 stellt. In Barcelona scheint jedoch meine gelbe 
Form häufiger vorzukommen. da sich mehrere Exemplare 
von dort in der Staudinger’schen Sammlung befinden. 
Grösse 21 mm, Basal- und Aussenfeld ist lebhaft gelb 
gefärbt, alle Zeichnung ist scharf, das Mittelfeld der 
V.-Fl. sehr dunkel, um den Mittelpunkt herum gelblich 
überlaufen, während bei meinen anderen Stücken dort 
das Mittelfeld nur heller grau erscheint; letzteres ist 
weisslich begrenzt, die schwarze Punktreihe auf den 
Rıppen im Aussenfelde und die weissen Flecken zwischen 
den Rippen vor dem Saume sind deutlich, die H.-Fl. grau, 
mit deutlicher heller Doppelbinde; die Unterseite ist 
dunkler grau als bei den übrigen Stücken, bei welchen 
namentlich der Aussenrand aller Flügel sehr weisslichgrau 


gefärbt ist. — Salicata Hb., Mitte Juli in den Abruzzen zwischen 
4—5000‘ |Stdf.]. — Ablutaria H.-S. Fig. 382, 383, S. 159, Muscosaria 


Ld., Mann in lit, Mitte März an Felswänden um den Arno, sehr 
selten; Salicaria, bei Pratovecchio Anf. Juni einige Male an Felsen- 
wänden, weicht etwas von den Wiener Exemplaren ab [M.]l. — 
Ob Mann unter letzterer meine kleine Form meint, oder 
Salicata Hb., Salicaria H.-S., oder Achromaria Lah., nach 
Dr. Staudinger’s Catalog gleich Saxicolata Ld., von welcher 
Lederer angiebt (die Spanner, Verh. d. z. b. Ver. 1853, 
266): „wir haben um Wien eine der Nebulata sehr ähn- 
liche Art, die wir bisher als Salicata verschickten, die 
aber diesen Namen nicht ferner behalten kann, da er 


Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete. 
pP pas 


sich durch gar nichts motiviren lässt und die ich daher 
Saxicolata nenne,“ — ist nicht festzustellen. 

Var. Ruficinetaria Gn. Vallombrosa [Stgr. Sammlung]. — Var. Rufi- 
cinetaria Stgr. [Ablutaria H.-8.] Garten Pandolfini in Florenz [Sp.]. 
— Nicht selten in fast ganz Italien; 2 Generationen [C.]. 

4 Disjunetaria Lah. Zwei geflogene & aus Toscana, zu denen Herr 
Dr. Staudinger bemerkt: höchst wahrscheinlich Disjunctaria Lah. var., 
mit dunkler Mittelbinde |Sp.]. 


Vespertariä Bkh. Ende Juni im Park von Pratolino [M.]. — Ves- 
pertaria Tr., Stgr. [non L.], Gragnone, Sept., Oct. [Sp.]. — 8., M.-I. 
4 [6]. — Subdublicaria Costa, (Geom. S. 88, Taf. 12, 2.) 


1 Stück auf der Majella im Aug., scheint hierher zu ge- 
hören; Costa erwähnt aber, dass die Unterseite gelblich- 
weiss, ohne jede Zeichnung sei, während Vespertaria Bkh. 
braune Mittelpunkte auf allen Flügeln und gewöhnlich 
auch mehr oder weniger deutliche dunkle Streifen auf 
der Unterseite hat. Costa vergleicht sie mit Duplicata Hb. 
und ist in Zweifel, ob sie zu letzterer gehört; die Ab- 
bildung passt aber sicher nicht zu ihr. 

Fluctuata L. fm F. und dann Sept., Oct. gemein in der 
Camp. in Hecken, in kleiner, recht weisser Form, nicht 
verschieden von deutschen Stücken; das Mittelfeld der 
V.-Fl. ist nur in der vorderen Flügelhälfte dunkelbraun 
gefärbt. — Majella [Mus. Nap.]. — Fluctuaria, im Mai bei Livorno 
und Pisa in allen Zäunen, Gebüschen und Hecken sehr gemein [M.] 
und ebenso veränderlich wie bei uns [Z.]. — Vallombrosa [Stgr. 
Sammlung]. — F., dann 8., M.-I. 2 [C.]. 

Montanata Bkh. In den Abruzzen nicht häufig, im Ap. tose. 
bei Boscolongo bis 1300 m hoch häufig, Ende Juni, Juli. 
Die Stücke variiren wie bei uns; ihre Grundfarbe ist 
durchgängig sehr hell, die Mittelbinde der V.-Fl. sehr 
dunkel. — Vallombrosa Anf. Juni [Stgr.]. — Montanaria, Anf. 
Juni bei Pratovecchio auf dem Monte Falterono um Nadelhölzer 
einzeln [M.]. — S., M.-IL. 3 [C.]. 

Quadrifaseiaria Cl. Ende 8., M.-L. 4 [C.]. 

Ferrugata Cl. Bei M.-R. nicht häufig im Juni. Das Basal- 
und Mittelfeld der V.-Fl. sind rothbraun oder purpurbraun, 


letzteres am dunkelsten und auffallend breit. — Bei M.-R. 
in 2 Generationen |Stdf.]. — Ferrugaria, bei Florenz Anf. Juni, bei 
Pratovecechio später an Zäunen und Hecken, nicht sehr selten [M.], 
Färbung dunkelroth und bläulichschwarz, Mittelbinde der V.-Fl. 
merklich breiter als bei unserer Ferrugaria [Z.]. — Vallombrosa, 
Ende Mai, Anf. Juni [Stgr.]. — F., $., gemein in ganz Italien [C.]. 
Unidentaria Hw. In zwei Generationen bei M.-R. [Stdf.]. 
Pomoeriaria Ev. Vallombrosa, Ende Mai [Stgr. Sammlung). 
Fluviata Hb. Bei M.-R. im Mai und dann Sept., erste Hälfte 


ss Die ] Maorolapsdupteranfuniie, ‚der römisohen Campagns, 1obon 


Oct., im Herbst häufiger als im Frühjahr, 2 im Herbst 
häufiger als &. Sie kommt an die Lampe und findet sich 
auf grasreichen Stellen der Campagna. & mit dunklem 
Mittelbande, kräftig gefärbt und gezeichnet, 2 der Früh- 
jahrsgeneration heller, röthlicher gefärbt als solche der 
Herbstgeneration, deren Färbung dunkel leberbraun, grau- 
schimmernd ist, so dass die dunkle Mittelbinde wenig 


hervortritt. Die Herbstgeneration ist kleiner. — Ende Mai 
bei Posignano an Tamarixheeken gefangen [M.]. — F., dann H., in 


ganz Italien, nicht häufig, sehr variirend [C.]. 


?Caesiata Lang. 8, M.-I. 3 [GC]. — Im Museum zu Neapel 
stecken Exemplare aus den Abruzzen unter dem Namen 
('aesiata, welche zum Theil zur folgenden Art, zum anderen 
Theil zu Nebulata Tr. gehören dürften, daher ist mir das 
Vorkommen von Caesiata im mittelitalienischen Gebirge 
fraglich. 


Flavieinetata Hb. Ende Juni, Anf. Juli in den Abruzzen 
in der Umgegend von Aquwla, 900 bis 1000 m hoch, 
einige sehr helle, weisslichgraue Exemplare. Auch die | 
Unterseite ist sehr hell; lebhafte hellgelbe Färbung zeigt 
sich auf der Oberseite der V,-Fl. im Basalfelde an der | 
äusseren Begrenzung, in dem hellen Raum zwischen 
Basal- und Mittelfeld, im Mittelfelde selbst auf beiden 
Seiten und im Aussenfelde auf den Rippen, namentlich 
stark im Mittelfelde auf der M und im Aussenfelde auf 
M 2 bis SC 4. 

Cyanata Hb. Einige Exemplare kamen auf dem Gran Sasso 
im Juli an die Lampe, 1600—2000 m hoch. Es sind 
ebenfalls sehr hell gefärbte Stücke, ohne gelbe Beimischung 
im Wurzel- und Saumfeld der V.-Fl.; die Grundfarbe 
derselben ist in manchen Jahren eine bläulich weissgraue, 
in anderen eine mehr weisslich aschgraue; bei letzterer 
Färbung ist das Mittelfeld sehr hell und alle Zeichnung 
verwaschen. Die H.-Fl. sind weisslich, nur vor dem 
Saume schmal grau und führen keine Mittelbinde; die 
Unterseite aller Flügel ist weiss, etwas gelblich glänzend, 
nur vor dem Saume zeigt sich eine schmale, dunkle, un- 
deutliche Binde auf den H.-Fl.; auf den V.-Fl. ist der 
Aussenrand selbst dunkel und verbreitert sich nach der 
Flügelspitze zu, welche bräunlich erscheint. 


Nebulata Tr. Auf dem Gran Sasso sehr häufig, 1600—2000 m 
hoch, im Juli, Aug.; V.-Fl. glänzend, hell weisslichgrau, 


Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete, 39 


mit weniger bräunlichem Schimmer, als Alpenstücke ihn 
meistens haben. 

Verberata Sc. S., Apennino tose. 3 (C.). 

‚Ape 

Frustata Tr. Im Juli am Gran Sasso, nicht sehr häufig; 
meist sind es lebhaft grüngelb eefärbte Exemplare, darunter 

Var. Fulvoeinetata Rbr., bei denen namentlich die Rippen im 
Aussenfelde und der Anfang der Binden am Vorderrand 
der V.-Fl. lebhaft orangegelb gefärbt sind; Stimm und 
Schulterdecken sind gleichfalls orangegelb; die H.-Fl. sind 
heller grau, nur vor dem Saume breit dunkel und die 
Unterseite ist heller als bei der Grundform; alle Zeieh- 
nung der V.-Fl. auf der Oberseite ist schärfer, 

Scripturata Hb. S., Toscana 4 nach Mann (C.). 

Riguata Hb. Mitte Mai bei Tivoli 1 4, im Juli m den 
Abruzzen am Fusse des Gran Sasso, 900 m hoch, an 
Felsenwänden nicht selten. Das Stück aus Tivoli ist 
auf beiden Seiten grauer gefärbt als die Abruzzenstücke, 
letztere besitzen zum Theil mehr  röthlichbraune Bei- 
mischung auf der Oberseite als deutsche. — Zweimal bei 
Pratolino Anf. Juni, einmal bei Fiesole in jungem Gebüsch (M.). — 
Apr., Mai, Aug., Sept., M.-]I. 3 (C.). 

Putridaria H.-S. Anf. Juli am Fusse des Gran Sasso bei 
Camarda am Flusse Raiale, S00 m hoch, an Felsen und 
Baumstämmen sitzend und aufgeschencht wild fliegend, 
nicht selten. Meine Stücke sind kleiner als kleinasiatische 
und russische, von var. Bulgariata Mill. welche hierher, 
nicht zu Permixtaria H.-S. gehört, sind sie kaum zu 
trennen. Ein Stück aus Slivno in der Staudinger’schen 
Sammlung gleicht meinen Stücken sehr, nur ist auf den 
V.-Fl. die Begrenzung der Wellenlinie weniger schwärz- 
lich und mehr ins fleischfarbene ziehend; die Beschattung 
der Wellenlinie ist in Zelle 4, 5 stärker als in den übrigen 
Zellen, was nach H.-S. bei der Grundform nicht der 
Fall ist. 

?Corollaria H.-S. Graf Turati erwähnt in den „Note lep. etc.“ 
dass diese Art von Dr. Struve in Sassoferrato gefangen 
worden sei. Da letzterer nie in Sassoferrato war, oder 
dort hat sammeln lassen, muss diese Angabe irrig sein; 
ich erhielt wolil Sendungen aus Sassoferrato, habe aber 
nie Corollaria von dort erhalten. 

CGuculata Hufn. In Zäunen bei M.-R. in 2 Generationen (Stdf.). 
Sinuata, bei Livorno und Pisa im Mai einige Male (M.). — Juni, 
Toscana 4 (ÖC.). 

Galiata Hb. Ueberall in: der Campagna recht häufig in 


90 Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete, 


Hecken, Mai und dann Sept., bei Sassoferrato im Sept., 
in den Abruzzen im Juli. Es sind helle Exemplare mit 
wenig gelblicher Beimischung oder ohne solche im Basal- und 
Aussenfelde der V.-Fl., wie es auch bei deutschen vorkommt. 


— Vallombrosa, Mitte Juni (Stgr.). — Pisa, Livorno im Mai nicht 
häufig (M.), helle Exemplare mit sehr wenig gelblicher Beimischung, 
Narni im Sept. (Z). — Florenz (Sp.). — F., 8., häufig in fast ganz 
Italien (C.). 

Rivata HD. In Zäunen bei M.-R. in 2 Generationen (Stdf.). — Livorno 
und Riparbella Mitte Mai, bei Florenz im Juni häufig (M.). — F,, 


D.heBe, MEI 2HNCH: 

Sociata Bklh. Sehr gemein in der Campagena im Mai, dann 
von Ende Aug. bis Anf. Oct, in Hecken; es sind kräftig 
gezeichnete Exemplare, nicht verschieden von deutschen. 
— Alchemillata, bei Orciano, Pisa, Pistoja, Ende Mai sehr häufig in 
Gebüschen (M.). — 8. Toscana 3 (C.). 

Procellata F. Im Mai bei Livorno und Montenero einzeln an Ahorn- 
bäumen (M.). — Mai, Juni, M.-I. 3 (©). 

Tristata L. Im Mai bei Livorno und Pisa um Eschengebüsch nicht 
selten, in allerhand Abänderungen, worunter auch die mit viel Weiss 
versehene Var. Funerata (M.). — F., 8., M.-I. 2 (C.). 

Molluginata Hb. S., M.-1. 2 (©). 

Alchemillata L. F., S., M.-I. 2 (C.). — Tose. (Rossi.) — It. ce. (Stgr.). 

Unifasciata Hw. mit 

Ab. Aquilaria H.-S. Im Sept., Anf. Oct. in der Campagna, 
bei M.-R. sehr häufig, sie fliegt gern zum Licht. Aus 
Sassof. erhielt ich sie nicht, wie Graf Turati angiebt. — 
S., Tose. 4 (C.). 

Minorata Tr. Ein sehr blasses Stück fing ich an der Lampe 
auf dem Gran Sasso am 1. Aue., 1700 m hoch. 

Albulata Schiff. Bei Boscolungo im Ap. tosc. im Juli recht 
häufig. Die über die V.-Fl. laufenden Querlinien sind 
verwaschen gelb, ohne jede Beimischung von grau. — 
Im Apr. und Mai häufig bei Pisa auf Grasplätzen in den Sümpfen (M.). 
— E., 8., M.-I. 2 (C.). 

Candidata Schiff. In Laubwäldern bei M.-R. im Mai, nicht 
häufig. Die- Querlinien aller Flügel sind gelblich ohne 
graue Beimischung. — Ende Mai bei Pisa und Pistoja an leben- 
den Hecken einzeln (M.). — F., S., M.-L 2 (C.). 

Decolorata Hb. Bei M.-R. in Hecken nicht selten, von April 
bis Juni, dann wieder Sept.; bei Aquila einige Stücke 
Ende Juni. Die Zeichnung der V.-Fl. ist lebhaft, hell 


ockergelb. — Die Raupe sehr häufig im Mai, Juni in den Blüthen 
und Kapseln von Lynchnisarten (Stdf.). — Gragnone im Sept. (Sp.). — 
Ende April, Anf. Mai bei Livorno an hohen Zäunen (M.). — S., 


M.-I. 3 (C.). 


Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete. 91 


Obliterata Hufn. (Hepararia), bei Salviano Ende Apr. nicht selten (M.). 

Bistrigata Tr. Toscana? (C.). 

Bilineata L. und Var. Testaceolata Ster. Ueberall sehr 
häufig in der Campagna in Hecken und Gebüsch; im Mai, 
dann im Sept. In den Abruzzen im Juli bis 900 m hoch 
einzelne Exemplare. Sie variirt in der Farbe wie bei 
uns von lebhaft gelb bis gelbbräunlich; entweder sind 
die Flügel einfarbig, oder das Mittelfeld der V.-Fl. hat 
auf beiden Seiten eine dunkle Beschattung; die weissen Quer- 
linien zu beiden Seiten des Mittelfeldes sind stets deutlich, 
die übrigen weissen und dunklen Querlinien sowie die 
weisse Wellenlinie sind es mehr oder minder; die beiden 
innersten dunklen Querlinien im Mittelfelde der V.-Fl. 
bilden oft Ringe, wie es Zeller von seinen sieilianischen 
Stücken erwähnt, was aber auch bei deutschen vorkommt. 
Bei var. Testaceolata bildet die Beschattung im Mittel- 
felde der V.-Fl. oft zwei breite schwärzliche Binden; 
auch bei ihr sind alle weissen Linien deutlich. — 
Vallombrosa [Stgr.]. — Ende April, Mai bei Livorno sehr häufig, 
Färbung fahlgelb, die Binden meist matter als an Wiener Bilineata 
[M.]. — Rom, Ende Aug.; Tolentino, Anf. Sept. [Z.]. — Ueberall in 
Toscana bis October, gemein |Sp.]. — Ueberall im Neapolitanischen 
[Costa]. — F., 8., M.-1. ı [C.]. 

?Confusaria Stgr. Bei Antignano Anf. Mai 1 9 (Bistrigata H.-S. 
Fig. 3, 4, 5, 8. 148 [M.]. 

Sordidata F. var. Infuseata Steger. Ein grosses d, 900 m 
hoch, Ende Juni, zwischen Antrodoco und Aquila. Die 
Binden der V.-Fl. sind verwaschen, abwechselnd grau- 
braun und eisengrau gefärbt, nur am Vorderrande sehr 
dunkel; die schwarze Wellenlinie ist deutlich, nach innen 
aschgrau angelegt, ebenso deutlich sind die zwei schwarzen 
Flecke in der Flügelspitze in Zelle 6 und 7. 

Trifaseiata Bkh. (Impluviata), Anfang Juni bei Pratoveechio am Arno 
in Erlen- und Pappelgehölz nicht selten (M.). —- F., S., Toscana 3 (C.). 

Silaceata Hb. Im Juli im Ap. tosc. bei Boscolungo, einzeln 
und nicht von deutschen Exemplaren verschieden, die M. 
der V.-Fl. ist auch hier mit ihren Aesten im Mittelfeld 
gelblich, oder sie tritt nicht hervor. 

Berberata Schiff. Um Livorno Ende Mai, um Pratoveechio im Juni 
an Berberitzenhecken [M.]. — F., 8., M.-I. 3 [C.]. 

Nigrofaseiaria Goeze. Im Frühjahr in Hecken bei M.-R. 
einzeln. — Apr., Mai, M.-I. 4 |C.]. 

Rubidata F. In Hecken der Campagna bei M.-R. sehr häufig 
im Frühjahr und dann Aug., Sept. — Von Mitte Apr. bis 


92 Die Macr olepidopterenfauna der römischen Campagna etc. 


Ende Mai bei Livorno, Montenero, Posignano, Pisa, Florenz in Hecken 
nicht selten [M.]. — F., S., M.-1. 3 [C.]. 

Polygrammata Bkh. var. Conjunetaria Ld. Bei M.-R. einzeln 
Mitte Mai und dann Anf. Juli auf feuchten Wiesen der 
Campagna. Sie kommt gern wie auch die vorige Art 
zum Lieht und stimmt mit Zeller’s Beschreibung seiner 
sicilianischen Stücke überein. — Polygrammata, im Mai bei 
Livorno, Salviano, Montenero, Posignano an Tamarixhecken [M.]|. — 
Var, Fler Ld. wurde von Mann in Toscana gesammelt, Mai, 
Juni [C.]. 

Vitalbata Hb. Bei M.-R. im Mai, Juni, dann wieder im Sept. 
ziemlich häufig. einige Stücke erhielt ich auch aus Sasso- 
ferrato. Vorderrand der V.-Fl. und H.-Fl. sind sehr hell- 


gefärbt. — Um Livorno, Pisa, Florenz, an lebenden Zäunen und 
Hecken nicht selten im Mai [M.]. — F., S., nicht selten in ganz 


Italien [C.]. 

Corticata Tr. Montenero, Antignano [M.]. 

Tersata Hb. Bei M.-R. im Mai, Juni, dann im Sept. häufig; 
ein Exemplar Ende Aug. bei Olevano, in Hecken. Die 
Frühjahrsgeneration ist grösser und brauner, die Herbst- 
generation kleiner und grauer gefärbt, die Stücke der 
letzteren sind von deutschen nicht verschieden. Um 
Livorno den ganzen Mai durch sehr häufig in Ahornhecken [M.]. — 
F., S., nicht selten in ganz Italien [C.]. 


(Gen. Gollix Gn. 


Sparsata Tr. Einige Stücke bei Pratoveechio Anf. Juni und bei 
Ardenza [M.]. 


Gen. Eupitheeia Curt. 


Oblongata Thnb. Sehr häufig in der Campagna im Mai, ‚Juni, 
dann wieder von Ende Aug. bis Ende Oct. Die Stücke 
der Frühjahrsgeneration sind grösser, bis 21 mm Flügel- 
spannung, und heller gefärbt als die der Herbstgeneration, 
welche höchstens 17 mm gross werden. Die Zeichnung 
und die Binden sind bald dunkler, bald heller; bei einigen 
Exemplaren der Herbstgeneration ist-auf den V.-Fl. der 
Raum zwischen Mittelfleck und Vorderrand tiefschwarz; 
der Mittelfleck ist bei der Herbstgeneration dieker und 
grösser. — Centaureata, Ardenza [M.]. — Fast das ganze Jahr 
nicht selten in ganz Italien [C.]. 

Brevieulata Donz. Im Mai, Juni ziemlich häufig bei M.-R. — 


Bei Ardenza einmal Mitte Nai auf Hutweide, einmal bei Pratovecchio 
am 5. Juni auseiner Dornhecke geklopft |M.}. — Mai, Juni, Toscana 4 [C.]. 


Irriguata Hb. Hnde März bei Pratovecchio nur 5 mal von jungen 
Eichen geklopft [M.]. — F., S., M.-I. 3 [C.]: 


Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete. 95 


Insigniata Hb. S$., Tose. 4 nach Mann [C.]. 


Venosata F. Im Mai bei M.-R. [Std£]. — Selten bei Livorno, Mitte 
Mai an Hecken [M.]. — S., nicht selten in ganz Italien [C.]. 


Linariata F. Toscana [M.]. — $., Toscana 4 [C.]. 

Laquaearia H.-S. 12 am 9. Oct. bei M.-R. in der Campagna. — 
Diese wie die folgenden von mir gesammelten Arten hatte 
Herr Dr. M. Standfuss in Zürich die Güte mir freund- 
schaftlichst zu bestimmen. -—— 1 Stück im Mai bei M.-R. [Stdf.]. 

Pusillata F. Ein einförmig dunkelgrau gefärbtes 2 im Juli 
bei Boscolungo. — Sehr dunkle Exemplare stecken in 
Herrn Dr. Staudinger’s Sammlung mit der Bezeichnung 
Var. Obscnrata, Vallombrosa, Ende Mai. 

Coronata Hb. Selten bei Livorno, Mitte Mai an Tamarixbäumen [M.]. 
— #,.».; Toscana 4 TC.]. 

Reetangulata L. Bei Pratoveechio Anf. Juni an Obstbäumen [M.]. — 
F., S., nicht selten in ganz Italien, auch var. Cydoniata Bkh. findet 
man in Italien [C.]. 

Scopariata Rbr. [Tenebrosaria F, R. H.-S. 8. 120 und 130, Fig. 157, 
Ericearia Kollar, Mann in lit.], Mitte Apr. bei Montenero an der 
baumartigen Heide, selten [M.]. — Apr., Mai, dann H., Toscana 4 [C.]. 
— Vallombrosa, Ende Mai, Juni [Stgr. Sammlung]. 

Var. Guinardaria B. Toscana [C.]. 

Nanata Hb. ab. Obscurata Stgr. Vallombrosa Ende Mai bis Mitte 
Juni [Stgr. Sammlung]. 

Innotata Hufn. Ardenza, Antignano [M.]. 

Nepetata Mab. Bei M.-R. in der Campagna Ende Aug. einige 
Exemplare; auf dem Gran Sasso kam am 1. Aug., 1700 m. 
hoch, 1 & an die Lampe. 

Sceriptaria H.-S. Bei M.-R. im Mai einige Exemplare von der 
gelblichbraungrauen Färbung, wie Immundata Z., mit 
verwaschener Zeichnung und undeutlichem Mittelfleck 
auf den V.-Fl. 

Spissilineata Metzner. Bei M.-R, Mai [Stdf.]. 

Ultimaria B. Im Mai bei Livorno an Tamarix [M.]. — Mai, Toscana 3 [C.]. 

Isogrammaria H.-S. Einige hellgraue Stücke im Mai bei M.-R. 

Plumbeolata Hw. Einige blasse Exemplare bei Boscolungo 
in Ap. tosc., Anf. Juli. 

Satyrata Hb. Toscana [M.], [C.]. 

Helveticaria B. Bei Montenero an Myrten [M.]. 

Castigata Hb. Vallombrosa Ende Mai bis Mitte Juni [Stgr.]. 

Vulgata Hw. Vallombrosa, Anf. Juni [Stgr.]. 

Assimilata Gn. Ein sehr einfarbiges 2 am 8. Sept. bei M.-R. 

Pimpinellata Hb. Toscana ? [C.]. 

Euphrasiata H.-S. 2 sehr helle & kamen Mitte Juli in den 
Abruzzen am Fusse des Gran Sasso bei Assergi an die Lampe. 


94 Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna etc. 


Gemellata H.-S. 1 2 am 5. Sept. bei M.-R. — Toscana [M.]. 

Larieiata Frr. Häufig Anf. Juli in Abetone (Ap. tosc.) in 
den Zimmern und im Nadelwald, in grauer, dunkler Form. 

Abbreviata Stph. [Guinardaria H.-8.], Livorno [Stgr. Sammlung]. 

Oxycedrata Rbr. Am 16. Sept. ein 2 im Wald bei Camal- 
doli (Ap. tosc.). 

Ericeata Rbr. Mai? Sept., Oct., Toscana 3 nach Mann [C.). 

Pumilata Hb. In der Campagna bei M.-R. sehr häufig im 
Mai, Juni, dann Ende Aug. bis Anf. Oct.; im Juli einzeln 
bei Boscolungo (Ap. tosc.). Es sind kleine Exemplare 
mit lebhaft ziegelrother Färbung auf allen Flügeln, 
namentlich innerhalb der deutlichen weissen, gezackten 
Wellenlinie auf den V.-Fl. zeigt sich diese Farbe als 
breite Binde. Ich finde keinen Unterschied zwischen der 
Frühjahrs- und Herbstgeneration. Raupe Anf. Apr. sehr zahl- 
reich in Blüthen und Früchten des Buxus und Rosmarinus offieinalis 
[Stdf.]. — Toscana [Sp.]. — Mitte April bei Livorno, Montenero, 
Antignano, Posignano, im Juni bei Florenz und Pratoveechio an Ein- 
zäunungen nicht eben selten, sie ändert in Grösse und Zeichnung 
IM.]. — F., $., gemein in ganz Italien [C.]. 

Var. Pauxillaria B. Parvularia, Mitte März bei Pratoveeechio einigemal 
an Felsen [M.]. 


Corrigenda: 
Seite 63 Zeile 15 von oben lies Camaldoli statt Camoldol. 
En RABEN AN „, ‚216: um „6 eo 


a la u a a Dee „ Bidentata „ _Bidendata. 


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Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete. 


Ne) 
Or 


Vergleichung der Macrolepidopteren-Fauna von Chemnitz 
mit der des Leipziger Gebietes, 


Women of ass orr..BDt: Ba b sit: 


In den Jahrgängen 1850 und 1852 der Stettiner „Entomo- 
logischen Zeitung“ begegnen wir dem ersten Versuch der 
beiden verdienstvollen Forscher Adolf und August Speyer, die 
geographischen Verhältnisse eines Theils der deutschen Falter- 
fauna zu erörtern, und einige Jahre später erschien das 
epochemachende, umfangreiche Werk der genannten Entomo- 
logen: „Die geographische Verbreitung der 
Schmetterlinge Deutschlands und der Sch weiz.* 
Zum grossen Theil auf eigenen Beobachtungen fussend, zum 
Theil von anderen lepidopterologischen Notabilitäten unter- 
stützt, haben die Verfasser den reichen Stoff gesammelt, ge- 
ordnet und wissenschaftlich verarbeitet; mit staunenswerthem 
Fleiss, mit unverdrossener Mühe speicherten sie das zu ver- 
arbeitende Material auf, und aus der Summe unzähliger Einzel- 
heiten gelang es ihnen, in genialer Weise allgemeine Gesetze 
über die Verbreitung der Falterwelt in Deutschland und der 
Schweiz abzuleiten. Sie hatten sich die Aufgabe gestellt, den 
centralen Theil Europas nach seinen lepidopterologischen Ver- 
hältnissen zu schildern, die Species, Gattungen u. Ss. w., die 
ihn bewohnen, aufzuzählen und die Art und Weise ihrer Ver- 
theilung über das begrenzte Gebiet festzustellen. Sie wollten 
Deutschland und die Schweiz nach dieser Beziehung mit den 
übrigen Theilen Europas und der ganzen Erde vergleichen 
und aus diesem Vergleich die Ausdehnung des natürlichen 
Faunengebietes, dem Central-Europa angehört, ermitteln. Sie 
wollten die Verbreitung der Schmetterlinge Deutschlands und 
der Schweiz über die Grenzen dieser Länder hinaus verfolgen 
und, soweit möglich, auf der Erde überhaupt nachweisen. Sie 
wollten endlich die Beziehungen, welche zwischen den Ver- 
schiedenheiten des Klimas, Bodens und der Vegetation und 
dem Vorkommen der Schmetterlinge im Gebiete existiren, 
und den etwaigen ursachlichen Zusammenhang zwischen beiden 
erörtern. 


965 Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete. 


Auf das gesammte Thierreich ausgedehnt, ist dies in 
kurzen Zügen die Aufgabe der Thiergeographie überhaupt, 
die ihre Lösung nur dann finden kann, wenn möglichst viele 
aneinander stossende, engbegrenzte Ländergebiete in Bezug 
auf das Vorkommen der einzelnen Thierklassen eingehend und 
gewissenhaft durchforscht und zur gegenseitigen Vergleichung 
unterbreitet werden. Es sind somit die Specialfaunen irgend 
welcher Thierklasse für die Wissenschaft weiteren Umfangs 
von grossem Werth, obschon sie von mancher Seite gleich- 
gültig aufgenommen oder mit vornehmen Lächeln bei Seite 
gelegt werden. 


Im Laufe der letzten Jahrzelinte sind für die Lepidopteren 
mehrere Specialfaunen kleiner und grösserer Gebiete Deutsch- 
lands sowohl, wie anderer Länder Europas und der übrigen 
Continente veröffentlicht worden, und es steht zu hoffen, dass 
noch weitere bald folgen werden. 4 

Sehr richtig bemerkt Riesen auf Seite 335 der Stettiner 
Entomologischen Zeitung von 1889 (50. Jahrgang): „Wenn 
ich wiederholt Veranlassung nehme, auf die Verschiedenheit 
der Angaben in den Lehrbüchern mit den thatsächlichen Ver- 
hältnissen aufmerksam zu machen, so geschieht, dies in erster 
Linie im Interesse der Wissenschaft, in zweiter Linie dürfte 
dadurch der Beweis geliefert werden, dass denjenigen Entomo- 
logen und Fachmännern, welche Werke nach Art der Berge- 
Hofmann’schen Schmetterlingsbücher herauszugeben beabsich- 
tigen, ein Studium der Localfaunen durchaus anzurathen ist. 
Werden letztere meist unbeachtet gelassen, und wird im 
(Grossen und Ganzen nur das berücksichtigt, was der Verfasser 
eines ähnlichen Werkes gesagt und was vor so und so viel 
Jahren, weil nichts Besseres bekannt, zeitgemäss war, so kann 
ein danach gemachtes Opus wohl im Allgemeinen „das Interesse 
der Schmetterlingssammler anregen“, aber den Anspruch eines 
Lehrbuchs nur in beschränktem Maasse erheben, und Jeder, 
der sich über dies oder jenes, im Speciellen über die Natur- 
geschichte der Arten, belehren lassen will, thut besser, statt 
nach einem solchen Buche, auf einem anderen, wenn auch 
mühsameren Wege, sich nach den betreffenden Specialschriften 
umzusehen. * 

Von dem wissenschaftlichen Werthe einer Localfauna 
völlig überzeugt, gründete ich im Jahre 1882 hier in Chemnitz 
einen Entomologischen Verein, um durch gemeinschaftliche 
Beobachtungen festzustellen, welche Arten und Species der 
Schuppenflügler hier auftreten, und schon im Jahre 1884 er- 


Vergleiehung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete. 97 


schien der erste Theil meiner Chemnitzer Macrolepidopteren- 
fauna, welcher die Tagfalter, Schwärmer und Spinner um- 
fasste; 1887 folgte die erste Hälfte der Noctuen, deren Zu- 
sammenstellung 1889 in der 2. Hälfte ihren Abschluss fand. 
Die Geometrae sollen den 3. Theil des Ganzen bilden. Ausser 
der einfachen Zusammenstellung von Namen und Zahlen habe 
ich für die verschiedenen Gruppen kurze Charakteristiken bei- 
gegeben und mit besonderem Hinweis auf Gestalt und Lebens- 
weise der Raupen die Entwicklungsgeschichte jeder einzelnen 
aufgeführten Art hinzugefügt. Die Beschreibung der Raupen 
im 2. Theil ist mit nur wenig Ausnahmen nach betreffenden 
vorliegenden lebenden Exemplaren gegeben worden, um die 
mancherlei von einem Schmetterlings- oder Raupenbuch in das 
andere ohne Prüfung übertragenen Irrthümer zu vermeiden, 
respective zu berichtigen. Die Raupen der Tagfalter, Schwärmer 
und Spinner im ersten Theil sind nicht einzeln genau be- 
schrieben, bei einer eventuell neuen Auflage des Schriftchens 
sollen sie in gleicher Weise wie die der Noctuen behandelt 
werden. 

Im Jahre 1889 hat nun auch der Entomologische Verein 
„Fauna* zu Leipzig seine heimathlichen Grossschmetterlinge 
zusammengestellt, und da das Chemnitzer dicht an das Leipziger 
(Gebiet grenzt, so dürfte eine Vergleichung beider von nicht 
geringem Interesse sein. 

Das von mir behandelte Faunengebiet erstreckt sich bis 
etwa 2'/, Meilen im Umkreis von Chemnitz, so dass wir als 
Grenzpunkte im Norden, Osten, Süden und Westen die Orte 
Mittweida, Hainichen, Oederan, Zschopau, Thum, Stollberg, 
Hohenstein, Penig und Lunzenau bezeichnen könnten. Schieben 
wir die Grenze im Nordwesten etwas weiter vor, etwa bis 
Frohburg und Geithain, so lehnt sich das Leipziger Gebiet 
dicht daran an. Das Areal, welches der Leipziger Verein 
als sein Sammelgebiet bezeichnet, ist grösser als das unserige. 
Es umfasst „den nordwestlichen Theil des Königreichs Sachsen 
mit Leipzig als Mittelpunkt, reicht im Osten bis an die Mulde 
und greift nur bei Wurzen über die Mulde hinüber, indem es 
die sogenannte Hohburger Schweiz mit einbezieht, wird im 
Süden durch eine Linie von Grimma über Lausigk und Borna 
bis nach Lucka, im Herzogthum Sachsen-Altenburg gelegen, 
abgegrenzt und schliesst im Westen und Norden mit der 
(‚renze zwischen dem Königreich Sachsen und dem Königreich 
Preussen, Provinz Sachsen, ab. Durch die in der Haupt- 
richtung von Süd nach Nord fliessenden Flüsse wird dieses 


7 


98 „Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete. 


Gebiet in 4 grössere Abschnitte getheilt; diese Flüsse sind, 
von Osten angefangen: die Mulde, Pleisse und Elster.“ 


Für die senkrechte Verbreitung der Schmetterlinge in 
dem Faunengebiet Deutschlands und der Schweiz unterscheidet 
man 5 Regionen, deren tiefste, die sogenannte untere Region, 
ihre obere Grenze mit der des Wallnussbaumes bat, in Mittel- 
deutschland bis etwa 450 m über dem Meere, in den nörd- 
lichen Kalkalpen bei 750 m, in den südlichen Alpen bei 900 m 
hat; deren zweite, die Bergregion, bis an die Grenze der 
Buche, in Mitteldeutschland bis 900 m, in den Alpen bis 
1200 m reicht. Dann folet die untere Alpenregion 
bis zur Grenze der Fichte 900—1350 m, in den Alpen bei 
1200— 1800 m, und weiter die obere Alpenregion, ober- 
halb der Baumgrenze bis zu 2100—2250 m, und zuletzt die 
untere Schneeregion, von da bis zur Schneelinie und 
darüber hinaus. Diese Eintheilung wurde im Wesentlichen 
zuerst von OÖ. Heer für die Verbreitung der Käfer in den 
Schweizer-Alpen zu Grunde gelegt, die beiden Speyer benutzten 
dieselbe später bei Feststellung der senkrechten Verbreitungs- 
Regionen für die Schmetterlinge Deutschlands und der Schweiz. 
Sie, trennten die untere Region noch weiter in die Region der 
Tiefebene und die Hügelregion. Das Chemnitzer 
Faunengebiet liegt nun etwa an der oberen Grenze der Hügel- 
region und an der unteren der Bergregion, während das Leipziger 
(sebiet der ersten Hälfte der unteren Region, also in der Haupt- 
sache der Region der Tiefebene angehört, und nur an einzelnen 
Stellen sich bis zu 250 m Seehöhe erhebt. Die geologischen 
Verhältnisse der Umgebungen von Chemnitz sind durch neuere 
Forschungen bis in das Einzelne klargelegt und in ihrer 
Mannigfaltigkeit geschildert worden. Aus den Erläuterungen 
zur geologischen Specialkarte des Königreichs Sachsen ersehen 
wir, dass die Section Chemnitz einen Theil des sogenannten 
er zeebir gischen Beckens umfasst. „Dieses wird gebildet durch 
die theilw eise Ausfüllung einer thalförmigen Einsenkung 
zwischen den archäischen Gneisen und Schiefern und: den 
silurischen und devonischen Schichten des Erzgebirgs einerseits 
und der Granulit-, Glimmerschiefer-, Phyllit- und Silurformation 
des sächsischen Mittelgebirges andrerseits. Die in ihm zur 
Ablagerung gelangten Schichteneomplexe gehören der Stein- 
kohlenformation und dem Rothliegenden an, welches letztere 
das ganze Becken von seinem nordöstlichen Anfang an in 
immer zunehmender Breite und Mächtigkeit erfüllt, während 
das Carbon nur an einigen Punkten zu Tage tritt. Von den 


Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz etc, 99 


Formationen, welche an dem Aufbau des erzgebirgischen 
Beckens sich betheiligen, hat auf Section Chemnitz das Roth- 
liegende die grösste Verbreitung. Die Ablagerungen der 
untern Kohlenformation bilden auf der benachbarten Section 
Frankenberg, diejenigen der obern Steinkohlenformation auf 
der östlich angrenzenden Section Schellenberg flache Becken, 
deren westliche Fortsetzungen in die Section Chemnitz hinein- 
ragen, so dass hier Theile dreier, nach ganz verschiedenen 
Richtungen ausgedehnter Becken, nämlich des subearbonischen 
Bassins von Hainichen, Ebersdorf, des Steinkohlenbassins 
von Flöha und des Rothliegenden-Beckens über einander 
liegen. 

In Folge der geringen Mächtigkeit des ausserdem durch 
Erosion vielfach zerschlitzten Randes des letzteren treten 
zahlreiche Klippen und Kuppen der untern sowie der obern 
Steinkohlenformation, an einem Punkte südlich von Lichten- 
walde auch der äusserste Ausläufer des Braunsdorfer Gneis- 
zugs aus der Rothliegenden-Bedeckung hervor. Bis auf die 
von erzgebirgischen Phylliten gebildeten Höhen von Hermers- 
dorf, sowie den aus porphyrischen Gesteinen bestehenden Beuthen- 
berg im Zeisigwald ist der grösste Theil der Section Chemnitz 
von den Ablagerungen des ältern und jüngern Diluviums 
bedeckt, während die zum Theil weiten und horizontalen 
Thalböden von recenten Flussabsätzen eingenommen werden. 
Die Bodenverhältnisse der verschiedenen in das Chemnitzer 
Faunengebiet ganz oder theilweis gehörenden geologischen 
Sectionen sind also ziemlich mannigfaltig, und das den Pflanzen 
in vielfachem Wechsel gebotene Erdreich aus Gneis, Granit, 
(ranulit, T'honschiefer, Glimmerschiefer, Thonstein, Felsittuft, 
Felsitporphyr, Kalk, Sand, Lehm, Acker-, Wiesen- und Wald- 
boden muss auch eine reiche Flora und diese wieder eine 
reiche Fauna bedingen. 

In dem Leipziger Faunengebiet „bestehen die obersten 
Erdschichten meist aus diluvialen und alluvialen Sanden und 
Lehmen; der Lehm hauptsächlich in den Niederungen, der 
Sand mehr auf den Gehängen und bebauten Flächen. Unter 
diesen Schichten findet sich vor allem im Westen, aber auch 
im Süden und Osten die Braunkohlenformation. Die Gegend 
von Beucha bis Naunhof, dann wieder bei Grimma und die 
ganze Hohburger Schweiz wird von emporgedrungenen Porphyren 
gebildet, die dort zu Tage treten; diese Porphyre gehören 
der Triasformation an. Aeltere Gesteine sind in der Leipziger 
Pflege, an der Oberfläche anstehend, nicht gefunden worden.“ 


T7* 


100  Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete. 


Die beiden Gebiete Chemnitz und Leipzig weichen dem- 
nach sowohl in klimatischer als auch in geologischer Beziehung 
nicht unbedeutend von einander ab, und dies muss sich in der 
beiderseitigen Flora und Fauna abspiegeln. Die faunistischen 
Unterschiede werden sich bei so dicht aneinander stossenden 
Distrieten natürlich nur in der niederen Welt, besonders in 
der Insektenwelt bemerkbar machen, und diesen Unterschied 
in Bezug auf das Vorkommen der Macrolepidopteren (mit 
Ausnahme der Geometrae) festzustellen, soll jetzt meine Auf- 
gabe sein. 


I. Die im Leipziger Gebiet fehlenden, im 
Chemnitzer Gebiet vorkommenden Rhopalocera. 


Spini Schiff. Thee. Dieser Falter ist von Chemnitzer 
Sammlern in der sogenannten Leina gefangen worden, 
einem Walde, der von den Verfassern der Leipziger Zu- 
sammenstellung noch mit zu ihrem Sammelgebiet gerechnet 
wird. 

Thersamon Esp. Pol. Speyer giebt als nördlichste Grenze 
der Verbreitung dieses Schmetterlings im östlichen Deutsch- 
land Prag an; er ist auch bei Auerswalde erbeutet 
worden. 

Aleiphron Rott. Pol. Früher bei Leipzig gefunden (cf. 
Speyer). 

Aurelia Nick. Mel. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass 
Aurelia auch in der Leipziger Gegend heimisch, von den 
Sammlern‘ aber übersehen worden ist, denn er fliegt im 
Juli, Anfang August an denselben Oertlichkeiten, wo man 
sich früher im Juni mit frischen Exemplaren der ihr 
täuschend ähnlichen Athalia versorgt hat.  Bisweilen 
sogar erscheinen Athalia-Nachzügler gemeinsam noch mit 
Aurelia. Erstere Art hat einen schwebenden, Aurelia 
mehr einen schwirrenden Flug. Uebrigens wird von Speyer 
Leipzig auch als Fundort von letzteren mit angegeben. 

Adippe L. Arg. Als Gebirgsthier durch sein Auftreten im 
Chemnitzer Gebiet nicht überraschend ; es findet sich nur 
ausnahmsweise in der Ebene. 

Ligea L. Er. Ein echter Bergfalter; steigt nur in Russland 
und Skandinavien in die Ebene hinab. 

Maera L. Par. Heimisch in dem mitteldeutschen Berg- und 


Vergleichung der Macrolepidopter enfauna von Chemnitz ete. 101 


Hügelland, bewohnt dieser Falter mit Vorliebe felsige 
Plätze der Schiefer-, Kalk- und Sandgesteine und steigt 
fast bis zur Baumgrenze hinauf. Es ist demnach nicht 
zu verwundern, dass er in der Leipziger Fauna fehlt. 


II. Die im Chemnitzer Gebiet fehlenden, im 
Leipziger Gebiet vorkommenden Rhopalocera. 


Phlaeas L. Pol. v. Eleus F und v. Schmidtii Gerh. Die 
Stammform ist bekanntlich im ganzen europäischen (sebiet 
verbreitet, sie fliegt in Lappland so häufig wie in Spanien 
und Sieilien, und beim Vergleich von nordischen Exem- 
plaren mit solchen aus Deutschland ist es unmöglich, einen 
Farbenunterschied herauszufinden. Im Norden Europas 
hat Phlaeas nur eine Generation, in Deutschland zwei im 
Jahre; Winter- und Sommerform gleichen sich vollständig, 
und oanz ebenso sind die Exemplare gefärbt, welche im 
Frühling an der ligurischen Küste und in Sardinien ge- 
fangen werden. Bei der südeuropäischen Sommergenera- 
tion aber ist ein deutlicher Unterschied bemerkbar, das 
glänzende Rothgold wird von einer dichten, schwarzen 
Bestäubung beinahe verdeckt, und die Ausbuchtung am 
untern Saume der Hinterflügel ist viel tiefer gehend als 
bei der Frühlingsform, so dass zwei kurze Schwänzchen 
am Saume hervortreten (cf. Weismann Studien zur Des- 
cendenz-Theorie pag. 36). Man nennt diese Sommerform 
var. Eleus F; sie fliegt hauptsächlich m Süd-Europa und 
im Kaukasus, erscheint nur äusserst selten in Süddeutsch- 
land und ist nach Angabe der Leipzieer Entomologen 
bis jetzt erst ein einziges Mal bei Grimma gefangen 
worden. Ebenso überraschend ist das Auftreten der süd- 
europäischen, weisslich grundirten Varietät Schmidti Gerh. 
bei Wahren und in der Hohburger Schweiz. 

Amphidamas Esp. Pol. (Helle Hb.) Nach Feststellung des 
Verbreitungsgebietes dieses kleinen Falters können wir 
ihn um Chemnitz nicht erwarten, denn er fliegt besonders 
auf sumpfigen Wiesen des norddeutschen Tieflandes, 
während er erst im Süden in die Gebirge, bis zur subalpinen 
Region, aufsteigt. 

Orion Pallas Lye. (Battus Hb.) Das Fehlen dieses Bläu- 
lings in der Chemnitzer Umgegend ist eigenthümlich, da 


102  Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete. 


er Ja im Riesengebirge, in Thüringer Wald, Harz, 
sowie im Erzgebirge bei Freiberg nicht zu den. Selten- 
heiten zählt. Dem nordwestlichen Europa fehlt Orion ganz. 

Coridon Poda Lye. wurde im Sommer 1889 zum ersten Male 
bei Chemnitz gefangen und ist deshalb in meiner 1884 er- 
schienenen Chemnitzer Fauna nicht mit aufgeführt worden. 
Es ist kaum anzunehmen, dass wir dieser Species bei uns 
wiederholt begegnen werden, wahrscheinlich war das ver- 
einzelte Exemplar ein zugeflogener Fremdling, denn wo 
Coridon heimisch ist, tritt er gewöhnlich gesellschaftlich auf. 
Die im Catalog der Lepidopteren des europäischen Faunen- 
gebietes von Staudinger und Wocke (1871) in 69 ver- 
schiedenen Species und ausserdem noch in 52 Varietäten 
getrennte Gattung Lycaena ist in der Chemnitzer und 
Leipziger Gegend sehr schwach vertreten, was seine Be- 
gründung wohl in den Bodenverhältnissen finden mag, 
Die Raupen der Bläulinge nähren sich hauptsächlich von 
solchen Pflanzen, welche vorzugsweise auf Kalkboden ge- 
deihen und deshalb specifisch als Kalkpflanzen bezeichnet 
werden. Diese Kalkflora fehlt hier und bei Leipzig, 
während sie bekanntlich in Thüringen ein ausgedehntes 
(sebiet für sich vorfindet. In Krieghoffs Macrolepidopteren- 
fauna "Thüringens (‚Jena, Fischer 1884) finden wir 22 Spe- 
cies der Gattung Lycaena angeführt, bei uns fliegen davon 
nur halb so viel Arten, 

Ino Esp. Arg. Diese Art bewohnt die Ebene, die Hügelregion 
und den unteren Theil der Bergregion und scheint aus- 
schliesslich auf feuchtem Boden, besonders sumpfigen Wald- 
wiesen vorzukommen. Das Klima und die Bodenverhält- 
nisse der Chemnitzer Umgegend erscheinen nicht unge- 
eignet für das Gedeihen dieses Falters, wenn man sein w eites 
Verbreitungsgebiet überhaupt in Betracht zieht, doch bis 
jetzt ist Ino hier noch nicht beobachtet worden. 


Briseis L. Sat. ist in meinem Catalog von 1884 nicht auf- 
geführt, da er erst 1887 einmal in unserm Gebiete ge- 
fangen wurde; vielleicht war es ein zugeflogenes Thier, 
da dieser Falter vorherrschend auf Kalkhügeln, die mit 
kurzem Grase bekleidet sind, bis zur untern Grenze der 
montanen Region anzutreffen ist (häufig bei Arnstadt in 
Thüringen). Er fehlt fast im gesammten nördlichen 
Flachland. Bei Leipzig wurde er nach Speyers Angabe 
1849 nur einige Male gefangen. Im Leipziger Catalog 
sind Gohlis und Grimma als Flugplätze genannt. Ob man 


Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete. 103 


ihn constant zur Leipziger Fauna rechnen darf, möchte 
ich noch bezweifeln. 

Achine Sc. Par. (Dejanira L.) Ueberschaut man das grosse 
Verbreitungsgebiet dieses Schmetterlings, welches Europa 
zwischen dem 60. und 45. Breitengrad umfasst und von 
Paris im Westen bis zum Altai im Osten reicht, dabei 
aber Britannien, Holland, Belgien und von Deutschland 
nur den nordwestlichen Theil ausschliesst, so muss sein 
Fehlen im Chemnitzer Gebiet überraschen. 

Tithonus L. Epin. Hauptsächlich im westlichen Deutschland 
verbreitet, fehlt er jenseits einer von der Elbmündung 
nach dem Kaukasus gezogenen Linie, und Leipzig scheint 
in Mitteldeutschland der nach Osten am weitesten vor- 
geschobene Posten zu sein. Warum er sich in der Chem- 
nitzer Gegend, die mit vielen seiner Wohnorte klimatisch 
und geognostisch übereinstimmt, nicht ansiedelt, bleibt 
räthselhaft. 

Alceae Esp. Spil. Diese Art ist durch ein Versehen beim 
Druck in meinem Chemnitzer Catalog nicht mit aufge- 
führt worden; sie muss in die Reihe eingefügt werden. 

Actaeon Esp. Hesp. hat nach Speyers Angabe eine verhält- 
nissmässig beschränkte Verbreitung über einen Theil von 
Mitteleuropa und das Mittelmeergebiet. Actaeon fliegt 
an kräuterreichen, sonnigen Stellen der untern Region, 
besonders auf Kalkboden, weshalb wir ihn bei uns nicht 
erwarten dürfen. Für die Leipziger Gegend werden 
Connewitz und die Harth bei Zwenkau als Flugplätze 
bezeichnet. 


III. Heterocera. A. Sphinges. 


In Bezug auf das Vorkommen der grösseren Sphingiden 
stimmen die beiden zu vergleichenden Gebiete genau mit ein- 
ander überein, während bei den Sesiiden und Zygaeniden 
Abweichungen sich herausstellen. Ich gebe allerdings zu, dass 
den Sesien in der Chemnitzer Gegend noch eine grössere Auf- 
merksamkeit geschenkt werden muss, als wie dies bisher 
geschehen; es wird sich dann vielleicht noch die und jene 
Species als hier vorkommend erweisen. Vorläufig jedoch 
müssen folgende in der Leipziger Fauna angeführten Species 
als um Chemnitz fehlend gelten: Trochilium Melanoce- 
phalum Dalm. Sesia Scoliaeformis Bkh., Formicae- 


104 Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete. 


formis Esp.. Empiformis Esp. und Muscaeformis View. 
— Abweichend von Leipzig ist hier gefangen worden Sesia 
Leucopsiformis Esp. — Sesia eulieiformis L. wurde erst in 
diesem Jahre 1890 durch R. Tetzner als bei Chemnitz vor- 
kommend sicher nachgewiesen. Diese Art ist demnach in 
meiner Fauna von Chemnitz nachzutragen. Von den Zygaeniden 
fehlt um Chemnitz die bei Leipzig ziemlich häufig auftretende 
Ino Pruni Schiff, eine Art, welche in Mittel- und Nord- 
deutschland nirgends zur Bergregion emporsteigt. Ferner 
fehlt Zygaena Ephialtes L. var. Peucedani Esp., deren obere 
Verbreitungsgrenze die der Hügelregion kaum überschreitet. 
Dafür hat Chemnitz die Bergthiere Zygaena Pilosellae Esp., 
Scabiosae Scheven und Meliloti Esp. 

Die Syntomidae haben bei Chemnitz in Synt. Phegea L. 
den einzigen Vertreter; bei Leipzig fliegt noch Naclia Aneilla L., 
eine Art, die nur sonnige, buschreiche Stellen der Ebene und 
Hügelregion bewohnt, das eigentliche Gebirgsland aber meidet. 


IV. Heterocera. B. Bombyces. 
Die im Chemnitzer @ebiet fehlenden, im Leipziger 
Gebiet vorkommenden Arten. 


Strigula Schiff Nola. Die Möglichkeit, dass dieser unschein- 
bare Spinner im Chemnitzer Gebiet fliegt, ist nicht aus- 
geschlossen; bis jetzt aber hat ihn noch Niemand hier 
angetroffen. Dasselbe ist vielleicht der Fall bei 

Albula Hb. Nola, der übrigens im Leipziger Gebiet nur ein. 
einziges Mal gefangen wurde und auch in Thüringen zu 
(den grössten Seltenheiten gehört. 

Muscerda Hufn. Lith. Hauptsächlich in der norddeutschen 
Tiefebene verbreitet, kommt diese Lithosie in bergigen 
Gegenden fast nur in den tieferen Flussthälern vor, kann 
also in der Chemnitzer Fauna nicht erwartet werden. 

Griseola Hb. Lith. Obschon in Norddeutschland sehr ver- 
breitet, bewohnt diese Art doch mehr die Gehölze der 
Ebene und Hügelregion. Vorläufig muss sie noch als im 
Chemnitzer Gebiet fehlend bezeichnet werden. 

Lurideola Zinck Lith. Ist im Chemnitzer Gebiet erst nach 1984 
aufgefunden und dann wiederholt aus erbeuteten Raupen 
als Schmetterling erhalten worden. Es muss daher diese 
Species in meine Chemnitzer Fauna noch eingefügt werden. 

Mendiea Cl. Spil. Dieser Bär, welcher über den grössten 
Theil von Europa und bis Sibirien verbreitet ist, in der 


Vergleichung der Macrolepidopterenfauna ' von Chemnitz etc. 105 


sirdliehen Hälfte Deutschlands und in der Schweiz fast 
allenthalben und in der mitteldentschen Berglandschaft meist 
nur in der unteren Region angetroffen wird, Fehlt canz positiv 
im Chemnitzer Gebiet. Es ist zu verwundern, dass er da- 
selbst die Ansiedelungs- und Lebensbedingungen nicht findet. 

Terebra F. Coss. Die Verbreitung dieses Holzbohrers ist 
räthselhaft. Man hat ihn an wenigen, weit auseinander 
liegenden Orten Mittel- und Süddentschlands immer nur 
ganz vereinzelt erbeutet, ihn auch in Russland, aber dort 
in höheren Breitengraden, gefunden. Es wäre erwünscht, 
dass jeder einzelne Fall seines Vorkommens in den Fach- 
zeitungen veröffentlicht würde, um grössere Klarheit über 
sein Verbreitungseebiet zu erlangen. — 

Harpagula Esp. Drep. wohl ausschliesslich Bewohner der 
unteren Region. 

Argentina Schiff‘ Not. überschreitet in Deutschland nirgends 
die untere Region. 

Processionea L. Cneth. Obwohl es im Chemnitzer Gebiet 
an kleineren Eichenbeständen, wo sich dieser gefürchtete 
Spinner ansiedeln könnte, nicht fehlt, sind dieselben jedoch 
bisher von ihm verschont seblieben. Er meidet das Ge- 
birge, bewohnt vielmehr nach Speyer’s Angabe, zumal in 
Norddeutschland, die Ebene und die tieferen Stromthäler, 
in manchen Gegenden stets selten, in anderen zuweilen 
selten, zuweilen wieder in verwüstender Menge auftretend. 


V. Heterocera. B. Bombyces. 


Die im Leipziger Gebiet fehlenden, im Chemnitzer 
Gebiet vorkommenden Arten. 


Senex Hb. Nud. wurde 1888 hier zum ersten Male und später 
wiederholt erbeutet. Das unscheinbare Spinnerchen kann 
leicht übersehen werden. 

Pulchella L. Deiop. Dieser zierliche Schmetterling ist hier 
bis jetzt bloss zweimal gefangen worden, einmal bei 
Kappel und dann am Ufer "des Schlossteichs. Man weiss, 
dass er, ähnlich den grossen Sphingiden, manche ‚Jahre bei 
günstigen Luftströmungen aus dem Süden zu uns und 
noch "viel weiter nördlich, selbst bis Dänemark und 
Schottland seinen Wanderflug ausdehnt. Seine heimath- 
lichen Länder sind Mittel- und Südeuropa, das südlichere 
Asien, Nord- und Südafrika, Nordamerika und Australien; 


106  Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz etc, 


er ist somit einer der verbreitetsten Schmetterlinge. Ent- 
weder setzen die Weibchen, in die nördlichen Breitegrade 
verflogen, keine Eier ab, oder die Eier kommen nicht 
zur Entwicklung, denn noch nie hat man im Norden 
Pulchella-Raupen gefunden, obschon der Schmetterling 
sporadisch überall auftaucht. Die Pflanzen, welche den 
grauen, von einem weissen Rückenstrich durchzogenen 
Raupen in ihrer Heimath zur Nahrung dienen, fehlen bei 
uns durchaus nicht, es sind verschiedene Arten von 
Myosotis L. Vergissmeinnicht, Echium vulgare L. Nattern- 
kopf, Heliotropium europaeum L. Sonnenwende und ohne 
Zweifel noch andere Arten aus der Familie der Borragineae. 
Rössler vermuthet sogar, dass die Raupe polyphag 
sei, da sie in den Gärten von Ostindien manche Jahre 
verheerend auftreten soll. Um so überraschender ist es, 
dass man bei uns und weiter im Norden niemals die 
Raupe findet, da ja andere Einwanderer regelmässig auf 
den ihrer Nachkommenschaft entsprechenden Futter- 
pflanzen ihre Eier absetzen, die sich dann zum Theil 
bis zum Schmetterling entwickeln. Beispiele hierfür sind 
Ach. Atropos, Sph. Nerii u. a. 

Plantaginis L. Nem. Ein echtes Gebirgsthier; es steigt nur 
bie und da am Saume des Gebirges in die Ebene hinab. 

Luetifera Esp. Spil. sehr selten. 

Opacella HS Psyche. Das Leipziger Gebiet liegt dieser 
Species zu tief, da es sich meist an sonnigen, trockenen 
Stellen von Gebirgsgegenden vorfindet. 

Intermediella Brd. Fum. Da dies winzige Spinnerchen von 
der Ebene bis in die montane Region verbreitet und im 
grössten Theil von Europa, von Südlappland bis Piemont 
und Südfrankreich und von England bis zur Türkei ein- 
heimisch ist, dürfte sich wohl inzwischen seit Veröffent- 
lichung der Leipziger Fauna sein Vorkommen im Leipziger 
Gebiet herausgestellt haben. 

Catax L. Bomb. Ist bei Geithain und Frohburg, also an der 
Grenze der beiden zu vergleichenden Gebiete, von Chem- 
nitzer Sammilern gefunden worden. 

Lunigera E. Las. var. Lobulina Esp. Es ist eigenthümlich, 
dass von dieser Species die eigentliche Stammform bei 
Chemnitz nicht auftritt, während die dunkle Varietät 
Lobulina für den Ortskundigen nicht zu den grössten 
Seltenheiten gehört. Sie ist hier von Lösche verschiedene 
Male aus der Raupe gezogen worden. 


Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemmitz ete. 107 


Ulmi Schiff. Ur. Ist bis jetzt nur einmal bei Lichten- 
walde gefunden worden. Gewöhnlich wird das südliche 
Deutschland als seine Heimath bezeichnet, man kann aber 
kaum annehmen, dass er weite Strecken im Fluge zurücklegt. 

Cueulla Esp. Loph. Steigt bis zur untern Grenze der mon- 
tanen Region in Mittel- und Süddeutschland. Hier nur 
sehr selten zu finden. 

Plumigera Esp. Ptil. wird einzeln fast alle Jahre hier gefunden 
und kam nach Speyers Angabe früher auch bei Leipzig 
vor. Es ist durchaus kein ausgesprochenes Gebirgsthier. 

Ruficollis F. Asph. Ueber die Verbreitung dieses Falters 
sagt Speyer, dass sie sich auf den südlichsten und vielleicht 
nur südöstlichen Theil Deutschlands und der Schweiz be- 
schränke, dass Ruficollis überhaupt nur in wenigen 
Gegenden Central-Europas vorkomme. Staudinger führt 
in seinem Catalog das südliche und östliche Deutschland, 
Ungarn, Griechenland, Ostfrankreich und Piemont als 
Heimathsplätze an. Es unterliegt aber keinem Zweifel, 
dass Ruficollis auch bei Chemnitz auftritt, wenn auch nur 
vereinzelt; er ist im Küchwald und in den sogenannten 
6 Ruthen angetroffen worden. 


VI. Heterocera. C. Noctuae. 


Die im Chemnitzer Gebiet fehlenden, im Leipziger 
Gebiet vorkommenden Arten. 


Albovenosa Götz. Ars. Ein Bewohner des Tieflandes und 
der Flussthäler, wo die Raupe an allerlei Sumpfgewächsen, 
besonders an Glyceria spectabilis lebt. Bei Leipzig ist 
sie bis jetzt nur ein einziges Mal gefunden worden und 
zwar auf Lysimachia vulgaris. 

Abscondita Tr. Aeron. In Sandgezenden der nordöstlichen 
Ebene Deutschlands heimisch, kann in Chemnitz nicht 
erwartet werden. 

Perla F. Bryoph. war früher in der Leipziger Gegend nicht 
selten, wurde aber in den letzten Jahren dort nicht mehr 
gefunden. Die Raupe lebt bekanntlich von Steinflechten und 
scheint, nach meiner Beobachtung, ganz besonders die 
Flechten auf alten Ziegeldächern zu lieben. Sie über- 
wintert und verpuppt sich auf der Innenseite der Dächer. 
Im Juli, August fliegt die Eule. Ich habe sie mehrere ‚Jahre 
nach einander auf den Oberböden verschiedener Häuser 
Arnstadts in Thüringen in grosser Zahl erbeutet. In 
und bei Chemnitz hat sie sich noch nicht gezeigt. 


108  Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete. 


Orbona Hufn. Agr. ist im nordöstlichen Deutschland in der 
Ebene ziemlich verbreitet und scheint die montane Region 
zu meiden. 

Comes Hb. Agr. Diese der vorigen sehr ähnliche Art lebt 
hauptsächlich im Süden und Nordwesten Deutschlands. 
Im Juli 1382 fand ich sie jeden Morgen in grosser Menge 
hinter den Jalousien meiner Ferienwohnung bei Essen 
a. d. Ruhr. 

Lutulenta Bkh. Apor. Bedenkt man, dass diese Eule in 
ganz Deutschland bis in die montane Region überall zer- 
streut vorkommt, so ist die Wahrscheinlichkeit nicht aus- 
geschlossen, dass sie auch hier einmal einem glücklichen 
Sammler zur Beute fallen könnte. 

Sublustris Esp. Had. Ein Bewohner tiefliegender Gegenden. 
Hier bei Chemnitz noch nicht beobachtet. Mehrfach ge- 
ködert bei Meissen. 

Pabulatricula Brahm Had. Bei Chemnitz noch nie gefunden. 

Purpureofaseiata Piller Er. Ein Bewohner der nordöstlichen 
Ebene Deutschlands findet im Chemnitzer Gebiet seine 
klimatischen Lebensbedingungen nicht, obschon die Futter- 
pflanze der Raupe, Pteris aquilina, Adlerfarn, daselbst 
reichlich vertreten ist. 

Sparganii Esp. Non. Das Fehlen dieser Nonagria bei Chemnitz 
ist auffallend, da die beiden anderen verwandten Arten 
Cannae ©. und Arundinis F. daselbst ziemlich häufig 
auftreten und manche ‚Jahre in grosser Zahl als Raupen 
oder Puppen eingetragen wurden. Sollte Sparganii an 
besondere klimatische Bedingungen gebunden sein, da sie 
doch an den verschiedensten Orten Deutschlands mit 
obigen beiden Arten auf der gleichen Futterpflanze T'ypha 
cemeinschaftlich lebt ? 

Museulosa Hb. Tap. Als nördlichsten Fundort dieser Eule 
giebt Speyer Leipzig an, da sie aber ihre eigentliche 
Heimath im südlichen Europa und in dem Orient hat, 
mag ihr die Uhemnitzer Luft wohl nicht behagen. 

Straminea Tr. Leuec. Ein Bewohner der Ebene. 

Albipuneta F. Leuc. Während Straminea mehr in der nörd- 
lichen Tiefebene, am Mittelrhein und dann noch bei Wien 
auftritt, hat Albipuncta in der unteren Region der süd- 
lichen Hälfte von Deutschland ihre hauptsächliche Ver- 
breitung. Auf das Vorkommen beider Arten im Chemnitzer 
(rebiet ist nicht zu rechnen. 

Palustris Hb. Car. Das von der Ebene bis zur Baumgrenze 


Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete. 109 


in Nord- und Süddeutschland überall sehr zerstreute Vor- 
kommen dieser Eule lässt vermuthen, dass sie gelegentlich 
wohl auch noch bei Chemnitz aufgefunden werden dürfte. 

Caliginosa Hb. Acosm. Bewohner des Tieflandes. 

Miniosa F. Taen. fehlt noch im 2. Theil meiner Eulenfauna; 
sie wurde aber in jüngster Zeit hier gefunden und muss 
demnach vor Pulverulenta eingereiht werden. 

Populeti Tr. Taen. Diese Art steigt nur in südlichen Lagen 
bis zur montanen Region auf. 

0o L. Die. hat sich bei Chemnitz noch nie gezeigt, auch 
Diffinis L. Cal. und Affinis L. Cal. fehlen bis jetzt 
gänzlich. 

Suspeeta Hb. Dysch. Hauptsächlich Bewohner des nord- 
östlichen Deutschlands. Von der Gattung Xanthia ge- 
hören den beiden zu vergleichenden Gebieten nur 3 Arten 
gemeinschaftlich an, nämlich: 

Citrago L., Flavago F. und Fulvago L. Leipzig hat noch 

Aurago F., Gilvago Esp. und Ocellaris Bkh., sowie die ver- 
wandte 

Hoporina Croceago F. aufzuweisen, welche alle mehr in den 
Niederungen und im Flachlande ihre Verbreitung finden. 

Erythrocephala F. Orrh. Tritt in Mittel- und Norddeutsch- 
land nur ganz vereinzelt, auf, während das eigentliche 
Verbreitungsgebiet südlicher liegt. 

Nubeeulosus Esp. Aster. Obschon diese Eule, gleich der 
nahe verwandten, bei Leipzig ebenso seltenen Species 

Sphinx Hufn. Aster. anderswo bis in die Bergregion auf- 
steigt, hat im Chemnitzer Gebiet noch Niemand das Vor- 
kommen dieses T'hieres constatiren können. 

Tanaceti Schiff. Cuc. Im östlichen Deutschland, besonders 
in nordöstlichen Ebenen sehr verbreitet, meidet sie Ge- 
birgsluft. 

Amethystina Hb. Tel. Tritt nur hie und da in Norddeutschland 
auf, stellenweis häufig; einzeln wurde sie auch am Mittel- 
rhein und in der Schweiz, aber noch niemals bei Chemnitz 
beobachtet. 

Jota L. Plus. Die nach Färbung und Zeichnung der Pulchrina 
Haw. sehr ähnliche Art wird mit letzterer oft verwechselt. 
Bei genauer Prüfung jedoch stellen sich deutliche Unter- 
schiede heraus, was die Autoren auch veranlasst hat, 
beide als besondere Species, nicht als blosse Varietäten 
hinzustellen. Früher war die Nomenklatur dieser beiden 
Formen sehr verschieden und hat vielfach zu Unklarheit 


110  Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete. 


und fortwährenden Verwechselungen geführt. So war JotaH. 
und ©. dasselbe Thier wie Pulchrina Haw. und Vaureum 
(‚n., während Percontationis und O Jota Gn. als Varietät 
von ‚Jota H. betrachtet und bezeichnet wurden. Jetzt unter- 
scheidet man nach Staudinger Jota L. mit den beiden Varie- 
täten Percontationis Tr. V. (signo argenteo confluente in lit- 
teram y) und Inscripta Esp. (signo argenteo nullo), und dann 
folgt die besondere Species Pulchrina Haw. Diese frühere 
Unklarheit veranlasst die Händler heute noch die Jota L. 
in ihren Catalogen meist als Jota vera hervorzuheben. 
In der Umgegend von Chemnitz fliegt nur Pulchrina Haw. 
und wird jedes Jahr mehrfach aus Raupen gezogen; bis 
jetzt hat weder Jagd noch Zucht hier eine Jota L. 
(‚Jota vera) ergeben. 

Funesta Esp. Aed. Dies specifisch südliche Thier tritt in 
Mittel- und Norddentschland ganz vereinzelt auf; es ist 
nicht anzunehmen, dass man den Falter bis jetzt hier 
übersehen habe, da er, wo er fliegt, im Sonnenschein im 
Blumen zu schwärmen pflegt und sich im Ruhezustand 
nicht verborgen hält. 

Ononis F. Hel. ist kein Thier für das Chemnitzer Klima. 


Lueida Hufn. Ac. Ueber die südliche Hälfte und den grössten 
Theil des nordöstlichen Deutschlands verbreitet, gehört 
diese Art sicher zu den seltenen Erscheinungen in Sachsen. 
Ende Juli 1872 fing ich Lucida in Sarne bei Rawitzsch 
(Provinz Posen) Abends an der Laterne in grosser Zahl; 
auch ihre Varietät Albicollis F. war darunter reichlich 
vertreten. 

Luetuosa Esp. Ace. ist bei Chemnitz nicht zu erwarten, denn 
sie fliegt an sonnigen, trockenen Stellen der Ebene und 
der Hügelregion, zumal im Süden häufig. 

Pusilla View. Er. Die Futterpflanze, Sparganium ramosum, 
auf welcher die Raupe ausschliesslich leben soll, ist sehr 
zerstreut im Chemnitzer Gebiet, das Falterchen fehlt 
wohl aus diesem Grunde. 

Deceptoria Se. Er. könnte ihrer Verbreitung nach auch bei 
Chemnitz fliegen; vielleicht wurde sie bisher nur übersehen. 

Viridaria Cl. Proth. (im Leipziger Verzeichniss Viridana Ol. 
genannt) fehlt in meiner Chemnitzer Fauna, wurde aber 
in diesem Frühjahr bei Limbach in mehreren Exemplaren 
erbeutet. 

Elocata Esp. Cat. fliegt nur in der untern Region. 

Promissa Esp. Cat. Da ihre allgemeine Verbreitung mit der 


nen 


— 


Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete. 111 


von Sponsa übereinstimmt, so konnte man annehmen, dass 
sie sich in den grösseren, neuen Eichenanpflanzungen 
unserer Wälder zu der hier neuerdings häufiger werdenden 
Sponsa gesellen würde. Im Sommer 1889 fing Herr 
Burckhardt das erste Exemplar am Köder; sonach ist 
diese Species in meiner Chemnitzer Fauna noch einzufügen. 

Tentaceularia L. Herm. Ihr Vorkommen im Chemnitzer Ge- 
biet ist nicht unwahrscheinlich, wurde aber noch nicht 
constatirt; dasselbe gilt für 

Derivalis Hb. Herm. 

Nothum Hb. Breph. Nur in der unteren Region zu finden. 
Im Chemnitzer Gebiet fliegt von den 3 Brephiden bloss 
Parthenias L. 


VII. Heterocera. C. Noctuae. 


Die im Leipziger &ebiet fehlenden, im Chemnitzer 
kebiet vorkommenden Arten. 


Cuspis Hb. Acr. In ganz Mittel-Europa zerstreut, fast über- 
all selten und vielleicht nur deshalb in vielen Gegenden 
noch nicht gefunden. Speyer führt unter den zahlreichen 
Flugorten auch Leipzig mit an, sie muss also früher dort 
beobachtet worden sein. 

Euphorbiae F. Acer. Da diese Art von der Tiefebene bis zur 
Baumgrenze oder noch darüber hinaus verbreitet ist, 
darf ihr Vorkommen bei Chemnitz nicht auffallen. Das- 
selbe gilt für 

Ligustri F. Aecr. 

Von den Flechten-Eulen, der Gattung Bryophila, 
ward unter VI. Perla F. als bei Chemnitz fehlend be- 
zeichnet, doch sind dafür hier die im Leipziger Gebiet 
nicht beobachteten Species Ravula Hb., Algae F. und 
Muralis Forst als sicher vorkommend zu nennen. 


Ludifica L. Dipht. Als Bewohner der meisten Bergland- 
schaften Mitteldeutschlands ist diese Eule natürlich bei 
uns auch zu finden. 

Coenobita Esp. Panth. In den Nadelhölzern unserer Um- 
gebung manche Jahre sehr häufig anzutreffen. Man ver- 
gleiche meinen Aufsatz: „Die Entwickelungsgeschichte 
von Panth. Coenobita Esp., nebst Mittheilungen über das 
Aufsuchen des Schmetterlings, sowie über die Erziehung 


112  Vergleiehung der Maerolepidopterenfauna von Chemnitz ete. 


der Raupe“ (Correspondenz-Blatt des Entomolog. Vereins 
Iris zu Dresden, Band I. pag. 115 u. f.). 

An Agrotis-Arten ist das Chemnitzer Gebiet reicher 
als das von Leipzig, denn ausser den 24 Species, die 
beiden gemeinschaftlich zukommen, hat Leipzig nur 2 
Arten, Chemnitz deren noch 11 für sich. Diese letzteren 
sind: 

Signum F., Sobrina Gn., Candelarum Stgr., Stigmatica Hb., 
Umbrosa Hb., Florida Schm., Foreipula Hb., Obelisca 
Hb., Saucia Hb., Crassa Hb. und Vestigialis Rott. 
Die beiden Arten Signum F. und Sobrina Gn. waren nach 
Speyers Angabe früher bei Leipzig zu finden, wenn auch 
selten. In Bezug auf Florida Schm. nehme ich auch hier 
(Gelegenheit, meine Ansicht auszusprechen und verweise 
ausserdem auf meine Erörterungen contra Schilling und 
Grunack in No. 6, 8, 13, 14 und 15 der Insekten-Welt, 
Zeitschrift des internationalen entomol. Vereins Jahrg. IIL., 
1356. Der Ansicht, welcher selbst Fr. Schmidt in Wismar, 
der Autor des Namens Florida, in seinem letzten Lebens- 
jahr zugeneigt gewesen sein soll, dass Florida und Rubi 
View. bloss verschiedene Formen einer einzigen Species 
sein dürften, welche gleich Levana, Prorsa und Porima, 
gleich den Pieriden u. a. m. auf Grund des sogenannten 
Saison-Dimorphismus eine Frühlings- und eine Herbstform 
entwickeln, widerspricht das beiderseitige Auftreten von 
Florida und Rubi in der Chemnitzer Gegend. Es müssten 
die betreffenden Herbstraupen von Rubi z. B. aus der 
Leipziger Gegend im Frühling die Floridaform liefern, 
aber Florida fehlt im der Leipziger Fauna ganz. Die 
Flugzeit von Florida ist hier bei Chemnitz stets Juni, 
Juli (also nicht Frühling), von Rubi stets September, 
October; wäre hier Florida die erste und Rubi die zweite 
(seneration, so dürften nicht, wie das der Fall ist, Florida- 
Raupen von 1,5 em Länge und Rubi-Schmetterlinge gleich- 
zeitig gefunden werden. Die Entwickelungsgeschichte 
beider Formen spricht also entschieden dafür, Rubi und 
Florida als zwei selbstständige Species anzusehen. 

In Speyers Werk: Die geograph. Verbreitung der 
Schmetterlinge finden wir diese Ansicht noch weiter be- 
gründet. Es heisst da im Il. Theil Seite 262: „Die ab- 
weichende, lichtere und lebhaftere Färbung des Florida- 
Schmetterlings (im Vergleich zu der bei Rubi) würde 
nicht ausreichen, Artrechte zu begründen. Was aber für 


Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete. 113 


diese spricht, ist die ansehnlichere Grösse und der kräftige 
Bau von Florida. Die beiden gezogenen Männchen von 
Florida haben eine Vorderflügellänge von 7 Pariser Linien, 
das Weibchen eine kaum merklich geringere; die Ent- 
fernung der beiden Vorderflügelspitzen von einander be- 
trägt reichlich 15'/,‘. Das grösste meiner 6 Rubi- 
Exemplare, ein gefangenes 9, hat eine Vorderflügellänge 
von wenig mehr als 6°, eine Flügelspannung von wenig 
über 14. Gezogene Stücke pflegen gegen gefangene 
bekanntlich in der Grösse zurückzubleiben, der Grössen- 
unterschied, welcher constant ist, erhält daher im vor- 
liegenden Falle ein doppeltes Gewicht.* Endlich füge 
ich noch hinzu, dass auch die Färbung resp. Zeichnung 
der Raupen von Rubi und Florida von einander abweichen. 

Von der Gattung Mamestra treten in beiden Ge- 
bieten dieselben 13 Arten auf, während von den Dian- 
thoecien, den sogenannten Kapsel-Eulen, neben den ge- 
meinschaftlichen Arten Leipzig nur Lutulenta Bkh. und 
Chemnitz Proxima Hb. und Albimacula Bkh. für sich 
beanspruchen. Proxima wurde 1889 zum ersten Male 
bei Limbach gefunden, fehlt somit in meinem Eulenheft 
von 1887. 

Auffallend ist das bei Chemnitz, wenn auch spärliche, 
doch sicher nachgewiesene Vorkommen von den 3 Polia- 
Arten: Flavieineta Hb., Rufieineta Hb. und Xantho- 
mista Hb. nebst deren Varietät Nigrocineta Tr. Rufi- 
cincta hauptsächlich in Süd-Europa (Schweiz, Tirol) und 
im Orient verbreitet, wurde hier in den Steinbrüchen bei 

_ Hilbersdorf gefunden. 

Aeruginea Hb. Dich. Als Polargrenze bezeichnet Speyer 
für diese Art Lemberg, Brünn, Augsburg, Dauphine. 
Dies wäre demnach zu berichtigen. 

Viridana Walch. (Culta F.) Char. sehr selten. 

Jaspidea Vill. Val. ganz vereinzelt gefunden. 


Porphyrea Esp. Had. Manche Jahre gar nicht selten. 


Gemmea Tr. Had. Diese Eule ist ein Bewohner der Gebirge, 
im nordöstlichen Europa aber kommt sie auch in der 
Ebene vor. Hier bei Ühemnitz wurde sie manche Jahre 
ziemlich häufig angetroffen und ein befruchtetes Weibchen, 
lebend eingefangen, verrieth uns im Jahre 1887 durch 
Eierablage die bis dahin unbekannte Form, Lebensweise 
und Entwickelung der Gemmea-Raupe. Herr Werner in 
Hilbersdorf bei Chemnitz war der erste glückliche Gemmea- 


8 


114 Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete, 


Züchter. Man vergleiche Werner’s Bericht in den Ento- 
mologischen Nachrichten, herausgegeben von Dr. Karsch, 
Berlin, Jahrgang XIV 1888, No. 17, Seite 257, sowie 
mein Referat in der Entomologischen Zeitschrift des 
Internationalen Vereins II. Jahrgang No. 22, Seite 129 u. f. 

Abjeeta Hb. Had. wurde bei Chemnitz nur ganz einzeln ge- 
funden. 

Hepatica Hb. Had. sehr selten im Chemnitzer Gebiet. 

Nexa Hb. Non. bei Chemnitz bis jetzt nur zweimal gefunden. 

Obsoleta Hb. Leuc. Bei dem weiten Verbreitungsgebiet dieser 
Eule ist ihr, wenn auch vereinzeltes Vorkommen bei 
Chemnitz nicht überraschend. 

Respersa Hb. Car. wurde bei Chemnitz mehrfach als Raupe 
eingetragen und gezüchtet. Der Schmetterling lässt sich 
nur selten blicken. 

Suspeeta Hb.Dysch. Istin meinem Chemnitzer Eulenverzeichniss 
nachzutragen, da sie im Jahre 1889 bei Limbach ge- 
fangen wurde. R 

Viminalis F. Cleoc. Eine Gebirgseule, die besonders im 
Norden grosse Verbreitung findet und bis jenseits des 
Polarkreises vordringt. 

Nitida F. Orth. Wird jedes Jahr in einzelnen Exemplaren 
bei Chemnitz erbeutet. 

Pulchrina Hw. Plus. Man vergleiche Jota unter Abschnitt VI. 

Tarsiplumalis Hb. Zanc. bei Chemnitz häufig. 

Tarsipennalis Tr. Zanc. ziemlich selten. 


Als Resultat der Vergleichung der Macrolepidopteren- 
fauna von Chemnitz mit der des Leipziger Gebiets ergiebt 
sich, bei Weglassung der Geometrae, dass in beiden Distrikten 
430 Arten und 2 Varietäten gemeinschaftlich vorkommen und 
zwar 83 Rhopalocera mit 2 Varietäten, 33 Sphinges, 114 Bom- 
byces und 200 Noctuae. Im Leipziger Gebiet fliegen noch 
65 Arten und 2 Varietäten, welche im Chemnitzer Gebiet 
fehlen und zwar 6 Rhopalocera nebst 2 Varietäten, 9 Sphinges, 
9 Bombyces und 41 Noctuae. Andererseits fliegen im Chem- 
nitzer Distrikt und fehlen im Leipziger: 7 Rhopalocera, 
4 Sphinges, 12 Bombyces und 40 Noctuae, zusammen 64 Arten; 
sonach ist Leipzig und Umgebung im Ganzen nur um 1 Art 
und 2 Varietäten reicher. Die Untereinanderstellung dieser 
Zahlen wird die Uebersicht erleichtern. 


Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete. 115 


&emeinschaftlich: Leipzig: Chemnitz: 
Rhopal. 83-+-2 Var. Rhopal. 6-+2 Var. Rhopal. . . . 7 
Sphing. 33 Sphing. 9 Splune „ern... 
Bomb. 114 Bomb. 9 Bomk: + 8x2, 12 
Noctuae 200 Noctuae 41 Noctuae . . . 40 
430-2 Var. 65+2 Var. 64 


Die bisherigen Forschungen über die geographische Ver- 
breitung der Schmetterlinge Deutschlands und der Schweiz 
sowie über die geographischen Verhältnisse der Lepidopteren- 
fauna dieser Länder überhaupt beweisen uns also, da die 
beiden Verbreitungsgebiete von Leipzig und Chemnitz, trotz 
vielfacher Uebereinstimmung, charakteristische Abweichungen 
von einander zeigen, dass das Leipziger Gebiet der ersten 
Hälfte der untern Region, das Chemnitzer Gebiet aber der 
obern Grenze der unteren und der ersten Hälfte der Berg- 
region angehört. — Eine für später beabsichtigte Vergleichung 
der Geometraefaunen beider Distrikte wird das aus den bis- 
herigen sich ergebende Resultat ohne Zweifel nur noch mehr 
bestätigen. 


u — 


8* 


116 Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete, 


Leipzig u. Chemnitz 


m, 


Chemnitz 


Leipzig 


Pl. Phlaeasv.EleusF. | 
var 


Pol. Phlaeas 
Schmidtü Gerh. 


Pol. AmphidamasE.. | 


Lye. Orion Pallas. 


Rhopalocera. 


'Pap. Podalirius L. 
I „  Machaon L. 
‚Ap. Crataegi L. 
‚Pier. Brassicae L. 
| Rapae L. 
Napi L. 
Daplidice L. 


” 


” 
PL) 


'Leuc. Sinapis L. 
Col. Hyale L. 

| „ Edusa F. 

'Rhod. Rhamni L. 

Thec. Betulae. 

' „ Walbum Knoch. 

| „ Dieis Esp. 

Pruni L. 
Quercus L. 
Rubi L. 

. Virgaureae L. 
Hippotho&e L. 
Dorilis Hufn. 
Phlaeas L. 


|» 
) 


Ph) 


” 


'Anth. Cardamines L. 


| 
N 


I 
| 


 Thee. Spini Schiff. 


| 
' Pol. Thersamon Esp. 


| „ Aleiphron Rott. 


| 
| 


.'Lyc. Argiades Pall.| 


Aegon Schiff. 
Argus A. 
Icarus Rott. 


” 


Argiolus L. 
Semiarguskott. 


„Arion: 

„ Arcas Rott. 
Nem. Lueina L. 
Ap. Ins I: 

Dia Schiff. 

„ ab. Clytie Schiff. 

Lim. Populi F. 


|| 
| 
| 
| 
| 
|| 
I 9 


Cyllarus Rott. | 


Coridon Poda. 


EuphemusHüb. 


| 
| 
|| 
| 
| 
| 
| 


Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete. 


117 


Leipzig 


I 
‚ Leipzig u. Chemnitz | 


! 


Chemnitz 


Arg. Ino Esp. 


Par. Achine Se. 


Epin. Tithonus L. 


'Lim. Sibilla L. 
‚Van. Levana L. 
ir .C almamm 2, 

„  Polychloros L. 
„XanthomelasEsp. 
Urticae L. 

Io L. 

Antiopa L. - | 

Atalanta bb.) 

Cardui L. 
]. Maturna L. 


| Cinxia L. 


Aurinia Rott. 


| „  Dietynna Esp. 
Athalia Rott. 


Arg. Selene Schiff. 
„ Euphrosyne L. 
3 „ia iD. 
| „ Latonia L. 
Fr. „Aglaja. lo. 
| „.‚Niobe L. 
| Paphia L. ) 
Mel. Galathea L. 
|Er. Medusa. 
'Sat. Briseis L. ? 
I, ‚Semele L. 
| Yan, AED. 


Par. Megera L. 
Egeria v. Ege- 
rides Stgr. 
Epin. Janira L. 

„ HyperanthusL. 
Coen. Hero L. 
Iphis Schiff. 
„ Arcania L. 
„ Pamphilus L. 
Tiphon Rott. 
Spil. Alceae Esp. 


” 


” 


PL) 


Mel. Aurelia Nick. 


| Arg. Adippe L. 


Er. Ligea L. 


Par. Maera L. 


Syr. Carthami Hb. 


„ Malvae L. 


118  Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete. 


Chemnitz 


Leipzig Leipzig u. Chemnitz 


z 


Hesp. Actaeon Esp. 


Troch. Melanocepha- 
lum Dalm. 


Sesia Scoliaeformis 
Bkh. 


ab. Taras Meig. 
Nis. Tages L. 
Hesp.Thaumas Hufn. 
Lineola 0. 
Sylvanus Esp. 
Comma L. 
Palaemon 


” 


Cart. 
Pal: 


II. Heterocera A. 
Sphinges. 


Ach. Atropos L. 
Sph. Convolvuli L. 
„ Ligustri L. 

„ Pinastri .L. 
Deil. Galii Rott. 

Euphorbiae L. 

Livornica, Nerii 
u. Celerio zugefl.) 

„ Eilpenor L. 
„. Porcellus L. 
Sm. Tiliae L. 

„ Ocellata L. 

„  Papul I. 
Pter.Proserpina Pall. 
Macr. Stellatarum L. 

„ BombyliformisO. 
„Fuciformis L. 
Troch. Apiforme Cl. 


eh] 


( 


„ 
Lew. 


Sciapt. Tabaniforme 


Rott. 
Sesia Spheciformis 


Gern. 


„ Tipuliformis Cl. | 


„ ConopiformisEsp. 
„ Asiliformis Rott. 


Crabroniforme 


Sesia Leucopsiformis 
Esp. 


Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete. 


119 


Leipzig 


Leipzig u. Chemnitz | 


| 


Chemnitz 


Formicaeformis Esp. 
Empiformis Esp. 


Muscaeformis View. 
Ino Pruni Schiff 
Zyg.EphialtesL. var. 
„ Peucedani Esp. 
Naclia Ancilla L. 


Nola Strigula Schiff. 
Albula Hb. 


Lith. Muscerda Hufn. 
„ Griseola Hb. 


Spil. Mendica Cl. 


'Sar. Undulana Hb. 


‚Nola Togatulalis Hb. | 


'Nud. Mundana L. 


'Gn. Quadra L. | 
Deiop. Pulchella L. 


| Call. 


| eh} 
Pler. 
| Arct. 


- 

Sa.MyopaeformisBk. 

„ Culieiformis L. 

„ Lehneumoniform.F. 

Bemb. Hylaeiformis | 

Lasp. 

Ino Statices L. 

Zyg. Trifolii Esp. 
Filipendulae L. 


Synt. Phegea L. 


B. Bombyces. 

Ear. Chlorana L. 

Hyl. Prasinana L. 
„BicoloranaFWuessl. 


CucullatellaL. | 
„  Confusalis H. S. |) 
Call. Miniata Forst. 
Set. Irrorella Cl. 

„ Mesomella L. 
Lith. Deplana Esp. | 
LurideolaZinck. 
Complana L. 
Lutarella L. | 
Sororcula Hufn. | 


” 
” 
” 


” 


Rubrieollis L. 
Euch. Jacobaeae LU. 
Nem. Russula L. 
Dominula L. 
Hera L. 
Matronula L. | 
Caja L. 
. Do HlicaiL. 
Purpurata L. | 
ea. | 
. Fuliginosa L. | 


|Zye. Pilosellae Esp. 


„ ScabiosaeSchew. 


„Meliloti Esp. 


'Nud. Senex Hb. 


‚Nem. Plantaginis. 


120  Vergleiehung der Maerolepidopterenfauna von Chenmitz ete. 


| 
Leipzig ‚ Leipzig u.C'hemnitz | Chemnitz 


| | 
' Spil.LubrieipedaEsp. | Spil. Luetifera Esp. 
„ Menthastri Esp. 
„ Urtieae Esp. | 
Hep. Humuli L. ) 
„ Sylvinus L. 
„  Lupulinus L. 
I. 4," HestaıL., | 
Coss. Terebra F. |Coss. Cossus L. 
ıZeuz. Pyrina L. 
Het.LimacodesHufn. | 
„ Asella Schiff. || 
| Psyche Unieolor Hof. Psyche Opacella HS. 
|».  HirsutellaHb. 
‚Epich. Pulla Esp. ‚Fum. Intermediella 


Bra. 


"Org. Gonostigma F. 
I „ Antiqua L. 
ıDas. Fascelina L. 

I „» Pudibunda L. | 
\ Lar.L.nigrumMüller.. | 
| Leuc. Salieis L.L | 
‚ Pth. Chrysorrhoea L. 
' „  Similis Fuessl. 

ı Psil. Monacha L. 
| 


ı‚Oen. Dispar L. | 

! „ Detrita Esp. 

"Bomb. Crataeei L. 

 WPopuli L. 

|  „... Neustria-..L. 

' „.  Lanestris L. | Bomb. Catax L. 

I „ Rimicola Hb. 

„  Trifolii Esp. 

| +, #+/#Quereus.i; 

„. „JRnbEL, 

|Crat. Dumi L. 

Las. Potatoria L. 
„.Prani I | 
„ Quereifolia L. | 

\ „. Populifolia Esp.| Las. Lunigera v. Lob. 

„ TremulifoliaHlb. 


Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete. 121 


Leipzig | Leipzig u. Chemnitz Chemnitz 


‚Las. Dicifolia L. 
„Pin; | 
| Endr. Versieolora L.| 
Sat. Pavonia L. | 
‚Agl. Tau L. 
‚Drep. Faleataria L.| 
Drep.Harpagula Esp. |; ‚ Curvatula Bkh. | 
| . Lacertinaria 108 |: 
\ „ Binaria Hufn. 
| „ Cultraria F. 
"ci. Glaucata Sc. 
‚Tarp. Bicuspis Bkh. 
! :„,. »Binrenla Ta; / | 
| „Binde AHb.. |) 
| „  Erminea Esp. 
| „ Vinula L. | 
\Staur. Fagi L. | Ur. Ulmi Schif. 
ıHyb. Milhauseri F. 
ı Not. Tremula Cl. 
1119 DietaeoidesEsp. 
\ „tZiczaertE, 
Trilophus F. 
„ Trepida Esp. | 
Torva Hb. | 
Dromedarius L. | 
„ Chaonia Hb. 
„ Querna F. 
„ Trimaeula Esp. | 
Not.Argentina Schiff. | „  Bicoloria Schiff. | 
Loph. Carmelita Esp. 
I „. Camelina L. Loph. Cuculla Esp. 
IıPter. Palpina L. | 
ı Dryn. Velitaris Rott. 
Unet. Processionea L. | Gluph. Crenata Esp. | Phil. Plumigera Esp 
'Phal. Bucephala L.' 
Pyg. Anastomosis L. 
„ Curtula L. | 
Anachoreta F. 
I, BipsasHufn. |) 
‚Gon. Derasa” L. 


122 


Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete. 


Leipzig 


ı Leipzig u.Chemnitz 


Chemnitz 


Ars.Albovenosa Göze 


Acr. Abseondita Tr. 
Bryoph. Perla F. 


Acer. Orbona Hufn. 
Comes Hb. 


er] 


ÄAcr. 


Thyat. Batis L. 
Cym. OctogesimaHb. 
Or E. 

„ Duplaris L. 

„ Fluctuosa Hb. | 


” 


'Asph. Flavicornis L.| 


Ridens FE. 


Noetuae. 


Dil.Caeruleoceph. L. 
Dem. Coryli L. 
Leporina L. 
Aceris L. 
MegacephalaF. 
Alni L. 
Tridens Schiff. 
Psir'L. 
Auricoma F. 

„ Rumieis L. 
Mom. Orion Esp. 
Agr. Strigula Theb. 
Janthina Esp. 
Fimbria L. 
Augur FE. 

„ Pronuba L. 

„ Triangulum Huf. 
Baja F. 

C nigrum L. 


” 


” 


” 


” 


„ DitrapeziumBkh. | 
„ KanthographafF. | 


Rubi View. 
Brunnea F. 
Festiva Hb. 
„rs Pleetaih. 
Lucipeta F. 
Putris L. 


Exelamationis. 


Niericans L. 
Tritiei L. 


Asph. Ruficollis F. 


Acr. Cuspis Hb. 
Euphorbiae F. 
„  Ligustri F. 
Bryoph. Ravula Hb. 
„. . Algae F. 

„ Muralis Forst. 
Dipht. Ludifica L. 


7 


\ Panth.CoenobitaEsp. 
Agr. Signum F. 


„ Sobrina Gn. 

„ CandelarumSter. 
Stigmatica Hb. 
Umbrosa Hb. 
Florida Schm. 
Foreipula Hb. 
Öbelisca Hb. 
Saucia Hb. 

„ Crassa Hb. 

„ Vestigialis Rott. 


Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chen’nitz ete. 


123 


a ————————————————— nn 


Leipzig 


Leipzig u. Chemnitz 


Chemnitz 


Apor.Lutulenta Bkh. 


Agr. Ypsilon Rott. 
„ Segetum Schiff. 
„ Praecox L. 

„N Prasmar®. 

-„ OeceültaL. 

Char. Graminis L. 

Neur. Popularis F. 
„  Cespitis F. 

Mam. Leucophaea V. 
„Advena F. 

„ Tineta Br. 

„ Nebulosa Hufn. 
„ Contigua Vill. 

„ Thalassina Rott. 
„ Dissimilis Knoch. 

„Ps, 

„ Brassicae L. 

„ Persicariae L. 
„Oleracia L. 

„ Genistae Bkh. 

„ Glauca Hb. 

„ Dentina Esp. 

„ Trifolii Rott. 

„ Retieulata Vill. 
„ Chrysozona Bkh. 
„Serena F. 

Dianth. Nana Rott. 
„ Compta F. 

„ Capsincola Hb. 
„ Cucubali Fuessl. 
„ Carpophaga Bkh. 


Am. Caecimacula F.' 


Polia Chi L. 

Dry. Protea Bkh. 
Dich. Convergens F. 
„ Aprilina L. 
Mis. Oxyacanthae L. 
Ap. Testacea Hb. 

Lup. Virens L. 
Had. Adusta Esp. 


Dianth. Proxima Hb. 
Albimacula Bkh. 


Pol. Flavieincta F. 
„ Rufieineta Hb. 
„ Xanthomista Hb. 
Dich. Aeruginea Hb. 
Char.ViridanaWalch 
Val. Jaspidea Vill. 


'Had. Porphyrea Esp. 


„ Gemmea Tr. 


124  Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete, 


Leipzig 


eipzig u.Chemnitz | Chemnitz 


| 


| Had.Ochloreuca Esp. | Had. Abjeeta Hb. 

| Furva Hb. | „ Hepatica Hb. 
‚ Lateritia Hufn. | 

' „Monoglypha Hufn. 

„ Lithoxylea F. 

„ Sordida Bkh. 


Had. Sublustris Esp. 
„ Pabhulatricula | 
Brahm. 


| „ Basilinea FE | 
| „ Rurea F. | 
' „. SeolopacinaEsp. | 
| „ Gemina Hb. | 
\ „ Unanimis Tr. 
| 

| 

| 


| „. Didyma Esp. | 

' „Ophiogrammaksp. 

| „ Strigilis Cl. 

| „ Bicoloria Vill. | 

‚ Dipt. ScabriuseulaL. | 

' Hypp.RectilineaEsp. | 
| 


Cloanth. Hyperici F.| 

Eriop. Purpureofas- „  Polyodon Cl. | 
ciata Pill. | | 

' Trach. Atriplieis L.| 

Eup. Lucipara L. 
Brot. Metieulosa L. | 
| Man. Maura L. | 
ıNaen. Typica L. | 
\ Hel. LeucostigmaHb. | 
ı Hydr. Nietitans Bkh. | 
| „ Micacea Esp. | 
ıGort. Ochracea Hb.| 


Non. Sparganii Esp. Non. (annae. Non. Nexa Hb. 
| „ Arundinis F. 
Tap. Musculosa 'Tap. Fulva Hb. 


‚Cal. Lutosa Hb. | 
Leue. Straminea Tr. ‚Leue. Impudens Hb. |Leuc. Obsoleta Hb. 
„ Albipuncta F. | „  Impura Hb. 
I» Pallens L. 
| 4!» Gomma;L, 
| „.. Conigera F. 
'„. L album L. 


Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete. 125 


Leipzig | Leipzig u. Chemnitz Chemnitz 


 Leue. Lithargyrea E. 
s..-Lurea L, 
' Gramm.Trigrammica 
Hufn. 
Car. Morpheus Hufn. 
' „ QuadripunctataF. 
„Alsines Brahm. Car. Respersa Hb. 
„Ambigua F. 
„Taraxaci Hb. 
Car. Palustris Hb. | „Arcuosa Hw. 
Acosm. CaliginosaH. Rus. Tenebrosa Hb. 
Amph.TragopoginisL 
„ Pyramidea L. 
| Taen. Gothica L. 
„ Miniosa. 
PulverulentaEsp. 
| „ Stabilis View. | 
| „ Gracilis F. 
' „ Incerta Hufn. 
„ Opima Hb. 
„ Munda Esp. 
Pan. Piniperda.Panz. 
ı Pach. Leucographa 
| Hb. 
„ Rubricosa F. | 
Die. 00: L. 'Cal. Pyralina View. 
Cal. Diffinis L. | „. Trapezina L. 
„ Atınıs LI, ıCosm. Paleacea Esp. 
Dys. Suspecta Hb. | Dys.Fissipuncta Hw. Das. Suspecta Hb. 
ı Plast. Retusa L. | 
' „. Bubtusa F. Cleoc. Viminalis F. 
Orth. Lota Cl. 
' „. Circellaris Hfn. 
| „ Helvola L. 
| „ Pistaeina F. |Orth. Nitida F. 
i 4 »Litura’ Il | 


Taen. Populeti Tr. 


& as 
Dr 


Xanth. Aurago F. Xanth. Citrago L. 
Gilvago Esp. | „ .  Flavago FE. 
Ocellaris Bch. „  Fulvago L. 


Opor. Croceago F. | Orrh.V punctatumE | 


126 Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz etc. 


Leipzig Leipzig u. Öhemnitz Chemnitz 
Orrh.  Erythroce-\Orrh. Vaceinü L. 


phala F. 


Xyl.Semibrunnea H. 


Ast.NubeculosusEsp. 

Sphinx Hufn. 
Ouc. Tanaceti Schiff. 
Tel. AmethystinaHb. 


Plus. Jota. 
Aed. Funesta Esp. 
Helioth. Ononis F. 


Acont. Lucida Hufn. 
Luctuosa Esp. 


Er. Pusilla View. 
Deceptoria Se. 


Ligula Esp. 

„ Rubiginea F. 
Scop. Satellitia L. 
Scol. Libatrix L. 
Xyl. Socia Rott. 

„  Fureifera Hufn. 

„ Ornithopus Rott. 
Cal. Vetusta Hb. 

„ Exoleta L. 

„ Solidaginis Hb. 
'Xyl. Conspicillaris L. 
Cal. Lunula Hufn. 
Cuc. Verbasci L. 

„Scerophulariaeliap. 


ER) 


Asteris Schiff. 
Umbratica L. 
Lactucae Esp. 


” 


” 


Chamomillae 
Schiff. 


” 


Plus. Triplasia L. 
Tripartita Hfn. 
Moneta F. 
Chrysitis L. 
Festucae L. 

„ Gamma L. 
An. Myrtilli L. 
Heliac. TenebrataSe. 
Helioth. Dipsaceus l.. 
Char. Umbra Hufn. 
Er. Argentula Hb. 
„ Uneula Cl. 
„Fasciana L. 
Proth. Viridaria Ol. 
Agroph.Trabealise. 
Eucel. Mi Cl. 


” 


„  Gilyphica L. 


'Pseud.Lunaris Schiff. | 


Plus. Pulchrina Hw. 


Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete. 


Leipzig 


Leipzig u. Chemnitz 


Chemnitz 


Catoc. Elocata Esp.| 


Hrm. TentacularisL. 
Derivalis Hb. | 


pr] 


I 


Breph. Nothum. 


Catoc. Fraxini L. 
Nupta L. 
Sponsa L. 

„  Promissa Esp. 
Adv. Flexula Schiff. 
Bol. Fuliginaria L. 
Hel. Calvaria F. 


” 
” 


‚Zane. Grisealis Hb. 


„ Emortualis Schiff. 
Mad. Salicalis Schiff. 
Pech. Barbalıs. 


"Bom. Fontis Hub. 


Hyp. Rostralis L. 
„ Proboscidalis L. 
Riv. Sericealis Sc. 
Breph. Parthenias. 


Cat.AlchymistaSchiff 


| 
'Zanc. Tarsiplumalis 


Hb. 
„TarsipennalisTr. 


— 3  — 


128 Staudinger: 


Lebensskizze des Dr. Paul Hahnel. 


Die folgenden entomologischen Erinnerungen des leider 
viel zu früh verstorbenen Dr. Paul Hahnel sollten eigentlich 
als besonderes Werk erscheinen, oder den dritten Theil des 
Werkes bilden, von denen meine „Exotischen Tagschmetter- 
linge“ bereits vor mehreren Jahren als erster Theil erschienen 
sind. Aber abgesehen davon, dass es kaum rathsam wäre, 
dieselben in einem so grossen Format, wie das des erwähnten 
Werkes, erscheinen zu lassen, glaube ich, dass sie in einer 
entomologischen Zeitschrift, wie es die „Iris“ ist, die grösste 
Verbreitung und Anerkennung finden. Ich denke, dass es den 
Leser interessiren wird, Näheres über den Verfasser zu er- 
fahren, der unstreitig zu den besten Sammlern in den Tropen 
gehörte, und der nicht nur Lepidopteren, sondern auch alle 
anderen Insekten, sowie andere Thiere und Gegenstände in _ 
wahrhaft bewundernswerther Weise zu sammeln und zu kon- 
serviren verstand. 

Paul Hahnel wurde am 17. April 1843 in Schlegenburg 
bei Leobschütz (Ober-Schlesien) geboren, wo sein Vater Grenz- 
beamter war. Mit zehn Jahren kam er in ein Knabenpensionat 
und mit dreizehn Jahren auf das Gymnasium zu Ratibor, wo 
er grossen Lerneifer zeigte und vorzügliche Zeugnisse erhielt. In 
Folge dessen bewog sein Pathe, ein Pastor Kellner, der ein Freund 
seines sehr religiösen Vaters war, denselben, den Sohn Theologie 
studiren zu lassen, ohne auf dessen Neigungen Rücksicht zu: 
nehmen. Paul Halınel kam dann auf das grössere Gymnasium 
von Brieg, wo er im Frühjahr 1362 sein Abiturienten-Examen 
machte. Darauf studirte er ein Jahr in Leipzig und zwei Jahre 
in Erlangen T’'heologie und promovirte im August 1865 in Jena 
zum Doctor der Philosophie. Er hatte während der Studienzeit 
harte Kämpfe, besonders mit seinem Pathen, dem Pastor 
Kellner, gehabt und wiederholt erklärt, er könne nicht Prediger 
werden, weder seiner inneren Ueberzeugung nach, noch seiner 
schwachen Brust wegen. Auch hatte er während seiner 
Stidienzeit, neben den theologischen, fleissig (vielleicht über- 
wiegend) naturwissenschaftliche Collegia gehört, und stand 
der Entschluss, weite Reisen zu machen, schon damals in ihm 


Lebensskizze des Dr. Paul Hahnel. 129 


fest. Er war zu diesem Zweck sogar schon nach Hamburg 
gereist, und nur die flehentlichen Bitten seiner Mutter (sein 
Vater war inzwischen gestorben), hielten ihn davon ab. Vom 
Herbst 1865 bis 1868 war er Hauslehrer beim Generaldireetor 
Neumann in Mallmitz in Schlesien. Da an dem dortigen 
Hüttenwerk dann gerade eine gute Stelle, als kaufmännischer 
Buchhalter, frei wurde, bewarb er sich auf Zureden von be- 
freundeter Seite mit Erfolg um dieselbe. Es blieb ihm dabei 
Zeit, seine geliebten Wälder und Felder durchstreifen zu 
können, und namentlich wurde er durch diese Stellung in die 
Lage versetzt, seine Braut (Frl. Emma Ebel) im Mai 1872 
heirathen zu können. Leider starb seine Frau bereits im 
November 1875 und hinterlies ihm ein kleines Töchterchen 
Amalfrede; (ein zweites Töchterchen war bereits gestorben). 
Durch diesen Verlust und noch andere traurige Ereignisse war 
seine ohnehin schwache Gesundheit stark erschüttert und gab 
er seine inzwischen sehr vielseitig und verantwortlich ge- 
wordene Stellung auf. Er machte zu seiner Erholung 1876 
eine kleine Reise nach Süd-Deutschland und der Schweiz und 
kam auf dem Rückwege nach Dresden, wo eine Schwester 
seiner Frau verheirathet war. Damals, im Hochsommer 1876, 
besuchte er mich in Blasewitz und lernte ich ihn zuerst 
kennen. Er sah bei mir zum ersten Male eine grössere 
Sammlung und war besonders von der Schönheit und Pracht 
der exotischen Schmetterlinge ganz begeistert. Er sprach 
auch mit mir über eine etwaige Sammelreise nach den 
Tropen, zu der ich ihn indessen in keiner Weise ermunterte, 
da ich ihn ja gar nicht kannte und er bisher nur nebenbei 
Schmetterlinge gesammelt hatte, ohne viel davon zu kennen. 
Ich erklärte mich gern bereit, ihm eine möglichst gute Sammel- 
Ausrüstung zu besorgen und ihn auch speciell bestens zu 
instruiren, wenn er wirklich eine Tropenreise antreten würde. 
Ich hielt dies aber bei seiner schwachen Gesundheit, bei seiner 
grossen Knrzsichtigkeit und bisherigen gänzlichen Mangel an 
Sammelerfahrung, zumal in den Tropen, für eine sehr gewagte 
Sache, um so mehr als es mir schien, dass er seinen aus- 
schliesslichen Lebensunterhalt durch das Sammeln gewinnen 
zu wollen, im Sinne hatte. Auf das Aeusserste erstaunt war 
ich, als er mir im December schrieb, er sei nun fest entschlossen, 
im nächsten ‚Januar seine Reise anzutreten, da er den Haupt- 
schritt dazu gethan habe und sich vorher wieder verheirathen 
werde. Ich hielt dies damals, offen gestanden, für eine grosse 
Thorheit; aber erst später, als ich ihn und seine zweite Frau, 
9 


130 Staudinger: 


eine Engländerin, Miss Catharina Crutschley, genauer kennen 
lernte, sah ich ein, ‘dass er in der That ohne diese äusserst 
praktische, ihrem kranken Mann aufopfernd pflegende Frau 
seine Reisen gar nicht hätte machen Können. 

So erschien er denn Anfang ‚Januar 1877 bei mir wiederum 
in Blasewitz, um die Ausrüstung und meine besten Rathschläge 
für seine Sammelreise in Empfang zu nehmen und sich dann 
sofort mit seiner Frau und seinem etwa dreijährigen Töchterchen 
über Hamburg nach Puerto Cabello in Venezuela einzuschiffen. 
Erst im Mai etwa erhielt ich seinem ersten Brief von San 
Esteban, einem in der Nähe Puerto Cabello’s gelegenem Orte, 
wo er bei einem Deutschen, F. Starke, wohnte. Er theilte 
mir darin auch mit, dass er eine Sendung an mich gemacht 
habe und bat mich, ihm den Betrag derselben bald zukommen 
zu lassen, da seine Mittel durch die Reise völlig aufgebraucht 
seien. Die Sendung kam im Juni an und war ich, sowie die 
gerade bei mir anwesenden Herren Godman und Salvin aus 
England, erstaunt über die trefflich erhaltenen Stücke, selbst 
der zartesten Lycaeniden und Eryciniden. Ich drückte ihm 
meine Bewunderung über die treffliche Sendung aus und in- 
dem ich den gut bemessenen Betrag dafür in einem Wechsel 
beilegte, fügte ich hinzu, dass ich nach dieser Sendung gern 
bereit sei, alle von ihm gesammelten Sachen zu übernehmen. 
Er antwortete mir, dass er das um so lieber thun würde, als 
ein anderer Sammler, dem er etwa dieselben Sachen wie mir 
gesandt, ihm noch weniger dafür gezahlt, während er von 
einem dritten, dem er weniger gesandt, noch Nichts er- 
halten habe. 


Nachdem Dr. Hahnel auf meinem Wunsch im September 
die mit Frau und Kind sehr beschwerliche Reise nach Merida, 
im Innern Venezuelas, angetreten und dort, wie in Valera bis 
Ende 1878 viel und erfolgreich gesammelt hatte, kehrte er im 
Januar 1879 zurück und nahm in Blasewitz seinen Wohnsitz. 
Er half mir bei meinen nur zu vielen entomoligischen Arbeiten 
fleissig und mit grossem Interesse, aber er konnte die sitzende 
Lebensweise bei seiner so schwachen Brust nicht vertragen. 
Ich rieth ihm .sehr zu einer neuen Reise nach dem durch 
Bates’s langem Aufenthalt und reicher Ausbeute so berühmten 
Amazonas-Gebiet, von dem meiner Sammlung fast alle dem- 
selben eigenthümliche Arten fehlten. Nachdem wir uns gern 
erboten, seine kleine Tochter Amalfrede bei uns zu behalten 
und für deren Erziehung nach bester Einsicht zu sorgen, fuhr 
er im August 1879 mit seiner Frau über England nach dem 


Lebensskizze des Dr. Paul Hahnel. 131 


Amazonas, dem grössten aller Ströme der Erde. Ueber seinem 
Aufenthalt dort an den verschiedenen Stationen (Parä, Juruty, 
Obidos, Villa Bella, Mau6s, Massauary, Parentins, Manäos, 
Coary, Teffe, S. Paulo de Olivenca, Pebas, Iquitos, Jurimaguas 
[Chambira] und zurück Iquitos und Fonteboa) ist Näheres in 
den folgenden Erinnerungen zu ersehen. Im Mai 1884 kehrte 
er zurück, da es ihm wegen körperlicher Schwäche unmöglich 
gewesen war, die beabsichtigte Reise in die Cordilleren zu 
machen. Trotz dieser Schwäche, die ihn wiederholt am eifrigen 
Sammeln hinderte, hat er in den etwa vier Jahren seines 
Sammel-Aufenthaltes dort und mit Hülfe seiner Frau etwa 
20.000 Lepidopteren, ebensoviel Coleopteren, gegen 6000 andere 
Insekten und eine Anzahl Conchylien, Vogeleier, Spiritus- 
Sachen, sowie ethnographische Gegenstände zusammengebracht. 
Ein Jahr vor seiner Rückkehr wurde ihm und uns der grosse 
Schmerz zu Theil, dass seine von ihm heissgeliebte Tochter 
Amalfrede an der bösen Diphtheritis starb, was ihn tief nieder- 
bengte. Er zog nach Sprottau in Schlesien, wo seine Mutter 
und seine beiden Schwestern lebten, aber das nordische Klima 
sagte seiner kranken Brust nicht zu und obwohl er schon 
sehr schwach war, fuhr er Anfang October 1885 wiederum 
mit seiner Frau und einem jungen Bekannten, Otto Michael, 
über Hamburg nach Parä&. Meine Frau und ich waren bei 
seiner Abreise in Hamburg und wir beide ahnten, wohl mit 
ihm selbst, dass er nicht zurückkehren würde. Auch hat er 
selbst nur zuerst noch ein wenig mitsammeln können, später 
war er zuschwach dazu. Bis Mitte März 1386 war er in Itaituba 
am Tapajoz, dann bis Anfang Mai in Santarem, darauf in 
Faro eine kurze Zeit. Ueber Manäos ging er den Rio negro 
bis St. Thomar hinauf, wo er von Mitte Juli bis Anfang 
October blieb; bis Februar 1857 war er in Manäos und auf 
dem Sitio Harms, eines deutschen Ansiedlers, in der Nähe. 
Am 7. Februar trat er seine letzte Reise nach Manicore am 
Rio Madeira an, wo er am 11. anlangte. Bis zum 5. Mai 
machte er noch kurze Notizen in seinem Tagebuche und am 
12. Mai früh 5 Uhr starb er nach schweren Leiden in den 
letzten Tagen. Er wurde noch an demselben Tage Nachmittags 
unter den Palmen, die er so sehr geliebt, begraben. Seine Frau 
blieb noch mit Otto Michael bis März 1888 im Amazonas- 
(rebiet, um im Sinne des Verstorbenen weiter zu sammeln. 
Dr. Paul Hahnel war von ziemlich grosser Gestalt, blond, 
mit einem blassen, leidenden Gesicht, einem langen röthlichem 
Vollbart und trug stets eine goldene Brille. Er war ein 


9* 


132 Staudinger: Lebensskizze des Dr. Hahnel. 


liebenswürdiger, kluger, geistreicher Mann, bei besserem Be- 
finden sehr heiter, durch sein körperliches Leiden aber, wie 
durch den Verlust seines geliebten Kindes, zuletzt meist traurig 
und ernst gestimmt. Er war eine für das praktische Leben 
fast zu ideal, poetisch angelegte Natur, wie der Leser dies 
auch theilweise in seinen folgenden Schilderungen er- 
kennen kann. 


Auf der Waid bei St. Gallen, im Juli 1890. 


0. Staudinger. 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 133 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika 


von Dr. Hahnel. 


Erster Theil. 


Nach Venezuela. 


Es war in Folge der Anregung, die ich im Sommer 18376 
durch den glücklichen Fang eines Hermaphroditen von Argynnis 
Paphia erhielt, dass ich mich entschloss, eine Sammelreise 
nach Venezuela zu unternehmen, indem ich hierbei in erster 
Linie nur von dem Verlangen beherrscht war, den Genuss 
eines ausserordentlichen Beutestückes, wie ihn mir jener seltene 
Fang gewährt hatte, öfters einmal davonzutragen. 

Anfang Januar 1877 trat ich von Hamburg aus in Be- 
gleitung meiner Frau und meiner kleinen, dreijährigen Tochter 
die Reise an. Nach einer im ganzen stürmischen Fahrt waren 
wir am 20. Tage in der Nähe der westindischen Inseln an- 
gelegt, und nachdem wir zunächst an einigen unbewohnten 
Felsenriffen vorübergekommen, traten wir nun von Süden 
her durch eine enge Einfahrt in den geschützten Hafen von 
St. Thomas ein. 

Es ist ein prächtiges, für das europäische Auge ganz 
neues, farbenreiches Bild, das sich vor uns aufrollt. In reizen- 
der Symmetrie gruppirt sich die Stadt mit ihren hellfarbigen, 
sauberen Häusern um die drei Hügel, die von dem Gebirgs- 
kamm nach dem Hafen zu abfallen, während rechts und links 
vorgeschobene Halbinseln das Hafenbecken umfassen. Bald 
wimmelt es um unser Schiff von kleinen und grossen Booten, 
alle bemannt mit weissgekleideten Negern. Unser Dampfer 
nimmt Aufenthalt bis zum andern Tage, also benützen wir 
die Zeit zu einem ersten Ausfluge in die südliche Landschaft. 
Nachdem wir eine kleine Promenade durch die Strassen der 
Stadt gemacht, die uns die verschiedenartigsten neuen Ein- 
drücke gewährt, suchen wir das Hotel auf, von dessen Balkon 
wir eine herrliche Aussicht über den Hafen mit seinen Schiffen 
und rudernden Booten geniessen. Da fliegt um die rothen 


134 Hahnel: - 


Blüthen eines Baumes dicht vor uns der erste Falter, den wir 
auf dem Boden der Neuen Welt erblicken, ein Papilio Poly- 
damas. Nun lässt sich der Eifer nicht mehr zurückhalten, 
und wir ergreifen das Netz, um hinauszustürmen in’s Freie, 
den Feldern und Gebüschen zu, die hinter der Stadt den Berg 
sich hinanziehen. Ein Mitpassagier von unserm Dampfer be- 
gleitet uns, und so treten wir die erste Wanderung an. 

So schön nun auch der Anblick der Insel vom Meere 
her ist, so ist es doch eben nur die Stadt selbst, die Cultur- 
stätte inmitten des öden Oceans, die auf den seemüden An- 
kömmling den ersten, nie vergessenen Reiz ausübt; die Insel 
an sich, das merkten wir bald, nachdem wir die letzten Hütten 
hinter uns gelassen und immer höher über die Stadt empor- 
stiegen, entbehrt gänzlich aller landschaftlichen Schönheit. 
Niedriges Gebüsch und dürre Gräser bedecken den Abhang, 
und als Lichtpunkte in diesem todten Gestrüpp schimmern 
hier und da einige Fleckchen hellgrünes Zuckerrohr, als die 
einzigen Reize, die sich dem enttäuschten Auge bieten. Erst 
nachdem wir aus dem wirren Gesträuch wieder herabgestiegen, 
sollten wir bei einer Hütte, in deren Nachbarschaft einige 
blühende Sträucher standen, das ersehnte Vergnügen haben, 
den ersten Fang zu machen, nachdem uns bisher so gut wie 
nichts vor Augen gekommen war. Einige hübsche, perl- 
mutterglänzende Dione Vanillae, die citrongelbe Catopsilia 
wubule, und ein Simplieius aus dem merkwürdigen, langge- 
schwänzten Hesperiden Genus Thymele entschädigten uns 
hier für das lange vergebliche Suchen. Auch eine prächtige 
Hymnenoptere fing ich noch, ich erhielt aber bei dieser Ge- 
legenheit einen sehr fühlbaren Denkzettel, Künftighin vor- 
sichtie zu sein bei Behandlung unbekannter Gegenstände. 
Ich hatte dieses schöne Thier mit grünem Leib und rothen 
Flügeln für nichts anderes als eine Art Zygaenide angesehen 
und war ganz glücklich über die hervorstechenden Farben 
des ziemlich grossen T'hierchens, als ich beim Tödten einen 
furchtbaren Stich in den Finger erhielt, der mich denn be- 
lehrte, mit was ich es hier zu thun hatte. 

So kam ich doch von diesem Ausfluge wenigstens nicht 
leer zurück und wir hatten für den Rest des Tages Stoff 
genug, unsere Beobachtungen gegenseitig auszutauschen. 

Zwei Tage später landeten wir in Puerto Cabello. Es 
war früh im Morgengrauen, als wir uns der Küste näherten 


und je heller das Tageslicht wurde, je deutlicher die Umrisse 


des imposanten Gebirgswalles hervortraten, desto höher stieg 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 135 


unser Staunen und unser Entzücken über die wundervolle, 
unmittelbar aus dem Meere emporsteigende (Gebirgsscenerie, 
die zu den herrlichsten Küstenlandschaften gehört, die es 
überhaupt wohl giebt. Die Sonne vergoldete die langge- 
streckten Rücken und die flachen Kuppen der hohen Cumbre; 
und die tausendfach gefalteten Abhänge der Ausläufer, die 
den Fuss dieses Gebirgsstockes umgeben, spielten unter dem 
wolkenlos klaren Morgenhimmel in den wunderbarsten, blauen 
und violetten Farben, während gerade vor uns hinter den 
nächsten Vorbergen ein grotesker, schroffer Felsenkoloss im 
tiefsten Schwarzblau hervorragte. Zur Rechten schimmerte 
auf dem äussersten Vorsprung blendend weiss das Castell 
herab und vor uns lag nun an dem flachen Strande, weiss 
und gelb, die palmengeschmückte Stadt. 


Wir legen dicht am Ufer an, und nachdem wir die Be- 
kanntschaft einiger alsbald an Bord gekommener Landsleute 
gemacht, wandert zunächst unser Gepäck zur Revision nach 
dem Zollhaus, um sodann nach der Posada gebracht zu werden, 
wo wir für wenige Tage uns aufzuhalten gedenken. 


Am andern Morgen war ich zeitig auf, denn ich hatte 
vor, eine grössere Recognoscirung zu unternehmen, um das 
Terrain kennen zu lernen, das künftig der Schauplatz meiner 
Thätigkeit sein sollte. Hinter der Stadt, deren letzte Aus- 
läufer sich in Sand und Kaktushecken verlieren, führt der 
Weg zunächst eine kurze Strecke über kahles, der Ueber- 
fluthung durch Seewasser ausgesetztes Lehmfeld, belebt mit 
hellblauen Krabben, die eiligst vor uns in ihre Löcher sich 
verbergen. Dann zieht sich die Strasse zwischen zwei weiss- 
getünchten Mauerwerken, die die beiden Kirchhöfe der Ein- 
heimischen und der Fremden umfassen und grell mit der um- 
sebenden Natur contrastiren, allmählich an der Berglehne 
aufwärts, und während links über das sandige Thal ein 
starrender Wald von riesenarmigen Kaktusstämmen und fein- 
gefiederten Mimosen sich ausbreitet, bedecken zur Rechten 
die rothen T’honabhänge des Berges mächtige Agaven, aus 
denen hier und da die hochgeschossenen Blüthenschäfte mit 
ihren zierlichen, weissen Glöckchen märchenhaft gegen den 
blauen Himmel sich abheben. 

Als der Weg den Sattel des niedern Passes erreicht 
hatte, bot sich dem rückwärts blickenden Auge eine herrliche 
Aussicht über das grünlich schimmernde Meer, die blinkende 
Stadt mit den darüber emporragenden Masten der Schiffe, 
die noch in Frühdunkel gehüllten Bergabhänge und den an 


136 Hahnel: 


ihrem Fusse sich hinziehenden flachen Strand mit seinen 
Büschen und Kokospalmen. Auf der andern Seite des Passes 
aber entfaltete sich eine prächtige Fernsicht über ein weites 
erünes Thal, in welchem Weideplätze, Palmen und zerstreute 
Baumgrnppen ein Tropenbild von einer reizenden, idyllischen 
Einfachheit und Ruhe schufen. Dort in der Ferne, der breite 
Streifen roth leuchtender Baumkronen, sind die blühenden, 
jetzt blätterlosen Schattenbäume, unter deren Schutze die 
wohlbewässerten Cacaopflanzungen angelegt sind. Mit jedem 
Schritt, den wir abwärts steigen, gewahren wir neue, inter- 
essante Baumformen. Dort elänzt am Berehang kupferroth 
der glatte Stamm eines kräftigen Baumes, den man den nackten 
Indianer nennt, hier ragt ein Baumriese mit ungeheurem 
Kronendach in die Luft, die graue Rinde ist mit stachlichen 
Buckeln besetzt und an den Aesten haften unförmliche 
schwarze Klumpen, die Nester von Teriniten. 

Eine Wasserleitung, die aus diesem Thale um den 
Castellberg herum der Stadt das Trinkwasser zuführt, tritt an 
die Strasse heran; und hier in dem schattigen Gebüsch finden 
wir so frühzeitig schon, von den ersten Sonnenstrahlen ge- 
weckt, langsam flatternde kleine Falter mit durchsichtigen 
Flügeln, die ersten Repräsentanten der so unendlich zahl- 
reichen, echt südamerikanischen Gruppe der Ithomiden. Ueber 
uns in den gelben Blüthen eines Baumes hören wir ein ruck- 
weise unterbrochenes Schwirren wie von einem grossen 
Schwärmer. Wir blicken hinauf, und gewahren von Blüthe 
zu Blüthe eilend nicht einen Schwärmer, aber den ersten 
Kolibri. Ein wundersamer Anblick, wie das Thierchen mit 
Kopf und Körper fast unbeweglich vor den Blüthen hält, um 
die Käferchen darin zu erspähen, während die Flügel in un- 
glaublich schnellen, vibrirenden Schwingungen es in der Luft 
halten, und in weniger rapider Weise der Schwanz diese 
Aufgabe unterstützt. Dieses Festhalten eines Luftpunktes in 
der complizirten Weise, wie es diese reizenden Geschöpfe aus- 
üben, ist eine der merkwürdigsten Bewegungen, die im der 
Thierwelt vorkommen, und findet nur ein halb zutreffendes 
Gegenstück in dem Rütteln der Raubvögel, dem Schwirren 
der Schwärmer, und dem Stehen gewisser Fliegenarten, 
welches, wenn auch zum Theil gleich heftige, doch immer nur 
weit einfachere Bewegungen sind, und des fesselnden Reizes 
entbehren, der bei diesen so wunderbaren, wie ein Pfeil dann 
dahinschiessenden Thierchen gerade in dieser Doppelbewegung 
liegt. 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 137 


Allmählich verengert sich das Thal, die jenseitigen Höhen 
treten näher heran, und wir gewinnen bei einer Krümmung 
des Weges einen Blick in den oberen Thaleinschnitt, mit dem 
vorgelagerten Burro und der den Hintergrund abschliessenden 
Cumbre. Zur Seite des Weges tritt nun die Cacao-Hacienda 
dieht heran, die buschartigen, grossblättrigen Cacaostämme 
sind wie die hohen Schattenbäume regelmässig in Reihen ge- 
pflanzt, und wie ein zweites Stockwerk ragen in gleichmässig 
hohem, luftigem Abstande, letzere über ihre Schützlinge empor. 
Einige Brotfruchtbäume, Fremdlinge in diesem Lande, wie so 
mancher andere Baum, lenken dann unsere Blicke auf sich; 
ihre glänzenden, grossen, gezackten Blätter könnten wir zählen, 
so scharf hebt sich jedes einzelne ab. Aber mehr noch als 
sie bewundern wir nur die herrlichen üppigen Formen der 
Bananen, unter allen tropischen Gewächsen die charakteri- 
stischste Erscheinung. Wie kein anderes Gewächs vereinigen 
sie in sich die verschiedenartigsten Typen der Pflanzenwelt. 
Mit der Gestalt des Baumes verbinden sie das saftige Grün 
der Staudengewächse, und mit der Ueppigkeit der Blattpflanze 
den zierlichen Schwung der Palmenkrone. Und unvergleichlich 
wie ihr Anblick ist ihre nie versiegende Fruchtbarkeit. Hat 
ein Stamm getragen, und seinen Zweck erfüllt, so erwachsen 
aus seiner Wurzel schon wieder neue Sprossen, sodass jahraus 
jahrein dem Sohne der Tropen diese Universalnahrung nicht 
mangelt, diese köstliche Verbindung von Butterbrot und süsser 
Frucht. 

Wir nähern uns jetzt dem Dorfe, von dem das Thal den 
Namen trägt, San Esteban. Freundliche Villen mit reizenden 
Gärten sagen aus, dass hier ein bevorzugter Aufenthalt der 
Kaufleute aus der Stadt ist, die zumeist Deutsche, hier ihre 
Sommerfrische aufgeschlagen haben, um wenigstens für die 
Nachtstunden dem heissen Puerto OGabello zu entfliehen. Bald 
haben wir das Haus der Madama Simon erreicht, an welche 
wir Empfehlungen hatten, und welche freundlich genug ist 
uns einzuladen, für die nächste Zeit Aufenthalt bei ihr zu 
nehmen, bis sich eine geeignete Wohnung für uns gefunden hätte. 

Puerto Cabello, dessen nächste Umgebung zu trocken 
und waldlos ist, hätte uns nicht zum Wohnsitz dienen Können, 
dagegen versprach uns dieses prächtige, waldreiche, und 
mannigfach coupirte Gebirgsthal die erwünschteste Ausbeute. 

Andern Tags brachte uns also ein Dreigespann von 
Maulthieren nach San Esteban, und einige Tage später be- 
zogen wir weiter aufwärts im Dorfe ein passend gefundenes Haus. 


138 Hahnel: 


San Esteban. 
I. 


Unser Wirth, Herr Friedrich Starke, war seiner Zeit 
mit Appun, dem bekannten Reisenden, nach Venezuela ge- 
kommen, und nun schon gegen dreissig Jahre hier ansässig. 
‚r, sowie sein Bruder, Herr Hermann Starke, hatten in dieser 
langen Reihe von Jahren die Naturschätze der Umgegend 
nach allen Richtungen hin ausgebeutet, und reiche Sendungen 
nach Kuropa gelangen lassen. Ich durfte demnach nicht erwarten, 
hier noch unbekannte Neuheiten zu entdecken; doch da für 
mich selber jede einzelne Art etwas Neues war, so störte mich 
diese Betrachtung wenig, zumal ich gleich von dem ersten 
Ausgange an täglich Gelegenheit hatte, eine grosse Auswahl 
der verschiedensten Formen zu finden. 

Meine ersten Ausflüge richteten sich nach der Hacienda, 
in deren Schatten auf breitblättrigen Nesseln zahlreiche 
Arten der Ithomien und ihrer Verwandten, den Ceratinia, 
Dircenna u. s. w. eine stille, wenig lebhafte Gesellschaft 
bildeten. Langsam und etwas schwerfällig fliegen sie auf, 
dazwischen einige grössere Mechanitis Polymnia und Tithorea 
Furia, und es kostet nur wenig Mühe, eine Anzahl davon zu 
erhaschen. Kleine gelbe und weisse Eurema nehmen dicht 
am Boden durch das Gewirr der Kräuter ihren unruhigen 
Flug und wissen geschickt den wiederholten Nachstellungen 
zu entgehen. An freieren Stellen, wo Blumen das Grün be- 
leben, flattert um die Blüthen die buntgescheckte Anartia 
Amalthea und die pfauenaugenähnliche Iunonia Lavinia, 
zwei Arten, die nebst der perlmutterähnlichen Euptoieta Hegesia 
unter all den neuen Erscheinungen noch am meisten an 
europäische Formen erinnern. 

Die schönsten Erwerbungen aber, die wir hier machen, 
sind die schwarzen, grün und roth gefleckten Papilio-Arten 
Arcas und KEurimedes mit ihren abweichend gefärbten 
Weibchen; Arten die ungleich ihrer so zahlreichen, grösseren 
Genossen aus derselben Sippe niemals an freie, sonnige Plätze 
hervortreten, sondern stets im kühlenden, bergenden Schatten 
des Waldes verharren. Drollig nimmt es sich aus, wenn diese 
Thiere, auf den Blättern sich niederlassend, die Vorderflügel 
ganz in sich ziehen, offenbar um sich möglichst unschembar 
zu machen vor der nahenden Gefahr. 

Indem wir die Strasse betreten, treiben wir an den 
Grabenbüschen unter Blättern versteckt, verschiedene sehr 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 139 


kleine und zarte Falterchen auf, aus der so unendlich sippen- 
und -artenreichen Gruppe der Eryeiniden. Mehrere kleine 
Theela, mattblau oder glänzend, zeigen sich uns ebenfalls, am 
häufigsten unter ihnen der kleine weise Linus; jedoch von 
den im europäischen Gebiet so ungemein zahlreichen Lycaenen 
finden wir nur drei kleine unansehnliche Arten. 

Aber da schwebt in graziösem, tänzelnden Fluge über 
uns hin, schwarz mit rothem Balken, ein Heliconius Melpomene 
als der erste Vertreter einer der hervorstechendsten Sippen der 
siidamerikanischen Fauna. Die zierliche, langgestreckte Flügel- 
form, und die stets sehr gewählten Farben, in denen sich 
diese Thiere tragen, verschaffen ihnen mit Recht die besondere 
Zuneigung aller Liebhaber. 

Mit jedem Tage erweitert sich der Kreis der neuen 
Bekannten, und je mehr wir in die entlegenen Thalwinkel 
und verborgenen Brutstätten vordringen, umso reicher werden 
wir belohnt, und bringen stets bessere Beute heim. Da treffen 
wir an den Stämmen der Apfelsinenbäume die prachtvoll rothe 
'jatagramma Pitheas; scheu fliegt sie auf, und eilt dem 
nächsten Baum zu, wo sie kopfabwärts, die Flügel spitz uns 
zugekehrt, und schwer für unsre Augen bemerkbar, uns auf- 
merksam beobachtet und schnell wieder auffliegt, sobald wir 
ihr näher kommen, bis entweder sie oder wir ein Versehen 
machen, und das Spiel ein Ende nimmt. 

Dort an dem grauen Stamme, an dem in langen Reihen 
schwarze Räuberameisen auf und nieder ziehen, fliegt eben ein 
'Thier an; wir können es von der gleichfarbigen Rinde kaum 
unterscheiden, und treten daher näher. Da sitzt es, mit dem 
Kopf nach unten, und die Flügel ausgebreitet fest an den Baum 
seklammert Wir versuchen es aufzuscheuchen, doch es lässt 
sich durch unsre Bewegungen nicht stören, und bleibt un- 
bekümmert hoch oben sitzen. Aber da kommt noch ein eben- 
solches Thier herangeflogen, und im Nu jagen beide durch 
die Luft davon, und lassen sonderbarer Weise ein lautes 
Schnacken hören, wie „tetteret tet tet!* Wir können nicht 
umhin, diese Ageronia Feronia in Anerkennung dieser be- 
merkenswerthen Eigenthümlichkeit einen besonderen Namen 
anzuhängen, und unser Jägerlatein kennt sie fortan nur noch 
als Klappervogel, welchen Titel wir übrigens auch ihren grauen 
und blauen Verwandten, die wir später kennen lernten, da sie 
die sehr schöne und richtige Devise: „Klappern gehört zum 
Handwerk!“ sich ganz ebenso zu eigen gemacht haben. 

An den sonnigen Feldwegen, die durch frühere, nur der 


140 Hahnel: 


Verwilderung überlassene Maisfelder führen, finden wir langsam 
schwebend, und hier und da an eine Blume sich hängend, 
grosse DanaisErippus,sowiediekleineren,dunkleren Hermippus, 
während hurtiger als sie die laneflüglichen, rothen Colaenis 
Julia über die niedrigen Gesträuche dahineilen. Doch da, 
von den Blättern dorniger Büsche fliegt ein grosser, grasgrüner 


Falter vor uns auf — eine seltene Färbung unter all dem 
vielen Rothbraun und Schwarz und Gelb — und nimmt nach 


kurzem, schnellen Fluge wieder Platz auf einem etwas frei 
hervorstehenden Zweig. Wir nähern uns ihm behutsam, seine 
unverkennbare Neugier überwiegt die angeborene Vorsicht, und 
indem er unsre Person recht genau in Augenschein nimmt, 
übersieht er das Netz, das urplötzlich mit einem Schlage 
von unten herauf ihn gefangen nimmt. Ein ganz auffallendes 
Thier, dieser grüngefensterte Vietorina Steneles, aber leider 
verliert seine zarte grüne Färbung in kurzer Zeit die ursprüng- 
liche Frische, die uns jetzt so erfreut. Ganz ähnlich wie er, 
verbindet eilfertige Scheu und dreiste Neugier die schwarz- 
braune Hypna Clytemnestra, auf deren dunkler Unterseite 
die grossen und kleinen Silberflecken ein so anziehendes 
Mosaik bilden. 

Hier auf diesen kleinen, weissen, süss duftenden Blüthen 
bewegt sich eine ganze Schaar kleiner, bunter Gestalten. 
Langbeinige, elitzernde Wespen fliegen unruhig darüber hin, 
nach Spinnen “oder Raupen suchend, um sie als Futter für 
ihre Brut in ihren merkwürdigen Thongew ölben zu vermauern. 
Regungslos lauern hartgepanzerte Wanzen, bis eine*Biene oder 
ein Käferchen in ihre verderbliche Nähe kommt, dann sehen 
wir sie schnell ihre klebrigen Fangarme vorschleudern und 
die Beute unter ihre Brust ziehen, um ihr mit dem Rüssel 
das tödtliche Gift einzuflösen. Wie erbarmungslos ist doch 
diese Welt der kleinen Grössen! Wenden wir unsere Blicke 
ab von diesen ruchlosen Scenen und erfreuen wir uns an dem 
Anblick reizender @lancopiden, unseren Zygaenen verwandter 
Thierchen, mit glanzgeschmücktem Leibe und durchsichtigen 
Flügeln, die, untermischt mit grossen und kleinen, in Schwarz, 
Braun, Gelb, Grau, Weiss oder Blau gekleideten Hesperiden 
mit Behagen den süssen Nektar dieser Blüthen saugen. Kleine 
braune Falter aus der Sippe der Phyeiodes und Coatlantona, 
und rothzelbe Eueides Aliphera flattern und schweben un- 
stät umher, während kleine Theela mit silbergrauer oder fein 
grüner Unterseite auf den in Besitz genommenen Blüthen in 
gemessener Ruhe sich bewegen und ihre fest geschlossenen 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 141 


Flügel nur selten öffnen zu einem kurzen, sprungartigen Fluge 
nach dem benachbarten Blüthenstande. Doch da ist ein be- 
sonders auffallendes Thierchen aus eben dieser Sippe der 
grosse Marsyas, lichtblau, mit lilafarbener Unterseite, eine 
Farbenzusammenstellung, wie sie in der Natur selten sich findet 
und welche somit ihre Träger um so mehr zu Gegenständen 
unseres Interesses macht. | 

Nun treten wir in den Schatten höherer Baumgruppen 
und treiben auch sogleich wieder ein neues niedliches Thier- 
chen auf; eilig fliegt es eine kurze Strecke in Wege hin und 
setzt sich nach einigem Zögern mit einem schnellen, exacten 
Anflug unter ein Blatt. Es ist eine ganz wunderhübsche Er- 
scheinung, diese dunkelblaue. Diorhina Periander, und ihre 
Hinterflügel mit dem breiten, auswärts geschweiften Schwänz- 
chen bieten uns eine ganz neue merkwürdige Flügelform. 

Immer mehr neue Arten lernen wir auf diesem eng um- 
erenzten, aber in mannigfacher Abwechslung mit Büschen 
und Anlagen reich bestandenen Terrain kennen, so dass wir 
uns kaum losmachen können zu einem weiteren Ausfluge und 
tagtäglich dieselben Kreuz- und Querpfade durch die Gebüsche 
ziehen. Doch lenken wir unsere Schritte nun auch nach der 
andern Richtung, in die eigentliche Waldregion, den Fluss 
aufwärts, der oberhalb des Dorfes in dem hier engeren Bette 
noch einen raschen und tosenden Lauf über Felsblöcke und 
Steingeröll nimmt. 

Nachdem wir eine Viertelstunde unter schattigem Blätter- 
dach, den schäumenden Bach stets dicht zur Rechten, den Weg 
entlang gegangen, stehen wir plötzlich vor einer aus dem 
Boden schräg hervortretenden Felsplatte, deren merkwürdige, 
quadratisch und schlangenähnlich geformte Hieroglyphen uns 
mächtig anziehen, und unsere Gedanken rückwärts in ver- 
schollene Jahrhunderte, und zu verschwundenen Völkern 
führen. Wie beredt spricht dieses Denkmal, so stumm und 
räthselhaft es dem Forscher bleibt, von den in allen Zeiten 
sich gleichbleibenden Grundlagen menschlicher Sitte. Häuptling: 
und Priester, und jährliche Wiederkehr von Festen, dem 
Schwert zu Ehren oder dem Zauberstab, das war, und ist, 
und wird sein, so lange es Menschen giebt, der feste Kern, 
um den die Gesellschaft sich gruppirt. Hier, an dem ge- 
weihten Festplatz strömten sie zusammen, von den Bergen 
herab und vom Meeresstrand her, zu den uralt heiligen Zeiten 
der Sonnenwenden, um in den mondhellen Nächten bei Trommel- 
und Pfeifenklange mit Tanz und Zechgelage und jauchzendem 


142 Hahnel: 


Lustgeschrei ihre Götter zu feiern, und eine Woche lang der 
Hochfluth der erregten Gefühle sich zu überlassen, bis die 
Vorräthe von Mais und Jucca in den hohen Thongefässen 
ausgegossen, und die Bananenbündel verzehrt waren, und der 
rothe Mann nun einer nach dem anderen wieder aufbrach mit 
Weib und Kind nach seiner einsamen Hütte an den Berghängen. 

Nicht weit vom Indianersteine aufwärts, wo eine kleine 
Anhöhe mitten in das Thal vorgeschoben ist, ragte ehemals 
ein prächtiger W ohnsitz empor, "mit der herrlichsten Aussicht 
thalauf in die ernste Ruhe der niederschauenden Gebirgswelt, 
und thalabwärts über die buntdurchwirkte Ebene bis an den 
Silberstreifen des fernen Meeres. Ruine ist jetzt, was einst 
die Perle des Thales war. Wehmüthig sendet die schlanke, 
hohe Palme, die einsam drüben am Wege steht, ihre säuseln- 
den Grüsse dir zu, wenn dein Blick sie trifft aus dem Rahmen 
der alten Mauerlucken. Wer schaut jetzt noch nach ihr hin- 
über, und betrachtet ihren stolzen Wuchs mit Wohlgefallen! 
Wer kennt und geniesst noch hier in der stillen Verlassenheit 
all die Schönheit, die sich an diesem erlesenen Flatze dem 
Auge ringsum bietet! 

Verloren in die grünen Wellen der bergan sich hin- 
ziehenden Waldung überhörst du die sich nähernden Tritte, 
da legt sich eine kräftige Hand auf deine Schulter, und ein 
paar alte, stahlgraue Augen aus verwettertem Antlitz blicken 
dich an. „O, guten Morgen auch!* Es ist unser Freund, 
Herr F. Starke, der Besitzer von Pino. ‚Ja, diesen Augen 
siehst du es an, dass sie gleichfalls noch ihre stets aufs neue 
aufleuchtende Freude finden an dem Reiz der Waldeinsamkeit, 
und sich nimmer zu trennen vermöchten von der Umgebung 
einer überreichen Natur, in deren Mitte der „Alte* seine Hütte 
aufgeschlagen. „Nun, was macht das Geschäft? Waren Sie 
schon in der Carabobo Quebrada?*) Na kommen Sie, helfen 
Sie mir erst den Kaffee hier umschaufeln, dann wollen wir 
ein wenig herumstreifen.* 

Der Alte lebte einsam mit zweien seiner Kinder 
einer alten Indianerin die ihm die Küche besorgte, in einer 
Hütte dicht unter der Ruine. Die rührige Thätiekeit früherer 
Tage hatte mit der Zeit einer mehr beschaulichen Ruhe Platz 
gemacht, und wenn ich ihn bei meinen häufigen Besuchen 
nicht in der Kaffee- oder Bananenpflanzung beschäftigt trat, 
so machte er sicher in seiner Hängematte bei einer Pfeife 


*) (Anmerkung) quebrada —= Schlucht. 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 143 . 


4‘ 


Tabak den Diogenes; doch liess er sich jederzeit bereit finden, 
einen Streifzug in die eine oder andere der nächsten Quebraden 
mitzumachen. 

Wir verlassen also die alte Burg, und wandern unter 
einem schattigen Baumgange dem rauschenden Wasser zu, 
über welches wir in raschen Sprüngen von Stein zu Stein 
hinübersetzen, untersuchen drüben in der Pflanzung die Wurzel- 
stöcke &iniger junger Kokuspalmen nach Hornkäfern, die dieser 
so leicht verderblich werden, dann ziehen wir in einer trockenen, 
mit hohen, dunkelgrünen Blattgewächsen angefüllten Quebrada 
entlang, immer die Steine und Felsblöcke als gangbarsten Weg 
benützend. Dabei geschieht es, dass wir beim Ausgleiten von 
einem etwas unsichern Steine aus an den dichten Blätterbüschen 
festhalten. Eine eigenthümliche Empfindung geht durch unsre 
Handfläche — im Nu lassen wir diesen Halt wieder los, und 
dureh die Blätter und über die Felsblöcke hin schiesst eine 
Schlange dem Ufer zu. „Hätten Sie sie nur festgehalten!‘ 
ruft mir der Alte zu, als er sah, dass es eine ungefährliche 
grüne Jägerschlange war; — „übrigens“, fügte er hinzu, 
„Vorsicht auf Schritt und Tritt, und die Augen überall!‘ 

Wir gelangen allmählich höher hinauf in die Quebrada, 
und stehen nun vor einem breiten dunkeln Wasserspiegel, in 
den drüben von der Felswand herunter ein spärlicher Streifen 
Wasser sich ergiesst. „Warten wir hier einen Augenblick“, 
sagt mein kundiger Begleiter, „hier müssen doch heut noch 
ein paar Blaue heruntersegeln.* Und richtig, dort weit oben 
in der Schlucht blitzt etwas blau im Sonnenstrahl und kommt 
in grossen Sprüngen die Felsengasse herab. Ein ganz un- 
vergleichlicher Genuss für das Auge; und für den, der bisher 
nur europäische Flügeldimensionen im Freien und in der Be- 
wegung sah, mit einer Art aufregender Begeisterung ver- 
bunden. Nun biegt er, wie er über dem Bassin schwebt, nach 
dem schattigen Rande zu ab, um an ihm entlang weiter hinab- 
zueilen. Doch dem müssen wir zuvorkommen, schnell springen 
wir nach der Seite, um ihm den Weg zu verlegen, und da ist 
er unser! Hurrah! Der erste Morpho! Wie das Thier mit 
seinen grossen Flügeln im Netze schlägt! kaum können unsre 
zitternden Finger den Fang richtig festnehmen; endlich 
kommen wir damit zu Stande, und gönnen uns nur einige 
stolze Augenblicke, um das frische, schöne Thhier, diesen ersten 
Morpho Peleides zu betrachten. 

Wer das Jagdfieber nieht kennt, wer nie mit klopfendem 
Herzen auf die heranstreichende Schnepfe gehorcht, den Rehbock 


144 Hahnel: 


im grauen Morgendämmer angeschlichen, der kann sich die 
Erregung nicht vorstellen, die einen unwillkürlich überkommt, 
wenn eine edle Beute naht, die man lange ersehnt, und die 
ein einziger Fehlschlag unwiederbringlich verloren zu machen 
droht. Aber wie es mit wenig Ausnahmen bei allen Dingen 
nur der erste, der neue, frische Eindruck ist, der tiefer geht 
und sich dem momentanen (Gefühl wie dem dauernden "Ge- 
dächtniss fester einprägt, so geht es auch dem passionirtesten 
Jagdlieber, und der schöne, grosse, blaue Morpho kann unter 
Umständen so gleichgültig in unsern Augen werden, dass wir 
kaum einen Blick nach ihm verwenden und ihn ruhig als 
völlig nebensächlich an uns vorüberfliegen lassen, indem unsre 
ganze Aufmerksamkeit einer weit selteneren Beute gilt, die 
wir mit Spannung nnd unbeirrter Geduld erwarten. Doch 
diese Gleichgültiekeit lernte ich freilich erst später kennen. 
Damals, als ich den ersten fing, hätte ich eine derartige Ab- 
stumpfung, oder, wenn man will, Dressur, angesichts” eines 
solchen Thieres nicht für möglich gehalten, und ich kannte 
lange Zeit keinen höheren 'Triumph, als einen daherkommen- 
den Peleides regelrecht abzufangen. 

Ueber den Wasserfall hinauf ist die Schlucht eine Strecke 
lange wie in den Fels gehauen, die Wände steigen senkrecht 
auf und das abschüssige Bett ist blanker granitischer Felsen, 
frei von Geröll, nur die Wasserrinne ist meist noch tiefer 
kanalartig eingegraben, und hin und wieder unterbrechen die 
schräge Bahn runde Scheuerlöcher, wie sie bei vielen dieser 
Bergbäche, zum Theil mit sehr beträchtlicher Auswaschung 
vorkommen. In den dunkeln Höhlungen der Felswände treiben 
wir Colonien von Fledermäusen auf, doch auch andere Sachen 
von besonderem Interesse für uns finden wir an solchen ver- 
borgenen Stellen. Da hält ein grosser Schwärmer seinen 
festen Tagesschlaf, die schöne Amphonyx Duponchelii, mit 
gelben, durchsichtig gestreiften Hinterflügeln; und dort an 
den filzigen Baumwurzeln, die aus der Felsspalte hervorhängen, 
hat sich ein- grosser Erebus Odorus angesetzt; die helle 
Querbinde, die sich über die ausgebreiteten dunkeln Flügel 
zieht, verräth ihn uns. Doch wie scheu das Thier ist! da 
fliegt es schon davon, genau wie eine Fledermaus schwankend 
und geschickt nach beiden Seiten ausbiegend, und nun ist es 
in jenem massigen Wurzelwerk unsern Augen verschwunden. 
Wir haben Mühe seiner habhaft zu werden, denn erst, nachdem 
wir es nochmals aus jenem Versteck, wo wir ihm mit dem Netz 
nicht beikommen konnten, fortgescheucht, gelingt uns sein Fang. 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 145 


Unter einem hohen, die Quebrada überschattenden Baume 
liegen herabgefallene kleine Früchte, die in allen Stadien der 
Reife und Fäulniss den Boden bedecken. Zunächst jagen wir 
hier zu unserer Freude noch einen Peleides auf, der an den 
Früchten saugte, wegen der dunkeln Färbung seiner Unter- 
seite aber von uns nicht eher bemerkt wurde, als bis er 
aufflog. Achtsam verfolgen wir seinen Flug, der indess nicht 
weit geht, denn er lässt sich bald nieder auf die grossen 
Blätter eines Busches, von denen wir ihn auch glücklich in’s 
Netz bringen. 

Doch da haben wir eben von einem im dichten Schatten 
stehenden Baumstamme ein mächtig grosses Thier aufgescheucht; 
in sprungartigem Fluge, die Flügel nur wenig aufklappend, 
eilt es davon und setzt sich, im Dunkel und dennoch weithin 
sichtbar, an einen herabhängenden Lianenstrang. Wie merk- 
würdig sieht diese uns voll zugekehrte Breitseite des Thieres 
aus, mit dem grossen, gelbleuchtenden Augenfleck auf dem 
grau melirten Hinterflügel. Die Vorderflügel stehen weit 
hinauf gezogen und geben dem Thiere ein imposantes, beinahe 
kampflustiges Ansehen. Wir beschreiben einen Bogen, um 
von hinten ihm näher zu kommen, sodass es uns jetzt nur 
noch wie ‚eine kaum erkennbare, senkrechte Linie an der 
dicken Luftwurzel erscheint. Nun sind wir ihm nahe genug 
und schlagen mit aller Schnelligkeit zu, aber wie der Blitz 
ist das Thier dennoch davon und verbirgt sich tiefer im 
Walde. Doch wir können uns dieses grosse, unsere Begierde 
gewaltig anspornende Wild nicht entgehen lassen und so be- 
geben wir uns denn auf die Suche nach ihm. Endlich wird 
es wieder sichtbar und nun sehen wir auch wo es sich ansetzt. 
Mit grösster Vorsicht, mit stockendem Athem nähern wir uns 
ihm und indem wir mit aller Vehemenz von unten herauf den 
Schlag führen, gelingt es uns diesmal, das wachsame Thier 
an Schnelligkeit zu übertreffen; das ganze Netz zappelt und 
springt, es ist drin! Nun heraus mit Dir und lass sehen, wie 
Du oben ausschaust! Das ist freilich keine Glanzfarbe wie 
bei den Morphos, in welche diese Caligos sich hüllen, zumal 
dieser Eurylochus trägt das matteste Graublau, aber ange- 
messen ist diese Färbung durchaus dem Grau des Dämmer- 
lichtes, der kurzen halben Stunde früh und Abends, während 
der diese Thiere fliegen. Denn obgleich ihrem ganzen Typus 
nach vollendete Tagfalter, sind sie dennoch sehr liehtscheu 
und halten sich tagsüber an dunkeln, schattigen Stellen ver- 
borgen, möglichst allerdings in der Nähe solcher Plätze, wo 

10 


146 Hahnel: 


herabgefallene Früchte oder andere stark riechende Sachen 
sie bei ihrem Fluge in der Dämmerung angelockt hatten. 

Bald sehen wir uns an dem weiteren Vordringen gehemmt, 
halbverrottete Baumstämme und Aeste versperren den Weg 
und wir machen eine kurze Rast unter einem hohen, von 
einem Baumtödter umstriekten Waldriesen. Es macht einen 
unheimlichen, sonst in der ganzen Planzenwelt nicht wieder 
erzeugten Eindruck, diese Riesenschlange unter den Bäumen 
ihr Opfer in tausendfacher, sich stets vermehrender Umklam- 
merung erwürgen zu sehen. Ein leises Gefühl der Empörung 
beschleicht uns, wenn wir diesen schlanken, gewaltigen Baum 
rettungslos «dahinsterben sehen unter .den rineartig ihn um- 
stricekenden Armen des plattgedrückten, an ihm emporwuchernden 
Schmarotzers. Nur noch wenige ‚Jahre, dann muss die Saft- 
zirkulation unter den fest angepressten Reifen völlige still 
stehen, die Krone verdorrt und der gierige Würger hält eine 
Leiche umschlungen. Doch bald dann welkt auch er und der 
nächste Sturmwind wirft beide nieder auf den moderfeuchten 
Grund. 

Wir wenden uns nun zum Rückwege und folgen dabei 
einem schmalen, verwachsenen Pfade an der Berglehne entlang. 
An den alten vermorsehten Stämmen, die im Walde hier und 
da liegen, suchen wir eifrig nach Helixarten, flachen, scheiben- 
förmigen Schnecken, während wir andere Arten von der Sippe 
der länglichen Bulimi und der Uyclostomen unter den Blättern 
am Boden finden. Unser Freund, der eine besondere Vor- 
liebe für die Conchylien hatte, kannte auf’s genaueste alle die 
Bodenfalten, wo mit Erfolg nach diesen Thieren zu suchen 
war und so bringen wir denn eine ziemliche Anzahl davon 
zusammen. 

Aber nun heisst es auch heim, denn die Sonne steht 
hoch im Mittag. Bald sind wir also wieder unten in Pino; 
Emilio, des Alten Sprössling, hatte inzwischen Fische ge- 
fangen, die Hühner hatten die nöthigen Eier geleet und so 
nahmen wir denn ohne Zögern Platz an dem gastlichen Tisch, 
auf dem Jucca, geröstete Bananen und goldgelbe Mangos uns 
einladend entgegenwinken. 

Oefters in der Folgezeit begleiteten mich die Meinigen 
bis hierher und erwarteten hier meine Rückkehr von dem 
weiter hinauf unternommenen Ausfluge, oder ich hatte ihr 
(zeleit bis zu dem näher gelerenen Indianerstein, wo im kühlen 
Schatten ein angenehmer Aufenthalt während der heissen 
Tagesstunden war, Ein besonderes Vergnügen gewährte es 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 147 


ihnen hier, an einem der Uferbäume nach grossen Hornkäfern, 
den breitrückigen grauen Megasoma Elephas zu spähen, die 
leicht bemerkbar an der Unterseite der Zweige hingen, mit 
den Beinen dieselben umklammernd. Ein Schlag an den Ast 
mit einem langen Rohr bewirkte bald, dass sie ihren Halt 
losliessen und zur Erde fielen, wo sie dann sogleich festge- 
nommen wurden, „ehe sie sich noch besonnen* hatten. Ueber- 
haupt verdankte ich meiner Frau, die es nicht unterliess, bei 
derartigen Spaziergängen ein Fangnetz mit sich zu führen, 
manche eute Beute und auch die Kleine war bei solchen 
Auseängen fleissig dabei, von den Blättern am Wege kleine 
Käferchen zu greifen und sie „schnell“ in die Flasche zu thun. 

Aufwärts von Pino, immer den Fluss zur Seite, gelangen 
wir nach Campanero, früher eine ausgedehnte Kaffeehacienda, 
jetzt nur noch ein Complex von verfallenen Mauerresten. In 
der Lichtung, die hier die alte Wohnstätte umgiebt und die 
noch mit Kaffee und einzelnen Fruchtbäumen bestanden ist, 
finden wir nene, prächtige Arten, denen wir eifrig nachstellen. 
Da fliegt durch das lichte Gesträuch der schöne Papilio 
Sesostris, schwarz mit glänzend grünem Fleck auf dem Vorder- 
flügel und einem herrlichen weissen Pelz in der Falte der 
Hinterflügel, eine Zier, die allerdings für gewöhnlich nicht 
sichtbar wird und nur in der Leidenschaft oder in der Anest 
des Todes sich aufbreitet. 

Die grosse, braune und schwarze Lyeorea Atergatis 
überrascht uns beim Festnehmen durch ein ähnliches merk- 
würdiges Manöver, indem sie nämlich ihre eigenthümlichen, 
in einer Falte verborgenen Afterbüschel hervorstreckt und sie 
zu zwei grossen, kugelrunden Haarbüscheln gestaltet, ein phan- 
tastischer Aufputz, den es leider nur selten beim Präpariren 
gelingt, in der natürlichen vollen Rundung festzuhalten. 

Unter niedrigen Pflanzen treiben wir die schöne, gelb, 
roth und blau gefleckte Hestioea Bellatrix auf. schnell 
schwirrt sie eine Strecke dahin, lässt sich dann nieder auf 
ein Blatt dicht an der Erde und kriecht eilig über den Rand 
hinab auf die Unterseite des Blattes, wo sie wie ausser Atlıem 
noch mehrere Male mit den Flügeln auf und nieder schlägt, 
bis sie sich völlig beruhigt fühlt. Es ist dies eine Eigen- 
thümlichkeit, die wir bei vielen Thieren mit schwachem Flug- 
vermögen wiederfinden, so bei den meisten dieser Glancopiden, 
die alle auch wie die Bellatrix erst auf der Oberseite der 
Blätter anfliegen, ehe sie auf die, Unterseite herumklettern. 
Aber auch bei Ithomien bemerken wir dieselbe Schwäche des 


10* 


148 Hahnel: 


Flugapparates und der ‚Athmungswerkzeuge, nur dass diese 
ihre athemlos wogenden Flügel in die Höhe gerichtet tragen 
und dann zusammenklappen, während jene Heteroceren lie 
Flügel dachförmig oder glatt zusammenrücken. 

Dort um den schlanken Baumstamm sehen wir von fern ein 
dunkles Thier flattern, sich unruhig ansetzen und wieder ab- 
fliegen. Näher tretend finden wir, dass es die hübsche blau- 
gesprenkelte Ageronia Arethusa ist, doch da kommt sie 
herunter und fliest im Kreise um uns herum und dann nach 
dem Stamme zurück, an dessen uns abgekehrter Seite sie sich 
schliesslich ansetzt. Vorsichtig gehen wir von der Seite näher 
und bemerken nun dicht bei einander eine ganze Anzahl von 
Schmetterlingen, alle emsig an einer nässenden Stelle den 
ausschwitzenden Saft saugend. Die Arethusa und neben ihr 
eine andere Ageronia, die hellere Amphinome, erkennen wir 
deutlich, denn sie halten die Flügel ausgebreitet. Doch da 
schauen sie schon und heben mit einem sachten Ruck die 
Flügel, um auch sogleich davonzufliegen; die andern jedoch, 
die Flügel geschlossen und den Kopf abwärts, bleiben unge- 
stört sitzen und saugen weiter. Wir haben bisher noch keines 
derselben zu Gesicht bekommen und betrachten sie deshalb 
aufmerksam. Da ist die zebraartig gestreifte @ynaeecia Dirce, 
dann die kleine, mattgefärbte Eetima Rectifascia und die 
feingestreifte, oben gelbe Gallizona Acesta, welche letztere 
unsere Aufmerksamkeit besonders auf sich lenkt durch das 
eieenthümliche Zittern und halbe Oeffnen der Hinterflügel, 
das pausenw eise erfolgt, scheinbar wenn sie gierig den Rüssel 
fester in den Saft drückt. Doch nun schnell heraufgeschlagen 
und da sind sie alle drei im Netz. 

Wir merken uns diesen vortrefflichen Baum und wenn 
wir in den nächsten Tagen vorbeikommen, finden wir ihn 
stets wieder besetzt mit dem einen oder anderen der Thiere, 
zu denen sich bald eine gelbe Temenis Ariadne gesellt oder 
auch ein riesenhafter Aganisthos Odius und andere Thiere 
mehr. 

Der Weg, früher die Verkehrsstrasse nach Valencia, 
wird nun zum schmalen Fusspfade, der im geschlossenen 
Waldesschatten dahinführt, bald etwas ansteigend, bald wieder 
zu einer Seitenquebrada sich herabsenkend. Die Vegetation 
ist voller Abwechslung, indem streckenweise niederes Holz 
und üppige Kräuter die Umgebung bilden, dann wieder hoher 
Wald mit liehtem Unterwuchs. Jetzt wandeln wir zwischen 
buschartigen Farnkräutern oder  steifblättrigen  stachligen 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 149 


Bromelien, darauf wieder überragen uns die langaufgeschossenen 
breiten Blätter von Heliconien, deren rothleuchtende, horn- 
artige Blüthenrispen eine der schönsten Zierden in dem blüthen- 
armen Waldesgrün sind. 

Auf diesem an Abwechslung reichen Wege, den wir täg- 
lich ein Stück weiter hinauf verfolgen, finden wir eine An- 
zahl der schönsten und besten Falter, und bis in die letzten 
Zeit unseres Aufenthaltes war dies unser beliebtester Aus- 
gang, den wir je nach: Umständen bis an den Fuss des Cumbre 
ausdehnten, was eine volle Tagestour war, oder nur eine 
Strecke weit gingen, um die übrige Zeit noch auf einen 
anderen Gang zu verwenden. Vor allem ist es der grosse, 
prachtvolle Caligo Atreus, den wir mehrfach auf diesem 
Wege antreffen, sowie der kleinere, seltne Eriphanes Anto- 
medon, dessen wundervolles, tiefes Dunkelblau, wenn es im 
Schatten des Waldes uns plötzlich entgegenleuchtet, eine der 
herrlichsten Farbenerscheinungen ist. 

An einer etwas lichteren Stelle jagen rasch über uns 
hin zwei grosse, dunkle Falter, deren langgestreckte Flügel 
uns erkennen lassen, dass sie zum Genus der Papilios ge- 
hören; nun biegen sie wieder zurück und segeln im vollem 
/uge an uns vorüber; ein Schlag, und wir haben den hinter- 
her Fliegenden im Netz. Ein prächtiges, feines Thier, dieser 
schwarzerüne Lyeidas, aber leider eben, das weit schätz- 
barere Weibchen ist uns diesmal entgangen. Ein anderer 
höchst seltener Papilio, der fremdartig, fast wie eine Danais 
sefleckte Zagreus, lässt uns die Verschiedenartigkeit und 
Manniefaltiekeit bewundern, die in dem Bereich einer ein- 
zigen Sippe sich entfalten kann, denn wie unendlich ver- 
schieden sind diese letzt genannten Papilios von dem schwalben- 
schwanzähnlichen Thoas oder dem weissen Agesilaus, welche 
Beide wir gleichfalls auf diesem Wege, namentlich an den 
freien Stellen bei Wasserübergängen gelegentlich antreffen. 

Da sehen wir ferner den schönen distinguirten Helieonius 
Anderida, der in ziemlicher Höhe über uns den Weg auf 
und ab seine Promenade macht, in dem lichten Gehölz ver- 
schwindet, um an dem Waldrand über dem Flusse hin eine 
Strecke entlang zu ziehen, und dann wieder erscheint nach 
einiger Zeit, um uns von neuem durch seinen stolzen, ge- 
tragenen Flug zu ergötzen. Nun senkt er sich herab, die Flügel 
‘wie einen umgekehrten Fallschirm ruhig und unbewegt nach 
oben haltend, und jetzt müssen wir ihn nehmen; langsam 
bringen wir das Netz ihm nahe und schlagen zu, aber gefehlt! 


150 Hahnel: 


Dort geht er hin — wie war das möglich! Mit einem plötz- 
lichen Rucke. den wir ihm nimmer zugetraut, schnellte sich 
(las Thier senkrecht herab, und z0g seitwärts davon, langsam 
sich wieder in die sichere Höhe erhebend. Diese Art einer 
Verfolgung zu entgehen, ist eine Kigenthümlichkeit der 
Heliconier und der ihnen verwandten Ithomiden, nament- 
lich der grösseren unter ihnen, und ist bedingt durch die 
langgestreckte Flügel- und etwas schwerfällige Körperform, 
(die bei schwacher Muskelentfaltung eine schnelle Bewegung 
in horizontaler Richtung nicht gut gestattet. Oft noch wider- 
fährt es uns, dass uns ein solches Thier, das wir ganz unfehl- 
bar zu treffen dachten, durch sein geschicktes Ausbiegen ver- 
loren geht, bis wir gelernt hatten, durch grösste Schnelligkeit 
einem Ausweichen vorzubeugen. Denn gewöhnlich ist ein 
Thier nach einem Fehlschlage nicht mehr einzuholen, da ein 
Nachsetzen in dem dicht verwachsenen Walde sich von selbst 
verbietet. 

An schattigen Stellen mit üppigem, niederen Pflanzen- 
wuchs kreuzt unseren Weg öfters ein hübsches, lebhaft gelb 
und braun gefärbtes Thier, das wir nach Flug und Farbe für 
eine Ihomide halten möchten, doch schon im Netz gewahren 
wir an seinem heftigen Flattern und wiederholten Ueber- 
schlagen der Flügel, dass eine ganz andere Rasse in ihm 
steckt. Endlich haben wir nach öfteren vergeblichen Ver- 
suchen das Thier zur Ruhe gebracht und betrachten nun mit 
Interesse seine abnorme Flügelform, sehr spitze, schmale 
Vorderflügel und breite Hinterflügel, welche letztere zudem in 
ihrer oberen Hälfte ganz auffallend weiss gefärbt sind. Es 
ist eine vollkommen neue Form, die wir in dieser prächtigen 
Dismorphia Arsinoides vor uns haben und sie ist einer der 
schönsten Vertreter der sogenannten bunten Pieriden, die zu 
den am meisten bevorzugten Faltern gehören. 

Wir lernen aber gerade an diesem unruhigen, wilden 
T’hier eine Haupttugend beim Fange üben, nämlich die Ge- 
duld. Es widerfuhr uns im Anfange öfters, besonders bei 
Papilios und anderen grossen und schönen Thieren, dass wir 
durch vorzeitiges Zugreifen die Thiere nur noch wilder und 
unbändiger machten, sodass sie sich die schlimmsten Be- 
schädigungen beibrachten, namentlich durch Umbrechen der 
Vorderflügel. Liessen wir »indess den gefangenen Thieren 
Zeit, sich einigermassen zu beruhigen, und eine Netzfalte zu 
eewinnen, in der sie dann in die Höhe strebten, so konnten 
wir sie, wenn wir ihnen vorsichtig mit der Hand nachgingen, 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 151 


meist sicher fassen, wurden sie aber von neuem wild, so gaben 
wir ihnen schnell wieder freien Spielraum, bis sie wiederum 
sich beruhigt hatten. Auf diese Weise erhielten wir die 
Thiere, auch wenn sie noch so lange sich ungeberdig be- 
nommen hatten, schliesslich ganz unbeschädigt und gegen alles 
Erwarten gut erhalten aus dem Netz. während wir jedesmal, 
wenn wir in Ungeduld geriethen, und um einiger Sekunden 
willen die Prozedur beschleunigen wollten, hinterher das zu 
bereuen hatten. Nur bei den so besonders grosseu Morpho- 
und Caligo-Arten machten wir meist eine Ausnahme, indem 
wir dieselben ehestens einzuengen und an weiterem Schlagen 
mit den Flügeln zu verhindern suchten. 


San Esteban. 
IL. 


Die Regenzeit nahte heran. Die schönen, Klaren Tage, 
die wir bisher genossen, nahmen ein schnelles Ende. Der 
Himmel hatte sich in ein todtes Grau gehüllt, Windstösse fuhren 
das Thal herab, und bald floss Regen hernieder in ununter- 
brochenen Strömen. Tag und Nacht regnete es, eine halbe Woche 
lang, bald stärker, bald nachlassend, ab und zu einige Stunden 
aussetzend, um dann wieder auis neue loszubrechen. Schaaren 
seflügelter Termiten flimmerten in der Luft und erfüllten das 
ganze Haus, während Wald und Feld von dem schrillen 
(@etöse kleiner und grosser Cikaden und Orthopteren wieder- 
hallte. 

Es war grade Ostern, und man empfand in diesem trost- 
losen Wetter um so lebhafter das Bedürfniss nach Verkehr 
mit andern menschlichen Wesen. Wie angenehm war es uns 
daher, als in einer Regenpause Freund Hermann, der jüngere 
der beiden Starkes, bei uns eintrat, um uns die traurig dahin- 
schleichende Zeit zu verkürzen. „Nun, Sie lassen sich ja 
unten gar nicht mehr sehen, Sie werden wohl bald ganz zum 
Alten hinaufziehen. ‚Jetzt kommen nun die guten Tage, wenn 
erst die Sonne wieder durchdringt; da giebt es dann allerhand 
neues, da lass ich meine Schützen dann auch wieder auf den 
Fang gehen. Aber warum besuchen Sie mich nicht einmal 
oben in Palmar, giebt es in dem Pino gar so rare Sachen, 
dass Sie nur immer dort herumkrauchen?* 

Nun, ich versprach ihm gern den Besuch und wenige 
Tage nachher, als die Sonne wieder einen freien Blick durch 


152 Hahnel: 


die Wolken auf die regengetränkte Erde gewann, holte ich 
ihn früh morgens ab, um jenseit des Flusses den Bergzug mit 
ihm hinanzusteigen, wo in einer geschützten 'Thalfalte seine 
Pflanzung lag, Magazin, Viehhof, Kaffeetenne und Laboratorium 
zugleich, denn er hielt sich meist den Tag über hier oben in 
der freien Bergluft auf, um seiner liebsten Beschäftigung ob- 
zuliegen, dem Ausstopfen. 

Er hatte gerade von schwarzen Eichhörnchen einige 
äusserst gelungene humoristische Gruppen zusammengestellt, 
in denen er das sündhafte Leben und traurige Ende eines 
Trunkenboldes illustrirte. Urkomisch machten sich die Scenen, 
wie der trunkene Bruder Liederlich seine Frau durchprügelt, 
wie er dann überwältigt, vor Gericht gebracht und zum 
(salgen verurtheilt wird. Wir amüsirten uns an diesen, mit 
einem meisterhaften Geschick componirten Figuren ganz 
köstlich. 

„Schade, dass Sie nicht gestern Abend oben waren“, 
sagte der alte Carlos Oeser, ein biederer Mecklenburger, der 
hier in Palmar den Hausarzt abgab, „da hätten Sie einen 
Spass gehabt. Es war schon finster, da hör ich ein Gepolter 
in dem Geräthzeug an der Wand, das war mir ganz seltsam. 
Ich muss doch nachsehen, dachte ich, was das ist, und nalım 
also das Licht, und in die andre Hand einen Stock. Wie ich 
hinkomme, wackeln die ganzen Schippen und Hacken, und 
zwischen drin dreht sich eine grosse Schlange herum, und hält 
eine Ratte umwickelt. Immer fang du Ratten, sag ich, aber 
lass dieh man selber nicht erwischen, und versetz ihr einen 
Hieb, dass sie gleich in die Höhe fährt, und die Ratte los- 
lässt. Die hat noch soviel Kraft, dass sie sich sachte in die 
Ecke drückt, aber weiter kam sie nicht. Wie ich mir aber 
die Schlange näher ansah, denk ich, die muss doch etwas 
grosses gefressen haben, die ist ja furchtbar dick, wir wollen 
dlas doch einmal nachsehen. Ich nehme also das Waldmesser, und 
schlitze ihr den Bauch auf, da fällt erst eine Ratte heraus, 
und dann ein Frosch, und noch einer, und zuletzt kam noch 
ein grosser Frosch, der war aber noch lebendig, und wie der 
sich noch einmal im Freien sah, sucht er seine Beine zusammen, 
sprang in grossen Sätzen davon, und rettete eiligst seine 
(Gesundheit. Den Spass hätten Sie mit ansehen sollen. * 

Starke gab nun ein halb Dutzend anderer Schlangen- 
anekdoten zum Besten, und dann folgten solche vom Tiger, 
wie der Jaguar hier zu Lande genannt wird, so dass wir aus 
dem Lachen nicht herauskommen. „Aber meine Herren, das 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 153 


kann so nicht länger gehen,* sagte ich endlich, und machte 
mich fertig, mich ins Geschäft zu stürzen. „Nur nicht so 
eilig,“ sagte Starke, „die Hitze wird sich bei Ihnen noch 
legen, warten Sie nur noch ein paar Jahre, dann werden Sie 
eanz hübsch zahm werden. Kommen Sie erst mal mit in 
mein Gewächshaus.“ Ein Gewächshaus haben Sie? „Kommen 
Sie nur, es ist gut vor der Sonne geschützt, und Glasfenster 
brauche ich nicht.“ Nun führte er mich in eine nahe finstere 
Schlucht, in der im dichtesten kühlen Schatten auf niedern 
Aesten eine reiche Auswahl von Orchideen, Farnkräutern und 
Moosen wucherten. „Sehen Sie, man muss sich das Ding 
praktisch einrichten, das sind alles Sachen, die hier unten 
nicht zu finden sind, sondern nur hoch oben auf der Cambre. 
Kommt mir nun eine Bestellung auf diese oder jene Arten, 
so kann ich nicht immer gleich nach den Bergen hinaufrennen, 
um sie erst zu suchen, dann muss ich sie schon vorräthig 
haben. Wenn ich dann mal nach der Cumbre hinaufgehe, so 
nehm ich mir gleich zehn Mann mit, und wir bleiben eine 
Woche lang oben, und bringen dann den halben Wald 
mit herunter. Die Sachen vertragen aber alle die Hitze hier 
unten nicht, und so schaff” ich sie ins kühle Gewächshaus, 
bind’ sie fest, und dann hab’ ich sie, wenn ich ‘sie brauche. 
Nun aber gehen Sie, und sehen Sie zu, was Ihnen die Sonne 
Neues ausgebrütet hat; da kommt schon ein „Preusse* ge- 
flogen, nehmen Sie den nur gleich mit!* Es war der schöne, 
rein schwarz und weisse Helieonius Aranea, eins der saubersten, 
hübschesten Thiere. 

Ich war noch nicht weit gegangen, als ich bereits ein 
neues prächtiges Thierchen traf, die kleine hübsche Callieore 
Marchalii, deren dunkle Oberseite mit einem glänzend grünen 
Fleck geziert ist, während die Unterseite in Karmin, Weiss 
und Schwarz prangt. Langsam flog das Thierchen vom Boden 
auf, wo es saugte, und setzte sich an die nahen Kaffeebüsche 
und als wir es dann im Netz hatten, benahm es sich im 
Gegensatz zu den meisten anderen Faltern so ruhig und ver- 
ständige, vorsichtig im Netz emporkriechend, dass wir dem 
Thierchen schon deshalb sofort unsere ganze Zuneigung zu- 
wandten. Dieses besondere Verhalten theilen die Callicore 
mit den ihnen nah verwandten Catagramma und Perisama, 
während die gleichfalls ihnen nahe stehende Dynamine sich 
sehr unruhig und ängstlich zeigen, wenn sie sich gefangen 
sehen. Zwei Arten dieser letzteren Sippe sollten wir ebenfalls 
hier noch antreffen, den kleinen weissen Agacles und die 


154 Hahnel: 


seidenglänzende grüne Mylitta. Eins der schönsten 'Thiere 
begegnete uns in der seltenen Gatonephele Regina, deren 
dunkle Oberseite mit himmelblauem Balken im auffallendsten 
Contrast zu der blassgrünen, trefflich sie maskirenden Unter- 
seite steht. 

Wir hatten noch ein gut Theil uns bereits bekannter 
Arten gefangen, als wir gegen Mittag wieder nach Palmar 
zurückkehrten, da lenkte dicht am Hause ein rasch und im 
gerader Linie an uns vorüberschiessendes grosses Thier, von 
dem wir nur etwas Weisses schimmern sahen, unsere Auf- 
merksamkeit auf sich. Wir halten einen Augenblick still und 
sehen es auch bald wieder durch die am Graben stehenden 
blätterbüsche erscheinen und nun setzt es sich an einen der 
Stengel, die Flügel flach über den Rücken zurückgeleet. Aber 
wie sonderbar, da kriecht das Thier wie ein Käfer an dem 
Stengel einige Zoll weit herauf, rückt noch einmal die Flügel 
zusammen und nun erst bleibt es ruhig sitzen. Das ist doch 
ein merkwürdiger Bursche, das Thier darf uns nicht entgehen. 
Doch schon ist es wieder davon und jagt von Neuem umher, 
um nach kurzer Zeit genau wieder an seinen alten Platz 
zurüchzukehren. Jetzt aber schnell heran und da haben wir 
es; das Thier ist so wild im Netz, dass der Staub durch die 
feine Gaze dringt, aber ruhig abwartend bringen wir schliess- 
lich auch diesen wilden Gesellen ganz wohlerhalten aus dem 
Netz, nur die Fransen haben etwas gelitten und die Unter- 
seite hat viel von den äusserst locker sitzenden Schuppen ver- 
loren. Das ist wirklich eine ganz absondere Erscheinung, 
diese Castnia Atymnus mit dem Ordensband ähnlichen, 
weissen Hinterflügel; in ihrem ganzen Habitus ein Mittelding 
zwischen Tagfalter und Heterocere. 

Den Rückweg nehmen wir durch eine sich den Berg 
herabziehende Zuckerrohr- und Bananenpflanzung, in der wir 
an weiss blühenden Gebüschen eine Anzahl der schönen, 
slänzend grünen Melolonthide Antichira lueida finden, die 
bei unserer Annäherung sich schnell von den Zweigen fallen 
lässt, im Fallen sofort in Flug übergeht und laut surrend 
davonfliegt. Wir müssen uns beeilen einige Stücke zu erhalten, 
denn bald sind alle davon, wie ein Schwarm Vögel eins dem 
andern folgend. 

Unten im Thal wieder angelangt, sehen wir an der Furth, 
die durch den Fluss führt, einen ganzen Wirbel von gelben 
und orangefarbenen Schmetterlingen im wilden Durcheinander 
umherfliegen, ein Schauspiel, so anziehend und so neu für uns, 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 155 


dass wir eine ganze Weile diesem bewegten Treiben zu- 
schauen. Nun zieht die Schaar am Ufer entlang, nach rechts 
und nach links, kehrt wieder zurück, theilt sich in Gruppen 
und Züge, und löst sich schliesslich ganz auf; eins, zwei 
setzen sich dann wieder ans Wasser und fliegen wieder auf, 
andere folgen ihnen und stieben auch wieder davon, endlich 
bleibt einer sitzen, zwei, drei kommen hinzu, ein halbes Dutzend, 
schon ist ein ganzer Fleck gelb besetzt, "und im Augenblick 
hat sich eine compakte, aufs engste zusammengedrückte Masse 
gebildet, die den Anblick eines dichten, blühenden Krokus- 
beetes gewährt. 

Nun heran, und da stehen wir von dem Wirbel umringt 
wie im Schneegestöber. Wir schlagen mit dem Netz ein paar 
mal hin und her in den dichtesten Schwarm, und es kann 
nicht fehlen, dass wir ein ganzes Dutzend drin "haben. Eifrig 
streben alle nach oben an den Rand des Netzes, wo wir leicht 
eins nach dem andern tödten. 

Das sind also diese bekannten, überall in den Tropen 
verbreiteten und zu gewissen Zeiten, namentlich an heissen, 
auf Regenwetter folgenden Tagen massenhaft anftretenden 
Gatopsilia-Arten. Wir finden unter ihnen hier am zahlreichsten 
vertreten die schönen hochgelben Argante, und nächst ihnen 
die blassgelben Statira, während die eitrongelben Trite und 
Eubule in der Minderzall bleiben. Einzelne von diesen 
Thieren hatten wir schon früher gesehen, meist schnell an 
uns vorüberfliegend, doch nie in solcher Menge, wie wir sie 
nun täglich am Wasser, und zwar hauptsächlich an Ueber- 
gängen und in sonnigen, geschützten Winkeln antreffen. 

Die nächsten Tage besuchen wir fleissig alle diese Stellen 
am Flusse entlang, wo wir die gelben Wassertrinker zu finden 
hoffen, um eine genügende Anzahl dieser mit ihren frischen, 
leuchtenden Farben immerhin hübschen Thiere zu fangen. 
Bald treffen wir auch, untermischt mit ihnen, einzelne durch 
ihıre viel beträchtlichere Grösse uns auffallende Stücke, die 
prächtig gelben Philea und Intermedia, und die blassgelbe 
Gonopteryx Ülorinde, sowie ab und zu auch die kleine, 
seltene Kricogonia Lyside. Desgleichen finden sich nun auch 
bei diesem Haufen von Gelben andere Pieriden ein, die 
schlichte weisse Farbe tragen, vor allem die seidenglänzende 
Tachyris Ilaire, dann die schwarz eingefasste Perhybris 
Calydonia, die mattweisse Pieris Monuste, und die seltenere, 
durch ihre kreideweissen Striche auf den Vorderflügeln sich 
auszeichnende Pieris Sevata. 


156 Hahnel: 


Besonders aber sind wir erfrent auch den schönen, weissen, 
schwarzgestreiften Papilio Agesilaus in dieser Gesellschaft 
anzutreffen. Dieser setzt sich, wenn er herangeflogen kommt, 
meist einige Zoll weit von den andern entfernt, und wenn 
ihrer mehrere sind, so hält die Couleur gern zusammen, kommen 
aber allmählie immer mehr Gelbe heran, sodass der Haufen 
immer grösser wird, so sitzen sie bald mitten unter den andern 
drin. Dabei bemerken wir, dass die neuen Ankömmlinge 
Gatopsilien sowohl wie auch die Papilios, stets das Bestreben 
haben, in den dichtesten Haufen hinein sich zu setzen, als 
ob sie wüssten, dass sie in der Mitte mehr als am Aussen- 
rande gegen die ihnen von den lauernden Eidechsen drohen- 
den Gefahren geschützt sind, und so sehen wir sie oft mit 
den Beinen auf den Flügeln der andern aufsitzen, kaum im 
Stande, Kopf und Rüssel nach dem feuchten Boden hindureh- 
zuzwängen, 

Denn Wasser und Sonne ist es, was diese Thiere, die 
ausnahmslos Männchen sind, verlangen. Sie erscheinen, wenn 
die Sonne schon ziemlich hoch steht, gegen neun Uhr, die 
Berge herabkommend, und über die Bäume hinwegsegelnd, 
bis sie ans Wasser selangen, an dem sie dann entlang fliegen, 
um eine geeignete Stelle zum Ansetzen aufzusuchen. Hat erst 
irgendwo ein Stück sich festgesetzt, so lockt seine helle Farbe 
die nachfolgenden an, und an diesem Fleck halten sie dann aus, 
solange sie Sonne haben, und kehren, wenn sie aufgeschencht 
werden, alle wieder dahin zurück, bis der Nachmittagschatten 
sie antreibt eine andere Stelle aufzusuchen, die ihnen noch 
weiter den Sonnenschein gewährt. 

Wir bemerkten bald, wenn wir die nieht brauchbaren 
Stücke auf die Erde geworfen, dass diese sogleich wieder zu 
Anziehungspunkten für die umherfliegenden wurden, und dieser 
Umstand machte uns den Fang der Thiere ausserordentlich 
leicht. Denn wir durften an solch einer Stelle uns dicht zu 
den todten Lockvögeln niederlassen, und das Netz über diese 
halten, und konnten nun so m aller Ruhe eins nach dem 
andern, wie die Thiere ankamen, wegfangen, indem dieselben, 
sicher gemacht durch die daliegenden Genossen, nicht im 
geringsten mehr eine Scheu vor uns an den Tag legten. 

Wo aber, da wir unter all diesen Thieren keine Weib- 
ehen fingen, bleiben nun diese? Treten wir von dem Wege 
ab auf jenes Brachfeld am Waldrande, das mit allerlei hoch- 
eeschossenen, hartstengligem Unkraut bedeckt ist. Alles steht 
nach dem Regen in Blüthe, und auf diesem blühenden lvelde 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 157 


tummeln sich in behaglichem Genuss eine Unzahl Schmetter- 
linge, sodass wir lebhaft an unsre heimischen Kleefelder mit 
ihren ‚Vanessa, Argynnis, Colias u. s. w. erinnert werden. Da 
treffen wir in grosser Zahl die uns schon bekannten Mecha- 
nitis Polymnia und Lyeidice, auf die wir nur soweit noch 
unsre Aufmerksamkeit verwenden, um etwaige Aberrationen 
uns nicht entgehen zu lassen. Da ist ferner die schöne Apro- 
topos Aedesia, nebst verschiedenen kleinen Ithomien wie 
Iphianassa, Sylvo, Sylvetta, Ocalea, Giulia, welche sich 
indess wie die Ceratinia- und Dircenna-Arten möglichst im 
Schatten des Waldrandes aufhalten, und da sie sämmtlich 
schon frühzeitig ihren Flug beginnen, bald auch, sowie die 
Sonne höher steigt, sich wieder in den Schatten des Gebüsches 
zurückziehen, das Feld den heissblütigeren (Genossen über- 
lassend. 

Da finden wir denn auch weiter eine grosse Anzahl 
Hesperiden, langschwänzige, graubraune Thymele-Arten, die 
ihre Flügel fest zusammenklappend sprungartig dahineilen, 
ferner die schwarzgrüne Pyrrhopyge Acastus mit purpur- 
rothem After, sowie andere seltnere Arten aus dieser ausge- 
zeichneten Sippe; alsdann mit ausgebreiteten Flügeln auf den 
Blüthen sitzend den grossen, schwarzmarmorirten Achlyodes 
Busyrus, dessen Flügel convex sich nach unten zu abstützen, 
wie wir diese eigenthümliche Krempenform namentlich auch 
bei vielen Pythonides-Arten wiederfinden. 

Und hier, wo sich noch die Danais, Colaenis, Junonia 
und viele andere mehr zum Genuss der süssen Blüthen und 
des heissen Sonnenscheins einstellen, finden wir auch, emsig 
von Blüthe zu Blüthe flatternd, die am Wasser nie gesehenen 
Weibehen jener Catopsilien, die alle eine blassere Farbe an 
sich tragen, und deren Unterseite meist mit einer verloschenen, 
getüpfelten Zeichnung bedeckt ist. Niemals aber treffen wir 
diese Weibchen in solcher Anzahl wie die Männchen, da sie 
bei weitem nicht die Flugpassion der letzteren besitzen und 
also die meisten von ihnen tief im Walde umherirren, wo sie 
einsame Blüthen aufsuchen, bis die unermüdlich umherfliegen- 
den Männchen, die übrigens keineswegs den Honig der Blumen 
verschmähen, ihnen auf ihrer Fahrt begegnen. 

Unter den mancherlei neuen Sachen, die wir auf diesem 
Blumenfelde noch antreffen, interessirt uns besonders die 
schöne Perhybris Malenka, das Männchen oben von reinstem 
Weiss, auf der Unterseite bunt gestreift, während das Weib- 
chen oben wie unten ein buntes Aussehen hat, sodass man 


158 Hahnel: 


auf den ersten Anblick geneigt sein könnte, das Thier im Be- 
ziehung zu den ähnlichen, braungelben Ithomiden zu stellen; 
doch wird uns die Zugehörieke it dieser zu der weissen Form 
sofort zweifellos durch den auffällig starken Honiggeruch, der 
beiden in gleicher Weise eigen ist, und den wir denn auch 
voll aufzusaugen niemals unterlassen. 

Verfoleen wir nun einmal wieder die nach der Stadt 
führende Strasse, soweit Wald und Hacienda auf beiden Seiten 
sie einfassen. Von den Regentagen her stehen noch zahl- 
reiche Wasserpfützen auf derselben, und an diesen finden wir 
gerade so wie am Flusse ganze Schaaren von Gelben und 
Weissen. Aber auch andere, uns bisher unbekannte T'hiere 
haben sich an solchen Stellen versammelt. Da sehen wir in 
Massen bei einander ein dunkles, graubraun gestreiftes Thier, 
dessen düstere Farbe uns freilich weniger anzieht, als die 
langen geraden Schwänze, mit denen es versehen ist; sie 
sitzen alle, nicht wie die Gelben mit geschlossenen, sondern 
mit flach ausgebreiteten Flügeln, und auch nicht so festge- 
bannt an einer Stelle wie jene, sondern öfters ihren Platz 
wechselnd, auffliegend nach den Blättern des nächsten Baumes 
und bald wieder herabkommend auf den Weg. Dieses Thier, 
Megalura Chiron, ist eine der verbreitetsten Arten, und bei 
keinem in grosser Zahl sich uns bietenden Falter fühlen wir 
uns so wenig wie bei diesem veranlasst, eine grössere Stück- 
zahl zu erwerben, da wir, abgesehen von dem geringen Werthe 
und der mangelnden Schönheit, zudem nur selten ein frisches, 
reines Stück erlangen; also stehen wir sehr bald ab von dem 
zeitraubenden Fange, um lieber anderen Sachen nachzugehen. 
Da finden wir auch gleich in der Nähe ein viel hübscheres 
Thier, die Megalura Peleus, rothbraun und gleichfalls ge- 
schwänzt, schen zwar wie auch jene, aber doch ein lohnen- 
derer Anblick, wenn wir sie schliesslich gefangen haben. 

Ein kleines, feurig roth gefärbtes Thierchen, die Hae- 
matera Thisbe stellt uns lange auf die Probe, ehe sie sich 
beikommen lässt, denn sowie wir ihr näher kommen, ist sie 
immer schleunig ein Stück weiter, sich bald an die Felswand, 
bald an den Boden setzend; doch endlich haben wir sie nun, 
nachdem sie der Verfolgung müde, über uns auf einem Blatte 
Zuflucht genommen, wo wir unbemerkt uns ihr nähern konnten. 
(srösser und augenfälliger als sie ist die schwarz und weisse, 
namentlich dureh die karminrothe Einfassung ihrer Unterseite 
ausgezeichnete Pyrrhogyra Tiphus, aber gleichfalls ein 
scheues Thier, sodass wir sie wie jene auf dem Wege ver- 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 


geblich zu fangen versuchen, bis auch sie schliesslich von den 
Blättern herab sich ins Netz nehmen lässt. 

Eine durch ihren heliconienartig schwebenden Flug an- 
ziehende Gestalt ist die um die Gesträuche und am Wald- 
rande entlang ziehende, isabellenfarbige Cystinenra Bogotana, 
ein nicht grosses, nicht auffallendes, aber dennoch gern ge- 
fangenes T’hier, zumal wir bei ihm dieselbe Erfahrung machen 
wie bei den Heliconiern, dass es trotz seines ruhigen, unbe- 
sorgten Fluges im Stande ist, durch schnelles Ausweichen uns 
dennoch oft zu entgehen. Von den an Wegrändern auf nie- 
deren Sträuchern und Blumen sich uns zeigenden Thieren 
sind es namentlich die an unsern Melitaeen erinnernden, braun 
und schwarzen Coatlantona-Arten, Saundersii und Paupera, 
die uns häufiger begegnen, ebenso die kleineren, gleichfalls 
braunen Phyeiodes Ptolyca und ihre Verwandten, die schwarz 
und weisse Clio und die schöne, saubere Lencodesma. 

Unter den seltneren Ithomiden ist es die durch ihre 
einfache schöne Zeichnung hervorstechende Sais Mosella, 
welche unsere Aufmerksamkeit besonders in Anspruch nimmt. 
Beide Starkes behaupteten von diesem Thiere, dass es in der 
ersten Zeit ihres Aufenthaltes hier nicht vorgekommen und 
erst in den letzten Jahren aufgetreten sei. Wir hätten also 
wohl, die Richtigkeit der Beobachtung vorausgesetzt, einen 
Fall vor uns, der die Wanderung eines Thieres constatirt, 
denn offenbar ist dann das T'hier aus irgend einem der vielen 
unzugänglichen, obern Seitenthäler in das untere Flussthal 
vorgedrungen. 

Von den zahlreichen kleinen, der Familie der Eryeiniden 
angehörenden Faltern, die wir nun öfters antreifen, wollen 
wir wenigstens einige der hübschesten hier erwähnen. Da 
ist der schöne, tiefschwarze Lymnas Jarbas, mit hochgelben 
Randflecken und einem rothen Fleck auf jedem Flügel m der 
Nähe der Wurzel, ferner der zarte Nymphidium Mantus mit 
feiner Randzeichnung auf himmelblauem Grunde und der kleine, 
oben einfach schwarze, unten aber mit glänzenden Goldflecken 
besäte Anteros Formosus. Während die ersteren beiden die 
Flügel in der Ruhe flach breiten, klappt sie letzterer zusammen, 
sitzt aber wie jene ebenfalls an der Unterseite der Blätter, 
und da alle diese Thierchen gern an den Sträuchern am Wege 
sich aufhalten, wo sie etwas freie Umschau haben, so ver- 
säumen wir es nicht, im Gehen mit dem Netz an die Zweige 
zu schlagen, um die oft ziemlich fest sitzenden Thierchen 
aufzuscheuchen. 


160 ach 


In diesen Tagen reicher Ernte fehlten auch die schönen 
Morpho Peleides nicht und namentlich auf den Waldwegen 
halbwegs Palmar, sowie in den Quebraden ‚waren dieselben in 
erösserer Anzahl zu treffen. In Ermangelung anderen Köders 
holen wir uns aus einer benachbarten Pflanzung einige Stangen 
Zuckerrohr, — ein Eingriff in fremde Rechte, der gem ge- 
stattet wird —, und vertheilten sie gespalten auf die Wege, 
welche die Thiere entlang zu kommen pflegen. Dem süssen 
Geruch kann kein Peleides widerstehen und, sowie ein heran- 
kommendes Stück nur einigermassen Witterung davon erhält, 
dreht es sogleich bei und sucht eifrig umher, bis es den 
Gegenstand gefunden, von dem der verlockende Duft herrührt. 
Sitzt es dann einmal fest, so lässt es sich nicht leicht stören, 
selbst von den grossen Borstenfliegen nicht, die zahlreich sich 
ebenfalls einfinden, und oft zu zweien, dreien an die grossen 
Flügel des Falters sich ansetzen. Sacht gehen wir näher, 
und das versessene Thier ist unsere sichere Beute. Oefters 
treffen wir drei, vier und mehr dieser grossen Thiere bei- 
sammen, freilich nicht alles gute Stücke, sondern der Mehrzahl 
nach abgeflogen, und oft sehr arg schon mitgenommene 
Veteranen; alsdann fliegt wohl einer, der uns grade die Seite 
zukehrte, vorsichtig ab, und die andern folgen ihm nach auf 
(ie Blätter, um indess bald wieder von neuem an den süssen 
Saft zurückzukehren. 

Ausser den Morphos tretfen wir an dieser Lockspeise 
meist auch etliche Satyriden, aus dem düster gefärbten Genus 
Taygetis, Arten die sonst nur im tiefen Blätterschatten auf 
dem Beete sitzend sich aufhalten. Ab und zu findet sich 
auch eine buntere Gestalt dabei ein, wie die hübsche Catone- 
phele Nyetimus, schwarz mit oranger Binde, ein Thierchen, 
zu dem das Weibchen mit seinem sonderbar gelb und schwarz 
carrirten Kleide in einem höchst merkwürdigen Gegensatz 
steht. 

Ueber uns hin aber, den Weg auf und ab, schweben 
hier die schönen Heliconier, der blauschwarze Apseudes und 
der &elbbraune Metalilis, dessen Zeichnung sich auffallend der 
ebenfalls hier fliegenden Melinaea Lilis nähert. 

Ein der Hypna ÜUlytemnestra nahe stehendes Thier 
lernen wir in dem gelbbraunen, langflügeligen Protogonius 
Holocrates kennen, der wie auch jene, ganz einzeln in seiner 
Sippe dasteht, dafür aber in den verschiedensten Gebieten 
eine grosse Anzahl Lokalvarietäten herausgebildet hat. Durch 
die stark ausgezackten Flügel ist er uns nicht weniger wie 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 161 


durch sein neugieriges, den Gewohnheiten seiner nächsten 
Verwandtschaft entsprechendes Verhalten eine bemerkenswerthe 
Erscheinung. Häufiger treffen wir in diesem trockenen, zu- 
meist aus kleinblättrigen Bäumen zusammengesetzten Walde 
die kleine, gelbe Nica Canthara, die sich, wie so viele andere 
Arten, nicht gern von ihrer Wiege und ihrem Standort weiter 
entfernt. Ebenso begegnen wir öfter der hübschen Adelpha 
Cytherea, der die gelb und weiss halbirte Binde ein ebenso 
zierliches Ansehen verleiht, wie der ruhige Flug, mit dem sie 
schwebend aus der Höhe sich herablässt, und mühelos, fast 
senkrecht wieder ansteigt. 

Unter den Heteroceren, die wir im Walde und an den 
Wegrändern auftreiben, sind es namentlich die sehr nied- 
lichen, schwarz und gelben Josia-Arten, unseren Lithosiden 
verwandte Thierchen, denen wir häufiger begegnen, ebenso 
die unsern Bärarten nahestehende blau und weisse Esthema 
Bicoloria, sowie die ihr verwandten Pericopis Lycorea, die 
mit ihrer Färbung in braun, schwarz und gelb auffallend an 
die Gruppe der grösseren Ithomiden erinnert, welche diesen 
Farbendreiklang in so unendlich mannigfachen Variationen 
wiederholen. Eigenthümlich verhalten sich letztere beide 
Arten, sobald sie sich gefangen sehen, alsdann stellen sie die 
Bewegungen ein, krümmen den Leib zusammen und lassen 
aus Brust und Nacken unter vernehmbarem Zischen einen 
gelben Schaum hervorquellen, offenbar in der Absicht, sich 
damit einen Schutz zu bereiten. Denn der ihnen damit ent- 
strömende Geruch, obgleich nur schwach für uns wahrnehmbar, 
hält Vögel und andere Insektenfeinde ab, ihnen nachzujagen, 
oder nöthigt sie doch, wenn sie ein solches Thier erfasst 
haben, dasselbe alsbald wieder als ungeniessbar fallen zu 
lassen. 

Wir sehen dies deutlich, wenn wir diese Thiere Hühnern 
vorwerfen, die sonst alle Schmetterlinge mit Begier verzehren, 
jene Arten aber, sowie namentlich auch Ithomiden, Heli- 
conier und die weissen Papilios ihres scharfen Geruches 
wegen stets verschmähen. Einmal beobachteten wir eine 
Neuroptere, die eine Glancopide gefangen hatte und mit 
ihr auf ein Aestchen flog, um sie in Ruhe zu verspeisen; 
kaum aber hatte sie ihre Mundtheile näher an das Thier 
gebracht, als sie ihren Irrthum erkennend, auch sogleich 
dasselbe wieder losliess, das nun ohne weiteres, wenn auch 
etwas flügellahm, seinen Flug fortsetzte. 

Es sei hier schliesslich noch aus jener Zeit reicher Aus- 


7 11 


162 Hahnel: 


beute eines interessanten Falles von Raupenzüchtung gedacht, 
der uns seiner Zeit mehr als gewöhnlich beschäftigt hatte. 
Eines Tages wurde uns von der prächtigen Atlas-Art, "Attacus 
Anrota ein noch lebendes, aber wie das gewöhnlich bei solchen 
ins Haus gebrachten Sachen der Fall war, gänzlich unbrauch- 
bares Stück, ein Weibchen gebracht. Da es mir befruchtet 
scbien, behielt ich es und andern Tags setzte es seine Eier 
ab. Die Entwicklung nun dieser Eier, sowie der Raupen und 
Puppen ginge so unglaublich rasch vor sich, dass die neue, 
vollständig wohl ausgebildete, nur an Grösse etwas zurück- 
gebliebene Generation schon 32 Tage nach dem Absetzen der 
Eier auskam. 

Als ich mit F. Starke hierüber sprach, versicherte er 
mir, er hätte früher gerade bei diesem T'hiere, das sich so 
leicht aufziehen lässt, öfters den wohlgelungenen Versuch 
gemacht, das Begatten der T'hiere künstlich zu ersetzen, indem 
er den Inhalt der beiderseitigen Körper ganz einfach mechanisch 
mit ‚einander vermengte. Es war mir nicht mehr möglich, 
diesen interessanten Versuch selber auch anzustellen und als 
ich später, einmal Papilios in dieser Weise zn züchten ver- 
suchte, misslang ‘dies, indem die Eier eintrockneten. 

Es liegt nun zwar nicht ganz fern, bei jenen Versuchen 
an -Parthenogenesis zu denken, doch dürfte bei der Sache ein 
so hohes wissenschaftliches Interesse im Spiel sein, dass es 
sich für Züchter empfehlen möchte, diese Versuche mit geeig- 
neten, grösseren Faltern wiederholt und oft anzustellen; 
vielleicht findet sich doch eine glückliche Hand. 


San Esteban. 
LI 


‚ Schon lange war es meine Absicht gewesen, einen Aus- 
flug nach der Öumbre zu unternehmen, doch hatte ich leider 
die gänstigere Jahreszeit, die trockenen Monate ungenützt 
vorübergehen lassen und. bei den nun häufigen Regengüssen, 
die sich gewöhnlich in den Nachmittagsstunden unter Ge- 
Ww itterbegleitung einstellten, hatte ein solches Vorhaben immer 
eine bedenkliche Seite. 

Eines Tages indess, als der Mond im zweiten Viertel 
stand, ‘erhielt ich von Pino eine Einladung, morgen früh zur 
Stelle zu sein, denn das Wetter liesse sich schön an, sodass 
man eine Bergparthie riskiren könnte, Ich schnürte also 


’ 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 163 


mein Bündel und am andern Morgen zur verabredeten Stunde 
war ich am bestimmten Platze. Der ungeduldige Alte aber 
war schon im Morgengrauen mit zwei Schützen und jung 
Emilio ausgerückt und ich musste also Eile aufbieten, um sie 
einzuholen. Endlich in Passohondo, der Furth am Fusse des 
Gebirges, über die hinaus ich meine Ausflüge nicht erstreckt 
hatte, traf ich sie bei der Zurichtung zum Frühmal; frisch 
eefangene Fische und Bananen rösteten und dufteten bereits 
am Feuer und die Schützen hatten sogar schon für den Abend 
gesorgt, denn an einem Ast hing neben einem kleineren Wald- 
huhn ein prächtiger, blaugehörnter Auerhahn. Wir machten 
nicht lange Rast, denn wir mussten wünschen, in möglichst 
früher Nachmittagsstunde oben zu sein und so setzte sich 
also der Zug nach beendetem Mahle bald wieder in Bewegung, 
die Schützen vorauf. 

Das Wetter war herrlich und an einzelnen Stellen öffnete 
sich uns eine wundervolle Aussicht in die Seitenthäler und 
nach rückwärts das Hauptthal hinab. Allmählich, je höher 
wir kamen, änderte sich auch die Physiogenomie des Waldes, 
neue Pflanzenformen traten auf und besonders die herrlichen 
Baumfarren, von denen wir bereits unten in Passohondo das 
erste Exemplar gesehen, entzückten mit ihrer fein gefiederten 
und so merkwürdig flach gebreiteten Krone das Auge. 

Der Wege zeigte an steilen Aufgängen noch ein wohl 
erhaltenes Pflaster, i im Höhersteigen aber kamen wir an Stellen, 
wo das bröcklige, morsche Gestein von den Bächen des Regen- 
wassers tief ausgewaschen war, sodass klaffende Spalten den 
Wee fast ungangbar machten und wir beim Emporklimmen 
in diesen engen Schluchten an den senkrechten Wänden oft 
kaum einen Stützpunkt für die nackten Zehen finden konnten. 
Wie schnell geht hier alles dem Verfall entgegen. Wer sieht 
es diesem schmalen, von Gesträuch und Bäumen überwucherten 
Fusspfade an, dass er vor wenig Jahren noch eine breite, 
belebte Strasse war, an der hier und da eine Niederlassun 
die Einsamkeit des Waldes unterbrach. Wo sind die Häuser, 
ja wo sind die Spuren von ihnen geblieben? Nichts mehr ist 
von all’ diesen Wohnstätten zu erblieken; nur hin und wieder 
an einem flachen Bergabsatz im lichteren Gehölz verräth Dir 
ein verkümmerter Citronenbaum oder ein Guyabenbaum mit 
selben Aepfeln, dass hier wohl einst eine Hütte stand; und 
unser Begleiter, die lebende Chronik dieser Gegend, erzählt 
Dir von jenen sonderbaren theoretischen Landwirthen, Vater 
und Sohn, die herüberkamen übers Meer, begeistert von poe- 

11* 


164 Hahnel: 


tischen Schilderungen, die sie von der unendlichen Fülle und 
Fruchtbarkeit der 'Tropennatur gelesen und die hier an einem 
Abhang sich niedergelassen, um sich ein Paradies zu gründen, 
bis Enttäuschung, Einsamkeit und Mangel sie wieder fort- 
trieben in bewohntere Gegend. 

Weiterhin dort an der Biegung hatte jener Ambrosio 
eehaust, vor dessen Mordwaffe Appun in der Nacht zu einer 
schaurigen Flucht gezwungen war, vielleicht, wie Starke be- 
hauptete, nicht ganz motivirt, denn der edle Ambrosio, den 
ich öfters in Pino traf, schien eine sehr sanfte Natur zu sein, 
was freilich nicht ausschliesst, dass gelegentlich auch einmal 
ein Räubergelüste in solch einer stillen Seele aufgestiegen sein 
mochte. 

Wir näherten uns dem Gipfel, die Sonne hatte sich in- 
zwischen verhüllt und die Atmosphäre begann nun eine auf- 
fallende Feuchtigkeit zu entwickeln. Ein feiner Nebel, von 
einem leisen frischen Luftzug geführt, durchzog den Wald 
und verdichtete sich an den moosbehangenen Aesten, von 
denen es bald unaufhörlich zu Boden tropfte. Vorwärts, vor- 
wärts, rief Starke, lassen Sie heut die gemeinen Nebelschmetter- 
linge fliegen, die können Sie morgen genug fangen, machen 
wir, dass wir in’s Quartier kommen! Endlich waren wir oben 
angelangt, grade und eben führte der Weg weiter über den 
breiten Bergrücken; bald kamen wir an dem zerfallenen 
Rancho vorbei, den vor einigen Monaten eine Gesellschaft 
Deutscher von Puerto Cabello bei einem Ausfluge als Obdach 
für die Nacht hier gebaut, dann bogen wir auf-einen Seiten- 
weg links ab, der uns nun wieder abwärts führte. Nicht 
lange, so traten wir ins Freie, der Wald war wie abgeschnitten 
und vor uns lag offenes Land, den ganzen Bergzug hinab bis 
in die im Nebel verschwimmende ferne Ebene. Ringsum 
wucherten üppige Sträucher, Gras und Blumen, hier und da 
bedeckten das Feld Gemüsearten und vereinzelte Bananen- 
stauden und bald gelangten wir dann inmitten dieser weiten 
Pflanzung an eine verborgene Hütte, deren niedriges Dach 
auf der Wetterseite bis an die Erde reichte, während die 
andern Seiten nur bis zur Hälfte dieses Schutzes sich er- 
freuten. 

„Der Herr General scheinen nicht zu Hause zu sein,* 
sagte Starke, „um so besser, da wird unser Salon nicht gar 
zu eng. Jetzt aber pronto, pronto! ihr Jungens, seht wo ihr 
die besten Apios und Batatas findet, eine Traube Bananen 
wird wohl auch irgendwo reif sein, erstmal aber vor allem 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 165 


Holz gesucht!* Bald hatte jeder sein Amt angetreten, der 
Alte beim Feuer, Emilio beim Vögelrupfen und meine Wenig- 
keit sollte Wasser aus der nahen Quelle holen, wobei das 
gesammte Inventar der Geschirre einer gründlichen Reinigung 
unterzogen wurde, wie sie solche die ganze Zeit ihres Daseins 
noch nicht erlebt haben mochten. 

Noch waren die Vorbereitungen zum Mahle im besten 
Gange, da tauchte die Gestalt des Generals unter den Zweigen 
der nahen Kaffeebäume auf und bald begrüsste er uns, nach 
einem zufriedenen Blick auf den Auerhahn, mit der landes- 
üblichen besonderen Höflichkeit. Starke hatte vor Jahren 
einmal diese Pflanzung besessen und die beiden kannten sich 
also sehr gut, zumal der General unsern Alten damals gern 
zum Schwager gehabt hätte. Die Unterhaltung bewegte sich 
also vorerst gewissenhaft in den Familienzirkeln, bis endlich, 
es war nun allgemach Abend geworden, Huhn und Gemüse 
gar gekocht waren und die alten Herren aus der Hütte her- 
vorgerufen werden konnten. Nebenan im Freien auf ebener 
Erde waren drei, vier der herrlichen, grossen Bananenblätter 
hingebreitet, die dampfenden, goldgelben Erdfrüchte darauf 
ausgeschüttet und zwischen hinein die Schüssel mit den Vögeln 
gestellt. Wir nahmen alle ringsum Platz an dem grünen 
Tisch, kauernd oder liegend und liessen uns die köstlichen, süssen 
Erdäpfel, sowie das zarte Wildgeflügel prächtigschmecken, wobei 
so lächerliche Werkzeuge wie eine Gabel selbstverständlich nicht 
erst die Harmonie störten. Was für einen wundervollen Appetit 
hatten wir doch alle nach dem anstrengenden Bergsteigen hier 
in dieser zehrenden frischen Bergluft. Zum Schluss machte der 
süssgewürzte Kaffee in einer oder zwei Kalabassenschalen die 
Runde, es folgte eine selbstgerollte Cigarre aus Starkeschem 
Tabak und der Tag galt nun mit dem Ueberbordwerfen des 
Tischtuches den Abhang hinunter, für abgeschlossen. 

Der Mond schien etwas schleierhaft auf die Erde herab, 
und wir begaben uns nun an das schwierige Werk, den engen 
Raum der Hütte in annähernd gleiche Parzellen zu theilen, 
um keinem der müden Glieder sein Recht zu verkürzen. Dem 
General diente ein quer in der Hütte von einem Dach zum 
andern reichendes, mit Latten belegtes Gestell als Nachtlager, 
Starke bezog das Parterre unter ihm, die Schützen den Raum 
nach der hintern Giebelseite, und das junge Blut belegte die 
Vorderecke zwischen den Heerdkohlen und den väterlichen 
Füssen, während der letzte den Eingang bewachte, zu Häupten 
über sich das knasternde Gerüst, und die Beine über die 


166 Hahnel: 


Lehmschwelle hinabhängend unter des Himmels gnädigem 
Schutz. Wie herrlich lag es sich doch auf dem ebenen Boden 
über den die Jungens sehr löblicherweise vorher noch dürre 
Bananenblätter gebreitet hatten, Bald herrschte tiefe Stille 
in der Runde, auch Starke’s Cigarrenstengel hatte ausge- 
olimmt, und regungslos, wie meine Gebeine hingen und lagen, 
schien es mir bald, als wäre mein Ohr allein noch der einzig 
lebende Theil von der Welt. Draussen vom Waldrande her 
erklang das heisere Gebell der Vampyre, und dieht am Hause 
knackte eine Tigerkatze oder so was, das sich herangeschlichen, 
an den Knochenresten unseres Mahles, und allmählich be- 
gannen nun auch die verwegenen Töne, die Schnarchern eigen, 
ddie Luft zu erschüttern. Ich hörte nicht mehr, nur: vor meinen 
Augen schaukelte noch weiss in grau ein Nebelschmetterling 


— ein Nebelfalter — merkwürdig, dass der grade im Nebel 
fliegt! — Das war wohl der letzte Gedanke gewesen, der 


sich andern Tags noch constatiren liess, dann war auch dieser 
entschlafen. 

Beim ersten Morgengrauen war alles wach. Die Berg- 
finken und die Drosseln schlugen im Walde und im Gebüsch 
erschallten die hellen Flötentöne der Laubsänger, ringsum in 
der ganzen Natur „Jubel und Gesang. „Nehmen Sie man 


schnell das Netz zur Hand‘, rief Starke. -— „Ist das schon 
so eilig? — „Nun, haben Sie nichts gesehen ?* —  Wahr- 


haftig, da sprang in dem trüben Dämmer ein grosser Caligo 
in der Luft herum, um die Hütte und an die Bananen und 
dann an den Rand, wo die Küchenabfälle lagen. Da waren wir 
denn freilich schnell bei der Sache, und der gewaltige Ritter, 
der unruhig am Boden umherrückte bis er die richtige Stelle 
gefunden, war schleunigst gefangen, ein prächtiger, blau- 
schillender Ilioneus. Aber da war noch ein anderes 'Thier 
gewesen, das sich eilig in die Bananen zurückgezogen hatte. 
Doch da geht es eben wieder nach dem Unrath und noch 
eins sahen wir dort, das unruhig suchend umherfliegt. Bald 
haben wir auch diese beiden; der eine dunkelbraun mit gelben 
Querbalken, ist Opsiphanes Tamarindi, aus einer der Caligos 
nahe stehenden Sippe und der andere, den wir schon unter- 
wegs mehrfach an dunklen Stellen der Felswände angetroffen 
hatten, ist eine grosse Satyride, die graubraun, weissgefleckte 
Tisiphone Hercyna. 

Nach diesem Frühfange hatten wir eigentlich die Ab- 
sicht, auf der Strasse nach Valencia ein Stück abwärts zu 
gehen, indess liessen uas die nun aus den Tiefen der 'Thäler 


Entomologische Erinnerungen an Büd- Amerika. 167 


unaufhörlich heraufziehenden Nebelmassen nicht erkennen, wie 
der Tag sich machen würde. Wir zogen daher vor in der 
Nähe zu bleiben, und uns dem Schneckensuchen zu widmen, 
wofür ja Starke einen wunderbaren Griff hatte. Ehe wir 
noch aus dem umfangreichen Hau heraus, und wieder auf die 
Höhe des Weges in den Wald kamen, hatte ich reichlich 
Gelegenheit die Bekanntschaft jenes mystischen Nebelfalters 
zu machen, der sich vom diehtesten Nebel und selbst vom 
Regen nicht abhalten liess, seine zarten Schwingen’zu gebrauchen 
und durch Büsche und Sträucher zu flattern, während doch 
sonst alles Fluggethier in schützenden Verstecken geborgen 
war; es war die hübsche, weisse, originell gestaltete Satyride 
Oressinoma Typhla. Ausser diesem ersten Gebiresfalter 
waren es noch verschiedene andere kleine Arten, die uns hier 
neu waren, und die unten in der wärmeren Zone nicht vor- 
kamen, so die weisse Dismorphia Psamathe, ferner mehrere 
Ithomien, darunter die schöne, mit hellgelben Flecken gezierte 
Libethris und ebenso eine Anzahl Hesperiden; aber auch 
unter den Käfern, die wir ‘fanden, traten uns ganz neue 
Formen entgegen. Doch da den Tag über die Sonne nicht 
herauskam, so war die Ausbeute an Insekten dennoch nur 
eine beschränkte und wir verlegten uns daher um so eifriger 
auf die Conchylien, deren es hier eine grosse Zahl interessanter 
und schön gefärbter Arten gab. 

Als wir am Nachmittag mit einer reichen Auswahl der- 
selben nach unserer Hütte zurückkehren, hatte sich der Nebel 
inzwischen zu einem vollständigen Regen herausgebildet und 
wir sahen uns die übrigen Stunden des Tages auf die inneren 
Räumlichkeiten unseres gastlichen Daches angewiesen. Plötz- 
lich ertönte von dem hohen Bergrande her ein melodisches 
Hornsienal, welches der General sogleich erwiderte, indem er 
das Kuhhorn ergriff, das die Nacht vorher mein Kopfkissen 
gewesen war. Das ist Juan, des Generals Sohn, der mit einem 
Arbeiter vom Dorfe heraufkommt. 

Die Erklärung war vollkommen genügend, um in dem 
Gespräche eine anhaltende Pause eintreten zu lassen, die Jeder 
nach Kräften dazu benutzte, in seinem erfinderischen Geiste 
die Mittel zu erwägen, wie das nun auftauchende Problem 
einer weiteren Raumeintheilung zu lösen sein werde. ‚Juan 
erschien mit seinem Begleiter, regentriefend, aber keineswegs 
eingenommen gegen die zahlreiche Einquartirung. Er flüsterte 
seinem Vater einige Worte ins Ohr, die dieser mit einem 
ironischen Lächeln beantwortete. Die Sache ist abgemacht, 


168 Halinel: 


sagte er dann zu Starke, morgen ziehen sie ab. Der Alte 
setzte mir auseinander, um was es sich handelte. Unser 
(General wurde nämlich seit langem verfolgt wegen Conspi- 
rationen, und durch Vermittlung von Freunden war nun die 
Angelegenheit endlich beigelegt worden. 

Die Politik ging hoch, während in Strömen der Regen 
niederfloss, und langsam das Feuer brannte, über dem heute 
kein feister Waldhahn die Gaumen lüstern machte. Trüb- 
selig schlich der Tag zu Ende, selbst der Kaffee hatte einen 
melancholischen Beigeschmack und verdrossen glimmte das 
Tabakkraut. Endlich kam die Nacht, halb gefürchtet und 
halb ersehnt, aber eben deshalb ging sie leichtfüssiger über 
die müden Schläfer hin als diese erwartet. 

Wieder war es Morgen, trüb und regnerisch. Das wird 
doch faul, meinte der Alte, heut können wir nicht fort, aber 
hoffentlich sieht es morgen besser aus. Wir benutzten die 
Zeit, um unsre Schnecken von gestern zu kochen und zu 
reinigen, was den Vormittag völlig in Anspruch nahm. 

Gegen Mittag klärte sich das Wetter, die Sonne blickte 
durch die Wolkenritze, die Welt unter uns ward sichtbar und 
bald strahlte die weite Erde im herrlichsten Sonnenglanze; 
das war eine zauberhafte Verwandlung. Nun konnten wir 
also auch noch einen Blick auf das tief unten schimmernde 
Valencia werfen, und den von Nebelschleiern umsäumten, blau 
spiegelnden See Tacarigua, Humboldts grossen Namen uns in 
die Erinnerung rufend. In unabsehbarer Ferne delnte sich 
dahinter das Flachland aus, die Savanne mit ihren Mais- und 
Zuckerrohrfeldern, ihren Kaffee- und Cacaohacienden, und den 
blauen Hügeln am fernen Horizont. Vor uns zur Linken in 
röthlich violetten Farben senkten sich die scharfkantig sich 
abhebenden kahlen Ausläufer der Cumbre stufenweise nach 
der Ebene hinab und zur Rechten und hinter uns zog sich 
der breite Rücken des Hauptkammes höher hinan, kahl nach 
unten zu, und nur oben noch mit unantastbarem Walde ge- 
schmückt. 

Wir machten uns schnell auf, um in den Wald zu gehen, 
die Schützen erhielten die eindringlichste Ermahnung einen 
Braten zu schaffen, und so streiften wir denn mit neu aufge- 
lebter Lust umher in dem herrlichen Walde unter den ge- 
waltigen, hohen Bäumen. Schöneren Wald hatte ich bisher 
nirgends gesehen als hier an der bald bestrittenen Grenze 
seines Reiches, wo vielleicht demnächst ein beliebiger Irgend- 
wer sich einstellt, die Baumriesen krachend zu Boden stürzt, 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika, 169 


und ein Jahr lang oder zwei eine Pflanzung anlegt, dann 
wieder verschwindet irgendwohin, wie Laune und Wind ihn 
treiben, die Pflanzung der Verwilderung überlassend. Riesen- 
stämme erhoben sich hier zum Himmel mit einem ganzen 
Wald von wuchernden Parasiten auf den baumgleichen Aesten. 
Lange Blüthenrispen, rosa und hochroth, ragten daraus her- 
vor und schwertähnlich oder rund und herzförmig standen die 
Blätter herum, während von den hohen Wipfeln die seil- 
artigen Luftwurzeln der Lianen herabhingen und ungeheure 
Bänder von Kettenlianen von Baum zu Baum sich wanden. 
schlanke Palmen strebten unter dem lichten Gewölbe nach 
oben und am Boden wucherten üppige Kräuter und ganze 
Büsche rankender Farren. Alles in Allem hatte der Wald 
hier oben einen viel strotzenderen und zugleich kräftigeren 
Charakter als in der heissen Ebene, die ihrerseits vielleicht 
mehr Öontraste in den Formen aufzuweisen vermag. 

Beim Umherstreifen fanden wir einen grossen, schönen, 
uns bisher noch nicht vor Augen gekommenen Falter, den 
schwarz und braunen Vietorina Epaphus, ferner einige 
hübsche Adelpha und mehrere kleinere Sachen, sodass wir 
also nicht unbefriedigt den Rückweg antraten. Geknallt hatte 
es ja auch mehrere Male, sonach waren die Schützen wohl 
ebenfalls nicht leer ausgegangen und als wir mit ihnen zu- 
sammentrafen, erhielten wir die angenehme Gewissheit, dass 
wir der Mahlzeit heut mit einiger Beruhigung entgegensehen 
konnten, denn ausser ein paar grossen Tauben brachten sie 
noch einen ansehnlichen Spiessbraten in Gestalt eines braun- 
haarigen Brüllaffen mit. 

Am andern Morgen rüsteten wir uns zum Heimwege. 
Der General lud uns ein, ihn bald wieder zu besuchen, was 
ich in den kommenden trocknen Monaten auch gern auf längere 
Zeit gethan hätte, wenn nicht inzwischen mein Aufenthalt in 
San Esteban zu Ende gegangen wäre. 

Oben, auf dem Wege angelangt, zogen wir noch einmal 
an dem Aussichtspunkt vorbei, wo Starkes jahrelang gewohnt 
hatten, Appun gleichfalls mehrere Jahre und ausser anderen 
Landsleuten auch der unübertroffene Schütze Müller, der oft 
die erstaunlichsten Proben seiner Treffsicherheit abgelegt 
hatte, sodass von ihm noch die verschiedensten Jagdanekdoten 
von Mund zu Mund liefen. Einige dürftige Kaffeebäume, 
denen das Klima schon zu rauh ist, zeigten am Bergrande 
noch die Plätze an, wo früher diese nun längst vergessenen 
Ansiedlungen sich befanden. Die Stelle auf der anderen Seite 


170 Hahnel: 


des Bergrückens, von wo aus man sonst die herrlichste Aus- 
sicht auf das Thal von San Esteban auf Puerto Cabello und 
über das Meer hin hatte, war leider gänzlich verwachsen und 
so mussten wir auf den Genuss dieses Fernblicks verzichten. 

Die Burschen luden nun noch die Orchideen anf, die 
Starke am ersten Tage beim Schneckensuchen von den Aesten 
abgenommen und hier niedergelegt hatte, darauf wurden die 
Pfeifen in Brand gesetzt und rasch ging es nun bergab. 
Cassadores! riefen die Schützen. Jägerameisen! Trab, 
Trab! — Den ganzen Weg und zu beiden Seiten wimmelte es 
von den schwarzen Streifen und Zügen dieser raschen, ge- 
fürchteten Thiere, die auf einem Plünderungszuge begriffen, 
alles Gewürm, auf das sie treffen, unrettbar dem Verderben 
weihen. In schnellen Sätzen waren wir über die gefährliche 
Strecke hinaus, nicht ohne dass dennoch die schlimmen 'T'hiere 
sich an unsere Füsse geheftet und uns empfindliche Schmerzen 
verursacht hätten. 

Weiter ging es den Berg hinunter; in schneller Folge 
waren die einzelnen Absätze erreicht, die bei dem Bergauf- 
steigen immer wie in grosser Entfernung erschienen waren. 
Bald waren wir unten in Passohondo und zwei Stunden später 
sass der Alte wieder wie alle Tage in seiner Hängematte in 
Pino, und auch der den weitesten Wee hatte, freute sich, 
bald wieder heim zu sein und seine Glieder wieder ausstrecken 
zu können, weniger beengt als in dem Rancho des Herrn 
(reneral. 

War nun auch bei diesem kurzen Besuch auf der Cumbre 
die Witterung und die im allgemeinen nicht günstige Jahres- 
zeit schuld daran, dass die Ausbeute an Faltern nur eine sehr 
geringe gewesen war, so dass sie nicht entfernt einen Schluss 
auf die dort vorkommende Artenzahl gestattete, so war doch 
andrerseits die Hoffnung, die man auf diese Gebirgswelt für 
die trockenen Monate setzen konnte, vor der Hand von zu 
zweifelhaftem Werthe, als dass sie das immer lebhafter werdende 
Verlangen nach Neuem hätte aufwiegen können. Denn wenn 
wir bisher auch keineswegs bereits alles, was in dieser Gegend 
heimisch war, kennen gelernt hatten, namentlich nicht von 
den kleineren, der Beachtung sich so leicht entziehenden 
Eryeiniden, so waren uns doch inzwischen die hauptsäch- 
liehsten täglichen Erscheinungen so bekannt und geläufig ge- 
worden, dass die immer seltener vorkommenden Fälle, wo wir 
etwas Neues auffanden, und uns immer mehr in dem Gedanken 
bestärkten, einen andern Fangplatz aufzusuchen, wo eine 


Entomologische Erinner ungen an Büd- Amerika. 171 


grössere Anzahl uns noch unbekannter Arten zu erwarten 
stand, sei es nun das nahe Valencia oder die gebhirgige Gegend 
um Caräcas. 

Indem ich mich mit solchen Erwägungen trug, kam es 
mir daher sehr erwünscht, als Dr. Staudinger nach Empfang 
einer Sendung mir den Vorschlag machte, dem entfernteren 
Merida, welches mit seiner Hochgebirgswelt sich eng an die 
Fauna des benachbarten Columbiens anschliesst, einen Besuch 
abzustatten und mit Eifer wurde also der neue Plan er- 
fasst, der die zunächst gehegten Wünsche weit zu übertreffen 
versprach. Indess sollten noch etliche Wochen vergehen, ehe 
es zum Aufbruch kam und so gut es ging, benutzte ich nım 
noch diese Zeit, um einige Ausflüge in die benachbarten Seiten- 
thäler zu machen, die, wenn auch nicht viele, so doch immer- 
hin noch einige neue Bereicherungen einbrachten. 

Als ich eines Nachmittags von einem solchen Ausfluge 
heimgekehrt und eben mit der Durchsicht der Tagesausbeute 
beschäftigt war, erscholl der in letzter Zeit öfters gehörte 
Ruf: rio, rio! der von den Uferanwohnern bei herantosendem 
Hochwasser erhoben wird, um die weiter abwärts Wohnenden, 
und namentlich die am Wasser beschäftigten Wäscherinnen zu 
warmen; denn die Fluth kommt mit einer furchtbaren Schnelle 
und Gewalt heran, so dass der schleunigste Rückzug nach dem 
hohen Ufer geboten ist. Willst du dir nicht einmal die Hoch- 
fluth ansehen? sagte ich zu meiner Frau und diese begab sich 
sogleich den Abhang hinunter nach unserm Uebergange. Es 
verging eine geraume Zeit und meine Frau war noch nicht 
zurückgekehrt, da sagte ich zu meiner Kleinen: Sieh doch wo 
die Mama bleibt! Nach einer Weile höre ich durch das Tosen 
der Fluth die Stimme des Kindes nach der Mama rufen. Ich 
springe im Nu aus dem Hause und treffe das Kind auf dem 
Wege, der nach dem Flusse hinabführt. Wo ist die Mama? 
— Ich weiss nicht, ich kann sie nicht sehen. — Ich stürze 
hinunter bis an den Rand des Wassers, das weit über sein 
Bett getreten ist, aber meine Blicke schweifen vergeblich 
rings durch das dunkle Gewirr der den ganzen Abhang dicht 
beschattenden Bäume und Sträucher. Ein Todesschrecken er- 
fasst mich. — In Verzweiflung beuge ich mich von Neuem 
nieder, um durch die Zweige und Stämme über die wogende 
und donnernde Fluth hinzuspähen, da ist es mir, als sähe 
ich eine Bewegung durch die Zweige vor mir, ich beuge 
mich zur Seite und da steht sie, mir zuwinkend, in dem 
Wipfel eines schwachen Bäumchens, mitten in der schäumenden 


172 Hahnel: 


Fluth. Aber das Wasser steigt zusehends immer höher und 
an Rettung ist wegen des rasenden Stromes in keiner Weise 
zu denken. Endlich, nach einer bangen Viertelstunde, während 
der alle Nachbarn händeringend sich bei mir versammelt, — 
kein Steigen mehr, die Wasser stehen, und bald auch beginnt 
es stufenweise zurückzugehen. Noch eine halbe Stunde und 
nun ist es uns möglich, bis zu dem Bäumchen hinzudringen, 
das ihre Rettung gewesen, und sie an’s Land zu tragen. 

Es war dies Ende Oktober gewesen. Vierzehn Tage 
später sollten wir noch einen zweiten Schreck haben, der uns 
die Unsicherheit des Lebens von einer andern Seite nahe 
legte. Unser Haus, das schon ein ziemliches Alter aufzuweisen 
hatte, besass natürlich keinen gesunden Balken mehr, die un- 
abwendbaren Termiten hatten alles hohl gefressen, sodass wir 
schon immer mit Besorgniss die Bogenlinien des mit schweren 
Hohlziegeln gedeckten Daches betrachteten. Eines Nachts, 
als wir im tiefsten Frieden schliefen, erdröhnte über uns ein 
furchtbares Krachen und Gepolter und schmetternd fielen die 
Ziegel auf den Fussboden. Entsetzt springen wir aus dem 
Bett; die Sterne, die durch das nun plötzlich offene Dach 
hereinschauen, leuchten uns und lassen uns gegenseitig finden, 
wir sind alle heil; nur die Hälfte des Daches, unter der unsere 
Betten glücklicherweise nicht standen, war eingestürzt, die 
andere über uns hatte Stand gehalten, aber sie konnte ja im 
nächsten Augenblick nachfolgen. Schleunigst sind wir in der 
andern Stube und machen Licht, um das Unglück zu unter- 
suchen. Bald sind auch die Nachbarn mit Laternen zur Hand, 
die von dem furchtbaren Gepolter in der stillen Nacht auf- 
geschreckt, nicht anders denken, als das wir unter den Trüm- 
mern begraben sind. Wir unterziehen den übrig gebliebenen 
Theil des Daches einer genauen Prüfung und die Nachbarn 
sind der Ansicht, es werde nichts weiter herunterkommen. 
Einigermassen beruhigt legen wir uns also wieder nieder, 
ohne dass jedoch Schlaf in unsere Augen kommt. Kaum haben 
wir, ängstlich auf jedes Knistern horchend, eine halbe Stunde 
so gelegen, als von Neuem ein Krachen anhebt, diesmal seit- 
wärts draussen in der anstossenden Küche, furchtbarer noch 
und anhaltender als das erste Mal. In höchstem Schrecken 
kommen von neuem die Nachbarn, jetzt ganz sicher in der 
Erwartung, uns erschlagen zu finden und abermals danken sie 
allen Heiligen, als sie näherkommend unsere Stimmen ver- 
nehmen und Licht sahen. An Schlaf war nun allerdings 
nicht mehr zu denken, und wir fühlten uns wahrhaft er- 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 173 


leichtert, als der Tag anbrach und die Augen wieder frei 
ihren Dienst versehen konnten. 

Obgleich nun Freund Starke baldigst in den stehen ge- 
bliebenen Stücken einige neue Dachträger unterzog, sodass 
augenscheinlich einige Sicherheit mehr geschaffen war, so ver- 
liess uns doch das unheimliche Gefühl, das nun einmal über 
uns gekommen war, keinen Augenblick mehr bis zu unserer 
nun bald erfolgenden Abreise, der wir jetzt mit doppeltem 
Verlangen entgegensahen. 


Nach Merida. 


An einem der ersten Dezembertage traten wir die neue 
Reise an, die uns zunächst wieder nach dem nahen Puerto 
Cabello führte, wo wir bis zur Abfahrt des nach Maracaibo 
bestimmten Dampfers noch zwei Tage verweilten. Es hatte 
sich uns für diese Reise eine alte, aber noch zum Verwundern 
rüstige Landsmännin angeschlossen, die aus dem Schwarzwald 
gebürtig, hier in Amerika schon mehr als 40 Jahre ein schick- 
salsvolles Wanderleben geführt hatte, von Caräcas nach Oali- 
fornien, von da nach Valparaiso, dann nach Panamä, und 
wieder zurück nach Puerto Cabello und nun war es ihr Wunsch, 
den Rest ihrer Tage in dem wegen seines herrlichen Höhen- 
klima gepriesenen Merida zu verbringen. Wir selbst aber 
freuten uns, eine angenehme Reisegesellschaft an ihr zu haben, 
was ja in unserer Lage doppelt schätzbar war. 

Als ziemlich bereits alles an Bord war und der Abfahrt 
harrte, bot sich uns noch ein sonderbares Schauspiel dar. 
Ueber den breiten Platz her, von der Posada kommend, 
näherte sich unserm Dampfer langsam, feierlichen Schrittes 
ein buntschillernder Aufzug, der im ersten Augenblick die 
(sedanken unwillkürlich in die Räume eines Theaters ver- 
setzte und erst allmählich erkennen lies, was es eigentlich 
vorstellte. Voran eine Dame, strahlend in blauem Seiden- 
kleide, in Spitzen und Blumenflor und in langen Reihen ihr 
folgend eine Schaar von Herren mit Bouquets, Fächern, Shawls 
u. s. w. bis zuletzt als würdiger Abschluss des Ganzen der 
alte, weisshaarige Neger aus der Posada schritt, beladen mit 
Rosen und riesigen Palmzweigen. Alles feierlich und gemessen 
wie eine Prozession daherkommend, während Alt und Jung 
auf dem grossen Platze stehen blieb und dieses Spottgedicht 
auf die Menschheit, den Triumphzug einer Üourtisane mit 


174 Hahnel: 


Verwunderunge betrachtete. in Theil der Herren verab- 
schiedete sich dann auf dem Dampfer von der fahrenden Prin- 
zessin, während die andern das Glück genossen, dieselbe noch 
bis zu dem allgemeinen Reiseziel zu begleiten. 

Die Fahrt bot wenig Angenehmes, da der kleine Dampfer 
völlig überfüllt war und zudem bei der sich nun bald er- 
hebenden Brise auch ein starkes Rollen anhob, was die Ge- 
müthlichkeit keineswegs erhöhte, Bei der engen Einfahrt 
zur Lagune von Maracaibo, die durch ein kleines Fort ge- 
schützt ist, hatten wir den traurigen Anblick eines kürzlich 
gestrandeten Dampfers, dessen schwarzer Rumpf in aller Schärfe 
gegen den weissen Strand sich abhob. In der seichten Lagune 
selbst aber bildeten die das Fahrwasser kennzeichnenden 
Stangen eine merkwürdige Erscheinung auf der weiten, see- 
artigen Wasserfläche, über deren ruhigen Spiegel der Dampfer 
nun schnell dahimglitt und uns binnen Kurzem, es war am 
zweiten Tage nach unserer Abreise, dem röthlich schimmernden 
Häusermeer von Maracaibo entgegenführte. 

Die drei Tage, die wir hier zubringen mussten, bis wir 
(die Weiterreise mit einem einstweilen noch erwarteten Dampfer 
antreten konnten, vergingen, ohne dass ich dazu gekommen 
wäre, einen Ausflug in die Umgegend zu machen, was ich 
indess bei dem sterilen Sandboden, der diesen Landstrich 
charakterisirt, nicht allzusehr bedauerte. 

Endlich befanden wir uns wieder unterwegs, auf einem 
alten, aber höchst bequem eingerichteten Raddampfer. Der Ca- 
pitän machte uns auf die säulenartigen, oft wolkenförmigen An- 
sammlungen von Moskitos aufmerksam, die von Zeit zu Zeit 
über der Lagune sichtbar wurden und in der Ferne wie Luft- 
spiegelungen erschienen. Die Wasserfläche war wie übersät 
mit grösseren und kleineren Inseln von Sumpfpflanzen, die 
von den rings einmündenden Flüssen der Lagune zugeführt 
werden. Bald auch tauchte im Südosten vor uns die ferne 
Cordillere auf, deren Anblick uns hinter Puerto Cabello ent- 
schwunden war. 

Gegen Abend des andern Tages liefen wir in den Zulia- 
fluss ein, dessen flache, morastige Ufer von einer wuchernden 
Fülle grossblättriger Sumpfgewächse bedeckt waren, aus denen 
inselartig einzelne Baumstände sich abhoben. Zahlreiche 
Reiher mit weissem oder blassrothem Gefieder flogen, in ihrer 
Ruhe gestört, von den Bäumen auf, während andere Schaaren 
lärmend weiter hinein in das Dickicht zogen. Hier und da 
am Ufer ragte ein unförmlicher Alligatorkopf aus dem Wasser 


k 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 175 


hervor, dreist und unverschämt den Dampfer anglotzend, um 
erst, wenn die Radwelle ihn erreichte, unterzutauchen. Als 
dann die Sonne sich geneigt und der Mond hoch am Himmel 
stand, Wasser und Wald mit seinem reichen Licht übergiessend, 
welche wechselnde Silhouetten, wunderbar gewölbt und ge- 
schnitten, bildeten diese hoch aufstrebenden, und jäh wieder 
abfallenden Baumfiguren, von Schlinggewächsen überwuchert, 
die wie riesige Draperien ihre Formen umhüllten, und auf und 
ab sich schwingend, hohe und niedere Aeste, Bäume und 
Sträucher in einer alles verwebenden Umschlingung zu Reihen 
und Gruppen verbanden. Und zwischen diesen terrassen- 
förmig sich verschiebenden Bogenlinien, die den Uferrand 
bildeten, hoben sich wieder einzeln in grotesken Schatten- 
rissen hier eine schlanke Palme ab, in deren majestätischer 
Krone auf hundert Blattspitzen der Mondstrahl sich brach, 
dort ein abgestorbener, hochragender Baumstamm, auf dessen 
kurzen, ihm noch verbliebenen Aststumpfen dunkle Massen 
von Wuchergewächsen ein Inselreich in den Lüften bildeten. 

Es war eine zauberisch schöne Fahrt auf dem windungs- 
reichen, schmalen Flusse mit dieser ewig wechselnden und 
doch immer wiederkehrenden Scenerie, die wie eine in stets 
neuen Variationen uns umklingende Zaubermelodie neben uns 
herglitt. Allmählich war der Mond immer tiefer hinter die 
Baumwand zur Rechten hinabgestiegen und schliesslich ganz 
entschwunden, da rasselte der Anker in die Tiefe; der Capitän, 
welcher den ganzen Abend über merkwürdig romantisch ge- 
stimmt war, besonders als er von seiner Lübecker Jugend 
sprach, klopfte zum letzten Mal seine Pfeife aus, und nun 
begab man sich auf dieses endgültige Zeichen allgemein in 
die Hängematten, die in luftiger Architektonik kreuz und quer 
das Deck überspannten. 

Am Vormittag des andern Tages langten wir in San 
Carlos an, einem kleinen, unbedeutenden Dorfe und hier ver- 
liessen wir den Dampfer, um nun die Reise zu Lande fortzu- 
setzen. Ein Zug Maulthiere, die Kaffee aus dem Inneren 
gebracht hatten, war zufällig gerade zur Stelle, sodass wir 
also nicht genöthigt waren, wie wir dies gefürchtet, längere 
Zeit auf eine Gelegenheit warten zu müssen. Mit einem 
Damensattel für meine Frau hatten wir uns bereits in Mara- 
caibo vorgesehen, mir selbst überliess der Besitzer seinen 
eigenen Sattel gegen eine Extravergütunge und für die alte 
„Mutter Sophie* wurde, so gut es ging, ein Polstersitz auf 
ihrem Thiere hergerichtet. Der Zug setzte sich in Bewegung, 


176 Hahnel: 


eine Anzahl Mulen mit Stückgütern voran, denn unsre Gepäck- 
thiere, darauf die Donna’s und zuletzt ich selbst mit meiner 
Kleinen vor mir auf dem Sattel, sodass ich also mein viertel 
Dutzend Amazonen stets unter Aufsicht hatte, 

Wir waren nicht lange geritten, als uns ein Zug Maul- 
thiere mit Kaffee entgegenkam. Auf dem breiten, völlig ebenen 
Wege, der durch den Wald führt, war genügend Platz vor- 
handen, um nach beiden Seiten ausweichen zu können, indess 
die Thiere gingen so eigensinnig genau in den ausgetretenen 
Spuren, dass die Ladungen hart gegen einander stiessen, und 
sich bald ein förmliches Gedränge bildete. Unsre Reitthiere 
wollten durchaus keine höhere Rücksicht gelten lassen, und 
trotz allen Anziehens des ihnen durch das Maul gelegten 
Strickes, der als Zügel dienen musste, gelang es nicht, die 
Bestien von der verderblichen Begegnung mit den anprallen- 
den Kaffeesäcken auf die Seite zu lenken. Da hebt sich mit 
einem Male der vor mir herwandelnde Aufbau, auf dem 
Mutter Sophie thront und im Augenblick stürzt sie seitwärts 
auf den Boden und mit solcher Wucht, dass das Aufschlagen 
ihres Hinterkopfes mir durch Mark und Bein ging. Doch nur 
ein paar Sekunden lag sie so regungslos ausgestreckt, kaum 
dass ich Zeit hatte, mein Thier zum Stehen zu bringen, da 
erhob sich ihre lange Gestalt schon wieder und sich umschauend 
lachte sie uns zu: „Is nix, das ist ein Glück!* — Wahrhaftig, 
ein grosses Glück, dachte ich, das konnte ganz anders ab- 
laufen. 

Bald darauf kamen wir an eine etwas nasse Stelle, die 
Thiere bogen alle seitwärts ein, nach dem Gebüsch zu und 
indem meine Frau einem schräg entgegenstehenden Baume 
mit dem Oberkörper ausbiegen will, giebt der zu locker ge- 
schnallte Sattel nach und rutscht auf die Seite, die Reiterin 
aber gleitet sachten Falles rücklings herab auf den Boden, 
dessen plastische Weichheit ihm gestattet, einen getreuen Ab- 
druck von dem Vorfall zurückzubehalten. Nach dem edlen 
Beispiel, das mir nur zweimal vor Augen getreten war, musste 
ich mich nur darauf vorbereiten, bald auch selber als dritter 
zu folgen und bei der Sorge, die ich zunächst für meine Kleine 
hegen musste, war mir der Gedanke an weitere derartige 
Unterhaltungen kein gerade erfreulicher. Mehrere Male, als 
unser unvernünftiges Thier seinen Weg durchaus hinter den 
Bäumen herum nehmen wollte, waren wir nur mit genauer 
Noth den langen Stacheln überhängender Palmen ausgewichen 
und oft waren bei der totalen Unlenksamkeit des Thieres 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 177 


unser beider Kniee in arge Zusammenstösse mit den Stämmen 
gerathen, indess einen grösseren Zwischenfall hatten wir weiter 
nicht zu erleiden gehabt und als wir nach mehrstündigem 
Ritt in einem weitläuftigen Gehöft anlangten, beschlossen wir, 
es für heut mit dem Reiten genug sein zu lassen und hier 
unser Nachtquartier aufzuschlagen. 

Die Leute lebten in dieser Waldeinöde, wie wir zu 
unserm Erstaunen sahen, oft wochenlang ohne Wasser. Eine 
Anzahl hoher Thonkrüge stand in langer Reihe unter der 
Dachtraufe, um den Himmelssegen aufzufangen, wenn er her- 
niederfliesst, und dieses Wasser wird nun benutzt, so lange 
der Vorrath reicht, bleibt aber der Regen längere Zeit aus, 
so geht es eben ohne einen Tropfen. Wie wunderliche Ent- 
behrungen legt sich doch oft der Mensch auf durch seine 
Trägheit! Denn mit wie leichter Mühe wäre ein unversieg- 
barer Wasserquell geschaffen, wenn diese Leute sich dazu 
bequemen wollten, einen Brunnen zu graben, aber no senior, 
hier zu Lande macht man das eben nicht! Wir verzichteten, 
nachdem wir Einsicht in die vorhandenen Restbestände ge- 
wonnen, auf den Genuss eines Getränks und begnügten uns 
mit ein wenig Chocolade, die nebst gerösteten, trockenen 
Bananen auch unser Frühstück am andern Tage bildete. 

Obgleich alles sehr zeitig auf war, so verzögerte sich 
doch durch das Einfangen der Thiere der Aufbruch um volle 
zwei Stunden, ein Zeitverlust, den wir am Abend dann noch 
bereuen sollten. In einer morastigen Niederung, durch die wir 
am Nachmittag kamen, hatten wir die grösste Noth, uns durch 
den aufgeweichten, zähen Lehmboden hindurch zu arbeiten; 
die Thiere versanken bis an die Kniee in dem Schlamm und 
bei jedem Schritte, sowie sie den Huf aus dem zähen Lehm 
emporzogen, knallte die Luft nach. Schliesslich stand alles 
wie angewurzelt fest, kein Thier war mehr im Stande, ein 
Bein zu heben und so mussten wir denn absitzen, um auf 
eigenen Füssen weiterzuwaten, bis wir wieder festen Boden 
unter uns hatten. Der Tag ging allmählich zu Ende und 
nächtliches Dunkel lagerte über unserm Wege, der nur schwach 
von den schräg hereinfallenden Mondstrahlen erhellt wurde 
und immer noch war es „weit* bis zu dem beabsichtigten 
Nachtquartier. Stellenweise sperrten Bäume den Weg und 
verzögerten den Weitermarsch, bis dann eines der Thiere 
herausgefunden hatte, wie das Hinderniss zu umgehen war 
und die andern dann hinterher folgten. Endlich, nachdem 
wir 13 Stunden im Sattel gesessen, konnten wir von den 


12 


178 Hahnel: 


wund gedrückten Thieren herabsteigen, um uns nun, nachdem 
uns noch der Genuss einer Schale dicken, gegohrenen Mais- 
breis geworden — es war das einzige, das uns in der ein- 
samen Hütte geboten wurde — auf die Kuhhäute, die unter 
einem offenen Schuppen am Boden lagen, zur Ruhe hinzu- 
strecken. 

Im Laufe des andern Vormittags hatten wir den letzten 
Theil des Flachlandes durchmessen und wir waren an den 
Vorbergen der Cordillere angelangt. Zur Linken, aus der 
Tiefe her schlug das Rauschen des wilden Uhama an unser Ohr 
und nachdem der Weg mehrfach bergauf und bergab geführt, 
kamen wirdes Nachmittags auf einem waldfreien, schmalen Höhen- 
rücken an, der von seiner schlangenähnlich gewundenen Form 
den Namen Culebra trägt. Kine weite Fernsicht über theil- 
weise bebautes Bergland that sich uns hier auf, während 
hinter uns, in unendliche Ferne reichend, die eben durch- 
wanderte, einem einzigen, ungeheuern Wald darstellende Ebene 
lag, am Horizont begrenzt von der silberweiss sich abhebenden 
Lagune. 

Unser Geleitsmann hatte hier oben sein Besitzthum und 
er that nun sein Bestes, um uns für die Entbehrungen der 
letzten Tage zu entschädigen, obgleich freilich die vorhandenen 
Vorräthe keine grosse Auswahl zuliessen, sondern sich im 
Grunde auf Reis, Eier und Bananen beschränkten, doch fanden 
wir das köstlich im Vergleich zu dem, was wir bisher ange- 
troffen. Am andern Morgen merkte ich keine Anstalten zur 
Weiterreise. Auf mein Befragen erklärte mir der Wirth, die 
Thiere seien zu sehr mitgenommen, sie müssten eine Zeit lang 
Ruhe haben, es würden aber heut oder morgen andere Thiere 
kommen, mit denen wir die Reise fortsetzen sollten. Bueno ! 
zu den Thieren hatte ich wirklich kein grosses Zutrauen 
mehr und so nahm ich also mein Netz und begab mich auf 
die Waldwege, um doch die Zeit nützlich anzuwenden. 

Ich hatte die ganzen zwei Tage in dem üppigen hohen 
Walde, in welchem streckenweise verschiedene Palmenarten 
einen vorherrschenden Bestandtheil ausmachten, nur wenige 
Falter gesehen, was freilich bei dem anhaltend trockenen 
Wetter nicht anders zu erwarten stand. Ein Morpho, dem 
Peleides ähnlich, war uns öfters begegnet und die gemeinen 
Megalura Chiron, in deren Gesellschaft sich meist auch einige 
gelbe M. Berania befanden, belebten stellenweise den Weg, 
doch abgesehen von diesen und vereinzelten andern Nympha- 
liden, hatte sich wenig gezeigt, was unsere Aufmerksamkeit 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 179 


auf sich gelenkt hätte. Auf dem letzten Theile des Weges 
aber, kurz vor der Höhe, hatte ich einen prächtigen dunkeln 
Heliconier fliegen sehen und nach jener Stelle lenkte ich 
zunächst meine Schritte, wo ich auch so glücklich war, ein 
halbes Dutzend dieses schönen, sonst nicht wieder gefundenen 
Heliconius*) in meinen Besitz zu bekommen, sodass ich mit 
dem programmwidrig eingeschalteten Aufenthalt bald aus- 
gesöhnt war. | 

Als auch der nächste Tag noch verging, ohne dass die 
Weiterreise ermöglicht war, hatte ich nochmals Gelegenheit, 
die Waldwege zu durchstreifen und dabei noch eine Anzahl 
neuer Erwerbungeu zu machen, wie unter andern die seltene 
Catagramma Militaris, die prächtige Catonephele Penthiana, 
die auffallend grosse Satyride Taygetis Mermeria und noch 
eine Anzahl kleinerer, zum Theil äusserst niedlicher Sachen. 
Nachmittags kam dann ein neuer Kaffeetransport heran und 
der Wirth eröffnete uns, dass dies die Thiere seien, mit denen 
wir die Reise fortsetzen könnten; sein Freund, dessen Ladung 
er nun nach dem Hafen bringen würde, ginge von hier wieder 
zurück und würde uns selber bis nach Merida das Geleit 
geben. Da die neuen T'hiere einen weit besseren Eindruck 
machten als unsere bisherigen, so waren wir mit dem Tausch 
sehr wohl einverstanden und traten also am andern Morgen 
die Weiterreise unter den neuen Auspicien an. 

Der Wee, sowie wir den Bergrücken verliessen, wurde 
eng und führte in kurzen Wendungen an der steilen Berg- 
lehne hinab, dem in der Tiefe dahinbrausenden Chama zu, 
dessen senkrecht abfallende Felsenufer wir durch eine kühne 
Balkenconstruktion mit einander verbunden fanden. Wir 
waren längst schon auf dem gefährlichen schlechten Wege 
abgesessen und passirten nun, da die Thiere einzeln hinüber 
geführt wurden, mit viel Gottvertrauen die hoch genug in der 
Luft von Fels zu Fels schwebende, geländerlose und ziemlich 
baufällige Brücke. 

Der urwüchsige, wenn auch stellenweise «durch An- 
siedlungen unterbrochen, aber im ganzen doch noch geschlossene 
Wald, der bisher über uns sich gewölbt hatte, hörte hier auf 
und zu beiden Seiten umgab uns nun junger, auf früherem 
Culturland aufgeschossener Waldwuchs, in seiner Zusammen- 
setzung, wie nach Gestalt und Färbung durchaus verschieden 


*) (Anmerkung.) Von Dr. Staudinger Hel, Hahneli genannt, Stau- 
dinger, Exotische Schmetterlinge, Taf. 31. 


12* 


180 Hahnel: 


von dem ernsten, dunkeln, hundertfach gemischten Urwalde. 
Dann aber trat auch dieser lichtere Wald zurück und ringsum 
an dem ganzen, langgestreckten Bergzug lag offenes, nüchternes 
Weideland vor uns, einige Pflanzungen darin, einige graue 
Hütten und als Weeeinfassung die Riesenrosetten üppig 
wuchernder Agaven. 

Wir übernachteten in einem kleinen Dorfe und nachdem 
wir am andern Tage den Bergwall überschritten, entwickelte 
sich vor uns auf der andern Seite allmählich der Ausblick in 
das gewaltige, von Osten sich herabziehende Chama-Thal. 
Eine ungeheure, in der Ferne sich verlierende Bergkette, zog 
sich die südliche Cordillere hin, das zum Flusse abfallende 
(elände durch tiefe Einschnitte gegliedert und in seinem un- 
endlichen, in allen Schattirungen von Grau, Roth und Blau 
sich abhebenden Faltenwurf bis in unabsehbare Entfernungen 
klar und scharf gezeichnet. Denn von der Thalsohle an bis 
hinauf zu dem breiten, langgezogenen Rücken war diese ganze 
Gebirgswelt völlig kahl, Berg für Berg ohne jegliche Spur von 
Vegetation, von Leben überhaupt, ein versteinertes Mienen- 
spiel plutonischer Gewalten, das die grüne Maske, die es einst 
trug, wieder abgeworfen, und fühllos nun, mit erstorbenen Zügen, 
dem brennenden Sonnenblick entgegenstarrt in vorzeitigem 
Todesschlaf. Ein letzter grüner Fleck Erde lag unten im 
Thal, wo ein Seitenfluss mündete und weiter zurück schauten 
die dunkelgrünen Vorberge uns nach; um uns her aber, wie 
drüben über dem Flusse, so auch an der Berglinie, an der 
wir entlang zogen, breitete sich, je weiter wir vorschritten, 
das ödeste, dürrste Land aus; nur hin und wieder wagte 
schüchtern ein verkrüppelter Mimosenbusch über den Boden 
sich zu erheben, oder dürres Gestrüpp von Kräutern stand 
vereinzelt zwischen dem Geröll, sonst aber keine Blume, kein 
Thier, kein Mensch weit und breit, es war sozusagen, als 
hätte der Teufel mit dem Schwanz drüber gefeet. 

Wir befanden uns an der cuesta de diablo. Die Sonnen- 
eluth brannte an der steilen, bröckligen Felswand, an welcher 
der eingeschnittene Saumpfad hinlief; zu unsern Füssen in un- 
endlichem Abgrund lag ein trockenes, todtes Thal, mit Fels- 
blöcken gefüllt, die wie winzige Steinchen heraufschimmerten. 
Vorsichtig schritten die Thiere weiter, stets dieht an der 
äussersten Kante des schmalen Pfades sich haltend, der 
gallerieartig um den Berg sich wand. Immer heisser, uner- 
träglicher ward die Luft, die erhitzt durch die von der Berg- 
wand zurückgeworfenen Sonnenstrahlen vor den Augen flimmerte 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 181 


und wirbelte und fast den Athem benahm. Da, bei einer 
Wendung, die den Blick direet in den gähnenden Abgrund 
zieht, springt meine Frau von dem Thiere, um den Weg zu 
Fuss fortzusetzen. Ich sah, wie sie nach Athem rang; ich 
rufe also den Treiber, der zufällig hinterher ging, heran, um 
ihn auf mein Thier zu lassen und ihm die Kleine zu über- 
geben und eile darauf zu meiner Frau. Kaum waren wir 
nun eine kurze Strecke weiter gekommen, als mir plötzlich 
der Mann hinter mir zuruft: Caballero! — und mich um- 
wendend, sehe ich, dass sein 'Thier mit den Füssen in etwas 
Herabhängendem verwickelt ist! Ein Anblick von einer wahr- 
haft dämonischen Furchtbarkeit! In fliegender Hast springe 
ich hinzu, um das Thier von der Fessel zu befreien, das bei 
dem nächsten Tritte nothwendig zu Fall gekommen und in 
die Tiefe gestürzt wäre. Durch einen unseligen Zufall hatte 
sich bei dem vorangegangenen Ab- unf Aufsitzen das Tuch, 
welches für die Kleine über den Sattelknopf gebreitet war, 
gelockert und war allmählich vor die Füsse des Thieres herab- 
geglitten, der Mann aber hatte nicht eher etwas davon be- 
merkt, als bis die Mula zu straucheln anfing und dann 
stehen blieb. 

Wie hängt doch das Leben oft an einem Haar und wie 
ahnungslos ist oft der Mensch von einer Gefahr umgeben, die 
im nächsten Moment vernichtend sein konnte! Was wusste 
das Kind! Plaudernd, wie den ganzen Weg, fragte sie, ob 
ich einen.Schluck aus ihrer Feldflasche wolle, die ihr beim 
Aufbruch immer mit Wein und Wasser gefüllt wurde, dann 
aber seufzte sie: Ach, was ich alles schon durchgemacht 
habe! — Junges Kinderherz du! Wer hätte damals ahnen 
wollen, dass du auf dem Höhepunkte deines kurzen Lebens 
schon angelangt und keine der grösseren Aufgaben auf Erden 
deiner mehr harrten. 

Indess, weiter ging der Zug abwärts dem Thale zu, 
dann durch wüstes Trümmerfeld, und jenseits wieder steil 
hinauf, über loses Geröll, in unzähligen kurzen und scharfen 
Wendungen, bis wir oben angelangt uns auf einem breiten 
Plateau fanden, das in sanfter Neigung nach dem Chama 
zu abfiel. Wieder dann ging es hinab an dem fast senk- 
rechten Abhang, auf abschüssigem, in das grobe Geschiebe 
eingegrabenen Pfade, der sich wie eine Wendeltreppe hinab- 
wand und nun endlich unten in der Nähe des brausenden 
Flusses winkte uns Ruhe und einige Erquickung nach dem 
heissen Tage in einer einsamen, bescheidenen Hütte. 


182 Hahnel: 


Den andern Tag wiederholte sich das ermüdende und 
den Weg so verlängernde Auf- und Niedersteigen an den | 
steilen, 2—300 Meter hohen Plateauwänden und dabei blieb 
in ewige gleicher, unerreichbarer Ferne vor uns an dem sonst 
wolkenlosen Himmel die unbewegliche, weisse Wolkenkrone, 
die über den unsern Blieken noch verborgenen höchsten, | 
schneebedeckten Gipfeln der Cordillere stand. 

Am Nachmittag erreichten wir Lagunillas, mit seinen 
Viehheerden auf den Wiesen, rings um den kleinen See ein 
freundlicher Anblick nach der todten Einöde, die wir hinter 
uns hatten und welche auch hier noch von der Höhe der 
Berge auf uns herniederschaute. Auf einer einzigen der 
kahlen Bergkuppen stand einsam noch nur wie ein Punkt aus 
der Ferne wahrnehmbar, ein uralter Baum der allein übrig 
geblieben war von dem Waldbestande, der einst diese Berge 
bedeckte und den gewissenloses, jahrhundertelang geübtes Ab- 
brennen vernichtet hat. 

Wir nähern uns dem Ausgange dieses öden, versengten 
Steinlandes, das im Grunde ein einziges, ungeheures, am Süd- 
rande der nördlichen Bergkette sich hinziehendes Plateau ist, 
nur getrennt in einzelne Abschnitte durch die bis auf die tiefe 
Sohle einschneidende trockene T'häler, die den früher wasser- 
reichen Bergschluchten ihren Ursprung verdanken. Als wir 
wieder eine der Steinwände herabgeklettert waren und durch 
die Felstrümmer das Thal entlang ritten, der jenseitigen 
Mauer zu, waren wir freudig überrascht, wieder Wasser zu 
unsern Füssen rinnen zu sehen; denn plötzlich tauchten schattige 
Mangos vor uns auf, Bananen, eine Kaffeehacienda und ein 
stattliches Gehöft, das uns in seine kühlen Räume gastlich 
zur Nacht aufnahm. 

Schnell gestaltete sich nun am andern Tage die Land- 
schaft belebter. Von Ejido an, wo wir einen reissenden Zufluss 
des Chama, den Albarega überschritten, wandelten wir im 
(srünen. Zwischen beiden Flüssen, die nahezu parallel laufen, 
erstreckt sich das Plateau meilenlang ununterbrochen, rechts 
erünendes Wiesenland, sanft abfallend nach dem Chama hin, 
links am Albarega hinan Kaffeepflanzungen, die mit ihren 
hohen Schattenbäumen und den in goldiger Fruchtfülle pran- 
senden Orangen einen herrlichen Anblick gewähren. Gerade 
vor uns, an dem obern Ende der sanft ansteigenden Ebene, 
winken uns von ferne die weissen Gartenmauern und Thüren 
von Merida entgegen, hoch überragt von einem spitz hervor- 
tretenden Bergzug, der wie eine Scheidewand die zwei herab- 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 183 


kommenden Hauptthäler trennt, die sich hier zu einem ein- 
zigen vereinen. Links steigen die Vorberge der nördlichen, 
schroffgezackten Cordillere an, die hinter denselben in weitem 
Bogen sich aufbaut und rechts in unmittelbarer Nähe erhebt 
sich auf einem grandiosen, mit dunklem Walde bedeckten 
Unterbau die wundervoll geformte Südcordillere, mit den 
blendend weissen, mächtigen Schneefeldern an den Abhängen 
der Hauptspitzen, deren mittelste namentlich mit ihrem breiten 
dreigehörnten Sattel einen herrlichen, erhabenen Anblick 
bietet. 

Mit freudigen Gefühlen betraten wir die weitläufg an- 
gelegte Stadt, in der sich die Häuser nur im Innern dichter 
an einander reihen, in den Seitenstrassen aber mit zahlreichen, 
oft ausgedehnten Gärten abwechseln. Es war am späten Nach- 
mittag als wir anlangten und auch sogleich die bereits im 
Voraus bestellte Wohnung bezogen, zur selben Stunde, wo in 
der Heimath Alt und Jung zu den Freuden des heiligen 
Abends eilte. 


Merida 


Seltsamer Weise war mein erster Ausflug nicht nach 
der so anziehenden nächsten Umgebung gerichtet, sondern 
aus Anlass des Festes folgte ich einer Einladung unsers 
freundlichen Wirthes, Seior Briceno, an den wir von Mara- 
calbo aus empfohlen waren und machte einen Ausflug nach 
seiner einige Stunden aufwärts in dem von Nordosten herab- 
kommenden Thale gelegenen Hacienda. 

Das Plateau von Merida hängt nach dieser Richtung 
nur mit einem schmalen Streifen, wie durch eine Landenge, 
mit den weiter aufwärts in den Thälern sich ausbreitenden 
Plateaubildungen zusammen, indem die beiden Flüsse, Albarega 
und Mucuhün, sich hier aufs Engste einander nähern, um 
alsdann im rechten Winkel wieder auseinander zu gehen. 
Ersterer bildet von da an weithin die Nordgrenze des Plateaus, 
während der letztere, der in ungeheurer Tiefe dahinbraust, 
nach kurzem Laufe an der Ostseite des schroff abfallenden 
Plateaus sich alsbald in den Chama ergiesst. Ueber jene 
schmale Landenge aber führt vom Albarega her eine Wasser- 
leitung, welche alle Strassen der Stadt mit fliessendem Wasser 
versieht, eine musterhafte, prächtige Einrichtung, die zu dem 
saubern, freundlichen Charakter, der die ganze Stadt aus- 


184 Hahnel: 


zeichnet und der sich gleicherweise auch in der Einwohner- 
schaft ausgeprägt findet, wesentlich beiträgt. Die Kaffee- 
pflanzungen, welche hier oben die Stadt noch umsäumen, sind 
die letzten, denen wir begegnen, sowie auch die Bananen, dieser 
schönste Schmuck Jändlicher Ansiedlungen, hier die Grenze 
ihres gedeihlichen Fortkommens finden. 

Auf dem oberhalb sich nun wieder ausdehnenden Wiesen- 
lande, dessen einzelne Parzellen zum 'Theil mit Steingehegen 
umfriediet sind, weiden Rinder und Maulthiere, welch letztere, 
wenn sie wund und abeetrieben von der Reise nach dem 
Hafenplatz zurückkehren, immer auf einige Zeit hier hinauf 
gebracht werden. 

Alpenluft und stiller Alpenfrieden umweht uns hier und 
lässt uns fasst vergessen, dass wir in einem fremden Erdtheil 
uns befinden. Erinnert doch auf diesem Wiesenteppich, 
zwischen diesen grauen Felsblöcken, die mit weissen und 
selben Flechten überzogen sind, kaum ein Strauch am Wege, 
ein rankender Farnbusch oder eine fremdartige Blume, daran, 
dass es nicht heimische Berglandschaft ist, die uns umgiebt. 
Und geschieht es zudem noch, dass bei dem Dahinwandeln 
plötzlich eine der mit unserm allbekannten Distelfalter fast 
identischen Pyrameis-Arten, eine Myrinna oder Virginiensis 
vor uns auf dem Wege dahinfliegt, oder an eine Blüthe sich 
setzt, so überkommt uns ein ganz sonderbares, heimathliches 
Wehgefühl, wie wenn wir einen Gruss empfingen aus ent- 
legener trauter Ferne, aus vergangener Zeit. Denn wie eine 
Melodie, welche in unserer Erinnerung mit bestimmten Ein- 
drücken unlösbar verknüpft ist, wenn sie nach langer Zeit 
unser Ohr wieder trifft, im selben Augenblick auch die ganze 
Reihe jener hinter uns liegenden Gedanken, Vorstellungen und 
Gefühle wachruft und eine ganze Vergangenheit mit all’ ihren 
fein verschlungenen Fäden aus halber Vergessenheit plötzlich 
in's Bewusstsein rückt, so übt auch ein dem Auge sich auf- 
drängendes Bild eine in die ältesten Archive des Gedächt- 
nisses rückwirkende Zauberkraft aus und oft die einfachsten 
und unbedeutendsten Vorgänge, die längst unter der Last der 
von Jahr zu Jahr sich häufenden Eindrücke verloschen waren, 
treten mit ganzer plastischer Macht wieder als lebendige 
Erinnerung vor uns hin, sowie ein homogenes Etwas in der 
Sekunde der Gegenwart jene verklungene Saite rührt. 

So ginge es auch uns bei dem Anblick dieser Stiefge- 
schwister unsers heimischen Cardui und manch ein herrlicher 
Sommertag vor zwanzig und mehr dahingerauschten Jahren 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika, 185 


wurde wieder lebendig und sprach in den Lauten, die damals 
uns erfreuten, als die Sonne des Ferientags, die unvergleich- 
lich köstliche, im ihrem zeitenlosen nimmer wiederkehrenden 
Glanze herabschien auf die blumenreichen Auen, auf die 
Heimath, auf Herzen so jugendfroh! Träume und Wünsche 
einer weit hinter uns liegenden Zeit, denen man nachgehängt 
mit um so grösserem Verlangen, je unerreichbarer sie schienen, 
— hier dieser einsame vor uns herfliesende Falter sagte uns 
plötzlich, dass sie Leben geworden, dass um uns her die 
Erfüllung blüht jener jugendlichen Phantasieen, in denen so 
oft sich die Gedanken gewiegt hatten. Keine Palme, kein 
irgend welcher andrer Zauber der Tropen hat uns je das 
Bewusstsein, in fremder Zone zu wandeln, so lebendig erregt, 
wie grade diese uns heimisch vertraute Gestalt, die uns zu- 
zurufen schien: ich bin ein Fremdling hier wie du, ich kam 
übers Meer her wie du, freilich vor Urzeiten schon, als deine 
Species noch nicht herrschte auf Erden, — und ich habe 
mich ein wenig transformirt seitdem wie auch du! — Kleiner 
flugfertiger Kosmopolit in den Anden heimisch wie im Hima- 
laya, welchen Wechsel der Continente, die aus Urmeeren auf- 
tauchten uud wieder verschwanden in der Fluth, hast du 
überdauert, älteste vielleicht aller jetzt lebenden lepidopterischen 
Formen ! 

Doch schreiten wir weiter über den Wiesenplan! Was 
da rosaschimmernd auffliegt aus den niedrigen Sträuchern, 
und eine kurze Strecke dahinflattert, um sich schnell wieder 
zu verbergen an einer schützenden Stelle, ist die schmucke 
Deiopeia Ornatrix ganz ähnlich einer uns längst auch schon 
bekannten Form, der schönen, südeuropäischen D. Pulchella. 
Dann wieder erinnert uns an europäische Verwandtschaft die 
kleine hübsche Colias Dimera, welche schnell dahinsegelt 
und uns zu längst entwöhntem Nacheilen anspornt. Und auch 
der einzige Papilio, den wir hier oben finden, der schwarz 
und gelb gemusterte Amerieus, will uns fast bekannt, wenigstens 
viel befreundeter vorkommen, als die ungeschwänzten schwarzen 
Papilios, die wir im heissen Tieflande kennen lernten. 

Aber keineswegs alles, was uns begegnet, zeigt diesen, 
an die Formen gemässigter Klimate sich anschliessenden 
Charakter, sondern es treten uns auch völlig neue Gestalten 
entgegen, die jene Reminiscenzen an europäische Vorbilder 
sofort in den Hintergrund drängen. Beim Ueberschreiten 
eines Wässerchens, zu dessen Seiten einiger Baumwuchs auf- 
geschossen, fliegt vom Boden ein grosser Falter auf, heftig 


186 Hahnel: 


umkreist er noch einmal die Stelle, an der er gesaugt und 
setzt sich dann in ziemlicher Höhe an einem der nächsten 
Baumstämme, kopfabwärts und die Flügel scharf geschlossen, 
abwartend bis wir ihm den Weg wieder freigeben würden. 
Sehr verwundert ist das Thier, als es sich plötzlich im Netz 
gefangen sieht, wild schlägt es mit den starken Flügeln, hält 
dann einen Augenblick inne und stürmt von Neuem los. End- 
lich haben wir die kräftige Brust erfasst und können uns nun 
an dem schönen Thier erfreuen. Es ist Prepona Chromus, 
aus einem Genus, das durch Grösse, Schönheit und Feinheit 
zu den vorzüglichsten gehört; und obgleich unsre vor- 
liegende Art auf den Vorderflügeln der Zeichnung entbehrt, 
und die den andern Arten eigene breite Querbinde sich bei 
ihr auf einen grossen blauen Fleck auf den Hinterflügeln ein- 
schränkt, so ist doch das Thier auch ohne eine grössere 
Schmuckpartie eine ganz hervorragende Erscheinung. 

Eine andere prächtige, nicht durch Grösse, wohl aber 
durch Farbenschönheit ausgezeichnete Sippe finden wir ver- 
treten in der hübschen Perisama Humboldtii, deren Ober- 
seite die Familienfarbe, Schwarz und Glanzgrün trägt, während 
die Unterseite in Gelb und Roth leuchtet. Es ist eine wahre 
Freude, diese reizenden T’hierchen, die untermischt mit den 
ihnen nah verwandten Callicore Marchalli und Merida am 
Boden saugen zu sehen, und in einiger Anzahl fangen zu können. 

In auffallendem Gegensatz zu diesen bunten Formen 
steht die saubere, oben schwarze, unten zur Hälfte silber- 
weisse Megalura Coresia in dieser ihrer einfachen Tracht 
oleichwohl ein prächtiges Thier. Denn ohne Zweifel ist das 
Schwarz, wenn es tief und rein ist, eine der schönsten Farben, 
aber leider ist sie gerade die heikelste von allen, und keine 
andre verliert so sehr von ihrem Reiz wie sie, sobald der 
Schmelz der Jugendfrische ihr nicht mehr anhaftet und die 
Spuren des Alters oder gröbere Beschädigungen den Genuss 
des Anblicks beeinträchtigen. Je öfter man daher zu bedauern 
hat, die schwarzgeflügelten Falter mehr als alle andern nur 
in mittelmässigem Exemplaren zu erhalten, um so mehr ist 
man dann auch erfreut, wenn ein solches Thier seine Farbe 
und Reinheit gerettet hat, und unter dem Druck der Pinzette 
seine Flügel ausbreitend in seiner ganzen Sauberkeit uns ent- 
segenlacht. 

Ich brachte nur zwei Tage auf der Hacienda zu, die 
Oertlichkeit war doch schon etwas zu hoch gelegen, als dass 
ein grösserer Reichthum von Arten sich hätte zeigen können. 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 187 


Auf den Wiesen huschten eilig und ängstlich Kleine, niedliche 
Eurema-Arten hin, hochgelbe, gelbe und weisse; die schöne 
Perlmuttersippe Dione war zweifach vertreten, dureh die mit 
den herrlichsten Glanzflecken gezierten Moneta und Glycera; 
im Walde liessen sich einige Ithomien und Satyriden sehen, 
indess das war im Ganzen zu wenig, um längere Zeit hier 
zu verweilen, und so eilte ich also zurück, um nun die Fang- 
plätze in der näheren Umgebung der Stadt kennen zu lernen. 

Vor allem zog es mich nach den von der grossen 
Cordillere herabkommenden, nach dem Chama zu breit aus- 
mündenden Schluchten, und nachdem ich dieselben der Reihe 
nach besucht, um die Besonderheit jeder einzelnen zu kennen, 
richtete sich von nun an monatelang mein täglicher Ausflug 
abwechselnd nach den beiden grösseren, nächstgelegenen 
(uebraden. Jenseits des Chama, zu dem wir auf steilem Ziek- 
zackwege hinabsteigen, führt der Weg durch Wiesengelände 
und Kaffeepflanzungen allmälig aufwärts, bis nach längerem 
Marsche der Bergwald sich über uns schliesst, und die kühle 
Enge der Quebrada.uns anfnimmt. In dieser nun führt an- 
fangs noch ein schmaler Pfad neben dem wild herabschiessen- 
den Bache her, dann aber ist man genöthigt von Block zu 
Block zu springen oder das Wasserbette selbst als sichersten 
Weg zu nehmen. Die Schlucht verengert sich, die Cascaden 
werden immer höher und immer mehr Baumstämme versperren 
dem einsamen Wanderer den Pfad. 

Da nehmen wir eine kurze Rast auf sonnigem Felsblock, 
langen Brot und Bananen aus der Tasche und schöpfen das 
krystallhelle, eisfrische Wasser mit der hohlen Hand dazu — 
was für ein köstliches Mahl! 

Doch inzwischen wirft uns die Sonne bereits ihre Nach- 
mittagsstrahlen zu und so wenden wir uns zum Rückweg. 
Wie uns nun bei der oberen der beiden Quebraden der Ein- 
tritt im dieselbe eanz unvergesslich ist durch den wunder- 
vollen Anblick der hoch aus dem Blau des Firmaments hernieder- 
schauenden höchsten Felsenkrone, deren Schneefelder in den 
Strahlen der Morgensonne erglänzen, so bot sich uns bei dem 
Austritt aus der andern Quebrada ein gleich bezauberndes 
Bild dar m dem Fernblick auf die über das grüne Plateau 
hingewürfelte Stadt und die im Hintergrunde riesenhaft empor- 
steigende Nordeordillere mit ihrer schroffen Zackenlinie und 
der duftig zarten, vosavioletten Färbung, in die sie getaucht ist. 

Und wie an der landschaftlichen Umgebung das Auge 
nicht müde wurde, täglich seine Freude zu sehen, so gewährte 


188 Hahnel: 


uns auch die Mannigfaltiekeit und Schönheit der Falter, 
welche diese Schluchten beherbergten, einen stets auf’s Neue 
empfundenen Genuss. Einen wie reizenden, farbenblühenden 
Anblick boten namentlich die schönen Megalura Corinna dar, 
deren Vorderflügel mit einem grossen, orangegelben Balken 
geziert sind, während die Hinterflügel im herrlichsten Violett 
spiegeln. Ein, zwei Dutzend dieser prächtigen T'hiere, dicht 
beisammen an sonniger Stelle, bei einem Wasserübergange, 
oder auf einer der kleinen Sandbänke hinter einem Felsblock, 
alle mit flach auf den Boden gebreiteten Flügeln, welches 
bunte, lachende Blumenbeet! und wie oft hielten wir einen 
Augenblick inne, um diese friedliche Versammlung mit Musse 
zu betrachten. Treten wir dann näher, so umkreist uns bald 
alles in hastigem Durcheinander, um sich dann in sicherer 
Höhe auf die Blätter niederzulassen, von deren Spitzen sie 
auf uns herniederschauen. Halten wir still, so sehen wir 
bald, wie einer nach dem andern wieder herabkommt, um 
nach eifrigem Recognoseiren die alte Stelle wieder einzunehmen 
und wir können von Neuem unsere Beute vermehren. Nur 
bei trübem Wetter warten wir dann vergeblich auf ein Wieder- 
erscheinen, denn dann fliegen sie sogleich auf der Unterseite 
der Blätter an, schliessen die Flügel und verharren daselbst 
in resignirter Ruhe. 

Nächst ihnen sind es die bunten, zahlreich vorhandenen 
Perisama, die am meisten das Auge fesseln und von denen 
wir jedes einzelne Stück zu erlangen trachten. Auf dem 
Boden saugend, zeigen sie uns, da sie mit geschlossenen Flügeln 
sitzen, ihre bunte Unterseite und fliegen, aufgescheucht, an 
Baumstämme oder auf Blätter, am liebsten aber an Fels- 
wände, wo solche in der Nähe sind, von denen wir sie ohne 
viele Mühe wegfangen. Die prächtige, unten roth und gelbe 
Humboldtii hatten wir schon angetroffen; häufiger als sie ist 
die Goeringii mit mattbrauner Unterseite, seltener dagegen 
sind die unten weiss und rothen Guerini und Vaninka, sowie 
die prachtvolle Patara, deren Oberseite, abweichend von den 
andern grüngefärbten, ein herrliches Dunkelblau zeigt. 

Unter den zahlreichen Hesperiden, die den Boden be- 
leben, sind es vor allem die meist hellgrauen Achlyodes-Arten, 
Melander, Lassia, Leada, Pallida und andere, dann die 
dunkeln Antigonus-Nearchus und die absondere Helias- 
Albiplaga, welche wir häufiger antreffen; alle mit ausge- 
breiteten Flügeln sitzend und sonnige Stellen sich wählend, 
während dagegen die kleine braune Butleria-Cypseles es 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 189 


vorzieht, an schattigen, weniger exponirten Stellen das von 
den Steinen triefende Nass zu saugen, wobei sie häufig eine 
Gesellschafterin findet in der kleinen hübschen, den Phyeiodes 
verwandten @nathotriche Exlamationis. 

Oft glänzt uns aus dem von Zweigen verhängten Wasser- 
bette, da wo ein einziger Sonnenstrahl durch das Blätter- 
diekicht sich Bahn bricht und auf einem vom Wasser um- 
spülten Steine einen Ruhepunkt findet, ein blauer Fleck ent- 
gegen, wie ein blitzender Edelstein; ein bezaubernder Anblick. 
Das Thierchen, es ist Diorhina Dysonii, aus einer uns nicht 
mehr fremden Sippe, scheint es förmlich seiner Eitelkeit zu 
Liebe zu thun, sich so im rings herrschenden Dunkel vom 
Sonnenlicht bespiegeln zu lassen und sein eigenes Ergötzen 
zu haben an dem Glanz, der von ihm ausstrahlt. Denn wir 
(dürfen wohl annelımen, dass nicht nur jedem Thiere seine 
eigene Färbung als unterschieden von andern bekannt ist, 
sondern auch, dass die Farbenpracht und überhaupt die 
Färbung an sich, auch die für unser Urtheil unscheinbare, 
einem jeden 'Thiere auf Momente zu mehr oder weniger be- 
wussten Freude gereicht. 

Jenem blaugeschwänzten Thierchen nahe verwandt, doch 
sehr verschieden gekleidet, in nur einfaches, wenn auch sehr 
sauberes grau und weiss, ist die kurze, gedrungene Siseme 
Aristoteles, die sich so versessen an dem feuchten Boden 
benimmt, dass sie sich oft nieht im Mindesten durch uns 
stören lässt, wenn auch alle übrigen Genossen schon davon- 
geflogen sind. Es zeigt dies einen Mangel an Scheu, wie wir 
dem noch häufig bei andern Arten begegnen, bei solchen 
zunächst, deren Färbung in Einklang steht mit dem Boden, 
auf dem sie sich ansetzen, sodann aber auch ganz im Allge- 
meinen bei den meisten jener kleineren Falter, die im richtigen 
Verhältniss zu ihrer unscheinbaren Erscheinung, stets eine 
weit grössere Arglosiegkeit an den Tag legen als grössere 
Ärten. 

Auch eine Satyride, die zierlicheLymanopoda Alboeineta 
gesellt sich gern den Trinkgästen am Wasser bei, währen 
eine andere, die schöngefärbte Corades Enyo, dadurch be- 
merkenswerth ist, dass sie ganz im Gegensatz zu den übrigen 
ihres Geschlechts, die durchgängig das Dunkel lieben, im hellen 
Sonnenschein rasch dahinfliegt, in sicherer Höhe ihren Platz 
auf Blättern wählend, von denen herab sie uns betrachtet. 

Eins der häufigsten Thiere ist die mit schmaler weisser 
Querbinde gezeichnete Adelpha Alala, die allenthalben an 


190 Hahnel: 


freien Stellen zu treffen ist und wie alle in einiger Anzahl 
vertretenen Arten meist gruppenweise beisammensitzt, abseits 
von der Gesellschaft der Megaluren, aber wie diese stets nit 
ausgebreiteten Flügeln. Zu den seltenen Erscheinungen jedoch 
gehören die schönen Adelpha Lara, mit fleischrothem Quer- 
balken und die zierlichen A. Justina und Irmina. Die 
schwebende Art, wie diese Adelphas fliegen, ist einer der 
elegantesten Formen der Bewegung, indem sie mit den etwas 
convex getragenen Flügeln nur wenig zucken und doch 
spielend sich aus der Höhe herabsenken und mit gleicher 
Leichtigkeit wieder ansteigen. Niemals indess fliegen sie 
längere Zeit, sondern lassen sich immer bald wieder zu kurzer 
Rast auf den Blättern in der Höhe nieder, um alsbald dann 
von Neuem einen Flug nach einem benachbarten Zweige zu 
unternehmen. 

Ebenfalls zu den seltneren, wenn auch nieht besonders 
werthvollen Thieren gehören die durch ihre stark gezackten 
Flügel an unsere Eckfalter erinnernden Hypanartien, von 
denen wir zwei Vertreter hier finden, die gelbbraune Lethe 
und die dunkle, mit emem durchsichtigen Fleck gezeichnete 
Dione. Der schönste Falter, indess den ich in Gesellschaft 
dieser aus der Höhe herabkommenden Thiere traf, war eine 
neue Species aus dem Genus Kpiphile, dessen Arten sämmt- 
lich durch prächtige Farben, wie Orange und Blau, ausge- 
zeichnet sind, von denen jedoch keine an zartem Reiz dieser 
E. Electra*) gleichkommt, bei der die wundervolle Ver- 
schmelzung der durchschimmernden hochgelben Färbung mit 
dem darüber spielenden Schiller von hellem Violett eine 
Farbennüance schafft, die durchaus einzig ist. 

Alle diese bunten, Licht und Sonne liebenden Formen 
treffen wir in den Quebraden nur da an, wo diese noch breit 
genug sind, um gelegentlich dem Sonnenschein freien Zutritt 
auf den Boden zu gewähren, wo kleine Kessel und Buchten 
Lichtungen zwischen den Baumkronen schaffen, und somit 
die Sammelplätze abgeben, nach denen diese T'hiere von den 
beiderseitigen Berglehnen herab sich hingezogen fühlen. 

Steigen wir weiter in den @Quebraden hinauf, wo ein 
Vordringen schon schwieriger wird und wir oft das Felsenbett 
verlassen müssen, um an den Abhängen einen Pfad zu wählen, 
so kommen uns jene Arten, die dann in der freien, lichteren 
Höhe verbleiben, nicht mehr zu Gesicht, dafür aber tritt im 


*) Staudinger, Ex. Schm. Taf. 41. 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika., 191 


dem kühlen, und dennoch von der Sonne leicht durchwärmten 
Waldesschatten die zahlreiche Gruppe der Ithomiden in 
reicher Abwechslung auf. Am häufigsten sind die eigentlichen 
Ithomien selbst. An Stellen, die ihnen besonders zusagen, 
etwa an einem lichten Abhang, in der Nähe blühender Gebüsche, 
die über das Wasser hängen, und an welcher sie sich nament- 
lich in den Morgenstunden gern einfinden, treffen wir eine 
ganze Auswahl dieser zarten Glasflügler beisammen. Da ist 
die schwarzblaue Makrena, die weissgefleckte Avella, Andro- 
mica, Cymothoe, die graublaue Terra, die gelbliche Eximia 
und andere mehr. Letzere namentlieh ist ausnehmend zahl- 
reich vorhanden, und oft fand ich ein halbes Dutzend und 
mehr auf einem einzigen Blatt sitzend, alle in vollkommenster 
Ruhe sich verhaltend, wenn es nach der Zeit ihres Morgen- 
fluges war. Auffallend war mir der Umstand, dass, trotzdem 
beide Geschlechter in ziemlich gleicher Anzahl, und zwar so 
überaus reichlich vertreten waren, dennoch nur höchst selten 
ein Pärchen angetroffen wurde. Wenn dies nur auch zum 
Theil darin seinen Grund hat, dass Pärchen der Ruhe halber 
an stille, abgesonderte Stellen sich zurückzuziehen pflegen, so 
bleibt es doch immerhin höchst sonderbar, dass die Geschlechter 
nicht einen stärkeren Zug zu einander besitzen, und im Stande 
sind, in grösster Nähe neben einander auf einem Blatt zu ver- 
weilen, ohne aus ihrer kühlen Reserve herauszutreten. Einen 
besonderen Fall beobachtete ich mit Interesse. Auf einem 
Blatt sassen drei Eximia, ein Weibchen und zwei Männchen. 
Ich trat ganz dicht heran, und sah wie das eine der Männchen 
schüchterne Versuche machte, das Weibchen mit einem Fusse 
zu erfassen, oder gleichsam liebkosend ihm die Schulter zu 
streicheln, wobei dieses regelmässig sacht ausweichend nach 
der andern Seite sich beugte. Das Spiel dauerte mit Pausen 
so lange, uud ohne dass die Situation sich änderte, so dass 
ich schliesslich davon ging, obgleich ich es gern abgewartet 
hätte, welche Künste das Männchen noch anwenden musste, 
um diese Spröde zu überreden, was schliesslich doch wohl 
noch später am Nachmittag erfolgt sein mag. 

Neben jenen kleineren Formen. die der Sippe Ithomia 
angehören, und denen sich noch mehrere Dircenna und 
Ceratinia anschliessen, bieten die dieser Gruppe zugehörigen 
grossen Falter, wie die prächtigen Olyras Crathis und Ituna 
Lamirus, sowie die seltenere Euthresis Hypereia und Athesis 
Clearista weit begehrenswerthere Objecte, die wir hin und 
wieder um blühende Sträucher antreffen, an deren weissen 


192 Hahnel: 


Blüthen sie mit ihren langen, plumpen Leibern schwerfällig 
herabhängen. | 

Ein völlig verändertes Ansehen zeigten die Quebraden, 
als im April mit dem Eintritt der Regenzeit alle diese ge- 
nannten Thiere, die in der letzen Zeit schon sehr spärlich 
geworden waren, nun ganz verschwanden, und an ihrer Stelle 
die bisher kaum in einzelnen Exemplaren aufgetretenen 
Pieriden einen merkwürdigen Artenreichthum entfalteten, 
und so ausschliesslich den Charakter bestimmten, dass wochen- 
lang fast nur von ihnen das Contingent zur Tagesausbeute 
gestellt wurde, bis dann ganz allmählich auch wieder einzelne 
der Nymphaliden zum Vorschein kamen, nie aber wieder so 
zahlreich wie zeitweise in den vorangegangenen trocknen 
Monaten. 

Unter all den neuen Erscheinungen, die uns nun ent- 
gegentraten, machte keine einen so fremdartigen und doch so 
wundervollen Eindruck auf uns wie Pereute Latona: gross, 
kohlschwarz, auf den Vorderflügeln ein hochrother Streif, 
Basis der Flügel weiss, ebenso Leib und Fühler, das ist so 
sonderartig wie nur denkbar. Die ersten Stücke, die ich salı, 
zogen hoch über der Quebrada auf und ab, getragenen Fluges, 
und mit scharfer Kehrtwendung. In solchen Fällen, wo man 
ein so prächtiges Thier, das man noch nicht kennt, un- 
erreichbar sich gegenüber sieht, brennt man vor Begierde, und 
erdichtet die sonderbarsten Fangmethoden, um dasselbe zu 
erlangen, alles umsonst, das T'hier lässt sich nicht stören, 
und hält seinen Flug weiter, bis es sich Genüge gethan, und 
nun von selbst herniederkommt, um sich nach dem warmen 
Luftbade drunten im tiefen Schatten zu laben und zu kühlen. 
Und hier an der Tränke, die diesen Thieren unentbehrlich 
ist, bekommen wir sie dann ohne die geringste Mühe. Schon 
aus einiger Entfernung erkennen wir sie an den verrätherischen 
weissen Fühlern, und da sie ausserordentlich fest sitzen, — 
denn sie saugen so begierig, «dass die Tropfen immer in kurzen 
Pausen hinten herausfallen, — so liessen sie sich sogar ohne 
Anwendung des Netzes mit der Pinzette vom Boden weg- 
nehmen, bei welcher Manipulation freilich die grösste Vorsicht 
und gleichmässige Langsamkeit in der Annäherung beobachtet 
werden musste. 

Weit seltener als diese grossen, das Auge erfreuenden 
Gestalten waren die kleinen, feinen Archonias-Arten, deren 
schwarzgraue, mit gelb gemischte Färbung im Verein mit 
ihrer geringen Grösse sie so ganz geeignet macht, auf den 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 193 


gleichfarbigen grauen Steinen übersehen zu werden. Eine 
besondere Vorliebe hatten diese Thierchen, sich an Felskanten, 
über welche das Wasser herunterrieselte, anzusetzen, wobei 
sie sich oft fest anklammern mussten, um nicht fortgespült 
zu werden; geschah dies aber, was ich öfters beobachtete, 
nicht nur bei ihnen, sondern auch bei der Latona, so tauchten 
sie wie ein Wasservogel unbeschädigt aus den Wellen wieder 
auf, um sich ohne weiteres wieder in die Luft zu erheben 
und von Neuem anzusetzen. 

Die nun am häufigsten sichtbare Farbe war natürlich 
die weisse, aber nicht nur die schönen, auf der Unterseite 
silberweiss glänzenden Pieris-Arten, Suadella, Tovaria, 
Euthemia und die kleine Elodia, sondern auch die prächtige, 
unten bunt gefleckte Pereute Dysonii, die hübsche Dismorphia 
Critomedia, Hesperocharis Marchalii und Costaricensis, 
nebst mehreren auch anderwärts gemeinen Arten, tragen diese 
Stammfarbe, im der sie, wenn sie in raschem, wildem Fluge 
die Quebrada herabgesegelt kommen und hoch über die Bäume 
hinwegsetzen, stets eine anziehende Erscheinung bilden. Aber 
daneben war doch auch die andere Leibfarbe der Pieriden, 
das Gelb, in reicher Abstufung vertreten, obgleich die Haupt- 
vertreter derselben, die Catopsilien mehr das Freie vorziehen, 
ebenso wie «die kleinen Eurema mehr das lichte Gebüsch in 
Pflanzungen und an Wegen. Doch zeigten sich diese Thiere 
einzeln auch hier und neben ihnen dann die sehr zierliche 
Pieris Eleone, sowie die schönen Dismorphia-Arten, Medora, 
Hypostieta und Citrinella, und vor allen Nemesis, in welch’ 
letzterer sich der eigenthümliche Dismorphien-Character viel- 
leicht am energischsten ausgeprägt findet. Mit ihren scharf- 
geschnittenen Flügeln und festem Thorax ist sie eine vor- 
treftliche Seglerin; dabei ist sie in ihrem bleigrauen Unter- 
kleide vorzüglich maskirt, wenn sie am Wasser, oder mit 
Hesperiden zusammen an Vogelflecken sitzt und so galt sie 
uns stets als eine der sympathischsten Gestalten, der wir beim 
Fange gern den Vorzug gaben, selbst wenn neben ihr bessere 
Arten in unserm Bereiche waren. 

Keiner andern Gattung von Schmetterlingen wurde von 
Vögeln so nachgestellt, wie den Pieriden, und oft schnappten 
mir diese Freibeuter «die hübschesten, frischen Stücke dicht 
aus meiner Nähe weg, wobei die unfehlbare Sicherheit ihres 
Fluges mich jedesmal in Verwunderung setzte und ich gern 
mit der Einbusse eines Exemplars das Schauspiel bezahlte. 
Einmal jedoch war ich noch mehr erstaunt, als ich Zeuge 


13 


194 Hahnel: 


des glücklichen Entrinnens eines Verfolgten war. Es war dies 
allerdings keine Pieride, sondern ein grosser Caligo, den ich 
aufgejagt hatte und dessen Verfolgung nun auch sofort einer 
jener Schnapphähne übernahm. Mit einer unglaublichen Ge- 
schieklichkeit indess wusste das mächtig grosse Thhier allen 
Schnabelhieben des hart ihm folgenden Vogels auszuweichen 
und aus einem Grebüsch in’s andere sich zu retten, eine Jagd 
und ein Wettflug, dem ich mit der grössten Spannung zusah, 
bis schliesslich das gehetzte Wild im dichtesten Gewirr von 
Zweigen geborgen war und der ermüdete Vogel von weiterem 
Nachsetzen abstand. 

An kleineren Sachen lieferten in dieser Zeit die Quebraden 
nur wenige, jedoch einige sehr seltene Arten, namentlich 
einige prächtige Thheela, die sich wie grössere Arten gern im 
Sonnenschein an die feuchten Steinblöcke setzten. Ebenso 
erhielten wir einige seltene Eryeiniden, die indess, ihrer 
Familientradition treu, lieber an leicht von der Sonne ge- 
troffenen Sträuchern und in der Nähe von kleinen Lichtungen 
sich aufhielten. Ein noch unbekanntes Thierchen war unter 
diesen die kleine, dunkle, sichelförmie ausgebogte Amphiselenis 
Chama und ebenso die braungelbe, kleine Esthemopsis Cilnia. 
Auch mehrere grosse und seltene Hesperiden brachten uns 
diese Schluchten ein, namentlich aus der Sippe der Telegonus 
und Myscelus, Thiere, die sich im Dunkel der Zweige ver- 
borgen halten, wo sie an der Unterseite der Blätter ansitzen 
und, aufgestört, mit lautem Surren davonfliegen, um nach 
heftigen Kreuz- und Quersprüngen ihren alten Ruhesitz wieder 
einzunehmen. 

Nur ein Genus war schwächer vertreten, als wir er- 
wartet hatten, das der Papilios, denn nur ganz selten einmal 
war ein Sesostris zu sehen, oder der grosse gelbe Androgeos, 
oder der schwarze, weiss und roth gezeichnete Theramenes. 
Doch fanden wir wiederholt beim Suchen nach Pieriden, 
hinter Steinen verborgen, den seltenen Papilio Cacieus, ein 
prächtiges, schwarz und hellbraun gefärbtes Thier, das zu 
den besten und schönsten Arten gehört, die uns überhaupt 
beregeneten. Gewöhnlich war dasselbe so vollgesogen, dass 
sein Leib wie eine Tonne von Wasser strotzte und wir erst 
immer einige Tropfen herauspressen mussten, ehe wir es in 
die Düte legten. Grösser noch als dieses vorzügliche Thier 
und durch das intensive Schwarz seiner Färbung jedenfalls 
eine noch weit auffälligere Erscheinung, war P. Lycortas, 
den wir indess weniger in den dunkeln Quebraden als in der 


Pi 
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 195 


Umgebung der Stadt antrafen, besonders an den blühenden 
Sträuchern, die das sonnige Ufer des Albarega einfassten. 

Hierher, in eine am  Flusse entlang sich ziehende 
Hacienda richteten wir unsere Ausflüge namentlich an solchen 
Tagen, an denen regnerische, oder trübe Vormittagsstunden 
uns abgehalten hatten, den Weg nach den entfernten Quebraden 
anzutreten und wir fanden auf diesem kleinen, aber reich be- 
wachsenen Terrain eine oft über Erwarten grosse Zahl von 
Arten. .Jene grossen, schwarzen Papilio-Gestalten bildeten 
natürlich vor allen andern einen anziehenden Anblick, wenn 
sie, an den hohen Ufersträuchern entlangschwebend, hier und 
dort an den rothen Blüthenrispen innehielten, um unter be- 
ständigem Flattern und Fächeln den süssen Blumensaft zu 
saugen. Darunterhin flogen dann zahlreiche bekanntere Arten, 
die mit ihren rothen, gelben und braunen Farben das Ufer 
und das zur Hälfte mit Sträuchern bewachsene Flussbett be- 
lebten. Besonders häufig waren unter diesen die durch ihre 
(srösse hervorragenden Danais, der schöne, weissbestäubte 
Gilippus, wie der gemeine, auch in den Strassen der Stadt 
massenhaft sich tummelnde Erippus. 

In der Hacienda aber schwebten über den Kaffeebüschen 
bunte Heliconier, der schöne, schwarz-roth-gelbe Clysonimus, 
der schwarz und gelb gestreifte Charitonia, Aranea, Apseudes, 
Metalilis, sowie heliconierähnliche Eneides-Arten, wie die 
rothe Aliphera und die dunkle, braune Procula, während 
das niedere Gebüsch zahlreiche Ithomien beherbergte und 
die kleinen, gelben und ovangen Kurema in allen Richtungen 
unruhig umherirrten. Um die üppig dort wuchernden Stauden- 
gewächse aber, deren Blüthen stets viele kleine Arten, wie 
Theecla, Glaucopiden u. s. w. anzuziehen pflegen, flatterten die 
schönen, schwarzen, weisspunktirten Coatlantona Meridensis, 
niedliche Phyeiodes-Arten und namentlich zahlreich auch die 
Acraeen, die im allgemeinen mit ihrem meist verloschenen 
Braun und Schwarz nur wenig Anspruch auf Schönheit er- 
heben. Indess sind unter diesen die kleinen schwarzen Hylonome 
ganz ansprechende Thhierchen, ebenso wie die seltneren, in den 
(Juebraden angetroffenen, schwarz und rothen Amida und 
Acipha. 

Doch schliessen wir die Reihe mit einem Thiere, das 
gleich auf den ersten Anblick unser ganzes Interesse wieder 
wachruft, das uns in seinem fremdartigen, schimmelgrau be- 
stäubten Kleide den ausgesprochensten Charakter eines Hoch- 
gebirgsbewohners vor Augen führt. Es ist dies PereuteCharops, 


13* 


196 Hahnel: 


an Besonderheit der Färbung der Latona wenig naclhgebend, 
wenn sie auch freilich an Schönheit und Vornehmheit von 
jener weit übertroffen wird. Wir fanden das Thier öfters 
und hatten sogar das Vergnügen, einige Stücke aus Raupen 
zu ziehen, die wir an Pfirsichbäumen antrafen, langsame 
'T’hiere, grünlichbraun und von schmierigem Ansehen, aus denen 
wir keineswegs vermuthet hatten, einen so schönen Falter 
auskommen zu sehen. 

Ueberhaupt waren unsere Raupenkästen in jener Zeit 
meist ziemlich stark bevölkert und wenn es auch im Allge- 
meinen nur gewöhnlichere Arten waren, die wir zu ziehen 
(selegenheit hatten, so gewährten uns doch die zum "Theil 
sehr originellen Formen viele angenehme Unterhaltung. Wie 
zierlich sahen die gelb und schwarz eeringelten, mit zwei 
peitschenähnlichen Auswüchsen geschmückten Erippus-Raupen 
aus, unsrer Kleinen spezielle Zögelinge und wie überans 
reizend waren namentlich ihre von der Decke der Kästen oft 
dutzendweise herabhängenden grünen Puppen, voll und rund 
wie eine Glocke und über «der Mitte mit einem „oldenen 
Diadem geschmückt. 


Valera. 


Wie schnell waren die Monate vergangen! Von Nenem 
nahte die trockene Zeit, und so befriediet und wohl man sich 
auch in dem schönen Merida fühlte, so konnte es doch unser 
Wunsch nicht sein, hier die Wiederkehr aller zur Genüre 
bekannten Arten abzuwarten. Vielmehr wurde nun wie im 
Jahre vorher das Verlangen rege, wiederum em anderes 
(sebiet, das nene Erscheinungen brächte, kennen zu lernen. 
Denn nur das Neue reizt und lockt und schafft uns Genuss; 
und wie die Losung aller materiellen Bestrebungen das nie 
befriedigte „Mehr“ ist, so beherrscht das ruhelose „Weiter* 
alle Lebensäusserungen eeistiger Art. 

Werfen wir also zum Abschied noch einmal einen letzten 
Blick hinauf nach jenen wunderbar erhabenen Felsenkronen. 
(die aus den Gletschermeeren emporragen, nach dem herrlichen 
Waldesgürtel, der sich herabsenkt bis in’s Thal, Quebraden 
und Schluchten markirend durch die grauen, aus der 
dunkeln Masse wie riesige Felsblöcke sich abhebenden Kronen 
schlanker Silbercecropien. Wie schön ist diese Welt rings 
um uns her und wie wehmüthig wird uns bei diesen Scheide- 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 


197 

grüssen! Doch vor dem lHofthor stampfen die Mulen, der 
biedere San Esteban, — ein alter, vielfach brauchbarer 
Indianer, der eigentlich nur den Namen Esteban beansprucht, 
jenen sinnigen Beinamen aber vor einigen Jahren von dem 
Maler Goering erhielt und nun allgemein so genannt wurde, 
— hat bereits Besitz genommen von der besten Mula und 
hält mit schmunzelndem Behagen unsere Kleine, für deren 
Begleitung er speciell bestimmt ist, vor sich im Arm; die 
Bekannten und Nachbarn sagen uns Lebewohl, adios, adios, 
Ama! ruft es hier und dort, und fort geht es in der frischen 
Morgenkühle. 

Und wohin? — Die beiden herrlichen Routen, die sich 
uns von hier aus boten, die eine westwärts über Tovar nach 
Columbien in das reiche Thal des Magdalenenstromes und 
die andere östlich über Varinas durch die Savannen an den 
Apure und den Orinoco hinab, — wie lange hatten sie unsere 
(sedanken beschäftigt und um den Vorrang gestritten. Aber 
wie verlockend auch die vor uns aufsteigenden Bilder er- 
schienen, das schliessliche Resultat unserer Erwägungen konnte 
nach Lage der Verhältnisse doch nur sein: weder das Eine 
noch das Andere. Und so hatte ich mich für die Richtung 
nach Norden entschieden, der Lagune wieder zu, um zunächst 
in Valera Halt zu machen und später eventuell nach dem 
wiederum höher im Gebirge gelegenen Truxillo zu gehen. 

Anfang September war es, als wir Merida verliessen. 
Das Thal des Chama, das wir nun aufwärts zogen, ist hier 
in diesem oberen Theile nicht durch jene ungeheuere Plateau- 
bildungen eingeengt, welche abwärts von da den Fluss 
zwingen, stets dieht am Fusse der Süd-Cordilleren sich hinzu- 
winden. Kleine Ortschaften und einzelne Gehöfte liegen hier 
und da im Thale zerstreut, und bieten auf dem grünen Wiesen- 
‚grunde, mit ihren Steingehegen, ihrem Vieh und den hohen, 
pappelartigen Weidenbäumen ein oft ganz reizendes Landschafts- 
Idyll. Doch je weiter wir im Thale aufwärts kommen, um 
so öder und einsamer wird auch wieder die Umgebung. Die 
kahlen Berge zu beiden Seiten dienen meist als Hutungen, 
aus denen da und dort vereinzelte Weizenfelder mit ihren 
unregelmässigen Umrissen schon von Weitem aufällie sieh 
abheben, und mit ihren dunklen Hecken und Steingehegen 
sich ausnehmen wie riesige, reliefartig hervortretende Schorfe. 
Zu unsern Füssen am Wasser hin, das über Gras und Steine 
hinrieselt, zeigt sich allein eine Spur von Leben, das in stiller 
Verborgenheit hier grünt und blüht, Farrenkränter und bunte 


198 Hahnel: 


Blumen, unter denen die blanen Lupinen uns heimathlich 
erüssen. 

Im Laufe des andern Vormittags langten wir am Fusse 
des Passüberganges an, in Apartadero, einem geräumigen 
(rehöft, in welchem die Reisenden bei ungünstiger Witterung 
oft Taze lang Halt machen müssen, ehe sie den Uebergang 
nach der andern Seite wagen können. Zum Glück lächelte 
uns das schönste klare Wetter, und so ging denn der Aufritt 
in das Quellland des Chama schnell und prächtig von statten. 
An Stelle des wogenden Weizens, der anfangs noch am Were 
stand, und der hier als Grünrfutter benützt wird, umgab uns 
nun saftiger Wiesengrund, über den kleine Colias hurtig 
dahinsegelten. Teiche füllten zur Hälfte die Thäler aus, und 
hochgewachsene Blumen, gelbblühend, und der Wurzelstock 
in einen dichten Mantel von filzigen Blättern gehüllt, bedeckten 
einzeln und in Gruppen die Berehänge bis zur Höhe hinauf. 
Am Wege entlang aber bleichen die (rebeine verunglückter 
Thiere, die, wenn eisiger Sturmwind sie erfasste, ehe sie die 
Höhe erreichten, unter ihrer Last zusammenbrachen, um nie 
wieder aufzustehen. Und dazwischen starrt denn auch ein 
menschliches Gebein dir entgegen, das zur Ruhe gebettet von 
mitleidiger Hand, wieder herausgewaschen wurde vom Wasser, 
um nun stückweise hinuntergespült zu werden ms Thal. 
Denn in dieser einsamen, öden Gegend fordert hinterlistiger 
Raubmord fast jährlich seine Opfer, ungesühnt, denn welchen 
Spuren sollte der Rächer folgen! 

_ Als wir oben auf der Höhe des Passes angelangt waren, 
bot sich uns ein ganz überwältigend grossartiges Panorama 
dar, rückwärts in die durchmessenen Entfernungen, bis wo 
die Schneegipfel von Merida in die Wolken sich verlieren, und 
dann über zahllose, wildgezackte Höhenketten hinweg rechts 
vor uns in die finstere, unendlich abgestufte, und in einander 
eeschobene Gebirgswelt von Truxillo, während geradeaus in 
weite, unmessbare Nebelferne sich tiefer und tiefer die Thäler 
hinabsenkten, und darüber hin in dunklen unsichern Umrissen 
die ferne Ebene herauflämmerte. Wie zauberhaft ist der 
(Genuss, den das Auge hier aufnimmt, dieser Blick aus dem 
Wolkenthrone hinab auf die Erde, die zu unsern Füssen liegt 
in all ihrer Grösse und Alterspracht und all der Buntheit 
ihres Jugendgewandes. Doch scharf und kalt umweht uns 
die Luft, und treibt uns an, den Thhieren zu folgen, die schon 
längst unten bei der ersten Biegung angekommen sind. Wir 
tragen in Eile zu dem Steinhaufen, der hier oben auf der 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 199 


Grenze zweier Provinzen ein hölzernes Kreuz trägt, dem 
Brauche folgend einige Steine hinzu, und lesen von dem eigen- 
thümlichen, wie weisse Knöchelchen aussehenden Moose einige 
Stückchen vom Boden auf, um sie als Andenken mit uns zu 
nehmen, dann geht es hinab im gestrecken Lauf, und bald 
sind wir bei den '[hieren wieder angelangt. 

Ein wie anderes, freundlicheres Ansehen gewährte nun, 
sobald wir in die nächste Thalfalte einbogen, diese Seite des 
Gebirges gegenüber der gänzlich abgeholzten jenseitigen. Die 
Berghänge ringsum waren mit den herrlichsten blühenden 
Eriken, Myrtaceen und Rhododendren bedeckt, deren leuchtende, 
volle Blüthenbüsche, roth, weiss, gelb und violett, das ganze 
Thal wie einen lachenden Garten erscheinen liessen. Bald 
auch traten höhere Baumformen auf, und in immer reicherer 
Abwechslung umgab uns Busch und Wald, und nicht lange 
so zeigten sich auch bereits Kartoffelfelder am Wege, Hähne 
krähten in der Ferne, Hunde bellten, und endlich konnten 
wir absteigen im ersehnten Nachtquartier, frohen Herzens, 
das schwierigste Stück des Weges glücklich hinter uns zu 
haben. 

Am andern Tage führte uns der Wee inmitten einer 
srossartigen Gebirgswelt über einen hohen Bergrücken hinweg 
in ein Thal, das nun wieder, je weiter abwärts wir kamen. 
immer deutlicher an seinen Bergen die trostlosen Folgen der 
radikalen Waldverwüstung zeigte. Namentlich von Mendoza 
an boten die kahlen Berge in ihrer nackten, gelbrothen Lehm- 
farbe einen überaus traurigen Gegensatz zu dem üppigen 
Grün, das unten im bebauten Flussthal in reicher Abwechs- 
lung uns umgab. Endlich am Nachmittag dieses vierten 
Reisetages tauchte vor uns in der Ferne die steile Kante des 
jenseit Val&ra sich erhebenden Plateaus von Carbajäl mit 
seiner langgezogenen Häuserfront auf, und nach einem letzten 
heissen Ritt in glühender Sonne waren wir am Ziel unsrer 
Reise angelangt, in dem kesselartig von Bergen und Plateaus 
eingeschlossenen Valera. 

Wir hatten einige Mühe, in dem kleinen, überfüllten 
Städtchen eine passende Wohnune zu finden, und mussten die 
ersten Tagen in der Posada eines Italieners zubringen, bis 
durch Vermittelung eines deutschen Landsmannes, der hier 
eine Apotheke etablirt hatte, diesem wichtiesten Bedürfniss 
abgeholfen war, und nun die Streifereien in die Umgegend 
ungehindert ihren Anfang nehmen konnten. Zu meinem Be- 
dauern bot sich indess bei der durchaus trocknen Zeit nur 


200 


Hahnel: 


höchst wenig Bemerkenswerthes dar, nach welcher Richtung 
ich auch meine Ausflüge unternehmen mochte. In der näher 
gelegenen Haciendas und in dem flachen Hügelgelände, das 
sich das Thal abwärts erstreckte, traten meist nur die ge- 
wöhnlicheren, von P. Cabello her bekannten Arten der Tief- 
ebene auf, T’hiere, die Sonne, offenes Feld und Hecken lieben, 
wie die Danais, Colaenis, Anartia und andere mehr. Ziemlich 
häufig fand sich um die Gebüsche am Wege die schöne 
Didonis Biblis, die trotz ihres gering gehaltenen Werthes, 
mit ihrer tiefschwarzen Färbung, und der breiten, hochrothen 
Randbinde auf den Hinterflügeln immerhin eine der hübschesten 
und hervorstechendsten Erscheinungen bleibt. 

An feuchten Stellen am Wege fanden wir in der Gesell- 
schaft anderer kleinerer Sachen die reizende Symmachia 
Galbula, eine Art, die wie noch mehrere ihrer Verwandten 
in ihrem «länzenden smaragdgrünen Kleide ganz an die 
Kolibris der Vogelwelt erinnert, und die, wenn sie mit flach- 
oebreiteten Flügeln am Boden sitzen und der Sonnenschein 
über sie hinfunkelt, einen überaus niedlichen Anblick gewähren. 
Ein gleichfalls nicht seltenes Thierchen ist die kleine, dunkel- 
blaue Eunica Modesta, die kleinste unter ihren zahlreichen 
Geschwistern. Zu den Ausnahmeerscheinungen jedoch zählten 
die zu derselben Sippe eehörigen, grösseren Mygdonia und 
Alemena, erstere mattbraun mit dunkler Schattirung, letztere 
im herrlichsten Blau «länzend. 

Die schätzbarste neue Erwerbung aber, die wir, abge- 
sehen von den mehrfachen einzelnen Sachen machten, war der 
feine, strohgelbe Papilio Arcesilaus, dem weissen Agesilaus 
nahestehend, und wie dieser stets in stürmischem Fluge über 
die Büsche dahersegelnd, um beim Wasser angelangt, sofort 
(daselbst sich niederzulassen. 

Doch alles, was sich von diesen und andern Arten zeigte, 
trat immer nur in ganz vereinzelten Stücken auf, sodass die 
tägliche Ausbeute oft nur eine äusserst geringe war, und wir 
in dieser Zeit mit tiefer Resignation erfahren mussten, wie 
ermüdend und freudlos auch dieses Geschäft werden kann, 
das wir bisher immer nur von der Seite des Vergnügens 
gekannt hatten. 

Endlich aber, als wir nach einiger Zeit eine etwas 
weitere Exkursion in der Richtung nach Truxillo zu unter- 
nahmen, hatten wir das kaum noch gehoffte, aber nun auch 
mit wahrem Jubel begrüsste Glück, hier an der Furth über 
den ‚Jimönes auf eine Stelle zu treffen, wo alles in Hülle und 


ei see rd u ee u 


Entomologische Erinnerungen an’ Süd-Amerika. 2301 


Fülle um uns wogte, und wo wir das, was wir bisher immer 
nur tropfenweise, an zerstreuten Stellen erhalten hatten, ein- 
mal ganz nach Herzenslust aus dem Vollen schöpfen konnten. 
Wir beschlossen demnach sofort, unsern Wohnsitz in Valera 
aufzugeben und bezogen dann bald darauf eine Wohnung in 
dem näher gelegenen kleinern Dorfe Lasellita, von wo aus 
num wochenlang ohne Ausnahme das Ziel unsrer Ausflüge 
jener Flussübergang war, wo wir in kurzer Zeit eine so 
überaus reichhaltige Sammlung namentlich von grossen schönen 
Papilio-Arten zusammenbrachten, dass wir dadurch volle 
Entschädigung erhielten für die vorangegangene, so äusserst 
maeere Zeit. 

Wie bunt besetzt war oft schon das letzte Stück des 
Weges, wenn wir nach der ziemlich langen Wanderung durch 
eine Wildniss von Rohrdickicht endlich in dem beckenartig' 
erweiterten Thale des Flusses angelangt waren! Besonders 
nach einem Gewitterreren, wenn noch ein Rest Feuchtigkeit 
auf dem lehmigen Boden zurückgeblieben war, wogte es um 
uns her in ganzen Schaaren, und in allen Farben und Grössen. 
Da leuchteten vor allen die prächtigen Catopsilia Menippe 
hervor, gelb mit orangen Ecken, ein Thier, das dureh seine 
(rösse wie durch die Frische seiner Farben seine andern 
Sippengenossen, die doch alle lebhaft genug gefärbt sind, ganz 
in den Schatten stellt. In wilder Hast, die Flügel nur wenig 
aufklappend, jagen sie den Weg daher, um eine Stelle aufzu- 
suchen, an der sie am besten vereinigt finden, was sie be- 
ehren, feuchten Boden, möglichst etwas anrüchig, dazu heissen 
freien Sonnenschein, und Gesellschaft ihres Gleichen, und viel 
anderes Volk dazu und wer kennt alle die Wünsche mehr 
solch einer durstigen Schmetterlingsseele. Es ist aber eine 
wahre Lust, dem 'Treiben dieser bunten Gesellschaft zuzusehen, 
wie sie kommen und gehen und mit aller Glutlı die ein 
kurzes Leben in den Werth des Augenblickes legt, sich dem 
(senuss des Daseins hingeben, das am vollsten in ihnen pulsirt, 
ehe die Sonne den Zenith erreicht. 

Neben diesen so sehr ins Auge fallenden und die Wege 
so lebhaft illustrirenden Thieren treffen wir dann einzeln die 
grossen, gelben Papilio Arten, Androgeos, Thoas, Thrason, 
Lycophron, Theophron, und den kleineren, zierlichen Tor- 
quatus, alles prächtige Gestalten, die unsre Aufmerksamkeit 
sofort auf sich conzentriren, sobald eins derselben sieh in 
unserm Gesichtskreis befindet. Aber alle diese gelben Papilio- 
Arten verhielten sich ungemein scheu, und liessen sich, da sie 


202 Hahnel: 


niemals so erpicht und selbstvergessen saugen wie andere 
Arten, sondern stets auf dem Sprunge sind, sowie eine Störung 
naht, nur allzu leicht vom Wege fortscheuchen um dann 
meistens nicht wieder an dieselbe Stelle zurückzukehren. 
Diese ihnen eigene, ruhelose Vorsicht spricht sich deutlich in 
dem fortwährenden leisen Zittern und Fächeln mit den 
Flügeln aus, das sie vor den meisten andern Papilios aus- 
zeichnet und welches ihren Anblick immer zu einem ganz 
reizend sylphidenhaften «estaltet. 

(segen solche grosse Thhiere traten freilich die zahlreichen 
kleineren Arten in ein bescheidenes Verhältniss zurück, 
doch waren auch unter diesen mehrere Sachen, die uns stets 
sehr erwünscht waren, so die dunkelblaue kleine Apatura 
Pavonii und die weissbandirte, unten silberglänzende A. Acca, 
namentlich aber auch die schöne, rothbraune Colaenis Phaerusa, 
deren fahlbraunes Weibchen mit den breiten Längsstreifen 
ein so merkwürdig fremdartiges Aussehen zeigt. 

Doch treten wir an den’ Fluss selbst. Eben erscheint 
drüben in dem niedrigen Ufergebüsch en Zug Maulthiere, 
mit Kaffee von Truxillo kommend und indem sie über die 
breite Sandbank der Furth zuschreiten, treiben sie an dem von 
den Hufen aufsewühlten Wege eine ganze Wolke von weissen 
Papilios auf, die sich rasch nach allen Richtungen ausbreiten 
und weithin am Flussufer auf- und abziehen. Welche Unmasse 
von Thieren! und wie rasch geht dieser leichthin springende Flug, 
bei dem man die langen, weissen, eng an einander liegenden 
Schwänze deutlich hinterher schimmern sieht. Mit grösstem 
Interesse folgen die Augen einzelnen riesengrossen Stücken, deren 
blendendes Weiss noch aus weiter Entfernung leuchtet; und 
mit gleichem Vergnügen sehen wir dann dort dem ruhigen, 
wellenförmig auf- und niederwiegenden, dabei fortwährend 
schwirrend bewegten Fluge einiger schwarzen Papilios zu, 
die m weitem Bogen die Sandbank umkreisen, um endlich 
nach wiederholten Anläufen Platz zu nehmen, abseits von den 
andern sich wieder niederlassen. 

Wir machen uns nun fertig, um nach der Sandbank 
hinüberzugehen und entledigen uns zu diesem Zwecke, da uns 
die starke Strömung bis an die Brust reicht, der Kleidung, 
dieselbe auf dem Kopfe mit hinübertragend. Inzwischen haben 
sich auch die meisten der aufgescheuchten Thiere aus ihrer 
Zerstreuung wieder zusammengefunden und bilden grössere 
und kleinere, dichtgedrängte Gruppen, zum Theil gemischt 
aus allen Sorten, zum "Theil auch vorherrschend nur aus der 


Entomologische Erinuerungen an Süd-Amerika. . 208 


einen oder andern Art bestehend. Doch halt! eh» wir uns 
an den Fang dieser Massenthiere machen, die uns doch nicht 
entgehen, versichern wir uns zunächst jener dunkel gefärbten 
Stücke, die abgesondert und oft ganz allein am Rande des 
Wassers sich halten, Arten, denen wir überhaupt stets nur 
einzeln, nie in grösserer Anzahl begeenen. Diese "Thiere, 
deren herrlichen Flug wir vorhin bewunderten, sind die lang- 
flügeligen, tief schwarzgrünen P. Latinus und Lyeidas, denen 
sich auch der kleinere, &elberün gefleckte Polydamas anreiht, 
während die gleichfalls schwarzen Theramenes und Sesostris 
sich sehon von weitem durch ihren bewegteren, mehr springenden 
Flug von jenen unterscheiden. 

Nachdem wir also vorerst, was sich von diesen seltneren 
Arten auffinden liess, in unsern Besitz gebracht, treten wir 
nun den weissen Arten näher, die an einzelnen Tagen nach 
Hunderten zählen, von denen wir jedoch, da uns eine so reiche 
Auswahl zu Gebote steht, nur die frischen, oder nur ganz 
leicht beschädigten Stücke mitnehmen, die übergrosse Mehrzahl 
aber auf dem Schlachtfelde liegen lassen, wo sie uns als Locker 
für die neu hinzukommenden dienen. Dabei finden wir es 
zweckmässig mehrere solcher Fallen anzulegen und «dann von 
einer zur andern uns wendend, stets möglichst wenig Thiere 
auf einmal in's Netz zu nehmen, um den unvermeidlichen Be- 
schädigungen, die sie sich bei dem wilden Aufwärtsstreben 
im Netz zufügen, vorzubengen. 

Die bei weitem am zahlreichsten vertretene Art war 
Agesilaus, nächst diesem dann der gelbliche schöne Arce- 
silaus, der kleinste von ihnen und als dritter der Anzahl 
nach der grosse weisse Protesilaus. Diese T’hiere beherrschten 
nebst den niemals fehlenden CGatopsilien die Physiognomie des 
Platzes vollständige und bildeten die stets vorhandene breite 
Masse, aus der alles Uebrige nur als gelegentliches Einzelstück 
einen Moment lang auftauchte, um bald wieder in der hin 
und her wogenden Menge sich zu verlieren. Zu den seltneren 
Erscheinungen, allerdings wohl aber die augenfälligste von 
allen, gehörte jener riesenhafte Archesilaus, ein Thier, das 
uns immer mit einer ganz besonderen Freude erfüllte, wenn 
es bei dem Haufen der andern erschien, aus denen es wie ein 
(Goliath durch die Höhe seiner Flügel und die Länge der 
Schwänze hervorragte. Hin und wieder gesellte sich dann 
auch noch ein anderer weiss gefärbter Papilio hinzu, der sich 
indess als entfernterer Verwandter, gewöhnlich etwas abseits 
hielt, der prächtige Dolicaon, gleich ausgezeichnet durch die 


204 Halınel: 


kräftige, schwarze Zeichnung der Oberseite, wie durch die 
rauchbraune Schattirung unterhalb und speziell noch interessant 
durch den fein angesetzten, schmalen Schwanz, der uns immer 
den Eindruck hervorrief, als sollte er von diesem Thiere 
nächstens als etwas Ueberflüssiges ganz abgelegt werden. 
Und doch gewähren ohne Zweifel die nach hinten lang hinaus- 
ragenden Schwänze diesen Papilios einen ganz augenschein- 
lichen Schutz gegen die ihnen allenthalben auflauernden Ei- 
dechsen, die sich "beim Zuschnappen sehr oft mit den blossen 
Schwänzen begnügen müssen, während das im Uebrigen un- 
beschädigte Thier noch einmal davonfliegt. Sicher haben auch 
die Thiere selbst das Gefühl, dass ihnen die Verlängerung 
ihrer Hinterflügel eine Rückendeckung gewährt, gleichsam 
wie eine Art blinder Fühler, die sie auch in der That so zu 
tragen wissen, dass man meint, sie strebten förmlich darnach, 
sie noch mehr zu verlängern. „Jedenfalls sind sie, so lange 
sie (senossen um sich sehen, äusserst zuversichtlich und be- 
wahren diese Furchtlosiekeit auch dann noch, wenn sie bereits 
mit dem Netz überdeckt und angestossen werden. 

Ein weit vorsichtigeres Verhalten als diese langge- 
schwänzten zeigen die ungeschwänzten schwarzen Papilios 
namentlich die zur Lyeidas-Gruppe gehörigen, die sich stets, 
ehe sie sich an einer Stelle niederlassen, erst durch wieder- 
holtes weites Umkreisen zu versichern suchen, dass auch keine 
(sefahr zu befürchten ist, dann aber auch ziemlich fest sitzen 
wie die andern und sich ohne Schwierigkeit fangen lassen, 
wenn man sich ihnen mit möglichster Behutsamkeit von rück- 
wärts her nähert. Denn wenn es auch vorkommt, dass T'hiere 
selbst vor völlig regungslosen Gegenständen scheuen, wenn 
ihnen dieselben ganz unerwartet fremdartig erscheinen, so ist 
es doch für gewöhnlich nur das in der Bewegung selbst 
liegende Verdächtige, welches die T'hiere misstrauisch und 
scheu macht. Ist doch die Furcht und die aus derselben 
entspringende Wachsamkeit der in einem jeden Thiere am 
tiefsten wurzelnde Charakterzug, der nur in der Erregung 
der Leidenschaft auf Augenblicke zurücktritt, sonst aber, sei 
es in der Ruhe oder beim Genusse, das Verhalten der Thiere 
stets beeinflusst und bestimmt. Doch äussert sich allerdings 
diese erste aller seelischen Thätiekeiten bei den einzelnen 
Arten oft in sehr verschiedenem Grade und das eine 'Thier 
zieht sich bei herantretender Störung weit eher zurück als 
ein anderes, während ein drittes sogar auch dann noch sitzen 
bleibt, wenn alle andern bereits davon sind, bis es mit dem 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika, 205 


Entrinnen zu spät ist. — Wenn wir nun annehmen müssen, dass 
das Verhalten der T'hiere zumeist abhängig ist von den Wahr- 
nehmungen, welche ihnen durch die Sinne und zwar vor allem 
durch das Auge vermittelt werden, so könnte man schliessen, dass 
Thiere, deren Sehvermögen schärfer entwickelt ist, die also auch 
deutlichere Vorstellungen von der sie umgebenden Welt em- 
pfangen, nun auch im Folge davon einen höheren Grad von 
Combination zeigen und eine grössere Wachsamkeit für ihre 
Sicherheit aufbieten werden. Und allerdings scheint dieser 
ursächliche Zusammenhang von Sinneswahrnehmung und Lebens- 
äusserung in der That zu bestehen, denn wir finden durch- 
oehends bei grösseren T'hieren, denen wir also schon von vorn- 
herein eine gewisse Ueberlegenheit zuzuschreiben geneigt sind, 
namentlich bei Papilios und grösseren Nymphaliden, neben 
seinem ausgebildeteren Gesichtssinn auch ein weit überlegteres 
Verhalten, als wir beides bei kleineren Thieren, wie Eryeiniden 
und Hesperiden wahrzunehmen vermögen. Denn während 
letztere meist dieht am Boden im niedrigen Gebüsch sich 
halten, mit kleinem Gesichtskreise auf eng begrenztem Raume, 
in der unmittelbaren Nähe ihrer Geburtsstätte, von der sie 
sich nur ungern weiter entfernen, finden wir, dass die erst- 
eenannten meist hoch- und weitfliegende Thiere sind, die be- 
fähigt und gewöhnt sind, die verschiedenartige, unter ihnen 
her sich geruppirende Vegetation und Bodengestaltung auch 
aus grosser Höhe zu beurtheilen und in weitem Umkreise 
diejenigen Stellen aufzufinden, die ihren Bedürfnissen ent- 
sprechen. Und während wir jenen kleineren Gestalten kaum 
einen besonderen Grad von Klugheit zuzuschreiben Veranlassung 
haben, müssen wir in diesen Thieren die bestorganisirten ihrer 
Ordnung erkennen, deren aktives, zielbewusstes, oft merkwür- 
diges überleetes und besonnenes Verhalten sie auch in seelischer 
Hinsicht weit über die anspruchsloseren Begehrungen jener 
kleineren Geschlechter erhebt. 

Wenn wir nun aber bei zwei gleich hochentwickelten 
hieren, beispielsweise bei dem weissen Pap. Agesilaus und 
dem gelben Pap. Thoas ein so verschiedenes Verhalten in 
gleicher Lage wahrnehmen, den einen furchtlos, den andern 
scheu, so sind dabei eben noch andere Faktoren mitwirkend, 
(die diese Unterschiede bedingen. Denn zunächst haben alle 
Thiere, welche massenhaft oder doch häufiger neben einander 
vorkommen, überhaupt also alle gemeineren Arten, vielleicht 
auch alle die, welche im Raupenzustande gesellig leben, stets 
ein weit weniger scheues Verhalten, als seltenere 'Thiere, die 


sm 


206 Halınel: 


immer nur einzeln auftreten und oft tagelang einsam umber- 
fliegen, ohne ihres Gleichen anzutreffen; und ein T'hier, «das 
unter Umständen in so diehtgedrängten Haufen beisammen- 
sitzt, wie «dies die weissen Papilios thun, wird lange nicht 
die ängstliche Rücksicht auf das, was ringsumher vorgeht, 
nehmen, wie ein Thoas, der stets eine gewisse Ellenbogen- 
weite beansprucht, um frei zu sehen und frei mit den Flügeln 
fächeln zu können. 

Nächst diesem aus der grossen Individuenzahl sich er- 
gebenden Sicherheitsgefühl liegt ein weiteres, für das Ver- 
halten eines T'hieres sehr bestimmendes Moment darin, ob 
dasselbe das Bewusstsein hat, dass seine Gestalt von dem 
Boden, auf. dem es sich befindet, sich lebhaft abhebt, oder aber 
mit dessen Färbung in einer gewissen Uebereinstimmung steht, 
worüber uns die Pieriden von Merida ein lehrreiches Bei- 
spiel gaben, denn dort fanden wir regelmässig, dass die weissen 
Arten bedeutend scheuer waren und viel eher aufflogen, als 
die grauen und bunten, die m dem dunkeln Steingrunde eine 
bessere Deckung fanden und oft nur mit Mühe zu erkennen 
waren. Also auch in dieser Beziehung hat sicher der mit 
der Sandfarbe mehr harmonirende Agesilaus einen Vortheil 
vor dem grösseren und stets auffallenderen Thoas voraus, 
was dem einen so bewusst ist wie dem andern. Tritt nun 
noch hinzu, dass ein Thier, wie dieser Agesilaus sich im 
Besitze einer so bedentenden Flugfertigkeit weiss, die es ihm 
ermöglicht, bei drohender Gefahr mit grösster Schnelligkeit 
abzufliegen, worin es ihm wiederum der breiter beschwingte 
Thoas nicht ganz gleichthun Kann, so ist es leicht erklärlich, 
dass die Summe aller dieser Unterschiede bei jenen weissen 
Thieren eine so viel grössere Furchtlosigkeit hervorbringen 
muss, als bei den mit jenen Vorzügen schwächer auszustattenden 
gelben oder schwarzen Papilios, die eben deshalb nur ver- 
anlasst sind, ihre Sicherheit in einem höheren Grade von 
Scheu und Wachsamkeit zu suchen. 

Das Thun und Treiben dieser schönen, grossen 'Thiere 
zu beobachten, hatten wir allerdings hinreichend Gelegenheit 
gehabt, denn es war wochenlang unser tägliches Vergnügen 
gewesen, die heissen Mittagsstunden auf jener Sandbank ihrer 
Gesellschaft und ihrem Fange zu widmen, sodass sie uns weitaus 
vor allen anderen T'hieren die vertrautesten wurden. Allmählich 
aber waren auch sie einzeln geworden und auch diesereiche Quelle, 
die wir für unerschöpflich gehalten, versiegte nach und nach; 
immer leerer wurde der weite Platz und die Wege davor und 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 207 


darüber hinaus, und dürre, öde Stille lagerte auch über diesem 
Thale wie allerorts. Diese Schwüle war nicht geeignet, die 
Entbehrungen, die man in dem kleinen Dorfe an Lebensmitteln 
zu erleiden hatte, geringer erscheinen zu lassen, so wenig wie 
das immer stärker in der Umgegend auftretende Fieber die 
Lust vermehren konnte, weiter und weiter in's Land hinein 
zu reiten. Und so führten denn diese und andere Erwägungen 
schnell zu dem Entschlusse, hier unsere Reise überhaupt ab- 
zubrechen und ohne weiteres Zögern die Rückkehr nach der 
Heimath anzutreten, eine Entschliessung, die wir kurz vorher 
noch in weiter Ferne geglaubt hatten. Das war Mitte November. 
In drei Tagen waren wir in dem Hafenorte Ceiba angelangt, 
wo auch pünktlich der Dampfer eintraf, um uns über Nacht 
nach Maracaibo zu tragen. Von da benutzten wir ein kleines 
Segelschiff, um nach Curacao zu gelangen, das uns bei seinem 
unfruchtbaren, felsenharten Kalkboden allerdings keine Gelegen- 
heit zu Ausflügen bot. 

Endlich langte der in Westindien stationirte Dampfer 
der Hamburger Linie an, der uns nun zunächst nach Puerto 
Cabello brachte, wo wir Zeit fanden, unsern alten lieben 
Freunden in San Esteban noch einen Besuch abzustatten, 
Starkes und der verehrten Frau Simon, in deren gastlichem 
und stets belebten Hause namentlich unsere Ama so oft ein- 
und ausgegangen war. 

Dann setzte der Dampfer seine Fahrt fort über La Guayra 
und Portorico nach St. Thomas, wo wir den von Colon er- 
warteten Dampfer bestiegen, mit dem wir dann Anfang ‚Januar 
glücklich m Hamburg eintrafen. 


==> 


208 Hahnel: 


Zweiter Theil. 


Nach Amazonien. 


Es war im Sommer desselben Jahres, nachdem kaum 
einige schnell verflogene Monate seit der Rückkehr vergangen, 
dass ich dem Sirenengesange der Tropenfee von neuem ein 
williges Ohr lieh und dem reichen Waldlande, das an den 
Ufern des Amazonenstromes in unermessliche Gebiete sich aus- 
dehnt, einige Jahre zu widmen mich entschloss: und obgleich 
es meine Absicht war, diesmal die Reise allein zu unternehmen, 
so liess sich dennoch meine Frau nicht abhalten, auch dorthin 
meine Beeleiterin zu sein, nachdem die Pfliehten gegen unser 
Kind, soweit wir uns ihrer entäussern konnten, sich dahin 
austrugen, dass unsere verehrte Freundin, Frau Dr. Stau- 
dinger uns die Liebe erwies, unsere Tochter für die Zeit un- 
serer Abwesenheit an Kindesstatt anzunehmen. 

Anfang September 1879 stachen wir in Liverpool in 
See. Unsere einzigen Reisegefährten waren zu unserer Ueber- 
raschung und Freude eollegialisch verwandte Herren, Professor 
(soodmann nebst Sohn, die nicht nur das gleiche Ziel hatten 
wie wir, sondern auch denselben speziellen Reisezweck ver- 
folgten, wenn auch nur in dem Rahmen eines Ausflugs auf 
einige Monate. Das war also ganz prächtig zusammengefunden 
und unser biederer Capitän berechnete schon im Voraus den 
Tonnengehalt für die Hekatomben von Gewürm, die unsern 
vereinten Raubzügen zum Opfer fallen würden. 

Am 8. fuhren wir in die Mündung des Tejo ein und 
der im herrlichsten Blau über uns sich wölbende Himmel liess 
die anfangs öde, dann aber immer bunter sich gestaltende 
Szenerie in ihrem vollen Glanze erscheinen. Gleichwohl fühlten 
wir uns in unsern Erwartungen von den Schönheiten Lissabons 
eetäuscht. Denn wenn auch jene grossartigen Bauwerke, wie 
der Aquädukt und andere öffentliche Bauten und die endlose 
Masse weissschimmernder Häuser und Kirchen, die terrassen- 
förmig vor uns aufstiegen, ihre Reize auf uns übten, so lag 
doch ein Etwas über dem Ganzen, das den Genuss nicht voll 
aufkommen und das Auge nach einem Ruhepunkt suchen liess, 
den weder die schimmernde Fluth noch das unvermittelt über 


Entomologische Erinnerungen an ı Büd- Amerika. ah 209 


der blendenden Helle der Mauern sich ausspannende Blau des 
Himmels darbieten konnte. Wie anders würden die unleug- 
baren Schönheiten, die hier zusammengedrängt sind, zur 
Geltung kommen, wenn ein Hintergrund vorhanden wäre, 
gegen den sie sich abhöben, oder sei es auch nur eine Vege- 
tation, die die Linie der Bauten durchsetzte und flankirte! 
Aber dieser Mangel wirkt um so auffälliger und störender, 
als das erelle Einerlei der weissen Farben durch kein Roth 
der Dächer, durch keine irgend welche farbigen Architektaren 
unterbrochen ist, und Schatten und kräftige Umrisse nur im 
Vordergrunde, im Gedränge des Hafens sich darbieten, während 
die langgezogenen Banteneomplexe eintönig in Lächtnüancen 
. gehüllt sind. 

Wir benutzten den Tag, den der Dampfer Aufenthalt 
nalım, um die Stadt auf und ab zu durchstreifen und süd- 
liches Leben in seiner Buntheit und Natürlichkeit zu be- 
trachten, mehr mit Antheil, als mit Kritik. Am späten Nach- 
mittag des andern Tages nahm unser Dampfer seinen Curs 
wieder auf, nachdem sich die Zahl der Passagiere um ein 
Dutzend Portugiesen und Brasilianer vermehrt hatte. Bald 
lag der aus den Wellen emporragende massige Bau des Leucht- 
thurmes hinter uns, der nun im Abenddunkel sein Licht noch 
grüssend uns nachsandte, das zeitweilig aufleuchtete nnd wieder 
verschwand, endlich für immer, der letzte Stern europäischer 
Welt, — und vor uns lag nun die Nacht und wieder der Ocean. 

Die Fahrt verlief glatt und angenehm und nicht ohne 
einige jener Ereignisse, die auf einsamer Meerfahrt stets eine 
willkommene Unterhaltung gewähren. Am zweiten Tage 
tauchten im Abendroth fern am Horizonte die einfachen Linien 
der Madeiragruppe auf, und Tages darauf hatten wir das 
Schauspiel, ein englisches Panzergeschwader in der Ferne 
vorüberziehen zu sehen, Gegenstände stolzer Betrachtung, 
denen unsere Mannschaft grüssend das „Rule Britannia, rule 
the waves* zusummte. Dann begegneten wir einer Hamburger 
Brieg, die irregefahren in der anhaltenden Windstille uns 
nach Längen- und Breitengrad fragte, was ihr auch prompt 
sienalisirt wurde. Fines Morgens dann wieder, noch in der 
Nähe der canarischen Inseln, sahen wir unser Schiff bevölkert 
von einer Anzahl ermüdeter Neuropteren, Dipteren und Noc- 
tuiden, nicht zu vergessen einiger Vanessa Cardui; unfreiwillige 
Aeronauten, die von einem Sturmwind aus ihrer Heimath ent- 
führt, auf zielloser Bahn nun vom Zufall unserm Dampfer in 
die bergenden Arme getrieben waren. 

14 


210 ag Hahnel: 


Am 20. zeigten sich die ersten Vorboten des neuen Fest- 
landes, fischende Seeadler, die einen fesselnden Anblick boten, 
wenn sie die Schwingen einlegend aus der Höhe hernieder- 
schossen, einen Augenblick in den weiss über ihnen auf- 
spritzenden Wellen verschwanden und schweren Fluges sich 
dann wieder erhoben, um nach wenigen Minuten von Neuem 
den kühnen Sturz zu unternehmen. Bald stellten sieh auch 
die unvermeidlichen Möven wieder ein und umschwärmten 
schreiend und nach Beute spähend unser Schiff, während lange 
Ketten von Taucherenten hier und da aufstiegen, um, dicht 
über die ruhige Wasserfläche hinstreichend, nach einer kurzen 
Strecke wieder in das nasse Element zu versinken. (Ganze 
Schwärme fliegender Fische liessen erkennen, wie reich an 
Bewohnern diese Gewässer sind, und hin und wieder, nament- 
lich zur Nachtzeit, blieben einige dieser amphibischen Wesen, 
wenn ihr Bogensprung sie gerade über das Schiff hin führte, 
bei uns an Bord zurück, um dann unter den Händen des 
Kochs eines prosaischen Todes zu sterben. 

Endlich, am 24., nachdem wir Mittags eben den Aequator 
passirt, erbliekten wir die brasilianische Küste. Eine weisse 
Linie, die Brandung, die über den flachen Strand sich wälzt, 
wird sichtbar links im Süden, dann taucht vor uns im Westen 
in scharfen, dunklen Umrissen ein Inselzug auf, bedeckt mit 
eleichmässig hohem, an den Seiten senkrecht abfallendem Walde. 
Langgestreckte, niedrige Umrisse, riefen sie gerade in ihrer 
infachheit die Vorstellung in uns wach von der ganzen Un- 
ermesslichkeit dieses Waldes, der den Continent in seiner 
vollen Breite überdeckt, bis im fernen Westen die Schneeregion 
der Cordilleren ihm eine Grenze zieht. Vor ‚Jahrtausenden 
schlugen diese Wellen, die drüben am Strande aufschäumen, 
auch an den Fuss jener fernen Gebirge und bildeten die un- 
geheuren Sedimente, die das ganze Becken nun ausfüllen. 
Schrittweise, wie der feste Boden zunahm und das Wasser | 
wich, rückte der Wald nach, und hier, an der äussersten 
(srenze, wo der Kampf der Elemente noch weiter tobt, Land | 
aus den Wellen auftaucht und wieder tiefer hinab zum Meeres- 
grund fortgespült wird, hier steht der Wald auf seinem 'herr- 
lichsten Posten, als Schützer des frischeroberten Landes, als 
der erste Vorkämpfer der Kultur, 

Ein prächtiges Schauspiel bot sich uns dar, als gegen 
Abend drüben über dem Lande ein Gewitter aufzog und sich 
nun, während über uns der reinste Aether thronte, eine 
Wolkenform bildete, die in ihrer Verschiebung und Ueber- 


EEE 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 


anı 


einanderthirmung ‚den grossartigsten Aufbau darstellte, der 
sich denken liess. ‘Und: während in wilder. Folge die Blitze 
durch jene dunkeln Massen zuckten, stand. vor der Sonnen- 
scheibe unbeweglich eine lange schmale Wolkenzunge und ein 
prächtiger Regenbogenring in wundervoll ‚leuchtendem Grün 
und Roth umgab den verdeckten Sonnenstand, die Spitze der 
Wolke bis auf) die schmale Basis kreisförmig umschliessend. 

Nach hereingebrochener Nacht gingen wir in. der Nähe 
des. hier! stationirten Fenerschiffes vor: Anker und am andern 
Morgen: begrüssten wir das ersehnte Ziel unserer Reise, Parä. 
Böller «wurden gelöst, ein Dutzend Beamte: kamen: an Bord, 
und nach Erledigung einiger  Förmlichkeiten begab man: sich 
ans Land, während das Gepäck einige: Stunden später uns 
dahin nachfolgte. 

Wo:ein vierfacher  Kifer brannte, war: es ganz selbst- 
verständlich, dass wir nur die unumgängliechsten’ Minuten: im ) 
Gasthaus verweilten, um uns für den ersten Ausflug zuzurüsten 
und dann ‚ohne. weiteres Zögern uns aufmachten, um die Kost- 
baren Stunden, ‚die noch vor uns ‚lagen, auszubeuten, Wir 
sassen also /alsbald zu. viert in einem: Pferdebahnwagen, ‘der 
uns nach. der. freundlichen: Vorstadt Nazareth brachte, wo wir, 
(dem ‚staubigen Bereiche der. Strassen entronnen, Gelegenheit 
fanden, die Waldung nach verschiedenen Richtungen zu durech- 
streifen. Wie es indess gewöhnlich zu geschehen pflegt, wenn 
eine lange Zeit der. Erwartung einen ‚Wunsch zu einem .be- 
sonders lebhaften gemacht ‚hat, so brachte die endlich nahende 
Erfüllung keineswegs die Veberschwenglichkeit mit ‚sich, in 
die wir uns hineingeträumt hatten. » Wir drangen immer weiter 
auf den Waldwegen vor, und. immer noch nicht zeigte sich'die 
eehoffte Fülle der Erscheinungen, auf die wir mit Schachteln 
und Büchsen so; prächtig uns ‚vorbereitet hatten. Das eine 
oder. andere 'Thhier, das wir. aus seiner. Verborgenheit. auf- 
trieben oder das hastig. an uns vorübereilte, wie einige Morpho 
Achilles, denen natürlich „Master Roger“ in. jugendlichem 
Ungestüm weithin dureh. die Gebüsche nachsetzte, verdiente 
sicher unsere aufrichtige Freude, aber im Ganzen. blieb. das 
Ergebniss unseres Jagdzuges weit hinter ‚den Vorstellungen 
und Hoffnungen zurück, ‘die wir uns auf Grund des alten 
vuten Rufes, in dem die Umgegend: von ‚Parä steht, gebildet 
hatten, und ich nahm mir nun”ein für allemal vor, eine neue 
Lokalität stets nur mit dem allerniedrigsten Maasse von Er- 
wartungen zu ‚betreten. 

Wir unternahmen in den nächsten Tagen meist wiederum 

14* 


2123 Hahnel: 


gemeinschaftliche Ausflüge nach verschiedenen anderen Rich- 
tungen. Besonders auf dem Wege nach der Ziegelei von Una 
fanden wir eine Anzahl prächtiger, neuer Arten, die als die 
ersten ‘hervorstechenden Vertreter des‘ neuen (sebietes ganz 
dazu geeignet waren, unsern etwas gedämpften Eifer aufs 
Neue anzufachen. An den Rändern des Waldes und den Weg 
entlang, an den üppigen Schlinggewächsen auf und ab sich 
senkend, zogen eilend die schönen, lichtgrünen 'Golaenis Dido 
hin, in ihrer Ausnahmefärbung zum Verwechseln ihrem Doppel- 
gänger,. der Vietorina Steneles ähnlich, nur von ihr ab- 
weichend durch den unermüdlich anhaltenden Flug, der sich 
bei jener nur auf kurze Entfernungen in der Nähe ihres Stand- 
ortes zu beschränken pflegt. 

Dann lässt sich plötzlich aus der Höhe der Zweige einer 
der buntesten, grell, aber prachtvoll gefärbten Falter nieder, 
CGatonephele Obrinus, oben hellblau und orange auf schwarzem 
Grunde, unterhalb aber in die Farbe der Blätter’ gekleidet. 
Neugierig, nach Familienart, "setzt er sich dieht vor uns auf 
das nächste Blatt, fliegt wieder auf: und setzt sich etwas 
höher; doch schon haben wir ihn im Netze, — noch ein paar 
ängstliche Secunden, und nun mag er eingehen in jene Ewig- 
keit, die ihm das stolze Schattenreich "einer Sammlung ver- 
spricht. 

Den Weg kreuzend und ohne: Aufenthalt wieder im 
Dunkel des Gebüsches verschwindend, ausser etwa, wenn eine 
schimmernde Blüthe ihn anzieht, begegnen wir hier und da 
einem der schwarzen, scheuen Waldsegler, einem Papilio 
Vertumnus oder P. Aeneas, beide mit prächtigen rothen 
Flecken auf den Hinterflügeln, auf den vorderen mit Grün 
geschmückt. Und dort zeigt sieh ein anderes, grösser be- 
schwingtes hier, der dunkle Pap. Belemus. Ruhig, in 
sanften Wellenlinien anf und nieder wiesend, die Flügel dabei 
in’ eigentliümlicher, schwirrender Bewegung, wie 'es dieser 
ganzen Lyeidas-Gruppe eigen, zieht er den Weg entlang, 
steigt dann aufwärts an der Waldwand, hier und da inne- 
haltend an dem rothen Blüthenstern einer Kletterpflanze, bis 
er, in der Höhe angelangt, um die blühende Krone eines Baum- 
riesen andere mehr von seiner Gattung trifft, die bald in 
kurzen Sätzen von Zweig zu Zweig flattern, bald in mächtigem 
Bogen das diehte, gelbe Blüthenftach umkreisen, —- ein präch- 
tiges Bild, diese vogeleleichen Gestalten hoch in der Luft. 

Ein herrlicher blauer Morpho kommt uns da entgegen 
auf dem Wege, hurtie, aber doch ruhiger als der scheue, die 


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Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 213 


freien Waldstellen meidende Achilles, es ist die seltene pracht- 
volle Deidamia, eine Abart des bekannteren, weiter ver- 
breiteten Neoptolemus. 

Unter den kleineren Gestalten, die wir antreften, finden 
wir kaum eine der uns schon bekannten Arten, fast jedes 
einzelne Stück ist uns eine neue Erwerbung, und zumeist einer 
ganz neuen Sippe angehörig. Da hält uns ein prächtiges 
'Thierehen durch sein 'scheues Abflieren, blitzschnelles Hin- 
und Herfahren und  Wiederkehren auf sein auserkorenes, 
sonnenbeschienenes Blatt eine ganze Zeit lang in Spannung. 
Endlich ist es unser, ein blitzendes Gefunkel von Blaugrün 
und Weiss, das sich uns auf den kleinen Flügeln "dieses 
Tharops Hebrus darbietet. Ein anderes, im Gegensatz zu 
diesem sehr ruhig flatterndes und stets an der Unterseite der 
Blätter sich ansetzendes Thier ist die durchsichtig blaue, orange- 
gefleckte Stalachtis Phaedusa, aus einer ganz eigenartigen 
Sippe, der wir noch überall in den Wäldern am Amazonas in 
mehreren Arten begegnen werden. 

Doch hier, wo unser Weg sich durch üppiges Palmen- 
gebüsch hinzieht, über morastigen Boden, der mit breithlätt- 
rigen Sumpfgrewächsen bestanden ist, zeigt sich uns eine ganz 
neue, überaus reizende Thierform, ‘wohl die zarteste und 
duftigste von allen. Es ist die Sippe der Helicopis, die durch 
zwei Arten, die grössere, prachtvolle Aecis und den kleineren 
jupido in reicher Anzahl vertreten ist. Welch’ zierliche Ge- 
stalten! wie fein diese federartigen Anhängsel an den Hinter- 
flügeln, wie zart das helle Blond und Milchweiss ihres Kleides, 
und die elänzenden Goldsilberflecken auf ihrer Unterseite! 
Aber wie zart und schwach ist auch ihr Flug, der sie schein- 
bar nur mühsam von Blatt zu Blatt trägt. Indess sind das 
nur die altersschwachen Thierehen, denen die Kraft schon 
sebricht zu festerem Flügelschlag; wirklich frische Stücke 
sehen wir hurtig genug uns entfliehen und sehr geschickt 
ihren Anflug an die Unterseite der grossen, sie schützenden 
Blätter ausführen, wo sie dann mit geschlossenen Flügeln und 
unter eigenthümlichem, fortwährendem Auf- und Niederbewegen 
der Fühler und der etwas 'abstehenden Hinterflügel auf die 
Blätterwelt unter ihnen herabschauen. "Wir waren von diesem 
wunderhübschen Thierchen so entzückt, dass wir an dieser 
Stelle ziemlich geraume Zeit verweilten, um jedes einzelne 
Stück, das wir auftreiben konnten, in unseren Besitz zu bringen. 

Da es nicht in unserem Plane zelegen hatte, in Parä 
einen längeren Aufenthalt zu nehmen, vielmehr unsere Absicht 


214 Hahnel: 


war, die nächsten Monate in einer Oertlichkeit höher hinauf 
am Amazonas zuzubringen, so benutzten wir, während unsere 
Reisegefährten in die Umgegend von Parä hinauszogen, die 
erste Dampfergelegenheit, um den Strom hinanfzugehen. Die 
ungeheure, meerähnliche Wasserfläche, ‘die der Paräfluss vor- 
stellt, trüb und schmutziggelb von Aussehen und fast ohne 
sichtbare Abflussbewegüung, nimmt oberhalb der Mündung des 
Tocantins allmählich eine gemässigtere Breite an und von Breves 
an wird die Fahrstrasse, die der Dampfer einschlägt. so eng, 
ddass sie das Aussehen von schmalen Kanälen trägt. Diese 
tiefen Wasserrinnen, die in älterer Zeit hier wahrscheinlich 
ein weit ausgedehnteres System bildeten, sind Abzugskanäle 
für die Wasserfülle des Amazonas, und obgleich hydrographisch 
unbedeutend, sind sie doch commereiell von grösster Wichtig- 
keit, da sie die Verbindung herstellen zwischen dem grossen 
Strome und  Parä, dem einzigen ‚guten Hafen, der in dem 
ganzen Delta dieser Flussmündungen vorhanden ist. 

Die Fahrt wurde nun hier, wo zu beiden Seiten «die 
Vegetation in fast greifbare Nähe herantrat, zu einer immer 
belebteren und bot in dem unendlichen Reichthum von Formen 
und deren stets wechselnder Gruppirung dem Auge einen un- 
erschöpflichen und immer aufs Neue fesselnden Genuss dar. 
In allen üppigen Formen und Gestaltungen, die der Pflanzen- 
wuchs zu entwickeln vermag, schwelgt die Natur auf diesem 
fruchtbaren Schwemmland und lässt in dem Kampfe um die 
Lebensbedingungen von Boden und Lieht, der unter lächeln- 
der Maske so zäh und erbarmungslos geführt wird, aus dem 
Füllhorn' ihres Schaffensdranges die wuchernden Welten, ‚eine 
über die andere 'hervorquellen. In ewigem Ringen lässt sie 
den Baum empor sich strecken und ihn wieder niederhalten 
durch. keck bis in den Wipfel ihm folgende Epiphyten und 
ihm nacheifernde Mitbewerber, die, seiner Stärke bald spottend, 
ihm die Glieder ‚mit eiserner Gewalt einschnüren. Und über 
Hoch und Niedrig wirft sie das kokette Netz der kletternden 
Schlinggewächse, die so wnnderbar leicht von Ast zu Ast sich 
vanken, Juftige Cascaden bildend aus der Höhe der Kronen 
herab auf die niederen Schichten der Zweige, und hier und 
dort, wo die Aeste und Stümpfe der Todten emporstarren, sie 
überziehend mit einem Prunkkleide, wie es im Leben ihnen 
nicht schöner stand. Welcher endlose Wechsel von Entstehen 


und Vergehen auf dieser riesigen Wahlstatt, wo der Kampf 


nie rastet seit, Urzeiten her und weiter wogen wird Jahr- 
tausende lang. 


1 die A 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 215 


Und zu all dem wunablässigen Kämpfen und Ringen 
leuchtet und lacht die Sonne herab und macht den Tod zum 
Lieben und das Leben zum Wonnegefühl. Und ist es nicht 
dieser Sonnenball, dieser Feuerstrom, der seit Ewigkeiten auf 
die Erde herab sich ergiesst, der all diese Schöpfung: hervor- 
rief, der, wie er die Züge der Wolken dureh einander wirft 
und die Strömungen des Oceans nach den Polen lenkt und 
wieder zurück, einst auch dem todten Chaos das Leben ein- 
hauchte und die Keime der Organismen über den empfäng- 
lichen Boden ausstreute, der dann die kaum aufgesprossten 
(Gebilde zwang, in einem unaufhörlich sichtenden Kriege zu 
immer weiterer Entfaltung von Daseinsformen, zu einer 
schrankenlosen Gestaltenfülle, von der die vorhandenen Formen 
unserer Jetztwelt, so reich sie sind und so unabsehbar ihre 
Zahl, doch nur die Trümmer, die überlebenden Reste einer 
ganz ungeheuern Reihe untergegangener Welten bilden. Und 
ist der himmlische Sonnenblick der Urerzeuger des Wachs- 
thums und alles Lebens auf Erden, so ist dann dieser heisse 
Gürtelkreis der Erde der fruchtbare Schooss, aus welchem 
Leben zuerst entsprang, der die erste Knospe sah, den ersten 
Blumenstern, das Eden, wo der erste Herzschlag in einem 
Wesen pulsirte und das erste Augenpaar sich aufthat, den 
heraufdämmernden Tag zu begrüssen, den Tag, der über das 
wolkenumhüllte Erdenrund heranbrach, hier zuerst. 

Was der @luthherd, der tief im Innern unserer Erde 
wirkt, an höchsten Bildungen geschaffen, das sind die Formen 
der Krystalle, wunderbar als Gebilde, aber todt von dem 
Augenblick an, der sie gebar und wenn auch erhoben über 
amorphen Stoff, so doch tief zurückstehend auf der Stufenleiter 
der Schöpfung, die erst mit dem Eintritt der Lebenskeime 
all’ ihre verborgenen Kräfte in den ungemessenen Bahnen 
entfalten konnte, die hier sich nun in ihnen erschloss. 

Wenn die Thonschichten reden könnten, die tief unter 
den Wellen in die Buchten der Felsen gebettet sind, von den 
Tagen, da ihre schlammigen Atome noch dahinwirbelten in 
der Strömung der grossen Wasserader! Welche Wunder 
könnten sie berichten von den Lebensgestalten, die sie damals 
geschaut, von gigantischem Baumwuchs, der über den Uferrand 
hing, von jenen Megatherien und Riesenlöwen, gegen die die 
Formen der Gegenwart nur wie Pyemäengeschlechter er- 
scheinen. 

Lebt eines noch von den Wesen an dieser Stelle, das 
in jener entlegenen Epoche Zeitgenosse jener Geschöpfe ge- 


216 Hahnel: 


wesen, oder ist alles, was damals die Welt erfüllte, verschwunden 
und umgeformt und nicht mehr zu erkennen in seinen heutigen 
Enkeln? Doch wohl, lass uns denken, diese Urania, der 
prächtige Leilus, der dort über die Spitzen der Bäume segelt, 
ist kein neuestes Erzeugniss der Natur, Wie er heut im 
Sonnenschein fliegt, so flog er schon vor uralter Zeit hier über 
die Waldungen auch, in jener Zeit schon, als seine Vettern 
sich ausbreiten konnten in langer Kette, westlich bis zu den 
Vulkanen Mexicos und östlich über die grosse Atlantisbrücke 
nach dem Continent von Madagascar, damals, da die See halb 
Afrika bedeckte und Amazonien ein Binnenmeer war, umgeben 
von den Inselreichen Guyana, der Andeskette und dem Brasi- 
lischen Hochland. Und in diesem bunten Wechsel von Land 
und Meer blieb der Leilus, das sonnenlüsterne Nachtthier, das 
sich dem Tagleben anbequemte, sich gleich in Flug und Ge- 
wohnheit und dem antiken Schnitt seines glänzenden Kleides. 

Sicher sind viele andere dieser luftigen Wesen, deren 
Flug wir mit Interesse verfolgen, wenn sie an den grünen 
Uferwänden dahinsegeln, uralte Formen, die in ihrem heutigen 
Farbenspiel schon in den Zeiten weit früherer geologischer 
Formationen existirten und deren Stammbaum vielleicht um 
so weiter hinauf in graue Vorzeit reicht, je isolirter ihre 
(sestalt erscheint im Vergleich mit den ihnen zunächst stehenden 
Verwandten. Denn wie einzelne, aus dem Meere aufragende 
Inselkuppen die letzten Reste darstellen einer allmählich ver- 
sinkenden Bergkette, eines früher ausgedehnten Festlandes, 
so dürfen unter den Lebensformen diejenigen, welche am 
schärfsten individualisirt sind, die fremdartig gegen die nächst- 
verwandten Formen abstechen und eine klaffende Lücke neben 
sich lassen in der ideellen Kette der verbindenden Glieder, 
wohl als die Repräsentanten jener Erzeugnisse früherer Perioden 
unserer Erde gelten, die in den Grenzlinien des gegebenen 
Familientypus seiner Zeit vielleicht eine gleiche Variabilität, 
einen gleichen Formenreichthum aufzuweisen hatten, wie wir 
sie heut nur bei den artenreichsten unserer gegenwärtig 
existirenden Genera wahrnehmen können. 

In unseren Betrachtungen werden wir unterbrochen durch 
eine allgemeine Bewegung, die sich unter den Passagieren 
kundgiebt; alles eilt aus den Hängematten, in denen man sich 
die längste Zeit des Tages über schaukelt, nach dem Vorder- 
deck, von woher wir bereits Ausrufe der Bewunderung ver- 
nehmen. Welcher Anblick auch! Vor uns in weitem Bogen 
breitet sich der Amazonas aus, zwar nur ein Arm, denn 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 217 


drüben das Ufer ist Inselland, aber in dieser wuchtigen Be- 
wegung, in diesem Schwunge, mit dem die ungeheure wogende 
Masse dahergetragen wird, macht sie einen grossartigen, über- 
wältigenden Eindruck, dem sich selbst der Indianer, der sonst 
für derartige Empfindungen und Gemüthsbewegungen unzu- 
gänglich ist, nicht ganz entziehen kann. In dieser Gewalt 
der bewegten Masse, der wir uns plötzlich gegenüber sehen, 
liegt eine wunderbar ergreifende Macht; ein unwiderstehlicher 
Lebensdrang weht uns entgegen aus dieser daherwogenden 
Fluth, der sich die frische Seebrise umsonst entgegenstemmt. 
Ein Gefühl von der unbesiegbaren Macht des Lebens und von 
der ganzen Unendlichkeit des Daseins durchzuckt uns, wenn 
wir hinabschauen auf diese majestätische Fluth, auf dieses 
stolze Sinnbild, wie es uns dünkt, des grossen Lebensstromes, 
der das ganze Weltall durchzieht. Welche endlose, unauf- 
haltsame Wallfahrt dieser dahin sich wälzenden Billiarden von 
Monaden, die, ewigen Gesetzen folgend, der grossen Ver- 
sammlung der Wasser zueilen, um dort den Kreislauf zu 
vollenden und wieder zu beginnen, der ihnen als Ewiges seit 
jenem Tage vorgeschrieben ist, da zuerst über der Erde eine 
Wolke sich entlud und zischend herniederplatzte auf den 
glühenden Ball! 

Doch was uns die Grossartiekeit und Gewalt des Stromes 
so besonders sprechend vor Augen führt, ist der überaus wilde 
Anblick des Uferrandes, der uns nun im grössten Gegensatz 
zu der plastischen Fülle der Kapallandschaft, die uns eben 
noch umgab, hier entgegentritt. Wie von der Sense des 
Schnitters gemäht, bedecken die grauen Stämme der Baum- 
riesen in dichten Reihen den erdigen Abhang, alle gleich- 
mässig flussabgekehrt nnd ihre Wipfel in den Wellen be- 
grabend. Düster, von keiner grünen Schlingwand verdeckt, 
sondern blossgelegt wie das aufgeschnittene Innere eines Or- 
ganismus, schaut der Wald, schauen die Genossen der Ge- 
fallenen, die säulenartig, Stamm an Stamm in die Höhe ragen, 
dieser Zerstörung zu, die unabwendbar demnächst auch sie 
ergreift und sie hinabstürzt, gleich jenen in das nasse Grab. 
Denn Gebieter allein ist hier der Strom, dieser allmächtige 
Herr des Landes, der heut in den Abgrund zieht, was er 
gestern aufgebaut, der drüben an der Spitze der Insel, tief 
unter der Oberfläche, eine Sandbank häuft und den dort ab- 
getriebenen Raum hier von dem Lande sich wiedernimmt, das 
er selber zu einer früheren Zeit geschatten. 

Unter dem mächtigen Eindruck, den der gewaltige Strom 


218 Hahnel: 


auf den von Parä heraufkommenden Schitfer übt, fühlten sich 
schon die alten Indianer und, ihrem Beispiel folgend, ihre 
neueren Halbblutenkel gebunden, dem Geiste des Wassers den 
Tribut der Achtung zu entrichten und bei dem Verlassen der 
engen, sichern Fahrstrasse dem grossen Zauberer, den sie an 
dieser Stelle sich dachten, eine Gabe von Früchten zu opfern, 
die sie nebst Bändern und Fahnen an die Aeste der Bäume 
hingen, um seine Gunst zu erkaufen für die bevorstehende 
eefahrvolle Fahrt. Jedes in seiner Weise, ob Opfergabe und 
Rosenkranz, oder der einsame Gedanke — es ist im Grunde 
ein und dasselbe Gefühl von dem ungeheuren Abstand des 
Einzelwesens von der Grösse der allumfassenden Natur. 

Die Uferlinien, wie sie hier sich zeigten, bewahrten im 
(Grossen und Ganzen denselben Charakter bis weit hinauf an 
den oberen Lauf des Stromes und lassen sich in ihren Grund- 
zügen auf den Gegensatz zurückführen, in dem die Aussen- 
kurve der Strömung zu dem stilleren Innenrand steht. Auf 
der Stromseite ist das am Ufer schroff abfallende Land mit 
dem üppigesten Kernwalde bestanden und nur bei höchstem 
Wasserstand theilweise der Ueberschwemmung ausgesetzt. 
Das gerenüber liegende Ufer dagegen, das sich in gleichem 
Maasse vergrössert und erhöht, wie das erstere abgerissen 
wird, bildet ein gleichförmiges, sanft ansteigendes Neuland, 
zumeist eine Insel von riesiger Ausdehnung, jenseits welcher 
wieder ein anderer Flussarm sein Bett sich wühlt, den dann 
weitere Inselketten umfassen. 

Diese nenesten Landschöpfungen, die bei niederem Wasser- 
stande (am ausgeprägtesten allerdings am oberen Strome) in 
allen Stadien der Entwickelung sich zeizen, von der kahlen 
jüngsten Sandbank an bis zum hochwüc hsieen, von Sümpfen 
durchsetzten Walddickicht, bieten in ihrer auffallenden Gleich- 
förmigkeit einen höchst ermüdenden Anblick dar, Dieht am 
Wasserrande eine Kante hellerünen Grases und fächerartigen 
Schilfes, darüber eine mächtig hohe Wand von Üeeropien- 
bäumen mit grauweissen, dünnen Stämmen und blassgrünem, 
kastanienartigem Laube, das in der Ferne ganz den bläulichen 
Farbenton einer nordischen Kiefernschonung annimmt; und 
über dieses langgezogene, zweistreifige Band erhebt sich dann 
hier und da, wo der leichtgewellte Boden eine geringe Er- 
höhung bietet, in unregelmässigen, lückenhaften Umrissen der 
dahinter allmählich wieder entstehende gemischte Baumwuchs. 

Im Verlaufe der Reise lernt man es als eine Annehm- 
lichkeit empfinden, dass die Dampfer während des grössten 


Enntomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 219 


'Theiles der Fahrt diese inneren Linien wegen der verborgenen 
und stets wechselnden Untiefen vermeiden und sich dagegen 
meist in der Nähe des Aussenufers halten, das in seiner bunten 
Abwechslung und stets lebendigen Scenerie dem Auge einen 
unendlich reichen Stoff zur Betrachtung gewährt. Nicht über- 
all ist das fallende Land ganz so wild angebrochen wie bei 
dem ersten Eintritt in den Strom unterhalb Gurupä, vielmehr 
wechseln solche weitausgeholte Bogen, in denen die Strömung 
mit aller Macht an den Ufern wäscht, mit anderen, mehr 
gradlinigen Strecken ab, und das Uferbild nimmt alsdann 
wieder einen durchaus formenschönen, ruhigen Charakter an. 

Der schräge Rand ist dann hier und da mit ebensolchem 
wuchernden Grase bekleidet wie jene flachen Cecropienbänke ; 
darüber aber erheben sich jene herrlichen, üppigen Blattge- 
wächse, mit denen die feuchten Niederungen in den ‘Tropen 
so reich und prachtvoll ausgestattet sind. Ganze Büsche von 
breiten, elänzenden Marantablättern und hochgeschossene 
schmälere  Heliconien bilden ein reizendes Dieckicht, einen 
Wald für sich. Ueber sie hin werfen feine Laubzweige ihre 
durchsichtigen Schleier, und von höher sich wölbenden Aesten, 
deren dichtes Laub tiefe Schatten wirft, fallen seilartig die 
luftigen Gehänge von Lianen herab, und blattreiche Schling- 
gewächse überziehen mit ihrem kletternden Grün die Krone 
kurzstämmiger Palmen und ihre breiten, in schweren Bogen 
sich senkenden Wedel. Glattstämmige Bäume, schlank, von 
tadellosem Wuchs, ragen über diese niedere Baumwelt in 
lichtere Höhe und bilden mit ihren stufenweise abgesetzten 
und doch in ihrer Rundung geschlossenen Kronen einen so 
vollendeten Anblick, wie ihn keine der europäischen Baum- 
formen auch nur annähernd erreicht. 

(zruppe auf Gruppe zieht in bunter Reihe an unseren 
Blicken vorüber. Hier fesselt uns eine Anzahl feiner, dicht 
beisammen stehender Palmen, die zierlichen Assahy, mit ihren 
bleichgrünen, duftigen Kronen und den lang herabhängenden 
Fiederblättchen, die in jedem Lufthauch erzittern, eine der 
träumerischsten, zartesten Figuren unter den sonst so straffen 
und lebenstrotzenden Formen des Urwaldes. Daneben drängen 
sich über den Uferrand dichtbelaubte Inzäbäume, mit langen, 
gekrümmten Schoten behangen, und über sie ragen mächtige 
Mongäbas empor, mit grünen, sonderbar spitz zulaufenden 
Stämmen. Dort, hoch zwischen dunkleren Wipfeln, leuchtet 
eine blühende Baumkrone hervor, ganz in Gelb oder in Violett 
gehüllt, ein köstlicher Anblick, dies Blumenbeet hoch in den 


220 Hahnel: 


lüften. Und während nun wieder eine Wand von Schling- 
gewächsen sich aufbaut, die völlig erdrückend über Zweigen 
und Aesten hängt, erheben sich darüber im herrlichsten Eben- 
mass der Form die dunkelgrünen Kronen der Tucumä-Palmen; 
und wieder höher und mächtiger als sie steigen die säulen- 
artig aufragenden Miriti-Palmen empor, feierlich und ernst, 
mit ihrem stolzen Haupte breiter, kurzschäftiger Fächer und 
dem vollen Kranz üppiger Blattgewächse, der sich um ihre 
Stirn legt. Dort aber, weit zurück wölbt sich in flachem 
Bogen in einer alles überragenden Höhe eine ungeheure Kuppel 
über einem Riesenstamm, der kerzengrade emporstrebend, erst 
in einer Höhe, zu der kaum die Kronen der andern heran- 
reichen, sich in baumgleiche Arme theilt, aus denen dann das 
Gitterwerk der Aeste und Zweige in immer feinerer Aederung 
emportreibt, das grade jetzt, in dem blätterlosen Winterkleide, 
welches für kurze Zeit diese Bombaceen tragen, den Riesen- 
organismus in seiner ganzen Vollendung und Kraftfülle zeigt. 

Und mun thut sich in der hohen Baumwand des Ufers 
eine Lichtung auf. Das blaugrüne Laub einer Mandiocapflanzung 
wird sichtbar, aus der in wildem (rewirr die Aeste der nieder- 
gestreckten Bäume halbverkohlt in die Luft ragen, während 
hier und da eine einzelne Palme, die von der Axt verschont 
blieb, ihr Haupt hoch in die Luft streckt, die Fiedern ihrer 
Krone vom Winde „ewieet. Und danebenher lacht uns das 
helle, frische Grün hoher Bananen entgegen, deren breite 
Blätter ein dichtes Ineinander von Rosetten und Bogengängen 
bilden, unter denen die schwer herabhängenden Fruchtbündel 
wie Riesentrauben hervorblieken. Welch’ ein entzückender 
und mit nichts anderem zu vergleichender Anblick, soleh’ ein 
tragender Wald dieser herrlichsten aller Gewächse.  Heisst 
doch der Bananenbaum unter allen Bäumen allein der para- 
diesische, als wäre er der einzige, der aus dem Morgentraume 
der Menschheit ihr in die Jetztzeit nachgefolgt, der heilige 
‚rnährer unseres (Geschlechts in den langen Zeiträumen 
frühester Kindheit. 

In langer Flucht zieht diese grüne Bogenwand von 
Blättern an uns vorüber, da — in der Mitte der Front, wo 
ein Cando zwischen dem Ufergras liegt und Jung und Alt 
erüssend am Ufer steht, schimmert einen Moment das Haus 
hervor, hinter dunkeln Orangen versteckt — rothes Dach und 
leuchtend weisse Wand mit blauen T’hüren und zierlichem 
Gitterzaun, ein reizendes Bild! Noch ein paar ‚Jahre hin und 
ein stattlicher, unter dem Schutze der Bananen erwachsener 


Entomologische Erinuerungen an Süd-Amerika. 22% 


Cacaohain schmückt das Sitio, das in seiner stolzen Einsamkeit 
mehr der freundlichen Blicke vom Bord des vorübereilenden 
Dampfers erhält, als ganze Reihen der schmucksten Ansiedel- 
ungen, die in engerem Wasser die Ufer umsäumen. 

Eine oft wiederkehrende Unterbrechung der Jlang- 
gestreckten Uferlinien sind die Einschnitte, die von alten, 
jetzt von der Strömung nicht mehr berührten Kanälen ge- 
bildet werden. Die vor diesen Mündungen abgelagerten Sand- 
bänke sind, wie auch häufig diejenigen in der Mitte des 
Stromes, reizend bestanden mit schlanken, zierlichen Humboldt- 
weiden, die mit ihrem hellen Grün und ihren zarten, einfachen 
Blättern gegen ihre tropische Umgebung sich ausnehmen wie 
jenes ‘blonde Nordlandskind gegen die üppige Ungarin, in 
deren Arm es ruht: verirrte Gestalten, die das Gefühl zur 
Schau tragen, dass sie nicht heimisch sind in der Luft der 
Tropen. 

An den Weihern, die hinter diesen Bänken sich hin- 
ziehen, und deren Ränder mit grossblättrigen hohen Lalladien, 
mit‘ Gruppen von kleinen, schmächtigen Bactris-Palmen und 
hochgewachsenen, ringartig mit Stacheln besetzten ‚Javary- 
Palmen bestanden sind, treiben ganze Scharen von Wasser- 
vögeln, Reiher, Störche und Taucher ihren mannigfachen 
Wassersport; und hin und wieder lässt sich an dem 
schlammigen Ufer zwischen den Büschen des rauhen Grases 
ein Rudel von Capibäras sehen, plumpe Miniaturdickhäuter, 
die etwa die Mitte halten zwischen Kalb und Schwein. Ver- 
gebens aber schauen wir uns hier um nach den unförmigen 
Köpfen der Panzereidechsen, die am obern Strome ihre Rechnung 
besser finden, und in der trocknen Zeit, wenn der Wasser- 
stand niedrig, stellenweise in Scharen dort die Ufer umsäumen. 

(Juerüber nimmt nun der Dampfer wieder seinen Lauf, 
in die Mitte der seeartig sich ausbreitenden Wasserfläche; 
immer ferner entschwindet der hohe Walduferrand, von dem 
nur die mächtigen Stämme durch ihre graue Färbung sich 
noch abheben; drüben am anderen Ufer schimmert der 
Seswoziengürtel in unendlicher Linie, vor uns aber, mitten aus 
der Fluth steigt wie ein dunkler Felsen ein schmaler hoher 
Inselrest auf, bedeckt mit einem Walde, so hoch und prächtig, 
wie jener auf dem Festland. Wie entzückend diese Perle 
Landes, und wie traurig ihr unabänderliches Geschick! Komm 
wieder her übers Jahr oder über zwei, und keine Spur 
wird dir verrathen, dass heut noch dieses reizende Eiland 
hier stand, 


222  Hahnel: 


Die Perspektiven, die sich während der Fahrt darbieten, 
obwohl nur einfach in ihrer Zeichnung, sind doch: bei der 
stets wechselnden Verschiebung der Contouren oft von einer 
wunderbaren Klarheit und. Schönheit. Rings um unsre 
schwimmende Stadt die leicht bewegte Wasserfläche, auf der 
dann und wann ein mächtiger Cedernstamm oder eine Palme, 
mit dem Wurzelwerk voran, herabtreibt; darüberhin am un- 
endlich sich, weitenden Horizont ein Kranz von regungslosen 
Wolken, deren schneeiges Weiss sanft gegen das lichte Blau 
des Himmels sich abhebt; und auf der Grenze zwischen 
Himmel und Wasser zu beiden Seiten der grüne Rand der 
Ufer, ‚die allmählich sich verjüngend, in ihre weitgespannten 
Bogen eine Reihe staffelartig zurücktretender Inselabschnitte 
umfassen, bis in der Ferne beide in haarscharfe Spitzen ver- 
laufen, gradaus aber in schmaler Oeffnung Wasser und Wolken- 
reich in eins zusammenfliessen, frei wie auf offnem Meer, 

Der Gedanke, dass das vor uns liegende Land’ eine 
einzige, unermessliche Ebene darstellt, ist uns inzwischen so 
selbstverständlich. geworden, dass wir völlig überrascht sind, 
als plötzlich auf dem Nordufer eime Art Bergland sich. ent- 
faltet, das einen um so lebhafteren Eindruck  hervorbringt, 
als seine Form eine ganz eigenthümliche und ungewöhnliche 
ist. Ursprünglich ein  ausgedehntes,  zusammenhängendes 
Sandplateau von durchaus ebener Fläche bildet diese aus dem 
Hochlande von Guyana sich herabziehende Serra des Almairim 
eine scharf gezeichnete Kette einzelner, trapezförmiger Ab- 
sehnitte, die mit glatt rasirter Oberfläche und schräg  ab- 
fallenden Seiten wie riesige Bastionen in einigem Abstande 
vom Flussufer sich hinziehen, und den fremdartigen Eindruck, 
den sie durch ihre Gestalt schon hervorrufen, dadurch. noch 
erhöhen, dass sie in völlig wüstenähnlicher Kahlheit uns ent- 
seeentreten. Weiter aufwärts bei Monte Alegre treffen wir 
einen andern an den Fluss herantretenden Bergzug, der indess 
einer verschiedenen Formation angehörend, mit einem dichten 
Waldkleide bedeckt ist, wie dies auch bei allen andern Boden- 
erhebungen der Fall ist, die sich vereinzelt oder in Höhen- 
zügen in diesem Theile des Flussthales, namentlich in dem 
Distrikt von Santarem weiter ins Innere bin vorfinden. 

An diesem letzteren Orte, der eine herrliche Lage, an 
der Mündung des Tapajös hat, mit dem Ausblicke auf flaches 
üppiges Weideland, das am westlichen Ufer sich entlang zieht, 
trat uns zum ersten Male der Gegensatz vor Augen, in dem 
die meisten Nebenflüsse des Amazonas zu dem Hauptstrome 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika., 223 


stehen. In scharfer Linie schneidet das krystallhelle, dunkle 
Wasser des Tapajös in die gelben trüben Fluten des Amazonas 
ein, von dessen mächtiger Strömung es bald dann überwunden 
und in die Tiefe gedrängt wird. Am Ufer aber zieht sich 
ein breiter Streifen weissen Sandes entlang und verleiht der 
Landschaft ein völlig verändertes Aussehen. Das frische 
Grün, der üppige Palmenwuchs, selbst die Üecropien, alles 
das, was den Ufern des Hauptstromes charakteristisch ist, ist 
plötzlich verschwunden, und eine Baumwelt mit demijkrefe, 
kleinerem Laube, die bei aller Mannigfaltigkeit der Formen 
dennoch ein weit gleichförmigeres Gepräge aufweist, herrscht 
in dem Uferwalde vor und lässt uns glauben, wir befänden 
uns plötzlich in einer anderen Welt, weitab von ‘der uns so 
vertraut gewordenen Landschaft des Amazonas. 

Als unser nächstes Ziel, wo wir den ersten Aufenthalt 
nehmen wollten, hatten wir Obidos gewählt. Als wir daselbst 
anlangten, war es finstere Nacht, und em anhaltender Regen 
hinderte uns, das Gepäck an den Strand zu setzen. Der 
Commandant des Dampfers, Herr Hoepffner, schlug uns vor, 
nach dem kleinen Ort mitzufahren, bis wohin er den Curs 
hatte und wo das Schiff andern Tags anlegen sollte. Wir 
folgten seinem Rathe. Nachdem wir früh am Morgen in der 
Mündung des Trombetas noch einmal angelegt, fuhren wir 
durch eine jener engen Stromfurchen, die in ihrer gleich- 
mässigen Breite und Tiefe unwillkürlich immer den Eindruck 
her vorrufen, als wären es künstlich angelegte Kanäle, wieder 
in den Hauptstrom ein, und als wir diesen durehkr euzt, bogen 
wir dann südlich in einen schmalen Arm ein, an dessen hohem 
Südufer wir schon von fern das kleine Juruty erblickten, unser 
improvisirtes Reiseziel. 


Juruty. 


Bei der Ankunft an einem fremden Orte sich freundlich 
aufgenommen zu sehen, ist sicher eine der angenehmsten Er- 
fahrungen, denen wir auf Reisen begegnen können, und obgleich 
wir überall, wohin wir kamen, immer das freundlichste Ent- 
gegenkommen fanden — vielleicht mit nur einer Ausnahme, 
wo uns vorübergehend ein etwas unbehagliches Gefühl beschlich 
— so war es uns namentlich hier auf unsrer ersten Etappe 
doppelt angenehm, in unseren Nachbarn liebenswürdige, einfache 


294 Hahnel: 


Menschen zu treffen, die uns mit Rath’und That zur Hand 
gingen, wo wir bei unsrer häuslichen Einrichtung und bei 
Beschaffung von Jiebensmitteln ihrer bedurften. Wir waren 
gegen Abend angekommen, und ehe es noch finster geworden, 
war bereits eine Wohnung für uns in Stand gesetzt, und unser 
ziemlich zahlreiches Gepäck vom Porto heraufgebracht. 

Am andern Tage, als ich von meinem ersten Ausfluge 
nach Hause zurückkehrte, war ich selber überrascht, ein wie 
wohnliches Ansehen der öde, fensterlose Raum inzwischen 
unter den Händen meiner Frau angenommen, und trotz der 
durchlöcherten Lehmwände und des grauen Erdbodens und 
der mancherlei andern Uebelstände fühlten wir uns ohne 
weiteres heimisch in unserer Welt. Denn nur wenig bedarf 
man in diesen Ländern, die der Sonne näher liegen, um zu- 
frieden zu sein und sich elücklich zu fühlen. Das Noth- 
wendigste ist oft noch entbehrlich, und je weniger man an 
sieh und um sich hat, desto freier und glücklicher lebt es 
sich. — 

Nachdem ich in den ersten Tagen alle irgend vorhandenen 
Wege kennen gelernt, wurde mir sehr bald der grosse Unter- 
schied klar, der zwischen den Exkursionsgelegenheiten in 
einem Binnenlande wie Venezuela und denen in solch einem 
Stromlande besteht. Denn während dort an jedem Orte nach 
den verschiedensten Richtungen, in die Waldungen und nach 
den benachbarten Ortschaften Wege führen, die man auf 
grosse Entfernungen benutzen kann und die immer eine gewisse 
Auswahl gestatten, so sieht man sich hier, wo alle Ortschaften 
und alle einzelnen Ansiedlungen am Strome und dem vielver- 
schlungenen Netz seiner Kanäle und Zuflüsse liegen und der Ver- 
kehr emzig an diese Wasserstrassen gebunden ist, überallnur auf 
die kurzen Waldwege beschränkt, die als Zugänge zu einzelnen 
Pflanzungen angelegt sind. Weiter als eine Stunde führt kein 
Weg, abgesehen von gelegentlichen Jägerspuren, die indess 
ins Unwegsame zu verfolgen zum mindesten für unsere Zwecke 
unergiebig sich erweist. 

Ich fand die Bodenbeschaffenheit und den Wald nicht 
oerade sehr prächtig, um eine reiche Anzahl von Arten er- 
warten zu dürfen. Weite Partien des Waldes waren Neu- 
wuchs, der, aus wenigen Baumarten zusammengesetzt, stets 
nur schlechte Ausbeute liefert. Andere Stellen waren sandig 
und dürr und nahmen zum Theil das Aussehen wüstenartiger 
Plätze an. Doch trotz dieser ungünstigen Verhältnisse bot 
sich bei der im übrigen reichen Natur, sowohl im hohen 


Entomologische Erinnerungen an Büd- Amerika. 295 


Walde wie in den Niederungen und an den schattigen Ab- 
hängen am Ufer eine grosse Anzahl namentlich kleinerer 
Arten dar, die eine Fauna repräsentirten, die von jener der 
nördlichen Küstencordillere als ziemlich verschieden erschien. 
Am auffälligsten war uns das völlige Zurücktreten der Itho- 
miden, die dort die charakteristischsten Erscheinungen der 
Wälder bildeten und bei ihrer grossen Artenzahl uns täglich 
einige Stücke zu unserer Ausbeute geliefert hatten. Wir ver- 
missten daher diese zarten, transparenten 'Thiere, die wir vor- 
dem so oft unbeachtet an uns hatten vorüberflattern lassen, 
sehr zu unserem Bedauern, und es gewährte uns eine förm- 
liche Freude des Wiedersehens, als wir endlich auch einen 
Vertreter dieser Gruppe, die der Fenestella ähnlichen Cera- 
tinia Ninonia zu Gesicht bekamen. 

Im Gegensatz zu den Ithomiden fanden wir dagegen 
die kleinen, in so mannigfach verschiedene Genera sich 
theilenden Eryeiniden zahlreicher hier vertreten als in jenen 
Berggegenden. Zwar sind dieselben meist nur ganz einzeln 
anzutreffen, und da sie zudem nur geringe Neigung zum Um- 
herfliegen haben und die längste Zeit ‚des Tages über ver- 
borgen unter den Blättern sitzen, so sind sie keineswegs dazu 
angethan, der sonstigen Ruhe des Waldes ein lebendiger be- 
wegtes Aussehen zu verleihen. Doch um so mehr sind wir 
dann auch erfreut, wenn wir neben den zahlreichen unschein- 
baren Gestalten, die sie der Mehrzahl nach darstellen, hin 
und wieder auf eine Form treffen, die uns in ihrem eigen- 
thümlichen Schnitt oder in ihrer zierlichen bunten Kleidung 
einen ganz neuen Typus vor Augen führt. 

Unter den Gattungen, die uns am häufigsten begegnen 
und von denen man überall mehrfache Vertreter findet, ist 
besonders zu nennen das Genus Nymphidium, dessen Arten 
alle eine ausgesprochene Familienähnlichkeit tragen, meist hell- 
farbig, weiss oder gelblich, mit scharf abgesetzter Randein- 
fassung, auf der sich sehr fein eine rothgelbe oder blaue 
Zeichnung abhebt. Die Thierchen sitzen, wie ihre gestreckte 
Flügelform ihnen dies vorschreibt, flach gebreitet an der 
Unterseite der Blätter und haben aufgescheucht einen leb- 
haften, etwas hin- und herschwankenden Flug. 

Nächst ihnen treffen wir am häufigsten das artenreiche 
(senus Mesosemia an, bemerkbar durch eine grossumschriebene 
Augenmakel auf den Vorderflügeln, während die Hinterflügel 
meist mit feinen Wellenlinien gezeichnet sind. Die gewöhn- 
lichsten Arten, die wir hier finden, tragen sich in Schwarz 

15 


296 Hahnel: 


mit breiter weisser Binde, doch treten uns an andern Orten 
auch sehr schöne Arten in glänzenden, blauen und dunkel- 
erünen Farben entgegen. 

Diese Mesosemien sitzen stets sehr dieht am Boden, 
unter Blättern verborgen; bei hellem Wetter indess sieht man 
sie auch gern auf der Oberseite der Blätter anfliegen, wo sie 
dann em sehr munteres, unruhiges Verhalten zeigen, indem 
sie bei ihren ruckweisen Bewegungen die Flügel in einem 
stets gleichen Abstande halbhoch tragen, die Hinterflügel dabei 
etwas tiefer haltend, was ihnen ein sonderbar gespreiztes Ans- 
sehen verleiht. 

Anders als diese verhalten sich die zierlichen, meist 
dunkel und kräftig gefärbten Euselasien, indem sie wie alle 
T’hiere mit kurzem, gedrungenem Thorax die Flügel in der 
Ruhe scharf zusammenschliessen; dabei aber nehmen sie gleich- 
falls wie die Gesammtheit dieser grossen Familie der Ery- 
einiden ihren Aufenthalt fast stets an der Unterseite der 
Blätter, deren Oberseite sie immer nur bei besonders lebhaftem 
Fluge besuchen. 

Das grösste und augenfälligste Genus dieser Gruppe und 
zugleich das einzige, dessen Arten gelegentlich in grösserer 
Stückzahl sichtbar wurden, ist das Genus Stalachtis, von dem 
wir bereits die schöne Phaedusa von Parä aus kennen. Wir 
finden hier neben jener noch die ähnliche, bläulich durch- 
schimmernde Lineata, die dunkle Euterpe mit gelber Binde 
und weissen Punkten und die in ihrer frischen Färbung an 
die gelbbraunen Ithomiden erinnernde Galliope, sowie ausser 
diesen stets den Waldesschatten liebenden Arten noch die 
schwarz und braune, weisspunktirte Phlegia, (die abweichend 
von ihren Verwandten sich gern an freien Plätzen und Lich- 
tungen aufhält, wo sie in (Gesellschaft von echten Sonnen- 
kindern wie Iunonia, KEueides u. s. w. um Blüthen und Ge- 
sträuche flattert. 

Einige besondere Merkmale, die diesen Stalachtis eigen 
sind, veranlassen uns, etwas länger bei ihnen zu verweilen. 
Was uns nämlich zunächst an ihnen bemerkbar erscheint, ist 
eine gewisse Analogie der Farbenzusammenstellung mit den 
weitabstehenden Ithomiden, denn wie uns die gelbrothe Gal- 
liope auffallend an ähnlich gefärbte Geratinien erinnert, so 
erkennen wir in dem hläulichen Ton, wie er uns in Verbindung 
mit der durchscheinenden Färbung bei der Phaedusa und 
andern entgegentritt, eine andere der charakteristischen Grund- 
farben, in «denen sich die Farbenskala der Ithomien bewegte. 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 3an 


Allerdings hat das Oolorit immerhin noch em sehr abweichendes 
Gepräge; denn während bei den Ithomien die Farben hell 
und dünn erscheinen, nehmen sie hier einen satten, rohen und 
dumpfen Ton an, zu welchem dann die auftretenden Neben- 
farben in einem gleichgestimmten Verhältniss stehen. Daneben 
muss es uns aber ferner auffallen, dass eine spezielle Kigen- 
thümlichkeit vieler Ithomiden, die hellere Färbung der 
Fühlerenden, die oft bis über die Mitte der Fühler sich er- 
streckt, auch in dieser Sippe auftritt, wenigstens bei der 
Galliope, jener auffälligen gelben Form, sodass wir nicht 
umhin können, in diesen Merkmalen, die zwei sonst so weit 
aus einander stehenden Gruppen gemeinsam sind, eine gewisse 
Parallele zu erblicken, die wir nicht ein zufälliges Naturspiel 
nennen möchten. Dieselbe liesse sich vielleicht auf einen 
tieferen, ursächlichen Zusammenhang zurückführen, auf welche 
Frage jedoch näher einzugehen, uns hier zu weit führen würde. 

Dagegen wollen wir noch eine Bemerkung an eine andere 
Eigenthümlichkeit dieser Thiere knüpfen. Wenn diese Sta- 
lachtis unter den Blättern sitzen, in Mittelhöhe, mit etwas 
dachförmig angedrückten Flügeln, so sieht man, ehe man noch 
etwas anderes von den T'hieren wahrnimmt, ihre Leiber in 
säbelförmiger Krümmung weit abwärts hängen, eine an sich 
sehr natürliche Folge von der Beschaffenheit derselben, da sie 
verhältnissmässige lang und schwerfällig sind — aber in der 
Art wie diese Thiere dem Schwergewicht Folge leisten, ist 
diese Haltung immerhin sonderbar genug und zeichnet sie in 
charakteristischer Weise vor andern Thieren aus. Betrachten 
wir dann ihr Abdomen, so finden wir, dass dasselbe mit einer 
diehten gelben Wolle umgeben ist (ähnlich dem Pelz der 
Chrysorrhoea) eine Bildung, die bei einem Tagfalter jedenfalls 
etwas Aussergewöhnliches darstellt. 

Es sind dies alles Eigenthümlichkeiten, die im Verein 
mit dem auffallenden Gesammttypus, das Genus in der Reihe 
seiner nächsten Verwandten scharf kennzeichnen. Auch zeigt 
sich hier wieder, dass Eigenthümlichkeiten, die sich an einer 
Form auf besondere Weise herausbilden, gewöhnlich nicht 
einzeln auftreten, sondern vermöge der innigen Wechselbe- 
ziehung, in der alle Theile eines Organismus unter einander 
stehen, die Entwicklungsfähigkeit des Wesens auch in’anderer 
Richtung zu einer Umbildung drängen und zwar in einem 
annähernd proportionalen Verhältniss, sodass wir immer bei 
uns entgegentretenden auffallenden Abweichungen eines Thieres 
annehmen können, dass der eigenartige, bizarre, oder sonstwie 

15* 


228 Hahnel: 


seartete Zug, der einmal zum Ausdruck gelangt ist, auch noch 
in ähnlicher Weise an andern Organen sich wahrnehmbar 
macht. Denn nichts ist bewunderungswürdiger an den Er- 
zeugmissen der Natur, als die strenge harmonische Durch- 
bildung, die jeden Typus in allen seinen Theilen beherrscht, 
dieses nie irrende Zusammenpassen in der äusseren Form- 
gestaltung, welches, wenn es einerseits der genaue Ausdruck 
der organischen Strukturverhältnisse ist, auf der andern Seite 
wiederum in der zahllos ungebundenen Mannigfaltigkeit der 
Formen die Gesetzmässigkeit einer ewig waltenden und alle 
Daseinsformen durchdringenden Harmonie zur Erscheinung 
bringt. 

Eines Tages machte ich einen Ausflug in eine etwas 
abgelegene Gegend. Die letzte einsame Imdianerhütte am 
hohen Flussufer hatte ich vor einer halben Stunde passirt, 
und der Weg führte nun an einer verlassenen, mit Gebüsch 
überwuc herten Pflanzung hin, während zur rechten Seite hoher 
Wald anstand. Eben hatte ich einige Käfer von einem Strauche 
abgenommen und dieselben in meine Sammelbüchse gesteckt 
und war nun, die Augen nach rechts gewendet, im Weitergehen 
begriffen, als plötzlich von rückwärts ein durchdringendes 
(setöse mein Ohr traf. Mein Kopf tHog sozusagen wie mit 
einem Ruck nach links herum und ich stand wie angewurzelt 
fest. Alles still. Was war das? Töne der sonderbarsten 
Art hört man ja oft in der Wildniss und man kann sich 
mitunter nicht im entferntesten vorstellen, was dieselben her- 
vorgebracht haben mag, doch ist man dagegen ziemlich gleich- 
eiltie und setzt seinen Weg ruhig fort. Aber dieser Ton war 
so unerhört nah gewesen und dabei von einem so vibrirenden 
Klange, dass ich einen Moment glaubte, es müssten in nächster 
Nähe Menschen mit Hunden sein, doch das war nieht denkbar, 
(denn in diesem Gestrüpp war weit und breit kem Haus und 
kein Fusspfad ausser dem, auf dem ich mich befand. Die 
Stille, die eingetreten war, währte nur wenige Sekunden, da 
erscholl dasselbe Gebrüll dieht neben mir aus dem Gesträuch, 
ein wuthsprühendes Geheul in längeren, wiederholten Stössen. 
Ein Schaner lief mir von den Schläfen über den Hals herab, 
alle Nerven meines Gesichts waren in einer nie gekannten 
Weise gespannt, ich bohrte förmlich meine Augen durch die 
diehte Blätterdecke, die unter der senkrechten Sonne den 
Boden in ein fast vollständiges Dunkel verbarg, nach der 
Stelle hin, ich bengte den Kopf vorwärts und da ich nichts 
entdecken konnte, trat ich einen Schritt auf die Stelle zu. 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 3929 


‚Jetzt gewahrte ich, nicht entfernter als drei Schritt von mir, 
hinter einem Baumsturz, an dem ich eben vorübergegangen, 
durch das Blätterwerk hindurch eine gelbe Bestie, den Körper 
auf den Boden gedrückt und den Kopf niedergeduckt nach 
inir gewendet. Ein einziges Gefühl beherrschte mich in diesem 
Augenblick: keine Furcht zeigen! Ich hatte so oft die Möglich- 
keit bedacht, auf meinen Wegen einer Onze zu begegnen und 
stets seolaubt, dass die menschliche (Gestalt der Bestie ge- 
nügend Respekt einflösse, um sie von einem Angriff abzuhalten, 
und nun sehe ich dieses taubthier wegelagernd, mich an- 
brüllend und fertig zum Sprunge. Waffenlos wie ich war, 
elaubte ich es um so mehr versuchen zu müssen, das 'T'hier 
einzuschüchtern. Ich brüllte ihm, Auge auf Auge gerichtet, 
so wüthend, wie ich es hervorbringen konnte, entgegen: Will 
er raus! — Aber so sicher ich erwartet hatte, ihn davongehen 
zu sehen, so betäubt fühlte ich mich, als das Thier ruhig in 
seiner Stellung verharrte und ein verhaltenes Knurren aus- 
stiess. Ich fühlte, ich hatte zu viel gewagt und der Gedanke 
durchzuckte mich: Im nächsten Augenblick bist Du ein todter 
Mann, Ich zögerte noch einen Augenblick, dann richtete ich 
mich wieder hoch auf und trat einen Schritt zurück. Das 
T'hier machte keine Bewegung und so setzte ich, die Augen 
unverrückt nach der Stelle gerichtet, meinen Weg fort, lang- 
sam, ohne jede Eile. 

Nach zwei Minuten kam ich in lichtes Gehölz, der Weg 
wurde etwas breiter und freier. Ich blieb stehen und lauschte. 
Nichts regte sich.  Unwillkürliech indess empfand ich nun das 
Bedürfniss, einen Augenblick zu verweilen, ehe ich weiterging. 
Die Reflexion machte sich jetzt geltend. Warum denn liess 
mich die Bestie an sich vorübergehen, warum sprang sie mir 
nicht in den Nacken, als ich ihr ein und zwei und drei Schritt 
nahe war? Die Absicht des Thhieres war ja klar, denn der 
Platz war zum Ueberfall vorzüglich gewählt und an dem 
nöthigen Grade von Kühnheit dem Menschen gegenüber hatte 
es ihm ebenfalls nicht gefehlt, denn sonst hätte es nicht noch 
sebrüllt und mich zum Frontmachen herausgefordert. Es 
wurde mir klar, dass ich es nur einem zufälligen Umstande 
verdankte, dass das Thier mir nieht in nächster Nähe die 
Tatze auf den Schädel gedrückt hatte. Ein Raubthier über- 
fällt seine Beute stets, indem es von rückwärts ihr in’s Genick 
springt. Dies ist das Ziel, welches das Thier jederzeit fest 
in’s Auge nimmt. Nun hatte ich, als ich bei ihm vorbeiging, 
mein Fangnetz über die linke Schulter getragen, so dass das 


230 Halınel: 


lange, im Infzuge flatternde Netz, zumal ich nach rechts 
hinüber sah, meinen Kopf und Nacken dem "T'hiere verdeckte 
und diese demselben als Zielpunkt unsicher werden mussten. 
Einzig aus diesem Grunde, glaube ich, unterblieb der tod- 
bringende Sprung und das um seine Beute getäuschte Thier 
machte seiner Wuth, die es hierüber empfand, in dem Gebrüll 
Luft. Hatte es nun hierbei auch erwartet, mieh dadurch zur 
Flucht zu bewegen, um im Verfolg derselben einen günstigeren 
Augenblick zum Angriff zu gewinnen — sei dem wie ihm 
wolle, jedenfalls hatte mein ferneres Verhalten das Thier nicht 
weniger frappirt, als mich sein eigenes. Für den Augenblick 
war ich nun allerdings ausser (Gefahr, aber wie sollte ich 
meinen Rückweg nehmen? Es gab ausser diesem keinen 
andern Weg, der mich nach Hanse «eführt hätte, aber ich 
wäre ihn nimmer wieder zurückgegangen. Ich wäre in einer 
verzweifelten Lage gewesen und hätte sicher auf irgend einem 
Baume den andern Tag abgewartet, wenn ich nicht glücklicher- 
weise in der Gegend so weit orientirt gewesen wäre, um mich 
am Rande eines morastigen Baches entlang, den ich bald von 
da erreichte, durch pfadloses, unbetretenes Dickicht nach einem 
Campo, einem jener sandigen Flächen hindurchzufinden, von 
wo aus ich denn erleichterten Herzens auf mir bekannten 
Wegen nach Hause zurückkehrte. 

Dies Abenteuer schnitt mir denn doch die Möglichkeit 
ab, jene entlegeneren Partieen, die mir gerade die beste Aus- 
beute namentlich an schönen Theela’s geliefert hatten, weiter 
zu besuchen und ich sah mich in Folge dessen, da somit das 
ohnehin mässige Jagdrevier noch eine weitere Einschränkung 
erleiden sollte, veranlasst, meinem Aufenthalt in Juruty ein 
schnelles Ziel zu setzen, um die nächsten Monate, die die beste 
Fangzeit sein mussten, noch an einer andern Lokalität voll 
und ungehindert ausnützen zu können. Als demnach der er- 
sehnte monatliche Dampfer in unserm Hafen wieder erschien, 
fuhren wir mit demselben nach Obidos zurück, was ja ur- 
sprünglich unser erster Aufenthalt hatte sein sollen. 


Obidos. 


Das kleine Obidos hat eine reizende freie Lage auf einem 
felsigen Ufervorsprung, mit welchem hier die rote Tabatinga- 
Formation geren den Strom sich stemmt und diesen zur 


Entomologische Erinnerungen an ' Büd- Amerika. 331 


Bildung einer Stromenge führt, die zu günstig geschaffen ist, 
als dass nicht von jeher eine Art Sperrfort hier unterhalten 
worden wäre. Vom Hafen aus gesehen ist das Bild, das der 
Ort bietet, ein sehr freundliches, das sich mit leichten Strichen 
in Gedanken wieder herstellen lässt. Vom Strande aufwärts 
ein rother Thonabhang, grünbewachsen und oben mit weiss- 
getünchten Häusern gekrönt, die erst weiter rückwärts in 
erösserer Anzahl sich aneinander reihen; am Fusse des Ab- 
hangs, rechts und links von der rothen, von Regenwasser zer- 
wühlten Strasse einige blanke Häuser mit blauen Thüren und 
einer Reihe Bäume davor, dazwischen ein kleines graues 
Mauerwerk, das dem schlummernden Kriegsgott zum Tempel 
dient, wie die drei oder vier RKanonen, die zalım und ver- 
mummt darüber hervorschauen, verrathen; dazu am Ufer ein 
paar Dutzend Canös und einige grössere Kähne mit Feuerholz 
für die Dampfer, auch wohl eins oder das andere mit Cacao 
beladen, das ist alles was sich zeigt, niedlich genug, um als 
Bild zu gefallen, aber zu wenig, um dem Orte Leben und Be- 
deutung zu verleihen. 

Ein besonderes Wahrzeichen der Stadt bildete ein in 
nächster Nähe aufragender, dunkel bewaldeter Berg, der mit- 
sammt dem kleinen See, der sich an seinem Fusse hinzieht, 
ein sehr ansprechendes landschaftliches Bild gewährt, das leider 
völlig unbeachtet bleibt und nur auf jene Stamm-Compagenie 
schwarzer Wäscherinnen, die am Gestade in beneidenswerthem 
Badecostüm ihr nützliches Gewerbe treiben, seine Anziehung 
ausübt; und doch würde in einem Lande mit lebhafter ent- 
wickelter Thätigkeit diese Partie längst zur Anlage von Land- 
häusern geführt haben, für die sich kein schöneres Buenretiro 
oder Boavista denken liesse, 

An dem obern Ende des Sees zieht sich eine sumpfige 
Niederung hin und prächtiger hoher Wald bedeckt das Land, 
das je weiter nach dem Innern immer welliger sich gestaltet. 
Erst hier, beim Eintritt in den Schatten des Waldes, beginnt 
unser eigentliches Fangrevier, da auf dem sonnigen Wege von 
der Stadt hierher am Seeufer entlang ausser Cieindelen, die 
vor uns über den Sand hinfliegen, sowie etwa Hymenopteren, 
die hier zahlreich um blühende Sträucher schwärmen, sonst 
nur wenige sich bietet, das uns zum Aufenthalt einladen könnte. 

Gleich am ersten Tage fanden wir in jener Niederung, 
und übrigens auch durch den ganzen Wald verbreitet, neben 
den uns schon bekannten schönen Helicopis- und Stalachtis- 
arten eines der herrlichsten Erzeugnisse der tropischen Fauna, 


232 Hahnel: 


die prächtige Callithea Leprieurii. Das dunkelblaue, mit 
blasserünem Rande gezierte Thier, auf dessen graugrüner 
Unterseite eine (dreifache Reihe schwarzer Flecken und ein 
blutrother Streif an der Basis sich abhebt, bildet bei dem 
matten, gesättigten Glanze, der die Pracht der Fär bung herab- 
dämpft, eine überaus vornehme Erscheinung, die ganz im Ein- 
klange steht mit dem ruhigen, schwebenden Flug dieser Thiere, 
namentlich an freieren Stellen, wo in der Nähe der Hütten 
Cajü und andere Früchte sie anziehen, einen reizenden Anblick 
eewährt. Ebenso ruhig und getragen ist ihr Flug im Schatten 
des Waldes, wo wir sie oft in grösserer Anzahl beisammen 
treffen, besonders an solchen Stellen, wo die rebenartige Liane 
wuchert, auf der ihre dornigen, stahlblau und gelb geringelten 
Raupen leben. In der Ruhezeit aber, über Mittag, ist ihr 
Flug, wenn wir sie auftreiben, nur kurz und wird dann, wenn 
eins das andere unter dem »latt, an welchem es sass, auf- 
schencht und forttreibt, zu einem unbeholfenen Flattern. 

Das zahlreiche Vorhandensein dieser prächtigen 'Thiere, 
die ja zu einer der feinsten Sippen gehören, machte es uns 
möglich, bald eine grosse Anzahl derselben zu erlangen und 
wenn wir dabei einerseits oft bedauern mussten, dass viele, 
selbst von den frischeren Stücken, bereits Beschädigungen an 
sich trugen, die sie sich zumeist durch das Anwerfen an die 
Blätter zuziehen, so hätten wir doch andererseits fast wünschen 
mögen, dieses schöne Thier stets nur als grosse Seltenheit zu 
treffen und es nie in das Gewühl der Alltäglichkeit herab- 
steigen zu sehen. Indess, wer möchte sich ein solches Pracht- 
thier, selbst wenn der Reiz seines Fanges durch die häufige 
Wiederkehr einige Einbusse erlitten, leichthin entgehen lassen, 
und sieh nieht wenigstens den Genuss seines Anblicks immer 
von Neuem verschaffen, diese reine Frende an der Jugend- 
frische der Gestalt, die uninteressirt ist am Werthe des Thieres 
und immer dieselbe bleibt, ob dieses die hohen Grazien er- 
zogen haben oder ein ländlicher Faun. 

Die in den Wald führenden Wege, ein längerer oben 
auf der Höhe und ein kürzerer in der Thalsenkung, lieferten 
uns eine reiche Ausbeute an prächtigen blauen Morpho-Arten, 
deren Fang uns allerdings in weit höherem Grade in Anspruch 
nahm, als die leicht zu erlangenden Callithea. Bereits gegen 
S Uhr erschienen schon die ersten dieser weit sichtbaren, in 
grossen welligen Sprüngen heransegelnden Menelaus, die bei der 
grossen Spannweite ihrer mächtigen Flügel mit ihrem herrlichen 
glänzenden Blau die unübertrotfenen Repräsentanten tropischer 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika., 233 


Prachtgebilde sind. Was kann es Herrlicheres geben, als in 
thaufrischer Morgenstunde unter den hohen Waldriesen, durch 
deren luftiges Laubdach die Sonne nur schräg erst ihre Strahlen 
sendet, solch’ ein blau funkelndes Thier mit gewaltigem Flügel- 
schlage den Weg daher kommen zu sehen, ganz umrahmt von 
dem dunkeln Grün der Büsche, gegen das es sich abhebt wie 
ein Spiegelbild des Himmels, das grüssend zur Erde sich her- 
niederlässt. So unzählig oft man auch in der Reihe von 
‚Jahren dieses herrliche Thier vor Augen bekommen, nie bis 
zum letzten Stücke, von dem wir Abschied nahmen, ist uns. 
der Anblick dieses mächtigen Falters, der in der Bewegung 
noch vergrössert erscheint, ein gleichgültiger gewesen, sondern 
immer aufs Neue erblickten wir in ihm den lebensvollsten 
Ausdruck der farbenfrohen Natur, den sie ins Dasein gerufen 
am Morgenanbruch einer jener weltverjüngenden Schöpfungs- 
perioden, die in grossen Zwischenräumen unsere Erde durch- 
wärmten, weit zurück, in dem Frühlingswehen paradiesischer 
Zeitenferne. 

Menelaus — Neoptolemus — Achilles — welche präch- 
tigen Bilder, was für stolze Namen! Nie fühlt man tiefer den 
poetischen Zauber, den Vater Linne durch die Namen, die er 
der Antike entlehnte, über die Falterwelt ausgegossen, als 
wenn wir uns gegenübersehen einer lebend daherschwebenden 
(Gestalt, die solchen Namen trägt, die so herrlich ist vor andern, 
wie jene Helden der mythischen Vorzeit. 

Der Neoptolemus, obgleich er nicht so glänzend hell 
ist wie der Menelaus, gewährt doch mit dem blauen, dunkel 
eingefassten Balken, der über die Mitte der Flügel läuft, ein 
ganz herrliches Farbenspiel, das indess noch übertroffen wird 
von der überraschenden Buntheit und der kräftigen Zeichnung 
der Unterseite, welcher er es hauptsächlich zu verdanken hat, 
ein besonders bevorzugter Liebling zu sein. Er erscheint zu 
etwas späterer Stunde, gegen 10 Uhr, wenn der Menelaus 
seinen Flug bereits beendet. Schnell und gradaus kommt er 
den Weg entlang, dabei gleichmässiger und nicht so heftig 
auf und nieder tauchend, wie jener, von dem er sich über- 
haupt schon von fern durch sein gebrochenes Blau unter- 
scheidet. 

Anders, als diese beiden, zeigt sich im Fluge der Achilles, 
der ein wenig kleiner von Gestalt ist, als der ihm nahe- 
stehende Neoptolemus, mit dem er den Querbalken über die 
Flügel gemein hat, ihn aber auf der Unterseite an Schönheit 
nicht erreicht. Während Menelaus und Neoptolemus stets, 


234 Hahnel: 


sobald sie auf einen freien Weg treffen, diesen weiter ver- 
folgen, um ihrem mächtigen Flugbedürfniss ungehinderten 
Lauf zu lassen, so streicht der Achilles, der noch etwas 
niedriger als jene sich hält, mit schnellen, unruhigen Flügel- 
schlägen quer durch die Gebüsche des Unterholzes, scheu die 
Liichtungen und Wege vermeidend, von denen er immer bald 
wieder in die Lücken der Sträucher verschwindet, sodass die 
einzelnen Stücke sich überhaupt im Walde mehr vertheilen 
und mithin weniger zahlreich erscheinen, als die dominirenden, 
in kurzen Zwischenräumen sich folgenden Menelaus. 

An geeigneten Stellen hatten wir Köder gelegt, Zucker- 
rohr, kleine süsse Bananen oder Aehnliches. Auf dem Rück- 
wege besuchen wir nun diese Köderplätze, an denen wir noch 
eine Nachlese halten können von allerdines meist älteren und 
ältesten Gestalten, die von dem Dufte angelockt und vom 
Fluge ermüdet in friedlichem Verein mit Satyriden, sowie 
gelegentlich einigen Ageronien, Adelpha und anderen Nym- 
phaliden des trügerischen und oft gestörten Genusses sich 
erfreuen, der sich ihnen am Boden bietet. Denn beständig 
sind sie hier umlauert und angefallen von gierigen Eidechsen, 
die trotz ihrer plumpen Figur und ihres schleppenden Ganges 
plötzlich hervorbrechend mit grosser Schnelle ihre Beute zu 
erhaschen wissen. Oft ist es aber auch wunderbar, wie ge- 
schickt ein so verfoletes Thier den wiederholten Nachstellungen 
dieser Räuber entgehen kann. So beobachtete ich einmal, wie 
eine Adelpha wohl ein Dutzend Mal von einer Kidechse auf- 
eetrieben wurde, sich dann immer kurze Zeit auf ein Blatt 
setzte und sobald sie wieder an den Boden kam, sofort wieder 
ihren Feind auf sich zog, der im Nu mit aller Wuth auf sie 
zuschoss, bis er es schliesslich doch aufgab, das durch die 
Uebung offenbar gewitzigte Thier weiter zu behelligen. 

Als seltenere Gäste an diesen Köderstellen liessen sich 
hin und wieder auch Weibchen dieser Morphiden antretten, 
die wie die Weibchen der meisten Falter, ohne dass sie in 
Wirklichkeit in bedeutend schwächerer Anzahl als die Männ- 
chen vorhanden wären, doch wegen ihres gerineen Flugeifers 
thatsächlich viel seltener in der Arena erblickt werden, als 
die rüstieeren und leichter beschwingten Männchen. Ihre Flug- 
zeit ist" stets etwas später, als die ihrer sie aufsuchenden 
Gatten, meist erscheinen sie erst gegen den Mittag und ihr 
Flug ist dann nieht anhaltend, sondern langsam und träu- 
merisch und wechselt mit öfteren Ruhepausen ab. In ihrer 
ziellosen Richtung ist solch’ eine einsame, brutschwere Mor- 


. 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 235 


phoine ganz das Bild eines verirrten, bangen, von unbewusstem 
Sehnen getriebenen Wesens, für das man das innigste Mit- 
sefühl empfinden müsste, flammte nicht unwiderstehlich bei 
ihrem Anblick die schmähliehste Mordgier in unserem 
Herzen auf. 

Eine der interessantesten Scenen ist es dann aber, wenn 
wir ein in der Nähe des Weges zur Ruhe gekommenes Pärchen, 
etwa von Menelaus, auftreiben und das übergrosse Weibchen 
mit seinem willenlosen Gespons schweren Fluges ein Stück vor 
uns hinfliegt, ein Anblick, der bei der Grösse dieser Flügel- 
flächen und bei der Zartheit der blassblauen Färbung ein 
ganz bestriekender ist, so dass wir reeungslos dem Paar nach- 
schauen, bis es wieder Halt gefasst hat und nun die eross- 
augige, rosa angehauchte Unterseite des Weibchens, die so 
prächtig gegen die dunklere des Männchens absticht, aus dem 
Schatten des Laubes oder dem Gewirr brauner verwelkter 
Blätter uns entgegensieht, ein neuer bezaubernder Anblick! 
In soleher Umgebung sind dann diese T'hiere trotz ihrer Grösse 
vortrefflich maskirt und geschützt vor den spähenden Augen 
der Vögel, und es ist oft ganz wunderbar, wie täuschend die 
Unterseiten der T'hiere, selbst die buntesten, den aufgesuchten 
Umgebungen gleichen und ihnen angepasst sind. 

Ein leider vereinzelter Fall blieb es, dass ein M. Rhe- 
tenor, der stets in grosser Höhe seinen Flug nimmt, auf den 
Weg herniederkam, angelockt durch die blauen Flügel der 
alten, unbrauchbaren Stücke von Menelaus, die wir neben den 
Köder gelegt. Das Vergnügen, das uns dieser Fang gewährte, 
war um so grösser, als das Erscheinen des Thieres ganz 
plötzlich kam und die blitzartige Schnelle, mit der es die 
blauen Fetzen umkreiste, zu augenblicklichem Zuschlagen 
zwang, Auch ein Weibchen von Rhetenor erhielten wir 
und zwar dieses nicht im Walde, sondern an freierer Stelle, 
an der kleinen Furth, die sich am Anfange des Waldes be- 
findet. Leider war dieses Stück nur ein sehr altes Exemplar, 
während wir an derselben Stelle die jüngere, wundervoll frische 
Schwester desselben uns schmachvoller Weise entgehen liessen, 
einer der brennendsten Vorwürfe, die je das Gewissen eines 
Sammlers belasteten. Es war um Mittag, als wir der von 
Gebüsch und Sumpfgewächsen eingefassten Stelle uns näherten 
und auf der andern Seite dicht an dem seichten Wasser ein 
grösseres Thier sitzen sahen, das wir, gelb wie es war, für 
einen Pap. Androgeos halten wollten. Indem wir durch das 
Wasser ihm zuschritten, öffnete es langsam die Flügel und der 


GG nie 


236 Hahnel: 


zaubervolle Anblick seiner goldgelben Oberseite bot sich uns 
dar. In. demselben Augenblick aber erhob es sieh auch und 
flog langsam davon, der Waldwand zu, wo es m 12 Fuss 
Höhe auf ein Blatt sich niederliess. Sachte folgen wir ihm 
und nun stehen wir direkt unter «lem Blatt, da fehlt eine 
Handbreit um es zu erreichen! Noch ein Sprung und es muss 
im Netz sein! Aber wehe! das Netz streifte und dahin zog 
das Wunderthier, wie von Götterhänden geschützt und ver- 
schwand über den Büschen. Und das muss mir passiren! 
rief ich, zerknirscht wie ein Sünder. Es ist nur gut, dass 
ich’s nicht war, gab meine Frau zur Antwort, die am Wasser 
stehen geblieben war und meinen Schmerz nur halb ermessen 
konnte. W alırhaftig, ich habe mich nie so geärgert und so 
geschämt, wie bei dem Entschwinden dieses "stolzen Pracht- 
thieres, das ich schon sicher zu besitzen «laubte. 

Das beste T’hier von Obidos, Morpho Hecuba, war mir 
unerreichbar, ich sah nur drei oder vier Mal diese grosse 
dunkle Gestalt hoch durch die Zweige und über die Kronen 
des Unterholzes «leiten, doch war mein Aufenthalt zu kurz 
und überdies zu sehr dem Fange der genannten Arten ge- 
widmet, als das ich specielle Umschau nach jenen hätte halten 
können. 

Im December, nachdem uns eben noch die Freude 
zu Theil geworden, unsere Reisegefährten von Liverpool, 


Mr. Goodman und Sohn eine Woche lang als Collegen auf 


unseren Ausflügen neben uns zu sehen, liess denn die Anzahl 
der Morphiden allmählich nach, auch die Callithea wurden 
spärlich und ebenso erhielten wir nur noch wenig von andern 
Sachen. Erwähnenswerth sind indess noch die schönen, seltenen 
Varietäten von Heliconius Melpomene, die gerade hier in 
merkwürdiger Ausbildung vorkommen. Die sonnigen Tage 
machten einem meist trüben und regnerischen Wetter Platz 
und so war denn die Zeit gekommen, Obidos mit dem nahen, 
wieder auf dem Südufer gelegenen Villabella zu vertauschen, 
wohin wir Mitte ‚Januar übersiedelten. 


Villabella. 


Villabella präsentirt sich dem stromaufwärts Gehenden 
schon von weiter Ferne als eine lanegestreckte Linie von 
Häusern. die weiss schimmernd an dem hohen Uterrande sich 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 237 


hinzieht und beim Näherkommen emen um so freundlicheren 
Eindruck gewährt, als sich zu ihren Füssen in der kleinen 
Bucht, die in das feste, eisenhaltige Conglomerat des Ufers 
schneidet, ein ganz anmuthiges und belebtes Hafenbild ent- 
faltet. Im Innern bewahrt das Ansehen des Ortes, wie alle 
andern am Strome, mit einziger Ausnahme der beiden zu- 
künftigen Grossstädte, Parä und Manäos, durchaus seinen ein- 
fachen, ländlichen Charakter, dem sich die vorhandenen 
städtischen Motive bereitwillig unterordnen. Grasgrüne Strassen, 
gelegentlich von Rindvieh durchwandert, hellgestrichene Häuser, 
die mit zerfallenen Hütten abwechseln, hier ein Laden voll 
_ unbegreiflichem Pariser Tand, daneben Geröll und Gestrüpp 
in einem verwilderten Hof, schliesslich überall ein Sichver- 
lieren der letzten Zaunruinen in die Vorposten des Waldes, 
der stets bestrebt ist, das verlorene Terrain sich wieder zu 
erschleichen. An diesen Aussenfronten bieten sich dann dem 
Auge oft prächtige Bilder von einem phantastischen Ineinander 
von Natur und Kunst. Da drängen sich durch das Balkenwerk 
eines angefangenen und wieder vergessenen Baues die kletterınden 
Ranken von Blumen und Wuchergesträuchen, die mit ihrem 
lachenden Grün das graue Gerüst überdecken und wie spöttisch 
und voll Uebermuth des Baumeisters Traum, der der Künstlerin 
Natur wieder als Erbe zugefallen, nun weiter spinnen in freier 
Variation. Und dicht daneben wieder, wie herausgeschnitten 
aus der wilden Umgebung tritt uns der freundliche Anblick 
eines sauber gehaltenen Hofraums entgegen, in welchem einige 
Melonenbäume und Bananen im Verein mit einer Palme, einem 
Orangenbaum, etlichen Rosensträuchern und ein paar Kästen 
mit europäischen Gartenblumen, die auf einem Lattengerüst 
Sicherheit finden vor den blätterverwüstenden Ameisen, sich 
zu einem ebenso zierlichen wie reichen Vegetationsbild grup- 
piren. Dort die freie Entfaltung der siegreichen Natur, gegen 
die der Mensch in seiner so verzeihlichen Trägrheit nur eine 
schlechte Vertheidigung führt, hier die Dankbarkeit der 
formschönen Pflanzenwelt, mit der sie die ihr gewährte Gast- 
freundschaft lohnt. Aber in allen Erscheinungen des tropischen 
Lebens, im Aufblühen wie im Verfall, in der Mannigfaltiekeit 
der Naturgestaltung wie in der bunten Gewandung, in der 
das Kulturleben auftritt, erblicken wir eine wunderbare, alle 
Disharmonien auflösende Macht der Zusammenstimmung, eine 
gegenseitige Verkettung aller Dinge, die im Grunde nur der 
Anusfluss und der Reflex der ewig „leichmässigen, lebenspen- 
denden Wärme ist, die von keinen Extremen berührt, alle 


238 Hahnel: 


Lebensentfaltung auf stets gleicher Höhe erhält. Die ganze 
Natur ist gleichsam mit dem wohligen Hauch eines pleonastischen 
Daseins erfüllt und alles, was uns umeiebt, erscheint uns als 
eine einzige, volltönende Symphonie, in der auch das Fremd- 
artigste, das unter andern Himmelsstrichen störend und wie 
ein Missklang wirken würde, aufgeht in dem Bewusstsein einer 
unerschütterlichen Weltruhe, die allen Wechsel überdauert und 
alle Gegensätze versöhnt. Dieser ringsum in allen Lebens- 
formen durchklingende Grundton einer unerschöpflichen Ueber- 
fülle, die bei allem Zerfall und allem sichtbaren Bruchstück | 
von Menschenwerk doch jegliche Vorstellung von Noth, diesem 
(sespenst des Nordens, verscheucht und selbst wirklichen "Mangel, 
wo er sich einstellt, in den freundlichen Ueberwurfder Resignation 
und einer beneidenswerthen Genügsamkeit hüllt, erweckt in 
uns ein alles versöhnendes Gefühl und erhebt uns über das 
kleinliche Abwägen und Zählen der Scheidemünzen, mit denen 
das Leben sonst uns zahlt. 

Doch dieses mächtige, alles durchdringende 'Tropengefühl, 
das nivelirend auf sämmtliche Lebensformen wirkt, mildert 
und verfärbt allmählich auch alle unsere überkommenen An- 
schauungen, die wir mitgebracht und die wir gewohnt sind, 
als unfehlbare Richtschnur des Urtheils anzusehen. Manches, 
das anfänglich unsrer kritischen, moralisirenden Anschauungs- 
weise als auffallend, gewissenlos und locker erschien, tritt uns 
mit der Zeit unter einem andern Gesichtspunkt entgegen; wir 
lernen verstehen und lernen verzeihen, denn auch auf diesem 
(sebiet sind die vor Augen tretenden Erscheinungen nur der 
entsprechende Ausdruck der Abhängigkeit, in der der Mensch 
in allen seinen Beziehungen zu der Natur des Landes steht. 
Mit voller Ueberzeugung lebt man sich in dieses Gehenlassen 
allmählich selbst hinein und lässt Krummes gerade sein, ohne 
den Versuch zu machen zur Aenderung. Ein stoischer Gleich- 
muth nimmt allmählich Besitz von unserm Fühlen, und un- 
merklich nähern wir uns der Denkweise der indianoromanischen 
Bevölkerung, die auf das Natürliche, Praktische, Nächstliegende 
gerichtet, nur die conereten Formen des Lebens eultivirt, wie 
sie in er werblicher und politischer Hinsicht als Forderungen 
auftreten, alles Speeulative aber, alles was die Menschheit. 
ideell verbindet und ein geistiges Reich darstellt, als unnützen 
Ballast über Bord wirft. 

Das ist die Nachtseite des Tropengenius, der tiefe 
Schatten, der dem Glanze und der Fülle dieser Natur auf 
dem Fusse folgt, dass sie durch die Unverwüstlichkeit ihrer 


u en u re ze nn Keeih ecrer euere euere 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 239 


Segnungen, die dem Menschen jahraus jahrein leicht und mühe- 
los in den Schooss fallen, erschlaffend und erniedrigend auf 
seine geistigen Fähigkeiten wirkt und in dem Europäer, selbst 
dem weniger an geistige Nahrung gewöhnten, bei allem äusseren 
Gelingen ein Gefühl der Oede erzeugt, das, verstärkt durch die 
räumliche Vereinsamung, in der er sich befindet, schliesslich 
bei erwachendem Bewusstsein nichts nachgiebt der Bitterkeit 
einer Verbannung. 

Doch es ist ja im Grunde eine herrliche Wohlthat für 
uns, dass die geistige Lethargie das natürliche Niveau unsrer 
Stimmungen ist und dass ein gesammeltes Nachdenken oder 
ein tiefer greifendes Gefühl gewöhnlich nur die Dauer eines 
schnell vorübergehenden Moments hat, gleich dem Schlag der 
Uhr, der jetzt ertönt und dann eine ganze Stunde lange 
schweigt. Wie also könnte es.in dieser phäakischen Sommer- 
luft dem Menschen schwer werden, einen aufkeimenden Schmerz, 
der ja nur auf dem verborgenen Boden der eigenen (sedanken 
besteht, zu unterdrücken und sich voll wieder dahintreiben 
zu lassen auf den warmen Lebenswellen der um ihn her 
blühenden Welt! 

. Im Osten der Stadt erstrecken sich — ein freundlicher, 
seltener Anblick in diesen Ländern — grasreiche Hutungen, 
die frei von Gesträuch, nur mit einzelnen hochragenden Bäumen 
bestanden sind, unter denen weidendesHornvieh den erwünschten 
Schatten findet. Um die Hecken der Waldränder treffen wir 
hier neben bekannten Faltern den bunten Eneides Thales 
und die feine, unsern Limenitis nahestehende Vila Emilia, 
schwarz mit weisser Binde und Flecken, eine anziehende Ge- 
stalt, mit ihrem ruhigen schwebenden Flug der Didonis Biblis 
gleich, doch weniger ins Freie und in die Sonne sich wagend 
als dies hübsche Negerkind. 

In den schattigen Waldpfaden treiben wir bei jedem 
Sehritt unter den breiten Blättern der niedrigen Maranten 
hübsche Eryeiniden auf, von dem Genus Eurybia, hellbraun 
mit weisser Punktreihe, den bläulich schillernden Nieaeus und 
die einfachere Halimede, ziemlich breitgeflügelte Thiere, die 
uns die auffallende Eigenthümlichkeit bieten, dass ihre Augen 
in einem lebhaften, grünen Feuer spielen, wie wir dies ge- 
wöhnlich nur bei Augen von Nachtfaltern wahrnehmen. Anch 
jene reizenden @laucopiden, mit glasig durchsichtigen Flügeln, 
Rücken und Leib mit glänzenden Streifen oder bunten 
Perlen besetzt, schwirren häufig vor uns hin, um sich bald 
wieder seitab im Gebüsch unter einem Blatt zu verbergen. 


240) Hahnel: 


Viel eifriger als ihnen gehen wir den gelegentlich auf 
dem schmalen Pfade sichtbar werdenden Wald-Papilios nach, 
den Sesostris, Vertumnus oder Aeneides, die oft die freie 
und doch schattige Bahn, die der Weg in der Diekung des 
Waldes darstellt, als Flugbahn benutzen oder nach vollbrachtem 
Fluge irgend ein bevorzugtes Blatt darin als Ruhesitz wählen, 
wo dann ihre schwarze, dreieckig spitze Gestalt uns leicht 
schon von fern in die Augen fällt. 

Weiterhin dann an den mit einem harten, struppigen 
(rase bewachsenen Rändern der seeartigen Teiche, die in 
einiger Entfernung im Osten und Süden die Stadt umgeben 
und die, wie alle die unzählbaren Lagos, die das Innere des 
unermesslichen Landes bedecken, Dependenzen des Stromes 
sind und mit ihm steigen und fallen, tummelt sich auf den 
kleinen Blüthen des Unkrauts eine zahlreiche, sehr gemischte 
(Gesellschaft meist unansehnlicher Gestalt. Namentlich sind 
da zahlreich vertreten kleine Hesperiden aus der Sippe der 
xelben Pamphila und der dunklen Carystus, unter denen wir 
bemüht sind, irgend eine seltene, uns noch unbekannte Form 
zu entdecken; ferner braungelbe, kleine Phyeiodes, niedliche 
Apodemia Epulus, unserm Nemeobius Lucina verwandt und 
(die gewöhnlichen Landstreicher dann, die Junonia, Anartia, 
Dione, ‚Colaenis und andere mehr, die an freien Plätzen bei 
Blumen immer in einigen Stücken vertreten sind. 

Doch nicht in diesen vuleären Formen, in den bescheidenen 
Figuren der niedern Region kann der Reiz des Fangreviers 
liegen, wir sehen uns um nach den Prachtgestalten der Mor- 
phiden, diesen Glanzbildern, die uns von Obidos her noch 
vor Augen schweben und nun, in den schönen Tagen, die sich 
in der zweiten Hälfte des ‚Januar wieder einfanden, sind wir 
so glücklich, auch den Genuss dieser Hochwildjagd uns wieder 
winken zu sehen. 

Im Süden der Stadt führt uns ein breiter Weg, nach- 
dem wir eine kurze sandige Strecke durchschnitten, in kräftigen, 
hohen Wald, durch den sich eine seichte Niederung, mit 
schwächerem Wuchse bestanden, quer hindurehzieht. Auf diesem 
Wege und namentlich in der Nähe jener T'halsenkung bot sich 
uns täglich der herrliche Anblick zahlreicher, hoch über den 
Spitzen der Büsche in unregelmässigen, mächtigen Zickzack- 
linien «daherschwebender Morpho Perseus. Der schwarze 
Morpho -— das ist der erste Eindruck, den man hat, denn 
man sieht zunächst nur die braune, gegen den lichten Himmel 
tiefdunkel erscheinende Unterseite, während die graue Ober- 


‚ Entomologische Erinnerungen a an ı Büd- Amerika. 341 
— u = - — _— _ 


fläche, die bei einigen Stücken ins Bläuliche, bei andern ins 
Braune spielt, bei dem gleichmässigen, horizontal schwebenden 
Fluge nur wenig, wenn sie von fern herankommen, sicht- 
bar wird. 

Welches reizende Schauspiel gewähren die grossen T'hiere, 
die trotz ihres lebhaft bewegten, stossweisen Umherfahrens 
durch die Luft doch nur kaum imerklich mit den Flügeln 
schlagen und hoch und stolz, geborenen Herrschern gleich, 
herabschauen auf das kleine Volk, das tief unter ihnen am 
Boden sich bewegt! Wie brennt man vor Verlangen, diese 
Thiere in ihrer stolzen Höhe von S—10 Metern zu erreichen, 
zumal wenn mit jedem Tage immer mehr erscheinen und oft 
ein halbes Dutzend und mehr sich zugleich vor unsern Blicken 
zeigt, forschend und inspizirend, wie sie von einer Seite des 
Weges nach. der andern Kreuzen und beim Begegnen ein 
kurzes Scheingefecht aufführen, um bald wieder jeder in seiner 
urspr inglichen Richtung weiter zu ziehen! Fast den ganzen 
Vormittag haben wir dies wechselnde Schauspiel vor Augen, 
denn erst gegen den nahenden Mittag, nachdem sie zwei bis 
drei Stunden ihr weites Reich beflogen, ermüdet ihr Flug, und 
sie lassen sich dann nieder im Schatten der Zweige auf irgend 
ein grösseres Blatt, den Rücken dem Dunkel zugewandt, die 
Augen der freien Aussicht zu. Selten findet man in den 
Nachmittagsstunden noch ein vereinzeltes Thier seinen Flug 
wiederholen und wohl nur dann, wenn am Vormittag un- 
günstiges Wetter den, Flug verzögerte. 

Wie dieser Thiere habhaft werden? Wir konnten an- 
fänglich auf keine Weise ihnen beikommen; die Stangen, an 
die wir das umfangreiche Netz von mehr als doppeltem Durch- 
messer der. gewöhnlichen Grösse befestigt, reichten trotz aller 
Länge nicht heran und waren überdies in dieser Höhe sehr 
schwer zu regieren. Da senkte sich eines Tages ein solches 
Thier plötzlich mit gewaltigem, schräg abwärts, geneigtem 
Schwunge aus der Höhe herab auf einen am Boden saugenden 
und. seine Flügel fächelnd bewegenden Papilio Cinyras_ zu, 
dessen gelbe Farbe ilım wohl die Vorstellung eines verwandten 
Etwas erweckte, dem er Jange schon in dunklem Drange nach- 
gezogen und das er hier nun gefunden glaubte. Der Papilio, 
heftig davonfliegend, klärte ihm seinen Trrthum auf, und mit 
getäuschten Gefühlen zog der Morpho wieder aufwärts, uns 
aber: ‚hatte er seine schwache Seite verrathen, die wir auf 
irgend eine Weise ausnützen mussten. 

Am andern Tage band ich an eine nur zehn Fuss lange 

16 


249 Hahnel: 


Stange mein gewöhnliches kleineres Netz, in dessen Oeffnung 
von dem obern Rande ein gelbes Papier herabhing, und dies 
als Lockung in die Höhe haltend, ging ich nur den heran- 
kommenden Perseus entgegen. Die Erscheinung übte ihre 
Anziehungskraft vortrefflich aus. Der erste, sowie er den 
hellen Gegenstand auf sich zukommen sah, senkte sich schräg 
herab, gerade darauf lossteuernd, und verschwand mit wunder- 
barer Präzision im Innern des Netzes, das im letzten Moment 
schnell ihm entgegenschlug und ihn sofort herab nach dem 
Boden brachte. ‚Jeder so gelungene Fang bereitete uns natür- 
lich ein ganz ausserordentliches Vergnügen, aber freilich waren 
es nicht alle, die auf die Lockung hereinfielen, sondern der 
erössere Theil machte nur halbe Miene, mit dem Netz anzu- 
binden, (von dem ich übrigens später, unbeschadet der An- 
ziehungskraft, den Papierfetzen wegliess) und schwenkte wieder 
nach oben ins Unerreichbare. Indess machte uns etwa jeder 
dritte oder vierte die Freude, dass ihn seine Lust und Kampf- 
begier ins Verderben trieb. 

Aber abgesehen von dem Gelingen des Fanges war es 
gerade dieser heroische Anblick, wie die Thiere stossvogelartig 
aus der Höhe auf das ihnen entgegengehaltene Netz herab- 
stürmten, was uns den meisten Genuss bereitete, die interessan- 
teste Scene vielleicht, die sich dem Auge des Jagdfreundes 
bieten kann. 

Ein selteneres Thier als dieser Perseus, eine Gestalt, die 
(durch Grösse und Pracht alle andern Morphiden übertrifft, ist 
die wundervolle M. Cisseis, die weissblaue Abart jener Hecuba, 
die auf dem Nordufer des Amazonas und in Guyana sich 
findet und dort goldbraune Färbung trägt. 

Wenn die hochsegelnden Perseus lange bereits über den 
Liehtungen schweben, in der Entfernung schwarzen Flocken 
sleich und scheinbar zugehörig zu der Gesellschaft jener 
schwarzen Geier, die weit drüben über der Stadt im Aether 
kreisen, — wenn die Sonne bereits mit voller Macht auf dem 
blätterdach des Waldes liegt und der Menelaus, der hier in 
der seltenen, violett spiegelnden Abart des Terrestris auftritt, 
seinen Flug längst beendet — da erwacht die Cisseis zum 
(senuss ihres Daseins. Tastend und überlerend rückt sie 
einige Schritt auf dem Blatt, auf dem sie die Nacht geträumt, 
und die Flügel nun öffnend, gleitet sie mit einem kräftigen 
Abschwung hin in ihr Element, leicht sich erhebend zur Höhe 
der Kronen des Unterwnchses, zwischen denen hin sie ihren 
Klug nimmt, bis die Lichtung des Weges ihr sich aufthut, 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 243 


der sie nun weiter folgt, ruhig und streng geradeaus, kaum 
zuckend mit den mächtigen Schwingen. 

Es ist eine wahrhaft königliche Erscheinung, dieses 
stolze, wie im T'riumphe hoch daherschwebende Thier; von den 
Flugweisen, die wir kennen gelernt, die herrlichste und er- 
habenste von allen. Schon von fern, wenn diese grosse Gestalt 
seitwärts über die Büsche in den Wee tritt, unterscheiden 
wir sie von Perseus durch die Ruhe und geringere Höhe 
ihres Fluges. Wie ein silberblauer, schmaler Streif, der leicht 
blitzend sich heranbewegt, erscheint sie dann, bis sie, näher 
und höher kommend, allmählich die braune, kostbar bunte 
Unterseite sehen lässt, deren mattsilberglänzende Querstreifen 
wir deutlich erkennen können, wenn sie über uns in 4 bis 
5 Meter Bodenhöhe dahinzieht. Langsam brachten wir in- 
zwischen das Netz ın ihre Nähe, und, nun hinter ihr her- 
schlagend, überdeckt sie die Weite desselben mit kaum fehlender 
Sicherheit. 

Es giebt Thiere von einer blendenderen Schönheit, von 
brillanterem Farbenglanz, aber es giebt nichts Gleiches wie 
diese vestalische Keuschheit der Cisseisfarbe, dieses zarte 
Weiss, von der Mitte aus nach dem Vorderrande zu in helles 
blau und nach rückwärts in Schwarz übergehend. Und wie 
die obere Ansicht einzig, so dürfte auch kaum etwas ähnlich 
Vornehmes zu finden sein wie das Silberweiss und Braun der 
Unterseite, diese herrliche Nachbildung grosser, welker, an 
den Rippen mit Schimmel überzogener Blätter, denen das 
Thier, wenn es im Schatten der Zweige seine Ruhe hält, 
täuschend ähnlich sieht.*) Aber neben dieser herrlichen 
(‚rösse und der Pracht der Färbung ist es auch der eigen- 
artige Flügelschnitt, der uns bei diesem 'Thiere besonders ins 
Auge fällt. Mit dem Perseus und den andern ihm nahe- 
stehenden Genossen theilt die Cisseis die sehr spitz zulaufenden, 
breiten Vorderflügel, aber eigen sind ihr hinten die stumpfen, 
nach auswärts geschwungenen Ansätze von Schwänzen, die 
ihr beim Fluge wie balancirende Ruder dienen und ihr die 
grosse Ruhe und Sicherheit des Fluges ermöglichen, mit der 
sie eleichmässig und eben, wie em Kahn über einen Wasser- 
spierel, dahinschwebt. 

Nächst ihr war es noch ein anderes hochfeines Thier, 
nach dem wir unser ganz besonderes Augenmerk verwandten. 


*) In ‚der That hielt ich ein, frisch an der Puppe hängendes Stück, 
auf das ich einst traf, längere Augenblicke für solch ein welkes Blatt, bis 
es zu meinem Staunen dann als lebende Gestalt sich erwies, 

16* 


244 Hahnel: 


Es ist dies aus dem edlen und prächtigen (Genus Agrias der, 
soweit bekannt, nur hier vorkommende Phaleidon, etwas 
grösser als die Callithea Leprieurii, der er im allgemeinen 
Ehrlich ist, — wie jene blau mit blassem, silbergrünem Rande, 
— die Unter seite aber mit einer kräftigen, bandirten Zeie nung 
und einer Reihe blau und weiss gesternter Augen geziert. 

Zu derselben Stunde etwa, wenn die erste Cisseis er- 
scheint, wenn die Sonne bereits den halben Weg zum Zenith 
heranfgestiegen, beginnen dann auch diese Agrias ihren Flug, 
und ein wenig eher noch als sie die ihnen verwandten Prepona, 
und da letztere als die häufigeren Erscheinungen weit eher 
uns ins Auge fallen, so lenken wir zunächst auf sie einen 
Augenblick unsere Betrachtung. 

(sanz plötzlich gewöhnlich erscheint die Prepona in 
unserer Nähe an einem Baum, um dessen Zweige in der Höhe 
eben nur erst einige Eneides Thales oder dunkle Heliconius 
Rhea langsam tänzelnd hin- und herzogen. Mit stürmischer 
Schnelle eilt sie dann eine Strecke im Wege entlang, wendet 
um und jagt wieder zurück zu jenem Baum, an dem sie ge- 
sessen, entweder an den Stamm sich setzend, kopfabwärts und 
in ziemlicher Höhe, oder auf ein hervortretendes Blatt sich 
niederlassend, von dessen Spitze sie in den Weg hernieder- 
schaut. ‚Jagt ein anderes ihres Gleichen vorüber, so stösst 
sie sofort auf dasselbe los, und wie der Wind treiben sie nun 
wieder dahin, im Wege auf und ab, oder den Wipfeln zu, die 
kräftigen Flügel scharf zusammenklappend und nur wenig sie 
öffnend, sodass «die glänzende, blaue @Querbinde nur se hwach 
und in grünlichem Scheine aus dem Spalt der Flügel hervor- 

Sc himmer t. 

Von allen Faltern haben die Prepona den schnellsten 
und wildesten Flug, wie schon der Anblick ihres gedrungenen, 
kräftigen Thorax dies vorausschliessen lässt. Während die 
Morphiden, sowohl die hochfliegenden Arten, wie auch die 
dichter am Boden bleibenden von der Menelaus- und Achilles- . 
Gruppe, weit umherschweifende Thiere sind, die stundenweit 
die eingeschlagene Richtung verfolgen und sich dabei selbst 
von breiten Wasserflächen nicht abschrecken oder irreleiten 
lassen, bleiben hingegen die Prepona wie die meisten andern 
Nymphaliden gern in der Nähe ihrer Brutstätte, an denen 
sie orientirt sind und an «die sie ein heimathliches, gewisser- 
massen zaghaftes Gefühl fesselt, und nur selten sieht man sie 
ihre Streifflüge weiterhinein zu abliegenden Baumgruppen 
unternehmen, 


{ 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 945 


Dasselbe Verhalten nun wie die Prepona, zeigen jene 
ihnen zunächst stehenden Agrias, nur dass diese, wenn ihr 
Flug auch sonst sehmell genug zu nennen ist, doch bei weitem 
nicht jene rapide Art zu fliegen besitzen, durch welche die 
an Grösse und scharfen Flügelschnitt sie übertreffenden Prepona 
sich auszeichnen. Auch überhaupt legen sie eine grössere 
Ruhe an den Tag, und namentlich ist die Ausdauer ganz 
merkwürdig, mit der sie den einmal auserwählten Sitz, ein in 
der Höhe frei in den Weg hereinragendes Blatt festhalten, 
auf dem man sie unbeweglich oft lange Zeit beobachten kann 
und zu welchem sie genau wieder zurückkehren, sowie sie 
einen Flug im Wege hin unternommen. Bei dieser unbeirrten 
sichern Ruhe lassen sie es dann ohne Furcht geschehen, dass 
man das Netz an der langen Stange behutsam von unten ihnen 
nähert, bis es dieht an ihren Sitz heranreicht; und indem man 
dann kräftig in der Richtung, wie sie abfliegen wollen, zu- 
schlägt, hat man das 'Thier ıneist sicher im Netz. 

Da die Höhe, in der sie sich aufzuhalten pflegen, eine 
sehr bedeutende ist, zwischen 5 bis 10 Metern wechselnd, so 
drang der Geruch von Köder, den wir gelegentlich anwandten, 
nicht bis in ihre Nähe, und wir erhielten die wenigen Phaleidon, 
die wir überhaupt zu Gesicht bekamen, sämmtlich auf diese 
Weise von der Spitze ihrer Blätter herab, während in dem- 
selben Wege die Preponas, die weit öfter ihre Flugtour 
wiederholen und dabei ab und zu tiefer herab zum Boden 
tauchen, eher einmal den vorhandenen Unrath wittern und 
dann leicht bei demselben sich wegfangen lassen. 

Da im Februar wieder viel trübes, ungünstiges Wetter 
eintrat, so beschloss ich, befriedigt durch den Besitz wenigstens 
einiger der, seit Bates sie hier entdeckte, also seit ca. 25 Jahren 
nicht wieder gefangenen Phaleidon und Cisseis, meinen Auf- 
enthalt hier nicht länger auszudehnen, sondern einem südlich 
an einem Nebenflusse gelegenen Landstrich, der entomologisch 
bisher noch nicht besucht worden, einige Monate zu widmen. 


' 


Maues. 


Anfang März fuhren wir von Villabella ab und langten 
am zweiten Taee in dem kleinen, freundlich an weissem Strande 
gelegenen Maues an, dem Hauptort des unterwegs auf dem 
Dampfer vielverhandelten Guaranä, einer nur in hiesiger 
segend gezogenen medizinalen, dem Kaffee ähnlichen Frucht, 


246 Hahnel: 


En 


die ein erfrischendes, die Nerven anregendes Getränk liefert 
und geröstet und in Stangen geformt einen geschätzten Export- 
artikel nach den oberen Laplata-Ländern bildet. Bei der An- 
näherung an den Ort machte sich uns eine eigentümliche Er- 
scheinung bemerkbar, die wir später bei allen den kleineren, 
schwarzes Wasser führenden Zuflüssen des Amazonas in auf- 
fallender Uebereinstimmung wiederkehren.sahen. Kurz näm- 
lich vor dem Austritt in das gelbe Amazonas-Wasser, das 
auch in den schmalen Seitenarmen, in den Paranäs, stets mit 
starker Strömung vorüberfliesst, bilden diese Zuflüsse eine 
seeartige Ausweitung, die wie ein riesiger, indess nach der 
eigentlichen Mündung zu sich wieder verengernder Kropf dem 
schmalen Flussbette angesetzt ist. Offenbar sind diese Haft- 
bildungen die Wirkung der bei dem jährlichen Steigen des Haupt- 
stromes hervorgerufenen Stauung und der dadurch verur- 
sachten Ablenkung und Rotation des in seinem Vorwärts- 
dringen gehinderten Binnenwassers, das dann bei eintretendem 
Fallen mit dem vollen Druck der hochgestauten Wassermasse 
den gelockerten Boden mit sieh führt und so eine fortgesetzte, 
immer erössere Auswaschung des Beckens hervorbringt. 

An diesen so entstandenen Laeos, die vor allem den 
Vortheil eines vortrefflichen, sichern Hafens gewähren, wie 
solche am Hauptstrome nicht vorkommen, befinden sich die 
bestgelegenen und wohl auch ältesten Ansiedlungen des Landes, 
die indess in ihren Anfängen kaum in die alten vorchristlichen 
Indianerzeiten hinaufreichen dürften, da alle dem Naturzustande 
noch nahen Indianer heut wie früher ihre Hütten stets nur 
in den verstecktesten, dem Feindesauge verborgenen Winkeln 
anzulegen pflegen, abseits von den offen und frei liegenden 
Uferrändern, die erst der weisse Besitzer des Landes zu 
Wohnsitzen auswählte. 

Die mannigfach verschiedene Zusammensetzung des 
Waldes, der in urkräftiger Ueppigkeit uns hier umgab, liess 
uns gleich beim ersten Ausgange die Hoffnung auf gute Beute 
hegen. Namentlich die schmalen, lichteren Waldstreifen, welche 
die weiter rückwärts im Walde angelegten Mandiocapflanzungen 
von dem Weichbilde des Ortes trennen, boten uns eine grosse 
Artenzahl besonders jener kleinen, bunten Eryeiniden, von 
denen uns fast täglich neue Formen entgegentraten. Zu den 
am häufigsten uns vor Augen kommenden Arten gehörten zu- 
nächst die gern an den sonnigen Eingängen der Waldwege 
sich haltenden, schnell hin und her fahrenden und bald wieder 
nach ihrem Blatt zurückkehrenden Anatole Zygia, kleine, 


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Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 247 


dunkle Thierchen mit weisslicher Zeichnung der Hinterflügel, 
deren Fluggewolhnheit übrigens auch die ihnen verwandten, 
etwas grösseren Thisbe-Arten theilen. 

Häufig treffen wir ferner im Schatten des Waldes zalıl- 
reiche Mesosemia-Arten, namentlich den kleinen, weissen 
Philemon und die wundervollen, oben wie unten glänzend 
blauen Croesus und Marisa; sodann auch den dieser Sippe 
nahe stehenden kleinen, schwarzen, ängstlich vor unsern Füssen 
hinfliegenden Eunogyra Satyrus und den eigengeformten, fein 
punktirten Uremna Ceneus. Auch die mit ihren schmalen, 
gestreckten Flügeln sehr zierlich sich ausnehmenden Alesa 
Amosis mitihren hellbraunen, gesprenkelten Weibchen scheuchen 
wir öfters an den Wegen auf und sehen sie dann schnell ein 
Stück vor uns hineilen, während die sehr kleinen mit schmaler 
Glanzlinie bordirten, schwarzen Charis-Arten, Cleodora und 
Zama, die sich vorzugsweise gern auf der Oberseite der Blätter 
halten, in ihrer erossen Harmlosigkeit kaum Notiz von uns 
nehmen, wenn wir vorübergehen, und nur einen Augenblick 
auffliegen, um baldigst wieder an derselben Stelle sich nieder- 
zulassen, oder wo ein Sonnenstrahl herniederdringt, spielend 
mit einem Genossen in der sonnigen Luft auf und nieder zu 
steigen. 

Die von allen am beständigsten durch den Wald wieder- 
kehrenden Kleinfalter waren einige zu der Sippe der Echenais 
sehörigen Arten, namentlich die zartblau und weiss gefärbte 
Leueoeyanea und die etwas dunklere Violacea, sowie die 
rothbraun und weisse Penthea. Häufigere Erscheinungen 
waren auch die den Eryeiniden in ihrem Verhalten nahe- 
stehenden, zahlreichen Arten des bunten Hesperiden-Genus 
Entheus. Wie jene sitzen sie an der Unterseite der Blätter 
an, mit flachgebreiteten Flügeln und flieren aufgescheucht mit 
erosser Hast hin und her, um bald wieder ihre alte Stelle 
einzunehmen, auf die sie nur verzichten, wenn die Störung 
ihnen zu lange währt. Auch von den ihnen verwandten 
Pyrrhopyge, kräftiger und grösser als sie, treffen wir einige, 
wenn auch meist nur die weniger geschätzten schwarzen Arten, 
wie Zeleuceus und Phidias, an den lichteren Waldwegen an, 
an denen sich auch auf Blättern, sorgfältig unter ovalen, flach 
über sich «ehefteten Blattausschnitten wie in einer Tasche 
versteckt, ihre rothborstigen Raupen und Puppen finden. 

Eine Gruppe von Faltern, deren wir bisher nur wenig 
Erwähnung gethan, sind die in den Waldungen überall ver- 
tretenen, aber nirgend durch ihre Frequenz oder durch die 


248 Hahnel: 


Auffälliekeit ihrer Erscheinung eine Rolle spielenden dunklen 
Satyriden. (anz verschieden von unsern heimischen, dieser 
Familie angehörigen Faltern, die in Wald und Feld in lebhaft 
heiterer Bewegung sich zeigen, verharren diese düster ge- 
färbten Thiere, bei denen nur die Unterseite mit ihrer Augen- 
zeichnung ein wenig gegen die Monotonie des matten Schwarz 
sich abhebt, flugscheu und einsam, dicht am Boden im Dunkel 
der Sträucher, nur in den Morgen- und Abendstunden zu einem 
vagirenden Umherstreifen durch die Gebüsche aufgelegt. Diesen 
im allgemeinen mit grosser Niehtachtung von uns behandelten 
Taygetis-Arten steht die äusserst zahlreiche Sippe der kleinen 
Euptychien zur Seite, die sich sehr wohl mit unsern kleinen 
Coenonympha-Arten vergleichen lassen, mit denen sie ziemlich 
das gleiche, harmlos muntere Temperament besitzen. Die 
grosse Mehrzahl dieser Thierchen tritt uns ebenfalls in jenem 
leidigen, unbestimmten, nächtlichen Schwarzgrau oder Grau- 
braun der Taygetis entgegen, doch finden wir daneben auch 
Arten, die sich in klaren, hübschen Farben tragen, wie die 
kleine, zarte, überall vorhandene, weissgraue Mollina, die 
seidenweiss glänzende Hesione, oder der prächtige, hellblaue 
Cephus. 

Jene scharf und oft so originell ausgeprägten Zeichnungen 
der Gebirgs-Satyriden vermissen wir hier in den Formen der 
Ebenen fast ganz. Doch bietet die den Corades verwandten 
Bia Actorion eine ganz eigenthümliche Form, und in dem 
grossen, braunen Caerois Chorineus haben wir sogar nach 
Flügelschnitt und Betragen einen ausgeprägten Sonderling vor 
Augen, träg und stupid, der aufsetrieben nur eine kurze 
Strecke hinfliegt, um sich auf das erste beste Blatt frei und 
offen wieder niederzulassen, von dem er sich dann gewöhnlich 
ohne weiteren Fluchtversuch wegfangen lässt. Indessen auch 
das interessante, durch seine merkwürdige Flügelform hervor- 
stehende Genus Antirrhaea weist hier einige Vertreter auf, 
neben Philopoemen und Taygetina auch eine Art, die sich 
als neu herausstellte und den Namen Murena *) erhalten hat. 
Häufiger als diese grossen Thiere sind die ihnen verwandten, 
sehr verbreiteten Pierella-Arten, Lamia, Lena und Dracontis, 
von denen namentlich die letzteren beiden mit den blauen 
Tupfen auf den breiten Hinterflügeln hübsche Erscheinungen sind. 

Aber ganz entzückend sind neben ihnen jene duftigen, 
transparenten Haetera- und Cithaerias-Arten, bei denen die 


*) Staudinger, Ex. Schm, Taf. 7 


-] 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 


249 


in den verschiedensten Gruppen von Lepidopteren auftretende 
atavistische Neigung zu glasigen, farblosen Flügeln wohl in 
der zartesten Weise zur Ausbildung gelangt. Aetherische, 
idealisirte Gestalten der Falterwelt, die das dunkelfarbige 
Schuppenkleid, das ihre nächsten Verwandten umhüllt, völlig 
abgestreift, tragen sie an den durchsichtigen Flügeln nur einen 
kaum merkbaren leisen Hauch von Zeichnung, allen Reiz zarter 
Färbung um die weissgesternten Augenflecke an den Hinter- 
flügeln vereinigend. Wie ein Schatten huschen diese reizenden 
'T'hiere dieht am Boden vor uns hin, kaum sichtbar dem Auge, 
wenn trübes Dunkel herrscht, aber wie ein Edelstein erglänzend, 
wenn ein Sonnenstrahl den leuchtenden Farbenfleck trifft, der 
ihre Hinterflügel ziert. Die hier vorkommende Cithaerias, 
die den Namen Bandusia *) erhalten, trägt einen Fleck vom 
schönsten, reinsten Blau, während die bei Parä gefundenen 
ismeralda mit Violett und eine andere, weiter aufwärts am 
Strome verbreitete Art, die Aurora mit Rosa geschmückt ist. 

Oft beim Verfolgen von Satyriden, wenn wir die schmalen 
Waldwege verlassen und einige Schritt ins Gebüsch hinein- 
treten, treiben wir eines jener grösseren Thiere auf, die die 
schattigen Verstecke in dem niedern Geäst und um die Baum- 
stämme herum tagsüber als Schlafstellen aufsuchen, bis die 
Kühle und das Dunkel des Abends sie aus demselben zum 
Fluge hervorlockt. Hier ist es eine mattbraune Brassolis 
Sophorae, dort der etwas lebhafter gefärbte Opsiphanes 
Xanthus oder Quiteria, oder auch ein grosser 0. Berecynthus, 
dunkelbraun mit oranger Binde, oder auch die Riesengestalt 
eines grossaugigen Caligo. 

Ganz besonders waren wir erfreut, von diesem letzteren 
Genus zwei neue Arten hier zu finden, den an die Idomeneus- 
form sieh anschliessenden Rhoetus, **) mit gelber Falte und 
gelber Unterseite der Hinterflügel und den einfarbig dunkeln 
Menoetius, mit grossen, aber auffallend schmalen und lang- 
gestreckten Flügeln. Im Allgemeinen kommt man den Caligos 
viel seltener bei als den Morphos, schon deshalb, weil sie nicht 
wie jene weit umherfliegen, sondern sich auf engerm Gebiete 
beschränken, hauptsächlich aber weil sie während der kurzen 
Stunde ihres Fluges ziemlich sicher sind vor unsern Nach- 
stellungen, da wir in dieser späten Stunde den Wald nicht 
mehr zu betreten pflegen. Doch verschafften wir uns öfters 


*) Staudinger, Ex. Schm, Seite 219. 
**) Staudinger, Ex. Schm. Taf. 74. 


250 Hahnel: 


den (Genuss, in der Dämmerstunde an den Eingängen der 
Waldwege diese grossen gespenstischen Gestalten ihr Wesen 
treiben zu sehen, wie sie, die Flügel nur halb aufklappend, 
in heftigen Sprüngen den Wege daherfahren, einen Augenblick 
auf ein Blatt sich setzen und wieder davoneilen, auf und ab 
im Wege oder weiter hinaus ins Freie bis zu den Häusern 
hin. Am liebsten tummeln sie sich herum, wo in der Nähe 
(ler Hütten unter Mangos, Cajü und andern Bäumen faulende 
Früchte am Boden liegen, an denen sie sich dann oft noch 
nach ihrem Morgenfluee in den früheren Vormittagsstunden 
antreffen lassen, etwas berauscht, wie es uns immer schien, 
und deshalb nicht recht vorsichtig mehr beim Davontlieeen 
in ihre Verstecke. 

‘nde Mai, als die Regenzeit zu Ende ginge und das 
Wasser bereits seinen höchsten Stand erreicht, kamen uns mit 
den Catopsilien auch jene weissen Papilios wieder zu Gesicht, 
die am Wasser leben. An den langen Uferlinien entlang 
ziehend, fielen sie, wo zwischen dem Gestrüpp ein Wege zu 
den Canös am Wasser herabführte, auf dem feuchten Sand 
oder Lehmboden ein, um von Zeit zu Zeit in eine kleine Wolke 
sich wieder aufzulösen, wenn eine Kidechse unter sie gefahren 
oder sonst eine Störung gekommen. Neben dem uns schon 
von früher bekannten Protesilaus trat hier noch der ihm 
ähnliche Telesilaus auf und der etwas kleinere, leicht ins 
erünliche spielende Autosilaus, während zu dem grossen, 
prächtigen Doliecaon eine andere begehrte Gestalt, der gleich- 
talls sehr fein geschwänzte Columbus sich hinzugesellte. 

Hin und wieder fand sich bei diesen dann noch ein 
erosser gelber Cinyras ein, auch Polydamas zeigte sich und 
der grosse, schwarzerüne Varus, der die Form des Latinus 
hier vertritt. Oefters auch liessen sich die beiden einander 
nahe verwandten Formen, Cyamon und Arianus sehen, die 
kleinsten der ans Wasser kommenden Papilios, beide von 
etwas durchsichtigem Schwarz, auf den Vorderflügeln mit 
Weiss, auf den Hinterflügelm mit wenigem Roth gezeichnet. 

Nur höchst selten trafen wir diese letzteren ebenso wie 
auch die andern Papilios des Strandes im Walde an, wo sich 
dageeen die schattenliebenden Vertumnus, Anchises und der 
sehr kleine, auffällig gelbgefleckte Triopas hin und wieder 
uns zeigten. Auch unter den vom Waldrande her ans Wasser 
kommenden Nymphaliden, die übrigens leider nur äusserst 
schwach hier vertreten waren, fanden wir einige hübsche 
Thiere, wie die schwarzbraune Megalura Norica, die gelbe 


a 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 


aa 


M. Tutelina und den schönen, seltenen, mit breiten weissen 
Streifen gezierten M. Orsilochus. 

Bei den Ausflügen, die wir öfters nur auch nach dem 
gegenüber liegenden Lago-Ufer unternahmen, fanden wir ausser 
der gewohnten Beute, die der Strand lieferte, an den freien 
Plätzen um die Häuser und in den Kaftee- und Cacaogebüschen 
auch zahlreiche kleinere Sachen, wie namentlich die reizenden 
Callicore Clymena und eine Anzahl von weissen und grünen 
Dynamine-Arten. Ebenso erhielten wir bei solchen Streifereien 
auf entlegenerem Terrain stets einzelne Stücke von seltenen 
Heliconius-Arten, wie Wallacei, Cybele, Andremona und 
andere mehr, während dagegen der seltene, bunte H. Herma- 
thena nur in den Pflanzungen an dem sandigen Strande ober- 
halb Maues zu finden war. 


In dieser Zeit, in der alle Niederungen, die das höher 
eeleeene Festland netzartig durchsetzen, unter Wasser stehen, 
gewährt es einen ganz besonderen Naturgenuss, diese weiten 
Waldungen, die in die wunderbarsten Wasserlandschaften um- 
sewandelt sind, im Cano zu befahren. Ueberlassen wir also 
einmal unsere edlen Strandritter und die schüchterne Schaar 
der kleineren Waldgeister dem ungestörten (Genuss ihrer 
Sommertagsgefühle. Die Anstalten zum Ausflug sind bald ge- 
troften, das Cano ist bestellt, und früh in herrlicher Morgen- 
stunde geht es flussab mit zwei Mann. Lautlos gleitet der 
Kahn über die Spitzen der Sträucher dahin, die am Ufer ent- 
lang aus dem Wasser ragen und zwischen denen in langen, 
eleichmässigen Pausen ein Pärchen Delphine schnaubend auf- 
taucht, stets in demselben ruhig gemessenen Bogensprung ihre 
runden Rücken zeigend und stets dicht bei einander; ein zärt- 
liches Bild, das diese Thiere gewähren, die zu jagen kein 
Indianer unternimmt. 


jald sind wir in dem gelben Stromwasser, mit dem wir 
schnell weiter abwärts gleiten und indem wir in eine schmale, 
kaum bemerkbare Lücke des Uferrandes nun einbiegen, be- 
finden wir uns plötzlich in dem engen, schattigen Bett eines 
learipe, eines „Kahnwees“, wie so bezeichnend der Indianer 
in seiner Sprache diese unzähligen kleinen Wasserwege nennt, 
die, meist Abflüsse weiter landeinwärts liegender Seen, mit 
ihrer glatten, stillen Fläche in der reichen Waldscenerie die 
herrlichsten Promenadenweee der Welt darstellen. Zu beiden 
Seiten umsäumen die Kronen dichtbelaubter Gebüsche das 
enge, stille Fahrwasser, in dessen schwarzem Spiegel das feine, 


252 Hahnel: 


bunte Maschennetz der hohen Baumkronen und das Blau des 
Himmels wiederscheint. 

Da erweitert sich der schmale Wee zu einem Teiche; 
baumartige Calladien mit ihren grossen herzförmigen Blättern 
ragen Stamm an Stamm hoch über die Wasserfläche empor, 
wetteifernd an Höhe mit den Kronen krummgewachsener 
stachliger Palmen. Dort weiterhin schimmert die weisse Blüthe 
einer Vietoria regia uns entgegen, umringt von den riesigen 
Napftellern ihrer fahlgrünen Blätter, die mit dem Gewieht der 
über sie hin spazierenden Teichhühner über Wasser gehalten 
werden durch den Gegendruck der merkwürdigen tiefen 
Kammern, die durch das Adernetz auf ihrer Unterseite ge- 
bildet werden. Aengstlich pfeifend fliegen jene Piosoecas auf, 
ihre strohgelben Flügel uns zeigend, die prächtige abstechen 
gegen «die rostrothe Farbe ihres Körpers, und dort fallen sie 
dann eim in das dichte Schilferas, das in der kleinen Bucht 
eine schwimmende Insel bildet. 

Dichte Sträucher, aus denen das heisere Gekrächz der 
srossen Zigeunervögel, die ihre Nester hier bauen, herüber- 
tönt, hemmen nur das Vorwärtsdringen, da lenkt der Kalın 
seitwärts in eine Lücke der Gebüsche und nimmt nun seine 
Richtung «ner durch den Wald, über die Spitzen der jüngeren 
Bäume, über Aeste und schwimmende Stämme hinweg und 
unter hängenden Zweigen hindurch, ausweichend und hindureh 
sich windend .zwischen den glatten, aus dem Wasserspiegel 
aufragenden Stämmen und dem Gewirr der Lianen, die «die 
Kronen der Bäume unter einander und dann herab sich senkend 
mit dem Boden verketten. Schweigend führt der Indianer 
das kleine runde Ruder, dessen Eingreifen in das Wasser 
kaum sich vernehmen lässt. Stamm an Stamm zieht in Eile 
an uns vorüber, und immer verworrener wird der Weg, dessen 
kaum sichtbare Spuren und Merkmale das sichere Auge des 
Indianers hier und da in einem schrägen Baumstamm, in einem 
geknickten Aestchen erkennt. Todtenstille herrscht durch den 
Wald, kein Vogellaut, kein Geräusch von Inseeten ringsum. 
Alles Leben scheint wie erstorben, und nur hin und wieder 
lassen uns Ameisen oder Termiten, die wir von den Aesten 
streifen, erkennen, dass im Verborgenen noch Leben vorhanden; 
und hier und da auch erblicken wir an einem Stamm dicht 
über dem Wasser einige Skolopender, jene hartschaligen, lang- 
samen Tausendfüsse, oder auch eine langbeinige Skorpionspinne, 
die sich in die Spalten der rissigen Rinde drückt. Unter 
Wasser aber verrathen uns nun die frischabgesetzten Eier der 


R 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 


grossen Teichschnecke, die wie runde körnige Klumpen an den 
Stämmen haften, bereits die Nähe unseres Zieles, dem wir 
entgegensteuern, des Lago, 

Da lichtet sich das Holz, und wir treten aus dem Waldes- 
schatten in eine schmale Bucht, die langhin sich erstreckt, 
eingefasst zu beiden Seiten wieder von diehtem Buschwerk, 
hinter dem weiter zurück dann die Waldwand sich erhebt. 
Schon von fern aber lockt uns der Anblick eines blühenden, 
über dem Wasserspiegel sich wölbenden Busches, an dem die 
hellen, ihn umkreisenden Punkte uns zeigen, dass er der 
Mittelpunkt ist einer Anzahl Falter, die rings aus dem Walde 
sich hier zusammengefunden. Eilig fährt da ein Telesilaus 
an den weissen Blüthen umher, ein seltener Fang, denn es 
ist ein Weibchen, auf hunderte von Männchen eins; und ein 
schwarz-weiss-rothes Sesostris-Weib flattert eifrig auf und ab 
um die Zweige, hier und da einen Moment innehaltend, un 
unter stetem Fächeln an den Blüthen zu saugen. Bunte 
Catonephele Obrinus und schwarz und orange gefärbte 
C. Acontius, auch wohl von den letzteren einige gelb und 
schwarz carrirte Weibehen heben sich von den Blüthen ab, 
auffliegend und bald wieder sieh ansetzend, ihre schönen Ober- 
seiten abwechselnd zeigend oder auch schliessend. Kin oder 
der anderen Heliconier, eine schwarz und gelbe, rotlıstrahlige 
Thelxiope oder Vesta, oder auch ein feiner, schwarz und 
weisser Antiochus umschweben ruhigen Fluges die Gesträuche 
und nähern sich mit beschleunigtem Flattern den Blüthen, 
doch auch dann immer gemessen in ihrer Haltung und frei 
von der Hast, die den Augenfaltern meist eigen. Dazwischen 
zeigen sich kleine Thecla, kleine Eryeiniden, eine Emesis 
etwa, eine Lemonias, eine Mesene, ein Nymphidium, von 
allem eins, wie es die Regel ist überall. Gerade vor uns 
kreuzt dort ein Menelaus über die Fläche, ein herrlicher An- 
blick, wie die Sonne über ihn glänzt; aber in dem Bewusstsein, 
dass das nasse Element unter ihm, ist hier sein Flug gleich- 
mässig dahinziehend, olıne jene mächtigen Sprünge, die wir 
über dem Festland bei ihm sehen. 

Gatopsilien und weisse Papilios fliegen stürmisch neben 
uns hin, nach einem Platze suchend zum Ansetzen. Da end- 
lich finden sie einen Fleck, wo an einem Strauche, vom Winde 
angetrieben, vermorschte Aestehen oder halb verfaulte Wurzeln 
von Schilf und Teichpflanzen ein modriges, schwimmendes 
Gartenbeet bilden. Gierig fallen sie da ein, gelb und weiss 
im Durcheinander, doch nur kurze Zeit, denn das Richtige 


254 Hahnel: 


ist es noch nicht, was sie suchen, und es muss bessere Stellen 
eben auf dieser schönen Welt, das sagt ihnen klar ihr 
alınendes Verständniss, und weiter eilen sie, eine Stunde weit 
oder mehr. 

Nun erweitert sieh die Bucht zu einer seeartigen Fläche. 
In dem seichten Wasser am Ufer hin stehen einzeln, dann 
dichter werdend, Röhricht und wilder Reis, aus welchem 
schwerfällig schwarze Enten aufsteigen und hier und da das 
schneeweisse Gefieder eines Reihers hervorblickt. 

An jener Landzunge, wo neben einer verlassenen PHanzung 
ein hochstämmiger Pikiäbaum frei in die Luft ragt, haben 
wir das reizende Schauspiel, wie eine Schaar Affen, die den 
Früchten dort nachging, durch unsere Annäherung überrascht, 
in Angst und Todesverachtung von den überhängenden Ast- 
spitzen herniederspringt auf die tief unten am Boden mit 
Schlinggewächsen überzogenen Sträucher, ein Sprung aus 
50 Fuss Höhe und darüber. Wie köstlich ist diese Scene! 
Ein Abschwung, dass die Zweige hoch emporschnellen, und 
elatt mit ausgestreckten allen Vieren geht es hinab durcli die 
Luft, den langen Greifschwanz hinter sich wie eim Steuer in 
rasch wedelnder, horizontaler Bewegung. Immer zwei, drei, 
vier springen zugleich herab, bis auch die letzten von dem 
Schock, auch die Mütter mit ihren Jüngsten, die fest an den 
Pelz sich schmiegen, glücklich unten sind. Und dahin eilt 
num die kletternde Karawane, über die Sträucher aufwärts 
den schützenden Bäumen zu, quikend und pfeifend wie eine 
Schaar kleiner Vögel. 

Am Lago sind einige Ansiedlungen zerstreut, wir be- 
suchen die einzelnen Hütten. um überall kurze Strecken in 
den Wald vorzudringen, und schliesslich, als wir die Rückkehr 
antreten, sind wir erfreut, dass unter den erbeuteten Stücken 
doch das eine oder das andere sich befindet, dass uns bisher 
noch unbekannt geblieben. 


Massauary. 


Um diese Gegend auch noch an einem andern Punkte 
kennen zu lernen und auszubeuten, verliessen wir Maues An- 
fang August und siedelten nach dem kleinen, fussabwärts nach 
Villabella zu gelegenen Massauary über. Ein Name sozusagen 
ohne Ort! Nur ein umfangreiches, altes Gebäude, das einst 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 255 


bessere Tage gesehen, und daneben zwei niedrige Hütten hielten 
an dem hohen Lehmufer noch Wacht bei der kleinen Kirche, 
die zu Festzeiten immer noch den Versammlungsort bildet für 
die weit und breit an den Paranäs und den Lagos zerstreut 
wohnenden Menschen. Die Besitzerin des Gehöfts, Donna 
Raimonda, nahm uns bereitwillig in ihr Haus auf, in welchem 
noch ein alter Lehrer, Don Apollidorio, die Kinsamkeit mit 
uns theilte. 

Da wir, über die neuen Verhältnisse nicht genügend 
unterrichtet, es versäumt hatten, uns von Maues einige Vor- 
räthe an Lebensmitteln mitzubringen, so war es hier nun 
unser allererstes Geschäft, auf Fouragirung auszuziehen, zumal 
unser Nachbar mit seinen Bananen und gesalzenem Fisch auch 
gerade am Ende angekommen war. Wir sassen also nach 
schnell seschlossener Freundschaft alsbald mit einander in 
dessen Canöo, um Dei den Nachbarn auf und ab am Wasser, 
die alle gelegentlich seine Kunden oder auch seine Patienten 
waren, denn er war vielseitig, Haus für Haus vorzusprechen. 
Da nun regelmässige nur höchst zeringe Vorräthe in den 
Häusern gehalten werden, so mussten wir es uns sehr hoch 
anschlagen, wenn hier und da noch ein gutmüthiges weib- 
liches Wesen sich bereit finden liess, von dem wenigen Vor- 
handenen einen Theil uns noch abzutreten, hier einige Knollen 
der süssen Mandioca, dort ein paar Bananen, reife oder grüne, 
ein paar kürbisähnliche Jurumü, eine Ananas oder sonst einige 
Früchte. Endlich konnten wir auch noch ein paar Eier und 
einige Schwarten gesalzenen Fisch erstehen, dieses unent- 
behrlichste Nahrungsmittel am ganzen Strome, sodass nun 
unsere Vorräthe über Erwarten herrlich ergänzt waren und 
wir also, da es an Kaffee, Zucker und Reis nicht fehlte, mit 
wahrhaft lucullischer Wonne dem Küchenzettel der nächsten 
Tage entgegensehen durften. 

Der Wald, der hier sehr reichlich mit Palmen durch- 
setzt war, bot uns zumeist dieselben Erscheinungen wie Maues, 
dieselben schönen Waldpapilios, dieselben Pieris Orseis, die, 
ein halb Dutzend Männchen hinter einem Weibchen her, 
kettenartig wie der Schwanz eines Papierdrachen dureh die 
Zweige schwenkten. Auch dieselben in Maues so häufigen 
Dismorphia Eumelia fanden wir wieder, kleine blassgelbe 
Thierehen mit schwarzer Zeichnung, die ithomiengleich lang- 
sam dahinflattern, zum Verwechseln ähnlich den ebenso ee- 
färbten kleinen Seada Theaphia. Auch die Heliconier, «die 
wir zunächst antrafen, waren dieselben Arten, die wir vordem 


256 Hahnel: 


gefunden, die gelbbraunen Numata und Sylvana, die roth und 
gelb gezeichnete Catharinae (von Dr. Staudinger meiner treuen 
Begleiterin zu Ehren so genannt), die grosse Egeria, Clytia, 
Aoede und andere mehr, selbstve rständlich alle immer nur 
einzeln und oft viele Tage kein einziger von ihnen sichtbar. 
Ebenso fanden wir die schönen Ci thaerias Bandusia wieder 
und «die grössere, gelbbraun schimmernde Haetera Pierella; 
dann in kleinen, mit blühendem Unkraut überwucherten 
Pflanzungen die gesammten Ithomiden von Maues in zahl- 
reicher Versammlung. 

Doch neben diesen und andern uns schon bekannten 
Sachen treten dann auch ganz neue Gestalten auf. Da treiben 
wir unter den niedrigen Palmenkronen, deren tiefe Schatten 
treftliche Verstecke bilden, die riesigen, graubraunen Castnia 
Daedalus auf, die, in wildem Fluge davoneilend, meist sehr 
bald unsern Blicken entschwunden sind und nur selten sich 
wiederfinden lassen an einer entfernteren Stelle. Oder eine 
schwarze Castnia Linus flattert eifrix um die Blüthen einer 
niedrig am Boden stehenden Blattpflanze, in ihrer Färbung 
ganz ähnlich der grossen Ithomide Thyridia Psidii, im 
Fluge aber ganz verschieden von dieser langsam dahinziehenden 
(Gestalt. 

In dem liehteren Gebüsch, wo hier und da ein Citronen- 
baum die Stelle anzeigte, wo vor einem Dezennium noch eine 
Anzahl Hütten gestanden, trafen wir zahlreich den schönen 
Heliconius Doris, schwarz mit gelbem Fleck und blauen 
Strahlen. Die blaugefärbten Puppen dieses Falters, in ihrer 
ziemlich gedrungenen Gestalt etwas abweichend von dem 
Habitus anderer Heliconier-Puppen, die, soweit wir solche an- 
trafen, meist schlanker und stets mit Stacheln bewehrt sind, 
fanden wir in grosser Anzahl hier und da an einer Liane, 
an der sie, in dichten Gehängen aneinander gereiht, wie die 
Blätter eines welken Zweiges herabhingen. 

Eine vorzügliche Ausbeute, besonders an feinen Ery- 
ciniden, uuter denen mehrere sich als species novae erwiesen, 
machten wir an dem jetzt gerade zur Blüthe kommenden 
(suaranä, von welchem im Walde mehrere . umfangreiche 
Pflanzungen angelegt waren. Namentlich von dem schönen, 
fein punktirten Genus Calydna trafen wir mehrere Arten hier 
an, Thierchen, die oft sehr versteckt an den Blüthenrispen 
sitzen und erst: bemerkbar werden, wenn wir durch Anschlagen 
an die Büsche sie aufscheuchen.. Ebenso erhielten wir daselbst 
auch eine Anzahl schöner Thecla und Hesperiden, darunter 


nn see 


| 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 257 


ebenialls einige nene; und von Käfern neben reizenden, nied- 
lichen Longieornen, namentlich einige Arten von Cureulioniden, 
die mit den braunen Flecken auf ihren sehmutzie weissen 
Flügeln genau die Färbung der weissen, braun abwelkenden 
Guaranä- Blüthen nachahmen. 

Auf einem etwas entfernteren Sitio trafen wir das in- 
teressanteste der neu hier aufgefundenen Thiere, einen Papilio*), 
der im allgemeinen dem Triopas Ähnlich, aber bedeutend Erösser 
als dieser, durch die drei grossen, durchscheinenden Flecken 
auf den schwarzen, langgestreckten Vorderflügeln eine auf- 
fallende Aehnlichkeit mit dem vorerwähnten Ithomiden-Genus 
Thyridia erhält, während er, allerdings nur das Männchen, 
in der merkwürdige lang und spitz ausgezogenen Falte der 
Hinterflügel eine fernere Besonderheit an sich trägt, die 
ebenfalls nur ihm eigenthümlich ist. 

Zu den interessanteren Beutestücken gehörte auch das 
riesenhafte Nachttlier Strix Agrippina, die wir einigemale 
an grauen Stämmen angeflogen trafen. Wegen der enormen 
Spannweite ihrer Flügel sitzen diese Thiere nicht wie andere 
in senkrechter Richtung des Körpers an, sondern querüber am 
Stamm, die tief ausgebogten, lang befransten Flügel mit den 
Spitzen oben und unten fest angedrückt, sodass sie jenen 
grossen weissen Baumflechten, die zahlreich die Stämme be- 
kleiden, täuschend ähnlich sehen. 

Eine uns gleichfalls sehr schätzbare Erwerbung waren 
die grossen Fulgora laternaria, die wir wiederholt hier und 
da an einem bestimmten Baume antrafen, an dem sie, wenn 
wir uns ihnen näherten, mit komischer Kile seitwärts rückten, 
um sich auf der andern Seite des Baumes unsichtbar zu machen, 
ähnlich wie die Spechte und andere Baumkletterer zu tun 
pflegen. Die originelle Erscheinung dieses weit bekannten, 
aber ziemlich seltenen Laternenträgers ist allerdings auffallend 
genug, als dass es nicht verzeihlich wäre, dass die Volksfabel 
nach verschiedenen Riehtungen hin sich seiner bemächtigt hat. 
Denn wie das Thier in naiven älteren Bildwerken als lenchtendes 
Nachtphänomen spukt und ganze Landschaften zu erhellen im 
Stande ist, so hält hier zu Lande das Volk gern an der 
Meinung fest, dass das Thier eine fliegende Schlange sei, eine 
äusserst giftige natürlich, zu welcher Annahme der an die 
Brust gedrückte lange Saugrüssel des harmlosen Thieres ver- 
leitet. Macht doch selbst unsereins eine Ansnahme mit diesem 

*) von Dr. Staudinger Pap. Hahneli Senat; Ex. Schm. Taf. 13. 

17 


258 Hahnel: 


merkwürdigen Thier und indem man es aus der obscuren 
Ordnung der Homopteren ausscheidet — denn wer kümmerte 
sich um diese — räumt man ihm förmlich eine Stellung bei 
den Lepidopteren ein und betrachtet es gewissermassen als 
auswärtiges Mitglied, wozu es mit der herrlichen Pfauenaugen- 
zeichnung auf den Hinterflügeln und mit der zarten, mehligen 
Bestäubung, die sich über die Flügel und den ganzen Körper 
erstreckt, füglich einige Ansprüche erheben darf. Auffallend 
ist der äusserst widerliche Geruch, den das T'hier verbreitet, 
und besonders auch waren wir überrascht durch das Vor- 
handensein von grossen parasitischen Fliegenmaden (?), die in 
den wolligen Flaumen, mit dem das ganze Abdomen umhüllt 
ist, ziemlich lebhaft sich umherbewegten. 

Aber wo auch fänden sich nicht solche schmarotzende 
(seschöpfe! So gewahren wir zwischen den Flügeln der grossen 
Morphiden, die am Boden bei Früchten sich anzusetzen pflegen, 
auch bei den Brassolis, Opsiphanes und grösseren Satyriden, 
öfters winzig kleine schwarze Fliegen, die ihre Nahrung aus 
den Flügelschuppen dieser Thiere zu entnehmen scheinen und 
als Merkmale ihrer Thätigkeit kleine blinde Stellen auf den 
Flügeln hinterlassen. Schlimmere Arbeit als sie verrichten 
jene kleinen, kaum sichtbaren, rothen Milben, die sich öfters 
auf den Flügeln, namentlich mit Roth gezeichneter Falter 
finden, und deren Weg wie ein feiner Nadelritz durch die 
Muster der Flügel geht und uns oft die hübschesten Stücke 
verdarb. 

Bei dem Vorrücken der trocknen Zeit boten uns die 
Niederungen, aus denen sich das Wasser immer weiter zurück- 
zog, ein ausgedehntes neues Revier, das bei der Verschieden- 
heit des Baumwuchses zum Theil auch ‚andere Arten uns 
lieferte als der höher gelegene Wald. Eine scharfe, stets sich 
gleich bleibende Grenzlinie kennzeichnet an den Abhängen 
den Hochwasserstand. Der dichte, den Hochwaldboden be- 
deckende Lycopodiumteppich hört plötzlich auf, und wir schreiten 
über kahlen Boden, auf dem nur spärlich der junge Nachwuchs 
der wenigen Baumarten, die die lange Ueberfluthung ertragen, 
emporspriesst. In den höheren Zweigen dieses Igapöwaldes, 
wo das Insecktenleben während der Wasserzeit einigen Still- 
stand erlitten, lebt es beweglich und munter nun auf. Da 
zieht ein weissgebändertes Thier, eine Vila, eine Pyrrhogyra, 
oder eine Adelpha in der sonnigen Luft dahin, ein Papilio, 
eine Pieride eilt vorbei, oder ein Perseus irrt durch den 
Säulenwald der dunkeln Stämme dem grünen Lande wieder zu. 


Entomologische Erinnerungen an Süd- Amerika. 259 


Tiefer zum schattigen Boden, auf die noch vom Schlamm 
überzögenen Blätter der Sträucher kommen die kleineren 
Nymphaliden und die Eryeiniden herab. Da sind die 
prächtigen Catagramma Peristera, die mit ihren glänzenden 
Farben — die Männchen karminrotl, die Weibehen blässer 
— uns ganz besonders anziehen, wie sie hier und da eine 
>aumgruppe beleben, bald auf eme Blattspitze sich setzend, 
bald an einen Stamm, kopfüber, in abwartender Stellung. An 
einem nässenden Bamne, dessen duftender Saft weithin durch 
den lichten Wald seine Anziehungskraft übt, treffen wir 
Nymphaliden aller Gattungen an, von den kleinen, eben? ge- 
nannten Catagrammen bis zu dem grossen Caligo, der über 
dem berauschenden Most ganz seine Schlafenszeit vergisst. 
Die ersten, die dann von dieser zechenden, buntgemischten 
(Gesellschaft auffliesen, sind die wachsamen Ageronien, als 
letzte aber bleiben die gleichfalls vertretenen Käfer zurück, 
gelbrandige und marmorirte Getonien, Elater, Hister und lang- 
sehörnte Cerambyeiden. 

Hier im tiefen Schatten unter Blättern sitzend, die 
Flügel scharf geschlossen, treffen wir ein paar zierliche Ge- 
stalten an, die dunkelblauen Euselasia Eutychus und Orfita, 
— mit prächtig bunt gestreiften, opalisirenden Unterseiten — 
und die dunkel mattblaue Aricoris Cepha, Thierchen, die 
uns von zweifachem Reize sind, da sie uns blumengleich neben 
dem schönen Anblick noch einen köstlichen Vanilleduft spenden. 
Und während in jenem hell herabfallenden Sonnenstrahl ein 
paar kleine, reizend bunte Thierchen ihr munteres Spiel treiben, 
die niedlichen Calliona Irene, geziert mit grossen, weissblauen 
Flecken und ziegelrothem Streif, Hattern lanesam und niedrig 
kleine Phyciodes durch die spärlichen Gesträuche, in deren 
Schatten zarte Ithomiden die Mittagszeit über träumen. 

Herrlich aber nimmt sich in diesem lichteren, strauch- 
losen Walde der Flug der Helieonier aus, dieser typischsten 
Formen der Neuen Welt. Schlanke Zephyrgestalten, wie sie 
bald mit leichtem Flattern, bald wieder schwebend, in ruhig 
setragenem Fluge dahinziehen und jetzt herab sich senken zu 
einem niederen Zweige, dann wieder langsam aufwärts steigen 
in die voller belaubte Region! Wäre nicht ihrer reizend 
schlanken Form schon in dem Heliconienblatt ein Prototyp 
aus der Pflanzenwelt zur Seite gestellt, so könnte man ver- 
sucht sein, diese eleganten, geschmeidigen Gaukler die Lianen 
der Falterwelt zu nennen; sind es doch auch Lianen, auf 
denen sie ihre Jugend verleben und deren rothleuchtenden 

17* 


“r 


260 Hahnel: 


Blüthensternen vorzugsweise vor andern Blumen ihre Be- 
suche gelten, 

Unter den 18 bis 20 Arten von Heliconiern, die wir 
im ganzen in dieser Gegend antrafen, waren es zu unserm 
Bedauern nur wenige, die wir. in einiger Anzahl erbeuten 
konnten, während die meisten von ihnen, und gerade diejenigen 
Formen, bei denen es besonders erwünscht gewesen wäre, eine 
volle Serie zu erhalten, diejenigen nämlich, die eine schwankende, 
zu Uebergängen neigende Zeiehnung tragen, stets nur ganz 
vereinzelt anzutretfen waren. Die Gruppe, zu der diese letzt- 
gedachten Formen gehören, eine Combination des Melpomene- 
und Thelxiope-Typus, ist vielleicht die interessanteste der ge- 
sammten Heliconier, da sie in ihrer protäischen Vielgestaltiekeit 
ausgesprochener Weise das Stadium jener morphologischen 
Gährung repräsentirt, die wir uns als die Vorstufe aller Arten- 


bildung zu denken haben. Denn es kann wohl kein Zweifel 
darüber bestehen, dass alle besonders variablen Arten als | 
recente Formen, gewissermassen als Kinder der Neuzeit zu | 


betrachten sind, in denen eine noch unausgelebte, zur Fort- 
entwickelung treibende und die Keime künftiger Neuschöpfungen 
in sich tragende Entfaltungskraft gährt, die wir in den zu 
einer starren Uonstanz gelangten Formen kaum noch erwarten 
dürfen. ‚Je interessanter uns daher diese (Gruppe mit jedem 
neuen Stück, das wir erhielten, wurde, um so mehr bedauerten 
wir es, dass gerade diese Thiere zu den grössten Seltenheiten 
eehörten; und es dürfte wohl noch die Aufeabe mancher 
Sammler werden, zahlreicheres Material von diesen Formen 
und zwar aus jeder einzelnen der in Betracht kommenden 
Lokalitäten zu beschaffen, ehe die verwandtschaftlichen Be- 
ziehungen und die Grenzen der Variabilität der einzelnen 
Formen dieser Gruppe sich werden feststellen lassen. 
Indessen ist es grade auch bei solchen variabeln Arten 
ein unabweisliches Bedürfnis, eime greifbare Form durch Be- 
nennung zu fixiren, auf die Gefahr hin, dass die exakten 
Uebergänge, innerhalb derselben Brut, oder was gleichbe- 
deutend ist, bei Stücken von demselben Fangort, bei reich- 
licher vorhandenem Material nachgewiesen werden und mithin 
die eine oder andere der angenommenen Varietäten späterhin 
gegenstandslos wird. Eine schöne, hierher gehörige Form ist 
die auf den Vorderflügeln einen gelben Fleck mit rother Ein- 
fassung am Aussenrande tragende, H. Amor*) genannte Varietät 


*) Stdgr. Fix. Sehm, Taf, 32. 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika, 261 


die wir leider auch nur einmal erhielten; doch dürften viel- 
leicht noch zwei andere hier gefangene Stücke, deren Zeichnung 
sich dieser Form nähert, als zugehörig zu dieser zu betrachten 
sein. Denn wie ungemein abweichend die einzelnen Stücke 
einer variabeln Art sein können, davon hatten wir ein merk- 
würdiges Beispiel gesehen bei dem in Venezuela gefangenen 
Heliconins Hahneli, den wir im Laufe eines Tages an einer 
beschränkten Stelle in einer Anzahl von 5 Stück fingen, von 
denen nicht zwei einander gleich waren, die vielmehr zum 
Theil so bedeutende Unterschiede aufwiesen, dass man sicher 
versucht wäre, die extremen Formen, wenn die Verbindungs- 
glieder nicht vorlägen, für zwei getrennte Arten zu halten. 


Bei allem Reichthum an Erscheinungen, und allen 
sonstigen Vorzügen hatte das liebe Massauary doch eine sehr 
empfindliche Schattenseite. Wir befanden uns hier nämlich 
in einer permanenten Verlegenheit um Lebensmittel, und 
namentlich der Mangel an Fleischnahrung machte sich uns, 
nachdem die Hühner in der Nachbarschaft alle bereits auf- 
gekauft, von Monat zu Monat immer bedenklicher fühlbar. 
Denn was wollte es sagen, wenn zur Abwechslung für den 
täglichen gesalzenen Fisch gelegentlich ein paar “Papageien 
oder ein rothborstiges Nagethier einen zähen Braten lieferte, 
oder wenn dann und wann eine magere Jabati-Sc hildkröte 
oder eine jener grossen Baumeidechsen uns mit einem Extra- 
gericht versorgte. Solche Einzeldelikatessen hielten nicht 
lange vor, und“ leider waren die grossen Cigana-Vögel, die in 
ganzen Herden an den Uferbäumen hinziehen, und. die man 
mit Leichtigkeit sich hätte beschaften können, ebenso wie die 
cewöhnlichen kleinen Affen, ihres moschusähnlichen (reruches 
weeren nicht geniessbar. 


Daher gab es denn immer ein wahres Fest ab, wenn 
durch irgend einen Zufall einmal ein gediegenerer Bissen 
Fleisch zu erstehen war. Welche Wonne war es doch, als 
einst unseres Nachbars Borstenvieh, das sich aus Mangel an 
anderem Frass an dem Leben eines jungen Lämmchens ver- 
gangen hatte, zur Sühne dafür dem Tode geweiht wurde! 
Ein andermal lieferte uns dann ein Hammel, dem die krank- 
hafte Neigung für Erdelecken die Ursache eines frühen Todes 
geworden war, einen ausseretatsmässigen Braten. Der ad 
oceulos geführte Beweis von der Art der Krankheit, als wir 
den Magen mit grossen T’honballen angefüllt fanden, hielt uns 
davon ab, skrupulös zu denken, Eva ass, und sie gab ihrem 


262 Hahnel: 
Manne auch zu essen, — denn die Umstände sind eben stärker 


als die guten Sitten. 

Aber bei diesen andauernd traurigen und ungeregelten 
Nahrungsverhältnissen war es wunausbleiblich, dass unsere 
körperlichen Kräfte fühlbar zurückgingen, und als ich zudem 
einst im Eifer der Verfolgung einer. Beute durch heftiges Zu- 
schlagen einen Blutsturz mir zuzog, der mir kaum noch so- 
viel Kraft liess, mich aus dem Walde nach Hause zu schleppen, 
und mich längere Zeit «dann zur grössten Schonung zwang, 
war ich entschlossen, sobald wie irgend thunlich, wieder nach 
Villabella zurückzukehren. 

Dies geschah denn auch Anfang ‚Januar, und in kürzester 
Frist übte die Fleischkost, die wir hier nun täglich wieder 
geniessen konnten, ihre wunderbar stärkende Wirkung auf 
(las körperliche Befinden, sodass ich nun auch wieder mit dem 
Gedanken mich befassen konnte, die mir bereits zweifelhaft 
gewordene Reise nach dem oberen Amazonas anzutreten. 


| 
| 


Goary. Telle. 


Nachdem wir also den ‚Januar 81 wieder in Villablla 


ee 


zugebracht, — die Stadt hatte früher Villanova geheissen, 
und zum zweitenmal umgetanft, führt sie gegenwärtig den 
Namen Parintins, — fuhren wir Anfang Februar nach Manäos, 


wo wir in dem Hause unserer liebenswürdigen Landsleute, der 
Herren Medosch und Gottschalk während eines dreiwöchent- 
lichen Aufenthalts eine überaus freundliche Aufnahme fanden. 
Die Stadt, fast im Scheitelpunkte der drei grössten 
Wasseradern, die das Stromsystem des Amazones bilden, des 
Rio Negro, Solimoens und Madeira, also im natürlichen Mittel- 
punkte der grossen continentalen Verkehrslinien gelegen, hat 
bei ihrer doppelten Stellung als Binnencentrale und Seehafen- 
platz, — denn sie ist auch für alle Oceandampfer zugänglich, 
— wohl die bevorzugteste Lage unter allen Handelsmetropolen 
dieses Welttheils, deren Bedeutung aber allerdings erst zur 
vollen Geltung kommen wird, wenn die Bevölkerung des 
Landes so viele Millionen zählen wird, wie sie jetzt kaum 
Tausende umfasst. | 
Obgleich nun die Stadt noch in sehr jugendlichem Alter 
steht, denn erst seit dem Aufschwung des Gummihandels in 
den letzten 2—3 Dezenien ist sie zu einiger Bedeutung ge- 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 2653. 


langt, so macht sie doch, schon durch ihre Lage an dem 
hohen, hügeligen Ufer einen freundlichen, sogar einigermassen 
imposanten Eindruck, der namentlich auf denjenigen seinen 
ganzen Reiz übt, der nach Jängerem Aufenthalt in den 
menschenleeren Wäldern des Innern, auf der Reise stromab 
hier wieder zum ersten Mal einen lebhafteren Verkehr und die 
Spuren des völkerverbindenden Welthandels vor Augen sieht. 

Die Umgebung von Manäos, in der ein interessanter 
Wasserfall noch an den nahen Zusammenhang des Landes 
mit dem gebirgigen Guayana erinnert, entbehrt bei ihrem 
harten Boden jener üppigen Vegetation der Flussniederung 
und bot uns demnach auch bei den mehrfach unternommenen 
Ausflügen wenig bemerkenswerthe Erscheinungen dar, sodass 
wir es im Grunde bedauerten, diese drei Wochen nicht noch 
auf den Morphidenfang in Villabella verwendet zu haben. 

Ende des Monats konnten wir endlich die Weiterreise 
den obern Amazonas hinauf antreten. Ich hatte mir vorge- 
nommen, ehe ich nach dem durch Bates zu einer gewissen 
Berühmtheit gelangten Ega, jetzt Teffe genannt, aufwärtsging, 
noch einige Monate in dem am Nordufer gelegenen Uodajaz 
zuzubringen, um auch diesen bisher noch unbekannten Land- 
strich kennen zu lernen. Als der Dampfer jedoch an diesem 
Orte anlangte, hatte ich die Ueberraschung, meinen hochge- 
schätzten französischen Collegen Mr. de Mathan hier vorzu- 
finden, der auf seiner Rückreise von dem obern Strom, wo er 
mehrere Jahre geweilt, in derselben Absicht wie ich vor 
kurzem hier eingetroffen war, indessen nach den bereits ge- 
machten Erfahrungen der Oertlichkeit kein sehr günstiges 
Zeugniss ausstellte. Somit beschloss ich also, mit dem Dampfer 
sogleich weiter zu gehen, und dafür in Ceary, das wie Tefte 
'an dem südlichen Flussufer gelegen ist, einen kurzen Aufent- 
halt zu nehmen. 

Die nächste Umgebung dieses Ortes hatte durch den An- 
bau von Mandioca, Zuckerrohr und Mais, der von zahlreichen 
Einwanderern aus der Küsten-Provinz Oearä betrieben wurde, 
ein ziemlich kultivirtes Ansehen gewonnen, und diese Partien 
boten uns daher wenig Gelegenheit zum Fange dar. In dem 
ursprünglichen Walde dagegen, in dem sich hier namentlich 
auch viel wilder Cacao und die grossen mächtigen Castanha- 
Bäume, die die Paränüsse liefern, fanden, waren die sich uns 
zeigenden Erscheinungen im ganzen ziemlich entsprechend 
jenen, die uns aus den Wäldern von Maues her bekannt waren. 

Eines der prächtigsten Thiere unter den neu hier auf- 


264 Hahnel; 


tretenden Arten war der herrliche, tiefschwarze Papilio Boli- 
var, auf «den Vorderflügeln mit einem grossen karmin- 
vothen Fleck geziert, eine Zeichnung, zu der die des Weib- 
chens, das nur einen blassgelben Fleck auf den Hinterflügeln 
trägt, in einem auffallend schliehten Gegensatz steht. Kbenso 
gehörte zu den werthvolleren neuen Erwerbungen auch der 
feine Heliconius Pardalinus, dessen dunkle, weinbraune 
Färbung ihn zu einer der hervorstechendsten Erscheinungen 
unter seinen Genossen macht. Merkwürdig ist es, dass diese 
selbe schöne, an das braune Wasser mancher Waldbäche er- 
innernde Färbung auch bei der ebenfalls hier fliegenden, zum 
grösseren Verwandtenkreise gehörigen Geratinia Fluonia auf- 
tritt, und ebenso, namentlich auch weiter aufwärts am Strome, 
noch bei verschiedenen Arten aus den gleichfalls nahe stehen- 
den Sippen der Melinaea, Mechanitis und Lyeorea. 

In dem flachen, immer weiter unter Wasser kommenden 
Ufergelände, das mit bunt gemischtem, niederem Walde be- 
deckt war, trafen wir eine grosse Anzahl kleinerer Sachen 
an. An einzelnen Stellen wimmelte es hier oft förmlich von 
kleinen bunten Josien, von allerhand Hesperiden, hübschen 
dunkelblauen Euptychien und zahlreichen Eryeiniden, unter 
welch’ letzteren besonders auch eine sehr kleine Crieosoma 
sich häufig fand, die inzwischen den Namen Bates} er- 
halten hat. 

Wir verweilten hier in Coary zwei Monate, und Anfang 
Mai siedelten wir dann nach 'Tetf& über. 

Dieses liebliche Tette, auf einer kleinen Landzunge ge- 
legen, die nach dem See zu allmählich sich abflacht, hat unter 
allen Ansiedelungen im ganzen Stromgebiet wohl die reizendste 
Lage, deren Schönheit gerade bei der Ankunft mit dem 
Dampfer durch die abwechselnde Verschiebung der Perspek- 
tiven in ihrer ganzen heiteren Zierlichkeit vor unseren Augen 
vorüberzieht. Der Strand freilich, jetzt in der Hochwasser- 
zeit, ermangelt der Reize späterer Monate, aber an ihm ent- 
lang diese freundlichen Häuserfronten mit den hohen, mäch- 
tigen Kugelkronen der Kokospalmen darüber, mit den. zer- 
streuten Gruppen schlanker, feingefiederter Assahy, den dunkeln 
Laubkronen der Fruchtbäume, die da und dort über die rothen 
Dächer ragen, hier eine stolze Miriti, dort über dem grauen 
Plankenzaun helles Bananengrün —- mit wie reizender Ab- 
wechslung eruppirt sich. das alles zu einem prächtigen Ge- 
sammtbild, über welchem undefinirbar ein stets aufs Nene 
fesselnder, anheimelnder Zug liegt, dem sich der Eingeborene 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 265 


so wenig wie der Freinde entziehen mag! Von diesem Zauber 
gefesselt, brachte denn auch Bates, der klassische Erforscher 
der amazonischen Fauna, dem wir an der Schwelle seines ge- 
liebten Ega unsere ganz besondere Huldigung bringen, fünf 
Jahre lang hier zu, fast vergessend der Rückkehr in die nebel- 
umhüllte Heimath. 

Seit seiner Zeit allerdings hat sich manches geändert. 
Namentlich der Wald in der nächsten Umgebung des Ortes 
war gefallen, um vorübergehend Planzungen Platz zu machen, 
die indess auch längst wieder verlassen waren und nun einen 
für unsere Zwecke durchaus todten Gürtel bildeten. 

Doch auch der weiter zurück gelegene hohe Wald, durch 
den ein einsamer Weg eine Strecke weit führte, bot uns 
durchaus nicht die erwartete Reichhaltigkeit an Erscheinungen, 
auf die wir in unverbesserlichem Optimismus schon wieder 
thörichte Hoffnungen gesetzt hatten. Denn, was sich von 


besseren Sachen auch zeigte, kam — auch in den späteren 
Monaten -—— immer nur ganz vereinzelt zu Gesicht. Hier ein- 


mal eine Catonephele Capenas, ein allerdings hochfeines 
T’hier, oder ein stets seltenes Weib einer KEunica-Art, oder 
auch eme Callithea Optima, die wir allerdings kaum ver- 
muthet hätten, hier vorzufinden, da sie eigentlich nur. weiter 
aufwärts am Strome heimisch ist; dann etwa eine Lyropteryx 
Apollonia, eine echte Cordilleren-Sippe, der wir ausser in 
dieser einen Art am Amazonas nicht wieder begegnen, oder 
eine feine, langgeschwänzte Diorhina Butes, nahestehend der 
noch eigenartiger eestalteten Zeonia Chorineus, und einige 
andere interessante Arten mehr, alles das aber einzelne T'hiere, 
die nur einmal gelegentlich, wenn sie etwa von Neugier ge- 
trieben aus der Höhe sich herabliessen, unsere Bente wurden. 

Von all den vielen Eryeiniden, kleinen Euptyehien und 
andern Sachen, die wir als echte Egaenser hier zu tretfen ge- 
hofft, zeigte sich unendlich wenig, sodass wir bei dieser stets 
nur sehr geringen Ausbeute mit grösstem Verlangen der Zeit 
entgeeensahen, wo das Wasser so weit gefallen wäre, «ass 
wir die Strandlinie als Faneplatz benntzen konnten, zumal 
uns auch die Ausflüge zu Kahn nach einigen Ansiedelungen 
in der Nähe nichts irgendwie Nennenswerthes eingebracht 
‚ hatten, ebenso wenig wie ein achttägiger Aufenthalt in dem 
entfernteren Gaicära. 

So war der Mai vergangen und auch der ‚Juni fast 
vorüber. Das helle Geschrei der Möven, die, das Fallen des 
Wassers verkündend, längst schon erschienen waren, erscholl 


266 Hahnel: 


wie Frühlingsruf über die Wasserfläche hin. Die trübe Zeit 
der Regentage war zu Ende gegangen, und die Sonne hatte 
wieder frei ihre Herrschaft über die Erde angetreten, alle 
Wesen mit neuer Lebensfreude und kräftigerem Lebensgefühl 
erfüllend, von den kriechenden Schlangen an, die hungrig und 
brünstig ihre Verstecke verliessen und öfter nun auf den 
Wegen sich zeigten, bis zu den im blauen Aether kreisenden 
(seiern, die oft in Schaaren von Hunderten ihre immer höher 
sich erhebenden Spiralen zogen und in dem wechselvollen 
Rundlauf ihrer Bahnen das wunderbare Schauspiel der durch 
den Weltraum wandernden Sternsysteme uns vor Angen 
zauberten. 

Aber so herrlich auch diese durch Feste gefeierte Zeit 
der Sonnenwende war, so erwachte doch nur ganz allmählich 
endlich auch die Falterwelt aus ihrem Schlummer, und wenn 
auch vereinzelte Vorläufer später auftretender Arten sich schon 
seit längerem gezeigt hatten, so währte es doch eine ganz 
'geraume Zeit, ehe der Strand, an dem das Wasser langsam 
nun immer weiter zurückeing, jener reiche Tummelplatz wurde, 
der er dann vom ‚Juli an Monate lang verblieb. 

Das erste neue Thier, das uns ganz besonders anzog, 
war die grosse, schnell und heftig fliegende Megistanis Baeotus, 
eine prächtige Gestalt, deren Unterseite mit den vielen feinen, 
durchbrochenen Querlinien auf hellem Grunde ein ganz auf- 
fallendes Ansehen zeigt und einigermassen an afrikanische 
Verwandtschaft, an die in jenem Gebiet zahlreich vorhandenen 
Charaxes-Arten erinnert. Wir lassen es hier dahingestellt, 
ob die in fast gleicher Anzahl sich zeigenden beiden Formen 


dieser Megistanis, — die eime mit blauer, die andere mit 
gelber Querbinde, letztere als M. Deucalion bekannt, — art- 


lich verschieden sind, oder ob sie nur als Bildungen von 
Dimorphismus zu betrachten sind, wobei dann noch eine dritte 
der blauen Linie angehörige Form in Betracht kommt, die 
von Dr. Staudinger als Japetus benannt wurde, eine Form, 
die überall zugleich mit den andern erscheint, stets aber 
selten ist. 

Als sich die ersten Stücke dieses schönen Thieres uns 
zeigten, verwendeten wir natürlich die grösste Mühe auf den 
Fang jedes einzelnen derselben, indem wir allerdings nicht 
voraussehen konnten, dass dasselbe in den späteren Monaten 
eines der häufigsten T’hiere sein würde, das bei jeder Hütte, 
an jeder Landungsstelle sich herumtreibt und jedes Canö ver- 
folgt, um sich an die schweissigen Kleider oder an die Bord- 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 267 


wand zu setzen. Aber wie mit diesem, so erging es uns mit 
den -meisten andern der hier sich tummelnden Strandthiere, 
die uns anfänglich an dieser ersten Station des obern Stromes, 
wo sie uns neue Erscheinungen waren, immer als höchst kost- 
bar und begehrenswerth erschienen, die wir aber später als 
durchaus gemeine 'Thiere betrachten mussten und auch an 
jedem Orte weiter aufwärts am Strome als solche wieder- 
fanden. 

Es gilt dies vor allem von einer Anzahl Eunica-Arten, 
die an manchen Tagen in ganzen Schaaren den Strand be- 
lebten. Diese T'hiere, meist schwarz und blau, oft von einem 
herrlichen Glanze, erinnern durch die schöne Augenzeichnung 
auf der grauen oder bunten Unterseite, wie auch durch Grösse 
und Fluggewohnheit einigermassen an unsere Satyrus-Arten, 
als deren schöner gekleidete Vettern sie hier etwa gelten 
können. Sie sitzen zerstreut oder in losen Gesellschaften am 
feuchten, schlammigen Grunde oder auch an trockenen, von 
Mistgerüchen durchzogenen Stellen, wuntermischt mit den 
Megistanis, Megaluras, rothen und grünen Colaenis und den 
braunen, grossen Aganisthos Acheronta. Seltener bemerken 
wir sie in nächster Nähe der Pieriden und Papilios, die 
immer eine Stufe tiefer, ganz dicht am Wasser sich halten, 
wo der Boden von der Feuchtigkeit noch völlig durchtränkt ist. 

Die erste dieser Eunica, die in Masse auftrat und 
längere Zeit allein das Feld beherrschte, war die dunkle’ 
schwachschillernde Careta, die einzige zudem, die wir nur 
hier antrafen, während alle übrigen uns noch weiterhin be- 
gegneten. Nächst ihr trat dann die mattbraune Mygdonia 
auf und die unten einfach graue Clytia, sowie die schöne, 
unten bleiglänzende Becehina und die grössere Caelina, dann 
die elänzendste von allen, die prächtige Flora, sämmtlich 
zahlreich und zwar am häufigsten an den Strandpartieen in 
der Nähe der Stadt, wo die verschiedenartigen Bäume in den 
Gärten ohne Zweifel ihre Brutstätten sind. 

Weit weniger häufig als diese genannten zeigten sich 
die kleine Pusilla, die auf der Unterseite röthlichen Viola 
und Castalia und die mattbraun schattirten Malvina und 
Anna, endlich die grossen, tief dunklen Cinara, Celma und 
Caresa. Und zwar kamen alle diese letzteren Arten nicht 
‚wie jene auch in der Nähe der Stadt vor, sondern nur an 
dem mit Waldbäumen bestandenen oberen Strande, der num 
bei dem inzwischen immer weiter zurückgehenden Wasser, 
längs des hohen Ufers einen herrlichen, weithin sich er- 


268 Hahnel: 


streckenden Spazierweg bildete, von schattigen Bäumen über- 
lacht, unter deren heiligen Hallen auf dem feuchten Sand- 


boden ganze CGolonien von bunten Faltern sich zusammen- ' 


fanden, alle emsig saugend und dabei sich sonnend in dem 
Schein der den dichten Schatten der Zweige durchbrechenden 
Sonnenstrahlen. 

Hanptsächlich waren es hier neben den Euniea die zahl- 
reichen Arten der Megalura, die in grösserer oder kleinerer 
Versammlung alle 50 Schritt eine Schule bildeten, am massen- 
haftesten die gemeinen Chiron, unter denen vermischt einige 
(unklere Egina sitzen, daneben dann wieder zahlreicher die 
hellgrauen Chrethon und die schwarze Norieca, während mehr 
vereinzelt die schwarz und braunen Heraldieus die gelben 
Berania und die rothbraunen Peleus eine reiche Abwechslung 
in die Menge der gleichfarbigen Flügel bringen. So zahlreich 
diese Thiere sind, so zeitraubend ist ihr Fang, da sie aufge- 
trieben, in heftigem Durcheinander Kreuz und quer fliegen, ein 
(seflimmer vor den Füssen dicht am Boden hin, wie dürre 
Blätter, mit denen der Wind spielt. 

Einen hübschen Farbencontrast zu ihnen gewähren dann 
die kleinen, niedlichen, grün2länzenden Symmachia Trochilus 
und Amazonica, die sich hn und wieder in kleinen Gruppen 
antreffen lassen, doch ist ausser ihnen und einigen Hesperiden 
von kleineren Falterın auf diesem Terrain wenig zu sehen. 

Dagegen fehlen natürlich die auch sonst gewohnten 
Strandthiere, jene Megistanis u. s. w., sowie die Catopsilien 
und Papilios nicht. Unter letzteren bietet der nun hier auf- 
tretende Pausanias insofern eine Eigenthümlichkeit, als er 
nach Gestalt und Färbung, — schwarz mit stahlblauem Schiller 
und gelbem Fleck, — der Heliconierform der Rhea und Xlytia 
sich nähert, von denen er sich indess schon von fern durch 
den kräftigeren, wellenförmigen und zudem, wenigstens am 
Strande entlang, niedrigeren Flug unterscheidet. 

Ein ganz besonders merkwürdiger und glücklicher Zufall 
war es, als wir einst neben einem Haufen Catopsilien einige 
Papilio Antosilaus überdeckten und nun, während wir die 
mit ins Netz gekommenen Gelben achtlos zum Rande heraus- 
liessen, plötzlich unser Blick von einem dieser nach oben 
strebenden Thiere gefesselt wurde, — es war uns, als schimmerte 
nns da, trotz der Verschleierung durch die Netzgaze, ein weih- 
licher Zug entgegen; und man kann sich unsere Ueberraschung 
und Freude vorstellen, als wir dann in der That eine Statira 
von scharf ausgeprägtem hermaphroditischen Charakter aus 


u ED DE me Eu u en GE 


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+ 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 269 


c 


dem Netz nahmen. Als Wiederholung jenes ersten Falles ist 
das viel Glück. Ich selbst schätze die Zahl der Falter, die 
ich in den Tropen gefangen, auf etwa 100000, aber wie viel 
mal mehr sind überhaupt schon Exoten gefangen worden, und, So- 
weit bekannt, existiren nur noch höchst wenige exotische Zwitter. 

Zu denjenigen Arten, denen wir hier am Strande am 
eifriesten nachgingen, gehörten die kleinen, aber seltenen, nur 
hier gefundenen Antigonis Pharsalia, blau mit orangefarbenen 
Punkten, sowie die prächtigen, blau und hochgelben Callithea 
Wallacei und Batesii, erstere von hier an stromaufwärts bis 
in die Anden heimisch, letztere, wie es scheint, nur flussab- 
wärts noch vorkonmend bis Maues, an welchem Orte ich 
ebenfalls schon ein einzelnes Stück dieser seltenen Art ange- 
troffen hatte. 

Eines Tages fanden wir die Wasserkante des Strandes 
bedeckt mit einer Unzahl angeschwemmter Insecten, in Schaum 
eehüllt und von einer ölig schillernden Flüssigkeit umgeben. 
während auf der Wasserfläche noch mehrere solcher Oelstreifen 
langsam hinabzogen. Nur wenige dieser wohl schon vor Tagen 
von einem Sturmwind in die Wellen getriebenen Inseeten, unter 
denen alle Ordnungen vertreten waren, hatten noch Leben in 
sich; am zähesten hatten sich die Käfer gehalten, Carabieiden 
und Melasomen, obgleich auch sie nur mühsam noch sich be- 
wegen konnten; und sodann einige grössere Noetuiden und 
namentlich Sphingiden; dagegen waren die zahlreich mit vor- 
handenen Tagfalter, unter denen anffallenderweise ziemlich 
viele Weibchen sich befanden, sowie alle schwächeren Hetero- 
ceren bereits zu sehr schon von der Zersetzung ergriffen, als 
dass sie noch brauchbar gewesen wären. 

Interessanter als die gewonnene Beüute an sich war die 
(elegenheit zur Beobachtung, unter welchen Umständen wohl 
unsere paläontologischen Insectenfunde zum Theil mögen ihren 
Ursprung genommen haben, und es dürfte wohl, wenn auch 
die bis jetzt zu Tage geförderten Lapidarbildnisse antiker 
Schuppenflügler nur ganz vereinzelte sind und grösste Selten- 
heiten, der Fall nicht ausgeschlossen sein, dass künftie einmal 
auch eine Thonschieferbank, über der seiner Zeit, als.sie noch 
Uferrand gewesen, ein glücklicher Stern gewacht, eme ganze 
Fülle urweltlicher Formen, dieht neben einander gebettet wie 
hier, uns zum Anschauen bringt. 

In dieser Zeit, wo das Wasser schon ziemlich tief ge- 
fallen und in mächtiger Breite nun der weisse Strand sich 
vor der Stadt ausdehnte, gewährte es ein prächtiges Ver- 


9808 - Hahnel: 


onügen, «es Abends hier dem Fange nächtlicher Laufkäfer 
nachzugehen. Sobald es dunkelt, kommen diese 'Thiere aus 
ihren Verstecken unter Holzstücken und dergleichen hervor 
und nach längerem Kreuz- und Querlaufen über den Sand hin 
nehmen sie ihre Richtung schliesslich immer bergab nach dem 
Wasser zu, wo ihnen Beute in reicherer Auswahl zu erwarten 
steht. Am zahlreichsten sind die gelben, schwarzgefleckten 
Bombardirkäfer Pheropsophus aequinoctialis vertreten, die, | 
wenn sie ergriffen werden, unter lautem Knall eine kleine 
Dampfwolke von Gas ausströmen lassen, das ziemlich heftig 
die Finger brennt und sie braun beizt. Ohne Zweifel sind 
sie mit dieser Bewaffnung sicher vor jeder Verfolgung, und | 
ihr Lauf ist daher auch nur ein sorglos langsamer, zumal sie 
eine gute Witterung haben und überall bald auf faulige 
Fischreste oder Aehnliches stossen. 

Mit grösster Schnelle dagegen eilen die leichtfüssigen 
Tetrachen vor uns hin, die, kaum erblickt, schon wieder im 
Dunkel verschwunden sind, kaum dass der Schein der Laterne 
ihnen zu folgen vermag. Gewöhnlich hatten wir bei dieser 
‚Jagd einen Kreis von Zuschauern um uns her, denn der Strand 
ist in der Abendstunde immer belebt von Badenden und Wasser- 
trägern oder auswärtigem Volk, das über Nacht in den Canös 
verbleibt; und so fanden sich denn auch meist einige Jungen’ 
bei uns ein, die nun rechts und links wie die Pudel auf allen 
Vieren neben dem Lichtschein herliefen und so eifrig und 
geschickt mit Händen und Füssen die Thiere griffen, dass wir 
oft kaum Zeit fanden, die uns von allen Seiten gebrachten 
Stücke in Empfang zu nehmen und in die Düten zu schliessen. *) 

Erstaunlich war es mir das eine Mal, eine Probe von 
der Riesenkraft dieser Raubkäfer zu sehen, denn als ich einst 
eine der grossen, blassbraunen Tetracha Klugii erfasste, die 
ganz in gewohnter Schnelle dahineilte, fand ich, dass sie dabei 
in den mächtigen Zangen eine grosse Werre mit sich trug, 
ein Verhältniss, das ähnlich, aber noch etwas aussergewöhn- 
licher ist, als wenn der Wüstenlöwe mit einem Ochsen davonjagt. 


Au 
Sao Paulo. 

Unsere Zeit in Tetfe war abgelaufen. Am ersten Oktober 

bestiegen wir von neuem den Dampfer, um nach dem einige 

*) Ich bemerke hierbei. dass ich die Käfer stets erst zu Hause in 


heissem Wasser tödtete, was unter den Tropen jedenfalls die einfachste und 
nebenbei sauberste Tödtungsart ist, 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 274 


Tagereisen weiter aufwärts gelegenen Sao Paulo de Olivenca 
zu gehen, wo wir nach Ötägiger Fahrt spät des Abends an- 
langten. Des niedern Wasserstandes wegen gingen wir in 
weiter Entfernung von der Stadt hinter einer Insel vor Anker. 
Ein zu gleicher Zeit losbrechender Gewittersturm mit furcht- 
baren Regenguss verhinderte dann mehrere Stunden lang das 
Ausschiffen der Postsachen, und als endlich um Mitternacht 
die Canös von S. Paulo herankamen, befand sich keines dabei, 
das unser Gepäck hätte mitnehmen können. Der Capitän liess 
daher eins von den Schiftsbooten bemannen, und so landeten 
wir einsam im rieselnden Regen an einer Sandbank, die weit- 
hin zwischen uns und den fern herüberschimmernden Lichtern 
der Stadt sich ausdehnte. Unser sonstiges Reiseglück hatte 
uns hier einmal gründlich im Stich gelassen, und das Gesamnt- 
bild dieser einsamen Nacht war zu trübselig und widerwärtig, 
als dass nicht vor Hunger und Regen aller Humor zum 
Schweigen kam. 

Endlich liehtete sich im Osten der Himmel, und allmählich, 
nachdem auch der Regen nun aufgehört, liess sich die neue 
(segend in deutlicheren Umrissen erkennen, und so schritt ich 
nun, während meine Frau einstweilen noch bei dem Gepäck 
zurückblieb, über die weite Sandbank der Stadt zu, die auf 
hohem, steil abfallendem Thonufer frei und luftig gelegen ist, 
überragt von düstern Gruppen der nie fehlenden Assahy- 
Palmen. Das Elend der Nacht musste die Götter erweicht 
haben, denn mit dem neuen Tage strömten die Wohlthaten 
nur von allen Seiten auf uns zu. Nicht nur, dass mir sogleich 
der.erste Mensch, den ich unterwegs am Abhange traf, seine 
Wohnung anbot, sondern ich hatte auch die Freude, oben 
angelangt einen Landsmann hier zu finden, durch dessen Ver- 
mittelung zunächst unser Gepäck vom Strande heraufbefördert 
wurde. Auch unsere anfänglich gehegten Zweifel an der 
Liebenswürdigkeit der Einwohner wurden alsbald gehoben und 
ins Gegentheil verkehrt, denn kaum hatte meine Frau die 
neue Schwelle betreten, als auch sogleich unsere Nachbarin 
erschien, die uns mit Kaffee und Imbiss versah und uns für 
den Mittag zu Tisch lud, ein Empfang, auf den wir um so 
weniger hier gerechnet hatten, als Bates gerade im S. Paulo 
sehr wüste Naclıbarschaft und mehrfaches Aergerniss gehabt 
hatte. 

Doch abgesehen von alle dem, so war die grösste Ge- 
nugthuung für mich die, dass ich bei dem sofort angetretenen 
Streifzuge ganz in der Nähe der Stadt eine Anzahl äusserst 


972 Hahnel: 


günstig gelegener Fangplätze antraf, die mir bei der mamig- 
fachen Verschiedenheit des Terrains einen überraschenden Reich- 
thum an prächtigen Formen boten, sodass mir der neue Ort 
an Ergiebiekeit alle bisher besuchten bei weitem zu übertreffen 
versprach. 

In dem herrlichen Walde, der uns in seiner Ueppigkeit 
und KFormenfülle mit jedem Tage neue Schönheiten offenbarte, 
waren es besonders einige reizend angelegte Waschplätze — 
mit eingefassten Bassins in der Mitte und einem Diekicht von 
Blattgewächsen am sickernden Quellwasser hin — die stets 
eine Anzahl prächtiger 'Thiere rings von den hohen Bäumen 
auf den sonnigen Boden herniederlockten und uns oft die 
reichste Auswahl darboten. Die ständigsten Erscheinungen 
an diesen Stellen waren ausser vielen öfters genannten Arten 
einige Adelpha, namentlich die hübsche, mit einer braungelben 
Binde auf den Vorderflügeln gezeichnete Mesentina, ferner 
die feinen, weissleuchtenden Pyrrhogyra-Arten Amphira und 
Crameri, die prächtig bunte Catonephele Numilia und so- 
dann auch einige Ageronien, die tieflunkle, blaugesprenkelte 
Velutina, die grosse, granblau gezeichnete Arinome, und die 
dieser an Färbung ähnliche Belladonna, deren hieroglyphen- 
ähnliche, dichte Hakenzeichnung gewissermassen den Indianer- 
styl in der Natur vertritt. 

Unter den kleineren Sachen stach namentlich die schöne, 
schwarz und rothe Aneyluris Melibaeus hervor. ein pracht- 
volles Thierchen mit seinen breit geschwänzten Hinterflügeln 
und der blauen, im kräftigsten metallischen Glanz spiegelnden 
Unterseite. Fbenso reizend ist ihre Verwandte, die blaue 
Diorhina Periander, und die niedliche rothbandirte Amarynthis 
Meneria, ein kleines, buntes Triumvirat, diese drei. das auch 
an andern Orten stets sich wieder vorfindet. 

Anders als an diesen abgeschlossenen Waldstellen war die 
Zusammensetzung der Gesellschaft, die sich an der schmalen 
Strandlinie zusammenfand, die oberhalb der Stadt an dem 
abschüssigen Erdufer eine kurze Strecke entlang führt. Hier 
war es ausser den bekannten grösseren Thieren, die hellfarbig 
oder bunt schon von fern ins Auge fallen und dem Flussufer 
stellenweise einen munter belebten Anstrich verleihen, nament- 
lich eine Anzahl Arten aus dem prachtvollen "Genus Cata- 
sramma, deren häufigeres Vorkommen uns die Erfüllung eines 
schon lange gehegten Wunsches brachte. Neben der grossen 
Uynosura zeieten sich hier die ihr ähnliche, aber weniger 
häufige Miles, die reizende Üyllene, die prächtig karminrothe 


ee“. 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 273 


Peristera und, zahlreicher als diese, die kleine, schlichter 
gekleidete Eunomia, während noch zwei fernere Arten, 
Maimuna und Excelsior zu den selteneren Ausnahme-Erschei- 
nungen gehörten. 

Am Boden sitzend, wo sie mitunter, um nicht auffliegen 
zu müssen, einige Schritt weit hintrippeln, sind diese Cata- 
gramma infolge der geduckten Flügelstellung, die sie einnehmen, 
bei der ersten Annäherung gewöhnlich nicht zu erkennen, 
ganz wie die Kunica und andere verwandte Gestalten. 
Wenn sie indess dann auffliesen und das brennende Roth 
ihrer Oberseiten sichtbar wird, bieten sie einen ganz herr- 
lichen Anblick dar, und mit Aufmerksamkeit verfolgen wir 
ihren kurzen, meist in riesigem Bogen dahinschwebenden Flug, 
der sie entweder ein Stück weiterhin führt am Ufer entlang 
oder auch, namentlich wenn das Wetter nieht ruhige, zurück 
zu den Bäumen des Waldes. 

Noch im reicherer Anzahl als diese so sehr das Auge 
fesselnden, schmucken 'T'hiere sind die Arten des Genus Dy- 
namine vertreten, kleine, zierliche Gestalten, schwächer als 
jene, aber mit ihnen, sowie den Perisama und Callicore von 
nahe verwandtem Typus, der sich namentlich auch in dem 
diesen allen gemeinsamen Vorzug prächtiger und glänzender 
Unterseiten ausspricht. Wenn es bei den Catagramma das 
tiefe Dunkelroth ist, das in reichster Abstufung sich wieder- 
holt, oft dabei im Violett und Blau übergehend, so ist bei den 
zarten Dynamine-Arten die Stammfarbe mit wenigen Aus- 
nahmen ein mattglänzendes Grün, das auch auf den glänzen- 
den Unterseiten in dem concentrirten Metallglanz zum Aus- 
druck kommt. Sehr abweichend ist der Flug dieser Thiere 
von dem ihrer nächsten Verwandten. Hurtig und anscheinend 
ängstlich schweben sie in einem unsicher wankenden Zickzack- 
fluge dicht über dem Boden dahin, unruhig ansitzend und 
häufig wieder auffliegend, einigermassen ähnlich in diesem 
Verhalten den Megalura-Arten. 

Unter den zum Theil neu hier auftretenden Eunica- 
Arten bildet namentlich die durch ihre hellgraue Färbung 
gegen ihre dunkleren Geschwister ganz auffallend abstechende 
Phasis eine interessante Erscheinung, bei der wir besonders 
auch wieder die Wahrnehmung bestätigt finden, dass Arten, 
die von ihren nächsten Sippengenossen etwa durch eine ab- 
norme Färbung unterschieden sind, stets auch noch sonstige 
Eigenthümlichkeiten an sich tragen, durch die sie vor jenen 
sich auszeichnen. So ist diese Phasis sehr viel lebhafter, 

18 


274 Hahnel: 


flinker und scheuer als alle andere Kunica, ebenso wie unter 
den Dynamine-Arten, die durch ihre hellblaue Färbung ab- 
stechende Persis einen weit heftigeren und bestimmteren "F lug 
hat als alle übrigen ihrer Geschwister, 

Von anderen besonders ins Auge fallenden und täglich 
sich hier zeigenden Arten verdienen etwa noch eine Erwähn- 
ung die reizende, uns nicht mehr fremde Callicore Clymena, 
die, noch ruhiger als Catagrammen fliegend, ihrer prächtig 
rothen Unterseite wegen ein stets gern von uns gefangenes 
Thierchen war, — und sodann die bläulich glänzenden Lasaia 
Meris und Arsis, Thierchen, die blitzschnell über den Boden 
dahin tanzen und plötzlich dann still sitzen, um bald wieder 
von neuem ihren hastigen Flug zu berinnen. Alle anderen 
kleineren Gestalten, wie die an den Uferbüschen munter um- 
herflatternde Riodina Lysippus, die Phyeiodes und Eurema- 
Arten blieben meist seltnere Erscheinungen; doch gab es unter 
den Hesperiden einige interessante Formen, die häufiger hier 
vertreten waren, wie unter anderem der kleine eraue und 
weisse Thracides Aristoteles, der mit seinem Namensvetter 
aus dem Eryciniden-&enus Siseme, einige Aehnlichkeit hat. 

Einen ferneren sehr ergiebigen Fangplatz, namentlich 
in den Vormittagsstunden, gewährte uns ein durch den Wald 
fliessender kleiner Bach, an dessen von Wasserträgern und 
Wäscherinnen viel besuchter Furth sich gern jene schönen 
schwarzen Papilio, die Lyeidas, Varus, Crassus und Sesostris 
sehen liesen, auf dem schmalen Sandstreifen am Wasser vor- 
sichtig ein ruhiges, gesichertes Plätzchen sich suchend, um 
abseits zu sitzen von den Plebejergestalten der Megalura, der 
Adelpha und des kleinen Eryeiniden- und Hesperiden-Ge- 
lichters, die sämmtlich die Manier haben, ihre Flügel beim 
Sitzen breit aufzulegen! — Wie ordinäres Volk! denkt da 
wohl jener stattliche Ritter und wendet indignirt sich ab von 
ihnen, während er dagegen der in tadellos sauberer Haltung 
soeben vor ihn sich hinsetzenden kleinen, schmucken Antigonis 
Felderi wohlgefällig einen anerkennenden Blick zuwirft und 
salutirend die Fühler vor ihr senkt. 

Sicher, beim erstmaligen Sehen verstehen sich diese 
T'hiere, und instinktiv kehren sie ihre Sympathieen und ihre 
Antipathieen hervor, und wie sie die Gesellschaft ihres Gleichen 
und verwandter Formen vorziehen, so halten sie sich zurück 
vor fremdartigen Gesippen, die anderen Sitten huldigen als 
sie selbst. Oft kann man daher ein solches feinfühliges Thier 
seinen Platz aufgeben und weiter abseits sich ansetzen sehen, 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 275 


wenn andersgeartete Thiere sich um dasselbe herzudrängen, 
die aus irgend einem Grunde ihm nicht zusagen. So geschah 
es sicher nicht blos aus Furcht und Vorsicht, sondern aus 
Antipathie, aus dem Wunsche, nicht gestört und belästigt zu 
sein, wenn, wie mir dies vorgekommen, solch ein schwarzer 
Ritter von Lyeidas, der, durch mein Erscheinen beunruhigt, 
bereits zu fächeln anfing, um alsbald aufzufliegen, sich dann 
wieder besänftigte und sitzen blieb, dabei aber nun sich seit- 
wärts kehrte und mir direkt den Rücken zuwandte, um so 
mich ausser Sehweite zu haben und selber verborgen zu sein. 
Und ein andermal beobachtete ich eine Gallithea Hewitsoni, 
(lie, nachdem ich sie mehrmals aufgescheucht hatte, ohne dass 
ich ihrer habhaft werden konnte, schliesslich an einem Stämm- 
chen ihre Zuflucht nahm, wo sie sich indess, kaum angeflogen, 
im selben Augenblick auch noch eines Bessern besann und so- 
fort einige Zoll weit hinaufwanderte, um sich nun an der 
Unterseite eines über ihr herabhängenden Blattes zu verbergen. 
— gründlich, wie sie wohl meinen mochte; — eine so klar 
bewusste Ueberlegung des durch meine hartnäckige Anwesenheit 
ennuyirten 'Thieres, dass mich dies wirklich in Staunen setzte. 

Im geschlossenen Walde, auf den Fusswegen, die ich 
meist nur bis zu den nahegelegenen Hütten und Baracken 
verfolgte, bot sich uns eine reiche Anzahl anderer prächtiger 
Thiere dar, die im Gegensatz zu jenen bisher genannten gern 
an freien Plätzen oder lichteren Stellen sich aufhaltenden 
Arten es vorziehen, im kühleren Waldesschatten, im Schutze 
der grünen Zweige zu verbleiben und einsam und scheu ihren 
Flug durch die Gebüsche zu nehmen. Es sind dies vor allem 
jene einer artenreichen, mehrfach erwähnten Gruppe ange- 
hörenden schwarz-grün-rothen Wald-Papilios, die seltenen, 
stets nur vereinzelt anzutreffenden Bolivar, Cutora, Anchises, 
Öliveneius, denen sich auch noch der grosse, dem Sesostris- 
Weib ähnliche Orellana anreiht. Vorsichtig, langsam, mit 
hochgehobenen Flügeln ziehen diese Thiere durch das niedere 
(Gebüsch dahin, bei ihrem Umherschweifen oft einen wunder- 
baren Ortssinn verrathend; denn wenn sie auch oft gänzlich 
in der Irre sich verlieren mögen, so kann man doch auch oft 
beobachten, wie sie selbst nach längerem Fortbleiben, schliess- 
lich wieder an ihren erwählten Aufenthalt sich zurückfinden, 
in die Nähe ihrer Geburtsstätte, an die sie eine dunkle Ahnung 
vor dem einstigen Erscheinen einer Genossin festbannt. 

In der gleichen niedrigen Region, und meist ebenfalls 
nur einzeln durch die schattigen Gründe dahinflatternd, stellen- 

18* 


276 Hahnel: 


weise allerdings anch in grösserer Stückzahl vertreten, finden 
wir verschiedene schöne Arten aus den zahlreichen Sipp- 
schaften der Ithomiden, und obgleich wir uns nicht die Zeit 
nehmen, von diesen Thieren alle sich uns zeieenden Stücke 
zu fangen, so müssen wir dennoch jedes einzelne dieser Thiere 
scharf ins Auge fassen, um nicht eine jener seltenen, feinen, 
halbdurehsichtigen Dismorphien zu übersehen, die wie die 
Erythroe und Lysinoe und andere mehr in Gestalt und An- 
sehen eine ganz täuschende Aehnlichkeit mit jenen Glas- 
Flüglern haben. 

In lichterer Höhe dann, durch die Zweige und an den 
(sehängen der Schlinggewächse auf und ab gaukelnd, zeigt 
sich uns dann und wann die zierliche, gestreckte Gestalt 
einer weiss und schwarzen Vila Mariana, einer erünen 
Colaenis Dido, oder einer der hier ziemlich spärlich vertretenen 
Heliconier, ünter denen namentlich die schöne, weissgeschlitzte 
Leucadia und die «dorisähnliche Methame interessante, aber 
seltene Thiere sind. Hier und da flattert um einen Stamm 
eine Ageronia oder die kleine, graue Figur einer Eetima Liria, 
oder es ist eine der reizendsten aller Eunica, die sich da blieken 
lässt, die mit glänzend blauem Fleck gezierte Amelia, eine 
Art, die nie zu ihren andern häufigeren Vettern an den freien 
Strand sich herauswagt, sondern den Aufenhalt unter den 
schattigen Zweigen vorzieht, zumal ihre Lust am Fliegen 
durch die stumpf a ar Vorderflügel etwas kurz ge- 
halten wird. 

Aber die Sippe, der wir hier in der sonnigen Waldluft 
vor allen anderen eine Anzahl der schönsten Thiere verdankten, 
war das prächtige Genus Catonephele, das uns hier nicht 
weniger als 6.Arten lieferte, und zwar alle in einiger Anzahl. 
Besonders war es unter diesen die feine, tiefschwarze, auf 
Vorder- und Hinterflügel mit grossem, hellblanem Fleck ge- 
zierte Hewitsoni, die uns durch die frische Schönheit und 
den Contrast- ihrer Farben stets aufs Nene entzückte. Neben 
ihr kam dann stets auch der schon mehrfach von uns ange- 
troffene Obrinus vor und namentlich zahlreich die prächtige 
Numilia, während dagegen die mit breiter gelber Binde ge- 
zierten Antinoe, Salacia und Acontius im allgemeinen seltenere 
Erscheinungen waren, und noch mehr natürlich auch alle die 
durch ihren Dimorphismus bekannten Weibchen der letzteren 
dieser Thiere. 

Die meisten Stücke von allen dieser genannten Nympha- 
liden, zu denen dann vom Dezember an namentlich auch die 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 977 


grossen, schönen Preponas, sowie mehrere Arten Anaceen in 
ziemlicher Anzahl hinzukamen, erhielten wir indess nicht ge- 
legentlich im freien Fluge, sondern an den längs unseres 
Weges unterhaltenen Köderstellen, an Bananen und Exkre- 
menten, wo wir dann in ihrer Gesellschaft namentlich auch 
wieder öfters die schönen grossen, seit Obidos nur wenig ge- 
fangenen Morphiden antrafen, den blauen Menelaus (var. 
Melacheilus) und den kleineren gestreiften Achilles. 

Bereits Ende October, als einige Male inzwischen Regen 
gekommen, zeigte sich einzeln, dann immer häufiger die bisher 
im Ganzen nur selten angetroffene Heterocere Urania Leilus, 
eine durch Gestalt wie Färbung gleich hervorstechende Er- 
scheinung. Namentlich sind es die langen, weissen, stets eng 
aneinander getragenen Schwänze, die diesem grossen, elänzend 
grün gestreiften Thhiere ein ganz besonders reizendes Ansehen 
verleihen. Bei aller längst ererbter Gewohnheit, am Tage 
im hellsten heissen Sonnenschein zu fliegen, sind diese Leilus 
doch offenbar blöder und kurzsichtiger als echte Taefalter 
und. fallen daher auch weit eher einmal dem Strassenraub 
der Hühner und Kidechsen zum Opfer. Auch in ihrer 
merkbaren Vorliebe für die kühleren, schattigen Stellen ver- 
räth sich noch ihre nächtliche Abstammung, und wenn sie bei 
ihrem an den Waldwänden sich hinaufstrebenden und über 
die Bäume dahinsegelnden Fluge auf freie Plätze oder Hütten 
treffen, so sind es stets die schattigeren Stellen derselben, die 
sie sogleich aufsuchen, und an denen sie dann auch, falls sie 
nur etwas Duftendes da finden, das sie festhält, den Tag 
über verweilen. 

Einen sehr anziehenden Anblick gewährt es dann, wenn 
sie dort aufgescheucht, ein halbes Dutzend oder mehr, nach 
dem schattigen Rändgebüsch sich zurückziehen, wo sie auf 
den ersten nächsten Blättern frei sich niederlassen, und zwar 
mit sofortiger Kehrtwendung, sodass die weissen Schwänze 
nach oben liegen, der Kopf bergab nach der Blattspitze zu. 
Dagegen zeigen sie an schattenlosen Orten, am Strande, wenn 
sie daselbst eine Stelle gefunden, von der sie sich nicht zu 
trennen vermögen und ihnen die Sonne nun allzu heiss auf 
den buschigen Nacken brennt, ein andres Verhalten, und um 
sich zu schützen, schliessen sie, so sehr dies gegen ihre Ge- 
wohnheit ist, über sich die Flügel, ganz somit die Haltung 
der Papilio-Arten annehmend, denen ihre Gestalt ja ohnehin so 
werkwürdig ähnelt. Und diese Fähigkeit, sich den Verhält- 
nissen anzupassen, geht so weit, dass sie bei ihrem Bestreben, 


2378 Hahnel: 


der Kraft der Sonnenstrahlen auszuweichen, oft, um nicht 
von .der Seite beschienen zu werden, eine schräge, spitz 
eeren die Sonne geneigte Stellung annehmen. eine Positur, 
die sich höchst originell ausnimmt, zumal sie eine etwas ge- 
zwungene Haltung "der Beine bedingt. *) 

Neben den Leilus war es dann noch ein anderes, aller- 
dings weniger leicht und nicht so zahlreich zu erlangendes 
Prachtthier, das sich uns nun öfters zeigte, namentlich an den 
freien Plätzen um die Häuser und an den vom Walde um- 
schlossenen Hütten. Es ist dies die grosse, blaugrüngebänderte 
Panacea Prola, aus einer den Ageronien nächststehenden, 
indess nur wenige Arten umfassenden Sippe, der wir hier zum 
ersten Male begegnen. Was bei diesem schönen Thiere ein 
so auffallend hervorstechendes Merkmal bildet, ist das ein- 
farbige brennende Roth auf der Unterseite der Hinterflügel, 
eine Farbe, die in solcher Verschwendung über eine ganze 
Flügelfläche sonst in der Natur nur höchst wenige und dann 
anders nünacirte Seitenstücke hat. Gleich den Ageronien 
nimmt diese Panacea ihren Aufenthalt nie auf Blättern, 
sondern immer an Stämmen, deren Rundung die eigenthümlich 
ausgeschweiften, an den Spitzen etwas nach abwärts gebogenen 
Vorderflügel merkwürdig angepasst sind. Ihr Flug geht 
schnell und gleichmässig dahin, mit „eschickt ausgeführten 
Schwenkungen, und obgleich sie den ganzen Tag über zum 


Umhertreiben aufgelegt sind, — worin ihnen nebenbei die 
Ageronien nicht folgen, — so sind sie doch am lebhaftesten 


in den späteren Nachmittagsstunden, in denen sie dann ganz 
besonders gern an die Lehmwände der Häuser sich ansetzen, 
kopfabwärts nnd dieht über dem Boden. 

Neben der Prola kam dann auch noch die etwas grössere 

auf der rothen Unterseite mit schwarzen Augen «ezierte 
Panacea Regina zum Vorschein, indess blieb sie seltener als 
jene und wurde mithin auch stets, wo sie sich zeigte, mit 
noch entsprechend grösserem Eifer verfolgt, wobei dann oft 
aussereewöhnliche Künste zur Anwendung gelangen mussten, 
wie zum Beispiel das Wegfangen solcher 'Thiere von einer 
Wand „um die Ecke* herum. 
Bei weitem schätzbarer noch als diese prächtigen, an 
*) Diese selbe Haltung beobachteten wir auch öfters bei Theclas, 
und zwar bei ihnen merkwürdigerweise sowohl in negativer wie positiver 
Absicht, sowohl um momentan der Sonne auszubeugen, als auch, um mit 
ganzer entgegengehaltener Breitseite alle Wärme aufzufangen, die die 
Nachmittagssonne etwa durch die Zweige der Bäume noch spendet. 


_ 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 2379 


offenen Stellen fliegende Thiere waren uns einige wenige, im 
Walde am Köder gefangene Stücke des wunderbar schönen, 
grossen, in Purpur und Blau gekleideten Agrias Sardanapalus, 
des brillantesten vielleicht aller Schmetterlinge, der, wenn 
man alles zusammen abwägt, was Rang und Schönheit aus- 
macht, von keinem andern Falter übertroffen wird. Denn 
wenn auch in der Ausbildung von Einzelattributen, wie Grösse 
und Farbenpracht, zahlreiche andere Arten, namentlich unter 
den Ornithopteren Indiens und den hier fliegenden Morphiden 
ilın weit überragen, so kommen doch diese alle ihm nicht 
gleich an Reichthum und feinster Durchbildung der Unter- 
seitenzeichnung, die gerade bei ihm den Nymphaliden-Typus 
zum vollendetsten Ausdruck bringt. Vor allen andern Vorzügen 
aber schmückt ihn der der edelsten Abstammung und der 
Zugehörigkeit zu einem Geschlecht, an das nirgend der Makel 
der Vulearität herantritt, dessen Arten ausschliesslich Selten- 
heiten sind, und zwar in dem Grade, ‘dass keine der be- 
stehenden grossen Sammlungen sich noch rühmen kann, sie 
alle vollzählig zu besitzen. 

Gegen Weilmachten füllte sich der Ort mit Ansiedlern 
aus der Umgegend, und auch unser Landsmann, Herr Weil, 
den wir am Tage unsrer Ankunft nur aus Zufall hier ange- 
troffen, kam nun von seinem Sitio mit gesammter Familie 
nach der Stadt, sodass sich nns, zumal sich noch zwei andere 
junge deutsche Ansiedler bei ihm einfanden, über die Festzeit 
ein sehr angenehmer geselliger Verkehr bot. Nach alter Sitte 
werden die Feste in solchen kleineren Ortschaften von einem 
der angeseheneren Einwohner, die abwechselnd im voraus zu 
Festgebern gewählt werden, veranstaltet, und die ganze Ein- 
wohnerschaft nebst den Zuzüglern betrachtet sich dann ge- 
wissermassen als dazu eingeladen. 

Herr Weil hatte mich aufgefordert, ihn auf seiner zwei 
Tagereisen stromauf am andern Ufer gelegenen Besitzung zu 
besuchen, und als daher Anfang Februar sein üblicher Stadt- 
aufenthalt zu Ende gesangen war, schloss ich mich ihm auf 
seiner Rückreise an. Die Gegend um das Sitio, das den 
Namen Santa Rita führt, fand ich äusserst fruchtbar. Der 
Wald ist von grosser Ueppiekeit und Abwechselung, und dem 
entsprechend wurden wir auch durch das Vorkommen mehrerer 
uns ganz besonders werthvoller Arten erfreut. Namentlich 
konnten wir um das Gehöft herum eine prachtvolle Cata- 
gramma in einiger Stückzahl erbeuten, eine Abart der blau- 
glänzenden Excelsior, die wir in S. Paulo mit gelber Zeichnung 


280 Hahnel: 


getroffen, während hier der grosse, sichelförmige Fleck ihrer 
Vorderflügel ein frisches Roth zeigt. Die Varietät hat den 
Namen Excelsissima erhalten.*) Ebenso erhielten wir da- 
selbst einige Stücke der schönen Callithea Markii und der 
grösseren, prächtig blauen Optima, während uns die Streifereien 
im Walde namentlich auch einige Papilios und seltene Saty- 
riden einbrachten. 

Die für uns interessanteste Erwerbnng, die wir hier 
machten, war eine neue kleine, den Symmachien nahe stehende 
Eryeinide, Arsalis Rita, neu sowohl als Species wie auch als 
Genus, ein Thierchen, das uns gerade ganz besonders erfreute, 
weil während der ganzen Dauer unsers Aufenthaltes an den 
entomologisch so eründlie 'h durchsuchten Lokalitäten Teffe und 
S. Paulo” kein einziges Thier uns vor Augen gekommen war, 
das nicht schon vor uns bekannt gewesen wäre. Wir fanden 
in diesem Falle wieder bestätigt, was sich uns so deutlich in 
Maues und Massauary als Resultat ergeben, dass ein unbe- 
suchter Ort, selbst in einer vieldurehforschten (Gegend immer 
noch die W ahr scheinlichkeit bietet, Neues aufzufinden, — wobei 
wir selbstverständlich nur das beschränkte Gebiet der Tag- 
falter im Sinne haben; denn die Heteroceren, Coleopteren und 
alle andern Insektenordnungen, die ja bei weitem noch nicht 
so vollständig in ihrer Reichhaltigkeit bekannt und erschlossen 
sind, werden noch lange Zeit dem Systematiker einen grösseren 
Betrag an Neuheiten liefern. 

Gerade aber diese Brfahrung, die ich während des nur 
kurzen Besuchs auf dem einsamen Sitio machte, veranlasste 
mich nach meiner Rückkehr nach S. Paulo, meinen Aufent- 
halt daselbst — trotzdem sich der Ort so überaus reich er- 
wiesen, und trotzdem ich sogar noch nicht alle die von Bates 
hier gefundenen Sachen vollzählig in meinen Besitz gebracht sah, 
— früher als ursprünglich beabsichtigt, zu Ende zu führen und 
wieder einen Schritt weiter die Wasserstrasse aufwärts zu 
gehen, um die Arbeit in einer weniger genau durchforschten 
(segend aufzunehmen. 


Pebas. 


Der fällige Dampfer liess diesmal ausnehmend lange auf 
sich warten, und wir sahen uns ganze acht Tage lang ge- 
nöthigt, sozusagen Gewehr bei Fuss zu stehen, sämmtliche 


*) Staudinger, Ex. Schm, Taf. 42. 


& 
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Eintomologische Erinnerungeı n an „Büd- Amerika. Jg 


Sachen gepackt und bereits nach dem Hafen hinuntergebracht, 
um jederzeit für die Reise fertig zu sein, sowie der Dampfer 
erschien. Endlich wurde der allgemeinen Erwartung und 
dieser gezwungenen Unthätigkeit ein Ende gemacht, als der 
langgezogene, dumpfe Ton des „Vapör“, der immer sofort die 
ganze Bevölkerung auf die Beine bringt, aus der Ferne herüber- 
schallte. Eilig sind nun die letzten Utensilien, wie Hänge- 
matten u. Ss. w. zusammengepackt, die Abschiedsbesuche im 
Vorbeigehen noch einmal wiederholt, und hinunter dann bei 
Nacht und Regen zum Porto! Mit einiger Schwierigkeit sind 
die Burschen ermittelt, die für das Gepäck bestellt waren, 
doch endlich ist Alles richtig an Bord, und wir können uns nun 
der ungestörten Lektüre der empfangenen Briefschaften und 
Zeitungen hingeben, denen man stets mit um so grösserem 
Verlangen entgegensieht, je grösser die Zwischenräume sind, 
in denen sie ankommen. 

Nachdem wir am andern Tage bei Tabatinga die brasi- 
lische Grenze hinter uns gelassen, und nun in peruanischen 
(sewässern fuhren, langten wir nach 4tägiger Fahrt in Pebas 
an, das in kurzer Entfernung vom Strome an einem Igaripe 
eine prächtige, hohe Lage hat. 

Zum ersten Mal trat uns hier der anziehende Anblick 
naturechter Indianer entgegen, vom Stamme der landeinwärts 
zerstreut wohnenden Jähuas: braune, mässig starke Gestalten, 
deren Kleidung in einem um die Hüften getragenen zottigen 
(sehänge von feinen, rothgefärbten Palmblättern bestand, 
während über Brust und Rücken, sowie an den Schläfen herab 
lange Troddeln von gleichem Material hingen und Oberarm 
und Waden mit diehten Büscheln eines feineren Faserstoftes 
geschmückt waren. 

Die etwa dreissig Wohngebäude, die wir hier vorfanden, 
repräsentirten trotz ihrer geringen Zahl sehr verschiedenartige 
Baustile. Neben 4 oder 5 modernen, durch ihre weissen 
Mauern und den bunten Anstrich der Thüren und der Verandas 
sich auszeichnenden Häusern standen schwerfällige, hocheiebelige 
Lehmhütten, und daneben wieder leichtere Baracken mit 
grauen Plankenwänden oder mit noch luftigeren Rohrwand- 
eittern eingefasst. Am eigenthümlichsten jedoch nahmen sich 
die Hütten der ursprünglichen Pebas-Indianer aus, die eine 
längliche eliptische Form hatten, hohes Dach, statt der Giebel 
an den Enden konisch zugestutzt, und die Lehmmauer rings- 
um ohne jede Oeffnung ausser der einen nothwendigen Thür. 

Wir bezogen, da keine Auswahl vorhanden war, eine 


282 Hahnel: 


jener luftigen Rohrhütten, die, wenn sie auch dem Einfluss 
der fenchten Nachtluft und verschiedener anderer Uebelstände 
allen Vorschub leistete, uns dennoch bald eine der angenehmsten 
Wohnungen wurde, die wir überhaupt gehabt hatten. 

Bei unserm ersten Auseanee lenkten wir unsre Schritte 
zunächst der Hafenstelle zu, wo wir unter den bekannteren 
Strandthieren auch den prächtigen, hochgelben Papilio 
Thyastinus antrafen, welcher, sehr verschieden von seinen 
übrigen gelben Verwandten, seinem ganzen Typus und seinem 
Verhalten nach sich eng an jene Gruppe der weissen Papilios 
anreiht, deren Gesellschaft er stets aufzusuchen pflegt. Ausser 
diesem fanden wir hier sogleich noch ein anderes uns neues 
Thier vor, die feine, blaustrahlige Catagramma Kolyma, 
in Flüeelform, 'Tracht und Flug weit mehr einer Gallicore 
ähnlich, als den meist etwas lebhafteren und elänzenderen 
(renossen der eienen Sippe. i 

Nach zwei so prächtigen neuen Erwerbungen, die wir 
sleich in der ersten Stunde unsers Hierseins gemacht, durften 
wir die Hoffnung hegen, dass sieh uns hier nicht mur am 
Strande, sondern auch im Walde eine grössere Anzahl schöner 
und seltner Sachen bieten würde, und wenn auch bei dem 
jetzt vorherrschend trüben und regnerischen Wetter nicht 
soeleich die ganze Reichhaltiekeit des hiesigen Gebietes sich 
uns zeieen wollte, so fanden wir doch mit der Länge der Zeit 
diese unsere anfängliche Erwartung vollauf bestätigt. 

Ein äusserst ergiebiger und namentlich in den späteren Mo- 
naten stets sehr reich besetzter Fangplatz war ein im Walde in 
kurzer Entfernung vom Orte gelegener sonniger Wasserplatz, 
zu dem an den feuchten Sandboden eine ungemeine zahlreiche und 
bunte Gesellschaft der verschiedensten Falter sich zusammenfand. 

In der Morgenkühle der früheren Vormittagsstunden, 
ehe noch die Sonne über die Wipfel der Bäume in die kleine, 
lichte Niederune hier herabscheint, ist es zunächst nur etwa 
eine Junonia oder Anartia, die sich da erblieken lässt, über den 
morastigen Grund hinflatternd, oder eine Helicopis zieht 
langsamen Fluges durch die Blattgewächse am Graben hin, 
während über dem kleinen Wasserspiegel laut surrend eine 
Macroglossa dahinfährt, inne hält und niedertauchend das 
breite, buschige Leibende netzt, indem sie wie zum Spiel 
einen Tropfen dabei vor sich hin schleudert; — ein Bade- 
vergnügen, wie es mitunter anch Kolibris sich zu bereiten 
lieben, und ebenso grössere Neuropteren, namentlich - aber 


N 


auch die zur Nachtzeit schwärmenden Sphingiden. 


f 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 


Doch da zeigt sieh auch schon einer jener dunklen, stets 
nur einzeln auftretenden Papilios, der heranschwebend in 
wellenförmieem Fluge seiner Gewohnheit gemäss erst in 
weiterem oder engerem Bogen den Platz umkreist, ehe er sich 
anzusetzen unternimmt. Heut ist es ein Lyeidas oder Crassus, 
der hier erscheint, ein andermal ist es ein Varus oder Pausa- 
nias, dann bleiben auch diese wieder aus, und es findet sich 
ein Pompejus, ein Sesostris, ein Cyamon ein oder ein seltner 
Chinsiades. Aus dem Schatten des (Gebüsches tritt dann 
leichten Fluges eine Pieride hervor, weiss, mit bunter Unter- 
seite geziert, eine Perhybris Pyrrha oder Lorena, oder eine 
Daptonoura Leucadia. Sie gesellt sich ohne Zögern der 
dunklen Gestalt dort am Wasser zu, während inzwischen nun 
auch eine Anzahl jener Stammgäste vom Tage vorher, jene 
überall mehr oder weniger zahlreich vertretenen Megalura, 
Eunica, Adelpha und andere mehr von den Zweigen herab 
an einem von der Sonne bereits getroffenen Fleck sich zu 
versammeln beginnen. 

Und nun segeln auch die prächtigen grünen Leilus 
heran, die vor dem Niedersetzen immer erst emige Augen- 
blieke über der ausersehenen Stelle mit kurzem Flattern sich 
drehen und wenden und dann festsitzend auch wohl noch 
einige Male ihre flachgebreiteten, doch nicht aufliegenden 
Flügel sacht heben und wieder senken, Thiere, die man immer 
wieder von Neuem reizend findet, in allen ihren Bewegungen 
eleeant, leicht und gemessen. Ihnen folgen dann bald, in 
schnellem Fluge daherjagend, die hellleuchtenden Catopsilien und 
die stürmischen weissen Papilios, die Telesilaus, Protesilaus 
und Autosilaus. Auch jener schöne Thyastinus oder ein 
feiner Columbus oder Dolieaon findet sich ein, und hin 
und wieder auch wohl ein unsteter gelber Cinyras, ein 
Theophron oder Torquatus. 

Und jetzt nun, wie die Sonne höher rückt, kommen auch 
immer mehr der Nymphaliden, die bisher noch hoch in den 
sonnbeschienenen Zweigen oder an Stämmen sich gehalten, an 
den belebten Boden herab, Catagrammen, die hurtig sich 
ansetzen und umständlichere Dynaminen, scheue Apaturen, 
den Adelphen ähnlich, und dazwischen ein paar rasche, 
emanzipirte Kieinfalter, wie die Aneyluris, Lasaia, Notheme 
und andere mehr, deren lebhaftes Temperament von dem ein- 
samen Aufenthalt im Schatten der Bäume sich nicht ganz 
befriedigt fühlt. 

Dann senkt sich in heftigem Schwnnge ein mächtiger 


284 Hahnel: 


Aganisthos Odius aus der Höhe herab und, über den Boden 


hinstreichend, steuert er plötzlich gerade auf uns zu, an den 
schweissigen Hut sich setzend oder an den Aermel, wo er 
dann freilich baldigst seinen Vorwitz im Netze lässt. Endlich 
auch verlässt dort jene Panacea, die wir lange schon drüben 
in der Höhe an dem glatten Stamme beobachtet, ihren Sitz, 
und in schnellem Fluge herab sich senkend, wobei ihre rauch- 
rothe Unterseite sie als die prächtige P. Divalis erkennen 
lässt, wirft sie sich mit allem Ungestüm platt an den Boden 
an, mitten zwischen die andern; doch scheu, wie sie ist, eilt 
sie, sobald wir uns bewegen, wieder davon, um nun an einem 
schattigen Baumstamm das nahende Verhängniss zu erwarten. 

Wie vielgestaltig, wie mannigfach wechselnd ist diese 
(sesellschaft, die oft in überaus reicher Anzahl hier versammelt 
ist! Wie verschieden und scharf ausgeprägt sind die (Ge- 
wohnheiten und das Verhalten jeder Sippe und‘ fast jeder 
einzelnen Art! Ruhig die eine, unbeständig und flatte rhaft 
die andere; hier ein Thier sorglos und zuversichtlich, dort 
ein andres ängstlich und aufinerksam und schon von fern 
die Möglichkeit einer Gefahr bedenkend. Dieses hier bleibt 
stets sich gleich in seinem Verhalten, jenes andre dagegen 
ist mehr von Launen und Reflexionen beherrscht und ändert 
leicht sein Benehmen je nach den Umständen und mit zu- 
nehmender Erfahrung. Während hier dieses gesellige 'T'hier 
sich stets nach seinen Genossen und Nachbarn richtet, davon- 
fliegt und wiederkehrt wie die Menge es thut, folgt dort jenes 
Einzelthier durchaus nur der Stimme seiner Ueberzeugung 
und bleibt, wenn auch die erosse Mehrzahl der Gesellschaft 
in plötzlicher Besoreniss auffliegst und eine wirbelnde Wolke 
neben und über ihm bildet. ungestört weiter sitzen, eine ge- 
wisse Ueberlegenheit zeigend gegenüber der Aengstlichkeit 
jener anderen. 

Und wie das Temperament dieser 'T’hiere verschieden 
ist, ihre Gewohnheiten, ihre Neigungen, ihr Flug und ihre 
Flügelhaltung, so ist auch die Art, wie sie dem Genusse der 
Feuchtigkeit sich hingeben, eine verschiedene. Die einen, die 
Masse der Nymphaliden, erweisen sich lediglich als Fein- 
schmecker, die nur kommen, um von der Feuchtigkeit (des 
Bodens zu kosten und zu lecken. Ihre kurze Zunge leicht 
andrückend und wieder zurückrollend, versuchen sie es bald 
hier, bald da, ziehen sich gelegentlich, wenn für den Augen- 
blick gesättigt und genug gesonnt, wieder zurück nach den 
Zweigen und erscheinen bald darauf von neuem bei der 


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Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 


285 


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Gesellschaft, um weiter zu naschen. Stets ist es ihnen mehr 
um den Duft, um den pikanten Geschmack, als um die Feuch- 
tigkeit selbst zu thun, für deren Ansammlung in ihrem kurzen 
Körper kein grösserer Raum vorhanden zu sein scheint, denn 
nur selten sieht man sie ein kleines Tröpfchen der aufge- 
nommenen Flüssigkeit wieder von sich geben. 

Anders dagegen die weitsegelnden Papilios, und mit 
ihnen die Pieriden und viele Hesperiden. Diese sind echte, 
wirkliche Trinker und ergeben sich dem Zechen mit wahrer 
Leidenschaft. Mit aller Hast und Gier und mit einer merk- 
würdigen Ausdauer schlürfen sie das Nass aus dem Boden, 
das an dem Hohlgerinne ihrer Zunge wie ein Strahl ohne 
(nde in die Höhe schiesst und, nachdem es ihren Leib durch- 
strömt, in erstaunlich kurzer Zeit hinten wieder ausgestossen 
wird, die einzelnen Tropfen oft fast mit der Schnelle der 
Sekunden. Dabei ist es interessant zu beobachten, wie die 
Pieriden etc. den Tropfen einfach herabfallen lassen, während 
die kräftigeren, hochbeinigen Papilios ihn meist in einem 
Strahl von sieh spritzen, am weitesten und auffälliesten der 
Pausanias, bei dem der Strahl die Länge von mehreren 
Centimetern ausmacht. 

Bei diesem enormen Verbrauch von Wasser, dessen 
(Juantum für solch ein Thier sich etwa auf einen halben Liter 
pro Tag berechnen liesse, ist wohl anzunehmen, dass diese 
andauernde Kühlung des Innern einen ganz besonderen, viel- 
leicht in ihrer Nachwirkung stimulirenden Einfluss auf die 
Thiere üben mag; und andrerseits ist es demnach ganz er- 
klärlich, dass die Weibchen aller dieser Thiere aus Gründen, 
die in ihrer Organisation liegen, den Trinkgesellschaften der 
Männchen durchaus fern bleiben, und ihrerseits lieber dem 
solideren, allerdings aber in diesen Wäldern äusserst seltenen 
(senuss an Blumen und Blüthen nachgehen. 

Von diesem Wasserplatz führte ein Weg in ziemlich 
weitem Bogen durch den Wald nach dem andern Ende des 
Dorfes, und da wir auf diesem Rundwege auch einen nach 
dem Innern führenden Indianerpfad schnitten und ausserdem 
noch mehrere Seitenwege kurze Abstecher gestatteten, so war 
dieses in einander greifende Kreuz und Quer der Wege das 
vortheilhafteste Verhältniss, das wir uns wünschen konnten, 
und das wir in ähnlich günstiger Weise an keinem andern 
Orte mehr angetroffen hatten. 

Unter den seltneren Sachen, denen wir auf diesen Wald- 
wegen begegneten, war uns das interessanteste Thier ein 


286 Hahnel: 


neuer schwarzer, nur mit einem. kleinen gelben Fleck auf dem 
Hinterflügel gezeichneter Papilio, der den Namen Pizarro *) 
erhalten hat. Wir erhielten indess von dieser feinen, ganz 
auffallend an die ebenso gezeichnete Castnia Mimica erinnernden 
Art neben zwei Weibchen nur ein einziges Männchen, und 
auch alle andern schwarzen, den Wealdesschatten nicht ver- 
lassenden Papilio liessen sich stets nur als grosse Seltenheiten 
hier sehen. 

Häufiger waren es dagegen einige feine bunte Ithomiden, 
die, durch das dichte Unterholz flatternd, unsre Blicke auf 
sich zogen, die schöne Ithomia, Lerdina, Llerdinoides, 
Anchiala und viele andere mehr, wie überhaupt diese Gruppe 
von Faltern, die am untern Strome so zurücktrat, je näher 
wir den Gebirgen kamen, nun auch wieder in einer grösseren 
Artenzahl sich zeigten. 


Was aber den eigentlichen Reichthum dieses prächtigen, 


nicht allzu dieht bestandenen Waldes .ausmachte, war. die 
evosse Zahl von schönen Nymphaliden, die sich uns hier bot. 
deren reichliches Vorhandensein besonders durch den Um- 
stand, dass in der zusammenhängenden Masse der Baumwelt 
hier und da durch Holzfällen Lücken entstanden waren, ausser- 
ordentlich begünstigt wurde. Da indess diese Falter meist 
mit grosser Vorliebe ihre Standorte festhalten, so treten sie 
bei ihrem kurzen und zudem meist hoch in den Zweigen sich 
bewegenden Fluge nur wenig in die Erscheinung und sind 
im Fluge mithin nur höchst selten zu erlangen. 

Dagegen bringt sie nun ihre Naschlust, die durch den 
fein ausgebildeten Geruchssinn aufs beste unterstützt wird, 
sicher aus ihrer Höhe herab. Denn sowie nur ein Luftzug 
ihnen die Witterung von riechenden Sachen, wie namentlich 
Exkrementen zuführt, streichen sie sofort abwärts, und dem 
Geruche nachspürend, suchen sie eifrig am Boden umher und 
gerathen, wenn sie das Gesuchte nirgends entdecken, in eine 
förmliche Aufregung, bis sie, ihre ungestümen Kreise immer 
enger ziehend und schliesslich aufwärts wirbelnd, endlich an 
der Quelle des Duftes anlangen, an einem hervortretenden 
Blatt nämlich, auf das wir den Köder, um ihn vor den Ei- 
dechsen, Ameisen und Mistkäfern zu sichern, gestrichen. 
Letztere namentlich zeigten sich nun stets ausser Stande, 
dem Geruche in die Höhe nachzugehen, und sahen sich nach 
langem, fruchtlosem Umherschweifen immer genöthigt, un- 


*) Staudinger, Ex. Schm. Taf. 13. 


ur Fu 


, 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 287 


verrichteter Dinge von der räthselhaften Stelle wieder davon- 
zuziehen. 

Nur die kleineren, langsamer fliegenden Arten unter den 
Goprophagen folgten der Witterung auch auf die Blätter und 
fingen dort alsbald auch an, eifrig ihre Kügelchen zu rollen, 
um sich mit ihnen dann 'herabfallen zu lassen auf den Boden. 
Ebenso waren es sehr oft auch kleine, bunte Gradflügler, die 
sich als ungeladene Gäste auf diesen Blättern einfanden und 
sich so gefrässig benahmen, dass immer lange Ketten ver- 


dauten Stoffes von ihnen herabhingen, was sich um so sonder- 


barer ausnahm, als diese Thierchen mit ihren kreuzförmig 
eingestemmten Sprungbeinen eine ganz merkwürdige Figur 
machten, — eigene Gestalt, eigene Manieren, wie das immer 
zusammentriftt. 

Bei der Sparsamkeit, mit der wir den Inhalt unserer 
Büchse verausgabten, konnten wir täglich auf etwa hundert 
Stellen den Köder vertheilen, und nachdem dies am Morgen 
bei dem ersten Ausgange unser Geschäft gewesen war, lenkten 
wir nun, an jenem oben erwähnten Wasserplatze angelangt, 
den wir bereits von Papilio-Arten u. s. w. besetzt fanden, 
unsere Schritte alsbald wieder auf denselben zurück, um 
sogleich die erste Ablese an dem frisch behangenen Plätzchen 
zu halten. Da nun die betreffenden Blätter alle so gewählt 
waren, dass sie uns jetzt ihre Kehrseite zuwandten, so waren 
wir den angeflogenen T’hieren gegenüber völlig gedeckt, und 
dieselben blieben also ungestört sitzen, um nun im Netz unsere 
sichre Beute zu werden. 

Eine der am ständiesten und zahlreichsten an diesen 
Köderstellen vertretenen Sippen waren die Anaea, ein arten- 
reiches, aber wegen der oft schwer zu unterscheidenden Merk- 
male ein im ganzen für den Systematiker wenig angenehmes 
Genus. Wir fanden von demselben hier nicht weniger als 
15 verschiedene Arten vor, unter denen die Drucei ”) und 
Vieina sich als neu herausstellten. Die Bewegungen dieser 
Anaea sind immer, wie dies ihren scharf geschnittenen Flügeln 
entspricht, schnell und heftig, und ihr Flug ist kurz und be- 
stimmt und beschränkt sich durchaus auf den Bereich der 
Bäume. Nur der auffallend grosse und kräftige Xenocrates 
macht hiervon eine bemerkenswerthe Ausnahme, indem er 
sich mit Vorliebe auch an den freien Plätzen umhertreibt 
und zwar mit einem noch wilderen Fluge als selbst die 


*) Staudinger, Ex. Schm. Seite 181. 


288 Hahnel: 


grösseren Megistanis. Eine besondre Eigenthümliehkeit der 
Anaeen ist es, siclı weniger an die Blätter, als vorzugsweise 
an die Zweige und Aestchen zu setzen, namentlich solche mit 
dürrem Laube, wo sie dann mit ihren dunklen, blattähnlichen 
Unterseiten ganz ausgezeichnet maskirt sind. 

Nächst ihnen waren es die Ageronien, die sich am 
häufigsten bei den Köderstellen treffen liessen, am gewöhn- 
lichsten die uns schon bekannten Belladonna, Velutina und 
Arinome, während drei fernere Arten, die feine, grünliche 
Alicia, die kleine Chloe und eime nene schöne Art, die 
Albicornis *) genannt wurde, immer nur zu den Seltenheiten 
gehörten. 

Das schon früher bei andrer Gelegenheit erwähnte 
Klappern dieser Thiere fanden wir am stärksten und häufigsten 
von der Belladonna ausgeübt. Obgleich wir aber öfters im 
und ausser dem Netz diese T’hiere beobachteten, ist es uns 
doch nicht möglich geworden, über den Apparat, mit dem 
dieser Ton hervorgerufen wird, ins Klare zu kommen. Unsre 
anfängliche Vermuthung, dass es durch Zusammenschlagen 
der Oberseiten ihrer Flügel geschähe, fanden wir widerlegt, 
als wir einem Thiere das eine Flügelpaar festhielten, und 
nun dennoch bei dem Flattern des andern Paares dieser Ton, 
— (den das Thier übrigens stets nur ausnahmsweise, also 
ganz willkürlich hervorbringt, — zu hören war. Dem Klange 
nach, der an das Knattern von starkem Papier erinnert, kann 
es ebensowohl der Eiffeet von Aufeinanderschlagen sein, wie 
auch von Reiben etwa der harten Gelenkmuskeln. Als sehr | 
bezeichnend für das correlative Verhältniss der Sondermerk- 4 
male einer Form ist noch die Eigenthümlichkeit dieser | 
Ageronien zu erwähnen, dass sie, wenn sie sich festgenommen 
sehen, den Leib quer über der Mitte mit scharf umgebogener 
Kante nach abwärts klemmen, sodass die Taille höchst sonder- 
bar breit gezogen wird, eine Form, zu der wieder das aus- 
nehmend verlängerte und zugespitzte Abdomen in einem 
merkwürdigen Gegensatze steht. 

Nicht weniger häufig als diese genannten T'hiere fanden sich | 
mehrere Arten von Eunica ein, wie namentlich die kleine, bisher | 
nicht angetroffene Marsolia, während unter den seltneren Arten 
dieser Sippe neben der schönen Sophonisbe und Chlorochroa di 
auch eine neue Art sich fand, die den Namen Violetta erhalten 


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*) Staudinger, Ex. Schm. Taf. 44. 


F 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 


239 


hat.”) Ebenso zahlreich waren auch die schönen Catonephele 
vertreten, und zwar ausser den m S. Paulo bereits namhaft 
gemachten 6 Arten noch der schöne, blauweiss gefleckte 
Capenas, welcher letztere indess nur eine seltene Erscheinung 
war.  Desgleichen fehlten die Adelpha, die Pyrhogyra, die 
Temenis am Köder nicht, und unter den Dynamine-Arten 
trafen wir öfters namentlich auch die prächtige, schwarze, 


- mit einem breiten grünen Kragen gezierte Zenobia. 


Auch von den Eryeiniden stellte sich eine reiche Aus- 
wahl bei diesen Blättern ein, darunter einige besonders feine 
Arten, wie Uraneis Hyalina, CGyrenia Martia und viele 
andere stets nur selten gefangene 'Thiere. Vor allem aber, 
was uns besonders werthvoll war, befanden sich unter diesen 
niedlichen Kleinfaltern auch eine Anzahl neuer, bisher noch 
unbeschriebener Arten, (die in dem vor kurzem erschienenen 
Werke Dr. Staudingers zur Veröffentlichung gekommen sind. 
Während von seiten des Genus Theela, das hier im allge- 
meinen sehr zurücktrat, der Köder nur wenige Zuspruch fand, 
liessen sich dagegen öfters Hesperiden daran treffen und hin 
und wieder auch feine, zierliche Glaucopiden, und wo auf 
einem Blatte zufällig dann eine buntere Gesellschaft sich zu- 
sammengefunden, kam dann wohl auch als besonders seltner 
Gast selir herablassend ein Heliconier angeschwebt, um eine 
kurze Zeit dabei zu verweilen und dann wieder aufwärts zu 
ziehen; nie aber würde ein Papilio sich haben verleiten lassen, 


.das Blatt für eine Blume zu nehmen, ebenso wenig wie eine 


Pieride. 
(ranz auffallend war es uns, dass von den Nymphaliden 
— um nun zu «diesen wieder zurückzukehren — eine grosse 


Anzahl von Arten überhaupt nicht oder doch so gut wie gar 
nicht hier im Innern des Waldes vorhanden war, also auch 
nie am Köder sich sehen liess, Thiere, die am Strande und 
namentlich an den freien Plätzen in der Nähe der Häuser 
ziemlich regelmässige, oft sogar häufige Krscheinungen bilden. 
Hierzu gehören die Megaluren, dietatagrammen, (ie Panaceen, 
üie Megistanis, die Aganisthos und andere Sachen, «die sämmt- 
lich helles Sonnenlicht und freien Raum verlangen, wie sich 
ihnen dies am besten an den Uferrändern bietet, an denen 
entlang wohl auch ihre Verbreitung der Regel nach vor sich 
gegangen sein maß. 

An Stelle dieser nicht eben seltnen und deshalb auch 


*), Staudinger, Ex. Schm,. Taf. 40. 19 


290 Hahnel: 


hier durchaus nicht ungern vermissten Nymphaliden brachte 
uns dagegen der Köder neben den im Vorhergehenden erwähnten 
Arten noch eme Anzahl andrer grosser und schöner T'hiere 
ein, die uns um so schätzbarer waren, als sie auf eine andre 
Weise, ausser etwa in zufälligen Einzelstücken, nie zu er- 
langen gewesen wären. Es waren dies vor allem die aus- 
nehmend artenreich hier vertretenen Prepona, diese schönen, 
grossen, mit blauglänzender Querbinde gezeichneten Thiere; 
in denen der Apaturatypus in den Tropen zu einer vollkommneren 
Ausprägung gelangt, als in den gleichfalls hier vorhandenen, 
aber an Farbenschönheit und Grösse gegen ihre nordischen 
Vettern etwas zurückstehenden Apaturen selbst. Aus der 
Reihe dieser 'Thiere waren die am häufigsten angetroffenen 
Arten die auf der Unterseite einfach gezeichneten Demophon 
und Antimache, sodann die prächtigeren Eugenes und Laertes, 
während die Ampihmachus, Dexamenes, Gnorima, Lycomedes 
und Pheridamas meist nur Seltenheiten blieben. 

Diese Preponas, nächst dem Morpho Achilles die 
grössten der am Köder sich einfindenden Falter nahmen, wenn 
sie auf dem Blatt anflogen, stets an dem oberen Ende ihren 
Platz, entsprechend ihrer sonstigen Gewohnheit, an den Stämmen 
immer kopfabwärts zu sitzen; und es gewährte oft einen äusserst 
anziehenden Anblick, wenn dann unter dem unbestrittenen Vor- 
sitz ihrer hochragenden, weissgrauen Flügel daneben etwa die 
grüne Unterseite einer Catonephele sich zeigte und das Schwarz 
und Weiss einer Pyrrhogyra, während seitwärts, halb über 
den Rand hinaus, eine Ageronia ihre Flügel aufbreitete, oder 
eine Adelpha, und schrägüber der Kante des Blattes wieder 
die scharfgeschlossene, dunkle (Gestalt einer Anaea ansass. 
Mitten drinn aber bewegte sich dann eine ganze Schaar ver- 
schiedener Fliegenarten, von denen die kleinsten, die oft eine 
reizende Zeichnung trugen, ihre Flügel beständig in einer 
schnellen, ruckartigen Bewegung hielten, während andere 
mit hohen Stelzbeinen bedächtig vor und rückwärts balancirten 
und grosse, kugelrunde Borstenfliegen «die Störenfriede der 
(sesellschaft machten. Dazwischen suchte dann unruhig und 
emsig eine grosse Staphyline umher, den geschmeidigen Leib 
aufwärts gekrümmt und halb über den Rücken geworfen, 
während tiefer herab unbeweglich ein paar jener spreizbeinigen 
Orthopteren sassen, ganz vertieft in ihre offenbar anstrengende 
Arbeit. 

Bei so reich besetzter Tatel wimmelte es dann freilich 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 29] 


im Netz von der Anzahl der T'hiere, mit denen wir nun 
ohne ‘zu zaudern den kürzesten Prozess machten, nament- 
lich zunächst mit den grösseren, die sich gegenseitig immer 
von neuem wieder wild machten. Denn im Unterschiede zu 
den Papilios und Pieriden, die, sobald sie sich im Netz 
sehen, mit Hülfe ihrer kräftig entwickelten Beine stets ener- 
gisch nach oben streben, suchten alle diese 'T'hiere möglichst 
in der geräumigen Mitte des Netzes sich zu behaupten, während 
die kleineren Falter, die Eryeiniden und Hesperiden, gewöhn- 
lich noch tiefer unten sich hielten, und im Falle dureh den 
Schlag etwa Blätter mit in das Netz gefallen waren, sofort 
sich unter denselben Verstecke wählten, die sie dann oft mit 
grosser Zähigkeit festhielten. 

Eine weit seltnere Erschemung, als es die kräftieen 
(sestalten der Prepona-Arten waren, war die unser ganzes 
Interesse voll in Anspıuch nehmende, durch ihre sonderartige 
Farbenzusammenstellung auffallend hervorstechende Batesia 
Hypoxantha. Die Oberseite dieses grossen, völlig fremdartig 
aussehenden T'hieres ist glänzend schieferblau, mit schwarzem 
Rande und einem breiten rosafarbenen Fleck, eine Farben- 
verbindung, deren Uontrast durch das einfarbige, tiefe M att- 
gelb der Unterseite noch ganz besonders erhöht wird, sodass 
dieses 'T’hier wie kaum eine andere Gestalt einen geradezu 
urweltlichen Charakter an sich trägt. Das ’T'hier war bisher 
nebst seinen nächsten, als Varietäten geltenden Verwandten 
irriger Weise mit den Panaceen zusammen in ein Genus 
untergebracht, und hat erst in letzter Zeit den ihm zukommen- 
den Rang eines eigenen Genus erhalten. Sehon der ruhig 
schwebende Flug dieser 'T'hiere lässt sie als ganz verschieden 
von den weit heftigeren Panaceen erkennen, und ebenso ist in 
der Ruhe beider Flügelhaltung eine ganz verschiedene, indem 
jene die Flügel stets geschlossen halten, während. diese, wie 
erwähnt, sie an den Stamm breiten. 

Zwischen diesen beiden Formen, und noch mehr nach 
der andern Seite hin, wo die nächstverwandte Gestalt die an 
(Grösse weit zurückstehende Didonis Biblis ist, klafft hier 
eine breite Lücke in der Reihe der Entwicklunesstufen, über 
deren erloschene Kormen hinwee nur ein weiter Sprung von 
einer dieser Ruinen zur andern führt. Und gerade dieser 
eigenartig strenge, durch die antike Kinfachheit seiner 
Zeichnung fesselnde "Typus dürfte in den Epochen der Vorzeit 
Bildungen von einer ganz wunderbaren Schönheit aufgewiesen 
haben, von denen wir uns nur annähernd ein Bild entwerfen 

19* 


299 Hahnel: 


können, wenn wir uns etwa eine lange Reihe von Pieriden- 
Mustern, weisser oder bunter, hinter farbige (Gläser gehalten 
denken. Denn offenbar liegt in dieser Schlichtheit der Zeichnung 
und dem Vorherrschen der Flächenfarben eine gewisse Annähe- 
rung dieser Gruppe an den Pieriden-Iypus, namentlich der 
Pereute- und Daptonoura-Arten, ein Verhältniss für das sich etwas 
Aehnliches wiederfindet in der Formenverwandtschaft, die am 
andern Ende der Nymphalidenreihe zwischen der Ithomiden- 
(Gruppe und den Dismorphien besteht. 

Von den Agrias, «diesen feinsten aller Nymphaliden, 
trafen wir hier nicht weniger als 3 Arten an, was wohl aus 
(diesem Genus die höchste Zahl von Vertretern an irgend einer 
Lokalität sein dürfte. Die eine prächtig blaue Art, die nach 
ihrem Entdecker A. Stuarti genannt wurde, tritt zu dem 
hier in zwei unterschiedenen Farbenüancen auf, über deren 
Berechtigung, als getrennte Formen zu gelten, man bei dem 
wenigen vorhandenen Material und angesichts der ganz allge- 
meinen Neigung der Agrias zum Varüren getheilter Meinung 
sein kann. Wir unsererseits halten diese gedachten beiden 
Formen — die eine zeigt Rostroth, die andere Gelb auf der 
Unterseite — kaum für Farbenspiele aus ein und derselben 
Brut, sondern für gleichwerthige Ableitungen von der typischen 
in Ecuador gefundenen A. Beatifica, gewissermassen für 
werdende, noch in den ersten Stadien der Umbildung begriffene 
Varietäten, deren Differenzirung zunächst die Farbe ergriffen 
hat, aber bereits auch schon die Zeichnung zu beeinflussen 
anfängt, wie das constante Verloschensein der Innenflecken 
bei der rostrothen Form im Gegensatz zu der schärfer ge- 
zeichneten gelben deutlich erkennen lässt. 

Die zweite Agrias, schwarz und roth von Farbe, eine 
Art, die wir leider nur in einem Stücke fingen, ist dem colum- 
bischen A. Amydon nächststehend, indess «durch mehrere 
Merkmale genügend von diesem unterschieden, um als be- 
sondere Varietät bezeichnet zu werden, als welche sie den 
Namen Amydonius “) erhalten hat. 

Die dritte Art endlich war jener uns bereits bekannte 
herrliche Sardanapal, der, obgleich etwas weniger spärlich 
vorhanden als die vorgenannten, und trotzdem wir ihn durch 
den ganzen Wald verbreitet fanden, doch ebenfalls nur immer 
äusserst vereinzelt sich treffen liess.  Indess hatten wir eines 
Tages auch das seltene Glück, eine Doublette dieses prächtigen 


*, Stder. Ex. Sehm. Taf. 57. 


EEE EEE NE Or © 


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Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 293 


'Phieres zu erhalten, eine Erinnerung, die noch mit aller 
Frische im Gedächtniss haftet und uns den ganzen Reiz wieder 
wachruft, der stets darin lag, wenn wir, dem Köder nahege- 
kommen, über den Rand des Blattes hervor die Flügelspitzen 
eines seltneren T'hieres aufragen sahen. Schon die äusserste 
Ecke genügte um die Art erkennen zu lassen, die hellen 
Aderlinien und ein bluthrother Schimmer — wahrhaftig ein 
Sardanapal und eine Minute darauf, keine zehn Schritt davon, 
(dieselbe Ueberraschung am nächsten Blatt und die gleiche 
Frische und Tadellosigkeit auch dieses zweiten Exemplars. 

Die Data, an denen wir die einzelnen Stücke dieses 

seltenen T'hieres fingen, bieten uns für die Beantwortung der 
Frage, ob gewisse Arten in den "Tropen das ganze Jahr hin- 
durch fliegen, einen interessanten Anhalt. Es waren dies 
unter Zuhilfenahme der Monate, die wir in S. Paulo zu- 
brachten. folgende Tage im Jahre: 
GAB rare rn 2er 16 
THE ZERTAN  EN DER OST, III TORITOR TEE 
Da die in dieser Aufstellung vorhandenen Lücken bei der all- 
gemeinen Seltenheit des Thieres nicht sehr schwer ins Ge- 
wicht fallen dürften, so sehen wir also eine ziemlich zusammen- 
hängende Reihenfolge vor uns, aus der mindestens soviel 
hervorgeht, dass es keinen Monat oder Tag im ‚Jahre giebt, 
an dem hier das Vorkommen der Art für ausgeschlossen 
gelten müsste. 

In einem scharfen und genau abgemessenen (segensatz 
hierzu steht das Auftreten der Panacea Prola, die ein weit 
häufigeres Thier ist und im Unterschiede zu dem einsamen 
\Waldleben der Agrias die freiere Fluggelegenheit in der Nähe 
der Ansiedelungen vorzieht. Diese Art fehlte nämlich in den 
Monaten ‚Januar, Februar, März ganz, im April, Mai, Juni 
war sie reichlich vorhanden, Juli, August, September bis gegen 
Ausgang October war wieder kein einziges Stück zu sehen, 
und nun erschien sie zum zweiten Mal in guter Anzahl bis 
zum Ende des ‚Jahres. 

Wir glauben nun sicher auf Grund dieser und ähnlicher 
Beobachtungen, dass auch in der heissen Zone die Mehrzahl 
der Falter in zwei getrennten, den beiden Jahreshälften ent- 
sprechenden Flugperioden auftritt, wenn dieselben auch nicht 
immer so scharf auseinander gehalten sind wie bei dem letzt- 
genannten Thiere, und hierher werden namentlich diejenigen 
Falter gehören, die zeitweise in grösserer und auffallender 
Anzahl sich zeigen. Dagegen giebt es sicher auch viele andere 


294 Hahnel: 


Arten, besonders seltnere, im Walde sich haltende, die mehr 
oder weniger nach Massgabe jenes andern Beispiels sich 
ziemlich gleichmässig auf das ganze ‚Jahr vertheilen, Arten, 
die gewissermassen stets vorhanden sind, nie aber zahlreich, 
obeleich auch bei ihnen zu gewissen Zeiten das Erscheinen 
ein rerelmässigeres und stärkeres sein wird, als in andern 
Monaten, die ihrer Flugzeit im allgemeinen weniger günstig sind. 
Nirgends war uns die Zeit so gleic hmässig, so ohne alle 
Zwischenfälle verlaufen, wie hier in Pebas. Das einzige Er- 
eigniss des Monats bildete die regelmässige Ankunft des 
Dampfers, sonst ging gewöhnlich ein Tag wie der andere hin. 
Abwechselnd war mehr Regen, mehr Hitze, auch dazwischen 
trüberes Wetter, bald reichere, bald geringere Beutezeit, aber 
bei all diesen leichteren Schwankungen blieb sich doch immer 
gleich das Gefühl des ewigen, unvergänglichen Sommers, das 
im Grunde einen Tag soviel gelten liess wie den andern. 
Obgleich wir nun der vielen seltenen Arten, namentlich 
der Agrias wegen gern noch auf längere Zeit unsern Aufent- 
halt hier ausgedehnt hätten, so entschlossen wir uns doch, 
nachdem wir acht Monate hier g„eweilt, wieder ein Stück 
weiter vorzurücken, und so brachen wir denn im November 
nach dem nur eine Tagereise von hier entfernten Iquitos auf, 
(ler Hauptstadt des Departements und zugleich der Endstation 
der regelmässigen Dampferlinie. | 


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Iquitos. 


Die Physiognomie dieses Ortes, der vermöge seiner Lage 
in der Nähe der Mündungen des Napo und des mächtigen | 
Ucayale der bedeutendste Handelsplatz im östlichen Peru ist, 
war eine ganz verschiedene von der Umgebung, an die wir 
in dem stillen Pebas gewöhnt waren, und zwar. nieht nur 
was das Ansehen und die Lage des Ortes betrifft, ‚sondern 
auch, was uns hauptsächlich anging, in Bezug auf die Art 
des Waldes und die davon abhängige Insektenwelt. 

Fast alle die Arten, die wir in Pebas mit leichter Mühe 
in. grösserer Anzahl erlangen ‚konnten, die Papilios, die 
Catagrammas, die Pandoras u. s. w. traten hier durchaus 
zurück, und dafür erschienen in den lichten Wäldern in der 
nächsten Umgebung des Ortes die seit den Faneplätzen am untern 
Strome überall nur sehr spärlich vorgefundenen Morphiden in 
einer verhältnissmässig sehr reichen Arten- und: Stückzahl. 


Emcomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 295 


Namentlich war es eine Stelle aufdem nach der kleinen 
Colonie San Miguel führenden Wege, — da, wo derselbe eine 
sumpfige Niederung schneidet, — wo sich uns eine äusserst 
einstige (relegenheit zum Anstand auf diese 'Thiere bot, so- 
dass wir an demselben täglich, fast ohne Ausnahme, während 
unsers ganzen Aufenthalts die Vormittagsstunden verbrachten. 

Der erste am Morgen, wenn wir zwischen 7 und 8 Uhr 
unsern Stand eingenommen, war der fernleuchtende Menelaus, 
(var. Melacheilus) («dieses herrliche, grosse Thier, das uns 
schon in Obidos so oft zur Freude gereicht hatte. Wenn er 
von jenseits der Niederung in hohen, mächtigen Sätzen den 
Weg herabkam, hier und. da seitswärts abschwenkend, wie 
um zu recognosziren an den Gebüschen, einen wie prächtigen 
und stets aufs neue bezaubernden Anblick gewährte dann 
immer dieses spiegelnde Blau. Denn je grösser und. pracht- 
voller ein Thier, um so mehr kommt auch seine Schönheit 
erst zur Geltung, wenn es uns in der Bewegung entgegentritt, 
in. der Umrahmung der Natur und als Einzelgestalt, während 
in der starren Reihe der Sammlung, wo der Contrast der 
Umgebung fehlt, die einzelne Schönheit meist  erdrückt 
oder doch niedergehalten wird von dem Gesammtbild der 
Menge. 

Da dieses Prachtthier, das hier in jedem Monat des 
‚Jahres vertreten war, zu gewissen Zeiten ziemlich zahlreich 
erschien, so konnten wir an manchen Tagen ein halbes Dutzend 
oder mehr von besseren Stücken erlangen, was dann immer 
eine schätzbare Grundlage bildete für den Erfolg des Tages, 
selbst wenn andere Sachen dann etwa spärlich  ausfielen. 
Trotz. der mächtigen Sprünge bot sein Fang nur. wenig 
Schwierigkeit, wenn nur in Ruhe ‚der Augenblick abgewartet 
war, wo er über das in den Weg gehaltene Netz hinwegsetzte. 
Einen besonders anziehenden Anblick gewährte es aber dabei, 
wenn ein oder der andere, scheuend vor dem Netz, plötzlich 
sich zurücklehnend hoch aufwärts bäumte, ein Aufschwung, 
der soleh einem mächtigen Thier immer einen höchst kriege- 
rischen, harpyenhaften Anstrich verlieh. 

(segen 9 Uhr dann, wenn nur noch selten ein Menelaus 
sich zeigte, erschien in der Ferne, hoch zwischen den Zweigen 
der Bäume heraustretend, der dunkle Streif eines Perseus, 
und in seiner eigenthümlichen Flugart stossweise heraufkommend, 
z0g er in unerreichter Höhe über uns hinweg, wm seitwärts 
über den Spitzen einer Lichtung zu verschwinden. 

Doch da erglänzt auch schon die lichtblaue schlanke 


296 Hahnel: 


Gestalt emes M. Adonis zwischen dem Grün der Zweige und 
kommt mit raschem, eiligem Flügelschlag auf uns zu. Schnell 
ist das Netz, das wir inzwischen, seit der Menelaus vorüber, 
an eine längere Stange befestigt, hinter ihm her und bringt 
ihn aus einer Höhe von 12 Fuss nach dem Boden herab. 

In schneller Folge erscheinen noch einige Stücke dieser 
reizenden, silberblauen Thiere, bald hier bald, da aus dem 
(rezweig: hervorbrechend, über den Wee kreuzend und zumeist 
dien Liehtungen zwischen den Bäumen folgend, in denen sie dicht 
über die Spitzen und die Gontonren der Zweige eilig dahinseeeln. 

Bald auch fesselt nun unsre Blicke die stolze Erscheinung 
einer seitwärts über die Gebüsche der Niederung in den Wee 
hereintretenden Cisseis, diese herrliche Gestalt, die wir zu- 
letzt vereinzelt in S. Paulo angetroffen, die aber hier auf 
dem Nortdufer des oberen Stromlaufes oft eine prächtig: violett- 
braune, der Hecuba-Farbe sich nähernde Schattirung zeiet, 
sodass sie als besondere Varietät den Namen Phanodemus 
führt. "So ruhig nnd langsam anch der Flug dieses Tihieres 
in der Ferne erscheint, so geht er doch schnell genug dahin, 
wenn wir aus der Ferne ihn betrachten, und namentlich 
frischere Tbiere haben in der ersten Stunde ihres Fluges oft 
ein ziemlich lebhaftes Tempo. 

Einen ganz eigenartigen Anblick gewährt es, wenn diese 
grossen, ruhig dahinschwebenden Gestalten. plötzlich kopfab- 
wärts schiessen, wie ein Stier mit eesenkten Hörnern, und 
stufenweise immer tiefer herabkommen, um dann anscheinend 
nur mit Mühe wieder in die Höhe zu steigen. Erst als wir 
wiederholt Exemplare mit zahlreichen, eieenthümlich kurzen 
Schrammen gefangen, erkannten wir aus diesen, dass sie zu 
jenen heftigen Stossbeweenngen durch die Angriffe von Neu- 
ropteren zetrieben werden, die besonders an sumpfigen Stellen 
von den Spitzen dürrer Zweige herab der Falterwelt auf- 
lauern, und vor deren frechen Belästigungen, die in diesem 
Falle offenbar mehr aus Uebermuth denn aus Beutelust er- 
foleen, selbst diese Riesengestalten nicht sicher sind. 

Aehnlich, nur weit heftiger geht mitunter ihr Flug, wenn 
das Netz sie fehlte und sie nun im wildesten Schreeken tief 
herab stürmen, um dicht über dem Boden hin zurück m die 
(sebüsche zu flüchten; eine Flucht, zu der sie indess mr 
dann übergehen, wenn das Netz über sie hinausschlug, während 
alle unterhalb oder hinterher ausgeführten Bewerungen sie 
nie aus ihrer Ruhe bringen und sie höchstens veranlassen, 
etwas höher zu steigen. 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 297 


Eine Pause tritt ein. Höher und höher rückt die Sonne 
zum Zenith, währenddem nur etwa ein schneller Neoptolemus 
noch im Wege heraufkommt oder ein paar scheue, im Ge- 
büsch bald wieder verschwindende Achilles. Da — während 
wir halb in Träumereien versunken dem Spiele dunkler 
Heliconier zuschauen, die über dem Wege im gemessener 
Ruhe anf und ab ziehen und dann und wann zu einem vor- 
überfliesenden bunten Falter schnell sich herabsenken, — 
leuchtet es plötzlich drüben hoch zwischen den Zweigen wie 
das Blitzen eines Kdelsteines, und einen Augenblick später 
tritt aus dem Dunkel des Laubes in stürmischer Fahrt die 
im tiefsten Blan erelänzende Gestalt des M. Rhetenor hervor. 
Aber so eili@ wir auch gleich bei dem ersten Erblicken des 
Thieres die Stange mit dem Netz ergriffen, um sie fanggerecht 
zu halten — die Schnelle des Fluges. des wellenförmigen Auf- 
und Absteigens und die grosse Höhe von gegen 20 Fuss, die 
(der Flug festhält, gestatten es ums nur selten, trotz des Riesen- 
umfanges des Netzes, des T’hieres habhaft zu werden. *) 

Nachdem uns somit längere Zeit hindurch dieses T'hier, 
das uns unter allen gerade das werthvollste und begehrens- 
wertheste sein muste, fast immer unerreichbar «eblieben, er- 
richteten wir uns endlich dicht am Weee, an einer Stelle, 
wo durch die anstehenden Bäume die Flusbahn der Thiere 
eine ziemlich beengte war, ein gegen 15 Fuss hohes Gerüst, 
sodass wir uns also auf demselben in ziemlich gleicher Höhe 
mit diesen Thieren befanden. Auf diesem Thurmsitz nun, 
von dem aus uns auch alle vorbeipassirenden, niedriger fliegen- 
den Adonis und Phanodemus, sowie auch die hochziehenden 
Perseus erreichbar waren, erwarteten wir dann fortan in 
geduldigem Harren von zehn Uhr ab- bis gegen eins den er- 
sehnten, in sonderbarer Regelmässiekeit meist nur einmal am 
Tage eintretenden Moment, das in der Sonne funkelnde Thier, 
diesen stolzesten Reiter der Lüfte daherkommen zu sehen. 
Mit kräftigem und doch wenige merkbarem Flügelschlag 
segrelt er heran, auf und ab tauchend wie auf mächtigen Woeren, 
ganz hierin dem ihm ähnlich geschnittenen Papilio Lyeidas 
sleich. aber nie zögernd wie dieser, sondern stets mit ge- 
waltiger Schnelle vorwärts eilend, der Führung des Weges 
*) Die vortreffliehen grossen Netze, deren wir uns hier bedienten 
(ein weitmaschiges Seidengeflecht mit zerlegbarem, sehr leichtem Bügel) 
verdankten wir jenem bereits erwähnten Mr. Stuart, den wir bei unsrer 
Ankunft hier angetroffen und der sich dieselben für den Morphofang, dem 
er mehrere Monate hier obgelegen, eigens construirt hatte. 


298 Tlahnel 


folgend, der unter ihm am Boden dahinläuft. Kein Falter 
überfliegt ein weiteres Gebiet als dieser König der Wälder, 
der in 2—3 stündigem, gradaus eilendem Fluge vielleicht 
30 Kilometer und mehr am Tage zurücklegt und dann wohl 
erst in einer Entfernung wie die Elbe vom Rhein die 
(senossin endlich - findet, der er auf tagelang einsamer 
Fahrt nachgezogen, unaufhaltsam über Wälder und Wasser- 
flächen dahin. 

Hier in der Höhe, wo wir ihm soviel näher gerückt. 
waren, glückte uns nun sein Fang meist wit Sicherheit, und 
da öfters auch von rückwärts’ her diese 'Thiere erschienen, 
so bedienten wir uns, da eine Theilung der Aufmerksamkeit 
nach zwei Richtungen hin nicht durchzuführen war, für die 
Beobachtung der Rückenfront der Hilfe eines vor uns an der 
Brustwehr befestigten Spiegels, zwar nicht mit allzu oft be- 
lohntem, dann aber auch stets mit um so verdienterem Erfolge. 

Trotz der gespannten Anfmerksamkeit, mit der wir diesem 
Vedettendienst oblagen, geschah es indess leider öfters, dass 
(durch eine momentane Unachtsamkeit das Herankommen eines 
Thieres zu spät erst von uns gewahrt wnrde und die  Kost- 
bare Beute uns somit enteine. Wenn dies an Tagen geschah, 
an denen kein Menelaus, kein Adonis, kein. Phanodemus 
sich gezeigt und alle Hoffnung auf diesem einzigen, stereotypen 
Rhetenor stand, auf den man nun stundenlang schon, den 
Schweiss nicht achtend, der in Rinnsalen an den Fersen herab- 
tropfte, unverwandten Auges gefasst, und nun durch das Ver- 
hängniss eines Augenblickes dieses einzig mögliche Beutestück 
unwiederbringlich dahin war, — wahrlich, da empfand 
man in tiefster Seele die perfide Bosheit des Götterneides, 
über deren Stachel auch keine Sturzwelle von Monologen 
dann hinweehalf. Und dergleichen Tage einer höhnisch ge- 
täuschten Erwartung waren keineswegs selten. 

Ausser den genannten Morphiden, die sämmtlich zu 
Zeiten sich öfters sehen liessen, war es dann noch eine äusserst 
seltene Art, die hier vorkam, die wir indess nur einmal 
fingen und ein oder zweimal noch fliegen sahen, während wir 
bereits in Pebas ein einzelnes Stück davon hatten erlangen 
können. Es war dies M. Uraneis, dem Adonis ähnlich, nur 
erösser und von noch etwas lichterem Blau als dieser, auch 
(diesem nahestehend in der Flugart, die indess gleichmässiger 
und nieht so hastie dahingeht wie bei jenem. 

Ein eigenthümliches Exemplar von M. Adonis mit 
fehlendem weissen Fleck am Vorderrande und mit verwaschener 


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Entomologische Erinnern ungen an Biid- Amerika. 299 


gelblicher Unterseite hielten wir anfangs für eine neue Art; 
doch da wir unter der reichen Anzahl von Adonis-Stücken, 
die wir mit der Zeit fingen, kein gleiches mehr fanden, so 
dürfte dasselbe wohl.als eine blosse Aberration von Adonis 
anzusehen sein, als welche es allerdings in hohem Grade 
merkwürdig ist. 

Von der schönen Agri ias Stuarti sahen wir öfters ein 
Stück hoch aus den Zweigen eines Baumes herabkommen und 
halb schwebend, halb flatternd in grosser Höhe über dem 
Wege entlang ziehen, doch nur selten liess sich eines tiefer 
herab, vom Geruch des Ananasköders u. s. w. angezogen, sO- 
dass wir im ganzen nur sehr wenige dieser 'Thiere erbeuten 
konnten. Um uns veranlasst zu fühlen, von unsrer Warte 
herabzusteigen. musste es schon solch eine hochfeine Art sein, 
oder doch zum mindesten eine Gallithea oder einer der grossen, 
mitunter an dem morastigen Wasser erscheinenden Papilio- 
Arten, Ctesias oder Xanthopleura; alle andern Papilios und 
Nymphaliden aber durften, solange wir oben Posten standen, 
unbeeehrt und wunbehelligt im Wege da unten ihr Spiel 
weiter treiben. 

Nur eine Gastnie war es noch, die uns zu augenblick- 
lichem Herabsteigen verlockte, sowie sie, was indess höchst 
selten geschah, im Wege sich zeigte. Es war dies Castnia 
Cronida, auffallend durch ihre weisse Farbe, die sie uns 
anfangs für einen stürmisch «dahineilenden weissen Papilio 
halten liess, bis ihr Kehrtmachen und der eradehin schiessende 
Flug uns die Ueberzeugung gab, dass wir es mit einem dieser 
Motten- -Diekköpfe zu thun hätten. 

Eine andre höchst seltene Gastnie, (. Rutila, (lie wir 
bei ihrer rostrothen Färbune für eine Colaenis ‚Julia genommen 
hätten, wenn nicht ebenfalls ihr Flug uns anders belehrt 
hätte, erhielten wir von unserm Thurme aus in grosser Höhe 
über uns, ein Fang, der ums eine ganz besondere Genugthuung 
gewährte, da dies "Thier wegen seines ausnehmend hohen 
Fluges, — «denn wir sahen es bis 40 Fuss hoch um die 
epiphytischen Blattgewächse der höheren Banm welt flattern, — 
wohl stets zu den seltensten Fangstücken gehören wird. 

Ich bin nieht sicher, ob es nicht noch eine dritte höchst 
feine Castnie ist, die an dieser Stelle flog. Das Thhier, das ich 
hierbei im Sinne habe, (es flog Mitte November) konnte ich zu 
meinem Bedauern nicht erbenten, da es, obgleich es bereits im 
Netz war, wegen seiner geringen Grösse durch die Maschen 
desselben wieder entging. Ks hätte für dasselbe des Gazenetzes 


>00 Hahnel: 


bedurft und zwar an langer Stange, denn es flo@ gesen 
15 Fuss hoch. Das auffallendste an diesem T'hiere, das ganz 
und gar den heftigen, geraden, etwas schwankenden Flug der 
(astnien zeigte, war seine ganz aussergewöhnliche hellblaue 
Färbung, die etwa an Thecla Marsyas oder Pyrrhopyge 
Vulcanus erinnerte und die es in jedem Falle zu einem höchst 
merkwürdigen Thiere stempelt, von dem zu wünschen wäre, 
(lass es bald einmal herbeirebracht würde. 

Die vielen in der Reihe der Monate hier verbrachten 
Stunden wurden uns trotz der an zahlreichen Tagen äusserst 
(dürftigen Ausbente und trotz der so geringen Abwechslung, 
(lie die Fangobjekte boten, dennoch oft zu den glücklichsten 
und stimmunesvollsten, die einem entomologischen Herzen be- 
schieden sein können. Stets umweht und umflossen von dieser 
ewie sommerlichen 'Iropenluft, war es uns oft in der be- 
schaulichen Ruhe, der wir uns hingeben konnten, als ergösse 
sich ein paradisiescher Schimmer über die ganze Welt, als weitete 
sich die Seele, um in vollen Strömen in sich aufzunehmen 
alles Glück und alle Wonne des Daseinsgefühls. Sanft und 
kosend weht uns ein balsamischer Imfthauch an, die grüssende 
Spende einer im Verborgenen erblühten Blume oder eines 
vankenden Strauchs.  Träumerisch schweift das Auge über 
die Waldwand hin, durch deren Wipfel ein leises Wehen geht, 
und bleibt dann haften an den zitternden Fiederblättehen 
eines Palmenwedels, — ein spielendes Flimmern in Weiss 
und Grün, ein flüsternder Akkord, dann wieder still und reg- 
los jedes Blatt. 

Aber inder Ruhe der Natur tönt unablässie hoch aus den 
Zweigen das Zirren und Zirpen der Cikaden und Orthopteren, 
ein gemischter, aber wunderbar in einander klingender Chor 
von Trillern und schwirrenden Geigen und langgezogenem, 
stahlfeinem Klingen: tene, tang, tsineg. Kin ununterbrochener 
Wettstreit der Töne, bei dem man sich hineinträumt in das 
Lebensgefühl, in das Sehnen und die Lust dieser Sänger, die 
auf der eleichen Himmelsleiter der Gefühle aufwärts streben 
wie unser eigenes menschliches Geschlecht. 

Und zwischen hinem in diese Sphärenmusik tönen 
einzeln dann die Stimmen der Vogelwelt, die mit lauterem 
Schall den Wald am Morgen belebten. Hier und da noch 
irbt ein einzelnes Pärchen sein zärtliches Duett, das Männchen 
in den Zweigen singt hell und voll die kurzen Strophen, und 
sie, die Geliebte am Boden unten, fällt am Schlusse in andrer 
Ponart ein. Oder es lässt sich leise wie fernes Fröschequaken 


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4 
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Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 301 


das murmelnde Geplauder einer Heerde Anü vernelimen, 
schwarzer Elstergestalten, die, langsam von Zweig zu Zweig 
flatternd, die Niederung entlang durch die Gebüsche ziehen. 
Oder aus der Ferne von einem Baumwipfel her gellt der 
hohe modulirte Schrei eines Schlangenbussards, der vollend 
beeinnt, allmälig dann übergeht in ein langgezogenes, minuten- 
lang wiederholtes jä — hä — und endlich matter werdend mit 
intermittirendem jä — hä — häden gellenden Gesang beschliesst. 
Ueber uns aber, hoch aus der Luft erschallt da der laute 
markige Schrei eines Arära-Paares, das auf der langen 
Wanderung begriffen nordwärts steuert nach den Frucht- 
plätzen eines andern Stromgebiets. Und während dann wieder 
unsre neidischen Blicke den eleganten, schnellen Kometen- 
bahnen eines hoch über dem Walde dahinziehenden Gabelweih 
folgen, braust plötzlich durch die Luft wie das Sausen eines 
Meteors das Rauschen von Geiern, die aus der Höhe hernieder- 
fegen in stürmischer Jagd. 

Doch immer Ba endor wird die Luft und immer stiller 
der Wald; auch das Streicheoncert der Gradflügler geht all- 
mälig mehr decr escendo, und nur etwa noch das kurze Hämmern 
eines Spechtes erschallt aus einem Wipfel, oder die Nacht- 
schwalbe, aus dem Schlaf erwachend und zögernd anhebend, 
lässt vom Boden herauf ihren seltsamen Ruf ertönen: uött — 
uött = ,— | — UottUrä0. — 

Die träumerisch brütende Stunde Pans liegt über dem 
Wald, und wir segeln dahin in voller Fahrt in die bunte 
Traumwelt der Gedanken. Da aber plötzlich durchzuckt uns 
wieder das Gefühl der Gegenwart, denn über den Spitzen der 
(sebüsche erscheint — zu so später Stunde noch — eine 
königliche Phanodemus-Gestalt und schwebt heran, ruhevoll, 
still und geisterhaft, wie der Schutzgeist der (reheimnisse des 
Waldes. Ein Anblick, von oben herab gesehen wahrhaft 
zauberisch, und noch in Gedanken, wenn bereits die papierne 
Hülle die edle Beute umschliesst, hängen lange die Blicke der 
herrlichen Erscheinung nach. 

Doch von neuem dann versinken wir in das weite Meer 
süsser Träumerei, und lassen uns. hintreiben auf der schaukelnden 
Fluth fernhin zu blumenreichen Auen im Weltparadies, zu 
den elysischen Gefilden, die ein kommendes Jahrhundert einst 
dem Dienst der Diana weiht. Ein Arkadien der Falterwelt 
erblüht da vor unsern Augen, und aus allen Zonen vereint 
schweben dahin im  goldigen Sonnenschein die farbenfrohen 
Kinder der Luft. Duftige Gestalten, die Psyche einst er- 


3023 Hahnel: 


schaffen in süssem Sinnen, als sie, Blumensterne entblätternd, 
die fallenden Blättchen mit Leben versah und sie hinflattern 
liess über die grüne Flur als traute Spielgenossen der Blumen- 
welt. Und dort im heiligen Hain entfliegen ihrer Götterhand 
immer neue Grebilde noch, reizend alle und stets neu ge- 
schmückt, hineilend in die Weite, wo einsam und weltver- 
gessen bei entfernten Dryaden ein Blumenkind des himm- 
lischen Grusses noch harrt. \Wonne strahlt da im Auge des 
jardfrohen Wildwarts, der ausspähend die neue Bente kaum 
erblickt, sie erhascht mit geschiektem Griff und eilig sie hin- 
trägt nach den schätzereichen Hallen des Heiligthums. Viel 
bewundert wird da die Unbekannte und eifrig ausgeforscht 
von der Corona der kündigen Priesterschaft, um dann, mit 
Rang und Namen versehen, eingereiht zu werden in die grosse 
liste der Mitwesen auf dieser Welt. | 

Denn zum Dienst der Göttin ist drinnen vereint der 
Priester ehrenreiche, erlesene Schaar, Lieblinge der (Götter, 
die ihres Amtes warten, ungestörter, akademischer Muse froh. 
Ewig heiter auf ihren Stirnen thront die Charitin, und von 
ihren Lippen spricht Weisheit stets, nimmer abwärts gleitend 
in den Ton modernen Gelehrtenstreits. Reiche Opfergabe aber 
sendet der ländergebietende Herrscher dem Heiligthum, und 
aus allen Gauen wallt die Menge der ‚Jünger heran, beladen 
mit Schätzen und opferbereit, Jeder stolz, ein Freund zu heissen 
der Göttin. — 

Halt ein, begehrliche Phantasie! Die Gegenwart da 
drüben kennt von alledem nur ungefüge disjecta membra. — 

Und dennoch — der geträumte Park mit seinen Hallen — 
vielleicht wird er einst noch leben — wenn ein Mann sich 
findet mit weitem Herzen und mit reicher Hand! — Ob ilm 
die Zukunft bringt? — 

An Tagen, an denen eine reichere Ausbeute zu erwarten 
stand, begleitete mich meine Frau gewölmlich bis hierher, um 
an diesem Platze den Fane zu versehen, während ich mich 
weiterhin im Walde an einer andern Stelle postirte, bis dann 
die Rhetenor-Stunde mich wieder zurückrief. Oft geschah es 
mit einiger Besoreniss, dass ich meine Begleiterin allein zurück- 
liess. Denn obeleich der Weg ein ziemlich frequentirter war, 
so hinderte das doch nieht, dass monatelang ein Jaguar ganz 
in der Nähe seinen Wechsel unterhielt. Fast täglich waren 
an den sandigen Stellen des Weges die frischen Spuren seiner 
mächtigen 'Tatzen zu sehen, und mit einer gewissen Vorliebe 
wählte er namentlich auch unsern Anstand, um hier seine 


J 


Enmulasigche Erinnerungen an Büd- ‚Amerika. 303 


Losung abzusetzen. Trotzdem das Thier nicht nur uns, sondern 
auch aller Welt hier im höchsten Grade verhasst war, indem 
bald da, bald dort, oft mitten in den Vorstadtgärten, ein Hund 
oder ein Schwein ihm Nachts zum Opfer fiel, so gelang es 
doch erst nach langer Zeit, dasselbe zu erlegen. 


Uns speziell interessant war dieses Thier noch duch 
em Abentener geworden, das ihm mit unserm Morpho-Netz 
passirt war. Ich hatte das Netz eines Tages, da ich gerade 
noch einen weiteren Weg vorhatte, im Walde zur ückgelassen, 
und als ich es am andern Morgen aus dem Gebüsch hervor- 
nehmen will, woich es aufrecht angelehnt hatte, ist es daselbst 
verschwunden. Endlich sehe ich es zerbrochen und zerfetzt 
am Boden liegen, und als ich es aufnehme, erkenne ich aus 
den an den zerbrochenen Reifen haften gebliebenen Haaren, 
dass der Attentäter mein College „Tiger“ gewesen, der, auf 
seinem Pirschwege hineingerannt, sicher höchst ärgerliche 
Minuten dazu gebraucht haben mochte, um sich aus der 
lästigen Verstrickung zu befreien. Jedenfalls dürfte er wohl 
das grösste Stück Wild gewesen sein, das je in ein Schmetter- 
lingsnetz gegangen. 


Unter den mancherlei Begegnungen mit Schlangen, die 
wir hier hatten, ist uns besonders eine in ausnahmsweise an- 
senehmer Erinnerung geblieben. Eines Morgens, als wir auf 
unserm Stande ankamen, leuchtete uns aus dem grünen 
Lycopodium am Wege ein rother Streif entgegen, und näher 
tretend sahen wir, dass es eine grosse, prächtige, roth-schwarz- 
gelbe Korallenschlange war, die gerade im besten Verdauen 
eines ebenso prachtvollen und fast gleich erossen T’hieres, 
eines schwarz und rothen Korallenrollers begriffen war. Mit 
grösster Mühe würgte nun das Thier das obere Ende der 
Beute wieder heran, deren Kopf und Hals bereits völlig ver- 
daut war: eine Scene, die zumal bei dem reizend bunten An- 
sehen dieser beiden feindlichen Vettern eine äusserst inter- 
essante war. 

Schlangen bringen dem Jäger Glück — ein klein wenig 
Aberglaube begleitet ja den Menschen überall hin durchs 
Leben ; ist doch der Aberglaube die älteste Form unser Weis- 
heit! Also fanden wir es denn a eonto der Schlangen an 
diesem Tage ganz in der Ordnung, dass wir dann Mittaes 
mit nicht weniger als drei Rhetenor von unserm Thurm 
herabstiegen, die höchste Zahl, die wir von diesem Thiere an 
einem Tage erlangt. 


304 Hahnel: 


Jurimäaguas. 


Mitte März bot sich uns die erwünschte Gelegenheit, 
mit einem Dampfer weiter stromauf zu gehen, und zwar bis 
zu dem an einem Nebentlusse des Solimoens, am Huallaga ge- 
legenen ‚Jurimäguas, an welchem Platze die Schifffahrt wegen 
der beginnenden Stromschnellen ihr Ende erreicht. Die Reise 
dauerte volle 5 Tage, und obgleich der Dampfer überaus stark 
besetzt war, indem die Passagiere zum Theil seit Monaten 
schon in Iquitos sich angesammelt hatten, so gehörte die Fahrt 
doch zu den angenehmsten, die wir auf dem Strome zurück- 
oeleet. Der Dampfer „Morona*, der die Erinnerungen Rn 
Abenteuer eines altgedienten Veteranen hinter sich hatte, wa 
im Unterschiede von allen andern am Strome Vebieähreniden 
Fahrzeugen nicht brasilischer Herkunft, sondern Peruaner, der 
einzige dieser Flagge, also schon deshalb überall hier oben 
mit einem gewissen nationalen Stolze begrüsst; und ebenso 
galt der Capitän, „Don Charles“, ein Amerikaner, seit langen 
Jahren schon für die populärste Persönlichkeit am ganzen 
Amazonas. „leh bin immer froh“, — lachte er im Gedränge 
der Abfahrt mit emem gutmüthigen Grinsen uns an, — „ich 
bin immer froh, wenn ich alles oben seh’, aber wenn Ihr 
alle wieder herunter seid, bin ich noch mehr froh“; —- eine 
Liebenswürdigkeit, die denn auch natürlich «die heiterste Auf- 
nahme fand. 

Die angenehmste Abwechslung bildeten jene täglich sich 
wiederholenden Aufenthalte, die der Dampfer an den kleinen, 
neist mit einer Brennerei verbundenen Holzstationen nahm. 
Da nun am ganzen Strome bis Manäos hin die Kaufleute und 
Beamten alles unter einander Bekannte sind, so wurden dann 
diese Visiten, namentlich auch auf Seiten der Donnas stets auf 
das ausgiebigste benützt, und ganz allgemein stand bei solchen 
(Gelegenheiten jedes billige Vergnügen, wie das Plündern von 
Orangenbäumen und Rosensträuchen und der Genuss des frisch 
aus der Presse kommenden Zuckerrohrsaftes in liberalster Weise 
frei. Manche dieser Ansiedlungen waren erst in. den letzten 
Jahren entstanden, andere dagegen, die wir auf den Karten 
verzeichnet fanden, existirten nur noch in der Vergangenheit, 
wie Urarinas und andere, und keine Andeutung. liess mehr 
erkennen, wo dieselben einst gestanden. 

Die letzten Stunden vor ‚Jurimäguas herrschte an Bord 
ein unbeschreiblicher Tumult, indem nun in der tollsten Weise 
noch ein Abschiedsball gefeiert wurde, zu dem ein paar kräftige 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 305 


Vorsänger die melodienreichen Lieder des „bayle* sangen, — 
mit wahrem furore natürlich, — während die Beeleitung in 
einem rasenden allgemeimen Trommeln und Stampfen bestand. 
Es war prächtiger Mondenschein, als wir ankamen, und die 
am Abhange des Ufers versammelte Einwohnerschaft nahm 
sich, regungslos wie alles stand, im ihren hellen Kleidern wie 
eine zerstreut lagernde Heerde Schafe aus, in die erst all- 
mählich etwas menschliche Bewegung kam, als endlich der 
Dampfer' angelegt hatte. „Wie getts?* ruft da von unten 
eine Stimme an das Deck herauf. „Ganz eutt!* erwidert in 
demselben Dialekt der neben uns stehende Angeredete, den 
wir unterwegs als quasi Landsmann kennen und schätzen ge- 
lernt hatten. „Das is dort mein Vetter, von dem ich Ihnen 
erzählt, und mit dem ich in Darmstadt zusammen auf der 
Schule war!“ — Ein äusserst anheimelnder Klang, in so ent- 
legener, Ferne deutsche Laute zu vernehmen und dazu von 
fremden Lippen! Bald darauf machten wir auch die Be- 
kanntschaft eines hier ansässigen Amerikaners, der uns mit 
erösster Liebenswürdiekeit für die nächsten Tage in sein 
Haus aufnahm. 

Da wir uns bald überzeugten, dass in der näheren Um- 
sebung des Ortes keine sehr günstigen Fanggelegenheiten vor- 
handen waren, so kam es uns sehr erwünscht, als uns ein in 
der Nähe angesessener Franzose, Mr. Bombassin, das freund- 
liche Anerbieten machte, zu ihm auf seine Besitzung hinaus- 
zuziehen, die, inmitten prächtiger Waldung am Ufer eines 
(ebirgsflusses, des Paranapura, gelegen, uns eine weit reichere 
Ausbeute versprach als die etwas abgeholzte Umgebung der 
Stadt. Die Reise dahin mussten wir, unter Verzicht auf 
den kürzeren Fussweg, unsers Gepäcks wegen im (and, einem 
langen Einbaum, zurücklegen. 

Kurz vor unsrer Abfahrt war indess im Paranapura 
gerade Hochwasser, sodass wir nur mit grösster Anstrengung 
vorwärts kommen konnten und wir uns schliesslich, als wir 
kaum die Hälfte des Weges zurückgelegt hatten, von der 
Nacht überfallen sahen, während eleichzeitig nun auch ein 
(sewittersturm die Waldunge durchbrauste Nur die über- 
inenschlichen Anstrengungen unsrer Leute ermöglichten es, in 
diesem aufreibenden Kampfe mit der reissenden, das Flussbett 
bis an die Zweige füllenden Strömung noch bis zu einer Hütte 
vorzudringen, deren Lichtschein lange Zeit uns wie unerreich- 
bar entgegengeschimmert hatte. Spät am andern Vormittag 
langten wir dann in „Chambira“* an, wo Donna Luisa, unsre 

20 


306 Hahnel: 


liebenswerthe nunmehrige Wirthin, bereits in einiger Sorge 
um uns gewesen war. 

Die Erscheinungen, die sich uns in dieser den Bergen 
zwar schon sehr nahe, immerbin aber noch durchaus ebenen 
oder doch nur leicht gewellten Gegend boten, waren — abge- 
sehen von den Morphiden, die nur sehr spärlich sich zeigten, — 
im ganzen dieselben wie an den zuletzt besuchten Orten. Vor 
allem begegneten wir hier, wenn auch immer nur in einzelnen 
Stücken, den. schönen Callithea-Arten: Markii, Optima, 
Degandii, Buckleyi, und einer Varietät der in Pebas ange- 
troffenen Srnkai und sodann den prächtigen Catagrammen, 
unter denen namentlich auch die blau und roth spiegselnden 
Hesperis und Zelphanta in einiger Anzahl zu erlangen waren. 
Eine auffallende Abweichung in Bezug auf Färbung bot die 
kleine €. Eunomia dar, die hier fast immer gelb oder doch 
nur mit geringem Anflug von Roth auftrat, während wir sie 
in S. Paulo fast durchgängig nur mit rother Färbung gefunden 
hatten. Besonders zahlreich waren auch die Apaturen vertreten, 
von denen hier nicht weniger als 5 Arten sich zeigten, eben- 
so auch die Sippe der kleinen Phyeiodes, unter denen nament- 
lich die gegen ihre Verwandten so auffallend abstechende, 
schwarz und rothe Acraeina eine sehr zierliche Gestalt war. 
An Ansehen sehr verschieden von letzterem so benannten 
T'hierchen war eine neue sehr unscheinbare Species der 
Gattung Acraea selbst, die ihrer halbdurchsichtigen Flügel 
wegen den Namen Subhyalina erhalten*) hat. Die inter- 
essanteste Erscheinung aber, die sich hin und wieder in Ge- 
sellschaft dieser Thiere um die Hütten herum treffen liess, 
war der grosse, prächtige, mit blauen Flecken gezierte 
Napeoeles Jucunda, ein Thier, das wir nur einmal bei Obidos 
und einmal bei Manäos angetroffen, seitdem aber am ganzen 
Strom aufwärts nie wieder gesehen hatten, sodass «dieses 
sporadische Auftreten darauf hinzudeuten scheint, dass der 
Verbreitungsbezirk dieses Thieres wohl im Abnehmen  be- 
eriffen. ist. 

Während wir am Wasser meist alle die bekannten Strand- 
thiere, die unter den Papilios, Pieriden und Nymphaliden 
hierher gehören, wiedertrafen und als neuere Erscheinungen 
hiervon nur etwa die schöne Hesperocharis Hirlanda, 
Perhybris Pisonis und namentlich die herrliche dunkelblaue 
Dynamine Gisella hervorzuheben wären, bot. uns dagegen 


*) Staudinger, Ex. Schm Taf 32. 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 307 


der stark mit Palmen durchsetzte, meist sehr hohe Wald 
weniger reiche Beute, sodass wir namentlich auch mit «dem 
Ködern nur wenig hier ausrichteten und uns daher mehr auf 
das öftere Ablaufen der Wege verlegten. Indess brachte uns 
der Köder doch wenigstens ein prächtiges Thier ein, wenn 
auch nur in einem Exemplar. Es war dies die seltene 
Batesia Hypochlora, mit der in Pebas gefangenen Hypo- 
xantha auf der Oberseite übereinstimmend, schieferblau und 
rosa, unterhalb aber statt des Gelb ein mattelänzendes Grau- 
erün zeigend. 

Unter den feinen Papilios, die wir bei dem Umherstreifen 
auf den Waldwegen trafen, war es ausser den seltenne Bolivar 
und Pizarro auch der kleine, schwarze, durch eine Reihe 
schwacher Punkte am Aussenrande der Vorderflügel sich kenn- 
zeichnende Chabrias, den wir einige Male hier fanden, nachdem 
uns an den bisherigen Orten nur höchst ‚selten einmal. dieses 
stets sehr niedrig und langsam im Gebüch hinziehende T'hier 
begegnet war. Auch die Heliconier waren hier in einigen 
sehr schönen Arten vertreten, wie Aurora, Isabellinus und 
andere, doch zeigten sich dieselben wie überall immer nnr sehr 
vereinzelt. Dagegen trat in grosser Anzahl, namentlich auf 
den im Walde gelegenen verwilderten Pflanzungen eine reiche 
Auswahl von Ithomiden auf, beispielshalber vom Genus 
Melinaea 5 Arten, ebensoviele Mechanitis, darunter die neu 
benannten Dorissides und Huallaga,*) und als bestes unter 
diesen Thieren eine neue Athyrtis, die den Namen Salvini **) 
erhalten hat. 

Eines der reizendsten 'T'hiere aber, die wir hier fingen, 
war. die leuchtend hellgelbe, mit, einer goldnen Saumlinie ge- 
zierte Astraeodes Areuta, ein Thierchen, das nur noch von 
Pernambuco her bekannt ist, also an einem von hier dureh 
eine ungeheure Entfernung getrennten Punkte. 

Nicht minder. prächtig, waren, wenn auch gerade keine 
neuen Erscheinungen mehr, da wir sie bereits auch an andern 
Orten angetroffen hatten, einige der Theelas, die wir hier 
fingen, so unter anderen auch die reizende Imperialis. Dieses 
Thierchen, das durch seine zierlichen Federanhängsel und 
seine elänzenden Farben, — oben blaugrün, unten matt gold- 
srün, — eine überaus reizende Erscheinung ist, interessirte 
uns besonders auch durch den feinen Vanilleduft, der von ihm 


*) Staudinger, Ex. Schm. Taf. 28. 
**) Staudinger, Ex. Schm. Taf. 30, 


308 Hahne]: 


herkam und den wir bei dieser glänzenden Färbung kaum 
vermuthet hätten. 


Wir hatten nämlich, — um bei diesem Gegenstande 
etwas länger zu verweilen, --- fast durchgehends gefunden, 


(dass ein bei Faltern und auch bei andern Insekten sich be- 
merkbar machender Geruch stets auch in einer gewissen 
Wahlverwandtschaft zu bestimmten, mehr oder weniger eng 
beerenzten Farbennüancen stand. So hatten wir diesen Vanille- 
eeruch meist nur bei 'T'hieren von einem tiefen, gesättigten 
Blau wahrgenommen, wie bei Aricoris Cepha, einigen Euse- 
lasien und Callitheen und anderen mehr, oder aber bei solchen 
von tiefbrauner und orangegelber Färbung, wie den Opsi- 
phanes und andere. Doch erinnern wir uns allerdings, den- 
selben auch beim Sesostris-Weib gefunden zu haben, und 
namentlich auch bei einigen Preponas. 

Weit auschliesslicher als dieser Vanillegeruch war der 
(Geruch von Honig an bestimmte Farben gebunden, indem sich 
dieser stets nur bei solchen Thieren zeigte, an denen auch 
in irgend einer Weise die gelbe oder röthlichgelbe Honigfarbe 
angedeutet war, wie bei den Perhybris-Arten Lorena, Pyrrha 
und Malenka, bei Daptonoura Leucadia und Hesperocharis 
Hirlanda, und ebenso auch bei den kleinen, am After gelb 
gefärbten Staphylinen, gleichviel ob wir dieselben an Palmen- 
blüthen oder an Exkrementen antrafen. In gleicher Weise 
war der dumpfe, moschnsähnliche Geruch, durch den sieh 
Papilio Varus und andere ihm verwandte schwarzgrüne Arten 
auszeichnen, nur bei solchen T'hieren wiederzufinden, die eine 
ähnliche stumpfe oder rauhe Farbenzusammenstellung tragen, 
wie namentlich der äusserst kräftig riechende Pap. Xantho- 
pleura und die grosse grau und gelbe Sphingide Protoparce 
Rustica und andere mehr. 

Im vollen Gegensatz hierzu steht dann der scharfe 
Knoblauchgeruch, welcher vielen @laucopiden eigen ist, wie 
namentlich den häufiger gefangenen Hestioea Proserpina, 
(alonotus Meones u. s. w.: denn so scharf und priekelnd 
dieser Geruch ist, so hell und glänzend sind dem entsprechend 
auch die bunten Farbentupfen, mit denen diese T'hiere ge- 
ziert sind. 

Bei einem so energisch fliegenden, glänzend gefärbten, 
und mit fest anfliexender Beschnuppung versehenen Thiere, 
wie M. Rhetenor es ist, fanden wir daher auch den kräftigen 
Schwefelgeruch, den wir bei frischeren Stücken wahrnahmen, 
im vollständigsten BKinklang mit dem ganzen Habitus des 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 309 


'Thieres, ebenso wie uns bei den weissen Papilios, deren scharfes, 
(dünnes Weiss ganz verschieden ist von dem Milchweiss der 
süssduftenden Perhybris, dieser selbe frische, schwefelige Ge- 
ruch der allein für sie passende schien. 

Die auffallendste Ideenverbindung aber, um nicht zu sagen 
Uebereinstimmung von Farbe und Geruch bot uns eine kleine, 
in Massauary gezogene Bombyeide, Hydrias Pudica. Dieses 
im übrigen graue 'Thier hatte einen rosafarbenen Leib, — und 
feinster, süsser Rosenduft war es auch, der von diesem T’hiere 
ausströmte und ‚den wir nie versäumten, von den frisch aus- 
gekommenen Stücken einzusaugen. Aehnlich überraschend war 
uns der mit der Färbung merkwürdig harmonirende Geruch 
eines Gradflüglers, dessen lange, schmale Flügel die frische 
blaugsrüne Farbe von Kiefernadeln trugen, und der in der That 
auch den hierzulande völlig fremden würzig kräftigen Kiefer- 
nadelgeruch von sich gab. 

Unter den mit sogenannten Duftpinseln versehenen Faltern, 
namentlich den zur Ithomiden - Gruppe gehörigen Arten 
konnten wir selten einen wahrnehmbaren Geruch fesstellen, 
und wenn. dies der Fall, so war derselbe meist ziemlich in- 
different. Auffallend war. uns nur noch bei einigen zur 
Thelxiope-Gruppe gehörigen Helieconiern ein veilchenartiger 
(Geruch, während bei einigen anderen Thieren, wie bei Co- 
laenis Juno und Dione Julia der Duft öfters einen säuer- 
lishen Stich hatte. 

Niemals aber fanden wir, abgesehen etwa von einigen 
dumpfig vriechenden, mattgefärbten Heteroceren, bei den 
Schmetterlingen wirklich unangenehme Gerüche, während 
solche bei den im allgemeinen weniger farbenhellen Käfern, 
zumal bei den dunkel oder matt gefärbten Arten sehr häufig 
ums entgegentraten, So namentlich hatten die unter todter 
kinde sich aufhaltenden Zophobas-Arten bei einem giftig 
schwarzen Aussehen einen äusserst beizenden Ammoniak-Geruch, 
während blasse Tetrachen und graue Staphylinen widerlich 
nach Aas und del. rochen und ebenso einige mattfarbige, an 
Früchte gehende Longieornen durch einen süsslich fauligen 
(Geruch anffielen, ganz im Gegensatz zu gewissen &länzend 
grünen Arten, die einen frischen, angenehmen Moschusgeruch 
verbreiteten. Ebenso fanden wir bei den Hemipteren, dass 
(die in harte Panzer gekleideten, oft glänzend oder Lunt ge- 
färbten Arten meist einen angenehm pikanten Geruch hatten, 
der ganz verschieden war von dem spezifischen Wanzengeruch 
der weicheren Gattungen. 


310 Hahnel: 


Doch genug hiervon! Jedenfalls fanden wir durch un- 
zählige Beispiele bestätigt, dass Farbe, und Geruch bei den 
T'hieren in enester Beziehung zu einander stehen, und sicher 
elauben wir, dass namentlich auch die Vögel schon von ferne 
aus der Färbung eines Thieres ganz dasselbe erkennen, was 
ihnen in der Nähe dann der Geruch und der Geschmae k in 
anderer Weise bestätigt. 

Ein zu der Familie der Lyeaeniden gehöriges Thier, das 
wir im Schatten des Waldes öfters hier fingen, war der merk- 
würdige, im System ziemlich isolirt stehende Eumaeus Minyas, 
ein hier, das uns stets durch Flug und Flügelhaltung, sowie 
durch die charaecteristische Zeichnung seiner Unterseite 
mehrfache Punktreihen und. scharf abgehobene Färbung der 
Hinterrandsfalte — auffällig an das sonst ihm sehr fern 
stehende Genus Callithea erinnerte. 

Es sei uns gestattet, über das eigenthümlich correspon- 
dirende Verhältniss, das oft zwischen Arten getrennter Sippen 
besteht und das uns bereits mehrfach aufgefallen, hier einige 
Bemerkungen mit anzuknüpfen, zumal wir uns mit der aus 
solchen Aehnlichkeiten gefolgerten und gang und gäbe ge- 
wordenen sogenannten Mimiery-Theorie nicht emverstanden 
erklären können. Nach dieser Theorie besteht nämlich in 
‘vielen Arten eine gewisse Tendenz, andere Arten nachzuahmen 
und zu kopiren, um unerkannt unter deren Flagge zu segeln 
und somit gleichfalls des Schutzes zu geniessen, dessen jene 
auf Grund besondrer ihnen anhaftender Kigenschaften Feinden 
gerenüber sich erfreuen. 

Diese Tendenz ist nun völlig verschieden von jenem 
ebenfalls mit „Mimiery* bezeichneten Anpassungsvermögen der 
Thiere an ihre Umgebung, jener ausgebildeten Verstellungs- 
kunst, die gerade in der niederen Thierwelt oft zu den wunder- 
barsten Verkleidungen führt, wie solche zahlreich namentlich 
in den Tropen beobachtet worden sind, — ein Verhältniss 
übrigens. in dem wir weit weniger den Erfolg natürlicher 
Zuchtwahl erkennen, als vielmehr das Resultat jenes magne- 
tischen Zuges, der für ein Einzelwesen in einer ringsum 
herrschenden Uniform liegt, und deren steter, gewohnheits- 
mässiger Anblick. das Thier halb bewusst, halb unbewusst 
mit dem Bestreben erfüllt, in Form und Farbe der leblosen 
Umgebung eleich zu sehen. 

Dieses Anpassungsvermögen ist num wie gesagt ein ganz 
allgemein unter den lebenden Wesen sich geltend machender 
Trieb, mit dem aber jene merkwürdigen Xehnlichkeiten, die 


Eintomologische Erinnerungen an Büd- Amerika. 311 


uns bei 'Thieren aus verschiedenen Gattungen begegnen, nichts 
semein haben, die vielmehr unter einen hiervon völlig ver- 
schiedenen Gesichtspunkt fallen. Denn vor allem ist die 
Färbung der Thiere, zumal der Schuppenflügler, als inte- 
erirender Bestandtheil ihres Wesens der genaue Ausdruck der 
Entwicklungsstadien, die eine Art bis zu ihrer typischen 
Fixirung durchlaufen und jede Form, so abw eichend und auf- 
fallend sie auch erscheinen mag, ist somit immer nur denkbar 
in Zusammenhange mit ihrer Sanzen Stammesgeschichte. 
Wenn nun die Fortentwicklung eines Typus zunächst der 
Ausfluss eines in allen Wesen ausnahmslos vorhandenen, ge- 
wissermassen centrifugalen Prinzips der Individnalisirung ist, 
jenes Prinzips, das man bei dem Dualismus, der allen Er- 
scheinungen zu Grunde liegt, als das Männlich-Schaffende 
bezeichnen könnte, so wirkt doch anderseits in jedem 
Wesen mit gleicher bildender Kraft jenes Correktiv desselben, 
die weiblich-erhaltende, auf den Stammesursprung zurück- 
sreifende Schwerkraft der Vererbung. Auf diese letztere aber 
und die aller Formbildung zu Grunde liegenden Harmonie- 
und Correlationsgesetze führen alle jene bei distanten Arten 
hervortretenden Anklänge in der Zeiechnungsanlage wie in 
der Farbenmischung zurück, und es ist bei diesem Verhältniss 
das eigentlich Auffällige nur dies, dass irgendwelche einzelne 
Merkmale sich oft mit einer grösseren Hartnäckigkeit behaupten 
und weiter vererben, als dies andere Merkmale thun, die 
unter dem Einfluss der stufenweisen Fortbildung des Typus 
oft sehr bald einer tief gehenden Umänderung und Zersetzung 


unterliegen. 
Daher lassen sich auch — m Bezug auf Gestalt und 
Zeichnung — oft weit grössere Abstände unter Arten eines 


und desselben Genus beobadtiten: als sie uns mitunter zwischen 
Arten entgegentreten, die durch generelle Unterschiede weit 
von einander eetrennt sind, die aber ein bestimmtes Zeich- 
nungs- oder Farbenmotiv in augenfälliger Weise festgehalten 
und vor allen andern Merkmalen ausgebildet haben. Wir 
erwähnten bereits jene eigenthümliche Schattirung der braunen 
Farbe, die bei dem Heliconius Pardalinus auftritt, und die 
in eanz gleicher Weise bei mehreren Einzelarten verschiedener 
Ithomiden-Genera wiederkehrt. Ebenso ist es ganz besonders 
auffallend, dass in den beiden Sippen der Perisama und der 
Dynamine die Färbung je einer ihrer Species gegen die sonst 
ziemlich allgemein festgehaltene Grundfarbe aufs lebhafteste 
absticht, indem unter dem beiderseits herrschenden Grün ganz 


312 Hahnel: 


unvermittelt das Dunkelblau der P. Patara und dev D. Gisella 
auftancht. Kin ganz ähnliches Verhältniss wie hier tritt uns 
entgegen bei Vietorina Steneles und Golaenis Dido, die beide 
gegen ihre nächsten Verwandten völlig fremdartig erscheinen, 
indem sie dem Braunroth und Schwarz, das bei jenen herrscht, 
(das auffallendste Hellgrün entgegenstellen. 

\Wenn wir nun, um bei diesem Beispiel auf den Stand- 
punkt der Mimiery einzugehen, das eigenthümliche Verhältniss 
(dieser beiden Formen auf die Grundlage mimetischer Ein- 
wirkung zurückführen wollten, so wäre die Annahme nöthig, 
dass die  beiderseitig vorhanden «ewesenen Vorstufen von 
Anfang an stets neben einander her sich entwickelt hätten, 
und zwar nothwendigerweise in gleichem Tempo, Zug um 
Zug, — ein offenbar äusserst künstliches Verhältniss, in dessen 
Vorschriften sich die Kräfte der Natur nicht würden zwängen 
lassen. Aber nehmen wir gleichwohl an, ein solcher Wettlauf 
von Copie und Original habe bestanden, und von jenen einander 
väthselhaft ähnlichen Arten sei Dido das Prototyp und Steneles 
die nachahmende Art gewesen, und geben wir zu, es sei da- 
mit erklärt, wieso Steneles zu seiner merkwürdigen Gestalt 
kam! Wie aber nun geschah es, dass Dido zu der in gleichem 
Grade merkwürdigen Form gelangte? Hier setzt eben das 
Räthsel von neuem an, und wir werden hierbei notlıwendiger- 
weise zurückgeführt auf den unverrückbaren Ausgangspunkt 
dieser Form, dorthin, wo sie zusammentrifft mit ihrer nächsten 
Sippenverwandtschaft. (Grenau aber in demselben Falle be- 
finden wir uns mit dem als Mimetiker gedachten Steneles, 
der seinerseits eleichfalls auf vieleewundenen Pfaden zurück- 
führt zu dem Ausgangspunkt seiner eignen Sippe, die schliess- 
lich von jener der Dido einen durchaus verschiedenen Typus 


aufweist. Wenn nun aber die Dido zu ihrer Form gelangte 


olıne mimetische Anlehnung, und wenn ferner bei dem Steneles 
in seinen ersten Vorstufen die Kraft des mimetischen Zuges 
wegen des vorhandenen Abstands nicht wirksam gewesen sein 
kann, so ist folgerichtig auch zu den ferneren Entwicklungs- 
stufen, in denen sich der letztere der Form der Dido mehr 
und mehr näherte, jenes Hilfsmittel kein nothwendiges Er- 
forderniss, und es bleibt nur übrig anzuerkennen, dass die 
beiden Formen zu der Aehnlichkeit der Gestalt, die sie Kenn- 
zeichnet, durchaus auf getrennten Wegen gelangten und 
somit auch völlige unabhängige von einander, gewissermassen 
durch eine Laune des Zufalls zusammengeführt wurden. 
Aehnliche Gegenspiele wie diese finden wir überaus 


a u 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 313 


häufig in allen Gruppen von Faltern; und oft an ganz ent- 
gereneesetzten Enden treten dieselben Grundlinien in Zeich- 
nung und Gestaltung hervor, wie z. B. Figur und Streifung 
der langschwänzigen Papilios nicht nur unter den \ympha- 
liden (bei den Megalıras) sich wiederfindet, sondern auch 
unter den Eryeiniden und Hesperiden, selbst bei den Ura- 
niden und andern Heteroceren, alles Kormen, die ganz naclı 
(denselben Prinzipien gebildet sind wie jene Papilios. Oft 
finden wir solche frappante Aehnlichkeiten nicht blos bei ver- 
einzelten Arten, sondern neben einander in zusammenhängenden 
Reihen sich gegenüber gestellt. Eine solche Doppelreihe sich 
entsprechender Formen haben wir z. B. bei den Agrias und 
Callithea vor uns, indem die bezüglichen drei oder mehr neben 
eimander stehenden Arten des einen Genus ihre Seitenstücke 
finden in correspondirenden Arten des andern, eine Erschei- 
nung, in der wir lediglich die freie Entfaltung eines bei den 
(senera. gemeinsamen Motivs erkennen, das, einmal in Fluss 
gebracht, in jeder der beiden Formenreihen seine gesonderte 
Richtung einschlägt, indess bei der ursprünglichen Verwandt- 
schaft ihrer Grundlage nothwendigerweise auch Formbildungen 
von einem mehr oder weniger ähnlichen Gepräge auf- 
weisen MUSS, 

Die häufigste Wiederkehr eines solchen bestimmten 
Farbenmusters, und zwar durch eine Reihe der verschiedensten 
Genera hindurch, zeigt uns der bekannte Lycorea-Typus, der 
mit seinem Schwarz-Braun-Gelb nieht nur in den nächst- 
verwandten Ithomiden - Sippen, wie Melinaea, Tithorea 
Ithomia u. s. w. in einer wahren Fülle von Gestalten zur 
Ausbildung gelangt, sondern auch bis in das Genus Heliconius, 
Phyeiodes, Protogonius, Perhybris, Dismorphia, Papilio, 
Stalachtis und selbst im Heteroceren-Gebiet, wie bei dem 
(Genus Castnia, Pericopis und anderen seine zahlreichen Wieder- 
holungen findet. Wenn uns gerade dieser Typus einerseits 
die unendliche, schrankenlose Freiheit zeigt oder vielmehr 
ahnen lässt, in der eine Form nach allen Richtungen hin sich 
entfalten kann, so erkennen wir andrerseits in dem sporadischen 
Auftreten desselben an getrennten Punkten, wie tief im 
innersten Kern eines Wesens ein latentes Erbtheil zurückge- 
halten werden kann, sodass es oft unzählige Zwischenstufen 
überspringt, ohne zu keimen und zu gähren, um plötzlich als 
eine Verjüngung des Typus unter ganz veränderten Neben- 
beziehungen aufs neue in die Erscheinung zu treten. 

Ein Gedankenatom von jener Keimanlage, die einst auf 


314 Hahnel: N 


früheren Vorstufen zur Bildung einer Perieopis führte, ver- 
erbte sich auch in jene andern Zweige des Stammes, aus 
denen eine Lycorea, eine Dismorphia hervorging, und brachte 
hier im Verlauf der Entwicklung jene Formen einer eigen- 
artigen Aehnlichkeit zur Ausbildung, deren Auftreten wohl 
etwas durchaus Wunderbares an sich hat und zu interessanten 
Tietbliceken im die Geheimnisse der Natur veranlasst, die wir 
aber nicht das Recht haben mit der Unterstellung zu be- 
zeichnen, die in dem Ausdruck „mimetische Arten* liegt, die 
vielmehr als freie Selbstwiederholungen der Natur zu be- 
trachten sind, für die sich, um dieses Verhältniss mit einer 
bestimmten Benennung zu bezeichnen, am einfachsten der auf 
das Thatsächliche des Augenscheins sich beschränkende Aus- 
druck „Parallelformen* an die Hand giebt. 

Dass alle jene von den Anhängern der Mimicry-T'heorie 
beigebrachten und auf den ersten Anblick oft verblüttenden 
Beispiele von Aehnlichkeiten entfernter Arten genetisch in 
erster Linie nur aufzufassen sind als solch freie, auf eine 
gemeinsame, ursprüngliche Anlage zurückdeutende Selbstwieder- 
holungen der Natur, dafür bietet uns das Genus Phyeiodes 
einen interessanten Beleg. Es wird nämlich bei aller Vorein- 
senommenheit für jene T'heorie Niemand behaupten wollen, 
dass eine zwergartige Form, welche mit einer andern, be- 
deutend grösseren eine auffallende Uebereinstimmung der 
Zeichnung gemein hat, dieses Verhältniss zu einer Täuschung 
benützen oder mit solchem Versuch etwa viel Glück haben 
könnte, denn durch de nbestehenden Grössenunterschied würde 
oleich von vornherein jede Verwechslung dieser beiden Thiere 
seitens der Feinde ausgeschlossen sein. Nun finden wir in 
jenem artenreichen, durch seime auffallend geringe Grösse 
gekennzeichneten Genus Phyeiodes zahlreiche Typen der ver- 
wandten Sippen in einer so bunten Vielseitigkeit als Diminutiv- 
formen wiederkehren, dass diese eigenthümliche Gattung ein 
förmliches Summarium aller peripherisch ihr nahestehenden 
Formen darbietet. So begegnen uns unter ihnen nicht nur 
die Typen der nächstverwandten Euptoieta und Coatlantona, 
(und mit ihnen der hier nicht einheimischen Melitaea, Araschnia 
und ähnlicher) sondern auch der viel ferner stehenden Vila 
und der hier fremden Neptis, und besonders zahlreich die 
verschiedensten, zum "Theil äusserst hervorstechenden und 
spezialisirten Typen aus den Gattungen Colaenis, Eueides, 
Helieconius, Acraea und anderer mehr. 

Um einige Beispiele anzuführen, so bietet Ph. Leuco- 


"Entomologische Erinnerungen an Büd- Amerika. 315 


desma, — wie bereits auch Dr. Staudinger in seinen Ex 
Schm. darauf hingewiesen, — ein treffendes Gegenstück zu 


einer afrikanischen Neptis-Art, ferner ebenso 

Ph. Philyra zu Col. Euchroia, 

„ Aveyrana zu Eueid. Libitina, 

„ Prisca zu Eneid. KEdias, 

„ Eunice zu Kueid. Isabella, 

„ Langsdorfi zu Hel. Besckei, 

„ Poeeilina zu Hel. Zuleika, 

„ Murena zu Hel. Aristiona, 

„ Aecraeina zu Acraea Laverna, 

„ Fallax zu Acraea Niecylla, 

Epione zu Acraea Neleus, 

und dergleichen "Parallelen mehr. Hierbei mag uns nun zunächst 
(las Beispiel etwa von Heliconius Besckei und Phyeiodes Langs- 
dorfi — zweier sich durchaus ähnlicher, aber an Grösse sehr 
verschiedener Formen — als Erläuterung dienen, dass bei diesem 
Aehnlichkeits-Verhältniss von einem Produkt einer fortgesetzten 
Nachahmung und Täuschung nicht die Rede sein kann, zumal die 
langsam und niedrig um die Gebüsche flatternde Phyeiodes schon 
(durch ihre Flugart von den höher dahinziehenden Heliconiern 
sich genügend unterscheiden. Sodann aber erkennen wir in 
dieser systematischen Wiederkehr analoger Formen ein klares 
und durchsichtiges. auf verwandtschaftlichen Beziehungen fest 
begründetes Verhältniss, das in der Gesetzmässigkeit, mit der 
es als reproduzirende, aus sich selbst heraus bildende Kraft 
auftritt, Wirkungen von ungleich grösserer Allgemeinheit und 
Tiefe hervorrufen muss, als dies die supponirte Nachäffung 
der Mimiery im Stande ist, welche in jedem einzelnen dieser 
hunderte von Fällen die Natur zur abhängigen Kasuistin macht, 
die nur etwa dann und deshalb die Form Bx erschaffen 
(darf, weil und nachdem eine Ax bereits vorhanden. 

Wenn wir sonach der gedachten Theorie nicht die 
Fähigkeit und die treibende Kraft zusprechen können, fort- 
bildend aufeine Art einzuwirken, so können wir ihr andrer- 
seits den ebenfalls beanspruchten arterhalten.den Kinfluss nur 
in einem sehr geringen Grade zuerkennen. Theoretisch lässt 
sieh allerdings niehts dagegen einwenden, dass einem Thiere 
seine Aehnlichkeit mit einer verpönten Art das eine oder andre 
Mal zum Schutze gereicht vor der Verfolgung eines Vogels. 
Indess ist in der Wirklichkeit ein derartiger zufälliger Vor- 
theil nur von einer sehr untergeordneten Bedeutung. Denn 
zunächst ist die Häufigkeit und der Bestand einer Art viel 


| 316 Hahnel: 


weniger davon abhängig, ob speziell das Imago besondere 
Vortheile geniesst für die Erhaltung seines Daseins, als viel- 
mehr davon, ‘inwieweit der viel wichtigere, und eine unend- 
lich längere Zeitdauer einnehmende Larvenzustand eines 
Thieres befähigt ist, den ihm während dieser Zeit drohenden 
(efahren zu entgehen. Wir erinnern hierbei an die Beobach- 
tung, dass in den verschiedenen Jahreszeiten die Bruten 
mancher Arten oft in ganz verschiedener Stärke auftreten 
und zum Beispiel eine in der Regenzeit spärlich vertretene 
Art in der darauf folgenden trocknen Zeit ziemlich häufig ist, 
während nun diese weit grössere Anzahl von Stücken dennoch 
nur wieder eine schwache Brut zeitigt. | 

Dann aber auch sind es überhaupt keineswegs die 
Schuppenflügler, und am allerwenigsten die sogenannten mime- 


tischen Arten, denen die Nachstellungen der Vögel, — und 
diese allein kommen hier in Betracht, — vorzugsweise gelten, 


wenigstens nicht, soweit wir das selbst zu beobachten Gelegen- 
heit hatten. Denn die Vögel treffen aus der ihnen zugäng- 
lichen Beute ihre Auswahl stets nach Massgabe des allge- 
meinen Habitus eines Insekts, nach Merkmalen, die sich mehr 
in der Flugart eines Thieres, als in den Subtilitäten der 
Zeichnung aussprechen. Auf den ersten Blick erkennt der 
auf diese Nahrung angewiesene Vogel, was von einem Thiere 
zu halten ist, auf Grund jenes ausgebildeten physiognomischen 
Verständnisses, mit Hilfe dessen jedes "Thier meist sofort mit 
Sicherheit das Beste auszuwählen und das nicht Zusagende 
oder Gefahrbringende zu vermeiden weiss. ”) 


*) Gerade jene auffallende, oft bis auf die feinsten Einzelheiten der 
Zeichnung sich erstreckende Uebereinstimmung paralleler Formen dürfte 
als ein Gegenbeweis gelten, dass es nicht die durch die Auslese der Vögel 
hergestellte Wirkung der Mimiery ist, die diese Bildungen hervorief. Denn 
dass ein Vogel, für dessen Urtheil nur die groben, allgemeinen Merkmale 
massgebend sind, bei dem Erblicken einer Beute je so wissenschaftliche 
Anwandlungen haben sollte, zu überlegen und gemau nachzusehen, ob auch 
(lie Feinheiten der Zeichnung etwa dem Begriff der annehmbaren Gattung 
Phyciodes entsprechen und nicht etwa dem der äusserst ähnlichen, aber 
verschmähten Aecraeen — dies anzunehmen wäre völlig absurd. Eben 
(deshalb aber müssen wir in allen diesen Füllen immer nur die Resultate 
immanenter, in nahezu gleicher Richtung wirksam gewesener Formgesetze 
erkennen, und dies um so mehr, als bei vielen der angeführten Mimiery- 
Beispiele, wie etwa bei Melinaea Lilis und Heliconius Metalilis, oder 
bei Eueides Pavana und Acraen Antens die Annahme einer Schutz- 
nachahmung aller und jeder Grundlage entbehrt, indem sowohl die einen, 
wie die andern dieser Formen gleicherweise durch Ungeniessbarkeit ge- 
schützt sind, 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 37 


Nun sind alle weichen, saftreichen T'hiere, wie nament- 
lich die grünen, dickleibigen Gradflügler, die ziemlich zahlreich 
den Wald bis in die Wipfel der Bäume hinauf beleben, stets 
die willkommenste Speise dieser Vögel. Ebenso werden Fliegen 
und Wasserfliegen und besonders auch die zur Schwarmzeit 
oft massenhaft in der Luft flirrenden geflügelten Termiten und 
erossen Ameisen mit allem Eifer von ihnen gejagt. Dageren 
werden nun alle trocknen, dürren, saftleeren T’hiere durch- 
sehends von ihnen verschmäht, und zu dieser Art von Flug- 
thieren gehören neben den Drachenfliegen und Cicaden nament- 
lich auch die meisten aller Schmetterlinge, denen überdies 
zum grossen Theil auch noch ein unangenehmer Geruch oder 
ein fader oder scharfer Geschmack anhaftet, sodass ganz im 
alleemeinen die Tagfalter in den Augen der Vögel durchaus 
nicht als die leckersten Bissen gelten. 

Unter dem Schutze dieser allgemeinen Geringschätzung 
sind es namentlich zunächst alle kleineren Falter, dıeunbehelligt 
bleiben, denn alle dünnleibigen, dürren, viel in der Sonne 
fliesenden, sowie auch die gern am Strande sich versammeln- 
den Thiere, die man trotz der grossen Anzahl, die sie oft 
bilden, doch. nie von Insektenfressern verfolgt sieht (abgesehen 
hierbei freilich von den Strandläufern, die wie die Eidechsen 
niemals wählerisch sind). Andrerseits sind es dann wieder 
die Jangsam flatternden, aus dem Waldesschatten nicht gern 
heraustretenden Falter und ebenso alle schwarzen Thiere, 
welche ziemlich allgemein für nicht jagdbar gelten, während 
 dagesen neben der grünen und weissen Farbe alles lebhaft 
Gefärbte, das sich zugleich in lebhaftem Fluge zeigt, für 
jene Vögel ein Indicium von Wohlgeschnack an sich zu 
tragen scheint. 

Da sich sonach die Zahl der von den Vögeln vorzugs- 
weise verfolgten Falter, nach Abzug der meist scharf riechen- 
den Papilios (siehe auch Seite 161), der Heliconier u. s. w. 
der strohernen Catopsilien, und aller dürren und kleineren 
Sachen, in der Hauptsache auf die grösseren und kompakteren 
Nymphaliden beschränkt, die ihrerseits am allerwenigsten 
eine Vorliebe für mimetische Nachbildungen zeigen, so können 
wir jener Theorie nur einen äusserst geringen Einfluss auf 
die Erhaltung einer Art zugestehen, der sich übrigens stets 
nur dann erst wird geltend machen können, wenn alle Vor- 
stufen bereits überwunden und die Möglichkeit einer Ver- 
wechslung bereits auf anderem Wege erreicht worden ist. 

Keinesfalls abeı können wir der Mimiery das Recht ein- 


318 Hahnel: 


räumen, alle irgend auffindbaren Aehnlichkeiten weit von 
einander getrennter Thiere mit exklusiver Allgemeinheit in 
ihren Zauberkreis zu bannen, wie man beispielshalber bereits 
so weit geht, das Hesperiden-Genus Leucochitonea lediglich 
(der weissen Farbe weeen zu Nachahmern der Pieriden zu 
machen; oder wie wenn man in der äussern Aehnlichkeit einer 
Macroglossa mit einem Kolibri durchaus den Erfole mime- 
tischer Schlauheit erblicken will, als ob nieht der betreffende 
Schwärmer genau ebenso sich entwickelt hätte, gleichviel ob 
überhaupt Kolibris in der Welt existiren oder nicht. 

Es liegt ausserhalb des Rahmens unsrer Aufgabe, ein 
Urtheil abzugeben über Faunengebiete, die wir nicht aus eigener 
Anschauung kennen, indess ist die hier beregte Frage zu viel- 
seitie bereits ventilirt, als dass wir es ganz umgehen könnten, 
weniestens mit einigen Worten auch auf die „Mimetiker* der 
asiatischen vnd afrikanischen Fauna einzugehen. 

Der vielbesprochene Parallelismus zahlreicher ostasia- 
tischer Papilioniden mit dortigen Danaiden u. s. w. weist 
uns bei dem durchgehends diehromen Charakter aller dieser 
Formen zunächst auf eine Entwicklungsepoche zurück, in der 
(die Differenzirung der Familientypen noch nicht die Fort- 
schritte gemacht hatte, wie sie seitdem durch den immer mehr 
zur Ausbildung gelangten Polychromismus der Arten die ein- 
zelnen Gruppen immer weiter auseinander drängte. Wenn 
sich nun aus der Primärzeit — um diesen geologischen Aus- 
(ruck auch auf die Geschichte der Falterwelt anzuwenden, — 
nur etwa vereinzelte Vertreter jener frühesten Bildungen in 
(ler Gegenwart gerettet haben (als Beispiel solcher archäisch 
monochromer Formen möge die merkwürdige Styx Infernalis 
(dienen). so finden wir dageeen den der Sekundärzeit ent- 
sprechenden Diehromismus noch in allen Familien der gegen- 
wärtie lebenden Falterwelt vertreten, ja zum Theil sogar 
vorherrschend das Aussehen ganzer Gruppen charakterisirend. 
Diese diehrome Bildungsepoche, die von der einfachen Längs- 
streifung, wie sie die Aederung vorschrieb, ausging und sodann 
weiterschreitend den allmählich erworbenen Farbenüberschuss 
zu Randflecken und Randbinden verdichtete, um schliesslich 
(die ganze Fläche der Flügel mit Streifen und Punkten zu 
überdecken, ist noch besonders gekennzeichnet durch die im 
wesentlichen stets vorhandene Uebereinstimmunge der Ober- 
und Unterseite, welche beide erst dann in einen Gegensatz 
zu einander traten, als im weiteren Verlaufe der Entwicklung 
mit der Vielfarbigkeit auch die Dreitheilung der Flügellläche 


un 


Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 319 


(Querbinde etc.) mehr und mehr zum massgebenden Prinzip 
sich gestaltete. Als hauptsächlichste Repräsentanten aber 
jener diehromen Sekundärzeit dürfen wir nun die grosse 
Familie der Danaiden und der ihnen verwandten Acraeen 
ansehen, und im allgemeinen auch — wenigstens ihren Stamm- 
formen nach — die im Gegensatz zu jenen Sonnenthieren 
(der Alten Continente sich als Schattenthiere charakterisirenden 
Neotropiden der Neuen Welt. 

Wie nun aber in allen Formen, die unter denselben 
klimatischen Einflüssen und auf demselben Boden erwachsen 
sind, ein gewisser gemeinsamer, autochthoner Zug liegt, — 
man vergegenwärtige sich den ungeheuren Gegensatz, den die 
südamerikanische Fauna, als Ganzes genommen, zu der ost- 
asiatischen bildet, — so dürfte, entsprechend diesem topogra- 
phischen Charakterzug stets auch ein gewisser physiognomischer 
Zeitcharakter wirksam gewesen sein, der seine feinen Züge 
den Erzeugnissen einer bestimmten Schöpfungsperiode . in 
erösserem oder geringerem Grade wird aufgeprägt haben. 
Wenn also für die Ausbildung eines bestimmten Typus — 
sagen wir des Danaiden-Typus — irgend eine Epoche sich 
als besonders günstig erwies, so ist anzunehmen, dass von 
dieser herrschenden Richtung auch ursprünglich ferner stehende 
Typen mehr oder weniger beeinflusst und. in ihrer Fort- 
bildung gewissermassen zu Konzessionen an dieselben gedrängt 
worden sind. In diesem Sinne etwa nehmen wir den afri- 
kanischen Papilio Antimachus (eine grosse, höchstoriginale 
Form, die uns einen weiten Fernblick in die Labyrinthe 
untergegangener Formenreihen gewährt) für den Vertreter 
des Ur- Aecraeenthums der Sekundärzeit, wie sich diese typische 
Richtung bei den Papilioniden jener Epoche herausgebildet 
hat. Und in demselben Sinne glauben wir, dass jene etwa 
zu der gleichen Zeit auf asiatischem Gebiet zur Entstehung 
gelangte Gruppe melaleuker Papilios jene Sonderentwicklung. 
die sie dem breiten Strome der Danaidenformen parallel 
Jaufen lässt, eingeschlagen hat: folgend hierin dem herrschenden 
Zuge der Zeit, der auch in den verschiedensten andern Familien 
analoge Formenreihen zur Ausbildung brachte, nicht nur inner- 
halb der Grenzen der asiatischen Fauna, sondern auch ausser- 
halb dieser, wie ja ganz augenscheinlich die Archonias-Arten 
Südamerikas ebenfalls eine getreue schematische Parallele 
jenes Danaidentypus darstellen. 

Wie sehr es aber nur diese von innen heraus wirkenden 
Kräfte, Gesetzmässigkeiten und Erbanlagen sind, die den 


390 ITahnel: 


Grund zur Bildung von Parallelformen abzeben, ersehen 
wir aus jenem eigenthümlichen Verhältniss, dass die merk- 
würdigee Doppelreihe, in welcher Danaiden und Euploeen 
sich gegenüber stehen, die eine wie die andre in der Familie 
der Papilioniden in voller Front ihre Wiederholung findet. 
Nun stehen diese Danais und Euploeen Ostasiens (und, ähn- 
lich wie sie die afrikanischen Danais und Amauris) trotz 
ihrer nahen Verwandtschaft gewissermassen in einem typischen 
(egensatz zu einander, oder vielmehr sie ergänzen sich wie 
Vorder- und Rückseite ein und derselben Medaille. Während 
nämlich die mattgefärbten Danais in ihrem mehr conservativen 
(ewande das weibliche, stationär gebliebene Element repräsen- 
tiren, vertreten dagegen die dunkleren, zu einem glänzenden 
Farbenkleide gelangten Euploeen mehr das zur steten Fort- 
bildung drängende männliche Prinzip. *) 

Indem nun aber beide Typen, wie sie ursprünglich neben 
einander bestehen, auch hier unter den Papilios neben einander 
sich finden, liefern sie uns damit einerseits ein Beispiel, wie 
ungemein expansiv die schöpferische Kraft gerade dieser durch 
ihren Formenreichthum alle andern Faltergruppen weit über- 
raegenden Familie der Papilioniden ist, die nach allen Rich- 
tungen hin und oft in der überraschendsten Weise Uebergritfe 
in die Mustereigenthümlichkeiten anderer Typen sich ge- 
stattet, — andererseits aber zeigt diese Wiederkehr bestimmt 
ausgeprägter Bildungen in der Geschlossenheit, mit der sie 
hier auftreten, den tiefen Zusammenhang, der nicht nur 
zwischen den Gliedern derselben Gattung oder nahe verwandter 
Gruppen besteht, sondern der auch die entfernteren Familien 
und Ordnungen mit einander verkettet und solche Parallelen 
dann gleichsam als stehen gebliebene Marksteine der gesetz- 
mässig und stufenweise vor sich gegangenen Entwicklung er- 
scheinen lässt. 

Wie aber dieser alte, schon in einer sehr frühen 
Epoche zum Ausdruck eekommene Gegensatz des Danaiden- 
und Euploeentypus seine genaue Wiederholung bei jenen 
archaistischen Papilios findet, so tritt uns in einer andern 
Gruppe von Papilioniden dieser selbe Gegensatz aufs nene 


*) Als eine ganz auffällige Anomalie erscheint es bei dieser typischen 
Gegensätzlichkeit der beiden Gruppen, dass in der merkwürdigen Euploea 
Midamus beide Typen gleichsam in Personalunion vereinigt neben einander 
auftreten, indem die Vorderflügel dieser Art das blaue, glänzende Aussehen 
der Euploeen zeigen, während die Hinterflügel bescheiden noch das ältere 
slanzlose, gefleckte Danaidenkleid deckt. 


Eintomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 321 


entgegen, bei den Prachtgestalten der Ornithopteren nämlich, 
wo derselbe in dem bekannten Dimorphismus der Geschlechter, 
also innerhalb der Grenzen ein und derselben Art in ganz 
auffallender Weise zur Erscheinung gelangt. Denn während 
die Weibchen dieser T’hiere, dem Danaidentypus entsprechend, 
die einfache, schwarz und. weiss gefleckte Tracht der Vorzeit 
tragen, wussten dagegen die leichter beschwingten, im Sonnen- 
glanz ‚schwelgenden Männchen die  blühendste Farbenpracht 
und den herrlichsten goldigen Glanz auf ihre Flügel zu zaubern, 
ein Bestreben, das an sich zwar ein allgemeines Erbtheil der 
männlichen Falterwelt ist, das aber in dieser besonderen Zu- 
sammenstellung im tiefsten Grunde nur. wieder jenes uralte 
Segenspiel zum. Ausdruck bringt, in welchem überall das 
Danaidenthum durch den an seine Fersen sich. heftenden 
Euploeismus sich überholt und ergänzt sieht. Wie sonderbar! 
hier unter so veränderten Verhältnissen, auf ganz verschiedenem 
in der Entwicklung weit vorgeschrittnerem Gebiet dieses selbe 
Prinzip von Gegensätzlichkeit wieder auftauchen zu sehen, 
das wir bereits zweimal als mächtiges Leitmotiv der Formen- 
bildung angetroffen. 

Solche durch mehrere Gruppen hindurchgehende Parallelen 
schliessen die Möglichkeit aus, dass es blosse Zufälligkeiten 
sind, die sich hier begegnen, ebensowenig aber, um dies noch- 
mals zu wiederholen, vermögen wir in ihnen das gelegentliche, 
in jedem Einzelfall streng für sich entstandene € ‘opiewerk bei 
der Auslese im Kampf ums Dasein zu erkennen, eine Annahme, 
die folgerichtig allen «diesen sogenannten „mimetischen® Arten 
die Existenzfähigkeit absprechen müsste, sobalıl diese die An- 
lehnung an ihre vermeintlichen Vorbilder verlieren. 

Wir sehen, es sind tiefgeschnittene, altehrwürdige Runen, 
die uns in dem Parallelismns solcher Formen ansprechen, eine 
Zeichenschrift, die die Jahrtausende überdauert, zwar nicht 
mit der Starrheit lapidarer Stilnormen, sondern mit jener 
proteusartigen Geschmeidigkeit, die. sie befähigt, aus alt über- 
lieferten Mustern immer neue Bildungen zu schaffen, Formen, 
die sich zwar oft sehr weit zu entfernen scheinen von dem 
ursprünglichen Ausgangspunkt, in denen aber dennoch immer 
wieder aufs neue die alten und urältesten, im  Verborgenen 
schlummernden Anlagen ihr Anrecht an der. Weiterbildung 
des Typus geltend machen. 

Während unsrer ganzen, seit 4 Jahren schrittweise am 
Strome aufwärts gehenden Reise hatte uns stets als lockendes 
Endziel derselben die noch wenig durchforschte Gebirgswelt 

21 


3232 Hahnel: 


von Moyobamba vor Augen gestanden, und namentlich seit 
wir in Perü uns befanden, klang uns täglich von allen Lippen 
immer wieder das Lob dieser Stadt entgegen. Wir waren 
nun hier auf der letzten Etappe angelangt, und unser jetziger 
Aufenthalt sollte nur den Zweck haben uns für die längere 
Landreise dorthin die nöthige Zeit zur Vorbereitung zu ge- 
währen. Wiederholte indess in letzter Zeit mit unsrer Ge- 
sundheit gemachte Erfahrungen hatten uns deutlich erkennen 
lassen, wie wenig man noch im Stande war, eine so an- 
strengende Reise durchzuführen, und so sahen wir uns denn, 
während bereits sämmtliche Anstalten zur Weiterreise schon 
getroffen waren, in letzter Stunde noch zu unserm tiefsten 
Bedauern genöthigt, diesen so lange eeheeten Wunsch hier 
an der Schwelle der Erfüllung aufzugeben, und statt dessen 
uns von hier aus zur Rückreise zu wenden. 

Zufälligerweisse stand in derselben Zeit eine Commission 
in Begriff von Jurimaguas nach Iquitos abzugehen, — auf 
Flössen, wie das stromab gebräuchlich ist — und so nahmen 
wir denn das uns von einem der Offiziere freundlichst ge- 
machte Anerbieten, mit ihm auf seinem Floss die Reise 
zurückzuleeen, an nnd fuhren also, nachdem unser Aufenthalt 
in dieser Gegend nur drei Monate gedauert, Ende ‚Juni von 
Jurimaguas ab. 

Nach einer zehntägigen, mit wenig Ausnahme auch bei 
Nacht fortgesetzten Reise, die ausser ihrem unvergleichlich 
poesievollen Grundzuge auch ihre äusserst Krititischen Momente 
hatte, langten wir in Iquitos wieder an, wo wir nun zum 
zweiten Male einen Aufenthalt von mehreren Monaten nahmen. 

Es traf uns hier der herbste Schmerz unsers Lebens, 
die Nachricht von dem Tode unsrer Tochter, unsrer kleinen, 
tapfern Begleiterin auf der Reise in Venezuela. — 

Eilen wir zum Ende ! — 

Der Anfang des Jahres 1884 sah uns in Fonteboa, ober- 
halb Tetfe, wo wir unsern aus der Heimath eben ankommenden 
Reise-Collegen, Herrn Garlepp, der inzwischen die von uns 
aufgegebene in die Cordilleren fortgesetzt hat, noch einige 
Wochen bei uns sahen. 

Ende März dann war es, als wir in Parä den Wäldern 
Amazoniens Lebewohl sagten. 


Alphabetische Liste 
aller in dieser Arbeit vorkommenden Namen von Familien, 


Gattungen“), Arten, Varietäten und Aberrationen, 


Acastus 

Acea 

Acesta 

Acheronta 

Aehllles: 2 1,‘ 213, 233 
244, 277, 290, 

Achlyodes 157; 

Acipha 

Aecis 

Acontius 258, 

Aeraea 195, 306, 314, 

313; 316: 

Acraeina 306. 

Actorion 

Adelpha 161, 169, 189, 


190, 234, 258, 272, 274, 
283, 289, 
Adonis 296, 297, 
Aedesia 
Äeneas 
Aeneides 
Agacles 


Aganisthos 148, 267,284, 


Ageronia 139, 148, 234, 

259, 272, 276, 288, 

Agesilaus 149, 156, 200, 

203, 205; 

Asrias'244, 279, 292,299, 
Aerippina 


Alala 


157 | Albieornis 


202 
148 
267 


297 
188 
195 
213 


Albiplaga 


' Alboeineta 


aTH. 


318 
315 
248 


290° 


298 


157.) 
212 | 
240 


153 
289 


290 


206 
313 
257 
189 


Alemena 

Alesa 

Alicia 

Aliphera 
Amalthea 
Amarynthis 
Amauris 
Amazonica 
Amella 
Americus 
Amida 

Amor 

Amosis 
Amphimachus 
Amphinome 
Amphira 
Amphiselenis 
Amphonyx 
Amydon var. Amydonius 


140, 


Anaceae 
‚ Anaeen 287, 288, 
Anartia 138, 200, 240, 
Anatole 
Anchiala 
Anchises 250, 
Ancyluris 272, 
 Anderida 


288 
188 
189 
200 
247 
288 
195 
138 
272 
320 
268 
276 
185 
195 
2650 
247 
290 
148 
272 
194 
144 
292 
27T 
290 
282 
246 
286 
275 
283 
149 


*) Die Namen der Gattungen und Familien sind gesperrt gedruckt. 


2 


394 Alphab. Liste aller in dies. Arbeit vorkom. Namen v. Gattungen ete. 


. 

Andremona 251 | Aurora 249, 307 
Androgeos 194, 201, 235 | Aurota 162 
Andromica 191 | Automedon 149 | 
Anna 267 | Autosilaus 250, 268, 283 | 
Anteas 316 , Avella 101 | 
Anteros 159 | Aveyrana 315 | 
Antigonis 269, 274 | Baeotus 266 
Antigonus 188 | Bandusia 249, 256 
Antimache 290 \ Batesi 264 
Antinoe 276 | Batesia 291, 307 
Antiochus 253 | Batesii 269 
Antirrhaea 248 | Beatifica 292 
Aoede 256 , Bechina 267 
Apatura 202, 255, 290, 306 | Belemus 212 
Apodemia 240 \ Belladonna 272,288 
Apollonia 265. Bellatrix 147 
Aprotopos 157 | Berania 175, 268 
Apseudes 160, 195 | Bereeynthus 249 
Aranea 153, 195 | Besckei 315 
Araschnia 3l4/| Bia 248 
Arcas 138 | Biblis 200, 239,291 
Arcesilaus 200, 203 | Bicoloria 161 
Archesilaus 205 | Bogotana 159 
Archonias 192, 319 | Bolivar 264, 275, 307 
Aretliusa 145  Bombyeidae 309 
Areuta 307 | Brassolis 249, 258 
Argante 155  Buckleyi 306 
Ariadne 145  Busyrus 157 
Arianus 250 | Butes 265 
Aricoris 259, 308 | Butleria 188 
Arinome 272, 288 | Cacicus 104 
Aristiona 315 | Caelina 267 
Aristoteles 189, 274 | Caerois 248 
Arsalis 280  Caligo 145, 149,151, 166, 
Arsinoides 150 194, 249, 259 
Arsis 274 | Callicore 153, 186, 251, 
Astraeodes 307 275, 27-+ 
Atergatis 147 | Calliona 259 
Athesis 191  Calliope 226,227 
Athyrtis 307 | Callithea 232, 236, 244, 
Atrens 149 265, 269, 275, 280, 299, 
Attacus 162 306, 308, 310, 313 


Atymnus 154 , Callizona 148 


Alphab. Liste aller in dies. Arbeit vorkommend, Namen von Gattungen ete. 325 


Calonotus 
Calydna 
Ualydonia 
Canthara 
Capenas 269, 
Caresa 
Uareta 
Carystus 
Castalia 
Castnia 154, 256, 286, 
299, 
Uatagramma 139, 153, 
179, 259, 272, 279, 282, 
283, 289, 294, 
Catharinae 
Catonephele 154, 160, 
179,212, 253, 265,272, 
276, 289, 290,294, 
Catopsilia 134, 155, 156, 
157, 193, 201, 203, 250, 
253, 268, 283, 
Celma 
Ceneus 
Cepha 
Cephus 
Geratinia 138, 157, 191, 
2235, 226, 


259, 


Chabrias 
Chama 
Charis 
Charitonia 
Charops 
Chiron 
Chinsiades 
Chloe 
Chlorochroa 
Chorineus 248, 
Chrethon 
Chromus 

Cilnia 

Cinara 

Cinyras 
Cithaerias 


158, 178, 


241, 250, 
248, 


308 
256 
155 
161 
289 
267 
267 
240 
267 


313 


306 
256 


306 


317 | 


267 
247 


308 | 


248 


264 
307 
194 
247 
195 
195 
268 
289 
288 
288 
265 
268 
186 
194 
267 
283 


Citrinella 195 
Olearista 191 
Cleodora 247 
Olio 159 
Clorinde 155 
Clymena 251, 274 
Clysonimus 195 
Ulytemnestra 140 
Ulytia 256, 267,268 

Coatlantona 140, 159, 
195, 314 

Colaenis 140, 157, 200, 

202, 212, 240, 267, 276, 
309, 312, 314,315 
Golias 185, 198 
Columbus 250, 283 
Gorades 189 
oresia 186 
Corinna 188 
Costaricensis 195 
Urameri 272 
Urassus 274, 285 
Crathis 191 
Uremna 247 
UÜricosoma 264 
Öritomedia 193 
Üroesus 247 
Cronida 299 
Ütesias 299 
Uupido 213 
Untora 275 
Uyamon 250, 283 
Cybele 251 
Cyllene 2372 
Cymothoe 191 
Cynosura 272 
Uypseles 188 
UÜyrenia 289 
Cystineura 159 
Cytherea 161 
Daedalus 256 
Danaidae 318—320 


256 | Danais 140,157, 195, 200, 320 


326  Alphab, Liste aller in dies, Arbeit vorkommend, Namen v, Gattungen ete, 


Erebus 


Eriphanes 


Erippus 


140, 


| Eryeinidae 189, 


170, 194, 205, 225, 
239, 246, 247, 253, 
259, 264, 265, 274, 


Erythroe 
Esmeralda 
Esthema 


Esthemopsis 


Kubule 
Euchroia 


Eueides 140, 
239,244, 


Kugenes 
Eumaenus 
Eumelia 


Euniea 200, 
273, 


Eunice 
Eunogyra 
Eunomia 


' Euploea 


Kuptoieta 
Euptycehia 
Eurema 138, 


Eurimedes 
Eurybia 
Eurylochus 
Euselasia 
Euterpe 
Euthemia 


Euthresis 


Eutychus 


Daptonoura 283, 308 
Degandiüi 306 | 
Deiopeia 185 
Demophon 2490 
Deucalion 266 
Dexamenes 290 | 
Dido 212, 276,312 
Didonis 200, 239..291 | 
Dimera 185 
‘Dione 134. 187, 240, 309 
Dione 190 
Diorhina 141, 189, 265, 272 
Dirce 148 
Dircenna 138; 157,'191 
Dismorphia 150, 167 

193, 255, 2763137814 
Divalis 284 
Dolicaon 203, 250, 283 
Doris 256 
Dorissides 307 
Dracontis 248 | 
Drucei 287 
Duponchelii 144 
Dynamine 153, 251, 273, 

274, 283,289, 306, 311 
Dysonii 189, 193 
Ectima 148, 276 
Echenais 34T 
Edias 315 
Egeria 256 
Egina 268 
Eleetra 190 | 
Eleone 193 
Elephas 147 
Elodia 193 
Emesis 253 
milia 239 
Entheus 247 
Enyo 189 | 
Epaphus 169 
Epione 815 
Epiphile 190 
Epulus 240 


Excelsior 


19592 
314, : 


265, 
276, 


248, 2 


157, 


396 . 


var. Kxcelsissima 


Exelamationis 


Eximia 
Fallax 
Felderi 


195, 
159, 
226, 
256, 
289, 
291, 


144 
149 
196 


3183 
276 
249 
161 
104 
155 


315 


‚316 
.290 


310 
255 


‚288 


315 
247 
306 
320 
314 


265 


974 


138 
239 
145 


. 308 


226 
193 
191 
2359 
273 
279 
189 
191 
315 


274 


R 


Alphab. Liste aller in dies. Arbeit vorkommend. Namen v.Gattungen ete. 


Feronia 
Flora 
Fluonia 
Formosus 
Fulgora 
Furia 
Galbula 
Gilippus 
Gisella 
Giulia 
Glaucopidae 140, 147, 
161, 195, 239, :289, 
(lycera 
Gnathotriche 
(‚norima 
Goeringii 
(Gsonopteryx 
Guerini 
Gynaecia 
Hahneli 
Haematera 
Haetera 248, 
Halimede 
Hebrus 
Hecuba 
Ab. Gisseis 


306, 


179, 2 


242, 244, 


Var. Phanodemus 296, 297, 


298, 
Hegesia 
Helias 
Helieonius 139, 149, 


150, 153, 159, 160, 161, 
179, 195, 236, 244, 251, 
253, 255, 256, 259, 260, 
261, 264, 276, 289,297, 
307, 309, 311, 313, 314, 
315, 316, 

Helicopis 213, 231, 

Heraldicus 

Hercyna 

Hermathena 

Hermippus 

Hesione 


.155 


139 ı 
267 
264 
159 
257 
138 | 
200 
195 
312 
157 


308 
187 
189 
290 | 
188 


188 
148 
261 
158 
256 
239 
213 
236 
245 


301 
138 | 
188 


317 
282 
268 
166 
251 
140 
248 | 


ae 
Hesperidae 134, 
157, 167,188, 193, 
205, 240, 247, 256, 
268, 274, 285, 289, 


140, 
194, 
264, 
231, 
313, 317 
Hesperis 306 
Hesperocharis 193, 306, 308 
Hestioea 147, 308 


Hewitsoni 275,276 
' Hirlanda 306, 308 
 Holocrates 160 
Huallaga 307 
' Humboldtii 186, 188 
 Hyalina 289 
Hydrias 309 
' Hylonome 195 
' IIypanartia 190 
Hypereia 191 
Hypna 140 
Hypochlora 307 
Hyposticta 193 
Hypoxantha 291, 307 
‚Japetus 266 
Jarbas 159 
Dlaire 155 
lerdinoides 286 
Tlioneus 166 
Imperialis 307 
Infernalis 318 
Intermedia 155 
Iosia 161, 264 
Iphianassa 157 
Irene 259 
Irmina 190 
Isabella 315 
Isabellinus 307 
ı;Ithomia 138, 147, 157, 


167, 187, 191, 195, 226, 
227, 286, 313 

Ithomidae, 156, 150, 

158, 159, 161, 191, 225, 

226, 227,256, 257,259, 
276, 286, 307, 309, 311, 313 


328  Albphab, Liste aller in dies. Arbeit vorkommend, Namen v. Gattungen ete. 


Ituna 191 ' Liycomedes 290 
lucunda 306 | Lycophron 201 
‚Julia 140, 309 | Lycorea 147, 264,813, 314 | 
‚Juno 309 | Lyeorea 151 Ve 
Junonia138,157,226,240,282 | Lycortas 194 | 
‚Justina 190  Lymanopoda 189 
Kolyma 282 | Lymnas 159 
Kricogonia 155 ' Lyropteryx 265 
Laertes 290 | Lyside 155 
Lamia 248 | Lysinoe 276 
JLamirus 191 | Lysippus 274 
Langsdorti 315  Macroglossa 282, 318 
Lara 190 | Maimuna 273 
Lasaia 274, 283 | Makrena 191 
Lassia 188 ' Malenka 157, 308 
Laternaria 257 ' Malvina 267 
Latinus 203 ' Mantus 159 
Latona 192, 193, 196 | Marchalii 153, 186, 193 
Laverna 315 ' Markü 280, 306 
Lavinia 138 | Mariana 276 
Leada 138 ' Marisa 247 
Lieilus ° 216,'277,.283 ' Marsolia 288 
Lemonias 253 | Marsyas 141 
Lena 248 | Martia 289 
Leprieurii 232,5244 | Mechanitis 138, 157, 
Lerdina 286 264, 307 
Lethe 190 , Medora 195 
Leucadia 276, 283, 808 | Megaluren 289 
Leucochitonea 317 ' Megealura 158. 178, 186, 
Leucocyanea 247 188, 190, 250, 267, 268, 
Leucodesma 159, 314 274, 283, 313 
Libethris 167  Megasoma 147 
‚Libitina 315 , Megistanis 260, 267,268, 
Lilis 160, 316 288, 289 
Lineata 226 , Melander 188 
Linus 139, 256  Melibaeus 272 
Liria 276 ' Melinaea 160, 264, 307, 
Lorena 283, 308 313, 316 
Lycaena 139 | Melitaea 314 
lıyeaenidae 310 ' Melpomene 139, 2306 
Lyeidas 149, 203, 204, Menelaus232, 235,244,253,298 


212, 274, 275, 283, 297 Var. Melacheilus 277, 295 
Lyeidice 157 . Ab. Terrestris 242 


Alphab. Liste aller in dies, Arbeit vorkommenden Namen v. Gattungen ete. 329 
Meneria 272 \-Nica 161 
Menippe 201 | Nicaeus 239 
Menoetius 249, Nieylla 315 
Meones 308 | Ninonia 225 
Merida 186 | Noctuidae 269 
Meridensis 195 | Norica 250, 268 
Meris 274 | Notheme 283 
Mermeria 179 | Numata 256 
Mesene 253 | Numilia 272, 276 
Mesentina - 272 | Nyctimus 160 
Mesosemia 225, 247 | Nymphalidae 178, 192, 
Metalilis 160, 195, 316 | 205, 234, 244, 250, 259, 
Methame 276 | 276, 283, 284, 286, 289, 
Midamus 320 1% 290292, 299,306, 313, 317 
Miles 372  Nymphidium 159, 225, 253 
Militaris 179 | Obrinus 212, a 276 
Mimica 2386 | Ocalea 157 
Minyas 310 | Odius 148, 284 
Modesta 200 | Odorus 144 
Mollina 248 | Olivencius 275 
Moneta 187 | Olyras 191 
Monuste 155 | Opsiphanes 166, 249,258, 308 
Morpho 148, 145, 151, Optima 265, 280, 306 
160, 178, 211, 212, 232, Orellana 275 
235, 236, 240, 241, 242,  Öressinoma 167 
390, 296, 298, 308, | Orfita 259 
Morphidae 234, 236, Ornatrix 185 
240, 242, 244, 258, 277,  Orseis 255 
294, 306 | Orsilochus 251 
Mosella 159 | Pallida 188 
Murena 248, 315 | Pamphila 240 
Myedonia 200, 267 | Panacea 278, 284, 289, 
Mylitta 154 291, 293 
Myrinna 184 | Pandora 294 
Myscelus 194 | Papilio 134, 138, 147, 
Napeocles 306 ı 149, 150, 156, 161, 162, 
Nearchus 188 |  185,194,195,200— 206, 
Neleus 315 | 212, 235, 240, 241, 250, 
Nemesis 193 | 253, 257, 258, 264, 267, 
Neoptolemus 23335 297 | 268, 274, 275, 280, 282, 
Ab. Deidamia 213 | 283,285—287,289,291, 
Neotropidae 319 294, 297,299, 306 — 309, 
Neptis 314, 315 313,'317 


330  Alphab. Liste aller in dies, Arbeit vorkommend. Namen v, Gattungen ete, 


Papilionidae 318—320 | 
Pardalinus 264,311 | 
Patara 188,812 
Paupera ‚159 | 
Pausanias 268, 283, 285 
Pavana 316 
Pavonii 202 | 
Peleides 14%, 145, 160, 178 
Peleus 158, 268 | 
Penthea 247 
Penthiana 179 
Pereute 192 19% 195 
Perhybris 155, 157. 285, 

306, 308, 309, 213 
Periander 141,. 272 
Pericopis 161, :313,.:314 
Perisama 153, 156, 188, 

273, 311 
Peristera 259, 273 
Perseus 240, 242,258, 

295, 297 
Persis 274 
Phaedusa 213,226 
Phaerusa 202 
Phalcidon 244, 245 
Pharsalia 269 
Phasis 273 
Pheridamas 290 
Phidias 247 
Philea 155 
Philemon 247 
Philopoemen 248 
Philyra 315 
Phlegia 226 


Phyeiodes 140,159, 195, 
240, 259, 274, 306, 319, 


314, 315, : 


Pierella 

Pierella 

Pieridae 150, 155, 192, 
193, 206, 258, 267, 283, 


285, 289, 291, 292, 306, 318 


Pieris 155, 193, 


Prepona 186, 244, 27 


' Protogonius 
' Protoparce 


' Pyrameis 


' Pyrrhogyra 158, 
289, 


Pyrrhopyge 
 Pythonides 


Rhetenor 235, 297, 


Sardanapalus 


283, 
IR 
298, 


Löre 


154, 
244, 
298, 
308, 


306 
139 
307 
315 
250 
157 
285 


308 
315 
195 
293 
308 
283 
BI 5) 
308 
167 
256 
159 
309 
185 
267 
151 
308 


290 
247 
157 
249 
148 
278 
268 


308 
24% 
274 
280 
308 
29) 
159 
276 
307 
292 


Alphab. Liste aller in dies, Arbeit vorkom. Namen v. Gattungen ete. 3 


Satyridae 160, 166, 167, 
179, 187, 189, 234,248, 


249, 258, 280 
Satyrus 247 
Saundersiüi 159 
Scada 255 
Sesostris 147, 194, 203, 

240, 253, 274, 283, 308 
Sevata 155 
Simplicius 134 
Siseme 189 
Sophonisbe 288 
Sophorae 249 
Spinshidae 269, 282, 308 
Sınkai 306 
Stalachtis 213, 226, 227, 

23,313 
Statira 155, 268 
Steneles 14.05212,,312 
StyX 318 
SLEIX 257 
Stuarti 292,.,299 
Suadella 195 
Subhyalıina 306 
Sylvana 256 
Sylvetta 157 
Sylvo 157 
Symmachia 200, 268 
Tacehyris 155 
Tamarindi 166 
Taygetina 248 
Taygetis 160, 179, 248 
Telegonus 194 
Telesilaus 250; 253,5,283 
Temenis 148, 289 
Terra 191 
Thales 239, 244 
Tharops 213 
Theaphia 255 
Tıhecla 139, 140, 194, 

195, 230, 253, 256, 278, 

289, 307 

'T'helxiope 253, 309 


31 


T'heophron 
Theramenes 
Thisbe 
'T'hisbe 
Thoas 149, 201, 
Thracides 
T'hrason 
Thyastinus 
Thymele 
Thyridia 
Tiphus 
Tisiphone 
Tithorea 
Torquatus 
Tovaria 
Triopas 
Trite 
Trochilus 
'Tutelina 
Typhla 
Uraneis 
Uraneis 
Urania 
Uranidae 


Vanillae 


Vaninka 

Varus 250, 274, 
Velutina 

Vertumnus 212, 
Vesta 

Vicina 


201, 283 
194, 203 
247 

158 

205, 206 
274 

201 
282:.209 
134, 157 
256, 257 
158 
166 
21:3 
20147283 
..193 
250 

155 

265 

251 

167 

280 

298 
210,277 
313 
134 
155 

83, 308 
2, 288 
0, 250 
255 
287 


Victorina 140, 169, 212, 312 


Vila 239,258 
Viola 

Violacea 

Violetta 
Virginiensis 
Wallacei 
Xanthoplenra 
Xanthus 

Xenocrates 

Zagreus 


’ 


276, 314 
267 
247 
288 
184 


251, 269 


299, 308 
249 
287 
149 


Zalmoxis 


er Zama k; abe Er \ 
Zeleucus 247 | Zuleika 


Zelphanta 


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12 
June 


Ueber geschlechtlichen Dimorphismus 
des abessynischen Pap. Antinorii Oberthür. 


Mitgetheilt von Napoleon M. Kheil. 


Im III. Band (October 1878) seiner „Etudes d’entomologie“ 
(Lepidopteres de l’Afrique oriental et d’Algerie) berichtet 
Herr Charles Oberthür, dass Achille Raffray den Pap. Brutus 
& Fab. (= Pap. Merope Ur.) auch in Abessynien erbeutet 
habe und bemerkt auf pag. 11 über diese abessynische Form: 
„la bordure noire de Taile superieure est etroite; a Taile 
inferieure, les taches noires sont tres-retrecies et la queue, 
presque entierement jaune, est depourvue de tache noire — —" 
dass demnach die abessynische Form des in Ost-, Süd- und 
West-Afrika verbreiteten Pap. Merope das wenigste Schwarz 
zeige. Auf page. 12 beklagt sich Herr Oberthür, es habe 
Herr Raffray keine 92 der abessynischen Form erbeutet. 

Bald darauf erschienen in den „Annali del museo eivico, 
Genova 1880* die Risultati zoologiei, Lepidotteri I der 
„Spedizione italiana nell Africa equatoriale.* Darin wird die 
Lepidopteren-Ausbeute des Afrikareisenden Marchese Antinori 
von Herrn Ch. Oberthür bearbeitet und auf pag. 146 wiederum 
der abessynischen Pap.-Merope-Form Erwähnung gethan, von 
welcher der Marchese nur 2 28 erbeutet hat (il Marchese 
Antinori ha mandato soltanto due 4). Dem einen Exemplar, 
gefangen am 26. Septbr. 1877, hat der Marchese die Bemerkung 
„rarissimo" beigefügt. 

Endlich in den 3 Jahre später publizirten „Risultati 
zoologiei, Lepidotteri II* (Annali del museo eivico, Genova 1883) 
beschreibt Herr Oberthür beide Geschlechter des abes- 
synischen Pap. Merope (gefangen i. J. 18709 und 1880) als 
Pap. Antinorii, bestreitet aber deren geschlecht- 
lichen Dimorphismus (Seite 713) mit den Worten: la fem- 
ınina del P. Merope-Brutus d’Abissinia non somiglia ad alcuno 
dei tipi continentali conoseiuti. Essa ha rapporti soltanto con 
quella di Madagascar.“ Das heisst: das 2 des Pap. Antinorii 
gleicht den 3, wie dies bei dem madagassischen Pap. Meriones 


354 Ueber geschl. Dimorphismus d. abessyn. Pap. Antinorii, Oberthür. 


der Fall ist. Herrn Oberthür haben nämlich nur 22? vorge- 
legen, welche dem & ähnlich sind und sich lediglich dadurch 
unterscheiden, dass sie von der Basis des Vf, an, einen längs 
des Vorderrandes sich hinziehenden, bis zur Mitte der Dis- 
koidalzelle reichenden schwarzen Keillleck führen. Ein solches 2 
(der charakteristische Keilfleek varlirt übrigens in Form und 
Ausdehnung bei meinen 2 22), dem. & sehr. ähnlich, ist auf 
Taf. IN, Fig. 4 der erwähnten „Annali  1883* abgebildet. 
Auch Herr Dr. Staudinger theilt in seinem Exotenwerke 
(Seite 11) die Meinung Oberthürs „dass bei Pap. Antinorii 
ebenso wie bei Pap. Meriones Feld, die 22 merk- 
würdigerweise niemals dimorph sein. 

Nun erhielt ich von dem seither verstorbenen Afrika- 
reisenden Dr. Anton Stecker 11 Exemplare des Pap. Antinorü 
(gefangen bei Korata am Tana-See), worunter 7 84, dann 2 den 
&<4 ähnliche 22 und endlich 2dimorphe 22 sich befinden. 

Damit ist die Mythe, die abessynische Form mache von 
jenen in West-Africa, Natal und Zanzibar, bezüglich des 
geschlechtl. Dimorphismus, eine Ansnahme,”) abgethan. Bei 


(Figur 1.) 


*) Das ist dennoch der Fall, denn der Dimorphismus der 2 2 des 
Pap. Brutus (Merope) ist ein ganz verschiedener, da sie ungeschwänzt sind 
und Danainen (Amauris) nachahmen. Anmerkung des Redacteurs, 


00 EEE WERL DEEBBEBEEFROBFRNER 


Ueber geschl. Dimorphismus d. abessyn. Pap. Antinorii Oberthür. 335 


dieser Gelegenheit möchte ich fast behaupten, dass der mada- 
gassische Pap. Meriones Feld. wohl auch keine Ausnahme 
machen wird. 

Die in Rede stehenden dimorphen 22 des Pap. Antinorii. 
wovon eines „weiss“, das andere „ziegelroth“ ist, nenne ich 
Pap. Niavioides und Pap. Ruspinae, indem erstere Form an 
Amauris Niavius, letztere an Euphaedra Ruspina erinnert. 
Euphaedra Ruspina trägt übrigens das typische Danaus-Kleid. 
welches bei Elymnias, Cethosia, Argynnis“), Hypolimnas**), 
Limenitis®*) wiederkehrt, so dass die beiden Papilio-Formen 
eigentlich die Danaiden”“**)(Amauris und Danaus) „nachahmen.“ 

Pap. Antinorii ab. 2 Niavioides (Fig. 1) ist rein! weiss und 
der Amauris Niavius entsprechend gezeichnet, Hf. jedoch ge- 
schwänzt, mit gleich breitem schwarzem Aussenrand, welcher 
in jeder Zelle je eine weisse durch die Zellenfalte zetheilte 
Mackel besitzt. 

Die Unterseite der Vf. ist jener von Amauris Niavius 
entsprechend; nur ist der Apex lehmeelbh. Auf der Unter- 
seite der Hf. erscheint der schwarze Aussenrand der Öber- 


= (Figur 2.) 
*) Argynnis Niphe @ 
**) Hypolimnas Missipus 9 
*##*) Limenitis Archippus. 
*:3*) Aber durchaus nicht in der Flügelform. (Anmerk, d. Redacteurs.) 


[2 


336 Ueber geschl. Dimorphismusd, abessyn. ‚Bap. Antinorüi Oberthür, 


seite breiter und braungelb. Die weissen Aussenrandsmackeln 
verloschen. Fühler schwarz; Körper ockergelb mit schwarzen 
Seitenpunkten. 

Nach 1 Exemplar (mit beschädigten Schwänzen, die auf 
der Abbildung ergänzt erscheinen) aus Korata am Tana-See 
(Abessynien.) 

Pap. Antinorii ab. 2 Ruspinae (Fig. 2) ist ziegelroth und 
sonst genau wie die vorbeschriebene weisse Form gezeichnet, 
mit Ausnahme der Mittelzelle, die von der Basis an bis zur 
Mitte nur am Vorderrande schwarz ist. (An der auf photo- 
eraphischem Wege erzielten Abbildung nicht scharf zu ent- 
nehmen.) 

Unterseite matter ziegelroth; Vf. mit breitem schwarzen 
(uerbalken, sonst mit den der Oberseite entsprechenden weissen 
Flecken und Mackeln. Fühler schwarz; Körper ockergelb mit 
schwarzen Seitenpunkten. 

Nach 1 Exemplar aus Korata am Taana-See (Abessynien.) 

Wie mir Dr. Stecker mitgetheilt hat, war der schwefel- 
eelbe Pap. Antinorıi (nebst dem dunkeln Pap. Nirens) die ge- 
meinste Papilio-Art in der Umgebung östlich vom 'Tana- See. 

Pap. Antinorii flog langsam und war so wenig scheu, «dass 
er sich, von der Blume weg, mit den Fingern greifen liess. 


Die Analpinsel der männlichen Danaiden. 


Von Dr. Erich Haase in Königsberg. 


In seinen interessanten „Beiträgen zur Lepidopteren- 
Fauna von Gross-Ceram® bemerkt 0. Ribbe*) gelegentlich 
der Besprechung von Danais Lutescens, dass die nach 
meiner Angabe**) als Duftorgane anzusehenden Analpinsel der 
Danaiden-Männchen wahrscheinlich dazu dienten, „die Ge- 
schlechtstheile des Weibchens (äusserlich) zu reizen.“ 

Anf eine briefliche Anfrage hatte nun Herr E. Hartert 
die Güte, mir in einem längeren Schreiben, welches Beob- 
achtungen über die Analpinsel der Euploeen und Danaiden ent- 
hielt, unter Anderem mitzutheilen, dass auch „den Anal- 


*) Diese Zeitschrift II, 1890, S. 222, 
**) Ebenda I, 1886, 8. 99, 


“ 


wu 
m 


Bemerkungen zu den Tafeln III und IV. 3 


büscheln der Hestia Lineata ein starker Geruch 
entströmt.* | 1 

Diese Beobachtung gewinnt dadurch an Interesse, dass 
Hestia ausser den (nach Doherty) 4 Analbüscheln keine 
weiteren männlichen Auszeichnungen besitzt und dass gerade 
das Vorkommen der Duftschuppenmassen auf den Hinterflügeln 
von. Danais Fritz Müller*) und E. Schätz“*) veran- 
lasst hatte, die Pinsel für blosse Streuorgane zu halten, die 
sich erst mit dem Secret der Flügelschuppen tränken müssten. 
Die Beobachtung an Hestia beweist jedoch, dass hier (und 
auch wohl bei den übrigen Danaiden) die Duftdrüsen im Boden 
der durch Blutzudrang sich ausstülpenden und die Streuhaare 
ausstrahlendn Analtaschen liegen. 


Bemerkungen zu den Tafeln II und IV. 


Die Beschreibungen der auf Tafeln Ill und IV. abge- 
bildeten Arten werden im ersten Hefte des nächsten Bandes 
erscheinen. Der Umfang des jetzigen Bandes ist. durch die 
Hahnel’sche Arbeit, von der es wünschenswerth war, dass sie 
vollständig in demselben erschien, schon etwas stärker ge- 
worden, als es die bisherigen Verhältnisse unserer (Gesellschaft 
eigentlich gestatten. Ich gebe jetzt nur hier an, wo und von 
wem die abgebildeten Arten gefunden sind. 


Taf. IH. 


Fig. 1. Papilio Quadratus Stgr. wurde von Frau 

Dr. Hahnel bei Manicore am Rio Madeira, dem 

grössten südlichen Nebenfluss des (mittleren) Amazonas 

eefunden. 

Catagramma Michaeli Stgr. Von Otto Michael, 

dem Begleiter Dr. Hahnel’s auf dessen letzter Reise, 

gleichfalls bei Manicore gefunden. 

3. Herona Schoenbergi Stgr. Von Wahnes, dem 
Sammler unseres Mitgliedes Herrn Wolf von Schönberg, 
im Innern des südöstlichen Borneo gefunden. 


r 


—_- 


*) Arch. do. Mus. Nac. do Rio II 1877, 8. 28. 
**) Die Familien in Gattungen der Tagfalter 1886, 8. 79. 


9) 
a 


Bemerkungen zu den Tafeln III und IV. 


Oynandra Grose-Smithi Stgr. Durch Herrn 
Dr. P. Preuss bei der Barombi-Station am 
Elephanten See, im Inneren des Kamerungebiets 
entdeckt. 

Delias Melusina Stgr. Von Herın Dr. Platen 
im Inneren der Minahassa, des nordöstlichen Theiles 
von Üelebes gefunden. 


. Pseudacraea Usagarae Stgr.. Dies Stück be- 


fand sich in einer von mir. gekauften Sendung aus 
Deutsch-Ost-Afrika, und wurde angegeben, dass .die 
Thiere in der Landschaft Usagara gesammelt wären. 
Hewitsonia Preussi Ster. Von Dr. P, Preuss 
bei der Barombi-Station gefunden. 


. Pseudacraea Sibyllina Stgr. Von Dr. P. Preuss 


in Sierra Leone, West-Afrika gefangen. 


Far; ıLYy. 


Prothoe CUhrysodonia Stgr. Von Dr. Platen 
bei Davao in Süd-Ost-Mindanao (Philippinen) entdeckt. 


3. Euploea Durrsteini Stgr. (3 u. 2). Vom Matrosen 


Mailick in Hatzfeldhafen, Deutsch-Neu-Guinea ge- 
funden. Auf der Tafel ist irrthümlich „Dursteini“ 
gedruckt; ich benenne sie aber zu Ehren unseres 
Mitgliedes, Herin L. Durrstein, der zur Herstellung 
(dieser Tafeln einen Beitrag widmete. 


0. Staudinger. 


Iris, Dresden, Bd. Ill. Taf. L 


u 
ie UUSENR et 
Du. 


A-Weyding del. Elberfeld. 


1. Raupe, 2. & 3. Puppe von Ormithoptera Croesus Wall. 
4. & 5. Norasuma Richteri Weymer. 


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Iris, Dresden, Bd. III. Ta HL. 


1. Colias Hyale. Aberratio. 2. Lycaena Hylas. Hermaphroditus. 
3. Vamessa Atalanta. Aberratio. 4.5. Melilaea Aurinia. Aberrationes. 
6. Vanessa Urticae. Aberratio 7. Argynnis Selene Aberratio. 


rıs, Dresden, Bd. 11. Tal a, 


I. Papilio Quadratus Stgr. 2. Catagramma Michaeli Stgr. 3. Herona Schoenbersi Ster. 


H- Cynandra Grose-Smithi Stgr. 5. Delias Melusina Stgr. 6. Pseudacraea Usagarae Ster. 
| 7. Hewitsonia Preussi Stgr. 8. Pseudacraea Sibyllina Ster. 


ak ganLt v 
Fu U A 


ze . 


»resden, Dad. 111. La say 


ıch-Arkossy. 


I. Prothoe Chrysadonia Ster. 2. £Z 3. © Euploea Dursteini Stor. 


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“+. 


Iris, Dresden, Band III, Heft 1. 


Deutsche 


Entomolopische Zeitschrift 


herausgegeben 


von der 


Gesellschaft Iris zu Dresden 


in Verbindung mit der 


Deutschen Entomologischen (zesellschaft 


ZI DBer1iTin; 


Jahrgang 1390. 


Erstes lepidopterologisches Heft 


(Fortsetzung des „Correspondenz-Blattes des Entomologischen Vereins Iris‘) 


herausgegeben von der 


Entomologischen Gesellschaft Tris in Dresden. 
September 1890. 


Mit 2 Tafeln. 


Preis für Nichtmitglieder des Vereins: 8 Mark. 


Redaecteur: Dr. O0. Staudinger. 


London. Berlin 1890. Paris. 
Edw. Jauson. Friedländer & Sohn. Luce. Buquet, 


28 Museum Street. 52 Rue St. Placide. 


m 
Dem Tire 


Vorstand der Entomologischen Gesellschaft „Iris“ 
in Dresden. 


Vorsitzender: Dr. O. Staudinger, Blasewitz-Dresden. 
Stellvertreter: (augenblicklich unbesetzt). 
Schriftführer:  H. Steinert, Dresden, Schweizer Strasse 16. 
Rechnungsführer: CR 

KB B.Sperrhaken, Dresden, Lüttichaustr. 19. 
Bibliothekar: 


Sitzungen: Mittwochs von S—11 Uhr, Pfarrgasse 2, 
Hötel Stadt Weimar. 


Vorstand der Deutschen Entomologischen Gesellschaft 
im sBerıin: 


Vorsitzender: Dr. &. Kraatz, Berlin W., Linkstrasse 28. 
Stellvertreter: J. Weise, Berlin N., Griebenowstrasse 16. 
Schriftführer: J. Schilsky, Berlin N., Schönhauser Allee 29. 


Rechnungsführer: B. Lichtwardt, Berlin N., Oranienburger- 


Strasse 58. 


Bibliothekar: O0. Schwarz, Berlin SW., Alte Jacobstr. Ic. 
Sitzungen: Montags von 9—11 Uhr, Kommandantenstr. 62, 


Beau’s Restaurant. 


Iris, Dresden, Band IIT, Heft 2. 


Deutsche 


Entomologische Zeitschrift 


herausgegeben 


von der 


tesellschaft Iris zu Dresden 


in Verbindung mit der 


Deutschen intomologischen (zesellschaft 


sr BSerlim. 


Jahrgang 1890. 


Zweites lepidopterologisches Heft 


(Fortsetzung des „Correspondenz-Blattes des Entomolosischen Vereins Iris“) 
herausgegeben von der 
Entomologischen Gesellschaft Iris in Dresden. 
Dezember 190. 


Mit 2 Tafeln. 


Preis fir Nichtmitglieder des Vereins: S Mark. 
Redacteur: Dr. 0. Staudinger 


London. Berlin 1890. Paris. 


Edw. Janson. Friedländer & Sohn. Luc. Buquet, 
2S Museum Street, 52 Rue St. Placide. 


A 


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BR" 


Vorstand der Entomologischen Gesellschaft „Iris“ 
in Dresden. 


Vorsitzender: Dr. OÖ Staudinger, Blasewitz-Dresden. 
Stellvertreter: Prof. Dr.O.Schneider, Dresden, Porticusstr 9. 
Schriftführer: NH. Steinert. Dresden, Schweizer Strasse 16. 
Rechnungsführer: | ’ 
Bibliothekar: |" 
Sitzungen: Mittwoch von S—11 Uhr, Pfarrgasse 2, 
Hötel Stadt \WVeimar. 


Sperrhaken, Dresden, Lüttichaustr 19, 


nn 


Vorstand der Deutschen Entomologischen Gesellschaft 
in Berlin. 


Vorsitzender: ‚Dr. G. Kraatz, Berlin W, Linkstrasse: 28. 
Stellvertreter: J. Weise, Berlin N., Griebenowstrasse 16. 
Schriftführer: J. Schilsky, Berlin N., Schönhauser Allee 29. 
Rechnungsführer: B. Lichtwardt, Berlin N, Oranienburger- 


Strasse 58. 


Bibliothekar: O.Schwarz, Berlin SW., Alte Jacobstr. 1 c. 
Sitzungen: Montags von9—L1 Uhr, Kommandantenstr.62, 


Beau’s Restaurant. 


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