s P ar . 3
FAR & ee ai
a ME Zi ae Me. _ nn RK Be 7ER ARTEN
u A
Ms ”
rn einer m en ar ne an nen Akad Zoe ; une Te een
n ERLEIDEN en ENENENIRETENEN RLTETTITIN INNEN I ENLNIL TED TERN Fe TR nn ee * TEEN re ur x
COLLECTION
OF
WILLIAM SCHAUS
©
PRESENTED
WTHE
NATIONAL MUSEUM
MCMV
Fk
A
ie Nr
N
Th
Iris, Dresden, Band 111.
Deutsche
ROADEAAche Zeitschrift
herausgegeben
von der
Gesellschaft Iris zu Dresden
in Verbindung mit der
Deutschen intomologischen (sesellschaft
ZeaiBbBerlin
Lepidopterologische Hefte
(Fortsetzung des „Correspondenz-Blattes des Entomolggischen Vereins lris“)
Band III.
Jahrgang 1890.
Mit 4 colorirten Tafeln und 2 Textfiguren.
Redacteur: Dr. © Staudinger.
Abwın ARNOLD, DRESDEN-BLASEWITZ | a as5’T q
‚IER bunt „ober! wir! | |
yılardnotl =
Htirdoasiss odo2iyolaioe a |
IR ER EÜRERAR
ab mi
nobam IN FM Naroalioeal
ab Hm yıabiridın
tsrlselloassd rbsreolomehm! dot
„milıss sa
N
»sH sıdmraigoleimigohigs.Jd
in Ania? arsalzalontonnt sah sonnlä-smobnogerpol), zab BITTISE U UE 0)
IT be ü
008: gasgıdelb 3
erımaihtzoV & bins nlstnT mteiiolon > He y
m.
saunibuntd .O a@ srundonhal
in f
\ fi
w 48
v ’ i
HISELINMJANOIIAN) “
nd \ N - R w. ?
f 07 / 17% wi { N
Inhalts-Uebersicht.
Pagenstecher, Dr. Arnold: Heteroceren der Insel Palawan . 1-33
Weymer, 6.: Norasuma Richteri n, sp. (Hierzu Tafel I, Fig. 4,5) 34—36
Ribbe, €C.: Einige Beobachtungen über die Lebensweise von
ÖOrnithoptera (Hierzu Taf. I, Fig. 1—3) . 2 237 —44
Ribbe, H.: Abweichnngen und Zwitter aus der Sammlung des
Herrn Gustav Bornemann in Magdeburg (Fortsetzung), 45—46
(Hierzu Tafel II, Fig. 1—7.)
Calberla, H.: Die Maerolepidopterenfauna der römischen Campagna
und der angrenzenden Provinzen Mittel-Italiens.
(Fortsetzung und Ende) . i i e : rar 94
Pabst, Prof. Dr.: Vergleichung der Macrolepidopteren-Fauna
von Chenmitz mit der des Leipziger Gebietes (mit
einer systematischen Liste) ! Ä : . 95—127
Stuudinger, Dr. 0.: Lebensskizze des Dr. Paul Hahnel . 128—132
Hahnel, Dr. P.: Entomologische Erinneruugen an Süd-Amerika 133— 8332
(Hierzu alphabetische Liste der Gattungen, Arten,
Varietäten und Aberrationen.)
Kheil, Professor Napoleon: Ueber geschlechtlichen Dimor-
phismus des abyssynischen Pap. Antinorii Oberth, 333 —336
Haase, Dr. Erich: Vie Analpinsel der männlichen Danaiden 336— 337
Staudinger, Dr. 0.: Bemerkungen zu den Tafeln III und IV. 337—338
Inhalts-Uebersicht i : j : | ' ; I
Vereins-Nachrichten . } 1 . | - ; .. H—-IN
Verzeiehniss der Mitglieder j s ; i i | . IV— VI
Alphabetische Liste . : E x £ j ; : VII—XV
Für den Inhalt der in dieser Zeitschrift veröffentlichten Aufsätze
sind die Herren Autoren allein verantwortlich, die Gesellschaft „Iris“ ist
es in keiner Weise,
Vereins-Nachrichten.
Die Geschäfte des Vereins wurden während des ver-
flossenen ‚Jahres von den. nachstehend. genannten Vorstands-
Mitgliedern geführt:
Dr. Otto Staudinger, erster Vorsitzender,
Heinrich Ribbe, zweiter Vorsitzender,
Hermann Steinert, erster Schriftführer,
Richard Weise, zweiter Schriftführer,
Bruno Sperrhaken, Rechnungsführer und Bibliothekar.
Das Amt eines zweiten Vorsitzenden blieb jedoch während
der letzten vier Monate unbesetzt, da Herr Heimrich Ribbe
Ende August aus ‚dem Verein ausschied. — In der Haupt-
versammlung zu Anfang November wählte der Verein die
Beamten für das künftige Jahr: Dr. Staudinger, H. Steinert,
R. Weise und B. Sperrhaken wurden wiedergewählt, während
man mit den. Geschäften des 2. Vorsitzenden Professor Dr.
Oskar Schneider betraute.
Der Pressausschuss wird von folgenden Mitgliedern
gebildet: Dr. 0. Staudinger, H. Calberla, Prof. Dr. Schneider
und H. Steinert.
Zu Ehrenmitgliedern des Vereins wurden folgende drei
Herren ernannt: Professor Dr. Chr. Aurivillius im Stockholm,
(eheimrath Baron Dr. Cajet. Felder in Wien und Dr. Max
Wocke in Breslau. |
Seit dem 1. April d. J. sind die nachgenannten Herren
sowie eine Dame dem Verein als ordentliche Mitglieder bei-
getreten: A. Bang-Haas (Striesen-Dresden), V. v. Bönning-
hausen (Rio de Janeiro), H. Booch-Arkossy (Plagwitz-Leipzig).
A. de Uaradja (Tirgu-Neamtu in Rumänien), Ph. Crowley
(Croydon in. England), A. Curo (Bergamo in Italien), M. Daub
(Karlsruhe), W. Doherty (z. Z. in Indien), H. Druce (London),
L. Durban (Nürnberg), L. Durrstein (z. Z. in Genf), J. Elwes
(Cirencester in England), E. Geilenkeuser (Elberfeld), B. Hart-
mann (Reichenbach i. Schl.), Dr. M. Heylaerts (Breda i. Holland),
H. Honegger (Basel), Dr. C. Horn (Stassfurt), N. Kheil (Prag),
(&. Kretschmar (Dresden), Dr. Th. Krüper (Athen), M. Kulka
(Bergedorf-Hamburg), ©. Lamarche (Liege in Belgien), Dr.
R. Lazarevitsch (Belgrad in Serbien), H. Leech (London),
Vereins-Nachrichten. II]
A. Loose (Magdeburg), E. Meyer (Essen), H. v. Mitis (Wien),
GG. Mühlenpfordt (Hannover), F. Philip (Köln), H. Richel-
mann (z. 7. in Langensalza), A. Rogenhofer (Wien), A. Ruh
(Karlsruhe), W. v. Schönberg (Naumbur &), Miss. E. M. Sharpe
(Chiswick in England), W. Spemann (Dresden), F. Teute
(z. 4. in Nord-Amerika), G. v. Turati (Mailand), H. Wagemann
(Wiesbaden), A. Werner (Köln). -— Der Verein hatte also
die Freude, 39 neue Mitglieder aufnehmen zu können. —
Ausgetreten sind nur folgende 3 Herren: A. Herzog (Dresden),
H. Ribbe (Dresden) und .). Seiler-Strübin (Liestal i. d. Schweiz);
die Herren P. Meyer (Chemnitz) und H. Seefried (Speyer)
haben ihren Austritt für 1. ‚Januar 15091. angekündigt.
Es wurde im Verein beschlossen, dass die lebensläng-
liche Mitgliedschaft durch eine einmalige Zahlung von
200 Mark erworben werden kann. Von dieser Bestimmung
haben die Herren L. Durrstein, J. H. Leech und Ant. Aug.
de Carvalho Monteiro Gebrauch gemacht.
Der Jahresbeitrag von 10 Mark ist in den ersten
Monaten eines jeden Jahres zu entrichten, (au den Rech-
nungsführer B. Sperrhaken oder an den Vorsitzenden Dr.
O. Staudinger). Ist: derselbe vor dem Erscheinen des zweiten
(letzten) Heftes der Zeitschrift nicht bezahlt, so wird er vor
oder bei Zusendung dieses Heftes durch Postauftrag ein-
Bezogen.
Mitglieder, welche ihren Austritt nach Empfang: des
ersten Heftes anzeigen, sind verpflichtet, für das laufende
Vereinsjahr ihren Beitrag noch zu zahlen.
Die auswärtigen Mitglieder, welche mit den hiesigen in
Tauschverkehr treten möchten, sind freundlichst gebeten, ihre
“ dahinzielenden Wünsche dem Unterzeichneten mitzutheilen.
Da sich unsere Zeitschrift in der jüngsten Zeit bedeutend
vergrössert hat, so gelang es dem Verein, von der Französischen
und von der Belgischen Entomologischen ( esellschaft (die Annales
im Tausch zu erhalten. Beiden Gesellschaften sei für die Be-
reitwilligkeit, mit der sie unsere Bitte erfüllten, der wärmste
Dank ausgesprochen.
Endlich gebührt noch der besondere Dank des Vereins
den Herren E. Bornemann (Magdeburg) und L. Durrstein
(Genf) für die Tafeln, die sie aus ihren Mitteln der Iris zur
Verfügung stellten, sowie dem Herrn H. Booch-Arkossy,
der die Thiere auf den beiden letzten Tafeln zeichnete.
Hermann Steinert, d. Z. Schriftführer.
Verzeichniss der Mitglieder”)
der
Entomologischen Gesellschaft „Iris“ zu Dresden,
Ende Dezember 1890.
Ehren-Mitglieder.
Aurivillius, Christopher, Dr. phil. und Universitätsprofessor. Stockholm,
Felder, Cajetan, Dr. jur., Freiherr von k. k. Geheimer Rath Exe. Wien. T,
Schottengasse 1.
Wocke, Max. Dr. phil., Lepidopterolog. Breslau, Klosterstr. 87.
Ordentliche Mitglieder.
Bang-Haas, Audreas, Kaufmann. Dresden-Striesen ö . ‚1890
Barfuss, Max. Chemnitz, Hartmannstrasse 15 h 4 2 . 1889
Bauer, A. Stettin, Elisabethstrasse 5 . ‘ e } e ...1889
Bispen, Theodor. Petersburg, Moika 40, Qu. 41 . ... 1888
Blass, R., Kassirer. Ronsdorf bei Elberfeld ’ . .,1888
Bönninghausen, Vietor von, Kaufmann. Rio de Janeiro, Post
Office Box No. 775 . : 4 j 2 2 ... 1890
Booch-Arkossy, Hans, Kaufmann. Plagwitz-Leipzig . 3 ... 1890
Bornemann, Edwin, Kaufmann. Magdeburg, Grosse Junkerstr 1. 1885
- Bossanyi, Joseph von, Pfarrer. Nyitra-Novak (Ungarn) e 1888.
Caflisch, J. L., Advokat und Staatsanwalt. Chur. (Schweiz) . "21889
Calberla, Heinrich, Privatus. Dresden, an der Bürgerwiese Sp . 1886
Caradja, Aristide de, Gutsbesitzer. Tirgu Neamtu (Rumänien) . 1890
Christoph, Hugo. Custos Seiner Kaiser]. Hoheit des Grossfürsten
Nicolai Michailowitsch. Petersburg, Gr. Stallhofstrsase,
Finnisches Kirchenhaus Qu. 56 . 4 . : . 1888
Crowley, Philipp, lsq. Croydon (England), Waddon House . .1890
Curo, Antonio, Ingenieur. Bergamo (Italien) ! d j ...1890
Daub, M., Architekt. Karlsruhe, Wilhelmstrasse 36 1 4 . 1890
Daumiller, Professor und Realgymnasial-Rektor. Nürnberg . . 1889
Doherty, William, Entomolog aus Nordamerika, ,z, Z. in Indien .. 1890
Druce, Herbert, Fabrikant. London . 1890
Durban, L., Inhaber eines Agentur- uud Commissions-Geschäftes,
Nürnberg : . s : . i . N 5 ...1890
*) Die hinter dem Namen stehende Zahl bedeutet das Jahr des
Eintritts des betreffenden Mitgliedes.
Verzeiehniss der Mitglieder,
V
Durrstein, L., Rentier aus Nord-Amerika, z. Z, in. Genf, Villa
Fauvette ; ß ; g : ; ? { -
Elwes, H. J., Gutsbesitzer. Cirencester (England), Preston. House
Eiffinger, A., Eisenbahnsecretär. Sachsenhausen .b. Frankfurt a, M.
Ferber, Wilhelm, Commerzienrath. Gera (Reuss j. L.)
Ficke, H, Privatus. Freiburg in Baden .
Geilenkeuser, Ernst, Lehrer. Elberfeld, Baustrasse, 57.
Godman, Frederie Ducane, Ksq. London W., 10..Cbandos- Street,
Cavendish Square |
Grossmann, H., Kaufmann. Moskau, Lefortowo 3. Bezirk, E ligenesHaus
&untermann, "Joseph, Kaufmann. Düsseldorf N : ;
Hartmann, Bruno, Stadtrath. ' Reichenbach i. Schl.
Haverkampf sen., Fritz. Ronsdorf bei Elberfeld ; i
Heyden, Lucas von, Dr. phil., Hauptmann. Bockenheim bei
Frankfurt/a. M. .
Heylaerts, F. J. M., Dr. med. Breda (Holland), St. Jannstr. A. 503
Hirschmann, Adolf, Kaufmann. Dresden, Uhlandstrasse 17...
Höffken, Wilhelm, Kaufmann. Barmen, "Alleestrasse
Hofmann, Ernst, Dr. phil., Kustos am Kgl. Museum: zu Stuitgart,
Alleenstr asse 9
Hofmann, K.B., Dr phil. und Universitätsprof., Graz, Schillerstr.il
Holland, W. J., Rev. Dr. phil. BUWnEEN: Pa. (Nord-Amerika)
5 th Avenue - . . L A
Honegger, Hermann. Basel, Leinenstrasse 13 i
Honrath, Eduard, Kunsthändler. Berlin, Unter den Linden 2
Horn, Karl, Dr. jur., Stadtrath. Stassfurt . '
ihle, Richard, Tischlermeister. Dresden, Böhmische Strasse 24
Kalchberg, Adolf, Freiherr von. Penzing bei Wien .. ;
Kheil, Napoleon, Professor und. Handelsschuldirektor, Prag,
Ferdinandstrasse 38... i F oaımıd . s
Klähr, Hermann, Torstassessor. Dresden, Reissigerstrasse 42
Kraatz, @ustav, Dr. phil., Entomolog. Berlin, Linkstrasse' 28
Kretschmar, Egon, Kaufmann, Dresden, Freiberger Platz 1
Kretzschmar, Gustav, Kaufmann. Dresden, Werderstrasse 29
Kroth, Konrad, Gärtner. Coblenz, Kirchhof ' ) > ö
Krüper, Theobald, Dr. phil., Conservator am Museum: zu: Athen
Kühn, Heinrich, Naturalist, z. Z. auf Reisen in Indien
Kulka, Max, Fabrikdirektor. Bergedorf bei Hamburg
Lamarche, Oskar, Bankdirektor. Liege (Belgien), 70 Rue Louvrez
Lanz, Hermann, Krane Friedrichshafen a. Bodensee
Lazarevitch, Radmio, Dr. med, Belgrad, Jetremova uliza 20
Leech, J. HB. Esq. London 8. W., 29 Hyde Park Gate
Loose, A., Oberingenieur. Magdeburg, Anhalter: Str. 9 ä
Meyer, Eugen, Kaufmann. Essen a. d. Ruhr, Lindenallee 15
Meyer, Paul. Chemnitz, Theaterstrasse 27. . i \ }
Mitis, Heinrich Ritter von, K. K. Militär-Offieial.' , Wien,
Fleischmarkt 19 i ‘ {
Monteiro, Antonio Augusto de Carvalho. Lissabon, Rua do
Alegrim 72... } &
Mühlenpfordt, G., Direktor. Hannover, Fabrikstrasse 2
Neumögen, B., Bankier. New-York, 40 Exchange Place P.O.Box2581
Oberthür, Charles. Rennes (Frankreich, Ile-et-Vilaine)
Veser, Emil, Prokurist. Dresden, Florastrasse 10 \ : 4
Pabst, M,, Dr. phil. und Professor. ‚Chemnitz ; N . s
1590
1890
1886
1885
1859
1890
1887
1887
1885
1890
1885
1888
1590
1887
1889
1889
1888
18389
1890
1885
1890
1862
1585
1890
1857
1888
1387
1890
1889 .
1890
1885
1890
1890
1887
1890
1890
1590
1890
1889
1590
1589
1890
1989
1386
1885
1884
V] Ver zeichniss der Mitgtieder.
Pagenstecher, Arnold, Dr. met., Kgl. Sanitätsrath, Wiesbaden,
Taunusstrasse 30 4 e ß !
Philipps, Franz, Kaufmann. Köln, Klingelpütz 49 . 4 i
Püngeler, Rudolf, Gerichtsassessor. Burtscheid b, Aachen, Kur-
brunnenstrasse 26 3
Ragonot, E. L., Bankier. Paris, Quai de>ia Rape rat; .
Rassmann, Friedrich, Inspektor. Dresden, Grosse Plauense he: Str.
Vitzthumsches Gymnasium
Reichelt, Hugo, Kaufmann. Dresden, ( Gutzkowstraise' 28 .
Reutter, Enzio, Magister der Philosophie. Helsingfors, (P innland)
Malmgatan 5 N 4 ! } . ; | .
Ribbe, Karl, Naturalist. Radebeul b. Dresden 5 I
Richelmann, Hauptmann] 2. 7. auf Ü
Röder, Adolf, Privatus. Wiesbaden, Taunusstiasseor % £
Rogenhofer, ‘Aloys, Kustos im k. k, Museum. Wien; ‘Josefstädter
Strasse 19 } 1 5 h s } .r
Ruh, August, Fabrikant. Karlsruhe, Würzstrasse 10
Schanfuss, Camillo, Kaufmann. Cöl'n b. Meissen - j
Schneider, Oskar, Dr. phil. ae Dresden,
Portikusstrasse 9 L : i
Schunke, Otto, Privatus. Dresden, ‚Stepianienstrasse 24 , N
Schönberg, Wolf von, kgl. Landgerichtsrath a. D. Naumburg a. $,
Seefried, H. Speyer a. Rh. . E E : x
Seiler, Robert, Kaufmann, Dresden, Leipzigerstrasse 18
Semper, Georg, labrikant. Altona, Klopstockstrase 23
Sharpe, Miss E.M. Chiswick (England) Lyndhurst 4 Barrowgate Road
Smith, Henley Grose, Rechtsanwalt London Br. Harley Street 136
Speck, Franz. Werkführer. Radebeul b. Dresden
Spemann, Wilhelm, Maler. Dresden, Albrechtstrasse 31 ;
Sperrhaken, Bruno, Ministerial-Caleulator. Dresden, Lüttichau-
strasse 19 : . f ; y ® 3 £
Standfuss, Max, Dr. phil. Kustos am Eidgenössischen Polytech-
nikum, Zürich . i , E 3 | .
Staudinger, Otto, Dr. phil., Lepidopterolog. Blasewitz-Dresden ,
Stehle, Fritz, Fabrikdirektor. Hainsberg b. Dresden .
Steinert, Hermann, Bürgerschullehrer. Dresden.Schweizerstrasse 16
Steinhausen, Dr. med., Oberstabsarzt. Frankfurt a. M. i
Sulger, H., Konservator am Museum. Basel, Malzgasse 21
Taistrzik, Rittmeister. Köln. Hohenstaufenring 18. }
Teute, Ferdinand, z. 7. in Nordamerika
Till, Franz, Kunsthändier; Dresden, Christianstrasse 27
Turati, Gianfranco Graf. Mailand, Via Meravigli 13
Uffeln, Karl, Gerichtsassessor. Warburg (W estfalen).: '; £ {
Uhlemann, Ernst, Mechanikus. Dresden Moritzstrasse 12
Vuillot, Paul, Kaufmann, Paris, 23 Rue Jean-Jaeques-Rousseau
Wagemann, Hugo. Wiesbaden, Luisenstrasse 56 . Ä 2 ;
Watkins, William, Kaufmann. Croydon (England), The Hollies
Vicarage Road, Surrey . N : |
Weise, Richard, Kaufmann, Dresden, Bartholomäistrasse 11
Wendt, Julius, Schlosser Dresden, Förstereistrasse 38. {
Werner, August, Apotheker. Köln, Vogteistrasse 24 . i
Weskamp, A. Köln-Ehrenfeld, Venloerstrasse 221 3
Weyding, August, Lithograph. Elberfeld, Harmoniestrasse
Weymer, ustav, Eisenbahn-Beamter. lberfeld, Sadowastrasse 21
1854
1890
155%
1589
1866
1588
158)
1554
1890
1859
1890
1590
1854
1887
1556
18590
1889
1584
1885
18590
185%
1889
1890
1589
1885
1862
1885
1883
1884
1889
1889
1890
1855
1890
1889
1889
1889
1890
1889
1588
1554
1890
1889
1889
1889
Verzeichniss der Mitglieder,
Windrath, W., Kaufmann, z. Z. in Indien : ; n
Wiskett, Max, Fabrikbesitzer. Breslau, Kaiser Wilhelmstrasse 69
Wolschke, Oskar, Standesbeamter. Annaberg (Sachsen)
‚Ausserdem:
Internationaler Entomologischer Verein, «uben. Vorsitzender:
H. Redlich . . | = - R : :
Wiener Entomologischer Verein, Schriftführer: A. Nicolits,
Schwarzenbergplatz_ 3 > i ; F
vo
1889
1855
1889
1859
1589
Alphabetische Liste
der in diesem Bande vorkommenden Namen der Gattungen,
Arten, Varietäten und Aberrationen,
Die neu aufgestellten Arten sind durch fetten Druck,
die neu benannten Varietäten und Aberrationen durch Cursiv-
Schrift hervorgehoben. Die in der Arbeit des verstorbenen
Dr. Hahnel „Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika*
aufgeführten Namen der Gattungen, Arten, Varietäten und
Aberrationen sind bereits in einer alphabetischen Liste, S. 523
zusammengestellt und finden im Nachstehenden keine Erwälhn-
ung; desgleichen sind die Namen der systematischen Liste
der „Vergleichung der Macrolepidopteren-Fauna von Chemnitz
mit der des. Leipziger Gebietes“ von Herrn Professor Dr.
Pabst, Seite 116— 127 nicht wiederholt.
Abraxas Adustata, Grossulariata 62; Hypsata 31; Marginata,
Pantaria 62.
Achaea Melicerte 22.
Acidalia Aversata, ab. Spoliata 56; Beckerarla 57; Bisetata 55;
Cireuitarla 54; Consanguinaria, Contiguaria 52;
Decorata 58; Degeneraria 56; Dilutaria 55; Dimi-
diata 52; Elongaria 54: Kmarginata 57: Emutaria 58;
üxtarsaria 53; Filacearia 52; Filicata 55; Flaveolaria 52;
Herbariata 54; Holosericata 56; Humiliata 55; Imi-
taria 58 ; Immorata 57; Immutata 55 ; Incanata 57; Incar-
naria 54; Inornata, var. Deversaria 56; Laevigaria 53:
Litigiosaria 52; ILaridata var. Confinaria, var. Roma-
naria, Marginepunctata 57; Moniliata, Muricata 52;
Obsoletaria 54; Ochrata 52; Ormata 58; Pallidata 55;
Perochraria 52; Politata 55; Punctata 57; Pyemae-
aria 51: Remutaria, Rubiginata 57; Rufaria 52; Rusti-
cata, var. Vulpinaria 55; Sericeata 52; Sodaliaria 53;
Strigilaria 58 ; Submutata 57 ; Subsericeata 53 ; Trigemi-
nata 55; Trilineata 52; Turbidaria 57; Virgularia, var,
Canteneraria 53; Vittaria 52. !
Acontia Lueida, Imetuosa 110.
Alphabetische Liste. 1X
Acosmia Ualiginosa 109.
Acronycta Abscondita 107; Guspis, Euphorbiae, Ligustri 111.
Aedia Funesta 110. |
Agarista Lincea 5.
Aorotis Candelarum‘ 112; Comes 08; Crassa, Florida, Forei-
pula, Obelisea 1125 Orbona 108; Saucia, Signum, Sobrina,
Stigmatica, Umbrosa, Vestigialis 112.
Amblychia Angeronaria 26.
Amphidasis Betularius 67.
Anaitis Plagiata 83; Praefornrata 82.
Angerona Prunaria 69.
Anisopteryx Aescularia 66.
Anomis Fulvida 16.
Antherea Larissa 15.
Aplasta Ononarla, var. Faecataria 78.
Aporophila Lutulenta 108, 113.
Argina Oribraria 7.
Argiva Hieroglyphica 20.
Argynnis Adippe 100; Ino 102: Niphe 3: Selene 46.
Arsilonche Albovenosa 107.
Asphalia Ruficollis 107. |
Aspilates Gilvaria, Ochrearia 77 ; Strigillaria 78.
Asteroscopus Nubeeulosus, Sphinx 109.
Attacus Atlas, Riecini 14.
Bapta Bimaculata, Temerata 62.
Biston Graecarius, var. Florentina, Hirtarius, Hispidarius 66;
Stratsrius 67.
Boarmia Aneularia 69; Cinetaria 69; Consortaria, Urepus-
cularia 69 ; Gemmaria 68 ; Lichenaria 69; Pertusarla 26;
Punctularia, Repandata, Roboraria, Selenaria, var.
Dianaria 69; Umbraria 68.
Bombyx Catax 106.
Bot,ys Multilineals 31.
Brephos Nothum 111.
Bryophila Algae, Muralis I11; Perla 107; Ravula Ill.
Uabera Exanthemata, ab. Pellagraria, Pusaria 69.
Calymnia Affinis, Diffinis 109.
Caradrina Palustris 108; Respersı 114.
Catagramma Michaeli 337.
Catocola Elocata, Promissa 110.
Celerena Palawaniea 31.
Chalcosia Imitans 5; Marginata 6.
Chariptera Viridana 113.
p 4 Alphabetische Liste,
Chesias Rufata, Spartiata 89.
(idaria Albulata, Alchemillata 90; Aptata ab. Suplata;
Aqueata 85; Berberata 91; Bicolorata 84; Bilineata, var.
Testaceolata, Bistrigata 91; Caesiata 88; Candidata 90;
Confusaria 91; Corollaria 89; Gorticata 92; Guculata 89;
Unpressata 85; Uyanata 85; Decolorata 90 ; Disjunctaria 57;
Dotata S4; Ferrugata 87; Flavieinetata 88; Fluetuata,
Fluviata 87; Frustata, var. Fulvocinctata 89; Fuivata 84,
Galiata 389; ‚Juniperata 85. Minorata, Molluginata 90;
Montanata 57; Nebulata 884 Nigrofasciaria, Obliterata 91:
Ocellata 84; Olivata 85; Polygrammata var? Conjunc-
taria 92; Pomoeriaria 87; Procellata 90; Putridaria 89;
(Juadrifasciarit 87; Riguata 89; Rivata 90; Rubidata 91;
Salicata 85, var. Rufieinetaria 87; Seripturata 89;
Silaceata 91; Simulata var. 'Geneata, Siterata 85;
Sociata 90; Sordidata var. Infuscata 91; Tersata 92;
Trifasciata 91; Tristata 90; Truncatı 85; Unidentaria 87;
Unifasciata, ab. Aquilaria 90; Variata 84 ab. Stragu-
lata 85; Verberata 89; Vespertaria 87; Viridaria 85;
Vitalbata 92.
Uleoceris Viminalis 114
Cleogene Acuminaria 75; Lutearia 76,
Uleosiris Catamita 4.
Unethocampa Processionea 105.
Colias Hyale 45. =
Collix Sparsata 92.
Cossus Terebra 105.
Urocallis Elinguaria, Tusciaria var. Gaigeri 64.
Uueullia Tanaceti 109.
Uyclodes Omma 16.
Uynandra @rose Smithi 338.
Danaus Lutescens 336.
Daphnis Andamana 2
Decetia Pallidaria 26.
Deiopeia Pulchella 7, 105.
Delias Melusina 338.
Dianthoecia Albimacula, Proxima 113.
Diastictis Artesiaria 74.
Dichonia Aeruginea 113.
Dieyela O0 109.
Diludia _Diseistriga 2.
Diphtera Ludifica 111.
Dischorista Suspecta 109, 114,
Alphabetische Liste, x
-
Drepana Harpagula 105.
Echana Plicalis 24.
Elphos Hymenaria 26.
Ematurga Atomaria, var. Orientaria 72.
Epinephele 'Tithonus 1032.
Erastria Deceptoria, Pusilla 110.
Erebia Ligea 100.
Eriopus Purpureofasciata 108.
Eubolia Murinaria 74.
Eucosmia Certata 83; Undulata 84.
Eucrostis Herbaria 49; Olympiaria var. Beryllaria 50.
Eugonia Erosaria, Quercinaria 69.
Eumelea Eugeniata, Rosalia 27.
Enpithecia Abbreviata 94: Assimiliata 95; Breviculata 92;
Castigata; Coronata 93; Friceata 94; Kuphrasiata 93;
(Gemellata 94 ; Helveticaria 93 ; Innotata 93 ; Insigniata 95 ;
Irriguata 92; Isogrammaria, Laquaeria 93; Larieiata 94;
Linariata, Nanata ab. Obscnrata, Nepetata 93; Obbon-
sata 92; Oxycedrata 94; Pimpinellata, Plumbeolata 9»:
Pumilata, var. Pauxillaria 94; Pusillata, Reetangulata,
Satyrata, Scopariata, var. Guinardaria, Scriptaria, Spissi-
lineata, Ultimaria, Venosata, Vulgata 93.
Kuplocia Membliaria 8.
Euploea Durrsteini 338.
Eurymene Dolabraria 65.
Eusemia Vetula 5.
Filodes Fulvidorsalis 32.
Fumea Intermediella 100.
(seometra Papilionaria, Vernaria 48; Viridiluteata 27.
Glottula Radians 15.
(‚nophos Dilueidaria 72; Glaucinaria, var, Falconaria, var.
Supinaria, var. Plumbearia 71; Mucidaria, Obfuscaria 72;
Obseuraria, var. Argillacearia, Onustaria var. Serraria,
Pullata 70; Serotinaria, Variegata, var. Üymbalariata 72.
Halia Contaminaria 73; Wauaria 74.
Hadena Abjecta 114, Gemmea 113; Hepatica 114; Pabula-
tricula 108; Porphyrea 113; Sublustris 108.
Hazis Bellonaria, Malayanus 30.
Heliothis Ononis 110.
Hemerophila Abruptaria, Fractaria (Japygiaria) 67.
Hemioplisis Amoenaria 28.
Herminia Derivalis, Tentacularia 111.
Herona Schoenbergi 337.
xl Alphabetische Liste.
Hesperia Actaeon 108.
Hestia Linteata. 337.
Hewitsonia Preussi 338.
Hoporina Uroceago 109.
Hulodes Caranea 21,
Hybernia Leucophaearia, Marginaria 66.
Hyperythra Lutea 26.
Hypolimnas Misippus 335.
Hypopyra Vespertilio 21.
Hyposidra Albifera 29.
Hypsa Albifera 12; Aleiphron 115; Dama 12: Egens
‚Javana 10; Intacta 11: Orbienlaris»10.
Idiodes Aspilatataria, re 25.
Ino Pruni 104.
‚Jodis Lactearia, Putata 51.
lLagoptera Magica 21.
Lasiocampa Lunigera var. Lobulina 106:
Leucania Albipuneta‘ 108; Obsoleta 114: Straminea er
Leucoma spec. ? 13.
Limenitis Archippus 355.
Lithosia Griseola, Lurideola, Muscerda 104.
Lithostege Farinata 82.
Lobophora -Halterata 83.
Lophopteryx Uueulla 107.
L,ycaena Corydon 102; Hylas 45; Orion '1OL:
lıygniodes Plateni 18.
Lygris Associata, Populata. Prunata 84.
Iıymantria Lunata 13.
I,ythria Purpnraria 80.
11;
Macaria Aestimaria 66; Alternaria 65; Liturata 665 Notata 63.
' Macroglossa Sylvia 2.
Mamestra 113.
Mastigophora spec. ? 23.
Melanothrix Alternans 13.
Melitaea Aurelia 100; Aurinia 45, 46.
Meroetena Staintoni 32.
Mesotype Virgata 81.
Metrocampa Honoraria, Margaritaria 68.
Mieronia Fasciata 27; Gannata, Rectinervata 28
Minoa Murinata, ab. Cinerearia, var Cyparisaria st.
Naclia Ancilla 104. KIIRMIOHTEF
Natada Lutea 14.
Nemeophila Plantaginis 106.
Alphabetische Liste, XIII
= —ı_
Nemoria Porrinata, Pulmentaria, ab. Etruscaria, Strigata 51;
Viridata 50;
Neochera Eugenia, Heliconoides 9.
Nola Albula, Strigula 104.
Nonagria Arundinis, Cannae 108; Nexa 114; Sparganii 108.
Norasuma Richteri 34.
Notodonta Argentina 105.
Nudaria Senex 105.
Numeria Capreolaria 68.
Nyetalemon Menoetius 24.
Nyetemera Maculosum, Tripunctaria 12.
Nyetipao Ephesperis 20.
Odezia Atrata, var. Costai 82.
Odontopera Bidentata 64.
Ommatophora Luminosa 20.
Ophideres Cajeta, Cocalus 17; Fullonica 16; Hypermnestra 17.
Ophiusa Arcuata 22. f
Ornithoptera Criton 42, 43; Uroesus 38, 42, 44; Haliphron 38,
var. Bauermanni 37; Helena 41; Hippolytus 38, 41, 42;
Pompeus 37; Poseidou 41; Priamus 41, 42, 44; var.
Aruana 39.
Orrhodia Erytlrocephala 109.
Ortholitha Bipunctaria,ab.Grachtaria81; Gervinata, Coarctata 80;
Limitata, Moeniata 81; Plumbaria 80.
Orthosia Nitida 114.
Oxyodes Clytia 19.
Pachyarches Amphitritalis 32.
Pachyenemia Hippocastanaria 69.
Panaethia Exul 30.
Panthea Coenobita 111.
Papilio Antinorii 333; Brutus 534; Meriones 334; Merope 334;
ab. Niavioides 335; Quadratus 337; Ruspinae 336.
Pararge Achine 103; Maera 100.
Pellonia Calabraria, Vibicaria, var. Strigata 61.
Pericallia Syringaria 64.
Pidorus Flavofasciatus 6.
Phasiane Clathrata, Glarearia, Petraria 74.
Philona Inops 9.
Phorodesma Pustulata, Smaragdaria 49.
Phyllodes Perspicillator 17.
Plusia Chaleytes 15; Jota 109; Pulchrina 114.
Polia Flavieincta, Ruficineta, Xanthomista, var. Nigroeimeta 113.
Polla Rufolinearia 28.
XIV Alphabetische Liste,
Polyommatus Aleiphron 100; Amphidamas, Phlaeas, var, Kleus,
var. Schmidtii 101; T’hersamon 100.
Potamophora Manlia 17.
Prothoe Chrysodonia 358.
Prothymia Viridaria 110.
Psendacraea Sibyllina 3535; Usagarae 358.
Pseudosphinx Nyctiphanes 2.
Pseudoterpna Coronillaria, Pruinata 48.
Psyche Opacella 106.
Ptilophora Plumigera 107.
Pygospila Tyres 32.
Remigia Archesia, Frugalis 23.
Rumia Luteolata 65.
Satyrus Briseis 102.
Sceodiona Conspersarla 74.
Scoria Lineata 77.
Scotosia Badiata, Rhamnata, Vetulata S4.
Selenia Bi unaria, Lunaria, Tetraiunaria 64.
Selidosema Ambustaria, Ericetaria 13.
Sesia Uulieiformis, Empiformis 104; Formicaeformis 103;
l,eucopsiformis, Muscaeformis 104; Scoliaeformis 109.
Spilosoma Luctifera 106 ; Mendiea 104.
Spilothyrus Alceae 108.
Spirama Triloba 21; Retorta 20.
Spiredonia Obscura 19.
Stegania Trimaculata 62.
Sterrha ‚Sacraria, ab. Atrifasciaria, ab, Sanguinarla TS.
Synopsia Sociaria 68.
Syntomis Acuminata 7; Phegea 104; Tenuis 7.
Sypna spec. ? 19.
Taeniocampa Miniosa, Populeti 109.
Tapinostola Musculosa 108.
Tascina Metallica 3.
Telesilla Amethystima 109.
Tephronia Sepiaria 69.
Thalera Fimbrialis 51.
Thecla Spini 100.
Timandra Amata 61.
Trigonia Uydonialis 23.
Trigonodes Hyppasia 22.
Triphosa Dubitata 83.
Trochilium Melanocephalum 103.
Urapteryx Urocopterata 24; Sambucaria 69.
Alphabetische Liste. XV
Uropus Ulmi 107.
Valeria Jaspidea 113.
Vanessa Atalanta 45; Urticae 46.
Venilia Macularia 65.
Xanthia Aurago,Citrago, Flavago, Fulvago, Gilvago,Ocellaris 109.
Xanthodes Flava 15.
Zanclognatha Tarsipennalis, Tarsiplumalis 114.
Zanclopteryx Zincaria 27.
/onosoma Annulata, Pendularia 55; Porata, Punctaria 50,
ab. Suppunctaria, ab, Ruficiliaria 60; Pupillaria, ab.
Badiaria 58, ab. Gyrata, ab. Nolaria 59.
Zygaena Ephialtes var. Peucedani, Meliloti, Pilosellae, Sca-
biosae 104.
Das erste Heft (Seite 1—208, Taf. I u. II) dieses Ill. Bandes der
Zeitschrift Iris wurde im ‘September 1890, das zweite Heft Ende De-
zember 1890 versandt.
4 41 fi ‚rilaneihiee‘ R Auen pe
E ar B Pr; Arm Say 11:0) fa Vie [AL ;
u ro +86 steel, ‚ne loın k: h ©8h
de "seiraltignbrr 00 se FE er 12 ß
are - ma rise de dere BE ‚66 ‚SR DEE r
134. sallazell elilsl Nunbe oT. „ERT- ehr el 2
jan Bet
It zoib (IE u} Aut, . AON ß oil), Moll ‚ala
Ih MER Ge Eh Bar! N Meere mi. mi
£
- Pagenstecher: Heteroceren der Insel Palawan. 1
Heteroceren der Insel Palawan.
Von Dr. Arnold Pagenstecher zu Wiesbaden.
Herr Dr. ©. Staudinger hat in dem Correspondenzblatt
des entomologischen Vereins „Iris“ zu Dresden 1888, Nr. 5,
S, 273 ff. und in der Deutschen entomol. Zeitschrift 1889,
S.3 ff. die für ihn von Herrn Dr. Platen auf der Insel
Palawan gesammelten Tagfalter beschrieben und verzeichnet.
Auf seine eütiee Aufforderung hin gebe ich im Nachstehenden
eine kurze Bearbeitung der dortselbst ; eleichzeitig aufgefundenen
Heteroceren. Hinsichtlich des Charakters der Insel und ihrer
Fauna beziehe ich mich auf das von Herm Dr. ©. Baus r
am angegebenen Ort Mitgetheilte. Wenn er dort sagt: „Die
Fauna ist jedenfalls ein Gemisch von Arten der grossen Sundak
Inseln (besonders von Borneo) und der der Philippinen, mit
einer Anzahl endemischer Arten, doch scheinen die Borneo-
Arten die vorherrschenden zu sein*, so gilt dies auch für die
Heteroceren.
Im malayischen Archipel scheinen unter dem Kinflusse
veränderter klimatischer Bedingungen oder der Isolirung bei
Taefaltern vielfach bedeutsame Abweichungen von den s0-
genannten typischen Formen (wobei es freilich immerhin öfters
fraglich bleibt, welche Form gerade als die Grundform anzu-
sehen ist) aufzutreten, die je nach dem individuellen Stand-
punkte des Autors als Arten oder Varietäten beschrieben zu
werden pflegen. Bei den Heteroceren sind diese Erscheinungen
weniger prägnant. Um so mehr erschien es mir geboten,
nicht dem Beispiele vieler hervorragenden Forscher, insbesonder e
der englischen, zu folgen. Ich ziehe es vor, leichte Varietäten
der Stammart unter Angabe der unterscheidenden Merkmale
einzuordnen. Die Uebersicht über das in der Neuzeit sich so
rasch mehrende lepidopterologische Material wird hierdureh
meines Erachtens mehr erleichtert und die Wissenschaft
gefördert. —
Ich verfehle nicht, dem Herrn Oberstlieutenant Saal-
müller zu Bockenheim und Herrn P. C. T. Snellen in
Rotterdam für ihre stets bewährte bereitwillige Unterstützung
besten Dank zu sagen.
$% Pagenstecher: -
Heterocera.
Sphingides. Genus Diludia, Grote & Robinson.
1. Diludia diseistriga, Walker.
Macrosila diseistriga, Walker, Cat. Lep. Het. Br. Mus. VII,
p. 209 n. 17 (1856); Moore, Cat. Lep. E. J. C. Mus.
p. 268 n. 618: Java, Nord-India.
Diludia diseistriga, Butler, Rev. Sphing in Trans. Zool. Soc.
Lond. Vol. IX p. 10, 8. 615 (1877) Hongkong, North
China, ‚Java, Massuri, Bombay; G. Semper Verhandl. zool.
bot. Ges. Wien 1867 pl. XXIIL£. 2.A. (larva).
Meganoton diseistriga, Boisduval, Heteroceres, p. 59: India,
Luzon; Pagenstecher, Nass. Jahrb. f. Naturkunde 1888.
Lep. Amboin. n. 195: Amboina.
Diludia Vates, Butler, Proc. Zool. Soc. Lond. 1875 n. 28:
('otes and Swinhoe, Cat. Moths India p. 35, n. 180.
Es liegt nur ein Exemplar dieses nach G. Semper auch
auf den Philippinen vorkommenden Schwärmers vor,
Genus Pseudosphinx, Burmeister.
2. Pseudosphinx nyetiphanes, Walker.
Maecrosila nyctiphanes, Walker, Cat. Het. VIII p. 209, n. 16
(1856); Moore, Cat. Lep. E. J. C. Mus. p. 268, n. 647.
Pseudosphinx nycetiphanes, Butler, Il. typ. Het. V, S. 15,
Taf. S1f. 5: Silhet: Cotes and Swinhoe, Cat. Moths of India,
p. 51, n. 169: Silhet.
Das einzelne Exemplar ist etwas dunkler und schärfer
gezeichnet, als die Butler’sche Abbildung zeigt. Der gelbliche
(rundton tritt mehr zurück. Cotes und Swinhoe erwähnen
ebenfalls eine dunklere Varietät von den Andamanen und
von Perak.
Deilephilides.
(senus Chaerocampa, Boisduval. Gruppe Daphnis, Boisd.
3. Daphnis andamana, Druce.
Druce, Entom. Monthly Mag. XIX p. 16; Cotes and Swinhoe,
Cat. Moths India p. 22, n. 116: Andamans.
Ein einzelnes vorliegendes Exemplar scheint hierher zu
eehören.
Macroglossidae.
Genus Macroglossa, Ochsenheimer.
4, Maeroglossa Sylvia, Boisduval.
Boisduval, Het. S. 350, n. 29: Celebes. Ternate.
Heteroceren der Insel Palawan. 3
Das vorliegende Exemplar stimmt mit der Beschreibung
Boisduval’s überein, die freilich für Faro, Cramer nicht
wesentlich verschieden lautet. Der Schwärmer kommt nach
(4. Semper auch auf den Philippinen vor.
Castniidae.
Genus Taseina, Westwood.
Westwood, on the Lepid. genus Castnia and some allied groups
in Trans. Zool. Soc. 1875, Sec. Ser. Vol. I, S. 155 ff.
pl. XXXIL
Westwood stellt das Genus Tascina mit der Type
T. orientalis auf und bildet diese Spezies ab mit dem Be-
merken: „Insectum orientale Castnias Americae orientalis
mundo antiquo repraesentans“. Er gibt eine ausführliche
Diagnose der Gattungscharactere und eine kurze Beschreibung
des im Oxforder Museum aufbewahrten 'Thieres von Singapore.
5. Taseina metallica, nov. spec.
Herr Dr. Staudinger sandte mir drei Exemplare dieser
Art ein. Zwei derselben sind gleich gezeichnet; das eine von
52 mm Spannweite ist gut erhalten, das andere von 506 mm
etwas defekt. Beides sind Männer, während ein drittes, eben-
falls gut erhaltenes, ein weibliches Exemplar darstellt.
In der äusseren Erscheinung gleichen die Thiere sowohl
der genannten T. orientalis, als auch der Castnia Pelasgus,
Fabr. (= Orthia augias Biv., bei Herr. Schäffer, Exot-Schm.
f. 18) und der mit letzterer wohl Synonymen Castnia unifas-
ciata, Felder Lepid. Novar. Taf. 79 f. 5
Die Vorderflügel aller drei Exemplare sind dreieckig,
mit leicht convexem Vorderrande, scharfer Flügelspitze, unter
welcher der Aussenrand leicht eingeschnitten erscheint.
Letzterer ist convex, der Aussenwinkel abgerundet, der Innen-
rand gerade. Die Hinterflügel sind dreieckig mit abgerundeten
Winkeln. Haftborste ist vorhanden. Die Adervertheilung
entspricht, soweit dies ohne Abschuppunge und weitere Hülfs-
mittel zu sehen ist, den von Westwood auf Taf. 33 £.5g und
und 5h angegebenen Verhältnissen.
Die Antennen reichen bis zur Mitte des Vorderrandes,
sie schwellen gegen das Ende keulenförmig an und enden in
einer mit einem Haarpinsel versehenen Spitze. Sie sind ge-
gliedert, oben schwärzlich, unten rostgelb. Die Palpen ragen
mit dem ganz kurzen pfriemenartigen Endgliede und dem
längeren zweiten Gliede etwas über den Kopf hervor, sie sind
1*
4 Pagenstecher:
dünn, oben schwärzlich, unten rostbramm. Eine Zunge ist
nicht sichtbar. Die Augen sind sehr gross, kuglig, Neben-
augen vorhanden. Stirn schwärzlich behaart. Thorax oben
mit dunklen, bläulich schimmernden Haaren bekleidet, unten
rostbraun. Hinterleib etwas den Afterwinkel überragend,
schwärzlich, mit blauem Metallschimmer auf der Oberseite,
unten rostbraun, bei den beiden Männern mit rostbraunem
Afterbüschel. Die Beine sind (soweit sie erhalten geblieben)
oben mit metallisch glänzenden Schuppen versehen, unten rost-
braun. (Westwood gibt an: Tibiae anticae breves, in medio
calcare armatae. Tarsi antici elongati, pulvillo mediocri,
unguibas acutis, eurvatis, simplheibus, setisque duabus elongatis
apicalibus instructi.)
Die beiden männlichen Exemplare zeigen auf der Ober-
seite der schwärzlichen, ins Grünblaue metallisch schimmernden
Oberflügel einen von nahe der Mitte des Vorderrandes bis
zum Aussenwinkel ziehenden, schmalen geraden gelblichen
Streifen mit nahezu parallelen Rändern, welcher sich nach dem
Aussenrande etwas verbreitert. Die Unterflügel sind schwarz
mit einem die ganze Mitte derselben einnehmenden lebhaften
erünblauen Metallschimmer. Die Fransen sind etwas heller.
Die Unterseite aller Flügel ist schwärzlich, die Vorderflügel-
spitze rostbraun gefärbt, die Binde etwas verbreitert. Der
Vorderwinkel des Hinterflügels ist ebenfalls rostbraun, ebenso,
aber viel schwächer gefärbt, der Flügelerund.
Bei dem dritten Exemplare sind die Palpen kurz, vor-
gestreckt und nur bis zur Hälfte des Kopfes reichend (ab-
gebrochen ?). Die Oberflügelbinde ist oben und unten etwas
schmäler, als bei den beiden anderen Exemplaren, die Hinter-
flügel sind tiefsammtschwarz und die metallischblaue Färbung
erstreckt sich nur auf den Innenrand der Unterflügel und den
Flügelerund der Oberflügel. Auf der Unterseite ist die rost-
braune Färbung viel ausgedehnter, als bei den beiden anderen
Exemplaren und es erstreckt sich dieselbe auf die Oberflügel
längs des Vorderrandes und der Hälfte des Aussenrandes.
Auf den Hinterflügeln nimmt sie den ganzen Flügelgrund bis
auf den Innenrand ein. Ein metallischblauer Schimmer ist
über die Ober- und Unterflügel auf der Unterseite verbreitet.
Callidulidae, Moore. Genus Cleosiris, Boisduval.
6. Cleosiris Catamita, Hübner.
Hübner, Zuträge Exot. Schmett. f. 655 (Tetragonus €);
Boisıduval, Spee. gen. I Taf, NXIH,
Heteroceren der Insel Palawan. 5
Pagenstecher, Gallidnlidae, Nass. Jahrb. f. Naturk. 1897,
S. 239: Indien, Ceylon, Sumatra, Molukken, China; Cotes
and Swinhoe, Cat. Moths of India II, p. 82 n. 482: Silhet,
India, Java, Ceylon, Andamans, Nicobars; Snellen, Tijd. v.
Ent. Bd. 22, S. 27: Gelebes; G. Semper, Philippinen.
Die beiden mir vorliegenden Exemplare unterscheiden
sich nicht wesentlich von denjenigen anderer Lokalitäten.
Die Schrägbinde des Oberflügels ist nicht angedeutet, die
Unterseite der Flügel ist wenig lebhaft gefärbt.
Agaristidae, Swainson. Genus Agarista, Leach.
7. Agarista Lincea, Uramer.
Phalaena Lincea, Uramer, Pap. Exot. Taf. 228 f. B.;
Noctua Bambusina, Escholtz in Kotzebue’s Reise III, p. 219,
30h Dart fr30:
Pagenstecher, Nass. Jahrb. f. Naturkunde 1884, S. 212; Auri-
villius Lep. Mus. Lud. Ulr. p. 180.
In der typischen Form, die nach G. Semper auch auf
den Philippinen vorkommt.
Genus Eusemia, Dalman.
8. Eusemia Vetula, Hübner.
Hübner, Zutr. Exot. Schm. 657, 658; Pagenstecher, Het. Nias
in Nass. Jahrb. f. Naturk. 1885, n. 12; Cotes and Swinhoe,
Cat. Motls of India II, p. 61, n. 324: Silhet, Nepal,
Java, Sikkim.
In der Varietät Kus. fasciatrix, Westwood, Cab. Oriental
Ent. p. 67, die mit Eus. maculatrix Westwood, Cab. Orient.
p. 67, pl. 35 f. 1 zusammenzufassen ist. (Moore, Cat. Lep.
POS. Muss ln. 287.)
Chalcosidae.
Genus Chalcesia, Hübner. Epyrgis Herr. Schäff,
9. Chalcosia imitans. Butler: varietas.
Epyrgis imitans, Butler, Il. typ. Het. V, p. 24, pl. 84 £. 1:
Bliotan; Cotes and Swinhoe, Cat. M. India IL, n. 418.
Chaleosia imitans, Pagenstecher, Het. Nias in Nass, Jahrb. f.
Naturk. 1885, n. 15: Nias.
Das mir vorliegende Exemplar ziehe ich als Varietät zu
imitans, wiewohl es einige bemerkenswerthe Verschiedenheiten
von der Type zeigt. Uebergänge bilden die Exemplare von
Nias, welche ebenfalls dunkler gefärbt sind.
6 Pagenstecher:
65 mm Ausmaass, etwas grösser als die Exemplare von
Nias, die Grundfärbung mit starkem grünlichen Anflug,
olänzender. Die Oberflügel bis auf sieben gelblichweisse
Randpunkte am Aussenrande und drei gleiche am Vorderrande
schwärzlich angelaufen, wobei hellere Streifenflecke schwach
durehschimmern. Am Flügelerunde in einer dunkelbläulichen
Färbung (Thorax und Antennen erscheinen in derselben) ein
weisslicher Punkt. Auf den Unterflügeln entsprechen die
weisslichen Streifenflecke der Butler’schen Abbildung in der
Anlage, doch sind sie schmäler und die schwärzliche Grund-
färbung überwiegt. Auf der Unterseite der Flügel tritt eben-
falls eine stärkere Verdunklung auf, als bei den Nias-
Exemplaren, aber viel geringer, als auf der Oberseite, der
Flügelerund der Oberflügel hat einen bläulichen Schimmer, die
hellen Strahlen am Flügelerunde fehlen. Auf den Unter-
tlügeln ist die Strahlenzeichnung mehr entwickelt, als auf
der Oberseite, wodurch die Aehnlichkeit mit einer Danais-
Art viel prägnanter wird. Die Fransen sind auf der Ober-
und Unterseite weisslich, der Hinterleib oben schwärzlichgrün,
unten gelblichweiss.
10. Chaleosia marginata, Guerin.
Gynautocera marginata, Guerin, Voy. Deless. II p. 53, pl. 258. 1.
Pulo-Penang.
Pompelon acrocyanea, de Haan;
— marginata, Snellen, Tijd. v. Ent., Bd. XX, S. 74: Celebes;
Walker, Het. coll. at Sarawak in Journal Proc. Lin.
Soc. Lond. Vol. VI., n. 22, p. 95, n. 94. Hindostan, Java;
Moore, Cat. Lep. E. J. C. Mus. p. 312 n. 722: Java, Penang.
Chalcosia (Heterusia) marginata, Herr. Schäffer, aussereurop,
Schmett. f. 158, 159: Penang, Java: Snellen, Tijd. v. Ent.
Bd. 19, p. 67: Sumatra.
Zwei Exemplare, eines von 60 mm und von 50 mm.
Kommt in gleicher Form auf Java und Borneo vor. Die
Lesart: acrocyanea findet sieh bei Herrich Schäffer und
Moore; Snellen hat sie in atrocyanea umgesetzt.
Genus Pidorus, Walker.
11. Pidorus flavofasciatus, Pagenstecher;
Pagenstecher, Het. Nias in Nass. Jahrb. f. Naturk. 1885,
S. 12, T. 1 £. 42’ Nias.
Vor mir liegen ein Z aus Palawan und ein 2 aus Borneo,
welche mich in den Stand setzen, der nach meinem einzigen
Heteroceren der Insel Palawan,
d
Exemplare von Nias gegebenen Beschreibung einige Zusätze
zu machen.
Bei dem 4 aus Palawan ist die Unterseite des Kopfes,
der Brust und des Hinterleibes gelblich-weiss, wie die Beine.
Der Hinterleib trägt einen bräunlichgelben Afterbüschel. Die
Hinterflügel haben nur zwei bläulich glänzende Flecke am
Aussenrande. Bei dem 2 aus Borneo ist der oben braun-
schwarze Hinterleib auf der Unterseite mit gelblichweissen
(uerstreifen versehen. Die vier glänzend blauen Flecke am
Aussenrande des Hinterflügels nehmen vom Vorderrande an
an Grösse ab. —
Syntomidae.
Genus Syntomis, Ochsenheimer.
12. Syntomis tenuis, Walker.
Walker,:Cat. Het: Br. Mus. VII 'p. 1595; Snellen,: T. v, E.
Bd. 22,: 8.70, Pl. 6. f. 3:, Celebes.
Ein Exemplar, welches sowohl der Snellenschen Abbildung,
als einem mir in natura von Gelebes vorliegenden Exemplare
entspricht.
13. Syntomis acuminata, Snellen.
Snellen, Midden Sumatra Lep. p. 31: Sumatra.
Ein wenig gezeichnetes Exemplar dieser der vorstehenden
sehr ähnlichen Art.
Arctiidae.
Genus Argina, Hübner.
14. Argina eribraria, Ulerck.
Clerck, Icones II A. 44 f. 4; Aurivillius, Lep. Mus. Lud.
Ulr. p. 181; Cotes and Swinhoe, Cat. II p. 117 n. 743;
Pagenstecher Het. Nias n. 24.
Bombyx pylotis, Hübner, Sammlung Exot. Schm. 1.
f. 189. Phalaena cribraria, Cramer, P. E. III p. 27, 28,
tat. 208 f. 0. G. Argina astrea, Drury, Illust. II p. 11,
pl. 6 £. 3; Snellen T. v. Ent. Bd. 22 S. 99: Celebes.
Die sehr weit verbreitete Art (India, Andamans, Ceylon,
Sumatra, Nias, Amboina, Java, Nicobars, China, Rodriguez,
Mauritius u. s. w.) kommt auch auf den Philippinen vor.
Genus Deiopeia, Steph.
15. Deiopeia pulchella, Linne.
Linne, Syst. Nat. I, 2, 884, 349; Cotes and Swinhoe Cat. Moths
Pagenstecher:
| 00
Ind. II, 116, n.: 739; Snellen, T. v. Knut. Bd. 22. S. 99:
Gelebes; Tijd. v. Ent. p. 20 p. 8: Java.
Kin Exemplar dieser so überaus weit verbreiteten Art,
welches an Grösse den amboinensischen und philippinischen
Stücken gleich kommt, also weit hinter den europäischen
zurückbleibt. Es zeigt etwas mehr Roth, als die philippinischen
Exemplare.
Aganaidae, Herrich Schäffer.
Snellen, Bijdr. tot d. Kennis van de Aganaidae, Herr, Schäffer
in Tijd. v. Entom. Bd. 31 8. 109 ft.
Genus Ruploeia, Hübner.
16. Euplocia membliaria, Cramer.
Phalaena membliaria, Cramer P. E. III p. 269 £. C. D.: Ost-
Indien; Kuplocia membliaria, Hübner, Verz. Exot. Schm.
p. 172; Moore, Pr. Zool. Soc. London 1867, p. 677, Ben-
ealen; 1877 p. 598: Andamans; Cat. Lep. E. J. C.M. II,
p. 295: Java; Cotes and Swinhoe, Cat. Moths India II
p. 87, n! 513; Snellen, "Trjd. v. Bntr Bd, 81:8. 118
Hypsa membliaria, Walker, Cat. Lep. Het. Br. Mus. II,
p. 448. Hypsa inconspieua, Butler. Trans. Ent. Soe. Lond.
1575 p. 328. Aganais membliaria, Suellen, Tijd. v. Ent.,
bd. 22, S. 77: Celebes. Band 28, S. 29.
Aganais renigera, Felder Nov. Lep. pl. 106 f. 2
— var.? Kuplocia moderata, Butler, Tr. Ent. Soc. London
1379.D0:.327 = a2
Herr Staudinger sandte zwei Exemplare ein. Das eine,
welches ich in gleicher Weise von Gelebes und von Malacca
besitze, entspricht der Abbildung bei Cramer. Das zweite (2)
hat einen mehr bläulichen Anflug sämmtlicher Flügel und
stärkere weisse Bestäubung der Adern; auch am Vorderrande
des Flügelgrundes fünf dunklere Streifenpunkte an der subor-
talis hin, sowie endlich in der schmalen Mittelzelle vom
Flügelgrunde an eine orange Färbung, welche in ihrer Spitze
einen schwarzen Punkt trägt. Darauf folgt ein nierenförmiger,
oranger Fleck in der Zelle. In dieser Zeichnung (nicht aber
in der Grundfärbunge der Flügel) entspricht dieses Exemplar
der von Felder (Nov. Lep. pl. 106 f. 2) abgebildeten Aganais
reeinera, welche von Snellen als beinahe sichere Varietät der
Javanischen Rasse angesehen wird. Ebenso rechnet Snellen
die Euplocia moderata, Butler hierher, wie ein gleiches auch
von der Inconspieua, Butler anzunehmen ist.
(+. Semper erwähnt die Art von den Philippinen.
ITeteroceren der Insel Palawan. 9
Genus Philona, Butler.
17. Philona Inops, Walker.
Hypsa (Philone) Inops, Walker, Cat. II, p. 457;
Philona Inops, Butler, Ill. typ. Het. V p. 42 pl. Sf. 6: Silhet;
Moore, Cat. Lep. E. J. C. Mus. II, p. 294, n. 676: Java,
Silhet, Darjeling; Proc. Zool. Soc. 1867, p. 677; Snellen
T, v. E, Bd. 31, p. 120: Java, Sumatra, Nias; Cotes and
Swinhoe Cat. II p. 91, n. 541.
Aganais Inops, Pagenstecher, Het. Nias 1. ec. n. 29.
var. Phil. cinerascens, Moor. Pr. Zool. Soc. Lond. 1877, p. 598,
pl. 59 f. 6 Andamans.
Ein Exemplar mit gelben Unterflügeln von dieser nach
(+. Semper auf den Philippinen vorkommenden Art liegt mir vor.
Genus Neochera, Hübner.
15. Neochera Eugenia, Cramer.
Cramer, P. E. IV. p. 235 pl. 398 M: Amboina; Snellen, T.
v. E. Bd. 22 p. 78: Celebes; Band. 31 p. 120; Butler, Pr.
Zo0l. Soc. 1879 p. 162: N.-Irland; Salvin & Godman,
Pr. Zool. Soc. 1877 p. 150; Pagenstecher, Het. Aru in
Nass. Jahrb. f. Naturk. 1886 n. 30; Lep. Amboin. 1. c.
1858 n. 258. var: Neochera Bhawana, Moor. Cat. Lep.
Bere Mas I p 295%pL, VIl a. .4: Java; Butler,
Tr. Ent. Soc. London 1875 p. 328; Snellen, T. v. E. Bd. 31,
p. 121: Java, Sumatra.
Das mir von Herrn Staudinger eingesandte Stück ist
von Herrn Moore als Bhawana bestimmt worden und ent-
spricht auch der Mooreschen Abbildung. Indess ist Bhawana
so wenig von der typischen Eugenia verschieden, die überdies
bekanntlich je nach der Lokalität variüirt, dass eine Trennung
in zwei Arten unthunlich erscheint. Auch dürfte N. Domina,
Cramer Ill p. 123 pl. 263 f. AB und N. Marmorea, Butler,
I. Typ. Het. V. p. 43 pl. 37 f. 10,11 zu Eugenia zu ziehen sein.
Eugenia kommt nach G. Semper auf den Philippinen vor.
19. Neochera Heliconoides, Moore.
Moore, Pr. Zool. Soc. 1878, p. 6; Snellen, T. v. E. Bd. 31 p. 12;
Ein von Herrn Staudinger als Heliconoides, Moore ein-
gesandtes Exemplar, welches mit dem Mooreschen Original
übereinstimmen soll, ist etwas kleiner als membliaria und
Eugenia und kommt den 9 der ersteren nahe. Die Oberflügel
sind grau, die Adern weiss bestäubt, am Grunde mit einem
nierenförmigen orangegelben Fleck, der vom Vorderrande bis
10 Pagenstecher:
nahe zum Innenrande geht und schwärzlich begrenzt erscheint.
Die Unterflügel sind schwarzgrau mit silbergrauen Fransen,
der Flügelgrund und der Vorderrand ebenfalls silbergrau;
eine gezackte, in der Flügelmitte stärker nach innen vor-
springende, schmale, silbergraue Binde, geht vom Analwinkel,
theilweise fast parallel mit dem Aussenrande zum Vorderrande,
sich hier verbreiternd. Der Aussenrand bleibt schwarzerau
und ebenso drei Strahlen, welche vom Flügelerund in den
Flügel einspringen, ebenso wie die Innenseite. der silbergrauen
Binde.
Auf der Unterseite ist der grössere Theil des Ober-
tlügelerundes silbergrau, der Aussenrand schwärzlichgrau, die
Untertlügel ebenso hellgrau mit dunklem Vorderrand und
Aussenrand und zwei dunklen Punkten in der Flügelnitte,
von denen der äussere, der grössere. Halskragen und Leib
orangegelb mit schwarzen Rücken- und Seitenflecken. Snellen
betrachtet (l. ec. S. 121) Heliconoides als Subvarietät von
Eugenia.
Genus Hypsa, Hübner.
A.
(Aganopis, Butler.)
20. Hypsa orbicularis, Moore.
Moore, Cat. Lep. E. J. C.. Mus. II p. 296 pl. 7a f. 5; pl. 13
f. 10, 10 a: Java, North India; Walker, Cat. ll, p. 445
Snellen, Tijd. v. Entom., Bd. 31, p. 123: Birma.
Peridrome orbieularis, Moore, Proc. Zool. Soc. 1867. p. 677;
1877 p. 591; 1878 p. 847; Cotes & Swinhoe, Cat. il, p. 87,
n. 512: Silhet, Tenasserim, Andamans, Rangoon, Assam.
Aganopis subquadrata, Herrich Schäffer, Saml. ausserenn,
Schmetterl. f. 501.502 (2).
Das mir vorlierende Pärchen unterscheidet sich nicht
von Exemplaren aus anderen Gegenden. G. Semper führt die
Art von den Philippinen an.
D.
(Aganais, Butler.)
. Hypsa Javana, Cramer.
(ramer “ BEP. 146 pl) WAENG,, Be »r, Cat. II p. 454;
Sne Ilen, T. v. E. Bd. 31 p. 128 n. 8: Java; Walker, Journ.
Proe. Linn. Soc. Zool. Vol. 27, n. 23 p. 100: Hindostan,
Java, Borneo, Damalis javana, Cotes and Swinhoe, Cat. II
p. 90, n. 532: Java, India.
Heteroceren der Insel Palawan. 11
Die mir eingesandten Stücke dieser, nach G. Semper
auch auf den Philippinen vorkommenden Art entsprechen
völlige der Cramerischen Abbildung. Üelebensis, Hopfer ist
zwar sehr ähnlich, aber doch prägnant verschieden; vergleiche
auch Snellen in Tijd. voor Entom. Bd. 31 p. 128, n. 9,
BIr=12T.. 3,
KR,
T.
22. Hypsa Aleiphron, Cramer.
Phal. Alciphron, Cramer II, p. 58 pl. 155 f. E.
Noctua Caricae, Fabr. Ent. Syst. III, 2, p. 37,63; Donovan,
Ins. Neu-Holland pl. 33 f. 2.
Hypocrita caricae, Hübner Samml. Exot. Schmett. I pl. 1911.14.
Damalis Caricae, Hübn. Verz. p. 172.
Hypsa (Damalis) caricae, Walker, Cat. Il p. 454.
Hypsa Alciphron, Moore, Cat. Lep. E. J. C. Mus: II, p. 292,
pl. 13 £. 6: Java; Moore Ceylon Lep. pl. 162 f. 1: Java,
Penang.
Aganais Caricae, Snellen, Tijd. v. Ent. XXII p. 79: Celebes.
Nach G. Semper auf den Philippinen.
9)
23. Hypsa Egens, Butler.
Hypsa (Damalis) Egens, Butler, Trans. Ent. Soc. Lond. 1875
2.239332 7 Butler, I11l."typ! Het. Br. Mus.-V p. 43, pl. 871. 8;
Walker, Cat. II, p. 453; Walker, Journal Proc. Lin. Soe.
Lond. Zool. VI n. 23 p. 100: Hindostan, ‚Java, Borneo;
Moore, Cat. Lep. E. J. C. Mus. p. 292: Java, Penang,
Bootan; Snellen, T. v. Ent. Bd. XXI, p. 80, pl. 7 f. 4:
Gelebes; T. v. E. Bd. XXXI p. 132, n. 20: Java, Celebes.
Hypsa andamana. Moore, Proc. Zool. Soc. 1877, p. 598,
pl. 89.7. 3.
Nach G. Semper auch auf den Philippinen.
ÖOrbona, Snellen von Vollenhoven, Tijd. voor Ent. VI, p. 187,
pl. IX f. 4 und Sienificans, Walker Cat. Suppl. V, p. 215
sind nach Snellen, (Tijd. v. Ent. Bd. 31, p. 135) nur
Varietäten von Egens.
24. Hypsa Intacta, Walker.
Walker, Cat. II p. 451; Snellen, T. v. E. Ed. 31 p. 135,
PB Bow Lin:
12 Pagenstecher:
25. Hypsa Dama, Fahr.
Fabr. Spee. Ins. I1°p!'216; Ent. Syst. III, 2,p. 29)n.'69%
Donovan Ins. Neu-Holland, pl. 39 f. 1; Snellen, T v. E.
Bd. 31, p. 39, n. 26.
)
ei).
26. Hypsa Albifera, Felder & Rogenhofer.
Felder & Rogenhofer, Reise Novara Lepid. II, pl. 106 £. 3:
Piepers Snellen, T. v. E. Bd. 20 p. 5: Java; Snellen,
TV. BE. Bd. 22; put Belehesi HT, ul BE
p. 144 n. 36.
Hypsa plana, Moore, Cat. Lep: E. J. C. M. I pl. 131. 9:
larva; Semper, Verh. zool. bot. Ges. Wien 1867 p. 609;
Walker, Cat. II.p. 450.
Hypsa complana, Walker, Cat. Suppl. I, p. 213.
Hypsa lacteata, Butler, TI. typ. Het. Br. Mus. V. p. 43,
DO.
Ein grosses 2, welchem der schwarze Mitteltleck der
Oberseite der Oberflügel fehlt, wie bei dem von Snellen ge-
meldeten Exemplar (l. ec. XXII p. 79) von Uelebes.
Lithosidae.
(senus Nyetemera, Hübner.
27. Nyetemera tripunetaria, Linne.
Phalaena tripunctaria, Linne, Mus. Lud. Ulr, p. 392; Syst.
Nat. (ed. XII) 2 p. 864,226; Cramer, P. E. I pl. 22f£ E.
Nyctemera tripunctaria, Walker, Cat. Lep. Het. II p. 897.
28. Nyetemera maculosum, Felder & Rogenhofer.
(Leptosoma m.) Felder & Rogenhofer, Reise Novara Lep.T. 105.2.
Zwei Exemplare, der Felder’schen Abbildung entsprechend.
Sie tragen am Grunde der Oberflügel je ein schwarzes Fleckchen
und schwarze Flecke auf dem weissen Hinterleib, der Mann
einen gelblichen Afterbüschel. — Ein sehr ähnliches, aus
Amboina mir vorliesendes — ein gleiches habe ich aus
(elebes vor mir — 702 ich ebenfalls früher zu maculosum
und reeistrirte es als solches in meinem Verzeichniss der
Schmetterlinge von Amboina, Nass. Jahrb. f. Naturk. 1888
n. 247 als Leptosoma maculosum = Nyetemera bipunctella,
Walker, List. XXXV. Indess zeigt das Amboina-Exemplar (£)
einen «dunklen Hinterleib und gelben Afterbüschel, das Celebes-
Exemplar (2) einen einfarbig weissen Hinterleib. Ausserdem
Heteroceren der Insel Palawan. 1:
sind bei dem Amboina-Kxemplar die weisslichen Flecke und
Striche zahlreicher, grösser und mehr zusammengeflossen.
Bei dem sonst gleichen Celebes-(Minnahassa)-Exemplar fehlen
die beiden äusseren Flecke im schwarzen Rande der Unter-
flügel,. Trotz dieser Verschiedenheiten kann ich diese Form
nur als Varietät annehmen.
Liparidae.
(Genus Melanothrix, Felder.
29. Melanothrix alternans, nov. spec.
Es liegt mir ein Exemplar (2) einer Melanothrix vor,
das der Melanothrix pulchrieolor, Felder & Rogenhofer, Novara
Lep. T. 94 f. 2 von Java und den Philippinen, von welcher
Art mir ein sehr schönes Exemplar von Ostjava vorliegt, sehr
nahe steht, indess als eigene Art angesehen werden darf.
60 mm Ausmaass. Die Oberflügel sind schwarz mit
schmaler, weisser Querbinde, die etwa von '/, des Vorderrandes,
anfangs verbreitert zum Aussenrande geht und sich mit ein-
zelnen Zacken längs der Adeın nach dem Aussenrande hin
erstreckt. Auf den Unterflügeln ist der Flügelerund schwarz
(nicht weiss, wie bei pulchricolor). Im dem weissen Aussen-
rande stehen 5 schwarze Flecken, indem die Randbinde
Strahlen nach den weissen Fransen entsendet. Die Unter-
seite ist wie oben. Der Hinterleib gelb gefärbt: Kopf, Brust.
beine und Leib, wie die ganz versteckten Palpen und die
schwach gekrümmten Fühler schwarz.
Bei Herrn von Schönberg in Naumburg a. Saale sah ieh
eine weitere verwandte Art von Borneo in einem leider sehr
verflogenen Exemplare, das sich durch bedeutend mehr aus-
gebildete, weisse, streifige Färbung auszeichnete.
Genus Lymantria, Hübner.
30. Lymantria lunata, Cramer.
Cramer, P. E. IV p. 156 pl. 369% C; Walker, Cat. Lep. IV.
p. 579; Pagenstecher, Nass. Jahrb. f. Nat. 1888, n. 305: Amboina:
Cotes and Swinhoe, Cat. S. 1535, n. 1010: India, Hongkong.
Amboina; Snellen, T. v. E. Bd. 22, S. 111; Celebes.
Genus Leucoma, Steph.
31. Leuecoma spec. Fine weitere, auch H. Snellen un-
bekannte Liparide kann der schlechten Erhaltung des einen
Exemplars wegen nicht näher classifieirt werden. Die Flügel
.
14 Pagenstecher:
sind milchweiss, die Adern etwas gelblich bestäubt, eine
zackige, gelbliche Querlinie ist namentlich am Aussenrande
der Ober- und Unterflügel angedeutet.
Nototondidae.
(Genus Natada (?).
32. Natada lutea nov. spec. Eine in einem Exemplare
wohnende unzweifelhafte Nototondide, welche einige Aehnlich-
keit mit der Walker’schen Trabala niveiceps (Cat. Lep. Het.
Suppl. II, p. 554), Nadata niveiceps (Butler Ill. typ. Het.
Bd. VI, Taf. 104 f. 5) hat und in die Nähe derselben gehört.
führe ich hier an. Möglicherweise ist das 'Thier neu. Es
war Herrn Snellen auch unbekannt.
45 mm (2), Palpen kurz, gelblich behaart. Stirn, Hals.
Kragen und Thorax schmutzig lehmgelb, die Beine (soweit er-
halten) und der Hinterleib ockergelb. Die abgebrochenen
Fühler mit kurzen Kammzähnen.
Oberflügel mit leicht convexemVorderrand, geschweiftem
Aussenrand, schmutzig lehmgelb mit undeutlichen, dunkleren,
eezackten Querstreifen, dunklem Mittelpunkt und 5 dunklen
Punkten im Aussenrand. Unterflügel etwas dunkler gefärbt,
mit undeutlichen Querlinien, Aussenrand stärker verdunkelt.
Atterwinkel leicht gelblich. Die Unterseite aller Flügel lichter
eelb, die Querstreifen als zwei deutlich gezackte Binden auf
Ober- und Unterflügeln vortretend, mit dunklerem Mittelpunkt
aller Flügel und schwärzlichen Punkten im Aussenrand der
Vorderflügel. Ich habe diese Art auch von Borneo erhalten,
Saturnidae.
(Genus Attacus, Linne.
De AN Atlas, Linne.
ee > EI WEB SEDEF 382" TE;
34. lan Rieini, Boisduval.
Saturnia Rieini, Boisduval, Annals. Soe. Ent. Frane. (3) II p. 759.
Attacus lunula, Walker Cat. V p. 1221.
Attacus Rieini, Moore, Cat. Lep: C. E. J. C. M. II p. 407;
Walker, Cat. XXAxAI p. 525; Cotes and Swinhoe, Cat.
Moths India II p. 225, n. 1541.
Philosamia lunula, Butler, Il. typ. Het. V, p. 601, pl. 94 f. 1
India, Bengal, Ceylon, China.
Das vorlierende Exemplar kommt der Butler’schen Ab-
bildung sehr nahe, doch läuft die helle Querbinde im Grunde
Heteroceren der Insel Palawan. 15
des Oberflügels steiler nach dem Glasfleck zu, parallel der des
Unterflügels.
Genus Antherea, Hübner.
35. Antherea Larissa, Westwood.
Westwood, Cab. Orient. Ent. London 1848, p. 49, pl. XXIV FE. 1:
Java.
Das vorliegende Exemplar (2) stimmt mit der West-
wood’schen Abbildung und Beschreibung überein.
Noctuelites, Guence.
Trifidae, Guen. Trib. III Minores, Guen.
Genus Xanthodes, (Guen.
36. Nanthodes flava, Fabr.
Noctua flava, Fabr. Ent. Syst. III, 2, p. 51, Nr. 139.
Xanthodes transversa, Guen. Noct. IL, p. 211, pl. 10 8. 5;
Walker, Cat. XII, p. 778; Moore, Proc. Zool. Soc. Lond.
1867 p. 61; 1877 p. 605; Swinhoe. Proc. Zool. Soc. Lond.
1885 p. 454; Snellen, Midden Sumatra Lep. p. 44; Pagen-
stecher, Het. Ceram in „Iris“ Nr. 3, p. 42.
Avontia flava, Moore, Lep. Ceyl. III, p. 42, pl. 149 f£. 2.
Xanthodes flava, Cotes and Swinhoe, Cat. Moths of India III,
p. 283, n. 1805.
Die auf Java und Silhet, India, Sumatra, Sikkim, Ceylon,
Andamanen beobachtete Art kommt auch auf den Molukken
und Philippinen vor.
Trib. II @enuinae, Guen. Fam. II @lottulidae, Guen.
(Genus Glottula, Guen.
37T. Glottula radians, \Westwood.
Glottula radians, Westwood, Cab. Or. Ent. pl. 28 f. 4; Pagen-
stecher, Het. Aru. in Nass. Jahrb. f. Naturk. 1886, n. 62.
Asparasa radians, Moore, Proc. Zool. Soe. Lond. 1877, p. 604:
Andamanen.
Nach G. Semper auch auf den Philippinen vorkommend.
Quadrifidae, Guen. Fam. IV Plusiidae, Guen.
Genus Plusia, Ochsenheimer.
38 Plusia Chaleytes, Esper.
Esper, p. 447, pl. 141 f. S; Guende, Noct. II, p. 343, n. 1167.
Die weit verbreitete Art kommt auch auf den Phi-
lippinen vor.
16 Pagenstecher:
Kam. VIII &onopteridae, Guen. Genus Anomis, Hübner.
39. Anomis fulvida, Guence.,
Anomis fulvida, Gmenee, Noet. II, p. 397: Amerika, India;
Walker, Cat. Lep. Het. XIII, p. 988; Walker, Journal
Proe. Linn Soe. VI 26, p. 77: Hindostan, Ceylon, Borneo;
Moore, Proc. Zool. Soc. 1867, p. 44 Bengalen; 1877 p. 606:
Andamans; Snellen, Tijd. voor Entom. Bd. 20, p. 29: Java;
Id. 23, p. 75: Celebes; Wallengereen, Wiener Ent. Mon. VII,
p. 75: Panama; Pagenstecher, Nass. Jahrb. f. Naturk. 18SS,
Lep. Amboina, n. 370. (1884 n. 49 Nies; 1886 n. 67 Am.
Anomis euttanivis, Moore, Proc. Zool. Soc. 1867, p. 64.
Gonitis guttanivis, Walker, Cat. XIII, p. 1003.
(ronitis fulvida, Moore, Proc. Z001. Soc. 1885, p. 19; Moore,
lwep. Ceylon III, p. 85, pl. 155 £. 3,3a: Cotes and Swinhoe,
Cat. III, p. 344: Sikkim, Ceylon, Java, N.-Amerieca.
(onitis ecombinans, Walker, Cataloe XII, p. 1001.
Trib. IV Extensae, (en.
Fam. HI Hypogrammidae, (Guen.
Genus Cyelodes, Guence.
40. Üyelodes omma, van der Hoeven.
Noctua omma, van der Hoeven, Deser. Lep. Nouveaux V,
DEE ZN. 3.D,
Frebus omma, van der Hoeven, Tijd. voor Nat. Gesch. VII,
Dean un. 7, 7
Cyelodes omma, Guenee, Noct. III, p. 27, 1353; Walker, Cat.
Lep. Het. Br. Mus. XIV, p. 1085; Moore, Lep., Ceyl. III,
D. 1952 >D1. 100.1. 7; «Snellen- 7, vEntz, Dd.26, op2epe
Celebes; Snellen, T. v. E. Bd. 29, p. 235: Java, Celebes;
Cotes and Swinhoe, Cat. p. 394, n. 2573: Silhet, Ceylon,
Java.
jeregra replenens, Walker, Cat. XIV, p. 1315; Moore, Pr.
2091:7806;..1867,.:P:78:
Kin sehr frisches Exemplar dieser auch auf den Philippinen
nach G. Semper vorkommende Art.
Fam. V ®phideridae, Guenee.
Genus Ophideres, Boisduval.
41. Ophideres fullonica, Linne.
Phalaena fullonica, Linne, Syst. Nat. IT, p. 812, 16; Clerck,
[eones, pl. 48.
Phalaena pomona, Cramer P. E. IL, p. 7E.E.
Heteroceren der Insel Palawan. 17
Ophideres fullonica, Guenee, Noct. III, p. 111, n. 1477; Walker,
on Heter. eoll. et Sarawak, Journal Proc. Linn Soc. London,
7001. vol. VII, 27, p. 117: Westafrika, Hindostan, Geylon,
Australien, Navigator Island, North Hebrides; Snellen,
Tijd. v. Ent. Bd. 20, p. 32: Java; Bd. 23, p. 72: Celebes;
Pagenstecher, Nass. Jahrb. f. Naturk. 1885, p. 1, n. 54:
Nias.
Othreis fullonica, Moore, Lep. Ceyl. III, p. 131: Ceylon; Cotes
and Swinhoe, Cat. p. 376, n. 2477: Afrika, Australia,
Andamans, Sikkim, Malay.
Diese Art stellt das 2 dar.
x
Ophideres Cajeta, Cramer.
8 lramer Pi. BE... p1.,30% ABC;.Guenee, Noect., TIL; p. 102,
n. 1478.
Nach G. Semper auf den Philippinen.
42. Ophideres Hypermnestra, Cramer.
Phalaena hypermnestra, Cramer, P. E. II, 323 f. AB.
Ophideres hypermnestra, Guenee, Noect. III, p. 116; Snellen,
T.. v. E. Bd. 20, p. 32: Java; Pagenstecher, Nass. Jahrb.
f. Naturk. 1885, p. 32, n. 58: Nias.
Rhytia hypsermuestra, Hübner, Verz. n. 2198; Moore, Ceyl.
Lep. pl.. 162 £. 9; Cotes and Swinhoe, Cat. S. 378, n. 2480:
Silhet, Sikkim, Ceylon, Andamans.
Diese Art ist das 2 zu.
Ophideres Cocalus, Cramer.
a Cramer, P. E. pl. 134 f. B; Guenee, Noct. III, p. 115;
Pagenstecher, Nass. Jahrb. f. Naturk. 1885, p. 32, n. 37;
Cotes and Swinhoe, Cat. p. 378, n. 2479: Java, Coro-
mandel, Silhet.
Nach G. Semper auf den Philippinen vorkommend.
Genus Phyllodes, Boisduval.
43. Phyllodes Perspieillator, Guenee.
(suenee, Noct. III, p. 120: Silhet, Assam.
Phyllodes eonsobrina, Westwood, Cab. Or. Ent. p. 57, pl. 28 f. 2;
Moore, Pr. Zool. Soc. 1879, p. 608: Andamans; Cotes and
Swinhoe, Cat. p. 379, n. 2485.
Genus Potamophora, (Guenee.
44. Potamophora Manlia, Cramer.
Phalaena Manlia, Cramer, P. E. pl. 92 £. A.
Potamophora Manlia, Guenee, Noct. II, p. 123; Pagenstecher,
>
a
18 Pagenstecher:
Nass. Jahrb. f. Naturk. 1885, p. 32, n. 59: Nias; 1888 n. 190:
Amboina; Snellen, T. v. E. Bd. 20, S. 32: Java, p. 72:
Java, Bd. 23, p. 92: Celebes.
Ischyja manlia, Hübn. Verz. p. 260, Moore, Ceylon, Lep. III,
p. 118, pl. 163 £. 1, 1a; Journal Proc. Linn. Soc. Lond.
Zool. VII, 27, p. 127: Hindostan, Ceylon, China, Java,
Philippinen; Cotes and Swinhoe, Cat. p. 380, n. 2492:
Sikkim, Java, Andamans, Borneo, Philippine Islands, China.
Genus Lygniodes, Guenee.
(Agonista, Felder.)
45. Lygniodes Plateni nov. spec.
Ein schönes Pärchen liegt mir vor, der endoleuca nahe
kommend, etwas kleiner als die amboinesischen Exemplare
dieser Art.
@ Oberflügel tief sammtschwarz, mit grünlichem Metall-
schimmer, mit schmalen, gelblichen Fransen, die namentlich
am Aussenwinkel hervortreten. Hinterflügel ebenso gefärbt;
Aussenrand von der Mitte an schmal orangegelb, welche
Färbung sich auf den grössten T’heil des Innenrandes fortsetzt, _
(wie bei endoleuca die weisse Färbung). Die Unterseite der
' Hinterflügel bis zu ?°/, ganz gelblich gefärbt, nur der Vor-
derrand und ein Theil des Aussenrandes ist bräunlich. Leib
oben schwarz, unten bräunlich (bei endoleuca ganz gelb).
? Dem Weib der endoleuca sehr ähnlich, doch im Ganzen
lebhafter und dunkler gefärbt. Die Zeichnungen der Ober-
flügel sind nahezu die gleichen wie bei jener Art, doch zeichnet
sich die schwarze Querbinde und die dunkle Wellenlinie weit
stärker ab, auch springen die dunklen Makeln durch gelb-
liche Umrandung stärker hervor. Die Unterflügel sind am
Grunde schwärzlich braun, der Aussenrand breit gelblich mit
schwärzlichen Auflagerungen. Die dunkle Querbinde erscheint
schärfer gebrochen, als bei endoleuca. Die Unterseite der
Oberflügel ist hellerbraun mit gelblichen Wellenlinien und
einer Reihe gelblicher Punkte zwischen den Adern am Aussen-
rande. Die Unterflügel sind gelblich gefärbt bis auf das
obere Drittel, welches bräunlich ist. Eine gelbliche Fort-
setzung der Oberflügelbinde durchsetzt ihn, nach innen dunkler
begrenzt. Palpen und Fühler sind braun, die Beine bräunlich,
Thorax und Hinterleib braun, am Grunde schwach gelblich.
Von Borneo liegt mir eine sehr ähnliche Form in mehreren
männlichen Exemplaren vor. Dieselben sind nur ein Geringes
grösser, der Aussenrand der schwarzbraunen, erünlich schin-
Heteroceren der Insel Palawan, 19
mernden Oberflügel zeigt deutlich gelbliche Fransen. Der
Innenrand der ebenso bräunlich-schwarzen Unterflügel schmal
gelblich orange, welche Färbung sich nur ganz wenig auf
den Aussenrand fortsetzt. Unterseite der Unterflügel bis zu
'/, gelb gefärbt, diese bräunlich wie die der Oberflügel. Der
ganze Hinterleib gelblich, bis auf die vordere Rücken-
parthie, welche schwärzlich bleibt. Vorderschimmer schwärzlich,
wie die Brust; Mittel- und Hinterschimmer gelblich, die
Fransen bräunlich. Ich gebe dieser Form den Namen Schön-
bergi nach meinem verehrten Freunde v. Schönberg in Naum-
burg, durch dessen Güte ich sie besitze. Sie dürfte wohl
verschieden sein von Lygniodes ciliata, Moore Proc. Zool. Soc.
Lond. 1867 p. 69 von Bengalen, wenn diese auch eine sehr
nahe verwandte Form ist. Leider ist die Beschreibung Moores
eine sehr kurze. Es werden nur die Fransen als gelb an-
gegeben, während über die Färbung des Hinter- und Innen-
randes der Hinterflügel, wie die des Hinterleibes nichts
gesagt wird.
Trib. VI. Patulae, Guence.
Fam I. Erebidae, Guen. Genus Oxyodes, Guen.
46. Oxyodes CUlytia, Cramer.
Phalaena Clytia, Oramer P. E. T. 399 f. G.
Oxyodes Ulytia, Guenee, Noct. III, p. 128 n. 1501; Walker,
Cat. Lep. Het. Br. Mus. XIV p. 1239; Moore, Proc. Zool.
Soc. Lond. 1867 p. 69. Snellen, T. v. Ent. Bd. 23 £. 92:
Celebes; Pagenstecher, Lep. Amboina, Nass. Jahrb. f. Nat.
1888 n. 393.
Noctua scrobieulata, Fabr. Sp. Ins. II, p. 212 N. 14.
Oxyodes, serobiculata, Moore, Lep. Ceyl. III, pl. 141 p. 164
f. 1; Cotes and Swinhoe, Cat. Moths. of India p. 381 n.
2497: Sylhet, Ceylon.
Nach @. Semper auf den Philippinen.
Genus Sypna, (suenee,
47. Sypna spec. (?). Es liegt mir ein Männchen einer
Art vor, die mit Sypna tenebrosa, Butler, Trans. Ent. Soc.
1854 p. 205 und mit Sypna martina, Felder nahe verwandt
ist, die ich aber bis jetzt nicht genauer unterbringen kann.
Fam II Ommatophoridae, (Guence.
Genus Spiredonia, Guence.
48. Spiredonia obseura, Cramer.
Cramer "PB. 274 f. B., Snellen T. v..E. Bd. 23 p. 94:
Pagenstecher:
Celebes. Scheint identisch zu sein mit Spiredonia Zamis,
Stoll. Suppl. 162 pl. 36 f. 11; Cotes and Swinhoe, Cat.
p. 390 n. 2554, welche von G. Semper als auf den
Philippinen vorkommend aufgeführt wird.
Genus Argiva, Hübner.
49. Argiva hieroglyphica. Drury.
Phalaena hieroglyphica, Drury Ins. Exot. II, p. 5, pl. ILf. 1.
Phalaena mygdonia, Cramer II, pl. 174 f. F. (8).
Phalaena hermonia, Cramer, pl. 174 f. E. f
Argiva hieroglyphica, Guenee, Noct. III, p. 179; Snellen T.
v. E. Bd. 20 p. 33: Java; Pagenstecher, Nass. Jahrb. t.
Naturk. 1888 n. 400: Amboina; Cotes and Swinhoe, Cat.
p. 386. n. 2535: Silhet, Geylon, Sikkim, Andamans, Mada-
cascar.
(Genus Nyetipao, Hübner.
50. Nyetipao Ephesperis, Hübner.
Hübner Verz. 2575.
Phal. erepuseularis, Cramer 160 f. A.
rm
‘
Nyetipao ephesperis, Guen6e, Noct. III, p. 185 n. 1575.
Genus Ommatophora, (Guence.
51. Ommatophora luminosa, Cramer.
Phalaena' luminosa, Cramer, P. E. IH, pl. 274 f. D.
Ommatophora luminosa, Guenee, Noct. II, p. 190 n. 1586:
Java; Pagenstecher, Nass. Jahrb. f. Naturk. 1888. Lepid.
Amboina n. 403; Cotes and Swinhoe, Cat. p. 359 n. 2549;
Sikkim, Java, Philippinen, Walker, Cat. Lep. coll. at
Sarawak, ‚Journal. Proc. Linn. Soc. Lond. Zool. Vol. VII,
p. 177 n. 400: ‚Java, Philippinen.
21
Fam II, Hypopyridae, (Guence.
Genus Spirama, (uence.
52. Spirama retorta, Linne.
Phal. retorta, Linne, Mus. Lud. Ulr. p. 376; Cramer, P. E. L,
1, KB. DEM: 274 1,,A,
Spirama suffmmosa, Guenee Noect. III p. 195: Java, Silhet (2).
Spirama retorta, Guenee Noct. III p. 196: Java, China, Coro-
mandel, Silhet; Cotes and Swinhoe, Cat. p. 392 n. 2561:
India, Hongkong; Pagenstecher, Nass. Jahrb. f. Nat. 1588.
lepid. Amboina n. 404; Snellen, T. v. E. Bd. 20, p. 33:
Java; Bd. 23 p. 96: Celebes.
Heteroceren der el Palawan. 9
Spirama remota, Felder, Sitzungs. Wien Ac. Wi is. Math. Nat.
U. 45 p. 43 n. 104.
Nach G. Semper auf den Philippinen.
Aurivillius, Lep. Mus. Lud. Ulr. S. 153 hält Spirama retorta,
Linne = Spirama remota, Felder, aber distinkt von Spi-
rama retorta, Cramer, welche er für identisch mit Spirama
suffumosa und Noctua spiralis, Fabricius ansieht. Spirama
voluta, Felder & Rogenhofer (Nov. Lep. taf. 115 £. 4) hält
er für nahe verwandt, aber verschieden.
53. Spirama triloba, Guenee.
Guenee Noct. III p. 197 n. 1595: Java. Zwei kleine Exemplare
von 55 mm, der Varietät A von Guende mehr entsprechend.
Genus Hypopyra, (wende.
54. Hypopyra Vespertilio, Fabricius.
Noctua vespertilio, Fabr. Mant Ins. IL: p. 136 n. 16; Ent.
Systi IIL| 2: p.:15.n. 23.
Hypopyra vespertilio, Guenee, Noct. III p. 199: Java, Silhet.
Walker, Cat. XIV p. 1326: Walker, Journal Proc. Linn.
Soe. Lond. Zool. Vol. VII n. 27 p. 178: Hindostan, Ueylon,
China, Borneo; Cotes and Swinhoe, Cat. p. 393 n. 2572:
Sikkim, Andamans, Tranquebar, Ceylon, China.
Fam IV. Bendidae, Guenee.
Genus Hulodes, Guenee.
55. Hulodes Caranea, Cramer.
Phalaena caranea, Cramer, P. E. III, pl. 269 £. E. F.
Bendis caranea Hübner Ver. B. Sch. p. 269 N. 2650.
Hulodes caranea, Guenee, Noct. III, p. 208: Java, Silhet, Ind.
centrale; Snellen, T. v. E. Bd. 20 p. 34: Java; Bd. 23
p. 96: Gelebes; Pagenstecher, Nass. Jahrb. f. Naturk. 1886
Het. Aru n. 79: Ceram. Ternate, Philippinen. Cotes and
Swinhoe, Cat. p. 394 n. 2575: India, Java, Ceylon.
Trib. VII Serpentinae, Guenee.
Fam I Ophiusidae, Guenee.
Genus Lagoptera, (Guenee.
56. Lagoptera magieca, Hübner.
"Noctua coronata, Fabr. Syst. Ent. p. 596 n. 24.
Noctua leonina, Fahr. 1. c. p. 596 n. a
Noetua ancilla, Fab. Ent. Sy st IH, 2 p. 17 2.29.
Corycia magica, Hübn. Zutr. Exot. Sn Ill, 32,268 f. 535,536.
22 Pagenstecher:
Ophiusa magica, Boid. Faun. Ent. Mad. Lep. 100,101.
l,agoptera magica, (uenee, Noct. III p. 225; W alker, Cat.
Lep. Het. Br. Mn. XIV p. 1352; Moore, Proe. Zool. Soc.
Lond. 1867, p. 74; Snellen T. v. E. Bd. 20, p. 34: Java;
Bd. 23, p. 98: Gelebes.
Thyas coronata, Moore Lep. Geylon III, p. 158, pl. 167 £. 1,
pl. 166 £. 5; Cotes and Swinhoe, Cat. p. 397, n. 2595;
Sikkim, Bombay, Nepal, Silhet, Geylon, Andamans.
Lagoptera coronata, Moore, Pr. Zool. Soc. Lond. 1877, p. 609.
Genus Achaea, Hübner.
57. Achaea melicerte, Drury.
Phalaena melicerte, De Ins. I, p. 46, pl. 23 £. 1; Cramer,
Pap: Exot- AV, pl: 3283 120D.
Noctua tigrina, Fabrieius Spe. Ins. p. 218, N. 52; Ent. Syst. III,
p. 402, n. 109.
Achaea melicerte, Hübner, Verz. bek. Schm. p. 269, n. 2645;
Guenee, Noct. III, p. 247; Walker, Cat. XIV, p. 1396;
Moore, Pr. Zool. Soc. Lond. 1867, .p. 75; 1877 p. 609;
Lep. Ceylon EH. p. 163, pl. 168 f. 2;/ Snellen, T. v. E,,
Bd. 23, p. 100: Celebes; a Lepid. Amboinas in
Nass. Jahrb. f. Naturk. 1888, 422; Cotes and Swinhoe,
Cat. p. 402, n. 2624: India, en Celebes, Australia,
Sikkim, Andamans, Nicobars. G. Semper: Philippinen.
Genus Ophiusa, Ochsenheimer.
58. Ophiusa arcuata, Moore.
Ophiusa arcuata, Moore, Pr. Zool. Soc. Lond. 1877, p. 609;
Pagenstecher, Nass. Jahrb. f. Naturk. 1888, Lep. Amboinas
n. 429; Cotes and Swinhoe, Cat. Moths India, p. 408,
n. 2665: Andamans, ‚Java, Ceylon. India.
ÖOphiusa joviana, Guende Noct. Ill, p. 269: Java, Inde centrale.
Ophiusa Gueneei, Snellen, T. v. E. Bd. 23, p. 103: Celebes.
Fam II Kuelididae, Guen‘ce. Genus Trigonodes, Guenee.
59. Trigonodes Hyppasia, Uramer.
Phalaena hyppasia, Cramer HI, pl. 250 f. ©.
Chaleiope hypasia, Hübner n.! 2634.
Trieonodes compar, Walker, Cat. XIV, p. 1451.
Trigonodes hypasia, Guen6e Noct. III, p. 283, n. 1726; Indes
orientales; Pagenstecher, Nass. Jahrb. f. Naturk. Verz.
Schmett. Amboina, n. 416; Cotes En Swinhoe, Cat. p. 415,
n. 2687: India, Sikkim, Nepal, Ceylon, China; Snellen,
T.v. E. Bd. 20,.Bdr 372 Jaya: Bd. 239.100: Belener
Nach G. Semper auf den Philippinen.
Heteroceren der Insel Palawan. 25
Fam III Remigidae, Guenee. Genus Remigia, (Guence.
60. Remigia frugalis, Fabricius.
Phalaena frugalis, Fabr. Ent. Syst. ILL, 2, p. 138
Chaleiope lycopodia, Hübner, Zutr. Exot. Schm. f. 897, 898.
Remigia frugalis, Guenee, Noct. 1Il, p. 314; Walker, Cat. Lep.
Het. XIV, p. 1507; Moore, Pr. Zool. Soc. Lond. 1867,
p. 77; Moore, Lep. Ceyl. III, p. 190, pl. 172 £.. 4; Pagen-
stecher, Nass. Jahrb. f. Naturk. 1888 Schmetterl. Amboina,
437; Cotes and Swinhoe, Cat. p. 415, n. 2702: Cachar,
Sikkim, Andamans, India, Ceylon, Afrika, Java, Borneo.
(4. Semper: Philippinen.
61. Remigia Archesia, Cramer.
Phalaena archesia, Cramer III, pl. 373 f. F. G.; var. Virbia,
Cramer, pl. 273 f. H.
Remigia archesia, Guen6e, Noct. III, 318; Pagenstecher, Nass.
Jahrb. f. Naturk 1886, n. 84 Aru.; 1888, n. 438: Amboina,
Walker, Journal Pr. Linn. Soc. Lond. VII, n. 28, pl. 1231;
Sierra Leone, Hindostan, China, Ueylon, ‚Java; Snellen,
P.. va E.tBd! 20, p: 38: Java, :Pp. 73; Sumatra, "Bd. 23:
p. 106: Gelebes.
Uauninda archesia, Moore, Ceyl. Lep. pl. 172 £. 3: Geylon,
Cotes and Swinhoe, Cat. n. 2697: S.-Africa, Java, China.
Nach G. Semper auf den Philippinen.
Frib IX. Deltoideae, (zuence.
Fam 1. Platydidae, Guende. Genus Trigonia, (suenee.
Trigonia eydonialis, Cramer.
Phalaena cydonia, Cramer, Pap. Exot. pl. 22 £.
Trigonia eydonialis, Guenee, Delt. et P Na
Schmetterlinge Amboinas in Nass. Jahrb. f.
Rn; 4547.
Olaterna eydonia, Moore, Lep. Ceyl. III, p. 216, pl. 175 £. 11:
Gevlon. Cotes and Swinhoe, Cat. p. 436, n. 2843: ÜUeylon.
Nach G. Semper auf den Philippinen. Das vorliegende
Exemplar ist etwas schärfer gezeichnet, als die Exemplare
von Amboina, der «dreieckige weisse Fleck des Oberflügels
kleiner, die weissliche Querbinde schmäler.
agenstecher,
F.
B
Naturk. 1888,
Fam III Herminidae, (Guenee.
Genus Mastigophora, Poey.
63. Mastigophora, spec. Ein mir vorliegendes, leider
nicht gut erhaltenes Exemplar scheint mir in dieses Genus
24 Pagenstecher:
zu gehören, oder zu Olanyma, Gmuenee. Beide Geschlechter
haben bisher nur Vertreter aus Amerika.
Genus Echana, Walker.
64. Echana plicalis, Moore.
Moore, Pr. Zool. Soc. 1867, p. 86, pl. VIL£. 7; Snellen, T. v. E.
Bd. 23, p. 127; Celebes, Bd. 24, pl. 6 f£. 5; Cotes and
Swinhoe, Cat. p. 451, n. 2966: Sikkim.
Nur ein Exemplar, zwar sehr mangelhaft erhalten, aber
doch wohl mit Sicherheit hierher zu beziehen.
Uranidae.
Fam III. Nyetalemonidae, Guenee.
(Genus Nyetalemon, Dalman.
65. Nyetalemon Menoetius, Hopfer.
Hopfer, Neue Schmetterl. Zool. Mus. II, Taf. 5 £. 1.
Phalaena Patroclus, Cramer, T. 109 f. AB. Hopfer in Stett.
Ent. Ztg. 1874, n. 160: Celebes; Pagenstecher, Nass. Jahrb.
f. Naturk. 1885, Heterocera Nias S. 44, n. 74.
Der Cramer’schen Abbildung entsprechend, mit ansehn-
lich breitem, weissen Bande. Die Unterseite der Unterflügel
namentlich intensiv schwärzer gefärbt am Aussenrande. Ein
weiteres Exemplar, mit schmälerem durchlaufenden weissen
Streifen, wurde von Herrn Staudinger als Nyet. Zampa,
(Butler Ent. Monthly Mag. V, 278) angesehen. Ich kann die
Unterschiede, welche für Zampa, Patroclus und Menoetius an-
gegeben werden, nicht für so bedeutend halten, um daraus
getrennte Arten festzustellen. Ich halte sie alle für Varietäten
einer Art. — Bei den Nias-Exemplaren ist das weisse Band
nach aussen noch von einer lichteren Färbung begleitet. —
Nyct. najabula (Moore, Lep. Andamans in Pr. Zool Soe. 1867,
p. 620) dürfte wohl auch eine Varietät sein. — Menoetius
und Zampa werden beide als auf den Philippinen vorkommend
aufgeführt.
Geometra, Linne.
(Phalenites, Guenee.)
Fam II Urapterydae, (wende Genus Urapteryx, Leach
66. Urapteryx erocopterata, Kollar.
Kollar in v. Hügels Caschmir IV, p. 483; Moore, Pr. Zool.
Soc. 1867, p. 613; 1877, p. 620; Snellen, "T.' vB. Bd. 22
p. 69: Gelebes,
Heteroceren der Insel Palawan.
(Guenee, Ur. et Phal. IX, p. 29: Bengalen.
Thinopteryx crocopterata, CGotes and Swinhoe, Cat. p. 475,
n. 9114.
Genus Idiodes, (Gene.
Gruppe 1.
67. Idiodes aspilatataria nov. spec.
Ein Exemplar von 34 mm vorliegend. Alle Flügel
weissgrau mit röthlichbraunen Atomen überstreut, welche sich
zu je einem queren schmalen Streifen verdichten, der von
etwas unterhalb der Flügelspitze am Aussenrand beginnt und
nach der Mitte des Hinterrandes der Oberflügel und von hier
über die Unterflügel zu '/, des Innenrandes sich erstreckt.
Ein zweiter Streifen zieht auf dem Unterflügel den Aussen-
rand geradlinig abschliessend, von der Flügelspitze bis nahe
zum Afterwinkel, dem vorigen nahezu parallel. Beide Streifen
sind nach aussen dunkel umschattet. Oberflügel mit centralem
Mittelpunkt.
Unterseite weissgrau, die rostbraunen Atome viel zahl-
reicher, namentlich längs des oberen Drittels des Aussenrandes
und am Vorderrande, die Querstreifen der Oberseite undeut-
lich wiedergebend und auf die Unterflügeln mehrere undeut-
liche Wellenlinien hervorrufend. Thorax weisslich, rostbraun
bestäubt, ebenso der Hinterleib. Palpen dunkelbraun, zweites
(lied dicht beschuppt. Antennen. ?
68. Idiodes simplaria, Snellen.
Numeria simplaria, Snellen in literis; Pagenstecher, Nass.
Jahrb. f. Naturk. 1888, Schmetterlinge Amboinas, n. 535.
Dieses Thierchen erwähnte ich am angegebenen Orte als
Numeria simplaria, mit welchem Namen mir es Herr Snellen,
der es beschreiben wollte, bezeichnet hatte. Neuerdings
glaubt Herr Snellen es aber für eine echte Idiodes halten zu
müssen.
»5 mm Ausmaass. Alle Flügel violettgrau, seidenartig
glänzend, mit einem auf den Oberflügeln von der Flügelspitze
zu '/, des Anussenrandes und ‘auf den Unterflügeln weiter-
ziehenden dunkelvioletten Querstreifen, der auf den Ober-
flügeln leicht gewellt ist. Letztere zeigen einen dunklen Mittel-
punkt. Der Aussentheil der Flügel ist etwas dunkler, als der
Grund. Die Unterseite aller Flügel ist violettgrau, die Quer-
linie weniger stark entwickelt. Leib und Beine wie die
Flügel gefärbt. Antennen. ?
26 Pagenstecher:
_
Fam. II Ennomidae. Genus Hyperythra, Guenee.
69. Hyperythra lutea, Cramer.
Phalaena lutea, Cramer IV, pl. 370, Fig. C. D.
Hyperythra lutea, Moore, Ceylon Lep. III, pl. 185 £. 6; Snellen,
T. v. Entom. Bd. 24, p. 70: Celebes; Pagenstecher, Jahr-
büch f. Naturk. 1558 Schmetterlinge Amboinas, n. 483.
Cotes and Swinhoe, Cat. Geom. p. 478, n. 3148: India,
('eylon, Andamans, Java, Afrika, China.
Hyperythra limbolaria. Guenee, Phal. p. 101, n. 155, pl. 13 £. 3:
Inde orientale, Ceylon, Bengalen; Snellen, T. v. E. p. 20,
p. 40: Java.
Hyperythra penicillaria, Guenee, Phal. I, p. 101, n. 154.
Aspilates susceptaria, Walker, Cat. XNXXV, p. 1664.
Nach G. Semper auf den Philippinen.
Fam. III Oenochromidae. Genus Decetia, Walker.
70. Decetia pallidaria, Pagenstecher.
Pagenstecher, Nass. Jahrb. f. Naturkunde 1888, Schmetterlinge
Amboinas, n. 485. Ein schönes Pärchen.
Fam. V Boarmidae. Genus Ambilyehia, (Guenee.
71. Ampblychia Angeronaria, Guenee.
Guenee, Ur. et Phal. p. 215, pl. 4 f. 9: Inde. centrale; Moore,
Pr. Zool. Soc. Lond. 1867, p. 635: Bengalen.
Ein & von 70 mm.
Genus Boarmia, Treitschke.
72. Boarmia pertusaria, Felder & Rogenhoter.
Felder und Rogenhofer, Novara Lep. T. 125 f. 17.
Kin 3, das ich hierher ziehe, wiewohl es eine lebhaftere
grüne Grundfarbe, als auch etwas dichtere schwarze Zeich-
nungen hat, die aber im Uebrigen gerade so angebracht sind,
wie in Felder’s Bild. Auf der Unterseite läuft die schwärz-
liche Randbinde längs des ganzen Aussenrandes der Ober-
flügel, während sie bei einem typischen, mir von Darjeling
vorliesenden Stück unterbrochen ist.
Kommt nach G. Semper auf den Philippinen vor.
Genus Kiphos, Guenee.
73. Elphos hymenaria, Gmenee.
(uenee, Phal. I, p. 285, n. 456, pl. 16 £. 4; Walker, Cat. XXI
p. 449; Moore, Ceyl. Lep. III, p. 420, pl. 193 f. 1. Cotes
and Swinhoe, Cat. p. 509, n. 3398: India, Sikkim.
Heteroceren der Insel Palawan. 97
Nach G. Semper auf den Philippinen. Zwei Männer,
kleiner als die indischen Stücke und ein ? etwas varlirend
in der Färbung.
Fam. VII Geometridae. Genus @eometra, Linne.
74. Geometra viridiluteata, Walker.
(Geometra viridiluteata, Walker, Cat. Het. Br. Mus. XXII,
p. 515; Moore, Pr. Zool. Soc. Lond. 186%, p. 636.
Tanaorhinus viridiluteatus, Butler, Ill. typ. Het. VI, p. 6%,
pL 117 f. 2; Cotes and, Swinhoe, Cat. p. 516, n. 3449:
Sikkim.
Fam. IV Palyadae. Genus Eumelea, Jardiu.
75. Eumelea Rosalia, Cramer.
Cramer, Taf. 368 f. F.; Cotes and Swinhoe, p. 528, n. 3549.
Diese weit verbreitete Art liegt in drei Formen vor,
der typischen Rosalia und ausserdem als Aureliata, Guenee,
pl. 22 £. 6; Cotes and Swinhoe p. 527, n. 3538 und Feliciata,
(uenee, Phal. p. 393, n. 628; Cotes and Swinhoe, p. 527,
n. 3540. Nach G. Semper in den 3 Formen auf den Phi-
lippinen.
76. Eumelea Eugeniata, Guenee.
(uenee, Phal. p. 394, n. 639.
Phalaena fimbriata, Cramer P. E. 398 £. N.
Fam. XI Acidalidae.
Genus Zanelopteryx, Herrich Schäffer.
77. Zanclopteryx Zincaria, (zuenee.
Guenee, Phal. II, p. 16, n. 916: Sarawak (Borneo); Snellen,
T. v. E. Bd. 24, p. 83: Celebes; Pagenstecher, Nass. Jahrb.
f. Naturk. 1856 Het. Nias, n. 84; 1888 Schmetterlinge
Amboinas, n. 513. |
Fam. XII Mieronidae. Genus Mieronia, Gene.
78. Mieronia fasciata, Cramer.
Phal. fasciata, Cramer T. 104 £f. D.
Phal. caudata, Fabr. Ent. Syst. III, 165, 124.
Strophidia faseiata, Moore, Ceyl. Lep. III, p. 460, pl. 209 8. 7;
Cotes and Swinhoe, Cat. p. 588, n. 4016: India, Andamans.
Mieronia obtusata, Guenee, Phal. p. 25, n. 927, pl. 5 £ 6.
Micronia fasciata, Moore, Proe. Zool. Soc. Lond. 1867, p. 646;
Pagenstecher, Nass. Jahrb. f. Naturk. 1888, Schmetterlinge
Amboinas, n. 514. ’
Nach G, Semper auf den Philippinen.
98 Pagenstecher:
79. Mieronia reetinervata, (ruenee,
(uende, Phal. p. 27: Singapore.
S0. Mieronia gannata, Guenee.
(suenee, Phal. p. 26; Snellen, T. v. E. Bd. 24, p. 84: Celebes.
Herr Snellen bemerkt (Tijd. v. Ent. Bd. XXXII, p. 398),
dass der Genus Micronia mit Nyctalemon, Cydimon und Urania
im Aderverlauf zusammenfalle und möglicherweise gar nicht
zu den Geometriden gehöre.
Fam. XV Fidonidae.
Genus Polla, Herr. Schäffer, Exot. Schm.
Sl. Polla rufolinearia, nov. spec.
Der Polla praeditaria, Herr. Schäffer, Exot. Schm. f. 416,
sehr ähnlich und der Polla costipunetaria (H. Schäffer, Exot.
Schm. f. 455) verwandt, von ersterer nur durch röthliche
Färbung und Mangel der Apikelflecke verschieden, sonst in
Zeichnung gleich. 42 mm.
Die langen Fühler mit Kammzähnen, die sich nach
(der Spitze zu verjüngen. Alle Flügel hellröthlich, braun mit
dunklen Atomen überstreut. Eine schmale, röthlichbraune
(Juerbinde durchzieht von der Flügelspitze bis zu '/, des
Innenrandes der Oberflügel und setzt sich auf dem Unter-
tlügel zum Innenrande fort. Unterseite wie die Oberseite ge-
färbt, mit dichten dunklen Atomen. Auf den Oberflügeln
zwei undeutliche, nahezu parallele Querstreifen. Alle Flügel
mit dunklem Mittelpunkt, Leib und Beine rothbrann.
Ich besitze diese Art auch von Amboina.
Genus Hemioplisis, Herrich Schäffer.
S2. Hemioplisis amoenaria nov. spec.
Der Hemioplisis drepanularia (Herr. Schäffer Exot. Schm.
f. 450) nahe verwandt.
2 35 mm Ausmaass. Fühler auf einer Seite mit langen
Kammzähnen, welche rasch vom Grunde anschwellen und nach
der Spitze hin abnehmen. Augen gross, kuglig, Palpen ganz
kurz, Sporen stark, lang. Vorderrand der Vorderflügel leicht
eonvex, zugespitzt, Aussenrand oben eingeschnitten, dann
convex: Innenrand gerade. Unterflügel dreieckig, Aussenrand
leicht econvex, Innenrand gerade. Alle Flügel dunkel kupfer-
roth, einfarbig, mit undeutlichen etwas dunklen Querlinien,
von denen zwei äussere gewellte nahezu parallel vom Vor-
derrand zum Innenrande ziehen, ein dunkles Feld in sich ein-
schliessend, die innere leicht nach aussen convex auf ihr läuft.
Heteroceren der Insel Palawan. 29
Fransen dunkelroth. —- Auf den Unterflügeln sind ebenfalls
zwei undeutliche Querlinien, in der äusseren stehen drei schwache
weissliche Punkte. Unterseite einfarbig, hellkupferroth mit
einer dunklen Querlinie, welche etwas nach innen von der
Spitze der Vorderflügel vom Vorderrande zu '/, des Innen-
randes zieht und sich schwach entwickelt auf den Unter-
flügeln fortsetzt. Der Aussenrand an der Flügelspitze dunkel-
rothbraun. Brust, Hinterleib und Beine röthlichbraun, der
Hinterleib auf der Unterseite heller.
Genus Hyposidra, (ruenee.
83. Hyposidra albifera, Moore.
Kalabana albifera, Moore, New Asiat. Lep. Proc. Zool. Soc.
1879, p. 415; Cotes and Swinhoe, Cat. p. 476 n. 3133.
Moore sagt von seiner Kalabana albifera von N. W.
Himalaya, dass sie „allied to K. picaria (Lagyra picaria,
Walker Cat. 26, p. 1541 von Java) und K. lencomela (Gele-
vena leucomela, Walker Cat. Br. M. V. p. 1877) von den
Philippinen sei. Felder & Rogenhofer bilden in dem Novara-
Werke, Taf. C. XXIX f. 25 eine Hyposidra (= Lagyra,
Walker Cat. XX p. 58 und Chizala p. 264), leptosoma 3 von
Luzon von der Unterseite ab, von der sie sagen: affınis
Lagyrae picariae, Walker List. XXXV, 1541.
Vor mir liegen zwei Stücke, ein & und ein 9, welche
mit der Moore’schen. Beschreibung gut stimmen, wenigstens
der 2. Von der Felder’schen Art, die übrigens doch identisch
sein dürfte, zeigt der & insofern leichte Verschiedenheiten,
als die Felder’sche Abbildung auf der Unterseite des Ober-
flügels am Grunde noch zwei weisse Flecken zeigt, welche
bei unserm Exemplare fehlen. Auch sind bei dem vorliegenden
die Randflecken zusammengeflossen und auf den Unterflügeln
ist der Grund weiss. Moore setzt das von ihm aufgestellte
(senus Kalabana zu den Urapterygidae und ihm folgen Cotes
und Swinhoe. Ich sehe keinen rechten Grund ein, um die
vorliegende Art von der ihr so nahe verwandten Hyposidra
vampyraria (Snellen Tijd. v. Entom. XXIV p. 90 pl. 9 £. 3;
Pagenstecher Nass. Jahrb. f. Naturk. 1888, Schmetterlinge
Amboina’s n. 558 = Lagyra Talaca, Walker Cat. XX p. 59;
Moore, Ceyl. Lep. p. 392 Taf. 185 f. 1) zu trennen, und lasse
dieselbe bei Hyposidra. — G. Semper führt Hyposidra lepto-
soma von den Philippinen auf.
30 Pagenstecher:
Fam. XVI Hazidae, (uenee.
(Genus Hazis, Boisduval.
S4. Hazis malayanus, Guerin.
(ucrin, Voy. Deless. p. 89 pl. 23 f. 2; Snellen, Tijd. v. Ent.
NXVII p. 96; Snellen, Midden-Sumatra Lep. p. 59.
Es liegen mir zwei Exemplare dieser Art vor, welche
in der Zeichnung mit Hazis malayanus, wie sie Guerin ab-
bildet, völlige übereinstimmen, nur ist der Analwinkel der
Hinterflügel bei beiden nur sehr schwach gelblich angeflogen,
so dass die Exemplare mit Palmyra, Stoll. Suppl. pl. 36 f. 1
übereinstimmen würden, wenn nicht die äusserste bläuliche
tandfärbung bei Stoll ununterbrochen erschien, während sie
bei Guerin und unsern Exemplaren von der hellen Grundfarbe
unterbrochen wird. Snellen bemerkt bereits, dass Palmyra,
Stoll, wenn nicht dasselbe jedenfalls ein sehr nahestehendes
Thier sei. Kuschema proba, Butler, Il. typ. Het. T. 115
f. 2 und Annals Nat. Hist. (5) VI p. 120, ist ebenfalls als
synonym zu betrachten, wie Hazis manillaria, Guenee, welche
(4. Semper von den Philippinen aufführt. Vergl. auch Pagen-
stecher, Nass. Jahrb. f. Naturk. 1885, Het. Nias p. 53.
s5. Hazis Bellonaria, Guenee.
(uenee, Phal. p. 193 pl. 18, f. 1: Borneo, Malacca. Snellen,
Midden Sumatra Lepid. p. 60; Tijd. v. Entom. Bd. 27,
Verslag LXAXII; Pagenstecher, Nass. Jahrb. f. Naturk.
1885 Het. Nias p. 52 n. %.
Euschema suprepleta, Butler, Ill. typ. Het. I, p. 57 pl. XIV
f. 4: Walker, Cat. Lep. II p. 406; Walker, Journal Proc.
Linn. Soc. Lond. Vol. VI, 22 p. 93 n. 43: Ceylon, Malacca.
Euschema Ares, Weymer, Stett. Ent. Ztg. 1885, p. 279.
/wei gute Exemplare.
Fam. XVII Zerenidae.
(Genus Panaethia, Guenee.
S6, Panaethia exul, Herrich Schäffer.
Tigridoptera exul, Herrich Schäffer, Neue Exot. Schmett. f. 533,
Inde orientale?; Moore, Cat. Lep. E. J. C. Mus. Il p. 296
n. 680: Java.
Nach @. Semper auf den Philippinen vorkommend und
Heteroceren der Insel Palawan. 31
varrirend. Drei Exemplare, von denen zwei gleichgefärbt
sind, das dritte der zahlreichen schwarzen Streifen, welche
längs der Rippen zum Aussenrande laufen, entbehrt. Allen
drei Exemplaren fehlt auch die gelbliche Färbung des Vor-
derrandes, den die Herrich-Schäffer’sche Abbildung zeigt. —
Das Genus Tigridoptera stellt Herrich Schäffer zu den Litho-
sinen, Moore neben Euplocia.
Genus Celerena, Felder & Rogenhofer.
37. Celerena palawanica, nov. spec.
Es liegt mir ein schönes Pärchen dieser neuen Art vor.
& und 2 haben 58 mm Ausmaass; beide sind gleich gezeichnet,
doch der & etwas schärfer. Alle Flügel goldgelb mit breiter,
silbergrauer Aussenrandfärbung, die noch ein Drittel des
Vorderrandes der Oberflügel einnimmt. Diese silbergraue
Färbung ist nach innen schwärzlich eingefasst und letztere
dunkle Färbung umschliesst am äusseren Drittel des Ober-
flügels eine halbmondförmig abgegrenzte Parthie der gelben
Grundfärbung und überkleidet auch den schmalen, silber-
erauen Vorderrand. Rumpf, Brust, Hinterleib und Schiener
gelb, Tarsen schwärzlich. Auf der Unterseite der Oberfiügel
ist die silbergraue Färbung dunkler, die schwärzliche Um-
randung ist breiter und dunkler und geht auch auf das Centrum
des Flügels über. Auf den Unterflügeln ist die silbergraue
Färbung des Aussenrandes ebenfalls dunkler und breiter
schwarz eingefasst; die dunkle Umrandung setzt sich auch
längs des Vorderrandes fort. — Die Art steht der andamana,
Felder (divisa, Butler) und der mutata, Kirsch, nahe, unter-
scheidet sich aber durch die vollständig dentlich abgeerenzte
halbmondförmige Abtheilung des Oberflügels.
(Genus Abraxas, Leach.
SS. Abraxas hypsata, Felder & Rogenhofer.
Felder & Rogenhofer, Reise Novara Lep. T. 130 f. 16. Pagen-
stecher, Nass. Jahrb. f. Naturk. 1888, Schmetterl. Amboinas
n. 511; 1886 Het. Aru., n. 132. Cotes and Swinhoe, Cat.
p. 553, 3733: India.
Nach G. Semper anf den Philippinen.
Pyralidina.
Genus Botys, Treitschke.
S9. Botys multilinealis, Guenee.
(Guenee, Delt. et Pyral. p. 337, pl. 8 f. 11; Lederer, Wien.
;
32 Pagenstecher:
Ent. Mon. VII, p. 375, Taf. 11 f. 3» Ostindien; Snellen,
Tijd. v. Entom. Bd. XX, p. 47: Java; Bd. XXVI, p. 130:
(elebes; Pagenstecher, Nass. Jahrb. f. Naturk. 1885, Het.
Nias, n. 100; 1888 Schmetterl. Amboinas, n. 580.
Botys basipunetalis, Bremer, Lep. Ost-Sibiriens, p. 68, pl. 6 f. 8.
Synelera multilinealis, Moore, Ceyl. Lep. p. 5315. CGotes and
Swinhoe, Cat. p. 634, n. 4306: India, Ceylon, China.
Nach @. Semper auf den Philippinen.
(Genus Filodes, (Guenee.
90. Filodes fulvidorsalis, Hübner.
Pinacia fulvidorsalis, Hübner, Zutr. Exot. Schm. 643,644.
Kilodes fulvidorsalis, Guenee, Delt. et. Pyr. p. 317. Lederer,
Wien, Ent. Mon. VII, pl 12 £. 17: Manilla, Java; Snellen,
T. v. E. Bd. 26, p.. 137: Ceylon; Moore, Lep.. Ceyl.
pl. 182 f. 2; Pagenstecher, Nass. Jahrb. f. Naturk. 1888,
Schmetterl. Amboinas, n. 601; Cotes and Swinhoe, Cat.
p. 621, n. 4220: India, Ceylon, Java, Manilla, Reunion.
Euelyphis fulvidorsalis, Walker, Cat. XVII, p. 599;
Moore, Proc. Zool. Soe. 1867, p. 695: Bengalen.
Nach G. Semper auf den Philippinen.
(Genus Meroctena, Lederer.
)1. Meroctena Staintoni, Lederer.
Lederer, Wien. Ent. Mon. VII, p. 392, Taf. 13 f. 4; Snellen,
T. v. E. Bd. 26, p. 138: Celebes; Pagenstecher, Nass. Jahrb.
f. Naturk. 1885 Het. Nias, n. 102; 1886 Het. Aru., n. 100;
1588 Schmetterl. Amboinas, n. 604.
Nach G. Semper auf den Philippinen.
Das vorliegende Stück hat einen breiteren violetten
Aussenrand, als die Exemplare von Amboina.
Genus Pachyarches, Lederer.
92. Pachyarches amphitritalis, Guenee.
Margarodes amphitritalis, Guenee, Delt. et Pyr. p. 307, n. 327:
Silhet, Inde centrale.
Margaronia amphitritalis, Walker, Cat. XVIIL, p. 529.
Pachyarches amphitritalis, Lederer, Wien. Ent. Mon. p. 398:
Östindien, China; Cotes and Swinhoe, Cat. p. 618,
n. 4209; Silhet.
Genus Pygospila, (Guence.
3. Pygospila tyres, Cramer.
Phalaena tyres, Cramer P. E. t. 263 f. C.
Heteroceren der Insel Palawan. 33
Pygospila tyres, Lederer, Wien Ent. Mon. VII, p. 404: Ost-
Indien; Moore, Lep. Cyl. p. 329; Pagenstecher Nass. Jahrb.
f. Nat. 1888, Schmetterl. Amboinas n. 624; Cotes and
Swinhoe, Cat. p. 620 n. 4218: India, Ceylon.
Pypospila tyresalis, Guenee, Delt. et. Pyr. p. 312: Beneala,
Silhet, Pondichery; Walker, Cat. XVIII p. 837.
Pyg. costiflexalis, Guenee, 1. ec. p. 313: Bomberg.
Lomatropa costiflexalis, Lederer, 1. c. p. 404 pl. 14 f. 8:
Ostindien.
Phalaena aestuata, Fabr. Ent. Lyst. p. 638.
Nach Georg Semper auf den Philippinen.
Norasuma Richterin. sp.
Beschrieben von G. Weymer.
Hierzu Datelsi, FIgy ara
& Länge des Körpers 21—23 mm, Länge eines Vorder-
flügels 20—21 mm. Körper bräunlich ockergelb, Halskragen
etwas dunkler. Fühler ebenso, nur '/, der Flügellänge er-
reichend, mit 2 nach unten gegen einander gebogenen Reihen
gelbbrauner Kammzähne, die bis an die Spitze reichen. Vorder-,
Mittel- und Hinterschienen dick hellbräunlich behaart.
Die Vorderflügel ziemlich breit, auf Rippe 7 in eine
stumpfe Spitze ausgezogen, der Vorderrand daneben ziemlich
hoch gewölbt, so dass die Gestalt der Flügel eine sichelförmige
wird. Der Aussenrand ist schwach wellenförmig. Rippe 7
und 10 entspringen aus einem Punkte in kurzer Entfernung
hinter der vordern Ecke der Mittelzelle. Denkt man sich
von diesem Punkte ab die Rippe 7 in 3 gleiche Theile zerlegt,
so entspringt Rippe 9 ungefähr beim Ende des ersten Drittels
und Rippe S beim Ende des zweiten Drittels. Die Grund-
farbe ist ein bräunliches Ockergelb, am Aussenrande und vor
der Spitze reiner und heller ockergelb, mit 3 braunen ge-
bogenen Quer- und einem besonders scharf hervortretenden
dunkelbraunen, fast geraden Längsstreifen. Letzterer beginnt
als feine Linie an der Wurzel des Vorderrandes, geht an
Breite zunehmend durch den obern Theil der Mittelzelle und
dann über Rippe 5 und 6 bis zur vorgezogenen Spitze des
Flügels. Der erste der Querstreifen ist undeutlich und meist
nur in der Innenrandshälfte vor der Mitte des Flügels sichtbar.
Der zweite Querstreif beginnt als ziemlich dicker dreieckiger
Fleck am Vorderrande hinter der Mitte, biegt sich nach aussen,
wird dann von dem Längsstreifen durchschnitten und setzt
sich gerade, doch ziemlich verschwommen, bis zum Innenrande
fort. Der dritte Streifen ist schmal doch deutlich, beginnt
bei ?/, des Vorderrandes, biegt sich zuerst schräg nach aussen
und nach Durchkreuzung des Längsstreifens wieder nach
innen und geht dann senkrecht zum Innenrande herab. Er
ist nach aussen von einer hellern Linie eingefasst. Nahe der
Spitze des Flügels befindet sich am hochgewölbten "Theil des
Vorderrandes ein schmaler, dunkelbrauner Flecken. Unterhalb
der vorgezogenen Spitze ist der Aussenrand bräunlich, der
Saum bis zu Rippe 4 schmal dunkelbraun, die Fransen bis
zum Innenwinkel dunkelbraun, jedoch ist ihre äusserste Spitze
überall weiss. Unterhalb des Längsstreifens zieht sich parallel
mit ihm ein weisserauer Streif durch die Flügel.
Weymer: Norasuma Richteri. 35
Die Hinterflügel haben einen fein gewellten Saum.
Ihre Grundfarbe ist ebenfalls bräunlich ockergelb, mit zwei
braunen Querstreifen und breitem braunen Aussenrande. Der
erste der Querstreifen zieht bogenförmig durch die Mitte, der
zweite schmälere steht dicht neben dem braunen Aussenrande
und bildet vor seiner Mitte einen stumpfen Winkel. Vor dem
Innenwinkel liegen zwei kleine dreieckige, weisse Flecken.
Der Innenrand ist in seiner Mitte schwarzbraun behaart,
welche Behaarung durch eine kurze weisse Querlinie unter-
brochen wird. Die Fransen sind gelbbraun.
Auf der Unterseite sind die Vorderflügel in der hintern
Hälfte hellockergelb, der braune Längsstreif ist viel breiter
wie oben, so dass die vordere Hälfte dieser Flügel fast ganz
braun erscheint. Am Vorderrande liegt ein grosser rothgelber
Flecken, in welchem die zwei dunkelbraunen, aus Halbmonden
gebildeten Querstreifen ihren Anfang nehmen und bis zum
Innenrande hinabziehen, der erste in gerader Richtung, der
zweite nahe am Vorderrande etwas nach aussen gebogen.
Kransen braun. Die röthlichgelbe Grundfarbe der Hinterflügel
ist durch braunen Staub sehr verdunkelt, in der Mittelzelle
stehen zwei schwarze Punkte schräg über einander, hinter
denselben zwei gebogene aus braunen Halbmonden gebildete
(Juerbinden, von denen die innere sich in einiger Entfernung
vom Innenrande zu einem braunen sich wurzelwärts ver-
längernder Fleck ausdehnt. Fransen gelbgrau.
2 Bedeutend grösser, Körper viel kräftiger, Länge des-
selben 31—33 mm, Länge eines Vorderflügels 32—34 mm.
Die Fühler sind jedoch nicht länger als beim Manne, haben
also nur '/, der Vorderllügellänge. Ihre Kämme sind kürzer
als dort. Das dritte Pelpenglied tritt kurz aus der Behaarung
des Kopfes hervor. Die Beine sind verhältnissmässie klein
und die Schienen nicht durch besondere Behaarung ausge-
zeichnet. Ueber die Mitte des Hinterleibes geht in seiner
ganzen Ausdehnung eine scharf vorspringende Kante, welche
Moore bei der Charakterisirung der Gattung Norasuma erwähnt.
Die Farbe des Körpers ist einfarbig hellbräunlich ockergelb.
Die Gestalt der Flügel ist wie beim Manne, nur ist der
Saum der Vorderflügel unterhalb der sichelförmig vorgezogenen
Spitze nicht wellenförmig und der Innenrand der Hinterflügel
mehr gerundet. Rippe S und 9 der Vorderflügel entspringen
wie beim Manne aus 7, jedoch ist ihr Ursprnng etwas mehr
wurzelwärts gerückt, Rippe 9 entspringt bei '/,„, Rippe 8 bei
'. der Länge der Rippe 7. Die Grundfarbe der Vorderflügel
3*
36 Weymer: Norasuma Richteri.
ist heller ockergelb und geht nach aussen in bläulich grau
über. Der auffallende dunkelbraune Längsstreifen des Mannes
ist fast ganz verschwunden. Nur ein bläulichgrauer Schatten
zieht sich von dem Winkel des mittleren Querstreifen bis zur
vorgezogenen Flügelspitze, sich nach hinten und aussen zu
einem Dreieck erweiternd, welches am Saum vor Rippe 2
endigt und hier sowie an seiner vorderen Seite je einen ver-
loschenen röthlichweissen Flecken neben sich hat. Von den
3 Querstreifen sind nur die beiden äusseren ziemlich deutlich
bläulichgrau, beide vor der Spitze nach aussen gebogen, der
erste innere zeigt sich nur vor dem Innenrande und lehnt
sich hier fast an den zweiten Querstreif an. Ein dunkel-
brauner schmaler Fleck liegt wie beim Manne dicht am Vorder-
rande vor der Spitze. Die vor der Spitze braungrauen Fransen
eehen nach hinten in gelbrau über.
Die Hinterflügel sind wurzelwärts hellockergelb, saum-
wärts bläulichgrau. Von den 2 gebogenen Querstreifen des
Männchens ist nur der innere als dunkler Schatten zu er-
kennen. Die Mitte des Innenrandes zeichnet sich wie beim
Manne durch schwarzbraune Behaarung aus, welche wie dort
durch einen weissen Schrägstrich unterbrochen ist.
Die Unterseite ist in der Aussenhälfte der Vorderflügel
wie beim Männchen gefärbt, die Wurzelhälfte dieser Flügel
ist dagegen bis an den ersten @uerstreifen einfärbig hell-
röthlich ockergelb. Die Hinterflügel sind unten weniger mit
braunem Staube bedeckt und in Folge dessen heller. Am
Innenrande liegt ein dunkelbrauner Längsstreifen, der sich
bis zur Wurzel hinzieht und in seiner äusseren Hälfte mit
weissem Staube bestreut ist. Die 2 @uerbinden und die
2 Punkte in der Zelle sind wie beim &.
Von dieser Art sammelte Herr €. Ribbe in Tombugu
auf Ost-Celebes im Jahre 1855 eine grosse Anzahl Exemplare
von beiden Geschlechtern.
Die nächste Verwandte ist Norasuma ‚Javanica Moore
(Proceed. Zool. Soc. Lond. 1872 pag. 576 p. 33, Fig. 6),
welche nur im weiblichen Geschlecht abgebildet und beschrieben
ist. Von derselben unterscheidet sich die gegenwärtige Art
durch bedeutendere Grösse, stumpfere Flügelspitze, mehr gelb-
braune Grundfarbe, durch das braungraue Dreieck am Aussen-
rande, durch geringere Zahl «der schmälern Querbinden und
auf der Unterseite dureh den grossen rothgelben Flecken am
Vorderrande der Vorderflügel.
Einige Beobachtungen über die Lebensweise
von Ormithoptera,
von €. Ribbe in Niederländisch-Indien gemacht.
Es war dicht bei Batavia in dem Campone*) Duri, wo
ich zum ersten Male in Indien eine Ormithoptera fliegen sah
und dieselbe fangen konnte. Schon damals versuchte ich, die
Raupen oder die Puppen dieser Art (Pompeus) zu finden,
leider war mir jedoch die ganze Lebensweise der Thiere und
vor Allem die Futterpflanze unbekannt. Es gelang mir nicht
Pompeus-Raupen oder -Puppen zu finden; mein Aufenthalt in
Batavia war ein so kurzer, dass ich mich nicht genügend mit
der Angelegenheit beschäftigen konnte.
Einige Wochen später, als ich von Mankassar aus die
kleine Insel Kabia (oder Baars-Eiland) besuchte, sollte ich
zum Ziele gelangen. Ich war nach Kabia gegangen, um
Vogeleier und Bälge, nicht aber um Schmetterlinge zu sammeln,
da man mir in Mankassar die Insel als Ödes, baumloses
Guanoeiland geschildert hatte, wo Tausende von Vögeln
nisteten. Als ich in Kabia landete, sah ich zu meinem Er-
staunen, dass die kleine Insel vollkommen mit üppigem Walde
bedeckt war und dass am Strande sich wiesenartige Flächen
vorfanden, auf welchen sich unzählige Schmetterlinge tummelten.
Unter diesen flog auch eine gelbe -Ornithoptera (Haliphron
v. Bauermanni), die vor Allem am Waldrande eine leichte
Beute für mich wurde. Nachdem ich den Schmetterling ge-
fangen, wollte ich natürlich auch Raupe und Puppe kennen
lernen. Kreuz und quer durchsuchte ich die kaum 2 [_]km
grosse Insel, verfolgte sowohl Männer als Weiber von Bauer-
manni in der Hoffnung, dass dieselben die Futterpflanze auf-
suchen würden; ich hatte mich in dieser Annahme nicht
getäuscht, denn bald fand ich inmitten einer wiederum mit
Gebüsch bewachsenen Wiese einen Baum, der von einer
Schlinepflanze vollkommen erstickt war und worauf viele
3—8 cm lange, buntgefärbte Raupen herumkrochen. Sofort
war es mir klar, dass es nur die zu Bauermanui gehörigen
*] Campong —= Dorf.
38 ©. Ribbe:
Raupen sein könnten. Ich begann meine Schachteln zu füllen
und als ich bei dem Ablesen der Raupen zufällig auch unter
den Strauch salı, bemerkte ich, dass beinahe unter jedem
Blatte, an jedem Aste eine Puppe hing.
Nur 3 Tage konnte ich mich auf Kabia aufhalten und
fand in dieser kurzen Zeit gegen 200 Puppen und gegen
400 Raupen von Ornithoptera Bauermanni. Leider war die
Rückreise nach Makassar selır stürmisch, so dass mir viele
Puppen und die meisten Raupen zu Grunde «ingen. In
Makassar angekommen, begab ich mich sofort auf die Suche
nach Futter für die Raupen, fand jedoch dasselbe nicht und
musste zu meinem grössten Aerger zusehen, wie der übrig
gebliebene Rest der Raupen nach und nach verhungerte. Aus
den mitgebrachten Puppen schlüpften bald die Falter aus,
leider mehr Weiber als Männer.
Die Futterpflanze von Bauermanni ist eine der Aristolochia
ähnliche Pflanze, die beinahe ebenso grosse Blätter wie das
bei uns wachsende Gaisblatt hat, der Standplatz der Pflanze,
jene obenerwähnte Wiese. lag gegen 10 Meter über dem
Meeresspiegel, war also ein verhältnissmässig trockener zu
nennen.
Die Raupe ich fand dieselbe in allen Grössen —
hat viel Aehnlichkeit mit den in Europa vorkommenden Thais-
raupen. Auf Tafel I, Fig. 1 ist die Raupe von Ornithopt.
Croesus abgebildet und hat dieselbe grosse Aehnlichkeit mit
der von Bauermanni, nur ist letztere kleiner und nicht so
schwarz, sondern grau gefärbt, die Fleischdornen sind nicht
so schön carmin-, sondern mehr ziegelroth, und der auf dem
mittleren Ringe befindliche weissgelbe Streifen ist dunkler.
Die Puppe ist kleiner wie die auf Tafel I, Fig. 2 und 3
abgebildete, nicht gelb, sondern gelbgrün gefärbt. Die auf
den Leibringen befindlichen dornenartigen Ansätze sind grösser,
vor Allem gilt dieses von den auf dem 2. und 3. Ring
stehenden. Die Puppe ist ebenso wie alle anderen Papilion-
puppen, an dem Blatte, bezw. Aste angeheftet und nicht, wie
früher fälschlicherweise angenommen wurde (vergl. Brehm’s
'Thierleben), verkehrt aufgehängt. Merkwürdig ist, dass, ob-
gleich noch an vielen Stellen auf Kabia die Futterpflanze
wächst, nur an dem einen Orte die Raupen und Puppen zu
finden waren; scheinbar lieben die Raupen die Geselligkeit.
Von Makassar aus begab ich mich später an den
Wasserfall von Maros, wo ich die Ornithoptera Hippolytus und
Haliphron fing; trotz aller Mühe gelang es mir hier nicht,
Ornithoptera. 39
Raupen oder Puppen dieser beiden Arten zu finden. Einige
Monate später, als ich mich in dem Thale von Galumanpakaia,
in Pangie, aufhielt, fand ich einige Raupen und auch Puppen
von Haliphron. Die Futterpflanze rankte an einem felsigen
Abhanee an verwilderten Kaffeebäumen empor, stand also auch
auf trockenem Gelände; scheinbar war es dieselbe, der Aristo-
lochia ähnliche Pflanze wie auf Kabia. Die Raupe und auch
die Puppe von Haliphron ist von Bauermanni kaum zu unter-
scheiden; der einzige mir auffallende Unterschied war die
(Grösse, denn Haliphron - Raupen und -Puppen sind etwas
grösser, wie ja auch der Schmetterling Bauermanni an Grösse
übertrifft.
In Süd- und Ost-Celebes, wo ich längere Zeit sammelte,
sind die Ornithoptera recht seltene Thiere, was mir um so
mehr auffiel, als ich sonst überall fand, dass die Ornithoptera
da, wo sie einmal fliegen, auch sehr häufig auftreten und die
Raupen mehr gesellig beieinander leben. Welche Umstände
hierfür in Betracht Kommen, konnte ich nicht herausfinden,
glaube aber, dass der wenig üppige Stand der Futterpflanze
von grosser Wirkung auf die Seltenheit der 'T'hiere ist.
Nachdem ich beinahe ein Jahr in Celebes gesammelt hatte,
veiste ich nach den wenig bekannten Aru-Inseln, die westlich von
(uinea, nördlich von Australien unter dem 135. Längen- und
6. Breitegrade liegen und faunistisch zu Papua-Australien
gehören. Auf Aru fliegt die zu Priamus gehörige Ornithoptera
var. Aruana. Bald nach meiner Ankunft gelang es mir, die-
selbe bei Dobbo, in dem niederen Walde am Strande, zu
fangen; die Weiber waren häufiger wie die Männer. Da ich
mich in Dobbo für eimen längeren, 6 monatlichen Aufenthalt
eingerichtet hatte, ein bequemes Wohnhaus besass und auch sonst
die Annehmlichkeiten eines geregelten Lebens genoss, konnte
ich auch daran denken, die weitgehendsten Zuchtversuche zu
machen. Die Futterpflanze der Ornithoptera fand ich bald
ganz in der Nähe meines Hauses, und zwar im trockenen,
sandigen Gelände. Ich setzte an der Sonnenseite meines
Hauses verschiedene Ranken ein, die gut fortkamen. Grosse
Zuchtkästen wurden aus alten Kisten und Tüll zusammen-
gebaut, und so konnte, nachdem ich mich derart vorbereitet
hatte, die Suche nach Raupen und Puppen beginnen. Es
dauerte nicht lange, so fand ich beide, zwar nicht in grosser,
jedoch in genügender Anzahl, so dass ich zufrieden gestellt war.
Da ich in der ersten Zeit auf Arı beinahe jeden Tag
Regen hatte, der Schmetterlingfang also beinahe ganz ruhen
40 ©. Ribbe:
musste, konnte ich viel Zeit auf das Suchen nach Ornithoptera-
Raupen und -Puppen verwenden. Ich beobachtete die Weiber,
merkte mir die Stellen, wo sie vermuthlich Eier abgelegt
hatten, suchte nach letzteren und, nachdem ich sie gefunden,
machte ich mir das Blatt oder den Ast durch Zeichen erkenn-
bar. Waren die Raupen aus den Eiern ausgeschlüpft, so
holte ich mir dieselben und setzte sie in meinen Zuchtkasten.
Abgeflogene und schlechte Weiber nahm ich lebend mit nach
Hause, setzte sie in einen grossen Behälter und liess Eier
ablegen, was die meisten Weiber, wenn auch in beschränktem
Maasse, thaten. Mehrere Male sperrte ich Männer und Weiber
zusammen in einen Behälter, der mit Pflanzen und Zweigen
ausgestattet war und hatte die Freude, zu sehen, dass die
Thiere in Copulation gingen. Leider brachten die so erzielten
wenigen Kier keine Raupen; allem Anschein war also die
Copulation keine vollständige gewesen.
Als ich später nach Gross-Aru, nach Ureiuning am
Salzwasserfluss Naforwatta, kam und den für mich sammelnden
Eingeborenen den Auftrag gab, auch Puppen und Raupen von
Aruana zu suchen, erhielt ich von beiden eine grosse Anzahl.
(Gleich hinter Ureiuning an einem steilen Abhange stand die
Futterpflanze in Massen, und hier fand ich selbst ziemlich viele
Puppen. Raupen nahm ich gar nicht mit, da die Zucht auf der
kleinen, immer hin- und herschwankenden Prau®), auf welcher
ich sechs Monate lang kreuz und quer durch den Aru-Archipel
fuhr, viel zu mühsam und undankbar war; denn wenn die aus-
gewachsenen Raupen sich zum Verpuppen im Kasten auf-
sehangen hatten und im Uebergangsstadium begriffen waren,
so bewirkte die geringste Bewegung, dass sie herunterfielen
und sich hierbei zerschlugen.
Auch bei der Zucht erlangte man, wie beim Fange,
mehr Weiber als Männer, die weiblichen Puppen sind leicht
erkennbar, denn sie sind grösser und kräftiger als die männ-
lichen gebaut. Auf 2 Männer kann man immer 3 Weiber
rechnen.
Die Futterpflanze von Arnana ist der von Bauermanni
sehr ähnlich, sie ist bestimmt zu derselben Gattung gehörig,
doch sind die Blätter der ersteren etwas grösser, als die der
letzteren. Die Blüthe ist röthlich und die Frucht grösser als
eine Wallnuss. Getrocknete Blätter, Blüthen und Früchte
brachte ich mit, doch konnte mir, da die Gegenstände sehr
*] Prau oder Prauw —= kleines Seeschiff.
Ornithoptera. 41
oelitten hatten, die Art nicht bestimmt werden. Auffallend
ist bei Aruana, dass man die Raupen und Puppen nur am
Strande oder in der Nähe der Wasserläufe, wennschon auf
trockenem Gelände, findet. Auf meinen Ausflügen, die ich auf
Gross-Arıu unternahm und die mich stundenweit in das Land
hineinführten, traf ich wohl hin und wieder einen Schmetter-
ling, aber niemals Raupen oder Puppen von Aruana an.
Die Raupe von Aruana hat grosse Aehnlichkeit mit der
von Uroesus; sie ist dunkler gefärbt, mehr sammetartig schwarz,
die Fleischdornen sind mehr carminroth. Sie hat meistens
nur auf dem einen Mittelringe einen weisslichgelben Streifen.
Die Puppe ist von der Croesuspuppe kaum zu unter-
scheiden. Bei Aruana tritt die eoldgelbe Färbung mehr in
den Hintergrund, die ganze Puppe ist graugelb.
Von den Aru-Inseln ging ich nach den Key-Inseln, wo
Ornithoptera Poseidon fliegt. Trotzdem ich viel nach der Futter-
pflanze suchte, um Raupen und Puppen zu erlangen, fand
ich dieselben nicht, weder auf Klein-Key noch Gross-Key.
Schmetterlinge fing ich einige, und zwar beide Geschlechter.
Die Männer sind von Aruana nicht zu unterscheiden,
nur die Weiber zeichnen sich durch eine sehr helle Färbung
ans und sind mit Aruana-Weibern gar nicht zu verwechseln.
Die Insel Gross-Ceram war der nächste Ort, wo ich mich
längere Zeit aufhielt und auch Ornithoptera fing. Priamus,
Hippolytus und Helena sind die 3 Arten, die auf Ceram
fliegen.
Nur von Helena gelang es mir, dicht am Strande Raupen
und auch Puppen zu finden. -Die Futterpflanze war natürlich
wieder eine der Aristolochia ähnliche Schlingpflanze, jedoch
eine kleinblättrige, annähernd der auf Kabia gefundenen.
Die Raupe war der Bauermanni-Raupe ganz ähnlich,
natürlich im ausgewachsenen Zustande bedeutend grösser, auch
etwas dunkler, jedoch nicht ganz so dunkel wie die Croesus-
Raupe.
Die Puppe ist gelberün gefärbt, hat die bei Bauermanni
erwähnten Ansätze und steht, was Färbung und Gestalt an-
belangt, zwischen Uroesus und Bauermanni. Von Ceram reiste
ich nach Banda und Amboina. An letzerem Orte traf ich den
damals für Dr. Staudinger sammelnden Capitän Holz, wir
unternahmen mehrere Ausflüge, um nach Ornithoptera-Raupen
und Puppen zu suchen. Die Futterpflanze hatte ich bald
gefunden, auch leere Puppen; lebende Puppen und Raupen
fanden wir jedoch erst nach längerem Suchen, und auch nur
42 ©. Ribbe:
sehr einzeln. Sie ergaben sämmtlich Priamus. Später hat,
wie ich hörte, Cap. Holz auch die Raupen und Puppen von
Hippolytus gefunden, leider gelang es mir nicht, von diesen
Thieren Abbildungen zu erhalten.
Sowohl Puppe, als auch Raupe von Priamus haben grosse
Aehnlichkeit mit denen von Uroesus, die Puppe ist nicht so
goldgelb wie bei Uroesus, die Raupe dunkler gefärbt. Die
Futterpflanze stand an einem dicht bewachsenen Abhange,
also auf trockenem Gelände.
Batjan war der letzte Ort, wo ich mich auf meiner
indischen Reise mit Sammeln von Schmetterlingen beschäftigen
konnte. Ornithoptera Uroesus und Criton kommen auf Batjan
vor, von beiden Arten erhielt ich Raupen und Puppen. Auf
Taf. I, Fig. 1—3, sind die Raupen und die Puppen von Üroesus
abgebildet. Bemerken will ich, dass die Zeichnung eine nicht
ganz ausgewachsene Raupe darstellt.
Als ich einige Tage in Batjan war, täglich nach Uroesus-
Raupen und -Puppen und vor allem nach der Futterpflanze
vergeblich gesucht hatte, wurden mir von den Eingeborenen
mehrere Puppen gebracht. Durch mehrfaches Fragen erfuhr
ich, dass die Futterpflanze in den bei Labuan befindlichen
Sagosümpfen zu finden sei. Am nächsten Tage begab ich
mich mit meinem Diener nach dem betreffenden Sumpf und
[and auch bald am Rande einige Pflanzen stehen. Um jedoch
Raupen und Puppen zu erlangen, mussten wir in den Sumpf
selbst hineingehen. Bis zu den Schultern reichte uns oft das
braunschwarze, schlammige Wasser; der Fuss musste bei jedem
Schritt erst nach einem Ruhepunkt suchen; häufig elitt man
aus, verschwand ganz und gar in dem Schmutz und kam als
Mohr wieder zum Vorschein. Ueberall war der Wege mit den
stachlichen Blattrippen der Sagopalmen versperrt, überall stach,
stiess und quetschte man sich, und dabei musste man doch
noch seine ganze Aufmerksamkeit auf das Suchen nach Puppen
und Raupen verwenden. Ich habe niemals auf meinen Reisen
unter so ungünstigen Verhältnissen Raupen gesucht, wie gerade
auf Batjan. Der Erfole war auch nicht sehr gross zu nennen;
denn nachdem man mit Aufbieten aller Kräfte den ganzen
Vormittag in dem Sumpf herumgewatet war, bestand das
Resultat in 2 oder 3 Raupen und ebensoviel Puppen. Ich
versuchte an anderen Stellen die 'T'hiere zu finden, doch gelang
es mir nicht; ja die Eingeborenen versicherten mir ausdrück-
lich, dass Uroesus nur in diesem Sumpfe auf Batjan zu finden
sei. Um nur einigermassen eine genügende Zahl von Uroesus
Ormithoptera. 45
zu erlangen, nahm ich mir Eingeborene an, die täglich von
früh bis spät den Sumpf absuchen mussten, und auf diese Art
erhielt ich eine beträchtliche Anzahl von Raupen, Puppen und
Schmetterlingen, Die Falter kamen leicht aus, und merk-
würdiger Weise schlüpften ebensoviel Männer wie Weiber.
Bei dem Suchen nach Raupen und Puppen fiel mir die Selten-
heit und die Kleinheit der Futterpflanze auf, es wird dies
auch die Ursache zu dem spärlichen Vorkommen der Thiere sein.
Ausser Oroesus kommt noch Ornithoptera Criton auf
Batjan vor. Die Futterpflanze dieser Art kenne ich nicht;
ich selbst fand weder Raupen noch Puppen, sondern erhielt
solche von meinen Sammlern. Am Strande scheint Criton
selten zu sein, denn wie mir die Leute erzählten, holten sie
Raupen und Puppen aus dem Gebirge.
Die Criton-Raupe ist ganz ähnlich der von Bauermanni
gezeichnet, nur etwas lebhafter in den Farben. Die Puppe
ist zwar ähnlich der von Crvesus gebaut, ist jedoch von grün-
licher Färbung, beinahe so wie die grossen indischen Papilio-
puppen gefärbt.
Ich züchtete viele Oriton während meines Aufenthaltes
in Batjan und fand, dass gerade diese Art sehr zum Ver-
krüppeln neigte; denn kaum drei Viertel waren normal
gebildet.
Nachdem ich nun die einzelnen von mir in Indien ge-
fundenen Ornithopteren erwähnt habe, lasse ich noch einige
kurze, allgemeine Bemerkungen folgen. Alle Ornithopteren,
die ich fing und beobachten konnte, hatten einen schweren,
langsamen Flug, der mehr schwehend und wieeend ist, wie
bei anderen Papilioarten. Durch irgend einen Umstand auf-
gescheucht, schiessen sie pfeilschnell in die Höhe und be-
ruhigen sich sehr schwer. Nicht die Flussthäler, nicht die
offenen Stellen sind ihre Lieblingstummelplätze, sondern der
dichte Wald, dort wird man sie, die Baumkronen umfliegend,
häufig antreffen, die Strandwälder werden bevorzugt, da ja
dort die Futterpflanze am häufigsten zu finden ist.
Während des ganzen Jahres wird man Raupen, Puppen
und Schmetterlinge finden, jedoch scheint die Regenperiode
die Hauptzeit der intwickelung zu sein, denn dann findet
man die meisten Raupen und Puppen. Ich machte sowohl in
Kabia und Aru, als auch in Batjan diese Erfahrung. In der
trocknen Zeit giebt es wohl Schmetterlinge, die Raupen und
Puppen gehören jedoch zu den Seltenheiten. Die Verwandlungs-
zeit ist eine kurze; scheint sich jedoch je nach der Jahreszeit
44 C. Ribbe: Ormnithoptera.
zu verlängern oder zu verkürzen; leider habe ich während
meines Aufenthaltes in Indien hierüber keine Notizen gemacht.
Ich habe bei den verschiedenen Ornithopteren-Ärten
immer auf die Beschaffenheit des Bodens aufmerksam gemacht,
der die Futterpflanze trägt. Ich halte es bei der Priamus-
Gruppe für sehr wichtig, auf welchem Boden die Schling-
pflanze in den verschiedenen Ge&enden steht; denn ich glaube,
dass dadurch die Farbenabweichungen sowohl bei den Männern,
als auch bei den Weibern hervorgerufen werden. Am auf-
fallensten ist es bei Priamus und Uroesus; die Futterpflanze von
ersterer Art, welch’ letztere grün gefärbt ist, steht in trockenem
Boden, die von der rothgoldene OÖ. Croesus steht dagegen im nassen,
sumpfigen Gelände. Noch auffallender ist, dass der grüne
Priamus von der Seite golden, der goldene Croesus von der
Seite grün schimmert. Welche Umstände bei diesen merk-
würdigen Erscheinungen in Betracht zu ziehen sind, wird wohl
Niemand angeben können, da man bis jetzt noch keine Ver-
suche mit Kreuzungen der beiden Arten, oder Ueberführung
der feucht Lebenden auf trockene stehende Pflanzen und um-
oekehrt gemacht hat. Es sollte mich gar nicht wundern,
wenn aus nach Amboina überführten Stücken von Uroesus
nach und nach bei trocken stehender Futterpflanze Priamus
und nmeekehrt in Batjan aus Priamus durch Zucht auf nass-
stehender Pflanze Crvesus erzielt würden.
Abweichungen und Zwitter
aus der
Sammlung des Herrn Gustav Bornemann
in Magdeburg.
Beschrieben von H. Ribbe.
(Fortsetzung. )
Colias Hyale L. <& Aberratio Taf. II, Fig. 1.
Die Oberseite der Vorderflügel von der Makel bis zur
äusseren Punktbinde schwarz nach unten lichter werdend.
Die Oberseite der Hinterflügel normal.
Die Unterseite der Vorderflügel hat von der Makel zur
äusseren Binde zwei schwärzliche Streifen. Die Unterseite
der Hinterflügel weicht dadurch ab, dass die Makel von einem
bräunlichen Streif umgeben ist, welcher sich theilend bis zur
äusseren Punktbinde verläuft.
Lycaena Hylas Esp. Hermaphroditus Taf. II, Fig 2.
Oberseite links männlich, rechts weiblich nur ein Dritt-
theil des Vorderflügels wie des Hinterflügels männlich und
zwar bei beiden Flügeln der obere Theil. Unterseite, Fühler
und Körper männlich.
Vanessa Atalanta L. 2 Aberratio Taf, II, Fie. >.
Die weissen Flecke auf der Oberseite der Vorderflügel
sind verwischt und theilweise schwarz bestäubt; in der rothen
Binde, welche gerader ist als bei gewöhnlichen Exemplaren,
befindet sich dicht am Aussenrande ein kleiner weisser Punkt.
Hinterflügel gewöhnlich, nur fehlen in der rothen Binde die
schwarzen Punkte.
Die Unterseite sämmtlicher Flügel ist verwischt.
Melitaea Aurinia Rott. 7 Aberratio Taf. II, Fig. 4.
Oberseite der Vorderflügel schwarzbraun, an der Spitze
heller, die Makel rothbraun, zwischen dieser und der Flügel-
wurzel eine rothbraune Binde und nahe am Aussenrande eine
46 H. Ribbe: Abweichungen und Zwitter ete.
rothbraune matte Punktbinde. Der Aussenrand der Hinter-
flügel ist fast schwarz ebenso die Mittelbinde.
Unterseite der Vorderflügel schmutzig gelbbraun. Unter-
seite der Hinterflügel rothbraun, nahe der Flügelwurzeln mit
4 grösseren zusammenhängenden schwarzen Flecken, dureh
die Mitte der Flügel eine schwarze nach unten gelblichweiss
bestäubte Binde, die schwarze Aussenrandbinde ist nach aussen
heller.
Melitaea Aurinia Rott. 2 Aberratio Taf. II, Fig. 5.
Die Oberseite der Vorderflügel ist fast wie bei Fig. 4,
nur ist die äussere Punktbinde heller und mehr hervortretend.
Die Oberseite der Hinterflügel und die Unterseite der
sämmtlichen Flügel sind nicht abweichend.
Vanessa Urticae L. 3 Aberratio Taf. Il, Fig. 6.
Die schwarzen Flecke auf der Oberseite der Vorder-
flügel sind zusammengeflossen und bilden am oberen Rande
einen erossen schwarzen von unten durch Rothbraun wenig
bedeckten, länglichen Fleck. In der Mitte des Flügels nalıe
am Innenrande befindet sich ein schwarzer Fleck. Die blauen
Flecke am Aussenrande fehlen, die schwarze Aussenrandbinde
geht in den hellbraunen Aussenrand verlöschend über. Die
Oberseite der Hinterflügel ist schwarzbraun und fast ohne
Zeichnung. Die Zeichnung auf der Unterseite sämmtlicher
Flügel ist verloschen, die Färbung heller als auf der Oberseite.
Argynnis Selene Schiff. 3 Aberratio Taf. Il, Fig. 7.
Grosses Exemplar kräftie gefärbt. Oberseite sämmtlicher
Flügel schön schwarz mit wenigen rothbraunen hellen Flecken.
Die Unterseite kräftiger und schwärzer gefärbt als bei ge-
wöhnlichen Exemplaren.
Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna etc. 47
Die Macrolepidopterenfauna der römischen Gampagna und
der angrenzenden Provinzen Mittel-Italiens,
Von H. Calberla.
(Fortsetzung).
Ausser den in der Einleitung dieser Schrift erwähnten
Arbeiten benutzte ich bei den Spannern noch folgendes:
1. Lepidopterologische Beobachtungen in Italien (1847
— 1853), besonders in Toscana, von Herrn Otto Speyer.
Herr Hofrath Dr. Speyer in Rhoden hatte die Güte,
mir diese interessanten, noch nicht veröffentlichten
Beiträge seines Bruders zu überlassen und danke ich
den beiden Herren auf das herzlichste dafür; sie
bieten manches Neue und vervollständigen die bis-
herigen Beobachtungen. Ich habe sie unter (Sp.)
angeführt; Arten aus Florenz wurden meistens im
(Garten des Palazzo Pandolfini gesammelt; Graenone,
welches oft erwähnt wird, ist eine Ortschaft in der
Nähe von Arezzo, wo Herr Otto Speyer den Herbst
zu verleben pflegte.
2, Das Universitätsmuseum zu Neapel, dessen lepidop-
terologische Sammlung mir der Director desselben,
Herr Prof. A. Costa während mehrerer Wochen gütigst
zu besichtigen eestattete, um mir diejenigen Arten
anzumerken, welche aus dem von mir bearbeiteten
Gebiete darin vorhanden sind; sie sind unter (Mus.
Nap.) angeführt.
3. Die Sammlung des Herrn Dr. ©. Staudinger in
Blasewitz. Wie schon in der Einleitung bemerkt
wurde, unterstützte mich Herr Dr. Staudinger auf
das liebenswürdigste mit Literatur und gestattete
mir seine Sammlung durchzusehen, um mir darin aus
Mittelitalien stammende Arten zu notiren; ich gebe
sie unter (Stgr.) an.
4. ©. G. Costa, Fauna del Regno di Napoli, Geometre
Text S. :1—104, Taf. 1—13. (Napoli 1832—1851
unvollständig). Ich entnehme ihr diejenigen Arten,
48
Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete.
6.
welche aus den Abruzzen, hauptsächlich vom Gran Sasso
d’Italia (2919 m.) und der von diesem südlich gelegenen
Majella (2795 m.), angegeben sind.
Verzeichniss der von Herrn Jos. Mann beobachteten tos-
canischen Microlepidoptera von P. 6. Zeller (Stettiner
entom. Zeit. 1849, S. 200—220).
Um die darin angegebenen Flugplätze und andere
Bemerkungen nicht zu wiederholen, habe ich meistens
nur die den ersteren am nächsten liegende grössere und
bekanntere Stadt, sowie die Flugzeit und Häufigkeit der
Falter angeführt; Ardenza, Antienano, Posignano, Monte-
nero, Riparbella, Orciano ete. sind Ortschaften südlich von
Livorno; Pratoveechio und Poppi liegen am Arno ober-
halb von Arezzo, welcher Theil das Cassentino genannt
wird, Pratolino liegt nördlich von Florenz an der Strasse
nach Bologna.
P. Rossi, Fauna Etrusca, Liburni 1790; sie lässt viele
Arten unklar und giebt selten Flugplätze an.
Geometrae.
(Gen. Pseudoterpna H.-N.
Pruinata Hufn. Diese Art fing ich mehrmals im Ap. tose.
bei Boscolungo und bei Vallombrosa im Juli, sie war
nirgends häufig. Unter meinen Exemplaren befinden sich
Uebergänge zur ab. Agrestaria Dup.; diese sind zwar
nicht kleiner als die Grundform, aber die grüne Färbung
ist bleicher und die Querlinien sind kaum angedeutet. —
Cytisaria, im Mai um Livorno und Pisa, Anf. Juni bei Florenz, sehr
gemein (M.). — 8., M.-1. 2 (C.).
Coronillaria Hb. Herr Dr. Standfuss und ich klopften nur
wenige sehr hellgrau gefärbte Exemplare aus einem Laub-
eehölz Anf. Juli in den Abruzzen, 900 m hoch. Sie be-
sitzen auf den V.-Fl. sehr feine schwarze Querlinien und
einen sehr- kleinen und undenutlichen dunklen Strich auf
der Querrippe.
(Gen. Geometra D.
Papilionaria L. Toscana ? (C.).
Vernaria Hb. In der Campagna bei Monterotondo in Hecken,
Ende Mai, Anf. Juni, nicht häufig. Bei dem einzigen &,
welches ich vergleichen kann, bemerke ich, dass es viel
gestrecktere H.-Fl. und eime schärfere Ecke in der Mitte
Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna etc. 49
der Mittellinie und im Saume derselben hat als cis-
alpinische &. Dieselbe Beobachtung machte Zeller an
einem d&, welches Mann am 10. Juni bei Pratoveechio
eefangen hatte, als er es mit österreichischen 2 verglich,
& hatte er nicht zum Vergleich. Ob auch die italienischen
? von solchen diesseits der Alpen in ähnlicher Weise
abweichen, konnte ich nicht feststellen, da ich bis jetzt
nie 2 fing; ebenso ist es mir nicht möglich zu sagen, ob
mein Stück wie Zeller’s toscanisches, ein schöneres, weniger
mit Blau gemischtes Grün als österreichische 2 hatte, da
es bereits sehr gebleicht ist. — Gran Sasso (Mus. Nap.). —
F., S., in 2 oder 3 Generationen, M.-L. 3 (C.).
(sen. Phorodesma B.
Pustulata Hufn. Toscana ? (C.).
Smaragdaria F. Ende Aug., Anf. Sept. an Stellen in der
Campagna, wo das Gras nicht abgeweidet ist, nicht häufig;
auch fing ich sie an der Lampe in M.-R. Es sind 25 mm
erosse Exemplare, auf den V.-Fl. mit deutlichen, weissen
(Juerlinien und Mittelpunkten. Ein 2 bildet den Ueber-
gang zu var. Prasinaria Ev.; hier sind die beiden weissen
(Juerlinien der V.-Fl. sehr breit und die H.-Fl. sind auf
der Vorderrandshälfte weiss. Es gleicht Milliere’s Ab-
bildung le. 96. 1. Volgaria Gm. & in der Grösse, Färbung
und Zeichnung, nur ist der weisse Mittelpunkt auf den
V,-Fl. verwaschener, die H.-Fl. sind am Innenrande breiter
erün gefärbt und die äussere Querlinie auf den V.-Fl.
ist genau so gezogen wie bei Milliere’s Abbildung
Te. 152. 19. Volearia Gn. 9, mit welchem letzteren es im
Uebrigen nicht stimmt. Ob diese Art auch im Juni, Juli
wie Smaragdaria F., oder im Mai wie Prasinaria Ev.
fliegt, habe ich bis jetzt nicht feststellen können. —
S., M.-I. 4 (C.).
(sen. Euerostis Hb.
Herbaria Hb. Von dieser Art erhielt ich 2 2 aus Sasso-
ferrato, welche Graf 'Turati in den „Note lepid. sulla
Fauna ital.“ bereits als var. Advolata Ev. erwähnt; ihre
Flugzeit ist dort im Aug. oder Sept. Das eine Stück
gehört unzweifelhaft zur Grundform, denn «die beiden
weisslichen Querlinien auf den V.-Fl. sind fein und un-
deutlich. Das andere Exemplar ähnelt aber var. Advo-
lata Ev., da es zwei sehr breite, parallellaufende weisse
4
50 Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete.
(Juerlinien auf den V.-Fl. besitzt, die sehr schräg gestellt
sind, so dass die äussere an ihrem unteren Ende fast den
Innenwinkel des Flügels berührt; die innere bildet vor
dem Vorderrande eine Biegung nach einwärts. Auf den
H.-Fl. ist bei diesem Stück die weisse Querlinie deutlicher
als bei dem anderen, und sie erscheint mir weiter nach
dem Aussenrande gerückt, als dieses gewöhnlich bei
Herbaria Hb. der Fall ist. — In der Umgegend von
Livorno fand Mann Ende Mai auf Hutweiden und an
Kornfeldern, wie es scheint, ebenfalls letztere Form, denn
dafür halte ich seine Graminaria Koll. in lit., da er von
weissen Binden auf den V.-Fl. spricht und schmale Binden »
könnte man die beiden Querlinien bei meinem Stück auch
nennen. Zeller hält sie für Herbaria Hb., obgleich Mann
sie von dieser ausdrücklich unterscheidet (Stett. ent. Z.
1549 S. 204). Die Färbung des Vorderrandes der V.-Fl.
kann ich bei meinen beiden Stücken nicht beschreiben,
da dieselben verblichen sind, der Fühlerschaft ist aber
bei ihnen röthlich wie bei Zeller’s und Mann’s Herbaria
Hb. und nicht blassgelb wie bei Mann’s Graminaria Koll.
in lit. — Die Grundform im Mai, Juni, Toscana 4 (C.).
Olympiaria H.-S. var. Beryllaria Mn. Bei M.-R. und Tivoli
fing ich sie recht häufig an der Lampe, zweite Hälfte
Mai, Juni, dann wieder Ende Aug., Sept.
Es sind dunkel bläulicherün gefärbte Exemplare mit
sehr undeutlichem weissen äusseren Querstreif auf den
V.-Fl. Von dem inneren und dem Mittelstreifen auf den
H.-Fl. sind nur Spuren vorhanden oder sie fehlen. Aus
Sassoferrato erhielt sie Dr. Struve nicht, wie Graf Turati
es erwähnt.
(en. Nemoria Hb.
? Viridata L. Anf. u. Ende $., M.-I. 3 (C.). — Mir ist das Vor-
kommen dieser Art im eigentlichen Mittelitalien sehr
fraglich. Mann’s Cloraria (Stett. ent. Z. 1849 S. 205)
ist jedenfalls Pulmentaria Gn., denn Zeller sagt, dass er
das ihm von Mann als Cloraria gesendete 2 aus Toscana
nicht von dessen Viridata, die er Etruscaria nennt, unter-
scheiden kann, und Etruscaria Z. ist eine Aberration von
Pulmentaria Gn. Ferner ist die Angabe Rossi’s, dass
Viridata L. in Toscana vorkomme, sehr unsicher, denn
er konnte unter diesem Namen eine andere Nemoria vor
sich haben, da zu seiner Zeit die Unterschiede von Viri-
Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete. 51
data L., Porrinata Z. und Pulmentaria Gn. noch nicht
festgestellt waren.
Porrinata 7. Ich fing nur ein einziges 2 im Juni bei M.-R.,
welches durch seinen schwarz gesprenkelten Vorderrand
der V,-Fl. nieht mit der vorigen Art verwechselt werden
kann. Herr Dr. Staudinger fing sie in mehreren Exem-
plaren Mitte Juni in Vallombrosa.
Pulmentaria Gn. Ich klopfte sie häufige im Mai, Juni und
dann Ende Aug., Anf. Sept. aus Hecken in der Campagna
bei M.-R.; aus Sassoferrato erhielt sie Struve ebenfalls
nicht, wie Graf Turati glaubt. Meine Stücken besitzen
die hellen Querstrichelehen auf der Oberseite der Flügel
wie die Grundform, stimmen auch in allem Uebrigen mit
dieser überein, nur der Vorderrand der V.-Fl. ist wie bei
ab. Etruscaria Z. grün, der Grundfarbe der Flügel gleich
gefärbt und höchstens bei den 2 in ganz feiner Linie
gelblich, nie aber breit fahlgelb wie bei der Grundform ;
die übrigen von Zeller bemerkten Eigenschaften der
Etrusearia sehe ich nicht. — Cloraria, Ende April um Livorno
(M.). — Tose.?, wahrscheinlich in ganz Italien (C.).
Ab. Etrusearia 7. Im Mai bei Livorno und Pisa nicht selten (M.).
— Toscana (C.).
Strigata Muell. Livorno (M.).
Gen. Thalera Hb.
Fimbrialis Sc. In der GCampagna bei M.-R. im Mai und dann
im Aug., nicht häufig; ein abgeflogenes Stück Ende Juli
auf dem Gran Sasso, 1700 m hoch. — 8. M.-I. 3 (C.). —
Thymiaria L., Monte S. Giuliano bei Pisa (Rossi).
Gen. Jodis Hb.
Putata L. (Putataria L.). Toscana (Rossi.)?
Laectearia L. (Aeruginaria Tr.). Auf hohen Bergen in den Abruzzen
im Mai, Juni, nicht selten (Costa). — Anf. Mai in den Sümpfen bei
Pisa nicht selten (M.). — F., S., M.-L 3 (C.).
(sen. Acidalia Tr.
Pygmaearia Hb. Von Ende April bis Ende Mai in der
Uampaena stellenweise recht häufig auf trocknen grasigen
Stellen und in Farnkraut. Die & fliegen, am Tage auf-
gescheucht, wild in die Höhe, die 2 hingegen halten sich
im Grase versteckt. Zeller fand sie auch häufig Ende
Aug. und Anf. Sept. bei Rom und bei Narmi; mir sind
4*
52 Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna etc.
sie zu dieser Zeit sehr selten vorgekommen. — Abruzzen
(Mus. Nap.). — Vallombrosa (Stgr.). — Von Mitte April bis Ende
Mai bei Pisa, um Livorno, Riparbella, Lucca, im Juni bei Florenz
und Pratoveechio (M.). — Apr., Mai, M.-I. 2 (C.).
VYittaria Hb. Win Exemplar bei Riparbella am 13. Mai (M.).
Filacearia H.-S. In den Abruzzen zwischen Aquila und dem
(‚ran Sasso nicht selten im Juli, bei etwa 1000 m Höhe,
och meist nur einzeln fliegend. Die 2 dieser Art sind
viel heller gelb gefärbt als die &, ein Unterschied, der
bei den verwandten Arten Trilineata Sc. Luteolaria
Const. und Flaveolaria Hb. nicht so auffällig ist.
Trilineata Sc. Ein Exemplar am 8. Juli in einem Thale am West-
abhange des Gran Sasso (Struve)? — Mitte Juli in den Abruzzen,
3000° hoch, häufig (Stdf.)? — Aureolaria, überall bei Pisa und
Livorno auf Hutweiden im April nicht selten, um Florenz und in
den Apenninen im Juni (M.). — 8. M.-I. 2 (C.).
Flaveolaria Hb. S., M.-1. 3 (C.).
Peroehraria F. Im Mai bei M.-R., häufig (Stdf.)? — Im April, Mai
in den Sümpfen bei Pisa, im Mai um Livorno sehr gemein, im Juni
bei Pratoveechio und in den Apenninen, Anf. Juli auf Monte Falterono
(M.). — April., Mai, M.-l. 3 (C.).
Ochrata Sc. Im Mai und Juni in der Campagna auf Wiesen,
in manchen Jahren häufig; im ‚Juli bei Sassoferrato, Bos-
colungo im Ap. tosc. Es sind durchgehend grosse, bleich-
ockergelb gefärbte Exemplare. — Ochrearia, Umgegend von
Livorno, Ende Juni bei Pratolino einzeln (M.). — 8., häufig in ganz
Italien (C.). — Florenz, 9. Juli 1 Exemplar (Sp.).
Rufaria Hb. Häufig im Juli in den Abruzzen und im Ap.
tosc. bei Boscolungo; sie ist wie Vorige ebenfalls sehr
hell gefärbt. — Mitte Juni bei Florenz und Livorno (M.). —
3.0.13 (0),
Consangninaria Ld. Ich fing nur wenige Stücke bei M.-R.,
Ende Mai und im ‚Juni, nicht aber in den Abruzzen, wie
es Graf Turati angiebt. — Ende Juni 2 3 bei Antignano (M.).
Litigiosaria B. Juni, M.-I. 3 (C.).
Sericeata Hb. In manchen Jahren recht häufig. Anf. und
Mitte Juli an trocknen Abhängen bei Aquila, 900 m hoch. —
Juni, M.-l. 3 (C.).
Moniliata F. Im Mai bei Livorno, selten (M.). — 8. M.-I. 4 (C.).
Muricata Hufn. (Auroraria), Ende Mai bei Pisa (M.). — S., M.-1.5 (C.).
Dimidiata Hufn. Im Mai, Juni und dann wieder Ende Aug.,
Anf. Sept. in der Campagna bei M.-R. häufig, in Hecken.
Die Herbstgeneration besitzt eine mehr in’s graue ziehende
Färbung und ist kleiner als die Sommergeneration. ——
Scutulata, Mai, Juni um Livorno nicht selten (M.). — 8., M.-I. 4 (C.),
Contiguaria Hb. 8, M.-L. 3 \C..
Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete. 53
Sodaliaria H.-S. Um Livorno (M.\.
Virgularia Hb. (Incanata), um Livorno, Florenz, Pratoveechio im Mai,
Juni, nicht selten (M.). — F., S, M.-L. 1 (C.).
Var. Ganteneraria B. Diese Form kommt in der Uampagna
ausschliesslich vor. Ich fine sie im Mai, ‚Juni und dann
wieder von Ende Aug. bis Ende Oct. sehr häufig bei
M.-R., Tivoli, Rom; sie varlirt in Grösse, Bestäubung der
Flügel und Deutlichkeit der Zeichnung sehr beträchtlich.
Calcearia Koll. in lit., um Livorno von Mitte April bis Ende Mai
(M.). — In ganz Italien. (C.). — Florenz, häufig (Sp.).
Pallidata Bkh. S., M.-1. 2 (C.).
Subsericeata Hw. Im Mai und dann Ende Aug., Sept. sehr
bänfie in der Campagna aus Hecken geklopft; in M.-R.
fing ich sie oft des Nachts, wo sie um blühenden Buxus
schwärmte, und zwar die grössere Form Asbestaria Z.
in einem, die kleinere Form Pinguedinata Z. im anderen
Jahre an derselben Stelle. Die von Zeller (Stett. ent.
7. 1549 8. 216) angegebenen Unterschiede zeigen sich
bald bei der kleinen, bald bei der grossen Form, so dass
ich sie nicht trennen kann. — Pinguedinata, bei Cisterna Ende
Aug. (Z.). — Asbestaria, um Livorno im Mai selten (M.). — >.,
M.-I. 3 (C.).
Laevigaria Hb. In M.-R. nur 1 2 im Juli, ein zweites am
br Sept. — Iinde Mai bei M.-R., Mitte Juli in den Abruzzen,
3000° hoch (Stdf.). — Laevigata, bei Livorno Ende Mai, selten (M.).
Extarsaria H.-S. Herr Dr. Standfuss und ich klopften einige
Exemplare Ende ‚Juni aus Buxushecken in der Villa
d’Este in Tivoli; Ersterer fand sie auch bei M.-R. Ihre
Grösse ist 16-17 mm. Der Raum zwischen der äusseren
(Qmerlinie und dem Aussenrande auf beiden Seiten der
helleren Wellenlinie ist bei dem 2 meist dunkler als bei
dem &. Die Wellenlinie endet auf den V.-Fl. vor der hellen
Flügelspitze, welche in Zelle 6 durch einen schräggestellten
braunschwarzen Länesstrich, der vom Saume bis zur
Wellenlinie reicht, von dem dunklen Aussenrande getrennt
wird, Diesen Strich erwähnt weder H.-S., noch Zeller
bei Beschreibung von Kfflorata, die mit Extarsaria H.-S.
identisch ist und sehe ich ihn auch in der Staudinger’schen
Sammlung an den Mann’schen Originalen aus Toscana
nicht so deutlich; unter 5 Exemplaren aus Toscana aus
der Lederer’schen Sammlung, ist er bei drei d nur an-
gedeutet, doch so schwach, dass Zeller ihn übersehen
konnte, bei 2 2 fehlt er; bei Letzteren ist der Raum
zwischen äusserer @Querlinie und Saum nicht dunkler als
54 Die Macrolepidopterentauna der römischen Campagna etc,
bei den 3 &. Bei meinen Exemplaren zeigt sich der dunkle
Strich ausserdem ganz schwach auf der Unterseite der
Flügel und hier sind auch auf den Rippen die schwarzen
Punkte der äusseren Querlinie deutlich. Ferner zeigt
sich auf der Oberseite die Wurzelhälfte aller Flügel bis
in die Gegend des Mittelpunktes schwach verdunkelt,
so dass eine undeutliche hellere Binde zwischen den
Mittelpunkten und der äusseren Querlinie entsteht, die
auch auf der Unterseite vorhanden ist. Durch diese
Unterschiede bilden meine Exemplare den Uebergang
zu Inesata Mill., welche ich aus Sieilien sowohl in typischen,
18—19 mm grossen Stücken, wie Mill. Ic. 100, 3—5,
als auch in Uebergangsstücken zu meinen Exemplaren
aus Tivoli besitze, und möchte ich annehmen, dass Inesata
Mill. zu Extarsaria H.-S. gehört. Der Uebergang von
Extarsaria zu Inesata ist so allmählich, dass eine Varietät
kaum zu benennen ist. Ich muss hier noch bemerken,
dass die Hinterschienen von Inesata Z aus Sicilien wie
bei Kfflorata Z. und bei meiner Extarsarla aus Tivoli,
breit gedrückt sind und einen Haarbüschel besitzen,
während Milliere letzteren nicht erwähnt, aber sagt, dass
seine Art aus Barcelona zwei Paar Sporen an den Hinter-
schienen führt. Dass diese Verschiedenheit bei derselben
Art vorkommen kann, ist schon von anderen Arten z. B.
Ac. Rusticata F. (Spr. Stett. ent. Z. 1863. S. 156) bekannt.
Den scharfen Unterschied, welchen Milliere zwischen
Inesata & und 2 macht, finde ich bei meinen Sicilianern
nicht immer zutreffend, ich besitze 2 mit so dunklem
Aussenrande wie Mill. Fig. 4 9, aber auch solche mit so
hellem Aussenrande wie ihn das & in Fig. 3 zeigt. —
Efflorata Z, Um Livorno, Riparbella, nicht häufig, Mai, Juni (M.).
— 8., M.-I. 3 (C.).
Obsoletaria Rbr. Toscana (M.). — Abruzzen, 3000‘ hoch, Mitte Juli
: (Stdf.)?
Incarnaria H.-S. (Ruficostata 27.) Um Livorno, Mai, Juni, selten
(M.). — Bei’Rom und in Toscana (Z.). — F., S., M.-I. 4 (C.).
Cireuitaria Hb. Südlich von Rom in der Campagna Ende Aug. (Z.)
Juni, dann Aug., M.-I, 4 (Ü.).
Herbariata F. In M.-R., Tivoli und der ganzen Campagna
im Juni, in den Abruzzen im Juli, bis 1500 m hoch, doch
überall einzeln, in Häusern und Gemäuer. — Pusillaria, im
Juni einzeln in Badia und Pratolino (M.) — 8., M.-I. 3 (C.)
Elongaria Rbr. In M.-R. sehr häufig im Aug., Sept., seltener
im F. Meine Herbsstücke gehören zu Zeller's Form Ari-
ze
Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete., 55
data a, mit schwarzen Mittelpunkten auf allen Flügeln.
2 & der Frühjahrsgeneration und 12 aus den Abruzzen,
letzteres im Juli gefangen, stimmen besser zu Rambur’s
Beschreibung; sie unterscheiden sich von der gelblich-
grauen Aridata Z. durch röthlichgelbe Färbung und
kürzere, breitere Flügel. Das 2 aus den Abruzzen hat,
ausserdem einen auffallend rothgelben Vorderrand und
gelbliche Unterseite der V.-Fl.; auf der Oberseite derselben
ist hier die äussere Querlinie undeutlich und auf den
Rippen nicht schwarz punktirt. Hätte ich nicht alle
Uebergänge, so könnte ich versucht sein, dieses ? zu
Obsoletaria Rbr. zu stellen. — Aridata, 2 Exemplare bei Cis-
terna und bei Rom, Ende Aug., auf dürren, sonnigen Plätzen (Z.). —
Ardenza (M.). — Mai, Juni, dann Aug., M.-I 4 (C.).
Bisetata Hufn. M.-R, F. (Stdf.). — 8., M.-I. 4 (Tose. Mann) (C.).
Trigeminata Hw. In M.-R. fing ich Anf. Juli 1 2, Anf.
Sept. kam diese Art häufiger an die Lampe. 1 frisches
8 Anf. Juli in den Abruzzen, 2000° hoch (Stdf.). — Reversata, um
Livorno nicht selten, bei Florenz einzeln, Mitte Mai (M.). — S.,
NIE).
Politata Hb. Bei M.-R. an Hecken in der Campagna, nicht
häufig, im Mai; nach Dr. Standfuss auch schon im April.
Meine Stücke besitzen keinen dunklen, bindenförmigen
Aussenrand der Flügel, nur ist die äussere Querlinie aus-
wärts bisweilen schwach dunkel beschattet. — Juni, Um-
gegend von Livorno (M.). — F., S., M.-I. 3 (C.).
Filicata Hb. In der Campagna in Hecken, häufig, im Apr.,
Mai, dann wieder im Aue., Anf. Sept. Die Herbstgene-
ration ist kleiner und heller, bei der Frühjahrsgeneration
hat das Weiss eine gelbliche Beimischung. Auf den V.-Fl.
steht der schwarze Mittelfleck bald innerhalb, bald ausser-
halb der dunklen Wurzelhälfte, wie es Zeller von den
bei Rom und Ancona, Ende Aug. und Anf. Sept. ge-
fangenen Stücken erwähnt. — Umgegend von Livorno, Ripar-
bella, im Mai, Juni, nicht selten, im Juni bei Florenz und Prato-
veechio (M.). — Mai bis Ende Aug., M.-I. 2 (C.). — Häufig in
Florenz (Sp.).
Rusticata F. Ende Juni fing ich 1 2 dieser Art bei Aquila.
Apr., Mai aus Zäunen bei M.-R. geklopft (Stdf.). — Bei Badia Anf.
Juni selten (M.). — Mai bis Ende Aug, M.-l. 3 (C.).
Var. Vulpinaria H.-S. Im Juni in der Umgegend von Livorno (M.).
Humiliata Hufn. (Osseata), bei Florenz und Pratoveechio Anf. Juni
sehr gemein [M.]. — S, M.-I. 2 [C.]. — Häufig, Florenz [Sp.].
Dilutaria Hb. Zwischen Aquila und dem Gran Sasso und
bei S. Marcello im Ap. tosc. Mitte Juli einige Stücke aus
56 Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete.
(sebüsch am Bachufer geklopft. — Apr., Mai,aus Zäunen bei
M,-R. [Stdf.]. — Interjeetaria B., im Mai bei Pisa einzeln [M.|; doch
hält Zeller ein ihm von Mann mitgetheiltes 5 für eine Osseata
|Humiliata Hufn.] -Varietät mit ungeröthetem Vorderrande der V.-Fl.
2.8, MAL [C.
Holosericata Dup. Bei Boscolungo im Ap. tose. ein Stück;
‚Juli. — Holoseriecaria F. R., bei Pratoveechio im Juni selten [M.].
1, BE SO,
Degeneraria Hb. Im Frühjahr und dann Ende Aug., Sept.,
in manchen Jahren recht häufig bei M.-R. in röthlich
erauner Form. — Degenerata, Umgebung von Livorno, Riparbella,
Fauglia, Pisa im Mai, bei Florenz und Pisa im Juni, nieht selten;
(lie Farbe der Binden veränderlich [M.]. — Gragnone, Herbst [Sp.].
- Vom. Mai bis Sept., M.-I. 2 [C.].
Inornata Hw. Im Juni und dann Ende Aug., Sept. bei M.-R.
in sehr heller, strohgelber Färbung, nicht selten. —
S., Tose. 3 nach Mann [C.].
Var. Deversaria H.-S. Im Juli im Ap. tose. zwischen S. Mar-
cello und Boscolungo häufig im Kastanienwald. Die stroh-
gelbe Färbung ist kräftiger, die Querlinien und Schatten
sind deutlicher, die äussere Querlinie bildet auf der O R
einen stärkeren Haken als bei Inornata Hw. aus M.-R.,
die Fransen sind nieht immer hinter den Rippenenden
schwarz punktirt. — Bei M.-R, |Stdf.].
Aversata L. Bei M.-R. fing ich Anf. Sept. 2 kleine & von
bleicher Färbung; bei ihnen ist die dunkle Mittelbinde
zwar deutlich, aber verwaschen; die innere, der Flügel-
wurzel am nächsten liegende @uerlinie auf den V.-Fl. ist
kaum bemerkbar, die schwarzen Mittelpunkte aller Flügel
sind aber sehr deutlich und gross; auf der Unterseite
zeigt sich keine dunkle Binde, nur die äussere Querlinie
ist schwach, die sehr grossen Mittelpunkte sind deutlich
sichtbar. Die schwarzen Punkte in den Fransen hinter
(den Rippenenden sind auf beiden Seiten recht klein. —
Von Mai bis Sept. in ganz Italien [C.]. — Antignano [M.].
Ab. Spoliata Steger. Unter Voriger in Laubwald der röm.
Camp. bei’ M.-R., aber häufiger; ebenfalls sehr kleine
Exemplare; sie messen 22—24 mm Flügelspannune und
varliren in der Färbung von bleichstrohgelb bis röthlich-
grau, die Querlinien sind anf beiden Seiten sehr fein, die
Mittelpunkte sehr gross, die Fransen schwach schwarz
punktirt. — Vallombrosa, Gran Sasso [Mus. Nap.] — Aversata,
um Liv. überall Mitte Mai, auch im Apennin nicht selten [M.].— Häufiger
als die Grundform in ganz Italien [C.]. — 1 Exemplar am 24, Aug.
in Florenz [Sp.].
Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete. f
Emarginata L. (Emarginaria). Am 24. Mai zwischen Pisa und Livormo
nicht selten in den Sümpfen (M.). — Mai, Juni, M.-I. 3 (C.).
Immorata L. (Immoraria). Ende Juni im Park von Pratolino, nicht
selten (M.). — Juli, M.-I. 3, Apennino (C.).
Rubiginata Hufn. In der Campagna ein sehr häufiger Spanner,
Apr., Mai, dann wieder von Mitte Aug. bis Mitte October,
namentlich auf grasreichen Stellen; auch erhielt ich ihn
aus Sassoferrato. Er varlirt sehr in der Farbe von
gelblichbraun durch röthlich- und dunkelbraun bis röthlich-
grau, ist aber nie so lebhaft violettröthlich gefärbt, wie
oft deutsche Exemplare. — Ende Aug., Anf. Sept. bei Rom (Z.).
— Vallombrosa (Stgr.). — Aquila (Mus. Nap.). — Rubricaria, unı
Livorno und Pisa Mitte Mai, um Florenz und Pratoveechio im Juni (M.).
— Mai bis Sept., M.-I. 2 (C.).
Turbidaria H.-S. Im Apr, Mai, dann wieder Ende Aug.,
Anf. Sept. unter Voriger bei M.-R., doch nicht so häufie,
Ihre Färbung ist gelblicherau, heller als das von H.-S. 472
abgebildete Exemplar.
Beckeraria Ld. Von dieser für Italien neuen Art fing ich
am 9. Aug. auf dem Monte Luco bei Aquila ein &. Es
ist um weniges heller gefärbt als südrussische und
spanische, etwa wie «die Amasia- und Turkestanstücke der
Staudinger’schen Sammlung, besitzt aber die feine Zeich-
nung der Stücke von Sarepta.
Marginepunctata Göze. In der Camp. und dem ganzen Ge-
birgsgebiete, Toscana ete. em sehr häufiger Spanner, von
Apr. bis Oct. Im Juli flog er bis 1700 m. hoch auf dem
Gran Sasso. Diese Art variirt in Färbung, dunkler Be-
stäubung und Deutlichkeit der Querlinien und Schatten
wie bei uns. — Rom, Tolentino, Ende Aug., Anf. Sept. (Z.). —
Immutata,. um Liv. und Pisa im Mai (M.). — Häufig in fast ganz
Italien (C.). — Toscana (Sp.).
Luridata Z. var. Confinaria H.-S. Mitte Juli in den Abruzzen
3—4000° hoch, an Felsen sitzend (Stdf.).
Var. Romanaria Mill. In den Ruinen von Rom in 3 Generationen,
die Raupe lebt auf Linaria Cymbalaria nach Milliöre (C.).
Submutata Tr. Von Mai bis Sept., M.-L. 2 (GC).
Incanata L. Häufig in den Abruzzen im Juli und Anf. Aug,
weissgraue, helle Exemplare; die Bestäubung und Denut-
lichkeit der Linien und Schatten variirt beträchtlich. —
M.-R. (Stdf.) — Mutata, um Livorno und in den Sümpfen bei Pisa
Mitte Mai nicht selten in bläulichgrauer Färbung (M.).—8., M.-I. 3 (C.).
Remutaria Hb. Anf. Juli in Pratoveechio an den Ufern des Arno (M.),
Punctata Tr. s., M.-I. 4 (C.). — Bei Pisa, Mitte Mai selten auf gras-
reichen Stellen der Sümpfe (M.).
58° Die Maerolepidopterenfauna ‚der römise ‚chen Campagna ete.
Immutata 1. Abr., 3000‘ hoch, ziemlich häufig (Stdf.) ? — Sylvestraria,
bei Pisa, Mitte Mai in Sümpfen um Binsen, bei Poppi im Juni am
Arno (M.).
Strigilaria Hb. (Strigilata), 1 helles @ Ende Aug. bei Rom (Z.). —
Bei Pratoveechio und Pratolino Anf, Juni einzeln (M.). — Mai bis
Einde Sept., M.-I. 2 (C.).
Emutaria Hb. Bei M.-R. im Mai und dann wieder Ende
Aug., Anf. Sept. in Hecken und hohem Grase. — In den
Sümpfen bei Pisa einzeln im Mai (M.). — Juni, dann Aug., M.-I. 3 (C.).
Imitaria Hb. In den Weinbergen und in Hecken der Cam-
pagna ein sehr gemeiner Spanner, von Mai bis Ende Oct.
Die Frühjahrsgeneration ist meist blass ockergelblich,
die Herbsteeneration isabell- oder röthlich fleischfarben;
die schräg über die Mitte aller Flügel ziehende
dunkle Linie ist bei letzterer öfter auswärtsdunkel
beschattet als bei der Frühjahrsgeneration. — Ende Aug.
bei Rom (Z.). — Ende Apr., Mai um Livorno, nicht selten (M.),
ändert ab ete. (Z.). — M.-I. 2 (C.). — Florenz (Sp.).
Ornata ar Sehr gemein in Hecken und Distelgestrüpp in
der Campagna; bei M.-R., Tivoli, Olevano etc., im Mai,
‚Juni, dann wieder von Ende Aug... bis. Anf,; Oet, —
Ende Aug., Rom (Z.). — Atina (Mus. Nap.). — Paludata L., im Mai
bei Ardenza sehr gemein, bei Florenz und Pratoveechio im Juni nicht
selten (M.). — Vallombrosa (Stgr.). — F., 8., H., sehr häufig in ganz
Italien (C.).
Decorata Bkh. Ein grosses Exemplar im Juni bei Aquila. —
Bei Livorno, Pisa Ende Mai, bei Pratolino im Juni, seltener als
Vorige (M.). — F., S., H., M.-I. 2 (C.).
(sen. Zonosoma Lid.
Pendularia ©]. M.-R. (Stdf.). — Toscana (Rossi).
Annulata Schulze. Ende Aug. bis Ende Sept. in M.-R. häufig;
es sind sehr kleine helle Exemplare mit dunklem Mittel-
schatten. — Omicronaria, im Mai bei Pisa und Livorno, ziemlich
selten (M.). — 8., M.-IL. 3 (C.).
Pupillaria Hb. Bei M.-R. im Juni und dann im Sept. nicht
selten, im ‚Juni in Tivoli, im ‚Juli bei Boscolungo im Ap.
tose.; in der röthlichgelben Färbung und Deutlichkeit der
Mittelringe sehr varlirend. — Montenero (M.). — F., S8.,
M:SK43 (03.
Ab. Badiaria Stgr. Zwei kupferroth gefärbte Stücke aus
Livorno als Gyrata aus der Lederer’schen Sammlung
stecken in der Staudinger’schen Sammlung ; S sie hesitaße
starke dunkle Binden und grosse, weisse Augen in
der Mitte aller Flügel. Ich vermuthe, dass sie identisch
Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete. 59
mit Pupillaria M. sind, die Mann bei S. Andrea Mitte
März, bei Livorno einzeln im April, bei Florenz verflogen
im Juni fing.
Ab. Gyrata Hb. Ein fleischfarbiges 2 am 9. Juli bei Bos-
colungo im Ap. tose. mit breiter, schwarzgrauer Binde.
Die zwei Querlinien sind nur durch Punkte auf allen
Flügeln angedeutet, die Rippen sind im Saumfelde nicht
dunkler; der Hinterleib hat rothe Flecke auf der Ober-
seite der Ringe, wie es auch bisweilen bei meinen Stücken
der Grundform vorkommt. — Begleitet mehr oder weniger häufig
die Grundform in ganz Italien (C.). Auch hierher ist wohl
Mann’s Pupillaria aus Toscana zum Theil zu ziehen, denn
Zeller sagt, dass das ihm von Mann mitgetheilte Exemplar
seiner Gyraria, die’ er zu Hübner’s Abbildung 543 stellt,
am nächsten steht. (Stett. ent. Z. 1849, S. 210, Isis
1847, S. 497).
Ab. Nolaria Hb. Ein ockergelb gefärbtes 2 im Sept. bei M.-R.
aus einer Hecke geklopft. Die schwarzen Augen sind
auf allen Flügeln sehr gross, fein weiss gekernt, die
(Juerlinien durch grosse blauschwarze Punkte auf den
Rippen angedeutet, Mittelschatten nur am Innenrande
aller Flügel bemerkbar.
Porata F. Im Frühjahr und dann von Ende Aug. bis Ende
Sept. häufig in Hecken der Campagna bei M.-R.; es sind
meistens kleine gelbliche Exemplare mit deutlichen, dunklen
Flecken vor dem Aussenrande der V.-Fl. — In der Staudinger’-
schen Sammlung befinden sich Stücke aus Vallombrosa. — Poraria
bei Poppi und Bibbiena Mitte Juni nicht selten, bei Montenero, bei
Stia am 8. April eine Varietät (M.). -- F., S., H, M.-I. 2 (C.).
Punetaria L. Im Frühjahr bei M.-R. in Eichenwald, nicht
häufig; sie unterscheidet sich wenig von Zeller’s Be-
schreibnng seiner neapolitanischen Stücke (Isis 1847,
S. 495) und ist mehr oder weniger blass, bräunlich
ockergelb gefärbt, schwarz und röthlich punktförmig be-
stäubt, mit wenigen röthlichen Strichelchen auf der Mitte
der V.-Fl.; die zwei Punktreihen sind deutlich und oft
zeigt sich an Stelle der inneren eine feine, deutliche Linie
wie bei der folgenden ab. Suppunctaria Z.; der schwarz-
braune Mittelstreifen ist entweder ziemlich geradlinig
oder er bildet auf den Medianadern einen deutlichen
starken Bogen und geht von da bis zum Innenrande ganz
gerade. Die Saumlinie aller Flügel ist sehr deutlich
unterbrochen schwarz gestrichelt; Staubflecke vor dem
60
Ah,
Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete.
Aussenrande zeigen sieh nieht, die Stirn ist röthlichbraun,
— Dr, Staudinger besitzt Exemplare aus Pratovecehio. — Florenz
(Rossi), — F., S., M.-L 3 (C.).
. Suppunetaria Z. Bei M.-R. wie die Grundform, aber
Ende Aue. Anf. Sept., nicht häufig; Dr. Standfuss fing
sie auch im Frühjahr. — In Dr Staudinger’s Sammlung
stecken BExemplare aus Livorno. — Bei Kom nach Zeller (C.).
Meine Exemplare stimmen mit der Beschreibung Zeller,
welche er von solchen aus Neapel giebt (Isis 1847, S. 496),
sowie auch ziemlich mit H.-S. Abbildung 415. Diese Form
ähnelt Linearia Hb.
Von meinen Exemplaren der Grundform ist Suppunetaria
durch folgendes verschieden; sie ist Kleiner, ihre Grund-
farbe ist bleicher, die Bestäubung feiner, röthlich, es zeigen
sich keine sechwärzlichen Atome darunter wie bei der
Grundform; der dunkle Mittelstreifen ist femer, violett-
oyau, nieht schwarzbraun wie bei der Grundform; die
äussere Punktreihe ist undeutlicher; Stirn und Fühler-
schaft sind bleicher, erstere ist stets von der Färbung
der V.-Fl.; die Unterseite ist heller, ohne, oder mit wenig
röthilicher Bestäubung und undeutlicher Zeiehnung. Ver-
oliechen mit Linearia Hb. unterscheidet sich Suppunctaria,
soviel ich in der reichhaltigen Standinger’schen Sammlung
ersehen kann, dureh folgendes. Linearia hat stets drei
Linien auf allen Flügeln, von «denen die äussere oft,
manchmal auch die innere nur durch eimzelne Punkte
gebildet werden, Suppunetaria hat stets nur eine dent-
liche Mittellinie, die beiden anderen fehlen oder wenn sie
vorhanden sind. bildet die äussere eine schwach ange-
deutete Punktreihe. Mir erscheint, dass die Vorderfllügel-
spitze bei Linearia mehr vorgezogen und der Saum mehr
oeschwungen ist. Die Stirn ist bei Linearia zimmtroth ge-
färbt, stets dunkler als die V.-Fl., bei Suppunctaria ist sie
stets von der Farbe der letzteren; die Grundfarbe der Flügel
zieht bei Linearia mehr ins Gelbliche, bei Suppunetaria
mehr in’s Röthliche. Mit der viel kleineren, blassrötl-
lichen, unbestäubten und mit drei undentlichen Querlinien
versehenen var. Strabonaria Z. lässt sich Suppunetaria
nicht vergleichen.
Rufieiliaria H.-S. Ein 2 Ende Aug. bei M.-R. unter
Vorieer unterscheidet sich durch sehr dichte, grobe, rötlı-
liche Bestäubung, weisse deutliche Mittelpunkte auf allen
Flügeln und ganz undeutlichen Mittelstreifen. Die Punkt-
Die Macrolepidopterenfauna der römischen Gampagna ete. 61
=:
reihen sind ebenfalls undeutlich, aber ausserhalb der
aeusseren zeigen sich einige dunkle Flecke, wie es bei
der deutschen Grundform öfters vorkommt; die Fransen
sind etwas röthlich. Die Unterseite ist hellröthlich-
gelb, ebenfalls sehr stark rot bestäubt, glänzend, ohne
alle Zeichnung, die Saumlinie sehr schwach dunkel linirt,
die äussere Fransenhälfte purpurroth. — Ein Mann’sches
Exemplar aus Toscana mit starkem Mittelstreifen befindet sich in der
Staudinger’schen Sammlung. — Gyraria, häufig Mitte März bei Pra-
toveechio an Eichen (M.), ganz verschieden von meiner Gyraria, 1sis 1847,
S. 497, aber einerlei mit der von mir nach meinem männlichen Exem-
plare bezeichneten Pupillaria, 8. 498 (Z.). Hier und da mit der
Grundform in ganz Italien (Ü.).
>
(en. Timandra Dup. B.
Amafla L. Im Mai, Juni und dann Aug. Sept, Oct. sehr
Vibi
Var.
häufige im ganzen Gebiete, namentlich in den Weinbergen
der Umgebung Rom’s, M.-R. ete. Die Herbstgeneration,
welche fast durchgängig kleiner und dunkler ist als die
Frühjahrsgeneration hat auch kleinere und undeutlichere
Mittelpunkte der V. -Fl. — Amataria, Mai bis Juni, bei Livomo,
Sümpfe bei" Pisa nicht selten (M.). — F.. 8. H., M.-T. 2 (C.).
Gen. Pellonia Dup.
‘aria Cl. Bei M.-R. und im der ganzen Campagna ist nur
die Grundform zu finden, und nicht sehr häufige; der
Raum zwischen zweiter und dritter @Querlinie ist stets
nur auf der Wurzelhälfte roth gefärbt. Im Apennin bei
Boscolungo fand ich Exemplare mit ganz vrothem Quer-
band und solche, die von denjenigen der Campaena nicht
verschieden waren. In der Campaena im Mai, Juni, im
(sebirge im Juli. — Am 7. Juli in den Abruzzen zwischen
3—4000° [Stdf.] — Im Juni zwischen Livorno und Pisa, bei Pratolino
und Erioyecchion,3 in SR een u der Binden so veränderlich
wie bei uns (M.). SANT. 18. [0;].
Strigata Steger. m Aal in Br Abruzzen, SO0O—1300 m
hoch, bei Boscolungo über 1300 m hoch fliegend. Die
Grundfarbe der Flügel ist ein viel helleres Ledergelb als
bei der Grundform von derselben Flugstelle bei Boscolungo,
Calabraria 7. In der Campagna ein sehr häufiger Spanner,
Mai, ‚Juni; in den Abruzzen geht er bis 900. m hoch. ist
aber seltener, ebenso bei S. Marcello im Ap. tose,, ‚Juni,
Juli. ‚Je südlicher Calabraria vorkommt, um so intensiver
ist das Rotlı und um so dunkler die grünlichgelbe Grund-
62 Die Macrolepidopterenfauns der römischen Campagna ete.
farbe der Flügel; meine Campagnastücke stehen in dieser
Beziehung zwischen Stücken von Süditalien und solchen
aus den Abruzzen und dem Apennino tose., diese letzteren
sind wieder dunkler und führen mehr Roth als südtiroler
TL' . . . .
Exemplare. — Umgegend von Livorno, Anf. Juni bei Pratolino,
Mitte Juni bei Pratoveeehio ziemlieh selten [|M.]. — An sonnigen
Abhängen bei Florenz im Juni un — Im Mai, Juli im Neopolita-
nischen überall [Costa]. — F., 8., M.-1. 2 [C.].
Gen. Abraxas Leach.
G«rossulariata DL. Im Frühjahr in Zäunen bei M.-R, [Stdf.]. — Majella
|Mus. Nap.| — Anf. Juli, Pratoveechio |M.]. 8., M.-I 3 [C). —
Toscana | Rossi].
Pantaria L. 8. M-1. 3 [C.].
Adustata Schiff. Sehr gemein in Hecken der Campagma, Mai,
‚Juni, dann von Aug. bis Oct.; im Albanergebirge bei
Nemi schon Ende April. — Ende Aug, Cisterna [Z.]. — Mai,
um Livorno, Juni bei Pratoveechio nicht selten [M.]. — Florenz |Sp.].
Marginata L. Bei M.-R. im Frühjahr m Zäunen, einzeln auch
im Herbst bis Mitte Oct.; ein Stück bei Boscolungo (Ap.
tosc.) aus Laubgehölz geklopft, Juli. — Vallombrosa [Stgr.]
— Livorno, Pisa im April nicht selten [M.|. — F, 8., Tose, ete. 3 [C].
(sen. Bapta Stph.
Bimaeulata F. En) bei ’’isa im Mai in Sümpfen, selten [M.].
— Jwni, M.-L 3 [C.].
Temerata Hb. Pratoveechio im Juni, selten [M.]. — Mai, Juni, Tos-
cana 5 [C.].
Gen. Stegania Dup.
Trimaeculata Vill. Im Mai, Juni und dann Ende Aug., Sept,
in der Jampagna an grasreichen Plätzen häufig; auc h aus
Sassoferrato erhielt ich sie. Meine Stücke sind viel heller
— gelblich weiss — gefärbt als tiroler. Bei einem Stück
läuft eine dunkle, feine Querlinie auch aus dem dritten
äusseren Fleck am Vorderrande der V.-Fl., parallel dem
Saume, über den Flügel und setzt sich auch auf den H.-Fl.
fort, nimmt aber hier gegen den Innenrand an Stärke ab. Die
Deutlichkeit und die Stärke der Querlinien sind bei meinen
Stücken verschieden; die Unterseite ist grauweiss und nur
der Vorderrand der V.-Fl. von gelblicher Färbung. — Permu-
tataria Hb., Ende Apr. bei Livorno, Orciano, Anf. Juni in Pratoveechio
[M.]. F., S., M.-1. 2 [C.]. — Florenz [Sp.]. Abruzzen [Mus. Nap.].
Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna etc, 63
Gen. Cabera Tr.
Pusaria L. 1 2 im Juli bei Boscolungo (Ap. tose.). —
Vallombrosa (Stgr.). — Pisa, Livorno, Orciano im Mai sehr häufig (M.).
BSR),
Exanthemata Sc. (Exanthemaria), bei Pisa in den Sümpfen Ende
Apr. sehr häufig [M.|. — F., S., M.-I. 2 [C.].
Ab. Pellagraria Gn. Ein ? im Herbst bei M.-R. gefangen, ist auf
beiden Seiten fast so weiss wie Pusaria L. und sehr schwach
dunkel bestäubt, die Stirn ist gelblicher als bei der
(Grundform, die schwarzen Mittelpunkte auf allen Flügeln
sind klein aber deutlich. — Vallombrosa [Stgr.|, ein Stück mit
stärkerer gelber Bestäubung. — Unter der Grundform bei Pisa [M.].
(sen. Numeria Dup.
Capreolaria F. Im Ap. tose. bei Boscolungo und Vallombrosa
im Juni, Juli, bei Camoldoli Anf. und Mitte Sept. recht
häufig in dichtem jungen Fichtenbestande. Die Sommer-
generation ist grösser, von deutschen Stücken nicht ver-
schieden; bei der Herbstgeneration sind die Flügel düsterer
gefärbt, feiner dunkel bestäubt, das Mittelfeld der V.-Fl.
hebt sich nicht so stark ab und ist mit dem Wurzelfeld
fast gleichfarbig, nur das Saumfeld ist heller, die beiden
das Mittelfeld einschliessenden Querlinien sind feiner und
die äussere hat keine helle Begrenzung nach auswärts
wie bei der Sommergeneration. Die Querlinie der H.-Fl.
ist bei meinen Stücken meistens bis zum Vorderrand
deutlich, während sie bei eisalpinischen Stücken hier
meistens verwaschen ist. Bei der Herbstgeneration ist
die Unterseite sehr hell, ohne alle Zeichnung und die
Mittelpunkte sind kleiner als bei der Sommergeneration.
— Im Tannenwald bei Gragnone häufig Ende Sept. |Sp.].
(sen. Metrocampa Latr.
Margaritaria L. Ein 3 am 12. Juli in Boscoluneo. —
Am 13. Juli 1 Stück unter einer Rothbuche 4500’ hoch in den
Abruzzen [Struve]. — 6. Juli bei Pratoveechio an Eichen und jungen
Kastanienbäumen, selten [M.]. — F., S., M.-I. 3, zwei Generationen [C.].
Honoraria Schiff. Ein röthlichbraunes 2 am 23. Sept. bei
M.-R. — In Toscana [M.].
(sen. Eugonia Hb.
Quereinaria Hufn. [Angularia], 20. März einmal an einer Korkeiche
bei Pratolino [M.].
Erosaria Bkl. An Eichen im Herbst bei Gragnone einzeln [Sp.].
64 Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete.
(sen. Selenia Hb.
Bilunaria Ksp. Vallombrosa, Mitte Juni [Stgr.]. — Selten im Neapoli-
tanischen, Juni, Sept. [Costa].
Lunaria Schiff. Im Frühjahr bei M.-R., selten; ich besitze
nur ein sehr Kleines ockergelb gefärbtes Z, welches einen
(lurchaus nicht helleren Vorderrand der V.-Fl. hat, wie
es sonst gewöhnlich der Fall ist; die innere Querlinie ist
sehr verloschen, die äussere, welche meist in gerader Linie
schräg über den V.-Fl. zieht, bildet auf M 3 eine Ecke,
zieht dann in flachen, gegen die Flügelwurzel gerichteten
Bogen bis vor die S M und von da einwärts gegen den
Innenrand; der Saum ist ausserdem sehr flach ausge-
buchtet, die Bestäubune der Flügel ist stark aber fein,
(lie Mondsichel steht auf allen Flügeln in dem sehr ver-
waschenen Mittelsehatten. — Tose. [Rossi]. — Apr., Mai, dann
Aug., Sept., M.-I. 3 [C.].
Tetralunaria Hufn. [Iustraria], bei Antignano [M.|.
(sen. Perieallia Stph.
Syringaria L. .F., 8. M.-L 3 [C.]
(sen. Odontopera Stph.
Bidendata Cl. Vallombrosa, Anf, Juni [Stgr.], ein dunkles 9.
(Gen. Croeallis Tr.
Tuseiaria Seriba var. Kaigeri Steger. (Stett. ent. Z. 1885, 8. 349).
Bei M.-R., Mitte October, in manchen Jahren die. & sehr
hänfie; sie kommen gern an die Lampe. Dr. Standfuss
fand die Raupen an Rosmarinus offiemalis im Frühjahr.
Der Falter erscheint in der verschiedenen Färbung, wie es
Herr Dr. Staudinger beschreibt; @ habe ich nicht ge-
fangen, meine Stücke sind aber grösser, 35—42 mm
von einer Flügelspitze zur anderen, 33—45 mm von Mitte
zu Mitte des Saumes der V.-Fl. — Florenz, 1 grosses & im
November mit dunkelrehbraunen V.-Fl., die im Wurzel- und Saum-
felde nur wenig gelichtet sind [Sp.]. — Die typische Form in Tos-
cana?, in Mittelitalien nach Staudinger |C.].
Elinguaria L. Nur I sehr grosses, bleichgefärbtes, im Spät-
sommer gefangenes 2 erhielt ich aus Sassoferrato, 1 2 fing
ich am 14. Oct. bei M.-R. Das Mittelfeld der V.-Fl. ist
kaum dunkler als die beiden anderen Felder. — Toscana ?[C.].
Die Maerolepidopterenfauna der römischen C'ampagna ete. 65
(sen. Eurymene Dup.
Dolabraria L. Mai, dann Juli, Aug., M.-I. 4 [C.|.
(sen. Angerona Dup.
Prunaria L. Ein kleines, recht ockergelb gefärbtes ? Ende
Aug. in M.-R. Die 4 Mittelmonde sind sehr gross und
dunkel, die Querstrichelchen sehr grob, ebenfalls dunkel,
aber weit von einander abstehend; die Unterseite ist von
der Oberseite nicht verschieden. — Am 12. April 2 Raupen
an Prunus spinosa, im Mai davon ein normales & in M.-R. [Stdf.].
— Am 5. Juni einzeln bei Pratoveechio am Fusse der Apenninen
[M.]. — Mai, Juni, dann Juli?, M.-L. 3 [C.]. — Toscana [Rossi].
(en. Urapteryx Leach.
Sambucaria L. Am 25. Mai bei Montenero mehrere auf Sambucus
nigra [M.]. — S., M.-I. 4 [C.].
(en. Rumia Dup.
Luteolata L. Mai, Juni und von Ende Aug. bis Anf. Oet.
sehr häufig in der Gampagna, im Aug. bei Sassoferrato,
Mitte Sept. bei Camaldoli (Ap. tose.). — Valombrosa [Stgr.].
- Im Juli am Gran Sasso und bei Teramo [Costa]. — Crataegata, Mitte
Apr. bis Ende Mai bei Livorno, Pisa, Riparbella ete. nicht selten,
sehr scharf ‚gezeichnet [M.]. — Florenz, häufig, [Sp.]. — F., S., H.,
M.-I. 2 [C.).
(sen. Venilia Dup.
Macularia L. Mitte Juli im Ap. tosc. in Laubwald bei S. Mar-
cello, nicht häufig; sehr hochgelb gefärbte Stücke —
Maculata, bei Livorno im Mai, bei Pisa, Florenz und Pratoveechio
im Juni, nieht selten [M.]. — Ende Mai in Vallombrosa [Stgr.]. —
Mai, Juni, M.-1. 3 (C.).
Gen. Macaria Üurt.
Notata L. Toscana (Rossi). — M.-I.? [C.].
Alternaria Hb. Im Herbst bei M.-R. nicht selten. Es sind
sehr kleine, dunkelgrau gefärbte Exemplare, bei denen
auch die Costalflecken der V.-Fl. kaum rostbraun ge-
färbt sind; die Unterseite ist weisslicher als gewöhnlich,
die schwarzen Mittelpunkte fehlen meist auf.den V.-Fl.,
die Mittelbinde besitzt hier weniger gelb als gewöhnlich;
die Ausbuchtung im Saum der V.-Fl. ist auffallend
5
66 Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna etc.
schwach. — Nicht sehr selten bei Orciano im Mai [M.], kleiner als
bei uns [Z.]. — F., 8., H., M.-I. 3, Apennin? [C.].
Aestimaria Hb. Um Livorno von Ende Apr. bis Ende Juni [M.], das
ö ändert in der Streekung der Flügel etwas ab [Z.]. — Mai, dann
Sept., Tosc. 3 [C.].
Liturata Cl. Vallombrosa [Stgr.].
(Gen. Hybernia Latr.
Leucophaearia Schiff. Nicht selten bei Pratoveechio Ende März [M.].
Marginaria Bkh. [Progemmaria], ebendaselbst zu derselben Zeit, nicht
selten [M.]. — Februar, März, Herbst [!], Tose. 3 [C.].
(sen. Anisopteryx Stph.
Aeseularia Schiff. Bei Badia Ende März nicht häufig [M.]. — Februar,
März, Tose. 3 [C.].
Gen. Biston Leach.
Hispidarius F. [Hispidaria], 2 3 am 19, März im Park von Prato-
lino [M.]. — März, Tosc. 5 [C.).
Graecarius Stger. Ich fand eine Raupe Ende ‚Juni bei Aquila
auf Gras, Herr Dr. Standfuss eine andere auf Spartium
in der Campagna im Juni, welche im Februar 1 & ergab.
— Alpinaria, 1 © am 17. April bei Montenero [M.]. — Gragnone,
1 2 im Herbst [Sp.]. — Prof. Stefanelli fand sie auf den
Hügeln von Fiesole und erwähnt, dass hier das & von
der Grundform durch hellere Färbung abweicht, sowie
dadurch, dass die 3 krummen, gebogenen Querlinien ver-
wischt sind. Ferner hat das 2 auf den Flügelstümpfen,
dem Kopf, Thorax und Hinterleib weisse Haare, anstatt
wie bei der Grundform gelbliche und die Hinterleibsringe
sind auf der Oberseite gelblich anstatt roth. Bei den
Florentiner & in der Staudinger’'schen Sammlung finde
ich, dass sie in Bezug auf Färbung und Deutlichkeit der
3 Querlinien zwischen den dunklen Stücken aus der Attica,
von Korfu, Macedonien u. s. w. und andererseits den
helleren Stücken aus Spalato stehen; die $ besitzen auch
aus anderen Gegenden weisse Haare auf Kopf, Thorax,
Hinterleib und Flügelstümpfen; ob die Hinterleibsringe
gelb oder roth sind, lässt sich bei getrockneten Exemplaren
nicht mehr sehen. Prof. Stefanelli nennt seine Form:
Var. Florentina (Bull. della Soc. ent. ital. 1882, S. 221).
Hirtarius Cl. [Hirtaria], Mitte März bei Pratoveechio, nicht selten [M.].
— F., M.-1. 3 [C.).
Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete. 67
Stratarius Hufn. Toscana? [C.]
(sen. Amphidasis Tr.
Betularius L. Toscana [Rossi]. — Mai, Juni, M.-L 3 [C.,
(sen. Hemerophila Stph.
Fractaria Stgr. In immergrünem Gebüsch der Gärten, Villen
und Weinberge Roms und der Ortschaften der Umgebung
verbreitet, bei M.-R. recht häufig; Mai, Juni, dann von
Mitte Aug. bis Ende October in mindestens zwei Gene-
rationen. Die Z varliren in der Grundfarbe von hell-
gelblichbraun bis dunkel-graubraun; die & der Herbst-
generation gleichen Rambur’s Abbildung (Rhizolitharia Cat.
S. And. 17, 6), bei der Frühjahrsgeneration dagegen ist
meistens das Mittel- und Saumfeld düsterer graubraun
und oft mit dem Wurzelfeld gleich gefärbt, sodass die
ganze Fläche nicht so bunt erscheint wie bei der Herbst-
generation. 2 habe ich nur im Herbst gefangen und
unterscheiden sie sich von den & durch mehr hell gelblich-
graue Färbung, breitere Beschattung der beiden Quer-
linien, auch sind sie meist etwas grösser. Auf der Unters.
ist die Herbstgeneration stärker und gröber schwarz
bestäubt, und die über alle Flügel ziehende äussere Quer-
linie ist stärker und auswärts mehr beschattet; bei den
? ist letztere nach auswärts meist breiter dunkel be-
schattet als bei den &. Diese Art kommt in beiden
Geschlechtern gern an das Licht. — Am 14. Mai fingich 1 9
am Licht, welches um die Hälfte grösser als die & und von ziemlich
heller grauer Färbung war; es legte wohl 80 ziemlich längliche, schön
himmelblaue, zierlich chagrinirte Eier. Leider verkamen die Räupchen,
da das richtige Futter nicht getroffen wurde; Helianthemum, das
Dr, Staudinger als Futter vermuthet, nahmen sie nicht an. Die Art
wurde aus Spanien beschrieben, sie fliegt auch in Kleinasien, woher
ich ein von den römischen in nichts abweichendes 3 1883 erhielt
[Std£.]. — Im Museum von Florenz sah ich ein Exemplar
aus Toscana. — Costa bildet sie bereits in der Fauna
del Regno di Napoli, Geometre Taf. 9, 5 ab und beschreibt
sie S. 70 als Japygiaria aus Lecce in Süditalien, so dass
dieser Name die Priorität vor Fractaria haben dürfte,
da letzterer 1859, ersterer wohl bereits 1851 gegeben wurde.
Abruptaria Thnb. Im Mai, Juni und dann wieder von Ende
Aug. bis Mitte October bei M.-R., doch nicht so häufig
wie vorige, aber an denselben Stellen und an das Licht
5*
68
Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete.
kommend, auch in den Gärten von Rom und Umgebung;
meist sind es kleine Exemplare, die gelbliche Grundfarbe
ist mehr oder weniger mit Grau gemischt, die 2 sind
sehr selten und besitzen hellere Grundfarbe und Schatten.
Petrificata, bei Pratoveechio, Stia, Ardenza [M.]. — Apr., Maäi,
dann Sept., M.-I. 3 [C.].
Gen. Synopsia Hb.
Soeiaria Hb. Im Mai, Juni, dann im Aug., Sept. häufig bei
CGinetaria Schiff. Mitte April um Livorno nicht selten [M.]. — F., 8.
M.-R., Rom ete.; 2 selten. Variirt in der Grösse und
Färbung. Meine Stücke sind 25—»5 mm, 2 sogar über
4) mm gross; die Grundfarbe ist bei ihnen bald heller,
bald dunkler grau oder bräunlichgrau; alle zeichnenssich
aber durch bunte Färbung und sehr deutliche schwarze
(Juerlinien aus. Das Mittelfeld ist oft rein aschgrau, die
übrigen Felder bräunlichgrau, ebenso oft ist ersteres aber
aue h mit letzteren gleichfarbig; der Schatten auf den V.-Fl.
ist meist sehr breit und dunkel, die dunkle Bestäubung
sehr verschieden stark. Einige Stücke können daher zur
Grundform, andere zu ab. Propinquaria Gn. gezogen
werden, in Wirklichkeit ist aber zwischen beiden Formen
keine Grenze festzuhalten und Herr Dr. Staudinger hat
Recht, Propinquaria als Synonym zu Sociaria zu ziehen
(Horae 1870, S. 162). — Im Mai die Raupen auf Tamarix bei
Livorno, Falter Anf. Juni [M.].
(en. Boarmia Tr.
R 2 ’
in 2 Generationen, Tose. 3 [C.].
Gemmaria Brahm. Sehr häufig bei M.-R., Rom, in der Cam-
pagna, bei Olevano u. s. w.; Mai, ‚Juni, dann wieder von
Ende Aug. bis Mitte Oect.; sie sind von unseren Exemplaren
kaum verschieden, höchstens besitzen die meisten etwas
mehr gelbliche Beimischung in der Grundfarbe; die Rand-
linie der Flügel finde ich in den Interstitien nicht stärker
fleckenartig verdickt als gewöhnlich, während es Zeller bei
toscanischen Exemplaren angiebt. — Die Raupen im April sehr
häufig an Buxbaum und Rosmarinus oftieinalis; sie lieferten im Mai den
Falter, zu gleicher Zeit kam die Art auch in M,-R. häufig an die
Lampe [Stdf.]. — Rhomboidaria, Mai, bei Livorno nicht selten [M.],
helle Exemplare [= ]- — Florenz, "gemein [Sp.]. — Vallombrosa
[Stgr.]. — $., H., 2 Generationen, M.-I. 2 [C.].
Umbraria Hb. In M.-R. kamen 2 sehr helle & am 19. Sept.
an die Lampe. Die Verdunkelung zwischen den beiden
Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete. 69
nn Je
Qnuerlinien auf der Innenrandshälfte der V.-Fl. ist sehr
schmal und im Saumfelde zeigt sich an der Wellenlinie
sehr wenig schwarze Färbung. — Mai, Anf, Juni in M.-R.,
des Tags an Stämmen [Stdf.].
Repandata L. Im Mai, Anf. Juni in M.-R., des Tags an Stämmen
[Stdf.]. — Repandaria, bei Pisa Ende Mai, einzeln [M.]. — Im
Museum von Neapel befinden sich Exemplare aus Vallombrosa und
vom Gran Sasso. — 8., M.-I. 3 [C.].
Roboraria Schiff. Mitte Mai bei Livorno [M.].
Consortaria F. Im Mai, Juni bei M.-R., selten, in Laubwald,
nicht von deutschen Exemplaren verschieden. — Mai, Juni,
N.-I. 3 [C.].
Angularia Thnb. In den Abruzzen und bei Boscolungo im
Ap. tosc. im Juli, selten. — Vallombrosa [Stgr. Sammlung]. —
8, M.-I. 4 [C].
Lichenaria Hufn. Pratovecchio Mitte Juni |M.]. — Im Museum von
Neapel Exemplare vom Gran Sasso,
Selenaria Hb. Anf. Mai bei Livorno an Tamarisken, grosse und scharf-
gezeichnete Exemplare [M.]. — F., 8., M.-I. 3 [C.].
Var. Dianaria Hb. Ein 2 an einem Baumstamm in Subiaco
im Sabinergebirge am 5. Aug.; es ist ein grosses Exemplar
mit scharfer Zeichnung wie in H.-S.s Abbildung 375, die
Grundfarbe ist etwas weisslicher als dort; auf der Ober-
seite eines jeden Hinterleibringes stehen zwei schwarze
Flecken.
Grepuseularia Hb. F., M.-I. 3 [C.].
Punetularia Hb. (Punetulata), Anf. April in Badia [Toscana] an Erl-
stämmen nicht selten [M.]. — F., Tose. 3 [C.].
(sen. Tephronia Hb.
Sepiaria Hufn. In M.-R. Ende Aug., Anf. Sept., nicht häufig.
Hellgraue Exemplare mit deutlichen, nicht unterbrochenen
schwarzen @Querlinien und Mittelschatten auf den V.-Fl.
Auf den H.-Fl. bildet die äussere Querlinie auf OR einen
sehr starken Haken nach auswärts; sie ist auf der Unters.
deutlicher als auf der Oberseite. — Am 10. Juli ein frisches &
in den Abruzzen 3000° hoch zur Lampe [Stdf.|. — Aquila im Juli
[Costa]. — Pratoveechio [M.].
(sen. Pachyenemia Stph.
Hippocastanaria Hb. [Hippocastanata], bei Montenero und Pisa Mitte
Mai an baumartiger Haide [M.]. — Vallombrosa |Stgr. Sammlung].
— F., dann Ende $., 2 oder 3 Generationen, M.-I. 3 [C.]. — Häufig
in Gragnone im Herbst an Erica arborea [Sp.].
70
Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna etc.
(Gen. @nophos Tr.
Obseuraria Hb. Im Boscolungo (Ap. tose.) im Juli einige
Var.
Exemplare; die dunkle Bestäubung ist schwach, die gelblich-
oraue Grundfarbe tritt daher lebhaft hervor und erhält
das Thier dadurch einen schönen goldigen Glanz. — Ende
Juni bei Florenz einzeln [M.]. — Vallombrosa [Mus. v. Neapel]. —
S., Tose. 3 [C.]. — 1 Ex. im Garten Pandolfini in Florenz [Sp.].
Argillacearia Stgr. Auf dem Gran Sasso kam Mitte
Sept. 1 Q an die Lampe, ein anderes klopfte ich am 13. Sept.
bei Gubbio aus einer Hecke. Von meinen toscanischen
Stücken der Grundform sind sie verschieden durch be-
deutendere Grösse, weisslichgraue Grundfarbe, anstatt
gelblichgrauer wie dort, und durch stärker gezackten
Saum der H.-Fl. ; ihre eigentliche Flugzeit scheint Juli, Aug.
zu sein, denn meine beiden Stücken sind bereits abgeflogen.
Onustaria H.-S. var, Serraria Gn. Am 29. April klopfte ich
ein & aus Laubgehölz bei Nemi im Albanergebirge, Ende
Aug. spiesste ich ein 2 an einem Baumstamm in Olevano.
In der Grösse gleichen sie zwar Rambur’s Abbildung
(Catenulata Cat. S. And. 19, 5), besitzen aber nicht die
gelblichgraue Färbung und keine so breite äussere
Querlinie wie dort. Mein Stück aus Nemi gleicht vielmehr
der H.-S.schen Abbildung von Onustaria 496, 497, nur
ist es kleiner, etwas heller weissgrau gefärbt, auch sind
die Mittelringe kleiner und auf den H.-Fl. stehen sie
entfernt von der gezähnten Querlinie. Das $ aus Olevano
dagegen hat als Grundfarbe ein reines Weiss und eine
viel spärlichere dunkle Bestäubung als das 3 von Nemi,
die Querlinien sind feiner und undeutlicher, die Mittel-
ringe grösser und gleichen in Grösse und Stellung der
H.-S.’schen Abbildung. Auf der Unterseite zeigt sich bei
diesem Stück jedoch nicht die Querlinie und die V.-Fl. sind
nicht dunkler als die H.-Fl. wie dort und wie bei meinem
&; es ist hier ganz einförmig hell weissgrau gefärbt,
spärlich dunkel bestäubt, Mittelfleck und dunkler Schatten
am Vorderrand unter der Vorderflügelspitze sind stärker;
der Saum aller Flügel ist fein schwarz, aufden Rippen breit
unterbrochen, während das & nur sehr schwache schwarze
Saumpunkte hier zwischen den Rippen führt. Die Vorder-
flügelspitze ist auf der Unterseite bei beiden Exemplaren
etwas gelblicher gefärbt, was aus der H.-S.schen Figur
nicht ersichtlich ist.
? Pullata Tr. (Pullaria), Juli, Aug., bei Aquila auf Monte
S. Giuliano (Costa). — $8., Mittel-Italien 4, Aquila (C.), — Die
Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna etc, 71
Abbildung Oosta’s (Geom. Taf. 10, 3) gleicht mehr Glau-
cinaria Hb. als Pullata Tr., ähnliche aber kleinere Exem-
plare von Glaueinaria fing ich im Apennin und führe sie
unter var. Plumbearia Stgr. später an; Costa’s Be-
schreibung von Pullaria S. 76 passt schlecht zur Ab-
bildung und zu Pullata Tr., aber besser zu meiner später
angeführten Glaucinaria Hb. var. Supinaria Mn., welche
ich oft in den Abruzzen gefangen habe. Pullata Tr. traf
ich dort nie an und glaube auch nicht, dass sie bis jetzt
gefunden wurde. Im Museum zu Neapel stecken Glau-
cinaria Hb. und ihre Varietäten ebenfalls unter dem
Namen Pullata aus den Abruzzen und von der Majella,
und von diesen hat Costa wahrscheinlich seine Abbildung
genommen. In der Angabe Üuro’s vermuthe ich eine
Wiederholung derjenigen ÜOosta’s.
Glaueinaria Hb. 4--5000° hoch in den Abruzzen (Stdf.) — F., S.,
Var.
Var.
Var.
H., M.-I. 3 (C.). — Die Grundform habe ich nie angetroffen,
hingegen
Falconaria Frr. 1 & am Felsen sitzend am 13. Aug.,
1700 m. hoch am Westabhange des Gran Sasso. Es
besitzt eine sehr schöne dunkle, blaugraue Färbung der
Oberseite ohne Einmischung von Gelb und mit sehr wenig
dunkler Bestäubung. Die Querlinien sind ganz auffallend
dunkel auf allen Flügeln.
Supinaria Mn. Sehr häufig an Felsen auf dem Gran
Sasso und in den ganzen Abruzzen im Juli, Aug., Sept.
Die helle weissgraue Oberseite ist bei diesen Stücken
sehr fein dunkel bestäubt, die Unterseite sehr hell und
alle dunkle Färbung verwaschen.
Plumbearia Stgr. Im Sept. bei Gubbio, Camaldoli in Tose.
und Sassoferrato mehrere Exemplare; kleiner (23—28 mm)
als die vorigen beiden Varietäten (30—32 mm). Diese
Form scheint im Apennin nicht über 1000 m hoch
vorzukommen, während Supinaria und Falconaria die
höher fliegenden Formen sind. Es sind gelblichgrau gefärbte
Exemplare, mit dichter, aber sehr feiner, dunkler Be-
stäubung. Die Unterseite ist dunkler als bei Supinaria,
heller grau als bei Falconaria und der Grundform; die
weisse Binde ist deutlich, der weisse Wisch in der dunklen
Aussenrandsbinde in Zelle 3 der V.-Fl. dagegen un-
deutlich oder fehlt, während er bei meiner Falconaria
deutlicher ist; bei Supinaria zeigt er sich verwaschen und
in die übrigen Zellen übergehend; die Vorderflügelspitze
72 Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna etc,
ist: bei Plumbearia oft nicht heller als die Grundfarbe.
Das Stück aus Sassoferrato besitzt sehr starke dunkle
Querlinien auf der Oberseite und ist wie auch das Stück
aus Gubbio spärlicher dunkel bestäubt, so dass die gelb-
liehe Grundfarbe mehr sichtbar wird, als bei den dichter
bestäubten Stücken aus Camaldoli, deren Oberseite eine
mehr bleifarbene ist. — Vallombrosa (Stgr.).
Variegata Dup. Anf. S., M.-1. 3 [C\].
Var. Üymbalariata Mill. Ein kleines $ im Juni bei M.-R.;
es hat blänlichgraue Oberseite mit nur wenig Gelb im
Mittelfeld, — Seheint die vorherrschende Form in Rom zu sein (C.).
Mueidaria Hb. 4--5000° hoch in den Abruzzen bei Tage an Felsen
ruhend gefangen [Stdf.].
Serotinaria Hb. Zwei sehr dunkle & fing ich bei Boseolungo
im Laubwald am 12. Juli, 1200 m hoch. Die Be-
stäubung der Flügel auf der Oberseite besteht aus Quer-
strichelehen und ist sehr dicht, so dass die gelbliche
Grundfarbe weniger hervortritt; auch die Unterseite ist
diehter bestäubt, als es bei Alpenstücken der Fall ist.
Dilueidaria Hb. Ss., Apennin? [C.].
Obfuscaria Hb. Kine hänfige Art bei 1500—2000 m auf dem
Gran Sasso, nach Costa auch auf der Majella; ‚Juli, Aug.
Die # sind hellgrau gefärbt und haben wenig gelblichen
Schimmer; bei einigen Stücken sind die Querstreifen sehr
deutlich oder dunkel, und ausserhalb des äusseren der
V.-Fl. und. des Mittelstreifens der H.-Fl. sind diese heller.
Die 2 unterscheiden sich von Alpenstücken viel mehr.
Bei ihnen ist der ganze Körper und die Oberseite der
Flügel auffallend weissgrau, spärlicher aber gröber dunkel
bestäubt als bei jenen, und die Querlinien sind nur durch
schwarze Punkte auf den Rippen angedeutet; die Unter-
seite ist ebenfalls etwas heller.
(sen. Ematurga Lid.
Atomaria L. Im Apr., Mai, häufig bei M.-R. Tivoli und
anderen Orten der Campagna, wo Gebüsch steht; einzelne
Stücke fing ich auch im Sept. bei M.-R. Es sind 30
bis 32 mm grosse, lebhaft gelb gefärbte Exemplare mit
breitem, braunem Aussenrande und ebensolchen Querstreifen.
Ein & der Herbstgeneration ist ockergelb gefärbt mit ver-
waschenem dunklen Aussenrande und undentlichen (uer-
streifen. Sie bilden den Uebergang zu var. Orientaria Stgr.
Var. Orientaria Stgr. Ende April bei Ansedonia am Litorale
Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna etc. 13
des Mittelländischen Meeres in dichtem, immergriünem
Gebüsch ein & wie H.-S’s Abbildung 322, mit schwefel-
gelber Grundfarbe, 30 mm gross. In dem dunklen Aussen-
rande erkennt man deutlich auf allen Flügeln eine helle
Wellenlinie; die V.-Fl. besitzen deutliche schwarze Mittel-
flecke, aber undeutliche Querstreifen, die H.-Fl. undeutliche
Mittelflecke und keine Querstreifen. — Im März, Apr. bei M.-R.
in erster, im Juni bereits in zweiter Generation Niegend, letztere in sehr
grossen und bunten Exemplaren zu v. Orientaria Stgr, gehörend [Stdf.].
— Im April und Juli in den Abruzzen [Costa), der Abbildung nach
(Geom. Taf. 6, 4) wie meine Exemplare aus der Uam-
pagna. — Montenero, Livormo; im Apr., Mai in den Sümpfen bei
Pisa sehr häufig, grösser und verschieden von Wiener und böhmischen
Stücken [M.]. — Stücke aus Vallombrosa, Ende Mai (Stgr.)
und solche vom Gran Sasso und den Abruzzen (Mus. Nap.)
sind kleiner und heller gelb gefärbt als die meinigen aus
M.-R., sie nähern sich also mehr der Grundform. —
F., 8, M.-L. 1 [C.\.
(sen. Selidosema Hb.
Ericetaria Vill. Bei Sassoferrato und Gubbio klopfte ich sie
Mitte Sept., wahrscheinlich als zweite Generation, in den
Abruzzen 1600 m hoch, schon Mitte Aug. recht häufig
aus Hecken. Erstere besitzen eine blaugraue, oft etwas ins
gelbliche ziehende Grundfarbe und braunen Aussenrand auf
allen Flügeln, letzterer ist auf der inneren Seite fleckig
schwärzlich; die Abruzzenstücke hingegen sind weissgrau
gefärbt und der Aussenrand ist nur auf den V.-Fl. um
ein weniges verdunkelt, manchmal ist diese Verdunkelung
nur durch Flecken auf der inneren Seite angedeutet;
letztere Form gleicht der sieilianischen. Alle meine
‘xemplare sind gross, ebenso sind die Mittelflecken
aller Flügel; die zwei dunklen Flecke am Vorderrand
und der Mittelschatten der V.-Fl. sind recht verschieden
deutlich, bei der Abruzzenform fehlt letzterer bisweilen
voll-tändig. — Toscana? [C.].
Ambhustaria H.-G. In den Abruzzen, Juni, Aug., selten [Costa].
(sen. Halia Dup.
Gontaminaria Hb. Ende April bei Nemi im Albanergebirge
in Laubwald, Mitte Juli am Westabhange des Gran Sasso
1500 m hoch, nirgends häufig; ein kräftig gefärbtes 4
1500 m hoch bei Boscolungo im Ap. t0s6. — Mai, in Eichen-
wäldern bei M.-R,, häufig [Stdf.|. — Mai, bei Orciano und zwischen
74 Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete.
Livorno und Pisa an Korkeichen, selten [M.. — Mai, Juni,
Toscana 4 [C.].
Wauaria L. In den Abruzzen, erste Hälfte Juli, nieht häufig.
Die Futterpflanze Ribes Grossularia L. wächst in den
Abruzzen zwischen 1000—1500 m sehr häufig wild und
ihre Früchte waren mit Zucker Bekgeht, mir oft eine
willkommene Speise,
(Gen. Diastietis Hb.
Artesiaria F. 1 scharfgezeichnetes 2? am 7. Sept. in der
Campagna bei M.-R.; das Aussenfeld der V.-Fl. und der
Mittelschatten auf denselben sind sehr dunkel. — Ende Mai
bei Livorno einzeln (M.).
(sen. Phasiane Dup.
Petraria Hb. Bei M.-R. im Mai, aber nicht häufig, an Stellen, wo
die Futterpflanze Pteris aquilina häufig stand (Stdf.). — Anf. Mai
bei Montenero auf sonnigen Abhängen (M.). — Apr., Mai, M.-I. 3 (C.).
Glarearia Brahm. Im Mai häufig in der Campagna bei M.-R.,
dann wieder im Sept., aber seltener. Grundfarbe der
Flügel weisslichgelb, sehr stark dunkel gefleckt und
bestäubt, die Unterseite kaum verschieden von der Ober-
seite; die dunklen Binden oft auf der Oberseite fehlend,
auf der Unterseite aber immer deutlich. Bei einem &
zeigen sich auf der Oberseite auch viele orangenfarbige
Flecke zwischen der schwarzen Bestäubung. — Eine Va-
vietät 2 Anf. Sept. bei Rom (Z.). — Bei Livorno, ünde Juni bei
Florenz und Pratolino auf sonnigen Gebirgsstellen nicht selten; sehr
abweichend von der Wiener Art, indem sie mehr gegittert und
schwärzer gezeichnet ist (M.). — Die Mann’schen 2 sind Zeller’s
3eschreibung nach sehr klein, nähern sich in der Färbung
sehr den & und scheinen im Uebrigen mit meinen Stücken
übereinzustimmen. — Im Museum zu Neapel stecken Stücke aus
Teramo. — F,, 8, M.-I. 2 (C.).
Clathrata L. Anf. Mai um Livorno und Pisa, im Juni bei Pratoveechio
auf troeknen Wiesen und Hutweiden nicht selten (M.). — Majella
(Mus. Nap.). — F., S., M.-l. 1 (C.).
(en. Eubolia B.
Murinaria F. Mai, dann Juli, Toscana 2 (C.).
(en. Scodiona B.
Gonspersaria F. Bei Pratolino an sonnigen Berglehnen zu Anf. Jun
einige Male, ihre Färbung ist matter als die der Wiener Exemplare
(M.). — Anf. Juni, Toscana 4, die var, Turturia B.? (C.).
Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna etc. 75
Gen. Cleogene B.
Acuminaria Ev. Bull. M. 1851, 636; Gn. I, 97; Glessaria
Chr. Horae 1877 S. 259, VII. 30; Opulentaria Stgr. Stett.
ent. Z. 1877 S. 203. Ein abgeflogenes 2 Mitte Sept. bei
Camaldoli im Cassentino. Diese nur aus dem Kaukasus
und Centralasien bekannte Art wurde von Eversmann
zu Epione Dup. gezogen, Dr. Staudinger stellte sie da-
gegen wegen des Geäders und des zwischen Rippe 4—6
eingezogenen gewellten Aussenrandes der H.-Fl. zu Oleogene
B. Die in der Sammlung des Herrn Dr. Staudinger
befindlichen Exemplare variiren unter sich sehr bedeutend,
ausserdem zeigt sich ein merklicher Unterschied zwischen
den Kaukasusstücken einerseits und den centralasiatischen
andererseits. Bei ersteren erlischt die über den V.-Fl.
in schräger Richtung nach der Flügelspitze ziehende
zweimal gebogene äussere Querlinie vor derselben in Zelle 6,
der Saum der Flügel ist nur schwach gewellt, der der
V.-Fl. kaum oder nicht; bei den Asiaten ist letzterer,
namentlich auf den H.-Fl., mehr oder weniger tief aus-
gebuchtet und die äussere Querlinie auf den V.-Fl. erlischt
meist nicht vor der Flügelspitze, sondern bricht sich im
Zelle 6 und zieht deutlich und senkrecht zum Vorder-
rande. Bei meinem Stück aus dem Apennin zeigen sich
folgende Unterschiede:
. Der Saum aller Flügel ist tief ausgebuchtet, fast gezackt,
auf den H.-Fl. stärker; Stücke aus. Osch, Samarkand,
Margelan und Numagan haben ihn auf den H.-Fl. ebenso
stark, auf den V.-Fl. schwächer ausgebuchtet, Stücke aus
Kuldja, Lepsa, Saisan haben ihn dagegen fast nur so
leicht gewellt, wie solche von Kurusch im Kaukasus.
. Die dunkle Bestäubung auf beiden Seiten der Flügel ist
mehr punktförmig oder besteht aus nicht so langen dunklen
Strichelchen wie bei den Kaukasus- und asiatischen
Stücken.
. Die äussere Querlinie auf den V.-Fl. ist weniger breit
bindenartig dunkel nach aussen beschattet; Dr. Staudinger
nennt sie bei seinen Stücken mit Recht die innere Be-
grenzung einer bräunlichen Aussenbinde; diese Binde ist bei
den Asiaten meist breiter als bei den Kaukasusstücken.
Die äussere Querlinie auf den V.-Fl. ist anders gebogen;
76
Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna etc.
sie erlischt aber vor der Flügelspitze wie bei den Kaukasus-
stücken. Sie läuft vom Innenrande gerade bis M 1, von
da bis UR bildet sie den ersten starken Bogen nach aus-
wärts, von UR bis in Zelle 6, wo sie erlischt, den zweiten
flacheren ; bei Dr. Staudinger’s Stücken beeinnt der erste
Bogen schon zwischen SM und M 1 und endet auf M 3; er
ist ausserdem oft flacher.
Die Mittelpunkte sind auf allen Flügeln SYösser.
. Die innere Querlinie, welche das dieht dunkelbestäubte
Basalfeld nach aussen begrenzt, bildet nieht wie bei
Dr. Staudinger’s Stücken einen Bogen, sondern auf M 1,
M und SC Ecken und ausserdem convexe Bogen zwischen
SM und Mi, M und SC. Beide Querlinien stehen sich
in Zelle 2 am nächsten; nur ein Stück aus Lepsa hat
eine ähnlich gezogene innere Querlinie.
Auf den H.-Fl. zeigt sich die bis in den Vorderrand
laufende Mittellinie deutlich, von der ausserhalb von ihr
eelerenen dunklen Binde sind nur Spuren vorhanden,
vielleicht weil mein Stück schon abgeflogen ist. Auf
der Unterseite scheint nur die äussere Querlinie auf den
V.-Fl. durch, aber die 4 Mittelpunkte sind deutlich; bei
frischen Stücken dürfte die Unterseite nicht verschieden
sein. Die Raupe dieser Art lebt im Kaukasus auf
Alchemilla an kräuterreichen Abhängen, 7—8000° hoch;
der Falter fliegt hier schon im Aug., in Centralasien im
Juni, Juli; er dürfte im Apennin bei 3000° ebenfalls im
Aue, fliegen und ich nur ein verspätet ausgekonmmenes
Exemplar gefangen haben. Das isolirte Vorkommen dieser
Art im Apennin ist sehr interessant und ein neuer
Beweis, dass die örtlichen Verhältnisse und Lebens-
bedingungen für viele Arten im Apennin Mittelitaliens
und manchen Theilen Südrusslands und ÜGentralasiens
ziemlich dieselben sein müssen, um gleiche Arten ge-
meinsam besitzen zu können, wenn auch in etwas ab-
eeänderter Form, oder dass sich so ähnliche Arten zu
bilden vermochten, dass unser Auge sie nicht oder schwer
zu trennen vermag; ich erinnere an Call. Dominula L.
ab. Rossica Kol. — var. Italica Stdf., Plusia Beckeri Stgr.
— Italica Stgr. etc.
Lutearia F. Eine ziemlich häufig auftretende Art auf dem
Gran Sasso, Monte Cimone im Ap. toscano und anderen
Bergen bei Boscolungoe, den ganzen Juli hindurch bis
Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete. 17
Anf. Aug., zwischen 1700—2000 m; die 2 sind selten.
— Majella (Costa). — $., M.-I. 2, Apemin (C.).
Gen. Scoria Stph.
Lineata Sc. (Dealbata), ‘bei Livorno und Pisa Mitte Mai zwischen
jungem Gesträuch, bei Florenz Anf. Juni an sonnigen grasreichen
Lehnen nicht selten (M.). — Mai, Juni, M.-I. 2 (C.).
(sen. Aspilates Tr.
Gilvaria F. In der ersten Hälfte Aug. auf dem Gran Sasso
recht häufig an Stellen, wo hohes Gras wächst, 1800 bis
2000 m hoch, in sehr lebhaft gelber Färbung und ohne
dunkle Bestäubung der V.-Fl. — F., dann Spätsommer, M.-I.
3 ı(C.).
Ochrearia Rossi. April und dann Ende Aug., Sept. in der
Campagna und auf den Bergen der Sabina bei Tivoli;
oft tritt sie massenhaft in der Campagna auf dürrem
Weidelande auf. Die Frühjahrsgeneration ist ganz ver-
schieden von der Sommergeneration. Die erstere besitzt
hochgelb gefärbte, spärlich und fein dunkel bestäubte
\.-Fl. mit blaugrauen Querstreifen, schwachen, ebenso
gefärbten, oder fast fehlenden Mittelpunkten und gelblich-
weisse H.-F].; die Sommergeneration dagegen hat blasse,
fahlgelbe V.-Fl, welche mit dichten. und gröberen
Stäubehen bedeckt sind; «lie Querstreifen sind hier stärker,
blaugrau oder hellbraun gefärbt, der äussere oft in der
Mitte verdickt und nach beiden Seiten zu schwächer
werdend; die Mittelpunkte sind grösser, die H.-Fl. weiss-
licher, die ganze Unterseite meiststärker dunkelbestäubt. Bei
beiden Generationen sind die Querstreifen und Mittelpunkte
auf der Unterseite stärker und dunkler, die Grundfarbe
lebhafter gelb als auf der Oberseite. Der Querstreifen
und der Mittelpunkt auf der Oberseite der H.-Fl.
sind sehr verschieden deutlich, oft verloschen. Bei der
Frühjahrsgeneration sind die Fransen aller Flügel ent-
weder einfach gelb oder ihre Spitzen sind mehr oder
weniger schwarzbraun und gelb gescheckt; bei der
Sommergeneration dagegen sind sie fast immer vollkommen
bis zum Flügelsaum gescheckt. Nur wenige Exemplare
der Sommergeneration, auch ein solches aus Sassoferrato
sind auf beiden Seiten so schwach bestäubt wie die
Frühjahrsgeneration und führen auch schwächer und un-
vollkommen gescheckte Fransen. Die von Zeller Ende
Aug., Anf. Sept. bei Rom und Narni gefangenen Stücke
18
Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna etc.
der Sommergeneration scheinen der Beschreibung nach,
in Bezug auf die Fransen, den letzteren gleich gewesen
zu sem. — Florenz, am 23. Juli (Sp.). — Citraria, am 15. April
auf einer Bergwiese, Ende Apr. in den Sümpfen bei Pisa nicht selten,
Mitte Mai bei Livorno auf Hutweiden am Meere einzeln (M.). — F.,
dann Spätsommer, M.-I. 2 (C.).
Strigillaria Hb. In Eichenwald bei M.-R., Ende Mai, einige
bis 40 mm grosse Exemplare. Graf Turati giebt nach
Dr. Standfuss an, dass var. Cretaria Ev. bei M.-R. in
Eichenwäldern gefunden worden sei, ich kann aber meine
Stücke nicht dazu ziehen, denn wenn sie sich auch durch
sehr weissliche, etwas spärlicher gelbbraun bestäubte
Oberseite auszeichnen, so sind doch vier braungelbe Quer-
streifen auf den V.-Fl. und drei auf den H.-Fl. sehr
deutlich vorhanden wie bei der Grundform, der äussere
allerdings nur als Schatten. Die Unters. ist ebenfalls
weiss, aber viel stärker braun bestäubt, die V.-Fl. sind
in der Grundfarbe nicht dunkler als die H.-Fl., auf
ersteren sind zwei, auf letzteren nur ein gelbbrauner Quer-
streifen sichtbar. Schwarze Mittelpunkte sind auf allen
Flügeln deutlich, auf der Unterseite sind sie stärker; die
weissen Fransen sind auf beiden Seiten durch eine dunkle
Linie getheilt, hinter den Rippenenden ist diese flecken-
artig erweitert, nach aussen stärker als nach dem Flügel-
saum zu, auf der Unterseite stärker als auf der Öber-
seite. Von H.-S.’s Abbildung 423,424 der Cretaria Ev.
sind meine Stücke also sehr verschieden. — Teramo (Mus.
Nap.). — Bei Pratolino Mitte Juni selten auf trockenen grasigen
Bergabhängen (M.), beträchtlich weisser als Exemplare aus dem Ge-
birge und dem westlichen Deutschland (Z.). — Vallombrosa, Ant,
Juni (Stgr. Sammlung). — F. bis H. (C.).
Gen. Aplasta Hb.
Ononaria Fuesl. Gemein bei M.-R. in der Camp. im F. und
Var.
dann wieder Ende Aug., Sept. Sie hat die Grösse der
3rundform, durch die helle, bleichgelbe Färbung und die
rothe Bestäubung gleichen die meisten Stücken der
Faecataria Hb. — Ononaria, in den Sümpfen bei Pisa Mitte
Mai, auf trockenen Grasplätzen bei Pratolino Mitte Juni, ziemlich
selten, bei Antignano (M.). — Mai, Juni, Tose. 4 (C.).
Gen. Sterrha Hb.
Saeraria L., mit Ab. Atrifaseiaria Stef. (? Bull. della Soc.
Ent. ital. 1870 S. 191) und Ab. Sanguinaria Esp. Sehr
gemein in der ganzen röm. Camp. auf dürren Stellen.
Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete. 79
Ah.
Diese Art ändert ungemein ab und finden sich alle Ab-
stufungen zwischen der Grundform und den beiden
Aberrationen. Ihre Flugzeit ist von Frühjahr bis in den
Oct., und hat sie mindestens 2 Generationen. Bei der
Grundform mit hellgelben V.-Fl. besitzt das & einen
rothen Querstreifen aus der Flügelspitze bis in die Mitte
des Innenrandes, rothen Mittelpunkt und Wisch in der
Mittelzelle, sowie rothen Vorderrand von der Wurzel bis
auf die Höhe des Querastes; bei dem 2 sind alle Zeich-
nungen purpur- oder braunroth, der Querstreifen endet
entfernt von dem Innenrande, auf dem Vorderrande ist
die braunrothe Färbung weniger ausgedehnt.
. Sanguinaria Esp. Nur die & haben ganz rothe V.-Fl.
und einen etwas dunkleren rothen Querstreifen, die Rippen
bleiben aber auch hier gelb; bei den $ kommt auf den
V.-Fl. die gelbe Farbe mehr oder weniger hervor, der
rothe Querstreifen ist in seiner äusseren Hälfte meistens
dunkelbraun gefärbt. In beiden Geschlechtern ist der
Querstreifen bis zum Innenrande vollständig, nach aussen
ist er liehtgelb begrenzt, die Fransen sind röthlich; mit
zunehmender rother Färbung der V.-Fl. werden auch die
gelblichweissen H.-F]. etwas grauer. Sie ist so häufig wie
die Grundform, die Uebergangsstücke sind am häufigsten.
Atrifasciaria Stef. Sie zeigt sich nur im weiblichen
Geschlecht und ist ebenso häufig wie die 2 der beiden
anderen Formen. Das Gelb der V.-Fl. ist dunkler und
hat oft schwärzliche Beimischung; der nach aussen hell-
gelb begrenzte Querstreifen, der Mittelpunkt und, wenn
vorhanden, der Wisch in der Mittelzelle sind dunkelbraun
oder schwarz; der (Querstreifen ist nach innen ver-
waschen, nach aussen scharf und endet meistens entfernt
vom Innenrande; der Vorderrand ist nur selten an der
Wurzel schwärzlich; höchstens auf den Fransen zeigt sich
bisweilen etwas röthlicher Schimmer. Die H.-Fl. sind
gelblichgrau, dunkler als bei den anderen Formen. Eine
weitere Aberration besitze ich im weiblichen Geschlecht;
hier sind die Vorderflügel und Fransen derselben schmutzig
roth, die Vorderrandshälfte der ersteren ist etwas orange-
farben, die Querstreifen und Mittelpunkte sind schwarz
wie bei Atrifasciaria, die H.-Fl. licht braungrau. —
Stefanelli’s Atrifasciaria scheint identisch mit Zeller’s
var. d,e, f (Isis 1847 S. 491) zu sein, var. a, b, e ist
die Grundform, var. g ist ab. Sanguinaria Esp. — Bei
30
Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete,
Florenz Sanguinaria selten, Grundform sehr häufig, Atrifaseiaria, nur
9, selten, aber in Toscana häufiger wie die 2 der Grundform; von
9 im Sept. gefangenen 7 waren 7 Atrifaseiaria und 2 gehörten zur
Grundform, sie bilden aber oft Uebergänge (Stef.). — Sacraria, Ende
Sept. in Gragnone (Sp.). — Aug., Sept. bei Rom, Narni, Ancona (Z.).
— Juni, Juli überall (Costa). — F., 8. H., M.-I. 2 (C.). — Um
Livorno auf Stoppelfeldern (M.).
(en. Lythria Hb.
Purpuraria L. Mitte Juli in den Abruzzen, 1600 m hoch,
aber selten. Es sind ziemlich grosse Exemplare mit
gelben V.-Fl.; die Binden sind breit, von "hellvioletter
Farbe, die äussere ist vor dem Vorderrande gespalten,
nach dem Innenrande zu kaum verschmälert; der. Innen-
rand aller Flügel ist stark schwarz bestäubt; die H.-Fl.
sind lebhaft orangefarben; die Saumlinie der V.-Fl. ist
dunkel. Auf der Unterseite zeigt sich auf den V.-Fl. am .
Vorderrande die äussere Binde als zwei rothe Streifen,
die bald verlöschen, auf den H.-Fl. fliessen die zwei rothen
Binden vor dem Innenrande zusammen und zeigt sich
auch ein deutlicher rother Mittelpunkt; auch hier ist auf
den V.-Fl. der Saum fein schwarz; die Fransen aller
Flügel sind auf beiden Seiten violett, nur am Innen-
winkel der vorderen und am vorderen Theile der hinteren
sind sie mehr der Grundfarbe der Flügel gleich gefärbt.
— Ende Aug., Anf. Sept. bei Rom und Narni nicht selten, wie die Var.
unserer Sommergeneration mit schmaler innerer und ein wenig breiterer
äusserer Querlinie auf den V.-Fl., welche letztere einfach und voll-
ständig ist; das 3 ist lebhafter gefärbt als gewöhnlich und hat auf
der ganzen Fläche spärlich aufgestreute verloschene Strichpunkite (2.).
— Ende März bei Pratovecehio nicht selten auf den Arnowiesen; im
Apr., Mai bei Livorno und Pisa auf Brachfeldern gemein, in der
Färbung wie die hiesige Purpuraria (M.). — F, 8., M.-l. 2, var,
Rotaria F, scheint die Form der I. Gen. zu sein (C.).
(Gen. Ortholitha Hb.
Coaretata FE. (Coaretaria,) Ende März bei Pratoveechio auf den ersten
Hügeln des .Apennin, viel seltener als bei Wien (M.). — F,, S.,
Apennin 3 (UN.
Plumbaria F. Im Ap. tosc. bei Boscolungo auf Weidetriften
nicht selten im Juli, in hellgrauer Form. — Palumbaria, Mai
um Livorno auf Hutweiden und an der Strasse nach Pisa gar nicht
selten (M.), darunter eine Var. (Z.). — Mai bis Sept., M.-I. 2 (C.).
— Toscana (Sp.). — Vallombrosa, Anf. Juni (Stgr. Sammlung).
Cervinata Schiff. Bei M.-R. recht häufig im Oect., Nov. auf
dürren Grasplätzen, wo Malvenarten wachsen, an denen
die Raupe lebt. — S., H., Toscana? (C.).
Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna etc, s1
Limitata Sc. In den Wäldern der Abruzzen den ganzen
Juli hindurch, ziemlich häufig, zwischen 1200-1600 m;
essind sehr hell gefärbte Exemplare. — Mensuraria, bei Florenz
Anf. Juni, bei Pratoveechio später in jungen Eichenwäldern (M.). —
Majella, Vallombrosa (Mus. Nap.). — 8., M.-T. 3 (C.).
Moeniata Sc. Von Juli bis Sept. in den Abruzzen, namentlich
auf dem Gran Sasso, seltener wie vorige; meist in der
bekannten bläulichgrauen, aber auch bisweilen in gelblich-
brauner Färbung. Bei letzteren Stücken sind Wurzel-
und Saumfeld der V.-Fl. hell ledergelb, die H.-Fl. sehr
hell gelblichgrau gefärbt, auf den V.-Fl. zeigt sich keine
Spur von bläulichem Ton. — Moeniaria, Ende Juni bei Prato-
lino an sonnigen Abhängen der Apenninen (M.). — Aquila (Mus.
Nap.). — 8. M.-I. 3 (C.).
Bipunectaria Schiff. Im Juli und Aug. in den Abruzzen sehr
häufig, einzeln bei Boscolungo im Ap. tosc., auf dem Gran
Sasso namentlich zwischen 1600 und 1800 m häufig am
Westabhange. Zum Theil ist es die typische Form, sehr oft
aber erscheint sie heller, bläulich weissgrau mit wenig
braun im Mittelfelde und namentlich ganz hellem Saum-
feld, dann sind auch die H.-Fl. heller grau, nicht mit
braun gemischt. — Majella (Mus. Nap.). — Anf. Juli auf den
Alpenwiesen des Monte Falterono, bei Pisa und Florenz Ende Mai,
bei Poppi und Bibbiena auf sonnigen Grasplätzen nicht selten (M.).
— 8, M.-I. 2 (©). — Ein Stück vom Gran Sasso gehört zu
Ab. Gachtaria Fır.; hier sind die V.-Fl. lichtbräunlich, nur
am Vorderrand im Mittel- und Saumfeld verbleibt die
blaugraue Grundfarbe; die H.-Fl. sind beträchtlich
dunkler braungrau gefärbt. Bei allen Stücken ausser bei
letzterem ist die Unters. heller gefärbt als gewöhnlich.
(ren. Mesotype Hb.
Virgata Rott. Bei Livorno (M.).
Gen. Minoa B.
Murinata Sc. (Euphorbiata), bei Montenero im Mai sehr gemein an
Waldrändern, wo Euphorbien wachsen (M.). — Florenz (Rossi). —
Gran Sasso (Mus. Nap.). — Majella (Costa). — Vallombrosa, Anf.
Juni (Stgr.). — F., 8., M.-I. 2 (C.).
Ab. Cinerearia Stgr. Im Ap. tose. bei Boscolungo in Laub-
wald, nicht selten. — Begleitet manchmal die Grundform (C.),
Var. Cyparissaria Mn. Am Golf von Spezia von Ghiliani ge-
funden (C.).
82 Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna etc.
Gen. Odezia B.
Atrata L. Im Juli auf dem Gran Sasso, 1600 bis 2000 m
hoch, auf feuchten Wiesen ziemlich häufig. — Juni, Juli,
Apennin M.-I. 2 (C.). — Im Museum zu Neapel fand ich in
mehreren Exemplaren einen der Atrata sehr ähnlichen
Spanner, welcher noch unbestimmt war. Nachdem ich
ein Exemplar, welches Herr Prof. Costa mir gütigst nach
Dresden sandte, genau betrachtet habe, halte ich den-
selben für eine Varietät von Atrata L. und nenne sie zu
Ehren ihres Entdeckers, des Herrn Professor Achille Costa
in Neapel,
Var. Costai. Körper und Flügel sind auf beiden Seiten gelb-
braun ohne Zeichnung, vor dem Aussenrande sind letztere
eine Wenigkeit dunkler braun, doch ist das bei manchen
Stücken nicht auffallend ; die Fransen sind gleichfarbig
und wie bei Atrata L. an der Spitze der V.-Fl. weiss.
(srösse wie Atrata L. Der Entdecker schreibt mir, dass
er das Thier in den letzten Tagen des Monats Juli im
Valle d’Orfenda an der Majella, in den Mittagsstunden
fliegend, gefangen habe, dass es nicht eben selten gewesen
wäre und dass Atrata L. bisher nie auf der Majella an-
getroffen wurde. Atrata ist bis jetzt als nicht aberrirend
bekannt und fliegt auf dem Gran Sasso in unveränderter
schwarzer Form, daher ist das Vorkommen dieser braunen
Localvarietät sehr auffallend, denn die Majella liegt nur
etwa 50 Kilometer südlich vom Gran Sasso und ist mit
ihm durch Gebirgsland verbunden; das letztere wird nur
von dem schmalen Flusse Pescara durchschnitten.
(sen. Lithostege Hb.
Farinata Hufn. S., Toscana 5 nach Mann (C.).
(sen. Anaitis Dup.
Praeformata Hb. Im Juli auf dem Gran Sasso und bei
Boscolungo im Ap. tosc. häufig, bis 2000 m hoch fliegend.
Die blau-grauen V.-Fl. haben weniger röthliche Bei-
mischung als gewöhnlich, die H.-Fl. sind heller; die
Querlinien der V.-Fl. sind feiner und verwaschen, die-
jenigen auf der inneren Hälfte des Saumfeldes ver-
schwinden in einer dunklen Be:chattung, diejenigen in
der Aussenhälfte des Mittelfeldes stehen gedrängter und
Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna etc. 83
näher zur äusseren Querlinie, daher erscheint das Mittel-
feld breiter und gleichmässiger blaugrau gefärbt, nach
dem Saume zu breit dunkel beschattet. — Anf. Juli 1 9
auf Monte Falterono (M.). — Vallombrosa, Anf. Juni (Stgr. und Sp.).
S., Toscana 3 (C.).
Plagiata L. Bei M.-R., im Wald und in Hecken der Cam-
pagna, des Albanergebirges etc. nicht selten, Mai, Juni,
dann Sept., Oct. Sie erscheint in zwei Formen; die eine,
33—838 mm gross, ist von unserer Form nicht ver-
schieden, sie fliegt im Juni und dann Sept.; die andere,
im Mai und dann wieder im Oct. fliegend, ist nur 26—29 mm
gross und hat grauere mit weniger Blau gemischte V.-Fl.;
die Querlinien sind hier verwaschener, nicht so dunkel,
namentlich ist der rostbraune Wisch in der Flügelspitze
blasser und röthlicher; die Binden sind kaum dunkler
als die Grundfarbe des Flügels und haben keine oder
nur wenig Verdunklung am Vorderrande; die Unterseite
ist weniger röthlich gefärbt. Herr Dr. Staudinger besitzt
ähnliche Stücke aus Spanien, Macedonien und Kleinasien
unter der Grundform. Sie bilden den Uebergang zu var.
Pallidata Stgr., welche letztere aber viel kleiner und
lichter weissgrau gefärbt ist und deren Querlinien noch
weniger scharf gezogen sind. — Die grosse Form überall, Juni,
Juli, Aug, Oct. (Costa). — Antignano, Pratolino Ende Juni an sonnigen
Abhängen nicht selten (M.). — Gragnone im Herbst gemein (Sp.). —
Sehr häufig in ganz Italien, Mai, Juli, Aug. (C.). — Vallombrosa,
iinde Mai (Stgr.).
(sen. Chesias Tr.
Spartiata Fuesl. S., H., Tose.? (©).
Rufata F. F., Anf. $., M.-I. 4 (C.). — Vallombrosa, Ende Mai (Stgr.
Sammlung.).
(sen. Lobophora Gurt.
Halterata Hufn. (Hexapterata), bei Pratoveechio und Stia Anf. April
an Pappelstämmen nicht selten (M.). — F., M.-1. 3 (C.).
Gen. Triphosa Stph.
Dubitata L. F., S., H., M.-I. 3 (C.).
(sen. Eucosmia Stph.
CGertata Hb. Bei Pratoveechio an Dornenheeken zu Anf. Juni nicht selten
(M.). — Apr., Mai, M.-L 3 (C.).
6*
S4 Die Maerolepidopterenfauna der römischen Campagna ete.
Undulata L. Im Juli in den Nadelwäldern bei Boscolungo
im Ap. tosc., 1500 m hoch, nicht so häufig wie bei uns.
(en. Seotosia Stph.
Vetulata Schiff. Bei Pratoveechio, Poppi und Bibbiena in Dornhecken
Mitte Juni nicht selten (M.). — Juni, Juli, M.-I. 3 (C.).
Rhamnata Schiff. Ende Mai in Hecken bei Livorno und Pisa, einzeln
(M.). — F., S., Tosc. 4 (C.).
Badiata Hb. Selten bei Livorno Ende Mai an lebenden Zäunen (M.).
(ren. Lygris Hb.
Prunata L. Bei Livorno Mitte Mai einigemal um dürre Zäune (M.).
— 8., M.-1. 3 (C.).
Populata L. In den Caseinen bei Florenz (Sp). — Ende Juli, Aug.,
M.-I. 2 Apennin (C.). — Tose. (Rossi).
Assoeiata Bkh. Juni, M.-I. 3, nördlicher Theil [C.].
Gen. Cidaria Tr.
Dotata L. Im Juli, Aug. in den Abruzzen am Gran Sasso
und im Ap. tosc. bei Boscolungo nicht sehr häufig auf
Alpenwiesen, 1600 m hoch. Die toscanischen Stücke
sind lebhafter gezeichnet und gefärbt. — Pyraliata, nicht
selten Mitte Mai bei Pisa in den Sümpfen, im Juni bei Florenz an
Grasstellen (M.). — Majella, Vallombrosa (Mus. Nap.). — Mai, Juni,
M.-L 2 (C.).
Fulvata Forst. Im Juli in den Abruzzen am Gran Sasso
1300 m hoch in Laubwald nur wenige Exemplare. —
Mitte Mai bei Pisa, im Juni bei Pratoveechio um wilde Rosen nicht
selten (M.). — Mai, Juni, M.-I. 3 (C.).
Ocellata L. In der Campagna sehr gemein in Hecken, im
Mai, Juni, Aug., Sept., Oct. — Bei Livorno, Pisa, Lucca sehr
häufig an Einzäunungen, in denen Evonymus wuchs, Mitte Mai (M.).
— Vallombrosa, Mitte Juni (Stgr. Sammlung). — F., S., M.-I. 1, sehr
häufig in Toscana (C.).
Bicolorata Hufn. Im Frühjahr in Weinbergszäunen bei M.-R. häufig
(Stdf.)? — Juni, Toscana 4 nach Mann (C.).
Variata Schiff. In den Nadelwäldern Toscanas häufig, Bos-
colungo, Vallombrosa, Camaldoli; Juli, Sept. In weisslich-
grauer Form mit scharf abgehobenem graubraunen oder
gelblichbraunen Basal- und Mittelfeld, variirend wie bei
uns, aber fast immer mit deutlicher, weisslicher Be-
erenzung des Basal- und Mittelfeldes.. — Gragnone, in
Tannengehölz im Herbst (Sp... — Vallombrosa, Mai, Juni (Stgr.
Sammlung).
Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete. 85
Ab. Stragulata Hb. Unter Voriger bei Boscolungo im Juli.
Die Grundfarbe der V.-Fl. ist weisslich, kaum grünlich
schimmernd, Uebergangsstücke zur Grundform sind stärker
dunkel bestäubt. — Vallombrosa, Ende Juni (Stgr. Sammlung).
Simulata Hb. var. Geneata Feisth. Auf dem Gran Sasso im
Juli einige Exemplare, 1600 m hoch, in heller röthlich-
graubrauner Färbung, wie solche aus den französischen
Alpen.
Juniperata L. “ Anf. Juni bei Poppi in einem lichten Eichenwäldcehen,
worin viel Juniperus, nicht häufig (M.). — S8., Tose. 4 (C.).
Cupressata H.-G. Bei M.-R. häufig im Frühjahr und dann
Ende Sept., Oct., in heller, bräunlichgrauer, wenig röth-
licher Färbung. — Raupen der verschiedensten Grösse, Puppen
und Falter zu gleicher Zeit bei M.-R., daher sind mehrere Genera-
tionen anzunehmen, während Milliere glaubt, dass nur eine Generation
besteht (Stdf.). — Ende April, Anf. Mai bei Livorno, einzeln und
selten an Cypressen (M.).
Siterata Hufn. Ein Exemplar bei M.-R. im Sept. Die V.-Fl.
mit sehr wenig röthlicher Einmischung und wenig grüner
Färbung; die beiden Binden, welche das auffallend schwärz-
liche Mittelfeld einschliessen, sind sehr hell, sodass dieses
stärker als gewöhnlich hervortritt. — F., dann Aug., Sept.,
M-143. (0).
Truncata Hufn. (Russata), im Juni bei Pratoveechio an Hecken nicht
selten [M.]. — Abruzzen |Mus. zu Neapel]. -— 8., M.-I. 3 Apennin
C.). — 1 Exemplar auf Corno alle scale [Ap. tose.], 1950 m
hoch [Sp.].
Aptata Hb. ab. Suplata Frr. Im Mai bei M.-R. einzeln.
Olivata Bkh. Im Ap. tosc. bei S. Marcello einzeln im Juli,
einige abgeflogene Exemplare Mitte Sept. bei Camaldoli
(Ap. tosc.). Die V.-Fl. haben sehr wenig grüne Bei-
mischung. — 8. M.-1. 3 (C.).
Viridaria F. Mitte Mai in Hecken bei M.-R., im Juli bei
Boscolungo im Ap. tosc. in Laubwald, nicht häufig, mit
lebhaft gelbgrüner Färbung der V.-Fl. — (Miaria), Mai bei
Livorno, Salviano, Antignano an Einzäunungen nicht selten (M.). —
S., M.-I. 3 (C.). — Vallombrosa, Mitte Juni (Stgr. Sammlung).
Aqueata Hb. Im Juli, Aug. auf dem Gran Sasso häufig an
die Lampe kommend, 1600—2000 m hoch. Es sind
kleine, weissliche Exemplare, selbst bei frischen Stücken
haben die V.-Fl. wenig grünliche Beimischung und die
Unterseite der Flügel ist sehr hell. — Ende Mai, Juni, M.-I.
3 Apennin (Ö.).
Salicata Hb. Bei M.-R. im Juni und dann wieder von Anf.
Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete.
Sept. bis Ende Oet. emzeln, die Herbstgeneration jedoch
häufiger; bei Gubbio Mitte Sept. in Hecken. Diese
Stücke gehören zu keiner der bekannten und abgebildeten
Formen; Herr Dr. Staudinger erwähnt ein ähnliches 4
aus Griechenland (Horae 1870, 173) und besitzt solche
auch aus Lissa und Spalato. Sie halten die Mitte zwischen
Salicata Hb. und v. Rufficinctaria Gen.; Grösse 20—23 mım.
Die V.-Fl. sind hell weisserau gefärbt, das Mittelfeld
allein ist sehr dunkel, alle übrige Zeichnung ist ver-
waschen, von gelber Färbung zeigen sich nur Spuren
auf den Rippen im Aussenfelde, die H.-Fl. sind weisslich-
grau mit undeutlicher, hellerer Binde. Ein Herbsstück
aus M.-R. unterscheidet sich durch starke gelbe Beimischung
auf den V.-Fl., kann aber, da es sehr klein ist, nicht zu
Ruficinetaria gezogen werden und scheint hier eine Aber-
ration zu sein, ebenso gut wie Ablutaria Mill. Ic. 1859
III, 3, 12 in Frankreich, der es nur in der Farbe ähnelt
und welche Herr Dr. Staudinger zu Ablutaria H.-S. 332,
383 stellt. In Barcelona scheint jedoch meine gelbe
Form häufiger vorzukommen. da sich mehrere Exemplare
von dort in der Staudinger’schen Sammlung befinden.
Grösse 21 mm, Basal- und Aussenfeld ist lebhaft gelb
gefärbt, alle Zeichnung ist scharf, das Mittelfeld der
V.-Fl. sehr dunkel, um den Mittelpunkt herum gelblich
überlaufen, während bei meinen anderen Stücken dort
das Mittelfeld nur heller grau erscheint; letzteres ist
weisslich begrenzt, die schwarze Punktreihe auf den
Rıppen im Aussenfelde und die weissen Flecken zwischen
den Rippen vor dem Saume sind deutlich, die H.-Fl. grau,
mit deutlicher heller Doppelbinde; die Unterseite ist
dunkler grau als bei den übrigen Stücken, bei welchen
namentlich der Aussenrand aller Flügel sehr weisslichgrau
gefärbt ist. — Salicata Hb., Mitte Juli in den Abruzzen zwischen
4—5000‘ |Stdf.]. — Ablutaria H.-S. Fig. 382, 383, S. 159, Muscosaria
Ld., Mann in lit, Mitte März an Felswänden um den Arno, sehr
selten; Salicaria, bei Pratovecchio Anf. Juni einige Male an Felsen-
wänden, weicht etwas von den Wiener Exemplaren ab [M.]l. —
Ob Mann unter letzterer meine kleine Form meint, oder
Salicata Hb., Salicaria H.-S., oder Achromaria Lah., nach
Dr. Staudinger’s Catalog gleich Saxicolata Ld., von welcher
Lederer angiebt (die Spanner, Verh. d. z. b. Ver. 1853,
266): „wir haben um Wien eine der Nebulata sehr ähn-
liche Art, die wir bisher als Salicata verschickten, die
aber diesen Namen nicht ferner behalten kann, da er
Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete.
pP pas
sich durch gar nichts motiviren lässt und die ich daher
Saxicolata nenne,“ — ist nicht festzustellen.
Var. Ruficinetaria Gn. Vallombrosa [Stgr. Sammlung]. — Var. Rufi-
cinetaria Stgr. [Ablutaria H.-8.] Garten Pandolfini in Florenz [Sp.].
— Nicht selten in fast ganz Italien; 2 Generationen [C.].
4 Disjunetaria Lah. Zwei geflogene & aus Toscana, zu denen Herr
Dr. Staudinger bemerkt: höchst wahrscheinlich Disjunctaria Lah. var.,
mit dunkler Mittelbinde |Sp.].
Vespertariä Bkh. Ende Juni im Park von Pratolino [M.]. — Ves-
pertaria Tr., Stgr. [non L.], Gragnone, Sept., Oct. [Sp.]. — 8., M.-I.
4 [6]. — Subdublicaria Costa, (Geom. S. 88, Taf. 12, 2.)
1 Stück auf der Majella im Aug., scheint hierher zu ge-
hören; Costa erwähnt aber, dass die Unterseite gelblich-
weiss, ohne jede Zeichnung sei, während Vespertaria Bkh.
braune Mittelpunkte auf allen Flügeln und gewöhnlich
auch mehr oder weniger deutliche dunkle Streifen auf
der Unterseite hat. Costa vergleicht sie mit Duplicata Hb.
und ist in Zweifel, ob sie zu letzterer gehört; die Ab-
bildung passt aber sicher nicht zu ihr.
Fluctuata L. fm F. und dann Sept., Oct. gemein in der
Camp. in Hecken, in kleiner, recht weisser Form, nicht
verschieden von deutschen Stücken; das Mittelfeld der
V.-Fl. ist nur in der vorderen Flügelhälfte dunkelbraun
gefärbt. — Majella [Mus. Nap.]. — Fluctuaria, im Mai bei Livorno
und Pisa in allen Zäunen, Gebüschen und Hecken sehr gemein [M.]
und ebenso veränderlich wie bei uns [Z.]. — Vallombrosa [Stgr.
Sammlung]. — F., dann 8., M.-I. 2 [C.].
Montanata Bkh. In den Abruzzen nicht häufig, im Ap. tose.
bei Boscolongo bis 1300 m hoch häufig, Ende Juni, Juli.
Die Stücke variiren wie bei uns; ihre Grundfarbe ist
durchgängig sehr hell, die Mittelbinde der V.-Fl. sehr
dunkel. — Vallombrosa Anf. Juni [Stgr.]. — Montanaria, Anf.
Juni bei Pratovecchio auf dem Monte Falterono um Nadelhölzer
einzeln [M.]. — S., M.-IL. 3 [C.].
Quadrifaseiaria Cl. Ende 8., M.-L. 4 [C.].
Ferrugata Cl. Bei M.-R. nicht häufig im Juni. Das Basal-
und Mittelfeld der V.-Fl. sind rothbraun oder purpurbraun,
letzteres am dunkelsten und auffallend breit. — Bei M.-R.
in 2 Generationen |Stdf.]. — Ferrugaria, bei Florenz Anf. Juni, bei
Pratovecechio später an Zäunen und Hecken, nicht sehr selten [M.],
Färbung dunkelroth und bläulichschwarz, Mittelbinde der V.-Fl.
merklich breiter als bei unserer Ferrugaria [Z.]. — Vallombrosa,
Ende Mai, Anf. Juni [Stgr.]. — F., $., gemein in ganz Italien [C.].
Unidentaria Hw. In zwei Generationen bei M.-R. [Stdf.].
Pomoeriaria Ev. Vallombrosa, Ende Mai [Stgr. Sammlung).
Fluviata Hb. Bei M.-R. im Mai und dann Sept., erste Hälfte
ss Die ] Maorolapsdupteranfuniie, ‚der römisohen Campagns, 1obon
Oct., im Herbst häufiger als im Frühjahr, 2 im Herbst
häufiger als &. Sie kommt an die Lampe und findet sich
auf grasreichen Stellen der Campagna. & mit dunklem
Mittelbande, kräftig gefärbt und gezeichnet, 2 der Früh-
jahrsgeneration heller, röthlicher gefärbt als solche der
Herbstgeneration, deren Färbung dunkel leberbraun, grau-
schimmernd ist, so dass die dunkle Mittelbinde wenig
hervortritt. Die Herbstgeneration ist kleiner. — Ende Mai
bei Posignano an Tamarixheeken gefangen [M.]. — F., dann H., in
ganz Italien, nicht häufig, sehr variirend [C.].
?Caesiata Lang. 8, M.-I. 3 [GC]. — Im Museum zu Neapel
stecken Exemplare aus den Abruzzen unter dem Namen
('aesiata, welche zum Theil zur folgenden Art, zum anderen
Theil zu Nebulata Tr. gehören dürften, daher ist mir das
Vorkommen von Caesiata im mittelitalienischen Gebirge
fraglich.
Flavieinetata Hb. Ende Juni, Anf. Juli in den Abruzzen
in der Umgegend von Aquwla, 900 bis 1000 m hoch,
einige sehr helle, weisslichgraue Exemplare. Auch die |
Unterseite ist sehr hell; lebhafte hellgelbe Färbung zeigt
sich auf der Oberseite der V,-Fl. im Basalfelde an der |
äusseren Begrenzung, in dem hellen Raum zwischen
Basal- und Mittelfeld, im Mittelfelde selbst auf beiden
Seiten und im Aussenfelde auf den Rippen, namentlich
stark im Mittelfelde auf der M und im Aussenfelde auf
M 2 bis SC 4.
Cyanata Hb. Einige Exemplare kamen auf dem Gran Sasso
im Juli an die Lampe, 1600—2000 m hoch. Es sind
ebenfalls sehr hell gefärbte Stücke, ohne gelbe Beimischung
im Wurzel- und Saumfeld der V.-Fl.; die Grundfarbe
derselben ist in manchen Jahren eine bläulich weissgraue,
in anderen eine mehr weisslich aschgraue; bei letzterer
Färbung ist das Mittelfeld sehr hell und alle Zeichnung
verwaschen. Die H.-Fl. sind weisslich, nur vor dem
Saume schmal grau und führen keine Mittelbinde; die
Unterseite aller Flügel ist weiss, etwas gelblich glänzend,
nur vor dem Saume zeigt sich eine schmale, dunkle, un-
deutliche Binde auf den H.-Fl.; auf den V.-Fl. ist der
Aussenrand selbst dunkel und verbreitert sich nach der
Flügelspitze zu, welche bräunlich erscheint.
Nebulata Tr. Auf dem Gran Sasso sehr häufig, 1600—2000 m
hoch, im Juli, Aug.; V.-Fl. glänzend, hell weisslichgrau,
Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete, 39
mit weniger bräunlichem Schimmer, als Alpenstücke ihn
meistens haben.
Verberata Sc. S., Apennino tose. 3 (C.).
‚Ape
Frustata Tr. Im Juli am Gran Sasso, nicht sehr häufig;
meist sind es lebhaft grüngelb eefärbte Exemplare, darunter
Var. Fulvoeinetata Rbr., bei denen namentlich die Rippen im
Aussenfelde und der Anfang der Binden am Vorderrand
der V.-Fl. lebhaft orangegelb gefärbt sind; Stimm und
Schulterdecken sind gleichfalls orangegelb; die H.-Fl. sind
heller grau, nur vor dem Saume breit dunkel und die
Unterseite ist heller als bei der Grundform; alle Zeieh-
nung der V.-Fl. auf der Oberseite ist schärfer,
Scripturata Hb. S., Toscana 4 nach Mann (C.).
Riguata Hb. Mitte Mai bei Tivoli 1 4, im Juli m den
Abruzzen am Fusse des Gran Sasso, 900 m hoch, an
Felsenwänden nicht selten. Das Stück aus Tivoli ist
auf beiden Seiten grauer gefärbt als die Abruzzenstücke,
letztere besitzen zum Theil mehr röthlichbraune Bei-
mischung auf der Oberseite als deutsche. — Zweimal bei
Pratolino Anf. Juni, einmal bei Fiesole in jungem Gebüsch (M.). —
Apr., Mai, Aug., Sept., M.-]I. 3 (C.).
Putridaria H.-S. Anf. Juli am Fusse des Gran Sasso bei
Camarda am Flusse Raiale, S00 m hoch, an Felsen und
Baumstämmen sitzend und aufgeschencht wild fliegend,
nicht selten. Meine Stücke sind kleiner als kleinasiatische
und russische, von var. Bulgariata Mill. welche hierher,
nicht zu Permixtaria H.-S. gehört, sind sie kaum zu
trennen. Ein Stück aus Slivno in der Staudinger’schen
Sammlung gleicht meinen Stücken sehr, nur ist auf den
V.-Fl. die Begrenzung der Wellenlinie weniger schwärz-
lich und mehr ins fleischfarbene ziehend; die Beschattung
der Wellenlinie ist in Zelle 4, 5 stärker als in den übrigen
Zellen, was nach H.-S. bei der Grundform nicht der
Fall ist.
?Corollaria H.-S. Graf Turati erwähnt in den „Note lep. etc.“
dass diese Art von Dr. Struve in Sassoferrato gefangen
worden sei. Da letzterer nie in Sassoferrato war, oder
dort hat sammeln lassen, muss diese Angabe irrig sein;
ich erhielt wolil Sendungen aus Sassoferrato, habe aber
nie Corollaria von dort erhalten.
CGuculata Hufn. In Zäunen bei M.-R. in 2 Generationen (Stdf.).
Sinuata, bei Livorno und Pisa im Mai einige Male (M.). — Juni,
Toscana 4 (ÖC.).
Galiata Hb. Ueberall in: der Campagna recht häufig in
90 Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete,
Hecken, Mai und dann Sept., bei Sassoferrato im Sept.,
in den Abruzzen im Juli. Es sind helle Exemplare mit
wenig gelblicher Beimischung oder ohne solche im Basal- und
Aussenfelde der V.-Fl., wie es auch bei deutschen vorkommt.
— Vallombrosa, Mitte Juni (Stgr.). — Pisa, Livorno im Mai nicht
häufig (M.), helle Exemplare mit sehr wenig gelblicher Beimischung,
Narni im Sept. (Z). — Florenz (Sp.). — F., 8., häufig in fast ganz
Italien (C.).
Rivata HD. In Zäunen bei M.-R. in 2 Generationen (Stdf.). — Livorno
und Riparbella Mitte Mai, bei Florenz im Juni häufig (M.). — F,,
D.heBe, MEI 2HNCH:
Sociata Bklh. Sehr gemein in der Campagena im Mai, dann
von Ende Aug. bis Anf. Oct, in Hecken; es sind kräftig
gezeichnete Exemplare, nicht verschieden von deutschen.
— Alchemillata, bei Orciano, Pisa, Pistoja, Ende Mai sehr häufig in
Gebüschen (M.). — 8. Toscana 3 (C.).
Procellata F. Im Mai bei Livorno und Montenero einzeln an Ahorn-
bäumen (M.). — Mai, Juni, M.-I. 3 (©).
Tristata L. Im Mai bei Livorno und Pisa um Eschengebüsch nicht
selten, in allerhand Abänderungen, worunter auch die mit viel Weiss
versehene Var. Funerata (M.). — F., 8., M.-I. 2 (C.).
Molluginata Hb. S., M.-1. 2 (©).
Alchemillata L. F., S., M.-I. 2 (C.). — Tose. (Rossi.) — It. ce. (Stgr.).
Unifasciata Hw. mit
Ab. Aquilaria H.-S. Im Sept., Anf. Oct. in der Campagna,
bei M.-R. sehr häufig, sie fliegt gern zum Licht. Aus
Sassof. erhielt ich sie nicht, wie Graf Turati angiebt. —
S., Tose. 4 (C.).
Minorata Tr. Ein sehr blasses Stück fing ich an der Lampe
auf dem Gran Sasso am 1. Aue., 1700 m hoch.
Albulata Schiff. Bei Boscolungo im Ap. tosc. im Juli recht
häufig. Die über die V.-Fl. laufenden Querlinien sind
verwaschen gelb, ohne jede Beimischung von grau. —
Im Apr. und Mai häufig bei Pisa auf Grasplätzen in den Sümpfen (M.).
— E., 8., M.-I. 2 (C.).
Candidata Schiff. In Laubwäldern bei M.-R. im Mai, nicht
häufig. Die- Querlinien aller Flügel sind gelblich ohne
graue Beimischung. — Ende Mai bei Pisa und Pistoja an leben-
den Hecken einzeln (M.). — F., S., M.-L 2 (C.).
Decolorata Hb. Bei M.-R. in Hecken nicht selten, von April
bis Juni, dann wieder Sept.; bei Aquila einige Stücke
Ende Juni. Die Zeichnung der V.-Fl. ist lebhaft, hell
ockergelb. — Die Raupe sehr häufig im Mai, Juni in den Blüthen
und Kapseln von Lynchnisarten (Stdf.). — Gragnone im Sept. (Sp.). —
Ende April, Anf. Mai bei Livorno an hohen Zäunen (M.). — S.,
M.-I. 3 (C.).
Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete. 91
Obliterata Hufn. (Hepararia), bei Salviano Ende Apr. nicht selten (M.).
Bistrigata Tr. Toscana? (C.).
Bilineata L. und Var. Testaceolata Ster. Ueberall sehr
häufig in der Campagna in Hecken und Gebüsch; im Mai,
dann im Sept. In den Abruzzen im Juli bis 900 m hoch
einzelne Exemplare. Sie variirt in der Farbe wie bei
uns von lebhaft gelb bis gelbbräunlich; entweder sind
die Flügel einfarbig, oder das Mittelfeld der V.-Fl. hat
auf beiden Seiten eine dunkle Beschattung; die weissen Quer-
linien zu beiden Seiten des Mittelfeldes sind stets deutlich,
die übrigen weissen und dunklen Querlinien sowie die
weisse Wellenlinie sind es mehr oder minder; die beiden
innersten dunklen Querlinien im Mittelfelde der V.-Fl.
bilden oft Ringe, wie es Zeller von seinen sieilianischen
Stücken erwähnt, was aber auch bei deutschen vorkommt.
Bei var. Testaceolata bildet die Beschattung im Mittel-
felde der V.-Fl. oft zwei breite schwärzliche Binden;
auch bei ihr sind alle weissen Linien deutlich. —
Vallombrosa [Stgr.]. — Ende April, Mai bei Livorno sehr häufig,
Färbung fahlgelb, die Binden meist matter als an Wiener Bilineata
[M.]. — Rom, Ende Aug.; Tolentino, Anf. Sept. [Z.]. — Ueberall in
Toscana bis October, gemein |Sp.]. — Ueberall im Neapolitanischen
[Costa]. — F., 8., M.-1. ı [C.].
?Confusaria Stgr. Bei Antignano Anf. Mai 1 9 (Bistrigata H.-S.
Fig. 3, 4, 5, 8. 148 [M.].
Sordidata F. var. Infuseata Steger. Ein grosses d, 900 m
hoch, Ende Juni, zwischen Antrodoco und Aquila. Die
Binden der V.-Fl. sind verwaschen, abwechselnd grau-
braun und eisengrau gefärbt, nur am Vorderrande sehr
dunkel; die schwarze Wellenlinie ist deutlich, nach innen
aschgrau angelegt, ebenso deutlich sind die zwei schwarzen
Flecke in der Flügelspitze in Zelle 6 und 7.
Trifaseiata Bkh. (Impluviata), Anfang Juni bei Pratoveechio am Arno
in Erlen- und Pappelgehölz nicht selten (M.). —- F., S., Toscana 3 (C.).
Silaceata Hb. Im Juli im Ap. tosc. bei Boscolungo, einzeln
und nicht von deutschen Exemplaren verschieden, die M.
der V.-Fl. ist auch hier mit ihren Aesten im Mittelfeld
gelblich, oder sie tritt nicht hervor.
Berberata Schiff. Um Livorno Ende Mai, um Pratoveechio im Juni
an Berberitzenhecken [M.]. — F., 8., M.-I. 3 [C.].
Nigrofaseiaria Goeze. Im Frühjahr in Hecken bei M.-R.
einzeln. — Apr., Mai, M.-I. 4 |C.].
Rubidata F. In Hecken der Campagna bei M.-R. sehr häufig
im Frühjahr und dann Aug., Sept. — Von Mitte Apr. bis
92 Die Macr olepidopterenfauna der römischen Campagna etc.
Ende Mai bei Livorno, Montenero, Posignano, Pisa, Florenz in Hecken
nicht selten [M.]. — F., S., M.-1. 3 [C.].
Polygrammata Bkh. var. Conjunetaria Ld. Bei M.-R. einzeln
Mitte Mai und dann Anf. Juli auf feuchten Wiesen der
Campagna. Sie kommt gern wie auch die vorige Art
zum Lieht und stimmt mit Zeller’s Beschreibung seiner
sicilianischen Stücke überein. — Polygrammata, im Mai bei
Livorno, Salviano, Montenero, Posignano an Tamarixhecken [M.]|. —
Var, Fler Ld. wurde von Mann in Toscana gesammelt, Mai,
Juni [C.].
Vitalbata Hb. Bei M.-R. im Mai, Juni, dann wieder im Sept.
ziemlich häufig. einige Stücke erhielt ich auch aus Sasso-
ferrato. Vorderrand der V.-Fl. und H.-Fl. sind sehr hell-
gefärbt. — Um Livorno, Pisa, Florenz, an lebenden Zäunen und
Hecken nicht selten im Mai [M.]. — F., S., nicht selten in ganz
Italien [C.].
Corticata Tr. Montenero, Antignano [M.].
Tersata Hb. Bei M.-R. im Mai, Juni, dann im Sept. häufig;
ein Exemplar Ende Aug. bei Olevano, in Hecken. Die
Frühjahrsgeneration ist grösser und brauner, die Herbst-
generation kleiner und grauer gefärbt, die Stücke der
letzteren sind von deutschen nicht verschieden. Um
Livorno den ganzen Mai durch sehr häufig in Ahornhecken [M.]. —
F., S., nicht selten in ganz Italien [C.].
(Gen. Gollix Gn.
Sparsata Tr. Einige Stücke bei Pratoveechio Anf. Juni und bei
Ardenza [M.].
Gen. Eupitheeia Curt.
Oblongata Thnb. Sehr häufig in der Campagna im Mai, ‚Juni,
dann wieder von Ende Aug. bis Ende Oct. Die Stücke
der Frühjahrsgeneration sind grösser, bis 21 mm Flügel-
spannung, und heller gefärbt als die der Herbstgeneration,
welche höchstens 17 mm gross werden. Die Zeichnung
und die Binden sind bald dunkler, bald heller; bei einigen
Exemplaren der Herbstgeneration ist-auf den V.-Fl. der
Raum zwischen Mittelfleck und Vorderrand tiefschwarz;
der Mittelfleck ist bei der Herbstgeneration dieker und
grösser. — Centaureata, Ardenza [M.]. — Fast das ganze Jahr
nicht selten in ganz Italien [C.].
Brevieulata Donz. Im Mai, Juni ziemlich häufig bei M.-R. —
Bei Ardenza einmal Mitte Nai auf Hutweide, einmal bei Pratovecchio
am 5. Juni auseiner Dornhecke geklopft |M.}. — Mai, Juni, Toscana 4 [C.].
Irriguata Hb. Hnde März bei Pratovecchio nur 5 mal von jungen
Eichen geklopft [M.]. — F., S., M.-I. 3 [C.]:
Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna ete. 95
Insigniata Hb. S$., Tose. 4 nach Mann [C.].
Venosata F. Im Mai bei M.-R. [Std£]. — Selten bei Livorno, Mitte
Mai an Hecken [M.]. — S., nicht selten in ganz Italien [C.].
Linariata F. Toscana [M.]. — $., Toscana 4 [C.].
Laquaearia H.-S. 12 am 9. Oct. bei M.-R. in der Campagna. —
Diese wie die folgenden von mir gesammelten Arten hatte
Herr Dr. M. Standfuss in Zürich die Güte mir freund-
schaftlichst zu bestimmen. -—— 1 Stück im Mai bei M.-R. [Stdf.].
Pusillata F. Ein einförmig dunkelgrau gefärbtes 2 im Juli
bei Boscolungo. — Sehr dunkle Exemplare stecken in
Herrn Dr. Staudinger’s Sammlung mit der Bezeichnung
Var. Obscnrata, Vallombrosa, Ende Mai.
Coronata Hb. Selten bei Livorno, Mitte Mai an Tamarixbäumen [M.].
— #,.».; Toscana 4 TC.].
Reetangulata L. Bei Pratoveechio Anf. Juni an Obstbäumen [M.]. —
F., S., nicht selten in ganz Italien, auch var. Cydoniata Bkh. findet
man in Italien [C.].
Scopariata Rbr. [Tenebrosaria F, R. H.-S. 8. 120 und 130, Fig. 157,
Ericearia Kollar, Mann in lit.], Mitte Apr. bei Montenero an der
baumartigen Heide, selten [M.]. — Apr., Mai, dann H., Toscana 4 [C.].
— Vallombrosa, Ende Mai, Juni [Stgr. Sammlung].
Var. Guinardaria B. Toscana [C.].
Nanata Hb. ab. Obscurata Stgr. Vallombrosa Ende Mai bis Mitte
Juni [Stgr. Sammlung].
Innotata Hufn. Ardenza, Antignano [M.].
Nepetata Mab. Bei M.-R. in der Campagna Ende Aug. einige
Exemplare; auf dem Gran Sasso kam am 1. Aug., 1700 m.
hoch, 1 & an die Lampe.
Sceriptaria H.-S. Bei M.-R. im Mai einige Exemplare von der
gelblichbraungrauen Färbung, wie Immundata Z., mit
verwaschener Zeichnung und undeutlichem Mittelfleck
auf den V.-Fl.
Spissilineata Metzner. Bei M.-R, Mai [Stdf.].
Ultimaria B. Im Mai bei Livorno an Tamarix [M.]. — Mai, Toscana 3 [C.].
Isogrammaria H.-S. Einige hellgraue Stücke im Mai bei M.-R.
Plumbeolata Hw. Einige blasse Exemplare bei Boscolungo
in Ap. tosc., Anf. Juli.
Satyrata Hb. Toscana [M.], [C.].
Helveticaria B. Bei Montenero an Myrten [M.].
Castigata Hb. Vallombrosa Ende Mai bis Mitte Juni [Stgr.].
Vulgata Hw. Vallombrosa, Anf. Juni [Stgr.].
Assimilata Gn. Ein sehr einfarbiges 2 am 8. Sept. bei M.-R.
Pimpinellata Hb. Toscana ? [C.].
Euphrasiata H.-S. 2 sehr helle & kamen Mitte Juli in den
Abruzzen am Fusse des Gran Sasso bei Assergi an die Lampe.
94 Die Macrolepidopterenfauna der römischen Campagna etc.
Gemellata H.-S. 1 2 am 5. Sept. bei M.-R. — Toscana [M.].
Larieiata Frr. Häufig Anf. Juli in Abetone (Ap. tosc.) in
den Zimmern und im Nadelwald, in grauer, dunkler Form.
Abbreviata Stph. [Guinardaria H.-8.], Livorno [Stgr. Sammlung].
Oxycedrata Rbr. Am 16. Sept. ein 2 im Wald bei Camal-
doli (Ap. tosc.).
Ericeata Rbr. Mai? Sept., Oct., Toscana 3 nach Mann [C.).
Pumilata Hb. In der Campagna bei M.-R. sehr häufig im
Mai, Juni, dann Ende Aug. bis Anf. Oct.; im Juli einzeln
bei Boscolungo (Ap. tosc.). Es sind kleine Exemplare
mit lebhaft ziegelrother Färbung auf allen Flügeln,
namentlich innerhalb der deutlichen weissen, gezackten
Wellenlinie auf den V.-Fl. zeigt sich diese Farbe als
breite Binde. Ich finde keinen Unterschied zwischen der
Frühjahrs- und Herbstgeneration. Raupe Anf. Apr. sehr zahl-
reich in Blüthen und Früchten des Buxus und Rosmarinus offieinalis
[Stdf.]. — Toscana [Sp.]. — Mitte April bei Livorno, Montenero,
Antignano, Posignano, im Juni bei Florenz und Pratoveechio an Ein-
zäunungen nicht eben selten, sie ändert in Grösse und Zeichnung
IM.]. — F., $., gemein in ganz Italien [C.].
Var. Pauxillaria B. Parvularia, Mitte März bei Pratoveeechio einigemal
an Felsen [M.].
Corrigenda:
Seite 63 Zeile 15 von oben lies Camaldoli statt Camoldol.
En RABEN AN „, ‚216: um „6 eo
a la u a a Dee „ Bidentata „ _Bidendata.
Ze
Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete.
Ne)
Or
Vergleichung der Macrolepidopteren-Fauna von Chemnitz
mit der des Leipziger Gebietes,
Women of ass orr..BDt: Ba b sit:
In den Jahrgängen 1850 und 1852 der Stettiner „Entomo-
logischen Zeitung“ begegnen wir dem ersten Versuch der
beiden verdienstvollen Forscher Adolf und August Speyer, die
geographischen Verhältnisse eines Theils der deutschen Falter-
fauna zu erörtern, und einige Jahre später erschien das
epochemachende, umfangreiche Werk der genannten Entomo-
logen: „Die geographische Verbreitung der
Schmetterlinge Deutschlands und der Sch weiz.*
Zum grossen Theil auf eigenen Beobachtungen fussend, zum
Theil von anderen lepidopterologischen Notabilitäten unter-
stützt, haben die Verfasser den reichen Stoff gesammelt, ge-
ordnet und wissenschaftlich verarbeitet; mit staunenswerthem
Fleiss, mit unverdrossener Mühe speicherten sie das zu ver-
arbeitende Material auf, und aus der Summe unzähliger Einzel-
heiten gelang es ihnen, in genialer Weise allgemeine Gesetze
über die Verbreitung der Falterwelt in Deutschland und der
Schweiz abzuleiten. Sie hatten sich die Aufgabe gestellt, den
centralen Theil Europas nach seinen lepidopterologischen Ver-
hältnissen zu schildern, die Species, Gattungen u. Ss. w., die
ihn bewohnen, aufzuzählen und die Art und Weise ihrer Ver-
theilung über das begrenzte Gebiet festzustellen. Sie wollten
Deutschland und die Schweiz nach dieser Beziehung mit den
übrigen Theilen Europas und der ganzen Erde vergleichen
und aus diesem Vergleich die Ausdehnung des natürlichen
Faunengebietes, dem Central-Europa angehört, ermitteln. Sie
wollten die Verbreitung der Schmetterlinge Deutschlands und
der Schweiz über die Grenzen dieser Länder hinaus verfolgen
und, soweit möglich, auf der Erde überhaupt nachweisen. Sie
wollten endlich die Beziehungen, welche zwischen den Ver-
schiedenheiten des Klimas, Bodens und der Vegetation und
dem Vorkommen der Schmetterlinge im Gebiete existiren,
und den etwaigen ursachlichen Zusammenhang zwischen beiden
erörtern.
965 Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete.
Auf das gesammte Thierreich ausgedehnt, ist dies in
kurzen Zügen die Aufgabe der Thiergeographie überhaupt,
die ihre Lösung nur dann finden kann, wenn möglichst viele
aneinander stossende, engbegrenzte Ländergebiete in Bezug
auf das Vorkommen der einzelnen Thierklassen eingehend und
gewissenhaft durchforscht und zur gegenseitigen Vergleichung
unterbreitet werden. Es sind somit die Specialfaunen irgend
welcher Thierklasse für die Wissenschaft weiteren Umfangs
von grossem Werth, obschon sie von mancher Seite gleich-
gültig aufgenommen oder mit vornehmen Lächeln bei Seite
gelegt werden.
Im Laufe der letzten Jahrzelinte sind für die Lepidopteren
mehrere Specialfaunen kleiner und grösserer Gebiete Deutsch-
lands sowohl, wie anderer Länder Europas und der übrigen
Continente veröffentlicht worden, und es steht zu hoffen, dass
noch weitere bald folgen werden. 4
Sehr richtig bemerkt Riesen auf Seite 335 der Stettiner
Entomologischen Zeitung von 1889 (50. Jahrgang): „Wenn
ich wiederholt Veranlassung nehme, auf die Verschiedenheit
der Angaben in den Lehrbüchern mit den thatsächlichen Ver-
hältnissen aufmerksam zu machen, so geschieht, dies in erster
Linie im Interesse der Wissenschaft, in zweiter Linie dürfte
dadurch der Beweis geliefert werden, dass denjenigen Entomo-
logen und Fachmännern, welche Werke nach Art der Berge-
Hofmann’schen Schmetterlingsbücher herauszugeben beabsich-
tigen, ein Studium der Localfaunen durchaus anzurathen ist.
Werden letztere meist unbeachtet gelassen, und wird im
(Grossen und Ganzen nur das berücksichtigt, was der Verfasser
eines ähnlichen Werkes gesagt und was vor so und so viel
Jahren, weil nichts Besseres bekannt, zeitgemäss war, so kann
ein danach gemachtes Opus wohl im Allgemeinen „das Interesse
der Schmetterlingssammler anregen“, aber den Anspruch eines
Lehrbuchs nur in beschränktem Maasse erheben, und Jeder,
der sich über dies oder jenes, im Speciellen über die Natur-
geschichte der Arten, belehren lassen will, thut besser, statt
nach einem solchen Buche, auf einem anderen, wenn auch
mühsameren Wege, sich nach den betreffenden Specialschriften
umzusehen. *
Von dem wissenschaftlichen Werthe einer Localfauna
völlig überzeugt, gründete ich im Jahre 1882 hier in Chemnitz
einen Entomologischen Verein, um durch gemeinschaftliche
Beobachtungen festzustellen, welche Arten und Species der
Schuppenflügler hier auftreten, und schon im Jahre 1884 er-
Vergleiehung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete. 97
schien der erste Theil meiner Chemnitzer Macrolepidopteren-
fauna, welcher die Tagfalter, Schwärmer und Spinner um-
fasste; 1887 folgte die erste Hälfte der Noctuen, deren Zu-
sammenstellung 1889 in der 2. Hälfte ihren Abschluss fand.
Die Geometrae sollen den 3. Theil des Ganzen bilden. Ausser
der einfachen Zusammenstellung von Namen und Zahlen habe
ich für die verschiedenen Gruppen kurze Charakteristiken bei-
gegeben und mit besonderem Hinweis auf Gestalt und Lebens-
weise der Raupen die Entwicklungsgeschichte jeder einzelnen
aufgeführten Art hinzugefügt. Die Beschreibung der Raupen
im 2. Theil ist mit nur wenig Ausnahmen nach betreffenden
vorliegenden lebenden Exemplaren gegeben worden, um die
mancherlei von einem Schmetterlings- oder Raupenbuch in das
andere ohne Prüfung übertragenen Irrthümer zu vermeiden,
respective zu berichtigen. Die Raupen der Tagfalter, Schwärmer
und Spinner im ersten Theil sind nicht einzeln genau be-
schrieben, bei einer eventuell neuen Auflage des Schriftchens
sollen sie in gleicher Weise wie die der Noctuen behandelt
werden.
Im Jahre 1889 hat nun auch der Entomologische Verein
„Fauna* zu Leipzig seine heimathlichen Grossschmetterlinge
zusammengestellt, und da das Chemnitzer dicht an das Leipziger
(Gebiet grenzt, so dürfte eine Vergleichung beider von nicht
geringem Interesse sein.
Das von mir behandelte Faunengebiet erstreckt sich bis
etwa 2'/, Meilen im Umkreis von Chemnitz, so dass wir als
Grenzpunkte im Norden, Osten, Süden und Westen die Orte
Mittweida, Hainichen, Oederan, Zschopau, Thum, Stollberg,
Hohenstein, Penig und Lunzenau bezeichnen könnten. Schieben
wir die Grenze im Nordwesten etwas weiter vor, etwa bis
Frohburg und Geithain, so lehnt sich das Leipziger Gebiet
dicht daran an. Das Areal, welches der Leipziger Verein
als sein Sammelgebiet bezeichnet, ist grösser als das unserige.
Es umfasst „den nordwestlichen Theil des Königreichs Sachsen
mit Leipzig als Mittelpunkt, reicht im Osten bis an die Mulde
und greift nur bei Wurzen über die Mulde hinüber, indem es
die sogenannte Hohburger Schweiz mit einbezieht, wird im
Süden durch eine Linie von Grimma über Lausigk und Borna
bis nach Lucka, im Herzogthum Sachsen-Altenburg gelegen,
abgegrenzt und schliesst im Westen und Norden mit der
(‚renze zwischen dem Königreich Sachsen und dem Königreich
Preussen, Provinz Sachsen, ab. Durch die in der Haupt-
richtung von Süd nach Nord fliessenden Flüsse wird dieses
7
98 „Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete.
Gebiet in 4 grössere Abschnitte getheilt; diese Flüsse sind,
von Osten angefangen: die Mulde, Pleisse und Elster.“
Für die senkrechte Verbreitung der Schmetterlinge in
dem Faunengebiet Deutschlands und der Schweiz unterscheidet
man 5 Regionen, deren tiefste, die sogenannte untere Region,
ihre obere Grenze mit der des Wallnussbaumes bat, in Mittel-
deutschland bis etwa 450 m über dem Meere, in den nörd-
lichen Kalkalpen bei 750 m, in den südlichen Alpen bei 900 m
hat; deren zweite, die Bergregion, bis an die Grenze der
Buche, in Mitteldeutschland bis 900 m, in den Alpen bis
1200 m reicht. Dann folet die untere Alpenregion
bis zur Grenze der Fichte 900—1350 m, in den Alpen bei
1200— 1800 m, und weiter die obere Alpenregion, ober-
halb der Baumgrenze bis zu 2100—2250 m, und zuletzt die
untere Schneeregion, von da bis zur Schneelinie und
darüber hinaus. Diese Eintheilung wurde im Wesentlichen
zuerst von OÖ. Heer für die Verbreitung der Käfer in den
Schweizer-Alpen zu Grunde gelegt, die beiden Speyer benutzten
dieselbe später bei Feststellung der senkrechten Verbreitungs-
Regionen für die Schmetterlinge Deutschlands und der Schweiz.
Sie, trennten die untere Region noch weiter in die Region der
Tiefebene und die Hügelregion. Das Chemnitzer
Faunengebiet liegt nun etwa an der oberen Grenze der Hügel-
region und an der unteren der Bergregion, während das Leipziger
(sebiet der ersten Hälfte der unteren Region, also in der Haupt-
sache der Region der Tiefebene angehört, und nur an einzelnen
Stellen sich bis zu 250 m Seehöhe erhebt. Die geologischen
Verhältnisse der Umgebungen von Chemnitz sind durch neuere
Forschungen bis in das Einzelne klargelegt und in ihrer
Mannigfaltigkeit geschildert worden. Aus den Erläuterungen
zur geologischen Specialkarte des Königreichs Sachsen ersehen
wir, dass die Section Chemnitz einen Theil des sogenannten
er zeebir gischen Beckens umfasst. „Dieses wird gebildet durch
die theilw eise Ausfüllung einer thalförmigen Einsenkung
zwischen den archäischen Gneisen und Schiefern und: den
silurischen und devonischen Schichten des Erzgebirgs einerseits
und der Granulit-, Glimmerschiefer-, Phyllit- und Silurformation
des sächsischen Mittelgebirges andrerseits. Die in ihm zur
Ablagerung gelangten Schichteneomplexe gehören der Stein-
kohlenformation und dem Rothliegenden an, welches letztere
das ganze Becken von seinem nordöstlichen Anfang an in
immer zunehmender Breite und Mächtigkeit erfüllt, während
das Carbon nur an einigen Punkten zu Tage tritt. Von den
Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz etc, 99
Formationen, welche an dem Aufbau des erzgebirgischen
Beckens sich betheiligen, hat auf Section Chemnitz das Roth-
liegende die grösste Verbreitung. Die Ablagerungen der
untern Kohlenformation bilden auf der benachbarten Section
Frankenberg, diejenigen der obern Steinkohlenformation auf
der östlich angrenzenden Section Schellenberg flache Becken,
deren westliche Fortsetzungen in die Section Chemnitz hinein-
ragen, so dass hier Theile dreier, nach ganz verschiedenen
Richtungen ausgedehnter Becken, nämlich des subearbonischen
Bassins von Hainichen, Ebersdorf, des Steinkohlenbassins
von Flöha und des Rothliegenden-Beckens über einander
liegen.
In Folge der geringen Mächtigkeit des ausserdem durch
Erosion vielfach zerschlitzten Randes des letzteren treten
zahlreiche Klippen und Kuppen der untern sowie der obern
Steinkohlenformation, an einem Punkte südlich von Lichten-
walde auch der äusserste Ausläufer des Braunsdorfer Gneis-
zugs aus der Rothliegenden-Bedeckung hervor. Bis auf die
von erzgebirgischen Phylliten gebildeten Höhen von Hermers-
dorf, sowie den aus porphyrischen Gesteinen bestehenden Beuthen-
berg im Zeisigwald ist der grösste Theil der Section Chemnitz
von den Ablagerungen des ältern und jüngern Diluviums
bedeckt, während die zum Theil weiten und horizontalen
Thalböden von recenten Flussabsätzen eingenommen werden.
Die Bodenverhältnisse der verschiedenen in das Chemnitzer
Faunengebiet ganz oder theilweis gehörenden geologischen
Sectionen sind also ziemlich mannigfaltig, und das den Pflanzen
in vielfachem Wechsel gebotene Erdreich aus Gneis, Granit,
(ranulit, T'honschiefer, Glimmerschiefer, Thonstein, Felsittuft,
Felsitporphyr, Kalk, Sand, Lehm, Acker-, Wiesen- und Wald-
boden muss auch eine reiche Flora und diese wieder eine
reiche Fauna bedingen.
In dem Leipziger Faunengebiet „bestehen die obersten
Erdschichten meist aus diluvialen und alluvialen Sanden und
Lehmen; der Lehm hauptsächlich in den Niederungen, der
Sand mehr auf den Gehängen und bebauten Flächen. Unter
diesen Schichten findet sich vor allem im Westen, aber auch
im Süden und Osten die Braunkohlenformation. Die Gegend
von Beucha bis Naunhof, dann wieder bei Grimma und die
ganze Hohburger Schweiz wird von emporgedrungenen Porphyren
gebildet, die dort zu Tage treten; diese Porphyre gehören
der Triasformation an. Aeltere Gesteine sind in der Leipziger
Pflege, an der Oberfläche anstehend, nicht gefunden worden.“
T7*
100 Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete.
Die beiden Gebiete Chemnitz und Leipzig weichen dem-
nach sowohl in klimatischer als auch in geologischer Beziehung
nicht unbedeutend von einander ab, und dies muss sich in der
beiderseitigen Flora und Fauna abspiegeln. Die faunistischen
Unterschiede werden sich bei so dicht aneinander stossenden
Distrieten natürlich nur in der niederen Welt, besonders in
der Insektenwelt bemerkbar machen, und diesen Unterschied
in Bezug auf das Vorkommen der Macrolepidopteren (mit
Ausnahme der Geometrae) festzustellen, soll jetzt meine Auf-
gabe sein.
I. Die im Leipziger Gebiet fehlenden, im
Chemnitzer Gebiet vorkommenden Rhopalocera.
Spini Schiff. Thee. Dieser Falter ist von Chemnitzer
Sammlern in der sogenannten Leina gefangen worden,
einem Walde, der von den Verfassern der Leipziger Zu-
sammenstellung noch mit zu ihrem Sammelgebiet gerechnet
wird.
Thersamon Esp. Pol. Speyer giebt als nördlichste Grenze
der Verbreitung dieses Schmetterlings im östlichen Deutsch-
land Prag an; er ist auch bei Auerswalde erbeutet
worden.
Aleiphron Rott. Pol. Früher bei Leipzig gefunden (cf.
Speyer).
Aurelia Nick. Mel. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass
Aurelia auch in der Leipziger Gegend heimisch, von den
Sammlern‘ aber übersehen worden ist, denn er fliegt im
Juli, Anfang August an denselben Oertlichkeiten, wo man
sich früher im Juni mit frischen Exemplaren der ihr
täuschend ähnlichen Athalia versorgt hat. Bisweilen
sogar erscheinen Athalia-Nachzügler gemeinsam noch mit
Aurelia. Erstere Art hat einen schwebenden, Aurelia
mehr einen schwirrenden Flug. Uebrigens wird von Speyer
Leipzig auch als Fundort von letzteren mit angegeben.
Adippe L. Arg. Als Gebirgsthier durch sein Auftreten im
Chemnitzer Gebiet nicht überraschend ; es findet sich nur
ausnahmsweise in der Ebene.
Ligea L. Er. Ein echter Bergfalter; steigt nur in Russland
und Skandinavien in die Ebene hinab.
Maera L. Par. Heimisch in dem mitteldeutschen Berg- und
Vergleichung der Macrolepidopter enfauna von Chemnitz ete. 101
Hügelland, bewohnt dieser Falter mit Vorliebe felsige
Plätze der Schiefer-, Kalk- und Sandgesteine und steigt
fast bis zur Baumgrenze hinauf. Es ist demnach nicht
zu verwundern, dass er in der Leipziger Fauna fehlt.
II. Die im Chemnitzer Gebiet fehlenden, im
Leipziger Gebiet vorkommenden Rhopalocera.
Phlaeas L. Pol. v. Eleus F und v. Schmidtii Gerh. Die
Stammform ist bekanntlich im ganzen europäischen (sebiet
verbreitet, sie fliegt in Lappland so häufig wie in Spanien
und Sieilien, und beim Vergleich von nordischen Exem-
plaren mit solchen aus Deutschland ist es unmöglich, einen
Farbenunterschied herauszufinden. Im Norden Europas
hat Phlaeas nur eine Generation, in Deutschland zwei im
Jahre; Winter- und Sommerform gleichen sich vollständig,
und oanz ebenso sind die Exemplare gefärbt, welche im
Frühling an der ligurischen Küste und in Sardinien ge-
fangen werden. Bei der südeuropäischen Sommergenera-
tion aber ist ein deutlicher Unterschied bemerkbar, das
glänzende Rothgold wird von einer dichten, schwarzen
Bestäubung beinahe verdeckt, und die Ausbuchtung am
untern Saume der Hinterflügel ist viel tiefer gehend als
bei der Frühlingsform, so dass zwei kurze Schwänzchen
am Saume hervortreten (cf. Weismann Studien zur Des-
cendenz-Theorie pag. 36). Man nennt diese Sommerform
var. Eleus F; sie fliegt hauptsächlich m Süd-Europa und
im Kaukasus, erscheint nur äusserst selten in Süddeutsch-
land und ist nach Angabe der Leipzieer Entomologen
bis jetzt erst ein einziges Mal bei Grimma gefangen
worden. Ebenso überraschend ist das Auftreten der süd-
europäischen, weisslich grundirten Varietät Schmidti Gerh.
bei Wahren und in der Hohburger Schweiz.
Amphidamas Esp. Pol. (Helle Hb.) Nach Feststellung des
Verbreitungsgebietes dieses kleinen Falters können wir
ihn um Chemnitz nicht erwarten, denn er fliegt besonders
auf sumpfigen Wiesen des norddeutschen Tieflandes,
während er erst im Süden in die Gebirge, bis zur subalpinen
Region, aufsteigt.
Orion Pallas Lye. (Battus Hb.) Das Fehlen dieses Bläu-
lings in der Chemnitzer Umgegend ist eigenthümlich, da
102 Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete.
er Ja im Riesengebirge, in Thüringer Wald, Harz,
sowie im Erzgebirge bei Freiberg nicht zu den. Selten-
heiten zählt. Dem nordwestlichen Europa fehlt Orion ganz.
Coridon Poda Lye. wurde im Sommer 1889 zum ersten Male
bei Chemnitz gefangen und ist deshalb in meiner 1884 er-
schienenen Chemnitzer Fauna nicht mit aufgeführt worden.
Es ist kaum anzunehmen, dass wir dieser Species bei uns
wiederholt begegnen werden, wahrscheinlich war das ver-
einzelte Exemplar ein zugeflogener Fremdling, denn wo
Coridon heimisch ist, tritt er gewöhnlich gesellschaftlich auf.
Die im Catalog der Lepidopteren des europäischen Faunen-
gebietes von Staudinger und Wocke (1871) in 69 ver-
schiedenen Species und ausserdem noch in 52 Varietäten
getrennte Gattung Lycaena ist in der Chemnitzer und
Leipziger Gegend sehr schwach vertreten, was seine Be-
gründung wohl in den Bodenverhältnissen finden mag,
Die Raupen der Bläulinge nähren sich hauptsächlich von
solchen Pflanzen, welche vorzugsweise auf Kalkboden ge-
deihen und deshalb specifisch als Kalkpflanzen bezeichnet
werden. Diese Kalkflora fehlt hier und bei Leipzig,
während sie bekanntlich in Thüringen ein ausgedehntes
(sebiet für sich vorfindet. In Krieghoffs Macrolepidopteren-
fauna "Thüringens (‚Jena, Fischer 1884) finden wir 22 Spe-
cies der Gattung Lycaena angeführt, bei uns fliegen davon
nur halb so viel Arten,
Ino Esp. Arg. Diese Art bewohnt die Ebene, die Hügelregion
und den unteren Theil der Bergregion und scheint aus-
schliesslich auf feuchtem Boden, besonders sumpfigen Wald-
wiesen vorzukommen. Das Klima und die Bodenverhält-
nisse der Chemnitzer Umgegend erscheinen nicht unge-
eignet für das Gedeihen dieses Falters, wenn man sein w eites
Verbreitungsgebiet überhaupt in Betracht zieht, doch bis
jetzt ist Ino hier noch nicht beobachtet worden.
Briseis L. Sat. ist in meinem Catalog von 1884 nicht auf-
geführt, da er erst 1887 einmal in unserm Gebiete ge-
fangen wurde; vielleicht war es ein zugeflogenes Thier,
da dieser Falter vorherrschend auf Kalkhügeln, die mit
kurzem Grase bekleidet sind, bis zur untern Grenze der
montanen Region anzutreffen ist (häufig bei Arnstadt in
Thüringen). Er fehlt fast im gesammten nördlichen
Flachland. Bei Leipzig wurde er nach Speyers Angabe
1849 nur einige Male gefangen. Im Leipziger Catalog
sind Gohlis und Grimma als Flugplätze genannt. Ob man
Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete. 103
ihn constant zur Leipziger Fauna rechnen darf, möchte
ich noch bezweifeln.
Achine Sc. Par. (Dejanira L.) Ueberschaut man das grosse
Verbreitungsgebiet dieses Schmetterlings, welches Europa
zwischen dem 60. und 45. Breitengrad umfasst und von
Paris im Westen bis zum Altai im Osten reicht, dabei
aber Britannien, Holland, Belgien und von Deutschland
nur den nordwestlichen Theil ausschliesst, so muss sein
Fehlen im Chemnitzer Gebiet überraschen.
Tithonus L. Epin. Hauptsächlich im westlichen Deutschland
verbreitet, fehlt er jenseits einer von der Elbmündung
nach dem Kaukasus gezogenen Linie, und Leipzig scheint
in Mitteldeutschland der nach Osten am weitesten vor-
geschobene Posten zu sein. Warum er sich in der Chem-
nitzer Gegend, die mit vielen seiner Wohnorte klimatisch
und geognostisch übereinstimmt, nicht ansiedelt, bleibt
räthselhaft.
Alceae Esp. Spil. Diese Art ist durch ein Versehen beim
Druck in meinem Chemnitzer Catalog nicht mit aufge-
führt worden; sie muss in die Reihe eingefügt werden.
Actaeon Esp. Hesp. hat nach Speyers Angabe eine verhält-
nissmässig beschränkte Verbreitung über einen Theil von
Mitteleuropa und das Mittelmeergebiet. Actaeon fliegt
an kräuterreichen, sonnigen Stellen der untern Region,
besonders auf Kalkboden, weshalb wir ihn bei uns nicht
erwarten dürfen. Für die Leipziger Gegend werden
Connewitz und die Harth bei Zwenkau als Flugplätze
bezeichnet.
III. Heterocera. A. Sphinges.
In Bezug auf das Vorkommen der grösseren Sphingiden
stimmen die beiden zu vergleichenden Gebiete genau mit ein-
ander überein, während bei den Sesiiden und Zygaeniden
Abweichungen sich herausstellen. Ich gebe allerdings zu, dass
den Sesien in der Chemnitzer Gegend noch eine grössere Auf-
merksamkeit geschenkt werden muss, als wie dies bisher
geschehen; es wird sich dann vielleicht noch die und jene
Species als hier vorkommend erweisen. Vorläufig jedoch
müssen folgende in der Leipziger Fauna angeführten Species
als um Chemnitz fehlend gelten: Trochilium Melanoce-
phalum Dalm. Sesia Scoliaeformis Bkh., Formicae-
104 Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete.
formis Esp.. Empiformis Esp. und Muscaeformis View.
— Abweichend von Leipzig ist hier gefangen worden Sesia
Leucopsiformis Esp. — Sesia eulieiformis L. wurde erst in
diesem Jahre 1890 durch R. Tetzner als bei Chemnitz vor-
kommend sicher nachgewiesen. Diese Art ist demnach in
meiner Fauna von Chemnitz nachzutragen. Von den Zygaeniden
fehlt um Chemnitz die bei Leipzig ziemlich häufig auftretende
Ino Pruni Schiff, eine Art, welche in Mittel- und Nord-
deutschland nirgends zur Bergregion emporsteigt. Ferner
fehlt Zygaena Ephialtes L. var. Peucedani Esp., deren obere
Verbreitungsgrenze die der Hügelregion kaum überschreitet.
Dafür hat Chemnitz die Bergthiere Zygaena Pilosellae Esp.,
Scabiosae Scheven und Meliloti Esp.
Die Syntomidae haben bei Chemnitz in Synt. Phegea L.
den einzigen Vertreter; bei Leipzig fliegt noch Naclia Aneilla L.,
eine Art, die nur sonnige, buschreiche Stellen der Ebene und
Hügelregion bewohnt, das eigentliche Gebirgsland aber meidet.
IV. Heterocera. B. Bombyces.
Die im Chemnitzer @ebiet fehlenden, im Leipziger
Gebiet vorkommenden Arten.
Strigula Schiff Nola. Die Möglichkeit, dass dieser unschein-
bare Spinner im Chemnitzer Gebiet fliegt, ist nicht aus-
geschlossen; bis jetzt aber hat ihn noch Niemand hier
angetroffen. Dasselbe ist vielleicht der Fall bei
Albula Hb. Nola, der übrigens im Leipziger Gebiet nur ein.
einziges Mal gefangen wurde und auch in Thüringen zu
(den grössten Seltenheiten gehört.
Muscerda Hufn. Lith. Hauptsächlich in der norddeutschen
Tiefebene verbreitet, kommt diese Lithosie in bergigen
Gegenden fast nur in den tieferen Flussthälern vor, kann
also in der Chemnitzer Fauna nicht erwartet werden.
Griseola Hb. Lith. Obschon in Norddeutschland sehr ver-
breitet, bewohnt diese Art doch mehr die Gehölze der
Ebene und Hügelregion. Vorläufig muss sie noch als im
Chemnitzer Gebiet fehlend bezeichnet werden.
Lurideola Zinck Lith. Ist im Chemnitzer Gebiet erst nach 1984
aufgefunden und dann wiederholt aus erbeuteten Raupen
als Schmetterling erhalten worden. Es muss daher diese
Species in meine Chemnitzer Fauna noch eingefügt werden.
Mendiea Cl. Spil. Dieser Bär, welcher über den grössten
Theil von Europa und bis Sibirien verbreitet ist, in der
Vergleichung der Macrolepidopterenfauna ' von Chemnitz etc. 105
sirdliehen Hälfte Deutschlands und in der Schweiz fast
allenthalben und in der mitteldentschen Berglandschaft meist
nur in der unteren Region angetroffen wird, Fehlt canz positiv
im Chemnitzer Gebiet. Es ist zu verwundern, dass er da-
selbst die Ansiedelungs- und Lebensbedingungen nicht findet.
Terebra F. Coss. Die Verbreitung dieses Holzbohrers ist
räthselhaft. Man hat ihn an wenigen, weit auseinander
liegenden Orten Mittel- und Süddentschlands immer nur
ganz vereinzelt erbeutet, ihn auch in Russland, aber dort
in höheren Breitengraden, gefunden. Es wäre erwünscht,
dass jeder einzelne Fall seines Vorkommens in den Fach-
zeitungen veröffentlicht würde, um grössere Klarheit über
sein Verbreitungseebiet zu erlangen. —
Harpagula Esp. Drep. wohl ausschliesslich Bewohner der
unteren Region.
Argentina Schiff‘ Not. überschreitet in Deutschland nirgends
die untere Region.
Processionea L. Cneth. Obwohl es im Chemnitzer Gebiet
an kleineren Eichenbeständen, wo sich dieser gefürchtete
Spinner ansiedeln könnte, nicht fehlt, sind dieselben jedoch
bisher von ihm verschont seblieben. Er meidet das Ge-
birge, bewohnt vielmehr nach Speyer’s Angabe, zumal in
Norddeutschland, die Ebene und die tieferen Stromthäler,
in manchen Gegenden stets selten, in anderen zuweilen
selten, zuweilen wieder in verwüstender Menge auftretend.
V. Heterocera. B. Bombyces.
Die im Leipziger Gebiet fehlenden, im Chemnitzer
Gebiet vorkommenden Arten.
Senex Hb. Nud. wurde 1888 hier zum ersten Male und später
wiederholt erbeutet. Das unscheinbare Spinnerchen kann
leicht übersehen werden.
Pulchella L. Deiop. Dieser zierliche Schmetterling ist hier
bis jetzt bloss zweimal gefangen worden, einmal bei
Kappel und dann am Ufer "des Schlossteichs. Man weiss,
dass er, ähnlich den grossen Sphingiden, manche ‚Jahre bei
günstigen Luftströmungen aus dem Süden zu uns und
noch "viel weiter nördlich, selbst bis Dänemark und
Schottland seinen Wanderflug ausdehnt. Seine heimath-
lichen Länder sind Mittel- und Südeuropa, das südlichere
Asien, Nord- und Südafrika, Nordamerika und Australien;
106 Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz etc,
er ist somit einer der verbreitetsten Schmetterlinge. Ent-
weder setzen die Weibchen, in die nördlichen Breitegrade
verflogen, keine Eier ab, oder die Eier kommen nicht
zur Entwicklung, denn noch nie hat man im Norden
Pulchella-Raupen gefunden, obschon der Schmetterling
sporadisch überall auftaucht. Die Pflanzen, welche den
grauen, von einem weissen Rückenstrich durchzogenen
Raupen in ihrer Heimath zur Nahrung dienen, fehlen bei
uns durchaus nicht, es sind verschiedene Arten von
Myosotis L. Vergissmeinnicht, Echium vulgare L. Nattern-
kopf, Heliotropium europaeum L. Sonnenwende und ohne
Zweifel noch andere Arten aus der Familie der Borragineae.
Rössler vermuthet sogar, dass die Raupe polyphag
sei, da sie in den Gärten von Ostindien manche Jahre
verheerend auftreten soll. Um so überraschender ist es,
dass man bei uns und weiter im Norden niemals die
Raupe findet, da ja andere Einwanderer regelmässig auf
den ihrer Nachkommenschaft entsprechenden Futter-
pflanzen ihre Eier absetzen, die sich dann zum Theil
bis zum Schmetterling entwickeln. Beispiele hierfür sind
Ach. Atropos, Sph. Nerii u. a.
Plantaginis L. Nem. Ein echtes Gebirgsthier; es steigt nur
bie und da am Saume des Gebirges in die Ebene hinab.
Luetifera Esp. Spil. sehr selten.
Opacella HS Psyche. Das Leipziger Gebiet liegt dieser
Species zu tief, da es sich meist an sonnigen, trockenen
Stellen von Gebirgsgegenden vorfindet.
Intermediella Brd. Fum. Da dies winzige Spinnerchen von
der Ebene bis in die montane Region verbreitet und im
grössten Theil von Europa, von Südlappland bis Piemont
und Südfrankreich und von England bis zur Türkei ein-
heimisch ist, dürfte sich wohl inzwischen seit Veröffent-
lichung der Leipziger Fauna sein Vorkommen im Leipziger
Gebiet herausgestellt haben.
Catax L. Bomb. Ist bei Geithain und Frohburg, also an der
Grenze der beiden zu vergleichenden Gebiete, von Chem-
nitzer Sammilern gefunden worden.
Lunigera E. Las. var. Lobulina Esp. Es ist eigenthümlich,
dass von dieser Species die eigentliche Stammform bei
Chemnitz nicht auftritt, während die dunkle Varietät
Lobulina für den Ortskundigen nicht zu den grössten
Seltenheiten gehört. Sie ist hier von Lösche verschiedene
Male aus der Raupe gezogen worden.
Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemmitz ete. 107
Ulmi Schiff. Ur. Ist bis jetzt nur einmal bei Lichten-
walde gefunden worden. Gewöhnlich wird das südliche
Deutschland als seine Heimath bezeichnet, man kann aber
kaum annehmen, dass er weite Strecken im Fluge zurücklegt.
Cueulla Esp. Loph. Steigt bis zur untern Grenze der mon-
tanen Region in Mittel- und Süddeutschland. Hier nur
sehr selten zu finden.
Plumigera Esp. Ptil. wird einzeln fast alle Jahre hier gefunden
und kam nach Speyers Angabe früher auch bei Leipzig
vor. Es ist durchaus kein ausgesprochenes Gebirgsthier.
Ruficollis F. Asph. Ueber die Verbreitung dieses Falters
sagt Speyer, dass sie sich auf den südlichsten und vielleicht
nur südöstlichen Theil Deutschlands und der Schweiz be-
schränke, dass Ruficollis überhaupt nur in wenigen
Gegenden Central-Europas vorkomme. Staudinger führt
in seinem Catalog das südliche und östliche Deutschland,
Ungarn, Griechenland, Ostfrankreich und Piemont als
Heimathsplätze an. Es unterliegt aber keinem Zweifel,
dass Ruficollis auch bei Chemnitz auftritt, wenn auch nur
vereinzelt; er ist im Küchwald und in den sogenannten
6 Ruthen angetroffen worden.
VI. Heterocera. C. Noctuae.
Die im Chemnitzer Gebiet fehlenden, im Leipziger
Gebiet vorkommenden Arten.
Albovenosa Götz. Ars. Ein Bewohner des Tieflandes und
der Flussthäler, wo die Raupe an allerlei Sumpfgewächsen,
besonders an Glyceria spectabilis lebt. Bei Leipzig ist
sie bis jetzt nur ein einziges Mal gefunden worden und
zwar auf Lysimachia vulgaris.
Abscondita Tr. Aeron. In Sandgezenden der nordöstlichen
Ebene Deutschlands heimisch, kann in Chemnitz nicht
erwartet werden.
Perla F. Bryoph. war früher in der Leipziger Gegend nicht
selten, wurde aber in den letzten Jahren dort nicht mehr
gefunden. Die Raupe lebt bekanntlich von Steinflechten und
scheint, nach meiner Beobachtung, ganz besonders die
Flechten auf alten Ziegeldächern zu lieben. Sie über-
wintert und verpuppt sich auf der Innenseite der Dächer.
Im Juli, August fliegt die Eule. Ich habe sie mehrere ‚Jahre
nach einander auf den Oberböden verschiedener Häuser
Arnstadts in Thüringen in grosser Zahl erbeutet. In
und bei Chemnitz hat sie sich noch nicht gezeigt.
108 Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete.
Orbona Hufn. Agr. ist im nordöstlichen Deutschland in der
Ebene ziemlich verbreitet und scheint die montane Region
zu meiden.
Comes Hb. Agr. Diese der vorigen sehr ähnliche Art lebt
hauptsächlich im Süden und Nordwesten Deutschlands.
Im Juli 1382 fand ich sie jeden Morgen in grosser Menge
hinter den Jalousien meiner Ferienwohnung bei Essen
a. d. Ruhr.
Lutulenta Bkh. Apor. Bedenkt man, dass diese Eule in
ganz Deutschland bis in die montane Region überall zer-
streut vorkommt, so ist die Wahrscheinlichkeit nicht aus-
geschlossen, dass sie auch hier einmal einem glücklichen
Sammler zur Beute fallen könnte.
Sublustris Esp. Had. Ein Bewohner tiefliegender Gegenden.
Hier bei Chemnitz noch nicht beobachtet. Mehrfach ge-
ködert bei Meissen.
Pabulatricula Brahm Had. Bei Chemnitz noch nie gefunden.
Purpureofaseiata Piller Er. Ein Bewohner der nordöstlichen
Ebene Deutschlands findet im Chemnitzer Gebiet seine
klimatischen Lebensbedingungen nicht, obschon die Futter-
pflanze der Raupe, Pteris aquilina, Adlerfarn, daselbst
reichlich vertreten ist.
Sparganii Esp. Non. Das Fehlen dieser Nonagria bei Chemnitz
ist auffallend, da die beiden anderen verwandten Arten
Cannae ©. und Arundinis F. daselbst ziemlich häufig
auftreten und manche ‚Jahre in grosser Zahl als Raupen
oder Puppen eingetragen wurden. Sollte Sparganii an
besondere klimatische Bedingungen gebunden sein, da sie
doch an den verschiedensten Orten Deutschlands mit
obigen beiden Arten auf der gleichen Futterpflanze T'ypha
cemeinschaftlich lebt ?
Museulosa Hb. Tap. Als nördlichsten Fundort dieser Eule
giebt Speyer Leipzig an, da sie aber ihre eigentliche
Heimath im südlichen Europa und in dem Orient hat,
mag ihr die Uhemnitzer Luft wohl nicht behagen.
Straminea Tr. Leuec. Ein Bewohner der Ebene.
Albipuneta F. Leuc. Während Straminea mehr in der nörd-
lichen Tiefebene, am Mittelrhein und dann noch bei Wien
auftritt, hat Albipuncta in der unteren Region der süd-
lichen Hälfte von Deutschland ihre hauptsächliche Ver-
breitung. Auf das Vorkommen beider Arten im Chemnitzer
(rebiet ist nicht zu rechnen.
Palustris Hb. Car. Das von der Ebene bis zur Baumgrenze
Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete. 109
in Nord- und Süddeutschland überall sehr zerstreute Vor-
kommen dieser Eule lässt vermuthen, dass sie gelegentlich
wohl auch noch bei Chemnitz aufgefunden werden dürfte.
Caliginosa Hb. Acosm. Bewohner des Tieflandes.
Miniosa F. Taen. fehlt noch im 2. Theil meiner Eulenfauna;
sie wurde aber in jüngster Zeit hier gefunden und muss
demnach vor Pulverulenta eingereiht werden.
Populeti Tr. Taen. Diese Art steigt nur in südlichen Lagen
bis zur montanen Region auf.
0o L. Die. hat sich bei Chemnitz noch nie gezeigt, auch
Diffinis L. Cal. und Affinis L. Cal. fehlen bis jetzt
gänzlich.
Suspeeta Hb. Dysch. Hauptsächlich Bewohner des nord-
östlichen Deutschlands. Von der Gattung Xanthia ge-
hören den beiden zu vergleichenden Gebieten nur 3 Arten
gemeinschaftlich an, nämlich:
Citrago L., Flavago F. und Fulvago L. Leipzig hat noch
Aurago F., Gilvago Esp. und Ocellaris Bkh., sowie die ver-
wandte
Hoporina Croceago F. aufzuweisen, welche alle mehr in den
Niederungen und im Flachlande ihre Verbreitung finden.
Erythrocephala F. Orrh. Tritt in Mittel- und Norddeutsch-
land nur ganz vereinzelt, auf, während das eigentliche
Verbreitungsgebiet südlicher liegt.
Nubeeulosus Esp. Aster. Obschon diese Eule, gleich der
nahe verwandten, bei Leipzig ebenso seltenen Species
Sphinx Hufn. Aster. anderswo bis in die Bergregion auf-
steigt, hat im Chemnitzer Gebiet noch Niemand das Vor-
kommen dieses T'hieres constatiren können.
Tanaceti Schiff. Cuc. Im östlichen Deutschland, besonders
in nordöstlichen Ebenen sehr verbreitet, meidet sie Ge-
birgsluft.
Amethystina Hb. Tel. Tritt nur hie und da in Norddeutschland
auf, stellenweis häufig; einzeln wurde sie auch am Mittel-
rhein und in der Schweiz, aber noch niemals bei Chemnitz
beobachtet.
Jota L. Plus. Die nach Färbung und Zeichnung der Pulchrina
Haw. sehr ähnliche Art wird mit letzterer oft verwechselt.
Bei genauer Prüfung jedoch stellen sich deutliche Unter-
schiede heraus, was die Autoren auch veranlasst hat,
beide als besondere Species, nicht als blosse Varietäten
hinzustellen. Früher war die Nomenklatur dieser beiden
Formen sehr verschieden und hat vielfach zu Unklarheit
110 Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete.
und fortwährenden Verwechselungen geführt. So war JotaH.
und ©. dasselbe Thier wie Pulchrina Haw. und Vaureum
(‚n., während Percontationis und O Jota Gn. als Varietät
von ‚Jota H. betrachtet und bezeichnet wurden. Jetzt unter-
scheidet man nach Staudinger Jota L. mit den beiden Varie-
täten Percontationis Tr. V. (signo argenteo confluente in lit-
teram y) und Inscripta Esp. (signo argenteo nullo), und dann
folgt die besondere Species Pulchrina Haw. Diese frühere
Unklarheit veranlasst die Händler heute noch die Jota L.
in ihren Catalogen meist als Jota vera hervorzuheben.
In der Umgegend von Chemnitz fliegt nur Pulchrina Haw.
und wird jedes Jahr mehrfach aus Raupen gezogen; bis
jetzt hat weder Jagd noch Zucht hier eine Jota L.
(‚Jota vera) ergeben.
Funesta Esp. Aed. Dies specifisch südliche Thier tritt in
Mittel- und Norddentschland ganz vereinzelt auf; es ist
nicht anzunehmen, dass man den Falter bis jetzt hier
übersehen habe, da er, wo er fliegt, im Sonnenschein im
Blumen zu schwärmen pflegt und sich im Ruhezustand
nicht verborgen hält.
Ononis F. Hel. ist kein Thier für das Chemnitzer Klima.
Lueida Hufn. Ac. Ueber die südliche Hälfte und den grössten
Theil des nordöstlichen Deutschlands verbreitet, gehört
diese Art sicher zu den seltenen Erscheinungen in Sachsen.
Ende Juli 1872 fing ich Lucida in Sarne bei Rawitzsch
(Provinz Posen) Abends an der Laterne in grosser Zahl;
auch ihre Varietät Albicollis F. war darunter reichlich
vertreten.
Luetuosa Esp. Ace. ist bei Chemnitz nicht zu erwarten, denn
sie fliegt an sonnigen, trockenen Stellen der Ebene und
der Hügelregion, zumal im Süden häufig.
Pusilla View. Er. Die Futterpflanze, Sparganium ramosum,
auf welcher die Raupe ausschliesslich leben soll, ist sehr
zerstreut im Chemnitzer Gebiet, das Falterchen fehlt
wohl aus diesem Grunde.
Deceptoria Se. Er. könnte ihrer Verbreitung nach auch bei
Chemnitz fliegen; vielleicht wurde sie bisher nur übersehen.
Viridaria Cl. Proth. (im Leipziger Verzeichniss Viridana Ol.
genannt) fehlt in meiner Chemnitzer Fauna, wurde aber
in diesem Frühjahr bei Limbach in mehreren Exemplaren
erbeutet.
Elocata Esp. Cat. fliegt nur in der untern Region.
Promissa Esp. Cat. Da ihre allgemeine Verbreitung mit der
nen
—
Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete. 111
von Sponsa übereinstimmt, so konnte man annehmen, dass
sie sich in den grösseren, neuen Eichenanpflanzungen
unserer Wälder zu der hier neuerdings häufiger werdenden
Sponsa gesellen würde. Im Sommer 1889 fing Herr
Burckhardt das erste Exemplar am Köder; sonach ist
diese Species in meiner Chemnitzer Fauna noch einzufügen.
Tentaceularia L. Herm. Ihr Vorkommen im Chemnitzer Ge-
biet ist nicht unwahrscheinlich, wurde aber noch nicht
constatirt; dasselbe gilt für
Derivalis Hb. Herm.
Nothum Hb. Breph. Nur in der unteren Region zu finden.
Im Chemnitzer Gebiet fliegt von den 3 Brephiden bloss
Parthenias L.
VII. Heterocera. C. Noctuae.
Die im Leipziger &ebiet fehlenden, im Chemnitzer
kebiet vorkommenden Arten.
Cuspis Hb. Acr. In ganz Mittel-Europa zerstreut, fast über-
all selten und vielleicht nur deshalb in vielen Gegenden
noch nicht gefunden. Speyer führt unter den zahlreichen
Flugorten auch Leipzig mit an, sie muss also früher dort
beobachtet worden sein.
Euphorbiae F. Acer. Da diese Art von der Tiefebene bis zur
Baumgrenze oder noch darüber hinaus verbreitet ist,
darf ihr Vorkommen bei Chemnitz nicht auffallen. Das-
selbe gilt für
Ligustri F. Aecr.
Von den Flechten-Eulen, der Gattung Bryophila,
ward unter VI. Perla F. als bei Chemnitz fehlend be-
zeichnet, doch sind dafür hier die im Leipziger Gebiet
nicht beobachteten Species Ravula Hb., Algae F. und
Muralis Forst als sicher vorkommend zu nennen.
Ludifica L. Dipht. Als Bewohner der meisten Bergland-
schaften Mitteldeutschlands ist diese Eule natürlich bei
uns auch zu finden.
Coenobita Esp. Panth. In den Nadelhölzern unserer Um-
gebung manche Jahre sehr häufig anzutreffen. Man ver-
gleiche meinen Aufsatz: „Die Entwickelungsgeschichte
von Panth. Coenobita Esp., nebst Mittheilungen über das
Aufsuchen des Schmetterlings, sowie über die Erziehung
112 Vergleiehung der Maerolepidopterenfauna von Chemnitz ete.
der Raupe“ (Correspondenz-Blatt des Entomolog. Vereins
Iris zu Dresden, Band I. pag. 115 u. f.).
An Agrotis-Arten ist das Chemnitzer Gebiet reicher
als das von Leipzig, denn ausser den 24 Species, die
beiden gemeinschaftlich zukommen, hat Leipzig nur 2
Arten, Chemnitz deren noch 11 für sich. Diese letzteren
sind:
Signum F., Sobrina Gn., Candelarum Stgr., Stigmatica Hb.,
Umbrosa Hb., Florida Schm., Foreipula Hb., Obelisca
Hb., Saucia Hb., Crassa Hb. und Vestigialis Rott.
Die beiden Arten Signum F. und Sobrina Gn. waren nach
Speyers Angabe früher bei Leipzig zu finden, wenn auch
selten. In Bezug auf Florida Schm. nehme ich auch hier
(Gelegenheit, meine Ansicht auszusprechen und verweise
ausserdem auf meine Erörterungen contra Schilling und
Grunack in No. 6, 8, 13, 14 und 15 der Insekten-Welt,
Zeitschrift des internationalen entomol. Vereins Jahrg. IIL.,
1356. Der Ansicht, welcher selbst Fr. Schmidt in Wismar,
der Autor des Namens Florida, in seinem letzten Lebens-
jahr zugeneigt gewesen sein soll, dass Florida und Rubi
View. bloss verschiedene Formen einer einzigen Species
sein dürften, welche gleich Levana, Prorsa und Porima,
gleich den Pieriden u. a. m. auf Grund des sogenannten
Saison-Dimorphismus eine Frühlings- und eine Herbstform
entwickeln, widerspricht das beiderseitige Auftreten von
Florida und Rubi in der Chemnitzer Gegend. Es müssten
die betreffenden Herbstraupen von Rubi z. B. aus der
Leipziger Gegend im Frühling die Floridaform liefern,
aber Florida fehlt im der Leipziger Fauna ganz. Die
Flugzeit von Florida ist hier bei Chemnitz stets Juni,
Juli (also nicht Frühling), von Rubi stets September,
October; wäre hier Florida die erste und Rubi die zweite
(seneration, so dürften nicht, wie das der Fall ist, Florida-
Raupen von 1,5 em Länge und Rubi-Schmetterlinge gleich-
zeitig gefunden werden. Die Entwickelungsgeschichte
beider Formen spricht also entschieden dafür, Rubi und
Florida als zwei selbstständige Species anzusehen.
In Speyers Werk: Die geograph. Verbreitung der
Schmetterlinge finden wir diese Ansicht noch weiter be-
gründet. Es heisst da im Il. Theil Seite 262: „Die ab-
weichende, lichtere und lebhaftere Färbung des Florida-
Schmetterlings (im Vergleich zu der bei Rubi) würde
nicht ausreichen, Artrechte zu begründen. Was aber für
Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete. 113
diese spricht, ist die ansehnlichere Grösse und der kräftige
Bau von Florida. Die beiden gezogenen Männchen von
Florida haben eine Vorderflügellänge von 7 Pariser Linien,
das Weibchen eine kaum merklich geringere; die Ent-
fernung der beiden Vorderflügelspitzen von einander be-
trägt reichlich 15'/,‘. Das grösste meiner 6 Rubi-
Exemplare, ein gefangenes 9, hat eine Vorderflügellänge
von wenig mehr als 6°, eine Flügelspannung von wenig
über 14. Gezogene Stücke pflegen gegen gefangene
bekanntlich in der Grösse zurückzubleiben, der Grössen-
unterschied, welcher constant ist, erhält daher im vor-
liegenden Falle ein doppeltes Gewicht.* Endlich füge
ich noch hinzu, dass auch die Färbung resp. Zeichnung
der Raupen von Rubi und Florida von einander abweichen.
Von der Gattung Mamestra treten in beiden Ge-
bieten dieselben 13 Arten auf, während von den Dian-
thoecien, den sogenannten Kapsel-Eulen, neben den ge-
meinschaftlichen Arten Leipzig nur Lutulenta Bkh. und
Chemnitz Proxima Hb. und Albimacula Bkh. für sich
beanspruchen. Proxima wurde 1889 zum ersten Male
bei Limbach gefunden, fehlt somit in meinem Eulenheft
von 1887.
Auffallend ist das bei Chemnitz, wenn auch spärliche,
doch sicher nachgewiesene Vorkommen von den 3 Polia-
Arten: Flavieineta Hb., Rufieineta Hb. und Xantho-
mista Hb. nebst deren Varietät Nigrocineta Tr. Rufi-
cincta hauptsächlich in Süd-Europa (Schweiz, Tirol) und
im Orient verbreitet, wurde hier in den Steinbrüchen bei
_ Hilbersdorf gefunden.
Aeruginea Hb. Dich. Als Polargrenze bezeichnet Speyer
für diese Art Lemberg, Brünn, Augsburg, Dauphine.
Dies wäre demnach zu berichtigen.
Viridana Walch. (Culta F.) Char. sehr selten.
Jaspidea Vill. Val. ganz vereinzelt gefunden.
Porphyrea Esp. Had. Manche Jahre gar nicht selten.
Gemmea Tr. Had. Diese Eule ist ein Bewohner der Gebirge,
im nordöstlichen Europa aber kommt sie auch in der
Ebene vor. Hier bei Ühemnitz wurde sie manche Jahre
ziemlich häufig angetroffen und ein befruchtetes Weibchen,
lebend eingefangen, verrieth uns im Jahre 1887 durch
Eierablage die bis dahin unbekannte Form, Lebensweise
und Entwickelung der Gemmea-Raupe. Herr Werner in
Hilbersdorf bei Chemnitz war der erste glückliche Gemmea-
8
114 Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete,
Züchter. Man vergleiche Werner’s Bericht in den Ento-
mologischen Nachrichten, herausgegeben von Dr. Karsch,
Berlin, Jahrgang XIV 1888, No. 17, Seite 257, sowie
mein Referat in der Entomologischen Zeitschrift des
Internationalen Vereins II. Jahrgang No. 22, Seite 129 u. f.
Abjeeta Hb. Had. wurde bei Chemnitz nur ganz einzeln ge-
funden.
Hepatica Hb. Had. sehr selten im Chemnitzer Gebiet.
Nexa Hb. Non. bei Chemnitz bis jetzt nur zweimal gefunden.
Obsoleta Hb. Leuc. Bei dem weiten Verbreitungsgebiet dieser
Eule ist ihr, wenn auch vereinzeltes Vorkommen bei
Chemnitz nicht überraschend.
Respersa Hb. Car. wurde bei Chemnitz mehrfach als Raupe
eingetragen und gezüchtet. Der Schmetterling lässt sich
nur selten blicken.
Suspeeta Hb.Dysch. Istin meinem Chemnitzer Eulenverzeichniss
nachzutragen, da sie im Jahre 1889 bei Limbach ge-
fangen wurde. R
Viminalis F. Cleoc. Eine Gebirgseule, die besonders im
Norden grosse Verbreitung findet und bis jenseits des
Polarkreises vordringt.
Nitida F. Orth. Wird jedes Jahr in einzelnen Exemplaren
bei Chemnitz erbeutet.
Pulchrina Hw. Plus. Man vergleiche Jota unter Abschnitt VI.
Tarsiplumalis Hb. Zanc. bei Chemnitz häufig.
Tarsipennalis Tr. Zanc. ziemlich selten.
Als Resultat der Vergleichung der Macrolepidopteren-
fauna von Chemnitz mit der des Leipziger Gebiets ergiebt
sich, bei Weglassung der Geometrae, dass in beiden Distrikten
430 Arten und 2 Varietäten gemeinschaftlich vorkommen und
zwar 83 Rhopalocera mit 2 Varietäten, 33 Sphinges, 114 Bom-
byces und 200 Noctuae. Im Leipziger Gebiet fliegen noch
65 Arten und 2 Varietäten, welche im Chemnitzer Gebiet
fehlen und zwar 6 Rhopalocera nebst 2 Varietäten, 9 Sphinges,
9 Bombyces und 41 Noctuae. Andererseits fliegen im Chem-
nitzer Distrikt und fehlen im Leipziger: 7 Rhopalocera,
4 Sphinges, 12 Bombyces und 40 Noctuae, zusammen 64 Arten;
sonach ist Leipzig und Umgebung im Ganzen nur um 1 Art
und 2 Varietäten reicher. Die Untereinanderstellung dieser
Zahlen wird die Uebersicht erleichtern.
Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete. 115
&emeinschaftlich: Leipzig: Chemnitz:
Rhopal. 83-+-2 Var. Rhopal. 6-+2 Var. Rhopal. . . . 7
Sphing. 33 Sphing. 9 Splune „ern...
Bomb. 114 Bomb. 9 Bomk: + 8x2, 12
Noctuae 200 Noctuae 41 Noctuae . . . 40
430-2 Var. 65+2 Var. 64
Die bisherigen Forschungen über die geographische Ver-
breitung der Schmetterlinge Deutschlands und der Schweiz
sowie über die geographischen Verhältnisse der Lepidopteren-
fauna dieser Länder überhaupt beweisen uns also, da die
beiden Verbreitungsgebiete von Leipzig und Chemnitz, trotz
vielfacher Uebereinstimmung, charakteristische Abweichungen
von einander zeigen, dass das Leipziger Gebiet der ersten
Hälfte der untern Region, das Chemnitzer Gebiet aber der
obern Grenze der unteren und der ersten Hälfte der Berg-
region angehört. — Eine für später beabsichtigte Vergleichung
der Geometraefaunen beider Distrikte wird das aus den bis-
herigen sich ergebende Resultat ohne Zweifel nur noch mehr
bestätigen.
u —
8*
116 Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete,
Leipzig u. Chemnitz
m,
Chemnitz
Leipzig
Pl. Phlaeasv.EleusF. |
var
Pol. Phlaeas
Schmidtü Gerh.
Pol. AmphidamasE.. |
Lye. Orion Pallas.
Rhopalocera.
'Pap. Podalirius L.
I „ Machaon L.
‚Ap. Crataegi L.
‚Pier. Brassicae L.
| Rapae L.
Napi L.
Daplidice L.
”
”
PL)
'Leuc. Sinapis L.
Col. Hyale L.
| „ Edusa F.
'Rhod. Rhamni L.
Thec. Betulae.
' „ Walbum Knoch.
| „ Dieis Esp.
Pruni L.
Quercus L.
Rubi L.
. Virgaureae L.
Hippotho&e L.
Dorilis Hufn.
Phlaeas L.
|»
)
Ph)
”
'Anth. Cardamines L.
|
N
I
|
Thee. Spini Schiff.
|
' Pol. Thersamon Esp.
| „ Aleiphron Rott.
|
|
.'Lyc. Argiades Pall.|
Aegon Schiff.
Argus A.
Icarus Rott.
”
Argiolus L.
Semiarguskott.
„Arion:
„ Arcas Rott.
Nem. Lueina L.
Ap. Ins I:
Dia Schiff.
„ ab. Clytie Schiff.
Lim. Populi F.
||
|
|
|
|
||
I 9
Cyllarus Rott. |
Coridon Poda.
EuphemusHüb.
|
|
||
|
|
|
|
Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete.
117
Leipzig
I
‚ Leipzig u. Chemnitz |
!
Chemnitz
Arg. Ino Esp.
Par. Achine Se.
Epin. Tithonus L.
'Lim. Sibilla L.
‚Van. Levana L.
ir .C almamm 2,
„ Polychloros L.
„XanthomelasEsp.
Urticae L.
Io L.
Antiopa L. - |
Atalanta bb.)
Cardui L.
]. Maturna L.
| Cinxia L.
Aurinia Rott.
| „ Dietynna Esp.
Athalia Rott.
Arg. Selene Schiff.
„ Euphrosyne L.
3 „ia iD.
| „ Latonia L.
Fr. „Aglaja. lo.
| „.‚Niobe L.
| Paphia L. )
Mel. Galathea L.
|Er. Medusa.
'Sat. Briseis L. ?
I, ‚Semele L.
| Yan, AED.
Par. Megera L.
Egeria v. Ege-
rides Stgr.
Epin. Janira L.
„ HyperanthusL.
Coen. Hero L.
Iphis Schiff.
„ Arcania L.
„ Pamphilus L.
Tiphon Rott.
Spil. Alceae Esp.
”
”
PL)
Mel. Aurelia Nick.
| Arg. Adippe L.
Er. Ligea L.
Par. Maera L.
Syr. Carthami Hb.
„ Malvae L.
118 Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete.
Chemnitz
Leipzig Leipzig u. Chemnitz
z
Hesp. Actaeon Esp.
Troch. Melanocepha-
lum Dalm.
Sesia Scoliaeformis
Bkh.
ab. Taras Meig.
Nis. Tages L.
Hesp.Thaumas Hufn.
Lineola 0.
Sylvanus Esp.
Comma L.
Palaemon
”
Cart.
Pal:
II. Heterocera A.
Sphinges.
Ach. Atropos L.
Sph. Convolvuli L.
„ Ligustri L.
„ Pinastri .L.
Deil. Galii Rott.
Euphorbiae L.
Livornica, Nerii
u. Celerio zugefl.)
„ Eilpenor L.
„. Porcellus L.
Sm. Tiliae L.
„ Ocellata L.
„ Papul I.
Pter.Proserpina Pall.
Macr. Stellatarum L.
„ BombyliformisO.
„Fuciformis L.
Troch. Apiforme Cl.
eh]
(
„
Lew.
Sciapt. Tabaniforme
Rott.
Sesia Spheciformis
Gern.
„ Tipuliformis Cl. |
„ ConopiformisEsp.
„ Asiliformis Rott.
Crabroniforme
Sesia Leucopsiformis
Esp.
Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete.
119
Leipzig
Leipzig u. Chemnitz |
|
Chemnitz
Formicaeformis Esp.
Empiformis Esp.
Muscaeformis View.
Ino Pruni Schiff
Zyg.EphialtesL. var.
„ Peucedani Esp.
Naclia Ancilla L.
Nola Strigula Schiff.
Albula Hb.
Lith. Muscerda Hufn.
„ Griseola Hb.
Spil. Mendica Cl.
'Sar. Undulana Hb.
‚Nola Togatulalis Hb. |
'Nud. Mundana L.
'Gn. Quadra L. |
Deiop. Pulchella L.
| Call.
| eh}
Pler.
| Arct.
-
Sa.MyopaeformisBk.
„ Culieiformis L.
„ Lehneumoniform.F.
Bemb. Hylaeiformis |
Lasp.
Ino Statices L.
Zyg. Trifolii Esp.
Filipendulae L.
Synt. Phegea L.
B. Bombyces.
Ear. Chlorana L.
Hyl. Prasinana L.
„BicoloranaFWuessl.
CucullatellaL. |
„ Confusalis H. S. |)
Call. Miniata Forst.
Set. Irrorella Cl.
„ Mesomella L.
Lith. Deplana Esp. |
LurideolaZinck.
Complana L.
Lutarella L. |
Sororcula Hufn. |
”
”
”
”
Rubrieollis L.
Euch. Jacobaeae LU.
Nem. Russula L.
Dominula L.
Hera L.
Matronula L. |
Caja L.
. Do HlicaiL.
Purpurata L. |
ea. |
. Fuliginosa L. |
|Zye. Pilosellae Esp.
„ ScabiosaeSchew.
„Meliloti Esp.
'Nud. Senex Hb.
‚Nem. Plantaginis.
120 Vergleiehung der Maerolepidopterenfauna von Chenmitz ete.
|
Leipzig ‚ Leipzig u.C'hemnitz | Chemnitz
| |
' Spil.LubrieipedaEsp. | Spil. Luetifera Esp.
„ Menthastri Esp.
„ Urtieae Esp. |
Hep. Humuli L. )
„ Sylvinus L.
„ Lupulinus L.
I. 4," HestaıL., |
Coss. Terebra F. |Coss. Cossus L.
ıZeuz. Pyrina L.
Het.LimacodesHufn. |
„ Asella Schiff. ||
| Psyche Unieolor Hof. Psyche Opacella HS.
|». HirsutellaHb.
‚Epich. Pulla Esp. ‚Fum. Intermediella
Bra.
"Org. Gonostigma F.
I „ Antiqua L.
ıDas. Fascelina L.
I „» Pudibunda L. |
\ Lar.L.nigrumMüller.. |
| Leuc. Salieis L.L |
‚ Pth. Chrysorrhoea L.
' „ Similis Fuessl.
ı Psil. Monacha L.
|
ı‚Oen. Dispar L. |
! „ Detrita Esp.
"Bomb. Crataeei L.
WPopuli L.
| „... Neustria-..L.
' „. Lanestris L. | Bomb. Catax L.
I „ Rimicola Hb.
„ Trifolii Esp.
| +, #+/#Quereus.i;
„. „JRnbEL,
|Crat. Dumi L.
Las. Potatoria L.
„.Prani I |
„ Quereifolia L. |
\ „. Populifolia Esp.| Las. Lunigera v. Lob.
„ TremulifoliaHlb.
Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete. 121
Leipzig | Leipzig u. Chemnitz Chemnitz
‚Las. Dicifolia L.
„Pin; |
| Endr. Versieolora L.|
Sat. Pavonia L. |
‚Agl. Tau L.
‚Drep. Faleataria L.|
Drep.Harpagula Esp. |; ‚ Curvatula Bkh. |
| . Lacertinaria 108 |:
\ „ Binaria Hufn.
| „ Cultraria F.
"ci. Glaucata Sc.
‚Tarp. Bicuspis Bkh.
! :„,. »Binrenla Ta; / |
| „Binde AHb.. |)
| „ Erminea Esp.
| „ Vinula L. |
\Staur. Fagi L. | Ur. Ulmi Schif.
ıHyb. Milhauseri F.
ı Not. Tremula Cl.
1119 DietaeoidesEsp.
\ „tZiczaertE,
Trilophus F.
„ Trepida Esp. |
Torva Hb. |
Dromedarius L. |
„ Chaonia Hb.
„ Querna F.
„ Trimaeula Esp. |
Not.Argentina Schiff. | „ Bicoloria Schiff. |
Loph. Carmelita Esp.
I „. Camelina L. Loph. Cuculla Esp.
IıPter. Palpina L. |
ı Dryn. Velitaris Rott.
Unet. Processionea L. | Gluph. Crenata Esp. | Phil. Plumigera Esp
'Phal. Bucephala L.'
Pyg. Anastomosis L.
„ Curtula L. |
Anachoreta F.
I, BipsasHufn. |)
‚Gon. Derasa” L.
122
Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete.
Leipzig
ı Leipzig u.Chemnitz
Chemnitz
Ars.Albovenosa Göze
Acr. Abseondita Tr.
Bryoph. Perla F.
Acer. Orbona Hufn.
Comes Hb.
er]
ÄAcr.
Thyat. Batis L.
Cym. OctogesimaHb.
Or E.
„ Duplaris L.
„ Fluctuosa Hb. |
”
'Asph. Flavicornis L.|
Ridens FE.
Noetuae.
Dil.Caeruleoceph. L.
Dem. Coryli L.
Leporina L.
Aceris L.
MegacephalaF.
Alni L.
Tridens Schiff.
Psir'L.
Auricoma F.
„ Rumieis L.
Mom. Orion Esp.
Agr. Strigula Theb.
Janthina Esp.
Fimbria L.
Augur FE.
„ Pronuba L.
„ Triangulum Huf.
Baja F.
C nigrum L.
”
”
”
”
„ DitrapeziumBkh. |
„ KanthographafF. |
Rubi View.
Brunnea F.
Festiva Hb.
„rs Pleetaih.
Lucipeta F.
Putris L.
Exelamationis.
Niericans L.
Tritiei L.
Asph. Ruficollis F.
Acr. Cuspis Hb.
Euphorbiae F.
„ Ligustri F.
Bryoph. Ravula Hb.
„. . Algae F.
„ Muralis Forst.
Dipht. Ludifica L.
7
\ Panth.CoenobitaEsp.
Agr. Signum F.
„ Sobrina Gn.
„ CandelarumSter.
Stigmatica Hb.
Umbrosa Hb.
Florida Schm.
Foreipula Hb.
Öbelisca Hb.
Saucia Hb.
„ Crassa Hb.
„ Vestigialis Rott.
Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chen’nitz ete.
123
a ————————————————— nn
Leipzig
Leipzig u. Chemnitz
Chemnitz
Apor.Lutulenta Bkh.
Agr. Ypsilon Rott.
„ Segetum Schiff.
„ Praecox L.
„N Prasmar®.
-„ OeceültaL.
Char. Graminis L.
Neur. Popularis F.
„ Cespitis F.
Mam. Leucophaea V.
„Advena F.
„ Tineta Br.
„ Nebulosa Hufn.
„ Contigua Vill.
„ Thalassina Rott.
„ Dissimilis Knoch.
„Ps,
„ Brassicae L.
„ Persicariae L.
„Oleracia L.
„ Genistae Bkh.
„ Glauca Hb.
„ Dentina Esp.
„ Trifolii Rott.
„ Retieulata Vill.
„ Chrysozona Bkh.
„Serena F.
Dianth. Nana Rott.
„ Compta F.
„ Capsincola Hb.
„ Cucubali Fuessl.
„ Carpophaga Bkh.
Am. Caecimacula F.'
Polia Chi L.
Dry. Protea Bkh.
Dich. Convergens F.
„ Aprilina L.
Mis. Oxyacanthae L.
Ap. Testacea Hb.
Lup. Virens L.
Had. Adusta Esp.
Dianth. Proxima Hb.
Albimacula Bkh.
Pol. Flavieincta F.
„ Rufieineta Hb.
„ Xanthomista Hb.
Dich. Aeruginea Hb.
Char.ViridanaWalch
Val. Jaspidea Vill.
'Had. Porphyrea Esp.
„ Gemmea Tr.
124 Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete,
Leipzig
eipzig u.Chemnitz | Chemnitz
|
| Had.Ochloreuca Esp. | Had. Abjeeta Hb.
| Furva Hb. | „ Hepatica Hb.
‚ Lateritia Hufn. |
' „Monoglypha Hufn.
„ Lithoxylea F.
„ Sordida Bkh.
Had. Sublustris Esp.
„ Pabhulatricula |
Brahm.
| „ Basilinea FE |
| „ Rurea F. |
' „. SeolopacinaEsp. |
| „ Gemina Hb. |
\ „ Unanimis Tr.
|
|
|
| „. Didyma Esp. |
' „Ophiogrammaksp.
| „ Strigilis Cl.
| „ Bicoloria Vill. |
‚ Dipt. ScabriuseulaL. |
' Hypp.RectilineaEsp. |
|
Cloanth. Hyperici F.|
Eriop. Purpureofas- „ Polyodon Cl. |
ciata Pill. | |
' Trach. Atriplieis L.|
Eup. Lucipara L.
Brot. Metieulosa L. |
| Man. Maura L. |
ıNaen. Typica L. |
\ Hel. LeucostigmaHb. |
ı Hydr. Nietitans Bkh. |
| „ Micacea Esp. |
ıGort. Ochracea Hb.|
Non. Sparganii Esp. Non. (annae. Non. Nexa Hb.
| „ Arundinis F.
Tap. Musculosa 'Tap. Fulva Hb.
‚Cal. Lutosa Hb. |
Leue. Straminea Tr. ‚Leue. Impudens Hb. |Leuc. Obsoleta Hb.
„ Albipuncta F. | „ Impura Hb.
I» Pallens L.
| 4!» Gomma;L,
| „.. Conigera F.
'„. L album L.
Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete. 125
Leipzig | Leipzig u. Chemnitz Chemnitz
Leue. Lithargyrea E.
s..-Lurea L,
' Gramm.Trigrammica
Hufn.
Car. Morpheus Hufn.
' „ QuadripunctataF.
„Alsines Brahm. Car. Respersa Hb.
„Ambigua F.
„Taraxaci Hb.
Car. Palustris Hb. | „Arcuosa Hw.
Acosm. CaliginosaH. Rus. Tenebrosa Hb.
Amph.TragopoginisL
„ Pyramidea L.
| Taen. Gothica L.
„ Miniosa.
PulverulentaEsp.
| „ Stabilis View. |
| „ Gracilis F.
' „ Incerta Hufn.
„ Opima Hb.
„ Munda Esp.
Pan. Piniperda.Panz.
ı Pach. Leucographa
| Hb.
„ Rubricosa F. |
Die. 00: L. 'Cal. Pyralina View.
Cal. Diffinis L. | „. Trapezina L.
„ Atınıs LI, ıCosm. Paleacea Esp.
Dys. Suspecta Hb. | Dys.Fissipuncta Hw. Das. Suspecta Hb.
ı Plast. Retusa L. |
' „. Bubtusa F. Cleoc. Viminalis F.
Orth. Lota Cl.
' „. Circellaris Hfn.
| „ Helvola L.
| „ Pistaeina F. |Orth. Nitida F.
i 4 »Litura’ Il |
Taen. Populeti Tr.
& as
Dr
Xanth. Aurago F. Xanth. Citrago L.
Gilvago Esp. | „ . Flavago FE.
Ocellaris Bch. „ Fulvago L.
Opor. Croceago F. | Orrh.V punctatumE |
126 Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz etc.
Leipzig Leipzig u. Öhemnitz Chemnitz
Orrh. Erythroce-\Orrh. Vaceinü L.
phala F.
Xyl.Semibrunnea H.
Ast.NubeculosusEsp.
Sphinx Hufn.
Ouc. Tanaceti Schiff.
Tel. AmethystinaHb.
Plus. Jota.
Aed. Funesta Esp.
Helioth. Ononis F.
Acont. Lucida Hufn.
Luctuosa Esp.
Er. Pusilla View.
Deceptoria Se.
Ligula Esp.
„ Rubiginea F.
Scop. Satellitia L.
Scol. Libatrix L.
Xyl. Socia Rott.
„ Fureifera Hufn.
„ Ornithopus Rott.
Cal. Vetusta Hb.
„ Exoleta L.
„ Solidaginis Hb.
'Xyl. Conspicillaris L.
Cal. Lunula Hufn.
Cuc. Verbasci L.
„Scerophulariaeliap.
ER)
Asteris Schiff.
Umbratica L.
Lactucae Esp.
”
”
Chamomillae
Schiff.
”
Plus. Triplasia L.
Tripartita Hfn.
Moneta F.
Chrysitis L.
Festucae L.
„ Gamma L.
An. Myrtilli L.
Heliac. TenebrataSe.
Helioth. Dipsaceus l..
Char. Umbra Hufn.
Er. Argentula Hb.
„ Uneula Cl.
„Fasciana L.
Proth. Viridaria Ol.
Agroph.Trabealise.
Eucel. Mi Cl.
”
„ Gilyphica L.
'Pseud.Lunaris Schiff. |
Plus. Pulchrina Hw.
Vergleichung der Macrolepidopterenfauna von Chemnitz ete.
Leipzig
Leipzig u. Chemnitz
Chemnitz
Catoc. Elocata Esp.|
Hrm. TentacularisL.
Derivalis Hb. |
pr]
I
Breph. Nothum.
Catoc. Fraxini L.
Nupta L.
Sponsa L.
„ Promissa Esp.
Adv. Flexula Schiff.
Bol. Fuliginaria L.
Hel. Calvaria F.
”
”
‚Zane. Grisealis Hb.
„ Emortualis Schiff.
Mad. Salicalis Schiff.
Pech. Barbalıs.
"Bom. Fontis Hub.
Hyp. Rostralis L.
„ Proboscidalis L.
Riv. Sericealis Sc.
Breph. Parthenias.
Cat.AlchymistaSchiff
|
'Zanc. Tarsiplumalis
Hb.
„TarsipennalisTr.
— 3 —
128 Staudinger:
Lebensskizze des Dr. Paul Hahnel.
Die folgenden entomologischen Erinnerungen des leider
viel zu früh verstorbenen Dr. Paul Hahnel sollten eigentlich
als besonderes Werk erscheinen, oder den dritten Theil des
Werkes bilden, von denen meine „Exotischen Tagschmetter-
linge“ bereits vor mehreren Jahren als erster Theil erschienen
sind. Aber abgesehen davon, dass es kaum rathsam wäre,
dieselben in einem so grossen Format, wie das des erwähnten
Werkes, erscheinen zu lassen, glaube ich, dass sie in einer
entomologischen Zeitschrift, wie es die „Iris“ ist, die grösste
Verbreitung und Anerkennung finden. Ich denke, dass es den
Leser interessiren wird, Näheres über den Verfasser zu er-
fahren, der unstreitig zu den besten Sammlern in den Tropen
gehörte, und der nicht nur Lepidopteren, sondern auch alle
anderen Insekten, sowie andere Thiere und Gegenstände in _
wahrhaft bewundernswerther Weise zu sammeln und zu kon-
serviren verstand.
Paul Hahnel wurde am 17. April 1843 in Schlegenburg
bei Leobschütz (Ober-Schlesien) geboren, wo sein Vater Grenz-
beamter war. Mit zehn Jahren kam er in ein Knabenpensionat
und mit dreizehn Jahren auf das Gymnasium zu Ratibor, wo
er grossen Lerneifer zeigte und vorzügliche Zeugnisse erhielt. In
Folge dessen bewog sein Pathe, ein Pastor Kellner, der ein Freund
seines sehr religiösen Vaters war, denselben, den Sohn Theologie
studiren zu lassen, ohne auf dessen Neigungen Rücksicht zu:
nehmen. Paul Halınel kam dann auf das grössere Gymnasium
von Brieg, wo er im Frühjahr 1362 sein Abiturienten-Examen
machte. Darauf studirte er ein Jahr in Leipzig und zwei Jahre
in Erlangen T’'heologie und promovirte im August 1865 in Jena
zum Doctor der Philosophie. Er hatte während der Studienzeit
harte Kämpfe, besonders mit seinem Pathen, dem Pastor
Kellner, gehabt und wiederholt erklärt, er könne nicht Prediger
werden, weder seiner inneren Ueberzeugung nach, noch seiner
schwachen Brust wegen. Auch hatte er während seiner
Stidienzeit, neben den theologischen, fleissig (vielleicht über-
wiegend) naturwissenschaftliche Collegia gehört, und stand
der Entschluss, weite Reisen zu machen, schon damals in ihm
Lebensskizze des Dr. Paul Hahnel. 129
fest. Er war zu diesem Zweck sogar schon nach Hamburg
gereist, und nur die flehentlichen Bitten seiner Mutter (sein
Vater war inzwischen gestorben), hielten ihn davon ab. Vom
Herbst 1865 bis 1868 war er Hauslehrer beim Generaldireetor
Neumann in Mallmitz in Schlesien. Da an dem dortigen
Hüttenwerk dann gerade eine gute Stelle, als kaufmännischer
Buchhalter, frei wurde, bewarb er sich auf Zureden von be-
freundeter Seite mit Erfolg um dieselbe. Es blieb ihm dabei
Zeit, seine geliebten Wälder und Felder durchstreifen zu
können, und namentlich wurde er durch diese Stellung in die
Lage versetzt, seine Braut (Frl. Emma Ebel) im Mai 1872
heirathen zu können. Leider starb seine Frau bereits im
November 1875 und hinterlies ihm ein kleines Töchterchen
Amalfrede; (ein zweites Töchterchen war bereits gestorben).
Durch diesen Verlust und noch andere traurige Ereignisse war
seine ohnehin schwache Gesundheit stark erschüttert und gab
er seine inzwischen sehr vielseitig und verantwortlich ge-
wordene Stellung auf. Er machte zu seiner Erholung 1876
eine kleine Reise nach Süd-Deutschland und der Schweiz und
kam auf dem Rückwege nach Dresden, wo eine Schwester
seiner Frau verheirathet war. Damals, im Hochsommer 1876,
besuchte er mich in Blasewitz und lernte ich ihn zuerst
kennen. Er sah bei mir zum ersten Male eine grössere
Sammlung und war besonders von der Schönheit und Pracht
der exotischen Schmetterlinge ganz begeistert. Er sprach
auch mit mir über eine etwaige Sammelreise nach den
Tropen, zu der ich ihn indessen in keiner Weise ermunterte,
da ich ihn ja gar nicht kannte und er bisher nur nebenbei
Schmetterlinge gesammelt hatte, ohne viel davon zu kennen.
Ich erklärte mich gern bereit, ihm eine möglichst gute Sammel-
Ausrüstung zu besorgen und ihn auch speciell bestens zu
instruiren, wenn er wirklich eine Tropenreise antreten würde.
Ich hielt dies aber bei seiner schwachen Gesundheit, bei seiner
grossen Knrzsichtigkeit und bisherigen gänzlichen Mangel an
Sammelerfahrung, zumal in den Tropen, für eine sehr gewagte
Sache, um so mehr als es mir schien, dass er seinen aus-
schliesslichen Lebensunterhalt durch das Sammeln gewinnen
zu wollen, im Sinne hatte. Auf das Aeusserste erstaunt war
ich, als er mir im December schrieb, er sei nun fest entschlossen,
im nächsten ‚Januar seine Reise anzutreten, da er den Haupt-
schritt dazu gethan habe und sich vorher wieder verheirathen
werde. Ich hielt dies damals, offen gestanden, für eine grosse
Thorheit; aber erst später, als ich ihn und seine zweite Frau,
9
130 Staudinger:
eine Engländerin, Miss Catharina Crutschley, genauer kennen
lernte, sah ich ein, ‘dass er in der That ohne diese äusserst
praktische, ihrem kranken Mann aufopfernd pflegende Frau
seine Reisen gar nicht hätte machen Können.
So erschien er denn Anfang ‚Januar 1877 bei mir wiederum
in Blasewitz, um die Ausrüstung und meine besten Rathschläge
für seine Sammelreise in Empfang zu nehmen und sich dann
sofort mit seiner Frau und seinem etwa dreijährigen Töchterchen
über Hamburg nach Puerto Cabello in Venezuela einzuschiffen.
Erst im Mai etwa erhielt ich seinem ersten Brief von San
Esteban, einem in der Nähe Puerto Cabello’s gelegenem Orte,
wo er bei einem Deutschen, F. Starke, wohnte. Er theilte
mir darin auch mit, dass er eine Sendung an mich gemacht
habe und bat mich, ihm den Betrag derselben bald zukommen
zu lassen, da seine Mittel durch die Reise völlig aufgebraucht
seien. Die Sendung kam im Juni an und war ich, sowie die
gerade bei mir anwesenden Herren Godman und Salvin aus
England, erstaunt über die trefflich erhaltenen Stücke, selbst
der zartesten Lycaeniden und Eryciniden. Ich drückte ihm
meine Bewunderung über die treffliche Sendung aus und in-
dem ich den gut bemessenen Betrag dafür in einem Wechsel
beilegte, fügte ich hinzu, dass ich nach dieser Sendung gern
bereit sei, alle von ihm gesammelten Sachen zu übernehmen.
Er antwortete mir, dass er das um so lieber thun würde, als
ein anderer Sammler, dem er etwa dieselben Sachen wie mir
gesandt, ihm noch weniger dafür gezahlt, während er von
einem dritten, dem er weniger gesandt, noch Nichts er-
halten habe.
Nachdem Dr. Hahnel auf meinem Wunsch im September
die mit Frau und Kind sehr beschwerliche Reise nach Merida,
im Innern Venezuelas, angetreten und dort, wie in Valera bis
Ende 1878 viel und erfolgreich gesammelt hatte, kehrte er im
Januar 1879 zurück und nahm in Blasewitz seinen Wohnsitz.
Er half mir bei meinen nur zu vielen entomoligischen Arbeiten
fleissig und mit grossem Interesse, aber er konnte die sitzende
Lebensweise bei seiner so schwachen Brust nicht vertragen.
Ich rieth ihm .sehr zu einer neuen Reise nach dem durch
Bates’s langem Aufenthalt und reicher Ausbeute so berühmten
Amazonas-Gebiet, von dem meiner Sammlung fast alle dem-
selben eigenthümliche Arten fehlten. Nachdem wir uns gern
erboten, seine kleine Tochter Amalfrede bei uns zu behalten
und für deren Erziehung nach bester Einsicht zu sorgen, fuhr
er im August 1879 mit seiner Frau über England nach dem
Lebensskizze des Dr. Paul Hahnel. 131
Amazonas, dem grössten aller Ströme der Erde. Ueber seinem
Aufenthalt dort an den verschiedenen Stationen (Parä, Juruty,
Obidos, Villa Bella, Mau6s, Massauary, Parentins, Manäos,
Coary, Teffe, S. Paulo de Olivenca, Pebas, Iquitos, Jurimaguas
[Chambira] und zurück Iquitos und Fonteboa) ist Näheres in
den folgenden Erinnerungen zu ersehen. Im Mai 1884 kehrte
er zurück, da es ihm wegen körperlicher Schwäche unmöglich
gewesen war, die beabsichtigte Reise in die Cordilleren zu
machen. Trotz dieser Schwäche, die ihn wiederholt am eifrigen
Sammeln hinderte, hat er in den etwa vier Jahren seines
Sammel-Aufenthaltes dort und mit Hülfe seiner Frau etwa
20.000 Lepidopteren, ebensoviel Coleopteren, gegen 6000 andere
Insekten und eine Anzahl Conchylien, Vogeleier, Spiritus-
Sachen, sowie ethnographische Gegenstände zusammengebracht.
Ein Jahr vor seiner Rückkehr wurde ihm und uns der grosse
Schmerz zu Theil, dass seine von ihm heissgeliebte Tochter
Amalfrede an der bösen Diphtheritis starb, was ihn tief nieder-
bengte. Er zog nach Sprottau in Schlesien, wo seine Mutter
und seine beiden Schwestern lebten, aber das nordische Klima
sagte seiner kranken Brust nicht zu und obwohl er schon
sehr schwach war, fuhr er Anfang October 1885 wiederum
mit seiner Frau und einem jungen Bekannten, Otto Michael,
über Hamburg nach Parä&. Meine Frau und ich waren bei
seiner Abreise in Hamburg und wir beide ahnten, wohl mit
ihm selbst, dass er nicht zurückkehren würde. Auch hat er
selbst nur zuerst noch ein wenig mitsammeln können, später
war er zuschwach dazu. Bis Mitte März 1386 war er in Itaituba
am Tapajoz, dann bis Anfang Mai in Santarem, darauf in
Faro eine kurze Zeit. Ueber Manäos ging er den Rio negro
bis St. Thomar hinauf, wo er von Mitte Juli bis Anfang
October blieb; bis Februar 1857 war er in Manäos und auf
dem Sitio Harms, eines deutschen Ansiedlers, in der Nähe.
Am 7. Februar trat er seine letzte Reise nach Manicore am
Rio Madeira an, wo er am 11. anlangte. Bis zum 5. Mai
machte er noch kurze Notizen in seinem Tagebuche und am
12. Mai früh 5 Uhr starb er nach schweren Leiden in den
letzten Tagen. Er wurde noch an demselben Tage Nachmittags
unter den Palmen, die er so sehr geliebt, begraben. Seine Frau
blieb noch mit Otto Michael bis März 1888 im Amazonas-
(rebiet, um im Sinne des Verstorbenen weiter zu sammeln.
Dr. Paul Hahnel war von ziemlich grosser Gestalt, blond,
mit einem blassen, leidenden Gesicht, einem langen röthlichem
Vollbart und trug stets eine goldene Brille. Er war ein
9*
132 Staudinger: Lebensskizze des Dr. Hahnel.
liebenswürdiger, kluger, geistreicher Mann, bei besserem Be-
finden sehr heiter, durch sein körperliches Leiden aber, wie
durch den Verlust seines geliebten Kindes, zuletzt meist traurig
und ernst gestimmt. Er war eine für das praktische Leben
fast zu ideal, poetisch angelegte Natur, wie der Leser dies
auch theilweise in seinen folgenden Schilderungen er-
kennen kann.
Auf der Waid bei St. Gallen, im Juli 1890.
0. Staudinger.
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 133
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika
von Dr. Hahnel.
Erster Theil.
Nach Venezuela.
Es war in Folge der Anregung, die ich im Sommer 18376
durch den glücklichen Fang eines Hermaphroditen von Argynnis
Paphia erhielt, dass ich mich entschloss, eine Sammelreise
nach Venezuela zu unternehmen, indem ich hierbei in erster
Linie nur von dem Verlangen beherrscht war, den Genuss
eines ausserordentlichen Beutestückes, wie ihn mir jener seltene
Fang gewährt hatte, öfters einmal davonzutragen.
Anfang Januar 1877 trat ich von Hamburg aus in Be-
gleitung meiner Frau und meiner kleinen, dreijährigen Tochter
die Reise an. Nach einer im ganzen stürmischen Fahrt waren
wir am 20. Tage in der Nähe der westindischen Inseln an-
gelegt, und nachdem wir zunächst an einigen unbewohnten
Felsenriffen vorübergekommen, traten wir nun von Süden
her durch eine enge Einfahrt in den geschützten Hafen von
St. Thomas ein.
Es ist ein prächtiges, für das europäische Auge ganz
neues, farbenreiches Bild, das sich vor uns aufrollt. In reizen-
der Symmetrie gruppirt sich die Stadt mit ihren hellfarbigen,
sauberen Häusern um die drei Hügel, die von dem Gebirgs-
kamm nach dem Hafen zu abfallen, während rechts und links
vorgeschobene Halbinseln das Hafenbecken umfassen. Bald
wimmelt es um unser Schiff von kleinen und grossen Booten,
alle bemannt mit weissgekleideten Negern. Unser Dampfer
nimmt Aufenthalt bis zum andern Tage, also benützen wir
die Zeit zu einem ersten Ausfluge in die südliche Landschaft.
Nachdem wir eine kleine Promenade durch die Strassen der
Stadt gemacht, die uns die verschiedenartigsten neuen Ein-
drücke gewährt, suchen wir das Hotel auf, von dessen Balkon
wir eine herrliche Aussicht über den Hafen mit seinen Schiffen
und rudernden Booten geniessen. Da fliegt um die rothen
134 Hahnel: -
Blüthen eines Baumes dicht vor uns der erste Falter, den wir
auf dem Boden der Neuen Welt erblicken, ein Papilio Poly-
damas. Nun lässt sich der Eifer nicht mehr zurückhalten,
und wir ergreifen das Netz, um hinauszustürmen in’s Freie,
den Feldern und Gebüschen zu, die hinter der Stadt den Berg
sich hinanziehen. Ein Mitpassagier von unserm Dampfer be-
gleitet uns, und so treten wir die erste Wanderung an.
So schön nun auch der Anblick der Insel vom Meere
her ist, so ist es doch eben nur die Stadt selbst, die Cultur-
stätte inmitten des öden Oceans, die auf den seemüden An-
kömmling den ersten, nie vergessenen Reiz ausübt; die Insel
an sich, das merkten wir bald, nachdem wir die letzten Hütten
hinter uns gelassen und immer höher über die Stadt empor-
stiegen, entbehrt gänzlich aller landschaftlichen Schönheit.
Niedriges Gebüsch und dürre Gräser bedecken den Abhang,
und als Lichtpunkte in diesem todten Gestrüpp schimmern
hier und da einige Fleckchen hellgrünes Zuckerrohr, als die
einzigen Reize, die sich dem enttäuschten Auge bieten. Erst
nachdem wir aus dem wirren Gesträuch wieder herabgestiegen,
sollten wir bei einer Hütte, in deren Nachbarschaft einige
blühende Sträucher standen, das ersehnte Vergnügen haben,
den ersten Fang zu machen, nachdem uns bisher so gut wie
nichts vor Augen gekommen war. Einige hübsche, perl-
mutterglänzende Dione Vanillae, die citrongelbe Catopsilia
wubule, und ein Simplieius aus dem merkwürdigen, langge-
schwänzten Hesperiden Genus Thymele entschädigten uns
hier für das lange vergebliche Suchen. Auch eine prächtige
Hymnenoptere fing ich noch, ich erhielt aber bei dieser Ge-
legenheit einen sehr fühlbaren Denkzettel, Künftighin vor-
sichtie zu sein bei Behandlung unbekannter Gegenstände.
Ich hatte dieses schöne Thier mit grünem Leib und rothen
Flügeln für nichts anderes als eine Art Zygaenide angesehen
und war ganz glücklich über die hervorstechenden Farben
des ziemlich grossen T'hierchens, als ich beim Tödten einen
furchtbaren Stich in den Finger erhielt, der mich denn be-
lehrte, mit was ich es hier zu thun hatte.
So kam ich doch von diesem Ausfluge wenigstens nicht
leer zurück und wir hatten für den Rest des Tages Stoff
genug, unsere Beobachtungen gegenseitig auszutauschen.
Zwei Tage später landeten wir in Puerto Cabello. Es
war früh im Morgengrauen, als wir uns der Küste näherten
und je heller das Tageslicht wurde, je deutlicher die Umrisse
des imposanten Gebirgswalles hervortraten, desto höher stieg
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 135
unser Staunen und unser Entzücken über die wundervolle,
unmittelbar aus dem Meere emporsteigende (Gebirgsscenerie,
die zu den herrlichsten Küstenlandschaften gehört, die es
überhaupt wohl giebt. Die Sonne vergoldete die langge-
streckten Rücken und die flachen Kuppen der hohen Cumbre;
und die tausendfach gefalteten Abhänge der Ausläufer, die
den Fuss dieses Gebirgsstockes umgeben, spielten unter dem
wolkenlos klaren Morgenhimmel in den wunderbarsten, blauen
und violetten Farben, während gerade vor uns hinter den
nächsten Vorbergen ein grotesker, schroffer Felsenkoloss im
tiefsten Schwarzblau hervorragte. Zur Rechten schimmerte
auf dem äussersten Vorsprung blendend weiss das Castell
herab und vor uns lag nun an dem flachen Strande, weiss
und gelb, die palmengeschmückte Stadt.
Wir legen dicht am Ufer an, und nachdem wir die Be-
kanntschaft einiger alsbald an Bord gekommener Landsleute
gemacht, wandert zunächst unser Gepäck zur Revision nach
dem Zollhaus, um sodann nach der Posada gebracht zu werden,
wo wir für wenige Tage uns aufzuhalten gedenken.
Am andern Morgen war ich zeitig auf, denn ich hatte
vor, eine grössere Recognoscirung zu unternehmen, um das
Terrain kennen zu lernen, das künftig der Schauplatz meiner
Thätigkeit sein sollte. Hinter der Stadt, deren letzte Aus-
läufer sich in Sand und Kaktushecken verlieren, führt der
Weg zunächst eine kurze Strecke über kahles, der Ueber-
fluthung durch Seewasser ausgesetztes Lehmfeld, belebt mit
hellblauen Krabben, die eiligst vor uns in ihre Löcher sich
verbergen. Dann zieht sich die Strasse zwischen zwei weiss-
getünchten Mauerwerken, die die beiden Kirchhöfe der Ein-
heimischen und der Fremden umfassen und grell mit der um-
sebenden Natur contrastiren, allmählich an der Berglehne
aufwärts, und während links über das sandige Thal ein
starrender Wald von riesenarmigen Kaktusstämmen und fein-
gefiederten Mimosen sich ausbreitet, bedecken zur Rechten
die rothen T’honabhänge des Berges mächtige Agaven, aus
denen hier und da die hochgeschossenen Blüthenschäfte mit
ihren zierlichen, weissen Glöckchen märchenhaft gegen den
blauen Himmel sich abheben.
Als der Weg den Sattel des niedern Passes erreicht
hatte, bot sich dem rückwärts blickenden Auge eine herrliche
Aussicht über das grünlich schimmernde Meer, die blinkende
Stadt mit den darüber emporragenden Masten der Schiffe,
die noch in Frühdunkel gehüllten Bergabhänge und den an
136 Hahnel:
ihrem Fusse sich hinziehenden flachen Strand mit seinen
Büschen und Kokospalmen. Auf der andern Seite des Passes
aber entfaltete sich eine prächtige Fernsicht über ein weites
erünes Thal, in welchem Weideplätze, Palmen und zerstreute
Baumgrnppen ein Tropenbild von einer reizenden, idyllischen
Einfachheit und Ruhe schufen. Dort in der Ferne, der breite
Streifen roth leuchtender Baumkronen, sind die blühenden,
jetzt blätterlosen Schattenbäume, unter deren Schutze die
wohlbewässerten Cacaopflanzungen angelegt sind. Mit jedem
Schritt, den wir abwärts steigen, gewahren wir neue, inter-
essante Baumformen. Dort elänzt am Berehang kupferroth
der glatte Stamm eines kräftigen Baumes, den man den nackten
Indianer nennt, hier ragt ein Baumriese mit ungeheurem
Kronendach in die Luft, die graue Rinde ist mit stachlichen
Buckeln besetzt und an den Aesten haften unförmliche
schwarze Klumpen, die Nester von Teriniten.
Eine Wasserleitung, die aus diesem Thale um den
Castellberg herum der Stadt das Trinkwasser zuführt, tritt an
die Strasse heran; und hier in dem schattigen Gebüsch finden
wir so frühzeitig schon, von den ersten Sonnenstrahlen ge-
weckt, langsam flatternde kleine Falter mit durchsichtigen
Flügeln, die ersten Repräsentanten der so unendlich zahl-
reichen, echt südamerikanischen Gruppe der Ithomiden. Ueber
uns in den gelben Blüthen eines Baumes hören wir ein ruck-
weise unterbrochenes Schwirren wie von einem grossen
Schwärmer. Wir blicken hinauf, und gewahren von Blüthe
zu Blüthe eilend nicht einen Schwärmer, aber den ersten
Kolibri. Ein wundersamer Anblick, wie das Thierchen mit
Kopf und Körper fast unbeweglich vor den Blüthen hält, um
die Käferchen darin zu erspähen, während die Flügel in un-
glaublich schnellen, vibrirenden Schwingungen es in der Luft
halten, und in weniger rapider Weise der Schwanz diese
Aufgabe unterstützt. Dieses Festhalten eines Luftpunktes in
der complizirten Weise, wie es diese reizenden Geschöpfe aus-
üben, ist eine der merkwürdigsten Bewegungen, die im der
Thierwelt vorkommen, und findet nur ein halb zutreffendes
Gegenstück in dem Rütteln der Raubvögel, dem Schwirren
der Schwärmer, und dem Stehen gewisser Fliegenarten,
welches, wenn auch zum Theil gleich heftige, doch immer nur
weit einfachere Bewegungen sind, und des fesselnden Reizes
entbehren, der bei diesen so wunderbaren, wie ein Pfeil dann
dahinschiessenden Thierchen gerade in dieser Doppelbewegung
liegt.
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 137
Allmählich verengert sich das Thal, die jenseitigen Höhen
treten näher heran, und wir gewinnen bei einer Krümmung
des Weges einen Blick in den oberen Thaleinschnitt, mit dem
vorgelagerten Burro und der den Hintergrund abschliessenden
Cumbre. Zur Seite des Weges tritt nun die Cacao-Hacienda
dieht heran, die buschartigen, grossblättrigen Cacaostämme
sind wie die hohen Schattenbäume regelmässig in Reihen ge-
pflanzt, und wie ein zweites Stockwerk ragen in gleichmässig
hohem, luftigem Abstande, letzere über ihre Schützlinge empor.
Einige Brotfruchtbäume, Fremdlinge in diesem Lande, wie so
mancher andere Baum, lenken dann unsere Blicke auf sich;
ihre glänzenden, grossen, gezackten Blätter könnten wir zählen,
so scharf hebt sich jedes einzelne ab. Aber mehr noch als
sie bewundern wir nur die herrlichen üppigen Formen der
Bananen, unter allen tropischen Gewächsen die charakteri-
stischste Erscheinung. Wie kein anderes Gewächs vereinigen
sie in sich die verschiedenartigsten Typen der Pflanzenwelt.
Mit der Gestalt des Baumes verbinden sie das saftige Grün
der Staudengewächse, und mit der Ueppigkeit der Blattpflanze
den zierlichen Schwung der Palmenkrone. Und unvergleichlich
wie ihr Anblick ist ihre nie versiegende Fruchtbarkeit. Hat
ein Stamm getragen, und seinen Zweck erfüllt, so erwachsen
aus seiner Wurzel schon wieder neue Sprossen, sodass jahraus
jahrein dem Sohne der Tropen diese Universalnahrung nicht
mangelt, diese köstliche Verbindung von Butterbrot und süsser
Frucht.
Wir nähern uns jetzt dem Dorfe, von dem das Thal den
Namen trägt, San Esteban. Freundliche Villen mit reizenden
Gärten sagen aus, dass hier ein bevorzugter Aufenthalt der
Kaufleute aus der Stadt ist, die zumeist Deutsche, hier ihre
Sommerfrische aufgeschlagen haben, um wenigstens für die
Nachtstunden dem heissen Puerto OGabello zu entfliehen. Bald
haben wir das Haus der Madama Simon erreicht, an welche
wir Empfehlungen hatten, und welche freundlich genug ist
uns einzuladen, für die nächste Zeit Aufenthalt bei ihr zu
nehmen, bis sich eine geeignete Wohnung für uns gefunden hätte.
Puerto Cabello, dessen nächste Umgebung zu trocken
und waldlos ist, hätte uns nicht zum Wohnsitz dienen Können,
dagegen versprach uns dieses prächtige, waldreiche, und
mannigfach coupirte Gebirgsthal die erwünschteste Ausbeute.
Andern Tags brachte uns also ein Dreigespann von
Maulthieren nach San Esteban, und einige Tage später be-
zogen wir weiter aufwärts im Dorfe ein passend gefundenes Haus.
138 Hahnel:
San Esteban.
I.
Unser Wirth, Herr Friedrich Starke, war seiner Zeit
mit Appun, dem bekannten Reisenden, nach Venezuela ge-
kommen, und nun schon gegen dreissig Jahre hier ansässig.
‚r, sowie sein Bruder, Herr Hermann Starke, hatten in dieser
langen Reihe von Jahren die Naturschätze der Umgegend
nach allen Richtungen hin ausgebeutet, und reiche Sendungen
nach Kuropa gelangen lassen. Ich durfte demnach nicht erwarten,
hier noch unbekannte Neuheiten zu entdecken; doch da für
mich selber jede einzelne Art etwas Neues war, so störte mich
diese Betrachtung wenig, zumal ich gleich von dem ersten
Ausgange an täglich Gelegenheit hatte, eine grosse Auswahl
der verschiedensten Formen zu finden.
Meine ersten Ausflüge richteten sich nach der Hacienda,
in deren Schatten auf breitblättrigen Nesseln zahlreiche
Arten der Ithomien und ihrer Verwandten, den Ceratinia,
Dircenna u. s. w. eine stille, wenig lebhafte Gesellschaft
bildeten. Langsam und etwas schwerfällig fliegen sie auf,
dazwischen einige grössere Mechanitis Polymnia und Tithorea
Furia, und es kostet nur wenig Mühe, eine Anzahl davon zu
erhaschen. Kleine gelbe und weisse Eurema nehmen dicht
am Boden durch das Gewirr der Kräuter ihren unruhigen
Flug und wissen geschickt den wiederholten Nachstellungen
zu entgehen. An freieren Stellen, wo Blumen das Grün be-
leben, flattert um die Blüthen die buntgescheckte Anartia
Amalthea und die pfauenaugenähnliche Iunonia Lavinia,
zwei Arten, die nebst der perlmutterähnlichen Euptoieta Hegesia
unter all den neuen Erscheinungen noch am meisten an
europäische Formen erinnern.
Die schönsten Erwerbungen aber, die wir hier machen,
sind die schwarzen, grün und roth gefleckten Papilio-Arten
Arcas und KEurimedes mit ihren abweichend gefärbten
Weibchen; Arten die ungleich ihrer so zahlreichen, grösseren
Genossen aus derselben Sippe niemals an freie, sonnige Plätze
hervortreten, sondern stets im kühlenden, bergenden Schatten
des Waldes verharren. Drollig nimmt es sich aus, wenn diese
Thiere, auf den Blättern sich niederlassend, die Vorderflügel
ganz in sich ziehen, offenbar um sich möglichst unschembar
zu machen vor der nahenden Gefahr.
Indem wir die Strasse betreten, treiben wir an den
Grabenbüschen unter Blättern versteckt, verschiedene sehr
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 139
kleine und zarte Falterchen auf, aus der so unendlich sippen-
und -artenreichen Gruppe der Eryeiniden. Mehrere kleine
Theela, mattblau oder glänzend, zeigen sich uns ebenfalls, am
häufigsten unter ihnen der kleine weise Linus; jedoch von
den im europäischen Gebiet so ungemein zahlreichen Lycaenen
finden wir nur drei kleine unansehnliche Arten.
Aber da schwebt in graziösem, tänzelnden Fluge über
uns hin, schwarz mit rothem Balken, ein Heliconius Melpomene
als der erste Vertreter einer der hervorstechendsten Sippen der
siidamerikanischen Fauna. Die zierliche, langgestreckte Flügel-
form, und die stets sehr gewählten Farben, in denen sich
diese Thiere tragen, verschaffen ihnen mit Recht die besondere
Zuneigung aller Liebhaber.
Mit jedem Tage erweitert sich der Kreis der neuen
Bekannten, und je mehr wir in die entlegenen Thalwinkel
und verborgenen Brutstätten vordringen, umso reicher werden
wir belohnt, und bringen stets bessere Beute heim. Da treffen
wir an den Stämmen der Apfelsinenbäume die prachtvoll rothe
'jatagramma Pitheas; scheu fliegt sie auf, und eilt dem
nächsten Baum zu, wo sie kopfabwärts, die Flügel spitz uns
zugekehrt, und schwer für unsre Augen bemerkbar, uns auf-
merksam beobachtet und schnell wieder auffliegt, sobald wir
ihr näher kommen, bis entweder sie oder wir ein Versehen
machen, und das Spiel ein Ende nimmt.
Dort an dem grauen Stamme, an dem in langen Reihen
schwarze Räuberameisen auf und nieder ziehen, fliegt eben ein
'Thier an; wir können es von der gleichfarbigen Rinde kaum
unterscheiden, und treten daher näher. Da sitzt es, mit dem
Kopf nach unten, und die Flügel ausgebreitet fest an den Baum
seklammert Wir versuchen es aufzuscheuchen, doch es lässt
sich durch unsre Bewegungen nicht stören, und bleibt un-
bekümmert hoch oben sitzen. Aber da kommt noch ein eben-
solches Thier herangeflogen, und im Nu jagen beide durch
die Luft davon, und lassen sonderbarer Weise ein lautes
Schnacken hören, wie „tetteret tet tet!* Wir können nicht
umhin, diese Ageronia Feronia in Anerkennung dieser be-
merkenswerthen Eigenthümlichkeit einen besonderen Namen
anzuhängen, und unser Jägerlatein kennt sie fortan nur noch
als Klappervogel, welchen Titel wir übrigens auch ihren grauen
und blauen Verwandten, die wir später kennen lernten, da sie
die sehr schöne und richtige Devise: „Klappern gehört zum
Handwerk!“ sich ganz ebenso zu eigen gemacht haben.
An den sonnigen Feldwegen, die durch frühere, nur der
140 Hahnel:
Verwilderung überlassene Maisfelder führen, finden wir langsam
schwebend, und hier und da an eine Blume sich hängend,
grosse DanaisErippus,sowiediekleineren,dunkleren Hermippus,
während hurtiger als sie die laneflüglichen, rothen Colaenis
Julia über die niedrigen Gesträuche dahineilen. Doch da,
von den Blättern dorniger Büsche fliegt ein grosser, grasgrüner
Falter vor uns auf — eine seltene Färbung unter all dem
vielen Rothbraun und Schwarz und Gelb — und nimmt nach
kurzem, schnellen Fluge wieder Platz auf einem etwas frei
hervorstehenden Zweig. Wir nähern uns ihm behutsam, seine
unverkennbare Neugier überwiegt die angeborene Vorsicht, und
indem er unsre Person recht genau in Augenschein nimmt,
übersieht er das Netz, das urplötzlich mit einem Schlage
von unten herauf ihn gefangen nimmt. Ein ganz auffallendes
Thier, dieser grüngefensterte Vietorina Steneles, aber leider
verliert seine zarte grüne Färbung in kurzer Zeit die ursprüng-
liche Frische, die uns jetzt so erfreut. Ganz ähnlich wie er,
verbindet eilfertige Scheu und dreiste Neugier die schwarz-
braune Hypna Clytemnestra, auf deren dunkler Unterseite
die grossen und kleinen Silberflecken ein so anziehendes
Mosaik bilden.
Hier auf diesen kleinen, weissen, süss duftenden Blüthen
bewegt sich eine ganze Schaar kleiner, bunter Gestalten.
Langbeinige, elitzernde Wespen fliegen unruhig darüber hin,
nach Spinnen “oder Raupen suchend, um sie als Futter für
ihre Brut in ihren merkwürdigen Thongew ölben zu vermauern.
Regungslos lauern hartgepanzerte Wanzen, bis eine*Biene oder
ein Käferchen in ihre verderbliche Nähe kommt, dann sehen
wir sie schnell ihre klebrigen Fangarme vorschleudern und
die Beute unter ihre Brust ziehen, um ihr mit dem Rüssel
das tödtliche Gift einzuflösen. Wie erbarmungslos ist doch
diese Welt der kleinen Grössen! Wenden wir unsere Blicke
ab von diesen ruchlosen Scenen und erfreuen wir uns an dem
Anblick reizender @lancopiden, unseren Zygaenen verwandter
Thierchen, mit glanzgeschmücktem Leibe und durchsichtigen
Flügeln, die, untermischt mit grossen und kleinen, in Schwarz,
Braun, Gelb, Grau, Weiss oder Blau gekleideten Hesperiden
mit Behagen den süssen Nektar dieser Blüthen saugen. Kleine
braune Falter aus der Sippe der Phyeiodes und Coatlantona,
und rothzelbe Eueides Aliphera flattern und schweben un-
stät umher, während kleine Theela mit silbergrauer oder fein
grüner Unterseite auf den in Besitz genommenen Blüthen in
gemessener Ruhe sich bewegen und ihre fest geschlossenen
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 141
Flügel nur selten öffnen zu einem kurzen, sprungartigen Fluge
nach dem benachbarten Blüthenstande. Doch da ist ein be-
sonders auffallendes Thierchen aus eben dieser Sippe der
grosse Marsyas, lichtblau, mit lilafarbener Unterseite, eine
Farbenzusammenstellung, wie sie in der Natur selten sich findet
und welche somit ihre Träger um so mehr zu Gegenständen
unseres Interesses macht. |
Nun treten wir in den Schatten höherer Baumgruppen
und treiben auch sogleich wieder ein neues niedliches Thier-
chen auf; eilig fliegt es eine kurze Strecke in Wege hin und
setzt sich nach einigem Zögern mit einem schnellen, exacten
Anflug unter ein Blatt. Es ist eine ganz wunderhübsche Er-
scheinung, diese dunkelblaue. Diorhina Periander, und ihre
Hinterflügel mit dem breiten, auswärts geschweiften Schwänz-
chen bieten uns eine ganz neue merkwürdige Flügelform.
Immer mehr neue Arten lernen wir auf diesem eng um-
erenzten, aber in mannigfacher Abwechslung mit Büschen
und Anlagen reich bestandenen Terrain kennen, so dass wir
uns kaum losmachen können zu einem weiteren Ausfluge und
tagtäglich dieselben Kreuz- und Querpfade durch die Gebüsche
ziehen. Doch lenken wir unsere Schritte nun auch nach der
andern Richtung, in die eigentliche Waldregion, den Fluss
aufwärts, der oberhalb des Dorfes in dem hier engeren Bette
noch einen raschen und tosenden Lauf über Felsblöcke und
Steingeröll nimmt.
Nachdem wir eine Viertelstunde unter schattigem Blätter-
dach, den schäumenden Bach stets dicht zur Rechten, den Weg
entlang gegangen, stehen wir plötzlich vor einer aus dem
Boden schräg hervortretenden Felsplatte, deren merkwürdige,
quadratisch und schlangenähnlich geformte Hieroglyphen uns
mächtig anziehen, und unsere Gedanken rückwärts in ver-
schollene Jahrhunderte, und zu verschwundenen Völkern
führen. Wie beredt spricht dieses Denkmal, so stumm und
räthselhaft es dem Forscher bleibt, von den in allen Zeiten
sich gleichbleibenden Grundlagen menschlicher Sitte. Häuptling:
und Priester, und jährliche Wiederkehr von Festen, dem
Schwert zu Ehren oder dem Zauberstab, das war, und ist,
und wird sein, so lange es Menschen giebt, der feste Kern,
um den die Gesellschaft sich gruppirt. Hier, an dem ge-
weihten Festplatz strömten sie zusammen, von den Bergen
herab und vom Meeresstrand her, zu den uralt heiligen Zeiten
der Sonnenwenden, um in den mondhellen Nächten bei Trommel-
und Pfeifenklange mit Tanz und Zechgelage und jauchzendem
142 Hahnel:
Lustgeschrei ihre Götter zu feiern, und eine Woche lang der
Hochfluth der erregten Gefühle sich zu überlassen, bis die
Vorräthe von Mais und Jucca in den hohen Thongefässen
ausgegossen, und die Bananenbündel verzehrt waren, und der
rothe Mann nun einer nach dem anderen wieder aufbrach mit
Weib und Kind nach seiner einsamen Hütte an den Berghängen.
Nicht weit vom Indianersteine aufwärts, wo eine kleine
Anhöhe mitten in das Thal vorgeschoben ist, ragte ehemals
ein prächtiger W ohnsitz empor, "mit der herrlichsten Aussicht
thalauf in die ernste Ruhe der niederschauenden Gebirgswelt,
und thalabwärts über die buntdurchwirkte Ebene bis an den
Silberstreifen des fernen Meeres. Ruine ist jetzt, was einst
die Perle des Thales war. Wehmüthig sendet die schlanke,
hohe Palme, die einsam drüben am Wege steht, ihre säuseln-
den Grüsse dir zu, wenn dein Blick sie trifft aus dem Rahmen
der alten Mauerlucken. Wer schaut jetzt noch nach ihr hin-
über, und betrachtet ihren stolzen Wuchs mit Wohlgefallen!
Wer kennt und geniesst noch hier in der stillen Verlassenheit
all die Schönheit, die sich an diesem erlesenen Flatze dem
Auge ringsum bietet!
Verloren in die grünen Wellen der bergan sich hin-
ziehenden Waldung überhörst du die sich nähernden Tritte,
da legt sich eine kräftige Hand auf deine Schulter, und ein
paar alte, stahlgraue Augen aus verwettertem Antlitz blicken
dich an. „O, guten Morgen auch!* Es ist unser Freund,
Herr F. Starke, der Besitzer von Pino. ‚Ja, diesen Augen
siehst du es an, dass sie gleichfalls noch ihre stets aufs neue
aufleuchtende Freude finden an dem Reiz der Waldeinsamkeit,
und sich nimmer zu trennen vermöchten von der Umgebung
einer überreichen Natur, in deren Mitte der „Alte* seine Hütte
aufgeschlagen. „Nun, was macht das Geschäft? Waren Sie
schon in der Carabobo Quebrada?*) Na kommen Sie, helfen
Sie mir erst den Kaffee hier umschaufeln, dann wollen wir
ein wenig herumstreifen.*
Der Alte lebte einsam mit zweien seiner Kinder
einer alten Indianerin die ihm die Küche besorgte, in einer
Hütte dicht unter der Ruine. Die rührige Thätiekeit früherer
Tage hatte mit der Zeit einer mehr beschaulichen Ruhe Platz
gemacht, und wenn ich ihn bei meinen häufigen Besuchen
nicht in der Kaffee- oder Bananenpflanzung beschäftigt trat,
so machte er sicher in seiner Hängematte bei einer Pfeife
*) (Anmerkung) quebrada —= Schlucht.
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 143 .
4‘
Tabak den Diogenes; doch liess er sich jederzeit bereit finden,
einen Streifzug in die eine oder andere der nächsten Quebraden
mitzumachen.
Wir verlassen also die alte Burg, und wandern unter
einem schattigen Baumgange dem rauschenden Wasser zu,
über welches wir in raschen Sprüngen von Stein zu Stein
hinübersetzen, untersuchen drüben in der Pflanzung die Wurzel-
stöcke &iniger junger Kokuspalmen nach Hornkäfern, die dieser
so leicht verderblich werden, dann ziehen wir in einer trockenen,
mit hohen, dunkelgrünen Blattgewächsen angefüllten Quebrada
entlang, immer die Steine und Felsblöcke als gangbarsten Weg
benützend. Dabei geschieht es, dass wir beim Ausgleiten von
einem etwas unsichern Steine aus an den dichten Blätterbüschen
festhalten. Eine eigenthümliche Empfindung geht durch unsre
Handfläche — im Nu lassen wir diesen Halt wieder los, und
dureh die Blätter und über die Felsblöcke hin schiesst eine
Schlange dem Ufer zu. „Hätten Sie sie nur festgehalten!‘
ruft mir der Alte zu, als er sah, dass es eine ungefährliche
grüne Jägerschlange war; — „übrigens“, fügte er hinzu,
„Vorsicht auf Schritt und Tritt, und die Augen überall!‘
Wir gelangen allmählich höher hinauf in die Quebrada,
und stehen nun vor einem breiten dunkeln Wasserspiegel, in
den drüben von der Felswand herunter ein spärlicher Streifen
Wasser sich ergiesst. „Warten wir hier einen Augenblick“,
sagt mein kundiger Begleiter, „hier müssen doch heut noch
ein paar Blaue heruntersegeln.* Und richtig, dort weit oben
in der Schlucht blitzt etwas blau im Sonnenstrahl und kommt
in grossen Sprüngen die Felsengasse herab. Ein ganz un-
vergleichlicher Genuss für das Auge; und für den, der bisher
nur europäische Flügeldimensionen im Freien und in der Be-
wegung sah, mit einer Art aufregender Begeisterung ver-
bunden. Nun biegt er, wie er über dem Bassin schwebt, nach
dem schattigen Rande zu ab, um an ihm entlang weiter hinab-
zueilen. Doch dem müssen wir zuvorkommen, schnell springen
wir nach der Seite, um ihm den Weg zu verlegen, und da ist
er unser! Hurrah! Der erste Morpho! Wie das Thier mit
seinen grossen Flügeln im Netze schlägt! kaum können unsre
zitternden Finger den Fang richtig festnehmen; endlich
kommen wir damit zu Stande, und gönnen uns nur einige
stolze Augenblicke, um das frische, schöne Thhier, diesen ersten
Morpho Peleides zu betrachten.
Wer das Jagdfieber nieht kennt, wer nie mit klopfendem
Herzen auf die heranstreichende Schnepfe gehorcht, den Rehbock
144 Hahnel:
im grauen Morgendämmer angeschlichen, der kann sich die
Erregung nicht vorstellen, die einen unwillkürlich überkommt,
wenn eine edle Beute naht, die man lange ersehnt, und die
ein einziger Fehlschlag unwiederbringlich verloren zu machen
droht. Aber wie es mit wenig Ausnahmen bei allen Dingen
nur der erste, der neue, frische Eindruck ist, der tiefer geht
und sich dem momentanen (Gefühl wie dem dauernden "Ge-
dächtniss fester einprägt, so geht es auch dem passionirtesten
Jagdlieber, und der schöne, grosse, blaue Morpho kann unter
Umständen so gleichgültig in unsern Augen werden, dass wir
kaum einen Blick nach ihm verwenden und ihn ruhig als
völlig nebensächlich an uns vorüberfliegen lassen, indem unsre
ganze Aufmerksamkeit einer weit selteneren Beute gilt, die
wir mit Spannung nnd unbeirrter Geduld erwarten. Doch
diese Gleichgültiekeit lernte ich freilich erst später kennen.
Damals, als ich den ersten fing, hätte ich eine derartige Ab-
stumpfung, oder, wenn man will, Dressur, angesichts” eines
solchen Thieres nicht für möglich gehalten, und ich kannte
lange Zeit keinen höheren 'Triumph, als einen daherkommen-
den Peleides regelrecht abzufangen.
Ueber den Wasserfall hinauf ist die Schlucht eine Strecke
lange wie in den Fels gehauen, die Wände steigen senkrecht
auf und das abschüssige Bett ist blanker granitischer Felsen,
frei von Geröll, nur die Wasserrinne ist meist noch tiefer
kanalartig eingegraben, und hin und wieder unterbrechen die
schräge Bahn runde Scheuerlöcher, wie sie bei vielen dieser
Bergbäche, zum Theil mit sehr beträchtlicher Auswaschung
vorkommen. In den dunkeln Höhlungen der Felswände treiben
wir Colonien von Fledermäusen auf, doch auch andere Sachen
von besonderem Interesse für uns finden wir an solchen ver-
borgenen Stellen. Da hält ein grosser Schwärmer seinen
festen Tagesschlaf, die schöne Amphonyx Duponchelii, mit
gelben, durchsichtig gestreiften Hinterflügeln; und dort an
den filzigen Baumwurzeln, die aus der Felsspalte hervorhängen,
hat sich ein- grosser Erebus Odorus angesetzt; die helle
Querbinde, die sich über die ausgebreiteten dunkeln Flügel
zieht, verräth ihn uns. Doch wie scheu das Thier ist! da
fliegt es schon davon, genau wie eine Fledermaus schwankend
und geschickt nach beiden Seiten ausbiegend, und nun ist es
in jenem massigen Wurzelwerk unsern Augen verschwunden.
Wir haben Mühe seiner habhaft zu werden, denn erst, nachdem
wir es nochmals aus jenem Versteck, wo wir ihm mit dem Netz
nicht beikommen konnten, fortgescheucht, gelingt uns sein Fang.
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 145
Unter einem hohen, die Quebrada überschattenden Baume
liegen herabgefallene kleine Früchte, die in allen Stadien der
Reife und Fäulniss den Boden bedecken. Zunächst jagen wir
hier zu unserer Freude noch einen Peleides auf, der an den
Früchten saugte, wegen der dunkeln Färbung seiner Unter-
seite aber von uns nicht eher bemerkt wurde, als bis er
aufflog. Achtsam verfolgen wir seinen Flug, der indess nicht
weit geht, denn er lässt sich bald nieder auf die grossen
Blätter eines Busches, von denen wir ihn auch glücklich in’s
Netz bringen.
Doch da haben wir eben von einem im dichten Schatten
stehenden Baumstamme ein mächtig grosses Thier aufgescheucht;
in sprungartigem Fluge, die Flügel nur wenig aufklappend,
eilt es davon und setzt sich, im Dunkel und dennoch weithin
sichtbar, an einen herabhängenden Lianenstrang. Wie merk-
würdig sieht diese uns voll zugekehrte Breitseite des Thieres
aus, mit dem grossen, gelbleuchtenden Augenfleck auf dem
grau melirten Hinterflügel. Die Vorderflügel stehen weit
hinauf gezogen und geben dem Thiere ein imposantes, beinahe
kampflustiges Ansehen. Wir beschreiben einen Bogen, um
von hinten ihm näher zu kommen, sodass es uns jetzt nur
noch wie ‚eine kaum erkennbare, senkrechte Linie an der
dicken Luftwurzel erscheint. Nun sind wir ihm nahe genug
und schlagen mit aller Schnelligkeit zu, aber wie der Blitz
ist das Thier dennoch davon und verbirgt sich tiefer im
Walde. Doch wir können uns dieses grosse, unsere Begierde
gewaltig anspornende Wild nicht entgehen lassen und so be-
geben wir uns denn auf die Suche nach ihm. Endlich wird
es wieder sichtbar und nun sehen wir auch wo es sich ansetzt.
Mit grösster Vorsicht, mit stockendem Athem nähern wir uns
ihm und indem wir mit aller Vehemenz von unten herauf den
Schlag führen, gelingt es uns diesmal, das wachsame Thier
an Schnelligkeit zu übertreffen; das ganze Netz zappelt und
springt, es ist drin! Nun heraus mit Dir und lass sehen, wie
Du oben ausschaust! Das ist freilich keine Glanzfarbe wie
bei den Morphos, in welche diese Caligos sich hüllen, zumal
dieser Eurylochus trägt das matteste Graublau, aber ange-
messen ist diese Färbung durchaus dem Grau des Dämmer-
lichtes, der kurzen halben Stunde früh und Abends, während
der diese Thiere fliegen. Denn obgleich ihrem ganzen Typus
nach vollendete Tagfalter, sind sie dennoch sehr liehtscheu
und halten sich tagsüber an dunkeln, schattigen Stellen ver-
borgen, möglichst allerdings in der Nähe solcher Plätze, wo
10
146 Hahnel:
herabgefallene Früchte oder andere stark riechende Sachen
sie bei ihrem Fluge in der Dämmerung angelockt hatten.
Bald sehen wir uns an dem weiteren Vordringen gehemmt,
halbverrottete Baumstämme und Aeste versperren den Weg
und wir machen eine kurze Rast unter einem hohen, von
einem Baumtödter umstriekten Waldriesen. Es macht einen
unheimlichen, sonst in der ganzen Planzenwelt nicht wieder
erzeugten Eindruck, diese Riesenschlange unter den Bäumen
ihr Opfer in tausendfacher, sich stets vermehrender Umklam-
merung erwürgen zu sehen. Ein leises Gefühl der Empörung
beschleicht uns, wenn wir diesen schlanken, gewaltigen Baum
rettungslos «dahinsterben sehen unter .den rineartig ihn um-
stricekenden Armen des plattgedrückten, an ihm emporwuchernden
Schmarotzers. Nur noch wenige ‚Jahre, dann muss die Saft-
zirkulation unter den fest angepressten Reifen völlige still
stehen, die Krone verdorrt und der gierige Würger hält eine
Leiche umschlungen. Doch bald dann welkt auch er und der
nächste Sturmwind wirft beide nieder auf den moderfeuchten
Grund.
Wir wenden uns nun zum Rückwege und folgen dabei
einem schmalen, verwachsenen Pfade an der Berglehne entlang.
An den alten vermorsehten Stämmen, die im Walde hier und
da liegen, suchen wir eifrig nach Helixarten, flachen, scheiben-
förmigen Schnecken, während wir andere Arten von der Sippe
der länglichen Bulimi und der Uyclostomen unter den Blättern
am Boden finden. Unser Freund, der eine besondere Vor-
liebe für die Conchylien hatte, kannte auf’s genaueste alle die
Bodenfalten, wo mit Erfolg nach diesen Thieren zu suchen
war und so bringen wir denn eine ziemliche Anzahl davon
zusammen.
Aber nun heisst es auch heim, denn die Sonne steht
hoch im Mittag. Bald sind wir also wieder unten in Pino;
Emilio, des Alten Sprössling, hatte inzwischen Fische ge-
fangen, die Hühner hatten die nöthigen Eier geleet und so
nahmen wir denn ohne Zögern Platz an dem gastlichen Tisch,
auf dem Jucca, geröstete Bananen und goldgelbe Mangos uns
einladend entgegenwinken.
Oefters in der Folgezeit begleiteten mich die Meinigen
bis hierher und erwarteten hier meine Rückkehr von dem
weiter hinauf unternommenen Ausfluge, oder ich hatte ihr
(zeleit bis zu dem näher gelerenen Indianerstein, wo im kühlen
Schatten ein angenehmer Aufenthalt während der heissen
Tagesstunden war, Ein besonderes Vergnügen gewährte es
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 147
ihnen hier, an einem der Uferbäume nach grossen Hornkäfern,
den breitrückigen grauen Megasoma Elephas zu spähen, die
leicht bemerkbar an der Unterseite der Zweige hingen, mit
den Beinen dieselben umklammernd. Ein Schlag an den Ast
mit einem langen Rohr bewirkte bald, dass sie ihren Halt
losliessen und zur Erde fielen, wo sie dann sogleich festge-
nommen wurden, „ehe sie sich noch besonnen* hatten. Ueber-
haupt verdankte ich meiner Frau, die es nicht unterliess, bei
derartigen Spaziergängen ein Fangnetz mit sich zu führen,
manche eute Beute und auch die Kleine war bei solchen
Auseängen fleissig dabei, von den Blättern am Wege kleine
Käferchen zu greifen und sie „schnell“ in die Flasche zu thun.
Aufwärts von Pino, immer den Fluss zur Seite, gelangen
wir nach Campanero, früher eine ausgedehnte Kaffeehacienda,
jetzt nur noch ein Complex von verfallenen Mauerresten. In
der Lichtung, die hier die alte Wohnstätte umgiebt und die
noch mit Kaffee und einzelnen Fruchtbäumen bestanden ist,
finden wir nene, prächtige Arten, denen wir eifrig nachstellen.
Da fliegt durch das lichte Gesträuch der schöne Papilio
Sesostris, schwarz mit glänzend grünem Fleck auf dem Vorder-
flügel und einem herrlichen weissen Pelz in der Falte der
Hinterflügel, eine Zier, die allerdings für gewöhnlich nicht
sichtbar wird und nur in der Leidenschaft oder in der Anest
des Todes sich aufbreitet.
Die grosse, braune und schwarze Lyeorea Atergatis
überrascht uns beim Festnehmen durch ein ähnliches merk-
würdiges Manöver, indem sie nämlich ihre eigenthümlichen,
in einer Falte verborgenen Afterbüschel hervorstreckt und sie
zu zwei grossen, kugelrunden Haarbüscheln gestaltet, ein phan-
tastischer Aufputz, den es leider nur selten beim Präpariren
gelingt, in der natürlichen vollen Rundung festzuhalten.
Unter niedrigen Pflanzen treiben wir die schöne, gelb,
roth und blau gefleckte Hestioea Bellatrix auf. schnell
schwirrt sie eine Strecke dahin, lässt sich dann nieder auf
ein Blatt dicht an der Erde und kriecht eilig über den Rand
hinab auf die Unterseite des Blattes, wo sie wie ausser Atlıem
noch mehrere Male mit den Flügeln auf und nieder schlägt,
bis sie sich völlig beruhigt fühlt. Es ist dies eine Eigen-
thümlichkeit, die wir bei vielen Thieren mit schwachem Flug-
vermögen wiederfinden, so bei den meisten dieser Glancopiden,
die alle auch wie die Bellatrix erst auf der Oberseite der
Blätter anfliegen, ehe sie auf die, Unterseite herumklettern.
Aber auch bei Ithomien bemerken wir dieselbe Schwäche des
10*
148 Hahnel:
Flugapparates und der ‚Athmungswerkzeuge, nur dass diese
ihre athemlos wogenden Flügel in die Höhe gerichtet tragen
und dann zusammenklappen, während jene Heteroceren lie
Flügel dachförmig oder glatt zusammenrücken.
Dort um den schlanken Baumstamm sehen wir von fern ein
dunkles Thier flattern, sich unruhig ansetzen und wieder ab-
fliegen. Näher tretend finden wir, dass es die hübsche blau-
gesprenkelte Ageronia Arethusa ist, doch da kommt sie
herunter und fliest im Kreise um uns herum und dann nach
dem Stamme zurück, an dessen uns abgekehrter Seite sie sich
schliesslich ansetzt. Vorsichtig gehen wir von der Seite näher
und bemerken nun dicht bei einander eine ganze Anzahl von
Schmetterlingen, alle emsig an einer nässenden Stelle den
ausschwitzenden Saft saugend. Die Arethusa und neben ihr
eine andere Ageronia, die hellere Amphinome, erkennen wir
deutlich, denn sie halten die Flügel ausgebreitet. Doch da
schauen sie schon und heben mit einem sachten Ruck die
Flügel, um auch sogleich davonzufliegen; die andern jedoch,
die Flügel geschlossen und den Kopf abwärts, bleiben unge-
stört sitzen und saugen weiter. Wir haben bisher noch keines
derselben zu Gesicht bekommen und betrachten sie deshalb
aufmerksam. Da ist die zebraartig gestreifte @ynaeecia Dirce,
dann die kleine, mattgefärbte Eetima Rectifascia und die
feingestreifte, oben gelbe Gallizona Acesta, welche letztere
unsere Aufmerksamkeit besonders auf sich lenkt durch das
eieenthümliche Zittern und halbe Oeffnen der Hinterflügel,
das pausenw eise erfolgt, scheinbar wenn sie gierig den Rüssel
fester in den Saft drückt. Doch nun schnell heraufgeschlagen
und da sind sie alle drei im Netz.
Wir merken uns diesen vortrefflichen Baum und wenn
wir in den nächsten Tagen vorbeikommen, finden wir ihn
stets wieder besetzt mit dem einen oder anderen der Thiere,
zu denen sich bald eine gelbe Temenis Ariadne gesellt oder
auch ein riesenhafter Aganisthos Odius und andere Thiere
mehr.
Der Weg, früher die Verkehrsstrasse nach Valencia,
wird nun zum schmalen Fusspfade, der im geschlossenen
Waldesschatten dahinführt, bald etwas ansteigend, bald wieder
zu einer Seitenquebrada sich herabsenkend. Die Vegetation
ist voller Abwechslung, indem streckenweise niederes Holz
und üppige Kräuter die Umgebung bilden, dann wieder hoher
Wald mit liehtem Unterwuchs. Jetzt wandeln wir zwischen
buschartigen Farnkräutern oder steifblättrigen stachligen
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 149
Bromelien, darauf wieder überragen uns die langaufgeschossenen
breiten Blätter von Heliconien, deren rothleuchtende, horn-
artige Blüthenrispen eine der schönsten Zierden in dem blüthen-
armen Waldesgrün sind.
Auf diesem an Abwechslung reichen Wege, den wir täg-
lich ein Stück weiter hinauf verfolgen, finden wir eine An-
zahl der schönsten und besten Falter, und bis in die letzten
Zeit unseres Aufenthaltes war dies unser beliebtester Aus-
gang, den wir je nach: Umständen bis an den Fuss des Cumbre
ausdehnten, was eine volle Tagestour war, oder nur eine
Strecke weit gingen, um die übrige Zeit noch auf einen
anderen Gang zu verwenden. Vor allem ist es der grosse,
prachtvolle Caligo Atreus, den wir mehrfach auf diesem
Wege antreffen, sowie der kleinere, seltne Eriphanes Anto-
medon, dessen wundervolles, tiefes Dunkelblau, wenn es im
Schatten des Waldes uns plötzlich entgegenleuchtet, eine der
herrlichsten Farbenerscheinungen ist.
An einer etwas lichteren Stelle jagen rasch über uns
hin zwei grosse, dunkle Falter, deren langgestreckte Flügel
uns erkennen lassen, dass sie zum Genus der Papilios ge-
hören; nun biegen sie wieder zurück und segeln im vollem
/uge an uns vorüber; ein Schlag, und wir haben den hinter-
her Fliegenden im Netz. Ein prächtiges, feines Thier, dieser
schwarzerüne Lyeidas, aber leider eben, das weit schätz-
barere Weibchen ist uns diesmal entgangen. Ein anderer
höchst seltener Papilio, der fremdartig, fast wie eine Danais
sefleckte Zagreus, lässt uns die Verschiedenartigkeit und
Manniefaltiekeit bewundern, die in dem Bereich einer ein-
zigen Sippe sich entfalten kann, denn wie unendlich ver-
schieden sind diese letzt genannten Papilios von dem schwalben-
schwanzähnlichen Thoas oder dem weissen Agesilaus, welche
Beide wir gleichfalls auf diesem Wege, namentlich an den
freien Stellen bei Wasserübergängen gelegentlich antreffen.
Da sehen wir ferner den schönen distinguirten Helieonius
Anderida, der in ziemlicher Höhe über uns den Weg auf
und ab seine Promenade macht, in dem lichten Gehölz ver-
schwindet, um an dem Waldrand über dem Flusse hin eine
Strecke entlang zu ziehen, und dann wieder erscheint nach
einiger Zeit, um uns von neuem durch seinen stolzen, ge-
tragenen Flug zu ergötzen. Nun senkt er sich herab, die Flügel
‘wie einen umgekehrten Fallschirm ruhig und unbewegt nach
oben haltend, und jetzt müssen wir ihn nehmen; langsam
bringen wir das Netz ihm nahe und schlagen zu, aber gefehlt!
150 Hahnel:
Dort geht er hin — wie war das möglich! Mit einem plötz-
lichen Rucke. den wir ihm nimmer zugetraut, schnellte sich
(las Thier senkrecht herab, und z0g seitwärts davon, langsam
sich wieder in die sichere Höhe erhebend. Diese Art einer
Verfolgung zu entgehen, ist eine Kigenthümlichkeit der
Heliconier und der ihnen verwandten Ithomiden, nament-
lich der grösseren unter ihnen, und ist bedingt durch die
langgestreckte Flügel- und etwas schwerfällige Körperform,
(die bei schwacher Muskelentfaltung eine schnelle Bewegung
in horizontaler Richtung nicht gut gestattet. Oft noch wider-
fährt es uns, dass uns ein solches Thier, das wir ganz unfehl-
bar zu treffen dachten, durch sein geschicktes Ausbiegen ver-
loren geht, bis wir gelernt hatten, durch grösste Schnelligkeit
einem Ausweichen vorzubeugen. Denn gewöhnlich ist ein
Thier nach einem Fehlschlage nicht mehr einzuholen, da ein
Nachsetzen in dem dicht verwachsenen Walde sich von selbst
verbietet.
An schattigen Stellen mit üppigem, niederen Pflanzen-
wuchs kreuzt unseren Weg öfters ein hübsches, lebhaft gelb
und braun gefärbtes Thier, das wir nach Flug und Farbe für
eine Ihomide halten möchten, doch schon im Netz gewahren
wir an seinem heftigen Flattern und wiederholten Ueber-
schlagen der Flügel, dass eine ganz andere Rasse in ihm
steckt. Endlich haben wir nach öfteren vergeblichen Ver-
suchen das Thier zur Ruhe gebracht und betrachten nun mit
Interesse seine abnorme Flügelform, sehr spitze, schmale
Vorderflügel und breite Hinterflügel, welche letztere zudem in
ihrer oberen Hälfte ganz auffallend weiss gefärbt sind. Es
ist eine vollkommen neue Form, die wir in dieser prächtigen
Dismorphia Arsinoides vor uns haben und sie ist einer der
schönsten Vertreter der sogenannten bunten Pieriden, die zu
den am meisten bevorzugten Faltern gehören.
Wir lernen aber gerade an diesem unruhigen, wilden
T’hier eine Haupttugend beim Fange üben, nämlich die Ge-
duld. Es widerfuhr uns im Anfange öfters, besonders bei
Papilios und anderen grossen und schönen Thieren, dass wir
durch vorzeitiges Zugreifen die Thiere nur noch wilder und
unbändiger machten, sodass sie sich die schlimmsten Be-
schädigungen beibrachten, namentlich durch Umbrechen der
Vorderflügel. Liessen wir »indess den gefangenen Thieren
Zeit, sich einigermassen zu beruhigen, und eine Netzfalte zu
eewinnen, in der sie dann in die Höhe strebten, so konnten
wir sie, wenn wir ihnen vorsichtig mit der Hand nachgingen,
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 151
meist sicher fassen, wurden sie aber von neuem wild, so gaben
wir ihnen schnell wieder freien Spielraum, bis sie wiederum
sich beruhigt hatten. Auf diese Weise erhielten wir die
Thiere, auch wenn sie noch so lange sich ungeberdig be-
nommen hatten, schliesslich ganz unbeschädigt und gegen alles
Erwarten gut erhalten aus dem Netz. während wir jedesmal,
wenn wir in Ungeduld geriethen, und um einiger Sekunden
willen die Prozedur beschleunigen wollten, hinterher das zu
bereuen hatten. Nur bei den so besonders grosseu Morpho-
und Caligo-Arten machten wir meist eine Ausnahme, indem
wir dieselben ehestens einzuengen und an weiterem Schlagen
mit den Flügeln zu verhindern suchten.
San Esteban.
IL.
Die Regenzeit nahte heran. Die schönen, Klaren Tage,
die wir bisher genossen, nahmen ein schnelles Ende. Der
Himmel hatte sich in ein todtes Grau gehüllt, Windstösse fuhren
das Thal herab, und bald floss Regen hernieder in ununter-
brochenen Strömen. Tag und Nacht regnete es, eine halbe Woche
lang, bald stärker, bald nachlassend, ab und zu einige Stunden
aussetzend, um dann wieder auis neue loszubrechen. Schaaren
seflügelter Termiten flimmerten in der Luft und erfüllten das
ganze Haus, während Wald und Feld von dem schrillen
(@etöse kleiner und grosser Cikaden und Orthopteren wieder-
hallte.
Es war grade Ostern, und man empfand in diesem trost-
losen Wetter um so lebhafter das Bedürfniss nach Verkehr
mit andern menschlichen Wesen. Wie angenehm war es uns
daher, als in einer Regenpause Freund Hermann, der jüngere
der beiden Starkes, bei uns eintrat, um uns die traurig dahin-
schleichende Zeit zu verkürzen. „Nun, Sie lassen sich ja
unten gar nicht mehr sehen, Sie werden wohl bald ganz zum
Alten hinaufziehen. ‚Jetzt kommen nun die guten Tage, wenn
erst die Sonne wieder durchdringt; da giebt es dann allerhand
neues, da lass ich meine Schützen dann auch wieder auf den
Fang gehen. Aber warum besuchen Sie mich nicht einmal
oben in Palmar, giebt es in dem Pino gar so rare Sachen,
dass Sie nur immer dort herumkrauchen?*
Nun, ich versprach ihm gern den Besuch und wenige
Tage nachher, als die Sonne wieder einen freien Blick durch
152 Hahnel:
die Wolken auf die regengetränkte Erde gewann, holte ich
ihn früh morgens ab, um jenseit des Flusses den Bergzug mit
ihm hinanzusteigen, wo in einer geschützten 'Thalfalte seine
Pflanzung lag, Magazin, Viehhof, Kaffeetenne und Laboratorium
zugleich, denn er hielt sich meist den Tag über hier oben in
der freien Bergluft auf, um seiner liebsten Beschäftigung ob-
zuliegen, dem Ausstopfen.
Er hatte gerade von schwarzen Eichhörnchen einige
äusserst gelungene humoristische Gruppen zusammengestellt,
in denen er das sündhafte Leben und traurige Ende eines
Trunkenboldes illustrirte. Urkomisch machten sich die Scenen,
wie der trunkene Bruder Liederlich seine Frau durchprügelt,
wie er dann überwältigt, vor Gericht gebracht und zum
(salgen verurtheilt wird. Wir amüsirten uns an diesen, mit
einem meisterhaften Geschick componirten Figuren ganz
köstlich.
„Schade, dass Sie nicht gestern Abend oben waren“,
sagte der alte Carlos Oeser, ein biederer Mecklenburger, der
hier in Palmar den Hausarzt abgab, „da hätten Sie einen
Spass gehabt. Es war schon finster, da hör ich ein Gepolter
in dem Geräthzeug an der Wand, das war mir ganz seltsam.
Ich muss doch nachsehen, dachte ich, was das ist, und nalım
also das Licht, und in die andre Hand einen Stock. Wie ich
hinkomme, wackeln die ganzen Schippen und Hacken, und
zwischen drin dreht sich eine grosse Schlange herum, und hält
eine Ratte umwickelt. Immer fang du Ratten, sag ich, aber
lass dieh man selber nicht erwischen, und versetz ihr einen
Hieb, dass sie gleich in die Höhe fährt, und die Ratte los-
lässt. Die hat noch soviel Kraft, dass sie sich sachte in die
Ecke drückt, aber weiter kam sie nicht. Wie ich mir aber
die Schlange näher ansah, denk ich, die muss doch etwas
grosses gefressen haben, die ist ja furchtbar dick, wir wollen
dlas doch einmal nachsehen. Ich nehme also das Waldmesser, und
schlitze ihr den Bauch auf, da fällt erst eine Ratte heraus,
und dann ein Frosch, und noch einer, und zuletzt kam noch
ein grosser Frosch, der war aber noch lebendig, und wie der
sich noch einmal im Freien sah, sucht er seine Beine zusammen,
sprang in grossen Sätzen davon, und rettete eiligst seine
(Gesundheit. Den Spass hätten Sie mit ansehen sollen. *
Starke gab nun ein halb Dutzend anderer Schlangen-
anekdoten zum Besten, und dann folgten solche vom Tiger,
wie der Jaguar hier zu Lande genannt wird, so dass wir aus
dem Lachen nicht herauskommen. „Aber meine Herren, das
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 153
kann so nicht länger gehen,* sagte ich endlich, und machte
mich fertig, mich ins Geschäft zu stürzen. „Nur nicht so
eilig,“ sagte Starke, „die Hitze wird sich bei Ihnen noch
legen, warten Sie nur noch ein paar Jahre, dann werden Sie
eanz hübsch zahm werden. Kommen Sie erst mal mit in
mein Gewächshaus.“ Ein Gewächshaus haben Sie? „Kommen
Sie nur, es ist gut vor der Sonne geschützt, und Glasfenster
brauche ich nicht.“ Nun führte er mich in eine nahe finstere
Schlucht, in der im dichtesten kühlen Schatten auf niedern
Aesten eine reiche Auswahl von Orchideen, Farnkräutern und
Moosen wucherten. „Sehen Sie, man muss sich das Ding
praktisch einrichten, das sind alles Sachen, die hier unten
nicht zu finden sind, sondern nur hoch oben auf der Cambre.
Kommt mir nun eine Bestellung auf diese oder jene Arten,
so kann ich nicht immer gleich nach den Bergen hinaufrennen,
um sie erst zu suchen, dann muss ich sie schon vorräthig
haben. Wenn ich dann mal nach der Cumbre hinaufgehe, so
nehm ich mir gleich zehn Mann mit, und wir bleiben eine
Woche lang oben, und bringen dann den halben Wald
mit herunter. Die Sachen vertragen aber alle die Hitze hier
unten nicht, und so schaff” ich sie ins kühle Gewächshaus,
bind’ sie fest, und dann hab’ ich sie, wenn ich ‘sie brauche.
Nun aber gehen Sie, und sehen Sie zu, was Ihnen die Sonne
Neues ausgebrütet hat; da kommt schon ein „Preusse* ge-
flogen, nehmen Sie den nur gleich mit!* Es war der schöne,
rein schwarz und weisse Helieonius Aranea, eins der saubersten,
hübschesten Thiere.
Ich war noch nicht weit gegangen, als ich bereits ein
neues prächtiges Thierchen traf, die kleine hübsche Callieore
Marchalii, deren dunkle Oberseite mit einem glänzend grünen
Fleck geziert ist, während die Unterseite in Karmin, Weiss
und Schwarz prangt. Langsam flog das Thierchen vom Boden
auf, wo es saugte, und setzte sich an die nahen Kaffeebüsche
und als wir es dann im Netz hatten, benahm es sich im
Gegensatz zu den meisten anderen Faltern so ruhig und ver-
ständige, vorsichtig im Netz emporkriechend, dass wir dem
Thierchen schon deshalb sofort unsere ganze Zuneigung zu-
wandten. Dieses besondere Verhalten theilen die Callicore
mit den ihnen nah verwandten Catagramma und Perisama,
während die gleichfalls ihnen nahe stehende Dynamine sich
sehr unruhig und ängstlich zeigen, wenn sie sich gefangen
sehen. Zwei Arten dieser letzteren Sippe sollten wir ebenfalls
hier noch antreffen, den kleinen weissen Agacles und die
154 Hahnel:
seidenglänzende grüne Mylitta. Eins der schönsten 'Thiere
begegnete uns in der seltenen Gatonephele Regina, deren
dunkle Oberseite mit himmelblauem Balken im auffallendsten
Contrast zu der blassgrünen, trefflich sie maskirenden Unter-
seite steht.
Wir hatten noch ein gut Theil uns bereits bekannter
Arten gefangen, als wir gegen Mittag wieder nach Palmar
zurückkehrten, da lenkte dicht am Hause ein rasch und im
gerader Linie an uns vorüberschiessendes grosses Thier, von
dem wir nur etwas Weisses schimmern sahen, unsere Auf-
merksamkeit auf sich. Wir halten einen Augenblick still und
sehen es auch bald wieder durch die am Graben stehenden
blätterbüsche erscheinen und nun setzt es sich an einen der
Stengel, die Flügel flach über den Rücken zurückgeleet. Aber
wie sonderbar, da kriecht das Thier wie ein Käfer an dem
Stengel einige Zoll weit herauf, rückt noch einmal die Flügel
zusammen und nun erst bleibt es ruhig sitzen. Das ist doch
ein merkwürdiger Bursche, das Thier darf uns nicht entgehen.
Doch schon ist es wieder davon und jagt von Neuem umher,
um nach kurzer Zeit genau wieder an seinen alten Platz
zurüchzukehren. Jetzt aber schnell heran und da haben wir
es; das Thier ist so wild im Netz, dass der Staub durch die
feine Gaze dringt, aber ruhig abwartend bringen wir schliess-
lich auch diesen wilden Gesellen ganz wohlerhalten aus dem
Netz, nur die Fransen haben etwas gelitten und die Unter-
seite hat viel von den äusserst locker sitzenden Schuppen ver-
loren. Das ist wirklich eine ganz absondere Erscheinung,
diese Castnia Atymnus mit dem Ordensband ähnlichen,
weissen Hinterflügel; in ihrem ganzen Habitus ein Mittelding
zwischen Tagfalter und Heterocere.
Den Rückweg nehmen wir durch eine sich den Berg
herabziehende Zuckerrohr- und Bananenpflanzung, in der wir
an weiss blühenden Gebüschen eine Anzahl der schönen,
slänzend grünen Melolonthide Antichira lueida finden, die
bei unserer Annäherung sich schnell von den Zweigen fallen
lässt, im Fallen sofort in Flug übergeht und laut surrend
davonfliegt. Wir müssen uns beeilen einige Stücke zu erhalten,
denn bald sind alle davon, wie ein Schwarm Vögel eins dem
andern folgend.
Unten im Thal wieder angelangt, sehen wir an der Furth,
die durch den Fluss führt, einen ganzen Wirbel von gelben
und orangefarbenen Schmetterlingen im wilden Durcheinander
umherfliegen, ein Schauspiel, so anziehend und so neu für uns,
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 155
dass wir eine ganze Weile diesem bewegten Treiben zu-
schauen. Nun zieht die Schaar am Ufer entlang, nach rechts
und nach links, kehrt wieder zurück, theilt sich in Gruppen
und Züge, und löst sich schliesslich ganz auf; eins, zwei
setzen sich dann wieder ans Wasser und fliegen wieder auf,
andere folgen ihnen und stieben auch wieder davon, endlich
bleibt einer sitzen, zwei, drei kommen hinzu, ein halbes Dutzend,
schon ist ein ganzer Fleck gelb besetzt, "und im Augenblick
hat sich eine compakte, aufs engste zusammengedrückte Masse
gebildet, die den Anblick eines dichten, blühenden Krokus-
beetes gewährt.
Nun heran, und da stehen wir von dem Wirbel umringt
wie im Schneegestöber. Wir schlagen mit dem Netz ein paar
mal hin und her in den dichtesten Schwarm, und es kann
nicht fehlen, dass wir ein ganzes Dutzend drin "haben. Eifrig
streben alle nach oben an den Rand des Netzes, wo wir leicht
eins nach dem andern tödten.
Das sind also diese bekannten, überall in den Tropen
verbreiteten und zu gewissen Zeiten, namentlich an heissen,
auf Regenwetter folgenden Tagen massenhaft anftretenden
Gatopsilia-Arten. Wir finden unter ihnen hier am zahlreichsten
vertreten die schönen hochgelben Argante, und nächst ihnen
die blassgelben Statira, während die eitrongelben Trite und
Eubule in der Minderzall bleiben. Einzelne von diesen
Thieren hatten wir schon früher gesehen, meist schnell an
uns vorüberfliegend, doch nie in solcher Menge, wie wir sie
nun täglich am Wasser, und zwar hauptsächlich an Ueber-
gängen und in sonnigen, geschützten Winkeln antreffen.
Die nächsten Tage besuchen wir fleissig alle diese Stellen
am Flusse entlang, wo wir die gelben Wassertrinker zu finden
hoffen, um eine genügende Anzahl dieser mit ihren frischen,
leuchtenden Farben immerhin hübschen Thiere zu fangen.
Bald treffen wir auch, untermischt mit ihnen, einzelne durch
ihıre viel beträchtlichere Grösse uns auffallende Stücke, die
prächtig gelben Philea und Intermedia, und die blassgelbe
Gonopteryx Ülorinde, sowie ab und zu auch die kleine,
seltene Kricogonia Lyside. Desgleichen finden sich nun auch
bei diesem Haufen von Gelben andere Pieriden ein, die
schlichte weisse Farbe tragen, vor allem die seidenglänzende
Tachyris Ilaire, dann die schwarz eingefasste Perhybris
Calydonia, die mattweisse Pieris Monuste, und die seltenere,
durch ihre kreideweissen Striche auf den Vorderflügeln sich
auszeichnende Pieris Sevata.
156 Hahnel:
Besonders aber sind wir erfrent auch den schönen, weissen,
schwarzgestreiften Papilio Agesilaus in dieser Gesellschaft
anzutreffen. Dieser setzt sich, wenn er herangeflogen kommt,
meist einige Zoll weit von den andern entfernt, und wenn
ihrer mehrere sind, so hält die Couleur gern zusammen, kommen
aber allmählie immer mehr Gelbe heran, sodass der Haufen
immer grösser wird, so sitzen sie bald mitten unter den andern
drin. Dabei bemerken wir, dass die neuen Ankömmlinge
Gatopsilien sowohl wie auch die Papilios, stets das Bestreben
haben, in den dichtesten Haufen hinein sich zu setzen, als
ob sie wüssten, dass sie in der Mitte mehr als am Aussen-
rande gegen die ihnen von den lauernden Eidechsen drohen-
den Gefahren geschützt sind, und so sehen wir sie oft mit
den Beinen auf den Flügeln der andern aufsitzen, kaum im
Stande, Kopf und Rüssel nach dem feuchten Boden hindureh-
zuzwängen,
Denn Wasser und Sonne ist es, was diese Thiere, die
ausnahmslos Männchen sind, verlangen. Sie erscheinen, wenn
die Sonne schon ziemlich hoch steht, gegen neun Uhr, die
Berge herabkommend, und über die Bäume hinwegsegelnd,
bis sie ans Wasser selangen, an dem sie dann entlang fliegen,
um eine geeignete Stelle zum Ansetzen aufzusuchen. Hat erst
irgendwo ein Stück sich festgesetzt, so lockt seine helle Farbe
die nachfolgenden an, und an diesem Fleck halten sie dann aus,
solange sie Sonne haben, und kehren, wenn sie aufgeschencht
werden, alle wieder dahin zurück, bis der Nachmittagschatten
sie antreibt eine andere Stelle aufzusuchen, die ihnen noch
weiter den Sonnenschein gewährt.
Wir bemerkten bald, wenn wir die nieht brauchbaren
Stücke auf die Erde geworfen, dass diese sogleich wieder zu
Anziehungspunkten für die umherfliegenden wurden, und dieser
Umstand machte uns den Fang der Thiere ausserordentlich
leicht. Denn wir durften an solch einer Stelle uns dicht zu
den todten Lockvögeln niederlassen, und das Netz über diese
halten, und konnten nun so m aller Ruhe eins nach dem
andern, wie die Thiere ankamen, wegfangen, indem dieselben,
sicher gemacht durch die daliegenden Genossen, nicht im
geringsten mehr eine Scheu vor uns an den Tag legten.
Wo aber, da wir unter all diesen Thieren keine Weib-
ehen fingen, bleiben nun diese? Treten wir von dem Wege
ab auf jenes Brachfeld am Waldrande, das mit allerlei hoch-
eeschossenen, hartstengligem Unkraut bedeckt ist. Alles steht
nach dem Regen in Blüthe, und auf diesem blühenden lvelde
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 157
tummeln sich in behaglichem Genuss eine Unzahl Schmetter-
linge, sodass wir lebhaft an unsre heimischen Kleefelder mit
ihren ‚Vanessa, Argynnis, Colias u. s. w. erinnert werden. Da
treffen wir in grosser Zahl die uns schon bekannten Mecha-
nitis Polymnia und Lyeidice, auf die wir nur soweit noch
unsre Aufmerksamkeit verwenden, um etwaige Aberrationen
uns nicht entgehen zu lassen. Da ist ferner die schöne Apro-
topos Aedesia, nebst verschiedenen kleinen Ithomien wie
Iphianassa, Sylvo, Sylvetta, Ocalea, Giulia, welche sich
indess wie die Ceratinia- und Dircenna-Arten möglichst im
Schatten des Waldrandes aufhalten, und da sie sämmtlich
schon frühzeitig ihren Flug beginnen, bald auch, sowie die
Sonne höher steigt, sich wieder in den Schatten des Gebüsches
zurückziehen, das Feld den heissblütigeren (Genossen über-
lassend.
Da finden wir denn auch weiter eine grosse Anzahl
Hesperiden, langschwänzige, graubraune Thymele-Arten, die
ihre Flügel fest zusammenklappend sprungartig dahineilen,
ferner die schwarzgrüne Pyrrhopyge Acastus mit purpur-
rothem After, sowie andere seltnere Arten aus dieser ausge-
zeichneten Sippe; alsdann mit ausgebreiteten Flügeln auf den
Blüthen sitzend den grossen, schwarzmarmorirten Achlyodes
Busyrus, dessen Flügel convex sich nach unten zu abstützen,
wie wir diese eigenthümliche Krempenform namentlich auch
bei vielen Pythonides-Arten wiederfinden.
Und hier, wo sich noch die Danais, Colaenis, Junonia
und viele andere mehr zum Genuss der süssen Blüthen und
des heissen Sonnenscheins einstellen, finden wir auch, emsig
von Blüthe zu Blüthe flatternd, die am Wasser nie gesehenen
Weibehen jener Catopsilien, die alle eine blassere Farbe an
sich tragen, und deren Unterseite meist mit einer verloschenen,
getüpfelten Zeichnung bedeckt ist. Niemals aber treffen wir
diese Weibchen in solcher Anzahl wie die Männchen, da sie
bei weitem nicht die Flugpassion der letzteren besitzen und
also die meisten von ihnen tief im Walde umherirren, wo sie
einsame Blüthen aufsuchen, bis die unermüdlich umherfliegen-
den Männchen, die übrigens keineswegs den Honig der Blumen
verschmähen, ihnen auf ihrer Fahrt begegnen.
Unter den mancherlei neuen Sachen, die wir auf diesem
Blumenfelde noch antreffen, interessirt uns besonders die
schöne Perhybris Malenka, das Männchen oben von reinstem
Weiss, auf der Unterseite bunt gestreift, während das Weib-
chen oben wie unten ein buntes Aussehen hat, sodass man
158 Hahnel:
auf den ersten Anblick geneigt sein könnte, das Thier im Be-
ziehung zu den ähnlichen, braungelben Ithomiden zu stellen;
doch wird uns die Zugehörieke it dieser zu der weissen Form
sofort zweifellos durch den auffällig starken Honiggeruch, der
beiden in gleicher Weise eigen ist, und den wir denn auch
voll aufzusaugen niemals unterlassen.
Verfoleen wir nun einmal wieder die nach der Stadt
führende Strasse, soweit Wald und Hacienda auf beiden Seiten
sie einfassen. Von den Regentagen her stehen noch zahl-
reiche Wasserpfützen auf derselben, und an diesen finden wir
gerade so wie am Flusse ganze Schaaren von Gelben und
Weissen. Aber auch andere, uns bisher unbekannte T'hiere
haben sich an solchen Stellen versammelt. Da sehen wir in
Massen bei einander ein dunkles, graubraun gestreiftes Thier,
dessen düstere Farbe uns freilich weniger anzieht, als die
langen geraden Schwänze, mit denen es versehen ist; sie
sitzen alle, nicht wie die Gelben mit geschlossenen, sondern
mit flach ausgebreiteten Flügeln, und auch nicht so festge-
bannt an einer Stelle wie jene, sondern öfters ihren Platz
wechselnd, auffliegend nach den Blättern des nächsten Baumes
und bald wieder herabkommend auf den Weg. Dieses Thier,
Megalura Chiron, ist eine der verbreitetsten Arten, und bei
keinem in grosser Zahl sich uns bietenden Falter fühlen wir
uns so wenig wie bei diesem veranlasst, eine grössere Stück-
zahl zu erwerben, da wir, abgesehen von dem geringen Werthe
und der mangelnden Schönheit, zudem nur selten ein frisches,
reines Stück erlangen; also stehen wir sehr bald ab von dem
zeitraubenden Fange, um lieber anderen Sachen nachzugehen.
Da finden wir auch gleich in der Nähe ein viel hübscheres
Thier, die Megalura Peleus, rothbraun und gleichfalls ge-
schwänzt, schen zwar wie auch jene, aber doch ein lohnen-
derer Anblick, wenn wir sie schliesslich gefangen haben.
Ein kleines, feurig roth gefärbtes Thierchen, die Hae-
matera Thisbe stellt uns lange auf die Probe, ehe sie sich
beikommen lässt, denn sowie wir ihr näher kommen, ist sie
immer schleunig ein Stück weiter, sich bald an die Felswand,
bald an den Boden setzend; doch endlich haben wir sie nun,
nachdem sie der Verfolgung müde, über uns auf einem Blatte
Zuflucht genommen, wo wir unbemerkt uns ihr nähern konnten.
(srösser und augenfälliger als sie ist die schwarz und weisse,
namentlich dureh die karminrothe Einfassung ihrer Unterseite
ausgezeichnete Pyrrhogyra Tiphus, aber gleichfalls ein
scheues Thier, sodass wir sie wie jene auf dem Wege ver-
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika.
geblich zu fangen versuchen, bis auch sie schliesslich von den
Blättern herab sich ins Netz nehmen lässt.
Eine durch ihren heliconienartig schwebenden Flug an-
ziehende Gestalt ist die um die Gesträuche und am Wald-
rande entlang ziehende, isabellenfarbige Cystinenra Bogotana,
ein nicht grosses, nicht auffallendes, aber dennoch gern ge-
fangenes T’hier, zumal wir bei ihm dieselbe Erfahrung machen
wie bei den Heliconiern, dass es trotz seines ruhigen, unbe-
sorgten Fluges im Stande ist, durch schnelles Ausweichen uns
dennoch oft zu entgehen. Von den an Wegrändern auf nie-
deren Sträuchern und Blumen sich uns zeigenden Thieren
sind es namentlich die an unsern Melitaeen erinnernden, braun
und schwarzen Coatlantona-Arten, Saundersii und Paupera,
die uns häufiger begegnen, ebenso die kleineren, gleichfalls
braunen Phyeiodes Ptolyca und ihre Verwandten, die schwarz
und weisse Clio und die schöne, saubere Lencodesma.
Unter den seltneren Ithomiden ist es die durch ihre
einfache schöne Zeichnung hervorstechende Sais Mosella,
welche unsere Aufmerksamkeit besonders in Anspruch nimmt.
Beide Starkes behaupteten von diesem Thiere, dass es in der
ersten Zeit ihres Aufenthaltes hier nicht vorgekommen und
erst in den letzten Jahren aufgetreten sei. Wir hätten also
wohl, die Richtigkeit der Beobachtung vorausgesetzt, einen
Fall vor uns, der die Wanderung eines Thieres constatirt,
denn offenbar ist dann das T'hier aus irgend einem der vielen
unzugänglichen, obern Seitenthäler in das untere Flussthal
vorgedrungen.
Von den zahlreichen kleinen, der Familie der Eryeiniden
angehörenden Faltern, die wir nun öfters antreifen, wollen
wir wenigstens einige der hübschesten hier erwähnen. Da
ist der schöne, tiefschwarze Lymnas Jarbas, mit hochgelben
Randflecken und einem rothen Fleck auf jedem Flügel m der
Nähe der Wurzel, ferner der zarte Nymphidium Mantus mit
feiner Randzeichnung auf himmelblauem Grunde und der kleine,
oben einfach schwarze, unten aber mit glänzenden Goldflecken
besäte Anteros Formosus. Während die ersteren beiden die
Flügel in der Ruhe flach breiten, klappt sie letzterer zusammen,
sitzt aber wie jene ebenfalls an der Unterseite der Blätter,
und da alle diese Thierchen gern an den Sträuchern am Wege
sich aufhalten, wo sie etwas freie Umschau haben, so ver-
säumen wir es nicht, im Gehen mit dem Netz an die Zweige
zu schlagen, um die oft ziemlich fest sitzenden Thierchen
aufzuscheuchen.
160 ach
In diesen Tagen reicher Ernte fehlten auch die schönen
Morpho Peleides nicht und namentlich auf den Waldwegen
halbwegs Palmar, sowie in den Quebraden ‚waren dieselben in
erösserer Anzahl zu treffen. In Ermangelung anderen Köders
holen wir uns aus einer benachbarten Pflanzung einige Stangen
Zuckerrohr, — ein Eingriff in fremde Rechte, der gem ge-
stattet wird —, und vertheilten sie gespalten auf die Wege,
welche die Thiere entlang zu kommen pflegen. Dem süssen
Geruch kann kein Peleides widerstehen und, sowie ein heran-
kommendes Stück nur einigermassen Witterung davon erhält,
dreht es sogleich bei und sucht eifrig umher, bis es den
Gegenstand gefunden, von dem der verlockende Duft herrührt.
Sitzt es dann einmal fest, so lässt es sich nicht leicht stören,
selbst von den grossen Borstenfliegen nicht, die zahlreich sich
ebenfalls einfinden, und oft zu zweien, dreien an die grossen
Flügel des Falters sich ansetzen. Sacht gehen wir näher,
und das versessene Thier ist unsere sichere Beute. Oefters
treffen wir drei, vier und mehr dieser grossen Thiere bei-
sammen, freilich nicht alles gute Stücke, sondern der Mehrzahl
nach abgeflogen, und oft sehr arg schon mitgenommene
Veteranen; alsdann fliegt wohl einer, der uns grade die Seite
zukehrte, vorsichtig ab, und die andern folgen ihm nach auf
(ie Blätter, um indess bald wieder von neuem an den süssen
Saft zurückzukehren.
Ausser den Morphos tretfen wir an dieser Lockspeise
meist auch etliche Satyriden, aus dem düster gefärbten Genus
Taygetis, Arten die sonst nur im tiefen Blätterschatten auf
dem Beete sitzend sich aufhalten. Ab und zu findet sich
auch eine buntere Gestalt dabei ein, wie die hübsche Catone-
phele Nyetimus, schwarz mit oranger Binde, ein Thierchen,
zu dem das Weibchen mit seinem sonderbar gelb und schwarz
carrirten Kleide in einem höchst merkwürdigen Gegensatz
steht.
Ueber uns hin aber, den Weg auf und ab, schweben
hier die schönen Heliconier, der blauschwarze Apseudes und
der &elbbraune Metalilis, dessen Zeichnung sich auffallend der
ebenfalls hier fliegenden Melinaea Lilis nähert.
Ein der Hypna ÜUlytemnestra nahe stehendes Thier
lernen wir in dem gelbbraunen, langflügeligen Protogonius
Holocrates kennen, der wie auch jene, ganz einzeln in seiner
Sippe dasteht, dafür aber in den verschiedensten Gebieten
eine grosse Anzahl Lokalvarietäten herausgebildet hat. Durch
die stark ausgezackten Flügel ist er uns nicht weniger wie
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 161
durch sein neugieriges, den Gewohnheiten seiner nächsten
Verwandtschaft entsprechendes Verhalten eine bemerkenswerthe
Erscheinung. Häufiger treffen wir in diesem trockenen, zu-
meist aus kleinblättrigen Bäumen zusammengesetzten Walde
die kleine, gelbe Nica Canthara, die sich, wie so viele andere
Arten, nicht gern von ihrer Wiege und ihrem Standort weiter
entfernt. Ebenso begegnen wir öfter der hübschen Adelpha
Cytherea, der die gelb und weiss halbirte Binde ein ebenso
zierliches Ansehen verleiht, wie der ruhige Flug, mit dem sie
schwebend aus der Höhe sich herablässt, und mühelos, fast
senkrecht wieder ansteigt.
Unter den Heteroceren, die wir im Walde und an den
Wegrändern auftreiben, sind es namentlich die sehr nied-
lichen, schwarz und gelben Josia-Arten, unseren Lithosiden
verwandte Thierchen, denen wir häufiger begegnen, ebenso
die unsern Bärarten nahestehende blau und weisse Esthema
Bicoloria, sowie die ihr verwandten Pericopis Lycorea, die
mit ihrer Färbung in braun, schwarz und gelb auffallend an
die Gruppe der grösseren Ithomiden erinnert, welche diesen
Farbendreiklang in so unendlich mannigfachen Variationen
wiederholen. Eigenthümlich verhalten sich letztere beide
Arten, sobald sie sich gefangen sehen, alsdann stellen sie die
Bewegungen ein, krümmen den Leib zusammen und lassen
aus Brust und Nacken unter vernehmbarem Zischen einen
gelben Schaum hervorquellen, offenbar in der Absicht, sich
damit einen Schutz zu bereiten. Denn der ihnen damit ent-
strömende Geruch, obgleich nur schwach für uns wahrnehmbar,
hält Vögel und andere Insektenfeinde ab, ihnen nachzujagen,
oder nöthigt sie doch, wenn sie ein solches Thier erfasst
haben, dasselbe alsbald wieder als ungeniessbar fallen zu
lassen.
Wir sehen dies deutlich, wenn wir diese Thiere Hühnern
vorwerfen, die sonst alle Schmetterlinge mit Begier verzehren,
jene Arten aber, sowie namentlich auch Ithomiden, Heli-
conier und die weissen Papilios ihres scharfen Geruches
wegen stets verschmähen. Einmal beobachteten wir eine
Neuroptere, die eine Glancopide gefangen hatte und mit
ihr auf ein Aestchen flog, um sie in Ruhe zu verspeisen;
kaum aber hatte sie ihre Mundtheile näher an das Thier
gebracht, als sie ihren Irrthum erkennend, auch sogleich
dasselbe wieder losliess, das nun ohne weiteres, wenn auch
etwas flügellahm, seinen Flug fortsetzte.
Es sei hier schliesslich noch aus jener Zeit reicher Aus-
7 11
162 Hahnel:
beute eines interessanten Falles von Raupenzüchtung gedacht,
der uns seiner Zeit mehr als gewöhnlich beschäftigt hatte.
Eines Tages wurde uns von der prächtigen Atlas-Art, "Attacus
Anrota ein noch lebendes, aber wie das gewöhnlich bei solchen
ins Haus gebrachten Sachen der Fall war, gänzlich unbrauch-
bares Stück, ein Weibchen gebracht. Da es mir befruchtet
scbien, behielt ich es und andern Tags setzte es seine Eier
ab. Die Entwicklung nun dieser Eier, sowie der Raupen und
Puppen ginge so unglaublich rasch vor sich, dass die neue,
vollständig wohl ausgebildete, nur an Grösse etwas zurück-
gebliebene Generation schon 32 Tage nach dem Absetzen der
Eier auskam.
Als ich mit F. Starke hierüber sprach, versicherte er
mir, er hätte früher gerade bei diesem T'hiere, das sich so
leicht aufziehen lässt, öfters den wohlgelungenen Versuch
gemacht, das Begatten der T'hiere künstlich zu ersetzen, indem
er den Inhalt der beiderseitigen Körper ganz einfach mechanisch
mit ‚einander vermengte. Es war mir nicht mehr möglich,
diesen interessanten Versuch selber auch anzustellen und als
ich später, einmal Papilios in dieser Weise zn züchten ver-
suchte, misslang ‘dies, indem die Eier eintrockneten.
Es liegt nun zwar nicht ganz fern, bei jenen Versuchen
an -Parthenogenesis zu denken, doch dürfte bei der Sache ein
so hohes wissenschaftliches Interesse im Spiel sein, dass es
sich für Züchter empfehlen möchte, diese Versuche mit geeig-
neten, grösseren Faltern wiederholt und oft anzustellen;
vielleicht findet sich doch eine glückliche Hand.
San Esteban.
LI
‚ Schon lange war es meine Absicht gewesen, einen Aus-
flug nach der Öumbre zu unternehmen, doch hatte ich leider
die gänstigere Jahreszeit, die trockenen Monate ungenützt
vorübergehen lassen und. bei den nun häufigen Regengüssen,
die sich gewöhnlich in den Nachmittagsstunden unter Ge-
Ww itterbegleitung einstellten, hatte ein solches Vorhaben immer
eine bedenkliche Seite.
Eines Tages indess, als der Mond im zweiten Viertel
stand, ‘erhielt ich von Pino eine Einladung, morgen früh zur
Stelle zu sein, denn das Wetter liesse sich schön an, sodass
man eine Bergparthie riskiren könnte, Ich schnürte also
’
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 163
mein Bündel und am andern Morgen zur verabredeten Stunde
war ich am bestimmten Platze. Der ungeduldige Alte aber
war schon im Morgengrauen mit zwei Schützen und jung
Emilio ausgerückt und ich musste also Eile aufbieten, um sie
einzuholen. Endlich in Passohondo, der Furth am Fusse des
Gebirges, über die hinaus ich meine Ausflüge nicht erstreckt
hatte, traf ich sie bei der Zurichtung zum Frühmal; frisch
eefangene Fische und Bananen rösteten und dufteten bereits
am Feuer und die Schützen hatten sogar schon für den Abend
gesorgt, denn an einem Ast hing neben einem kleineren Wald-
huhn ein prächtiger, blaugehörnter Auerhahn. Wir machten
nicht lange Rast, denn wir mussten wünschen, in möglichst
früher Nachmittagsstunde oben zu sein und so setzte sich
also der Zug nach beendetem Mahle bald wieder in Bewegung,
die Schützen vorauf.
Das Wetter war herrlich und an einzelnen Stellen öffnete
sich uns eine wundervolle Aussicht in die Seitenthäler und
nach rückwärts das Hauptthal hinab. Allmählich, je höher
wir kamen, änderte sich auch die Physiogenomie des Waldes,
neue Pflanzenformen traten auf und besonders die herrlichen
Baumfarren, von denen wir bereits unten in Passohondo das
erste Exemplar gesehen, entzückten mit ihrer fein gefiederten
und so merkwürdig flach gebreiteten Krone das Auge.
Der Wege zeigte an steilen Aufgängen noch ein wohl
erhaltenes Pflaster, i im Höhersteigen aber kamen wir an Stellen,
wo das bröcklige, morsche Gestein von den Bächen des Regen-
wassers tief ausgewaschen war, sodass klaffende Spalten den
Wee fast ungangbar machten und wir beim Emporklimmen
in diesen engen Schluchten an den senkrechten Wänden oft
kaum einen Stützpunkt für die nackten Zehen finden konnten.
Wie schnell geht hier alles dem Verfall entgegen. Wer sieht
es diesem schmalen, von Gesträuch und Bäumen überwucherten
Fusspfade an, dass er vor wenig Jahren noch eine breite,
belebte Strasse war, an der hier und da eine Niederlassun
die Einsamkeit des Waldes unterbrach. Wo sind die Häuser,
ja wo sind die Spuren von ihnen geblieben? Nichts mehr ist
von all’ diesen Wohnstätten zu erblieken; nur hin und wieder
an einem flachen Bergabsatz im lichteren Gehölz verräth Dir
ein verkümmerter Citronenbaum oder ein Guyabenbaum mit
selben Aepfeln, dass hier wohl einst eine Hütte stand; und
unser Begleiter, die lebende Chronik dieser Gegend, erzählt
Dir von jenen sonderbaren theoretischen Landwirthen, Vater
und Sohn, die herüberkamen übers Meer, begeistert von poe-
11*
164 Hahnel:
tischen Schilderungen, die sie von der unendlichen Fülle und
Fruchtbarkeit der 'Tropennatur gelesen und die hier an einem
Abhang sich niedergelassen, um sich ein Paradies zu gründen,
bis Enttäuschung, Einsamkeit und Mangel sie wieder fort-
trieben in bewohntere Gegend.
Weiterhin dort an der Biegung hatte jener Ambrosio
eehaust, vor dessen Mordwaffe Appun in der Nacht zu einer
schaurigen Flucht gezwungen war, vielleicht, wie Starke be-
hauptete, nicht ganz motivirt, denn der edle Ambrosio, den
ich öfters in Pino traf, schien eine sehr sanfte Natur zu sein,
was freilich nicht ausschliesst, dass gelegentlich auch einmal
ein Räubergelüste in solch einer stillen Seele aufgestiegen sein
mochte.
Wir näherten uns dem Gipfel, die Sonne hatte sich in-
zwischen verhüllt und die Atmosphäre begann nun eine auf-
fallende Feuchtigkeit zu entwickeln. Ein feiner Nebel, von
einem leisen frischen Luftzug geführt, durchzog den Wald
und verdichtete sich an den moosbehangenen Aesten, von
denen es bald unaufhörlich zu Boden tropfte. Vorwärts, vor-
wärts, rief Starke, lassen Sie heut die gemeinen Nebelschmetter-
linge fliegen, die können Sie morgen genug fangen, machen
wir, dass wir in’s Quartier kommen! Endlich waren wir oben
angelangt, grade und eben führte der Weg weiter über den
breiten Bergrücken; bald kamen wir an dem zerfallenen
Rancho vorbei, den vor einigen Monaten eine Gesellschaft
Deutscher von Puerto Cabello bei einem Ausfluge als Obdach
für die Nacht hier gebaut, dann bogen wir auf-einen Seiten-
weg links ab, der uns nun wieder abwärts führte. Nicht
lange, so traten wir ins Freie, der Wald war wie abgeschnitten
und vor uns lag offenes Land, den ganzen Bergzug hinab bis
in die im Nebel verschwimmende ferne Ebene. Ringsum
wucherten üppige Sträucher, Gras und Blumen, hier und da
bedeckten das Feld Gemüsearten und vereinzelte Bananen-
stauden und bald gelangten wir dann inmitten dieser weiten
Pflanzung an eine verborgene Hütte, deren niedriges Dach
auf der Wetterseite bis an die Erde reichte, während die
andern Seiten nur bis zur Hälfte dieses Schutzes sich er-
freuten.
„Der Herr General scheinen nicht zu Hause zu sein,*
sagte Starke, „um so besser, da wird unser Salon nicht gar
zu eng. Jetzt aber pronto, pronto! ihr Jungens, seht wo ihr
die besten Apios und Batatas findet, eine Traube Bananen
wird wohl auch irgendwo reif sein, erstmal aber vor allem
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 165
Holz gesucht!* Bald hatte jeder sein Amt angetreten, der
Alte beim Feuer, Emilio beim Vögelrupfen und meine Wenig-
keit sollte Wasser aus der nahen Quelle holen, wobei das
gesammte Inventar der Geschirre einer gründlichen Reinigung
unterzogen wurde, wie sie solche die ganze Zeit ihres Daseins
noch nicht erlebt haben mochten.
Noch waren die Vorbereitungen zum Mahle im besten
Gange, da tauchte die Gestalt des Generals unter den Zweigen
der nahen Kaffeebäume auf und bald begrüsste er uns, nach
einem zufriedenen Blick auf den Auerhahn, mit der landes-
üblichen besonderen Höflichkeit. Starke hatte vor Jahren
einmal diese Pflanzung besessen und die beiden kannten sich
also sehr gut, zumal der General unsern Alten damals gern
zum Schwager gehabt hätte. Die Unterhaltung bewegte sich
also vorerst gewissenhaft in den Familienzirkeln, bis endlich,
es war nun allgemach Abend geworden, Huhn und Gemüse
gar gekocht waren und die alten Herren aus der Hütte her-
vorgerufen werden konnten. Nebenan im Freien auf ebener
Erde waren drei, vier der herrlichen, grossen Bananenblätter
hingebreitet, die dampfenden, goldgelben Erdfrüchte darauf
ausgeschüttet und zwischen hinein die Schüssel mit den Vögeln
gestellt. Wir nahmen alle ringsum Platz an dem grünen
Tisch, kauernd oder liegend und liessen uns die köstlichen, süssen
Erdäpfel, sowie das zarte Wildgeflügel prächtigschmecken, wobei
so lächerliche Werkzeuge wie eine Gabel selbstverständlich nicht
erst die Harmonie störten. Was für einen wundervollen Appetit
hatten wir doch alle nach dem anstrengenden Bergsteigen hier
in dieser zehrenden frischen Bergluft. Zum Schluss machte der
süssgewürzte Kaffee in einer oder zwei Kalabassenschalen die
Runde, es folgte eine selbstgerollte Cigarre aus Starkeschem
Tabak und der Tag galt nun mit dem Ueberbordwerfen des
Tischtuches den Abhang hinunter, für abgeschlossen.
Der Mond schien etwas schleierhaft auf die Erde herab,
und wir begaben uns nun an das schwierige Werk, den engen
Raum der Hütte in annähernd gleiche Parzellen zu theilen,
um keinem der müden Glieder sein Recht zu verkürzen. Dem
General diente ein quer in der Hütte von einem Dach zum
andern reichendes, mit Latten belegtes Gestell als Nachtlager,
Starke bezog das Parterre unter ihm, die Schützen den Raum
nach der hintern Giebelseite, und das junge Blut belegte die
Vorderecke zwischen den Heerdkohlen und den väterlichen
Füssen, während der letzte den Eingang bewachte, zu Häupten
über sich das knasternde Gerüst, und die Beine über die
166 Hahnel:
Lehmschwelle hinabhängend unter des Himmels gnädigem
Schutz. Wie herrlich lag es sich doch auf dem ebenen Boden
über den die Jungens sehr löblicherweise vorher noch dürre
Bananenblätter gebreitet hatten, Bald herrschte tiefe Stille
in der Runde, auch Starke’s Cigarrenstengel hatte ausge-
olimmt, und regungslos, wie meine Gebeine hingen und lagen,
schien es mir bald, als wäre mein Ohr allein noch der einzig
lebende Theil von der Welt. Draussen vom Waldrande her
erklang das heisere Gebell der Vampyre, und dieht am Hause
knackte eine Tigerkatze oder so was, das sich herangeschlichen,
an den Knochenresten unseres Mahles, und allmählich be-
gannen nun auch die verwegenen Töne, die Schnarchern eigen,
ddie Luft zu erschüttern. Ich hörte nicht mehr, nur: vor meinen
Augen schaukelte noch weiss in grau ein Nebelschmetterling
— ein Nebelfalter — merkwürdig, dass der grade im Nebel
fliegt! — Das war wohl der letzte Gedanke gewesen, der
sich andern Tags noch constatiren liess, dann war auch dieser
entschlafen.
Beim ersten Morgengrauen war alles wach. Die Berg-
finken und die Drosseln schlugen im Walde und im Gebüsch
erschallten die hellen Flötentöne der Laubsänger, ringsum in
der ganzen Natur „Jubel und Gesang. „Nehmen Sie man
schnell das Netz zur Hand‘, rief Starke. -— „Ist das schon
so eilig? — „Nun, haben Sie nichts gesehen ?* — Wahr-
haftig, da sprang in dem trüben Dämmer ein grosser Caligo
in der Luft herum, um die Hütte und an die Bananen und
dann an den Rand, wo die Küchenabfälle lagen. Da waren wir
denn freilich schnell bei der Sache, und der gewaltige Ritter,
der unruhig am Boden umherrückte bis er die richtige Stelle
gefunden, war schleunigst gefangen, ein prächtiger, blau-
schillender Ilioneus. Aber da war noch ein anderes 'Thier
gewesen, das sich eilig in die Bananen zurückgezogen hatte.
Doch da geht es eben wieder nach dem Unrath und noch
eins sahen wir dort, das unruhig suchend umherfliegt. Bald
haben wir auch diese beiden; der eine dunkelbraun mit gelben
Querbalken, ist Opsiphanes Tamarindi, aus einer der Caligos
nahe stehenden Sippe und der andere, den wir schon unter-
wegs mehrfach an dunklen Stellen der Felswände angetroffen
hatten, ist eine grosse Satyride, die graubraun, weissgefleckte
Tisiphone Hercyna.
Nach diesem Frühfange hatten wir eigentlich die Ab-
sicht, auf der Strasse nach Valencia ein Stück abwärts zu
gehen, indess liessen uas die nun aus den Tiefen der 'Thäler
Entomologische Erinnerungen an Büd- Amerika. 167
unaufhörlich heraufziehenden Nebelmassen nicht erkennen, wie
der Tag sich machen würde. Wir zogen daher vor in der
Nähe zu bleiben, und uns dem Schneckensuchen zu widmen,
wofür ja Starke einen wunderbaren Griff hatte. Ehe wir
noch aus dem umfangreichen Hau heraus, und wieder auf die
Höhe des Weges in den Wald kamen, hatte ich reichlich
Gelegenheit die Bekanntschaft jenes mystischen Nebelfalters
zu machen, der sich vom diehtesten Nebel und selbst vom
Regen nicht abhalten liess, seine zarten Schwingen’zu gebrauchen
und durch Büsche und Sträucher zu flattern, während doch
sonst alles Fluggethier in schützenden Verstecken geborgen
war; es war die hübsche, weisse, originell gestaltete Satyride
Oressinoma Typhla. Ausser diesem ersten Gebiresfalter
waren es noch verschiedene andere kleine Arten, die uns hier
neu waren, und die unten in der wärmeren Zone nicht vor-
kamen, so die weisse Dismorphia Psamathe, ferner mehrere
Ithomien, darunter die schöne, mit hellgelben Flecken gezierte
Libethris und ebenso eine Anzahl Hesperiden; aber auch
unter den Käfern, die wir ‘fanden, traten uns ganz neue
Formen entgegen. Doch da den Tag über die Sonne nicht
herauskam, so war die Ausbeute an Insekten dennoch nur
eine beschränkte und wir verlegten uns daher um so eifriger
auf die Conchylien, deren es hier eine grosse Zahl interessanter
und schön gefärbter Arten gab.
Als wir am Nachmittag mit einer reichen Auswahl der-
selben nach unserer Hütte zurückkehren, hatte sich der Nebel
inzwischen zu einem vollständigen Regen herausgebildet und
wir sahen uns die übrigen Stunden des Tages auf die inneren
Räumlichkeiten unseres gastlichen Daches angewiesen. Plötz-
lich ertönte von dem hohen Bergrande her ein melodisches
Hornsienal, welches der General sogleich erwiderte, indem er
das Kuhhorn ergriff, das die Nacht vorher mein Kopfkissen
gewesen war. Das ist Juan, des Generals Sohn, der mit einem
Arbeiter vom Dorfe heraufkommt.
Die Erklärung war vollkommen genügend, um in dem
Gespräche eine anhaltende Pause eintreten zu lassen, die Jeder
nach Kräften dazu benutzte, in seinem erfinderischen Geiste
die Mittel zu erwägen, wie das nun auftauchende Problem
einer weiteren Raumeintheilung zu lösen sein werde. ‚Juan
erschien mit seinem Begleiter, regentriefend, aber keineswegs
eingenommen gegen die zahlreiche Einquartirung. Er flüsterte
seinem Vater einige Worte ins Ohr, die dieser mit einem
ironischen Lächeln beantwortete. Die Sache ist abgemacht,
168 Halinel:
sagte er dann zu Starke, morgen ziehen sie ab. Der Alte
setzte mir auseinander, um was es sich handelte. Unser
(General wurde nämlich seit langem verfolgt wegen Conspi-
rationen, und durch Vermittlung von Freunden war nun die
Angelegenheit endlich beigelegt worden.
Die Politik ging hoch, während in Strömen der Regen
niederfloss, und langsam das Feuer brannte, über dem heute
kein feister Waldhahn die Gaumen lüstern machte. Trüb-
selig schlich der Tag zu Ende, selbst der Kaffee hatte einen
melancholischen Beigeschmack und verdrossen glimmte das
Tabakkraut. Endlich kam die Nacht, halb gefürchtet und
halb ersehnt, aber eben deshalb ging sie leichtfüssiger über
die müden Schläfer hin als diese erwartet.
Wieder war es Morgen, trüb und regnerisch. Das wird
doch faul, meinte der Alte, heut können wir nicht fort, aber
hoffentlich sieht es morgen besser aus. Wir benutzten die
Zeit, um unsre Schnecken von gestern zu kochen und zu
reinigen, was den Vormittag völlig in Anspruch nahm.
Gegen Mittag klärte sich das Wetter, die Sonne blickte
durch die Wolkenritze, die Welt unter uns ward sichtbar und
bald strahlte die weite Erde im herrlichsten Sonnenglanze;
das war eine zauberhafte Verwandlung. Nun konnten wir
also auch noch einen Blick auf das tief unten schimmernde
Valencia werfen, und den von Nebelschleiern umsäumten, blau
spiegelnden See Tacarigua, Humboldts grossen Namen uns in
die Erinnerung rufend. In unabsehbarer Ferne delnte sich
dahinter das Flachland aus, die Savanne mit ihren Mais- und
Zuckerrohrfeldern, ihren Kaffee- und Cacaohacienden, und den
blauen Hügeln am fernen Horizont. Vor uns zur Linken in
röthlich violetten Farben senkten sich die scharfkantig sich
abhebenden kahlen Ausläufer der Cumbre stufenweise nach
der Ebene hinab und zur Rechten und hinter uns zog sich
der breite Rücken des Hauptkammes höher hinan, kahl nach
unten zu, und nur oben noch mit unantastbarem Walde ge-
schmückt.
Wir machten uns schnell auf, um in den Wald zu gehen,
die Schützen erhielten die eindringlichste Ermahnung einen
Braten zu schaffen, und so streiften wir denn mit neu aufge-
lebter Lust umher in dem herrlichen Walde unter den ge-
waltigen, hohen Bäumen. Schöneren Wald hatte ich bisher
nirgends gesehen als hier an der bald bestrittenen Grenze
seines Reiches, wo vielleicht demnächst ein beliebiger Irgend-
wer sich einstellt, die Baumriesen krachend zu Boden stürzt,
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika, 169
und ein Jahr lang oder zwei eine Pflanzung anlegt, dann
wieder verschwindet irgendwohin, wie Laune und Wind ihn
treiben, die Pflanzung der Verwilderung überlassend. Riesen-
stämme erhoben sich hier zum Himmel mit einem ganzen
Wald von wuchernden Parasiten auf den baumgleichen Aesten.
Lange Blüthenrispen, rosa und hochroth, ragten daraus her-
vor und schwertähnlich oder rund und herzförmig standen die
Blätter herum, während von den hohen Wipfeln die seil-
artigen Luftwurzeln der Lianen herabhingen und ungeheure
Bänder von Kettenlianen von Baum zu Baum sich wanden.
schlanke Palmen strebten unter dem lichten Gewölbe nach
oben und am Boden wucherten üppige Kräuter und ganze
Büsche rankender Farren. Alles in Allem hatte der Wald
hier oben einen viel strotzenderen und zugleich kräftigeren
Charakter als in der heissen Ebene, die ihrerseits vielleicht
mehr Öontraste in den Formen aufzuweisen vermag.
Beim Umherstreifen fanden wir einen grossen, schönen,
uns bisher noch nicht vor Augen gekommenen Falter, den
schwarz und braunen Vietorina Epaphus, ferner einige
hübsche Adelpha und mehrere kleinere Sachen, sodass wir
also nicht unbefriedigt den Rückweg antraten. Geknallt hatte
es ja auch mehrere Male, sonach waren die Schützen wohl
ebenfalls nicht leer ausgegangen und als wir mit ihnen zu-
sammentrafen, erhielten wir die angenehme Gewissheit, dass
wir der Mahlzeit heut mit einiger Beruhigung entgegensehen
konnten, denn ausser ein paar grossen Tauben brachten sie
noch einen ansehnlichen Spiessbraten in Gestalt eines braun-
haarigen Brüllaffen mit.
Am andern Morgen rüsteten wir uns zum Heimwege.
Der General lud uns ein, ihn bald wieder zu besuchen, was
ich in den kommenden trocknen Monaten auch gern auf längere
Zeit gethan hätte, wenn nicht inzwischen mein Aufenthalt in
San Esteban zu Ende gegangen wäre.
Oben, auf dem Wege angelangt, zogen wir noch einmal
an dem Aussichtspunkt vorbei, wo Starkes jahrelang gewohnt
hatten, Appun gleichfalls mehrere Jahre und ausser anderen
Landsleuten auch der unübertroffene Schütze Müller, der oft
die erstaunlichsten Proben seiner Treffsicherheit abgelegt
hatte, sodass von ihm noch die verschiedensten Jagdanekdoten
von Mund zu Mund liefen. Einige dürftige Kaffeebäume,
denen das Klima schon zu rauh ist, zeigten am Bergrande
noch die Plätze an, wo früher diese nun längst vergessenen
Ansiedlungen sich befanden. Die Stelle auf der anderen Seite
170 Hahnel:
des Bergrückens, von wo aus man sonst die herrlichste Aus-
sicht auf das Thal von San Esteban auf Puerto Cabello und
über das Meer hin hatte, war leider gänzlich verwachsen und
so mussten wir auf den Genuss dieses Fernblicks verzichten.
Die Burschen luden nun noch die Orchideen anf, die
Starke am ersten Tage beim Schneckensuchen von den Aesten
abgenommen und hier niedergelegt hatte, darauf wurden die
Pfeifen in Brand gesetzt und rasch ging es nun bergab.
Cassadores! riefen die Schützen. Jägerameisen! Trab,
Trab! — Den ganzen Weg und zu beiden Seiten wimmelte es
von den schwarzen Streifen und Zügen dieser raschen, ge-
fürchteten Thiere, die auf einem Plünderungszuge begriffen,
alles Gewürm, auf das sie treffen, unrettbar dem Verderben
weihen. In schnellen Sätzen waren wir über die gefährliche
Strecke hinaus, nicht ohne dass dennoch die schlimmen 'T'hiere
sich an unsere Füsse geheftet und uns empfindliche Schmerzen
verursacht hätten.
Weiter ging es den Berg hinunter; in schneller Folge
waren die einzelnen Absätze erreicht, die bei dem Bergauf-
steigen immer wie in grosser Entfernung erschienen waren.
Bald waren wir unten in Passohondo und zwei Stunden später
sass der Alte wieder wie alle Tage in seiner Hängematte in
Pino, und auch der den weitesten Wee hatte, freute sich,
bald wieder heim zu sein und seine Glieder wieder ausstrecken
zu können, weniger beengt als in dem Rancho des Herrn
(reneral.
War nun auch bei diesem kurzen Besuch auf der Cumbre
die Witterung und die im allgemeinen nicht günstige Jahres-
zeit schuld daran, dass die Ausbeute an Faltern nur eine sehr
geringe gewesen war, so dass sie nicht entfernt einen Schluss
auf die dort vorkommende Artenzahl gestattete, so war doch
andrerseits die Hoffnung, die man auf diese Gebirgswelt für
die trockenen Monate setzen konnte, vor der Hand von zu
zweifelhaftem Werthe, als dass sie das immer lebhafter werdende
Verlangen nach Neuem hätte aufwiegen können. Denn wenn
wir bisher auch keineswegs bereits alles, was in dieser Gegend
heimisch war, kennen gelernt hatten, namentlich nicht von
den kleineren, der Beachtung sich so leicht entziehenden
Eryeiniden, so waren uns doch inzwischen die hauptsäch-
liehsten täglichen Erscheinungen so bekannt und geläufig ge-
worden, dass die immer seltener vorkommenden Fälle, wo wir
etwas Neues auffanden, und uns immer mehr in dem Gedanken
bestärkten, einen andern Fangplatz aufzusuchen, wo eine
Entomologische Erinner ungen an Büd- Amerika. 171
grössere Anzahl uns noch unbekannter Arten zu erwarten
stand, sei es nun das nahe Valencia oder die gebhirgige Gegend
um Caräcas.
Indem ich mich mit solchen Erwägungen trug, kam es
mir daher sehr erwünscht, als Dr. Staudinger nach Empfang
einer Sendung mir den Vorschlag machte, dem entfernteren
Merida, welches mit seiner Hochgebirgswelt sich eng an die
Fauna des benachbarten Columbiens anschliesst, einen Besuch
abzustatten und mit Eifer wurde also der neue Plan er-
fasst, der die zunächst gehegten Wünsche weit zu übertreffen
versprach. Indess sollten noch etliche Wochen vergehen, ehe
es zum Aufbruch kam und so gut es ging, benutzte ich nım
noch diese Zeit, um einige Ausflüge in die benachbarten Seiten-
thäler zu machen, die, wenn auch nicht viele, so doch immer-
hin noch einige neue Bereicherungen einbrachten.
Als ich eines Nachmittags von einem solchen Ausfluge
heimgekehrt und eben mit der Durchsicht der Tagesausbeute
beschäftigt war, erscholl der in letzter Zeit öfters gehörte
Ruf: rio, rio! der von den Uferanwohnern bei herantosendem
Hochwasser erhoben wird, um die weiter abwärts Wohnenden,
und namentlich die am Wasser beschäftigten Wäscherinnen zu
warmen; denn die Fluth kommt mit einer furchtbaren Schnelle
und Gewalt heran, so dass der schleunigste Rückzug nach dem
hohen Ufer geboten ist. Willst du dir nicht einmal die Hoch-
fluth ansehen? sagte ich zu meiner Frau und diese begab sich
sogleich den Abhang hinunter nach unserm Uebergange. Es
verging eine geraume Zeit und meine Frau war noch nicht
zurückgekehrt, da sagte ich zu meiner Kleinen: Sieh doch wo
die Mama bleibt! Nach einer Weile höre ich durch das Tosen
der Fluth die Stimme des Kindes nach der Mama rufen. Ich
springe im Nu aus dem Hause und treffe das Kind auf dem
Wege, der nach dem Flusse hinabführt. Wo ist die Mama?
— Ich weiss nicht, ich kann sie nicht sehen. — Ich stürze
hinunter bis an den Rand des Wassers, das weit über sein
Bett getreten ist, aber meine Blicke schweifen vergeblich
rings durch das dunkle Gewirr der den ganzen Abhang dicht
beschattenden Bäume und Sträucher. Ein Todesschrecken er-
fasst mich. — In Verzweiflung beuge ich mich von Neuem
nieder, um durch die Zweige und Stämme über die wogende
und donnernde Fluth hinzuspähen, da ist es mir, als sähe
ich eine Bewegung durch die Zweige vor mir, ich beuge
mich zur Seite und da steht sie, mir zuwinkend, in dem
Wipfel eines schwachen Bäumchens, mitten in der schäumenden
172 Hahnel:
Fluth. Aber das Wasser steigt zusehends immer höher und
an Rettung ist wegen des rasenden Stromes in keiner Weise
zu denken. Endlich, nach einer bangen Viertelstunde, während
der alle Nachbarn händeringend sich bei mir versammelt, —
kein Steigen mehr, die Wasser stehen, und bald auch beginnt
es stufenweise zurückzugehen. Noch eine halbe Stunde und
nun ist es uns möglich, bis zu dem Bäumchen hinzudringen,
das ihre Rettung gewesen, und sie an’s Land zu tragen.
Es war dies Ende Oktober gewesen. Vierzehn Tage
später sollten wir noch einen zweiten Schreck haben, der uns
die Unsicherheit des Lebens von einer andern Seite nahe
legte. Unser Haus, das schon ein ziemliches Alter aufzuweisen
hatte, besass natürlich keinen gesunden Balken mehr, die un-
abwendbaren Termiten hatten alles hohl gefressen, sodass wir
schon immer mit Besorgniss die Bogenlinien des mit schweren
Hohlziegeln gedeckten Daches betrachteten. Eines Nachts,
als wir im tiefsten Frieden schliefen, erdröhnte über uns ein
furchtbares Krachen und Gepolter und schmetternd fielen die
Ziegel auf den Fussboden. Entsetzt springen wir aus dem
Bett; die Sterne, die durch das nun plötzlich offene Dach
hereinschauen, leuchten uns und lassen uns gegenseitig finden,
wir sind alle heil; nur die Hälfte des Daches, unter der unsere
Betten glücklicherweise nicht standen, war eingestürzt, die
andere über uns hatte Stand gehalten, aber sie konnte ja im
nächsten Augenblick nachfolgen. Schleunigst sind wir in der
andern Stube und machen Licht, um das Unglück zu unter-
suchen. Bald sind auch die Nachbarn mit Laternen zur Hand,
die von dem furchtbaren Gepolter in der stillen Nacht auf-
geschreckt, nicht anders denken, als das wir unter den Trüm-
mern begraben sind. Wir unterziehen den übrig gebliebenen
Theil des Daches einer genauen Prüfung und die Nachbarn
sind der Ansicht, es werde nichts weiter herunterkommen.
Einigermassen beruhigt legen wir uns also wieder nieder,
ohne dass jedoch Schlaf in unsere Augen kommt. Kaum haben
wir, ängstlich auf jedes Knistern horchend, eine halbe Stunde
so gelegen, als von Neuem ein Krachen anhebt, diesmal seit-
wärts draussen in der anstossenden Küche, furchtbarer noch
und anhaltender als das erste Mal. In höchstem Schrecken
kommen von neuem die Nachbarn, jetzt ganz sicher in der
Erwartung, uns erschlagen zu finden und abermals danken sie
allen Heiligen, als sie näherkommend unsere Stimmen ver-
nehmen und Licht sahen. An Schlaf war nun allerdings
nicht mehr zu denken, und wir fühlten uns wahrhaft er-
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 173
leichtert, als der Tag anbrach und die Augen wieder frei
ihren Dienst versehen konnten.
Obgleich nun Freund Starke baldigst in den stehen ge-
bliebenen Stücken einige neue Dachträger unterzog, sodass
augenscheinlich einige Sicherheit mehr geschaffen war, so ver-
liess uns doch das unheimliche Gefühl, das nun einmal über
uns gekommen war, keinen Augenblick mehr bis zu unserer
nun bald erfolgenden Abreise, der wir jetzt mit doppeltem
Verlangen entgegensahen.
Nach Merida.
An einem der ersten Dezembertage traten wir die neue
Reise an, die uns zunächst wieder nach dem nahen Puerto
Cabello führte, wo wir bis zur Abfahrt des nach Maracaibo
bestimmten Dampfers noch zwei Tage verweilten. Es hatte
sich uns für diese Reise eine alte, aber noch zum Verwundern
rüstige Landsmännin angeschlossen, die aus dem Schwarzwald
gebürtig, hier in Amerika schon mehr als 40 Jahre ein schick-
salsvolles Wanderleben geführt hatte, von Caräcas nach Oali-
fornien, von da nach Valparaiso, dann nach Panamä, und
wieder zurück nach Puerto Cabello und nun war es ihr Wunsch,
den Rest ihrer Tage in dem wegen seines herrlichen Höhen-
klima gepriesenen Merida zu verbringen. Wir selbst aber
freuten uns, eine angenehme Reisegesellschaft an ihr zu haben,
was ja in unserer Lage doppelt schätzbar war.
Als ziemlich bereits alles an Bord war und der Abfahrt
harrte, bot sich uns noch ein sonderbares Schauspiel dar.
Ueber den breiten Platz her, von der Posada kommend,
näherte sich unserm Dampfer langsam, feierlichen Schrittes
ein buntschillernder Aufzug, der im ersten Augenblick die
(sedanken unwillkürlich in die Räume eines Theaters ver-
setzte und erst allmählich erkennen lies, was es eigentlich
vorstellte. Voran eine Dame, strahlend in blauem Seiden-
kleide, in Spitzen und Blumenflor und in langen Reihen ihr
folgend eine Schaar von Herren mit Bouquets, Fächern, Shawls
u. s. w. bis zuletzt als würdiger Abschluss des Ganzen der
alte, weisshaarige Neger aus der Posada schritt, beladen mit
Rosen und riesigen Palmzweigen. Alles feierlich und gemessen
wie eine Prozession daherkommend, während Alt und Jung
auf dem grossen Platze stehen blieb und dieses Spottgedicht
auf die Menschheit, den Triumphzug einer Üourtisane mit
174 Hahnel:
Verwunderunge betrachtete. in Theil der Herren verab-
schiedete sich dann auf dem Dampfer von der fahrenden Prin-
zessin, während die andern das Glück genossen, dieselbe noch
bis zu dem allgemeinen Reiseziel zu begleiten.
Die Fahrt bot wenig Angenehmes, da der kleine Dampfer
völlig überfüllt war und zudem bei der sich nun bald er-
hebenden Brise auch ein starkes Rollen anhob, was die Ge-
müthlichkeit keineswegs erhöhte, Bei der engen Einfahrt
zur Lagune von Maracaibo, die durch ein kleines Fort ge-
schützt ist, hatten wir den traurigen Anblick eines kürzlich
gestrandeten Dampfers, dessen schwarzer Rumpf in aller Schärfe
gegen den weissen Strand sich abhob. In der seichten Lagune
selbst aber bildeten die das Fahrwasser kennzeichnenden
Stangen eine merkwürdige Erscheinung auf der weiten, see-
artigen Wasserfläche, über deren ruhigen Spiegel der Dampfer
nun schnell dahimglitt und uns binnen Kurzem, es war am
zweiten Tage nach unserer Abreise, dem röthlich schimmernden
Häusermeer von Maracaibo entgegenführte.
Die drei Tage, die wir hier zubringen mussten, bis wir
(die Weiterreise mit einem einstweilen noch erwarteten Dampfer
antreten konnten, vergingen, ohne dass ich dazu gekommen
wäre, einen Ausflug in die Umgegend zu machen, was ich
indess bei dem sterilen Sandboden, der diesen Landstrich
charakterisirt, nicht allzusehr bedauerte.
Endlich befanden wir uns wieder unterwegs, auf einem
alten, aber höchst bequem eingerichteten Raddampfer. Der Ca-
pitän machte uns auf die säulenartigen, oft wolkenförmigen An-
sammlungen von Moskitos aufmerksam, die von Zeit zu Zeit
über der Lagune sichtbar wurden und in der Ferne wie Luft-
spiegelungen erschienen. Die Wasserfläche war wie übersät
mit grösseren und kleineren Inseln von Sumpfpflanzen, die
von den rings einmündenden Flüssen der Lagune zugeführt
werden. Bald auch tauchte im Südosten vor uns die ferne
Cordillere auf, deren Anblick uns hinter Puerto Cabello ent-
schwunden war.
Gegen Abend des andern Tages liefen wir in den Zulia-
fluss ein, dessen flache, morastige Ufer von einer wuchernden
Fülle grossblättriger Sumpfgewächse bedeckt waren, aus denen
inselartig einzelne Baumstände sich abhoben. Zahlreiche
Reiher mit weissem oder blassrothem Gefieder flogen, in ihrer
Ruhe gestört, von den Bäumen auf, während andere Schaaren
lärmend weiter hinein in das Dickicht zogen. Hier und da
am Ufer ragte ein unförmlicher Alligatorkopf aus dem Wasser
k
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 175
hervor, dreist und unverschämt den Dampfer anglotzend, um
erst, wenn die Radwelle ihn erreichte, unterzutauchen. Als
dann die Sonne sich geneigt und der Mond hoch am Himmel
stand, Wasser und Wald mit seinem reichen Licht übergiessend,
welche wechselnde Silhouetten, wunderbar gewölbt und ge-
schnitten, bildeten diese hoch aufstrebenden, und jäh wieder
abfallenden Baumfiguren, von Schlinggewächsen überwuchert,
die wie riesige Draperien ihre Formen umhüllten, und auf und
ab sich schwingend, hohe und niedere Aeste, Bäume und
Sträucher in einer alles verwebenden Umschlingung zu Reihen
und Gruppen verbanden. Und zwischen diesen terrassen-
förmig sich verschiebenden Bogenlinien, die den Uferrand
bildeten, hoben sich wieder einzeln in grotesken Schatten-
rissen hier eine schlanke Palme ab, in deren majestätischer
Krone auf hundert Blattspitzen der Mondstrahl sich brach,
dort ein abgestorbener, hochragender Baumstamm, auf dessen
kurzen, ihm noch verbliebenen Aststumpfen dunkle Massen
von Wuchergewächsen ein Inselreich in den Lüften bildeten.
Es war eine zauberisch schöne Fahrt auf dem windungs-
reichen, schmalen Flusse mit dieser ewig wechselnden und
doch immer wiederkehrenden Scenerie, die wie eine in stets
neuen Variationen uns umklingende Zaubermelodie neben uns
herglitt. Allmählich war der Mond immer tiefer hinter die
Baumwand zur Rechten hinabgestiegen und schliesslich ganz
entschwunden, da rasselte der Anker in die Tiefe; der Capitän,
welcher den ganzen Abend über merkwürdig romantisch ge-
stimmt war, besonders als er von seiner Lübecker Jugend
sprach, klopfte zum letzten Mal seine Pfeife aus, und nun
begab man sich auf dieses endgültige Zeichen allgemein in
die Hängematten, die in luftiger Architektonik kreuz und quer
das Deck überspannten.
Am Vormittag des andern Tages langten wir in San
Carlos an, einem kleinen, unbedeutenden Dorfe und hier ver-
liessen wir den Dampfer, um nun die Reise zu Lande fortzu-
setzen. Ein Zug Maulthiere, die Kaffee aus dem Inneren
gebracht hatten, war zufällig gerade zur Stelle, sodass wir
also nicht genöthigt waren, wie wir dies gefürchtet, längere
Zeit auf eine Gelegenheit warten zu müssen. Mit einem
Damensattel für meine Frau hatten wir uns bereits in Mara-
caibo vorgesehen, mir selbst überliess der Besitzer seinen
eigenen Sattel gegen eine Extravergütunge und für die alte
„Mutter Sophie* wurde, so gut es ging, ein Polstersitz auf
ihrem Thiere hergerichtet. Der Zug setzte sich in Bewegung,
176 Hahnel:
eine Anzahl Mulen mit Stückgütern voran, denn unsre Gepäck-
thiere, darauf die Donna’s und zuletzt ich selbst mit meiner
Kleinen vor mir auf dem Sattel, sodass ich also mein viertel
Dutzend Amazonen stets unter Aufsicht hatte,
Wir waren nicht lange geritten, als uns ein Zug Maul-
thiere mit Kaffee entgegenkam. Auf dem breiten, völlig ebenen
Wege, der durch den Wald führt, war genügend Platz vor-
handen, um nach beiden Seiten ausweichen zu können, indess
die Thiere gingen so eigensinnig genau in den ausgetretenen
Spuren, dass die Ladungen hart gegen einander stiessen, und
sich bald ein förmliches Gedränge bildete. Unsre Reitthiere
wollten durchaus keine höhere Rücksicht gelten lassen, und
trotz allen Anziehens des ihnen durch das Maul gelegten
Strickes, der als Zügel dienen musste, gelang es nicht, die
Bestien von der verderblichen Begegnung mit den anprallen-
den Kaffeesäcken auf die Seite zu lenken. Da hebt sich mit
einem Male der vor mir herwandelnde Aufbau, auf dem
Mutter Sophie thront und im Augenblick stürzt sie seitwärts
auf den Boden und mit solcher Wucht, dass das Aufschlagen
ihres Hinterkopfes mir durch Mark und Bein ging. Doch nur
ein paar Sekunden lag sie so regungslos ausgestreckt, kaum
dass ich Zeit hatte, mein Thier zum Stehen zu bringen, da
erhob sich ihre lange Gestalt schon wieder und sich umschauend
lachte sie uns zu: „Is nix, das ist ein Glück!* — Wahrhaftig,
ein grosses Glück, dachte ich, das konnte ganz anders ab-
laufen.
Bald darauf kamen wir an eine etwas nasse Stelle, die
Thiere bogen alle seitwärts ein, nach dem Gebüsch zu und
indem meine Frau einem schräg entgegenstehenden Baume
mit dem Oberkörper ausbiegen will, giebt der zu locker ge-
schnallte Sattel nach und rutscht auf die Seite, die Reiterin
aber gleitet sachten Falles rücklings herab auf den Boden,
dessen plastische Weichheit ihm gestattet, einen getreuen Ab-
druck von dem Vorfall zurückzubehalten. Nach dem edlen
Beispiel, das mir nur zweimal vor Augen getreten war, musste
ich mich nur darauf vorbereiten, bald auch selber als dritter
zu folgen und bei der Sorge, die ich zunächst für meine Kleine
hegen musste, war mir der Gedanke an weitere derartige
Unterhaltungen kein gerade erfreulicher. Mehrere Male, als
unser unvernünftiges Thier seinen Weg durchaus hinter den
Bäumen herum nehmen wollte, waren wir nur mit genauer
Noth den langen Stacheln überhängender Palmen ausgewichen
und oft waren bei der totalen Unlenksamkeit des Thieres
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 177
unser beider Kniee in arge Zusammenstösse mit den Stämmen
gerathen, indess einen grösseren Zwischenfall hatten wir weiter
nicht zu erleiden gehabt und als wir nach mehrstündigem
Ritt in einem weitläuftigen Gehöft anlangten, beschlossen wir,
es für heut mit dem Reiten genug sein zu lassen und hier
unser Nachtquartier aufzuschlagen.
Die Leute lebten in dieser Waldeinöde, wie wir zu
unserm Erstaunen sahen, oft wochenlang ohne Wasser. Eine
Anzahl hoher Thonkrüge stand in langer Reihe unter der
Dachtraufe, um den Himmelssegen aufzufangen, wenn er her-
niederfliesst, und dieses Wasser wird nun benutzt, so lange
der Vorrath reicht, bleibt aber der Regen längere Zeit aus,
so geht es eben ohne einen Tropfen. Wie wunderliche Ent-
behrungen legt sich doch oft der Mensch auf durch seine
Trägheit! Denn mit wie leichter Mühe wäre ein unversieg-
barer Wasserquell geschaffen, wenn diese Leute sich dazu
bequemen wollten, einen Brunnen zu graben, aber no senior,
hier zu Lande macht man das eben nicht! Wir verzichteten,
nachdem wir Einsicht in die vorhandenen Restbestände ge-
wonnen, auf den Genuss eines Getränks und begnügten uns
mit ein wenig Chocolade, die nebst gerösteten, trockenen
Bananen auch unser Frühstück am andern Tage bildete.
Obgleich alles sehr zeitig auf war, so verzögerte sich
doch durch das Einfangen der Thiere der Aufbruch um volle
zwei Stunden, ein Zeitverlust, den wir am Abend dann noch
bereuen sollten. In einer morastigen Niederung, durch die wir
am Nachmittag kamen, hatten wir die grösste Noth, uns durch
den aufgeweichten, zähen Lehmboden hindurch zu arbeiten;
die Thiere versanken bis an die Kniee in dem Schlamm und
bei jedem Schritte, sowie sie den Huf aus dem zähen Lehm
emporzogen, knallte die Luft nach. Schliesslich stand alles
wie angewurzelt fest, kein Thier war mehr im Stande, ein
Bein zu heben und so mussten wir denn absitzen, um auf
eigenen Füssen weiterzuwaten, bis wir wieder festen Boden
unter uns hatten. Der Tag ging allmählich zu Ende und
nächtliches Dunkel lagerte über unserm Wege, der nur schwach
von den schräg hereinfallenden Mondstrahlen erhellt wurde
und immer noch war es „weit* bis zu dem beabsichtigten
Nachtquartier. Stellenweise sperrten Bäume den Weg und
verzögerten den Weitermarsch, bis dann eines der Thiere
herausgefunden hatte, wie das Hinderniss zu umgehen war
und die andern dann hinterher folgten. Endlich, nachdem
wir 13 Stunden im Sattel gesessen, konnten wir von den
12
178 Hahnel:
wund gedrückten Thieren herabsteigen, um uns nun, nachdem
uns noch der Genuss einer Schale dicken, gegohrenen Mais-
breis geworden — es war das einzige, das uns in der ein-
samen Hütte geboten wurde — auf die Kuhhäute, die unter
einem offenen Schuppen am Boden lagen, zur Ruhe hinzu-
strecken.
Im Laufe des andern Vormittags hatten wir den letzten
Theil des Flachlandes durchmessen und wir waren an den
Vorbergen der Cordillere angelangt. Zur Linken, aus der
Tiefe her schlug das Rauschen des wilden Uhama an unser Ohr
und nachdem der Weg mehrfach bergauf und bergab geführt,
kamen wirdes Nachmittags auf einem waldfreien, schmalen Höhen-
rücken an, der von seiner schlangenähnlich gewundenen Form
den Namen Culebra trägt. Kine weite Fernsicht über theil-
weise bebautes Bergland that sich uns hier auf, während
hinter uns, in unendliche Ferne reichend, die eben durch-
wanderte, einem einzigen, ungeheuern Wald darstellende Ebene
lag, am Horizont begrenzt von der silberweiss sich abhebenden
Lagune.
Unser Geleitsmann hatte hier oben sein Besitzthum und
er that nun sein Bestes, um uns für die Entbehrungen der
letzten Tage zu entschädigen, obgleich freilich die vorhandenen
Vorräthe keine grosse Auswahl zuliessen, sondern sich im
Grunde auf Reis, Eier und Bananen beschränkten, doch fanden
wir das köstlich im Vergleich zu dem, was wir bisher ange-
troffen. Am andern Morgen merkte ich keine Anstalten zur
Weiterreise. Auf mein Befragen erklärte mir der Wirth, die
Thiere seien zu sehr mitgenommen, sie müssten eine Zeit lang
Ruhe haben, es würden aber heut oder morgen andere Thiere
kommen, mit denen wir die Reise fortsetzen sollten. Bueno !
zu den Thieren hatte ich wirklich kein grosses Zutrauen
mehr und so nahm ich also mein Netz und begab mich auf
die Waldwege, um doch die Zeit nützlich anzuwenden.
Ich hatte die ganzen zwei Tage in dem üppigen hohen
Walde, in welchem streckenweise verschiedene Palmenarten
einen vorherrschenden Bestandtheil ausmachten, nur wenige
Falter gesehen, was freilich bei dem anhaltend trockenen
Wetter nicht anders zu erwarten stand. Ein Morpho, dem
Peleides ähnlich, war uns öfters begegnet und die gemeinen
Megalura Chiron, in deren Gesellschaft sich meist auch einige
gelbe M. Berania befanden, belebten stellenweise den Weg,
doch abgesehen von diesen und vereinzelten andern Nympha-
liden, hatte sich wenig gezeigt, was unsere Aufmerksamkeit
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 179
auf sich gelenkt hätte. Auf dem letzten Theile des Weges
aber, kurz vor der Höhe, hatte ich einen prächtigen dunkeln
Heliconier fliegen sehen und nach jener Stelle lenkte ich
zunächst meine Schritte, wo ich auch so glücklich war, ein
halbes Dutzend dieses schönen, sonst nicht wieder gefundenen
Heliconius*) in meinen Besitz zu bekommen, sodass ich mit
dem programmwidrig eingeschalteten Aufenthalt bald aus-
gesöhnt war. |
Als auch der nächste Tag noch verging, ohne dass die
Weiterreise ermöglicht war, hatte ich nochmals Gelegenheit,
die Waldwege zu durchstreifen und dabei noch eine Anzahl
neuer Erwerbungeu zu machen, wie unter andern die seltene
Catagramma Militaris, die prächtige Catonephele Penthiana,
die auffallend grosse Satyride Taygetis Mermeria und noch
eine Anzahl kleinerer, zum Theil äusserst niedlicher Sachen.
Nachmittags kam dann ein neuer Kaffeetransport heran und
der Wirth eröffnete uns, dass dies die Thiere seien, mit denen
wir die Reise fortsetzen könnten; sein Freund, dessen Ladung
er nun nach dem Hafen bringen würde, ginge von hier wieder
zurück und würde uns selber bis nach Merida das Geleit
geben. Da die neuen T'hiere einen weit besseren Eindruck
machten als unsere bisherigen, so waren wir mit dem Tausch
sehr wohl einverstanden und traten also am andern Morgen
die Weiterreise unter den neuen Auspicien an.
Der Wee, sowie wir den Bergrücken verliessen, wurde
eng und führte in kurzen Wendungen an der steilen Berg-
lehne hinab, dem in der Tiefe dahinbrausenden Chama zu,
dessen senkrecht abfallende Felsenufer wir durch eine kühne
Balkenconstruktion mit einander verbunden fanden. Wir
waren längst schon auf dem gefährlichen schlechten Wege
abgesessen und passirten nun, da die Thiere einzeln hinüber
geführt wurden, mit viel Gottvertrauen die hoch genug in der
Luft von Fels zu Fels schwebende, geländerlose und ziemlich
baufällige Brücke.
Der urwüchsige, wenn auch stellenweise «durch An-
siedlungen unterbrochen, aber im ganzen doch noch geschlossene
Wald, der bisher über uns sich gewölbt hatte, hörte hier auf
und zu beiden Seiten umgab uns nun junger, auf früherem
Culturland aufgeschossener Waldwuchs, in seiner Zusammen-
setzung, wie nach Gestalt und Färbung durchaus verschieden
*) (Anmerkung.) Von Dr. Staudinger Hel, Hahneli genannt, Stau-
dinger, Exotische Schmetterlinge, Taf. 31.
12*
180 Hahnel:
von dem ernsten, dunkeln, hundertfach gemischten Urwalde.
Dann aber trat auch dieser lichtere Wald zurück und ringsum
an dem ganzen, langgestreckten Bergzug lag offenes, nüchternes
Weideland vor uns, einige Pflanzungen darin, einige graue
Hütten und als Weeeinfassung die Riesenrosetten üppig
wuchernder Agaven.
Wir übernachteten in einem kleinen Dorfe und nachdem
wir am andern Tage den Bergwall überschritten, entwickelte
sich vor uns auf der andern Seite allmählich der Ausblick in
das gewaltige, von Osten sich herabziehende Chama-Thal.
Eine ungeheure, in der Ferne sich verlierende Bergkette, zog
sich die südliche Cordillere hin, das zum Flusse abfallende
(elände durch tiefe Einschnitte gegliedert und in seinem un-
endlichen, in allen Schattirungen von Grau, Roth und Blau
sich abhebenden Faltenwurf bis in unabsehbare Entfernungen
klar und scharf gezeichnet. Denn von der Thalsohle an bis
hinauf zu dem breiten, langgezogenen Rücken war diese ganze
Gebirgswelt völlig kahl, Berg für Berg ohne jegliche Spur von
Vegetation, von Leben überhaupt, ein versteinertes Mienen-
spiel plutonischer Gewalten, das die grüne Maske, die es einst
trug, wieder abgeworfen, und fühllos nun, mit erstorbenen Zügen,
dem brennenden Sonnenblick entgegenstarrt in vorzeitigem
Todesschlaf. Ein letzter grüner Fleck Erde lag unten im
Thal, wo ein Seitenfluss mündete und weiter zurück schauten
die dunkelgrünen Vorberge uns nach; um uns her aber, wie
drüben über dem Flusse, so auch an der Berglinie, an der
wir entlang zogen, breitete sich, je weiter wir vorschritten,
das ödeste, dürrste Land aus; nur hin und wieder wagte
schüchtern ein verkrüppelter Mimosenbusch über den Boden
sich zu erheben, oder dürres Gestrüpp von Kräutern stand
vereinzelt zwischen dem Geröll, sonst aber keine Blume, kein
Thier, kein Mensch weit und breit, es war sozusagen, als
hätte der Teufel mit dem Schwanz drüber gefeet.
Wir befanden uns an der cuesta de diablo. Die Sonnen-
eluth brannte an der steilen, bröckligen Felswand, an welcher
der eingeschnittene Saumpfad hinlief; zu unsern Füssen in un-
endlichem Abgrund lag ein trockenes, todtes Thal, mit Fels-
blöcken gefüllt, die wie winzige Steinchen heraufschimmerten.
Vorsichtig schritten die Thiere weiter, stets dieht an der
äussersten Kante des schmalen Pfades sich haltend, der
gallerieartig um den Berg sich wand. Immer heisser, uner-
träglicher ward die Luft, die erhitzt durch die von der Berg-
wand zurückgeworfenen Sonnenstrahlen vor den Augen flimmerte
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 181
und wirbelte und fast den Athem benahm. Da, bei einer
Wendung, die den Blick direet in den gähnenden Abgrund
zieht, springt meine Frau von dem Thiere, um den Weg zu
Fuss fortzusetzen. Ich sah, wie sie nach Athem rang; ich
rufe also den Treiber, der zufällig hinterher ging, heran, um
ihn auf mein Thier zu lassen und ihm die Kleine zu über-
geben und eile darauf zu meiner Frau. Kaum waren wir
nun eine kurze Strecke weiter gekommen, als mir plötzlich
der Mann hinter mir zuruft: Caballero! — und mich um-
wendend, sehe ich, dass sein 'Thier mit den Füssen in etwas
Herabhängendem verwickelt ist! Ein Anblick von einer wahr-
haft dämonischen Furchtbarkeit! In fliegender Hast springe
ich hinzu, um das Thier von der Fessel zu befreien, das bei
dem nächsten Tritte nothwendig zu Fall gekommen und in
die Tiefe gestürzt wäre. Durch einen unseligen Zufall hatte
sich bei dem vorangegangenen Ab- unf Aufsitzen das Tuch,
welches für die Kleine über den Sattelknopf gebreitet war,
gelockert und war allmählich vor die Füsse des Thieres herab-
geglitten, der Mann aber hatte nicht eher etwas davon be-
merkt, als bis die Mula zu straucheln anfing und dann
stehen blieb.
Wie hängt doch das Leben oft an einem Haar und wie
ahnungslos ist oft der Mensch von einer Gefahr umgeben, die
im nächsten Moment vernichtend sein konnte! Was wusste
das Kind! Plaudernd, wie den ganzen Weg, fragte sie, ob
ich einen.Schluck aus ihrer Feldflasche wolle, die ihr beim
Aufbruch immer mit Wein und Wasser gefüllt wurde, dann
aber seufzte sie: Ach, was ich alles schon durchgemacht
habe! — Junges Kinderherz du! Wer hätte damals ahnen
wollen, dass du auf dem Höhepunkte deines kurzen Lebens
schon angelangt und keine der grösseren Aufgaben auf Erden
deiner mehr harrten.
Indess, weiter ging der Zug abwärts dem Thale zu,
dann durch wüstes Trümmerfeld, und jenseits wieder steil
hinauf, über loses Geröll, in unzähligen kurzen und scharfen
Wendungen, bis wir oben angelangt uns auf einem breiten
Plateau fanden, das in sanfter Neigung nach dem Chama
zu abfiel. Wieder dann ging es hinab an dem fast senk-
rechten Abhang, auf abschüssigem, in das grobe Geschiebe
eingegrabenen Pfade, der sich wie eine Wendeltreppe hinab-
wand und nun endlich unten in der Nähe des brausenden
Flusses winkte uns Ruhe und einige Erquickung nach dem
heissen Tage in einer einsamen, bescheidenen Hütte.
182 Hahnel:
Den andern Tag wiederholte sich das ermüdende und
den Weg so verlängernde Auf- und Niedersteigen an den |
steilen, 2—300 Meter hohen Plateauwänden und dabei blieb
in ewige gleicher, unerreichbarer Ferne vor uns an dem sonst
wolkenlosen Himmel die unbewegliche, weisse Wolkenkrone,
die über den unsern Blieken noch verborgenen höchsten, |
schneebedeckten Gipfeln der Cordillere stand.
Am Nachmittag erreichten wir Lagunillas, mit seinen
Viehheerden auf den Wiesen, rings um den kleinen See ein
freundlicher Anblick nach der todten Einöde, die wir hinter
uns hatten und welche auch hier noch von der Höhe der
Berge auf uns herniederschaute. Auf einer einzigen der
kahlen Bergkuppen stand einsam noch nur wie ein Punkt aus
der Ferne wahrnehmbar, ein uralter Baum der allein übrig
geblieben war von dem Waldbestande, der einst diese Berge
bedeckte und den gewissenloses, jahrhundertelang geübtes Ab-
brennen vernichtet hat.
Wir nähern uns dem Ausgange dieses öden, versengten
Steinlandes, das im Grunde ein einziges, ungeheures, am Süd-
rande der nördlichen Bergkette sich hinziehendes Plateau ist,
nur getrennt in einzelne Abschnitte durch die bis auf die tiefe
Sohle einschneidende trockene T'häler, die den früher wasser-
reichen Bergschluchten ihren Ursprung verdanken. Als wir
wieder eine der Steinwände herabgeklettert waren und durch
die Felstrümmer das Thal entlang ritten, der jenseitigen
Mauer zu, waren wir freudig überrascht, wieder Wasser zu
unsern Füssen rinnen zu sehen; denn plötzlich tauchten schattige
Mangos vor uns auf, Bananen, eine Kaffeehacienda und ein
stattliches Gehöft, das uns in seine kühlen Räume gastlich
zur Nacht aufnahm.
Schnell gestaltete sich nun am andern Tage die Land-
schaft belebter. Von Ejido an, wo wir einen reissenden Zufluss
des Chama, den Albarega überschritten, wandelten wir im
(srünen. Zwischen beiden Flüssen, die nahezu parallel laufen,
erstreckt sich das Plateau meilenlang ununterbrochen, rechts
erünendes Wiesenland, sanft abfallend nach dem Chama hin,
links am Albarega hinan Kaffeepflanzungen, die mit ihren
hohen Schattenbäumen und den in goldiger Fruchtfülle pran-
senden Orangen einen herrlichen Anblick gewähren. Gerade
vor uns, an dem obern Ende der sanft ansteigenden Ebene,
winken uns von ferne die weissen Gartenmauern und Thüren
von Merida entgegen, hoch überragt von einem spitz hervor-
tretenden Bergzug, der wie eine Scheidewand die zwei herab-
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 183
kommenden Hauptthäler trennt, die sich hier zu einem ein-
zigen vereinen. Links steigen die Vorberge der nördlichen,
schroffgezackten Cordillere an, die hinter denselben in weitem
Bogen sich aufbaut und rechts in unmittelbarer Nähe erhebt
sich auf einem grandiosen, mit dunklem Walde bedeckten
Unterbau die wundervoll geformte Südcordillere, mit den
blendend weissen, mächtigen Schneefeldern an den Abhängen
der Hauptspitzen, deren mittelste namentlich mit ihrem breiten
dreigehörnten Sattel einen herrlichen, erhabenen Anblick
bietet.
Mit freudigen Gefühlen betraten wir die weitläufg an-
gelegte Stadt, in der sich die Häuser nur im Innern dichter
an einander reihen, in den Seitenstrassen aber mit zahlreichen,
oft ausgedehnten Gärten abwechseln. Es war am späten Nach-
mittag als wir anlangten und auch sogleich die bereits im
Voraus bestellte Wohnung bezogen, zur selben Stunde, wo in
der Heimath Alt und Jung zu den Freuden des heiligen
Abends eilte.
Merida
Seltsamer Weise war mein erster Ausflug nicht nach
der so anziehenden nächsten Umgebung gerichtet, sondern
aus Anlass des Festes folgte ich einer Einladung unsers
freundlichen Wirthes, Seior Briceno, an den wir von Mara-
calbo aus empfohlen waren und machte einen Ausflug nach
seiner einige Stunden aufwärts in dem von Nordosten herab-
kommenden Thale gelegenen Hacienda.
Das Plateau von Merida hängt nach dieser Richtung
nur mit einem schmalen Streifen, wie durch eine Landenge,
mit den weiter aufwärts in den Thälern sich ausbreitenden
Plateaubildungen zusammen, indem die beiden Flüsse, Albarega
und Mucuhün, sich hier aufs Engste einander nähern, um
alsdann im rechten Winkel wieder auseinander zu gehen.
Ersterer bildet von da an weithin die Nordgrenze des Plateaus,
während der letztere, der in ungeheurer Tiefe dahinbraust,
nach kurzem Laufe an der Ostseite des schroff abfallenden
Plateaus sich alsbald in den Chama ergiesst. Ueber jene
schmale Landenge aber führt vom Albarega her eine Wasser-
leitung, welche alle Strassen der Stadt mit fliessendem Wasser
versieht, eine musterhafte, prächtige Einrichtung, die zu dem
saubern, freundlichen Charakter, der die ganze Stadt aus-
184 Hahnel:
zeichnet und der sich gleicherweise auch in der Einwohner-
schaft ausgeprägt findet, wesentlich beiträgt. Die Kaffee-
pflanzungen, welche hier oben die Stadt noch umsäumen, sind
die letzten, denen wir begegnen, sowie auch die Bananen, dieser
schönste Schmuck Jändlicher Ansiedlungen, hier die Grenze
ihres gedeihlichen Fortkommens finden.
Auf dem oberhalb sich nun wieder ausdehnenden Wiesen-
lande, dessen einzelne Parzellen zum 'Theil mit Steingehegen
umfriediet sind, weiden Rinder und Maulthiere, welch letztere,
wenn sie wund und abeetrieben von der Reise nach dem
Hafenplatz zurückkehren, immer auf einige Zeit hier hinauf
gebracht werden.
Alpenluft und stiller Alpenfrieden umweht uns hier und
lässt uns fasst vergessen, dass wir in einem fremden Erdtheil
uns befinden. Erinnert doch auf diesem Wiesenteppich,
zwischen diesen grauen Felsblöcken, die mit weissen und
selben Flechten überzogen sind, kaum ein Strauch am Wege,
ein rankender Farnbusch oder eine fremdartige Blume, daran,
dass es nicht heimische Berglandschaft ist, die uns umgiebt.
Und geschieht es zudem noch, dass bei dem Dahinwandeln
plötzlich eine der mit unserm allbekannten Distelfalter fast
identischen Pyrameis-Arten, eine Myrinna oder Virginiensis
vor uns auf dem Wege dahinfliegt, oder an eine Blüthe sich
setzt, so überkommt uns ein ganz sonderbares, heimathliches
Wehgefühl, wie wenn wir einen Gruss empfingen aus ent-
legener trauter Ferne, aus vergangener Zeit. Denn wie eine
Melodie, welche in unserer Erinnerung mit bestimmten Ein-
drücken unlösbar verknüpft ist, wenn sie nach langer Zeit
unser Ohr wieder trifft, im selben Augenblick auch die ganze
Reihe jener hinter uns liegenden Gedanken, Vorstellungen und
Gefühle wachruft und eine ganze Vergangenheit mit all’ ihren
fein verschlungenen Fäden aus halber Vergessenheit plötzlich
in's Bewusstsein rückt, so übt auch ein dem Auge sich auf-
drängendes Bild eine in die ältesten Archive des Gedächt-
nisses rückwirkende Zauberkraft aus und oft die einfachsten
und unbedeutendsten Vorgänge, die längst unter der Last der
von Jahr zu Jahr sich häufenden Eindrücke verloschen waren,
treten mit ganzer plastischer Macht wieder als lebendige
Erinnerung vor uns hin, sowie ein homogenes Etwas in der
Sekunde der Gegenwart jene verklungene Saite rührt.
So ginge es auch uns bei dem Anblick dieser Stiefge-
schwister unsers heimischen Cardui und manch ein herrlicher
Sommertag vor zwanzig und mehr dahingerauschten Jahren
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika, 185
wurde wieder lebendig und sprach in den Lauten, die damals
uns erfreuten, als die Sonne des Ferientags, die unvergleich-
lich köstliche, im ihrem zeitenlosen nimmer wiederkehrenden
Glanze herabschien auf die blumenreichen Auen, auf die
Heimath, auf Herzen so jugendfroh! Träume und Wünsche
einer weit hinter uns liegenden Zeit, denen man nachgehängt
mit um so grösserem Verlangen, je unerreichbarer sie schienen,
— hier dieser einsame vor uns herfliesende Falter sagte uns
plötzlich, dass sie Leben geworden, dass um uns her die
Erfüllung blüht jener jugendlichen Phantasieen, in denen so
oft sich die Gedanken gewiegt hatten. Keine Palme, kein
irgend welcher andrer Zauber der Tropen hat uns je das
Bewusstsein, in fremder Zone zu wandeln, so lebendig erregt,
wie grade diese uns heimisch vertraute Gestalt, die uns zu-
zurufen schien: ich bin ein Fremdling hier wie du, ich kam
übers Meer her wie du, freilich vor Urzeiten schon, als deine
Species noch nicht herrschte auf Erden, — und ich habe
mich ein wenig transformirt seitdem wie auch du! — Kleiner
flugfertiger Kosmopolit in den Anden heimisch wie im Hima-
laya, welchen Wechsel der Continente, die aus Urmeeren auf-
tauchten uud wieder verschwanden in der Fluth, hast du
überdauert, älteste vielleicht aller jetzt lebenden lepidopterischen
Formen !
Doch schreiten wir weiter über den Wiesenplan! Was
da rosaschimmernd auffliegt aus den niedrigen Sträuchern,
und eine kurze Strecke dahinflattert, um sich schnell wieder
zu verbergen an einer schützenden Stelle, ist die schmucke
Deiopeia Ornatrix ganz ähnlich einer uns längst auch schon
bekannten Form, der schönen, südeuropäischen D. Pulchella.
Dann wieder erinnert uns an europäische Verwandtschaft die
kleine hübsche Colias Dimera, welche schnell dahinsegelt
und uns zu längst entwöhntem Nacheilen anspornt. Und auch
der einzige Papilio, den wir hier oben finden, der schwarz
und gelb gemusterte Amerieus, will uns fast bekannt, wenigstens
viel befreundeter vorkommen, als die ungeschwänzten schwarzen
Papilios, die wir im heissen Tieflande kennen lernten.
Aber keineswegs alles, was uns begegnet, zeigt diesen,
an die Formen gemässigter Klimate sich anschliessenden
Charakter, sondern es treten uns auch völlig neue Gestalten
entgegen, die jene Reminiscenzen an europäische Vorbilder
sofort in den Hintergrund drängen. Beim Ueberschreiten
eines Wässerchens, zu dessen Seiten einiger Baumwuchs auf-
geschossen, fliegt vom Boden ein grosser Falter auf, heftig
186 Hahnel:
umkreist er noch einmal die Stelle, an der er gesaugt und
setzt sich dann in ziemlicher Höhe an einem der nächsten
Baumstämme, kopfabwärts und die Flügel scharf geschlossen,
abwartend bis wir ihm den Weg wieder freigeben würden.
Sehr verwundert ist das Thier, als es sich plötzlich im Netz
gefangen sieht, wild schlägt es mit den starken Flügeln, hält
dann einen Augenblick inne und stürmt von Neuem los. End-
lich haben wir die kräftige Brust erfasst und können uns nun
an dem schönen Thier erfreuen. Es ist Prepona Chromus,
aus einem Genus, das durch Grösse, Schönheit und Feinheit
zu den vorzüglichsten gehört; und obgleich unsre vor-
liegende Art auf den Vorderflügeln der Zeichnung entbehrt,
und die den andern Arten eigene breite Querbinde sich bei
ihr auf einen grossen blauen Fleck auf den Hinterflügeln ein-
schränkt, so ist doch das Thier auch ohne eine grössere
Schmuckpartie eine ganz hervorragende Erscheinung.
Eine andere prächtige, nicht durch Grösse, wohl aber
durch Farbenschönheit ausgezeichnete Sippe finden wir ver-
treten in der hübschen Perisama Humboldtii, deren Ober-
seite die Familienfarbe, Schwarz und Glanzgrün trägt, während
die Unterseite in Gelb und Roth leuchtet. Es ist eine wahre
Freude, diese reizenden T’hierchen, die untermischt mit den
ihnen nah verwandten Callicore Marchalli und Merida am
Boden saugen zu sehen, und in einiger Anzahl fangen zu können.
In auffallendem Gegensatz zu diesen bunten Formen
steht die saubere, oben schwarze, unten zur Hälfte silber-
weisse Megalura Coresia in dieser ihrer einfachen Tracht
oleichwohl ein prächtiges Thier. Denn ohne Zweifel ist das
Schwarz, wenn es tief und rein ist, eine der schönsten Farben,
aber leider ist sie gerade die heikelste von allen, und keine
andre verliert so sehr von ihrem Reiz wie sie, sobald der
Schmelz der Jugendfrische ihr nicht mehr anhaftet und die
Spuren des Alters oder gröbere Beschädigungen den Genuss
des Anblicks beeinträchtigen. Je öfter man daher zu bedauern
hat, die schwarzgeflügelten Falter mehr als alle andern nur
in mittelmässigem Exemplaren zu erhalten, um so mehr ist
man dann auch erfreut, wenn ein solches Thier seine Farbe
und Reinheit gerettet hat, und unter dem Druck der Pinzette
seine Flügel ausbreitend in seiner ganzen Sauberkeit uns ent-
segenlacht.
Ich brachte nur zwei Tage auf der Hacienda zu, die
Oertlichkeit war doch schon etwas zu hoch gelegen, als dass
ein grösserer Reichthum von Arten sich hätte zeigen können.
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 187
Auf den Wiesen huschten eilig und ängstlich Kleine, niedliche
Eurema-Arten hin, hochgelbe, gelbe und weisse; die schöne
Perlmuttersippe Dione war zweifach vertreten, dureh die mit
den herrlichsten Glanzflecken gezierten Moneta und Glycera;
im Walde liessen sich einige Ithomien und Satyriden sehen,
indess das war im Ganzen zu wenig, um längere Zeit hier
zu verweilen, und so eilte ich also zurück, um nun die Fang-
plätze in der näheren Umgebung der Stadt kennen zu lernen.
Vor allem zog es mich nach den von der grossen
Cordillere herabkommenden, nach dem Chama zu breit aus-
mündenden Schluchten, und nachdem ich dieselben der Reihe
nach besucht, um die Besonderheit jeder einzelnen zu kennen,
richtete sich von nun an monatelang mein täglicher Ausflug
abwechselnd nach den beiden grösseren, nächstgelegenen
(uebraden. Jenseits des Chama, zu dem wir auf steilem Ziek-
zackwege hinabsteigen, führt der Weg durch Wiesengelände
und Kaffeepflanzungen allmälig aufwärts, bis nach längerem
Marsche der Bergwald sich über uns schliesst, und die kühle
Enge der Quebrada.uns anfnimmt. In dieser nun führt an-
fangs noch ein schmaler Pfad neben dem wild herabschiessen-
den Bache her, dann aber ist man genöthigt von Block zu
Block zu springen oder das Wasserbette selbst als sichersten
Weg zu nehmen. Die Schlucht verengert sich, die Cascaden
werden immer höher und immer mehr Baumstämme versperren
dem einsamen Wanderer den Pfad.
Da nehmen wir eine kurze Rast auf sonnigem Felsblock,
langen Brot und Bananen aus der Tasche und schöpfen das
krystallhelle, eisfrische Wasser mit der hohlen Hand dazu —
was für ein köstliches Mahl!
Doch inzwischen wirft uns die Sonne bereits ihre Nach-
mittagsstrahlen zu und so wenden wir uns zum Rückweg.
Wie uns nun bei der oberen der beiden Quebraden der Ein-
tritt im dieselbe eanz unvergesslich ist durch den wunder-
vollen Anblick der hoch aus dem Blau des Firmaments hernieder-
schauenden höchsten Felsenkrone, deren Schneefelder in den
Strahlen der Morgensonne erglänzen, so bot sich uns bei dem
Austritt aus der andern Quebrada ein gleich bezauberndes
Bild dar m dem Fernblick auf die über das grüne Plateau
hingewürfelte Stadt und die im Hintergrunde riesenhaft empor-
steigende Nordeordillere mit ihrer schroffen Zackenlinie und
der duftig zarten, vosavioletten Färbung, in die sie getaucht ist.
Und wie an der landschaftlichen Umgebung das Auge
nicht müde wurde, täglich seine Freude zu sehen, so gewährte
188 Hahnel:
uns auch die Mannigfaltiekeit und Schönheit der Falter,
welche diese Schluchten beherbergten, einen stets auf’s Neue
empfundenen Genuss. Einen wie reizenden, farbenblühenden
Anblick boten namentlich die schönen Megalura Corinna dar,
deren Vorderflügel mit einem grossen, orangegelben Balken
geziert sind, während die Hinterflügel im herrlichsten Violett
spiegeln. Ein, zwei Dutzend dieser prächtigen T'hiere, dicht
beisammen an sonniger Stelle, bei einem Wasserübergange,
oder auf einer der kleinen Sandbänke hinter einem Felsblock,
alle mit flach auf den Boden gebreiteten Flügeln, welches
bunte, lachende Blumenbeet! und wie oft hielten wir einen
Augenblick inne, um diese friedliche Versammlung mit Musse
zu betrachten. Treten wir dann näher, so umkreist uns bald
alles in hastigem Durcheinander, um sich dann in sicherer
Höhe auf die Blätter niederzulassen, von deren Spitzen sie
auf uns herniederschauen. Halten wir still, so sehen wir
bald, wie einer nach dem andern wieder herabkommt, um
nach eifrigem Recognoseiren die alte Stelle wieder einzunehmen
und wir können von Neuem unsere Beute vermehren. Nur
bei trübem Wetter warten wir dann vergeblich auf ein Wieder-
erscheinen, denn dann fliegen sie sogleich auf der Unterseite
der Blätter an, schliessen die Flügel und verharren daselbst
in resignirter Ruhe.
Nächst ihnen sind es die bunten, zahlreich vorhandenen
Perisama, die am meisten das Auge fesseln und von denen
wir jedes einzelne Stück zu erlangen trachten. Auf dem
Boden saugend, zeigen sie uns, da sie mit geschlossenen Flügeln
sitzen, ihre bunte Unterseite und fliegen, aufgescheucht, an
Baumstämme oder auf Blätter, am liebsten aber an Fels-
wände, wo solche in der Nähe sind, von denen wir sie ohne
viele Mühe wegfangen. Die prächtige, unten roth und gelbe
Humboldtii hatten wir schon angetroffen; häufiger als sie ist
die Goeringii mit mattbrauner Unterseite, seltener dagegen
sind die unten weiss und rothen Guerini und Vaninka, sowie
die prachtvolle Patara, deren Oberseite, abweichend von den
andern grüngefärbten, ein herrliches Dunkelblau zeigt.
Unter den zahlreichen Hesperiden, die den Boden be-
leben, sind es vor allem die meist hellgrauen Achlyodes-Arten,
Melander, Lassia, Leada, Pallida und andere, dann die
dunkeln Antigonus-Nearchus und die absondere Helias-
Albiplaga, welche wir häufiger antreffen; alle mit ausge-
breiteten Flügeln sitzend und sonnige Stellen sich wählend,
während dagegen die kleine braune Butleria-Cypseles es
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 189
vorzieht, an schattigen, weniger exponirten Stellen das von
den Steinen triefende Nass zu saugen, wobei sie häufig eine
Gesellschafterin findet in der kleinen hübschen, den Phyeiodes
verwandten @nathotriche Exlamationis.
Oft glänzt uns aus dem von Zweigen verhängten Wasser-
bette, da wo ein einziger Sonnenstrahl durch das Blätter-
diekicht sich Bahn bricht und auf einem vom Wasser um-
spülten Steine einen Ruhepunkt findet, ein blauer Fleck ent-
gegen, wie ein blitzender Edelstein; ein bezaubernder Anblick.
Das Thierchen, es ist Diorhina Dysonii, aus einer uns nicht
mehr fremden Sippe, scheint es förmlich seiner Eitelkeit zu
Liebe zu thun, sich so im rings herrschenden Dunkel vom
Sonnenlicht bespiegeln zu lassen und sein eigenes Ergötzen
zu haben an dem Glanz, der von ihm ausstrahlt. Denn wir
(dürfen wohl annelımen, dass nicht nur jedem Thiere seine
eigene Färbung als unterschieden von andern bekannt ist,
sondern auch, dass die Farbenpracht und überhaupt die
Färbung an sich, auch die für unser Urtheil unscheinbare,
einem jeden 'Thiere auf Momente zu mehr oder weniger be-
wussten Freude gereicht.
Jenem blaugeschwänzten Thierchen nahe verwandt, doch
sehr verschieden gekleidet, in nur einfaches, wenn auch sehr
sauberes grau und weiss, ist die kurze, gedrungene Siseme
Aristoteles, die sich so versessen an dem feuchten Boden
benimmt, dass sie sich oft nieht im Mindesten durch uns
stören lässt, wenn auch alle übrigen Genossen schon davon-
geflogen sind. Es zeigt dies einen Mangel an Scheu, wie wir
dem noch häufig bei andern Arten begegnen, bei solchen
zunächst, deren Färbung in Einklang steht mit dem Boden,
auf dem sie sich ansetzen, sodann aber auch ganz im Allge-
meinen bei den meisten jener kleineren Falter, die im richtigen
Verhältniss zu ihrer unscheinbaren Erscheinung, stets eine
weit grössere Arglosiegkeit an den Tag legen als grössere
Ärten.
Auch eine Satyride, die zierlicheLymanopoda Alboeineta
gesellt sich gern den Trinkgästen am Wasser bei, währen
eine andere, die schöngefärbte Corades Enyo, dadurch be-
merkenswerth ist, dass sie ganz im Gegensatz zu den übrigen
ihres Geschlechts, die durchgängig das Dunkel lieben, im hellen
Sonnenschein rasch dahinfliegt, in sicherer Höhe ihren Platz
auf Blättern wählend, von denen herab sie uns betrachtet.
Eins der häufigsten Thiere ist die mit schmaler weisser
Querbinde gezeichnete Adelpha Alala, die allenthalben an
190 Hahnel:
freien Stellen zu treffen ist und wie alle in einiger Anzahl
vertretenen Arten meist gruppenweise beisammensitzt, abseits
von der Gesellschaft der Megaluren, aber wie diese stets nit
ausgebreiteten Flügeln. Zu den seltenen Erscheinungen jedoch
gehören die schönen Adelpha Lara, mit fleischrothem Quer-
balken und die zierlichen A. Justina und Irmina. Die
schwebende Art, wie diese Adelphas fliegen, ist einer der
elegantesten Formen der Bewegung, indem sie mit den etwas
convex getragenen Flügeln nur wenig zucken und doch
spielend sich aus der Höhe herabsenken und mit gleicher
Leichtigkeit wieder ansteigen. Niemals indess fliegen sie
längere Zeit, sondern lassen sich immer bald wieder zu kurzer
Rast auf den Blättern in der Höhe nieder, um alsbald dann
von Neuem einen Flug nach einem benachbarten Zweige zu
unternehmen.
Ebenfalls zu den seltneren, wenn auch nieht besonders
werthvollen Thieren gehören die durch ihre stark gezackten
Flügel an unsere Eckfalter erinnernden Hypanartien, von
denen wir zwei Vertreter hier finden, die gelbbraune Lethe
und die dunkle, mit emem durchsichtigen Fleck gezeichnete
Dione. Der schönste Falter, indess den ich in Gesellschaft
dieser aus der Höhe herabkommenden Thiere traf, war eine
neue Species aus dem Genus Kpiphile, dessen Arten sämmt-
lich durch prächtige Farben, wie Orange und Blau, ausge-
zeichnet sind, von denen jedoch keine an zartem Reiz dieser
E. Electra*) gleichkommt, bei der die wundervolle Ver-
schmelzung der durchschimmernden hochgelben Färbung mit
dem darüber spielenden Schiller von hellem Violett eine
Farbennüance schafft, die durchaus einzig ist.
Alle diese bunten, Licht und Sonne liebenden Formen
treffen wir in den Quebraden nur da an, wo diese noch breit
genug sind, um gelegentlich dem Sonnenschein freien Zutritt
auf den Boden zu gewähren, wo kleine Kessel und Buchten
Lichtungen zwischen den Baumkronen schaffen, und somit
die Sammelplätze abgeben, nach denen diese T'hiere von den
beiderseitigen Berglehnen herab sich hingezogen fühlen.
Steigen wir weiter in den @Quebraden hinauf, wo ein
Vordringen schon schwieriger wird und wir oft das Felsenbett
verlassen müssen, um an den Abhängen einen Pfad zu wählen,
so kommen uns jene Arten, die dann in der freien, lichteren
Höhe verbleiben, nicht mehr zu Gesicht, dafür aber tritt im
*) Staudinger, Ex. Schm. Taf. 41.
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika., 191
dem kühlen, und dennoch von der Sonne leicht durchwärmten
Waldesschatten die zahlreiche Gruppe der Ithomiden in
reicher Abwechslung auf. Am häufigsten sind die eigentlichen
Ithomien selbst. An Stellen, die ihnen besonders zusagen,
etwa an einem lichten Abhang, in der Nähe blühender Gebüsche,
die über das Wasser hängen, und an welcher sie sich nament-
lich in den Morgenstunden gern einfinden, treffen wir eine
ganze Auswahl dieser zarten Glasflügler beisammen. Da ist
die schwarzblaue Makrena, die weissgefleckte Avella, Andro-
mica, Cymothoe, die graublaue Terra, die gelbliche Eximia
und andere mehr. Letzere namentlieh ist ausnehmend zahl-
reich vorhanden, und oft fand ich ein halbes Dutzend und
mehr auf einem einzigen Blatt sitzend, alle in vollkommenster
Ruhe sich verhaltend, wenn es nach der Zeit ihres Morgen-
fluges war. Auffallend war mir der Umstand, dass, trotzdem
beide Geschlechter in ziemlich gleicher Anzahl, und zwar so
überaus reichlich vertreten waren, dennoch nur höchst selten
ein Pärchen angetroffen wurde. Wenn dies nur auch zum
Theil darin seinen Grund hat, dass Pärchen der Ruhe halber
an stille, abgesonderte Stellen sich zurückzuziehen pflegen, so
bleibt es doch immerhin höchst sonderbar, dass die Geschlechter
nicht einen stärkeren Zug zu einander besitzen, und im Stande
sind, in grösster Nähe neben einander auf einem Blatt zu ver-
weilen, ohne aus ihrer kühlen Reserve herauszutreten. Einen
besonderen Fall beobachtete ich mit Interesse. Auf einem
Blatt sassen drei Eximia, ein Weibchen und zwei Männchen.
Ich trat ganz dicht heran, und sah wie das eine der Männchen
schüchterne Versuche machte, das Weibchen mit einem Fusse
zu erfassen, oder gleichsam liebkosend ihm die Schulter zu
streicheln, wobei dieses regelmässig sacht ausweichend nach
der andern Seite sich beugte. Das Spiel dauerte mit Pausen
so lange, uud ohne dass die Situation sich änderte, so dass
ich schliesslich davon ging, obgleich ich es gern abgewartet
hätte, welche Künste das Männchen noch anwenden musste,
um diese Spröde zu überreden, was schliesslich doch wohl
noch später am Nachmittag erfolgt sein mag.
Neben jenen kleineren Formen. die der Sippe Ithomia
angehören, und denen sich noch mehrere Dircenna und
Ceratinia anschliessen, bieten die dieser Gruppe zugehörigen
grossen Falter, wie die prächtigen Olyras Crathis und Ituna
Lamirus, sowie die seltenere Euthresis Hypereia und Athesis
Clearista weit begehrenswerthere Objecte, die wir hin und
wieder um blühende Sträucher antreffen, an deren weissen
192 Hahnel:
Blüthen sie mit ihren langen, plumpen Leibern schwerfällig
herabhängen. |
Ein völlig verändertes Ansehen zeigten die Quebraden,
als im April mit dem Eintritt der Regenzeit alle diese ge-
nannten Thiere, die in der letzen Zeit schon sehr spärlich
geworden waren, nun ganz verschwanden, und an ihrer Stelle
die bisher kaum in einzelnen Exemplaren aufgetretenen
Pieriden einen merkwürdigen Artenreichthum entfalteten,
und so ausschliesslich den Charakter bestimmten, dass wochen-
lang fast nur von ihnen das Contingent zur Tagesausbeute
gestellt wurde, bis dann ganz allmählich auch wieder einzelne
der Nymphaliden zum Vorschein kamen, nie aber wieder so
zahlreich wie zeitweise in den vorangegangenen trocknen
Monaten.
Unter all den neuen Erscheinungen, die uns nun ent-
gegentraten, machte keine einen so fremdartigen und doch so
wundervollen Eindruck auf uns wie Pereute Latona: gross,
kohlschwarz, auf den Vorderflügeln ein hochrother Streif,
Basis der Flügel weiss, ebenso Leib und Fühler, das ist so
sonderartig wie nur denkbar. Die ersten Stücke, die ich salı,
zogen hoch über der Quebrada auf und ab, getragenen Fluges,
und mit scharfer Kehrtwendung. In solchen Fällen, wo man
ein so prächtiges Thier, das man noch nicht kennt, un-
erreichbar sich gegenüber sieht, brennt man vor Begierde, und
erdichtet die sonderbarsten Fangmethoden, um dasselbe zu
erlangen, alles umsonst, das T'hier lässt sich nicht stören,
und hält seinen Flug weiter, bis es sich Genüge gethan, und
nun von selbst herniederkommt, um sich nach dem warmen
Luftbade drunten im tiefen Schatten zu laben und zu kühlen.
Und hier an der Tränke, die diesen Thieren unentbehrlich
ist, bekommen wir sie dann ohne die geringste Mühe. Schon
aus einiger Entfernung erkennen wir sie an den verrätherischen
weissen Fühlern, und da sie ausserordentlich fest sitzen, —
denn sie saugen so begierig, «dass die Tropfen immer in kurzen
Pausen hinten herausfallen, — so liessen sie sich sogar ohne
Anwendung des Netzes mit der Pinzette vom Boden weg-
nehmen, bei welcher Manipulation freilich die grösste Vorsicht
und gleichmässige Langsamkeit in der Annäherung beobachtet
werden musste.
Weit seltener als diese grossen, das Auge erfreuenden
Gestalten waren die kleinen, feinen Archonias-Arten, deren
schwarzgraue, mit gelb gemischte Färbung im Verein mit
ihrer geringen Grösse sie so ganz geeignet macht, auf den
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 193
gleichfarbigen grauen Steinen übersehen zu werden. Eine
besondere Vorliebe hatten diese Thierchen, sich an Felskanten,
über welche das Wasser herunterrieselte, anzusetzen, wobei
sie sich oft fest anklammern mussten, um nicht fortgespült
zu werden; geschah dies aber, was ich öfters beobachtete,
nicht nur bei ihnen, sondern auch bei der Latona, so tauchten
sie wie ein Wasservogel unbeschädigt aus den Wellen wieder
auf, um sich ohne weiteres wieder in die Luft zu erheben
und von Neuem anzusetzen.
Die nun am häufigsten sichtbare Farbe war natürlich
die weisse, aber nicht nur die schönen, auf der Unterseite
silberweiss glänzenden Pieris-Arten, Suadella, Tovaria,
Euthemia und die kleine Elodia, sondern auch die prächtige,
unten bunt gefleckte Pereute Dysonii, die hübsche Dismorphia
Critomedia, Hesperocharis Marchalii und Costaricensis,
nebst mehreren auch anderwärts gemeinen Arten, tragen diese
Stammfarbe, im der sie, wenn sie in raschem, wildem Fluge
die Quebrada herabgesegelt kommen und hoch über die Bäume
hinwegsetzen, stets eine anziehende Erscheinung bilden. Aber
daneben war doch auch die andere Leibfarbe der Pieriden,
das Gelb, in reicher Abstufung vertreten, obgleich die Haupt-
vertreter derselben, die Catopsilien mehr das Freie vorziehen,
ebenso wie «die kleinen Eurema mehr das lichte Gebüsch in
Pflanzungen und an Wegen. Doch zeigten sich diese Thiere
einzeln auch hier und neben ihnen dann die sehr zierliche
Pieris Eleone, sowie die schönen Dismorphia-Arten, Medora,
Hypostieta und Citrinella, und vor allen Nemesis, in welch’
letzterer sich der eigenthümliche Dismorphien-Character viel-
leicht am energischsten ausgeprägt findet. Mit ihren scharf-
geschnittenen Flügeln und festem Thorax ist sie eine vor-
treftliche Seglerin; dabei ist sie in ihrem bleigrauen Unter-
kleide vorzüglich maskirt, wenn sie am Wasser, oder mit
Hesperiden zusammen an Vogelflecken sitzt und so galt sie
uns stets als eine der sympathischsten Gestalten, der wir beim
Fange gern den Vorzug gaben, selbst wenn neben ihr bessere
Arten in unserm Bereiche waren.
Keiner andern Gattung von Schmetterlingen wurde von
Vögeln so nachgestellt, wie den Pieriden, und oft schnappten
mir diese Freibeuter «die hübschesten, frischen Stücke dicht
aus meiner Nähe weg, wobei die unfehlbare Sicherheit ihres
Fluges mich jedesmal in Verwunderung setzte und ich gern
mit der Einbusse eines Exemplars das Schauspiel bezahlte.
Einmal jedoch war ich noch mehr erstaunt, als ich Zeuge
13
194 Hahnel:
des glücklichen Entrinnens eines Verfolgten war. Es war dies
allerdings keine Pieride, sondern ein grosser Caligo, den ich
aufgejagt hatte und dessen Verfolgung nun auch sofort einer
jener Schnapphähne übernahm. Mit einer unglaublichen Ge-
schieklichkeit indess wusste das mächtig grosse Thhier allen
Schnabelhieben des hart ihm folgenden Vogels auszuweichen
und aus einem Grebüsch in’s andere sich zu retten, eine Jagd
und ein Wettflug, dem ich mit der grössten Spannung zusah,
bis schliesslich das gehetzte Wild im dichtesten Gewirr von
Zweigen geborgen war und der ermüdete Vogel von weiterem
Nachsetzen abstand.
An kleineren Sachen lieferten in dieser Zeit die Quebraden
nur wenige, jedoch einige sehr seltene Arten, namentlich
einige prächtige Thheela, die sich wie grössere Arten gern im
Sonnenschein an die feuchten Steinblöcke setzten. Ebenso
erhielten wir einige seltene Eryeiniden, die indess, ihrer
Familientradition treu, lieber an leicht von der Sonne ge-
troffenen Sträuchern und in der Nähe von kleinen Lichtungen
sich aufhielten. Ein noch unbekanntes Thierchen war unter
diesen die kleine, dunkle, sichelförmie ausgebogte Amphiselenis
Chama und ebenso die braungelbe, kleine Esthemopsis Cilnia.
Auch mehrere grosse und seltene Hesperiden brachten uns
diese Schluchten ein, namentlich aus der Sippe der Telegonus
und Myscelus, Thiere, die sich im Dunkel der Zweige ver-
borgen halten, wo sie an der Unterseite der Blätter ansitzen
und, aufgestört, mit lautem Surren davonfliegen, um nach
heftigen Kreuz- und Quersprüngen ihren alten Ruhesitz wieder
einzunehmen.
Nur ein Genus war schwächer vertreten, als wir er-
wartet hatten, das der Papilios, denn nur ganz selten einmal
war ein Sesostris zu sehen, oder der grosse gelbe Androgeos,
oder der schwarze, weiss und roth gezeichnete Theramenes.
Doch fanden wir wiederholt beim Suchen nach Pieriden,
hinter Steinen verborgen, den seltenen Papilio Cacieus, ein
prächtiges, schwarz und hellbraun gefärbtes Thier, das zu
den besten und schönsten Arten gehört, die uns überhaupt
beregeneten. Gewöhnlich war dasselbe so vollgesogen, dass
sein Leib wie eine Tonne von Wasser strotzte und wir erst
immer einige Tropfen herauspressen mussten, ehe wir es in
die Düte legten. Grösser noch als dieses vorzügliche Thier
und durch das intensive Schwarz seiner Färbung jedenfalls
eine noch weit auffälligere Erscheinung, war P. Lycortas,
den wir indess weniger in den dunkeln Quebraden als in der
Pi
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 195
Umgebung der Stadt antrafen, besonders an den blühenden
Sträuchern, die das sonnige Ufer des Albarega einfassten.
Hierher, in eine am Flusse entlang sich ziehende
Hacienda richteten wir unsere Ausflüge namentlich an solchen
Tagen, an denen regnerische, oder trübe Vormittagsstunden
uns abgehalten hatten, den Weg nach den entfernten Quebraden
anzutreten und wir fanden auf diesem kleinen, aber reich be-
wachsenen Terrain eine oft über Erwarten grosse Zahl von
Arten. .Jene grossen, schwarzen Papilio-Gestalten bildeten
natürlich vor allen andern einen anziehenden Anblick, wenn
sie, an den hohen Ufersträuchern entlangschwebend, hier und
dort an den rothen Blüthenrispen innehielten, um unter be-
ständigem Flattern und Fächeln den süssen Blumensaft zu
saugen. Darunterhin flogen dann zahlreiche bekanntere Arten,
die mit ihren rothen, gelben und braunen Farben das Ufer
und das zur Hälfte mit Sträuchern bewachsene Flussbett be-
lebten. Besonders häufig waren unter diesen die durch ihre
(srösse hervorragenden Danais, der schöne, weissbestäubte
Gilippus, wie der gemeine, auch in den Strassen der Stadt
massenhaft sich tummelnde Erippus.
In der Hacienda aber schwebten über den Kaffeebüschen
bunte Heliconier, der schöne, schwarz-roth-gelbe Clysonimus,
der schwarz und gelb gestreifte Charitonia, Aranea, Apseudes,
Metalilis, sowie heliconierähnliche Eneides-Arten, wie die
rothe Aliphera und die dunkle, braune Procula, während
das niedere Gebüsch zahlreiche Ithomien beherbergte und
die kleinen, gelben und ovangen Kurema in allen Richtungen
unruhig umherirrten. Um die üppig dort wuchernden Stauden-
gewächse aber, deren Blüthen stets viele kleine Arten, wie
Theecla, Glaucopiden u. s. w. anzuziehen pflegen, flatterten die
schönen, schwarzen, weisspunktirten Coatlantona Meridensis,
niedliche Phyeiodes-Arten und namentlich zahlreich auch die
Acraeen, die im allgemeinen mit ihrem meist verloschenen
Braun und Schwarz nur wenig Anspruch auf Schönheit er-
heben. Indess sind unter diesen die kleinen schwarzen Hylonome
ganz ansprechende Thhierchen, ebenso wie die seltneren, in den
(Juebraden angetroffenen, schwarz und rothen Amida und
Acipha.
Doch schliessen wir die Reihe mit einem Thiere, das
gleich auf den ersten Anblick unser ganzes Interesse wieder
wachruft, das uns in seinem fremdartigen, schimmelgrau be-
stäubten Kleide den ausgesprochensten Charakter eines Hoch-
gebirgsbewohners vor Augen führt. Es ist dies PereuteCharops,
13*
196 Hahnel:
an Besonderheit der Färbung der Latona wenig naclhgebend,
wenn sie auch freilich an Schönheit und Vornehmheit von
jener weit übertroffen wird. Wir fanden das Thier öfters
und hatten sogar das Vergnügen, einige Stücke aus Raupen
zu ziehen, die wir an Pfirsichbäumen antrafen, langsame
'T’hiere, grünlichbraun und von schmierigem Ansehen, aus denen
wir keineswegs vermuthet hatten, einen so schönen Falter
auskommen zu sehen.
Ueberhaupt waren unsere Raupenkästen in jener Zeit
meist ziemlich stark bevölkert und wenn es auch im Allge-
meinen nur gewöhnlichere Arten waren, die wir zu ziehen
(selegenheit hatten, so gewährten uns doch die zum "Theil
sehr originellen Formen viele angenehme Unterhaltung. Wie
zierlich sahen die gelb und schwarz eeringelten, mit zwei
peitschenähnlichen Auswüchsen geschmückten Erippus-Raupen
aus, unsrer Kleinen spezielle Zögelinge und wie überans
reizend waren namentlich ihre von der Decke der Kästen oft
dutzendweise herabhängenden grünen Puppen, voll und rund
wie eine Glocke und über «der Mitte mit einem „oldenen
Diadem geschmückt.
Valera.
Wie schnell waren die Monate vergangen! Von Nenem
nahte die trockene Zeit, und so befriediet und wohl man sich
auch in dem schönen Merida fühlte, so konnte es doch unser
Wunsch nicht sein, hier die Wiederkehr aller zur Genüre
bekannten Arten abzuwarten. Vielmehr wurde nun wie im
Jahre vorher das Verlangen rege, wiederum em anderes
(sebiet, das nene Erscheinungen brächte, kennen zu lernen.
Denn nur das Neue reizt und lockt und schafft uns Genuss;
und wie die Losung aller materiellen Bestrebungen das nie
befriedigte „Mehr“ ist, so beherrscht das ruhelose „Weiter*
alle Lebensäusserungen eeistiger Art.
Werfen wir also zum Abschied noch einmal einen letzten
Blick hinauf nach jenen wunderbar erhabenen Felsenkronen.
(die aus den Gletschermeeren emporragen, nach dem herrlichen
Waldesgürtel, der sich herabsenkt bis in’s Thal, Quebraden
und Schluchten markirend durch die grauen, aus der
dunkeln Masse wie riesige Felsblöcke sich abhebenden Kronen
schlanker Silbercecropien. Wie schön ist diese Welt rings
um uns her und wie wehmüthig wird uns bei diesen Scheide-
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika.
197
grüssen! Doch vor dem lHofthor stampfen die Mulen, der
biedere San Esteban, — ein alter, vielfach brauchbarer
Indianer, der eigentlich nur den Namen Esteban beansprucht,
jenen sinnigen Beinamen aber vor einigen Jahren von dem
Maler Goering erhielt und nun allgemein so genannt wurde,
— hat bereits Besitz genommen von der besten Mula und
hält mit schmunzelndem Behagen unsere Kleine, für deren
Begleitung er speciell bestimmt ist, vor sich im Arm; die
Bekannten und Nachbarn sagen uns Lebewohl, adios, adios,
Ama! ruft es hier und dort, und fort geht es in der frischen
Morgenkühle.
Und wohin? — Die beiden herrlichen Routen, die sich
uns von hier aus boten, die eine westwärts über Tovar nach
Columbien in das reiche Thal des Magdalenenstromes und
die andere östlich über Varinas durch die Savannen an den
Apure und den Orinoco hinab, — wie lange hatten sie unsere
(sedanken beschäftigt und um den Vorrang gestritten. Aber
wie verlockend auch die vor uns aufsteigenden Bilder er-
schienen, das schliessliche Resultat unserer Erwägungen konnte
nach Lage der Verhältnisse doch nur sein: weder das Eine
noch das Andere. Und so hatte ich mich für die Richtung
nach Norden entschieden, der Lagune wieder zu, um zunächst
in Valera Halt zu machen und später eventuell nach dem
wiederum höher im Gebirge gelegenen Truxillo zu gehen.
Anfang September war es, als wir Merida verliessen.
Das Thal des Chama, das wir nun aufwärts zogen, ist hier
in diesem oberen Theile nicht durch jene ungeheuere Plateau-
bildungen eingeengt, welche abwärts von da den Fluss
zwingen, stets dieht am Fusse der Süd-Cordilleren sich hinzu-
winden. Kleine Ortschaften und einzelne Gehöfte liegen hier
und da im Thale zerstreut, und bieten auf dem grünen Wiesen-
‚grunde, mit ihren Steingehegen, ihrem Vieh und den hohen,
pappelartigen Weidenbäumen ein oft ganz reizendes Landschafts-
Idyll. Doch je weiter wir im Thale aufwärts kommen, um
so öder und einsamer wird auch wieder die Umgebung. Die
kahlen Berge zu beiden Seiten dienen meist als Hutungen,
aus denen da und dort vereinzelte Weizenfelder mit ihren
unregelmässigen Umrissen schon von Weitem aufällie sieh
abheben, und mit ihren dunklen Hecken und Steingehegen
sich ausnehmen wie riesige, reliefartig hervortretende Schorfe.
Zu unsern Füssen am Wasser hin, das über Gras und Steine
hinrieselt, zeigt sich allein eine Spur von Leben, das in stiller
Verborgenheit hier grünt und blüht, Farrenkränter und bunte
198 Hahnel:
Blumen, unter denen die blanen Lupinen uns heimathlich
erüssen.
Im Laufe des andern Vormittags langten wir am Fusse
des Passüberganges an, in Apartadero, einem geräumigen
(rehöft, in welchem die Reisenden bei ungünstiger Witterung
oft Taze lang Halt machen müssen, ehe sie den Uebergang
nach der andern Seite wagen können. Zum Glück lächelte
uns das schönste klare Wetter, und so ging denn der Aufritt
in das Quellland des Chama schnell und prächtig von statten.
An Stelle des wogenden Weizens, der anfangs noch am Were
stand, und der hier als Grünrfutter benützt wird, umgab uns
nun saftiger Wiesengrund, über den kleine Colias hurtig
dahinsegelten. Teiche füllten zur Hälfte die Thäler aus, und
hochgewachsene Blumen, gelbblühend, und der Wurzelstock
in einen dichten Mantel von filzigen Blättern gehüllt, bedeckten
einzeln und in Gruppen die Berehänge bis zur Höhe hinauf.
Am Wege entlang aber bleichen die (rebeine verunglückter
Thiere, die, wenn eisiger Sturmwind sie erfasste, ehe sie die
Höhe erreichten, unter ihrer Last zusammenbrachen, um nie
wieder aufzustehen. Und dazwischen starrt denn auch ein
menschliches Gebein dir entgegen, das zur Ruhe gebettet von
mitleidiger Hand, wieder herausgewaschen wurde vom Wasser,
um nun stückweise hinuntergespült zu werden ms Thal.
Denn in dieser einsamen, öden Gegend fordert hinterlistiger
Raubmord fast jährlich seine Opfer, ungesühnt, denn welchen
Spuren sollte der Rächer folgen!
_ Als wir oben auf der Höhe des Passes angelangt waren,
bot sich uns ein ganz überwältigend grossartiges Panorama
dar, rückwärts in die durchmessenen Entfernungen, bis wo
die Schneegipfel von Merida in die Wolken sich verlieren, und
dann über zahllose, wildgezackte Höhenketten hinweg rechts
vor uns in die finstere, unendlich abgestufte, und in einander
eeschobene Gebirgswelt von Truxillo, während geradeaus in
weite, unmessbare Nebelferne sich tiefer und tiefer die Thäler
hinabsenkten, und darüber hin in dunklen unsichern Umrissen
die ferne Ebene herauflämmerte. Wie zauberhaft ist der
(Genuss, den das Auge hier aufnimmt, dieser Blick aus dem
Wolkenthrone hinab auf die Erde, die zu unsern Füssen liegt
in all ihrer Grösse und Alterspracht und all der Buntheit
ihres Jugendgewandes. Doch scharf und kalt umweht uns
die Luft, und treibt uns an, den Thhieren zu folgen, die schon
längst unten bei der ersten Biegung angekommen sind. Wir
tragen in Eile zu dem Steinhaufen, der hier oben auf der
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 199
Grenze zweier Provinzen ein hölzernes Kreuz trägt, dem
Brauche folgend einige Steine hinzu, und lesen von dem eigen-
thümlichen, wie weisse Knöchelchen aussehenden Moose einige
Stückchen vom Boden auf, um sie als Andenken mit uns zu
nehmen, dann geht es hinab im gestrecken Lauf, und bald
sind wir bei den '[hieren wieder angelangt.
Ein wie anderes, freundlicheres Ansehen gewährte nun,
sobald wir in die nächste Thalfalte einbogen, diese Seite des
Gebirges gegenüber der gänzlich abgeholzten jenseitigen. Die
Berghänge ringsum waren mit den herrlichsten blühenden
Eriken, Myrtaceen und Rhododendren bedeckt, deren leuchtende,
volle Blüthenbüsche, roth, weiss, gelb und violett, das ganze
Thal wie einen lachenden Garten erscheinen liessen. Bald
auch traten höhere Baumformen auf, und in immer reicherer
Abwechslung umgab uns Busch und Wald, und nicht lange
so zeigten sich auch bereits Kartoffelfelder am Wege, Hähne
krähten in der Ferne, Hunde bellten, und endlich konnten
wir absteigen im ersehnten Nachtquartier, frohen Herzens,
das schwierigste Stück des Weges glücklich hinter uns zu
haben.
Am andern Tage führte uns der Wee inmitten einer
srossartigen Gebirgswelt über einen hohen Bergrücken hinweg
in ein Thal, das nun wieder, je weiter abwärts wir kamen.
immer deutlicher an seinen Bergen die trostlosen Folgen der
radikalen Waldverwüstung zeigte. Namentlich von Mendoza
an boten die kahlen Berge in ihrer nackten, gelbrothen Lehm-
farbe einen überaus traurigen Gegensatz zu dem üppigen
Grün, das unten im bebauten Flussthal in reicher Abwechs-
lung uns umgab. Endlich am Nachmittag dieses vierten
Reisetages tauchte vor uns in der Ferne die steile Kante des
jenseit Val&ra sich erhebenden Plateaus von Carbajäl mit
seiner langgezogenen Häuserfront auf, und nach einem letzten
heissen Ritt in glühender Sonne waren wir am Ziel unsrer
Reise angelangt, in dem kesselartig von Bergen und Plateaus
eingeschlossenen Valera.
Wir hatten einige Mühe, in dem kleinen, überfüllten
Städtchen eine passende Wohnune zu finden, und mussten die
ersten Tagen in der Posada eines Italieners zubringen, bis
durch Vermittelung eines deutschen Landsmannes, der hier
eine Apotheke etablirt hatte, diesem wichtiesten Bedürfniss
abgeholfen war, und nun die Streifereien in die Umgegend
ungehindert ihren Anfang nehmen konnten. Zu meinem Be-
dauern bot sich indess bei der durchaus trocknen Zeit nur
200
Hahnel:
höchst wenig Bemerkenswerthes dar, nach welcher Richtung
ich auch meine Ausflüge unternehmen mochte. In der näher
gelegenen Haciendas und in dem flachen Hügelgelände, das
sich das Thal abwärts erstreckte, traten meist nur die ge-
wöhnlicheren, von P. Cabello her bekannten Arten der Tief-
ebene auf, T’hiere, die Sonne, offenes Feld und Hecken lieben,
wie die Danais, Colaenis, Anartia und andere mehr. Ziemlich
häufig fand sich um die Gebüsche am Wege die schöne
Didonis Biblis, die trotz ihres gering gehaltenen Werthes,
mit ihrer tiefschwarzen Färbung, und der breiten, hochrothen
Randbinde auf den Hinterflügeln immerhin eine der hübschesten
und hervorstechendsten Erscheinungen bleibt.
An feuchten Stellen am Wege fanden wir in der Gesell-
schaft anderer kleinerer Sachen die reizende Symmachia
Galbula, eine Art, die wie noch mehrere ihrer Verwandten
in ihrem «länzenden smaragdgrünen Kleide ganz an die
Kolibris der Vogelwelt erinnert, und die, wenn sie mit flach-
oebreiteten Flügeln am Boden sitzen und der Sonnenschein
über sie hinfunkelt, einen überaus niedlichen Anblick gewähren.
Ein gleichfalls nicht seltenes Thierchen ist die kleine, dunkel-
blaue Eunica Modesta, die kleinste unter ihren zahlreichen
Geschwistern. Zu den Ausnahmeerscheinungen jedoch zählten
die zu derselben Sippe eehörigen, grösseren Mygdonia und
Alemena, erstere mattbraun mit dunkler Schattirung, letztere
im herrlichsten Blau «länzend.
Die schätzbarste neue Erwerbung aber, die wir, abge-
sehen von den mehrfachen einzelnen Sachen machten, war der
feine, strohgelbe Papilio Arcesilaus, dem weissen Agesilaus
nahestehend, und wie dieser stets in stürmischem Fluge über
die Büsche dahersegelnd, um beim Wasser angelangt, sofort
(daselbst sich niederzulassen.
Doch alles, was sich von diesen und andern Arten zeigte,
trat immer nur in ganz vereinzelten Stücken auf, sodass die
tägliche Ausbeute oft nur eine äusserst geringe war, und wir
in dieser Zeit mit tiefer Resignation erfahren mussten, wie
ermüdend und freudlos auch dieses Geschäft werden kann,
das wir bisher immer nur von der Seite des Vergnügens
gekannt hatten.
Endlich aber, als wir nach einiger Zeit eine etwas
weitere Exkursion in der Richtung nach Truxillo zu unter-
nahmen, hatten wir das kaum noch gehoffte, aber nun auch
mit wahrem Jubel begrüsste Glück, hier an der Furth über
den ‚Jimönes auf eine Stelle zu treffen, wo alles in Hülle und
ei see rd u ee u
Entomologische Erinnerungen an’ Süd-Amerika. 2301
Fülle um uns wogte, und wo wir das, was wir bisher immer
nur tropfenweise, an zerstreuten Stellen erhalten hatten, ein-
mal ganz nach Herzenslust aus dem Vollen schöpfen konnten.
Wir beschlossen demnach sofort, unsern Wohnsitz in Valera
aufzugeben und bezogen dann bald darauf eine Wohnung in
dem näher gelegenen kleinern Dorfe Lasellita, von wo aus
num wochenlang ohne Ausnahme das Ziel unsrer Ausflüge
jener Flussübergang war, wo wir in kurzer Zeit eine so
überaus reichhaltige Sammlung namentlich von grossen schönen
Papilio-Arten zusammenbrachten, dass wir dadurch volle
Entschädigung erhielten für die vorangegangene, so äusserst
maeere Zeit.
Wie bunt besetzt war oft schon das letzte Stück des
Weges, wenn wir nach der ziemlich langen Wanderung durch
eine Wildniss von Rohrdickicht endlich in dem beckenartig'
erweiterten Thale des Flusses angelangt waren! Besonders
nach einem Gewitterreren, wenn noch ein Rest Feuchtigkeit
auf dem lehmigen Boden zurückgeblieben war, wogte es um
uns her in ganzen Schaaren, und in allen Farben und Grössen.
Da leuchteten vor allen die prächtigen Catopsilia Menippe
hervor, gelb mit orangen Ecken, ein Thier, das dureh seine
(rösse wie durch die Frische seiner Farben seine andern
Sippengenossen, die doch alle lebhaft genug gefärbt sind, ganz
in den Schatten stellt. In wilder Hast, die Flügel nur wenig
aufklappend, jagen sie den Weg daher, um eine Stelle aufzu-
suchen, an der sie am besten vereinigt finden, was sie be-
ehren, feuchten Boden, möglichst etwas anrüchig, dazu heissen
freien Sonnenschein, und Gesellschaft ihres Gleichen, und viel
anderes Volk dazu und wer kennt alle die Wünsche mehr
solch einer durstigen Schmetterlingsseele. Es ist aber eine
wahre Lust, dem 'Treiben dieser bunten Gesellschaft zuzusehen,
wie sie kommen und gehen und mit aller Glutlı die ein
kurzes Leben in den Werth des Augenblickes legt, sich dem
(senuss des Daseins hingeben, das am vollsten in ihnen pulsirt,
ehe die Sonne den Zenith erreicht.
Neben diesen so sehr ins Auge fallenden und die Wege
so lebhaft illustrirenden Thieren treffen wir dann einzeln die
grossen, gelben Papilio Arten, Androgeos, Thoas, Thrason,
Lycophron, Theophron, und den kleineren, zierlichen Tor-
quatus, alles prächtige Gestalten, die unsre Aufmerksamkeit
sofort auf sich conzentriren, sobald eins derselben sieh in
unserm Gesichtskreis befindet. Aber alle diese gelben Papilio-
Arten verhielten sich ungemein scheu, und liessen sich, da sie
202 Hahnel:
niemals so erpicht und selbstvergessen saugen wie andere
Arten, sondern stets auf dem Sprunge sind, sowie eine Störung
naht, nur allzu leicht vom Wege fortscheuchen um dann
meistens nicht wieder an dieselbe Stelle zurückzukehren.
Diese ihnen eigene, ruhelose Vorsicht spricht sich deutlich in
dem fortwährenden leisen Zittern und Fächeln mit den
Flügeln aus, das sie vor den meisten andern Papilios aus-
zeichnet und welches ihren Anblick immer zu einem ganz
reizend sylphidenhaften «estaltet.
(segen solche grosse Thhiere traten freilich die zahlreichen
kleineren Arten in ein bescheidenes Verhältniss zurück,
doch waren auch unter diesen mehrere Sachen, die uns stets
sehr erwünscht waren, so die dunkelblaue kleine Apatura
Pavonii und die weissbandirte, unten silberglänzende A. Acca,
namentlich aber auch die schöne, rothbraune Colaenis Phaerusa,
deren fahlbraunes Weibchen mit den breiten Längsstreifen
ein so merkwürdig fremdartiges Aussehen zeigt.
Doch treten wir an den’ Fluss selbst. Eben erscheint
drüben in dem niedrigen Ufergebüsch en Zug Maulthiere,
mit Kaffee von Truxillo kommend und indem sie über die
breite Sandbank der Furth zuschreiten, treiben sie an dem von
den Hufen aufsewühlten Wege eine ganze Wolke von weissen
Papilios auf, die sich rasch nach allen Richtungen ausbreiten
und weithin am Flussufer auf- und abziehen. Welche Unmasse
von Thieren! und wie rasch geht dieser leichthin springende Flug,
bei dem man die langen, weissen, eng an einander liegenden
Schwänze deutlich hinterher schimmern sieht. Mit grösstem
Interesse folgen die Augen einzelnen riesengrossen Stücken, deren
blendendes Weiss noch aus weiter Entfernung leuchtet; und
mit gleichem Vergnügen sehen wir dann dort dem ruhigen,
wellenförmig auf- und niederwiegenden, dabei fortwährend
schwirrend bewegten Fluge einiger schwarzen Papilios zu,
die m weitem Bogen die Sandbank umkreisen, um endlich
nach wiederholten Anläufen Platz zu nehmen, abseits von den
andern sich wieder niederlassen.
Wir machen uns nun fertig, um nach der Sandbank
hinüberzugehen und entledigen uns zu diesem Zwecke, da uns
die starke Strömung bis an die Brust reicht, der Kleidung,
dieselbe auf dem Kopfe mit hinübertragend. Inzwischen haben
sich auch die meisten der aufgescheuchten Thiere aus ihrer
Zerstreuung wieder zusammengefunden und bilden grössere
und kleinere, dichtgedrängte Gruppen, zum Theil gemischt
aus allen Sorten, zum "Theil auch vorherrschend nur aus der
Entomologische Erinuerungen an Süd-Amerika. . 208
einen oder andern Art bestehend. Doch halt! eh» wir uns
an den Fang dieser Massenthiere machen, die uns doch nicht
entgehen, versichern wir uns zunächst jener dunkel gefärbten
Stücke, die abgesondert und oft ganz allein am Rande des
Wassers sich halten, Arten, denen wir überhaupt stets nur
einzeln, nie in grösserer Anzahl begeenen. Diese "Thiere,
deren herrlichen Flug wir vorhin bewunderten, sind die lang-
flügeligen, tief schwarzgrünen P. Latinus und Lyeidas, denen
sich auch der kleinere, &elberün gefleckte Polydamas anreiht,
während die gleichfalls schwarzen Theramenes und Sesostris
sich sehon von weitem durch ihren bewegteren, mehr springenden
Flug von jenen unterscheiden.
Nachdem wir also vorerst, was sich von diesen seltneren
Arten auffinden liess, in unsern Besitz gebracht, treten wir
nun den weissen Arten näher, die an einzelnen Tagen nach
Hunderten zählen, von denen wir jedoch, da uns eine so reiche
Auswahl zu Gebote steht, nur die frischen, oder nur ganz
leicht beschädigten Stücke mitnehmen, die übergrosse Mehrzahl
aber auf dem Schlachtfelde liegen lassen, wo sie uns als Locker
für die neu hinzukommenden dienen. Dabei finden wir es
zweckmässig mehrere solcher Fallen anzulegen und «dann von
einer zur andern uns wendend, stets möglichst wenig Thiere
auf einmal in's Netz zu nehmen, um den unvermeidlichen Be-
schädigungen, die sie sich bei dem wilden Aufwärtsstreben
im Netz zufügen, vorzubengen.
Die bei weitem am zahlreichsten vertretene Art war
Agesilaus, nächst diesem dann der gelbliche schöne Arce-
silaus, der kleinste von ihnen und als dritter der Anzahl
nach der grosse weisse Protesilaus. Diese T’hiere beherrschten
nebst den niemals fehlenden CGatopsilien die Physiognomie des
Platzes vollständige und bildeten die stets vorhandene breite
Masse, aus der alles Uebrige nur als gelegentliches Einzelstück
einen Moment lang auftauchte, um bald wieder in der hin
und her wogenden Menge sich zu verlieren. Zu den seltneren
Erscheinungen, allerdings wohl aber die augenfälligste von
allen, gehörte jener riesenhafte Archesilaus, ein Thier, das
uns immer mit einer ganz besonderen Freude erfüllte, wenn
es bei dem Haufen der andern erschien, aus denen es wie ein
(Goliath durch die Höhe seiner Flügel und die Länge der
Schwänze hervorragte. Hin und wieder gesellte sich dann
auch noch ein anderer weiss gefärbter Papilio hinzu, der sich
indess als entfernterer Verwandter, gewöhnlich etwas abseits
hielt, der prächtige Dolicaon, gleich ausgezeichnet durch die
204 Halınel:
kräftige, schwarze Zeichnung der Oberseite, wie durch die
rauchbraune Schattirung unterhalb und speziell noch interessant
durch den fein angesetzten, schmalen Schwanz, der uns immer
den Eindruck hervorrief, als sollte er von diesem Thiere
nächstens als etwas Ueberflüssiges ganz abgelegt werden.
Und doch gewähren ohne Zweifel die nach hinten lang hinaus-
ragenden Schwänze diesen Papilios einen ganz augenschein-
lichen Schutz gegen die ihnen allenthalben auflauernden Ei-
dechsen, die sich "beim Zuschnappen sehr oft mit den blossen
Schwänzen begnügen müssen, während das im Uebrigen un-
beschädigte Thier noch einmal davonfliegt. Sicher haben auch
die Thiere selbst das Gefühl, dass ihnen die Verlängerung
ihrer Hinterflügel eine Rückendeckung gewährt, gleichsam
wie eine Art blinder Fühler, die sie auch in der That so zu
tragen wissen, dass man meint, sie strebten förmlich darnach,
sie noch mehr zu verlängern. „Jedenfalls sind sie, so lange
sie (senossen um sich sehen, äusserst zuversichtlich und be-
wahren diese Furchtlosiekeit auch dann noch, wenn sie bereits
mit dem Netz überdeckt und angestossen werden.
Ein weit vorsichtigeres Verhalten als diese langge-
schwänzten zeigen die ungeschwänzten schwarzen Papilios
namentlich die zur Lyeidas-Gruppe gehörigen, die sich stets,
ehe sie sich an einer Stelle niederlassen, erst durch wieder-
holtes weites Umkreisen zu versichern suchen, dass auch keine
(sefahr zu befürchten ist, dann aber auch ziemlich fest sitzen
wie die andern und sich ohne Schwierigkeit fangen lassen,
wenn man sich ihnen mit möglichster Behutsamkeit von rück-
wärts her nähert. Denn wenn es auch vorkommt, dass T'hiere
selbst vor völlig regungslosen Gegenständen scheuen, wenn
ihnen dieselben ganz unerwartet fremdartig erscheinen, so ist
es doch für gewöhnlich nur das in der Bewegung selbst
liegende Verdächtige, welches die T'hiere misstrauisch und
scheu macht. Ist doch die Furcht und die aus derselben
entspringende Wachsamkeit der in einem jeden Thiere am
tiefsten wurzelnde Charakterzug, der nur in der Erregung
der Leidenschaft auf Augenblicke zurücktritt, sonst aber, sei
es in der Ruhe oder beim Genusse, das Verhalten der Thiere
stets beeinflusst und bestimmt. Doch äussert sich allerdings
diese erste aller seelischen Thätiekeiten bei den einzelnen
Arten oft in sehr verschiedenem Grade und das eine 'Thier
zieht sich bei herantretender Störung weit eher zurück als
ein anderes, während ein drittes sogar auch dann noch sitzen
bleibt, wenn alle andern bereits davon sind, bis es mit dem
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika, 205
Entrinnen zu spät ist. — Wenn wir nun annehmen müssen, dass
das Verhalten der T'hiere zumeist abhängig ist von den Wahr-
nehmungen, welche ihnen durch die Sinne und zwar vor allem
durch das Auge vermittelt werden, so könnte man schliessen, dass
Thiere, deren Sehvermögen schärfer entwickelt ist, die also auch
deutlichere Vorstellungen von der sie umgebenden Welt em-
pfangen, nun auch im Folge davon einen höheren Grad von
Combination zeigen und eine grössere Wachsamkeit für ihre
Sicherheit aufbieten werden. Und allerdings scheint dieser
ursächliche Zusammenhang von Sinneswahrnehmung und Lebens-
äusserung in der That zu bestehen, denn wir finden durch-
oehends bei grösseren T'hieren, denen wir also schon von vorn-
herein eine gewisse Ueberlegenheit zuzuschreiben geneigt sind,
namentlich bei Papilios und grösseren Nymphaliden, neben
seinem ausgebildeteren Gesichtssinn auch ein weit überlegteres
Verhalten, als wir beides bei kleineren Thieren, wie Eryeiniden
und Hesperiden wahrzunehmen vermögen. Denn während
letztere meist dieht am Boden im niedrigen Gebüsch sich
halten, mit kleinem Gesichtskreise auf eng begrenztem Raume,
in der unmittelbaren Nähe ihrer Geburtsstätte, von der sie
sich nur ungern weiter entfernen, finden wir, dass die erst-
eenannten meist hoch- und weitfliegende Thiere sind, die be-
fähigt und gewöhnt sind, die verschiedenartige, unter ihnen
her sich geruppirende Vegetation und Bodengestaltung auch
aus grosser Höhe zu beurtheilen und in weitem Umkreise
diejenigen Stellen aufzufinden, die ihren Bedürfnissen ent-
sprechen. Und während wir jenen kleineren Gestalten kaum
einen besonderen Grad von Klugheit zuzuschreiben Veranlassung
haben, müssen wir in diesen Thieren die bestorganisirten ihrer
Ordnung erkennen, deren aktives, zielbewusstes, oft merkwür-
diges überleetes und besonnenes Verhalten sie auch in seelischer
Hinsicht weit über die anspruchsloseren Begehrungen jener
kleineren Geschlechter erhebt.
Wenn wir nun aber bei zwei gleich hochentwickelten
hieren, beispielsweise bei dem weissen Pap. Agesilaus und
dem gelben Pap. Thoas ein so verschiedenes Verhalten in
gleicher Lage wahrnehmen, den einen furchtlos, den andern
scheu, so sind dabei eben noch andere Faktoren mitwirkend,
(die diese Unterschiede bedingen. Denn zunächst haben alle
Thiere, welche massenhaft oder doch häufiger neben einander
vorkommen, überhaupt also alle gemeineren Arten, vielleicht
auch alle die, welche im Raupenzustande gesellig leben, stets
ein weit weniger scheues Verhalten, als seltenere 'Thiere, die
sm
206 Halınel:
immer nur einzeln auftreten und oft tagelang einsam umber-
fliegen, ohne ihres Gleichen anzutreffen; und ein T'hier, «das
unter Umständen in so diehtgedrängten Haufen beisammen-
sitzt, wie «dies die weissen Papilios thun, wird lange nicht
die ängstliche Rücksicht auf das, was ringsumher vorgeht,
nehmen, wie ein Thoas, der stets eine gewisse Ellenbogen-
weite beansprucht, um frei zu sehen und frei mit den Flügeln
fächeln zu können.
Nächst diesem aus der grossen Individuenzahl sich er-
gebenden Sicherheitsgefühl liegt ein weiteres, für das Ver-
halten eines T'hieres sehr bestimmendes Moment darin, ob
dasselbe das Bewusstsein hat, dass seine Gestalt von dem
Boden, auf. dem es sich befindet, sich lebhaft abhebt, oder aber
mit dessen Färbung in einer gewissen Uebereinstimmung steht,
worüber uns die Pieriden von Merida ein lehrreiches Bei-
spiel gaben, denn dort fanden wir regelmässig, dass die weissen
Arten bedeutend scheuer waren und viel eher aufflogen, als
die grauen und bunten, die m dem dunkeln Steingrunde eine
bessere Deckung fanden und oft nur mit Mühe zu erkennen
waren. Also auch in dieser Beziehung hat sicher der mit
der Sandfarbe mehr harmonirende Agesilaus einen Vortheil
vor dem grösseren und stets auffallenderen Thoas voraus,
was dem einen so bewusst ist wie dem andern. Tritt nun
noch hinzu, dass ein Thier, wie dieser Agesilaus sich im
Besitze einer so bedentenden Flugfertigkeit weiss, die es ihm
ermöglicht, bei drohender Gefahr mit grösster Schnelligkeit
abzufliegen, worin es ihm wiederum der breiter beschwingte
Thoas nicht ganz gleichthun Kann, so ist es leicht erklärlich,
dass die Summe aller dieser Unterschiede bei jenen weissen
Thieren eine so viel grössere Furchtlosigkeit hervorbringen
muss, als bei den mit jenen Vorzügen schwächer auszustattenden
gelben oder schwarzen Papilios, die eben deshalb nur ver-
anlasst sind, ihre Sicherheit in einem höheren Grade von
Scheu und Wachsamkeit zu suchen.
Das Thun und Treiben dieser schönen, grossen 'Thiere
zu beobachten, hatten wir allerdings hinreichend Gelegenheit
gehabt, denn es war wochenlang unser tägliches Vergnügen
gewesen, die heissen Mittagsstunden auf jener Sandbank ihrer
Gesellschaft und ihrem Fange zu widmen, sodass sie uns weitaus
vor allen anderen T'hieren die vertrautesten wurden. Allmählich
aber waren auch sie einzeln geworden und auch diesereiche Quelle,
die wir für unerschöpflich gehalten, versiegte nach und nach;
immer leerer wurde der weite Platz und die Wege davor und
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 207
darüber hinaus, und dürre, öde Stille lagerte auch über diesem
Thale wie allerorts. Diese Schwüle war nicht geeignet, die
Entbehrungen, die man in dem kleinen Dorfe an Lebensmitteln
zu erleiden hatte, geringer erscheinen zu lassen, so wenig wie
das immer stärker in der Umgegend auftretende Fieber die
Lust vermehren konnte, weiter und weiter in's Land hinein
zu reiten. Und so führten denn diese und andere Erwägungen
schnell zu dem Entschlusse, hier unsere Reise überhaupt ab-
zubrechen und ohne weiteres Zögern die Rückkehr nach der
Heimath anzutreten, eine Entschliessung, die wir kurz vorher
noch in weiter Ferne geglaubt hatten. Das war Mitte November.
In drei Tagen waren wir in dem Hafenorte Ceiba angelangt,
wo auch pünktlich der Dampfer eintraf, um uns über Nacht
nach Maracaibo zu tragen. Von da benutzten wir ein kleines
Segelschiff, um nach Curacao zu gelangen, das uns bei seinem
unfruchtbaren, felsenharten Kalkboden allerdings keine Gelegen-
heit zu Ausflügen bot.
Endlich langte der in Westindien stationirte Dampfer
der Hamburger Linie an, der uns nun zunächst nach Puerto
Cabello brachte, wo wir Zeit fanden, unsern alten lieben
Freunden in San Esteban noch einen Besuch abzustatten,
Starkes und der verehrten Frau Simon, in deren gastlichem
und stets belebten Hause namentlich unsere Ama so oft ein-
und ausgegangen war.
Dann setzte der Dampfer seine Fahrt fort über La Guayra
und Portorico nach St. Thomas, wo wir den von Colon er-
warteten Dampfer bestiegen, mit dem wir dann Anfang ‚Januar
glücklich m Hamburg eintrafen.
==>
208 Hahnel:
Zweiter Theil.
Nach Amazonien.
Es war im Sommer desselben Jahres, nachdem kaum
einige schnell verflogene Monate seit der Rückkehr vergangen,
dass ich dem Sirenengesange der Tropenfee von neuem ein
williges Ohr lieh und dem reichen Waldlande, das an den
Ufern des Amazonenstromes in unermessliche Gebiete sich aus-
dehnt, einige Jahre zu widmen mich entschloss: und obgleich
es meine Absicht war, diesmal die Reise allein zu unternehmen,
so liess sich dennoch meine Frau nicht abhalten, auch dorthin
meine Beeleiterin zu sein, nachdem die Pfliehten gegen unser
Kind, soweit wir uns ihrer entäussern konnten, sich dahin
austrugen, dass unsere verehrte Freundin, Frau Dr. Stau-
dinger uns die Liebe erwies, unsere Tochter für die Zeit un-
serer Abwesenheit an Kindesstatt anzunehmen.
Anfang September 1879 stachen wir in Liverpool in
See. Unsere einzigen Reisegefährten waren zu unserer Ueber-
raschung und Freude eollegialisch verwandte Herren, Professor
(soodmann nebst Sohn, die nicht nur das gleiche Ziel hatten
wie wir, sondern auch denselben speziellen Reisezweck ver-
folgten, wenn auch nur in dem Rahmen eines Ausflugs auf
einige Monate. Das war also ganz prächtig zusammengefunden
und unser biederer Capitän berechnete schon im Voraus den
Tonnengehalt für die Hekatomben von Gewürm, die unsern
vereinten Raubzügen zum Opfer fallen würden.
Am 8. fuhren wir in die Mündung des Tejo ein und
der im herrlichsten Blau über uns sich wölbende Himmel liess
die anfangs öde, dann aber immer bunter sich gestaltende
Szenerie in ihrem vollen Glanze erscheinen. Gleichwohl fühlten
wir uns in unsern Erwartungen von den Schönheiten Lissabons
eetäuscht. Denn wenn auch jene grossartigen Bauwerke, wie
der Aquädukt und andere öffentliche Bauten und die endlose
Masse weissschimmernder Häuser und Kirchen, die terrassen-
förmig vor uns aufstiegen, ihre Reize auf uns übten, so lag
doch ein Etwas über dem Ganzen, das den Genuss nicht voll
aufkommen und das Auge nach einem Ruhepunkt suchen liess,
den weder die schimmernde Fluth noch das unvermittelt über
Entomologische Erinnerungen an ı Büd- Amerika. ah 209
der blendenden Helle der Mauern sich ausspannende Blau des
Himmels darbieten konnte. Wie anders würden die unleug-
baren Schönheiten, die hier zusammengedrängt sind, zur
Geltung kommen, wenn ein Hintergrund vorhanden wäre,
gegen den sie sich abhöben, oder sei es auch nur eine Vege-
tation, die die Linie der Bauten durchsetzte und flankirte!
Aber dieser Mangel wirkt um so auffälliger und störender,
als das erelle Einerlei der weissen Farben durch kein Roth
der Dächer, durch keine irgend welche farbigen Architektaren
unterbrochen ist, und Schatten und kräftige Umrisse nur im
Vordergrunde, im Gedränge des Hafens sich darbieten, während
die langgezogenen Banteneomplexe eintönig in Lächtnüancen
. gehüllt sind.
Wir benutzten den Tag, den der Dampfer Aufenthalt
nalım, um die Stadt auf und ab zu durchstreifen und süd-
liches Leben in seiner Buntheit und Natürlichkeit zu be-
trachten, mehr mit Antheil, als mit Kritik. Am späten Nach-
mittag des andern Tages nahm unser Dampfer seinen Curs
wieder auf, nachdem sich die Zahl der Passagiere um ein
Dutzend Portugiesen und Brasilianer vermehrt hatte. Bald
lag der aus den Wellen emporragende massige Bau des Leucht-
thurmes hinter uns, der nun im Abenddunkel sein Licht noch
grüssend uns nachsandte, das zeitweilig aufleuchtete nnd wieder
verschwand, endlich für immer, der letzte Stern europäischer
Welt, — und vor uns lag nun die Nacht und wieder der Ocean.
Die Fahrt verlief glatt und angenehm und nicht ohne
einige jener Ereignisse, die auf einsamer Meerfahrt stets eine
willkommene Unterhaltung gewähren. Am zweiten Tage
tauchten im Abendroth fern am Horizonte die einfachen Linien
der Madeiragruppe auf, und Tages darauf hatten wir das
Schauspiel, ein englisches Panzergeschwader in der Ferne
vorüberziehen zu sehen, Gegenstände stolzer Betrachtung,
denen unsere Mannschaft grüssend das „Rule Britannia, rule
the waves* zusummte. Dann begegneten wir einer Hamburger
Brieg, die irregefahren in der anhaltenden Windstille uns
nach Längen- und Breitengrad fragte, was ihr auch prompt
sienalisirt wurde. Fines Morgens dann wieder, noch in der
Nähe der canarischen Inseln, sahen wir unser Schiff bevölkert
von einer Anzahl ermüdeter Neuropteren, Dipteren und Noc-
tuiden, nicht zu vergessen einiger Vanessa Cardui; unfreiwillige
Aeronauten, die von einem Sturmwind aus ihrer Heimath ent-
führt, auf zielloser Bahn nun vom Zufall unserm Dampfer in
die bergenden Arme getrieben waren.
14
210 ag Hahnel:
Am 20. zeigten sich die ersten Vorboten des neuen Fest-
landes, fischende Seeadler, die einen fesselnden Anblick boten,
wenn sie die Schwingen einlegend aus der Höhe hernieder-
schossen, einen Augenblick in den weiss über ihnen auf-
spritzenden Wellen verschwanden und schweren Fluges sich
dann wieder erhoben, um nach wenigen Minuten von Neuem
den kühnen Sturz zu unternehmen. Bald stellten sieh auch
die unvermeidlichen Möven wieder ein und umschwärmten
schreiend und nach Beute spähend unser Schiff, während lange
Ketten von Taucherenten hier und da aufstiegen, um, dicht
über die ruhige Wasserfläche hinstreichend, nach einer kurzen
Strecke wieder in das nasse Element zu versinken. (Ganze
Schwärme fliegender Fische liessen erkennen, wie reich an
Bewohnern diese Gewässer sind, und hin und wieder, nament-
lich zur Nachtzeit, blieben einige dieser amphibischen Wesen,
wenn ihr Bogensprung sie gerade über das Schiff hin führte,
bei uns an Bord zurück, um dann unter den Händen des
Kochs eines prosaischen Todes zu sterben.
Endlich, am 24., nachdem wir Mittags eben den Aequator
passirt, erbliekten wir die brasilianische Küste. Eine weisse
Linie, die Brandung, die über den flachen Strand sich wälzt,
wird sichtbar links im Süden, dann taucht vor uns im Westen
in scharfen, dunklen Umrissen ein Inselzug auf, bedeckt mit
eleichmässig hohem, an den Seiten senkrecht abfallendem Walde.
Langgestreckte, niedrige Umrisse, riefen sie gerade in ihrer
infachheit die Vorstellung in uns wach von der ganzen Un-
ermesslichkeit dieses Waldes, der den Continent in seiner
vollen Breite überdeckt, bis im fernen Westen die Schneeregion
der Cordilleren ihm eine Grenze zieht. Vor ‚Jahrtausenden
schlugen diese Wellen, die drüben am Strande aufschäumen,
auch an den Fuss jener fernen Gebirge und bildeten die un-
geheuren Sedimente, die das ganze Becken nun ausfüllen.
Schrittweise, wie der feste Boden zunahm und das Wasser |
wich, rückte der Wald nach, und hier, an der äussersten
(srenze, wo der Kampf der Elemente noch weiter tobt, Land |
aus den Wellen auftaucht und wieder tiefer hinab zum Meeres-
grund fortgespült wird, hier steht der Wald auf seinem 'herr-
lichsten Posten, als Schützer des frischeroberten Landes, als
der erste Vorkämpfer der Kultur,
Ein prächtiges Schauspiel bot sich uns dar, als gegen
Abend drüben über dem Lande ein Gewitter aufzog und sich
nun, während über uns der reinste Aether thronte, eine
Wolkenform bildete, die in ihrer Verschiebung und Ueber-
EEE
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika.
anı
einanderthirmung ‚den grossartigsten Aufbau darstellte, der
sich denken liess. ‘Und: während in wilder. Folge die Blitze
durch jene dunkeln Massen zuckten, stand. vor der Sonnen-
scheibe unbeweglich eine lange schmale Wolkenzunge und ein
prächtiger Regenbogenring in wundervoll ‚leuchtendem Grün
und Roth umgab den verdeckten Sonnenstand, die Spitze der
Wolke bis auf) die schmale Basis kreisförmig umschliessend.
Nach hereingebrochener Nacht gingen wir in. der Nähe
des. hier! stationirten Fenerschiffes vor: Anker und am andern
Morgen: begrüssten wir das ersehnte Ziel unserer Reise, Parä.
Böller «wurden gelöst, ein Dutzend Beamte: kamen: an Bord,
und nach Erledigung einiger Förmlichkeiten begab man: sich
ans Land, während das Gepäck einige: Stunden später uns
dahin nachfolgte.
Wo:ein vierfacher Kifer brannte, war: es ganz selbst-
verständlich, dass wir nur die unumgängliechsten’ Minuten: im )
Gasthaus verweilten, um uns für den ersten Ausflug zuzurüsten
und dann ‚ohne. weiteres Zögern uns aufmachten, um die Kost-
baren Stunden, ‚die noch vor uns ‚lagen, auszubeuten, Wir
sassen also /alsbald zu. viert in einem: Pferdebahnwagen, ‘der
uns nach. der. freundlichen: Vorstadt Nazareth brachte, wo wir,
(dem ‚staubigen Bereiche der. Strassen entronnen, Gelegenheit
fanden, die Waldung nach verschiedenen Richtungen zu durech-
streifen. Wie es indess gewöhnlich zu geschehen pflegt, wenn
eine lange Zeit der. Erwartung einen ‚Wunsch zu einem .be-
sonders lebhaften gemacht ‚hat, so brachte die endlich nahende
Erfüllung keineswegs die Veberschwenglichkeit mit ‚sich, in
die wir uns hineingeträumt hatten. » Wir drangen immer weiter
auf den Waldwegen vor, und. immer noch nicht zeigte sich'die
eehoffte Fülle der Erscheinungen, auf die wir mit Schachteln
und Büchsen so; prächtig uns ‚vorbereitet hatten. Das eine
oder. andere 'Thhier, das wir. aus seiner. Verborgenheit. auf-
trieben oder das hastig. an uns vorübereilte, wie einige Morpho
Achilles, denen natürlich „Master Roger“ in. jugendlichem
Ungestüm weithin dureh. die Gebüsche nachsetzte, verdiente
sicher unsere aufrichtige Freude, aber im Ganzen. blieb. das
Ergebniss unseres Jagdzuges weit hinter ‚den Vorstellungen
und Hoffnungen zurück, ‘die wir uns auf Grund des alten
vuten Rufes, in dem die Umgegend: von ‚Parä steht, gebildet
hatten, und ich nahm mir nun”ein für allemal vor, eine neue
Lokalität stets nur mit dem allerniedrigsten Maasse von Er-
wartungen zu ‚betreten.
Wir unternahmen in den nächsten Tagen meist wiederum
14*
2123 Hahnel:
gemeinschaftliche Ausflüge nach verschiedenen anderen Rich-
tungen. Besonders auf dem Wege nach der Ziegelei von Una
fanden wir eine Anzahl prächtiger, neuer Arten, die als die
ersten ‘hervorstechenden Vertreter des‘ neuen (sebietes ganz
dazu geeignet waren, unsern etwas gedämpften Eifer aufs
Neue anzufachen. An den Rändern des Waldes und den Weg
entlang, an den üppigen Schlinggewächsen auf und ab sich
senkend, zogen eilend die schönen, lichtgrünen 'Golaenis Dido
hin, in ihrer Ausnahmefärbung zum Verwechseln ihrem Doppel-
gänger,. der Vietorina Steneles ähnlich, nur von ihr ab-
weichend durch den unermüdlich anhaltenden Flug, der sich
bei jener nur auf kurze Entfernungen in der Nähe ihres Stand-
ortes zu beschränken pflegt.
Dann lässt sich plötzlich aus der Höhe der Zweige einer
der buntesten, grell, aber prachtvoll gefärbten Falter nieder,
CGatonephele Obrinus, oben hellblau und orange auf schwarzem
Grunde, unterhalb aber in die Farbe der Blätter’ gekleidet.
Neugierig, nach Familienart, "setzt er sich dieht vor uns auf
das nächste Blatt, fliegt wieder auf: und setzt sich etwas
höher; doch schon haben wir ihn im Netze, — noch ein paar
ängstliche Secunden, und nun mag er eingehen in jene Ewig-
keit, die ihm das stolze Schattenreich "einer Sammlung ver-
spricht.
Den Weg kreuzend und ohne: Aufenthalt wieder im
Dunkel des Gebüsches verschwindend, ausser etwa, wenn eine
schimmernde Blüthe ihn anzieht, begegnen wir hier und da
einem der schwarzen, scheuen Waldsegler, einem Papilio
Vertumnus oder P. Aeneas, beide mit prächtigen rothen
Flecken auf den Hinterflügeln, auf den vorderen mit Grün
geschmückt. Und dort zeigt sieh ein anderes, grösser be-
schwingtes hier, der dunkle Pap. Belemus. Ruhig, in
sanften Wellenlinien anf und nieder wiesend, die Flügel dabei
in’ eigentliümlicher, schwirrender Bewegung, wie 'es dieser
ganzen Lyeidas-Gruppe eigen, zieht er den Weg entlang,
steigt dann aufwärts an der Waldwand, hier und da inne-
haltend an dem rothen Blüthenstern einer Kletterpflanze, bis
er, in der Höhe angelangt, um die blühende Krone eines Baum-
riesen andere mehr von seiner Gattung trifft, die bald in
kurzen Sätzen von Zweig zu Zweig flattern, bald in mächtigem
Bogen das diehte, gelbe Blüthenftach umkreisen, —- ein präch-
tiges Bild, diese vogeleleichen Gestalten hoch in der Luft.
Ein herrlicher blauer Morpho kommt uns da entgegen
auf dem Wege, hurtie, aber doch ruhiger als der scheue, die
|
|
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 213
freien Waldstellen meidende Achilles, es ist die seltene pracht-
volle Deidamia, eine Abart des bekannteren, weiter ver-
breiteten Neoptolemus.
Unter den kleineren Gestalten, die wir antreften, finden
wir kaum eine der uns schon bekannten Arten, fast jedes
einzelne Stück ist uns eine neue Erwerbung, und zumeist einer
ganz neuen Sippe angehörig. Da hält uns ein prächtiges
'Thierehen durch sein 'scheues Abflieren, blitzschnelles Hin-
und Herfahren und Wiederkehren auf sein auserkorenes,
sonnenbeschienenes Blatt eine ganze Zeit lang in Spannung.
Endlich ist es unser, ein blitzendes Gefunkel von Blaugrün
und Weiss, das sich uns auf den kleinen Flügeln "dieses
Tharops Hebrus darbietet. Ein anderes, im Gegensatz zu
diesem sehr ruhig flatterndes und stets an der Unterseite der
Blätter sich ansetzendes Thier ist die durchsichtig blaue, orange-
gefleckte Stalachtis Phaedusa, aus einer ganz eigenartigen
Sippe, der wir noch überall in den Wäldern am Amazonas in
mehreren Arten begegnen werden.
Doch hier, wo unser Weg sich durch üppiges Palmen-
gebüsch hinzieht, über morastigen Boden, der mit breithlätt-
rigen Sumpfgrewächsen bestanden ist, zeigt sich uns eine ganz
neue, überaus reizende Thierform, ‘wohl die zarteste und
duftigste von allen. Es ist die Sippe der Helicopis, die durch
zwei Arten, die grössere, prachtvolle Aecis und den kleineren
jupido in reicher Anzahl vertreten ist. Welch’ zierliche Ge-
stalten! wie fein diese federartigen Anhängsel an den Hinter-
flügeln, wie zart das helle Blond und Milchweiss ihres Kleides,
und die elänzenden Goldsilberflecken auf ihrer Unterseite!
Aber wie zart und schwach ist auch ihr Flug, der sie schein-
bar nur mühsam von Blatt zu Blatt trägt. Indess sind das
nur die altersschwachen Thierehen, denen die Kraft schon
sebricht zu festerem Flügelschlag; wirklich frische Stücke
sehen wir hurtig genug uns entfliehen und sehr geschickt
ihren Anflug an die Unterseite der grossen, sie schützenden
Blätter ausführen, wo sie dann mit geschlossenen Flügeln und
unter eigenthümlichem, fortwährendem Auf- und Niederbewegen
der Fühler und der etwas 'abstehenden Hinterflügel auf die
Blätterwelt unter ihnen herabschauen. "Wir waren von diesem
wunderhübschen Thierchen so entzückt, dass wir an dieser
Stelle ziemlich geraume Zeit verweilten, um jedes einzelne
Stück, das wir auftreiben konnten, in unseren Besitz zu bringen.
Da es nicht in unserem Plane zelegen hatte, in Parä
einen längeren Aufenthalt zu nehmen, vielmehr unsere Absicht
214 Hahnel:
war, die nächsten Monate in einer Oertlichkeit höher hinauf
am Amazonas zuzubringen, so benutzten wir, während unsere
Reisegefährten in die Umgegend von Parä hinauszogen, die
erste Dampfergelegenheit, um den Strom hinanfzugehen. Die
ungeheure, meerähnliche Wasserfläche, ‘die der Paräfluss vor-
stellt, trüb und schmutziggelb von Aussehen und fast ohne
sichtbare Abflussbewegüung, nimmt oberhalb der Mündung des
Tocantins allmählich eine gemässigtere Breite an und von Breves
an wird die Fahrstrasse, die der Dampfer einschlägt. so eng,
ddass sie das Aussehen von schmalen Kanälen trägt. Diese
tiefen Wasserrinnen, die in älterer Zeit hier wahrscheinlich
ein weit ausgedehnteres System bildeten, sind Abzugskanäle
für die Wasserfülle des Amazonas, und obgleich hydrographisch
unbedeutend, sind sie doch commereiell von grösster Wichtig-
keit, da sie die Verbindung herstellen zwischen dem grossen
Strome und Parä, dem einzigen ‚guten Hafen, der in dem
ganzen Delta dieser Flussmündungen vorhanden ist.
Die Fahrt wurde nun hier, wo zu beiden Seiten «die
Vegetation in fast greifbare Nähe herantrat, zu einer immer
belebteren und bot in dem unendlichen Reichthum von Formen
und deren stets wechselnder Gruppirung dem Auge einen un-
erschöpflichen und immer aufs Neue fesselnden Genuss dar.
In allen üppigen Formen und Gestaltungen, die der Pflanzen-
wuchs zu entwickeln vermag, schwelgt die Natur auf diesem
fruchtbaren Schwemmland und lässt in dem Kampfe um die
Lebensbedingungen von Boden und Lieht, der unter lächeln-
der Maske so zäh und erbarmungslos geführt wird, aus dem
Füllhorn' ihres Schaffensdranges die wuchernden Welten, ‚eine
über die andere 'hervorquellen. In ewigem Ringen lässt sie
den Baum empor sich strecken und ihn wieder niederhalten
durch. keck bis in den Wipfel ihm folgende Epiphyten und
ihm nacheifernde Mitbewerber, die, seiner Stärke bald spottend,
ihm die Glieder ‚mit eiserner Gewalt einschnüren. Und über
Hoch und Niedrig wirft sie das kokette Netz der kletternden
Schlinggewächse, die so wnnderbar leicht von Ast zu Ast sich
vanken, Juftige Cascaden bildend aus der Höhe der Kronen
herab auf die niederen Schichten der Zweige, und hier und
dort, wo die Aeste und Stümpfe der Todten emporstarren, sie
überziehend mit einem Prunkkleide, wie es im Leben ihnen
nicht schöner stand. Welcher endlose Wechsel von Entstehen
und Vergehen auf dieser riesigen Wahlstatt, wo der Kampf
nie rastet seit, Urzeiten her und weiter wogen wird Jahr-
tausende lang.
1 die A
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 215
Und zu all dem wunablässigen Kämpfen und Ringen
leuchtet und lacht die Sonne herab und macht den Tod zum
Lieben und das Leben zum Wonnegefühl. Und ist es nicht
dieser Sonnenball, dieser Feuerstrom, der seit Ewigkeiten auf
die Erde herab sich ergiesst, der all diese Schöpfung: hervor-
rief, der, wie er die Züge der Wolken dureh einander wirft
und die Strömungen des Oceans nach den Polen lenkt und
wieder zurück, einst auch dem todten Chaos das Leben ein-
hauchte und die Keime der Organismen über den empfäng-
lichen Boden ausstreute, der dann die kaum aufgesprossten
(Gebilde zwang, in einem unaufhörlich sichtenden Kriege zu
immer weiterer Entfaltung von Daseinsformen, zu einer
schrankenlosen Gestaltenfülle, von der die vorhandenen Formen
unserer Jetztwelt, so reich sie sind und so unabsehbar ihre
Zahl, doch nur die Trümmer, die überlebenden Reste einer
ganz ungeheuern Reihe untergegangener Welten bilden. Und
ist der himmlische Sonnenblick der Urerzeuger des Wachs-
thums und alles Lebens auf Erden, so ist dann dieser heisse
Gürtelkreis der Erde der fruchtbare Schooss, aus welchem
Leben zuerst entsprang, der die erste Knospe sah, den ersten
Blumenstern, das Eden, wo der erste Herzschlag in einem
Wesen pulsirte und das erste Augenpaar sich aufthat, den
heraufdämmernden Tag zu begrüssen, den Tag, der über das
wolkenumhüllte Erdenrund heranbrach, hier zuerst.
Was der @luthherd, der tief im Innern unserer Erde
wirkt, an höchsten Bildungen geschaffen, das sind die Formen
der Krystalle, wunderbar als Gebilde, aber todt von dem
Augenblick an, der sie gebar und wenn auch erhoben über
amorphen Stoff, so doch tief zurückstehend auf der Stufenleiter
der Schöpfung, die erst mit dem Eintritt der Lebenskeime
all’ ihre verborgenen Kräfte in den ungemessenen Bahnen
entfalten konnte, die hier sich nun in ihnen erschloss.
Wenn die Thonschichten reden könnten, die tief unter
den Wellen in die Buchten der Felsen gebettet sind, von den
Tagen, da ihre schlammigen Atome noch dahinwirbelten in
der Strömung der grossen Wasserader! Welche Wunder
könnten sie berichten von den Lebensgestalten, die sie damals
geschaut, von gigantischem Baumwuchs, der über den Uferrand
hing, von jenen Megatherien und Riesenlöwen, gegen die die
Formen der Gegenwart nur wie Pyemäengeschlechter er-
scheinen.
Lebt eines noch von den Wesen an dieser Stelle, das
in jener entlegenen Epoche Zeitgenosse jener Geschöpfe ge-
216 Hahnel:
wesen, oder ist alles, was damals die Welt erfüllte, verschwunden
und umgeformt und nicht mehr zu erkennen in seinen heutigen
Enkeln? Doch wohl, lass uns denken, diese Urania, der
prächtige Leilus, der dort über die Spitzen der Bäume segelt,
ist kein neuestes Erzeugniss der Natur, Wie er heut im
Sonnenschein fliegt, so flog er schon vor uralter Zeit hier über
die Waldungen auch, in jener Zeit schon, als seine Vettern
sich ausbreiten konnten in langer Kette, westlich bis zu den
Vulkanen Mexicos und östlich über die grosse Atlantisbrücke
nach dem Continent von Madagascar, damals, da die See halb
Afrika bedeckte und Amazonien ein Binnenmeer war, umgeben
von den Inselreichen Guyana, der Andeskette und dem Brasi-
lischen Hochland. Und in diesem bunten Wechsel von Land
und Meer blieb der Leilus, das sonnenlüsterne Nachtthier, das
sich dem Tagleben anbequemte, sich gleich in Flug und Ge-
wohnheit und dem antiken Schnitt seines glänzenden Kleides.
Sicher sind viele andere dieser luftigen Wesen, deren
Flug wir mit Interesse verfolgen, wenn sie an den grünen
Uferwänden dahinsegeln, uralte Formen, die in ihrem heutigen
Farbenspiel schon in den Zeiten weit früherer geologischer
Formationen existirten und deren Stammbaum vielleicht um
so weiter hinauf in graue Vorzeit reicht, je isolirter ihre
(sestalt erscheint im Vergleich mit den ihnen zunächst stehenden
Verwandten. Denn wie einzelne, aus dem Meere aufragende
Inselkuppen die letzten Reste darstellen einer allmählich ver-
sinkenden Bergkette, eines früher ausgedehnten Festlandes,
so dürfen unter den Lebensformen diejenigen, welche am
schärfsten individualisirt sind, die fremdartig gegen die nächst-
verwandten Formen abstechen und eine klaffende Lücke neben
sich lassen in der ideellen Kette der verbindenden Glieder,
wohl als die Repräsentanten jener Erzeugnisse früherer Perioden
unserer Erde gelten, die in den Grenzlinien des gegebenen
Familientypus seiner Zeit vielleicht eine gleiche Variabilität,
einen gleichen Formenreichthum aufzuweisen hatten, wie wir
sie heut nur bei den artenreichsten unserer gegenwärtig
existirenden Genera wahrnehmen können.
In unseren Betrachtungen werden wir unterbrochen durch
eine allgemeine Bewegung, die sich unter den Passagieren
kundgiebt; alles eilt aus den Hängematten, in denen man sich
die längste Zeit des Tages über schaukelt, nach dem Vorder-
deck, von woher wir bereits Ausrufe der Bewunderung ver-
nehmen. Welcher Anblick auch! Vor uns in weitem Bogen
breitet sich der Amazonas aus, zwar nur ein Arm, denn
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 217
drüben das Ufer ist Inselland, aber in dieser wuchtigen Be-
wegung, in diesem Schwunge, mit dem die ungeheure wogende
Masse dahergetragen wird, macht sie einen grossartigen, über-
wältigenden Eindruck, dem sich selbst der Indianer, der sonst
für derartige Empfindungen und Gemüthsbewegungen unzu-
gänglich ist, nicht ganz entziehen kann. In dieser Gewalt
der bewegten Masse, der wir uns plötzlich gegenüber sehen,
liegt eine wunderbar ergreifende Macht; ein unwiderstehlicher
Lebensdrang weht uns entgegen aus dieser daherwogenden
Fluth, der sich die frische Seebrise umsonst entgegenstemmt.
Ein Gefühl von der unbesiegbaren Macht des Lebens und von
der ganzen Unendlichkeit des Daseins durchzuckt uns, wenn
wir hinabschauen auf diese majestätische Fluth, auf dieses
stolze Sinnbild, wie es uns dünkt, des grossen Lebensstromes,
der das ganze Weltall durchzieht. Welche endlose, unauf-
haltsame Wallfahrt dieser dahin sich wälzenden Billiarden von
Monaden, die, ewigen Gesetzen folgend, der grossen Ver-
sammlung der Wasser zueilen, um dort den Kreislauf zu
vollenden und wieder zu beginnen, der ihnen als Ewiges seit
jenem Tage vorgeschrieben ist, da zuerst über der Erde eine
Wolke sich entlud und zischend herniederplatzte auf den
glühenden Ball!
Doch was uns die Grossartiekeit und Gewalt des Stromes
so besonders sprechend vor Augen führt, ist der überaus wilde
Anblick des Uferrandes, der uns nun im grössten Gegensatz
zu der plastischen Fülle der Kapallandschaft, die uns eben
noch umgab, hier entgegentritt. Wie von der Sense des
Schnitters gemäht, bedecken die grauen Stämme der Baum-
riesen in dichten Reihen den erdigen Abhang, alle gleich-
mässig flussabgekehrt nnd ihre Wipfel in den Wellen be-
grabend. Düster, von keiner grünen Schlingwand verdeckt,
sondern blossgelegt wie das aufgeschnittene Innere eines Or-
ganismus, schaut der Wald, schauen die Genossen der Ge-
fallenen, die säulenartig, Stamm an Stamm in die Höhe ragen,
dieser Zerstörung zu, die unabwendbar demnächst auch sie
ergreift und sie hinabstürzt, gleich jenen in das nasse Grab.
Denn Gebieter allein ist hier der Strom, dieser allmächtige
Herr des Landes, der heut in den Abgrund zieht, was er
gestern aufgebaut, der drüben an der Spitze der Insel, tief
unter der Oberfläche, eine Sandbank häuft und den dort ab-
getriebenen Raum hier von dem Lande sich wiedernimmt, das
er selber zu einer früheren Zeit geschatten.
Unter dem mächtigen Eindruck, den der gewaltige Strom
218 Hahnel:
auf den von Parä heraufkommenden Schitfer übt, fühlten sich
schon die alten Indianer und, ihrem Beispiel folgend, ihre
neueren Halbblutenkel gebunden, dem Geiste des Wassers den
Tribut der Achtung zu entrichten und bei dem Verlassen der
engen, sichern Fahrstrasse dem grossen Zauberer, den sie an
dieser Stelle sich dachten, eine Gabe von Früchten zu opfern,
die sie nebst Bändern und Fahnen an die Aeste der Bäume
hingen, um seine Gunst zu erkaufen für die bevorstehende
eefahrvolle Fahrt. Jedes in seiner Weise, ob Opfergabe und
Rosenkranz, oder der einsame Gedanke — es ist im Grunde
ein und dasselbe Gefühl von dem ungeheuren Abstand des
Einzelwesens von der Grösse der allumfassenden Natur.
Die Uferlinien, wie sie hier sich zeigten, bewahrten im
(Grossen und Ganzen denselben Charakter bis weit hinauf an
den oberen Lauf des Stromes und lassen sich in ihren Grund-
zügen auf den Gegensatz zurückführen, in dem die Aussen-
kurve der Strömung zu dem stilleren Innenrand steht. Auf
der Stromseite ist das am Ufer schroff abfallende Land mit
dem üppigesten Kernwalde bestanden und nur bei höchstem
Wasserstand theilweise der Ueberschwemmung ausgesetzt.
Das gerenüber liegende Ufer dagegen, das sich in gleichem
Maasse vergrössert und erhöht, wie das erstere abgerissen
wird, bildet ein gleichförmiges, sanft ansteigendes Neuland,
zumeist eine Insel von riesiger Ausdehnung, jenseits welcher
wieder ein anderer Flussarm sein Bett sich wühlt, den dann
weitere Inselketten umfassen.
Diese nenesten Landschöpfungen, die bei niederem Wasser-
stande (am ausgeprägtesten allerdings am oberen Strome) in
allen Stadien der Entwickelung sich zeizen, von der kahlen
jüngsten Sandbank an bis zum hochwüc hsieen, von Sümpfen
durchsetzten Walddickicht, bieten in ihrer auffallenden Gleich-
förmigkeit einen höchst ermüdenden Anblick dar, Dieht am
Wasserrande eine Kante hellerünen Grases und fächerartigen
Schilfes, darüber eine mächtig hohe Wand von Üeeropien-
bäumen mit grauweissen, dünnen Stämmen und blassgrünem,
kastanienartigem Laube, das in der Ferne ganz den bläulichen
Farbenton einer nordischen Kiefernschonung annimmt; und
über dieses langgezogene, zweistreifige Band erhebt sich dann
hier und da, wo der leichtgewellte Boden eine geringe Er-
höhung bietet, in unregelmässigen, lückenhaften Umrissen der
dahinter allmählich wieder entstehende gemischte Baumwuchs.
Im Verlaufe der Reise lernt man es als eine Annehm-
lichkeit empfinden, dass die Dampfer während des grössten
Enntomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 219
'Theiles der Fahrt diese inneren Linien wegen der verborgenen
und stets wechselnden Untiefen vermeiden und sich dagegen
meist in der Nähe des Aussenufers halten, das in seiner bunten
Abwechslung und stets lebendigen Scenerie dem Auge einen
unendlich reichen Stoff zur Betrachtung gewährt. Nicht über-
all ist das fallende Land ganz so wild angebrochen wie bei
dem ersten Eintritt in den Strom unterhalb Gurupä, vielmehr
wechseln solche weitausgeholte Bogen, in denen die Strömung
mit aller Macht an den Ufern wäscht, mit anderen, mehr
gradlinigen Strecken ab, und das Uferbild nimmt alsdann
wieder einen durchaus formenschönen, ruhigen Charakter an.
Der schräge Rand ist dann hier und da mit ebensolchem
wuchernden Grase bekleidet wie jene flachen Cecropienbänke ;
darüber aber erheben sich jene herrlichen, üppigen Blattge-
wächse, mit denen die feuchten Niederungen in den ‘Tropen
so reich und prachtvoll ausgestattet sind. Ganze Büsche von
breiten, elänzenden Marantablättern und hochgeschossene
schmälere Heliconien bilden ein reizendes Dieckicht, einen
Wald für sich. Ueber sie hin werfen feine Laubzweige ihre
durchsichtigen Schleier, und von höher sich wölbenden Aesten,
deren dichtes Laub tiefe Schatten wirft, fallen seilartig die
luftigen Gehänge von Lianen herab, und blattreiche Schling-
gewächse überziehen mit ihrem kletternden Grün die Krone
kurzstämmiger Palmen und ihre breiten, in schweren Bogen
sich senkenden Wedel. Glattstämmige Bäume, schlank, von
tadellosem Wuchs, ragen über diese niedere Baumwelt in
lichtere Höhe und bilden mit ihren stufenweise abgesetzten
und doch in ihrer Rundung geschlossenen Kronen einen so
vollendeten Anblick, wie ihn keine der europäischen Baum-
formen auch nur annähernd erreicht.
(zruppe auf Gruppe zieht in bunter Reihe an unseren
Blicken vorüber. Hier fesselt uns eine Anzahl feiner, dicht
beisammen stehender Palmen, die zierlichen Assahy, mit ihren
bleichgrünen, duftigen Kronen und den lang herabhängenden
Fiederblättchen, die in jedem Lufthauch erzittern, eine der
träumerischsten, zartesten Figuren unter den sonst so straffen
und lebenstrotzenden Formen des Urwaldes. Daneben drängen
sich über den Uferrand dichtbelaubte Inzäbäume, mit langen,
gekrümmten Schoten behangen, und über sie ragen mächtige
Mongäbas empor, mit grünen, sonderbar spitz zulaufenden
Stämmen. Dort, hoch zwischen dunkleren Wipfeln, leuchtet
eine blühende Baumkrone hervor, ganz in Gelb oder in Violett
gehüllt, ein köstlicher Anblick, dies Blumenbeet hoch in den
220 Hahnel:
lüften. Und während nun wieder eine Wand von Schling-
gewächsen sich aufbaut, die völlig erdrückend über Zweigen
und Aesten hängt, erheben sich darüber im herrlichsten Eben-
mass der Form die dunkelgrünen Kronen der Tucumä-Palmen;
und wieder höher und mächtiger als sie steigen die säulen-
artig aufragenden Miriti-Palmen empor, feierlich und ernst,
mit ihrem stolzen Haupte breiter, kurzschäftiger Fächer und
dem vollen Kranz üppiger Blattgewächse, der sich um ihre
Stirn legt. Dort aber, weit zurück wölbt sich in flachem
Bogen in einer alles überragenden Höhe eine ungeheure Kuppel
über einem Riesenstamm, der kerzengrade emporstrebend, erst
in einer Höhe, zu der kaum die Kronen der andern heran-
reichen, sich in baumgleiche Arme theilt, aus denen dann das
Gitterwerk der Aeste und Zweige in immer feinerer Aederung
emportreibt, das grade jetzt, in dem blätterlosen Winterkleide,
welches für kurze Zeit diese Bombaceen tragen, den Riesen-
organismus in seiner ganzen Vollendung und Kraftfülle zeigt.
Und mun thut sich in der hohen Baumwand des Ufers
eine Lichtung auf. Das blaugrüne Laub einer Mandiocapflanzung
wird sichtbar, aus der in wildem (rewirr die Aeste der nieder-
gestreckten Bäume halbverkohlt in die Luft ragen, während
hier und da eine einzelne Palme, die von der Axt verschont
blieb, ihr Haupt hoch in die Luft streckt, die Fiedern ihrer
Krone vom Winde „ewieet. Und danebenher lacht uns das
helle, frische Grün hoher Bananen entgegen, deren breite
Blätter ein dichtes Ineinander von Rosetten und Bogengängen
bilden, unter denen die schwer herabhängenden Fruchtbündel
wie Riesentrauben hervorblieken. Welch’ ein entzückender
und mit nichts anderem zu vergleichender Anblick, soleh’ ein
tragender Wald dieser herrlichsten aller Gewächse. Heisst
doch der Bananenbaum unter allen Bäumen allein der para-
diesische, als wäre er der einzige, der aus dem Morgentraume
der Menschheit ihr in die Jetztzeit nachgefolgt, der heilige
‚rnährer unseres (Geschlechts in den langen Zeiträumen
frühester Kindheit.
In langer Flucht zieht diese grüne Bogenwand von
Blättern an uns vorüber, da — in der Mitte der Front, wo
ein Cando zwischen dem Ufergras liegt und Jung und Alt
erüssend am Ufer steht, schimmert einen Moment das Haus
hervor, hinter dunkeln Orangen versteckt — rothes Dach und
leuchtend weisse Wand mit blauen T’hüren und zierlichem
Gitterzaun, ein reizendes Bild! Noch ein paar ‚Jahre hin und
ein stattlicher, unter dem Schutze der Bananen erwachsener
Entomologische Erinuerungen an Süd-Amerika. 22%
Cacaohain schmückt das Sitio, das in seiner stolzen Einsamkeit
mehr der freundlichen Blicke vom Bord des vorübereilenden
Dampfers erhält, als ganze Reihen der schmucksten Ansiedel-
ungen, die in engerem Wasser die Ufer umsäumen.
Eine oft wiederkehrende Unterbrechung der Jlang-
gestreckten Uferlinien sind die Einschnitte, die von alten,
jetzt von der Strömung nicht mehr berührten Kanälen ge-
bildet werden. Die vor diesen Mündungen abgelagerten Sand-
bänke sind, wie auch häufig diejenigen in der Mitte des
Stromes, reizend bestanden mit schlanken, zierlichen Humboldt-
weiden, die mit ihrem hellen Grün und ihren zarten, einfachen
Blättern gegen ihre tropische Umgebung sich ausnehmen wie
jenes ‘blonde Nordlandskind gegen die üppige Ungarin, in
deren Arm es ruht: verirrte Gestalten, die das Gefühl zur
Schau tragen, dass sie nicht heimisch sind in der Luft der
Tropen.
An den Weihern, die hinter diesen Bänken sich hin-
ziehen, und deren Ränder mit grossblättrigen hohen Lalladien,
mit‘ Gruppen von kleinen, schmächtigen Bactris-Palmen und
hochgewachsenen, ringartig mit Stacheln besetzten ‚Javary-
Palmen bestanden sind, treiben ganze Scharen von Wasser-
vögeln, Reiher, Störche und Taucher ihren mannigfachen
Wassersport; und hin und wieder lässt sich an dem
schlammigen Ufer zwischen den Büschen des rauhen Grases
ein Rudel von Capibäras sehen, plumpe Miniaturdickhäuter,
die etwa die Mitte halten zwischen Kalb und Schwein. Ver-
gebens aber schauen wir uns hier um nach den unförmigen
Köpfen der Panzereidechsen, die am obern Strome ihre Rechnung
besser finden, und in der trocknen Zeit, wenn der Wasser-
stand niedrig, stellenweise in Scharen dort die Ufer umsäumen.
(Juerüber nimmt nun der Dampfer wieder seinen Lauf,
in die Mitte der seeartig sich ausbreitenden Wasserfläche;
immer ferner entschwindet der hohe Walduferrand, von dem
nur die mächtigen Stämme durch ihre graue Färbung sich
noch abheben; drüben am anderen Ufer schimmert der
Seswoziengürtel in unendlicher Linie, vor uns aber, mitten aus
der Fluth steigt wie ein dunkler Felsen ein schmaler hoher
Inselrest auf, bedeckt mit einem Walde, so hoch und prächtig,
wie jener auf dem Festland. Wie entzückend diese Perle
Landes, und wie traurig ihr unabänderliches Geschick! Komm
wieder her übers Jahr oder über zwei, und keine Spur
wird dir verrathen, dass heut noch dieses reizende Eiland
hier stand,
222 Hahnel:
Die Perspektiven, die sich während der Fahrt darbieten,
obwohl nur einfach in ihrer Zeichnung, sind doch: bei der
stets wechselnden Verschiebung der Contouren oft von einer
wunderbaren Klarheit und. Schönheit. Rings um unsre
schwimmende Stadt die leicht bewegte Wasserfläche, auf der
dann und wann ein mächtiger Cedernstamm oder eine Palme,
mit dem Wurzelwerk voran, herabtreibt; darüberhin am un-
endlich sich, weitenden Horizont ein Kranz von regungslosen
Wolken, deren schneeiges Weiss sanft gegen das lichte Blau
des Himmels sich abhebt; und auf der Grenze zwischen
Himmel und Wasser zu beiden Seiten der grüne Rand der
Ufer, ‚die allmählich sich verjüngend, in ihre weitgespannten
Bogen eine Reihe staffelartig zurücktretender Inselabschnitte
umfassen, bis in der Ferne beide in haarscharfe Spitzen ver-
laufen, gradaus aber in schmaler Oeffnung Wasser und Wolken-
reich in eins zusammenfliessen, frei wie auf offnem Meer,
Der Gedanke, dass das vor uns liegende Land’ eine
einzige, unermessliche Ebene darstellt, ist uns inzwischen so
selbstverständlich. geworden, dass wir völlig überrascht sind,
als plötzlich auf dem Nordufer eime Art Bergland sich. ent-
faltet, das einen um so lebhafteren Eindruck hervorbringt,
als seine Form eine ganz eigenthümliche und ungewöhnliche
ist. Ursprünglich ein ausgedehntes, zusammenhängendes
Sandplateau von durchaus ebener Fläche bildet diese aus dem
Hochlande von Guyana sich herabziehende Serra des Almairim
eine scharf gezeichnete Kette einzelner, trapezförmiger Ab-
sehnitte, die mit glatt rasirter Oberfläche und schräg ab-
fallenden Seiten wie riesige Bastionen in einigem Abstande
vom Flussufer sich hinziehen, und den fremdartigen Eindruck,
den sie durch ihre Gestalt schon hervorrufen, dadurch. noch
erhöhen, dass sie in völlig wüstenähnlicher Kahlheit uns ent-
seeentreten. Weiter aufwärts bei Monte Alegre treffen wir
einen andern an den Fluss herantretenden Bergzug, der indess
einer verschiedenen Formation angehörend, mit einem dichten
Waldkleide bedeckt ist, wie dies auch bei allen andern Boden-
erhebungen der Fall ist, die sich vereinzelt oder in Höhen-
zügen in diesem Theile des Flussthales, namentlich in dem
Distrikt von Santarem weiter ins Innere bin vorfinden.
An diesem letzteren Orte, der eine herrliche Lage, an
der Mündung des Tapajös hat, mit dem Ausblicke auf flaches
üppiges Weideland, das am westlichen Ufer sich entlang zieht,
trat uns zum ersten Male der Gegensatz vor Augen, in dem
die meisten Nebenflüsse des Amazonas zu dem Hauptstrome
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika., 223
stehen. In scharfer Linie schneidet das krystallhelle, dunkle
Wasser des Tapajös in die gelben trüben Fluten des Amazonas
ein, von dessen mächtiger Strömung es bald dann überwunden
und in die Tiefe gedrängt wird. Am Ufer aber zieht sich
ein breiter Streifen weissen Sandes entlang und verleiht der
Landschaft ein völlig verändertes Aussehen. Das frische
Grün, der üppige Palmenwuchs, selbst die Üecropien, alles
das, was den Ufern des Hauptstromes charakteristisch ist, ist
plötzlich verschwunden, und eine Baumwelt mit demijkrefe,
kleinerem Laube, die bei aller Mannigfaltigkeit der Formen
dennoch ein weit gleichförmigeres Gepräge aufweist, herrscht
in dem Uferwalde vor und lässt uns glauben, wir befänden
uns plötzlich in einer anderen Welt, weitab von ‘der uns so
vertraut gewordenen Landschaft des Amazonas.
Als unser nächstes Ziel, wo wir den ersten Aufenthalt
nehmen wollten, hatten wir Obidos gewählt. Als wir daselbst
anlangten, war es finstere Nacht, und em anhaltender Regen
hinderte uns, das Gepäck an den Strand zu setzen. Der
Commandant des Dampfers, Herr Hoepffner, schlug uns vor,
nach dem kleinen Ort mitzufahren, bis wohin er den Curs
hatte und wo das Schiff andern Tags anlegen sollte. Wir
folgten seinem Rathe. Nachdem wir früh am Morgen in der
Mündung des Trombetas noch einmal angelegt, fuhren wir
durch eine jener engen Stromfurchen, die in ihrer gleich-
mässigen Breite und Tiefe unwillkürlich immer den Eindruck
her vorrufen, als wären es künstlich angelegte Kanäle, wieder
in den Hauptstrom ein, und als wir diesen durehkr euzt, bogen
wir dann südlich in einen schmalen Arm ein, an dessen hohem
Südufer wir schon von fern das kleine Juruty erblickten, unser
improvisirtes Reiseziel.
Juruty.
Bei der Ankunft an einem fremden Orte sich freundlich
aufgenommen zu sehen, ist sicher eine der angenehmsten Er-
fahrungen, denen wir auf Reisen begegnen können, und obgleich
wir überall, wohin wir kamen, immer das freundlichste Ent-
gegenkommen fanden — vielleicht mit nur einer Ausnahme,
wo uns vorübergehend ein etwas unbehagliches Gefühl beschlich
— so war es uns namentlich hier auf unsrer ersten Etappe
doppelt angenehm, in unseren Nachbarn liebenswürdige, einfache
294 Hahnel:
Menschen zu treffen, die uns mit Rath’und That zur Hand
gingen, wo wir bei unsrer häuslichen Einrichtung und bei
Beschaffung von Jiebensmitteln ihrer bedurften. Wir waren
gegen Abend angekommen, und ehe es noch finster geworden,
war bereits eine Wohnung für uns in Stand gesetzt, und unser
ziemlich zahlreiches Gepäck vom Porto heraufgebracht.
Am andern Tage, als ich von meinem ersten Ausfluge
nach Hause zurückkehrte, war ich selber überrascht, ein wie
wohnliches Ansehen der öde, fensterlose Raum inzwischen
unter den Händen meiner Frau angenommen, und trotz der
durchlöcherten Lehmwände und des grauen Erdbodens und
der mancherlei andern Uebelstände fühlten wir uns ohne
weiteres heimisch in unserer Welt. Denn nur wenig bedarf
man in diesen Ländern, die der Sonne näher liegen, um zu-
frieden zu sein und sich elücklich zu fühlen. Das Noth-
wendigste ist oft noch entbehrlich, und je weniger man an
sieh und um sich hat, desto freier und glücklicher lebt es
sich. —
Nachdem ich in den ersten Tagen alle irgend vorhandenen
Wege kennen gelernt, wurde mir sehr bald der grosse Unter-
schied klar, der zwischen den Exkursionsgelegenheiten in
einem Binnenlande wie Venezuela und denen in solch einem
Stromlande besteht. Denn während dort an jedem Orte nach
den verschiedensten Richtungen, in die Waldungen und nach
den benachbarten Ortschaften Wege führen, die man auf
grosse Entfernungen benutzen kann und die immer eine gewisse
Auswahl gestatten, so sieht man sich hier, wo alle Ortschaften
und alle einzelnen Ansiedlungen am Strome und dem vielver-
schlungenen Netz seiner Kanäle und Zuflüsse liegen und der Ver-
kehr emzig an diese Wasserstrassen gebunden ist, überallnur auf
die kurzen Waldwege beschränkt, die als Zugänge zu einzelnen
Pflanzungen angelegt sind. Weiter als eine Stunde führt kein
Weg, abgesehen von gelegentlichen Jägerspuren, die indess
ins Unwegsame zu verfolgen zum mindesten für unsere Zwecke
unergiebig sich erweist.
Ich fand die Bodenbeschaffenheit und den Wald nicht
oerade sehr prächtig, um eine reiche Anzahl von Arten er-
warten zu dürfen. Weite Partien des Waldes waren Neu-
wuchs, der, aus wenigen Baumarten zusammengesetzt, stets
nur schlechte Ausbeute liefert. Andere Stellen waren sandig
und dürr und nahmen zum Theil das Aussehen wüstenartiger
Plätze an. Doch trotz dieser ungünstigen Verhältnisse bot
sich bei der im übrigen reichen Natur, sowohl im hohen
Entomologische Erinnerungen an Büd- Amerika. 295
Walde wie in den Niederungen und an den schattigen Ab-
hängen am Ufer eine grosse Anzahl namentlich kleinerer
Arten dar, die eine Fauna repräsentirten, die von jener der
nördlichen Küstencordillere als ziemlich verschieden erschien.
Am auffälligsten war uns das völlige Zurücktreten der Itho-
miden, die dort die charakteristischsten Erscheinungen der
Wälder bildeten und bei ihrer grossen Artenzahl uns täglich
einige Stücke zu unserer Ausbeute geliefert hatten. Wir ver-
missten daher diese zarten, transparenten 'Thiere, die wir vor-
dem so oft unbeachtet an uns hatten vorüberflattern lassen,
sehr zu unserem Bedauern, und es gewährte uns eine förm-
liche Freude des Wiedersehens, als wir endlich auch einen
Vertreter dieser Gruppe, die der Fenestella ähnlichen Cera-
tinia Ninonia zu Gesicht bekamen.
Im Gegensatz zu den Ithomiden fanden wir dagegen
die kleinen, in so mannigfach verschiedene Genera sich
theilenden Eryeiniden zahlreicher hier vertreten als in jenen
Berggegenden. Zwar sind dieselben meist nur ganz einzeln
anzutreffen, und da sie zudem nur geringe Neigung zum Um-
herfliegen haben und die längste Zeit ‚des Tages über ver-
borgen unter den Blättern sitzen, so sind sie keineswegs dazu
angethan, der sonstigen Ruhe des Waldes ein lebendiger be-
wegtes Aussehen zu verleihen. Doch um so mehr sind wir
dann auch erfreut, wenn wir neben den zahlreichen unschein-
baren Gestalten, die sie der Mehrzahl nach darstellen, hin
und wieder auf eine Form treffen, die uns in ihrem eigen-
thümlichen Schnitt oder in ihrer zierlichen bunten Kleidung
einen ganz neuen Typus vor Augen führt.
Unter den Gattungen, die uns am häufigsten begegnen
und von denen man überall mehrfache Vertreter findet, ist
besonders zu nennen das Genus Nymphidium, dessen Arten
alle eine ausgesprochene Familienähnlichkeit tragen, meist hell-
farbig, weiss oder gelblich, mit scharf abgesetzter Randein-
fassung, auf der sich sehr fein eine rothgelbe oder blaue
Zeichnung abhebt. Die Thierchen sitzen, wie ihre gestreckte
Flügelform ihnen dies vorschreibt, flach gebreitet an der
Unterseite der Blätter und haben aufgescheucht einen leb-
haften, etwas hin- und herschwankenden Flug.
Nächst ihnen treffen wir am häufigsten das artenreiche
(senus Mesosemia an, bemerkbar durch eine grossumschriebene
Augenmakel auf den Vorderflügeln, während die Hinterflügel
meist mit feinen Wellenlinien gezeichnet sind. Die gewöhn-
lichsten Arten, die wir hier finden, tragen sich in Schwarz
15
296 Hahnel:
mit breiter weisser Binde, doch treten uns an andern Orten
auch sehr schöne Arten in glänzenden, blauen und dunkel-
erünen Farben entgegen.
Diese Mesosemien sitzen stets sehr dieht am Boden,
unter Blättern verborgen; bei hellem Wetter indess sieht man
sie auch gern auf der Oberseite der Blätter anfliegen, wo sie
dann em sehr munteres, unruhiges Verhalten zeigen, indem
sie bei ihren ruckweisen Bewegungen die Flügel in einem
stets gleichen Abstande halbhoch tragen, die Hinterflügel dabei
etwas tiefer haltend, was ihnen ein sonderbar gespreiztes Ans-
sehen verleiht.
Anders als diese verhalten sich die zierlichen, meist
dunkel und kräftig gefärbten Euselasien, indem sie wie alle
T’hiere mit kurzem, gedrungenem Thorax die Flügel in der
Ruhe scharf zusammenschliessen; dabei aber nehmen sie gleich-
falls wie die Gesammtheit dieser grossen Familie der Ery-
einiden ihren Aufenthalt fast stets an der Unterseite der
Blätter, deren Oberseite sie immer nur bei besonders lebhaftem
Fluge besuchen.
Das grösste und augenfälligste Genus dieser Gruppe und
zugleich das einzige, dessen Arten gelegentlich in grösserer
Stückzahl sichtbar wurden, ist das Genus Stalachtis, von dem
wir bereits die schöne Phaedusa von Parä aus kennen. Wir
finden hier neben jener noch die ähnliche, bläulich durch-
schimmernde Lineata, die dunkle Euterpe mit gelber Binde
und weissen Punkten und die in ihrer frischen Färbung an
die gelbbraunen Ithomiden erinnernde Galliope, sowie ausser
diesen stets den Waldesschatten liebenden Arten noch die
schwarz und braune, weisspunktirte Phlegia, (die abweichend
von ihren Verwandten sich gern an freien Plätzen und Lich-
tungen aufhält, wo sie in (Gesellschaft von echten Sonnen-
kindern wie Iunonia, KEueides u. s. w. um Blüthen und Ge-
sträuche flattert.
Einige besondere Merkmale, die diesen Stalachtis eigen
sind, veranlassen uns, etwas länger bei ihnen zu verweilen.
Was uns nämlich zunächst an ihnen bemerkbar erscheint, ist
eine gewisse Analogie der Farbenzusammenstellung mit den
weitabstehenden Ithomiden, denn wie uns die gelbrothe Gal-
liope auffallend an ähnlich gefärbte Geratinien erinnert, so
erkennen wir in dem hläulichen Ton, wie er uns in Verbindung
mit der durchscheinenden Färbung bei der Phaedusa und
andern entgegentritt, eine andere der charakteristischen Grund-
farben, in «denen sich die Farbenskala der Ithomien bewegte.
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 3an
Allerdings hat das Oolorit immerhin noch em sehr abweichendes
Gepräge; denn während bei den Ithomien die Farben hell
und dünn erscheinen, nehmen sie hier einen satten, rohen und
dumpfen Ton an, zu welchem dann die auftretenden Neben-
farben in einem gleichgestimmten Verhältniss stehen. Daneben
muss es uns aber ferner auffallen, dass eine spezielle Kigen-
thümlichkeit vieler Ithomiden, die hellere Färbung der
Fühlerenden, die oft bis über die Mitte der Fühler sich er-
streckt, auch in dieser Sippe auftritt, wenigstens bei der
Galliope, jener auffälligen gelben Form, sodass wir nicht
umhin können, in diesen Merkmalen, die zwei sonst so weit
aus einander stehenden Gruppen gemeinsam sind, eine gewisse
Parallele zu erblicken, die wir nicht ein zufälliges Naturspiel
nennen möchten. Dieselbe liesse sich vielleicht auf einen
tieferen, ursächlichen Zusammenhang zurückführen, auf welche
Frage jedoch näher einzugehen, uns hier zu weit führen würde.
Dagegen wollen wir noch eine Bemerkung an eine andere
Eigenthümlichkeit dieser Thiere knüpfen. Wenn diese Sta-
lachtis unter den Blättern sitzen, in Mittelhöhe, mit etwas
dachförmig angedrückten Flügeln, so sieht man, ehe man noch
etwas anderes von den T'hieren wahrnimmt, ihre Leiber in
säbelförmiger Krümmung weit abwärts hängen, eine an sich
sehr natürliche Folge von der Beschaffenheit derselben, da sie
verhältnissmässige lang und schwerfällig sind — aber in der
Art wie diese Thiere dem Schwergewicht Folge leisten, ist
diese Haltung immerhin sonderbar genug und zeichnet sie in
charakteristischer Weise vor andern Thieren aus. Betrachten
wir dann ihr Abdomen, so finden wir, dass dasselbe mit einer
diehten gelben Wolle umgeben ist (ähnlich dem Pelz der
Chrysorrhoea) eine Bildung, die bei einem Tagfalter jedenfalls
etwas Aussergewöhnliches darstellt.
Es sind dies alles Eigenthümlichkeiten, die im Verein
mit dem auffallenden Gesammttypus, das Genus in der Reihe
seiner nächsten Verwandten scharf kennzeichnen. Auch zeigt
sich hier wieder, dass Eigenthümlichkeiten, die sich an einer
Form auf besondere Weise herausbilden, gewöhnlich nicht
einzeln auftreten, sondern vermöge der innigen Wechselbe-
ziehung, in der alle Theile eines Organismus unter einander
stehen, die Entwicklungsfähigkeit des Wesens auch in’anderer
Richtung zu einer Umbildung drängen und zwar in einem
annähernd proportionalen Verhältniss, sodass wir immer bei
uns entgegentretenden auffallenden Abweichungen eines Thieres
annehmen können, dass der eigenartige, bizarre, oder sonstwie
15*
228 Hahnel:
seartete Zug, der einmal zum Ausdruck gelangt ist, auch noch
in ähnlicher Weise an andern Organen sich wahrnehmbar
macht. Denn nichts ist bewunderungswürdiger an den Er-
zeugmissen der Natur, als die strenge harmonische Durch-
bildung, die jeden Typus in allen seinen Theilen beherrscht,
dieses nie irrende Zusammenpassen in der äusseren Form-
gestaltung, welches, wenn es einerseits der genaue Ausdruck
der organischen Strukturverhältnisse ist, auf der andern Seite
wiederum in der zahllos ungebundenen Mannigfaltigkeit der
Formen die Gesetzmässigkeit einer ewig waltenden und alle
Daseinsformen durchdringenden Harmonie zur Erscheinung
bringt.
Eines Tages machte ich einen Ausflug in eine etwas
abgelegene Gegend. Die letzte einsame Imdianerhütte am
hohen Flussufer hatte ich vor einer halben Stunde passirt,
und der Weg führte nun an einer verlassenen, mit Gebüsch
überwuc herten Pflanzung hin, während zur rechten Seite hoher
Wald anstand. Eben hatte ich einige Käfer von einem Strauche
abgenommen und dieselben in meine Sammelbüchse gesteckt
und war nun, die Augen nach rechts gewendet, im Weitergehen
begriffen, als plötzlich von rückwärts ein durchdringendes
(setöse mein Ohr traf. Mein Kopf tHog sozusagen wie mit
einem Ruck nach links herum und ich stand wie angewurzelt
fest. Alles still. Was war das? Töne der sonderbarsten
Art hört man ja oft in der Wildniss und man kann sich
mitunter nicht im entferntesten vorstellen, was dieselben her-
vorgebracht haben mag, doch ist man dagegen ziemlich gleich-
eiltie und setzt seinen Weg ruhig fort. Aber dieser Ton war
so unerhört nah gewesen und dabei von einem so vibrirenden
Klange, dass ich einen Moment glaubte, es müssten in nächster
Nähe Menschen mit Hunden sein, doch das war nieht denkbar,
(denn in diesem Gestrüpp war weit und breit kem Haus und
kein Fusspfad ausser dem, auf dem ich mich befand. Die
Stille, die eingetreten war, währte nur wenige Sekunden, da
erscholl dasselbe Gebrüll dieht neben mir aus dem Gesträuch,
ein wuthsprühendes Geheul in längeren, wiederholten Stössen.
Ein Schaner lief mir von den Schläfen über den Hals herab,
alle Nerven meines Gesichts waren in einer nie gekannten
Weise gespannt, ich bohrte förmlich meine Augen durch die
diehte Blätterdecke, die unter der senkrechten Sonne den
Boden in ein fast vollständiges Dunkel verbarg, nach der
Stelle hin, ich bengte den Kopf vorwärts und da ich nichts
entdecken konnte, trat ich einen Schritt auf die Stelle zu.
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 3929
‚Jetzt gewahrte ich, nicht entfernter als drei Schritt von mir,
hinter einem Baumsturz, an dem ich eben vorübergegangen,
durch das Blätterwerk hindurch eine gelbe Bestie, den Körper
auf den Boden gedrückt und den Kopf niedergeduckt nach
inir gewendet. Ein einziges Gefühl beherrschte mich in diesem
Augenblick: keine Furcht zeigen! Ich hatte so oft die Möglich-
keit bedacht, auf meinen Wegen einer Onze zu begegnen und
stets seolaubt, dass die menschliche (Gestalt der Bestie ge-
nügend Respekt einflösse, um sie von einem Angriff abzuhalten,
und nun sehe ich dieses taubthier wegelagernd, mich an-
brüllend und fertig zum Sprunge. Waffenlos wie ich war,
elaubte ich es um so mehr versuchen zu müssen, das 'T'hier
einzuschüchtern. Ich brüllte ihm, Auge auf Auge gerichtet,
so wüthend, wie ich es hervorbringen konnte, entgegen: Will
er raus! — Aber so sicher ich erwartet hatte, ihn davongehen
zu sehen, so betäubt fühlte ich mich, als das Thier ruhig in
seiner Stellung verharrte und ein verhaltenes Knurren aus-
stiess. Ich fühlte, ich hatte zu viel gewagt und der Gedanke
durchzuckte mich: Im nächsten Augenblick bist Du ein todter
Mann, Ich zögerte noch einen Augenblick, dann richtete ich
mich wieder hoch auf und trat einen Schritt zurück. Das
T'hier machte keine Bewegung und so setzte ich, die Augen
unverrückt nach der Stelle gerichtet, meinen Weg fort, lang-
sam, ohne jede Eile.
Nach zwei Minuten kam ich in lichtes Gehölz, der Weg
wurde etwas breiter und freier. Ich blieb stehen und lauschte.
Nichts regte sich. Unwillkürliech indess empfand ich nun das
Bedürfniss, einen Augenblick zu verweilen, ehe ich weiterging.
Die Reflexion machte sich jetzt geltend. Warum denn liess
mich die Bestie an sich vorübergehen, warum sprang sie mir
nicht in den Nacken, als ich ihr ein und zwei und drei Schritt
nahe war? Die Absicht des Thhieres war ja klar, denn der
Platz war zum Ueberfall vorzüglich gewählt und an dem
nöthigen Grade von Kühnheit dem Menschen gegenüber hatte
es ihm ebenfalls nicht gefehlt, denn sonst hätte es nicht noch
sebrüllt und mich zum Frontmachen herausgefordert. Es
wurde mir klar, dass ich es nur einem zufälligen Umstande
verdankte, dass das Thier mir nieht in nächster Nähe die
Tatze auf den Schädel gedrückt hatte. Ein Raubthier über-
fällt seine Beute stets, indem es von rückwärts ihr in’s Genick
springt. Dies ist das Ziel, welches das Thier jederzeit fest
in’s Auge nimmt. Nun hatte ich, als ich bei ihm vorbeiging,
mein Fangnetz über die linke Schulter getragen, so dass das
230 Halınel:
lange, im Infzuge flatternde Netz, zumal ich nach rechts
hinüber sah, meinen Kopf und Nacken dem "T'hiere verdeckte
und diese demselben als Zielpunkt unsicher werden mussten.
Einzig aus diesem Grunde, glaube ich, unterblieb der tod-
bringende Sprung und das um seine Beute getäuschte Thier
machte seiner Wuth, die es hierüber empfand, in dem Gebrüll
Luft. Hatte es nun hierbei auch erwartet, mieh dadurch zur
Flucht zu bewegen, um im Verfolg derselben einen günstigeren
Augenblick zum Angriff zu gewinnen — sei dem wie ihm
wolle, jedenfalls hatte mein ferneres Verhalten das Thier nicht
weniger frappirt, als mich sein eigenes. Für den Augenblick
war ich nun allerdings ausser (Gefahr, aber wie sollte ich
meinen Rückweg nehmen? Es gab ausser diesem keinen
andern Weg, der mich nach Hanse «eführt hätte, aber ich
wäre ihn nimmer wieder zurückgegangen. Ich wäre in einer
verzweifelten Lage gewesen und hätte sicher auf irgend einem
Baume den andern Tag abgewartet, wenn ich nicht glücklicher-
weise in der Gegend so weit orientirt gewesen wäre, um mich
am Rande eines morastigen Baches entlang, den ich bald von
da erreichte, durch pfadloses, unbetretenes Dickicht nach einem
Campo, einem jener sandigen Flächen hindurchzufinden, von
wo aus ich denn erleichterten Herzens auf mir bekannten
Wegen nach Hause zurückkehrte.
Dies Abenteuer schnitt mir denn doch die Möglichkeit
ab, jene entlegeneren Partieen, die mir gerade die beste Aus-
beute namentlich an schönen Theela’s geliefert hatten, weiter
zu besuchen und ich sah mich in Folge dessen, da somit das
ohnehin mässige Jagdrevier noch eine weitere Einschränkung
erleiden sollte, veranlasst, meinem Aufenthalt in Juruty ein
schnelles Ziel zu setzen, um die nächsten Monate, die die beste
Fangzeit sein mussten, noch an einer andern Lokalität voll
und ungehindert ausnützen zu können. Als demnach der er-
sehnte monatliche Dampfer in unserm Hafen wieder erschien,
fuhren wir mit demselben nach Obidos zurück, was ja ur-
sprünglich unser erster Aufenthalt hatte sein sollen.
Obidos.
Das kleine Obidos hat eine reizende freie Lage auf einem
felsigen Ufervorsprung, mit welchem hier die rote Tabatinga-
Formation geren den Strom sich stemmt und diesen zur
Entomologische Erinnerungen an ' Büd- Amerika. 331
Bildung einer Stromenge führt, die zu günstig geschaffen ist,
als dass nicht von jeher eine Art Sperrfort hier unterhalten
worden wäre. Vom Hafen aus gesehen ist das Bild, das der
Ort bietet, ein sehr freundliches, das sich mit leichten Strichen
in Gedanken wieder herstellen lässt. Vom Strande aufwärts
ein rother Thonabhang, grünbewachsen und oben mit weiss-
getünchten Häusern gekrönt, die erst weiter rückwärts in
erösserer Anzahl sich aneinander reihen; am Fusse des Ab-
hangs, rechts und links von der rothen, von Regenwasser zer-
wühlten Strasse einige blanke Häuser mit blauen Thüren und
einer Reihe Bäume davor, dazwischen ein kleines graues
Mauerwerk, das dem schlummernden Kriegsgott zum Tempel
dient, wie die drei oder vier RKanonen, die zalım und ver-
mummt darüber hervorschauen, verrathen; dazu am Ufer ein
paar Dutzend Canös und einige grössere Kähne mit Feuerholz
für die Dampfer, auch wohl eins oder das andere mit Cacao
beladen, das ist alles was sich zeigt, niedlich genug, um als
Bild zu gefallen, aber zu wenig, um dem Orte Leben und Be-
deutung zu verleihen.
Ein besonderes Wahrzeichen der Stadt bildete ein in
nächster Nähe aufragender, dunkel bewaldeter Berg, der mit-
sammt dem kleinen See, der sich an seinem Fusse hinzieht,
ein sehr ansprechendes landschaftliches Bild gewährt, das leider
völlig unbeachtet bleibt und nur auf jene Stamm-Compagenie
schwarzer Wäscherinnen, die am Gestade in beneidenswerthem
Badecostüm ihr nützliches Gewerbe treiben, seine Anziehung
ausübt; und doch würde in einem Lande mit lebhafter ent-
wickelter Thätigkeit diese Partie längst zur Anlage von Land-
häusern geführt haben, für die sich kein schöneres Buenretiro
oder Boavista denken liesse,
An dem obern Ende des Sees zieht sich eine sumpfige
Niederung hin und prächtiger hoher Wald bedeckt das Land,
das je weiter nach dem Innern immer welliger sich gestaltet.
Erst hier, beim Eintritt in den Schatten des Waldes, beginnt
unser eigentliches Fangrevier, da auf dem sonnigen Wege von
der Stadt hierher am Seeufer entlang ausser Cieindelen, die
vor uns über den Sand hinfliegen, sowie etwa Hymenopteren,
die hier zahlreich um blühende Sträucher schwärmen, sonst
nur wenige sich bietet, das uns zum Aufenthalt einladen könnte.
Gleich am ersten Tage fanden wir in jener Niederung,
und übrigens auch durch den ganzen Wald verbreitet, neben
den uns schon bekannten schönen Helicopis- und Stalachtis-
arten eines der herrlichsten Erzeugnisse der tropischen Fauna,
232 Hahnel:
die prächtige Callithea Leprieurii. Das dunkelblaue, mit
blasserünem Rande gezierte Thier, auf dessen graugrüner
Unterseite eine (dreifache Reihe schwarzer Flecken und ein
blutrother Streif an der Basis sich abhebt, bildet bei dem
matten, gesättigten Glanze, der die Pracht der Fär bung herab-
dämpft, eine überaus vornehme Erscheinung, die ganz im Ein-
klange steht mit dem ruhigen, schwebenden Flug dieser Thiere,
namentlich an freieren Stellen, wo in der Nähe der Hütten
Cajü und andere Früchte sie anziehen, einen reizenden Anblick
eewährt. Ebenso ruhig und getragen ist ihr Flug im Schatten
des Waldes, wo wir sie oft in grösserer Anzahl beisammen
treffen, besonders an solchen Stellen, wo die rebenartige Liane
wuchert, auf der ihre dornigen, stahlblau und gelb geringelten
Raupen leben. In der Ruhezeit aber, über Mittag, ist ihr
Flug, wenn wir sie auftreiben, nur kurz und wird dann, wenn
eins das andere unter dem »latt, an welchem es sass, auf-
schencht und forttreibt, zu einem unbeholfenen Flattern.
Das zahlreiche Vorhandensein dieser prächtigen 'Thiere,
die ja zu einer der feinsten Sippen gehören, machte es uns
möglich, bald eine grosse Anzahl derselben zu erlangen und
wenn wir dabei einerseits oft bedauern mussten, dass viele,
selbst von den frischeren Stücken, bereits Beschädigungen an
sich trugen, die sie sich zumeist durch das Anwerfen an die
Blätter zuziehen, so hätten wir doch andererseits fast wünschen
mögen, dieses schöne Thier stets nur als grosse Seltenheit zu
treffen und es nie in das Gewühl der Alltäglichkeit herab-
steigen zu sehen. Indess, wer möchte sich ein solches Pracht-
thier, selbst wenn der Reiz seines Fanges durch die häufige
Wiederkehr einige Einbusse erlitten, leichthin entgehen lassen,
und sieh nieht wenigstens den Genuss seines Anblicks immer
von Neuem verschaffen, diese reine Frende an der Jugend-
frische der Gestalt, die uninteressirt ist am Werthe des Thieres
und immer dieselbe bleibt, ob dieses die hohen Grazien er-
zogen haben oder ein ländlicher Faun.
Die in den Wald führenden Wege, ein längerer oben
auf der Höhe und ein kürzerer in der Thalsenkung, lieferten
uns eine reiche Ausbeute an prächtigen blauen Morpho-Arten,
deren Fang uns allerdings in weit höherem Grade in Anspruch
nahm, als die leicht zu erlangenden Callithea. Bereits gegen
S Uhr erschienen schon die ersten dieser weit sichtbaren, in
grossen welligen Sprüngen heransegelnden Menelaus, die bei der
grossen Spannweite ihrer mächtigen Flügel mit ihrem herrlichen
glänzenden Blau die unübertrotfenen Repräsentanten tropischer
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika., 233
Prachtgebilde sind. Was kann es Herrlicheres geben, als in
thaufrischer Morgenstunde unter den hohen Waldriesen, durch
deren luftiges Laubdach die Sonne nur schräg erst ihre Strahlen
sendet, solch’ ein blau funkelndes Thier mit gewaltigem Flügel-
schlage den Weg daher kommen zu sehen, ganz umrahmt von
dem dunkeln Grün der Büsche, gegen das es sich abhebt wie
ein Spiegelbild des Himmels, das grüssend zur Erde sich her-
niederlässt. So unzählig oft man auch in der Reihe von
‚Jahren dieses herrliche Thier vor Augen bekommen, nie bis
zum letzten Stücke, von dem wir Abschied nahmen, ist uns.
der Anblick dieses mächtigen Falters, der in der Bewegung
noch vergrössert erscheint, ein gleichgültiger gewesen, sondern
immer aufs Neue erblickten wir in ihm den lebensvollsten
Ausdruck der farbenfrohen Natur, den sie ins Dasein gerufen
am Morgenanbruch einer jener weltverjüngenden Schöpfungs-
perioden, die in grossen Zwischenräumen unsere Erde durch-
wärmten, weit zurück, in dem Frühlingswehen paradiesischer
Zeitenferne.
Menelaus — Neoptolemus — Achilles — welche präch-
tigen Bilder, was für stolze Namen! Nie fühlt man tiefer den
poetischen Zauber, den Vater Linne durch die Namen, die er
der Antike entlehnte, über die Falterwelt ausgegossen, als
wenn wir uns gegenübersehen einer lebend daherschwebenden
(Gestalt, die solchen Namen trägt, die so herrlich ist vor andern,
wie jene Helden der mythischen Vorzeit.
Der Neoptolemus, obgleich er nicht so glänzend hell
ist wie der Menelaus, gewährt doch mit dem blauen, dunkel
eingefassten Balken, der über die Mitte der Flügel läuft, ein
ganz herrliches Farbenspiel, das indess noch übertroffen wird
von der überraschenden Buntheit und der kräftigen Zeichnung
der Unterseite, welcher er es hauptsächlich zu verdanken hat,
ein besonders bevorzugter Liebling zu sein. Er erscheint zu
etwas späterer Stunde, gegen 10 Uhr, wenn der Menelaus
seinen Flug bereits beendet. Schnell und gradaus kommt er
den Weg entlang, dabei gleichmässiger und nicht so heftig
auf und nieder tauchend, wie jener, von dem er sich über-
haupt schon von fern durch sein gebrochenes Blau unter-
scheidet.
Anders, als diese beiden, zeigt sich im Fluge der Achilles,
der ein wenig kleiner von Gestalt ist, als der ihm nahe-
stehende Neoptolemus, mit dem er den Querbalken über die
Flügel gemein hat, ihn aber auf der Unterseite an Schönheit
nicht erreicht. Während Menelaus und Neoptolemus stets,
234 Hahnel:
sobald sie auf einen freien Weg treffen, diesen weiter ver-
folgen, um ihrem mächtigen Flugbedürfniss ungehinderten
Lauf zu lassen, so streicht der Achilles, der noch etwas
niedriger als jene sich hält, mit schnellen, unruhigen Flügel-
schlägen quer durch die Gebüsche des Unterholzes, scheu die
Liichtungen und Wege vermeidend, von denen er immer bald
wieder in die Lücken der Sträucher verschwindet, sodass die
einzelnen Stücke sich überhaupt im Walde mehr vertheilen
und mithin weniger zahlreich erscheinen, als die dominirenden,
in kurzen Zwischenräumen sich folgenden Menelaus.
An geeigneten Stellen hatten wir Köder gelegt, Zucker-
rohr, kleine süsse Bananen oder Aehnliches. Auf dem Rück-
wege besuchen wir nun diese Köderplätze, an denen wir noch
eine Nachlese halten können von allerdines meist älteren und
ältesten Gestalten, die von dem Dufte angelockt und vom
Fluge ermüdet in friedlichem Verein mit Satyriden, sowie
gelegentlich einigen Ageronien, Adelpha und anderen Nym-
phaliden des trügerischen und oft gestörten Genusses sich
erfreuen, der sich ihnen am Boden bietet. Denn beständig
sind sie hier umlauert und angefallen von gierigen Eidechsen,
die trotz ihrer plumpen Figur und ihres schleppenden Ganges
plötzlich hervorbrechend mit grosser Schnelle ihre Beute zu
erhaschen wissen. Oft ist es aber auch wunderbar, wie ge-
schickt ein so verfoletes Thier den wiederholten Nachstellungen
dieser Räuber entgehen kann. So beobachtete ich einmal, wie
eine Adelpha wohl ein Dutzend Mal von einer Kidechse auf-
eetrieben wurde, sich dann immer kurze Zeit auf ein Blatt
setzte und sobald sie wieder an den Boden kam, sofort wieder
ihren Feind auf sich zog, der im Nu mit aller Wuth auf sie
zuschoss, bis er es schliesslich doch aufgab, das durch die
Uebung offenbar gewitzigte Thier weiter zu behelligen.
Als seltenere Gäste an diesen Köderstellen liessen sich
hin und wieder auch Weibchen dieser Morphiden antretten,
die wie die Weibchen der meisten Falter, ohne dass sie in
Wirklichkeit in bedeutend schwächerer Anzahl als die Männ-
chen vorhanden wären, doch wegen ihres gerineen Flugeifers
thatsächlich viel seltener in der Arena erblickt werden, als
die rüstieeren und leichter beschwingten Männchen. Ihre Flug-
zeit ist" stets etwas später, als die ihrer sie aufsuchenden
Gatten, meist erscheinen sie erst gegen den Mittag und ihr
Flug ist dann nieht anhaltend, sondern langsam und träu-
merisch und wechselt mit öfteren Ruhepausen ab. In ihrer
ziellosen Richtung ist solch’ eine einsame, brutschwere Mor-
.
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 235
phoine ganz das Bild eines verirrten, bangen, von unbewusstem
Sehnen getriebenen Wesens, für das man das innigste Mit-
sefühl empfinden müsste, flammte nicht unwiderstehlich bei
ihrem Anblick die schmähliehste Mordgier in unserem
Herzen auf.
Eine der interessantesten Scenen ist es dann aber, wenn
wir ein in der Nähe des Weges zur Ruhe gekommenes Pärchen,
etwa von Menelaus, auftreiben und das übergrosse Weibchen
mit seinem willenlosen Gespons schweren Fluges ein Stück vor
uns hinfliegt, ein Anblick, der bei der Grösse dieser Flügel-
flächen und bei der Zartheit der blassblauen Färbung ein
ganz bestriekender ist, so dass wir reeungslos dem Paar nach-
schauen, bis es wieder Halt gefasst hat und nun die eross-
augige, rosa angehauchte Unterseite des Weibchens, die so
prächtig gegen die dunklere des Männchens absticht, aus dem
Schatten des Laubes oder dem Gewirr brauner verwelkter
Blätter uns entgegensieht, ein neuer bezaubernder Anblick!
In soleher Umgebung sind dann diese T'hiere trotz ihrer Grösse
vortrefflich maskirt und geschützt vor den spähenden Augen
der Vögel, und es ist oft ganz wunderbar, wie täuschend die
Unterseiten der T'hiere, selbst die buntesten, den aufgesuchten
Umgebungen gleichen und ihnen angepasst sind.
Ein leider vereinzelter Fall blieb es, dass ein M. Rhe-
tenor, der stets in grosser Höhe seinen Flug nimmt, auf den
Weg herniederkam, angelockt durch die blauen Flügel der
alten, unbrauchbaren Stücke von Menelaus, die wir neben den
Köder gelegt. Das Vergnügen, das uns dieser Fang gewährte,
war um so grösser, als das Erscheinen des Thieres ganz
plötzlich kam und die blitzartige Schnelle, mit der es die
blauen Fetzen umkreiste, zu augenblicklichem Zuschlagen
zwang, Auch ein Weibchen von Rhetenor erhielten wir
und zwar dieses nicht im Walde, sondern an freierer Stelle,
an der kleinen Furth, die sich am Anfange des Waldes be-
findet. Leider war dieses Stück nur ein sehr altes Exemplar,
während wir an derselben Stelle die jüngere, wundervoll frische
Schwester desselben uns schmachvoller Weise entgehen liessen,
einer der brennendsten Vorwürfe, die je das Gewissen eines
Sammlers belasteten. Es war um Mittag, als wir der von
Gebüsch und Sumpfgewächsen eingefassten Stelle uns näherten
und auf der andern Seite dicht an dem seichten Wasser ein
grösseres Thier sitzen sahen, das wir, gelb wie es war, für
einen Pap. Androgeos halten wollten. Indem wir durch das
Wasser ihm zuschritten, öffnete es langsam die Flügel und der
GG nie
236 Hahnel:
zaubervolle Anblick seiner goldgelben Oberseite bot sich uns
dar. In. demselben Augenblick aber erhob es sieh auch und
flog langsam davon, der Waldwand zu, wo es m 12 Fuss
Höhe auf ein Blatt sich niederliess. Sachte folgen wir ihm
und nun stehen wir direkt unter «lem Blatt, da fehlt eine
Handbreit um es zu erreichen! Noch ein Sprung und es muss
im Netz sein! Aber wehe! das Netz streifte und dahin zog
das Wunderthier, wie von Götterhänden geschützt und ver-
schwand über den Büschen. Und das muss mir passiren!
rief ich, zerknirscht wie ein Sünder. Es ist nur gut, dass
ich’s nicht war, gab meine Frau zur Antwort, die am Wasser
stehen geblieben war und meinen Schmerz nur halb ermessen
konnte. W alırhaftig, ich habe mich nie so geärgert und so
geschämt, wie bei dem Entschwinden dieses "stolzen Pracht-
thieres, das ich schon sicher zu besitzen «laubte.
Das beste T’hier von Obidos, Morpho Hecuba, war mir
unerreichbar, ich sah nur drei oder vier Mal diese grosse
dunkle Gestalt hoch durch die Zweige und über die Kronen
des Unterholzes «leiten, doch war mein Aufenthalt zu kurz
und überdies zu sehr dem Fange der genannten Arten ge-
widmet, als das ich specielle Umschau nach jenen hätte halten
können.
Im December, nachdem uns eben noch die Freude
zu Theil geworden, unsere Reisegefährten von Liverpool,
Mr. Goodman und Sohn eine Woche lang als Collegen auf
unseren Ausflügen neben uns zu sehen, liess denn die Anzahl
der Morphiden allmählich nach, auch die Callithea wurden
spärlich und ebenso erhielten wir nur noch wenig von andern
Sachen. Erwähnenswerth sind indess noch die schönen, seltenen
Varietäten von Heliconius Melpomene, die gerade hier in
merkwürdiger Ausbildung vorkommen. Die sonnigen Tage
machten einem meist trüben und regnerischen Wetter Platz
und so war denn die Zeit gekommen, Obidos mit dem nahen,
wieder auf dem Südufer gelegenen Villabella zu vertauschen,
wohin wir Mitte ‚Januar übersiedelten.
Villabella.
Villabella präsentirt sich dem stromaufwärts Gehenden
schon von weiter Ferne als eine lanegestreckte Linie von
Häusern. die weiss schimmernd an dem hohen Uterrande sich
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 237
hinzieht und beim Näherkommen emen um so freundlicheren
Eindruck gewährt, als sich zu ihren Füssen in der kleinen
Bucht, die in das feste, eisenhaltige Conglomerat des Ufers
schneidet, ein ganz anmuthiges und belebtes Hafenbild ent-
faltet. Im Innern bewahrt das Ansehen des Ortes, wie alle
andern am Strome, mit einziger Ausnahme der beiden zu-
künftigen Grossstädte, Parä und Manäos, durchaus seinen ein-
fachen, ländlichen Charakter, dem sich die vorhandenen
städtischen Motive bereitwillig unterordnen. Grasgrüne Strassen,
gelegentlich von Rindvieh durchwandert, hellgestrichene Häuser,
die mit zerfallenen Hütten abwechseln, hier ein Laden voll
_ unbegreiflichem Pariser Tand, daneben Geröll und Gestrüpp
in einem verwilderten Hof, schliesslich überall ein Sichver-
lieren der letzten Zaunruinen in die Vorposten des Waldes,
der stets bestrebt ist, das verlorene Terrain sich wieder zu
erschleichen. An diesen Aussenfronten bieten sich dann dem
Auge oft prächtige Bilder von einem phantastischen Ineinander
von Natur und Kunst. Da drängen sich durch das Balkenwerk
eines angefangenen und wieder vergessenen Baues die kletterınden
Ranken von Blumen und Wuchergesträuchen, die mit ihrem
lachenden Grün das graue Gerüst überdecken und wie spöttisch
und voll Uebermuth des Baumeisters Traum, der der Künstlerin
Natur wieder als Erbe zugefallen, nun weiter spinnen in freier
Variation. Und dicht daneben wieder, wie herausgeschnitten
aus der wilden Umgebung tritt uns der freundliche Anblick
eines sauber gehaltenen Hofraums entgegen, in welchem einige
Melonenbäume und Bananen im Verein mit einer Palme, einem
Orangenbaum, etlichen Rosensträuchern und ein paar Kästen
mit europäischen Gartenblumen, die auf einem Lattengerüst
Sicherheit finden vor den blätterverwüstenden Ameisen, sich
zu einem ebenso zierlichen wie reichen Vegetationsbild grup-
piren. Dort die freie Entfaltung der siegreichen Natur, gegen
die der Mensch in seiner so verzeihlichen Trägrheit nur eine
schlechte Vertheidigung führt, hier die Dankbarkeit der
formschönen Pflanzenwelt, mit der sie die ihr gewährte Gast-
freundschaft lohnt. Aber in allen Erscheinungen des tropischen
Lebens, im Aufblühen wie im Verfall, in der Mannigfaltiekeit
der Naturgestaltung wie in der bunten Gewandung, in der
das Kulturleben auftritt, erblicken wir eine wunderbare, alle
Disharmonien auflösende Macht der Zusammenstimmung, eine
gegenseitige Verkettung aller Dinge, die im Grunde nur der
Anusfluss und der Reflex der ewig „leichmässigen, lebenspen-
denden Wärme ist, die von keinen Extremen berührt, alle
238 Hahnel:
Lebensentfaltung auf stets gleicher Höhe erhält. Die ganze
Natur ist gleichsam mit dem wohligen Hauch eines pleonastischen
Daseins erfüllt und alles, was uns umeiebt, erscheint uns als
eine einzige, volltönende Symphonie, in der auch das Fremd-
artigste, das unter andern Himmelsstrichen störend und wie
ein Missklang wirken würde, aufgeht in dem Bewusstsein einer
unerschütterlichen Weltruhe, die allen Wechsel überdauert und
alle Gegensätze versöhnt. Dieser ringsum in allen Lebens-
formen durchklingende Grundton einer unerschöpflichen Ueber-
fülle, die bei allem Zerfall und allem sichtbaren Bruchstück |
von Menschenwerk doch jegliche Vorstellung von Noth, diesem
(sespenst des Nordens, verscheucht und selbst wirklichen "Mangel,
wo er sich einstellt, in den freundlichen Ueberwurfder Resignation
und einer beneidenswerthen Genügsamkeit hüllt, erweckt in
uns ein alles versöhnendes Gefühl und erhebt uns über das
kleinliche Abwägen und Zählen der Scheidemünzen, mit denen
das Leben sonst uns zahlt.
Doch dieses mächtige, alles durchdringende 'Tropengefühl,
das nivelirend auf sämmtliche Lebensformen wirkt, mildert
und verfärbt allmählich auch alle unsere überkommenen An-
schauungen, die wir mitgebracht und die wir gewohnt sind,
als unfehlbare Richtschnur des Urtheils anzusehen. Manches,
das anfänglich unsrer kritischen, moralisirenden Anschauungs-
weise als auffallend, gewissenlos und locker erschien, tritt uns
mit der Zeit unter einem andern Gesichtspunkt entgegen; wir
lernen verstehen und lernen verzeihen, denn auch auf diesem
(sebiet sind die vor Augen tretenden Erscheinungen nur der
entsprechende Ausdruck der Abhängigkeit, in der der Mensch
in allen seinen Beziehungen zu der Natur des Landes steht.
Mit voller Ueberzeugung lebt man sich in dieses Gehenlassen
allmählich selbst hinein und lässt Krummes gerade sein, ohne
den Versuch zu machen zur Aenderung. Ein stoischer Gleich-
muth nimmt allmählich Besitz von unserm Fühlen, und un-
merklich nähern wir uns der Denkweise der indianoromanischen
Bevölkerung, die auf das Natürliche, Praktische, Nächstliegende
gerichtet, nur die conereten Formen des Lebens eultivirt, wie
sie in er werblicher und politischer Hinsicht als Forderungen
auftreten, alles Speeulative aber, alles was die Menschheit.
ideell verbindet und ein geistiges Reich darstellt, als unnützen
Ballast über Bord wirft.
Das ist die Nachtseite des Tropengenius, der tiefe
Schatten, der dem Glanze und der Fülle dieser Natur auf
dem Fusse folgt, dass sie durch die Unverwüstlichkeit ihrer
u en u re ze nn Keeih ecrer euere euere
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 239
Segnungen, die dem Menschen jahraus jahrein leicht und mühe-
los in den Schooss fallen, erschlaffend und erniedrigend auf
seine geistigen Fähigkeiten wirkt und in dem Europäer, selbst
dem weniger an geistige Nahrung gewöhnten, bei allem äusseren
Gelingen ein Gefühl der Oede erzeugt, das, verstärkt durch die
räumliche Vereinsamung, in der er sich befindet, schliesslich
bei erwachendem Bewusstsein nichts nachgiebt der Bitterkeit
einer Verbannung.
Doch es ist ja im Grunde eine herrliche Wohlthat für
uns, dass die geistige Lethargie das natürliche Niveau unsrer
Stimmungen ist und dass ein gesammeltes Nachdenken oder
ein tiefer greifendes Gefühl gewöhnlich nur die Dauer eines
schnell vorübergehenden Moments hat, gleich dem Schlag der
Uhr, der jetzt ertönt und dann eine ganze Stunde lange
schweigt. Wie also könnte es.in dieser phäakischen Sommer-
luft dem Menschen schwer werden, einen aufkeimenden Schmerz,
der ja nur auf dem verborgenen Boden der eigenen (sedanken
besteht, zu unterdrücken und sich voll wieder dahintreiben
zu lassen auf den warmen Lebenswellen der um ihn her
blühenden Welt!
. Im Osten der Stadt erstrecken sich — ein freundlicher,
seltener Anblick in diesen Ländern — grasreiche Hutungen,
die frei von Gesträuch, nur mit einzelnen hochragenden Bäumen
bestanden sind, unter denen weidendesHornvieh den erwünschten
Schatten findet. Um die Hecken der Waldränder treffen wir
hier neben bekannten Faltern den bunten Eneides Thales
und die feine, unsern Limenitis nahestehende Vila Emilia,
schwarz mit weisser Binde und Flecken, eine anziehende Ge-
stalt, mit ihrem ruhigen schwebenden Flug der Didonis Biblis
gleich, doch weniger ins Freie und in die Sonne sich wagend
als dies hübsche Negerkind.
In den schattigen Waldpfaden treiben wir bei jedem
Sehritt unter den breiten Blättern der niedrigen Maranten
hübsche Eryeiniden auf, von dem Genus Eurybia, hellbraun
mit weisser Punktreihe, den bläulich schillernden Nieaeus und
die einfachere Halimede, ziemlich breitgeflügelte Thiere, die
uns die auffallende Eigenthümlichkeit bieten, dass ihre Augen
in einem lebhaften, grünen Feuer spielen, wie wir dies ge-
wöhnlich nur bei Augen von Nachtfaltern wahrnehmen. Anch
jene reizenden @laucopiden, mit glasig durchsichtigen Flügeln,
Rücken und Leib mit glänzenden Streifen oder bunten
Perlen besetzt, schwirren häufig vor uns hin, um sich bald
wieder seitab im Gebüsch unter einem Blatt zu verbergen.
240) Hahnel:
Viel eifriger als ihnen gehen wir den gelegentlich auf
dem schmalen Pfade sichtbar werdenden Wald-Papilios nach,
den Sesostris, Vertumnus oder Aeneides, die oft die freie
und doch schattige Bahn, die der Weg in der Diekung des
Waldes darstellt, als Flugbahn benutzen oder nach vollbrachtem
Fluge irgend ein bevorzugtes Blatt darin als Ruhesitz wählen,
wo dann ihre schwarze, dreieckig spitze Gestalt uns leicht
schon von fern in die Augen fällt.
Weiterhin dann an den mit einem harten, struppigen
(rase bewachsenen Rändern der seeartigen Teiche, die in
einiger Entfernung im Osten und Süden die Stadt umgeben
und die, wie alle die unzählbaren Lagos, die das Innere des
unermesslichen Landes bedecken, Dependenzen des Stromes
sind und mit ihm steigen und fallen, tummelt sich auf den
kleinen Blüthen des Unkrauts eine zahlreiche, sehr gemischte
(Gesellschaft meist unansehnlicher Gestalt. Namentlich sind
da zahlreich vertreten kleine Hesperiden aus der Sippe der
xelben Pamphila und der dunklen Carystus, unter denen wir
bemüht sind, irgend eine seltene, uns noch unbekannte Form
zu entdecken; ferner braungelbe, kleine Phyeiodes, niedliche
Apodemia Epulus, unserm Nemeobius Lucina verwandt und
(die gewöhnlichen Landstreicher dann, die Junonia, Anartia,
Dione, ‚Colaenis und andere mehr, die an freien Plätzen bei
Blumen immer in einigen Stücken vertreten sind.
Doch nicht in diesen vuleären Formen, in den bescheidenen
Figuren der niedern Region kann der Reiz des Fangreviers
liegen, wir sehen uns um nach den Prachtgestalten der Mor-
phiden, diesen Glanzbildern, die uns von Obidos her noch
vor Augen schweben und nun, in den schönen Tagen, die sich
in der zweiten Hälfte des ‚Januar wieder einfanden, sind wir
so glücklich, auch den Genuss dieser Hochwildjagd uns wieder
winken zu sehen.
Im Süden der Stadt führt uns ein breiter Weg, nach-
dem wir eine kurze sandige Strecke durchschnitten, in kräftigen,
hohen Wald, durch den sich eine seichte Niederung, mit
schwächerem Wuchse bestanden, quer hindurehzieht. Auf diesem
Wege und namentlich in der Nähe jener T'halsenkung bot sich
uns täglich der herrliche Anblick zahlreicher, hoch über den
Spitzen der Büsche in unregelmässigen, mächtigen Zickzack-
linien «daherschwebender Morpho Perseus. Der schwarze
Morpho -— das ist der erste Eindruck, den man hat, denn
man sieht zunächst nur die braune, gegen den lichten Himmel
tiefdunkel erscheinende Unterseite, während die graue Ober-
‚ Entomologische Erinnerungen a an ı Büd- Amerika. 341
— u = - — _— _
fläche, die bei einigen Stücken ins Bläuliche, bei andern ins
Braune spielt, bei dem gleichmässigen, horizontal schwebenden
Fluge nur wenig, wenn sie von fern herankommen, sicht-
bar wird.
Welches reizende Schauspiel gewähren die grossen T'hiere,
die trotz ihres lebhaft bewegten, stossweisen Umherfahrens
durch die Luft doch nur kaum imerklich mit den Flügeln
schlagen und hoch und stolz, geborenen Herrschern gleich,
herabschauen auf das kleine Volk, das tief unter ihnen am
Boden sich bewegt! Wie brennt man vor Verlangen, diese
Thiere in ihrer stolzen Höhe von S—10 Metern zu erreichen,
zumal wenn mit jedem Tage immer mehr erscheinen und oft
ein halbes Dutzend und mehr sich zugleich vor unsern Blicken
zeigt, forschend und inspizirend, wie sie von einer Seite des
Weges nach. der andern Kreuzen und beim Begegnen ein
kurzes Scheingefecht aufführen, um bald wieder jeder in seiner
urspr inglichen Richtung weiter zu ziehen! Fast den ganzen
Vormittag haben wir dies wechselnde Schauspiel vor Augen,
denn erst gegen den nahenden Mittag, nachdem sie zwei bis
drei Stunden ihr weites Reich beflogen, ermüdet ihr Flug, und
sie lassen sich dann nieder im Schatten der Zweige auf irgend
ein grösseres Blatt, den Rücken dem Dunkel zugewandt, die
Augen der freien Aussicht zu. Selten findet man in den
Nachmittagsstunden noch ein vereinzeltes Thier seinen Flug
wiederholen und wohl nur dann, wenn am Vormittag un-
günstiges Wetter den, Flug verzögerte.
Wie dieser Thiere habhaft werden? Wir konnten an-
fänglich auf keine Weise ihnen beikommen; die Stangen, an
die wir das umfangreiche Netz von mehr als doppeltem Durch-
messer der. gewöhnlichen Grösse befestigt, reichten trotz aller
Länge nicht heran und waren überdies in dieser Höhe sehr
schwer zu regieren. Da senkte sich eines Tages ein solches
Thier plötzlich mit gewaltigem, schräg abwärts, geneigtem
Schwunge aus der Höhe herab auf einen am Boden saugenden
und. seine Flügel fächelnd bewegenden Papilio Cinyras_ zu,
dessen gelbe Farbe ilım wohl die Vorstellung eines verwandten
Etwas erweckte, dem er Jange schon in dunklem Drange nach-
gezogen und das er hier nun gefunden glaubte. Der Papilio,
heftig davonfliegend, klärte ihm seinen Trrthum auf, und mit
getäuschten Gefühlen zog der Morpho wieder aufwärts, uns
aber: ‚hatte er seine schwache Seite verrathen, die wir auf
irgend eine Weise ausnützen mussten.
Am andern Tage band ich an eine nur zehn Fuss lange
16
249 Hahnel:
Stange mein gewöhnliches kleineres Netz, in dessen Oeffnung
von dem obern Rande ein gelbes Papier herabhing, und dies
als Lockung in die Höhe haltend, ging ich nur den heran-
kommenden Perseus entgegen. Die Erscheinung übte ihre
Anziehungskraft vortrefflich aus. Der erste, sowie er den
hellen Gegenstand auf sich zukommen sah, senkte sich schräg
herab, gerade darauf lossteuernd, und verschwand mit wunder-
barer Präzision im Innern des Netzes, das im letzten Moment
schnell ihm entgegenschlug und ihn sofort herab nach dem
Boden brachte. ‚Jeder so gelungene Fang bereitete uns natür-
lich ein ganz ausserordentliches Vergnügen, aber freilich waren
es nicht alle, die auf die Lockung hereinfielen, sondern der
erössere Theil machte nur halbe Miene, mit dem Netz anzu-
binden, (von dem ich übrigens später, unbeschadet der An-
ziehungskraft, den Papierfetzen wegliess) und schwenkte wieder
nach oben ins Unerreichbare. Indess machte uns etwa jeder
dritte oder vierte die Freude, dass ihn seine Lust und Kampf-
begier ins Verderben trieb.
Aber abgesehen von dem Gelingen des Fanges war es
gerade dieser heroische Anblick, wie die Thiere stossvogelartig
aus der Höhe auf das ihnen entgegengehaltene Netz herab-
stürmten, was uns den meisten Genuss bereitete, die interessan-
teste Scene vielleicht, die sich dem Auge des Jagdfreundes
bieten kann.
Ein selteneres Thier als dieser Perseus, eine Gestalt, die
(durch Grösse und Pracht alle andern Morphiden übertrifft, ist
die wundervolle M. Cisseis, die weissblaue Abart jener Hecuba,
die auf dem Nordufer des Amazonas und in Guyana sich
findet und dort goldbraune Färbung trägt.
Wenn die hochsegelnden Perseus lange bereits über den
Liehtungen schweben, in der Entfernung schwarzen Flocken
sleich und scheinbar zugehörig zu der Gesellschaft jener
schwarzen Geier, die weit drüben über der Stadt im Aether
kreisen, — wenn die Sonne bereits mit voller Macht auf dem
blätterdach des Waldes liegt und der Menelaus, der hier in
der seltenen, violett spiegelnden Abart des Terrestris auftritt,
seinen Flug längst beendet — da erwacht die Cisseis zum
(senuss ihres Daseins. Tastend und überlerend rückt sie
einige Schritt auf dem Blatt, auf dem sie die Nacht geträumt,
und die Flügel nun öffnend, gleitet sie mit einem kräftigen
Abschwung hin in ihr Element, leicht sich erhebend zur Höhe
der Kronen des Unterwnchses, zwischen denen hin sie ihren
Klug nimmt, bis die Lichtung des Weges ihr sich aufthut,
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 243
der sie nun weiter folgt, ruhig und streng geradeaus, kaum
zuckend mit den mächtigen Schwingen.
Es ist eine wahrhaft königliche Erscheinung, dieses
stolze, wie im T'riumphe hoch daherschwebende Thier; von den
Flugweisen, die wir kennen gelernt, die herrlichste und er-
habenste von allen. Schon von fern, wenn diese grosse Gestalt
seitwärts über die Büsche in den Wee tritt, unterscheiden
wir sie von Perseus durch die Ruhe und geringere Höhe
ihres Fluges. Wie ein silberblauer, schmaler Streif, der leicht
blitzend sich heranbewegt, erscheint sie dann, bis sie, näher
und höher kommend, allmählich die braune, kostbar bunte
Unterseite sehen lässt, deren mattsilberglänzende Querstreifen
wir deutlich erkennen können, wenn sie über uns in 4 bis
5 Meter Bodenhöhe dahinzieht. Langsam brachten wir in-
zwischen das Netz ın ihre Nähe, und, nun hinter ihr her-
schlagend, überdeckt sie die Weite desselben mit kaum fehlender
Sicherheit.
Es giebt Thiere von einer blendenderen Schönheit, von
brillanterem Farbenglanz, aber es giebt nichts Gleiches wie
diese vestalische Keuschheit der Cisseisfarbe, dieses zarte
Weiss, von der Mitte aus nach dem Vorderrande zu in helles
blau und nach rückwärts in Schwarz übergehend. Und wie
die obere Ansicht einzig, so dürfte auch kaum etwas ähnlich
Vornehmes zu finden sein wie das Silberweiss und Braun der
Unterseite, diese herrliche Nachbildung grosser, welker, an
den Rippen mit Schimmel überzogener Blätter, denen das
Thier, wenn es im Schatten der Zweige seine Ruhe hält,
täuschend ähnlich sieht.*) Aber neben dieser herrlichen
(‚rösse und der Pracht der Färbung ist es auch der eigen-
artige Flügelschnitt, der uns bei diesem 'Thiere besonders ins
Auge fällt. Mit dem Perseus und den andern ihm nahe-
stehenden Genossen theilt die Cisseis die sehr spitz zulaufenden,
breiten Vorderflügel, aber eigen sind ihr hinten die stumpfen,
nach auswärts geschwungenen Ansätze von Schwänzen, die
ihr beim Fluge wie balancirende Ruder dienen und ihr die
grosse Ruhe und Sicherheit des Fluges ermöglichen, mit der
sie eleichmässig und eben, wie em Kahn über einen Wasser-
spierel, dahinschwebt.
Nächst ihr war es noch ein anderes hochfeines Thier,
nach dem wir unser ganz besonderes Augenmerk verwandten.
*) In ‚der That hielt ich ein, frisch an der Puppe hängendes Stück,
auf das ich einst traf, längere Augenblicke für solch ein welkes Blatt, bis
es zu meinem Staunen dann als lebende Gestalt sich erwies,
16*
244 Hahnel:
Es ist dies aus dem edlen und prächtigen (Genus Agrias der,
soweit bekannt, nur hier vorkommende Phaleidon, etwas
grösser als die Callithea Leprieurii, der er im allgemeinen
Ehrlich ist, — wie jene blau mit blassem, silbergrünem Rande,
— die Unter seite aber mit einer kräftigen, bandirten Zeie nung
und einer Reihe blau und weiss gesternter Augen geziert.
Zu derselben Stunde etwa, wenn die erste Cisseis er-
scheint, wenn die Sonne bereits den halben Weg zum Zenith
heranfgestiegen, beginnen dann auch diese Agrias ihren Flug,
und ein wenig eher noch als sie die ihnen verwandten Prepona,
und da letztere als die häufigeren Erscheinungen weit eher
uns ins Auge fallen, so lenken wir zunächst auf sie einen
Augenblick unsere Betrachtung.
(sanz plötzlich gewöhnlich erscheint die Prepona in
unserer Nähe an einem Baum, um dessen Zweige in der Höhe
eben nur erst einige Eneides Thales oder dunkle Heliconius
Rhea langsam tänzelnd hin- und herzogen. Mit stürmischer
Schnelle eilt sie dann eine Strecke im Wege entlang, wendet
um und jagt wieder zurück zu jenem Baum, an dem sie ge-
sessen, entweder an den Stamm sich setzend, kopfabwärts und
in ziemlicher Höhe, oder auf ein hervortretendes Blatt sich
niederlassend, von dessen Spitze sie in den Weg hernieder-
schaut. ‚Jagt ein anderes ihres Gleichen vorüber, so stösst
sie sofort auf dasselbe los, und wie der Wind treiben sie nun
wieder dahin, im Wege auf und ab, oder den Wipfeln zu, die
kräftigen Flügel scharf zusammenklappend und nur wenig sie
öffnend, sodass «die glänzende, blaue @Querbinde nur se hwach
und in grünlichem Scheine aus dem Spalt der Flügel hervor-
Sc himmer t.
Von allen Faltern haben die Prepona den schnellsten
und wildesten Flug, wie schon der Anblick ihres gedrungenen,
kräftigen Thorax dies vorausschliessen lässt. Während die
Morphiden, sowohl die hochfliegenden Arten, wie auch die
dichter am Boden bleibenden von der Menelaus- und Achilles- .
Gruppe, weit umherschweifende Thiere sind, die stundenweit
die eingeschlagene Richtung verfolgen und sich dabei selbst
von breiten Wasserflächen nicht abschrecken oder irreleiten
lassen, bleiben hingegen die Prepona wie die meisten andern
Nymphaliden gern in der Nähe ihrer Brutstätte, an denen
sie orientirt sind und an «die sie ein heimathliches, gewisser-
massen zaghaftes Gefühl fesselt, und nur selten sieht man sie
ihre Streifflüge weiterhinein zu abliegenden Baumgruppen
unternehmen,
{
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 945
Dasselbe Verhalten nun wie die Prepona, zeigen jene
ihnen zunächst stehenden Agrias, nur dass diese, wenn ihr
Flug auch sonst sehmell genug zu nennen ist, doch bei weitem
nicht jene rapide Art zu fliegen besitzen, durch welche die
an Grösse und scharfen Flügelschnitt sie übertreffenden Prepona
sich auszeichnen. Auch überhaupt legen sie eine grössere
Ruhe an den Tag, und namentlich ist die Ausdauer ganz
merkwürdig, mit der sie den einmal auserwählten Sitz, ein in
der Höhe frei in den Weg hereinragendes Blatt festhalten,
auf dem man sie unbeweglich oft lange Zeit beobachten kann
und zu welchem sie genau wieder zurückkehren, sowie sie
einen Flug im Wege hin unternommen. Bei dieser unbeirrten
sichern Ruhe lassen sie es dann ohne Furcht geschehen, dass
man das Netz an der langen Stange behutsam von unten ihnen
nähert, bis es dieht an ihren Sitz heranreicht; und indem man
dann kräftig in der Richtung, wie sie abfliegen wollen, zu-
schlägt, hat man das 'Thier ıneist sicher im Netz.
Da die Höhe, in der sie sich aufzuhalten pflegen, eine
sehr bedeutende ist, zwischen 5 bis 10 Metern wechselnd, so
drang der Geruch von Köder, den wir gelegentlich anwandten,
nicht bis in ihre Nähe, und wir erhielten die wenigen Phaleidon,
die wir überhaupt zu Gesicht bekamen, sämmtlich auf diese
Weise von der Spitze ihrer Blätter herab, während in dem-
selben Wege die Preponas, die weit öfter ihre Flugtour
wiederholen und dabei ab und zu tiefer herab zum Boden
tauchen, eher einmal den vorhandenen Unrath wittern und
dann leicht bei demselben sich wegfangen lassen.
Da im Februar wieder viel trübes, ungünstiges Wetter
eintrat, so beschloss ich, befriedigt durch den Besitz wenigstens
einiger der, seit Bates sie hier entdeckte, also seit ca. 25 Jahren
nicht wieder gefangenen Phaleidon und Cisseis, meinen Auf-
enthalt hier nicht länger auszudehnen, sondern einem südlich
an einem Nebenflusse gelegenen Landstrich, der entomologisch
bisher noch nicht besucht worden, einige Monate zu widmen.
'
Maues.
Anfang März fuhren wir von Villabella ab und langten
am zweiten Taee in dem kleinen, freundlich an weissem Strande
gelegenen Maues an, dem Hauptort des unterwegs auf dem
Dampfer vielverhandelten Guaranä, einer nur in hiesiger
segend gezogenen medizinalen, dem Kaffee ähnlichen Frucht,
246 Hahnel:
En
die ein erfrischendes, die Nerven anregendes Getränk liefert
und geröstet und in Stangen geformt einen geschätzten Export-
artikel nach den oberen Laplata-Ländern bildet. Bei der An-
näherung an den Ort machte sich uns eine eigentümliche Er-
scheinung bemerkbar, die wir später bei allen den kleineren,
schwarzes Wasser führenden Zuflüssen des Amazonas in auf-
fallender Uebereinstimmung wiederkehren.sahen. Kurz näm-
lich vor dem Austritt in das gelbe Amazonas-Wasser, das
auch in den schmalen Seitenarmen, in den Paranäs, stets mit
starker Strömung vorüberfliesst, bilden diese Zuflüsse eine
seeartige Ausweitung, die wie ein riesiger, indess nach der
eigentlichen Mündung zu sich wieder verengernder Kropf dem
schmalen Flussbette angesetzt ist. Offenbar sind diese Haft-
bildungen die Wirkung der bei dem jährlichen Steigen des Haupt-
stromes hervorgerufenen Stauung und der dadurch verur-
sachten Ablenkung und Rotation des in seinem Vorwärts-
dringen gehinderten Binnenwassers, das dann bei eintretendem
Fallen mit dem vollen Druck der hochgestauten Wassermasse
den gelockerten Boden mit sieh führt und so eine fortgesetzte,
immer erössere Auswaschung des Beckens hervorbringt.
An diesen so entstandenen Laeos, die vor allem den
Vortheil eines vortrefflichen, sichern Hafens gewähren, wie
solche am Hauptstrome nicht vorkommen, befinden sich die
bestgelegenen und wohl auch ältesten Ansiedlungen des Landes,
die indess in ihren Anfängen kaum in die alten vorchristlichen
Indianerzeiten hinaufreichen dürften, da alle dem Naturzustande
noch nahen Indianer heut wie früher ihre Hütten stets nur
in den verstecktesten, dem Feindesauge verborgenen Winkeln
anzulegen pflegen, abseits von den offen und frei liegenden
Uferrändern, die erst der weisse Besitzer des Landes zu
Wohnsitzen auswählte.
Die mannigfach verschiedene Zusammensetzung des
Waldes, der in urkräftiger Ueppigkeit uns hier umgab, liess
uns gleich beim ersten Ausgange die Hoffnung auf gute Beute
hegen. Namentlich die schmalen, lichteren Waldstreifen, welche
die weiter rückwärts im Walde angelegten Mandiocapflanzungen
von dem Weichbilde des Ortes trennen, boten uns eine grosse
Artenzahl besonders jener kleinen, bunten Eryeiniden, von
denen uns fast täglich neue Formen entgegentraten. Zu den
am häufigsten uns vor Augen kommenden Arten gehörten zu-
nächst die gern an den sonnigen Eingängen der Waldwege
sich haltenden, schnell hin und her fahrenden und bald wieder
nach ihrem Blatt zurückkehrenden Anatole Zygia, kleine,
|
|
|
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 247
dunkle Thierchen mit weisslicher Zeichnung der Hinterflügel,
deren Fluggewolhnheit übrigens auch die ihnen verwandten,
etwas grösseren Thisbe-Arten theilen.
Häufig treffen wir ferner im Schatten des Waldes zalıl-
reiche Mesosemia-Arten, namentlich den kleinen, weissen
Philemon und die wundervollen, oben wie unten glänzend
blauen Croesus und Marisa; sodann auch den dieser Sippe
nahe stehenden kleinen, schwarzen, ängstlich vor unsern Füssen
hinfliegenden Eunogyra Satyrus und den eigengeformten, fein
punktirten Uremna Ceneus. Auch die mit ihren schmalen,
gestreckten Flügeln sehr zierlich sich ausnehmenden Alesa
Amosis mitihren hellbraunen, gesprenkelten Weibchen scheuchen
wir öfters an den Wegen auf und sehen sie dann schnell ein
Stück vor uns hineilen, während die sehr kleinen mit schmaler
Glanzlinie bordirten, schwarzen Charis-Arten, Cleodora und
Zama, die sich vorzugsweise gern auf der Oberseite der Blätter
halten, in ihrer erossen Harmlosigkeit kaum Notiz von uns
nehmen, wenn wir vorübergehen, und nur einen Augenblick
auffliegen, um baldigst wieder an derselben Stelle sich nieder-
zulassen, oder wo ein Sonnenstrahl herniederdringt, spielend
mit einem Genossen in der sonnigen Luft auf und nieder zu
steigen.
Die von allen am beständigsten durch den Wald wieder-
kehrenden Kleinfalter waren einige zu der Sippe der Echenais
sehörigen Arten, namentlich die zartblau und weiss gefärbte
Leueoeyanea und die etwas dunklere Violacea, sowie die
rothbraun und weisse Penthea. Häufigere Erscheinungen
waren auch die den Eryeiniden in ihrem Verhalten nahe-
stehenden, zahlreichen Arten des bunten Hesperiden-Genus
Entheus. Wie jene sitzen sie an der Unterseite der Blätter
an, mit flachgebreiteten Flügeln und flieren aufgescheucht mit
erosser Hast hin und her, um bald wieder ihre alte Stelle
einzunehmen, auf die sie nur verzichten, wenn die Störung
ihnen zu lange währt. Auch von den ihnen verwandten
Pyrrhopyge, kräftiger und grösser als sie, treffen wir einige,
wenn auch meist nur die weniger geschätzten schwarzen Arten,
wie Zeleuceus und Phidias, an den lichteren Waldwegen an,
an denen sich auch auf Blättern, sorgfältig unter ovalen, flach
über sich «ehefteten Blattausschnitten wie in einer Tasche
versteckt, ihre rothborstigen Raupen und Puppen finden.
Eine Gruppe von Faltern, deren wir bisher nur wenig
Erwähnung gethan, sind die in den Waldungen überall ver-
tretenen, aber nirgend durch ihre Frequenz oder durch die
248 Hahnel:
Auffälliekeit ihrer Erscheinung eine Rolle spielenden dunklen
Satyriden. (anz verschieden von unsern heimischen, dieser
Familie angehörigen Faltern, die in Wald und Feld in lebhaft
heiterer Bewegung sich zeigen, verharren diese düster ge-
färbten Thiere, bei denen nur die Unterseite mit ihrer Augen-
zeichnung ein wenig gegen die Monotonie des matten Schwarz
sich abhebt, flugscheu und einsam, dicht am Boden im Dunkel
der Sträucher, nur in den Morgen- und Abendstunden zu einem
vagirenden Umherstreifen durch die Gebüsche aufgelegt. Diesen
im allgemeinen mit grosser Niehtachtung von uns behandelten
Taygetis-Arten steht die äusserst zahlreiche Sippe der kleinen
Euptychien zur Seite, die sich sehr wohl mit unsern kleinen
Coenonympha-Arten vergleichen lassen, mit denen sie ziemlich
das gleiche, harmlos muntere Temperament besitzen. Die
grosse Mehrzahl dieser Thierchen tritt uns ebenfalls in jenem
leidigen, unbestimmten, nächtlichen Schwarzgrau oder Grau-
braun der Taygetis entgegen, doch finden wir daneben auch
Arten, die sich in klaren, hübschen Farben tragen, wie die
kleine, zarte, überall vorhandene, weissgraue Mollina, die
seidenweiss glänzende Hesione, oder der prächtige, hellblaue
Cephus.
Jene scharf und oft so originell ausgeprägten Zeichnungen
der Gebirgs-Satyriden vermissen wir hier in den Formen der
Ebenen fast ganz. Doch bietet die den Corades verwandten
Bia Actorion eine ganz eigenthümliche Form, und in dem
grossen, braunen Caerois Chorineus haben wir sogar nach
Flügelschnitt und Betragen einen ausgeprägten Sonderling vor
Augen, träg und stupid, der aufsetrieben nur eine kurze
Strecke hinfliegt, um sich auf das erste beste Blatt frei und
offen wieder niederzulassen, von dem er sich dann gewöhnlich
ohne weiteren Fluchtversuch wegfangen lässt. Indessen auch
das interessante, durch seine merkwürdige Flügelform hervor-
stehende Genus Antirrhaea weist hier einige Vertreter auf,
neben Philopoemen und Taygetina auch eine Art, die sich
als neu herausstellte und den Namen Murena *) erhalten hat.
Häufiger als diese grossen Thiere sind die ihnen verwandten,
sehr verbreiteten Pierella-Arten, Lamia, Lena und Dracontis,
von denen namentlich die letzteren beiden mit den blauen
Tupfen auf den breiten Hinterflügeln hübsche Erscheinungen sind.
Aber ganz entzückend sind neben ihnen jene duftigen,
transparenten Haetera- und Cithaerias-Arten, bei denen die
*) Staudinger, Ex. Schm, Taf. 7
-]
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika.
249
in den verschiedensten Gruppen von Lepidopteren auftretende
atavistische Neigung zu glasigen, farblosen Flügeln wohl in
der zartesten Weise zur Ausbildung gelangt. Aetherische,
idealisirte Gestalten der Falterwelt, die das dunkelfarbige
Schuppenkleid, das ihre nächsten Verwandten umhüllt, völlig
abgestreift, tragen sie an den durchsichtigen Flügeln nur einen
kaum merkbaren leisen Hauch von Zeichnung, allen Reiz zarter
Färbung um die weissgesternten Augenflecke an den Hinter-
flügeln vereinigend. Wie ein Schatten huschen diese reizenden
'T'hiere dieht am Boden vor uns hin, kaum sichtbar dem Auge,
wenn trübes Dunkel herrscht, aber wie ein Edelstein erglänzend,
wenn ein Sonnenstrahl den leuchtenden Farbenfleck trifft, der
ihre Hinterflügel ziert. Die hier vorkommende Cithaerias,
die den Namen Bandusia *) erhalten, trägt einen Fleck vom
schönsten, reinsten Blau, während die bei Parä gefundenen
ismeralda mit Violett und eine andere, weiter aufwärts am
Strome verbreitete Art, die Aurora mit Rosa geschmückt ist.
Oft beim Verfolgen von Satyriden, wenn wir die schmalen
Waldwege verlassen und einige Schritt ins Gebüsch hinein-
treten, treiben wir eines jener grösseren Thiere auf, die die
schattigen Verstecke in dem niedern Geäst und um die Baum-
stämme herum tagsüber als Schlafstellen aufsuchen, bis die
Kühle und das Dunkel des Abends sie aus demselben zum
Fluge hervorlockt. Hier ist es eine mattbraune Brassolis
Sophorae, dort der etwas lebhafter gefärbte Opsiphanes
Xanthus oder Quiteria, oder auch ein grosser 0. Berecynthus,
dunkelbraun mit oranger Binde, oder auch die Riesengestalt
eines grossaugigen Caligo.
Ganz besonders waren wir erfreut, von diesem letzteren
Genus zwei neue Arten hier zu finden, den an die Idomeneus-
form sieh anschliessenden Rhoetus, **) mit gelber Falte und
gelber Unterseite der Hinterflügel und den einfarbig dunkeln
Menoetius, mit grossen, aber auffallend schmalen und lang-
gestreckten Flügeln. Im Allgemeinen kommt man den Caligos
viel seltener bei als den Morphos, schon deshalb, weil sie nicht
wie jene weit umherfliegen, sondern sich auf engerm Gebiete
beschränken, hauptsächlich aber weil sie während der kurzen
Stunde ihres Fluges ziemlich sicher sind vor unsern Nach-
stellungen, da wir in dieser späten Stunde den Wald nicht
mehr zu betreten pflegen. Doch verschafften wir uns öfters
*) Staudinger, Ex. Schm, Seite 219.
**) Staudinger, Ex. Schm. Taf. 74.
250 Hahnel:
den (Genuss, in der Dämmerstunde an den Eingängen der
Waldwege diese grossen gespenstischen Gestalten ihr Wesen
treiben zu sehen, wie sie, die Flügel nur halb aufklappend,
in heftigen Sprüngen den Wege daherfahren, einen Augenblick
auf ein Blatt sich setzen und wieder davoneilen, auf und ab
im Wege oder weiter hinaus ins Freie bis zu den Häusern
hin. Am liebsten tummeln sie sich herum, wo in der Nähe
(ler Hütten unter Mangos, Cajü und andern Bäumen faulende
Früchte am Boden liegen, an denen sie sich dann oft noch
nach ihrem Morgenfluee in den früheren Vormittagsstunden
antreffen lassen, etwas berauscht, wie es uns immer schien,
und deshalb nicht recht vorsichtig mehr beim Davontlieeen
in ihre Verstecke.
‘nde Mai, als die Regenzeit zu Ende ginge und das
Wasser bereits seinen höchsten Stand erreicht, kamen uns mit
den Catopsilien auch jene weissen Papilios wieder zu Gesicht,
die am Wasser leben. An den langen Uferlinien entlang
ziehend, fielen sie, wo zwischen dem Gestrüpp ein Wege zu
den Canös am Wasser herabführte, auf dem feuchten Sand
oder Lehmboden ein, um von Zeit zu Zeit in eine kleine Wolke
sich wieder aufzulösen, wenn eine Kidechse unter sie gefahren
oder sonst eine Störung gekommen. Neben dem uns schon
von früher bekannten Protesilaus trat hier noch der ihm
ähnliche Telesilaus auf und der etwas kleinere, leicht ins
erünliche spielende Autosilaus, während zu dem grossen,
prächtigen Doliecaon eine andere begehrte Gestalt, der gleich-
talls sehr fein geschwänzte Columbus sich hinzugesellte.
Hin und wieder fand sich bei diesen dann noch ein
erosser gelber Cinyras ein, auch Polydamas zeigte sich und
der grosse, schwarzerüne Varus, der die Form des Latinus
hier vertritt. Oefters auch liessen sich die beiden einander
nahe verwandten Formen, Cyamon und Arianus sehen, die
kleinsten der ans Wasser kommenden Papilios, beide von
etwas durchsichtigem Schwarz, auf den Vorderflügeln mit
Weiss, auf den Hinterflügelm mit wenigem Roth gezeichnet.
Nur höchst selten trafen wir diese letzteren ebenso wie
auch die andern Papilios des Strandes im Walde an, wo sich
dageeen die schattenliebenden Vertumnus, Anchises und der
sehr kleine, auffällig gelbgefleckte Triopas hin und wieder
uns zeigten. Auch unter den vom Waldrande her ans Wasser
kommenden Nymphaliden, die übrigens leider nur äusserst
schwach hier vertreten waren, fanden wir einige hübsche
Thiere, wie die schwarzbraune Megalura Norica, die gelbe
a
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika.
aa
M. Tutelina und den schönen, seltenen, mit breiten weissen
Streifen gezierten M. Orsilochus.
Bei den Ausflügen, die wir öfters nur auch nach dem
gegenüber liegenden Lago-Ufer unternahmen, fanden wir ausser
der gewohnten Beute, die der Strand lieferte, an den freien
Plätzen um die Häuser und in den Kaftee- und Cacaogebüschen
auch zahlreiche kleinere Sachen, wie namentlich die reizenden
Callicore Clymena und eine Anzahl von weissen und grünen
Dynamine-Arten. Ebenso erhielten wir bei solchen Streifereien
auf entlegenerem Terrain stets einzelne Stücke von seltenen
Heliconius-Arten, wie Wallacei, Cybele, Andremona und
andere mehr, während dagegen der seltene, bunte H. Herma-
thena nur in den Pflanzungen an dem sandigen Strande ober-
halb Maues zu finden war.
In dieser Zeit, in der alle Niederungen, die das höher
eeleeene Festland netzartig durchsetzen, unter Wasser stehen,
gewährt es einen ganz besonderen Naturgenuss, diese weiten
Waldungen, die in die wunderbarsten Wasserlandschaften um-
sewandelt sind, im Cano zu befahren. Ueberlassen wir also
einmal unsere edlen Strandritter und die schüchterne Schaar
der kleineren Waldgeister dem ungestörten (Genuss ihrer
Sommertagsgefühle. Die Anstalten zum Ausflug sind bald ge-
troften, das Cano ist bestellt, und früh in herrlicher Morgen-
stunde geht es flussab mit zwei Mann. Lautlos gleitet der
Kahn über die Spitzen der Sträucher dahin, die am Ufer ent-
lang aus dem Wasser ragen und zwischen denen in langen,
eleichmässigen Pausen ein Pärchen Delphine schnaubend auf-
taucht, stets in demselben ruhig gemessenen Bogensprung ihre
runden Rücken zeigend und stets dicht bei einander; ein zärt-
liches Bild, das diese Thiere gewähren, die zu jagen kein
Indianer unternimmt.
jald sind wir in dem gelben Stromwasser, mit dem wir
schnell weiter abwärts gleiten und indem wir in eine schmale,
kaum bemerkbare Lücke des Uferrandes nun einbiegen, be-
finden wir uns plötzlich in dem engen, schattigen Bett eines
learipe, eines „Kahnwees“, wie so bezeichnend der Indianer
in seiner Sprache diese unzähligen kleinen Wasserwege nennt,
die, meist Abflüsse weiter landeinwärts liegender Seen, mit
ihrer glatten, stillen Fläche in der reichen Waldscenerie die
herrlichsten Promenadenweee der Welt darstellen. Zu beiden
Seiten umsäumen die Kronen dichtbelaubter Gebüsche das
enge, stille Fahrwasser, in dessen schwarzem Spiegel das feine,
252 Hahnel:
bunte Maschennetz der hohen Baumkronen und das Blau des
Himmels wiederscheint.
Da erweitert sich der schmale Wee zu einem Teiche;
baumartige Calladien mit ihren grossen herzförmigen Blättern
ragen Stamm an Stamm hoch über die Wasserfläche empor,
wetteifernd an Höhe mit den Kronen krummgewachsener
stachliger Palmen. Dort weiterhin schimmert die weisse Blüthe
einer Vietoria regia uns entgegen, umringt von den riesigen
Napftellern ihrer fahlgrünen Blätter, die mit dem Gewieht der
über sie hin spazierenden Teichhühner über Wasser gehalten
werden durch den Gegendruck der merkwürdigen tiefen
Kammern, die durch das Adernetz auf ihrer Unterseite ge-
bildet werden. Aengstlich pfeifend fliegen jene Piosoecas auf,
ihre strohgelben Flügel uns zeigend, die prächtige abstechen
gegen «die rostrothe Farbe ihres Körpers, und dort fallen sie
dann eim in das dichte Schilferas, das in der kleinen Bucht
eine schwimmende Insel bildet.
Dichte Sträucher, aus denen das heisere Gekrächz der
srossen Zigeunervögel, die ihre Nester hier bauen, herüber-
tönt, hemmen nur das Vorwärtsdringen, da lenkt der Kalın
seitwärts in eine Lücke der Gebüsche und nimmt nun seine
Richtung «ner durch den Wald, über die Spitzen der jüngeren
Bäume, über Aeste und schwimmende Stämme hinweg und
unter hängenden Zweigen hindurch, ausweichend und hindureh
sich windend .zwischen den glatten, aus dem Wasserspiegel
aufragenden Stämmen und dem Gewirr der Lianen, die «die
Kronen der Bäume unter einander und dann herab sich senkend
mit dem Boden verketten. Schweigend führt der Indianer
das kleine runde Ruder, dessen Eingreifen in das Wasser
kaum sich vernehmen lässt. Stamm an Stamm zieht in Eile
an uns vorüber, und immer verworrener wird der Weg, dessen
kaum sichtbare Spuren und Merkmale das sichere Auge des
Indianers hier und da in einem schrägen Baumstamm, in einem
geknickten Aestchen erkennt. Todtenstille herrscht durch den
Wald, kein Vogellaut, kein Geräusch von Inseeten ringsum.
Alles Leben scheint wie erstorben, und nur hin und wieder
lassen uns Ameisen oder Termiten, die wir von den Aesten
streifen, erkennen, dass im Verborgenen noch Leben vorhanden;
und hier und da auch erblicken wir an einem Stamm dicht
über dem Wasser einige Skolopender, jene hartschaligen, lang-
samen Tausendfüsse, oder auch eine langbeinige Skorpionspinne,
die sich in die Spalten der rissigen Rinde drückt. Unter
Wasser aber verrathen uns nun die frischabgesetzten Eier der
R
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika.
grossen Teichschnecke, die wie runde körnige Klumpen an den
Stämmen haften, bereits die Nähe unseres Zieles, dem wir
entgegensteuern, des Lago,
Da lichtet sich das Holz, und wir treten aus dem Waldes-
schatten in eine schmale Bucht, die langhin sich erstreckt,
eingefasst zu beiden Seiten wieder von diehtem Buschwerk,
hinter dem weiter zurück dann die Waldwand sich erhebt.
Schon von fern aber lockt uns der Anblick eines blühenden,
über dem Wasserspiegel sich wölbenden Busches, an dem die
hellen, ihn umkreisenden Punkte uns zeigen, dass er der
Mittelpunkt ist einer Anzahl Falter, die rings aus dem Walde
sich hier zusammengefunden. Eilig fährt da ein Telesilaus
an den weissen Blüthen umher, ein seltener Fang, denn es
ist ein Weibchen, auf hunderte von Männchen eins; und ein
schwarz-weiss-rothes Sesostris-Weib flattert eifrig auf und ab
um die Zweige, hier und da einen Moment innehaltend, un
unter stetem Fächeln an den Blüthen zu saugen. Bunte
Catonephele Obrinus und schwarz und orange gefärbte
C. Acontius, auch wohl von den letzteren einige gelb und
schwarz carrirte Weibehen heben sich von den Blüthen ab,
auffliegend und bald wieder sieh ansetzend, ihre schönen Ober-
seiten abwechselnd zeigend oder auch schliessend. Kin oder
der anderen Heliconier, eine schwarz und gelbe, rotlıstrahlige
Thelxiope oder Vesta, oder auch ein feiner, schwarz und
weisser Antiochus umschweben ruhigen Fluges die Gesträuche
und nähern sich mit beschleunigtem Flattern den Blüthen,
doch auch dann immer gemessen in ihrer Haltung und frei
von der Hast, die den Augenfaltern meist eigen. Dazwischen
zeigen sich kleine Thecla, kleine Eryeiniden, eine Emesis
etwa, eine Lemonias, eine Mesene, ein Nymphidium, von
allem eins, wie es die Regel ist überall. Gerade vor uns
kreuzt dort ein Menelaus über die Fläche, ein herrlicher An-
blick, wie die Sonne über ihn glänzt; aber in dem Bewusstsein,
dass das nasse Element unter ihm, ist hier sein Flug gleich-
mässig dahinziehend, olıne jene mächtigen Sprünge, die wir
über dem Festland bei ihm sehen.
Gatopsilien und weisse Papilios fliegen stürmisch neben
uns hin, nach einem Platze suchend zum Ansetzen. Da end-
lich finden sie einen Fleck, wo an einem Strauche, vom Winde
angetrieben, vermorschte Aestehen oder halb verfaulte Wurzeln
von Schilf und Teichpflanzen ein modriges, schwimmendes
Gartenbeet bilden. Gierig fallen sie da ein, gelb und weiss
im Durcheinander, doch nur kurze Zeit, denn das Richtige
254 Hahnel:
ist es noch nicht, was sie suchen, und es muss bessere Stellen
eben auf dieser schönen Welt, das sagt ihnen klar ihr
alınendes Verständniss, und weiter eilen sie, eine Stunde weit
oder mehr.
Nun erweitert sieh die Bucht zu einer seeartigen Fläche.
In dem seichten Wasser am Ufer hin stehen einzeln, dann
dichter werdend, Röhricht und wilder Reis, aus welchem
schwerfällig schwarze Enten aufsteigen und hier und da das
schneeweisse Gefieder eines Reihers hervorblickt.
An jener Landzunge, wo neben einer verlassenen PHanzung
ein hochstämmiger Pikiäbaum frei in die Luft ragt, haben
wir das reizende Schauspiel, wie eine Schaar Affen, die den
Früchten dort nachging, durch unsere Annäherung überrascht,
in Angst und Todesverachtung von den überhängenden Ast-
spitzen herniederspringt auf die tief unten am Boden mit
Schlinggewächsen überzogenen Sträucher, ein Sprung aus
50 Fuss Höhe und darüber. Wie köstlich ist diese Scene!
Ein Abschwung, dass die Zweige hoch emporschnellen, und
elatt mit ausgestreckten allen Vieren geht es hinab durcli die
Luft, den langen Greifschwanz hinter sich wie eim Steuer in
rasch wedelnder, horizontaler Bewegung. Immer zwei, drei,
vier springen zugleich herab, bis auch die letzten von dem
Schock, auch die Mütter mit ihren Jüngsten, die fest an den
Pelz sich schmiegen, glücklich unten sind. Und dahin eilt
num die kletternde Karawane, über die Sträucher aufwärts
den schützenden Bäumen zu, quikend und pfeifend wie eine
Schaar kleiner Vögel.
Am Lago sind einige Ansiedlungen zerstreut, wir be-
suchen die einzelnen Hütten. um überall kurze Strecken in
den Wald vorzudringen, und schliesslich, als wir die Rückkehr
antreten, sind wir erfreut, dass unter den erbeuteten Stücken
doch das eine oder das andere sich befindet, dass uns bisher
noch unbekannt geblieben.
Massauary.
Um diese Gegend auch noch an einem andern Punkte
kennen zu lernen und auszubeuten, verliessen wir Maues An-
fang August und siedelten nach dem kleinen, fussabwärts nach
Villabella zu gelegenen Massauary über. Ein Name sozusagen
ohne Ort! Nur ein umfangreiches, altes Gebäude, das einst
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 255
bessere Tage gesehen, und daneben zwei niedrige Hütten hielten
an dem hohen Lehmufer noch Wacht bei der kleinen Kirche,
die zu Festzeiten immer noch den Versammlungsort bildet für
die weit und breit an den Paranäs und den Lagos zerstreut
wohnenden Menschen. Die Besitzerin des Gehöfts, Donna
Raimonda, nahm uns bereitwillig in ihr Haus auf, in welchem
noch ein alter Lehrer, Don Apollidorio, die Kinsamkeit mit
uns theilte.
Da wir, über die neuen Verhältnisse nicht genügend
unterrichtet, es versäumt hatten, uns von Maues einige Vor-
räthe an Lebensmitteln mitzubringen, so war es hier nun
unser allererstes Geschäft, auf Fouragirung auszuziehen, zumal
unser Nachbar mit seinen Bananen und gesalzenem Fisch auch
gerade am Ende angekommen war. Wir sassen also nach
schnell seschlossener Freundschaft alsbald mit einander in
dessen Canöo, um Dei den Nachbarn auf und ab am Wasser,
die alle gelegentlich seine Kunden oder auch seine Patienten
waren, denn er war vielseitig, Haus für Haus vorzusprechen.
Da nun regelmässige nur höchst zeringe Vorräthe in den
Häusern gehalten werden, so mussten wir es uns sehr hoch
anschlagen, wenn hier und da noch ein gutmüthiges weib-
liches Wesen sich bereit finden liess, von dem wenigen Vor-
handenen einen Theil uns noch abzutreten, hier einige Knollen
der süssen Mandioca, dort ein paar Bananen, reife oder grüne,
ein paar kürbisähnliche Jurumü, eine Ananas oder sonst einige
Früchte. Endlich konnten wir auch noch ein paar Eier und
einige Schwarten gesalzenen Fisch erstehen, dieses unent-
behrlichste Nahrungsmittel am ganzen Strome, sodass nun
unsere Vorräthe über Erwarten herrlich ergänzt waren und
wir also, da es an Kaffee, Zucker und Reis nicht fehlte, mit
wahrhaft lucullischer Wonne dem Küchenzettel der nächsten
Tage entgegensehen durften.
Der Wald, der hier sehr reichlich mit Palmen durch-
setzt war, bot uns zumeist dieselben Erscheinungen wie Maues,
dieselben schönen Waldpapilios, dieselben Pieris Orseis, die,
ein halb Dutzend Männchen hinter einem Weibchen her,
kettenartig wie der Schwanz eines Papierdrachen dureh die
Zweige schwenkten. Auch dieselben in Maues so häufigen
Dismorphia Eumelia fanden wir wieder, kleine blassgelbe
Thierehen mit schwarzer Zeichnung, die ithomiengleich lang-
sam dahinflattern, zum Verwechseln ähnlich den ebenso ee-
färbten kleinen Seada Theaphia. Auch die Heliconier, «die
wir zunächst antrafen, waren dieselben Arten, die wir vordem
256 Hahnel:
gefunden, die gelbbraunen Numata und Sylvana, die roth und
gelb gezeichnete Catharinae (von Dr. Staudinger meiner treuen
Begleiterin zu Ehren so genannt), die grosse Egeria, Clytia,
Aoede und andere mehr, selbstve rständlich alle immer nur
einzeln und oft viele Tage kein einziger von ihnen sichtbar.
Ebenso fanden wir die schönen Ci thaerias Bandusia wieder
und «die grössere, gelbbraun schimmernde Haetera Pierella;
dann in kleinen, mit blühendem Unkraut überwucherten
Pflanzungen die gesammten Ithomiden von Maues in zahl-
reicher Versammlung.
Doch neben diesen und andern uns schon bekannten
Sachen treten dann auch ganz neue Gestalten auf. Da treiben
wir unter den niedrigen Palmenkronen, deren tiefe Schatten
treftliche Verstecke bilden, die riesigen, graubraunen Castnia
Daedalus auf, die, in wildem Fluge davoneilend, meist sehr
bald unsern Blicken entschwunden sind und nur selten sich
wiederfinden lassen an einer entfernteren Stelle. Oder eine
schwarze Castnia Linus flattert eifrix um die Blüthen einer
niedrig am Boden stehenden Blattpflanze, in ihrer Färbung
ganz ähnlich der grossen Ithomide Thyridia Psidii, im
Fluge aber ganz verschieden von dieser langsam dahinziehenden
(Gestalt.
In dem liehteren Gebüsch, wo hier und da ein Citronen-
baum die Stelle anzeigte, wo vor einem Dezennium noch eine
Anzahl Hütten gestanden, trafen wir zahlreich den schönen
Heliconius Doris, schwarz mit gelbem Fleck und blauen
Strahlen. Die blaugefärbten Puppen dieses Falters, in ihrer
ziemlich gedrungenen Gestalt etwas abweichend von dem
Habitus anderer Heliconier-Puppen, die, soweit wir solche an-
trafen, meist schlanker und stets mit Stacheln bewehrt sind,
fanden wir in grosser Anzahl hier und da an einer Liane,
an der sie, in dichten Gehängen aneinander gereiht, wie die
Blätter eines welken Zweiges herabhingen.
Eine vorzügliche Ausbeute, besonders an feinen Ery-
ciniden, uuter denen mehrere sich als species novae erwiesen,
machten wir an dem jetzt gerade zur Blüthe kommenden
(suaranä, von welchem im Walde mehrere . umfangreiche
Pflanzungen angelegt waren. Namentlich von dem schönen,
fein punktirten Genus Calydna trafen wir mehrere Arten hier
an, Thierchen, die oft sehr versteckt an den Blüthenrispen
sitzen und erst: bemerkbar werden, wenn wir durch Anschlagen
an die Büsche sie aufscheuchen.. Ebenso erhielten wir daselbst
auch eine Anzahl schöner Thecla und Hesperiden, darunter
nn see
|
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 257
ebenialls einige nene; und von Käfern neben reizenden, nied-
lichen Longieornen, namentlich einige Arten von Cureulioniden,
die mit den braunen Flecken auf ihren sehmutzie weissen
Flügeln genau die Färbung der weissen, braun abwelkenden
Guaranä- Blüthen nachahmen.
Auf einem etwas entfernteren Sitio trafen wir das in-
teressanteste der neu hier aufgefundenen Thiere, einen Papilio*),
der im allgemeinen dem Triopas Ähnlich, aber bedeutend Erösser
als dieser, durch die drei grossen, durchscheinenden Flecken
auf den schwarzen, langgestreckten Vorderflügeln eine auf-
fallende Aehnlichkeit mit dem vorerwähnten Ithomiden-Genus
Thyridia erhält, während er, allerdings nur das Männchen,
in der merkwürdige lang und spitz ausgezogenen Falte der
Hinterflügel eine fernere Besonderheit an sich trägt, die
ebenfalls nur ihm eigenthümlich ist.
Zu den interessanteren Beutestücken gehörte auch das
riesenhafte Nachttlier Strix Agrippina, die wir einigemale
an grauen Stämmen angeflogen trafen. Wegen der enormen
Spannweite ihrer Flügel sitzen diese Thiere nicht wie andere
in senkrechter Richtung des Körpers an, sondern querüber am
Stamm, die tief ausgebogten, lang befransten Flügel mit den
Spitzen oben und unten fest angedrückt, sodass sie jenen
grossen weissen Baumflechten, die zahlreich die Stämme be-
kleiden, täuschend ähnlich sehen.
Eine uns gleichfalls sehr schätzbare Erwerbung waren
die grossen Fulgora laternaria, die wir wiederholt hier und
da an einem bestimmten Baume antrafen, an dem sie, wenn
wir uns ihnen näherten, mit komischer Kile seitwärts rückten,
um sich auf der andern Seite des Baumes unsichtbar zu machen,
ähnlich wie die Spechte und andere Baumkletterer zu tun
pflegen. Die originelle Erscheinung dieses weit bekannten,
aber ziemlich seltenen Laternenträgers ist allerdings auffallend
genug, als dass es nicht verzeihlich wäre, dass die Volksfabel
nach verschiedenen Riehtungen hin sich seiner bemächtigt hat.
Denn wie das Thier in naiven älteren Bildwerken als lenchtendes
Nachtphänomen spukt und ganze Landschaften zu erhellen im
Stande ist, so hält hier zu Lande das Volk gern an der
Meinung fest, dass das Thier eine fliegende Schlange sei, eine
äusserst giftige natürlich, zu welcher Annahme der an die
Brust gedrückte lange Saugrüssel des harmlosen Thieres ver-
leitet. Macht doch selbst unsereins eine Ansnahme mit diesem
*) von Dr. Staudinger Pap. Hahneli Senat; Ex. Schm. Taf. 13.
17
258 Hahnel:
merkwürdigen Thier und indem man es aus der obscuren
Ordnung der Homopteren ausscheidet — denn wer kümmerte
sich um diese — räumt man ihm förmlich eine Stellung bei
den Lepidopteren ein und betrachtet es gewissermassen als
auswärtiges Mitglied, wozu es mit der herrlichen Pfauenaugen-
zeichnung auf den Hinterflügeln und mit der zarten, mehligen
Bestäubung, die sich über die Flügel und den ganzen Körper
erstreckt, füglich einige Ansprüche erheben darf. Auffallend
ist der äusserst widerliche Geruch, den das T'hier verbreitet,
und besonders auch waren wir überrascht durch das Vor-
handensein von grossen parasitischen Fliegenmaden (?), die in
den wolligen Flaumen, mit dem das ganze Abdomen umhüllt
ist, ziemlich lebhaft sich umherbewegten.
Aber wo auch fänden sich nicht solche schmarotzende
(seschöpfe! So gewahren wir zwischen den Flügeln der grossen
Morphiden, die am Boden bei Früchten sich anzusetzen pflegen,
auch bei den Brassolis, Opsiphanes und grösseren Satyriden,
öfters winzig kleine schwarze Fliegen, die ihre Nahrung aus
den Flügelschuppen dieser Thiere zu entnehmen scheinen und
als Merkmale ihrer Thätigkeit kleine blinde Stellen auf den
Flügeln hinterlassen. Schlimmere Arbeit als sie verrichten
jene kleinen, kaum sichtbaren, rothen Milben, die sich öfters
auf den Flügeln, namentlich mit Roth gezeichneter Falter
finden, und deren Weg wie ein feiner Nadelritz durch die
Muster der Flügel geht und uns oft die hübschesten Stücke
verdarb.
Bei dem Vorrücken der trocknen Zeit boten uns die
Niederungen, aus denen sich das Wasser immer weiter zurück-
zog, ein ausgedehntes neues Revier, das bei der Verschieden-
heit des Baumwuchses zum Theil auch ‚andere Arten uns
lieferte als der höher gelegene Wald. Eine scharfe, stets sich
gleich bleibende Grenzlinie kennzeichnet an den Abhängen
den Hochwasserstand. Der dichte, den Hochwaldboden be-
deckende Lycopodiumteppich hört plötzlich auf, und wir schreiten
über kahlen Boden, auf dem nur spärlich der junge Nachwuchs
der wenigen Baumarten, die die lange Ueberfluthung ertragen,
emporspriesst. In den höheren Zweigen dieses Igapöwaldes,
wo das Insecktenleben während der Wasserzeit einigen Still-
stand erlitten, lebt es beweglich und munter nun auf. Da
zieht ein weissgebändertes Thier, eine Vila, eine Pyrrhogyra,
oder eine Adelpha in der sonnigen Luft dahin, ein Papilio,
eine Pieride eilt vorbei, oder ein Perseus irrt durch den
Säulenwald der dunkeln Stämme dem grünen Lande wieder zu.
Entomologische Erinnerungen an Süd- Amerika. 259
Tiefer zum schattigen Boden, auf die noch vom Schlamm
überzögenen Blätter der Sträucher kommen die kleineren
Nymphaliden und die Eryeiniden herab. Da sind die
prächtigen Catagramma Peristera, die mit ihren glänzenden
Farben — die Männchen karminrotl, die Weibehen blässer
— uns ganz besonders anziehen, wie sie hier und da eine
>aumgruppe beleben, bald auf eme Blattspitze sich setzend,
bald an einen Stamm, kopfüber, in abwartender Stellung. An
einem nässenden Bamne, dessen duftender Saft weithin durch
den lichten Wald seine Anziehungskraft übt, treffen wir
Nymphaliden aller Gattungen an, von den kleinen, eben? ge-
nannten Catagrammen bis zu dem grossen Caligo, der über
dem berauschenden Most ganz seine Schlafenszeit vergisst.
Die ersten, die dann von dieser zechenden, buntgemischten
(Gesellschaft auffliesen, sind die wachsamen Ageronien, als
letzte aber bleiben die gleichfalls vertretenen Käfer zurück,
gelbrandige und marmorirte Getonien, Elater, Hister und lang-
sehörnte Cerambyeiden.
Hier im tiefen Schatten unter Blättern sitzend, die
Flügel scharf geschlossen, treffen wir ein paar zierliche Ge-
stalten an, die dunkelblauen Euselasia Eutychus und Orfita,
— mit prächtig bunt gestreiften, opalisirenden Unterseiten —
und die dunkel mattblaue Aricoris Cepha, Thierchen, die
uns von zweifachem Reize sind, da sie uns blumengleich neben
dem schönen Anblick noch einen köstlichen Vanilleduft spenden.
Und während in jenem hell herabfallenden Sonnenstrahl ein
paar kleine, reizend bunte Thierchen ihr munteres Spiel treiben,
die niedlichen Calliona Irene, geziert mit grossen, weissblauen
Flecken und ziegelrothem Streif, Hattern lanesam und niedrig
kleine Phyciodes durch die spärlichen Gesträuche, in deren
Schatten zarte Ithomiden die Mittagszeit über träumen.
Herrlich aber nimmt sich in diesem lichteren, strauch-
losen Walde der Flug der Helieonier aus, dieser typischsten
Formen der Neuen Welt. Schlanke Zephyrgestalten, wie sie
bald mit leichtem Flattern, bald wieder schwebend, in ruhig
setragenem Fluge dahinziehen und jetzt herab sich senken zu
einem niederen Zweige, dann wieder langsam aufwärts steigen
in die voller belaubte Region! Wäre nicht ihrer reizend
schlanken Form schon in dem Heliconienblatt ein Prototyp
aus der Pflanzenwelt zur Seite gestellt, so könnte man ver-
sucht sein, diese eleganten, geschmeidigen Gaukler die Lianen
der Falterwelt zu nennen; sind es doch auch Lianen, auf
denen sie ihre Jugend verleben und deren rothleuchtenden
17*
“r
260 Hahnel:
Blüthensternen vorzugsweise vor andern Blumen ihre Be-
suche gelten,
Unter den 18 bis 20 Arten von Heliconiern, die wir
im ganzen in dieser Gegend antrafen, waren es zu unserm
Bedauern nur wenige, die wir. in einiger Anzahl erbeuten
konnten, während die meisten von ihnen, und gerade diejenigen
Formen, bei denen es besonders erwünscht gewesen wäre, eine
volle Serie zu erhalten, diejenigen nämlich, die eine schwankende,
zu Uebergängen neigende Zeiehnung tragen, stets nur ganz
vereinzelt anzutretfen waren. Die Gruppe, zu der diese letzt-
gedachten Formen gehören, eine Combination des Melpomene-
und Thelxiope-Typus, ist vielleicht die interessanteste der ge-
sammten Heliconier, da sie in ihrer protäischen Vielgestaltiekeit
ausgesprochener Weise das Stadium jener morphologischen
Gährung repräsentirt, die wir uns als die Vorstufe aller Arten-
bildung zu denken haben. Denn es kann wohl kein Zweifel
darüber bestehen, dass alle besonders variablen Arten als |
recente Formen, gewissermassen als Kinder der Neuzeit zu |
betrachten sind, in denen eine noch unausgelebte, zur Fort-
entwickelung treibende und die Keime künftiger Neuschöpfungen
in sich tragende Entfaltungskraft gährt, die wir in den zu
einer starren Uonstanz gelangten Formen kaum noch erwarten
dürfen. ‚Je interessanter uns daher diese (Gruppe mit jedem
neuen Stück, das wir erhielten, wurde, um so mehr bedauerten
wir es, dass gerade diese Thiere zu den grössten Seltenheiten
eehörten; und es dürfte wohl noch die Aufeabe mancher
Sammler werden, zahlreicheres Material von diesen Formen
und zwar aus jeder einzelnen der in Betracht kommenden
Lokalitäten zu beschaffen, ehe die verwandtschaftlichen Be-
ziehungen und die Grenzen der Variabilität der einzelnen
Formen dieser Gruppe sich werden feststellen lassen.
Indessen ist es grade auch bei solchen variabeln Arten
ein unabweisliches Bedürfnis, eime greifbare Form durch Be-
nennung zu fixiren, auf die Gefahr hin, dass die exakten
Uebergänge, innerhalb derselben Brut, oder was gleichbe-
deutend ist, bei Stücken von demselben Fangort, bei reich-
licher vorhandenem Material nachgewiesen werden und mithin
die eine oder andere der angenommenen Varietäten späterhin
gegenstandslos wird. Eine schöne, hierher gehörige Form ist
die auf den Vorderflügeln einen gelben Fleck mit rother Ein-
fassung am Aussenrande tragende, H. Amor*) genannte Varietät
*) Stdgr. Fix. Sehm, Taf, 32.
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika, 261
die wir leider auch nur einmal erhielten; doch dürften viel-
leicht noch zwei andere hier gefangene Stücke, deren Zeichnung
sich dieser Form nähert, als zugehörig zu dieser zu betrachten
sein. Denn wie ungemein abweichend die einzelnen Stücke
einer variabeln Art sein können, davon hatten wir ein merk-
würdiges Beispiel gesehen bei dem in Venezuela gefangenen
Heliconins Hahneli, den wir im Laufe eines Tages an einer
beschränkten Stelle in einer Anzahl von 5 Stück fingen, von
denen nicht zwei einander gleich waren, die vielmehr zum
Theil so bedeutende Unterschiede aufwiesen, dass man sicher
versucht wäre, die extremen Formen, wenn die Verbindungs-
glieder nicht vorlägen, für zwei getrennte Arten zu halten.
Bei allem Reichthum an Erscheinungen, und allen
sonstigen Vorzügen hatte das liebe Massauary doch eine sehr
empfindliche Schattenseite. Wir befanden uns hier nämlich
in einer permanenten Verlegenheit um Lebensmittel, und
namentlich der Mangel an Fleischnahrung machte sich uns,
nachdem die Hühner in der Nachbarschaft alle bereits auf-
gekauft, von Monat zu Monat immer bedenklicher fühlbar.
Denn was wollte es sagen, wenn zur Abwechslung für den
täglichen gesalzenen Fisch gelegentlich ein paar “Papageien
oder ein rothborstiges Nagethier einen zähen Braten lieferte,
oder wenn dann und wann eine magere Jabati-Sc hildkröte
oder eine jener grossen Baumeidechsen uns mit einem Extra-
gericht versorgte. Solche Einzeldelikatessen hielten nicht
lange vor, und“ leider waren die grossen Cigana-Vögel, die in
ganzen Herden an den Uferbäumen hinziehen, und. die man
mit Leichtigkeit sich hätte beschaften können, ebenso wie die
cewöhnlichen kleinen Affen, ihres moschusähnlichen (reruches
weeren nicht geniessbar.
Daher gab es denn immer ein wahres Fest ab, wenn
durch irgend einen Zufall einmal ein gediegenerer Bissen
Fleisch zu erstehen war. Welche Wonne war es doch, als
einst unseres Nachbars Borstenvieh, das sich aus Mangel an
anderem Frass an dem Leben eines jungen Lämmchens ver-
gangen hatte, zur Sühne dafür dem Tode geweiht wurde!
Ein andermal lieferte uns dann ein Hammel, dem die krank-
hafte Neigung für Erdelecken die Ursache eines frühen Todes
geworden war, einen ausseretatsmässigen Braten. Der ad
oceulos geführte Beweis von der Art der Krankheit, als wir
den Magen mit grossen T’honballen angefüllt fanden, hielt uns
davon ab, skrupulös zu denken, Eva ass, und sie gab ihrem
262 Hahnel:
Manne auch zu essen, — denn die Umstände sind eben stärker
als die guten Sitten.
Aber bei diesen andauernd traurigen und ungeregelten
Nahrungsverhältnissen war es wunausbleiblich, dass unsere
körperlichen Kräfte fühlbar zurückgingen, und als ich zudem
einst im Eifer der Verfolgung einer. Beute durch heftiges Zu-
schlagen einen Blutsturz mir zuzog, der mir kaum noch so-
viel Kraft liess, mich aus dem Walde nach Hause zu schleppen,
und mich längere Zeit «dann zur grössten Schonung zwang,
war ich entschlossen, sobald wie irgend thunlich, wieder nach
Villabella zurückzukehren.
Dies geschah denn auch Anfang ‚Januar, und in kürzester
Frist übte die Fleischkost, die wir hier nun täglich wieder
geniessen konnten, ihre wunderbar stärkende Wirkung auf
(las körperliche Befinden, sodass ich nun auch wieder mit dem
Gedanken mich befassen konnte, die mir bereits zweifelhaft
gewordene Reise nach dem oberen Amazonas anzutreten.
|
|
Goary. Telle.
Nachdem wir also den ‚Januar 81 wieder in Villablla
ee
zugebracht, — die Stadt hatte früher Villanova geheissen,
und zum zweitenmal umgetanft, führt sie gegenwärtig den
Namen Parintins, — fuhren wir Anfang Februar nach Manäos,
wo wir in dem Hause unserer liebenswürdigen Landsleute, der
Herren Medosch und Gottschalk während eines dreiwöchent-
lichen Aufenthalts eine überaus freundliche Aufnahme fanden.
Die Stadt, fast im Scheitelpunkte der drei grössten
Wasseradern, die das Stromsystem des Amazones bilden, des
Rio Negro, Solimoens und Madeira, also im natürlichen Mittel-
punkte der grossen continentalen Verkehrslinien gelegen, hat
bei ihrer doppelten Stellung als Binnencentrale und Seehafen-
platz, — denn sie ist auch für alle Oceandampfer zugänglich,
— wohl die bevorzugteste Lage unter allen Handelsmetropolen
dieses Welttheils, deren Bedeutung aber allerdings erst zur
vollen Geltung kommen wird, wenn die Bevölkerung des
Landes so viele Millionen zählen wird, wie sie jetzt kaum
Tausende umfasst. |
Obgleich nun die Stadt noch in sehr jugendlichem Alter
steht, denn erst seit dem Aufschwung des Gummihandels in
den letzten 2—3 Dezenien ist sie zu einiger Bedeutung ge-
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 2653.
langt, so macht sie doch, schon durch ihre Lage an dem
hohen, hügeligen Ufer einen freundlichen, sogar einigermassen
imposanten Eindruck, der namentlich auf denjenigen seinen
ganzen Reiz übt, der nach Jängerem Aufenthalt in den
menschenleeren Wäldern des Innern, auf der Reise stromab
hier wieder zum ersten Mal einen lebhafteren Verkehr und die
Spuren des völkerverbindenden Welthandels vor Augen sieht.
Die Umgebung von Manäos, in der ein interessanter
Wasserfall noch an den nahen Zusammenhang des Landes
mit dem gebirgigen Guayana erinnert, entbehrt bei ihrem
harten Boden jener üppigen Vegetation der Flussniederung
und bot uns demnach auch bei den mehrfach unternommenen
Ausflügen wenig bemerkenswerthe Erscheinungen dar, sodass
wir es im Grunde bedauerten, diese drei Wochen nicht noch
auf den Morphidenfang in Villabella verwendet zu haben.
Ende des Monats konnten wir endlich die Weiterreise
den obern Amazonas hinauf antreten. Ich hatte mir vorge-
nommen, ehe ich nach dem durch Bates zu einer gewissen
Berühmtheit gelangten Ega, jetzt Teffe genannt, aufwärtsging,
noch einige Monate in dem am Nordufer gelegenen Uodajaz
zuzubringen, um auch diesen bisher noch unbekannten Land-
strich kennen zu lernen. Als der Dampfer jedoch an diesem
Orte anlangte, hatte ich die Ueberraschung, meinen hochge-
schätzten französischen Collegen Mr. de Mathan hier vorzu-
finden, der auf seiner Rückreise von dem obern Strom, wo er
mehrere Jahre geweilt, in derselben Absicht wie ich vor
kurzem hier eingetroffen war, indessen nach den bereits ge-
machten Erfahrungen der Oertlichkeit kein sehr günstiges
Zeugniss ausstellte. Somit beschloss ich also, mit dem Dampfer
sogleich weiter zu gehen, und dafür in Ceary, das wie Tefte
'an dem südlichen Flussufer gelegen ist, einen kurzen Aufent-
halt zu nehmen.
Die nächste Umgebung dieses Ortes hatte durch den An-
bau von Mandioca, Zuckerrohr und Mais, der von zahlreichen
Einwanderern aus der Küsten-Provinz Oearä betrieben wurde,
ein ziemlich kultivirtes Ansehen gewonnen, und diese Partien
boten uns daher wenig Gelegenheit zum Fange dar. In dem
ursprünglichen Walde dagegen, in dem sich hier namentlich
auch viel wilder Cacao und die grossen mächtigen Castanha-
Bäume, die die Paränüsse liefern, fanden, waren die sich uns
zeigenden Erscheinungen im ganzen ziemlich entsprechend
jenen, die uns aus den Wäldern von Maues her bekannt waren.
Eines der prächtigsten Thiere unter den neu hier auf-
264 Hahnel;
tretenden Arten war der herrliche, tiefschwarze Papilio Boli-
var, auf «den Vorderflügeln mit einem grossen karmin-
vothen Fleck geziert, eine Zeichnung, zu der die des Weib-
chens, das nur einen blassgelben Fleck auf den Hinterflügeln
trägt, in einem auffallend schliehten Gegensatz steht. Kbenso
gehörte zu den werthvolleren neuen Erwerbungen auch der
feine Heliconius Pardalinus, dessen dunkle, weinbraune
Färbung ihn zu einer der hervorstechendsten Erscheinungen
unter seinen Genossen macht. Merkwürdig ist es, dass diese
selbe schöne, an das braune Wasser mancher Waldbäche er-
innernde Färbung auch bei der ebenfalls hier fliegenden, zum
grösseren Verwandtenkreise gehörigen Geratinia Fluonia auf-
tritt, und ebenso, namentlich auch weiter aufwärts am Strome,
noch bei verschiedenen Arten aus den gleichfalls nahe stehen-
den Sippen der Melinaea, Mechanitis und Lyeorea.
In dem flachen, immer weiter unter Wasser kommenden
Ufergelände, das mit bunt gemischtem, niederem Walde be-
deckt war, trafen wir eine grosse Anzahl kleinerer Sachen
an. An einzelnen Stellen wimmelte es hier oft förmlich von
kleinen bunten Josien, von allerhand Hesperiden, hübschen
dunkelblauen Euptychien und zahlreichen Eryeiniden, unter
welch’ letzteren besonders auch eine sehr kleine Crieosoma
sich häufig fand, die inzwischen den Namen Bates} er-
halten hat.
Wir verweilten hier in Coary zwei Monate, und Anfang
Mai siedelten wir dann nach 'Tetf& über.
Dieses liebliche Tette, auf einer kleinen Landzunge ge-
legen, die nach dem See zu allmählich sich abflacht, hat unter
allen Ansiedelungen im ganzen Stromgebiet wohl die reizendste
Lage, deren Schönheit gerade bei der Ankunft mit dem
Dampfer durch die abwechselnde Verschiebung der Perspek-
tiven in ihrer ganzen heiteren Zierlichkeit vor unseren Augen
vorüberzieht. Der Strand freilich, jetzt in der Hochwasser-
zeit, ermangelt der Reize späterer Monate, aber an ihm ent-
lang diese freundlichen Häuserfronten mit den hohen, mäch-
tigen Kugelkronen der Kokospalmen darüber, mit den. zer-
streuten Gruppen schlanker, feingefiederter Assahy, den dunkeln
Laubkronen der Fruchtbäume, die da und dort über die rothen
Dächer ragen, hier eine stolze Miriti, dort über dem grauen
Plankenzaun helles Bananengrün —- mit wie reizender Ab-
wechslung eruppirt sich. das alles zu einem prächtigen Ge-
sammtbild, über welchem undefinirbar ein stets aufs Nene
fesselnder, anheimelnder Zug liegt, dem sich der Eingeborene
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 265
so wenig wie der Freinde entziehen mag! Von diesem Zauber
gefesselt, brachte denn auch Bates, der klassische Erforscher
der amazonischen Fauna, dem wir an der Schwelle seines ge-
liebten Ega unsere ganz besondere Huldigung bringen, fünf
Jahre lang hier zu, fast vergessend der Rückkehr in die nebel-
umhüllte Heimath.
Seit seiner Zeit allerdings hat sich manches geändert.
Namentlich der Wald in der nächsten Umgebung des Ortes
war gefallen, um vorübergehend Planzungen Platz zu machen,
die indess auch längst wieder verlassen waren und nun einen
für unsere Zwecke durchaus todten Gürtel bildeten.
Doch auch der weiter zurück gelegene hohe Wald, durch
den ein einsamer Weg eine Strecke weit führte, bot uns
durchaus nicht die erwartete Reichhaltigkeit an Erscheinungen,
auf die wir in unverbesserlichem Optimismus schon wieder
thörichte Hoffnungen gesetzt hatten. Denn, was sich von
besseren Sachen auch zeigte, kam — auch in den späteren
Monaten -—— immer nur ganz vereinzelt zu Gesicht. Hier ein-
mal eine Catonephele Capenas, ein allerdings hochfeines
T’hier, oder ein stets seltenes Weib einer KEunica-Art, oder
auch eme Callithea Optima, die wir allerdings kaum ver-
muthet hätten, hier vorzufinden, da sie eigentlich nur. weiter
aufwärts am Strome heimisch ist; dann etwa eine Lyropteryx
Apollonia, eine echte Cordilleren-Sippe, der wir ausser in
dieser einen Art am Amazonas nicht wieder begegnen, oder
eine feine, langgeschwänzte Diorhina Butes, nahestehend der
noch eigenartiger eestalteten Zeonia Chorineus, und einige
andere interessante Arten mehr, alles das aber einzelne T'hiere,
die nur einmal gelegentlich, wenn sie etwa von Neugier ge-
trieben aus der Höhe sich herabliessen, unsere Bente wurden.
Von all den vielen Eryeiniden, kleinen Euptyehien und
andern Sachen, die wir als echte Egaenser hier zu tretfen ge-
hofft, zeigte sich unendlich wenig, sodass wir bei dieser stets
nur sehr geringen Ausbeute mit grösstem Verlangen der Zeit
entgeeensahen, wo das Wasser so weit gefallen wäre, «ass
wir die Strandlinie als Faneplatz benntzen konnten, zumal
uns auch die Ausflüge zu Kahn nach einigen Ansiedelungen
in der Nähe nichts irgendwie Nennenswerthes eingebracht
‚ hatten, ebenso wenig wie ein achttägiger Aufenthalt in dem
entfernteren Gaicära.
So war der Mai vergangen und auch der ‚Juni fast
vorüber. Das helle Geschrei der Möven, die, das Fallen des
Wassers verkündend, längst schon erschienen waren, erscholl
266 Hahnel:
wie Frühlingsruf über die Wasserfläche hin. Die trübe Zeit
der Regentage war zu Ende gegangen, und die Sonne hatte
wieder frei ihre Herrschaft über die Erde angetreten, alle
Wesen mit neuer Lebensfreude und kräftigerem Lebensgefühl
erfüllend, von den kriechenden Schlangen an, die hungrig und
brünstig ihre Verstecke verliessen und öfter nun auf den
Wegen sich zeigten, bis zu den im blauen Aether kreisenden
(seiern, die oft in Schaaren von Hunderten ihre immer höher
sich erhebenden Spiralen zogen und in dem wechselvollen
Rundlauf ihrer Bahnen das wunderbare Schauspiel der durch
den Weltraum wandernden Sternsysteme uns vor Angen
zauberten.
Aber so herrlich auch diese durch Feste gefeierte Zeit
der Sonnenwende war, so erwachte doch nur ganz allmählich
endlich auch die Falterwelt aus ihrem Schlummer, und wenn
auch vereinzelte Vorläufer später auftretender Arten sich schon
seit längerem gezeigt hatten, so währte es doch eine ganz
'geraume Zeit, ehe der Strand, an dem das Wasser langsam
nun immer weiter zurückeing, jener reiche Tummelplatz wurde,
der er dann vom ‚Juli an Monate lang verblieb.
Das erste neue Thier, das uns ganz besonders anzog,
war die grosse, schnell und heftig fliegende Megistanis Baeotus,
eine prächtige Gestalt, deren Unterseite mit den vielen feinen,
durchbrochenen Querlinien auf hellem Grunde ein ganz auf-
fallendes Ansehen zeigt und einigermassen an afrikanische
Verwandtschaft, an die in jenem Gebiet zahlreich vorhandenen
Charaxes-Arten erinnert. Wir lassen es hier dahingestellt,
ob die in fast gleicher Anzahl sich zeigenden beiden Formen
dieser Megistanis, — die eime mit blauer, die andere mit
gelber Querbinde, letztere als M. Deucalion bekannt, — art-
lich verschieden sind, oder ob sie nur als Bildungen von
Dimorphismus zu betrachten sind, wobei dann noch eine dritte
der blauen Linie angehörige Form in Betracht kommt, die
von Dr. Staudinger als Japetus benannt wurde, eine Form,
die überall zugleich mit den andern erscheint, stets aber
selten ist.
Als sich die ersten Stücke dieses schönen Thieres uns
zeigten, verwendeten wir natürlich die grösste Mühe auf den
Fang jedes einzelnen derselben, indem wir allerdings nicht
voraussehen konnten, dass dasselbe in den späteren Monaten
eines der häufigsten T’hiere sein würde, das bei jeder Hütte,
an jeder Landungsstelle sich herumtreibt und jedes Canö ver-
folgt, um sich an die schweissigen Kleider oder an die Bord-
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 267
wand zu setzen. Aber wie mit diesem, so erging es uns mit
den -meisten andern der hier sich tummelnden Strandthiere,
die uns anfänglich an dieser ersten Station des obern Stromes,
wo sie uns neue Erscheinungen waren, immer als höchst kost-
bar und begehrenswerth erschienen, die wir aber später als
durchaus gemeine 'Thiere betrachten mussten und auch an
jedem Orte weiter aufwärts am Strome als solche wieder-
fanden.
Es gilt dies vor allem von einer Anzahl Eunica-Arten,
die an manchen Tagen in ganzen Schaaren den Strand be-
lebten. Diese T'hiere, meist schwarz und blau, oft von einem
herrlichen Glanze, erinnern durch die schöne Augenzeichnung
auf der grauen oder bunten Unterseite, wie auch durch Grösse
und Fluggewohnheit einigermassen an unsere Satyrus-Arten,
als deren schöner gekleidete Vettern sie hier etwa gelten
können. Sie sitzen zerstreut oder in losen Gesellschaften am
feuchten, schlammigen Grunde oder auch an trockenen, von
Mistgerüchen durchzogenen Stellen, wuntermischt mit den
Megistanis, Megaluras, rothen und grünen Colaenis und den
braunen, grossen Aganisthos Acheronta. Seltener bemerken
wir sie in nächster Nähe der Pieriden und Papilios, die
immer eine Stufe tiefer, ganz dicht am Wasser sich halten,
wo der Boden von der Feuchtigkeit noch völlig durchtränkt ist.
Die erste dieser Eunica, die in Masse auftrat und
längere Zeit allein das Feld beherrschte, war die dunkle’
schwachschillernde Careta, die einzige zudem, die wir nur
hier antrafen, während alle übrigen uns noch weiterhin be-
gegneten. Nächst ihr trat dann die mattbraune Mygdonia
auf und die unten einfach graue Clytia, sowie die schöne,
unten bleiglänzende Becehina und die grössere Caelina, dann
die elänzendste von allen, die prächtige Flora, sämmtlich
zahlreich und zwar am häufigsten an den Strandpartieen in
der Nähe der Stadt, wo die verschiedenartigen Bäume in den
Gärten ohne Zweifel ihre Brutstätten sind.
Weit weniger häufig als diese genannten zeigten sich
die kleine Pusilla, die auf der Unterseite röthlichen Viola
und Castalia und die mattbraun schattirten Malvina und
Anna, endlich die grossen, tief dunklen Cinara, Celma und
Caresa. Und zwar kamen alle diese letzteren Arten nicht
‚wie jene auch in der Nähe der Stadt vor, sondern nur an
dem mit Waldbäumen bestandenen oberen Strande, der num
bei dem inzwischen immer weiter zurückgehenden Wasser,
längs des hohen Ufers einen herrlichen, weithin sich er-
268 Hahnel:
streckenden Spazierweg bildete, von schattigen Bäumen über-
lacht, unter deren heiligen Hallen auf dem feuchten Sand-
boden ganze CGolonien von bunten Faltern sich zusammen- '
fanden, alle emsig saugend und dabei sich sonnend in dem
Schein der den dichten Schatten der Zweige durchbrechenden
Sonnenstrahlen.
Hanptsächlich waren es hier neben den Euniea die zahl-
reichen Arten der Megalura, die in grösserer oder kleinerer
Versammlung alle 50 Schritt eine Schule bildeten, am massen-
haftesten die gemeinen Chiron, unter denen vermischt einige
(unklere Egina sitzen, daneben dann wieder zahlreicher die
hellgrauen Chrethon und die schwarze Norieca, während mehr
vereinzelt die schwarz und braunen Heraldieus die gelben
Berania und die rothbraunen Peleus eine reiche Abwechslung
in die Menge der gleichfarbigen Flügel bringen. So zahlreich
diese Thiere sind, so zeitraubend ist ihr Fang, da sie aufge-
trieben, in heftigem Durcheinander Kreuz und quer fliegen, ein
(seflimmer vor den Füssen dicht am Boden hin, wie dürre
Blätter, mit denen der Wind spielt.
Einen hübschen Farbencontrast zu ihnen gewähren dann
die kleinen, niedlichen, grün2länzenden Symmachia Trochilus
und Amazonica, die sich hn und wieder in kleinen Gruppen
antreffen lassen, doch ist ausser ihnen und einigen Hesperiden
von kleineren Falterın auf diesem Terrain wenig zu sehen.
Dagegen fehlen natürlich die auch sonst gewohnten
Strandthiere, jene Megistanis u. s. w., sowie die Catopsilien
und Papilios nicht. Unter letzteren bietet der nun hier auf-
tretende Pausanias insofern eine Eigenthümlichkeit, als er
nach Gestalt und Färbung, — schwarz mit stahlblauem Schiller
und gelbem Fleck, — der Heliconierform der Rhea und Xlytia
sich nähert, von denen er sich indess schon von fern durch
den kräftigeren, wellenförmigen und zudem, wenigstens am
Strande entlang, niedrigeren Flug unterscheidet.
Ein ganz besonders merkwürdiger und glücklicher Zufall
war es, als wir einst neben einem Haufen Catopsilien einige
Papilio Antosilaus überdeckten und nun, während wir die
mit ins Netz gekommenen Gelben achtlos zum Rande heraus-
liessen, plötzlich unser Blick von einem dieser nach oben
strebenden Thiere gefesselt wurde, — es war uns, als schimmerte
nns da, trotz der Verschleierung durch die Netzgaze, ein weih-
licher Zug entgegen; und man kann sich unsere Ueberraschung
und Freude vorstellen, als wir dann in der That eine Statira
von scharf ausgeprägtem hermaphroditischen Charakter aus
u ED DE me Eu u en GE
ie A rn TE
+
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 269
c
dem Netz nahmen. Als Wiederholung jenes ersten Falles ist
das viel Glück. Ich selbst schätze die Zahl der Falter, die
ich in den Tropen gefangen, auf etwa 100000, aber wie viel
mal mehr sind überhaupt schon Exoten gefangen worden, und, So-
weit bekannt, existiren nur noch höchst wenige exotische Zwitter.
Zu denjenigen Arten, denen wir hier am Strande am
eifriesten nachgingen, gehörten die kleinen, aber seltenen, nur
hier gefundenen Antigonis Pharsalia, blau mit orangefarbenen
Punkten, sowie die prächtigen, blau und hochgelben Callithea
Wallacei und Batesii, erstere von hier an stromaufwärts bis
in die Anden heimisch, letztere, wie es scheint, nur flussab-
wärts noch vorkonmend bis Maues, an welchem Orte ich
ebenfalls schon ein einzelnes Stück dieser seltenen Art ange-
troffen hatte.
Eines Tages fanden wir die Wasserkante des Strandes
bedeckt mit einer Unzahl angeschwemmter Insecten, in Schaum
eehüllt und von einer ölig schillernden Flüssigkeit umgeben.
während auf der Wasserfläche noch mehrere solcher Oelstreifen
langsam hinabzogen. Nur wenige dieser wohl schon vor Tagen
von einem Sturmwind in die Wellen getriebenen Inseeten, unter
denen alle Ordnungen vertreten waren, hatten noch Leben in
sich; am zähesten hatten sich die Käfer gehalten, Carabieiden
und Melasomen, obgleich auch sie nur mühsam noch sich be-
wegen konnten; und sodann einige grössere Noetuiden und
namentlich Sphingiden; dagegen waren die zahlreich mit vor-
handenen Tagfalter, unter denen anffallenderweise ziemlich
viele Weibchen sich befanden, sowie alle schwächeren Hetero-
ceren bereits zu sehr schon von der Zersetzung ergriffen, als
dass sie noch brauchbar gewesen wären.
Interessanter als die gewonnene Beüute an sich war die
(elegenheit zur Beobachtung, unter welchen Umständen wohl
unsere paläontologischen Insectenfunde zum Theil mögen ihren
Ursprung genommen haben, und es dürfte wohl, wenn auch
die bis jetzt zu Tage geförderten Lapidarbildnisse antiker
Schuppenflügler nur ganz vereinzelte sind und grösste Selten-
heiten, der Fall nicht ausgeschlossen sein, dass künftie einmal
auch eine Thonschieferbank, über der seiner Zeit, als.sie noch
Uferrand gewesen, ein glücklicher Stern gewacht, eme ganze
Fülle urweltlicher Formen, dieht neben einander gebettet wie
hier, uns zum Anschauen bringt.
In dieser Zeit, wo das Wasser schon ziemlich tief ge-
fallen und in mächtiger Breite nun der weisse Strand sich
vor der Stadt ausdehnte, gewährte es ein prächtiges Ver-
9808 - Hahnel:
onügen, «es Abends hier dem Fange nächtlicher Laufkäfer
nachzugehen. Sobald es dunkelt, kommen diese 'Thiere aus
ihren Verstecken unter Holzstücken und dergleichen hervor
und nach längerem Kreuz- und Querlaufen über den Sand hin
nehmen sie ihre Richtung schliesslich immer bergab nach dem
Wasser zu, wo ihnen Beute in reicherer Auswahl zu erwarten
steht. Am zahlreichsten sind die gelben, schwarzgefleckten
Bombardirkäfer Pheropsophus aequinoctialis vertreten, die, |
wenn sie ergriffen werden, unter lautem Knall eine kleine
Dampfwolke von Gas ausströmen lassen, das ziemlich heftig
die Finger brennt und sie braun beizt. Ohne Zweifel sind
sie mit dieser Bewaffnung sicher vor jeder Verfolgung, und |
ihr Lauf ist daher auch nur ein sorglos langsamer, zumal sie
eine gute Witterung haben und überall bald auf faulige
Fischreste oder Aehnliches stossen.
Mit grösster Schnelle dagegen eilen die leichtfüssigen
Tetrachen vor uns hin, die, kaum erblickt, schon wieder im
Dunkel verschwunden sind, kaum dass der Schein der Laterne
ihnen zu folgen vermag. Gewöhnlich hatten wir bei dieser
‚Jagd einen Kreis von Zuschauern um uns her, denn der Strand
ist in der Abendstunde immer belebt von Badenden und Wasser-
trägern oder auswärtigem Volk, das über Nacht in den Canös
verbleibt; und so fanden sich denn auch meist einige Jungen’
bei uns ein, die nun rechts und links wie die Pudel auf allen
Vieren neben dem Lichtschein herliefen und so eifrig und
geschickt mit Händen und Füssen die Thiere griffen, dass wir
oft kaum Zeit fanden, die uns von allen Seiten gebrachten
Stücke in Empfang zu nehmen und in die Düten zu schliessen. *)
Erstaunlich war es mir das eine Mal, eine Probe von
der Riesenkraft dieser Raubkäfer zu sehen, denn als ich einst
eine der grossen, blassbraunen Tetracha Klugii erfasste, die
ganz in gewohnter Schnelle dahineilte, fand ich, dass sie dabei
in den mächtigen Zangen eine grosse Werre mit sich trug,
ein Verhältniss, das ähnlich, aber noch etwas aussergewöhn-
licher ist, als wenn der Wüstenlöwe mit einem Ochsen davonjagt.
Au
Sao Paulo.
Unsere Zeit in Tetfe war abgelaufen. Am ersten Oktober
bestiegen wir von neuem den Dampfer, um nach dem einige
*) Ich bemerke hierbei. dass ich die Käfer stets erst zu Hause in
heissem Wasser tödtete, was unter den Tropen jedenfalls die einfachste und
nebenbei sauberste Tödtungsart ist,
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 274
Tagereisen weiter aufwärts gelegenen Sao Paulo de Olivenca
zu gehen, wo wir nach Ötägiger Fahrt spät des Abends an-
langten. Des niedern Wasserstandes wegen gingen wir in
weiter Entfernung von der Stadt hinter einer Insel vor Anker.
Ein zu gleicher Zeit losbrechender Gewittersturm mit furcht-
baren Regenguss verhinderte dann mehrere Stunden lang das
Ausschiffen der Postsachen, und als endlich um Mitternacht
die Canös von S. Paulo herankamen, befand sich keines dabei,
das unser Gepäck hätte mitnehmen können. Der Capitän liess
daher eins von den Schiftsbooten bemannen, und so landeten
wir einsam im rieselnden Regen an einer Sandbank, die weit-
hin zwischen uns und den fern herüberschimmernden Lichtern
der Stadt sich ausdehnte. Unser sonstiges Reiseglück hatte
uns hier einmal gründlich im Stich gelassen, und das Gesamnt-
bild dieser einsamen Nacht war zu trübselig und widerwärtig,
als dass nicht vor Hunger und Regen aller Humor zum
Schweigen kam.
Endlich liehtete sich im Osten der Himmel, und allmählich,
nachdem auch der Regen nun aufgehört, liess sich die neue
(segend in deutlicheren Umrissen erkennen, und so schritt ich
nun, während meine Frau einstweilen noch bei dem Gepäck
zurückblieb, über die weite Sandbank der Stadt zu, die auf
hohem, steil abfallendem Thonufer frei und luftig gelegen ist,
überragt von düstern Gruppen der nie fehlenden Assahy-
Palmen. Das Elend der Nacht musste die Götter erweicht
haben, denn mit dem neuen Tage strömten die Wohlthaten
nur von allen Seiten auf uns zu. Nicht nur, dass mir sogleich
der.erste Mensch, den ich unterwegs am Abhange traf, seine
Wohnung anbot, sondern ich hatte auch die Freude, oben
angelangt einen Landsmann hier zu finden, durch dessen Ver-
mittelung zunächst unser Gepäck vom Strande heraufbefördert
wurde. Auch unsere anfänglich gehegten Zweifel an der
Liebenswürdigkeit der Einwohner wurden alsbald gehoben und
ins Gegentheil verkehrt, denn kaum hatte meine Frau die
neue Schwelle betreten, als auch sogleich unsere Nachbarin
erschien, die uns mit Kaffee und Imbiss versah und uns für
den Mittag zu Tisch lud, ein Empfang, auf den wir um so
weniger hier gerechnet hatten, als Bates gerade im S. Paulo
sehr wüste Naclıbarschaft und mehrfaches Aergerniss gehabt
hatte.
Doch abgesehen von alle dem, so war die grösste Ge-
nugthuung für mich die, dass ich bei dem sofort angetretenen
Streifzuge ganz in der Nähe der Stadt eine Anzahl äusserst
972 Hahnel:
günstig gelegener Fangplätze antraf, die mir bei der mamig-
fachen Verschiedenheit des Terrains einen überraschenden Reich-
thum an prächtigen Formen boten, sodass mir der neue Ort
an Ergiebiekeit alle bisher besuchten bei weitem zu übertreffen
versprach.
In dem herrlichen Walde, der uns in seiner Ueppigkeit
und KFormenfülle mit jedem Tage neue Schönheiten offenbarte,
waren es besonders einige reizend angelegte Waschplätze —
mit eingefassten Bassins in der Mitte und einem Diekicht von
Blattgewächsen am sickernden Quellwasser hin — die stets
eine Anzahl prächtiger 'Thiere rings von den hohen Bäumen
auf den sonnigen Boden herniederlockten und uns oft die
reichste Auswahl darboten. Die ständigsten Erscheinungen
an diesen Stellen waren ausser vielen öfters genannten Arten
einige Adelpha, namentlich die hübsche, mit einer braungelben
Binde auf den Vorderflügeln gezeichnete Mesentina, ferner
die feinen, weissleuchtenden Pyrrhogyra-Arten Amphira und
Crameri, die prächtig bunte Catonephele Numilia und so-
dann auch einige Ageronien, die tieflunkle, blaugesprenkelte
Velutina, die grosse, granblau gezeichnete Arinome, und die
dieser an Färbung ähnliche Belladonna, deren hieroglyphen-
ähnliche, dichte Hakenzeichnung gewissermassen den Indianer-
styl in der Natur vertritt.
Unter den kleineren Sachen stach namentlich die schöne,
schwarz und rothe Aneyluris Melibaeus hervor. ein pracht-
volles Thierchen mit seinen breit geschwänzten Hinterflügeln
und der blauen, im kräftigsten metallischen Glanz spiegelnden
Unterseite. Fbenso reizend ist ihre Verwandte, die blaue
Diorhina Periander, und die niedliche rothbandirte Amarynthis
Meneria, ein kleines, buntes Triumvirat, diese drei. das auch
an andern Orten stets sich wieder vorfindet.
Anders als an diesen abgeschlossenen Waldstellen war die
Zusammensetzung der Gesellschaft, die sich an der schmalen
Strandlinie zusammenfand, die oberhalb der Stadt an dem
abschüssigen Erdufer eine kurze Strecke entlang führt. Hier
war es ausser den bekannten grösseren Thieren, die hellfarbig
oder bunt schon von fern ins Auge fallen und dem Flussufer
stellenweise einen munter belebten Anstrich verleihen, nament-
lich eine Anzahl Arten aus dem prachtvollen "Genus Cata-
sramma, deren häufigeres Vorkommen uns die Erfüllung eines
schon lange gehegten Wunsches brachte. Neben der grossen
Uynosura zeieten sich hier die ihr ähnliche, aber weniger
häufige Miles, die reizende Üyllene, die prächtig karminrothe
ee“.
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 273
Peristera und, zahlreicher als diese, die kleine, schlichter
gekleidete Eunomia, während noch zwei fernere Arten,
Maimuna und Excelsior zu den selteneren Ausnahme-Erschei-
nungen gehörten.
Am Boden sitzend, wo sie mitunter, um nicht auffliegen
zu müssen, einige Schritt weit hintrippeln, sind diese Cata-
gramma infolge der geduckten Flügelstellung, die sie einnehmen,
bei der ersten Annäherung gewöhnlich nicht zu erkennen,
ganz wie die Kunica und andere verwandte Gestalten.
Wenn sie indess dann auffliesen und das brennende Roth
ihrer Oberseiten sichtbar wird, bieten sie einen ganz herr-
lichen Anblick dar, und mit Aufmerksamkeit verfolgen wir
ihren kurzen, meist in riesigem Bogen dahinschwebenden Flug,
der sie entweder ein Stück weiterhin führt am Ufer entlang
oder auch, namentlich wenn das Wetter nieht ruhige, zurück
zu den Bäumen des Waldes.
Noch im reicherer Anzahl als diese so sehr das Auge
fesselnden, schmucken 'T'hiere sind die Arten des Genus Dy-
namine vertreten, kleine, zierliche Gestalten, schwächer als
jene, aber mit ihnen, sowie den Perisama und Callicore von
nahe verwandtem Typus, der sich namentlich auch in dem
diesen allen gemeinsamen Vorzug prächtiger und glänzender
Unterseiten ausspricht. Wenn es bei den Catagramma das
tiefe Dunkelroth ist, das in reichster Abstufung sich wieder-
holt, oft dabei im Violett und Blau übergehend, so ist bei den
zarten Dynamine-Arten die Stammfarbe mit wenigen Aus-
nahmen ein mattglänzendes Grün, das auch auf den glänzen-
den Unterseiten in dem concentrirten Metallglanz zum Aus-
druck kommt. Sehr abweichend ist der Flug dieser Thiere
von dem ihrer nächsten Verwandten. Hurtig und anscheinend
ängstlich schweben sie in einem unsicher wankenden Zickzack-
fluge dicht über dem Boden dahin, unruhig ansitzend und
häufig wieder auffliegend, einigermassen ähnlich in diesem
Verhalten den Megalura-Arten.
Unter den zum Theil neu hier auftretenden Eunica-
Arten bildet namentlich die durch ihre hellgraue Färbung
gegen ihre dunkleren Geschwister ganz auffallend abstechende
Phasis eine interessante Erscheinung, bei der wir besonders
auch wieder die Wahrnehmung bestätigt finden, dass Arten,
die von ihren nächsten Sippengenossen etwa durch eine ab-
norme Färbung unterschieden sind, stets auch noch sonstige
Eigenthümlichkeiten an sich tragen, durch die sie vor jenen
sich auszeichnen. So ist diese Phasis sehr viel lebhafter,
18
274 Hahnel:
flinker und scheuer als alle andere Kunica, ebenso wie unter
den Dynamine-Arten, die durch ihre hellblaue Färbung ab-
stechende Persis einen weit heftigeren und bestimmteren "F lug
hat als alle übrigen ihrer Geschwister,
Von anderen besonders ins Auge fallenden und täglich
sich hier zeigenden Arten verdienen etwa noch eine Erwähn-
ung die reizende, uns nicht mehr fremde Callicore Clymena,
die, noch ruhiger als Catagrammen fliegend, ihrer prächtig
rothen Unterseite wegen ein stets gern von uns gefangenes
Thierchen war, — und sodann die bläulich glänzenden Lasaia
Meris und Arsis, Thierchen, die blitzschnell über den Boden
dahin tanzen und plötzlich dann still sitzen, um bald wieder
von neuem ihren hastigen Flug zu berinnen. Alle anderen
kleineren Gestalten, wie die an den Uferbüschen munter um-
herflatternde Riodina Lysippus, die Phyeiodes und Eurema-
Arten blieben meist seltnere Erscheinungen; doch gab es unter
den Hesperiden einige interessante Formen, die häufiger hier
vertreten waren, wie unter anderem der kleine eraue und
weisse Thracides Aristoteles, der mit seinem Namensvetter
aus dem Eryciniden-&enus Siseme, einige Aehnlichkeit hat.
Einen ferneren sehr ergiebigen Fangplatz, namentlich
in den Vormittagsstunden, gewährte uns ein durch den Wald
fliessender kleiner Bach, an dessen von Wasserträgern und
Wäscherinnen viel besuchter Furth sich gern jene schönen
schwarzen Papilio, die Lyeidas, Varus, Crassus und Sesostris
sehen liesen, auf dem schmalen Sandstreifen am Wasser vor-
sichtig ein ruhiges, gesichertes Plätzchen sich suchend, um
abseits zu sitzen von den Plebejergestalten der Megalura, der
Adelpha und des kleinen Eryeiniden- und Hesperiden-Ge-
lichters, die sämmtlich die Manier haben, ihre Flügel beim
Sitzen breit aufzulegen! — Wie ordinäres Volk! denkt da
wohl jener stattliche Ritter und wendet indignirt sich ab von
ihnen, während er dagegen der in tadellos sauberer Haltung
soeben vor ihn sich hinsetzenden kleinen, schmucken Antigonis
Felderi wohlgefällig einen anerkennenden Blick zuwirft und
salutirend die Fühler vor ihr senkt.
Sicher, beim erstmaligen Sehen verstehen sich diese
T'hiere, und instinktiv kehren sie ihre Sympathieen und ihre
Antipathieen hervor, und wie sie die Gesellschaft ihres Gleichen
und verwandter Formen vorziehen, so halten sie sich zurück
vor fremdartigen Gesippen, die anderen Sitten huldigen als
sie selbst. Oft kann man daher ein solches feinfühliges Thier
seinen Platz aufgeben und weiter abseits sich ansetzen sehen,
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 275
wenn andersgeartete Thiere sich um dasselbe herzudrängen,
die aus irgend einem Grunde ihm nicht zusagen. So geschah
es sicher nicht blos aus Furcht und Vorsicht, sondern aus
Antipathie, aus dem Wunsche, nicht gestört und belästigt zu
sein, wenn, wie mir dies vorgekommen, solch ein schwarzer
Ritter von Lyeidas, der, durch mein Erscheinen beunruhigt,
bereits zu fächeln anfing, um alsbald aufzufliegen, sich dann
wieder besänftigte und sitzen blieb, dabei aber nun sich seit-
wärts kehrte und mir direkt den Rücken zuwandte, um so
mich ausser Sehweite zu haben und selber verborgen zu sein.
Und ein andermal beobachtete ich eine Gallithea Hewitsoni,
(lie, nachdem ich sie mehrmals aufgescheucht hatte, ohne dass
ich ihrer habhaft werden konnte, schliesslich an einem Stämm-
chen ihre Zuflucht nahm, wo sie sich indess, kaum angeflogen,
im selben Augenblick auch noch eines Bessern besann und so-
fort einige Zoll weit hinaufwanderte, um sich nun an der
Unterseite eines über ihr herabhängenden Blattes zu verbergen.
— gründlich, wie sie wohl meinen mochte; — eine so klar
bewusste Ueberlegung des durch meine hartnäckige Anwesenheit
ennuyirten 'Thieres, dass mich dies wirklich in Staunen setzte.
Im geschlossenen Walde, auf den Fusswegen, die ich
meist nur bis zu den nahegelegenen Hütten und Baracken
verfolgte, bot sich uns eine reiche Anzahl anderer prächtiger
Thiere dar, die im Gegensatz zu jenen bisher genannten gern
an freien Plätzen oder lichteren Stellen sich aufhaltenden
Arten es vorziehen, im kühleren Waldesschatten, im Schutze
der grünen Zweige zu verbleiben und einsam und scheu ihren
Flug durch die Gebüsche zu nehmen. Es sind dies vor allem
jene einer artenreichen, mehrfach erwähnten Gruppe ange-
hörenden schwarz-grün-rothen Wald-Papilios, die seltenen,
stets nur vereinzelt anzutreffenden Bolivar, Cutora, Anchises,
Öliveneius, denen sich auch noch der grosse, dem Sesostris-
Weib ähnliche Orellana anreiht. Vorsichtig, langsam, mit
hochgehobenen Flügeln ziehen diese Thiere durch das niedere
(Gebüsch dahin, bei ihrem Umherschweifen oft einen wunder-
baren Ortssinn verrathend; denn wenn sie auch oft gänzlich
in der Irre sich verlieren mögen, so kann man doch auch oft
beobachten, wie sie selbst nach längerem Fortbleiben, schliess-
lich wieder an ihren erwählten Aufenthalt sich zurückfinden,
in die Nähe ihrer Geburtsstätte, an die sie eine dunkle Ahnung
vor dem einstigen Erscheinen einer Genossin festbannt.
In der gleichen niedrigen Region, und meist ebenfalls
nur einzeln durch die schattigen Gründe dahinflatternd, stellen-
18*
276 Hahnel:
weise allerdings anch in grösserer Stückzahl vertreten, finden
wir verschiedene schöne Arten aus den zahlreichen Sipp-
schaften der Ithomiden, und obgleich wir uns nicht die Zeit
nehmen, von diesen Thieren alle sich uns zeieenden Stücke
zu fangen, so müssen wir dennoch jedes einzelne dieser Thiere
scharf ins Auge fassen, um nicht eine jener seltenen, feinen,
halbdurehsichtigen Dismorphien zu übersehen, die wie die
Erythroe und Lysinoe und andere mehr in Gestalt und An-
sehen eine ganz täuschende Aehnlichkeit mit jenen Glas-
Flüglern haben.
In lichterer Höhe dann, durch die Zweige und an den
(sehängen der Schlinggewächse auf und ab gaukelnd, zeigt
sich uns dann und wann die zierliche, gestreckte Gestalt
einer weiss und schwarzen Vila Mariana, einer erünen
Colaenis Dido, oder einer der hier ziemlich spärlich vertretenen
Heliconier, ünter denen namentlich die schöne, weissgeschlitzte
Leucadia und die «dorisähnliche Methame interessante, aber
seltene Thiere sind. Hier und da flattert um einen Stamm
eine Ageronia oder die kleine, graue Figur einer Eetima Liria,
oder es ist eine der reizendsten aller Eunica, die sich da blieken
lässt, die mit glänzend blauem Fleck gezierte Amelia, eine
Art, die nie zu ihren andern häufigeren Vettern an den freien
Strand sich herauswagt, sondern den Aufenhalt unter den
schattigen Zweigen vorzieht, zumal ihre Lust am Fliegen
durch die stumpf a ar Vorderflügel etwas kurz ge-
halten wird.
Aber die Sippe, der wir hier in der sonnigen Waldluft
vor allen anderen eine Anzahl der schönsten Thiere verdankten,
war das prächtige Genus Catonephele, das uns hier nicht
weniger als 6.Arten lieferte, und zwar alle in einiger Anzahl.
Besonders war es unter diesen die feine, tiefschwarze, auf
Vorder- und Hinterflügel mit grossem, hellblanem Fleck ge-
zierte Hewitsoni, die uns durch die frische Schönheit und
den Contrast- ihrer Farben stets aufs Nene entzückte. Neben
ihr kam dann stets auch der schon mehrfach von uns ange-
troffene Obrinus vor und namentlich zahlreich die prächtige
Numilia, während dagegen die mit breiter gelber Binde ge-
zierten Antinoe, Salacia und Acontius im allgemeinen seltenere
Erscheinungen waren, und noch mehr natürlich auch alle die
durch ihren Dimorphismus bekannten Weibchen der letzteren
dieser Thiere.
Die meisten Stücke von allen dieser genannten Nympha-
liden, zu denen dann vom Dezember an namentlich auch die
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 977
grossen, schönen Preponas, sowie mehrere Arten Anaceen in
ziemlicher Anzahl hinzukamen, erhielten wir indess nicht ge-
legentlich im freien Fluge, sondern an den längs unseres
Weges unterhaltenen Köderstellen, an Bananen und Exkre-
menten, wo wir dann in ihrer Gesellschaft namentlich auch
wieder öfters die schönen grossen, seit Obidos nur wenig ge-
fangenen Morphiden antrafen, den blauen Menelaus (var.
Melacheilus) und den kleineren gestreiften Achilles.
Bereits Ende October, als einige Male inzwischen Regen
gekommen, zeigte sich einzeln, dann immer häufiger die bisher
im Ganzen nur selten angetroffene Heterocere Urania Leilus,
eine durch Gestalt wie Färbung gleich hervorstechende Er-
scheinung. Namentlich sind es die langen, weissen, stets eng
aneinander getragenen Schwänze, die diesem grossen, elänzend
grün gestreiften Thhiere ein ganz besonders reizendes Ansehen
verleihen. Bei aller längst ererbter Gewohnheit, am Tage
im hellsten heissen Sonnenschein zu fliegen, sind diese Leilus
doch offenbar blöder und kurzsichtiger als echte Taefalter
und. fallen daher auch weit eher einmal dem Strassenraub
der Hühner und Kidechsen zum Opfer. Auch in ihrer
merkbaren Vorliebe für die kühleren, schattigen Stellen ver-
räth sich noch ihre nächtliche Abstammung, und wenn sie bei
ihrem an den Waldwänden sich hinaufstrebenden und über
die Bäume dahinsegelnden Fluge auf freie Plätze oder Hütten
treffen, so sind es stets die schattigeren Stellen derselben, die
sie sogleich aufsuchen, und an denen sie dann auch, falls sie
nur etwas Duftendes da finden, das sie festhält, den Tag
über verweilen.
Einen sehr anziehenden Anblick gewährt es dann, wenn
sie dort aufgescheucht, ein halbes Dutzend oder mehr, nach
dem schattigen Rändgebüsch sich zurückziehen, wo sie auf
den ersten nächsten Blättern frei sich niederlassen, und zwar
mit sofortiger Kehrtwendung, sodass die weissen Schwänze
nach oben liegen, der Kopf bergab nach der Blattspitze zu.
Dagegen zeigen sie an schattenlosen Orten, am Strande, wenn
sie daselbst eine Stelle gefunden, von der sie sich nicht zu
trennen vermögen und ihnen die Sonne nun allzu heiss auf
den buschigen Nacken brennt, ein andres Verhalten, und um
sich zu schützen, schliessen sie, so sehr dies gegen ihre Ge-
wohnheit ist, über sich die Flügel, ganz somit die Haltung
der Papilio-Arten annehmend, denen ihre Gestalt ja ohnehin so
werkwürdig ähnelt. Und diese Fähigkeit, sich den Verhält-
nissen anzupassen, geht so weit, dass sie bei ihrem Bestreben,
2378 Hahnel:
der Kraft der Sonnenstrahlen auszuweichen, oft, um nicht
von .der Seite beschienen zu werden, eine schräge, spitz
eeren die Sonne geneigte Stellung annehmen. eine Positur,
die sich höchst originell ausnimmt, zumal sie eine etwas ge-
zwungene Haltung "der Beine bedingt. *)
Neben den Leilus war es dann noch ein anderes, aller-
dings weniger leicht und nicht so zahlreich zu erlangendes
Prachtthier, das sich uns nun öfters zeigte, namentlich an den
freien Plätzen um die Häuser und an den vom Walde um-
schlossenen Hütten. Es ist dies die grosse, blaugrüngebänderte
Panacea Prola, aus einer den Ageronien nächststehenden,
indess nur wenige Arten umfassenden Sippe, der wir hier zum
ersten Male begegnen. Was bei diesem schönen Thiere ein
so auffallend hervorstechendes Merkmal bildet, ist das ein-
farbige brennende Roth auf der Unterseite der Hinterflügel,
eine Farbe, die in solcher Verschwendung über eine ganze
Flügelfläche sonst in der Natur nur höchst wenige und dann
anders nünacirte Seitenstücke hat. Gleich den Ageronien
nimmt diese Panacea ihren Aufenthalt nie auf Blättern,
sondern immer an Stämmen, deren Rundung die eigenthümlich
ausgeschweiften, an den Spitzen etwas nach abwärts gebogenen
Vorderflügel merkwürdig angepasst sind. Ihr Flug geht
schnell und gleichmässig dahin, mit „eschickt ausgeführten
Schwenkungen, und obgleich sie den ganzen Tag über zum
Umhertreiben aufgelegt sind, — worin ihnen nebenbei die
Ageronien nicht folgen, — so sind sie doch am lebhaftesten
in den späteren Nachmittagsstunden, in denen sie dann ganz
besonders gern an die Lehmwände der Häuser sich ansetzen,
kopfabwärts nnd dieht über dem Boden.
Neben der Prola kam dann auch noch die etwas grössere
auf der rothen Unterseite mit schwarzen Augen «ezierte
Panacea Regina zum Vorschein, indess blieb sie seltener als
jene und wurde mithin auch stets, wo sie sich zeigte, mit
noch entsprechend grösserem Eifer verfolgt, wobei dann oft
aussereewöhnliche Künste zur Anwendung gelangen mussten,
wie zum Beispiel das Wegfangen solcher 'Thiere von einer
Wand „um die Ecke* herum.
Bei weitem schätzbarer noch als diese prächtigen, an
*) Diese selbe Haltung beobachteten wir auch öfters bei Theclas,
und zwar bei ihnen merkwürdigerweise sowohl in negativer wie positiver
Absicht, sowohl um momentan der Sonne auszubeugen, als auch, um mit
ganzer entgegengehaltener Breitseite alle Wärme aufzufangen, die die
Nachmittagssonne etwa durch die Zweige der Bäume noch spendet.
_
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 2379
offenen Stellen fliegende Thiere waren uns einige wenige, im
Walde am Köder gefangene Stücke des wunderbar schönen,
grossen, in Purpur und Blau gekleideten Agrias Sardanapalus,
des brillantesten vielleicht aller Schmetterlinge, der, wenn
man alles zusammen abwägt, was Rang und Schönheit aus-
macht, von keinem andern Falter übertroffen wird. Denn
wenn auch in der Ausbildung von Einzelattributen, wie Grösse
und Farbenpracht, zahlreiche andere Arten, namentlich unter
den Ornithopteren Indiens und den hier fliegenden Morphiden
ilın weit überragen, so kommen doch diese alle ihm nicht
gleich an Reichthum und feinster Durchbildung der Unter-
seitenzeichnung, die gerade bei ihm den Nymphaliden-Typus
zum vollendetsten Ausdruck bringt. Vor allen andern Vorzügen
aber schmückt ihn der der edelsten Abstammung und der
Zugehörigkeit zu einem Geschlecht, an das nirgend der Makel
der Vulearität herantritt, dessen Arten ausschliesslich Selten-
heiten sind, und zwar in dem Grade, ‘dass keine der be-
stehenden grossen Sammlungen sich noch rühmen kann, sie
alle vollzählig zu besitzen.
Gegen Weilmachten füllte sich der Ort mit Ansiedlern
aus der Umgegend, und auch unser Landsmann, Herr Weil,
den wir am Tage unsrer Ankunft nur aus Zufall hier ange-
troffen, kam nun von seinem Sitio mit gesammter Familie
nach der Stadt, sodass sich nns, zumal sich noch zwei andere
junge deutsche Ansiedler bei ihm einfanden, über die Festzeit
ein sehr angenehmer geselliger Verkehr bot. Nach alter Sitte
werden die Feste in solchen kleineren Ortschaften von einem
der angeseheneren Einwohner, die abwechselnd im voraus zu
Festgebern gewählt werden, veranstaltet, und die ganze Ein-
wohnerschaft nebst den Zuzüglern betrachtet sich dann ge-
wissermassen als dazu eingeladen.
Herr Weil hatte mich aufgefordert, ihn auf seiner zwei
Tagereisen stromauf am andern Ufer gelegenen Besitzung zu
besuchen, und als daher Anfang Februar sein üblicher Stadt-
aufenthalt zu Ende gesangen war, schloss ich mich ihm auf
seiner Rückreise an. Die Gegend um das Sitio, das den
Namen Santa Rita führt, fand ich äusserst fruchtbar. Der
Wald ist von grosser Ueppiekeit und Abwechselung, und dem
entsprechend wurden wir auch durch das Vorkommen mehrerer
uns ganz besonders werthvoller Arten erfreut. Namentlich
konnten wir um das Gehöft herum eine prachtvolle Cata-
gramma in einiger Stückzahl erbeuten, eine Abart der blau-
glänzenden Excelsior, die wir in S. Paulo mit gelber Zeichnung
280 Hahnel:
getroffen, während hier der grosse, sichelförmige Fleck ihrer
Vorderflügel ein frisches Roth zeigt. Die Varietät hat den
Namen Excelsissima erhalten.*) Ebenso erhielten wir da-
selbst einige Stücke der schönen Callithea Markii und der
grösseren, prächtig blauen Optima, während uns die Streifereien
im Walde namentlich auch einige Papilios und seltene Saty-
riden einbrachten.
Die für uns interessanteste Erwerbnng, die wir hier
machten, war eine neue kleine, den Symmachien nahe stehende
Eryeinide, Arsalis Rita, neu sowohl als Species wie auch als
Genus, ein Thierchen, das uns gerade ganz besonders erfreute,
weil während der ganzen Dauer unsers Aufenthaltes an den
entomologisch so eründlie 'h durchsuchten Lokalitäten Teffe und
S. Paulo” kein einziges Thier uns vor Augen gekommen war,
das nicht schon vor uns bekannt gewesen wäre. Wir fanden
in diesem Falle wieder bestätigt, was sich uns so deutlich in
Maues und Massauary als Resultat ergeben, dass ein unbe-
suchter Ort, selbst in einer vieldurehforschten (Gegend immer
noch die W ahr scheinlichkeit bietet, Neues aufzufinden, — wobei
wir selbstverständlich nur das beschränkte Gebiet der Tag-
falter im Sinne haben; denn die Heteroceren, Coleopteren und
alle andern Insektenordnungen, die ja bei weitem noch nicht
so vollständig in ihrer Reichhaltigkeit bekannt und erschlossen
sind, werden noch lange Zeit dem Systematiker einen grösseren
Betrag an Neuheiten liefern.
Gerade aber diese Brfahrung, die ich während des nur
kurzen Besuchs auf dem einsamen Sitio machte, veranlasste
mich nach meiner Rückkehr nach S. Paulo, meinen Aufent-
halt daselbst — trotzdem sich der Ort so überaus reich er-
wiesen, und trotzdem ich sogar noch nicht alle die von Bates
hier gefundenen Sachen vollzählig in meinen Besitz gebracht sah,
— früher als ursprünglich beabsichtigt, zu Ende zu führen und
wieder einen Schritt weiter die Wasserstrasse aufwärts zu
gehen, um die Arbeit in einer weniger genau durchforschten
(segend aufzunehmen.
Pebas.
Der fällige Dampfer liess diesmal ausnehmend lange auf
sich warten, und wir sahen uns ganze acht Tage lang ge-
nöthigt, sozusagen Gewehr bei Fuss zu stehen, sämmtliche
*) Staudinger, Ex. Schm, Taf. 42.
&
|
|
|
Eintomologische Erinnerungeı n an „Büd- Amerika. Jg
Sachen gepackt und bereits nach dem Hafen hinuntergebracht,
um jederzeit für die Reise fertig zu sein, sowie der Dampfer
erschien. Endlich wurde der allgemeinen Erwartung und
dieser gezwungenen Unthätigkeit ein Ende gemacht, als der
langgezogene, dumpfe Ton des „Vapör“, der immer sofort die
ganze Bevölkerung auf die Beine bringt, aus der Ferne herüber-
schallte. Eilig sind nun die letzten Utensilien, wie Hänge-
matten u. Ss. w. zusammengepackt, die Abschiedsbesuche im
Vorbeigehen noch einmal wiederholt, und hinunter dann bei
Nacht und Regen zum Porto! Mit einiger Schwierigkeit sind
die Burschen ermittelt, die für das Gepäck bestellt waren,
doch endlich ist Alles richtig an Bord, und wir können uns nun
der ungestörten Lektüre der empfangenen Briefschaften und
Zeitungen hingeben, denen man stets mit um so grösserem
Verlangen entgegensieht, je grösser die Zwischenräume sind,
in denen sie ankommen.
Nachdem wir am andern Tage bei Tabatinga die brasi-
lische Grenze hinter uns gelassen, und nun in peruanischen
(sewässern fuhren, langten wir nach 4tägiger Fahrt in Pebas
an, das in kurzer Entfernung vom Strome an einem Igaripe
eine prächtige, hohe Lage hat.
Zum ersten Mal trat uns hier der anziehende Anblick
naturechter Indianer entgegen, vom Stamme der landeinwärts
zerstreut wohnenden Jähuas: braune, mässig starke Gestalten,
deren Kleidung in einem um die Hüften getragenen zottigen
(sehänge von feinen, rothgefärbten Palmblättern bestand,
während über Brust und Rücken, sowie an den Schläfen herab
lange Troddeln von gleichem Material hingen und Oberarm
und Waden mit diehten Büscheln eines feineren Faserstoftes
geschmückt waren.
Die etwa dreissig Wohngebäude, die wir hier vorfanden,
repräsentirten trotz ihrer geringen Zahl sehr verschiedenartige
Baustile. Neben 4 oder 5 modernen, durch ihre weissen
Mauern und den bunten Anstrich der Thüren und der Verandas
sich auszeichnenden Häusern standen schwerfällige, hocheiebelige
Lehmhütten, und daneben wieder leichtere Baracken mit
grauen Plankenwänden oder mit noch luftigeren Rohrwand-
eittern eingefasst. Am eigenthümlichsten jedoch nahmen sich
die Hütten der ursprünglichen Pebas-Indianer aus, die eine
längliche eliptische Form hatten, hohes Dach, statt der Giebel
an den Enden konisch zugestutzt, und die Lehmmauer rings-
um ohne jede Oeffnung ausser der einen nothwendigen Thür.
Wir bezogen, da keine Auswahl vorhanden war, eine
282 Hahnel:
jener luftigen Rohrhütten, die, wenn sie auch dem Einfluss
der fenchten Nachtluft und verschiedener anderer Uebelstände
allen Vorschub leistete, uns dennoch bald eine der angenehmsten
Wohnungen wurde, die wir überhaupt gehabt hatten.
Bei unserm ersten Auseanee lenkten wir unsre Schritte
zunächst der Hafenstelle zu, wo wir unter den bekannteren
Strandthieren auch den prächtigen, hochgelben Papilio
Thyastinus antrafen, welcher, sehr verschieden von seinen
übrigen gelben Verwandten, seinem ganzen Typus und seinem
Verhalten nach sich eng an jene Gruppe der weissen Papilios
anreiht, deren Gesellschaft er stets aufzusuchen pflegt. Ausser
diesem fanden wir hier sogleich noch ein anderes uns neues
Thier vor, die feine, blaustrahlige Catagramma Kolyma,
in Flüeelform, 'Tracht und Flug weit mehr einer Gallicore
ähnlich, als den meist etwas lebhafteren und elänzenderen
(renossen der eienen Sippe. i
Nach zwei so prächtigen neuen Erwerbungen, die wir
sleich in der ersten Stunde unsers Hierseins gemacht, durften
wir die Hoffnung hegen, dass sieh uns hier nicht mur am
Strande, sondern auch im Walde eine grössere Anzahl schöner
und seltner Sachen bieten würde, und wenn auch bei dem
jetzt vorherrschend trüben und regnerischen Wetter nicht
soeleich die ganze Reichhaltiekeit des hiesigen Gebietes sich
uns zeieen wollte, so fanden wir doch mit der Länge der Zeit
diese unsere anfängliche Erwartung vollauf bestätigt.
Ein äusserst ergiebiger und namentlich in den späteren Mo-
naten stets sehr reich besetzter Fangplatz war ein im Walde in
kurzer Entfernung vom Orte gelegener sonniger Wasserplatz,
zu dem an den feuchten Sandboden eine ungemeine zahlreiche und
bunte Gesellschaft der verschiedensten Falter sich zusammenfand.
In der Morgenkühle der früheren Vormittagsstunden,
ehe noch die Sonne über die Wipfel der Bäume in die kleine,
lichte Niederune hier herabscheint, ist es zunächst nur etwa
eine Junonia oder Anartia, die sich da erblieken lässt, über den
morastigen Grund hinflatternd, oder eine Helicopis zieht
langsamen Fluges durch die Blattgewächse am Graben hin,
während über dem kleinen Wasserspiegel laut surrend eine
Macroglossa dahinfährt, inne hält und niedertauchend das
breite, buschige Leibende netzt, indem sie wie zum Spiel
einen Tropfen dabei vor sich hin schleudert; — ein Bade-
vergnügen, wie es mitunter anch Kolibris sich zu bereiten
lieben, und ebenso grössere Neuropteren, namentlich - aber
N
auch die zur Nachtzeit schwärmenden Sphingiden.
f
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika.
Doch da zeigt sieh auch schon einer jener dunklen, stets
nur einzeln auftretenden Papilios, der heranschwebend in
wellenförmieem Fluge seiner Gewohnheit gemäss erst in
weiterem oder engerem Bogen den Platz umkreist, ehe er sich
anzusetzen unternimmt. Heut ist es ein Lyeidas oder Crassus,
der hier erscheint, ein andermal ist es ein Varus oder Pausa-
nias, dann bleiben auch diese wieder aus, und es findet sich
ein Pompejus, ein Sesostris, ein Cyamon ein oder ein seltner
Chinsiades. Aus dem Schatten des (Gebüsches tritt dann
leichten Fluges eine Pieride hervor, weiss, mit bunter Unter-
seite geziert, eine Perhybris Pyrrha oder Lorena, oder eine
Daptonoura Leucadia. Sie gesellt sich ohne Zögern der
dunklen Gestalt dort am Wasser zu, während inzwischen nun
auch eine Anzahl jener Stammgäste vom Tage vorher, jene
überall mehr oder weniger zahlreich vertretenen Megalura,
Eunica, Adelpha und andere mehr von den Zweigen herab
an einem von der Sonne bereits getroffenen Fleck sich zu
versammeln beginnen.
Und nun segeln auch die prächtigen grünen Leilus
heran, die vor dem Niedersetzen immer erst emige Augen-
blieke über der ausersehenen Stelle mit kurzem Flattern sich
drehen und wenden und dann festsitzend auch wohl noch
einige Male ihre flachgebreiteten, doch nicht aufliegenden
Flügel sacht heben und wieder senken, Thiere, die man immer
wieder von Neuem reizend findet, in allen ihren Bewegungen
eleeant, leicht und gemessen. Ihnen folgen dann bald, in
schnellem Fluge daherjagend, die hellleuchtenden Catopsilien und
die stürmischen weissen Papilios, die Telesilaus, Protesilaus
und Autosilaus. Auch jener schöne Thyastinus oder ein
feiner Columbus oder Dolieaon findet sich ein, und hin
und wieder auch wohl ein unsteter gelber Cinyras, ein
Theophron oder Torquatus.
Und jetzt nun, wie die Sonne höher rückt, kommen auch
immer mehr der Nymphaliden, die bisher noch hoch in den
sonnbeschienenen Zweigen oder an Stämmen sich gehalten, an
den belebten Boden herab, Catagrammen, die hurtig sich
ansetzen und umständlichere Dynaminen, scheue Apaturen,
den Adelphen ähnlich, und dazwischen ein paar rasche,
emanzipirte Kieinfalter, wie die Aneyluris, Lasaia, Notheme
und andere mehr, deren lebhaftes Temperament von dem ein-
samen Aufenthalt im Schatten der Bäume sich nicht ganz
befriedigt fühlt.
Dann senkt sich in heftigem Schwnnge ein mächtiger
284 Hahnel:
Aganisthos Odius aus der Höhe herab und, über den Boden
hinstreichend, steuert er plötzlich gerade auf uns zu, an den
schweissigen Hut sich setzend oder an den Aermel, wo er
dann freilich baldigst seinen Vorwitz im Netze lässt. Endlich
auch verlässt dort jene Panacea, die wir lange schon drüben
in der Höhe an dem glatten Stamme beobachtet, ihren Sitz,
und in schnellem Fluge herab sich senkend, wobei ihre rauch-
rothe Unterseite sie als die prächtige P. Divalis erkennen
lässt, wirft sie sich mit allem Ungestüm platt an den Boden
an, mitten zwischen die andern; doch scheu, wie sie ist, eilt
sie, sobald wir uns bewegen, wieder davon, um nun an einem
schattigen Baumstamm das nahende Verhängniss zu erwarten.
Wie vielgestaltig, wie mannigfach wechselnd ist diese
(sesellschaft, die oft in überaus reicher Anzahl hier versammelt
ist! Wie verschieden und scharf ausgeprägt sind die (Ge-
wohnheiten und das Verhalten jeder Sippe und‘ fast jeder
einzelnen Art! Ruhig die eine, unbeständig und flatte rhaft
die andere; hier ein Thier sorglos und zuversichtlich, dort
ein andres ängstlich und aufinerksam und schon von fern
die Möglichkeit einer Gefahr bedenkend. Dieses hier bleibt
stets sich gleich in seinem Verhalten, jenes andre dagegen
ist mehr von Launen und Reflexionen beherrscht und ändert
leicht sein Benehmen je nach den Umständen und mit zu-
nehmender Erfahrung. Während hier dieses gesellige 'T'hier
sich stets nach seinen Genossen und Nachbarn richtet, davon-
fliegt und wiederkehrt wie die Menge es thut, folgt dort jenes
Einzelthier durchaus nur der Stimme seiner Ueberzeugung
und bleibt, wenn auch die erosse Mehrzahl der Gesellschaft
in plötzlicher Besoreniss auffliegst und eine wirbelnde Wolke
neben und über ihm bildet. ungestört weiter sitzen, eine ge-
wisse Ueberlegenheit zeigend gegenüber der Aengstlichkeit
jener anderen.
Und wie das Temperament dieser 'T’hiere verschieden
ist, ihre Gewohnheiten, ihre Neigungen, ihr Flug und ihre
Flügelhaltung, so ist auch die Art, wie sie dem Genusse der
Feuchtigkeit sich hingeben, eine verschiedene. Die einen, die
Masse der Nymphaliden, erweisen sich lediglich als Fein-
schmecker, die nur kommen, um von der Feuchtigkeit (des
Bodens zu kosten und zu lecken. Ihre kurze Zunge leicht
andrückend und wieder zurückrollend, versuchen sie es bald
hier, bald da, ziehen sich gelegentlich, wenn für den Augen-
blick gesättigt und genug gesonnt, wieder zurück nach den
Zweigen und erscheinen bald darauf von neuem bei der
€
an nn Bee ee ie ee EEE
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika.
285
en ee a ee
Gesellschaft, um weiter zu naschen. Stets ist es ihnen mehr
um den Duft, um den pikanten Geschmack, als um die Feuch-
tigkeit selbst zu thun, für deren Ansammlung in ihrem kurzen
Körper kein grösserer Raum vorhanden zu sein scheint, denn
nur selten sieht man sie ein kleines Tröpfchen der aufge-
nommenen Flüssigkeit wieder von sich geben.
Anders dagegen die weitsegelnden Papilios, und mit
ihnen die Pieriden und viele Hesperiden. Diese sind echte,
wirkliche Trinker und ergeben sich dem Zechen mit wahrer
Leidenschaft. Mit aller Hast und Gier und mit einer merk-
würdigen Ausdauer schlürfen sie das Nass aus dem Boden,
das an dem Hohlgerinne ihrer Zunge wie ein Strahl ohne
(nde in die Höhe schiesst und, nachdem es ihren Leib durch-
strömt, in erstaunlich kurzer Zeit hinten wieder ausgestossen
wird, die einzelnen Tropfen oft fast mit der Schnelle der
Sekunden. Dabei ist es interessant zu beobachten, wie die
Pieriden etc. den Tropfen einfach herabfallen lassen, während
die kräftigeren, hochbeinigen Papilios ihn meist in einem
Strahl von sieh spritzen, am weitesten und auffälliesten der
Pausanias, bei dem der Strahl die Länge von mehreren
Centimetern ausmacht.
Bei diesem enormen Verbrauch von Wasser, dessen
(Juantum für solch ein Thier sich etwa auf einen halben Liter
pro Tag berechnen liesse, ist wohl anzunehmen, dass diese
andauernde Kühlung des Innern einen ganz besonderen, viel-
leicht in ihrer Nachwirkung stimulirenden Einfluss auf die
Thiere üben mag; und andrerseits ist es demnach ganz er-
klärlich, dass die Weibchen aller dieser Thiere aus Gründen,
die in ihrer Organisation liegen, den Trinkgesellschaften der
Männchen durchaus fern bleiben, und ihrerseits lieber dem
solideren, allerdings aber in diesen Wäldern äusserst seltenen
(senuss an Blumen und Blüthen nachgehen.
Von diesem Wasserplatz führte ein Weg in ziemlich
weitem Bogen durch den Wald nach dem andern Ende des
Dorfes, und da wir auf diesem Rundwege auch einen nach
dem Innern führenden Indianerpfad schnitten und ausserdem
noch mehrere Seitenwege kurze Abstecher gestatteten, so war
dieses in einander greifende Kreuz und Quer der Wege das
vortheilhafteste Verhältniss, das wir uns wünschen konnten,
und das wir in ähnlich günstiger Weise an keinem andern
Orte mehr angetroffen hatten.
Unter den seltneren Sachen, denen wir auf diesen Wald-
wegen begegneten, war uns das interessanteste Thier ein
286 Hahnel:
neuer schwarzer, nur mit einem. kleinen gelben Fleck auf dem
Hinterflügel gezeichneter Papilio, der den Namen Pizarro *)
erhalten hat. Wir erhielten indess von dieser feinen, ganz
auffallend an die ebenso gezeichnete Castnia Mimica erinnernden
Art neben zwei Weibchen nur ein einziges Männchen, und
auch alle andern schwarzen, den Wealdesschatten nicht ver-
lassenden Papilio liessen sich stets nur als grosse Seltenheiten
hier sehen.
Häufiger waren es dagegen einige feine bunte Ithomiden,
die, durch das dichte Unterholz flatternd, unsre Blicke auf
sich zogen, die schöne Ithomia, Lerdina, Llerdinoides,
Anchiala und viele andere mehr, wie überhaupt diese Gruppe
von Faltern, die am untern Strome so zurücktrat, je näher
wir den Gebirgen kamen, nun auch wieder in einer grösseren
Artenzahl sich zeigten.
Was aber den eigentlichen Reichthum dieses prächtigen,
nicht allzu dieht bestandenen Waldes .ausmachte, war. die
evosse Zahl von schönen Nymphaliden, die sich uns hier bot.
deren reichliches Vorhandensein besonders durch den Um-
stand, dass in der zusammenhängenden Masse der Baumwelt
hier und da durch Holzfällen Lücken entstanden waren, ausser-
ordentlich begünstigt wurde. Da indess diese Falter meist
mit grosser Vorliebe ihre Standorte festhalten, so treten sie
bei ihrem kurzen und zudem meist hoch in den Zweigen sich
bewegenden Fluge nur wenig in die Erscheinung und sind
im Fluge mithin nur höchst selten zu erlangen.
Dagegen bringt sie nun ihre Naschlust, die durch den
fein ausgebildeten Geruchssinn aufs beste unterstützt wird,
sicher aus ihrer Höhe herab. Denn sowie nur ein Luftzug
ihnen die Witterung von riechenden Sachen, wie namentlich
Exkrementen zuführt, streichen sie sofort abwärts, und dem
Geruche nachspürend, suchen sie eifrig am Boden umher und
gerathen, wenn sie das Gesuchte nirgends entdecken, in eine
förmliche Aufregung, bis sie, ihre ungestümen Kreise immer
enger ziehend und schliesslich aufwärts wirbelnd, endlich an
der Quelle des Duftes anlangen, an einem hervortretenden
Blatt nämlich, auf das wir den Köder, um ihn vor den Ei-
dechsen, Ameisen und Mistkäfern zu sichern, gestrichen.
Letztere namentlich zeigten sich nun stets ausser Stande,
dem Geruche in die Höhe nachzugehen, und sahen sich nach
langem, fruchtlosem Umherschweifen immer genöthigt, un-
*) Staudinger, Ex. Schm. Taf. 13.
ur Fu
,
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 287
verrichteter Dinge von der räthselhaften Stelle wieder davon-
zuziehen.
Nur die kleineren, langsamer fliegenden Arten unter den
Goprophagen folgten der Witterung auch auf die Blätter und
fingen dort alsbald auch an, eifrig ihre Kügelchen zu rollen,
um sich mit ihnen dann 'herabfallen zu lassen auf den Boden.
Ebenso waren es sehr oft auch kleine, bunte Gradflügler, die
sich als ungeladene Gäste auf diesen Blättern einfanden und
sich so gefrässig benahmen, dass immer lange Ketten ver-
dauten Stoffes von ihnen herabhingen, was sich um so sonder-
barer ausnahm, als diese Thierchen mit ihren kreuzförmig
eingestemmten Sprungbeinen eine ganz merkwürdige Figur
machten, — eigene Gestalt, eigene Manieren, wie das immer
zusammentriftt.
Bei der Sparsamkeit, mit der wir den Inhalt unserer
Büchse verausgabten, konnten wir täglich auf etwa hundert
Stellen den Köder vertheilen, und nachdem dies am Morgen
bei dem ersten Ausgange unser Geschäft gewesen war, lenkten
wir nun, an jenem oben erwähnten Wasserplatze angelangt,
den wir bereits von Papilio-Arten u. s. w. besetzt fanden,
unsere Schritte alsbald wieder auf denselben zurück, um
sogleich die erste Ablese an dem frisch behangenen Plätzchen
zu halten. Da nun die betreffenden Blätter alle so gewählt
waren, dass sie uns jetzt ihre Kehrseite zuwandten, so waren
wir den angeflogenen T’hieren gegenüber völlig gedeckt, und
dieselben blieben also ungestört sitzen, um nun im Netz unsere
sichre Beute zu werden.
Eine der am ständiesten und zahlreichsten an diesen
Köderstellen vertretenen Sippen waren die Anaea, ein arten-
reiches, aber wegen der oft schwer zu unterscheidenden Merk-
male ein im ganzen für den Systematiker wenig angenehmes
Genus. Wir fanden von demselben hier nicht weniger als
15 verschiedene Arten vor, unter denen die Drucei ”) und
Vieina sich als neu herausstellten. Die Bewegungen dieser
Anaea sind immer, wie dies ihren scharf geschnittenen Flügeln
entspricht, schnell und heftig, und ihr Flug ist kurz und be-
stimmt und beschränkt sich durchaus auf den Bereich der
Bäume. Nur der auffallend grosse und kräftige Xenocrates
macht hiervon eine bemerkenswerthe Ausnahme, indem er
sich mit Vorliebe auch an den freien Plätzen umhertreibt
und zwar mit einem noch wilderen Fluge als selbst die
*) Staudinger, Ex. Schm. Seite 181.
288 Hahnel:
grösseren Megistanis. Eine besondre Eigenthümliehkeit der
Anaeen ist es, siclı weniger an die Blätter, als vorzugsweise
an die Zweige und Aestchen zu setzen, namentlich solche mit
dürrem Laube, wo sie dann mit ihren dunklen, blattähnlichen
Unterseiten ganz ausgezeichnet maskirt sind.
Nächst ihnen waren es die Ageronien, die sich am
häufigsten bei den Köderstellen treffen liessen, am gewöhn-
lichsten die uns schon bekannten Belladonna, Velutina und
Arinome, während drei fernere Arten, die feine, grünliche
Alicia, die kleine Chloe und eime nene schöne Art, die
Albicornis *) genannt wurde, immer nur zu den Seltenheiten
gehörten.
Das schon früher bei andrer Gelegenheit erwähnte
Klappern dieser Thiere fanden wir am stärksten und häufigsten
von der Belladonna ausgeübt. Obgleich wir aber öfters im
und ausser dem Netz diese T’hiere beobachteten, ist es uns
doch nicht möglich geworden, über den Apparat, mit dem
dieser Ton hervorgerufen wird, ins Klare zu kommen. Unsre
anfängliche Vermuthung, dass es durch Zusammenschlagen
der Oberseiten ihrer Flügel geschähe, fanden wir widerlegt,
als wir einem Thiere das eine Flügelpaar festhielten, und
nun dennoch bei dem Flattern des andern Paares dieser Ton,
— (den das Thier übrigens stets nur ausnahmsweise, also
ganz willkürlich hervorbringt, — zu hören war. Dem Klange
nach, der an das Knattern von starkem Papier erinnert, kann
es ebensowohl der Eiffeet von Aufeinanderschlagen sein, wie
auch von Reiben etwa der harten Gelenkmuskeln. Als sehr |
bezeichnend für das correlative Verhältniss der Sondermerk- 4
male einer Form ist noch die Eigenthümlichkeit dieser |
Ageronien zu erwähnen, dass sie, wenn sie sich festgenommen
sehen, den Leib quer über der Mitte mit scharf umgebogener
Kante nach abwärts klemmen, sodass die Taille höchst sonder-
bar breit gezogen wird, eine Form, zu der wieder das aus-
nehmend verlängerte und zugespitzte Abdomen in einem
merkwürdigen Gegensatze steht.
Nicht weniger häufig als diese genannten T'hiere fanden sich |
mehrere Arten von Eunica ein, wie namentlich die kleine, bisher |
nicht angetroffene Marsolia, während unter den seltneren Arten
dieser Sippe neben der schönen Sophonisbe und Chlorochroa di
auch eine neue Art sich fand, die den Namen Violetta erhalten
|
|
|
*) Staudinger, Ex. Schm. Taf. 44.
F
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika.
239
hat.”) Ebenso zahlreich waren auch die schönen Catonephele
vertreten, und zwar ausser den m S. Paulo bereits namhaft
gemachten 6 Arten noch der schöne, blauweiss gefleckte
Capenas, welcher letztere indess nur eine seltene Erscheinung
war. Desgleichen fehlten die Adelpha, die Pyrhogyra, die
Temenis am Köder nicht, und unter den Dynamine-Arten
trafen wir öfters namentlich auch die prächtige, schwarze,
- mit einem breiten grünen Kragen gezierte Zenobia.
Auch von den Eryeiniden stellte sich eine reiche Aus-
wahl bei diesen Blättern ein, darunter einige besonders feine
Arten, wie Uraneis Hyalina, CGyrenia Martia und viele
andere stets nur selten gefangene 'Thiere. Vor allem aber,
was uns besonders werthvoll war, befanden sich unter diesen
niedlichen Kleinfaltern auch eine Anzahl neuer, bisher noch
unbeschriebener Arten, (die in dem vor kurzem erschienenen
Werke Dr. Staudingers zur Veröffentlichung gekommen sind.
Während von seiten des Genus Theela, das hier im allge-
meinen sehr zurücktrat, der Köder nur wenige Zuspruch fand,
liessen sich dagegen öfters Hesperiden daran treffen und hin
und wieder auch feine, zierliche Glaucopiden, und wo auf
einem Blatte zufällig dann eine buntere Gesellschaft sich zu-
sammengefunden, kam dann wohl auch als besonders seltner
Gast selir herablassend ein Heliconier angeschwebt, um eine
kurze Zeit dabei zu verweilen und dann wieder aufwärts zu
ziehen; nie aber würde ein Papilio sich haben verleiten lassen,
.das Blatt für eine Blume zu nehmen, ebenso wenig wie eine
Pieride.
(ranz auffallend war es uns, dass von den Nymphaliden
— um nun zu «diesen wieder zurückzukehren — eine grosse
Anzahl von Arten überhaupt nicht oder doch so gut wie gar
nicht hier im Innern des Waldes vorhanden war, also auch
nie am Köder sich sehen liess, Thiere, die am Strande und
namentlich an den freien Plätzen in der Nähe der Häuser
ziemlich regelmässige, oft sogar häufige Krscheinungen bilden.
Hierzu gehören die Megaluren, dietatagrammen, (ie Panaceen,
üie Megistanis, die Aganisthos und andere Sachen, «die sämmt-
lich helles Sonnenlicht und freien Raum verlangen, wie sich
ihnen dies am besten an den Uferrändern bietet, an denen
entlang wohl auch ihre Verbreitung der Regel nach vor sich
gegangen sein maß.
An Stelle dieser nicht eben seltnen und deshalb auch
*), Staudinger, Ex. Schm,. Taf. 40. 19
290 Hahnel:
hier durchaus nicht ungern vermissten Nymphaliden brachte
uns dagegen der Köder neben den im Vorhergehenden erwähnten
Arten noch eme Anzahl andrer grosser und schöner T'hiere
ein, die uns um so schätzbarer waren, als sie auf eine andre
Weise, ausser etwa in zufälligen Einzelstücken, nie zu er-
langen gewesen wären. Es waren dies vor allem die aus-
nehmend artenreich hier vertretenen Prepona, diese schönen,
grossen, mit blauglänzender Querbinde gezeichneten Thiere;
in denen der Apaturatypus in den Tropen zu einer vollkommneren
Ausprägung gelangt, als in den gleichfalls hier vorhandenen,
aber an Farbenschönheit und Grösse gegen ihre nordischen
Vettern etwas zurückstehenden Apaturen selbst. Aus der
Reihe dieser 'Thiere waren die am häufigsten angetroffenen
Arten die auf der Unterseite einfach gezeichneten Demophon
und Antimache, sodann die prächtigeren Eugenes und Laertes,
während die Ampihmachus, Dexamenes, Gnorima, Lycomedes
und Pheridamas meist nur Seltenheiten blieben.
Diese Preponas, nächst dem Morpho Achilles die
grössten der am Köder sich einfindenden Falter nahmen, wenn
sie auf dem Blatt anflogen, stets an dem oberen Ende ihren
Platz, entsprechend ihrer sonstigen Gewohnheit, an den Stämmen
immer kopfabwärts zu sitzen; und es gewährte oft einen äusserst
anziehenden Anblick, wenn dann unter dem unbestrittenen Vor-
sitz ihrer hochragenden, weissgrauen Flügel daneben etwa die
grüne Unterseite einer Catonephele sich zeigte und das Schwarz
und Weiss einer Pyrrhogyra, während seitwärts, halb über
den Rand hinaus, eine Ageronia ihre Flügel aufbreitete, oder
eine Adelpha, und schrägüber der Kante des Blattes wieder
die scharfgeschlossene, dunkle (Gestalt einer Anaea ansass.
Mitten drinn aber bewegte sich dann eine ganze Schaar ver-
schiedener Fliegenarten, von denen die kleinsten, die oft eine
reizende Zeichnung trugen, ihre Flügel beständig in einer
schnellen, ruckartigen Bewegung hielten, während andere
mit hohen Stelzbeinen bedächtig vor und rückwärts balancirten
und grosse, kugelrunde Borstenfliegen «die Störenfriede der
(sesellschaft machten. Dazwischen suchte dann unruhig und
emsig eine grosse Staphyline umher, den geschmeidigen Leib
aufwärts gekrümmt und halb über den Rücken geworfen,
während tiefer herab unbeweglich ein paar jener spreizbeinigen
Orthopteren sassen, ganz vertieft in ihre offenbar anstrengende
Arbeit.
Bei so reich besetzter Tatel wimmelte es dann freilich
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 29]
im Netz von der Anzahl der T'hiere, mit denen wir nun
ohne ‘zu zaudern den kürzesten Prozess machten, nament-
lich zunächst mit den grösseren, die sich gegenseitig immer
von neuem wieder wild machten. Denn im Unterschiede zu
den Papilios und Pieriden, die, sobald sie sich im Netz
sehen, mit Hülfe ihrer kräftig entwickelten Beine stets ener-
gisch nach oben streben, suchten alle diese 'T'hiere möglichst
in der geräumigen Mitte des Netzes sich zu behaupten, während
die kleineren Falter, die Eryeiniden und Hesperiden, gewöhn-
lich noch tiefer unten sich hielten, und im Falle dureh den
Schlag etwa Blätter mit in das Netz gefallen waren, sofort
sich unter denselben Verstecke wählten, die sie dann oft mit
grosser Zähigkeit festhielten.
Eine weit seltnere Erschemung, als es die kräftieen
(sestalten der Prepona-Arten waren, war die unser ganzes
Interesse voll in Anspıuch nehmende, durch ihre sonderartige
Farbenzusammenstellung auffallend hervorstechende Batesia
Hypoxantha. Die Oberseite dieses grossen, völlig fremdartig
aussehenden T'hieres ist glänzend schieferblau, mit schwarzem
Rande und einem breiten rosafarbenen Fleck, eine Farben-
verbindung, deren Uontrast durch das einfarbige, tiefe M att-
gelb der Unterseite noch ganz besonders erhöht wird, sodass
dieses 'T’hier wie kaum eine andere Gestalt einen geradezu
urweltlichen Charakter an sich trägt. Das ’T'hier war bisher
nebst seinen nächsten, als Varietäten geltenden Verwandten
irriger Weise mit den Panaceen zusammen in ein Genus
untergebracht, und hat erst in letzter Zeit den ihm zukommen-
den Rang eines eigenen Genus erhalten. Sehon der ruhig
schwebende Flug dieser 'T'hiere lässt sie als ganz verschieden
von den weit heftigeren Panaceen erkennen, und ebenso ist in
der Ruhe beider Flügelhaltung eine ganz verschiedene, indem
jene die Flügel stets geschlossen halten, während. diese, wie
erwähnt, sie an den Stamm breiten.
Zwischen diesen beiden Formen, und noch mehr nach
der andern Seite hin, wo die nächstverwandte Gestalt die an
(Grösse weit zurückstehende Didonis Biblis ist, klafft hier
eine breite Lücke in der Reihe der Entwicklunesstufen, über
deren erloschene Kormen hinwee nur ein weiter Sprung von
einer dieser Ruinen zur andern führt. Und gerade dieser
eigenartig strenge, durch die antike Kinfachheit seiner
Zeichnung fesselnde "Typus dürfte in den Epochen der Vorzeit
Bildungen von einer ganz wunderbaren Schönheit aufgewiesen
haben, von denen wir uns nur annähernd ein Bild entwerfen
19*
299 Hahnel:
können, wenn wir uns etwa eine lange Reihe von Pieriden-
Mustern, weisser oder bunter, hinter farbige (Gläser gehalten
denken. Denn offenbar liegt in dieser Schlichtheit der Zeichnung
und dem Vorherrschen der Flächenfarben eine gewisse Annähe-
rung dieser Gruppe an den Pieriden-Iypus, namentlich der
Pereute- und Daptonoura-Arten, ein Verhältniss für das sich etwas
Aehnliches wiederfindet in der Formenverwandtschaft, die am
andern Ende der Nymphalidenreihe zwischen der Ithomiden-
(Gruppe und den Dismorphien besteht.
Von den Agrias, «diesen feinsten aller Nymphaliden,
trafen wir hier nicht weniger als 3 Arten an, was wohl aus
(diesem Genus die höchste Zahl von Vertretern an irgend einer
Lokalität sein dürfte. Die eine prächtig blaue Art, die nach
ihrem Entdecker A. Stuarti genannt wurde, tritt zu dem
hier in zwei unterschiedenen Farbenüancen auf, über deren
Berechtigung, als getrennte Formen zu gelten, man bei dem
wenigen vorhandenen Material und angesichts der ganz allge-
meinen Neigung der Agrias zum Varüren getheilter Meinung
sein kann. Wir unsererseits halten diese gedachten beiden
Formen — die eine zeigt Rostroth, die andere Gelb auf der
Unterseite — kaum für Farbenspiele aus ein und derselben
Brut, sondern für gleichwerthige Ableitungen von der typischen
in Ecuador gefundenen A. Beatifica, gewissermassen für
werdende, noch in den ersten Stadien der Umbildung begriffene
Varietäten, deren Differenzirung zunächst die Farbe ergriffen
hat, aber bereits auch schon die Zeichnung zu beeinflussen
anfängt, wie das constante Verloschensein der Innenflecken
bei der rostrothen Form im Gegensatz zu der schärfer ge-
zeichneten gelben deutlich erkennen lässt.
Die zweite Agrias, schwarz und roth von Farbe, eine
Art, die wir leider nur in einem Stücke fingen, ist dem colum-
bischen A. Amydon nächststehend, indess «durch mehrere
Merkmale genügend von diesem unterschieden, um als be-
sondere Varietät bezeichnet zu werden, als welche sie den
Namen Amydonius “) erhalten hat.
Die dritte Art endlich war jener uns bereits bekannte
herrliche Sardanapal, der, obgleich etwas weniger spärlich
vorhanden als die vorgenannten, und trotzdem wir ihn durch
den ganzen Wald verbreitet fanden, doch ebenfalls nur immer
äusserst vereinzelt sich treffen liess. Indess hatten wir eines
Tages auch das seltene Glück, eine Doublette dieses prächtigen
*, Stder. Ex. Sehm. Taf. 57.
EEE EEE NE Or ©
ee er ee TE
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 293
'Phieres zu erhalten, eine Erinnerung, die noch mit aller
Frische im Gedächtniss haftet und uns den ganzen Reiz wieder
wachruft, der stets darin lag, wenn wir, dem Köder nahege-
kommen, über den Rand des Blattes hervor die Flügelspitzen
eines seltneren T'hieres aufragen sahen. Schon die äusserste
Ecke genügte um die Art erkennen zu lassen, die hellen
Aderlinien und ein bluthrother Schimmer — wahrhaftig ein
Sardanapal und eine Minute darauf, keine zehn Schritt davon,
(dieselbe Ueberraschung am nächsten Blatt und die gleiche
Frische und Tadellosigkeit auch dieses zweiten Exemplars.
Die Data, an denen wir die einzelnen Stücke dieses
seltenen T'hieres fingen, bieten uns für die Beantwortung der
Frage, ob gewisse Arten in den "Tropen das ganze Jahr hin-
durch fliegen, einen interessanten Anhalt. Es waren dies
unter Zuhilfenahme der Monate, die wir in S. Paulo zu-
brachten. folgende Tage im Jahre:
GAB rare rn 2er 16
THE ZERTAN EN DER OST, III TORITOR TEE
Da die in dieser Aufstellung vorhandenen Lücken bei der all-
gemeinen Seltenheit des Thieres nicht sehr schwer ins Ge-
wicht fallen dürften, so sehen wir also eine ziemlich zusammen-
hängende Reihenfolge vor uns, aus der mindestens soviel
hervorgeht, dass es keinen Monat oder Tag im ‚Jahre giebt,
an dem hier das Vorkommen der Art für ausgeschlossen
gelten müsste.
In einem scharfen und genau abgemessenen (segensatz
hierzu steht das Auftreten der Panacea Prola, die ein weit
häufigeres Thier ist und im Unterschiede zu dem einsamen
\Waldleben der Agrias die freiere Fluggelegenheit in der Nähe
der Ansiedelungen vorzieht. Diese Art fehlte nämlich in den
Monaten ‚Januar, Februar, März ganz, im April, Mai, Juni
war sie reichlich vorhanden, Juli, August, September bis gegen
Ausgang October war wieder kein einziges Stück zu sehen,
und nun erschien sie zum zweiten Mal in guter Anzahl bis
zum Ende des ‚Jahres.
Wir glauben nun sicher auf Grund dieser und ähnlicher
Beobachtungen, dass auch in der heissen Zone die Mehrzahl
der Falter in zwei getrennten, den beiden Jahreshälften ent-
sprechenden Flugperioden auftritt, wenn dieselben auch nicht
immer so scharf auseinander gehalten sind wie bei dem letzt-
genannten Thiere, und hierher werden namentlich diejenigen
Falter gehören, die zeitweise in grösserer und auffallender
Anzahl sich zeigen. Dagegen giebt es sicher auch viele andere
294 Hahnel:
Arten, besonders seltnere, im Walde sich haltende, die mehr
oder weniger nach Massgabe jenes andern Beispiels sich
ziemlich gleichmässig auf das ganze ‚Jahr vertheilen, Arten,
die gewissermassen stets vorhanden sind, nie aber zahlreich,
obeleich auch bei ihnen zu gewissen Zeiten das Erscheinen
ein rerelmässigeres und stärkeres sein wird, als in andern
Monaten, die ihrer Flugzeit im allgemeinen weniger günstig sind.
Nirgends war uns die Zeit so gleic hmässig, so ohne alle
Zwischenfälle verlaufen, wie hier in Pebas. Das einzige Er-
eigniss des Monats bildete die regelmässige Ankunft des
Dampfers, sonst ging gewöhnlich ein Tag wie der andere hin.
Abwechselnd war mehr Regen, mehr Hitze, auch dazwischen
trüberes Wetter, bald reichere, bald geringere Beutezeit, aber
bei all diesen leichteren Schwankungen blieb sich doch immer
gleich das Gefühl des ewigen, unvergänglichen Sommers, das
im Grunde einen Tag soviel gelten liess wie den andern.
Obgleich wir nun der vielen seltenen Arten, namentlich
der Agrias wegen gern noch auf längere Zeit unsern Aufent-
halt hier ausgedehnt hätten, so entschlossen wir uns doch,
nachdem wir acht Monate hier g„eweilt, wieder ein Stück
weiter vorzurücken, und so brachen wir denn im November
nach dem nur eine Tagereise von hier entfernten Iquitos auf,
(ler Hauptstadt des Departements und zugleich der Endstation
der regelmässigen Dampferlinie. |
|
|
|
|
Iquitos.
Die Physiognomie dieses Ortes, der vermöge seiner Lage
in der Nähe der Mündungen des Napo und des mächtigen |
Ucayale der bedeutendste Handelsplatz im östlichen Peru ist,
war eine ganz verschiedene von der Umgebung, an die wir
in dem stillen Pebas gewöhnt waren, und zwar. nieht nur
was das Ansehen und die Lage des Ortes betrifft, ‚sondern
auch, was uns hauptsächlich anging, in Bezug auf die Art
des Waldes und die davon abhängige Insektenwelt.
Fast alle die Arten, die wir in Pebas mit leichter Mühe
in. grösserer Anzahl erlangen ‚konnten, die Papilios, die
Catagrammas, die Pandoras u. s. w. traten hier durchaus
zurück, und dafür erschienen in den lichten Wäldern in der
nächsten Umgebung des Ortes die seit den Faneplätzen am untern
Strome überall nur sehr spärlich vorgefundenen Morphiden in
einer verhältnissmässig sehr reichen Arten- und: Stückzahl.
Emcomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 295
Namentlich war es eine Stelle aufdem nach der kleinen
Colonie San Miguel führenden Wege, — da, wo derselbe eine
sumpfige Niederung schneidet, — wo sich uns eine äusserst
einstige (relegenheit zum Anstand auf diese 'Thiere bot, so-
dass wir an demselben täglich, fast ohne Ausnahme, während
unsers ganzen Aufenthalts die Vormittagsstunden verbrachten.
Der erste am Morgen, wenn wir zwischen 7 und 8 Uhr
unsern Stand eingenommen, war der fernleuchtende Menelaus,
(var. Melacheilus) («dieses herrliche, grosse Thier, das uns
schon in Obidos so oft zur Freude gereicht hatte. Wenn er
von jenseits der Niederung in hohen, mächtigen Sätzen den
Weg herabkam, hier und. da seitswärts abschwenkend, wie
um zu recognosziren an den Gebüschen, einen wie prächtigen
und stets aufs neue bezaubernden Anblick gewährte dann
immer dieses spiegelnde Blau. Denn je grösser und. pracht-
voller ein Thier, um so mehr kommt auch seine Schönheit
erst zur Geltung, wenn es uns in der Bewegung entgegentritt,
in. der Umrahmung der Natur und als Einzelgestalt, während
in der starren Reihe der Sammlung, wo der Contrast der
Umgebung fehlt, die einzelne Schönheit meist erdrückt
oder doch niedergehalten wird von dem Gesammtbild der
Menge.
Da dieses Prachtthier, das hier in jedem Monat des
‚Jahres vertreten war, zu gewissen Zeiten ziemlich zahlreich
erschien, so konnten wir an manchen Tagen ein halbes Dutzend
oder mehr von besseren Stücken erlangen, was dann immer
eine schätzbare Grundlage bildete für den Erfolg des Tages,
selbst wenn andere Sachen dann etwa spärlich ausfielen.
Trotz. der mächtigen Sprünge bot sein Fang nur. wenig
Schwierigkeit, wenn nur in Ruhe ‚der Augenblick abgewartet
war, wo er über das in den Weg gehaltene Netz hinwegsetzte.
Einen besonders anziehenden Anblick gewährte es aber dabei,
wenn ein oder der andere, scheuend vor dem Netz, plötzlich
sich zurücklehnend hoch aufwärts bäumte, ein Aufschwung,
der soleh einem mächtigen Thier immer einen höchst kriege-
rischen, harpyenhaften Anstrich verlieh.
(segen 9 Uhr dann, wenn nur noch selten ein Menelaus
sich zeigte, erschien in der Ferne, hoch zwischen den Zweigen
der Bäume heraustretend, der dunkle Streif eines Perseus,
und in seiner eigenthümlichen Flugart stossweise heraufkommend,
z0g er in unerreichter Höhe über uns hinweg, wm seitwärts
über den Spitzen einer Lichtung zu verschwinden.
Doch da erglänzt auch schon die lichtblaue schlanke
296 Hahnel:
Gestalt emes M. Adonis zwischen dem Grün der Zweige und
kommt mit raschem, eiligem Flügelschlag auf uns zu. Schnell
ist das Netz, das wir inzwischen, seit der Menelaus vorüber,
an eine längere Stange befestigt, hinter ihm her und bringt
ihn aus einer Höhe von 12 Fuss nach dem Boden herab.
In schneller Folge erscheinen noch einige Stücke dieser
reizenden, silberblauen Thiere, bald hier bald, da aus dem
(rezweig: hervorbrechend, über den Wee kreuzend und zumeist
dien Liehtungen zwischen den Bäumen folgend, in denen sie dicht
über die Spitzen und die Gontonren der Zweige eilig dahinseeeln.
Bald auch fesselt nun unsre Blicke die stolze Erscheinung
einer seitwärts über die Gebüsche der Niederung in den Wee
hereintretenden Cisseis, diese herrliche Gestalt, die wir zu-
letzt vereinzelt in S. Paulo angetroffen, die aber hier auf
dem Nortdufer des oberen Stromlaufes oft eine prächtig: violett-
braune, der Hecuba-Farbe sich nähernde Schattirung zeiet,
sodass sie als besondere Varietät den Namen Phanodemus
führt. "So ruhig nnd langsam anch der Flug dieses Tihieres
in der Ferne erscheint, so geht er doch schnell genug dahin,
wenn wir aus der Ferne ihn betrachten, und namentlich
frischere Tbiere haben in der ersten Stunde ihres Fluges oft
ein ziemlich lebhaftes Tempo.
Einen ganz eigenartigen Anblick gewährt es, wenn diese
grossen, ruhig dahinschwebenden Gestalten. plötzlich kopfab-
wärts schiessen, wie ein Stier mit eesenkten Hörnern, und
stufenweise immer tiefer herabkommen, um dann anscheinend
nur mit Mühe wieder in die Höhe zu steigen. Erst als wir
wiederholt Exemplare mit zahlreichen, eieenthümlich kurzen
Schrammen gefangen, erkannten wir aus diesen, dass sie zu
jenen heftigen Stossbeweenngen durch die Angriffe von Neu-
ropteren zetrieben werden, die besonders an sumpfigen Stellen
von den Spitzen dürrer Zweige herab der Falterwelt auf-
lauern, und vor deren frechen Belästigungen, die in diesem
Falle offenbar mehr aus Uebermuth denn aus Beutelust er-
foleen, selbst diese Riesengestalten nicht sicher sind.
Aehnlich, nur weit heftiger geht mitunter ihr Flug, wenn
das Netz sie fehlte und sie nun im wildesten Schreeken tief
herab stürmen, um dicht über dem Boden hin zurück m die
(sebüsche zu flüchten; eine Flucht, zu der sie indess mr
dann übergehen, wenn das Netz über sie hinausschlug, während
alle unterhalb oder hinterher ausgeführten Bewerungen sie
nie aus ihrer Ruhe bringen und sie höchstens veranlassen,
etwas höher zu steigen.
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 297
Eine Pause tritt ein. Höher und höher rückt die Sonne
zum Zenith, währenddem nur etwa ein schneller Neoptolemus
noch im Wege heraufkommt oder ein paar scheue, im Ge-
büsch bald wieder verschwindende Achilles. Da — während
wir halb in Träumereien versunken dem Spiele dunkler
Heliconier zuschauen, die über dem Wege im gemessener
Ruhe anf und ab ziehen und dann und wann zu einem vor-
überfliesenden bunten Falter schnell sich herabsenken, —
leuchtet es plötzlich drüben hoch zwischen den Zweigen wie
das Blitzen eines Kdelsteines, und einen Augenblick später
tritt aus dem Dunkel des Laubes in stürmischer Fahrt die
im tiefsten Blan erelänzende Gestalt des M. Rhetenor hervor.
Aber so eili@ wir auch gleich bei dem ersten Erblicken des
Thieres die Stange mit dem Netz ergriffen, um sie fanggerecht
zu halten — die Schnelle des Fluges. des wellenförmigen Auf-
und Absteigens und die grosse Höhe von gegen 20 Fuss, die
(der Flug festhält, gestatten es ums nur selten, trotz des Riesen-
umfanges des Netzes, des T’hieres habhaft zu werden. *)
Nachdem uns somit längere Zeit hindurch dieses T'hier,
das uns unter allen gerade das werthvollste und begehrens-
wertheste sein muste, fast immer unerreichbar «eblieben, er-
richteten wir uns endlich dicht am Weee, an einer Stelle,
wo durch die anstehenden Bäume die Flusbahn der Thiere
eine ziemlich beengte war, ein gegen 15 Fuss hohes Gerüst,
sodass wir uns also auf demselben in ziemlich gleicher Höhe
mit diesen Thieren befanden. Auf diesem Thurmsitz nun,
von dem aus uns auch alle vorbeipassirenden, niedriger fliegen-
den Adonis und Phanodemus, sowie auch die hochziehenden
Perseus erreichbar waren, erwarteten wir dann fortan in
geduldigem Harren von zehn Uhr ab- bis gegen eins den er-
sehnten, in sonderbarer Regelmässiekeit meist nur einmal am
Tage eintretenden Moment, das in der Sonne funkelnde Thier,
diesen stolzesten Reiter der Lüfte daherkommen zu sehen.
Mit kräftigem und doch wenige merkbarem Flügelschlag
segrelt er heran, auf und ab tauchend wie auf mächtigen Woeren,
ganz hierin dem ihm ähnlich geschnittenen Papilio Lyeidas
sleich. aber nie zögernd wie dieser, sondern stets mit ge-
waltiger Schnelle vorwärts eilend, der Führung des Weges
*) Die vortreffliehen grossen Netze, deren wir uns hier bedienten
(ein weitmaschiges Seidengeflecht mit zerlegbarem, sehr leichtem Bügel)
verdankten wir jenem bereits erwähnten Mr. Stuart, den wir bei unsrer
Ankunft hier angetroffen und der sich dieselben für den Morphofang, dem
er mehrere Monate hier obgelegen, eigens construirt hatte.
298 Tlahnel
folgend, der unter ihm am Boden dahinläuft. Kein Falter
überfliegt ein weiteres Gebiet als dieser König der Wälder,
der in 2—3 stündigem, gradaus eilendem Fluge vielleicht
30 Kilometer und mehr am Tage zurücklegt und dann wohl
erst in einer Entfernung wie die Elbe vom Rhein die
(senossin endlich - findet, der er auf tagelang einsamer
Fahrt nachgezogen, unaufhaltsam über Wälder und Wasser-
flächen dahin.
Hier in der Höhe, wo wir ihm soviel näher gerückt.
waren, glückte uns nun sein Fang meist wit Sicherheit, und
da öfters auch von rückwärts’ her diese 'Thiere erschienen,
so bedienten wir uns, da eine Theilung der Aufmerksamkeit
nach zwei Richtungen hin nicht durchzuführen war, für die
Beobachtung der Rückenfront der Hilfe eines vor uns an der
Brustwehr befestigten Spiegels, zwar nicht mit allzu oft be-
lohntem, dann aber auch stets mit um so verdienterem Erfolge.
Trotz der gespannten Anfmerksamkeit, mit der wir diesem
Vedettendienst oblagen, geschah es indess leider öfters, dass
(durch eine momentane Unachtsamkeit das Herankommen eines
Thieres zu spät erst von uns gewahrt wnrde und die Kost-
bare Beute uns somit enteine. Wenn dies an Tagen geschah,
an denen kein Menelaus, kein Adonis, kein. Phanodemus
sich gezeigt und alle Hoffnung auf diesem einzigen, stereotypen
Rhetenor stand, auf den man nun stundenlang schon, den
Schweiss nicht achtend, der in Rinnsalen an den Fersen herab-
tropfte, unverwandten Auges gefasst, und nun durch das Ver-
hängniss eines Augenblickes dieses einzig mögliche Beutestück
unwiederbringlich dahin war, — wahrlich, da empfand
man in tiefster Seele die perfide Bosheit des Götterneides,
über deren Stachel auch keine Sturzwelle von Monologen
dann hinweehalf. Und dergleichen Tage einer höhnisch ge-
täuschten Erwartung waren keineswegs selten.
Ausser den genannten Morphiden, die sämmtlich zu
Zeiten sich öfters sehen liessen, war es dann noch eine äusserst
seltene Art, die hier vorkam, die wir indess nur einmal
fingen und ein oder zweimal noch fliegen sahen, während wir
bereits in Pebas ein einzelnes Stück davon hatten erlangen
können. Es war dies M. Uraneis, dem Adonis ähnlich, nur
erösser und von noch etwas lichterem Blau als dieser, auch
(diesem nahestehend in der Flugart, die indess gleichmässiger
und nieht so hastie dahingeht wie bei jenem.
Ein eigenthümliches Exemplar von M. Adonis mit
fehlendem weissen Fleck am Vorderrande und mit verwaschener
a u a u A
Fe
Entomologische Erinnern ungen an Biid- Amerika. 299
gelblicher Unterseite hielten wir anfangs für eine neue Art;
doch da wir unter der reichen Anzahl von Adonis-Stücken,
die wir mit der Zeit fingen, kein gleiches mehr fanden, so
dürfte dasselbe wohl.als eine blosse Aberration von Adonis
anzusehen sein, als welche es allerdings in hohem Grade
merkwürdig ist.
Von der schönen Agri ias Stuarti sahen wir öfters ein
Stück hoch aus den Zweigen eines Baumes herabkommen und
halb schwebend, halb flatternd in grosser Höhe über dem
Wege entlang ziehen, doch nur selten liess sich eines tiefer
herab, vom Geruch des Ananasköders u. s. w. angezogen, sO-
dass wir im ganzen nur sehr wenige dieser 'Thiere erbeuten
konnten. Um uns veranlasst zu fühlen, von unsrer Warte
herabzusteigen. musste es schon solch eine hochfeine Art sein,
oder doch zum mindesten eine Gallithea oder einer der grossen,
mitunter an dem morastigen Wasser erscheinenden Papilio-
Arten, Ctesias oder Xanthopleura; alle andern Papilios und
Nymphaliden aber durften, solange wir oben Posten standen,
unbeeehrt und wunbehelligt im Wege da unten ihr Spiel
weiter treiben.
Nur eine Gastnie war es noch, die uns zu augenblick-
lichem Herabsteigen verlockte, sowie sie, was indess höchst
selten geschah, im Wege sich zeigte. Es war dies Castnia
Cronida, auffallend durch ihre weisse Farbe, die sie uns
anfangs für einen stürmisch «dahineilenden weissen Papilio
halten liess, bis ihr Kehrtmachen und der eradehin schiessende
Flug uns die Ueberzeugung gab, dass wir es mit einem dieser
Motten- -Diekköpfe zu thun hätten.
Eine andre höchst seltene Gastnie, (. Rutila, (lie wir
bei ihrer rostrothen Färbune für eine Colaenis ‚Julia genommen
hätten, wenn nicht ebenfalls ihr Flug uns anders belehrt
hätte, erhielten wir von unserm Thurme aus in grosser Höhe
über uns, ein Fang, der ums eine ganz besondere Genugthuung
gewährte, da dies "Thier wegen seines ausnehmend hohen
Fluges, — «denn wir sahen es bis 40 Fuss hoch um die
epiphytischen Blattgewächse der höheren Banm welt flattern, —
wohl stets zu den seltensten Fangstücken gehören wird.
Ich bin nieht sicher, ob es nicht noch eine dritte höchst
feine Castnie ist, die an dieser Stelle flog. Das Thhier, das ich
hierbei im Sinne habe, (es flog Mitte November) konnte ich zu
meinem Bedauern nicht erbenten, da es, obgleich es bereits im
Netz war, wegen seiner geringen Grösse durch die Maschen
desselben wieder entging. Ks hätte für dasselbe des Gazenetzes
>00 Hahnel:
bedurft und zwar an langer Stange, denn es flo@ gesen
15 Fuss hoch. Das auffallendste an diesem T'hiere, das ganz
und gar den heftigen, geraden, etwas schwankenden Flug der
(astnien zeigte, war seine ganz aussergewöhnliche hellblaue
Färbung, die etwa an Thecla Marsyas oder Pyrrhopyge
Vulcanus erinnerte und die es in jedem Falle zu einem höchst
merkwürdigen Thiere stempelt, von dem zu wünschen wäre,
(lass es bald einmal herbeirebracht würde.
Die vielen in der Reihe der Monate hier verbrachten
Stunden wurden uns trotz der an zahlreichen Tagen äusserst
(dürftigen Ausbente und trotz der so geringen Abwechslung,
(lie die Fangobjekte boten, dennoch oft zu den glücklichsten
und stimmunesvollsten, die einem entomologischen Herzen be-
schieden sein können. Stets umweht und umflossen von dieser
ewie sommerlichen 'Iropenluft, war es uns oft in der be-
schaulichen Ruhe, der wir uns hingeben konnten, als ergösse
sich ein paradisiescher Schimmer über die ganze Welt, als weitete
sich die Seele, um in vollen Strömen in sich aufzunehmen
alles Glück und alle Wonne des Daseinsgefühls. Sanft und
kosend weht uns ein balsamischer Imfthauch an, die grüssende
Spende einer im Verborgenen erblühten Blume oder eines
vankenden Strauchs. Träumerisch schweift das Auge über
die Waldwand hin, durch deren Wipfel ein leises Wehen geht,
und bleibt dann haften an den zitternden Fiederblättehen
eines Palmenwedels, — ein spielendes Flimmern in Weiss
und Grün, ein flüsternder Akkord, dann wieder still und reg-
los jedes Blatt.
Aber inder Ruhe der Natur tönt unablässie hoch aus den
Zweigen das Zirren und Zirpen der Cikaden und Orthopteren,
ein gemischter, aber wunderbar in einander klingender Chor
von Trillern und schwirrenden Geigen und langgezogenem,
stahlfeinem Klingen: tene, tang, tsineg. Kin ununterbrochener
Wettstreit der Töne, bei dem man sich hineinträumt in das
Lebensgefühl, in das Sehnen und die Lust dieser Sänger, die
auf der eleichen Himmelsleiter der Gefühle aufwärts streben
wie unser eigenes menschliches Geschlecht.
Und zwischen hinem in diese Sphärenmusik tönen
einzeln dann die Stimmen der Vogelwelt, die mit lauterem
Schall den Wald am Morgen belebten. Hier und da noch
irbt ein einzelnes Pärchen sein zärtliches Duett, das Männchen
in den Zweigen singt hell und voll die kurzen Strophen, und
sie, die Geliebte am Boden unten, fällt am Schlusse in andrer
Ponart ein. Oder es lässt sich leise wie fernes Fröschequaken
|
4
|
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 301
das murmelnde Geplauder einer Heerde Anü vernelimen,
schwarzer Elstergestalten, die, langsam von Zweig zu Zweig
flatternd, die Niederung entlang durch die Gebüsche ziehen.
Oder aus der Ferne von einem Baumwipfel her gellt der
hohe modulirte Schrei eines Schlangenbussards, der vollend
beeinnt, allmälig dann übergeht in ein langgezogenes, minuten-
lang wiederholtes jä — hä — und endlich matter werdend mit
intermittirendem jä — hä — häden gellenden Gesang beschliesst.
Ueber uns aber, hoch aus der Luft erschallt da der laute
markige Schrei eines Arära-Paares, das auf der langen
Wanderung begriffen nordwärts steuert nach den Frucht-
plätzen eines andern Stromgebiets. Und während dann wieder
unsre neidischen Blicke den eleganten, schnellen Kometen-
bahnen eines hoch über dem Walde dahinziehenden Gabelweih
folgen, braust plötzlich durch die Luft wie das Sausen eines
Meteors das Rauschen von Geiern, die aus der Höhe hernieder-
fegen in stürmischer Jagd.
Doch immer Ba endor wird die Luft und immer stiller
der Wald; auch das Streicheoncert der Gradflügler geht all-
mälig mehr decr escendo, und nur etwa noch das kurze Hämmern
eines Spechtes erschallt aus einem Wipfel, oder die Nacht-
schwalbe, aus dem Schlaf erwachend und zögernd anhebend,
lässt vom Boden herauf ihren seltsamen Ruf ertönen: uött —
uött = ,— | — UottUrä0. —
Die träumerisch brütende Stunde Pans liegt über dem
Wald, und wir segeln dahin in voller Fahrt in die bunte
Traumwelt der Gedanken. Da aber plötzlich durchzuckt uns
wieder das Gefühl der Gegenwart, denn über den Spitzen der
(sebüsche erscheint — zu so später Stunde noch — eine
königliche Phanodemus-Gestalt und schwebt heran, ruhevoll,
still und geisterhaft, wie der Schutzgeist der (reheimnisse des
Waldes. Ein Anblick, von oben herab gesehen wahrhaft
zauberisch, und noch in Gedanken, wenn bereits die papierne
Hülle die edle Beute umschliesst, hängen lange die Blicke der
herrlichen Erscheinung nach.
Doch von neuem dann versinken wir in das weite Meer
süsser Träumerei, und lassen uns. hintreiben auf der schaukelnden
Fluth fernhin zu blumenreichen Auen im Weltparadies, zu
den elysischen Gefilden, die ein kommendes Jahrhundert einst
dem Dienst der Diana weiht. Ein Arkadien der Falterwelt
erblüht da vor unsern Augen, und aus allen Zonen vereint
schweben dahin im goldigen Sonnenschein die farbenfrohen
Kinder der Luft. Duftige Gestalten, die Psyche einst er-
3023 Hahnel:
schaffen in süssem Sinnen, als sie, Blumensterne entblätternd,
die fallenden Blättchen mit Leben versah und sie hinflattern
liess über die grüne Flur als traute Spielgenossen der Blumen-
welt. Und dort im heiligen Hain entfliegen ihrer Götterhand
immer neue Grebilde noch, reizend alle und stets neu ge-
schmückt, hineilend in die Weite, wo einsam und weltver-
gessen bei entfernten Dryaden ein Blumenkind des himm-
lischen Grusses noch harrt. \Wonne strahlt da im Auge des
jardfrohen Wildwarts, der ausspähend die neue Bente kaum
erblickt, sie erhascht mit geschiektem Griff und eilig sie hin-
trägt nach den schätzereichen Hallen des Heiligthums. Viel
bewundert wird da die Unbekannte und eifrig ausgeforscht
von der Corona der kündigen Priesterschaft, um dann, mit
Rang und Namen versehen, eingereiht zu werden in die grosse
liste der Mitwesen auf dieser Welt. |
Denn zum Dienst der Göttin ist drinnen vereint der
Priester ehrenreiche, erlesene Schaar, Lieblinge der (Götter,
die ihres Amtes warten, ungestörter, akademischer Muse froh.
Ewig heiter auf ihren Stirnen thront die Charitin, und von
ihren Lippen spricht Weisheit stets, nimmer abwärts gleitend
in den Ton modernen Gelehrtenstreits. Reiche Opfergabe aber
sendet der ländergebietende Herrscher dem Heiligthum, und
aus allen Gauen wallt die Menge der ‚Jünger heran, beladen
mit Schätzen und opferbereit, Jeder stolz, ein Freund zu heissen
der Göttin. —
Halt ein, begehrliche Phantasie! Die Gegenwart da
drüben kennt von alledem nur ungefüge disjecta membra. —
Und dennoch — der geträumte Park mit seinen Hallen —
vielleicht wird er einst noch leben — wenn ein Mann sich
findet mit weitem Herzen und mit reicher Hand! — Ob ilm
die Zukunft bringt? —
An Tagen, an denen eine reichere Ausbeute zu erwarten
stand, begleitete mich meine Frau gewölmlich bis hierher, um
an diesem Platze den Fane zu versehen, während ich mich
weiterhin im Walde an einer andern Stelle postirte, bis dann
die Rhetenor-Stunde mich wieder zurückrief. Oft geschah es
mit einiger Besoreniss, dass ich meine Begleiterin allein zurück-
liess. Denn obeleich der Weg ein ziemlich frequentirter war,
so hinderte das doch nieht, dass monatelang ein Jaguar ganz
in der Nähe seinen Wechsel unterhielt. Fast täglich waren
an den sandigen Stellen des Weges die frischen Spuren seiner
mächtigen 'Tatzen zu sehen, und mit einer gewissen Vorliebe
wählte er namentlich auch unsern Anstand, um hier seine
J
Enmulasigche Erinnerungen an Büd- ‚Amerika. 303
Losung abzusetzen. Trotzdem das Thier nicht nur uns, sondern
auch aller Welt hier im höchsten Grade verhasst war, indem
bald da, bald dort, oft mitten in den Vorstadtgärten, ein Hund
oder ein Schwein ihm Nachts zum Opfer fiel, so gelang es
doch erst nach langer Zeit, dasselbe zu erlegen.
Uns speziell interessant war dieses Thier noch duch
em Abentener geworden, das ihm mit unserm Morpho-Netz
passirt war. Ich hatte das Netz eines Tages, da ich gerade
noch einen weiteren Weg vorhatte, im Walde zur ückgelassen,
und als ich es am andern Morgen aus dem Gebüsch hervor-
nehmen will, woich es aufrecht angelehnt hatte, ist es daselbst
verschwunden. Endlich sehe ich es zerbrochen und zerfetzt
am Boden liegen, und als ich es aufnehme, erkenne ich aus
den an den zerbrochenen Reifen haften gebliebenen Haaren,
dass der Attentäter mein College „Tiger“ gewesen, der, auf
seinem Pirschwege hineingerannt, sicher höchst ärgerliche
Minuten dazu gebraucht haben mochte, um sich aus der
lästigen Verstrickung zu befreien. Jedenfalls dürfte er wohl
das grösste Stück Wild gewesen sein, das je in ein Schmetter-
lingsnetz gegangen.
Unter den mancherlei Begegnungen mit Schlangen, die
wir hier hatten, ist uns besonders eine in ausnahmsweise an-
senehmer Erinnerung geblieben. Eines Morgens, als wir auf
unserm Stande ankamen, leuchtete uns aus dem grünen
Lycopodium am Wege ein rother Streif entgegen, und näher
tretend sahen wir, dass es eine grosse, prächtige, roth-schwarz-
gelbe Korallenschlange war, die gerade im besten Verdauen
eines ebenso prachtvollen und fast gleich erossen T’hieres,
eines schwarz und rothen Korallenrollers begriffen war. Mit
grösster Mühe würgte nun das Thier das obere Ende der
Beute wieder heran, deren Kopf und Hals bereits völlig ver-
daut war: eine Scene, die zumal bei dem reizend bunten An-
sehen dieser beiden feindlichen Vettern eine äusserst inter-
essante war.
Schlangen bringen dem Jäger Glück — ein klein wenig
Aberglaube begleitet ja den Menschen überall hin durchs
Leben ; ist doch der Aberglaube die älteste Form unser Weis-
heit! Also fanden wir es denn a eonto der Schlangen an
diesem Tage ganz in der Ordnung, dass wir dann Mittaes
mit nicht weniger als drei Rhetenor von unserm Thurm
herabstiegen, die höchste Zahl, die wir von diesem Thiere an
einem Tage erlangt.
304 Hahnel:
Jurimäaguas.
Mitte März bot sich uns die erwünschte Gelegenheit,
mit einem Dampfer weiter stromauf zu gehen, und zwar bis
zu dem an einem Nebentlusse des Solimoens, am Huallaga ge-
legenen ‚Jurimäguas, an welchem Platze die Schifffahrt wegen
der beginnenden Stromschnellen ihr Ende erreicht. Die Reise
dauerte volle 5 Tage, und obgleich der Dampfer überaus stark
besetzt war, indem die Passagiere zum Theil seit Monaten
schon in Iquitos sich angesammelt hatten, so gehörte die Fahrt
doch zu den angenehmsten, die wir auf dem Strome zurück-
oeleet. Der Dampfer „Morona*, der die Erinnerungen Rn
Abenteuer eines altgedienten Veteranen hinter sich hatte, wa
im Unterschiede von allen andern am Strome Vebieähreniden
Fahrzeugen nicht brasilischer Herkunft, sondern Peruaner, der
einzige dieser Flagge, also schon deshalb überall hier oben
mit einem gewissen nationalen Stolze begrüsst; und ebenso
galt der Capitän, „Don Charles“, ein Amerikaner, seit langen
Jahren schon für die populärste Persönlichkeit am ganzen
Amazonas. „leh bin immer froh“, — lachte er im Gedränge
der Abfahrt mit emem gutmüthigen Grinsen uns an, — „ich
bin immer froh, wenn ich alles oben seh’, aber wenn Ihr
alle wieder herunter seid, bin ich noch mehr froh“; —- eine
Liebenswürdigkeit, die denn auch natürlich «die heiterste Auf-
nahme fand.
Die angenehmste Abwechslung bildeten jene täglich sich
wiederholenden Aufenthalte, die der Dampfer an den kleinen,
neist mit einer Brennerei verbundenen Holzstationen nahm.
Da nun am ganzen Strome bis Manäos hin die Kaufleute und
Beamten alles unter einander Bekannte sind, so wurden dann
diese Visiten, namentlich auch auf Seiten der Donnas stets auf
das ausgiebigste benützt, und ganz allgemein stand bei solchen
(Gelegenheiten jedes billige Vergnügen, wie das Plündern von
Orangenbäumen und Rosensträuchen und der Genuss des frisch
aus der Presse kommenden Zuckerrohrsaftes in liberalster Weise
frei. Manche dieser Ansiedlungen waren erst in. den letzten
Jahren entstanden, andere dagegen, die wir auf den Karten
verzeichnet fanden, existirten nur noch in der Vergangenheit,
wie Urarinas und andere, und keine Andeutung. liess mehr
erkennen, wo dieselben einst gestanden.
Die letzten Stunden vor ‚Jurimäguas herrschte an Bord
ein unbeschreiblicher Tumult, indem nun in der tollsten Weise
noch ein Abschiedsball gefeiert wurde, zu dem ein paar kräftige
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 305
Vorsänger die melodienreichen Lieder des „bayle* sangen, —
mit wahrem furore natürlich, — während die Beeleitung in
einem rasenden allgemeimen Trommeln und Stampfen bestand.
Es war prächtiger Mondenschein, als wir ankamen, und die
am Abhange des Ufers versammelte Einwohnerschaft nahm
sich, regungslos wie alles stand, im ihren hellen Kleidern wie
eine zerstreut lagernde Heerde Schafe aus, in die erst all-
mählich etwas menschliche Bewegung kam, als endlich der
Dampfer' angelegt hatte. „Wie getts?* ruft da von unten
eine Stimme an das Deck herauf. „Ganz eutt!* erwidert in
demselben Dialekt der neben uns stehende Angeredete, den
wir unterwegs als quasi Landsmann kennen und schätzen ge-
lernt hatten. „Das is dort mein Vetter, von dem ich Ihnen
erzählt, und mit dem ich in Darmstadt zusammen auf der
Schule war!“ — Ein äusserst anheimelnder Klang, in so ent-
legener, Ferne deutsche Laute zu vernehmen und dazu von
fremden Lippen! Bald darauf machten wir auch die Be-
kanntschaft eines hier ansässigen Amerikaners, der uns mit
erösster Liebenswürdiekeit für die nächsten Tage in sein
Haus aufnahm.
Da wir uns bald überzeugten, dass in der näheren Um-
sebung des Ortes keine sehr günstigen Fanggelegenheiten vor-
handen waren, so kam es uns sehr erwünscht, als uns ein in
der Nähe angesessener Franzose, Mr. Bombassin, das freund-
liche Anerbieten machte, zu ihm auf seine Besitzung hinaus-
zuziehen, die, inmitten prächtiger Waldung am Ufer eines
(ebirgsflusses, des Paranapura, gelegen, uns eine weit reichere
Ausbeute versprach als die etwas abgeholzte Umgebung der
Stadt. Die Reise dahin mussten wir, unter Verzicht auf
den kürzeren Fussweg, unsers Gepäcks wegen im (and, einem
langen Einbaum, zurücklegen.
Kurz vor unsrer Abfahrt war indess im Paranapura
gerade Hochwasser, sodass wir nur mit grösster Anstrengung
vorwärts kommen konnten und wir uns schliesslich, als wir
kaum die Hälfte des Weges zurückgelegt hatten, von der
Nacht überfallen sahen, während eleichzeitig nun auch ein
(sewittersturm die Waldunge durchbrauste Nur die über-
inenschlichen Anstrengungen unsrer Leute ermöglichten es, in
diesem aufreibenden Kampfe mit der reissenden, das Flussbett
bis an die Zweige füllenden Strömung noch bis zu einer Hütte
vorzudringen, deren Lichtschein lange Zeit uns wie unerreich-
bar entgegengeschimmert hatte. Spät am andern Vormittag
langten wir dann in „Chambira“* an, wo Donna Luisa, unsre
20
306 Hahnel:
liebenswerthe nunmehrige Wirthin, bereits in einiger Sorge
um uns gewesen war.
Die Erscheinungen, die sich uns in dieser den Bergen
zwar schon sehr nahe, immerbin aber noch durchaus ebenen
oder doch nur leicht gewellten Gegend boten, waren — abge-
sehen von den Morphiden, die nur sehr spärlich sich zeigten, —
im ganzen dieselben wie an den zuletzt besuchten Orten. Vor
allem begegneten wir hier, wenn auch immer nur in einzelnen
Stücken, den. schönen Callithea-Arten: Markii, Optima,
Degandii, Buckleyi, und einer Varietät der in Pebas ange-
troffenen Srnkai und sodann den prächtigen Catagrammen,
unter denen namentlich auch die blau und roth spiegselnden
Hesperis und Zelphanta in einiger Anzahl zu erlangen waren.
Eine auffallende Abweichung in Bezug auf Färbung bot die
kleine €. Eunomia dar, die hier fast immer gelb oder doch
nur mit geringem Anflug von Roth auftrat, während wir sie
in S. Paulo fast durchgängig nur mit rother Färbung gefunden
hatten. Besonders zahlreich waren auch die Apaturen vertreten,
von denen hier nicht weniger als 5 Arten sich zeigten, eben-
so auch die Sippe der kleinen Phyeiodes, unter denen nament-
lich die gegen ihre Verwandten so auffallend abstechende,
schwarz und rothe Acraeina eine sehr zierliche Gestalt war.
An Ansehen sehr verschieden von letzterem so benannten
T'hierchen war eine neue sehr unscheinbare Species der
Gattung Acraea selbst, die ihrer halbdurchsichtigen Flügel
wegen den Namen Subhyalina erhalten*) hat. Die inter-
essanteste Erscheinung aber, die sich hin und wieder in Ge-
sellschaft dieser Thiere um die Hütten herum treffen liess,
war der grosse, prächtige, mit blauen Flecken gezierte
Napeoeles Jucunda, ein Thier, das wir nur einmal bei Obidos
und einmal bei Manäos angetroffen, seitdem aber am ganzen
Strom aufwärts nie wieder gesehen hatten, sodass «dieses
sporadische Auftreten darauf hinzudeuten scheint, dass der
Verbreitungsbezirk dieses Thieres wohl im Abnehmen be-
eriffen. ist.
Während wir am Wasser meist alle die bekannten Strand-
thiere, die unter den Papilios, Pieriden und Nymphaliden
hierher gehören, wiedertrafen und als neuere Erscheinungen
hiervon nur etwa die schöne Hesperocharis Hirlanda,
Perhybris Pisonis und namentlich die herrliche dunkelblaue
Dynamine Gisella hervorzuheben wären, bot. uns dagegen
*) Staudinger, Ex. Schm Taf 32.
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 307
der stark mit Palmen durchsetzte, meist sehr hohe Wald
weniger reiche Beute, sodass wir namentlich auch mit «dem
Ködern nur wenig hier ausrichteten und uns daher mehr auf
das öftere Ablaufen der Wege verlegten. Indess brachte uns
der Köder doch wenigstens ein prächtiges Thier ein, wenn
auch nur in einem Exemplar. Es war dies die seltene
Batesia Hypochlora, mit der in Pebas gefangenen Hypo-
xantha auf der Oberseite übereinstimmend, schieferblau und
rosa, unterhalb aber statt des Gelb ein mattelänzendes Grau-
erün zeigend.
Unter den feinen Papilios, die wir bei dem Umherstreifen
auf den Waldwegen trafen, war es ausser den seltenne Bolivar
und Pizarro auch der kleine, schwarze, durch eine Reihe
schwacher Punkte am Aussenrande der Vorderflügel sich kenn-
zeichnende Chabrias, den wir einige Male hier fanden, nachdem
uns an den bisherigen Orten nur höchst ‚selten einmal. dieses
stets sehr niedrig und langsam im Gebüch hinziehende T'hier
begegnet war. Auch die Heliconier waren hier in einigen
sehr schönen Arten vertreten, wie Aurora, Isabellinus und
andere, doch zeigten sich dieselben wie überall immer nnr sehr
vereinzelt. Dagegen trat in grosser Anzahl, namentlich auf
den im Walde gelegenen verwilderten Pflanzungen eine reiche
Auswahl von Ithomiden auf, beispielshalber vom Genus
Melinaea 5 Arten, ebensoviele Mechanitis, darunter die neu
benannten Dorissides und Huallaga,*) und als bestes unter
diesen Thieren eine neue Athyrtis, die den Namen Salvini **)
erhalten hat.
Eines der reizendsten 'T'hiere aber, die wir hier fingen,
war. die leuchtend hellgelbe, mit, einer goldnen Saumlinie ge-
zierte Astraeodes Areuta, ein Thierchen, das nur noch von
Pernambuco her bekannt ist, also an einem von hier dureh
eine ungeheure Entfernung getrennten Punkte.
Nicht minder. prächtig, waren, wenn auch gerade keine
neuen Erscheinungen mehr, da wir sie bereits auch an andern
Orten angetroffen hatten, einige der Theelas, die wir hier
fingen, so unter anderen auch die reizende Imperialis. Dieses
Thierchen, das durch seine zierlichen Federanhängsel und
seine elänzenden Farben, — oben blaugrün, unten matt gold-
srün, — eine überaus reizende Erscheinung ist, interessirte
uns besonders auch durch den feinen Vanilleduft, der von ihm
*) Staudinger, Ex. Schm. Taf. 28.
**) Staudinger, Ex. Schm. Taf. 30,
308 Hahne]:
herkam und den wir bei dieser glänzenden Färbung kaum
vermuthet hätten.
Wir hatten nämlich, — um bei diesem Gegenstande
etwas länger zu verweilen, --- fast durchgehends gefunden,
(dass ein bei Faltern und auch bei andern Insekten sich be-
merkbar machender Geruch stets auch in einer gewissen
Wahlverwandtschaft zu bestimmten, mehr oder weniger eng
beerenzten Farbennüancen stand. So hatten wir diesen Vanille-
eeruch meist nur bei 'T'hieren von einem tiefen, gesättigten
Blau wahrgenommen, wie bei Aricoris Cepha, einigen Euse-
lasien und Callitheen und anderen mehr, oder aber bei solchen
von tiefbrauner und orangegelber Färbung, wie den Opsi-
phanes und andere. Doch erinnern wir uns allerdings, den-
selben auch beim Sesostris-Weib gefunden zu haben, und
namentlich auch bei einigen Preponas.
Weit auschliesslicher als dieser Vanillegeruch war der
(Geruch von Honig an bestimmte Farben gebunden, indem sich
dieser stets nur bei solchen Thieren zeigte, an denen auch
in irgend einer Weise die gelbe oder röthlichgelbe Honigfarbe
angedeutet war, wie bei den Perhybris-Arten Lorena, Pyrrha
und Malenka, bei Daptonoura Leucadia und Hesperocharis
Hirlanda, und ebenso auch bei den kleinen, am After gelb
gefärbten Staphylinen, gleichviel ob wir dieselben an Palmen-
blüthen oder an Exkrementen antrafen. In gleicher Weise
war der dumpfe, moschnsähnliche Geruch, durch den sieh
Papilio Varus und andere ihm verwandte schwarzgrüne Arten
auszeichnen, nur bei solchen T'hieren wiederzufinden, die eine
ähnliche stumpfe oder rauhe Farbenzusammenstellung tragen,
wie namentlich der äusserst kräftig riechende Pap. Xantho-
pleura und die grosse grau und gelbe Sphingide Protoparce
Rustica und andere mehr.
Im vollen Gegensatz hierzu steht dann der scharfe
Knoblauchgeruch, welcher vielen @laucopiden eigen ist, wie
namentlich den häufiger gefangenen Hestioea Proserpina,
(alonotus Meones u. s. w.: denn so scharf und priekelnd
dieser Geruch ist, so hell und glänzend sind dem entsprechend
auch die bunten Farbentupfen, mit denen diese T'hiere ge-
ziert sind.
Bei einem so energisch fliegenden, glänzend gefärbten,
und mit fest anfliexender Beschnuppung versehenen Thiere,
wie M. Rhetenor es ist, fanden wir daher auch den kräftigen
Schwefelgeruch, den wir bei frischeren Stücken wahrnahmen,
im vollständigsten BKinklang mit dem ganzen Habitus des
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 309
'Thieres, ebenso wie uns bei den weissen Papilios, deren scharfes,
(dünnes Weiss ganz verschieden ist von dem Milchweiss der
süssduftenden Perhybris, dieser selbe frische, schwefelige Ge-
ruch der allein für sie passende schien.
Die auffallendste Ideenverbindung aber, um nicht zu sagen
Uebereinstimmung von Farbe und Geruch bot uns eine kleine,
in Massauary gezogene Bombyeide, Hydrias Pudica. Dieses
im übrigen graue 'Thier hatte einen rosafarbenen Leib, — und
feinster, süsser Rosenduft war es auch, der von diesem T’hiere
ausströmte und ‚den wir nie versäumten, von den frisch aus-
gekommenen Stücken einzusaugen. Aehnlich überraschend war
uns der mit der Färbung merkwürdig harmonirende Geruch
eines Gradflüglers, dessen lange, schmale Flügel die frische
blaugsrüne Farbe von Kiefernadeln trugen, und der in der That
auch den hierzulande völlig fremden würzig kräftigen Kiefer-
nadelgeruch von sich gab.
Unter den mit sogenannten Duftpinseln versehenen Faltern,
namentlich den zur Ithomiden - Gruppe gehörigen Arten
konnten wir selten einen wahrnehmbaren Geruch fesstellen,
und wenn. dies der Fall, so war derselbe meist ziemlich in-
different. Auffallend war. uns nur noch bei einigen zur
Thelxiope-Gruppe gehörigen Helieconiern ein veilchenartiger
(Geruch, während bei einigen anderen Thieren, wie bei Co-
laenis Juno und Dione Julia der Duft öfters einen säuer-
lishen Stich hatte.
Niemals aber fanden wir, abgesehen etwa von einigen
dumpfig vriechenden, mattgefärbten Heteroceren, bei den
Schmetterlingen wirklich unangenehme Gerüche, während
solche bei den im allgemeinen weniger farbenhellen Käfern,
zumal bei den dunkel oder matt gefärbten Arten sehr häufig
ums entgegentraten, So namentlich hatten die unter todter
kinde sich aufhaltenden Zophobas-Arten bei einem giftig
schwarzen Aussehen einen äusserst beizenden Ammoniak-Geruch,
während blasse Tetrachen und graue Staphylinen widerlich
nach Aas und del. rochen und ebenso einige mattfarbige, an
Früchte gehende Longieornen durch einen süsslich fauligen
(Geruch anffielen, ganz im Gegensatz zu gewissen &länzend
grünen Arten, die einen frischen, angenehmen Moschusgeruch
verbreiteten. Ebenso fanden wir bei den Hemipteren, dass
(die in harte Panzer gekleideten, oft glänzend oder Lunt ge-
färbten Arten meist einen angenehm pikanten Geruch hatten,
der ganz verschieden war von dem spezifischen Wanzengeruch
der weicheren Gattungen.
310 Hahnel:
Doch genug hiervon! Jedenfalls fanden wir durch un-
zählige Beispiele bestätigt, dass Farbe, und Geruch bei den
T'hieren in enester Beziehung zu einander stehen, und sicher
elauben wir, dass namentlich auch die Vögel schon von ferne
aus der Färbung eines Thieres ganz dasselbe erkennen, was
ihnen in der Nähe dann der Geruch und der Geschmae k in
anderer Weise bestätigt.
Ein zu der Familie der Lyeaeniden gehöriges Thier, das
wir im Schatten des Waldes öfters hier fingen, war der merk-
würdige, im System ziemlich isolirt stehende Eumaeus Minyas,
ein hier, das uns stets durch Flug und Flügelhaltung, sowie
durch die charaecteristische Zeichnung seiner Unterseite
mehrfache Punktreihen und. scharf abgehobene Färbung der
Hinterrandsfalte — auffällig an das sonst ihm sehr fern
stehende Genus Callithea erinnerte.
Es sei uns gestattet, über das eigenthümlich correspon-
dirende Verhältniss, das oft zwischen Arten getrennter Sippen
besteht und das uns bereits mehrfach aufgefallen, hier einige
Bemerkungen mit anzuknüpfen, zumal wir uns mit der aus
solchen Aehnlichkeiten gefolgerten und gang und gäbe ge-
wordenen sogenannten Mimiery-Theorie nicht emverstanden
erklären können. Nach dieser Theorie besteht nämlich in
‘vielen Arten eine gewisse Tendenz, andere Arten nachzuahmen
und zu kopiren, um unerkannt unter deren Flagge zu segeln
und somit gleichfalls des Schutzes zu geniessen, dessen jene
auf Grund besondrer ihnen anhaftender Kigenschaften Feinden
gerenüber sich erfreuen.
Diese Tendenz ist nun völlig verschieden von jenem
ebenfalls mit „Mimiery* bezeichneten Anpassungsvermögen der
Thiere an ihre Umgebung, jener ausgebildeten Verstellungs-
kunst, die gerade in der niederen Thierwelt oft zu den wunder-
barsten Verkleidungen führt, wie solche zahlreich namentlich
in den Tropen beobachtet worden sind, — ein Verhältniss
übrigens. in dem wir weit weniger den Erfolg natürlicher
Zuchtwahl erkennen, als vielmehr das Resultat jenes magne-
tischen Zuges, der für ein Einzelwesen in einer ringsum
herrschenden Uniform liegt, und deren steter, gewohnheits-
mässiger Anblick. das Thier halb bewusst, halb unbewusst
mit dem Bestreben erfüllt, in Form und Farbe der leblosen
Umgebung eleich zu sehen.
Dieses Anpassungsvermögen ist num wie gesagt ein ganz
allgemein unter den lebenden Wesen sich geltend machender
Trieb, mit dem aber jene merkwürdigen Xehnlichkeiten, die
Eintomologische Erinnerungen an Büd- Amerika. 311
uns bei 'Thieren aus verschiedenen Gattungen begegnen, nichts
semein haben, die vielmehr unter einen hiervon völlig ver-
schiedenen Gesichtspunkt fallen. Denn vor allem ist die
Färbung der Thiere, zumal der Schuppenflügler, als inte-
erirender Bestandtheil ihres Wesens der genaue Ausdruck der
Entwicklungsstadien, die eine Art bis zu ihrer typischen
Fixirung durchlaufen und jede Form, so abw eichend und auf-
fallend sie auch erscheinen mag, ist somit immer nur denkbar
in Zusammenhange mit ihrer Sanzen Stammesgeschichte.
Wenn nun die Fortentwicklung eines Typus zunächst der
Ausfluss eines in allen Wesen ausnahmslos vorhandenen, ge-
wissermassen centrifugalen Prinzips der Individnalisirung ist,
jenes Prinzips, das man bei dem Dualismus, der allen Er-
scheinungen zu Grunde liegt, als das Männlich-Schaffende
bezeichnen könnte, so wirkt doch anderseits in jedem
Wesen mit gleicher bildender Kraft jenes Correktiv desselben,
die weiblich-erhaltende, auf den Stammesursprung zurück-
sreifende Schwerkraft der Vererbung. Auf diese letztere aber
und die aller Formbildung zu Grunde liegenden Harmonie-
und Correlationsgesetze führen alle jene bei distanten Arten
hervortretenden Anklänge in der Zeiechnungsanlage wie in
der Farbenmischung zurück, und es ist bei diesem Verhältniss
das eigentlich Auffällige nur dies, dass irgendwelche einzelne
Merkmale sich oft mit einer grösseren Hartnäckigkeit behaupten
und weiter vererben, als dies andere Merkmale thun, die
unter dem Einfluss der stufenweisen Fortbildung des Typus
oft sehr bald einer tief gehenden Umänderung und Zersetzung
unterliegen.
Daher lassen sich auch — m Bezug auf Gestalt und
Zeichnung — oft weit grössere Abstände unter Arten eines
und desselben Genus beobadtiten: als sie uns mitunter zwischen
Arten entgegentreten, die durch generelle Unterschiede weit
von einander eetrennt sind, die aber ein bestimmtes Zeich-
nungs- oder Farbenmotiv in augenfälliger Weise festgehalten
und vor allen andern Merkmalen ausgebildet haben. Wir
erwähnten bereits jene eigenthümliche Schattirung der braunen
Farbe, die bei dem Heliconius Pardalinus auftritt, und die
in eanz gleicher Weise bei mehreren Einzelarten verschiedener
Ithomiden-Genera wiederkehrt. Ebenso ist es ganz besonders
auffallend, dass in den beiden Sippen der Perisama und der
Dynamine die Färbung je einer ihrer Species gegen die sonst
ziemlich allgemein festgehaltene Grundfarbe aufs lebhafteste
absticht, indem unter dem beiderseits herrschenden Grün ganz
312 Hahnel:
unvermittelt das Dunkelblau der P. Patara und dev D. Gisella
auftancht. Kin ganz ähnliches Verhältniss wie hier tritt uns
entgegen bei Vietorina Steneles und Golaenis Dido, die beide
gegen ihre nächsten Verwandten völlig fremdartig erscheinen,
indem sie dem Braunroth und Schwarz, das bei jenen herrscht,
(das auffallendste Hellgrün entgegenstellen.
\Wenn wir nun, um bei diesem Beispiel auf den Stand-
punkt der Mimiery einzugehen, das eigenthümliche Verhältniss
(dieser beiden Formen auf die Grundlage mimetischer Ein-
wirkung zurückführen wollten, so wäre die Annahme nöthig,
dass die beiderseitig vorhanden «ewesenen Vorstufen von
Anfang an stets neben einander her sich entwickelt hätten,
und zwar nothwendigerweise in gleichem Tempo, Zug um
Zug, — ein offenbar äusserst künstliches Verhältniss, in dessen
Vorschriften sich die Kräfte der Natur nicht würden zwängen
lassen. Aber nehmen wir gleichwohl an, ein solcher Wettlauf
von Copie und Original habe bestanden, und von jenen einander
väthselhaft ähnlichen Arten sei Dido das Prototyp und Steneles
die nachahmende Art gewesen, und geben wir zu, es sei da-
mit erklärt, wieso Steneles zu seiner merkwürdigen Gestalt
kam! Wie aber nun geschah es, dass Dido zu der in gleichem
Grade merkwürdigen Form gelangte? Hier setzt eben das
Räthsel von neuem an, und wir werden hierbei notlıwendiger-
weise zurückgeführt auf den unverrückbaren Ausgangspunkt
dieser Form, dorthin, wo sie zusammentrifft mit ihrer nächsten
Sippenverwandtschaft. (Grenau aber in demselben Falle be-
finden wir uns mit dem als Mimetiker gedachten Steneles,
der seinerseits eleichfalls auf vieleewundenen Pfaden zurück-
führt zu dem Ausgangspunkt seiner eignen Sippe, die schliess-
lich von jener der Dido einen durchaus verschiedenen Typus
aufweist. Wenn nun aber die Dido zu ihrer Form gelangte
olıne mimetische Anlehnung, und wenn ferner bei dem Steneles
in seinen ersten Vorstufen die Kraft des mimetischen Zuges
wegen des vorhandenen Abstands nicht wirksam gewesen sein
kann, so ist folgerichtig auch zu den ferneren Entwicklungs-
stufen, in denen sich der letztere der Form der Dido mehr
und mehr näherte, jenes Hilfsmittel kein nothwendiges Er-
forderniss, und es bleibt nur übrig anzuerkennen, dass die
beiden Formen zu der Aehnlichkeit der Gestalt, die sie Kenn-
zeichnet, durchaus auf getrennten Wegen gelangten und
somit auch völlige unabhängige von einander, gewissermassen
durch eine Laune des Zufalls zusammengeführt wurden.
Aehnliche Gegenspiele wie diese finden wir überaus
a u
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 313
häufig in allen Gruppen von Faltern; und oft an ganz ent-
gereneesetzten Enden treten dieselben Grundlinien in Zeich-
nung und Gestaltung hervor, wie z. B. Figur und Streifung
der langschwänzigen Papilios nicht nur unter den \ympha-
liden (bei den Megalıras) sich wiederfindet, sondern auch
unter den Eryeiniden und Hesperiden, selbst bei den Ura-
niden und andern Heteroceren, alles Kormen, die ganz naclı
(denselben Prinzipien gebildet sind wie jene Papilios. Oft
finden wir solche frappante Aehnlichkeiten nicht blos bei ver-
einzelten Arten, sondern neben einander in zusammenhängenden
Reihen sich gegenüber gestellt. Eine solche Doppelreihe sich
entsprechender Formen haben wir z. B. bei den Agrias und
Callithea vor uns, indem die bezüglichen drei oder mehr neben
eimander stehenden Arten des einen Genus ihre Seitenstücke
finden in correspondirenden Arten des andern, eine Erschei-
nung, in der wir lediglich die freie Entfaltung eines bei den
(senera. gemeinsamen Motivs erkennen, das, einmal in Fluss
gebracht, in jeder der beiden Formenreihen seine gesonderte
Richtung einschlägt, indess bei der ursprünglichen Verwandt-
schaft ihrer Grundlage nothwendigerweise auch Formbildungen
von einem mehr oder weniger ähnlichen Gepräge auf-
weisen MUSS,
Die häufigste Wiederkehr eines solchen bestimmten
Farbenmusters, und zwar durch eine Reihe der verschiedensten
Genera hindurch, zeigt uns der bekannte Lycorea-Typus, der
mit seinem Schwarz-Braun-Gelb nieht nur in den nächst-
verwandten Ithomiden - Sippen, wie Melinaea, Tithorea
Ithomia u. s. w. in einer wahren Fülle von Gestalten zur
Ausbildung gelangt, sondern auch bis in das Genus Heliconius,
Phyeiodes, Protogonius, Perhybris, Dismorphia, Papilio,
Stalachtis und selbst im Heteroceren-Gebiet, wie bei dem
(Genus Castnia, Pericopis und anderen seine zahlreichen Wieder-
holungen findet. Wenn uns gerade dieser Typus einerseits
die unendliche, schrankenlose Freiheit zeigt oder vielmehr
ahnen lässt, in der eine Form nach allen Richtungen hin sich
entfalten kann, so erkennen wir andrerseits in dem sporadischen
Auftreten desselben an getrennten Punkten, wie tief im
innersten Kern eines Wesens ein latentes Erbtheil zurückge-
halten werden kann, sodass es oft unzählige Zwischenstufen
überspringt, ohne zu keimen und zu gähren, um plötzlich als
eine Verjüngung des Typus unter ganz veränderten Neben-
beziehungen aufs neue in die Erscheinung zu treten.
Ein Gedankenatom von jener Keimanlage, die einst auf
314 Hahnel: N
früheren Vorstufen zur Bildung einer Perieopis führte, ver-
erbte sich auch in jene andern Zweige des Stammes, aus
denen eine Lycorea, eine Dismorphia hervorging, und brachte
hier im Verlauf der Entwicklung jene Formen einer eigen-
artigen Aehnlichkeit zur Ausbildung, deren Auftreten wohl
etwas durchaus Wunderbares an sich hat und zu interessanten
Tietbliceken im die Geheimnisse der Natur veranlasst, die wir
aber nicht das Recht haben mit der Unterstellung zu be-
zeichnen, die in dem Ausdruck „mimetische Arten* liegt, die
vielmehr als freie Selbstwiederholungen der Natur zu be-
trachten sind, für die sich, um dieses Verhältniss mit einer
bestimmten Benennung zu bezeichnen, am einfachsten der auf
das Thatsächliche des Augenscheins sich beschränkende Aus-
druck „Parallelformen* an die Hand giebt.
Dass alle jene von den Anhängern der Mimicry-T'heorie
beigebrachten und auf den ersten Anblick oft verblüttenden
Beispiele von Aehnlichkeiten entfernter Arten genetisch in
erster Linie nur aufzufassen sind als solch freie, auf eine
gemeinsame, ursprüngliche Anlage zurückdeutende Selbstwieder-
holungen der Natur, dafür bietet uns das Genus Phyeiodes
einen interessanten Beleg. Es wird nämlich bei aller Vorein-
senommenheit für jene T'heorie Niemand behaupten wollen,
dass eine zwergartige Form, welche mit einer andern, be-
deutend grösseren eine auffallende Uebereinstimmung der
Zeichnung gemein hat, dieses Verhältniss zu einer Täuschung
benützen oder mit solchem Versuch etwa viel Glück haben
könnte, denn durch de nbestehenden Grössenunterschied würde
oleich von vornherein jede Verwechslung dieser beiden Thiere
seitens der Feinde ausgeschlossen sein. Nun finden wir in
jenem artenreichen, durch seime auffallend geringe Grösse
gekennzeichneten Genus Phyeiodes zahlreiche Typen der ver-
wandten Sippen in einer so bunten Vielseitigkeit als Diminutiv-
formen wiederkehren, dass diese eigenthümliche Gattung ein
förmliches Summarium aller peripherisch ihr nahestehenden
Formen darbietet. So begegnen uns unter ihnen nicht nur
die Typen der nächstverwandten Euptoieta und Coatlantona,
(und mit ihnen der hier nicht einheimischen Melitaea, Araschnia
und ähnlicher) sondern auch der viel ferner stehenden Vila
und der hier fremden Neptis, und besonders zahlreich die
verschiedensten, zum "Theil äusserst hervorstechenden und
spezialisirten Typen aus den Gattungen Colaenis, Eueides,
Helieconius, Acraea und anderer mehr.
Um einige Beispiele anzuführen, so bietet Ph. Leuco-
"Entomologische Erinnerungen an Büd- Amerika. 315
desma, — wie bereits auch Dr. Staudinger in seinen Ex
Schm. darauf hingewiesen, — ein treffendes Gegenstück zu
einer afrikanischen Neptis-Art, ferner ebenso
Ph. Philyra zu Col. Euchroia,
„ Aveyrana zu Eueid. Libitina,
„ Prisca zu Eneid. KEdias,
„ Eunice zu Kueid. Isabella,
„ Langsdorfi zu Hel. Besckei,
„ Poeeilina zu Hel. Zuleika,
„ Murena zu Hel. Aristiona,
„ Aecraeina zu Acraea Laverna,
„ Fallax zu Acraea Niecylla,
Epione zu Acraea Neleus,
und dergleichen "Parallelen mehr. Hierbei mag uns nun zunächst
(las Beispiel etwa von Heliconius Besckei und Phyeiodes Langs-
dorfi — zweier sich durchaus ähnlicher, aber an Grösse sehr
verschiedener Formen — als Erläuterung dienen, dass bei diesem
Aehnlichkeits-Verhältniss von einem Produkt einer fortgesetzten
Nachahmung und Täuschung nicht die Rede sein kann, zumal die
langsam und niedrig um die Gebüsche flatternde Phyeiodes schon
(durch ihre Flugart von den höher dahinziehenden Heliconiern
sich genügend unterscheiden. Sodann aber erkennen wir in
dieser systematischen Wiederkehr analoger Formen ein klares
und durchsichtiges. auf verwandtschaftlichen Beziehungen fest
begründetes Verhältniss, das in der Gesetzmässigkeit, mit der
es als reproduzirende, aus sich selbst heraus bildende Kraft
auftritt, Wirkungen von ungleich grösserer Allgemeinheit und
Tiefe hervorrufen muss, als dies die supponirte Nachäffung
der Mimiery im Stande ist, welche in jedem einzelnen dieser
hunderte von Fällen die Natur zur abhängigen Kasuistin macht,
die nur etwa dann und deshalb die Form Bx erschaffen
(darf, weil und nachdem eine Ax bereits vorhanden.
Wenn wir sonach der gedachten Theorie nicht die
Fähigkeit und die treibende Kraft zusprechen können, fort-
bildend aufeine Art einzuwirken, so können wir ihr andrer-
seits den ebenfalls beanspruchten arterhalten.den Kinfluss nur
in einem sehr geringen Grade zuerkennen. Theoretisch lässt
sieh allerdings niehts dagegen einwenden, dass einem Thiere
seine Aehnlichkeit mit einer verpönten Art das eine oder andre
Mal zum Schutze gereicht vor der Verfolgung eines Vogels.
Indess ist in der Wirklichkeit ein derartiger zufälliger Vor-
theil nur von einer sehr untergeordneten Bedeutung. Denn
zunächst ist die Häufigkeit und der Bestand einer Art viel
| 316 Hahnel:
weniger davon abhängig, ob speziell das Imago besondere
Vortheile geniesst für die Erhaltung seines Daseins, als viel-
mehr davon, ‘inwieweit der viel wichtigere, und eine unend-
lich längere Zeitdauer einnehmende Larvenzustand eines
Thieres befähigt ist, den ihm während dieser Zeit drohenden
(efahren zu entgehen. Wir erinnern hierbei an die Beobach-
tung, dass in den verschiedenen Jahreszeiten die Bruten
mancher Arten oft in ganz verschiedener Stärke auftreten
und zum Beispiel eine in der Regenzeit spärlich vertretene
Art in der darauf folgenden trocknen Zeit ziemlich häufig ist,
während nun diese weit grössere Anzahl von Stücken dennoch
nur wieder eine schwache Brut zeitigt. |
Dann aber auch sind es überhaupt keineswegs die
Schuppenflügler, und am allerwenigsten die sogenannten mime-
tischen Arten, denen die Nachstellungen der Vögel, — und
diese allein kommen hier in Betracht, — vorzugsweise gelten,
wenigstens nicht, soweit wir das selbst zu beobachten Gelegen-
heit hatten. Denn die Vögel treffen aus der ihnen zugäng-
lichen Beute ihre Auswahl stets nach Massgabe des allge-
meinen Habitus eines Insekts, nach Merkmalen, die sich mehr
in der Flugart eines Thieres, als in den Subtilitäten der
Zeichnung aussprechen. Auf den ersten Blick erkennt der
auf diese Nahrung angewiesene Vogel, was von einem Thiere
zu halten ist, auf Grund jenes ausgebildeten physiognomischen
Verständnisses, mit Hilfe dessen jedes "Thier meist sofort mit
Sicherheit das Beste auszuwählen und das nicht Zusagende
oder Gefahrbringende zu vermeiden weiss. ”)
*) Gerade jene auffallende, oft bis auf die feinsten Einzelheiten der
Zeichnung sich erstreckende Uebereinstimmung paralleler Formen dürfte
als ein Gegenbeweis gelten, dass es nicht die durch die Auslese der Vögel
hergestellte Wirkung der Mimiery ist, die diese Bildungen hervorief. Denn
dass ein Vogel, für dessen Urtheil nur die groben, allgemeinen Merkmale
massgebend sind, bei dem Erblicken einer Beute je so wissenschaftliche
Anwandlungen haben sollte, zu überlegen und gemau nachzusehen, ob auch
(lie Feinheiten der Zeichnung etwa dem Begriff der annehmbaren Gattung
Phyciodes entsprechen und nicht etwa dem der äusserst ähnlichen, aber
verschmähten Aecraeen — dies anzunehmen wäre völlig absurd. Eben
(deshalb aber müssen wir in allen diesen Füllen immer nur die Resultate
immanenter, in nahezu gleicher Richtung wirksam gewesener Formgesetze
erkennen, und dies um so mehr, als bei vielen der angeführten Mimiery-
Beispiele, wie etwa bei Melinaea Lilis und Heliconius Metalilis, oder
bei Eueides Pavana und Acraen Antens die Annahme einer Schutz-
nachahmung aller und jeder Grundlage entbehrt, indem sowohl die einen,
wie die andern dieser Formen gleicherweise durch Ungeniessbarkeit ge-
schützt sind,
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 37
Nun sind alle weichen, saftreichen T'hiere, wie nament-
lich die grünen, dickleibigen Gradflügler, die ziemlich zahlreich
den Wald bis in die Wipfel der Bäume hinauf beleben, stets
die willkommenste Speise dieser Vögel. Ebenso werden Fliegen
und Wasserfliegen und besonders auch die zur Schwarmzeit
oft massenhaft in der Luft flirrenden geflügelten Termiten und
erossen Ameisen mit allem Eifer von ihnen gejagt. Dageren
werden nun alle trocknen, dürren, saftleeren T’hiere durch-
sehends von ihnen verschmäht, und zu dieser Art von Flug-
thieren gehören neben den Drachenfliegen und Cicaden nament-
lich auch die meisten aller Schmetterlinge, denen überdies
zum grossen Theil auch noch ein unangenehmer Geruch oder
ein fader oder scharfer Geschmack anhaftet, sodass ganz im
alleemeinen die Tagfalter in den Augen der Vögel durchaus
nicht als die leckersten Bissen gelten.
Unter dem Schutze dieser allgemeinen Geringschätzung
sind es namentlich zunächst alle kleineren Falter, dıeunbehelligt
bleiben, denn alle dünnleibigen, dürren, viel in der Sonne
fliesenden, sowie auch die gern am Strande sich versammeln-
den Thiere, die man trotz der grossen Anzahl, die sie oft
bilden, doch. nie von Insektenfressern verfolgt sieht (abgesehen
hierbei freilich von den Strandläufern, die wie die Eidechsen
niemals wählerisch sind). Andrerseits sind es dann wieder
die Jangsam flatternden, aus dem Waldesschatten nicht gern
heraustretenden Falter und ebenso alle schwarzen Thiere,
welche ziemlich allgemein für nicht jagdbar gelten, während
dagesen neben der grünen und weissen Farbe alles lebhaft
Gefärbte, das sich zugleich in lebhaftem Fluge zeigt, für
jene Vögel ein Indicium von Wohlgeschnack an sich zu
tragen scheint.
Da sich sonach die Zahl der von den Vögeln vorzugs-
weise verfolgten Falter, nach Abzug der meist scharf riechen-
den Papilios (siehe auch Seite 161), der Heliconier u. s. w.
der strohernen Catopsilien, und aller dürren und kleineren
Sachen, in der Hauptsache auf die grösseren und kompakteren
Nymphaliden beschränkt, die ihrerseits am allerwenigsten
eine Vorliebe für mimetische Nachbildungen zeigen, so können
wir jener Theorie nur einen äusserst geringen Einfluss auf
die Erhaltung einer Art zugestehen, der sich übrigens stets
nur dann erst wird geltend machen können, wenn alle Vor-
stufen bereits überwunden und die Möglichkeit einer Ver-
wechslung bereits auf anderem Wege erreicht worden ist.
Keinesfalls abeı können wir der Mimiery das Recht ein-
318 Hahnel:
räumen, alle irgend auffindbaren Aehnlichkeiten weit von
einander getrennter Thiere mit exklusiver Allgemeinheit in
ihren Zauberkreis zu bannen, wie man beispielshalber bereits
so weit geht, das Hesperiden-Genus Leucochitonea lediglich
(der weissen Farbe weeen zu Nachahmern der Pieriden zu
machen; oder wie wenn man in der äussern Aehnlichkeit einer
Macroglossa mit einem Kolibri durchaus den Erfole mime-
tischer Schlauheit erblicken will, als ob nieht der betreffende
Schwärmer genau ebenso sich entwickelt hätte, gleichviel ob
überhaupt Kolibris in der Welt existiren oder nicht.
Es liegt ausserhalb des Rahmens unsrer Aufgabe, ein
Urtheil abzugeben über Faunengebiete, die wir nicht aus eigener
Anschauung kennen, indess ist die hier beregte Frage zu viel-
seitie bereits ventilirt, als dass wir es ganz umgehen könnten,
weniestens mit einigen Worten auch auf die „Mimetiker* der
asiatischen vnd afrikanischen Fauna einzugehen.
Der vielbesprochene Parallelismus zahlreicher ostasia-
tischer Papilioniden mit dortigen Danaiden u. s. w. weist
uns bei dem durchgehends diehromen Charakter aller dieser
Formen zunächst auf eine Entwicklungsepoche zurück, in der
(die Differenzirung der Familientypen noch nicht die Fort-
schritte gemacht hatte, wie sie seitdem durch den immer mehr
zur Ausbildung gelangten Polychromismus der Arten die ein-
zelnen Gruppen immer weiter auseinander drängte. Wenn
sich nun aus der Primärzeit — um diesen geologischen Aus-
(ruck auch auf die Geschichte der Falterwelt anzuwenden, —
nur etwa vereinzelte Vertreter jener frühesten Bildungen in
(ler Gegenwart gerettet haben (als Beispiel solcher archäisch
monochromer Formen möge die merkwürdige Styx Infernalis
(dienen). so finden wir dageeen den der Sekundärzeit ent-
sprechenden Diehromismus noch in allen Familien der gegen-
wärtie lebenden Falterwelt vertreten, ja zum Theil sogar
vorherrschend das Aussehen ganzer Gruppen charakterisirend.
Diese diehrome Bildungsepoche, die von der einfachen Längs-
streifung, wie sie die Aederung vorschrieb, ausging und sodann
weiterschreitend den allmählich erworbenen Farbenüberschuss
zu Randflecken und Randbinden verdichtete, um schliesslich
(die ganze Fläche der Flügel mit Streifen und Punkten zu
überdecken, ist noch besonders gekennzeichnet durch die im
wesentlichen stets vorhandene Uebereinstimmunge der Ober-
und Unterseite, welche beide erst dann in einen Gegensatz
zu einander traten, als im weiteren Verlaufe der Entwicklung
mit der Vielfarbigkeit auch die Dreitheilung der Flügellläche
un
Entomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 319
(Querbinde etc.) mehr und mehr zum massgebenden Prinzip
sich gestaltete. Als hauptsächlichste Repräsentanten aber
jener diehromen Sekundärzeit dürfen wir nun die grosse
Familie der Danaiden und der ihnen verwandten Acraeen
ansehen, und im allgemeinen auch — wenigstens ihren Stamm-
formen nach — die im Gegensatz zu jenen Sonnenthieren
(der Alten Continente sich als Schattenthiere charakterisirenden
Neotropiden der Neuen Welt.
Wie nun aber in allen Formen, die unter denselben
klimatischen Einflüssen und auf demselben Boden erwachsen
sind, ein gewisser gemeinsamer, autochthoner Zug liegt, —
man vergegenwärtige sich den ungeheuren Gegensatz, den die
südamerikanische Fauna, als Ganzes genommen, zu der ost-
asiatischen bildet, — so dürfte, entsprechend diesem topogra-
phischen Charakterzug stets auch ein gewisser physiognomischer
Zeitcharakter wirksam gewesen sein, der seine feinen Züge
den Erzeugnissen einer bestimmten Schöpfungsperiode . in
erösserem oder geringerem Grade wird aufgeprägt haben.
Wenn also für die Ausbildung eines bestimmten Typus —
sagen wir des Danaiden-Typus — irgend eine Epoche sich
als besonders günstig erwies, so ist anzunehmen, dass von
dieser herrschenden Richtung auch ursprünglich ferner stehende
Typen mehr oder weniger beeinflusst und. in ihrer Fort-
bildung gewissermassen zu Konzessionen an dieselben gedrängt
worden sind. In diesem Sinne etwa nehmen wir den afri-
kanischen Papilio Antimachus (eine grosse, höchstoriginale
Form, die uns einen weiten Fernblick in die Labyrinthe
untergegangener Formenreihen gewährt) für den Vertreter
des Ur- Aecraeenthums der Sekundärzeit, wie sich diese typische
Richtung bei den Papilioniden jener Epoche herausgebildet
hat. Und in demselben Sinne glauben wir, dass jene etwa
zu der gleichen Zeit auf asiatischem Gebiet zur Entstehung
gelangte Gruppe melaleuker Papilios jene Sonderentwicklung.
die sie dem breiten Strome der Danaidenformen parallel
Jaufen lässt, eingeschlagen hat: folgend hierin dem herrschenden
Zuge der Zeit, der auch in den verschiedensten andern Familien
analoge Formenreihen zur Ausbildung brachte, nicht nur inner-
halb der Grenzen der asiatischen Fauna, sondern auch ausser-
halb dieser, wie ja ganz augenscheinlich die Archonias-Arten
Südamerikas ebenfalls eine getreue schematische Parallele
jenes Danaidentypus darstellen.
Wie sehr es aber nur diese von innen heraus wirkenden
Kräfte, Gesetzmässigkeiten und Erbanlagen sind, die den
390 ITahnel:
Grund zur Bildung von Parallelformen abzeben, ersehen
wir aus jenem eigenthümlichen Verhältniss, dass die merk-
würdigee Doppelreihe, in welcher Danaiden und Euploeen
sich gegenüber stehen, die eine wie die andre in der Familie
der Papilioniden in voller Front ihre Wiederholung findet.
Nun stehen diese Danais und Euploeen Ostasiens (und, ähn-
lich wie sie die afrikanischen Danais und Amauris) trotz
ihrer nahen Verwandtschaft gewissermassen in einem typischen
(egensatz zu einander, oder vielmehr sie ergänzen sich wie
Vorder- und Rückseite ein und derselben Medaille. Während
nämlich die mattgefärbten Danais in ihrem mehr conservativen
(ewande das weibliche, stationär gebliebene Element repräsen-
tiren, vertreten dagegen die dunkleren, zu einem glänzenden
Farbenkleide gelangten Euploeen mehr das zur steten Fort-
bildung drängende männliche Prinzip. *)
Indem nun aber beide Typen, wie sie ursprünglich neben
einander bestehen, auch hier unter den Papilios neben einander
sich finden, liefern sie uns damit einerseits ein Beispiel, wie
ungemein expansiv die schöpferische Kraft gerade dieser durch
ihren Formenreichthum alle andern Faltergruppen weit über-
raegenden Familie der Papilioniden ist, die nach allen Rich-
tungen hin und oft in der überraschendsten Weise Uebergritfe
in die Mustereigenthümlichkeiten anderer Typen sich ge-
stattet, — andererseits aber zeigt diese Wiederkehr bestimmt
ausgeprägter Bildungen in der Geschlossenheit, mit der sie
hier auftreten, den tiefen Zusammenhang, der nicht nur
zwischen den Gliedern derselben Gattung oder nahe verwandter
Gruppen besteht, sondern der auch die entfernteren Familien
und Ordnungen mit einander verkettet und solche Parallelen
dann gleichsam als stehen gebliebene Marksteine der gesetz-
mässig und stufenweise vor sich gegangenen Entwicklung er-
scheinen lässt.
Wie aber dieser alte, schon in einer sehr frühen
Epoche zum Ausdruck eekommene Gegensatz des Danaiden-
und Euploeentypus seine genaue Wiederholung bei jenen
archaistischen Papilios findet, so tritt uns in einer andern
Gruppe von Papilioniden dieser selbe Gegensatz aufs nene
*) Als eine ganz auffällige Anomalie erscheint es bei dieser typischen
Gegensätzlichkeit der beiden Gruppen, dass in der merkwürdigen Euploea
Midamus beide Typen gleichsam in Personalunion vereinigt neben einander
auftreten, indem die Vorderflügel dieser Art das blaue, glänzende Aussehen
der Euploeen zeigen, während die Hinterflügel bescheiden noch das ältere
slanzlose, gefleckte Danaidenkleid deckt.
Eintomologische Erinnerungen an Süd-Amerika. 321
entgegen, bei den Prachtgestalten der Ornithopteren nämlich,
wo derselbe in dem bekannten Dimorphismus der Geschlechter,
also innerhalb der Grenzen ein und derselben Art in ganz
auffallender Weise zur Erscheinung gelangt. Denn während
die Weibchen dieser T’hiere, dem Danaidentypus entsprechend,
die einfache, schwarz und. weiss gefleckte Tracht der Vorzeit
tragen, wussten dagegen die leichter beschwingten, im Sonnen-
glanz ‚schwelgenden Männchen die blühendste Farbenpracht
und den herrlichsten goldigen Glanz auf ihre Flügel zu zaubern,
ein Bestreben, das an sich zwar ein allgemeines Erbtheil der
männlichen Falterwelt ist, das aber in dieser besonderen Zu-
sammenstellung im tiefsten Grunde nur. wieder jenes uralte
Segenspiel zum. Ausdruck bringt, in welchem überall das
Danaidenthum durch den an seine Fersen sich. heftenden
Euploeismus sich überholt und ergänzt sieht. Wie sonderbar!
hier unter so veränderten Verhältnissen, auf ganz verschiedenem
in der Entwicklung weit vorgeschrittnerem Gebiet dieses selbe
Prinzip von Gegensätzlichkeit wieder auftauchen zu sehen,
das wir bereits zweimal als mächtiges Leitmotiv der Formen-
bildung angetroffen.
Solche durch mehrere Gruppen hindurchgehende Parallelen
schliessen die Möglichkeit aus, dass es blosse Zufälligkeiten
sind, die sich hier begegnen, ebensowenig aber, um dies noch-
mals zu wiederholen, vermögen wir in ihnen das gelegentliche,
in jedem Einzelfall streng für sich entstandene € ‘opiewerk bei
der Auslese im Kampf ums Dasein zu erkennen, eine Annahme,
die folgerichtig allen «diesen sogenannten „mimetischen® Arten
die Existenzfähigkeit absprechen müsste, sobalıl diese die An-
lehnung an ihre vermeintlichen Vorbilder verlieren.
Wir sehen, es sind tiefgeschnittene, altehrwürdige Runen,
die uns in dem Parallelismns solcher Formen ansprechen, eine
Zeichenschrift, die die Jahrtausende überdauert, zwar nicht
mit der Starrheit lapidarer Stilnormen, sondern mit jener
proteusartigen Geschmeidigkeit, die. sie befähigt, aus alt über-
lieferten Mustern immer neue Bildungen zu schaffen, Formen,
die sich zwar oft sehr weit zu entfernen scheinen von dem
ursprünglichen Ausgangspunkt, in denen aber dennoch immer
wieder aufs neue die alten und urältesten, im Verborgenen
schlummernden Anlagen ihr Anrecht an der. Weiterbildung
des Typus geltend machen.
Während unsrer ganzen, seit 4 Jahren schrittweise am
Strome aufwärts gehenden Reise hatte uns stets als lockendes
Endziel derselben die noch wenig durchforschte Gebirgswelt
21
3232 Hahnel:
von Moyobamba vor Augen gestanden, und namentlich seit
wir in Perü uns befanden, klang uns täglich von allen Lippen
immer wieder das Lob dieser Stadt entgegen. Wir waren
nun hier auf der letzten Etappe angelangt, und unser jetziger
Aufenthalt sollte nur den Zweck haben uns für die längere
Landreise dorthin die nöthige Zeit zur Vorbereitung zu ge-
währen. Wiederholte indess in letzter Zeit mit unsrer Ge-
sundheit gemachte Erfahrungen hatten uns deutlich erkennen
lassen, wie wenig man noch im Stande war, eine so an-
strengende Reise durchzuführen, und so sahen wir uns denn,
während bereits sämmtliche Anstalten zur Weiterreise schon
getroffen waren, in letzter Stunde noch zu unserm tiefsten
Bedauern genöthigt, diesen so lange eeheeten Wunsch hier
an der Schwelle der Erfüllung aufzugeben, und statt dessen
uns von hier aus zur Rückreise zu wenden.
Zufälligerweisse stand in derselben Zeit eine Commission
in Begriff von Jurimaguas nach Iquitos abzugehen, — auf
Flössen, wie das stromab gebräuchlich ist — und so nahmen
wir denn das uns von einem der Offiziere freundlichst ge-
machte Anerbieten, mit ihm auf seinem Floss die Reise
zurückzuleeen, an nnd fuhren also, nachdem unser Aufenthalt
in dieser Gegend nur drei Monate gedauert, Ende ‚Juni von
Jurimaguas ab.
Nach einer zehntägigen, mit wenig Ausnahme auch bei
Nacht fortgesetzten Reise, die ausser ihrem unvergleichlich
poesievollen Grundzuge auch ihre äusserst Krititischen Momente
hatte, langten wir in Iquitos wieder an, wo wir nun zum
zweiten Male einen Aufenthalt von mehreren Monaten nahmen.
Es traf uns hier der herbste Schmerz unsers Lebens,
die Nachricht von dem Tode unsrer Tochter, unsrer kleinen,
tapfern Begleiterin auf der Reise in Venezuela. —
Eilen wir zum Ende ! —
Der Anfang des Jahres 1884 sah uns in Fonteboa, ober-
halb Tetfe, wo wir unsern aus der Heimath eben ankommenden
Reise-Collegen, Herrn Garlepp, der inzwischen die von uns
aufgegebene in die Cordilleren fortgesetzt hat, noch einige
Wochen bei uns sahen.
Ende März dann war es, als wir in Parä den Wäldern
Amazoniens Lebewohl sagten.
Alphabetische Liste
aller in dieser Arbeit vorkommenden Namen von Familien,
Gattungen“), Arten, Varietäten und Aberrationen,
Acastus
Acea
Acesta
Acheronta
Aehllles: 2 1,‘ 213, 233
244, 277, 290,
Achlyodes 157;
Acipha
Aecis
Acontius 258,
Aeraea 195, 306, 314,
313; 316:
Acraeina 306.
Actorion
Adelpha 161, 169, 189,
190, 234, 258, 272, 274,
283, 289,
Adonis 296, 297,
Aedesia
Äeneas
Aeneides
Agacles
Aganisthos 148, 267,284,
Ageronia 139, 148, 234,
259, 272, 276, 288,
Agesilaus 149, 156, 200,
203, 205;
Asrias'244, 279, 292,299,
Aerippina
Alala
157 | Albieornis
202
148
267
297
188
195
213
Albiplaga
' Alboeineta
aTH.
318
315
248
290°
298
157.)
212 |
240
153
289
290
206
313
257
189
Alemena
Alesa
Alicia
Aliphera
Amalthea
Amarynthis
Amauris
Amazonica
Amella
Americus
Amida
Amor
Amosis
Amphimachus
Amphinome
Amphira
Amphiselenis
Amphonyx
Amydon var. Amydonius
140,
Anaceae
‚ Anaeen 287, 288,
Anartia 138, 200, 240,
Anatole
Anchiala
Anchises 250,
Ancyluris 272,
Anderida
288
188
189
200
247
288
195
138
272
320
268
276
185
195
2650
247
290
148
272
194
144
292
27T
290
282
246
286
275
283
149
*) Die Namen der Gattungen und Familien sind gesperrt gedruckt.
2
394 Alphab. Liste aller in dies. Arbeit vorkom. Namen v. Gattungen ete.
.
Andremona 251 | Aurora 249, 307
Androgeos 194, 201, 235 | Aurota 162
Andromica 191 | Automedon 149 |
Anna 267 | Autosilaus 250, 268, 283 |
Anteas 316 , Avella 101 |
Anteros 159 | Aveyrana 315 |
Antigonis 269, 274 | Baeotus 266
Antigonus 188 | Bandusia 249, 256
Antimache 290 \ Batesi 264
Antinoe 276 | Batesia 291, 307
Antiochus 253 | Batesii 269
Antirrhaea 248 | Beatifica 292
Aoede 256 , Bechina 267
Apatura 202, 255, 290, 306 | Belemus 212
Apodemia 240 \ Belladonna 272,288
Apollonia 265. Bellatrix 147
Aprotopos 157 | Berania 175, 268
Apseudes 160, 195 | Bereeynthus 249
Aranea 153, 195 | Besckei 315
Araschnia 3l4/| Bia 248
Arcas 138 | Biblis 200, 239,291
Arcesilaus 200, 203 | Bicoloria 161
Archesilaus 205 | Bogotana 159
Archonias 192, 319 | Bolivar 264, 275, 307
Aretliusa 145 Bombyeidae 309
Areuta 307 | Brassolis 249, 258
Argante 155 Buckleyi 306
Ariadne 145 Busyrus 157
Arianus 250 | Butes 265
Aricoris 259, 308 | Butleria 188
Arinome 272, 288 | Cacicus 104
Aristiona 315 | Caelina 267
Aristoteles 189, 274 | Caerois 248
Arsalis 280 Caligo 145, 149,151, 166,
Arsinoides 150 194, 249, 259
Arsis 274 | Callicore 153, 186, 251,
Astraeodes 307 275, 27-+
Atergatis 147 | Calliona 259
Athesis 191 Calliope 226,227
Athyrtis 307 | Callithea 232, 236, 244,
Atrens 149 265, 269, 275, 280, 299,
Attacus 162 306, 308, 310, 313
Atymnus 154 , Callizona 148
Alphab. Liste aller in dies. Arbeit vorkommend, Namen von Gattungen ete. 325
Calonotus
Calydna
Ualydonia
Canthara
Capenas 269,
Caresa
Uareta
Carystus
Castalia
Castnia 154, 256, 286,
299,
Uatagramma 139, 153,
179, 259, 272, 279, 282,
283, 289, 294,
Catharinae
Catonephele 154, 160,
179,212, 253, 265,272,
276, 289, 290,294,
Catopsilia 134, 155, 156,
157, 193, 201, 203, 250,
253, 268, 283,
Celma
Ceneus
Cepha
Cephus
Geratinia 138, 157, 191,
2235, 226,
259,
Chabrias
Chama
Charis
Charitonia
Charops
Chiron
Chinsiades
Chloe
Chlorochroa
Chorineus 248,
Chrethon
Chromus
Cilnia
Cinara
Cinyras
Cithaerias
158, 178,
241, 250,
248,
308
256
155
161
289
267
267
240
267
313
306
256
306
317 |
267
247
308 |
248
264
307
194
247
195
195
268
289
288
288
265
268
186
194
267
283
Citrinella 195
Olearista 191
Cleodora 247
Olio 159
Clorinde 155
Clymena 251, 274
Clysonimus 195
Ulytemnestra 140
Ulytia 256, 267,268
Coatlantona 140, 159,
195, 314
Colaenis 140, 157, 200,
202, 212, 240, 267, 276,
309, 312, 314,315
Golias 185, 198
Columbus 250, 283
Gorades 189
oresia 186
Corinna 188
Costaricensis 195
Urameri 272
Urassus 274, 285
Crathis 191
Uremna 247
UÜricosoma 264
Öritomedia 193
Üroesus 247
Cronida 299
Ütesias 299
Uupido 213
Untora 275
Uyamon 250, 283
Cybele 251
Cyllene 2372
Cymothoe 191
Cynosura 272
Uypseles 188
UÜyrenia 289
Cystineura 159
Cytherea 161
Daedalus 256
Danaidae 318—320
256 | Danais 140,157, 195, 200, 320
326 Alphab, Liste aller in dies, Arbeit vorkommend, Namen v, Gattungen ete,
Erebus
Eriphanes
Erippus
140,
| Eryeinidae 189,
170, 194, 205, 225,
239, 246, 247, 253,
259, 264, 265, 274,
Erythroe
Esmeralda
Esthema
Esthemopsis
Kubule
Euchroia
Eueides 140,
239,244,
Kugenes
Eumaenus
Eumelia
Euniea 200,
273,
Eunice
Eunogyra
Eunomia
' Euploea
Kuptoieta
Euptycehia
Eurema 138,
Eurimedes
Eurybia
Eurylochus
Euselasia
Euterpe
Euthemia
Euthresis
Eutychus
Daptonoura 283, 308
Degandiüi 306 |
Deiopeia 185
Demophon 2490
Deucalion 266
Dexamenes 290 |
Dido 212, 276,312
Didonis 200, 239..291 |
Dimera 185
‘Dione 134. 187, 240, 309
Dione 190
Diorhina 141, 189, 265, 272
Dirce 148
Dircenna 138; 157,'191
Dismorphia 150, 167
193, 255, 2763137814
Divalis 284
Dolicaon 203, 250, 283
Doris 256
Dorissides 307
Dracontis 248 |
Drucei 287
Duponchelii 144
Dynamine 153, 251, 273,
274, 283,289, 306, 311
Dysonii 189, 193
Ectima 148, 276
Echenais 34T
Edias 315
Egeria 256
Egina 268
Eleetra 190 |
Eleone 193
Elephas 147
Elodia 193
Emesis 253
milia 239
Entheus 247
Enyo 189 |
Epaphus 169
Epione 815
Epiphile 190
Epulus 240
Excelsior
19592
314, :
265,
276,
248, 2
157,
396 .
var. Kxcelsissima
Exelamationis
Eximia
Fallax
Felderi
195,
159,
226,
256,
289,
291,
144
149
196
3183
276
249
161
104
155
315
‚316
.290
310
255
‚288
315
247
306
320
314
265
974
138
239
145
. 308
226
193
191
2359
273
279
189
191
315
274
R
Alphab. Liste aller in dies. Arbeit vorkommend. Namen v.Gattungen ete.
Feronia
Flora
Fluonia
Formosus
Fulgora
Furia
Galbula
Gilippus
Gisella
Giulia
Glaucopidae 140, 147,
161, 195, 239, :289,
(lycera
Gnathotriche
(‚norima
Goeringii
(Gsonopteryx
Guerini
Gynaecia
Hahneli
Haematera
Haetera 248,
Halimede
Hebrus
Hecuba
Ab. Gisseis
306,
179, 2
242, 244,
Var. Phanodemus 296, 297,
298,
Hegesia
Helias
Helieonius 139, 149,
150, 153, 159, 160, 161,
179, 195, 236, 244, 251,
253, 255, 256, 259, 260,
261, 264, 276, 289,297,
307, 309, 311, 313, 314,
315, 316,
Helicopis 213, 231,
Heraldicus
Hercyna
Hermathena
Hermippus
Hesione
.155
139 ı
267
264
159
257
138 |
200
195
312
157
308
187
189
290 |
188
188
148
261
158
256
239
213
236
245
301
138 |
188
317
282
268
166
251
140
248 |
ae
Hesperidae 134,
157, 167,188, 193,
205, 240, 247, 256,
268, 274, 285, 289,
140,
194,
264,
231,
313, 317
Hesperis 306
Hesperocharis 193, 306, 308
Hestioea 147, 308
Hewitsoni 275,276
' Hirlanda 306, 308
Holocrates 160
Huallaga 307
' Humboldtii 186, 188
Hyalina 289
Hydrias 309
' Hylonome 195
' IIypanartia 190
Hypereia 191
Hypna 140
Hypochlora 307
Hyposticta 193
Hypoxantha 291, 307
‚Japetus 266
Jarbas 159
Dlaire 155
lerdinoides 286
Tlioneus 166
Imperialis 307
Infernalis 318
Intermedia 155
Iosia 161, 264
Iphianassa 157
Irene 259
Irmina 190
Isabella 315
Isabellinus 307
ı;Ithomia 138, 147, 157,
167, 187, 191, 195, 226,
227, 286, 313
Ithomidae, 156, 150,
158, 159, 161, 191, 225,
226, 227,256, 257,259,
276, 286, 307, 309, 311, 313
328 Albphab, Liste aller in dies. Arbeit vorkommend, Namen v. Gattungen ete.
Ituna 191 ' Liycomedes 290
lucunda 306 | Lycophron 201
‚Julia 140, 309 | Lycorea 147, 264,813, 314 |
‚Juno 309 | Lyeorea 151 Ve
Junonia138,157,226,240,282 | Lycortas 194 |
‚Justina 190 Lymanopoda 189
Kolyma 282 | Lymnas 159
Kricogonia 155 ' Lyropteryx 265
Laertes 290 | Lyside 155
Lamia 248 | Lysinoe 276
JLamirus 191 | Lysippus 274
Langsdorti 315 Macroglossa 282, 318
Lara 190 | Maimuna 273
Lasaia 274, 283 | Makrena 191
Lassia 188 ' Malenka 157, 308
Laternaria 257 ' Malvina 267
Latinus 203 ' Mantus 159
Latona 192, 193, 196 | Marchalii 153, 186, 193
Laverna 315 ' Markü 280, 306
Lavinia 138 | Mariana 276
Leada 138 ' Marisa 247
Lieilus ° 216,'277,.283 ' Marsolia 288
Lemonias 253 | Marsyas 141
Lena 248 | Martia 289
Leprieurii 232,5244 | Mechanitis 138, 157,
Lerdina 286 264, 307
Lethe 190 , Medora 195
Leucadia 276, 283, 808 | Megaluren 289
Leucochitonea 317 ' Megealura 158. 178, 186,
Leucocyanea 247 188, 190, 250, 267, 268,
Leucodesma 159, 314 274, 283, 313
Libethris 167 Megasoma 147
‚Libitina 315 , Megistanis 260, 267,268,
Lilis 160, 316 288, 289
Lineata 226 , Melander 188
Linus 139, 256 Melibaeus 272
Liria 276 ' Melinaea 160, 264, 307,
Lorena 283, 308 313, 316
Lycaena 139 | Melitaea 314
lıyeaenidae 310 ' Melpomene 139, 2306
Lyeidas 149, 203, 204, Menelaus232, 235,244,253,298
212, 274, 275, 283, 297 Var. Melacheilus 277, 295
Lyeidice 157 . Ab. Terrestris 242
Alphab. Liste aller in dies, Arbeit vorkommenden Namen v. Gattungen ete. 329
Meneria 272 \-Nica 161
Menippe 201 | Nicaeus 239
Menoetius 249, Nieylla 315
Meones 308 | Ninonia 225
Merida 186 | Noctuidae 269
Meridensis 195 | Norica 250, 268
Meris 274 | Notheme 283
Mermeria 179 | Numata 256
Mesene 253 | Numilia 272, 276
Mesentina - 272 | Nyctimus 160
Mesosemia 225, 247 | Nymphalidae 178, 192,
Metalilis 160, 195, 316 | 205, 234, 244, 250, 259,
Methame 276 | 276, 283, 284, 286, 289,
Midamus 320 1% 290292, 299,306, 313, 317
Miles 372 Nymphidium 159, 225, 253
Militaris 179 | Obrinus 212, a 276
Mimica 2386 | Ocalea 157
Minyas 310 | Odius 148, 284
Modesta 200 | Odorus 144
Mollina 248 | Olivencius 275
Moneta 187 | Olyras 191
Monuste 155 | Opsiphanes 166, 249,258, 308
Morpho 148, 145, 151, Optima 265, 280, 306
160, 178, 211, 212, 232, Orellana 275
235, 236, 240, 241, 242, Öressinoma 167
390, 296, 298, 308, | Orfita 259
Morphidae 234, 236, Ornatrix 185
240, 242, 244, 258, 277, Orseis 255
294, 306 | Orsilochus 251
Mosella 159 | Pallida 188
Murena 248, 315 | Pamphila 240
Myedonia 200, 267 | Panacea 278, 284, 289,
Mylitta 154 291, 293
Myrinna 184 | Pandora 294
Myscelus 194 | Papilio 134, 138, 147,
Napeocles 306 ı 149, 150, 156, 161, 162,
Nearchus 188 | 185,194,195,200— 206,
Neleus 315 | 212, 235, 240, 241, 250,
Nemesis 193 | 253, 257, 258, 264, 267,
Neoptolemus 23335 297 | 268, 274, 275, 280, 282,
Ab. Deidamia 213 | 283,285—287,289,291,
Neotropidae 319 294, 297,299, 306 — 309,
Neptis 314, 315 313,'317
330 Alphab. Liste aller in dies, Arbeit vorkommend. Namen v, Gattungen ete,
Papilionidae 318—320 |
Pardalinus 264,311 |
Patara 188,812
Paupera ‚159 |
Pausanias 268, 283, 285
Pavana 316
Pavonii 202 |
Peleides 14%, 145, 160, 178
Peleus 158, 268 |
Penthea 247
Penthiana 179
Pereute 192 19% 195
Perhybris 155, 157. 285,
306, 308, 309, 213
Periander 141,. 272
Pericopis 161, :313,.:314
Perisama 153, 156, 188,
273, 311
Peristera 259, 273
Perseus 240, 242,258,
295, 297
Persis 274
Phaedusa 213,226
Phaerusa 202
Phalcidon 244, 245
Pharsalia 269
Phasis 273
Pheridamas 290
Phidias 247
Philea 155
Philemon 247
Philopoemen 248
Philyra 315
Phlegia 226
Phyeiodes 140,159, 195,
240, 259, 274, 306, 319,
314, 315, :
Pierella
Pierella
Pieridae 150, 155, 192,
193, 206, 258, 267, 283,
285, 289, 291, 292, 306, 318
Pieris 155, 193,
Prepona 186, 244, 27
' Protogonius
' Protoparce
' Pyrameis
' Pyrrhogyra 158,
289,
Pyrrhopyge
Pythonides
Rhetenor 235, 297,
Sardanapalus
283,
IR
298,
Löre
154,
244,
298,
308,
306
139
307
315
250
157
285
308
315
195
293
308
283
BI 5)
308
167
256
159
309
185
267
151
308
290
247
157
249
148
278
268
308
24%
274
280
308
29)
159
276
307
292
Alphab. Liste aller in dies, Arbeit vorkom. Namen v. Gattungen ete. 3
Satyridae 160, 166, 167,
179, 187, 189, 234,248,
249, 258, 280
Satyrus 247
Saundersiüi 159
Scada 255
Sesostris 147, 194, 203,
240, 253, 274, 283, 308
Sevata 155
Simplicius 134
Siseme 189
Sophonisbe 288
Sophorae 249
Spinshidae 269, 282, 308
Sınkai 306
Stalachtis 213, 226, 227,
23,313
Statira 155, 268
Steneles 14.05212,,312
StyX 318
SLEIX 257
Stuarti 292,.,299
Suadella 195
Subhyalıina 306
Sylvana 256
Sylvetta 157
Sylvo 157
Symmachia 200, 268
Tacehyris 155
Tamarindi 166
Taygetina 248
Taygetis 160, 179, 248
Telegonus 194
Telesilaus 250; 253,5,283
Temenis 148, 289
Terra 191
Thales 239, 244
Tharops 213
Theaphia 255
Tıhecla 139, 140, 194,
195, 230, 253, 256, 278,
289, 307
'T'helxiope 253, 309
31
T'heophron
Theramenes
Thisbe
'T'hisbe
Thoas 149, 201,
Thracides
T'hrason
Thyastinus
Thymele
Thyridia
Tiphus
Tisiphone
Tithorea
Torquatus
Tovaria
Triopas
Trite
Trochilus
'Tutelina
Typhla
Uraneis
Uraneis
Urania
Uranidae
Vanillae
Vaninka
Varus 250, 274,
Velutina
Vertumnus 212,
Vesta
Vicina
201, 283
194, 203
247
158
205, 206
274
201
282:.209
134, 157
256, 257
158
166
21:3
20147283
..193
250
155
265
251
167
280
298
210,277
313
134
155
83, 308
2, 288
0, 250
255
287
Victorina 140, 169, 212, 312
Vila 239,258
Viola
Violacea
Violetta
Virginiensis
Wallacei
Xanthoplenra
Xanthus
Xenocrates
Zagreus
’
276, 314
267
247
288
184
251, 269
299, 308
249
287
149
Zalmoxis
er Zama k; abe Er \
Zeleucus 247 | Zuleika
Zelphanta
v
# ml “ ad i
j sis
dal sa
ra
12
June
Ueber geschlechtlichen Dimorphismus
des abessynischen Pap. Antinorii Oberthür.
Mitgetheilt von Napoleon M. Kheil.
Im III. Band (October 1878) seiner „Etudes d’entomologie“
(Lepidopteres de l’Afrique oriental et d’Algerie) berichtet
Herr Charles Oberthür, dass Achille Raffray den Pap. Brutus
& Fab. (= Pap. Merope Ur.) auch in Abessynien erbeutet
habe und bemerkt auf pag. 11 über diese abessynische Form:
„la bordure noire de Taile superieure est etroite; a Taile
inferieure, les taches noires sont tres-retrecies et la queue,
presque entierement jaune, est depourvue de tache noire — —"
dass demnach die abessynische Form des in Ost-, Süd- und
West-Afrika verbreiteten Pap. Merope das wenigste Schwarz
zeige. Auf page. 12 beklagt sich Herr Oberthür, es habe
Herr Raffray keine 92 der abessynischen Form erbeutet.
Bald darauf erschienen in den „Annali del museo eivico,
Genova 1880* die Risultati zoologiei, Lepidotteri I der
„Spedizione italiana nell Africa equatoriale.* Darin wird die
Lepidopteren-Ausbeute des Afrikareisenden Marchese Antinori
von Herrn Ch. Oberthür bearbeitet und auf pag. 146 wiederum
der abessynischen Pap.-Merope-Form Erwähnung gethan, von
welcher der Marchese nur 2 28 erbeutet hat (il Marchese
Antinori ha mandato soltanto due 4). Dem einen Exemplar,
gefangen am 26. Septbr. 1877, hat der Marchese die Bemerkung
„rarissimo" beigefügt.
Endlich in den 3 Jahre später publizirten „Risultati
zoologiei, Lepidotteri II* (Annali del museo eivico, Genova 1883)
beschreibt Herr Oberthür beide Geschlechter des abes-
synischen Pap. Merope (gefangen i. J. 18709 und 1880) als
Pap. Antinorii, bestreitet aber deren geschlecht-
lichen Dimorphismus (Seite 713) mit den Worten: la fem-
ınina del P. Merope-Brutus d’Abissinia non somiglia ad alcuno
dei tipi continentali conoseiuti. Essa ha rapporti soltanto con
quella di Madagascar.“ Das heisst: das 2 des Pap. Antinorii
gleicht den 3, wie dies bei dem madagassischen Pap. Meriones
354 Ueber geschl. Dimorphismus d. abessyn. Pap. Antinorii, Oberthür.
der Fall ist. Herrn Oberthür haben nämlich nur 22? vorge-
legen, welche dem & ähnlich sind und sich lediglich dadurch
unterscheiden, dass sie von der Basis des Vf, an, einen längs
des Vorderrandes sich hinziehenden, bis zur Mitte der Dis-
koidalzelle reichenden schwarzen Keillleck führen. Ein solches 2
(der charakteristische Keilfleek varlirt übrigens in Form und
Ausdehnung bei meinen 2 22), dem. & sehr. ähnlich, ist auf
Taf. IN, Fig. 4 der erwähnten „Annali 1883* abgebildet.
Auch Herr Dr. Staudinger theilt in seinem Exotenwerke
(Seite 11) die Meinung Oberthürs „dass bei Pap. Antinorii
ebenso wie bei Pap. Meriones Feld, die 22 merk-
würdigerweise niemals dimorph sein.
Nun erhielt ich von dem seither verstorbenen Afrika-
reisenden Dr. Anton Stecker 11 Exemplare des Pap. Antinorü
(gefangen bei Korata am Tana-See), worunter 7 84, dann 2 den
&<4 ähnliche 22 und endlich 2dimorphe 22 sich befinden.
Damit ist die Mythe, die abessynische Form mache von
jenen in West-Africa, Natal und Zanzibar, bezüglich des
geschlechtl. Dimorphismus, eine Ansnahme,”) abgethan. Bei
(Figur 1.)
*) Das ist dennoch der Fall, denn der Dimorphismus der 2 2 des
Pap. Brutus (Merope) ist ein ganz verschiedener, da sie ungeschwänzt sind
und Danainen (Amauris) nachahmen. Anmerkung des Redacteurs,
00 EEE WERL DEEBBEBEEFROBFRNER
Ueber geschl. Dimorphismus d. abessyn. Pap. Antinorii Oberthür. 335
dieser Gelegenheit möchte ich fast behaupten, dass der mada-
gassische Pap. Meriones Feld. wohl auch keine Ausnahme
machen wird.
Die in Rede stehenden dimorphen 22 des Pap. Antinorii.
wovon eines „weiss“, das andere „ziegelroth“ ist, nenne ich
Pap. Niavioides und Pap. Ruspinae, indem erstere Form an
Amauris Niavius, letztere an Euphaedra Ruspina erinnert.
Euphaedra Ruspina trägt übrigens das typische Danaus-Kleid.
welches bei Elymnias, Cethosia, Argynnis“), Hypolimnas**),
Limenitis®*) wiederkehrt, so dass die beiden Papilio-Formen
eigentlich die Danaiden”“**)(Amauris und Danaus) „nachahmen.“
Pap. Antinorii ab. 2 Niavioides (Fig. 1) ist rein! weiss und
der Amauris Niavius entsprechend gezeichnet, Hf. jedoch ge-
schwänzt, mit gleich breitem schwarzem Aussenrand, welcher
in jeder Zelle je eine weisse durch die Zellenfalte zetheilte
Mackel besitzt.
Die Unterseite der Vf. ist jener von Amauris Niavius
entsprechend; nur ist der Apex lehmeelbh. Auf der Unter-
seite der Hf. erscheint der schwarze Aussenrand der Öber-
= (Figur 2.)
*) Argynnis Niphe @
**) Hypolimnas Missipus 9
*##*) Limenitis Archippus.
*:3*) Aber durchaus nicht in der Flügelform. (Anmerk, d. Redacteurs.)
[2
336 Ueber geschl. Dimorphismusd, abessyn. ‚Bap. Antinorüi Oberthür,
seite breiter und braungelb. Die weissen Aussenrandsmackeln
verloschen. Fühler schwarz; Körper ockergelb mit schwarzen
Seitenpunkten.
Nach 1 Exemplar (mit beschädigten Schwänzen, die auf
der Abbildung ergänzt erscheinen) aus Korata am Tana-See
(Abessynien.)
Pap. Antinorii ab. 2 Ruspinae (Fig. 2) ist ziegelroth und
sonst genau wie die vorbeschriebene weisse Form gezeichnet,
mit Ausnahme der Mittelzelle, die von der Basis an bis zur
Mitte nur am Vorderrande schwarz ist. (An der auf photo-
eraphischem Wege erzielten Abbildung nicht scharf zu ent-
nehmen.)
Unterseite matter ziegelroth; Vf. mit breitem schwarzen
(uerbalken, sonst mit den der Oberseite entsprechenden weissen
Flecken und Mackeln. Fühler schwarz; Körper ockergelb mit
schwarzen Seitenpunkten.
Nach 1 Exemplar aus Korata am Taana-See (Abessynien.)
Wie mir Dr. Stecker mitgetheilt hat, war der schwefel-
eelbe Pap. Antinorıi (nebst dem dunkeln Pap. Nirens) die ge-
meinste Papilio-Art in der Umgebung östlich vom 'Tana- See.
Pap. Antinorii flog langsam und war so wenig scheu, «dass
er sich, von der Blume weg, mit den Fingern greifen liess.
Die Analpinsel der männlichen Danaiden.
Von Dr. Erich Haase in Königsberg.
In seinen interessanten „Beiträgen zur Lepidopteren-
Fauna von Gross-Ceram® bemerkt 0. Ribbe*) gelegentlich
der Besprechung von Danais Lutescens, dass die nach
meiner Angabe**) als Duftorgane anzusehenden Analpinsel der
Danaiden-Männchen wahrscheinlich dazu dienten, „die Ge-
schlechtstheile des Weibchens (äusserlich) zu reizen.“
Anf eine briefliche Anfrage hatte nun Herr E. Hartert
die Güte, mir in einem längeren Schreiben, welches Beob-
achtungen über die Analpinsel der Euploeen und Danaiden ent-
hielt, unter Anderem mitzutheilen, dass auch „den Anal-
*) Diese Zeitschrift II, 1890, S. 222,
**) Ebenda I, 1886, 8. 99,
“
wu
m
Bemerkungen zu den Tafeln III und IV. 3
büscheln der Hestia Lineata ein starker Geruch
entströmt.* | 1
Diese Beobachtung gewinnt dadurch an Interesse, dass
Hestia ausser den (nach Doherty) 4 Analbüscheln keine
weiteren männlichen Auszeichnungen besitzt und dass gerade
das Vorkommen der Duftschuppenmassen auf den Hinterflügeln
von. Danais Fritz Müller*) und E. Schätz“*) veran-
lasst hatte, die Pinsel für blosse Streuorgane zu halten, die
sich erst mit dem Secret der Flügelschuppen tränken müssten.
Die Beobachtung an Hestia beweist jedoch, dass hier (und
auch wohl bei den übrigen Danaiden) die Duftdrüsen im Boden
der durch Blutzudrang sich ausstülpenden und die Streuhaare
ausstrahlendn Analtaschen liegen.
Bemerkungen zu den Tafeln II und IV.
Die Beschreibungen der auf Tafeln Ill und IV. abge-
bildeten Arten werden im ersten Hefte des nächsten Bandes
erscheinen. Der Umfang des jetzigen Bandes ist. durch die
Hahnel’sche Arbeit, von der es wünschenswerth war, dass sie
vollständig in demselben erschien, schon etwas stärker ge-
worden, als es die bisherigen Verhältnisse unserer (Gesellschaft
eigentlich gestatten. Ich gebe jetzt nur hier an, wo und von
wem die abgebildeten Arten gefunden sind.
Taf. IH.
Fig. 1. Papilio Quadratus Stgr. wurde von Frau
Dr. Hahnel bei Manicore am Rio Madeira, dem
grössten südlichen Nebenfluss des (mittleren) Amazonas
eefunden.
Catagramma Michaeli Stgr. Von Otto Michael,
dem Begleiter Dr. Hahnel’s auf dessen letzter Reise,
gleichfalls bei Manicore gefunden.
3. Herona Schoenbergi Stgr. Von Wahnes, dem
Sammler unseres Mitgliedes Herrn Wolf von Schönberg,
im Innern des südöstlichen Borneo gefunden.
r
—_-
*) Arch. do. Mus. Nac. do Rio II 1877, 8. 28.
**) Die Familien in Gattungen der Tagfalter 1886, 8. 79.
9)
a
Bemerkungen zu den Tafeln III und IV.
Oynandra Grose-Smithi Stgr. Durch Herrn
Dr. P. Preuss bei der Barombi-Station am
Elephanten See, im Inneren des Kamerungebiets
entdeckt.
Delias Melusina Stgr. Von Herın Dr. Platen
im Inneren der Minahassa, des nordöstlichen Theiles
von Üelebes gefunden.
. Pseudacraea Usagarae Stgr.. Dies Stück be-
fand sich in einer von mir. gekauften Sendung aus
Deutsch-Ost-Afrika, und wurde angegeben, dass .die
Thiere in der Landschaft Usagara gesammelt wären.
Hewitsonia Preussi Ster. Von Dr. P, Preuss
bei der Barombi-Station gefunden.
. Pseudacraea Sibyllina Stgr. Von Dr. P. Preuss
in Sierra Leone, West-Afrika gefangen.
Far; ıLYy.
Prothoe CUhrysodonia Stgr. Von Dr. Platen
bei Davao in Süd-Ost-Mindanao (Philippinen) entdeckt.
3. Euploea Durrsteini Stgr. (3 u. 2). Vom Matrosen
Mailick in Hatzfeldhafen, Deutsch-Neu-Guinea ge-
funden. Auf der Tafel ist irrthümlich „Dursteini“
gedruckt; ich benenne sie aber zu Ehren unseres
Mitgliedes, Herin L. Durrstein, der zur Herstellung
(dieser Tafeln einen Beitrag widmete.
0. Staudinger.
Iris, Dresden, Bd. Ill. Taf. L
u
ie UUSENR et
Du.
A-Weyding del. Elberfeld.
1. Raupe, 2. & 3. Puppe von Ormithoptera Croesus Wall.
4. & 5. Norasuma Richteri Weymer.
F KR
SA a RR
Ha
ur
”
fi
A
AR,
=
»
>
r
.
P yarıı Pr
«
“
a
re Du
4
k a
Be “ rr x
s
- D
” f h *
*
f
1 Ir) r PR “
} ‘ f
y ER r
i .
us 5
» h +
L y
s ua
} *
« ie N
'F
- or
Id * eo ”
}
Be
“ yi R
D » Pin |
id ’
„.. ir 4 |
- ‘
’ £ I ‘
FEN > £; x y
Vie . N 3 2 >
“ £ a) “
r ‘
x F
my t
D) y ‘ « r
Ru # 4
{ ET
N % Ne
s o
„
5
j -
.— .
s
‘ -
“ = ° ) .
Far u. 2
3
Br) 3 & “ 3 ” #
EUER)
ira - & ,
.# x a iR,
Iris, Dresden, Bd. III. Ta HL.
1. Colias Hyale. Aberratio. 2. Lycaena Hylas. Hermaphroditus.
3. Vamessa Atalanta. Aberratio. 4.5. Melilaea Aurinia. Aberrationes.
6. Vanessa Urticae. Aberratio 7. Argynnis Selene Aberratio.
rıs, Dresden, Bd. 11. Tal a,
I. Papilio Quadratus Stgr. 2. Catagramma Michaeli Stgr. 3. Herona Schoenbersi Ster.
H- Cynandra Grose-Smithi Stgr. 5. Delias Melusina Stgr. 6. Pseudacraea Usagarae Ster.
| 7. Hewitsonia Preussi Stgr. 8. Pseudacraea Sibyllina Ster.
ak ganLt v
Fu U A
ze .
»resden, Dad. 111. La say
ıch-Arkossy.
I. Prothoe Chrysadonia Ster. 2. £Z 3. © Euploea Dursteini Stor.
.
“+.
Iris, Dresden, Band III, Heft 1.
Deutsche
Entomolopische Zeitschrift
herausgegeben
von der
Gesellschaft Iris zu Dresden
in Verbindung mit der
Deutschen Entomologischen (zesellschaft
ZI DBer1iTin;
Jahrgang 1390.
Erstes lepidopterologisches Heft
(Fortsetzung des „Correspondenz-Blattes des Entomologischen Vereins Iris‘)
herausgegeben von der
Entomologischen Gesellschaft Tris in Dresden.
September 1890.
Mit 2 Tafeln.
Preis für Nichtmitglieder des Vereins: 8 Mark.
Redaecteur: Dr. O0. Staudinger.
London. Berlin 1890. Paris.
Edw. Jauson. Friedländer & Sohn. Luce. Buquet,
28 Museum Street. 52 Rue St. Placide.
m
Dem Tire
Vorstand der Entomologischen Gesellschaft „Iris“
in Dresden.
Vorsitzender: Dr. O. Staudinger, Blasewitz-Dresden.
Stellvertreter: (augenblicklich unbesetzt).
Schriftführer: H. Steinert, Dresden, Schweizer Strasse 16.
Rechnungsführer: CR
KB B.Sperrhaken, Dresden, Lüttichaustr. 19.
Bibliothekar:
Sitzungen: Mittwochs von S—11 Uhr, Pfarrgasse 2,
Hötel Stadt Weimar.
Vorstand der Deutschen Entomologischen Gesellschaft
im sBerıin:
Vorsitzender: Dr. &. Kraatz, Berlin W., Linkstrasse 28.
Stellvertreter: J. Weise, Berlin N., Griebenowstrasse 16.
Schriftführer: J. Schilsky, Berlin N., Schönhauser Allee 29.
Rechnungsführer: B. Lichtwardt, Berlin N., Oranienburger-
Strasse 58.
Bibliothekar: O0. Schwarz, Berlin SW., Alte Jacobstr. Ic.
Sitzungen: Montags von 9—11 Uhr, Kommandantenstr. 62,
Beau’s Restaurant.
Iris, Dresden, Band IIT, Heft 2.
Deutsche
Entomologische Zeitschrift
herausgegeben
von der
tesellschaft Iris zu Dresden
in Verbindung mit der
Deutschen intomologischen (zesellschaft
sr BSerlim.
Jahrgang 1890.
Zweites lepidopterologisches Heft
(Fortsetzung des „Correspondenz-Blattes des Entomolosischen Vereins Iris“)
herausgegeben von der
Entomologischen Gesellschaft Iris in Dresden.
Dezember 190.
Mit 2 Tafeln.
Preis fir Nichtmitglieder des Vereins: S Mark.
Redacteur: Dr. 0. Staudinger
London. Berlin 1890. Paris.
Edw. Janson. Friedländer & Sohn. Luc. Buquet,
2S Museum Street, 52 Rue St. Placide.
A
‘ N
BR"
Vorstand der Entomologischen Gesellschaft „Iris“
in Dresden.
Vorsitzender: Dr. OÖ Staudinger, Blasewitz-Dresden.
Stellvertreter: Prof. Dr.O.Schneider, Dresden, Porticusstr 9.
Schriftführer: NH. Steinert. Dresden, Schweizer Strasse 16.
Rechnungsführer: | ’
Bibliothekar: |"
Sitzungen: Mittwoch von S—11 Uhr, Pfarrgasse 2,
Hötel Stadt \WVeimar.
Sperrhaken, Dresden, Lüttichaustr 19,
nn
Vorstand der Deutschen Entomologischen Gesellschaft
in Berlin.
Vorsitzender: ‚Dr. G. Kraatz, Berlin W, Linkstrasse: 28.
Stellvertreter: J. Weise, Berlin N., Griebenowstrasse 16.
Schriftführer: J. Schilsky, Berlin N., Schönhauser Allee 29.
Rechnungsführer: B. Lichtwardt, Berlin N, Oranienburger-
Strasse 58.
Bibliothekar: O.Schwarz, Berlin SW., Alte Jacobstr. 1 c.
Sitzungen: Montags von9—L1 Uhr, Kommandantenstr.62,
Beau’s Restaurant.
REES
i)
BT
ß = 3 1 a X N
i U Ir N F \ fe
N le | RraN, BIER ra
R er Pre Tu BT, ‚ . PT
ar KT, a Ana! ; - A
B j f i f f
nr
Di
”
BP u Sn
>
3
u
2
ro
4b
«
x
STITUTION LIBRARIES
I
ii
ni
3 en