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t^ii|i^fj|fi|i|^8 Handbuch
ftswissenschaft.
Ehrenberg in Göttingen,
. Gliier, lTÜhi;r in Wien,
in Kiel, Dr. A. Heuler in
D Berlin, Dr. 0. Miyar in
in Berlin, Dr. F. Oetker in
Regelibarger in GSItingen,
Seuflerl in Hünchen, Dr. R. Böhm
lieber in Leipci^, Dr. M. WImmIi
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Das Keoht der Übersetzung wird yorbehalten.
Pierer'sche Hofbuchdruokerei Stephan Oeibel A Co. in Altenbtirg.
Vorwort.
Diese systematische Darstellung des deutschdh Konkursprozefs-
reehts beruht auf der Konkursordnung in der Fassung der Bekannt-
machung vom 20. Mai 1898.
An den zahlreichen Stellen, wo sich das Konkursprozefsrecht
mit dem materiellen Rechte berührt, wurden das Bürgerliche Gesetz-
buch für das Deutsche Reich und die damit zusammenhängenden
neuen Reichsgesetze berücksichtigt. Die mit der Einführung des
neuen Rechts aufser Kraft tretenden Reichs- und Landesgesetze haben
für das künftige Konkursverfahren geringere Bedeutung und wurden
daher selten herangezogen. Die Ausführungsgesetze zu den neuen
Reichsgesetzen sind noch nicht vollendet und mufsten daher aufser
Betracht bleiben.
Durchdrungen von der Überzeugung, dafs die wissenschaft-
liche Behandlung irgend eines Rechtszweigs der Darlegung der
geschichtlichen Zusammenhänge nicht entbehren kann, habe ich
nicht blofs in der Einleitung die Geschichte des deutschen Konkurs-
prozefsrechts skizziert, sondern auch im Verlaufe der dogmatischen
Darstellung bei allen wichtigeren Punkten an die geschichtliche
Entwickelung anzuknüpfen versucht. Sowohl bei Ausarbeitung jener
Skizze wie bei diesen Anknüpfungen mufste ich mir eine gewisse
Beschränkung auferlegen, um den dogmatisch-praktischen Charakter
des Werkes zu wahren.
VI Vorwort
Die in dem Buche vertretene Konstruktion der im Konkursprozefs
entstehenden Rechtsverhältnisse erfreute sich bisher nicht des Beifalls
der Mehrheit der Schriftsteller. Das hauptsächliche Hindernis ihrer
allgemeineren Anerkennung scheint mir darin zu liegen, dafs man
auf die Geschichte des Konkursprozefsrechts zu wenig und auf
die Ansichten derjenigen, welche die Motive zum Entwürfe der
Konkursordnung verfafst haben, zu viel Rücksicht nimmt. Ich
gebe mich der Hoffnung hin, für diese Konstruktion durch den
Nachweis, dafs sie sich nicht blofs überall konsequent durchführen
läfst, sondern auch den Schlüssel zu befriedigender Lösung zahl-
reicher konkursrechtlicher Probleme bietet, neue Anhänger unter
den Schriftstellern und in der Praxis zu gewinnen.
An dem Buche habe ich seit mehr als fünf Jahren redlich ge-
arbeitet. Das erwähne ich deswegen, weil ich den Anspruch erhebe,
dafs das Buch nicht mit der Litteratür zusammengeworfen werde,
die seit dem Erscheinen der neuen Reichsgesetze mit pilzartiger
Schnelligkeit emporwächst.
Herr Professor Dr. E. Jaeger in Erlangen war mir bei der
Korrektur behülflich, wofür ich ihm auch an dieser Stelle meinen
Dank ausspreche.
München, im April 1899.
Lothar Seuffert.
Inhaltsübersicht.
Einleitung.
8«ite
§ 1. Begriff und Wesen des Konkursprozesses. Begriff (Seite 1).
Veranlassung zur Entstehung des Eonknrsprozesses (1). Seine social-
politische Bedeutung (1). Der Konkursprozefs gehört zum Ciyil-
prozesse (2). Im Konkursprozesse erfolgt Feststellung und Zwangs-
vollstreckung (2). Eigenart der konkursmälsigen Zwangsvollstreckung (3). 1
Die gesehichtllehe Entwlekelnng.
§ 2. 1. Das römische Recht Missioinhona (4). Bonorum proscriptio
(4). Bonorum venditio (5). Bonorum distractio (5). Cessio bonorum (6). 4
§ 8. 2. Das italienische Recht Der Arrest, insbesondere der General-
arrest (7). Die missio in bona (8). Cessio bonorum (8). Die italienischen
statuta (9) 7
§ 4. 3. Das deutsche Recht bis zur Rezeption des römisch-
italienischen Rechts. Vorsorgliches Zwangsverfahren (10). Vor-
recht der ersten Besetzung (12). Befriedigung nach Verhältnis der
Forderungen (12) 10
§ 5. 4. Das gemeine Recht Litteratur (13 Note 1). Das Präliminar-
verfohren (14). Das decretum de aperiundo concursu (15). Das Liqui-
dationsverfahren (15). Das Prioritätsverfahren (16). Die fünf Klassen
(17). Das Verteilungsverfahren (18; 12
§ 6. 5. Das französische Recht und deutsche Partikular-
rechte. Der Code de commerce (18). Das Fallimentsgesetz v;'
28. Mai 1838 (21). Die preufsische Konkursordnung v. 8. Mai 1855
(21). Die bayerische CHvilprozefsordnung v. 29. April 1869 (22). Die
badische Prozefsordnung v. 18. März 1864 (22) 18
§ 7. 6. Die Konkursordnung für das Deutsche Reich. Kodi-
fikationspläne bei Beratung über den Entwurf des Handelsgesetz-
buchs (22). Der Entwurf einer deutschen Gemeinschuldordnung (23).
Die Entwürfe einer Konkursordnung für das Deutsche Reich (23). Die
VIII Inhaltsübersicht.
Seite
Vorlage an den Reichstag (24). Die Schicksale der Vorlage im Reichs-
tag (24). Das Reichsgesetz (24). Die Aufhebung der Vorschriften
über den Genossenschaftskonkurs und deren Ersetzung durch das
Genossenschaftsgesetz (24). Die Änderung des § 41 Nr. 4 (25). Ab-
änderungsanträge aus dem Reichstage (25). Die Änderungen aus
Anlafs der Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (25). Das Reichs-
gesetz, betr. Abänderungen der Konkursordnung, v. 17. Mai 1898 (26).
Die neue Redaktion der Eonkursordoung (26). Das neue Einführungs- |
gesetz (26) 22
Anhang. Litteratur des Reichskonkursrechts 27
§ 8. Das Verhältnis der Eonkursordnung zu den Reichs- und
zu den Landesgesetzen. 1. Verhältnis zu den Reichsgesetzen
(27). 2. Verhältnis zu den Landesgesetzen (29). 27
§ 9. Die räumliche Geltung des deutschen Eonkursprozefs-
rechts. Inländisches Eonkursverfahren (30). Ausländisches Eonkurs- 80
verfahren (32). Staatsverträge (33).
§ 10. Die zeitliche Geltung des deutschen Eonkursprozefs-
rechts. Die vor dem 1. Oktober 1879 eröffneten Eonkurse (34). Die
seit dem 1. Oktober 1879, aber vor dem 1. Januar 1900 eröffneten
Eonkurse (35). Übergangsbestimmungen (36) 38
«
Erstes Hauptstück.
Das Konknrsgericht und die bei dem Terfahren Beteiligten.
§ 11. I. Das Eonkursgericht. Sachliche Zuständigkeit (37). Örtliche \
Zuständigkeit (38) 37
§12. IL Die Eonkurs gläubig er. (Eonkursforderung.) Voraussetzungen:
1. Vermögensanspruch (39). 2. Elagbarkeit (39). 3. Persönliche Haftung des
Gemeinschuldners (40). a) Begriff dieser Haltung (40). b) Gläubiger eines
Nachlafskonkurses (40). c) Gläubiger eines Gemeinschaftskonkurses
(42). d) Zusammentreffen von persönlicher Haftung und Sachhaftung
(43). Zusammentreffen von Haftung einer Gemeinschaft und Haftung
der Gemeinschafter (44). Zusammentreffen von Haftung des Erben
mit dem Nachlafs und Haftung des Erben mit dem sonstigen Ver-
mögen (46). 4. Die Forderung mufs zur Zeit der Eonkurseröffiiung
begründet sein (47). a) Betagte Forderungen (47). Insbesondere
Renteuansprüche (48). Unterhaltsansprüche (49). b) Forderungen
unter auflösender Bedingung (51). c) Forderungen unter auf-
schiebender Bedingung (51). d) Ansprüche aus Blankoaccepten (55).
5. Behandlung der Forderungen, für die mehrere Personen haften
(56). 6. Vom Eonkurs ausgeschlossene Forderungen (57). 7. Aus-
schliefsung wegen Retorsion gegenüber ausländischen Staaten (59). . 38 ^
§ 13. in. Die Rangordnung der Eonkursgläubiger. 1. Im ge-
wöhnlichen Eonkurse (60). 2. Im Nachlafskonkurs und im Eonkurs
über das Gesamtgut bei fortgesetzter Gütergemeinschaft (64). 3. Die
Behandlung der Vorrechte (66). 60
§ 14. IV. Der Gemeinschuldner. 1. Eonkurs über das Vermögen einer
physischen Person (67). 2. Nachlafskonkurs (68). 3. Eonknrs über
Inhaltsübersicht. IX
Seite
4
das Vermögen einer juristischen Person (69). 4. Konkurs über das
Vermögen einer Gemeinschaft zur gesamten Hand (70). 5. Konkurs
über das inländische Vermögen (74). 6. Die Rolle als Gemein-
schuldner (74) 67
Zweites Hauptstück.
Der Gegenstand der konkursmftfsigen ZwangsTollstreeknng.
§ 15. I. Die Konkursmasse. 1. Vermögen (76). 2. Vermögen des
Gemeinschuldners (76). 3. Vermögen, das dem Gemeinschuldner zur
Zeit der Konkurseröfinnng gehört (78). 4. Vermögen, das einer
Zwangsvollstreckung unterliegt (80). 5. Im Auslände befindliches
Vermögen (88). 6. Konkursfreies Vermögen (88). 7. Zweiter Konkurs
über nachträglich erworbenes Vermögen (89) 76
§16. IL Die Aussonderung. Begriff (89). Aussonderungsanspruch (90).
Die einzelnen Aussonderungsberechtigten. 1. Auf Grund des bürger-
lichen Rechts (91). 2. Auf Grund des § 44 K.O., Verfoignngsrecht
(94). 3. Die Ehefrau als AussonderungsberechtiKte (98). 4. Der An-
spruch auf Herausgabe der Bereicherung (99) 89
§ 17. III. Die Absonderung. 1. Allgemeines. Begriff (100). Der
Absonderungsanspruch (102). Das Verfahren bei abgesonderter Be-
friedigung (103). Das Betreibungsrecht des Verwalters (104). Der
Rechtsstreit über ein Absonderungsrecht (105) 100
§ 18. 2. Die einzelnen Absonderungsberechtigten. 1. Mafs-
gebend ist die K.O. (106). Schadensersatz wegen Absonderung im
Auslande (106). 2. Absonderungsansprüche auf Grund von Sach-
obligationen (107). a) Rechte an unbeweglichem Vermögen (108).
b) Pfandrechte an beweglichem Vermögen (109). a) Auf Grund von
Rechtsgeschäften ^109). ß) Gesetzliche Pfandrechte (109). c) Zurück
behaltungsrechte (111). d) Absonderungsansprüche ;auf Grund einer
Gemeinschaft (112). e) Lehens-, Stammguts- und Familienfidei-
kommifsgläubiger (113) 106
Drittes Hauptstück.
§ 19. Allgemeine Vorschriften über das Verfahren. 1. Ent-
sprechende Anwendung der Vorschriften der Civilprozefsordnung (116).
2. Direkte Anwendung dieser Vorschriften (120). 3. Besondere Vor-
schriften, a) OfßzialmaKime (120). b) Kein obligatorisches münd-
liches Verfahren (120); daher sind die Entscheidungen Beschlüsse
(121). c) Anfechtung durch sofortige Beschwerde (121). d) Zustellung
und öffentliche Bekanntmachung (124) 115
Viertes Hauptsttick.
Das ErSflnnngsTerfahren.
I. Die Voraussetzungen der Konkurseröffnung.
§ 20. 1. Ein Antrag eines Antragsberechtigten. 1. Die Antrags-
berechtigten im allgemeinen (125). 2. Im Nachlafskonkurs und im
X Inhaltsübersicht
Seite
Konkurs über das Gesamtgut bei fortgesetzter Gütergemeinschaft (126).
8. Im Konkurs über das Vermögen einer juristischen Person (182).
4. Im Konkurs über das Vermögen einer Gemeinschaft zur gesamten
Hand (182). 5. Verzicht auf die Antragsberechtigung (184). 6. Zurück-
nahme des Antrags (184). 7. Verpflichtung zum Antrag auf Konkurs-
eröffnung (135) 125
§21. 2. Konkursgrund. Überschuldung. Zahlungsunfähigkeit 189
§ 22. 8. Mehrheit von Gläubigern und genügende Konkurs-
masse 140
§ 23. II. Die Ermittelung. 142
§ 24. III. DieEntscheidung. Die Prüfung der prozessualischen Voraus-
setzungen (144). Die Prüfung der sonstigen Voraussetzungen (146).
Eröfihungsstunde (147). Bekanntmachung (147). Mitteilung an die
Kegisterbehörden (148). Eintragung in das Grundbuch (149) 144
Fünftes Hauptstück.
Die Wirkungen der Eonkurserölbiiiiig«
§ 25. I. Das Pfandrecht der Gläubigerschaft an der Konkurs-
masse. Die Konkursmasse haftet den Konkursgläubigem (152).
Geschichtliche Gründe für das Pfandrecht (152). Dogmatische Gründe
(158). Das Pfandrecht steht den Konkursgläubigem in ihrer Ver-
einigung als Gläubigerschaft zu (155). Die Gläubigerschaft ist eine
Gemeinschaft zur gesamten Hand (155) 151
§ 26. II. Die Organisation der Gläubigerschaft. 1. Der Kon-
kursverwalter. Ernennung (158). Mehrere Verwalter (158). Special-
verwalter (159). Befähigung, zum Verwalter ernannt zu werden (159).
Bekanntmachung der Emennung (160). Verhältnis des Verwalters
zum Konkursgerichte (160). Zu den Konkursgläubigern und zum
Gemeinschuldner (161). Kechnungslegung (161). Gebühren und Aus-
lagen des Verwalters (162). Entlassung des Verwalters(162). 2. Der
Gläubigerausschufs. Fakultatives Organ (168). Bestellung (168).
Pflichten und Rechte (164). Widermf der Emennung (165). 8. Die
Gläubigerversammlung. Bemfung (166). Leitung (167). Be-
rechtigung zur Teilnahme (167). Stimmrecht (167). Insbesondere
bei ungeprüfter Forderung (168). Stimmrecht eines Absonderangs-
berechtigten (168). Eines Gläubigers mit bedingter Forderung (168).
Beschlufsfassung (169). Das Veto des Gerichts gegen die AusfUhmng
eines Beschlusses (170) 157
§ 27. III. Die relative Unwirksamkeit der Rechtshandlungen
des Gemeinschuldners und der nach der Eröffnung des
Konkurses erworbenen Rechte. Rechtshandlung (172).
Empfangnahme von Leistungen (172). Anerkenntnisse etc. (178).
Einflnfs der Kenntnis von der Konkurseröffnung (178). Rechtserwerb
ohne Rechtshandlung des Gemeinschuldners (174). Rechtserwerb durch
Eintragung im Wege der Zwangsvollstreckung, der Arrestvollziehung
oder der einstweiligen Verfügung (176). Vormerkungen (176). Im
Nachlafskonkurse (177) 171
Inhaltsübersicht. XI
Seite
§ 28. IV. Der Einflufs auf relative Veräufserungsverbote.
Deren Unwirksamkeit gegenüber den Konkursgläubigern (178).
Gesetzliche Veräufserungsverbote (178). Gerichtliche Veräufserungs-
verbote (179). Die Beschlagnahme unbeweglichen Vermögens (179). . 177
§ 29. V. Die Unterbrechung von Kechtsstreitigkeiten Über
Gegenstände der Konkursmasse. Aktivprozesse (180). Passiv-
prozesse (182) 179
§ 30. VI. Der Einflufs auf die Rechtsschutzansprüche der
Konkursgläubiger. Es entsteht kein neuer Rechtsschutz-
anspruch (184). Beschränkt wird nur der Anspruch auf Rechtsschutz
durch Zwangsvollstreckung (185). Möglich ist die Klage auf Ver-
urteilung des Gemeinschuldners auch während des Konkurses (187).
Aber nicht neben der Liquidation (187). Aufnahme eines anhängigen
Prozesses gegen den Gemeinschuldner (188) 184
§ 31. VII. Der Einflufs auf gegenseitige Verträge. 1. Begriff
des gegenseitigen Vertrags (189). Befugnisse des Verwalters (190).
2, Fixgeschäfte über Waren (191). Verwandlung in Differenz-
geschäfte (191) 189
§ 32. VIII. Der Einflufs auf Mietverträge, Pachtverträge und
Dienstverträge. 1. Auf Mietverträge und Pachtverträge (192).
2. Auf Dienatverträge (195) 192
§ 33. IX. Das Erlöschen von Aufträgen und Vollmachten des
Gemeinschuldners. Legislative Begründung (195). Aufträge (195).
Dienstverträge über Besorgung von Geschäften (196). Vollmachten (196). 195
§ 34. X. Die Anfechtung von Rechtshandlungen wegen Be-
nachteiligung der Gläubiger.
1. Einleitung und Geschichtliches. Der Grundgedanke der
Anfechtung (197). Römisches Recht (198 Note). Altdeutsches Recht
(199 Note). Gemeines deutsches Recht (199 Note). Französisches
Recht (200 Note). Deutsche Partikularrechte (201 N.). Reichsrecht
(199-201 Text). Räumliche Geltung (202) 197
§ 35. 2. Allgemeine Voraussetzungen der Anfechtbarkeit.
Rechtshandlung (203). Rechtshandlungen des Gemeinschuldners
und andere Rechtshandlungen (204). Benachteiligung der Gläubiger
(204). Zuwendung (205). Rechtshandlungen nach der Konkurs-
eröffnung (206). . 203
§ 36. 3. Besondere Voraussetzungen der Anfechtbarkeit, a)
Kenntnis der Zahlungseinstellung oder des Eröffnungsantrags (207).
b) Inkongruente Sicherung oder Befriedigung (209). c) Kenntnis der
Begünstigungsabsicht (211). d) Kenntnis der Benachteiligungsabsicht
(212). Vermutung dieser Kenntnis (213). e) Freigebigkeit (214). f) Zu-
Wendung an den stillen Gesellschafter (216). — A n f e c h t u n g g e g c n -
über dem Rechtsnachfolger des ersten Erwerbers (216). . 207
§ 37. Das Recht zur Anfechtung und der Anfechtungsanspruch.
(218). Das Anfechtungsrecht steht der Gläubigerschaft zu und wird
von dem Verwalter ausgeübt (219). Die Anfechtung (220). Der aus
•
XII InhaltBübersicht. i
Seite
der AnfechtuDg entspringende Anspruch (220). Keine dingliche Wir-
kung (220). Die Rückgewähr a) bei Erwerb einer nicht vertretbaren
Sache (221), b) bei £rwerb von vertretbaren Sachen (222X c) bei
Übertragung eines Rechts (223), d) bei Begründung einer Forderung
(223). e) bei Begründung eines anderen Rechts (223). — Die Er-
stattung der Bereicherung aus der Konkursmasse (224). Forderungen
treten wieder in Kraft, wenn die Befriedigung angefochten wird (224).
Der Anfechtungsanspruch ist kein Deliktsanspruch (225). Konkurrenz {
von Deliktsansprüchen (226). Für die Klage wegen des Anfechtungs-
anspruchs besteht der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nicht
(226). Die Anfechtungsfrist (227). Die Beendigung des Anfechtungs-
rechts durch die Beendigung des Konkurses (228). Das Schicksal des
bei Beendigung des Konkurses anhängigen Prozesses über einen An- ,
fechtungsanspruch (228) , : 218
§ 38. XL Der Einflufs der Konkurseröffnung auf die Auf-
rechnung. Allgemeines (229). 1. Aufrechnung einer zur Zeit der I
Konkurseröfihung bestehenden Forderung gegen eine zur Konkurs- •
masse gehörende Forderung (230). a) Aufrechnung einer betagten
Forderung (231). b) Sicherstellung der Aufrechnung einer bedingten
Forderung (231). c) Aufrechnung einer nicht auf Geld gerichteten
Forderung (231). 2. Keine Aufrechnung einer Konkursforderung gegen
eine Forderung der Gläubigerschaft (232). 3. Keine Aufrechnung einer
nach der Konkurseröünung erworbenen Forderung gegen eine zur
Konkursmasse gehörende Forderung (232). 4. Keine Aufrechnung
einer vor der Konkurseröffnung mit Kenntnis der Zahlungseinstellung
oder des Eröfihungsantrags erworbenen Forderung (232). Ausnahmen
(232). 5. Aufrechnung durch Erklärung gegenüber dem Verwalter
(233). 6(7). Aufrechnung nach Beendigung des Konkurses (233).
7(8). Aufrechnung im Auslande (233). 8(9). Aufrechnung aufserhalb
des Konkurses (234). 9(10). Aufrechnung vor Konkurseröfihung (234). 229
§39. XII. Sonstige Wirkungen der Konkurseröffnung. I. Verlust
der Rechtsfähigkeit von Vereinen und Stiftungen (235). 2. Schliefsung
von Innungen, Innungsausschüssen und Innungsverbänden (235). 3. Auf-
lösung von Gesellschaften und Genossenschaften durch Eröffiiung des
Konkurses über deren Vermögen (236). 4. Auflösung von Gesell-
schaften durch Eröfihung des Konkurses über das Vermögen eines
Gesellschafters (236). 5. Beendigung der Verwaltung und Nutzniefsung
des Mannes an dem eingebrachten Gute (237). 6. Auseinander-
setzung von Gemeinschaften (238). 7. Das Recht zur Zurücknahme
hinerlegter Sachen kann von dem Gemeinschuldner nicht ausgeübt
werden (239). 8. Verlust der Einrede der Vorausklage^(239). 9. Be-
endigung der Verwaltung am Vermögen der Kinder (239). 10. Der
Gemeinschuldner soll nicht zum Vormunde oder zum Mitglied eines
Familienrats bestellt werden (239). Der Vormund etc., über dessen
Vermögen Konkurs eröffnet ist, ist zu entlassen (240) 234
§ 40. XIII. Verbindlichkeiten der Gläubigerschaft Masse-
ansprüche. 1. Die Massegläubiger sind Gläubiger der Gemein-
schaft der Konkursgläubiger (240). Beschränkte Haftung der Gläubiger-
Inhaltsübersicht. XIII
Seite
Schaft (240). Verfolgung der Masseansprüche gegen den Verwalter
(241). 2. Massekosten: a) Gerichtskosten (242). b) V^waltungs-
kosten (243). c) Unterstützung des Gemeinschuldners (244). 3. Masse-
schulden : a) Ansprüche aus Rechtsgeschäften etc. des Verwalters (244),
b) aus zweiseitigen Verträgen des Gemeinschuldners (245), c) aus
§ 672 Satz 2 B.G.B., d) aus Gemeinschaftsyerhältnissen (245), e) aus
ungerechtfertigter Bereicherung der Masse (246). 4. Masseschulden
im Nachlafskonkurse (246). 5. Im Konkurs über das Gesamtgut bei
fortgesetzter Gütergemeinschaft (248). 6. Rangverhältnisse der
Massegläubiger bei unzureichender Konkursmasse (248). 240
Sechstes Hauptstück.
Das Schnldenf e ststellongsTerf ahren.
§ 41. I. Allgemeines. Bedürftiis der Feststellung der Teilnehmer am
KonkursYerfahren (250) und der Feststellung der Rangverhältnisse
(251). Gliederung des Verfahrens (251) 250
§ 42. IL Die Anmeldung der Forderungen. 1. Anmeldefrist (252).
2. Erfordernisse der Anmeldung (253). 3. Unterbrechung der Ver-
jährung durch die Anmeldung (253). 4. Zurücknahme einer An-
meldung (254). 5. Eintragung in eine l'abelle (254). 6. Im Nachlafs-
konkurse gilt die im Aufgebotsverfahren erfolgte Anmeldung als
Anmeldung zum Konkurse (256). 7. Ebenso im Konkurs über das
Gesamtgut bei fortgesetzter Gütergemeinschaft (257). • 252
§ 43. III. Die Zulassung und die Prüfung der Forderungen.
1. Der Prüfungstermin (258). 2. Die Verhandlung im Prüfungstermin
im allgemeinen (258). 3. Zulassung zur Prüfung (259). 4. Erörterung
der zugelassenen Forderungen (260). Widerspruch des Verwalters
(261). Widerspruch eines konkurrierenden Gläubigers (262). Wider-
spruch des Gemeinschuldners (264). 5. Erhebung des Widerspruchs
(264). 6. Feststellung von Forderungen (265). 7. Wirkungen der
Feststellung (266) 258
§ 44. IV. Die Behandlung der streitigen Forderungen. 1. Die
nicht titulierteu Forderungen (268). 2. Die titulierten Forderungen
(273). 3. Die Berichtigung der Tabelle und die Wirkung des Urteils
im Feststellungsprozesse (276) 272
Siebentes Hauptsttick.
Die Verwaltung und Verwertiuigr der Konknrsmasse.
§45. I. Allgemeines. Die Thätigkeit des Verwalters in Ansehung der
Einbeziehung von Gegenständen zur Konkursmasse (279). Korrektur
seines Verhaltens durch das Konkursgericht (279). Reaktion durch
Klage auf Aussonderung (281). Folgen des ünterbleibens der Kor-
rektur (281) 279
§ 46. IL Die Verwaltung der Masse durch den Konkurs-
verwalter. 1. a) Besitzergreifung (282). b) Aufzeichnung der zur
Masse gehörenden Gegenstände (284). c) Inventar und Bilanz (285).
XIV Inhaltsübersicht.
Seite
2. Unterstützung der Verwalterthätigkeit: a) Offener Arrest (286).
b) Vorzeigepflicht der absonderungsberechtigten Besitzer (289). c) Aus-
händigung der Postsendungen und Telegramme (289). d) Siegelung
(291). e) Schliefsung der Geschäftsbücher (292). f) Verpflichtung des
Gemeinschuldners zur Auskunftserteilung und zur Leistung des Offen-
barungseides (292). g) Verpflichtung des Gemeinschuldners zum
Aufenthalt an seinem Wohnorte (295). h) Vorführung und Verhaftung
des Gemeinschuldners (296) 282
47. III. Die Verwertung der Konkursmasse durch den Kon-
kursverwalter. 1. Verwertungsbefugnis (300). 2. Beschränkungen:
a) in Ansehung der Geschäftsbücher (300); b) in Ansehung der zur
Erbschaft gehörenden Gegenstände, wenn ein Nacherbe ernannt ist
(301). 3. Verwertung der einzelnen Massebestandteile (303). 4. Be-
fugnis zum Betrieb der Zwangsversteigerung und der Zwangs-
verwaltung (305). 5. Vei Wertung von Gegenständen, an denen ein
Pfandreobt besteht (308) ; . . . . 300
§ 48. IV. Die Beteiligung des Gläubigerausschusses und der
Gläubigerversammlung bei der Verwaltung und Ver-
wertung der Konkursmasse. 1. Geschäfte, zu denen die Ge-
nehmigung des Gläubigerausschusses oder der GläubigeiTersammlung
einzuholen ist (311). 2. Angelegenheiten, die definitiv nur von der
Gläubigerversammlung zu erledigen sind (317). 3. Mitwirkung eines
Mitgliedes des Gläubigerausschusses zur Entnahme von Geldern etc.
von der Hinterlegungsstelle (323). 4. Berichterstattung an die Gläu-
bigerversammlung (325). 311
§ 49. V. Das* Umlageverfahren im Genossenschaftskonkurse.
1. Rechtsentwickelung (326). 2. Wesen des Umlageveifahrens (328).
3. Nachschufspflicht der Genossen (329). 4. a) Vorschufsberechnung
(332). b) Zusatzberechnung (333> c) Nachschufsberechnung (333).
d) Zusatzberechnung zur Nachschufsberechnung (33.S). 5. Einstellung
in die Berechnung (334). 6. Verfahren zur Vollstreckbarkeitserklärung
(335). Einwendungen (336). Entscheidung (337). Einziehung der
Beträge (337). 7. Anfechtung der für vollstreckbar erklärten Be-
rechnung durch Klage (337). Zuständigkeit (337). Verweisung an das
Landgericht (338). Urteil (339). 8. Hinterlegung der eingezogenen
Beträge (338). Zurückzahlung (340). 326
Achtes Hauptstüclv.
Die Beendigung des KonknrsTi^rfahreus.
§ 50. Allgemeines. Verteilung des Erlöses aus der Konkursmasse (342).
Zwangsvergleich (:343 f.). Einstellung (344 f.) 342
I. Die Aufhebung des Konkursverfahrens nach der
Schlufs Verteilung.
§51. 1. Die Verteilungen. 1. Die verschiedenen Arten der Ver-
teilung — Abschlagsverteilung, Schlufs Verteilung, Nachtragsverteilung
Inhaltsabersicbt. XV
Seite
(345 f.). 2. Vorschriften für die Abschlagsverteilungen und für dieScblufs-
verteilung: a) Keine Verteilung vor dem allgemeinen Prüfungstermine
(346). b) Initiative des Konkursverwalters (346). c) Genehmigung des
Gläubigerausscbusses (347). d) Verteilungsverzeichnis (847 ff.), e) Nieder-
legung des Verzeichnisses auf der Gerichtsschreiberei (351). Bekannt-
machung (351). Ausschlufsirist (352). f) Einwendungen gegen das
Verteilungsverzeichnis (854). 3. Besondere Vorschriften für Abschlags-
verteilungen (357). a) Vornahme einer Abschlagsverteilung (357).
b) Forderungen von absonderungsberechtigten Konkursgläubigem (357).
c) Forderungen unter aufschiebender Bedingung (358). d) Einwendungen
gegen das Teilungsverzeichnis (358). e) Bestimmung des Prozentsatzes
(358). f) Aussetzung der Abschlagsverteilung wegen eines Zwangs-
vergleichsvorschlags (359). 4. Besondere Vorschriften für die Schlufs-
verteilung (362). a) Vornahme der Schlufsverteilung (362). b) Ge-
nehmigung durch das Konkursgericht (362). c) Schlufstermin (363).
d) Forderungen von absonderungsberechtigten Konkursgläubigem (363).
e) Fordemngen unter aufschiebender Bedingung (363). f) Ein-
wendungen gegen das Schlufsverzeichnis (364). g) Mitteilung der
Beträge an die Gläubiger (364). 5. Nachzügler (364). 6. Zahlungen
auf bevorrechtigte Fordemngen (367). 7. Nachtragsverteilungen (369).
8. Nachtragsverteilungen in Genossenschaftskonkursen (373). 9. Vollzug
der Verteilungen (374). a) Ansprüche der Gläubiger (374). b) Kon-
diktion irrtümlicher Leistungen (375). c) Auszahlung der Konkurs-
dividende (376). d) Zurückbehaltung der Konkursdividende (376).
e) Streitigkeiten über Auszahlung oder Zurückbehaltung (380). f ) Be-
handlung der zurückbehaltenen Beträge (380). 10. Schlufsrechnung
(381). Beschlufsfassung über nicht verwertbare Gegenstände (881). . 345
§ 52. Die Aufhebung des Konkursverfahrens nach dem
Schlufstermin und deren Wirkungen. 1. Der Auf-
hebungsbeschlufs (382). 2. Die Wirkungen der Aufhebung, a) Er-
löschen des Pfandrechts an den zur Konkursmasse gehörenden Gegen-
ständen (385). b) Beschränkung der Organe der Gläubigerschaft (886).
c) Beendigung der durch die Konkurseröffnung eingetretenen Unter-
brechung von Prozessen (386). d) Beendigung der durch die An-
meldung eingetretenen Unterbrechung der Verjährung (386). e) Be-
endigung der Beschränkung der Konkursgläubiger auf die konkurs-
mäfsige Zwangsvollstreckung (387). Unbeschränktes Verfolgungs*
recht; kein beneficium competentiae (387). f) Urteilswirkung der
Feststellungen im Konkurse (388). g) Verfolgung nicht festgestellter
Forderungen (395). h) Wirkung der Feststellung im Konkurs über das
Vermögen einer juristischen Person (895). i) Desgleichen im Konkurs
über das Vermögen einer Gemeinschaft zur gesamten Hand (396). k) Des-
gleichen im Nachlafskonkurse (396). 1) Desgleichen im Konkurs über
das Vermögen einer G&iossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht (398). 382
IL Die Aufhebung des Konkursverfahrens nach einem
Zwangs vergleiche.
§ 53. 1. Der Zwangsvergleich. Allgemeines. 1. Begriff (400). 2. Geschicht-
liches (400). 3. Nachteile und Vorteile des Zwangsvergleichs (405).
XVI Inhaltsübersicht.
Seite
4. Eonstraktion (406). 6. Zulässigkeit des Zwangsvergleichs in den
verschiedenen Konkursen (409) 400
§ 54. 2. Der Vergleichsvorschlag. 1. Der Vorschlag mufs vom Gemein-
schuldner gemacht werden (412). Inhalt des Vergleichsvorschlags (413).
Zurückziehang des Vergleichsvorschlags (415). 2. Gründe, aas denen
ein Vergleichsvorschlag unzulässig ist (415). 3. Zurückweisung des
Vergleichsvorschlags (417) 412
§55. 3. Die Vergleichsverhandlung. 1. Der Vergleichstermin (419).
2. Inhalt des Vergleichs (421). Verbot der ungleichen Behandlung
der nicht bevorrechtigten Konkursgläubiger (421). 3. Feststellung
des Stimmrechts (423). 4. Beschlufsfassung über den Vergleichs-
vorschlag (424) 419
§ 56. 4. Das Bestätigungsverfahren. 1. Bedeutung der Bestätigung
(426). 2. Die Entscheidung (427). a) Gründe, aus denen der Ver-
gleich von Amtswegen zu verwerfen ist (428). b) Gründe, aus denen
der Vergleich auf Antrag zu verwerfen ist (429) 426
§ 57. 5. Die Aufhebung des Verfahrens nach dem Zwangs-
vergleiche. 1. Bedeutung des Auf hebungsbeschlusses (432). 2. Wir-
kungen der Aufhebung (433). a) Erlöschen des Pfandrechts an der
Konkursmasse (434)r b) Beendigung der durch die Konkurseröf&ung
eingetretenen UnterbrecHung von Prozessen (434). c) Beendigung der
durch die Anmeldung eingetretenen Unterbrechung der Verjährung
(434). d) Beendigung der Beschränkung der Konkursgläubiger auf die
konkursmäfsige Zwangsvollstreckung (435). e) Verfolgung der For-
derungen nach Mafsgabe des Zwangsvergleichs (435). Die Gläubiger,
für die der Zwangsvergleich wirksam ist (435). Die Gläubiger, IfÜr
die der Zwangsvergleich nicht wirksam ist (438). Die Haftung
eines Mitschuldners, eines Bürgen oder einer Sache wird durch den
Zwangsvergleich nicht berührt (440). Der Zwangsvergleich im
Konkurs Über das Vermögen einer offenen Handelsgesellschaft, einer
Kommanditgesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien
begrenzt die Haftung der persönlichen Haftung der Gesellschafter
(441). f) Zwangsvergleich im Nachlafskonkurse (442). g) Zwangs-
vergleich im Konkurs über das Gesamtgut bei fortgesetzter Güter-
gemeinschaft (443). h) Der Zwangsvergleich läfst eine natürliche Ver-
bindlichkeit bestehen (443). i) Zwangsvollstreckung auf Grund der
Feststellungen und des Zwangsvergleichs (443). 3. Kein Kücktritt von
dem Zwangsvergleich wegen Verzugs der Erftülung (445). 4. An-
fechtung des Zwangsvergleichs wegen Betrugs (446). 5. Verurteilung
des Gemeinschulduers wegen betrügl leben Bankerutts (447) 432
§ 58. 6. Die Wiederaufnahme des Konkursverfahrens. 1. Antrag
auf Wiederaufnahme (449). 2. Die Wirkung der Wiederaufnahme (450).
8. Die zur Teilnahme an dem wieder aufgenommenen Verfahren be-
rechtigten Gläubiger (451). 4. Das Verhältnis des früheren Verfahrens
zu dem wieder aufgenommenen Verfahren (452) 448
III. Die Einstellung des Konkursverfahrens.
§ 59. 1. Die Einstellung mit Zustimmung der Konkursgläubiger.
1. Bedeutung der Zustimmung (458). 2. Welche Gläubiger zustimmen
Inhaltsübersicht XVII
Sttite
müssen a) bei Einstellung nach Ablauf der Anmeldefrist (456).
b) bei Einstellung vor Ablauf der Amneldefirist (458). 8. Der Ein-
stellungsantrag und seine Instruktion (458). Die Entscheidung (460).
Die Wirkungen der Einstellung (461). 458
§ 60. Die Einstellung wegen ungenügender Konkursmasse.
1. Der Grund der Einstellung (468). 2. Cfehör der Gläubiger-
versammlung (468). 8. Der Einstellungsbeschlufs (464) 468
Sachregister 469
Paragraphen der Konkursordnung 481
f Binding, Handbuch IX 3: L. Seuffert, KonkursprozeArecht. II
Abkürzungen.
Paragraphenziffern ohne Zusatz bezeichnen die Paragraphen der Konkurs-
ordnung für das Deutsche Reich in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Mai
1898 R.6.BI. S. 612.
A.6. = Ausführungsgesetz.
A.M. s=r Anderer Meinung.
Abw. == Abweichend.
Anf.Ges. «= R.6., betr. die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners
aufserhalb des Konkursverfahrens, y. 21. Juli 1879, R6.BI. S. 277, mit den
Änderungen, die sich aus Art VII des KinfÜhrungsgesetzes zu dem Gesetze betr.
Änderungen der Konkursordnung, v. 17. Mai 1898, R.6.B]. 8. 248, ergeben.
Arch. f. Bürg. R. = Archiv für Bürgerliches Recht.
Arch. f. civ. Pr.. = Archiv für die civilistische Praxis.
B.6. = Bundesgesetz, d. i. Gesetz des Norddeutschen Bundes.
B.G.B. =: Bürgerliches Gesetzbuch für das Deutsche Reich.
B.G.Bl. = Bundesgesetzblatt
Bayer. Oberst L.G. = Bayerisches Oberstes Landesgericht
Begr. d. Nov. »= Begründung zu den Entwürfen eines Gesetzes, betr. Änderungen
der Konkursordnung und eines zugehörigen Einführungsgesetzes, Reichstags-
akten 9. Leg.Per. V. Session 1897/98 Nr. 100, S. 21 bis 61.
Beitr. z. E. d. D. R. = Beiträge zur P>läutorung des deutschen Rechts (Gruchot,
Rassow, Küntzel).
Bl. f. RA. = Blätter für Rechtsanwendung.
C.Pr.O. ^^ Civilprozefsordnung für das Deutsche Reich, in der Fassung der Bekannt-
machung V. 20. Mai 1898, R.G.B1. S. 410.
D. Jur. Zeit = Deutsche Juristenzeitung.
Denkschrift zum Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, Reichstagsvorlage.
E.G. nach arabischer Paragraphenziffer = EinfÜhrungsgesetz zur Konkursordnung
für das Deutsche Reich.
E.G. nach römischer Artikelziffer = EinfÜhrungsgesetz zu dem Gesetze betr. Ände-
rungen der Konkursordnung, v. 17. Mai 1898.
E.G. z. B.G.B. = Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche
Reich.
Abkürzungen. XIX
KG. z. C.Pr.0. == Einführungsgesetz zur Civilprozefsordnung.
E.6. z. H.6.B. = EinfÜbrungsgesetz zum Handelsgesetzbucb.
EntBcb. d. R.6. =» Entscheidungen des Reichsgerichts in Civilsacben.
Entsch. d. ItO.H.G. »= Entscheidungen des Reichsoberhandelsgerichts.
Entw. » Entwurf einer Eonkursordnung für das Deutsche Reich, Reichstagsakten
2. Leg.-Per. II. Session 1874 Nr. 200.
Entw. e. G.Sch.O. « Entwurf einer deutschen Gemeinschuldordnung, Berlin 1873.
Fr.G. = Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom
17. Mai 1898.
G.K.G. = Gerichtskostengesetz.
G.Sch.O. == Entwurf einer deutschen Qemeinschuldordnung, Berlin 1873.
G.y.G. =^ Gerichtsyerfassungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung, vom
20. Mai 1898.
Gen.Ges. »= Gesetz, betr. die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, in der
Fassung der Bekanntmachung v. 20. Mai 1898.
Gr.B.O. = Grundbuchordnung v. 24. März 1897.
H.G.B. » Handelsgesetzbuch v. 10. Mai 1897.
J.W.Schr. =» Juristische Wochenschrift.
K.G. = Kammergericht
K.O. »= Konkursordnung für das Deutsche Reich, in der Fassung der Bekannt-
machung vom 20. Mai 1898.
K.Pr. » Kommissionsprotokolle «» Protokolle der (mit der Vorberatung über den
Entwurf der Konkursordnung beauftragten) VIII. Kommission des deutschen
Reichstags 1875|76.
Komm.Ber. 1898 =» Beriebt der VI. Kommission des deutschen Reichstags über
die Entwürfe eines Gesetzes, betreffend Änderungen der Konkursordnung, sowie
eines zugehörigen Einführungsgesetzes, v. 29. März 1898. Reichstagsakten,
9. Leg.-Per. V. Session 1897/98.
Kr. V.J.Schr. = Kritische Vierteljahrsschrift
L.G. = liandgericht
Mot =^ Motive zu dem Entwurf einer Konkuisordnnng und dem Entwurf eines
Einfühmngsgesetzes, Reichtagsakten, 2. Leg.-Per. II. Session 1874, zu Nr. 200.
Nov. = Entwürte eines Gesetzes, betr. Änderung der Konkursordnung, sowie eines
zugehörigen EinführungsgeRetzes, Reichstagsakten, 9. Leg.-Per. Y. Session 1897|98
Nr. 100.
O.L.G. «= Oberlandesgericht
O.Tr. = Obertribunal.
R.Anz. = Reichsanzeiger.
R.G. « Reichsgericht
R.G.B1. » Reichsgesetzblatt
R.G Entsch. = Entscheidungen des Reichsgerichts in Civilsacben.
R.O.H.G. = Reichs-Oberhandelsgericht
RO.H.G.Entsch. = Entscheidungen des Reichs-Oberhandelsgerichts.
S.A. = J. A. Seufferts Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte.
Sachs. Arch. = Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozcfs.
Samml. v. Entsch. = Sammlung von Entscheidungen des bayerischen obersten
Gerichtshofs in Gegenständen des Civilrechts und des Civilprozesses.
Str.G.B. = Strafgesetzbuch für das Deutsche Reicb.
Sr.Pr.O. «• Strafprozefsordnung für das Deutsche Reicb.
II*
XX Berichtigimgen.
W.O. = Allgemeine deatsche Wechselordnung.
Ztschr. f. d. C.Pr. ^^ Zeitschrift für deutschen Ciyilprozefs.
Ztschr. f. Pr. u. ö. R. = Zeitschrift für Privat- und öffentliches Recht.
Zw.y.6. B» Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung,
24. März 1897.
Berichtigungen.
S. Vd Note 1 Z. 1 von oben ist statt „Litteratnrgeschichte" zu setzen: Litteratnr.
S. 63 Z. 2 von oben ist nach „Wundärzte*^ einzuschalten: Tierärzte.
S. 109 Text Z. 7 von unten ist statt „Mieter'' zu setzen: Vennieter.
S. 165 Z. 17 von oben ist nach „verantwortlich" einzuschalten: (§ 89).
S. 233, 284 sind an Stelle der Absatzzi£fem „7, 8, 9, lO"" die Ziffern 6, 7, 8, 9
zu setzen.
S. 240 § 40 Ziff. 1 Z. 7 von oben ist statt „§ 50'' zu setzen: § 57.
S. 355 Z. 10 V. 0. ist statt „§§ 61, 224^^ zu setzen: §§ 61, 226.
I
Einleitnng.
§ 1.
Begriff und Wesen des Eonknrsprozesses.
Konkursprozefs ist das gerichtliche Verfahren zum Zwecke
der gleichmärsigen Befriedigung aller Gläubiger aus dem zur
völligen Befriedigung vermutlich nicht ausreichenden Vermögen
ihres Schuldners.
Können die Gläubiger aus dem Vermögen ihres Schuldners
nicht ganz befriedigt werden, so müssen sie einen Ausfall er-
leiden. Der Erwägung, dafs es billiger ist, wenn dieser Ausfall
auf die Gläubiger verteilt wird, als wenn ein Gläubiger ganz be-
friedigt wird, während der andere leer ausgeht, verdankt der
Konkursprozefs seine Entstehung und seine Berechtigung. Diese
Erwägung bertlhrt sich mit dem socialpolitischen Bestreben, einen
Schaden durch Versicherung oder durch andere Mafsregeln auf
weitere Kreise zu verteilen, um ihn für den Einzelnen zu ver-
ringern. Auch der Schaden, der für die Gläubiger dadurch ein-
tritt, dafs das vorhandene Vermögen nicht für alle ausreicht, wird
leichter getragen, wenn er alle, als wenn er nur einzelne Gläubiger
trifft.
Der Grundgedanke der Gleichmäfsigkeit der Befriedigung
wird dadurch nicht berührt, dafs unter den Gläubigern Rang-
abbtufungen bestehen, indem die auf gleicher Stufe stehenden
gleichmäßige Befriedigung erhalten.
Reicht das den Gläubigern haftende Vermögen zur Befriedigung
aller Gläubiger aus, so besteht kein Bedürfnis nach dem Konkurs-
verfahren. 'Damit ist nicht ausgeschlossen, dafs zur Eröffiiung
Bin ding, Handbuch IX 3: L. Seuffert^ Konkursprozefsreoht. 1
2 EinleituDg.
des Verfahrens die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners anstatt
der Unzulänglichkeit seines Vermögens gefordert oder neben
der Unzulänglichkeit für genügend erklärt wird; denn die
Zahlungsunfähigkeit macht nicht blofs die Unzulänglichkeit des
Vermögens wahrscheinlich, sondern sie ist bereits eine, wenn auch
nur zeitweilige, Unzulänglichkeit. Auch die Möglichkeit, dafs in
einem Konkursprozesse einmal alle Gläubiger volle Befriedigung
erhalten können, darf nicht dagegen eingewendet werden, dafs nur
die Unzulänglichkeit der Vermögensmasse das Eonkursverfahren
rechtfertigt; denn zur Eröfinung des Verfahrens mufs die Wahr-
scheinlichkeit genügen, dafs das Vermögen unzulänglich ist, weil
sich weder der Betrag der Schulden noch der des Vermögens in
diesem Stadium mit absoluter Sicherheit berechnen läfst.
Ist der Civilprozefs das gerichtliche Verfahren zum Schutze
des verletzten oder gefährdeten Privatrechts durch Feststellung
und Zwangsvollstreckung*, so fällt das Konkursverfahren unter
den Begriff des Civilprozesses *. Es ist eine Abart des Rechts-
schutzverfahrens, die sich gegenüber dem ordentlichen Civilprozesse
als eine besondere Prozefsart darstellt®.
Wie der ordentliche Civilprozefs, so gewährt auch das Kon-
kursverfahren Rechtsschutz durch Feststellung und durch Zwangs-
vollstreckung.
Die Feststellung erfolgt, soweit kein Widerspruch von einem
dazu Berechtigten erhoben wird, durch das Konkursgericht mittels
Eintrags in die Tabelle. Diese Feststellung hat heutzutage nicht
die Form, wohl aber die Wirkung eines Urteils. Soweit Wider-
spruch erhoben wird, ist zur Feststellung eine Entscheidung in
Urteilsform nötig. Dafs diese Art der Feststellung nach dem
modernen Rechte nicht notwendig durch das Konkursgericht,
sondern möglicher Weise durch ein anderes Gericht oder eine
andere Behörde erfolgt, ändert daran nichts, dafs sie mit dem
Konkursprozesse zusammenhängt und einen Bestandteil dieses
Prozesses bildet. Die äufserliche Sonderung des Feststellungs-
verfahrens ist kein Grund, dieses Verfahren als ein begrifflich
aufserhalb des Konkursprozesses liegendes zu betrachten.
1 Vgl. Wach, Handb. d. d. C. Pr. R. I § 1.
' Abw. 0 e t k e r , Konkursrechtliche Grundbegriffe IS. 13ff.;Endemann,
Konkursverfahren S. 8 ff.
« Vgl. Wach a. a. 0. I § 5 a. K
§ 1. Begriff und Wesen des Konkursprozesses. 3
Die im Konkursverfahren erfolgende Zwangsvollstreckung hat
mit der Zwangsvollstreckung, wie sie im ordentlichen Prozesse
erfolgt, die wesentlichen Merkmale gemein. Wie die Zwangs-
vollstreckung des ordentlichen Prozesses ist die Zwangsvollstreckung
im Eonkurse die Verwirklichung des festgestellten Rechts durch
die Gerichtsbehörde. Sie ist Zwangsvollstreckung wegen Geld-
forderung, da im Konkurs alle Forderungen als Geldforderungen
geltend zu machen sind, damit die einheitliche Vollstreckung
möglich ist. Mit der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen,
wie sie im ordentlichen Prozefs erfolgt, stimmt die Vollstreckung
im Eonkurs in den Grundzügen überein. Von jener unterscheidet sie
sich dadurch, dafs sie das Vermögen alsGanzes erfafst, während
die Vollstreckung des o. Civilprozesses einzelne Vermögensstücke
ergreift, und dadurch, dafs sie zu Gunsten aller in einem ge-
wissen Zeitpunkt vorhandener Gläubiger erfolgt, während die
Vollstreckung des o. Prozesses für den einzelnen Gläubiger be-
thätigt wird. Die Vollstreckung im Eonkurs ist Universal-
exekution im Gegensatze zur Specialexekution des ordentlichen
Prozesses.
Eigenartig ist die konkursmäfsige Zwangsvollstreckung auch
darin, dafs sie nicht blofs, wie die Vollstreckung des ordentlichen
Prozesses, auf Verlangen eines Gläubigers, sondern auch auf Ver-
langen des Schuldners, ja nach verschiedenen älteren Rechten auch
von Amtswegen, eingeleitet werden kann. Aber auch blofs ein-
geleitet; durchgeführt kann das Verfahren nur werden, wenn
Gläubiger die konkursmäfsige Zwangsvollstreckung begehren,
was sie durch ihre Beteiligung am Eonkurse zum Ausdrucke
bringen*.
Wie bei allen besonderen Prozefsarten , so finden auch im
Eonkursverfahren die Regeln des ordentlichen Civilprozesses in-
soweit Anwendung, als sie nicht durch besondere Regeln über das
Eonkursverfahren aufser Eraft gesetzt sind.
Die besonderen Regeln über das Eonkursverfahren kann man
als das Eonkursprozefsrecht im engeren Sinne bezeichnen. Im
weiteren Sinne Eonkursprozefsrecht sind auch die Rechtssätze
des ordentlichen Prozesses, die im Eonkursverfahren entsprechende
Anwendung finden.
^ Daher Einstellung, wenn sich kein Gläubiger meldet; arg. K.O. § 202
Abs. 1.
4 Einleitung.
Wie in jedem Prozefsgesetze Bestimmungen vorkommen, die in
das materielle Recht übergreifen, so auch im Konkursprozefsrechte.
Weil im Konkursverfahren insbesondere die Zwangsvollstreckung
abweichend vom ordentlichen Prozesse geregelt ist und weil die
Regelung der Zwangsvollstreckung mehr noch als die des Fest-
stellungsverfahrens Anlafs zur Aufstellung solcher in das materielle
Recht übergreifender Bestimmungen giebt, müssen Bestimmungen
solcher Art in jedem Konkursgesetze verhältnismäfsig viele vor-
kommen. Sie als materielles Konkursrecht von dem Konkurs-
prozefsrechte zu trennen, ist aber schwerlich zu rechtfertigen und
in einer systematischen Darstellung nicht wohl durchzuführen.
Die geschichtliche Entwickelung des Konkurs-
prozesses.
Das in Deutschland geltende Konkursprozefsrecht ist teils
aus dem früheren gemeinen deutschen, teils aus dem französischen
Recht herausgewachsen. Auch deutsches Partikularrecht, das
teils auf das gemeine, teils auf das französische Recht zurück-
zuführen ist, war für das moderne Recht von Bedeutung*.
Das gemeine Recht stammt teilweise aus dem römisch-
italienischen, teilweise aus dem altdeutschen Recht.
§2.
1. Dag rSmische Beeht.
Von dessen Einrichtungen sind die missio rei servandae causa
samt dem sich anreihenden Verfahren und die cessio bonorum
zufolge der Rezeption des römisch-italienischen Rechts für den
gemeinen deutschen Konkursprozefs bedeutsam geworden.
Die missio wird dem Gläubiger von der Gerichtsbehörde gegen
den Schuldner erteilt, der verurteilt ist oder einem Verurteilten
gleichsteht. Der Gläubiger hat die Erteilung der missio durch
Anschlag öffentlich bekannt zu machen (bonorum proscriptio),
^ Ober die noc^ wenig bearbeitete Geschichte des Konkursprozesses vgl.
H, V. Bayer, Theorie des CoDCursprozesses (4) S.SflFl; C. Fu chs, Beitr. z. Civil-
prozefs, 2. Heft: das Concursverfahren S. 5ff.; L. Seuffert, Z. Gesch. u. Dogm.
d. deutschen Konkursrechts I S. 2 — 76; W. Endemann, Die Entwicklung des
Konkursverfahrens, Ztschr. f. d. CJPr. XII 8. 24 ff. ; derselbe, Das deutsche
Konkursverfahren S. 5ff.; 0. Stobbe, Zur Gesch. d. älteren deutschen
Konkursverfahrens; Kohl er, Lehrb. des Konkursrechts S. 3 ff.
§ 2. 1. Das römische Recht. 5
damit andere Gläubiger sich an dem Verfahren beteiligen können \
Auf Grund der missio kann nicht blofs der Gesuchsteller, sondern
jeder Gläubiger den Besitz der dem Schuldner gehörigen Gegen-
stände ergreifen*. Der Besitz ist „custodia**, nicht Eigenbesitz;
er ist nicht durch Interdikte' geschützt '. Die Besitzergreifung
eines Gläubigers kommt den anderen zu gut*, denn das Verfahren
läuft in eine Vollstreckung für alle Gläubiger aus. Den Gläubigem
steht die Verwaltung des Vermögens und ein prätorisches Pfand-
recht daran zu'.
Sind dreifsig Tage nach Erteilung der missio verflossen, ohne
dafs der Schuldner die Aufhebung erwirkte, so können die
Gläubiger nach dem Rechte der klassischen Zeit die Erlaubnis
der Gerichtsbehörde zur Wahl eines magister nachsuchen. Dieser
veräufsert nach Ablauf bestimmter Fristen das Vermögen als
Ganzes auf Grund der leges venditionis an einen bonorum emptor,
der die Verpflichtung übernimmt, alle Gläubiger mit einer gewissen
Rate zu befriedigen. Der bonorum emptor wird nach prätorischem
Recht als Gesamtrechtsnachfolger des Schuldners behandelt*; als
solcher kann er von den Gläubigem belangt werden und die dem
Schuldner zustehenden Rechte geltend machen.
Ein Senatsbeschlufs , dessen Zeit nicht näher zu bestimmen
ist, als dafs er schon dem Gaius bekannt war, liefs anstatt des
Gesamtverkaufs (bonorum venditio) den Einzelverkauf (distractio
bonorum) durch einen curator zu, wenn der Schuldner eine persona
Clara ist'. Diese Art der Veräufserung , die dem Schuldner die
mit der bonorum venditio verbundene Minderung der bürgerlichen
Ehre erspart, wurde später allgemein üblich, die bonorum venditio
kam aufser Gebrauch®. Der curator oder die curatores werden
auf Ansuchen der Gläubiger von der Gerichtsobrigkeit aufgestellt •.
Als die bonorum venditio noch nicht abgekommen war, hatten die
^ Belege s. bei Beth mann- H oll weg, Civilprozefs II S. 677.
* 1. 12 D. de reb. auct. jud. 42,5.
» 1. 8 § 23, L 10 § 1 D. de a. v. a. p. 41,2; 1. 3 § 8 D. uti poaa. 43,17,
1. 12 quib. ex cans. 42,4.
« 1. 5 § 2 D. ut in poss. leg. 86,4.
^ Die Belege für das Pfandrecht s. bei L. Seuf f ert a. a. 0. S. 21—47.
* Belege b. bei Keller, röm. CPr. (6) S. 443.
M. 5, 9 D. de cur. für. 27, 10,- cf. 1. 9 g 8 D. de reb. auct. jud. 42, 5.
" I. tit. de succeBsionibus subl. 3, 12; Theophil, ad h. 1.; dazu Ubbe-
lohde, Über das Verhältnis der bon. yend. zum ordo lud. (1890).
* 1. 5 D. de cur. für. 27,10; 1. 2 pr. D. de cur. bon. dando 42, 7.
6 Einleitung.
Gläubiger die Wahl zwischen dieser und dem Antrag auf Auf-
stellung eines curator; zu diesem Antrage war die Zustimmung
der Gläubigermehrheit erforderlich *^ Der curator kann die dem
Schuldner zustehenden actiones als utiles anstellen und es können
actiones, die das verwaltete Vermögen betreffen, gegen ihn als
utiles angestellt werden". Ob nach dem Verschwinden der
bonorum venditio ein curator aufgestellt werden mufste oder ob
die Gläubiger auch den Verkauf selbst besorgen konnten, ist
zweifelhaft **.
Justinian hat das Verfahren nicht wesentlich umgestaltet; er
hat die alten Sätze in seine Rechtsbttcher übernommen und durch
eine Verordnung v. 532 ^' ergänzt. Darin bestimmt er insbesondere,
dafs Gläubiger, die die missio nicht nachgesucht haben, sich an
dem Verfahren beteiligen können, indem sie innerhalb einer von
der missio laufenden Ausschlufsfrist von zwei Jahren, wenn sie in
derselben provincia wohnen, oder von vier Jahren, wenn sie aufser-
halb wohnen, ihre Forderungen nachweisen. Wie dieser Nachweis
zu führen ist, ist nicht gesagt. Zu vermuten ist, dafs sie die
immittierten Gläubiger zu verklagen haben, wenn diese ihre
Forderungen bestreiten**. Ob die Verteilung des Erlöses unter
Mitwirkung des Gerichts oder ohne solche durch den curator oder
die Gläubiger selbst erfolgte, ist aus den Quellen nicht zu er-
sehen.
Nach einer lex Julia kann der Schuldner durch die Erklärung,
dafs er sein gesamtes Vermögen seinen Gläubigem überlasse (cessio
bonorum), der Schuldhaft und der Minderung der bürgerlichen
Ehre, die mit dem Vollstreckungsverfahren verbunden waren, ent-
gehen *^ und das beneficium competentiae gegenüber den Gläubigem,
deren Fordemngen vor der bonorum cessio entstanden sind, er-
langen*^. Ob die cessio bonorum blofs vor oder auch nach Er-
" 1. 1, 1. 2 pr. D. eod. 42, 7.
" 1. 2 § 1 D. eod. 42, 7.
" Dazu vgl. L. Seuffert a. a. 0. 8. 16.
>* 1. 10 0. de bon. auct iud. 7, 72.
^* Dafür dürfte aus 1. 15 C. de non num. pec. 4, 30 einiger Beweis zu
entnehmen sein.
iB Gai.111 §§ 78, 79; 1. 1, 4 C. qui bonis ced. poss. 7, 71; 1. 11 C. de causis
ex quib. inf. 2, 11. Erklärung durch Boten oder Brief: 1. 9 D. (Marcian.) de
cess. bon. 42, 3. Formlosigkeit der Erklärung: 1. 6 C. qui bon. ced. poss.
7, 71. Früher wird wohl gerichtliche Erklärung nötig gewesen sein.
1« Gai. III 78, 79, 1. 4 § 1 D. de cess. bon. 42, 3; 1. 3 C. de bon. auct.
iud. 7, 72; § 40 J. de act. 4, 6.
§ 8. 2. Das italienische Recht. 7
teilung der missio möglich war, ist unsicher. Auf Grund der
cessio erfolgte die Einweisung der Gläubiger in den Besitz mit
öffentlicher Bekanntmachung und der Verkauf der bona, ursprüng-
lich als bonorum venditio, später als distractio bonorum. Die
Annahme, dafs der Schuldner, welcher den Verfall seines Ver-
mögens böswillig oder leichtsinnig herbeiführte, von der cessio
bonorum ausgeschlossen sei, ist aus den römischen Quellen nicht
zu begründen. Eine Verordnung Justinians, die unglossierte
Nov. 135, verbietet den Beamten, die Schuldner zur bonorum cessio
zu zwingen; der Schuldner soll aber schwören, dafs er kein Ver-
mögen zur Befriedigung der Gläubiger habe.
§3.
2. Das italienische Beeht.
Im Mittelalter entwickelte sich aus der langobardischen Privat-
pfändung der gerichtliche Arrest ^ Bei einseitigem Nachweise der
Forderung und einer causa arresti konnte der Gläubiger gegen
den Schuldner ein Arrestmandat erhalten. Auf Grund eines solchen
Mandats durfte der Gläubiger mit der Vollstreckung gegen die
Person des Schuldners oder gegen dessen Vermögen beginnen.
Der Arrest auf das Vermögen kam in zwiefacher Gestalt vor, als
Arrest auf einzelne Vermögensstücke und als Arrest auf das ge-
samte Vermögen (Generalarrest). Generalarrest wurde gegen
den flüchtigen Schuldner verhängt. Flüchtig pflegt der Schuldner
zu gehen, der seine Gläubiger nicht befriedigen kann. So kam
es, dafs der Arrest in seiner Gestalt als ein das ganze Vermögen
ergreifender Sicherungsarrest zumeist gegen zahlungsunfähige
Schuldner verhängt wurde. Stellt sich der Schuldner nach der
Arrestierung seines Vermögens nicht — und das wird bei Zahlungs-
unfähigkeit des Schuldners die Regel gewesen sein — so geht die
Arrestbeschlagnahme in die Exekution über..
Die Vollziehung des Arrestes geschah in älterer Zeit durch
den Gläubiger, der das Arrestmandat erwirkt hatte, in späterer
Zeit durch die Organe des Gerichts'. Bewegliche Habe wurde
durch den Gerichtsdiener weggenommen und entweder in die
öffentliche Pfandkammer abgeliefert oder bei einem Dritten in
Verwahrung gegeben. Forderungen wurden arrestiert durch
* Vgl. A. Wach, Arrestprozefs 1. Teil, der ital. Arrestprozefs §§ 1—10.
« Wach a. a. 0. S. 157, 162.
8 Einleitung.
Zahlungsverbot an den Drittschuldner. Unbewegliches Vermögen
wurde sequestriert*.
Diese Bescblagnahme^iaben die Glossatoren _und die Post-
glossatoren ^it der römischen missiojnj)ossessionem_JdfiB.tifiziert,
wobei sie wieder die verschiedenen ^rten der römischen missio,
insbesondere die missio gegen denjenigen qui fraudationis causa
latitat, die missio gegen den indefensus und die missio gegen den
iudicatus, miteinander vermengten^.
So wurde unter der Einwirkung des Arrestprozesses aus der
missio in bona die gerichtliche Beschlagnahme des ganzen Ver-
mögens des zahlungsunfähigen Schuldners, während aus dem rö-
mischen Rechte der Gedanke, dafs die missio für alle Gläubiger
wirke und dafs die Veräufserung zur verhältnismäfsigen Befrie-
digung aller (nicht privilegierten) Gläubiger führe, auf den an
Stelle der missio getretenen Generalarrest übertragen wurde. Aus
dem römischen Recht dürfte man auch die Bestellung eines curator
entnommen haben, der dann, wenn der Arrest in das Vollstreckungs-
verfahren überging, die Veräufserung der einzelnen Gegenstände
und die Verteilung an die Gläubiger zu besorgen hatte; eventuell
wurden die beschlagnahmten Gegenstände den Gläubigern an
Zahlungsstatt überwiesen. Die Rangverhältnisse der Gläubiger
wurden vom Gericht festgestellt^.
Die cessio bonorum des römischen Rechts wurde in Italien
gewohnheitsrechtlich oder durch statutarische Vorschriften mit
Formalitäten verknüpft, die für den Schuldner beschämend waren • ;
in einzelnen Städten wurde sie ganz verboten'. Bei Überlassung
des gesamten Vermögens an die Gläubiger mufste der Schuldner
ein Inventar herstellen; aber eine Beschlagnxihme scheint nicht
stattgefunden zu haben. Es wird ein curator ernannt, der das
Vermögen verwaltet und veräufsert und den Erlös unter die
Gläubiger verteilt®.
« Wach a. a. 0. S. 162.
^ Belege für diese Vermengungen bietet Du ran das, Specul. iud. IX
lib. II pars 1 de primo decreto und de secundo decreto in reichlicher Auswahl.
6 Vgl. Durandus, Spec. lib. IL part. 1 de secundo decreto § 2 nr. 8, 9.
• Belege bei Fuchs a. a. O. S. 12 N. 1, Wach Ztschr. f. RG. VII S.449ff.,
Latte 8, II diritto commerciale nelia legislazione statutaria delle citt& italiane
S.814 N. 11, Pertile, Storia del diritto italiano VI S. 880.
"^ Z. B. in Genua und in Pistoja nach Brunns, De cessione bonorum qu.
20 nr. 4.
^ Durand US, Spec. lib. I part. 1 de off. iud. § 2 nr. 12, Brunns 1. c.
qu. 18.
§ 8. 2. Das italienische Recht. 9
Über den Verlauf des gerichtlichen Verfahrens ist aus den
gemeinrechtlichen Quellen nicht viel zu entnehmen*. Das Bild
Iftfst sich aber aus den italienischen Stadtrechten, in denen sich
die Bildungen des Gewohnheitsrechts niederschlagen, einigermafsen
ergänzen ^®.
Das Verfahren war im Verhältnis zu dem ordentlichen
Prozefs vereinfacht und beschleunigt; es konnten nur liquide
Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend gemacht werden
(summaria cognitio) *\
Ergreifen die Gläubiger die Initiative, so wird der Schuldner
geladen. Erscheint er nicht, so wird der Generalarrest über sein
Vermögen verhängt, gewöhnlich auch die Verhaftung des Schuldners
angeordnet. Folgt der Schuldner der Ladung, so wird mit ihm
verhandelt. Bekennt er sich als zahlungsunfähig, so kann es ent-
weder zur cessio bonorum oder wieder zum Generalarrest kommen.
Bestreitet der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit, so hat er seine
Gläubiger zu befriedigen.
Die Initiative des Schuldners besteht in der cessio bonorum.
Das Falliment wird vom Gericht bekannt gemacht. Die
Gläubiger werden aufgefordert, ihre Forderungen binnen einer
Ausschlufsfrist anzumelden und zu beweisen^*. Mehrfach wird von
den Gläubigem auch die eidliche Erhärtung der Forderungen
verlangt"..
Mit der Bekanntmachung des Falliments verliert der Schuldner
die Verfügung über sein Vermögen**. Die Gläubiger oder das
Gericht auf Antrag der Gläubiger erwählen einen curator oder
syndicus, der unter der Aufsicht des Gerichts die Verwaltung und
Veräufserung des Vermögens sowie die Verteilung des Erlöses be-
* Auch Dicht aus dem oft citierten Tractatus de decoctoribus sive con-
turbatoribus von Benv. Straccha, einem Teile des berühmten Werkes, De
mercatura.
^^ Vgl. zu dem Folgenden Lattes a. a. 0. S. 308 ff., Pertile a. a. O.
S. 878 ff.
" Belege bei Lattes S. 818 N. 20.
" Belege bei Lattes S. 888 N. 36, S. 340 N. 1—3, Pertile 8. 887 N. 57.
Die Bekanntmachung heifst crida, proclama.
" Belege bei Lattes S. 340 N. 2, 8. 341 N.3, Pertile S. 889 N. 64.
^* Manchmal wird damit der sog. offene Arrest verbunden, Belege s.
Pertile S. 889 N. 65.
10 Einleitung.
sorgt ^^. Rangstreitigkeiten unter den Gläubigem erledigt das
Konkursgericht". .
Sehr stark tritt in den Stadtrechten das Bestreben hervor,
den Konkurs durch Vergleich zu erledigen ^^. Die Verhandlungen
darüber finden unter gerichtlicher Leitung statt. Während die ge-
meinrechtlichen Juristen, abgesehen vom Falle der Überschuldung
eines Nachlasses, die Zustimmung aller Gläubiger zum Vergleich
verlangen", begnügt man sich in den Statuten vielfach mit der
Zustimmung einer (sich zwischen ®/ö und ^/s bewegenden) Mehr-
heit der Gläubiger".
Als die hauptsächlichsten Neuerungen, die das Konkurs-
verfahren in Italien verglichen mit dem römischen Missions-
verfahren aufweist, ergeben sich hiernach:
1 . die gerichtliche Beschlagnahme des Vermögens des Schuldners,
2. die gerichtliche Bekanntmachung des Falliments und die
öffentliche Aufforderung der Gläubiger, binnen einer Ausschlufs-
frist ihre Forderungen bei dem Gerichte anzumelden und zu erweisen,
3. die summarische Kognition über diese Forderungen,
4. die Begünstigung des Vergleichs.
§4.
3. Bas deatsche Beeht bis zar Bezeptlon des rOmlsch-
Itallenlsehen Rechts.
Einen Konkursprozefs im modernen Sinne kannte man bis zur
Rezeption des fremden Rechts in Deutschland nicht ^ Aber es gab
einen Arrestprozefs , das vorsorgliche Zwangsverfahren*, der bei
der Rezeption mit dem fremden Rechte verschmolzen und daher
zur Geschichte des Konkursprozesses heranzuziehen ist".
•
" Belege s. bei Pertile 8. 892 N. 80, 81. In Venedig hiefs der carator
„capo dei creditori^.
^* Über die Rlassifizierung der Gläubiger in den verschiedenen Stadt-
rechten vgl. Pertile S. 899 ff.
»' Belege s. bei Pertile S. 898ff., Lattea S. 345, 347 f. N. 1—9.
" Z. B. Straccha, De decoctoribus 4, 13.
" Belege s. Pertile S. 895 f.
^ Über konkursartiges Verfahren nach nordgermanischen Rechten s.
V. Amira, Nordgermanisches Obligationenrecht I S. 187, 158, 500 ff., II
S. 477 ff., 604 ff.
' Über dieses Verfahren s. Planck, Das deutsche Gerichtsverfahren im
Mittelalter II §§ 148—152; femer Meibom, Das deutsche Pfandrecht S. 147.
' Der Zusammenhang des späteren Konkursprozesses mit dem altdeutschen
Arrestprozefs ist auch von Fr. Wjfs, Geschichte des Concursprozesses der
§ 4. 3. Das deutsche Recht bis zur Rezeption des römisch-ital. Rechts. H
Das Verfahren bezweckt die Sicherung der Rechte des Gläu-
bigers durch Verhaftung des Schuldners und durch Vermögens-
beschlagnahme. Es setzt Gefährdung des Gläubigers voraus. Fremde
und Gäste werden als unsichere Schuldner behandelt, Einheimische,
wenn sie der Flucht verdächtig sind*. Der Flucht verdächtig ist
der zahlungsunfähige Schuldner, weil zu besorgen ist, dafs er sich
der ihm drohenden Schuldknechtschaft durch die Flucht entziehe.
Um gegen die Person oder gegen das Vermögen des unsicheren
Schuldners vorzugehen, bedarf der Gläubiger, der noch kein Urteil
erwirkt hat, regelmäfsig einer gerichtlichen Anordnung des Arrestes.
Zur Vollziehung ist die Mitwirkung des Fronboten erforderlich.
Ist der Richter zur Anordnung des Arrestes nicht zu haben, so
ist nach Stadtrecht auch Vorgehen ohne gerichtliche Anordnung
unter Zuziehung des Fronboten, im Notfalle auch ohne diesen
mit Zuziehung von Zeugen zulässig^.
Die Vollziehung des Arrests erfolgt in ähnlicher Weise, wie
die Vollziehung des Urteils. Der Schuldner wird verhaftet. Fahrende
Habe wird in gerichtliche Verwahrung genommen oder auch dem
Gläubiger ausgeantwortet*. Solche im Besitz eines Dritten wird
mit dem Verbote der Herausgabe an den Schuldner bestrickt. In
Bezug auf Forderungen wird dem Drittschuldner ein Zahlungs-
verbot zugestellt. Unbewegliches Vermögen wird besetzt, d. h. es
wird dem Schuldner jede Verfügung verboten. Die dem Verbot
zuwider laufende Verfügung ist unwirksam. In derselben Weise
kann das gesamte Hab und Gut des Schuldners besetzt werden^.
Der Gläubiger, der eine derartige Mafsregel vorsorglichen
Zwangs durchgesetzt hat, mufs die Sache unverzüglich vor Gericht
weiter betreiben, indem er seine Forderung gerichtlich feststellen
läfst. Mit dem Ausgange des begonnenen Rechtsstreits wird die
Sicherungsmafsregel entweder hinfällig oder in eine Mafsregel zum
Zwecke der Erfüllung umgewandelt^.
Stadt und Landschaft Zürich, und von A.Heusler in der Abh. Die Bildung des
Konkursprozesses Zeitschr. f. Schweiz. Recht VII S. 117 fF. dargelegt.
♦ Vgl. Meibom S. 157 f.
» Vgl. Planck S. 379 f.
« Vgl. Meibom S. 168 f., Planck S. 380 ff.
f Vgl. Planck S. 384 f., Meibom S. 16a
^ Näheres über den Gang des Verfahrens s. bei Planck S. 390—400, wo
insbesondere henrortritt, dafs die gerichtliche Besetzung die Stelle einer frei-
willigen Satzung vertritt , wenn man des Schuldners nicht habhaft werden
kann, und dafs dem Gläubiger, wenn der Schuldner sich nicht stellt, das Gut
gerichtlich zugesprochen wird; er „wird des Gutes geweldigt^, womit die
Gewere auf den Gläubiger übergeht.
12 Einleitung.
Haben mehrere Gläubiger Mafsregeln des vorsorglichen Zwangs
gegen denselben Schuldner erwirkt, so hat derjenige, welcher zuerst
gegen die Person oder gegen das Vermögen des Schuldners vor-
gegangen ist, den Vorrang; nach ihm werden die Gläubiger, die
spätere Besetzung erwirkten, nach der Reihenfolge der Besetzung
befriedigt. Erst seit der zweiten Hälfte des dreizehnten Jahr-
hunderts findet sich in gröfseren Handelsstädten, und zwar im
Norden früher als im Süden, die gleichheitliche Befriedigung der
Gläubiger nach Verhältnis ihrer Forderungen ohne Rücksicht auf
die Priorität der Besetzung, wenn der Schuldner gestorben oder
flüchtig ist*. Ob diese Neuerung unter dem Einflüsse des italieni-
schen Rechts oder originär aus naheliegenden Billigkeitsrücksichten
entstand, läfst sich nicht entscheiden". Sicher ist, dafs sie in
Deutschland nur ganz allmählich durchdrang.
Eine öffentliche Bekanntmachung der Insolveijz und die Auf-
forderung aller Gläubiger zur Beteiligung an dem von einem
Gläubiger eingeleiteten Verfahren hat in Deutschland vor der Re-
zeption des fremden Rechts nicht stattgefunden**.
§5.
4. Das gemeine Recht
Mit dem in Deutschland einheimischen vorsorglichen Zwangs-
verfahren wurde im 15. und 16. Jahrhundert das römisch-italienische
Fallimentsverfahren in Verbindung gesetzt. Aus dieser Verbin-
dung, in der das fremde Recht die Oberhand hatte, entwickelte
sich in der Praxis der deutschen Gerichte ein Konkursverfahren,
dessen Regeln insoweit, als sie für die deutschen Gerichte ins-
gesamt oder doch in Ermangelung partikulärer Satzungen oder
Gewohnheiten subsidiär galten, als gemeines deutsches Recht be-
zeichnet werden dürfen. Die Reichsgesetzgebung hat in diese
Rechtsbildung nicht eingegriffen. Die juristische Doktrin hat sie
beeinflufst, aber schwerlich in stärkerem Mafse, als andere Rechts-
bildungen auch.
9 Vgl. Meibom S. 455, Planck S. 400, A. Heusler S. 128, Stobbe
S. 16 ff. — Der neue Modus heifst in den niederdeutschen QueUen Verteilung
nach marketal. Er erscheint zuerst im Soester, dann im Lübischen und
Hamburger Recht. Nachweise bei Stobbe a. a. O. N. 20.
»0 Vgl. Stobbe S. 20 f., L. Seuffert Kr.V.Schr. N. F. XIII, S. 97.
" Sie finden sich zuerst in der Nümb. Ref. v. 1564 XII, 2 §§ 2, 8, dann
in der Frankf. Ref. v. 1578 I 48 §§ 8 ff
§ 5. 4. Das gemeine Recht 13
Die Kenntnis des gemeinrechtlichen Verfahrens ist in erster
Linie aus der theoretischen Litteratur^ in zweiter aus den par-
tikularrechtlichen Kodifikationen^ zu schöpfen. Daraus ergiebt sich
folgendes Bild.
^ Eine Geschichte dieser Litteraturgeschichte giebt W. Ende mann
Ztschr. f. d. C.Pr. XII 8. 50 ff. In der deutschen Litteratur ist das Werk
des Spaniers Franc Salgado deSamoza, Labyrinthus creditorum con-
currentium ad litem per debitorem communem inter illos causatam, vielfach
benutzt; aber sein Einflnfs auf die Gestaltung des Verfahrens in Deutschland
ist von älteren und von neueren Schriftstellern überschätzt worden. Das am
2. Januar 1645 abgeschlossene, in zahlreichen Drucken vorliegende Werk be-
handelt den durch die cessio bonorum von dem Gemeinschuldner veranlafsten
Konkurs (P. 1, c. 1 nr. 4). Es enthält keine vollständige Darstellung des
Verfahrens, aber eine Masse von Einzelheiten, darunter manche, die für
die deutschen Verhältnisse belanglos sind (so z. B. die weitläufigen Er-
örterungen über das spanische Majorat). Der Verf. benutzt die italienische
Litteratur in ausgiebiger Weise. — Aus der gemeinrechtlichen Litteratur sind
hervorzuheben: J. Brnnnemann, De processu concursus creditorum prae-
lectiones publicae, nach dessenTod mit Zusätzen herausgegeben von Sam.Stryk,
1688 u. 1693. — J. F. Ludovici, Einleitung zum Concurs-Prozefs, 1709 und
später, — J. Claproth, Der Concursprozefs in „Einleitung in sämmtliche
summarische Prozesse" 1777 und später. — C. 0. Dabelow, Ausführliche
Entwicklung der Lehre vom Concurse der Gläubiger 1792 — 1795, dann neu-
bearbeitet 1801. — N. Th. Gönner, Handb. d. d. gem. Prozesses Bd. IV
Abh. 82, 1801 u. 1818. — A. S. Kori, System des Concursprozesses 1807 und
1828. — A. Schweppe, System des Concurses der Gläubiger nach dem ge-
meinen in Teutschland geltenden Rechte 1812 und 1824. — C. F. Reinhardt,
Die Lehre vom Gannt und Ganntverfahren nach röm., gem. und Württemb.
Recht 1819. — W. H. Puchta, Über den Concursprozefs, besonders mit
Rücksicht auf die Mittel seiner Abwendung und Abkürzung 1827. — H. Bayer,
Theorie des Concursprozesses nach gemeinem Rechte 1896 und später,
4. Ausg. 2. Abdr. 1868. — C. Fuchs, Das Concursverfahren (Beitr. z. CivJProz.
2. Heft) 1863. Aufserdem ist der Konkursprozefs in den Lehr- oder Hand-
büchern des CPr. von Linde, Schmid, Endemann u. A. mehr oder
weniger ausführlich dargestellt.
' Die wichtigeren dieser Kodifikationen sind: die Nümb. Reformation
V. 1564 Tit. XII, die Frankfurter Reformation v. 1578 I Tit. 50, das Hamb.
Stadtrecht v. 1608 I Tit. 43, der bayer. Gant-Prozefs v. 1616, die sächs.
Prozefsordnnng von 1622, die preufs. Hypotheken- und Concursordnung von
1722, der Codex juris Bavarici judiciarii von 1753, cap. XIX (dazu die
Prioritäts-Ordnung v. 1. Juni 1822), die Hamburger Neue Fallitenordnung
vom 81. August 1753 (besonders für die Ausbildung des Accordverfahrens
bedeutsam); das Corpus juris Fridericianum v. 1783 Th. IV Tit 12; die
preufs. AUg. Ger.-Ordn. v. 1793 Th. I Tit. 50; die Oldenburg. Hypotheken-,
Concurs- und Vergantungsordnung v. 11. Okt. 1814 Abschn. 2; die braunschw.
Civ.-Proz.-Ordn. v. 19. März 1830 §§ 804 ff.; die Bremische Verordn. f. Debit
und Nachlafssachen v. 24. Mai 1843; die hann. Bürg. Pr.-O. v. 8. Nov. 1850
Th. 6 §§ 604 ff. ; die nass. Verordn. über den Exekutiv- und Konkursprozefs
14 Etnieitinig.
Ine Konknrseröflbnng erfolgte mit einem decretom de aperiundo
ejmcuTJsu. Dip>eÄ Dekret vertrat die Stelle des früheren Dekrets,
da» den Ceneralarrest fiber das Vermögen des Schuldners ver-
hängte. Die Umwandlung hängt mit der Einführung der cessio
bonorum zusammen.
Dem decretum de aperiundo concursu ging ein vorbereitendes
Verfahren (präparatorisches oder Präliminarverfahren) voran. In
diesem Verfahren wurde untersucht, ob die Voraussetzungen des
Konkurses, insbesondere Insolvenz des Gemeinschuldners und eine
Gläubigermehrheit vorhanden seien. Anfänglich beschränkte man
sich darauf, die den Konkurs verlangenden Gläubiger ihre For-
derungen und die Insolvenz des Schuldners eidlich bekräftigen zu
lassen, wie dies beim Antrage auf Generalarrest gebräuchlich war.
Seit dem 18. Jahrhundert beginnen die Gerichte den Vermögens-
stand des Schuldners inquisitorisch zu ermitteln. Auch das dürfte
mit der Übernahme der cessio bonorum aus dem fremden Rechte
zusammenhängen. Die cessio bonorum, die sich nur allmählich in
Deutschland einbürgerte, behandelte man als einen vom Schuldner
ausgehenden Antrag auf Eröffiiung des Verfahrens. Über die Be-
willigung der cessio wurde ursprünglich wie in Italien mit den
Gläubigern in einem Termin verhandelt. Später nahm man von
einem solchen Termine Umgang und untersuchte von Amtswegen,
ob die Vermögenslage die Bewilligung der cessio rechtfertige. Die
inquisitorische Untersuchung wurde dann auf den Fall übertragen,
wo ein Gläubiger den Anstofs zum Verfahren gab.
War man einmal bei einer inquisitorischen Untersuchung des
Vermögensstandes angelangt, so lag es nahe, einen Schritt weiter
zu gehen und den Konkurs selbst ohne Antrag von Amtswegen
zu eröffnen, wenn das Gericht aus seiner Amtsthätigkeit Kunde
von dem Vorhandensein der Konkursvoraussetzungen erhalten hatte
und die Eröffnung für zweckmäfsig hielt. Dies geschah insbesondere,
wenn es sich um eine noch nicht angetretene Erbschaft handelte,
ferner wenn der Schuldner flüchtig war. Aber auch in anderen
V. 28. Sept. 1859 ; die Lüb. Concursordnung y. 17. Sept. 1862 mit Nachtrfigen
V. 12. Nov. 1866 u. 1. Okt. 1868; die bad. Pr.O. v. 18. M&rz 1864 Tit. XXXV.
-^ Die von dem französischen Konkursrechte beeinflufsten neueren Konkurs-
gesetze sind unten im Anschlüsse an das franz. Recht erwähnt Eine voll-
ständige Übersicht des Konkursprozefsrechts, das in Deutschland vor der
Einführung der Reichs-Konkursordnung galt, giebt der dem Reichstag vor-
gelegte Anlagenband lu den Motiven des Entwurfs einer Ronkursordnung
(Deutscher Reichstag 2. Leg.-Per. II. Session 1874 zu Nr. 200).
§ 5. 4. Das gemeine Recht. 15
Fällen erachtete man, wenn auch nicht ohne Widerspruch der
Doktrin, für zulässig, den Konkurs ohne Antrag zu eröffiien, wenn
das Gericht die Überschuldung eines Gerichtsangehörigen wahr-
nahm ". Erst in dem 19. Jahrhundert kehrte die gemeinrechtliche
Praxis und mehrfach auch die Partikulargesetzgebung ^ zu der
Anschauung zurück, dafs zur Eröfihung des Konkurses der Antrag
eines Gläubigers oder des Schuldners erforderlich sei. Einen An-
trag des Schuldners aber fand man in dessen Insolvenzanzeige,
mochte damit die cessio bonorum verbunden sein oder nicht.
Während des vorbereitenden Verfahrens können Sicherungs-
mafsregeln zur Erhaltung des Vermögens des Schuldners getroffen
werden.
Ergiebt das vorbereitende Verfahren, dafs die Eröffnung des
Konkurses nicht veranlafst ist, so wird es eingestellt und der
Antrag zurückgewiesen. Die provisorischen Sicherungsmafsregeln
kommen in Wegfall.
Wird die Konkurseröffnung beschlossen, so wird das gesamte
Vermögen des Schuldners arrestiert, und zwar auch, wenn cessio
bonorum stattfand. Weil der Schuldner von diesem Zeitpunkte an
die Verfügung über sein Vermögen verliert, wird sofort ein Kurator
ernannt, der die Verwaltung des Vermögens übernimmt. Dieser
Kurator wird aber nur provisorisch berufen. Der definitive Kurator
wird von den Gläubigem gewählt. Er wird allgemein als Organ
der Gläubigerschaft betrachtet.
Das decretum de aperiundo concursu kann von dem Schuldner
mit Berufung und Oberberufung angefochten werden.
Bei der Eröfihung des Verfahrens wird das Liquidations-
verfahren eingeleitet. Es bezweckt die Feststellung der zur
Zeit der Eröfihung vorhandenen Schulden. Die Gläubiger werden
durch ein öffentlich bekannt gemachtes, wohl auch den gerichts-
bekannten Gläubigern zugestelltes Dekret von der Eröfihung des
Konkurses benachrichtigt und aufgefordert, ihre Forderungen bis
zu oder in einem bestimmten Termine bei Meidung des Aus-
schlusses bei dem Gerichte, wo der Konkurs eröffnet war, zu liqui-
dieren. Die präklusiv] sehe Wirkung der Frist und des Termins
kann nur durch restitutio in integrum beseitigt werden. Zur Li-
quidation sind auch die Hypothekengläubiger genötigt, nicht aber
die Faustpfandgläubiger. Ob auch diejenigen, welche einen ding-
» Vgl. Endemann Ztschr. f. d. CPr. XII S. 71.
* Vgl. z. B. das bayer. Ger.-Org.-Ges: v. 1. Juli 1856 Art. 16 Abs. 5.
18 Einleitung.
liehen Anspruch auf Aussonderung einer Sache aus dem Vermögen
des Schuldners hatten — die sog. Vindikanten — zur Liquidation
bei Meidung des Ausschlusses gehalten seien, war streitig ; es über-
wiegt die Ansicht, dafs sie nicht an den Termin gebunden sind.
Die Liquidation wird als eine gegen den Schuldner erhobene
Klage angesehen. Da der Eonkur sprozefs als summarischer Prozefs
behandelt wird, wird Bescheinigung der Forderung verlangt.
Nach dem Liquidationstermin wird ein zweiter Termin ad
excipiendum bestimmt. In diesem Termine kann der Schuldner
und jeder einzelne Gläubiger eine angemeldete Forderung bestreiten.
Häufig wird ein contradictor aufgestellt, der verpflichtet ist, die
Bestreitung für den Schuldner und die Gläubiger durchzuführen.
Während die im Exceptionstermine nicht bestrittenen Forde-
rungen vorderhand beruhen bleiben, ergiebt sich für die bestrittenen
die Notwendigkeit eines Feststellungsverfahrens. Die Feststellung
erfolgt durch das Konkursgericht entweder in Einzelprozessen
zwischen den Gläubigern und den Excipienten oder in einem ge-
meinsamen, alle bestrittenen Forderungen umfassenden Verfahren.
Jenes war in älterer, dieses in neuerer Zeit gebräuchlich. Wurde
gemeinsam verhandelt, so wurde über die bestrittenen Forderungen
auch gemeinsam entschieden.
In dem Konkurs mufs femer die Reihenfolge festgestellt
werden, in welcher die angemeldeten Forderungen zum Zuge
kommen. Dies ist Sache des sog. Prioritäts Verfahrens.
Gewöhnlich wird dieses Verfahren mit dem Liquidationsverfahren
verbunden. Der Gläubiger hat anzugeben und zu bescheinigen,
welchen Rang er für seine Forderung beansprucht. In dem oben
erwähnten Exceptionstermin kann auch der von einem Gläubiger
beanspruchte Rang von einem Mitgläubiger, dessen Interesse da-
durch berührt wird, bestritten werden. Wird ein Kontradiktor
aufgestellt, so kann dieser ein beanspruchtes Vorrecht bekämpfen.
Über die bestrittenen Vorrechte wird verhandelt und von dem
Konkursgerichte entschieden. In dem Prioritäts- oder Lokations-
urteil werden dann sämtliche Forderungen nach ihrem Rangver-
hältnisse aufgeführt. Wo das Liquidations- mit dem Prioritäts-
verfahren verbunden ist, wird in demselben Urteil über das
Bestehen der bestrittenen Forderungen entschieden. Das Urteil
kann von den Beteiligten mit den gewöhnlichen Rechtsmitteln an-
gefochten werden.
Ist das Prioritätsverfahren von dem Liquidationsverfahren ge-
trennt, so wird erst nach • der Erledigung der Liquidations-
§ 5. 4. Das gemeine Recht. J7
prozesse zur Untersuchung und Entscheidung der Rangverhält-
nisse tibergegangen. Entweder wird ein Termin anberaumt, in
dem die Lokationsanträge und die Einwendungen dagegen vor-
zubringen sind, worauf dann das Gericht über die streitigen
Punkte entscheidet ; oder das Gericht entwirft einen provisorischen
Lokationsplan, gegen den in einem Termine Einwendungen erhoben
werden können, über die dann entschieden wird. Die Ladung
zu diesem Termine erfolgt unter dem Präjudize, dafs die Zu-
stimmung zu dem Entwurf angenommen wird.
Die Rangverhältnisse richten sich nach dem bürgerlichen
Rechte. Gemeinrechtlich kommen die Privilegien des römischen
Rechts zur Anwendung. Dazu sind in Partikularrechten neue Vor-
rechte hinzugekommen*, von denen einige, wie z. B. das Vorrecht
des Lidlohns der gebrödeten Diener, so allgemein sind, dafs man
sie als gemeinrechtlich bezeichnen darf.
Aus der Einbeziehung der Hypothekengläubiger in den Kon-
kurs ergab sich die Notwendigkeit, aus dem Erlöse der Hypotheken-
objekte Sondermassen, im Gegensatz zur gemeinen Masse, zu bilden
und, wo mehrere Hypotheken an demselben Objekte bestanden,
deren Rangverhältnisse zu bestimmen.
Gemeinrechtlich pflegte man fünf Klassen* aufzustellen. Zur
ersten Klasse gehören die Vindikanten (wenn sie zum Konkurse
herangezogen wurden) und die Gläubiger mit absolutem Privi-
legium. Auch die Konkurskostenforderungen werden in diese
Klasse gesetzt. Zur zweiten Klasse gehören die privilegierten,
zur dritten die nicht privilegierten Pfandgläubiger; zur vierten
die privilegierten, zur fünften die nicht privilegierten Gläubiger
ohne Pfandrecht, die sog. chirographarii.
Während des Liquidations- und Prioritätsverfahrens geht die
Verwertung des beschlagnahmten Vermögens des Schuldners vor
sich. Sie wird durch den Kurator besorgt, den die Gläubiger
wählen. Das Gericht stellt dem Kurator zu seiner Legitimation
ein Kuratorium aus. Über die Art und Weise der Verwertung
beschliefsen die Gläubiger per maiora. Der Kurator hat die Aufsen-
stände beizutreiben und die dazu nötigen Prozesse zu führen. Er
» Vgl. Stobbe, Zur Geschichte etc. S. 82'ff.
' Die fünf Klassen finden sich zuerst in der Amts- und Gerichtsordnung
des Markgrafenthums Oberlausitz v. 1612 I § 24, dann in der sächs. Prozefs-
ordnung y. 1622. Über deren Entwicklung aus den drei Klassen des
italienischen Rechts (Vindikanten, Hypotheken gläubiger, Chirographargläubiger),
s. Fuch s, Concurs-Verf. S. 116.
Binding, Handbuch IX 3: L. Seaffert,; KonkursproEefsrecht. 2
18 Einleitung.
kann auch von den Gläubigern durch Mehrheitsbeschlufs beauf-
tragt werden, Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Ver-
fahrens vorgenommen wurden, anzufechten (actio Pauliana). Was
er auf diesem Wege erstreitet, kommt der gemeinen Masse zu gut.
Veräufserungen , die der Gemeinschuldner nach der Eröffnung des
Verfahrens vornimmt, sind wegen des mit der Eröffnung ver-
bundenen Arrestschlags den Gläubigern gegenüber unwirksam und
brauchen daher nicht erst angefochten zu werden.
Das beschlagnahmte Vermögen wird von dem Kurator unter
der Mitwirkung des Gerichts, die insbesondere bei der Versteige-
rung unbeweglichen Vermögens hervortritt, verwertet. Der Erlös
wird bei Gericht hinterlegt.
Der Konkurs endigt mit dem V e rt ei lungs verfahren.
Dieses beginnt erst, wenn das Liquidations - und das Lokations-
verfahren beendigt und das beschlagnahmte Vermögen vollständig
verwertet ist. Das Gericht entwirft einen Verteilungsplan (Dis-
tributionsbescheid), teilt ihn den Beteiligten mit, und bestimmt
eine peremtorische Frist zur Geltendmachung von Einwendungen.
Werden Einwendungen erhoben, so wird darüber unter den Be-
teiligten verhandelt und vom Konkursgerichte entschieden. Nach
Ablauf der Frist und Erledigung der Einwendungen wird den
Gläubigern ausgezahlt, was nach dem festgestellten Plane auf
sie trifft.
§6.
5. Das französische Reoht und deatsche Partikalarrechte.
Die erste Kodifikation des französischen Konkursrechts ent-
hält das dritte Buch des code de commerce art. 437 bis 614,
unter der Überschrift: Des faillites et des banqueroutes (Loi
decretöe le 12. Sept. 1807, promulguöe le 22.).^
Vor der Kodifikation liegen Aufzeichnungen über territoriales
Gewohnheitsrecht^ und mehrere königliche Ordonnanzen*, die
einzelne konkursrechtliche Bestimmungen, aber keine das ganze
Verfahren umfassende Regulierung des Konkursprozesses enthalten.
Der Einflufs des französischen Rechts auf die Entwickelung
^ Solche Aufzeichnungen sind bei Kohl er Lehrb. S. 16 ff. angeführt.
* Solche Ordonnanzen s. bei Kohl er S. 19. Die wichtigste ist die
Ordonnance de commerce Ludwigs XIV. Titel XVIII, die aber auch nur
wenige Bestimmungen in 13 Artikeln enthält.
§ 6. 5. Das französische Recht und deutsche Partikularrechte. 19
des deutschen Konkursrechts beginnt erst mit der angeführten
Kodifikation.
Das Gesetz läfst nur gegen Kauf leute ein Konkursverfahren zu.
Gegen Nichtkaufleute findet blofs das gewöhnliche Exekutions-
verfahren statt. Der von einem Gläubiger betriebenen Exekution
können sich andere Gläubiger anschliefsen. Ist der aus dem
Verkaufe des Exekutionsobjekts erzielte Erlös oder die beschlag-
nahmte Forderimg nicht für alle beteiligten Gläubiger ausreichend,
so haben sich diese über die Verteilung zu einigen (code de proc.
art. 656, 749). Kommt keine Einigung zustande, so findet ein
gerichtliches Verteilungsverfahren statt (code de proc. art. 657 ss.,
750 SS.) , dem das Verteilungs verfahren der deutschen C.Pr.O.
(§ 872 ff.) nachgebildet ist. Da nach dem französischen Rechte die
Priorität der Beschlagnahme von Mobiliarv^rmögen dem Gläubiger
kein Vorrecht vor anderen gewährt, die solches Vermögen später mit
Beschlag belegt haben, so mufs bei der Vollstreckung in solches
Vermögen sowohl die Einigung der Gläubiger wie die gerichtliche
Verteilung, soweit nicht andere Vorrechte in Frage kommen, auf
der Grundlage der verhältnismäfsigen Befriedigung aller beteiligten
Gläubiger erfolgen (distribution par contribution). Daraus erklärt
sich, dafs man bei Nichtkauf legten den Konkurs entbehren kann.
Im Vergleiche zum deutschen gemeinrechtlichen Konkurs-
verfahren gewährt das französische den Gläubigern gröfsere Selb-
ständigkeit gegenüber dem Gerichte.
Der Kaufmann, der seine Zahlungen einstellt, befindet sich
im Zustande des Falliments. Die Eröffnung des Falliments wird
vom Handelsgerichte erklärt auf Antrag des Schuldners, eines
Gläubigers oder auf Grund der Notorietät. Das Gericht bestimmt
den Tag, an dem das Falliment als eingetreten gilt. Von diesem
Tage an ist dem Falliten die Verwaltung seines Vermögens ent-
zogen. Von diesem Tage rückwärts wird die zehntägige Frist
gerechnet, innerhalb deren niemand ein Privilegium oder eine
Hypothek au den Gutem erwerben kann. Auch ist die An-
fechtung der innerhalb dieser Frist vorgenommenen Handlungen,
soweit sie nicht schon nichtig sind, erleichtert.
Das Gericht verordnet die Anlegung von Siegeln an das be-
wegliche Vermögen, die Bücher und die Papiere des Falliten, er-
nennt eines seiner Mitglieder zum Fallimentskommissär und einen
oder mehrere Agenten zur Besorgung dringlicher Geschäfte und
zur Anfertigung der Bilanz, wenn eine solche nicht von dem Fal-
liten selbst angefertigt wurde. Nach Übergabe der Bilanz an
20 Einleitung.
den Kommissär ruft dieser die Gläubiger zusammen und läfst
sich von ihnen eine Liste vorschlagen, aus der das Handelsgericht
die provisorischen Syndiken eniennt. Mit deren Ernennung stellen
die Agenten ihre Thätigkeit ein. Die Syndiken übernehmen die
Verwaltung des Vermögens, veräufsern die Mobilien, treiben die
Aufsenstände bei und nehmen die Verifikation der angemeldeten
Forderungen in Gegenwart des Richterkommissärs vor. Über die
Verifikation wird ein Protokoll errichtet. Bestrittene Forderungen
werden vor das Handelsgericht verwiesen, das darüber in ab-
gekürztem Verfahren entscheidet. Nach Ablauf der den Gläubigem
zur Bekräftigung ihrer Forderungen gesetzten Frist werden die
Gläubiger, deren Forderungen angenommen sind, von den pro-
visorischen Syndiken zusammenberufen.
In diesem Stadium kann ein Abkommen zwischen den Gläu*
bigern und dem Falliten geschlossen werden (concordat); dazu ist
die Majorität der Gläubiger erforderlich, und zwar mufs die
Personenmajorität nach den Titeln ihrer verifizierten Forderungen
drei Vierteile aller verifizierten Forderungen repräsentieren. Das
Abkommen bedarf der Bestätigung des Gerichts.
Kommt kein Konkordat zustande, so schliefsen die Gläubiger
einen Vereinigungsvertrag (contrat d'union) und ernennen einen
oder mehrere definitive Syndiken. Die Syndiken repräsentieren
die Gesamtheit der Gläubiger. Sie betreiben kraft des Ver-
einigungsvertrags den Verkauf der Immobilien und der Mobilien
und die Liquidation der Forderungen und Schulden des Falliten
unter der Aufsicht des Kommissärs. Von dem Erlöse der Im-
mobilien werden zunächst die Hypothekengläubiger befriedigt.
Ihre Rangordnung wird durch ein Lokationsurteil festgestellt.
Der Betrag des Mobiliarvermögens wird nach Abzug der Kosten
und Auslagen und der den i)rivilegierten Gläubigern gezahlten
Summen unter alle Gläubiger nach Verhältnis ihrer Forderungen
verteilt. Allmonatlich übergeben die Syndikeu dem Kommissär
einen Status über die Lage des Falliments und über den Kasse-
bestand ; der Kommissär verordnet geeigneten Falls eine Verteilung
unter die Gläubiger. Ist die Verwertung der Masse beendigt, so
werden die Gläubiger, unter denen der Vereinigungsvertrag ge-
schlossen ist, zusammen berufen; die Syndiken legen ihre Rechnung
ab und der Rest gelangt zur letzten Verteilung.
Besonderes gilt für die Vermögensabtretung (cession de biens),
die den Schuldner wie nach römischem Recht von der Personal-
haft befreit. Die Vermögensabtretung kann mit den Gläubigern
§ 6. 5. Das französische Recht und deutsche Partikularrechte. 21
vereinbart werden, und in diesem Falle bestimmen sich ihre Wir-
kungen nach der Vereinbarung. Sie kann aber auch auf ein Gesuch
des Schuldners von dem Gerichte bewilligt werden; eine solche
Abtretung hebt die Rechte der Gläubiger auf das künftige Ver-
mögen des Schuldners nicht auf. Der zur Wohlthat der Ab-
tretung zugelassene Schuldner mufs die Abtretung persönlich in
der Sitzung des Handelsgerichts seines Wohnorts oder in dem
Gemeindehause erklären. Kraft des Urteils, das den Schuldner
zur Vermögensabtretung zuläfst, können die Gläubiger das Ver-
mögen verkaufen; dabei sind die Vorschriften zu beobachten, die
für die von der Gläubigervereinigung vorzunehmenden Verkäufe
vorgeschrieben sind.
Ein Specialgesetz vom 28. Mai 1838 über das Falliment
brachte verschiedene Verbesserungen des Verfahrens •. Die Agenten
fielen fort; es werden sogleich provisorische Syndiken ernannt.
Die Fristen sind gekürzt. Die Präklusion von Gläubigern ist
weniger streng. Die Rückwirkung des Falliments ist zu Gunsten
gutgläubiger Erwerber modifiziert. Die Nichtigkeit des Konkordats
ist geregelt. Der Zustand der Gläubigervereinigung (union) tritt
ohne Vereinbarung kraft Gesetzes ein (art. 529).
Das französische Gesetz hat die preufsische Konkursordnung
vom 8. Mai 1855 stark beeinflufst. Übrigens enthält diese auch
neue gesetzgeberische Gedanken. Sie übertriflFt an Umfang
(440 Paragraphen) das französische Gesetz und die älteren deutschen
Konkursgesetze, indem Sie zahlreiche Einzelheiten des Verfahrens,
die in diesen Gesetzen nicht geregelt sind, normiert und die Rang-
ordnung nicht blofs der persönlichen, sondern auch der Real-
gläubiger feststellt.
Aus dem französischen Gesetze stammen insbesondere die
Verschärfung der Anfechtbarkeit, die Bestellung eines Richter-
kommissärs, der Unterschied zwischen dem einstweiligen und
dem definitiven Verwalter, die Beseitigung der präkludierenden
Wirkung des Gläubigeraufgebots, die Regulierung des Accords
(der übrigens nur im kaufmännischen Konkurse zugelassen ist),
die Zulassung von Abschlagsverteilungen vor der vollständigen
Liquidation der Aktivmasse , die Verweisung* der bestrittenen
Forderungen zu besonderen Prozessen. Auch die Scheidung zwischen
dem kaufmännischen und dem gemeinen Konkurse ist darauf
* Das Gesetz erging als neue Redaktion des dritten Buchs des code de
commerce, art. 487 — 614.
22 Einleitung.
zurückzuführen, dafs das französische Recht das im Handelsgesetz-
huche vorgesehene Verfahren nur gegen Kaufleute vorgesehen
hat. Die preufsische Konkursordnung lafst zwar auch ein Kon-
kursverfahren gegen Nichtkaufleute zu, stellt aber für diesen
Konkurs andere Bestimmungen auf als für den kaufmännischen.
So gleich bezüglich der Eröffnung des Verfahrens. Während der
kaufmännische Konkurs wegen Zahlungseinstellung zu eröifnen ist^
sobald das Gericht von der Zahlungseinstellung durch die Anzeige
des Gemeinschuldners oder durch einen Antrag eines Gläubigers
oder auf andere zuverlässige Weise Kenntnis erhält, ist der
gemeine Konkurs wegen Unzulänglichkeit des Vermögens zur
Befriedigung aller Gläubiger des Gemeinschuldners und niemals
von Amtswegen, sondern nur auf Antrag eines Gläubigers (über
einen Nachlafs auch auf Antrag des Nachlafskurators) zu eröfinen.
Aus der preufsischen Konkursordnung von 1855 gingen ver-
schiedene Vorschriften über in die bayerische Civilprozefsordnung
y. 29, April 1869, die in den Art. 1178 bis 1318 das Konkurs-
oder, wie sie es heifst, das Gant verfahren enthält. Übrigens
weicht dieses Gesetz auch wieder in sehr erheblichen Punkten von
dem preufsischen Gesetze ab.
Noch stärker als das preufsische und das bayerische Recht ist
die das Konkursrecht im XXXV. Titel enthaltende badische Prozefs-
ordnung v, 18. März 1864 von dem französichen Rechte beeinflufst.
§ 7.
Die Eonkarsordnnng fOr das Deatsche Reich.
Schon bei den Beratungen des Entwurfs eines deutschen
Handelsgesetzbuchs war die einheitliche Regelung des Konkurs-
verfahrens für Kaufleute angeregt worden. Der preufsische Ent-
wurf eines Handelsgesetzbuchs enthielt in seinem fünften Buche
Vorschriften über das Falliment. Die mit der Herstellung des
Entwurfs eines allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuchs betraute
Kommission lehnte jedoch die Beratung dieses fünften Buchs,
ebenso wie die des sechsten, die Gerichtsbarkeit in Handelssachen
betreffenden Buchs ab, weil keine Aussicht bestehe, ohne gleich-
zeitige Vereinbarung eines gemeinschaftlichen Verfahrens und
einer einheitlichen Organisation der Handelsgerichte zu einer
Einigung über den Inhalt dieser Bücher zu gelangen. Darauf
machte die preufsische Regierung den Vorschlag, wenigstens die
Hauptgrundsätze über die Voraussetzungen und die Folgen eines
§ 7. Die Konkursordsung für das Deutsche Reich. 23
kaufmännischen Falliments in das Gesetz aufzunehmen. Aber
auch auf diesen Vorschlag ging die Kommission nicht ein. So
blieb das Bedürfnis nach einer einheitlichen Regulierung des
Konkursrechts auch ftlr den Kaufmannsstand unbefriedigt.
Nach der Gründung des Norddeutschen Bundes wurde die
Ausarbeitung einer Civilprozefsordnung , und als diese Arbeit
schon einigermaCsen gefördert war, die Ausarbeitung einer Kon-
kursordnung für das Gebiet des Bundes in Angriff genommen ^
Am 21. Februar 1870 beschlofs der Bundesrat,
den Bundeskanzler zu ersuchen, den Entwurf einer einheit-
lichen Konkursordnung für den Norddeutschen Bund aus-
arbeiten zu lassen.
In Ausführung des Beschlusses wurde der Kgl. preufsische
Justizminister ersucht, die Ausarbeitung zu veranlassen. Infolge
dessen wurde im preufsischen Justizministerium der „Entwurf einer
deutschen Gemeinschuldordnung" nebst Motiven ausgearbeitet".
Im November 1873 wurde dieser Entwurf den Regierungen
der zum Deutschen Reiche verbündeten Staaten mitgeteilt. Am
21. Dezember 1878 beschlofs der Bundesrat, dafs der Entwurf
einer Beratung durch eine besondere, aus acht angesehenen
Juristen und drei angesehenen Vertretern des Handelsstandes be-
stehende Kommission unterzogen werden solle '.
Diese Kommission trat am 16. März 1874 in Berlin zusammen.
Sie hielt bis zum 31. Juli 1874 unter dem Vorsitze des Präsidenten
des bayerischen Obersten Gerichtshofs v. Neumayr 73 Sitzungen
ab. Aus dieser Kommission ging ein nicht veröffentlichter Ent-
wurf einer deutschen „Konkursordnung" hervor, der sich in der
Anlage und in den Grundzügen an den Entwurf einer deutschen
Gemeinschuldordnung anlehnte. In zahlreichen Einzelheiten wich
der neue Entwurf allerdings von dem früheren ab. In dieser
Kommission wurde auch der Entwurf eines Einführungsgesetzes
festgestellt.
' Zu dem Folgenden vgl. das Vorwort zu den dem Reichstage vor-
gelegten Motiven zu dem Entw. einer K.O., D.R.T. 2. Leg. Per. II. Sess. 1874,
zu Nr. 200.
* Der Entwurf etc. erschien im Verlag von v. Decker, Berlin, 1873 in
2 B&nden und einem Anlageband. An dessen Ausarbeitung war Dr. Karl
Hagens, der spätere Geh. Ober-Regierungsrat im Reichs- Justizamt, dann
Oberlandesgerichts-Präsident zu Frankfurt a. M., in hervorragender Weise
beteiligt. .
' Die Namen der Kommissionsmitglieder s. Mot. S. 1.
24 Einleitung.
Der neue Entwurf wurde im Bundesrate durchberaten. Der
Bundesrat nahm redaktionelle und sachliche Änderungen vor,
die jedoch die Grundlagen nicht berühren*. Das Einführungs*
gesetz wurde ohne sachliche Änderung angenommen.
Der Reichskanzler legte den Entwurf einer „Konkursordnung
ftlr das Deutsche Reich nebst dem Entwürfe eines Einführungs-
gesetzes" mit Schreiben v. 21. Januar 1875 und, da er in dieser
Session nicht erledigt wurde, wieder mit Schreiben vom 27. Oktober
dem Reichstage vor. Dem Entwürfe waren ausführliche „Motive"
sowie ein Anlageband beigegeben. Die Motive schlössen sich den
Motiven zur deutschen Gemeinschuldordnung an, natürlich unter
Berücksichtigung der Änderungen. Der Anlageband enthielt eine
Darstellung der Quellen des in Deutschland geltenden Konkurs-
rechts, eine Skizze des englischen Konkursrechts und eine solche
des Konkursrechts der Vereinigten Staaten von Nordamerika*.
Der Reichstag verwies die Vorlage an eine Kommission von
vierzehn Mitgliedern •. Die Kommission beriet in 27 Sitzungen
die Vorlage zweimal durch und beschlofs eine Anzahl von Ab-
änderungen, die aber die Vorlage nicht wesentlich umgestalteten ^.
Der Entwurf wurde mit den von der Kommission beschlossenen
Änderungen vom Reichstag in zweiter Lesung am 2. Dezember,
in dritter Lesung am 21. Dezember 1876 en bloc angenommen,
desgleichen vom Bundesrate und al§ „Konkursordnung für das
Deutsche Reich" nebst dem Einführungsgesetze unter dem
10. Februar 1877 im R.G.Bl. S. 351 bis 394 publiziert.
Die §§ 195 bis 197 der alten K.O., die den Konkurs der nach
dem R.G. v. 4. Juli 1868 errichteten Genossenschaften betrafen,
sind durch das am 1. Oktober 1889 in Kraft getretene R.G. vom
1. Mai 1889, betr. die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften,
* Die wichtigeren s. Mot. 8. 4.
^ Diese Motive etc. sind bei Hahn, Materialien zu den deutschen Justiz«
gesetzen Bd. IV S. 35 ff. abgedruckt. — Ich citiere sie nach der Reichstags
vorläge, deren Seitenzahlen bei Hahn angegeben sind«
® Ausfeld, Frankenburger, Goldschmidt, Grütering,
Haanen, Hullmann, Kochann, Mosle, v. Sarwej, Schrödter
(Lippstadt), Websky, v. Wödtke, v. Vahl, Wölfel. Anstatt
Frankenburger und Mosle später: Zimmermann und Möring. Vor«
sitzender: v. Sarwey, Stellvertreter: Goldschmidt. Protokollführer:
Schreber, L. Seuffert, Sydow.
"^ Die Protokolle der Kommission wurden gedruckt. Ein Abdruck ist in
dem cit. Werke von Hahn Bd. IV S. 518 ff. enthalten. Ich citiere sie nach
der offiziellen Ausgabe in den Reichstagsakten.
§ 7. Die KonkursordnuQg für das Deutsche Reich. 25
(R.G.B1. S. 55) nebst dem R.G. v. 4. Juli 1868 aufgehoben und
durch die §§ 91 bis 111, 116 bis 119, 122 bis 124, 134, 135 ersetzt.
Das neue Genossenschaftsgesetz findet auch auf die nach dem
älteren Gesetze errichteten Genossenschaften Anwendung®.
Durch R.G., betr. die Abänderung des § 41 der K.O., v.
9. Mai 1894 (R.G.Bl. S. 439) wurde die Vorschrift des § 41 Nr. 4
geändert; das nach dieser Gesetzesstelle dem Vermieter wegen
des laufenden Zinses zustehende Abspnderungsrecht an den ein-
gebrachten Sachen soll dem' Vermieter insoweit nicht zukommen,
als er eine solche Forderung infolge der Kündigung des Ver-
walters (§ 17 Nr. 1, alt) geltend macht.
Am 16. November 1893 haben die Abgeordneten zum Deutschen
Reichstag Rintelen, Gröber, Spahn, Bachern und Hitze dem
Reichstag den Entwurf eines Gesetzes, betr. die Abänderung der
K.O. vorgelegt •. Der Reichstag hat den Gesetzentwurf in der
ersten Lesung am 9. Januar 1894 seiner X. Kommission zur Vor-
prüfung überwiesen. Diese hat in zwei Lesungen darüber beraten
und am 16. März 1894 Bericht erstattet *^. Der Bericht empfiehlt
die Annahme des übrigens in der Kommission stark abgeänderten
Entwurfs. Aber der Entwurf gelangte nicht zur weiteren Beratung
im Plenum.
Die Einführung des bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche
Reich ergab die Notwendigkeit, die K.O. von 1877 in verschiedenen
Punkten zu ändern und zu ergänzen.
Das erste Projekt^ dazu wurde im Jahre 1896 als Anlage II
der Denkschrift zum Entwurf eines B.G.B. veröffentlicht". Die
Änderungen und Ergänzungen stammen aus den Beratungen der
mit der Beratung des zweiten Entwurfs eines B.G.B. betrauten
Kommission.
Ein die Änderungen und Ergänzungen zusammenfassender
Gesetzentwurf wurde im Reichsjustizamt ausgearbeitet, dem Bundes-
rate vorgelegt und von diesem mit wenigen Änderungen genehmigt.
® Mit den in den §§ 155 — 170 enthaltenen Modifikationen. Für das
Konkursverfahren ist nur § 161 bedeutsam. Über die Vorschrift des § 6 des
E.G. z. K.O. 8. V. Wilmowski zu diesem §. An Stelle der Verweisung auf
K.O. § 196 (alt) tritt jetzt die Verweisung auf die §§ 97, 109 Abs. 2 des neuen
Genossenschaftsgesetzes gemäfs § 153 Abs. 2 dieses Gesetzes.
» Reichstagsakten 9. Leg.-Per. IT. Session 1893/94 Nr. 18.
10 Reichstagsakten eod. Nr. 278.
" Über dieses Projekt s. L. Seuffert, Ztschr. f. d. C.Pr. XXII S.475ff.
26 Einleitung.
Dem Reichstage wurde der vom Bundesrat genehmigte Ent-
wurf mit einer Begründung und einer Zusammenstellung der alten
und der neuen Fassung am 26. Januar 1898 vorgelegt**.
Die erste Beratung im Plenum fand am 14. Februar 1898
statt. Der Entwurf wurde der VI. Kommission überwiesen.
Derselben Kommission wurde ein von den Abgeordneten
Rintelen, Bachern, Hitze und Lemo eingebrachter Gesetzentwurf,
betr. die Abänderung der K.O. *®, überwiesen, worin die Beschlüsse
der im Jahre 1894 eingesetzten Reichstagskommission reproduziert
sind **.
Die Kommission beriet in zwei Lesungen über die beiden
Gesetzentwürfe und erstattete dem Reichstag unter dem 29. März
1898 Bericht'*. Geändert wurde an der Vorlage nur Weniges.
Die erheblichsten Neuerungen sind in den §§ 169 a, 172 a ent-
halten.
Der Reichstag hat den Entwurf in der Gestalt, wie er aus
der Kommission herauskam, en bloc angenommen. Die zweite
Lesung fand am 27. April, die dritte am 2. Mai 1898 statt.
Das Gesetz wurde nach Zustimmung des Bundesrats am
17. Mai 1898 vollzogen und im Reichsgesetzblatt Nr. 21 S. 230 ff.
veröffentlicht.
Auf Grund des R.G. v. 17. Mai 1898, betr. die Ermächtigung
des Reichskanzlers zur Bekanntmachung verschiedener Reichs-
gesetze, R.G.Bl. S. 342, wurde der Text der neuen Konkurs-
ordnung mit fortlaufender Nummernfolge «der Paragraphen im
Reichsgesetzblatt Nr. 25 S. 612 ff. bekannt gegeben.
Mit dem Entwürfe eines Gesetzes betr. Änderungen der K.O.
wurde der Entwurf eines aus IX Artikeln bestehenden Einführungs-
gesetzes zu diesem Gesetze vorgelegt. Dieser Gesetzentwurf teilte
die Schicksale der Konkursnovelle.
Das Einführungsgesetz wurde wie diese am 17. Mai 1898
vollzogen und im Reichsgesetzblatt Nr. 21 S. 248 ff. veröffentlicht.
" Reichstagsakten 9. Leg.-Per. V. Session 1897/98 Nr. 100.
1* Reichstagsakten a. a. O. Nr. 74.
" Mit einer Änderung bei § 208 f. (alt).
^^ Reichstagsakten a. a. 0. Nr. 237.
§ 8. Das Verhältnis der Eonkursordniuig zu d. Reichs- u. Landesgesetzen. 27
Anhang.
Litteratnr des Reichs - Konkursreehts.
A. Kommentare.
Hallmann 1879, Meisner 1881, Mewes 1881, Petersen und Klein-
fellerd. Aufl. 1892, v. Sarwey 3. Aufl. bearb. vonBossert 1895, Stieglitz
1879, V. Völderndorff 2. Aufl. 1885, Wengler 1879, Willenbücher 1885,
V. Wilmowski 5. Aufl. 1896.
B. Lehrbücher.
Endemann, Das deutsche Konkursverfahren, 1889,
Fitting, Reichskonkursrecht und Konkursverfahren, 1881,
Fuchs, Der deutsche Konkursprozefs, 1877,
Kohl er, Lehrbuch des Konkursrechts, 1891,
Kohl er, Leitfaden des Konkursrechts für Studierende, 1898,
R int eleu, Konkursrecht, 1890.
C. Sonstige Werke.
Oetker, Konkursrechtliche Grundbegriffe I, 1891,
A. S. Schnitze, Das deutsche Konkursrecht in seinen juristischen Grund-
lagen, 1880,
L. Seuffert, Zur Geschichte und Dogmatik des deutschen Konkurs-
rechts 1. Teil, 1888.
§ 8.
Das YerhSltnis der Konkarsordnung zu den Beiehs- and
zu den Landesgesetzen.
1. Die Konkursordnung setzt die durch das Gerichtsverfassungs-
gesetz V. 27. Januar 1877 geschaffene Gerichtsverfassung voraus.
Die in diesem Gesetze enthaltenen Vorschriften über Rechtshtilfe
(§§ 157 bis 169), Öffentlichkeit und Sitzungspolizei (§§ 170 bis
185, die §§ 173 bis 176 in der Fassung des R.G. v. 5. April 1888,
R.G.B1. S. 138) ^ Gerichtssprache (§§ 186 bis 193), Beratung und
^ Da die Verhandlung vor dem Konkursgerichte keine Verhandlung „vor
einem erkennenden Gerichte" im Sinne des § 170 des G.V.G. ist, so ist sie
nicht öffentlich. Vgl. K.Pr. S. 68 f. Die Ansicht, dafs die Öffentlichkeit, weil
sie durch das G.V.G. auch nicht ausgeschlossen ist, nach dem Ermessen des
Gerichts zul&ssig sei — Wilmowski § 65 N. 8, Petersen und Klein-
feiler § 66 N. 8, Klein feller, das Beichsgesetz hetr. die unter Ausschlufs
der Öffentlichkeit stattfindenden Gerichtsverhandlungen S. 17 — dürfte des-
wegen unrichtig sein, weil die Öffentlichkeit nur für die in § 170 des G.V.G.
bezeichneten Verhandlungen eingeführt ist. Etwas anderes ist es, dafs das
Gericht nach § 176 G.V.G. einzelnen Personen den Zutritt zu der nicht öffent-
lichen Verhandlung gestatten kann.
28 Einleitang.
Abstimmung (§§ 194 bis 200) und Gerichtsferien (§§ 201 bis 204)«
gelten auch für das Konkursverfahren.
Die K.O. bestimmt in § 72, dafs die Vorschriften der Civil-
prozefsordnung auf das Konkursverfahren entsprechende Anwen-
dung finden, soweit sich nicht aus den Vorschriften der K.O. Ab-
weichungen ergeben. Sie wird also durch die Vorschriften der
Civilprozefsordnung ergänzt*.
Die K.O. setzt prinzipiell nicht die den Konkurs betreffenden
Vorschriften älterer Reichsgesetze aufser Kraft (E.G. § 3 Abs. 1) * ;
ausdrücklich aufgehoben sind die in § 3 Abs. 2 bezeichneten reichs-
gesetzlichen Vorschriften*. Geändert wurde der jetzt durch § 8
Nr. 2 E.G. z. H.G.B. aufgehobene Art. 80 W.O. dahin, dafs die Ver-
jährung auch durch Anmeldung zum Konkurs unterbrochen wird
(E.G. § 3 Abs. 3)«.
* Die Gerichtsferien sind nach G.V.G. § 204 ohne Einflufs auf das
Konkursverfahren, aber nicht für die aus Anlafs des Konkursverfahrens ent-
stehenden im ordentlichen Verfahren zu verhandelnden Streitigkeiten.
* Über die einzelnen Vorschriften der CPr.O., die eine entsprechende
Anwendung auf das Konkursverfahren gestatten, und über die Abweichungen
8. u. § 19.
* Solche Vorschriften sind : a) die V.O. v. 29. Dez. 1867 ;betr. die Einf.
d. preufs. MilitfirstrafrechU (B.6.B1. S. 185) Beil. B. § 41 Abs.* 2, wonach im
Konkurse über das Vermögen einer Militärperson das Konkursgericht die
Thatsachen, die auf einen strafbaren Bankerutt schliefsen lassen , dem zu-
ständigen Militärgericht mitzuteilen hat; b) §§ 3, 4 des Wahlgesetzes v.
81. Mai 1869 (B.G.Bl. S. 159), wonach Personen, über deren Vermögen der
Konkurs eröfinet ist, in den Reichstag weder wählen noch gewählt werden
können; c) § 11 Abs. 2 des B.G. betr. die Kautionen der Bundes- (Reichs-)
beamten v. 2. Juni 1869, wonach das Reich nicht verpflichtet ist, die zum
Zwecke der Kautionsstellung verpfändeten Wertpapiere in die Konkursmasse
einzuliefern; d) § 20 Nr. 2 des Reichsbeamtengesetzes v. 81. März 1878
(R.G.Bl. S. 61), der das Vorzugsrecht des Reichs im Konkurse eines Reichs-
beamten regelt, dem ein Defekt bezüglich einer Kassen- oder Vermögens-
verwaltung zur Last fällt ; e) Art. 29 der W.O., wonach bei Konkurs über das
Vermögen des Acceptanten der Regrefs auf Sicherstellung begründet ist.
^ Nämlich die Vorschriften des § 51 des (inzwischen ganz aufgehobenen)
Genossenschaftsgesetzes v. 1868, sowie die in § 48 desselben Gresetzes bestimmte
Zuständigkeit des Handelsgerichts; die Vorschriften der §§ 18 bis 18 des
R.G., betr. die Gewährung der Rechtshülfe, vom 21. Juni 1869 und die Vor-
schriften der §§ 281 bis 288 des St.G.B.
* Die Bestimmung des E.G. § 8 Abs. 4 zu § 64 Abs. 1 des G^.-Gesetzes
V. 1868 war seit der Aufhebung dieses Gesetzes durch das Gen.-Ge8. v. 1889
noch für Konkurse bedeutsam, die vor dem 1. Okt. 1889 eröffnet worden waren,
weil diese nach dem alten Gen.-Gesetz zu behandeln waren.
§ 8. Das Verhältnis der Konkursordnong zu d. Reichs- u. Landesgesetzen. 29
Auf Konkurs bezügliche Vorschriften stehen auch in Reichs-
gesetzen, die nach der alten K.O. erlassen sind^.
2. Das in Reichsgesetzen enthaltene Konkursrecht geht dem
Landesrechte vor; jenes kann nicht durch Landesgesetz aufser
Kraft gesetzt werden (Art. 2 Reichsverf., § 4 E.G. z. K.O.). Sonach
sind alle Vorschriften der Landesgesetze über Konkursverfahren®
und über das sog. materielle Konkursrecht und die auf Konkurs
bezüglichen Straf vor Schriften • aufgehoben, soweit nicht in der K.O»
darauf verwiesen oder bestimmt ist, dafs sie nicht berührt werden
sollen ^®.
Das Reichsgesetz (E.G. § 4) geht aber noch weiter; es be-
seitigt auch die mit dem Reichsrecht an und für sich verträglichen
Vorschriften der Landesgesetze über gerichtliche, zur Abwendung
oder Einleitung eines Konkursverfahrens dienende Stundungs- und
Nachlafsverhandlungen, konkursmäfsige Einleitungen, Vermögens-
untersuchungen, über die landesherrliche oder gerichtliche Be-
willigung einer allgemeinen Zahlungsstundung , weil solche Vor-
schriften mit dem Konkursrecht mehr oder weniger zusammen
hängen. Damit ist der Landesgesetzgebung die Erlassung solcher
Vorschriften verwehrt.
Ausdrücklich aufrecht erhalten sind (E.G. § 4) die landes-
^ Anfechtungsges. v. 1. Juli 1879 (R.G.Bi. S. 277) § 13; Gew.-Ordn. §§ 108
Abs. 5, 104 m (E.G. v. 18. Juli 1881, R.G.Bi. S. 233, u. v. 23. April 1886,
B.G.BL S. 125); Gen.-Ges. v. 1. Mai 1889 (RGBL S. 55) §§ 91 bis 111, 116 bis
119, 122 bis 124, 134, 135; RG. betr. das Reicbsschuldbuch v. 31. Mai 1891
(R.G.B1. S. 321) § 15 Nr. 3; Krankenversich.-Ges. in d. Red. v. 10. April 1892
(R.G.B1. S. 417) § 55 Abs. 2; KG. betr. die Ges. mit beschr. Haftung v.
20. April 1892(R.G.B1. S. 477) §§60 Nr. 4, 63, 64, 81; B.G.B. §§ 42, 74, 75, 86,
89, 209 Nr. 2, 214, 218, 377,* 401 Abs. 2, 418, 728, 736, 773 Nr. 3, 1419, 1543,
1547, 1647, 1781 Ar. 3, 1975 bis 1978, 1980, 1988 bis 1991, 2000, 2060 Nr. 2;
H.G.ß. §§ 32, 131 Nr. 3, 5, 144, 161 Abs. 2, 240 Abs. 2, 292 Abs. 1 Nr. 3, 330
Abs. 2, 341, 342, 370 Abs. 1 Nr. 1, 505 Abs. 2, 509, 888, 889, 898.
* Wegen der verschiedenartigen Terminologie der Partikularrecbte ist
daneben auch das Falliments-, Gant- und Debitverfahren ausdrücklich ge-
nannt. Auch die Vorschriften über die Rechtswohlthat der Güterabtretung
(cessio bonorum), die nach dem früheren Rechte zum Konkurse führte oder im
Konkurse erfolgte, sind besonders unter den aufgehobenen genannt.
» Von der Aufhebung waren nach § 5 Nr. 2 des alten E.G. wieder aus-
genommen die landesgesetzlichen Vorschriften, die die Unterlassung der An-
zeige des zwischen Gcmeinschuldner und seinem Ehegatten bestehenden ehe-
lichen Güterrechts mit Strafe bedrohen; z. B. preufs. Einf.-Ges. z. H.G.B. § 41.
'ö Solche Verweisungen und Bestimmungen s, §§ 25, 43, 47, 52.
30 Einleitang.
gesetzlichen Vorschriften, die die Lehen, Stammgüter und Familien-
fideikommisse betreffen. Nach dem Landesgesetze bemifst sich, ob
und wieweit Vermögen der bezeichneten Arten und ein Recht auf
die Renten aus solchem Vermögen zur Konkursmasse gehörten. Ge-
hören sie dazu, so erfolgt gleichwohl die Befriedigung der Lehen-,
Stammguts- oder Familienfideikommifsgläubiger abgesondert aus
dem Lehen, dem Stammgute oder dem Familienfideikommisse nach
den Vorschriften der Landesgesetze (§ 52). Ob ein Konkursver-
fahren lediglich über Vermögen der bezeichneten Art eröfihet
werden kann, bestimmen die Landesgesetze; wo sie einen solchen
Separatkonkurs zulassen, ist das Reichsrecht darauf nur anwendbar,
wenn das Landesgesetz dies anordnet.
Die reichsgesetzlichen Vorschriften über Konkurs sind sub-
sidiäres Recht gegenüber den Vorschriften der Hausverfassungen
und der Landesgesetze in Ansehung der Landesherren und der
Mitglieder der landesherrlichen Familien, der Mitglieder der
Fürstlichen Familie Hohenzollern , der Mitglieder des vormaligen
Hannoverschen Königshauses, des vormaligen Kurhessischen und
des vormaligen Herzoglich Nassauischen Fürstenhauses (§ 7 E.G.).
Die Hausverfassung oder das Landesgesetz kann bestimmen, dafs
die Gerichtsbarkeit in Konkurssachen der bezeichneten Personen
nicht den ordentlichen Gerichten zusteht.
§9.
Die rSamllche Geltung des deatschen Eonknrsprozefsrechts.
Das deutsche Konkursgesetz ist mafsgebend für alle Hand-
lungen, die mit Bezug auf ein von einem deutschen Gericht* zu
eröffnendes oder eröffnetes Konkursverfahren von einem deutschen
Gericht oder von einem bei dem Verfahren Beteiligten vorgenommen
werden. Nur wenn solche Handlungen auf VeMnlassung eines
deutschen Gerichts im Auslande vorgenommen werden, was bei
Zustellungen , Beweisaufnahmen und Zwangsvollstreckungshand-
lungen möglich ist, kommt ausländisches Recht insofern in Be-
tracht, als die betreffende Handlung von dem deutschen Gerichte
als ordnungsmäfsig zu behandeln ist, wenn sie entweder dem aus-
ländischen oder dem inländischen Gesetz entspricht^.
^ Dazu gehören auch die deutschen Konsulargerichte ; vgl. R.Gr. betr. die
Konsulargerichtsbarkeit, v. 10. Juli 1879 (R.G.Bl. S. 107) §§ 12, 14, 18.
* Vgl. §§ 199, 202 Abs. 2, 363, 364, 369, 791 C.Pr.O. Der zu Grunde
liegende Gedanke, dafs die Handlung im Inlande als gültig zu erachten ist,
§ 9. Die räumliche Geltung des deutschen Konkursprozefsrechts. 31
Nach dem inländischen Gesetze bestimmen sich auch die
Wirkungen der Handlungen, die in einem von einem deutschen
Berichte eröffneten Konkursverfahren vorgenommen werden, ins-
besondere die der Eröffnung und der Beendigung des Konkurses.
Daher umfafst die Konkursmasse des von einem deutschen
Oericht eröffneten Verfahrens grundsätzlich auch das im Auslande
befindliche Vermögen des Gemeinschuldners, wenn nicht nach § 238
€in auf das inländische Vermögen beschränktes Verfahren statt-
findet^. Daher ist das zufolge der Konkurseröffnung entstehende
Eecht des Verwalters zur Anfechtung von Rechtshandlungen wegen
Benachteiligung der Gläubiger, das Absonderungsrecht an einem
im Auslande befindlichen Gegenstande und das Recht eines aus-
ländischen Gläubigers zur Aufrechnung nach dem inländischen Ge-
setz zu beurteilen. Eine andere Frage ist, ob die Wirkungen der
inländischen Konkurseröffnung im Auslande thatsächlich durchführ-
bar sind, wenn dazu die Mitwirkung ausländischer Behörden nötig
ist. Es kann sein, dafs die ausländische Behörde diese Wirkungen
nicht anerkennt. So kann es geschehen, dafs die Einbeziehung
ausländischen Vermögens unmöglich ist oder dafs die Anfechtung
€iner Rechtshandlung unausführbar bleibt, weil ein ausländisches
Oericht angegangen werden müfste, das nach dem. Gesetze des
Auslandes die Anfechtbarkeit nicht anerkennt oder die Vollstreckung
eines zur Rück gewähr verurteilenden inländischen Urteils ablehnt.
Es kann geschehen, dafs ein im Auslande wohnender Inhaber eines
zur Konkursmasse gehörigen Gegenstandes nach dem Rechte des
Auslandes ein Absonderungsrecht ausübt, das ihm nach dem in-
ländischen Rechte nicht zustände, oder dafs ein im Auslande wohnen-
der Schuldner nach dem Rechte des Auslandes eine Aufrechnung
mit einer Konkursforderung vornimmt , die nach dem inländischen
Rechte unzulässig wäre*. Solche Vorkommnisse sind aber nicht
daraus zu erklären, dafs das inländische Gesetz grundsätzlich
seine Wirkungen auf das Inland beschränkt, sondern daraus, dafs
der inländische Gesetzesbefehl thatsächlich nicht ausführbar ist.
Auf diejenigen Handlungen, welche in einem von einer aus-
ländischen Behörde eröflheten Konkursverfahren erfolgen, ist das
'wenn sie dem ausländischen Rechte entspricht, ist auf die Regel locus regit
actum zurückzufuhren. Der zweite Gedanke ist, dafs es genügt, wenn sie dem
inländischen Recht entspricht. Beides kommt am deutlichsten in C.Pr.O. § 369
zum Ausdruck. Vgl. Wach, Handb. I S. 222, 252 f.
* Das Nähere hierüber s. § 15 (Konkursmasse).
* Vgl. die Vorschriften der §§ 50, 56.
32 Emleitong.
inländische. Gesetz auch dann nicht anwendbar, wenn ein inlän-
disches Gericht in die Lage kommt, eine solche Handlung zu be-
urteilen. So ist z. B. die Frage, ob im Auslande ein Konkurs-
verfahren eröffnet ist (vgl. § 288 Abs. 4), nach dem ausländischen
Rechte zu beurteilen.
Die von einer ausländischen Behörde in einem Eonkursverfahren
vorgenommenen Akte sind von den deutschen Gerichten nur inso-
weit als wirksam anzuerkennen, als sie Urteile im Sinne der C.Pr.O.
sind und deren Anerkennung nicht nach § 828 C.Pr.O. ausge-
schlossen ist. Keine Urteile im Sinne der C.Pr.O. sind die Konkurs-
eröfihung, die Bestätigung eines Zwangsvergleichs und die Ent-
lastung (discharge) des Schuldners.
Daher hindert eine im Auslande erfolgte Konkurseröffnung,
auch wenn sie nach der Intention der ausländischen Behörde sich
auf das in Deutschland befindliche Vermögen erstrecken soll, die
Zwangsvollstreckung in das inländische Vermögen des Gemein-
schuldners nicht (§ 287 Abs. 1)*. Aus dem gleichen Grunde ver-
liert der Schuldner durch die Konkurseröffnung im Auslande weder
das Eigentum noch die Verfügungsmacht über sein im Inlande
befindliches Vermögen •. Der Schuldner, nicht der im aus-
ländischen Konkurse aufgestellte Verwalter, ist der richtige Kläger
und Beklagte nicht blofs in den auf sein inländisches Vermögen
bezüglichen, sondern in allen vor den inländischen Gerichten ge-
führten Prozessen^. Die ausländische Konkurseröffnung hindert
nicht, den Schuldner im Inlande zu belangen, und unterbricht
^ Der § 237 ist die einzige Stelle der K.O., in der der im Texte formu-
lierte Grundsatz, dafs die ausländische Konkurseröfinung von den deutschen
Gerichten als wirkungslos zu behandeln ist, zum Ausdrucke gelangt. Dieser
§ 237 ist aber keine Singularität, sondern eine Konsequenz des oben aus-
gesprochenen Satzes; er beweist, dafs die Konkursordnung auf dem im Texte
angegebenen Standpunkt steht. Von diesem Standpunkt aus ergeben sich
die weiteren oben gezogenen Folgerungen. Die in den folgenden Noten zu-
sammengestellte Rechtsprechung des Reichsgerichts ist nicht ganz konsequent.
— Über die Stellung der Gesetzgebung gegenüber dem ausländischen Kon-
kurse s. Kohl er, Lehrb. S. 601 ff., wo auch andere Litteratur angegeben ist.
Femer P h. K 1 e i n t j e s , Het Faillissement in het internationaal Privatrecht (1890).
• R.G. 1. Juni 1880 Entsch. I Nr. 157 S. 437, 28. März 1882 VI Nr. 125
S. 405, 11. Dez. 1884 XIV Nr. 115 S. 406, 26. Mai 1886 XVI Nr. 96 S. 392.
' R.G. 11. Dez. 1884 Entsch. XIV Nr. 115 S. 408, 21. Jan. 1885 XIV
Nr. 116 S. 414, 419 (vielleicht nicht ganz korrekt, vgl. Wolff Abs.-R. S. 146).
Inkonsequent R.G. VI Nr. 125 S. 409, wo Trustees als Vertreter des verklagten
Gemeinschuldners zugelassen werden, weil sich die klagende Partei damit ein-
verstanden erklärte.
§ 9. Die räumliche Geltung des deutsehen Konkursprozefsrechts. 83
die im Inlande anhängigen Prozesse des Schuldners nicht, auch
wenn sie sich auf die Aktiv- oder die Passivmasse des ausländischen
Konkurses beziehen®.
Der im Auslande von dem Gemeinschuldner mit den Gläubigern
geschlossene Zwangsvergleich hindert diese nicht, ihre Forderungen
im Inlande ohne Rücksicht auf den Accord zu verfolgen, wenn
der Accord auf der Jurisdiktionsgewalt der ausländischen Behörde
beruht. Dies ist stets der Fall , wenn der Accord die überstimmte
Minorität bindet und zu seiner Wirksamkeit gerichtlicher Bestäti-
gung bedarf. Diese zum Wesen des Zwangsvergleichs gehörige
Bestätigung ist eine gerichtliche Entscheidung, deren Rechtskraft
die inländische Gesetzgebung nicht anerkennt*.
Eine Entlastung des Gemeinschuldners ohne Vergleich
(discharge) ist dem englischen Rechte bekannt. Sie ist aus den
gleichen Gründen, wie der ausländische Zwangsvergleich, im In-
lande wirkungslos *^
Durch Staatsverträge kann den Akten ausländischer Behörden
in gröfserem oder geringerem Umfange Wirksamkeit für das In-
land beigelegt, es kann insbesondere bestimmt werden, dafs die
ausländische Konkurseröifnung das im Inlande befindliche Vermögen
des Gemeinschuldners ergreife.
Zur Zeit sind solche Staatsverträge von Reichswegen nicht
8 R.G. 28. März 1882 Entsch. VI Nr. 125 S. 406, 11. Dez. 1884 XIV
Nr. 115 S. 407, 28. Sept. 1885 XVI Nr. 78 S. 337. Inkonsequent S. 339, insofern
die Unterbrechung von Prozessen über die Aktivmasse angenommen wird.
* Vgl. Kohl er, Lehrb. S. 636 ff., wo auch Litteratur angegeben ist. —
y. Wilmowski N. 2 zu § 207 glaubt, dafs der ausländische Zwangsvergleich
im Inlande unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit als wirksam an-
zuerkennen sei. Aber das müfste doch bestimmt werden. Aus Analogie der
§§ 660, 661 C.Pr.O. (alt) jetzt § 328 CPr.O. ergiebt es sich nicht, weil die Be-
stätigung des Zwangsvergleichs kein Urteil im Sinne der C.Pr.O. ist. Man wird
auch nicht annehmen dürfen, dafs der ausländische Zwangsvergleich im In-
lande denjenigen Gläubigem entgegengehalten werden könne, welche ihm
zugestimmt haben; denn durch die Zustimmung ist der Vergleich noch nicht
zustande gekommen, sie ist nicht bindend ohne die Bestätigung des Gerichts.
Anders verhält es sich natürlich mit einem im Auslande ohne Einwirkung
des Gerichts geschlossenen Vertrage, worin der Gläubiger dem Schuldner einen
Teil der Schuld erläfst oder auf das Klagerecht verzichtet. Ein solcher Ver-
trag kann neben dem Zwangsvergleich zustande kommen.
Jo Vgl. R.G. 20. März 1888 Entsch. XXI Nr. 3 S. 8. Die Begründung
dieser Entscheidung geht nur insoweit fehl, als sie die Wirkungslosigkeit auf
das inländische Vermögen beschränkt.
Bindiug, Handbuch IX 3: L. Seuffert, Konkursprozefsreoht. 3
34 Einleitung.
geschlossen. Ein Bundesstaat kann seit der Geltung der E.O.
einen solchen Vertrag nicht mehr schliefsen, da er das Reichsrecht
durch seinen Vertrag nicht ändern kann. Die vorher geschlossenen
Verträge der Einzelstaaten sind durch die K.O. beseitigt, denn die
reichsrechtliche Regelung des Konkursrechts hat auch das auf
Vertrag beruhende Landesrecht aufser Kraft gesetzt".
Auch ohne Staatsvertrag können Ausnahmen von der Bestim-
mung, dafs die Konkurseröffnung im Auslande das inländische
Vermögen nicht erfafst und daher die Zwangsvollstreckung in
dieses Vermögen nicht hindert, unter Zustimmung des Bundesrats
durch Anordnung des Reichskanzlers getroffen werden (§ 237
Abs. 2) ^'. Bisher ist auch davon kein Gebrauch gemacht worden.
§ 10.
Die zeitliche Geltung des deatschen Eonknnprozefsreehts.
Die K.O. V. 10. Februar 1877 samt dem Einf. Gesetze ist
im ganzen Umfang des Reichs am 1. Oktober 1879 gleichzeitig mit
dem Gerichtsverfassungsgesetz, der Civilprozefsordnung und der
Strafprozefsordnung in Kraft getreten ^
Die in dem R.G. v. 17. Mai 1898 und in dem Einf. Ges.
gleichen Datums enthaltenen Änderungen treten gleichzeitig mit
dem Bürgerlichen Gesetzbuch, d. i. am 1. Januar 1900 in Kraft.
Wie jedes Prozefsgesetz findet auch die K.O. nur auf das nach
dem Inkrafttreten des Gesetzes stattfindende Verfahren Anwendung.
Dadurch wäre die Überleitung eines vorher eröffneten Verfahrens
in ein den Bestimmungen der K.O. unterworfenes Verfahren nicht
^> Über diese bestriUene Frage vgl. Lab and, D. StR. (2) I S. 668,
Probst in Hirths Ann. 1881 S. 256, Petersen, Kleinfeller N. 1 zu § 4
E.G., diese für die oben vertretene Ansicht. Abweichend: Mot. S. 82, 467,
Kohler, Lehrb. S. 625, y.Wilmowski §207 N. 1, R.G. I.Juli 1889 Entsch.
XXIV Nr. 2 S. 13.
^* Daraus folgt dann wieder, dafs ein Staatsvertrag, in dem das Reich
einem ausländischen Staate derartige Konzessionen macht, der Zustimmung des
Reichstags nicht bedarf.
1 In Helgoland am 1. April 1891 nach V.O. v. 22. März 1891 (R.GJBL
S. 21); vgl. R.G. btr. die Vereinigung von Helgoland m. d. D. R. v. 15. Dez.
1890 (R.G.BI. S. 207) § 6. In den deutschen Schutzgebieten nach den auf
Grund der R.G. y. 17. April 1886 u. 15. Mftrz 1888 erlassenen kais. Ver-
ordnungen, 8. Wilmowsky-Levj, Komm. z. G.V.G. §18 N. la; femer
Ztschr. f. d. CPr. XI S. 157, XII S. 197, XIV S. 214, XV S. 544, XVU 8. 274.
§ 10. Die zeitliche Geltung des deutschen Konkursprozefsrechts. 35
ausgeschlossen. Wegen der praktischen Schwierigkeiten, die sich
aus einer solchen Überleitung ergeben könnten, ist jedoch be-
stimmt, dafs ein vor dem 1. Oktober 1879 eröffnetes Konkurs-
verfahren nach den früheren Gesetzen zu erledigen ist, soweit
nicht die Landesgesetzgebung die K.O. auf die Erledigung d€^*
vor diesem Tage anhängig gewordenen Konkurssachen für anwend-
bar erklärt (E.G. § 8).
In den nach dem bezeichneten Zeitpunkt eröffneten Konkursen
finden auch diejenigen Bestimmungen der K.O. v. 1877 Anwendung,
welche das materielle Recht berühren. Als solche kommen ins-
besondere die Vorschriften über das Aussonderungsrecht, das Ab-
sonderungsrecht, die Vorzugsrechte (E.G. § 11) und die An-
fechtung in Betracht. Bezüglich der Vorschriften über die An-
fechtung ist eine Ausnahme zum Schutz erworbener Rechte
gemacht. Es finden nämlich diese Vorschriften auf eine vor dem
Inkrafttreten des Gesetzes vorgenommene Rechtshandlung nur
Anwendung, sofern diese nicht nach dem älteren Gesetze der
Anfechtung entzogen oder der Anfechtung in geringerem Umfange
unterworfen ist (§ 9 E.G.). War die Rechtshandlung nach den
Vorschriften des älteren Rechts nicht oder nur in geringerem Mafse
anfechtbar, so hat es dabei sein Bewenden. Dagegen kann eine
nach dem früheren Rechte anfechtbare Rechtshandlung nicht mehr
angefochten werden, soweit sie nach der K.O. unanfechtbar ist.
Entsprechend verhält es sich mit der Anwendung der §§ 50,
55 Nr. 3, 56 K.O. über Schadensersatz wegen Abtretung einer
Konkursforderung und wegen Aufrechnung mit einer abgetretenen
Konkursforderung. Die angeführten Bestimmungen finden auf eine
vor dem Inkrafttreten der K.O. abgetretene oder erworbene
Forderung nur Anwendung, sofern nicht die bisherigen Gesetze
eine Aufrechnung zulassen, oder eine Verpflichtung zum Schadens-
ersatze nicht oder nur in geringerem Umfange begründen (§ 10
E.G.).
Ein vor dem 1. Januar 1900 eröifnetes Konkursverfahren ist
nach den bisherigen Gesetzen, also, wenn es nicht vor dem
1. Oktober 1879 eröffnet war, nach der K.O. von 1877 zu er-
ledigen (Art. V E.G.).
In einem am 1. Januar 1900 oder später eröffneten Konkurs-
verfahren bleiben, soweit für ein Rechtsverhältnis die Vorschriften
^ Vgl. jedoch die §§ 12, 13 E.G., nach denen die Landesgesetzgebung für
bestimmte Fälle Vorzugsrechte schaffen kann. Näheres darüber s. u. § 17.
?>*
3(5 Einleitung.
des bißherigen bürgerlichen Rechts mafsgebend sind (vgl. Art. 170
bis 172, 175, 184, 108, 200, 213 E.G. z. B.G.B.), für das Rechts-
verhältnis auch die Bestimmungen des bisherigen Konkursrechts
mafsgebend (Art. VI Satz 1 E.G*.)'. Dies gilt insbesondere auch
in Ansehung eines Nachlasses, wenn der Erblasser vor dem
1. Januar 1900 gestorben ist (Art. VI Satz 2 E.G.), so dafs also
die Vorschriften der neuen K.O. über den Nachlafsk'onkurs in diesem
Falle nicht anwendbar sind.
Die Landesgesetzgebung kann jedoch auf Grund des Art. 218
E.G. z. B.G.B. für Rechtsverhältnisse, für die nach den Übergangs-
vorschriften des E.G. z. B.G.B. die Landesgesetze mafsgebend
sind, z. B. für das eheliche Güterrecht, Übergangsbestimmungen
erlassen, die ihrem Inhalte nach mit den Vorschriften des B.G.B.
zusammentreflfen. Insoweit die Landesgesetzgebung von dieser
Befugnis Gebrauch macht, kann sie auch die neuen, mit den
materiellrechtlichen Vorschriften zusammenhängenden Vorschriften
des neuen Konkursrechts für anwendbar erklären (Art. VI
Satz 3 E.G.).
8 Z. ß. : Nach Art. 200 E.G. z. B.G.B. bleiben fürdenGQterstand einer vor dem
1. Januar 1900 bestehenden Ehe die bisherigen Gesetze mafsgebend. Folglich
ist für Anfechtung der Sicherstellung oder Rückgew&hr des Heiratsguts oder
des gesetzlich in die Verwaltung des Mannes gekommenen Vermögens der
Ehefrau § 25 Nr. 2 der K.O. v. 1877 mafsgebend.
Erstes Hauptstück.
Das Konknrsgericht und die bei dem Verfahren
Beteili^iL
§ 11.
I. Das Konknrsgericlit.
Sachlich zuständig für das Konkursverfahren sind die Amts-
gerichte ^
Örtlich zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der
Gemeinschuldner seine gewerbliche Niederlassung oder in Ermange-
lung einer solchen, bei dem er seinen allgemeinen Gerichtsstand hat
(§ 71 Abs. 1) *. Eine gewerbliche Niederlassung hat der Gemein-
schuldner da, wo sich Einrichtungen zu dem Betriebe seiner Fabrik,
seines Handel geschäfts oder seines sonstigen Gewerbs befinden.
Gemeint sind wohl nur solche Niederlassungen, von denen aus
unmittelbar Geschäfte geschlossen werden®. Wo der Gemein-
schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, ergeben die §§13
bis 19 CPr.O.
^ Nach Code de comm. art. 441, 454, Fall. Ges. Art. 451, preufs. K.O.
§ 115, 127, 320, bayr. Pr.O. Art. 1117, 1195, lüb. K.O. § 4, 5 sind die Kollegial-
gerichte zuständig.
■ Nach K.O. V. 1877 war das Gericht zuständig, bei dem der Gemein-
schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hatte. Über die Änderung s. R.B.
S. 17 f. Die Änderung hat die schöne Fassung gezeitigt : „Amtsgericht, b e i
welchem d. G. s. Niederlassung hat^.
• Vgl. K,B. S. 17 ad v. „Mittelpunkt seines wirtschaftlichen Daseins".
38 Erstes Hauptstück.
Für das Konkursverfahren gegen einen Schuldner, der im
Deutschen Reiche weder eine gewerbliche Niederlassung noch einen
allgemeinen Gerichtsstand hat, aber im Inlande ein mit Wohn-
und Wirtschaftsgebäuden versehenes Gut als Eigentümer, Nutz-
niefser oder Pächter bewirtschaftet, ist das Amtsgericht zuständig,
in dessen Bezirk sich das Gut befindet (§ 238 Abs. 3).
Für den Nachlafskonkurs ist das Amtsgericht zuständig, bei
dem der Erblasser zur Zeit seines Todes den allgemeinen Gerichts-
stand gehabt hat (§ 214).
Für den Eonkurs über das Vermögen eines sich in einem
Konsulärbezirke aufhaltenden Reichsangehörigen oder Schutz-
genossen ist der Konsul zuständig (§§ 1, 12, 14 R.G.G. v. 10. Juli
1879), in den Schutzgebieten der an Stelle des Konsuls zur Aus-
übung der Gerichtsbarkeit ernannte Beamte (R.G. vom 17. April
1886 u. V. 15. März 1888).
Sind mehrere Gerichte zuständig, so schliefst dasjenige, bei
welchem zuerst die Eröffnung des Verfahrens beantragt worden
ist, die übrigen aus (§ 71 Abs. 2).
Die sachliche und die örtliche Zuständigkeit zum Konkurs-
verfahren sind ausschliefslich (§§ 71, 214, 238 Abs. 3) ; der Mangel
der Zuständigkeit ist daher von Amtswegen zu beachten; die
Zuständigkeit kann nicht durch Vereinbarung geändert werden.
Hat ein unzuständiges Gericht Konkurs eröiihet, so ist der Beschlufs
anfechtbar. Wird er rechtskräftig, so ist der Verstofs gegen das
Prozefsgesetz durch die Rechtskraft gedeckt.
Ist das an sich zuständige Gericht im einzelnen Falle an der
Ausübung des Richteramts rechtlich oder thatsächlich verhindert
oder ist die Zuständigkeit mit Rücksicht auf die Grenzen der
Gerichtsbezirke ungewifs, so wird das zuständige Gericht auf
Gesuch des Antragstellers durch das im Instanzenzuge zunächst
höhere Gericht bestimmt (§ 36 Nr. 1,2 C.Pr.O.). Ebenso, wenn
mehrere Gerichte sich rechtskräftig für zuständig oder wenn
mehrere Gerichte, von denen eines zuständig sein mufs, sich rechts-
kräftig für unzuständig erklärt haben (§ 36 Nr. 5, 6 C.Pr.O.).
•§ 12.
II. Die EonknrsglSabiger.
Zur Teilnahme an der gemeinschaftlichen Befriedigung aus
der Konkursmasse berechtigt — Konkursgläubiger in diesem
§ 12. II. Die Konkursgiäubiger. 3g
Sinne ^ — sind die persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der
Eröffnung des Verfahrens begründeten klagbaren Vermögens-
anspruch an den Gemeinschuldner haben (§ 8). Die Forderungen
der Konkursgläubiger heifsen Konkursforderungen.
Zu einer Konkursforderung gehört also :
1. dafs sie ein Vermögensanspruch ist, d.i. ein Anspruch
auf eine aus dem Vermögen des Schuldners erfüllbare Leistung.
Die Leistung mufs nicht Geldleistung sein, aber sie mufs Geld-
wert haben, und die geldwertige Leistung mufs eine solche sein,
die aus dem Vermögen des Schuldners erfolgen kann. Vermögens-
ansprüche in diesem Sinne sind alle Ansprüche auf Leistung von
Sachen und dinglichen Rechten, nicht dagegen Ansprüche auf
Dienstleistung, auf Herstellung eines Werkes, auf Vorlegung einer
Sache oder eines Vermögensverzeichnisses, auf Auskunftserteilung,
Rechenschaftsablegung oder Rechnungsstellung, auf Auseinander-
setzung, auf Leistung des Offenbarungseides und auf Unter-
lassungen. Die aus Nichterfüllung ' solcher Verbindlichkeiten ent-
standenen Ansprüche auf Schadensersatz sind natürlich Vermögens-
ansprüche.
Vermögensansprüche, die nicht auf einen Geldbetrag gerichtet
sind, oder deren Geldbetrag unbestimmt oder ungewifs oder nicht
in Reichswährung festgesetzt ist, sind nach ihrem Schätzungs-
werte in Reichswährung geltend zu machen (§ 62). Die Veran-
schlagung solcher Ansprüche ist zunächst Sache des Gläubigers.
Wird der angemeldete Betrag bestritten, so ist Feststellung nach
§ 146 erforderlich.
2. Die Forderung mufs klagbar sein in dem Sinne, dafs sie
vor einem ordentlichen oder besonderen Gerichte oder vor einer
anderen Behörde angriffsweise geltend gemacht und durch staat-
liche Organe beigetrieben werden kann. Ein Schiedsvertrag
schliefst die Geltendmachung der Forderung im Konkurse nicht
aus, wenn die Forderung ohne den Schiedsvertrag klagbar ist.
Dagegen sind Forderungen aus natürlichen Verbindlichkeiten
(naturales obligationes ^) keine Konkursforderungen ; denn das
^ Über die verschiedenen Bedeutungen, in denen der Ausdruck „Konkurs-
gläubiger'' im Gesetze gebraucht ist, vgl. Oetker, Grundbegr. I S. 121 ff. Ge-
wöhnlich ist er in dem im Text angegebenen Sinne gebraucht.
' Über die natürlichen Verbindlichkeiten des B.G.B. vgl. Stammler, d.
B. der Schuldverhältnisse S. 26ff., Ubbelohde, Jahrb. f. Dogm. XXXVIII
S. 216 ff. Eine solche Verbindlichkeit entsteht femer aus dem Börsentermin-
geschäfte einer nicht registrierten Person nach § 66 Börsengesetz v. 22. Juli
40 Erstes Hauptstück.
Konkursverfahren ist Zwangsvollstreckung und die Zwangsvoll-
streckung findet nur bei klagbaren Verbindlichkeiten statt.
8. Der Gemeinschuldner mufs dem Gläubiger persönlich
haften.
a) Persönliche Haftung ist vorhanden, wenn der Gläubiger be-
rechtigt ist, Befriedigung aus dem Vermögen des Schuldners zu ver-
langen. Die persönliche Haftung kann unbeschränkt oder beschränkt
sein. Bei unbeschränkter Haftung ist die Forderung stets Konkurs-
forderung, bei beschränkter nur dann, wenn das Vermögen, mit
dem der Schuldner haftet, nicht aufserhalb der Konkursmasse ist.
Den Gegensatz zur persönlichen Haftung bildet die Sach-
haftung. Deren Wesen besteht darin, dafs ein bestimmter Gegen-
stand, einerlei wem er gehört, dem Gläubiger zur Befriedigung
oder Sicherung eines Guthabens dient. Aus Sachhaftung ergiebt
sich keine Konkursforderung, sondern ein Absonderungsanspruch.
Im Konkurse über das Vermögen des Inhabers eines Handels-
geschäfts, mag dieser ein Einzelner oder eine Gesellschaft sein,
ist der stille Gesellschafter Konkursgläubiger in Ansehung der
Einlage, soweit sie den Betrag des auf ihn entfallenden Anteils
am Verlust tibersteigt (§ 341 Abs. 1 H.G.B.).
b) Bei Nachlafskonkurs haftet der Erbe mit dem Nachlafs nur
für die Nachlafsverbindlichkeiten. Daher sind Gläubiger des
Nachlafskonkurses die Gläubiger der Nachlafsverbindlichkeiten.
Nachlafsverbindlichkeiten sind die Schulden, für die der Erblasser
persönlich haftete ; femer die den Erben als solchen treffenden Ver-
bindlichkeiten, insbesondere die Verbindlichkeiten aus Pflichtteilen",
Vermächtnissen und Auflagen (§ 1967 B.G.B.). Die Kosten der
standesmäfsigen Beerdigung des Erblassers sind Nachlafsverbindlich-
keit (§ 1968 B.G.B.); sie sind aber (aus Mifsverständnis !) zu
Masseschulden erhoben (§ 224 Nr. 2) und können daher nur als
solche geltend gemacht werden. Nachlafsverbindlichkeiten sind
auch der Voraus des überlebenden Ehegatten (§ 1932 B.G.B.), der
Unterhalt der Mutter des zu erwartenden Erben (§ 1963 B.G.B.)
1896, und besteht fort in Ansehung der durch Zwangsvergleich erlassenen
Schulden. Auch der vertragsmäfsige Verzicht auf das Klagerecht Iftfst eine
n. V. zurück.
' Da der Pflichtteil in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils
besteht und der Wert des Nachlasses nach Abzug der Nachlafsverbindlich-
keiten zu berechnen ist, die dem Pflichtteilsrechte vorgehen (vgl. § 226), so
ist der in abstracto Pflichtteilsberechtigte in concreto nicht Nachlafsgläubiger,
wenn der Nachlafs durch jene Verbindlichkeiten erschöpft ist. — Der An-
spruch aus § 2329 ist Kon kursf orderung im Konkurse des Beschenkten.
§ 12. II. Die Konkursgläubiger. 41
und der sogenannte Dreifsigste für die in § 1969 B.G.B. be-
zeichneten Personen.
Wird der Nachlafskonkurs eröffnet, so gelten die infolge
des Erbfalls durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit
erloschenen Rechtsverhältnisse als nicht erloschen (§ 1976 B.G.B.) ;
daher kann der Erbe die ihm gegen den Erblasser zustehenden
Ansprtlche im Nachlafskonkurse geltend machen (§ 225 Abs. 1).
Die dem Erben nach den §§ 1978, 1979 B.G.B. zustehenden
Ansprüche auf Ersatz von Verwendungen sind Masseansprtiche
(§ 224 Nr. 1). Zu diesen Aufwendungen gehört die Berichtigung
einer Nachlafsverbindlichkeit, wenn der Erbe den Umständen
nach annehmen durfte, dafs der Nachlafs zur Berichtigung aller
Nachlafsverbindlichkeiten ausreiche (§ 1979 B.G.B.). Durfte er
dies nicht annehmen, so hat er keinen Ersatzanspruch; aber er
tritt an Stelle des befriedigten Gläubigers und kann die Forderung
im Konkurse geltend machen, es sei denn, dafs er für die Nach-
lafsverbindlichkeiten unbeschränkt haftet (§ 225 Abs. 2). Wäre
der Erbe nicht berechtigt, an Stelle des befriedigten Gläubigers
am Konkurse teilzunehmen, so würden die dem befriedigten Gläubiger
gleich- oder nachstehenden Gläubiger auf Kosten des Erben um
den Betrag bereichert werden, der auf die Forderung jenes
Gläubigers entfallen wäre, wenn er sich am Nachlafskonkurse be-
teiligt hätte. Diese ratio legis trifft aber nur zu,* wenn der Erbe
nicht für alle Nachlafsverbindlichkeiten unbeschränkt haftet.
Haftet er für alle unbeschränkt (§§ 1994, 2005 B.G.B.), so mindert,
was die Gläubiger im Nachlafskonkurse mehr erhalten, seine
eigene Haftung gegenüber allen Gläubigern; deshalb darf er sich
in diesem Falle nicht an Stelle des befriedigten Gläubigers im
Konkurse beteiligen. Anders steht die Sache, wenn der Erbe nur
einem einzelnen Nachlafsgläubiger unbeschränkt haftet (§ 2006
B.G.B.). Dann würden die Gläubiger, die sich nicht an das Ver-
mögen des Erben halten können, grundlos auf Kosten des Erben
bereichert, wenn dieser nicht an Stelle des befriedigten Gläubigers
liquidieren könnte. Deshalb ist dieser Fall nicht ausgenommen.
Aus dem gleichen Grunde ist der Erbe, der einem einzelnen
Nachlafsgläubiger unbeschränkt haftet, also von diesem trotz der
Eröffnung des Nachlafskonkurses in Anspruch genommen werden
kann (§ 2013 B.G.B.), berechtigt, dessen Forderung schon vor der
Befriedigung für den Fall geltend zu machen, dafs der Gläubiger
sie nicht geltend macht (§ 225 Abs. 3). Bedingt ist die Be-
rechtigung, mit der Forderung am Konkurse teilzunehmen, nicht
42 Erstes Hauptstück.
die Forderung; daher hat der Erbe nicht blofs ein Recht auf
Sicherstelluüg, sondern ein Recht auf die Konkursdividende. Macht
der Gläubiger seine Forderung im Konkurse geltend, so kann der
Erbe sie nicht geltend machen. Hat der Erbe die Forderung
bereits im Konkurse geltend gemacht, so scheidet er aus den
Konkursgläubigem aus, sobald der Gläubiger die Forderung an-
meldet. Befriedigt der Erbe den Gläubiger während des Kon-
kurses, so erlangt er wieder die Berechtigung zur Teilnahme am
Konkursverfahren.
Hat der Erbe einen Nachlafsgläubiger teilweise befriedigt, so
ist er in den vorstehenden Fällen in Ansehung des bezahlten
Teils Konkursgläubiger, während jener in Ansehung des Restes
Konkursgläubiger bleibt. Wurde der Nachlafsgläubiger mit einem
geringeren Betrage abgefunden, so kann der Erbe die ganze
Forderung im Konkurse geltend machen*.
c) In dem Konkurse über das Vermögen einer Gemeinschaft
zur gesamten Hand kommen als Konkursgläubiger diejenigen in
Betracht, welche berechtigt sind, aus dem Gemeinschaftsvermögen
Befriedigung zu verlangen. Also im Gesellschaftskonkurse die
Gesellschaftsgläubiger, u. s. w. Die einzelnen Gemeinschafter
können Gemeinschaftsgläubiger und daher Konkursgläubiger sein.
Da bei dem Güterstande der allgemeinen Gütergemeinschaft,
der Errungenschaftsgemeinschaft oder der Fahmisgemeinschaft
das Gesamtgut zur Konkursmasse des über das Vermögen des
Mannes eröffneten Konkurses gehört (§ 2 Abs. 1), so sind Kon-
kursgläubiger dieses Konkurses die Gläubiger der Gesamtguts-
verbindlichkeiten. Welche Verbindlichkeiten Gesamtgutsverbindlich-
keiten sind, ergiebt § 1459 Abs. 1 B.G.B.
Entsprechend verhält es sich, wenn bei fortgesetzter Güter-
gemeinschaft (§§ 1483 fl^., 1557 B.G.B.) Konkurs über das Ver-
mögen des überlebenden Ehegatten eröffnet wird. Da das Gesamt-
gut zu der Konkursmasse gehört (§ 2 Abs. 3), so sind die Gläubiger
der Gesamtgutsverbindlichkeiten Konkursgläubiger. W^elche Ver-
bindlichkeiten Gesamtgutsverbindlichkeiten sind, ergiebt § 1488
B.G.B.
In dem Konkurse über das Gesamtgut im Falle der fort-
gesetzten Gütergemeinschaft sind Konkursgläubiger nur die
Gesamtgutsgläubiger, deren Forderungen zur Zeit des Ein-
^ Die unter litt b behandelten Dinge sind in der während des Drucks
erschienenen Abb. von £. Jäger, Erbenhaftung und Nachlafskonkurs, S. 63
bis 68, 81 bis 85 ausführlicb erörtert.
§ 12. II. Die Konkarsgläubiger. 43
tritts der fortgesetzten Gütergemeinschaft bestanden (§ 236
Satz 2). Es sind also vom Konkurse ausgeschlossen die Gläubiger
derjenigen Verbindlichkeiten des verstorbenen Ehegatten, welche
keine Gesamtgutsverbindlichkeiten der ehelichen Gütergemeinschaft
waren**, und die Gläubiger derjenigen Verbindlichkeiten, welche erst
nach dem Tode des verstorbenen Ehegatten entstanden sind. Jene
Gläubiger sind ausgeschlossen, weil sie zur Zeit des Eintritts der
fortgesetzten Gütergemeinschaft kein Becht auf Befriedigung aus
dem Gesamtgut hatten; diese ^ weil durch die Eröffnung des Ge-
samtgutkonkurses das Gesamtgut in dem Bestände, den es zur
Zeit des Eintritts der fortgesetzten Gütergemeinschaft hatte (vgl.
§ 1489 Abs. 2 B.G.B.), von dem anderen Vermögen des über-
lebenden Ehegatten (vgl. § 1485 B.G.B.) gesondert wird.
Im übrigen sind in dem Gesamtgutskonkurse diejenigen
Gläubiger Konkursgläubiger, welche zur Teilnahme am Nachlafs-
konkurse berechtigt wären (§ 236 verb. mit §§ 225, 226).
Die Verbindlichkeiten aus Pflichtteilen, Vermächtnissen und
Auflagen, welche aus dem Gesamtgute zu entrichten sind, sind Ver-
bindlichkeiten des überlebenden Ehegatten, daher Gesamtgutsverbind-
lichkeiten (arg. § 1488 B.G.B.), und zwar sind es Verbindlichkeiten,
die mit dem Eintritt der fortgesetzten Gütergemeinschaft (nicht erst
nach deren Eintritt) entstanden sind. Daher sind die Gläubiger
dieser Verbindlichkeiten Konkursgläubiger des Gesamtgutskonkurses.
d) Persönliche Haftung und Sachhaftung können neben einander
bestehen. Insbesondere bestehen beide Haftungen bei der Hypothek
(arg. § 1113 B.G.B.) und, soweit nicht ein Anderes bestimmt ist,
in Ansehung der fällig werdenden Leistungen bei der Reallast
(arg. § 1108 B.G.B.). Bei dem Pfandrecht an beweglichen Sachen
kann eine persönliche Haftung neben der Sachhaftung bestehen
(arg. § 1204 B.G.B); doch ist dies nicht notwendig*. Bei der
Grundschuld, der Rentenschuld und der Bodmerei besteht neben
der Sachhaftung keine persönliche Haftung (arg. §§ 1191, 1199
B.G.B., § 679 H.G.B.) ; jedoch kann eine solche durch ein besonderes
Rechtsgeschäft begründet werden (vgl. § 53 Abs. 2 Zw.V.G.).
Wenn einem Gläubiger neben einem zur Konkursmasse ge-
hörigen Gegenstande auch der Gemeinschuldner persönlich haftet.
1^ Z. B. die Verbindlichkeiten der verstorbenen Frau aus einem Rechts-
geschäft, zu dem der Mann seine Zustimmung nicht erteilt hat; vgl. § 1460
Abs. 1 B.G.B.
* Das Versatzgeschäft der Leihanstalten bietet ein Beispiel von Ver-
pfändung mit reiner Sachhaftung.
44 Erstes Hauptstück.
SO ist er in Ansehung seiner persönlichen Forderung Konkurs-
gläubiger. Er kann aber, auch wenn er aufserhalb des Konkurses
die Wahl zwischen der Inanspruchnahme des Gegenstandes und
der Inanspruchnahme der Person hatte, im Konkurse nur für den-
jenigen Betrag seiner persönlichen Forderung verhältnismäfsige
Befriedigung beanspruchen, zu welchem er auf die abgesonderte
Befriedigung, d. i. auf die Sachhaftung, verzichtet oder mit welchem
er bei der abgesonderten Befriedigung aus dem ihm haftenden
Gegenstande ausgefallen ist (§ 64)^.
Sonach ist ein solcher Gläubiger, soweit er nicht auf die
Sachhaftung verzichtet. Konkursgläubiger nur in Ansehung des
Ausfalls. Anmelden kann er seine ganze Forderung ; aber die An-
meldung gilt nur für den Betrag, der als Ausfall nachgewiesen
wird oder wegen Verzichts auf das Absonderungsrecht nicht mehr
als Forderung eines Absonderungsberechtigten in Betracht kommt.
Nach dem mutmafslichen Ausfall bemifst sich sein Stimmrecht in
der Gläubigerversammlung (§ 96) und sein Anteil an der Dividende
einer Abschlagsverteilung (§ 153 Abs. 2). Bei der Schlufs-
verteilung wird die Forderung nur mit dem Betrage berück-
sichtigt, der bis zum Ablauf der Ausschlufsfrist als Ausfall nach-
gewiesen oder durch Verzicht auf das Absonderungsrecht eine For-
derung mit blofs persönlicher Haftung geworden ist (§ 153 Abs. 1).
Ebenso wie die Gläubiger, denen ein zur Masse gehöriger
Gegenstand und der Gemeinschuldner haftet, werden im Konkurse
die persönlichen Gläubiger behandelt, die ein Absonderungsrecht
aus einem anderen Grunde als wegen Sachhaftung haben®.
Ähnlich verhält es sich im Konkurse über das Verniögen eines
persönlich haftenden Gesellschafters in Ansehung der Gläubiger
der offenen Handelsgesellschaft, der Kommanditgesellschaft und
der Kommanditgesellschaft auf Aktien, wenn das Konkursverfahren
auch über das Gesellschaftsvermögen eröffnet ist (§ 212) •. Die
"^ So hatte der Hypo thekengläubiger, dem der Gemeinschuldner auch
persönlich haftet, bis zur Konkurseröffnung die Wahl zwischen Befriedigung
aus dem Grundstück und aus dem sonstigen Vermögen des Schuldners. Durch
die Konkurseröffnung wird die persönliche Haftung subsidiär, soweit nicht auf
die Hypothek verzichtet wird.
8 Vgl. unten § 18 Nr. 8.
» Über die Entstehung des jetzigen §212, früher §201 s. bei J&ger, d.
Konkurs d. off. H.G. S. 143; dazu die Denkschr. z. d. Entw. e. H.G.B., Reichs-
tagsvorl. S. 95 f. und die Begründung des Entw. e. Ges., betr. Änd. d. K.O.,
Reichstagsvorl. S. 46. — Die Vorschriften des § 212 gelten auch, wenn das
Konkursverfahren über das Vermögen eines ausgeschiedenen Gesellschafters
§ 12. II. Die Konkursgläubiger. 45
Gesellschaftsgläubiger können nämlich in dem Konkurse über das
Privatvermögen Befriedigung nur wegen desjenigen Betrags suchen,
für welchen sie in dem Gesellschaftskonkurse keine Befriedigung
erhalten. Bei den im Privatkonkurse stattfindenden Verteilungen
sind, solange der Ausfall bei dem Gesellschaftsvermögen noch nicht
feststeht, die Anteile auf den vollen Betrag der Gesellschaftsforde-
rungen zu berechnen; aber sie sind zurückzubehalten, bis der
Ausfall bei dem Gesellschafts vermögen feststeht. Steht der Aus-
fall fest, dann ist den Gesellschaftsgläubigern im Privatkonkurs
die auf ihren Ausfall, nicht die auf den vollen Betrag ihrer Forde-
rungen, entfallende Dividende auszuzahlen ^^
Verzichtet der Gläubiger auf die Beteiligung am Gesellschafts-
konkurse, so kann er im Privatkonkurse für den ganzen Betrag
seiner Forderung verhältnismäfsige Befriedigung verlangen. Der
Verzicht kann sich auf eine Quote der Forderung beschränken.
Er mufs gegenüber dem Verwalter des Gesellschaftskonkurses
erklärt werden. Er ist dem Verwalter des Privatkonkurses nach-
zuweisen. Die Unterlassung der Beteiligung am Gesellschafts-
konkurse steht dem Verzichte nicht gleich, solange die Beteiligung
am Gesellschaftskonkurse möglich ist; sonst könnte die Beschränkung
auf den Ausfall vereitelt werden". Sind mehrere Privatkonkurse
eröffnet , so kommen die Vorschriften des § 68 zur Anwendung.
Durch diese Vorschriften (§ 212) wird die persönliche Haf-
tung des Gesellschafters, die ohne das Zusammentreffen von
Gesellschafts- und Privatkonkurs primär für die ganze Gesell-
schaftsschuld besteht (§ 128 H.G.B.), für den Fall des Zu-
sammentreffens der Konkurse auf eine Haftung für den Ausfall
im Gesellschaftskonkurse herabgesetzt. Das hat seinen Grund
darin, dafs der einzelne Gesellschafter, der eine Gesellschaftsschuld
aus seinem Privatvermögen zahlt, von der Gesellschaft Ersatz ver-
langen kann (§ 110 H.G.B.).
Daher sind die Vorschriften, die der § 212 für die im § 209
aufgeführten Gemeinschaften zur gesamten Hand aufstellt, ent-
eröffiiet ist. In der Vorlage des zuletzt erwähnten Gesetzentwurfs an den
Bundesrat war das ausdrücklich gesagt. Es versteht sich aber von selbst,
weil die persönliche Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters auf seiner
Gesellschaftereigenschaft beruht.
10 Unrichtig Köhler^ Leitfaden S.96, 190fr. Dagegen Jäger a.a.O. S.152.
" Vgl. Behrend, Lehrb. d. H.R. I S. 592 N. 22, Jäger a. a. 0. S. 148.
Ungenau Oetker, Grundb. I S. 188. Unrichtig Keyfsner, Ztschr. f. H.R.
XXX S. 541.
46 Erstes Hauptstück.
sprechend anzuwenden auf alle Fälle, wo ein Konkurs über das
Vermögen einer solchen Gemeinschaft mit einem Konkurse über das
Vermögen eines persönlich haftenden Gemeinschafters zusammen-
triflFt, wenn dieser für Zahlung von Gemeinschaftsschulden aus seinem
Privatvermögen von der Gemeinschaft Ersatz verlangen kann ".
Eine ähnliche Situation ergiebt sich in Ansehung der Nach-
lafsgläubiger, denen der Erbe unbeschränkt haftet (§§ 2005, 2006
B.G.B.), im Konkurse über das Vermögen des Erben, wenn auch
über den Nachlafs der Konkurs eröffnet oder wenn eine Nachlafs-
verwaltung angeordnet ist. Solche Nachlafsgläubiger können ihre
Forderungen sowohl im Nachlafskonkurs oder bei der Nachlafs-
verwaltung als auch im Konkurs über das Vermögen des Erben
geltend machen. Im Interesse der Gläubiger des Erben, die sich
am Nachlafskonkurse nicht beteiligen können, ist aber das Ver-
hältnis der Nachlafsgläubiger zu den anderen Gläubigern des
Erben im Nachlafskonkurs ähnlich geregelt, wie das der ab-
sonderungsberechtigten Gläubiger zu den sonstigen Konkurs-
gläubigern und dadurch die unbeschränkte Haftung des Erben
herabgesetzt auf die Haftung für den Ausfall im Nachlafskonkurs
(§ 234 Abs. 1). Verzichtet der Gläubiger auf die Beteiligung am
Nachlafskonkurse, so kann er im Erbenkonkurse für den ganzen
Betrag seiner Forderung verhältnismäfsige Befriedigung verlangen.
Der Verzicht kann sich auf eine Quote beschränken. Er mufs gegen-
über dem Verwalter des Nachlafskonkurses erklärt und dem
Verwalter des Erbenkonkurses nachgewiesen werden. Die Unter-
lassung der Beteiligung am Nachlafskonkurse steht dem Verzichte
nicht gleich, solange die Beteiligung am Nachlafskonkurs noch
möglich ist; sonst könnte die Beschränkung auf den Ausfall ver-
eitelt werden. Sind mehrere Erbenkonkurse eröffnet, so kommen
die Vorschriften des § 68 zur Anwendung, wenn die Miterben per-
sönlich als Gesamtschuldner haften.
Ist eine Ehefrau die Erbin und gehört der Nachlafs zum
Gesamtgute, so haftet für die Nachlafsverbindlichkeiten, da sie
Gesamtgutsverbindlichkeiten geworden sind, der Ehemann auch
persönlich (arg. §§ 1459, 1461 B.G.B.). Daher können, wenn über
das Vermögen des Mannes der Konkurs eröffnet wird, die Nachlafs-
'^ Die entsprechende Anwendung auf den Fall, wo die Gemeinschafter
nicht als Gesamtschuldner, sondern pro parte haften, z. B. bei der Rhederei,
ergiebt, dafs die Gemeinschaftsglänbiger im Privatkonkurse ihre Teilforderungen
nur als Ausfallsforderungen geltend machen können.
§ 12. IL Die Konkursgläubiger. 47
gläubiger, denen der Mann unbeschränkt haftet, ihre Forderungen
sowo]il in diesem Konkurs, als in dem auf den Nachlafs bezüg-
lichen Verfahren (Nachlafskonkurs oder Nachlafsverwaltung) gel-
tend machen. Das Verhältnis ist hier dasselbe, wie wenn über
das Vermögen des Erben Konkurs eröffnet wird. Daher werden
die Gläubiger mit unbeschränkter Haftung auch im Konkurse
über das Vermögen des Mannes auf die Forderung des im Nach-
lafskonkurs erlittenen Ausfalls beschränkt etc. (§ 234 Abs. 2).
Die Vorschriften des § 234 Abs. 1 finden ferner entsprechende
Anwendung in dem Konkurs über das Vennögen des überlebenden
Ehegatten im Falle der fortgesetzten Gütergemeinschaft, wenn
auch über das Gesamtgut das Konkursverfahren eröffnet oder eine
Gesamtgutsverwaltung nach Art der Nachlafsverwaltung an-
geordnet wird (vgl. § 1489 B.G.B. mit §§ 1975 flf. B.G.B., § 236
K.O.). In dem Konkurse über das Vermögen des überlebenden
Ehegatten können also die Gesamtgutsgläubiger, denen der über-
lebende Ehegatte unbeschränkt haftet, ihre Forderungen nur in
der oben bezeichneten Weise, d. i. mit dem Betrage des Ausfalls
gelt-end machen, den sie im Gesamt gutskonkurse erleiden.
4. Die Forderung mufs zur Zeit der Konkurseröffnung
begründet sein. Eine Forderung ist begründet, wenn die sämt-
lichen Momente des Thatbestandes gegeben sind, an den das mate-
rielle Recht (Privatrecht oder öffentliches Recht) die Entstehung
der Forderung knüpft. Es genügt nicht, dafs die Forderung aus
einem vor der Konkurseröffnung vorhandenen Rechtsverhältnisse
entsteht, wenn die die Forderung begründenden Umstände erst
nachher eingetreten sind.
Im einzelnen ergiebt sich:
a) Betagte Forderungen^® sind schon zur Zeit dfer Konkurs-
eröffnung begründet, können daher im Konkurse geltend gemacht
werden; verzinsliche zu ihrem vollen Nennwert, unverzinsliche zu
dem Betrage, der mit Hinzurechnung der gesetzlichen Zinsen für
die Zeit von der Eröffnung des Verfahrens bis zur Fälligkeit dem
vollen Betrag der Forderung gleichkommt (§ 65) ^*. Diese Be-
1' Betagte Forderuugen sind auch diejenigen, deren FäUigkeit von einer
Kündigung abhängt.
1^ Die fiktive Ausdrucksweise des § 65 Abs. 1 „Betagte Forderungen
gelten als fällig*^ darf nicht geprefst werden; das Gesetz bestimmt nicht, dafs
jede Konkursforderung fäUig wird, sondern nur, dafs sie trotz der Betagung
im Konkurse geltend gemacht werden kann. Gegenüber einem Mitverpflich-
teten, der sich nicht im Konkurse befindet, wird die Forderung nicht fällig;
48 £rstes Hauptstück.
rechiiung setzt einen bestimmten Fälligkeitstermin voraus (dies
certiis an certus quando) ; ist der Termin unbestimmt (dies certus
an incertus quando), so ist der Wert 3er Forderung nach freiem
Ermessen zu schätzen (§ 69).
Ansprüche auf wiederkehrende erst nach der Konkurseröffnung
fällig werdende Leistungen sind Konkursforderungen nur, wenn
die Leistung nicht Vergütung für eine nach der Konkurseröffnung
erfolgende Leistung an den Gemeinschuldner oder an den Ver-
walter ist. Daher sind der Anspruch des Vermieters oder Ver-
pächters auf den Miet- oder Pachtzins für die Zeit nach der Er-
öffnung des Verfahrens und der Anspruch des Versicherers für die
auf diese Zeit entfallende Prämie keine Konkursforderungen.
Wegen der seit der Eröffnung des Verfahrens laufenden Zinsen
ö. u. S. 57 bei litt. a.
Der Anspruch auf Gewährung einer Leibrente (§§ 759 bis 761
B.G.B.), mag er auf Vertrag oder auf Verfügung von Todeswegen
beruhen, ist Konkursforderung auch in Ansehung der nach
der Eröffnung des Verfahrens fällig werdenden
Beträge.
Ebenso der gesetzliche Anspruch auf Entrichtung einer Geld-
rente nach §§ 843 bis 845 B.G.B. oder nach § 7 des Haftpflicht-
gesetzes in der Fassung des Art. 42 E.G. z. B.G.B. Es ist nicht
erforderlich, dafs die Verpflichtung zur Entrichtung einer solchen
Rente vor der Konkurseröffnung durch Urteil festgestellt worden ist.
Ansprüche auf die nach §§ 912 bis 918 B.G.B. als Entschädi-
gung für einen Überbau oder einen Notweg zu entrichtende Geld-
rente und Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen aus Real-
lasten (§§ 1105 fl'. B.G.B.) können als Konkursforderungen nur in-
soweit in Betracht kommen , als der Gemeinschuldner auch per-
vgl. R.G. Entsch. III S. 356. Die FordeniDg eines Absonderungsberechtigten
als solche wird ebenfalls nicht fallig, sondern nur die etwaige Ausfalls-
forderung. — Der gesetzliche Zinsfufs beträgt 4^lo (§ 246 B.G.B.) und bei
beiderseitigen Handelsgeschäften 5% (§ 352 fl.G.B.) auf das Jahr. — Über
die verschiedenen, an die Namen Carpzow, Leibnitz, Hoffmann an-
knüpfenden Methoden, den Zwischenzins (intemsurium) zu berechnen s.
Windscheid, Fand. II § 274 N. 4, Dernburg, Fand. II § 87 N. 4. . Die
K.O. folgt, wie das B.G.B. §§ 1133, 1217 Abs. 2, der Hoffmann 'sehen
Methode. Ist x der zu ermittelnde Betrag, n der volle Betrag der Forderung,
a die Zahl der Tage von der Konkurseröffnung bis zur Fälligkeit, so ergiebt
sich bei 4^/0 Zinsen: n = x X ö^-^-^t^J 36500 n = 36500 x X x 4 a;
36500 n
36500 + 4a
§ 12. IL Die Konkarsgläubiger. 49
sönlich haftet. Da er nur für die Während der Dauer seines
Eigentums fällig werdenden Leistungen persönlich haftet (§§ 914
Abs. 3, 1108 B.G.B.), können Ansprüche auf nach der Konkurs-
eröffnung fällig werdende Leistungen nur Konkursforderungen
sein, wenn sie vor der Veräufserung des Grundstücks fällig werden.
Wegen des für diese Forderungen bestehenden Absonderungsrechts
können sie als Konkursforderungen nur bei Verzicht auf das Ab-
sonderungsrecht oder in der Höhe des Ausfalls geltend gemacht
werden. Mit diesen Einschränkungen sind aber die Ansprüche auf
die nach der Konkurseröffnung fällig werdenden Leistungen Konkurs-
forderungen.
Unterhaltsansprüche, die einem Ehegatten, einem Ver-
wandten oder einem unehelichen Kinde kraft Gesetzes (§§ 1351,
1852, 1360, 1361, 1578 bis 1583, 1586, 1601 bis 1615, 1708 bis 1714
B.G.B.) gegen den Gemeinschuldner zustehen , und die den
Unterhaltsansprüchen gleichgestellten gesetzlichen Ansprüche der
Mutter des unehelichen Kindes nach §§ 1715, 1716 B.G.B. können
für die Zeit nach Eröffnung des Konkurses nicht geltend gemacht
werden; dies gilt auch für die im Voraus zu bewirkenden Lei-
stungen, die zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens fällig waren
(§ 3 Abs. 2). Dieser Bestimmung, die eine alte Streitfrage im
Sinne der herrschenden Lehre entscheidet, liegt die Anschauung
zu Grunde, dafs derartige Ansprüche mit dem Eintritt des je-
weiligen Bedürfnisses neu entstehen, wenngleich das Verhältnis,
vermöge dessen der Gemeinschuldner unterhaltspflichtig ist, schon
vor der Konkurseröffnung bestanden hat. Der Umstand, dafs die
Unterhaltsverpflichtung durch Entrichtung einer Geldrente zu er-
füllen ist (§§ 1361, 1580, 1612 B.G.B.), ändert an der Natur der
Ansprüche nichts. Ebensowenig die Feststellung durch Vertrag
oder durch Urteil.
In dem Konkurse des Erben und in dem Konkurse über den
Nachlafs des Verpflichteten können die bezeichneten Ansprüche
auch für die Zeit nach der Eröffnung des Verfahrens geltend ge-
macht werden (§§ 3 Abs. 2, 226 Abs. 1). Natürlich nur, soweit
sie nicht durch den Tod des Verpflichteten erloschen sind (vgl.
§§ 1615, [1360 Abs. 3], 1712 B.G.B.). Die gesetzlichen Unterhalts-
ansprüche, die den Tod des Verpflichteten überdauern, entstehen von
diesem Zeitpunkt an nicht mehr neu nach Bedürfnis und Leistungs-
fähigkeit, sondern sie werden nach den Verhältnissen bemessen, die
zur Zeit des Todes des Verpflichteten bestehen, und belasten in diesem
Umfang den Nachlafs bzw. den Erben. Es entfällt daher im Erben-
Binding, Handbaoh IX 3: L. Seuffert, Konkiirspros^fsrecht. 4
50 Erstes Hauptstück.
und im Nachlafskonkurs der Grund, der dazu führt, die Geltend-
machung jener Ansprüche auf die Zeit vor der Konkurseröffnung
zu beschränken".
Unterhaltsansprüche, die auf Rechtsgeschäft O'^i'^^'^g oder
Verfügung auf den Todesfall) beruhen, sind nicht grundsätzlich
für die Zeit nach der Konkurseröffnung ausgeschlossen. Man wird
unterscheiden müssen. Ist die Verpflichtung nach dem Rechts-
geschäfte unabhängig von Bedürfnis und von Leistungsfähigkeit
(und das ist im Zweifel anzunehmen), so ist der Anspruch wie
eine Leibrente zu behandeln. Anderenfalls wie ein gesetzlicher
Unterhaltsanspruch, da die Rechtslage dieselbe ist, wie bei den
gesetzlichen TJnterhaltsansprüchen.
Soweit hiernach Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen für
die Zeit nach der Eröffnung des Verfahrens Konkursforderungen
sind, sind die Leistungen zu kapitalisieren und die Ansprüche in
dieser Gestalt im Konkurse geltend zu machen. Sind die Lei-
stungen nach ihrem Betrage und nach ihrer Zeitdauer bestimmt,
so werden sie unter Abrechnung der Zwischenzinsen (§ 65 Abs. 2)
durch Zusammenzählung der einzelnen Hebungen kapitalisiert.
Der Gesamtbetrag darf den zum gesetzlichen Zinsfufs kapitali-
sierten Betrag derselben nicht übersteigen (§ 70). Sind die Lei-
stungen nach ihrem Betrage oder nach ihrer Zeitdauer unbestimmt,
so sind sie nach ihrem wahrscheinlichen Werte in Geld anzuschlagen
(§ 69). Die Veranschlagung ist zunächst Sache des Gläubigers.
Wird dem angemeldeten Betrage widersprochen, so erfolgt die Fest-
stellung nach § 146".
Die aus Anlafs der Geltendmachung im Konkurse vollzogene
und festgestellte Kapitalisierung eines Anspruchs auf wieder-
" Vgl. Begr. d. Nov. S. 51, Komm.-Ber. dazu S. 6fF. — Aus dem Texte
folgt, dafs ein uneheliches Kind in diesen Konkursen seinen Unterhaita-
anspruch für die ganze Zukunft geltend machen kann. Für die anderen
Unterhaltsansprüche ist die Sache blofs in Ansehung der im Zeitpunkt der
Konkurseröffnung fölligen Leistungen für die sp&tere Zeit bedeutsam (arg.
§ 1615 B.G.B.).
'^ Eine Abänderung der im Prüfungstermine oder später erfolgten Fest-
stellung kann nach Analogie des § 328 C.Pr.O. im Wege der Klage verlangt
werden, wenn eine wesentliche Veränderung derjenigen Verhältnisse ein-
getreten ist, welche für die Festsetzung der Leistungspflicht oder für die
Kapitalsveranschlagung mafsgebend waren. Dies kann insbesondere bei den
Ansprüchen auf Entrichtung einer Geldrente nach §§ 843 bis 845 B.G.B. oder
nach § 7 Haftpfl.-Ges. vorkommen. Zu dem Verlangen ist berechtigt, wer
die Konkursforderung bestreiten kann.
§ 12. n. Die Konkursgläubiger. 51
kehrende Leistungep bleibt auch nach Beendigung des Konkurses
mafsgebend. Weder der Gläubiger noch der Schuldner kann ein-
seitig die Kapitalisierung rückgängig machen.
b) Forderungen unter einer auflösenden Bedingung sind
Konkursforderungen und werden im Konkursverfahren wie un-
bedingte geltend gemacht (§ 66). Tritt die Bedingung während
des Konkurses ein, so endigt die Forderung (§ 158 Abs. 2 B.G.B.).
Die Beendigung kann der Verwalter je nach der Lage des Ver-
fahrens durch Bestreiten der Forderung oder durch Widerspruchs-
klage gegen die festgestellte Forderung (§ 767 C.Pr.O.) geltend
machen. Hat eine Verteilung stattgefunden, so kann der Verwalter
das Geleistete als ungerechtfertigte Bereicherung zur Masse
zurückfordern. Tritt die Bedingung nach Beendigung des Kon-
kurses ein, so haben die einzelnen Konkursgläubiger, die durch
die Konkurrenz des Gläubigers mit der bedingten Forderung in
der Konkursdividende beeinträchtigt wurden, ein Rückforderungs-
recht.
Hatte der Gemeinschuldner das Recht, die Erfüllung von einer
Sicherheitsleistung des Gläubigers abhängig zu machen, so darf
der Verwalter die Konkursdividende nicht auszahlen, bevor die
Sicherheit geleistet ist (§ 168 Nr. 4). Die Verpflichtung zur Sicher-
heitsleistung ist als Einwendung gegen die Forderung im Prüfungs-
teriuine geltend zu machen. Räumt der Gläubiger die Verpflich-
tung nicht ein, so ist die Forderung so, wie sie angemeldet ist,
bestritten; der Streit ist nach § 146 auszutragen".
c) Forderungen unter aufschiebender Bedingung sind
ebenfalls Konkursforderungen *®, berechtigen aber nur zu einer Siche-
ning (§ 67). Dieses Recht auf Sicherung besteht im Konkurse, auch
wenn der Gläubiger aufserhalb des Konkurses keine Sicherung ver-
langen kann. Es besteht auch, wenn die Bedingung bereits ent-
schieden, das Ergebnis aber noch unbekannt ist ".
Die bedingte Forderung ist zu ihrem vollen Betrag (arg. § 154
" Vgl. die Mot. S. 279. A. M. Oetker, Grundbegr. I S. 462, der eine
Feststellungsklage nach § 256 C.Pr.O. für nötig erachtet, weil die Anmeldung
nicht Befriedigung, sondern Feststellung verlange. Dies ist aber nicht richtig.
Die Anmeldung verlangt Teilnahme an der konkursmäfsigen Befriedigung.
*^ So auch nach dem früheren gem. Recht. Vgl. Salgado I 8 nr. 26 ff.,
Brunnemann c. 2 § 7, Dabelow S. 527, Bayer § 52, Fuchs, Concurs-
verf. S. 43 N. 1.
1» Vgl. Entw. IIa e. B.G.B. Anm. 2 zu § 133; Komm.Prot. (Achilles) 1. Lief.
Ö. 182.
4*
52 Erstes HauptstQck.
Abs. 1) im Konkurse geltend zu machen, aber als bedingte. Wird
sie als unbedingte geltend gemacht, so kann sie bestritten werden.
Der Streit ist nach § 146 auszutragen.
Das Stimmrecht in der Gläubigerversammlung bemifst sich
nach § 96. Bei einer Abschlagsverteilung wird die bedingte Forde-
rung zu dem Betrage berücksichtigt, der auf die unbedingte
Forderung fallen würde (§ 154 Abs. 1); der Anteil wird aber
nicht ausbezahlt, sondern zurückbehalten, bis der Eintritt der Be-
dingung nachgewiesen wird (§ 168 Nr. 2). Bei der Schlufsverteilung
wird die bedingte Forderung ebenfalls mit ihrem vollen Betrage
berücksichtigt und der Anteil bis zur Entscheidung der Bedingung
hinterlegt; die Berücksichtigung ist jedoch hier ausgeschlossen,
wenn die Möglichkeit des Eintritts der Bedingung so entfernt ist,
dafs die bedingte Forderung einen gegenwärtigen Vermögenswert
nicht hat (§ 154 Abs. 2)*^ Wenn der Konkursverwalter eine be-
dingte Forderung aus diesem Grunde bei der Schlufsverteilung
nicht berücksichtigt, so kann der Gläubiger dadurch, dafs er Ein-
wendungen gegen das Schlufsverzeichnis erhebt, eine Entscheidung
des Konkursgerichts darüber herbeiführen (§ 162).
Bei Eintritt der Bedingung erhält der Gläubiger die Stellung
eines Gläubigers mit unbedingter Forderung. Die Dividende ist
ihm also auszuzahlen. Verweigert der Verwalter nach Eintritt
der Bedingung die Auszahlung, so stehen dem Gläubiger die-
selben Rechte zu, wie einem anderen Gläubiger, dem der Ver-
walter die auf ihn entfallende Dividende verweigert.
Bei Ausfall der Bedingung hört die Forderung auf und damit
die Berechtigung des Gläubigers zur Teilnahme am Konkursverfahren.
Zurückbehaltene Anteile werden für die Schlufsverteilung verfügbar.
Streitigkeiten darüber, ob die Bedingung ausgefallen ist, sind nach
§§ 158, 162 auszutragen. Hat die Schlufsverteilung stattgefunden,
so bleibt nur Beschwerde gegen den Gerichtsbeschlufs übrig, der
wegen Ausfalls der Bedingung eine Nachtragsverteilung anordnet.
Bedingte Forderung und als solche im Konkurse geltend zu
machen ist auch die Forderung, die einem Mitschuldner des Ge-
meinschuldners oder jemandem, der sich für den Gemeinschuldner
verbürgt hat, gegen den Gemeinschuldner für den Fall zusteht,
dafs der Mitschuldner oder der Bürge den Gläubiger befriedigt,
vorausgesetzt, dafs das Regrefsrecht auf einem zur Zeit der
Konkurseröffnung bereits begründeten Rechtsverhältnis des Regrefs-
w Vgl. § 1986 Abs. 2 B.G.B.
§ 12. II. Die Konkursgläubiger. 53
nehmers zu dem Gemeinschuldner beniht, z. B. auf Gesellschaft,
auf Auftrag oder auf Ausstellung, Indossierung oder Accept eines
Wechsels. Ergiebt sich dagegen das Regrefsrecht nur zufolge des
vertragsmäfsigen oder gesetzlichen Übergangs der Forderung auf
den Regrefsberechtigten („ex iure cesso"), dann besteht vor dem
Übergang auch nicht ein bedingtes Forderungsrecht gegen den
Gemeinschuldner; eine Beteiligung des Regredienten am Kon-
kurse ist nur in der Weise möglich, dafs er als Rechtsnachfolger
des befriedigten Gläubigers die Forderung anmeldet oder, wenn
sie von diesem angemeldet war, an dessen Stelle eintritt^*.
Neben dem Gläubiger, durch dessen Befriedigung der Mit-
schuldner oder der Bürge ein Regrefsrecht gegen den Gemein-
schuldner erlangen kann, darf sich dieser nicht am Konkurse be-
teiligen; denn der Gemeinschuldner schuldet den Betrag nur ein-
mal. Der bedingt Berechtigte mufs hinter dem unbedingt Berech-
tigten zurückstehen '". Daher hat der eventuell Regrefsberechtigte
ein Recht auf Sicherung seiner bedingten Forderung nur unter
der Voraussetzung, dafs sich nicht der Gläubiger am Konkurse
beteiligt. Macht er sein Recht auf Sicherung neben dem Gläubiger
geltend, so kann es mit Erfolg bestritten werden. Ebenso, wenn
er nicht anerkennt, dafs seine Teilnahmeberechtigung davon ab-
hängt, dafs sich nicht der Gläubiger weiterhin am Konkurse
beteiligt. Der eventuelle Regrefsanspruch kann nur als ein
solcher festgestellt werden, der wegfällt, wenn der Gläubiger sich
beteiligt.
Als bedingte Forderung können Ansprüche aus den in §§ 2177,
2178 B.G.B. angeführten Vermächtnissen geltend gemacht werden,
wenn der Erbfall vor der Konkurseröffnung liegt. Zwar fallen
diese Vermächtnisse erst mit dem Eintritt der Bedingung des
Termins* etc. an; aber für die Zeit zwischen dem Erbfalle und
dem Anfalle kommt dem Bedachten die Stellung eines Gläubigers
*^ Über das frühere gem. Recht a. Günther, Konkurs S. 61, Girtanner,
Bürgschaft S. 529ff., Wen dt, Das bedingte Forderungsrecht S. lOff., S.A. XI
Nr. 818, XXVII Nr. 284, speciell über Wechselregrefsrechte Entsch. des
R.O.H.G. XXrV S. 1 fiF., preufs. O.Tr. Nr. XXX Nr. 174. — Die preufs. K.O.
Y. 1855 § 86 schlofs die eventuell Regrefsberechtigten positiv aus; vgl. dazu
Strieth. Arch. XLI S. 829, XLIU S. 146. XLVI S. 823. Gegen diesen Stand-
punkt polemisieren die Mot. S. 282 f.
M Vgl. R.G.Entsch. IX S. 75, XIV S. 172 (verein. CS.). Unrichtig R.G.-
Entsch. Vn S. 80. Vgl. a. Code de comm. art. 538, 544 (i. d. Fass. d. Fall.-
Ges.); öst. K.O. § 18 Abs. 2.
54 Erstes Hauptstück.
ZU, der eine Forderung unter einer aufschiebenden Bedingung hat
(arg. § 2179 B.G.B.).
Dadurch, dafs die Erfüllung der Bedingung von dem Gemein-
schuidner abhängt, wird die Geltendmachung der bedingten Forde-
rung im Konkurse nicht ausgeschlossen. Nur wenn als Bedingung
das pure Wollen des Gemeinschulduers oder eine Handlung gesetzt
ist, die nichts anderes als der Ausdruck dieses Wollens ist, ist
die Forderung keine Konkursforderung, und zwar weil in diesen
Fällen die Forderung erst durch die Willenserklärung des Gemein-
schuldners begründet wird^®. Hiernach kann der Anspiiich auf
eine noch nicht verfallene Vertragsstrafe als bedingte Forderung
im Konkurse geltend gemacht werden, wenn die Strafe während
des Konkurses verfallen kann. Dies ist möglich, wenn die Ver-
bindlichkeit, auf deren Nichterfüllung oder nicht gehörige Er-
füllung die Strafe gesetzt ist , keine Konkursforderung ist , weil
sie nicht aus dem Vermögen des Gemeinschuldners zu erfüllen ist,
z. B. eine Verbindlichkeit zu persönlichen Dienstleistungen. Es
ist nicht möglich, wenn die durch das Strafversprechen gesicherte
Forderung eine Konkursforderung ist; denn die Strafe verfällt
nicht dadurch, dafs die Verbindlichkeit vom Verwalter nur nach
Mafsgabe des Konkursrechts erfüllt wird, und sie kann auch nicht
dadurch zu Lasten der Konkursmasse verfallen, dafs der Gemein-
schuldner unterläfst, sie aus seinem konkursfreien Vermögen zu
erfüllen ^*. Steht jedoch dem Gläubiger ein als Konkursforderung
geltend zu machender Anspruch auf Schadensersatz wegen Nicht-
erfüllung zu, so kann er die verwirkte Strafe als Mindestbetrag
des Schadens im Konkurse anmelden (arg. § 340 Abs. 2 B.G.B.).
Dies ist der Fall, wenn der Konkursverwalter die Erfüllung eines
zweiseitigen Vertrags ablehnt (§§ 17, 20 Abs. 2)^*.
Der Ansi)ruch einer Partei auf Erstattung von Prozefskosten
ist durch die die Kosten verursachende Handlung begründet unter
2« Vgl. Fitting § 8 N. 24, Endemann S. 493, Oetker, Grundbegr. I
S. 157, teilweise auch Petersen u. Klein feller §60 N. 8. A.M. die Mot.
S. 279, wonach eine Bedingung, deren Erfüllung auf eine Thätigkeit des
Gemeinschnldners gestellt ist, die Forderung von der Teilnahme am Konkurse
auBschliefsen soll, weil jede Rechtshandlung, die der Gemeinschuldner nach der
Eröffiiung des Verfahrens vomimmt, den Konkursgläubigem gegenüber un-
wirksam ist. Aber die die Bedingung erfüllende Handlung oder Unterlassung
dürfte nicht als Kechtshandlung im Sinne des § 7 zu erachten sein.
«* Vgl. Oetker, Grundbegr. I S. 154.
2B Vgl. R.G.Entsch. XXI S. 6, XXVI S. 94.
§ 12. 11. Die Konkursgläubiger. 55
der Bedingung, dafs der Gegner zur Kostentragung rechtskräftig
verurteilt wird oder sich dazu verpflichtet. Hiernach ist der
Anspruch auf Erstattung von Kosten für Handlungen, die nach
der Eröffnung des Verfahrens vorgenommen werden, keine Kon-
kursforderung , wogegen der Anspruch auf Erstattung von Kosten,
die vor der Eröffnung erwachsen sind, als bedingte Forderung im
Konkurse geltend gemacht werden kann, wenn die Erstattungs-
pflicht des Gemeinschuldners noch nicht feststeht. Die Bedingung
kann nur durch die nachträgliche Verurteilung des Gemein-
schuldners in die Kosten erfüllt werden, da eine vertragsmäfsige
Übernahme durch den Gemeinschuldner gegenüber den Konkurs-
gläubigem unwirksam ist (§ 7). Ob und wie der Liquidant die
Verurteilung herbeiführen kann, ist eine Frage für sich. Prozesse,
die durch die Konkurseröffnung nicht berührt werden, können fort-
geführt werden; auch unterbrochene Prozesse können unter Um-
ständen von dem und gegen den Gemeinschuldner betrieben werden.
Bei Eintritt des Verwalters in den Prozefs sind alle Kosten Masse-
schulden, wenn der Verwalter zur Tragung der Kosten verurteilt
wird. Wegen der Kosten, die den einzelnen Gläubigem durch
ihre Teilnahme am Konkursverfahren erwachsen s. u. S. 57 litt. b.
Entsprechend verhält es sich mit den Ansprüchen des Staates
auf Gerichtskosten in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und in
Strafsachen. Solche Ansprüche entstehen aus der Vornahme
gewisser Handlungen, entweder unbedingt oder bedingt durch eine
nachfolgende, die Kostenpflicht aussprechende Entscheidung (vgl.
G.K.G. §§ 86 bis 92). Soweit die Kostenpflicht von einer Ent-
scheidung abhängt, kann die Forderung im Konkurse nur als
bedingte geltend gemacht werden, wenn die Entscheidung erst
nach der Eröffnung des Verfahrens erlassen oder rechtskräftig
wird. Soweit dagegen die Kostenpflicht von der Übernahme der
Kosten oder von der Abforderung eines Vorschusses abhängt, ist
der Anspmch keine Konkursforderung, wenn die Ubemahme oder
die Abforderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens er-
folgt.
d) Konkursforderung ist der Anspruch aus einem Wechsel,
den der Gemeinschuldner vor der Konkurseröffnung acceptiert
hatte, auch wenn die Unterschrift des Trassanten und der sonstige
zur Ausfüllung nötige Inhalt des Wechsels erst nach der Er-
öffnung des Verfahrens beigefügt worden ist. Zwar gehört die
Ausfüllung zur EntstehuQg der Wechselverbindlichkeit; aber der
Acceptant hat sich durch das Blancoaccept verpflichtet, sich so
56 Erstes Hauptstück.
behandeln zu lassen, wie wenn er einen fertigen Wechsel acceptiert
hätte, und kann daher dem Nehmer des Blancoaccepts und seinen
Nachmännern nicht entgegenhalten, dafs der Wechsel erst später
fertig geworden ist. Daran wird durch die Konkurseröffnung nichts
geändert *•.
5. Wird über das Vermögen mehrerer Personen, welche neben
einander auf das Ganze haften (Gesamtschuldner, vgl. §§421,
431 B.G.B. oder Hauptschuldner und selbstschuldnerischer Bürge
vgl. § 773 Abs. 1 Nr, 1 B.G.B.) Konkurs eröffnet, so kann der
Gläubiger in jedem der Konkurse die Forderung auf die ganze
Leistung geltend machen, die er zur Zeit der Eröffnung des Ver-
fahrens zu fordern hat*^. Dies ergiebt sich aus dem Wesen der
Gesamtschuld (§ 421 B.G.B.). Mit dem zur Zeit der Konkurs-
eröffnung bestehenden Betrage bleibt der Gläubiger in jedem der
mehreren Konkurse Konkursgläubiger bis zu seiner vollen Be-
friedigung. Die nach der Konkurseröffnung aus dem anderen
Konkurse oder sonstwoher geleisteten Teilzahlungen werden bei
der Berechnung der Konkursdividende nicht abgezogen. Erst
wenn der Gläubiger vollständig befriedigt ist, erlischt mit seiner
Fordening auch das Recht, sich am Konkurse zu beteiligen (§ 68).
Entsprechend verhält es sich, wenn über das Vermögen eines
von mehreren neben einander auf das Ganze haftenden Personen
Konkurs eröffiiet wird. Der Gläubiger kann in dem Konkurse
seine Forderung auf die ganze Leistung geltend machen, die er
zur Zeit der Konkurseröffnung zu fordern hat, und bleibt ohne
Rücksicht auf spätere Teilzahlungen mit diesem Betrage Konkurs-
gläubiger bis zu seiner vollen Befriedigung (§ 68).
Die Besonderheit gegenüber dem aufserhalb des Konkurses
geltenden Rechte liegt darin, dafs die nach der Konkurseröffnung
erfolgende teilweise Erfüllung der Schuld die Forderung gegen
den Gesamtschuldner nicht mindert, während aufserhalb des Kon-
kurses jede Teilzahlung die Forderung gegenüber den übrigen
Schuldnern reduziert (arg. § 422 Abs. 1 B.G.B.). Aus dem Wesen
der Gesamtschuld folgt diese Besonderheit nicht; aber sie ent-
spricht der Billigkeit; denn ohne die Vorschrift des § 68 müfste
" Vgl. V. Wilmowski § 2 N. 1 III, Petersen u. Kleinfeiler § 2
N. IV 3, Oetker, Grundbegr. I S. 153, pr. O.Tr. Strieth. Arch. LX S. 292,
R.O.H.Ö. Entach. XIV S. 54 ff.
^"^ Was er vorher als Teilzahlung aus dem anderen Konkurse oder sonst
woher erhalten hat, mufs er abziehen.
§ 12. II. Die Konkursgläubiger. 57
der Gläubiger bei Insolvenz aller Schuldner immer einen Verlust er-
leiden, auch wenn die mehreren Konkursmassen zusammen mehr
als 100 Prozent Dividende ergeben^®.
Wurde dem Gläubiger aus einer Konkursmasse mehr bezahlt
als seine Fordeiiing beträgt, so kann der Verwalter desjenigen
Konkurses, aus welchem die Zuvielzahlung erfolgte, den Uber-
schufs als ungerechtfertigte Bereicherung zurückfordern.
Das Regrefsrecht einer Konkursmasse gegen die andere oder
gegen den nicht im Konkurse befindlichen Mitschuldner (vgl. §§ 426,
774 B.G.B.) ist durch die Vorschrift des § 68 nicht berührt.
Haftet dem Gläubiger aufser den Mitschuldnern ein Gegen-
stand, so kommt für das Konkursverfahren, zu dessen Masse
dieser Gegenstand gehört, neben dem § 68 auch der § 64 zur An-
wendung.
6. Durch i)Ositive Bestimmung sind von der Teilnahme am Kon-
kurse ausgeschlossen und daher keine Konkursforderungen :
a) der Anspruch auf die seit der Eröffnung des Verfahrens
laufenden Zinsen, einerlei ob der Anspruch auf Vertrag oder auf
Gesetz beruht (§ 68 Nr. 1);
b) der Anspruch auf Erstattung der Kosten, die den einzelnen
Gläubigem durch ihre Teilnahme am Verfahren erwachsen (§ 68
Nr. 2). Dazu gehören die Kosten des Eröflftiungsantrags ;
c) der Anspruch auf eine Geldstrafe (§ 63 Nr. 3), einerlei
ob die Strafe Kriminal-, Disciplinar-, Zwangs- oder Ordnungs-
strafe ist. Auch Strafen, die von einer Korporation gegen ihre
Mitglieder verhängt werden, gehören dazu, soweit sie nicht Ver-
tragsstrafen im Sinne des § 889 B.G.B. sind.
Keine Geldstrafe ist die Einziehung*^ und die Verfalls-
erklärung, auch wenn an Stelle des ursprünglichen Gegenstandes
der Wert tritt ®®. Ebensowenig die Bufse, weil sie Entschädigung,
wenn auch mit pönaler Färbung ist.
^ Zu der erst von der Beichstagskommission K.Pr. S. 55 ff., 131 be-
schlossenen Ausdehnung der Vorschrift auf den Fall des Konkurses eines
Mitschuldners liegt eigentlich kein Bedürfnis vor.
» §§ 40, 295, 296 a, 360 Abs. 2, 367 Abs. 2, 369 Abs. 2 St.G.B. und andere
Gesetze. Die Einziehung kann ein Aussonderungsrecht begründen.
»« § 835 St.G.B.; Art. 11 B.G. betr. d. Erheb, e. Abg. v. Salz vom 12.0kt-
1869 (B.G.Bl. S. 41); Art. 6 d. G. betr. d. Sicherung der Zollvereinsgrenze v.
1. Juli 1869 (B.G.Bl. S. 356). Die Forderung des Wertes ist Surrogat des
nicht zu realisierenden Eigentums; vgl. Nissen, Die Einziehung, in Strafsb.
Festg. f. Plank S. 106 ff. — A.M. Oetker, Grundbegr. I S. 163 u. a.
58 Erstes Hauptetück.
Die Geldstrafen sind ausgeschlossen, weil sie die konkur-
rierenden Gläubiger mehr als den Schuldner träfen^*.
d) Forderungen aus einer Freigebigkeit des Gemeinschuldners
unter Lebenden oder von Todeswegen (§ 63 Nr. 4). Die Aus-
schliefsung beruht auf Billigkeitserwägungen. Die Gläubiger, deren
Forderung auf Freigebigkeit beruht, sollen die anderen Gläubiger
nicht in der Dividende schmälern.
Nicht jede unentgeltliche Zuwendung ist Freigebigkeit, sondern
nur diejenige, welche in der Absicht erfolgt, den Erwerber aus
dem Vermögen des Zuwendenden zu bereichern. Dazu gehören
die Stiftung (§ 82 B.G.B.), die Schenkung (§§ 516, 517 B.G.B.),
das Vermächtnis (§ 1939 B.G.B.) und nach Umständen die Zu-
wendung durch Auflage (§§ 524, 1940 B.G.B.). Auf den Grund,
der den Zuwendenden zu der Freigebigkeit bestimmt (Wohlthätig-
keit, Dankbarkeit, Fiitelkeit, egoistisches Interesse etc.) kommt es
nicht an. Die sog. Gelegenheitsschenkung ist nicht ausgenommen.
Das Versprechen des Vaters oder der Mutter, der Tochter eine
Aussteuer zu gewähren, ist kein Schenkungsversprechen, wenn der
Versprechende zu der Gewährung verpflichtet ist (arg. § 1620
B.G.B.). Das Versprechen, dem Kinde eine Ausstattung zu geben,
ist insoweit Schenkungsversi)rechen , als die versprochene Aus-
stattung das den Umständen, insbesondere den Vermögensverhält-
nissen des Vaters oder der Mutter entsprechende Mafs übersteigt
(§ 1624 Abs. 1 B.G.B.). Das Versprechen einer Aussteuer oder
einer Ausstattung, das ein Anderer als der Vater oder die Mutter
giebt, ist stets Schenkungsversprechen.
Die Zuwendung eines Wittums oder Leibgedings in einem
Ehe- oder Erbvertrag ist Schenkung oder Vermächtnis, wenn sie
unentgeltlich aus dem Vermögen des Zuwendenden erfolgt^*.
Da nur die Forderungen aus einer Freigebigkeit des Gemein-
schuldners ausgeschlossen sind, können solche Forderungen im
Konkurse über das Vermögen des Erben geltend gemacht werden.
Ob und wieweit der Erbe mit diesem Vermögen haftet, ist eine
andere Frage.
Im Nachlafskonkurs können Forderungen auf die seit der
EröflFnung des Verfahrens laufenden Zinsen, auf die gegen den
Erblasser erkannten Geldstrafen und aus Freigebigkeiten des Erb-
" Vgl. Mot. S. 270. — Wegen des früheren Rechts s. Vangerow, Fand.
III § 594.
«» Vgl. die Mot. S. 271.
§ 12. II. Die Konkursgläubiger. 59
lassers geltend gemacht werden (§ 226 Abs. 2 Nr. 1 bis 3). Im Nach-
lafskonkurs können nämlich auch Pflichtteilsrechte, sowie Ansprüche
aus Vermächtnissen und Auflagen geltend gemacht werden (§ 226
Abs. 2 Nr. 4, 5). Vor diesen Verbindlichkeiten müssen aber die
von dem Erblasser selbst herrührenden Schulden berichtigt werden.
Daher sind die Gläubiger des Erblassers, die zu dessen Lebzeiten
durch die Vorschrift des § 63 Nr. 1, 2, 4 vom Konkurse aus-
geschlossen sind, zum Nachlafskonkurse zugelassen.
Die Vorschriften des § 226 finden im Konkurs über das
Gresamtgut, der bei fortgesetzter Gütergemeinschaft eröffnet worden
ist , entsprechende Anwendung (§ 236 Satz 1). Von den in § 226
Abs. 2 Nr. 1 bis 5 aufgeführten Gläubigern sind jedoch die Zins-
gläubiger (Nr. 1), die Geldstrafengläubiger (Nr. 2) und die Frei-
gebigkeitsgläubiger (Nr. 3) durch die Vorschrift des § 236 Satz 2
wieder ausgeschlossen, wenn die Verbindlichkeit keine Gesamt-
gutsverbindlichkeit der ehelichen Gütergemeinschaft war. Die Gläu-
biger der Nr. 4 und der Nr. 5 sind Konkursgläubiger, soweit der
Pflichtteil, das Vermächtnis etc. aus dem Gesanitgut geschuldet wird.
7. Keine Konkursgläubiger sind ausländische Gläubiger,
die durch eine auf Grund des § 5 Abs. 2 erlassene Anordnung von
der Teilnahme am Konkurse ausgeschlossen sind. Sonst stehen
ausländische Gläubiger den inländischen gleich (§ 5 Abs. 1)®*.
Jene Anordnung kann unter Zustimmung des Bundesrats vom
Reichskanzler erlassen werden, wenn der ausländische Staat die
deutschen Gläubiger im Konkurse schlechter stellt als die ein-
heimischen. Sie kann bestimmen, dafs gegen den ausländischen
Staat sowie dessen Angehörige und ihre Rechtsnachfolger®* ein
Vergeltungsrecht (Retorsion) zur Anwendung gebracht wird. Die
Vergeltung kann in Zurücksetzung oder Ausschliefsung bestehen.
Zur Zeit ist keine derartige Anordnung erlassen.
Wird Retorsion angeordnet, so ist sie als publizistische Mafs-
*' Ebenso nach dem früheren gem. Recht. Partikularrechte setzten nicht
selten ausländische Gläubiger zurück. Vgl. Stobbe, Z. Gesch. d. alt. d.
Konk.Proz. § 15 N. 159, 160. Nach d. preufs. K.O. v. 1855 § 3 stand die Re-
torsion dem Gerichte zu. Vgl. a. öst. K.O. §§ 51, 52.
•* Wohl nur die Sonderrechtsnachfolger, die die Forderung nach der
Zahlungseinstellung oder nach dem Eröfüiungsantrag erworben haben, da die
Rechtsnachfolger nur deswegen einbezogen werden, um Schiebungen zu ver-
hüten. Erwerb durch Indossament kommt hier als Rechtsnachfolge in Betracht.
Nicht Erwerb eines Inhaberpapiers. Vgl. hierzu Oetker, Grundbegr. I
S. 170 f. Ausländische Rechtsnachfolger eines Inländers verfallen der Retorsion.
60 Erstes Hanptstück.
regel von Amtswegen anzuwenden. Die Anmeldung ist nicht in
die Tabelle aufzunehmen imd nicht zur Prüfung zu verstellen.
Der Verwalter und die konkurrierenden Gläubiger können das
Gericht darauf aufmerksam machen, aber nicht die Forderung
aus diesem Grund bestreiten. Geht eine Forderung, nachdem sie
im Konkurse bedingt oder unbedingt zugelassen ist, an einen Aus-
länder über, so ist die Zulassung durch Beschlufs des Konkurs-
gerichts von Amtswegen aufzuheben.
Als Reichsrecht geht die Retorsionsanordnung Verträgen
einzelner Bundesstaaten vor.
§ 13.
III. Die Bangordnnng der KonkursgUublger.
1 . Die Gleichmäfsigkeit der Befriedigung der Konkursgläubiger
erleidet Ausnahmen. Gewisse Forderungen werden bevorzugt. Die
Zahl der Vorzugsrechte (privilegia exigendi), die die deutsche K.0,
anerkennt, ist im Vergleich mit dem älteren Recht ^ klein. Jedes
Vorzugsrecht gefährdet den Kredit und erschwert das Konkurs-
verfahren. Die Verminderung der Vorzugsrechte ist rationell;
aber einige Vorzugsrechte zum Schutze öffentlicher Interessen und
zum Schutze von Kreditgebern, die nach den socialen Verhältnissen
kreditieren müssen, sind nicht zu entbehren".
Die Rangordnung (§ 61) ist folgende:
Den ersten Rang haben die für das letzte Jahr vor der
EröflEnung des Verfahrens, im Nachlafskonkurs vor dem Ableben
des Gemeinschuldners, rückständigen Forderungen® an Lohn,
Kostgeld oder anderen Dienstbezügen derjenigen Personen,
welche sich dem Gemeinschuldner für dessen Haushalt, Wirt-
^ Darfiber vgl. Gmelin, Die Ordnung d. Gläubiger nach dem römischen,
deutschen und bes. würtemberg. Recht 1774, 5. Aufl. 1813, Dabelow S. 590
bis 641, Schweppe §§ 67flF., Fuchs, Concursverf, S. 116. Die Privilegien sind
teils römischen, teils deutschen Ursprungs. Über jene vgl. Vangerow,
Fand. III § 593, über diese Stobbe, Zur Gesch. d. älteren d. Eonkursrechts,
8. 82—98. Eine Übersicht der vor der E.O. in Deutschland bestehenden
Eangordnungen enthalten die Mot. S. 250jf. und Anlage I. Die älteren Rang-
ordnungen sind dadurch kompliziert, dafs die Pfandgläubiger zumeist unter
die Konkursgläubiger einbezogen wurden. Über die gebräuchliche Fünf-
klasseneinteilung s. o. S. 17.
' Vgl. Mot. S. 258. Hier wird die Beseitigung aller Vorzugsrechte als
das zu erstrebende Ziel der Gesetzgebung bezeichnet. Die Richtigkeit dieser
manchesterlichen Ansicht darf man bezweifeln.
' Ohne Rücksicht auf den Fälligkeitstermin.
§ 13. ni. Die BangordnuDg der Konkurs^läubiger. 61
Schaftsbetrieb oder Erwerbsgeschäft zur Leistung von Diensten
verdungen* hatten*.
Gleichen Rang mit dem Dienstlohn haben die Forderungen
der Krankenkassen gegen die Arbeitgeber auf Zahlung der rück-
ständigen Eintrittsgelder und Beiträge (R.G. betr. die Kranken-
versicherung der Arbeiter v. ~-7 — ttthäs» neue Redaktion s.
10. April 1892
R,G.B1. 1892 S. 417, § 55 Abs. 2, vgl. §§ 65 Abs. 3, 72, 73), was
damit zusammenhängt, dafs die Eintrittsgelder und zwei Drittel
der Beiträge dem Arbeiter vom Lohne abgezogen werden dürfen.
Den zweiten Rang haben Forderungen der Reichskasse,
der Staatskassen imd der Gemeinden, sowie der Amts-, Kreis-
und Provinzialverbände wegen öffentlicher Abgaben* , die im letzten
Jahre vor der Eröffnung des Verfahrens fällig geworden sind oder
nach § 65 als fällig gelten '' ; es macht hierbei keinen Unterschied,
ob der Steuererheber die Abgabe bereits vorschufsweise zur Kasse
entrichtet hat.
Öffentliche Abgaben sind Beiträge zur Bestreitung öffentlichen
Aufwandes, die vom Staate oder von staatlich ermächtigten Ver-
bänden kraft der Finanzhoheit erhoben werden. In Gegensatz zu
den öffentlichen Abgaben treten einerseits die Abgaben, die aus
Privatrechtstiteln, aus dem Lehensverbande oder der Grund-
herrlichkeit herrühren, andererseits die Einnahmen, die sich der
Staat oder ein staatlicher Verband durch Beteiligung an all-
^ Einerlei ob auf Dauer oder vorübergehend. Nicht bei Werkverträgen.
^ Dieses Vorzugsrecht ist altdeutschen Ursprungs. Nachweise s. bei
Stobbe, D. Pr.R. III § 185 N. 17 und Z. Gesch. d. filt. d. K.Pr. § 16 N. 171,
172. Oft ist das Vorrecht auf die „gebröteten" Leute beschränkt, z. B. Nümb.
Ref. V. 1522 XI 5 § 8, v. 1564 XI 7, XXU 8, 9. Klagen auf Lidlohn waren
im germ. Prozesse hinsichtlich des Beweises privilegiert; vgl. La band,
Vermögensrechtliche Klagen S. 26ff., Planck, Gerichtsverfahren I S. 440f.,
447 ff., Schröder, Rechtsgesch. (2) S. 729. Ob nicht ein Zusammenhang
zvrischen dieser Privilegierung und dem Vorrecht im Konkurse besteht?
^ Das Vorzugsrecht der öffentlichen Abgaben ist dem römischen Recht
nachgebildet, das alle Forderungen des Fiskus mit Ausnahme der Geldstrafen,
sowie die Forderungen der Städte privilegierte. Vgl. Paul. S.R. V, 12 § 10;
1. 10 pr. D. de pact. 2, 14; 1. 6 pr. D. de i. f. 49, 14; das Privilegium der
Städte fand man in 1. 88 § ID. de reb. auct. iud. 42, 5. — Nachweise des
Vorrechts in deutschen Partikularrechten s. bei Stobbe, Z. Gesch. d. alt.
d. K.Pr. § 16 N. 117.
"^ £s giebt indirekte Steuern, die erst einige Zeit nach der die Steuer-
pflicht begründenden Handlung fällig werden, so z. B. die Zuckersteuer, die
Branntweinsteuer.
02 Erstes Hauptstück.
gemeinen volkswirtschaftlichen, wenn auch monopolisierten, Er-
werben, verschafft. Der Begriff „öffentliche Abgabe" umfafst sonach
Steuern, Zölle und Gebühren®.
Den dritten Rang haben die Forderungen der Kirchen* und
Schulen ^^, der öffentlichen Verbände " und der öffentlichen zur An-
nahme der Vereicherung verpflichteten Feuerversicherungsanstalten '*
wegen der nach Gesetz oder Verfassung zu entrichtenden Abgaben
und Leistungen aus dem letzten Jahre vor der Eröffnung des
Verfahrens.
* Vgl. G. V. Mayr, Öffentliche Abgaben in v. Stengels Wörterb. d.
Verw. Rechts. In diesem Sinne würde wohl der § 61 Nr. 2 allerseits ver-
standen werden, wenn nicht die Mot. S. 256 sagten, dafs Gerichtskosten und
die Gebühren anderer Behörden 'an dem Privilegium nicht Teil haben. Das
ist damit begründet, dafs dem Fiskus in dem Recht der sofortigen gericht-
lichen oder verwaltungsmftfsigen Zwangsvollstreckung ein aufsergewohnliches
Hülfsmittel zu Gebot stehe, für die Kosten meist auch das Recht der vor-
Bchufsweisen Einziehung von dem Gegner des Schuldners (?); kein Privilegium
sei so drückend, wie das des Fiskus wegen der Kosten. Diese Sätze sind den
Mot. d. Entw. e. G.Sch.O. 8. 832 nachgeschrieben, wo sie zur Begründung
des Vorschlags dienen, die öffentlichen Abgaben überhaupt nicht zu bevor-
zugen. Die Litteratur und die Rechtsprechung folgen den Motiven. So die
Kommentare, von denen nur Stieglitz S. 872 teilweise der abweichenden
Ansicht folgt, die Lehrbücher von Fitting § 11 N. 8, Endemann 8. 503,
Kohler S. 338, ferner v. Völderndorff Ztschr. f. d. C.Pr. III S.489, und
die Praxis: R.G.Entsch. XXI S. 46 ff., Samml. v. Entsch. d. bayr. O.L.G. IX
S. 432, 600, XII S. 476, Bl. f. R.A. LVIII S. 150. Es ist kein sachlicher
Grund für die Scheidung aufzufinden. Das bayr. Ges. ü. d. Gebührenwesen
V. 18. Aug. 1879 erklärt in Art. 1 die in diesem Gesetz vorgesehenen Ge-
bühren ausdrücklich für öffentliche Abgaben. In den Mot. Verh. d. K. d.
Abg. 1879 Beil. Bd. VII S. 81 ist auf die K.O. Bezug genommen. — öffent-
liche Abgaben auf Grund ßeichsgesetzes sind z. Z. die Zölle, die Salz-,
Zucker-, Tabak-, Branntwein-, Brau-, Spielkartensteuer, die statistische Gebühr
(R.G.Bl. 1879 S. 261), die Reichsstempelabgaben und die nach dem G.K.G. zu
erhebenden Gebühren. — Keine öff. Abg. sind Post- und Telegraphengebühren,
Kanalgebühren, Vergütungen für die Benutzung von Strafsen und Eisen-
bahnen etc.
^ Blofs christliche Religionsgesellschaften sind Kirchen. Andere können
öffentliche Verbände sein.
*** Sc. der vom Staate oder einem Öffentlichen Verbände eingerichteten.
1^ Darunter fallen alle juristischen Personen und Gemeinschaften des
< öffentlichen Rechts, insbesondere auch Schul-, Wege-, Deich-, Meliorations-
verbände (K.Pr. S. 52), Armen verbände, öffentliche llülfskassen, Handels-,
Gewerbe-, Landwirtschaftskammern, Berufsgenossenschaften, Innungen etc.
>> Nach K.Pr. S. 152 soll es darauf ankommen, dafs die Anstalt in dem
konkreten Fall zur Annahme der Versicherung verpflichtet war.
§ 13. III. Die Rangordnung der Konkursgläubiger. 63
Den vierten Rang haben die Forderungen der Ärzte,
Wundärzte, Apotheker, Hebammen und Krankenpfleger wegen
Kur- und Pflegekosten aus dem letzten Jahre vor der Eröffnung
des Verfahrens, insoweit der Betrag der Forderungen den Betrag
der taxraäfsigen Gebührnisse nicht übersteigt ^^
In der fünften Rangklasse stehen die Forderungen der
Kinder, der Mündel und der Pflegebefohlenen^* des Gemein-
schuldners in Ansehung ihres gesetzlich der Verwaltung desselben
unterworfenen Vermögens**^. Das Vorrecht steht ihnen nicht zu,
wenn die Forderung nicht binnen zwei Jahren nach Beendigung
der Vermögensverwaltung gerichtlich geltend gemacht und bis zur
Eröffnung des Konkurses verfolgt worden ist; denn wenn das
Kind, der Mündel oder der Pflegebefohlene eine längere Zeit ver-
streichen läfst , ohne seine Ansprüche gerichtlich zu verfolgen,
80 kreditiert es dem Vater, Vormund, Pfleger freiwillig und damit
fällt der Grund des Vorzugsrechts weg. Auf die Frist und die
zur Wahrung der Frist nötige gerichtliche Geltendmachung sind
die Vorschriften über die Verjährung, insbesondere die §§ 203 bis
207, 209, 213 bis 215 B.G.B., entsprechend anzuwenden; denn
es handelt sich um Verjährung, wenn auch nicht eines Anspruchs,
so doch eines Vorrechts. Nicht jede Pause im Fortbetrieb des
1' Dieses Vorzugsrecht findet sich erst in jüngeren Partikularrechten, vgl.
Stobbe, Z. Gesch. d. alt. d. K.Pr. § 16 bei N. 15. Wahrscheinlich entstammt
es dem röm. R. Dieses privilegierte die Begräbniskosten; auf Grund von
1. 4 C de pet. her. 3, 81, 1. 3 C. de relig. 3,44 stellte man die Kosten der
letzten Krankheit gleich. — In der K.O. sind nicht blofs die Kosten der
letzten Krankheit privilegiert. Die bezeichneten Forderungen gegen den Ge-
meinschuldner sind auch privilegiert, wenn die Pflege etc. einer anderen
Person geleistet wurde; aber nicht, wenn der Gemeinschuldner die Schuld eines
Anderen übernommen hat.
^* Nach dem Sprachgebrauch des B.G.B. ist Mündel, wer einen Vormund,
Pflegebefohlener, wer einen Pfleger hat.
15 Wegen des gesetzlichen Verwaltungsrechts des Vaters oder der Mutter
an dem Vermögen des Kindes s. §§ 1627, 1628, 1638 bis 1648, 1681, 1684,
1685, 1693 B.G.B. Als gesetzliches Verwaltungsrecht am Vermögen des Kindes
kommt auch das Kecht des überlebenden Ehegatten auf die Verwaltung des
Gesamtguts bei fortgesetzter Gütergemeinschaft in Betracht, weil darin der Anteil
des Kindes steckt. Privilegiert ist bei fortges. Gütergemeinschaft sowohl der An-
spruch des Abkömmlings auf Schadensersatz (§ 14t56 Satz 2 mit § 1477 Abs. 1
B.G.B.) als auch sein Anspruch auf Herausgabe des bei der Auseinander^
Setzung ermittelten Anteils. Wegen des gesetzlichen Verwaltungsrechts des
Vormundes, des Gegenvormundes und des Pflegers s. §§ 1793, 1794, 1802 ff.,
1897, 1911 bis 1915. B.G.B. Privilegiert ist sowohl der Anspruch auf Schadens-
ersatz als der Anspruch auf Herausgabe des Vermögens.
g4 Erstes Hauptstück.
Verfahrens, sondern nur eine ungewöhnliche, von dem Gläubiger
veranlafste Pause zerstört das Vorrecht. Durch Anerkenntnis der
Schuld wird das Vorzugsrecht nicht erhalten**.
Den sechsten und letzten Rang haben die übrigen Kon-
kursforderungen (§ 61 Nr. 6).
Mit der Kapitalsforderung werden als Nebenforderungen an
derselben Stelle eingesetzt die Kosten, die dem Gläubiger vor der
Eröffnung des Verfahrens erwachsen sind"; die Vertragsstrafe,
die neben der Erfüllung verlangt werden kann (vgl. § S41 B.G.B.) "
und die bis zur Eröffnung des Verfahrens aufgelaufenen Zinsen
(§ 62).
2. Eine besondere Rangordnung gilt im Nachlafskonkurse
(§ 226) und im Konkurs über das Gesamtgut der fortgesetzten Güter-
gemeinschaft (§ 236 Satz 1). Das hängt damit zusammen, dafs
auch Ansprüche aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auf-
lagen Konkursforderungen sind.
Da infolge dessen die in anderen Konkursen ausgeschlossenen
Forderungen des § 61 Nr. 2 bis 4 hier ebenfalls zugelassen werden
mufsten, so ergab sich für den Nachlafskonkurs die Notwendigkeit,
den Rang der Konkursforderungen in drei Abteilungen folgender-
mafsen zu ordnen.
In der ersten Abteilung stehen die Konkursforderungen, die
nicht in § 226 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 angeführt sind, und zwar
rangieren diese unter sich in dem in § 61 bestimmten Rang-
verhältnisse.
In der zweiten Abteilung stehen die in anderen Konkursen
ausgeschlossenen Forderungen gegen den Erblasser, soweit sie hier
zugelassen sind, und zwar in folgender Reihenfolge:
1. die seit der Eröffnung des Verfahrens laufenden Zinsen der
im § 61 bezeichneten Forderungen;
2. die gegen den Erblasser erkannten Geldstrafen ;
3. die Verbindlichkeiten aus Freigebigkeiten des Erblassers,
" Das Vorzugsrecht des § 61 Nr. 5 hängt mit der Generalhypothek und
dem Privilegium ezigendi zusammen, die das röm. Recht dem Mündel gegen
den Vormund gewährte. Vgl. 1. un. C. rem allen. 4, 53; 1. 20 C. de admin.
tut. 5, 37; 1. 7 §§ 5, 6 C. de cur. für. 5, 70; 1. 19 § 1, 1. 23 de bon. auct. lud.
42, 5 ; 1. 9 § 1, 1. 42, 44 § 1 D. de adm. et per. 26, 7. Vgl. a. 1. 8 §§ 3, 4
C. de sec. nupt. 5, 9. Nachweise des Vorrechts in deutschen Partikularrechten
s. Mot. S. 263 und Stobbe, Z. Gesch. d. alt d. K.Pr. S. 97 N. 183.
'■» Vgl. oben S. 57 litt. b.
18 Vgl. oben S. 54.
§ 13. III. Die Rangordnung der Konkursgläubiger. 65
Als Verbindlichkeiten des Erblassers müssen diese Posten vor
den Verbindlichkeiten gegenüber Pflichtteilsberechtigten, aus Ver-
mächtnissen und Auflagen befriedigt werden.
Die Ansprüche aus den zuletzt genannten Verbindlichkeiten
stehen daher in der dritten Abteilung (zurückgesetzt« Konkurs-
gläubiger) und zwar haben die Pflichtteilsverbindlichkeiten den Vor-
rang, weil der Pflichtteilsberechtigte die Vermächtnisse und Auflagen
zur Deckung des Pflichtteils kürzen kann (§ 2318 Abs. 3 B.G.B.). Nur
dasjenige Vermächtnis, durch welches das Recht des Bedachten auf
den Pflichtteil nach §2307 B.G.B. ausgeschlossen wird, steht insoweit,
als es den Pflichtteil nicht übersteigt, den Pflichtteilsrechten im
Range gleich, weil es bis zu diesem Betrage den Pflichtteil ersetzt
(§ 226 Abs. 3 Satz 1). Die Vermächtnisse und Auflagen haben unter
einander gleichen Rang. Hat jedoch der Erblasser durch Ver-
fügung von Todeswegen angeordnet, dafs ein Vermächtnis oder
eine Auflage vor einem andern Vermächtnis oder einer andern
Auflage erfüllt werden soll (§ 2189 B.G.B.), so hat das Vermächtnis
oder die Auflage den Vorrang (§ 226 Abs. 8 Satz 2).
Unter den Nachlafsgläubigem können sich solche befinden,
die im Aufgebotsverfahren ausgeschlossen sind oder nach § 1974
B.G.B. ausgeschlossenen Gläubigern gleichstehen. Solche Nachlafs-
gläubiger haben, entsprechend der Vorschrift des § 1973 Abs. 1
Satz 2 B.G.B., ihren Platz zwischen der zweiten und der dritten
Abteilung, es sei denn, dafs der Anspruch des in seinem Rechte
beschränkten Gläubigers sich selbst auf ein Pflichtteilsrecht, ein
Vermächtnis oder eine Auflage gründet. In dem letzteren Falle
hat die Beschränkung zur Folge, dafs der Gläubiger erst nach den
Gläubigern befriedigt wird, mit denen er ohne die Beschränkung
gleichen Rang haben würde (§ 226 Abs. 4 Satz 1); das entspricht
der Vorschrift des § 1973 Abs. 1 Satz 1 B.G.B. Im übrigen be-
halten die ausgeschlossenen und die ihnen gleichgestellten Gläubiger
im Verhältnis zu einander den Rang, der sich aus den Vorschriften
der §§ 61, 226 Abs. 2, 3 ergiebt (§ 226 Abs. 4 Satz 2)^^
Mit den in § 226 Abs. 2 Nr. 2 bis 5, Abs. 4 bezeichneten
Forderungen werden die bis zur Eröflhung des Verfahrens auf-
*» Z. B. die ausgeschlossene Lohnforderung (§ 61 Nr. 1) geht der aus-
geschlossenen Kurkostenforderung (§ 61 Nr. 4), die ausgeschlossene Darlehens-
forderung (§ 61 Nr. 6) der ausgeschlossenen Schenkungsforderung (§ 226 Abs. 2
Nr. S\ der ausgeschlossene Pflichtteilsanspruch (§ 226 Abs. 2 Nr. 4) der aus-
gescUossenen Vermächtnisf orderung (§ 226 Abs. 2 Nr. 5) im Range vor.
Bin ding, Hundbach IX 3: Senf f er t, Konkursprozefsrpcht. 5
Qß Erstes Hauptstäck.
gelaufenen und die seit der Eröffnung laufenden Zinsen an der-
selben Stelle angesetzt (§ 227).
3. Die Vorzugsrechte gelten auch für Forderungen, die vor dem
Inkrafttreten der K.O. entstanden sind*^ Vorbehaltlieh des § 5
Abs. 2 stehen sie auch ausländischen Gläubigern zu. Doch gelten
die Vorzugsrechte des § 61 Nr. 2, 3 nur für Forderungen in-
ländischer Kassen etc.; zwischen den Bundesstaaten besteht aber
keine Scheidewand.
Sämtliche Vorzugsrechte gehen als sog. privilegia causae auf
den neuen Gläubiger über (§ 401 Abs. 2 B.G.B.). Dies gilt für
die Gesamt- und für die Sonderrechtsnachfolge , mag diese auf Ab-
tretung (§ 398 B.G.B.) oder auf gesetzlicher Übertragung (§ 412 mit
den §§82 Satz 2, 268 Abs. 3, 426 Abs. 2, 774 Abs. 1, 1143 Abs. 1,
1225, 1438 Abs. 2, 1519 Abs. 2, 1607 Abs. 2, 1709 Abs. 2 B.G.B.) oder
auf gerichtlicher Überweisung (§ 835 C.Pr.O.) beruhen. FiS ist einerlei,
ob die Rechtsnachfolge vor oder nach der Konkurseröffnung eintritt **.
Dagegen kann ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht
im Konkurse über das Vermögen des Schuldübernehmers nicht
geltend gemacht werden (§ 418 Abs. 2 B.G.B.).
Die Vorzugsrechte werden nicht von Amtswegen berücksichtigt,
sondern müssen angemeldet werden (§ 139). Wird ein bean-
spruchtes Vorrecht von dem Verwalter oder einem konkurrierenden
Gläubiger im Prüfungstermine bestritten, so wird dessen Fest-
stellung im Prozesse nötig (§ 146).
Können nicht alle bevorrechtigten Forderungen aus der Kon-
kursmasse befriedigt werden, so sind die Forderungen besseren
Rangs vor den Forderungen schlechteren Rangs und die Forde-
rungen gleichen Rangs nach dem Verhältnis ihrer Beträge zu
berichtigen (§ 61).
Die festgestellten Vorzugsrechte sind bei den Verteilungen zu
berücksichtigen.
2» R.G.Ent8ch. XVII S. 41.
'' In dem früheren gem. Recht unterschied man privilegia causae und
pr. personae. Die Ausdrücke sind der in 1. 42 D. de adm. tut. 26,7 gebrauchten
Wendung „non personae sed causae succurritur" nachgebildet. Als pr. c. be*
trachtete man diejenigen, welche um der Art der Forderung, als pr. p. die-
jenigen, die um der Person des Gläubigers willen gewährt werden. Jene
gehen auf den Rechtsnachfolger über, diese nicht. Als pr. p. wurden das
Vorzugsrecht des Fiskus, der Städte, der Ehefrau in Ansehung der dos (arg. 1.
un. C. de priv. dot. 7, 74) und das Vorzugsrecht des Mündels in Ansehung
seiner Ansprüche gegen den Vormund (arg. 1. 19 § 1 D. de reb. auct. iud.
42, 5) behandelt. Vgl. Vangerow, Pand. III § 594, Sintenis, Gem. CR.
II S. 222ff., Windscheid, Pand. II §§ 271, SS2 N. 10.
§ 14. IV. Der Gemeinschuldner. 57
Zahlungen auf festgestellte bevorrechtigte Forderungen kann
der Verwalter mit Ermächtigung des Gerichts unabhängig von den
Verteilungen leisten (§ 170).
Die bevorrechtigten Forderungen werden vom Zwangs vergleiche
nicht berührt (§ 173); sie sind vor Aufhebung des Eonkurses
wegen Zwangsvergleichs, soweit sie festgestellt sind, zu berichtigen,
soweit sie glaubhaft gemacht sind, sicher zu stellen (§ 191 Abs. 2).
Andere als die aufgeführten Vorzugsrechte bestehen nach
Reichsrecht nicht. Soweit die K.O. gilt (vgl. E.G. §§ 5, 7, 8), sind
landesgesetzliche Bestimmungen über Vorzugsrechte im Konkurs auf*
gehoben und seit Geltung der K.O. unwirksam (E.G. §§ 4, 11). Jedoch
lassen die §§ 12, 13 des E.G. für die dort bezeichneten Forderungs-
rechte die Gewährung von Vorzugsrechten durch Landesgesetz zu ^*.
§ 14.
IT. Der Oemeinselmldner.
1. Konkurs kann eröffnet werden über das Vermögen einer
l)hysischen Person. Da nach dem bürgerlichen Rechte Deutsch-
lands alle Menschen vermögensfähig sind, so ist das Konkurs-
verfahren gegenüber allen Menschen zulässig ^
^ § 12 £.6. gestattet die Schaffung von Vorzugsrechten als Surrogat für
Pfand- und Vorzugsrechte, die früher zu Recht bestanden, aber mit Einführung
der K.O. unwirksam wurden. War das Pfand oder das Vorzugsrecht auf
einzelne bewegliche Gegenstände beschränkt, so kann das Vorrecht nur in der
Höhe des Erlöses gewährt werden. Zur Erhaltung des Vorrechts für ein
nach dem 90. Sept. 1881 eröffnetes Konkursverfahren ist Eintragung in ein
öffentliches Register erforderlich. Von der in § 12 gegebenen Befugnis haben
Gebrauch gemacht Preufsen: A.G. z. K.O. v. 6. März 1879 §§ 18 ff.; Württem-
berg: A.G. V. 18. Aug. 1879 Art. 20, 21; Mecklenburg: Verf. v. 26. Mai 1879
§§ 18 bis 23; Oldenburg: G. v. 10. Apr. 1879 Art. 53 §§ 1, 2; Sachsen- Weimar:
A.G. V. 10. Mai 1879 §§ 27 bis 29; Sachsen-Mein.: A.G. v. 20. Juni 1879 §§ 11 ff.;
Bremen: A.G. v. 25. Juni 1879 §§ 26, 69; Hamburg: A.G. v. 25. Juni 1879
§§ 19, 20, 30 ff. ; Lübeck : G. v. 3. Febr. 1879.
§ 13 E.G. gestattet die Gewährung von Vorzugsrechten für Forderungen
der Ehefrau, der Kinder und Pflegebefohlenen des Gemeinschuldners, die- vor
dem 1. Okt. 1879 entstanden waren und ein gesetzliches Pfand oder Vorzugs-
recht hatten, das ihnen nach der K.O. nicht mehr zukommt. Das Vorrecht
der Ehefrau mufs registriert werden, um in einem nach dem 30. Sept. 1881
eröffneten Konkurse zu gelten. Den Kindern und den Pflegebefohlenen kann
das Vorrecht nur für die vor dem 1. Oktober 1884 eröffiieten Konkurse ge-
währt werden. — Vgl. im ersten Absatz dieser Note cit. Landesgesetze sowie
Bayern: A.G. v. 23. Febr. 1879 Art. 232 bis 234, Sachsen: G. v. 11. März 1879.
1 Weder im Deutschen Reich noch in den Kolonien oder Schutzgebieten
des Deutschen Keichs giebt es rechtsunfahige Menschen. Angehörige eines
5*
68 Erstes Hauptstück.
2. Konkurs kann eröffnet werden über das Vermögen eines
Verstorbenen (Nachlafskonkurs). Wer für tot erklärt ist, gilt auch
in Ansehung des Konkurses als gestorben. Nachlafskonkurs kann
eröffnet werden, bevor der Erbe die Erbschaft angenommen hat
(§ 216 Abs. 1). Ebenso, nachdem der Erbe die Erbschaft durch
Annahme oder durch Versäumung der Ausschlagungsfrist (§§ 1943,
1944 B.G.B.) definitiv erworben hat. Der Umstand, dafs der Erbe
den Nachlafsgläubigem unbeschränkt, d. i. auch mit seinem eigenen
Vermögen, haftet, hindert die Eröffnung des Nachlafskonkurses
nicht (§ 216 Abs. 1\*. Bei dem Vorhandensein mehrerer Erben
ist die Eröffnung des Konkurses auch nach der Teilung des Nach-
lasses zulässig (§ 216 Abs. 2).
Alle diese Sätze führen auf den im B.G.B. nicht formulierten,
aber zu Grunde gelegten Gedanken zurück, dafs die Nachlafs-
gläubiger berechtigt sind, aus dem Nachlasse Befriedigung vor den
Gläubigern des Erben zu verlangen. Dieses Recht steht ihnen
vor und nach der Annahme der Erbschaft zu. Es steht ihnen
auch zu, wenn der Erbe unbeschränkt für die Nachlafsverbindlich-
keiten haftet. Die Teilung des Nachlasses unter die Miterben
kann den Nachlafsgläubigern das bezeichnete Recht nicht ent-
ziehen (vgl. § 2046 B.G.B.).
Nachlafskonkurs findet nur über den ganzen Nachlafs, nicht über
einen Erbteil statt (§ 285). Das hängt damit zusammen, dafs das
Rechtsverhältnis der Miterben im B.G.B. als Gemeinschaft zur
gesamten Hand gestaltet ist (vgl. §§ 2032, 2088 bis 2041, 2058
B.G.B.).
Die Möglichkeit des Nachlafskonkurses beruht nicht auf der
Annahme, dafs der Nachlafs eine juristische Person sei, und auch
nicht auf der Annahme, dafs der Verstorbene als Subjekt des
Nachlasses gelte. Vielmehr gehört der Nachlafs dem Erben. Aber
er kann Gegenstand eines besonderen Konkursverfahrens sein,
Staates, in dem Sklaverei besteht, gelten in Deutschland als rechtsfähig, so
weit es sich um rechtliche Verhältnisse handelt, die nach dem deutschen
Recht zu beurteilen sind. Mitglieder religiöser Orden (Professen), die nach
filteren Rechten Vermögens unfähig waren, sind nach dem B.G.B. vermögens-
fähig. Der Vorbehalt in Art. 87 KG. z. B.G.B. betrifft die Erwerbs-, nicht die
Vermögensfahigkeit.
* Über das frühere gem. Recht, wonach bei unbeschränkter Haftung des
Erben far die Nachlafsverbindlichkeiten kein Nachlafskonkurs möglich war,
wenn nicht separatio bonorum herbeigeführt wurde, vgl. E. Jaeger, Die Vor-
aussetzungen eines Nachlafskonkurses S. 16 ff., S. 37.
§ 14. IV. Der G^meinschuldner. 69
weil die Nachlafsgläubiger das Recht haben, Befriedigung aus dem
Nachlasse vor den sonstigen Gläubigem des Erben zu verlangen.
Der eröfiFhete Konkurs wird durch den Tod des Gemein-
schuldners nicht unterbrochen, sondern geht in einen Nachlars-
konkurs aber. Von dem Tode des Gemeinschuldners an gelten
alle Besonderheiten des Nachlafskonkurses.
3. Der Konkurs kann femer eröffnet werden über das Vermögen
einer juristischen Person (vgl. § 213). In Ansehung der Aktiengesell-
schaft ist das gelegentlich der Normierung der Konkursgründe de^
klariert (§ 207). Ebenso in Ansehung der Erwerbs- und Wirtschafts-
genossenschaften (§ 91 Gen. Ges.) und der Gesellschaften mit be-
schränkter Haftung (§ 63 R.G. v. 20.Apr. 1892). In Ansehung der
Innungen, Innungsausschüsse und Innungsverbände ist die Möglich-
keit des Konkurses in §§ 97 Abs. 4, 102 Abs. 4, 1041 R.G., betr. d.
Abänd. d. Gew.Ordn., v. 26. Juli 1897 erwähnt. Der Konkurs Tkann auch
noch eröflEnet werden, wenn die juristische Person als solche auf-
gehört hat, solange die Verteilung des Vermögens noch nicht voll-
zogen ist. Das ist wieder in Bezug auf Aktiengesellschaften,
Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und Gesellschaften mit
beschränkter Haftung besonders deklariert (§ 207 Abs. 2 K.O., § 98
Abs. 2 Gen.Ges. Red. v. 1898, § 63 Abs. 2 R.G. v. 20. Apr. 1892), gilt
aber auch für andere juristische Personen (arg. § 213 verb. mit § 207
Abs. 2). Hiemach kann über das Vermögen eines Vereins auch nach
der Auflösung (§ 41 B.G.B.) und nach der Entziehung der Rechts-
fähigkeit (§§ 43, 73 B.G.B.) , es kann über das Vermögen einer
aufgehobenen oder erloschenen Stiftung (vgl. § 86 B.G.B.) Konkurs
eröffnet werden, so lange die Liquidation des Vermögens nicht
vollzogen ist. Fällt das Vermögen an den Fiskus (§ 45 Abs. 8
B.G.B.), so finden die Vorschriften über den Nachlafskonkurs ent-
sprechende Anwendung (arg. §§ 46, 88 B.G.B.); es besteht daher
die Möglichkeit der Konkurseröffnung über solches Vermögen nicht
blofs während der hier nicht notwendigen, aber möglichen Liqui-
dation, sondern auch nach deren Vollziehung.
Die Zulässigkeit des Konkurses über das Vermögen einer
Körperschaft, Stiftung oder Anstalt des öffentlichen Rechts oder
einer unter der Verwaltung einer öffentlichen Behörde stehenden
Körperschaft oder Stiftung kann durch landesgesetzliche Vor-
schriften beschränkt oder ausgeschlossen werden (Art. IV E.G.
z. K.O. verb. mit § 15 Nr. 3 E.G. z. C.Pr.O.); denn das Konkurs-
verfahren ist Zwangsvollstreckung und kann bei den bezeichneten
Personen mit öffentlichen Interessen ebenso kollidieren, wie die
70 Erstes Hauptstück.
Specialexekution'. Die Möglichkeit, die Zulässigkeit des Kon-
kurses zu beschränken, ergiebt, dafs die Landesgesetze die Er-
öffnung des Verfahrens von besonderen Bedingungen abhängig
machen oder auch gewisse Gegenstände der Konkursmasse ent-
ziehen können. Wird die Zulässigkeit des Konkurses landes*
gesetzlich nicht ausgeschlossen oder beschränkt, so gelten die
Vorschriften des Reichsrechts.
Über das Vermögen eines Staates (Fiskus) kann kein Konkurs
eröffnet werden*. Über das Vermögen des Reichs oder eines
deutschen Bundesstaates nicht, weil der Konkurs die gesamte
staatliche Thätigkeit lahm legen wttrde und daher nut dem Staats-
zwecke nicht vereinbar ist. Einem ausländischen Staate gegen-
über bestehen derartige Rücksichten auf das Staatsinteresse nicht ;
allein zu einem Konkurs über das ganze Vermögen fehlt es an
der Zuständigkeit eines deutschen Gerichts (arg. § 71). Es kann
nur die Zulässigkeit eines Konkurses über das im Inlande befind-
liche Vermögen eines ausländischen Staates in Frage kommen,
wenn dieser zum Betriebe einer Fabrik, einer Handlung oder eines
anderen Gewerbes im Inlande eine Niederlassung hat (§ 238 Abs. 1)
oder ein Gut im Inlande bewirtschaftet (§ 288 Abs. 2). Die Zu-
lässigkeit eines solchen Konkurses wird sich in thesi nicht be-
streiten lassen, ist aber ohne praktische Bedeutung.
4. Konkurs kann femer eröffiiet werden über das Vermögen
einer Gemeinschaft zur gesamten Hand^. Solche Gemeinschaften
sind rechtsfähig; sie können Schulden haben, für die das Gemein-
schafts vermögen haftet, bevor es für die persönlichen Schulden
der Gemeinschafter in Anspruch genommen werden darf. Sie sind
partei- und prozefsfähig^ In ihr Vermögen findet Specialexekution
statt. Daher ist auch die konkursmäfsige Zwangsvollstreckung
gegen sie möglich.
Ausdrücklich anerkannt ist die Möglichkeit des Konkurses
über das Vermögen einer offenen Handelsgesellschaft', einer Kom-
* Vgl. Art. 50 des Entw. I e. E.G. z. B.G.B., Mot. z. Entw. I e. B.G.B.
I S. 116 f., 121; § 194a Abs. 2 des Entw. d. Abänderungen der K.O. in
Denkachr. z. Entw. e. B.G.B. Reichstagsvorl. S. 847; L. Seuffert, Ztschr. f.
d. C J>r. XXn S. 495 f.
* Vgl. Oetker, Grundbegr. I S. 69.
* Über das Wesen dieser Gemeinschaften s. Gierke, D. Pr.R. I § 80.
« Vgl. Gierke a. a. 0. S. 682 N. 98, S. 684 N. 103.
"^ Vgl. E. J a e g e r , Der Konkurs der off. Handelsgesellschaft (1897)» wo auch
ältorc Litteratur angegeben ist. Das neue H.G.B. ist dabei nachträglich nach
§ 14. IV. Die Gemeinschuldner. 71
iiianditgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (§209)®,
eines Vereins, der keine juristische Persönlickeit hat, aber als solcher
verklagt werden kann (§213 K.O. vgl. mit §50 Abs. 2 C.PrO.)^
Fenier bei fortgesetzter Gütergemeinschaft (§§ 1483 ff., lo27 B.G.B.)
in Ansehung des Gesamtgutes (§ 236). Desgleichen in Ansehung
des mehreren Erben gehörigen Nachlasses (arg. § 235).
Aus diesen speciellen Gesetzesbestimmungen darf aber nicht
gefolgert werden, dafs andere Gemeinschaften zur gesamten Hand
nicht konkursffthig seien ; vielmehr kommt in diesen Bestimmungen
blofs zum Ausdruck, was für alle Gemeinschaften gilt, bei denen
die Gemeinschaftsgläubiger aus dem Gemeinschaftsvermögen Be-
friedigung vor den persönlichen Gläubigern der Gemeinschafter
verlangen können *^
Hiemach kann insbesondere Konkurs über das Vermögen einer
dem Entwürfe berücksichtigt. Die Voraussetzungen, aus denen der Verf. die
Konkursmöglichkeit herleitet, treffen nach dem neuen H.G.B. nicht mehr zu«
® Dafs diese Gesellschaften keine juristischen Personen sind, wird hier
als feststehend behandelt.
' Vgl. § 54 B.G.B. Die Verweisung auf das Gesellschaftsrecht be-
stätigt, dafs man es mit Gemeinschaften zur ges. Hand zu thun hat. — Wenn
man die Gesellschaften mit beschr. Haftung nicht als jur. Personen, sondern
als Gemeinschaften zur ges. Hand betrachtet, so mufs auch § 68 des K.G. v.
20. April 18d2 hier erwähnt werden.
,'® Über das zur allgemeinen Güter-, zur Errungenschafts- oder zurFahmis-
gemeinschaft gehörige Vermögen ist vor Beendigung der Gemeinschaft kein
besonderer Konkurs, sondern nur ein Konkurs über das Vermögen des Mannes
möglich, in dem das Gesamtgut zur Masse gehört (§ 2 Abs. 1); denn die Ge-
samtgut«gläubiger haben kein Kecht auf Befriedigung aus dem Gesamtgut
vor den anderen Gläubigem des Ehemannes. Ist dagegen die Gemeinschaft
beendigt (vgl. §§ 1468 bis 1470, 1542 bis 1544, 1549 B.G.B.), die Auseinander-
setzung aber noch nicht erfolgt (Liquidationsstadium), so kann ein besonderer
Konkurs über das Gesamtgut eröffnet weiden, da in diesem Falle die Gesamt-
gutsgläubiger Befriedigung aus dem Gesamtgut vor den anderen Gläubigern
des Ehegatten verlangen können (arg. § 1475 B.G.B.). A.M., wie es scheint,
die Mot. z. I. Entw. e. B.G.B. IV S. 409. Vgl. a. Prot. d. 2. Komm. Nr. 283
(Achilles, Lief. 3 S. 281).
Bei fortgesetzter Gütergemeinschaft haben die Gesamtgutsgläubiger und
diejenigen Gläubiger des überlebenden Ehegatten, welchen er nicht erst in-
folge des Eintritts der fortgesetzten Gütergemeinschaft persönlich haftbar
wird, schon vor Beendigung der Gemeinschaft ein Recht auf Befriedigung
aus dem Gesamtgute vor den anderen Gläubigern. Daher ist ein Konkurs über
das Gesamtgut schon vor der Beendigung der Gemeinschaft möglich. Ist die
Gemeinschaft beendigt (vgl. §§ 1492 bis 1496 B.G.B.), die Auseinandersetzung
aber noch nicht erfolgt, so ist aus dem gleichen Grunde wie nach Beendigung
der ehelichen Gütergemeinschaft Konkurs über das Gesamtgut möglich.
72 Erstes Hanptotück.
Gesellschaft eröffoet werden, die nach den Vorschriften des B.G.B.
zu beurteilen ist. Denn das Gesellschaftsvermögen haftet zunächst
für die Gesellschaftsschulden. Der Gläubiger eines Gesellschafters
kann seine Forderung nicht in das Gesellschafts vermögen voll-
strecken (arg. § 736 C.Pr.O.), sondern nur den Anteil des Gesell-
schafters an dem Gesellschaftsvermögen pfänden lassen (§ 859
C.Pr.O.). Dieser Anteil ist durch Auseinandersetzung zu ermitteln,
zu welchem Behufe der Gläubiger die Gesellschaft ohne Einhaltung
einer Kündigungsfrist kündigen kann (§ 725 Abs. B.G.B.). Bei
der Auseinandersetzung aber werden zunächst die Gesellschafts-
gläubiger befriedigt (§ 783 Abs. 1 B.G.B.). Die Möglichkeit eines
Konkurses über das Gesellschaftsvermögen wird durch die oben
erwähnte Vorschrift (§ 213) bestätigt, wonach der Konkurs über
das Vermögen eines Vereins eröffnet werden kann, der keine
juristische Persönlichkeit hat; denn ein solcher Verein ist als
Gesellschaft zu behandeln (§ 54 B.G.B.). Auch darf von der Zu-
lässigkeit des Konkurses bei der offenen Handelsgesellschaft auf
die Zulässigkeit bei der Gesellschaft des B.G.B. geschlossen werden,
da beide Gesellschaften gleiche Wesenheit haben (vgl. § 105 Abs. 2
H.G.B.)».
Ebenso kann über das Vermögen einer Reederei (§ 489 H.G.B.)
Konkurs eröffnet werden ; denn die Reederei ist eine Gemeinschaft
zur gesamten Hand" und ihre Gläubiger können verlangen, dafs
sie vor den persönlichen Gläubigern der Mitreeder aus dem Gemein-
schafts- d. i. dem Reedereivermögen befriedigt werden. Der Um-
stand, dafs die Mitreeder nach Verhältnis ihrer Schiffsparten zu
^^ Gegen die Möglichkeit eines Eonkurses über das Vermögen einer Ge-
sellschaft desB.G-B.: £. Jaeger a. a. 0. S.24, 25, 40.
i> VgL Beseler, Syst. d. D. Pr.R. § 71 A; Gierke, Genossenschafts-
recht II S.93d, Genossenschaftstheoxie S. 345, 359, D. Pr.R. IS. 671; Cosack,
Lehrb. d. HJl. (4) S. 592; Boyens, D. Seerecht I S. 241. Andere Ansichten
über das Wesen der Reederei — juristische Person: Mittermaier, D. Pr.R.
II § 542 IV; Pohls, Seerecht I S. 113; Kaltenborn, Grunds, d. prakt.
europ. Seerechts I S. 116; eigenartige Gesellschaftsform (societas sui generis):
Goldschmidt, Ztschr. f. d. g. H.R. XXIII S. 352, Lewis, Seerecht in
Endemanns Handb. I S. 54, Schaps, d. D. Seerecht S. 100. Die unrichtige
Konstruktion als juristische Person steht der Möglichkeit des Konkurses nicht
im Wege. Auch die Annahme einer eigenartigen Gesellschaft nicht, wenn
diese Gesellschaft nicht nach den Grundsätzen der römischen societas, sondern
nach den jetzt im B.G.B. recipierten deutschrechtlichen Regeln konstruiert
wird, was jetzt nach Art. 2 E.G. z. H.G.B. geboten erscheint. Die Möglichkeit
eines Konkurses über das Vermögen der Reederei wird anerkannt von Cosack
a. a. O. S. 598, bestritten von Keyfsner, Ztschr. f. d. g. H.R. XLIII 8.456,
§ 14. ly. Der Gemeinschuldner. 78
Zuschüssen verpflichtet sind (§ 500 H.G.B.), schliefst den Konkurs
über das Vermögen der Reederei ebensowenig aus, wie er bei der
Genossenschaft mit unbeschränkter Haftung oder mit unbeschränkter
Nachschufspflicht durch die Haftung oder die Nachschufspflicht
der Genossen ausgeschlossen wird.
Da das Vermögen einer Gemeinschaft zur gesamten Hand
nicht einem von den Gemeinschaftern verschiedenen Bechtssubjekte,
sondern den Gemeinschaftern gehört , so ist jeder derartige Kon-
kurs ein Partikularkonkurs, da er nicht das ganze Vermögen der
einzelnen Gemeinschafter, sondern nur die zur Gemeinschaft ge-
hörenden Gegenstände umfafst. Es kann über das Gemeinschafts-
vermögen Konkurs eröffnet werden, ohne dafs über das Privat-
vermögen der einzelnen Gemeinschafter Konkurs eröffnet wird,
auch wenn die Gemeinschafter mit ihrem Privatvermögen für die
Schulden der Gemeinschaft primär oder subsidiär, solidarisch oder
nach Anteilen haften (vgl. § 209). Umgekehrt können über das
Privatvermögen der einzelnen Gemeinschafter Konkurse eröfl&iet
werden, ohne dafs über das Gemeinschaftsvermögen Konkurs er-
öffnet wird. Wird Konkurs über das Privatvermögen eines Gemein-
schafters eröffnet, so gehört zu diesem Vermögen auch der Anteil
des Gemeinschafters am Gemeinschaftsvermögen (§ 16 K.O.). Wenn
und soweit der Gemeinschafter den Gemeinschaftsgläubigern auch
mit seinem Privatvermögen haftet (was bei den verschiedenen
Gemeinschaften verschieden ist), können diese ihre Forderungen
gegen die Gemeinschaft im Konkurse über das Privatvermögen
des Gemeinschafters verfolgen (vgl. § 128 H.G.B.), unbeschadet
des Bechts, Befriedigung aus dem Gemeinschaftsvermögen zu
suchen.
Ferner ergiebt sich die Möglichkeit gleichzeitiger Konkurse
über das Gemeinschaftsvermögen und über das Privatvermögen eines
oder mehrerer der Gemeinschafter.
In dem Konkurs über das Vermögen einer Gemeinschaft zur
gesamten Hand kommen nur die Gemeinschaftsgläubiger als Kon-
kursgläubiger in Betracht. In dem Konkurs über das Privat-
vermögen eines Gemeinschafters sind aufser den Privatgläubigern
Gar eis, Lehrb. d. H.R. (5) S. 829, Schaps a. a. 0. S. 97. Die Beweisführung
des letztgenannten beruht auf der unrichtigen Behauptung, dafs die persön-
lichen Gläubiger eines Mitreeders, die keine Reedereigläubiger sind, mit den
Reedereigläubigern, die nicht durch ein Pfandrecht gesichert sind, gleich-
berechtigt seien.
\
74 Erstes Hauptstück.
auch die Gemeinschaftsgläubiger Konkursgläubiger , wenn und
soweit ihnen der Gemeinschafter persönlich haftet. Unter dieser Vor-
aussetzung können sich die Gemeinschaftsgläubiger an den mehreren
Konkursen beteiligen. Über ihre Behandlung im Konkurse über
das Privatvermögen eines Gemeinschafters s. o. S. 44 If. Haften
mehrere Gemeinschafter als Gesamtschuldner, so finden die Vor-
schriften des § 68 Anwendung, wenn Konkurs über das Privat-
vermögen eines derselben eröffnet ist.
Auf Gemeinschaften zur gesamten Hand , die einen öffentlich-
rechtlichen Charakter haben, wird man die oben S. 69 behandelte
Vorschrift des Art. IV E.G. z. K.O. entsprechend anwenden dürfen,
da die Gründe, die dazu führen, die Konkursmöglichkeit in An-
sehung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu
beschränken, auch bei den öffentlich-rechtlichen Gemeinschaften
zutreffen.
5. Endlich kann Konkurs eröffnet werden über das im Inlande
befindliche Vermögen eines Schuldners, der im Deutschen Reich
eine gewerbliche Niederlassung" hat oder ein mit Wohn- und
Wirtschaftsgebäuden versehenes Gut als Eigentümer, Nutzniefser
oder Pächter bewirtschaftet, ohne einen allgemeinen Gerichtsstand
im Deutschen Reich zu haben (§ 238). Dieser Konkurs ist ein
Partikularkonkurs, weil er prinzipiell nur das inländische Ver-
mögen des Gemeinschuldners umfafst.
6. Gemeinschuldner (Gantschuldner, Kridar) ist derjenige, über
dessen Vermögen das Konkursverfahren stattfindet.
In dem Konkursverfahren über das Vermögen einer physischen
Person ist diese der Gemeinschuldner. Ist die Person prozefs-
unfähig, so wird sie bei den im Verfahren vorzunehmenden Hand-
lungen durch ihren gesetzlichen Vertreter vertreten. Wer einen
Pfleger erhalten hat (§§ 1910, 1911 B.G.B.), ist nicht prozefs-
unfähig; aber wenn der Pfleger die Vertretung übernimmt, steht
der Gemeinschuldner für den Konkurs einer nicht prozefsfÄhigen
Person gleich (arg. § 53 C.Pr.O.).
In dem Nachlafskonkurs ist der Erbe als solcher der Gemein-
schuldner; denn auf ihn ist das Vermögen des Verstorbenen mit
dem Erbfall übergegangen (§§ 1922, 1942 B.G.B.). Nach Aus-
schlagung der Erbschaft gilt der Ausschlagende auch in Ansehung
der Zeit zwischen Anfall und Ausschlagung nicht mehr als Gemein-
schuldner (arg. § 1953 Abs. 1 B.G.B.). Mit dem Eintritte des
*• über Niederlassung s. oben S. 37.
§ 14. IV. Der Gemeinschuldner. 75
Falls der Nacherbfolge hört der Vorerbe auf, Gemeinschuldner zu
sein und wird der Nacherbe Gemeinschuldner (arg. § 2189 B.G.B.).
Hat der Erbe die Erbschaft verkauft, so tritt der Käufer in An-
sehung des Verfahrens an seine Stelle als Gemeinschuldner (§ 232
Abs. 1 K.O., vgl. a. §§ 2382, 2388 B.G.B.). Dies findet ent-
sprechende Anwendung auf den Fall, dafs jemand eine durch
Vertrag erworbene Erbschaft verkauft oder sich zur Veräufserung
einer ihm angefallenen oder anderweit von ihm erworbenen Erb-
schaft in sonstiger Weise verpflichtet hat (§ 283 K.O., vgl. a. § 2885
B.G.B.); der Erwerber tritt also an Stelle des Verftufserers als
Gemeinschuldner.
Übrigens ist bei Anwendung zahlreicher den Gemeinschuldner
nennenden Vorschriften der K.O. unter Gemeinschuldner im Nach-
lafskonkurse nicht blofs der Erbe (Nacherbe, Erbschaftskäufer),
sondern auch der Erblasser zu verstehen**, während wieder in
anderen solchen Vorschriften nur der Erblasser als Gemeinschuldner
in Betracht hommt^*.
In dem Konkurs Ober das Vermögen einer juristischen Person
ist diese der Gemeinschuldner. Die juristische Person handelt in
dem Verfahren durch ihre Organe, wie in einem anderen Prozesse.
In dem Konkurs tlber das Vermögen einer Gemeinschaft zur
gesamten Hand sind die Gemeinschafter als solche die Gemein-
schuldner ; denn sie sind die Subjekte des Gemeinschaftsvermögens.
Hat die Gemeinschaft zur Vomahpie von Prozefshandlungen Organe,
so handelt sie durch diese auch im Konkursverfahren.
In den Fällen des § 2 Abs. 1,3 ist nur der Mann (nicht auch
die Frau) Gemeinschuldner, obwohl das Gesamt gut zur Konkurs-
masse gehört.
Da bei fortgesetzter Gütergemeinschaft der überlebende Ehe-
gatte die rechtliche Stellung des Mannes und die anteilsberechtigten
Abkömmlinge die Stellung der Frau haben (§ 1487 Abs. 1 B.G.B.)
und der Mann das Organ der ehelichen Gütergemeinschaft ist, so
hat im Konkurs über das Gesamtgut bei fortgesetzter Güter-
gemeinschaft der überlebende Ehegatte die Rechte und Pflichten
des Gemeinschuldners auszuüben ^^.
1^ So bei §§ 10, 11, 17, 19 bis 24, 26, 27, 30 bis 82, 84, 87, 44, 40, 55
Nr. 1, 128.
« So bei den §§ 51, 117 Abs.* 2, 122, 128, 131, 182 Nr. 1.
" Wird in den S. 71 N. 10 behandelten Fällen nach Beendigung der
Gemeinschaft, aber vor der Auseinandersetzung Konkurs über das Gesamtgut
eröffnet, so sind alle Gemeinschafter Gemeinschuldner.
Zweites Hauptstück.
Der Gegenstand der konknrsmäfsigen Zwangs-
YoUstrecknng.
§ 15.
I. Die Eonkarsmasse.
Das Vermögen, in das die konkursinäfsige Zwangsvollstreckung
stattfindet, heifst Konkursmasse. Sie umfafst das gesamte, einer
Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögen des Gemeinschuldners,
das ihm zur Zeit der Eröffnung des Konkursverfahrens gehört
(§ 1 Abs. 1, 4).
1. Unter Vermögen ist hier das Aktivvermögen zu verstehen.
Das Vermögen in diesem Sinn besteht aus allen Sachen und
Rechten, die Geldwert haben.
Sachen ohne Geldwert giebt es strenggenommen nicht. Aber
es giebt Sachen, deren Geldwert so geringfügig ist, dafs sie als
geldwertige nicht in Betracht kommen. Solche sind nicht zur
Masse heranzuziehen.
Geldwertige Rechte sind alle dinglichen Rechte, ferner alle
Forderungen und sonstigen Ansprüche auf geldwertige Leistungen
und alle sog. Immaterialgüterrechte.
Keinen Bestandteil des Vermögens bilden die Fanülienrechte,
auch wenn sich daraus vermögensrechtliche Folgen ergeben.
2. Nur Vermögen des Gemeinschuldners gehört zur
Konkursmasse. Wird anderes Vermögen thatsächlich in die
Masse einbezogen, so entstehen Aussonderungsansprüche; darüber
s. unten § 16.
§ 15. L Die Konkursmasse. 77
Eine Ausnahme von der Regel, dafs nur Vermögen des Ge-
meinschuldners zur EonkursmasEe gehört, ergiebt sich im Nach-
lafskonkurse. Die den Nachlafsgläubigem nach § 1978 Abs. 1
B.6.B. zustehenden Ansprüche gegen den Erben gelten als zum
Nachlasse gehörend (§ 1978 Abs. 2 B.6.B.) und sind daher Be-
standteile der Konkursmasse, obwodl sie nicht Vermögen des Er1>
lassers waren. Dasselbe mufs von den Ansprüchen auf Schadens-
ersatz gelten, die den Nachlafsgläubigem nach § 1980 B.6.B.
gegen den. Erben zustehen (arg. § 228 Abs. 2 K.O., wo die
Leistungen des Erben auf Grund des § 1980 ebenso als Leistungen
zur Masse behandelt sind , wie jene auf Grund des § 1978). Auf
dasjenige , was der Erbe auf Grund der §§ 1978 bis 1980 B.G.B.
zu der Masse zu ersetzen hat, haben aber die Gläubiger, die im
Wege des Aufgebotsverfahrens ausgeschlossen sind oder nach § 1974
B.G.B. ausgeschlossenen Gläubigem gleichstehen, nur insoweit An-
spruch, als der Erbe auch nach den Vorschriften über die Heraus-
gabe einer ungerechtfertigten Bereichemng ersatzpflichtig sein
würde (§ 228 Abs. 2). Das hängt damit zusammen, dafs der
Erbe solchen Gläubigem gegenüber nur verpflichtet ist, dasjenige,
was nach Befriedigung der ausgeschlossenen Gläubiger von dem
Nachlafs übrig bleibt, nach den Vorschriften über die Herausgabe
einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben (§ 1973 Abs. 2
Satz 1 B.G.B.). Ist ein ausgeschlossener Gläubiger bei der Ver-
teilung der Letzte, so bekommt er also von der Ersatzleistung
des Erben nur soviel, als die Bereicherung des Erben beträgt;
der Rest ist dem Erben zurückzuerstatten. Kommt nach dem aus-
geschlossenen Gläubiger noch ein nicht ausgeschlossener Pflicht-
teilsberechtigter oder Vermächtnisnehmer (vgl, § 226 Abs. 4 Satz 1),
so erhält der ausgeschlossene Gläubiger von der Ersatzleistung
den Betrag, der als Bereicherung in Betracht kommt, und der
Pflichtteilsberechtigte oder Vermächtnisnehmer den Rest. Streitig-
keiten, die sich über die Zuteilung ergeben, sind im Verteilung?-
verfahren durch Einwendungen gegen das Verzeichnis zur Ent-
scheidung zu bringen.
Haftet der Erbe für alle Nachlafsverbindlichkeiten unbe-
schränkt, so finden die Vorschriften der §§ 1978 bis 1980 B.G.B.
und folglich auch die des § 228 Abs. 2 K.O. keine Anwendung
(§ 2018 B.G.B.).
Die in den zwei vorstehenden Absätzen entwickelten Sätze
finden im Falle der fortgesetzten Gütergemeinschaft auf das Kon-
kursverfahren über das Gesamtgut entsprechende Anwendung
(§ 286 Satz 1).
78 Zweites Hauptstück.
S. Konkursmasse ist nur das dem Gemeinschuldner zur Zeit
der Eröffnung des Verfahrens gehörende Vermögen*.
Welches Vermögen in dem bezeichneten Zeitpunkte dem
Gemeinschuldner gehört, ist nach dem bürgerlichen Recht zu be-
urteilen. Es müssen alle zu dem Erwerb erforderlichen Umstände
vorliegen. Ein Vertragsantrag begründet noch keinen Erwerb.
Ein bedingtes und ein betagtes Recht gehört schon vor Eintritt
der Bedingung oder des Termins zum Vermögen ■. Ein Niefsbrauch
gehört auch in Ansehung der künftigen Nutzungen zum Vermögen.
Ebenso das Recht auf eine Leibrente. Ein in blanco acceptierter
Wechsel, der vor der Eröffnung des Verfahrens an den Gemein-
schuldner begeben worden ist, gehört zur Masse und kann von
dem Verwalter ausgefüllt werden; denn der Acceptant ist so zu
behandeln, wie wenn er einen fertigen Wechsel acceptiert hätte.
Gehaltsforderungen von Offizieren und öffentlichen ' Beamten
gehören, auch soweit sie pfändbar sind, nur für die Zeit bis zur
Konkurseröffnung zur Konkursmasse, weil der Gehalt als Ver-
^ Ob das Vermögen, das der Gemeinscbuldner nach der ErÖfinung des
Verfahrens erwirbt, zur Masse gehöre, war nach dem früheren gem. Recht
bestritten.
Für die Zugehörigkeit des späteren Erwerbs: Schweppe §35 Nr. 2,
Puchta §25, £a7er§ 26a, Fuchs, Concursverfahren (1868) § 13. Dagegen:
A. C. J.'Schmid, Handb. III S. 257, Gensler, Arch. f. c Pr. II S. 356,
S.A. VI Nr. 112, X Nr. 322, XIX Nr. 287, R.O.H.G. Entsch. XII S. 800.
Dabelow S. 538 und Gönner, Handb. IV S. 526 unterscheiden, ob cessio
bonorum vorliegt oder nicht. Die Mehrzahl der deutschen Partikularrechte
zieht den späteren Erwerb zu der Masse; vgl. brem. Debitordn. §§ 49, 53,
lüb. K.O. §§ 57, 64, Baumeister, Privatrecht von Hamburg I S. 331 f. (diese
Rechte mit Freilassung jdes Erwerbs aus Arbeitsthätigkeit) ; prenfs. R.O. v.
1855 § 1, bad. Pr.O. § 728, bayr. Pr.O. Art. 1208. Ebenso die ausl&ndischen
Gesetze; aber meistens mit Freilassung des Erwerbs aus eigener Thätigkeit.
Der Code de comm. enthielt keine Vorschrift. Man nahm aber mit
Rücksicht auf art. 442 des c. de comm. in Verb, mit den art. 1270, 2092 des
C. civ. die Zugehörigkeit <ies Erwerbs zur Ronkursmasse an; vgl. Boulay
Paty, Trait^ des faillites §66 p.63. Das franz. Fallimentsges. v. 1838 Art.
443, das belg. Ges. v. 18. April 1851 Art. 444, das span. H.G.B. Art. 1037, die
österr. K.O. v. 1869 § 1, die bankruptcy act v. 1869 s. 15 », *, die ungar. K.O.
V. 1881 § 1, sprechen die Zugehörigkeit des späteren Erwerbs aus.
Die legislatorischen Erwägungen, die dazu führten, den späteren Erwerb
in der deutschen K.O. *nicht einzubeziehen , s. Mot. S. 20. Es sind Billig-
keitsgründe, namentlich Rücksicht auf die neuen Gläubiger.
* Daraus ergiebt sich insbesondere, dafs Ansprüche aus Versicherungs-
verträgen, die zu Gunsten des Gemeinschuldners oder seiner Erben ge-
schlossen sind, zur Konkursmasse gehören ; vgl. R.G. Entsch. XVI S. 126, bayr.
ob. L.G. Samml. XI 8. 58, IX S. 243.
§ 15. I. Die Konkursmasse. 79
gütung für die zu leistenden Dienste zu betrachten ist und die
Forderung daher ratenweise erworben wird*. Dasselbe gilt von
dem Gehalt und den Dienstbezügen der im Privatdienst angestellten
Personen. Anders verhält es sich mit Pensionen und Buhegehältern ;
da diese Bezüge nicht Vergütung für zu leistende Dienste sind,
gehört das Bezugsrecht auch für die spätere Zeit, und zwar ohne
Beschränkung auf die Dauer des Eonkurses, zur Masse, soweit die
Pfändung nach § 850 C.Pr.O. zulässig ist. Die Verwertung des
Bezugsrechts wird aber wegen der Ungewifsheit seiner Dauer auf
Hindemisse stofsen.
Die Erbschaft (auch die NacherbschaTt) und das Vermächtnis,
die dem Gemeinschuldner zur Zeit der Konkurseröffnung schon
angefallen waren (vgl. §§ 1922, 1942, 2106, 2176 bis 2178 B.G.B.),
aber zu dieser Zeit noch ausgeschlagen werden können (vgl. §§ 1943,
2180 Abs. 3 B.G.B.), gehören zur Konkursmasse, wenn die Erb-
schaft oder das Vermächtnis vor Beendigung des Konkurses durch
Annahme oder durch Ablauf der Ausschlagungsfrist von dem
(iemeinschuldner endgültig erworben wird. Die Annahme oder
Ausschlagung steht aber nicht dem Konkursverwalter, sondeni
nur dem Gemeinschuldner zu (§ 9 Satz 1). Da die Ausschlagung
bewirkt, dafs der Anfall an den Ausschlagenden als nicht erfolgt
gilt (§§ 1953 Abs. 1, 2180 Abs. 3 B.G.B.), so stellt sie sich in
ihrer Wirkung nicht als Verzicht auf ein bereits erworbenes Recht,
sondern als Nichtannahme eines angetragenen Hechts dar. Dies
entspricht dem Wesen des Erwerbs von Todeswegen, der nicht
blofs einen vermögensrechtlichen, sondern auch einen persönlichen
Charakter hat*.
Was von der Erbschaft gilt, gilt auch in Ansehung der fort-
gesetzten Gütergemeinschaft (§ 9 Satz 2). Nach § 1483 B.G.B.
wird beim Güterstande der allgemeinen Gütergemeinschaft und im
» Vgl. Wilmowski S. 1 N. 2 IV, Petersen und Kleinfeller § 1
N. m 2 c. Fitting § 13 N. 10. A.M. Hullmann S. 50, v. Völderndorff
I S. 80 f., Kohl er, Lehrb. S. 114. Wer den Gehalt als eine dem Beamten
kraft der Anstellung zukommende Eente betrachtet, so z. B. Lab and, D.
St.R. (2) I S. 478, mufs die Zugehörigkeit auch der späteren Gehaltsraten zur
Masse behaupten. Auf §§ 832, 833 CPr.O. darf man sich aber nicht berufen,
denn die Specialexekution ist nicht auf das in einem gewissen Zeitpunkt er-
worbene Vermögen beschränkt.
* Vgl. Begründung der Konk.-Nov. S. 27. — Dieselbe Auffassung liegt
den Vorschriften der §§ 517, 1406 Nr. 1, 1453 Abs. 1 Satz 1 B.G.B. und des
§ 778 Abs. 2 C.Pr.O. zu Grunde.
80 Zweites Hauptstück.
Falle des § 1557 auch beim Güterstande der Fahmisgemeinschaft
die Gütergemeinschaft zwischen dem überlebenden Ehegatten und
den gemeinschaftlichen Abkömmlingen, die im Falle der gesetz-
lichen Erbfolge als Erben berufen sind, fortgesetzt, wenn die Ehe
durch den Tod eines Ehegatten aufgelöst worden ist. Der über-
lebende Ehegatte kann aber die Fortsetzung ablehnen (vgl. § 1484
B.G.B.). Wird nach dem Tode eines Ehegatten der Konkurs über
das Vermögen des überlebenden eröffnet, bevor die Möglichkeit
der Ablehnung weggefallen ist, so steht die Fortsetzung oder Ab-
lehnung dem Gemeinschuldner, nicht dem Verwalter, zu. Erfolgt
keine Ablehnung, so gehört das Gesamtgut der fortgesetzten Güter-
gemeinschaft zur Eonkursmasse (§ 2 Abs. 8). Anderenfalls gilt
der Eintritt der fortgesetzten Gütergemeinschaft als nicht erfolgt
und es findet demgemäfs in Ansehung des ehelichen Gesamtguts
die Auseinandersetzung zwischen dem überlebenden Ehegatten und
den Erben des Verstorbenen statt (§ 1471 ff., 1482, 1484 Abs. 3
B.G.B.). Ob der Mann oder die Frau überlebt, macht keinen
Unterschied.
Gleich einem Vermächtnis ist das Recht auf den Voraus
(§ 1932 B.G.B.) und auf den sog. Dreifsigsten (§ 1969 B.G.B.) zu
behandeln.
Wegen des Pflichtteilsanspruchs s. u. S. 82,
Im Konkurse über das Vermögen des Inhabers eines Handels-
geschäfts, mag dieser ein Einzelner oder eine Gesellschaft sein,
gehört zur Konkursmasse der Anspruch auf die rückständige Ein-
lage des stillen Gesellschafters bis zu dem Betrage, der zur
Deckung seines Anteils am Verlust erforderlich ist (§ 341 Abs. 2
H.G.B.).
Im Konkurse über das Vermögen einer Erwerbs- und Wirt-
schaftsgenossenschaft (R.G. V. 1. Mai 1889) gehören zur Masse
die Ansprüche der Genossenschaft gegen die Genossen auf Leistung
von Nachschüssen. Über die Realisierung dieser Ansprüche bestehen
besondere Vorschriften (§§ 105 bis 115, 128 bis 130 Genoss. Ges.).
4. Wöil das Konkursverfahren Zwangsvollstreckung ist, gehört
zur Masse blofs das Vermögen, das einer Zwangsvoll-
streckung unterliegt.
Reichsgesetze, durch die unbewegliches Vermögen von
der Zwangsvollstreckung ausgenommen wäre, giebt es nicht.
Landesgesetzliche Ausnahmen können in Ansehung der in Art. 57
bis 67 E.G. z. B.G.B. bezeichneten Personen und Sachen gemacht
werden (arg. § 2 E.G. z. Zw.V.G.). Von Bedeutung sind ins-
§ 15. I. Die Konkursmasse. 81
besondere die landesgesetzlichen Beschränkungen in Ansehung der
Familienfideikommisse , Lehen und Stammgüter (Art. 59 E.G. z.
B.G.B.). Soweit solche landesgesetzliche Befreiungen von der
Zwangsvollstreckung oder Beschränkungen der Vollstreckung be-
stehen, bewirken sie, dafs die betreifenden Gegenstände nicht zur
Konkursmasse gehören.
In welchem Umfang bewegliches Vermögen der Zwangs-
vollstreckung unterliegt, ist in der Civilprozefsordnung bestimmt.
Hiernach gehören die beweglichen Sachen mit Ausnahme
der in § 811 Nr. 1 bis 3, 5 bis 8, 10 bis 13 C.Pr.O. bezeichneten
zur Konkursmasse. Die in § 811 Nr. 4 und 9 C.Pr.O. bezeichneten
Sachen und von den in Nr. 11 bezeichneten die Geschäftsbücher ge-
hören, obwohl sie nicht gepfändet werden sollen, zur Konkursmasse,
weil im Konkurse die Rücksicht auf den Fortbetrieb der Wirt-
schaft oder des Geschäfts wegfällt. Aus dem gleichen Grunde
gelten die im § 20 des Postgesetzes v. 28. Okt. 1871 in Ansehung
des Inventars der Posthaltereien vorgesehenen Beschränkungen der
Zwangsvollstreckung im Konkurse nicht (§ 1 Abs. 2).
Nicht zur Konkursmasse zu ziehen sind Sachen, die zum ge-
wöhnlichen Haushalte des Gemeinschuldners gehören, wenn ohne
weiteres ersichtlich ist, dafs durch deren Verwertung nur ein
Firlös erzielt würde, der zu dem Werte aufser allem Verhältnis
steht (arg. § 812 C.Pr.O.).
Das R.G., betr. die Unzulässigkeit der Pfändung von Eisen-
bahnfahrbetriebsmitteln, V. 12. Mai 1886 steht der Einbeziehung der
Betriebsmittel in den Konkurs nicht im Wege. Dagegen folgt aus
Art. 23 Abs. 5 des internat. Übereinkommens über den Eisenbahn-
verkehr V. 14. Okt. 1890 (R.G.Bl. 1892 S. 798), dafs das rollende
Material der bei diesem Übereinkommen beteiligten Eisenbahnen
mit Einschlufs sämtlicher der betreffenden Bahn gehörigen .Gegen-
stände, die sich in diesem Material vorfinden, nur dann zur Konkurs-
masse gezogen werden kann, wenn der Konkurs von einem Gerichte
des Staates eröffnet ist, dem die betreffende Eisenbahn angehört.
Welche Forderungen und sonstigen Rechte nicht gepfändet
werden können und daher nicht zur Konkursmasse gehören, ergeben
die §§ 850 bis 852, 857 bis 868 C.Pr.O.
Untibertragbare Forderungen und Rechte (§ 851 C.Pr.O.) s.
§§ 399, 514, 613, 664 Abs. 2, 717, 847, 1092, 1300 Abs. 2, 1408,
1427, 1585, 1623, 1655, 1656, 1658 B.G.B. Soweit eine nach
§ 399 B.G.B. wegen Vereinbarung unübertragbare Forderung nach
§ 851 Abs. 2 C.Pr.O. pfändbar ist, gehört sie zur Konkursmasse. Ein
Bin ding, Handbuob IX 3: L. Seuffert, Konkursprozefsrecht. 6
g2 Zweites Hauptstück.
Pflichtteilsanspruch gehört zur Konkursmasse, wenn er vor der Kon-
kurseröffnung durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig ge-
worden ist (arg. § 852 Abs. 1 G.Pr.O.). Dasselbe gilt von dem
nach § 528 B.G.B. dem Schenker zustehenden Anspruch auf Heraus-
gabe des Geschenkes (arg. § 852 Abs. 2 G.Pr.O.). Ebenso gehören
die in §§ 847, 1300 B.G.B. bezeichneten Ansprüche nur dann zur
Konkursmasse, wenn sie zur Zeit der Konkurseröffnung durch Ver-
trag anerkannt oder rechtshängig waren.
Was den Anspruch auf Bufse anlangt, so beginnt dessen Über-
tragbarkeit und folglich die Zugehörigkeit zur Masse erst mit der
Rechtskraft des Urteils des Strafgerichts (arg. § 444 St.Pr.O.).
Der Pfändung und daher der Konkursmasse entzogen sind die
nach den Kranken-, Unfall-, Invaliditäts- und Altersversicherungs-
gesetzen den Unterstützungsberechtigten zustehenden Forderungen ^,
ferner die Verstümmelungszulagen und Dienstprämien ^.
Aus Art. 23 Abs. 4 des intemat. Übereinkommens vom 14. Okt.
1890 (R.G.B1. 1892 S. 793) folgt, dafs die aus dem internationalen
Transporte herrührenden Forderungen der bei dem Übereinkommen
beteiligten Eisenbahnen untereinander, wenn die schuldnerische
Eisenbahn einem anderen Staate angehört als die forderungs-
berechtigte, nur dann zur Konkursmasse gehören, wenn der Konkurs
von einem Gerichte des Staates eröffnet worden ist, dem die
forderungsberechtigte Eisenbahn angehört.
In Ansehung anderer Rechte als Forderungen ist zunächst
§ 857 Abs. 3 G.Pr.O. mafsgebend. Danach gehören unveräufser-
liche Rechte, die auch nicht der Ausübung nach einem Anderen
überlassen werden können, nicht zur Konkursmasse, z. B. ^ne
beschränkte persönliche Dienstbarkeit, deren Überlassung nicht
gestattet ist (§ 1092 B.G.B.). Dagegen gehören unveräufserliche
Rechte, deren Ausübung einem Anderen überlassen werden kann,
in Ermangelung besonderer Vorschriften zur Konkursmasse. Also
gehört der Niefsbrauch an Sachen, an einem Rechte und an einem
Vermögen zur Konkursmasse (arg. § 1059 Satz 2, 1068 Abs. 2, 1085
Satz 1 B.G.B.).
B Krankenver8.-Ge8. i. d. F. d. Bek. v. 10. April 1892 § 56 Abs. 2; Unf.-Ver8..
Ges. V. 6. Juli 1884 § 68; R.G. v. 12. Mai 1886, betr. d. Unf.- u. Krankenvers.
d. i. landw.- u. forstwirtsch. Betrieben besch. Personen, § 73; R.G. y. 11. Juni 1887,
betr. d. UnfiaUvers. der bei Bauten besch. Personen, § 38 Abs 2; B.G. v«
13. Juli 1887, betr. die Unfallvers. d. Seeleute, § 76; R.G. y. 22. Juni 1889,
betr. die InyaL- u. Altersyers., § 40.
• E.G. y. 22. Mai 1893 Art 18.
• § 15. I. Die Konkursmasse. 83>
Nicht pfändbar und daher nicht Bestandteil der Konkursmasse
ist das Recht des Schuldners zur Zurücknahme einer für die Gläubiger
«emäfs § 372 bis 375 B.G.B. hinterlegten Sache (§ 877 Abs. 1 B.G.B.).
Das Recht der Verwaltung und Nutzniefsung , das bei dem
Güterstande der Verwaltung und Nutzniefsung dem Ehemann an
dem eingebrachten Gute zusteht, gehört nicht zur Konkursmasse
<arg. § 861 Abs. 1 Satz l C.Pr.O.). Folglich auch nicht die nach
der Konkurseröffnung erworbenen Früchte '. Die vor der Eröffnung
von dem Ehemann ei'worbenen Früchte des eingebrachten Gutes
gehören insoweit zur Konkursmasse, als sie nach § 861 Abs. I
Satz 2 C.Pr.O. gepfändet werden können.
Bei der Errungenschaftsgemeinschaft gehören die Früchte des
von der Frau eingebrachten Gutes, welche nach den für den Güter-
stand der Verwaltung und Nutzniefsung geltenden Vorschriften
dem Manne zufallen, zu dem Gesamtgute (§ 1525 Abs. 1 B.G.B.).
Die vor der Konkurseröflfnung von dem Manne erworbenen Früchte
gehören daher unbeschränkt zur Konkursmasse des Mannes (arg.
§ 2 Abs. 1). Die nach der Eröffnung erworbenen Früchte® bleiben
aufserhalb der Masse, weil sie nicht kraft eines Nutzniefsungsrechts
erworben werden und die Masse blofs das zur Zeit der Eröffnung
dem Gemeinschuldner gehörende Vermögen umfafst*.
Das Gleiche wie bei der Errungenschaftsgemeinschaft gilt für
die Nutzungen des von der Frau eingebrachten Gutes auch bei der
Fahrnisgemeinschaft *®.
Soweit nach Art. 200 E.G. z. B.G.B. für den Güterstand einer
z. Z. des Inkrafttretens des Gesetzbuchs bestehenden Ehe die bis*
herigen Gesetze mafsgebend bleiben, bewendet es in Ansehung des
dem Ehemann an dem Vermögen seiner Ehefrau zustehenden Niefs-
brauchs auch für die Zukunft bei den Vorschriften des § 1 Abs. 2
der alten Konkursordnung (Art. VI Satz 1 E.G.). Ein solcher
Niefsbrauch gehört also zur Konkursmasse. Aus den Nutzungen
kann der Gemeinschuldner aber die Mittel beanspruchen, die zu
«einem angemessenen Unterhalt und dazu erforderlich sind, um
eine gesetzliche Verpflichtung zum Unterhalte seiner Ehefrau oder
zum Unterhalt oder zur Erziehung seiner Kinder zu erfüllen.
"* Da das Recht des Mannes erst mit der Rechtskraft des EröfFnungs*
beschlusses endigt (§ 1419 B.G.B.), so können Früchte nach der Eröffnung er»
vorben werden.
» Vgl. die vorige Note und § 1543 B.G.B.
• Vgl. die Begründung der Novelle S, 23.
»0 Vgl. die §§ 1549, 1550 Abs. 2 B.G.B.
6*
84 Zweites Hauptetück. •
Das Recht, welches dem Vater oder der Mutter kraft der
elterlichen Nutzniefsung an dem Vermögen des Kindes zusteht, ist
kein Bestandteil der Konkursmasse (arg. § 862 Abs. 1 Satz 1 C.Pr.O.).
Das Gleiche gilt von den ihnen nach den §§ 1655, 1656 B.G.B. zu-
stehenden Ansprüchen, solange solche Ansprüche nicht fällig sind (arg^
§ 862 Abs. 1, Satz 2 C.Pr.O.). Die vor der Konkurseröffnung von dem
Vater oder von der Mutter erworbenen Früchte und die vor diesem
Zeitpunkte fällig gewordenen Ansprüche aus den §§ 1655, 165&
B.G.B. gehören insoweit zur Konkursmasse, als sie nach § 862
Abs* 2 vgl. mit § 861 Abs. 1 Satz 2 gepfändet werden können.
Die nach der Konkurseröffnung erworbenen Früchte gehören nicht
zur Konkursmasse, weil das Bezugsrecht nicht dazu gehört. Ebenso-
wenig die nachher fällig werdenden Ansprüche aus §§ 1655, 1656
B.G.B., da sie an Stelle der Nutzniefsung treten.
Die Rechte der Eltern an dem Vermögen der vor dem
Inkrafttreten des B.G.B. geborenen Kinder sind nach dem Rechte
des B.G.B. zu beurteilen (Art. 203 E.G. z. B.G.B.) ; daher ist auch
in konkursrechtlicher Beziehung nur das neue Recht mafsgebend
(arg. a contr. § VI Satz 1 E.G.).
Ist der Geraeinschuldner als Erbe nach § 2338 B.G.B. durch die
Einsetzung eines Nacherben beschränkt, so gehören die Nutzungea
der Erbschaft, soweit sie zur Erfüllung der dem Schuldner seinem
Ehegatten, seinem früheren Ehegatten oder seinen Verwandten,
gegenüber gesetzlich obliegenden Unterhaltspflicht und zur Be-
streitung seines standesmäfsigen Unterhalts erforderlich sind, nur
zur Masse des Erbenkonkurses, wenn Konkursgläubiger vorhanden
sind, welche auch die Eigenschaft von Nachlafsgläubigern haben
(arg. §863 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 C.Pr.O.). Das Gleiche gilt, wenn
der Schuldner nach § 2338 B.G.B. durch die Ernennung eines
Testamentsvollstreckers beschränkt ist, für seinen Anspruch auf den
jährlichen Reinertrag (arg. § 863 Abs. 1 Satz 2 C.Pr.O.).
Wenn ein Ehegatte nach § 2338 B.G.B. berechtigt ist, das
Pflichtteilsrecht des Abkömmlings zu beschränken, so kann er für
den Fall, dafs nach seinem Tode fortgesetzte Gütergemeinschaft
eintritt, den Anteil des Abkömmlings am Gesamtgut einer ent-
sprechenden Beschränkung durch Einsetzung eines Nacherben oder
Ernennung eines Testamentsvollstreckers unterwerfen (§ 1513 Abs. 2
B.G.B.). Unterliegt der Anteil des Abköitimlings einer derartigen
Beschränkung, so finden auf die Nutzungen des Anteils die in dem
vorigen Absatz entwickelten Sätze entsprechende Anwendung (arg»
§ 863 Abs. 3 C.Pr.O.).
§ 15. I. Die Konkursmasse. 85
Der Anteil eines Gesellschafters an dem Gesellschaftsvermögen
«iner nach § 705 B.G.B. eingegangenen Gesellschaft gehört zur
Konkursmasse, nicht der Anteil an den einzelnen zum Gesellschafts-
vermögen gehörenden Gegenständen (arg. § 859 Abs. 1 C.Pr.O.).
Ebenso verhält es sich mit dem Anteil eines Gesellschafters
bezw. eines persönlich haftenden Gesellschafters bei der offenen
Handelsgesellschaft, der Kommanditgesellschaft und der Kommandit-
gesellschaft auf Aktien (arg. Art. 2 E.G. z. H.G.B., vgl. a. § 135 H.G.B.).
Der Anteil eines Miterben an dem Nachlafs gehört zur Kon-
kursmasse, nicht sein Anteil an den einzelnen Nachlafsgegenständen
(arg. § 859 Abs. 2 C.Pr.O.)
Für den Anteil eines Gemeinschafters an dem Vermögen einer
anderen Gemeinschaft zur gesamten Hand mufs in Ermangelung
besonderer Vorschriften das Gleiche gelten, wenn der Anteil ver-
Hufsert oder die Auseinandersetzung verlangt werden kann.
Bei dem Güterstande der allgemeinen Gütergemeinschaft, der
Errungenschaftsgemeinschaft und der Fahrnisgemeinschaft gehört
das Gesamtgut zur Konkursmasse, wenn das Verfahren über das
Vermögen des Mannes eröffnet wird; eine Auseinandersetzung
wegen des Gesamtguts zwischen den Ehegatten findet nicht statt
(§ 2 Abs. 1). Das hängt damit zusammen, dafs die Gläubiger des
Mannes auch Gesamtgutsgläubiger sind und umgekehrt (§ 1459
B.G.B.). Durch das Konkursverfahren über das Vermögen der Ehe-
frau wird das Gesamtgut nicht berührt (§ 2 Abs. 2) ; der Anteil der
Ehefrau an dem Gesamtgut und an einzelnen dazu gehörenden
Gegenständen ist kein Bestandteil der Konkursmasse (arg. § 860
Abs. 1 Satz 1 C.Pr.O.).
Bei der fortgesetzten Gütergemeinschaft (§§ 1483 ffl, 1527
B.G.B.) gehört das Gesamtgut zur Konkursmasse, wenn das Ver-
fahren über das Vermögen des überlebenden Ehegatten eröffnet
-wird; eine Auseinandersetzung wegen des Gesamtguts zwischen
dem überlebenden Ehegatten und den Abkömmlingen findet nicht
statt (§ 2 Abs. 3). Die Gläubiger des überlebenden Ehegatten
.sind auch Gesamtgutsgläubiger und "umgekehrt (§§ 1488, 1489
B.G.B.). Durch das Konkursverfahren über das Vermögen eines
Abkömmlings wird das Gesamtgut nicht berührt (§ 2 Abs. 3) ; der
Anteil des Abkömmlings an dem Gesamtgut ist kein Bestand-
teil der Konkursmasse (arg. § 860 Abs. 1 Satz 2 C.Pr.O.).
Für die Zugehörigkeit zur Konkursmasse ist die Zulässigkeit
einer Zwangsvollstreckung zur Zeit der Konkurseröffnung ent-
scheidend. Gegenstände, die in diesem Zeitpunkte eixier Zwangs-
86 Zweites Hauptstück.
Vollstreckung nicht unterliegen, werden nicht aadurch Bestandteile
der Konkursmasse, dafs sie während des Verfahrens aufhören, von
der Zwangsvollstreckung befreit zu sein". Daher werden die
Forderungen auf Ersatz eines anderen als Yermögensschadens
(§§ 837, 1300 B.G.B.) und der Pflichtteilsanspruch nicht Masse-
bestandteile, wenn sie nach Eröffnung des Konkurses anerkannt
oder rechtshängig werden. Daher wird der Anteil der Ehefrau
an dem Gesamtgute nicht MassebestAndteil, wenn die Gemeinschaft
nach der Eröffnung des Konkurses beendigt wird.
Ist die eheliche Gütergemeinschaft (allgemeine Güter-, EiTungen-
Schafts- oder Fahmisgemeinschaft) oder die fortgesetzte Güter-
gemeinschaft beendigt (vgl. §§ 1468 biß 1470, 1482, 1484 Abs. 3,
1492 bis 1496 B.G.B.) , so findet die Auseinandersetzung statt»
Der Anteil des Anteilsberechtigten gehört zu der Masse des über
sein Vermögen eröffneten Konkurses (arg. § 860 Abs. 2 C.Pr.O.).
Die sog. Immaterialgüterrechte gehören zum Konkurse, soweit
sie ohne Einwilligung des Berechtigten veräufsert oder doch einem
Anderen zur Ausübung übertragen werden können^*.
Eine eigenartige Situation ergiebt sich in Ansehung solcher
Vermögensbestandteile, die für gewisse Forderungen Exekutions-
objekt sind, für andere nicht. Diese Rechtslage ergiebt sich aus
11 Nach dem Wortlaut des § 1 ist nur das Erworbensein, nicht die Zu-
lässigkeit der Vollstreckung im Zeitpunkte der EröfTnung, verlangt. Aber man-
wird von jenem auf diese folgern dürfen.
1^ Die Firma ist nicht ohne Einwilligung übertragbar (arg. § 22 H.G.B.V
daher nicht Massebestandteil; R.G-Entsch. IX S. 104 mit der Begründung,
dafs das] Recht auf die Firma kein Vermögensrecht sei. — Das Recht auf
ein Warenzeichen ist mit dem Geschäftsbetriebe übertragbar, 'aber nur mit
Einwilligung des Berechtigten (arg. § 7 Abs. 1 Satz 3 des R.G. z. Schutze
der Warenbezeichnungen y. 12. Mai 1894), daher kein Bestandteil der Ronkurs-
masse. A. M.: Kohl er, Markenschutz S. 282. Entsprechend verhält es sich
mit den Rechten an Mustern, Modellen und Gebrauchsmustern. — Der An»
Spruch auf Erteilung eines Patents ist nicht ohne Einwilligung des Erfinders
übertragbar; wohl aber das Recht aus dem Patent. Dieses ist also Masse-
bestandteil. Vgl.Stobbe,D.PrJl.IIIS.46,Gierke, D.Pr.R. I S. 892, R.O.H.G;
Entsch. XXII S. B33£P. Ebenso das Recht aus Licenzvertrfigen. -^ Das litte*
rarische und künstlerische Urheberrecht ist seinem personenrechtlichen Kerne
nach nicht übertragbar, wohl aber in seinen vermögensrechtlichen Folgen, und
zwar, soweit es sich nur um diese handelt^ ohne Einwilligung des Urhebers.
Daher ist es insoweit Massebestandteil. Das Verlagsrecht gehört wohl zur
Konkursmasse. Näheres s. bei D a m b a c h , Urheberrecht S. 36 fi; ; K I o s t e r>
mann, Urheberrecht S. 16, 140; Wächter, Autorrecht 8. 102ff.; Stobbe,.
D.Pr.R. III S. 46; Gierke, D.Pr.R. I S. 812 ff.; J. Kaiser, Ztschr. f. d. C.Pr.
XXI S. 201 fi;
§ 15. 1. Die Konkursmasse. 87
§ 4 a R.G. betr. d. Beschlagnahme des Arbeits- und Dienstlohns
V. 21. Juni 1869 in d. F. d. R.G. v. 29. März 1897, aus den §§ 850
Abs. 4, 863 Abs. 2 C.Pr.O. und aus den §§ 1086, 1411 bis 1414,
1525 Abs. 2, 1550 Abs. 2 B.G.B.
Die Vorschriften der §§ 1411 bis 1414 B.G.B.eignen sich am besten
zur Erläuterung der Situation. Danach kann eine im gesetzlichen
Güterstande der Verwaltung und Nutzniefsung lebende Frau zweierlei
Gläubiger haben, nämlich solche, die berechtigt sind, die Voll-
streckung in das ganze Vermögen der Frau, d. i. in das Vorbehalts-
gut und ohne Rücksicht auf die Verwaltung und Nutzniefsung
des Mannes in das eingebrachte Gut, zu betreiben (Gläubiger der
ersten Kategorie), und solche, die nur die Vollstreckung in das
Vorbehaltsgut betreiben dürfen (Gläubiger der zweiten Kategorie).
Gegenüber den Gläubigem der ersten Kategorie ist das eingebrachte
Gut Exekutionsobjekt und daher Bestandteil der Masse des über
das Vermögen der Frau eröffneten Konkurses; gegenüber den
Gläubigem der zweiten Kategorie nicht, während das Vorbehalts-
gut Exekutionsobjekt für die Gläubiger beider Kategorien ist**.
Sind nur Gläubiger der ersten Kategorie vorhanden, so gehört
das Vorbehaltsgut und das eingebrachte Gut zur einheitlichen
Konkursmasse. Sind nur Gläubiger der zweiten Kategorie vorhanden,
so gehört blofs das Vorbehaltsgut zur Masse; der Ehemann hat
einen Aussonderungsanspruch, wenn der Verwalter eingebrachtes
Gut zur Masse zieht (arg. §§ 771, 774 C.Pr.O.).
Wenn Gläubiger beider Kategorien vorhanden sind, worauf der
Konkursverwalter stets gefafst sein mufs, so ist sowohl das Vor-
bebaltsgut als das eingebrachte Gut zur Masse zu ziehen. Dann
sind bei der Verteilung zwei Sondermassen zu bilden, eine aus
dem eingebrachten Gute, die andere aus dem Vorbehaltsgut. Bei
Verteilung jener Sondermasse konkurrieren nur die Gläubiger der
ersten Kategorie. Soweit sie aus dieser keine Befriedigung er-
langen, d. i. also mit dem Ausfalle, konkurrieren sie mit den
Gläubigem der zweiten Kategorie, bei der Verteilung der zweiten,
das Vorbehaltsgut enthaltenden Sondermasse. Die Scheidung der
Gläubiger erfolgt wohl erst im Verteilungsverfahren bei Auf-
stellung des Verzeichnisses der bei einer Verteilung zu berück-
sichtigenden Gläubiger. Durch Einwendungen gegen das Ver-
^^ Dieselbe Unterscheidung kann sich auch bei dem Güterstande der
EIrrungenschaftsgemeinschaft und der Fahrnisgemeinschaft ergeben, wenn die
Frau eingebrachtes Gut und Vorbehaltsgut hat (arg. §§ 1525 Abs. 2, 1550
Abs. 2 B.G.B.).
88 Zweites Hauptstück.
zeichnis sind etwaige Streitigkeiten über die Zugehörigkeit eines
Gläubigers zu dieser oder jener Kategorie und über die Zugehörigkeit
eines Vermögensbestandteils zu dieser oder jener Sondermasse
zur Entscheidung zu bringen**.
Entsprechend sind die anderen Fälle zu behandeln.
5. Im Auslande befindliches Vermögen ist nicht durch das
inländische Gesetz von der Masse ausgeschlossen; nur im Falle
des § 238 beschränkt sich das Konkursverfahren auf das inländische
Vermögen. Aber thatsächlich ist die Einbeziehung des im Aus-
lande befindlichen Vermögens unausführbar, wenn dazu die Mit-
wirkung einer ausländischen Behörde erforderlich ist und der aus-
ländische Staat dem von einem deutschen Gericht eröffneten Kon-
kurse keine Wirksamkeit für das in seinem Gebiete befindliche
Vermögen einräumt. Dies wird regelmäfsig der Fall sein; wie
denn auch das deutsche Gesetz (§ 237) vorbehaltlich von Aus-
nahmen, die unter Zustimmung des Bundesrats durch Anordnung
des Reichskanzlers getroffen werden, der ausländischen Konkurs-
eröffnung keine Wirksamkeit für das im Inlande befindliche Ver-
mögen zugesteht".
6. Der Gemeinschuldner kann Gegenstände, die deswegen nicht
zur Masse gehören, weil sie erst nach der Eröffnung des Konkurses
erworben oder pfändbar geworden sind, dem Verwalter überlassen,
damit er sie wie Konkursmasse behandle und verwerte. An solchen
^* Die im Text vertretene Ansicht über die Behandlung derartiger Rom*
plikationen findet eine Stütze in den Verhandlungen der mit der Beratung des
II. Entw. e. B.G.B. betrauten Kommission (Autogr. Prot. S. 9461 ff.) und in
den Verhandlungen der mit der Vorberatung über die Ronk.Nov. beauf-
tragten Beichstagskommission, Komm.Ber. S.3 bis 5. Eine gesetzliche Regelung
wäre erwünscht; vgl. L. Seuffert, D.J.Z. 1898 Nr. 6 S. 119 ff. — Vgl. a, die
teilweise abw. Ausführungen von Unzner in Planks Komm. z. B.G.B.
§ 1411 N. 8 (während des Drucks erschienen).
'^ Ausführlicher sind diese Dinge behandelt in Kohlers Lehrb. 8. 608 ff.
Die dort vertretene Ansicht, dafs das deutsche Recht ausländisches Vermögen
grundsätzlich nicht zur Masse rechne, dürfte unrichtig sein ; vgl. Mot 457. Die
in § 238 für die speciellen Fälle getroffene Anordnung, dafs sich der Konkurs
auf das inländische Vermögen beschränkt, hätte keinen Sinn, wenn dasselbe
für alle Konkurse gelten würde. Ein internationaler Vertrag kann die An-
ordnung des § 237 Abs. 2 veranlassen, aber auch ersetzen. Zur Zeit sind
Verträge des Reichs nicht vorhanden. Über die Frage, ob Verträge einzelner
Bundesstaaten, die vor dem 1. Okt. 1879 geschlossen waren (z. B. Vertr. zw.
Preufnen u. Österreich v. 12. Mai u. 16. Juni 1844, G. u. V.O.BL S. 165; zw.
Sachsen u. Österreich v. 6. Jan. 1854, abgedr. in d. Entsch. d. R.G. ; zw. Württem-
berg und ^hweizer Kantonen, Reg.Bl. v. 1826 S. 251, v. 1860 S. 8), in Geltung
bleiben, s. oben S. 84 bei N. 11.
§ 16* IL Die Aussonderang. 89
Gegenständen erwirbt die Gläubigerschaft im Zweifel die gleichen
Bechte wie an der Konkursmasse. Bei der Überlassung können
auch Rechte fiduciarischer Natur eingeräumt werden.
Gegenstände, die deswegen nicht zur Masse gehören, weil sie
unveräufserlich oder unpfändbar sind, kann der Gemeinschuldner
nicht der Konkursmasse überlassen; die unveräufserlichen nicht,
weil die Überlassung eine (konstitutive) Veräufserung ist ; die un-
pfändbaren nicht, weil die Befreiungen auf socialpolitischen Gründen
beruhen und daher publici iuris sind.
7. Über das nach der Eröffnung des Verfahrens erworbene
oder pfändbar gewordene Vermögen des Gemeinschuldners kann
schon vor der Beendigung des ersten Verfahrens ein zweiter Kon-
kurs eröffnet werden*". Vor Beendigung des ersten Konkurses
dürfen sich an dem zweiten Konkurse nur diejenigen Gläubiger
beteiligen, deren Forderungen nach der Eröffnung des ersten ent-
standen sind. Der Beteiligung der Gläubiger, die sich am ersten
Konkurs beteiligen können, steht die Vorschrift des § 14 Abs. 1
entgegen *^.
§ 16.
IL Die Anssondernng ^
Gleichwie es bei der Specialexekution vorkommen kann, dafs
sie in einen Gegenstand vollzogen wird, der nicht dem Schuldner,
sondern einem Dritten gehört, so kann es bei der konkursmäfsigen
Generalexekution geschehen, dafs der Verwalter einen Gegenstand
(Sache oder Recht), der nicht dem Gemeinschuldner, sondern einem
Dritten gehört, in die Konkursmasse einbezieht. Wie in jenem
Falle die Specialexekution, so ist in diesem Falle die Einbeziehung
in die Konkursmasse ein rechtswidriger Eingriff in die Vermögens-
1« Vgl. Mot. S. 21.
" Vgl. V. Wilmowski § 11 N. 4, Petersen u. Kleinf eller § 1 N. lU
4, § 11 N. 1, Kohl er, Lehrb. 8. 534 u. a. Abw. Oetker, Gmndbegr. I
5. 203 f.
^ Früher separatio ex jure dominii oder vindicatio nach dem Hauptfall
genannt. Wie diese Separatisten oder Vindikanten zu behandeln seien, war
bestritten. Einige, z. B. Brunnemann c. 2 § 8, c. 5 § 5 ss.; Carpzow,
Jnrispr. for. P. I c. 28 def. 12 nr.^1; Dabelow S. 524 N. e behandeln sie wie
Konkursgläubiger, verlangen daher, dafs sie im Liquidationstermin bei Mei-
dung der Präklusion erscheinen, ihre Rechte anmelden und bestrittene Rechte
im Konkursprozefs verfolgen. Andere, z. B. Ludovici c. 11, Bayer § 51,
Fuchs, ConcVerf. 8.32 scheiden sie von den Konkursgl&ubigem und unter-
werfen sie daher weder der Ediktalcitation noch dem Konkursprozesse. Diese
Ansicht gewann die Oberhand.
90 Zweites Hauptatück.
Sphäre des Dritten. In jenem Falle reagiert der Dritte durch das
Verlangen, den Gegenstand von der Specialexekution freizugeben,
eventuell macht er diesen Anspruch durch Widerspruchsklage
(§ 771 C.Pr.O.) geltend. In dem anderen Falle reagiert der Dritte
durch das Verlangen, den Gegenstand aus der Konkursmasse frei-
zugeben (Aussonderungsanspruch), eventuell macht er diesen An-
spruch durch Klage geltend.
Der Aussonderungsanspruch ist aufsergerichtlich und gerichtlich
gegen den Verwalter als das Organ der Gläubigerschaft geltend
zu machen. Die Klage ist im ordentlichen Prozesse bei dem nach
allgemeinen Regeln zuständigen Gericht zu erheben '. Der Antrag
ist auf Verurteilung der Gläubigerschaft zur Freigabe des be-
treffenden Gegenstandes aus der Konkursmasse zu stellen. Die
Verurteilung ist nach den allgemeinen Regeln vollstreckbar. Je
nach den Umständen kann eine Vollstreckung nach den §§ 888 bis
886, 890 C.Pr.O. in Frage kommen. Auch die Klage auf Leistung
des Interesse (§ 893 Abs. 2 C.Pr.O.) ist möglich.
Die Klage ist als Leistungsklage zu erheben, wenn der dem
Kläger gehörende Gegenstand in die Konkursmasse einbezogen ist.
Sie ist auch als Feststellungsklage denkbar, wenn das Interesse an
der alsbaldigen Feststellung des Rechtsverhältnisses vorhanden ist.
Das Recht , auf Grund dessen jemand die Aussonderung ver-
langen könnte, kann verteidigungsweise geltend gemacht werden,
wenn der Verwalter angriffsweise vorgeht, z. B. die Herausgabe
einer Sache verlangt.
Wegen Unterbrechung und Wiederaufnahme eines z. Z. der
Konkurseröffnung anhängigen Prozesses über ein Recht, das den
Aussonderungsanspruch begründen würde, s. § 240 C.Pr.O., § 10 K.O.
Der Aussonderungsanspruch kann nur während des Konkurses
geltend gemacht werden. Er kann geltend gemacht werden, solange
sich der betreffende Gegenstand in der Konkursmasse befindet.
Ist er von dem Verwalter veräufsert oder verwertet worden, so
kann der Absonderungsberechtigte die Abtretung des Anspruchs
auf die Gegenleistung und, soweit diese zur Masse eingezogen
worden ist, die Gegenleistung, d. i. den Erlös aus dem abzuson-
dernden Gegenstande, aus der Masse verlangen (§ 46). Über diesen
an Stelle des Aussonderungsrechts tretenden Anspruch s. u. S. 99 f.
^ Aafser dem allgemeinen GerichtsBtande der Ql&ubigerschaft (§ 17 C.Pr.O.)
kann nur noch der Gerichtsstand des § 24 CPr.O. in Frage kommen; nicht
der des Erfüllungsorts, vgl. RG.£ntsch. XXXI S. 392.
§ 19. II. Die Aussondeiung. 91
Ist der Gegenstand von dem Verwalter veräufsert und der
nach § 46 entstehende Anspruch nicht verfolgt worden, so kann
der Aussonderungsberechtigte das seinem Aussonderungsrecht zu
Grunde liegende Recht gegen den Erwerber geltend machen, wenn
ihm nicht Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu Gunsten der-
jenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten (vgl.
§§ 892, 893, 933 bis 936 B.G.B., §§ 366, 367 H.G.B.) entgegenstehen.
Stehen ihm solche Vorschriften entgegen, so kann er von den
einzelnen Konkursgläubigern die Herausgabe des Betrags verlangen,
welchen sie zufolge Verteilung des Erlöses aus dem Gegenstande,
der dem Gemeinschuldner nicht gehörte, an Dividende mehr erhalten
haben; denn um diesen Betrag sind sie auf seine Kosten ohne
rechtlichen Grund bereichert. Er kann aber auch den Gemein-
schuldner auf diesen Betrag belangen, weil auch der Gemein-
schuldner, der um diesen Betrag von Schulden befreit worden ist,
auf seine Kosten ohne Rechtsgrund bereichert ist*.
Wegen Fortsetzung eines Rechtsstreites über ein Aussonderungs-
recht, der bei Beendigung des Konkurses durch Zwangsvergleich
anhängig ist, s. u. § 53.
Welche Rechte einen Aussonderungsanspruch begründen
können, ist aus dem bürgerlichen Recht zu beurteilen (§ 43). Die
K.O. § 44 schafft jedoch einen vom bürgerlichen Recht unabhängigen
Aussonderungsanspruch und beschränkt in § 45 den Aussonderungs-
anspruch der Ehefrau.
1. Nach dem bürgerlichen Recht kann die Aussonderung
verlangen :
a) wer an einem zur Masse gezogenen Gegenstand ein Recht
hat, das nicht auf Befriedigung eines Guthabens aus dem Gegen-
stande geht.
* Die Rechtslage ist die gleiche, wie wenn die Specialexekution in einen
dem Schuldner nicht gehörenden Gegenstand vollzogen und der Erlös dem Gläu-
biger übereignet worden ist. Die Meinungen gehen auseinander. Vgl. K o f f k a ,
Mag. f. d. D. R. d. Gegenw. VIII S. 161, Nessel, Beitr. z. E. d. D.R. XXVIII
S. 89; L. J a k 0 b i , Ersatzpflicht des Gläubigers aus ungerechtf. Mob Zw.VoUstr.
in den Berl. Festgaben für Gneist (1888); Frantz, z. L. v. d. Exekutions-
intervention 8.89^; Cahn, Arch. f. c. Pr. LXX S. 438 ff.; Falkmann,
Ztschr. f. d. C.Pr. XIV S. 515; v. Schrutka-Rechtenstamm, Z. Dogmen-
geschichte und Dogm. d. Freigebung fremder Sachen etc., 8. Heft, S. 93 ff.,
M. Landsberger, Die Sachen Dritter und ihr Schutz gegen unrechtmäfsige
Zwangsvollstreckung (Gott. Diss. v. 1892), S.A. XXXV Nr. 294, XXXVII
Nr. 355, R.G.Entsch. VI S. 312 XIII S. 180 ff, Beitr. z. E. d. D.R. XXV S. 1014.
Durch das B.G.B. ist d:e Streitfrage nicht abgeschnitten.
92 Zweites Hauptstück.*
In Ansehung von Sachen kommen in Betracht das Eigentum
einschliefslich des Miteigentums* und des Stockwerkeigentums,
das Recht auf den Besitz •, die Rechte an Lehen (auch allodifizierten),
Familienüdeikommissen und Stammgütern einschliefslich der An-
wärterrechte®, das Erbbaurecht, das Erbpachtrecht mit Einschlufs
des Büdner- und Häuslerrechts, die Dienstbarkeiten (Grunddienst-
barkeiten und persönliche), das dingliche Vorkaufsrecht ', das Recht
des Mannes auf die Verwaltung und Nutzniefsung des eingebrachten
Vermögens der Frau* etc.
^ Bei Miteigentum nach Bruchteilen kann die Aussonderung des Anteils,
bei Miteigentum zur gesamten Hand die Aussonderung der ganzen Sache
verlangt werden, solange keine Auseinandersetzung stattfand. Daher kann
der Mann in dem Konkurse über das Vermögen seiner Frau die Aussonderung
des Gesamtguts verlangen (arg. § 2 Abs. 2). Dafs die Frau in dem Konkurse ihres
Mannes die Aussonderung des Gesamtguts nicht verlangen kann (§ 2 Abs. 1),
beruht darauf, dafs das Gesamtgut allen Gläubigern des Mannes haftet
§ 1459 B.G.B.).
^ Vgl. §§ 861, 1007 B.G.B. Die Aussonderung kann verlangt werden so-
wohl, wenn z. Z. der Eröfihung des Konkurses ein Anspruch auf Einräumung
des Besitzes gegen den Gemeinschüldner begründet war, als auch, wenn
w&hrend des Konkurses ein solcher Anspruch gegen den Verwalter als Organ
der Gl&ubigerschaft entsteht. Die Rechtslage ist die gleiche, wie bei der
Specialexekution. Ob diese auf Grund Besitzrechts abgewehrt werden kann,
ist bestritten. Die Komm, zu § 690 (alt) C.Pr.O., femer Vofs, Beitr. z. E. d. D.R.
XXriIS. 265; Kühne eod. S. 506; Westerburg eod. S. 885; v. Glasenapp
eod. XXIV S. 252; Nessel eod. XXVIII S. 126 ff.; Vofs, Arch. f. c. Pr.
LXVI S. 161 ff.; Francke, Zeitschr.f. CPr. V S. 216 ff.; v. Schrutka,Ztschr.
f. Pr. u. ö. R. XIII S. 318 u. z. Dogmengesch. u. Dogmatik der Freigebung
fremder Sachen Heft 3 S. 145; Bunsen, Zw.V. S. 87; Falkmann, Zw.V.
S. 119; Planck II S. 714; R.G.Entsch. XIV S. 365, XXXIV S. 422, S.A. XLV
Nr. 152.
« Vgl. R.G.Ent8ch. XXX S. 385.
"^ §§ 1094 bis 1104 B.G.B. Das Vorkaufsrecht kann im Konkurse aus-
geübt werden, wenn der Gemeinschuldner vor der Eröfinung des Verfahrens
verkauft hat und die Frist des § 510 Abs. 2 B.G.B. noch läuft; ferner, wenn der
Verwalter aus freier Hand verkauft (§ 1098 Abs. 1 Satz 2 B.G.B.); nicht bei
Verkauf im Wege der Zwangsvollstreckung.
« Vgl. §§ 1363, 1373, 1383, 1525, 1549 B.G.B. und § 739 CPr.O. Das Recht
des Ehemannes auf die Verwaltung und Nutzniefsung kann nicht gegenüber
den Gl&ubigem der Frau geltend gemacht werden, denen die Frau auch mit
dem eingebrachten Gute haftet (vgl. §g 1411 bis 1414 B.G.B.); daher kann
der Mann jenes Recht im Konkurse der Frau nur dann geltend machen, wenn
blofs Konkursglftubiger beteiligt sind, denen das eingebrachte Gut nicht
haftet; vgl. o. S. 87. Das Recht auf die elterliche Nutzniefsung begründet
kein Aussonderungsrecht im Konkurse des Kindes (arg. § 1659 B.G.B., § 746
C.Pr.O.).
§ 16. IL Die AussoDderung. 93
In Ansehung von Forderungen und anderen Rechten kommt
als aussonderungsberechtigt in Betracht, wer Subjekt des betreffen-
den Rechtes oder eines aus diesem abgezweigten Rechtes ist. Daher
kann der neue Gläubiger die Aussonderung der abgetretenen oder
übertragenen Forderung verlangen; der Niefsbraucher die Aus-
sonderung der Forderung, an der ihm der Niefsbrauch zusteht;
der Licenzberechtigte die Aussonderung des Patentrechtes, soweit
ihm dessen Ausnutzung übertragen ist etc.
Da Forderungen aus einem Geschäfte, das der Kommissionär
abgeschlossen hat, auch wenn sie nicht abgetreten sind, im Ver-
hältnisse zwischen dem Kommittenten und den Gläubigern des
Kommissionärs als Forderungen des Kommittenten gelten (§ 392
Abs. 2 H.G.B.), kann der Kommittent im Konkurse des Kommissionärs
die Aussondei*ung solcher Forderungen verlangen*.
b) Wer auf Grund eines Vertrags von dem Gemeinschuldner
die Herausgabe eines Gegenstandes verlangen kann, den er dem
Gemeinschuldner überlassen hat ohne die Absicht, das Eigentum
zu übertragen.
Von diesem Gesichtspunkte aus kann der Vermieter, der Ver-
pächter, der Verleiher die Aussonderung des vermieteten, ver-
pachteten, geliehenen Gegenstandes, der Auftraggeber und der
Kommittent die Aussonderung des dem Beauftragten oder dem
Kommissionär überlassenen, der Hinterleger die Aussonderung des
hinterlegten, der Verpfänder die Aussonderung des verpfändeten
Gegenstandes verlangen *^.
^ Natürlich ist KommiBsionsgut, das der VerkaufBkommission&r verkauft
oder als Selbstkontrahent von dem Kommittenten gekauft bat, nicht aus-
zusondern. Kommissionsgut, das der Einkaufskommission&r gekauft oder .als
Selbstkontrahent dem Kommittenten verkauft hat, ist nicht auf Grund des
Komraissionsvertrags, sondern nur dann auszusondern, wenn der Kommittent
das Eigentum daran erworben hat. Wegen des Eigen tumserwerbs s. §§ 929
bis 931 B.G.B. An Wertpapieren geht Eigentum dadurch über, dafs der
Kommissionär an den Kommittenten ein Stückeverzeichnis absendet: § 7 R.G.,
betr. die Pflichten der Kaufleute bei Aufbewahrung fremder Wertpapiere,
V. 5. Juli 1896.
^^ Wer einen Wechsel oder ein anderes Ordrepapier mit Prokuraindossament
an den Gemeinschuldner begeben hat, kann die Aussonderung des Wechsels
verlangen, da er das Eigentum an dem Wechsel nicht zu übertragen beab-
sichtigte; vgl. Grünhut, Wechselrecht II S. 191. Ebenso verh< es sich,
wenn ein in procura indossierter Wechsel etc. von dem Indossatar an den
Gremeinschuldner begeben worden ist; denn ein Prokuraindossatar ist nicht
legitimiert, das Eigentum an. dem Papiere zu übertragen; vgl. Grünhut
S. 198 f. Dagegen hat keinen Aussonderungsanspruch, wer einen Wechsel
94 Zweites Hauptstück.
Andere als die bezeichneten Forderungsrechte ergeben keinen
Aussonderungsanspruch. Daher kann z. B. der Käufer nicht die
Aussonderung des gekauften Gegenstandes verlangen. Ebenso-
wenig derjenige, welchem ein Anspruch aus ungerechtfertigter
Bereicherung zusteht, die Aussonderung der Bereicherung. Da
der Anspruch aus einer Anfechtung wegen Benachteiligung der
Gläubiger ein Forderungsrecht ist, kann der Anfechtungsbe-
rechtigte nicht die Aussonderung des zurückzugewährenden Gegen-
standes aus dem Konkurse des Anfechtungsgegners beanspruchen '^
2. Der Verkäufer oder Einkaufskommissionär kann die Aus-
sonderung von Waren verlangen, die von einem anderen Orte an
deh Gemeinschuldner abgesendet und von dem Gemeinschuldner
noch nicht vollständig bezahlt sind, sofern nicht die Waren schon
vor Eröffnung des Konkurses an dem Orte der Ablieferung ange-
kommen und in den Gewahrsam des Gemeinschuldners oder einer
anderen Person für ihn gelangt sind (§ 44 Abs. 1)**.
oder ein anderes Ordrepapier mit Vollindossament an den Gemeinschuldner
begeben hat, mag auch der Wechsel etc. nur zum Zwecke ,der Einkassierung
oder als Pfand zur Sicherung des Indossatars begeben worden sein; denn
durch das Vollindossament wird das Eigentum an dem Papiere, wenn auch nur
fiduciarisch, übertragen; vgl. Grfinhut S. 144. In den K.Pr. S. 172 wurde,
nachdem über diesen Punkt mehrfach verhandelt worden war (vgl. KPr.
S. 28 ff., 127 ff., 163 ff.), konstatiert, durch § 35 (» § 43 der neuen K.O.) solle
die Zurückforderung eines unter solchen Umständen begebenen Ordrepapiers
nicht ausgeschlossen sein. Hiemach scheint die Kommission die Aussonde-
rung als zulässig erachtet zu haben . Aber diese Ansicht ist aus dem angegebenen
Grund nicht richtig. In der Litteratur ist allerdings die hier bekämpfte
Ansicht vorherrschend. Vgl. die Kommentare zu § 35 (altX dann Endemann
S. 345; Fitting § 22 N. 5; Kohler, Lehrb. S. 179; Dernburg, pr. Pr.R.
II § 177 N. 7; V. Canstein, W.R. S. 112, 451; Dungs Beitr. z. E. d. D.R.
XXXII 8. 11 ff.; Kohl er, Jahrb. f. Dogm. XVI S. 149 ff.; Regelsberger,
Arch. f. c. Pr. LXIII 8. 186 ff.; Werthauer, Ztschr. f. Pr. u. ö. R. XIII
8. 586ff., 623, 635; Goldschmidt, Ztschr. f. d. g. fl.R. XXVIU 8. 82f.,
XXXIX 8. 433; Wulff, Vollindossament zu Inkassozwecken (1892) 8. 74 ff.;
Renaud, W.R. § 58 N. 3.
Die behandelte 8treitfrage läfst sich dahin verallgemeinem, ob bei
fiduciarischer (nicht zu verwechseln mit simulierter!) Übertragung eines Gegen-
standes dessen Aussonderung im Konkurse des Fiduciars verlangt werden
kann. Die Frage ist zu verneinen; wer fiduciarisch überträgt, hat die über-
tragene 8ache etc. dem Vermögen des Fiduciars einverleibt.
" Vgl. R.G.Entsch. XIII S. 5, XL 8. 5.
" Dieser Aussonderungsanspruch (Verfolgungsrecht, droit de suite, right
of stoppage) ist seit langer Zeit anerkannt. Vgl. z. B» Hamb. neue Falliten-
ordn. V. 1758 Art. 24, Bremer Erb- und Handfestenordn. § 186, bayer. Prior.-
j
§ 16. II. Die Aussonderung. 95
Ob der Verkäufer oder Einkaufskommissionär noch der Eigen-
tümer der Waren ist, ist einerlei. Der § 44 hat gerade den Zweck,
dem Verkäufer etc. die* Absonderung zu ermöglichen« auch wenn
der Gemeinschuldner das Eigentum an der Ware schon er-
worben hat.
Der Aussonderungsanspruch besteht in Ansehung von Waren,
d. h. beweglichen Sachen mit Einschlufs der Wertpapiere ". Dafs
das Geschäft ein Handelsgeschäft im Sinne des § 843 H.G.B. ist,
ist nicht erforderlich. Auch nicht, dafs die Kontrahenten Kaufleute
sind. Das Geschäft mufs ein Distanzgeschäft in dem Sinne sein,
dafs die Ware eine Reise machen mufs, um von dem Absendungs-
ort an den Lieferungsort zu gelangen". Auf das Platzgeschäft
ist § 44 nicht anwendbar".
Die Aussonderung setzt voraus, dafs die Forderung des Ver-
käufers auf den Kaufpreis oder die Forderung des Einkaufs«
kommissionärs auf Erstattung des Preises nebst Auslagen und
Provision noch nicht vollständig befriedigt ist. Kreditierung schliefst
den Aussonderungsanspruch nicht aus. Die Befriedigung kann
durch Zahlung, durch Annahme an Zahlungsstatt oder durch Auf*
rechnung erfolgen. Standen der Verkäufer oder der Einkaufs-
kommissionär und der Gemeinschuldner in laufender Rechnung, so
ist die Aussonderung zulässig, wenn sich zur Zeit der Konkurs-
eröffnung ein Saldo zu Gunsten des Verkäufers etc. ergiebt. Darin,
dafs der Käufer eine Tratte des Verkäufers oder des Einkaufs-
Ordn. V. 1822 § 3 Nr. 3, preufs. K.O. §§ 26, 27, Code de comm. art. 576 bis
580. Andere ausländ. Gesetze s. Mot. S. 124 Nr. 2, Goldschmidt, H.R. I
§ 82 S. 855ff. Litteratur: Voigt, N. Arch. f. H.R. III Nr. 11, IV Nr. 7, 8;
Golds chmidt, Ztschr. f. d. ges. H.R. VIII S. 302 ff., H.R. I 8. 855 ff.;
Eisenlohr, D. rechtl. Natur des Verfolgungsrechts (1867); 0 e t k e r , Das Ver-
folgungsrecht (1888).
1» In dem alten H.G.B. waren Wertpapiere von den Waren nicht, wie in
dem neuen H.G.B. §§ 1 Nr. 1, 381 Abs. 1, unterschieden. Man wird den unter
der Herrschaft des alten H.G.B. entstandenen § 44 K.O. im Sinne des früheren
Rechts verstehen müssen.
1^ Ob der Ablieferungsort auch der Erfüllungsort ist, ist einerlei. Ebenso,
ob der Verkäufer zufolge eigener Verpflichtung odef zufolge Auftrags des
Räufers die Ware dem Spediteur, Frachtführer etc. übergeben hat. Ebenso,
ob der Verkäufer selbst die Ware absendet oder ein Dritter, der ihm die
Ware verkauft hat. Mot. S. 166.
^* Daher nicht, wenn der Verkäufer den Käufer angewiesen hat, die
Ware von einem am Platze befindlichen Dritten zu beziehen, und der Käufer
darauf den Dritten anweist, ihm die Ware zu übersenden ; vgl. 0 e tker , Verf.R
8. 12, R.G. Entsch. XXVII S. 87.
96 Zweites Hauptstfiek.
kommissionärs acceptiert, liegt keine Befriedigung *•. Sicherstellung
steht der Befriedigung nicht gleich.
Hat der Verkäufer des Kommissionärs den Kommittenten als
Schuldner angenommen und den Kommissionär freigegeben, so
kann der Verkäufer des Kommissionärs die Aussonderung be-
anspruchen.
Wo der Ablieferungsort ist, bestimmt sich nach dem Vertrag;
er kann während des Transportes verändert werden. Besitz-
ergreifung während des Transportes ohne Änderung des Ablieferungs-
ortes hindert die Aussonderung nicht.
Die Aussonderung wird erst dadurch ausgeschlossen, dafs der
Gemeinschuldner oder ein Anderer ftlr ihn am Ablieferungsort
den Gewahrsam der Ware vor der Konkurseröffnung erlangt.
Gewahrsam ist gleich dem Besitz des B.G.B. Der Erwerb des
Besitzes bemifst sich nach §§ 854, 855, 868 B.G.B. Der Aus-
sonderungsanspruch erlischt, wenn der Gemeinschuldner selbst oder
durch eine der in § 855 B.G.B. bezeichneten Personen die that-
sächliche Gewalt über die Sache oder, gemäfs § 868 den mittelbaren
Besitz erlangt hat".
Wenn der Gemeinschuldner den Besitz vor der Konkurseröff-
nung erlangt hatte, aber die Ware dem Absender vor oder nach
der Konkurseröffnung zur Verfügung gestellt wurde *^, so kann der
Absender die Aussonderung zwar nicht auf Grund des § 44 Abs, 1»
wohl aber auf Grund des Eigentums verlangen ^^
Die Aussonderung kann nicht verlangt werden, wenn der
Verwalter gemäfs § 17 den Vertrag auf Rechnung der Konkurs-
masse erfüllt (§ 44 Abs. 2)**^. Die blofse Erklärung, dies thun zu
»• Vgl. R.G.Entsch. XXVH S. 89, Ztschr. f. d. CPr. VIII S. 484.
'^ Durch Empfang des Frachtbriefs, Konossements oder Ladescheins wird
kein Besitz erworben. Vgl. Mot. S. 167, RG.Ent8ch. VIII S. 81, XXXII S. 86.
Der Spediteur des Absenders vermittelt nicht Besitz für den Empfänger.
Der Frachtführer, der nach Ablieferung des Frachtbriefs die Ware für den
Gemeinschuldner verwahrt, macht diesen zum mittelbaren Besitzer; vgl.
Ztschr. f. d. C.Pr. VIII S. 482 ft, KG.Entsch. XXVII S. 86.
*^ Nach der Konkurseröffnung kann das nur der Verwalter thun.
1» Vgl. R,G.Ent3ch. XVIII S. 161.
2® Da der Ort, von dem die Ware abgesendet wird, der ErfüUungsort
sein kann, so ist es möglich, dafs der Verkäufer mit der Absendung voll-
ständig erfüllt hat. Kann der Verwalter auch in diesem Fall gegenüber dem
Aussonderungsanßpruch die Befugnis zur Vertragserfüllung ausspielen, obwohl
§ 17 auf diesen Fall nicht pafst? Die Frage ist mit Oetker, Verf.K. S. 21
§ 16. II. Die AussondernDg. 97
wollen, steht dem Aussonderungsanspruche noch nicht entgegen.
Aber der Verwalter mufs sich dadurch, dafs er die Erklärung recht-
zeitig abgiebt, die Befugnis wahren, gegenüber dem Aussonderungs-
anspruche die Erfüllung des Vertrages zu fordern (§ 17 Abs. 2).
Neben der Aussonderung kann Schadensersatz wegen Nicht-
erfüllung verlangt werden, wenn der Verwalter den Vertrag nicht
erfüllt.
Ob der Aussonderungsanspruch des § 44 Abs. 1 auf einem
Recht an der Sache oder auf einem Forderungsrecht beruhte, ist
für das Verhältnis des Aussonderungsberechtigten zu der Gläubiger-
schaft unerheblich**. So wie so kann der Berechtigte von dem
Verwalter die Aussonderung der Waren verlangen, auch wenn ein
Dritter bereits Rechte an den Sachen erworben hat. Hat der
Verwalter die Waren veräufsert, so greift § 46 ein.
Da die Waren, an denen der Verkäufer etc. ein Aussonderungs-
recht hat, nicht zur Konkursmasse gehören, ist der Verwalter
nicht berechtigt, darüber zu verfügen. Seine Verfügungen sind
Verfügungen eines Nichtberechtigten. Inwieweit ein Dritter von
einem Nichtberechtigten Rechte herleiten kann, ist nach dem
bürgerlichen Rechte zu beurteilen (vgl. §§ 933 bis 985, 1207 B.G.B.,
§§ 866, 367 H.G.B.). Ebenso verhält es sich, wenn der Gemein-
schuldner nach der Konkurseröffnung über jene Waren verfügt;
denn obwohl die Waren nicht zur Konkursmasse gehören, ist der
Gemeinschuldner wegen des Aussonderungsrechtes doch nicht zur
Verfügung darüber berechtigt.
Abseits vom Konkursrechte liegt die Frage, ob der Verkäufer
oder Einkaufskommissionär die Herausgabe der Ware von einem
Dritten verlangen kann , der ein Recht an den Waren (Eigentum,
Pfandrecht, Zurückbehaltungsrecht) aus einer Verfügung herleitet,
die der Gemeinschuldner vor der Eröffnung des Konkurses getroffen
hat. Diese Frage ist lediglich aus dem bürgerlichen Rechte zu
beurteilen '^.
und gegen Oetker, Ztschr. f. d. CPr. XIV S. 29 zu bejahen; denn die Au»-
sonderong soll die Erfüllung rückgängig machen; der Verwalter kann daher
das Geschäft wie ein noch nicht erfülltes behandeln.
'^ Über diese Frage vgl. Oetker, Verf.R. 8.54; Petersen und Elein-
feller §d6 1118; v. Wilmowski §86 N. 6; Deybeck, Ztschr. ^ Pr. u. ö. R.
XVn S. 367.
'* Hatte der Gemeinschnldner zur Zeit der Verfügung das Eigentum an
den Waren erworben, so kann der Verkäufer von dem Dritten die Herausgabe
nicht verlangen; so z. B. wenn der Verkäufer durch Obergabe des Kour
Bin ding, Handbuch IX 8: L. Senffert, Konkursprozefarecht. 7
98 Zweites Hauptstück.
3. Ob die Ehefrau Aussonderungsansprüche im Konkurs über
das Vermögen des Mannes hat, ist zunächst nach den Vorschriften
des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen '*.
Hat sie derartige Ansprüche in Ansehung von Gegenständen,
die sie vor der Eingehung der Ehe erworben hat, so gilt nichts
besonderes. Dagegen kann sie die Aussonderung von Gegenständen,
die sie während der Ehe erworben hat, nur beanspruchen, wenn
sie beweist, dafs die Gegenstände nicht mit Mitteln des Gemein-
schuldners erworben sind (§ 45). Diesen Beweis hat die Frau zu
führen ohne Rücksicht auf die Parteirolle in dem Prozesse '^.
Mittel des Mannes sind nicht blofs Gegenstände, die aus dem
Vermögen des Mannes herrühren, sondern auch die Nutzungen des
eingebrachten Gutes (§ 1383 B.G.B.) und des Gesamtgutes, femer
die Beiträge, die die Frau nach §§ 1371, 1427 Abs. 2, 1441 B.G.B.
dem Manne aus den Einkünften ihres Vermögens oder aus dem Er-
trage ihrer Arbeit oder eines von ihr selbständig betriebenen
Erwerbsgeschäfts dem Manne geleistet hat.
Nicht mit Mitteln des Mannes ist erworben, was mit Mitteln
erworben ist, die die Frau auf Grund eines gültigen Rechtsgeschäfts
(auch schenk ungs weise) von dem Manne erhalten hat. Ist ein
solches Geschäft anfechtbar (§§ 29 bis 42), so kann die Anfechtung
durch Einrede gegen den Aussonderungsanspruch geltend gemacht
nossements das Eigentum übertragen hatte (§ 647 U.G.B.). Auf den guten
Glauben des Dritten kommt es nicht an. A.M. R.G.£nt8ch. VIII S. 84 ff.,
XXXII S. 19 ff. Hatte dagegen der Gemeinschuldner zu jener Zeit das Eigen-
tum noch nicht erworben, so kann der Verkäufer die Herausgabe der Waren
von dem Dritten verlangen, es sei denn, daCs seinem Ansprüche Vorschriften
des bürgerlichen Rechts zu Gunsten derjenigen entgegenstehen, welche Rechte
von einem Nichtberechtigten herleiten, z. B. die §§366, 867 H.G.B. VgL
Oetker, VerfJtecht S. 54; Kohler, Lehrb. S. 175 f. Der gute Glaube ist
ausgeschlossen, wenn der Erwerber nach den'Umstftnden annehmen mufste, dafs
Konkurs bevorsteht.
*' Bei dem gesetzlichen Güterstande der Verwaltung und Nutzniefsung
kann die Frau die Aussonderung ihres Vorbehaltsguts und des eingebrachten
Guts beanspruchen (arg. §§ 1419, 1421 B.G.B.). Bei Gütertrennung kann sie die
Aussonderung ihres Vermögens beanspruchen. Bei allgemeiner Gütergemeinschaft
die Aussonderung ihres Vorbehaltsguts ; bei Errungenschafts- und bei Fahmis-
gemeinschaft die Aussonderung ihres Vorbehaltsguts und des eingebrachten
Guts. — «Nach dem Dotalsystem kann die Frau die Aussonderung der res
dotales „si tamen eztant" verlangen, arg. 1. 29, 30 G. de i. d.. 5, 12; vgl.
Windscheid, Fand. II § 503 Nr. 2.
^ Die Vermutung des § 1362 Abs. 2 B.G.B. enthebt sie dieser Beweia-
last nicht.
§ 16. II. Die AuBsonderuBg. 99
werden. Hat die Ehefrau zwar mit Mitteln des Mannes erworben,
diese aber dem Manne erstattet, so. liegt kein Erwerb mit Mitteln
des Mannes vor. Wenn ein Gegenstand teilweise mit Mitteln des
Mannes erworben wurde, so ist der Aussonderungsanspruch nur
auf die Quote begründet, die nicht mit diesen Mitteln erworben ist '^.
Wird die Aussonderung von Gegenständen beansprucht, die
nach § 1381 B.G.B. der Frau gehören, so hat die Vorschrift des
§ 45 keine Bedeutung, weil die Frau ohnehin beweisen mufs, dafs
dieselben mit Mitteln des eingebrachten Gutes erworben sind. Da*
gegen ist die Vorschrift des § 45 von Bedeutung für die Aussonderung
der nach § 1382 surrogierten Haushaltungsgegenstftnde.
Bei dem Güterstande der Errungenschaftsgemeinschaft ist
aufser der Vorschrift des § 45 die Vermutung des § 1527 B.G.B.
zu beachten; die Frau mufs diese Vermutung durch Gegenbeweis
widerlegen.
Die Vorschrift des § 45 gilt für die Ehefrau und ihre Erben ;
nicht für ihre Sonderrechtsnachfolger, wenn die Rechtsnachfolge
vor der Konkurseröffnung stattfand ^*.
4. Ist ein Gegenstand, dessen Aussonderung hätte beansprucht
werden können, vor der Eröffnung des Verfahrens von dem Ge-
meinschuldner '^ oder nach der Eröffnung des Verfahrens von dem
Verwalter*® veräufsert** worden, so ist von einer Aussonderung
nicht mehr die Rede; wohl aber hat derjenige, welcher die Aus-
«» Vgl. K.Pr. 58, S&cbs. Arch. III S. 35.
« Vgl. S.A. XLVIII Nr. 238 (O.L.G. CeUe).
"^ Hat der Gemeinschuldner nach Eröfiriung des Verfahrens veraufsert,
80 ist die Verftufserung den Konkursgi&ubigem gegenüber unwirksam (§ 7).
Der Verwalter kann den reräufeerten Gegenstand zur Masse liehen; dann
greift das Aussonderungsrecht Platz. Genehmigt der Verwalter das Geschäft,
80 kann er die Forderung des Gemeinschuldners auf die Gegenleistung zur
Masse ziehen; dann greift § 46 ein, wie wenn der Verwalter yeräufsert h&tte.
^ Ob der Aussonderungsberechtigte gegen denjenigen, an welchen der Ver-
walter ver&nfsert hat, Ansprüche hat, ist nach dem bürgerlichen Rechte zu
beurteilen; vgl. o. S. 9LN. 3. Hat er solche Ansprüche mit Erfolg geltend g»>
macht, so entf&Ut sein Anspruch gegen die Masse, weil die Masse nicht mehr
auf seine Kosten bereichert ist. Der Verwalter kann ihn aber nicht
auf jene Ansprüche verweisen. Hat der Aussondervngsberechtigte sich vom
Verwalter die Forderung auf Gegenleistung abtreten lassen, so hat er die
Veräufaerung genehmigt. Vgl. Hellwig, Arch. f. c. Pr. LXYIII S. 288f.
** Einziehung einer fremden Forderung ist zwar keine Veräufserung, aber
sie ist hier wie eine Veräufserung zu behandeln. Was eingezogen ist, gilt
als Gegenleistung.
100 Zweites Hauptstäck.
sonderung beanspruchen könnte*^, einen Anspruch auf Herausgabe
der Bereicherung , die durch . die Veräufserung in die Konkurs-
masse gelangt ist (§ 46)'^
Ist die Bereicherung noch in Gestalt eines Forderungsrechtes
auf die Gegenleistung vorhanden, so geht der Anspruch auf Abtretung
dieses Rechtes samt den accessorischen Rechten. Wurde die Gegen-
leistung nach Eröffnung des Verfahrens zur Masse eingezogen, sei
es direkt durch den Verwalter, sei es dadurch, dafs dem Gemein-^
Schuldner geleistet und die Leistung von ihm abgeliefert wurde, so
ist die Gegenleistung als ungerechtfertigte Bereicherung heraus»
zugeben.
Der sich aus § 46 ergebende Anspruch ist ein Masseanspruch
im Sinne des § 59 Nr. 3. Der Umstand, dafs er an Stelle eine&
Aussonderungsanspruchs tritt, ist kein Grund, ihn anders als die
sonstigen Bereicherungsansprüche zu behandeln ^'. Insbesondere hat
diese Masseschuld keinen Vorrang vor den anderen Masseschulden.
§ 17.
III. Die Absonderung.
1. Allgemeines ^
Absonderungsberechtigt ist, wer verlangen kann, dafs sein Gut-
haben aus einem zur Konkursmasse gehörigen Gegenstande vor den
Konkursforderungen befriedigt wird.
*® Es kommt darauf an, dafs er den Aussonderungsanspruch zu der Zeit
noch hätte, wo er den Bereicherungsanspmch verfolgt. Daher besteht z. B»
kein solcher Anspruch, wenn das Eigentum nachträglich unterging.
" Dazu vgl. Hellwig a. a. O. 8. 217ff.
M Abw. Hellwig a. a. 0. S. 242ff.; Oetker, Ztschr. f. d. CPr. XIV
S. 48 N. 62, XXV S. 71 ft.
1 Im früheren gem. Recht hiefs die Absonderung separatio ex iure crediti,
in Gegensatz zu der separatio ex iure dominii, der Aussonderung. Die Absonde-
rungsberechtigten hiefsen Separatisten ex iure cred. Darüber, wer s. ex iure cred.
verlangen kann, bestanden Meinungsverschiedenheiten. Nur das Recht der Nach-
lafsglftubiger und der Vermächtnisnehmer auf separatio bonorum, d. i. Absonde-
rung des Nachlasses, und das Recht der Lehens- und der Familienfideikommifs-
gläubiger auf separatio des Lehens und des Familienfideikommisses waren all-
gemein anerkannt. Aufserdem kamen folgende, nicht allgemein anerkannte Sepa-
rationen in Frage: a)£in Separationsrecht der Gläubiger, die einem filius familias
mit Rücksicht auf dessen bona castrensia kreditiert hatten, an diesen bonis auf
Grund der 1. 9 § 1 D. de separ. 42, 6. b) Ein Separationsrecht der Handelsgläubiger
§ 17. III. Die Absonderung. 1. Allgemeines. 101
Ausgesondert werden Gegenstände, die nicht zur Masse
:gehören; abgesondert solche, die zur Masse gehören, aber zur
vorzugsweisen Befriedigung gewisser Gläubiger dienen. Die Ab-
sonderung eines Gegenstandes setzt dessen Einbeziehung zur
Masse voraus.
«n dem im Handelsgeschäfte steckenden Vermögen nach Analogie von 1. 5 §§ 15, 16
D. de trib. act. 14, 4. Waren mehrere selbständige Handelsniederlassungen
vorhanden, so nahm man ein Separationsrecht an dem in den einzelnen
Niederlassungen steckenden Vermögen für die Gläubiger des betreffenden
Geschäfts an. c) Ein Separationsrecht des socius für seine Forderungen pro
socio an dem G^sellschaftsvermögen. d) Ein SeparationsMcht des Pfand-
gläubigersy der ein Pfandrecht an einem Gegenstande erworben hatte, bevor
dieser titulo singulari vom Gemeinschnldner erworben worden war. e) Ein
Separationsrecht der Gläubiger eines Schuldners, dessen Vermögen verkauft
worden war, an diesem Vermögen in dem Konkurse des Räufers. f) Ein Sepa-
rationsrecht der Ehefrau, die ihre Schenkung an den Ehemann widerruft, an
der Sache, die aus dem geschenkten Geld angeschafft ist g) Ein Separations-
recht des pupillus an den mit seinem Gelde vom Vormunde erworbenen For-
derungen und Sachen, h) Ein Separationsrecht des Soldaten, mit dessen Geld
•der Gemeinschuldner unerlaubter Weise Sachen gekauft hat, an diesen
Sachen. Wo man Separationsrecht annahm, liefs man bei Überschuldung der
^u separierenden Vermögensgruppe zumeist auch den sog. Partikularkonkurs
ZU; doch war dessen Zulässigkeit für die einzelnen Fälle wieder bestritten.
— Ober die Separationen s. Dabelow S. 325 ff., Schweppe §$ 147 f., Kori
§§70f., Bayer §21 bes. N. 10, Fuchs, Concursverf. S. 2, 35 ff., Schmid,
Handb. d. CPr. III S. 195 ff., Vangerow, Pand. III § 593. — Hypotheken-
und Faustpfandgläubiger bezeichnete man nicht als Separatisten (s. jedoch
die Ausnahme ad d). Hypothekare wurden als Konkursgläubiger mit Vorzugs-
recht auf den Erlös des Hypothekenobjekts behandelt; aus dem Erlös wurde
eine sog. Specialmasse gebildet, auf die die Hypothekare ihrem Range nach
angewiesen wurden. Die Hypothekare mufsten sich am Konkursverfahren
l^eteiligen und bei Meidung der Präklusion im Termin liquidieren. Wie
die Faustpfandgläubiger zu behandeln seien, war bestritten. Nach der
Ansicht der meisten brauchten sie sich am Konkurse nicht zu beteiligen
und konnten ihr Pfand retinieren, nach der Ansicht anderer mufsten sie das
Pfand herausgeben und im Konkurse liquidieren, hatten aber wie die Hypo-
thekare ein Vorzugsrecht auf den Erlös. Vgl. Fuchs a. a. 0. 8. 87 ff., wo
die Litteratur über diese Streitfrage angegeben ist.
In der alten K.O. § 43 war aufser den auch in der neuen K.O. an-
erkannten Absonderungsrechten noch das Absonderungsrecht der Nachlafs-
gläubiger und der Vermächtnisnehmer anerkannt, wo solches nach Landes-
gesetz bestand. Dieses ist weggefallen, da die Nachlafsgläubiger befugt sind>
den Nachlafskonkurs zu verlangen, auch wenn der Erbe] die Erbschaft an-
genommen hat.
Litteratur: Th. Wolff, das Absonderungsrecht im Konkurse, 1892.
102 Zweites Hanptotück.
Der Absonderungsanspruch ist kein selbständiges Recht,
sondern gründet sich auf ein aufserhalb des Konkurses bestehendes
Recht.
Dieses Recht mufs vor der Eröffnung des Konkurses entstanden
sein ; denn nach der Eröffnung können Rechte an den zur Konkurs-
masse gehörigen Gegenständen, sowie Vorzugsrechte und Zurück-
behaltüngsrechte in Ansehung solcher Gegenstände nicht mit
Wirksamkeit gegenüber den Konkursgläubigern erworben werden
(§ 15 Satz 1); Ausnahmen können sich aus § 15 Satz 2 und aus
24 ergeben.
Besonderes gilt im Konkurs über einen Nachlafs und im
Konkurs über das Gesamtgut im Falle der fortgesetzten Güter-
gemeinschaft. In einem solchen Konkurse kann ein Absonderungs-
anspruch nicht auf Grund eines Rechtes geltend gemacht werden,
"das durch eine nach dem Eintritt des Erbfalls, wenn auch vor
der Konkurseröffnung erfolgte Mafsregel der Zwangsvollstreckung
i)der Arrestvollziehung entstanden ist (§§ 221 Abs. 1, 286 Satz 1)'.
Dies gilt sowohl für die Nachlafsgläubiger wie für die persönlichen
Gläubiger des Erben.
Die Schuld, für die die Absonderung verlangt wird, kann be-
dingt oder betagt sein, wenn das dem Absonderungsanspruch zu
Grunde liegende materielle Rechte dies verträgt.
Die Schuld braucht keine persönliche Schuld des Gemein-
schuldners zu sein. Aber neben dem Absonderungsrechte kann
jßine persönliche Schuld des Gemeinschuldners oder eines Dritten
bestehen, wenn dies nach dem dem Absonderungsrechte zu Grund
liegenden Rechte möglich ist.
Über die Behandlung des Absonderungsberechtigten, der auch
persönlicher Gläubiger des Gemeinschuldners ist, s. o. S. 43, 44.
Der Konkursverwalter kann durch Befriedigung des Ab-
sonderungsberechtigten das Absonderungsrecht ablösen, wenn sich
der Gläubiger die Befriedigung gefallen lassen mufs. Betreibt der
Gläubiger die Zwangsvollstreckung in den abzusondernden Gegen-
•stand, so gelten die Vorschriften des § 268 B.G.B. ; der Verwalter
ist daher berechtigt, den Gläubiger zu befriedigen; die Hypothek,
die Grundschuld, die Rentenschuld, das Pfandrecht gehen auf die
Gläubigerschaft über (arg. §§ 268 Abs. 3, 401, 412, 1260 B.G.B.)
■ Maßgebend waren lediglich Billigkeiteerwägungen; vgl. Begr. d.
Nov. S. 49.
§ 17. ni. Die Absonderang. 1. Allgemeines. 103
Der Absonderungsanspruch ist gerichtlich und aufsergerichtlich
gegen den Konkursverwalter geltend zu machen, weil diesem die
Verfügung über den abzusondernden Gegenstand zusteht^. Der
Absonderungsberechtigte kann von dem Verwalter verlangen, dafs
er die abgesonderte Befriedigung dulde und, soweit seine Mitwir-
kung erforderlich ist, dazu mitwirke. Soll ein Absonderungsrecht
im Werte von mehr als 800 Mark anerkannt werden, so hat der
Verwalter, falls ein Gläubigerausschufs bestellt ist, dessen
Genehmigung einzuholen (§ 133 Nr. 2).
Die abgesonderte Befriedigung erfolgt unabhängig vom Konkurs-
verfahren (§ 4 Abs. 2). Die Art und Weise der Befriedigung bemifst
sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes. Ist der
Absonderungsberechtigte kraft des seinem Absonderungsanspruche
zu Grunde liegenden Rechtes befugt, sich ohne Mitwirkung von
Gericht oder Gerichtsvollzieher aus dem Gegenstande zu befriedigen,
z. B. kraft Pfandrechts (§§ 1283 ff. B.G.B.) oder kraft des kauf-
männischen Zurückbehaltungsrechts (§ 371 Abs. 2 H.G.B.), so kann
er das auch während des Konkurses. Ist er dagegen auf die Be-
friedigung im Wege der Zwangsvollstreckung angewiesen, so z. B.
bei Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld (arg. § 1149 B.G.B.) oder
bei dem Pfändungspfandrecht, so bedarf er der Mitwirkung der
Vollstreckungsorgane auch während des Konkurses.
Nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes bemifst
sich auch, ob der Absonderungsberechtigte zu dem Befriedigungs-
verfahren eines vollstreckbaren Titels bedarf. Bedarf er eines solchen
Titels (so überall , wo er auf Befriedigung im Wege der Zwangs-
vollstreckung angewiesen ist, ferner beim kaufmännischen Zurück-
behaltungsrecht, arg. § 371 Abs. 3 H.G.B.), so ist während des
Konkurses ein gegen den Verwalter lautender Titel erforderlich,
weil diesem die Verfügung über den Absonderungsgegenstand
zusteht. Hatte der Absonderungsberechtigte einen Vollstreckungs-
titel vor der Eröffnung des Verfahrens erlangt, so mufs er die
Vollstreckungsklausel gegen den Verwalter als Organ der Gläubiger-
schaft erwirken (arg. § 727 C.Pr.O.); denn dieser succediert dem
Gemeinschuldner in der Verfügungsgewalt. Fortsetzen kann er das
vor der Eröffnung des Verfahrens begonnene Vollstreckungsver-
fahren ohne Umstellung der Klausel; denn dieses Verfahren wird
durch die Konkurseröffnung nicht unterbrochen. Hatte der Ab-
sonderungsberecKtigte vor der Konkurseröffnung noch keinen Voll-
8 Vgl. Mot S. 80.
104 Zweite« Hauptstöck«
Streckungstitel für sein Absonderungsrecht, so mufs er sich einen
solchen durch Klage oder Mahnverfahren gegen den Verwalter
verschaflFen. Ein anhängiger Prozefs über das dem Absonderungs-
rechte zu Grund liegende Recht ist gegen den Verwalter aufzu- ,
nehmen (arg. § 240 C.PrlO., § 11 K.O.).
Es kann sein, dafs dem Absonderungsberechtigten zwar das
Recht zusteht, aus einem Gegenstande Befriedigung zu verlangen,
dafs er aber die Verwertung nicht betreiben kann. So bei aufschiebend
bedingtem oder betagtem Ansprüche, ferner bei denjenigen Zurück-
behaltüngsrechten, welche die Veräufserungsbefugnis nicht enthalten.
Dann kann der Absonderungsberechtigte die Verwertung auch
während des Konkurses nicht betreiben, aber er kann verlangen,
bei Verwertung des Gegenstandes durch den Verwalter entsprechend
berücksichtigt zu werden. Bei bedingtem Ansprüche ist der Gläubiger
berechtigt, die Hinterlegung zu verlangen (vgl. §§ 48, 120 Zw.V.G.),
bei betagtem Ansprüche die Zahlung mit Abzug der Zwischen-
zinsen (vgl. § 111 Zw.V.G.), bei einem Zurückbehaltüngsrechte die
Befriedigung. Ein Anspruch von unbestimmtem Betrage, z. B. eine
Kautionshypothek oder ein Kautionspfandrecht, ist wie ein auf-
schiebend bedingter Anspruch zu behandeln (vgl. § 14 Zw.V.G.)*.
Der Verwalter ist befugt, die Verwertung von Gegenständen,
an denen ein Absonderungsrecht besteht, zu betreiben '. Verwertet
der Verwalter einen solchen Gegenstand, so ist zu unterscheiden,
ob das dem Absonderungsrecht zu Grund liegende Recht durch
die Verwertung erloschen ist oder nicht. Ist es erloschen, so ist
die Konkursmasse um den Betrag, den der Absonderungsberechtigte
aus dem Gegenstand hätte verlangen dürfen, auf dessen Kosten
ohne rechtlichen Grund bereichert. Der Absonderungsberechtigte
kann also vorzugsweise Befriedigung aus dem Erlös beanspruchen.
Der Anspruch ist Masseanspruch (§ 59 Nr. 8). Ist das dem Ab-
sonderungsrechte zu Grund liegende Recht durch die Verwertung
des Gegenstandes nicht erloschen, so kann es gegen den Erwerber
geltend gemacht werden.
Über die Verpflichtung der Absonderungsberechtigten, dem
Verwalter den Besitz von Sachen und ihre Forderungen anzuzeigen,
s. unten § 45.
^ Die im Text vorgetragenen Sätze ergeben sich aus Verallgemeinerung
der in den §§ 65 bis 67 K.O. und in den cit. §§ des Zw.V.G. ausgesprochenen
Regeln.
" Näheres darüber s. u. § 45, Verwaltung und Verwertung der Konkurs*
masse.
§ 17. III. Die Absonderung. 1. Allgemeines. 105
Das Absonderungsrecht kann nur bis zur Beendigung des
Konkurses geltend gemacht werden. Nach der Beendigung kann
nur in Frage kommen, ob jemand, der ein Absonderungsrecht
gehabt hätte, von den einzelnen Konkursgläubigern die Herausgabe
der Bereicherung beanspruchen kann, die ihnen auf seine Kosten
zugekonmien ist. Von einer solchen Bereicherung kann nur die
Rede sein; wenn das dem Absonderungsrechte zu Grund liegende
Recht zufolge der Verwertung des Gegenstandes erloschen ist.
Ob in einem solchen Fall eine ungerechtfertigte Bereiche-
rung vorhanden ist, ist eine Frage des bürgerlichen Rechts*.
Wird das Absonderungsrecht von dem Verwalter nicht aner-
kannt, so ist der Streit nach den Vorschriften der C.Pr.O. auszu-
tragen. Die Initiative kann je nach den Umständen von dem
Absonderungsberechtigten oder von dem Verwalter ergriffen werden.
Die Klage kann je nach den Umständen Leistungs- oder Fest-
stellungsklage sein. Wird der Verwalter zu einer Leistung ver-
urteilt, z. B. zur Auszahlung eines Erlöses, so steht aufser den
allgemeinen Vollstreckungsmitteln auch die Möglichkeit offen, das
Konkursgericht als die Aufsichtsbehörde anzugehen.
Ein zur Zeit der Konkurseröffnung anhängiger Rechtsstreit
über ein Absonderungsrecht kann von dem Verwalter und gegen
ihn aufgenommen werden (§ It).
Wird der Konkurs durch Schlufsverteilung beendigt, so wird
selten ein Prozefs über ein Absonderungsrecht noch anhängig sein;
denn die Schlufsverteilung soll erst stattfinden, wenn die Ver-
wertung der Masse beendigt ist. Möglich ist es immerhin, dafs
die Schlufsverteilung stattfindet, während noch ein Absonderungs-
prozefs anhängig ist, so insbesondere bei Hinterlegung des Betrags.
Dann ist der Rechtsstreit von dem Verwalter fortzuführen. Dieser
bleibt legitimiert, weil der im Prozefs befangene Betrag eventuell
durch Nachtragsverteilung den Konkursgläubigern zukommt.
Wird der Konkurs durch Zwangsvergleich oder Einstellung
beendigt, während ein Prozefs über ein Absonderungsrecht noch
anhängig ist, so kann der Prozefs von dem und gegen den Gemein-
schuldner fortgesetzt werden; denn hier erhält dieser die Ver-
fügung über den Absonderungsgegenstand oder dessen Erlös
* Die Rechtslage ist ähnlich, wie wenn ein dem Schuldner nicht ge-
höriger Gegenstand zur Konkursmasse gezogen und yeräufsert worden ist.
Vgl. o. § 16 bei N. 3.
106 Zweites Haaptstfick.
zurück. Der Gemeinschuldner mufs den Rechtsstreit in der Lage
übernehmen, in der er sich zur Zeit der Beendigung des Eonkurses
befindet.
§ 18.
2. Die elDselnen Absonderangsberechtig^ten.
1. Wer absonderungsberechtigt ist, ergiebt sich ausschliefslich
aus den §§ 47 bis 52 K.O. Soweit in diesen Bestimmungen auf die
Landesgesetze verwiesen ist (§ 52), ergiebt sich das Absonderungs-
recht aus der K.O. in Verbindung mit den Landesgesetzen. Andere
als die in der K.O. vorgesehenen Rechte auf abgesonderte Befrie-
digung aus Gegenständen, die zur Konkursmasse gehören, können
in einem unter der Herrschaft der K.O. stehenden Konkursverfahren
nicht geltend gemacht werden (§ 4 Abs. 1). Dies gilt auch in
Ansehung von Pfandrechten und Vorzugsrechten, die vor dem
Inkrafttreten der K.O. erworben sind (§11 E.G.). Doch kann die
Landesgesetzgebung in den in §§ 12, 13 E.G. bezeichneten Fällen
anstatt eines nach den Bestimmungen der K.O. im Konkurse nicht
mehr wirksamen Absonderungsrechts ein Vorzugsrecht gewähren *.
Da die K.O. nicht im Auslande gilt, so kann es vorkommen,
dafs ein im Auslande wohnender Inhaber eines zur Konkursmasse
gehörigen Gegenstandes für eine Forderung nach ausländischem
Recht ein Absonderungsrecht ausübt, das nach den Bestimmungen
der deutschen K.O. nicht als solches anerkannt ist. Wird diese
Situation dadurch herbeigeführt, dafs ein Konkursgläubiger nach
der Eröffnung des Verfahrens oder mit Kenntnis des Eröflfhungs-
antrags oder der Zahlungseinstellung seine Forderung dem im
Auslande wohnenden Inhaber eines zur Konkursmasse gehörenden
Gegenstandes oder in der Absicht, dafs dieser die Forderung
erwerbe, einer Mittelsperson abtritt*, so ist er verpflichtet, der
Konkursmasse den Betrag zu ersetzen, der ihr dadurch entgeht,
dafs der Inhaber ein Absonderungsrecht an dem Gegenstande
ausübt (§ 50 Satz 1). Erfolgte die Abtretung früher als sechs
Monate vor der Konkurseröffnung, so kann der Schadensersatz
^ Solche Landesgesetze sind oben § 13 N. 22 zusammengestellt.
* Unter Abtretung ist hier auch die Indossierung und die Übertragung
eines Inhaberpapiers zu verstehen. Was von der Abtretung gilt, gilt auch
von der Übertragung durch Gesetz, wenn diese von dem Konkursgläubiger
unter den § 50 bezeichneten Umständen herbeigeführt wurde, z. B. durch An-
nahme eines im Auslande Wohnenden als Burgen, der dann durch Befriedigung
des Gläubigers die Forderung erwirbt.
§ 18. III. Die Absonderung. 2. Die einzelnen Absonderungsberechtigten. 107
nicht deswegen verlangt werden, weil dem Abtretenden die Zahlungs-
einstellung bekannt war (§ 50 Satz 2 verb. mit § 33).
Neben dem Abtretenden haftet die Mittelsperson als Gesamt-
schuldner, wenn auch in ihrer Person die die Ersatzpflicht begründen-
den Umstände zutreffen.
Bei der Berechnung des Schadens ist von dem Werte des der
Masse entzogenen Gegenstandes der Betrag abzuziehen, der auf
die Forderung ohne Absonderung als Konkursdividende entfallen
würde. Diese steht allerdings vor der Beendigung des Verfahrens
nicht fest; sie kann aber schon vorher abgeschätzt werden. Kommt
es zum Prozesse, so ist § 287 C.Pr.O. anwendbar*.
Der Entschädigungsanspruch ist Surrogat dafür, dafs bei Ab-
tretung nach der Konkurseröffnung die sich aus § 15 ergebende
Unwirksamkeit, bei Abtretung vor der Eröffnung die sich aus
§ 30 ergebende Anfechtbarkeit des Erwerbs des Absonderungs-
rechts gegenüber dem im Auslande wohnenden Inhaber nicht geltend
gemacht werden kann. Der Entschädigungsanspruch steht daher
der Gläubigerschaft zu und wird von dem Konkursverwalter aus-
geübt. Er kann nur während des Konkurses geltend gemacht
werden. Er kann nicht auf den Gemeinschuldner übergehen. Mit
einem bei Beendigung des Konkurses anhängigen Prozefs über
den Anspruch verhält es sich ebenso wie mit einem Anfechtungs-
prozesse *.
2. Absonderungsansprtlche ergeben sich aus Sachobliga-
tionen*.
Eine Sachobligation ist vorhanden, wenn für eine Schuld ein
Gegenstand (Sache oder Recht) haftet, einerlei, wem er gehört. Der
Gläubiger der Sachobligation ist entweder berechtigt, sich aus dem
Gegenstande zu befriedigen oder den Gegenstand bis zur Befriedigung
zurückzubehalten.
Als Rechte, die einen auf Sachobligation beruhenden Ab-
sonderungsanspruch begründen, kommen in Betracht:
' Vgl Mot. z. Entw. e. GemeinBchnldordn. S. 310, Wolff S. 239 ff. Un-
richtig Pitt ing § 19N. 40undy.Wiimow8ki § 42 N.3. Auch der Ansicht von
Oetker,Grundbegr. IS. 243 f. und Petersen nnd Kl einfeiler §42 N. 2, dafs
in ein vor der Feststellung der Konkursdividende ergehendes Urteil ein Vor-
behalt wegen der Dividende aufzunehmen sei, kann nicht beigepflichtet werden,
da die C.Pr.O. ein solches Urteil mit Vorbehalt nicht kennt.
* Darüber vgl. unten § 37 gegen £nde.
^ Der Ausdruck „Sachobligation" ist hier gewählt, obwohl solche Obliga-
tionen nicht blofs an Sachen, sondern auch an Rechten bestehen können,
weil „Gegenstandsobligation'' ungebräuchlich und unschön ist.
)08 Zweites Hanptstück.
a) Rechte an Gegenständen (Sachen und Rechten), die der
Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegen,
wenn dem Berechtigten ein Recht auf Befriedigung aus dem Gegen-
stände zusteht (§ 47).
Der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unter-
liegen aufser den Grundstücken die Berechtigungen, für welche die
sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften gelten, femer die
im Schiffsregister eingetragenen Schiffe (§ 864 C.Pr.O.), nicht aber
die Anteile an solchen Schiffen (§ 865 Abs. 1 C.Pr.O.).
Die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen um-
fafst auch die Gegenstände, auf welche sich bei Grundstücken,
bei Berechtigungen und bei Schiffen das eingetragene Pfandrecht er-
streckt (§ 865 Abs. 1 C.Pr.O.). Die Rangordnung der Ansprüche
ist in den §§ 10, 155 Zw.V.G. bestimmt.
o) An Grundstücken bestehen solche Rechte nach dem B.G.B.
bei der Schuld einer Rente für den Überbau und für den Notweg
(§§ 912 bis 917), bei der Reallast in Ansehung der einzelnen
Leistungen (§§ 1105 ff., 1107), bei der Hypothek, der Grundschuld
und der Rentenschuld, ferner nach Zw.V.G. §§ 10 Nr. 5, 20, 28
Abs. 1 zufolge der Beschlagnahme eines Grundstücks für den
Gläubiger, für den das Verfahren angeordnet ist (arg. § 135, 136
B.G.B., § 13 zweiter Halbsatz K.O.)«.
Welche vor dem Inkrafttreten des B.G.B. entstandene Rechte
auf abgesonderte Befriedigung aus (irundstücken bestehen, bemifst
sich nach den bis zu diesem Zeitpunkt mafsgebenden Landesgesetzen
(arg. Art. VI E.G.) und nach § 39 K.O. von 1877.|
ß) Berechtigungen, für welche die sich auf Grundstücke be-
ziehenden Vorschriften gelten, sind das Erbbaurecht (§ 1017
B.G.B.), das Erbpachtrecht, einschliefslich des Büdner- und des
Häuslerrechts, sowie das Recht zur Gewinnung eines den berg-
rechtlichen Vorschriften nicht unterliegenden Minerals (Art. 63|Satz 2,
68 Satz 2 E.G. z. B.G.B.). Ferner kann die Landesgesetzgebung
für Berechtigungen , die innerhalb der ihr vorbehaltenen Gebiete
liegen, z. B. für Bergwerkseigentum, Fischereiberechtigungen, ver-
erbliche und übertragbare Nutzungsrechte an Grundstücken (Art. 67,
69, 196 E.G. z. B.G.B.), bestimmen, dafs sie den auf Grundstücke
bezüglichen Vorschriften unterliegen.
• Vgl. Denkschr. z. d. Entw. e. Zw.V.G. S. 37: „Der das Verfahren be-
treibende persönliche Gläubiger wird so behandelt, wie wenn für ihn eine
Hypothek an letzter Stelle im Grundbuch eingetragen wäre."
§ 18. III. Die Absonderung. 2. Die einzelnen Absonderungsberechtigten. 109
Wenn für solche Berechtigungen die sich auf Grundstücke
beziehenden Vorschriften kraft Reichs- oder Landesgesetzes gelten,
so kann ein Absonderungsanspruch nur auf eines der Rechte be-
gründet werden, die einen solchen Anspruch in Ansehung eines
Grundstücks begründen würden.
y) Abgesonderte Befriedigung aus einem im Schiffsregister ein-
getragenen Schiffe (vgl. R.G. v. 24. Okt. 1867, v. 28. Juni 1878,
V. 15. Juli 1885 und v. 15. Juni 1895) kann auf Grund Pfandrechts
und auf Grund von Beschlagnahme (§ 162 Zw.V.G.) verlangt
werden. Zur Bestellung eines Pfandrechts ist die Eintragung in
das Schiffsregister erforderlich (§ 1260 Abs. 1 B.G.B.). Ein gesetz-
liches Pfandrecht entsteht an einem registrierten Schiffe nicht
anders wie an einem nicht registrierten. Ein Pfändungspfandrecht
ist nicht möglich, da ein registriertes Schiff nicht Gegenstand der
Mobiliarexekution ist.
b) Pfandrechte an Gegenständen (Sachen und Rechten), die
der Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen unter-
liegen (§§ 48, 49 Nr. 2).
a) Ein Pfandrecht kann durch Rechtsgeschäft bestellt werden.
In welcher Weise, ergeben die §§ 1204 bis 1207, 1259, 1260,
1274, 1280, 1291 bis 1299 B.G.B. und die §§ 366, 367, 679 ff.
H.G.B.
In Ansehung von Pfandrechten, die vor dem 1. Jan. 1900
entstanden sind, bleibt das frühere Recht, also auch der § 40 der
K.O. V. 1877 in Verbindung mit §§ 14 bis 16 des alten E.G.%
mafsgebend (arg. Art. VI E.G.).
ß) Ein Pfandrecht kann kraft Gesetzes entstehen.
Übersicht der gesetzlichen Pfandrechte:
Pfandrecht des Mieters für seine Forderungen aus dem Mietverhältnis
an den eingebrachten Sachen, §§ 559 bis 562 B.G.B.,
Pfandrecht des Verpächters für seine Forderungen aus dem Pacht-
verhältnis an den eingebrachten Sachen und an den Früchten eines landwirt-
schaftlichen Grundstücks, §§ 581 Abs. 2, 585 B.G.B.
Das Pfandrecht des Vermieters und das des Verpächters kann in An-
sehung des Miet- oder Pachtzinses für eine frühere Zeit als das letzte Jahr
^ Der § 40 der alten K.O. beschränkt den Absonderungsanspruch auf
das Faustpfandrecht, in Gegensatz zur Hypothek. Die §§ 14 bis 16 E.G. stellen
Minimalerfordemisse far das Vorhandensein eines Faustpfandrechts i. S. d.
K.O. auf.
110 Zweites Hauptstück.
vor Eröffnung des Verfahrens* sowie in Ansehung des dem Vermieter oder
dem Verpächter infolge Kündigung des Konkursverwalters (vgl. § 19) oder
des Erwerbers (§ 21 Abs. 8 K.O. verb. mit § 57 Satz 2 Zw.V.G.) entstehenden
Entschädigungsanspruchs (vgl. § 26) nicht zur Begründung eines Absonderungs-
anspruchs geltend gemacht werden; das Pfandrecht des Verpächters eines
landwirtschaftlichen Grundstücks unterliegt in Ansehung des Pachtainaes der
Beschränkung nicht (§ 49 Nr. 2)*.
Pfandrecht des Pächters eines Grundstücks für die Forderungen g^en
den Verpächter, die sich auf das mitgepachtete Inventar beziehen, an den in
seinen Besitz gelangten Inventarstücken, § 590 B.G.B^
Pfandrecht des Unternehmers eines Werkes für seine Forderungen aus
dem Vertrag an den von ihm hergestellten oder ausgebesserten beweglichen
Sachen, wenn sie bei der Herstellung oder zum Zwecke der Ausbesserung in
seinen Besitz gelangt sind, § 647 B.G.B.,
Pfandrecht des Gastwirts für seine Forderungen für Wohnung und
andere dem Gaste zur Befriedigung seiner Bedürfnisse gewährten Leistungen,
mit Einschlufs der Auslagen, an den eingebrachten Sachen des Gastes,
§ 704 B.G.B.,
Pfandrecht des Kommissionärs, § 397 H.G.B.,
Pfandrecht des Spediteurs, § 410 H.G.B.,
Pfandrecht des Lagerhalters, § 421 H.G.B.,
Pfandrecht des Frachtführers, §§ 440, 443 ILGJ)., § 26 R.G. v. 15. Juni
1895, betr. d. privatr. Verh. d. Binnenschiffahrt, Redaktion v. 1898,
Pfandrecht des Verfi-achters, §§ 628, 674 H.G.B.,
Pfandrecht des Vergütungsberechtigten in Havereifällen , § 725 H.G.B^
§ 89 R.G. betr. die privatr. Verh. d. Binnenschiffahrt,
Pfandrecht der Schifisgläubiger, §§754, 755 H.G.B., §§ 20,21,Strandungsordn.
V. 17. Mai 1874, §§ 97, 102 ff. R.G. betr. d. privatr. Verh. d. Binnenschiffahrt,
Pfandrecht des Schiffseigners, § 77 Abs. 2 des zuletzt cit Gesetzes,
Pfandrecht des Entschädigungsberechtigten, § 22 R.G. v. 15. Juni 1895,
betr. d. privatr. Verh. d. Flöfserei,
Pfandrecht der Gläubiger von Bergungs- und Hülfiskosten, § 28 desselben
Gesetzes.
y) Ein Pfandrecht kann durch Pfändung entstehen und zwar
durch Pfändung, die von einem Beamten oder einer Behörde voll-
zogen wird, wie durch Privatpfändung, soweit diese zulässig ist
(vgl. § 89 E.G. z. B.G.B.). Einerlei, ob die Pfändung zur Zwangs-
^ Das Absonderungsrecht besteht für den rückständigen Zins nur soweit
dieser für das letzte Jahr, zurückgerechnet vom Tage der Konkurseröfl&iung,
zu zahlen ist, ohne Bücksicht auf den Fälligkeitstermin, vgl. Wolff, Abs.-
Recht 8. 420, R.G.Entsch. XXXIV 8. 100, femer für den laufenden Zins. Der
Teil des Zinses, der auf die Zeit nach Eröfinung des Verfahrens entfällt, ist
Masseschuld, B.G.£nt8ch. XXXIV S. 101; das Absonderungsrecht kann aber
auch für diesen Zins geltend gemacht werden, R.G.Entsch. XIV S. 3.
* Diese Begünstigung des Verpächters eines landwirtschaftlichen Grund-
stücks entspricht dem § 585 B.G.B. Der Verpächter eines landwirtschaftlichen
Grundstücks kann das Pfandrecht für den älteren Pachtzins, nicht für den Ent-
schädigungsanspruch, geltend machen«
§18. III. Die Absonderung. 2. Die einzelnen Abeonderungsberechtigten. m
Vollstreckung oder zur Sicherung (Arrestierung) vollzogen wird
(vgl. § 930 C.Pr.0.) ^^
In welcher Weise die Pfändung zu vollziehen ist, ergiebt sich
für die Pfändung durch Beamte und Behörden der Justizverwaltung
aus der C.Pr.O., fttr Pfändung durch andere Beamte und Behörden
aus den Landesgesetzen. Nur aus ordnungsmäfsiger Pfändung
entsteht ein Pfandrecht.
Das an dem gepfändeten Gegenstande begründete Pfandrecht
erstreckt sich auf den hinterlegten Erlös ^^
c) Zurückbehaltüngsrechte. Aber nicht jedes Zurück-
behaltungsrecht begründet einen Absonderungsanspruch. Die einen
solchen Anspruch begründenden Zurückbehaltüngsrechte sind:
a) Das Zurückbehaltungsrecht der Reichskasse, der Staats-
kassen, der Gemeinden, der Amts-, Kreis- und Provinzialverbände
wegen öfTentlicher Abgaben in Ansehung der zurückbehaltenen
oder in Beschlag genommenen zoll- und steuerpflichtigen Sachen
(§ 49 Abs. 1 Nr. 1) ".
ß) Das Zurückbehaltungsrecht desjenigen, welcher etwas zum
Nutzen einer beweglichen oder unbeweglichen Sache verwendet
hat, wegen des den noch vorhandenen Vorteil nicht übersteigenden
Betrags seiner Forderung aus der Verwendung in Ansehung der
zurückbehaltenen Sache (§ 49 Abs. 1 Nr. 3). Ob jemand den
Ersatz von Verwendungen verlangen kann und ob er deswegen
ein Zurückbehaltungsrecht hat, ist nach dem bürgerlichen Rechte
zu beurteilen*'. Die K.O. gewährt kein von dem bürgerlichen
Recht unabhängiges Absonderungsrecht, sondern setzt einen Ersatz-
1^ Da die Bestimmungen der C.Pr.O. über Vollziehung und Wirkung des
dinglichen Arrests auf die nach § 325 St.Pr.0. und nach § 140 St.G.B. mit
§ 480 St.Pr.O. erfolgte Beschlagnahme entsprechend anzuwenden sind, so ent-
steht durch die PALndung auf Grund der Beschlagnahme eine Pfandschuld
mit Absonderungsrecht. Nicht so bei den Beschlagnahmen nach § 832 St.Pr.O.
und nach § 93 St6.B. mit § 480 St.Pr.0.
" Vgl. Wolff, Abs.R. S. 59 ff., L. Seuffert, Komm, z, C.Pr.O. § 709
N. 4 litt e.
" Vgl. § 14, 100 bis 135, 156 Vereinszollgesetz v. 1. Juli 1869 B.G.Bl.
8. 317; Art 38 bis 40 der R.Verf.; Prot. v. 15. Okt, 25. Nov. 1870, B.G.Bl.
8. 651, 657; Prot v. 23. Nov. 1870, B.G.Bl. 1871 S. 25; ZoUges. v. 15. Juli
1879, B.G.B1. S. 207; §§ 2, 3, 10, 11 B.G. betr. den Spielkartenstempel v.
8. Juli 1878, R.G.B1. S. 133. Das aus dem Vereinszollgesetz §§ 14, 100, be-
gründete Absonderungsrecht hat den Vorrang vor allen anderen.
** Vgl. §§ 102, 273 Abs. 2, 3, 292 Abs. 2, 304, 347 Satz 2, 450 Abs. 2,
500, 501, 547 Abs. 2, 601 Abs. 2, 652 Abs. 2, 850, 972, 994 ff., 1049, 1057, 1210
Abs. 2, 1216, 1466, 2022, 2125, 2185 B.G.B.
L.
112 Zweites HauptetttcL
anspruch mit Zurückbehaltungsrecht voraus. Das Absonderungs-
recht beschränkt sich auf den Mehrwert zufolge der Verwendungen.
Der Ersatzanspruch und das Zurückbehaltungsrecht können weiter
gehen.
Ein weiter gehendes Zurückbehaltungsrecht kann gegenüber
dem Konkursverwalter als Einrede geltend gemacht werden. Ebenso
ein Zurückbehaltungsrecht, das jemandem aus einem anderen Grund
als wegen Verwendungen zusteht".
y) Die nach dem Handelsgesetzbuch §§ 369 bis 372, 615
Abs. 1, 627, 751, 888 begründeten Zurückbehaltüngsrechte an be-
weglichen Sachen und Wertpapieren.
Ad a bis /: Wenn die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts
durch Sicherheitsleistung abgewendet werden kann (vgl. § 273
Abs. 3 B.G.B., § 369 Abs. 4, § 615 Abs. i, 751 H.G.B.), so ist
auch der Konkursverwalter dazu befugt. Dann hat der Zurück*
behaltungsberechtigte ein Pfandrecht an der Sicherheit und deswegen
ein Absonderungsrecht daran.
Die in Abs. 1 Nr. 1 des § 49 bezeichneten Rechte gehen den
in Abs. 1 Nr. 2 bis 4 und den in § 48 bezeichneten Rechten vor
(§ 49 Abs. 2). Im übrigen sind die Rangverhältnisse der Ab-
sonderungsberechtigten nach dem bürgerlichen Rechte zu beurteilen.
Die K.O. bestimmt nur, dafs ein Absonderungsberechtigter auf Grund
Pfand- oder Zurückbehaltungsrechts zuerst wegen der Kosten^
dann wegen der Zinsen und zuletzt wegen des Kapitals Befriedigung
verlangen kann (§ 48 mit § 49).
d) Wer sich zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens mit dem
Gemeinschuldner inj einer. Gemeinschaft befindet, kann wegen
seiner aus der Gemeinschaft begründeten Forderung abgesonderte
Befriedigung aus dem bei der Auseinandersetzung ermittelten
Anteile des Gemeinschuldners verlangen (§ 51)".
Dieser Absonderungsanspruch, der sich bereits in § 44 der
K.O. V. 1877 findet, konnte vor dem B.G.B. nicht aus einer aufser-
halb des Konkurses vorhandenen Sachobligation abgeleitet werden.
Durch § 756 B.G.B. ist aber für die aus der Gemeinschaft her-
rührenden Ansprüche eines Teilhabers gegen einen anderen Teil-
haber neben der persönlichen Haftung eine Sachhaftung geschaifeil,
1^ Eine Ausnahme s. § 223 für den Nachlafskonkars.
15 Wegen des früheren gem. Rechts vgl. Carpzow» Decis. 154; Leyser,
Meditat. ad Fand. spec. 389; Dabelow S. 853f.; Bayer § 21 N. 10. Die
Mehrzahl der Schriftsteller bestritt dieses Absonderungsrecht.
§18. in. Die Absonderung. 2. Die einzelnen Absonderungsberechtigten. 113
indem bestimmt ist, dafs der Gläubiger die Berichtigung (d. i. die
Befriedigung) seiner Forderung aus dem auf den Schuldner ent-
fallenden Teile des gemeinschaftlichen Gegenstandes beanspruchen
und dafs dieser Anspruch auch gegen den Sondemachfolger geltend
gemacht werden kann (arg. § 756 Satz 2 verb. mit § 755 Abs. 2
B.G.B.)". Doch ist die Sachobligation im Falle der Teilung des
Miteigentums eines Grundstücks davon abhängig, dafs sie in das
Grundbuch eingetragen wird (arg. § 1010 Abs. 2 B.G.B.).
Unter Gemeinschaft im Sinne des § 51 ist sowohl die sog.
Gemeinschaft nach Bruchteilen (vgl. §§ 741, 1008 B.G.B.), als die
Gemeinschaft zur gesamten Hand zu verstehen. Welche Ansprüche
aus der Gemeinschaft begründet werden, ergiebt das bürgerliche
Recht (vgl. §§ 733, 734, 748, 755, 1463 bis 1467, 1476, 1478,
1499, 1504, 2038, 2050 bis 2055 B.G.B.).
Voraussetzung des Absonderungsanspruchs ist, dafs die Teilung
oder sonstige Auseinandersetzung stattgefunden hat (§ 16) und
dafs der ermittelte Anteil des Gemeinschuldners zur Masse ge-
zogen worden ist.
Zwischen § 51 K.O. und § 756 B.G.B. besteht insofern eine
Inkongruenz, als nach § 51 der Absonderungsanspruch nur begründet
zu sein scheint, wenn die Gemeinschaft zur Zeit der Konkurs-
eröffnung noch bestanden hat, während nach § 756 B.G.B. die
Sachobligation auch dann vorhanden ist, wenn die Gemeinschaft
schon vor der Konkurseröffnung aufgelöst war und der ermittelte
Anteil des Gemeinschuldners dann zur Masse gezogen wird. Man
wird auch in diesem Falle einen Absonderungsanspruch an-
nehmen müssen, da nicht abzusehen ist, warum die zur Zeit
der Konkurseröffnung vorhandene Sachobligation im Konkurs un-
wirksam werden sollte. Ist der Gemeinschuldner Sondernachfolger
des früheren Miteigentümers eines Grundstücks, so hängt aller-
dings der Absonderungsanspruch von dem Eintrag in das Grund-
buch ab (arg. § 1010 Abs. 2 B.G.B.).
3. Gehört Vermögen, das die Eigenschaft eines Lehens, Stamm-
guts oder Familienfideikommisses hat, mit der Substanz oder mit den
Revenuen zur Masse des gegen den Inhaber eröffneten Konkurses^
1« Vgl. hierzu § 770 Entw. I B.G.B. (keine Haftung des Sondernachfolgers,,
daher noch keine Sachobligation); dann Verh. d. IL Komm., autogr. Prot.
S. 3107 (Achilles, Lief. 6, 7 S. 765), wonach dem Teilhaber in Ansehung
seiner Gemeinschaftsforderung aufserhalb des Konkurses dieselbe Rechts-
stellung gewährt werden soll, wie er sie auf Grund des § 44 K.O. v. 1877 im
Konkurse hatte.
Bin ding, Handbuch IX 8: L. Seuffert, KonlcTirsprozersrecht. 8
114 Zweites Hauptstück.
worüber die Landesgesetze zu bestimmen haben (§ 5 E.G.), so
haben die Lehens-, Stammguts- oder Familienfideikommifs-Gläubiger
ein Absonderungsrecht an jenem Vermögen (§ 52). Welche Schulden
Lehens-, Stammguts- und Fideikonunifsschulden sind, bestimmen
die Landesgesetze " (Art. 59, 60 E.G. z. B.G.B.). Aus diesen ist
auch der Charakter der Schulden (ob Sachobligationen oder persön-
liche Schulden des Lehens-, Stammguts-, Fideikommifsinhabers)
zu beurteilen. Das Absonderungsrecht besteht, auch wenn die
Schulden keine Sachobligationen sind.
" Vgl. pr. A.L.R. I 18 §§ 228 ff., 311 ff., H 4 §§ 104 ff., 213; bayer. Edikt
ü. d. Fam.Fideikomm. Beil. VII zu Tit. V der Verf.Urk., §§ 52 bis 63.
Drittes Hauptstück.
§ 19.
Allgemeine Yorsehrlften Aber das Yerfabren.
1. Wie in jedem besonderen Prozesse, so finden auch im Konkurs-
prozesse die Vorschriften der C.Pr.O. über den ordentlichen Prozefs
entsprechende Anwendung, soweit sich nicht aus den besonderen
Vorschriften, hier also aus denen der K.O., Abweichungen ergeben
^§ 72). Ihre Anwendung ist dem Konknrsprozefs anzupassen. So-
weit sich jene Vorschriften für das Konkursverfahren überhaupt nicht
eignen, sind sie nicht anwendbar.
Im einzelnen ergiebt sich:
a) Von den Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit
kommen die §§ 13 bis 19 C.Pr.O. über den allgemeinen Gerichts-
stand zur Anwendung (§ 71 Abs. 1). Dem § 35 C.Pr.O. ent-
spricht die Vorschrift des § 71 Abs. 2 K.O. Die Bestimmungen
der § 36 Nr. 1, 2, 5, 6 C.Pr.O. finden Anwendung ^
b) Entsprechende Anwendung finden die Vorschriften über
Ausschliefsung und Ablehnung von Gerichtspersonen. In dieser
Beziehung kommen die bei dem Konkursverfahren Beteiligten
(Gläubiger, Gemeinschuldner etc.) als Parteien im Sinne der §§41
bis 49 C.Pr.O. in Betracht.
c) Entsprechende Anwendung finden die Vorschriften über
Partei- und Prozefsfähigkeit ^ , Streitgenossenschaft * , Prozefs-
> Vgl. oben S. 38.
* Aus der entsprechenden Anwendung des § 56 C.Pr.O. folgt, dafs das
Konkursgericht Handlungen eines Prozefsunfahigen oder eines nicht zur Ver-
tretung Legitimierten von Amtswegen als unwirksam zu behandeln hat, un-
8*
\IQ Drittes Hauptstück.
bevollmächtigte * und Beistände , Prozefskosten *, Sicherheits-
leistung • und Armenrecht ■'.
d) Die Vorschriften über die mündliche Verhandlung, insbesondere
die der §§ 136 bis 144, 156 bis 165 C.Pr.O., finden in dem Prozesse
vor dem Konkursgericht entsprechende Anwendung. Mit Ausnahme
der Verhandlungen im Prüfungstermine und bei der Gläubiger-
versammlung ist die mündliche Verhandlung fakultativ (§ 73 Abs. 1)
und hat daher nur informatorische, durch die schriftlichen Er-
klärungen zu ergänzende Bedeutung. Mündliche Verhandlungen
im Sinne des § 128 C.Pr.O. sind auch die Verhandlungen im
Prüfungstermin und in der Gläubigerversammlung nicht, weil das
Konkursgericht kein „erkennendes" Gericht ist. Sie stehen aber
mit der mündlichen Verhandlung des § 128 darin gleich, dafs die
in diesen Terminen vorzunehmenden Prozefshandlungen nicht
durch schriftliche, aufserhalb des Termins bei dem Gericht ein-
gereichte Erklärungen erfolgen können.
e) Die Vorschriften über die Zustellungen gelten mit den sich
aus den §§ 73 Abs. 2, 76, 77 ergebenden Modifikationen. Ebenso
beschadet der Befugnis, solche Handlungen vorbehaltlich der Beseitigung des
Mangels zuzulassen, wenn Gefahr im Verzuge ist.
* Die Vorschriften über Streitgenossenschaft kommen insofern zur An-
wendung, als mehreren beim Konkursverfahren Beteiligten unter den Voraus-
setzungen der §§ 59, 60 C.Pr.O. die gemeinsame Vornahme von Prozefshand-
lungen im Konkursprozesse gestattet ist.
* Aus der entsprechenden Anwendung der Vorschriften über die Prozefs-
bevoUmächtigten folgt, dafs im Konkursverfahren kein Anwaltszwang besteht,
dafs sich aber ein Beteiligter durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen
kann; femer, dafs das Gericht den Mangel der V'Ollmacht von Amtswegen
zu berücksichtigen hat (arg. § 88 Abs. 2 C.Pr.O.X jedoch Geschäftsführer ohne
Auftrag und Bevollmächtigte ohne Vollmachtsnachweis vorbehaltlich der Ge-
nehmigung oder des Vollmachtsnachweises zur Vornahme von Prozefshand-
lungen einstweilen zulassen kann (arg. § 89 C.Pr.O.).
* Für die entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Prozefs-
kosten ist nur insoweit Raum, als über einzelne Prozefshandlungen, durch
welche ausscheidbare Kosten entstehen, von dem Konkursgericht entschieden
wird. Insoweit gilt aber der Satz, dafs der Unterliegende die Kosten zu
tragen und, wenn ein Gegner vorhanden ist, diesem die notwendigen Prozefs-
kosten zu erstatten hat. Insbesondere ist § 97 Abs. 1 C.Pr.0. anwendbar.
Auch der Anwendung des § 102 C.Pr.O. steht nichts im Wege.
ö Sicherheitsleistungen, für die die §§ 108, 109 C.Pr.O. gelten, kommen
vor in den §§ 78 Abs. 2, 191 Abs. 1, 2 K.O. Die Sicherheitsleistung, von der
in den §§ 54, 168 Nr. 4, 171 K.O. die Rede ist, ist nach dem bürgerlichen
Recht zu beurteilen.
' Das Armenrecht kann jedem Beteiligten bewilligt werden. Nicht der
Gläubigerschaft. Dem Gemeinschuldner nur für eine einzelne Prozefshandlung.
. § 19. Allgemeine Vorschriften über das Verfahren. 117
die Vorschriften über Ladungen, Termine und Fristen, über die
Folgen der Versäumung und über die Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand®. Die Vorschriften über Unterbrechung und Aus-
setzung des Verfahrens sind unanwendbar. Der Tod des Gemein-
schuldners unterbricht das zu seinen Lebzeiten eröffnete Konkurs-
verfahren nicht.
f) Von den Vorschriften über das Verfahren bis zum Urteil,
über das Urteil und das Versäumnisurteil eignen sich, da es im
Verfahren vor dem Konkursgerichte keine Klage und kein Urteil
giebt, nur wenige zur entsprechenden Anwendung. Es sind dies
die folgenden:
Der dem § 263 Abs. 2 Nr. 1. C.Pr.O. zu Grunde liegende
Kechtssatz, dafs über dieselbe Sache, welche bereits rechtshängig
ist, kein zweiter Prozefs anhängig gemacht werden soll, gilt auch
im Konkursverfahren und führt dazu, dafs vor Beendigung eines an-
hängigen Konkursverfahrens kein zweiter Konkurs über dasselbe
Vermögen eröffnet werden soll. Eine Einrede der Rechtshängigkeit
hat das Konkursgericht nicht abzuwarten, sondern es hat die An-
hängigkeit des Konkursverfahrens von Amtswegen zu berücksichtigen *.
Nach Analogie des § 263 Abs. 2 Nr. 2 C.Pr.O. berührt eine
Veränderung der die Zuständigkeit begründenden Umstände die
Zuständigkeit des Konkursgerichts nicht, wenn diese Veränderung
nach der Eröffnung des Verfahrens vor sich geht.
Die Vorschriften des § 294 C.Pr.O. über die Glaubhaftmachung
finden Anwendung.
Auf die Konkursprozefsakten sind die Vorschriften des § 299
C.Pr.O. entsprechend anzuwenden; die Beteiligten sind wie die
Parteien zu behandeln.
Auf die Beschlüsse des Konkursgerichts, die auf Grund
mündlicher Verhandlung ergehen, finden die §§ 309, 310, 329 C.Pr.O.
entsprechende Anwendung.
Nach Analogie des § 319 C.Pr.O. können Schreibfehler, Rech-
nungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in Beschlüssen
des Konkursgerichts vorkommen, von dem Gerichte von Amtswegen
und auf Antrag einer Partei berichtigt werden.
^ N&mlich in Bezug auf die einzige im Konkursprozesse vorkommende
Notfrist, d. i. die Beschwerdefrist, und im Falle des § 165, hier mit der sich
aus § 165 Satz 8 ergebenden Modification.
^ Vgl. hierzu Oetker, Grundbegr. I S. 65 ff., der die ünzulässigkeit
einer zweiten Ronkurseröfihnng aber nicht aus der Analogie der Rechts-
hängigkeit, sondern aus anderen Erwägungen erleitet.
118 Drittes Hauptstück.
g) Die allgemeinen Bestimmungen über die Beweisaufnahme
und die Vorschriften über den Beweis durch Augenschein, den
Zeugenbeweis, den Beweis durch Sachverständige, und den Beweis
durch Urkunden finden entsprechende Anwendung.
Im Verfahren vor dem Konkursgerichte kommt weder eine
Eideszuschiebung noch ein richterlicher Eid vor.
Für die Abnahme eines Zeugeneides, eines Sachverständigen-
eides und eines OflFenbarungseides gelten die Vorschriften der
§§ 478 bis 484 O.Pr.O.
Versicherung an Eidesstatt als Mittel zur Glaubhaftmachung
(§ 294 C.Pr.O.) kann auch im Konkursprozesse vorkommen. Auf
die Abnahme einer solchen Versicherung finden die Vorschriften
der §§ 478 bis 480, 481 bis 484 C.Pr.O. entsprechende Anwendung.
Hat derjenige, welcher vom Konkursgerichte zur Versicherung an
Eidesstatt zugelassen ist, die Versicherung abgegeben, so hat das
Gericht nach Analogie von § 463 Abs. 1 C.Pr.O. anzunehmen, dafs
die betreffende Thatsache glaubhaft ist. Die Zulassung zur Ver-
sicherung an Eidesstatt steht im richterlichen Ermessen, aber
nicht die nachträgliche Würdigung ihres Beweiswerts.
h) Von den Vorschriften über das amtsgerichtliche Verfahren
kommen die §§ 496, 501, 502 insofern in Betracht, als sich daraus
ergiebt, dafs alle Anträge und Erklärungen im Verfahren vor dem
Konkursgerichte zu Protokoll des Gerichtschreibers angebracht
werden können.
i) Von den Rechtsmitteln der C.Pr.O. kommt im Verfahren vor
dem Konkursgerichte nur die sofortige Beschwerde vor. Soweit die
Vorschriften der §§ 567 bis 577 C.Pr.O. für die sofortige Beschwerde
gelten, sind sie mit der sich aus § 74 K.O. ergebenden Modifikation
auf die Beschwerde im Konkursprozesse direkt anzuwenden. In-
sofern in § 577 Abs. 2 Satz 3 C.Pr.O. auf die Bestimmungen über die
Wiederaufnahme des Verfahrens verwiesen ist, kommen diese Be-
stimmungen auch für die Beschwerde des Konkursprozesses in
Betracht.
k) Von den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung sind
nur wenige zur Anwendung geeignet, da die Zwangsvollstreckung
im Konkurs in den meisten Punkten anders geregelt ist.
Als entsprechend anwendbar kommen folgende Vorschriften
in Betracht: *
Nach § 705 C.Pr.O. bemifst sich die formelle Rechtskraft einer
Entscheidung des Kojikursgerichts.
§ 19. Allgemeine Vorschriften über das Verfahren. 119
Entsprechend der Vorschrift des § 766 C.Pr.O. hat das Konkurs-
gericht als Vollstreckungsgericht zu entscheiden, wenn von dem
Gemeinschuldner oder einem Dritten Anträge, Einwendungen und
Erinnerungen erhoben werden, welche die Art und Weise der von
dem Konkursverwalter oder in seinem Auftrage vom Gerichts-
vollzieher bethfttigten Zwangsvollstreckung betreffen; desgleichen,
wenn ein Gerichtsvollzieher sich weigert, einen Vollstreckungsauftrag
des Konkursverwalters zu übernehmen oder eine Vollstreckungs-
handlung dem Auftrage gemäfs auszuführen, oder wenn in Ansehung
der von dem Gerichtsvollzieher angesetzten Vollstreckungskosten
von dem Verwalter Erinnerungen erhoben werden.
Die Vorschriften der §§ 789 bis 791 C.Pr.O. finden auf die
konkursmäfsige Zwangsvollstreckung entsprechende Anwendung ; die
des § 791 natürlich nur, wenn die ausländischen Behörden dem in-
ländischen Gerichte Rechtshülfe zum Zwecke der Durchführung
des inländischen Konkurses gewähren.
Die Vorschriften der §§ 807, 899 bis 918 C.Pr.O. über Offen-
barungseid und Haft finden entsprechende Anwendung auf den
Offenbarungseid (125 Abs. 2 K.O.) und auf die Haft des Gemein-
schuldners (§§ 101 Abs. 2, 106 K.O.).
Aus der entsprechenden Anwendung des § 809 C.Pr.O. folgt,
dafs der Konkursverwalter zur Konkursmasse gehörige Sachen, die
sich im Gewahrsam eines Dritten befinden, nur dann in Besitz
nehmen darf, wenn dieser zur Herausgabe bereit ist.
Die Vorschriften der §§ 811, 812, 850 bis 852, 857, 859 bis
868 C.Pr.O. kommen bei der Begrenzung der Konkursmasse in
Betracht.
Die Vorschriften der §§ 818 bis 825, «85 bis 844, 847, 848,
857, 858 C.Pr.O. finden Anwendung, wenn der Verwalter die Ver-
wertung eines zur Masse gehörigen beweglichen Gegenstandes
betreibt, an dem ein Gläubiger durch ein Rechtsgeschäft bestelltes
Pfandrecht oder ein diesem gleichstehendes Recht beansprucht
(§ 127 Abs. 1 K.O.).
Auf die Besitzergreifung an den zur Konkursmasse gehörigen
Sachen durch den Konkursverwalter finden die Vorschriften der
§§ 888, 885 C.Pr.O. entsprechende Anwendung.
Die verbreitete Ansicht, dafs auf die im § 106 Abs. 1 Satz 2, 8
K.O. zugelassenen Anordnungen des Konkursgerichts die Vorschriften
der C.Pr.O. über Arrest und einstweilige Verfügung entsprechende
120 Drittes Haupts tück.
Anwendung finden ^^ ist nicht richtig. Zwar kann durch jene An-
ordnungen dasselbe verfügt werden, wie durch Arrest oder einst-
weilige Verfügung; aber das in den §§ 916 ff. C.Pr.O. angeordnete
Verfahren pafst nicht für den Konkursprozefs.
2. In allen Fällen, in denen die K.O. für ein aus dem Konkurs-
verfahren erwachsendes, nach den Regeln des ordentlichen Prozesses
zu behandelndes Verfahren Raum läfst (Aussonderungsprozesse,
Absonderungsprozesse, Prozesse über Masseansprüche, Feststellungs-
prozesse) kommen ohnehin die Vorschriften der C.Pr.O. zur An-
wendung, soweit nicht auch für diese Prozesse besonderes in der
K.O. bestimmt ist. Dies ist nur der Fall in Ansehung des Gerichts-
standes für die Feststellungsklage (§ 146 Abs. 2).
3. Von den Vorschriften der C.Pr.O. abweichende, speciell für das
Konkursverfahren geltende Vorschriften enthalten alle Bestimmungen
der K.O. Unter diesen sind aber einige, die im Verhältnis zu
anderen noch specielleren als allgemeine Vorschriften über das
Konkursverfahren bezeichnet werden können. Das sind folgende:
a) Während im ordentlichen Civilprozesse die Verhandlungs-
maxime gilt, wird der Konkursprozefs von der Offizialmaxime
beherrscht. Wo nicht im Gesetze speciell ein Antrag gefordert
wird^^ hat das Gericht das Verfahren von Amts wegen durchzuführen
und die nötigen Handlungen von Amtswegen vorzunehmen. Ins-
besondere hat das Gericht von Amtswegen alle Arten von Er-
mittelungen, auch die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen,
anzuordnen, soweit dies zur Aufklärung irgend eines das Ver-
fahren betreffenden Verhältnisses erforderlich ist (§ 75). Die Auf-
nahme des Beweises erfolgt nach den Vorschriften der C.Pr.O. mit
den sich aus der Offizialthätigkeit des Gerichts ergebenden Modi-
fikationen ".
b) Für alle gerichtlichen Beschlüsse und Verfügungen (ein-
schliefslich derjenigen, welche keinen Streitpunkt unter den Be-
teiligten betreffen) gilt einerseits die negative Regel, dafs eine
mündliche Verhandlung als Grundlage der Entscheidung nicht
10 Vgl. z. B. V. Wilmowski § 98 N. 1, Petersen u. Kleinfeller (3)
S. 869. Die Ansicht ist auf eine mifsverständÜche Stelle der Mot S. 331
zurückzuführen.
11 §§ 84, 99, 103, 121 Abs. 2, 123 Abs. 2, 127 Abs. 2, 135 Abs. 2, 160,
180, 188, 198, 202, 217 Abs. 2.
i> Z. B. die Zwangshaft gegen einen Zeugen (C.Pr.0. § 390 Abs. 2) kann
von Amtswegen verhängt werden ; auf die Beeidigung von Zeugen und Sach-
verständigen kann nicht verzichtet werden etc.
§ 19. Allgemeine Vorschriften über das Verfahren. 121
erforderlich ist, andererseits die positive Bestimmung, dafs das
Gericht eine mündliche Verhandlung anordnen kann, bevor es die
Entscheidung erläfst (§ 78 Abs. 1)".
Wo das Gericht mündliche Verhandlung anordnet, ist diese
doch nicht die allein relevante Erscheinungsfonn für das Vorbringen
der Beteiligten und folglich das hier Vorgebrachte nicht die aus-
schliefsliche Grundlage der Entscheidung, vielmehr hat das Gericht
auch das in den Akten enthaltene sonstige Material zu berück-
sichtigen^*.
Schreibt die K.O. vor, dafs Beteiligte vor der Entscheidung zu
hören sind (§§ 84 Abs. 2, 105 Abs. 2, 203 Abs. 2, 210 Abs. 2
Satz 2, 217 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3, 218 Abs. 2 Satz 2, 230 Abs. 2
Satz 1 , 236 Satz 4) , so genügt es , wenn Gelegenheit zur münd-
lichen oder schriftlichen Äufserung geboten ist.
Mündlich müssen nur diejenigen Erklärungen abgegeben werden,
für welche das Gesetz vorschreibt, dafs sie in der Gläubiger-
versammlung oder in einem Termine zu erfolgen haben (vgl. §§ 97,
132, 141, 142, 162, 179, 182).
Daraus, dafs die Entscheidungen im Konkursverfahren ohne
obligatorische mündliche Verhandlung erlassen werden, folgt, dafs
sie nicht Urteile im Sinne der C.Pr.O., sondern Beschlüsse oder
Verfügungen sind und dafs daher diejenigen Bestimmungen der
C.Pr.O., welche speciell für Urteile gelten, keine Anwendung finden.
c) Nach dem Rechtsmittelsysteme der C.Pr.O. findet Einspruch,
Berufung, Revision, Wiederaufnahmeklage nur gegen ein Urteil
i> Entscheidung (decretum) bezeichnet in § 73 K.O. wie in § 160 Abs. 2
Nr. 5 CJ^r.O. alle Arten von Willensäufserungen des Gerichts. Die von Oetker,
Grundbegr. 1 S. 97 ff. versuchte Scheidung zwischen reinen Administrativ-, reinen
Dezisiv- und gemischten Dekreten ist theoretisch nicht uninteressant, aber,
wie schon die Annahme der gemischten Dekrete sehen läfst, schwer durch-
führbar und ohne jede praktische Bedeutung. Oetker verwertet sie (S. 103),
indem er für reine Administrativdekrete (z. B. Ernennung des Verwalters,
Anberaumung der ersten Gläubigerversammlung, Bestimmung der Anmelde-
frist) die Möglichkeit mündlicher Verhandlung bestreitet. Daran ist soviel
richtig, dafs ein vernünftiger Richter in solchen Sachen kaum jemals eine
mündliche Verhandlung anordnen wird, weil kein Ergebnis zu erwarten ist.
Dasselbe gilt aber auch bei manchem der Oetker sehen Dezisivdekrete. Über
die weitere Verwertung jener Unterscheidung in Bezug auf die Beschwerde
s. u. N. 16.
1^ Über die Bedeutung der fakultativen mündlichen Verhandlung vgl.
L. Seuffert, Komm. z. C.Pr.0. 7. Aufl. § 119 Bem. 5.
122 Drittes HauptstQck.
statt; soweit Beschlüsse und Verfügungen überhaupt anfechtbar
sind, ist die Beschwerde das zulässige Rechtsmittel.
Diesem Systeme entsprechend kommt im Konkursverfahren,
wo es blofs Beschlüsse und Verfügungen giebt, nur die Beschwerde
als Rechtsmittel vor. Und zwar hat die K.O. allgemein nur die
sofortige, d. i. die befristete Beschwerde zugelassen (§ 73 Abs. S
K.O. verb. m. § 577 C.Pr.O.). Eine unbefristete Beschwerde kann
jedoch bei Entscheidungen, die im Konkursprozefs, aber nicht auf
Cfrund der K.O., ergehen, in Frage kommen ".
Von den Entscheidungen im Eonkursprozesse sind einige für
unanfechtbar erklärt (§§ 95, 96, 168 Abs. 1, 189 Abs. 8, 190
Abs. 1 K.O. § 105 Gen.Ges.); hier entfällt die Beschwerde. Andere
Beschränkungen erleidet die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht ",
Das Rechtsmittel steht jedem Beteiligten zu, d. i. jedem^
dessen Interesse durch die Entscheidung berührt wird. Der Ver-
walter kommt als Organ der Gläubigerschaft in Betracht. Soweit
ein einzelner Gläubiger sein Einzelinteresse neben der Gläubiger-
schaft besonders geltend machen kann, ist er auch zur Beschwerde
befugt ^^. Auch der Gemeinschuldner kann beteiligt und daher
beschwerdeberechtigt sein. Bei Abweisung eines Antrags ist immer
nur der Antragsteller beteiligt.
" Z. B. auf Grund der C.Pr.0. §§ 380, 390, 409 oder auf Grund des
G.V.G. §§ 159, 160.
" Abw. Fi tting § 26 N. 16, der keine Beschwerde gegen die einen Antrag
ablehnende Entscheidung zuläfst, wenn das Gericht eine Entscheidung über einen
Antrag nicht geben mufste (?); 0 e t k e r, Grundbegr. I S. 102, der die Beschwerde
bei „reinen Administratirdekreten*^ ausschlielst, und K o h 1 e r , Lehrb. S. 523, Leitl
S. 197 IT., der die Zulässigkeit der Beschwerde gegen Dekrete verneint, bei
denen es sich um eine dem Richter überlassene Zweckmäfsigkeitserwägung
handelt. Keine dieser Distinktionen hat im Gesetze Boden. Sie können de
lege lata nicht damit gerechtfertigt werden, dafs die Beschwerde in solchen
Fällen nnzweckmäfsig ist. Wie das Gesetz in Zulassung der Beschwerde zu
weit ging, so kann man eine Änderung des Gesetzes verlangen, aber nicht
das Gesetz vergewaltigen. Übrigens ergeben sich in der Praxis keine Übel-
stände. Wie der Text die Kommentare, femer Eccius, Beitr. z. E. d. d. R.
XXXVni S. 208 ff.; vgl. a. Kl einfeil er, Bl. f. R.A. LVIII S. 337 ff. — Gegen
Unth&tigkeit des Konkursgerichts, speciell gegen passives Verhalten einem
Antrage gegenüber, ist nicht die Beschwerde der C.Pr.O., sondern die landes-
gesetzlich geregelte Beschwerde wegen Justizverweigerung (querela de protr.
vel deneg. iust.) zulässig. Vgl. preufs. A.G. z. G.V.G. § 85, bayer. A.G. z.
G.V.G. Art. 73, 74, württ. A.G. z. G.V.G. Art. 23, bad. E.G. z. G.V.G. §§ 17, 18.
^"^ Näher läfst sich dies nicht bestimmen. Bei den einzelnen Ent-
Scheidungen wird darauf zurückzukommen sein. — Eine Übersicht s. Kohl er»
Leitf. S. 209. Diese Übersicht ist nicht einwandfrei.
§ 19. Allgemeine Vorschriften über das Verfahren. 123
Aus § 577 Abs. 3 C.Pr.O. ergiebt sich, dafs eine Entscheidung,
die bereits durch Beschwerde angefochten ist, von dem Untergerichte
nicht mehr geändert werden darf. Dafs Entscheidungen, die noch
nicht angefochten sind, vom Gerichte geändert werden können,
ist damit allerdings noch nicht ausgesprochen. Aber auch die
Gebundenheit des Gerichts an seine Beschltisse ist im Gesetze
nirgends zum Ausdrucke gelangt, während die Bindung an Urteile
in § 318 C.Pr.O. verfügt ist. Man wird bei dieser Gesetzeslage nicht
umhin können, die Möglichkeit einer Änderung der unangefochtenen
Entscheidungen bis zum Eintritt der formellen Rechtskraft anzu-
erkennen, soweit die Änderung innerhalb des Konkursverfahrens
thatsächlich ausführbar ist*®.
Die formelle Rechtskraft einer Entscheidung des Konkursgerichts
tritt nach Analogie des § 705 Satz 1 C.Pr.O. mit Ablauf der für die
Einlegung der sofortigen Beschwerde bestimmten zweiwöchigen Not-
frist ein. Die Frist mufs gegenüber allen Beschwerdeberechtigten ab-
gelaufen sein. Die für den Fall des Vorliegens eines Nichtigkeits- oder
Restitutionsgrundes vorgesehene Erweiterung der Beschwerdefrist
(§ 577 Abs. 2 Satz 3 C.Pr.O.) kommt für den Eintritt der Rechtskraft
ebensowenig in Betracht, als die Möglichkeit einer Wiederaufnahme -
klage für die Rechtskraft eines Urteils. Der Eintritt der formellen
Rechtskraft wird durch die rechtzeitige Einlegung der Beschwerde
gehemmt (arg. § 705 Satz 2 C.Pr.O.) *•. Die Vollziehung ist nicht
von dem Eintritte der Rechtskraft abhängig (§ 572 C.Pr.O.).
Die Entscheidung des Beschwerdegerichts wird erst mit der
Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die
sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen (§ 74). Dadurch
wird verhütet, dafs so tief einschneidende Beschlüsse, wie z. B. die
Konkurseröflhung oder die Ablehnung einer solchen, mit einem
*® Verschiedene Schriftsteller, wie z. B. v. Wilmowski u. Levy C.Pr.0.
§ 540 N. 6, nehmen an, dafs sich aus § 577 Abs. 3 C.Pr.O. die Unabänder-
Üchkeit aller mit der sofortigen Beschwerde anfechtbaren Entscheidungen ergebe.
Der Wortlaut ist damit nicht wohl vereinbar. 0 e t k e r , Grundbegr. I S. 101 ff. hält
nur die reinen „Administrativdekrete" für abänderlich, die „Dezisivdekrete" da-
gegen und einen Teil der gemischten Dekrete für unabänderlich. — Über die
formelle Rechtskraft hinaus kann dem Gericht die Änderung nicht zustehen,
weil von diesem Zeitpunkt ab auch das Obergericht nicht mehr ändern kann.
1^ Die formelle Rechtskraft des Eonkurseröffhungsbeschlusses ist nach
§§ 1419, 1543 (1549), 1647 B.G.B. von Bedeutung.
Die konkursrechtlichen Wirkungen des Eröffnungsbeschlusses sind nicht
bis zum Eintritte der Rechtskraft suspendiert.
124 Drittes Hauptstück.
abändernden Beschlüsse des Beschwerdegerichts aufser Wirksamkeit
treten, solange noch die Möglichkeit besteht, dafs eine höhere Instanz
den Beschlufs des Beschwerdegerichts aufhebt -®.
d) Besonderheiten gelten in Bezug auf die Zustellungen und
die sie ersetzenden öffentlichen Bekanntmachungen. Jede Ent-
scheidung, auch die verkündete*^, ist den Beteiligten von Amts-
wegen zuzustellen (§ 73 Abs. 2). Die Zustellungen erfolgen nach
Mafsgabe der §§ 208 bis 213 C.Pr.O.; jedoch kann das Gericht
anstatt der Zustellung an die einzelnen Beteiligten die öffentliche
Bekanntmachung wählen.
Öffentliche Bekanntmachung ist vorgeschrieben in den §§ 81,
93, 98, 111, 116, 139, 151, 163, 179, 190, 198, 208, 205; als
zulässig erwähnt in § 106 Abs. 1 Satz 3. Diese und andere
öffentliche Bekanntmachungen erfolgen durch mindestens ein-
malige Einrückung in das zur Veröffentlichung amtlicher Be-
kanntmachungen des Gerichts bestimmte Blatt ; es genügt die Ein-
rUckung eines Auszugs (§ 76 Abs. 1 Satz 1). Das Gericht kann
weitere Bekanntmachung in anderen Blättern anordnen (§ 76 Abs. 2).
Anheftung an die Gerichtstafel genügt nicht, ist aber auch nicht
neben der Einrückung erforderlich. Die Bekanntmachung gilt als
bewirkt mit dem Ablaufe des zweiten Tages nach der Ausgabe
des die Einrückung oder die erste Einrückung enthaltenden Blattes
(§ 76 Abs. 1 Satz 2). Die öffentliche Bekanntmachung wirkt wie
Zustellung an alle Beteiligte, auch wenn neben ihr eine besondere
Zustellung vorgeschrieben ist (§ 76 Abs. 3). Die neben der öffent-
lichen Bekanntmachung (Instruktionen) vorgeschriebene besondere
Zustellung (§§ 111 Abs. 3, 179 Abs. 1) kann durch Aufgabe zur
Post (vgl. §§ 175, 213 C.Pr.O.) bewirkt werden (§ 77 Abs. 1 Satz 1).
Die sonst vorgeschriebene Beglaubigung der Abschrift ist in diesem
Fall entbehrlich (§ 77 Abs. 1 Satz 2), weil die Zahl der Ab-
schriften unter Umständen zu grofs ist.
Mitteilungen des Verwalters (insbesondere : §§ 135, 159 Abs. 2)
können mündlich und schriftlich in beliebiger Form geschehen (§ 77
Abs. 2) ; sie bedürfen keiner Beurkundung.
»0 Vgl. Komm.Ber. v. 1898 S. 18.
«'Vgl. K.Pr. 59 f. — Oetkcr, Gnindbegr. I S. 106, 502 erklärt die Zu-
stellung von verkündeten unanfechtbaren Entscheidungen für entbehrlich,
indem er unterstellt, dafs die Zustellung blofs wegen der Beschwerdefrist ge-
boten sei. Diese Unterstellung ist willkürlich.
Viertes Hauptstück.
Das EröffinmgsYerfahren.
L Die Voraussetzungren der KonkurseröfTnung*.
§ 20.
L Ein Antrag eines Antragsbereehtigten.
Nach dem modernen Recht wird das Konkursverfahren nicht
von imtswegen, sondern nur auf Antrag eröffnet (§ 103 Abs. 1)^
1. Zu dem Antrage der Eröffnung des Konkurses über das
Vermögen einer physischen Person ist der (künftige) Gemein-
schuldner und jeder Konkursgläubiger berechtigt (§ 103 Abs. 2).
Unter Konkursglftubiger ist hier zu verstehen, wer in dem
zu eröffnenden Verfahren die Eigenschaft eines Konkursgläubigers
haben wird.
1 Nach dem früheren gem. Recht war dies streitig. Einen Antrag ver-
langen z. B. Schweppe § 107 (jedoch mit Ausnahme der Fälle, dafs der
Gemeinschuldner verstorben oder flüchtig ist), Puchta §§119 bis 128, Linde,
Lehrb. § 431, Schmid, Handb. III § 216, Fuchs, Concursverf. S. 100,
Bayer § 45, Lotz, Arch. f. d. civ. Fr. III S. 77. KonkurseröflFhung lassen
auch von Amtswegen zu z. B. Claproth, Summ. Pr. § 295, Danz, Summ.
Fr. § 126, Süptitz, Summ. Fr. § 63, Martin, Lehrb. § 312, Gönner, Handb.
IV § 512 fl; — Auch die Gesetzgebung schwankte. Einen Antrag verlangen
z. B. hann. Fr.O. § 607, Hamb. Fall.Ordn. Art. 2, Lüb. K.O. § 6. Allgemein
oder doch nach dem Vorbild des Code de comm. Art. 449 bei kaufmännischen
Konkursen liefsen die Eröfinung auch von Amtswegen zu: prenfs. K.O. §§ 281,
287, 321, bayr. Fr.O. Art. 1175, bad. Fr.O. Art. 706, nass. K.Fr. § 52, braunschw.
Fr.O. § 307, Brem. V.O. v. 1843 § 10.
126 Viertes Hauptstück.
Ein Mindestbetrag der Forderung ist nicht vorgeschrieben*.
Dafs die Forderung betagt oder bedingt ist, schliefst die An-
tragsberechtigung nicht aus. Ein Absonderungsberechtigter, der zu-
gleich persönlicher Gläubiger des Gemeinschuldners ist, ist antrags-
berechtigt, auch wenn er aus dem abzusondernden Gegenstande
vollständig befriedigt werden kann^; denn die Reduktion seiner
persönlichen Forderung auf den Ausfall, den er bei der -ab-
gesonderten Befriedigung erleidet, tritt erst durch die Konkurs-
eröffnung ein.
Von mehreren Gesamtgläubigem ist jeder antragsberechtigt,
weil jeder die ganze Leistung fordern kann. Ebenso jeder Gläubiger
einer Schuld mit unteilbarer Leistung. Besteht ein Pfandrecht an
einer Konkursforderung, so ist zum Antrag auf Konkurseröffnung
legitimiert, wer berechtigt ist, die Forderung gerichtlich zu ver-
folgen *. Wenn der Pfandgläubiger nicht zur Einziehung der Forde-
rung berechtigt ist, so kann sowohl der Pfandgläubiger als der
Gläubiger den Antrag stellen; denn jeder von beiden kann darauf
klagen, dafs an sie gemeinschaftlich geleistet wird (arg. § 1281
Satz 2 B.G.B.). Ist der Pfandgläubiger zur Einziehung berechtigt
(vgl. §§ 1282, 1294 B.G.B., § 835 C.Pr.O.), so ist der Gläubiger
nicht mehr zur Klage und folglich nicht mehr zum Konkursantrage
legitimiert.
2. Zu dem Antrage auf Eröffnung des Nachlafskonkurses
berechtigt ist jeder Erbe, der Nachlafsverwalter (§§ 1981 ff. B.G.B.),
sowie ein anderer Nachlafspfleger (§§ 1960, 1961 B.G.B.), ein
Testamentsvollstrecker, dem die Verwaltung des Nachlasses zusteht
(vgl. §§2197 ff., 2205 bis 2213 B.G.B.) und jeder Nachlafsgläubiger
(§ 217 Abs. 1). Ein Testamentsvollstrecker, der nur einzelne Nach-
lafsgegenstände zu verwalten hat, ist nicht zum Antrage berechtigt.
Der Erbe ist der Gemeinschuldner des Nachlafskonkurses.
Ob der Nachlafsverwalter, der Nachlafspfleger, der Testamentsvoll-
strecker den Erben oder wen sonst vertritt, kann hier dahin gestellt
bleiben; jedenfalls entspricht die Antragsberechtigung dieser Per-
sonen der des Gemeinschuldners.
Der Erbe und die bezeichneten Personen können den Konkurs
* Die Bankruptcy-Act b. 80 verlangt 50 £, Andere Gresetze verlangen
einen Vollstreckungstitel. Vgl. Mot. S. 326.
» Vgl. Oetker, Grundbegr. I S. 174 f. A.M. Hagen s K.Pr. S. 73 f.
^ Vgl. Oetker, Die Stellung des Forderungspfiindgläubigers im Kon-
kurse des Drittschuldners, in Festg. d. Rostocker Jur. Fak. z. Buchkas Dokt.
Jub. 1891.
§ 20. I. Voraussetzungen der Konkurseröfinung. 1. Antrag. 127
beantragen, auch wenn der Erbe allen Nachlafsgläubigern unbe-
schränkt haftet*^.
Ist eine Ehefrau die Erbin und gehört der Nachlafs zum ein-
gebrachten Gute (§§ 1363,1369, 1521, 1550 bis 1554 B.G.B.) oder zum
Gesamtgute (§§ 1438, 1440,1549 B.G.B.), so kann sowohl die Ehefrau
als der Ehemann die Eröffnung des Nachlafskonkurses beantragen
(§ 218 Abs. 1 Satz 1 K.O-, vgl. § 999 C.Pr.O.). Die selbständige An-
tragsberechtigung der Frau folgt daraus, dafs sie die Erbschaft ohne
Zustimmung des Mannes annehmen oder ausschlagen kann (§§ 1406
Nr. 1, 1453 B.G.B.). Die Antragsberechtigung des Mannes daraus,
dafs die die Frau treflFendenNachlafsverbindlichkeiten auch den Mann
berühren ; denn bei dem gesetzlichen Güterstande können die Nach-
lafsgläubiger der Frau ohne Rücksicht auf die Verwaltung und
Nutzniefsung des Mannes Befriedigung aus dem eingebrachten
Gute suchen (§ 1411 Abs. 1 B.G.B.) und bei Gütergemeinschaft
sind jene Verbindlichkeiten Gesamtgutsverbindlichkeiten, für die
der Mann nicht blofs mit dem Gesamtgut, sondern auch persönlich
als Gesamtschuldner haftet (arg. § 1459 Abs. 2 Satz 1).
Das Gleiche gilt, wenn der Nachlafs zum Gesamtgute gehört,
auch nach Beendigung der Gemeinschaft (§ 218 Abs. 1 Satz 2),
weil in diesem Falle die Haftung des Mannes für die Verbindlich-
keiten seiner Frau fortdauert (§§ 1459, 1530, 1549 Abs. 2 B.G.B.).
Über die Gläubiger des Nachlafskonkurses ist S. 40 flf. zu ver-
gleichen.
Die Berechtigung der Nachlafsgläubiger, den Nachlafskonkurs
zu beantragen, ist in verschiedenen Beziehungen beschränkt.
Ein Nachlafsgläubiger, der im Aufgebotsverfahren ausge-
schlossen ist oder nach § 1974 B.G.B. einem ausgeschlossenen
Gläubiger gleichsteht, kann die Eröffnung des Nachlafskonkurses
nur beantragen, wenn über das Vermögen des Erben Konkurs
eröffnet ist (§ 219 Abs. 1 Satz 1). Das hängt damit zusammen, dafs
der Erbe einem solchen Nachlafsgläubiger nur insoweit haftet, als
<ier Nachlafs nicht durch die Befriedigung der nicht ausgeschlossenen
Gläubiger erschöpft wird (§ 1973 Abs. 1). Einen hiernach ver-
bleibenden Überschufs hat der Erbe zum Zwecke der Befriedigung
des Gläubigers im Wege der Zwangsvollstreckung nach den Vor-
schriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung
(§§ 812 bis 822 B.G.B.) herauszugeben; die Herausgabe der noch
vorhandenen Nachlafsgegenstände kann er durch Zahlung des
Wertes abwenden (§ 1973 Abs. 2 B.G.B.). Bei dieser Beschränkung
» Anders § 2109 Entw. I e. B.G.B.
128 Viertes Hauptstück.
des Anspruchs des ausgeschlossenen Gläubigers besteht kein prak-
tisches Bedürfnis, ihm die Berechtigung zum Konkursantrag zu
belassen, solange nicht die Befriedigung seiner Ansprüche durch
Konkurs über das Vermögen des Erben gefährdet ist Ist dies
der Fall, dann mufs ihm die Berechtigung verbleiben, sich durch
den Nachlafskonkurs die Befriedigung aus dem Nachlasse vor den
persönlichen Gläubigern des Erben zu verschaffen*.
In derselben Weise beschränkt ist die Antragsberechtigung
der Vermächtnisnehmer, sowie derjenigen, welche die Vollziehung
einer Auflage fordern können (§ 219 Abs. 1 Satz 2). Sie gehören
zwar zu den Nachlafsgläubigem (§ 1967 Abs. 2 B.G.B), aber sie
stehen allen anderen Nachlafsgläubigem im Range nach (§ 226
Abs. 1, 2). Ist der Nachlafs schon ohne Einrechnung der Ver-
mächtnisse und Auflagen überschuldet, so haben sie kein Interesse
an dem Konkurse, da sie doch nichts bekommen. Ergiebt sich
dagegen die Überschuldung erst bei Einrechnung der Vermächtnisse
und Auflagen, so hat auch ohne Konkurseröffnung der Erbe die
Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen und Auflagen so zu be-
richtigen, wie sie im Falle des Konkurses zur Berichtigung kommen
würden (§ 1992 mit § 1991 Abs. 4 B.G.B.), d. h. er hat den nach
Befriedigung der Masseschulden und der vorangehenden Forde-
rungen übrig bleibenden Rest des Nachlasses auf die Vermächtnisse
und Auflagen pro rata zu verteilen. So erhalten die Vermächtnis-
nehmer etc. ohne Konkurs, was ihnen gebührt und brauchen daher
keine Berechtigung zum Konkursantrag. Nur, wenn der Erbe
selbst im Konkurse ist, haben die Vermächtnisnehmer etc. ein
Interesse an der Eröffnung des Nachlafskonkurses, weil sonst der
Nachlafs zur Masse des Erbenkonkurses gehört, aus der die Nachlafs-
gläubiger und die Erbengläubiger gemeinschaftlich befriedigt werden.
Die Konkurrenz der Erben gläubiger kann bewirken, dafs sich die
Vermächtnisnehmer etc. schlechter stehen, als wenn sie gesondert
aus dem Nachlasse befriedigt werden. Daher sind sie in diesem
Falle antragsberechtigt ^. Diese Berechtigung besteht auch, wenn
die Erbschaft noch ausgeschlagen werden kann, weil die angefallene
Erbschaft zur Masse des Erbenkonkurses gehört, solange sie nicht
ausgeschlagen ist. Dagegen kann ein Vermächtnisnehmer etc. den
Nachlafskonkurs nicht mehr beantragen, wenn der im Konkurs
befindliche Erbe die Erbschaft ausgeschlagen hat; denn wer die
« Vgl. ßegründ. d. Nov. S. 48.
^ Die Antragsberechtigung ersetzt das Recht auf separatio bonorum.
§ 20. I. Voraussetzungen der Konknrseröfinung. 1. Antrag. 129
Erbschaft ausgeschlagen hat, ist nicht mehr Erbe (§ 1958 Abs. 1
B.G.B.); es trifft also die Voraussetzung des Antragsrechts, dafs
der Erbe in Konkurs sein mufs, nicht mehr zu.
Ist eine Ehefrau die Erbin und gehört der Nachlafs zum Ge-
samtgute, so hängt das Antragsrecht der ausgeschlossenen Gläubiger
und der Vermächtnisnehmer etc. davon ab, dafs der Konkurs über das
Vermögen des Mannes (nicht der Frau) eröffnet ist (§ 219 Abs. 2);
denn in diesem Falle gehört der Nachlafs zur Masse des Konkurses
über das Vermögen des Ehemannes (§ 2).
Aus Zweckmäfsigkeitsgründen ist die Berechtigung der Nach-
lafsgläubiger (nicht die des Erben), die Eröffnung des Verfahrens
zu beantragen, beschränkt auf eine Frist von zwei Jahren, die mit
Annahme der Erbschaft beginnt (§ 220). Dieselbe Beschränkung
besteht für die Berechtigung, die Nachlafsverwaltung zu beantragen
(§ 1981 Abs. 2 B.G.B.).
Die Antragsberechtigung des Pflichtteilsberechtigten unterliegt
keiner besonderen Beschränkung. Da sich aus dem abstrakten
Pflichtteilsrecht keine Konkursforderung ergiebt, wenn der Nachlafs
schon durch die dem Pflichtteile vorgehenden Schulden erschöpft
wird, so kann ein Pflichtteilsberechtigter Konkurs nur beantragen,
wenn der Nachlafs noch nicht durch diese Schulden erschöpft ist.
Ist die Erbschaft verkauft worden, so ist der Käufer berechtigt,
den Nachlafskonkurs zu beantragen (arg. 232 Abs. 1).
Zu diesem Antrage bleibt aber auch der Erbe berechtigt,
und zwar nicht blofs, wenn ihm selbst ein Anspruch gegen den
Erblasser (§ 225 Abs. 1) oder Ersatzanspruch gegen den Nachlafs
wegen der Beerdigungskosten (§ 1968 B.G.B.) oder wegen Ver-
wendungen (§§ 1978, 1979 B.G.B.) oder die Befugnis zusteht, eine
Nachlafsforderung gemäfs § 225 Abs. 2, 3 im Nachlafskonkurse
geltend zu machen, sondeni auch, wenn entweder eine Nachlafs-
verbindlichkeit vorhanden ist, die im Verhältnisse zwischen ihm
und dem Käufer diesem zur Last fällt, oder eine andere Nachlafs-
verbindlichkeit , für die der Erbe nicht unbeschränkt haftet. Im
letzten Falle entfällt die Antragsberechtigung, wenn eine Nachlafs-
verwaltung angeordnet ist (§ 232 Abs. 2).
Nach dem Verkaufe der Erbschaft haftet nämlich der Käufer
den Nachlafsgläubigern , unbeschadet der Fortdauer der Haftung
des Verkäufers, in demselben Umfange wie dieser (§§ 2382, 2383
B.G.B.). Die Nachlafsverbindlichkeiten fallen aber im Verhältnisse
zwischen dem Erben und dem Käufer diesem zur Last, soweit nicht
der Verkäufer dem Käufer dafür haftet, dafs sie nicht bestehen
Bin ding, Handbuch IX 3: L. Senf fort» Konkursprozefsrecht. 9
130 Viertes Hanptätück.
(§ 2378 mit § 2376 und § 439 B.G.B.). Weil der Verkäufer tou
dem Käufer verlangen kann, dafs der Käufer die NachlafsTerbind-
lichkeiten, die ihm im Verhältnisse zum Verkäufer zur Last fallen,
aus dem Nachlasse berichtigt und ihn dadurch von seiner Haftung
befreit, nimmt der Verkäufer - Erbe dem Käufer gegenüber die
Stellung eines Nacblafsgläubigers ein und hat daher das Recht,
Konkurs zu beantragen, ohne Rtlcksicht darauf, ob er den Kachlafs-
gläubigem beschränkt oder unbeschränkt haftet. Da das Antrags-
recht des Verkäufer-Erben auf seinem eventuellen Regrefsrechte
gegen den Erbschaftskäufer beruht, so mufs es wegfallen, weun
das Regrefsrecht durch Vereinbarung ausgeschlossen ist.
Aber auch wegen einer Nachlafsverbindlichkeit, die im Ver-
hältnisse zwischen dem Verkäufer und dem Käufer jenem zur Last
fällt, also wegen eines Pflichtteilsrechts, eines Vermächtnisses oder
einer Auflage (§ 2376 B.G.B.), ist der Verkäufer-Erbe zum Antrag
auf Nachlafskonkurs berechtigt, weil ihm die Mittel, die Be-
schränkung seiner Haftung auf den Nachlafs geltend zu machen,
nicht versagt werden dürfen. Da der Verkäufer-Erbe dem Käufer
dafür haftet, dafs solche Verbindlichkeiten nicht bestehen, ist der
Verkäufer dem Käufer, der neben dem Verkäufer haftbar ist
(§ 2382 B.G.B.), regrefspflichtig , wenn der Käufer solche Ver-
bindlichkeiten erfüllt hat. Nun könnte z. B. ein Vermächtnis-
gläubiger im Konkurs über das Vermögen des Erbschaftskäufers,
wo er dieselbe Dividende erhält, wie ein anderer Gläubiger (denn
hier tritt er nicht, wie im Nachlafskonkurse , hinter die anderen
Gläubiger zurück), mehr bekommen, als er im Nachlafskonkurse
bekäme. Der Verkäufer-Erbe aber müfste zur Nachlafskonkurs-
masse ersetzen, was diese für das Vermächtnis aufwendet. Da-
durch kann sich ergeben, dafs der Verkäufer-Erbe für ein Ver-
mächtnis aufkommen mufs, das aus dem Nachlasse nicht oder
nicht in dieser Höhe hätte berichtigt werden können. Das wendet
der Verkäufer-Erbe ab, indem er den Nachlafskonkurs beantragt.
In diesem erhält der Vermächtnisnehmer nur, was nach Befriedi-
gung der vorangehenden Nachlafsgläubiger übrig bleibt ; bleibt
nichts übrig, so bekommt er nichts. Daran, dafs er nicht mehr
erhalte, ist der Verkäufer-Erbe wegen seiner Regrefspflicht
interessiert. Dieses Interesse fällt aber weg, wenn der Verkäufer-
Erbe dem Vermächtnisnehmer unbeschränkt haftet ; denn in diesem
Falle kann der Regrefs das Mafs seiner Haftung nicht über-
steigen. Folglich fällt sein Recht, den Nachlafskonkurs zu bean-
tragen, weg, wenn die Haftung des Verkäufer-Erben bereits definitiv
§ 20. 1. Voraussetzungen der Konkurseröffnung. 1. Antrag. 131
«ine unbeschränkte geworden ist; denn dann bleibt er auch nach
der Eröffnung des Nachlafskonkurses unbeschränkt haftbar (§ 2013
Abs. 1 B.G.B.). Ebensowenig bedarf er der Antragsberechtigung,
wenn eine Nachlafsverwaltung angeordnet ist, da sich in diesem
Falle die Haftung des Erben ohnehin auf den Nachlafs beschränkt
(§ 1975 B.G.B.)®. Die Antragsberechtigung mufs aber, da sie auf
dem eventuellen Regrefsrechte des Erbschaftskäufers gegen den
Verkäufer-Erben beruht, auch dann wegfallen, wenn die Haftung
des Verkäufers für das Nichtbestehen von Pflichtteilslasten, Ver-
mächtnissen und Auflagen durch Vertrag beseitigt ist. Der Ver-
käufer kann also sein Antragsrecht nicht auf das Bestehen einer
Vermächtnisverbindlichkeit stützen, wenn der Käufer versprochen
hat, das Vermächtnis auf seine Kosten zu berichtigen.
Der Verkäufer-Erbe fungiert bei dem Konkursantrage nicht
als Gemeinschuldner, sondern als Nachlafsgläubiger. Auf seinen
Antrag sind daher die Bestimmungen anwendbar, die für einen
Gläubigerantrag gelten. Daraus ergeben sich folgende Kon-
sequenzen: der Verkäufer-Erbe, der sein Antragsrecht aus § 282
Abs. 2 Satz 1 herleitet, mufs aufser der Überschuldung des Nach-
lasses auch das Bestehen einer Nachlafsverbindlichkeit glaubhaft
machen (§105 Abs. 1), die im Verhältnisse zwischen ihm und dem
Käufer diesem zur Last fällt. Leitet aber der Verkäufer-Erbe
sein Recht, die Eröffnung des Nachlafskonkurses zu beantragen, aus
§ 232 Abs. 2 Satz 2 ab, so hat er aufser der Überschuldung des
Nachlasses das Bestehen einer Nachlafsverbindlichkeit glaubhaft
zu machen, wegen deren er dem Erbschaftskäufer regrefspflichtig
ist ; das Konkursgericht hat dann zu untersuchen, ob nicht bezüg-
lich dieser Nachlafsverbindlichkeit die unbeschränkte Haftung des
Verkäufer-Erben bereits eingetreten ist und ob nicht die Nachlafs-
verwaltung angeordnet ist, da in diesen beiden Fällen die Antrags*
berechtigung entfällt. Ferner: wegen des Bestehens einer im Auf-
gebotsverfahren ausgeschlossenen oder nach § 1974 B.G.B. als
ausgeschlossen geltenden Nachlafsverbindlichkeit , einer Ver-
mächtnisverbindlichkeit und einer Auflagenverbindlichkeit kann
der Verkäufer die Eröffnung des Nachlafskonkurses nur beantragen,
wenn über das Vermögen des Erbschaftskäufers der Konkurs er-
öffnet ist (arg. § 219) •. Endlich: der Verkäufer-Erbe kann den
« Vgl. L. Seuffert, Ztschr. f. d. C.Pr. XXH S. 520 f.; Begr. d. Nov.
S. 55; Jaeger, Erbenhaftung und Nachlafakonkurs S. 109 f.
* Dieser Punkt ist nicht zweifellos. In dem KoDiin.Ber. 1898 S. 48 ist
die Ansicht vertreten, dafs das Antragsrecht des Erben nicht durch die
9*
132 Viertes Hauptstück.
Kachlafskonkurs nicht mehr beantragen, wenn seit der Annahme
der Erbschaft zwei Jahre verstrichen sind.
Die Vorschriften des § 282 finden entsprechende Anwendung,
wenn jemand eine durch Vertrag erworbene Erbschaft verkauft
oder sich zur Veräufserung einer ihm angefallenen oder anderweit
erworbenen Erbschaft in sonstiger Weise verpflichtet hat (§ 233).
Die Erweiterung entspricht der Vorschrift des § 2385 B.G.B. Da
der Erbschaftskäufer, der die Erbschaft weiter veräufsert hat, für
die Nachlafsverbindlichkeiten haftbar bleibt, wie der Verkäufer-
Erbe, so ist er zum Konkursantrag unter denselben Voraussetzungen
legitimiert wie dieser. Das Antragsrecht des Erben bleibt wegen
seiner fortdauernden Haftung ebenfalls bestehen.
3. Den Konkurs über das Vermögen einer juristischen Person
kann aufser den Konkursgläubigern die juristische Person selbst
durch ihr zur Vertretung vor Gericht berufenes Organ beantragen»
Besteht dieses Organ aus mehreren Mitgliedern, die sämtlich zu
einer Willenserklärung mitwirken müssen, so ist gleichwohl jedes
Mitglied zum Antrage berechtigt.
Hieraus ergiebt sich , dafs jedes Mitglied des Vorstandes und
jeder Liquidator einer Aktiengesellschaft oder einer eingetragenen
Genossenschaft, jeder Geschäftsführer und jeder Liquidator einer
Gesellschaft mit beschränkter Haftung den Konkurs beantragen
kann (§§ 208 Abs. 1, 210 Abs. 1 K.O., §§ 100 Abs. 1, 118 Gen.Ges.,
§ 63 R.G. V. 26. Apr. 1892, betr. d. Ges. m. beschr. Haftung).
Das ist für diese Fälle speciell vorgesehen und dann auf andere
juristische Personen ausgedehnt (§ 218).
4. Den Konkurs über das Vermögen einer Gemeinschaft zur
gesamten Hand kann aufser den Konkursgläubigern die Gemein-
schaft selbst durch ihr zur gerichtlichen Vertretung berufenes
Organ beantragen. Besteht dieses Organ aus mehreren zu gemein-
schaftlichem Handeln berufenen Mitgliedern , so gilt dasselbe , wie
bei derartigen Organen juristischer Personen. Ist kein von den
Gemeinschaftern verschiedenes Organ der Gemeinschaft vorhanden»
so kann jeder Gemeinschafter den Konkurs beantragen.
Hieraus ergiebt sich, dafs jeder persönlich haftende Gesell-
schafter einer Kommanditgesellschaft und einer Kommanditgesell-
Eröfihung des Konkurses über das Vermögen des Erbschaftskäufers bedingt
sei, wenn der Text des Entwurfs unverändert bleibe (was eingetroffen ist).
Aber es wäre unlogisch, dem Verkäufer-Erben ein unbedingtes Antragsrecht
zu geben wegen einer Nachlafsverbindlichkeit, deren Gläubiger nur ein be-
dingtes Antragsrecht hat So auch Jaeger a. a. 0. S. 110»
§ 20. I. Yoraassetzuiigen der Ronkurseröffnung. 1. Antrag. 133
Schaft auf Aktien, jeder Gesellschafter einer offenen Handelsgesell-
^haft und, wenn sich eine dieser Gesellschaften im Liquidations-
stadium befindet, jeder yon mehreren Liquidatoren zum Konkurs-
4tntrage legitimiert ist (§ 210). Femer: dafs jeder von mehreren
Miterben den Nachlafskonkurs beantragen kann (§ 217). Was für
diese zwei Gemeinschaften im Gesetz besonders deklariert ist, mufs
ftlr alle Gemeinschaften zur Gesamthand gelten.
Besonderes gilt für den Konkurs über das Gesamtgut bei fort-
gesetzter Gütergemeinschaft. Einen solchen Konkurs kann als
Oemeinschuldner der überlebende Ehegatte, nicht auch ein anteils-
berechtigter Abkömmling, beantragen (§ 236 Satz 4). Es entspricht
dies der Stellung, die die Abkömmlinge nach dem B.G.B. einnehmen,
insbesondere dem Ausschlüsse jeder persönlichen Haftung für die
Gesamtgutsverbindlichkeiten (vgl. §§ 1487, 1489 B.G.B.). Aufser-
dem kann dieser Konkurs natürlich von einem Konkursgläubiger be-
antragt werden.
Wer Konkursglftubiger im Gesamtgutskonkurs ist, ist S. 42f.
erörtert. Unter diesen Konkursgläubigem besteht aber in An-
sehung der Antragsberechtigung ein Unterschied. Es giebt Gläu-
biger, die zur Zeit des Eintritts der fortgesetzten Gütergemeinschaft,
d. i. bei dem Tode des Ehegatten, zwar Gesamt gutsgläubiger, aber
nicht persönliche Gläubiger des überlebenden Ehegatten waren ^®;
und es giebt solche Gläubiger, die zur angegebenen Zeit Gesamt-
gutsgläubiger und auch persönliche Gläubiger des überlebenden
Ehegatten waren".
^^ Z. B. : ein DarlehenBglftnbiger des verstorbenen Mannes konnte schon zii
-dessen Lebzeiten BeMedigung aus dem Gesamtgate verlangen, war also zur Zeit
des Eintritts der fortgesetzten Gütergemeinschaft Gesamtgutsgl&ubiger. Er
konnte aber nicht Befriedigung aus dem Vorbehaltsgute der Frau verlangen, war
also zur Zeit des Eintritts der fortg. Güterg. nicht persönlicher Gläubiger der
Frau, sondern ist dies erst durch den Eintritt der fortg. Güterg. geworden
(arg. § 1489 B.G.B.X Oder: ein Deliktsgläubiger der verstorbenen Frau war
Gesamtgutsgläubiger (arg. § 1459 Abs. 1 B.G«B.) und folglich auch persönlicher
<3^1äabiger des Mannes (§ 1459 Abs. 2 Satz 1). Mit dem Tode der Frau hört
aber die eheliche Gütergemeinschaft auf, folglich erlischt auch die persön«
liehe Haftung des Mannes (arg. § 1459 Abs. 2 Satz 2 mit § 1463 Nr. 1 B.G.B.).
In dem Momente, wo die fortgesetzte Gütergemeinschaft einsetzt, war also
der Deliktsgläubiger nicht mehr persönlicher Gläubiger des überlebenden
Ehemannes.
1^ Z. B.: ein Darlehensgläubiger des überlebenden Mannes war schon
zur Zeit des Eintritts der fortgesetzten Gütergemeinschaft Gesamtgutsglänbiger
und persönlicher Gläubiger des Mannes. Oder: ein Gläubiger der über«
134 Viertes Hauptstück.
Jene sind antragsberechtigt, denn sie können, wenn der Ober-
lebende Ehegatte den Konkurs beantragt, nur aus dem Gesamtgute Be-
friedigung verlangen und haben daher ein Interesse daran, dars dieser
Erfolg nicht erst zu einem Zeitpunkte herbeigeführt werde, in dem
die Chancen dieser Befriedigung verringert sind. Anders liegen die
Verhältnisse für diejenigen Gesamtgutsgläubiger, welchen der über-
lebende Ehegatte von vornherein persönlich haftete. Ihre Rechts-
lage bleibt bei dem Eintritte der fortgesetzten Gütergemeinschaft
unverändert. Sie sind zwar als persönliche Gläubiger des über-
lebenden Ehegatten Gesamtguts- und daher Konkursgläubiger,
haben aber nicht die Berechtigung, den Gesamtgutskonkurs zu be-
antragen (§ 286 Satz 3).
5. Auf die Antragsberechtigung kann nicht verzichtet werden.
Vom Gemeinschuldner nicht, weil seine Antragsberechtigung nicht
blofs in seinem Interesse, sondern auch im Interesse aller seiner
Gläubiger besteht. Von einem Konkursgläubiger nicht, weil darin
ein Verzicht auf eine einzelne Art von gerichtlicher Verfolgung^
läge, und zwar auf diejenige Art, welche bei Zahlungsunfähigkeit
oder bei Überschuldung den Interessen aller Gläubiger am besten
entspricht. Man kann durch (vertragsmäfsigen) Verzicht auf den
Rechtsschutz seine Forderung auf das Niveau einer klaglosen
Forderung herabsetzen; dann besteht keine Konkursforderung ^'
und folglich auch keine Antragsberechtigung mehr. Aber man
kann nicht das Klagerecht behalten und auf die Berechtigung zum
Konkursantrage verzichten. Dies gilt auch von dem Verzichte für
eine bestimmte Zeit".
6. Die Berechtigung zum Konkursantrage mufs zur Zeit des Er-
Offnungsbeschlusses vorhanden sein. Fällt sie nach der Antrag-
stellung weg, so darf kein Konkurs eröffnet werden.
Der Antrag auf Konkurseröffnung kann bis zur Rechtskraft
des Eröfihungsbeschlusses ^^ zurückgenommen werden. Das folgt
lebenden Frau, dessen Forderung aus einem Rechtsgeschäft entstand, zu dem
der Mann seine Zustimmung erteilte, war schon vor Eintritt der fortgesetzten
Gütergemeinschaft Gesamtgutsgläubiger und persönlicher Gläubiger der Frau^
" 8. o. 8. 39.
** Über den Verzicht eines Konkursgläubigers auf die Antragsberechtigung
s. Ztschr. f. d. CPr. X S. 511; Kohl er, Beitr. z. Erl. d. DJl. XXXI 8. 319^
Ztschr. f. d. CPr. XI 8. 309 flP., Lehrb. 8. 88 ff.; Oetker, Grundbegr. I 8. 175;
Petersen u. Kleinfeller §§ 95 bis 97 N. lU 4; v. Wilmowski §97 N. 3.
^^ Also auch noch im Beschwerdeyerfahren; vgl. Hagen s, KPr. 8. 162.
Anders die herrschende Ansicht aus dem unstichhaltigen Grunde, dafs die K.E^
*den Gläubigern Rechte verschafft habe. Aber doch nur resolutiy bedingte!
§ 20. I. YorauBsetzuDgeii der Konkurseröfinung. 1. Antrag. 135
aus der Zurücknehmbarkeit civilprozessualer Anträge im allge-
meinen und wird durch § 53 Abs. 2 G.K.G. bestätigt. Ist der An-
trag zurückgenommen, so darf der Konkurs nicht eröffnet werden.
7. Unter gewissen Umständen besteht nicht blofs das Rechte
sondern auch die Pflicht, die Eröffnung des Konkurses zu beantragen.
a) Der Vorstand eines den Bestimmungen des B.G.B. unter-
worfenen rechtsfähigen Vereins hat im Falle der Überschuldung
(nicht der Zahlungsunfähigkeit!) des Vereins die Eröffnung des
Konkurses zu beantragen (§ 42 Abs. 2 Satz 1 B.G.B.). Wird die
Stellung des Antrags schuldhaft verzögert, so haften die Vorstands-
mitglieder dem Vereine für Schadensersatz (arg. § 276 B.G.B.). Der
Schadensersatzanspruch des Vereins gehört zur Konkursmasse, wenn
nachträglich Konkurs eröffnet wird. Durch schuldhafte Verzögerung
des Antrags werden aber die einzelnen Vorstandsmitglieder auch
den Gläubigem des Vereins für den daraus entstehenden Schaden
yerantwortlich ; sie haften als Gesamtschuldner (§ 42 Abs. 2 Satz 2
B.G.B.). Die Ansprüche der Gläubiger stehen neben denen des
Vereins.
Dieselben Vorschriften gelten für die Liquidatoren des Vereins
(arg. § 48 Abs. 2 B.G.B.) , wenn sich der Verein im Liquidations-
stadium befindet.
b) Auf den Vorstand einer Stiftung und auf die Liquidatoren
einer in Liquidation befindlichen Stiftung finden die unter litt, a
entwickelten Sätze entsprechende Anwendung (arg. § 86 B.G.B.).
c) Sobald die Zahlungsunfähigkeit^^ einer Aktiengesellschaft
eintritt, hat der Vorstand die Eröffnung des Konkurses zu beantragen^
und zwar ist jedes Mitglied des Vorstandes zu dem Konkursantrage
verpflichtet. Dasselbe gilt, wenn sich bei der Aufstellung der Jahres-
bilanz oder einer Zwischenbilanz ergiebt, dafs das Vermögen nicht
mehr die Schulden deckt (§ 240 Abs. 2 H.G.B.). Befindet sich die
Aktiengesellschaft im Liquidationsstadium, so trifft die sonst den
Mitgliedern des Vorstands obliegende Pflicht die Liquidatoren (§ 298
Abs. 2 H.G.B.).
Die schuldhafte (vgl. § 241 Abs. 1 H.G.B.) Nichterfüllung dieser
Pflicht hat privatrechtliche und strafrechtliche Wirkung.
Die Verpflichteten haften der Gesellschaft als Gesamtschuldner
für den aus der Unterlassung des rechtzeitigen Konkursantrags ent-
stehenden Schaden (§ 241 Abs. 2 H.G.B.). Dieser Ersatzanspruch
gehört zur Konkursmasse, wenn nachträglich Konkurs über daa
^^ Über diesen Begriff s. u. S. 189.
136 Viertes Hauptstück.
Gesellschaftsvermögen eröffnet wird. Sind Zahlungen geleistet
worden, nachdem die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft eingetreten
war oder ihre Überschuldung sich ergeben hatte, so ist jeder zum
Konkursantrage Verpflichtete nicht blofs der Gesellschaft, sondern
auch den einzelnen Gläubigem der Gesellschaft, soweit sie ihre
Befriedigung nicht erlangen können, zum Schadensersatze verbunden.
Die Ersatzpflicht gegenüber den Gläubigem wird durch einen
Verzicht der Gesellschaft auf den Ersatzanspruch nicht berührt
(§ 241 Abs. 3 Nr. 6 und Abs. 4 H.G.B.). Die Ersatzansprüche
der Gesellschafter und der Gesellschaftsgläubiger verjähren in fünf
Jahren (§ 241 Abs. 5 H.G.B.).
Die strafrechtliche Folge der Unterlassung ist in § 315 Abs. 1
Nr. 2, Abs. 3, 4 H.G.B. ausgesprochen.
d) Bei einer Kommanditgesellschaft auf Aktien finden die den
Vorstand der Aktiengesellschaft betreffenden Vorschriften über die
Stellung des Antrags auf Eröffnung des Konkursverfahrens ein-
schliefslich der Vorschriften über die privatrechtliche und die straf-
rechtliche Verantwortlichkeit auf die persönlich haftenden Ge-
sellschafter entsprechende Anwendung (§ 325 Nr. 8, 9 H.G.B.).
Befindet sich die Gesellschaft in Liquidation, so sind die Pflichten
der Liquidatoren dieselben wie bei der Aktiengesellschaft (arg.
§ 320 Abs. 3 H.G.B.).
e) Sobald die Zahlungsunfähigkeit einer nach dem R.G. v.
1. Mai 1889 errichteten Genossenschaft eintritt, hat der Vorstand
die Eröffnung des Eonkursverfahrens zu beantragen; dasselbe gilt,
wenn sich bei oder nach Auflösung der Genossenschaft aus der
Jahresbilanz oder aus einer im Laufe des Jahres aufgestellten Bilanz
Überschuldung ergiebt (§ 99 Abs. 1 Gen.Ges. Red. 1898). Der Vorstand
einer Genossenschaft mit beschränkter Haftung ist aufserdem ver-
pflichtet, die Eröffnung des Konkurses auch dann zu beantragen,
wenn sich bei der Jahresbilanz oder aus einer im Laufe des Jahres
aufgestellten Bilanz eine Überschuldung ergiebt, die ein Vierteil des
Betrags der Haftsumme aller Genossen übersteigt (§ 140 Gen.Ges.).
Befindet sich die Genossenschaft in Liquidation, so gelten diese
Vorschriften für die Liquidatoren (§ 118 Gen.Ges.).
Die privatrechtliche Folge der schuldhaften Nichterfüllung der
Pflicht zum Konkursantrage ist die persönliche und solidarische
Haftung für den daraus entstandenen Schaden (§ 34 Abs. 1, 2
Gen.Ges.) ; insbesondere sind die Verpflichteten der Genossenschaft
zum Ersatz einer Zahlung verpflichtet, die nach dem Zeitpunkte,
in dem sie den Konkurs zu beantragen hatten, geleistet wurde
§ 20. I. Voraussetzungen der Konkurseröfinung. 1. Antrag. 137
<§ 99 Abs. 2, § 140 Satz 3 Gen.Ges.). Diese Ansprüche verjähren
in fünf Jahren (§ 99 Abs. 8 Gen.Ges.). Die Ersatzansprüche ge-
hören zur Konkursmasse, wenn nachträglich Konkurs über das
Vermögen der Genossenschaft eröffnet wird. Den Gläubigem der
Oenossenschaft steht kein Ersatzanspruch zu.
Die strafrechtliche Folge der Unterlassung ist aus § 148
Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Gen.Ges. zu ersehen.
f) Die Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter
Haftung (ß.G. v. 20. April 1892) haben die Eröffnung des Konkurs-
verfahrens zu beantragen, sobald die Zahlungsunfähigkeit der Ge-
sellschaft eintritt oder aus einer Bilanz Übei*schuldung sich ergiebt
(§ 64 Abs. 1 cit. Ges.). Die gleiche Pflicht haben die Liquidatoren
<§ 71 Abs. 1 cit. Ges.).
In Ansehung der Ansprüche, die bei Verzögerung der Antrag-
stellung entstehen, gilt dasselbe, wie bei der Genossenschaft (§ 43
Abs. 1 , 2, § 64 Abs. 2 cit. Ges.). Die strafrechtliche Folge ergiebt
sich aus § 84 des cit. Gesetzes.
g) Der Erbe hat unverzüglich (vgl. § 121 Abs. 1 B.G.B.) die
Eröffnung des Nachlafskonkurses zu beantragen, wenn er von der
Überschuldung des Nachlafses Kenntnis erhalten hat (§ 1980 Abs. 1
Satz 1 B.G.B.) ^^ Bei Bemessung der Zulänglichkeit des Nachlasses
bleiben die Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen und Auflagen
aufser Betracht (§ 1980 Abs. 1 Satz 2 B.G.B. ), weil sie hinter allen
anderen Verbindlichkeiten zurückstehen (vgl. § 1992 B.G.B.). Der
Kenntnis der Überschuldung steht die auf Fahrlässigkeit beruhende
Unkenntnis gleich; als Fahrlässigkeit kann insbesondere die Unter-
lassung des Antrags auf Aufgebot der Nachlafsgläubiger in Betracht
kommen (§ 1980 Abs. 2).
Die Verpflichtung des Erben entfällt, wenn sich die Über-
schuldung nur durch Einbeziehung ausgeschlossener Nachlafs-
gläubiger ergiebt (arg. §§ 1973, 1974 B.G.B.), wenn der Nachlafs
den Kosten des Konkursverfahren nicht entspricht (arg. §§ 1990,
1991 B.G.B.) und wenn der Erbe allen Nachlafsgläubigern unbe-
schränkt haftet (arg. § 2013 B.G.B.).
Erfüllt der Erbe die ihm obliegende Verpflichtung nicht, so
ist er den Nachlafsgläubigern für den daraus entstehenden Schaden
verantwortlich (§ 1980 Abs. 1 Satz 1 B.G.B.). Diese Ansprüche
1* Hierzu und zu litt, h vgl. Jaeger, £rbenhaftung und Nachlafs'
konkurs, S. 54.
188 Viertes Hauptetück.
der Nachlafsgläubiger fallen der Konkursmasse zu, wenn nacb-^
träglich der Konkurs eröfihet wird*''.
Bei Ausschlagung der Erbschaft entfällt jede Schadensersatz-
pflicht, da der Anfall als nicht erfolgt gilt (§ 1953 Abs. 1 B.G.B.).
Ist ein Nachlafspfleger (§§ i960, 1961, 1968 B.G.B.) oder ein
Testamentsvollstrecker (§§ 2197 ff. B.G.B.) bestellt, so hat dieser
die sonst dem Erben obliegende Pflicht bezüglich des Konkurs-
antrags zu erfüllen, weil er für die Berichtigung der Nachlafs-
Verbindlichkeiten zu sorgen hat".
Verzögert ein Nachlafspfleger oder ein Testamentsvollstrecker
schuldhaft den Antrag auf Konkurseröffnung, so ist er dem Erben
zum Ersätze verpflichtet (arg. § 1915 Abs. 1 mit 1833, dann
§ 2219 B.G.B.). Zu den Nachlafsgläubigem steht weder der Pfleger
noch der Nachlafspfleger in einem Rechtsverhältnis, aus dem sich
eine direkte Ersatzpflicht konstruieren läfst.
h) Ist eine Nachlafsverwaltung bestellt, so ist der Erbe nicht
mehr verpflichtet, den Konkurs zu beantragen, vielmehr geht diese
Pflicht auf den Nachlafsverwalter über (§ 1985 Abs. 2 Satz 2
mit § 1980 B.G.B.). Bei Verzögerung des Antrags ist der Nach-
lafsverwalter persönlich dem Erben und den Nachlafsgläubigem
für den daraus entstehenden Schaden verantwortlich. Wird nach-
träglich Konkurs über den Nachlafs eröffnet, so fallen die den
einzelnen Konkursgläubigern zustehenden Ersatzansprüche gegen
den Nachlafsverwalter in die Konkursmasse".
§ 21.
2. Eonknrs^and.
Als Anlässe zur Eröffnung des Konkursverfahrens (Konkurs-
gründe) kommen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit in Be-
tracht ^
Überschuldung (Insuffizienz) ist vorhanden, wenn die Summe
der in einem Vermögen vorhandenen Werte (Aktiva) die Summe
" Vgl. o. S. 77.
1* Bei Ernennung eines Testamentgyollstreckers nach § 2222 oder § 2228
B.G.B. gilt dies nicht.
1» Vgl. o. S. 77.
^ Das frühere gem. Recht und die meisten Partikularrechte kannten nur
die Überschuldung als Konkursgrund. Die Litteratur und einzelne Gesetze
gebrauchen den Ausdruck „Insolvenz^ im Sinne von Oberschuldung.
§ 21. L Voraussetznogen der Konkurseröffnung. 2. Konkursgrund. 139
der daraus zu berichtigenden Schulden (Passiva) nicht erreicht;
Zahlungsunfähigkeit (Insolvenz), wenn Schulden wegen Mangels
von Zahlungsmitteln nicht berichtigt werden. Das Nichtberichtigen
mufs seinen Grund darin haben, dafs Zahlungsmittel nicht vor-
handen sind und auch nicht alsbald beschafft werden können. Wer
seine Schulden aus Nachlässigkeit oder Chicane nicht berichtigt,
ist nicht zahlungsunfähig. Können Zahlungsmittel alsbald be-
schafft werden, so besteht blofs Zahlungsstockung. Solange keine
verfallene Schuld vorhanden ist, kann von Zahlungsunfähigkeit
nicht die Rede sein'.
Ein Anzeichen von Zahlungsunfähigkeit ist die Zahlungs-
einstellung, d. i. die von dem Schuldner ausgehende Erklärung der
Zahlungsunfähigkeit. Diese Erklärung kann ausdrücklich oder
durch schlüssige Handlungen erfolgen, z. B. durch Schliefsung der
Geschäftsräume, durch Flucht etc. Die Zahlungseinstellung ist
nach der K.O. kein selbständiger Konkursgrund, sondern nur eine
Thatsache, aus der die Zahlungsunfähigkeit regelmäfsig zu folgern
ist (§ 102 Abs. 2). Das Gericht mufs trotz Zahlungseinstellung
die Zahlungsunfähigkeit verneinen, wenn der Schuldner seine
Zahlungen eingestellt hat, obgleich er zur Berichtigung der
Schulden imstande war.
Der regelmäfsige Konkursgrund der K.O. ist die Zahlungs-
unfähigkeit (§ 102 Abs. 1).
Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ist Anlafs zur Er-
öffnung des Konkurses über das Vermögen einer juristischen Person,
weil hier der Zustand der Überschuldung bei Zahlungsfähigkeit
den Gläubigem gefährlicher ist, als bei physischen Personen. Das ist
für die Aktiengesellschaft und für die Gesellschaft mit beschränkter
Haftung besonders vorgesehen (§§ 207 Abs. 1 KO., § 63 Abs. 1
R.G. v. 20. Apr. 1892) und auf andere juristische Personen aus-
dehnt (§ 213).
Über das Vermögen einer Genossenschaft, die sich im Liqui-
dationsstadium befindet, kann Konkurs sowohl wegen Zahlungs-
vgl. z. B. Bayer §§ 44 bis 46, Lüb. K.O. §§ 6, 80, Hamb. FalLOrdn. v. 1753
Art 1. Bei kaufmännischen Konkursen wird nach dem Vorbilde von Code de
comm. art 437 Zahlungseinstellung verlangt in brem. K.O. § 11, bad. Handels-
recht Satz 206, 208, pr. K.O. § 113, bayr. Pr.O. Art 1175 Nr. 2.
* AM.: Oetker, Grundbegr. I S. 174, 180. Dafs eine künftige Zahlung
wegen Mangels von Mitteln unterbleibt, kann höchstens wahrscheinlich, nie
gewifs sein.
140 Viertes Hauptstück.
Unfähigkeit, als wegen Überschuldung eröffnet werden (§ 98
Gen.Ges. Red. 1898). Über das Vermögen einer Genossenschaft mit
beschränkter Haftung kann allezeit sowohl wegen Zahlungsunfähig-
keit, als wegen Überschuldung Konkurs eröffnet werden, wenn die
Überschuldung ein Vierteil des Betrags der Haftsumme aller Ge-
nossen übersteigt (§ 140 Gen. Ges.).
Was die Gemeinschaften zur gesamten Hand betrifft, so steht
fest, dafs über das Vermögen einer offenen Handelsgesellschaft
und einer Kommanditgesellschaft nur wegen Zahlungsunfähigkeit,
über das Vermögen einer Kommanditgesellschaft auf Aktien aber
sowohl wegen Zahlungsunfähigkeit als auch wegen Überschuldung
Konkurs eröffnet werden kann (§ 209). Man wird auch bei anderen
Gemeinschaften zur gesamten Hand jeden der beiden Gründe als
genügend zur Eröffnung des Konkurses erachten müssen, wenn
nicht alle Gemeinschafter auch mit ihrem Privatvermögen soli-
darisch für die Gemeinschaftsschulden haften®.
Über einen Nachlafs und über das Gesamtgut im Falle der
fortgesetzten Gütergemeinschaft kann Konkurs nur wegen Über-
schuldung eröffnet werden (§§ 215, 286 Satz 1); denn einerseits
kann die Überschuldung des Nachlasses nicht durch Erwerbs-
thätigkeit überwunden werden, andererseits werden die Nachlafs-
gläubiger durch blofse Zahlungsunfähigkeit des Nachlasses noch
nicht gefährdet, da ihnen Sicherungsmittel, insbesondere der An-
trag auf Nachlafsverwaltung, zu Gebot stehen.
§22.
3. Mehrheit von GlBublgern und genflgende Eonkursinasse«
Konkurs darf nur eröffnet werden, wenn mehrere Gläubiger
vorhanden sind, die in dem zu eröffnenden Verfahren als Konkurs-
gläubiger in Betracht kommen. Das ergiebt sich aus der Ent-
wicklung des Konkursprozesses und aus der ganzen Anlage des
Verfahrens. Jene zeigt die Abzweigung des Konkursprozesses von
dem für den einzelnen Gläubiger berechneten Vollstreckungs-
verfahren. Die Anlage des Verfahrens mit einer Gläubigergemein-
Bchaft und einem Verteilungsverfahren pafst nicht für den Fall,
* Haften alle Gemeinschafter solidarisch und unbeschränkt, so dürfte die
Analogie der oflfenen Handelsgesellschaft zutreifen, sonst nicht.
§22. 1. Voraussetzungen d.Konk.£röffi[i. 8. Mehrheit von Gläubigern etc. ]4I
dafs nur ein Gläubiger vorhanden ist^ Übrigens braucht der
Antragsteller das Vorhandensein einer Gläubigermehrheit nicht
nachzuweisen. Nur wenn sich bei den Ermittelungen, die das
Gericht anstellt, ergiebt, dars nur ein Gläubiger vorhanden ist, ist
die Eröffnung abzulehnen.
Die Eröifiiung des Verfahrens unterbleibt, wenn nach dem
Ermessen des Gerichts eine den Kosten des Verfahrens ent-
sprechende Konkursmasse nicht vorhanden ist (§ 107 Abs. 1 Satz 1).
Bei der Schätzung der Masse sind Gegenstände, an denen ein Ab-
sonderungsrecht besteht, nur insoweit anzusetzen, als ein Uberschufs
nach Befriedigung der Absonderungsberechtigten zu erwarten ist.
Was durch Anfechtung hereingebracht werden kann, ist zu berück-
sichtigen. Auf die Schätzung der Masse und der Kosten bezieht
sich das dem Gericht eingeräumte Ermessen, nicht auf die Kon-
kurseröffnung als solche. Diese darf nicht erfolgen, wenn die
Masse so gering ist, dafs nach der Deckung der Kosten für die
Gläubiger nichts übrig bleibt.
Nur wenn der Antragsteller einen zur Deckung der im § 58
Nr. 1, 2 bezeichneten Massekosten ausreichenden Geldbetrag vor-
geschossen hat, darf die Konkurseröffnung nicht wegen unzureichender
Masse verweigert werden (§ 107 Abs. 1 Satz 2). Auf diese Weise
kann der Antragsteller Bedenken des Gerichts überwinden.
Das Gericht hat ein Verzeichnis derjenigen Schuldner zu
führen, bezüglich deren die Eröffnung des Konkurses wegen
Mangels einer den Kosten des Verfahrens entsprechenden Masse
abgelehnt worden ist. Die Einsicht des Verzeichnisses ist jedem
zu gestatten. Nach Ablauf von fünf Jahren seit der Abweisung
des Eröffnungsantrags ist die Eintragung in dem Verzeichnisse
dadurch zu löschen, dafs der Name unkenntlich gemacht wird
* Nach dem früheren gem. Recht war unbestritten, dafs mehrere Gläu-
biger vorhanden sein müssen. Vgl. Salgado de Samoza, P. I c. 1 nr. 41^
Dabelow S. 671 ff., Gönner IV 82 §§ 3, 7, Bayer §1, Fuchs, Concursverf.
§§1,15, S.A. XXX Nr. 100. Die Komment, sowie Oetker, Grundbegr. I S. 56,
Kohler, Lehrb. S. 67 f. und das R.G.Entsch. XI Nr. 11 S. 40 ff. nehmen das
Gegenteil an, weil in der K.O. nicht« von dem Erfordernisse steht. Das be-
weist nichts. Der auch vom R.G. angeführte Grund, dafs die K.E. durch Er-
leichterung der Anfechtung einem Gläubiger vorteilhaft sein könne, beweist
höchstens, dafs ein Konkurs mit einem Gläubiger nichts ganz Sinnloses
wäre, aber nicht dafs er zulässig ist. Endemann S. 85 und die Mot. zu
Entw. I e. ß.G.ß. V S. 683 erkennen die Gläubigermehrheit als Voraussetzung
des Konkurses an. Vgl. a. österr. K.O. § 66.
142 Viertea Hauptstück.
(§ 107 Abs. 2), Diese Vorschriften entsprechen den Bestimmungen
des § 915 C.Pr.O.
Die Eröffiiung des Konkurses über das Vermögen einer Genossen-
schaft darf nicht aus dem in § 107 angegebenen Grunde abgelehnt
werden (§§ 100 Abs. 3, 140 Satz 3 Gen.Ges.). Das hängt mit der
Nachschufspflicht der Genossen zusammen.
§ 23.
IL Die Brmltteluiigr.
Der Entscheidung über den Antrag auf Konkurseröffnung
können Ermittelungen über die bei der Entscheidung in Betracht
kommenden Thatsachen vorangehen (präparatorisches Verfahren).
Welche Ermittelungen anzustellen sind, ist nach den Umständen
zu bemessen. Im Gesetze ist nur bestimmt, dafs der Schuldner
zu hören ist, wenn die Konkurseröffnung von einem Gläubiger
beantragt ist (§ 105 Abs. 2). Die Anhörung des Schuldners kann
unterbleiben, wenn sie eine öffentliche Zustellung (§ 203 C.Pr.O.)
oder eine Zustellung im Auslande erfordert, in welchem Falle,
soweit thunlich, ein Vertreter oder ein Angehöriger des Schuldners
zu hören ist (§ 105 Abs. 3). Wird der Konkurs über das Ver-
mögen einer juristischen Person oder einer Gemeinschaft zur
gesamten Hand nicht von allen Vorstandsmitgliedern oder nicht
von allen Gemeinschaftern, sondern nur von einem derselben be-
antragt, so sind die übrigen Vorstandsmitglieder oder Gemein-
schafter zu hören, es wäre denn, dafs dazu eine öffentliche Zu-
stellung oder eine Zustellung im Auslande erforderlich wäre
(§§ 208 Abs. 2 Satz 2, 209 Abs. 2, 210 Abs. 2 Satz 2, 213, 217
Abs. 2 Satz 2 verb. mit § 105 Abs. 2, 3). Steht die Verwaltung
des Nachlasses einem Testamentsvollstrecker zu, so ist, wenn der
Erbe die Eröffnung des Nachlafskonkurses beantragt, der
Testamentsvollstrecker, wenn dieser den Antrag stellt, der Erbe
zu hören (§ 217 Abs. 3). Beantragt ein Ehegatte die Eröffnung
des Konkurses über einen der Ehefrau angefallenen, zum ein-
gebrachten Gut oder zum Gesamtgute gehörenden Nachlafs, so ist
der andere Ehegatte, wenn thunlich, zu hören (§ 218 Abs. 2 Satz 2).
Wird bei fortgesetzter Gütergemeinschaft Konkurs über das Ge-
samtgut von dem überlebenden Ehegatten oder von einem Gläu-
biger beantragt, so hat das Gericht die anteilsberechtigten Ab-
kömmlinge soweit thunlich zu hören (§ 236 Satz 4).
§ 28. II. Die Ermittelung. 143
Die Nichtbeachtung dieser Vorschriften kann im Beschwerde-
verfahren gerügt werden, macht aber den Eröffnungsbeschlnfs nicht
nichtig.
Ermittelungen über den Konkursgrund (Zahlungsunfähigkeit,
Übei*8chuldung) wird das Gericht insbesondere dann anstellen
müssen, wenn der Gemeinschuldner den Konkursgrund bestreitet
(§ 105 Abs. 2). Aber auch wenn der Gemeinschuldner den Kon-
kursgrund zugesteht, kann das Gericht Ermittelungen anordnen;
denn das Geständnis des Schuldners ist für das Gericht nicht
bindend.
Während der Zeit zwischen der Antragstellung und der Ent-
scheidung kann das Gericht die zwangsweise Vorführung und die
Haft des Schuldners anordnen (§ 106 Abs. 1 Satz 1). Auf die
Haft finden die Vorschriften der §§ 904 bis 910, 912, 913 C.Pr.O.
Anwendung.
Das Gericht kann femer alle zur Sicherung der Masse dienenden
Mafsregeln, z. B. Siegelungen, Veräufserungsverbote, Sequestrationen,
anordnen, (§106 Abs. 1 Satz 2), insbesondere auch ein allgemeines
Veräufserungsverbot gegen den Schuldner erlassen (§ 106 Abs. 2
Satz 3). Bezieht sich ein specielles Veräufserungsverbot auf ein
Grundstück oder auf ein im Grundbuch eingetragenes Recht des
Gemeinschuldners, so ist es in das Grundbuch einzutragen. Ebenso
ist ein allgemeines Veräufserungsverbot einzutragen bei den
Grundstücken, als deren Eigentümer der Gemeinschuldner ein-
getragen ist, und, wenn eine Beeinträchtigung der Konkursgläubiger
zu besorgen ist, auch bei den für den Gemeinschuldner eingetragenen
Rechten (§ 118 Abs. 1). Das Konkursgericht hat, soweit ihm
solche Grundstücke und Rechte bekannt sind, das Grundbuchamt
um die Eintragung zu ersuchen (§ 113 Abs. 2). Die Eintragung
geschieht gebührenfrei (§ 115).
Wird der Eröfihungsantrag abgewiesen, so sind die angeordneten
Sicherheitsmafsregeln aufzuheben (§ 106 Abs. 2). Insbesondere
hat das Konkursgericht von Amtswegen das Grundbuchamt um
Löschung der nach § 113 erfolgten Eintragungen zu ersuchen.
Eine Verfügung über den von dem Veräufserungsverbote be-
troffenen Gegenstand ist im Falle der Konkurseröffnung den Kon-
kursgläubigern gegenüber unwirksam. Ebenso verhält es sich mit einer
Verfügung, die im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrest-
vollziehung erfolgt, so dafs also das durch Pfändung^ oder durch
1 Trotz vorheriger Ansage nach § 845 C Jr.O. , vgl. R.G.Entsch. XXVI
4S. 426 ff.
144 Viertes Hauptstück.
Beschlagnahme erworbene Recht oder die im Wege einer einst«
weiligen Verfügung erwirkte Vormerkung den Konkursgläubigem
gegenüber nicht geltend gemacht werden kann (§ 186 verb. mit
§ 135 Abs. 1 B.G.B.). Die Vorschriften zu Gunsten derjenigen,
welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, finden ent-
sprechende Anwendung (§ 186 verb. mit § 185 Abs. 2 B.G.B.). Der
Erwerb durch Rechtsgeschäft (nicht der durch Zwangsvollstreckung !)
ist also gemäfs §§ 892 flf., 982 ff. B.G.B., § 866 H.G.B. gegen die
Wirkung des Veräufserungsverbots gesichert, wenn der Erwerber
das Verbot nicht kannte ^.
§ 24.
lU. Die Bntscheiduner.
Das Gericht hat zuvörderst von Amtswegen zu prüfen, ob
der Antrag den prozessualischen Vorschriften entspricht; nämlich
a) ob der Antrag in ordnungsmäfsiger Form, d. i. schriftlich
oder durch eine zu Protokoll des Gerichtsschreibers abgegebene
Erklärung, gestellt ist;
b) ob der Antragsteller antragsberechtigt ist (vgl. S. 125 flf.) ;
c) ob der Antragsteller partei- und prozefsf&hig und, wenn
der Antrag durch einen gesetzlichen Vertreter gestellt wird, ob
der Antragsteller der gesetzliche Vertreter des Antragsberech-
tigten ist^;
d) wenn der Antrag durch einen Bevollmächtigten gestellt
ist, ob die Bevollmächtigung nachgewiesen ist (arg. § 88 Abs. 2
C.Pr.O.)«;
e) ob der Antrag bei dem zuständigen Gericht gestellt ist
(vgl. oben S. 87 f.) ;
f) Ob der Gemeinschuldner der inländischen Gerichtsbarkeit
untersteht (vgl. §§ 18 bis 21 G.V.G.) ;
« Die in § 98 Satz 4 K.O. v. 1877 enthaltenen Vorschriften über die Be-
weislast sind aufgehoben. — Über die Gestaltung des § 106 K.O. v. 1898 s.
KommBer. 1898, S. 25.
^ Bei Gefahr im Verzuge können nach Analogie von § 56 Abs. 2 CPr.O.
provisorische Anordnungen nach § 106 K.O. erlassen werden, obwohl die
Prozefs Fähigkeit oder die Legitimation des Vertreters noch nicht feststeht.
* Bei Gefahr im Verzuge können nach Analogie von § 89 CPr.O. trotz
Mangels der Vollmacht oder des Nachweises der Bevollmächtigung proviso«
rische Anordnungen nach § 106 K.O. erlassen werden.
§ 24. III. Die Entscheidung. 145
g) ob das Vermögen, worüber nach dem Antrage Konkurs er-
Ofihet werden soll , ein solches ist , dafs darüber ein Konkurs
möglich ist (vgl. oben S. 67 ff.) ;
h) ob nicht ein Konkursverfahren über dasselbe Vermögen*
bei einem inländischen Gericht anhängig ist. Neben einem an-
hängigen Konkurs kann kein zweiter Konkurs über dassell)e Ver-
mögen eröffnet werden, weil das zweite Verfahren zwecklos ist*;
i) ob der Antragsteller bei der Antragstellung glaubhaft
gemacht hat, was das Gesetz verlangt.
Geht der Antrag von einem Gläubiger aus, so hat der Antrag-
steller seine Eigenschaft als Konkursgläubiger* und den Konkurs-
grund (Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung) glaubhaft zu machen
(§ 105 Abs. 2, vgl. a. § 208 Abs. 2, 210 Abs. 2, 213, 217 Abs. 1,
218 Abs. 2).
Geht der Antrag von dem Gemeinschuldner aus, so bedarf
es der Glaubhaftmachung des Konkursgrundes nicht •. Nur dann,
wenn der Antrag nicht von allen, sondern blofs von einem oder von
mehreren derjenigen Personen gestellt ist, welche als gesetzliche
Vertreter des Gemeinschuldners oder als gemeinschaftliche Gomein-
schuldner in Betracht kommen, ist die Glaubhaftmachung des
Konkursgrundes erforderlich. Daher bedarf es dieser Glaubhaft-
machung, wenn der Konkurs über das Vermögen einer Aktien-
' Über verschiedenes Vermögen können mehrere Konkurse gleichzeitig
stattfinden, vgl. o. S. 89.
* Vgl. die umständliche Deduktion von Oetker, Grundbegr. I S. 65 f. —
Ist versehentlich ein zweiter Konkurs eröffnet worden, so ist zunächst derjenige
Eröfinnngsbeschlufs mafsgebcnd, welcher zuerst rechtskräftig wird, und zwar
selbst dann, wenn er später erlassen ist; denn der Verstofs gegen das Prozefs-
gesetz, der in der Eröffnung des zweiten Konkurses liegt, ist durch die Rechts-
kraft gedeckt. Sind beide Beschlüsse rechtskräftig, so liegt ein Konflikt vor^
der nach § 36 Nr. 5 C.Pr.O. zu lösen ist.
s In den Fällen der §§ 219, 220 mufs der Nachlafsgläubiger auch glaub-
haft machen, dafs ihm das Antragsrecht zusteht; also dafs er nicht im Auf-
gebotsverfahren ausgeschlossen ist und auch nicht unter § 1974 B.G.ß. fällt;
wenn er ausgeschlossen ist oder nach § 1974 einem ausgeschlossenen Gläu-
biger gleichsteht, dafs Konkurs über das Vermögen des Erben (im Falle
des § 219 Abs. 2 über das Vermögen des Ehemannes) eröffnet ist, ferner
dafs die zweijährige Frist des § 220 noch nicht verstrichen ist. Denn, was
glaubhaft zu machen ist, ist die Antragsberechtigung, die in diesem Falle*
nicht allein von der Eigenschaft als Nachlafsgläubiger, sondern noch von
anderen Umständen abhängt. Über die Thatsachen, die der Erbe glaubhaft
zu machen hat, wenn er nach Verkauf der Erbschaft den Nachlafskonkur»
gemäfs § 232 Abs. 2 beantragt, s. o. S. 131.
• Vgl. § 96 des Entw. e. K.O. und K.Pr. S. 74 ff.
Binding, Uandbaoh IX 3: L. Seuffert, KonkuiBprozefsrecht. 10
146 Viertes Hauptstfick.
gesellschaft nicht von allen Mitgliedern des Vorstandes oder nicht
von allen Liquidatoren beantragt wird (§ 208 Abs. 2) ; ebenso wenn
der Konkurs über das Vermögen einer offenen Handelsgesellschaft,
einer Kommanditgesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft auf
Aktien nicht von allen persönlich haftenden Gesellschaftern (§ 210
Abs. 2), oder wenn der Konkurs über das Vermögen einer juristischen
Person oder eines Vereins nicht von allen Vertretern der juristischen
Person oder des Vereins (§ 212), oder wenn der Konkurs über
das Vermögen einer Genossenschaft oder einer Gesellschaft mit
beschränkter Haftung nicht von allen Vorstandsmitgliedern oder
Liquidatoren (Gen.Ges. §§ 100 Abs. 2, 118; R.G. v. 20. Apr. 1892,
§ 68 Abs. 2), oder wenn der Nachlafskonkurs nicht von allen
Miterben (§ 217 Abs. 2) beantragt wird.
Wird Konkurs über das im Inlande befindliche Vermögen
nach § 238 beantragt, so bedarf es des Nachweises und folglich
auch der Glaubhaftmachung der Zahlungsunfähigkeit nicht, wenn
gegen den Gemeinschuldner im Ausland ein Konkursverfahren
eröfihet ist (§ 288 Abs. 3).
Der Gemeinschuldner hat als Antragsteller ein Verzeichnis
der Gläubiger und der Schuldner, sowie eine tTbersicht der Ver-
mögensmasse einzureichen oder, wenn das nicht thunlich ist, ohne
Verzug nachzuliefern (§ 104). Ein formelles Erfordernis der JKon-
kurseröffnung ist die Einreichung des Verzeichnisses und der
Übersicht nicht. Das Gericht kann die Eröflhung auch beschliefsen,
ohne dafs das Verzeichnis etc. nachgeliefert wird.
Entspricht der Antrag den prozessualischen Vorschriften nicht,
80 ist er als unzulässig zurückzuweisen.
Entspricht der Antrag diesen Vorschriften, so hat das Gericht
ferner von Amts wegen zu prüfen, ob ein Konkursgrund (s. o. S. 138 f.),
eine Mehrheit von Gläubigern (s. o. S. 140) und eine genügende
Masse (s. o. S. 141) vorhanden ist. Je nach dem Ergebnisse dieser
Prüfung ist der Konkurs zu eröffnen oder der Antrag als un-
begründet abzuweisen.
Der Eröffnungsbeschlufs hat die Stunde der Eröffnung anzu-
geben (§ 108 Abs. 1). Ergeht er auf Grund mündlicher Verhand-
lung, so mufs er verkündet werden (arg. § 329 Abs. 1 C.Pr.O.);
dann ist die Stunde der Verkündung anzugeben ; sonst die Stunde,
in der der Beschlufs unterschrieben wird. Nicht die Stunde der Zu-
stellung, auch nicht die Stunde, in der der Beschlufs dem Gerichts-
schreiber zur Besorgung der Zustellungen ausgehändigt wird;
denn zur Zeit der Niederschrift des Beschlusses läfst sich keine
§ 24. III. Die Entscheidung. 147
dieser Stunden genau und sicher bestimmen, und das Gesetz ge-
bietet die Aufnahme der Eröffiiungsstunde in den Beschlufs ''.
Die Angabe der Eröifnungsstunde im Beschlüsse ist ebenso
Beurkundung, wie die Angabe des Orts und Tags der Beschlufs-
fassung. Ist eine dieser Angaben falsch, so ist Abhülfe auf dem
Beschwerdeweg möglich.
Wurde versäumt, im Beschlüsse die Eröifnungsstunde anzu-
geben, so gilt als Zeitpunkt der Eröffnung die Mittagsstunde des
Tages, an dem der Beschlufs erlassen wurde (§ 108 Abs. 2), wobei
vorausgesetzt wird, dafs dieser Tag im Beschlufs enthalten ist.
Da die Lücke des Beschlusses in diesem Falle durch eine gesetz-
liche Fiktion ausgefüllt ist, so ist eine Nachhol ung der Stunden-
angabe im Beschwerdeweg nicht möglich.
Der Beschlufs, der den Antrag auf Konkurseröffiiung als un-
zulässig zurück- oder als unbegründet abweist, ist nur dem Antrag-
steller zuzustellen, auch wenn andere Personen im vorbereitenden
Verfahren gehört wurden®. Gegen den Beschlufs steht dem An-
tragsteller die sofortige Beschwerde zu (§ 109). Erachtet das
Beschwerdegericht die Beschwerde für begründet, so kann es
selbst die Eröffnung aussprechen oder dem Untergerichte die er-
forderliche Anordnung übertragen (§ 575 C.Pr.O.). Gegen die der
Beschwerde stattgebende Entscheidung steht dem Gemeinschuldner
die weitere Beschwerde zu. Ob dem Antragsteller gegen einen
die Beschwerde abweisenden Beschlufs des Beschwerdegerichts
eine weitere Beschwerde zusteht, hängt davon ab,, ob ein neuer
selbständiger Beschwerdegrund vorhanden ist (§ 568 Abs. 2 C.Pr.O.).
Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts über die weitere
Beschwerde findet keine weitere Beschwerde statt (§ 568 Abs. 4
CPr.O.).
Der Gerichtsschreiber hat die Formel des Eröffhungsbeschlusses
sofort öffentlich bekannt zu machen (§111 Abs. 1). Die Bekann t-
"^ Über die anzugebende Stunde bestehen Meinungsverschiedenheiten. Vgl.
aufserden Kommentaren: Endemann S. 92ff., Kohler Lehrb. S. 539, Fitting,
Ztschr. f. d. CPr. X S. 5 N. 14, Oetker, Konkursrechtl. Fragen (Rost. Festg.
f. Windscheid) 8. 3 ff., Grundbegr. I S. 76 ff., Vierhaus, Ztschr. f. d. CPr.
XIV S. 281. Die Perfektion des Beschlusses darf nicht, wie das häufig ge-
schieht, mit der Unwiderruflichkeit verselbigt werden. Auch der perfekte Be-
schlufs kann, solange er die Schwelle des Gerichts nicht überschritten hat,
zurückgenommen oder geändert werden. — Die Mot. S. 332 sind aus den Mot.
z. Entw. e. d. G.8ch.O. S. 55 abgeschrieben, deren § 110 stets die Verkündung
des Eröffhungsurteils gebot; sie passen nicht zum Entw. der K.O.
« Abw. Petersen u. Kleinfeller § 100 N. 1.
10»
148 Viertes Hauptstück.
machung ist unbeschadet der Vorschriften des § 76 Abs. 1 aus-
zugsweise in den deutschen Reichsanzeiger einzurücken (§ 111
Abs. 2). An die ihrem Wohnorte nach bekannten Gläubiger und
Schuldner erfolgt besondere Zustellung (§111 Abs. 3).
Gegen den Beschlufs steht nur dem Gemeinschuldner die
sofortige Beschwerde zu (§ 109). Die Frist beginnt mit dem
Ablaufe des zweiten Tages nach der Ausgabe des die erste Ein-
rftckung enthaltenden Blattes (§ 76 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3). Dem
Gemeinschuldner steht die Beschwerde auch dann zu, wenn er
selbst als Antragsteller fungiert; denn die Beschwerde kann sich
darauf stützen, dafs das Gericht das Vorhandensein eines Antrags
zu Unrecht angenommen oder die Zurücknahme des Antrags nicht
berücksichtigt habe. Ist der Gemeinschuldner nach der Eröffnung
gestorben, so hat das Beschwerderecht, wer im Nachlafskonkurse
die Stellung des Gemeinschuldners hat (vgl. o. S. 74).
Was oben über die abändernde und über die bestÄtigende
Entscheidung des Besch werde gerichts im Falle der Beschwerde
gegen den abweisenden Beschlufs des Konkursgerichts gesagt
wurde, findet auf den Fall der Beschwerde gegen den Eröffhungs-
beschlufs entsprechende Anwendung.
Die öffentliche Bekanntmachung ist Voraussetzung für das
weitere Verfahren. Dieses wäre ohne die öffentliche Bekannt-
machung nichtig.
■ ■
Über die mit der Eröffnung des Konkursverfahrens zu ver-
bindenden Anordnungen s. § 110. Auch diese Anordnungen hat
der Gerichtsschreiber mit der Konkurseröffnung sofort öffentlich
bekannt zu machen (§ 111 Abs. 1) sowie den ihrem Wohnorte
nach bekannten Gläubigern und Schuldnern des Gemeinschuldners
zuzustellen (§ 111 Abs. 3).
Der Gerichtsschreiber hat unter Bezeichnung des Konkurs-
verwalters beglaubigte Abschriften der Fonnel des Eröffnungs-
beschlusses den Behörden für die Führung des Handels- oder
Genossenschaftsregisters (§§ 125, 147 Fr.G. vgl. a. § 32 H.G.B.)
oder ähnlicher Register (Vereinsregister §§ 21, 55 ff. B.G.B.,
§§ 159 ff". Fr.G.) und der Dienstbehörde des Gemeinschuldners
mitzuteilen, wenn der Gemeinschuldner in ein solches Register
eingetragen oder wenn er ein Beamter ist (§ 112).
Die Konkurseröffnung ist in das Grundbuch einzutragen bei
denjenigen Grundstücken, als deren Eigentümer der Gemein-
schuldner im Grundbuch eingetragen ist , und bei den für den Ge-
meinschuldner eingetragenen Rechten (z. B. Dienstbarkeiten, Hypo-
§ 24. III. Die Entscheidung. 149
theken, Grundschulden , Rentenscliulden) an (Irundstücken* oder
an eingetragenen Rechten, wenn nach Art des Rechts und nach
den obwaltenden Umständen ])ei Unterlassung der Eintragung
-eine Beeinträchtigung der Konkursgläubiger zu besorgen ist (§ 113
Abs. 1). Ist über eine Hypothek, eine Grundschuid oder eine
Kentenschuld ein Brief erteilt, so lassen sich solche Rechte der
Verfügung des Gemeinschuldners schon dadurch entziehen, dafs
der Verwalter den Brief in Besitz nimmt.
Das Konkursgericht hat, soweit ihm solche Grundstücke oder
Rechte bekannt sind, das Grundbuchamt von Amts wegen um die
Eintragung zu ersuchen (§ 118 Abs. 2). Wenn in dieser Hinsicht
weitere Ermittelungen erforderlich werden, so gehören sie zur
Thätigkeit des Verwalters. Dieser kann eine Eintragung bei dem
Konkursgericht anregen, er kann sie aber auch direkt bei dem
Grundbuchamte beantragen (§ 113 Abs. 3). Dem Grundbuchamte
steht keine Kognition darüber zu, ob eine Eintragung zur Wahrung
der Interessen der Gläubigerschaft erforderlich ist.
Werden Grundstücke oder Rechte, bei denen eine Eintragung
nach Mafsgabe des § 113 Abs. 1, 2, d. i. auf Ersuchen des Kon-
kursgerichts, bewirkt worden ist, von dem Verwalter aus der
Konkursmasse freigegeben oder veräufsert, so kann der Gemein-
schuldner oder der Erwerber nach Mafsgabe der Vorschriften des
B.G.B. § 894 vgl. §§ 435, 445 die Löschung im Wege einer
Berichtigung des Grundbuchs verlangen. In solchen Fällen kann
das Konkursgericht auf Antrag das Grundbuchamt um Löschung
der Eintragung ersuchen (§ 114). Zu dem Antrage berechtigt
ist bei Freigabe der Gemeinschuldner, bei Veräufserung der Er-
werber und in beiden Fällen der Verwalter als Vertreter der
Gläubigerschaft (arg. § 13 Gr.B.O.). Gegen Abweisung des An-
trags steht dem Antragsteller, gegen dessen Bewilligung dem
Konkursverwalter die sofortige Beschwerde zu.
Die Eintragung und Löschung von Vermerken auf Grund
der §§ 113, 114 geschieht gebührenfrei (§ 115).
Sobald eine den EröflFnungsbeschlufs aufhebende Entscheidung
des Beschwerdegerichts durch Ablauf der Notfrist zur Einlegung
der weiteren Beschwerde oder durch Verwerfung der weiteren
Beschwerde die Rechtskraft erlangt hat, ist die Aufhebung des
' Den Grundstücken stehen in dieser Hinsicht das Erbbaurecht (§ 1017
B.G.B.) und die in den Art. 63, 68 £.G. z. B.G.B. bezeichneten Rechte gleich.
Begr. d. Konk.Nov. S. 40.
150 Viertes Haaptstück.
Verfabrens öflFentlich bekannt zu macben (§ 116 Satz 1). Die
Vorscbriften der §§ 111 Abs. 2, 112, 113, 191 finden entsprecbende
Anwendung (§116 Satz 2). Die auf Grund des § 113 erfolgten
Eintragungen (sind also zu löseben, und zwar bat das Konkurs-
geriebt das Grundbucbamt von Amtswegen um die Löscbung aucb
der von dem Verwalter beantragten Eintragungen zu ersucben.
Der Verwalter bat aus der Konkursmasse die Masseansprücbe zu
bericbtigen und die bestrittenen Masseansprücbe sieber zu stellen ;
denn von dem Eröffnungsbescblusse an bis zu dessen recbts-
kräftiger Aufbebung bat die G laubiger sebaft existiert und in
diesem Zeitraum können Verbindlicbkeiten der Gemeinscbaft ent-
standen sein.
Fünftes Hauptstttck.
ie Wirkungen der Konknrseröfhinng.
§ 25.
I. Das Pfandrecht der AlSabigeraeliaft an der Konkarsmasse.
Das zur Konkursmasse gehörige Vermögen bleibt auch während
des Konkurses Vermögen des Gemeinschuldners (arg. §§ 1, 6
„sein Vermögen"). Der Konkurs bewirkt keine Rechtsnachfolge
in dem Sinne, dafs das Vermögen des Gemeinschuldners als
Ganzes oder in seinen einzelnen Bestandteilen auf die Konkurs-
gläubiger überginge ^ Mit der Konkurseröfl&iung entsteht aber für
die Konkursgläubiger das Recht, vor anderen Gläubigern aus den
zur Konkursmasse gehörenden Gegenständen Befriedigung zu ver-
langen (Sachhaftung). Diese Haftung wird durch die in der
Konkurseröffnung liegende Beschlagnahme der Konkursmasse für
die Konkursgläubiger vermittelt.
^ In der früheren gemeinrechtlichen Lehre wnrde die Annahme, dafs der
Konkurs eine Univeralsnccession der Gläubiger oder doch eine Succession in das
Aktivvermögen des Gemeinschuldners bewirke, vielfach vertreten. Vgl. für die
IJniversalsuccession z. B. D. Mevius, Decisiones P. III dec. 329, A. Leyser.
Meditationes ad Fand., med. 178 Nr. 4, med. 220 Nr. 6; für die Singular-
succession: z. B. Kori, Syst. des EoDk.Proz. §§49, 50, Günther in Weiskes
Bechtslez. unter „Goncurs''. Dieser Theorie ist auch die Annahme, dafs die Kon-
kursglftubiger Repräsentanten des Gemeinschuldners] nach Art eines procurator
in rem suam seien, verwandt; so z. B. Dabeiow Ausführt Entw. d. L. v.
Concurse (2) Gap. 26 S. 679, vgl. 279; A. Schweppe, Sjst. des Konkurses
§ 59; A. 0. J. Schmid, Handb. d. gem. d. CPr. III S. 215. Weitere Litteratur-
nachweise zu diesen Theorien s. L. Seuf fert, Zur Gesch. u. Dogm. etc. S. 69
bis 71.
152 Fünftes Hauptstück.
Dafs mit der Konkurseröffnung eine Beschlagnahme der Kon-
kursmasse erfolgt, ist in der K.O. nicht ausdrücklich gesagt,
konunt aber in einer Reihe von Vorschriften zur Erscheinung.
Nach §§ 110, 111 hat das Gericht bei der Eröffnung des
Konkurses den offenen Arrest (§ 118) zu erlassen und der Gerichts-
schreiber hat diesen offenen Arrest bekannt zu machen. Dieser
offene Arrest bringt die Beschlagnahme der in § 118 genannten
Gegenstände zum Ausdruck.
Nach § 113 ist die Konkurseröffnung in das Grundbuch ein-
zutragen. Auch diese Mafsregel ist darauf zurückzuführen , dafs
die in das Grundbuch eingetragenen Gegenstände durch die Er-
öffnung des Verfahrens für die Konkursgläubiger beschlagnahmt
werden (vgl. §§ 19, 20 Zw.V.G.).
Das durch die Beschlagnahme für die Konkursgläubiger ent-
stehende Recht ist nach dem deutschen Konkursrecht als ein
Privatrecht an den zur Konkursmasse gehörigen Gegenständen
und zwar als ein Recht auf Sachhaftung (Pfandrecht) zu kon-
struieren.
Dafür spricht die geschichtliche Entwickelung des deutschen
Konkursrechts. Diese Entwickelung zeigt den Zusammenhang mit
der römischen missio in bona und mit dem deutschen Arrest-
l)rozefs. Im Missionsverfahren entstand ein Pfandrecht an den
Gegenständen, die von den Gläubigern oder ihrem Vertreter in
Besitz genommen wurden*. Im Arrestprozesse entsteht durch
die Arrestvollziehung ein Pfandrecht an den beschlagnahmten
Gegenständen*. Dafs nach dem früheren gemeinen Rechte mit
der Konkurseröffnung ein Pfandrecht (pignus praetorium) an den
Gegenständen der Konkursmasse entstehe, war die herrschende
Lehre*. In der preufs. Gesetzgebung des vorigen Jahrhunderts
' L. 2 pr. D. pro berede 41,5; 1. 23 D. de peculio 15,1; I. 26 D. de pign.
act. 13,7; 1. 3 § 1 D. de reb. eor. qui sub tutela 27,9; 1. 5 § 21 D. ut in poss.
leg. 36,4; 1. 35 D. de reb. auct. lud. 42,5; 1. 2 C. de praet. pign. 8,21. Näheres
8. L. Scuffert, Z. Gesch. u. Dogm. des d. R.R. IS. 20 ff.
' Über das aus dem früheren Arrestschlag entstehende Vorzugsrecht
vgl. L. Seuffert a. a. 0. S. 54 ff., wo auch die dingliche Natur dieses
Rechts des näheren erörtert ist. Dafs nach dem heutigen Rechte durch die
Arrestvollziehung ein Pfandrecht entsteht, ist unbestritten und unbestreitbar.
^ Vgl. z.'B.i G. L. Böhmer, Electa iur. civ. tom. I exerc. XI § 4
J. A. Th. Kind, Quaest. for. IV c. XVIII (2. Aufl. 1807 S. 103); W. H. Puchta,
ConcPr. S. 17 N. n., S. 285 N. b; A. W. Heffter, Syst. des C.Pr.R. § 538
N. 1 (2. Aufl. S. 652); Bay er, Theorie des ConcPr. § 29 (nicht ohne Zweifel);
r
UMW^-^MMM»**— -r -«■•* ^aMMP
§ 25. L Dft5 Pfradreeht der Glänbigeischaft an der Konknismasse. 153
wurde diese Konstruktion ausdrücklich angenommen ^ Erst in
der preufs. K.O. v. 1355 fand sie nicht mehr direkten Ausdruck*.
Die Konstruktion wurde gleichwohl von namhaften Schriftstellern
dem Gesetze unterlegt*. Die deutsche K.O. vermeidet, wie die
preufs. K.O. v. 1855. von einem Pfandrechte zu reden. Das
hindert nicht, eine Konstruktion zu verteidigen, aus der sich die
verschiedenen auf das V**rhältnis der Konkursgliubiger zur Kon-
kursmasse bezüglichen Vorschriften des Gesetzes erklären*.
Dafs die Untervtelluns eines Pfandrechts nicht blofs mit den
Vorschriften der K.O. vereinbar ist. sondern das richtige Ver-
ständnis dieser Vorschriften erst erschliefst, wird sich bei der
Erörterung der einzelnen Vorschriften zeigen. An dieser Stelle
kann die Konstruktion nur im allgemeinen begründet werden.
Das Recht, vor anderen Gläubigem Befriedigung aus gewissen
Gegenständen zu verlangen, macht das Wesen des Pfandrechts
aus. Und jenes Re«:ht steht den Konkursgläubigem zweifellos zu.
Der Konkursverwalter ist tiefugt. die zur Konkursmasse ge-
hörigen Sachen zum Zwecke der Befrieiügung der Konkurs-
gläubiger jedem Be>itzer gegenfilier in Anspruch zu nehmen und
Fr. Wyf», G€*rh.d.Conc.Pro<:.d. Stadt und Landschaft Zärieh (1h4öj S. 1^3f.:
A H engl er. Die Büdnug de« Concarsprrx-e»«*»« nach Schweiz. B<^ten.
ZeitBchr. f. Schweiz. R. Vfl S. 166.
» Coipna ior. Frid. llT-iTi Th. IV Tit. 12 | 26: A.G.O- flTSc^ Th. I
Tit. 50 § 31.
* Die Hot. z. Entw. d. K.O. r. l>y>5 8. l^ than sich auf diese Enthalt-
samkeit etwas zo gnt.
^ Z. B. Ton C. F. Kof'h, KonkonordnoDg mit Kommentar in der 3. Aosg.
der Pr.O. '1855) Abul 10 zu | 4 und das Recht der Forderungen nach gem.
n. prenls. Recht •2- l-sS« S. 6.>4 ff.
' Die Yerfl der Motive z. Entw. d. K.O. f. d. DIL S. 15 qwecheii sich
gegen die Annalune eine» Pfandrechts ans. Die Widerlegung der dort an-
geführten Bedenken s. b^ L. Senffert a. a. O. S. 177 ff: öbrigen« habe ich
bei diesen Aasfahmngen das We^en der Glänbigergemeinschaft noch nicht
^klar erkannt. Die Kommentare zur K.O. schlössen seh durchweg der das
Pfandrecht ablehnenden Ansiebt der Verfa.«ser der Motive an: ebenso Ende-
mann, Zeitscbr. f. d. CPr. XII S. oll und Lehrb. S. 4l:i. Oetker. Ztschr.
£ d. CJ^. XIV S. o ff. Für das Pfandrecht haben !>ic!i ansgespn>chen :
J. Kohler. Kr.V.Jikbr. Bd. XXII S. :fe:3 X.\ D.LZ. 1>^*> Nr. Ä» J^ 1«>72.
Lehrb. S. 99 f.. Leitf. S. 19 «in den beid<>n letzten Schriften spricht Kohier
Ton einem pCandrechtartig^rn Be«chlagsrecht . t. Bar, d. deutsche CJ^JS.
(in T. Hoftzendorft Encjklopadie) S. >1. Helimann. Lehrb. des d. CJV.
S. 967, r. Can stein. Zt*chr. £. Pr. n. Z*. R. IX >. 461 f.. Kräckmann.
Arch. t boTgerL R. VIU S. 14-.
154 Ffinftes Hauptstttck.
deren Herausgabe zur Konkursmasse nötigenfalls mit gerichtlicher
Hülfe zu erzwingen. Er kann Forderungen und andere Rechte,
die zur Masse gehören, gegen die Verpflichteten zum Zwecke der
Befriedigung der Konkursgläubiger geltend machen. Das sind
lauter Befugnisse, die den Befugnissen eines Pfandgläubigers und
dem Wesen der Sachhaftimg entsprechen.
Dem Rechte des Pfandgläubigers entspricht auch die Begrenzung
der Macht des Konkursverwalters, über die Masse zu verfügen.
Wie jenes Recht seine Schranke hat in dem Zwecke des Pfandrechts,
d. i. in der Befriedigung der Forderung, so ist das Verfügungs-
recht des Verwalters auf diejenigen Rechtshandlungen beschränkt,
welche dem Zwecke der Befriedigung der Konkursgläubiger dienen.
Der Pfandgläubiger kann die verpfändete Sache nicht verschenken,
die verpfändete Forderung nicht erlassen. So kann auch der
Konkursverwalter über die zur Masse gehörigen Gegenstände nicht
schenkungsweise verfügen, er kann die zur Masse gehörige
Forderung nicht erlassen. Das nach dem Wortlaute des § 6 un-
beschränkte Verfügungsrecht ist also ebenso beschränkt, wie das
Verfügungsrecht des Pfandgläubigers. Aus dieser Analogie er-
klärt sich auch, dafs der Konkursverwalter einen etwaigen Über-
schufs aus der Konkursmasse dem Gemeinschuldner abliefern mufs,
wie der Pfandgläubiger die Hyperocha. Dafs der Verwalter aufser
dem Verfügungsrecht auch ein Verwaltungsrecht hat, ist eine
Besonderheit des Konkurspfandrechts, die sich aus der Eigenart
des Entstehungsgrundes rechtfertigt*; in Widerspruch mit der
Annahme eines Pfandrechts steht dieses Verwaltungsrecht nicht.
Aus dem Pfandrecht erklärt sich die relative Unwirksamkeit
der Rechtshandlungen, die der Gemeinschuldner nach der Er-
öffnung des Verfahrens, d. i. nach der Beschlagnahme der Kon-
kursmasse, vorgenommen hat (§ 7). Diese Handlungen sind nicht
absolut unwirksam. Für und gegen den Gemeinschuldner, sowie
für und gegen Dritte sind diese Handlungen wirksam; nur das
durch die Beschlagnahme erworbene Pfandrecht der Konkurs-
gläubiger kann durch diese Handlungen nicht beeinträchtigt
werden ; den Konkursgläubigern gegenüber sind sie unwirksam, so
weit sie das Pfandrecht schädigen würden, weil das Pfandrecht ein
absolutes Recht ist.
^ Einem Pfandrechte, dessen Beendigung nur durch Verwertung (nicht
durch Zahlung) zu erwarten ist, entspricht es, dafs die Verwaltung dem
Schuldner entzogen wird.
§ 25. I. Das Pfandrecht der Giäubigerschaft an der Konkursmasse. 155
Im Dienste des Pfandrechts steht der Anspruch der Konkurs-
gläubiger auf Verwirklichung dieses Rechts durch das Konkurs-
verfahren. Dieser Anspruch ist ein Rechtsschutzanspruch. Er
ist kein Privat-, sondern ein öffentliches Recht; denn wie jeder
Rechtsschutzanspruch richtet er sich gegen die zur Gewährung
des Rechtsschutzes berufenen Organe des Staates. Ein solcher
Rechtsschutzanspruch läfst sich allerdings auch ohne die Sub-
konstruktion des Pfandrechts denken*®; aber aus dem Rechts-
schutzanspruch allein lassen sich die Befugnisse nicht erklären,
die dem Konkursverwalter gegen Dritte zustehen.
Das durch die Beschlagnahme der Konkursmasse entstehende
Pfandrecht steht den Konkursgläubigern zu. Aber sie haben
dieses Recht nicht als einzelne. Vielmehr entsteht zufolge der
Konkurseröffnung eine aus sämtlichen Konkursgläubigern gebildete
Gemeinschaft zur gesamten Hand, die Gläubigerschaft. Diese
Gläubigerschaft ist keine Körperschaft, also keine juristische
Person, sondern ein Personenverband, zu dem die Konkursgläubiger
als Inhaber jenes Pfandrechts vereinigt sind. An dieser Gemein-
schaft sind die einzelnen Konkursgläubiger nach dem Verhältnis
ihrer Forderungen unter Berücksichtigung der Vorrechte beteiligt.
Diese Anteilsrechte ergreifen nur das Gemeinschafts vermögen als
Ganzes. Das Anteilsrecht ist mit der Forderung gegen den Gemein-
schuldner veräufserlich , kann aber nicht ohne dieses tibertragen
werden. Beteiligt sich ein Konkursgläubiger nicht am Konkurs-
verfahren, so fällt sein Anteil am Pfandrechte den anderen Kon-
kursgläubigern zu.
Die Gläubigerschaft ist als solche rechtsfähig. Sie hat Rechte
und Pflichten, die keinem der verbundenen Gemeinschafter für sich
zustehen. Vermöge ihrer Rechtsfähigkeit ist sie auch parteifähig
im Prozesse. Das Gesamtrecht kann nur von der Gesamtheit gegen
Dritte, die Gesamtpflicht von Dritten nur gegen die Gesamtheit
geltend gemacht werden. Der einzelne Konkursgläubiger kann
'® Auf der einseitigen Betonung dieses Rechtsschutzanspruchs dürfte
die sog. publizistische Theorie beruhen, die ein Privatrecht der Gläubiger an
der Konkursmasse nicht anerkannt, sondern dem Gerichte den Besitz, das
Verwaltungs- und das Verfügungsrecht an der Eonkursmasse zuschreibt,
wobei der Konkursverwalter als Gericbtsorgan fungiert. Vertreter dieser
Theorie sind Schenk, Ztschr. f. CK. u. Pr. Xlll S. 67 bes. S. 91, C. Fuchs,
Concursverfahren (1863) S. 44 ff., der übrigens S. 53 den Curator doch wieder
als Vertreter des Cridars bezeichnet. — Auch Oetker, Grundbegriffe I, dürfte
dieser Theorie nicht ferne stehen.
156 Fünftes Hauptstück.
der Gläubigerschaft als Berechtigter und als Verpflichteter gegen-
tiberstoheu, was sich insbesondere bei den Masseschulden zeigt.
Die Gläubigerschaft ist als solche handlungsfähig. Sie kann
im Bereiche der Gemeinschaft ihren Gemeinschaftswillen bilden.
Dieser Gemeinschaftswille kommt in den Beschlüssen der General-
versammlung zur Erscheinung. Die Gläubigerschaft handelt durch
ihre Organe, das sind die Gläubigerversammlung, der Gläubiger-
ausschufs und der Konkursverwalter. Jedem dieser Organe ist
durch das Gesetz ein gewisser Kreis von Handlungen zugewiesen,
für die es zuständig ist. Die von einem dieser Organe innerhalb
seiner Zuständigkeit vorgenommenen Handlungen sind Handlungen
der Gemeinschaft. Daher sind diese Handlungen wirksam für und
gegen die Gemeinschaft und, da diese Gemeinschaft kein von den
Gemeinschaftern verschiedenes Rechtssubjekt ist, auch für und gegen
die einzelnen Gläubiger, so dafs diese im Bereiche der Gemeinschaft
unmittelbar berechtigt, rechtsverlustig oder verpflichtet werden.
Die Gläubigergemeinschaft endigt mit der Beendigung des
Konkursverfahrens. Nur wenn und soweit nach der formellen
Beendigung des Konkursverfahrens noch gemeinschaftliches Ver-
mögen vorhanden ist, was insbesondere nach Aufhebung des Kon-
kurses auf Grund von Schlufsverteilung vorkommen kann, bleibt
die Gläubigerschaft auch nach der formellen Beendigung des Kon-
kurses noch bestehen und behält daher in diesem Fall auch noch
ihre Organisation ^^
^^ Dafs die Konkursgläubiger durch die Konkurseröffnung zu einem
Personen verbände vereinigt werden, war in der Doktrin des früheren gem.
Bechts allgemein anerkannt. Man sprach von einem corpus creditorum. Vgl.
z. B.: Fuchs, Concursverfahren S. 44, Bayer, Theorie des Concursprozesses
§ 29. Auch in den Partikulargesetzen ^rird dieser Verband der Gläubiger-
schaft vielfach erwähnt, so noch im Corp. iur. Frid. IV, 12 § 16, in der preufs.
K.O. V. 1855 § 4 Abs. 2 und in der bayer. Pr.O. v. 1869 Art. 1208, 1218, 1220,
1223 bis 1226, 1230, 1234. Über die Natur dieses Personenverbandes be-
standen verschiedene Meinungen. Man hielt ihn entweder für eine juristische
Person oder für eine Art von „communio"; vgl. Bayer a. a. 0. S. 83f. Die
Kategorie der Gemeinschaft zur gesamten Hand wurde von den älteren
Schriftstellern nicht in Betracht gezogen. Die Verfasser des Entw. e. K.O.
f. d. D.R. haben richtig erkannt, dafs die Annahme einer juristischen Person
auf Irrtum beruhe; aber auch ihnen scheint der Begriff der Personengemein-
schaft zur gesamten Hand nicht geläuüg gewesen zu sein; denn sie haben
aus der Negation der juristischen Persönlichkeit der Gläubigerschaft die
falsche Folgerung gezogen, dafs die Gläubigerschaft überhaupt keine Einheit
bilde, obwohl sie sich der Erkenntnis nicht verschlossen, dafs die Gläubiger-
Bchaft in gewissen Beziehungen als Gesamtheit auftrete (vgl. Mot. S. 17). Ich
§ 26. II. Die Organisation der Gläubigerschaft. 157
§ 26.
II. Die Organisation der &lSabigerschaft.
Die Gläubigerschaft hat kraft des Gesetzes zwei Organe, den
Konkursverwalter und die Gläubigerversamralung. Fakultativ kann
noch ein Gläubigerausschufs hinzutreten.
Der Konkursverwalter vertritt die Gläubigerschaft nach aufsen.
Die Gläubigerversammlung beschliefst über die inneren Angelegen-
heiten der Gemeinschaft und über den Zwaugsvergleich.
Der Verwalter ist das dienende, die Gläubigerversammlung
das herrschende Organ der Gemeinschaft. Der Verwalter und der
Gläubigerausschufs haben sich nach den Beschlüssen der Ver-
sammlung zu richten. Die Bindung des Verwalters an die Be-
schlüsse der Versammlung ist jedoch nur für das innere Verhältnis
zur Gläubigerschaft bedeutsam. Einem Dritten gegenüber sind
Rechtshandlungen, die der Verwalter innerhalb des ihm zuge-
wiesenen Geschäftskreises vornimmt, wirksam, auch wenn er die
nach dem Gesetze erforderliche Genehmigung der Versammlung
nicht eingeholt hat oder wenn er einem Beschlüsse der Versammlung
entgegen handelt. Das ist in § 136 für die dort bezeichneten
Rechtshandlungen ausdrücklich ausgesprochen, mufs aber auch für
alle anderen Rechtshandlungen gelten. Die Gläubigerschaft ist
auch für den Schaden verantwortlich, den der Verwalter durch
eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene,
zum Schadenersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.
selbst habe in meiner Schrift z. Dogm. u. Gesch. des d. Konkursrechts die
juristische Persönlichkeit der Gläubigerschaft bekämpft, andererseits aber das
Wesen der Gemeinschaft nicht erkannt. Erst später habe ich mich zu der
richtigen Auffassung durchgerungen. Diese wird geteilt von Gierke, Das
deutsche Genossenschaftsrecht in Theorie u. Praxis S. 920 Zus. zu S. 361,
Deutsches Pr.K. I S. 674, 677 N. 68, S. 688 N. 123 ; K o h 1 e r , Lehrb. S. 370 ff.. Leitf.
S. 100 ff. und Arch. f. civ. Pr. LXXXI S. B41ff.; v. Canstein, Ztschr. f. Pr.
u. ö. R. IX 8. 466 ff.; Felix Wach, Zwangsvergleich S. 78; M. Huber, die
Gemeinderschaften der Schweiz (1897), 54. Heft von Gierkes Unters, z.
Staats- u. Rechtsgesch. S. 63 f.; vgl. a. A. Wach, Handb. I S. 590. —
Die Gläubigerschaft findet sich als union de cr^anciers im franz. Konkurs*
recht und zwar haben nach der ursprünglichen Fassung des C. d. comm.
art. 527 die Gl&ubigcr einen contrat d'union zu schliefsen, während nach
art. 529 in der Fassung des Gesetzes v. 1838 die union von selbst eintritt:
^es cr^anciers seront de plein droit en ^tat d*union". — Vgl. a. die österr.
K.O. §§ 1, 4, 6, 7, 10, 67, 76, 144.
158 Fünftes Hauptstück.
1. Der Konkursverwalter^
Der Konkursverwalter wird vom Konkursgerichte ernannt
(§ 78 Abs. 1) und zwar l)ei der Eröflnung des Verfahrens (§110
Abs. 1). Zugleich bestimmt das Gericht einen Termin (nicht über
einen Monat hinaus) zur Beschlursfassung der Gläubigerversammlung
über die Wahl eines anderen Verwalters (§ 110). Wählt die Ver-
sammlung einen anderen, so hat das Gericht zu entscheiden, ob
es ihn zum Verwalter ernennen will oder nicht (§ 80). Die Wahl
ist ein Vorschlag, über den vom Gericht entschieden werden mufs.
Die Berufung einer Gläubigerversammlung zur Wahl eines
anderen Verwalters ist nötig, so oft ein neuer Verwalter vom
Gerichte ernannt worden ist.
Mehrere Konkursverwalter können ernannt werden, wenn die
Verwaltung verschiedene Geschäftszweige umfafst. Das Gericht
hat darüber zu befinden, ob mehrere nötig sind. Jeder von mehreren
Verwaltern ist in dem ihm vom Gerichte zugewiesenen Geschäfts-
kreise selbständig; solidarisches Handeln kann nicht angeordnet
werden (§ 79). Differenzen über die Zugehörigkeit zu diesem
^ Über die Stellung des Konkursverwalters besteht Meinungsverschieden-
heit. In der älteren gemeinrechtlichen Litteratur ist die Ansicht, dafs der
Verwalter (cnrator) Vertreter der Gläubigerschaft oder doch der Konkurs-
gläubiger sei, vorherrschend. Vgl. z. B. Dabelow S. 579 f., Danz, summ.
Prozesse § 170f., Kori § 82, Martin, Lehrb. § 880, Linde, Lehrb. § 440,
Bayer § 41, Schmid III § 212. Abw. Fuchs, Conc.Verf. S. 53, der den
Kurator als Vertreter des Kridars betrachtet Salgado de Samoza Pars I
c. 13 Nr. 11, 12 scheint den Kurator als gerichtliches Organ zu betrachten. In
der neueren Litteratur wird der Verwalter von den S. 156 N. 11 erwähnten
Schriftstellern, die eine Gl&ubigergemeinschaft annehmen, als Organ dieser
Gemeinschaft behandelt, während die grofse Mehrzahl der Schriftsteller ihn
als Vertreter des Q-emeinschuldners betrachtet. Eine Übersicht der Litteratur
s. bei V. Wilmowski (5) S. 26 f. Die Mot. z. Entw. e. G.Sch.O. S. 16, 186 be-
zeichnen den Verwalter direkt als Vertreter des Gemeinschuldners. Nach den
Mot. z. Entw. d. K.O. S. 16 soll die Wissenschaft entscheiden, welche Theorie
die richtige ist Die Verf. der Mot scheinen sich aber auf die Seite der
Mot. z. Entw. e. G.Sch.O. zu neigen. Das R.G. schwankt In Entsch. VI S. 408,
J.W. V. 1887 S. 41, V. 1891 S. 11 wird der Verwalter als Vertreter des Gemein-
schuldners bezeichnet; in den Entsch. VIII S. 413, XIV S. 408 wird diese
Stellung verneint; in Entsch. XVIII S. 394 u. Beitr. z. E. d. d. R. XXXV
S. 1166 wird er als Vertreter der Gläubiger behandelt Nach Entsch. XXIX
S. 36 ist der Verwalter ein im öffentlichen Interesse geschaffenes Organ
(wessen?) für die Durchführung des Konkurses, der seine Legitimation zur
Ausübung der ihm übertragenen Funktionen unmittelbar dem Gesetze ent-
nimmt. Vgl. a. Entsch. XXXVIII Nr. 98 S. 379, XXXV Nr. 9 S. 31.
§ 26. II. Die Organisation der Gläubigerschaft. 159
oder jenem Geschäftskreise entscheidet das Konknrsgericht. Ein
Übergriff in den Geschäftskreis eines anderen Verwalters ist für
die Gläubigerschaft unwirksam als Handlung eines NichtVerwalters ;
der andere Verwalter kann aber die Handlung genehmigen.
Ein Specialverwalter ist vom Konkursgerichte zu ernennen,
wenn der Verwalter verhindert oder ungeeignet ist, in speciellen
Geschäften für die Gläubigerschaft zu handeln. Verhindert ist der
Verwalter, wenn er selbst als Aussonderungs- oder Absonderungs-
berechtigter, als Konkurs- oder Massegläubiger beteiligt ist, oder
wenn er eine zur Masse gehörende Sache besitzt oder wenn er
Schuldner der Konkursmasse ist (immer vorausgesetzt, dafs sich
Differenzen ergeben); denn er kann die Gläubigerschaft nicht
sich selbst gegenüber vertreten (arg. § 181 B.G.B.). Ungeeignet
ist z. B. der Verwalter, wenn sein Ehegatte in der angegebenen
Weise beteiligt ist. Auch vorübergehende thatsächliche Ver-
hinderung des Verwalters kann die Ernennung eines Special-
verwalters veranlassen. Der Specialverwalter wird vom Konkurs-
gericht ernannt, ohne dafs der Gläubigerversammlung Gelegenheit
zur Wahl eines anderen gewährt wird. Er hat bezüglich der ihm
übertragenen Geschäfte die Rechte und die Pflichten eines Konkurs-
verwalters.
Zum Verwalter kann jede prozefsfähige Person mit Ausnahme
des Gemeinschuldners ernannt werden; dieser nicht, weil niemand
die Zwangsvollstreckung gegen sich selbst betreiben kann. Die
Ernennung eitles Unfähigen ist ungültig; seine Handlungen kommen
nicht als Handlungen eines Konkursverwalters in Betracht, können
Aber von dem nachträglich ernannten Verwalter genehmigt werden.
Zum Verwalter soll nicht ernannt werden, wem die bürger-
lichen Ehrenrechte aberkannt sind (Str.G.B § 34 Nr. 6 i. d. F. d.
Art. 34 Nr. I E.G. z. B.G.B.). Würde ein solcher ernannt werden,
so ist er Verwalter und kann als solcher handeln*.
Die Ernennung eines Verwalters, wegen dessen persönlicher
Beteiligung ein Specialvertreter nötig wird (s. 0.), ist unzweck-
mäfsig, aber nicht unzulässig. Dagegen kann zum Specialver-
treter nicht die Person ernannt werden, der dieser Vertreter gegen-
über gestellt werden soll".
Gegen die Ernennung sowie gegen den Beschlufs, der die Er-
nennung des von der Gläubigerversammlung Gewählten ablehnt,
» Obgleich das St.G.B. von Unfähigkeit spricht! Vgl. B.G.B. § 1781 Nr. 4.
• Nach Analogie des § 181 B.G.B.
160 Fünftes Hauptstfick.
steht jedem Konkiirsgläubiger und dem Gemeinschuldner die
sofortige Beschwerde zu*.
Das Gericht kann dem Verwalter die Leistung einer Sicherheit*'^
auferlegen (§ 78 Abs. 2). Die Auflage kann als Bedingung der
Ernennung oder nachträglich erfolgen*. Im zweiten Falle führt
die Nichtleistung innerhalb der bestimmten Frist zur Absetzung.
Anders ist die Auflage nicht erzwingbar.
■ •
Zur Übernahme einer Konkursverwaltung ist niemand ver-
pflichtet. Das Gericht niufs sich daher mit dem zu Ernennenden
ins Benehmen setzen, ehe es ihn ernennt Wer die Ernennung
angenommen hat, kann aber das Amt nicht beliebig niederlegen;
er kann durch Ordnungsstrafen zur Fortführung angehalten werden,
bis er entlassen ist.
Der Name des Verwalters, nicht auch des Specialverwalters, ist
öffentlich bekannt zu machen (§ 81 Abs. 1). Der Ernannte ist
aber schon Verwalter vor der Bekanntmachung. Dem Verwalter
ist eine urkundliche Bescheinigung seiner Ernennung zu seiner
Legitimation zu erteilen. Bei Beendigung seines Amtes hat er
die Urkunde dem Gerichte zurückzureichen (§ 81 Abs. 2)''.
Der Verwalter steht bis zur Beendigung seines Amtes in
einem publizistischen, amtsähnlichen Verhältnisse zum Konkurs-
gerichte (§ 83) und in einem privatrechtlichen Verhältnisse zu
den Konkursgläubigern und zum Gemeinschuldner.
Auf Grund jenes Verhältnisses beaufsichtigt das Konkurs-
gericht die gesamte Thätigkeit des Verwalters. Es kann ihn
durch specielle Weisungen zur Erfüllung der gesetzlichen Obliegen-
heiten, insbesondere auch zur Ausführung von Beschlüssen des
Gläubigerausschusses und der Gläubigerversammlung, anhalten. In
^ Und zwar nicht blofs aus dem Grunde der Unzulässigkeit, sondern
auch wegen Unzweckmäfsigkeit.
^ Auf die Sicherheit findet § 108 der C.Pr.O. Anwendung, wenn nicht
das Gericht eine andere Art der Sicherheitsleistung für genügend erklärt»
Dafs es dies kann, folgt daraus, dafs es von der Sicherheitsleistung ab-
sehen kann. Die Sicherheit haftet den Gläubigern und dem Gemeinschuldner
für ihre Ansprüche aus der Geschäftsführung. Sie ist daher erst zurück-
zugeben, wenn die Rechnung genehmigt oder die Einwendungen erledigt
sind. Auf die Rückgabe findet § 109 C.Pr.O. entsprechende Anwendung. Für
die Ordnungsstrafen haftet die Sicherheit nicht; denn sie ist nicht dem Fiskus
geleistet.
8 Vgl. Mot. S. 305.
' Die Vorschriften der §§ 171 bis 173 B.G.B. finden keine entsprechende
Anwendung.
§ 26. II. Die Organisation der Gläubigerschaft. IgX
die Verwaltungsthätigkeit darf jedoch das Gericht nur insoweit ein-
greifen, als Pflichtwidrigkeiten in Frage kommen oder ein Eingriif
ausdrücklich gestattet ist (vgl. die §§99, 135 Abs. 2, 160, 161 Abs. 2)».
Ungehorsam gegen zulässige Weisungen sowie überhaupt pflicht-
widrige Handlungen oder Unterlassungen kann das Gericht durch
Ordnungsstrafen bis zu 200 Mark ahnden (§ 84 Abs. 1 Satz 1)®.
Auch kann das Gericht den Verwalter wegen pflichtwidrigen Ver-
haltens absetzen, und zwar vor der auf seine Ernennung folgenden
Gläubigerversammlung von Amtswegen, später aber nur auf
Antrag der Gläubigerversammlung oder des Gläubigerausschusses
(§ 84 Abs. 1 Satz 2).
Vor der Verhängung einer Ordnungsstrafe und vor der straf-
weisen Entlassung ist dem Verwalter Gelegenheit zu geben, sich
schriftlich oder mündlich zu rechtfertigen (§ 84 Abs. 2). Gegen
den Beschlufs, der eine Ordnungsstrafe oder die Entlassung aus-
spricht, steht ihm die sofortige Beschwerde zu.
Auf Grund des Privatrechtsverhältnisses ist der Verwalter für
die Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten allen Beteiligten, ins-
besondere der Gläubigerschaft, den einzelnen Konkursgläubigern,
dem Gemeinschuldner und den Massegläubigem ^^, verantwortlich
(§ 82). Er hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten ; fahrlässig
handelt er, wenn er bei Besorgung der Geschäfte die im Verkehr
erforderliche Sorgfalt aufser Acht läfst ; die Vorschriften des § 827
B.G.B. finden Anwendung (§ 276 Abs. 1 B.G.B.). Jeder Beteiligte,
der durch eine vorsätzliche oder fahrlässige Handlung oder Unter-
lassung des Verwalters geschädigt ist, kann Schadensersatz bean-
spruchen. Der Anspruch ist im ordentlichen Prozesse zu verfolgen.
Der Verwalter hat bei Beendigung seines Amtes einer Gläubiger-
versammlung Schlufsrechnung zu legen (§ 86 Satz 1). Zur Ab-
nahme der Rechnung ist stets ein Termin zu bestimmen, in der
Regel der Schlufstermin (§ 162), bei früherer Beendigung des
Amtes ein anderer Termin. Die Rechnung mufs mit Belegen ver-
sehen sein. Besteht ein Gläubigerausschufs , so ist sie zunächst
» Vgl. die Mot S. 306. — Da Pflichtwidrigkeit sich auch daraus ergeben
kann, dafs der Verwalter unzweckmäfsige Handlungen vornimmt oder zweck-
mäfsige unterläfstf so ist die Grenze nicht scharf zu ziehen. — Vgl. a. R.G.
30. Mai 1892 Entsch. XXIX Nr. 23 S. 83.
• Die Strafe kann wiederholt verhängt werden. Umwandelung in Freiheits-
strafe ist nicht vorgesehen. Die Strafe ist eine Art von Disciplinarstrafe;
sie schliefst die Rriminalstrafe nicht aus.
w Vgl. Entsch. d. R.G. XXXVI Nr. 24 S. 96.
Binding, Handbuch IX 8: L. Seuffert, Konkursprozefsreoht. 11
IQ2 Fünftes Hauptstück.
diesem mitzuteileD , damit er etwaige Bemerkungen beisetze. Die
Rechnung mit den Belegen und den etwaigen Bemerkungen des Aus-
schusses mufs spätestens drei Tage vor dem Termin auf der Ge-
richtsschreiberei zur Einsicht der Beteiligten niedergelegt werden
(§ 86 Satz 2). Ist die Frist nicht eingehalten, so mufs der Termin auf
Antrag eines Beteiligten vertagt werden. Der Gemeinschuldner,
jeder Konkursgläubiger, der sich bei dem Verfahren beteiligt hat,
und der nachfolgende Verwalter sind berechtigt, Einwendungen
gegen die Rechnung zu erheben (§ 86 Satz 3). Wenn in dem Termin
eine Einwendung erhoben und nicht gütlich erledigt wird, so kann
deijenige, welcher sie erhoben hat, den Verwalter im ordentlichen
Prozesse belangen ^^ ; und zwar kann er sowohl auf Leistung des
Offenbarungseides klagen, wenn die Voraussetzungen des § 259
Abs. 2 B.G.B. gegeben sind, als auch auf Herausgabe desjenigen,
was der Verwalter noch in Händen hat, soweit es ihm heraus-
zugeben ist. Hat der Verwalter eine Sicherheit geleistet und wird
diese infolge von Einwendungen zurückbehalten, so kann er das
Verfahren nach § 109 C.Pr.O. veranlassen, aber auch auf Freigabe
der Sicherheit gegen denjenigen klagen, dessen Einwendung die
Freigabe der Sicherheit hindert.
Der Verwalter hat gegen die Gläubigerschaft Anspruch auf
Erstattung angemessener barer Auslagen und auf Vergütung für seine
Geschäftsführung. Die Festsetzung der liquidierten Auslagen imd
Gebühren erfolgt durch das Konkursgericht (§ 85 Abs. 1). Die
Landesjustizverwaltuhg kann für die dem Verwalter zu gewährende
Vergütung allgemeine Anordnungen treflFen (§ 85 Abs. 2).
Gegen die Pestsetzung der Gebühren und Auslagen durch das
Konkursgericht steht dem Verwalter, dem Gemeinschuldner und jedem
bei dem Verfahren beteiligten Gläubiger die sofortige Beschwerde
zu**. Auslagen und Gebühren sind Massekosten (§ 58 Nr. 2).
Der zum Konkursverwalter Ernannte kann vom Konkursgerichte
nicht blofs wegen pflichtwidrigen Verhaltens, sondern auch, weil er
sich als ungeeignet zur Verwaltung erweist (dazu gehört auch der
Fall des Verlustes der bürgerlichen Ehrenrechte, desgleichen der
Fall, dafs der Verwalter prozefsunfähig wird oder in Konkurs
gerät), sowie auf sein Verlangen seines Amtes entlassen werden.
" Vgl. Mot. S. 308.
*■ Und zwar nicht blofs wegen der Auslagen, wie Oetker, Grundbegr. I
I S. 104 N. 1 annimmt, sondern auch wegen der Gebühren; denn auch das
Ermessen unterliegt der Nachprüfung durch das Beschwerdegericht.
§ 26. II. Die Organisation der Gläubigerschaft. 168
Auch auf eine sdche Entlassung finden die Vorschriften des § 84
Abs. 1 Satz 2 Anwendung.
Abgesehen von der Entlassung endigt das Amt des Verwalters
mit der Beendigung des Konkurses, sofern nicht der Verwalter zur
Erledigung von Geschäften, die nach der Beendigung des Verfahrens
zu besorgen sind, insbesondere zur Erledigung anhängiger Prozefse
oder zu Nachtragsverteilungen in Funktion bleibt
Mit der Beendigung des Amtes erlischt nicht nur die Amts-
thätigkeit, sondern auch die Amtspflicht des Verwalters; er kann
also nicht mehr wegen einer früheren Pflichtwidrigkeit mit Ord-
nungsstrafe belegt werden. Dagegen dauern die aus der Verwalter-
thätigkeit entstandenen privatrechtlichen Ansprüche fort.
2. Der Gläubigerausschu^s*^
Zwischen die Gläubigerversammlung und den Verwalter kann
(fakultativ) als weiteres Organ der Gläubiger ein Gläubigeraus-
schufs zur Unterstützung und Überwachung des Verwalters ein-
geschaltet werden. Nur im Konkurs über das Vermögen einer
Crenossenschaft ist die Bestellung eines Gläubigerausschusses ge-
boten (§ 103 Gen.Ges. Red. v. 1898).
Der Ausschufs mufs aus mehreren Personen bestehen, (arg.
§ 90); ungerade Anzahl ist üblich, aber nicht notwendig.
Vor der ersten Gläubigerversammlung kann das Konkurs-
gericht die Bestellung eines Ausschusses beschliefsen, die Mitglieder-
zahl bestimmen und die Mitglieder wählen. Die Auswahl beschränkt
sich auf die dem Gerichte bekannten prozefsfähigen Konkurs-
gläubiger und deren Vertreter (§ 87 Abs. 1). Dafs der Konkurs-
gläubiger die Anmeldung seiner Forderung schon vollzogen habe,
ist nicht nötig". Stellt sich heraus, dafs der Gewählte kein
Gläubiger ist, so ist seine Ernennung zurückzunehmen. Gegen
^ Der GläubigerauBschurs war auch dem frfiheren gem. Rechte bekannt.
Vgl. Schweppe § 95, Bayer § 41 N. 21, Fuchs, ConcVert S. 41 N. 1.
Seine Entstehung beruht auf Gerichtspraxis. In der preufs. K.O. §§ 212 fr.
hiefs er Verwaltungsrat und hatte nur beschränkte Funktionen. Vgl. a. bayr.
Pr.O. V. 1869 Art. 1280 Abs. 2 Nr. 2, 1282 bis 1285, 1288. Dafs der Glftubiger-
ausschufs ein Organ der Gläubigerschaft ist, wird in den Mot. S. 810 und
deswegen allgemein anerkannt. Die Annahme eines Mandatsverhältnisses
(Mot. a. a. 0.) läfst die Organsteilung dann wieder unberücksichtigt -— Vgl. a.
R.G. 25. Jan. 1888, Entsch. XX Nr. 22 S. 110, 23. Sept. 1893 XXXI Nr. 21
S. 122.
1^ Das Gericht kann den Ausschufs in einem 2ieitpunkte bestellen, wo
noch keine Liquidation möglich ist.
11*
164 Fünftes Hanptstfick.
die Bestellung und die Zusammensetzung des Gläubigerausschusses
steht den Konkursgläubigern, dem Verwalter und dem Gemein-
schuldner die sofortige Beschwerde zu.
Der vom Gerichte bestellte Ausschufs tritt mit der ersten
Gläubigerversammlung aufser Funktion.
Die erste Gläubigerversammlung mufs darüber beschliefsen,
ob ein Gläubigerausschufs bestellt werden soll. Jede folgende
Gläubigerversammlung kann die Bestellung eines Ausschusses be-
schliefsen. Wird die Bestellung beschlossen, so bestimmt die Ver-
sammlung die Mitgliederzahl und wählt die Mitglieder (§ 87 Abs. 2
Satz 1,2). Wählbar ist jede prozefsfähige Person (§ 87 Abs. 2 Satz 2)
mit Ausnahme des Verwalters und des Gemeinschuldners. Jener
ist nicht wählbar, weil er sich nicht selbst Oberwachen kann;
dieser nicht, weil er der Gläubigerschaft als exequendus gegenüber-
steht. Die Bestellung und die Zusammensetzung des Ausschusses
unterliegt der Bestätigung des Gerichtes nicht; daher ist kein
Raum für eine Beschwerde. Das Gericht hat auch kein Veto (§ 99)
gegen den Beschlufs; denn es ist nichts auszuführen.
Niemand braucht die Wahl anzunehmen; aber wer sie an-
genommen hat, kann nicht beliebig zurücktreten, sondern mufs
seine Pflichten als Mitglied erfüllen, bis seine Bestellung widerrufen
wird.
Der Ausschufs als Kollegium hat folgende Rechte und Pflichten.
Er ist berechtigt, von dem Verwalter Berichterstattung über die
Lage der Sache und die Geschäftsführung zu verlangen (§ 88
Abs. 2 Satz 1), Er ist verpflichtet, die Untersuchung der Kasse
wenigstens einmal im Monat durch ein Mitglied vornehmen zu
lassen (§ 88 Abs. 2 Satz 2). Er hat den Geldverkehr des Ver-
walters zu kontrollieren (§ 187), über die Schlufsrechnung des
Verwalters sich zu äufsern (§ 86 Satz 2); seine Genehmigung hat
der Verwalter zu gewissen Verwaltungsgeschäften zu erholen (§§ 129,
138, 184» 137). Der Ausschufs hat die Vornahme von Verteilungen
zu genehmigen (§ 150) und bei einer Abschlagsverteilung den
Prozentsatz zu bestimmen (§ 159 Abs. 1). Er hat sich über den
Vorschlag eines Zwangsvergleichs zu äufsern (§§ 176, 177, 179).
Er ist befugt, die Entlassung des Verwalters und die Berufung
einer Gläubigerversammlung zu beantragen (§§ 84 Abs. 1 Satz 2,
93 Abs. 1 Satz 2) und von dem Gemeinschuldner Auskunft zu ver-
langen (§ 100).
Wo der Ausschufs als solcher thätig wird, bedarf es eines
Beschlusses. Zur Gültigkeit ist erforderlich die Teilnahme der
§ 26. II. Die Organisation der Gläubigerschaft. 165
Mehrheit der Mitglieder an der Beschlufsfassung und die absolute
Mehrheit der abgegebenen Stimmen (§ 90). Im übrigen bestimmt
der Ausschufs seine Geschäftsordnung, insbesondere die Art der
Einberufung und der Abstimmung, selbst.
Von den Rechten und Pflichten des Ausschusses sind die
Rechte und Pflichten der einzelnen Mitglieder zu unterscheiden.
Die Mitglieder haben den Verwalter bei seiner Geschäftsführung
zu unterstützen und zu überwachen. Sie können sich von dem
Gange der Geschäfte unterrichten, die Bücher und Schriften des
Verwalters einsehen und den Bestand seiner Kasse untersuchen
(§ 88 Abs. 1). Etwaiger Widerstand des Verwalters kann nur
durch Einschreiten des Konkursgerichts überwunden werden
(§§ 83, 84).
Die Mitglieder des Gläubigerausschusses sind für die Erfüllung
der ihnen (im Kollegium und einzeln) obliegenden Pflichten allen
Beteiligten, insbesondere der Gläubigerschaft ***, den einzelnen Kon-
kursgläubigem und dem Gemeinschuldner** verantwortlich. Sie
haben Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten (arg. § 276 B.G.B.).
Jeder Beteiligte, der durch eine vorsätzliche oder fahrlässige
Handlung oder Unterlassung eines Mitgliedes des Ausschusses ge-
schädigt ist, kann Schadensersatz beanspruchen; der Anspruch ist
im ordentlichen Prozesse zu verfolgen.
Der Gläubigerschaft gegenüber haben die Mitglieder des
Gläubigerausschusses Anspruch auf Ersatz angemessener barer
Auslagen und auf Vergütung für ihre Geschäftsführung. Die Fest-
setzung der Auslagen und der Vergütung erfolgt nach Anhörung
der Gläubigerversammlung durch das Konkui-sgericht (§ 91 Abs. l).
Die Landesjustizverwaltung kann für die den Mitgliedern des
Gläubigerausschusses zu gewährende Vergütung allgemeine An-
ordnungen treffen (§ 91 Abs. 2). Die Auslagen und die Ver-
gütung sind Massekosten (§ 58 Nr. 2). Die Festsetzung ist anfechtbar
wie die Festsetzung der Gebühren etc. des Verwalters (s. o. bei Nr. 12).
Die durch das Gericht erfolgte Bestellung zum Mitgliede des
Gläubigerausschusses kann von dem Gerichte, die durch die Gläu-
bigerversammlung erfolgte Bestellung durch Beschlufs der Ver-
sammlung widerrufen werden (§ 92). Gründe brauchen nicht an-
gegeben zu werden. Der vom Gericht ausgehende Widerruf kann
von den Beteiligten mit sofortiger Beschwerde angefochten werden.
» Vgl. R.G.Ent8ch. XX Nr. 22 S. 108 ff,
" Vgl. R.G.Entsch. XXXI Nr. 21 S. 119 ff.
\QQ Fünftes Hanptstück.
Der von der Gläubigerversammluug ausgehende Widerruf ist un-
anfechtbar..
Mit dem Widerruf endigen die Rechte und Pflichten des
früheren Mitgliedes, unbeschadet der Fortdauer der bereits ent-
standenen Schuldverhältnisse.
Durch den Widerruf der Bestellung, durch Eintritt der Prozefs-
unfähigkeit und durch Tod kann die Zahl der Mitglieder verringert
werden. Der Ausschufs fungiert fort, solange noch zwei Mitglieder
vorhanden sind. Natürlich kann er ergänzt werden. Die Gläubiger-
versammlung kann dem Ausschusse das Recht der Kooptation für
den Fall des Wegfalls eines Mitgliedes einräumen.
Durch Widerruf der Bestellung kann der ganze Gläubigeraus-
schufs auf einmal beseitigt werden.
3. Die Gläubigerversammlung.
Die Gläubigerversammlung wird stets vom Gerichte berufen
(§ 93 Abs. 1 Satz 1). Die Versammlung mufs in den vom Ge-
setz ausdrücklich vorgesehenen Fällen (§§86, 110, 162, 179) sowie
dann berufen werden, wenn sie vom Verwalter, dem Gläubiger-
ausschufs oder von mindestens fünf Konkursgläubigem, deren an-
gemeldete Forderungen nach Schätzung des Gerichts den fünften
Teil der Schuldenmasse erreichen, beantragt wird (§ 93 Abs. 1
Satz 2) ". Aufserdem kann das Gericht jederzeit von Amtswegen
oder auf irgend welche Anregung eine Gläubigerversammlung berufen.
Weist das Gericht einen Antrag auf Berufung der Gläubiger-
versammlung ab, so steht dem Antragsteller die sofortige Be-
schwerde zu. Gegen die Entscheidung des Konkursgerichts, wo-
durch die Gläubigerversammlung berufen wird, steht allen Beteiligten
die sofortige Beschwerde zu. Durch die Beschwerde kann auch
Ort und Zeit der Berufung sowie die Tagesordnung (§ 98) ange-
fochten werden.
Die Berufung der Versammlung mufs öffentlich bekannt
gemacht werden (§ 93 Abs. 2). Die Bekanntmachung mufs den
Gegenstand, worüber beschlossen werden soll, enthalten (§ 98).
Sie mufs Ort und Zeit angeben. Für den Ort ist § 219 C.Pr.O.
^"^ Bei der Schätzung sind Forderungen eines absonderungsberechtigten
Konkursgläubigers nur mit dem mutmafslichen Ausfalle, ungeprüfte und noch
nicht festgestellte Forderungen .mit ihrem mutmafslichen Betrage, der gleich
Null sein kann, anzusetzen.
§ 26. II. Die OrganiBation der Gläubigerschaft. 167
mafsgebend. Eine Ladungsfrist ist nicht vorgesehen. Das Gericht
kann den Termin nach den Vorschriften der §§ 227 Abs. 2, 228C.Pr.O.
verlegen oder vertagen, sowie die Verhandlungen abbrechen und
einen Termin zur Fortsetzung bestimmen. Auch die Versammlung
kann die Fortsetzung der Verhandlung in einem späteren Termine
beschliefsen ; die Terminsbestimmung ist Sache des Vorsitzenden.
Der Termin, der aus Anlafs einer Vertagung oder zur Fortsetzung
der Verhandlungen in dem Termine der Gläubigerversammlung
verkündet wurde, wird nicht bekannt gemacht, wenn kein neuer
Gegenstand auf die Tagesordnung gesetzt wird (§ 98 Abs. 2 mit
§98).
Die Verhandlung der Gläubigerversammlung ist nicht öffentlich,
da sie keine Verhandlung vor dem erkennenden Gericht (§ 170
G.V.G.) ist.
Die Verhandlung wird von dem Amtsrichter geleitet (§ 94
Abs. 1). Ihm stehen die Befugnisse zu, die dem Vorsitzenden in
einer mündlichen Verhandlung zustehen (§ 136, 189 C.Pr.O., § 177
(r.V.G.),- er hat die sitzungspolizeilichen Befugnisse des Gerichts
(§§ 178 bis 182 G.V.G.). Wegen des Protokolls vgl. § 72 K.O. verb.
mit §§ 159 bis 164 C.Pr.O.
Zur Teilnahme an den Verhandlungen und Abstimmungen
sind diejenigen Konkursgläubiger berechtigt, deren Forderungen
festgestellt sind (§ 95 Abs. 1 Satz 1). Der Begriff der Feststellung
ergiebt sich aus § 144 Abs. 1". Die Forderung, die bei der
Prüfung auf den Widerspruch des Verwalters oder eines Gläubigers
stiefs, berechtigt zur Teilnahme nur, wenn ihr ein Stimmrecht durch
Einigung zwischen den Parteien, d. h. zwischen dem liquidierenden
Gläubiger und dem Opponenten, oder durch gerichtliche Entschei-
dung gewährt worden ist. Bei jener Einigung und bei dieser Ent-
scheidung ist der Betrag zu bestimmen, zu dem das Stimmrecht
zusteht (§ 95 Abs. 1 Satz 1 , 2). Das auf solche Weise gewährte
Stimmrecht bleibt dem Gläubiger auch für die folgenden Gläubiger-
versammlungen. Beruht es auf einer Entscheidung des Konkurs-
gerichts, so kann es auf weiteren Antrag einer Partei (s. o.) durch neue
Entscheidung des Gerichts entzogen oder anderweit bemessen
werden (§ 95 Abs. 1 Satz 3)*®. Wird die Forderung nachträglich
18 Widerspruch gegen ein angemeldetes Vorrecht kommt hier nicht in
Betracht, da unbevorrechtigte Forderungen ebenso zum Stimmen berechtigen,
wie bevorrechtigte.
'* Formular für die Stimmliste s. Weizsäcker (Vierhaus), Formularbuch
Nr. 189/190.
168 Fünftes Hauptstück.
festgestellt, so ist der Gläubiger natürlich mit dem festgestellten Be-
trage stimmberechtigt. Wird die Forderung oder deren Eigenschaft
als Eonkursforderung rechtskräftig aberkannt, so hört das früher
gewährte Stimmrecht auf. Ebenso, wenn die Anmeldung zum
Konkurse zurückgenommen wird.
Forderungen, die angemeldet, aber noch nicht geprüft sind*^,
berechtigen mit ihrem vollen Betrage zum Stimmen, solange nicht
in einer Gläubigerversammlung von einem konkurrierenden Gläu-
biger oder vom Verwalter widersprochen wird. Wird widersprochen,
so entscheidet das Gericht nach seinem Ermessen, ob und zu welchem
Betrage dem Gläubiger ein Stimmrecht zu gewähren ist (§ 95 Abs. 2).
Diese Entscheidung gewährt kein bleibendes Stimmrecht *\ In jeder
späteren Gläubigerversammlung tritt wieder die frühere Rechtslage
ein. Der Gläubiger der ungeprüften Forderung ist stimmberechtigt,
bis Widerspruch erfolgt; bei Widerspruch hat das Gericht aufs neue
zu entscheiden.
Der Gläubiger einer Forderung, für die abgesonderte Be-
friedigung beansprucht wird, ist nur in Ansehung des mutmafslichen
Ausfalls stimmberechtigt. Diesen Ausfall hat er anzugeben. Wird
dagegen weder von einem konkurrierenden Gläubiger noch vom Ver-
walter in der Gläubigerversammlung Widerspruch erhoben, so ist er
mit dem angegebenen Ausfallsbetrage in dieser Versammlung stimm-
berechtigt. Im Falle des Widerspruchs entscheidet das Gericht, ob
und zu welchem Betrage ein Stimmrecht zu gewähren ist (§ 9»»
Abs. 1). Auch diese Entscheidung gilt nur für die einzelne Ver-
sammlung.
Ebenso verhält es sich mit einer Forderung unter aufschiebender
Bedingung. Der Gläubiger ist mit dem angemeldeten Betrage
stimmberechtigt, bis in der Versammlung Widerspruch erhoben
wird. Im Falle des Widerspruchs entscheidet das Gericht (§ 96
Abs. 1).
Die besonderen Bestimmungen über das Stimmrecht für Forde-
rungen mit Absonderungsrecht und für bedingte Forderungen sind
^ Forderungen, die noch nicht angemeldet sind, können kein Stimmrecht
haben, weil die Anmeldung die Form ist, in der die Absicht, sich am Ver-
fahren zu beteiligen, erklärt werden mufs. Vgl. Oetker, Grundbegr. 1
S. 519. Abw. V. Wilmo wski § 87 N. 5. Dessen Einwand, dafs sonst in vielen
Fällen keine Stimmberechtigten vorhanden wären, ist nicht durchschlagend,
da die Anmeldung nach der Eröfinung des Konkurses stets möglich ist.
" Vgl. Mot. S. 307.
§ 26. IL Die Organisation der Glftubigerschaft. X69
anwendbar, mag die Forderung geprüft oder nicht geprüft, fest-
gestellt oder nicht festgestellt sein.
Alle Entscheidungen über das Stimmrecht und dessen Umfang
sind unanfechtbar (§ 95 Abs. 3, § 96 Abs. 2).
Bei der Beschlufsfassung werden nur die Stimmen der in
der Gläubigerversammlung erschienenen stimmberechtigten Gläubiger
gezählt (§ 97 Satz 1). Ein Gläubiger kann sich durch einen Be-
vollmächtigten vertreten lassen. In Ansehung der Vollmacht finden
die Vorschriften der §§ 80, 81, 83 Abs. 2, 84 bis 86, 87 Abs. 2,
88 Abs. 2, 89 C.Pr.O.*" entsprechende Anwendung.
Zum Zustandekommen eines Beschlusses der Gläubigerver-
sammlung ist der Regel nach die absolute Mehrheit der abge-
gebenen Stimmen erforderlich und genügend (§ 94 Abs. 2 Satz 1) ^'.
Relative Mehrheit genügt für die Wahl der Mitglieder eines
Gläubigerausschusses (§ 94 Abs. 2 Satz 2), nicht für sonstige Wahlen.
Eine qualifizierte Mehrheit ist zur Annahme eines Zwangs Vergleichs
erforderlich (§ 182). Die Mehrheit wird nicht nach den Köpfen,
sondern immer nach den Forderungsbeträgen berechnet (§ 94 Abs. 8
Satz 1). Dabei kommen auch die Nebenforderungen in Betracht.
Bei Gleichheit der Summen entscheidet die Zahl der Gläubiger
(§ 94 Abs. 3 Satz 2), wobei ein Vertreter mehrerer Gläubiger
mehrfach, ein Gläubiger mit mehreren Forderungen aber nur ein-
fach zu zählen ist.
Die nicht erschienenen Gläubiger sind ebenso wie die über-
stimmten und diejenigen, welche sich bei der Abstimmung nicht
beteiligten, an die Beschlüsse gebunden (§ 97 Satz 2).
- Beschliefsen kann eine Gläubigerversammlung nur über solche
Gegenstände, die durch öffentliche Bekanntmachung vor dem Termin
auf die Tagesordnung gesetzt wurden (§ 98)**; über einen anderen
** Die entsprechende Anwendung des § 89 C.Pr.0. ergiebt, dafs jemand
als Geschäftsführer ohne Auftrag oder als Bevollmächtigter ohne Vollmachts-
nachweis gegen oder ohne Sicherheitsleistungzur Abstimmung zugelassen werden
kann, daTs ihm eine Frist zur Beibringung der Genehmigung zu setzen ist,
dafs die Abstimmung nicht gilt, wenn er die Genehmigung nicht beibringt,
dafs aber mündliche Vollmachtserteilung oder stillschweigende Genehmigung ^
zur Gültigkeit genügt.
** Über die Berechnung der Mehrheit bei Abstimmungen über Summen
vgl. V. Wilmowski § 86 N. 3. Die entsprechende Anwendung des G.V.G.
§ 198 Abs. 2 ist nicht überall möglich.
^ Die Bekanntmachung kann bei der Berufung der Versammlung oder
zusätzlich zu der Berufung erfolgen. Die zweite Bekanntmachung mufs als
Erneuerung der Berufung angesehen werden.
170 Fünftes Hanptstück.
Gegenstand selbst dann nicht, wenn von keiner Seite widersprochen
wird, wegen der nicht erschienenen Gläubiger.
Gewisse Gegenstände, worüber die Gläubiger zu beschliefsen
haben, werden im Gesetz ausdrücklich erwähnt. So die Wahl eines
anderen Verwalters (§ 80), der Antrag auf Absetzung des Verwalters
(§ 84), die Bestellung und Wahl des Gläubigerausschusses (§ 87), die
Begutachtung der Auslagen und Gebühren der Mitglieder des Aus-
schusses (§ 91), der Widerruf der Bestellung zum Mitgliede des
Ausschusses (§ 92), die Bewilligung einer Unterstützung an den
Gemeinschuldner, die Schliefsung oder die Fortführung des Ge-
schäfts, die Bestimmung der Stelle, bei der, sowie die Bedingungen,
unter denen die Gelder, Wertpapiere und Kostbarkeiten hinterlegt
oder angelegt werden sollen (§ 132 Abs. 1), die Art und Weise
und die Zeiträume für die Berichterstattung des Verwalters und
dessen Rechnungslegung (§ 182 Abs. 2), die Genehmigung der in
§ 134 bezeichneten Rechtshandlungen des Verwalters, die Be-
seitigung der in § 137 getroffenen Bestimmung über Quittungen
des Verwalters, die Verfügung über die nicht verwertbaren Ver-
mögensstücke (§ 162) und der Vergleichsvorschlag (§ 182). Damit
ist aber der Kreis der Gegenstände, worüber die Gläubigerversamm-
lung beschliefsen kann, nicht erschöpft. Vielmehr kann jede interne
Angelegenheit der Gläubigerschaft, die nicht der Entscheidung des
Konkursgerichts vorbehalten ist, Gegenstand einer Beschlufsfassung
sein. Insbesondere kann die Gläubigerversammlung in allen
Angelegenheiten, die der Verwalter und der Gläubigerausschufs zu
besorgen haben, Direktiven geben, an die der Verwalter und die Mit-
glieder des Ausschusses gegenüber den Gläubigem gebunden sind '^.
Die Gültigkeit eines Beschlusses der Gläubigerversammlung
hängt davon ab, dafs er ordnungsmäfsig , also in einer vorschrifts-
mäfsig berufenen Versammlung, über einen auf der veröffentlichten
Tagesordnung stehenden Gegenstand, der zur Zuständigkeit der
Versammlung gehört, und unter Beobachtung der Vorschriften
über die Stimmberechtigung und die Abstimmung zustande ge-
kommen ist. Sonst ist der Beschlufs nichtig"®. Die Nichtigkeit
ist von Amtswegen zu beachten. Hat das Konkursgericht einen
** Demgemäfs kann z. B. die Versammlung darüber beschliefsen, wie sich
der Verwalter in Bezug auf Aussonderungs- oder Absonderungsansprüche, auf
Anfechtungsansprüche, auf Widerspruch gegen eine Liquidation, auf Ein-
beziehung eines Gegenstandes in die Masse etc. etc. verhalten soll.
8« Vgl. Mot. S. 314.
§ 27. in. D. relat UnwirkBamkeit d. Rechtahandl. d.Gemein8chuldn. eta 171
nichtigen Beschlufs irrtümlich als Beschlufs protokolliert, so kann
jeder Interessent beantragen, dafs der Beschlufs unausgeführt bleibe
und kassiert werde. Weist das Konkursgericht den Antrag ab, so
steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu.
Ein formell gültiger Beschlufs der Gläubigerversammlung
kann nicht durch Beschwerde angefochten werden. Aber der Ver-
walter und jeder Gläubiger, der mitgestimmt hat und in der
Minderheit geblieben ist, kann in der Gläubigerversammlung, die
den Beschlufs fafste, bei dem Konkursgerichte beantragen, dafs es
die Ausführung des Beschlusses aus dem Grund untersage, weil
der Beschlufs dem gemeinsamen Interesse der Konkursgläubiger
widerspreche (§ 99)*'. Durch einen solchen Antrag wird das Ge-
richt genötigt, eine Entscheidung zu geben.
Widerspricht der Beschlufs dem gemeinsamen Interesse, so
untersagt das Gericht die Ausführung. Eine solche Entscheidung
ist, da sie den Verwalter und alle Konkursgläubiger angeht, öffentlich
bekannt zu machen (arg. § 73 Abs. 3). Sie kann vom Verwalter
und von jedem stimmberechtigten Gläubiger durch sofortige Be-
schwerde angefochten werden.
Ist das Gericht der Ansicht, dafs der Beschlufs dem gemeinsamen
Interesse nicht widerspreche, so weist es den Antrag ab. Die Ent-
scheidung ist nur dem Antragsteller zuzustellen; dieser kann dio
sofortige Beschwerde einlegen*®.
Besonderes gilt für den Beschlufs einer Gläubigerversammlung,
wodurch ein Zwangsvergleich angenommen wird; ein solcher Be-
schlufs bedarf der Bestätigung des Gerichts (§ 184).
§27.
I III. Die relatiro Unwirksamkeit von Recktshandlungen
des Gemeinschnldners und der nach der ErOlfnung des Kon-
karses erworbenen Beeilte.
i
i Rechtshandlungen, die der Gemeinschuldner nach der Eröffnung
des Konkurses vorgenommen hat, können das der Gläubigerschaft
'^ Der Entw. e. d. Gein.Sch.0. enthielt keine derartige Bestimmung. —
§ 99 bezieht sich auf alle Beschlüsse, die noch einer Ausführung bedürfen;
aber auch nur auf solche. Über die jetzige Fassung vgl. K.Pr. S. 67, 70.
«8 Petersen u. Kleinfeller §§ 85 bis 91 N. IV 1 wollen auch dem Ver-
Walter, der nicht Antragsteller ist, v. Wilmowski § 91 N. 1 will jedem
172 Fünftes Hauptstück.
erworbene Pfandrecht nicht beeinträchtigen und sind daher gegen-
über der Gläubigerschaft unwirksam (§ 7). Anderen gegenüber
haben sie die gewöhnliche Wirkung ^ Von Rechtshandlungen, die
am Tage der Konkurseröffnung vorgenommen wurden, wird ver-
mutet, dafs sie nach der Eröffnung vorgenommen worden sind
(§ 7 Abs. S).
Kechtshandlung ist jede Handlung , die nach der Absicht des
Handelnden Rechtswirkungen haben soll und nach dem objektiven
Rechte Rechtswirkungen hat*. Auch die Entgegennahme einer
empfangsbedürftigen Willenserklärung ist Rechtshandlung in diesem
Sinne.
Die Rechtshandlung eines Bevollmächtigten wird wie die Rechts-
handlung des Gemeinschuldners behandelt.
Unwirksam sind nur die Rechtshandlungen, die das Pfandrecht
beeinträchtigen; nicht die für den Bestand der Masse günstigen
oder gleichgültigen, nicht die das konkursfreie Vermögen des Ge-
meinschuldners betreffenden.
Zu den unwirksamen Rechtshandlungen kann ein gegenseitiger
Vertrag gehören. Was auf Grund eines solchen Vertrags von dem
anderen Teil geleistet worden und direkt oder indirekt in die
Konkursmasse gelangt ist, ist als ungerechtfertigte Bereicherung
herauszugeben, wenn der Vertrag von dem Konkursverwalter als
unwirksam behandelt wird (§ 7 Abs. 2).
Leistungen auf Ansprüche , die zur Konkursmasse gehören,
sind an den Konkursverwalter zu bewirken. Erfolgen solche
Leistungen an den Gemeinschuldner oder auf seine Anweisung an
einen Dritten, so ist der Leistende gegenüber der Gläubigerschaft
nicht befreit; die Annahme ist Rechtshandlung des Gemein-
schuldners. Soweit jedoch das Geleistete in die Konkursmasse
gekommen ist, tritt auch gegenüber der Gläubigerschaft Befreiung
ein, denn insoweit ist das Pfandrecht nicht beeinträchtigt (§ 8
Abs. 1).
Relativ unwirksam sind auch Rechtshandlungen des Gemein-
schuldners, wodurch die Rechtslage eines Konkursgläubigers im
Verhältnisse zu den anderen Konkursgläubigern verbessert würde,
stimmberechtigten Gläubiger die Beschwerde geben. Dem steht entgegen,
dafs das Recht, das Veto des Gerichts zu beantragen, nach § 99 mit dem
Schlüsse der Gläubigerversammlung präkludiert ist.
^ Ein Anderer ist auch der einzelne bei der Rechtshandlung beteiligte
Konkursgläubiger, im Gegensatze zur Gläubigerschaft.
* Ähnlich: Bierling, Jur. Principienlehre II S. 46 ff.
I
«
§ 27. HL D.relat. Unwirksamkeit d. Rechtshandl. d. Gemeinschnldn. etc. 178
2. B. Anerkenntnis, Genehmigung, Verzicht auf Einrede etc.;
denn der Anteil des einzelnen Konkursgläubigers an dem Pfand-
recht der Gläubigerschaft bemifst sich nach der Forderung, wie
sie z. Z. der Eröffiiung des Konkurses besteht
Die relative Unwirksamkeit der Rechtshandlungen des Ge-
meinschuldners hängt im allgemeinen nicht davon ab, dafs dem
anderen Teile die Eröflhung des Konkurses bekannt war. Insbe-
sondere kann sich der Erwerber einer beweglichen Sache nicht
auf seinen guten Glauben , d. i. auf die Unkenntnis der Konkurs-
eröiShung, berufen (§ 7); die Vorschriften des B.G.B. §§ 932 bis 984,
985 Abs. 2, 1207, 1208 und des H.G.B. § 866 finden keine An-
wendung».
Dagegen kann derjenige, welcher nach der Konkurseröffnung
ein Recht an einem Grundstück * oder ein Recht an einem solchen
Recht durch Rechtsgeschäft mit dem Gemeinschuldner erworben
hat, sich auf die Vorschriften der §§ 892, 898 B.G.B. berufen (§ 7
Abs. 1 Halbsatz 2). Sein Erwerb ist also auch der Gläubiger-
schaft gegenüber wirksam, es sei denn, dafs die Konkurseröffnung
aus dem Grundbuch ersichtlich oder dem Erwerber bekannt war.
Ist zu dem Erwerbe des Rechts die Eintragung erforderlich (§ 878
Abs. 1 B.G.B.), so ist für die Kenntnis des Erwerbers die Zeit
der Stellung des Antrags auf Eintragung, oder wenn die nach
§ 873 B.G.B. erforderliche Einigung erst später zustande kommt,
die Zeit der Einigung mafsgebend (B.G.B. § 892 Abs. 2). Eben-
so kann derjenige, welcher an den Gemeinschuldner, für den ein
Recht im Grundbuch eingetragen ist, auf Grund dieses Rechts
nach der Konkurseröflnung eine Leistung bewirkt hat, sowie der-
jenige, welcher mit dem Gemeinschuldner ein nicht unter die Vor-
schriften des § 892 B.G.B. fallendes Rechtsgeschäft in Ansehung
eines für den Gemeinschuldner eingetragenen Rechts vorgenommen
hat, sich auf die Vorschriften des § 892 B.G.B. berufen. Diese
Sätze gelten gemäfs § 1138 B.G.B. bei der Hypothek auch in An-
sehung der Forderung und der dem Eigentümer nach § 1137 B.G.B.
zustehenden Einreden ^
3 Vgl. Begründ. d. Novelle S. 26.
*■ Den Grundstücken stehen das Erbbaurecht (§ 1017 B.G.B.) und die in
Art. 68, 68 E.G. z. B.G.B. bezeichneten Rechte gleich.
^ Der § 1138 B.G.B. ist in § 7 Abs. 1 Halbsatz 2 K.O. nicht angeführt.
Er kommt gleichwohl gegenüber der Regel des § 7 Abs. 1 Halbsatz 1 zur
Anwendung, weil in § 1188 auf die §§ 892, 898 verwiesen ist.
^ I
1
174 Ffinftes Hauptstüek.
Schutz des guten Glaubens wird ferner demjenigen zu teil,
welcher nach der Eröffnung des Verfahrens dem Gemeinschuldner
geleistet hat, was er dem Verwalter zu leisten hätte*. Ist die
Leistung ohne Kenntnis der Konkurseröfihung erfolgt, so ist der
Leistende auch gegenüber der Gläubigerschaft befreit'. Die Be-
weislast ist verschieden, je nachdem die Leistung vor oder nach
der öffentlichen Bekanntmachung der EröfiFhung erfolgt ist. In
jenem Falle hat der Konkursverwalter im Prozesse zu bew^sen,
dafs dem Leistenden zur Zeit der Leistung die Eröf&iung des Ver-
fahrens bekannt war; in diesem Falle hat der Leistende zu be*
weisen, dafs ihm zur Zeit der Leistung die Eröffnung des Verfahrens
nicht bekannt war (§ 8 Abs. 2, 3).
Wo die Wirksamkeit einer Rechtshandlung von der Unkenntnis
der Konkurseröffnung abhängt, stellt die K.O. die fahrlässige Un-
kenntnis nicht der Kenntnis gleich.
Wenn ein Vertreter thätig war, kommt die Kenntnis des Ver-
treters in Betracht; nur wenn ein Bevollmächtigter nach be-
stimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt hat, kann
sich dieser nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen (arg.
§ 166 B.G.B.).
Rechte an den zur Konkursmasse gehörigen Gegenständen
(Sachen und Rechten), sowie Vorzugsrechte ® und Zurückbehaltüngs-
rechte in Ansehung solcher Gegenstände können nach der Eröffnung
* Vgl. die entsprechenden Vorschriften für das Pfandrecht an Rechten
in § 1275 mit § 407 B.a.B.
"* Leistet der Schuldner nicht dem Gkmeinschuldner direkt, sondern auf dessen
Anweisung dem Anweisungsempßlnger oder seinem Nachfolger, so ist zu unter-
scheiden : a) Der Angewiesene hat die Anweisung vor der Konkurseröfinung an-
genommen ; dadurch ist er dem Anweisungsempfänger zur Leistung verpflichtet
(§ 784 B.G.B.); die Leistung befreit ihn auch gegenüber der Glftubigerschaft
787 Abs. 1 B.G.B.). Ob die Anweisung gegenüber dem Empf&nger nach den
29 ff. K.O. angefochten werden kann, ist eine Frage für sich, b) Der An-
gewieseen hat die (vor oder nach der K.£. erteilte) Anweisung erst nach der K J^.
angenommen. Da die vor der K.E. erteilte Anweisung durch die K.E. erlischt
(arg. § 28 K.O.) und die nachher erteilte Anweisung den Konkursgläubigem
gegenüber unwirksam ist, so ist die Annahme und folglich die Zahlung gegen-
über der Gläubigerschaft unwirksam. Nur wenn der Angewiesene bei der An-
nahme die Eröfihung nicht kannte, liegt die Sache ebenso, wie ad a (arg. § 674
B.G.B.). c) Der Angewiesene zahlt ohne vorherige Annahme. Dann hängt die
Wirksamkeit der Zahlung davon ab, ob der Angewiesene zur Zeit der Zah-
lung die Eröffnung kannte. — Diese Sätze finden auf Wechsel entsprechende
Anwendung. Vgl. Komm.Ber. 1898 S. 8 f.
* Vgl. §§ 10, 162 Zw.V.G.
§ 27. III. D. relat. Unwirksamkeit d. Rechtshandl. d.Gemein8chuldn. etc. 175
des Konkurses nicht mit Wirksamkeit gegenüber den Konkurs-
gläubigern erworben werden, auch wenn der Erwerb nicht auf
einer Rechtshandlung des Gemeinschuldners beruht (§ 15 Satz 1).
Auch das folgt aus dem mit der Eröffnung des Verfahrens ent-
standenen Pfandrecht der Konkursgläubiger ; das Pfandrecht kann
durch später erworbene Rechte an denselben Gegenständen nicht
beeinträchtigt werden. Im übrigen ist dieser Rechtserwerb wirk-
sam, insbesondere auch gegenüber dem Gemeinschuldner.
Die Regel erleidet eine Beschränkung (§ 15 Satz 2). Soweit
zum Erwerb eines Rechts die Eintragung der Rechtsveränderung
in das Grundbuch oder das Schiffsregister oder zur Aufhebung
eines Rechts^ die Löschung des Rechts im Grundbuch oder im
Schiffsregister erforderlich ist, (§§ 878, 875, 1260 B.G.B.), wird
die von dem Gemeinschuldner als dem Berechtigten in Gemäfs-
heit der §§ 873, 877, 1260 B.G.B. abgegebene Erklärung durch
die Konkurseröflnung auch den Konkursgläubigern gegenüber nicht
unwirksam, wenn die Erklärung für den Gemeinschuldner bindend
geworden (§§ 873 Abs. 2, 1260 B.G.B) und der Antrag bei dem
Grundbuchamt oder der Registerbehörde gestellt worden ist, bevor
der Konkurs 'eröfftiet war (vgl. § 878 B.G.B.). Erfolgt auf Grund
eines solchen Antrags die Eintragung oder die Löschung, so ist
der Erwerb auch den Konkursgläubigern gegenüber wirksam, ob-
wohl er sich erst nach der Konkurseröfl&iung vollzogen hat ^^.
Ebenso verhält es sich, wenn derjenige, zu dessen Gunsten die
Erklärung abgegeben wird, zur Zeit der Stellung des Antrags
(auf Eintragung oder Löschung) oder, wenn die nach §§873, 1260
B.G.B. erforderliche Einigung erst später zustande kommt, zur
Zeit der Einigung von der Konkurseröflnung keine Kenntnis hatte^\
vorausgesetzt, dafs die Konkurseröflnung noch nicht eingetragen
war (§§ 892, 898 B.G.B.). Der gute Glaube an die Richtigkeit
der Buch- oder Registereinträge hat zur Folge, dafs der Erwerb
auch den Konkursgläubigem gegenüber wirksam ist'^. In Kon-
sequenz dessen ist anzunehmen, dafs sich ein gutgläubiger Sonder-
* Die Aufhebung eines Rechts, das dem Gemeinschnldner sustebt, ist
vom Standpunkte desjenigen, welchem die Aufhebung zu gute kommt, ein
Erwerb.
^^ Diese Wirksamkeit wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dafs die
Konkurseröfihung bereits eingetragen war.
'^ Es ist einerlei, ob die bindende Erklärung des Gemeinschuldners vor
oder nach der Konkurseröffnung erfolgte.
" Vgl. Begründ. d. Novelle S. 28.
176 Fünftes Hauptstück.
rechtsnachfolger des ersten Erwerbers auf seinen guten Glauben
an die Buch- oder Registereintrftge berufen kann, wo der erste
Erwerber dies nicht konnte, weil er von der Eröffnung des Konkurses
Kenntnis hatte**.
Ein Erwerb, der gemäfs § 8 Abs. 1 oder gemäfs § 15
Satz 2 den Konkursgläubigern gegenüber wirksam ist, kann
anfechtbar sein, wenn die Voraussetzungen der §§ 29 ff. zutreffen
(vgl. § 42).
Eine Eintragung im Wege der Zwangsvollstreckung oder der
Arrestvollziehung (§§ 866, 867, 932 C.Pr.O.) oder auf Grund einer
einstweiligen Verfügung ist nach der Konkurseröffnung unzulässig
(§15 Satz 1), auch wenn der Antrag vorher oder in Unkenntnis
der Konkurseröffnung gestellt wurde. Der gute Glaube an die
Richtigkeit des Hypothekenbuchs ist blofs bei dem Erwerb durch
Rechtsgeschäft beachtlich **.
Zur Sicherung eines Anspruchs auf Einräumung oder Auf-
hebung eines Rechts an einem Grundstück oder an einem das
Grundstück belastenden Recht oder auf Änderung des Inhalts
oder des Ranges eines solchen Rechts kann eine Vormerkung in
das Grundbuch eingetragen werden (§ 883 Abs. 1 B.G.B.). Die
Eintragung erfolgt auf Grund einer einstweiligen Verfügung oder
auf Grund der Bewilligung desjenigen, dessen Grundstück oder
Recht von der Vormerkung betroffen wird (§ 885 B.G.B.), oder von
Amtswegen nach §§ 18 Abs. 2, 76 Abs. 1 der Grundbuchordnung.
Eine solche Vormerkung hat dingliche Wirkung. Sie ist
auch gegenüber dem Erwerber des Grundstücks oder des Rechts
wirksam (§ 883 Abs. 2, 3 B.G.B.); dieser ist daher verpflichtet,
demjenigen, zu dessen Gunsten die Vormerkung besteht, die Eintra^
gung oder Löschung zu bewilligen, die zur Verwirklichung seines
Anspruchs erforderlich ist (§ 888 Abs. 1 B.G.B.).
Ist zur Zeit der Konkurseröffnung eine solche Vormerkung
zu Lasten des Gemeinschuldners im Grundbuch eingetragen, so
mufs die Gläubigerschaft die Vormerkung ebenso respektieren^
wie ein anderer Erwerber eines Rechts an dem Grundstück etc.;
denn die Beschlagnahme des Grundstücks für die Gläubigerschaft
ist insoweit unwirksam, als sie den durch die Vormerkung ge-
" Vgl. Mot S. 57, Wilmowski § 12 N. 7, Peteraen u. Kleinfeller
§ 12 Bern. 8. A. M.: Endemann S. 132 N. 44, Oetker, Grundbegr. I S. 222.
1* Vgl. BegrUnd. d. Novelle S- 28f., L. Seuffert, Ztschr. f. dCPr.
XXII S. 381 f., 486 f.
§ 28. IV. Der Einflufs auf relative Veräufserungs verböte. 177
•
sicherten Anspruch vereiteln oder beeinträchtigen würde (arg.
§ 883 Abs. 2 B.G.B.). Folglich kann derjenige, zu dessen Gunsten
die Vormerkung eingetragen ist, von dem Konkursverwalter als
dem Organe der Gläubigerschaft verlangen, dafs er die zur Ver-
wirklichung des Anspruchs erforderliche Eintragung oder Löschung
bewillige (§ 888 B.G.B., § 24 Satz 1 K.O.), vorausgesetzt, dafs
sich der Anspruch als begründet erweist.
W^ird der Anspruch vom Verwalter bestritten, so ist er im
ordentlichen Verfahren zu verfolgen; die Vollstreckung geschieht
nach §§ 894 bis 897 C.Pr.O.
Je nach den Umständen ergiebt sich aus dem Eintrag ein
Recht, das einen Aussonderuugs- oder einen Absonderungsanspruch
begründet**. Denn obwohl dieses Recht erst nach der Konkurs-
eröffnung entstanden ist, mufs es vermöge der Vormerkung be-
handelt werden, wie wenn es vor der Konkurseröflfhung entstanden
wäre.
Eine Vormerkung kann auch zu Gunsten eines Schiifspfand-
rechts in das Schiffsregister eingetragen werden (§ 100 Abs. 2 Fr.G.
verb. mit § 18 Gr.B.O., §§ 103, 123 Fr.G.). Für eine solche Vor-
merkung gilt das Gleiche, wie für die Vormerkung im Grundbuche
(§ 24 Satz 2).
Die vorstehenden Sätze erleiden aus Billigkeitsrücksichten*®
eine Ausnahme in dem Konkurs über einen Nachlafs und in dem
Konkurs über das Gesamtgut im Falle der fortgesetzten Güter-
gemeinschaft. Eine nach dem Eintritte des Erbfalls im Wege der
einstweiligen Verfügung erlangte Vormerkung ist der Gläubiger-
schaft gegenüber unwirksam (§ 221 Abs. 2, 236 Satz 1); und
zwar nicht nur, wenn die Vormerkung für einen Nachlafsgläubiger,
sondern auch, wenn sie für einen persönlichen Gläubiger des Erben
besteht.
§28.
lY. Der EinfluTs auf relative YeränfserungSTerbote.
In Ansehung eines zur Konkursmasse gehörenden*Gegenstandes
kann gegen den Gemeinschuldner ein gesetzliches oder ein von
^^ AusBondemiigsanspruch : z. B. bei Vormerkung zur Sicherung eines Ai^
Spruchs auf Eigentumstibertragung ; Absonderungsanspruch: z. B. bei Vor-
n)^kung zur Sicherung eines Anspruchs auf Hypothek.
1« Vgl. Begr. d. Novelle z. K.O. S. 49.
Binding, Handbuch IX 8: L. Seuffert, Konkurspi-ozefsrecht. 12
178 Fünftes Hanptstück,
einer Behörde erlassenes Veräufserungsverbot bestehen , das nicht
im öffentlichen Interesse erlassen ist, sondern nur den Schutz einer
bestimmten Person bezweckt. Nach den Vorschriften der §§ 135,
136 B.G.B. würde ein solches Veräufserungsverbot zwar die Ent-
stehung des Gläubigerpfandrechts durch die Beschlagnahme und
die Verwertung des bestrickten Gegenstandes im Konkurse nicht
absolut verhindern; aber das Pfandrecht und die kraft des
Pfandrechts erfolgte Veräufserung würden gegenüber denjenigen
Personen unwirksam sein, deren Schutz das Veräufserungsverbot
bezweckt. Deswegen würde die Veräufserung auf Schwierigkeiten
stofsen. Diese werden dadurch aus dem Wege geräumt, dafs einem
derartigen Veräufserungsverbote durch die Konkurseröffnung die
Wirksamkeit gegenüber den Konkursgläubigem entzogen wird
(§13 Halbsatz 1). Der Konkursverwalter kann daher die mit solchen
Veräufserungsverboten bestrickten Gegenstände mit voller Wirk-
samkeit veräufsem, ohne dazu der Einwilligung der Personen zu
bedürfen, deren Schutz das Veräufserungsverbot bezweckt.
Als gesetzliches Veräufserungsverbot, auf das diese Vor-
schrift anzuwenden ist, kommt § 1445 B.G.B. in Betracht, wonach
bei allgemeiner Gütergemeinschaft der Mann der Einwilligung der
Frau zur Verfügung über ein zu dem Gesamtgute gehörendes
Grundstück bedarf. Da das Gesamtgut in dem Konkurse, der
über das Vermögen des Mannes eröffnet wird, zur Konkursmasse
gehört (§ 2 Abs. 1), so kann der Verwalter auch ein zum Gesamt-
gute gehörendes Grundstück ohne Einwilligung der Frau veräufsern.
Ebenso verhält es sich, wenn bei Errungenschaftsgemeinschaft
(§ 1519 B.G.B.) oder bei Fahmisgemeinschaft (§ 1549 B.G.B.) der
Konkurs über das Vermögen des Ehemannes eröffnet wird (§ 2
Abs. 1). Entsprechend, wenn bei fortgesetzter Gütergemeinschaft
(§§ 1483, 1557 B.G.B.) der Konkurs über das Vermögen des über-
lebenden Ehegatten eröffnet wird; das Gesamtgut gehört zur
Konkursmasse (§ 2 Abs. 3) ; der Verwalter kann die zum Gesamt-
gut gehörenden Grundstücke ohne Einwilligung der Abkömmlinge
veräufsem, obwohl der überlebende Ehegatte dies nicht könnte.
Dagegen ist die Vorschrift des § 13 nicht anwendbar auf die
in den §§ 2113 bis 2115 B.G.B. enthaltenen Veräufserungsverbote
zum Schutze des Nacherben, da in § 128 K.O. dem Konkurs-
verwalter verboten ist, die zur Erbschaft gehörigen Gegenstände
zu veräufsem, wenn die Veräufserung nach § 2115 B.G.B. dem
Nacherben gegenüber unwirksam ist.
§ 29. V. Die Unterbrechung von Rechtsstreitigkeiten etc. 179
VeräufserungsveA)Ote der in § 185 B.G.B. bezeichneten Art
können auch in Landesgesetzen enthalten sein, die auf Grund der
Vorbehalte des E.G. z. B.G.B. zu Recht bestehen.
Ein gerichtliches Veräufserungsverbot zum Schutz einer
bestimmten Person kann durch einstweilige Verfügung erlassen
werden. Von den gerichtlichen Veräufserungsverboten wird nur
dasjenige im Konkurs unwirksam, welches zum Schutz eines persön-
lichen Rechts gegen den Gemeinschuldner erlassen wurde. Ist
das Verbot zum Schutze eines dinglichen Rechts ergangen, so
kann das dingliche Recht als solches gegen jedermann und daher
auch als Aussonderungsrecht gegen den Konkursverwalter geltend
gemacht werden ^
Ob und unter welchen Voraussetzungen andere Behörden
solche Veräufserungsverbote erlassen können, bemifst sich nach
dem Landesrecht.
Die bei der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Ver-
mögen (§ 864 C.Pr.O.) erfolgte Beschlagnahme (§§ 20 bis 23, 146,
148, 151, 162 Zw.V.G.) würde als gerichtliches Veräufserungsverbot
in Betracht kommen , weil sie die Wirkung eines Veräufserungs-
verbots hat (§§ 23, 148, 162 Zw.V.G.). Da aber die Beschlagnahme
ein Absonderungsrecht im Konkurse begründet (§ 47 K.O., § 10
Nr. 5 Zw.V.G.), so bleibt sie den Konkursgläubigern gegenüber
wirksam (§13 Halbsatz 2).
§ 29.
y. Die UnterbreehuDg Yon Reehtsstreltigkeiten Aber
OegenstSnde der Eonkarsmasse.
Ein anhängiger Rechtsstreit über einen zur Konkursmasse
gehörenden Gegenstand wird durch die Eröifnung des Verfahrens
unterbrochen (§ 240 C.Pr.O.), weil der Gemeinschuldner wenig
Interesse an dem Streite hat, dessen Ergebnis seinen Gläubigern
nützt oder schadet.
Die Unterbrechung wird in verschiedener Weise beendigt, je
nachdem der Rechtsstreit für oder gegen den Gemeinschuldner
anhängig ist. Für ihn ist der Streit anhängig, wenn er einen
Anspruch oder das Bestehen eines Rechtsverhältnisses geltend
» Vgl. Mot. z. Entw. I e. B.Gr.B. § 107 Abs. 3, Bd. I S. 216.
12*
]gO Fünftes Hauptstück.
iiiacht (Aktivprozefs); gegen ihn, wenn det Gegner einen An-
spruch oder das Bestehen eines Rechtsverhältnisses geltend macht
(Passivprozefs)*. Von den gegen den Gemeinschuldner anhängigen
Rechtsstreitigkeiten betreffen das zur Konkursmasse gehörende Ver-
mögen blofs diejenigen, in welchen ein Anspruch verfolgt wird,
der sich im Konkurs als Aussonderungs- oder als Absonderungs-
anspruch oder als Masseanspruch" gestaltet. Ein persönlicher
Anspruch, der nicht im Konkurse die Eigenschaft eines Masse-
anspnichs gewinnt, betrifft nicht das zur Konkursmasse gehörende
Vermögen, sondern die Schuldenmasse.
Ein unterbrochener Aktivprozefs kann von dem Konkurs-
verwalter in der Lage, in der er sich bei der Eröffnung des Ver-
fahrens befindet, aufgenommen werden (§ 10 Abs. 1 Satz 1). Ver-
zögert der Verwalter die Aufnahme, ohne sie abzulehnen, so
kommen die Bestimmungen des § 239 C.Pr.O. zur entsprechenden
Anwendung (§ 10 Abs. 1 Satz 2). Der Gegner kann den Ver-
walter zur Aufnahme und zur Verhandlung der Hauptsache laden.
Ist in der Instanz noch eine Verhandlung der Hauptsache er-
forderlich, so ist Ladung zur Aufnahme und zur Verhandlung
nötig. Anderenfalls genügt Ladung zur Aufnahme*. Die Ladungs-
frist ist vom Vorsitzenden zu bestimmen. Nimmt der Verwalter
in dem Termine das Verfahren auf, so geht der Prozefs weiter.
Lehnt der Verwalter die Aufnahme ab, so ist das Verfahren gegen
den Verwalter zu Ende ; die Kosten des Aufnahme Verfahrens sind
der Gläubigerschaft aufzuerlegen, da sie von ihrem Organe durch
Verzögerung der Erklärung über Aufnahme oder Ablehnung ver-
anlafst sind (§ 59 Nr. 1). Bestreitet der als Konkursverwalter
Geladene seine Eigenschaft als solcher, so liegt ein Zwischenstreit
über eine Prozefsvoraussetzung (Legitimation des gesetzlichen
Vertreters) vor, auf den die Vorschriften des § 275 C.Pr.O. anzu-
'^ In der Hegel ist der Gemeinschuldner in jenen Prozessen der Kläger,
in diesen der Beklagte. Aber die Parteirolle allein ist nicht das Entscheidende.
Vgl. Mot. S. 45 u. Entsch. d. R.G. XI Nr. 105 S. 400; femer Entsch. XVI
Nr. 22 8. 116: ein Feststell ungsprozefs, in dem der- Gemeinschuldner als
opponierender Gläubiger eines anderen Konkurses verklagt wurde, ist ein
Aktivprozefs.
3 Dies ist nur bei Masseansprüchen gemäfs § 59 Nr. 2 oder § 224
Nr. 2 bis 6 möglich. Die anderen Masseansprüche können erst nach der K.£.
entstehen.
^ Über den Fall, in dem keine Verhandlung zur Hauptsache mehr nötig
ist, vgl. L. Seuf/ertj Komm, zu § 217 (alt) C.Pr.O. Bern. Nr. 2 Abs. 2.
§ 29. V. Die Unterbrechung von Rechtsstreitigkeiten etc. 181
wenden sind. Das Urteil, durch welches die sog. prozefshindernde
Einrede verworfen wird, ist Zwischenurteil, aber selbständig an-
fechtbar (§ 275 Abs. 2 C.Pr.O.); das Urteil, durch welches der
Einrede stattgegeben wird, ist Endurteil in der Richtung gegen
den Verwalter und als solches anfechtbar. Die Zulftssigkeit der
Ladung des Verwalters zur Aufnahme kann aber auch aus anderen
Gründen bestritten werden; so z. B. weil der Streitgegenstand
nicht zur Konkursmasse gehöre oder weil der Verwalter die Auf-
nahme des Rechtsstreits bereits aufsergerichtlich abgelehnt habe.
In solchen Fällen liegt ein gewöhnlicher Zwischenstreit vor. Die
Entscheidung, welche die Ladung des Verwalters zur Aufnahme
als gerechtfertigt erklärt, kann durch Zwischenurteil (§ 308
C.Pr.O.) oder in den Gründen des Endurteils erfolgen; das
Zwischenurteil ist nicht selbständig anfechtbar*. Die gegen-
teilige Entscheidung ist als Endurteil in der Richtung gegen den
Verwalter selbständig anfechtbar.
Erscheint der Verwalter in dem Termine nicht, so ist
auf Antrag die Verpflichtung des Verwalters zur Aufnahme des
Rechtsstreites als zugestanden anzunehmen und zur Hauptsache
zu verhandeln (§ 239 Abs. 4 C.Pr.O.), es wäre denn, dafs sich bei
der von Amtswegen vorzunehmenden Prüfung der Legitimation
des Geladenen ergäbe, dafs dieser nicht der Konkursverwalter
ist (arg. § 56 Abs. 1 CPr.O.). Die Verhandlung der Sache kann
zu einem Versäunmisurteile führen.
Der Konkursverwalter kann die Aufnahme des unterbrochenen
Aktivprozesses ablehnen. Dazu genügt formlose Erklärung an den
Prozefsgegner. Darin liegt ein Verzicht auf das Pfandrecht der
Gläubigerschaft an dem Streitgegenstande *. Daher wird der Streit-
gegenstand konkursfreies Vermögen des Gemeinschuldners. Folg-
lich kann der Rechtsstreit von dem Gemeinschuldner und von dem
Gegner gegenüber dem Gemeinschuldner aufgenommen werden
* Vgl. EntBcK d. R.G. XXVII Nr. 90 8. 858.
^ Vgl. Mot. S. 46, Die Erklärung des Verwalters, dafs er die Aufoahme
ablehne, aber gleichwohl den Streitgegenstand zur Konkursmasse ziehen
wolle, ist unwirksam, weil der Verwalter nicht das Risiko des Prozesses dem
Gemeinschuldner zuschieben und das günstige Ergebnis gleichwohl für die
Gl&ubigerschaft beanspruchen kann. A. M.: Hagens K.Pr. S. 11. Würde
derartiges mit dem Gemeinschuldner rereinbart, so läge darin ein obiiga-
torischer Vertrag, durch den der G.Sch« verspricht, einen nicht zur Konkunn
masse gehörenden Gegenstand eventuell in die Masse einzuwerfen. Ein solcher
Vertrag ist gültig.
182 Fünftes Hauptstück.
(§ 10 Abs. 2)*. Was der Gemeinschuldner erstreitet, gehört nicht
zur Konkursmasse'.
Ein unterbrochener Passivprozefs über die Konkursmasse kann
sowohl von dem Konkursverwalter als von dem Gegner des Gemein-
schuldners gegenüber dem Verwalter aufgenommen werden (§ 11
Abs. 1). Der Verwalter kann durch die Erklärung, dafs er
den Streitgegenstand nicht zur Konkursmasse ziehe, bewirken,
dafs der Prozefs nicht mehr die Masse betriflft. Durch einen
solchen Verzicht wird die Möglichkeit einer Aufnahme durch und
gegen den Verwalter abgeschnitten; der Prozefs kann von dem
Gegner gegen den Gemeinschuldner und von diesem fortgesetzt
werden. Wenn der Gegner den Prozefs gegen den Verwalter auf-
genommen hat, kann dieser den Prozefs nicht mehr durch Frei-
gabe des Streitgegenstandes aus der Masse auf den Gemein-
schuldner ablenken; aber er kann dem Gegner den beanspruchten
Gegenstand aus der Konkursmasse überlassen oder ihm die ab-
gesonderte Befriedigung daraus gestatten, wodurch der Prozefs
in der Hauptsache gegenstandslos wird. Auch durch gerichtliches
Anerkenntnis des Anspruchs kann der Verwalter die weitere Ver-
handlung abschneiden, worauf der Gegner Urteil auf Grund des
Anerkenntnisses (§ 307 C.Pr.O.) begehren kann.
Wird ein Aktivprozefs oder Passivprozefs über die Konkursmasse
von dem Konkursverwalter oder gegen ihn aufgenommen, so tritt
der Verwalter als Organ der Gläubigerschaft an Stelle des Gemein-
schuldners in den Prozefs ein. Der Gemeinschuldner hört auf Partei
zu sein, die Gläubigerschaft wird an seinerstatt Partei. Der Gemein-
schuldner kann dem Verwalter als Nebenintervenient beitreten®,
® Die Aufnahme ist auch dann möglich, wenn der Ansprach mit einem
zur Ronkursmasse gehörigen Gegenstand in der Weise zusammenhängt, dafs
er nicht ohne diesen geltend gemacht werden kann, wie z. B. der Anspruch
auf eine Dienstbarkeit z. G. eines zur Masse gehörigen Hauses oder der An-
spruch auf eine Hypothek für eine zur Masse gehörende Forderang; denn die
Konkursmasse ist Vermögen des Gemeinschuldners. A. M.: v. Wilmowski
§ 8 N. 3. Mit der konkuismäfsigen Veräufserung des Hauses oder mit der
Beitreibung der Forderung durch den Verwalter hört allerdings für den
Gemeinschuldner die Möglichkeit auf, einen derartigen Prozefs in der Haupt^
Sache aufieanehmeni
^ Dies gilt selbst dann, wenn der Streitgegenstand mit einem zur Kon-
kursmasse gehörenden Gegenstand in der in der vorigen Note bezeichneten
Verbindung steht. Der Konkursverwalter kann z. B. die von dem Gemeinr
Schuldner erstrittene Servitut nicht ohne Vereinbarung mit ihm verwerten.
^ VgL C. de comm. art 443 (neuere Fassung). Anders die Mot. 8. 44 f. und die-
jenigen, welche den Verwalter als Vertreter des Gemeinschuldners betrachten.
§ 29. V. Die Unterbrechung von Rechtastreitigkeiten etc. 183
und zwar ist er streitgenössischer Nebenintervenient (§ 69 C.Pr.O.),
da die Entscheidung auf sein Rechtsverhältnis zu dem Gegner
wirksam ist.
Die vor der Unterbrechung erfolgten Prozefshandlungen sind
für und gegen die eintretende Partei wirksam, natürlich auch die
Leistung und die Verweigerung von Eiden. Ist dem Gemein-
schuldner ein noch nicht geleisteter oder verweigerter Eid auf-
erlegt, so finden die Bestimmungen des § 471 Abs. 1, 3 C.Pr.0,
Anwendung; denn der Gemeinschuldner ist dadurch, dafs er auf-
hörte, Partei zu sein, zur Eidesleistung unfähig geworden*. Zu-
folge des Eintritts in den anhängigen Prozefs haftet die Gläubiger-
schaft dem Gegner eventuell für den Ersatz der Prozefskosten
einschliefslich der vor der Aufnahme entstandenen; nur bei so-
fortigem Anerkenntnisse des in einem Passivprozefs erhobenen An-
spruchs fallen die Kosten der Gläubigerschaft nicht zur Last (§11
Abs. 2).
Die in dem aufgenommenen Prozefs ergehende Entscheidung
ist bezüglich der Hauptsache (im Gegensatz zum Kostenpunkt)
auch gegenüber dem Gemeinschuldner wirksam, was insbesondere
für die Zeit nach Beendigung des Konkurses von praktischer Be-
deutung ist. Die Wirksamkeit des Urteils gegenüber dem Gemein-
schuldner, obwohl er nicht Prozefspartei ist, ergiebt sich daraus,
dafs die K.O. der Gläubigerschaft die Befugnis zur Führung der-
artiger Prozesse an Stelle des Gemeinschuldners überträgt*®.
Ist ein von oder gegenüber dem Verwalter aufgenommener
Prozefs bei Aufhebung des Konkurses wegen Zwangsvergleichs oder
bei Einstellung des Verfahrens noch anhängig, so verliert die Gläu-
bigerschaft und ihr Organ die Legitimation zur Fortsetzung des
Prozesses, weil diese Legitimation auf dem (jetzt aufgehobenen)
Pfandrecht an der Konkursmasse beruhte. Folglich kann der Prozefs
jetzt von dem Gemeinschuldner und gegen ihn fortgesetzt werden.
» Vgl. Ztschr. f. d. CPr. IX S. 496, S.A. XLI Nr. 242. Ißt der Gemein-
Schuldner als Nebenintervenient beigetreten, so kann ihm wieder der Eid
auferlegt werden.
^^ Zweifellos ist die Sache übrigens nicht; denn die Rechtskraft des
Urteils, das im Prozesse des Pfandglftubigers gegen einen Dritten über den
Pfandgegenstand ergeht, ist im allgemeinen nicht wirksam gegenüber dem
Schuldner. Aber daraus, dafs die K.O. der Glftubigerschaft den Eintritt in
den Prozefs an Stelle des Gemeinschuldners gestattet und diesem für die
Zeit des Konkurses die Parteistellung entzieht, dürfte sich die im Text ge-
zogene Folgerung ergeben. A. M.: Oetker, Ztschr. f. d. CPr. XXV S. 40.
184 Fünftes Hauptstück.
Die Prozefshandlungen, die in dem aufgenommenen Prozesse vor-
genommen wurden, bleiben in Wirksamkeit**.
Bei Aufhebung des Konkurses nach Schlufsverteilung wird
ein von oder gegenüber dem Verwalter aufgenommener Prozefs
nicht wohl noch anhängig sein; denn die Schlufsverteilung soll
erst erfolgen, wenn die Verwertung der Masse beendigt ist; die
Verwertung eines im Prozesse befangenen Gegenstandes aber wird
•zumeist unausführbar sein. Ist gleichwohl die Schlufsverteilung
während der Anhängigkeit des Prozesses erfolgt, so bleibt der
Verwalter zur Fortführung des Prozesses legitimiert; der er-
strittene Gegenstand ist nachträglich zu verwerten und den
Konkursgläubigem durch Nachtragsverteilung zuzuwenden.
Ist ein Prozefs über einen zur Konkursmasse gehörenden Gegen-
stand während des Konkurses nicht aufgenommen worden, so
endigt die Unterbrechung mit der Beendigung des Konkurs-
verfahrens, ohne dafs es einer Aufnahmeerklärung bedarf. Der
Prozefs kann von jeder der ursprünglichen Parteien fortgesetzt
werden.
Unterbrochen wird ferner durch die Eröffnung des Konkurses
über das Vermögen des Schuldners der Rechtsstreit über den An-
fechtungsanspruch eines Konkursgläubigers gegen den Anfechtungs-
gegner (§ 13 Abs. 2 Anf.Ges.), weil dieser Anspruch auf die Gläubiger-
schaft übergeht. Näheres darüber s. in der Lehre vom An-
fechtungsrechte.
§30.
YI. Der Elnfliirs auf die RechtsschatzansprDche der
Konknrsgläiiblger.
Durch die Eröffnung des Konkurses entsteht für die Konkurs-
gläubiger kein neuer Rechtsschutzanspruch. Das Recht, unter
den gesetzlichen Voraussetzungen diejenige Art des Rechtsschutzes
zu verlangen, welche im Konkursverfahren gewährt wird, ist schon
vor der Eröffnung vorhanden; der Eröffnungsbeschlufs konstatiert
blofs das Vorhandensein dieser Voraussetzungen.
Den Konkursgläubigem wird aber auch durch die Eröfihung
^^ Wegen Sicherstellung der im Streit befangenen eventuellen Kosten-
schuld bei Zwangsy ergleich vgl. § 191 Abs. 1 Satz 2. Die Sicherheit gehört
eventuell dem Gemeinschuldner, so dafs dieser also auch im Kostenpunkte
die Aktiv- und die Passivlegitimation hat.
§ so. VI. DerEinflufs a. d.Rechtsschntzansprüche d. Konkursgläubiger. 185
des Verfahrens kein Rechtsschutzanspruch entzogen ; sie sind nicht
auf die konkursmäfsige Geltendmachung ihrer Forderungen im
Konkursverfahren beschränkt, sondern können ihre Forderungen
in jedem anderen für die Forderung zulässigen Verfahren (ordent-
licher Prozefs, Urkunden- und Wechselprozefs , Mahnverfahren,
Verwaltungsverfahren , bei Bufsforderungen auch Strafprozefs)
gegen den Gemeinschuldner noch während des Konkurses ver-
folgen. Und zwar können sie gegen den Gemeinschuldner nicht
blofs auf Feststellung, sondern auch auf Leistung klagen *, woraus
sich ergiebt, dafs eine Feststellungsklage nur statthaft ist, wenn die
Voraussetzungen des § 256 C.Pr.O. trotz Zulässigkeit der Leistungs-
klage vorhanden sind.
Nur in Bezug auf den Rechtsschutz durch Zwangsvollstreckung
tritt eine Beschränkung der Konkursgläubiger auf das Konkurs-
verfahren ein. Die Rechte, die durch die Beschlagnahme für die
zur Gläubigerschaft verbundenen Konkursgläubiger an der
Konkursmasse entstanden sind, können nicht mehr durch Zwangs-
vollstreckung, Arrestvollziehung oder Eintragung einer Vor-
merkung auf Grund einer einstweiligen Verfügung (§§ 941, 942
Abs. 2 C.Pr.O.) zu Gunsten einzelner Konkursgläubiger beein-
trächtigt werden. Daher ist während des Konkurses eine andere
als die konkursmäfsige Zwangsvollstreckung verboten (§§ 12, 14).
Aus Zweckmäfsigkeitsrücksichten , nämlich um dem Gemein-
schuldner eine Schonzeit angedeihen zu lassen, ist den Konkui-s-
gläubigern (nicht den Gläubigern, die keine Konkursgläubiger sind !)
auch der Zugriflf auf das nicht zur Masse gehörende Vermögen
des Gemeinschuldners verwehrt (§14 Abs. 1).
Die beiden Verbote sind von Amtswegen zu beachten. Sollte
gleichwohl während des Konkurses eine Zwangsvollstreckung oder
Arrestvollziehung oder die Eintragung einer Vormerkung auf
Grund einstweiliger Verfügung in Ansehung eines zur Konkurs-
masse gehörenden Gegenstandes unternommen werden, so ist der
Konkursverwalter berechtigt und verpflichtet, dagegen Ein-
wendungen nach § 766 C.Pr.O. zu erheben oder Beschwerde ein-
zulegen und die betreffenden Mafsregeln als nichtig zu bekämpfen.
Wird die Vollstreckung etc. in das konkursfreie Vermögen des
Gemeinschuldners versucht, so ist dieser berechtigt, sich in der
angegebenen Weise dagegen zu wehren.
» Vgl. R.G. Entsch. XXIX Nr. 21 S. 73 ff., O.L.G. Hamburg S.A. XLIX
Nr. 143.
186 Fünftes Hanptstuck.
Aus der Beschränkung der Konkursgläubiger auf die konkurs-
mäfsige Zwangsvollstreckung folgt nicht, dafs sie während des
Konkurses gegen den Gemeinschuldner nicht auf Verurteilung
klagen, sondern nur, dafs sie das Urteil während des Konkurses
nicht vollstrecken können. Die Verurteilung ist nichts anderes als
Feststellung der Leistungspfiicht und diese besteht auch während
des Konkurses *. Bei der Verurteilung kann ausgesprochen werden,
dafs das Urteil erst nach Beendigung des Konkurses vollstreckbar
ist; aber dies ist nicht notwendig®, wird es nicht gesagt, so ist
es nicht anders. Die einstweilige UnvoUstreckbarkeit des Urteils
hindert auch nicht, das Urteil für vorläufig vollstreckbar zu er-
klären, denn diese Erklärung bedeutet blofs, dafs das Urteil ohne
Bücksicht auf Einspruch und Rechtsmittel vollstreckbar ist.
Ebensowenig sind die Erlassung eines Vollstreckungsbefehls und
die Beifügung der Vollstreckungsklausel während des Konkurses
unzulässig ; denn der Vollstreckungsbefehl und die Vollstreckungs-
klausel erklären die Vollstreckung blofs in abstracto für statthaft ;
es ist Sache der Vollstreckungsorgane, die Unzulässigkeit in con-
creto zu beachten*, gleichwie sie auch das vor der Konkurs-
eröffnung erlassene und mit der Vollstreckungsklausel versehene
Urteil während des Konkurses nicht vollstrecken dürfen. Im
Konkurse kann der Konkursgläubiger das nach der Konkurseröffnung
gegen den Gemeinschuldner erstrittene Urteil nicht benutzen ; ins-
besondere verschafft es ihm nicht die Stellung eines titulierten Gläu-
bigers im Sinne des § 146 Abs. 6; denn den Konkursgläubigem
gegenüber ist es unwirksam (arg. §§ 6, 7). Nach Beendigung des
Konkurses kann der Gläubiger das Urteil gegen den Gemein-
schuldner vollstrecken lassen.
Die angeführten Beschränkungen des Vollstreckungsrechts
gelten nicht für Aussonderungsberechtigte, Absonderungsberechtigte
und Massegläubiger. Dafs ein Gläubiger, der nicht Konkurs-
gläubiger ist, keine Vollstreckung in das zur Konkursmasse ge-
hörige Vermögen betreiben darf, ergiebt sich daraus, dafs dieses
Vermögen ausschliefslich den Konkursgläubigem haftet. Das nicht
zur Konkursmasse gehörige Vermögen steht dem Zugriff eines
solchen Gläubigers offen.
« Vgl. Oetker, Grundbegr. I S. 202 flf.
' Das B.G. Entsch. XXIX S. 76 scheint das far notwendig za halten.
Zweckmäfflig ist es.
* Vgl. Oetker, Grundbegr. I S. 206.
§ 80. VI. Der Einflufs a. d. Eechtsschutzansprttche d. Konkursgläubiger. \Q^
Sind den Konkursgläubigern durch die Eröffnung des Kon-
kurses die anderen Rechtsschutzarten nicht verschränkt, so darf
doch kein Konkursgläubiger den Rechtsschutz im Konkursverfahren
und eine andere Bechtsschutzart zugleich in Anspruch nehmen.
Die Rechtsordnung gestattet grundsätzlich nicht, zweierlei Arten
von Rechtsschutz für dasselbe Recht zugleich zu beanspruchen.
Diesem Gedanken entspringt die sog. Einrede der Rechtshängigkeit.
Auch die Liquidation etc. einer Forderung im Konkursverfahren
bewirkt eine Art von Rechtshängigkeit*.
Wird der Gemeinschuldner während des Konkurses von einem
Konkursgläubiger verklagt, der sich am Konkursverfahren be-
teiligt hat, so kann er die Zulässigkeit der Klage mit einer der
Einrede der Rechtshängigkeit entsprechenden Verteidigung be-
kämpfen •. Nur wenn der Gemeinschuldner die Forderung im
Prüfungstermine bestritten hat, kann er die Klage nicht mehr ab-
wehren, weil das Konkursverfahren keine Handhabe bietet, um den
Widerspruch des Gemeinschuldners zu überwinden (arg. § 144
Abs. 2). Meldet ein Gläubiger eine Forderung an, die er während
des Konkurses gegen den Gemeinschuldner eingeklagt hat, so
können der Verwalter und die konkurrierenden Gläubiger der
Anmeldung entgegentreten ^.
Der Gläubiger kann in Ansehung des Rechtsschutzanspruchs
variieren. Hat er seine Liquidation zurückgenommen, so kann er
klagen^. Hat er seine Klage zurückgenommen, so kann er
liquidieren^. Sollte es vorkommen, dafs die Unzulässigkeit der
* A. M. Oetker, Gnmdbegr. I S. 210, der übrigens die Unzulftssigkeit
gleichzeitiger Verfolgung im Konkurse und aufserhalb des Konkurses zugiebt.
Vgl. R.G. Entsch. XXIX S. 74.
^ Der Konkursgläubiger kann der Abweisung der Klage nicht dadurch
vorbeugen, dafs er auf den Ausfall klagt Abgesehen davon, dafs der Antrag
nicht genügend bestimmt ist, enthält auch eine solche Klage eine nochmalige
Geltendmachung desselben Rechts. Vgl. Oetker, Grundbegr. I 8. 210.
"^ Ob das Gericht von Amtswegen die Klage oder die Liquidation deswegen
zurückzuweisen hat, weil die Forderung bereits in anderer Weise geltend
gemacht ist, hängt davon ab, ob man das Gericht für befugt erachtet, die
Rechtshängigkeit von Amtswegen zu beachten. Darüber vgL Bülow, Arch.
f. c. Pr. LXXXIir S. 1 ff,
« VgL R.G. Entsch. XXIX 8. 74.
* Dagegen behauptet Oetker, Grundbegr. I S. 208 ff., dafs durch die
Klage der Konkursweg definitiv verschlossen werde. Seine aus der Analogie
einer alternativen Obligation entnommenen Beweisgründe sind nicht zutreffend ;
die Wahl zwischen zwei Leistungen bildet kein Analogon für die Wahl
zwischen zwei Eechtsschutzansprttchen.
188 Fünftes Hauptstück.
zwiefachen Rechtsverfolgung nicht beachtet und infolgedessen die
Forderung im Konkurs auch gegentiber dem (nicht widersprechen-
den) Gemeinschuldner festgestellt wird, während in dem anderen
Verfahren eine andere Entscheidung ergeht, so würde sich die
gleiche Rechtslage ergeben, wie wenn in zwei Prozessen über die-
selbe Sache wiegen Nichtbeachtung der Rechtshängigkeit oder der
res iudicata Urteile über dieselbe Sache erlassen worden sind*^
Damit, dafs das Konkursverfahren und ein anderes Rechts-
schutzverfahren sich ausschliefsen, hängt es zusammen, dafs die
anhängigen Prozesse, über Forderungen von Konkursgläubigem
durch die Eröffnung des Konkui'ses unterbrochen werden (§ 240
C.Pr.O.). Zwar ist es in diesem Zeitpunkte noch ungewifs, ob die
Beteiligung des Gläubigers am Konkursverfahren und damit die
Kollision der beiden Verfahren eintreten wird. Aber es ist wahr-
scheinlich, dafs der Konkursgläubiger liquidieren wird, und um
dieser Wahrscheinlichkeit willen tritt die Unterbrechung ein**.
Beteiligt sich der Gläubiger am Konkursverfahren, so kann er das
Verfahren erst aufnehmen, wenn der Gemeinschuldner durch seinen
im Prüfungstermin eingelegten Widerspruch die konkursmäfsige
Feststellung gegen sich vereitelt hat (§ 144 Abs. 2)". Beteiligt
er sich nicht am Konkursverfahren, so kann er den Prozefs fort-
setzen, gleichwie er neue Klage erheben dürfte, wenn der Prozefs
noch nicht anhängig wäre. Der Gläubiger braucht nicht auf die
Teilnahme im Konkurs definitiv zu verzichten, um den Prozefs
fortsetzen zu können. Er kann dies vielmehr, so lange er, sich
nicht am Konkurse beteiligt. Spätere Beteiligung am Konkurs
ergiebt für den fortgesetzten Prozefs dieselbe Situation, wie eine
zweite Klagerhebung in Ansehung desselben Anspruchs, aber keine
neue Unterbrechung des Verfahrens.
Der Gemeinschuldner kann den Prozefs während des Konkurses
nur aufnehmen, wenn er im Prüfungstermine die Forderung be-
1® Widersprechen sich Feststellung und Urteil, so kann der spätere Akt
mit Restitutionsklage aus § 580 Nr. 7 a C.Pr.O. angefochten werden. Ist dies
nicht geschehen, so ist gegen den früheren Akt Widerspruchsklage nach
§ 767 C.Pr.O. möglich.
" Gegen den klaren Wortlaut des §240 C.Pr.0. will Oetker, Grundbegr.I
8. 126 den Eintritt der Unterbrechung davon abhängig machen, ob der Eon-
kursgläubiger liquidiert, weil erst dann die Konkursmasse betroffen werde.
^' Darüber, dafs das unterbrochene Verfahren gegen den widersprechenden
Verwalter oder Gläubiger oder von den Opponenten gegen den Gläubiger,
aufgenommen werden kann, s. § 146 Abs. 3.
§ 31. VII. Der Einflufa auf gegenseitige Verträge. 189
stritten hat. Vorher kann er dem Gläubiger die Befugnis, die
konkursmäfsige Feststellung zu versuchen, nicht durch die Auf-
nahme des Prozesses verschränken.
Mit Beendigung des Konkurses endigt die Unterbrechung, wenn
der Prozefs nicht schon früher aufgenommen wurde.
§31.
TU. Der Einflufs «nf gegenseitige YertrSge ^
. 1. Gegenseitig (oder nach der älteren, noch in der K.O. ver-
wendeten Ausdrucksweise: zweiseitig) ist der Vertrag, worin eine
Leistung gegen eine andere versprochen wird, und zwar so, dafs
eine Leistung wirtschaftliches Entgelt für die andere ist. Ob die
Leistungen Zug um Zug erfolgen sollen oder die eine vor der
anderen, ist für den Begriff des gegenseitigen Vertrags einerlei.
Ist ein gegenseitiger Vertrag, den der Gemeinschuldner ab-
geschlossen hat, vor der Konkurseröffnung von einem Teile voll-
ständig erfüllt, so besteht nur mehr eine Forderung; diese gehört
zur Konkursmasse oder sie ist Konkursforderung, je nachdem sie
dem Gemeinschuldner oder dem anderen Teile zusteht. Ist der
Vertrag aber zur Zeit der Konkurseröff'nung noch von keinem
Teile vollständig erfüllt, so stehen sich zwei Forderungen gegen-
über, die rechtlich und wirtschaftlich zusammenhängen: rechtlich
durch ihren Ursprung aus demselben Vertrag, wirtschaftlich durch
die Entgeltnatur der Leistungen.
Dieser Zusammenhang wird durch die Konkurseröffnung nicht
zerstört; sonst käme das unbillige Ergebnis heraus, dafs der
andere Teil die Forderung des Gemeinschuldners ganz erfüllen,
sich aber in Ansehung seiner Forderung mit der Konkursrate be-
gnügen müfste.
Daher kann der Verwalter die Forderung des Gemeinschuldners
auf Erfüllung nur in der Weise geltend machen, dafs er den Vertrag
auf Kosten der Masse in derselben Weise erfüllt, wie er von dem
Gemeinschuldner zu erfüllen ist (§ 17 Abs. 1)*.
1 Litteratur: L. Seuffert, Z. Gesch. u. Dogm. etc. I S. 127 ff., Oetker,
Ztschr. f. d. CPr. XIV S. 1 ff., Kohl er, Lehrb. S. 132 ff.
' Also, wenn der andere Teil zur Vorleistung verpflichtet ist, erst nach
der Vorleistung etc. — Ist die Erfüllung auf Kosten der Konkursmasse nicht
möglich, weil dazu eine persönliche Thätigkeit des Gemeinschuldners er-
forderlich ist, z. B. bei einem Verlagsvertrage über ein Werk, das der
Gemeinschuldner schreiben soll, so kann der Verwalter die Erfüllung nicht
190 Fünftes Hauptstück.
Will der Verwalter die Erfüllung verlangen (ob er dies thun
will, ist Sache seines pHichtmäfsigen Ermessens; wegen Genehmigung
des Gläubigerausschusses vgl. §§ 133 Nr. 2 und 136), so mufs er
es dem anderen Teil erklären. Auf Erfordern des anderen Teils
mufs der Verwalter, auch wenn die Erfüllungszeit noch nicht
eingetreten ist, ihm ohne Verzug erklären, ob er die Erfüllung
verlangen will. Unterläfst der Verwalter die unverzügliche Er-
klärung, so kann er auf der Erfüllung nicht bestehen (§ 17 Abs. 2).
Der andere Teil kann von dem Verwalter die Erfüllung nicht
verlangen, ohne dafs dieser die Erfüllung verlangt hat. Er kann
auch nicht die Rückgabe seiner in das Eigentum des Gemein-
schuldners übergegangenen Teilleistung aus der Konkursmasse
verlangen (§ 26 Satz 1). Aber er kann deswegen, weil der Vertrag
nicht erfüllt wird, Schadensersatz wegen Nichterfüllung be-
anspruchen, wobei natürlich vorausgesetzt wird, dafs der Vertrag
auch nicht von dem Gemeinschuldner selbst aus dem konkursfreien
Vermögen erfüllt worden ist. Dieser Schadensersatzanspruch geht
gegen den Gemeinschuldner und ist Konkursforderung (§ 26 Satz 2),
da er als eventueller Anspruch aus dem vor der Konkurseröffnung
geschlossenen Vertrag entstanden ist.
Die Erklärung des Verwalters und die Aufforderung des
anderen Teils zur Erklärung sind empfangsbedürftige Willens-
erklärungen im Sinne der §§ 130 bis 132 B.G.B. Eine Form ist
nicht vorgeschrieben.
Hat der andere Teil den Anspruch auf Schadensersatz im
Konkurse verfolgt, so kann er nach Beendigung des Konkurses
nicht auf den ursprünglichen Anspruch zurückgreifen. Hat er
den Ersatzanspruch nicht im Konkurse verfolgt, so kann er den
ursprünglichen Anspruch gegen den Gemeinschuldner verfolgen.
Im Falle des Zwangsvergleichs ist aber der Gemeinschuldner befugt,
den anderen Teil mit der Vergleichsrate des Schadensersatzanspruchs
abzufinden ; denn dieser Anspruch ist als Konkursforderung durch
den Vergleich reduziert, auch wenn er nicht im Konkurse ver-
folgt wurde.
Die Berechtigung, wegen Nichterfüllung von einem gegen-
seitigen Vertrage zurückzutreten (§ 361 B.G.B. , § 376 H.G.B.),
wird durch die Bestimmungen des § 17 nicht berührt
verlangen. In diesem Fall entsteht ein Schadensersatzanspruch nicht durch
Nichterfüllung von Seite des Verwalters, sondern erst durch Nichterfüllung
von Seite des Gemeinschuldners.
§ 31. VII. Der Einflufs auf gegenseitige Verträge. 191
Die Bestimmungen des § 17 kommen nicht zur Anwendung,
soweit sich aus den §§ 18 bis 22 für die dort bezeichneten Ver-
träge ein Anderes ergiebt.
2. Hat der Gemeinschuldner vor der Konkurseröffiiung Waren
(bewegliche Sachen oder Wertpapiere), die einen Markt- oder
Börsenpreis haben •, gekauft oder verkauft* unter der Vereinbarung,
dafs die Lieferung der Ware zu einer festbestimmten Zeit oder
innerhalb einer festbestimmten Frist bewirkt werden soll (Fix-
geschäft, vgl. § 861 B.G.B., § 376 H.G.B.), so wird das Geschäft
im Verhältnisse zur Gläubigerschaft als Differenzgeschäft behandelt,
wenn die Erftillungszeit oder der Ablauf der Erfüllungsfrist erst
nach der Konkurseröffnung eintritt (§ 18 Abs. 1)*. Der Verwalter
kann von dem anderen Teil und dieser von jenem nicht die Er-
füllung, sondern nur Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen,
und zwar wird der Betrag des Ersatzanspruchs (die Differenz)
berechnet nach dem Unterschiede zwischen dem Kaufpreis und dem-
jenigen Markt- oder Börsenpreise, welcher sich an dem Erfüllungs-
ort oder an dem für diesen Ort mafsgebenden Handelsplatze am
zweiten Werktage nach der Eröffaung des Verfahrens für die mit
der bedungenen Erfüllungszeit (d. i. auf denselben Termin, z. B.
Ultimo Mai) geschlossenen Geschäfte ergiebt (§ 18 Abs. 2).
Fällt die Differenz zu Gunsten des Gemeinschuldners, so ist
die Forderung von dem Verwalter einzuziehen. Fällt sie zu Gunsten
des anderen Teils, so ist die Forderung Konkursforderung.
Die eigenartige Behandlung dieser Geschäfte erklärt sich
daraus, dafs der andere Teil Gelegenheit hat, an der Börse oder
auf dem Markt ein Geschäft desselben Inhalts mit demselben
Lieferungstermine mit einem Dritten zu schliefsen. Daher kommt
§ 18 nicht zur Anwendung, wenn für Geschäfte mit der be-
dungenen Lieferungszeit an dem oben bezeichneten Tage kein
Markt- oder Börsenpreis zu ermitteln ist (§ 18 Abs. 3) ; in diesem
Falle gilt die Regel des § 17.
Was über die Rechtslage nach Beendigung des Konkurses für
den Fall des § 17 gesagt wurde (s. S. 190 Abs. 4) gilt auch für die
• Vgl. §§ 385, 458, 1295 B.G.B., 373, 376 H.G.B.
* Die Beschränkung auf Kaufgeschäfte ergiebt sich aus dem Worte
„Kaufpreis" in § 18 Abs. 2. Die Vorschrift des § 18 pafst auch inhaltlich nur
auf Kaufgeschäfte. Dafs das Geschäft ein Handelsgeschäft ist, ist nicht er-
forderlich. Ebensowenig, dafs die Kontrahenten Kaufleute sind.
^ Daraus sowie aus dem Zusammenhange mit § 17 folgt, dafs yoraus«
gesetzt wird, dafs der Vertrag noch von keiner Seite vollständig erfüllt ist.
194 Ffinftes Hauptstflck.
insbesondere die Einziehung dieses Zinses, der Gläubiger seh aft ge-
genüber nur insoweit wirksam, als sich die Verfügung auf den
Miet- oder Pachtzins für das zur Zeit der Konkurseröffnung
laufende und das folgende Kalendervierteljahr bezieht. Soweit
die Entrichtung des Miet- oder Pachtzinses der Gläubigerschaft
gegenüber wirksam ist, kann der Mieter oder der Pächter gegen
die von der Gläubigerschaft geltend gemachte Miet- oder Pacht-
zinsforderung eine ihm gegen den Gemeinschuldner zustehende
Forderung aufrechnen. Das alles erklärt sich daraus, dafs die Miet-
oder Pachtzinsforderung dem Gemeinschuldner gehört und nur zu-
folge der Beschlagnahme von der Gläubigerschaft kraft Pfandrechts
geltend gemacht werden kann.
Wie der Gemeinschuldner als Vermieter oder Verpächter, so
kann auch der Konkursverwalter den vermieteten oder verpachteten
Gegenstand veräufsem. Die Wirkungen der Veräufserung auf das
Miet- oder Pachtverhältnis bemessen sich nach dem bürgerlichen
Rechte. In Ansehung der Veräufserung eines vermieteten oder ver-
pachteten Grundstücks oder Raumes (vgl. § 580 B.G.B.) unterscheidet
das bürgerliche Recht, ob die Veräufserung freiwillig oder im Wege
der Zwangsvollstreckung erfolgt (vgl. §§ 571 ff. B.G.B. einerseits, §57
Zw.V.G. andererseits). Wenn der Konkursverwalter ohne das für
die Zwangsvollstreckung vorgeschriebene Verfahren — „freiwillig",
im Gegensatz zu: „durch Zwangsversteigerung" — veräufsert, so
wirkt die Veräufserung, da sie sachlich Zwangsvollstreckung ist, doch
auf das Miet- oder Pachtverhältnis wie eine Zwangsversteigerung
(§ 21 Abs. 3). Es finden die Vorschriften des § 57 Zw.V.G., in-
direkt also die Vorschriften der §§ 571, 572, 573 Satz 1, 574,
575 B.G.B. Anwendung. Der Erwerber ist jedoch berechtigt , das
Miet- und Pachtverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Kün-
digungsfrist (§§ 565, 595 B.G.B.) zu kündigen, aber nur für den
ersten möglichen Termin. Macht der Erwerber von dieser Befugnis
Gebrauch, so kann der Mieter oder Pächter Schadensersatz wegen
Nichterfüllung des auf längere Zeit geschlossenen Vertrags von
dem Gemeinschuldner beanspruchen; der Anspruch ist Konkurs-
forderung (arg. § 26 Satz 2).
Wenn der Verwalter die verpachtete oder vermietete Sache
nicht zur Konkursmasse zieht, etwa weil sie wegen der Belastung
mit Hypotheken für die Gläubigerschaft keinen Wert hat, so sind
die Bestimmungen des § 21 nicht anwendbar.
§ 83. IX. Das Erlöschen v. Aufträgen u. Vollmachten d. Gemeinschuldners. 195
2. Auf Dienstverträge.
Ein in dem Haushalte, Wirtschaftsbetrieb oder Erwerbsge-
schäfte des Gemeinschttldners vor der Konkurseröffnung angetretenes
Dienstverhältnis (§ 611 B.G.B.) kann sowohl von dem Konkurs-
verwalter wie von dem zur Dienstleistung Verpflichteten gekündigt
werden, auch wenn eine längere Dienstzeit vereinbart ist (§ 22
Abs. 1 Satz 1). Dabei ist die gesetzliche Kündigungsfrist (§§ 621
bis 624 B.G.B.) einzuhalten, falls nicht eine kürzere Frist bedungen
war (§ 22 Abs. 1 Satz 2).
Kündigt der zur Dienstleistung Verpflichtete, so hat weder er
noch der Gemeinschuldner oder die Gläubigerschaft einen Anspruch
auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Vertrags.
Kündigt der Verwalter, so ist der andere Teil berechtigt,
Ersatz des Schadens zu verlangen , der ihm durch die verfrühte
Aufhebung des Dienstverhältnisses entsteht (§ 22 Abs« 2). Der
Ersatzanspruch ist Konkursforderung (§ 26 Satz 2) ohne Vorrecht,
§ 33.
IX. Das ErlOsehen yon AnftrSgen und Yollmachteii des
Oemelnseliiildnen.
Ein von dem Gemeinschuldner erteilter Auftrag erlischt durch
die Eröffnung des Konkurses, es sei denn, dafs der Auftrag sich
nicht auf das zur Konkursmasse gehörige Vermögen bezieht (§23
Abs. 1 Satz 1). Das Erlöschen des Auftrags hängt damit zusammen,
dafs Verfügungen des Gemeinschuldners über das zur Konkurs-
masse gehörige Vermögen gegenüber den Konkursgläubigem un-
wirksam sind. Daraus folgt zwar zunächst nur die relative Un-
wirksamkeit der Verfügungen des Beauftragten ; aber da sich daraus
unzweckmäfsige Komplikationen ergeben könnten, ist das Erlöschen
des Auftrags angeordnete
Trotz dem Erlöschen des Auftrags hat der Beauftragte, wenn
mit dem Aufschübe Gefahr verbunden ist, die Besorgung des
übertragenen Geschäfts fortzusetzen, bis der Konkursverwalter
anderweit Fürsorge treffen kann; der Auftrag gilt insoweit als
fortbestehend (§ 23 Abs. 1 Satz 2 K.O.mit § 672 Satz 2 B.G.B.).
Zu Gunsten des Beauftragten gilt der erloschene Auftrag als
^ Vgl. C. c. art 200S. Das gem. R. enthielt keine solche Bestimmung.
13*
196 Fünftes HauptBtück.
fortbestehend, bis der Beauftragte von dem Erlöschen durch die
Konkurseröffnung Kenntnis erlangt oder das Erlöschen kennen
müfs (§ 2S Abs. 1 Satz 2 K.O mit § 674 B.G.B.).
Hat sich jemand vor der Konkurseröftiung durch Vertrag
verpflichtet, ein ihm von dem Gemeinschuldner übertragenes Ge-
schäft für diesen gegen Entgelt zu besorgen, so liegt kein Auftrag
(arg. § 662 B.G.B.), sondern ein Dienstvertrag (§611 B.G.B.) oder
ein Werkvertrag (§ 631 B.G.B.) vor. Bezüglich dieses Dienst-
oder Werkvertrags gilt das Gleiche wie für den Auftrag (§ 28
Abs. 2). Er erlischt also durch die Eröflhung des Konkurses, es
sei denn , dafs das Gesch&ft sich nicht auf das zur Konkursmasse
gehörige Vermögen bezieht, u. s. w. Für die Dienst- und Werk-
verträge, in denen die Verpflichtung zur Besorgung eines von dem
Gemeinschuldner übertragenen Geschäfts — in Gegensatz zu
sonstigen Diensten oder Werken — versprochen wird, geht diese
Vorschrift als die speciellere den allgemeinen Bestimmungen über
die Wirkung der Konkurseröffnung auf zweiseitige Verträge
(§ 17) vor.
Erlischt ein von dem Gemeinschuldner erteilter Auftrag oder
ein Dienst- oder Werkvertrag der bezeichneten Art infolge der
Eröffnung des Konkurses, so ist der andere Teil in Ansehung der
nach der Eröffnung des Verfahrens entstandenen Ersatzansprüche'
im Falle des § 672 Satz 2 B.G.B. Massegläubiger, weil seine Ge-
schäftsbesorgung der Gläubiger Schaft zugut kommt; im Falle des
§ 674 B.G.B. Konkursgläubiger, weil der Grund seiner Forderung
vor der Konkurseröffnung liegt (§ 27).
Da sich das Erlöschen der Vollmacht nach dem ihrer Er-
teilung zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisse bestimmt (§ 168
B.G.B.), so erlischt durch die Konkurseröffnung auch die dem Be-
auftragten, dem durch Dienst- oder Werkvertrag zur Besorgung
eines Geschäfts Verpflichteten erteilte Vollmacht, soweit der Auf-
trag, der Dienst- oder Werkvertrag erlischt. Sie dauert also fort
bei der keinen Aufschub duldenden (leschäftsbesorgung ; desgleichen,
bis der Beauftragte etc. von dem Erlöschen der Vollmacht durch
die Konkurseröffnung Kenntnis erlangt oder das Erlöschen kennen
mufs. In dem zweiten Fall wirkt sie jedoch nicht zu Gunsten
eines Dritten, der bei der Vornahme eines Rechtsgeschäfts das
Erlöschen kennt oder kennen mufs (arg. § 169 B.G.B). Daneben
sind auch die Bestimmungen der §§ 170 bis 173 B.G.B. über das
* Vgl. § 670 B.G.B.; nicht in Ansehung der Lohnansprüche!
§ 34. X. Die Anfechtung von Bechtohandlungen. 1. Einleitung. 197
iBkraftbleiben gewisser Vollmachten gegenüber dem gutgläubigen
Dritten anwendbar, wenn die Konkurseröffnung das £rldsehen der
Vollmacht bewirkt hat. Übrigens kann der Dritte, dem gegen-
über die Vollmacht nach den Vorschriften der §§ 672 Satz 8, 674,
mit § 169 B.G.B. oder nach den Vorschriften der §§ 170 bis 173
B.G.B. in Kraft bleibt, durch ein nach der Konkurseröffnung mit
dem Bevollmächtigten vorgenommenes Bechtsgesohäft einen Aus-
sonderungs^ oder einen Absonderungaanspruch oder eine Konkurs-
forderung ebensowenig erwerben, als durch ein mit dem Gemein-
schuldner selbst geschlossenes Geschäft '. Das Inkraftbleiben der
Vollmacht hat der Konkursmasse gegenüber nur Bedeutung, wenn
eine Leistung auf eine zur Konkursmasse zu erfüllende Verbindlich-
keit nach der Eröffnung des Verfahrens an den Bevollmächtigten
erfolgt ist (§ 8) oder wenn der Bevollmächtigte nach der Konkurs-
eröffnung eine derjenigen Erklärungen abgegeben hat, auf Grund
deren sich nach § 15 Satz 2 ein Erwerb zu Gunsten dea gutgläubigen
Dritten vollziehen kann.
Alle vorgetragenen Sätze finden entsprechende Anwendung auf
das Rechtsverhältnis zwischen einer juristischen Person und ihren
Organen, auch wenn dieses Rechtsverhältnis weder Auftrag noch
Dienst- oder Werkvertrag ist. Ebenso auf das Rechtsverhältnis
zwischen einer Gemeinschaft, die keine juristische Person, aber ein
organisierter Personenverband ist, und ihren Organen.
§ 34.
X. Die Anfechtmig ron Beehtohandlnngen wegen Benaoh-
telllgang der OMubiger.
1. Einleitung: und GescIxiclitUclies.
Persönliche Gläubiger können durch Rechtshandlungen benach-
teiligt werden, die ihnen die Möglichkeit schmälern, Befriedigung
aus dem Vermögen ihres Schuldners zu erlangen. Die Schmälerung
kann erfolgen durch Handlungen, die das Aktivvermögen des
Schuldners vermindern, und durch solche, die dessen Schulden (das
Passiv vermögen) vermehren.
> Es ist schief und irreleitend, wenn in der Begr. d. Nov. Z.4K.O. 8. 38
Yon der Fiktion einer Behandlung der Geschäfte „wie wenn sie vor der
BrÖfiBnnng des Verfahrens vorgenommen wären** geredet wird.
198 Fünftes Hauptstück.
Die BechtBordnuDg kann die persönlichen Gläubiger nicht
schlechthin gegen solche Benachteiligung schützen. Der Begriff
der persönlichen Haftung (im Gegensatz zur Sachhaftung) bringt
es mit sich, dafs der Gläubiger die Gefahr solcher Beeinträch-
tigung tragen mufs. Aber es giebt doch Umstände, unter denen
es billig erscheint, die Gläubiger gegen Benachteiligung zu schützen.
Das geschieht dadurch, dafs den Gläubigein das Recht gewährt
wird, Rechtshandlungen wegen der Benachteiligung anzufechten.
Die Anfechtung kann vor der Konkurseröffnung und nach
derselben erfolgen. Aber zufolge der Konkurseröffnung werden
Rechtshandlungen anfechtbar, die vorher nicht anfechtbar waren.
Die Anfechtungsbefugnis, die vor der Konkurseröffnung den ein-
zelnen Gläubigern zustand, steht während des Konkurses der
Gläubigerschaft zu. Die Leistung, zu der der Anfechtungsgegner
verpflichtet ist, hat nicht, wie vor der Konkurseröffnung an den
einzelnen Gläubiger, sondern an die Gläubigerschaft zu erfolgen.
Insofern gehört die Lehre von der Anfechtbarkeit in den Abschnitt:
„Wirkungen der Konkurseröffnung". Die Wirkungen, welche die
Konkurseröffnung auf die Anfechtbarkeit ausübt, lassen sich aber
nicht darstellen, ohne die ganze Materie zu erörtern.
Das geltende Anfechtungsrecht steht in geschichtlichem Zu-
sammenhange mit dem früheren gemeinen Rechte Deutschlands S
mit dem französischen Recht* und mit deutschen Partikularrechten'.
^ Das gemeine Recht führt auf römisches Recht zurück. Im pr&torischen
Edikt ist eine Klage (actio Pauliana) und ein Interdikt (interdictum frauda-
torium) in Aussicht gestellt gegen denjenigen, welcher mit dem Schuldner Ge-
schäfte machte, wissend, dafs dieser seine Gläubiger benachteiligen wolle,
desgleichen eine actio, die aber nur causa cognita gegeben wird, für Fälle,
in denen der Dritte von der Unredlichkeit des Schuldners nichts wufste. Vgl.
Lenel, Ed. perp. S. 351 ff., 898; Dig. tit Quae in fraudem creditorum facta sunt
ut restituantur 42, 8; Cod. tit. De revocandis bis quae per fraudem alienata
sunt 7, 75. Die Ansprüche gehen auf Restitution oder Schadensersatz, nach
Ablauf eines Jahres seit der bonorum venditio auf Herausgabe der Bereiche-
rung. Nach dem Edikte wurden die actio und das interdictum nur nach der
missio in bona erteilt. Es ist zweifelhaft, ob sie in der späteren Zeit nicht
auch ohne missio zugelassen wurden.
Das römische Recht, wie es in den justinianischen Rechtsbüchem auf-
gezeichnet ist, wurde seit seiner Wiederbelebung in Italien gelehrt und
angewendet. In italienischen Stadtrechten wurde die Anfechtung in ver-
schiedener Weise erleichtert Handelt es sich um Geschäfte des Schuldners
mit seiner «Frau, mit nahen Verwandten oder Verschwägerten, so bedarf der
animus fraudandi bei dem Schuldner und die participatio fraudis auf Seite des
Dritten keines specielien Beweises. Oder: die Anfechtung wird auch ohne den
§ 84. X. Die Anfechtung von Rechtshandlungen. 1. Einleitung. 199
Enthalten ist das geltende Recht über Anfechtung im Konkurse
in den §§ 29 bis 42 der neuen K.O., über Anfechtung aufserhalb
des Konkurses in dem R.G. v. 21. Juli 1879 (R.G.Bl. S. 261) in
Nachweis der Benachteiligungsabsicht ganz allgemein nach dem Ermessen des
Richters zugelassen; insbesondere, wenn das Geschäft kurz vor dem Bankerutt
oder der flucht vorgenommen wurde. Nachweise solcher Stadtrechte s. bei
Fuchs, Konk.Prozefs 8. 46 N. 9, 50 N. 6; Kohler, Lehrb. S. 195 ff. In
Betracht kommen Statuten von Belluno, Brescia, Florenz, Genua, Mailand,
Padua, Piacenza, sämtliche aus dem 14. und dem 15. Jahrhundert. Die von
Fuchs herangezogenen stadtrechtlichen Bestimmungen, wonach Personen,
die mit dem Schuldner in häuslicher Gemeinschaft leben, für die Schulden
haften, haben mit der Anfechtung wohl nichts zu thun. Auf die gemein-
rechtliche Doktrin scheinen die stadtrechtlichen Neuerungen keinen Einflufs
gehabt zu haben, wenigstens ist in den Glossen und Kommentaren der justi-
nianischen Rechtsbücher nichts davon zu merken.
In Deutschland finden sich schon vor der Rezeption des fremden Rechts
Ansätze zu Schutzmafsregeln gegen Veräufserungen, durch die die Zwangs-
vollstreckung vereitelt wird. Sie zerfallen in zwei Gruppen. Die eine um-
fafst die Bestimmungen, wonach eine Yeräufserung (insbesondere von Grund-
stücken), die „zu FluchtsaP oder „durch Vorflucht", das ist mit betrügerischer
Absicht, vorgenommen wurde, ungültig sein soll. S. Sachsensp. Lehnrecht
ed. Homeyer Art. 7 § 1, Art. 58 § 2; Richtsteig, Lehnrecht ed. Homeyer
c. 30; Goslarer Statuten ed. Göschen S. 28 Z. 38; Schwabensp. Landrecht
ed. Gengier c. 262, ed. Wackernagel c. 259, ed. Lafsberg c. 314;
Schwabensp. Lehnrecht c. 105; Kleines Keyserrecht ed. Endemann II c. 110;
Manch. Stadtrecht ed. Au er Art 111; Bresl. Willkür im rechten Weg G.
c. 62, abgedr. in Lab and, vermögensr. Klagen S. 276 N. 39. Die andere
Gruppe umfafst die namentlich in Stadtrechten vorkommenden Bestimmungen,
wonach die Gläubiger allgemein oder doch bei „gelobter Schuld", d. i. wenn
Zahlung vor Gericht versprochen ist, den Verkäufen und Verpfändungen ihrer
Schuldner binnen bestimmter Frist (die nie länger als Jahr und Tag, manchmal
kürzer ist) widersprechen können. Vgl. Lüb. ältest. Stadtrecht ed. Hach II 23,
III 130, Bremer Ordele ed. Oelrichs nr. 20, 23 S. 76, 78, Brem. Stadtrecht, v.
1428 ed. Oelrichs 11 c. 50 S. 363, Magd. Bresl. syst. Schöffenrecht ed.
La band IV c. 51; auch etwa Bamb. Stadtrecht ed. Zöpfl § 236. In den
Bestimmungen der zweiten Gruppe wird keine betrügerische Absicht gefordert.
Vielmehr scheint der Gedanke zu Grunde zu liegen, dafs vor Jahr und Tag
der Erwerb noch nicht gesichert ist. Vgl. La band, Vermögensr echtl. Klagen
S. 276.
Zufolge der Rezeption des römischen Rechts erlangten dessen Be-
stimmungen über die Anfechtung Geltung in Deutschland. Nur hier und
da wurden in Stadtrechten Bestimmungen der älteren Art beibehalten. So
z. B. in dem rev. lüb. Recht L. III tit. 6 Art. 1 und noch in der lüb. Konk.
Ordn. V. 1862 § 26. Die Nümb. Stadtrechte v. 1484, 1498 tit. XXII Art 8
stehen bereits auf dem Boden des gem. Rechts. In Doktrin und Praxis zeigte
sich aber die Neigung, den nach dem röm. Recht erforderlichen Nachweis des
animus fraudandi und der participatio fraudis zu erleichtem und den animus
200 Fünftofl Hauptstllek.
der Fassung der Bekanntmachung v. 20. Mai 1898 (R.G.Bl. S. 709)*.
Strafrechtliebe Bestimmungen zum Schatze der Gläubiger enthalten
die §§ 239 bis 242 K.O.
gi'atifieandi, d. i. die Absicht, einen G-l&ubiger vor den andern zu begünstigen,
dem animus fraudandi gleichzustellen. Y^. S. Stry^k, De cautelis contractnum
8ect.IV c. 10, Stru vius, STntagmaiur.civ.P.III exerc.44 th.80, J.B. Wcrnher,
Observationes for. Tom. I pag. HI ob«. 147, Voet, Comm. ad Pand. 42, 8 § 17,
W. A. Lauterbach, Coli, theor. pract. ad Pand. Hb. XLJI tit. 8 nr. 18, D.
O. Struben, rechtliche Bedenken T. 1 Nr. 105, CA. Günther, princ. iuris
rom. II § 1257, Dabelow S. 426 ff.
Eine Übersicht der auf das frühere gem. Recht besfigltehen Litteratur
s. bei Windscheid, Pand. H § 463 N. •. Dazu noch: Serafini, Della
reroca degli atti fraudolenti compiuti del debitore secondo il diritto Romano
(Pisa 1887).
* In Frankreich galten vor der napoleonischen Gesetzgebung die Grund-
?ktze des röm. Rechts; vgl. Domat, loix civiles II t. X sect. 1, 2 (ed. 1754
S. 194). Daneben findet sich die Ungültigkeit von Schenkungen ohne das
Erfordernis des animus fraudandi ; vgl. Beaumanoir, Grand coutumier c. 54
§ 5. Im Code civ. art. 1167 ist die Anfechtung wegen absichtlicher Beeinträch-
tiinmg (fraude) der Rechte der Gläubiger zugelassen. Sch&rfere Bestimmungen,
die sich teilweise an die Ordonnance v. M&rz 1673 tit. XI art. 4 und die De-
klaration V. 18. Nov. 1702 anlehnen, enthält der Code de comm. art. 441 bis
447 für den Fall der Konkurseröfiiiung, die nur gegenttber einem Kaufmann
möglich ist. Die Zurückdatierung der Konkurseröffnung auf den Zeitpunkt
der Zahlungseinstellung (art. 441) führt die Ungültigkeit aller nach diesem
Zeitpunkte vorgenommenen Rechtshandlungen herbei (arg. art. 442X Niemand
kann innerhalb der zehn Tage, die der Eröffnung des Falliments vorangehen,
ein Privileg oder eine Hypothek auf die Güter des Falliten erwerben (art 443).
unentgeltliche Vergebungen von unbeweglichem Eigentum sind gegenüber der
Gläubigergesamtheit unwirksam, wenn sie innerhalb der sehn Tage vor Er-
öffnung des Falliments vorgenommen werden ; onerose Vergebungen der näm-
lichen Art können auf Antrag der Gläubiger annulliert werden, wenn die
Richter dafür halten, dafs sie die Merkmale des Betrugs an sich tragen
(art. 444). Von allen den Handel betreffenden Handlungen oder Verbindlich-
keiten, welche von dem Schuldner innerhalb der zehn Tage vor der Eröffnung
des Falliments eingegangen sind, wird, soviel den Falliten betrifft, vermatet,
dafs sie betrüglich seien; sie sind nichtig, wenn bewiesen wird, dafs von Seite
der Mitkontrabenten Betrug obwaltet (art. 445). Alle Summen, die in der
kritischen Zeit für nicht verfallene Handelsschulden bezahlt worden sind,
müssen zur Masse zurückgebracht werden (art. 446)l Alle Handlungen oder
Zahlungen, die zur betrügerischen Benachteiligung (fraude) der Gläubiger ge^
sehehen sind, werden als nichtig erklärt (art. 447)i Verschiedene dieser Be-
fftimmuDgen wurden durch das Ges. v. 28. Mai 1838 gemildert. Danach sind
ohne Rücksicht auf ein subjektives Moment alle Schenkungen, Zahlungen auf
oieht fällige Schulden, Hingaben an Zahlungsstatt und Pfandbestellungen für
ältere Schulden gegenüber der Konkursgläubigersehaft unwirksam, während
es im übrigen auf den guten Glauben des Erwerbers ankommt. Über das
§ 84. X. Die Anfechtung von Rechtshandlungen. 1. Einleitung. 201
Über die Anwendung der reichsgesetzlichen Vorschriften auf
Rechtshandlungen, die vor deren Inkraf treten vorgenommen wurden
8. 0. S. 35.
Wesen dieser Ungültigkeit vgl. Wind scheid d. L. d. Code Nap. «her die
Ungültigkeit S. 187 ff. und Köhler, 6e8.Abh. 8. 827 ff.
* Von den deutschen Partikularrechten, die über das gem. Recht hinaus-
gehen, sind folgende anzuführen: a) das preufs. Landrecht I 11 §§ 640 bis
645, 1129 bis 1183 ermöglicht die Anfechtung von Leibrenten vertrügen und
Schenkungen, auch wenn keine Benachteiligung der Gläubiger beabsichtigt
ist Die preufs. allg. G.O. 1 *50 § 42 bis 59 gestattet die Anfechtung im
Konkurse, wenn dem 'Dritten das ZahlungsunvermOgen des Schuldners be*
kannt war. Die preufs. K.O. v. 5. Mai 1855 §§ 99 bis 112 und das preufs.
Gesetz, betr. die Anfechtung aufserhalb des Konkurses, v. 9. Mai 1855
(G.S. S. 429 ff.) sind stark durch das französische Recht beeinflufst. Nach der
preufs. K.O. sind im Konkurs anfechtbar alle Rechtshandlungen des Gemein-
schuldners nach der Zahlungseinstellung, wenn der andere Teil von dieser
Kenntnis hatte, alle nach der Zahlungseinstellung oder zehn Tage vorher ge-
schehenen Zahlungen vor der F&Uigkeit, Pfandbestellungen und Hingaben an
Zahlungstatt, die in den letzten zwei Jahren vor der Konkurseröffnung erfolgten
Leibrentenverträge, Freigebigkeiten und lästigen Verträge mit dem Ehegatten,
mit Verwandten oder Verschwägerten, sofern diese nicht ihre Unkenntnis
von einer Benachteiligungsabsicht des Gemeinschuldners beweisen, fraudulose
Rechtshandlungen, wenn der Erwerber die Benachteiligungsabsicht kannte,
und Freigebigkeiten zu Gunsten des Ehegatten. Entsprechend ist in dem an-
geführten Gesetze die Anfechtung aufserhalb des Konkurses geregelt, nur dafs
die beiden ersten, die Zahlungseinstellung voraussetzenden Anfechtungsfalle hier
nicht wiederkehren. Die Bestimmungen der preufs. K.O. liegen mit einigen
Änderungen dem Entwurf einer deutschen Gemeinschuldordnung §§ 27 bis
89, dem Entw. e. K.O. f. d.'D.R. §§ 27 bis 89 und dem geltenden Reichsrechte
zu Grund. — b) Die bayer. Pr.O. v. 1869 §§ 1222 bis 1280; c) das säch«. B.G.B.
V. 1868 §§ 1509 bis 1518; d) das württ. Ges. über die privatrechtlichen Folgen
der Verbrechen und Strafen v. a Sept. 1889 Art 28; e) die bad. Pr.O. §§ 715,
728 ff.; f) die bremer Deb.Ordn. §§ 80 bis 48; g) die lüb. K.O. §§ 25 bis 87.
^ Litteratur des modernen Rechts aufser den Kommentaren
zur K.O. und den Lehrbüchern des Konkursprozefsrechts : Cosack, Das
Anfechtungsrecht der Gläubiger eines zahlungsunfUhigeu Schuldners inner-
halb und aufserhalb des Konkurses nach deutschem Reichsrecht (1884), da-
rüber Eck, Ztschr. f. d. ges. Handelsrecht XXXI S. 492, und L. Seuffert,
Ztsehr. f. d. G.Pr. IX S. 181ff.; Grütsmann, Das Anfechtungsrecht der be-
nachteiligten Konkursgläubiger nach gem. Rechte und nach der Reichs-
Konkursordnung (1882); B. Hartmann, Komm. z. Anfocht Gesetz etc., 4. Aufl.
von Frankenburger (1892); J ä c k e 1 , Die Anfechtung von Rechtshandlungen
zahlungsunfähiger Schuldner aufserhalb des Konkurses (1881, 2. Aufl. 1889);
Korn, Die Anfechtung von Rechtshandlungen des Schuldners in und aufser
dem Konkurse (1882, 2. Aufl. 1885); Kranichfeld, Das Anfechtungsgesetz
etc. (1880); Meisner, Über die juristische Natur des Anfechtungsrechts in
Beitr. z. Erl. d. D.R. XXXII S. 204 ff.; Otto, Die Anfechtung von Rechts-
202 Fünftes Hauptstück.
Räumlich sind die Vorschriften der K.O. nicht blofs auf die
im Geltungsbereiche der K.O. , sondern auch auf die im Auslande
vorgenommenen Rechtshandlungen anwendbar. Die Eröffnung des
Konkurses durch ein inländisches Gericht beruht auf der Voraus-
setzung, dafs das Vermögen des Gemeinschuldners ganz oder teil-
weise (vgl. §§ 237, 238) der inländischen Zwangsvollstreckung un-
terliegt. Gleichwie das inländische Gesetz bestimmt, was in einem
im Inland eröffneten Konkursverfahren Gegenstand der konkurs-
mäfsigen Zwangsvollstreckung ist, so ist das inländische Gesetz
auch mafsgebend für die Entscheidung der Frage, unter welchen
Umständen und in welchem Umfang veräufsörte Gegenstände zur
Konkurinasse zurückzugewähren sind; denn auch dabei handelt es
sich um die Bestimmung des Umfangs der konkursmäfsigen Voll-
streckung. Hierbei ist zu beachten, dafs bei Rechtshandlungen,
durch die ein im Auslande befindlicher Gegenstand veräufsert
wurde, möglicher Weise die Benachteiligung der Gläubiger fehlt,
nämlich dann, wenn der betreffende Gegenstand, auch wenn er
nicht veräufsert worden wäre, doch nicht zur Konkursmasse hätte
gezogen werden können, weil die ausländischen Gerichte dessen
Auslieferung zur Konkursmasse verweigern würden '^. Das kann
z. B. bei ausländischen Grundstücken eintreffen.
Was aber die Rechtshandlungen betrifft, durch die nichts ver-
äufsert, sondern eine Forderung begründet wird, so folgt deren
Unterstellung unter das inländische Recht daraus, dafs dieses zu
bestimmen hat, welche Forderungen sich an der Zwangsvollstreckung
handlungen, welche ein Schuldner, zu dessen Vennögen Konkurs nicht er-
öffnet ist, zum Kachteile seiner Gläubiger vornimmt, nach gem., sächs. und
deutschem Beichsrecht (1881); Petersen, Zur Lehre vom Anfechtungsrecht,
Zeitschr. f. d. CPr. X S. i7ff.-, Windschejd, Fand. U § 463a; Brinz,
Fand. (2) U § 345; Dernburg, Fand. II §§ 146, 147 und preufs. Fr.R. II
§§ 127 bis 182; Förster-Eccius, preufs. Fr.R. I § 114; Mandry, Der
civilrechtl. Inhalt der Reichsgesetze (4) § 50; Wolff, Ab8.-Recht S. 268 £F.
Pas deutsche Recht wurde mit wenigen Änderungen durch das Ost. Ges.
V. 16. März 1884 über die Anf. v. Rechtshandlungen, welche das Vermögen eines
zahlungsunfähigen Schuldners betreffen (R.G.B1. Nr. XXXVI), in Österreich
eingeführt; daher ist auch die Litteratur des österr. Rechts für das deutsche
Recht von Interesse. Daraus sind hervorzuheben: Steinbach, Kommentar
au dem cit. Gesetze ; Menzel, Das Anfechtungsrecht der Gläubiger nach österr.
Recht (1886); Krasnopolski, Studien zum österr. Ges. über die Anfechtung
etc. in Grünhuts Ztschr. f. Fr. u. ö. R. XIV S. 41 ff., XV S. 1 ff. und An-
fechtungsrecht der Gläubiger nach österr. Recht (1889); Pollack, Ck)ncttr8^
recht §§ 62 bis 67.
» Vgl. oben S. 88.
§ 35. X. Anfechtung von Rechtshandlungen. 2. Allg. Voraussetzungen. 203
in einem inländischen Konkursverfahren beteiligen dürfen; denn
die Anfechtung einer Rechtshandlung, durch die eine Forderung
begründet wird, läuft darauf hinaus, dafs die Forderung von der
Teilnahme am Konkurse zurückgewiesen wird^
§ 35.
m
2. Allsremeine Voraussetzungren der Anfechtbarkeit.
1. Allgemeine Voraussetzung der Anfechtung ist die Benach-
teiligung der Gläubiger durch eine Rechtshandlung, die eine Zu-
wendung enthält.
Rechtshandlung^ ist jede Handlung, die nach der Absicht
des Handelnden Rechtswirkungen haben soll und nach dem objektiven
Rechte Rechtswirkungen hat. Rechtsgeschäfte sind Rechtshandlungen ;
aber der Begriff der Rechtshandlung ist weiter als der des Rechts-
geschäfts. Rechtshandlung umfafst insbesondere auch die im Civil-
prozefs vorgenommene Handlung. Eine Unterlassung ist Handlung,
wenn ein positives Handeln als das normale Verhalten zu erwarten
war und das Nichthandeln auf einem besonderen Entschlüsse be-
ruht*, z. B. die absichtliche Unterlassung eines Wechselprotestes.
Die Anfechtung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dafs für
die anzufechtende Rechtshandlung ein vollstreckbarer Schuldtitel
erlangt oder dafs die Rechtshandlung durch Zwangsvollstreckung
oder durch Vollziehung eines Arrestes erwirkt worden ist (§ 35).
Der Vollstreckungstitel selbst, der nur zwischen dem Gläubiger
^ Über die räumliche Anwendbarkeit des Anfechtungsrechts vgl.
V. Bar, Theorie und Praxis des intemat. Privatrechts (2) II 8. 581 ff.; West,
Arch. f. d. civ. Prax. LX S. 358 ff.; Francke eod. LXII S. 487 f.; Cosack
8. 105; Korn S. 256; Kranichfeld S. 34; Otto S. 205; Menzel 8. 31 ff.;
Petersen, Ztschr. f. d. CPr. X S. 64 ff.; Kohler, Lehrb. 8. 648 ff., 658 ff.;
S.A. XXV Nr. 115, XXVII Nr. 1. Quot capita tot sensus! Die Frage, wie sich
die örtliche Geltung des Anfechtungsrechts bei Anfechtung aufserhalb des
Konkurses gestaltet, liegt aufser dem Bereiche dieses Buches.
1 Der Ausdruck ist zuerst in d. preufs. K.O. v. 1855 und dem preufs.
Anf.-Ges. y. gleichen Jahre gebraucht. £r ist Übersetzung des in den franz.
Gesetzen gebräuchlichen Ausdrucks „acte''. Über den Sinn des Ausdrucks vgl.
die Mot. S. 114. Vgl. a. Bierling, Jur. Principienlehre II S. 46 ff.
' Über Unterlassung als Handlung vgl. Binding, Normen II S. 449 ff.,
speciell über Unterlassung als Rechtshandlung im S. d. Anfechtungsrechts:
1. 3 § 1, i. 4 D. quae in fraud. 42, 8, Mot. S. 115; Cosack S. 48; Otto
8. 115; Kohler, Lehrb. S. 217. Die Motive sprechen sich gegen die An-
fechtbarkeit von Unterlassungen aus.
204 Fünftes Hauptstfick.
und seinem Schuldner wirksam ist, braucht nicht erst angefochten
zu werden.
Eine Rechtshandlung des Gemeinschuldners wird voraus-
gesetzt in § 80 Nr. 1 erster Halbsatz, sowie in den §§ 31 und 32;
wogegen unter Rechtshandlung in § 30 Nr. 1 zweiter Halbsatz und
Nr. 2 auch Rechtshandlungen des Gläubigers oder der auf sein
Betreiben thätigen gerichtlichen Organe zu verstehen sind*.
Die von einem Vertreter vorgenommene Rechtshandlung kommt
als Handlung des Vertretenen in Betracht.
Ist eine Rechtshandlung nichtig, z. B. wegen Mangels der
vorgeschriebenen Form (§ 125 B.G.B.) oder wegen Geschäftsun-
fähigkeit (§§ 104, 105 Abs. 1 B.G.B.) oder wegen Bewufstlosigkeit
oder vorübergehender Störung der Geistesthätigkeit (§ 105 Abs. 2
B.G.B.) oder wegen Beschränkung in der Geschäftsfähigkeit (§§ 106,
107, 114 B.G.B.) oder wegen eines dem Anderen bekannten geheimen
Vorbehalts (§ 116 Satz 2 B.G.B.) oder wegen Simulation (§ 117
B.G.B.) oder wegen Mangels der Ernstlichkeit (§ 118 B.G.B.) oder,
weil sie wegen Irrtums (§ 119 B.G.B.), unrichtiger Übermittlung
(§ 120 B.G.B.), arglistiger Täuschung oder rechtswidriger Drohung
(§ 123 B.G.B.) angefochten worden ist (vgl. § 142 Abs. 1 B.G.B),
so bedarf sie keiner Anfechtung wegen Benachteiligung der Gläubiger;
denn die Handlung ist bereits unwirksam, die Anfechtung ist
gegenstandslos. Aber die Anfechtung schadet auch nicht. Hat
der Verwalter auf Rückgewähr wegen Anfechtbarkeit geklagt und
es stellt sich heraus, dafs die Rechtshandlung nichtig ist, so ist
der Beklagte gleichfalls zur Rückgewähr verpflichtet (arg. § 812
B.G.B.) und mufs also verurteilt werden. Darin, dafs der Antrag
zuerst mit Anfechtbarkeit, nachher mit Nichtigkeit begründet wird,
liegt keine Klagänderung.
Die Rechtshandlung mufs die Gläubiger benachteiligen, so
dafs sie nicht vollständig befriedigt werden können. Mit der Er-
öffiiung des Konkurses steht die Insolvenz des Gemeinschuldners
fest, so dafs es in dieser Beziehung keines besonderen Nachweises
bedarf. Sollte sich übrigens herausstellen, dafs im Konkurs alle
Gläubiger ohne die Anfechtung befriedigt werden können, so würde
die Anfechtbarkeit entfallen.
* Dafs in den §§ 31, 32 nur Handlungen des Gemeinschuldners gemeint
sind, dürfte aus dem parallel gehenden § 3 des Anf.Ges. zu folgern sein. Das
Anf.Ges. setzt, wie schon sein Rubrum ersehen läfst, immer Rechtshandlungen
des Schuldners voraus. Teilw. abw. Harburger I, Jur. Wochenschr. 1885
S. 393 ff.
§ 85. X. Anfechtung von Rechtshandlungen. 2. Allg. Voraussetzungen. 205
Die Benachteiligung mufs durch die Rechtshandlung selbst
herbeigeführt worden sein. Sie kann darauf beruhen, dafs Ver-
mögen, das zur Konkursmasse gehören würde, veräufsert (oder
belastet), oder darauf, dafs eine konkurrierende Forderung begründet
worden ist.
Die VeräufseruBg von Gegenständen, die nicht zur Konkurs-
masse gehören würden, ist nicht anfechtbar. Nicht anfechtbar
ist daher insbesondere der Verzicht auf unpfändbare Ansprüche
und die Abtretung von solchen. Daraus folgt z. B. die Unanfecht-
barkeit des Verzichts auf einen Pflichtteilsanspruch, der noch nicht
durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig geworden ist (arg,
§ 852 Abs. 2 C.Pr.O.). Nicht anfechtbar ist die Auschlagung einer
dem Gemeinschuldner angefallenen Erbschaft oder eines Vermächt-
nisses, weil der Gemeinschuldner berechtigt ist, eine ihm vor der
Konkurseröfhung angefallene, aber zu dieser Zeit noch nicht end-
gültig erworbene Erbschaft oder ein solches Vermächtnis noch
während des Konkurses auszuschlagen (§ 9 Satz I)*. Das Gleiche
gilt von der Ablehnung der fortgesetzten Gütergemeinschaft (arg.
§ 9 Satz 2) *. Die Anwartschaft auf die Erbschaft eines Lebenden
ist kein Vermögensbestandteil, auch wenn sie durch Vertrag
gesichert ist; daher sind der Erbverzicht (§ 2846 B.G.B.) und
die Aufhebung eines Erbvertrags (§§ 2290, 2291 B.G.B.) oder eines
gemeinschaftlichen Testaments (§ 2292 B.G.B.) nicht anfechtbar.
Die Begründung einer Forderung beeinträchtigt die Konkurs-
gläubiger nur, wenn die Forderung zur Teilnahme am Konkurse
berechtigt ist. Daher kann die Begründung einer Forderung, die
vom Konkurse durch § 3 oder § 63 ausgeschlossen ist, von dem
Verwalter nicht angefochten werden.
Bevor die Forderung zum Konkurs angemeldet ist, besteht
selten ein Anlafs, sie anzufechten ; aber die Anfechtung kann auch
vorher erklärt werden, um den Gläubiger von der Anmeldung ab-
zuhalten. Denkbar wäre vor der Anmeldung eine Klage auf Fest-
stellung der Anfechtbarkeit; aber die Voraussetzungen zu einer
solchen Klage (vgl. § 256 C.Pr.O.) werden nicht leicht zutreffen.
Endlich mufs die Rechtshandlung eine Zuwendung® enthalten,
d. h. sie mufs bewirken, dafs jemand auf Kosten des Gemein-
schuldners ein Vermögensrecht erwirbt oder von einer Vermögens-
♦ Vgl. oben S. 79 f.
* Vgl. oben S. 79 f.
» Über diesen Begriff s. Co sack, Lehrb. d. d. bürgerl. R. I S. 149.
206 Fünftes Hauptstück.
last befreit wird. Die Zuwendung kann entgeltlich oder unent-
geltlich sein.
Eine Zuwendung ist die Erfüllung einer Verbindlichkeit,
wenn die Leistung Geldwert hat und nicht in einer Unterlassung
besteht; ebenso die Hingabe an Zahlungsstatt und die Sicher-
heitsbestellung für Erfüllung einer Verbindlichkeit. Auch die
Befreiung von einer Schuld, die durch Befriedigung des Gläubigers
eintritt, fällt unter den Begriff der Zuwendung; der Gläubiger,
der die geschuldete Leistung in Empfang nimmt, wendet dem
Schuldner die Befreiung zu; aber eine Benachteiligung der
Gläubiger wird sich selten dabei ergeben.
Keine Zuwendung ist z. B. die Dereliktion einer Sache, die
Ablehnung eines Vertragsantrags, die Erteilung einer Vollmacht
und deren Zurücknahme, die Kündigung eines Darlehens oder
eines Mietvertrags etc.
Die Vorschriften der K.O. sind zugeschnitten auf Rechts-
handlungen, die vor der Eröflftiung des Konkursverfahrens vorge-
nommen sind (§ 29), weil die nach der Eröflhung vorgenommenen
ohnehin den Konkursgläubigem gegenüber unwirksam sind (§ 7
Abs. 1 erster Halbsatz). Sofern jedoch eine nach der Eröfihung
des Konkurses vorgenommene Rechtshandlung nach den §§ 892,
893 des B.G.B. den Konkursgläubigem gegenüber wirksam ist
^ Dafs die Erfüllung einer Verbindlichkeit der Anfechtung nicht
prinzipiell entzogen ist, ist allgemein anerkannt. Streit besteht blofs darfiber,
ob die Erfüllung auch aus § 31 Nr. 1 angefochten 'werden kann. Dies ist an-
zunehmen ; denn die Erfüllung kann in der Absicht geschehen, die Gläubiger
zu benachteiligen, und der Empfänger kann davon Kenntnis haben. Dafs
jene Absicht und deren Kenntnis bei Erfüllung fälliger Verbindlichkeiten
schwer zu beweisen sein wird, ist eine Sache für sich. Ebenso die Mot.
S. 131, die Kommentare, Kohler, Lehrb. S. 27 u. 62; Jäckel S. 78; Otto
S. 70; Koch oll, Rechtsfölle I S. 456, R.G.Entsch. XVI S. 62 XX 8. 181,
XXIII S. 9, Beitr. z. Erl. d. d. R. XXVII S. 160, XXIX S. 1039, O.L.G.
München Bl. f. R.A. VIII Erg.Bd. S. 165. A.M.: Cosack S. 114 ff.; Eccius,
pr. Pr.R. I § 114 N. 41; Eck, Ztschr. f. d. g. H.R. XXIX S. 302, XXXI
S. 496 f.; Grützmann S. 129; Jäckel S. 129; Krasnopolski S. 37 f.;
Menzel S. 153 ff.; Bayr. ob. L.G. Sammig. v. E. IX S. 11. Für das frühere
Recht 8. 1. 6 § 7, 1. 24 D. quae in fraud. 42, 8. — Die Erfüllung einer Forderung,
die im Konkurse bevorrechtigt ist, kann unanfechtbar sein wegen Mangels der
Benachteiligung der Gläubiger; die Benachteiligung fehlt, wenn in dem Kon-
kurs alle besser oder gleich berechtigten Gläubiger befriedigt werden können.
— Die Befriedigung eines Absonderungsberechtigten benachteiligt die Gläu-
biger nur soweit, als der Absonderungsberechtigte sich nicht aus dem ab-
zusondernden Gegenstände decken konnte.
§36. X.AnfechtiiDg von Rechtshandlungen. 3.Besond.yoTanssetzungen. 207
(vgl. § 7 Abs. 1 zweiter Halbsatz und oben S. 173), gelten für
deren Anfechtung dieselben Vorschriften, wie für die vor der Er-
öffnung des Verfahrens vorgenommenen Handlungen (§ 42). Da
solche Handlungen nach dem Eröffhungsantrage liegen, finden auch
die Vorschriften des § 30 Anwendung.
§86.
3. Besondere Voraussetzuniren der Anfechtbarkeit,
Zu den allgemeinen Voraussetzungen müssen noch alter-
nativ besondere Umstände hinzukommen. Solche sind:
a) Kenntnis der Zahlungseinstellung oder desEr-
öffnungsantrags.
Anfechtbar ist ein von dem Gemeinschuldner eingegangenes
Rechtsgeschäft (nicht eine andere Rechtshandlung), durch dessen
Eingehung die Konkursgläubiger benachteiligt werden, wenn dem
anderen Teile zu der Zeit, als er das Geschäft einging, die
Zahlungseinstellung oder der Eröffhungsantrag bekannt war (§ 30
Nr. 1 erster Halbsatz). Ein von dem Gemeinschuldner und dem
anderen Teil „eingegangenes" Rechtsgeschäft ist ein Vertrag; es
kommen also nur Verträge in Betracht. Verträge sind auch die
Erfüllung und. die rechtsgeschäftliche Sicherstellung einer Ver-
bindlichkeit. Aber diese Verträge fallen doch nicht unter den
ersten Halbsatz des § 30 Nr. 1 ; denn es widerstrebt dem Sprach-
gebrauche, die Erfüllung und die Sicherstellung einer Verbind-
lichkeit als „eingegangene Rechtsgeschäfte" zu bezeichnen; auch
ist die Erfüllung etc. von Seite des Gemeinschuldners in dem
zweiten Halbsatze besonders behandelte
Rechtsgeschäfte, die zu Eintragungen in das Grundbuch führen,
sind durch die Eintragung nicht gegen die Anfechtung gefeit*.
Ferner ist anfechtbar jede nach der Zahlungseinstellung oder
nach dem Eröffhungsantrag erfolgte Rechtshandlung, die einem
Konkursgläubiger Sicherheit oder Befriedigung gewährt, wenn
dem Gläubiger zu der Zeit, als die Handlung erfolgte, die Zahlungs-
einstellung oder der Eröffnungsantrag bekannt war (§ 30 Nr. 1
zweiter Halbsatz). Die Rechtshandlung braucht keine Rechtshand-
* Dafs eine an den Gemeinschuldner bewirkte ErfaUang von § 30 Nr. 1
nicht getroffen werden soll, sagen die Mot. S. 121 ganz ausdrücklich,
a Vgl. Mot. S. 120.
208 Fünftes Hauptstuck.
luDg des Gemeinschuldners zu sein'. Als anfechtbar kommen ins-
besondere auch die Sicherung und die Befriedigung in Betracht,
die ein Gläubiger im Wege der Zwangsvollstreckung oder der
Arrestvollziehung erlangt*.
Von dieser Anfechtung sind Wechselzahlungen des Gemein-
schuldners ausgenommen, wenn nach Wechselrecht der Empfänger
bei Verlust des Wechselanspruchs gegen andere WechselverplBichtete
zur Annahme der Zahlung verbunden war (§ 34 Abs. 1) *. Dies trifft in
allen Fällen zu, wo der Wechselinhaber einen Vormann (Aussteller
oder Indossanten*) hat, gegen den er Regrefs nehmen kann. Dazu
ist regelmäfsig Protest notwendig (Art. 41 W.O.); dieser kann nicht
erhoben werden, wenn die Zahlung angeboten ist Auch wenn der
Protest erlassen ist (Art. 42 W.O.), kann die angebotene Zahlung
nicht ohne Verlust des Regrefsrechts zurückgewiesen werden. Da-
gegen sind die Zahlung nach Erhebung des Protestes und die Zahlung
nach Ablauf der Protestfrist (Art. 41 Abs. 2 W.O.) nicht gegen
die Anfechtung geschützt; denn in den beiden Fällen kann das
Zahlungsangebot ohne Verlust des Regrefsrechts zurückgewiesen
werden , im ersten Falle , weil das Regrefsrecht bereits gesichert,
im zweiten, weil es schon verloren ist.
In welcher Eigenschaft der Gemeinschuldner Zahlung anbietet
(als Acceptant oder als Bezogener ohne Accept, als Aussteller, In-
dossant, Domiziliat, Notadressat, Intervenient etc.) ist einerlei-
Hat der Gemeinschuldner eine Wechselzahlung geleistet, die
nach § 30 Nr. 1 anfechtbar sein würde, wenn sie nicht durch § 34
Abs. 1 geschützt wäre', so ist die gezahlte Wechselsumme von
dem letzten Wechselregrefsschuldner oder, falls dieser den Wechsel
für Rechnung eines Dritten begeben hat, von diesem zur Konkurs-
masse zu erstatten, wenn dem letzten Wechselregrefsschuldner
oder dem Dritten zu der Zeit, als er den Wechsel begab oder be-
geben liefs, die Zahlungseinstellung oder der Eröffnungsantrag
bekannt war (§ 34 Abs. 2). Dem letzten Regrefsschuldner oder
dem Dritten, für dessen Rechnung der Wechsel begeben wurde.
* Um dies auszudrücken, ist § 23 Nr. 1 und 2 des Entw. in der Fassung
geändert worden. Vgl. K.Pr. S. 20.
* Vgl. R.G.Entscli. 11 S. 376, III S. 395, VII S. 86, X S. 33, XVH S. 26,
Beitr. 2. E. d. D. R. XXIX S. 1033, S.A. XLIV Nr. 238; flassenpflug, Beitr.
z. E. d. DR. XXXII S. 81 ff.; Mügel eod. XXXin S. 61 ff.
^ Vgl. Code de comm. art. 449 in der Fassung des Gesetzes v.. 1838.
* Ein Prokuraindossant kommt nicht in Betracht.
' Vgl. RG.Ent8ch. XL S. 41.
§36. X. Anfechtung von Bechtshandliingen. 3. Besond. Vor auesetz ungen. 209
kommt nämlich die vom Gemeinschuldner geleistete Zahlung in-
direkt zu gut. Hat der Betreffende zur Zeit der Begebung die
Zahlungseinstellung oder den Eröfihungsantrag gekannt, so ist es
billig, dafs er zur Konkursmasse ersetzt, was er zurückgewähren
müfste, wenn el* es direkt von dem Gemeinschuldner bekommen hätte.
Der Anspruch geht auf Erstattung des ganzen gezahlten
Betrags, nicht blofs der Valuta. Er steht der Gläubigerschaft zu
und wird durch den Verwalter geltend gemacht. Die §§ 33, 39, 41
finden entsprechende Anwendung.
Bei der bisher behandelten Anfechtung hat der Anfechtende
im Falle des Prozesses zu beweisen, dafs der Dritte die Zahlungs-
einstellung oder den Eröffhungsantrag gekannt hat®. Die Beweis-
last verschiebt sich, wenn durch die nach der Zahlungseinstellung
oder nach dem Antrag auf Konkurseröffnung erfolgte Rechtshand-
lung einem Konkursgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung
gewährt wird, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der
Zeit zu .beanspruchen hatte. Hier wird nämlich vermutet, dafs
der Empfänger die Zahlungseinstellung oder den Eröffnungsantrag
gekannt habe; der Empfänger mufs das Gegenteil l)e weisen (§ 30
Nr. 2). Über diesen Beweis vgl. § 292 C.Pr.O. Eideszuschiebung
kann nur bei indirekter Beweisführung in Betracht kommen (arg.
§ 445 C.Pr.O.).
Das Charakteristische der in § 30 Nr. 2 aufgeführten Rechts-
handlungen liegt in der Inkongruenz zwischen dem Anspruch und
der Leistung.
Inkongruent ist insbesondere jede Sicherung, die im Wege .der
Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung durch Pfändung, durch
Beschlagnahme zum Zwecke der Zwangsversteigerung oder Zwangs-
verwaltung, durch Eintragung einer Sicherungshypothek oder einer
Vormerkung im Grundbuch erlangt wird ®. Ebenso die Sicherheit,
die der Schuldner zur Abwendung der Vollstreckung oder der
Arrestvollziehung stellt. Eine Sicherung durch Bürgen kommt
nur in Betracht, wenn zu deren Erlangung aus dem Vermögen
des Schuldners etwas geopfert wird.
8 Vgl. R.G.Entsch. XXIII S. 115.
» So die herrschende Ansicht, das R.G. in Entsch. VII S. 87, X S. 83
(verein. CS.), XXXH S. 22, 65 ff., kS.A. XLIV Nr. 238, d. bayr. ob. L.G. in
Samml. v. Entsch. XI S. 221 und S.A. XLII Nr. 87. A.M.: Endemann
S. 254 und Mü gel, Beitr. z. E. d. d. R. XXXIII S. 61 ff. — Dafs der VoU-
streckungstitel vor der Zahlungseinstellung entstand, macht nichts aus; denn der
Titel verändert den Gegenstand des Anspruchs nicht. Unrichtig die Mot. S. 128.
Binding, Handbuch IX S: L. Seuffevt, Konkursprosefareeht. 14
210 Fünftes Hauptstück.
Inkongruent ist jede Befriedigung eines nicht klagbaren, eines
noch nicht fälligen oder bedingten Anspruchs und jede Befriedigung
durch Hingabe an Zahlungsstatt. Befriedigung an einem anderen
Ort ist inkongruent, wenn dadurch der Wert der Leistung ver-
ändert wird. Dafs der Gläubiger die ihm gebührende Leistung
im Wege der Zwangsvollstreckung erhält, macht die Leistung
nicht zu einer inkongruenten; daher fällt z. B. die Vereinnahmung
des Erlöses nicht unter § 30 Nr. 2, wenn die Pfändung vor der
Zahlungseinstellung erfolgt ist. Ist aber die Sicherung, aus der
die Befriedigung erlangt wurde, nach § 30 Nr. 2 anfechtbar, so
kann auch die Bückgewähr des Erlöses zur Konkursmasse bean-
sprucht werden, indem die Sicherung angefochten wird. Daher
kann z. B. die Bückgewähr des Erlöses aus Gegenständen, die
nach der Zahlungseinstellung gepfändet worden sind, beansprucht
werden, wenn der Empfänger nicht beweist, dafs er die Zahlungs-
einstellung zur Zeit der Pfändung nicht kannte *^
Über Zahlungseinstellung s. o. S. 139. Wegen Kenntnis der
Zahlungseinstellung kann eine Kechtshandlung , die früher als
sechs Monate vor der Eröfihung des Verfahrens erfolgte, nicht
angefochten werden (§ 33), weil es zweifelhaft ist, ob die Konkurs-
erö£fnung mit einer Zahlungseinstellung zusammenhängt, die so
lange Zeit vor der Eröffnung liegt".
Als Konkurseröffnungsantrag, dessen Kenntnis entscheidend
ist, kommt nur derjenige in Betracht, welcher die Konkurseröffnung
zur Folge hat.
Soweit die Anfechtbarkeit von der Kenntnis oder Unkenntnis
der Zahlungseinstellung oder des Eröifnungsantrags abhängig
ist, kommt bei Rechtshandlungen, die von einem Vertreter vor-
genommen worden sind, nicht die Person des Vertretenen, sondern
die des Vertreters in Betracht (arg. § 166 Abs. 1 B.G.B.). Hat
jedoch im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungs-
macht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des
Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser, wenn er selbst die
Zahlungseinstellung oder den Eröifnungsantrag gekannt hat, nicht
1« Vgl. Keffller, Ztschr. f. d. C.Pr. VII S. 329 ff., ILG.Entech. XVII
S. 26, XXin S. 112, XL S. 91. Unrichtig E.G. VII S. 37 f. und Francke,
Ztschr. f. d. CPr. IX S. 476.
^^ Die Beschränkung gilt sowohl für die Anfechtung aus § 30 Nr. 1 wie
für die Anfechtung aus § 30 Nr. 2, vgl. ß.G.Entsch. XXV S. 86. — Über
die Berechnung der sechsmonatigen Frist s. fi.6.Ent6ch. XVII S. 328. Ist der
Pfändung eine Benachrichtigung nach § 845 CPr.O. vorangegangen, so ist die
Benachrichtigung mafsgebend.
§36. X. Anfechtung von Rechtshandlungen. 8. Besond. Voraussetzungen. 211
auf die Unkenntnis des Vertreters berufen (arg. § 166 Abs. 2
Satz 1 B.G.B.)**.
Nicht als Vertreter des Gläubigers, sondern als Organe des
Staates handeln der Gerichtsvollzieher und das Vollstreckungs-
gericht bei Vornahme von Vollstreckungshandlungen. Daher kommt
auf die Kenntnis des Gerichtsvollziehers oder des Vollstreckungs-
gerichts niemals etwas an^^.
c) Kenntnis der Begünstigungabsicht.
Anfechtbar sind die nach der Zahlungseinstellung oder nach
dem Antrag auf Eröffiiung des Verfahrens oder in den letzten zehn
Tagen" vor der Zahlungseinstellung oder dem EröfFnungsantrag
erfolgten Rechtshandlungen, welche einem Konkursgläubiger eine
Sicherung oder Befriedigung gewähren, die er nicht oder nicht
in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte, wenn
der Gemeinschuldner beabsichtigte, ihn vor den übrigen Gläubigern
zu begünstigen und der Gläubiger diese Absicht zur Zeit der Vor-
nahme der Rechtshandlung kannte. Dabei gilt die doppelte Ver-
mutung, dnfs der Gemeinschuldner die Begünstigung beabsichtigte
und dafs der Gläubiger diese Absicht kannte (§ 31 Nr. 2).
Was oben S. 209 f. über inkongruente Sicherung und Befriedigung
gesagt ist, gilt auch hier. Insbesondere steht auch die im Wege
der Zwangsvollstreckung erlangte Sicherung unter der Vermutung,
dafs sie von dem Gemeinschuldner durch ein Verhalten, bei dem
die Begünstigungsabsicht obwaltete, herbeigeführt wurde ^^. Dieses
Verhalten kann auch in Unterlassung einer durch die Umstände in-
dizierten Handlung, z. B. des Konkurseröifnungsantrags, bestehen ^^.
Die Absicht, einen Gläubiger vor den übrigen zu begünstigen,
ist nicht identisch mit der Absicht, die Gläubiger zu benachteiligen".
Jene Absicht kann vorliegen, ohne dafs der Gemeinschuldner die
Absicht hat, die übrigen Gläubiger zu schädigen; durch den
" Vgl. R.G.Ent8ch. VII S. 87.
» Vgl. Dunkhase, Arch. f. civ. Pr. LXXVII S. 106, 141.
^^ Dieser Zeitraum ist in der Weise zu berechnen, dafs er voUe zehn
Kalendertage vor der Zahlungseinstellung etc. umfafst. Vgl. R.G.Entsch.
xxn S. 5.
« Vgl. R.G. Entsch. XL S. 91.
" Vgl. Cosack S. 206, 210.
^'^ Über die Verschiedenheit der Begünstigungs- und der Benach-
teiUgungsabsicht vgl. Mot. S. 122, 124 f., 130 RG-Entsch. IX S. 75, X S. 8 f.,
XI S. 175 f., Beitr. z. Erl. d. ,D. B. XXXTTI S. 127. Weniger deutlich : R.G.
Entsch. XVI S. 62.
14*
212 Fünftes HaaptstücL
Nachweis, dafs der Gemeinschuldner keine Benaehteiligung beab-
sichtigte, ist daher die Vermutung der Begünstigungsabsicht noch
nicht widerlegt.
Strafrechtlichen Schutz gegen Begünstigung gewährt § 241.
d) Kenntnis der Benachteiligungsabsieht*
Anfechtbar sind Rechtshandlungen, die der Gemeinschuldner
in der dem anderen Teile bekannten Absicht, seine Gläubiger zu
benachteiligen, vorgenommen hat (§31 Nr. 1).
Zur Absicht, die Gläuber zu benachteiligen, genügt nicht das
Bewufstsein, dafs durch die Rechtshandlung den Gläubigern die
Möglichkeit der Befriedigung entzogen wird; die Handlung mufs
zu dem Zwecke vorgenommen worden sein, um den Gläubigern die
Möglichkeit der Befriedigung zu entziehen (fraudationis causa)".
Diese Absicht kann sich aus den Umständen ergeben, wenn jenes
Bewufstsein vorhanden ist, während sie nicht angenommen werden
kann, wenn der Gemeinschuldner, wenn auch aus grober Fahr-
lässigkeit, die Benachteiligung der Gläubiger nicht erwogen hat.
Dafs die Absicht, einen Gläubiger vor den übrigen zu begünstigen,
nicht mit der Benachteiligungsabsicht identisch ist, wurde ol)en
S. 211 schon erwähnt; aber die beiden Absichten können nebenein-
ander vorhanden sein, wie überhaupt die Benachteiligungsabsicht
mit anderen Absichten konkurrieren kann.
Die Benachteiligungsabsicht mufs dem anderen Teile bekannt
gewesen sein und zwar zu der Zeit, wo die Rechtshandlung vor-
genommen wurde. Auf Fahrlässigkeit beruhende Unkenntnis
(„kennen müssen" s. § 122 Abs. 2 B.G.B.) steht der Kenntnis nicht
gleich.
Fand auf Seite des Gemeinschuldners oder auf Seite des an-
deren Teils eine Vertretung statt, so kommt nicht die Person des
Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht (arg. § 166
Abs. 1 B.G.B.). Nur wenn ein Bevollmächtigter nach bestimmten
Weisungen des Vollmachtgel)ers gehandelt hat, genügt es zur Anfecht-
barkeit, wenn der vertretene Gemeinschuldner die Benachteiligung
beabsichtigte und wenn der vertretene andere Teil diese Absicht
kannte (arg. § 166 Abs. 2 Satz 1 B.G.B.).
" Vgl. K.G.Ent8ch. XX S. 180, XXIII S. 14, XXXIII S. 124, Beitr. z. E.
d. D. R. XXXVI S. 1136, 1142, Menzel S. 146. Die meisten Schriftsteller
halten das Bewufstsein des Erfolgs fär genügend, so frfiher auch das B.G.,
Entsch. IX 8. 75, XI S. 175. Über den Unterschied zwischen Bewufstsein des
Erfolgs und Absicht s. Bin ding, Normea II. S. 594 ff.; Zitelmann, Irrtum
und Rechtsgeschäft S. 124, 152 flF.
§36. X. Anfechtung von Rechtshand Inngen. 3. Besönd. Voraussetzungen. 218
Im Prozesse mufs der Konkursverwalter die Kenntnis der Be-
nachteiligungsabsicht beweisen. Über das Vorhandensein der Benach-
teiligungsabsicht kann er dem Gegner den Eid nicht zuschieben,
weil sie ein factum alienuro ist, wohl aber über die Kenntnis davon.
Vermutet wird die Benachteiligungsabsicht des Gemeinschuld-
ners und die Kenntnis des anderen Teils bei den in dem letzten
Jahre*® vor der Konkurs eröflfnung von dem Gemeinschuldner mit
gewissen ihm nahe stehenden Personen geschlossenen entgeltlichen
Verträgen (§ 31 Nr. 2).
Als solche Personen kommen in Betracht: der Ehegatte des
Gemeinschuldners vor und während der Ehe (also auch wenn der
Vertrag vor der Ehe geschlossen wurde), seine und seines Ehe*
gatten Verwandte in auf- und absteigender Linie, seine und seines
Ehegatten voll- und halbbürtige Geschwister und die Ehegatten
eines dieser Verwandten und Verschwägerten. Ob Verwandtschaft
und ob Schwägerschaft vorhanden ist, ist nach dem B.G.B. zu be-
urteilen (Art. 33 E.G. z. B.G.B.).
Entgeltliche Verträge sind diejenigen zweiseitigen Rechts-
geschäfte, bei denen eine Leistung gegen eine Gegenleistung ver-
sprochen oder gegeben wird.
Unter den Begriff fällt auch die Erfüllung einer Verbindlich-
keit, da der Schuldner für seine Leistung die Befreiung erhält.
Und zwar hat der Gemeinschuldner einen entgeltlichen Vertrag
geschlossen sowohl dadurch, dafs er seine Verbindlichkeit erfüllt,
als dadurch, dafs er eine ihm geschuldete Leistung angenommen
hat. Aber es ist nicht zweifellos, ob der Ausdruck bei der Ab-
fassung des Gesetzes in diesem weiten Sinne gebraucht worden ist ;
jedenfalls kann bei reinen Erfüllungsgeschäften die für entgeltliche
Verträge aufgestellte Vermutung leicht als widerlegt angenommen
werden*®. Unter den Begriff fallen zweifellos die Verträge über
Hingabe an Zahlungsstatt, über Gewährung einer Sicherheit und
über Auseinandersetzung einer Gemeinsch^^ft (insbesondere einer
gemeinschaftlichen Erbschaft)**.
Die Vermutung des § 31 Nr. 2 ergiebt keinen anderen An-
fechtungsgrund, als die Kenntnis der Benachteiligungsabsicht; nur
die Beweislast ist umgekehrt**.
1^ Die Frist ist nach § 188 Abs. 2 B.G.B. zu berechnen. Ist der Konkurs
am 1. Februar eröfBaet, so fallen die am 1. Febr. des Vorjahres geschlossenen
Verträge noch unter die Vermutung»
» Vgl. K.G. Entfloh. XVI S. 62, XXVU S. 133.
« Vgl. Mot. 8. 133.
>s A.M.: Cosack S. 126, Petersen u. Kleinfeiler § 24 N. 11 1.
214 Fünftes Hauptstfick.
e) Freigebigkeit.
a) Anfechtbar sind die in dem letzten Jahre ■• vor der Konkurs-
eröfiFhung von dem Gemeinschuldner vorgenommenen unentgeltlichen
Verfügungen (§ 32 Nr. 1). Ist die unentgeltliche Verfügung zu
Gunsten seines Ehegatten vorgenommen, so erhöht sich die Zeit
auf zwei Jahre (§ 32 Nr. 2). Eine unentgeltliche Verfügung im
Sinne des § 82 ist nur vorhanden , wenn eine Zuwendung in der
Absicht erfolgt, eine Freigebigkeit^* auszuüben (animo donandi,
munificentiam exercendi).
Schenkung und Stiftung®* kommen in Betracht; die Schen-
kung, auch wenn sie aus Dankbarkeit geschieht oder wenn da-
mit eine Auflage verbunden ist.
Keine unentgeltliche Zuwendung ist die Erfüllung und die
Sicherung einer Verbindlichkeit. Die Erfüllung oder Sicherung der
Schuld eines Anderen kann eine Schenkung an diesen sein, nicht
an den Gläubiger®*.
Die Gewährung der Aussteuer von Seite des Verpflichteten (vgl.
§ 1620 B.G.B.) ist keine Schenkung. Was einem Kinde mit Rück-
sicht auf seine Verheiratung oder auf die Erlangung einer selb-
ständigen Lebensstellung, zur Begründung oder zur Erhaltung der
Wirtschaft oder der Lebensstellung von dem Vater oder der Mutter
zugewendet wird (Ausstattung), gilt, auch wenn eine Verpflichtung
nicht besteht, nur insoweit als Schenkung, als die Ausstattung das
den Umständen, insbesondere den Vermögensverhältnissen des Vaters
oder der Mutter entsprechende Mafs übersteigt (§ 1624 Abs. 1 B.G.B.).
Ein Vertrag zu Gunsten eines Dritten kann eine Schenkung
an diesen enthalten, obwohl der Vertragsehliefsende dem anderen
Teile für dessen Leistung an den Dritten ein Entgelt gewährt.
Die gebräuchlichen Gelegenheitsgeschenke sind von der Anfecht-
barkeit aus § 32 Nr. 1 und 2 ausgenommen ®^
•■ Wegen Berechnung, der Frist s. o. N. 19.
»* Vgl. die Mot. S. 133ff., Kohler, Lehrb. S. 286. Abw.: Petersen u.
Kleinfeller S. 142 N. 1.
M Vgl. E.G. Entsch. V S. 141 ff.
« A. M.: R.G. Entsch. X S. 86 f.
" Nach § 25 Nr. 2 der E.O. v. 1877 ist femer anfechtbar eine innerhalb der
zwei letzten Jahre vor der Eröffnung des Eonkurses von dem Gemeinschuldner
bewirkte Sicherstellung oder Rückgewähr eines Heiratsguts oder des gesetzlich
in seine Verwaltung gekommenen Vermögens seiner Ehefrau, sofern er nicht
zu der Sicherstellung oder Rückgew&hr durch das Gesetz oder durch einen
vor den zwei Jahren geschlossenen Vertrag verpflichtet war. Diese Vorschrift
wurde, und zwar erst im Bundesrate, gestrichen. Aus der Begründung der
§36. X.AnfechtaDg von Rechtshandlungen. 3. Besond. Voraussetzungen. 215
ß) Im Nachlafskonkurs ist die Leistung, die der Erbe vor
der Eröfihung des Verfahrens aus dem Nachlasse zur Erfüllung
eines Pflichtteilsanspruchs, eines Vermächtnisses oder einer Auflage
gemacht hat, in gleicher Weise anfechtbar wie eine unentgeltliche
Verfügung des Erben (§ 222). Die Erfüllung der bezeichneten
Ansprüche ist keine Freigebigkeit von Seite des Erben. Dafs sie
gleichwohl wie eine Freigebigkeit anfechtbar ist, hat seinen Grund
darin, dafs diese Ansprüche hinter den übrigen Nachlafsforderungen
zurückstehen (§ 226 Abs. 2 Nr. 4, 5).
Hat der Erbe derartige Ansprüche aus dem Nachlasse
erfüllt, so ist es einerlei, ob die Nachlafsgläubiger die Erfüllung
nach § 1979 B.G.B. als für Rechnung des Nachlasses erfolgt gelten
lassen müssen oder nicht; denn in dem letzteren Falle kann es
für die Nachlafsgläubiger vorteilhafter sein, die Leistung anzu-
fechten, als den Erben gemäfs § 1978 oder § 1980 B.G.B. auf
Ersatz zu belangen'®. Hat jedoch der nach § 1978 oder nach
§ 1980 B.G.B. ersatzpflichtige Erbe zur Nachlafsmasse Ersatz
geleistet, so entfällt die Anfechtbarkeit, weil die Nachlafsgläubiger
nicht mehr benachteiligt sind.
Hat der Erbe vor der Eröffnung des Konkurses Ansprüche
eines Pflichtteilsberechtigten, Vermächtnisnehmers etc. aus eigenen
Mitteln erfüllt, so wäre nach dem Wortlaute des § 222 die
Leistung nicht anfechtbar. Da aber dem Erben ein Masseanspruch
zusteht, wenn er nach den Umständen die Zulänglichkeit des Nach-
lasses annehmen durfte (§ 224 Nr. 1 K.O. mit § 1979 B.G.B.), so
wird man den § 222 über seinen Wortlaut hinaus dahin auslegen
müssen, dafs die Leistung auch dann anfechtbar ist, wenn der
Erbe aus eigenen Mitteln erfüllt und seinen Regrefsanspruch
gegen die Masse als Massegläubiger mit Erfolg geltend gemacht
hat; denn in diesem Fall ist die Erfüllung auf Nachlafskosten,
also indirekt „aus dem Nachlass", erfolgt. Dabei ist zu beachten,
dafs dem Erben kein Regrefsanspruch gegen die Masse zusteht,
wenn er für die Nachlafsverbindlichkeiten unbeschränkt haftet
Nov. S. 34 geht hervor, dafs dies deswegen geschah, weil die Vorschrift des
§ 25 Nr. 1 mit dem neuen ehelichen Güterrecht, insbesondere mit §§ 1391,
1418 Abs. 1 Nr. 1 B.G.B. nicht stimmt. Soweit aber für den Güterstand einer
Ehe das bisherige Recht mafsgebend bleibt (Art 200 Abs. 1 B.G.B.), bleibt
die Vorschrift § 25 Nr. 2 der K.O. v. 1877 anwendbar (arg.» Art. VI Satz 1
E.G. V. 1898); vgl. o. S. 36 N. 3.
^ Vgl. Begr. d. Nov. S. 49, Jaeger, Erbenhaftnng und Nachlafs-
konkurs, S. 58.
216 Fünftes Hauptstack.
(§ 2013 Abs. 1 B.G.B,, vgl. § 225 Abs. 2 K.O.); in diesem Falle
kann also eine aus eigenen Mitteln des Erben erfolgte Leistung
an einen Pflichtteilsberechtigten, Vermächtnisnehmer etc. niemals
angefochten werden.
Die Anfechtung aus § 222 ist nur zulässig, wenn die Leistung
im letzten Jahre vor der Eröffnung des Konkurses erfolgt ist
(arg. § 32 Nr. 1). Frühere Leistungen können aus anderen Gründen
(z. B. § 31 Nr. 1) anfechtbar sein".
Die unter litt, ß entwickelten Sätze finden im Falle der fort-
gesetzten Gütergemeinschaft auf das Konkursverfahren über das
Gesamtgut entsprechende Anwendung (§ 236 Satz 1).
f) Zuwendungen an den stillen Gesellschafter.
Im Konkurs über das Vermögen des Inhabers eines Handels-
geschäfts, bei dem ein stiller Gesellschafter mit einer Vermögens-
einlage beteiligt ist, kann die Rückgewähr der Einlage an den
stillen Gesellschafter und der Erlafs seines Anteils an dem ent-
standenen Verlust angefochten werden, wenn die Rückgewähr oder
der Erlafs auf einer in dem letzten Jahre vor der Eröffnung des
Konkurses zwischen dem Inhaber des Handelsgeschäfts und dem
stillen Gesellschafter getroffenen Vereinbarung beruht. Es be-
gründet keinen Unterschied, ob die Rück gewähr oder der Erlafs
unter Auflösung der Gesellschaft stattgefunden hat oder nicht
(§ 842 Abs. 1 H.G.B.). Der Erlafs des noch rückständigen , zur
Deckung des Verlustanteils nicht erforderlichen Teils der Einlage
ist nicht anfechtbar (arg. § 341 Abs. 2 H.G.B.).
Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Konkurs in Um-
ständen seinen Grund hat, die erst nach der Vereinbarung der
Rückgewähr oder des Erlasses eingetreten sind (§ 342 Abs. 2
H.G.B.). Das hat der stille Gesellschafter zu beweisen.
Die Absicht, die Gläubiger zu benachteiligen oder den stillen
Gesellschafter zu begünstigen, ist nicht erforderlich. Das Nicht-
vorhandensein dieser Absichten schliefst die Anfechtung nicht aus.
3. Für die Anfechtung gegenüber dem Rechtsnach-
folger des ersten Erwerbers gelten folgende Bestimmungen:
a) Die gegen den Erblasser begründete Anfechtung findet
auch gegen den Erben statt (§ 40 Abs. 1). Die durch die An-
fechtung entstehende Verpflichtung zur Rückgewähr ist eine Nach-
** Bei der Anfechtung aus § 222 hat der gutgläubige Empfänger die
Leistung nur soweit zurückzugewähren, als er durch sie bereichert ist (arg.
§ 37 Abs. 2).
§36. X. Anfechtung von Hechtshandlungen. 3. Besond. Voraussetzungen. 217
lafsverbindlichkeit (§ 1967 B.G.B.). Für deren Erfüllung haftet
der Erbe nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Nach
diesen bemifst sich auch die Haftung mehrerer Erben (§§ 2058
bis 2060 B.G.B.). Hat der Gemeinschüldner den Anfechtungsgegner
beerbt, so ist zu unterscheiden, ob die Erbschaft zur Masse gehört
oder nicht. In jenem Fall ist die Anfechtung gegenstandslos,
in diesem findet die Anfechtung gegen den Gemeinschuldner als
Erben statt.
Die vorstehenden Sätze gelten auch im Verhältnisse zu dem
Nacherben des Erblassers, femer zu dem Erben und Nacherben
des Erben und des Sondernachfolgers, gegen den die Anfechtung
begründet ist.
b) Gegen einen anderen Rechtsnachfolger (Sondemachfolger)
desjenigen, gegenüber welchem die anfechtbare Handlung vor-
genommen ist, findet die gegen den letzteren begründete Anfechtung
statt :
a) wenn dem Rechtsnachfolger zur Zeit seines Erwerbes die
Umstände, die die Anfechtbarkeit des Erwerbes seines Rechts-
vorgängers begründen, bekannt waren (§ 40 Abs. 2 Nr. 1). Aus
welchen Umständen (§§ 30 bis 32) die Anfechtung gegen den Vor-
gänger begründet ist, ist einerlei.
Die Kenntnis der Umstände mufs im Prozesse von dem An-
fechtenden bewiesen werden ^®. Gehört jedoch der Rechtsnachfolger
zu den in § 31 Nr. 2 genannten Personen, so hat im Prozesse
nicht der Anfechtende zu beweisen, dafs der Nachfolger jene
Umstände kannte, sondern dieser mufs beweisen, dafs ihm die
Umstände, die die Anfechtbarkeit des Erwerbes seines Vorgängers
begründen, unbekannt waren (§ 40 Abs. 2 Nr. 2);
(f) wenn dem Sondernachfolger das Erlangte unentgeltlich zu-
gewendet worden ist (§ 40 Abs. 2 Nr. 3). Eine auf Billigkeits-
^ Wird z. B. die Anfechtung auf § 30 Nr. 1 Halbe. 1 gestützt, so mufs
der Anfechtende beweisen, dafs der Vorgänger durch ein Rechtsgeschäft von
dem Gemeinschuldner erworben hat, bei dessen Eingehung dem Vorgänger die
Zahlungseinstellung oder der Eröffiiungsantrag bekannt war, femer, dafs der
Nachfolger von der Art des Erwerbes und von der Kenntnis des Vorgängers
von der ZahlungseinsteUung oder dem ErOffiiungsantrage zur Zeit seines Er-
werbs gewufst hat. Bei der Anfechtung aus § 80 Nr. 2 oder aus § 81 Nr. 2
kommen dem Anfechtenden auch im Prozesse gegen den Nachfolger die dort
aufgestellten Vermutungen zu statten, insofern es genfigt, wenn er beweist,
dafs der Nachfolger die diese Vermutung begründenden Umstände, also z. B.
im Falle des § 80 Nr. 2 die Vornahme der Rechtshandlung in der kritischen
Zeit und die Inkongruenz der Befriedigung, kannte.
218 Fünftes Hauptstück.
rücksichten beruhende Bestimmung, die mit den Vorschriften in
§ 816 Abs. 1 Satz 2 und in § 822 B.G.B. verwandt ist.
Bei mehrmaliger Sondernachfolge mufs die Anfechtung gegen
a 1 1 e Vorgänger begründet sein*^ Wenn also ein Rechtsnachfolger
in der Reihe ist, gegen den die Anfechtung nicht stattfinden kann,
so sind dessen Nachfolger, auch wenn in ihrer Person die Voraus-
setzungen des § 40 zutreffen, gegen die Anfechtung geschützt.
Ist der Gemeinschuldner Sonderrechtsnachfolger des ersten
Erwerbers, so kann sich die Anfechtung gegen ihn richten, wenn
der Erwerb nach der Konkurseröilhung erfolgt ist und daher nicht
zur Masse gehört.
Die Anfechtung und der daraus entstehende Anspruch auf
Zurückgewährung (§ 37) kann gleichzeitig oder successiv gegen
den ersten Erwerber und gegen den oder die Sondemachfolger
geltend gemacht werden**. Soweit einer der Genannten zurück-
gewährt hat, wird der andere befreit, da die Gläubigerschaft nicht
mehr als einmalige Zurückgewährung beanspruchen kann.
§ 37.
4. Das Recht ziir Anfeclitunir und der Anfechtungs-
anspruch.
Während aufserhalb des Konkurses die einzelnen Gläubiger
zur Anfechtung berechtigt sind (§ € Anf.-Ges.), steht im Eonkurse
dieses Recht der Gläubigerschaft zu. Diese übt das Recht durch
ihr Organ, den Konkursverwalter, aus (§ 36)*.
Während des Konkurses ist das Recht, eine die Konkursmasse
*' Vgl. Begr. d. Nov. S. 84. Nach der alten Fassung war das bestritten.
" Vgl. R.G. in S.A. XLIX Nr. 160.
^ Dafs der Verwalter als „Vertreter der Gläubiger^ anficht, ist die herr-
schende Ansicht; vgl. a. R.G. in S.A. XLIV Nr. 285, Beitr. z. £rl. d. D.R. XXXV
S. 1166. Dafs er als Organ der Gremeinschaft handelt, wird nur von wenigen
(z. B. Kohler, Lehrb. S. 210) erkannt. Das österr. Anf. Ges. v. 16. Mai 1884
§ 16 sagt direkt: „Zur Anfechtung ist die Gläubigerschaft, vertreten durch
den Masseverwalter, berufen^. — Um die Konstruktion zu retten, dafs der Ver-
walter den Gemeinschuldner bei der Verwaltung der Masse vertrete, haben
sich einige Schriftsteller bis zu der Behauptung verstiegen, dafs der Ver-
walter auch als Vertreter des Gemeinschuldners anfechte, wonach also diesem
das Anfechtungsrecht zustände! So Fitting § 17 N. 1; £ndemann S. 275;
Petersen, Ztschr. f. d. GJ'r. IX S. 45 ff. und Sachs. Arch. I S. 36 ff. Da-
gegen insbes. L. Seuffert, Z. Gesch. u. Dogm. etc. I S. 149 ff.
§ 87. X. Anfecht von Rechtshandl. 4. Anf.-Recht und Anf.- Anspruch. 219
betreffende Rechtshandlung anzufechten, Monopol der Gläubiger-
schaft und dessen Ausübung Monopol des Verwalters. Der einzelne
Gläubiger kann das Recht nicht ausüben, weder für sich noch für
die Gläubiger Schaft, auch nicht, wenn der Verwalter das Recht
nicht ausüben wilP.
Zufolge des Monopols kann ein vor der Konkurseröffnung von
einem Konkursgläubiger erhobener Anspruch aus dem Anfechtungs-
rechte nicht mehr von dem Gläubiger, sondern nur von dem Verwalter
verfolgt werden (§ 13 Abs. 1 Anf .-Ges.). Hatte der Gläubiger einen
vollstreckbaren Titel erwirkt, so steht dessen Realisiei*ung dem
Verwalter zu®. Ist das Verfahren noch rechtshängig, so wird es
unterbrochen. Bei Verzögerung der Aufnahme kommt § 289
C.Pr.O. zur entsprechenden Anwendung. Der Konkursverwalter
kann den Anspruch nach den Vorschriften der §§ 37 bis 39, 41
K.O. in Gemäfsheit der §§ 268, 529 C.Pr.O. erweitem; die Er-
weiterung gilt nicht als Änderung der Klage. Lehnt der Verwalter
die Aufnahme des Rechtsstreits ab, so kann der Streit rücksichtlich
der Prozefskosten von jeder Partei aufgenommen werden; nicht
rücksichtlich der Hauptsache, weil dem Gläubiger die legitimatio ad
causam fehlt. Durch die Ablehnung der Aufnahme wird die Befugnis
des Verwalters, nach den Vorschriften der K.O. das Anfechtungs-
recht auszuüben, nicht ausgeschlossen (§ 13 Abs. 2 Anf.-Ges.).
Rechtshandlungen, die der Gemeinschuldner in Ansehung seines
nicht zur Konkursmasse gehörenden Vermögens vorgenommen hat,
können von den einzelnen Gläubigem auch während des Konkurs-
verfahrens nach Mafsgabe des Anfechtungsgesetzes angefochten
werden (§ 13 Abs. 5 Anf.-Ges.). Prozesse über derartige Anfechtungs-
ansprüche werden also durch die Konkurseröfhung nicht berührt.
Der Verwalter kann weder das Anfechtungsrecht noch den
aus der Anfechtung entspringenden Anspruch abtreten^, weil das
Anfechtungsrecht und der Anspmch Anhängsel der Forderungs-
' In dieser Beziehung weicht das jetzige Recht von dem früheren gem.
Rechte (vgl S.A. XV Nr. 198), der preufs. K.O. § 112 Abs. 1 und der bajer.
Pr.O. § 1230 Abs. 1 ab. — Auch ein Gläubiger, der nicht Konkursgläubiger
ist, kann eine Rechtshandlung, die einen der Konkursmasse entzogenen
Gegenstand betrifft, nicht anfechten.
' £r bedarf dazu einer Vollstreckungsklausel nach § 727 C.Pr.0.; vgl.
R.G.Entsch. XXX S. 70.
« Vgl. Menzel S. 801, R.G. XXX Entsch. S. 72 ff. A.M.: Cosack
S. 304f., 329, 363; Deybeck, Ztschr. f. Pr. u. ö. R. XVII S. 366ff.; teil-
weise auch V. Wilmowski § 29 N. 2 Abs. 1; Petersen u. Kleinfeller
§ 29 N. 1.
220 Fünftes Hauptstfick.
rechte der Konkursgläubiger sind und er die Forderungen der
Konkursgläubiger nicht abtreten kann.
Die Anfechtung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem An-
fechtungsgegner (vgl. § 143 B.G.B.). Die Erklärung bedarf keiner
Form; sie kann durch schlüssige Handlungen erfolgen und
im Prozesse abgegeben werden. Sie ist eine empfangsbedürftige
Willenserklärung; die §§ 130 bis 132 B.G.B. finden darauf An-
wendung. Anfechtungsgegner ist der Erwerber.
Aus der Anfechtung entspringt ein Anspruch auf Rückgewähr
dessen, was durch die angefochtene Handlung veräufsert, weg-
gegeben oder aufgegeben ist, zur Konkursmasse (§ 37). Diesen
Anspruch kann man den Anfechtungsanspruch nennen (so Anf.-Ges.
§ 13 Abs. 1).
Die Anfechtung hat nicht zur Folge, dafs die angefochtene
Rechtshandlung als nichtig oder als relativ unwirksam angesehen
wird, sondern begründet nur eine Verbindlichkeit des Erwerbers zur
Rückgewähr. Der Anspruch auf Rückgewähr ist kein dinglicher An-
spruch, sondern eine Forderung.
Daher wird das Rechtsverhältnis zwischen dem Gemeinschuldner
und dem Anfechtungsgegner durch die Anfechtung selbst nicht be-
rührt. Die Rückgewähr kann aber auf dieses Verhältnis einwirken,
indem sie die Leistung, die der Anfechtungsgegner von dem Gemein-
schuldner empfangen hat, rückgängig macht.
Daraus, dafs die Anfechtung keine dingliche Wirkung hat,
ergiebt sich eine Reihe von negativen Konsequenzen. Für die
Klage auf Rück gewähr ist der Gerichtsstand des § 24 C.Pr.O. nicht
begründet. Auch nicht der des § 29 C.Pr.O., denn die Klage geht
nicht auf Aufhebung des angefochtenen Vertrags*^. Die Klage
macht den Gegenstand, der zurückzugewähren ist, nicht zu einer
res litigiosa im Sinne des § 265 C.Pr.O. Der Anspinich auf
Rückgewähr ist nicht geeignet, eine Widerspruchsklage nach
§ 771 C.Pr.O. zu begründen; denn eine anfechtbare Vollstreckungs-
handlung enthält keinen Eingriff in das Vermögen des Anfechtungs-
berechtigten •. Im Konkurse des Anfechtungsgegners begründet
die Anfechtung kein Aussonderungsrecht ^.
» Vgl. R.G. Entsch. XXX S. 402, Beitr. z. E. d. D.R. XXXVIII S. 489.
• Vgl. V. Schrutka -Rechtenstamm, Z. Dogmengeschichte u. Dog-
matik der Freigebung fremder Sachen, 3. Heft S. 80 N. 1, vgl. m. S. 27, 28;
L. Seuf f ert, Ztschr. f. d. C.Pr. XX S. 75 ff. A.M. RG.Entsch. XVIII S. 893 «„
XXX S. 397 f., XL S. 872, S.A. XXXVI Nr. 169, Beitr. z. Erl. d. D.R. XXXVIII
S. 180 u. 492.
' Vgl. R.G.Ent8ch. XIII S. 5, XL S. 5.
§ 87. X. Anfecht. von Rechtshandl. 4. Anf.-Recht und Anf.- Anspruch. 221
Die Art und Weise der Rückgewähr gestaltet sich verschieden:
a) Ist der Erwerb einer nicht vertretbaren Sache an-
gefochten, so hat der Anfechtungsgegner die Sache dem Verwalter
herauszugeben. Da der Verwalter die Zwangsversteigerung eines
Grundstücks nicht betreiben kann , ohne dafs. der Gemeinschuldner
im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist (§§ 17, 172 Zw.V.G.),
so ist der Anfechtungsgegner verpflichtet, die Eintragung des
Gemeinschuldners (nicht des Verwalters) zu bewirken. Entsprechend
verhält es sich mit anderen Gegenständen, in die die Immobiliar-
exekution stattfindet (vgl. § 864 C.Pr.O.).
Vom Eintritte der Rechtshängigkeit des Anfechtungsanspruchs
an bestimmt sich der Anspruch der Gläubigerschaft auf Schadens-
ersatz wegen Verschlechterung, Untergangs oder einer aus einem
anderen Grunde — z. B. Veräufserung — eintretenden Unmög-
lichkeit der Herausgabe nach den Vorschriften, welche für
das Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer von
dem Eintritte der Rechtshängigkeit des Eigentumsanspruchs an
gelten (vgl. § 989 B.G.B.), soweit sich nicht aus dem Verzuge des
Anfechtungsgegners zu Gunsten der Gläubigerschaft ein Anderes
ergiebt (arg. § 292 Abs. 1 B.G.B.).
War der Anfechtungsgegner in Verzug®, so hat er jede Fahr-
lässigkeit zu vertreten und ist auch für die während des Verzugs
durch Zufall eintretende Unmöglichkeit der Leistung verantwortlich,
es sei denn, dafs der Schaden auch bei rechtzeitiger Leistung
eingetreten wäre (§ 287 B.G.B.).
War er nicht in Verzug, so w^ird er von der Verpflichtung
zur Herausgabe frei, soweit die Herausgabe infolge eines Um-
standes, den er nicht zu vertreten hat, unmöglich wird (§ 275
B.G.B.). Der Anfechtungsgegner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit
zu vertreten (§ 276 B.G.B.) ; die Vorschrift des § 278 Satz 1 B.G.B.
findet Anwendung.
Soweit die Herausgabe infolge eines von dem Anfechtungs-
gegner zu vertretenden Umstandes unmöglich wird, hat er dem
Gläubiger den durch die Nichterfüllung entstehenden Schaden zu
ersetzen (§ 280 B.G.B.). Im Falle teilweiser Unmöglichkeit kommt
§ 280 Abs. 2 B.G.B. zur Anwendung.
Erlangt der Anfechtungsgegner infolge des Umstandes, der
* In der Anfechtungserklärung wird regelmäfsig die Mahnung liegen;
aber es ist möglich, dafs der Anfechtungsgegner nicht schon durch die An-
fechtung in Verzug kommt (arg.*§ 285 B.G.B.).
222 Fünftes Hauptstück.
die Leistung unmöglich macht, für den herauszugebenden Gegen-
stand einen Ersatz oder einen Ersatzanspruch, so kann die
Gläubigerschaft die Herausgabe des als Ersatz Empfangenen oder
die Abtretung des Ersatzanspruchs verlangen (§ 281 B.G.B.).
Der Anfechtungsgegner hat der Gläubiger schaft die Nutzun-
gen (im Sinne des § 100 B.G.B.) herauszugeben, die er nach dem
Eintritte der Rechtshängigkeit des Anfechtungsanspruchs gezogen
hat, jedoch nur gegen Ersatz der in § 102 B.G.B. bezeichneten
Kosten. Für Nutzungen, die er von dem Eintritte der Rechts-
hängigkeit an nach den Regeln einer ordnungsmäfsigen Wirtschaft
hätte ziehen können, aber nicht gezogen hat, ist er Ersatz zu leisten
verpflichtet, soweit ihn ein Verschulden trifft (arg. § 292 Abs. 2
mit § 987 Abs. 2 B.G.B.). War der Anfechtungsgegner in Verzug,
so hat er der Gläubigerschaft für die ihr durch den Verzug ent-
gangenen Nutzungen Schadensersatz zu leisten (§ 286 Abs. 1 B.G.B.).
Eine Veri)flichtung zur Herausgabe oder Vergütung der vor Ein-
tritt der Rechtshängigkeit oder des Verzugs gezogenen oder zu
ziehenden Nutzungen läfst sich nicht konstruieren, da die Ver-
bindlichkeit des Anfechtungsgegners weder auf ungerechtfertigter
Bereicherung noch auf Delikt beruht.
In Ansehung der Verwendungen auf die herauszugebende
Sache gilt folgendes. Solange der Anfechtungsgegner gutgläubig
ist, d. h. von der Anfechtbarkeit seines Erwerbes nichts weifs, kann
er Ersatz für die notwendigen Verwendungen, für die anderen
aber nur soweit verlangen, als der Wert der Sache durch sie noch
zur Zeit der Herausgabe erhöht ist (nach Analogie der §§ 994
Abs. 1, 996 B.G.B.). Ist der Anfechtungsgegner bösgläubig oder
ist der Anfechtungsanspruch rechtshängig, so kann er nur Ersatz
für die notwendigen Verwendungen, und zwar nach den Vorschriften
über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. B.G.B.), ver-
langen (arg. §§ 292 Abs. 2, 994 Abs. 2, 990 B.G.B.). Ist ein land-
wirtschaftliches Grundstück herauszugeben, so kommt § 998 B.G.B.
zur Anwendung.
Der Anfechtungsgegner hat wegen seines Ersatzanspruchs das
Zurückbehaltungsrecht, wenn nicht der Erwerb auf einer vorsätzlich
begangenen unerlaubten Handlung beruht (§ 1000 B.G.B.).
Für den Ersatzanspruch gelten die Vorschriften der §§ 1001
bis 1003 B.G.B.
b) Ist der Erwerb einer vertretbaren Sache angefochten,
so hat der Anfechtungsschuldner dem Verwalter Sachen derselben
Art in derselben Menge zu leisten. Während des Verzugs und
§ 37. X. Auf echt, von Rttchtshandl. 4. Anf.-Recht und Anf.- Anspruch. 223
vom Eintritte der Rechtshängigkeit an ist eine Geldschuld zu ver-
zinsen (arg. §§ 288 Abs. 1, 291 B.G.B.).
c) Ist die Übertragung einer Forderung oder eines
anderen Rechts angefochten, so hat der Anfechtungsgegner
das Recht an den Gemeinschuldner zurück zu übertragen, damit es
von dem Verwalter verwertet werden kann. In Betreff der Un-
möglichkeit der Restitution, sowie in Ansehung der Nutzungen
und der Verwendungen gelten die ad a entwickelten Sätze.
d) Ist die Begründung einer Forderung angefochten,
so besteht die Rückgewähr darin, dafs der betreffende Gläubiger die
Beteiligung am Konkurse unterläfst. Versucht er sich zu beteiligen,
so kann der Verwalter widersprechen und die Zurückweisung er-
wirken.
e) Ist die Begründung eines anderen Rechts an-
gefochten — z. B. eines Niefsbrauchs, einer Hypothek, eines Pfand-
rechts — so besteht die Rückgewähr darin, dafs der Erwerber auf
die Geltendmachung dieses Rechts gegenüber der Gläubigerschaft
verzichtet. Soweit ein Recht in das Grundbuch oder das Schiffs-
register eingetragen ist, mufs der Anfechtungsgegner den Eintrag
löschen lassen, um die Verwertung ohne die Belastung zu ermög-
lichen. Im übrigen gelten die ad a entwickelten Sätze.
Ad a bis e:
Die vorstehenden Sätze modifizieren sich, wenn sich die An-
fechtbarkeit gegen den ersten Erwerber oder gegen einen Sonder-
nachfolger auf Freigebigkeit (§§ 32 , 40 Abs. 2) oder auf § 222
gründet. Der gutgläubige Empfänger einer unentgeltlichen
Leistung hat diese nur soweit zurückzugewähren, als er durch
sie bereichert ist (§§ 37 Abs. 2, 40 Abs. 2). Gutgläubig ist der
Empfänger, der nichts von einer Benachteiligungsabsicht des Ge-
meinschuldners und auch nichts von einer Zahlungseinstellung oder
einem Konkurseröffhungsantrage weifs. Der böse Glaube mufs be-
wiesen werden. Die Verpflichtung zur Herausgabe beschränkt sich
auf dasjenige, was von dem Erwerbe sowie den Nutzungen oder als
Ersatz dafür zur Zeit der Anfechtung in dem Vermögen des
Anfechtungsgegners vorhanden ist (vgl. § 818 Abs. 1 bis 3 B.G.B.).
Den Wegfall der Bereicherung hat der Anfechtungsgegner zu be-
weisen. Worauf der Wegfall beruht, ist unerheblich. Wurde das
Empfangene zum Vorteile des Empfängers verwendet, ohne dafs
ein Ersatzwert erworben oder eine notwendige Ausgabe erspart
worden ist, so ist keine Bereicherung vorhanden. Die bevorzugte
224 Fünftes Hauptstfick.
Stellung des Empfängers cessiert von dem Zeitpunkt, wo dessen
guter Glaube aufhört. Nach Eintritt des Verzugs haftet der An-
fechtungsgegner nach den allgemeinen Vorschriften. Ebenso nach
Eintritt der Rechtshängigkeit (§ 818 Abs. 4 B.G.B.).
Da die Rückgewähr nicht dazu führen darf, dafs die Konkurs-
masse mehr erhält, als ihr entfremdet worden ist, so ist die Gegen-
leistung, die der Anfechtungsgegner dem Gemeinschuldner gemacht
hat, aus der Masse zu erstatten, soweit sie sich in der Masse
befindet oder soweit die Masse um sie bereichert ist (§ 38 Satz 1).
Bereichert ist die Masse um die Gegenleistung, wenn ein Ersatz-
wert in der Masse ist (vgl. § 818 Abs. 1 B.G.B.). Entscheidend
ist der Zeitpunkt der Rückgewähr. Wegen des Erstattungsan-
spruchs hat der Anfechtungsgegner ein Zurückbehaltungsrecht
(arg. § 273 B.G.B.). Die Geltendmachung des Zurückbehaltungs-
rechts gegenüber der Klage des Verwalters führt zur Verurteilung
zur Erfüllung Zug um Zug (§ 274 B.G.B.). Bei Gleichartigkeit
der Gegenstände des Anspruchs der Gläubigerschaft und des
Erstattungsanspruchs ist eine Aufrechnung möglich. Der Er-
stattungsanspruch kann auch durch Klage gegen die Gläubiger-
schaft verfolgt werden. Er ist Masseanspruch im Sinne des § 59
Nr. 3.
Daraus, dafs die Rückgewähr Leistungen des Gemeinschuldners
rückgängig macht, können Ansprüche des Anfechtungsgegners
gegen den Gemeinschuldner wegen Nichterfüllung von Verpflich-
tungen entstehen ®. Solche Ansprüche gegen den Gemeinschuldner
können, obwohl sie erst nach der Konkurseröffnung entstehen, als
Konkursforderungen geltend gemacht werden (§ 38 Satz 2), weil
sie aus älteren Rechtsverhältnissen herrühren.
Durch die Rückgewähr einer Leistung, die zur Befriedigung
einer Forderung erfolgt war, tritt die Forderung wieder in Kraft
(§ 89). Auch diese Forderung kann aus dem oben angegebenen
Grund als Konkursforderung geltend gemacht werden. Mit der
Forderung leben auch die Hypothek und das Pfandrecht wieder
auf *^ soweit nicht ein anderer, von der Erfüllung imabhängiger
Erlöschungsgrund, z. B. Löschung der Hypothek, Aufhören des
^ Z. B. der Käufer hat den Kaufgegenstaud zurückgewährt. Dann ist
die Lage wieder hergestellt, wie vor der Erfüllung. Der Käufer kann von
dein Verkäufer-Gemeinschuldner Schadensersatz wegen Nichterfüllung ver-
langen oder von dem Vertrage zurücktreten und den Preis zurückfordern.
>» Vgl. R.G.Ent8ch. III S. 208, XX S. 161.
§ 37. X. Anfecht. von Rechtshandl. 4. Anf. -Recht und Anf.-Anspruch. 225
Pf andbesitzes , im Wege steht. Steht ein solcher im Wege, so
kann der Anfechtungsgegner von der Gläubigerschaft die Wieder-
herstellung verlangen, soweit die Masse durch das Erlöschen
bereichert ist (arg. § 38 Satz 1). Auch die Haftung eines Bürgen
oder Mitschuldners lebt wieder auf, weil diese für eine Be-
friedigung haften, die nicht rückgängig gemacht werden kann.
Was infolge der Anfechtung zurückgewährt wird, kommt
allen Konkursforderungen zu gut. Nur im Nachlafskonkurse gilt
eine Ausnahme. Das Zurückgewährte darf nicht zur Berichtigung
eines Pliichtteilsanspruches, eines Vermächtnisses oder einer Auflage
verwendet werden (§ 228 Abs. 1), weil die Gläubiger dieser Ver-
bindlichkeiten keine Gläubiger des Erblassers waren". Ebenso
verhält es sich im Falle der fortgesetzten Gütergemeinschaft im
Gesamtgutskonkurse (§ 286 Satz 1).
Der die Anfechtung begründende Thatbestand mufs nicht,
aber er kann den Thatbestand einer unerlaubten Handlung im
Sinne des B.G.B., d. i. einer schuldhaften rechtswidrigen Ver-
letzung des einem Anderen zustehenden Rechts, enthalten (vgl.
§ 823 B.G.B.). Als Objekt der Verletzung kommen die Forderungs-
rechte der einzelnen Gläubiger in Betracht. Es ist ebenso klar,
dafs die Schenkung eines zahlungsfähigen Schenkers und deren
Annahme keine unerlaubten Handlungen sind, als es klar ist, dafs
der Schuldner, der in der Absicht, seine Gläubiger zu benachteiligen,
Vermögensstücke bei Seite schafft, und derjenige, welcher ihm
dabei durch Annahme der Vermögensstücke Hülfe leistet, uner-
laubte Handlungen begehen (vgl. §§ 823, 826 B.G.B., § 239 Abs. 1
Nr. 1 K.O.). In der Mitte liegen Thatbestände der Anfechtbarkeit,
in denen das Vorhandensein eines Delikts von den konkreten Um-
ständen abhängt.
Ergiebt ein konkreter Thatbestand die Anfechtbarkeit und
das Vorhandensein eines Delikts, so ist der aus der Anfechtbarkeit
entspringende Anspruch auf Rückgewähr doch kein Anspruch aus
einem Delikte, sowenig als der Anspruch des Eigentümers gegen
den Besitzer auf Herausgabe der Sache dadurch, dafs der Besitzer
die Sache gestohlen oder unterschlagen hat, oder der Anspruch
des Besitzers auf Restitution des durch widerrechtliche Eigen-
macht entzogenen Besitzes (§ 861 B.G.B.) dadurch, dafs die Sache
^^ Folglich ist dem Anfechtungsgegner zurückzuerstatten, was nach Be-
friedigung der anderen Gläubiger übrig bleibt. A.M. Jaeger, Erbenhaffcung
und Nachlafskonkurs, S. 73.
Binding, Uandbaoh IX 8: L. Seuffert, Konkursprozeftrecht. 15
226 Fünftes Hauptstück.
geraubt worden ist, zu einem Delikt sanspruc he wird. Vielmehr
entstehen in solchen Fällen z^ei Ansprüche, der Anspruch auf
Rückgewähr und der Deliktsanspruch auf Schadensersatz. Jener
Anspruch steht der Gläubigerschaft, dieser den einzelnen Kon-
kur sgläubigem zu. Der Deliktsanspruch kann nur einem
Gläubiger zustehen, dessen Forderung zur Zeit der verletzenden
Handlung schon bestanden hat (denn die Verletzung eines künftigen
Rechts fällt nicht unter § 823 B.G.B.), während der der Gläubiger-
schaft zustehende Anfechtungsanspruch auch den Gläubigern
zu gut kommt, deren Forderungen erst nach der angefochtenen
Rechtshandlung entstanden sind. Der einzelne verletzte Konkurs-
gläubiger kann während des Konkurses seinen deliktischen An-
spruch auf Schadensersatz gegen den Dritten geltend machen;
was dieser der Konkursmasse zurückgewährt, geht insoweit, als
es bei der Verteilung dem Gläubiger zu gut kommt, von dem
Schadensbetrage ab.
Ist hiemach der Anfechtungsanspruch niemals ein Deliktsan-
spruch, so fällt die dem Anspruch entsprechende Verbindlichkeit
in die farblose Kategorie der Obligationen aus gesetzlichen That-
beständen, die weder Rechtsgeschäfte noch Delikte sind. Auf
ungerechtfertigte Bereicherung läfst sich die Verbindlichkeit nicht
zurückführen, auch nicht in den Fällen der §§ 37 Abs. 2, 40
Abs. 2 Nr. 3 Abs. 2, weil es nicht die ungerechtfertigte Be-
reicherung als solche ist, die die Verbindlichkeit begründet".
Weil die Anfechtungsobligation keine Deliktsobligation ist, so
ist ihre Entstehung nicht von einem Verschulden (Vorsatz, Fahr-
lässigkeit) des Verpflichteten abhängig. Das gilt auch für die An-
fechtung aus § 31 Nr. 1. Schliefst z. B. ein Bevollmächtigter
ohne Wissen des Vollmachtgebers mit dem Gemeinschuldner einen
Vertrag, bei dem der Gemeinschuldner seine Gläubiger zu benach-
teiligen beabsichtigte und der Bevollmächtigte von dieser Absicht
wufste, so begeht möglicherweise der Bevollmächtigte eine schuld-
hafte unerlaubte Handlung, aber den Vollmachtgeber tri£Pt keine
Schuld (von culpa in eligendo kann nicht wohl die Rede sein)
und doch ist er und nicht der Bevollmächtigte zur Rückgewähr
verpflichtet.
'* Ober die rechtliche Natur des Anfechtangsanspruchs vgl. Mot
8. 126, 134, Cosack S. 15 bis 32; Petersen, Ztschr. f. d. CPr. X S. 17 ff.,
Wilmowski N. 1 vor § 22; Petersen u. Rleinfeller § 22 N. III, Kohler,
Lehrb. §§ 39 bis 44.
§ 37. X. Anfecht. von Rechtshandl. 4. Anf.-Recht und Anf.- Anspruch. 227
Aus demselben Grunde kommen bei der Anfechtungsobligation
die für Deliktsobligationen geltenden Vorschriften der §§ 273 Abs. 2,
393, 827 bis 830, 1415 Nr. 1, 1463 Nr. 1, 1536 Nr. 3 B.G.B. nicht
zur Anwendung.
Der Anfechtungsanspruch kann aufsergerichtlich und gericht-
lich geltend gemacht werden. Gerichtlich: durch Klage ^* (nach
Umständen auch durch Feststellungsklagfe nach § 266' C.PrO.)
und durch Einrede gegen Ansprüche, die aus der anfechtbaren
Rechtshandlung hergeleitet sind. Der Anfechtungsanspruch kann
im Konkurse des Anfechtungsgegners angemeldet werden.
Die Anfechtung, d. i. die Erklärung des Verwalters, dafs er
die Rechtshandlung anfechte, kann nur binnen Jahresfrist seit
der Eröffnung erfolgen. Auf den Lauf der Frist finden die für
die Verjährung geltenden Vorschriften des § 203 Abs. 2 und des
§ 207 B.G.B. entsprechende Anwendung. Die Anfechtung aus § 31
Nr. 1 K.O. ist ausgeschlossen, wenn seit der Vornahme der Hand-
lung dreifsig Jahre verstrichen sind (§ 41 Abs. 1). Die beiden
Fristen sind keine Verjährungs-, sondern Ausschlufsfristen **. Sie
werden durch die Abgabe der Anfechtungserklärung gewahrt,
also auch durch die Erhebung der diese Erklärung enthaltenden
Klage. Ist die Anfechtungserklärung rechtzeitig abgegeben, so
entsteht der Anfechtungsanspruch. Von da an läuft die dreifsig-
jährige Verjährung des Anspruchs (§§ 195, 198 B.G.B.). Die
verspätete Anfechtungserklärung erzeugt keinen Anspruch.
Ist durch die anfechtbare Handlung eine' Verpflichtung des
Gemeinschuldners zu einer Leistung begründet, so kann der Kon-
kursverwalter die Leistung verweigern, auch wenn die Anfechtung
durch den Ablauf der in § 41 Abs. 1 bestimmten Fristen ausge-
schlossen ist (§ 41 Abs. 2). Der Verwalter kann also die Forderung,
die auf einer anfechtbaren Rechtshandlung beruht, durch Einrede
1' Nach dem Obigen ist der Gerichtsstand des § 32 CPr.O. für die Klage
niemals gegeben. Das RG. hat den Gerichtsstand bejaht für die Anfechtung
aus § 31 Nr. 1 K.O. in S.A. XXXVIII Nr. 168, Beitr. z. E. d. D.R. XXVIH
S. 1124, verneint fQr die Fälle des § 30 K.O. in Entsch. X S. 325, XXI S. 420
(verein. Civ.Sen.). — Der Übergang von einem Anfbchtangsgrnnde zum
anderen ist nach der von L. Seuffert, Komm. z. CPr.O. § 230 (alt) N. 3 IV
verteidigten Ansicht keine Änderung der Klage. A.M*: K.G.Ent3ch. XXII
S. 389 und Bl. f. R.A. IX. E.B. S. 109.
** Vgl. Begr. d. Nov. S. 35, Komm.Ber. v. 1898 S. 12 f. - Gleichartige
Fristen s. §§ 121 Abs. 2, 124, 1339, 1594, 1944, 2082, 2288, 2340 Abs. 3 B.G.B.
15*
228 Fünftes Hauptetück.
vom Konkurs ausschliefsen , auch wenn jene Fristen abgelaufen
sind ".
Mit Beendigung des Konkurses hört das Anfechtungsrecht
der Gläubigerschaft auf. Eine nachträgliche Anfechtung von -Seite
des Verwalters ist unwirksam. Wird das Konkursverfahren wieder
aufgenommen (§ 198), so lebt das Anfechtungsrecht der Gläubiger-
schaft wieder auf (vglr § 199).
Mit Beendigung des Konkurses erlangen die einzelnen Gläubiger
wieder die Befugnis zur Anfechtung nach Mafsgabe des Anfechtungs-
gesetzes. Die einzelnen Gläubiger können auch Anfechtungsan-
sprüche, die ihnen vor der Eröffnung des Verfahrens zustanden
und mit der Eröffiiung auf den Verwalter übergingen (§13 Abs. 1
Anf.-Ges.), weiter verfolgen, soweit nicht dem Anspruch entgegen-
stehende Einwendungen (z. B. der Erfüllung, des Vergleichs) gegen
den Verwalter erlangt sind (§ 13 Abs. 4 Anf.-Ges.).
Die Beendigung des Konkurses wirkt auf anhängige Prozesse
über Anfechtungsansprüche je nach der Art der Beendigung ver-
schieden 1«.
Bei Aufhebung des Konkurses auf Grund einer Schluss Verteilung
(§ 163) bleibt der Konkursverwalter zur Fortführung der an-
hängigen Prozesse legitimiert". Wurde eine Forderung auf Grund
des Anfechtungsrechts vom Verwalter bestritten, so ist der Prozefs
wie ein anderer Prozefs über eine bestrittene Forderung durch-
zuführen. Ist ein Anfechtungsprozefs anhängig , der die Her-
anziehung eines Gegenstandes zur Masse bezweckt, so wird regel-
mäfsig die Schlufsverteilung nicht vorgenommen werden, weil die
Verwertung der Masse noch nicht beendigt ist (vgl. § 161 Abs. 1).
Geschieht dies gleichwohl, so ist der Prozefs vom Verwalter auf
Rechnung der Gläubigerschaft durchzuführen und eventuell eine
Nachtragsverteilung vorzunehmen.
Bei Aufhebung des Konkurses nach Zwangsvergleich (§ 190)
werden die anhängigen Anfechtungsprozesse gegenstandslos; der
Anfechtungsanspruch der Gläubigerschaft erlischt. Er kann nicht
auf den Gemeinschuldner übergehen, da er von den Forderungs-
rechten der Gläubiger nicht trennbar ist ^®. Die Prozesse können jedoch
nach Erledigung der Hauptsache bezüglich der Kosten fortgeführt
» Ähnliche Bestimmungen s. §§ 478 Abs. 1, 821, 853, 2083 B.G.B.
" Vgl. Kohl er, Arch. f. civ. Pr. LXXXI S. 354, 359 ff.
" Vgl. R.G.Entsch. XXVIII Nr. 12 S. 69 f.
»8 Vgl. oben S. 219 f. und R.G.Ent8ch. VU S. 35.
§ 88. XI. Der Einflufs der Konkurseröffnung auf die Aufrechnung. 229
werden, aber nicht mit dem Verwalter, sondern mit dem Gemein-
schuldner. Der eventuelle Anspruch des Prozefsgegners auf Kosten-
erstattung ist Masseanspruch (§ 59 Nr. 1); da er bestritten ist,
ist er vom Verwalter aus der Konkursmasse sicher zu stellen
(§ 191 Abs. 1). Damit ist aber die Funktion des Verwalters zu
Ende. Die gestellte Sicherheit gehört, wenn und soweit sie nicht
zur Kostenerstattung an den Prozefsgegner absorbiert wird, wie
die sonstige Konkursmasse dem Gemeinschuldner; dieser mufs
daher auch den Prozefs über die Kosten mit dem Gegner führen.
Wird der Gegner in die Kosten verurteilt, so steht der Erstattungs-
anspruch dem Gemeinschuldner zu". Über die Prozefskosten ist
so zu entscheiden, wie darüber zu entscheiden gewesen wäre, wenn
über die erledigte Hauptsache und über die Kosten zu entscheiden
gewesen wäre. Hatte der Verwalter bereits ein Urteil gegen den
Anfechtungsschuldner erwirkt, das aber von diesem noch nicht
erfüllt ist, so erlischt der Anspruch in der Hauptsache; der Kosten-
erstattungsanspruch fällt dem Gemeinschuldner zu (arg. § 192).
Ansprüche des Anfechtungsgegners aus §§ 38, 39 kommen erst
bei der thatsächlichen Rückgewähr zur Geltung, fallen also end-
gültig weg, wenn die Rückgewähr nicht erfolgt ist. Über diejenigen
Gegenstände, welche zur Masse zurückgewährt worden sind, erhält
der Gemeinschuldner freie Verfügung (arg. § 192). Dann kann
der Anfechtungsgegner im Falle des § 39 für seine Forderung die
Vergleichsdividende fordern. Dies kann er nicht, wenn er das
Empfangene noch nicht zurückgewährt hat.
Bei Einstellung des Verfahrens (§§ 202, 204) gilt in Ansehung
anhängiger Anfechtungsprozesse dasselbe wie bei Aufhebung nach
Zwangsvergleich.
§ 38.
XI. Der Einflufs der EonknrserOlhiang auf die Aafreehnuiig K
Forderungen, die dem Gemeinschuldner zur Zeit der Konkurs-
eröffnung zustehen, sind, soweit sie pfändbar sind, als Bestandteile
'» Vgl. V. Wilmowski § 22 N. 3, Kohler a. a. 0. S. 354, L.G. Frei-
burg, Ztschr. f. d. CPr. XIX S. 478. A.M. v. Lang eod. XXI S. 421 ff.
* Vgl H. Dernburg, Geschichte u. Theorie der Eompensation (2), § 51,
£. y. Schrutka-Kechtenstamm, Die Compensation im Concurse nach österr.
Bechte und mit Berücksichtigung concursrechtlicher Normen des Deutschen
Reichs 1881, Endemann §38, Kohler, Lehrb. S. 123 ff., Oetker, Grundbegr,
I S. 231 ff., 458. '
230 Fünftes Hauptstück.
der Konkursmasse durch die KonkurseröffnuDg beschlagnahmt
worden.
Nach allgemeinen Grundsätzen wird durch die Beschlagnahme
einer Forderung die Aufrechnung einer dem Schuldner gegen den
Gläubiger (Gemeinschuldner) zustehenden Forderung nur dann aus-
geschlossen, wenn der Schuldner seine Forderung nach der Be-
schlagnahme erworben hat oder wenn seine Forderung erst nach
der Beschlagnahme oder später als die in Beschlag genommene
Forderung fällig geworden ist (§ 392 B.G.B.)-
Da die Konkurseröffnung die Beschlagnahme der Forderungen
des Gemeinschuldners enthält, so ist jene Regel in der K.O. wieder-
holt (§§53, 55 Nr. 1,2), jedoch mit einigen Modifikationen und
Ergänzungen (§§ 54, 55 Nr. 3, 56).
Im Übrigen gelten die Vorschriften des B.G.B. auch während
des Konkurses. Es gilt also die Regel, dafs nur der Schuldner
(nicht ein Dritter), dafs der Schuldner nur seine Forderung (nicht
die Forderung eine Dritten) und dafs man nur eine Forderung
gegen den Gläubiger (nicht eine Forderung gegen einen
Dritten) aufrechnen kann (§ 387 B.G.B.), samt den sich aus den
§§ 268 Abs. 2, 407, 417, 1224, 1249, 1376 Nr. 2, 2040 Abs. 2 B.G.B.
ergebenden Ausnahmen ; es gelten die Vorschriften über die Art und
Weise der Aufrechnung (§ 388), über deren Wirkung (§ 389) über
die Aufrechnung einer Forderung, der eine Einrede entgegensteht
(§ 390), über die Aufrechnung von Forderungen mit verschiedenen
Leistungs- und Ablieferungsorten (§ 391), über Ausschliefsung der
Aufrechnung gegen gewisse Forderungen (§§ 893 bis 895), über
die Aufrechnung bei mehreren Schuldposten (§ 396), über Aufrech-
nung bei einem Gesamtschuldverhältnis (§§ 422), über die dem
Bürgen zustehende Einrede, wenn der Hauptschuldner den Gläu-
biger durch Aufrechnung befriedigen kann (§ 770 Abs. 2 vgl.
a. §§ 1137, 1211) und über die Aufrechnung gegen Forderungen
des Erben (§§ 1977, 2040 Abs. 2 B.G.B.).
Im Einzelnen ergiebt sich:
1. Der Schuldner einer zur Konkursmasse gehörenden Forderung
kann seine zur Zeit der Konkurseröffnung bestehende Forderung
gegen den Gemeinschuldner gegen jene aufrechnen (§ 53).
Er kann dies thun, einerlei ob seine Forderung eine Konkurs-
forderung ttder durch § 63 vom Konkurs ausgeschlossen ist.
Ist seine Forderung eine Konkursforderung, so wird die Auf-
rechnung ^ abweichend von § 387 B.G.B., nicht dadurch ausge-
§ 38. XI. Der Einflufs der Konkurseröffiiaxig auf die Aufrechnung. 231
schlössen, dafs zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens die aufzu-
rechnenden Forderungen oder eine von ihnen noch betagt oder
bedingt oder die Forderung des Gläubigers nicht auf einen Geld-
betrag gerichtet war (§54 Abs. 1).
a) Eine betagte Konkursforderung ist zum Zwecke der Auf-
rechnung nach den Vorschriften des § 65 zu berechnen ; also, wenn
sie unverzinslich ist, um den Zwischenzins zu kürzen (§ 54 Abs. 2).
Eine betagte Forderung des Gemeinschuldners wird nach dem
Nennwerte berechnet. Die Aufrechnung ist möglich, auch wenn
der Konkursgläubiger oder der Gemeinschuldner nicht befugt ist,
die ihm obliegende Leistung nicht vor der Fälligkeit zu bewirken.
b) Eine Konkursforderung, die zur Zeit der Eröffnung des
Verfahrens noch aufschiebend bedingt war, kann aufgerechnet
werden, wenn die Bedingung nach der Eröffnung des Verfahrens
eintritt, einerlei, ob vor oder nach der Beendigung des Konkurs-
verfahrens. Bevor die Bedingung eingetreten ist, ist keine Auf-
rechnung möglich. Der Gläubiger der bedingten Forderung kann
also von dem Verwalter angehalten werden, seine Schuld an ihn
zu bezahlen; er kann sich aber durch die Erklärung, dafs
er die bedingte Forderung für den Fall des Eintritts der Bedingung
aufrechne, einen bedingten Anspruch gegen die Gläubigerschaft auf
Erstattung des bezahlten Betrags bis zur Höhe seiner Forderung
verschaffen und verlangen, dafs dieser Erstattungsanspruch im
Konkurse sichergestellt wird (§ 54 Abs. 8). Die Sicherstellung
ist bei der Aufrechnung zu verlangen; diese mufs spätestens bei
der Einzahlung erklärt werden. Hat der Gläubiger seine Schuld
erfüllt, so kann er nicht mehr aufrechnen.
I)er zur Sicherheit hinterlegte Betrag fliefst für die Schlufs-
verteilung zur gemeinen Konkursmasse zurück, wenn die Be-
dingung bis dahin nicht eingetreten und die Möglichkeit des Ein-
tritts der Bedingung so entfernt ist, dafs die bedingte Forderung
keinen gegenwärtigen Vermögenswert hat (§ 171).
Bechnet der Konkursgläubiger seine Forderung gegen eine
bedingte Forderung des Gemeinschuldners auf, so mufs er auf die
Chance des Ausfalls der Bedingung verzichten. Daher wird er
eine solche Aufrechnung nur vornehmen, wenn der Ausfall der
Bedingung sehr wenig wahrscheinlich ist.
c) Eine nicht auf Geld gerichtete Konkursforderung ist zum
Zwecke der Aufrechnung gegen eine Geldforderung nach den Vor-
schriften der §§ 69, 70 zu berechnen (§ 54 Abs. 4).
232 Ffinftes Hauptstfick.
Ist die Forderung des Schuldners durch die Vorschriften des
§ 68 vom Konkurs ausgeschlossen, so kommen die sich aus § 54
ergebenden Erleichterungen der Aufrechnung nicht zur Anwendung;
die Zulässigkeit der Aufrechnung ist lediglich nach dem bürgerlichen
Rechte zu beurteilen.
2. Der Schuldner einer nach der Konkurseröffnung aus Rechts-
geschäften des Verwalters oder sonstigen Thatbestftnden für die
Gläubigerschaft entstandenen Forderung kann seine vor oder nach
der Konkurseröffnung entstandene Forderung gegen den Gemein-
schuldner nicht gegen jene aufrechnen (§ 55 Nr. 1), weil jene
Forderung nicht dem Gemeinschuldner, sondern der Gläubigerschaft
zusteht.
3. Der Schuldner einer zur Konkursmasse gehörenden Forderung
des Gemeinschuldners kann eine nach der Konkurseröffnung erworbene
Forderung an den Gemeinschuldner nicht gegen jene aufrechnen;
und zwar nicht blofs, wenn seine Forderung erst nach der Konkurs-
eröffnung entstanden ist, sondern auch, wenn diese Forderung
schon vor der Konkurseröffnung für einen anderen Gläubiger ent-
standen war und erst nach der Eröffnung von dem Schuldner er-
worben wurde (§ 55 Nr. 2). Es ist einerlei, ob der abgeleitete
Erwerb auf Gesamt- oder auf Sonderrechtsnachfolge beruht und
ob der Erwerber die Konkurseröffnung kannte oder nicht.
4. Der Schuldner einer zur Konkursmasse gehörenden Forderung
kann eine vor der Konkurseröffnung durch Rechtsgeschäfte mit
dem Gemeinschuldner, durch Abtretung' oder Befriedigung eines
Gläubigers® erworbene Forderung an den Gemeinschuldner nicht
gegen jene aufrechnen, wenn ihm zur Zeit des Erwerbs bekannt
war, dafs der Gemeinschuldner seine Zahlungen eingestellt hatte
oder dafs die Eröffnung des Verfahrens beantragt war (§ 55" Nr. 3
Abs. 1 Satz 1). Erfolgte der Erwerb früher als sechs Monate vor
der Eröffiiung des Verfahrens, so kann die Aufrechnung nicht
wegen Kenntnis der Zahlungseinstellung verwehrt werden (§ 55
Nr. 3 Abs. 1 Satz 2 verb. mit § 83).
Die Aufrechnung ist zulässig, wenn der Erwerber zur Über-
nahme der Forderung oder zur Befriedigung des Gläubigers ver-
pflichtet war* und zu der Zeit, als er die Verpflichtung einging.
■ Die gerichtliche Überweisung steht der Abtretung hier nicht gleich.
• Vgl. §§ 268 Abs. 3, 426 Abs. 2, 774, 1143, 1225, 1438, 1519, 1607 Abs. 2
Satz 2, 1709 Abs. 2 B.G.B.
* Z. B. als Wechsel vormann.
§ 88. XI. Der Einflufs der KonkurseröfiiiiiDg aaf die Aufrechnung. 233
weder von der Zahlungseinstellung noch von dem Eröffnungsantrage.
Kenntnis hatte (§ 35 Nr. 3 Abs. 2; vgl. a. § 30 Nr. 1).
5. Die Aufrechnung einer Forderung gegen eine zur Konkurs-
masse gehörende Forderung erfolgt durch (unbedingte und unbe-
tagte) Erklärung gegenüber dem Verwalter (§ 388 B.G.B.)^ Ob
die Erklärung mit der Anmeldung der Forderung erfolgen kann,
ist zweifelhaft, da die Anmeldung an das Gericht, nicht an den
Verwalter geht. Man wird sie aber gelten lassen, wenn sie zur
Kenntnis des Verwalters gelangt. Die Aufrechnung kann erfolgen bis
zur Beendigung des Verfahrens. Weder die Anmeldung noch die Fest-
stellung einer Forderung schliefst deren Aufrechnung aus. Will der
Verwalter die Aufrechnung nicht gelten lassen, so mufs er die zur
Masse gehörende Forderung einklagen. Auch das ist möglich, dafs
der Schuldner gegen den Verwalter auf Feststellung des Nichtbe-
stehens der durch die Aufrechnung erloschenen Forderung klagt.
7. Die für den Konkurs geltenden Besonderheiten hören mit dem
Konkurs auf. Die während (les Konkurses vollzogene Aufrechnung
bleibt aber auch nach Beendigung des Konkurses wirksam.
8. Da das deutsche Konkursrechtim Auslande nicht gilt, kann,
ein im Auslande wohnender Schuldner nach dem Rechte des Aus-
landes eine Forderung aufrechnen, die er nach dem deutschen
Recht nicht aufrechnen könnte. Diese Möglichkeit kann durch
Abtretung einer Konkursforderung an einen im Auslande wohnenden
Schuldner herbeigeführt werden. Wer nach der Konkurseröffnung,
wenn auch ohne Kenntnis davon, oder vor der Konkurseröffnung
mit Kenntnis des Eröffoungsantrags oder der Zahlungseinstellung
eine Konkursforderung an einen im Auslande wohnenden Schuldner
des Gemeinschuldners abgetreten hat, ist verpflichtet, zur Konkurs-
masse den Betrag zu ersetzen, der ihr dadurch entgeht, dafs
der Schuldner nach dem Rechte des Auslandes eine nach § 55
unzulässige Aufrechnung mit der ihm abgetretenen Konkurs-
forderung vornimmt. Erfolgte die Abtretung früher als sechs
Monate vor der Konkurseröffnung, so kann die Entschädigung
nicht wegen Kenntnis der Zahlungseinstellung verlangt werden
(arg. § 33). Ersatzpflichtig ist auch, wer die Forderung nicht
direkt an den im Auslande wohnenden Schuldner, sondern zunächst
an eine Mittelsperson, aber in der Absicht, damit jener sie er-
werbe, abgetreten hat (§ 56 verb. mit § 50). Über die Berechnung
Unrichtig Oetker, Grundbegr. I S. 240.
284 Fünftes Hauptstück.
des zu ersetzenden Betrags und die Natur des Entschädigungs-
anspruchs 8. 0. S. 106, 107.
9. Von den Bestimmungen der K.O. nicht berührt, sondern
lediglich nach den Vorschriften des bürgerlichen Hechts zu be-
urteilen ist die Aufrechnung einer zur Konkursmasse gehörenden
Forderung des Gemeinschuldners gegen die Forderung eines Kon-
kursgläubigers*, die Aufrechnung einer Konkursforderung gegen
eine konkursfreie Forderung des Gemeinschuldners und umgekehrt^,
sowie die Aufrechnung einer Forderung an die Gläubigerschaft
gegen eine Forderung der Gläubigerschaft und umgekehrt®.
10. Eine vor der Konkurseröffnung erfolgte Aufrechnung bleibt
vorbehaltlich der sich etwa aus den §§ 29 ff. ergebenden Anfecht-
barkeit in Geltung •.
§ 39.
XII. Sonstige Wirkungen der EonkurserOfhung.
Die in der K.O enthaltenen Bestimmungen über die Wirkungen
der Konkurseröffnung auf die in den §§17 bis 28 behandelten
* Die Aufrechnung steht dem Verwalter zu. Dafs dieser eine Geld-
forderung gegen eine in Geld umgesetzte Konkursforderung aufrechnen kann,
ist nichts Besonderes. — Nur, wenn die Forderung bevorrechtigt oder die
Vermögenslage des Konkursgl&ubigers noch schlechter ist, als die des
Kridars, ist die Aufrechnung einer zur Konkursmasse gehörenden Forderung
zweckm&fsig.
'^ Die Aufrechnung ist gegenüber dem Gemeinschuldner und von dem
Gemeinschuldner zu erklären. Der Aufrechnung einer Konkursforderung
gegen eine konkursfireie Forderung des Gemeinschuldners steht der § 14
Abs. 1 K.O. nicht im Wege, da dieser § nur Arrest und Zwangsvollstreckung
in das konkursfreie Vermögen untersagt. Vgl. R.G. Entsch. XXVI 8. 66 ff.
A. M.: Oetker, Grundbegr. IS. 231. — Dadurch dafs der Konkursgläubiger
seine Forderung im Konkurse verfolgt, wird die Aufrechnung nicht aus-
geschlossen. — Natürlich steht auch die Aufrechnung einer Nichtkonkurs-
forderung gegen eiQe konkursfreie Forderung des Gemeinschuldners unter der
allgemeinen Regel.
* Eine solche Aufrechnung ist gegenüber dem Verwalter und von dem
Verwalter zu erklären. Als Forderungen an die Glfiubigerschaft kommen
nicht blofs die Masseansprüche der §§ 58» 59, sondern auch die bei einer
Verteilung auf die Gläubiger entfallenden Konkursdividenden in Betracht; es
kann also z. B. eide solche Dividendenforderung gegen die Forderung des Kauf-
preises für einen aus der Masse gekauften Gegenstand aufgerechnet werden.
* Eine Anfechtung ist insbesondere dann möglich, w^enn dem Gläubiger
zu der Zeit, als er die aufgerechnete Forderung von einem Gläubiger des
Gemeinschuldners erwarbt die Zahlungseinstellung oder der Eröffnungsantrag
bekannt war. Arg. § 30 Nr. 1 verb. mit § 45 Nr. 3.
§ 39. XI I. Sonstige Wirkungen der Konkurseröffhnng. 285
Rechtsverhältnisse sind erschöpfend. Dagegen werden Bestimmungen
von Reichs- und Landesgesetzen, die in Ansehung anderer Rechts-
verhältnisse besondere Bestimmungen über die Wirkung der Kon-
kurseröffnung enthalten, durch die K.O. nicht berührt (§ 25).
Landesrechtliche Bestimmungen kommen übrigens nur in Betracht,
soweit sie Rechtsverhältnisse betreffen, deren Normierung nach
dem E.G. z. B.G.B. dem Landesrecht tiberlassen ist.
Reichsgesetzliche Vorschriften des angegebenen Inhalts sind
folgende :
1. Ein den Vorschriften des B.G.B. unterworfener privatrecht-
licher Verein verliert die Rechtsfähigkeit durch die Eröffnung des
Konkurses über das Vereinsvermögen (§42 Abs. 1 B.G.B.). Ob privat-
rechtliche Vereine, die nicht den Vorschriften des B.G.B., sondern
denen der Landesgesetze unterworfen sind (vgl. Art. 65 bis 67,
69, 75 E.G. z. B.G.B.), durch die Konkurseröffnung ihre Rechts-
fähigkeit verlieren, bemifst sich nach den Landesgesetzen.
Eine privatrechtliche Stiftung verliert die Rechtsfähigkeit
durch die Eröffnung des Konkurses über das Stiftungsvermögen
(§ 86 mit § 42 Abs. 1 B.G.B.).
Ob Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen
Rechts durch die Eröffnung des Konkurses^ ihre Rechtsfähigkeit
verlieren, ist nach dem Landesrechte zu beurteilen.
Verliert ein Verein etc. durch die Konkurseröffnung die Rechts-
fähigkeit, so gilt diese doch für das Konkursverfahren als fort-
dauernd; nicht diejenigen, an welche das Vermögen des Vereins etc.
nach der Auflösung fällt, sind Gemeinschuldner, sondern der Verein
etc. ist der Gemeinschuldner. Insoweit dauert auch die Organi-
sation fort, so dafs die Organe im Konkurs als Organe des
Gemeinschuldners in Betracht kommen.
Die durch die Konkurseröffnung verlorene Rechtsfähigkeit wird
durch Aufhebung oder Einstellung des Verfahrens nicht wieder-
hergestellt ; sie kann nach den allgemeinen Regeln wieder erlangt
werden.
2. Die Eröflhung des Konkurses über das Vermögen einer
Innung, eines Innungsausschusses oder eines Innungs Verbandes hat
die Schliefsung der Innung, des Innungsausschusses oder des
Innungs Verbandes kraft Gesetzes zur Folge (§ 97 Abs. 4, 102 Abs. 4,
104 l des R.G., betr. d. Abänd. d. Gew.Ordn,, v. 26. Juli 1897).
^ Darüber, ob über das Vermögen einer solchen Körperschaft etc. der
Konkurs eröffnet werden kann, s. o. S. 69 f.
236 Fünftes Hauptstück.
3. Durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der
Gesellschaft oder Genossenschaft werden aufgelöst:
die offene Handelsgesellschaft (§ 131 Nr. 3 H.G.B.),
die Kommanditgesellschaft (§ 161 Abs. 2 mit § 131 Nr. 3
H.G.B.),
die Aktiengesellschaft (§ 292 Nr. 3 H.G.B.),
die Kommanditgesellschaft auf Aktien (§ 330 Abs. 1 mit
§ 161 Abs. 2 und § 131 Nr. 3 H.G.B.),
die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft (§ 101 Gen.Ges.,
Bed. V. 1898),
die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (§ 60 Nr. 4 R.G.
20. Apr. 1892, Red. v. 1898),
Wird über das Vermögen einer nach § 705 B.G.B. einge-
gangenen Gesellschaft oder einer Reederei der Konkurs eröflhet',
so wird die Gesellschaft oder die Reederei gleichfalls aufgelöst
(nach Analogie der offenen Handelsgesellschaft).
Die mit der Konkurseröffnung eingetretene Auflösung der
Gesellschaft oder Genossenschaft hindert nicht, das Gesellschafts-
oder Genossenschaftsvermögen während des Konkurses als selb-
ständiges Vermögen zu behandeln.
4. Durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen
eines Gesellschafters werden aufgelöst:
die Gesellschaft des btirgerlichen Gesetzbuches (§ 728 B.G.B.,
vgl. a. § 54 B.G.B.),
die offene Handelsgesellschaft (§ 131 Nr. 5 H.G.B.),
die Kommanditgesellschaft (§ 161 Abs. 2 mit § 131 Nr. 5
H.G.B.),
die Kommanditgesellschaft auf Aktien (§ 330 Abs. 1 mit § 161
Abs. 2 und § 131 Nr. 5 H.G.B.), jedoch nur durch die Eröfluung des
Konkurses über das Vermögen eines persönlich haftenden Gesell-
schafters, nicht durch die Eröffnung des Konkurses über das Ver-
mögen eines Kommanditisten (§ 330 Abs. 2 H.G.B.),
Ist in dem Gesellschaftsvertrage bestimmt, dafs die Gesell-
schaft unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehen soll, wenn
der Konkurs über das Vermögen eines Gesellschafters eröflhet
wird , dann scheidet der Gesellschafter, über dessen Vermögen der
Konkurs eröffnet wird, mit der Konkurseröffnung aus der Gesell-
schaft aus (§ 736 B.G.B., §§ 138, 161 Abs. 2, 330 Abs. 1 H.G.B.).
* Darüber, ob dies zulässig ist, s. o. S. 71, 72 f.
§ 39. XII. Sonstige Wirkungen der Konkurseröffnung. 287
Nach Eröflnung des Konkurses über das Vermögen eines
Handelsgesellschafters können die übrigen Gesellschafter gegen-
über dem Konkursverwalter erklären, dafs die Gesellschaft unter
ihnen fortbestehen soll; dann gilt der Gemeinschuldner mit dem
Zeitpunkte der Konkurseröffnung als aus der Gesellschaft aus-
geschieden (§§ 141 Abs. 2, 161 Abs. 2, 330 Abs. 1 H.G.B.).
Wird eine nach dem B.G.B. § 705 eingegangene Gesellschaft
durch die Eröfinung des Konkurses über das Vermögen eines Ge-
sellschafters aufgelöst, so ist jeder geschäftsführende Gesellschafter
zur einstweiligen Fortführung der ihm übertragenen Geschäfte
verpflichtet, bis die übrigen Gesellschafter in Gemeinschaft mit
ihm anderweit Fürsorge treffen können; die Gesellschaft gilt in-
soweit als fortbestehend (§ 728 Satz 2 mit § 727 Abs. 2 Satz 2,
3 B.G.B.). Auch gilt die einem Gesellschafter durch den Gesell-
schaftsvertrag übertragene Befugnis zur Geschäftsführung zu
seinen Gunsten als fortbestehend, bis er von der Auflösung Kenntnis
erlangt hat oder sie kennen mufs (§ 729 B.G.B.).
Der geschäftsführende Gesellschafter ist in Ansehung der An-
sprüche, die ihm aus der einstweiligen Fortführung der Geschäfte
nach § 728 Satz 2 B.G.B. gegen den Gemeinschuldner zustehen
würden, Massegläubiger, weil diese Thätigkeit der Masse zu
gut kommt ; in Ansehung der ihm nach § 729 B.G.B. zustehenden
Ansprüche, ist er, unbeschadet des ihm nach § 51 K.O. zustehenden
Absonderungsrechts, Konkursgläubiger, weil der Grund des An-
spruchs vor der Konkurseröffnung liegt (§ 28 K.O.).
Die in den zwei letzten Absätzen entwickelten Regeln gelten
auch, wenn eine offene Handelsgesellschaft, eine Kommandit-
gesellschaft oder eine Kommanditgesellschaft auf Aktien durch
die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen eines Gesell-
schaften aufgelöst wird (arg. Art. 2 Einf.Ges. z. H.G.B.).
Eine Reederei wird durch die Eröffnung des Konkurses über
das Vermögen eines Mitreeders nicht aufgelöst (§ 505 Abs. 2
H.G.B.).
5. Die bei dem gesetzlichen Güterstande dem Manne zustehende
Verwaltung und Nutzniefsung an dem eingebrachten Gute (sog.
Verwaltungsgemeinschaft) endigt mit der Rechtskraft des Be-
schlusses, durch den der Konkurs über das Vermögen des Mannes
eröffnet wird ( § 1419 B.G.B.) ; ebenso die Errungenschaftsgemein-
schaft (§ 1543 B.G.B.)«.
^ In diesem Fall kann die Frau auf Wiederherstellung der Gemeinschaft
klagen (§ 1547 B.G.B.), und zwar schon während des Konkurses.
288 Fünftes Hauptatfick.
Die allgemeine Gütergemeinschaft und die Fahrnisgemeinschaft
werden durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen
eines Ehegatten nicht beendigt. Die Frau kann aber auf Auf-
hebung der Gemeinschaft klagen, wenn das Gesamtgut infolge
von Verbindlichkeiten, die in der Person des Mannes entstanden
sind, in solchem Mafse überschuldet ist, dafs ein späterer Erwerb
der Frau erheblich gefährdet wird (§§ 1468 Nr. 5, 1549 B.G.B.). Der
Nachweis dafür, dafs diese Voraussetzungen vorliegen, kann sich
möglicherweise aus dem Konkurse des Mannes ergeben.
6. Befindet sich der Gemeinschuldner mit Dritten in einem
Miteigentum (§ 1008 B.G.B.), in einer Gesellschaft (nach dem
B.G.B. oder nach dem H.G.B.) oder in einer anderen Gemeinschaft
(vgl. § 741 B.G.B.), so ist die Gemeinschaft auseinanderzusetzen,
soweit das nach dem materiellen Rechte möglich ist (§16 Abs. 1)*.
Eine Vereinbarung, durch welche bei einer Gemeinschaft nach
Bruchteilen das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu ver-
langen, für immer oder auf Zeit ausgeschlossen oder eine Kün-
digungsfrist bestimmt worden ist, wirkt nicht gegen die Gläubiger-
schaft (§16 Abs. 2 Satz 1); der Verwalter kann trotz der Ver-
einbarung die Aufhebung und die Auseinandersetzung verlangen^.
Das entspricht der Unwirksamkeit einer solchen Vereinbarung
gegenüber dem Gläubiger, der die Pfändung des Anteils eines
Teilhabers erwirkt hat (vgl. B.G.B. § 751 Satz 2). Die Unwirk-
samkeit dient hier wie dort zur Erleichterung der Vollstreckung.
Für Gemeinschaften zur gesamten Hand gilt die Vorschrift
des § 16 Abs. 2 Satz 1 nicht. Soweit hier eine Vereinbarung
des in § 16 Abs. 2 Satz 2 bezeichneten Inhalts aufserhalb des
Konkurses gültig ist, ist sie auch der Gläubigerschaft gegenüber
wirksam.
Der Erblasser kann durch letztwillige Verfügung bestimmen,
dafs die Auseinandersetzung in Ansehung des Nachlasses oder
einzelner Nachlafsgegenstände unter den Miterben oder den Mit-
vermächtnisnehmern ausgeschlossen oder von der Einhaltung einer
Kündigungsfrist abhängen soll (§ 2044 B.G.B.). Eine solche Be-
stimmung wirkt nicht gegen die Gläubiger Schaft; der Verwalter
kann trotzdem die Auseinandersetzung verlangen (§ 16 Abs. 2
Satz 2).
* Vgl. R.G.Eiit8ch. XL S. 45.
" Dies gilt auch, wenn die Vereinbarung nach § 1010 Abs. 1 B.G.B. als Be-
lastung des Anteils im Grundbuch eingetragen ist.
i
§ 89. XII. Sonstige Wirkungen der Konkurseröfeung. 239
Ist nach dem materiellen Rechte die Aufhebung und Ausein-
andersetzung der Gemeinschaft möglich, so erfolgt sie aufserhalb
des Konkursverfahrens nach den Vorschriften, die für die Auf-
hebung und Auseinandersetzung der betreffenden Gemeinschaft
gelten (§ 16 Abs. 1)*. Dabei hat der Konkursverwalter als Organ
der Gläubigerschaft die Rechte und Pflichten, die ohne die Kon-
kurseröffnung dem Gemeinschuldner zukämen. Der bei der Aus-
einandersetzung sich ergebende Anteil des Gemeinschuldners gehört
•
zur Konkursmasse.
Ist nach dem materiellen Rechte die Aufhebung der Gemein-
schaft und die Auseinandersetzung nicht möglich, so gehört das
Anteilsrecht des Gemeinschuldners zur Konkursmasse, soweit es
der Pfändung unterliegt. Dies ist der Fall, wenn das Anteils-
recht wenigstens der Ausübung nach veräufsert werden kann
(vgl. § 1 Abs. 1 K.O. mit § 857 Abs. 2 C.Pr.O.).
7. Während des Konkurses kann der Schuldner das Recht
zur Zurücknahme einer gemäfs §§ 872 bis 375 B.G.B. hinterlegten
Sache nicht ausüben (§ 377 Abs. 2 B.G.B.).
8. Durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen
des Hauptschuldners verliert der Bürge für die Dauer des Kon-
kurses die Einrede der Vorausklage (§ 778 Nr. 8 B.G.B.).
9. Die dem Vater kraft der elterlichen Gewalt zustehende
Verwaltung des Vermögens des Kindes endigt mit der Rechtskraft
des Beschlusses, durch den der Konkurs über das Vermögen des
Vaters eröffnet wird (§ 1647 Abs. 1 B.G.B.). Steht die elterliche
Gewalt der Mutter zu, so gilt das Gleiche, wenn über das Ver-
mögen der Mutter der Konkurs eröffnet wird (arg. § 1686 B.G.B.).
Nach der Aufhebung des Konkurses' kann das Vormundschafts-
gericht die Verwaltung dem Vater oder der Mutter wieder über-
tragen (§ 1647 Abs. 2, § 1686 B.G.B.).
10. Wer in Konkurs geraten ist, soll während der Dauer des
Konkurses nicht zum Vormund oder Gegenvormund und nicht
zum Mitgliede des Familienrats bestellt werden (§§ 1781 Nr. 8,
1792 Abs. 4, 1866 Nr. 2 B.G.B). Wird er gleichwohl zum Vor-
mund etc. etc. bestellt, so ist die Bestellung gültig.
• Vgl. § 731 bis 735, 752 bis 758, 1474 bis 1481, 1497 bis 1505, 1546,
2042 bis 2051 B.G.B., §§ 145 bis 158, 161 Abs. 2, 331 H.G.B., §§86 bis 99Fr.a.
"^ Unter „Aufhebung'^ ist hier jede Art von Beendigung des Konkurses,
auch die Einstellung (§§ 202, 204X zu verstehen.
240 Fünftes Hauptstück.
Wird der Konkurs ttber das Vermögen eines Vormundes (Ge-
genvormundes) oder eines Mitgliedes des Familienrats eröflöiet, so
hat das Vormundschaftsgericht den Vormund (Gegenvormund) oder
das Mitglied zu entlassen (§§ 1886, 1895, 1878 B.G.B.). Die
Konkurseröffnung selbst hat die Beendigung des Amts nicht zur
Folge.
Auf die Pflegschaft finden diese Sätze entsprechende Anwen-
dung (§ 1915 B.G.B.).
§40.
XIII. Yerbindliehkeiten der ftlBabigerschaft
Masseansprfiehe ^
1. Nach der Konkurseröffiiung entstehen durch die Thätigkeit
des Gerichts und des Verwalters sowie aus anderen Umständen
Verbindlichkeiten der Gläubiger schaft. Die Verbindlichkeiten sind
als Verbindlichkeiten der Gemeinschaft zur gesamten Hand aus
dem Gemeinschaftsvermögen zu berichtigen, bevor solches Vermögen
an die Gemeinschafter, d. s. die Konkursgläubiger, verteilt wird
(§ 50). Die Gläubiger dieser Gemeinschaftsverbindlichkeiten heifsen
Massegläubiger. Ihre Schuldnerin ist die Gemeinschaft der Konkurs-
gläubiger. Die Konkursgläubiger haften nicht einzeln, sondern
nur als Gemeinschaft , nicht mit ihrem ganzen Vermögen, sondern
nur mit dem Gemeinschaftsvermögen. Ist dieses Vermögen erschöpft,
so besteht keine Haftung mehr. Die Massegläubiger können weder
die einzelnen Konkursgläubiger noch den Gemeinschuldner an-
greifen^. Haben die Konkursgläubiger bei der Verteilung Divi-
1 Litteratur: Fitting§14; Endemann § 60; Kohler, Lehrb. S.381 ff.;
L. 8euff er t, Z. Gesch. u. Dogm. etc. I S. 166 ff. (noch nicht auf dem richtigen
Standpunkt); Wolff, Ztechr. f. d. C.Pr. XXII S. 207 0*.
^ Die im Texte vorgetragene Konstruktion wird von den meisten gemein-
rechtlichen Schriftstellern vertreten, vgl. z. B. Dabelow S. 666 f.; Schweppe
§§ 40 bis 42, 64; Bayer §§ 50, 68; Vangerow, Fand. HI § 593 N. IV.
Abw.: Fuchs, Concursverf. S. 34. Auch vom Standpunkte der preufs. K.O.
V. 1855 aus wird sie gebilligt von Koch, Recht d. Ford. I S. 533 und Lehrb.
d. preufs. R. I § 492; pr. O.Tr. Strieth. Arch. LXXXV S. 58 — allerdings nicht
ohne Widerspruch. Die Mot. S. 239 f. bekämpfen sie und behaupten, der Gemein-
schuldner sei Schuldner der Masseansprüche, weil der Verwalter sein Vertreter
sei. Dieser irrigen Ansicht schlofs sich die Mehrzahl der Schriftsteller an, ob-
wohl schon der Umstand stutzig machen sollte, dafs der Gemeinschuldner
selbst Massegläubiger sein kann. Richtig: Kohl er, Lehrb. S.381; annähernd
auch V. Völderndorff (2) I S. 591.
§ 40. Verbindlichkeiten der Gläubigerschaft. Masseansprüche. 241
dende erhalten, während ein Massegläubiger leer ausging, so kann
dieser von den einzelnen Gläubigem verlangen, dafs sie den zu-
viel erhaltenen Betrag als ungerechtfertigte Bereicherung heraus-
geben (arg. § 812 B.G.B.)».
Die Masseansprüche sind gerichtlich und aufsergerichtlich
gegen den Verwalter als das Organ der Gläubigerschaft geltend
zu machen und von diesem abseits von den Verteilungen zu be-
friedigen*. Die Zahlungen sind in die Schlufsrechnung einzu-
setzen, die der Verwalter der Gläubigerschaft zu legen hat (§ 86).
Soll ein Masseanspruch im Betrage von mehr als 300 Mark aner-
kannt werden, so hat der Verwalter, falls ein Gläubigerausschufs
bestellt ist, dessen Genehmigung einzuholen (§ 133 Nr. 2). Masse-
ansprüche, die nicht bis zur Festsetzung des Prozentsatzes (§ 159)
oder der Beendigung des Schlufstermins (§ 162) oder der Bekannt-
machung einer Nachtragsverteilung (§ 166) zur Kenntnis des Ver-
walters gelangt sind, können nicht auf den Massebestand geltend
gemacht werden, der zur Auszahlung des festgesetzten Prozent-
satzes erforderlich ist oder den Gegenstand der Schlufsverteilung
oder der Nachtragsverteilung bildet (§ 172). In welcher Form
und durch wen der Verwalter die Kenntnis erlangt, ist einerlei.
Die durch die bezeichneten Vorgänge eintretende Präklusion ist
nicht blofs für das Konkursverfahren bedeutsam; sie hindert den
unbefriedigt bleibenden Massegläubiger auch, einen Bereicherungs-
anspruch gegen die einzelnen Gläubiger geltend zu machen; denn
was ein Konkursgläubiger zufolge der gesetzlichen Präklusion
eines Massegläubigers an Dividende mehr erhält, ist keine unge-
rechtfertigte Bereicherung*.
Wird ein Masseanspruch nicht anerkannt, so ist er nach den
Regeln der C.Pr.O. gegen den Verwalter zu verfolgen. Ein zur Zeit
der Konkurseröffnung anhängiger Prozefs über einen Masseanspruch
kann sowohl von dem Konkursverwalter, als von dem Gegner auf-
genommen werden (§ 11); vgl. o. S. 180 bei N. 2 und S. 182.
Ist ein Rechtsstreit über einen Masseanspruch zu der Zeit
noch anhängig, wo der Konkurs durch Schlufsverteilung erledigt
wird, so mufs der streitige Betrag reserviert sein; der Prozefs
» Vgl. Wolff a. a. 0. S. 266.
^ Soweit der Verwalter selbst Massegläubiger ist, kann er sich aus der
Masse befriedigen, aber kein anderes Rechtsgeschäft über den Anspruch mit
sich selbst vornehmen (arg. § 181 B.G.B.).
» Vgl. Mot. 8. 376, 389; Wolff S. 257 f., 294.
Binding, Handbuch IX 8: L. Seuffert, Konkunprozefsrecht. 16
242 Fünftes Hauptstück.
wird mit dem Verwalter fortgesetzt, weil der reservierte Betrag
eventuell für eine Nachtragsverteilung zu verwenden ist.
Wegen Berichtigung und Sicherstellung der Masseansprüche
im Falle des Zwangs Vergleichs s. § 191 Abs. 1. Da die für einen
bestrittenen Anspruch geleistete Sicherheit eventuell dem Gemein-
schuldner zufällt (arg. § 192), so ist dieser zur Fortsetzung eines
anhängigen Prozesses legitimiert.
Ebenso wie bei der Beendigung des Konkurses durch Zwangs-
vergleich verhält es sich mit den Masseansprüchen bei der Einstellung
des Verfahrens (§§ 202, 204). Die unbestrittenen Masseansprüche
sind (im Falle des § 204 soweit thunlich) von dem Verwalter zu
berichtigen, die bestrittenen sind sicher zu stellen (arg. § 205
Abs. 2 Satz 2 mit § 191 Abs. 1). Der Gemeinschuldner ist zur
Fortsetzung eines gegen den Verwalter anhängigen Prozesses über
einen Masseanspruch legitimiert, weil die für den bestrittenen An-
spruch geleistete Sicherheit eventuell dem Gemeinschuldner gehört
(arg. § 206 Abs. 1).
Die Scheidung der Masseansprüche in Massekosten (§ 58) und
Masseschulden (§§ 59, 224) ist in Ermangelung einer scharfen
Grenze nicht reinlich durchzuführen. Sie beruht auf gesetzes-
technischen Gründen (vgl. § 60). Eine gewisse Verschiedenheit
läfst sich immerhin erkennen. Massekosten entstehen aus Rechts-
verhältnissen zwischen der Gläubigerschaft einerseits und dem
Gerichte, den (jemeinschaftsorganen und dem Gemeinschuldner
andererseits; Masseschulden aus Rechtsverhältnissen zu anderen
Personen *.
2. Massekosten sind:
a) die gerichtlichen Kosten für das gemeinschaftliche Ver-
fahren (§ 58 Nr. 1). Gerichtliche Kosten sind die in G.K.G. vor-
gesehenen Gebühren und Auslagen (§ 79 G.K.G.) , ferner die Ge-
bühren und Auslagen der Gerichtsvollzieher. Gremeinschaftliches
Verfahren ist nicht blofs das Verfahren nach der Konkurseröffnung,
sondern auch das die Eröffnung vorbereitende Verfahren ein-
schliefslich der Antragstellung ^ Natürlich auch das Verteilungs-
• Über die Unterscheidung vgl. die Mot S. 239, 242 bis 244, 249;
V. Wilmowski § 51 N. 1; Petersen u. Kleinfeller vor § 50, § 51 N. I
§ 52 N. I; Kohler, Lehrb. S. 383 ff.; Wolff a. a. O. S. 236 ff.
"^ Ein von dem Gemeinschuldner geleisteter Gebühren vorschoTs (§ 82
Nr. 1 G.K.G.) wird Massebestandteil und dient zur Deckung der gerichtlichen
Kosten des gemeinschaftlichen Verfahrens. Hat ein Gläubiger als Antrag-
§ 40. Verbindlicbkeiten der Glftubigerschaft. Masseansprüche. 243
verfahren einschlief slich der Nachtragsverteilung. Ebenso das
Vergleichsverfahren, auch wenn es nicht zur Aufhebung des Ver-
fahrens führt®. Desgleichen alle von dem Verwalter als dem
Organe der Gläubigerschaft geführten Rechtsstreitigkeiten, so dafs
also die gerichtlichen Kosten, soweit sie von dem Verwalter ge-
schuldet werden, Massekosten sind®. Nicht zu dem gemein-
schaftlichen Verfahren gehören Rechtsstreitigkeiten der einzelnen
Gläubiger untereinander*^. Auch nicht das von einem Ab-
sonderungsberechtigten betriebene Befriedigungsverfahren.
b) Die Ausgaben für die Verwaltung, Verwertung und Ver-
teilung der Masse (§ 58 Nr. 2). Dazu gehören die Gebühren und
Auslagen des Verwalters und des Gläubigerausschusses. Auslagen
können erwachsen für Porti, Arbeitslöhne, Anwaltskosten, Miet-
zinsen, Saat- und Erntekosten, Versicherungsprämien, Steuern und
Abgaben aus Grundbesitz" und aus Gewerbetrieb *^, die Beiträge
zu einer Berufsgenossenschaft, alles für die Zeit nach der Eröffnung
des Konkurses. Bevor der Verwalter diese Posten bezahlt hat,
können sie Masseschulden im Sinne von § 59 Nr. 1 sein; hat er
sie aus seinen eigenen Mitteln berichtigt, so fällt sein Ersatz-
anspruch gegen die Gläubigerschaft unter § 58 Nr. 2 *®.
steller einen Gebührenvorschufs geleistet, so kann er nach der Eröffnung des
Verfahrens verlangen, dafs ihm der Vorschufa aus der Masse erstattet wird,
soweit sie dadurch bereichert ist; eine Bereicherung des Masse liegt nicht
vor, wenn und soweit die vorhandene Masse nicht zur Deckung der Gerichts-
kosten reicht, weil vorgehende Posten zu decken sind.
8 Vgl. V. Völderndorff § 51 litt, a und Wolff a. a. 0. S.298. A. M.:
Mot. S. 242, V. Wilmowski § 51 N. 1, Petersen u. Kleinfeller § 51
N. II 1. Vgl. dagegen Wolff S. 298. — Da keine besondere Gebühr für die
Vergleichsverhandlung erhoben wird, kann es sich nur um Auslagen handeln :
diese bleiben der Masse zur Last, auch wenn der Vergleich nicht zu Stande
kommt.
^ Man könnte auch daran denken, die gerichtlichen Kosten dieser Pro-
zesse unter § 59 Nr. 1 zu stellen. Aber dann gingen sie den anderen Kosten
im Range vor (arg. § 60). Dafür fehlt eine ratio.
10 Der Kostenersatz nach § 147 Satz 2 fallt unter § 59 Nr. B.
'1 Die Mot. S. 243 zählen auf: „Gi*undsteuern, Leistungen zu Brücken-
nnd Wegebauten, Kirchen- und Pfarrbauten, Deichlasten, Schul- und Orts-
arm enabgaben^.
*^ Persönliche Steuern sind keine Verwaltungskosten. Vgl. Verw.Arch.
IV S. 11 ff.
'^ Der Verwalter kann in den Rang des Massegläubigers, den er aus
eigenen Mitteln befriedigt hat, nur einrucken, wenn er sich persönlich die
Forderung des Massegläubigers hat abtreten lassen. Einen ipso-iure- Übergang
16*
244 Fünftes Hauptstück.
•
c) Die dem Gemeinschuldner und seiner Familie nach §§ 129
Abs. 1, 132 Abs. 1 bewilligte Unterstützung (§ 58 Nr. 3). Dieser
Anspruch ist insofern problematisch, als die Bewilligung von den
dazu berufenen Organen der Gläubi gerschaft jederzeit auch pro
praeterito rückgängig gemacht werden kann. Aber solange die
Bewilligung nicht widerrufen ist, besteht ein Masseanspruch, der
auch im Wege der Klage geltend gemacht werden kann ".
3. Massesch)ulden sind:
a) die Ansprüche aus Geschäften und Handlungen, die der Kon-
kursverwalter als Organ der Gläubigerschaft innerhalb des ihm
vom Gesetze zugewiesenen Geschäftskreises vorgenommen hat (§ 59
Nr. 1). Der Kreis der ihm zugewiesenen Geschäfte und Hand-
lungen ist durch den Konkurszweck, die Befriedigung der Konkurs-
gläubiger aus der Konkursmasse, begrenzt. Daher kann der Ver-
walter keine Freigebigkeit auf Kosten |der' Masse vornehmen.
Nicht erforderlich ist, dafs die Handlung dem Interesse der Gläubiger
wirklich entspricht. Auch Handlungen, die diesem Interesse nicht
entsprechen, können Masseansprüche erzeugen, wenn sie innerhalb
des zugewiesenen Geschäftskreises liegen. Die Gläubigerschaft
ist insbesondere für einen Schaden verantwortlich, den der Verwalter
durch eine, in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen be-
gangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten
zufügt.
Läfst sich der Verwalter durch einen Bevollmächtigten ver-
treten, so entstehen auch aus dessen Handlungen Masseansprüche,
wie aus denen des Verwalters. Der Verwalter und folglich die
Gläubigerschaft hat ein Verschulden der Personen, deren der Ver-
walter sich zur Erfüllung einer Verbindlichkeit bedient, in gleichem
UrafaDge zu vertreten, wie eigenes Verschulden des Verwalters
(arg. § 278 B.G.B.).
dieser Forderung aaf den zahlenden Verwalter kann man nicht konstruieren.
Verschiedene Ansichten hierüber s. bei Fuchs, Konkursprozefs S. 70; Fitting
§14N.4, 15; v.Wilmow8ki§52N. 1; Petersen und Kleinfeller §52N.L
1* A. M.: Wolff a. a. 0. S. 230 ff. — Der nach § 1 Abs. 2 der alten
K.O. dem Gemeinschuldner zustehende Anspruch auf Gewährung von Unter-
haltsmitteln aus den Nutzungen seines zur Konkursmasse gehörenden Niefs-
brauchs an dem Vermögen seiner Ehefrau fallt unter § 59 Nr. 3 K.O. Das
ist auch jetzt noch wegen Art. 200 Abs. 1 E.G. z. B.G.B. vgl. mit Art VI
Satz 1 E.G. z. Nov. v. 1898 bedeutsam. Vgl. o. S. 83, letzter Absatz.
§ 40. Verbindlichkeiten der Gläubigerschaft. Masseansprüche. 245
Führt der Verwalter einen Prozefs, so ist der eventuelle Kosten-
erstattungsanspruch des Gegners Masseanspruch nach § 59 Nr. 1.
Die Nichtbeachtung der Vorschriften der §§ 133 bis 135
hindert die Entstehung einer Masseschuld aus der Handlung des
Verwalters nicht (arg. § 136).
b) Ansprüche aus zweiseitigen Verträgen, deren Erfüllung
zur Konkursmasse verlangt wird (§ 17)** oder für die Zeit nach
der Eröffnung des Verfahrens erfolgen mufs [(§ 59 Nr. 2).
Für die Zeit nach der Eröffnung sind zu erfüllen Pacht- und
Mietverträge, wenn dem Gemeinschuldner der von ihm gemietete
oder gepachtete Gegenstand vor der Eröffnung überlassen war
(§ 19). Masseschuld ist der Zins für die Zeit von der Eröffnung
bis zur Beendigung des Konkurses oder bis zur früheren Be-
endigung des Miet- oder Pachtverhältnisses; Masseschulden sind
ferner die in dieser Zeit entstehenden Ersatzverbindlichkeiten
gegenüber dem Vermieter oder dem Verpächter. Daher ist auch
der Anspruch des Verpächters wegen des Abgangs vom Inventar
(§§ 586 bis 588 B.G.B.) insoweit Masseanspruch, als der Abgang
während des Konkurses erfolgt ist.
Ebenso sind auf Rechnung der Masse zu erfüllen die in § 21
bezeichneten Pacht- und Mietverträge, sowie die in § 22 be-
zeichneten Dienstverträge,
c) Masseschuld ist die aus § 672 Satz 2 B.G.B. begründete
Ersatzverbindlichkeit gegenüber demjenigen, welcher sich durch
Annahme eines Auftrags, durch einen Dienst- oder Werkvertrag
zur Besorgung eines ihm vom Gemeinschuldner übertragenen Ge-
schäfts verpflichtet hat, wenn der Auftrag etc. durch die Konkurs-
eröffnung erloschen ist (§ 27) ; denn der Auftrag etc. gilt insoweit
als fortbestehend (§ 672 [g. E.] B.G.B.) und der Ersatzanspruch ist
Folge des Fortbestandes.
d) Masseschulden sind Gemeinschaftsverbindlichkeiten, die aus
einer die Konkurseröffnung überdauernden Gemeinschaft in der
Zeit nach der Konkurseröffnung entstehen.
Daher ist der geschäftsführende Gesellschafter einer Ge-
sellschaft, die durch die Eröffnung des Konkurses über das Ver-
^^ Daher ist die Zubufse zu einer Gewerkschaft Masseschuld; vgl.
R.G.Entsch. XVII S. 174, wo übrigens irrtümlich § öl Nr. 2 statt § 62 Nr. 2
der alten K.O* citiert wird.
246 Ffinftes Haaptstfick.
mögen eines Gesellschafters aufgelöst wird^', in Ansehung der
Ersatzansprüche, die ihm aus der einstweiligen Fortführung der
Geschäfte nach § 728 Abs. 2 B.G.B. zustehen, Massegläubiger
(§ 28); denn die Gesellschaft gilt insoweit als fortbestehend (§ 728
Satz 2 verb. mit § 727 Abs. 2 Satz 3 B.GJB.).
e) Masseschulden sind Verbindlichkeiten aus einer ungerecht-
fertigten Bereicherung der Konkursmasse (§ 59 Nr. 3).
Wann aus einer ungerechtfertigten Bereicherung eine Ver-
bindlichkeit entsteht, ergiebt sich aus den §§ 823 Abs. 8, 327,
531 Abs. 2, 543 Abs. 2, 684 Satz 1", 812 bis 822, 852 Abs. 2
B.G.B. Der Umfang der Verpflichtung zur Herausgabe ist aus
den §§ 812, 817 bis 819 B.G.B. zu entnehmen.
Nur ungerechtfertigte Bereicherung der Konkursmasse,
nicht schon des Gemeinschuldners, erzeugt einen Masseanspruch.
Specielle Fälle von ungerechtfertigter Bereicherung der Masse
sind in §§ 7 Abs. 2, 88 Satz 2, 46, 147 Satz 2 K.O. erwähnt.
4. Im Nachlafskonkurse sind ferner Masseschulden
(§ 224) :
a) die dem Erben nach den §§ 1978, 1979 B.G.B. aus dem
Nachlasse zu ersetzenden Aufwendungen". Wegen dieser Auf-
wendungen würde dem Erben nach § 273 B.G.B. ein Zurück-
behaltungsrecht an dem Nachlasse zustehen. Dieses Recht ist ihm
im Nachlafskonkurs entzogen (§ 223), damit die Verwertung der
Masse nicht verzögert wird;
b) die Kosten der standesgemäfsen Beerdigung des Erb-
lassers *® ;
" Vgl. o. § 89 Nr. 4 S. 286 f.
>^ Hiernaeh kann derjenige, welcher ale Geschäftsführer ohne Auftrag
ein Geschäft für die Gläubigerschaft besorgt hat, von dieser beanspruchen,
dass sie ihm Alles herausgiebt, was sie durch die Geschäftsführung erlangt
bat. Genehmigt der Verwalter die Geschäftsführung, so steht dem Geschäfts-
führer der in § 683 B.G.B. bestimmte Anspruch zu (arg. § 684 Satz 2 B.G.B.).
Dieser Anspruch fällt unter § 59 Nr. 1, weil er auf der von dem Verwalter
erteilten Genehmigung beruht.
>^ Zu beachten ist, dafs ein Anspruch des Erben auf £rsatz solcher Auf-
wendungen und folglich eine diesen Aufwendungen entsprechende Masseschnld
nicht entstehen kann, wenn der Erbe für alle Nachlafsverbindlichkeiten un-
beschränkt haftet (arg. § 2018 B.G.B.).
" Vgl. § 1968 B.G.B. — Hat sich ein Konkurs durch den Tod des
Gemeinschuldners in einen Nachlafskonkurs verwandelt (vgl. o. S. 69 Abs. 2\
so sind die Beerdigungskosten gleichfalls Masseschulden.
§ 40. Verbindlichkeiten der Gläubigerschaft Masseansprüche. 247
c) die im Falle der Todeserklärung des Erblassers dem
Nachlasse zur Last fallenden Kosten des Verfahrens*®;
d) die Kosten der Eröffnung einer Verfügung von Todes-
wegen**, der gerichtlichen Sicherung des Nachlasses**, einer
Nachlafspflegschaft *•, des Aufgebots der Nachlafsgläubiger** und
der Inventarerrichtung**;
e) die Verbindlichkeiten aus den von einem Nachlafspfleger *•
oder einem Testamentsvollstrecker *'' vorgenommenen Rechts-
geschäften ;
f) die Verbindlichkeiten, die für den Erben gegenüber einem
Nachlafspfleger , einem Testamentsvollstrecker oder einem Erben,
der die Erbschaft ausgeschlagen hat, aus der Geschäftsführung
dieser Personen entstanden sind, soweit die Nachlafsgläubiger
■• Vgl. §§ 960 ff. CJPr.O.; wegen der Kosten insbesondere: § 971 C.Pr.0.
" Vgl. §§ 2259 ff., 2273, 2300 B.G.B.
" Vgl. § 1960 B.G.B., Art. 140 E.G. z. B.G.B.
'* Unter Nacblafspflegschaft ist hier sowohl die Nachlafspflegschaft im
Sinne der §§ 1960 bis 1962 B.G.B. als auch die Nachlassverwaltung im Sinne
der §§ 1975, 1981 bis 1990 B.G.B. zu verstehen. Vgl. Begr. d. Nov. S. 50
Z. 10 v. u., wo von Verwaltung des Nachlasses gesprochen wird.
•* Vgl. §§ 1970 bis 1974 B.G.B., §§ 989 bis 1001 C.Pr.O.
••* Vgl. §§ 1993 bis 2012 B.G.B., §§ 72 ff., bes. § 77 Fr.G.
^ Unter Nachlafspfleger ist hier sowohl der Nachlafspfleger im Sinne der
§§ 1960 bis 1962 B.G3. als auch der Nachlafsverwalter im Sinne der §§ 1981 ff.
fi.G.B. zu verstehen. Vorausgesetzt wird, dafs das Rechtsgeschäft von dem
Nachlafspfleger oder dem Nachlafsverwalter in Ausübung der ihm zustehenden
Verrichtungen vorgenommen worden ist. Dabei ist zu beachten, dafs eine
Nachlafspflegschaft im Sinne von §. 1960 B.G.B., die vor der Eröfluung des
Nachlafskonkurses eingeleitet war, zwar nach der Eröfliiung des Konkurses
bis zum endgültigen Erbschaftserwerbe fortdauert (vgl. autogr. Prot. d. Komm,
z. 2. Ber. d. Entw. e. B.G.B. S. 8027), dafs aber der Nachlafspfleger nach der
Konkurseröffiiung die Masse nicht mehr durch Rechtsgeschäfte verpflichten
kann, weil dies auch der Erbe selbst nicht mehr könnte. Die Nachlafs-
verwaltung im Sinne der §§ 1981 ff. B.G.B. endigt mit der Eröffnung des
NachUifskonkurses (§ 1988 B.G.B.).
" Vgl. §§ 2196 bis 2228 B.G.B. Über die Befugnis des Testaments-
vollstreckers zur Vornahme von Rechtsgeschäften s. §§ 2205 bis 2209 B.G.B.
Nur Verbindlichkeiten aus Rechtsgeschäften, die der Testamentsvollstrecker
in Ausübung der ihm zustehenden Verrichtungen vorgenommen hat, sind
Masseschulden. — Das Amt des Testamentsvollstreckers erlischt nicht durch
die Eröffnung des Nachlafskonkurses (arg. a. contr. aus §§ 2225 bis 2227
B.G.B.); aber durch Rechtsgeschäfte, die der Testamentsvollstrecker nach der
Eröffnung des Nachlafskonkurses vornimmt, können keine Masseverbindlich-
keiten mehr entstehen.
248 Fünftes Hauptstttck.
verpflichtet sein würden, wenn die bezeichneten Personen die Ge-
schäfte für sie zu besorgen gehabt hätten'®.
In allen diesen Fällen mit Ausnahme der litt, b handelt es
sich um eine Geschäftsführung, die, wenn auch nur mittelbar,
der Gläubigerschaft zu gut kommt. Die Gläubigerschaft, die
den Nutzen von dieser Geschäftsführung hat, wenn auch nur
dadurcTi, dafs sie Aufwendungen spart, die der Konkursverwalter
machen mtifste, würde auf Kosten Anderer bereichert sein, wenn
ihr nicht die Verpflichtung obläge, diese Verbindlichkeiten vorne-
weg zu decken.
Für die Beerdigungskosten litt, b trifft weder dieser Gesichts-
punkt, noch die Analogie anderer Masseschulden zu. Ihre Er-
hebung zur Masseschuld, d. i. zu einer Schuld der Gläubigerschaft,
ist wohl dem Bestreben entsprungen, sie allen Konkursforderungen,
auch den privilegierten, voranzustellen *•.
5. Die Vorschriften des § 224 über die Masseschulden im
Nachlafskonkurse finden im Falle der fortgesetzten Güter-
gemeinschaft auf das Konkursverfahren über das
Gesamtgut entsprechende Anwendung (§ 236 Satz 1), weil der
Konkurs über das Gesamtgut der fortgesetzten Gütergemeinschaft
nach Analogie des Nachlafskonkurses behandelt wird.
Bei der entsprechenden Anwendung ist der überlebende Ehe-
gatte da einzusetzen, wo in § 224 von dem Erben die Kede ist.
■® Zu „Nachlafspfleger^ vgl. die N. 26; zu „ Testamentsvollstrecker '^ vgl.
die N. 27. Der Nachlafspfleger und der Testamentsvollstrecker sind Masse-
gläubiger nicht blofs in Ansehung der Aufwendungen (§ 670 B.6.B.), sondern
auch in Ansehung ihres Honorars (vgl. den § 1816 Abs. 1 Satz 2 bis 4 mit
§ 1915, ferner die §§ 1987, 2221 B.G.B.). — Derjenige, welcher zufolge der
Ausschlagung eines oder mehrerer vor ihm berufenen Erben der Erbe wird,
ist verpflichtet, jedem vor ihm berufenen Erben, der die Erbschaft aus-
geschlagen, aber vor der Ausschlagung erbschaftliche Geschäfte besorgt hat,
die von diesem bei der Besorgung solcher Geschäfte gemachten Auf-
wendungen zu ersetzen, soweit bei der Geschäftsführung ohne Auftrag
der Geschäftsherr dem Geschäitsführer dessen Aufwendungen zu ersetzen
hat (arg. § 1959 Abs. 2, verb. mit §§ 683, 684 ß.G.B.). Die Gläubigerschaft
des Nachlafskonkurses ist zum Ersätze dieser Aufwendungen an den Erben,
der die Erbschaft ausgeschlagen hat, in dem gleichen Umfange verpflichtet,
wie der Erbe, der zufolge der Ausschlagung Erbe geworden ist.
*• Die Begrund. der Nov. S. 50 verweist auf „das öflFentliche Interesse"
und die „Volksanschauung". nichtiger wäre eine Verweisung auf 1. 45 D. de
relig. 11, 7; 1. 17 pr. D. de reb. auct. lud. 42, 5 und auf deutsche Partikular-
rechte, die diese Kosten privilegierten; vgl. St ebbe, Z. Gesch. d. alt. d.
Konk.Proz. S. 59 N. 175.
§ 40. Verbindlichkeiten der Gläabigerschaft. Masseansprüche. 249
6. Sobald sich herausstellt, dafs die Konkursmasse zur voll-
ständigen Befriedigung aller Massegläubiger nicht ausreicht, darf
der Verwalter die Massegläubiger nicht mehr unterschiedslos be-
friedigen, sondern er murs folgende Rangordnung beachten
(§ 60) : den ersten Rang haben die Masseschulden (§§ 27 , 28t
59, 224); den zweiten die baren Auslagen des Gerichts, des
Verwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses; den
dritten die übrigen Massekosten, den vierten und letzten hat
die Unterstützung des Gemeinschuldners und seiner Familie. Die
in gleichem Range stehenden Massegläubiger werden pro rata
befriedigt. Hat ein Massegläubiger ein Absonderungsrecht er-
worben, bevor sich die Insuffizienz der Masse herausstellt, so
kann er abgesonderte Befriedigung verlangen. Die Insuffizienz ist
nicht durch Gerichtsbeschlufs festzustellen, sondern durch den
Verwalter. Ein förmliches Verteilungsverfahren mit Verteilungs-
plan, Einwendungsfrist etc. ist nicht vorgesehen; der Verwalter
kann sich privatim mit den Beteiligten ins Benehmen setzen,
um etwaige Regrefsansprüche abzuschneiden; er kann aber auch
einfach auf Grund seiner Berechnungen verteilen. Nach Umständen
kann der Verwalter wegen Ungewifsheit über die Person des
Gläubigers hinterlegen (vgl. § 372 Satz 2 B.G.B.) und den Be-
teiligten die Austragung ihrer Streitigkeiten überlassen.
Verstöfst der Verwalter absichtlich oder fahrlässig gegen die
Vorschriften des § 60, so ist er den Massegläubigern zum Schadens-
ersatz verpflichtet (§ 82)«^.
80 VgL R.G.Entsch. XXXVI Nr. 24 S. 96.
Sechstes Hauptstück.
Das Schuldenfeststellimgsyerfahreii.
§ 41.
L Allgemeines ^
Mit der Eröffnung des Konkurses ist das zur Konkursmasse
gehörende Vermögen des Gemeinschuldners für die zur Teilnahme
am Konkurse berechtigten Gläubiger mit Beschlag belegt. Das
Vermögen soll verwertet und zur Befriedigung dieser Gl&ubiger
nach Mafsgabe der Konkursordnung verwendet werden. Da zur
Zeit der Konkurseröffnung noch nicht feststeht, wer sich an dem
konkreten Konkurse beteiligen will und beteiligen darf, so ist die»
im weiteren Verlaufe des Verfahrens festzustellen. Zu diesem
Behufe werden die Gläubiger aufgefordert, ihre Forderungen bei
dem Konkursgericht anzumelden ; wer seine Forderung nicht an-
meldet, wird nicht berücksichtigt. Über die ordnungsmäfsig an-
gemeldeten Forderungen werden der Konkursverwalter, die anderen
Gläubiger und der Gemeinschuldner in einem Termine gehört. So-
weit eine Forderung weder von dem Verwalter noch von einem
beteiligten Konkursgläubiger bestritten wird, wird sie von dem
Konkursgericht ohne Vorbehalt zugelassen. Eine bestrittene For-
derung wird nur mit dem Vorbehalt einer dem Gläubiger günstigen
Entscheidung über den Widerspruch zugelassen. Die Entscheidung
erfolgt nicht, wie im früheren gemeinen Konkursprozefs, innerhalb
1 Vgl. hierzu die §§ 220 bis 238 der preufs. K.O. v. 1855, denen die Vor-
Bchriften der deutschen K.O. nachgebildet sind.
§ 41. Das Schuld enfeststellnngsverßihren. I. Allgemeines. 251
"des Konkursverfahrens selbst, sondern, soweit die Sache vor die
ordentlichen Gerichte gehört, im ordentlichen Civilprozesse, sonst
in dem für die Feststellung der Forderung vorgeschriebenen Ver-
fahren.
Zur Befriedigung der Konkursgläubiger nach Mafsgabe der
Konkursordnung ist auch die Feststellung der Rangverhältnisse
nötig. Vorrechte werden nicht von Amtswegen, sondern nur insoweit
berücksichtigt, als sie angemeldet werden. Über ordnungsmäfsig
angemeldete Vorrechte werden gleichfalls der Verwalter und die
Mitgläubiger gehört. Wird kein Widerspruch gegen das Vorrecht
erhoben, so wird die, wenn auch bestrittene, Forderung ohne Vor-
behalt bezüglich des Vorrechts zugelassen. Wird das Vorrecht
bestritten, so wird die Zulassung der Forderung als einer bevor-
rechtigten von dem Vorbehalt abhängig gemacht, dafs der Gläubiger
den Widerspruch überwinde. Auch die Entscheidung über das
Vorrecht erfolgt im ordentlichen Civilprozesse.
Das Verfahren zur Feststellung der einzelnen zur Teilnahme
. am Konkurse berechtigten Forderung und das Verfahren zur Fest-
stellung ihrer Rangordnung werden im modernen Konkursprozesse
soweit als möglich verbunden, während früher der Liquiditäts-
streit und der Prioritätsstreit getrennt verhandelt wurden.
Innerhalb des Feststellungsverfahrens lassen sich hiemach
folgende Abschnitte unterscheiden:
1. Das Anmeldungsverfahren,
2. das Prüfungs- und Zulassungsverfahren,
8. das Verfahren zur Beseitigung der Widersprüche und zur
Durchsetzung der Widersprüche (Feststellungsverfahren im engeren
Sinn).
Das gesamte Feststellungsverfahren ist ein civilprozessualisches
Verfahren. Das wird von denjenigen, welche das Konkursverfahren
überhaupt nicht als Givilprozefs gelten lassen , bezüglich des An-
meldungs- und Prüfungsverfahrens bestritten", während die civil-
prozessualische Natur des Verfahrens, worin über die bestrittenen
Forderungen und Vorrechte entschieden wird, von allen Seiten
anerkannt wird.
^ So nimmt Oetker, Grundbegr. I S. 272 bei N. 5 an, dafs dieses Ver-
fahren zur Verwaltungsthätigkeit des Konkursgeriehts gehöre. Eccius in
Försters preufs. Pr.R. I § 115 N. 6 glaubt, dafs die Thfttigkeit des Konkurs-
richters blofs Beurkundung sei. Kohler, Lehrb. S. 551 ff. spricht von „Dis-
kttssionsverfahren", „Disquisitions verfahren" (?). Richtig: A. S. Schultze,
Das deutsche Konkursrecht in seinen jur. Grundlagen, S. 153 f.
252 Sechstes Hauptstuck.
Aber das Feststellungsverfahren bildet ein Ganzes; ohne An-
roeldungs- und Prüfungsverfahren ist kein Verfahren über die be-
strittenen Forderungen möglich. Es geht daher nicht an, jenes
Verfahren prinzipiell anders als dieses zu charakterisieren. Dafs
die verschiedenen Abschnitte des Feststellungsverfahrens nach dem
früheren Konkursprozefsrechte noch enger verbunden waren, als
nach dem modernen Rechte, spricht gleichfalls für deren einheit-
liche Natur.
§42.
IL Die Anmeldung der Fordernngen.
1. Bei der Eröfiuung des Konkurses bestimmt das Gericht eine
Frist zur Anmeldung der Forderungen samt den Vorrechten (§ 110).
Die Frist ist öffentlich bekannt zu machen (§ 111). Sie soll
mindestens zwei Wochen und höchstens drei Monate betragen
(§ 138 Satz 1). Die Frist beginnt mit dem Ablaufe des zweit^en
Tages nach der ersten öffentlichen Bekanntmachung (§ 76 Abs. 1
Satz 2). Ist die Anmeldefrist zu kurz oder zu lang bemessen,
so kann der Gemeinschuldner, der Verwalter und jeder Konkurs-
gläubiger durch Beschwerde eine Änderung herbeiführen (§ 73
Abs. 3).
Die Anmeldefrist ist keine Notfrist ; daher findet keine Wieder-
einsetzung gegen deren Versäumung statt (arg. § 233 G.Pr.0.).
Eine Abkürzung oder Verlängerung durch das Gericht ist zwar
nicht grundsätzlich ausgeschlossen (arg. § 224 Abs. 2 C.Pr.O.),
aber ohne praktische Bedeutung.
Die Anmeldefrist ist keine Ausschlufsfrist in dem Sinne, dafs
nach deren Ablauf Anmeldungen unzulässig wären. Die sich nach-
träglich meldenden Gläubiger haben jedoch die Kosten des be-
sonderen Prüfungstermins zu tragen (§ 142 Abs. 3).
Sie bleiben bei den Verteilungen unberücksichtigt, wenn sie
nicht bis zum Ablaufe der in § 152 bestimmten Ausschlufsfrist
mindestens die Prüfung ihrer Forderungen erreicht habend
> Vgl. die Mot. S. 875, v. Wilmowski § 140 N. 1, Petersen u.
KleiDfeller §§ 189 bis 145 N. II 1, Endemann S. 547. Die Ansicht
Y. Völderndorffs § 140 litt a, dafs ungeprüfte Forderungen, für die ein
Vollstreckungstitel oder ein Endurteil vorliegt, bei den Verteilungen su be*
räcksichtigen seien, ist falsch.
§ 42. Das SchuldenfeststelluugsverfahreD. II. Die AnmelduDg. 253
2. Die wesentlichen Erfordernisse der Anmeldung sind die An-
gabe des Betrags und des Grundes der Forderung, sowie des be-
anspruchten Vorrechts (§ 139 Satz 1). Der Betrag ist in Reichs-
währung anzugeben (§ 69). Zur Angabe des Grundes genügt die
Individualisierung des Rechtsverhältnisses, d. i. die Angabe der
Unterscheidungsmerkmale*. Die Angabe des Vorrechts besteht
darin, dafs unter Verweisung auf den Grund der Forderung die
Behandlung der Forderung als einer bevorrechtigten (§ 61 Nr. 1
bis 5) verlangt wiid®.
Jede Änderung der Anmeldung, d. i. eine Erhöhung des
Betrags*, die Angabe eines anderen Grundes der Forderung oder
ein neuer Vorrechtsansprucb, ist als neue Anmeldung zu behandeln
(arg. § 142 Abs, 2).
Die Anmeldung kann bei dem Konkursgerichte schriftlich ein-
gereicht oder zu Protokoll des Gerichtsschreibers angebracht werden
(§ 139 Satz 2). Sie kann durch einen Bevollmächtigten erfolgen.
Der Mangel der Vollmacht ist von Amtswegen zu beachten (arg.
§ 88 Abs. 2 C.Pr.O.). Die Vollmacht kann nachgebracht werden.
Die urkundlichen Beweisstücke oder deren Abschrift sind
der Anmeldung beizufügen (§ 139 Satz 3). Die Nichtbeobachtung
dieser Vorschrift macht die Anmeldung nicht ungültig und schliefst
die Benützung der Urkunden nicht aus.
8. Die nach Form und Inhalt ordnungsmäfsige Anmeldung
unterbricht die Verjährung (§ 209 Abs. 2 Nr. 2 B.G.B.). Dies gilt
auch von der verspäteten Anmeldung. Die Unterbrechung ist so-
wohl gegenüber der Gläubigerschaft, wie gegenüber dem Gemein-
schuldner wirksam*. Sie dauert fort, bis der Konkurs durch Auf-
' „Grund der Forderung'' in § 139 K.O. bedeutet nichts anderes als
„Grund des erhobenen Anspruchs" in § 253 Abs. 2 Nr. 2 C.Pr.O. Über diesen
Begriff und Über die verschiedenen Deutungen desselben s. L. Seuffert,
Komm. z. C.Pr.O. v. 1877 § 230 N. 3 IV.
^ Aus der Eangordnung des § 226 ergiebt sich kein Vorrecht im
Sinne der §§ 139, 170, 173, 191 Abs. 2, sondern die Zurücksetzung der in
§ 226 Abs. 2 bezeichneten Forderungen. Der Vorrang der nicht zurück-
gesetzten Forderungen vor den zurückgesetzten braucht nicht ausdrücklich
beansprucht zu werden; er mufs sich aus dem Grunde der Forderung ergeben.
* Petersen u. Kleinfeller §§ 126 bis 128 N. II 2 wollen nach Ana-
logie von § 268 Nr. 2 C.Pr.O. eine Erhöhung ohne Änderung des Grundes
nicht als neue Anmeldung gelten lassen; aber die Analogie ist nicht zu-
treffend, da eine neue Anmeldung nicht, wie eine Änderung der Klage, un-
zulässig ist.
* Vgl. § 17 Satz 3 Entw. e. G.Sch.O.; K.Pr. S. 14 f.
254 Sechstes Hauptstück.
hebung (§§ 163, 190) oder Einstellung (§§ 202, 204) beendigt ist«.
Der Umstand, dafs die Forderung von dem Verwalter, einem kon-
kurrierenden Gläubiger oder dem Gemeinschuldner bestritten wird,
beendigt die Unterbrechung nicht. Ebensowenig wird die Unter-
brechung dadurch beendigt, dafs ein Prozefs über eine bestrittene
Forderung zwischen dem Gläubiger und einem Opponenten oder
dem Gemeinschuldner beendigt wird oder in Stillstand gerät.
Ist ein Prozefs zwischen dem Gläubiger und einem Oppo-
nenten zur Zeit der Beendigung des Konkurses noch anhängig
und wird in Folge dessen für die im Prozefs befangene Forderung
ein Betrag zurückbehalten (§ 16S Nr. 1), so dauert die Untei"-
brechung auch nach der Beendigung des Konkurses fort: das Ende
der Unterbrechung bestimmt sich in diesem Falle nach den Vor-
schriften des § 211 B.G.B. (S 214 Abs. 3 B.G.B.).
4. Die Anmeldung kann bis zur Beendigung des Konkurses
zurückgenommen werden. Die Zurücknahme kann in denselben
Formen erfolgen wie die Anmeldung, aber auch mündlich im
Prüfungstermine. Wird die Anmeldung zurückgenommen, so gilt
die Unterbrechung der Verjährung als nicht erfolgt (§ 214 Abs. 2
B.G.B.). Die Zurücknahme der Anmeldung schliefst eine neue An-
meldung derselben Forderung nicht aus^.
5. Die Anmeldungen sind in der Gerichtsschreiherei des Konkurs-
gerichts zur Einsicht der Beteiligten, d. i. des Verwalters, der
konkurrierenden Gläubiger und des Gemeinschuldners niederzulegen
(§ 140 Abs. 1).
■
Der Gerichtsschreiber hat jede Forderung sofort nach der
(wenn auch verspäteten) Anmeldung in der Rangordnung
des beanspruchten Vorrechts in eine Tabelle® einzutragen. Er
hat weder zu prüfen, ob die Anmeldung nach Form und Inhalt
ordnungsmäfsig, noch ob die angemeldete Forderung zur Teilnahme
* Wird der Eröffnungsbeschliifs im Beschwerdeverfahren aufgehoben, so
wird die AnmelduDg wirkung8los und die Unterbrechung mufs als nicht er-
folgt gelten. A. M.: Planck, Komm. z. B.G.ß. § 214 N. 1 Abs. 2 — aus
blofsen Billigkeitsrücksichten.
■^ A. M.: Oetker, Grundbegr. I S. 390, der behauptet, dafs eine Zurück-
nähme der Anmeldung nach der Zulassung im Prufungstermine nur als
renunciatio causae mit Verzicht auf Wicderanmeldung erfolgen kann. Seine
Gründe sind nicht zureichend,
^ Formular p. AVcizsäcker (Viorhausi, Formularbuch Xr. 191 192.
§ 42. Das Schuldenfeststellungsrerfahren. II. Die Anmeldung. 255
am Eonkurse berechtigt ist. Nicht ordnungsmäfsig angemeldete
Forderungen sind, so gut es eben geht, einzutragen; denn die
Thätigkeit des Gerichtsschreibers bei der Herstellung der Tabelle
ist eine blofs registrierende, keine entscheidende; sie präjudiziert
der Zulassung der angemeldeten Forderung zur Prtlfung in keiner
Weise. Das Konkursgericht kann eine Forderung, die der Gerichts-
schreiber in die Tabelle aufnahm, von der Prüfung ausschliefsen
und eine nicht aufgenommene zur Prüfung zulassen. Die Tabelle ist
blofser Entwurf zur Vorbereitung der Verhandlung im Prüfimgs-
termine*; sie kann in diesem Termine Zusätze erhalten und Ab-
striche erleiden.
Weil der Gerichtsschreiber nichts zu entscheiden hat, giebt es
kein Rechtsmittel gegen die Eintragung durch den Gerichts-
schreiber oder gegen deren Unterlassung.
Die Tabelle ist innerhalb des ersten Dritteiis des zwischen
dem Ablaufe der Anmeldefrist und dem Prüfungstermine liegenden
Zeitraums auf der Gerichtsschreiberei zur Einsicht der Beteiligten
niederzulegen und abschriftlich dem Verwalter mitzuteilen (§ 140
Abs. 2).
Sind die Vorschriften des § 140 nicht beobachtet, insbesondere
die Frist § 140 Abs. 2 nicht eingehalten, so mufs auf Antrag eines
Beteiligten und kann von Amiswegen der Prüfungstermin vertagt
werden; auf Kosten des Gerichtsschreibers, wenn ihm grobes
Verschulden zur Last fällt (arg. § 102 G.Pr.O.).
» Nach der Ansicht von v. Wilmowßki § 128 N. 2, Petersen u.
Kleinf e 11 er § 126 bis 128 N. II 2 u. A. hat der Gerichtsschreiber Forderungen,
die nicht ordnungsmäfsig angemeldet wurden, nicht einzutragen. Soll die
Kognition des Gerichtsschreibers über die Ordnungsmäfsigkeit einer An-
meldung der Prüfung des Konkursrichters vorgreifen? Der Richter kann
doch wohl nicht an die Ergebnisse der Kognition seines Gerichtsschreibers
gebunden sein! Dann hat aber diese gar keinen Zweck. — Oetker,
Grundbegr. I S. 284 verlangt, dafs der gewissenhafte Richter jede Liquidation
sofort nach dem Eingang einer Prüfung unterziehe und, wenn er Mängel ent-
deckt, den Liquidanten sofort bedingt (sc. für den Fall der Nichtergänzung)
oder unbedingt zurückweise. Aber nach § 140 Abs. 2 ist die Herstellung der
Tabelle vor dem Prüfungstermine Sache Ües Gerichtsschreibers, nicht des
Richters. — Wenn eine kognoszierende Thätigkeit des Gerichtsschreibers und
des Gerichts in diesem Stadium nicht stattfindet, so ist damit nicht aus-
geschlossen, dafs der Gerichtssehreiber und der Konkursrichter einen Liqui-
danten auf Mängel seiner Liquidation aufmerksam machen und dadurch zur
Ergänzung veranlassen.
256 Sechstes Hauptstück.
6. Hat vor der Eröffnung eines Nachlafskonkurses ein
Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Ausschliefsung von Nachlafs-
gläubigem stattgefunden (vgl. §§ 1970 If. B.G.B. und §§ 989 ff.
C.Pr.O.), so gelten die in dem Aufgebotsverfahren angemeldeten
und nicht ausgeschlossenen Forderungen als auch im Nachlafs-
konkurs angemeldet, sofern das Aufgebot von dem Gerichte, bei
welchem der Konkurs anhängig wird, erlassen und das Verfahren
nicht vor der Eröffnung des Konkursverfahrens ohne Ausschlufs-
urteil erledigt ist (§ 229).
Meistens wird das für das Aufgebotsverfahren zuständige
Gericht mit dem für das Konkursverfahren zuständigen Gerichte
zusammentreffen (vgl. den § 990 C.Pr.O. und die §§ 72, 78 Fr.G.
mit dem § 240 K.O.)^^. Ist dies der Fall, so gilt die im Auf-
gebotsverfahren erfolgte Anmeldung auch für das Konkurs-
verfahren unter der zweifachen Voraussetzung, dafs jene An-
meldung den gesetzlichen Erfordernissen einer Anmeldung im
Aufgebotsverfahren (§ 990 Abs. 1 B.Pr.O.) genügt und dafs das
Aufgebotsverfahren nicht vor der Konkurseröffnung ohne Aus-
schlufsurteil erledigt ist. Eine Anmeldung im Aufgebotsverfahren,
die den gesetzlichen Erfordernissen nicht genügt, hindert die Aus-
schliefsung der angemeldeten Forderung durch das Ausschlufs-
urteil nicht ; sie ist für das Konkursverfahren unwirksam. Ebenso
verhält es sich, wenn das Aufgebotsverfahren vor der Eröffnung
des Konkurses durch das Ausschlufsurteil erledigt ist ". Dagegen
bleibt die Anmeldung wirksam, wenn das Aufgebe tsverfahren vor
der Eröffnung des Nachlafskonkurses durch das Ausschlufsurteil "
'® Nur, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes seinen Wohnsitz an
mehreren Orten hatte, kann das Konkursverfahren von einem anderen Amts-
gericht, als demjenigen, welches das Aufgebot erlassen hat, eröfiPnet werden
(arg. § 214 K.O. mit § 13 C.Pr.0., dann § 73 Fr.G. und § 7 Abs. 2 B.G.B.).
1^ Dies ist möglich, wenn der Antrag auf Erlassung des Aufgebots
zurückgenommen wird, femer, wenn das Gericht nach Erlassung des Auf-
gebots den Antrag auf Erlassung des Ausschlufsurteils zurückweist, weil
es die Legitimation des Antragstellers als nicht gegeben oder sich für un-
zuständig erachtet (vgl. § 952 Abs. 4 C.Pr.O.) ? endlich, wenn der Antrag-
steller weder in dem AufgebotstSrmin erschienen ist noch vor dem Termine
den Antrag auf Erlassung des Ausschlufsurteils gestellt hat und die sechs-
monatige Frist für den Antrag auf Bestimmung eines neuen Termins ab-
gelaufen ist (arg. § 954 C.Pr.O.).
'^ Ist das Ausschlufsurteil erlassen, aber vor der Eröffnung des Nach-
lafskonkurses zufolge Anfechtungsklage aufgehoben worden (vgl. §§ 957, 958
§ 42. Das SchuldenfeststelluDgsverfahren. II. Die Anmeldung. 257
oder wenn sie durch die Eröffiiung des Nachlafskonkurses er-
ledigt wird (vgl. § 993 Abs. 2 C.Pr.O.).
Im Aufgebotsverfahren können Forderungen, die nicht auf einen
Geldbetrag oder nicht auf einen bestimmten Geldbetrag oder nicht
auf einen Geldbetrag in Reichswährung gerichtet sind, angemeldet
werden. Derartige Anmeldungen müssen, um für das Konkurs-
verfahren brauchbar zu werden, durch Umsetzung der Forde-
rungen in Geldforderungen von bestimmten Beträgen in Reichs-
währung ergänzt werden (arg. § 69). Eine Anmeldung, die nicht
auf einen bestimmten Geldbetrag in Reichswährung lautet, ist
aber, da sie für das Aufgebotsverfahren ausreicht, im Konkurs-
verfahren nicht vollständig bei Seite zu lassen, sondern so zu be-
handeln, wie wenn die Anmeldung im Konkursverfahren erfolgt
wäre ^•.
Ein Vorzugsrecht mufs im Konkurse neu angemeldet werden.
Die hiemach für den Konkurs wirksamen Anmeldungen im
Aufgebotsverfahren hat der Gerichtsschreiber in die Konkurs-
tabelle einzutragen. Sie sind zu behandeln, wie andere An-
meldungen im Konkursverfahren.
Die Anmeldung im Aufgebotsverfahren unterbricht die Ver-
jährung nicht (arg. § 209 B.G.B.). Wenn aber eine solche An-
meldung als Anmeldung im Konkurse gilt, so mufs sie auch die
Verjährung unterbrechen, und zwar tritt die Unterbrechung nicht
mit der Anmeldung im Aufgebotsverfahren, sondern mit der Er-
öffiiung des Nachlafskonkurses ein, da von diesem Zeitpunkt an
die Anmeldung als Anmeldung zum Konkurse gilt.
7. Die unter Ziff. 6 entwickelten Sätze finden entsprechende
Anwendung, wenn im Falle der fortgesetzten Gütergemeinschaft
ein Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Ausschliefsung der Ge-
samtgutsgläubiger stattgefunden hat (vgl. § 1498 Abs. 2 B.G.B.,
§ 1001 C.Pr.O.) und das Konkursverfahren über das Gesamtgut er-
öflFnet wird (arg. § 236 Satz 1 K.O.).
C.Pr.O.), 80 gilt die in dem Aufgebotsverfahren erfolgte Anmeldung für den
Konkurs, es sei denn, dafs das Urteil wegen Unzulässigkeit des Aufgebots-
verfahrens aufgehoben wurde (§ 957 Abs, 2 Nr. 1 C.Pr.O.); denn nur in diesem
Fall ist das Aufgebotsverfahren hinfällig.
»» Vgl. o. S. 254 f.
Bin ding, Handbuch IX S: L. Seuffert, KonJLuraprozeAirecht. 17
258 Sechstes Haaptstäck.
§48.
III. Die Zulassang and die Prflfting der Forderangen.
1. Bei Eröffnung des Konkurses bestimmt das Gericht den all-
gemeinen Prttfungstermin (§ 110 Abs. 1). Das Gericht kann diesen
Termin mit dem Termine zur Beschlufsfassung aber die Wahl
eines anderen Konkursverwalters sowie über die Bestellung eines
Gläubigerausschusses verbinden, wenn die Konkursmasse von ge-
ringerem Betrage und der Kreis der Konkursgläubiger von ge-
ringerem Umfang ist oder wenn der Gemeinschuldner einen Zwangs-
vergleichsvorschlag eingereicht hat (§110 Abs. 2). Zwischen dem
Ablaufe der Anmeldefrist und dem allgemeinen PrQfungstermine
soll ein Zeitraum von mindestens einer Woche und von höchstens
zwei Monaten liegen (§ 138 Satz 2). Ist der Termin zu nahe
oder zu fem angesetzt, so können die Beteiligten die Verlegung
beantragen und sich bei Abweisung des Verlegungsantrags be-
schweren.
2. In dem Prüfungstermine werden die angemeldeten Forderungen
ihrem Betrag und ihrem Vorrechte nach einzeln erörtert (§ 141
Abs. 1). Auch die nach dem Ablaufe der Anmeldefrist angemeldeten
Forderungen und Vorrechte einschliefslich der im Termine selbst
angemeldeten gelangen zur Erörterung, wenn weder der Verwalter
noch ein Konkursgläubiger gegen die sofortige Erörterung Wider-
spruch erhebt; anderenfalls ist auf Kosten^ des Säumigen ein
besonderer Prüfungstermin zu bestimmen (§ 142 Abs. 1, 2). Werden
Forderungen erst nach dem all gemeinen Prttfungstermin angemeldet,
so ist stets ein besonderer Prtifungstermin nötig, dessen Kosten
den säumigen Gläubigern zur Last fallen (§ 142 Abs. 3). Jeder
besondere Prüfungstermin ist öffentlich bekannt zu machen.
Ohne Mitwirkung des Konkursverwalters kann kein Prüfungs-
termin abgehalten werden. Wird dem Gerichte rechtzeitig vor dem
Termine bekannt, dafs der Verwalter nicht erscheinen kann, so
hat es den Termin von Amtswegen zu verlegen; die Verlegung
und der neue Termin ist öffentlich bekannt zu machen. Aufserdem
mufs der Termin von Amtswegen vertagt werden, wenn der Ver-
walter nicht erschienen ist. In diesem Falle wird der neue Termin
verkündet, nicht öffentlich bekannt gemacht (arg. § 218 C.Pr.O.).
1 Wegen der Gebühr für den besonderen Prüfungstennin 6. G.K.G. § 54.
§48. Schnldenfeststellangsverf. III. Zulassung u. Prüfung der Fordergn. 259
Der Verwalter kann sich im Prüfungstermine durch einen Be-
vollmächtigten vertreten lassen. Das Eonkursgericht kann aller-
dings vermöge seiner Aufsichtsgewalt (§ 83) das persönliche Er-
scheinen des Verwalters anordnen.
Der Prttfungstermin kann abgehalten werden, wenn weder ein
Gläubiger noch der Gemeinschuldner erschienen ist. Die Prüfung
einer angemeldeten Forderung oder eines Vorrechts findet statt,
wenngleich der anmeldende Gläubiger im Prüfungstermin ausbleibt
(§ 143). Die Gläubiger und der Gemeinschuldner können sich
durch Bevollmächtigte vertreten lassen. Ist der Gemeinschuldner
nicht erschienen, so kann das Eonkursgericht die in § 101 Abs. 2
vorgesehenen Zwangsmittel gegen ihn anwenden; denn er ist ver-
pflichtet, über die Forderungen Auskunft zu erteilen (§§ 100, 141
Abs. 2). Ebenso kann das Eonkursgericht verfahren, wenn für
den Gemeinschuldner ein Bevollmächtigter erschienen ist, der die
erforderlichen Auskünfte nicht erteilen kann.
3. Die VerhandluDg im Prüfungstermine wird von dem Amtsrichter
(Eonkursrichter) geleitet. Dieser hat zunächst darüber zu befinden,
welche Forderungen überhaupt zur Prüfung und zur Eintragung
in die Tabelle geeignet sind. Als nicht dazu geeignet hat er von
Amtswegen zurückzuweisen :
a) Forderungen, die nicht ordnungsmäfsig angemeldet sind; also
Forderungen, bei denen die Angabe des Gläubigers oder des Grundes
oder des bestimmten Betrags in Reichswährung fehlt, oder die
von einer nicht prozefsfähigen Partei oder einer nicht zum ge-
setzlichen Vertreter legitimierten Person oder von einem angeblichen
Bevollmächtigten ohne Vollmacbtsnachweis angemeldet sind, wenn
der Mangel nicht im Termine gehoben wird.
b) Forderungen ausländischer Gläubiger, denen durch eine
gemäfs § 5 Abs. 2 erlassene Anordnung die Teilnahme am Eou-
kurse verwehrt ist*.
Der Eonkursrichter kann eine Forderung nicht deswegen zu-
rückweisen, weil sie erst nach der Eonkurseröfihung entstanden
oder durch § 2 Abs. 3 oder § G3 vom Eonkurse ausgeschlossen
ist. Diese Gründe gegen die Teilnahmeberechtigung eines Liqui-
danten müssen von den Beteiligten durch Widerspnich geltend ge-
macht werden.
* Vgl. Oetker, Grundbegr. I S. 280 Ziff. 4. Die Durchführung einer
solchen zur Ausübung des Vergeltungsrechts erlassenen Anordnung kann nicht
wohl den Beteiligten überlassen werden.
17*
260 Seeh0te8 Hauptstück.
" Die ZurüekweisüDg ist als Beschlufs des Konkursgerichts zu
formulieren; der Beschlufs ist dem Liquidanten von Amtswegen
zuzustellen (§ 78 Abs. 2) ; gegen den Beschlurs findet die sofortige
Beschwerde statt (§ 78 Abs. 3). Die zurückgewiesene Forderung
wird in der Tabelle gestrichen.
Dagegen vollzieht sich die Zulassung ohne formuliertes Dekret
dadurch, dafs das Konkursgericht die betreffende Forderung zur
Erörterung bringt und das Ergebnis in die Tabelle einträgt. Weil
keine formulierte Entscheidung erfolgt, so ist gegen die Zulassung
keine Beschwerde möglich®.
4. Die nicht vom Konkursgerichte zurückgewiesenen Forderungen
werden in der Weise erörtert, dafs der Konkursrichter sie einzeln
nach Grund, Betrag und Vorrecht bezeichnet und den Verwalter,
die anwesenden anderen Konkurs gläubiger und den Gemeinschuldner
auffordert, sich darüber zu erklären, ob sie gegen die Forderung
oder gegen das beanspruchte Vorrecht Widerspruch erheben. Gegen
Vorrechtsansprüche können der Verwalter und die Konkursgläubiger,
nicht aber der Gemeinschuldner, Widerspruch erheben (arg. §§ 144
Abs, 2, 164 Abs. 2).
Der Verwalter ist zur Erhebung des Widerspruchs als Organ
d^r Gläubigerschaft legitimiert*. Diese ist befugt, Liquidanten,
' » Vgl. Oetker, Grundbegr. I S. 286ff. A.M.: Petersen u. Klein-
feiler §§ 129 bis 133 N. I 1 u. Petersen, Beitr. «. £rl. d. D.R. XXXVIII,
S. 292 ff., die eine Beschwerde gegen die Eintragung in die Tabelle, d. i.
also gegen den Akt, wodurch die Zulassung sich vollendet, für statthaft
erachten.
^ In dem früheren gem.Konkursprozefs und in zahlreichen Partikularrechten
wurde zwischen der Funktion des mit der Verwaltung der Aktivmasse betrauten
curator bonorum und der Funktion des bei der Feststellung der Passivmasse
mitwirkenden contradictor communis creditorum (auch curator litis genannt)
unterschieden. Der contradictor mufste ein Anwalt sein. Er wurde, in Gegen-
satz zum curator bonorum, ohne Mitwirkung der Gläubiger vom Gericht auf-
gestellt. Das Gericht hatte darüber zu befinden, ob die Aufstellung eines
contradictor notwendig sei. Das Gericht konnte die Funktion des contradictor
dein curator bonorum übertragen, wenn dieser Anwalt war. Die Verbindung
beider Funktionen war häufig, wahrscheinlich die Regel. Über den Kontra-
diktor s. Dabei ow S. 577 flF.; Schweppe § 102 f.; Danz, summ. Proz. § 179 f.;
Puchta § 179 f.; Kori § 78; Bayer § 42f.; Schmid, llandb. IH § 211;
Fuchs, Concursverf. § 11 und besonders J. H. Stepf, Die Lehre vom Oontra-
dfktor bei erkanntem Concursprozesse nach gem. u. baier. Recht, 2. Aufl.,
Leipzig 1821 (1. Aufl. Nürnberg 1791), wo auch die ältere Litteratur an-
gegeben ist. Der Kontradiktor kommt erst seit dem 18. Jahrhundert vor.
§43. SchuldeufeststellaDgsyerf. III. Zulftösung u. Prüfung der Fordergn. 2/^1
die nicht zur Teilnahme berechtigt sind, und unbegründete Vor-
rechtsansprüche abzuwehren , weil durch die Teilnahme Unberech-
tigter und durch die vorzugsweise Befriedigung von Gläubigem,
die kein Vorrecht haben, die Rechte der Gemeinschafter ge-
schmälert würden. Dafs der Verwalter auch einmal der Forderimg
eines Berechtigten widersprechen kann, ist kein Argument gegen
die Annahme, dafs der Verwalter als Organ der Gemeinschaft der
berechtigten Gläubiger widerspricht; denn die Gemeinschaft der
Gläubiger ist nicht mit den einzelnen Gläubigem identisch.
Den Widerspruch kann der Verwalter darauf stützen:
a) dafs der Gläubiger durch die Vorschriften der §§3, 63
von dem Konkurs ausgeschlossen sei;
b) dafs die Forderung ganz oder teilweise nicht zu Recht
bestehe; der Verwalter kann insbesondere auch geltend machen,
dafs die Forderung durch eine ihm zustehende Aufrechnung er-
loschen sei; '
c) dafs die Forderung unter Umständen entstanden oder er-
worben worden sei, die die Anfechtung nach den Vorschriften der
§§ 29 ff. begründen.
Übrigens braucht der Widerspruch im Prüfungstermine nicht
auf Gründe gestützt zu werden. Diese treten erst im weiteren
Ob früher der curator bonorum als solcher die Liquidationen bestreiten konnte
oder ob die Bestreitung nur durch den Gemeinschuldner und die Gl&ubieer
«rfolgen konnte, ist ungewifs. Wahrscheinlich ist das zweite; Salgado de
Sämoza, der die Befugnisse des curator bonorum genau aufzählt (P. I c. 13)
erwähnt die Befugnis, den Liquidationen entgegenzutreten, nicht. Auch der
Anlafs zur Einfahrung des contradictor liegt im Dunkel.
Ob der Kontradiktor die Gläubiger oder den Gemeinschuldner vertrete, war
streitig. Als Vertreter der Gläubiger wurde er z. B, von Schweppe § 102 und
Puchta § 180 betrachtet, wogegen die meisten Schriftsteller, z. B.Dabelow
JS.577ff.,Danz §179, Kor i § 78, Bayer §42, Schmid,flfmdb. III §211, Fuchs
§ 11, ihn als Vertreter des Kridars betrachteten. Stepf § 15 betrachtet den
Kontradiktor als den ^^gemeinschaftlichen Anwalt des Schuldners und der Credj-
toren gegen jeden Einzelnen, des Schuldners, weil er gar nicht concursmälsig
ist, wenn die Forderungen nicht gegründet sind, und der Oreditoren, weil diese
desto mehr aus der Masse zu hoffen haben, je weniger Forderungen con-
currieren". Ähnlich: Gönner, Handb IV.. Bd. 8. 571. — Was das moderne
Recht betrifft, so hält die Mehrzahl der Schriftsteller den Verwalter auch in
seiner Funktion als Kontradiktor. für den Vertreter des Gemeinschuldners.
Dafs er dies^nicht ist, dürfte schon daraus hervorgehen, dafs der Gemein-
schuldner einer Forderung widersprechen kann, die der Verwalter nicht be-
streitet, und dafs der Widerspruch des Gemeipschuldn^r? .eine ganz andere
Wirkung hat, als der Widerspruch des Verwalters.
262 Sechstes Haoptotfick.
Verlaufe des FeststellungsverfahrenB hervor. Daher können hier
auch andere Gründe als die im Prüfungstermine vorgebrachten
geltend gemacht werden.
Aufser dem Verwalter hat jeder konkurrierende Konkurs-
gläubiger das Recht, den angemeldeten Forderungen und Vorrechten
zu widersprechen. Der Widerspruch des einzelnen kommt sämtlichen
beteiligten Eonkursgläubigern zu gut; denn, wenn es dem einzelnen
gelingt, durch seinen Widerspruch einen Liquidanten von der Teil-
nahme am Eonkurs oder von vorzugsweiser Befriedigung abzu-
halten, so erhalten sämtliche Berechtigte die gröfsere Eonkurs-
quote. Gleichwohl ist der opponierende Einzelgläubiger nicht etwa
Vertreter der Gläubigerschaft, sondern er opponiert kraft seines
eigenen Bechts auf Befriedigung aus der Eonkursmasse. Hieraus
ergeben sich folgende Sätze:
a) Zur Erhebung des Widerspruchs ist nur derjenige Eonkurs-
gläubiger legitimiert, welcher seine Forderung zum Eonkurs an-
gemeldet hat. Zieht jemand seine Anmeldung zurück, so wird sein
Widerspruch unwirksam.
b) Zur Erhebung des Widerspruchs ist nur der Liquidant legi-
timiert, dessen Forderung vom Eonkursgerichte durch Eintragung
in die Tabelle (unbedingt oder bedingt) zur Teilnahme am Eonkurse
zugelassen wird. Die Wirksamkeit des Widerspruchs eines Liqni-
danten, dessen Forderung im Prüfungsverfahren erst später an die
Reihe kommt, ist bis zu seiner Zulassung in der Schwebe; wird
er nicht zugelassen, so ist sein Widerspruch wirkungslos^.
c) Dagegen hängt die Wirksamkeit des Widerspruchs eines
Liquidanten nicht davon ab, dafs seine Forderung im Prüfungs-
verfahren schon festgestellt ist; widersprechen kann auch der
Gläubiger, dessen Forderung im Prüfungstermine streitig bleibt*.
Doch mufs im späteren Feststellungsprozesse (§ 146) der Wider-
spruch eines Liquidanten, der selbst auf Widerspruch seiner For-
» Vgl Oetkep, Grundbegr. I S. 318.
< Der Code de comm. art. 504, das franz. FailLGes. v. 1888 art 494
und die österr. E:0. § 119 gestatten die aktive Beteiligang an der
Prüfungsverhandlung nur den Gl&nbigem, deren Forderungen anerkannt oder
doch in die Bilanz aufgenommen worden sind. Die Mot. s. £. e. K.O. S. 862
mirsbilligen derartige Vorschriften, weil sie der Willkür und den Zufällig-
keiten einen unzulässigen Ein^ufs gewähren. Sie haben aber auch ihre
Vorteile.
§43. Schuldenfeststellungsverf. III. Zulassung u.Prfifung der Fordergn. 26S
derung stiefs, ak unberechtigt zurückgewiesen werden, wenn dem
Opponenten seine Forderung durch rechtskräftiges Urteil ab-
gesprochen ist ; denn damit ist ihm die Legitimation zur Erhebung
des Widerspruchs entzogen. Dieses Aufhören der Legitimation des
Opponenten kann jedoch nur berücksichtigt werden, wenn der mit
dem Opponenten geführte Feststellungsprozefs noch die Berück-
sichtigung ermöglicht. Ist der Prozefs bereits rechtskräftig zu
Gunsten des Opponenten entschieden, so nützt der Wegfall seiner
Legitimation dem abgewiesenen Liquidanten nichts mehr^.
d) Bevorrechtigte Gläubiger können nur Forderungen und Vor-
rechte bestreiten, durch die sie selbst beeinträchtigt werden.
Liquidationen, für die kein Vorrecht beansprucht wird, können da-
her von bevorrechtigten Gläubigem, die als solche im Prüfungs-
termin anerkannt wurden, überhaupt nicht bestritten werden®.
Entsprechend gestaltet sich im Nachlafskonkurse das Ver-
hältnis der nicht zurückgesetzten Gläubiger zu den zurückgesetzten
(§ 226 Abs. 2 bis 4) und das Verhältnis der in ungleichem Bange
stehenden zurückgesetzten Gläubiger zu einander.
^ Die Mot. 8. 862 sagen: „Übrigens ist nicht zu bezweifeln, dafs ein
Liqnidant, dessen Forderung von einem anderen Gläubiger bestritten ist, im
Specialprozesse das Interesse und die Sachlegitimation des letzteren bestreiten
und dadurch dessen Widerspruch beseitigen kann''. Das ist nur insoweit
richtig, als die Forderung des Opponenten noch nicht festgesteUt ist; die
Legitimation eines Opponenten, dessen Forderung festgestellt ist, kann im
Feststellungsprozesse nicht bestritten werden (arg. §§ 145 Abs. 2, 147). — Vgl.
V. Wilmowski § 129 N. 4; Petersen u. Kleinfeller §§ 129 bis 188 N. I
2, § 184 N. m 2 S. 449; v. Sarwey u. Bofsert § 129 N. 4; Endemann
S. 529; Kohler, Lehrbuch S. 560. — Oetker, Grundbegr. I S. 818f. ist der
Ansicht, dafs die Legitimation des Opponenten mit der Löschung seiner Forde-
rung in der Tabelle endige, dafs aber wegen des circulus vitiosus, der sich
sonst hei wechselseitigem Widerspruch ergäbe, vor der Löschung die Legi-
timation eines Opponenten nicht bekämpft werden könne. Es entsteht aber
kein circulus vitiosus, weil die rechtskräftige Entscheidung, die einen Liqui-
danten abweist, gegen den nachträglichen Wegfall der Legitimation des
Opponenten unempfindlich ist Ist ein Widerspruch rechtskräftig als un-
begründet erkannt, so kommt ohnehin auf die Legitimation des Opponenten
nichts mehr an.
* So die herrschende Ansicht. A.M.: Oetker, Grundbegr. 1 S.491 wegen
des Interesse der Bevorrechtigten, zu verhüten, dafs Unberechtigte durch Teil-
nahme an den Gläubigerversammlungen Einflufs auf das Konkursverfahren
gewinnen. Für Oetker haben sich Petersen u. Kleinfeiler §§ 129
bis 188 N. I 2, 8. Aufl. S. 426 erklärt. Jenes Interesse dürfte aber zum Wider-
spruche nicht genfigen. Vgl. a. K.Pr. S. 92 und bayer. Pr.O. v. 1869 Art. 1263
Abs. 8.
264 Sechstes Hauptstfick.
e) Den Widerspruch kann der einzelne Gläubiger sowohl
darauf stützen, dafs die angemeldete Forderung vom Konkurs
ausgeschlossen sei (§§ 3, 68), als auch darauf, dars sie ganz
oder teilweise nicht zu Recht bestehe ; nicht aber darauf, dafjs die
Rechtshandlung, aus der die Forderung entstanden ist, anfechtbar
sei; denn die Austlbung des Anfechtungsrechts steht ausschliefs-
lieh dem Verwalter zu. Übrigens hat der Gläubiger so wenig wie
der Verwalter nötig, seinen Widerspruch schon im Prüfungstermine
zu begründen.
Die Befugnis des Gemeinschuldners zur Bestreitung der
Forderungen hängt damit zusammen, dafs für die Gläubiger, deren
Forderungen im Laufe des Konkurses festgestellt und nicht vom
Gemeinschuldner im Prüfungstermine bestritten worden sind, nach
Aufhebung des Konkurses die Zwangsvollstreckung gegen den
Schuldner aus der Eintragung in die Tabelle stattfindet (§§ 164
Abs. 2, 194).
Bestreiten kann der Gemeinschuldner nur die Existenz der
Forderung, nicht die Eigenschaft der bestehenden Forderung als
Konkursforderung ; denn daran hat er kein rechtliches Interesse.
Ein Vorrecht der Forderung kann er nicht bestreiten (arg. §§ 144
Abs. 2, 164 Abs. 2, 194, wo immer nur von einem Bestreiten der For-
derung, nicht eines Vorrechts, die Rede ist).
5. Jeder Widerspruch mufs im Prüfungstermin und zwar
vor Abschlufs der Erörterung der einzelnen Liquidation mündlich
erhoben werden. Mit dem Schluwsse der Erörterung ist der Wider-
spruch ausgeschlossen. Diese Ausschliefsung trifft auch die nicht
erschienenen Liquidanten und den nicht erschienenen Gemein-
schuldner. Diesem kann durch Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand geholfen werden (§ 165), dem Verwalter und den Gläubigern
nicht. Über bestrittene Forderungen und Vorrechte kann, wenn
die Liquidanten erschienen sind, im Termin eine Verhandlung
stattfinden, um einen gütlichen Ausgleich herbeizuführen. Das
Gericht kann zu diesem Zwecke Ermittelungen anordnen, soweit
solche keine Verzögerung mit sich bringen. Eine Beweisaufnahme
kann das Gericht nicht beschliefsen , insbesondere kann es keine
Eide abnehmen.
Wird die Prüfung sämtlicher Liquidationen nicht in einem
Termine beendigt, so ist von Amtswegen ein weiterer Termin zur
Fortsetzung der Prüfungsverhandlung anzuberaumen und zu ver-
künden (arg. §§ 136 Abs. 3, 206 C.Pr.O.); zu diesem Termin ist
§ 48. Schuldenfeststellungsverf. III. Zulassung u. Prüfung der Fordergn. 265
eine Ladung nicht erforderlich (arg. § 218 C.Pr.O.) und folglich
Auch keine öffentliche Bekanntmachung.
Jeder erhobene Widerspruch kann noch nach der Beendigung
des Prüfungstermins durch einen bei dem Konkursgericht ein-
zureichenden Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll des
Gerichtsschreibers zurückgezogen werden. Die Zurückziehung ist
von Amtswegen in der Tabelle zu vermerken.
6. Eine Forderung gilt als festgestellt, soweit gegen sie im
Prüfungstermin ein Widerspruch weder von dem Verwalter noch
von einem Konkursgläubiger erhoben wird oder soweit ein solcher
Widerspruch durch die Verhandlung oder durch Zurückziehung
oder durch einen späteren Prozels beseitigt ist (§ 142 Abs. 2).
Ebenso verhält es sich mit einem Vorrechte.
Bestreitung von Seite des Gemeinschuldners hindert die Fest-
stellung nicht, sondern nur die Vollstreckbarkeit der Feststellung
nach Beendigung des Konkurses (§§ 164 Abs. 2, 194). Daher kann
der Gläubiger in diesem Falle den Gemeinschuldner schon während
des Konkurses auf Zahlung verklagen, um nach Beendigung des
Konkurses einen Vollstreckungstitel zu haben. Daher kann der
Gläubiger auch einen Rechtsstreit, der über die Forderung zur
Zeit der Konkurseröffnung anhängig war, gegen den Gemein-
schuldner aufnehmen (§ 144 Abs. 2)*. Der Gemeinschuldner kann
dies nicht ; er hat auch kein Mittel, um den Gläubiger zur Auf-
nahme zu nötigen.
Über die Verhandlung im Prüfungstermin ist ein Protokoll
aufzunehmen (§ 72 K.O. mit §§ 159, 160 C.Pr.O.). Das Gericht
hat nach Erörterung jeder einzelnen Forderung das Ergebnis in
die Tabelle einzutragen (§ 145 Abs. 1 Satz 1 K.O.). Bei bestrittenen
Forderungen oder Vorrechten ist zu vermerken, inwieweit und von
wem Widerspruch erhoben worden ist. Auch eine Bestreitung des
Gemeinschuldners ist vorzumerken, wegen §§ 164 Abs. 2, 194.
Gegen die Eintragungen in die Tabelle findet keine Be-
schwerde statt, weil keine formulierte Entscheidung des Konkurs-
gerichts erfolgt ^^.
* Nach § 146 Abs. 3 kann derselbe Prozefs auch gegen den Verwalter
und gegen einen Gläubigeropponenten aufjd^enommen werden, sodafs aus
dem einen Prozesse mehrere Prozesse herauswachsen können. V^l. R.G.Entsch.
Xm S. 315 ff.
»0 Vgl. o. S. 260 bei N. 3.
626 Sechstee HauptstücL
Auf Wechseln und sonstigen Schuldurkunden ist von dem
Gerichtsschreiber auf Antrag die Feststellung zu vermerken (§ 145
Abs. 1 Satz 2), um deren Übertragung zu erleichtem.
In entsprechender Anwendung des § 319 der C.Pr.O. sind
Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche oflfenbare Unrichtig-
keiten, die bei den Eintragungen in die Tabelle durch Versehen
des Gerichts unterliefen, von Amtswegen zu berichtigen.
7. Die Eintragung in die Tabelle gilt in Ansehung der
festgestellten Forderungen ihrem Betrag und ihrem Vorrechte nach
wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber allen Konkursgläubigern
(§ 145 Abs. 2). Hieraus folgt:
a) Der Gläubiger, dessen Forderung als festgestellt ein-
getragen worden ist, kann sich gegenüber anderen Konkurs-
gläubigem und gegenüber dem Verwalter als dem Organe der
Gläubigerschaft ^^ auf die Eintragung wie auf ein rechtskräftiges
Urteil berufen und dem Versuche, die Forderung oder das Vor-
recht nachträglich zu bestreiten, die Einrede der abgeurteilten
Sache entgegensetzen. Ebenso können aber auch der Konkurs-
verwalter und die Konkursgläubiger gegenüber dem Gläubiger der
festgestellten Forderung sich auf die Rechtskraft der Eintragung
bemfen, wenn der Gläubiger durch eine neue Anmeldung dieselbe
Forderung in höherem Betrage (z. B. eine erhöhte Schadensersatz-
forderung aus demselben Gmnde) oder für eine nicht als bevor-
rechtigt festgestellte Forderung ein Vorrecht oder ein besseres Vor^
recht geltend macht".
b) Der Gläubiger, dessen Fordemng als festgestellt ein-
getragen worden ist, erlangt den anderen Konkursgläubigem
gegenüber ein Recht auf Teilnahme an der konkursmäfsigen Be-
friedigung mit der festgestellten Fordemng. Materiellrechtliche
Einwendungen, die eine festgestellte Forderung betreffen (z. B. die
Einwendung der Zahlung), sind nur soweit zulässig, als die
Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Prüfungstermin
entstanden sind (arg. § 767 Abs. 2 C.Pr.O.). Sie sind durch Klage
bei dem Konkursgerichte geltend zu machen (arg. § 767 Abs. 1
" Vgl. a. K.G. in S.A. XLIX Nr. 227.
" Vgl. B.GJlntech. XX S. 412ff., XXXVIU 8, 417ff. A.M.: Kohler,
Lehrb. S. 557 f. bezüglich der nachträglichen Geltendmachung eines VorrecbtB;
vgl. dagegen preafs. K.O. § 174.
§ 48. SchuldenfeststelluDgsverf. III. Zulassung u. Prüfung derFordergn. 267
C.Pr.0.) ^^ ; alle Einwendungen, die der Kläger zur Zeit der Klage-
erhebung geltend zu machen imstande war, mQssen auf einmal
geltend gemacht werden (§ 767 Abs. 3 G.Pr.O.). Zu dieser Klage
ist sowohl der Verwalter wie auch der einzelne Konkursgläubiger
legitimiert, da auch der einzelne Gläubiger die Befugnis zum Wider-
spruche hat.
c) Die eingetragene Feststellung kann weder durch die Rechts-
mittel der C.Pr.O. noch durch Einspruch angefochten werden (arg.
§ 705 CPr.C.) ; wohl aber findet gegen die Feststellung die Wieder-
aufnahme des Verfahrens durch die Nichtigkeits- und die
Restitutionsklage nach Mafsgabe der §§ 578 ff. C.Pr.O. statt ^^.
Zu diesen Klagen ist sowohl der Konkurs vei*walter wie jeder
konkurrierende Konkursgläubiger legitimiert. Auch der Gläubiger,
dessen Forderung festgestellt ist, kann eine Wiederaufnahmeklage
erheben; denn die Rechtskraftwirkung kann zu seinem Nachteil
ausschlagen.
Gegenüber dem Gemeinschuldner hat die Feststellung einer
Forderung die Wirkungen eines rechtskräftigen Urteils, wenn der
Gemeinschuldner weder im Prüfungstermine die Forderung aus-
drücklich bestritten noch die Bestreitung auf dem Wege der
Wiedereinsetzung (§ 165) nachgeholt hat (arg. § 164 Abs. 2, 194,
206 Abs. 2). Das Nähere hierüber s. u. § 52 Ziff. 2 litt. d.
Wegen dieser Rechtskraftwirkungen stehen dem Gemein-
schuldner, der die Forderung nicht bestritten hat, auch die Wider-
spruchsklage aus § 767 C.Pr.O. und die Wiederaufnahmeklagen zu.
Hat der Gemeinschuldner die Forderung im Prüfungstermin
oder auf dem Restitutionswege bestritten, so ist die Feststellung
ihm gegenüber unwirksam; folglich kann er auch nicht gegen die
Feststellung reagieren.
§ 44.
lY. Die Behandlung der streitigen Fordernngen.
Unter den streitig gebliebenen Forderungen sind zu unter-
scheiden Forderungen, für die weder ein mit der Vollstreckungs-
klausel versehener Schuldtitel, noch ein Endurteil, noch ein
" Vgl. R.GJEiitBch. XXI S. 331 ff.
1^ So die Mot. S. 374, alle Komnientare; Endemann S. 542; Kohler,
Lehrb. 8. 556 f.; Peter bcd, Beitr. z. Erl. d. D.R. XXXVIII S. 297 ff. A.M.:
0 e tk er , Grundbegr. I S. 393 wegen der BeschränkuDg des Widersprachs auf den
268 Sechstes Hauptatück.
Vollstreckungsbefehl vorliegt, und Forderungen, für die ein mit der
Yollstreckungsklausel versehener Schuldtitel, ein Endurteil oder
^in Vollstreckungsbefehl vorliegt. Jene Forderungen werden zur
Beteiligung an der konkursmäfsigen Befriedigung zugelassen unter
<ler Bedingung, dafs es dem Liquidanten gelingt, den Widerspruch
zu beseitigen; diese werden zugelassen unter der Bedingung, dafs
es dem Opponenten nicht gelingt, die Vollstreckungsklausel, den
Schuldtitel, das Endurteil oder den Vollstreckungsbefebl zu be-
seitigen ^ Jene kann man die nicht titulierten, diese die titulierten
Forderungen heifsen*.
Der Gläubiger, der als titulierter Gläubiger zugelassen werden
will, mufs die den Titel enthaltende Urkunde dem Gerichte vor-
legen. Eines ausdrücklichen Verlangens, als titulierter Gläubiger
.zugelassen zu werden, bedarf es nicht.
Vorrechte als solche sind durch den Titel niemals festgestellt.
Folglich ist ein bestrittenes Vorrecht auch bei titulierter Forde-
rung nur unter der Bedingung zuzulassen, dafs der Vorrechts-
liquidant den Widerspruch gegen das beanspruchte Vorrecht be-
seitige. Auch die Qualifikation einer titulierten Forderung als
Konkursforderung wird durch den Titel nicht erwiesen. Daher ist
4ie titulierte Forderung, deren Qualifikation als Konkursforderung
mit Rücksicht auf die Vorschriften der §§ 8, 63 bestritten ist,
^ebenfalls nur unter der Bedingung zuzulassen, dafs der Liquidant
den Widerspruch gegen die bezeichnete Qualifikation beseitige.
1. Die nicht titulierten Forderungen.
Dem Gläubiger bleibt überlassen, die Feststellung gegen die
Bestreitenden zu betreiben (§ 146 Abs. 1 Satz 1). Zu diesem
Behufe hat ihm das Gericht einen Auszug aus der Tabelle, worin
die Opponenten angegeben sind, in beglaubigter Form zu erteilen
(§ 146 Abs. 1 Satz 2).
PrQfuDgstermin. Aber es handelt sich eben darum, die durch den Schlufs
der Prüfungsverhandiung eingetretene und durch die Feststellung in der
Tabelle realisierte Yersäumnisfolge wegen des Nichtigkeits- oder des Resti-
tutionsgrundes zu beseitigen! — Darfiber, welche Nichtigkeits- und Resti-
tutionsgründe in Betracht kommen können, s. Petersen a. a. 0. S. 29Bf.
' Vgl. Oetker, Grundbegr. I S. 294 AT.
' Vgl. Oetker, Grundhegr. 1 S. 299 ff. Der Ausdruck ist ungenau, denn
<lie Forderung, für die ein noch nicht yollstreckbares £ndurteil vorliegt, ge-
hört zu den „titulierten^ Forderungen , obwohl sie keinen VolUtreckungs-
titel hat.
§ 44. Schuldenfeststellungsverfahren. lY. Die streitigen Forderungen. 269^
Der Anlafs zur Betreibung ergiebt sich aus der Vorschrift
des § 152, wonach der Gläubiger einer bestrittenen Forderung bei
einer Verteilung nicht berücksichtigt wird, wenn er nicht inner-
halb der Ausschlufsfrist dem Verwalter den Nachweis führt, dafs
und für welchen Betrag die Feststellungsklage erhoben oder das
Verfahren in dem früher anhängigen Prozefs aufgenommen ist.
Steht die Entscheidung über Forderungen der betreffenden
Art den ordentlichen Gerichten zu, so hat der Liquidant im ordent-
lichen Verfahren^ gegen die Opponenten auf Repression des
Widerspruchs zu klagen. Das Gesetz spricht von „Klage auf Fest-
stellung'' (§ 146 Abs. 2 Satz 1). Eine Feststellungsklage im Sinne
des § 256 C.Pr.O. ist die Klage aber nicht; denn sie bezweckt
nicht, wie die Klage nach § 256 C.Pr.O., blofs die Feststellung des^
Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, sondern
die Zulassung zur konkursmäfsigen Befriedigung^.
Sind mehrere Opponenten vorhanden, so hängt die definitive
Zulassung des Gläubigers davon ab, dafs er alle überwindet.
Der Gläubiger kann die mehreren Opponenten als Streit-
genossen verklagen. Ob sie Streitgenossen im Sinne des § 62
C.J?r.O. sind, hängt von der Verteidigung im einzelnen Falle ab.
Solange sich dabei keine Verschiedenheit der Widersprüche ergiebt,.
ist die Streitgenossenschaft eine qualifizierte im Sinne des § 62.
' Kohl er, Lehrb. S. 564 versteht unter d6m ordentlichen Verfahren
hier jedes Verfahren, das nicht Konkursverfahren ist. Aber weder der
Urkunden- und Wechselprozefs, noch das Mahnverfahren pafst für den Fest-
Stellungsstreit, weil sie bei Widerspruch des Beklagten kein endgiltiges
Besultat liefern. — Im schiedsrichterlichen Verfahren kann geklagt werden,
wenn der Liquidant und der Opponent einen Schiedsvertrag schliefsen; denn
sie können sich auch vergleichen. A.M.: v. Wilmowski § 184 N. 3 Abs. 4,.
Petersen u. Kl ein feller § 184 N. I 4, Oetker, Grundbegr. I S.883N.4. —
Auch ist der Opponent (Verwalter oder Gläubiger) an einen Schiedsvertrag, den
der Gemeinschuldncr früher geschlossen hatte, gebunden; die Opposition dea
Verwalters wie des Gläubigers fufdt auf dem mit der Konkurseröffnung ent-
standenen Pfandrecht, und dieses ist von dem Gemeinschuldner hergeleitet.
Vgl. Kohl er, Beitr. z. E. d. D.R. XXXI S. 524 u. Lehrb. S. 568, sowi&
V. Völderndorff n S. 403.
^ DieselbeAnsichtOber die Natur der Klage findet sich bei v.Wilmowski
§127 N. 1 Abs. 3; Struckm. u. Koch, C.Pr.O. § 231 (alt) N. 2; Weismann,
Festste Uungsklage S. 142 ff. u. Hauptintervention S. 152 N. 37; Roche 11, Ztschr.
f. d. CPr. VIII S. 408 ff".; Wach, Feststellungsanspruch S. 41f.; Oetker,
Grundbegr. I S. 309 ffl, 580; R.G.Ent«ch. XXIV S. 61. A.M.: Petersen u.
Kleinfeiler § 184 N. III 1; Leonhard, Ztschr. f. d. CPr. XV S. 858f.;
Kohler, Kr.V. J.Schr. XXII S. 383 u. Lehrb. S. 561 Nr. 1.
270 Sechstes Hanptstflck.
C.Pr.O., weil nur einheitlich entschieden werden kann. Anders,
wenn zufolge verschiedenartiger Widersprüche die Notwendigkeit
der einheitlichen Entscheidung entfallt, z. B. wenn ein Opponent
das Bestehen der Forderung, der andere nur deren Eigenschaft
als Konkursforderung, der dritte nur den beanspruchten Rang be-
streitet ; dann fällt die Streitgenossenschaft nicht unter § 62 C.Pr.O.
Der Gläubiger kann die mehreren Opponenten aber auch
einzeln und nacheinander verklagen. Das Gericht kann die Ver-
bindung mehrerer bei ihm anhängiger Prozesse anordnen (§ 147
C.Pr.O.). Da der Sieg über einen von mehreren Opponenten dem
Gläubiger die Zulassung zur konkursmäfsigen Befriedigung noch
nicht verschaift, kann das Urteil gegen einen Opponenten nicht
auf Feststellung im Sinne des § 146, sondern nur auf Zurück-
weisung des Widerspruchs des Beklagten lauten. Erst aus der
Summe der Urteile gegen alle Opponenten ergiebt sich die Fest-
stellung. Das zu Gunsten eines Opponenten ergangene Urteil
ist auch für die anderen Opponenten wirksam (vgl. u. S. 277).
Für die Klage ist das Amtsgericht, bei dem das Konkurs-
verfahren anhängig ist und, wenn der Streitgegenstand nicht zur Zu-
ständigkeit der Amtsgerichte gehört, das Landgericht* ausschliefs-
lich zuständig, zu dessen Bezirke das Konkursgericht gehört (§ 146
Abs. 2 Satz 2). Der Wert des Streitgegenstandes ist mit Rück-
sicht auf das Verhältnis der Teilungs- zur Schuldenmasse von dem
Prozefsgerichte nach freiem Ermessen zu bestimmen (§ 148). Der
Wert einer Forderung richtet sich also nach der mutmafslichen
•Konkursdividende, der eines Vorrechts nach dem Unterschiede
zwischen dem Betrage, der auf die Forderung mit Vorrecht, und
dem Betrage, der auf die Forderung ohne Vorrecht fallen wird.
^ Nur die Civilkammer oder auch die Kammer für Handeissachen? Auf
Grund der Nr. 1 des § 101 G.V.G. kann die R. f. H.S. nicht angegangen
werden, weil der Verwalter als solcher und der Glftubigeropponent als solcher
kein Kaufimann und die Klage keine Klage aus ihren kanfmftnnischen G^
Schäften ist. Auf Gmnd der Nrn. 2, 8 des § 101 G.V.G. kann die K. f. ILS.
aber wohl angegangen werden. Vgl. Kohler, Lehrb. S. 568 N. 4. Anders die
herrschende Meinung, hauptsächlich wegen der Mot. S. 865. Ais der Entw. e.
K.O. verfaTst wurde, waren im Entw. d. G.V.G. besondere Handelsgerichte
neben den Landgerichten in Aussicht genommen. Diese waren in § 134 des
Entw. e. K.O. nicht genannt und daher ausgeschlossen. Da die jetzigen K^
f. H.S. Bestandteile der Landgerichte sind, sind sie durch den Text des § 184
nicht ausgeschlossen. Sachliche Erwägungen ergeben nur die obige Be-
schränkung. — Vorrechtstreitigkeiten gehören nie vor die K. f. H.S., weil das
keine Handelssachen sind.
§ 44. Schuldenfeststellnngsverfahren. IV. Die streitigen Fordeningen. 271
Ausschlierslich ist nur die örtliche Zuständigkeit der be-
zeichneten Gerichte, nicht die sachliche Zuständigkeit des Amts-
oder Landgerichts; die sachliche Zuständigkeit unterliegt daher
der Vereinbarung.
Der Opponent kann nicht gegen den Liquidanten auf negative
Feststellung klagen; denn er hat kein rechtliches Interesse daran,
dafs die Nichtberechtigung eines Liquidanten, der die Initiative
zur Feststellung nicht ergriffen hat, festgestellt werde*.
War zur Zeit der Eröfliiung des Eonkursverfahrens ein Rechts-
streit über die Forderung anhängig ^, so ist deren Feststellung durch
Aufnahme des Rechtsstreits (C.Pr.O. § 227) zu verfolgen (K.O.
§ 146 Abs. 3). Nur der Liquidant, nicht der Opponent, kann den
Streit aufnehmen®. Der Opponent tritt an Stelle des Gemein-
schuldners in die Prozefslage ein, welche zur Zeit der Unter-
brechung vorhanden ist. Für die früher erwachsenen Kosten haftet
er aber nicht. Der Liquidant mufs seinen ursprünglichen Antrag um-
stellen und auf Zulassung zum Konkurse richten. Gegen mehrere
Opponenten kann der Prozefs einheitlich oder gesondert betrieben
werden. Bei gesondertem Betriebe ergeben sich dieselben Situationen,
die oben für den Fall gesonderter Klagestellung erörtert wurden.
Wenn die Aufnahme eines anhängigen Prozesses thunlich ist,
steht dem Liquidanten nicht frei, eine neue Klage zu erheben ; der
Klage steht die Einrede der Rechtshängigkeit entgegen.
• Vgl. R.G.Ent8ch. XVI S. 361 f.
"^ Kur die Anhängigkeit bei einem inländischen Gerichte kommt in
Betracht. Vgl. Borchardt, Beitr. z. E. d. D.R. XXXIII S. 626 £F. u. Oetker,
Gmndbegr. I S. 345. — Die Anhängigkeit bei einem Schiedsgerichte kommt
in Betracht, wenn man den Schiedsvertrag des Gemeinschuldners als ver-
bindlich für den Opponenten erachtet, s. o. N. 3. — Prozesse, die bei einer Kammer
f. Handelssachen anhängig sind, können bei dieser aufgenommen werden; sie
sind nach Umständen (s. o. N. 5) zur Civilkammer zu verweisen (G.V.G.
§ 103). — Der anhängige Urkunden- oder Wechselprozefs ist aufzunehmen
und durch Abstehen vom Urkundenprozefs (C.Pr.O. § 596) in das ordentliche
Verfahren überzuleiten. Ist dies unmöglich, weil der Prozefs nicht mehr in
der ersten Instanz anhängig ist, so ist die Klage zurückzunehmen und
neue Klage im ordentlichen Prozesse zu erheben. Vgl. v. Wilmowski § 134
N.5; Petersen u. Kleinfeller § 134 N. II 1; Oetker, Grundbegr. I S. 344.
A.M. Stein, Urkundenprozefs S. 356. — Das Mahnverfahren ist ebenfalls
aufzunehmen und, wenn von dem Opponenten Widerspruch gegen den
Zahlungsbefehl erhoben wird, in das ordentliche Verfahren überzuleiten. War
Widerspruch vor der K.E. erhoben, so ist das Verfahren schon im ordentlichen
Verfahren anhängig (arg. § 695 C.Pr.O.) ; das Verfahren ist nach § 696 oder
% 697 C.Pr.0. zu betreiben. Vgl. Oetker, Grundbegr. I S. 344 f.
« Vgl. R.G.Ent8ch. XVI S. 358 ff.
272 Sechstes Haaptotöck«
Sowohl bei der Klage wie bei der Aufnahme eines Rechtsstreits
kann der Feststellungsantrag nur auf den Grund gestützt und auf
den Betrag gerichtet werden, der in der Anmeldung oder im Prüfungs-
termin angegeben und in die Tabelle eingetragen ist (§ 146 Abs. 4).
Bei Änderung des Forderungsgrundes würde die Feststellungsklage
oder der Antrag in dem aufgenommenen Prozesse des Zusammen-
hangs mit der bestrittenen Forderung entbehren. Auch bei Er-
höhung des Betrags läge eine Feststellungsklage in Bezug auf eine
nicht angemeldete und nicht zugelassene Forderung vor. Die Klage
etc. wäre als zur Zeit unzulässig durch absolutio ab instantia ab-
zuweisen. Neue Anmeldung ist möglich.
Entsprechend verhält es sich mit der Geltendmachung eines
anderen als des bestrittenen Vorrechts.
Im Prozesse gegen einen Opponenten kann ein anderer
Opponent dem Beklagten als Nebenintervenient beitreten; denn er
hat ein rechtliches Interesse an dessen Sieg, da das Urteil, wo-
durch ein Widerspruch für begründet erklärt wird, auch zu seinen
Gunsten wirkt (§ 147 Satz 1). Wer nicht opponiert hat, kann
trotz seinem Interesse nicht intervenieren, weil die Befugnis, die
Forderung zu bekämpfen, durch die Unterlassung des Wider-
spruchs im Prüfungstermin ausgeschlossen ist*. Der Geinein-
schuldner kann niemals intervenieren. Hat er die Forderung im
Prüfungstermine bestritten, so hat er an dem Siege des Opponenten
kein rechtliches Interesse, da er durch die Bestreitung der Forderung
der Wirkung des Fest Stellungsurteils gegen seine Person bereits vor-
gebeugt hat. Hat er die Forderung nicht bestritten, so ist er zwar
an dem Siege des Opponenten interessiert (arg. § 164 Abs. 2), aber
er kann nicht intervenieren, weil er durch die Beendigung des
Prüfungsverfahrens mit der Befugnis, die Forderung im Prozesse
zu bekämpfen, ausgeschlossen ist.
Ist für die Feststellung einer streitig gebliebenen Forderung
ein besonderes Gericht*®, eine Verwaltungsbehörde oder ein Ver-
waltungsgericht zuständig, so hat der Gläubiger die Feststellung
der Forderung bei dem besonderen Gericht etc. etc. zu betreiben
» Vgl. V. Wilmowski § 133 N. 1, § 134 N.3; Wach, Handb. I S. 624*
Teilweise anders Petersen n. Kleinfeller § 134 N. I 3 und Oetker^
Grundbegr. I S. 331 f.
>• Vgl § 14 G.V.a, ferner R.G. v. 29. Jnli 1890 betr. die Gewerbegerichte.
Den württ. Gemeindegerichten sind Liqaidationsstreitigkeiten ausdrücklich
entzogen durch Art 3 Abs. 2 württ. A.G. z. CJPr.O. Baden hat für seine
§ 44. SchuldenfeststellimgsTeT&hreii. JV. Die Btreitigen Forderungen. 27S
und, w«nn zur Zeit der Eröfihung des Verfahrens ein Verfahren
schon anhüBgig war, durch Aufnahme des Verfahrens zu verfolgen
(§ 146 Abs. 5). Das Verfahren richtet sich nach den Landes-
gesetzen. Ist nur die Berechtigung einer Forderung zur Teilnahme
am Konkurs oder nur ein Vorrecht streitig, so gehört der Fest-
stellungsstreit vor das ordentliche Gericht.
Die Aufhebung des Konkursverfahrens auf Grund der Schlufs-
verteilung hat auf den anhängigen Liquidationsprocefs keinen Ein-
flufs. Derselbe nimmt seinen Fortgang unter den Parteien**. Die
zurückbehaltene, eventuell für eine Nachtrags Verteilung frei-
werdende Dividende kommt den Gläubigem, nicht dem Gemein-
schuldner, zu gut.
Durch Aufhebung des Konkurses auf Grund eines Zwangs-
vergleichs wird der Liquidationsprozefs in der Hauptsache gegen^
standslos, wenn noch keine Abschlagsdividende hinterlegt ist.
Der in der Hauptsache gegenstandslos gewordene Prozefs kann
in Ansehung des Kostenpunktes fortgesetzt werden, und zwar,
wenn der Verwalter opponiert hatte, gegen den Gemeinschuldner,
sonst gegen den Gläubiger-Opponenten. Die Legitimation des Gemein-
schuldners in jenem Falle folgt daraus, dafs vor der Aufhebung
der eventuelle Kostenerstattungsanspruch des Gläubigers sicher zu
stellen ist (arg. § 191 Abs. 1 Satz 2) und dafs die Sicherheit
eventuell für den Gemeinschuldner frei wird (arg. § 192).
Ist eine Abschlagsdividende hinterlegt, so kann der Prozefs
auch in der Hauptsache fortgeführt werden, und zwar tritt stets
der Gemeinschuldner an die Stelle des Opponenten, da ihm even-
tuell der hinterlegte Betrag gehört (arg. § 192).
Wird das Verfahren eingestellt (§§ 202, 204), so verhält es
sich wie bei der Aufhebung des Verfahrens nach einem Zwangs-
vergleich (arg. § 206 Abs. 1).
2. Die titulierten Forderungen.
Titulierte Forderungen sind diejenigen, für welche der Liqui-
dant dem Konkursgerichte vor oder bei der Prüfungsverhandlung
Gemeindegerichte nichts darüber bestimmt; aber die Liquidationsstreitigkeiten
dürften gleichwohl nicht ror diese Grerichte gehören. — Die Kompetenz der
Gewerbegerichte umfafst Liquidationsstreitigkeiten nicht. — Vgl. Oetker,
Graodbegr. I S. S46 f.
^1 Der Verwalter bleibt für solche Prozesse legitimiert; ygL R.G.£ntsch.
XXVni S. 70.
Bjsding, Handbnoh IX 8: L. Seuffert, KonkursprosersTeoht. 18
274 Sechstes Haaptstflck.
einen mit der Vollstreckungsklausel (§ 725 C.Pr.O.) versehenen
Schuldtitel", ein EndurteiP' oder einen VoUstreckungsbefefal
(§ 699 C.Pr.O.)" vorgelegt hat. In Ansehung einer solchen
Forderung hat nicht der Gläubiger die Feststellung zu betreiben,
sondern der Opponent hat den Widerspruch zu verfolgen (§146
Abs. 6).
Die Art und Weise der Verfolgung des Widerspruchs ist nach
der Art des Titels und nach dem Widerspruchsgrunde verschieden. In
Betracht kommen die Anfechtung der Vollstreckungsklausel durch
Erhebung von Einwendungen nach §§ 732, 797 Abs. 3 oder durch
Klage nach §§ 768, 796 Abs. 3, 797 Abs. 5 der C.Pr.O., die Anfechtung
des Titels durch Einspruch, Berufung, Revision", Beschwerde,
Nichtigkeitsklage, Restitutionsklage, Widerspruchsklage (§§ 767, 796
Abs. 2, 8, 797 Abs. 4 C.Pr.O.), die Anfechtung des mit Vorbehalt
ergangenen Urteils im Nachverfahren nach §§ 302 Abs. 4, 541, 600
der C.Pr.O. und die Anfechtung der dem Titel zu Grunde liegenden
Forderung selbst wegen Benachteiligung der Gläubiger nach K.O.
§§ 29 ff. Die zuletzt erwähnte Anfechtung steht nur dem Verwalter
zu. Ist ein Rechtsstreit über die Forderung anhängig, so hat der
Opponent den Widerspruch durch Aufnahme des Prozesses zu ver-
folgen.
Wodurch die von einem besonderen Gericht oder einer Ver-
" Ein rechtskräftiges (§§ 704, 705 C.Pr.O.) oder für vorläufig vollstreck-
bar erklärtes (§§ 708, 709 C.Pr.O.) Endurteil oder Vorbehaltsarteil (§§ ^02,
540, 599 C.Pr.O.) eines ordentlichen oder besonderen Gerichts oder ein anderer
Yollstreckungstitel nach §§ 794, 801 C.Pr.0. oder nach §§ 164 Abs. 2, 194, 206
K.O. oder nach §§ 122 Abs. 2, 495 Str.Pr.O. oder nach §§ 62 Abs. 2, 106 Abs. 2,
108 Abs. 2, 113 bis 115, 129 Gen.Ges. v, 1. Mai 1889, Red. v. 1898; femer alle der
YoUstreckungsklansel f&higen Titel, auf Grund deren die Landesgesetzgebung
die gerichtliche oder die administrative ZwangsvoUstreckung zuläfst. Die VoU-
Streckungsklausel mufs für den anmeldenden Gläubiger gegen den Gemein-
schuldner lauten. Der Yollstreckungstitel samt der Klausel gegen den G^mein-
schuldner mufs vor der Konkurseröffiiung entstanden sein (arg. § 7); die Um-
stellung der Klausel auf den Liquidanten darf nachher erfolgt sein. Ein
Titel, der nicht auf einen bestimmten Geldbetrag lautet, macht die Forderung
nicht zu einer titulierten im Sinne des § 146 Abs. 6; wohl aber dürfte ein
Titel, der auf einen bestinunten Geldbetrag, aber nicht in Reichswilhrung
lautet, genügen. Ygl. Oetker, Grundbegr. I S. 307 f.
IS Ein Yorbehaltsurteü (§§ 302, 540, 599 C.Pr.O. > steht auch hier dem
Endurteile gleich.
^^ Ein Yollstreckungsbefehl bedarf der YoUstreckungsklansel nur, wenn
nach dessen Erlassung eine Hechtsnachfolge eingetreten ist (§ 796 Abs. 1 C.Pr.O.).
^^ Für die Berechnung der Revisionssumme kommt § 148 in Betracht.
§ 44. SchuldenfeststellungBYerfahren. lY. Die streitigen Forderungen. 275
waltungsbehörde geschaflfenen Schuldtitel anfechtbar sind, entzieht
ßich bei der Verschiedenheit der Landesgesetze der allgemeinen
Darstellung.
Der mit einer titulierten Forderung zugelassene Gläubiger
kann gegen den Opponenten auf Feststellung klagen und einen an-
hängigen Rechtsstreit in der Richtung gegen den Opponenten auf-
nehmen. Das Gesetz entbindet ihn von der Betreibungspflicht,
ohne ihm die Befugnis dazu zu nehmen. Er hat auch ein Interesse
an alsbaldiger Feststellung, obwohl ihm die Dividende ausgezahlt
wird, solange der Opponent den Widerspruch nicht betreibt;. denn die
Auszahlung wird eingestellt, sobald der Widerspruch betrieben ist;
dies kann noch im letzten Momente vor der Verteilung geschehen,
imd die Verzögerung kann zur Folge haben, dafs der Gläubiger
sein Kapital länger entbehrt, als wenn er den Widerspruch vorher
überwunden hätte".
Hat der Opponent die Vollstreckungsklausel, den Schuldtitel,
das Endurteil oder den Vollstreekungsbefehl beseitigt, ohne dafs
dartlber, ob die Forderung zu Recht besteht, rechtskräftig ent-
schieden ist, so wird die Forderung zu einer untitulierten und
der Liquidant hat die Feststellung zu betreiben ".
Mehrere Opponenten können gemeinsam oder getrennt operieren.
Bei Streitgenossenschaft finden die S.269f. vorgetragenen Sätze ent-
sprechende Anwendung. Das Urteil, das den Widerspruch eines
Opponenten abweist, enthält noch nicht die „Feststellung" der
Forderung, wenn noch andere Opponenten da sind. Erst wenn alle
Opponenten rechtskräftig abgewiesen sind, ist die Forderung allen
Konkursgläubigern gegenüber festgestellt.
Was über die Nebenintervention in Bezug auf den Prozefs des
Liquidanten gegen den Opponenten S. 272 Abs. 3 gesagt wurde,
gilt entsprechend auch für die Nebenintervention in Bezug auf den
Prozefs des Opponenten gegen den Liquidanten.
" Vgl. E.G. 8. Jan. 1892, cit. in Entsch. XXXIV S. 410 Anm. 1 (auch
Bl. f. R.A. X. Erg.Bd. S. 289X 7. Jan. 1895 Entsch. XXXIV Nr. 198 S. 409 flF.,
O.L.G. Dresden in S.A. L Nr. 61.
" Z. B. : der Opponent hat die Aufhebung des Urteils wegen Un-
zuständigkeit erwirkt, oder er hat gegen einen Vollstreekungsbefehl Einspruch
eingelegt und bei dem Amtsgerichte gemäfs § 702 Satz 2, 3 C.Pr.O. die Auf-
hebung des Vollstreckungsbefehls erwirkt, während die Sache vor die Land-
gerichte gehört. — A.M.: Oetker, Zeitschr. f. d. C.Pr. XXV S. 59.
18*
276 SechsteB Haniytftflck.
Auf die bei Beendigung des KonkureeB aabängigen Oppesitions-
proeesse finden die S. 273 entwickelten Sätze entsprechende An-
wendung.
c) Die Berichtigung der Tabelle und die Wirkung
des Urteils im Feststellungsprozesse.
1. Die im Liquidation&prozefs obsiegende Partei liat bei dem
EenkurBgericht unter Vorlegung des Urteils und des zur Be-
stätigung der Bechtskralt etwa n&tigen Zeugnisses die Berichtigung
der T&beUe zu erwirken (§ 146 Abs. 7). D^ Antrieb zu dem An-
trag auf Berichtigung liegt im Yerteilungsverfahren (vgl. §§ 152,
166 Nr, 1).
Wird dem Antrag auf Berichtigung der Tabelle stattgegeben,
so erfolgt ein entsprechender Nachtrag ohne förmlichen Beschlufs
des Eonkursgerichts. Daher ist keine Beschwerde möglich^®.
Durch Einwendungen gegen die Verteilungsverzeichnisse können
die Beteiligten ihre Einwendungen gegen die Richtigkeit des Nach-
trags geltend machen, wenn die Zeit zu Einwendungen noch nicht
vorüber ist.
Abgewiesen wird der Antrag auf Berichtigung durch Beschlufs
des Eonkursgerichts. Dieser ist dem Antragsteller von Amtswegen
zuzustellen, dagegen findet die sofortige Beschwerde statt (§ 73
Abs. 3).
2. a) Soweit durch ein im Liquidationsprozefs ergangenes
Urteil rechtskräftig eine Forderung oder ein Vorrecht" fest-
gestellt oder ein Widerspruch gegen eine Fordefung oder gegen
ein Vorrecht für begründet erklärt ist, wirkt es gegenüber allen
Eonkursgläubigem (§ 147 Satz 1).
Die Feststellung kann erst nach Überwindung aller Opponenten
erfolgen. Auch in den Fällen, wo der Opponent den Widerspruch
zu betreiben hat, ist eine Feststellung im Sinne des § 147- Satz 1
" Vgl. Oetker, Grundbegr. I S. 372. AJÄ. v. Wilmowski § 134
N. 10; Petergen u. Eleinfeller § 184 N. V.
1* Das Gesetz (§ 147 Satz 1) spricht blofs von der Forderung, nicbt yon
dem Vorrechte. Man mufs aber rationibus paribus dasselbe, was von der
Forderung gilt, auch von dem Vorrechte gelten lassen. Vgl. § 146 des Entw.
e. G.Sch.O. — Über die jetzige Fassung des § 147 vgl. § 134 des dem
Reichstage vorgelegten Entw. e. KO. und die Komm.Prot. S. 93 bis 95, 173
bis 178.
§ 44. SchaldenfeststellangBTerftilurem IV. Die streitigen Forderungen. 277
erst düuiL Torbanden, wenn alle Oppeaenteni deib Widersfiruch be-
trieben haben «nd dabei be&iegt worden sind.
Die rechtskräftige Feststellung ist nicht Ue^f» gegenüber den
besiegten OfiMneBteiiv sondern gegeifUiber allen Komkursgl&ubigem
wirksam; jedem Versuche^ die festgestellte Fordermng oder das
festgestellte Vorrecht zu befttreiten undt au. erueutev Kognition zu
stellen, kann mit Verweisung aul die Rechtskraft entgegen ge»
treten werden**;
Das Urteil^ welches einen Widerspruch ganz oder teilweise
fbr begründet erkl&rt, also den Liquidantea ganz e>der teilweise
abweist odier ihm da» beanspruchte Vorirecht aberkemat, ist gleich-
falls allen Konkuirsgl&ubrgera' gegenüber wirksam. Sind über die*
selbe Forderung oder über dasselbe Vonrecht mehrere getrennte
LiquidatieMproaesse' anhängig geworden, M kai» das in einem
dieser Prozesse ergangene Urteil ia den anderen Prozesaen als res
iudicata verwertet werden.
b) Gegenüber dem GemeiaficbniMiiier hat bloG» dasfieuige Ur-
teil, welches die Feststellung einer von dem Gemeinselittldnefr
nieht bestrittenen Forderung ausspricht^ Reclidlskraftwiikufig (arg.
§ 164 Abs. 3, IH 20« Abs. 2 K.&.; vgl. a. § 122 Ab». &, 141 Satz 8
GenGes. Redakt. v. 1898). Das Urteil, das ein« yom Gemeinsekuldner
be&trittene Forderung ifeststellt, hat gegen ihn keine Wirkung.
Das Urteil, das einen Widerspruch gegen eine von d«B Ge*
meinschuldner nicht bestrittene Förderung für begründet erklirt,
hat eine Reflexwirkung zu Gunsten des Gemeinschuldnevs, insofern
es verhindert, dafs der Liquidant nach der Aufhebung des Kon-
kurses aus der Konkurstabelle einen gegen den Gemeinschuldner
vollstreckbaren Titel für seine Forderung entnehmen kann.
3. Über die Kosten des Liquidationsprozesses ist nach den
allgemeinen Grundsätzen (§§ 91 ff. C.Pr.O.) zu entscheiden.
Unterliegt der Opponent, so hat er die Kosten des Rechts-
streits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten
zu erstatten. Ist der Konkursverwalter als Opponent zur Tragung
der Kosten verurteilt, so ist der Kostenerstattungsanspruch des
Gegners Masseanspruch (§ 59 Nr. 1). Ist ein einzelner Gläubiger
als Opponent zur Tragung der Kosten verurteilt, so bleiben ihm
die Kosten zur Last.
^ Darüber, ob die res iudicata von Amtswegen oder nur auf Antrag su
berficksichtigen sei, s. 0. Bülow im Arch. f. civ. Pr. LXXXIII S. Iff. und
A. Pernice in der Ztschr. d. Say.Stift. XIX, roman. Abt., S. 144 ff.
278 Sechstes Hauptstück.
Siegt der Verwalter als Opponent , so steht der Kosten-
erstattungsanspruch gegen den in die Kosten verurteilten Liqui-
danten der Gläubigerschaft zu. Siegt ein einzelner Gläubiger als
Opponent, so steht der Kostenerstattungsanspruch gegen den zur
Tragung der Kosten verurteilten Liquidanten dem siegreichen Gläu-
biger persönlich zu. Daneben hat aber ein solcher Gläubiger auch
einen Anspruch gegen die Gläubigerschaft auf Ersatz seiner Prozefs-
kosten, soweit der Gläubigerschaft durch das Urteil ein Vorteil
erwachsen ist (§ 147 Satz 2). Der Vorteil, welcher der Gläubiger-
schaft aus der Abweisung einer Forderung erwachsen ist, ist gleich
der Konkursdividende, die auf die abgewiesene Forderung ent-
fallen sein würde, wenn sie nicht abgewiesen worden wäre. Der
Vorteil, welcher der Gläubigerschaft aus der Aberkennung eines
Vorrechts erwächst, ist gleich der Differenz zwischen dem Betrage,
welchen der betreffende Gläubiger als bevorrechtigter Gläubiger
erhalten hätte, und dem Betrage, den er als nicht bevorrechtigter
oder als minder bevorrechtigter Gläubiger erhält. Der Anspruch
des einzelnen Gläubigers auf Ersatz seiner Kosten aus der Masse
ist Masseanspruch im Sinne des § 59 Nr. 3. Soweit die Gläubiger-
schaft dem einzelnen Gläubiger seine Kosten ersetzt, kann sie ver-
verlangen, dafs dieser ihr seinen Erstattungsanspruch gegen den
Liquidanten abtritt; denn insoweit bildet dieser Erstattungs-
anspruch eine ungerechtfertigte Bereicherung des von der
Gläubigerschaft befriedigten Einzelgläubigers auf Kosten der
Gläubigerschaft.
Siebentes Hauptstück.
Die Yerwaltimg und Yerwertimg der Konkursmasse«
§ 45.
I. Allgemeines.
Der Konkursverwalter hat dasjenige Vermögen , welches
Konkursmasse ist, zu verwalten und zu verwerten. Was Konkurs-
masse ist bestimmt, das Gesetz, nicht der Verwalter. Dieser kann
weder ein zur Konkursmasse gehörendes Vermögenststück seiner
Eigenschaft als Bestandteil der Masse entkleiden, noch einem Gegen-
stand, der nicht zur Masse gehört, die Eigenschaft eines Masse-
bestandteils verleihen.
Wohl aber kann es vorkommen, dafs der Verwalter einen
Gegenstand, der de jure zur Masse gehört, de facto nicht zur
Masse heranzieht, sei es, dafs er die Existenz des Gegenstandes
nicht kennt oder dafs er ihn nicht für einen Massebestandteil er-
achtet oder dafs er die Heranziehung des betreffenden Gegen-
standes pflichtwidrig unterläfst. Umgekehrt ist es möglich, dafs
der Konkursverwalter einen Gegenstand de facto als Bestandteil
der Konkursmasse behandelt, der de jure nicht zur Konkursmasse
gehört.
Zur Korrektur eines solchen dem Gesetze nicht entsprechenden
Verhaltens des Konkursverwalters giebt es Mittel und Wege.
Zieht der Verwalter einen de jure zur Masse gehörenden
Gegenstand de facto nicht zur Masse heran, so kann jedes Mit-
glied des Gläubigerausschusses und jeder Konkursgläubiger, der
280 Siebentes Hauptstück.
seine Forderung angemeldet hat ^ abgesehen von aufsergerichtlicher
Einwirkung auf den Verwalter, nach Analogie des § 766 G.Pr.O.
bei dem Eonkursgerichte beantragen, dafs es darüber entscheide,
ob der Verwalter den betreffenden Gegenstand zur Masse heran-
zuziehen habe. Auch als die Behörde, welcher die Aufsicht über
den Eonkursverwalter zusteht (§ 83), kann das Eonkursgericht um
Abhilfe angegangen werden. Ist das Eonkursgericht der An-
sicht, dafs der betreffende Gegenstand zur Masse gehört und dafs
er zur Masse heranzuziehen sei, so kann es den Verwalter an-
weisen, dies zu thun, und ihn durch Ordnungsstrafe (§ 84) dazu
anhalten.
Alle diese Schritte sind auch noch möglich, nachdem das
Konkursverfahren auf Grund der ScUufsverteihmg aufgehoben ist,
wenn nachträglich Gegenstände ermittelt werden, die zur Eonkurs-
masse gehören (arg. § 166 Abs. 2).
Bezieht der Verwalter einen de jure nicht zur Masse ge-
hörenden Gegenstand de facto in die Masse ein, so sind zwei Fälle
zu unterscheiden:
a) Der Gegenstand gehört zwar dem Gemeinschuldner, aber
er gehört deswegen nicht zur Eonkursmasse, weil er nicht der
Zwangsvollstreckung unterliegt oder weil er erst nach der Eonkurs-
eröffnung erworben wurde; dann kann der Gemeinschuldner nach
Analogie des § 766 G.Pr.O. bei dem Eonkursgericht Einwendungen
gegen die Einbeziehung des betreffenden Gegenstandes in die
Masse erheben und auf diese Weise eine gerichtliche, mit sofortiger
Beschwerde anfechtbare Entscheidung über die Zugehörigkeit zur
Masse herbeiführen '. Hat der Verwalter, entgegen der Vorschrift
1 Vor der Anmeldung kann ein Eonkuragl&abiger bei dem Konkurs-
gerichte der Antrag nicht stellen, weil er sich erst durch die Anmeldung an
dem Verfahren beteiligt.
' Zur Klage gegen den Verwalter auf Freigabe cks betreffenden Q«gen-
Standes aua der Masse ist der GemeiiwehuldBer ebeneowenig belogt, als bei
der Specialezekution der Schuldner gegen den Gläubiger klagen kann» w^an
dieser einen nicht pfändbaren Gegenstand pfänden liefs. In beiden F&Uan ist
der in § 766 (früher 685) C.Pr.0. eröffnete Weg der einzige, auf dem der
Exequendos sieh gegen ^e Übetgpriflfe des Ezeqnierenden wehren kann.
Während das Beicbsgericht bei der SpectalexektttioB diesen Stand|p«nkt stets
festgehalten hat — vgl. Beitr. z. Erl. d. D.R XXVHI S. 1164. Entsch. XVI
S. 848, J.W.Schr. 1889 8. 515, J.W.Schr. 1897 S. 606 — , hat es ihn bei der
kenkuvBBiärsigen Zwangsvollstreokung verlassen. Der Beschl. d. m. CS. v.
19i Mai 1896 Entsek XXXVII Nr. 115 S.SSBff. Tenagi de« GeaeiMKholdiier
§45. Die Verwaltung n. Yerwertimg der Konknrsmasee. I. Allgemeinee. 281
des § 861 Abs. 1 Satz 1 C.Pr.0., das Recht, welehes bei dem
Güterstande der Yenraltung und Nutzniefsung dem Ehemann an
dem eingebrachten Gute zusteht, oder die nach § 861 Abs. 1 Satz 2
CPnO. der PfiLndung entzogenen Früchte des eingebrachten Gutes
zur Masse einbezogen, so steht nicht bloifs dem Gemeinscbuldner,
sondern auch seiner Ehefrau die Befugnis zu, Einwendungen bei
dem Kollkursgericht nach Analogie des § 766 CPr.O. zu erheben
(arg. § 861 Abs. 2 G.Pr.0.). Die entspreehende Befugnis steht
dem Kinde zu (arg. § 862 Abs. 3 C.Pr.O.), wenn der Konkurs-
verwalter, entgegen den Vorschriften des § 862 C.Pr.0., das Recht,
welches dem Vater oder der Mutter kraft der elterlichen Nutz-
niefsung an dem Vermögen des Kindes zusteht oder die Ansprache
aus §§ 1655, 1656 B.G.B. vor der Fälligkeit oder die nach § 862
Abs. 2 der Pfändung entzogenen Frttehte des Kindesrermögens zur
Konkursmasse heranzieht.
b) Der Gegenstand gehört nicht zum Vermögen des Ge-
meinschuldners; dann kann derjenige, zu dessen Vermögen der
Gegenstand gehört, die Aussonderung von dem Verwalter be-
anspruchen und diesen Anspruch durch Klage geltend machen*.
Der Gemeinschuldner kann gegen die Einbeziehung eines solchen
Gegenstandes in die Konkursmasse so wenig reagieren, als bei der
Specialexekution der Schuldner befugt ist, gegen Pfändung etc.
eines Gegenstandes zu protestieren, der einem Dritten gehört.
Unterbleibt die Reaktion gegen das unrichtige Verhalten des
Konkursverwalters, so kann dieses Verbalten allerdings dazu
führen, dafs entgegen dem Gesetz ein zur Konkursmasse ge-
hörender Gegenstand nicht zu Gunsten der Gläubiger verwertet
wird, und umgekehrt, dafs ein Gegenstand, der nicht zur Konkurs-
masse gehört, gleichwohl als Konkursmasse behandelt wird. Das
sind Unebenheiten, wie sie sich bei jeder Rechtseinriehtung daraus
die Befugnis, gegen Übergriffe des Konkarsyerwalters £iswendangen nack
§ 766 (früher 685) C.Pr.0. zu erheben, wenn der Verwalter ohne Mitwirkung
des Gerichtsvollziehers Sachen, die nach der Behauptung des Gemein-
scfauldners zum konkursfreien Vermögen des Oemeinschuldners gehören, in
Besitz genommen hat, und verweist den Gemeinschulder in diesem Fall auf
den Weg der Klage gegen den Verwalter. Der Grund, dafs die Handlungen
des Verwalters keine Voilstreckungs-, sondern Verwaltungshandlungen seien,
dfirfke auf einem Irrtum beruhen. Solehe Verwaltungshandlongen des Ver-
walters kommen vielmehr als Vollstred^ungshandlungen in Betracht
» VgL oben S. 89, 90.
282 Siebentes Hauptstück.
ergeben können , dafs diejenigen, welche zur Handhabung und
Durchführung des Gesetzes berufen sind , keine Unfehlbarkeit be-
sitzen. Aber solche Erscheinungen rechtfertigen es nicht, die auf
Ermittelung und Ergreifung der Massebestandteile bezügliche, sich
aus Handlungen und Unterlassungen zusammensetzende Verwalter-
thätigkeit (die sog. Massekonstituierung) als einen rechtlichen Vor-
gang zu betrachten, der imstande wäre, eine von der gesetzlich
gewollten Eonkursmasse verschiedene Konkursmasse zu schaffen^.
§46.!
IL Die Yerwaltung der Hasse durch den Eonkarsrerwalter.
1. Der Verwalter ist zu allen Verwaltungshandlungen legitimiert,
die zur Erreichung des Konkurszwecks, d. i. zur gemeinschaft^
liehen Befriedigung der Konkursgläubiger aus der Konkursmasse,
dienlich sind. Welche Thätigkeit der Verwalter zu diesem Zwecke
zu entfalten hat, läfst sich nicht in allen Einzelheiten darstellen,
da sich seine Thätigkeit je nach den verschiedenen Bestandteilen
der Masse verschieden gestaltet. Nur gewisse Befugnisse und
Pflichten können hervorgehoben werden.
a) Der Verwalter hat sofort nach der Eröffnung des Konkurs-
verfahrens das gesamte zur Konkursmasse gehörende Vermögen
des Gemeinschuldners in Besitz und Verwaltung zu nehmen (§ 117).
Der Besitz der zu diesem Vermögen gehörenden Sachen geht
nicht etwa kraft Gesetzes auf den Verwalter über, sondern mufs
^ Die im Text enthaltenen Negativen richten sich gegen die Be-
wertung der von Oetker, Das Verfolgungsrecht S. 81 zuerst aufgesteUten,
dann in den konkursrechtlichen Grundbegriffen I S. 4 ff., 8, 9, 10 ff. und in
Ztschr. f. d. C.Pr. XXV S. Iff. wiederholten Unterscheidung zwischen der
„Sollmasse", d. i. der Masse wie sie nach dem Gesetze sein soll, und der
„Istmasse", d. i. der Masse, wie sie sich im konkreten Falle zufolge des Ver-
haltens des Konkursverwalters gestaltet. Gewifs kann eine Differenz zwischen
der „Sollmasse" und der „Istmasse" vorkommen; aber die Behauptung, dafs
die Feststellung des Begriffs der „Istmasse" gegenüber der „Sollmasse" zu
den wichtigsten Aufgaben der konkursrechtlichen Doktrin gehöre (Ztschr.
f. d. C.Pr. XXV S. 3), dürfte ebensowenig richtig sein, wie die andere, dafs
die sog. Massekonstituierung stärkere als blofs thatsftchliche Bedeutung habe
(Grundbegr. I S. 12). Wenn der Gerichtsvollzieher das Buch des A, das
dieser seinem Freunde B geliehen hat, bei diesem als dem Schuldner pf&ndet
und versteigert, ohne dafs A dazwischen tritt, so erhält der Gläubiger den
Erlös und der gutgläubige Erwerber wird Eigentümer (§ 932, 938, 1242 bis
i
§ 46. II. Die Verwaltung der Masse durch den Konkursverwalter. 283
von dem Verwalter durch die Erlangung der thatsÄchlichen Ge-
walt über die Sache nach den Regeln des § 854 B.G.B. erworben
werden.
Widerstand des Gemeinschuldners gegen die Besitzergreifung
kann der Verwalter durch Zuziehung des Gerichtsvollziehers
überwinden (arg. §§ 883, 885 C.Pr.O.). Vollstreckungstitel ist der
Konkurseröffiuungsbeschlufs ^ Von Sachen, die sich im Besitz eines
Anderen als des Gemeinschuldners befinden, kann der Verwalter
nur Besitz ergreifen, wenn der Andere zur Herausgabe bereit ist
(arg. § 809 C.Pr.O.) ; ist der Andere nicht zur Herausgabe bereit,
so kann der Verwalter nur den Anspruch des Gemeinschuldners auf
Herausgabe gegen den Besitzer durch Klage geltend machen'.
Die Sachen, von denen der Verwalter Besitz ergriffen hat,
befinden sich im Besitze der Gläubigerschaft. Diese übt den ihr
kraft des Pfandrechts an den Massebestandteilen gebührenden
Besitz durch den Verwalter aus. Die Gläubigerschaft ist un-
mittelbare Besitzerin. Der Gemeinschuldner ist mittelbarer Be-
sitzer im Sinne des § 868 B.G.B. Auch das kann vorkommen,
dafs der Verwalter den unmittelbaren Besitz einer Sache dem
Gemeinschuldner überläfst, z. B. zur leihweisen Benutzung; dann
hat der Gemeinschuldner den unmittelbaren und die Gläubiger-
schaft den mittelbaren Besitz.
Soweit die Gläubigerschaft unmittelbar besitzt , darf sie sich
durch den Verwalter verbotener Eigenmacht (vgl. § 858 B.G.B.)
nach Mafsgabe des § 859 B.G.B. mit Gewalt erwehren.
Wird in Ansehung eines Gegenstandes, an dem die Gläubiger-
schaft durch den Verwalter (unmittelbaren oder mittelbaren) Besitz
erlangt hatte, gegen den Besitzer verbotene Eigenmacht durch
Entziehung oder durch Störung des Besitzes verübt, so stehen der
Gläubigerschaft die in den §§ 861, 862 B.G.B. bezeichneten An-
sprüche auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung
der Störung zu. Der Gemeinschuldner kann als mittelbarer Be-
sitzer diese Ansprüche gleichfalls geltend machen (arg. § 869
1244 B.G.B); aber deswegen kann man doch nicht dem (unrechtmässigen)
Pf&ndnngsakte des Gerichtsvollzieher die Bedeutung beilegen, dafs er das
Buch als Vermögen des B „konstituierte^.
^ Vgl. Mot. S. 840. Nach den Motiven ist dem Gerichtsvollzieher eine
vollstreckbare Ausfertigung des Eröfinungsbeschlusses zu behändigen. Sollte
nicht die dem Konkursverwalter erteilte urkundliche Legitimation (§ 81 Abs. 2)
als Nachweis der Konkurseröffnung genügen?
« Vgl. Mot. S. 342.
284 Siebesies Hauptat&ßk.
Satz 1 B.6.B0. Im Falle der Entziehung des Besitzes (§ 8&1
B.GJä.) kann der GiemeiuBchuldner als mittelbarer Beaitzer nicht
verlangen, dafs die Sache an ihn selbst, sondern nur, dafs sie aa
den Verwalter als das Organ der Gläubigersehaft herausgegeben
werde; nur wenn der Verwalter den Besitz nicht wieder über-
nehmen wiU^, kann der Gemeinsehiddner verlangen, da& iha
selbst der Besitz eingeräumt wird (arg. § 869 Satz 2 B.6.B0-
Bei Unterlassung der sofortigen Besitzergreifung wird der
Verwalter sowohl der Gläubigersehaft, als den einzelnen Konkurs-
gläubigem haftbar fttr den daraus entstehenden Sdkaden^
Sachen, die nidit zur Konkursmasse gehören, soll der Konkurs-
verwalter nicht in Besitz nehmen. Er ist insbesondere weder be-
rechtigt noch verpflichtet, Sachen, die sich im Besitz des Gemein-
schuldners befinden, aber einem Anderen gehören, im Interesse
des Anderen zu verwahren, auch wenn der Gemeinsehuldner dazu
verpflichtet ist ; denn er ist Organ der Gläubigerschaft, nicht Ver-
treter des Gemeinschuldners.
b) Der Verwalter hat die einzelnen zur Konkursmasse ge-
hörenden Gegenstände (Sachen und Rechte) unter Angabe ihres
Wertes aufzuzeichnen (§ 123 Abs. 1 Satz 1). In dieses Verzeichnis
sind auch die Sachen aufzunehmen, welche sich im Besitz anderer
Personen befinden, desgleichen Gegenstände, an denen ein Ab-
sonderungsrecht besteht. Nicht Gegenstände, die nach der Ansicht
des Verwalters unzweifelhaft auszusondern sind, wohl aber solche,
über deren Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zur Masse der
Verwalter noch im unklaren ist.
Der Wert ist erforderlichenfalls durch Sachverständige zu er-
mitteln (§ 128 Abs. 1 Satz 2). Die Zuziehung von Sachverständigen
ist entbehrlich, wenn der Verwalter den Wert selbst zu schätzen
imstande ist, femer wenn der Gegenstand einen Markt- oder Börsen-
preis hat. Die Frage, ob eine Wertsermittelung durch Sach-
verständige nötig ist, unterliegt überhaupt dem Ermessen des Ver-
walters'. Ihm steht auch die Wahl der Sachverständigen zu.
Bei der Aufzeichnung ist eine obrigkeitliche oder eine Urkunds-
person zuzuziehen (§ 123 Abs. 1 Satz 3). Welche Personen den
^ Darin kann ein Verzicht auf die Einbeziehung der betreffenden Saehe
in die Konkursmasse liegen*
* Vgl. oben S. 161.
» Vgl. die Mot 8. 344, 345.
§ 46. II. Die Verwaltung der Masse dnrefa den Konkursverwalter. 28S
Charakter einer obrigkeitlidten oder einer Urkundsperson haben, foe-
mifst sich nach dem Reichs- und den Landesgesetzen ^. Die Landes-
geeetEe können a^ch bestinmen, wetcbe obrigkeitliche oder Urkunds-
person eu der Aufzeichnung zuzuziehen isf^.
Der Gremeinschuldner ist zuzuziehen, wenn er ohne Aufschub
zu erlangen ist (§ 123 Abs. 1 Satz 4).
Die Aufzeichnung kann unterbleiben oder ohne Zuziehung
einer obrigkeitlichen oder einer Urkundsperson erfolgen, wenn das
Gericht dies gestatte*. Der Beschlufs, der es gestattet, mufs von
dem Verwalter und wenn ein Grl&ubigerausschufs bestellt ist, von
dem Verwalter und dem Ausschusse gemeinsam beantragt werden.
Andere Beteiligte sind nicht zur Stellung des Antrags befugt. Das
Gericht mufs nicht dem Antrage stattgeben. Es hat zu erwägen,
ob dies zweckmäfsig ist. Die den Antrag zurückweisende Ent-
scheidung kann von dem Antragsteller, die dem Antrage statt-
gebende Entscheidung kann von jedem Beteiligten (dem Gemein-
schuldner und jedem konkurrierenden Gläubiger) mit sofortiger Be-
schwerde angefochten werden ®. Aus der Zulässigkeit der sofortigen
Beschwerde ist zu folgern, dafs die Entscheidung den Beschwerde-
berechtigten zuzustellen ist, wenn auch nur durch öffentliche Be-
kanntmachung.
c) Der Verwalter hat ein Inventar und eine Bilanz an-
zufertigen (§ 124 Satz 1). Von der in § 123 vorgeschriebenen
Aufzeichnung unterscheidet sich das Inventar dadurch, dafs
es systematisch, d. i. unter Scheidung der verschiedenen Ver-
mögensgruppen — unbewegliche Sachen, bewegliche Sachen (da-
rtniter etwa wieder gesondert : Bargeld, Wertpapiere, Waren, Haus-
einrichtung, Ladeneinrichtung etc. etc.); Forderungen, sonstige
Rechte — anzulegen ist und dafs in das Inventar auch die
Passiven aufzunehmen sind. In der Bilanz® ist einerseits der
* Dafs Notare den Charakter von Urkundspersonen haben, ist jetzt durch
die Eahlreicben Besthnmiragen des B.G.B., in denen die gerichtliche und die
notarielle Beurkundung einander gleichgestellt sind, reichsgesetzlich anerkannt.
Im übrigen bestimmt das Landesrecht, welche Personen als obrigkeitliche oder
Urkundspersonen zu erachten sind. Vgl. K.Pr. S. 84.
' Landesgesetzliche Vorschriften s. preufs. A.G-. z. G.V.G. §§ 70, 74;
bayer. A.G. z. G.V.G. Art. 63 Abs. 2, 66 Nr. 2; hess. A.G. z. G.V.G. §§ 27,
30; elB.-lothr. A.G. z. G.V.G. § 80.
« A.M.: Oetker, Grundbegr. I S. 97 mit S. 104.
* Über den Begriff der Bilanz sieh § 39 Abs. 1 und § 40 H.G.B. Danach
ist die Bilanz ein das Verh<nis des Vermögens und der Schulden darstellender
286 Siebentes Hauptstück.
Gesamtbestand der Aktiva in entsprechenden Gruppen, anderer-
seits der Gesamtbetrag der Passiva unter Ausscheidung der Masse-
schulden, der Absonderungsansprüche, der bevorrechtigten und der
nichtbevorrechtigten Konkursforderungen (im Nachlafskonkurs
auch der zurückgesetzten Forderungen) , zusammenzustellen.
Zweifelhafte Aktiva und Passiva sind nach freier Schätzung ein-
zusetzen.
Der Verwalter hat eine von ihm gezeichnete Abschrift des
Inventars und der Bilanz auf der Gerichtsschreiberei zur Einsicht
der Beteiligten (Gemeinschuldner, Gläubigerausschufs , Konkurs-
glftubiger, Absonderungsberechtigten) niederzulegen (§ 124 Satz 2).
Jeder Beteiligte kann sich auf seine Kosten eine Abschrift geben
lassen (arg, § 299 Abs. 1 C.Pr.O.)^^
2. Zur Unterstützung der Verwaltungsthatigkeit
des Konkursverwalters dienen:
a) Der offene Arrest (§ 118). Mit der Konkurseröffnung soll
öffentlich bekannt gemacht werden (§ 111), dafs alle Personen,
welche eine zur Konkursmasse gehörende Sache in Besitz haben,
oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, nichts an den Gemein-
Bchuldner verabfolgen oder leisten dürfen; auch wird denjenigen,
welche eine zur Masse gehörende Sache in Besitz haben, die Ver-
pflichtung auferlegt, von dem Besitze der Sache und von den For-
derungen, für die sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung
beanspruchen, dem Konkursverwalter innerhalb einer von dem
Konkursgerichte bestimmten Frist Anzeige zu machen.
Der offene Arrest ist nicht wesentlich in dem Sinne, dafs von
seiner Bekanntmachung die Beschlagnahme der im Besitz
anderer befindlichen Sachen oder der Aufsenstände des Gemein-
schuldners abhinge. Vielmehr ist die Beschlagnahme auch dieser
Gegenstände durch den Eröffhungbeschlufs erfolgt und daher von
der Veröffentlichung des offenen Arrestes unabhängig. Der offene
Arrest ist eine Deklaration der in dem Konkurseröflfnungsbeschlufs
enthaltenen Beschlagnahme, über deren Bedeutung die bezeichneten
Personen belehrt werden, damit sie nicht aus Rechtsirrtum an den
Abschlufs. Die Vorschriften des § 261 H.G.B. über die Bilanzierang des Ver-
mögens einer Aktiengesellschaft kommen im Konkurs über das Vermögen
einer solchen Gesellschaft zur entsprechenden Anwendung.
10 A.M. die Mot. S. 346. Aber § 124 Satz 2 K.O. schliefst die durch
§ 72 K.O. gebotene Anwendung des § 299 C.Pr.O. nicht aus.
§ 46. n. Die Verwaltung der Masse durch den Konkursverwalter. 287
Gemeinschuldner leisten. Wenn der offene Arrest aus Versehen
unterbleibt, so dürfen gleichwohl die zur Konkursmasse gehörenden
Sachen nicht an den Gemeinschuldner verabfolgt und Zahlungen
auf die zur Konkursmasse gehörenden Forderungen nicht an den
Gemeinschuldner geleistet werden".
Nur in der Beziehung hat der offene Arrest konstitutive Be-
deutung, dafs er jeden Besitzer" einer zur Konkursmasse ge-
hörenden Sache ^* zu der bezeichneten Anzeige verpflichtet. Diese
Verpflichtung besteht nicht, solange kein offener Arrest erlassen
ist. Sie wird erst durch dessen Veröffentlichung begründet.
Ist diese Verpflichtung in dem offenen Arrest öffentlich be-
kannt gemacht, so haftet der Besitzer einer zur Konkursmasse
gehörenden Sache, wenn er die Anzeige an den Konkursverwalter
innerhalb der bestimmten Frist zu machen unterläfst, für allen
aus der Unterlassung oder Verzögerung der Anzeige entstehenden
Schaden (§ 119).
Der Anspruch auf Schadensersatz steht der Gläubigerschaft
zu und ist von dem Verwalter geltend zu machen. Die einzelnen
Gläubiger haben auch nach Beendigung des Konkurses keinen An-
spruch auf Schadensersatz. Ist der Konkurs durch Schlufs-
verteilung beendigt , so bleibt der Verwalter wie zur Verwertung
eines nachträglich ermittelten Vermögensstticks so auch zur Bei-
treibung des aus Anlafs einer solchen Ermittlung aufgedeckten
Ersatzanspruchs legitimiert; was er beitreibt, ist ebenso wie der
Erlös aus dem nachträglich ermittelten Vermögensstücke durch
Nachtrags Verteilung den Konkursgläubigem zuzuwenden (arg. § 166
Abs. 2).
" Vgl. oben S. 172 Abs. 6.
'' Die Anzeigepflicht besteht nur für den unmittelbaren, nicht für den
mittelbaren Besitzer. Sie hängt nicht etwa davon ab, dafs ein Absonderungs-
-anspruch geltend gemacht wird, sondern besteht auch für den Besitzer, der
keinen solchen Anspruch hat; also z. B. auch für den Mieter, Pächter etc.
Nach dem Entw. e. K.O. § 108 Abs. 2 waren privilegierte Pfandanstalten
ausgenommen. Die Ausnahme wurde vom Reichstage beseitigt, vgl. K.Pr.
S. 79 f.
Auf Post- und Transportanstalten, die Sachen an den Gemeinschuldner
abzuliefern haben, bezieht sich die Verpflichtung nicht, wenn der Gemein-
schuldner erst durch die Ablieferung das Eigentum erwirbt. Solche Sachen
gehören nämlich vor der Ablieferung nicht dem G^meinschuldner und daher
auch nicht zur Konkursmasse, auch wenn der Anspruch auf Ablieferung zur
Masse gehört.
1« Auch Wertpapiere, Wechsel, Urkunden aller Art.
288 Siebentes Eftnptotdck.
Der Schaden wird hauptsächlich in den besonderen Kosten
entstehen, die dardi die Verzögerung der Verwertung oder durch
eine Nachtragsverteilung (§ 166 Abs. 2) entstehen. Ferner kann
eine Wertminderung durch die Verzögerung herbeigeführt werdea^
z. B. wenn der Markt- oder Börsenpreis der betreffenden Waren
oder Wertpapiere gesunken ist. Auch das ist denkbar, dars die
Sache zufolge der Verzögerung der Anzeige der Eonkursmasse
entgeht. Die Ersatzpflicht umfafst auch diese Arten von Schädi-
gung. Für die Bemessung des Schadens kommt im Prozesse der
§ 287 CPr.O. in Betracht.
Nicht zweifellos ist, ob die Verpflichtung zum Schadensersatze
durch die Kenntnis des offenen Arrestes bedingt ist. Da in der
Regel eine Ersatzpflicht nur aus schuldhaftem Verhalten entspringt
and aus dem Gesetze nicht ersichtlich ist, dafs man von dieser
Regel abweichen wollte, so wird man annehmen müssen, dafs nur
derjenige Besitzer, welcher den offenen Arrest gekannt hat, zum
Schaden sersatze verpflichtet ist^^. Das Gesetz stellt auch keine
Vermutung auf, dafs der Besitzer den offenen Arrest gekannt
habe". Der Verwalter mufs also, wenn es wegen des Ersatz-
anspruchs zum Prozesse kommt, behaupten und beweisen, dafs der
Beklagte die Bekanntmachung gekannt habe. Allerdings kann das
Gericht vermöge der freien Beweiswürdigung daraus, dafs der Be-
klagte an dem Orte wohnt, wo die Bekanntmachung erfolgt ist,
genügenden Beweis für seine Kenntnis entnehmen, wenn der Be-
klagte nicht besondere Umstände (z. B. Krankheit) nachweist^
die gegen diese Folgerung sprechen; aber, dafs der Beklagte
grundsätzlich seine Unkenntnis beweisen müfste, ist aus dem
Gesetze nicht zu entnehmen".
>^ Die preufs. K.O. v. 1855 § 147 dioht dem Besitz«, der die Aaseige
nicht rechtzeitig leistet, in Ennangeiung genügender Entschuldigung deo
Verlust aUer Rechte an, welche ihm an der Sache zustehen. Danach war
derjenige, welcher den offenen Airest nicht kannte, gegen die (allerdings
schärfere) Folge seiner Unterlassung geschützt. Aus den Hot S. 842 ist er-
sichtlich, dafs man die Schärfe des preufs. Gesetzes mildem wollte. Eine von
der Kenntnis des offenen Arrestes unabhängige Ersat^flicht wäre aber eine
Verschärfung nach anderer Sichtung.
^* Eine derartige Vermutung für einen specieUen Fall enthält § 8 Abs. 3.
i< A.M.: y. Wilmowski § 109 N. 1, Petersen u. Kieinfeller § 10»
N. 3, die von dem Beklagten stets den Beweis der Unkemtnis yerlangen.
— Dagegen behaupten y. Sarwey u. Bossert § 109 N. 1, dafs auch der
Beweis der Unkenntnis nicht yon der Ersatzpflieht befreie.
§ 46. IL Die Verwaltoog €l«r Masse duiek den Konkursverwalter. 289
Kerne Ersatzpflieht trifft denjenigen Besitzer, welcher nicht
wurste, d&fs die Sache dem Gemeinschnldner gehört^''.
Wenn der Verwalter wufste , dafs sich die Sache im Besitze
des Anderen befindet, kann von einer Schädigung der Gläubiger-
sehaft durch Unterlassung der Anzeige des Besitzes nicht die
Rede sein.
b) Die Vorzeigepflicht der absonderungsberech-
tigten Besitzer (§ 1^). Der Besitzer einer Sache, der daraus
abgesonderte Befriedigung fttr eine Forderung beansprucht, hat dem
Verwalter nicht blofs den Besitz anzuzeigen, sondern ihm auch auf
Verlangen die Sache zur Ansicht vorzuzeigen und deren Ab-
schätzung zu gestatten.
Diese Verpflichtung besteht kraft des Gesetzes, unabhängig von
der Erlassung des offenen Arrestes. Sie bezieht sich auf beweg-
liche und unbewegliche Sachen. Eine Transportpflicht hat der
Besitzer nicht; der Verwalter und seine Schätzleute müssen die
Sache aufsuchen, wo sie ist.
Die in § 120 K.O. ausgesprochene Verpflichtung trifft mit der
sich aus § 809 B.G.B. ergebenden Vorzeigepflicht zusammen^®.
Der Anspruch auf Vorzeigung steht dem Verwalter als dem
Vertreter der Gläubigerschaft, nicht den einzelnen Konkurs-
gläubigern, zu.
Der Verwalter kann den Anspruch nötigenfalls im ordent-
lichen Prozesse durch Klage verfolgen.
c) Die Aushändigung der Postsendungen und
l^elegramme (§ 121). Die Konkurseröffnung selbst ändert an
(1er Verpflichtung der Post- und Telegraphenanstalten, dem Gemein-
schuldner die an ihn adressierten Sendungen und Telegramme aus-
zuhändigen, nichts. Das Konkursgericht kann aber nach der Eröfhung
des Konkurses von Amtswegen oder auf Anregung des Verwalters
anordnen, dafs die Post- und Telegraphenanstalten ^® alle für den
Gemeinschuldner bestimmten, d. h. an ihn adressierten '^ Sendungen,
^^ Dies kann insbesondere bei Pfandleihanstalten vorkommen; vgl.
KPr. S. 79.
iB Daher hätte der § 120 K.O. gestrichen werden können.
^* Gedacht hat man bei der Erlassung der K.O. v. 1877 nur an die staat-
lichen Post- und Telegraphenanstalten. Die Anordnung kann aber wohl auch
gegenüber einer Privatpostanstalt getroffen werden.
*^ Sendungen, die an andere Personen adressiert sind, werden nicht
von der Anordnung getroffen, auch wenn die andere Person sich verpflichtet
hat, sie dem Gemeinschuldner auszuliefern. Gehört der Anspruch des Gemein-
Binding, Handbuch IX 8: L. Seuffert, Konkursprozebreoht. 19
290 Siebentes Hauptatück.
Briefe und Depeschen dem Konkursverwalter auszuhändigen haben '^
Die Anordnung gilt, wenn nichts Anderes darin gesagt ist, für die
ganze Dauer des Konkursverfahrens. Die Anordnung ist der
Post- und Telegraphenanstalt und dem Verwalter von dem Ge-
richte mitzuteilen. Die öffentlichen Post- und Telegraphenanstalten
sind kraft ihrer Amtspflicht zur Befolgung der Anordnung ver-
bunden (vgl. § 5 Satz 2 des Postges. v. 28. Okt. 1871)".
Der Verwalter ist zur Eröffnung der ihm ausgehändigten Sen-
dungen, Briefe und Depeschen berechtigt (vgl. § 299 Str.G.B.), er
braucht den Gemeinschuldner nicht zur Eröffnung beizuziehen.
Der Gemeinschuldner kann die Einsicht der Sendungen etc.
und, wenn ihr Inhalt die Masse nicht betrifft, deren Heraus-
gabe von dem Verwalter verlangen. Entspricht der Verwalter
diesem Verlangen nicht, so kann sich der Gemeinschuldner an das
Konkursgericht als Aufsichtsbehörde (§ 83) wenden und beantragen,
dafs das Konkursgericht den Verwalter anweise, jenem Verlangen
zu entsprechen. Der Gemeinschuldner kann femer bei dem
Konkursgericht als dem Vollstreckungsgericht Einwendungen gegen
das Verfahren des Verwalters erheben (nach Analogie von § 766
C.Pr.O.) und eine mit sofortiger Beschwerde anfechtbare Ent-
scheidung des Gerichts herbeiführen. Auch ist der Verwalter per-
sönlich dem Gemeinschuldner für den Schaden haftbar, der diesem
durch pflichtwidriges Verhalten des Verwalters (Vorenthaltung der
Sendungen) zugeht (arg. § 82)^^; dieser Anspruch kann durch
Klage geltend gemacht werden. Dagegen begründet § 121 Abs. 1
Satz 3 keinen privatrechtlichen, durch Klage verfolgbaren An-
spruch des Gemeinschuldners auf Einsicht oder Herausgabe der
dem Verwalter ausgehändigten Sendungen.
Gegen den Beschlufs des Gerichts, der den Antrag des Ver-
walters auf Erlassung der Anordnung zurückweist, steht diesem die
sofortige Beschwerde zu (arg. § 73 Abs. 8).
Schuldners auf Herausgabe einer solchen Sendung zur Konkursmasse, so ist
der Adressat nach allgemeinen Grundsätzen (§ 8) verpflichtet, die Sendung
dem Verwalter herauszugeben.
*> Vgl. Code de comm. alte Fassung Art 463, neue Fassung v. 1838
Art. 471 Abs. 2; österr. K.O. § 89; Bankrupty-Act v. 1883/90 s. 26.
22 YÜT Privatpostanstalten (vgl. N. 19) besteht keine Amtspflicht zur Be-
folgung der Anordnung. Aber durch Nichtbefolgung werden sie für den
Schaden haftbar; denn die gerichtliche Anordnung begründet eine Verpflich-
tung wie eine gerichtliche Beschlagnahme.
» Vgl. K.Pr. S. 80.
§ 46. II. Die Verwaltung der Masse durch den Konkursverwalter. 291
Gegen den Besclilufs, durch den die Anordnung erlassen wird,
hat niemand das Rechtsmittel der Beschwerde. Der Verwalter nicht,
weil die Gläubigerschaft kein Interesse an der Aufhebung des Be-
schlusses hat. Der Gemeinschuldner nicht, weil ihm ein anderer
Weg zur Reaktion gegen die Anordnung eröffnet ist"*.
Der Gemeinschuldner kann nämlich bei dem Konkursgerichte
beantragen, dafs es die erlassene Anordnung aufhebe oder (auf eine
bestimmte Zeit oder auf gewisse Arten von Sendungen) beschränke.
Stellt der Gemeinschuldner einen solchen Antrag, so hat das Ge-
richt darüber zu beschliefsen. Das Gericht kann den Antrag ohne
Anhörung des Verwalters abweisen; es darf ihm nur stattgeben,
nachdem es den Verwalter geiiört hat.
Die Aufhebung oder Beschränkung ist der Post- und Telegraphen-
behörde von Amtswegen mitzuteilen.
Der Beschlufs, durch den das Gericht den Antrag des Gemein-
schuldners auf Aufhebung oder Beschränkung der Anordnung ganz
oder teilweise abweist, ist dem Antragsteller zuzustellen und kann
von diesem mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden (arg.
§ 73 Abs. 3).
Der Beschlufs, durch den das Gericht dem Antrage des
Gemeinschuldners ganz oder teilweise stattgiebt, ist sowohl dem
Gemeinschuldner als dem Verwalter zuzustellen. Der Verwalter
kann den Beschlufs durch sofortige Beschwerde anfechten.
d) Die Siegelung (§ 122 Abs. 1)*». Der Verwalter kann
zur Sicherung der zur Konkursmasse gehörenden Sachen an diese
oder an die Räume, wo sich die Sachen befinden, durch eine zur
Siegelung gesetzlich ermächtigte Person Siegel anlegen lassien,
wenn er dies nach seinem pflichtmäfsigen Ermessen für angezeigt
erachtet. Die Landesgesetze bestimmen , wer zur Siegelung er-
mächtigt und wie die Siegelung auszuführen ist**.
Die Siegelung gewährt strafrechtlichen Schutz (§ 136 Str.G.B.).
Die EntSiegelung ist Sache des Verwalters.
^ Vgl. Stieglitz § 111 N. II. A.M.: r. Wilmowski N. 1 Abs. 2,
Petersen u. Kleinfeiler § 111 N. 3, v. Sarwej u. Bessert § 111 N. 2,
Endemann S. 452. — Es widerspricht der Ökonomie des Prozefsrechts, ein
Kechtsmittel zur höheren Instanz zuzulassen, wo ein Antrag an die untere
Instanz Abhilfe schaffen kann.
» Vgl. Code de comm. art. 468 ff., bayer. Pr.O. Art. 1238, österr. K.O. § 86.
«« Vgl. preufs. A.G. z. G.V.G. §§ 70, 74, 108; bayer. A.G. z. G.V.G.
Art. 68 Abs. 2, 66 Nr. 2; württ. AG. z. K.O. Art. 6; hess. A.G. z. G.V.G.
§ 27; els.-lothr. A.G. z. G.V.G. § liO.
19*
292 Siebentefl Hanptotttck.
Über die Siegelung und über die Entsiegelung i8t ein Protokoll
zu errichten, das auf der Gerichtsschreiberei des Konkursgerichts
zur Einsicht der Beteiligten niederzulegen ist (§ 124).
Da die Siegelung und die Entsiegelung nicht auf einem
Gerichtsbeschlüsse beruht, so entfällt die Möglichkeit einer Be-
schwerde. Die Beteiligten können sich aber an das Konkursgericht
als die Aufsichtsbehörde (§ 88) wenden , um dieses zu veranlassen,
dem Verwalter in Bezug auf Aufhebung oder Vornahme einer Siege-
lung Weisungen zu erteilen.
e) Die Schliefsung der Geschäftsbücher (§ 122
Abs. 2). Die vorhandenen Geschäftsbücher des Gemeinschuldners
(nicht blofs die Handelsbücher!) sind von Amtswegen durch den
Gerichtsschreiber des Konkursgerichts oder auf Ansuchen des
Konkursgerichts durch den Gerichtsschreiber desjenigen Gerichts,
in dessen Bezirk sich die Bücher befinden, zu schliefsen. Diese
Schliefsung ist kein Bücherabschlufs im kaufmännischen Sinne,
sondern besteht in einem Vermerke, der am Ende der Eintragungen
beizusetzen ist. Dadurch sollen Veränderungen der Einträge ver-
hütet und Nachträge als solche kenntlich gemacht werden. Zu-
gleich ist der äufsere Zustand der Bücher festzustellen*^.
Die Schliefsung der Bücher ist auch wegen § 239 Abs. 1 Nr. 3, 4
und wegen § 240 Abs. 1 Nr. 3, 4 K.O. von Bedeutung.
f) Die Verpflichtung des Gemeinschuldners zur
Auskunftserteilung (§ 100) und zur Leistung des
Offenbarungseides (§ 125).
a) Der Gemeinschuldner ist verpflichtet, dem Verwalter, dem
Gläubigerausschufs und auf Anordnung des Gerichts der Gläubiger-
versammlung über alle das Verfahren betreflfenden Verhältnisse
{also nicht blofs über die Aktiva, sondern auch über die an-
gemeldeten Forderungen) Auskunft zu geben. Der Verwalter und
der Gläubigerausschufs können die Auskunft ohne weiteres ver-
langen. Die Gläubigerversammlung mufs sich an das Gericht
wenden (wozu ein Majoritätsbeschlufs erforderlich ist) und dessen
Anordnung erwirken*^. Übrigens kann das Gericht auch von
Amtswegen eine solche Anordnung treffen und folglich einer An-
regung stattgeben, die von einzelnen Gläubigern ausgeht.
^ Vgl. Mot. S. 344.
'^ Nach den Mot. S. 317 ist dies zur Niedcrhaltung leidenschaftlicher
Ausbrüche vorgesehen.
§ 46. II. Die Verwaltung der Masse durch den Konkursverwalter. 293
In der Anordnung sind die Punkte zu bestimmen, über die
der Gemeinschuldner Auskunft erteilen soll. Die Anordnung ist
dem Gemeinschuldner zuzustellen.
Gegen einen Gerichtsbeschlufs , durch den ein Antrag der
Gläubigerversammlung auf Erlassung der Anordnung abgelehnt
wird, steht dem Verwalter als dem Organe der Gläubigerschaft die
sofortige Beschwerde zu ^®. Gegen die Anordnung hat der Gemein-
schuldner die sofortige Beschwerde.
Über die Zwangsmafsregeln , durch die der Gemeinschuldner
zur Erfüllung der Auskunftspflicht angehalten werden kann s. u.
litt. h.
Zu einer Dienstleistung bei der Verwaltung ist der Gemein-
schuldner nicht verpflichtet ®^ Der Verwalter kann ihn aber durch
Vertrag dazu verpflichten.
ß) Nach Anfertigung des Inventars (§ 124) ist der Gemein-
schuldner zur Leistung des Olfenbarungseides verpflichtet. Der
Eid ist auf Grund des Inventars und der zusätzlichen Angaben des
Gemeinschuldners zu leisten. Als Eidesnorm ist die in § 807
C.Pr.O. für den Ofl*enbarungseid vorgesehene Norm mit ent-
sprechender Anpassung zu verwenden. Der Gemeinschuldner hat
nur die Vollständigkeit seiner Angaben über das Aktivvermögen
zvi beschwören, über seine Schulden hat er Auskunft zu geben
(§ 100), aber keinen Offenbarungseid zu leisten®^
Sowohl der Verwalter, wie jeder einzelne an dem Verfahren
durch ordnungsmäfsige Anmeldung beteiligte Konkursgläubiger *^
^ Die Gläubigerversammlung als solche hat kein Beschwerderecht, da
fiie nur während der Versammlung als Organ der Gläubigerschaft fungieren kann.
«> Vgl. Mot S. 318.
" A.M.: V. Wilmowski § 115 N. 1 Abs. 3.
" Vgl. V. Wilmowski § 115 N. 1 Abs. 1, Petersen u. Kleinfeiler
§§ 112 bis 115 N. V lu. A. — v. Sarweyu. Bossert §112 N. 3, Enderaann
S. 457, Kohler, Lehrb. S. 396 und Francke, Offenbarungseid, S. 17f. halten
nur denjenigen Konkursgläubiger für legitimiert (zum Verlangen des Offen-
barungseides), dessen Forderung bereits festgestellt ist. Im Gesetze steht aber
von diesem Erfordernisse nichts und aus logischen Erwägungen ergiebt es
sich auch nicht. Natürlich kann der Gemeinschuldner, der zur Leistung des
Offenbarungseides von einem Gläubiger geladen wird, dessen Forderung noch
nicht festgestellt ist, bestreiten, dafs der Ladende Konkursgläubiger sei;
•denn von dieser Eigenschaft des Ladenden hängt seine Berechtigung ab,
•den Offenbarungseid zu verlangen. Aber warum sollte der Ladende dem
Vollstreckungsgerichte seine Eigenschaft als Konkursgläubiger nicht auf
294 Siebentes Hauptstück.
(auch ein Absonderungsberechtigter, der mit dem Ausfalle Konkurs-
gläubiger ist) kann die Leistung des Offenbarungseides verlangen.
Das Verlangen erfolgt durch die Ladung des Gemeiuschuldners
vor das Amtsgericht, bei dem das Konkursverfahren anhängig ist.
Dieses Gericht fungiert in diesem Verfahren als Vollstreckungs-
gericht im Sinne des § 899 C.Pr.O.'®. Auf das Verfahren finden
die §§ 900 bis 914 C.Pr.O. entsprechende Anwendung**.
andere Weise, als mittels des Nachweises der Feststellung darthun können?
— Oetker, Grundbegr. I S. 519 meint, dafs nur derjenige Gläubiger zum
Verlangen des Offenbarungseides befugt sei, dessen angemeldete Forderung-
zulassungsfahig und zugelassen ist. Da die Zulassung erst im Prüfungs-
termin erfolgt (vgl. oben S. 255, 259, 260 und Oetker I S. 285), so könnte
auch nach dieser Ansicht kein Gläubiger den Gemeinschuldner zur Eide^
leistung laden, bevor die Prüfung seiner Forderung stattgefunden hat. Auch
gegen diese Ansicht spricht, dafs ein Nicht-Konkursgläubiger durch Bestreiten
seiner Legitimation von dem Versuche, den Offenbarungseid zu erzwingen^
abgehalten werden kann.
'* Nach den Mot. S. 346 soll das durch die Fassung „das Amtsgericht,
bei welchem das Konkursverfahren anhängig ht** zum Ausdrucke gebracht
werden. — Nach Analogie des § 479 Abs. 1 C.Pr.O. kann das bezeichnete
Amtsgericht anordnen, dafs die Eidesleistung vor einem anderen Gericht er-
folge, wenn der Schwurpflichtige am Erscheinen vor jenem Gerichte ver-
hindert ist oder sich in ^rofser Entfernung von dessen Sitz aufhält. Für die
in § 479 Abs. 2 bezeichneten Personen ist ein Termin zur Eidesleistung in
deren Wohnung anzusetzen.
'^ Derjenige, welcher den Gemeinschuldner zur Leistung des Offen-
baruugseides laden will, hat das Ladungsformular bei dem Amtsrichter ein-
zureichen (§ 900 Abs. 1 C.Pr.O.). Dieser bestimmt den Termin. Der Gerichts-
schreiber hat für die Zustellung Sorge zu tragen, sofern nicht der Gesuch-
steller erklärt hat, dies selbst thun zu wollen (arg. §§ 497, 501 C.Pr.O.). Die
Anwesenheit des Ladenden in dem Termine ist nicht erforderlich (§ 900
Abs. 2 C.Pr.O.); der Offenbarungseid ist dem Gemeiuschuldner auch in Ab-
wesenheit des Ladenden abzunehmen, es wäre denn, dafs sich ergiebt, dafs
derjenige, welcher geladen hat, nicht befugt ist, den Eid zu verlangen. Be-
streitet der Gemeinschuldner seine Verpflichtung zur Leistung des Offen-
barungseides (sei es, dafs er die Legitimation des Ladenden, sei es, dafs er
seine Eigenschaft als Gemeinschuldner oder als dessen gesetzlicher Vertreter
oder als dessen Organ, sei es, dafs er seine Verpflichtung wegen früherer Eides-
leistung oder wegen Vollstreckung der sechsmonatigen Zwangshaft in Abrede
stellt), so ist von dem Gerichte durch Besclilufs über den Widerspruch zu
entscheiden (§ 900 Abs. 2 Satz 1 C.Pr.O.). Dieser Beschlufs kann von dem-
jenigen, welcher den Gemeinschuldner zur Eidesleistung geladen hat, und
von dem Gemeinschuldner durch sofortige Beschwerde angefochten werden
(arg. § 793 C.Pr.O.). Der Beschlufs ist, auch wenn er verkündet worden ist.
§ 46. IL Die Verwaltung der Masse durch den Konkursverwalter. 295
g) Die Verpflichtung des Gemeinschuldners, sich
an seinem Wohnorte aufzuhalten (§ 101 Abs. 1). Der
Gemeinschuldner darf sich von seinem Wohnorte, d. i. von dem
den Genannten von Amtswegen zuzustellen, um die Beschwerdefrist zu er^
öffnen. Die Eidesleistung erfolgt erst nach Eintritt der Rechtskraft der Ent-
scheidung; das Gericht kann jedoch die Eidesleistung vor Eintritt der Rechts-
kraft anordnen, wenn bereits ein früherer Widerspruch (sc. gegenüber dem-
selben Ladenden I) rechtskräftig verworfen ist (§ 900 Abs. 2 Satz 2 C.Pr.O.).
— Gegen den Gemeinschuldner, welcher in dem zur Leistung des Offen-
barungseides bestimmten Termine nicht erscheint oder die Leistung des Eides
ohne Grund verweigert, hat das Gericht zur Erzwingung der Eidesleistung
auf Antrag des Ladenden die Haft anzuordnen (§ 901 C.Pr.O.). Stellt der
Ladende in dem Termine keinen Antrag auf Anordnung der Haft oder ver-
säumt er den Termin, so kann gegen den Gemeinschuldner, der den Eid nicht
leisten will, nichts geschehen. Die Ladung kann natürlich erneuert werden.
— Die Haft ist Zwangshaft zu dem Zweck, um den Eigensinn des Gemein-
schuldners zu brechen; daher kann der verhaftete Gemeinschuldner zu jeder
Zeit bei dem Amtsgerichte seines Haftorts beantragen, ihm den Eid ab-
zunehmen. Dem Antrag ist ohne Verzug stattzugeben (§ 902 Abs. 1 C.Pr.0.).
Nach Leistung des Eides wird der Gemeinschuldner aus der Haft entlassen
und derjenige, welcher ihn geladen hatte, davon in Kenntnis gesetzt (§ 902
Abs. 2 C.Pr.0.). — Hat der Gemeinschuldner den Offenbamngseid geleistet,
so ist er in diesem Eonkurse zur nochmaligen Leistung des Eides auch gegen-
über einem anderen zur Ladung Berechtigten nicht verpflichtet (arg. § 903
Abs. 1 C.Pr.O.). Die Bemerkung in den Mot. S. 346, der § 730 des Entw. III
e. C.Pr.0., jetzt 903 C.Pr.O., entziehe sich einer Anwendung, ist nicht zu-
treffend. — Die Anwendung der § 904 bis 910 C.Pr.O. bietet keinen Anlafs zu
besonderen Bemerkungen. — Die Rosten, welche durch die Haft entstehen
(§ 911 C.Pr.O.), sind jedenfalls dann Massekosten (§ 58 Nr. 1 K.O.), wenn der
Verwalter die Haft beantragt hat; der Verwalter hat sie nach Mafsgabe des
§ 911 C.Pr 0. voraus zu bezahlen. Zweifelhaft ist, ob die Kosten auch dann
Massekosten sind, wenn ein Eonkursgläubiger die Haft beantragt hat. Er-
wägt man, dafs die Aufwendung dieser Kosten keineswegs immer im Interesse
der Gläubigerschaft gelegen ist, so wird man annehmen müssen, dafs zunächst
der Antragsteller für die Kosten aufkommen mufs, dafs er jedoch Ersatz der
aufgewendeten Kosten von der Gläubigerschaft insoweit verlangen kann, als
zufolge seines Vorgehens ein Massebestandteil ermittelt worden ist, der die Auf-
wendung deckt (arg. § 684 Satz 1 B.G.B.). — Gegen den Gemeinschuldner, der
wegen Mangels der Vorauszahlung der Kosten (§ 911 Satz 3 C.Pr.O.) oder
ohne sein Zuthun aus der Haft entlassen worden ist, findet auf Antrag des-
selben Antragstellers eine Erneuerung der Haft nicht statt (arg. § 911 Satz 4
C.Pr.O.). — Die Anwendung der §§ 912, 913 C.Pr.O. bietet keine Schwierig-
keit. — Die entsprechende Anwendung des § 914 C.Pr.O. ergiebt, dafs der
Gemeinschuldner, gegen den wegen Verweigerung des Offenbarungseides eine
Haft von sechs Monaten vollstreckt worden ist, auch auf Antrag eines anderen
296 SiebenteB Uauptstdck.
Orte, wo er zur Zeit der KonkurseröfhuDg seine Wohnung hatte,
nur mit Erlaubnis des Konkursgerichts entfernen. Nicht blofs eine
Verlegung seines Wohnorts, sondern jede Reise (natürlich nicht
ein blofser Ausflug) sind ihm verboten. Die Erlaubnis, sich zu
entfernen, hat er bei Gerichte nachzusuchen. Das Gericht hat über
das Gesuch zu entscheiden. Gegen die abweichende Entscheidung
steht dem Gemeinschuldner die sofortige Beschwerde zu (§ 73
Abs. 2). Gegen die Erteilung der Erlaubnis steht dem Verwalter
dieses Rechtsmittel zu, was allerdings kaum von praktischer Be-
deutung ist, da die Beschwerde keine aufschiebende Wirkung hat
(arg. § 572 C.Pr.O.).
Wegen der Mafsregeln zur Erzwingung der bezeichneten Ver-
pflichtung s. unten litt. h.
h) Die Vorführung und die Verhaftung des Ge-
meinschuldners (§ 101 Abs. 2). Das Gericht kann von Amts-
wegen oder auf Anregung des Verwalters oder eines durch Anmeldung
am Verfahren beteiligten Konkursgläubigers die zwangsweise Vor-
führung des Gemeinschuldners und nach Anhörung des Gemein-
schuldners dessen Verhaftung anordnen, wenn er die ihm vom
Gesetze auferlegten Pflichten nicht erfüllt, oder wenn es zur Siche-
rung des Masse notwendig erscheint.
Als gesetzliche Verpflichtung, deren Nichterfüllung die zwangs-
weise Vorführung oder die Verhaftung zur Folge haben kann,
kommt die Vei-pflichtung zur Auskunftserteilung (§ 100) in Be-
tracht. Nicht die Verpflichtung zur Leistung des OflFenbarungs-
eides (§ 125), da die Erfüllung dieser Verpflichtung nach den
Regeln der Civilprozefsordnung zu erzwingen ist®*.
Die Verhaftung ist möglich zur Erzwingung der Verpflichtung
des Gemeinschuldners, sich nicht von dem Wohnorte zu entfernen
(§ 101 Abs. 1); Vorführung könnte diesem Zwecke nicht dienen.
Auch zu dem Zweck, um einen Widerstand des Gemeinschuldners
gegen die Besitzergreifung des Verwalters zu beseitigen, wird die
Verhaftung angeordnet werden können.
zur Ladung Berechtigten nicht mehr zur Leistung dieses Eides durch Haft
angehalten werden kann. Man wird annehmen dürfen, dafs in diesem FaUe
nicht blofs die Anordnung neuer Haft, sondern überhaupt die Verpflichtung
zur Eidesleistung cessiert, da diese Verpflichtung ohne die Möglichkeit der
Zwangshaft bedeutungslos wäre.
^ Vgl. oben N. 34. § 125 ist die speciellere Bestimmung und geht daher
der Vorschrift des § 101 vor.
§ 46. n. Die Verwaltaag der Masse durch den Konkursverwalter. 297
Zar Sicherung der Masse, namentlich gegen Verschleppungen
von Sachen, die zur Masse gehören, oder gegen Einkassierung von
Aufsenständen , aber auch zur Verhütung von Kollisionen, Ver-
dunkelungen und sonstigen Behinderungen der Thätigkeit des Ver-
walters können beide Marsregeln (Vorführung und Haft) angeordnet
werden.
Zuwiderhandeln gegen die gesetzlichen Gebote und Verbote
kann ein Anlafs sein, um Gefährdung der Masse anzunehmen und
deswegen die Verhaftung des Gemeinschuldners zur Sicherung der
Masse anzuordnen; aber als Strafe für eine begangene Handlung
oder Unterlassung kann die Haft nicht verhängt werden®*.
Die zwangsweise Vorführung wird von dem Gerichtsvollzieher
vollzogen. Das Gericht hat ihn von Amtswegen dazu zu beauf-
tragen. Auf die Vollziehung der Haft finden die Vorschriften der
§§ 904 bis 910, 912, 913 G.Pr.O. mit dem Abmafse Anwendung,
dafs die Vollziehung von Amtswegen erfolgt'^. Eben deswegen
ist kein Kostenvorschufs (§ 911 G.Pr.O.) zu leisten.
Die Anordnung der in § 101 Abs. 2 vorgesehenen Mafsregeln
erfolgt durch Gerichtsbeschlufs. Der Beschlufs ist dem Gemein-
schuldner und dem Konkursverwalter zuzustellen. Gegen den
Beschlufs steht dem Gemeinschuldner das Rechtsmittel der so-
fortigen Beschwerde zu (§ 78 Abs. 2). Wohl auch dem Verwalter,
soweit der Gläubigerschaft Kosten dadurch erwachsen.
Hat der Verwalter oder ein beteiligter Konkursgläubiger eine
^ Nach der Terminologie der Reichsjustizgesetze bedeutet der Ausdruck
„Haft*^ immer nur diejenige Mafsregel, welche die Beugung des Willens eines
Verpflichteten unter das Gresetz oder die Sicherung gegen Gefährdung be-
zweckt; vgl. §§890 Abs. 2, 888 Abs. 1, 901, 988 CPr.O., § 69 Abs. 2 Str.Pr.O.
Wo die Haft als Strafe fQr ein Zuwiderhandeln vorgesehen ist, ist der Ausdruck
„Strafe der Haft" gebraucht; vgl. §§ 380 Abs. 1, 2, 4, 890 Abs. 1, 890 Abs. 1
CPr.O., § 50 Abs. 1 Satz 1 Str.Pr.O. Dafs in § 101 K.O. der Ausdruck Haft
in einem Doppelsinne gebraucht wäre, ist nicht anzunehmen. Die Mot. S. 818
sprechen allerdings davon, dafs die Haft des § 93 (jetzt 101) als Zwangs-
oder Strafmittel stattfinde. Aber diese Aufserung kann gegenüber dem
feststehenden Sprachgebrauche nicht mafsgebend sein. Vgl. Petersen und
Kleinfeller §§ 92, 93 N. 3. A.M.: v. Wilmowski § 93 N. 1 Abs. 3 im
Anschlufs an die Motive.
•7 Vgl. die Mot. S. 346. Wer annimmt, dafs die Haft auch als Strafe
für eine Handlung oder Unterlassung angeordnet werden kann, mufs folge-
richtig annehmen, dafs auf eine als Strafe verhängte Haft nicht die Vor-
schriften der CPr.O., sondern die des § 18 Str.Pr.O. anzuwenden sind. So
V. Wilmowski § 93 N. 1 Abs. 3.
298 Siebentes Hanptstaek.
der in § 101 Abs. 2 bezeichneten Mafsregeln förmlich beantragt, so
steht ihm gegen den abweisenden (ihm zuzustellenden) Beschlufs
des Gerichts das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zu (§ 73
Abs. 2).
Das Gericht hat die getroffenen Mafsregeln. wenn sie ihren
Zweck erreicht haben, von Amtswegen aufzuheben. Gegen die
Aufhebung steht dem Verwalter (nicht den einzelnen Gläubigem)
das bezeichnete Rechtsmittel zu. '
Wenn der (jemeinschuldner die Aufhebung beantragt hat und
mit seinem Antrag abgewiesen worden ist, so hat er das Rechts-
mittel der sofortigen Beschwerde.
Ad litt, f bis litt, h:
Die unter litt, f bis litt g besprochenen Pflichten und Zwangs-
mafsregeln treffen in dem Konkurs einer physischen Person, welche
prozefsunfähig ist oder wegen ll)emahme der Vertretung durch
ihren Pfleger einer nicht prozefsfähigen Person gleich steht ••, den
gesetzlichen Vertreter. Nur die Verpflichtung, sich nicht ohne
gerichtliche Erlaubnis von dem Wohnorte zu entfernen (§ 101
Abs. 1), dürfte nicht recht auf den Vertreter passen ; andererseits
möchte man die Zulässigkeit der Verhaftung eines nicht prozefs-
fähigen (iemeinschuldners zur Sicherung der Masse postulieren,
wenn durch dessen Verhalten die Masse gefährdet wird**.
Im Xachlafskonkurse treffen die besprochenen Pflichten und
Zwangsmalsregeln den Erben*®. Da der Xachlafskonkurs eröffnet
werden kann, bevor die Erbschaft durch Annahme derselben oder
durch Versäumung der Ausschlagungsfrist dem Erben endgültig
erworben ist*V so kann es vorkonmien, dafs der Gemeinschuldner-
Erbe nach der Eröffnung des Konkurses die Erbschaft ausschlägt.
Dadurch scheidet er aus der Stellung des Gemeinschuldners aus,
und zwar gilt er auch für die Zeit zwischen Anfall und Aus-
schlagung nicht mehr als Gemeinschuldner (arg. § 1953 Abs. 1
B.G.B.). Folglich verlieren etwaige Zwangsmafsregeln, die das
" VgL oben S. 74 Ziff. 6 Abs. 2.
•• Ein wegen Versehwendang oder wegen Trunksncbt entmfindigter und
daher prozefsunfahiger Gemeinde haidn er kann durch Verschleppung oder
durch Zerstörung Ton Sachen, die zur Masse gehören, die Masse schädigen.
*• Vgl. oben S. 74 Ziff. 6 Abs. 3. Bei einer Mehrheit von Erben werden
alle Erben betroffen. Anstatt eines prozefsnnfahigen Erben wieder sein gesetz-
licher Vertreter.
*» Vgl. oben S. 68 Ziff. 2 Abs. 1.
§ 46. IL Die Verwaltung der Masse durch den Konkursverwalter. 299
Gericht gegen den Erben als Gemeinschuldner verhängt hatte, ihre
Kraft. Von dem Zeitpunkte der Ausschlagung an treffen die Ver-
pflichtungen und die etwa zu verhängenden ^^ Zwangsmafsregeln
denjenigen, welcher dem Ausschlagenden als Erbe nachrückt (vgl.
§ 1953 Abs. 2 B.G.B.). Da die nachrückenden Erben selten Lust
haben werden, sich als Gemeinschuldner mit einem überschuldeten
Nachlasse zu befassen, so werden sie in der Regel gleichfalls die
Erbschaft ausschlagen, bis diese an den Fiskus kommt, der sie
nicht ausschlagen kann (§ 1942 Abs. 2 B.G.B.).
Ist der Fall der Nacherbfolge eingetreten, so treffen im Nach-
lafskonkurse die besprochenen Pflichten des Gemeinschuldners und
die Zwangsmafsregel den Nacherben (arg. § 2139 B.G.B.). Es kann
sein, dafs dieser Fall während eines Nachlafskonkurses eintritt;
dann rückt der Nacherbe in die Pflichten des Gemeinschuldners
ein. Natürlich kann er sich diesen Pflichten durch Ausschlagung
der Nacherbschaft wieder entziehen. .
Hat der Erbe den Nachlafs verkauft oder in anderer Weise
vergeben, so treffen im Nachlafskonkurse die besprochenen Ver-
pflichtungen etc. den Erwerber der Erbschaft (arg. § 232 Abs. 1,
§ 233 K.O.). Erfolgt der Verkauf etc. nach der Eröffnung des
Nachlafskonkurses (ein unpraktischer Fall!), so rückt der Käufer
etc. in die Pflichten des Gemeinschuldners ein.
Ist eine juristische Person der Gemeinschuldner *^, so treffen
die besprochenen Verpflichtungen und Zwangsmafsregeln die Organe
der juristischen Person **. Nur ob das Verbot, sich ohne Erlaubnis
^' Nicht die gegen den früheren Erben verhängten.
" Vgl. oben S. 69, 75 Abs. 1.
** Vgl. hierzu den § 244 K.O., wonach die Strafvorschriften der §§ 239
bis 241 K.O. gegen die Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft
oder einer eingetragenen Genossenschaft oder gegen die Liquidatoren einer
Handelsgesellschaft oder einer eingetragenen Genossenschaft, welche ihre Zah-
lungen eingestellt hat oder über deren Vermögen der Konkurs eröffnet worden
ist, Anwendung finden, wenn sie in dieser Eigenschaft die mit Strafe be-
drohten Handlungen begangen haben. — Diese strafrechtliche Vorschrift
trifft nicht alle Organe aUer juristischen Personen, sondern greift diejenigen
heraus, deren strafrechtliche Verantwortlichkeit von gröfserer praktischer
Bedeutung ist. Aber der Umstand, dafs Personen, die als Organe einer
juristischen Person fungieren, strafrechtlich verantwortlich gemacht werden
für Konkursdelikte, die mit dem Konkurs über das Vermögen der juristischen
Person zusammenhängen, kann immerhin als Parallele zu dem im Texte vor-
getragenen Satz angeführt werden.
900 Siebentes HanptstML
des Gerichts von dem Wohnorte zn entfernen (§ 101 Abs. 1), fbr
alle Organe gilt, darf bezweifelt werden. Soweit die Organe
öffentliche Beamte sind, besteht sicherlich kein Anlafs, das Verbot
anzuwenden.
In dem Konkurs über das Vermögen einer Gemeinschaft zur
gesamten Hand" treflfen die besprochenen Pflichten und Zwangs-
mafsregeln in der Kegel die sämtlichen Gemeinschafter". Hat die
Gemeinschaft besondere Organe zur Vornahme von Prozefs-
handluDgen, so werden die Organe von jenen Verpflichtungen
betroffen. Im Konkurs über das Gesamtgut bei fortgesetzter
Gütergemeinschaft ist der überlebende Ehegatte, nicht ein anteils-
berechtigter Abkömmling, jenen Verpflichtungen und Zwangs-
mafsregeln unterworfen (arg. § 1487 Abs. 1 B.G.B.)*'.
§47.
III. Die Yerwertang der Eonkursmaase durch den
EonknrsTerwalter.
1. Der Konkursverwalter hat das gesamte zur Konkursmasse
gehörende Vermögen zu verwerten (§ 117 Abs. 1).
Die Verwertung umfafst auch Gegenstände, an denen ein Ab-
sonderungsrecht besteht, soweit nicht der Konkursverwalter solche
Gegenstände aus der Masse freigiebt.
2. Die Verwertungsbefugnis ist beschränkt:
a) in Ansehung der Geschäftsbücher des Gemein Schuldners.
Diese gehören zwar zur Konkursmasse (§ 1 Abs. 8), dürfen aber
nur mit dem Geschäft im Ganzen und nur insoweit veräufsert
werden, als sie zur Fortführung des Geschäftsbetriebs unentbehr-
lich sind (§ 117 Abs. 2). Eine selbständige Verwertung der Ge-
schäftsbücher, etwa als Makulatur, ist unzulässig. Soweit die
Geschäftsbücher nicht mit dem Geschäfte veräufsert sind, sind sie
*» Vgl. oben S. 70 ff., 8. 75 Abs. 4.
^* Dies gilt insbesondere far den Fall, dafs über das Vermögen einer
offenen Handelsgesellschaft Konkurs erOffiiet ist. Ein von der Geschäfts-
führung ausgeschlossener Gesellschafter ist von den Verpflichtungen und
Zwangsmafsregeln nicht ausgenommen. Vgl. Jaeger, Der Konkurs der
offenen Handelsgesellschaft, S. 70. — Im Konkurs über das Vermögen einer
Kommanditgesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien gilt das
Gleiche in Ansehung der persönlich haftenden Gesellschafter.
«^ Vgl. oben S. 75, letzter Absatz.
§47. III. Die Verwertung der KaBkar8ma806 durch den KoDkunverw. 301
nach Beendigung des Konkurses dem Gemeinschuldner zurück-
zugeben ^ ;
b) in Ansehung der zur Erbschaft gehörenden Gegenstände
(Sachen und Rechte) , wenn der Gemeinschuldner Vererbe ist und
die Ver&ufserung nach § 2115 B.G.B. dem Nacherben gegenüber
unwirksam ist (§ 128 K.O.) '.
Ist über das Vermögen eines Vorerben (d. i. einer Person, der
ein Nacherbe im Sinne des § 2100 B.G.B. gesetzt ist) Konkurs
eröfifhet, so gehört zu dem Vermögen des Gemeinschuldners und
folglich zur Konkursmasse auch die ihm angefallene Erbschaft.
Nun kann der Vererbe über die zur Erbschaft gehörenden Gegen-
stände nur verfügen, soweit sich nicht aus den Vorschriften der
§§ 2113 bis 2115 B.G.B. ein Anderes ergiebt (§ 2112 B.G.B.).
Nach § 2115 ist aber eine Verfügung über einen Erbschaftsgegen-
stand, die im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrest-
vollziehung oder durch den Konkursverwalter^ erfolgt, im Falle
des Eintritts der Nacherbfolge insoweit unwirksam, als sie das
Recht des Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen würde. Nur
dann ist die Verfügung unbeschränkt (also auch gegen den Nach-
erben) wirksam, wenn der Anspruch eines Nachlafsgläubigers
(§ 1967 B.G.B.) oder ein an einem Erbschaftsgegenstande be-
stehendes Recht geltend gemacht wird, das im Falle der Nach-
erbfolge dem Nacherben gegenüber wirksam ist. Ein an einem
Nachlafsgegenstande bestehendes Recht, das dem Nacherben gegen-
über wirksam ist, kann nur ein dingliches Recht (insbesondere
Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld, Pfandrecht) oder ein Pfand-
recht an einer Forderung oder an einem sonstigen Rechte sein. Aus
dinglichen Rechten entstehen aber keine Konkursforderungen» sondern
sie kommen im Konkurse nur als die Unterlage von Aussonderungs-
ansprüchen und Absonderungsrechten in Betracht. Folglich darf der
Konkursverwalter in einem Konkurse, dessen Gemeinschuldner Vor-
erbe ist, die zur Erbschaft gehörenden Gegenstände nur veräufsern *,
» Vgl. Begr. d. Konk.-Nov. S. 24.
• Vgl. § 773 C.Pr.0. und die Begr. d. Civ.Proz.Nov. S. 167. i
* In der Gleichstellung der Verfügung durch den Konkursverwalter mit i
der Verfügung im Wege der Zwangsvollstreckung zeigt sich wieder, dafs der
Konkurs ein ZwangsyoUstreckungsTerfahren ist.
^ Die Befriedigung des Anspruchs eines Aussonderungsberechtigten ist
keine Verftufserung eines zur Masse gehörenden Gegenstandes, weil
die auszusondernden Gegenstände de iure nicht zur Masse gehören. Ebenso-
wenig liegt darin, dafs der Verwalter einem Absonderungsberechtigten die
302 ' Siebentes Hauptstück.
wenn sich unter den Gläubigern des Erbenkonkurses ein Nachlafs-
gläubiger befindet*.
Und auch in diesem Falle darf er von den bezeichneten
Gegenständen nur soviel verftufsern, als nötig ist, um die Nachlafs-
glÄubiger zu befriedigen. Da nun der Verwalter vor der Fest-
stellung der Forderung eines Nachlafsgläubigers nicht wissen kann,
wieviel zur Befriedigung erforderlich ist, so ergiebt sich, dafs er
Erbschaftsgegenstände erst veräufsem darf, wenn die Forderung
eines Nachlafsgläubigers im Erl)enkonkurse angemeldet, geprüft
und festgestellt ist.
Der Erlös einer solchen Veräufserung darf nur für die Nach-
lafsgläubiger , nicht für die anderen Gläubiger des Erben, ver-
wendet werden. Die Situation, die sich daraus für das Verhältnis
der Nachlafsgläubiger zu den anderen Gläubigern des Erben-
konkurses ergiebt, ist analog derjenigen, welche sich ergiebt, wenn
gewisse Vermögensbestandteile einzelnen Konkursgläubigern gegen-
über Exekutionsobjekt sind, anderen gegenüber aber nicht. Diese
Situation ist oben S. 86 bis 88 behandelt. Die dort entwickelten
Sätze sind hier entsprechend anzuwenden.
Ergiebt sich bei der zur Befriedigung eines Nachlafsgläubigers
vorgenommenen und daher rechtmäfsigen Veräufserung eines zur
Erbschaft gehörenden Gegenstandes durch den Konkursverwalter
ein Erlös, der den Betrag der Nachlafsverbindlichkeiten übersteigt,
so ist das Plus an den Gemeinschuldner (Vorerben) und, wenn der
Fall der Nacherbschaft bereits eingetreten ist, an den Nacherben
herauszugeben •.
abgesonderte Befriedigung aus einem zur Erbschaft gehörenden Gegenstande
gestattet, eine Veräufserung. Hat der Verwalter ein Absonderungsrecbt abgelöst
und ist infolge dessen die Hjrpothek, die Grundschuld, die Rentenschuld oder
das Pfandrecht auf die Gläubigerschaft übergegangen (darüber s. oben S. 102
letzter Absatz), so kann er das auf die Gläubigerschaft übergegangene Recht
für diese auch an einem zur Erbschaft des Vorerben gehörenden Gegenstande
geltend machen und folglich diesen Gegenstand veräufsem. Übersteigt der
Erlös den Betrag der Forderung, für die die abgesonderte Befriedigung ver-
langt werden konnte, so ist der Mehrerlös zunächst zur vollständigen Be-
friedigung der Nachlafsgläubiger zu verwenden, soweit er aber dazu nicht
erforderlich ist, dem Gemeinschuldner (Vorerben) oder, wenn der Fall der Nach-
erbschaft bereits eingetreten ist, dem Nacherben herauszugeben. Vgl. die N. 6.
* Unter Veräufserung ist hier auch die Beitreibung einer Forderung zu
verstehen.
• Der Mehrerlös darf nicht zur Befriedigung der anderen Gläubiger des
Erbenkonkurses verwendet werden, weil die Veräufserung des Erbschafts-
gegenstandes zu ihren Gunsten unstatthaft ist. — Der Nacherbe hat vor dem
§ 47. III. Die Verwertung der Konkursmasse durch den Konkursverw. 303
Unternimmt der Verwalter die Veräufserung eines zur Erb-
schaft gehörenden Gegenstandes, ohne dazu befugt zu sein, so kann
der Gemeinschuldner (Vorerbe) nach Analogie des § 766 C.Pr.O.
Einwendungen bei dem Konkursgericht als dem Vollstreckungs-
gericht erheben; der Nacherbe aber kann nach Analogie des
§ 773 Satz 2 C.Pr.O. Widerspruch nach Mafsgabe des § 771
C.Pr.O. erheben, also gegen den Verwalter auf Unterlassung der
Veräufserung klagen.
Ist die Veräufserung beendigt, aber der Erlös noch nicht ver-
teilt, so kann der Gemeinschuldner (Vorerbe) Einwendungen gegen
die Verteilung und der Nacherbe immer noch Widerspruchsklage
erheben. Nach Verteilung des Erlöses tritt eine ähnliche Situation
ein, wie wenn ein Gegenstand von dem Verwalter veräufsert worden
ist, der nicht zur Konkursmasse gehörte^.
Für den Nachlafskonkurs haben die unter litt, b besprochenen
Kegeln nur dann Bedeutung, wenn der Erblasser Vorerbe war
und der Fall der Nacherbfolge mit seinem Tode noch nicht ein-
getreten ist (vgl. § 2103 B.&.B.). Ist der Fall der Nacherb-
folge eingetreten, so gehört die Vorerbschaft nicht mehr zum
Nachlasse und folglich nicht mehr zur' Masse des Nachlafs-
konkurses. Der Nacherbe kann deren Aussonderung verlangen.
Die in § 128 enthaltene Beschränkung der Verwertungs-
befugnis bezieht sich blofs auf die Verwertung der Substanz der
Erbschaftsgegenstände, nicht auf deren Nutzungen, soweit diese
dem Vorerben gehören. Daher kann der Verwalter Erbschaftsgegen-
stände für Rechnung der Masse vermieten oder verpachten; bei
Eintritt der Nacherbfolge kommen dann die Vorschriften des
§ 2135 B.G.B., indirekt also die Vorschriften des § 1056 B.G.B.,
zur Anwendung.
3. Die Konkursmasse wird dadurch verwertet, dafs aus den dazu
gehörenden Gegenständen Geld oder Geldeswert gewonnen wird®.
Der Verwalter hat für die bestmögliche Verwertung zu sorgen.
Er haftet persönlich der Gläubigerschaft (während des Konkurses),
Eintritte des Falls der Nacherbschaft kein Recht auf Herausgabe der Erbschaft,
folglich auch nicht auf den Erlös aus einem Erbschaftsgegenstandc.
■» Vgl. oben S. 91 bei N. 3.
^ Geldeswert kann insbesondere auch dadurch für die Masse gewonnen
werden, dafs ein Gegenstand einem Konkursgläubiger für seinen Dividenden-
anspruch oder einem Massegläubiger für seine Forderung an Erfüllungsstatt
übereignet wird.
aD4 8ieb«iit«s Hamptstftck.
itom einzelnen beteiligten Konknrflglftubigam (naeh Beendigung des
Konkurses), den Masseglftubigern (nach Beendigung des Kon-
kurses) und dem Gemeinschuldner für Schadensersatz, wenn er
Yorsfttzlich oder fahrlässig gegen diese Verpflichtung yerstftfst.
Der Verwalter kann die zur Masse gehörenden Gegenstände
einzeln oder gruppenweise verwerten. Er kann insbesondere „das
Geschäft^ des Gemeinschuldners, d. i. den Inbegriff der Geschäfts-
einrichtung, der Waren und der Geschäftsaufsenstände samt den
zum Geschäftsbetrieb unentbehrlichen Geschäftsbüchern im Ganzen
veräufsem (vgl. die §§ 117 Abs. 2, 184 Nr. 1)*. Desgleichen ein
Warenlager im Ganzen (vgl. § 134 Nr. 1), ein Fabrik- oder ein
sonstiges Etablissement etc. etc.
Die Verwertung kann nicht blofs durch Veräufserung, sondern
auch in der Weise erfolgen, dafs die vorhandenen Einrichtungen
für die Gläubigerschaft benutzt, z. B. das Geschäft des Gemein-
schuldners auf Rechnung der Gläubigerschaft fortgeführt, oder
deren Benutzung einem anderen gegen Entgelt (also miet- oder
pachtweise) überlassen wird.
Die Verwertung der zur Konkursmasse gehörenden Forde-
rungen erfolgt durch deren Beitreibung*®. Dazu ist der Verwalter
kraft der Beschlagnahme durch die Konkurseröffnung legitimiert,
ohne dafs ihm die einzelnen Forderungen zur Beitreibung über-
wiesen werden müssen. Natürlich kann der Verwalter diese Forde-
rungen auch gerichtlich geltend machen. Der Verwalter kann
übrigens eine Forderung auch durch Veräufserung (Übertragung
gegen Entgelt) verwerten.
Was von Forderungen gilt, gilt auch von anderen zur Masse
gehörenden Rechten, insbesondere von Eigentumsansprüchen, Dienst-
barkeiten, Hypotheken, Grundschulden, Rentenschulden, Pfand-
rechten, Erbrechtsansprüchen, Immaterialgüterrechten etc. etc.
Bei der Verwertung ist der Verwalter nicht an die Vor-
schriften gebunden, die für die Verwertung im Wege der Zwangs-
vollstreckung gelten (eine Modifikation s. § 127 Abs. 1). Aber er kann
diesen Weg einschlagen, wenn ihm dies zweckdienlich erscheint
* Darüber, ob die Firma und ob das Recht auf ein Warenzeichen mit
dem Geschfifte übertragbar ist, vgl. oben S. 86 N. 12.
^® Unter den Gesichtspunkt der Beitreibung von Forderungen, die zur
Konkursmasse gehören, ikllt auch das Umlage verfahren im Genossenschafts»
konkurse. Weil dieses Verfahren besonders geregelt ist (§§ 105 bis 110
Gen.Ges. Red. v. 1898), erheischt es eine getrennte Darstellung; a. u. § 49).
§47. III. Die Verwaltang der Koukursinaese durch den Konkurs verw. 305
4. Attsdrftcklich ist dem Verwalter die Befugnis eingeräumt,
die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung der zur
Masse gehörenden unbeweglichen Gegenstände bei der zuständigen
Behörde zu betreiben (§ 126) ^^
Diese Befugnis dient insbesondere dazu, unbewegliche Gegen-
stände, an denen Absonderungsrechte bestehen, zu verwerten und
den nach Deckung der Absonderungsberechtigten übrig bleibenden
Erlös für die Eonkursgläubiger einzuheimsen.
Die Befugnis beschränkt sich aber nicht auf den Fall, dafs Ab-
sonderungsrechte an solchen Gegenständen bestehen ; der Verwalter
kann die Zwangsverwaltung und die Zwangsversteigerung auch
betreiben, ohne dafs ein Absonderungsrecht besteht ^^.
Durch das Bestehen von Absonderungsrechten ist der Ver-
walter nicht genötigt, zur Verwertung von unbeweglichen Gegen-
ständen den Weg der Zwangsverwaltung oder der Zwangs-
versteigerung zu beschreiten. Er kann sie vielmehr auch frei-
bändig verkaufen, natürlich nur mit den Belastungen , soweit er
diese nicht abgelöst hat.
Bei welcher Behörde und in welcher Weise der Konkurs-
verwalter die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung zu
betreiben hat, ergiebt sich aus den Vorschriften des R.G. über die
Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung v. 24. März 1897.
Vgl. insbesondere die §§ 172 bis 174 des bezeichneten Gesetzes.
Vollstreckungstitel ist der Konkurseröfliiungsbeschlufs, dessen voll-
streckbare Ausfertigung wohl durch die dem Konkursverwalter
erteilte Legitimation (§ 81 Abs. 2 K.O.) ersetzt werden kann^*.
Der Beschlufs gilt nicht als Beschlagnahme (§ 173 Satz 1 Zw.V.G.),
weil die Beschlagnahme bereits durch die Konkur seröflfhung erfolgt
ist. Die wegen § 10 Abs. 1 Nr. 4 Zw.V.G. bedeutsame Ab-
grenzung der laufenden Beträge wiederkehrender Leistungen (z.B.
Zinsen) von den rückständigen Beträgen solcher Leistungen
(§ 13 Zw.V.G.) erfolgt in der Weise, dafs die Zustellung des Be-
schlusses, durch den auf Antrag des Verwalters das Zwangs-
versteigerungs- oder Zwangsverwaltungsverfahren angeordnet wird.
^' Unbewegliche Gegenstände im Sinne des § 126 E.O. sind diejenigen,
welche der Zwangsvollstreckung in unbewegliches Vermögen unterliegen.
Welche Gegenstände dieser Zwangsvollstreckung unterliegen, ergiebt der
§ 864 CPr.O.
*» Vgl. V. Wilmowski § 116 N. 1, Petersen und Kleinfeiler
§§ 116, 117 N. 3. A.M.: Hullmann § 116 N. 8.
18 Vgl. oben S; 283 N. 1.
Bin ding, Handbuoh IX R: L. Seuffert, Koiikursprozefsrecht. 20
'
306 Siebentes Hanptstück.
an deD Eonkursyerwalter in derselben Weise marsgebend ist, wie
sonst die Beschlagnahme^^ (§ 173 Satz 2 Zw.V.G.). Ebenso ist
der Zeitpunkt der Zustellung des bezeichneten Beschlusses an den
Eonkursverwalter entscheidend für die Frage, in welchem Umfang
aufser dem eigentlichen Gegenstande des Verfahrens (dem Grund-
stücke, dem Schiffe etc.) noch weitere Gegenstände (Früchte,
Zubehör etc.) als nach den Versteigerungsbedingungen (§ 55
Zw.V.G.) zur Mit Versteigerung gestellt anzusehen sind und dem-
zufolge von dem Ersteher durch den Zuschlag miterworben
werden (§ 173 Satz 2 Zw.V.G.)". Hat ein Gläubiger für seine
Forderung gegen den Gemeinschuldner ein von dem Gemein-
schuldner anerkanntes Recht auf Befriedigung aus dem Grund-
stück oder aus dem sonstigen Gegenstande der Zwangs-
versteigerung, so kann er bis zum Schlüsse der Verhandlung im
Versteigerungstermine verlangen, dafs bei der Feststellung des
geringsten Gebots nur die seinem Ansprüche vorgehenden Rechte
berücksichtigt werden; in diesem Falle ist das Grundstück auch
mit der verlangten Abweichung auszubieten (§ 174 Zw.V.G.)**.
1^ Als laufend gelten hiernach die Betr&ge, die für die Zeit seit dem
letzten Fälligkeitstermine vor Zustellung des Beschlusses an den Konkurs-
verwalter, als rückständig diejenigen, welche für die Zeit bis zu diesem
Fälligkeitstermine zu entrichten sind. Vgl. Denkschr. z. Entw. des Zw.V.G.,
Reichstagsakteu, 9. Leg.Per. IV. Sess. 1895/97, Nr. 607 S. 37, 69.
'* £s sind dies alle Gegenstände, auf die sich die Beschlagnahme er-
streckt hätte, wenn das Verfahren auf Antrag eines Gläubigers angeordnet
worden wäre (vgl. § 20 Abs. 2, 21 Zw.V.G. mit §§ 1120, 1123, 1126, 1127 bis
1129 B.G.B.), mit Ausnahme derjenigen, welche der Konkursverwalter in der
Zwischenzeit bis zum Versteigerungstermine kraft seiner gesetzlichen Be-
fugnisse anderweit veräufscrt hat. Vgl. Denkschr. z. Entw. d. Zw.V.G. S. 69.
^* Der Antrag, das Grundstück zu dem geringeren Betrage auszubieten,
hat praktische Bedeutung für den Fall, dafs das geringste Gebot, welches
unter Berücksichtigung der Anspräche des Absonderungsberechtigten fest-
gestellt wird (§§ 44 bis 48 Zw.V.G.) i nicht erreicht wird. Da ein Ab-
sonderungsberechtigter, dem der Gemeinschuldner auch persönlich haftet, nur
mit dem Ausfall als Konkursgläubiger beteiligt ist (s. oben S. 43 f.), hat er ein
Interesse daran, dafs der Ausfall möglichst bald und ohne Weiterungen fest-
gestellt wird. Diesem Interesse trägt der § 174 Zw.V.G. Rechnung, indem er
dem Absonderuugsberechtigten, dem der Gemeinschuldner auch persönlich
haftet, unter der Voraussetzung, dafs sein Absonderungsrecht von dem
Konkursverwalter ausdrücklich oder stillschweigend anerkannt ist, die Be-
fugnis einräumt, bis zum Schlüsse des Versteigerungstermins zu verlangen,
dafs ein zweites geringstes Gebot festgestellt werde, bei dem nur die seinem
Ansprüche vorgehenden Hechte berücksichtigt werden, und dafs das Grund-
stück auch zu diesem geringsteii Gebote ausgeboten werde. Soweit ein solcher
§ 47. III. Die Verwaltung der Konkursmasse durch den Konkursverw. 307
Durch die Konkurseröffnung verliert ein Absonderungs-
berechtigter nicht die Befugnis, die Zwangsversteigerung oder
die Zwangsvervraltung in Ansehung des Gegenstandes zu betreiben,
an dem er ein Absonderungsrecht hat. Als Exequendus fungiert
der Konkursverwalter als Organ der Gläubigerschaft.
Ein zur Zeit der Eröffnung des Konkurses bereits an-
hängiges Zwangsversteigerungs- oder Zwangsverwaltungsverfahren
über einen zur Konkursmasse gehörenden Gegenstand wird durch
die Eröflhung des Konkurses nicht unterbrochen; mit der Be-
schlagnahme , . d. i. mit dem Akte , durch den das Verfahren
anhängig geworden ist, hat der betreibende Gläubiger stets ein
Absonderungsrecht erlangt, wenn ihm nicht schon vorher ein
solches zustand ". Da aber das Recht, über den Gegenstand dieses
Verfahrens zu verfügen, mit der Konkurseröffnung auf den
Verwalter als das Organ der Gläubigerschaft übergeht, so hat
dieser in einem solchen während des Konkurses fortgesetzten Ver-
fahren die Stellung, die vor der Konkurseröffnung dem Gemein-
schuldner zukam.
Nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Zw.V.G. kann der Erbe nach der
Annahme der Erbschaft die Zwangsversteigerung eines zum Nach-
lasse gehörenden Grundstücks beantragen, wenn ein Nachlafs-
gläubiger für seine Forderung ein Recht auf Befriedigung aus dem
Grundstücke hat. Zu diesem Antrag ist auch ein Nachlafs-
pfleger*® und ein Testamentsvollstrecker berechtigt, wenn ihnen
die Verwaltung des Nachlasses zusteht (arg. § 175 Abs. 2 Satz 2
Zw.V.G. mit § 991 Abs. 2 C.Pr.O.). Das Recht, eine solche Ver-
steigerung zu beantragen, cessiert jedoch in den Fällen des § 175
Abs. 2 Zw.V.G.
Wird während eines nach § 175 Zw.V.G. angeordneten Zwang?-
versteigerungsverfahrens der Konkurs über den Nachlafe eröffnet,
zu dem das Grundstück gehört, so ist der Zweck dieses Ver-
fahrens hinfällig geworden und es würde daher das Verfahren auf-
zuheben sein. Da sich jedoch auch im Konkurse die Verwertung
Antrag nicht gestellt oder wegen Mangels der gesetzlichen Voraussetzungen
abgewiesen wird, verbleibt es bei den allgemeinen Vorschriften über das ge-
ringste Gebot, wonach durch dasselbe sämtliche an dem Grundstücke be-
stehenden Rechte gedeckt sein müssen. Vgl. Denkschr. z.Entw. e. Zw.V.G. S.69t.
" Vgl. oben S. 108 litt. «.
'* Unter Nachlafj<pfleger ist hier auch der Nachlafsverwalter zu ver-
stehen. Vgl. Denkschr. z. Entw. e. Ges. betr. Änderungen der C.Pr.O., Reichs-
tagsakten, 9. Leg.-Per. V. Sess. 1897/98 Nr. 61, S. 199.
20*
306 Siebentes Haaptstäck.
der zur Masse gehörenden unbeweglichen Gegenstände meistens im
Wege der Zwangsversteigerung vollzieht, so ist zur Ersparung von
Kosten und Weiterungen bestimmt, dafs das Zwaugsversteigerungs-
verfahren durch die Eröffnung des Nachlafskonkurses nicht be-
endigt wird, dafs jedoch vom Zeitpunkte der Konkurseröffnung an
die Rolle des Antragstellers auf den Konkursverwalter Qbergeht
(§ 178 Abs. 2 Zw.V.G.). Daraus folgt, dafs der Konkursverwalter
befugt ist, die Aufhebung oder die einstweilige Einstellung des
Verfahrens herbeizuführen, sofern diese nach der Lage des Zwangs-
versteigerungsverfahrens noch zulässig ist**. Weiter ergiebt sich,
dafs einem Absonderungsberechtigten, der zugleich persönlicher
Gläubiger des Erblassers war, von jetzt an die in § 174 Zw.V.G. vor-
gesehene Befugnis zusteht.
5. Der Verwalter ist befugt, die Verwertung eines zur Masse
gehörenden Gegenstandes, an dem ein Gläubiger ein durch Rechts-
geschäft bestelltes Pfandrechte^ oder ein diesem gleichstehendes
Recht e* beansprucht, nach Mafsgabe der Vorschriftei^ über die
Zwangsvollstreckung e^ oder über den Pfandverkauf" zu be-
>» Vgl. Denkschr. z. Entw. d. Zw.V.G. S. 71.
^^ In der K.O. v, 1877 stand Faustpfandrecht. Die Änderung läGst er-
sehen, dafs jetzt ein Pfandrecht im Sinne des B.G.B. §§ 1204 bis 1296, also
ein Pfandrecht an beweglichen Sachen und an Rechten, gemeint ist.
'1 Welche Rechte einem durch Rechtsgeschäft bestellten Pfandrechte
gleichstehen, ergiebt der § 49 K.O.
*' Die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in bewegliches Vermögen
mit Ausnahme der registrierten Schiffe stehen in der C.Pr.0. §§ 803 bis 863. Aber
nicht alle diese Vorschriften, sondern nur diejenigen, welche die Verwertung
betreffen, finden hier Anwendung. Insbesondere findet keine Pfändung statt,
denn die zur Masse gehörigen Gegenstände sind ja schon durch die Konkurs-
eröffnung beschlagnahmt (a. M. nur Wolff, Absonderungsrecht, S. 192). Der
Verwalter läfst die Sachen durch den Gerichtsvollzieher nach den Vorschriften
der §§ 814 Abs. 1, 816 Abs. 2, 817, 819 bis 825 C.Pr.O. verkaufen. Auf
die Verwertung von Forderungen und sonstigen Rechten sind die §§ 835,
841, 844, 846, 856 bis 858 C.Pr.O. anzuwenden. Einer gerichtlichen Über-
weisung der Forderungen oder sonstigen Rechte an den Konkursverwalter
bedarf es nicht; diese wird durch die Konkurseröffnung ersetzt; v^. §§ 6,8 K.O.
Die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in registrierte
Schiffe sind in den §§ 162 bis 171 Zw.V.G. enthalten. Für die Zwangs-
vollstreckung in nicht registrierte Schiffe gelten die oben angeführten Vor-
schriften der C.Pr.O.
*3 Die Vorschriften über den Pfand verkauf sind in den §§ 1219 bis 1221,
1233, 1235 bis 1241, 1295 B.G.B. enthalten. Dafs der Verwalter die Wabl
hat zwischen der Verwertung nach den Vorschriften der Zwangsversteigerung
§ 47. IIL Die Verwaltung der Konkursmasse durch den Konkursverw. 309
treiben (§ 127 Abs. 1 Satz 1), auch wenn sich der Gegenstand
im Besitze des Absonderungsberechtigten befindet. Der Verwalter
kann also auch durch öffentliche Versteigerung ohne Gerichts-
vollzieher (§§ 1235 bis 1238, 1240 B.G.B.) und, wenn der Gegen-
stand einen Börsen- oder Marktpreis hat, aus freier Hand (d. i.
ohne Versteigerung) durch einen zu solchen Verkäufen öffentlich
ermächtigten Handelsmäkler oder durch eine zur öffentlichen Ver-
steigerung befugte Person zum laufenden Preise verkaufen (§ 1295
mit § 1221 B.G.B.).
Der Absonderungsberechtigte ^* kann einer solchen Ver-
äufserung nicht widersprechen, vielmehr seine Rechte nur auf den
Erlös geltend machen (§ 127 Abs. 1 Satz 2)2«. Befindet sich die
Sache im Besitze des Absonderungsberechtigten oder eines Dritten,
so kann der Verwalter sie wegnehmen oder durch den Gerichts-
vollzieher wegnehmen lassen, wenn der Besitzer zur Herausgabe
bereit ist (arg. § 809 C.Pr.O.). Ist dies nicht der Fall, so mufs
der Verwalter gegen den Besitzer auf Herausgabe klagen**.
und der Verwertung nach den Vorschriften über den Pfandverkauf ist eine
Neuerung der K.O. v. 1898. Nach der alten K.O. § 117 war er blofs zu der
ersten Art der Verwertung befugt. Von den Vorschriften über die Ver-
wertung einer verpfändeten Forderung oder eines verpfändeten Kechts
(B.G.B. §§ 1277, 1281 bis 1296 B.G.B.) ist nur der § 1295 anwendbar, weil er
allein von einem Pfand verkaufe handelt.
** Im Gesetze ist von dem „Gläubiger'^ die Rede. Aus dem Zusammen-
hange von § 127 Satz 2 mit § 127 Abs. 1 geht hervor, dafs der Absonderungs-
berechtigte gemeint ist. Es kann auch nicht darauf ankommen, ob dieser
auch Konkursglftubiger ist oder nicht.
** Ohne diese Bestimmung würde der absonderungsberechtigte Besitzer
auf Grund seines Absonderungsrechts der Veräufserung widersprechen und folg-
lich Widerspruchsklage gegen den Verwalter erheben können (arg. § 771 mit
§ 805 Abs. 1 Halbsatz 1 C.Pr.O.). Die Besonderheit besteht darin, dafs ihm das
Widerspruchsrecht hier entzogen ist. Diese Besonderheit gilt aber nur, wenn der
Verwalter die Veräufserung in der Weise vornimmt, wie sie ihm durch § 127
Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 gestattet ist. Gegenüber einer anderen Veräufserung
verbleibt es bei dem Widerspruchsrecht und der Widerspruchaklage des ab-
sonderungsberechtigten Besitzers.
*• So auch die Kommentatoren, z. B. v. Wilmowski § 117 N. 3. A.M.:
Octker, Grundbegr. I, S. 467, 468; nach dessen Ansicht kann der Verwalter
von dem Besitzer nur die Einwilligung zu der Zwangsvollstreckung verlangen
und, wenn er diese verweigert, nicht auf Herausgabe, sondern nur darauf
klagen, dafs das Gericht die Vollstreckung für zulässig erkläre. Aber auf
Grund eines Urteils dieses Inhalts kann der Gerichtsvollzieher dem Besitzer
eine Pfandsache noch nicht wegnehmen; und doch mufs dieses möglich sein,
wenn der Verkauf im Wege der Zwangsvollstreckung oder nach den Regeln
des Pfandverkaufs ausgeführt werden soll.
1
310 Siebentes Hauptstück.
Da dem Absonderungsberechtigten sein Recht auf Befriedigang
aus dem Gegenstände verbleibt, auch wenn die Verwertung durch
den Verwalter erfolgt, so kann er von dem Verwalter verlangen^
dafs dieser seine Forderung, soweit sie durch das Absonderungs-
recht gesichert ist, aus dem Erlöse befriedige. Kommt der Ver-
walter diesem Verlangen nicht nach, so kann der Absonderungs-
berechtigte im ordentlichen Verfahren gegen den Verwalter als
Organ der Gläubigerschaft klagen, und zwar darauf, dafs die ver-
klagte Gläubigerschaft verurteilt werde, dem Kläger den be-
trefifenden Betrag herauszuzahlen (arg. § 805 Abs. 1 Halbs. 2
CPr.O.). Die Klage ist bei dem Konkursgericht als dem Voll-
streckungsgericht, und wenn der Streitgegenstand nicht zur Zu-
ständigkeit der Amtsgerichte gehört, bei dem Landgerichte zu er-
heben, in dessen Bezirk das Konkursgericht seinen Sitz hat (arg.
i^ 805 Abs. 2 C.Pr.O.). Diese Zuständigkeit ist ausschliefslich
(arg. § 802 C.Pr.O.). Die Vorschriften des § 805 Abs, 3, 4 C.Pr.O.
finden keine Anwendung, weil sie nicht für den Fall der Ver-
wertung durch den Verwalter passen*^.
Die Befugnis des Verwalters, die Veräufserung eines Gegen-
standes nach Mafsgabe des § 127 Abs. 1 zu betreiben, ist modi-
fiziert für den Fall, dafs der Absonderungsberechtigte '^ befugt
ist, sich aus dem Gegenstande ohne gerichtliches Verfahren zu be-
friedigen'*. In diesem Falle mufs der Verwalter, ehe er die Ver-
äufserung betreibt, erst bei dem Konkursgerichte beantragen, dafs
dieses dem Absonderungsberechtigten eine Frist bestimme, inner-
halb deren er den Gegenstand zu verwerten hat (§ 127 Abs. 2
Satz 1). Erst nach dem Ablaufe der Frist kann der Verwalter
die Veräufserung nach § 127 Abs. 1 ins Werk setzen*®.
Durch diese Modifikation wird verhütet, dafs der Verwalter
dadurch, dafs er die Veräufserung nach den Vorschriften über die
^ Der GemeiDschuldner kann nicht mitverklagt werden, weil er über
den zur Konkursmasse gehörenden Gegenstand nicht mehr zu verfugen hat;
daher pafst § 805 Abs. 3 nicht. — Die in § 805 Abs. 4 vorgesehenen
Sicherungsmafsregeln sind nicht am Platze, wenn der Verwalter die Ver>
äufsernng betreibt.
»8 Vgl. oben N. 24.
*• Vgl. §§ 1219 bis 1221, 1228, 1233 bis 1241 B.G.B., § 868 H.G.B. Die
Voraussetzungen des § 1219 werden selten gegeben sein.
*® Der Absonderungsberechtigte kann auch noch nach Abiauf der Frist
die Verwertung betreiben, solange der Verwalter mit deren Betrieb noch nicht
begonnen hat.
§ 48: IV. Die Beteiligung des Gläubigerausschusses u. s. w. 311
Zwangsvollstreckung betreibt, dem Absondeningsberechtigten das
Recht vereitelt, die Veräufsening auf einfacherem Wege und mit
geringeren Kosten zu betreiben.
§ 48.
lY. Die Betelllgiing des GlBubigeranssehusses und der
OlSaMgerrersammlung bei der Verwaltang und Verwertung
der Konkursmasse.
1. Zu gewissen Verwaltungs- und Verwertungsgeschäften hat
der Konkursverwalter die Genehmigung des Gläubigerausschusses
einzuholen, wenn ein solcher vorhanden ist.
Es sind dies folgende Geschäfte:
a) der Verkauf von Gegenständen (Sachen und Rechten) vor
Abhaltung des allgemeinen Prüfungstermins (§ 138) und, wenn
vor dem Schlüsse dieses Termins ein Zwangsvergleich vor-
geschlagen ist , vor Erledigung des Vergleichsvorschlags ^ Die
Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn der Verkauf nicht ohne
oflFenbaren Nachteil für die Masse ausgesetzt werden kann oder
wenn er durch die Fortführung des von dem Gemeinschuldner be-
triebenen Geschäfts veranlafst ist (§ 133 Nr. 1)*;
b) das Verlangen der Erfüllung eines Rechtsgeschäfts des
Gemeinschuldners ^, das Anhängigmachen eines Pi*ozesses^, die
^ Nur ein Vergleichsvorschlag , der nicht nach § 175 unzulässig ist,
kommt in Betracht. Erledigt ist der Vergleichsvorschlag, wenn er von dem
Gerichte zurückgewiesen oder von der Gläubigerversammlung abgelehnt
worden ist.
' Ein „Ausverkauf dürfte nur dazu gehören, wenn er dem ordentlichen
Betrieb bei Fortführung des Geschäfts entspricht.
> Wie aus den Mot. S. 854 hervorgeht, handelt es sich nur um den Fall,
dafs der Verwalter die Erfüllung eines zweiseitigen, zur Zeit der Konkurs-
eröffnung von dem Gemeinschuldner und von dem anderen Teile nicht oder
nicht vollständig erfüllten Vertrags auf Rechnung der Gläubigerschaft erfüllen
und die Erfüllung von dem anderen Teile verlangen will (§ 17 und § 20 Abs. 2
Satz 2). Da die Erklärung des Verwalters, er wolle die Erfüllung verlangen,
eine Masseschuld erzengt (§ 59 Nr. 2), so soll er dazu die Genehmigung des
Gläubigerausschusses einholen. Die Erfüllung selbst bedarf der Genehmigung
nicht mehr, wenn das Verlangen der Erfüllung genehmigt worden ist. Zur
Ablehnung der Erfüllung ist keine Genehmigung erforderlich.
* Die Genehmigung ist einzuholen zu jedem Prozesse über die Aktiv-
masse, zu dessen Anhängigmachung (durch Klage, Widerklage, Mahnverfahren)
812 Siebentes Hauptstück.
AblehnuDg der Aufnahme eines Prozesses*,, die Schliefsung eines
Vergleichs* oder eines Schiedsvertrags', die Anerkennung eines
Aussonderungs- , Absonderungs- oder Masseanspruchs®, die Ein-
lösung eines Pfandstticks •, die Veräufserung einer Forderung*^,
der Verwalter die Initiative erp-eift. Zur Widerklage halten Fitting § 28
N. 24 und Endemann S. 475 die Genehmigung nicht für erforderlich, aus
dem formalistischen Grunde, dafs durch die Widerklage kein „Proiefs**,
sondern ein Anspruch anhängig gemacht werde. — Zweifelhaft ist, ob die Ge-
nehmigung auch erforderlich ist, wenn der Verwalter die Initiative zu einem
Prozesse über die Passivmasse ergreifen will. Es handelt sich um den
Fall, dafs der Verwalter in dem Prüfungstermine Widerspruch gegen eine
Forderung erhoben hat, für welche ein mit einer Vollstreckungsklausel ver-
sehener Schuldtitel, ein Endurteil oder ein Vollstreckungsbefehl vorliegt, weil
hier der Widerspruch von dem Verwalter zu verfolgen ht (§ 146 Abs. 6).
Über die verschiedenen Modalitäten der Verfolgung s, oben S. 274 Abs. 2. Ein
„Anhängigmachen'' eines Prozesses erfolgt strenggenommen nur, wenn der Ver-
walter zur Verfolgung seines Widerspruchs eine Wiederaufhahmeklage oder
eine Widerspruchsklage (§ 767 C.Pr.O.) erhebt; nicht, wenn er Einspruch, Be-
rufung oder Revision einlegt. Klammert man sich an den Wortlaut des Ge-
setzes, so wird man die Genehmigung bei der ersteren Art von Verfolgung
des Widerspruchs fordern, bei der zweiten nicht. Aber diese Wortinter-
pretation ist abzulehnen. Der Gedanke, der dem Gesetz zu Grunde liegt,
läuft darauf hinaus, dafs der Verwalter zu prozessualischer Initiative die
Genehmigung des Gläubigerausschusses einholen soll. A.M.: die Mot. 8. 354,
sowie Hullmann §§ 121, 122 N. 8, v. Sarwey u. Bossert § 121 N.5, Fitting
§ 23 rv 1 b, die das Erfordernis der Genehmigung auf Prozesse über die Aktiv-
masse beschränken. Die Aufnahme eines anhängigen Prozesses (§§ 10, 11 K.O.,
§ 13 Abs. 2 Anf.Ges.) bedarf der Genehmigung des Ausschusses nicht
^ Vgl. §§ 10, 11 K.O.; § 13 Abs. 2 Anf.Ges.
* Vgl. § 779 B.G.B. Zwischen einem aufsergerichtlichen und einem
gerichtlichen Vergleiche besteht hier kein Unterschied.
' Vgl. § 1025 C.Pr.O.
» Gemeint ist nicht blofs das gerichtliche Anerkenntnis (§ 306 C.Pr.0.),
sondern auch das aufsergerichtliche , und zwar nicht blofs ein formelles
Schuldanerkenntnis im Sinne des § 781 B.G.B. , sondern auch jedes formlose
Anerkenntnis der im Text bezeichneten Ansprüche, namentlich auch das An-
erkenntnis, welches in der Befriedigung des Anspruchs gelegen ist.
^ Unter „Pfandstück" ist hier nicht blofs eine bewegliche Sache oder
ein Recht, sondern jeder Gegenstand zu verstehen, an dem ein Absonderungs-
recht besteht. Vgl. Mot. S. 354. Der Sprachgebrauch des B.G.B., nach dem
unter Pfand nur bewegliche Sachen und Rechte zu verstehen sind, ist für die
Auslegung der aus der K.O. v. 1877 unverändert herübergenommenen Vor-
schrift nicht mafsgebend. — Über Ablösung von Absonderungsrechten
s. oben S. 102 Abs. 7.
*^ Unter Veräufserung ist hier nicht die Beitreibung der Forderung,
sondern nur die von der gewöhnlichen Art der Verwertung abweichende Ver-
§ 48. IV. Die Beteiligung des Gläubigerausschusses u. s. w. 313
wenn es sich in diesen Fällen um einen Wertgegenstand von mehr
als dreihundert Mark handelt" f§ 183 Nr. 2);
c) die Veräufserung " eines unbeweglichen Gegenstandes*'
aus freier Hand" (§ 134 Nr. 1);
d) die Veräufserung des Geschäfts oder des Warenlagers des
Gemeinschuldners im Ganzen (§ 134 Nr. 1)";
e) die Veräufserung des Rechts auf den Bezug wiederkehrender
Einkünfte" (§ 134 Nr. 1);
wertuug durch Verkauf oder Tausch oder Hingabe an Zahlungsstatt und wohl
auch durch Aufrechnung gegen die Forderung eines Konkursglftubigers zu ver-
stehen. Nicht die Wechselbegebung zum Zwecke der Einziehung, nicht die
Abtretung einer Forderung, zu der der Gemeinschnldner verpflichtet ist.
Vgl. Mot. S. 354 f. — Gleich der Veräufserung einer Forderung ist die Ver-
äufserung eines Anspruchs zu behandeln, der keine Forderung ist.
" Für die Schätzung sind die §§8 bis 9 C.Pr.0. beachtlich. Die
Schätzung steht dem Verwalter zu. Wird der Verwalter, weil er es unter-
liefs, die Genehmigung einzuholen, auf Schadensersatz belangt, so hat das
Gericht allerdings die Richtigkeit seiner Schätzung zu prüfen, aber nur von
dem Gesichtspunkte aus, ob den Verwalter ein Verschulden bei der Ab-
schätzung trifPt
" Unter Veräufserung ist hier nicht blofs das eigentliche Veräufserungs-
geschäft (z. B. die Auf lassung\ sondern auch der Vertrag zu verstehen, durch
den sich der Verwalter zur Veräufserung verpflichtet, da dieser Vertrag für
die Gläubigerschaft dieselbe wirtschaftliche Tragweite hat, wie die Ver-
äufserung selbst.
>' D. i. eines Gegenstandes, der in Ansehung der Zwangsvollstreckung
zu dem unbeweglichen Vermögen gehört; denn die Veräufserung durch den
Konkursverwalter ist ihrem Wesen nach Zwangsvollstreckung. Welche Gegen-
stände dazu gehören, ergiebt sich aus den §§ 864, 865 C.Pr.O.
1^ Zweifelhaft ist, ob Veräufserung aus freier Hand den Gegensatz
zur Veräufserung im Wege der Zwangsvollstreckung bedeutet (sodafs also
auch eine öffentliche Versteigerung, die nicht nach den Regeln der Zwangs-
vollstreckung erfolgt, der Genehmigung bedürftig ist), oder ob es den Gegen-
satz zu jeder öffentlichen Versteigerung bedeutet (sodafs also eine Ver-
steigerung der Genehmigung niemals bedürfte). Mit den Mot. S. 855 sprechen
sich V. Wilmowski § 122 § 2 und v. Sarwey u.Bossert § 122 N. 3 für die
erste, dagegen. Petersen u. Kleinfeiler §§ 121 bis 128 N. III, 1, Fitting
§ 23 N. 30 für die zweite Alternative aus. In § 1221 ß.G.B. ist jetzt der Aus-
druck „Verkauf aus freier Hand" in deutlichem Gegensatz zu Verkauf durch
Versteigerung gebraucht. Aber das kann für die Auslegung des aus der alten
K.O. übernommenen § 138 nicht wohl mafsgebend sein. Man wird sich bei
Wortauslegungen nicht ohne zwingenden Grund von den Motiven entfernen
dürfen.
1* Darunter fällt auch die -Veräufserung eines von mehreren Geschäften
oder Warenlagern. Wegen des Begriffs der Veräufserung s. 0. N. 12.
'« Z. B. einer Leibrente.
314 Siebentes Hanptstück.
f) die Aufnahme eines Darlehens (§ 134 Nr. 2);
g) die Übernahme einer fremden Verbindlichkeit (§ 1 34 Nr. 2) " ;
h) die Verpfändung eines zur Masse gehörenden Gegenstandes
(§ 134 Nr. 2)";
i) die Erstehung eines Grundstücks (§ 134 Nr. 2)**.
Die Genehmigung des Gläubigerausschusses zu den be-
zeichneten Handlungen kann durch einen Beschlufs der Gläubiger-
versammlung ersetzt werden, da diese das dem Ausschusse vor-
gesetzte Organ der Gläubigerschaft ist.
Ist kein Gläubigerausschufs bestellt, so hat der Verwalter zur
Vornahme der unter litt, a und b bezeichneten Handlungen keine
Genehmigung einzuholen, sondern kann sie selbständig vornehmen
(§ 133).
Dagegen hat der Verwalter zur Vornahme der unter litt c
bis i bezeichneten Handlungen, wenn kein Gläubigerausschufs be-
stellt ist, die Genehmigung einer Gläubigerversammlung ein-
zuholen (§ 134). Zu diesem Zwecke hat er die Berufung der
Gläubigerversammlung zu beantragen (vgl. § 93 Abs. 1 Satz 2).
Wegen der Tragweite der unter litt, a bis i bezeichneten
Handlungen hat der Verwalter vor der Beschlufsfassung des
Gläubigerausschusses oder der Gläubigerversammlung und in den
Fällen der litt, a, b, wenn ein Gläubigerausschufs nicht bestellt
ist, vor der Vornahme der Rechtshandlung dem Gemeinschuldner
von der beabsichtigten Mafsregel formlose Mitteilung zu machen,
insofern der Gemeinschuldner ohne Aufschub zu erlangen ist (§ 135
Abs. 1).
Der Gemeinschuldner kann, so lange die betreffende Rechts-
handlung noch nicht von der Gläubigerversammlung genehmigt ist,
bei dem Konkursgerichte beantragen , dafs dieses die Vornahme
" Vgl. die §§ 414 bis 417 B.G.B. Unter § 134 Nr. 2 K.O. fällt sowohl
die privative wie die kumulative Scbuldübemahme, sowohl die Schuld-
Übernahme durch Vertrag mit dem Gläubiger (§ 414 B.G.B.), als die Schuld-
Übernahme durch Vereinbarung mit dem Schuldner (§§ 415, 416 B.G.B.).
Ebenso auch die ErföUungsübemahme (§ 329 B.G.B).
'^ Unter Verpfandung ist hier nicht blofs die Verpfandung einer beweg-
lichen Sache oder eines Rechts (Verpfändung im Sinne des B.G.B.), sondern
auch die Bestellung einer Hypothek, einer Grundschuld und einer Renten-
schuld zu verstehen.
'® Erstehung eines Grundstücks ist der Vertrag, durch den der Verwalter
für ein Grundstück eine Gegenleistung aus der Masse giebt oder verspricht.
§ 48. ly. Die Beteiligimg des Gläubigerausschusses u. s. w. 315
der Handlung einstweilen untersage und zur Beschlufsfassung über
die Vornahme eine Gläubigerversammlung berufe (§ 135 Abs. 2).
Das Gericht hat nach freiem Ermessen über den Antrag zu ent-
scheiden. Es kann die Vornahme jeder der ad litt, a bis i angeführten
Handlungen untersagen, obgleich der Gläubigerausschufs die Ge-
nehmigung dazu schon erteilt hat. Bei jeder Untersagung mufs
das Gericht eine Gläubigerversammlung einberufen, auch wenn
eine der in § 133 aufgeführten Rechtshandlungen in Frage steht.
Die Gläubigerversammlung kann Ausschufsbeschlüsse umstofsen
und Beschlüsse fassen, die der Ausschufs zu fassen hätte, wenn
einer bestellt wäre.
Gegen den Beschlufs, der den Antrag des Gemeinschuldners
zurückweist, steht diesem, gegen den Beschlufs, der dem Antrage
stattgiebt, dem Verwalter die sofortige Beschwerde zu (arg. § 73
Abs. 3).
Die Vorschriften über die von dem Verwalter zu gewissen
Verwaltungs- und Verwertungshandlungen (§§ 133, 134) zu er-
holende Genehmigung des Gläubigerausschusses oder der Gläubiger-
versammlung, sowie die Vorschriften über die vor der Vornahme
solcher Handlungen dem Gemeinschuldner zu - machenden Mit-
teilungen (§ 135 Abs. 1) und über die vorläufige Untersuchung
der Vornahme solcher Handlungen durch Gerichtsbeschlufs (§ 135
Abs. 2) sind bedeutsam für das Verhältnis zwischen dem Ver-
walter einerseits und der Gläubigerschaft, den konkurrierenden
Gläubigern und dem Gemeinschuldner anderseits, aber nicht für
die Wirksamkeit einer Rechtshandlung des Verwalters gegenüber
einem Dritten (§ 136). Nimmt der Verwalter eine Rechts-
handlung, zu der er die Genehmigung des Gläubigerausschusses
oder der Gläubigerversammlung einholen sollte, ohne Einholung
der Genehmigung oder trotz Verweigerung der Genehmigung vor
oder nimmt er eine Rechtshandlung vor, ohne vorher dem Gemein-
schuldner die vom Gesetze gebotene Mitteilung gemacht zu haben,
oder obwohl sie auf Antrag des Gemeinschuldners vom Gericht
inhibiert worden ist, so verletzt er seine Pflichten gegenüber der
Gläubigerschaft, den konkurrierenden Gläubigern und dem Gemein-
schuldner und kann daher persönlich von diesen auf Schadens-
ersatz belangt werden, wenn ein Schaden entstanden ist; auch
kann der Verwalter wegen ordnungswidriger Geschäftsführung mit
einer Ordnungsstrafe belegt oder seines Amtes entlassen werden
(arg- §§82 bis 84). Aber dritten Personen gegenüber sind die
Handlungen des Verwalters ebenso wirksam, wie wenn er die Ge-
316 Siebentes Hauptstttck.
nehmigung eingeholt, dem Gemeinschuldner die gebotene Mit-
teilung gemacht und keinem gerichtlichen Beschlüsse zuwider ge-
handelt hätte «^
Daher braucht der Verwalter einem Dritten gegenüber die
Erteilung der Genehmigung nicht nachzuweisen. Macht der Ver-
walter einen Prozefs anhängig, so hängt seine Legitimation zur
Prozefsftihrung trotz den §§ 51, 56 C.Pr.O. nicht davon ab, dafs
er die nach § 133 Nr. 2 K.O. dazu erforderliche Genehmigung des
Gläubigerausschusses nachweist. Weder der Gegner noch das
Prozefsgericht kann seine Legitimation wegen Mangels der er-
forderlichen Genehmigung beanstanden'^.
Es kommt nicht darauf an, ob der Dritte den Mangel der
Genehmigung kannte oder nicht. Auch wenn er den Mangel
kannte, ist die Rechtshandlung des Verwalters und folglich auch
die damit in Verbindung stehende Handlung des Dritten (z. B.
dessen zur Eingehung des Vertrags erforderliche Willenserkljlrung)
wirksam.
Wenn die Rechtshandlung die Beifügung einer Bedingung
verträgt, kann sie der Verwalter unter der aufschiebenden Be-
dingung vornehmen, dafs der Gläubigerausschufs oder die Gläubiger-
versammlung die erforderliche Genehmigung erteilt; eine solche
Rechtshandlung ist wirksam oder unwirksam, je nachdem die Be-
dingung erfüllt wird oder ausfällt. Wird eine Rechtshandlung,
die keine Bedi9gung verträgt**, vom Verwalter unter der Be-
dingung der nachträglichen Erteilung der Genehmigung vor-
genommen, so ist sie unwirksam und erlangt auch durch die nach-
trägliche Genehmigung keine Wirksamkeit.
Hat der Gläubigerausschufs oder die Gläubigerversammlung
eine ohne Einholung der erforderlichen Genehmigung vorgenommene
Handlung des Verwalters nachträglich genehmigt, so entfällt jede
Schadensersatzpflicht des Verwalters nicht nur gegenüber der
Gläubigerschaft und den konkurrierenden Gläubigem, sondern
auch gegenüber dem Gemeinschuldner; auch kann nicht mehr
von der Verhängung einer Ordnungsstrafe gegen den Verwalter die
Rede sein.
•0 Vgl. hierzu die Mot. S. 356, die Komin.Prot. S. 90, 170 f.
" Vgl. R.G.Ent8ch. XX Nr. 22 S. 110.
^ So z. B. die Erklärung, dafs eine zur Masse gehörende, 300 ML über-
steigende Forderung gegen die Forderung eines Konkursgl&ubigers auf-
gerechnet werde, arg. § 888 Satz 2 B.G.B., oder die Auflassung eines zur
Masse gehörenden Grundstücks, arg. § 925 Abs. 2 B.G.B.
§ 48 IV. Die Beteiligung des Gläubigerausschusses u. s. w. 3X7
Der Gläubigerausschurs kann dem Verwalter die nach § 133
oder § 134 einzuholende Genehmigung allgemein erteilen, sodafs
der Verwalter zu den einzelnen Geschäften keine Genehmigung
einzuholen braucht". Ob ein solcher Beschlufs des Gläubiger-
ausschusses der von den Mitgliedern zu prästierenden Sorgfalt
entspricht, ist eine Frage für sich. Jedenfalls ist der Verwalter,
der auf einen solchen Beschlufs des Gläubigerausschusses hin ohne
Einholung einer speciellen Genehmigung handelt, nicht mehr für
die Unterlassung verantwortlich.
Auch die Gläubigerversammlung kann beschliefsen, dafs sie
dem Verwalter zu den im § 134 bezeichneten Handlungen die er-
forderliche Genehmigung allgemein erteile. Als das dem Gläubiger-
ausschufs übergeordnete Organ der Gläubigerschaft kann die
Gläubigerversammlung dem Verwalter auch, wenn ein Gläubiger-
ausschufs vorhanden ist und ihm daher die Genehmigung der in
§§ 133, 134 bezeichneten Handlungen zufällt, allgemeine Ge-
nehmigung erteilen.
Der Beschlufs der Gläubigerversammlung über Erteilung der
Genehmigung unterliegt dem Veto des Gerichts (§ 99); denn ein
solcher Beschlufs ist durch den Verwalter auszuführen. Der
Beschlufs der Versammlung, der die Genehmigung ablehnt, fällt
nicht unter das gerichtliche Veto, weil daran nichts auszuführen ist.
2. Über einige Angelegenheiten kann definitiv nur die
Gläubigerversammlung beschliefsen. Diese Angelegenheiten
können blofs provisorisch, d.i. bis zur Beschlufsfassung durch
die Gläubigerversammlung, von dem Verwalter und dem Gläubiger-
ausschusse geordnet werden.
Das sind folgende Angelegenheiten:
a) Die Bewilligung einer Unterstützung des Gemeinschuldners
und seiner Familie (§ 132).
Der Gemeinschuldner und seine Familie können nicht be-
anspruchen, dafs ihnen eine solche Unterstützung bewilligt werde.
Sie haben auch kein Mittel, um einen Beschlufs der Versammlung,
dafs nichts bewilligt werden soll, anzufechten. Aber solange die
Bewilligung erfolgt und nicht zurückgenommen, auch die Aus-
führung des Beschlusses nicht gemäfs § 99 untersagt worden ist,
steht dem Gemeinschuldner das Recht zu, die Auszahlung der
28 Vgl. die Mot. S. 356, v. Wilmowski § 121 N. 1, v. Vöiderndorff
§ 121 N. c.
318 Siebente» UauptstQck.
UüterstützuDg von dem Verwalter zu verlangen und nötigenfalls
im Prozefswege zu erzwingen'*.
Die Unterstützung des Gemeinschuldners kann so bemessen
werden, dafs sie auch seiner Familie zu gut kommt. Die Be-
willigung kann direkt an die Familie erfolgen, wenn der Gemein-
schuldner abwesend ist.- Ob im Nachlafskonkurs'^ an die Familie
des Erblassers eine Unterstützung bewilligt werden kann, ist nicht
zweifellos, weil in einem solchen Konkurse nicht der Erblassen
sondern der Erbe als Gemeinschuldner in Betracht kommf ; aber,
wenn die Versammlung eine solche Bewilligung beschliefst, so
dürfte der Beschlufs von dem Konkursgerichte nicht als ein aulser-
halb der Zuständigkeit der Versammlung gelegener zu beanstanden,
sondern höchstens auf Antrag nach § 99 zu inhibieren sein*^.
Die Gläubigerversammlung beschliefst über die Höhe der Unter-
stützung und über die Zahlungsmodalitäten.
Das Gericht kann die Ausführung des Beschlusses, der eine
Unterstützung bewilligt,* auf den in der Gläubigerversammlung ge-
stellten Antrag des Konkursverwalters oder eines überstimmten
Gläubigers untersagen, wenn es der Ansicht ist, dafs der Beschlufs
dem gemeinsamen Interesse der Konkursgläubiger widerspricht
(arg. § 99). Zur Herabsetzung oder Erhöhung der von der
Gläubigerversanimlung bewilligten Unterstützung ist das Gericht
unter keinen Umständen befugt.
In der Regel wird die erste Gläubigerversammlung über die
Frage, ob eine Unterstützung zu bewilligen sei, Beschlufs fassen.
Es kann aber vorkommen, dafs dies nicht geschieht; dann fällt die
Beschlufsfassung der späteren Versammlung zu.
Jede spätere Gläubigerversammlung kann darüber, ob eine
Unterstützung zu bewilligen sei, anders als die frühere beschliefsen ;
sie kann insbesondere die beschlossene Bewilligung mit rück-
wirkender Kraft zurücknehmen, soweit die Unterstützung noch
nicht ausbezahlt ist.
Die Gläubigerversammlung kann beschliefsen, die definitive
«* Vgl. o. 8. 244 Abs. 1. .
"^ Ist der Gremeinschuldner nach der Eröffnung des Konkurses gestorben,
so geht der Konkurs in einen Nachiafskonkurs über; vgl. o. 8. 69 Abs. 2,
S. 246 N. 19.
2« Vgl. 0. S. 74 Ziflf. 6 Abs. 3.
*' In den Mot. S. 350 ist die Bewilligung einer Unterstützung an die
Familie des verstorbenen Gemeinschuldners als zulässig erwähnt.
§ 48. IV. Die Beteiligung des Gläubigerausschusses u. s. w. 319
Entscheidung der Unterstützungsfrage dem Gläubigerausschusse
oder dem Verwalter zu übertragen*®.
Solange ein Beschlufs einer Gläubigerversammlung über die
Unterstützung nicht erfolgt ist, kann der Verwalter dem Gemein-
schuldner und der Familie desselben notdürftigen Unterhalt aus
der Konkursmasse gewähren.
Notdürftiger Unterhalt (vgl. § 1611 B.G.B.) ist derjenige
Unterhalt, welcher znr Bestreitung der notwendigsten Lebens-
bedürfiiisse eben noch ausreicht, etwa so, wie ihn die öffentliche
Annenpflege gewährt*'. Zum notdürftigen Unterhalte gehört eine
Wohnung; es kann dem Gemeinschuldner insbesondere gestattet
werden, in Räumen, die zur Konkursmasse gehören, zu ver-
bleiben •®. Bei der Frage, ob und in welcher Höhe dem Gemein-
schuldner Unterhalt zu gewähren sei, kommt natürlich auch seine
Erwerbsfähigkeit in Betracht.
Was oben S. 318 über die Unterstützung der Familie ge-
sagt wurde, findet hier entsprechende Anwendung.
Der Konkursverwalter kann zur Gewährung des notdürftigen
Unterhalts weder von dem Gerichte noch von dem Gläubiger-
ausschusse angehalten werden. Der Gemeinschuldner kann daher
weder bei dem Gerichte noch bei dem Ausschufs beantragen, dafs
ihm eine Unterstützung bewilligt werde.
Beabsichtigt der Verwalter dem Gemeinschuldner und seiner
Familie eine Unterstützung zu gewähren, so hat er die Genehmi-
gung des Gerichts oder des Gläubigerausschusses®^ einzuholen (§ 129
M Vgl. die Mot. S. 852, die übrigens nur die Möglichkeit der Übertragung
an den Giäubigerausschufs erwähnen.
» Vgl. die Mot. z. I. Entw. e. B.G.B. Bd. IV S. 698.
^ Nach § 149 Zw.V.G. sind bei der Zwangsvollstreckung durch Zwangs-
verwaltung dem Schuldner, der zur Zeit der Beschlagnahme auf dem Grund-
stücke wohnt, die für seinen Haushalt unentbehrlichen Bäume zu belassen,
solange der Schuldner und die Mitglieder seines Hausstandes das Grundstück
oder die Verwaltung nicht gefährden. Diese Vorschrift dürfte im Konkurs-
verfahren entsprechend anzuwenden sein, da die zur Konkursmasse ge-
hörenden Grundstücke durch die Konkurseröffnung in die Verwaltung des
Verwalters fallen.
•^ § 129 Abs. 2 spricht nur von einem von dem Gerichte bestellten
Gläubigerausschusse. Dabei hat man nur an den gewöhnlichen Verlauf der
Dinge gedacht, wonach die erste Gläubigerversammlung, die über die Be-
stellung eines Gläubigerausschusses zu beschliefsen hat (vgl. § 87X auch über die
Unterstützungsfrage beschliefst. Besteilt aber die erste Gläubigerversammlung
einen Gläubigerausschurs, ohne über die Unterstützungsfrage zu beschliefsen,
320 Siebentes Hauptstuck.
Abs. 2). Dabei müssen der Betrag und die Modalitäten der Verab-
reichung angegeben werden. Gegen den Beschlufs des Gerichts,
der die Genehmigung versagt, dürfte dem Verwalter als dem
Antragsteller die sofortige Beschwerde zustehen, nicht dem Ge-
meinschuldner, weil er kein Antragsrecht hat. Gegen den Beschlufs
des Gerichts, das die Genehmigung erteilt, findet keine Be-
schwerde statt •^ Gegen den Beschlufs des Gläubigerausschusses
giebt es kein Bechtsmittel, mag er auf Genehmigung oder auf Ver-
sagung lauten.
Hat das Gericht oder der Gläubigerausschufs auf Antrag des
Verwalters genehmigt, dafs dem Gemeinschuldner und seiner
Familie Unterhalt gewährt werde, so kann der Verwalter die Ge-
währung nicht aus eigener Macht, sondern nur mit Genehmigung
des Gerichts oder des Gläubigerausschusses rückgängig machen.
Gewährt der Verwalter dem Gemeinschuldner oder seiner
Familie Unterhalt, ohne die Genehmigung des Gerichts oder des
Gläubigerausschusses eingeholt zu haben, so thut er das auf seine
Verantwortlichkeit. Wird seine Handlung nicht nachträglich ge-
nehmigt, so kann er die betreffenden Ausgaben der Konkursmasse
nicht verrechnen.
Die von dem Verwalter ausgehende Bewilligung tritt aufser
Kraft, wenn die Gläubigerversammlung über die Unterstützungs-
frage einen Beschlufs fafst.
b) Die Schliefsung oder Fortführung des von dem Gemein-
schuldner zur Zeit der Konkurseröffnung betriebenen Geschäfts
(§ 132 Abs. 1). Unter „Geschäft" ist hier jede zu gewerblicher oder
kaufmännischer Thätigkeit dienende Einrichtung zu verstehen. Es
können mehrere selbständige Geschäfte vorhanden sein.
In der Regel wird die erste Gläubigerversammlung darüber,
ob das Geschäft zu schliefsen oder auf Rechnung der Gläubiger-
schaft fortzuführen sei, Beschlufs fassen. Es ist aber möglich, dafs
so kann der Verwalter mit Genehmigung des von der GläubigerTersammlung
bestellten Ausschusses dem Gemeinschuldner den notdürftigen Unterhalt ge-
währen. Die Genehmigung des Gerichts ist in diesem Falle weder neben
der Genehmigung des Ausschusses erforderlich, noch ohne die Genehmigung
des Ausschusses genügend. A. M.: v. Wilmowski § 118 N. 1 litt, b, der der
Ansicht ist, dafs in diesem Falle die Genehmigung des Gerichts, nicht die des
Ausschusses, erforderlich sei.
«* Die einzelnen konkurrierenden Gläubiger haben hier kein Beschwerde-
recht, weil der Antrag von dem Organe der Gläubigerschaft ausgeht
§ 48. lY. Die Beteiligungides Gl&vbigerausschusses u. s. w. 321
der BesohlttfB erst auf einer späteren Versammlung erfolgt. Hat
eine Gläubigerversammlung beschlossen, dafs das Geschäft zu-
nächst fortzuführen sei, so kann eine spätere Versammlung be-
schliefsen, dafs es zu schliefsen sei. Eine spätere Versammlung
kann die Wiedereröffnung des geschlossenen Geschäfts und dessen
Fortführung beschliersen. Die Ausführung eines Beschlusses, den
die Gläubigerversammlung über die Schliefsung oder die Fort-
führung des Geschäfts gefafst hat, kann auf Antrag des Konkurs-
verwalters oder eines überstimmten Gläubigers vom Konkursgerichte
nach Mafsgabe des § 99 untersagt werden.
Die Gläubigerversammlung kann auch beschliefsen, dafs dem
Gläubigerausschufs oder dem Konkursverwalter die Entscheidung
über die Schliefsung oder Fortführung des Geschäfts überlassen
werde **.
Solange die Gläubigerversammlung über die Schliefsung oder
Fortführung des Geschäfts nicht beschlossen hat, ist der Konkurs-
verwalter und, wenn ein Gläubigerausschufs bestellt ist®*, dieser
befugt, nach seinem Ermessen das Geschäft des Gemeinschuldners
oder eines von mehreren Geschäften zu schliefsen oder fortzuführen
(§ 129 Abs. 2).
Führt der Verwalter das Geschäft fort, obwohl der Gläubiger-
ausschufs oder die Gläubigerversammlung die Schliefsung beschlossen
haben,, so handelt er pflichtwidrig und ist sowohl der Gläubiger-
schaft als den einzelnen Gläubigern und dem Gemeinschuldner für
den Schaden haftbar, der durch die Fortführung des Geschäfts ent-
steht; aber die einzelnen in Fortführung des Geschäfts vor-
genommenen Rechtshandlungen des Verwalters, z. B. eine Waren-
bestellung, ein Engagement neuer Arbeitskräfte, die Miete eines
neuen Geschäftsraums u. s. w. , sind trotz dem Beschlüsse der
Gläubigerversammlung dritten Personen gegenüber wirksam; denn
die einzelnen Rechtshandlungen, die der Verwalter in Fortführung
des Geschäfts vornimmt, liegen im Bereiche der ihm zugewiesenen
Geschäfte, wenn auch die Entscheidung über die Schliefsung oder
Fortführung des Geschäfts ihm entzogen ist.
Ebenso verhält es sich mit Rechtshandlungen, die der Ver-
walter, entgegen einem auf Fortführung des Geschäfts lautenden
^ Vgl. die Mot. S. 352, wo aber nur die Überlassung der Entscheidung
an den Gläubigerausschufs erwähnt ist.
•* Vgl. hierzu S. 319 N. 31. Die Situation ist hier die gleiche, wie in dem
dort behandelten Falle.
Binding, Handbaoh IX 3: L. Seuffert, Konkuraprozersreoht. 21
322 Siebentes Hauptstück.
Beschlüsse des Gläubigerausschusses oder der Glftubigerversammlung,
zum Zwecke der Schliefsung des Geschäfts vornimmt. Die einzelnen
Handlungen, z. B. die Kündigung von Miet- und Dienstverträgen,
sind gegenüber Dritten wirksam.
Natürlich kann der Verwalter, der einem Beschlüsse des
Gläubigerausschusses oder der Gläubigerversammlung zuwider
handelt, von dem Konkursgericht als der Aufsichtsbehörde mit
Ordnungsstrafe belegt und entlassen werden (§§ 82 bis 84).
c) Die Modalitäten der Hinterlegung von Geldern, Wert-
papieren und Kostbarkeiten'^ und die Anlegung von Baargeld.
Die Gläubigerversammlung hat darüber zu beschliefsen, bei
welcher Stelle und unter welchen Bedingungen der Verwalter das
eingehende Geld, Wertpapiere und Kostbarkeiten zu hinterlegen
oder nutzbringend zur Verzinsung anzulegen hat (§ 132 Abs. 1).
Die Hinterlegung braucht nicht bei der gerichtlichen Hinterlegungs-
stelle zu geschehen; es kann die Hinterlegung bei einer Bank-
anstalt oder bei einem Bankier, überhaupt bei jedermann, angeordnet
werden'*. Auch in der Wahl der Anlagestelle und der Art der
Anlage hat die Versammlung völlige Freiheit des Entschlusses*^.
Solange die Gläubigerversammlung über die Hinterlegung und
über die Anlegung noch keinen Beschlufs gefafst hat, hat der
Gläubigerausschufs über die Hinterlegung der bezeichneten Gegen-
stände zu bestimmen (§ 129 Abs. 2 Satz 2). Ist kein Gläubiger-
ausschufs vorhanden'®, so hat das Gericht über die Hinterlegung
die notwendigen Anordnungen zu treffen, also die Hinterlegungs-
stelle und die Bedingungen zu bestimmen (§ 129 Abs. 2 Satz 1).
Über Anlegung von Bargeld kann weder der Gläubigerausschufs
noch das Gericht Anordnungen treflfen. Dadurch ist aber nicht
ausgeschlossen, dafs die Hinterlegung bei einer Stelle angeordnet
wird, die sog. Depositalzinsen bezahlt.
Die Gläubigerversammlung kann auch beschliefsen, dafs dem
Gläubigerausschufs oder dem Verwalter die Wahl der Hinter-
legungsstelle und der Anlegung überlassen werden soll.
Hinterlegungs- und Anlagegeschäfte, die der Konkursverwalter
entgegen den Beschlüssen der Gläubigerversammlung, des Gläubiger-
ausschusses oder entgegen einer gerichtlichen Anordnung vor-
«» Über diesen Begriff s. R.G.Entsch. XIII S. 26.
»8 Vgl. die Mot. S. 352 f., Komm.Prot. S. 88.
" Sie kann z. B. die Anlegung in Staatspapieren beschliefsen.
»3 Vgl. hierzu S. 319 N. 31 und S. 321 X. 34.
§ 48. IV. Die Beteiligung des GläubigerausschuBses u. s. w, 323
nimmt, sind gleichwohl wirksam. Was oben S. 315 Abs. 3 über
die Verpflichtung des Konkursverwalters zum Ersätze des durch
sein pflichtwidriges Handeln entstandenen Schadens gesagt worden
ist, findet hier entsprechende Anwendung.
3. Zur Entnahme von Geldern, Wertpapieren und Kostbar-
keiten von der Hinterlegungsstelle bedarf der Konkursverwalter
der Mitwirkung eines Mitgliedes des Gläubigerausschusses, wenn
ein solcher Ausschufs bestellt ist. Dies gilt sowohl, wenn Gelder etc.
direkt durch den Verwalter, als wenn sie indirekt, nämlich von
einem Dritten, erhoben werden, der von dem Verwalter eine An-
weisung auf die Hinterlegungsstelle erhalten hat.
Nach dem Gesetzestexte bedürfen Quittungen des Verwalters
über den Empfang von Geldern, Wertpapieren und Kostbarkeiten
von der Hinterlegungsstelle, und Anweisungen des Verwalters auf
die Hinterlegungsstelle zu ihrer Gültigkeit der Mitzeichnung eines
Mitgliedes des Gläubigerausschusses (§ 137). Offenbar ist dabei
vorausgesetzt, dafs die Hinterlegungsstelle ohne Quittung oder
schriftliche Anweisung nichts herausgiebt, was ja auch den that-
sächlichen Verhältnissen entspricht. Daher darf der Gesetzestext
nicht dahin verstanden werden, als ob der Verwalter nur zu
Quittungen und Anweisungen der Mitwirkung eines Aussschufs-
mitgliedes bedürfe, dagegen befugt sei, ohne Mitwirkung eines
Ausschufsmitgliedes Geld etc. von der Hinterlegungsstelle zu ent-
nehmen, wenn eine Quittung oder schriftliche Anweisung nicht
verlangt wird; vielmehr hängt die Wirksamkeit jeder Entnahme
von der Mitwirkung eines Mitgliedes des Gläubigerausschusses
ab. Für diese Mitwirkung ist eine ganz bestimmte Form vor-
geschrieben, nämlich die Mitzeichnung der Quittung oder der An-
weisung. Es genügt also nicht, wenn ein Mitglied des Gläubiger-
ausschusses in anderer Weise, etwa durch eine an den Verwalter
oder an die Hinterlegungsstelle adressierte Ermächtigung, sein
Einverständnis mit der Entnahme erklärt, sondern die Wirksam-
keit der Entnahme hängt der Gläubigerschaft gegenüber davon ab,
dafs zum Zeichen des Einverständnisses die Unterschrift des Aus-
schufsmitgliedes auf die Quittung oder auf die Anweisung gesetzt
wird, die der Verwalter ausgestellt hat. Hat ein Mitglied des
Gläubigerausschusses dem Verwalter Blankette zur beliebigen Be-
nutzung ausgehändigt, so kann der Verwalter durch Ausfüllung
der Blankette die Urkunde herstellen, deren Existenz die Wirk-
samkeit seiner Entnahme von der Hinterlegungsstelle bedingt. Ob
21*
324 Siebentes Hauptstück.
die Aushändigung solcher Blaokette nicht gegen die Verpflichtung
verstöfst, die im Verkehr erforderliche Sorgfalt zu beachten (vgl.
§ 89 K.O. mit § 276 Abs. 1 B.G.B.), ist einp Frage für sich.
Besonderer Erörterung bedarf der Fall der Entnahme durch
Anweisung. Darunter ist nicht blofs die Anweisung im Sinne
des § 783 B,Gr.B. zu verstehen, sondern auch die Anweisung zu
einer Zahlung, die in der Ausstellung eines auf die Hinterlegungs-
stelle gezogenen Wechsels liegt. Unwirksam ist nicht die ohne
Mitunterschrift eines Ausschufsmitgliedes erfolgte Ausstellung und
Begebung der Anweisung oder der Tratte an den Empfänger^
sondern nur die auf die Anweisung etc. erfolgte Leistung gegenüber
der Gläubigerschaft. Der Empfänger erwirbt aus der von dem Ver-
walter allein ausgestellten Anweisung oder aus solchem Wechsel alle
Rechte gegen die Gläubigerschaft, die aus der Anweisung für den
Anweisungsempfänger oder aus dem Wechsel für den Remittenten
gegen den Aussteller entstehen. Hat die Hinterlegungsstelle die
Anweisung angenommen (vgl. § 784 B.G.B.) oder die Tratte
acceptiert (Art. 21 W.O.), so hat der Anweisungsempfänger oder
Remittent gegen die Hinterlegungsstelle ein Recht auf die Lei-
stung. Aber die Hinterlegungsstelle ist gegenüber der Gläubiger-
schaft weder zur Annahme noch zur Leistung ohne vorgängige
Annahme der Anweisung oder des Wechsels berechtigt *^
Der Gläubigerausschufs kann beschliefsen, dafs ein bestimmtes
Ausschufsmitglied die Quittungen und Anweisungen des Ver-,
Walters mitzuunterzeichnen habe. Ist dieser Beschlufs der Hinter-
legungsstelle mitgeteilt, so genügt die Unterschrift eines anderen
Mitgliedes nicht. Ist aber derartiges nicht beschlossen oder der
Beschlufs der Hinterlegungsstelle nicht mitgeteilt worden, so ge-
nügt die Unterschrift eines beliebigen Ausschufsmitgliedes.
Die Gläubigerversammlung kann beschliefsen, dafs der Ver-
walter der Mitwirkung eines Mitgliedes des Gläubigerausschusses
zur Entnahme von Geld, Wertpapieren und Kostbarkeiten von der
Hinterlegungsstelle nicht bedürfe, also Quittungen und An-
weisungen allein ausstellen könne (§ 137). Der Beschlufs kann auch
dahiii gehen, dafs der Verwalter Quittungen und Anweisungen bis
zu einem gewissen Betrage allein ausstellen könne, bei. höheren
»» Vgl. hiezu die Mot. S. 853 und die K.Pr. S. 88, wo ausdrücklich er-
wähnt wurde, dafa sich die Vorschrift des § 124 des Entwurfs (=» § 137 der
neuen K.O). nicht auf den Verkehr des Verwalters mit dem Publikum, sondern
nur auf den Verkehr des Verwalters mit der Hinterlegungsstelle bezieht.
§ 48. IV. Die Beteiligung des Gläubigerausschusses u. s. w. 325
Beträgen aber der Mitunterschrift eines Ausschufsmitgliedes
bedürfe.
Der Beschlufs ist der Hinterlegungstelle von dem Verwalter
durch Mitteilung eines Auszugs aus dem Protokolle , das über die
Verhandlungen der Versammlung geführt wird, anzuzeigen.
Jeder Beschlufs, der die Mitwirkung des Gläubigerausschusses
beseitigt oder beschränkt, unterliegt den Vorschriften des § 99.
Ist kein Gläubigerausschufs bestellt, so ist der Verwalter
allein zur Entnahme von Geldern etc. von den Hinterlegungs-
geldern befugt.
Es ist Sache der Hinterlegungsstelle, sich zu erkundigen, ob
ein Gläubigerausschufs bestellt ist. Hat die Hinterlegungsstelle in
einem Konkurse, wo ein Gläubigerausschufs bestellt und der Ver-
walter nicht zur alleinigen Entnahme von der Gläubigerversamm-
lung ermächtigt worden ist, Geld, Wertpapiere oder Kostbarkeiten
dem Verwalter oder auf seine Anweisung einem Dritten aus-
gehändigt, ohne dafs ein Mitglied des Gläubigerausschusses die
Quittung oder die Anweisung mitunterzeichnet hat, so wird die
Hinterlegungsstelle durch die Leistung der Gläubigerschaft gegen-
über nicht von ihrer Leistungspflicht entlastet, kann also von
dieser auf nochmalige Leistung oder auf Schadensersatz belangt
werden. Soweit sich der von dem Verwalter ohne die erforder-
liche Mitwirkung eines Ausschufsmitgliedes entnommene Gegen-
stand in der Konkursmasse befindet oder zu Gunsten der Konkurs-
masse verwendet worden ist, sodafs die Konkursmasse dadurch
bereichert erscheint, kann die Hinterlegungsstelle dem Ansprüche
der (jläubigerschaft auf nochmalige Leistung mit einem Anspruch
auf Herausgabe der ungerechtfertigten Bereicherung entgegen-
treten. Wird von der Hinterlegungsstelle Schadensersatz be-
antragt, so verringert die Bereicherung der Konkursmasse den zu
ersetzenden Betrag.
Natürlich ist der Verwalter der Gläubigerschaft, den einzelnen
Gläubigem und dem Gemeinschuldner für den Schaden verant-
wortlich, der dadurch entsteht, dafs der Verwalter ohne die er-
forderliche Mitwirkung eines Mitgliedes des Gläubigerausschusses
Gelder etc. von der Hinterlegungstelle entnommen hat.
4. Der ersten Gläubigerversammlung hat der Konkursverwalter
über die Entstehung der Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners,
über die Lage der Sache, sowie über die bisher ergriifenen Mafs-
regeln zu berichten (§ 131).
326 Siebentes Hauptstück.
Der Bericht ist mündlich zu erstatten*®. Schriftliche Bericht-
erstattung ist nicht statthaft, wohl aber der mündliche Vortrag
im Anschlufs an ein von dem Verwalter entworfenes Schriftstück.
Sowohl der Konkursrichter wie jeder zur Teilnahme an der Ver-
sammlung berechtigte Gläubiger kann Fragen zur Aufklärung und
Ergänzung des Berichts stellen.
Der Bericht kann der Versammlung Anlafs geben, Direktiven
für das weitere Verhalten des Konkursverwalters bei der Ver-
waltung und Verwertung der Konkursmasse oder in Bezug auf
die Anfechtung von Rechtshandlungen zu beschliefsen *^
Die Gläubigerversammlung hat insbesondere zu beschliefsen,
in welcher Weise und in welchen Zeiträumen der Verwalter der
Gläubigerversammlung oder einem Gläubigerausschufs über die
Verwaltung und Verwertung der Masse weiteren Bericht erstatten
und Rechnung legen soll (§ 132 Abs. 2).
Kraft Gesetzes ist der Verwalter verpflichtet, bei Beendigung
seines Amtes und im Schlufstermine der Gläubigerversammlung
Schlufsrechnung zu legen (§§ 86, 162). Dafs der Verwalter die
Schlufsrechnung abzulegen hat, braucht daher nicht erst von einer
Gläubigerversammlung beschlossen zu werden. Dagegen ist ein
Beschlufs der Gläubigerversammlung nötig, um den Verwalter zu
einer Rechnungslegung vor der Schlufsrechnung zu verpflichten.
Die Gläubigerversammlung kann beschliefsen, dafs die Rechnung
der Gläubigerversammlung oder dafs sie dem Gläubigerausschufs
abzulegen sei.
§ 49.
Y. Das Umlageverfahren Im G^enossensehaf tskonkurse ^
1. Unter der Herrschaft des Gesetzes des Norddeutschen
Bundes, betr. die privatrechtliche Stellung der Erwerbs- und Wirt-
schaftsgenossenschaften, V. 4. Juli 1868 (B.G.Bl. S. 415), das auf
*o Vgl. Mot. 8. 351. Der Code de comm. art. 488, das franz. FailLGes.
V. 1838 art. 482 und die preufs. K.O. v. 1855 § 163 verlangen schriftHchen
Bericht.
*i Vgl. oben S. 170 Abs. 2.
* Vgl. Joel, Das Gesetz betr. die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossen-
schaften V. 1. Mai 1889, in den Ann. d. D. Reichs 1890, S. 418 ff.; L. Parisius
und H. Crüger , Das R.G. betr. die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften,
V. 1. Mai 1869, Kommentar, 2. Aufl., 1895; Maurer, Das R.G. betr. die
§ 49. V. Das Umlageyerfabren im Genossenschaftskonkurse. 327
Grund der Versailler Verträge in Baden, Stidhessen und Württem-
berg am 1. Januar 1871 und auf Grund des R.G., betr. die Einf.
des Ges. des Norddeutschen Bundes über die privatrechtliche
Stellung der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften etc., v.
23. Juni 1873, im Königreiche Bayern am 1. August 1873 als
Reichsgesetz in Kraft getreten ist, fand innerhalb des Genossen-
schaftskonkurses ein Umlageverfahren nicht statt. Nachdem im
Genossenschaftskonkurse der Schlufsverteilungsplan festgestellt
war, hatte der Vorstand der Genossenschaft eine Berechnung
(Verteilungsplan) anzufertigen, aus der sich ergab, wie viel jeder
Genossenschafter zur Befriedigung der Gläubiger wegen der im
Konkurse der Genossenschaft erlittenen Ausfälle beizutragen hatte
(§ 52 Abs. 1 Gen.Ges. v. 1868). Wurde die Zahlung der Beiträge
verweigert oder verzögert, so hatte der Vorstand den Verteilungs-
plan dem Konkursgerichte mit dem Antrag einzureichen, den
Verteilungsplan für vollstreckbar zu erklären (§ 52 Abs. 2 Gen.Ges.
V. 1868). Das Konkursgericht entschied nach Anhörung der Genossen-
schafter über den Antrag (vgl. die §§ 53, 54 Gen.Ges. v. 1868).
Der für vollstreckbar erklärte Plan wurde zur Einsicht der Ge-
nossenschafter offen gelegt und konnte von jedem Genossenschafter
durch eine gegen die übrigen Genossenschafter zu richtende Klage
angefochten werden (§§ 55, 56 Gen.Ges. v. 1868.) Der Vorstand
war zur Erhebung der von den Genossenschaftern zu erhebenden
Beiträge berechtigt und zur bestimmun gsmäfsigen Verwendung der-
selben, d. i. zur Auszahlung an die Gläubiger, verpflichtet (§ 58
Gen.Ges. v. 1868). War die Zwangsvollstreckung gegen einzelne
Genossenschafter fruchtlos, so hatte der Vorstand den dadurch ent-
standenen Ausfall in einem neuen Plan unter die übrigen Genossen-
schafter zu verteilen (§ 57 Gen.Ges. v. 1868). Auch während
dieses Verfahrens war jeder Genossenschaftsgläubiger befugt, wegen
des an seiner Forderung erlittenen Ausfalls alle Genossenschafter
solidarisch und mit ihrem ganzen Vermögen in Anspruch zu
nehmen (Recht des Einzelangriffs, vgl. §§ 13, 62 Gen.Ges. v. 1868).
Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften , erläutert, 2. Aufl., besorgt von
F. Birkenbihl, 1898; E. v. Lieb ig, Die Genossenschaft mit beschränkter
Haftung und ihre Behandlung im Konkurse, 1892. Die auf den Genossen-
schaftskonkurs bezüglichen Paragraphen des Genossenschaftsgesetzes v. 1889
sind auch abgedruckt und erläutert in den neueren Auflagen der Kommentare
zur K,0. von v. Wilmowski, Petersen u. Kleinfeller und v. Sarwey
u. Bessert. — Vgl. a. Cosack, Lehrb. d. Handelsrechts, 4. Aufl., § 125.
328 Siebentes Hauptstuck.
Dabei ist zu beachten, dafs das Gesetz v. 1868 nur GenosBenschaften
mit unbeschränkter Haftung kannte.
Das R.G., betr. die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften,
V. 1. Mai 1889 (R.G.Bl. S. 55) kennt drei Arten von Genossen-
schaften, nftmlich Genossenschaften mit unbeschränkter Haftpflicht,
Genossenschaften mit unbeschränkter Nachschufspflicht und Ge-
nossenschaften mit beschränkter Haftpflicht. Es hat das Umlagen-
verfahren in das Konkursverfahren über das Vermögen der
Genossenschaft verlegt und dem Konkursverwalter die Funktionen
übertragen, ^iie nach dem Gesetze v. 1868 im ümlageverfahren
dem Vorstande der Genossenschaft zustanden. Es hat den Einzel-
angriff bei den Genossenschaften mit unbeschränkter Nachschufs-
pflicht ganz ausgeschlossen und sowohl bei den Genossenschaften
mit unbeschränkter Haftung wie bei denen mit beschränkter Haftung
in erheblichem Mafse eingeschränkt.
Das R.G. V. 1. Mai 1889 wurde durch Art. 10 des Einf.Ges.
z. H.GB. V. 10. Mai 1897 in verschiedenen Punkten geändert. Die
sich auf das Umlageverfahren im Genossenschaftkonkurse be-
ziehenden Vorschriften sind von diesen Änderungen nicht betroffen.
Auf Grund der in Art. 13 des Einf.Ges. z. H.G.B. v. 10. Mai
1897 dem Reichskanzler erteilten Ermächtigung wurde das Genossen-
schaftsgesetz V. 1889 mit den Änderungen, die sich aus Art. 10
des cit. Einf.Ges. ergeben, unter fortlaufender Nummemfolge der
Paragraphen in dem R.G.Bl. v. 1898 Nr. 25 S. 810 bekannt gemacht^.
2. Da das Umlage verfahren nach dem jetzt geltenden Gesetze
einen Be^andteil des Konkursverfahrens über das Vermögen einer
Genossenschaft bildet, ist es in der Darstellung des deutschen
Konkursprozefsrechts zu behandeln.
Das Umlageverfahren gehört zu dem Verteilungsverfahren.
Das ergiebt sich aus folgenden Erwägungen.
Die Genossenschaft als solche (einerlei, ob man sie als
juristische Person oder als Gemeinschaft zur gesamten Hand be-
trachtet) ist berechtigt, Nachschüsse von den Genossenschaftern zu
verlangen. Die Nachschufspflicht der einzelnen Genossen besteht
der Genossenschaft gegenüber®. Die Ansprüche der Genossenschaft
gegen die einzelnen Genossen auf Leistung der Nachschüsse ge-
' In dieser neuen Redaktion ist das Gesetz im Folgenden citiert.
8 Vgl. Joel S. 428, Parisius S. 341 f.; abweichend: Maurer S. 460 f.
§ 49. y. Das Umlageverftihren im Genossenschaftskonkurse. 329
hdren zu dem bei der Eröffnung des Genossenschaftskonkurses vor-
handenen Vermögen der Genossenschaft. Diese Ansprüche werden,
wie andere zu dem Vermögen des Gemeinschuldners gehörende
Gegenstände, durch die Konkurseröffnung für die Konkursgläubiger
mit Beschlag belegt. Aus der Beschlagnahme entsteht für die
Konkursgläubiger ein Pfandrecht an den Ansprüchen der Genossen-
schaft gegen die Genossen auf Nachschufsleistung. Dieses Pfand-
recht können sie aber nicht als einzelne, sondern nur in ihrer
Gesamtheit als Gläubigerschaft verfolgen und verwerten. Die
Gläubigerschaft übt das ihr zustehende Pfandrecht durch ihr
Organ, den Konkursverwalter, aus. Folglich ist im Genossen-
schaftskonkurse der Konkursverwalter befugt, die Ansprüche der
Genossenschaft gegen die einzelnen Genossen auf Leistung der
Nachschüsse zu verwerten. Die Verwertung erfolgt hier wie bei
anderen Forderungen, die zur Konkursmasse gehören, durch die
Beitreibung der Forderungen gegen die Schuldner.
3. Der Umfang der Nachschufspflicht bemifst sich nach dem
Betrage, der notwendig ist, um die Ausfälle zu decken, die die
Gläubiger der Genossenschaft in dem Genossenschaftskonkurs er-
leiden (§ 105 Abs. 1 Gen.Ges.).
Zur Leistung der Nachschüsse verpflichtet sind bei allen Ge-
nossenschaften diejenigen Personen, welche zur Zeit der Eröffnung
des Genossenschaftskonkurses Mitglieder der Genossenschaft waren
(§ 105 Abs. 1 Gen.Ges.) und die früheren Genossen, welche innerhalb
der letzten sechs Monate vor der Konkurseröffnung aus der Genossen-
schaft ausgeschieden sind (arg. §§ 75, 76 Abs. 4 Gen.Ges.)*.
Besonderes gilt bei der Genossenschaft mit unbeschränkter Nach-
schufspflicht. Ist das Konkursverfahren über das Vermögen einer
solchen Genossenschaft eröffnet und die Befriedigung oder Sicher-
stellung der im Genossenschaftskonkurs unbefriedigt gebliebenen
Konkursgläubiger innerhalb dreier Monate nach dem Termin, in
dem die Nachschufsberechnung für vollstreckbar erklärt ist, nicht
erfolgt, so sind die zur Deckung der Ausfälle erforderlichen
^ Die Haftung desjenigen Genossen, der durch Übertragung seines Ge-
flchftftsgnthabens an einen Anderen ans der Genossenschaft ausgetreten ist,
während der Erwerber an seiner Stelle Genosse wird, ist subsidiär. Der auf
ihn ent&llende Betrag wird zunächst von dem Erwerber seines G^schäfts-
guthabens geschuldet; nur soweit dieser Erwerber unvermögend ist (vgl. die
folgende N. 5), haftet der ausgetretene Genosse für den primär von dem Er-
werber geschuldeten Beitrag; vgl. § 76 Abs. 4 Gen.Ges.
330 Siebentes Haaptstflck.
Beiträge von den innerhalb der letzten achtzehn Monate vor der
Eröffnung des Verfahrens ausgeschiedenen Genossen , welche nicht
schon in Gemäfsheit des § 75 oder des § 76 Gen.Ges. der Nach-
schufspflicht unterliegen, zur Konkursmasse zu leisten (§ 128
Gen.Ges.). Die Nachschufspflicht dieser Genossen ist subsidiär im
Verhältnisse zu der Nachschufspflicht der anderen.
Die Nachschüsse sind von den zu Nachschüssen Verpflichteten
nach Köpfen zu leisten, wenn nicht das Statut ein anderes Bei-
tragsverhältnis festsetzt (§ 105 Abs. 2 Gen.Ges.). Dies gilt auch,
wenn bei der Genossenschaft mit beschränkter Haftung ein Genosse
mehrere Geschäftsanteile erworben hat.
Beiträge, zu deren Leistung einzelne Nachschufspflichtige un-
vermögend* sind, werden auf die übrigen verteilt, und zwar wieder
nach Köpfen, vorbehaltlich anderer Bestimmung in den Statuten.
Zahlungen, die Genossen über die von ihnen geschuldeten Be-
träge hinaus leisten, sind ihnen, nachdem die Befriedigung der
Gläubiger erfolgt ist, aus den Nachschüssen zu erstatten (§ 105
Abs. 4 Gen.Ges.). Dadurch wird dem Genossen, welcher mehr ge-
zahlt hat, als er schuldet, ermöglicht, in dem Umlageverfahren selbst
Befriedigung für seine Regrefsforderung zu verlangen. Der Regrefs
gegen die einzelnen Genossen bleibt ihm unbenommen, wenn er im
Umlageverfahren nicht befriedigt wird.
Gegen den Anspruch der Genossenschaft auf Nachschufs-
leistung kann der Genosse eine Forderung an die Genossenschaft
nur aufrechnen, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen
er als Konkursgläubiger Befriedigung wegen der Forderung aus
den Nachschüssen zu beanspruchen hat (§ 105 Abs. 5 Gen.Ges.).
Wenn für die Aufrechnung die Vorschriften der §§ 53 bis 55 K.O.
gälten, so würde ein Genosse seine vor der Konkurseröffnung
entstandene Forderung an die Genossenschaft gegen deren Nach-
schufsforderung aufrechnen können*. Weil dadurch die Nach-
schufsberechnung des Konkursverwalters in unzweckmäfsiger Weise
^ Das Unvermögen braucht nicht durch fruchtlose Zwangsvollatreckung
festgestellt zu werden. Unvermögen liegt nicht blofs bei offenbarer Zahlungs-
unfähigkeit, sondern auch dann vor, wenn der Beitrag aus einem anderen
Grunde, z. B. wegen unbekannten Aufenthalts oder wegen Aufenthalts im
Auslande, nicht beizutreiben ist. Vgl. Paris ius § 98 N. 7 und Maurer
§ 98 N. 7.
« Vgl. o. S. 230 Ziff. 1.
§ 49. V. Das Umlageverfahren im Genossenschaftskonkurse. 331
gestört werden könnte '', schliefst das Gesetz die Aufrechnung einer
Genossenforderung gegen die Gesellschaft insolange aus, als nicht
feststeht, dafs der Genosse-Gläubiger als konkurrierender Konkurs-
gläubiger Befriedigung aus den vom Verwalter berechneten Nach-
schüssen verlangen kann. Um zu der Aufrechnung zu gelangen,
mufs also der Genosse-Gläubiger seine Forderung gegen die Ge-
nossenschaft vor allem im Konkurs anmelden (anders §53 K.O.!);
er mufs femer die Aufnahme seiner Forderung in das Schlufs-
verzeichnis erwirkt haben (vgl. § 151 bis 157, 162 K.O.). Gegen
den auf Grund einer Vorschufsberechnung (§§106, 113
Gen.Ges.) von dem Genossen zu zahlenden Nachschufs kann dieser
seine Forderung an die Genossenschaft überhaupt nicht auf-
rechnen. Erst wenn die Nachschufsberechnung auf Grund des
Schlufsverzeichnisses stattgefunden hat und sich aus dem Schlufs-
verzeichnisse ergiebt, dafs der Gläubiger-Genosse aus den berechneten
Nachschüssen selbst Befriedigung verlangen kann, ist die Aufrechnung
möglich. Dafs der Gläubiger-Genosse aus den Nachschüssen selbst
Befriedigung verlangen darf, kann sich aus deni Schlufsverzeichnisse
nur dann ergeben, wenn die Forderung des Gläubiger-Genossen fest-
gestellt oder mit einem vollstreckbaren Titel, einem Endurteil odfer
einem VoUstreckungsbefehl ausgestattet und in diesem Falle nicht
im Prozesse befangen ist. Denn, wenn die Forderung noch nicht fest-
gestellt oder als titulierte Forderung noch im Prozesse befangen ist, hat
der Genosse-Gläubiger höchstens Anspruch auf Zurückbehaltung
seines Anteils, nicht aber auf Befriedigung (arg. § 168 Nr. 1
K.O.). Der Anspruch auf Zurückbehaltung genügt aber nicht zur
Aufrechnung. Die Aufrechnung setzt ferner voraus, dafs gegen die
Forderung des Gläubiger-Genossen von Seite des Vorstandes der
Genossenschaft oder von Seite der Liquidatoren ein Widerspruch
im Piüfungstermine nicht erhoben oder der Widerspruch durch
nachträgliche Anerkennung oder rechtskräftiges Urteil beseitigt
ist ; denn solange dies nicht der Fall ist, hat der Gläubiger-Genosse
wiederum keinen Anspruch auf Befriedigung aus den Nachschüssen,
sondern nur einen Anspruch auf Zurückbehaltung seiner Anteile
(§115 Abs. 2 Gen.Ges.)».
^ Man denke insbesondere an den Fall, dafs der Genosse-Gläubiger seine
Forderung gegen die Genossenschaft, die er im Konkurse nicht angemeldet
bat, gegen eine Nachschufsforderung aufrechnen wollte.
^ Vgl. hierzu die Begr. des U. Entw. e. Gen.Ges., Drucksachen des
Reichst. 7. Leg.Per. IV. Sess. 1888/89 Nr. 98, S. 175; Parisius § 98 N. 10, 11.
382 Siebentes Haoptstüek.
Sind die besprochenen Voraussetzungen der Aufrechnung
gegeben, so steht der Aufrechnung der Umstand nicht entgegen, dafs
der Genosse die Forderung erst nach der Konkurseröflhung von
einem anderen Konkursgläubiger erworben hat*.
4. Innerhalb des Umlageverfahrens sind zu unterscheiden die
Vorschufsberechnung und die Nachschufsberechnun g.
Die Vorschufsberechnung erfolgt vor der Schlufsverteilung des
Konkursverfahrens, die Nachschufsberechnung, wenn mit dem Voll-
zuge der Schlufsverteilung begonnen ist. Die Nachschufsberechnung
ist Berichtigung und Ergänzung der Vorschufsberechnung.
Sowohl zu der Vorschufsberechnung wie zu der Nachschufs-
berechnung kann eine Zusatzberechnung nötig werden, wenn
infolge des Unvermögens einzelner Genossen der zur Deckung er-
forderliche Gesamtbetrag nicht erreicht wird oder die Berechnung
abgeändert werden mufs.
a) Vorschufsberechnung (§ 106 Gen.Ges.).
Nachdem der Konkursverwalter die von ihm angefertigte
Bilanz auf der Gerichtsschreiberei des Konkursgerichts nieder-
gelegt hat (§ 124 K.O.), hat er sofort zu berechnen, wie viel die
Genossen zur Deckung des in der Bilanz berechneten Fehlbetrags
vorschufs weise beizutragen haben (§ 106 Abs. 1 Gen.Ges.). Über
die Anfertigung der Bilanz s. o. S. 285 litt. c. Es liegt im Interesse
aller Beteiligten, dafs die Unterbilanz nicht zu niedrig angenommen
wird, denn, je mehr die angenommene Unterbilanz von dem Aus-
fall bei der Schlufsverteilung überschritten wird, desto gröfser ist
die Zeitversäumnis sowie die Schwierigkeit, in dem späteren Nach-
schufs verfahren die fehlenden Beträge einzuziehen. Aus einer zu
hoch angenommenen Unterbilanz erwächst für die Genossen
• Vgl. die in der vorigen Note cit. Begründung S. 175. A.M.: Joel
6. 628 und Parisius § 98 N. 11 g. E. wegen § 55 Nr. 2 K.O. Aber dabei
ist übersehen, dafs die ratio des § 55 Nr. 2 in dem angegebenen Falle nicht
zutrifft. Durch § 55 Nr. 2 soll verhütet werden, dafs ein Gl&ubiger durch
Aufrechnung der nach der Konkurseröfinung erworbenen Forderung die
anderen Gläubiger schädige. Wenn die Voraussetzungen des § 105 Abs. 5
Gen.Ge8. zutreffen, erleiden aber weder die anderen Gl&ubiger noch die andern
Genossen einen Schaden dadurch, dafs ein Gläubiger-Genosse die nach der
Konkurseröffnung erworbene Forderung eines anderen Konkursgiftubigers
aufrechnet. Denn es kann den anderen Gläubigem und Genossen absolut
einerlei sein, ob der Genosse-Glftubig'er seinen Beitrag einzahlt und Wieder
zurückerhält oder ob die Aufrechnung erfolgt. Dies gilt auch bei der Genossen-
schaft mit beschränkter Haftpflicht.
§ 49. y. Das ümlageveffA])r<t&' im Genossenschaftskonknrse. 333
höchste!)^ ein k].eiiier ZiDSverlußt, da sie zurückerhalten^ was zu-
viel ,eiqgezogen worden, ist?®. .
b) Zusatzberechnung zur VorschufsberechBung
(§119 Gen.Ges.). Eine solche. Berechnung wird erforderlich, wenn
infolge des .Unvermögens einzelner • Genossen zur Leistung von Bei-
trägen der zu deckende Gesamtbetrag nicht erreicht wird oder
wenn die Berechnung abzuändern ist. Die Berechnung ist ab-
zu^nd^rn, wenn die für vollstreckbar erklärte Yorschufsberechnung
im Wege der Klage mit Erfolg angefochten worden ist oder wenn
sich; die Berechnung aus einem dabei unterlaufenen Fehler als
unrichtig herausstellt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Gen.Ges.). Eine zu
niedrige Veranschlagung der Unterbilanz ist kein Grund, um eine
Zjisatzberecbnung vorzunehmen, da sich die Korrektur bei der*
Nachschufsberechnung ergiebt^^
Die Auf Stellung einer Zusatzberechnung ist solange zu wieder-
holein» bis der nach der Bilanz zu deckende Fehlbetrag eingezogen
oder die Leistungsfähigkeit aller Genossen erschöpft ist (§ 113"
Abs. 2)".
c) Nachschufsberechnung (§ 114 .Gen.Ges.).
Die Nachschufsberechnung ist vorzunehmen, wenn mit dem Voll- .
zuge der Schlufsverteilung (§ 161 K.O.) begonnen worden ist. Die
Nachschufsberechnung bildet eine Ergänzung und Berichtigung der
Yorschufsberechnung und der ds^zu etwa ergangenen • Zusatz^
berechnuugen. Der Konkursverwalter hat auf der Grundlage dea^
Schlufsverzeicbnisses zu berechnen, welcher Betrag zur Befriedigung
dQr im Sehlufsverzeichnisse berücksichtigten Konkursgläubiger nach
Abzug der. bei der Schlufsverteilung auf sie entfallenden Beträge
erforderlich ist (§ 113 Abs^ 1 mit § 10^ Gen.Ges.). Dabei ^ind
auch die Kosten des Umlageverfahrens zu berücksichtigen..
d) Zusatzberechnung zur Nachschufsberechnung
(§ lU Abs. 2 mit § 113 Gen.Ges.). Auch nach der Nachschufs-
berechnung kann sich herausstellen, dafs infolge Unvermögens
einzelner Genossen der umgelegte Betrag nicht erreicht wird, oder
dafs eine Abänderung der Berechnung infolge des auf die An-
fechtungsklage ergehenden Urteils oder aus anderen Giünden er-
forderlich ist. In einem solchem Falle hat der Konkursverwalter
»0 Vgl. die in Note 8 cit. Begründung S. 117.
" Vgl. die in Note 8 cit. Begründung S. 121.
" Vgl. Bericht d. Reichstagskommisaion v. 18. Mfirz 1889, Drucksachen
des Reichstags 7. Leg.Per. IV. Sess. 1888/89 Nr. 132, Zi£F. 49.
834 Siebentes Hanptstück.
wieder eine Zusatzberechnung (eventuell mehrere Zusatzberech-
nungen) vorzunehmen, bis der umgelegte Betrag eingezogen oder
die Leistungsfähigkeit der Genossen erschöpft ist.
Eine Unterart der Nachschufsberechnung ist die nur bei der
Genossenschaft mit unbeschränkter Nachschufspflicht vorkommende
Berechnung der Beiträge der innerhalb der letzten achtzehn
Monate vor der Eröffnung des Konkursverfahrens ausgeschiedenen
Genossen (vgl. § 128 Gen.Ges.). Da diese Ausgeschiedenen nur
subsidiär haften (s. o. S. 329 Ziff. 3 Abs. 3), so ist diese Berechnung
erst vorzunehmen, wenn nach Ablauf von drei Monaten nach dem
Termin, in welchem die Nachschufsberechnung für vollstreckbar
erklärt ist, die Befriedigung oder Sicherstellung der Konkars-
gläubiger noch nicht bewirkt ist (§ 128 mit § 129 Gen.Ges.). Durch
eine solche Nachschufsberechnung für die Ausgeschiedenen wird
die Einziehung der Nachschüsse von den in der Genossenschaft
verbliebenen oder nach § 75 oder § 76 Abs. 4 Gen.Ges. haftbar
gebliebenen Genossen nicht berührt. Aus den Nachschüssen, welche
von diesen noch eingehen, sind den Ausgeschiedenen die von
diesen erstatteten Beträge zurückzugewähren, sobald alle Konkurs-
gläubiger befriedigt sind (§ 130 Gen.Ges.).
5. In jeder Berechnung sind die sämtlichen Genossen, die
zur Beitragsleistung herangezogen werden (d. s. also die Mit-
glieder der Genossenschaft zur Zeit der Konkurseröffaung oder
ihre Rechtsnachfolger, ferner diejenigen ausgeschiedenen Genossen,
welche noch nachschufspflichtig sind) nach Namen, Stand und
Wohnort anzuführen ; auf sie sind die erforderlichen Beiträge nach
Mafsgabe ihrer Leistungspflicht (s. o. S. 330 Abs. 2) zu verteilen
(§ 106 Abs. 2 Satz 1, § 113 Abs. 1 Satz 2, § 114 Abs. 2, § 129
Abs. 2, 3 Gen.Ges.).
Bei der Vorschufsberechnung und bei einer Zusatzberechnung
zu einer solchen sind auch die vermutlich unvermögenden Ge-
nossen aufzuführen. Aber die Höhe der Beiträge ist so zu be-
messen, dafs durch ein vorauszusehendes Unvermögen einzelner
Genossen zur Leistung von Beiträgen ein Ausfall an dem zu
deckenden Gesamtbetrage nicht entsteht (§ 106 Abs. 2 Satz 2):
die umzulegende Summe ist also mit Rücksicht auf ein voraus-
zusehendes Unvermögen einzelner Genossen höher zu berechnen
als die Unterbilanz.
In die Nachschufsberechnung und in eine Zusatzberechnung
zu einer solchen sind die Genossen, deren Unvermögen zur Leistung
§ 49. y. Das Umlageverfohren im Genossenschaftskonkurse.' 385
von Beiträgen sich herausgestellt hat, nicht mehr aufzunehmen,
weil das vorhergehende Vorschu fsverfahren eine bestimmte Grund-
lage für die Zahlungsfähigkeit der Genossen bietet. Der Gesamt-
betrag ist bei dieser Berechnung nur entsprechend dem effektiven
Fehlbetrag zu berechnen (§ 114 Abs. 2 Gen.Ges.).
Bei der Berechnung der Nachschufspflicht der ausgeschiedenen
Genossen einer Gesellschaft mit unbeschränkter Nachschufspflicht
siud diejenigen Ausgeschiedenen, deren Unvermögen vorauszusehen
ist, nicht aufzunehmen (§ 129 Abs. 2 Gen.Ges.).
Bei der Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht können
die einzelnen Genossen nicht über ihre Haftsumme hinaus zu
Nachschüssen in Anspruch genommen werden (§ 141 Satz 1
Gen.Ges.). Der umzulegende Betrag beschränkt sich, auch wenn
der Fehlbetrag gröfser ist, auf die Summe aller Haftsummen.
6. Jede Berechnung ist von dem Konkursverwalter dem
Konkursgerichte mit dem Antrag einzureichen, die Berechnung für
vollstreckbar zu erklären (§ 106 Abs. 3 Satz 1, § 113 Abs. 1
Satz 2, § 114 Abs. 2, § 129 Abs. 3). Wird das Genossenschafts-
register nicht bei dem Konkursgerichte geführt ^^, so ist dem ersten
Antrage eine beglaubigte Abschrift des Statuts und der Liste der
Genossen beizufügen (§ 106 Abs. 3 Satz 2 Gen.Ges.).
Das Konkursgericht bestimmt zur Erklärung über die Be-
rechnung einen Termin, der nicht über zwei Wochen hinaus an-
beraumt werden darf (§ 107 Abs. 1 Satz 1, § 113 Abs. 1 Satz 2,
§ 114 Abs. 2, § 129 Abs. 3 Gen.Ges.). Würde das Gericht den Termin
weiter hinaus anberaumen, so stände allen Beteiligten die sofortige
Beschwerde zu (§ 73 Abs. 3 K.Ö.). Der Termin ist öffentlich be-
kannt zu machen; die in der Berechnung aufgeführten Genossen
sind besonders zu laden (§ 107 Abs. 1 Satz 2, § 113 Abs. 1 Satz 2,
§ 114 Abs. 2, § 129 Abs. 3 Gen.Ges.). Auf die öffentliche Bekannt-
machung findet § 76 K.O. Anwendung. Daraus folgt insbesondere,
dafs die öffentliche Bekanntmachung auch als Zustellung an die in
der Berechnung aufgeführten Genossen gilt, obwohl ihre besondere
Ladung vorgeschrieben ist (arg. § 76 Abs. 3 K.O.) **. Der einzelne
" Vgl. § 10 Gen.Ge8. mit § 71 K.O.
'* Zwar heifst es in § 76 Abs. 3: „auch wenn dieses Gesetz (d. i. die
K.O,) .... eine besondere Zustellung vorschreibt". Aber man wird die Vor-
schrift auf § 107 Abs. 1 Satz 2 Gen.Ges. entsprechend anwenden dürfen, weil
das Umlageverfahren ein Bestandteil des Konkursverfahrens ist. Vgl. Parisius
§ 100 N. 2 und R.G. 6. xMai 1896 in Beitr. z. E. d. D.E. XL S. 1159 ff.
336b SiebeDtas Hanptststtek^
GreB0866 kann alfio darauf, dafs ihm keine besondere- Ladung zu-
gestellt'ist,, keine Anfechtungsklage stützen. Die G^enessenschafite*
Organe, der Verwalter und die Mitglieder des Gl&ubigerausschusses
erhalten keine besondere Ladung ^^
In dem Termine sind der Vorstand oder die Liquidatoren und
der Aufsichtsrat der Genossenschaft, dann der Konkursverwalter
und der Gläubiger ausschufs und die beteiligten Genossen zu hören
(§108 Ab». 1, § HS Abs. 1 Satz 2, § 114 Abs. 2, § 129 Abs. 3
Gen.Ges.), Nicht die einzelnen Eonkursgläubiger ^ da sie in ihrer
Gesamtheit durch ihr Organ vertreten sind.
Von .denjenigen Personen, welche zu hören sind, können Ein-
wendungen gegen die Berechnung erhoben werd^i. Die Einwendungen
können alle bei der Berechnung in Betracht zu ziehende Punkte be-
treffen, alsOiZ. B. die Mitgliedschaft eines Genossen, die Haftung
eines ausgeschiedenen Genossen, die Weglassung eines Genossen,
die Nichtberücksichtigung des vorauszusehenden Unvermögens
eines Genossen bei der Vorschufsberechnung, die Aufnahme eines
unvermögenden Genossen bei der Nachschufsberechnung, die Richtig-
keit der Bilanz bei der Vorschufsberechnung, die Berechnung des
Fehlbetrags, den Verteilungsmodus etc.
IPber die Einwendungen findet nur eine summarische Vter-
handlung statt, weil die zu erlassende Entscheidung des Könkurs-
gerichts nur einen provisorischen Charakter hat. Das Gericht
kann von Amtswegen Ermittelungen anstellen (arg. § 75 K'.Oi);
aber es kann auch über illiquide Einwendungen hinwegschreiten *•.
Kann^ die Verhandlung nicht in einem Termine durchgeführt
werden, so ist ein Termin zur Fortsetzung det Verhandlung an-
zuberaumen (§ 228 C.Pr.O.) und zu verkünden.
Das Könkursgericht entscheidet über die erhobenen Ein-
wendungen durch Beschlufs, berichtigt, soweit erforderlich, die Be-
rechnung oder ordnet deren Berichtigung durch den Konkurs-
verwalter an und erklärt die Berechnung für vollstreckbar (§ 108
Abs. 2 Satz 1, § 113 Abs. 1 Satz 2,'§ 114 Abs. 2 Gen.Ges.). Eine
pure Zurückweisung des Antrags des Verwalters auf Vollstreck-
barkeitserklärung der Berechnung ist nicht möglich.
Die Entscheidung ist in dem Termin, in dem die Verhand-
lung stattfand, oder in einem sofort anzuberaumenden Termine,
welcher nicht über eine Woche hinaus angesetzt werden soll, zu
« Vgl. die in N. 8 cit. Begründung S. 118.
" Vgl. die in N. 8 cit. Begründung S. 118.
§ 49. V. Das Umlageverfahren im Genossenschaftskonkurse. 337
verkünden (§ 108 Abs. 2 Satz 2, § 113 Abs. 1 Satz 2, § 114 Abs. 2,
§ 129 Abs. 3 Gen.Ges.). Eine Zustellung des Beschlusses findet nicht
statt (arg. a contr. § 329 Abs. 3 C.Pr.O.). Die Berechnung ist
mit der sie für vollstreckbar erklärenden Entscheidung zur Ein-
sicht der Beteiligten auf der Gerichtsschreiberei niederzulegen
<§ 108 Abs. 2 Satz 3, § 113 Abs. 1 Satz 2, § 114 Abs. 2, § 129 Abs. 3
Gen.Ges.).
Gegen die Entscheidung findet kein Rechtsmittel statt (§ 108
Abs. 3, § 113 Abs. 1 Satz 2, § 114 Abs. 2, § 129 Abs. 3 Gen.Ges.),
weil sie durch die Anfechtungsklage angefochten werden kann.
Nachdem die Berechnung für vollstreckbar erklärt ist, hat
der Konkursverwalter ohne Verzug (= unverzüglich, vgl. § 121
B.G.B.) die Beiträge von den Genossen einzuziehen (§ 109
Abs. 1, § 113 Abs. 1 Satz 2, § 114 Abs. 2, § 129 Abs. 3 Gen.Ges.).
Die Zwangsvollstreckung gegen einen Genossen erfolgt nach
den Vorschriften der Civilprozefsordnung. Vollstreckungstitel ist
die vollstreckbare Ausfertigung der Entscheidung, die die Be-
rechnung für vollstreckbar erklärt, in Verbindung mit einem Aus-
zug aus der Berechnung (§ 109 Abs. 2, § 113 Abs. 1 Satz 2, § 114
Abs. 2, § 129 Abs. 8 Gen.Ges.). Die vollstreckbare Ausfertigung
samt dem Auszuge hat der Gerichtsschreiber des Konkursgerichts
zu erteilen (arg. § 724 Abs. 2 C.Pr.O.).
Ist auf der Seite des Schuldners eine Rechtsnachfolge ein-
getreten, so finden die Vorschriften der §§ 727 bis 731 C.Pr.O.
Anwendung.
Für die in den Fällen der §§ 731, 767, 768- C.Pr.O. zu er-
hebenden Klagen ist das Amtsgericht, bei dem das Konkursverfahren
anhängig ist, und, wenn der Streitgegenstand zur Zuständigkeit der
Amtsgerichte nicht gehört, das Landgericht ausschlief sl ich zuständig,
zu dessen Bezirke der Bezirk des Konkursgerichts gehört (§ 109
Abs. 3, § 113 Abs. 1 Satz 2, § 114 Abs. 2, § 129 Abs. 3 Gen.Ges.).
7. Jeder Genosse" ist befugt, die für vollstreckbar erklärte
Berechnung im Wege der Klage anzufechten. Die Klage ist gegen
den Konkursverwalter zu richten. Sie findet nur binnen der Not-
frist eines Monats seit der Verkündung der Entscheidung und nur
insoweit statt, als der Kläger den Anfechtungsgrund in dem
" Darunter ist hier wieder jede Person zu verstehen, die als jetziger
oder als früherer Genosse in der Berechnung als Vorschufs- oder Kachschufs-
verpflichteter aufgeführt ist.
Bind in g, HAndbuoh IX 8: L. Seuffart, Koakursprosefsreoht. 22
388 Siebentes HauptBtück,
Termine (§ 107 Gen.Ges.) geltend gemacht hat oder ohne sein Ver-
schulden geltend zu machen aufser stände war (§ 111 Abs. 1,
§ 118 Ab8. 1 Satz 2, § 114 Abs. 2, § 129 Abs. 3 Gen.Ge8.).
Die Klage ist keine Feststellungsklage im Sinne des § 256
C*Pr.O., sondern fällt unter die Kategorie der Klagen auf Rechts-
Änderung (sog. konstitutive Klagen)^®.
Sie kann nur auf einen Grund gestützt werden, den der
Kläger in dem Termine, der zur Erklärung über die Berechnung
bestimmt war, als Einwendung gegen die Berechnung vorgebracht hat.
Nur, wenn der Grund nach dem Termin entstanden oder wenn
er zur Zeit des Termins dem Genossen ohne sein Verschulden un-
bekannt war, kann er auch ohne vorherige Geltendmachung als
Anfechtungsgrund benutzt werden.
Die Klage kann nur im ordentlichen Prozefs erhoben werden,
da die Voraussetzungen der besonderen Prozefsarten nicht vorliegen.
Mehrere Genossen können als Streitgenossen klagen (arg. §§ 59^
60 C.Pr.O.). Jeder bei der Berechnung beteiligte Genosse kann
dem Kläger oder dem beklagten Verwalter als Nebenintervenient
beitreten, je nachdem der Sieg des einen oder des anderen seinen
Interessen entspricht (arg § 66 C.Pr.O.). Die Intervention kann
auch nach Ablauf der Notfrist des § 1 1 1 Abs. 1 Gen.Ges. erfolgen.
Für die Klage ist das Amtsgericht, welches die Berechnung
für vollstreckbar erklärt hat, ausschliefslich zuständig, und zwar
ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes. Die münd-
liche Verhandlung erfolgt nicht vor Ablauf der für die An-
fechtungsklage bestimmten Notfrist. Mehrere Anfechtungsklagen
sind, zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung zu ver--
binden (§ 112 Abs. 2, § 113 Abs. 1 Satz 2, § 114 Abs. 2, § 129
Abs. 3 Gen.Ges.; vgl. § 147 C.Pr.O.). Durch die Verbindung
werden die mehreren Kläger Streit genossen. Ob die Streit-
genossenschaft eine einfache Streitgenossenschaft oder eine notr
wendige im Sinne des § 62 C.Pr.O. ist, hängt von der Begründung
der Anfechtungsklagen ab. Soweit in mehreren Anfechtungsklagen
derselbe Anfechtungsgrund geltend gemacht wird, ist die Streit-
genossenschaft eine notwendige im Sinne des cit. Gesetzes, aufser-
dem nicht.
Übersteigt der Streitgegenstand eines Prozesses die sonst für
^® Über diese Kategorie von Kl(igen s. Wach, Handb. I S. 12; Oetker,
Grundbegr. I S. 57d ff.;Hellmann, Vorträge über das Bürgerliche Gesetsbuch,
AUgemeiner Teil, S. 196 f.
§ 49. V. Das Umlagevexfahren im Genossenschaftskonkurse. 339
die sachliche Zuständigkeit der Amtsgerichte geltende Summe",
so hat das Gericht, sofern eine Partei in einem- solchen Pro-
zesse vor der Verhandlung zur Hauptsache darauf anträgt^**,
dujTch Beschlufs die samtlichen Streitsachen an das Landgericht zu
verweisen, in dessen Bezirk es seinen Sitz hat*^ Gegen diesen
Beschlufs findet die sofortige Beschwerde statt. Die Notfrist be-
ginnt mit der Verkündung des Beschlusses (§ 112 Abs., § 113
Abs. 1 Satz 2, § 114 Abs. 2, § 129 Abs. 3 Gen.Ges.).
Ist der Beschlufs rechtskräftig (d. i. nach Ablauf der Notfrist,
arg, § 705 C.Pr.O,), so gelten die Streitsachen als bei dem Land-
gericht anhängig (§ 112 Abs. 3 Satz 1, § 113 Abs. 1 Satz 2,
§ 114 Abs. 2, § 129 Abs. 3 Gen»Ges.). Von Amtswegen wird aber eia
Verhandlungstermin nicht bestimmt. Jede Partei kann den Gegner
zur mündlichen Verhandlung laden. Sind mehrere Prozesse ve£-
buuden worden, so hat ein Kläger, der den Prozefs betreiben will,
nicht blofs den Verwalter, sondern auch die übrigen Kläger als
seine Streitgenossen zu laden (arg. § 63 C.Pr.O.). Die im. Ver-
fahren vor dem Amtsgericht erwachsenen Kosten werden ,. wie im
Falle des §, 506 C.Pr.O. , als Teil der landgerichtlichen Kosten
behandelt und gelten als Kosten der Instanz (§ 112 Abs. 3 Satz 2;
§ 113 Abs. 1 Satz 2, § 114 Abs. 2 Gen.Ges.).
Wena der Verweisungsbeschlufs rechtskräftig ist, so ist das
Landgericht auch für eine neue, nachträglich erhobene An-
fechtungsklage ausschliefslich zuständig^^. Dies ist insbesondere
vooj Bedeutung, wenn die neue Klage mit einem Antrag auf
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen den Ablauf der Not-
fcißt (§111 Abs. 1 Gen.Ges.) verbunden ist (vgl. § 238 Abs. 1
1» Zur Zeit 800 M., vgl. § 23 Nr. 1 G.V.G. — Der Wert des Streit-
gegenstandes ist nach dem Interesse zu berechnen, das der Kläger an der
Änderung der för vollstreckbar erklärten Berechnung hat.
^ Den Antrag auf Verweisung kann nur stellen, wer in einem Prozesse
Partei ist, dessen Streitgegenstand mehr als 800 M. beträgt. Dev Antrag kann<
nur in der mündlichen Verhandlung gesteUt werden, und zwar auch, wenn der
Gegner nicht erschienen ist. Übrigens kann gegen den nicht erschienenen Gegner
auch das Versäumnisurteil nach §§ 880, 881 C.Pr.O. beantragt werden, ohne
dafs die Befugnis verloren geht, in der Verhandlung über den Einspruch die
Verweisung vor das Landgericht zu verlangen; denn durch den zulässigen Ein-
spruch wird der Prozefs in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor Ein-
tritt der Versäumnis befand (§ 842 C.Pr.O.) ; vor Eintritt der Versäumnis konnte
aber der Antrag auf Verweisung gestellt werden.
" Vgl. § 506 Abs. 1 CPr.O.
«« Vgl. R G.Entsch. XXXII Nr. 108 S. 395 ff.
22*
840 Siebentes Hauptstück.
Satz 1 C.Pr.O.)* Der Restitutionsantrag und die Klage sind an
das Landgericht zu richten ; diesem, nicht dem Amtsgerichte, steht
die Entscheidung zu. Wenn die neue Klage bei dem Amtsgericht
erhoben wird, so hat dieses seine Unzuständigkeit durch Urteil
auszusprechen. Auf Antrag des Klägers ist allerdings in dem
Urteile der Rechtsstreit an das Landgericht zu verweisen (arg.
§ 505 C.Pr.O.); aber bei einer solchen Verweisung tritt die An-
hängigkeit des verwiesenen Rechtsstreits bei dem Landgericht erst
mit der Rechtskraft des durch Berufung anfechtbaren Urteils ein
(arg. § 505 Abs. 2 C.Pr.O.), und die im Verfahren vor dem Amts-
gericht erwachsenen Kosten werden nicht als Teil der bei dem
Landgericht erwachsenden Kosten behandelt.
Wird einer Anfechtungsklage stattgegeben, so hat das Gericht
die Änderung der für vollstreckbar erklärten Berechnung aus-
zusprechen. Die Änderung ergiebt stets den Anlafs zu einer
Zusatzberechnung (§ 113, 114 Abs. 2, § 129 Abs. 3 Gen.Ges.).
Das Prozefsgericht kann auf Antrag schon vor der Enl^
Scheidung über die Anfechtungsklage die in § 769 Abs. 1
C.Pr.O. bezeichneten Anordnungen über die Einstellung der
Zwangsvollstreckung gegen den Anfechtungskläger und über die
Aufhebung der erfolgten VoUstreckungsmafsregeln erlassen. In
dringenden Fällen kann das Vollstreckungsgericht eine solche An-
ordnung nach § 769 Abs. 2 C.Pr.O. erlassen. Das Prozefsgericht
kann nach § 770 C.Pr.O. in dem Urteile, durch das über die An-
fechtungsklage entschieden wird, solche Anordnungen erlassen oder
die bereits erlassenen Anordnungen aufheben, abändern oder be-
stätigen (§§ 112 Abs. 4, § 118 Abs. 1 Satz 2, § 114 Abs. 2, § 129
Abs. 3 Gen.Ges.).
8. Die bei der Vorschufsberechnung oder bei einer Zusatz-
berechnung zur Vorschufsberechnung eingezogenen Beträge sind
von dem Konkursverwalter bei der von der Gläubigerversammlung
bestimmten Stelle (§ 132 K.O.) zu hinterlegen oder anzulegen (§ HO,
§113 Abs. 1 Satz 2 Gen.Ges.) 2».
Über die Verteilung dieser und der auf Grund der Schlufs-
berechnung eingezogenen Beträge an die Konkursgläubiger s. unten
§ 51 Ziff. 8 (S. 373).
Die zur Befriedigung der Gläubiger nicht erforderlichen Über-
schüsse hat der Konkursverwalter nach Verhältnis der Höhe der
«« Vgl. oben S. 322.
§ 49. y. Das Umlageyerfahren im Genossenschaftekonkurse. 341
geleisteten Nachschüsse an die Genossen zurtlckzuzahlen (§ 115
Abs. 3, § 129 Abs. 8 Gen.Ges.).
Die Genossen können ihre Ansprüche auf Zurückzahlung
gegen den Verwalter als das Organ der Gläubigerschaft im Wege
des Civilprozesses verfolgen. Trifft den Verwalter persönlich ein
Verschulden, so können sie ihn auch persönlich auf Schadensersatz
belangen (arg. § 82 K.O.).
Achtes HauptstOck.
Die Beendigimg des Konknrsyerfahrens.
§ 50.
Allgemeines.
Die Beendigung des Konkursverfahrens geht parallel der Be-
endigung der Sonderzwangsvollstreckung (Specialexekution) für
einen Geldgläubiger.
Wie die Sonderzwangsvollstreckung für einen Geldgläubiger
regelmäfsig dadurch beendigt wird, dafs der bei der Zwangs-
vollstreckung durch Verwertung des gepfändeten oder beschlag-
nahmten Gegenstandes erzielte Geldbetrag dem die Vollstreckung
betreibenden Gläubiger zur vollständigen oder teilweisen Be-
friedigung seiner Forderung tibereignet wird, so endigt die
konkursmäfsige Gesamtzwangsvollstreckung (Generalexekution)
regelmäfsig dadurch, dafs der aus der Verwaltung und Ver-
wertung der für die Konkursgläubiger beschlagnahmten Konkurs-
masse erzielte Erlös unter die bei dem Konkursverfahren be-
teiligten Gläubiger nach Mafsgabe der Bangordnung und bei
gleicher Rangordnung nach Verhältnis ihrer Forderungen ver-
teilt wird. Die Verteilung des Erlöses ist das Ziel des Konkurs-
verfahrens. Ist dieses Ziel erreicht, so ist das Konkursverfahren
durchgeführt.
Hieraus ergiebt sich die Verteilung des Erlöses aus
der Konkursmasse als derjenige Thatbestand, welcher das durch-
geführte Konkursverfahren abschliefst.
§ 50. Beendigung des Konkursverfahrens. Allgemeines. 343
Die Durchführung der konkursmäfsigen Gesamtzwangs-
vollstreckung kann aber, wie die Durchführung einer Sonder-
zwangsvollstreckung, aus verschiedenen Gründen unterbleiben.
Gleichwie die Durchführung der Sonderzwangsvollstreckung
unterbleibt, wenn der sie betreibende Gläubiger auf die durch die
Pfändung oder Beschlagnahme erworbenen Rechte an den ge-
pfändeten oder beschlagnahmten Gegenständen verzichtet, so mufs
die Durchführung der konkursmäfsigen Gesamtzwangsvollstreckung
unterbleiben, wenn die Konkursgläubiger auf die ihnen durch die
Konkurseröffnung erworbenen Rechte an der Konkursmasse Verzicht
leisten.
Weil die Konkursgläubiger durch die Konkurseröffnung als
eine Gemeinschaft zur gesamten Hand konstituiert und organisiert
worden sind S so dafs die durch die Konkurseröffnung den Konkurs-
gläubigern erworbenen Rechte der Gemeinschaft (Gläubiger-
schaft) zustehen, kann der Verzicht auf die an der Konkursmasse
erworbenen Rechte von der Gemeinschaft als solcher ausgehen.
Wegen der Tragweite der Verzichtserklärung ist die Befugnis
dazu nicht den dienenden Organen der Gemeinschaft (Konkurs-
verwalter , Gläubigerausschufs) eingeräumt , sondern dem herr-
schenden Organe, das ist der Gläubigerversammlung, vorbehalten.
Die Gläubiger Versammlung hat aber nicht die Befugnis zu einem
bedingungslosen Verzichte, sondern sie ist nur befugt, auf die durch
die Konkurseröffnung den Konkursgläubigem erworbenen Rechte
gegen eine den Konkursgläubigem zu leistende Abfindung zu ver-
zichten, die ihrem Werte nach den aufzugebenden Rechten an-
nähernd entspricht. Daraus folgt, dafs der Verzicht, den die
Gläubigerversammlung beschliefst, der Bestätigung durch das
Konkursgericht bedarf; vor der Bestätigung hat das Konkurs-
gericht zu kognoszieren, ob die Voraussetzungen, unter denen ein
Verzicht durch Beschlufs der Gläubigerschaft erfolgen darf, vor-
handen sind.
Wird auf die durch die Konkurseröffnung erworbenen Rechte
an der Konkursmasse verzichtet, so kann das Konkursverfahren
nicht durchgeführt werden. Hiernach ergiebt sich als zweiter das
Konkursverfahren beendigender Thatbestand der von der Gläubiger-
versammlung beschlossene und von dem Konkursgerichte bestätigte
Verzicht der Gläubigerschaft auf die durch die Konkurseröffnung
erworbenen Rechte gegen eine den Konkursgläubigem zu leistende
» Vgl. oben S. 155 ff.
844 Achtes Hauptstück.
Abfindung. Dieser Thatbestand heifst Zwangsvergleich
(Accord, Konkordat).
Aufser den zwei angeführten das Konkursverfahren beendi-
genden Thatbeständen giebt es noch zwei andere Thatbestände,
welche die Durchführung des Konkursverfahrens verhindern.
Der eine dieser Thatbestände ist ein mit Zustimmung der
einzelnen Konkursgläubiger gestellter Antrag des Gemeinschuldners
auf Einstellung des Verfahrens. In der Zustimmung des einzelnen
Gläubigers zu dem Antrage des Gemeinschuldners auf Einstellung
des Verfahrens liegt die Erklärung, dafs der einzelne unter der
Bedingung, dafs die anderen Konkursgläubiger auch zustimmen,
auf die durch die Konkurseröffnung erworbenen Rechte verzichtet.
Wenn alle einzelnen Konkurs gläubiger verzichten, so löst sich die
Gläubigergemeinschaft auf, da diese Gemeinschaft nur in Ansehung der
durch die Konkurseröffnung erworbenen Bechte und zu dem Zwecke
der Realisierung dieser Rechte besteht. Der Verzicht des Einzelnen
kann gegen eine Gegenleistung, aber auch ohne solche erfolgen.
In dem einen wie in dem anderen Falle führt er zur Einstellung
des Verfahrens.
Der letzte Thatbestand, der die Durchführung des Konkurs-
verfahrens hindert, ist der sich nach der Konkurseröffnung heraus-
stellende Mangel einer den Kosten des Verfahrens entsprechenden
Konkursmasse. Ist keine solche Masse vorhanden, so ist die Er-
reichung des Konkurszwecks, das ist die Befriedigung der Konkurs-
gläubiger aus der Konkursmasse, thatsächlich nicht möglich. Das
Verfahren kann also nicht durchgeführt, es mufs eingestellt werden.
Von den vier angeführten, das Konkursverfahren beendigenden
Thatbeständen unterscheiden sich die zwei zuerst angeführten (die
Verteilung und der Zwangsvergleich) von den zwei zuletzt an-
geführten (dem Einstellungsantrage und dem Mangel genügender
Masse) dadurch, dafs jene Thatbestände eine, wenn auch nur teil-
weise, Befriedigung des Konkursgläubigers ergeben, während bei
den beiden anderen Thatbeständen eine Befriedigung der Konkurs-
gläubiger zufolge des Konkursverfahrens nicht erfolgt*. Die Unter-
scheidung kommt in der deutschen Konkursordnung auch in
formeller Beziehung zur Erscheinung. Das Gesetz heifst die Be-
' Natürlich kann die Zustimmung des einzelnen Konkursgläubigers zu
dem Einstelinngsantrage durch teilweise Befriedigung erkauft werden; aber
das ist ein Vorgang, der sich abseits vom Konkurs abspielt und für die Ein-
stellung nicht in Betracht kommt.
§ 51. 1. Die Verteilungen. 345
endigung des Konkursverfahrens durch Verteilung oder durch
Zwangsvergleich Aufhebung des Verfahrens, wogegen die Be-
endigung, welche zufolge des mit Zustimmung der Gläubiger ge-
stellten Antrags oder zufolge des Mangels entsprechender Masse ein-
tritt, Einstellung des Verfahrens genannt wird.
I. Die Aufhebung: des Konkursverfahrens nach der
Sehlufsvertellungr.
§ 51.
1. Die Yerteilungen.
1. Nach dem früheren gemeinen Recht fand regelmäfsig die
Verteilung (Distribution) erst statt, wenn die sämtlichen Liquiditäts-
und Prioritätsprozesse rechtskräftig erledigt und die Verwertung
der Konkursmasse beendigt waren ^ Mehrere Verteilungen konnten
ausnahmsweise vorkommen, wenn die Masse ganz oder teilweise
aus fortlaufenden Renten oder Einkünften bestand, oder wenn ein
einzelner Massebestandteil noch in einem langsichtigen Prozesse
befangen war*.
Die deutsche Konkursordnung steht auf einem anderen Stand-
punkt. Nach dem Vorbilde des französischen Rechts* und der
preufsischen Konkursordnung von 1855* gestattet sie, dafs schon
vor der Erledigung der Streitigkeiten über die angemeldeten
Forderungen und Vorrechte und vor der Beendigung der Verwertung
der Konkursmasse Verteilungen stattfinden, sobald und so oft
genügender Erlös in der Kasse der Gläubigerschaft vorhanden ist.
Hieraus ergeben sich verschiedene Arten von Verteilungen,
nämlich die Verteilungen, welche vor der Beendigung des Konkurs-
verfahrens stattfinden (Abschlagsverteilungen), die Ver-
teilung, mit welcher das Verfahren seinen regelmäfsigen Abschlufs
erreicht (dieSchluf^verteilung), und diejenigen Verteilungen,
welche unter besonderen Umständen zu der Schlufsverteilung als
» Vgl. Ludovici XHI. Cap., Claproth § 434, Dabelow S. 643,
Kori (2) § 117, Schweppe (2) § 141, Reinhardt §88, Bayer § 70, Fucha,
Concursverf. § 20.
8 Vgl. z. B. Claproth §§435, 438, Schweppe § 140, Bayer S. 197 f.,
Fuchs S. 122.
^ Code de comm. art. 558 bis 562, Faillitegesetz v. 1838 art 565 bis 569.
* §§ 239 &, 253.
846 Achtes Hanptstück.
Ergänzungen hinzutreten (Nachtrags Verteilungen). In
einem Konkurse giebt es nur eine Schlufsverteilung. Abschlags-,
Nachtragsverteilungen können in der Einzahl und in der Mehrzahl
vorkommen. Die Schlufsverteilung mufs erfolgen, wenn nicht der
Konkurs in anderer Weise erledigt wird. Abschlagsverteilungen
sind möglich, aber nicht notwendig. Nachtragsverteilungen müssen
erfolgen, wenn die Voraussetzung zu einer Ergänzung der Schlufs-
verteilung gegeben ist.
2. Für Abschlagsverteilungen und für die Schlufs-
verteilung gelten folgende Regeln:
a) Vor Abhaltung des allgemeinen Prüfungstermins kann keine
Verteilung stattfinden (§ 149), da sich erst aus den Verhandlungen
in diesem Termin ergiebt, welche Forderungen bei einer Ver-
teilung zu berücksichtigen sind.
b) Die Initiative zu einer Verteilung geht von dem Konkurs-
verwalter aus. Das Gesetz bestimmt, unter welchen Voraus-
setzungen der Verwalter zu einer Verteilung schreiten soll (§§ 149,
161, 166). Jeder einzelne Beteiligte sowie der Gläubigerausschufs
und die Gläubigerversammlung kann bei dem Konkursgericht
als der Aufsichtsbehörde (vgl. § 88) beantragen, dafs der Verwalter
aufgefordert werde, eine Verteilung vorzunehmen, weil die gesetz-
lichen Voraussetzungen dazu vorhanden seien; aber einen privat-
rechtlichen, im ordentlichen Prozesse verfolgbaren Anspruch gegen
den Verwalter auf Vornahme einör Verteilung haben die Konkurs-
gläubiger nicht ^. Das Gericht hat auf einen solchen Antrag
einen Bescheid zu geben; der Bescheid kann auf Abweisung des
Antrags lauten*, aber auch dahin, dafs der Verwalter aufgefordert
wird, die Initiative zu einer Verteilung zu ergreifen^. Weder
die Gläubigerversammlung noch der Gläubigerausschufs oder das
Konkursgericht kann mit Umgehung des Verwalters eine Ver-
teilung anordnen®. Wenn der Verwalter der Aufforderung des
Konkursgerichts nicht entsprechen sollte, so würde nichts übrig
» Vgl. R.G. 7. Febr. 1890 in Jur. W.Schr. S. 114 N. 13, Beitr. z. E. d. D.R.
XXXVI S. 1201, Bl. f. R.A. X E.B. S. 365.
* Dagegen steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu (arg.
§ 73 Abs. 3).
^ Vgl. die Mot 8. 378 f. — Dagegen steht dem Verwalter die sofortige
Beschwerde zu (arg. § 73 Abs. 2).
* Anders bei der Nachtragsverteilung. Eine solche Verteilung kann von
dem Konkursgerichte von Amtswegen oder auf Antrag angeordnet werden,
ohne Initiative des Verwalters.
§ 51. 1. Die Verteilungen. 847
bleiben, als den ungehorsamen Verwalter zu bestrafen, eventuell
ihn seines Amtes zu entsetzen (§ 84) und einen anderen Verwalter
zu bestellen, der die Verteilung unternimmt. Unterläfst der Ver-
walter pflichtwidrig die nach den Umständen angezeigte Initiative
zu einer Verteilung, so ist er persönlich den Beteiligten für den
daraus entstehenden Schaden verantwortlich (arg. § 82).
Ergreift der Verwalter die Initiative zu einer Verteilung, so
kann ihm aufser dem Gläubigerausschusse, dessen Genehmigung
erforderlich ist (s. u. litt, c), niemand entgegentreten. Dafs das
Gericht auf Antrag des Gemeinschuldners, der einen Zwangs-
vergleich vorgeschlagen hat, die Aussetzung einer Abschlags-
verteilung anordnen kann (§ 160), ist eine besondere, nicht über
diesen Specialfall ausdehnbare Bestimmung.
c) Zur Vornahme einer Verteilung hat der Verwalter, wenn
ein Gläubigerausschufs bestellt ist, dessen Genehmigung einzuholen
(§ 150). Um die Genehmigung zu erhalten, hat der Verwalter
dem Ausschusse die erforderlichen Mitteilungen zu machen. Ob
die Genehmigung vor oder nach der Einleitung des Verteilungs-
verfahrens erfolgt, ist einerlei.
Verweigert der Ausschufs die Genehmigung, so darf der Ver-
walter die beabsichtigte Verteilung nicht unternehmen. Eine Be-
schwerde gegen die Verweigerung der Genehmigung giebt es nicht.
Doch kann ein Beschlufs der Gläubigerversammlung, worin eine
vom Verwalter beabsichtigte Verteilung genehmigt wird, die Ge-
nehmigung des Ausschusses ersetzen; denn die Gläubiger-
versammlung ist das dem Ausschusse übergeordnete Organ der
Gläubigergemeinschaft. Folglich kann der Verwalter sich an die
Gläubigerversammlung wenden und deren Beschlufs über eine von
ihm beabsichtigte Verteilung extrahieren, wenn der Gläubiger-
ausschufs die Verteilung nicht genehmigt®.
Nähme der Verwalter ohne die erforderliche Genehmigung des
Gläubigerausschusses eine Verteilung vor, so würde das keine Ver-
teilung im Sinne der K.O., sondern eine gesetzwidrige Verwendung
der Konkursmasse sein, deretwegen der Verwalter der Gläubiger-
schaft ersatzpflichtig wäre. Nachträgliche Genehmigung könnte
aber die Verteilung zu einer gesetzlichen machen.
d) Die Verteilung erfolgt auf Grund eines von dem Konkurs-
» Vgl. Petersen u. Kleinfeller § 138 N. 2 Abs. 2, v. Sarwey
u. Bessert § 138 N. 1, Endemann S. 545. A.M.: v. Wilmowski § 138
N. 2, Oetker, Grundbegr. I S. 405 N. 3.
848 Achtes Hauptstück.
Verwalter anzufertigenden Verzeichnisses der bei der Verteilung zu
berücksichtigenden Forderungen (§ 151)***. Dieses Verzeichnis
samt den Berichtigungen und Nachträgen bildet die Unterlage der
Verteilung und hat insofern den Charakter einer prozessualischen
Feststellung, als nach Ablauf der zur Erhebung von Einwendungen
bestimmten Frist (§ 158) oder des dazu bestimmten Termins (§ 162)
das Verzeichnis nicht mehr angefochten werden kann. Forderungen,
die in dem Verzeichnisse nicht berücksichtigt sind, können nicht
mehr eingesetzt werden.
Das Verzeichnis ist im Anschlufs an die Konkurstabelle
(§§ 140 Abs. 2, 145, 146 Abs. 7) zu entwerfen. Die in der Tabelle
eingetragenen Ergebnisse der Prüfungsverhandlung nebst den Be-
richtigungen sind dabei zu berücksichtigen. In dem Verzeichnis
ist das Bangverhältnis der aufgenommenen Forderungen ersichtlich
zu machen. Es sind also die bevorrechtigten Forderungen nach
ihrer Bangklasse zu bezeichnen. Im Kachlafskonkurs ist ins-
besondere auch anzugeben, welche Forderungen als zurückgesetzte
Forderungen in Betracht kommen (vgl. § 226 und oben S. 64 ff.)*
Sind unter den in dem Verzeichnisse berücksichtigten Forde-
rungen solche, zu deren Befriedigung nicht die gesamte Konkurs-
masse, sondern nur gewisse Teile derselben zu verwenden sind^^,
so sind diese Forderungen von den anderen zu scheiden, und es
ist anzugeben, welcher Betrag von der verfügbaren Masse für die
eine oder die andere Gruppe verwendet werden soll.
In das Verzeichnis sind aufzunehmen:
a) Die im Prüfungstermin oder nachträglich festgestellten
Forderungen (arg. § 152). Im Prüfungstermine festgestellt ist die
Forderung, die weder von dem Verwalter noch von einem kon-
kurrierenden Gläubiger bestritten wurde. Die nur von dem Gemein-
schuldner bestrittene Forderung ist als festgestellte Forderung zu
behandeln. Nachträglich kann eine Forderung dadurch festgestellt
werden, dafs der Verwalter und die Gläubiger, welche als Op-
ponenten aufgetreten sind, ihren Widerspruch zurücknehmen oder
im Liquidationsprozesse durch rechtskräftiges Urteil überwunden
werden. Eine festgestellte Forderung ist auch dann in das
Teilungsverzeichnis aufzunehmen, wenn der Verwalter behauptet.
*^ Über die Verschiedenheit dieses Verzeichnisses von dem Teiiungs-
plane der preufs. K.O. y. 1855 und über die Gründe, die zur Beseitigung des
Teilungsplanes führten, s. die Mot. S. 370 bis 372.
" Vgl. o. S. 86 Abs. 4, 87 f., 225 Abs. 2.
§ 51. 1. Die Verteilungen. 349
dafs sie nach der Feststellung erloschen sei, so lange nicht durch
Klage nach § 767 C.Pr.O. ein das Erlöschen feststellendes rechts-
kräftiges Urteil vorliegt; denn im Verteilungsverfahren kann über
eine solche Einwendung des Verwalters nicht entschieden werden ^^ ;
ß) die im Prüfungstermine von dem Konkursverwalter oder
von einem konkurrierenden Konkursgläubiger bestrittenen und auch
nachträglich noch nicht festgestellten Forderungen, für welche ein
mit der Vollstreckungsklausel versehener Schuldtitel, ein Endurteil
oder ein Vollstreckungsbefehl vorliegt (arg. § 152, vgl. § 146
Abs. 6). Hat der Opponent zur Zeit der Verteilung die Aufhebung
der Vollstreckungsklausel oder des Titels bereits erwirkt, ohne dafs
jedoch über das Bestehen der Forderung rechtskräftig entschieden
ist*", so ist die Forderung wie eine nicht titulierte zu behandeln.
Eine als tituliert angemeldete Forderung, die noch nicht ge-
prüft ist, ist trotz dem vorliegenden Titel nicht in das Verzeichnis
aufzunehmen, weil noch nicht feststeht, dafs sie überhaupt zur
Prüfung und damit zum Konkurse zugelassen wird**;
y) die im Prüfungstermine von dem Konkursverwalter oder
von einem konkurrierenden Gläubiger bestrittenen Forderungen,
wenn dem Verwalter nachgewiesen ist, dafs und für welchen Betrag
von dem Liquidanten die Feststellungsklage (§ 146 Abs. 2) gegen
alle Opponenten erhoben oder die Feststellung durch Aufnahme
des Verfahrens in dem früher anhängigen Prozesse (§ 146 Abs. 3)
betrieben worden ist (arg. § 152). Der Nachweis, dafs die Fest-
stellungsklage gegen einen von mehreren Opponenten erhoben oder
dafs das Verfahren in dem anhängigen Prozesse gegen einen von
mehreren Opponenten aufgenommen worden ist, genügt nicht, weil
alle Opponenten im Prozesse besiegt werden müssen, um die Fest-
stellung zu erreichen**.
Der Nachweis des Betriebs der Feststellung ist zunächst dem
Verwalter zu führen, nicht dem Gerichte. Erst wenn es zu Ein-
wendungen gegen das Verzeichnis kommt, hat das Gericht zu
" Vgl. R.G JIntsch. XXI Nr. 64 S. 331 ff.
1» Vgl. 0. S. 275 N. 17.
1* Vgl. o. S. 252 N. 1 und S. 259 Ziff. 3.
« Vgl. Hullmann g 140 N. 5, Oetker, Grundbegr. I S. 512. A.M.:
V. Wilmowski § 140 N. 5, Petersen u. Kleinfeiler §§ 139 bis 145 N. II 2,
V. Sarwej u. Bosaert § 140 N. 6. — Man braucht blofs an die Möglichkeit
zu denken, dafs ein Opponent besiegt ist, während gegen den anderen die Fest-
stellung noch gar nicht betrieben ist, um die Unrichtigkeit der gegnerischen
Ansicht einzusehen.
350 Achtes Hauptstück.
prüfen, ob der Nachweis geführt ist. In der Regel wird der Nach-
weis durch Vorlegung der Klageschrift nebst der Zustellungs-
urkunde oder durch Vorlegung der Aufnahmeerklärnng (§ 250
C.Pr.O.) nebst der Zustellungsurkunde geführt werden; aber eine
andere Art der Nachweisung ist nicht ausgeschlossen;
d) Forderungen unter auflösender Bedingung sind, wenn sie
als solche festgestellt sind, in das Verzeichnis aufzunehmen (arg.
§ 66). Ist die Bedingung eingetreten, so ist die Forderung nicht
aufzunehmen. Bestreitet der Liquidant, dafs die Bedingung ein-
getreten sei, so kann er Einwendung gegen das Verzeichnis er-
heben ; dann hat das Konkursgericht durch Beschlufs zu entscheiden.
Der Verwalter hat den Eintritt der Bedingung zu beweisen.
Ist die Forderung bestritten, so finden die ad litt ß^ y ent-
wickelten Sätze entsprechende Anwendung;
e) Forderungen unter aufschiebender Bedingung, die als solche
festgestellt sind, werden verschieden behandelt, je nachdem eine
Abschlagsverteilung oder die Schlufsverteilung vorzunehmen ist;
vgl. unten S. 358 litt, c und S. 363 litt e.
Nach Eintritt der Bedingung ist die Forderung wie eine un-
bedingte zu behandeln.
Ist die Forderung bestritten, so finden auch die ad litt /9, y
entwickelten Sätze entsprechende Anwendung;
C) die Forderung eines Absonderungsberechtigten, der zugleich
Konkursgläubiger ist^®, ist in das Verzeichnis aufzunehmen, wenn
der Gläubiger auf sein Absonderungsrecht Verzicht geleistet hat
oder wenn der bei der abgesonderten Befriedigung erlittene Aus-
fall in bestimmter Höhe feststeht (arg. § 153 Abs. 1). Der Gläu-
biger hat dem Verwalter den Nachweis des Verzichts oder des
erlittenen Ausfalls zu führen. Wird der Verzicht nachgewiesen, so
ist die ganze Fordenmg, wird ein Ausfall nachgewiesen, so ist der
Betrag des Ausfalls in das Verzeichnis aufzunehmen.
Wird auf die abgesonderte Befriedigung nicht verzichtet und
steht auch noch kein Ausfall fest, so ist die Behandlung der
Forderung des Absonderungsberechtigten verschieden, je nachdem
eine Abschlagsverteilung oder die Schlufsverteilung vorzunehmen
ist Darüber s. unten S. 357 litt, b und S. 363 litt. d.
Auch bei der Konkursforderung eines Absonderungsberechtigten
kommt wieder in Betracht, ob sie festgestellt oder bestritten ist,
und, wenn sie bestritten ist, ob sie unter die Gruppe der titulierten
1« Vgl. o. S. 43 ff.
§ 51. 1. Die Verteilungen. 351:
*
Forderungen fällt oder nicht. Auf die bestrittene Forderung des
Absonderungsberechtigten finden die ad litt /?, / entwickelten Sätze
Anwendung ".
rj) Was unter litt, t über die Behandlung der Konkucs-
forderung eines Absonderungsberechtigten gesagt ist, findet ent-
sprechende Anwendung auf die Forderung eines Nachlafsgläubigers,
die im Konkurs über das Vermögen des unbeschränkt haftenden
Erben (oder wenn eine Ehefrau Erbin ist und. der Nachlafs zum
Gesamtgute des Mannes gehört: im Konkurse über das Vermögen-
des Ehemanns) angemeldet worden ist, wenn auch über den Nach-
lafs das Konkursverfahren eröffnet oder wenn eine Nacblafsverwal-
tung angeordnet ist (§ 234)".
Ebenso im Falle der fortgesetzten Gütergemeinschaft auf die
Forderung eines Gesamtgutsgläubigers, die im Konkurs über das
Vermögen des (unbeschränkt haftenden) überlebenden Ehegatten
angemeldet worden ist, wenn auch über das Gesamtgut das Kon-
kursverfahren eröffnet oder wenn eine Gesamtgutsverwaltung nach
Art der Nachlafsverwaltung angeordnet ist (arg. § 236 Satz 1)".
Die Forderung ist also in das Verzeichnis aufzunehmen, wenn
dem Verwalter nachgewiesen ist, dafs der Gläubiger darauf ver-
zichtet hat, seine Forderung auch im Nachlafskonkurse (oder im»
Gesamtgutskonkurse) geltend zu machen, oder dafs er in diesem
Konkurs einen Ausfall erlitten hat.
Ad litt, a bis r; : Für die Aufnahme einer Forderung in das
Teilungsverzeichnis macht es keinen Unterschied, ob der auf die»
Forderung entfallende Anteil ausbezahlt oder einstweilen zurück-
behalten wird.
e) Der Verwalter hat das Verzeichnis der bei der beabsich-
tigten Verteilung nach seiner Ansicht zu berücksichtigenden Forde*
rungen auf der Gerichtsschreiberei des Konkursgerichts zur Einsicht
der Beteiligten niederzulegen und die Summe der aufgenommenen
Forderungen sowie den zur Verteilung verfügbaren Massebestand
öffentlich bekannt zu machen (§ 151).
^'^ Z. B.: Es ist bestritten, dafs der Gemeinscbuldner für die nicht-
tituUerte Forderung des Abonderungsberechtigten auch persönlich hafte. Ob-
wohl feststeht, dafs der Absonderungsberechtigte bei der abgesonderten Be-
friedigung einen Ausfall in bestimmter Höhe erleidet, ist die Forderung nicht
in das Verzeichnis aufzunehmen, wenn die Feststellung nicht von dem Liqui-
danten betrieben worden ist
" VgL o. S. 46 Abs. 2, 3.
" Vgl. o. S, 47 Abs. 2.
352 Achtes Hauptotück.
Die Unterlassung der Niederlegung oder der öffentlichen Be-
kanntmachung hat zur Folge, dars der Verwalter den etwa benach-
teiligten Gläubigem zum Schadensersatze verpflichtet wird, und
dafs dasjenige, was einem Gläubiger rechtswidrig zugeteilt wor-
den ist, als ungerechtfertigte Bereicherung an die Konkursmasse
oder nach Beendigung des Konkurses an die benachteiligten
Gläubiger herauszugeben ist*®.
Die Niederlegung und die öffentliche Bekanntmachung dienen
zur Information der Gläubiger. Diesen ist Gelegenheit gegeben,
das Verzeichnis auf seine Richtigkeit zu prüfen, damit sie den
Verwalter zu Änderungen (§ 157) veranlassen oder Einwendungen
gegen das Verzeichnis bei Gericht erheben können (§§ 158, 162).
Mit der öffentlichen Bekanntmachung beginnt eine Ausschluis-
frist von zwei Wochen**. Die Frist beginnt mit dem Ablaufe des
zweiten Tages nach der Ausgabe des die EinrOckung enthaltenden
Blattes (arg. § 76 Abs. 1 Satz 2).
Innerhalb dieser Ausschlufsfrist kann folgendes geschehen:
a) Der Gläubiger einer bestrittenen, nicht titulierten Forderung
kann dem Konkursverwalter den Nachweis führen, dafs und für
welchen Betrag die Feststellungsklage erhoben oder das Verfahren
in dem früher anhängigen Prozefs aufgenommen ist (§ 152,
Satz 1);
ß) der Gläubiger, welcher eine abgesonderte Befriedigung be-
ansprucht hat, kann dem Verwalter nachweisen, dafs er auf die
abgesonderte Befriedigung verzichtet oder dafs er bei der abgeson-
derten Befriedigung einen Ausfall von bestimmter Höhe erlitten
hat (§ 153 Abs. 1 Satz 1) ;
y) in den oben S. 351 litt, d, tj bezeichneten Fällen kann der
Gläubiger in dem Konkurs über das Vermögen des Erben (bezw,
im Konkurs über das Vermögen des Ehemanns der Erbin) oder im
Konkurs über das Vermögen des überlebenden Ehegatten gegenüber
dem Konkursverwalter den Nachweis führen, dafs er darauf ver-
zichtet hat, seine Forderung in dem Nachlafskonkurs oder in dem
«0 Vgl. R.G. 24. Febr. 1890 in den Beitr. z. E. d. D.R. XXXTV S. 1205.
*^ Als gesetzliche Frist, deren Verlängerung im Gesetze nicht be-
sonders vorgesehen ist, kann die Frist nicht vom Gerichte verl&ngert werden
(arg. § 224 Abs. 2 CPr.O.). Verlängerung durch Vereinbarung der Parteien
(arg. § 224 Abs. 1 O.Pr.0.) ist nicht möglich, da keine Parteien im Sinne der
C.Pr.0. vorhanden sind. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nicht
zulässig, da die Frist keine Notfrist ist (arg. §§ 223 Abs. 3, 233 CPr.O.). Die
Gerichtsferien haben auf den Lauf der Frist keinen EinfluTs (arg. § 204 G.V.G.).
§ 51. 1. Die VerteUungen. 858
Gesamtgutskonkurse geltend zu machen, oder dafs er in diesem Kon-
kurs einen Ausfall von bestimmter Höhe erlitten hat (arg. § 284
Abs. 1 mit § 158, dann § 286 Satz 1).
d) Der Gläubiger einer aufschiebend bedingten Forderung kann
dem Konkursverwalter den Eintritt der Bedingung nachweisen
(arg. § 154 Abs. 2).
Ad litt, a bis d: Auf Grund der innerhalb der Ausschluls-
frist geführten Nachweisungen können die bezeichneten Gläubiger
von dem Verwalter die Aufnahme in das Verzeichnis verlangen.
Der Verwalter hat binnen einer gesetzlichen Frist von drei Tagen
nach dem Ablaufe der Ausschlufsfrist (§ 152) die erforderlichen
Zusätze und die sich daraus ergebenden Änderungen des Verzeich-
nisses zu bewirken (§ 157). Eine Änderung nach Ablauf der drei-
tägigen Frist wäre ungesetzlich und könnte daher von jedem be-
teiligten Gläubiger durch Einwendung gegen das Verzeichnis
angefochten werden'*. Die Änderungen werden den Gläubigem
nicht zugestellt, sondern in dem auf der Gerichtsschreiberei
liegenden Verzeichnisse vermerkt. Die Beteiligten können sich
durch Einsicht dieses Verzeichnisses vergewissem, ob die verlangte
Ändemng vorgenommen ist. Ist sie nicht vorgenommen, so können
sie durch Einwendung gegen das Verzeichnis die Kognition des
Konkursgerichts provozieren. Derselbe Weg steht den anderen Be-
teiligten zur Bekämpfung einer vorgenommenen Änderung offen.
Der Ablauf der Ausschlufsfrist bewirkt die Präklusion der in
litt, a bis d behandelten Nachweisungen und der darauf zu stützen-
den Abänderungsanträge (arg. §§ 152 Satz 2, 158 Abs. 1 Satz 2,
154 Abs. 2). Der Verwalter darf einen auf eine verspätete Nach-
weisung gestützten Ändemngsantrag nicht berücksichtigen. Thäte
er das dennoch, so könnte die Ändemng aus dem Gmnde der Prä-
klusion auf dem Wege der Einwendung gegen das Verzeichnis be-
kämpft werden.
Andere Änderungen des Verzeichnisses als diejenigen, welche
sich auf Grund der innerhalb der Ausschlufsfrist zulässigen Nach-
weisungen (vgl. §§ 152 bis 155) ergeben, darf der Konkursverwalter
überhaupt nicht vomehmen, auch wenn sie innerhalb der Aus-
>* Nach der Ansicht von v. Wilmowski § 145 N. 1 Abs. 8 soU eine
spätere Änderung nicht zu berücksichtigen sein. Wenn damit gesagt sein soll,
dafs die spätere Änderung von Amtswegen zu streichen sei, so ist das un-
richtig; denn das Konkursgericht hat keine Kognition über die Richtigkeit
des Verzeichnisses, ohne da£s eine Einwendung erhoben ist,
B i n d i n g , Handbuch IX8:L. Seuffert, KonkursproieCBreeht . 23
354 Achtes Hanptstück.
schlufefrist beantragt sind. Er darf insbesondere keine Forderung
aus dem Verzeichnisse streichen ••. Würde der Verwalter eine un-
gesetzliche Korrektur vornehmen, so könnte dagegen Einwendung
beim Konkursgerichte erhoben werden.
f) Gegen das Verzeichnis, wie es sich auf Grund der etwaigen
Änderungen gestaltet können Einwendungen bei dem Konkursgericht
erhoben werden (§§ 158, 162).
Zur Erhebung von Einwendungen ist nur ein Konkursgläubiger
befugt, dessen Forderung bereits geprüft und bei der Prüfung nicht
zurückgewiesen worden ist'^. Ob die Zulassung bedingt oder un-
bedingt erfolgte, ist gleich.
Von den hiemach in abstracto zu Einwendungen befugten
Konkursgläubigern ist in concreto nur derjenige zur Erhebung
einer Einwendung befugt, welcher ein vermögensrechtliches Interesse
daran hat , dafs das Verzeichnis in dem von der Einwendung be-
troffenen Punkt abgeändert werde. Dieses Interesse ist vorhanden,
wenn der Gläubiger durch die Einwendung die Berücksichtigung seiner
in das Verzeichnis nicht aufgenommenen Forderung oder die Berück-
sichtigung seiner Forderung in einer besseren Rangklasse oder,
falls nicht alle Konkursgläubiger aus der ganzen Masse be-
friedigt werden sollen **, in einer anderen Gruppe erstrebt ; femer
aber auch, wenn die Einwendung verlangt, dafs eine andere
Forderung, die in dem Verzeichnisse vor oder mit der Forderung
des Einwendenden lociert ist, eliminiert oder an schlechterer Stelle
eingesetzt werden soll.
Dagegen ist ein an besserer Stelle eingesetzter Gläubiger
nicht legitimiert, die Berücksichtigung einer Forderung zu bekämpfen,
die an schlechterer Stelle eingesetzt ist; denn daran hat er kein
vermögensrechtliches Interesse.
» A.M.: Petersen u. Kleinfeller §§ 1S9 bis 145 N. lU 3, welche es
far zalässig erachten, dafs der Verwalter eine in das nrsprfingliche Yer-
xeichnis aufgenommene Forderung streiche, wenn die erforderliche Nach-
weisong nicht rechtieitig geliefert ist Aber, wenn dies der Fall ist, hätte
die Forderang nicht in das ursprüngliche Verzeichnis eingesetzt werden
sollen, und die Korrektur eines solchen Versehens ist wohl nur durch Einwen-
dungen zu erreichen.
** Ein Gläubiger, dessen Forderung noch nicht angemeldet oder noch
nicht geprüft ist, hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung in d«n Ver-
zeichnisse; vgL o. S. 252 N. 1, 8. 849 litt ß Abs. 2. Folglich ist er auch nichl
legitimiert das Verzeichnis anzufechten,
» Vgl. o. 8. 86 Abs. 4, S. 87 f., S. 225 Abs. 2, S. 348 Abs. 3.
§ 51. 1. Die Verteilungen. 355
Eine Einwendung kann nur darauf gestützt werden, dafs der
Verwalter die für die Anfertigung und Ergänzung des Verzeichnisses
mafsgebenden gesetzlichen Vorschriften verletzt habe; also z. B.
darauf, dafs der Verwalter die Forderung des Einwendenden nicht
berücksichtigt habe, obwohl dieselbe nach den Vorschriften der §§ 152
bis 155 zu berücksichtigen gewesen wäre; oder darauf, dafs der Ver-
walter die Forderung eines Konkurrenten berücksichtigt habe, ob-
wohl sie nach diesen Vorschriften nicht zu berücksichtigen wäre;
oder darauf, dafs die gesetzlichen Vorschriften über die Bang-
verhältnisse (§§ 61, 224) verletzt worden seien. Dagegen kann eine
Einwendung nicht darauf gestützt werden, dafs nach Ablauf der
Ausschlufsfrist die zur Berücksichtigung einer Forderung erforder-
lichen Nachweise erbracht seien. Natürlich ist jede Anfechtung der
im Prüfungstermin oder nachträglich erfolgten Feststellungen
in diesem Verfahren ausgeschlossen.
Nicht zur Erhebung von Einwendungen befugt sind die Masse-
gläubiger und der Gemeinschuldner. Jene nicht, weil sie abseits
von den Verteilungen zu befriedigen sind**; dieser nicht, weil er
die Beteiligung eines Gläubigers am Konkurs überhaupt nicht be-
kämpfen kann^"^.
Über die vorgebrachten Einwendungen entscheidet das Konkurs-
gericht (§§ 158 Abs. 2 Satz 1, 162 Abs. 2). Vor der Entscheidung
können diejenigen Gläubiger, deren Interesse von den Einwen-
dungen berührt wird, sowie der Verwalter schriftlich oder mündlich
gehört werden. Das Gericht kann zur Aufklärung Ermittelungen
anordnen (arg. § 75). Bei der Entscheidung hat das Gericht zu-
vörderst zu prüfen, ob die Einwendung ordnungmäfsig, insbesondere
rechtzeitig (vgl. §§ 158 Abs. 1, 162), erhoben, dann, ob der Ein-
wendende zu der Einwendung legitimiert, endlich, ob die Einwendung
begründet ist. Die Entscheidung ergeht, wie jede Entscheidung
des Konkursgerichts, in Beschlufsform. Wird die Einwendung zu-
rückgewiesen, so ist die Entscheidung dem Einwendenden zuzustellen;
ihm steht die sofortige Beschwerde zu (arg. § 73 Abs. 3). Wird
der Einwendung stattgegeben, also eine Berichtigung des Verzeich-
nisses angeordnet, so ist die Entscheidung nicht zuzustellen, sondern
auf der Gerichtsschreiberei des Konkursgerichts niederzulegen
(§ 158 Abs. 2 Satz 2)*®. Das Gesetz bestimmt keine Frist, inner-
w Vgl. o. S. 241 Abs. 2.
2^ Vgl. o. S. 265 Ziff. 6 Abs. 2.
«8 Vgl. Petersen u. Kleinfeller §§ 146 bis 148 N. 3, v. Völdern-
dorff § 146 N. f., Kohler, Lehrb. S. 577, Oetker, Grundbegr. I S. 410.
23*
356 Achtes Hauptstfick.
halb deren dies geschehen soll. Mit dem Tag, an dem die Nieder-
legUDg erfolgt ist, beginnt die Frist zur sofortigen Beschwerde fOr
die von der Änderung betroffenen Konkursgläubiger (§ 158 Abs. 2
Satz 8). Der Verwalter hat kein Beschwerderecht, da die Gläubiger-
Schaft als solche bei der Frage, ob und wie ein einzelner Gläubiger
bei einer Verteilung zu berttcksichtigen ist, nicht interessiert er-
ßcheinf . Wird die Einwendung teilweise abgewiesen, während
ihr zu einem anderen Teile stattgegeben wird, so ist der Beschlufs
wegen der Abweisung dem Einwendenden zuzustellen und wegen
der angeordneten Berichtigung des Verzeichnisses auf der Gerichts-
schreiberei niederzulegen '^. Gegenüber dem Einwendenden läuft die
Beschwerdefrist von der Zustellung an, gegenüber den anderen Be-
teiligten beginnt sie mit dem Tage der Niederlegung auf der G^
richtsschreiberei.
Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist entsprechend zu
behandeln. Soweit sie eine Abweisung der Einwendung enthält,
ist sie dem Einwendenden zuzustellen; soweit sie eine Berichtigung
anordnet, ist sie auf der Gerichtsschreiberei des Konkursgerichts *^
niederzulegen. Die Frist zur weiteren Beschwerde beginnt dort mit
der Zustellung, hier mit der Niederlegung.
Ist die zur Erhebung von Einwendungen bestimmte Frist
(§ 158 Abs. 1) oder der dazu bestimmte Termin (§ 162) abgelaufen,
ohne dafs eine Einwendung erhoben worden ist, oder ist über die
erhobenen Einwendungen rechtskräftig *' entschieden, so steht das
A.M: y. Wilmowski § 146 N. 3 Abs. 1, Sarwej n. Bossert § 146 N. 7,
welche aufser der Niederlegung auf der Gerichtsschreiberei die Zofltellaiig
an die von der Änderung berührten Konkursgl&ubiger and an den Verwalter
fordern. Aber es dürfte anzunehmen sein, dafs die Niederlegung der Ent-
scheidung auf der Gerichtsschreiberei als Ersatz der besonderen Zustellung
angeordnet ist, weil die Zahl der Beteiligten in gröfseren Konkursen sehr
grofs sein kann.
. «» Vgl. Oetker, Grundbegr. I S. 410 N. 3. A.M.: v. Wilmowski § 146
N. 1 Abs. 8, Endemann S. 558, auf Grund der irrtümlichen Annahme, dafi
der Verwalter den Gemeinschuldner vertrete. Aber» auch wenn diese An-
nahme nicht irrtümlich wäre, würde daraus kein Beschwerderecht des Ver-
walters folgen, da der Gemeinschuldner bei dem Verteilungsverfahren nicht
mitzureden hat. Vgl. oben S. 855 Abs. 2.
*^ A.M. : 0 e tke r , Grundbegr. I S. 410 Abs. 4, ohne genügende BegrfinduQg.
*^ Nicht des Beschwerdegerichts! Denn das Verzeichnis bleibt auf der
Gerichtsschreiberei des Ronkursgerichts, und dazu gehört die Entscheidung.
** Rechtskräftig ist die Ebitscheidung des Konkursgerichts, wenn die
zweiwöchige Beschwerdefrist (§ 577 Abs. 2 Satz 1 C.Pr.0.) abgelaufen ist.
Die Beschwerde aus einem Nichtigkeits- oder einem Bestitutionagrunde mit
§ 51. 1. Die VerteiluDgen. 357
Verzeichnis und damit der Kreis der bei der konkreten Verteilung
zu berücksichtigenden Gläubiger fest Auf dieser Unterlage ist die
Verteilung zu vollziehen. Vgl. unten S. 374 Ziff. 9 litt. a.
3. Für Abschlagsverteilungen gelten folgende besondere
Vorschriften :
a) Eine Abschlagsverteilung soll vorgenommen werden, so oft
hinreichende bare Masse vorhanden ist (§ 149). Dabei hat das
Ermessen des Verwalters und des Gläubigerausschusses Spielraum.
Aus der Notwendigkeit, Masseschulden zu zahlen, kann sich er-
geben, dafs die bare Masse zu einer Abschlagsverteilung nicht hin-
reicht.
b) Zur Berücksichtigung der Forderung eines absonderungs-
berechtigten Gläubigers bei einer Abschlagsverteilung genügt
es, wenn bis zum Ablaufe der Ausschlufsfrist (§ 152) dem Ver-
walter der Nachweis, dafs die Veräufserung des zur abgesonderten
Befriedigung dienenden Gegenstandes betrieben ist, geführt und der
Betrag des mutmafslichen Ausfalls glaubhaft gemacht wird (§ 158
Abs. 2). Ob die Veräufserung von dem Gläubiger oder von jemand
anderem (dem Verwalter ®® oder einem anderen Absonderungs-
berechtigten) betrieben ist, macht keinen Unterschied. Kann die
Veräufserung nur im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgen**,
so ist nachzuweisen, dafe die Zwangsvollstreckung betrieben ist.
Zweifelhaft ist, ob in deiyenigen Fällen, in welchen der Absonderungs-
berechtigte zum Betriebe der Veräufserung eines vollstreckbaren
Titels bedarf*®, eine auf Erlangung des Titels abzielende Thätigkeit
des Absonderungsberechtigten schon als Betrieb der Veräufserung
im Sinne des § 153 Abs. 2 zu betrachten ist. Nicht blofs der
der verlängerten Notfrist (§ 577 Abs. 2 Satz 2 C.Pr.O.) kommt für den Eintritt
der Rechtskrait des Beschlusses ebensowenig in Betracht, als die Fristen der
Wiederaufhahmeklagen für die Rechtskraft eines Urteils in Betracht kommen
(vgl. § 705 CJPr.O.). Dasselbe gilt für die Entscheidung des Beschwerde-
gerichts. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts über die weitere Be-
schwerde ist sofort rechtskräftig (arg. § 568 Abs. 4 C.Pr.0.).
*' Darin, dafs der Verwalter dem Absonderungsberechtigten nach § 127
Abs. 2 eine Frist zur Verwertung bestimmen läfst, liegt noch kein Betrieb
der Veräufserung. Vgl. Wolff, Absonderungsrecht, S. 208. A.M.: v. Wil-
mowski § 141 N. 7. Aber durch jenes Vorgehen will der Verwalter nur den
Absonderungsberechtigten zum Betrieb der Veräufserung veranlassen.
«* Vgl. oben S. 103 Abs. 2.
«» VgL oben S. 103 Abs. 3.
358 Achtes Hauptstück.
Wortlaut des § 153 Abs. 2, sonderD auch die Erwägung, dafs nach
Erlangung des Titels noch der Betrieb der Yeräufserung unter-
bleiben kann, spricht gegen die Annahme, dafs jene Thätigkeit ge-
nügt'*. Solange der Absonderungsberechtigte die Yeräufserung
nicht betreiben kann, ist er nicht in der Lage, den erforderlichen
Nachweis zu führen.
Ist der Absonderungs gegenständ nicht durch Yeräufserung, son-
dern auf andere Weise zu verwerten, z. B. eine verpfändete Forderung
durch Einziehung, so genügt der Nachweis, dafs diese Yeräufserungs-
art betrieben ist.
Der Anteil, mit welchem die mutmafsliche Ausfallsforderung
des absonderungsberechtigten Konkursgläubigers bei Abschlags-
verteilungen nach Mafsgabe des § 158 Abs. 2 berücksichtigt worden
ist, wird für die Schlufsverteilung frei, wenn nicht bei dieser bis
zum Ablaufe der Ausschlufsfrist der Nachweis des Verzichts auf
das Absonderungsrecht oder des bei der abgesonderten Befrie-
digung erlittenen Ausfalls dem Verwalter geführt ist (§ 156 mit
§ 153 Abs. 1).
c) Bei einer Abschlagsverteilung werden Forderungen unter
aufschiebender Bedingung schon vor dem Eintritt der Bedingung
zu dem Betrage berücksichtigt, welcher auf die unbedingte Forderung
fallen würde (§ 154 Abs. 1).
Der Anteil, mit welchem die bedingte Forderung bei einer
Abschlagszahlung berücksichtigt worden ist, wird für die Schlufs-
verteilung frei, wenn bei dieser die Bedingung noch in der Schwebe
und die Berücksichtigung der Forderung wegen Unwahrscheinlich-
keit des Eintritts der Bedingung ausgeschlossen ist (§ 156 mit
§ 154 Abs. 2).
d) Einwendungen gegen das für eine Abschlagsverteilung an-
gefertigte Verzeichnis sind binnen einer Woche nach dem Ende der
Ausschlufsfrist (§ 152) bei dem Konkursgerichte zu erheben (§ 158
Abs. 1). Die Frist kann nicht verlängert werden ; Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand ist nicht möglich'^. Die Erhebung von
Einwendungen kann durch einen Schriftsatz oder zu Protokoll des
Gerichtsschreibers (arg. § 501 mit § 496 C.Pr.O.) erfolgen.
e) Für eine Abschlagsverteilung bestimmt der Verwalter und,
wenn ein Gläubigerausschufs vorhanden ist, dieser auf Antrag des
Verwalters den zu zahlenden Prozentsatz (§ 159 Abs. 1). Der Prozent-
«• A.M.: V. Wilmowski § 141 N. 7.
«' Vgl. oben S. 352 N. 21.
§ 51. 1. Die Verteilungen. 859
satz kann so bemessen werden, dafs er den verfügbaren Masse-
bestand nicht erschöpft.
Zweckmäfsig ist es, den Prozentsatz erst zu bestimmen, wenn
die Frist zur Erhebung von Einwendungen gegen das Verzeichnis
abgelaufen und die Einwendungen erledigt sind, weil dann erst
die Unterlage für die Berechnung feststeht; aber eine frühere Be-
stimmung ist weder unmöglich (denn der Prozentsatz kann so be-
messen werden, dals die Masse voraussichtlich auch ausreicht, wenn
Ergänzungen vorgenommen werden), noch ungesetzlich. Sollte sich
zufolge von Einwendungen gegen das Verzeichnis ergeben, dafs der
Massebestand zur Zahlung des bestimmten Prozentsatzes nicht
ausreicht, so mufs eben eine verhältnismäfsige Reduktion eintreten.
Der Gläubigerausschufs kann den Prozentsatz nur in Überein-
stimmung mit dem Verwalter bestimmen. Der Verwalter hat dem
Ausschufs einen bestimmten Prozentsatz vorzuschlagen; der Aus-
schufs kann den Verwalter dazu veranlassen, seinen Vorschlag zu
ändern; aber er kann keinen anderen (höheren oder niedrigeren)
Prozentsatz festsetzen, als denjenigen, mit welchem der Verwalter
einverstanden ist*®.
Das Gericht hat bei der Bestimmung des Prozentsatzes nicht
mitzureden. Daher kann auch kein Gläubiger die Entscheidung
des Gerichts darüber anrufen *•. Dafs durch Einwendungen gegen
das Verzeichnis der zu berücksichtigenden Forderungen eine
Änderung des Verzeichnisses herbeigeführt und dadurch der Ver-
walter oder der Gläubigerausschufs zu einer Änderung des Prozent-
satzes veranlafst werden kann, ist eine Sache für sich.
Der Verwalter hat den im Verzeichnisse berücksichtigten Gläu-
bigem den bestimmten Prozentsatz mitzuteilen (§ 159 Abs. 2). Bis
zur ersten Mitteilung kann der Verwalter und, wenn ein Gläubiger-
ausschufs bestellt ist, dieser auf Antrag des Verwalters den
Prozentsatz ändern; denn bis dahin ist die Bestimmung noch ein
Internum. Da durch eine wegen erhobener Einwendung von dem
Gericht angeordnete Änderung des Verzeichnisses eine Änderung
des Prozentsatzes nötig werden kann, so hat der Verwalter den
Prozentsatz den Gläubigern erst mitzuteilen, wenn die Frist zur
»« Vgl. V. Wilmowski § 147 N. 2, Petersen u. Kleinfeller §§ 146
bis 148 N. 4 Abs. 2, v. Völderndorff § 147 N. b. A.M.: v. Sarwey
u. Bessert § 147 N. la, Meisner S. 326. Man vgl. jedoch den Entw. e.
G.8ch.O. § 154 mit der jetzigen Fassung des § 159 Abs. 1.
»• Vgl. Oetker, Grundbegr. I S. 414 Abs. 2.
S60 Achtes Haaptstück.
Erhebung von Einwendungen (§ 158 Abs. 1) abgelaufen und über
die erhobenen Einwendungen rechtskräftig entschieden ist Eine
frühere Mitteilung ist nicht unwirksam, kann aber dem Verwalter
Verlegenheiten bereiten.
Die Mitteilung kann unmittelbar (d. i. ohne Gerichtsvollzieher)
und formlos erfolgen (§ 77 Abs. 2). Öffentliche Bekannt-
machung ist nicht nötig. Ob sie die besondere Mitteilung ersetzen
kann, ist zweifelhaft, aber doch wohl anzunehmen, weil dem Ver-
walter die Art und Weise, wie er die Mitteilung an die Gläubiger
gelangen läfst, anheimgestellt ist^^.
Sowie der Prozentsatz einem Gläubiger mitgeteilt ist, hat jeder
in dem Verzeichnis berücksichtigte Gläubiger einen Anspruch auf
Auszahlung oder Hinterlegung des auf seine Forderung entfallenden
Betrags. Dieser Anspruch geht gegen die Gläubigerschaft. Über
dessen Verwirklichung s. unten S. 374 Zifif. 9 litt. a.
f) Das Gericht kann auf Antrag des Gemeinschuldners, wenn
dieser einen Zwangsvergleich vorgeschlagen hat, die Aussetzung
der Abschlagsverteilung anordnen, sofern nicht schon die Ausschlufs-
frist abgelaufen ist (§ 160). Diese Anordnung ist zugelassen, damit
nicht durch den Vollzug der Abschlagsverteilung der Zwangsver-
gleich erschwert wird.
Die Aussetzung kann nur angeordnet werden, wenn der
Gemeinschuldner einen den gesetzlichen Erfordernissen (§ 174) ent-
sprechenden Vergleichsvorschlag bei Gericht eingereicht oder zu
Protokoll des Gerichtsschreibers erklärt hat. Ist ein Zwangs-
vergleich unzulässig (§ 175), so ist die Aussetzung nicht statthaft.
Der die Aussetzung anordnende Beschlufs kann nicht blofs bis
zum Ablaufe der Ausschlufsfrist (§ 152), sondern auch nach Ah-
lauf der Ausschlufsfrist erlassen werden, wenn der Antrag auf
Anordnung der Aussetzung innerhalb der Ausschlufsfrist ge-
stellt ist*^
*« A.M.: V. Wilmowßki §147 N. 8, Petersen u. Kleinfeller §§146
bis 148 N. 4 a. E. — Mitteilung ist ein minus gegenüber der ZosteUang.
Kann die Zustellung durch ö£Pentliche Bekanntmachung ersetzt werden (vgL
§ 76 Abs. 8), so wird das wohl auch bei der Mitteilung anzunehmen sein.
*i Vgl. Petersen u. Kleinfeller §§ 146 bis 148 N. 5, ▼. Sarwej
u. Bossert § 148 N. 2, v. Völderndorff § 148 N. c. — A.M.: v. Wil-
moswki § 148 N. 1, Oetker, Grundbegr. I S. 414 Abs. 8. — Die von dem
Text abweichende Ansicht macht die Zul&ssigkeit der Anordnung von der
zufälligen Geschäftslage des Gerichts abhängig und entwertet die Beschwerde
gegen ein ablehnendes Dekret, da eine Korrektur durch das Beschwerdeg^cht
kaum jemals vor Ablauf der Ausschlufsfrist zu erlangen sein wicd.
§ 51. 1. Die Verteilungen. 351
Auch wenn die gesetzlichen Voraussetzungen zur Aussetzung
vorliegen, steht deren Anordnung im richterlichen Ermessen. Das
Gericht hat bei der Entscheidung insbesondere zu erwägen, ob das
Zustandekommen eines Zwangsvergleichs nach Lage der Umstände
wahrscheinlich ist. Je geringer diese Wahrscheinlichkeit, umso-
weniger wird das Gericht veranlafst sein, dem Antrage stattzu-
geben.
Die Entscheidung, welche den Antrag auf Aussetzung zurück-
weist, ist dem Gemeinschuldner zuzustellen, der sie mit sofortiger
Beschwerde anfechten kann (arg. § 73 Abs. 3)**.
Die Entscheidung, welche dem Antrage stattgiebt, ist dem
Gemeinschuldner, dem Konkursverwalter und den bei der Verteilung
beteiligten Gläubigern zuzustellen. Das Gericht kann statt der
Einzelzustellung die öffentliche Bekanntmachung anordnen (arg.
§ 76 Abs. 2, 3). Dem Verwalter und den beteiligten Gläubigern
steht die sofortige Beschwerde zu**.
Die Aussetzung dauert bis zur Entscheidung über den Ver-
gleichsvorschlag. Wird dieser angenommen und von dem Gerichte
bestätigt, so ist die geplante Abschlags Verteilung gegenstandslos.
Wird der Vergleichsvorschlag abgelehnt oder der von der Gläubiger-
versammlung angenommene Vergleichsvorschlag vom Gericht nicht
bestätigt, so ist die Aussetzung beendigt ; das Verteilungsverfahren
nimmt seinen Fortgang.
Die vor Ablauf der Ausschlufsfrist (§ 152) angeordnete Aus-
setzung bewirkt, dafs der Lauf der Ausschlufsfrist aufhört und
dafs nach Beendigung der Aussetzung die volle Frist von neuem zu
laufen beginnt (arg. § 249 Abs. 1 C.P.O.). Entsprechend verhält
es sich mit der Frist zur Erhebung von Einwendungen gegen das
Verzeichnis (§ 158 Abs. 1), wenn die Aussetzung vor Ablauf der
Frist erfolgt.
Der Konkursverwalter darf während der Aussetzung keine auf
das Verteilungsverfahren bezüglichen Handlungen vornehmen, ins-
besondere die Verteilung nicht vollziehen. Würde er während der
Aussetzung Konkursmasse verteilen, so könnte das Verteilte von
** A.M.: Fitting § 41 N. 18, weil keine Entscheidung nötig sei, und
Oetker, Grundbegr. 1 S. 414, weil die Entscheidung ein Administrativdekret
sei. Vgl. dazu oben S. 122 N. 16.
*• A.M.: Oetker a. a. 0. — Fitting § 41 N. 18 hält hier die Be-
schwerde mit der herrschenden Ansicht für statthaft.
362 Achtes HauptstQck.
der Gläubigerschaft kondiziert werden, weil die Gläubiger ohne
Rechtsgrund auf Kosten der Masse bereichert wären.
4. Für die Schlufs Verteilung gelten folgende besondere
Vorschriften :
a) Die Schlufsverteilung erfolgt, sobald die Verwertung der
Masse beendigt ist (§ 161 Abs. 1). Es ist nicht erforderlich, dals
alle zur Masse gehörenden Gegenstände verwertet sind, sondern
nur, dafs verwertet ist, was verwertet werden konnte (vgl. § 162
„Beschlufsfassung über die nicht verwertbaren Vennögens-
stücke"). Das Vorhandensein von nicht beitreibbaren Forderungen
und unverkäuflichen Gegenständen, insbesondere auch von Masse-
bestandteilen, die wegen ihrer Belastung mit Sachobligationen für
die Gläubigerschaft keinen Verkaufswert haben, hindert die Schlufs-
verteilung nicht.
Die Anhängigkeit eines die Aktivmasse betreffenden Prozesses
wird in der Regel die Schlufsverteilung verhindern**, es wäre
denn, dafs der Verwalter der Gläubigerschaft vorschlagen will,
den im Streite befangenen Gegenstand aus der Konkursmasse frei-
zugeben.
Die Anhängigkeit eines Liquidationsprozesses hindert die Schlufs-
verteilung nicht (vgl. § 158 und oben S. 273 Abs. 2).
b) Wegen der endgültigen Ausschlufswirkung unterliegt die Vor-
nahme der Schlufsverteilung der Genehmigung des Konkursgerichts
(§ 161 Abs. 2).
Der Verwalter hat den Antrag auf Erteilung der Genehmigung
zu stellen und dem Gerichte gegenüber durch Darlegung der Lage
des Verfahrens zu begründen.
Über das Recht der Beteiligten, bei dem Gerichte zu be-
beantragen, dafs dieses als Aufsichtsbehörde den Verwalter zur
Vornahme einer Verteilung veranlasse, s. oben S. 346. Ohne An-
trag des Verwalters kann das Gericht auch keine Schlufsverteilung
anordnen.
Ist ein Gläubigerausschufs vorhanden, so hat der Verwalter
dessen Genehmigung zu seinem Antrag auf gerichtliche Genehmigung
der vorzunehmenden Schlufsverteilung einzuholen (§ 150).
Das Gericht entscheidet über den Antrag des Verwalters auf
Vornahme der Schlufsverteilung ohne mündliche Verhandlung (arg.
§ 73 Abs. 1).
^ Vgl. oben S. 105 Abs. 4, 8. 184 Abs. 2, S. 228 Abs. 5.
§ 51. 1. Die Verteilungen. 863
Der Beschlufs ist dem Verwalter zuzustellen. Diesem steht
die sofortige Beschwerde zu, wenn die Genehmigung verweigert
wird. Gegen den Beschlufs, der die Genehmigung erteilt, steht
niemanden die Beschwerde zu; dem Verwalter nicht, weil er die
Genehmigung beantragt hat; den einzelnen Gläubigern nicht, weil
sie kein Interesse an der Versagung der Genehmigung haben ; dem
Gemeinschuldner nicht, weil er bei dem Verteilungsverfahren nicht
mitzureden hat**.
c) Genehmigt das Gericht die Vornahme der Schlufsverteilung,
so bestimmt es den Schlufstermin (§ 162). Der Termin soll nicht
unter drei Wochen und nicht über einen Monat hinaus anberaumt
werden (§ 162 Abs. 1). Da in dem Schlufstermin eine Gläubiger-
versammlung stattfindet, ist er vom Gericht öflFentlich bekannt zu
machen (§ 93 Abs. 2). Die von dem Verwalter ausgehende Be-
kanntmachung, dafs das Schlufsverzeichnis auf der Gerichts-
schreiberei zur Einsicht der Beteiligten niedergelegt sei (§ 151),
kann mit der Bekanntmachung des Schlufstermins verbunden werden.
Auf Antrag eines Beteiligten (Verwalter, Konkursgläubiger,
Gemeinschuldner) kann der Termin verlegt werden, wenn erhebliche
Gründe glaubhaft gemacht sind (arg. § 227 Abs. 2 mit § 224 Abs. 2
C.Pr.O.). Die Verlegung des Termins kann auch von Amtswegen
erfolgen (arg. § 228 C.Pr.O.). Der neue Termin ist wieder öffent-
lich bekannt zu machen.
d) Gläubiger, welche abgesonderte Befriedigung beanspruchen,
werden bei der Schlufsverteilung nicht berücksichtigt, wenn nicht
bis zum Ablaufe der Ausschlufsfrist der Verzicht auf die abgesonderte
Befriedigung oder der Ausfall nachgewiesen ist (§ 153 Abs. 1).
e) Forderungen unter aufschiebender Bedingung werden bei
der Schlufsverteilung nicht berücksichtigt, wenn die Möglichkeit
des Eintritts der Bedingung so entfernt ist, dafs die bedingte
Forderung keinen gegenwärtigen Vermögenswert hat (§ 154 Abs. 2).
f ) Einwendungen gegen das Schlufsverzeichnis sind nicht inner-
halb einer Frist, sondern in dem Schlufstermine zu erheben (§ 162).
Sie können blofs mündlich vorgebracht werden. Ein bei dem Gericht
eingereichter Schriftsatz kommt blofs als vorbereitender Schriftsatz
*^ NachPeter Ben n. Kl ein feil er §§ 149 bis 152 N.1 2 sollen die einzelnen
Konkorsglftubiger und der Gemeinschnldner die Beschwerde sowohl gegen die
Verweigerung wie gegen die £rteilung der Genehmigung haben. In der
Beichstagskomm. erklärte der Regierungskommissar Hagens, die einzelnen
Gläubiger seien befugt, eine vorzeitige Genehmigung der SchluTsverteilung mit
Beschwerde anzufechten, K.Pr. S. 107.
364 Acht« flraptstftck.
in Betracht. Mit dem Schlusae des Termins sind alle Einwendungen
ausgeschlossen.
Über erhobene Einwendungen ist ebenso zu entscheiden, wie
über Einwendungen, die gegen ein Abschlagsverzeichnis erhoben
werden ; vgl. oben S. 855 ff. Es kann in dem Termine sofort ver-
handelt und die Entscheidung verkündet werden. Sind noch Er-
mittelungen nötig, die sich in dem Termine nicht beschaffen lassen,
oder ist ein im Termine nicht erschienener Beteiligter zu hören, so
kann das Verfahren schriftlich weiter geführt und die Entscheidung
später erlassen werden. Jede Entscheidung, auch die verkündete,
ist den dabei Beteiligten zuzustellen.
g) Nach Erledigung der Einwendungen (s. o. S. 855 ff.) be-
rechnet der Verwalter die auf die einzelnen Gläubiger ent^
fallenden Beträge und teilt ihnen die Beträge mit. Diese Mit-
teilung gehört aber nicht, wie die Mitteilung des Prozentsatzes bei
der Abschlagsverteilung, zur Perfektion des Verteilungsverfahrens ;
vielmehr haben die in dem Schlufsverzeichnisse berücksichtigten
Gläubiger Ansprüche gegen die Gläubigerschaft auf die aus dem
Massebestand sich ergebende Dividende von dem Zeitpunkt an, wo
das Schlufsverzeichnis endgültig festgestellt ist. Über die Ver-
wirklichung dieser Ansprüche s. unten S. 874 Ziff. 9 litt. a.
5. (Nachzügler.) Ein Gläubiger, dessen Forderung bei
einer Abschlagsverteilung nicht berücksichtigt worden ist, kann
nachträglich die bisher festgesetzten Prozentsätze aus der Rest-
masse verlangen, soweit diese reicht und nicht infolge des Ablaufs
einer Ausschlufsfrist für eine neue Verteilung zu verwenden ist,
wenn er dem Verwalter die zur Berücksichtigung seiner Forderung
erforderlichen Nachweise liefert (§ 155).
In Betracht kommen:
a) Gläubiger, die bei der Abschlagsverteilung nicht berück-
sichtigt werden konnten, weil ihre untitulierten Forderungen noch
nicht festgestellt waren und sie den Nachweis der Betreibung des
Liquidationsprozesses innerhalb der früheren Ausschlufsfrist nicht
geführt hatten (vgl. § 152). Diese können nachträglich den Nach-
weis der Betreibung des Liquidationsprozesses liefern.
b) Absonderungsberechtigte Konkursgläubiger, die bei der Ab-
schlagsverteilung nicht berücksichtigt werden konnten « weil sie
weder den Verzicht auf die abgesonderte Befriedigung noch den
erlittenen Ausfall noch den Betrieb der Veräufserung rechtzeitig
nachgewiesen und den mutmafslichen Ausfall glaubhaft gemacht
§ 51. 1. Die VerteiluDgen. 865
haben (vgl. § 153). Diese können nachträglich einen der an-
geführten Umstände nachweisen oder glaubhaft machen.
c) Gläubiger, die bei der Abschlagsverteilung nicht berück*-
sichtigt werden konnten, weil ihre Forderungen noch nicht geprüft
waren. Diese können nachweisen, dafs ihre Forderungen inzwischen
geprüft und (bedingt oder unbedingt) zugelassen worden sind und
dafs jetzt die Voraussetzungen vorliegen, unter denen ihre Forde-
rungen bei einer Verteilung zu berücksichtigen sind (vgl. §§ 152, 158).
Gläubiger, die bei der Abschlagsverteilung aus Versehen
nicht berücksichtigt worden sind, können die Nachzahlung nicht ver-
langen, weil sie (im Gegensatze zu den ad litt, a bis c erwähnten
Gläubigem) in der Lage waren, durch Einwendungen gegen das
Verzeichnis ihre Berücksichtigung herbeizuführen.
Die Nachzügler können verlangen, dafs ihnen die früher fest-
gesetzten Prozentsätze aus der Bestmasse vorneweg gezahlt werden.
Zur Restmasse gehören auch die Beträge, die für die Masse frei
geworden oder in die Masse zurückgeflossen sind^*. Die Nach-
zügler können von der Restmasse nur verlangen, was nicht zur
Befriedigung von Massegläubigern oder von Konkursgläubigern
besseren Ranges erforderlich ist. Reicht die verfügbare Rest-
masse nicht zur Befriedigung aller Nachzügler aus, so können
sie nicht die vollen Prozentsätze, sondern blofs die Verteilung
der Restmasse nach Verhältnis ihrer Forderungen verlangen.
Nachzügler besseren Ranges gehen den Nachzüglern minderen
Ranges vor.
Die Nachzügler können nur Befriedigung aus einer Restmasse
verlangen, die nicht zufolge des Ablaufs einer Ausschlufsfrist
für eine neue Abschlagsverteilung oder für die Schlufsverteilung
zu verwenden ist. Ist die Ausschlufsfrist für die Schlufsverteilung
abgelaufen, so können sie überhaupt nichts mehr verlangen *^
Die Nachzügler müssen daher dem Verwalter spätestens bis
zum Ablaufe der Ausschlufsfrist für die Schlufsverteilung die er-
forderlichen Nachweise liefern; mit dem Ablaufe dieser Frist sind
sie definitiv ausgeschlossen.
Die Nachzügler müssen die Nachzahlung von dem Verwalter ver-
*• Vgl. unten S. 369 ZiflC 7, 370 f.
^'^ Auch nicht bei einer NachtragByerteilnng, weil diese anf der Grundlage
des Schlufsverzeichniflses erfolgt (§ 166 Ab«. 1)l
366 Achtes Hauptstück.
langen ^^; der Konkursverwalter hat ihnen die Nachzahlungen nicht
von Amtswegen zu leisten, selbst wenn er etwa aus einer Ergänzung
oder Berichtigung der Konkurstabelle ersieht, dafs eine Nachzahlung
verlangt werden kann. Das Verlangen mufs, ebenso wie die er-
wähnten Nachweisungen, innerhalb der für die neue Verteilung
laufenden Ausschlufsfrist erfolgen.
Verlangt ein Nachzügler rechtzeitig von dem Verwalter die
Nachzahlung der bisher festgesetzten Prozentsätze aus der Rest-
masse, so hat der Verwalter dieses Verlangen, soweit es begründet
ist, zu berücksichtigen.
Korrekter Weise kann dies nur unter Beobachtung der für
das Verteilungs verfahren bestehenden Vorschriften geschehen. Der
Verwalter hat also ein Verzeichnis der beabsichtigten Nach-
zahlungen zu entwerfen und dieses Verzeichnis entweder mit dem
Verzeichnis der nachfolgenden Abschlags- oder Schlufsverteilung
zu verbinden, oder er hat eine besondere Abschlagsverteilung ein-
zuleiten, für diese ein besonderes Verzeichnis zu entwerfen und
mit diesem Verzeichnisse nach § 151 zu verfahren. Auf diese
Weise wird den anderen Gläubigern und den Nachzüglern selbst
Gelegenheit gegeben, Einwendungen gegen das Verzeichnis der be-
absichtigten Nachzahlungen zu erheben. Würde der Konkurs-
verwalter den Nachzüglern die früher festgesetzten Prozentsätze
ohne förmliches Verteilungsverfahren (durch Auszahlung oder
Hinterlegung) zuweisen, so hätten die konkurrierenden Gläubiger
keine Gelegenheit, gegen die Berücksichtigung eines Nachzüglers
Einwendungen zu erheben; ein Nachzügler befände sich daher in
einer günstigeren Position, als ein Nichtnachzügler, da gegen
dessen Berücksichtigung Einwendungen erhoben werden können.
Auch könnte eine Befriedigung von Nachzüglern ohne förmliches
Verteilungsverfahren zu einer auf reinem Zufall beruhenden Be-
friedigung führen, wenn mehrere Nachzügler vorhanden sind und
die Restmasse nicht für alle reicht**.
*8 Vgl. die Mot. S. 378.
*• Vgl. Kohl er, Lehrb. S. 581. — Die Mot. S. 378 scheinen anzunehmen,
dafs die früher festgesetzten Prozentsätze den Nachzüglern ohne Verteilungs-
verfahren zugeteilt werden können; sie erklären aber eine Bekanntmachung
nach Analogie des § 139 (jetzt § 151) für „nicht unzulässig, wenn die augen-
blicklich disponible Masse für eine neue allgemeine Verteilung nicht aus-
reichen und eine solche füglich nicht abzuwarten sein sollte, zugleich aber
die Besorgnis vorliegt, auf die Restmasse nicht präkludierte Massegläubiger
zu verkürzen". Den Motiven schlössen sich die Kommentare an.
§ 51. 1. Die Verteilungen. 367
Zahlt der Konkursverwalter ohne förmliches Verteilungs-
verfahren einem Nachzügler einen Betrag aus der Restmasse aus,
so läuft er Gefahr, dafs die in der Schlufsrechnung eingesetzte
Zahlung beanstandet, und dafs er von einem konkurrierenden
Gläubiger oder von dem Gemeinschuldner auf Schadensersatz be-
langt wird , während er bei Beobachtung der Formen des Ver-
teilungsverfahrens gegen die Beanstandung der Zahlung und gegen
Ersatzansprüche gedeckt ist. Allerdings erwachsen ihm aus einem
inkorrekten Vorgehen keine Nachteile, wenn niemand dadurch ge-
schädigt wird.
Zu einer Nachzahlung kann der Konkursverwalter nur auf
demselben Wege veranlafst werden, wie zu einer Verteilung über-
haupt; der Nachzügler kann also bei dem Konkursgerichte be-
antragen, dafs es vermöge seiner Aufsichtsgewalt den Verwalter
anhalte, die Initiative zu einer Verteilung zu ergreifen *^ Wenn
das Verteilungsverfahren begonnen ist und das Verlangen des
Nachzüglers in dem Verzeichnisse nicht berücksichtigt ist, kann er
im Wege der Einwendungen die gerichtliche Kognition herbei-
führen. Erst aus dem festgestellten Verzeichnis entsteht der
Anspruch auf Nachzahlung gegen die Gläubigerschaft ^^
6. Unabhängig von dem Verteilungsverfahren kann der Ver-
walter mit Ermächtigung des Gerichts Zahlungen auf fest-
gestellte bevorrechtigte Forderungen leisten (§ 170).
Unter bevorrechtigten Gläubigem sind hier nur die Gläubiger
der in § 61 Nr. 1 bis 5 aufgeführten Forderungen zu verstehen ;
nicht die Gläubiger, deren besserer Rang sich erst aus § 226 er-
giebt.
Ein Recht auf solche Zahlungen haben aber die bevor-
rechtigten Gläubiger nicht *^. Sie können den Verwalter nicht
zwingen, sie abseits von den Verteilungen zu befriedigen, und
zwar auch dann nicht, wenn das Gericht den Verwalter dazu er-
mächtigt hat.
Die Ermächtigung ist von dem Verwalter bei dem Konkursgerichte
zu beantragen. Ein privilegierter Gläubiger kann den Verwalter
dazu bestimmen, um die Ermächtigung nachzusuchen; er kann
auch das Konkursgericht als die Behörde, unter deren Aufsicht der
•« Vgl. oben S. 846 Ziff. 2.
" A.M.: Oetker, Grundbegr. I S. 516, der den Nachzüglern schon vor-
her eine Ellage gegen den Verwalter geben will.
" Vgl. Mot. S. 373.
368 Achtes Haaptstück.
Verwalter steht (§ 88), angehen, dafs das Gericht den Verwalter
anweise, um die Ennächtigung nachzusuchen ; aber der privilegierte
Gläubiger ist nicht legitimiert, selbst bei dem Konkursgerichte zu
beantragen, dafs dieses dem Verwalter die Ermächtigung zur
Leistung jener Zahlungen erteile. Würde ein Gläubiger einen der-
artigen Antrag stellen, so müfste ihn das Gericht ohne Prüfung
der sachlichen Berechtigung wegen Mangels der Legitimation zur
Antragstellung zurückweisen.
Der Verwalter hat bei dem Antrag auf Erteilung der Er-
mächtigung anzugeben, welche bevorrechtigte Forderungen er
aufserhalb des Verteilungsverfahrens bezahlen will. Das Gericht
hat auf Grund der Tabelle zu prüfen, ob diese Posten festgestellt
sind und ob die Zahlung ohne Gefährdung anderer besser oder
gleich berechtigter Gläubiger erfolgen kann. Auch die Zweck-
mäfsigkeitsfrage unterliegt der gerichtlichen Kognition.
Gegen die Entscheidung, welche den Antrag des Verwalters
auf Erteilung der Ermächtigung ablehnt, steht diesem die so-
fortige Beschwerde zu. Nicht den beteiligten bevorrechtigten
Gläubigern, weil sie kein Recht darauf haben, aufserhalb der Ver-
teilungen befriedigt zu werden. Gegen die Entscheidung, welche
die Ermächtigung erteilt, steht denjenigen Gläubigem die so-
fortige Beschwerde zu, welche ein besseres oder ein gleiches Vor-
recht haben und durch die Auszahlung gefährdet werden". Sind
besser oder gleich berechtigte Gläubiger vorhanden, so ist ihnen
die Entscheidung zuzustellen behufs Eröffnung der Beschwerdefrist.
Die Ermächtigung des Gerichts deckt den Verwalter in An-
sehung der auf Grund der Ermächtigung geleisteten Zahlungen,
wie sonst das festgestellte Verteilungs Verzeichnis.
Leistet der Verwalter ohne Ermächtigung des Gerichts Zah-
lungen an bevorrechtigte Gläubiger unabhängig von den Ver-
teilungen, so ist er der Gläubigerschaft und den einzelnen Gläu-
bigern für den Schaden verantwortlich.
Auch kann der Verwalter oder sein Nachfolger in der Verwalter-
stellung als Organ der Gläubigerschaft von den Zahlungsempftngem
dasjenige, was sie zufolge des ordnungswidrigen Vorgehens des
w Vgl. V. Wilmowski § 157 N. 1, Petersen u. Kleinfeller § 157
N. 1. Dagegen versagt Oetker, Grundbegr. I 8. 493 jede Beschwerde
gegen die den Antrag abweisende oder ihm stattgebende Entscheidung, weil
diese ein Administrativdekret sei; vgl. oben S. 122 N* 16.
§ 51. 1. Die Verteilrmgen. 869
Verwalters erhalten haben, als ungerechtfertigte Bereicherung
kondizieren, soweit die bei der Zahlung unterstellte bevorrechtigte
Verbindlichkeit nicht bestand, oder soweit die Eonkursmasse nicht
ausreicht, die gleich oder besser berechtigten zu befriedigen (arg.
§ 812 B.G.B.). Die Zahlung, die ein bevorrechtigter Glaubiger auf
seine zu Recht bestehende Forderung, obgleich nicht auf dem
ordnungsmäfsigen Weg, erhalten hat, ist keine ungerechtfertigte
Bereicherung, wenn die Konkursmasse zur Deckung der Forde-
rungen mit besserem oder gleichem Vorrechte ausreicht und kann
daher nicht kondiziert werden.
Den einzelnen Gläubigern steht gegen die Zahlungsempfänger
überhaupt kein Anspruch auf Herausgabe der etwaigen Be-
reicherung zu; denn die Zahlung ist aus dem Vermögen der .
Gläubigergemeinschaft geleistet und daher (wenn ungerechtfertigt)
auch zu diesem Vermögen zurückzuerstatten**. Dafs der einzelne
Gläubiger Schadensersatz von dem Verwalter beanspruchen kann,
ist eine Sache für sich.
7. (Nachtragsverteilungen.) Ergiebt sich vor dem
Vollzuge der Schlufsverteilung , d. i. bevor der Konkursverwalter
den in dem Schlufsverzeichnisse berücksichtigten Gläubigem die
Berechnung der bei der Schlufsverteilung auf sie entfallenden
Beträge mitgeteilt hat, eine Mehrung der für die Verteilung ver-
fügbaren Bestände, so hat der Konkursverwalter bei der Be-
rechnung die Mehrung zu berücksichtigen, also mitzuverteilen.
Es kann aber sein, dafs ein zur Konkursmasse gehörender Betrag
erst nach dem Beginne des Vollzugs der Schlufsverteilung, d. i.
nach der erwähnten Mitteilung "*, verfügbar wird ; dann erfolgt eine
Nachtragsverteilung (§ 166).
Die einzelnen Anlässe zu einer Nachtragsverteilung sind
folgende :
a) ein Konkursgläubiger, für dessen bestrittene Forderung
ein Betrag zurückbehalten wurde (vgl. die §§ 152, 168 Nr. 1),
unterliegt im Liquidationsprozesse oder er zieht seine Anmeldung
zurück; dann wird der hinterlegte Betrag für die Konkursmasse,
d. i. für die anderen Gläubiger frei; auch hat der unterliegende
Konkursgläubiger der Konkursmasse die Prozefskosten zu er-
** Vgl. Oetker, Grundbegr. I 8. 493.
" Vgl. V. Wilmowski § 153 N. 1 Abs. 2, Endemann S. 565, Oetker,
Grundbegr. I S. 417. AM.: Stieglitz § 153 N. lU.
Bin ding, Handbuch IX 8: L. Seuffert, Konkanprosefireoht. 24
370 Achtes Hauptstfick.
statten, wenn der Prozefs mit dem Verwalter als dem Opponenten
geführt worden ist**;
b) es fällt die aufschiebende Bedingung einer Konkurs-
forderung aus, für die durch Hinterlegung der Konkursdividende
Sicherheit geleistet worden ist (vgl. §§ 154, 168 Nr. 2); dann wird
der hinterlegte Betrag für die Konkursmasse frei;
c) die aufschiebende Bedingung einer Konkursforderung, die
der Gläubiger gegen eine zur Masse gehörende Forderung des
Gemeinschuldners aufrechnen will, fällt aus, nachdem zur Siche-
rung der Aufrechnung eine Hinterlegung stattgefunden hat (vgl.
§§ 54 Abs. 3, 171)*''; dann wird der hinterlegte Betrag für die
Konkursmasse frei;
d) es tritt die auflösende Bedingung einer Konkursforderung
ein, für die die Konkursdividende zurückbehalten worden ist, weil
der Gläubiger die Sicherheit nicht geleistet hat, zu deren Leistung
er verpflichtet ist (vgl. § 168 Nr. 4); dann wird der hinterlegte
Betrag für die Konkursmasse frei;
e) der Gläubiger einer bestrittenen, aber titulierten Forderung
(§ 146 Abs. 6), deren Konkursdividende ausbezahlt worden ist, weil
die Forderung noch nicht im Streite befangen war (vgl. §§ 152
mit § 168 Nr. 4), unterliegt im Liquidationsprozesse; er hat an
die Gläubigerschaft das Empfangene herauszugeben;
f) die Feststellung einer Forderung, auf die eine Konkurs-
dividende ausbezahlt worden ist (vgl. § 152), wird nachträglich
durch eine Wiederaufnahmeklage angefochten*® und zufolge der
Klage aufgehoben; der Verwalter kann die Zurückerstattung des
Geleisteten zur Konkursmasse verlangen;
g) die auflösende Bedingung einer Konkursforderung tritt
ein, nachdem darauf Konkursdividende ausbezahlt (vgl. § 66) oder
nachdem die Konkursforderung gegen eine zur Masse gehörende
Forderung des Gemeinschuldners aufgerechnet worden ist. Im
ersten Fall hat der Empfänger an die Gläubigerschaft das
Empfangene zurückzuerstatten; im zweiten Fall wird die Auf-
rechnung unwirksam (arg. § 158 Abs. 2 B.G.B.); der Verwalter
kann die wieder auflebende Forderung des Gemeinschuldners
gegen den Schuldner geltend machen;
h) es ist sonstwie Jemanden etwas aus der Konkursmasse
w Vgl. oben S. 278.
*^ Vgl. oben S. 281 litt. b.
»8 Vgl. oben S. 267 litt. c.
§ 51. 1. Die VerteUungen. 371
geleistet worden, was er nach den Vorschriften des bürgerlichen
Rechts als ungerechtfertigte Bereicherung herauszugeben hat.
Z. B. : der Konkursverwalter hat irrtümlich einem Massegläubiger
oder einem Konkursgläubiger mehr bezahlt als ihm gebührt;
i) bei der Schlufsverteilung war noch ein Prozefs über einen
zur Aktivmasse gehörenden Gegenstand anhängig, der nachträglich
für die Gläubigerschaft gewonnen wird***;
k) es wird ein nach der Schlufsverteilung oder nach der
Aufhebung des Verfahrens zur Konkursmasse gehörender Gegen-
stand (eine Sache oder ein Recht) ermittelt, von dessen Vorhanden-
sein in der Konkursmasse der Konkursverwalter nichts gewufst
hat (§ 166 Abs. 2)^®. Ist ein zur Konkursmasse gehörender Gegen-
stand vor oder bei der Beendigung des Verfahrens vom Verwalter
oder von der Gläubigerversammlung aus der Konkursmasse frei-
gegeben worden, so kann von einer nachträglichen Ermittelung
selbst dann nicht die Rede sein, wenn die Freigabe auf Irrtum in
den Beweggründen (z. B. auf der irrtümlichen Annahme einer Be-
lastung mit Sachobligationen) beruht. Nur wenn die Freigabe von
dem Verwalter nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts
wegen Irrtums, wegen arglistiger Täuschung oder wegen Bedrohung
(§§ 119, 123 B.G.B.) angefochten ist, ist sie als nichtig anzusehen
(§ 142 Abs. 1 B.G.B.), und in diesem Falle mufs der freigegebene
Gegenstand als ein nachträglich ermittelter Bestandteil der Masse
behandelt werden.
Die Nachtragsverteilung ist von dem Gericht auf Antrag oder
von Amtswegen anzuordnen, wenn die Voraussetzungen dazu vor-
^^ Es kann insbesondere vorkommen, dafs bei der Schlufsverteilung ein
darauf bezüglicher Vorbehalt gemacht wurde ; vgl. R.G.Entsch. XXVIII S. 68 ff.
•® Dies trifft auch zu, wenn der Konkursverwalter zwar die Existenz des
betreffenden Gegenstandes kannte, aber der irrtümlichen Ansicht war, dafs
der Gegenstand bereits mit einem anderen veräufsert worden sei. Vgl.
R.G.Entsch. XXV Nr. 2 S. 7ff. — Daraus, dafs de» nachträglich ermittelte
Gegenstand nicht aufgehört hat, zur Konkursmasse zu gehören, folgt, dafs
ein einzelner Gläubiger keine Zwangsvollstreckung in den Gegenstand mit
Wirksamkeit gegen die Konkursmasse betreiben, also auch durch eine Zwangs-
vollstreckung kein Absonderungsrecht erwerben kann. Vgl. R.G.Entsch. XXV
Nr. 2 S. 11.
Die nachträgliche Ermittelung der Anfechtbarkeit einer Rechtshandlung
kann keinen Anlafs zu einer Nachtragsverteilung geben; denn mit der Auf-
hebung des Konkursverfahrens steht das Anfechtungsrecht wieder den
einzelnen Gläubigem zu (arg. § 13 Abs. 4 Anf.Ges.).
24*
372 Achtes Hanptstück.
banden sind. Gewöhnlich wird der Anstors zu einer Nachtrags-
verteilung von dem Verwalter ausgehen, aber auch ein anderer
Beteiligter kann eine Nacbtragsverteilung anregen. Wird von
dem Verwalter oder von einem anderen Beteiligten ein f&rmlicber
Antrag auf Anordnung einer Nacbtragsverteilung schriftlich oder
zu Protokoll des Gerichtsschreibers gestellt, so mufs das Gericht
eine Entscheidung treffen. Die abweisende Entscheidung ist dem
Antragsteller zuzustellen und kann von ihm mit der sofortigen
Beschwerde angefochten werden (arg. § 73 Abs. 3). Die Anordnung
einer Nachtragsverteilung ist jedenfalls dem Konkursverwalter zu-
zustellen; ihm steht dagegen die sofortige Beschwerde zu*^
Zweifelhaft ist, ob sie auch dem Gemeinschuldner zuzustellen ist
und ob dieser das Beschwerderecht hat. Da der Gemeinschuldner
insofern beteiligt erscheint, als durch Anordnung der Nachtrags-
verteilung ausgesprochen wird, dafs ein gewisser Gegenstand zur
Konkursmasse, nicht zum freien Vermögen des Gemeinschuldners
gehört, dürfte man ihn als beteiligt erachten. Keinesfalls steht
einem einzelnen 'Konkursgläubiger ein Beschwerderecht zu.
Die Nachtragsverteilung ist eine Fortsetzung der Schlufs-
verteilung. Es wird kein neues Verteilungsverzeichnis angefertigt,
sondern das Schlufsverzeichnis mit den Änderungen, die der Ver-
walter gemäfs § 157 oder das Gericht zufolge erhobener Ein-
wendungen vorgenommen hat, zu Grunde gelegt. Daher kann
kein Konkursgläubiger berücksichtigt werden, der nicht in dem
Verzeichnisse steht. Auch Nachzügler, die nach der Schlufs-
verteilung die zur Berücksichtigung ihrer Forderung nötigen
Nachweise liefern können, erhalten nichts aus dem Restbestrage.
Dagegen sind Massegläubiger aus dem Restbetrage zu befriedigen,
soweit ihre Ansprüche dem Konkursverwalter bis zur Bekannt-
machung der Nachtragsverteilung bekannt geworden sind (arg. §172).
Die Nachtragsverteilung fällt dem Verwalter zu, welcher die
Schlufsverteilung besorgte. Es kann ihm dafür ein besonderes
Honorar bewilligt werden. Ist der alte Verwalter nicht mehr zu
haben, so ist ein neuer Verwalter ad hoc von dem Gerichte
zu ernennen**.
«1 Fitting § 43 N. 6 und Oetker, Grundbegr. I S. 419 halten die Ab-
lehnung des Antrags und die Anordnung einer Nachtragsverteilung fSr un-
anfechtbar; jener, weil sie vom Ermessen des Gerichts abhänge; dieser, weil
die Entscheidung ein Administrativdekret sei. Vgl. oben S. 122 N. 16.
«a Vgl. die Mot. S. 386.
§ 51. 1. Die Verteilungen. 373
Der Verwalter hat den zur Nachtragsverteilung verfügbaren
Massebestand öffentlich bekannt zu machen (arg. § 151 vgl.
a. § 172 ad voc. : „bis zu der Bekanntmachung einer Nachtrags-
verteilung**). Da kein neues Verteilungsverzeichnis angefertigt
wird, erfolgt keine neue Niederlegung, daher beginnt auch mit
jener Bekanntmachung keine neue Ausschlu(sfrist.
Der Verwalter hat dem Gerichte Rechnung über die Ver-
waltung und Verteilung derjenigen Gegenstände und Beträge ab-
zulegen, welche bei der Nachtragsverteilung in Betracht kommen ;
dem Gerichte liegt die Prüfung der Rechnung ob (§ 166 Abs. 1
Satz 2), da die Gläubigerversammlung und der Gläubigerausschufs
nicht mehr als Organe der Gläubigerschaft funktionieren. Das
Gericht kann als Aufsichtsbehörde gegen den Verwalter ein-
schreiten (§§ 83, 84), wenn dieser keine Rechnung stellt oder vom
Gericht erhobene Monita nicht erledigt. Aber den bei der Nach-
tragsverteilung beteiligten Gläubigern bleibt überlassen, auf dem
Rechtswege gegen den Verwalter vorzugehen, wenn sie durch
pflichtwidriges Verhalten des Verwalters geschädigt worden sind.
Wenn alle bei dem Verfahren beteiligten Konkursgläubiger
befriedigt sind, findet keine Nachtragsverteilung statt. Die Gegen-
stände, die für eine solche in Betracht kämen, sind durch die
vollständige Befriedigung der konkurrierenden Gläubiger pfandfrei
geworden und stehen zur Verfügung des (ehemaligen) Gemein-
schuldners.
8. Besondere Arten von Nachtrags Verteilung finden
in dem Konkurs über das Vermögen einer eingetragenen Genossen-
schaft statt.
a) In einem solchen Konkurse hat der Verwalter, sobald mit dem
Vollzuge der Schlufsverteilung begonnen ist, dieNachschufsberechnung
aufzustellen •*. Er hat ferner, nachdem die Nachschufsberechnung
für vollstreckbar erklärt ist, unverzüglich (vgl. § 121 B.G.B.) den im
Vorschufsverfahren eingezogenen Bestand und, so oft von den auf
Grund der Nachschulsforderung eingezogenen Beträgen ein hin-
reichender Bestand eingegangen ist, diesen im Wege der Nachtrags-
verteilung (§ 166 K.O.) unter die Gläubiger zu verteilen (§ 115
Gen.Ges.). Die Grundlage der Verteilung bildet auch hier das
Schlufsverzeichnis; denn die Konkursgläubiger können nur wegen
ihrer bei der Schlufsverteilung berücksichtigten Forderungen Be-
•» Vgl. oben S. 333 litt. c.
3,74 Achtes Hauptstück.
friedigung aus den Nachschüssen verlangen (arg. § 105 Abs, 1
Gen.Ges.).
b) Aufser dieser Nachtragsverteilung giebt es in dem Konkurs
über das Vermögen einer Genossenschaft mit unbeschränkter
Nachschufspflicht noch eine andere Nachtragsverteilung, nämlich
die Verteilung derjenigen Beiträge, welche gemäfs §§ 128, 129
Gen.Ges. von den ausgeschiedenen Genossen eingezogen sind**.
Hat eine solche Verteilung stattgefunden, so kann es auch zu einer
Rückverteilung an die Ausgeschiedenen kommen, wenn nachträg-
lich von den vor ihnen haftenden, in der Genossenschaft ver-
bliebenen Genossen die von ihnen geschuldeten Beträge eingegangen
und für die Genossenschaftsgläubiger verwendet worden sind.
9. a) Der Vollzug einer jeden Verteilung besteht in der Zah-
lung oder Zurückbehaltung der Dividende. Der Vollzug erfolgt
stets durch den Konkursverwalter (§ 167). Die einzelnen Konkurs-
gläubiger haben auf Grund des festgestellten Verteilungsverzeich-
nisses einen Anspruch auf die Konkursdividende gegen die Gläubiger-
schaft. Das Verteilungsverfahren ist die Auseinandersetzung der
Gemeinschaft. Aus der Auseinandersetzung erwirbt der einzelne
Gemeinschafter einen Anspruch auf Herausgabe seines bei der Aus-
einandersetzung ermittelten Anteils an dem Gemeinschaftsvermögen.
Der Anspruch richtet sich gegen die Gläubigerschaft. Diese
schuldet den einzelnen Konkursgläubigern die Dividende. Der An-
spruch ist gegen den Verwalter als das Organ der Gläubigerschaft
geltend zu machen. Wenn der Verwalter die Dividende nicht aus-
zahlt oder hinterlegt, so können sich die Gläubiger an das Konkurs-
gericht wenden und dieses veranlassen, als Aufsichtsbehörde gegen
den Verwalter einzuschreiten (§§ 83, 84). Den Gläubigem steht
aber auch der Rechtsweg offen ®*^. Jeder einzelne Gläubiger kann
gegen den Verwalter als das Organ der Gläubigerschaft auf Zahlung
oder auf Hinterlegung der Dividende klagen und das Urteil in die
vorhandenen Barbestände vollstrecken lassen. Es kann aber auch
jeder Gläubiger gegen den Verwalter persönlich auf Schadens-
ersatz klagen, soweit er durch pflichtwidriges Verhalten des Ver-
walters, z. B. durch Veruntreuung von Massebeständen, geschädigt
ist (arg. § 82).
•* Vgl. oben S. 334 Abs. 2.
" Vgl. V. Wilmowski § 147 N. 3, Oetker, Grundbegr. I S. 201 ZiflP. I
Abs. 2.
§ 51. 1. Die Verteilungen. 375
Gesetzlicher Erfüllungsort für die Leistung der Dividende ist
der Ort, wo die Konkursverwaltung geführt wird (arg. § 269 Abs. 1
B.G.B.). Obwohl die Leistung in Geld besteht, ist der Verwalter
nicht verpflichtet, das Geld auf Gefahr und Kosten der Gläubiger-
schaft den Gläubigern an deren Wohnort zu übermitteln; denn
dadurch würden der Gläubigerschaft Kosten erwachsen, die sich
nicht im Voraus sicher berechnen lassen und die deswegen in die
vorausgehende Schlufsrechnung nicht eingesetzt werden könnten*®.
Ist eine Rechtsnachfolge bezüglich der Forderung eingetreten, ^
so hat sich der Rechtsnachfolger als solcher zu legitimieren®^.
b) Hat der Konkursverwalter irrtümlich jemanden mehr aus-
bezahlt oder durch Hinterlegung zugeteilt, als ihm nach dem rekti-
fizierten Verteilungsverzeichnisse zukommt, so kann er das zuviel
geleistete kondizieren und bei der Schlufsverteilung, eventuell bei
einer Nachtragsverteilung, für die andern Gläubiger verwenden. Da-
gegen kann er nicht kondizieren, was den im Verzeichnisse berück-
sichtigten Gläubigern zugeteilt ist, auch wenn das Verzeichnis
fehlerhaft war; denn das festgestellte Verzeichnis ist im Verhält-
nisse zwischen den einzelnen Gläubigern und der Gläubigerschaft
mafsgebend. Nur, wenn die in der Konkurstabelle eingetragene
Feststellung einer Forderung angefochten und beseitigt ist*®, ist
die Rückforderung des Geleisteten möglich, weil durch die Be-
seitigung jener Feststellung dem auf Grund der Tabelle angefertigten
Verzeichnisse die Unterlage entzogen ist.
Eine andere Frage ist, ob nach der Beendigung des Konkurses
ein Konkursgläubiger, der irrtümlich in dem Verzeichnisse nicht
berücksichtigt worden ist*®, von den berücksichtigten Gläubigem
die Herausgabe derjenigen Beträge verlangen kann, welche sie zu-
folge seiner Nichtberücksichtigung zuviel erhalten haben. Die Be-
antwortung der Frage hängt davon ab, ob dem festgestellten
Teilungsverzeichnisse die Wirkung einer rechtskräftigen Entschei-
dung im Verhältnisse der Einzelgläubiger zu einander zukommt
oder nicht. In der K.O. ist nirgends ausgesprochen, dafs dem Ver-
^ § 270 B.G.B. giebt nur eine Auslegungeregel , die aus dem im Text
angegebenen Grunde hier nicht zutreffen dürfte.
•^ Vgl. §§ 410,412, 2353 B.G.B.
«« Vgl. oben S. 267 litt. c.
^* Z. B. : Eine angemeldete Forderung wurde versehentlich nicht geprüft
und nicht in die Tabelle eingetragen, daher auch nicht in dem Verzeichnisse
berücksichtigt.
376 > Achtes Hanptstfick.
zeiehnis eine derartige Wirkung zukomme. Man wird daher an-
nehmen dürfen, dafs das Verteilungsverzeichnis einer condictio
nicht grundsätzlich im Wege steht'®.
Auch eine condictio von Seite des Gemeinschuldners ist möglich,
sofern er die Forderung im Prüfungstermin oder im Restitutions-
weg (§ 165) ausdrücklich bestritten hat.
c) In der Regel ist die Dividende dem Gläubiger auszuzahlen.
Ist eine der Voraussetzungen des § 872 B.G.B. gegeben, so kann
der Verwalter den zu zahlenden Betrag bei einer dazu bestimmten
öffentlichen Hinterlegungsstelle hinterlegen. Die Wirkungen einer
solchen Hinterlegung bestimmen sich nach dem bürgerlichen Recht
(vgl. §§ 376 bis 382 B.G.B.).
d) Kicht auszuzahlen, sondern zurückzubehalten ist die Dividende :
a) auf Forderungen, die infolge eines bei der Prüfung er-
hobenen Widerspruchs im Prozesse befangen sind (§ 168 Nr. 1).
Dies gilt sowohl für un titulierte , wie für titulierte Forderungen
(§ 146 Abs. 6). Jene werden überhaupt nur berücksichtigt, wenn
der Gläubiger den in § 152 geforderten Nachweis rechtzeitig ge-
führt hat ". Diese werden stets berücksichtigt, solange der Opponent
den Titel der Forderung nicht in dem zur Verfolgung seines
Widerspruchs betriebenen Verfahren rechtskräftig beseitigt hat^*;
aber die Dividende wird zurückbehalten, solange das von dem
Opponenten betriebene Verfahren nicht durch eine rechtskräftige.
■»o Vgl. die Mot. S. 247, v. Wilmowski § 150 N. 2 Abs. 3, Kohler,
Lehrb. S. 578 ff., R.G. 13. März 1889 Jur.W.Schr. 1889 S. 179, R.G. 29. Sept.
1890 in d. Jur.W.Schr. 1890 S. 411. — Abweichend: R.G. 22. Ott 1885 in SA.
XLI Nr. 272, auch citiert in Beitr. z. E. d. D.E. XXXIV S. 986. — Für die
im Texte vorgetragene Ansicht spricht, dafs auch der in einem Teilungs-
verfahren nach §§ 872 bis 882 C.Pr.O. zustande gekommene Teilungsplan die
condictio eines Gläubigers gegen einen anderen unter Umstanden nicht aus-
schliefst (arg. § 878 Abs. 2); vgl. R.G. 15. Mai 1891 in S.A. XLVII Nr. 83,
80. April 1897 Entsch. XXXIX Nr. 93 S. 379, O.L.G. Köln in Ztschr. f. d.
CPr. VII S. 113, O.L.G. Stuttgart in S.A. XLII Nr. 81. Femer, dafs nach
ständiger Rechtsprechung ein Betrag, der im preufsischen erbschaftlichen
Liquidationsverfahren oder im Subhastationsverfahren einem Beteiligten unter
Verletzung des materiellen Recht« zugeteilt worden ist, durch die Benach-
teiligten zurückgefordert werden kann. Vgl. preufs. O.Trib.Entsch. VI S, 399,
LXXIX S. 156; Striethorst Arch. f. Rechtsfölle etc. VII S. 72, XLI 8. 145,
LIX S. 159, XC S. 208, R.O.H.G.Entsch. VII S. 168, R.G. 24. April 1890 in
Beitr. z. E. d. D.R. XXXIV S. 984 ff. und in Jur.W.Sch. 1890 S. 196.
^' Vgl. oben S. 349 litt, y, S. 852 litt «.
■»^ Vgl. oben S. 349 litt, ß.
§ 51. 1. Die Verteilangen. 877
die Opposition zurückweisende Entscheidung erledigt ist. Haben
mehrere Personen Widerspruch gegen die titulierte Forderung er-
hoben, so genügt es, wenn der Widerspruch von einem der Oppo-
nenten verfolgt wird. Die Verfolgung des Widerspruchs durch
den Opponenten hat dieser dem Verwalter nachzuweisen. Diese
Nachweisung ist nicht an die Ausschlufsfrist gebunden.
Die auf eine festgestellte Forderung entfallende Dividende ist
auch dann nicht zu hinterlegen, sondern auszuzahlen, wenn der
Verwalter deren nachträgliches Erlöschen im Wege der Wider-
spruchsklage (§ 767 G.Pr.O.) geltend gemacht hat; doch kann das
Prozefsgericht auf Antrag des Verwalters anordnen, dafs bis zur
Erlassung des Urteils über die in der Widerspruchsklage geltend
gemachte Einwendung die Auszahlung der Konkursdividende
sistiert oder nur gegen Kaution geleistet werde (arg. § 769 Abs. 1
C.Pr.O.). In dringenden Fällen kann das Konkursgericht die in
§ 769 Abs. 2 C.Pr.O. zugelassene Anordnung treffen'*;
ß) auf aufschiebend bedingte Forderungen, solange die Be-
dingung nicht erfüllt ist (§ 168 Nr. 2). Bei der Schlufsverteilung
kann dies nur vorkommen, wenn die Möglichkeit des Bedingungs-
eintritts nicht so entfernt ist, dafs die Forderung keinen gegen-
wärtigen Vermögenswert hat (arg. § 154 Abs. 2);
y) auf Forderungen , für die eine abgesonderte Befriedigung
beansprucht und der Vorschrift des § 153 Abs. 2 genügt ist (§ 168
Nr. 3). Das kann nur bei einer Abschlagsverteilung vorkommen,
da bei der Schlufsverteilung die Forderung eines Absonderungs-
berechtigten blofs berücksichtigt wird, wenn entweder der Verzicht auf
das Absonderungsrecht oder ein bei der abgesonderten Befriedigung
erlittener Ausfall nachgewiesen ist;
d) auf Forderungen unter auflösender Bedingung, sofern der
Gläubiger zu einer Sicherheitsleistung verpflichtet ist und die
Sicherheit nicht leistet (§ 168 Nr. 4). Ob der Gläubiger zu einer
Sicherheitsleistung verpflichtet ist, ist aus dem bürgerlichen Rechte
zu beurteilen. Dafs eine solche Verpflichtung besteht, hat der Ver-
walter zu beweisen;
e) in dem Konkursverfahren über das Privatvermögen eines
persönlich haftenden Gesellschafters einer offenen Handelsgesell-
" Vgl. V. Wilmowski § 155 N. 1 Abs. 4, Oetker, Grundbegr. I S.374
Abs. 2. — Dagegen hat das E.G. in Entsch. XXI S. 339 beiläufig die Ansicht
altsgesprochen f dafs der Verwalter, der die Widerspruchsklage aus § 767
C.Pr.O. erhoben hat, ohne weiteres befugt sei, die Dividende zurückzubehalten.
878 Achtes Hauptstfick.
Schaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer Kommanditgesell-
schaft auf Aktien sind, wenn auch das Konkursverfahren über das
Gesellschaftsvermögen eröffnet ist, bei allen Verteilungen die Anteile,
welche auf die Gesellschaftsforderungen entfallen, zurückzubehalten,
bis der Ausfall bei dem Gesellschaftsvermögen feststeht (§ 212
Abs. 2)'*;
r) in dem Konkursverfahren über das Vermögen des Erben
sind, wenn auch über den Nachlafs das Konkursverfahren eröffnet
oder wenn eine Nachlafsverwaltung angeordnet ist, die auf Nachlafs-
gläubiger, denen der Erbe unbeschränkt haftet, bei einer Abschlags-
verteilung nach § 158 Abs. 2 entfallenden Dividenden zurückzubehalten
(§ 234 Abs. 1 mit § 168 Nr. 3)".
Das Gleiche gilt, wenn eine Ehefrau die Erbin ist und der Nach-
lafs zum Gesamtgut gehört, auch in dem Konkursverfahren über das
Vermögen des Ehemanns (§ 234 Abs. 2)'*.
Im Falle der fortgesetzten Gütergemeinschaft findet das unter
litt. K Abs. 1 Gesagte in dem Konkursverfahren über das Vermögen
des tiberlebenden Ehegatten entsprechende Anwendung auf die
Gesamtgutsgläubiger, deren Forderungen schon zur Zeit des Ein-
tritts der fortgesetzten Gütergemeinschaft bestanden, wenn auch
über das Gesamtgut das Konkursverfahren eröffnet oder eine Gesamt-
gutsverwaltung angeordnet ist (§ 236 Abs. 1)^'.
Tj) In einem Genossenschaftskonkurse sind bei der Nachtrags-
verteilung, in welcher die im Umlageverfahren von den Ge-
nossen eingezogenen Beträge an die Konkursgläubiger verteilt
werden, aufser den in § 168 K.O. bezeichneten Forderungen zurück-
zubehalten die Anteile auf Forderungen, Iwelche im Prüfungs-
termine oder im Wege des Restitutionsverfahrens (§ 165 K.O.)
von dem Vorstande der Genossenschaft ausdrücklich bestritten
worden sind (§ 115 Abs. 2 Satz 1 Gen.Ges.). Das erklärt sich
daraus, dafs die Verteilung der aus den Nachschüssen erzielten
Beträge der Sache nach einer nach der Aufhebung des Konkurses
erfolgten Leistung des Gemeinschuldners ähnlich ist. Gleichwie
die im Konkurs erfolgte Feststellung keinen Vollstreckungstitel
gegen den Gemeinschuldner bildet, wenn dieser die Forderung im
Prüfungstermin bestritten hat (arg. a contr. § 164 Abs. 2 K.O.),
so soll auch die Feststellung im Konkursverfahren keine Unterlage
'* Vgl. oben S. 44 Abs. 4, S. 45.
'» Vgl. oben S. 46 Abs. 2.
^» Vgl. oben S. 46 Abs. 3.
^' Vgl. oben S. 47 Abs. 2.
§ 51. 1. Die Verteilungen. 879
für die Auszahlung von Beträgen bilden, die im Umlageverfahren
eingezogen worden sind.
Dem Gläubiger bleibt überlassen, durch Klage gegen die Ge-
nossenschaft, vertreten durch ihren Vorstand oder die Liquidatoren,
den Widerspruch zu beseitigen (§ 115 Abs. 2 Satz 2 Gen.Ges.).
Die Klage ist eine Leistungsklage, denn sie geht darauf, dafs die
Genossenschaft verurteilt werde, den Gläubiger zu befriedigen.
Wird die Klage abgewiesen, also der Widerspruch für begründet
erklärt, so wird der für die bestrittene Forderung zurückbehaltene
Betrag zur Verteilung unter die übrigen Gläubiger und, soweit er
zu deren Befriedigung nicht erforderlich ist, zur Rückzahlung an
die Genossen frei (§115 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Gen.Ges.).
Das Urteil hat aber keinen Einflufs auf die Verteilungen aus
der sonstigen Konkursmasse, es wirkt blols für die Nachschufsmasse.
Wird der Klage stattgegeben, so erfolgt die Auszahlung des
zurückbehaltenen Betrags an den Gläubiger.
Es kann sein, dafs ein Anteil aus dem doppelten Grande
zurückbehalten wurde, weil die Forderung infolge eines von dem
Konkursverwalter oder von einem konkurrierenden Gläubiger er-
hobenen Widerspruchs im Prozesse befangen ist (§ 168 Nr. 1 K.O.
und weil der Vorstand der Genossenschaft Widerspruch erhoben
hat (§115 Abs. 2 Satz 1 Gen.Ges.). Überwindet der Gläubiger
den Widerspruch des Konkursverwalters oder des Mitgläubigers, so
nützt ihm das Urteil noch nichts im Verhältnisse zur Genossen-
schaft; er mufs erst noch den Widerspruch der Genossenschafts-
organe überwinden, um den zurückbehaltenen Betrag zu erlangen.
Unterliegt aber der Gläubiger im Oppositionsprozesse gegenüber
dem Verwalter oder dem Mitgläubiger, so wird die Klage zur Be-
seitigung desWiderspruchs der Genossenschaftsorgane gegenstandslos ;
denn jenes Unterliegen hat zur Folge, dafs der Gläubiger aus dem
Schlufsverzeichnis entfällt. Dann kann er aber im Umlage-
verfahren nichts erhalten, weil diesem das Schlufsverzeichnis zu
Grunde liegt, aus dem der Gläubiger jetzt gestrichen ist. Die in
dem Prozesse mit der Genossenschaft ergehende Entscheidung
präjudiziert dagegen der Entscheidung des Oppositionsprozesses mit
dem Verwalter oder einem konkurrierenden Gläubiger nicht, weil
es sich in jenem Prozesse nicht blofs um die aus dem Umlage-
verfahren erzielten Beträge, sondern um die Befriedigung aus dem
sonstigen Genossenschaftsvermögen handelt.
Ad litt, a bis ij: Bei einer Forderung können mehrere Zu-
rückbeh alt un gsgründe zusammentreffen.
380 Achtem Haaptstack.
•
e) Ein Streit darüber, ob ein Betrag auszuzahlen oder zurück-
zubehalten ist, ist zwischen dem Verwalter und dem Gläubiger im
ordentlichen Prozefs auszutragen. Der Gläubiger kann auf Zahlung
klagen, wenn der Verwalter den Betrag ohne gesetzlichen Grund
zurückbehält. Auch eine Klage des Verwalters gegen den Gläubiger
auf Feststellung des Zurückbehaltungsrechts ist unter den Voraus-
setzungen des § 256 C.Pr.O. möglich.
f ) Die bei einer Abschlagsverteilung zurückbehaltenen Beträge
verbleiben zunächst bei der gemeinen Masse ; etwaige Zinserträgnisse
wachsen dieser zu. Sind solche Beträge während des Vollzugs der
Schlufsverteilung noch nicht zahlbar, aber auch nicht für die Masse
frei geworden, so sind sie vom Verwalter nach Anordnung des Gerichts
für die Beteiligten zu hinterlegen. Ebenso ist mit den bei der Schlufs-
verteilung oder bei einer Nachtragsverteilung zurückbehaltenen
und mit denjenigen Beträgen zu verfahren, welche aus irgend einer
Verteilung auszuzahlen, aber bis zum Ende des Vollzugs der Schlufs-
oder der Nachtragsverteilung von den Gläubigem nicht erhoben
worden sind (§ 169).
Das Gericht hat anzuordnen, wo und in welcher Weise die
Hinterlegung erfolgen soll. Die Anordnung ist von Amtswegen zu
erlassen. Sie erfolgt im Interesse der Beteiligten und des Ver-
walters. Diese können die Anordnung beantragen. Gegen die Ab-
weisung des Antrags steht dem Antragsteller, gegen die Erlassung
der Anordnung jedem Beteiligten die sofortige Beschwerde zu. Im
Beschwerdeverfahren kann aber nicht entschieden werden, ob ein
Betrag zurückzubehalten, sondern nur darüber, ob und wie die
vorhandenen Beträge zu hinterlegen seien. Kraft seines Aufsichts-
rechts hat das Konkursgericht den Verwalter zum Vollzuge der
Anordnung anzuhalten.
Die Wirkungen dieser Hinterlegung sind nach Analogie der
Vorschriften der §§ 375 bis 381 B.G.B. zu beurteilen". Aus der
^" Zur direkten Anwendung eignen sich diese Vorschriften nicht, weil
für die Hinterlegung nach § 169 K.O. nicht die Voraussetzungen des § 872
B.G.B. vorliegen müssen, und weil die Hinterlegung auch bei einer anderen
als der öffentlichen Hinterlegungsstelle, z. B. bei einer Bank, angeordnet
werden kann. Die Anwendung im Wege der Analogie rechtfertigt sich aber
daraus, dafs die Umstände, wegen deren nach § 169 K.O. die Hinterlegung
anzuordnen ist, S^hlungshindemisse sind, die, wie die in § 872 B.G.B.
aufgeführten, in der Person des Gläubigers oder in einer Ungewifsheit ihren
Grund haben. Soweit sich aus dem § 872 B.G.B. die Befugnis des Schuldners
zur Hinterlegung ergiebt, kann der Verwalter auch ohne gerichtliche An-
ordnung hinterlegen.
§ 51. 1. Die Verteilungen. 381
K.O. ist nur zu entnehmen, dafs die Hinterlegung für Rechnung
der Beteiligten erfolgt, woraus sich ergiebt, dals diese die Kosten
und die Gefahr tragen und dafs ihnen die Zinsen zuwachsen. Auf das
Recht zur Zurücknahme darf der Verwalter nur verzichten, wenn
ein Betrag zur Auszahlung an den Gläubiger gereift ist. Von diesem
Zeitpunkt an kann der Gläubiger vom Verwalter die Zustimmung
zur Auszahlung verlangen.
10. Der Schlufstermin ist nicht blofs zur Erhebung von Ein-
wendungen gegen das Schlufsverzeichnis , sondern auch zur Ab-
nahme der Schlufsrechnung (§ 8ü) und zur Beschlufsfassung über
die nicht verwertbaren Vermögensstticke bestimmt (§ 162). Daher
ist der Schlufstermin auch dann abzuhalten, wenn thatsächlich
nichts mehr zu verteilen ist, weil die Restmasse durch Nach-
zahlung von Dividenden (§ 155) oder durch Befriedigung von Masse-
gläubigem erschöpft worden ist. Übrigens kann die Feststellung
des Schlufsverzeichnisses auch wegen der etwaigen Nachtragsver-
teilungen nicht entbehrt werden.
Über die Legung der Schlufsrechnung, über die Einwendungen,
die dagegen erhoben werden können und über die Verfolgung
dieser Einwendungen ist oben S. 161 ff. gehandelt Soweit in dem
Termin Einwendungen nicht erhoben werden, gilt die Rechnung
als anerkannt (§ 86 Satz 4); es kann also ein zur Erhebung von
Einwendungen Berechtigter, der es versäumt hat, Einwendungen
in dem Termine zu erheben, nicht nachträglich Ansprüche gegen den
Verwalter geltend machen, die sich auf Unrichtigkeiten in der
Schlufsrechnung stützen.
Über einen nicht verwertbaren, zur Konkursmasse gehörenden
Gegenstand (eine Sache oder ein Recht) kann die Gläubigerschaft
mit einfacher Stimmenmehrheit (vgl. § 94 Abs. 2 Satz 1) beschliefsen.
Sie kann beschliefsen, dafs dessen nachträgliche Verwertung ver-
sucht werde; dann ist ein weiterer Termin zur Fortsetzung der
Verhandlung nötig; in dem neuen Termine (der zu verkünden und
daher nicht öffentlich bekannt zu machen ist) hat der Verwalter
der Gläubigerversammlung über das Ergebnis der Verwertungs-
versuche zu berichten und eventuell die Schlufsrechnung zu er-
gänzen. Die Gläubigerversammlung kann auch beschliefsen, dafs
ein bisher nicht verwertbarer Gegenstand einem Konkursgläubiger
gegen Anrechnung auf seine Konkursdividende übereignet werden
soll, wozu natürlich die Zustimmung dieses Gläubigers nötig ist.
Sie kann ferner beschliefsen, dafs sie auf das durch die Konkurs-
382 Achtes Haaptstück.
eröffiiung entstandene Pfandrecht an dem nicht verwerteten Gegen-
stande verzichtet, wodurch der Gegenstand dem Gemeinschul dner
freigegeben wird.
Die Beschlüsse der Gläubigerversammlung über nicht verwert-
bare Gegenstände unterliegen dem Veto des Konkursgerichts nach
Mafsgabe des § 99.
Wird über einen dem Konkursverwalter bekannten, bisher
nicht verwerteten Gegenstand nichts beschlossen, so fällt derselbe
mit der Aufhebung des Konkursverfahrens dem Gemeinschuldner
zur freien Verfügung zu. Anders verhält es sich mit Gegen-
ständen, die erst nachträglich ermittelt werden; in Ansehung
solcher Gegenstände dauert das mit der Konkurseröffnung ent-
standene Pfandrecht fort, woraus sich die Möglichkeit einer Nach-
tragsverteilung bei späterer Ermittelung und Verwertung ergiebt
(vgl. § 166 Abs. 2).
§ 52.
3« Die Aufhebung des Eonkursrerfahrens naeh dem
Sehlurstermine.
1. Nach der Abhaltung des Schlufstermins beschliefst das Ge-
richt die Aufhebung des Konkursverfahrens (§ 163 Abs. 1 Satz 1).
Der Schlufstermin ist abgehalten, wenn die Geschäfte, zu
deren Vornahme der Schlufstermin bestimmt ist, erledigt sind.
Es mufs die Schlufsrechnung abgelegt und den Beteiligten Gelegen-
heit gegeben sein, ihre Einwendungen gegen die Rechnung vor-
zubringen; dafs die Einwendungen erledigt werden, ist nicht er-
forderlich , da auf Grund der Einwendungen Ansprüche im Wege
des ordentlichen Prozesses erhoben werden können *. Es mufs den
Beteiligten Gelegenheit gegeben sein, Einwendungen gegen das
Schlufsverzeichnis zu erheben; dafs über diese Einwendungen ent-
schieden ist, ist nicht erforderlich, da der Termin nur zur Er-
Erhebung der Einwendungen bestimmt ist, während die Entscheidung
nachträglich auf Grund eines weiteren schriftlichen Verfahrens er-
folgen kann*. Endlich mufs den Beteiligten Gelegenheit gegeben
1 Vgl. oben S. 162 Abs. 1.
« Vgl. oben S. 355 f., S. 364 Abs. 2, 3. — Abweichend von der im Texte
vorgetragenen Ansicht hält v. Wilmowski §151 X. 1 Abs. 2 die Aufhebung
erst für zulässig, wenn die Einwendungen erledigt sind. Diese Annahme
hängt mit der unten N. 3 erwähnten Ansicht zusammen, dafs die Aufhebung
erst erfolgen könne, wenn die Schlufsverteilung vollzogen ist.
§ 52. 2. Die Aufhebung d. Konkursverfahrens nach dem Schlufstermine. 383
worden sein, über die nicht verwertbaren Gegenstände zu beschliefen ;
dafs ein Beschlufs gefafst wird, ist nicht erforderlich.
Können diese Geschäfte nicht alle in einem Termin erledigt
werden, so ist ein Termin zur Fortsetzung der Verhandlung an-
zuberaumen, mit der Aufhebung des Konkursverfahrens mufs bis
nach Abhaltung dieses Termins gewartet werden.
Der Schlufstermin kann abgehalten werden, ohne dafs ein
Gläubiger oder der Gemeinschuldner erschienen ist, aber nicht in
Abwesenheit des Verwalters, da dieser die Schlufsrechnung in dem
Termine zu legen hat. Ist der Verwalter nicht erschienen, so ist
der Termin von Amtswegen zu vertagen. Der neue Termin ist zu
verkünden, öffentliche Bekanntmachung ist nicht nötig (arg. § 218
C.Pr.O.).
Bevor der Schlufstermin abgehalten ist, kann die Aufhebung
des Verfahrens nicht beschlossen werden. Ein Auf hebungsbeschlufs
vor Abhaltung des Schlufstermins wäre nichtig.
Nach Abhaltung des Schlufstermins kann die Aufhebung des
Verfahrens sofort beschlossen werden; es ist insbesondere nicht
nötig, dafs die Schlufsverteilung schon vollzogen ist*; denn der
Vollzug der Verteilung gehört nicht zu den im Schlufstermine zu
erledigenden Geschäften, und die Schlufsrechnung kann vor der
Verteilung abgenommen werden.
Aber das Gericht braucht die Aufhebung des Verfahrens
nicht unmittelbar nach der Abhaltung des Schlufstermins zu be-
schliefsen. Es kann damit warten, bis über die gegen das Schlufs-
verzeichnis erhobenen Einwendungen rechtskräftig entschieden ist,
da der Verwalter vorher die Verteilung doch nicht ohne Gefahr voll-
ziehen kann*.
Eine Anfechtung des Beschlusses, der die Aufhebung des
Verfahrens ausspricht, findet nicht statt (§ 103 Abs. 1 Satz 2),
weil der Beschlufs nur die formelle Konstatierung der mit der
Schlufsverteilung eintretenden Beendigung des Verfahrens enthält
und weder die Gläubiger, noch der Gemeinschuldner ein rechtliches
Interesse an der Nichterlassung oder Hinausschiebung des Be-
schlusses haben*.
» Vgl. Petersen u. Kleinfeiler §§ 149 bis 152 N. III 1, v. Völdern-
dorff § 151 N. a, Stieglitz § 151 N. 1 1. A.M.: v. Wilmowski § 151 N. I
Abs. 2, V. Sarwey u. Bessert §151 N. 1 Ziff. 1, Fitting §42 N.21, Ende-
mann S. 577.
* Vgl. K.Pr. S. 107,
» Vgl. Mot. S. 887, K.Pr. S. 107.
384 Achtes Haaptstfick.
Der Beschlufs und der Grund der Aufhebung (hier: Schlufs-
verteilung) sind öffentlich bekannt zu machen (§163 Abs. 2). Die
Bekanntmachung erfolgt durch mindestens einmalige Einrückung
in das zur Veröffentlichung amtlicher Bekanntmachungen des Ge-
richts bestimmte Blatt; die Bekanntmachung kann auszugsweise
geschehen. Sie ist auszugsweise in den Reichsanzeiger einzu-
rücken. Die Bekanntmachung gilt als bewirkt mit dem Ablaufe
des zweiten Tages nach der Ausgabe des die Einrückung oder die
erste Einrückung enthaltenden Blattes (§163 Abs. 3 mit § 111 Abs. 2
und § 76 Abs. 1).
Der Gerichtsschreiber hat beglaubigte Abschriften der Formel
des Aufhebungsbeschlusses den in § 112 bezeichneten Register-
behörden und der Dienstbehörde des Gemeinschuldners mitzuteilen
(§ 163 Abs. 3 mit § 112). Die Aufhebung ist in das Grundbuch
einzutragen bei denjenigen Grundstücken, als deren Eigentümer der
Gemeinschuldner zur Zeit der Aufhebung des Konkursverfahrens
im Grundbuch eingetragen ist, und bei den für den Gemein-
schuldner zu dieser Zeit noch eingetragenen Rechten, wenn die
Konkurseröffnung eingetragen worden ist. Das Konkursgericht hat
das Grundbuchamt von Amtswegen um die Eintragung zu ersuchen.
Die Eintragung kann auch von dem Gemeinschuldner bei dem
Grundbuchamte beantragt werden (arg. § 163 Abs. 3 mit § 113)*.
Der Auf hebungsbeschlufs ist weder zu verkünden (auch nicht,
wenn er im Schlufstermin erlassen werden konnte!), noch zu-
zustellen ^.
Der Beschlufs tritt in Wirksamkeit mit der öffentlichen Be-
kanntmachung, also mit dem Ablaufe des zweiten Tages nach der
Ausgabe des die Einrückung oder die erste Einrückung enthaltenden
Blattes».
* Dafs der Gemeinschnldner die Eintragung bei dem Gnindbuch-
amte beantragen kann, dürfte sich aus der entsprechenden Anwendung des
§ 118 Abs. 3 ergeben. Der Konkursverwalter kann nicht mehr als antrags-
berechtigt in Betracht kommen, da die Giäubigerschaft an der Eintragung
der Aufhebung kein Interesse hat. Wohl aber hat der Gemeinschnldner ein
Interesse daran.
^ Der Abs. 8 des § 111 ist in § 168 Abs. 3 nicht angezogen.
« Vgl. V. Wilmowski § 151 N. 2, Petersen u. Kleinfeiler §§ 149
bis 152 N. III 2, Hullmann § 151 N. 8, v. Sarwey u. Bossert § 151 N. 2,
Fitting § 42 N. 28, Endemann S. 579. A.M.: v. Völderndorff g 151
N. f. n und Eccius (Förster), preufs. Pr.R. I § 119 zu N. 1. — v. Völdern-
dorff unterscheidet im Anschlufs an die Rechtsprechung des preufs. O.Trib.
zu § 277 der preufs. K«0. v. 1855 in den Entsch. d. preufs. O.Trib. XL
§52. 2. Die Aufhebung d. Konkursver&hrens nach dem Schlufstermine. 385
2« Die Wirkungen der Aufhebung des Konkursverfahrens sind ;
a) Das durch die Eonkurseröffnung für die Eonkursgläubiger
entstandene, von der Gläubigergemeinschaft geltend zu machende
Pfandrecht an den zur Eonkursmasse gehörenden Gegenständen
erlischt, soweit es nicht durch Verwertung oder durch Verzicht
schon früher erloschen ist, mit der Aufhebung des Eonkurses.
Ausgenommen sind blofs diejenigen Gegenstände, welche eventuell
für eine Nachtragsverteilung in Betracht kommen (s. oben S. 869
■
bis 371 litt, a bis k); an diesen Gegenständen dauert das Pfand-
recht trotz der Aufhebung des Eonkurses fort. Natürlich immer
nur solange noch unbefriedigte Eonkursgläubiger vorhanden sind.
Diejenigen Gegenstände, an welchen das Pfandrecht erloschen
ist, hat der Verwalter dem Gemeinschuldner zur freien Verfügung
herauszugeben. Dazu geholt auch ein Barüberschufs , der etwa
nach Befriedigung aller Eonkursgläubiger noch vorhanden ist.
Der Gemeinschuldner kann den Anspruch auf Herausgabe der
bezeichneten Gegenstände gegen den Verwalter als das Organ
der Gläubigerschaft geltend machen. Er kann nicht blofs von dem
Eonkursgericht als der Aufsichtsbehörde verlangen, dafs es den
Verwalter zur Herausgabe anhalte (arg. § 83), sondern er kann
auch den Anspruch im ordentlichen Civilprozesse verfolgen *. Aufser-
dem kann er den Verwalter persönlich auf Schadensersatz belangen,
wenn diesem ein Verschulden zur Last fällt (arg. § 82).
Eorporationen, Stiftungen und Gemeinschaften, die durch Er-
öffnung des Eonkurses über ihr Vermögen die Rechtsfähigkeit
verloren haben oder aufgelöst worden sind*^, erlangen nicht
mit der Aufhebung des Eonkurses ihre Bechtsfähigkeit zurück
und werden nicht durch Aufhebung des Eonkurses wieder her-
gestellt. In solchen Fällen ist, was bei Aufhebung des Eonkurses
dem Gemeinschuldner herauszugeben ist, denjenigen Personen
herauszugeben, an welche das Vermögen der aufgelösten Eorpo-
S. 396 f. und in Striethorsts Arch. f. Rechtsf. XXXII S. 161 ff., XXXIU
S. 290 ff. zwischen der Wirksamkeit für den Gemeinschuldner und der Wirk-
samkeit für die Gläubiger; jene soll mit der „Eröffnung** an den Gemein«
Schuldner, diese mit der Bekanntmachung eintreten. Es mag dahingestellt
bleiben, ob diese Bechtsprechung des Ipreufs. O.Trib. vom Standpunkte der
preufs. K.O. aus richtig war. Die deutsche K.O. bietet jedenfalls keinen
Anhaltspunkt für die bezeichnete Unterscheidung.
' Die Klage ist die actio pignoraticia des Pfandgebers gegen den
Empfänger des Pfandes.
>» Vgl. oben S. 235 f.
Bin ding, Handbuch IX 3: L. Seuffert, Konkursprozefsreeht. 25
Achtes Hauptstfick.
ration, Stiftung oder Gemeinschaft fallt. Diesen Personen stehen
die Ansprüche gegen den Verwalter zu, die sonst dem früheren
Gemeinschuldner zustehen.
b) Die Gläubigergemeinschaft bleibt trotz der Aufhebung
insoweit bestehen, als zur Zeit der Aufhebung noch Vermögen
vorhanden ist, das zur Schlufs Verteilung oder, wenn auch nur
eventuell, zu einer Nachtragsverteilung zu verwenden ist; denn
dieses Vermögen bleibt mit dem Pfandrechte belastet.
Aber die Organe der Gläubigergemeinschaft werden durch die
Aufhebung des Konkursverfahrens verringert. Es giebt keinen
Gläubigerausschufs und keine Gläubigerversammlung mehr^*. Nur
der Konkursverwalter bleibt als Organ der Gläubigergemeinschaft
in Funktion mit Befugnis zu denjenigen Rechtshandlungen, welche
nach der Aufhebung des Konkurses noch vorzunehmen sind. Als
solche Handlungen kommen insbesondere in Betracht der Vollzug
der Schlufsverteilung und der Nachtragsverteilungen, die Herbei-
schaflFung, Verwaltung und Verwertung der für Nachtragsverteilungen
in Betracht kommenden Gegenstände sowie die Fortführung der
anhängig gebliebenen Aktiv- und Passivprozesse, bei denen die
Gläubigerschaft als Partei beteiligt ist ". Auch zur Führung neuer
Prozesse, die zur Herbeiführung einer Nachtragsverteilung nötig
werden*®, bleibt der Verwalter legitimiert.
c) Die durch die Eröffnung des Konkurses nach §240 C.Pr.O.
oder nach § 13 Abs. 2 Anf.Ges. v. 21. Juli 1879 eingetretene
Unterbrechung eines anhängigen Prozesses wird, ohne dafs es der
Aufnahme des Prozesses bedarf, durch die Aufhebung des Verfahrens
beendigt, wenn die Unterbrechung nicht schon früher durch
Aufnahme des Prozesses beendigt worden ist.
d) Die durch die Anmeldung zum Konkurs eingetretene Unter-
brechung der Verjährung wird beendigt (§ 214 Abs. 1 B.G.B.).
Wird bei der Aufhebung für eine Forderung, die infolge eines bei
der Prüfung erhobenen Widerspruchs im Prozesse befangen ist, ein
Betrag zurückbehalten (§ 168 Nr. 1 K.O.), so dauert die Unter-
brechung auch nach der Beendigung des Konkurses fort ; das Ende
der Unterbrechung bestimmt sich nach den Vorschriften des § 211
B.G.B. (§ 214 Abs. 3 B.G.B.)**.
" Vgl. die Mot. S. 386.
1" Vgl. R.G.Entßch. XXVIH Nr. 12 S. 68 ff. Welche Prozesse in Frage
kommen können, ist oben S. 184 Abs. 2, S. 228 Abs. 5, S. 273 Abs. 2 erörtert.
18 Vgl. oben S. 370 f. litt, f, g, h, k.
»* Vgl. dazu oben S. 253 f.
§ 52. 2. Die Aufhebung d. Konkursverfahreus nach dem Schlufstermine. 387
e) Die durch die Konkurseröffnung eingetretene Beschränkung
der Konkursgläubiger auf die konkursmäfsige Zwangsvollstreckung
(§§ 12, 14)''^ hört mit der Aufhebung des Konkursverfahrens auf.
Soweit die Forderungen noch fortbestehen, können die Gläubiger
ihre Forderungen gegen den Geraeinschuldner unbeschränkt geltend
machen (§ 164 Abs. 1). Es steht ihnen jede Art des Verfahrens
offen, wie vor der Konkurseröffnung. Der Gemeinschuldner hat kein
beneficium competentiae auf Grund des Konkurses'**.
" Vgl. oben S. 185 f.
1^ Nach dem römischen Rechte konnte der Schuldner, der die cessio
bonorum vollzogen hatte, verlangen, dafs ihm von dem neu erworbenen
Vermögen so viel belassen werde, als er zur Lebensnotdurft für sich und
die Seinigen nötig hatte ; § 40 I. de action. 4, 6 ; 1. 4, 6 D. de cessione
bonorum 42, 3; 1. 3 C. de bon. auct. iud. poss. seu venumdandis 7, 72. Ob
der Schuldner diese Befugnis auch neuen Gläubigern gegenüber hatte, ist
zweifelhaft. Über Spuren älteren Rechts, wonach nach Vollzug der bonorum
yenditio die actiones ex ante gesto gegen den Schuldner überhaupt versagt
wurden, s. Gai. II § 155 und 1. 25 § 7 D. quae in fraudem credit. 42, 8 ; dazu
Bayer, Theorie des Concursprozesses § 11N.6, v. Bethmann -Holl weg.
Der Civilprozefs des gem. Rechts, der röm. Civilprozefs II S. 686.
Über deutsche Partikularrechte und Rechtsbücher, nach denen der
Schuldner schwören soll, dafs er einen Teil seines künftigen Erwerbs (ein
Drittel oder die Hälfte) oder, was er über seines Lebens Notdurft erwirbt, den
Gläubigem gebe, s. S to bbe , Z. Gesch. d. alt. deutschen Konkursprozesses, S. 73.
Das römische beneficium competentiae wurde in Deutschland gemeines
Recht. Da die cessio bonorum mit dem deutschen Konkursprozesse verwuchs,
gestattete man dem Schuldner, die Bewilligung der Rechtswohlthat im Kon-
kurse zu beantragen, worauf das Gericht darüber zu entscheiden hatte, ob
sie zu bewilligen sei oder nicht. Dabei wurde darauf Rücksicht genommen,
ob der Schuldner seine Insolvenz verschuldet hatte. — Vgl. Ciapro th
§ 448, Dabelow S. 515, 516, Kori § 122, Schweppe § 24, Bayer § 26
Abs. 2 Zift'. 3, Fuchs, Concursverfahren S. 75 f., Heimbach in Weiskes
Rechtslex. I S. 873 f., Bayr.Ger.Ordn. v. 1753 Cap. XVIII § 14.
Aus den Partikularrechten sind als eigenartig folgende Vorschriften
anzuführen. Die Hamburger Fallitenordnung v. 1768 Art. 101 bis 108,
Addit. Art 5, 7 ff. befreite den unglücklichen Falliten von jeder Haftung für
den Ausfall der Konkursforderungen ; der leichtsinnige Fallit blieb unter ge-
wissen Voraussetzungen und bis zu gewissen Beträgen für den Ausfall haft-
bar; der vorsätzliche Fallit blieb stets für den gesamten Ausfall haftbar.
Durch § 13 des Hamb. E.G. z. Str.G.B., v. 30. April 1869, wurde bestimmt, dafs
bei Verurteilung wegen betrügerischen Bankerutts und bei Entweichung* un-
beschränkte Haftung eintritt, während alle anderen Falliten deni Nach-
forderungsrechte in derselben Weise und bis zu denselben Beträgen unter-
liegen wie die früher 'als leichtsinnig qualifizierten Falliten. — Nach der
Bremer Debitordnung v. 1843 §§ 244 bis 246, 249 ist die • Geltendmachung
25*
388 Achtes Haaptstfick.
Auch die seit der EröilhuDg des Konkursverfahrens laufenden
Zinsen, sowie die durch die Beteiligung am Eonkursverfahren den
einzelnen Gläubigern erwachsenen Kosten, deren Geltendmachung
im Konkurs ausgeschlossen ist (§ 63 Nr. 1, 2), können nach Auf-
hebung des Verfahrens geltend gemacht werden ; die Kosten, soweit
der Gemeinschuldner nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen zur
Kostenerstattung verpflichtet ist. Wurde der Gläubiger zur Teil-
nahme am Konkursverfahren zugelassen, so ergiebt sich die Ver-
pflichtung des (früheren) Gemeinschuldners, ihm die notwendigen
Kosten zu erstatten, aus der Analogie von §§ 91, 788 C.Pr.O.".
f) Die im Konkurs erfolgte Feststellung einer Konkursforderung
hat unter der Voraussetzung, dafs die Forderung von dem Gemein-
schuldner nicht im Prüfungstermin ausdrücklich bestritten worden
ist, die Wirkung eines gegen den Gemeinschuldner ergangenen
rechtskräftigen Urteils (arg. § 164 Abs. 2). Ob die Feststellung
in dem Prüfungstermin oder nachher (zufolge der Zurückziehung
des Widerspruchs oder zufolge eines im Liquidationsprozefs er-
gangenen Urteils oder zufolge eines Vergleichs mit dem Opponenten)
erfolgt, ist einerlei. Das Bestreiten oder die Aberkennung des be-
anspruchten Vorzugsrechts (§ 61) oder des Bangs der Forderung
(§ 226) schliefst nicht aus, dafs die Forderung als solche fest-
gestellt wird und dafs diese Feststellung die bezeichnete Wirkung
hat. Dagegen ist vor Überwindung des Widerspruchs keine Fest-
stellung im Konkurs und daher auch keine Urteilswirkung gegen-
unbericbtigter Ansprüche innerhalb dreier Jahre nach Aufhebung eines
Debitverfahrens an den Nachweis geknüpft, dafs der Schuldner in eine bessere
Vermögenslage gekommen sei. Des Nachweises bedarf es jedoch nicht, wenn
das Verfahren wegen Mangels einer genügenden Aktiymasse beendigt worden
ist (§ 247). — Die lübische K.O. v. 1862 § 134. gewährt aUgemein das beneficium
competentiae.
Das französische Recht kennt die Rechtswohlthat nicht
Die Mot. z. £. e. R.O. S. 383 sagen, die in der Gewährung der Rechts-
wohlthat gelegene Beschränkung der Gläubiger untergrabe den Kredit (?)»
und berufen sich darauf, dafs das preufs. Recht, das sächs. Bürg. G.B. §766,
die bad. Pr.O. § 831, die bayer. Pr.O. § 1815, die österr. R.O. § 54 und das
dänische Konkursgesetz § 135 den Gläubigem das Recht gebe, ihre Forderungen
zu jeder Zeit unbeschränkt geltend zu machen. — Seitdem hat die Schweizer
K.O. Art 265 cf. Art. 149 das beneficium competentiae wieder anerkannt.
Das beneficium competentiae, welches aus einem nach dem früheren
Rechte durchgeführten Konkurs erworben ist, bleibt auch unter der Herrschaft
der K.O. bestehen. Vgl. Ztschr. f. d. C.Pr. IX S. 486,
1^ Vgl. Mot S. 242 zu § 51 des Entwurfs.
§ 52. 2. Die Aufhebung d. Konkursverfahrens nach dem Schlufstermine. 389
Über dem Gemeinschuldner vorhanden, wenn ein Opponent blofs
mit Rücksicht auf die Vorschriften des § 2 oder des § 63 die
Eigenschaft der Forderung als Konkursforderung, nicht das
Bestehen der Forderung, bestritten hat; denn in einem solchen
Falle kann auch das Bestehen der Forderung nicht festgestellt werden,
bevor der Widerspruch beseitigt ist.
Die Feststellung erlangt die Urteilswirkung nicht eo ipso,
sondern erst durch die Eintragung in die Konkurstabelle. Wird
diese Eintragung gelöscht*®, so erlischt die Urteilswirkung.
Dafs der in die Tabelle eingetragenen Feststellung unter der
oben bezeichneten Voraussetzung die Wirkung eines gegen den
Gemeinschuldner ergangenen Urteils beigelegt wird, ist eine aus
Zweckmäfsigkeitsrücksichten angeordnete Versäumnisfolge''. Der
Gemeinschuldner ist befugt, im Prtifungstermin die angemeldeten,
von dem Konkursgericht zugelassenen Forderungen zu bestreiten.
Übt er diese prozessualische Befugnis nicht aus, so läfst das Ge-
setz die angegebene Wirkung gegen ihn eintreten. Aus einem zu
vermutenden Anerkenntnisse der Forderung darf man die Wirkung
nicht begründen; sonst könnte sie nur eintreten, wenn dem Ge-
meinschuldner die Forderungsanmeldung bekannt war, was durch-
aus nicht immer der Fall sein mufs. Noch weniger darf man
die Wirkung aus einer Vertretung des Gemeinschuldners durch den
Konkursverwalter herleiten; denn der Verwalter vertritt den
Gemeinschuldner nicht.
1^ Etwa infolge eines Wiederaufnahmeverfahrens, vgl. oben S. 267 litt. c.
^® Diese Versäumnisfolge ist dem früheren gemeinen Recht unbekannt
Behandelt wurde nur die Frage, ob die Anerkenntnisse des contradictor und
die im Prozesse gegen den contradictor ergangenen Urteile gegen den Gemein-
schuldner wirksam seien. Sie wurde meistens verneint. Vgl. Schweppe
§ 138, J. A. Seuffert, Arch. f. civ. Prax. XI S. 865 flF. Vom Standpunkte
der preufs. A.G.O. wurde die Frage ebenfalls verneint vom preufs. O.Trib.
in den Entsch. XIV S. 218 und in Striethorst, Arch. f. Rechtsf. XXI
S. 156. Obwohl die preufs. K.O. v. 1855 nur den Accord in Ansehung
aller Forderungen, welche im Konkurs als richtig festgestellt sind, für voll-
streckbar erklärte (§ 201 Abs. 1), hat das preufs. O.Trib. auch bei Beendigung
des Konkurses durch Verteilung den Feststellungen Urteilswirkung gegen
den Kridar zuerkannt. Vgl. Striethorst, Arch. f. Rechtsf. LIV S. 288flr.,
LV S. 326 flP. Dagegen wurden beachtenswerte Einwände erhoben von
Mako wer, Studien zur preufs. Konkursordnung v. 1855, S. 9if. , S. 95 ff.,
H. Rüdorff in der Zeitschr. f. Gesetzg. u, Rechtspfl. in Preufsen, S. 665 ff., II
S. 709ff., III S. 143. Verteidigt wurde die Ansicht des O.Trib. von Heiden-
feld in der Ztschr. f. Gesetzg. u. Rechtspfl. etc. II S. 134.
890 Achtes Hauptstück.
Unbillig ist die Versäuranisfolge , wenn der Gemeinschuldner
durch Naturereignisse oder andere unabwendbare Zufälle verhindert
worden ist, in dem Prüfungstermin zu erscheinen. Deshalb ist
für diesen Fall (nicht aber für den Fall, dafs der im Termin er-
schienene Gemeinschuldner die Bestreitung unterliefst®) die
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorgesehen (§ 165 K.O. mit
§ 233 Abs. 1 C.Pr.O.)".
Die Versäumnis des Termins mufs unverschuldet sein; eine
Versäumung, die in dem Verschulden eines Vertreters ihren Grund
hat, wird nicht als unverschuldet angesehen (arg. § 165 Satz 2 K.O.
mit § 232 Abs. 2 C.Pr.O.).
Der Begriff „Naturereignis und andere unabwendbare Zufälle**
deckt sich mit dem BegriflFe der „höheren Gewalt" ■*.
Die Wiedereinsetzung mufs innerhalb einer zweiwöchigen
Frist beantragt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem
das Hindernis gehoben ist. Die Frist kann weder durch Verein-
barung der Beteiligten noch durch das Gericht verkürzt oder ver-
längert werden. Nach Ablauf eines Jahres seit dem versäumten
Termine kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden
(alles arg. § 165 Satz 2 K.O. mit § 234 C.Pr.O.).
Der Antrag ist an das Konkursgericht zu richten. Er mufs
die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Thatsachen,
die Angabe der Mittel für deren Glaubhaftmachung enthalten und
die versäumte Bestreitung nachholen (arg. § 165 Satz 2 K.O. mit
§ 236 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 C.Pr.O.).
Der den Antrag auf Wiedereinsetzung enthaltende Schriftsatz
ist dem Gläubiger zuzustellen, dessen Forderung nachträglich be-
stritten wird (§ 165 Satz 3). Der Schriftsatz kann durch eine zu
Protokoll des Gerichtssclireibers abgegebene Erklärung ersetzt
werden (arg. § 72 K.O. mit § 501 K.O.). Die Zustellung erfolgt
auf Betreiben des Gemeinschuldners. Durch diese Zustellung wird
die zweiwöchige Frist für den Wiedereinsetzungsantrag gewahrt".
«• Vgl. Komm.Ber. v. 1898 S. 33.
** In der K.O. v. 1877 war diese Abhülfe nicht vorgesehen. Über die
Gründe, die zur Einschaltung des neuen § 152a (jetzt § 165) bewocren, s.
Begründ. d. Nov. S. 44. Der neue Paragraph wurde erst im Bundesrat
eingefügt.
2« Über diesen Begriff vgl. L. Seuffert, Komm. z. C.Pr.0. v. 1877 § 211
N. 1 und die dort angegebene Litteratur und Rechtsprechung.
^ Ganz zweifellos ist das nicht. Da der Wiedereinsetzungsantrag des
§ 165 K.O. nicht zu einer mündlichen Verhandlung führen mufs, so kann man
§ 52. 2. Die Aufhebung d. Eonkursverfabrens nacb dem Scblufstermine. 391
Der Gemeinschuldner hat den Antrag mit dem Nachweise der Zu-
stellung dem Konkursgericht einzureichen. Diesem steht die Ent-
scheidung zu (arg. § 237 C.Pr.O.). Die Entscheidung kann ohne
mündliche Verhandlung erfolgen (arg. § 73 Abs. 1 K.O.). Daher ist
keine Ladung in den Antrag aufzunehmen.
Die Entscheidung, welche den Antrag abweist, ist dem Antrag-
steller zuzustellen und kann von diesem mit der sofortigen Be-
schwerde angefochten werden (arg. § 73 Abs. 3). Die Entscheidung,
welche die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erteilt, ist so-
wohl dem Antragsteller wie dem Gläubiger zuzustellen, dessen
Forderung nachträglich bestritten wird ; diesem steht die sofortige
Beschwerde zu.
Wird die Wiedereinsetzung erteilt, so steht das nachgeholte
Bestreiten dem Bestreiten im Prüfungstermine gleich und ist in
die Tabelle einzutragen (§ 165 Satz 4). Die Wiedereinsetzung be-
seitigt also die Folgen der Versäumnis des Bestreitens im Prüfungs-
termin, d. i. die Wirkung der Feststellung gegenüber dem Gemein-
schuldner.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung hindert die Zwangsvoll-
streckung aus der Feststellung nicht, aber das Konkursgericht kann
auf Antrag des Gemeinschuldners die in § 707 C.Pr.O. vorgesehenen
Anordnungen erlassen.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung kann nicht blofs während
des Konkursverfahrens, sondern auch nach dessen Aufhebung ge-
stellt werden, solange die sich aus § 165 Abs. 2 K.O. verbunden
mit § 234 Abs. 3 C.Pr.O. ergebende einjährige Ausschlufsfrist seit
dem Prüfungstermine noch nicht abgelaufen ist.
Daraus, dafs die Feststellung einer von dem Gemeinschuldner
nicht bestrittenen Forderung wie ein gegen den Gemeinschuldner
ergangenes Urteil wirkt, ergeben sich folgende Sätze:
a) Der Gläubiger kann von dem Gerichtsschreiber des Konkurs-
gerichts die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung eines die
Feststellung seiner Fo'rderung enthaltenden Auszugs aus der Tabelle
daran denken, dafs er nach Analogie des § 286 Abs. 2 C.Pr.0. innerhalb der
bezeichneten Frist bei Gericht eingereicht werden müsse. Dann würde der
Satz 8 des § 165 K.O. bedeuten, dafs das Gericht den Antrag dem Gläubiger
zuzustellen hat. Gegen diese und für die im Texte vertretene Auslegung
spricht aber der Umstand, dafs der Satz 8 des § 165 die Zustellung an den
Gläubiger als notwendig bezeichnet. Daraus dürfte zu folgern sein, dafs sie
die Stellung des Antrags enthält.
392 Achtes Hanptstflck.
nach Mafsgabe der §§ 724 bis 734", 738, 742, 745 Abs. 2, 749
CPr.O. verlangen (arg. § 164 Abs. 2 K.O.).
Die vollstreckbare Ausfertigung kann der Gläubiger schon vor
der Aufhebung des Konkursverfahrens verlangen; denn der Titel
zur Zwangsvollstreckung liegt in der Feststellung, die nicht erst
durch die Aufhebung des Konkursverfahrens die Urteilswirkung
bekommt. Dafs der Gläubiger während des Konkursverfahrens die
Zwangsvollstreckung gegen den Gemeinschuldner nicht betreiben
kann, folgt aus § 14, steht aber der vorherigen Erteilung der voll-
streckbaren Ausfertigung nicht im Wege**.
ß) Auf Grund der vollstreckbaren Ausfertigung des bezeich-
neten Auszugs aus der Tabelle kann der Gläubiger nach Auf-
hebung des Konkursverfahrens die Zwangsvollstreckung
betreiben. Auf die Zwangsvollstreckung finden (aufser den in
litt, a Abs. 1 citierten Vorschriften) die Vorschriften der §§ 735
bis 737, 739 bis 741, 743 bis 744, 746 bis 748, 750 bis 793 CPr.O.
entsprechende Anwendung (§ 164 Abs. 2 K.O.).
Für die Klage auf Erteilung der Vollstreckungsklausel (§ 731
CPr.O.), sowie für die Klagen, durch welche die die Fordeningen
selbst betreffenden Einwendungen geltend gemacht werden (§ 767
CPr.O.)", oder der bei Erteilung der Vollstreckuagsklausel als
^ AuB der entsprechenden Anwendung des § 726 Abs. 1 CPr.O. ergiebt
sich, dafs einem Gläubiger, dessen Forderung als aufschiebend bedingte fest-
gestellt wurde, die vollstreckbare Ausfertigung nur erteilt werden darf, wenn
der Beweis des Bedingungseintritts durch öffentliche oder öffentlich be-
glaubigte Urkunden geführt wird. Aus der entsprechenden Anwendung des
§ 733 CPr.O. folgt, dafs einem Gläubiger, der für seine Forderung nach Aus-
weis der tabellarischen Einträge bereits eine vollstreckbare Ausfertigung
eines anderen Vollstreckungstitels besitzt, eine vollstreckbare Ausfertigung
des Tabellenauszugs nur unter den Voraussetzungen des § 733 CPr.O. zu er-
teilen ist. Vgl. Oetker,fGrundbegr. I S. 442 f.
» Vgl. R.G.Ent8ch. XXXV Nr. 18 S. 80 ff., Kammer in Bl. f. R.A. XV
Erg.Bd. S. 1 ff., 16 ff. — Aus der cit. Entsch. d. R.G. geht hervor, dafs die
vollstreckbare Ausfertigung des Tabellenauszugs als vollstreckbarer Titel im
Sinne des § 2 Anf.Ges. v. 29. Juli 1879 gilt. — Die Abhandlung in den Bl.
f. R.A. betrifft den Fall, dafs während des Konkurses ein Absonderuugs-
berechtigter die Feststellung seiner persönlichen Forderung zum Betrieb einer
Subhastation wegen einer Kautionshypothek benutzen will.
*• Die entsprechende Anwendung des § 767 Abs. 2 CPr.O. ergiebt, dafs
Einwendungen, welche die festgestellte Forderung selbst betreffen, nur
insoweit zulässig sind, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem
Prüfungstermin entstanden sind. Daran ändert auch der Umstand nichts,
dafs zufolge einer Bestreitung durch den Verwalter oder durch einen kon-
§ 52. 2. Die Aufhebung d. Konkursverfahrens nach dem Bchlufstermine. 898
bewiesen angenommene Eintritt der Thatsache, von welcher die
Vollstreckung abhängt, oder die als eingetreten angenommene
Rechtsnachfolge bestritten wird (§ 768 C.Pr.0.), ist das Amts-
gericht, bei welchem das Konkursverfahren anhängig war und,
wenn der Streitgegenstand zur Zuständigkeit der Amtsgerichte
nicht gehört, das Landgericht*' zuständig, zu dessen Bezirke der
Bezirk des Konkursgerichts gehört (arg. § 164 Abs. 3 mit § 146
Abs. 2 K.O.). Durch diese Zuständigkeitsbestimmung sind die in
den §§ 767 Abs. 1, 768 C.Pr.O. enthaltenen Zuständigkeits-
bestimmungen för die bezeichneten Klagen beseitigt 2®.
Die Befugnis, auf Grund einer vollstreckbaren Ausfertigung
des Auszugs aus der Konkurstabelle die Zwangsvollstreckung zu
betreiben, schliefst ebensowenig wie das Vorhandensein eines an-
deren Vollstreckungstitels die Möglichkeit aus, die Forderung
durch Klage oder im Mahnverfahren zu verfolgen'*; nur bleiben
die dadurch erwachsenden Kosten als unnötige Kosten dem
Gläubiger zur Last.
y) Feststellung der Forderung begründet die Einrede der ab-
geurteilten Sache. Diese Einrede kann der Gläubiger dem Schuldner
entgegensetzen, wenn dieser die Forderung bestreitet®^.
Dagegen kann sich der Schuldner gegenüber einer nach der
Beendigung des Konkurses erhobenen Klage nicht auf die Rechts-
kraft eines im Liquidationsprozefs ergangenen Urteils berufen,
das eine zum Konkurs angemeldete Forderung ganz oder teilweise
abgewiesen hat ; denn insoweit liegt keine Feststellung im Konkurse
vor, und aus guten Gründen ist blofs der Feststellung, nicht auch
der Abweisung der Forderung, die Urteilswirkung im Verhältnisse
kurrierenden Gläubiger nach dem Prüfungstermin eine mündliche Verhand-
lung stattgefunden hat; denn in einer solchen mündlichen Verhandlung
konnte der Gemeinschuldner keine Einwendungen vorbringen; auch nicht als
Nebenintervenient, da er zur Intervention nicht befugt ist, vgl. oben S. 272
Abs. 3.
^'^ Über die Frage, ob und inwieweit eine Kammer für Handelssachen
mit der Klage befafst werden kann, s. oben S. 270 N. 5.
** Dies gilt auch in dem Falle, wo der Feststellungsprozefs durch Auf-
nahme eines bei einem anderen Gericht anhängigen Prozesses betrieben
wurde (vgl. § 146 Abs. 3).
«» Vgl. R.G.Entsch. XXXV Nr. 91 S. 359 und in S.A. XLVIII Nr. 300.
•° Z. B. der Gläubiger rechnet seine Forderung gegen eine Forderung
des früheren Gemeinschuldners auf; dieser bestreitet sie; der Gläubiger hat
die replicatio rei iudicatae.
394 Achtes Hauptgtück.
g
zum Gemeinschuldner beigelegt '^ Die Abweisung einer Fordenin
kann nämlich nicht nur wegen Nichtexistenz der Forderung, sondern
auch wegen Anfechtbarkeit der die Forderung begründenden
Rechtshandlung oder deswegen erfolgen, weil die Forderung
durch die Vorschriften des § 2 oder des § 63 von der Teilnahme
am Konkurs ausgeschlossen ist; bei einer Abweisung wegen An-
fechtbarkeit oder wegen Mangels der Eigenschaft als Konkurs-
forderung kann aber die Forderung gegenüber dem Gemein-
schuldner unmöglich als aberkannt gelten. Femer : es hätte keinen
Sinn, dem Gemeinschuldner, der die Forderung nicht bestritten
hat, die Berufung auf ein dem Liquidanten ungünstiges Urteil zu
gestatten, während ein derartiges Urteil wirkungslos wäre gegenüber
einem Gemeinschuldner, der die Forderung bestritten hat.
Was von der vollständigen Abweisung einer Forderung
gilt, mufs auch von einer teilweisen Abweisung gelten**.
d) Solange die Feststellung besteht, kann der Gemeinschuldner
nicht als ungerechtfertigte Bereicherung kondizieren, was der
Gläubiger aus der Konkursmasse erhalten hat.
e) Die zufolge der konkursmäfsigen Geltendmachung der For-
derung eingetretenen Änderungen, Umsetzungen (vgl. §§ 65, 69, 70)
bleiben auch nach der Aufhebung des Konkurses in Wirksamkeit •*.
" Vgl. V. Völderndorff §152 N. b, v. Wilmowski §152 N. 3 Abs. 2,
Petersen u. Kleinfeller §§ 149 bis 152 N. IV 5, v. Sarwey u. Bossert
§ 152 N. 10. A.M.: Dernburg, preufs. Pr.R. II § 115 N. 22,
*^ Es kann also der Gemeinschuldner einem Gläubiger, der 1500 M.
Entschädigung wegen NichterfüUung eines Vertrags liquidierte und im
Liquidationsprozesse nur mit 1000 M. zugelassen wurde, nicht res iudicata
entgegenhalten, wenn dieser wieder auf 1500 M. hinaufgeht.
'^ Daher bleibt die betagte Forderung fällig, die betagte unverzinsliche
Forderung bleibt um das Interusurium reduziert. Die ursprünglich auf
Lieferung von Getreide gehende Forderung bleibt Geldforderung ; der Gläu-
biger kann nicht etwa den restigen Prozentsatz in Getreide fordern. Die
nach § 70 kapitalisierte Forderung bleibt kapitalisiert. Vgl. Petersen und
Kleinfeller §§ 149 bis 152 N. IV 8, Oetker, Grundbegr. I S. 449. —
Nach Hullmann § 152 N. 3 und v. Wilmowski § 152 N. 8 Abs, 4 soU
diese Wirkung nur eintreten, wenn nicht der Schuldner im Prüfungstermine
dagegen Verwahrung eingelegt hat. Aber was soll diese Verwahrung gegen-
über den gesetzlichen Vorschriften über die Geltendmachung der Forderungen?
— Nach A. S. Schnitze, Das deutsche Konkursrecht in seinen jur. Grund-
lagen S. 81, soll es dem Gläubiger trotz der tabellarischen Feststellung an-
benommen sein, die ursprüngliche Forderung geltend zu machen. — Vgl. a. die
Mot. S. 292, wo der Kapitalisierung wiederkehrender Leistungen die Wirksamkeit
§ 52. 2. Die Aufhebung d. Konkursyerfahrens nach dem Schlufstermine. 395
g) Forderungen, die im Prtifungstermin oder im Restitutions-
wege von dem Gemeinschuldner ausdrücklich bestritten worden
sind, können gegen den Gemeinschuldner während des Konkurs-
verfahrens durch Klage oder durch Aufnahme des anhängigen
Rechtsstreits (§ 144 Abs. 2) verfolgt werden^*. Das Gleiche gilt
natürlich für die Zeit nach der Aufhebung des Konkursverfahrens.
In diesem Stadium ist aber auch die während des Konkurses ge-
hemmte Vollstreckungsmacht des Gläubigers wieder entfesselt.
Der Gläubiger kann daher die Zwangsvollstreckung auf Grund
eines vor der KonkurseröflFnung oder während des Konkurses
gegen den Gemeinschuldner erlangten Vollstreckungstitels be-
treiben; nur kann er die im Konkurs erfolgte tabellarische Fest-
stellung seiner Forderung nicht als Vollstreckungstitel benutzen.
Dafs der Gläubiger auf Grund eines nach der Aufhebung des
Konkursverfahrens erlangten Titels vollstrecken kann, versteht sich
von selbst.
h) Im Falle des Konkurses über das Vermögen einer
juristischen Person®*^ können die Vorschriften des § 152 nur
Anwendung finden, wenn die juristische Person nach Aufhebung
des Konkursverfahrens noch fortbesteht oder mit der Wirkung
rekonstituiert ist, dafs die Schulden der früheren juristischen
Person auf sie übergehen. Ob die juristische Person nach der
Aufhebung des Konkurses fortbesteht und ob eine Rekonstitution
mit der bezeichneten Wirkung erfolgen kann, ist eine Frage des
bürgerlichen Rechts^®.
gegenüber dem Schuldner far die Zeit nach der Aufhebung des Konkurses
abgesprochen ist.
Man beachte, dafs im Text und in dieser Note die Fortdauer der ein-
getretenen Umsetzung nur für den Fall behauptet wird, dafs die Forderung
im Konkurse festgestellt und nicht von dem Gemeinschuldner bestritten
worden ist. Ist die Forderung nicht festgestellt worden, so kann von einer
Fortdauer der Umsetzung nicht die Kede sein ; denn die Liquidation hat diese
Wirkung nicht. Ist die Forderung festgestellt, aber vom Gemeinschuldner be-
stritten worden, so kann die Fortdauer der Umsetzungen nicht aus einer
Urteilswirkung der Feststellung gefolgert werden; denn die Feststellung hat
in diesem Falle keine Urteilswirkung. Aber die im Konkurs erfolgte Teil-
befriedigung dürfte dem Zurückgreifen auf das ursprüngliche Schuld Verhältnis
im Wege stehen.
«* Vgl. oben S. 186 und S. 265 Ziff. 6 Abs. 2.
w Vgl. oben S. 69 f.
•• Darüber, ob und wie weit Personenvereine, Stiftungen etc. durch die
Konkurseröffnung ihre Hechtsfähigkeit verlieren, s. oben S. 235 Ziff. 1, 2.
896 Achtes Hanptstück.
Keinesfalls kann ein Gläubiger, der im Konkurs über das
Vermögen einer juristischen Person einen Ausfall erlitten hat,
gegen die einzelnen Mitglieder einer Korporation auf Grund der
Vorschriften des § 152 wegen des Ausfalls ohne weiteres die Zwangs-
vollstreckung betreiben.
i) Im Falle des Konkurses über das Vermögen einer Ge-
meinschaft zur gesamten Hand*'' verhält es sich ähnlich,
wie im Falle des Konkurses über das Vermögen einer juristischen
Person. Nur, wenn die Gemeinschaft die Aufhebung des Konkurses
überdauert®®, ist die direkte Anwendung des § 152 möglich. Ob
ein Gemeinschaftsgläubiger wegen des im Gemeinschaftskonkurs
erlittenen Ausfalls die einzelnen Gemeinschafter in Anspruch
nehmen kann, ist eine Frage des materiellen Rechts. Keinesfalls
hat ein Gemeinschaftsgläubiger die Befugnis, die im Gemeinschafts-
konkurse erwirkte Feststellung seiner Forderung als Vollstreckungs-
titel gegen die einzelnen Gemeinschafter zu benutzen'*.
k) Im Falle des Nachlafskonkurses finden die Vorschriften des
§ 152 mit folgenden, sich aus dem materiellen Recht ergebenden
Modifikationen Anwendung :
a) Ein im Nachlafskonkurse nicht befriedigter Nachlafs-
gläubiger, dem der Erbe unbeschränkt haftet*®, kann auch nach der
Aufhebung des Nachlafskonkurses seine Forderung gegen den Erben
unbeschränkt geltend machen. Mehrere Erben haften nur nach
Verhältnis ihrer Erbteile (§ 2060 Nr. 3 B.G.B.).
ß) Ein im Nachlafskonkurse nicht befriedigter Nachlafs-
gläubiger, dem der Erbe nur beschränkt haftet, kann von dem
Erben nur Befriedigung nach Mafsgabe des § 1973 B.G.B. ver-
langen (arg. § 1989 B.G.B.). Der Erbe kann also nur insoweit in
»•» Vgl. oben S. 70 ff.
•^ Über die Auflösung von solchen Gemeinschaften durch die Eröffnung
des Konkurses über das Gemeinschafts vermögen s. oben S. 236 Ziff. 8.
•• Daher ist z. B. die Feststellung, welche im Konkurs über das Vermögen
einer offenen Handelsgesellschaft erfolgt ist, kein Titel zur Zwangsvollstreckung
gegen den einzelnen Gesellschafter (vgl. § 129 Abs. 4 H.G.B.), obwohl der
Gesellschafter Einwendungen, die nicht in seiner Person begründet sind, nicht
mehr geltend machen kann (arg. § 129 Abs. 1 H.G.B.).
^ Dafs der Erbe einem Nachlafsgläubiger trotz der Eröffnung des Nach-
lafskonkurses unbeschränkt haftet, kann vorkommen, wenn die unbeschränkte
Haftung nach § 1994 Abs. 1 Satz 2, nach § 2005 Abs. 1 oder nach § 2006
Abs. 3 B.G.B. bereits vor der Konkurseröffnung eingetreten war; vgl. §2013
B.G.ß., femer nach § 27 H.G.B., wenn ein zu einem Nachlasse gehörendes
Handelsgeschäft von dem Erben fortgeführt wird.
§ -52. 2. Die Aufhebung d. Konkursverfahrens nach dem Sehlufstermine. 397
Anspruch genommen werden, als er noch aus dem Nachlasse
bereichert ist. Dies kann nur dann der Fall sein, wenn ihm
bei Beendigung des Nachlafskonkurses ein Masseüberschufs oder
unverwertete Massegegenstände überwiesen worden sind; denn
Nachlafsgegenstände, die bei der Schlufsverteilung nicht ermittelt
waren, bleiben der Gläubigerschaft verhaftet. Da aber eine solche
Überweisung nur nach Befriedigung der in dem Schlufsver-
teilungsverzeichnisse berücksichtigten Gläubiger möglich ist, so
kommen als Nachlafsgläubiger , die ein Nachforderungsrecht nach
Mafsgabe des § 1989 mit § 1973 B.G.B. haben, blofs solche in
Betracht, deren Forderungen nicht in das Schlufsverzeichnis ein-
zusetzen waren. Das sind : Forderungen, die im Nachlafskonkurse
nicht angemeldet sind; bestrittene, nicht titulierte Forderungen,
deren Feststellung nicht rechtzeitig betrieben wurde (vgl. § 152);
Forderungen, für die abgesonderte Befriedigung beansprucht und
nicht rechtzeitig der Verzicht darauf oder der erlittene Ausfall
nachgewiesen worden ist (vgl. §§ 153, 156); Forderungen unter auf-
schiebender Bedingung, die nach § 154 Abs. 2 bei der Schlufs-
verteilung nicht eingesetzt worden sind; endlich Forderungen für
die im Eonkursverfahren entstandenen Kosten, die nach § 63 Nr. 2
ausgeschlossen sind**.
y) Die im Nachlafskonkurs erfolgte Feststellung hat gegen den
Erben die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils, wenn er die
Forderung nicht im Prüfungstermin (oder im Restitutionswege,
§ 165) ausdrücklich bestritten hat*^. Aber als Vollstreckungstitel
ist die tabellarische Feststellung gegen den Erben nicht ver-
wendbar. Da der Umfang der Haftung des Erben für die Be-
teiligung eines Nachlafsgläubigers am Nachlafskonkurs unerheb-
lich ist, kann die Feststellung im Konkurs über die Frage, ob der
Erbe nur mit dem Nachlasse oder auch mit seinem eigenen Ver-
mögen haftet, keinen Aufschlufs geben. Sie kann auch keinen
Vorbehalt der beschränkten Haftung enthalten. Ohne einen solchen
Vorbehalt könnte aber der Erbe die Beschränkung seiner Haftung
nicht geltend machen (arg. § 780 Abs. 1 C.Pr.O.). Die Geltend-
machung der beschränkten Haftung (vgl. § 781 mit § 785 C.Pr.O.)
kann dem Erben aber unmöglich abgeschnitten werden *®.
^^ VgL £. Jaeger, Erbenhaftung und Nachlafskonkurs, S. 86.
^' Sind mehrere Erben vorhanden, so hindert die Bestreitung von Seite
eines Erben die Wirkung der Feststellung nur gegen den Bestreitenden (arg.
§ 2060 Nr. 3 B.G.B.).
^^ Der im Texte vorgetragene Grund gegen die Verwendbarkeit der
tabellarischen Feststellung als Vollstreckungstitel tri£ft wegen § 780 Abs. 2
398 Achtes Hauptstück.
Die ad a bis y entwickelten Sätze finden entsprechende An-
wendung auf die Haftung des tiberlebenden Ehegatten im Falle des
Konkurses über das Gesamtgut bei fortgesetzter Gütergemeinschaft
(vgl. § 1489 Abs. 2 B.G.B.).
1) Im Falle des Konkurses über das Vermögen einer Ge-
nossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht sind
neben der Genossenschaft die einzelnen Genossen solidarisch und mit
ihrem ganzen Vermögen den Konkursgläubigern für den Ausfall
verhaftet, welchen diese an ihren bei der Schlufsverteilung berück-
sichtigten Forderungen erleiden (§ 122 Abs. 1 Gen.Ges., Red. v.
1898). Das sog. Recht des Einzelangriffs steht nur denjenigen
Genossenschaftsgläubigern zu, welche ihre Forderungen an-
gemeldet und deren Berücksichtigung im Schlufsverzeichnis er-
wirkt haben.
Unter den in § 152 Satz 1 K.O. bezeichneten Voraussetzungen
sind im Schlufsverzeichnis auch Forderungen zu berücksichtigen,
die noch nicht festgestellt sind; das Recht des Einzelangrifis
hängt also nicht von der Feststellung im Konkurs ab. Da aber
eine im Liquidationsstreite befangene Forderung blofs unter der
Bedingung berücksichtigt wurde, dafs der Liquidant im Liqui-
dationsprozesse nicht unterliegt, so kann der einzelne Genosse
wegen einer im Schlufsverzeichnisse berücksichtigten, aber noch
im Liquidationsprozesse befangenen Forderung nicht verurteilt
werden, ehe der Liquidationsprozefs rechtskräftig zu Gunsten des
Liquidanten entschieden ist (§ 122 Abs. 5 Gen.Ges., Red. v. 1898);
denn, wenn der Liquidant in diesem Prozesse unterliegt, so scheidet
er aus dem Schlufsverzeichnis und folglich aus dem Kreise der
zum Einzelangi'iffe berechtigten Gläubiger aus**. Daher ist die
Verhandlung bis zur Erledigung des Liquidationsprozesses auszu-
setzen (vgl. § 148 C.Pr.O.).
Das Recht des Einzelangriifs kann nicht sofort nach der Auf-
hebung des Genossenschaftskonkurses ausgeübt werden, sondern erst
nach Ablauf von drei Monaten seit dem Termin, in welchem die
Nachschufsberechnung für vollstreckbar erklärt ist (§ 122 Abs. 2
mit § 108 Gen.Ges., Red. v. 1898).
C.Pr.0. nicht zu, wenn der Fiskus gesetzlicher Erbe ist. Für diesen Fall
aber hat der Vollstreckungstitel wegen § 15 Abs. l Nr. 3 E.G. z. C.Pr.O. keine
praktische Bedeutung.
^ Vgl. die Begründung des Entw. des Gen.Gesetzes, Drucks, d. Reichs-
tags 7. Leg.Per. IV. Sess. 1888 89 Nr. 98 S. 65.
§ 52. 2. Die Aufhebung d. Konkur&verfahrens nach dem Schlufstermine. 899
Eine in dem Genossenschaftskonkurse festgestellte Forderung,
die im Prüfungstermine von den Organen der Genossenschaft, d. i.
von dem Vorstande oder den Liquidatoren, nicht ausdrücklich be-
stritten worden ist, kann auch von den bei dem Einzelangriflf in
Anspruch genommenen Genossen nicht bestritten werden (§ 122
Abs. 3 Gen.Ges. , Red. v. 1898); eine solche Feststellung hat also
gegen die einzelnen Genossen insofern Rechtskraft Wirkung, als sie den
Bestand der Forderung feststellt. Die im Restitutionswege von dem
Vorstand oder den Liquidatoren der Genossenschaft nachgeholte
Bestreitung beseitigt diese Wirkung (arg. § 165 K.O.).
Die gleiche Wirkung wie eine im Prüfungstermin erfolgte
Feststellung hat das rechtskräftige Urteil, welches in dem Prozefs
über eine im Prüfungstermine von dem Vorstand oder den Liqui-
datoren bestrittene Forderung die Feststellung der Forderung
ausspricht (arg. § 122 Abs. 4 Gen.Ges., Red. v. 1898). Wird der
Liquidationsprozefs zu Ungunsten des Liquidanten entschieden, so
scheidet der Gläubiger aus dem Kreise der zum EinzelangrifFe
Berechtigten aus (s. oben S. 398), und insofern wirkt ein solches
Urteil auch gegenüber allen Genossen (§ 122 Gen.Ges., Red. v.
1898).
Einen Vollstreckungstitel gegen den einzelnen Genossen bildet
weder die im Prüfungstermine noch die nachher im Liquidations-
prozefs erfolgte Feststellung*^; da die einzelnen Genossen nicht
mit der Genossenschaft identisch sind, kann § 164 Abs. 2 K.O*
nicht gegen sie zur Anwendung kommen. Aus dem gleichen Grunde
kann auch ein vor dem Konkursverfahren von einem Gläubiger gegen
die Genossenschaft erwirkter Vollstreckungstitel nicht zur Zwangs-
vollstreckung gegen die einzelnen Genossen ausreichen. Vielmehr
ist der Einzelangriflf stets im Wege der Klage zu verfolgen. Der
Klage können alle Einwendungen entgegengesetzt werden, die sich
nicht auf den Bestand der festgestellten Forderung zur Zeit der
Feststellung beziehen; insbesondere kann der Genosse seine indi-
viduelle Haftung bestreiten**.
m) Im Falle des Konkurses über das Vermögen einer Ge-
nossenschaft mit beschränTtter Haftpflicht finden die unter
litt, h entwickelten Sätze mit dem Abmafse Anwendung, dafs die
*» Vgl. die in N. 44 cit. Begründung S. 128.
*• 2. B. indem er seine Mitgliedschaft oder die Gültigkeit seines Beitritts
bestreitet; vgl. die in N. 44 cit. Begründung etc. S. 130.
400 Achtes Oaaptstfick.
einzelnen Genossen von den Konkursgläubigern nicht über ihre
Haftsumme hinaus in Anspruch genommen werden können (§ 141
Gen.Ges., Red. v. 1898).
II. Die Aufhebung' des Konkursverflahreiis nacli
einem Zwangsvergleicli.
§ 53.
1. Der ZwangsTergleleh ^
(Allgemeines.)
1. (Begriff.) Zwangs vergleich (Accord) ist der von dem
Gemeinschuldner mit der Gläubigerschaft geschlossene, vom Kon-
kursgericht bestätigte Vertrag, in dem der Gemeinschuldner ver-
spricht, die nicht bevorrechtigten Konkursgläubiger gleichheitlich
bis zu einem gewissen Mafse zu befriedigen, wogegen die Gläubiger-
schaft auf die durch die Konkurseröflhung erworbenen Rechte an
dem Vermögen des Gemeinschuldners und auf die zwangsweise
Geltendmachung weiterer Ansprüche der einzelnen Konkursgläubiger
verzichtet.
2. (Geschichtliches.) In Justinians Rechtsbüchem wer-
den zwei Einrichtungen erwähnt, die mit dem modernen Zwangs-
vergleich einige Ähnlichkeit haben.
Die ältere, schon den klassischen Juristen bekannte Einrich-
tung ist ein teilweiser Erlafs, den der zu einer überschuldeten
> Litte rata r z. K.O. aufser den Komm. u. Lehrb.: S. A. Schul tse,
d. deutsche Konkursrecht in seinen Jurist. Grundlagen (1880) S. 113 ff.; St.
Ciuntu, Zwangsvergleich im Konkurs (Berl. Diss. 1892); Oetker, Konkurs-
rechtl. Fragen, in der Festgabe der Kostocker Juristenfakult&t zu Windscheids
Doktorjubil&um (1888) S. 35 ff., S. 29 ff. und Grundbegr. I S. 223 ff. ; L ö h r , Zfesehr.
f. d. CPr. XVI S. 335 ff.; F. Wach, D. Zwangs vergleich (Leipz. Diss. 1896). —
Aus der gemeinrechtlichen Li tteratur sind hervorzuheben: v. Völderndorff
und War ad ein, Etwas von Nachlafsverträgen, Erlangen 1788; Claproth,
Einleitung in sämtl. summ. Processe (4X § 296; Dabelow, Ausfuhrliche Ent-
wicklung der Lehre vom Concurse der Gläubiger (2) S. 283, 499, 558; Kori,
Irrstem des Concorsprocesses, § 88; Danz, Grundsätze der summarischen
Processe (3) § 166 (wo auch ältere Dissertationen angegeben sind); Schweppe,
System des Concurses der Gläubiger, (2) §§ 19 bis 23; W. H. Puchta, Bei-
träge zur Gesetzgebung, 11. Bd. Über den Goncursprocefs, §§ 208 bis 212;
H. Bayer, Theorie des Concursprozessea, §§ 38, 39; 0. Fuchs, Das Goacurs-
ver&hren § 14.
§ 53. 1. Der Zwangsvergleich. Allgemeines. 401
Erbschaft Berufene mit den Erbschaftsgläubigem vereinbarte Eb
findet eine Versammlung der Gläubiger statt, vermutlich auf An-
trag des Berufenen bei dem Gericht. Einigen sich die er-
schienenen Gläubiger mit dem Berufenen über die zu erlassende
Quote, so hat es hierbei sein Bewenden. Kommt keine Einigung
zustande, so hat der Gerichtsbeamte zu entscheiden. Er soll die
Entscheidung im Sinne der Majorität der Gläubiger treffen. Die
Majorität wird nach der Gröfse der Forderungen, eventuell nach
der Kopfzahl y subeventuell nach der höheren socialen Stellung
(dignitas) der Gläubiger berechnet. Ergiebt sich dabei kein Aus-
schlag, so ist zu Gunsten des Erlasses zu entscheiden. Sowohl
der durch die Einigung aller Erschienenen wie der durch gericht-
liches Dekret angeordnete Erlafs ist auch für die in der Versamm-
lung nicht erschienenen Gläubiger mafsgebend. Der Berufene, der
auf Grund solcher Verhandlung die Erbschaft angetreten hat,
kann jedem Erbschaftsgläubiger, der seine Forderung in weiterem
Umfange geltend macht, die exceptio pacti oder doli entgegen-
setzen. Dieses Verfahren wird mit Rücksicht auf die Schonung
der fama defuncti begründet; es verhütet die Erblosigkeit und
die bonorum venditio. Wie es entstand, ist nicht überliefert.
Reskripte von Antoninus Pius und Marcus Aurelius haben ver-
schiedene auf das Verfahren bezügliche Einzelheiten geregelt, aber
das Verfahren nicht erst eingeführt.
Die andere, wahrscheinlich jüngere Einrichtung ist eine Stun-
dung, die dem Schuldner zur Vermeidung der cessio bonorum von
den Gläubigem unter Mitwirkung des Gerichts bewilligt wird*.
Bietet der Schuldner den Gläubigem die cessio bonorum an,
während ein Teil der Gläubiger eine fünfjährige Stundung ge-
währen will, so soll zu Gunsten der Stundung entschieden werden,
wenn die Majorität der Gläubiger dafür ist. Die Majorität wird
wieder nach den Beträgen der Forderungen, eventuell nach der
Kopfzahl berechnet. Bei Gleichheit der Beträge und der Zahl ist
für die Stundung zu entscheiden. Von der . Stundung werden
auch die Hypothekengläubiger betroffen. Die Verjährimg ist
durch die Stundung gehemmt. Ob diese Einrichtung erst durch
Justinian eingeführt wurde oder schon vorher bestand, läfst sich
* Dieser Vertrag wird erwähnt in 1. 7 § 17 bis 19, 1. 8 bis 10 pr. D. de
pact. 2, 14; 1. 58 § 1 D. mand. 17, 1; 1. 54 § 1 D. de manum. test 40, 4; 1. 2S
D. quae in fraud. cred. 42, 8.
' Davon handelt nnr die 1. 8 C. qui bonis eedere poss. 7, 71 von Justinian.
Blöding, Handbuoh IX 8: L. Seuffert, Konkunprozefirecht. 26
402 Achtes Hauptstück.
nicht mit Sicherheit sagen. Der Anfang der Verordnung schemt
auf eine schon bestehende Einrichtung zu deuten; aber er kann
auch dahin verstanden werden, dafs vorher nur durch den Kaiser
ein Moratorium gewährt werden konnte*.
Von den zwei Einrichtungen gewann die erstgenannte für die
Rechtsentwicklung die gröfsere Bedeutung. Schon zur Zeit der
Glossatoren wird die Frage aufgeworfen, ob nicht die römischen
Hegeln über den Nachlafsvertrag bei überschuldeter Erbschaft auch
bei Überschuldung eines Lebenden anwendbar seien, wenn dieser
flüchtig ging. Die Glossatoren und die älteren unter den Post-
glossatoren verneinen die Frage*. Aber in der Praxis scheinen
jene Kegeln doch auf den Fall angewendet worden zu sein, wenn
der überschuldete Schuldner flüchtig war oder flüchtig gehen wollte.
In italienischen Stadtrechten wurde diese Praxis kodifiziert*, die
späteren Postglossatoren haben sie gebilligt^.
Deutschland hat den Zwangserlafs des römisch - italienischen
Rechts nur zögernd aufgenommen. Dafs die Majorität der Gläubiger
dem flüchtigen Schuldner freies Geleit zur Rückkehr an seinen
Wohnort giebt, um mit ihm über die Befriedigung der Gläubiger
zu verhandeln, kommt am Ende des 13. Jahrhunderts zu Rostock
und Lübeck vor®. Dagegen bedurfte es nach dem Hamburger
Stadtrecht v. 1292 G. 30 der Erlaubnis aller Gläubiger, um den
flüchtigen Schuldner wieder in die Stadt zu lassen*. Dies scheint
auch der Standpunkt der Nürnberger Reformation v. 1564 (XII 6 § 1)
^ Für die Annahme, dafs Jnstinian ehie vorhandene Einrichtung regolieit
hat, 8. Pfeiffer, prakt. Ausf. IV S. 61; Spangenberg in Hagemanns
prakt. Erörterungen IX Nr. 20; Löhr a. a. O. S. 368ff.
* Citate 8. bei Fuch8, Concursverf. S. 81 N. 4.
* Nachwei8e s. bei Lattes, Diritto commerdale nella codificazione
statutaria c. VI § 29 N. 4, 5 und Pertile, Storia del diptto italiano VI
p. 895, 896.
"^ Nachweise s. bei Fuchs a. a. 0. S. 88 N.2. — Raphael Fulgosius
ad leg. 7 § 19 D. de * pactis und andere nach ihm rechtfertigen die Aus-
dehnung folgendermafsen : die Gründe, die für den Zwangsnachlafs bei über-
schuldeter Erbschaft sprechen, träfen auch bei Überschuldung eines Lebenden
zu; denn der Zwangsnachlafs bei der Erbschaft werde gewährt, damit ein
Erbe gestellt und der Verkauf der Erbschaft vermieden werde; ebenso hätten
die Gläubiger des Lebenden ein Interesse daran, dafs der flüchtige Schuldner
zurückkehre.
8 Nachweise bei Böhlau, Meckl. L.R. I S. 76 N. 70; Stobbe, Zur
Gesch. d. alt. deutsch. Konkursprozesses S. 77.
» Vgl. Stobbe a. a. 0. S. 77.
§ 53. 1. Der Zwangsvergleich. Allgemeines. 40S
ZU sein, während nach der Frankfurter Reformation v. 1609 (II 27
§ 9) der Beschlufs, den flüchtigen Schuldner mit Geleit in die
Stadt einzulassen, von der Mehrheit der Gläubiger gefafst werden
kann *®.
Davon, dafs die Majorität der Gläubiger mit dem Schuldner
einen auch für die Minorität bindenden Accord schliefsen kann,
findet sich die älteste Spur in einer Züricher Urkunde v. 1317".
In Lübeck wurde nach einem Batsschlufs v. 1330 auf die Stimmen
auswärtiger Gläubiger keine Rücksicht genommen, aber das
Majoritätsprinzip wurde nicht durchgeführt".
In dem Nürnberger Stadtrecht ist ein Schwanken bemerkbar.
Hier mufs die Möglichkeit der Majorisierung gegolten haben, denn
die Reformation v. 1522 (XXII 8) hebt diesen Gebrauch insoweit
auf, als er Nachlässe an der Hauptsumme betrifft, wogegen aus-
drücklich ausgesprochen wird, dafs die Majorität dem Schuldner
einen auch die Minorität bindenden Aufschub auf fünf Jahre bewilligen
kann. Dabei bleibt es auch in der Nürnberger Reformation von
1564 (XII 7). Ebenso bestimmen die Hamburger Statuten v. 1603
(I 43, 9). Nach der Frankfurter Reformation v. 1609 (II 27 § 12) gilt
ein von der Majorität bewilligter Accord auch für die Minorität, wenn
der Schuldner durch Unglück in Vermögensverfall geraten ist und
die Obrigkeit den Accord bestätigt hat^®.
Die gemeinrechtliche Doktrin begann erst im 17. Jahrhundert,
und auch dann nicht ohne Widerspruch, der Ausdehnung der
römisch-rechtlichen Vorschriften über den Specialfall der Erbschafts-
Überschuldung auf andere Überschuldungsfälle das Wort zu reden **.
Liefs sich diese Doktrin aus dem geschriebenen Rechte nicht be-
gründen, so suchte man sie damit zu rechtfertigen, dafs die Lage
verarmter Schuldner zu erleichtern sei. Die Gerichtspraxis ist
dieser Wendung wahrscheinlich vorangegangen. Jedenfalls hat die
Ausdehnung trotz theoretischer Bedenken allmählich allgemeine
>« Vgl. Stobbe a. a. 0. S. 77, 78.
^^ y. WyfB, Gesch. d. Concursprozesses der Stadt und Landschaft
Zürich (1845) S. 51 N. 1; Stobbe a. a. 0. S. 79.
" Vgl. Pauli, Abh. aus dem lüb. Recht, Abh. II S. 103 f. und Abh.
IV; Urk.B.B. N. 51, Lüb. St.R. UI 1, 13; Stobbe a. a. 0. S. 79.
1« Vgl. dazu Stobbe a. a. 0. S. 79, 80.
1* Die Nachweise s. bei Fuchs a. a. 0. S. 86 X. 1, 4, 5. Dazu W. H.
Puchta, Ober den Concurs-Prozefs §§210,211; Bayer, Goncursprozefs §39.
26*
404 Achtes Uanptsliiek.
Anerkemuing gefunden und ist so zu gemeinem deutschem Gewohn-
heitsrechte geworden^*.
Von den deutschen partikularrechtlichen Kodifikationen des
vorigen Jahrhunderts sind der Codex juris Bayarici judiciarii von
1753 (cap. 18 § 13 Nr. 2), die Hamburger Neue Fallitenordnung
T. 1753 mit dem Additionalartikel v. 24. April 1772 (Art. 3) und
die preufs. A.G.O. v. 1793 (I 50 §§ 589, 590, I 49 §§ 5, 6) als
solche zu nennen, nach denen sowohl ein Stundungs- wie ein
Nachlarsvergleich von der Majorität der Gläubiger mit Bestätigung
des Gerichts beschlossen werden kann, nach den zwei letzterwähnten
Kodifikationen mit der eigentümlichen Modifikation, dafs nicht der
Gemeinschuldner, sondern ein Dritter die Zahlung der den Gläubigem
versprochenen Beträge übernimmt.
In Frankreich war die Gültigkeit eines von der Zweidrittels-
majorität der Gläubiger beschlossenen Stundung»- oder Nachlars-
Vergleichs (concordat) seit der Ordonnance v. 1673 (XI art. 5 bis 7)
gesetzlich anerkannt. Der Code de commerce (art 519 bis 526)
hat diese Art der Konkursbeendigung beibehalten und des näheren
reguliert; er hat insbesondere das Erfordernis einer doppelten
Majorität — absolute Majorität der Zustimmenden nach der Kopf-
zahl und Zweidrittelsmajorität der Gläubiger nach den Beträgen
ihrer Forderungen — aufgestellt, welches Erfordernis in zahlreiche
spätere Gesetze übergegangen ist.
Von den im 19. Jahrhundert in Deutschland erlassenen
Konkursgesetzen haben die meisten den Zwangsvergleich bei-
behalten". Dies gilt insbesondere von der preufs. K.O. v. 1855,
die in den §§ 189 bis 210 den Zwangsvergleich aufgenommen und
ausführlichere Regeln darüber geschaffen hat, als in einem früheren
Gesetz enthalten waren. Von den Landesgesetzen, die eine Ge-
bundenheit der Minorität an einen von der Majorität bewilligten
Accord ablehnten, seien die oldenburgische Hypotheken- und
Konkursordnung v. 1814 §§ 23, 24, die hannoversche Prozefsord-
nung V. 1850 §§ 609, 610, 626, 627, die nassauische Prozefsordnung
V. 1859 § 55, die lübische Konkursordnung v. 1862, §§ 14, 15,
1* Vgl. z. B. Dabelow, AusfnhrL Entwicklang der Lehre vom Con-
cnrse d. Gläabiger, S. 499; Fuchs, Concanverf. S. 86; Bayer, Concnrs-
prozefiB § 39; Schmid, Handb. des gem. d. CPr. III S.268; Windscheid,
Fand. U § 358; Seuffert, Arch. 1 Nr. 150, V Nr. 265, VII Nr. 264, XI
Nr. 320, XVn Nr. 195, XXH N. 195, XXVI Nr. 93, XXXIV Nr. 25a
1* VgL Hot. z. Entw. S. 392 und den Anlagenband, wo die bis rar Ein-
ftthrmig des Reichsgesetzes geltenden Landesgesetze zusammengestellt sind.
§ 53. 1. Der Zwangsvergleich. Allgemeines. 405
91 bis 95, die badische Prozefsordnung v. 1864 § 112 und die
bayerische Prozefsordnung v. 1869 Art. 1816, 1817 hervorgehoben".
3. (Nachteile und Vorteile des Zwangsvergleichs.)
Der Zwangsvergleich enthält einen Eingriff in die Rechtssphäre
der Gläubiger und kann zu einer Übervorteilung derselben mifs-
braucht werden. Aber die sich daraus gegen diese Einrichtung
ergebenden Bedenken werden durch gewichtige für ihre Bei-
behaltung sprechende Gründe überwogen". Die Erwerbsthätig-
keit des Gemeinschuldners ist während des Konkurses gelähmt.
Es ist aus socialpolitischen Erwägungen zu wünschen, dafs die
Zeit der Lähmung verkürzt wird. Das geschieht durch den
Zwangsvergleich. Bei Beendigung des Konkurses durch Schlufs-
verteilung können die Gläubiger den Rest ihrer Forderung jederzeit
beitreiben. Jeder Erwerb kann dem Schuldner von den alten
Gläubigern abgenommen werden. Das erschwert dem Gemein-
schuldner, sich nach dem Konkurse wieder aufzuraffen. Der
Zwangsvergleich entzieht den Gläubigem das Recht, den Rest
ihrer Forderungen beizutreiben. Dadurch gewinnt der Gemein-
schuldner eine bessere Chance, sich wieder eine haltbare wirt-
schaftliche Existenz zu schaffen. Vom volkswirtschaftlichen Stand-
punkt aus ist aber zu wünschen, dafs der Schuldner weiter arbeite
und erwerbe. Erfahrungsgemäfs erhalten die Gläubiger bei vielen
Zwangsvergleichen mehr, als sie bei Verteilung der Konkursmasse
erhalten würden, weil Verwandte und Freunde des Gemein-
schuldners Opfer bringen, um diesem die wirtschaftliche Rehabili-
tierung zu ermöglichen. Oder die Gläubiger gelangen rascher zur
teilweisen Befriedigung. Wo das eine oder das andere der Fall
ist, liegt der Zwangsvergleich im wohlverstandenen Interesse aller
Gläubiger. Ein eigensinniger, gegen sein eigenes Interesse die
Durchführung des Konkurses verlangender Gläubiger könnte seine
Mitgläubiger schädigen , wenn er die Macht hätte, auf der Durch-
führung des Konkurses zu bestehen. Diese Macht wird dem Ein-
zelnen durch die Unterwerfung unter den Majoritätsbeschlufs ge-
nommen.
Die Möglichkeit, den Zwangsvergleich zu mifsbrauchen , kann
durch gesetzliche Kautelen gemindert werden. Das Reichsgesetz
'"^ Andere Landesgesetze, die denselben Standpunkt einnehmen, s. Mot.
S. 891, 392.
1" Vgl. hierzu die in den Mot. S. 392 enthaltenen Erwägungen.
406 Achtes Hauptstück.
enthält eine ganze Reihe solcher Kautelen. Die Übervorteilung der
Gläubiger durch einen Zwangsvergleich ist nach dem Urteile Ge-
schäftskundiger seltener als der grofse Haufe glaubt.
4. (Die Konstruktion.) In der älteren Litteratur wurde
der Zwangs vergleich allgemein als Vertrag zwischen den Gläubigem
und dem Gemeinschuldner (eventuell dem Garanten) behandelt.
Der Vertrag wurde als Erlafs- oder Stundungsvertrag bezeichnet.
Die Gebundenheit der Minorität wurde auf den Gerichtsbeschlufs
zurückgeführt, der die Dissentienten zum Beitritte zwingt oder ihre
Zustimmung ersetzt. Dafs der Vertrag auch für die Nicht-
erschienenen Geltung hat, betrachtete man als Kontumacialfolge,
bestehend in der Fiktion des Einverständnisses mit der Majorität.
Dafs der Zwangsvergleich ein Vertrag zwischen den Gläubigern
und dem Gemeinschuldner sei, war auch die Ansicht derjenigen,
welche die deutsche K.O. entworfen haben". In den Beratungen
des Bundesrats und des Reichstags trat keine andere Ansicht
hervor. Die Gebundenheit der nicht zustimmenden Gläubiger wird
in den Motiven daraus erklärt, dafs der Konkurs die Gläubiger in
eine rechtliche Gemeinschaft bringe, und dafs bei solcher Gemein-
schaft zwingende Mehrheitsbeschlüsse gelten *^
Dagegen sind von neueren Schriftstellern folgende Konstruk-
tionen versucht worden:
a) Der Zwangsvergleich soll kein Vertrag, sondern ein richter-
liches Urteil sein, das den Konkursanspruch unter den in ihm
selbst festgesetzten Modalitäten für erledigt erkennt. Dieses Urteil
bedürfe eines darauf gerichteten Antrags, des sog. Vergleichsvor-
schlags. Das Urteil sei nur nach vorheriger causae cognitio zu
erlassen. Bei dieser bilde der in gewissen Formen konstatierte
Wille der Mehrzahl der Konkursgläubiger ein wichtiges Moment.
Diese Willensäufserung sie nicht Vertragswille, sondern lediglich
Material für die causae cognitio'*.
" Vgl. die Mot S. 390, S. 396.
*^ Vgl. die Mot. S. 392 : „Wo einzelne Personen ihre Rechte selbständig
ansähen, gilt allerdings keine Mehrheit von Stimmen. Aher die Konkurs-
gläuhiger bleiben nicht einzeln mit ihren Rechten ; der Konkursanspruch aller
bringt sie in eine rechtliche Gemeinschaft, und zwingende Mehrheitsbeschlüsse
einer solchen finden selbst im formalen Recht ihre Geltung.''
*^ So: A. S. Schult ze, Das deutsche Konkursrecht S. 114 bis 135 und
in der Ztschr. f. d. ges. H.R. XXV S. 360 ff. Der Konstruktion Schultz es haben
sich im wesentlichen angeschlossen v. Wilmowski, Komm. 6. Titel Bern. 2
§ 53. 1. Der Zwangsvergleieh. Allgemeines. 407
b) Der Zwangsvergleich sei kein Vertrag, aber auch kein Urteil.
Die Gebundenheit der Gläubiger an den bestätigten Zwangsver-
gleich beruhe unmittelbar auf Rechtssatz. Die Rechtsfolge sei in
§178 der K.O. ausgesprochen. Als Thatbestand erscheine eine
zusammengesetzte Bechtsfigur: Vorschlag des Gemeinschuldners,
zustimmender Beschlufs der Gläubigerversammlung , 'Bestätigungs-
dekret des Konkursgerichts. Diese drei Rechtsakte seien in ihrer
Verbindung der Zwangsvergleich**.
Diesen Konstruktionen gegenüber hält die Mehrzahl der
Schriftsteller daran fest, dafs der Zwangsvergleich ein Vertrag
ist**. Es bestehen jedoch unter den Vertretern dieser Ansicht
wieder Meinungsverschiedenheiten darüber, wer den Vertrag mit
dem Gemeinschuldner schliefst, und über die damit zusammen-
hängende Frage, woraus sich die Wirksamkeit des Vertrags für
und gegen die Nichtzustimmenden ergiebt. Da die Meisten die in
diesem Werke vertretene Annahme, wonach durch die Konkurs-
eröffnung eine organisierte Gemeinschaft aller Konkursgläubiger
zustande kommt, ablehnen, so müssen sie als Kontrahenten die
einzelnen Gläubiger der Majorität betrachten und erklären die
Wirksamkeit für und die gegen die Nichtzustimmenden ent-
weder aus einer gesetzlichen Vertretungsmacht der die Majorität
bildenden Gläubiger** oder kurzweg aus dem Befehle des Gesetz-
gebers, dafs ein solcher Vertrag für und gegen Nichtkontrahenten
wirksam sein soll*^
vor § 160 und Eccius, Theorie u. Praxis des gem. preufs. Pr.R. I § 120.
Auch V. Yölderndorff, Komm. (2) II S. 526 ff. findet die Konstruktion
theoretisch richtig, glaubt aber nicht, dafs die Konkursordnung auf diesem
Standpunkte steht.
'* Oetker, Konkursrechtliche Fragen in d. Festg. d. Bost. Jur.Fak. zu
Windscheids Doktorjub. S. 30ff.f bes. S. 44. Oetker, Grundbegr. I S. 228.
•' Vgl. Petersen u. Kleinfeller, Vorbemerkungen zu den §§ 160 bis
187 der K.O. V. 1877, 3. Aufl., S. 488 ff.; v. Sarwey u.Bossert, Bemerkungen
vor. § 160, 2. Aufl., S. 767 ff. ; Stieglitz S. 616; Meves S. 170f., Endemann
S. 585 und S. 598; Fitting § 45 N. 6; Fuchs, Konkursprozefs S. 148;
Kohler, Lehrb. S. 453ff.; A. Wach, Handb. I § 6 N. 29; Wieding in
V. HoltzendorfiB Rechtslexikon HI 2 S. 1487; Wind scheid, Pand. II § 858
litt b; femer: Löhr, Citintu und F. Wach in den S. 400 N. 1 cit. Ab-
handlungen.
w So z. B. Fitting § 45 N. 6, Endemann S. 585.
^^ Darauflaufen die Ansichten von Wieding, Petersen u. Klein fe Her
und Löhr a. a. O. hinaus. Im einzelnen bestehen wieder Differenzen. So
fassen Petersen n. Klein feller die Gültigkeit der Zw.V. für und gegen
406 Achtes Hanptstfick.
Die QBter litt, a aogeführte Konstruktion ist nicht haltbar. Sie
ist mit der geschichtlichen Entwickelimg schwer zu vereinigen und
leidet an dem Fehler, dafs sie das wesentlichste Moment des prozes-
sualischen Vorgangs, den das Gesetz Zwangs vergleich nennt, ge-
waltsam in den Hintergrund drängt, um ein minder wesentliches
voranzustellen *•.
Die unter litt, b angeführte Ansicht giebt überhaupt keine Kon-
struktion des Zwangsvergleichs, sondern begnügt sich damit, die
Subsumierbarkeit des gesetzlichen Thatbestandes unter eine höhere
Kategorie juristischer Handlungen zu verneinen. Mit dieser Nega-
tive müfste man sich begnügen, wenn die Subsumtion in der That
unmöglich wäre. Da aber der Zwangsvergleich, wie sich in der
Darstellung der Einzelheiten zeigen wird, alle charakteristischen
Merkmale eines gerichtlich bestätigten Vertrags aufweist, so ist
jene Enthaltsamkeit nicht am Platze.
Von denjenigen Vertretern ;der Vertragstheorie, welche die
einzelnen Gläubiger als die Kontrahenten betrachten, kann die
Wirkung des Vertrags für und gegen die anderen Konkursgläubiger
nicht genügend erklärt werden; denn die Annahme eines gericht-
lichen Zwangs zum Beitritte hängt ebenso in der Luft, wie die
Annahme einer Vertretungsmacht der Zustimmenden, und die Ver-
weisung darauf, dafs eben das Gesetz diese Wirkung eintreten
lasse, ist keine Erklärung.
Nur mittels der Annahme, dafs der Kontrahent die Gläubiger-
schaft in ihrer organisierten Gemeinschaft ist, die durch die
Gläubigerversammlung als ihr hierzu berufenes Organ über An-
nahme oder Ablehnung des vom Schuldner gemachten Vertrags-
antrags beschliefst, läfst sich die Wirkung des Vertrags für und
die Nichtzustimmenden als Vertragswirkungen auf, während Löhr sie als
Wirkung eines neben dem Vertrage einhergehenden gesetzlichen That-
bestandes erklärt. — Eigentümlicher Weise vertritt anch Kohler, Lehrb.
S. 452 ff., der sonst die Gemeinschaft der Konkursgläubiger anerkennt, die
Ansicht, dafs der Zwangsvergleich ein Vertrag der creditores qua singuli sei,
und dafs hier keine Vertretung durch die Gläubigerversammlung stattfinde.
Dafs der Vertrag der singuli für und gegen die Nichtzustimmenden wirkt,
erklärt er daraus, dafs der Vertrag ein prozessualischer Vertrag über die
Lösung des Beschlagsverhältnisses sei, die nur einheitlich erfolgen könne.
** Gegen Schnitze polemisieren insbesondere Löhr a. a. O. S. 3d9ff.
und Ciuntu a.a.O. S. 45 ff. Gegen Schnitze hat sich auch v. Canstein,
Ztschr. f. Pr. u. öff. R. IX S. 463 und S. 490 ausgesprochen.
§ 53. 1. Der Z w *ug8 v ergleieh. AllgemeineB. 409
gegen alle Eonkursgläubiger genügend erklaren ^^. Hiemach ist
die von Seite des einzelnen Gläubigers in der Gläubigerversamm-
lung erklärte Zustimmung zu dem Vertragsantrage des Gemein-
schuldners ebenso wie das ablehnende Votum noch nicht Annahme
oder Ablehnung der Vertragsofferte, sondern Stimmabgabe, wie
bei anderen Abstimmungen auch. Erst durch den Beschlufs der
Gläubigerversammlung kommt die Annahme oder die Ablehnung
zustande, wobei zum Annahmebeschlurs eine qualifizierte Majorität
und die gerichtliche Bestätigung des Beschlusses nach vorgängiger
causae cognitio erfordert wird. Dafs die Gläubigerversammlung
durch ihren Beschlufs über iura singulorum verfügen kann, er-
klärt sich aus dem Gemeinschaftsverhältnisse, das durch den Konkurs
unter den Konkursgläubigem als solchen entstanden ist.
Damit, dafs der Zwangsvergleich als ein Vertrag charakteri-
siert wird, ist nicht gesagt, dafs auf diesen Vertrag alle civil-
rechtlichen Vorschriften über Verträge anzuwenden seien. Sie
kommen vielmehr nur insoweit zur Anwendung, als sich nicht aus
den Vorschriften des Konkursgesetzes Abweichungen ergeben.
Ob der Zwangsvergleich, der nach seiner modernen Benennung
ein Vergleich zu sein prätendiert, unt^r die civilrechtliche
Kategorie des Vergleichs gehört, hängt davon ab, wie man den
Vergleich definiert. Beschränkt man den Begriff auf den Vertrag,
wodurch ein Streit oder eine Ungewifsheit der Parteien über ein
Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt
wird, so ist der Zwangsvergleich kein Vergleich. Wird dagegen
auch der Vertrag einbezogen, wodurch die bezüglich der Realisier-
barkeit eines Anspruchs bestehende Unsicherheit im bezeichneten
Wege beseitigt wird — und dies ist der Standpunkt des B.G.B.
§ 779 Abs. 2 — so fällt der Zwangsvergleich unter die Kategorie
des Vergleichs. Übrigens hat diese Unterstellung kaum praktische
Bedeutung, da der Zwangs vergleich unter besonderen Regeln steht.
5. (Möglichkeit des Zwangsvergleichs in den
verschiedenen Konkursen.) Der Zwangsvergleich ist in allen
Konkursen möglich mit Ausnahme des Konkurses über das Ver-
mögen einer Genossenschaft im Sinne des R.G. v. 1. Mai 1889,
betr. die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften. In einem
solchen Konkurse findet eine Aufhebung des Konkurses durch
^ Vgl. F. Wach a. a. 0. S. 78, dessen Ansicht im wesentlichen mit der
hier vertretenen übereinstimmt
410 Achtes Haoptstöck.
Zwangsvergleich nicht statt (§ 116 Abs. 1 Gen.Ges., Red. y. 1898)
wegen der Nachschurspflicht der Genossen'^. Ein Zwangs-
vergleich, dessen Wirkungen sich nicht auf die einzelnen Genossen
erstreckten, hätte keinen Sinn. Und ein Zwangsvergleich, der auch
die Haftung der einzelnen Genossen aufhöbe oder beschränkte,
widerspräche dem Wesen der Genossenschaft, da die Genossen ge-
rade fOr den Fall des Genossenschaftskonkurses zur Leistung von
Nachschüssen bis zur völligen Befriedigung der Konkursgläubiger
(bei der Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht allerdings
nur mit Beschränkung auf ihre Haftsumme) verpflichtet sind (§ 105
Gen.Ges., Red. v. 1898)".
Der Umstand, dafs Vereine und Stiftungen durch die Eröff-
nung des Konkurses über das Vereins- oder das Stiftungs-
vermögen ihre Rechtsfähigkeit verlieren, steht dem Abschlufs
eines Zwangsvergleich an und für sich nicht im Wege; denn die
Rechtsfähigkeit gilt in Ansehung des Konkursverfahrens als fort-
dauernd, und der Zwangsvergleich, der innerhalb des Konkursver-
fahrens liegt, kann daher von den Organen des Vereins oder der
Stiftung abgeschlossen werden*®.
Eine andere Frage ist, ob Vereine und Stiftungen, die durch
die Eröffnung des Konkurses über ihr Vermögen die Rechtsfähig-
keit verloren haben, im Zwangsvergleiche sich zu Leistungen
verpflichten können, die nach der Aufhebung des Konkursverfahrens
erfolgen sollen. Nur wenn das möglich ist, kann ein Zwangs-
vergleich abgeschlossen werden, bei dem der Verein oder die Stiftung
selbst solche Verpflichtungen zu erfüllen hat. Die Möglichkeit,
sich zu Leistungen zu verpflichten, die nach der Aufhebung des
Konkursverfahrens erfolgen sollen, hängt von der Wiedererlangung
der Rechtsfähigkeit ab. Es ist nicht ausgeschlossen, dafs der
Verein oder die Stiftung die verlorene Rechtsfähigkeit nach all-
gemeinen Regeln wieder erlangt**; dann ist ein solcher Zwangs-
vergleich möglich. Erlangt aber der Verein oder die Stiftung die
Rechtsfähigkeit nicht wieder, so scheitert die Möglichkeit eines
Zwangsvergleichs daran, dafs der Verein oder die Stiftung sich nicht
verpflichten kann. Dagegen kann auch ohne W^iedererlangung der
s> So schon § 51 Abs. 3 Satz 5 des Gen.6e8. v. 4. Juli 1868, dann § 196
Abs. 2 K,0. V. 1877.
** Vgl. die Begrnnd. d. Entw. e. Gen.Gesetzes, Dmcks. d. Reichst.
7. Leg.Per. IV. Sess. 1888 89 Nr. 98 S. 125.
»« Vgl oben S. 2So Ziff. 1 Abs. 4.
»> Vgl. oben S. 2:35 Ziff. 1 Abs. 5.
§ 53. 1. Der Zwangsvergleich. Allgemeines. 411
Rechtsfähigkeit ein Zwangsvergleich geschlossen werden, durch
welchen die Konkursmasse den Gläubigem zur aufsergerichtlichen
Auseinandersetzung übereignet wird®* oder nach welchem ein
Dritter®* die reduzierten Forderungen der Vereins- oder Stiftungs-
gläubiger zu erfüllen übernimmt; denn einem solchen Vergleiche
steht der Mangel der Rechtsfähigkeit des Vereins oder der Stiftung
nicht im Wege.
Was in den vorstehenden zwei Absätzen über den Zwangs-
vergleich in dem Konkurs über das Vermögen von Vereinen und
Stiftungen gesagt ist, findet entsprechende Anwendung auf den
Zwangsvergleich im Konkurs über das Vermögen einer Aktien-
gesellschaft und einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Ohne
Rekonstituierung der durch die Konkurseröffnung aufgelösten Ge-
sellschaft kann kein Zwangsvergleich zustande kommen, in welchem
die Gesellschaft selbst Verpflichtungen übernimmt®*.
In dem Konkurs über das Vermögen einer Gemeinschaft zur
gesamten Hand kann ein Zwangsvergleich nur mit den Gemein-
schaftern als den Gemeinschuldnern des Gemeinschaftskonkurses ®^
geschlossen werden. Daher ist im Konkurs über das Vermögen
einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder
einer Kommanditgesellschaft auf Aktien zum Abschlüsse des
Zwangsvergleichs ein von allen persönlich haftenden Gesell-
schaftern ausgehender Vergleichsvorschlag erforderlich (§ 211
Abs. 1); daher kann im Nachlafskonkurse, bei dem mehrere Erben
als Gemeinschuldner beteiligt sind, ein Zwangsvergleich nur auf
Vorschlag aller Erben geschlossen werden (§ 230 Abs. 1).
Im Konkurs über das Gesamtgut bei fortgesetzter Güter-
gemeinschaft hat nur der überlebende Ehegatte die Stellung des
Gemeinschuldners®®; mit ihm ist der Zwangsvergleich zu schliefsen.
In dem Konkurs über das Gesamtgut, dessen Auseinandersetzung
nach Beendigung der allgemeinen Gütergemeinschaft, Errungen-
schafts- oder Fahrnisgemeinschaft noch nicht erfolgt ist®^, kann der
Zwangsvergleich nur mit beiden Ehegatten geschlossen werden.
»» Vgl. unten S. 413 ff.
** Als Dritte kommen auch die einzelnen Mitglieder des Vereins in
Betracht.
^ Über Fortsetzung solcher Gesellschaften nach Aufhebung des Konkurs-
verfahrens wegen Zwangsvergleichs s. § 307 Abs. 2 H.G.B. und § 60 Nr. 4
R.G. betr. d. Gesellsch. m. beschr. Haft., Red. v. 1898.
" Vgl. oben S. 75 Abs. 4.
«« Vgl. oben S. 75 Abs. 6.
" Vgl. oben S. 71 N. lOAbs. 1 Satz 2.
412 Achtes Haaptstfick.
§ 54.
2. Der YerslelehsTorseUag.
1. Der Vorschlag zu einem Zwangs vergleiche kann nur von
dem Gemeinschuldner ausgehen. Von dem Konkursverwalter, einem
Eonkursgläubiger oder dem Konkursrichter kann angeregt werden,
dafs der Gemeinschuldner einen Zwangsvergleich vorschlage; aber
diese Anregung ist noch kein Vergleichsvorschlag.
W^er in den verschiedenen Konkursen Gemeinschuldner ist, ist
oben S. 74, 75 erörtert. Aus diesen Erörterungen ergiebt sich,
dars der Vergleichsvorschlag im Konkurs über das Vermögen einer
prozefsunföhigen Person von dem gesetzlichen Vertreter des Gemein-
schuldners, im Nachlafskonkurse von dem Erben ^ im Konkurs
über das Vermögen einer juristischen Person von deren Organen,
im Konkurs über das Vermögen einer Gemeinschaft zur gesamten
Hand von den Gemeinschaften! ausgehen mufs; doch kann im
Konkurs über das Gesamtgut bei fortgesetzter Gütergemeinschaft
der überlebende Ehegatte ohne die Abkömmlinge den Vergleich
vorschlagen, weil er befugt ist, allein für die Gemeinschaft zu
handeln.
Sind bei einem Konkurse mehrere Personen als Gemein-
schuldner beteiligt, so mufs der Vorschlag von allen gemacht
werden; denn der Vorschlag des Einzelnen könnte nur einen Ver-
trag mit diesem herbeiführen; dann könnte das Verfahren nur
diesem gegenüber beendigt werden, und dadurch würde, ganz ab-
gesehen von materiellrechtlichen Schwierigkeiten, der Zweck des
Vergleichs, d. i. die Beendigung des Konkurses, nicht erreicht.
Im Gesetz ist die Notwendigkeit eines von allen Gemein-
schuldnern ausgehenden Vorschlags für den Fall des Konkurses
einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft und
einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, femer für den Fall des
Nachlafskonkurses , bei dem mehrere Erben beteiligt sind, speciell
^ Ein Testamentsvollstrecker kann keinen Zwangsvergleich vorschlagen,
weil er nicht berechtigt ist, Verpflichtungen einzugehen, für die der Erbe un-
beschränkt mit seinem Vermögen haftet; solche Verpflichtungen entstehen
aber bei jedem Zwangsvergleich im Nachlafskonkurs, vgL unten S. 442. Ein
Nachlafspfleger im Sinne des § 1960 Abs. 2 B.G.B. kann keinen Zwangs-
vergleich vorschlagen, weil er blofs zur Sicherung des Nachlasses befugt
ist (§ 1960 Abs. 1 B.G.B.). Die Nachlafsverwaltung im Sinne der §§ 1981 ff.
B.G.B. endigt mit der Eröffiiung des Nachlafskonkurses (§ 1988 Abs. 1 B.6.B.).
§ 54. 2. Der VergleichsvorBchlag. 418
ausgesprochen (§211 Abs. 1, § 230 Abs. 1). Für andere Eonkurse
mit mehreren Gemeinschuldnem mufs das Gleiche gelten.
Der Vorschlag kann sofort nach der Eröflhung des Verfahrens
gemacht werden, auch schon vor dem allgemeinen Prüfungstermin
(vgl. § 180); er kann nur gemacht werden, solange die Vornahme
der Schlufsverteilung noch nicht vom Gerichte genehmigt ist
(§ 173)«.
Der Vorschlag ist bei dem Konkursgerichte schriftlich einzu-
reichen oder zu Protokoll des Gerichtsschreibers zu erklären. Der
Vorschlag kann durch einen Bevollmächtigten gemacht werden.
Der Vergleichsvorschlag mufs angeben, in welcher Weise die
Befriedigung der Gläubiger erfolgen, sowie ob und in welcher Weise
eine Sicherstellung der Gläubiger erfolgen soll (§ 174).
Nach dem Begriffe des Zwangsvergleichs mufs der Vorschlag
auf teilweise Befriedigung der nicht bevorrechtigten Konkurs-
gläubiger lautien, wobei Befriedigung zu späterer Zeit auch als
teilweise Befriedigung in Betracht kommt.
Wird sofortige Befriedigung mit einem bestimmten Prozentsatze
der Forderungen vorgeschlagen, so ist ein Nachlafsvergleich in
Frage. Lautet der Vorschlag auf Befriedigung der ganzen For-
derungen auf einmal oder in Raten , so handelt es sich um einen
Stundungsvergleich. Nachlafs- und Stundungsvergleich können
kombiniert werden. Der Vorschlag eines Nachlafs- oder Stundungs-
vergleichs ermangelt der nötigen Bestimmtheit und ist deshalb un-
brauchbar, wenn er nicht angiebt, wieviel Prozente den Gläu-
bigern geboten werden und wann diese Prozente gezahlt werden
sollen.
Der Vorschlag kann auch dahin lauten, dafs die Gläubiger
durch eine Hingabe an Erfüllungsstatt (datio in solutum) befriedigt
werden sollen. Und zwar kann der Vorschlag sowohl dahin gehen,
dafs einzelne Gläubiger, wie auch dahin, dafs alle Gläubiger
durch Hingabe an Erfüllungsstatt abgefunden werden sollen. Zur
Hingabe an Erfüllungsstatt können Bestandteile der Konkursmasse
oder auch die ganze Konkursmasse verwendet werden. Es ist
insbesondere auch zulässig, dafs ein Vergleich vorgeschlagen und
beschlossen wird, wonach die Gläubiger eine bestimmte Vermögens-
masse oder die ganze Konkursmasse übereignet bekommen, um
« Vgl. oben 8. 362 f.
414 Achtes Hauptetück.
diese Masse unter sich aursergerichtlich zu teilen'. Auch das ist
möglich, dafs die Übereignung an einen Vertreter der Gläubiger
erfolgt, der die Auseinandersetzung zu besorgen hat, oder dafs ein
Gläubiger die ganze Masse erhält und sich verpflichtet, den anderen
Gläubigem gewisse Prozente auszuzahlen*. Dafs bei diesen Ver-
gleichen eine nachträgliche Auseinandersetzung oder eine nachträg-
liche Liquidation stattfinden mufs, ist kein Grund, sie als unzulässig
zu erachten, da das Konkursverfahren auch durch einen solchen
Vergleich sein Ende erreicht.
Zulässig ist auch ein Vergleichsvorschlag, der dahin geht, dafs
ein Dritter den Gläubigern Befriedigung gewähren soll, sei es,
dafs der Dritte Mitschuldner oder Bürge des Gemeinschuldners
wird , sei es , dafs er allein für die Befriedigung der Gläubiger
haftet*^; denn die Schuldübernahme durch einen Dritten ist auch
eine Befriedigungsart, und es ist kein Grund abzusehen, warum
die Gläubigerschaft, die mit dem Gemeinschuldner sowohl über das
Mafs wie auch über die Art der Befriedigung der Forderungen
der Gläubiger paktieren kann, sich nicht mit dieser Art der Be-
friedigung zufrieden geben könnte.
Sicherstellung der Befriedigung ist zum Zwangsvergleiche
nicht notwendig; daher ist das Angebot einer solchen nicht wesent-
lich für den Inhalt des Vergleichsvorschlags. Wird aber Sicher-
stellung angeboten, so mufs gesagt werden, in welcher Weise sie
bewirkt werden soll (§ 178), sonst ist der Vorschlag nicht bestimmt
genug.
Wegen Mangels genügender Bestimmtheit ist ein Vergleichs-
vorschlag unter einer aufschiebenden oder einer auflösenden Be-
dingung unbrauchbar; denn ein solcher Vorschlag könnte nur zu
einem bedingten Vertragsabschlüsse und folglich nur zu einer be-
8 Vgl. die Motive S. 406 (unten) und Kohler, Lehrb. S. 470 f. — Vgl
a. Code de comm. art. 541 in der Fassung des Ges. v. 17. Juli 1856. Ein
solcher Vergleich heifst concordat par abandon total ou partiel de Tactif.
* Ein solcher Vergleich braucht dem Gebote der gleichmäfsigen Be-
{riedigwag (§ 181 Satz 1) nicht zu widersprechen, ganz abgesehen davon, dafs
dem Gläubiger, welcher die Befriedigung der anderen Gläubiger übernimmt,
mit Einwilligung der zurückgesetzten] Gläubiger Vorteile bewilligt werden
können (§ 181 Satz 2).
» Vgl. V. Wilmowski § 161 N. 1; Kohler, Lehrb. S. 470. A. M.:
Oetker, Konkursrechtliche Fragen, in der Festgabe der Rostocker Juristen-
fakultät zu Windscheids Doktorjubiläum, S. 47 f. und in den Grundbegr. I S.227.
§ 54. 2. Der Vergleichs Vorschlag. 415
dingten Beendigung des Verfahrens führen, was im höchsten Grade
zweckwidrig wäre*.
Ein Vergleichsvorschlag mit Anfangstermin ist vor dem Ter-
mine bedeutungslos. Ein Vorschl^ mit Endtermin hat wegen
der Möglichkeit, den Vorschlag zurückzuziehen, keine praktische
Bedeutung.
Der Vergleichsvorschlag kann vom Gemeinschuldner zurück-
gezogen werden, bis er von der Gläubigerversammlung an-
genommen ist^. Die civilrechtlichen Vorschriften über die Ge-
bundenheit an einen Vertragsantrag (§§ 147, 148 B.G.B.) passen
nicht auf diesen Vertragsantrag. Überdies ist die Zurückziehbar-
keit im Gesetze (§ 176) implicite vorausgesetzt. Der Gemein-
schuldner kann auch nicht auf die Zurückziehung verzichten ; denn
zum Zustandekommen des Vergleichs gehört, dafs der Vergleichs-
vorschlag in dem Termin, in dem die Gläubigerversammlung über
dessen Annahme beschliefst, reproduziert oder doch aufrecht er-
halten wird ; und es fehlt an jedem Mittel, um den Gemeinschuldner
dazu zu nötigen, dafs er in diesem Termine den früheren Vergleichs-
vorschlag aufrecht erhält.
Weil der Vergleichsvorschlag in dem Vergleichstermine
reproduziert werden mufs, wird ein Vergleichsvorschlag hinfällig,
wenn der Gemeinschuldner vor dem Termine stirbt. Der Erbe kann
einen Vergleichs verschlag gleichen oder anderen Inhalts machen;
aber auch der Vergleichsvorschlag gleichen Inhalts ist ein neuer
Vergleichsvorschlag und als solcher neu zu instruieren, weil der
Kontrahent ein Anderer ist als der Erblasser.
2. Unzulässig ist ein Zwangsvergleich und daher auch ein Ver-
gleichs verschlag unter folgenden Umständen:
a) solange der Gemeinschuldner flüchtig ist (§ 175 Nr. 1). Ob
der Gemeinschuldner flüchtig ist, ist Thatfrage. Nicht jede Ent-
fernung vom Wohnorte ist Flucht, auch nicht, wenn sich der Ge-
meinschuldner ohne gerichtliche Erlaubnis entfernt hat (vgl. § 101
^ Kohl er Y Lehrb. S. 474 hält einen aufschiebend bedingten Abschlufs
des Zwangsvergleichs für zulässig, allerdings in der Weise» dafs die Aufhebung
des Verfahrens erst nach Eintritt der Bedingung erfolgt.
■^ Diejenigen Schriftsteller, welche den Zwangsvergleich für ein Urteil
halten, nehmen die Zurückziehbarkeit bis zur Erlassung des gerichtlichen
Bestfttigungsbeschlusses an. So Eccius, pr. Pr.R. I § 120 N. 3; v. Wil-
mowski § 163 N. 1 Abs. 8. — Oetker, Konkursrechtl. Fragen, S. 53 stimmt
mit dem Texte überein, obwohl er den Zw.V. nicht als Vertrag betrachtet.
416 Achtes Hauptstück.
Abs. 1). Flucht ist vielmehr blofs dann anzunehmen, wenn sich
der Gemeinschuldner in der Absicht entfernt hat, um sich seinen
Gläubigem zu entziehen oder um Yermögensstttcke bei Seite zu
bringen. Kehrt der Gemeinschuldner zurück, so ist der Vergleich
nicht wegen der früheren Flucht unzulässig^;
b) solange der Gemeinschuldner den Offenbarungseid in diesem
Konkursverfahren verweigert (§ 175 Nr. 1). Vorausgesetzt wird,
dafs der Gemeinschuldner zur Leistung des Offenbarungseides von
einer zur Ladung berechtigten Person ordnungsmäfsig geladen
worden ist (§ 125) und dafs er entweder in dem Termine nicht er-
schienen ist oder den Eid rechtswidrig verweigert •. Dafs die Ver-
haftung des Gemeinschuldners angeordnet ist, wird nicht voraus-
gesetzt. Die frühere Weigerung ist kein Hindernis des Zwangs-
vergleichs, wenn der Gemeinschuldner den Eid später geleistet hat;
c) solange gegen den Gemeinschuldner wegen betrüglichen
Bankerutts (§ 239) eine gerichtliche Untersuchung (d. i. eine ge-
richtliche Voruntersuchung im Sinne der §§ 176 ff. Str.Pr.O. oder
das Hauptverfahren im Sinne der §§ 201, 205 Str.Pr.O.) oder ein
wieder aufgenommenes Verfahren (§ 399 Str.Pr.O.) anhängig ist
(§ 175 Nr. 2 K.O.)*^ Sind über verschiedenes Vermögen derselben
Person mehrere Konkurse eröffnet ", so hindert die Untersuchung etc.
wegen betrüglichen Bankerutts den Zwangsvergleich nicht in allen,
sondern nur in demjenigen Konkurs, in Bezug auf welchen die straf-
bare Handlung begangen worden sein soll;
d) wenn der Gemeinschuldner wegen betrüglichen Bankerutts
(§ 289) rechtskräftig verurteilt worden ist (§ 175 Nr. 3). Auch die
Verurteilung hindert den Zwangsvergleich nur in demjenigen Kon-
kurse, mit welchem das Delikt zusammenhängt; keinesfalls bildet
die wegen eines früheren Konkurses erfolgte Verurteilung ein Hindernis
des Zwangsvergleichs in einem späteren Konkurse".
• Vgl. die Mot. S. 409.
* Wegen der Entscheidung über die Rechtmäfsigkeit einer Eides-
verweigerung, 8. oben S. 394 N. 84.
i<> Man beachte die Verschärfung gegenüber dem § 162 Nr. 2 K.O. v. 1877.
Die Verschärfung wurde in derlKommission des Reichstags beschlossen. Vgl«
Komm.Ber. v. 1898 S. 34.
" Vgl. oben S. 68 Abs. 4, 8. 73 Abs. 8, S. 74 Abs. 3, S. 89 Nr. 7.
" Vgl. Petersen u. Kleinfeller § 162 N. 3, v. Sarwey u. Bossert
§ 162 N. 6, V. Völderndorff § 162 N. h, Fitting § 46 N. 10, Kohler,
Lehrb. S. 475. A. M.: ▼. Wilmowski § 162 N. 5, Endemann S. 591,
Dernburg, pr. Pr.R. II § 126 Ziff. 8 litt b.
§ 54. 2. Der Vergleichsvorschlag. 417
Ad litt, a bis d:
Sind bei dem Konkurse mehrere Personen als Gemeinschuldner
beteiligt (z. B. bei dem Konkurse der offenen Handelsgesellschaft
die Gesellschafter), so ist der Zwangsvergleich unzulässig, wenn
auch nur in der Person eines Gemeinschuldners ein Unzulässigskeits-
grund vorliegt.
In dem Konkurs über das Vermögen einer juristischen Person
ist der Zwangsvergleich unzulässig, solange eine als ihr Organ
fungierende Person wegen des Konkurses flüchtig ist oder den
Oflfenbarungseid verweigert oder wegen einer in der Eigenschaft als
Organ begangenen Handlung in Untersuchung wegen betrüglichen
Bankerutts ist, desgleichen wenn sie wegen einer als Organ be-
gangenen betrüglichen Bankerutthandlung verurteilt worden ist*®.
In einem Konkurse, der durch den Tod des Gemeinschuldners
ein Nachlafskonkurs geworden ist, kann ein Zwangsvergleich mit
dem Erben geschlossen werden , obgleich in der Person des Erb-
lassers ein TJnzulässigkeitsgrund vorlag.
3. Wird ein Vergleich vorgeschlagen, so hat das Konkurs-
gericht von Amtswegen zu prüfen, ob der Vorschlag seinem Inhalte
nach den oben angeführten Erfordernissen entspricht und ob die
Zulässigkeit eines Vergleichs nicht durch § 175 ausgeschlossen ist.
Entspricht der Vorschlag jenen Erfordernissen nicht oder ist ein
Ausschliefsungsgrund vorhanden, so hat das Konkursgericht den
Vorschlag ohne weiteres zurückzuweisen. Aus den in § 187 an-
geführten Gründen darf der Vorschlag nicht zurückgewiesen werden.
Wohl aber kann das Gericht einen ordnungsmäfsigen und zu-
lässigen Vergleichsvorschlag zurückweisen, wenn bereits in dem-
selben Konkursverfahren ein Vergleichsvorschlag von der Gläubiger-
versammlung abgelehnt oder von dem Gerichte verworfen oder von
dem Gemeinschuldner nach der öffentlichen Bekanntmachung des
Vergleichstermins zurückgezogen worden ist. Aus diesen Gründen
darf das Gericht aber nicht von Amtswegen, sondern nur auf
übereinstimmenden Antrag des Verwalters und des Gläubigeraus-
schusses, wenn kein Ausschufs bestellt ist, auf Antrag des Ver-
walters die Abweisung beschliefsen (§ 176). Um dem Verwalter
und dem Ausschusse Gelegenheit zu geben, einen solchen Antrag
^' Bei welchen juristischen Personen etc. die Organe das Delikt des betrüg-
lichen Bankerutts begehen können, ist aus § 244 K.O. zu entnehmen. Eine
Ausdehnung auf Organe anderer Personenverb&nde dürfte durch § 2 Abs. 1
Str.G.B. ausgeschlossen sein.
Bin ding, Handbuch IX 8: L. Seuffert, KonkursprozeCsreoht. 27
418 Achtes HauptBtück.
ZU Stellen, wird das Gericht den Vergleichsvorschlag den Genannten
mitteilen, wenn die Voraussetzungen des Antrags gegeben sind.
Der Antrag nötigt das Gericht nicht zur Zurtlckweisung des Ver-
gleichsvorschlags, sondern es hat bei der Entscheidung über den
Antrag freies Ermessen. Es wird die Chancen des neuen Vor-
schlags prüfen und auch darauf achten, ob der wiederholte Vor-
schlag nicht blofs zur Verschleppung des Verfahrens gemacht
worden ist.
Der den Vergleichsvorschlag zurückweisende Beschlufs ist in
allen Fällen demjenigen, von welchem er ausgeht, im Falle des § 176
auch dem Verwalter als dem Antragsteller von Amtswegen zu-
zustellen. Jener kann den Beschlufs mit der sofortigen Beschwerde
anfechten (arg. § 73 Abs. 3), Wird ein Antrag auf Zurück-
weisung des Vorschlags (§ 176) abgelehnt, so ist der Beschlufs dem
Verwalter zuzustellen und kann von diesem angefochten werden;
nicht von dem Gläubigerausschusse, weil der Zurückweisungsantrag
formell von dem Verwalter ausgeht.
Wird der Vergleichsvorschlag nicht a limine zurückgewiesen,
so ist er von dem Gerichte dem Gläubigerausschusse mitzuteilen
mit der Aufforderung, sich über die Annehmbarkeit des Vorschlags
gutachtlich zu erklären (§ 177 Abs. 1). Die Mitteilung an den
Ausschufs enthält noch keine positive Entscheidung über die Zu-
lassung. Das Gericht kann den Vorschlag noch immer zurück-
weisen, wenn sich herausstellt, dafs er nicht ordnungsmäfsig oder
nicht zulässig ist oder wenn ein Antrag nach § 176 gestellt wird.
Es ist zweckmäfsig, dem. Ausschufs eine Frist zur Abgabe der
Erklärung zu setzen. Giebt der Ausschufs keine Erklärung ab,
so ist das Verfahren gleichwohl fortzusetzen; denn der Ausschufs
kann nicht die Macht haben, durch eine Unterlassung das Ver-
gleichsverfahren abzuschneiden, da er dies nicht einmal durch ein
ablehnendes Gutachten vermöchte. Auch ist der Mangel einer gut-
achtlichen Äufserung des Ausschusses kein Grund, dem von der
Gläubigerversammlung angenommenen Vergleich die gerichtliche Be-
stätigung zu versagen ; denn die Gläubigerversammlung ist das höhere
Organ und kann sich als solches über die gutachtliche Äufserung des
Ausschusses hinwegsetzen.
Erklärt sich der Gläubigerausschufs gegen die Annehmbarkeit
des Vergleichsvorschlags, so ist ein Widerspruch des Gemeinschuldners
gegen die Verwertung der Masse nicht zu berücksichtigen (§ 177
Abs. 2). Der Verwalter hat also mit der Verwertung fortzufahren;
das Gericht kann die Verwertung nicht wegen des Vergleichsvor-
§ 55. 3. Die Vergleichsverhandlung. 419
Schlags untersagen, während ihm sonst diese Befugnis zusteht
(§ 135 Abs. 2 mit § 133 Nr. 1). Die Schlief sung des Geschäfts
kann das Gericht auf Antrag des Gemeinschuldners mit Rücksicht
auf den eingereichten Vergleichsvorschlag untersagen, auch wenn
der Gläubigerausschufs sich gegen die Annahme des Vergleichs
ausgesprochen hat (§ 130 Abs. 2).
Der Zwangsvergleichsvorschlag und die Erklärung des Gläubiger-
ausschusses sind auf der Gerichtsschreiberei zur Einsicht der Be-
teiligten niederzulegen (§ 178). Auf die Erteilung von Abschriften
findet § 299 C.Pr.O Anwendung (arg. § 72 K.O.).
Hat der Gemeinschuldner einen nicht a limine zurück-
gewiesenen Zwangsvergleich eingereicht, so kann das Gericht den
Termin zur Beschlufsfassung über die Wahl eines anderen Ver-
walters sowie über die Bestellung eines Gläubigerausschusses und
den Prüfungstermin verbinden (§ 110 Abs. 2).
§ 55.
3. Die YergleichsTerhandlnng.
1. Die Vergleichsverhandlung findet in einem Termine statt
(Vergleichstermin). Der Termin ist anzuberaumen, wenn die oben
bezeichneten Schriftstücke auf der Gerichtsschreiberei niedergelegt
sind. Er soll nicht über einen Monat hinaus angesetzt werden
(§ 179 Satz 1); jedoch wird die Gültigkeit des Verfahrens durch
einen Verstofs gegen diese instruktionelle Vorschrift nicht beein-
trächtigt. Der Termin ist auf einen nach dem allgemeinen
Prüfungstermine gelegenen Tag anzusetzen; er kann jedoch auf
gemeinsamen Antrag des Gemeinschuldners ^ und des Gläubiger-
ausschusses und, wenn kein Ausschufs da ist, auf Antrag des
^ Die Verfasser der Mot. S. 412 sprechen von einem Antrage des Ver-
walters. Daher glaubt v. V ö 1 d e r n d o r f f (2) II S. 566 „Gemeinschuldner" sei
Druckfehler des Entwurfs und des Gesetzes. Das ist nicht richtig. Vielmehr
beruht es auf einem Irrtum, dafs die Verfasser der Motive statt des Gemein-
schuldners den Verwalter nennen. Die Entstehungsgeschichte des jetzigen
§ 180 ist vollständig klargelegt worden in den Verhandlungen der Reichstags-
kommission V. 1898; vgl. Komm.Ber. v. 1898 S. 35, 36. Danach kann kein
Zweifel mehr bestehen, dafs „Gemeinschuldner" kein Druckfehler ist. Es er-
scheint auch sachlich gerechtfertigt, dafs der Gemeinschuldner die Verbindung
der Termine verlangen kann; denn der Gemeinschuldner ist an der Be-
schleunigung am meisten interessiert.
27*
420 Achtes Hauptstück.
Gemeinschuldners mit dem allgemeinen Prüfungstermin in der
Weise verbunden werden, dafs er auf denselben Tag angesetzt wird
(§ 180). Dann aber murs zuerst der Prüfungstermin abgehalten
werden; nachher kann die Vergleichsverhandlung stattfinden (arg.
§ 173). Gegen die Ablehnung des Antrags auf Verbindung der
Termine steht dem Gemeinschuldner die sofortige Beschwerde zu
(arg. § 73 Abs. 3).
Der Vergleichstermin ist öffentlich bekannt zu machen.
Aufserdem sind der Gemeinschuldner, der Verwalter sowie die
nicht bevorrechtigten Konkursgläubiger, welche Forderungen an-
gemeldet haben, noch besonders zu laden, wobei den Gläubigern
der Inhalt des Vergleichsvorschlags und die Erklärung des Aus-
schusses mitzuteilen sind (§ 179 Abs. 1). Die besondere Ladung
ist nicht Bedingung der Gültigkeit des weiteren Verfahrens (§ 76
Abs. 3); daher auch jene Mitteilung nicht. In der Bekannt-
machung ist zu bemerken, dafs der Vergleichsvorschlag und die
Erklärung des Ausschusses auf der Gerichtsschreiberei des Konkurs-
gerichts zur Einsicht der Beteiligten niedergelegt seien (§ 179
Abs. 2).
In dem Termine kann über den Vergleich nur verhandelt und
Beschlufs gefafst werden, wenn der Gemeinschuldner oder ein Ver-
treter desselben erschienen ist^. Der schriftliche, in dem Termine
nicht reproduzierte Vergleichsvorschlag ist nichts, was von der
Gläubigerversammlung angenommen werden könnte. Erst in der
mündlichen Reproduktion liegt der Vertragsantrag, der durch das
2 Der Entw. e. G.Sch.O. § 174 verlangte das persÖnUche Erscheinen des
G.Sch. Nur im Falle einer Krankheit oder anderer unabwendbarer Hinder-
nisse sollte ein Vertreter zugelassen werden. Die Mot. z. Entw. e. K.O.
S. 412 erwähnen, dafs dies in einigen Gesetzgebungen vorgeschrieben sei;
erklären aber, dafs sich der Entwurf nicht anschliefsen wolle. »Der Abscblufs
kann auf Grund des urkundlich festgestellten Vorschlags, und die Verhandlung
über diesen kann durch einen Vertreter des Gemeinschuldners erfolgen.''
S. 413 wird dann gesagt, dafs der Gemeinschuldner den Vergleichsvorschlag
zu begründen habe; also mufs er oder sein Vertreter anwesend sein. Ab-
gesehen von diesen Materialien ergiebt sich die Notwendigkeit der Anwesen-
heit des Gemeinschuldners oder eines Vertreters daraus, dafs die Vergleichs-
verhandlung eine mündliche Verhandlung ist. Auch die Gläubiger können
nicht schriftlich verhandeln und nicht schriftlich abstimmen. — Die im Text
aufgestellte Ansicht wird von allen Kommentatoren und den anderen Schrift-
steilem geteilt — bis auf Endemann S. 597. Dieser hält eine Verhandlung
und Beschlufs fassung über den Vergleichsvorschlag auch für zulässig, wenn
weder der Gemeinschuldner noch für ihn ein Vertreter erschienen ist.
§ 55. 3. Die VergleichsverhandluDg. 421
Hinzutreten der Annahme zum Vertrage werden kann. Übrigens
knüpft das Gesetz an die Versäumniä des Termins durch den
Gemeinschuldner auch keine weitere Folge, als dafs eben der
Termin nicht abgehalten werden kann; es steht also nichts im
Wege, einen neuen Termin zur Verhandlung über den alten Ver-
gleichsvorschlag zu bestimmen, wenn dies von einem Beteiligten aus
triftigen Gründen beantragt wird. Der Vergleichsvorschlag gilt
nicht als zurückgezogen.
Soll sich ein Dritter als Bürge, Mitschuldner oder Selbst-
schuldner bei dem Vergleiche beteiligen, so mufs auch dieser seinen
Antrag in dem Termine reproduzieren. Natürlich kann er seine
Erklärung durch einen Vertreter abgeben; der Gemeinschuldner
kann sein Vertreter sein.
Die Anwesenheit des Verwalters im Vergleichstermin ist nicht
unbedingt notwendig.
Der im Termine gemachte Vergleichsvorschlag kann von dem
früheren verschieden sein. Gewährt er den Gläubigern bessere
Bedingungen, so kann darüber abgestimmt werden. Weicht der
Vorschlag zu Ungunsten der Gläubiger von dem früheren ab, so
mufs er als neuer Vorschlag instruiert und in einem späteren
Vergleichstermine zur Abstimmung gebracht werden ; denn die nicht-
erscheinenden Gläubiger dürfen darauf rechnen, dafs kein un-
günstigerer Vorschlag als der mitgeteilte zur Abstimmung ge-
lange ®.
2. Die oben (S. 413 ff.) erörterten Möglichkeiten des Inhalts
des Vergleichsvorschlags ergeben die Möglichkeiten des Vergleichs-
inhalts.
Unzulässig ist die ungleiche Behandlung der nicht bevorrech-
tigten Konkursgläubiger in dem Vergleiche (§ 181 Satz 1). Der
Vergleich darf nicht einzelnen dieser Gläubiger höhere Prozent-
sätze, nähere Zahlungsfristen oder bessere Sicherstellung als den
anderen gewähren. Werden den Gläubigern Massebestandteile an
Zahlungsstatt zugeteilt, so mufs ebenfalls die Gleichheit eingehalten
werden.
Das Verbot der ungleichen Behandlung ist insofern kein
absolutes, als bessere Bedingungen an einzelne mit ausdrücklicher
Einwilligung aller zurückgesetzten Gläubiger gewährt werden dürfen
(§ 181 Satz 2). Die Einwilligung kann mündlich und schriftlich.
3 Vgl. V. Wilmowski § 166 N. 2 Abs. 1.
422 Achtes Hauptstück.
vor und in dem Termin erklärt werden. Sie ist bis zum Abschlüsse
des Vergleichs widerruflich. Treten nach dem Abschlüsse des
Vergleichs Gläubiger auf, die dem Gericht unbekannt waren, so
haben sie, da sie in die Zurücksetzung nicht eingewilligt haben^
Anspruch auf die besseren Vergleichsbedingungen ; daher darf sich
das Gericht mit der Einwilligung derjenigen zurückgesetzten Gläu-
biger begnügen, welche ihm bekannt sind.
Das Verbot der ungleichen Behandlung der nicht bevorrech-
tigten Konkursgläubiger ist im Bestätigungsverfahren von Amts-
wegen zu beachten. Der Zwangsvergleich ist zu verwerfen, wenn
darin oder nebenher einem Gläubiger eine Bevorzugung gewährt,
wird ohne die Einwilligung aller zurückgesetzten Gläubiger.
Ohne diese Einwilligung ist jedes vor oder nach dem Vergleiche
getroffene Abkommen des Gemeinschuldners oder anderer Personen
mit einzelnen Konkursgläubigern, wodurch diese bevorzugt werden
sollen, nichtig (§ 181 Satz 3)*. Diese Nichtigkeit kann verteidigungs-
weise geltend gemacht werden, wenn ein Anspruch aus dem Ab-
kommen verfolgt wird. Was auf Grund eines solchen Abkommens
geleistet wird, ist ungerechtfertigte Bereicherung, weil das Ab-
kommen nichtig ist.
Die ungerechtfertigte Bereicherung kann zurückgefordert
* Kasuistik: Eine Bevorzugung kann darin liegen, dafs ein Konkurs-
gläubiger für Abtretung seiner Forderung eine die Vergleichsquote über-
steigende Valuta erhält; vgl. preufs. O.Tr. in Striethorsts Archiv f. Rechtsf.
XLVI S. 858, R.G.Ent8ch. XXX S. 23. — Ein gegen § 181 verstofsendes Ab-
kommen ist auch nichtig, wenn der erwartete Zwangsvergleich nicht zustande
kommt; es ist gleichgültig, ob der Gemeinschuldner um die von einem Dritten
zugesagte Bevorzugung weifs, ob der Bevorzugte sich an der Beschlufsfassung
über den Vergleich beteiligt, ob er für oder gegen den Vergleich gestimmt hat;
vgl. R.G.Entsch. XXVIII S. 96, XXX S. 24, ßeitr. z. Erl. d. D.R. XXIX S. imi.
— Die Nichtigkeit hängt nicht davon ab, dafs das die Bevorzugung ent-
haltende Abkommen blofs für den Fall des Zwangsvergleichs getroffen wurde;
vgl. R.G.Entsch. XXVIII S. 99. — Dagegen ist gültig das von dem Gemein-
schuldncr einem Konkursgläubiger ohne Beziehung auf einen etwaigen
Zwangsvergleich gegebene Versprechen, ihn vollständig zu befriedigen, wenn
er seine Forderung nicht zum Konkurs« anmelde: vgl. R.G. 5. Jan. 1889
Reichsanzeiger 1889 S. 215. — Ein erst nach der Bestätigung des Zwangs-
vergleichs getroffenes Abkommen, wodurch nachträglich einem Konkurs-
gläubiger volle Befriedigung oder eine gröfsere Quote versprochen wird, ist
nicht nichtig, denn es steht aufser Kontakt mit dem früheren Vergleiche. A. M. :
Petersen u. Klein feller § 168 N. 1. Allerdings wird man scharf zusehen
müssen, ob das Abkommen nicht schon vor dem Vergleiche geschlossen war
und nur nach dem Vergleiche datiert ist, um das Gesetz zu umgehen.
§ 55. 8. Die Vergleichsverhandlung. 423
werden, wenn nicht die Rückforderung durch § 817 Satz 2 B.G.B.
ausgeschlossen ist. Ausgeschlossen ist die Rückforderung nur,
wenn der Zweck der Leistung in der Art bestimmt war, dafs so-
wohl der Empfänger durch die Annahme, als auch der Leistende
durch die Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die
guten Sitten verstofsen hat. Dies trifft sicher zu , wenn der be-
sondere Vorteil zu dem Zwecke gewährt und genommen wurde,
um die Stimme des Empfängers für den Zwangsvergleich zu kaufen;
dadurch verstofsen beide Teile gegen das in § 243 enthaltene ge-
setzliche Verbot. Eine beiden Teilen zur Last fallende und daher
die Rückforderung ausschliefsende turpis causa ist auch vorhanden,
wenn der besondere Vorteil gewährt wird, um den Empfänger ab-
zuhalten, den anderen Gläubigern mitzuteilen, dafs der Gemein-
schuldner mehr Vermögen habe, als er angiebt. Keineswegs liegt
aber in jeder Bevorzugung eine turpis causa im Sinne des § 817
B.G.B.
Strafrechtlichen Schutz gegen Bevorzugung zum Zwecke des
Stimmenkaufs enthalten die Vorschriften des § 243 K.O.
3. Vor der Abstimmung über den Vergleichsvorschlag sind die
Stimmrechte nach den Vorschriften der §§ 95, 96 festzustellen^,
und zwar auch die Stimmrechte solcher Gläubiger, die Forderungen
angemeldet haben, aber im Vergleichstermine nicht erschienen
sind, denn ihr Stimmrecht kommt bei Berechnung der drei Vier-
teile des § 182 Abs. 1 Nr. 2 in Betracht.
Was oben S. 167, 168 über die Berechtigung zur Teilnahme
an einer Gläubigerversammlung und über das Stimmrecht gesagt
ist, gilt auch für die Gläubigerversammlung, welche über den
Vergleichsvorschlag zu beschliefsen hat, mit folgenden, sich aus
dem Gegenstande der Beschlufsfassung ergebenden Modifikationen :
a) Kein Stimmrecht haben diejenigen Gläubiger, welche ein
Vorzugsrecht (im Sinne des § 61 Nr. 1 bis 5) beanspruchen, weil
die bevori-echtigten Gläubiger nicht an dem Zwangsvergleich teil-
nehmen (vgl. §§ 173, 191 Abs. 2). Die Anmeldung eines Vorzugsrechts
(nicht erst dessen Feststellung !) schliefst von der Abstimmung aus, weil
der betreffende Gläubiger sich mit der Anmeldung seines Vorrechts
abseits von den am Zwangsvergleich beteiligten Gläubigern stellt.
b) Im Nachlafskonkurs und im Konkurs über das Gesamtgut
^ Ein Formular der Stimmliste für den Vergleichstennin s. Weizsäcker
(Vierhaus), Formularbuch zu den deutschen Prozefsordnungen, 1. Abt. Nr. 201/202.
424 Achtes Hauptstädc.
bei fortgesetzter Gütergemeinschaft haben kein Stimmrecht die-
jenigen Gläubiger, welchen die in § 226 Abs. 2 Nr. 2 bis 5, Abs. 4
bezeichneten Forderungen zustehen (§ 230 Abs. 2 Satz 1 , § 236
Abs. 1). Da diese Gläubiger erst Befriedigung beanspruchen
können, wenn die anderen Gläubiger vollständig befriedigt sind,
so können sie auch nicht beanspruchen, dafs ihnen im Nachlafs-
konkurse bewilligt werde, was den anderen Gläubigern bewflligt
wird. Deswegen haben diese Gläubiger in der Regel auch gar
kein Interesse daran, ob ein Zwangsvergleich zustande kommt oder
nicht. Sie könnten durch den Zwangsvergleich nur dann benach-
teiligt werden, wenn die Konkursmasse so gut bestellt wäre, dafs
nach vollständiger Befriedigung aller anderen Gläubiger noch
etwas für die zurückgesetzten Gläubiger übrig bliebe, und wenn die
anderen Konkursgläubiger thöricht genug wären, in einem solchen
Fall einen Zwangsvergleich zu bewilligen. Mit Bücksicht auf die
UnWahrscheinlichkeit einer solchen Konstellation sind die genannten
Gläubiger von der Beteiligung an dem Zwangsvergleich aus-
geschlossen •.
4. Zur Annahme des Vergleichsvorschlags ist ein mit quali-
fizierter Stimmenmehrheit gefafster Beschlufs der Gläubigerversamm-
lung erforderlich (§ 182 Abs. 1). Dazu gehört:
a) dafs die Mehrheit der im Termin anwesenden ' stimmberech-
tigten Gläubiger dem Vergleich ausdrücklich zustimmt®;
« Vgl. die Begr. der Nov. S. 54. — Die in § 226 Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten
Forderungen (d. i. die seit der Eröffnung des Verfahrens laufenden Zinsen)
nehmen am Zwangsv ergleich und folglich auch an der Abstimmung teil, ob-
wohl sie zu den zurückgesetzten Forderungen gehören. Warum, ist in der
Begründung der Novelle nicht gesagt. Wahrscheinlich, weil sie unter den
zurückgesetzten Forderungen den besten Rang haben.
'^ Anwesende, die sich der Abstimmung enthalten oder deren Stimm-
abgabe nichtig ist (vgl. die folgende Note), werden nicht mitgerechnet. Vgl.
R.G.Entsch. XX S. 140 ff.
^ Ein Vertreter mehrerer Gläubiger kann für die einzelnen verschieden
stimmen. Ein Gläubiger, der mehrere Forderungen hat, hat blofs eine
Stimme. Haben mehrere Gesamtgläubiger dieselbe Forderung angemeldet,
so können sie nur einheitlich abstimmen. Ebenso die mehreren Gläubiger
einer unteilbaren Forderung (arg. § 432 B.G.B.). Ebenso die Miterben vor Aus-
einandersetzung (arg. § 2039 B.G.B.j. Desgleichen der Gläubiger und der-
jenige, welcher ein Pfandrecht an der Forderung hat (arg. ß.G.B. § 1276
Abs. 2; vgl. Kohler, Ztechr. f. d. C.Pr. X S. 199 ff.; bayer. Oberst.L.G. in
Samml. von Entsch. IX S. 43ff. Teilweise abweichend: Oetker, die Stellung
des Forderungspfandgläubigers etc., Festschr. der Rost Jur. Fak. zum
Doktorjub. von v. Buchka (1891), Sond.Abdr. 8. 13 ff.) In allen diesen
§ 55. 8. Die Vergidchsverhandlung. 425
b) dafs die Gesamtsumme der Forderungen der Zustimmenden
wenigstens drei Vierteile der Gesamtsumme aller zum Stimmen
berechtigenden Forderungen betragt •. Dabei sind auch die Forde-
rungen der nicht erschienenen Gläubiger mitzuzählen, die zum Kon-
kurse angemeldet sind.
Bei der Berechnung der beiden Mehrheiten bleibt der Ehegatte
des Gemeinschuldners aufser Betracht, wenn er dem Vergleiche
zugestimmt hat. Das Gleiche gilt von demjenigen, welchem der
Ehegatte des Gemeinschuldners während des Konkursverfahrens
oder in dem letzten Jahre vor der Eröfihung des Verfahrens eine
Forderung gegen den Gemeinschüldner abgetreten hat, soweit das
Stimmrecht auf der abgetretenen Forderung beruht. Diese Vor-
schrift findet keine Anwendung, wenn der Ehegatte zu der Ab-
tretung durch das Gesetz oder durch einen Vertrag verpflichtet
war, der früher als ein Jahr vor der Eröffnung des Verfahrens
geschlossen wurde (§ 185)^®. '
Werden bei der Abstimmung die beiden Mehrheiten erreicht,
Fällen sind die auseinandergehenden Stimmen nichtig. — Wer einen Teil
einer teilbaren Forderung erwirbt, hat ein selbständiges Stimmrecht neben
dem Gläubiger der Restforderung. Dies gilt auch, wenn die Übertragung
erst während des Konkurses erfolgt ist. Gegen unlautere Schiebungen schützen
die Vorschriften der §§ 183 Abs. 2, 188 Nr. 1. — Ob die Abstimmung eines
Vormundes für den Vergleich der Genehmigung des Gegenvormundes und des
Vormundschaftsgerichts bedarf (vgl. §§ 1812, 1822 Nr. 12 B.G.B.), hängt da-
von ab, ob man die Stimmabgabe als eine Prozefshandlung im Sinne des
§ 54 C.Pr.O. betrachtet. Betrachtet man sie als solche (was richtig sein
dürfte, da sie eine vor dem Gericht abgegebene, einen Prozefs betreffende
Erklärung ist), so ist die Abstimmung auch ohne die Genehmigung des
Gegenvormundes und der Vormundschaft gültig (arg. § 54 C.Pr.0.).
* In Bezug auf die zum Abschlüsse des Zwangsvergleichs erforderliche quali-
fizierte Majorität stimmt das deutsche Konkursrecht überein mit dem französischen
Recht (Code de comm. art. 519, Faillitegesetz v. 1838 art. 507), dem englischen
Kecht (Bankruptcy-Act v. 1888 s. 18 d. 2, v. 1890 s.3 d. 3) und der preufs.K.O. v. 1855
§ 186 überein. Das spanische Recht fordert aufser der Personenmajorität drei
Fünftel der Summen (cod. de com. art. 1153), die österr. K.O. § 217 verlangt zwei
Drittel der Personen und drei Viertel der Summen, die dänische K.O. v. 1872
§ 108 drei Viertel der Summen und zwei Drittel, wenn aber der Accord
weniger als 50 Prozent bietet, drei Viertel der Personen, das holländische
Recht (Wetboek van Koophandel 1838 art. 841) zwei Drittel der Personen
und drei Viertel der Summen.
'® Der § 185 wurde von der Kommission des Reichstags eingefügt; vgl.
Komm.Ber. v. 1898 S. 38. Ähnliche Bestinmiungen enthalten das spanische
Recht, Cod. de com. art. 1154 und das dänische Konkursgesetz § 106. Die
Mot. z. Entw. e. K.O. S. 414 haben sich gegen eine solche Bestimmung aus-
gesprochen.
426 Achtes Hauptstück.
SO ist der Vergleichsantrag von der Gläubigerschaft angenommen
und es erübrigt das Bestatigungsverfahren. Wird keine der Mehr-
heiten erreicht, so ist der Vergleichsantrag endgültig abgelehnt.
Ist eine der Mehrheiten erreicht, so kann der Gemeinschuldiier
bis zum Schlüsse des Terrains (vgl. § 127 Abs. 4 C.Pr.O.) die einmalige
Wiederholung der Abstimmung in einem neuen Termine verlangen
(§ 182 Abs. 1 Satz 1) ". Das Gericht mufsdem Antrage stattgeben, wenn
die Voraussetzungen vorliegen. Gegen eine den Antrag ablehnende
Entscheidung steht dem Gemeinschuldner die sofortige Beschwerde
zu (arg. § 78 Abs. 3). Die eine Wiederholung der Abstimmung
bewilligende Entscheidung dürfte unanfechtbar sein, da sie den
Rechten der Gläubiger nicht präjudiziert.
Das Gericht hat den neuen Termin zu bestimmen und im
Termine zu verkünden (§ 182 Abs. 2 Satz 2). Einer öflFentlichen Be-
kanntmachung des Termins bedarf es nicht (arg. § 93 Abs. 2 Satz 2).
Zu dem zur Wiederholung der Abstimmung anberaumten
Termine mufs der Gemeinschuldner oder sein Vertreter wieder er-
scheinen. Die Verhandlung ist in allen Teilen zu wiederholen.
Gläubiger, die in dem vorigen Termine nicht erschienen waren,
können in dem neuen Termine mitstimmen. Die früheren Er-
klärungen haben keine Wirkung, die vorige Abstimmung ist nicht
bindend ^'. Die Stimmberechtigungen und also auch die Mehrheiten
sind nach dem neuen Termine zu beurteilen.
§ 56.
4. Die Bestltlgmi^ des Zwangsverglelchs.
1. Mit Annahme des Vergleichsvorschlags durch die Gläubiger-
versammlung ist der Vertrag zwischen dejn Gemeinschuldner und dem
etwa beteiligten Dritten einerseits und der Gläubigerschaft anderer-
seits geschlossen, so dafs keiner der Beteiligten mehr zurücktreten
kann. Zu seiner Wirksamkeit bedarf dieser Vertrag aber noch
der Bestätigung des Konkursgerichts (§ 184 Abs. 1). Diese Be-
stätigung mufs zu dem Vertrage hinzukommen, damit der Vertrag
als Zwangsvergleich gilt. Sie kann nicht im voraus erteilt werden.
" Vgl. Code de comm. art 522, Failliteges. v. 1838 art. 509, preufs. K.O.
V. 1855 §§ 187, 188; österr. K.O. §§ 218, 219. Nach diesen Gesetzen ist für
den Fall, dafs nur eine der Majoritäten erreicht ist, ein neuer Tennin
obligatorisch.
" Vgl. die Mot. S. 416.
§ 56. 4. Die Best&tigang des Zwangsvergleichs. 427
weil die K.O. ein Verfahren vorschreibt, das nur nach dem Ver-
tragsschlusse möglich ist.
Die Anreihung eines besonderen Bestätigungsverfahrens an den
Vertragsschlufs ermöglicht, die Geltendmachung von Nichtigkeits-
und Anfechtungsgründen in dieses Verfahren zu verweisen und
zugleich auf dieses Verfahren zu beschränken. Nichtigkeitsgründe,
wie Geschäftsunfähigkeit oder Beschränkung in der Geschäfts-
fähigkeit, und Anfechtungsgründe, wie Irrtum, Bedrohung oder
arglistige Täuschung, können nur in diesem Verfahren geltend ge-
macht werden, und etwaige Mängel werden durch die Rechtskraft
des Bestätigungsbeschlusses gedeckt.
2. Ob der Vergleich zu bestätigen oder dessen Bestätigung zu
versagen sei, hat das Konkursgericht durch Beschlufs zu entscheiden.
Vor der Entscheidung sind die einzelnen nicht bevorrechtigten
Konkursgläubiger, welche in dem Vergleichstermine Stimmrecht
hatten oder ihre Forderungen glaubhaft machen * , femer der
Gläubigerausschufs und der Verwalter in einem Termine zu hören
(§ 184 Abs. 2), d. h. es ist den Gläubigern Gelegenheit zu geben, in einem
Termine Anträge zu stellen und sich über die Anträge anderer zu
äufsern. Der Verwalter und der Gläubigerausschufs haben nicht
das Recht, Anträge zu stellen, sondern nur die Befugnis, sich gut-
achtlich über die Bestätigung des Vergleichs zu äufsern. Auch dem
(in § 184 Abs. 2 nicht genannten) Gemeinschuldner dürfte nach
allgemeinen Regeln das Gehör über etwaige Anträge auf Verwerfung
des Vergleichs nicht zu versagen sein.
Im Nachlafskonkurs und im Konkurs über das Gesamtgut im
Falle der fortgesetzten Gütergemeinschaft sind auch die zurück-
gesetzten und daher nicht stimmberechtigten Gläubiger der in
§ 226 Abs. 2 Nr. 2 bis 5, Abs. 4 bezeichneten Forderungen zu hören
(§ 230 Abs. 2 Satz 1, § 236 Satz 1).
Der Termin zu diesen Erklärungen kann sich dem Vergleichs-
termin anschliefsen ; das Gericht kann aber auch einen anderen
Termin bestimmen; dann ist dieser im Vergleichstermine zu ver-
künden (§ 184 Abs. 2); es bedarf weder einer Ladung (arg. § 218
C.Pr.O.), noch einer Bekanntmachung.
Die Erklärungen können nur in dem Termin abgegeben werden ;
Erklärungen, die vor dem Termin eingereicht werden, sind nicht
zu berücksichtigen.
^ Arg. §§ 188, 189.
428 Achtes Hauptstfick.
Die Entscheidung steht nicht allgemein im freien Ermessen des
Gerichts; das Gericht mufs vielmehr die Bestätigung versagen
(„den Vergleich verwerfen"), wenn einer der im Gesetze (§ 186,
§ 187 Satz 1, § 188, § 230 Abs. 1 Satz 2, 236 Satz 1) vorgesehenen
Verwerfungsgründe vorhanden ist, und darf den Vergleich nicht
verwerfen, ohne dafs ein gesetzlicher Grund vorhanden ist. Blofs
bei dem in § 187 Satz 2 bezeichneten Verwerfungsgrunde steht die
Bestätigung in dem Ermessen des Gerichts.
a) Von Amtswegen ist der Vergleich zu verwerfen:
a) wenn die für das Verfahren und den Abschlufs des Vergleichs
gegebenen Vorschriften nicht beobachtet sind, und das Fehlende nicht
ergänzt werden kann (§ 186 Nr. 1).
Die Vorschriften, wegen deren Nichtbeachtung der Vergleich
zu verwerfen ist, sind in den §§ 173 bis 183, 211 Abs. 1, 230
enthalten. Das Gericht hat also von Amtswegen zu prüfen, ob
diese Vorschriften beobachtet sind.
Insbesondere hat das Gericht zu prüfen, ob die erforderlichen
Majoritäten bei der Abstimmung erreicht worden sind. Dabei
unterliegen auch die Stimmrechte der Konkursgläubiger nochmaliger
Prüfung. Stellt sich heraus, dafs ein Stimmrecht zu Unrecht an-
genommen oder ein stimmberechtigter Gläubiger zu Unrecht nicht
berücksichtigt ist, so ist die Bestätigung zu versagen, sofern sich
daraus ergiebt, dafs die gesetzliche Majorität der Zustimmenden
nicht erreicht ist. Dabei ist die Stimmberechtigung vom Zeitpunkte
des Beschlusses der Gläubigerversammlung zu beurteilen, so dafs
also spätere Änderungen aufser Betnacht bleiben.
Bei der Offizialprüfung der Ordnungsmäfsigkeit des Vergleichs-
abschlusses kann auch die Frage angeregt werden, ob der Vergleichs-
antrag des Gemeinschuldners oder eine für den Vergleich
lautende Abstimmung eines Gläubigers wegen wesentlichen Irrtums
(§ 119 B.G.B.), arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung
(§ 123 B.G.B.) anfechtbar und angefochten ist.
Zu prüfen ist ferner, ob der Vergleich allen nicht bevorrech-
tigten Gläubigern gleiche Rechte gewährt und ob, wenn dies nicht
der Fall ist, alle Zurückgesetzten eingewilligt haben (§ 181 Satz 2),
wogegen eine aufserhalb des Vergleichs gewährte Begünstigung nur
auf Antrag zu berücksichtigen ist (arg. § 188 Nr. 1). Die fehlende
Einwilligung eines zurückgesetzten Gläubigers kann nachgeholt
werden.
Zu prüfen ist auch, ob die im Vergleichstermin als Vertreter
oder Organe des Gemeinschuldners oder eines Gläubigers auf-
§ 56. 4. Die Best&tigang des Zwangsrvergleichs. 429
getretenen Personen zur Vertretung befugt waren. Ein derartiger
Mangel kann durch nachträgliche Genehmigung ergänzt werden;
ß) wenn ein Fall der Unzulässigkeit des Zwangsvergleichs
nachträglich, d. i. nach dem Vergleichsabschlusse , eingetreten ist
(§ 186 Nr. 2), Die Fälle der Unzulässigkeit sind in § 175 enthalten.
Unzulässigkeit, die schon vor dem Vergleichsabschlusse vorhanden
war, aber dem Gericht erst später bekannt wurde, fällt unter litt, a;
y) wenn der Vergleich den Gläubigem nicht mindestens den
fünften Teil ihrer Forderungen gewährt und dieses Ergebnis auf
ein unredliches Verhalten des Gemeinschuldners, insbesondere darauf
zurückzuführen ist, dafs der Gemeinschuldner durch ein solches
Verhalten die Eröffnung des Konkursverfahrens verzögert hat (§ 187
Satz 1) '. Ob ein Verhalten als unredlich in Betracht kommt, hat
das Gericht nach freiem Ermessen zu entscheiden;
d) wenn der Vergleich den Gläubigem nicht mindestens den
fünften Teil ihrer Fordemngen gewährt und dieses Ergebnis auf
leichtsinniges Verhalten des Gemeinschuldners zurückzuführen ist
(§ 187 Satz 2). In diesem Falle steht die Verwerfung
im richterlichen Ermessen.
Ad litt, y und d:
Sind bei dem Konkurse mehrere Personen als Gemein-
schuldner beteiligt (z. B. bei dem Konkurse einer offenen
Handelsgesellschaft die Gesellschafter), so ist unredliches oder
leichtsinniges Verhalten einer Person ein Verwerfungsgrund.
Im Konkurs über das Vermögen einer juristischen Person
kommt unredliches oder leichtsinniges Verhalten eines der
geschäftsführenden Organe als Verwerfungsgrund in Betracht.
Ist der Konkurs durch den Tod des Gemeinschuldners
ein Nachlafskonkurs geworden, so ist das Verhalten des
Erblassers kein Grund, einen Zwangsvergleich mit dem Erben
zu verwerfen,
b) Auf Antrag ist der Vergleich zu verwerfen:
a) wenn der Vertrag durch Begünstigung eines Gläubigers oder
sonst in unlauterer Weise zustande gekommen ist (§ 188 Abs. 1 Nr. 1).
Bei der Begünstigung kann es sich nur um eine aufserhalb
des Vergleichs liegende Begünstigung handeln, da eine Begünstigung
im Vergleich ohne Einwilligung der Zurückgesetzte» zur Verwerfung
von Amtswegen führt.
* Der § 187 wurde von der Kommission des Reichstags in die Novelle
eingeschaltet. Vgl. Komm.Ber. 1898 von S. 39 bis 44.
430 Achtes Hauptfltäck.
Der Begriff der unlauteren Handlungsweise ist weiter als der
strafrechtliche Begriff des Betrugs und auch als der civilrechtliche
Begriff der arglistigen Täuschung. Er umfafst jede Art von Mani-
pulation, die nach der allgemeinen Anschauung verwerflich ist,
auch wenn keine Täuschung stattgefunden hat. Die unlautere
Handlungsweise kann z. B. in der Abfindung eines Gläubigers,
wenn auch ohne Begünstigung, oder darin gelegen sein, dafs jemand
die Forderung eines Konkursgläubigers erwarb, um das Stimm-
recht zu Gunsten des Vergleichs auszuüben, oder darin, dafs eine
Forderung geteilt wurde, um die Personenmajorität zu erreichen.
Die Begünstigung oder die unlautere Handlungsweise mufs
kausal für das Zustandekommen der Majorität sein ; sie ist belang-
los, wenn auch ohne die Begünstigung oder die unlautere Hand-
lungsweise die Majorität vorhanden gewesen wäre*.
ß) Wenn der Vergleich dem gemeinsamen Interesse der nicht
bevorrechtigten Konkursgläubiger widerspricht (§ 188 Abs. 1 Nr. 2).
Dies ist der Fall, wenn die Gläubiger bei der Durchführung des
Konkurses voraussichtlich mehr erhalten würden, als bei dem
Zwangsvergleich, wobei auch zu berücksichtigen ist, dafs die
Gläubiger ihre Restforderungen nach Durchführung des Konkurses
beitreiben können, nicht aber nach dem Zwangsvergleiche ; ferner
wenn die Erfüllung des Vergleichs von Seite des Gemeinschuldners
oder eines Dritten unsicher ist. Auch andere Umstände, z. B. dafs
der Vergleich überwiegend durch die Stimmen von Verwandten
des Gemeinschuldners oder von Gläubigern, denen noch andere
Personen haften, zustande kam, können in Betracht kommen.
Ad litt, a und ß:
Der Antrag auf Verwerfung des Zwangsvergleichs kann
von jedem nichtbevorrechtigten Konkursgläubiger gestellt
werden, der entweder zur Zeit der Abstimmung stimm-
berechtigt war oder jetzt seine Forderung glaubhaft macht
(§ 188). Dafs die Forderung geprüft oder auch nur an-
gemeldet ist, ist nicht erforderlich. Einerlei, ob der Gläu-
biger sich bei der Abstimmung beteiligt, ob er für oder gegen
den Vergleich gestimmt hat*.
« Vgl. V. Wilmowski § 173 N. 2, Petersen u. Kleinfeiler §§ 170
bi8J174 N. II 3a, Kohl er, Lehrb. S. 489.
* Vgl. die Mot. S. 418. Wer für den Vergleich gestimmt hat, ist nicht
blofs dann zum Antrage befugt, wenn er einen Irrtum nachweist, sondern
auch wenn er seine Ansicht über die Opportunität des Vergleichs einfach
geändert hat.
§ 56. 4. Die Bestätigung des Zwangsvergleichs. 431
Der Antrag kann bis zur Verkündung der Entscheidung
gestellt werden.
Zu seiner formellen Zulässigkeit gehört, dafs die That-
sachen, deretwegen die Verwerfung beantragt wird, glaub-
haft gemacht werden (§ 299 C.Pr.O.), sonst ist er nicht zu
beachten (§ 188 Abs. 2). Sind diese Thatsachen glaubhaft
gemacht, so kann das Gericht von Amtswegen Ermittelungen
anstellen (§ 75).
y) Im Nachlafskonkurs und im Konkurs über das Gesamtgut
im Falle der fortgesetzten Gütergemeinschaft ist der Zwangs-
vergleich auf Antrag eines derjenigen Gläubiger, welchen die in
§ 226 Abs. 2 Nr. 2 bis 5, Abs. 4 bezeichneten Fordeiiingen zu-
stehen, zu verwerfen, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dafs
der Zwangsvergleich sein berechtigtes Interesse verletzt (§ 230
Abs. 2 Satz 2, 236 Satz 1).
Diese Bestimmung hängt damit zusammen, dafs die bezeich-
neten (zurückgesetzten) Gläubiger an dem Zwangsvergleiche nicht
teilnehmen (§ 230 Abs. 2 Satz 1)*^. Dafs der Zwangsvergleich das
berechtigte Interesse eines solchen Gläubigers verletzt, ist blofs
unter ganz besonderen Umständen möglich. Es mufs die Konkurs-
masse so gut bestellt sein, dafs sie nicht blofs zur vollständigen
Befriedigung aller nicht zurückgesetzten Konkursgläubiger aus-
reicht, sondern nach deren Befriedigung noch einen Überschufs
ergiebt, der den zurückgesetzten Gläubigern zufallen würde, was
höchst unwahrscheinlich, aber nicht undenkbar ist. Es müssen
jene Gläubiger gleichwohl einen Zwangsvergleich schliefsen. Da
zufolge des Vergleichs die Konkursmasse dem Gemeinschuldner
überlassen würde, so könnte zwar der zurückgesetzte Gläubiger
von dem Gemeinschuldner-Erben immer noch Befriedigung nach
Mafsgabe der Bereicherung verlangen (§ 1989 mit § 1973 B.G.B.)«;
aber es dürfte ihm schwer fallen, die Bereicherung (d. i. das Vor-
handensein einer Nachlafsmasse, die den zur Deckung der Vergleichs-
rate erforderlichen Betrag übersteigt) nachzuweisen; auch könnte
die Bereicherung zessieren. Unter solchen besonderen Umständen
kann der zurückgesetzte Gläubiger ein berechtigtes Interesse an
der Fortsetzung des Konkurses haben, und, wenn er das glaubhaft
macht, hat das Konkursgericht den Vergleich zu verwerfen.
In Bezug auf die Form und Zeit der Antragstellung sowie auf
die Glaubhaftmachung gilt das oben ad litt, a bis ß Gesagte.
» Vgl. dazu oben S. 428 Ziff. 3 litt, b und unten S. 438 litt, c, 439.
« Vgl. unten S. 439.
432 Achtes Hauptotttck.
Der Beschlufs, der den Zwangsvergleich bestätigt oder verwirft,
ist zu verkünden (§ 185), nicht zuzustellen und nicht 5J9entlich
bekannt zu machen.
Gegen den Beschlufs findet die sofortige Beschwerde statt;
die Frist beginnt mit der Verkündung des Beschlusses (§ 189 Abs.
1, 2). Die Beschwerde sowohl gegen den bestätigenden wie gegen
den verwerfenden Beschlufs steht dem Gemeinschuldner '' und jedem
nicht bevorrechtigten Konkursgläubiger zu, der zur Zeit der Ab-
stimmung stimmberechtigt war oder jetzt seine Forderung glaubhaft
macht ^.
Da die Beschwerde auf neue Thatsachen und Beweise gestützt
werden kann (§ 570 C.Pr.O.), so können neue Verwerfungsgründe
im Beschwerdeverfahren geltend gemacht werden, ohne dafs vorher
ein Antrag gestellt worden war.
Im Nachlafskonkurs und im Konkurs über das Gesamtgut im
Falle der fortgesetzten Gütergemeinschaft steht das Rechtsmittel
auch einem zurückgesetzten und daher nicht stimmberechtigten
Gläubiger zu, der die Verwerfung des Vergleichs wegen Ver-
letzung seiner berechtigten Interessen beantragt hatte (§§ 280 Abs. 2
Satz 2, 236 Satz 1)».
Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist unanfechtbar (§ 189
Abs. 3) ^®; dadurch wird die Rechtskraft der Bestätigung beschleunigt.
§ 57.
5. Die Aufhebung des EonkarsTerfahrens naeh dem
Zwangsvergleiehe.
1 . Mit der Bestätigung des Zwangsvergleichs ist das Konkurs-
verfahren formell noch nicht zu Ende. Um es zu beendigen, dazu
bedarf es eines weiteren Beschlusses, worin die Aufhebung des
"^ Dafs sich der Gemeinschuldner nur gegen den verwerfenden Beschlufs
beschweren könne — so z.B. v. Wilmowski § 174 N. 1 — dürfte unrichtig
sein; er kann seine Beschwerde nicht auf die Verletzung einer Vorschrift
stützen, die nur zum Schutze der Interessen der Gläubiger dient; aber es ist
denbar, dafs er einen bei dem Vergleichsvorschlag unterlaufenen Irrtum
geltend macht.
^ Vgl. oben S. 430 bei N. 4. Das dort Gesagte findet hier entsprechende
Anwendung.
» Vgl. oben S. 481.
*^ Die in den Komm, von v. Wilmowski § 174 N. 3, Petersen u.
Kleinfell er §§ 170 bis 174 N. III 2 vertretene Ansicht, dafs weitere Be-
schwerde stattfinde, wenn die erste Beschwerde als unzulässig verworfen
wurde, hat im Gesetze keinen Anhalt.
§ 57. 5. Die Auf hebnng d Konkursyerfahrens nach d. Zwangsvergleich. 433
Verfahrens ausgesprochen wird (§ 190 Abs. 1 Satz 1). Dieser Beschlufs
kann erst nach Eintritt der formellen Rechtskraft des Bestätigungs-
beschlusses erlassen werden. Vor der Aufhebung hat der Ver-
walter einer Gläubigerversammlung Rechnung zu legen (§ 86).
Sind im Vergleiche Sicherungsmafsregeln vorgesehen, die nach
der Bestätigung auszuführen sind, so ist die Aufhebung erst
nach deren Ausführung zu beschliefsen. Vor der Aufhebung hat
der Verwalter aus der Eonkursmasse die unbestrittenen Masse-
ansprüche, sowie die festgestellten bevorrechtigten Eonkursforde-
rungen zu berichtigen, die bestrittenen Masseansprüche aber sowie
die nicht festgestellten bevorrechtigten Eonkursforderungen (diese
soweit sie glaubhaft gemacht sind) sicherzustellen (§ 191). Bevor
dies geschehen ist, soll das Verfahren nicht aufgehoben werden.
Die Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses bedingt die
Gültigkeit des Aufhebungsbeschlusses. Würde dieser Beschlufs
erlassen, bevor jener rechtskräftig ist, so bliebe die Gültigkeit der
Aufhebung in der Schwebe. Wird der Bestätigungsbeschlufs nach
Aufhebung des Eonkurses aufgehoben, was bei der Beschwerde aus
Nichtigkeits- und Restitutionsgründen auch dann möglich ist, wenn
der Bestätigungsbeschlufs rechtskräftig war, so fällt der Auf-
hebungsbeschlufs zusammen.
Dagegen ist der Aufhebungsbeschlufs gültig, auch wenn die
Schlufsrechnung noch nicht abgenommen oder die in § 191 gebotenen
Zahlungen und Sicherstellungen noch nicht erfolgt sind. Der Ver-
walter ist persönlich für den Schaden verantwortlich, den jemand
durch die Unterlassung der Zahlung oder Sicherstellung erleidet,
und auch der Richter, der vorsätzlich oder fahrlässig die vorzeitige
Aufhebung beschlofs, kann für Schaden haftbar gemacht werden
(§ 889 B.G.B.).
Der Aufhebungsbeschlufs ist nicht anfechtbar (§ 190 Abs. 1
Satz 2). Er ist öffentlich bekannt zu machen, wobei Zwangsver-
gleich als Auf hebungsgrund anzugeben ist (§ 190 Abs. 2), und den
in §§ 111 Abs. 2, 112, 113 bezeichneten Behörden mitzuteilend
Eine Zustellung findet nicht statt.
Die Wirkungen der Aufhebung treten nicht mit der Erlassung
des Beschlusses, sondern erst mit dessen Bekanntmachung ein'.
2. Die Wirkungen des Zwangsvergleichs und der auf Grund
dessen erfolgten Aufhebung sind:
* Vgl. oben S. 384.
• Vgl. oben S. 384 N. 8.
Bin ding, Handbnoh IX 8: L. Seuffert, KonkursprozefBreoht. 28
434 Achtes Hauptstück.
a) Das durch die Konkurseröffnung entstandene Pfandrecht
der Konkursgläubiger an dem zur Konkursmasse gehörenden Ver-
mögen des Gemeinschuldners erlischt. Folglich erhält der Gemein-
schuldner das Recht zurück, über die Konkursmasse frei zu verfügen,
soweit nicht der Zwangsvergleich ein Anderes bestimmt (§ 192).
Im Zwangsvergleiche kann nicht bestimmt werden, dafs das
Pfandrecht der Gläubiger an der Konkursmasse als solcher fort-
dauere; denn nach der Aufhebung des Konkurses giebt es keine
„Konkursmasse^ mehr; wohl aber, dafs an einzelnen Gegenständen
der Masse, wie auch an anderen ein neues Pfandrecht oder eine
Sicherungshypothek für die Gläubiger begründet werden soll. Der
Vergleich kann auch ein Veräufserungs verbot bezüglich einzelner
Gegenstände enthalten, dessen Wirkungen nach Civilrecht (§§ 137,
892 ff. B.G.B.) zu beurteilen sind. Der Vergleich kann bestimmen,
dafs die zur Konkursmasse gehörenden Gegenstände oder einzelne
derselben den Gläubigern oder einzelnen Gläubigem an Erfüllungs-
statt übereignet werden*; die Erfüllung der durch solche Verein-
barungen übernommenen Verpflichtungen richtet sich nach dem
bürgerlichen Rechte.
Der Verwalter hat das zur Konkursmasse gehörende Vermögen
dem Gemeinschuldner auszuliefern, soweit nicht im Vergleich ein
Anderes bestimmt ist. Der Gemeinschuldner kann sein Recht auf
Auslieferung in derselben Weise geltend machen, wie nach Auf-
hebung des Konkurses auf Grund von Verteilung*.
b) Die nach § 240 C.Pr.O. eingetretene Unterbrechung eines
anhängigen Prozesses wird beendigt, wenn sie nicht schon vorher
durch Aufnahme des Prozesses beendigt war.
Ebenso verhält es sich mit dem nach § 13 Abs. 2 Anf.Ges.
unterbrochenen Prozesse; da jedoch die Konkursgläubiger durch
den Zwangsvergleich auf die ihnen in dem Vergleich gewährten
Rechte beschränkt sind, so kann der einzelne Gläubiger das An-
fechtungsrecht nicht mehr verfolgen, also den Prozefs nur bezüg-
lich der Prozefskosten aufnehmen.
c) Die durch die Anmeldung im Konkurs eingetretene Unter-
brechung der Verjährung f§ 209 Abs. 2 Nr. 3 B.G.B.) hört auf
(§ 214 Abs. 1 B.G.B.).
» Vgl. oben S. 413 f.
* Vgl. oben S. 485 Ziff. 2 litt, a Abs. 3. — Über das Erlöschen von An-
fechtungsansprüchen und das Schicksal anhängiger Anfechtungsprozesse s.
oben S. 228 f.
§ 57. 5. Die Aufhebung d. Konkursverfahrens nach d. Zwangsyergleiche. 435
d) Die mit der Eröffnung des Konkurses eingetretene Be-
schränkung der Konkursgläubiger auf die Beitreibung ihrer For-
derungen im Konkursverfahren (§§ 12, 14 Abs. 1) fällt weg. Die
Konkursgläubiger können ihre Forderungen, soweit sie nicht durch
den Zwangsvergleich die zwangsweise Beitreibbarkeit verloren haben,
wieder auf dem Wege des aufserkonkursmäfsigen Verfahrens ver-
folgen und beitreiben.
e) Diejenigen Gläubiger, für und gegen welche der Zwangs-
vergleich wirksam ist, können ihre Forderungen nur nach Mafs-
gabe des Zwangsvergleichs verfolgen und beitreiben. Aus dem
Vergleiche mufs sich auch ergeben, ob ihnen die Verfolgung
gegen den Gemeinschuldner oder gegen einen Dritten oder gegen
den Gemeinschuldner und einen Dritteü (als Vergleichsgaranten)
zusteht.
Der Zwangsvergleich ist wirksam für und gegen alle
nicht bevorrechtigten Konkursgläubiger, auch wenn dieselben an
dem Konkursverfahren^ oder an der Beschlufsfassung über den
Vergleich nicht teilgenommen * oder gegen den Vergleich gestimmt
haben (§ 193 Satz 1).
Der Zwangsvergleich enthält keine Novation und kein An-
erkenntnis. Er ist kein selbständiger Schuldgrund, sondern modi-
fiziert nur die Geltendmachung bestehender Forderungen, Ist eine
Konkursforderung bei der Anmeldung nach Mafsgabe der §§ 65
Abs. 2, 69, 70 modifiziert worden, so bleibt diese Modifikation
auch für den Zwangsvergleich mafsgebend. Soweit jedoch eine
solche Forderung nicht angemeldet worden ist, ist sie auch
» E. Fleck, Arch. f. Bürg. Recht XIV S. 62 S, verteidigt die Ansicht,
dafs im Nachlafskonkurse die Unterlassung der Anmeldung einer Forderung
die Folge habe, dafs der betreffende Nachlafsgläubiger wie ein im Aufgebots-
verfahren ausgeschlossener Gläubiger zu behandeln, folglich nach § 230 Ab?. 2
Satz 1 von dem Zwangs vergleich ausgeschlossen sei. Er unterstellt, dafs die
im Konkurs erlassene Aufforderung zur Anmeldung der Forderung die gleiche
Wirkung habe, wie die im Aufgebotsverfahren ergehende, weil nach § 993
Abs. 2 G.Pr.O. das Aufgebot^verfahren durch die Eröffnung des Nachlafs-
konkurses beendigt wird. Diese Unterstellung dürfte schon deswegen un-
richtig sein, weil die Aufforderung zur Anmeldung im Eonkurse nicht, wie
die Aufforderung im Aufgebotsverfahren (Vgl. § 995 C.Pr.O.),.dem sich nicht
meldenden Nachlafsgläubiger einen Rechtsnachteil androht.
* Einerlei, ob sie nicht teilnehmen wollten, oder ob ihn^n, ein Stimmrecht
nach § 95 Abs. 1 Satz 2 Abs. 2, oder nach § 96 nicht gewährt wurde.
28*-
436 Achtes flanpistöck.
nach dem ZwangSTergleich in ihrer orsprfinglichen Gestalt geltend
zu machen und zwar mit der sich ans dem Vergleich ergebenden
Beschränkung. Ist die sich aus dem Vergleich ergebende Quoti*
siemng nicht durchführbar, weil die Leistung nicht teilbar ist, so
bleibt nichts anderes übrig, als die Leistung in Geld zu schätzen
und auf den Schätzungswert die Vergleichsbestimmungen anzu*
wenden.
Da ein Gläubiger, welcher abgesonderte Befriedigung be-
ansprucht, für seine Forderung gegen den Gemeinschuldner (vor-
ausgesetzt, dafs dieser ihm persönlich haftet) aus der Eonkurs-
masse für denjenigen Betrag verhältnismäfsige Befriedigung ver-
langen kann, zu welchem er auf abgesonderte Befriedigung
verzichtet oder mit welchem er bei der abgesonderten Befriedigung
ausgefallen ist (§ 64), so ist der Zwangsvergleich fQr und gegen
einen Absonderungsberechtigten, dem der Gemeinschuldner persön-
lich haftet, insoweit wirksam, als der Absonderungsberechtigte auf
abgesonderte Befriedigung verzichtet hat oder als er bei der ab-
gesonderten Befriedigung ausgefallen ist^. Das Absonderungsrecht
wird durch den Zwangsvergleich nicht berührt (vgl. § 193 Satz 2).
Nur von dem nach der Verwertimg des Absonderungsgegenstandes
feststehenden, nicht von dem mutmafslichen. Ausfalle kann der
Gläubiger mit Absonderungsrecht die Vergleichsrate fordern, wenn
er nicht auf die abgesonderte Befriedigung verzichtet ®. Diesen Ver-
zicht kann der Absonderungsberechtigte nicht blofs während, son-
dern auch noch nach Beendigung des Konkursverfahrens erklären.
In der vorbehaltslosen Annahme der Vergleichsrate für den ganzen
Betrag der Forderung kann ein stillschweigender Verzicht auf die
abgesonderte Befriedigung gelegen sein®.
Ein Gläubiger, welcher seine Forderung gegen den Eonkurs-
gläubiger während des Konkurses gegen eine Forderung des Gre-
meinschuldners aufgerechnet hat, wird von dem Zwangsvergleiche
insoweit nicht berührt, als seine Forderung durch die Aufrechnimg
erloschen ist ^^ Aber auch, wenn während des Eoid^urses die Auf-
rechnung nicht erfolgt ist, kann nach Aufhebung des Eonkurs-
•» Vgl. R.G.Ent8ch. XXIII 8. 48.
» Vgl. R.Gj:nt8ch. V S. 394 ff., VI S. 66 ff., XVI S. 68ff, XXm S. 43ff.,
bayer. Ober8t.L.G. in d. Samml. y. Entsch. IX S. 461 nnd in S.A. XXXTX
Nr. a49, O.L.G. Dresden in Säch8.Arch. III S. 576. Vgl. a. Entscb. des preiir&
O.Trib. XLIII 8. 423 ff.
• Vgl. R.G.Entsch. XVI S. 71.
>o Vgl. oben S. 229 ff.
g 57. 5. Die Aufhebung d. Konkursverfahrens nach d. Zwangsrergleiche. 437
Verfahrens durch Zwangsvergleich der zur Aufrechnung im Eon-
kurse berechtigte Konkursgläubiger seine ganze Forderung (nicht
blofs die Vergleichsrate!) gegen eine Forderung des Gemein-
schuldners aufrechnen, die zur Konkursmasse gehört hat. Dies
ergiebt sich aus § 58, wonach ein Gläubiger, soweit er zur Auf-
rechnung befugt ist, seine Forderung im Konkursverfahren nicht
geltend zu machen braucht. Er braucht die Forderung nicht im
Konkursverfahren geltend zu machen, weil er befugt ist, sich durch
die Aufrechnung abgesonderte Befriedigung aus der Forderung des
Gemeinschuldners zu verschaffen. Diese Befugnis kann ihm aber
durch den Zwangsvergleich ebensowenig entzogen werden, wie das
Recht auf abgesonderte Befriedigung aus einem anderen Gegen-
stande". Fraglich kann nur sein, ob die Vergünstigungen, die
die Aufrechnung einer Forderung im Konkurs erfährt^', auch
noch für die Aufrechnung nach dem Zwangsvergleiche gelten (ob
z. B. eine Forderung auf eine andere Leistung zum Zwecke der
Aufrechnung gegen eine Geldforderung in Geld umgesetzt wer-
den, oder ob eine noch nicht fällige Forderung aufgerechnet
werden kann). Dafür, dafs die durch den Konkurs entstandene
Befugnis zur Aufrechnung während des Konkursverfahrens dem
Schuldner des Gemeinschuldners auch nach dem Zwangsvergleich
erhalten bleibt, spricht die Erwägung, dafs sonst die Forderung
gegen den Gemeinschuldner von der Vergleichsreduktion erfafst
würde, wodurch der Gläubiger eine ganz unbegründete Benach-
teiligung gegenüber den Gläubigern erlitte, die die Aufrechnung vor
dem Zwangsvergleich erklärt haben".
Dagegen wird durch den Zwangsvergleich die Forderung eines
Konkursgläubigers reduziert, die nicht im Konkurse gegen eine
Forderung des Gemeinschuldners aufgerechnet werden konnte,
also z. B. die Forderung, deren Aufrechnung durch § 55 aus-
geschlossen war.
Gegen eine erst nach der rechtskräftigen Bestätigung des
" Ygl V. Wilmowski N. 4 vor § 46, Petersen u. Kleinfeiler
N. 4 vor § 46, y. Sarwej u. Bessert § 46 N. 2, Ziff. 8, y. Schrutka-
Rechtenstamm, Die Compensation im Konkurse, S. ISO, Oetker,
Gmndbegr. I S. 2S9, S. 254 f., preufs. O.Tr. in Striethorst Arch« f. Sechtsfälle
XXXVI Nr. 57, 58, XLU N. 43, LXXXIH Nr. 60, RG. 20. Juni 1892 J.W.
(1892) S. d6a.
^« Vgl. § 54 Abs. 1 K.O. und oben S. 280, 281.
1* A. M., wie es scheint, die Mot S. 228, unter Berufung auf das preufs.
O.Trib. in Striethorsts Arch. f. Rechtsf. XLI S. 158, Xmi 8. 147.
438 Achtes Hauptstack.
ZwaDgsvergleichs entstandene Forderung des Gemeinschuldners
kann der Konkursgläubiger seine Forderung nicht zu ihrem volJen,
sondern nur zu ihrem durch den Zwangevergleich reduzierten Be-
trag aufrechnen; denn in dem Zeitpunkte, wo die beiden Forde-
rungen sich gegenüber getreten sind, war die Konkursforderung
bereits durch den Zwangsvergleich reduziert. Anders, wenn die
Forderung des Gemeinschuldners nach der Konkurseröffnung, aber
vor der Bestätigung des Zwangsvergleichs entstanden ist. In einem
solchen Falle wird die Aufrechnung der Konkursforderung zu
ihrem vollen Betrage nicht zu beanstanden sein, weil der Konkurs-
gläubiger auch während des Konkurses zur Aufrechnung seiner
ganzen Konkursforderung gegen eine konkursfreie Forderung des
Gemeinschuldners befugt war'*. Diese Befugnis dürfte ihm durch
den Zwangsvergleich ebensowenig entzogen werden, als die Be-
fugnis zur Aufrechnung seiner ganzen Forderung gegen eine For-
derung des Gemeinschuldners, die einen Bestandteil der Masse
bildete.
Der Zwangsvergleich ist nicht wirksam;
a) für und gegen die Konkursgläubiger, welche ein Vorzugs-
recht im Sinne des § 61 Nr. 1 bis 5 haben (arg. § 193 Satz 1).
Auch wenn sie die Forderung im Konkurse nicht angemeldet
haben, werden sie von dem Zwangsvergleiche nicht berührt. Hat
ein solcher Gläubiger seine Forderung im Konkurs angemeldet,
ohne ein Vorzugsrecht zu beanspruchen, so fragt es sich, ob darin
ein Verzicht auf das Vorzugsrecht zu finden ist. War sich der
Anmeldende seines Vorzugsrechts nicht bewufst, so kann von einem
Verzichte nicht die Rede sein; der Gläubiger kann also volle Be-
friedigung verlangen ;
b) für und gegen diejenigen Gläubiger, welche durch die Vor-
schriften der §§ 3, 63 oder 5 Abs. 2 vom Konkurs ausgeschlossen
sind ; denn diese Gläubiger sind keine Konkursgläubiger *^ ;
'* Vgl. oben S. 234 N. 7.
15 Vgl. V. Wilmowski § 178 N. 1 Abs. 4, Petersen u. Kleinfeller
178 bis 180 N. I 2, v. Sarvey u. Bessert § 178 N. 1 ZiflF. 2, Endemann
8. 604, F i 1 1 i n g § 49 N. 1 ; vgl. a. prenfs. O.Trib. in Striethorsts Arch. f. Rechts-
fälle XL S. 308. — A. M.: v. Völderndorff § 178 N. d, bezüglich der in
§ 63 aufgeführten Forderungen, weil es unbillig wäre, diese Forderungen
besser zu stellen als die anderen. Aber es ist nicht unbillig, diejenigen
Gläubiger, welche im Konkurse nicht teilnehmen dürfen, von den Kon-
sequenzen des Konkursverfahrens auszuschliefsen.
§57. 5. Die Aufhebung d. Konkursverfahrens nach d.Zwangsvergleiche. 439
c) im Nachlafskonkurs und im Konkurs über das Gesamtgut
bei fortgesetzter Gütergemeinschaft für und gegen diejenigen
Gläubiger, welchen die in § 226 Abs. 2 Nr. 2 bis 5, Abs. 4 be-
zeichneten Forderungen zustehen (§§ 230 Abs. 2 Satz 1 , 236
Satz 1). Diese Gläubiger haben kein Recht auf die Vergleichs-
rate, weil sie Befriedigung aus dem Nachlafs erst verlangen
können, wenn alle anderen Gläubiger vollständig befriedigt sind ".
Folgeweise werden aber auch ihre Forderungen nicht durch den
Zwangsvergleich reduziert , vielmehr • können sie nach der Auf-
hebung des Konkursverfahrens ihre ganzen Forderungen nach
•Mafsgabe des § 1973 B.G.B. gegen den Erben geltend machen
(arg. § 1989 B.G.B.)". Übrigens hat dieses Recht nur in den
seltensten Fällen eine praktische Bedeutung. Da nämlich der
Erbe den im Aufgebots verfahren ausgeschlossenen (und den nach
§ 1974 B.G.B. den ausgeschlossenen gleichstehenden) Gläubigern
nur insoweit haftet, als der Nachlafs nicht durch die Befriedigung
1« Vgl. oben S. 428 Ziff. 3 litt, b, S. 424, 431 litt. y.
" Vgl. L. Seuff ert, Ztschr. f. d. CPr. XXII S. 518. A. M.: E. Jaeger,
Erbenhaftung nnd Nachlafskonkurs, S. 89 N. 10 und S. 90, welcher der An-
sicht ist, dafs der Zwangsvergleich auch Forderungen der bezeichneten Gläu-
biger trifft. Aber abgesehen von der Unbilligkeit, die darin läge, wenn diese
Gläubiger beim Zwangsvergleiche nichts erhalten, aber gleichwohl von der
im Vergleiche bewilligten Reduktion betroffen würden, so ergiebt sich aus den
Materialien der Novelle die Richtigkeit der im Texte vorgetragenen Ansicht
In der die projektierten Änderungen der K.O. enthaltenden Anlage II der
Denkschrift z. Entw. e. B.G.B. (Vorlage an den Reichstag) S. 350 lautete der
§ 206 (jetzt § 230) Abs. 2 Satz 1: „Die Gläubiger, welchen die im § 205 k
Nr. 2 bis 5 bezeichneten Forderungen zustehen, nehmen anderSchliefsung
des Zwangsvergleichs nicht Teil" etc. Diese Fassung konnte den Zweifel
erregen, ob nicht die bezeichneten Gläubiger blofs von der Ab-
stimmung ausgeschlossen sein sollten. Nach der als Manuskript gedruckten
„Zusammenstellung der Äufserungen der Bundesregierungen zu den Grund-
zügen eines Gesetzes betr. Änderungen der Konkursordnung" hat Sachsen-
Weimar zu § 206 den Wunsch ausgesprochen, „dafs klargestellt werden möge,
was unter dem Ausdruck „„Schliefsung des Zwangsvergleichs"" zu verstehen
sei. Wenngleich anzunehmen sein werde, dafs die Forderungen der in Frage
stehenden Gläubiger durch einen Zwangsvergleich nicht berührt werden
sollten, so gebe doch die Fassung des § 178 (jetzt 193) zu Zweifeln Anlafs."
Diese Bedenken berücksichtigt offenbar die Änderung in der Fassung des
§ 206 (jetzt § 230). Schon in dem auf Grund der Äufserungen der Bundes-
regierungen im Reichsjustizamt aufgestellten und mit Schreiben des Reichs-
kanzlers vom 8. Dez. 1897 dem Bundesrate zur Beschlufsfassung vorgelegten
Entwurf eines Gesetzes, betr. Änderungen der K.O., (Bundesratsdrucksachen
Nr. 141/1897) findet sich die Fassung „nehmen an dem Zwangsvergleiche
nicht Teil".
440 Achtes HauptatficL
der nicht ausgeschlossenen Gläubiger erschöpft ist, während
andererseits die Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächt-
nissen und Auflagen (auch wenn deren Gläubiger nicht einem aus-
geschlossenen Gläubiger gleichsteht) erst nach den anderen aus-
geschlossenen Gläubigem zu befriedigen sind (§ 1973 Abs. 1 B.G.B.),
so kann keiner der in § 226 Abs. 2 Nr. 2 bis 5 Abs. 4 bezeich-
neten Gläubiger von dem Erben (oder von dem überlebenden Ehe-
gatten) etwas begehren, wenn nicht der Erbe (oder der überlebende
Ehegatte) zufolge des Zwangsvergleichs mehr aus dem Nachlasse
erhalten hat, als zur Deckung der Masseschulden, zur Befriedigung
der bevorrechtigten Gläubiger und zur Berichtigung der Vergleichs-
dividende an die anderen Konkursgläubiger erforderlich war —
ein Fall, der kaum jemals vorkommen und zu erweisen sein wird.
Nur in dem Falle kann das Nichteintreten der Reduktion vielleicht
einmal bedeutsam werden, wenn einer der in § 226 Abs. 2 Nr. 2
bis 5, Abs. 4 bezeichneten Gläubiger vor dem Konkurse bereits die
unbeschräiikte Haftung des Erben (oder des überlebenden Ehegatten)
erlangt hatte ; dann verbleibt ihm trotz dem Nachlafskonkurse sein
Recht auf die unbeschränkte Haftung (arg. § 2018 B.G.B.), und zwar
kann er trotz dem Zwangsvergleiche seine ganze Forderung geltend
machen.
d) Die Rechte der Gläubiger (für und gegen welche der
Zwangsvergleich wirksam ist) gegen Mitschuldner und Bürgen des
Gemeinschuldners, sowie die Rechte aus einem für die Forderung
bestehenden Kandrecht, aus einer für sie bestehenden Hypothek,
Grundschuld oder Rentenschuld oder aus einer zu ihrer Sicherung
eingetragenen Vormerkung werden durch den Zwangsvergleich
nicht berührt (§ 193 Satz 2).
Dafs der Mitschuldner und der Bürge trotz dem Zwangsver-
gleiche für die ganze Forderung haftbar bleibt, mufste im Gesetze
gesagt werden, weil sonst ein Mitschuldner oder ein Bürge nach
dem bürgerlichen Rechte die Einwendung des Erlasses geltend
machen könnte (vgl. §§ 423, 767, 768 B.G.B.). Dafs diese Ein-
wendung hier ausgeschlossen ist, beruht auf Zweckmäfsigkeits-
erwägungen ". War der Zwangs vergleich auch für Mitschuldner und
Bürgen wirksam, so würden die Gläubiger, denen aufser dem Ge-
meinschuldner noch jemand haftet, genötigt sein, zur Erhaltung
ihrer Rechte jeden Vergleich zu hintertreiben".
»« Vgl. die Mot. S. 428.
1' Vgl. a. Code de comm. § 545 in der Fassung des Faillitegesetzes v. 1838.
§ 57. 5. Die Aufhebung d. EonkurBverfabrens nacb d.Zwaiig8vergleiche. 441
Dafs eine Sachenhaftung durch den Zwangsvergleich nicht
reduziert wird, ergiebt sich aus dem Wesen dieser Haftung;
daher dürfte der die Pfandrechte, Hypotheken, Grundschulden
und Rentenschulden betreffende Teil des § 198 Satz 2 ein super-
fluum sein.
Gleichgültig ist, ob der Gläubiger für oder gegen den Vergleich
gestimmt oder gar nicht abgestimmt hat.
e) Im Konkurs über das Vermögen einer offenen Handels-
gesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer Kommandit-
gesellschaft auf Aktien begrenzt der Zwangsvergleich zugleich den
Umfang der persönlichen Haftung der Gesellschafter mit ihrem
eigenen Vermögen, soweit nicht in dem Vergleich ein Anderes
festgesetzt ist (§ 211 Abs. 2).
Es entspricht dem mutmafslichen Willen der Kontrahenten,
dafs bei Schulden, für die die Gesellschafter mit dem Gesellschafts-
vermögen und zugleich persönlich haften, beide Haftungen gleich-
mäfsig reduziert werden. Begrifflich notwendig ist die gleich-
mäfsige Reduktion der beiden Haftungen nicht, wie sich schon
daraus ergiebt, dafs ein Anderes festgesetzt werden kann.
Die im Gesellschaftskonkurs eingetretene Reduktion berührt
die Haftung eines Pfandes nicht, das aus dem Privatvermögen eines
Gesellschafters bestellt wurde **^; denn die Reduktion der persön-
lichen Haftung reduziert die Sachhaftung nicht.
Die durch den Zwangsvergleich im Gesellschaftskonkurse be-
wirkte Minderung der persönlichen Haftung der Gesellschafter
kommt auch einem zur Zeit der Konkurseröffnung aus der Ge-
sellschaft ausgeschiedenen Gesellschafter zu statten, weil er nicht
als Dritter, sondern trotz seinem Ausscheiden als Gesellschafter
haftet**. Ist im Zwangsvergleich eine über die Vergleichsrate
hinausgehende persönliche Haftung der Gesellschafter festgesetzt
worden, so trifft dies auch die ausgeschiedenen Gesellschafter.
«« Vgl. R.G.EntBch. XXm S. 119 ff. A. M.: E. Jaeger, Der Konkurs der
offenen Handelsgesellscbaft S. 163.
" Vgl. Kohler, Leitfaden S. 195 f., E. Jaeger a. a. O. S. 163ff. A.M.:
R.G.Ent8ch. XXIX S. 38 und die Kommentare. Diese Ansicht fahrt zu dem
unbilligen Ergebnisse, dafs sich die Gesellschafter auf Kosten des Aus-
geschiedenen entlasten kennen. In der Vorlage des Entw. z. Konk.Nov. an
den Bundestag war der im Text aufgesteUte Satz enthalten als § 200 Abs. 2
Satz 2. Warum der Zusatz nicht in die Keichstagsvorlage kam, ist aus den
veröffentlichten Materialien nicht zu ersehen.
442 Achtes Hauptatück.
Die im Gesellschaftskonkurs ohne Vorbehalt reduzierte
Forderung kann in einem gleichzeitigen oder späteren Konkurse
über das Privatvermögen eines Gesellschafters nur als reduzierte
geltend gemacht werden ; sie erleidet daher eine zweite Reduktion,
wenn in diesem Konkurse wieder ein Zwangsvergleich zustande
kommt *^.
Dagegen reduziert ein Zwangsvergleich, der in dem Konkurs
über das Privatvermögen eines Gesellschafters zustande gekommen ist,
die Forderung gegen die Gesellschaft nicht; ein solcher Vergleich
reduziert nur die persönliche Haftung des Gesellschafters und
diese fällt mit der Haftung der Gesellschaft nicht zusammen^.
Dafs die persönliche Haftung der übrigen Gesellschafter durch den
Zwangsvergleich nicht beschränkt wird, ergiebt sich direkt aus
§ 193 Satz 2. Die Ausgleichungsansprüche der Gesellschafter unter
einander werden von dem Zwangsvergleiche nicht beeinflufst.
f) Im Nachlafskonkurs ist ein Zwangsvergleich blofs in der
Weise möglich , dafs sich der Erbe persönlich oder ein Dritter
persönlich zur Zahlung der Vergleichsrate verpflichtet. Der Erbe
haftet also für die Vergleichsquote nicht mit Beschränkung auf
den Nachlafs, sondern unbeschränkt mit seinem ganzen Vermögen.
Ein Miterbe haftet persönlich für die seinem Erbteil entsprechende
Quote der Nachlafsverbindlichkeit (arg. § 2060 Nr. 3 B.G.B.).
Ein Zwangsvergleich, bei dem eine Beschränkung der Haftung
des Erben auf den Nachlafs bestimmt würde, wäre nicht blofs etwas
höchst Unpraktisches, sondern etwas Widersinniges ; denn durch die
Beschränkung würde die Höhe der Vergleichsquote, die durch den
Vergleich fixiert wird, geradezu wieder in Frage gestellt **. Daraus
folgt, dafs § 1989 B.G.B. für die von dem Zwangsvergleiche berührten
Gläubiger keine Bedeutung hat.
Haftet der Erbe allen Gläubigern des Nachlafskonkurses un-
beschränkt (was bei Versäumung der Inventarsfrist vor Eröfihung
*' Die Kechtslage ist dieselbe, wie weon der Gemeinschuldner, nachdem
der erste KoDkurs durch Zwangs vergleich heendigt ist, zum zweitenmal in
Konkurs gerät, bevor er den Gläubigem die Vergleichsrate gezahlt hat. Wird
der zweite Konkurs wieder durch Zw.V. beendigt, so tritt auch hier doppelte
Reduktion ein. Vgl. Jaeger a. a. 0. S. 167 £P. A. M.: Kohl er, Leitfaden
S. 130, 194 ff.
« Vgl. Jaeger a. a. 0. S. 167.
" Vgl. hierzu E. Fleck im Arch. f. bürg. Recht. XIV S. 65 ff.
§ 57. 5. Die Aufhebung d. Konkunyerfahrens nach d. Zwangsvergleiche. 443
des Nachlafskonkurses möglich ist), so begrenzt der Zwangsvergleich
auch die persönliche Haftung des Erben**.
Haftet der Erbe nur einzelnen Nachlafsgläubigern unbeschränkt,
so dürfte anzunehmen sein, dafs der im Nachlafskonkurse ge-
geschlossene Zwangs vergleich seine unbeschränkte persönliche Haf-
tung gegenüber den einzelnen Gläubigern nicht reduziert, wenn
nicht ein Anderes festgesetzt ist**.
g) Im Konkurs über das Gesamtgut im Falle der fortgesetzten
Gütergemeinschaft findet das unter litt, f Gesagte entsprechende
Anwendung auf die persönliche Haftung des überlebenden Ehe-
gatten (arg. § 236 Satz 1).
h) Ist im Zwangsvergleiche bestimmt, dafs blofs eine Quote der
Forderungen bezahlt wird, so ist damit der Restforderung die
Klagbarkeit und die Vollstreckbarkeit entzogen. Aber die Rest-
schuld besteht als natürliche Verbindlichkeit (naturalis obligatio)
fort. Sie kann daher bezahlt werden, ohne dafs eine condictio in-
debiti zulässig ist. Die Zahlung ist keine Schenkung; die Ver-
bindlichkeit kann die Unterlage eines Anerkenntnisses, einer Bürg-
schaft, Verpfändung oder Hypothekbestellung sein *^. Zur Aufrech-
nung kann die Restforderung nicht gebracht werden*®.
i) Die Konkursgläubiger, deren Forderungen während des
Konkurses, sei es im Prüfungstermine, sei es durch Zurücknahme
des Widerspruchs oder durch Urteil oder Vergleich, festgestellt
und nicht von dem Gemeinschuldner im Prüfungstermin aus-
drücklich bestritten worden sind, können nach der Aufhebung des
Konkursverfahrens auf Grund der Eintragung in die Tabelle und
des Zwangsvergleichs gegen den Gemeinschuldner, sowie gegen die-
jenigen, welche in dem Vergleiche für dessen Erfüllung anstatt des
Gemeinschuldners** oder neben dem Gemeinschuldner ohne Vor-
^ Dafür sprechen dieselben Gründe, die zur Aufstellung des in § 211
Abs. 2 aufgestellten Satzes führten; vgl. oben S. 441 litt. e.
'^ Daför spricht die Analogie des dem § 193 Satz 2 zu Grunde liegenden
Gedankens.
*'' Dafs eine natürliche Verbindlichkeit fortdauert, ist in der Litteratur
und in der Rechtsprechung anerkannt Vgl. R.O.H.G.Entsch. Vm S. 279,
fi.G. in Rhein.Arch. LXXV S. 76, O.L.G. Köln eod. S. 69, O.L.G. Nümb. S.A.
XLV S. 12, Fitting § 49 Note 2, Kohler, Lehrb. S.462f. Die Einführung
des B.G.B. hat daran nichts geändert.
«« S. oben S. 437 Abs. 3, S. 438.
^ Obgleich dieser Fall nicht im Texte des § 194 erwähnt ist, mufs er
ebenso behandelt werden, wie der Fall der accessorischen Verpflichtung.
I
444 Achtes Hauptstfick.
behalt der Vorausklage *^ Verpflichtungen abemommen haben, die
Zwangsvollstreckung unter der entsprechenden Anwendung der
§§ 724 bis 798 CPr.O. und des § 164 Abs. 8 K.O. betreiben (§ 194).
Das im Wege der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach-
geholte Bestreiten steht dem Bestreiten im Prttfungstermine gleich
(§ 165).
Nicht der Zwangsvergleich allein, sondern die Feststellung
samt dem Zwangsvergleich ist der Vollstreckungstitel. Formell
gestaltet sich dieser Titel als Auszug aus der Tabelle mit Aus-
fertigung des Zwangsvergleichs. Die beiden in der Regel zu ver-
bindenden Schriftstücke sind mit der Vollstreckungsklausel zu ver-
sehen.
Die Feststellung samt dem Zwangsvergleiche hat aber nicht blofs
die Bedeutung eines Vollstreckungstitels, sondern es kommt ihr
auch im Verhältnisse zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner,
sowie dem Dritten, gegen den die Zwangsvollstreckung zulässig ist.
die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils zu, so dafs also die Ein-
rede der abgeurteilten Sache darauf gestützt werden kann*^
Da die angeführten Wirkungen auf Grund der Feststellung
und des Zwangsvergleichs eintreten, so gelten sie im Nachlafs-
konkurs und im Konkurs über das Gesamtgut bei fortgesetzter
Gütergemeinschaft nicht für die zurückgesetzten Gläubiger (§ 226
Abs. 2 Nr. 2 bis 5, Abs. 4); denn diese nehmen am Zwangsver-
gleiche nicht teil (§§ 280 Abs. 2 Satz 1, 286).
Forderungen, die nicht während des Konkurses festgestellt
oder zwar festgestellt, aber von dem Gemeinschuldner im Prüfungs-
termin oder nachträglich im Wege der Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand (§ 165) bestritten worden sind, sind nach der Auf-
hebung des Konkurses nach den allgemeinen Regeln zu verfolgen.
Hat der Gläubiger noch keinen Vollstreckungstitel, so hat er seine
Forderung durch Klage oder im Mahnverfahren zu verfolgen, wenn
er nicht befriedigt wird *'. Der in einem solchen Verfahren gegen
^ Ein solcher Vorbehalt kann nicht in Frage kommen, wenn sich der
Dritte als Gesamtschuldner neben dem Gemeinschuldner verpflichtet hat Hat
er sich aber blofs verbürgt, so hat er die Einrede der Vorausklage (§ 771
B.G.B.) nur bei Vorbehalt der Einrede im Vergleiche, weil sie ohne diesen
Vorbehalt durch die noch nicht aufgehobene Konkursmäfsigkeit des Haupt»
Schuldners ausgeschlossen wäre (arg. B.G.B. § 771 Nr. 8).
»1 Vgl. oben S. 388 fl'.
** Üher das Schicksal anhängiger Feststellungsprozesse zwischen einem
Liquidanten und einem Opponenten s. oben S. 273 Abs. 8 bis 5. Aas
der dortigen Erörterung ergiebt sich, dafs solche Prozesse nach Beendigung
§ 57. 5. Die Aufhebung d. Eonkursverfahrens nach d.Zwangsyergleiche. 445
den Schuldner erlangte YoUstreckungstitel berechtigt nicht zur
Vollstreckung gegen den aus dem Vergleiche verpflichteten Dritten,
weil der Titel erst nachträglich erlangt wurde.
Wurde dem Vergleichsbürgen die Einrede der Vorausklage
vorbehalten, so hat die Feststellung im Konkurse samt dem
Zwangsvergleiche gegen ihn keine Urteilswirkung, Der Gläubiger
mufs sich erst einen Vollstreckungstitel gegen den Bürgen ver-
schaffen, und zwar auch dann, wenn die Einrede der Vorausklage
durch später eingetretene Umstände (§ 773 Nr. 2 bis 4 B.G.B.) aus-
geschlossen ist.
3. Die Gläubigerschaft kann nicht deswegen, weil der Gemein-
schuldner oder der Garant mit der ihm obliegenden Leistung im
Verzug ist, von dem Vergleiche zurücktreten (§ 195). Sollte die
civilrechtliche Regel, die den Rücktritt wegen Verzugs gestattet
(§ 326 B.G.B.), auf den Zwangsvergleich angewendet werden, so
müfste für diesen Fall eine Wiederaufnahme des Konkurses vor-
gesehen sein; denn nur eine reorganisierte Gläubigerschaft
könnte den Rücktritt erklären, und nur durch Wiederaufnahme
des Konkurses könnte das, was die Gläubigerschaft auf Grund
des Vergleichs geleistet hat, nämlich die Freigabe der Konkurs-
masse, rückgängig gemacht werden. Die Wiederaufnahme ist aber
für diesen Fall im Gesetze nicht vorgesehen.
Dafs die einzelnen Gläubiger wegen Verzugs von dem
Vergleiche zurücktreten könnten, würde sich auch bei Anwendung
der civilrechtlichen Regel nicht ergeben, weil sie nicht Kontra-
henten des Zwangsvergleichs sind. Aber es könnte in dem Konkurs-
gesetze bestimmt sein, dafs der vergleichsmäfsige Nachlafs an den
einzelnen Forderungen cessieren soll, wenn der Gemeinschuldner oder
der Garant mit seiner Forderung in Verzug gerät®*. In der deutschen
K.O. ist das Gegenteil bestimmt (§ 195). Immerhin kann jenes in
dem Vergleiche festgesetzt werden. Ist dies geschehen, so cessiert
der Erlafs unbeschadet der von den Gläubigem aus dem Ver-
gleich erworbenen Rechte, wie im Falle des § 196. Der Vergleich
wird aber nicht aufgehoben, die Aufhebung des Konkurses nicht rück-
des Konkurses darch Zwangsvergleich bezüglich der Hauptsache von dem
Gemeinschuldner nur fortgeführt werden können, wenn eine Abschlags-
diyidende bereits hinterlegt ist Nur in diesem Falle ist es daher möglich,
durch Fortsetzung eines anhängigen Liquidationsprozesses einen YoU-
streckungstitel gegen den Qemeinschuldner zu erreichen.
^ So Code de comm. art. 520 (in d. Fassung des Faillitegesetzes v. 1888).
446 ' Achtes Hftnptstück.
gängig gemacht. Eine kassatorische Klausel im Sinne des § 360
B.G.B. ist jene Festsetzung nicht; denn ein Rücktritt vom Ver-
gleich ist nicht in Frage. Die Klausel, dafs die Gläubiger-
schaft wegen Verzugs zurücktreten dürfe, wäre undurchführbar,
weil dazu die nicht vorgesehene Reorganisation der Gläubigerschaft
nötig wäre. Man wird aber eine Klausel, die dieses bestimmt, als
eine Abrede jenes Inhalts behandeln (sie konvertieren) dürfen (arg.
§ 140 B.G.B.)**.
4. Ist der Zwangsvergleich durch Betrug zustande gekommen,
so kann jeder einzelne von dem Vergleiche betroffene Gläubiger
den vergleichsmäfsigen Erlafs oder die Stundung seiner Forderung
anfechten, unbeschadet der ihm durch den V Agleich gewährten
Rechte (§ 196 Abs. 1).
Zum Betrüge«« gehört nicht der Thatbestand des § 239 K.O.
und auch nicht der des § 263 Str.G.B., insbesondere nicht die Ab-
sicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögens-
vorteil zu verschaffen*"; es genügt arglistige Täuschung im Sinne
des § 123 B.G.B. Ein solcher „Betrug** ist vorhanden, wenn bei
einem der Gläubiger, die für den Vergleich gestimmt haben, durch
Vorspiegelung falscher oder durch Unterdrückung wahrer That-
sachen*^ ein Irrtum erregt oder unterhalten worden ist, der ihn
veranlafste, für den Vergleich zu stimmen. Gleichgültig ist, ob
der Gemeinschuldner oder ein Anderer den Irrtum eiTegt, und ob
derjenige, welcher den Erlafs anficht oder ein Anderer getäuscht
worden ist *®.
Der Betrug mufs für das Zustandekommen des Vergleichs
kausal gewesen sein, so dafs ohne die Zustimmung des durch den
Betrug zur Zustimmung veranlafsten Gläubigers der Vergleichs-
vorschlag nicht die erforderliche Mehrheit erlangt hätte.
Die Anfechtung wegen Betrugs ist nur zulässig, wenn der
Gläubiger ohne Verschulden aufser stände war, den Anfechtungs-
^ Vgl. hierzu die Mot. S. 426, die von Zulässigkeit der kassatorischen
Klausel sprechen; femer Löhr, Zeitschr. f. d. C.Pr. XVI S. 390. — Ob der
Verzug, der einem Gläubiger gegenüber eingetreten ist, auch die anderen
Gläubiger berührt, ist eine Frage der Auslegung des Vertrags. Im Zweifel
wird das nicht anzunehmen sein.
«» Vgl. zu dem Folgenden die K.Pr. S. 114, 115.
^^ Daher ist die Anfechtung nicht ausgeschlossen, wenn der Täuschende
im Interesse des Getäuschten zu handeln glaubte.
•■^ Z. B. durch Fingierung von Passiven oder Verheimlichung von Aktiven;
durch heimliche Abfindung eines Gläubigers etc.
" In diesen Punkten weicht das Konkursrecht von § 123 BiG.B. ab.
§ 57. 5. Die Aufhebung d. Konkursverfahrens nach d. Zwangs vergleiche. 447
grund iD dem BestätigungsverfahreD geltend zu machen (§ 196
Abs. 2). Sie ist also nicht zulässig, wenn der Glaubiger die be-
trügerischen Handlungen vor Eintritt der Rechtskraft des Be-
stätigungsbeschlusses ^* kannte oder wenn seine damalige Unkenntnis
auf Verschulden beruhte.
Für die Anfechtung ist keine Form und keine Frist vor-
geschrieben *®. Dafs sie dem Anfechtungsgegner, d- i. dem Gemein-
schuldner, gegenüber erklärt werden mufs, liegt in der Natur der
Dinge. Die Anfechtung erfolgt in der Weise , dafs der Gläubiger
seine ganze Forderung gegen den Gemeinschuldner gerichtlich oder
aufsergerichtlich geltend macht. Beruft sich der Gemeinschuldner
auf den Vergleich, so tritt ihm der Gläubiger mit der replica doli
entgegen. Die Anfechtung wird dadurch nicht ausgeschlossen,
dafs der Gläubiger die ganze Accordrate erhalten hat. Der
Zwangsvergleich tritt durch eine solche Anfechtung nicht aufser
Kraft; daher bleiben den Gläubigern, und zwar auch dem anfech-
tenden, die aus dem Zwangsvergleich erworbenen Rechte. Die
Aufhebung des Konkurses wird durch die sog. Anfechtung in keiner
Weise berührt.
5. Die gleiche Wirkung, wie der Umstand, dafs der Vergleich
durch Betrug zustande gekommen ist, hat die rechtskräftige Ver-
urteilung des Gemeinschuldners wegen betrüglichen Bankerutts
(§ 239). Jeder Gläubiger kann den im Vergleiche gewährten Erlafs
als unwirksam behandeln, also seine ganze Forderung gerichtlich
und aufsergerichtlich geltend machen, ohne dafs ihm die durch
den Vergleich neu erworbenen Rechte entzogen werden (§ 197
Abs. 1)*^ Die Verurteilung mufs sich auf den Konkurs beziehen,
'' Da im Beschwerdeverfahren neue Thatsachen vorgebracht werden
können, so ist die Anfechtung auch ausgeschlossen, wenn der Gläubiger den
Betrug noch mittels Beschwerde gegen den Bestätigungsbeschlufs hätte geltend
machen können.
^® Die Fristbestimmung des § 124 B.G.B. ist hier unanwendbar.
^^ Nach dem Wortlaute des § 197 Abs. 1 vgl. mit § 196 scheint es, als ob
die Verurteilung wegen betrüglichen Bankerutts anders und zwar stärker wirke,
als der Betrug. Die nähere Betrachtung ergiebt aber, abgesehen von der
nur im Falle des § 197 eintretenden Befugnis zum' Wiederaufnahmeantrag,
keine Differenz. Irrtümlich ist insbesondere die Ansicht, dafs im Falle des
§ 197 eine festgestellte Forderung ihrem ganzen Betrage nach auf Grund
der Tabelle exequiert werden könne (so Oetker, Grundbegr. I S. 441;
Petersen u. Kleinfeller §§ 183 N. I); denn die tabellarische Feststellung
hat Exekutionsf&higkeit nur nach Mafsgabe des Vergleichs (arg. § 194).
448 Achtes Hauptstück.
in welchem der Zwangsvergleich geschlossen wurde. Ob sie vor oder
nach dem Vergleich erfolgte, ist gleichgültig ; es ist denkbar, dafs
eine frühere Verurteilung von dem Gericht übersehen wurde.
Dafs der Gläubiger von der Verurteilung sdhon während des Be-
stätigungserfahrens wufste, hindert die Berufung auf die Ver-
urteilung nicht
Ist ein Strafverfahren wegen betrüglichen Bankerutts gegen
den Gemeinschuldner eingeleitet, wenn auch nur durch Erhebung
der Anklage, so kann das Konkursgericht auf Antrag eines (von
dem Vergleich betroffenen) Konkursgläubigers Sicherheitsmafs-
regeln ^' gegen den Gemeinschuldner schon vor der rechtskräftigen
Verurteilung desselben anordnen (§ 197 Abs. 2). Die Sicherungs-
mafsregeln kommen allen Konkursgläubigem des wieder auf-
genommenen Konkursverfahrens zu gut**. Endigt das Straf-
verfahren, ohne dafs der Gemeinschuldner wegen betrüglichen
Bankerutts verurteilt wird, oder erfolgt trotz der Verurteilung in
entsprechender Zeit keine Wiederaufnahme des Konkursverfahrens
(§ 198), so sind die Sicherheitsmafsregeln von Amts wegen auf-
zuheben.
Der den Antrag auf Sicherungsmafsregeln zurückweisende Be-
schlufs kann von dem Antragsteller, der stattgebende von dem
Gemeinschuldner mit sofortiger Beschwerde angefochten werden
(arg. § 73 Abs. 8)**.
§ 58.
6. Die Wiederaufnahme des Eonkarsyerfahrens.
1. Die rechtskräftige Verurteilung des Gemeinschuldners
wegen betrüglichen Bankerutts hat aufser der im vorigen
Paragraphen unter Zff. 5 besprochenen Wirkung noch die weitere,
dafs jeder von dem Zwangsvergleiche betroffene Gläubiger ^ das Recht
erlangt, die Wiederaufnahme des Konkursverfahrens herbeizuführen.
^* Dinglichen Arrest, persönlichen Arrest, Veräufserangsverbot etc.
*• Vgl. Oetker, Grundbegr. I S. 197 f.
** A.M.: Oetker, Grundbegr. I S, 200 auf Grund der oben S. 122 N. 16
angef&hrten Ansicht.
^ Also nicht ein unbefriedigt gebliebener bevorrechtigter Gläubiger;
denn an seinem Kechte hat der Zwangsvergleich nichts geändert, und die
Verurteilung ändert daher auch nichts. A. M.: Oetker, Grundbegr. I
S. 198 N. 3. Neuen Konkurs kann der Bevorrechtigte beantragen.
§ 58. 6. Die Wiederaufnahme des Konknrsyerfahrens. 449
Da zufolge der Verurteilung der durch den Zwangsvergleich ge-
währte Erlafs hinfällig wird, so ist auch der Gläubiger, der bereits
die ganze Yergleichsrate empfangen hat, zum Antrage berechtigt
(§ 198 Abs. 1).
Jeder zum Antrag auf Wiederaufnahme berechtigte Gläubiger
kann auch die Eröffnung eines neuen Konkursverfahrens be*
antragen. Dies kann auch jeder neue Konkursgläubiger und der
Gemeinschuldner.
Zur Wiederaufnahme ist nur das frühere Konkursgericht zu-
ständig. Zur Eröffnung eines neuen Konkurses kann ein anderes
Gericht zuständig sein.
Da das wieder aufgenommene Verfahren dieselbe Konkursmasse
erfafst, wie ein neues Konkursverfahren, so schliefst die Wieder-
aufnahme die gleichzeitige Eröffnung eines neuen Konkurses aus. Ist
bei demselben Gerichte die Wiederaufnahme des Verfahrens und die
Eröffnung eines neuen Konkurses beantragt, so ist der zuerst gestellte
Antrag mafsgebend. Ist bei einem Gerichte die Wiederaufnahme^
bei einem anderen die Eröffnung eines neuen Konkurses beantragt, so
schliefst dasjenige Gericht, bei welchem z u e r s t die Wiederaufnahme
oder die Eröffnung beantragt wurde, das andere aus (arg. § 71 Abs. 2) '.
Wenn ein Gericht die Wiederaufnahme, ein anderes die Eröffnung
rechtskräftig beschlossen hat, so ist der Konflikt in derselben
Weise zu lösen, wie ein Konflikt mehrerer Eröffhungsbeschlüsse*.
Wurde nach Aufhebung eines Konkurses wegen Zwangs*
Vergleichs ein neuer Konkurs eröffnet, so kann der erste Konkurs
nach der Beendigung des zweiten wieder aufgenommen werden^.
Der Antrag auf Wiederaufnahme ist nach Analogie des Kon-
' Vgl. Oetker, Konkursrechtl. Fragen, Festg. d. Rost. Jur. Fak. zu
Windscheids Doktoijub. , S. 80, Grundbegriffe I S. 194. Die Kommentare
nehmen meistens an, dafs der Wiederaufeahmeai^trag den Vorrang vor dem
Eröfinungsantrag habe und auch noch nach Eröffnung eines neuen Verfahrens
zulässig sei. Dieses soll eingestellt werden, wenn die Wiederaufnahme be-
schlossen wird. Allein dieser Vorrang ist aus dem Gesetze nicht zu be-
gründen.
« Vgl. o. S. 145 N. 4.
^ A. M.: Oetker, Grundbegr. I S. 193. Dessen Argumentation ist nicht
stichhaltig, weil die vom Zwangsvergleiche betroffenen Gläubiger des alten
Ronkurses in dem vor Eintritt des Wiederaufhahmegrundes stattfindenden
neuen Konkurse blofs ihre reduzierten Forderungen liquidieren konnten, und
weil für den wieder aufzunehmenden Konkurs neu erworbene Masse vorhanden
sein kann. Vgl. S. 451 Abs. 2. Gegen Oetker: Petersen u. Kleinfeller
183 bis 187 N. n 1 S. 582, 633 Anm. 1.
Binding, Handbuch IX 8: L. Seuffort, Konkarsprozefflreoht. 29
450 Achtes Hauptstück.
kurseröffQungsantrags zu behandeln. Nur ist Wiederaufnahme-
grund nicht die Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners, sondern
dessen Verurteilung. Der Antrag eines Gläubigers auf Wieder-
aufnahme ist zuzulassen, wenn der Gläubiger seine Forderung und
die rechtskräftige Verurteilung des Gemeinschuldners glaubhaft
macht (arg. § 105 Abs. 1). Natürlich ersetzt die Feststellung der
Forderung in dem früheren Konkurs und die Notorietät der Ver-
urteilung die Glaubhaftmachung. Das Gericht kann den Gemein-
schuldner hören, aber notwendig ist das nicht ^. Das Gericht hat nach
Zulassung des Antrags die etwa noch erforderlichen Ermittelungen
anzustellen (arg. § 105 Abs. 2), insbesondere darüber, ob der Ge-
meinschuldner wegen betrü glichen Bankerutts rechtskräftig ver-
urteilt ist. Es kann vor der Entscheidung die in § 106 Abs. 1
vorgesehenen provisorischen Mafsregeln janordnen. Vor der Ent-
scheidung ist die Antragsberechtigung des Antragstellers und dessen
Prozefsfähigkeit, dann das Vorhandensein des Wiederauftiahmegrundes
zu prüfen, femer, ob nicht durch ein bereits anhängiges Konkurs-
verfahren die Wiederaufnahme ausgeschlossen und ob eine den
Kosten des Verfahrens entsprechende Masse oder ein zur Deckung
der in § 58 Nr. 1, 2 bezeichneten Massekosten ausreichender Vor-
schufs vorhanden ist (§ 198 Abs. 1). Der Antrag kann aus pro-
zessualischen und aus materiellrechtlichen Gründen abgewiesen
werden®. Gegen den abweisenden Beschlufs steht dem Antrag-
steller die sofortige Beschwerde zu (§ 198 Abs. 2 Satz 1, verb.
mit § 109). Der Wiederaufnahmebeschlufs hat die Stunde der
Wiederaufnahme anzugeben (§ 198 Abs. 2 Satz 2, verb. mit § 108).
Gegen den Wiederaufnahmebeschlufs steht dem Gemeinschuldner
die sofortige Beschwerde zu (§ 198 Abs. 2 Satz 1 verb. mit § 109).
Die Vorschriften über die öffentliche Bekanntmachung (§ 111),
sowie über Mitteilung des Eröffnungsbeschlusses an Begister-
behörden, Dienstbehörde und Grundbuchamt (§§ 112, 118) gelten
auch für den Wiederaulhahmebeschlufs (§ 187 Abs. 2 Satz 2).
2. Die Wiederaufnahme des Verfahrens hebt den Zwangs-
vergleich nicht auf; darum behalten die vom Vergleiche betroffenen
^ Die Vorschriften des § 105 Abs. 2, 8 über Anhörung des Schuldners
eignen sich nicht zur entsprechenden Anwendung auf das Wiederaufnahme-
verfahren, weil der Aufnahmegrund, d. i. die Verurteilung, im Gegensatz zur
Zahlungsunfähigkeit eine Thatsache ist, über die der Schuldner nichts zu er-
klären hat.
• Vgl. 0. S. 144, 145.
§ 58. 6. Die Wiederaufnahme des Konkursverfahrens. 451
Gläubiger die daraus erworbenen Bechte (arg. § 197 Abs. 1). Der im
Vergleiche gewährte Erlafs ist schon durch die Verurteilung unwirk-
sam geworden. Die Wiederaufnahme setzt nur die Aufhebung des
Eonkurses aufser Kraft und zwar nicht ex tunc, sondern ex nunc.
Sie ist im Grunde nichts anderes als Eröffnung eines Konkurses
mit der Eigentümlichkeit, dafs die Rechtshandlungen, die in dem
alten Konkurse vorgenommen worden sind, in dem wieder er-
öffneten Konkurse fortwirken.
Daher wird die Konkursmasse nach dem Zeitpunkte der Wieder-
aufnahme konstituiert. Daher gehört neuer Erwerb zur Masse.
Daher wirkt die Beschlagnahme der Konkursmasse vom Zeitpunkte
der Wiederaufnahme. Daher äind Rechtshandlungen, die der
Gemeinschuldner zwischen der Aufhebung und der Wiederaufnahme
vorgenommen hat, den Konkursgläubigern gegenüber nicht unwirk-
sam, können jedoch nach den Vorschriften der K.O. (§§ 29 ff.) an-
gefochten werden. Insoweit bei der Anfechtbarkeit der Zeitpunkt
der Zahlungseinstellung in Betracht kommt (§ 30), gilt für die
Anfechtung solcher Rechtshandlungen der Tag des ersten, die Ver-
urteilung des Gemeinschuldners aussprechenden Urteils als Tag
der Zahlungseinstellung, wenn nicht zwischen der Aufhebung und
der Wiederaufnahme eine Zahlungseinstellung erfolgt ist (§ 199).
Die Kenntnis der Verurteilung wirkt wie die Kenntnis der Zah-
lungseinstellung. Ebenso verhält es sich in Bezug auf die in
derselben Zwischenzeit entstandene Aufrechnungsbefugnis, soweit
diese Befugnis davon abhängt, dafs* der Erwerber der aufzu-
rechnenden Forderung von der Zahlungseinstellung keine Kenntnis
hatte (§ 55 Abs. 1 Nr. 3, § 199).
3. An dem wieder aufgenommenen Verfahren teilzunehmen
sind die alten und die neuen (jläubiger des Gemeinschuldners befugt,
jene mit den noch nicht getilgten Beträgen ihrer ursprüng-
lichen Forderungen, weil der Erlafs unwirksam ist (§ 200 Abs. 1
und 2 Satz 1). Sie können auch die bis zur Wiederaufnahme an-
gelaufenen Zinsen und Kosten geltend machen. Bevorrechtigte
alte Gläubiger sind ebenfalls zur Teilnahme befugt, sonst stünden
sie schlechter als die anderen. Massegläubiger des früheren Konkurses
sind auch Massegläubiger in dem wieder aufgenommenen Verfahren,
weil die Gläubigerschaft des früheren Konkurses in der des wieder
aufgenommenen auflebt.
Ist den alten Gläubigem auf Grund des Zwangsvergleichs eine
Sicherheit aus dem Vennögen des Gemeinschuldners bestellt worden,
29*
452 Achtes Hauptstück.
SO haben sie daran im Verhältnisse zu den neuen Glftubigem ein
Absonderungsrecht (§ 200 Abs. 2 Satz 2).
4. Das Verfahren ist soweit als nötig zu wiederholen (§201
Abs. 1). Nötig sind immer ein neuer offener Arrest, eine neue
Anmeldefrist, ein neues Prüfungsverfahren, die Berichtigung des
Vermögensverzeichnisses und des Inventars sowie eine neue
Bilanzierung (§§ 123, 124).
Die alten Anmeldungen gelten für das neue Verfahren. Für
früher schon geprüfte Forderungen bleibt das Ergebnis der früheren
Prüfung — Feststellung oder Bestreitung — mafsgebend. Daher
werden die in dem früheren Verfahren festgestellten Forderungen
nur hinsichtlich einer inzwischen eingetretenen Tilgung von neuem
geprüft (§ 201 Abs. 2). Der Verwalter und ein konkurrierender
Gläubiger kann die festgestellte Forderung bestreiten, aber nur
aus dem Grunde, dafs sie nach der Feststellung durch Zahlung,
Aufrechnung, Erlafs etc. ganz oder teilweise erloschen sei. Be-
streitung aus einem anderen Grunde wäre unwirksam, woraus sich
ergiebt, dafs die nachträgliche Aufhebung als Grund der Be-
streitung angegeben werden mufs, während bei der ersten Prüfung
die Angabe des Bestreitungsgrundes nicht erforderlich ist. Da die
frühere Feststellung, mag sie im Prüfungstermin oder nachträg-
lich erfolgt sein, gegenüber den Konkursgläubigern wie ein Urteil
wirkt (§§ 145 Abs. 2, 147), so mufs der Opponent den Widerspruch
betreiben (§ 146 Abs. 6) und zwar durch Widerspruchsklage nach
§ 767 C.Pr.O. War eine Forderung früher bestritten und ist der
Widerspruch nicht in dem Verfahren nach § 146 Abs. 2, 5, 6
C.Pr.O. beseitigt worden, so bleibt sie auch für das aufgenommene
, Verfahren eine bestrittene Forderung. Für die Parteirollen im
Feststellungsstreit entscheidet die Rechtslage im früheren Ver-
fahren; der Gläubiger kann also nicht auf Grund eines inzwischen
gegen den Gemeinschuldner erlangten Titels die Stellung eines
titulierten Gläubigers im Sinne des § 146 Abs. 6 erlangen ''. Eine
in dem früheren Verfahren geprüfte, aber nicht festgestellte Forde-
rung kann jetzt noch von einem Oppositionsberechtigten (Verwalter,
konkurrierenden Gläubiger), der früher nicht opponiert hatte, be-
stritten werden, aber nur aus dem Grunde nachträglicher Tilgung
(arg. § 201 Abs. 2)®. Natürlich kann ein früherer Opponent ohne
neue Bestreitung in dem Feststellungsprozesse jetzt auch die nach-
■^ Vgl. Oetker, Konkursrechtl. Fragen S. 84.
« Vgl. Oetker a. a. 0. S. 86 f.
§ 59. 1. Einstellung mit Zustimmung der Konknrsgläubiger. 458
tr&gliche Tilgung geltend machen, wenn dies nach der Prozefslage
möglich ist; ist dies nicht der Fall, so mufs er zu diesem Zwecke
neue Opposition erheben. Eine früher schon vorhandene, aber
nicht geprüfte Forderung ist im aufgenommenen Verfahren zu
prüfen. Dabei kann der Gläubiger auf Grund eines in der Zwischen-
zeit erlangten Titels die Position eines titulierten Gläubigers im
Sinne des § 146 Abs. 6 beanspruchen; denn der Opponent hat
nicht, wie im Falle früherer Bestreitung einer nicht titulierten
Forderung, ein Recht auf die Betreibung der Feststellung durch
den Liquidanten ". Eine erst nach der früheren Konkurseröffnung
entstandene Forderung ist ebenfalls nach den allgemeinen Vor-
schriften zu prüfen und eventuell festzustellen.
Der in- dem früheren Verfahren ernannte Konkursverwalter
tritt wieder in Funktion, ohne dafs es neuer Ernennung bedürfte.
Die Gläubiger des aufgenommenen Konkurses haben nicht das
Recht, eine andere Person vorzuschlagen. Natürlich mufs das
Gericht den Verwalter von der Wiederaufnahme des Verfahrens
benachrichtigen. Dieser kann die Fortführung der Konkurs-
verwaltung ablehnen. Dann hat das Gericht einen neuen Ver-
walter zu ernennen. Ebenso verhält es sich, wenn der frühere
Verwalter gestorben oder zur Verwaltung unfähig geworden ist.
Ist ein neuer Verwalter ernannt worden, so haben die Gläubiger
das Recht, eine andere Person vorzuschlagen (§ 80).
Der in dem früheren Verfahren bestellte Gläubigerausschufs tritt
ebenfalls wieder in Funktion. Die frühere Wahl gilt auch für das
neue Verfahren, vorbehaltlich des Widerrufs nach § 92. Sind Mitglieder
des Gläubigerausschusses weggefallen, so ist eine Ersatzwahl nötig.
Das wieder aufgenommene Verfahren kann durch Aufhebung
nach Schlufsverteilung (§ 163) oder durch Einstellung (§§ 202, 204)
beendigt werden. Zwangsvergleich ist nicht zulässig (arg. § 175
Nr. 2).
IIL Die Einstellung: des Konkursverfahrens.
§ 59.
1. Die Einstellung mit Znstimmnng der EonknrsglSabiger.
1. Auf Antrag des Gemeinschuldners ist das Konkursverfahren
einzustellen, wenn die einzelnen Konkursgläubiger der Einstellung
zustimmen (§ 202).
» Vgl. Oetker a. a. 0. S. 85.
I
■
454 Achtes Hauptstäck.
Der Einstellungsgrund ist der in der Zustimmung der einzelnen
Konkursgläubiger liegende Verzicht auf die fttr sie durch die
Konkurseröffnung entstandenen Rechte an der Konkursmasse.
Der Verzicht auf diese Rechte enthält zugleich den Verzicht auf
die prozefsrechtliche Befugnis, die Realisierung dieser Rechte in
dem anhängigen Konkursverfahren zu verlangen.
Der Verzicht auf die bezeichneten Rechte ist eine prozefs-
rechtliche Handlung. Daher ist die Wirksamkeit des Verzichts
davon abhängig, dafs der Verzichtende prozefsfähig ist. Für einen
nicht prozefsfähigen Gläubiger mufs der Verzicht von dem gesetz-
lichen Vertreter erklärt werden. Mehrere Gesamtgläubiger müssen
alle verzichten. Aufser dem Gläubiger mufs auch derjenige ver-
zichten, welcher ein Pfandrecht an der Forderung hat.
Als Prozefshandlung richtet sich die den Verzicht aussprechende
Erklärung an das Konkursgericht. Sie kann dem Gerichte direkt
zugehen; dann ist eine der Formen zu beobachten, in denen pro-
zessualische Erklärungen an das Gericht erfolgen können, also
Einreichung eines Schriftsatzes oder Erklärung zu Protokoll des
Gerichtsschreibers. Die schriftliche Verzichtserklärung kann auch
dem Gemeinschuldner ausgehändigt und von dem Gemeinschuldner
dem Gericht übermittelt werden. Eine Beglaubigung der Unter-
schrift ist nicht geboten^; es ist aber auch nicht ausgeschlossen,
dafs das Gericht bei der Prüfung, ob die erforderlichen
Erklärungen vorliegen, über die Echtheit einer Erklärung Er-
mittelungen anordnet (arg. § 75) oder die Beglaubigung verlangt.
Die Behändigung der Erklärung an den Gemeinschuldner enthält
die Ermächtigung, die Erklärung dem Gerichte zu übermitteln.
Condicio iuris für die Wirksamkeit des Verzichts ist, dafs auch
die anderen Gläubiger, deren Zustimmung nach dem Gesetze zur
Einstellung erforderlich ist, der Einstellung des Verfahrens zu-
stimmen, so dafs also die Einstellung wirklich erfolgt.
Jede Zustimmung zur Einstellung des Verfahrens gilt nur für
die Einstellung, welche alsbald nach der Zustimmungserklärung
beantragt und beschlossen wird. Der Gemeinschuldner kann die
Einstellung nicht beantragen auf Grund von Zustimmungserklä-
rungen^ die vor einem halben Jahre abgegeben wurden, wdl jene
Erklärungen nur „rebus sie stantibus" zu alsbaldiger Verwendung
abgegeben sind, und weil sich inzwischen die Situation des Konkurs-
1 Vgl. die Mot. S. 437. — In § 192 des Entw. e. G.Sch.O. ist Beglaabigang
gefordert. Dieser Punkt wurde geändert.
§ 59. 1. Einstellang mit Zustimmang der Konkursgläubiger. 455
Verfahrens verschoben haben kann. Wird der Antrag auf Einstellung
abgewiesen, so ist die Zustimmung unwirksam; sie kann nicht zu
einem neuen Einstellungsantrage benutzt werden.
Die Verzichtserklärung kann auf einem Vertrage mit dem
Gemeinschuldner beruhen. Es kann sein, dafs der Gemeinschuldner
dem Gläubiger eine Sicherung oder teilweise * Befriedigung gewährt
hat gegen das Versprechen, auf das Eonkursverfahren zu ver-
zichten ; der Gläubiger kann aber auch ohne Entgelt dem Gemein-
schuldner den Verzicht versprochen haben. Die Verzichtserklärung
als solche ist kein Bestandteil eines zweiseitigen Rechtsgeschäfts
(Vertrags), sondern eine einseitige Erklärung.
Die Beifügung einer Bedingung macht die Verzichtserklärung
unwirksam. Dies folgt daraus, dafs die Erklärung eine prozessua-
lische Handlung ist, und dafs prozessualische Handlungen die Bei-
fügung einer Bedingung im Allgemeinen nicht vertragen. Natürlich
kann die condicio iuris, dafs auch die anderen Gläubiger der Ein-
stellung des Verfahrens zustimmen, bei der Zustimmung des ein-
zelnen Gläubigers ausdrücklich erklärt werden.
Die Beifügung eines Anfangstermins ist sinnlos und macht die
Zustimmung unwirksam. Dagegen dürfte die Beifügung eines End-
termins in dem Sinne, dafs die Zustimmung nur bis zu einem be-
stimmten Tage gelten solle, dem Wesen der Zustimmung nicht
widerstreiten, da jede Zustimmung eine zeitliche Begrenzung in
sich trägt (vgl. oben S. 454 Abs. 5).
Zweifelhaft ist, ob die Zustimmung widerrufen werden kann.
Geht man davon aus, dafs sie eine prozessualische Willenserklärung
zu Gunsten des Gemeinschuldners ist, so gelangt man zunächst
dazu, sie als unwiderruflich zu behandeln; denn prozessualische
Erklärungen, welche die Lage des Gegners verbessern, sind im
Allgemeinen nicht widerruflich. Dagegen scheint der Umstand,
dafs ein Konkursgläubiger, der der Einstellung zustimmte, stets
neuen Konkurs beantragen kann, für die Widerruflichkeit der Zu-
stimmung zu sprechen. Aber dieser Umstand kann nicht den Aus-
schlag geben; denn der morgen zu eröffnende Konkurs ist ein
anderer, als der vor einem Monat eröffnete und heute eingestellte
Konkurs; man darf also nicht aus der Möglichkeit, neuen Konkurs
zu beantragen, auf die Befugnis schliefsen, die Zustimmung zur
' Der vollständig befriedigte Gläubiger scheidet aus dem Kreise der
Personen aus, deren Zustimmung zur Einstellung erforderlich ist. Vgl. unten
S. 458 Ziff. 3 Abs. 3.
456 Achtes HauptstQck.
Einstellung zu widerrufen. So mufs es bei der Unwiderruflichkeit
der Zustimmung verbleiben ®.
Als rechtsgeschäftliche Willenserklärung kann die Zustimmung
wegen Irrtums, arglistiger Täuschung und widerrechtlicher Be-
drohung nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts (§§ 119
bis 124, §§ 143, 144 B.G.B.) angefochten werden; Anfechtungs-
gegner (im Sinne des § 143 B.G.B.) ist der Gemeinschuldner als
derjenige, welcher auf Grund der Zustimmungserklärung einen
rechtlichen Vorteil erlangt hat (arg. § 143 Abs. 4 Satz 1 B.G.B.) ;
jedoch kann die Anfechtung auch durch Erklärung gegenüber dem
Konkursgericht erfolgen (arg. § 143 Abs. 4 Satz 2 B.G.B.). Ist
die Anfechtung rechtzeitig erfolgt, so kann der Gläubiger die
Nichtigkeit seiner Zustimmung durch Widerspruch gegen den Ein-
stellungsantrag nach § 203 Satz 2 K.O. geltend machen. Nach
Eintritt der Rechtskraft des Einstellungsbeschlusses ist die An-
fechtung der Zustimmungserklärung ausgeschlossen. Der etwaige
Mangel ist durch die Rechtskraft des Beschlusses gedeckt.
2. Prinzipiell wäre zur Einstellung eigentlich die Zustimmung
aller Konkursgläubiger zu fordern, da sie alle durch die Konkurs-
eröffnung Rechte an der Konkursmasse und die prozessualische
Befugnis erlangt haben, die Durchführung des Verfahrens zu be-
gehren *. Um die Einstellung für die Praxis brauchbar zu machen,
ist das Prinzip im Gesetze folgendermafsen modifiziert :
a) Zur Einstellung des Verfahrens nach Ablauf der An-
meldefrist (§ 138) ist die Zustimmung derjenigen Konkurs-
gläubiger, welche Forderungen angemeldet haben, erforderlich und
genügend (§ 202 Abs. 1 Satz 1)».
Unbedingt nötig ist die Zustimmung der Liquidanten, deren
Forderungen bereits im Prüfungstermin oder nachträglich fest-
gestellt sind*. Inwieweit es der Zustimmung oder der Sicher-
stellung von Gläubigern bedarf, deren Forderungen noch nicht
festgestellt sind — sei es, dafs sie noch nicht geprüft, sei es, dafs
sie bei der Prüfung auf Widerspruch des Verwalters oder eines
s Vgl. Oetker, Grundbegr. I S. 401 bei N. 1.
* Vgl. die Mot. S. 436.
<^ Darauf, ob eine Anmeldung allen formellen Anforderungen entspricht,
dürfte es hier nicht ankommen; denn es handelt sich am die Zustimmung der-
jenigen Gläubiger, welche sich am Eonkurse bereits beteiligt haben.
• Über den Begriff der Feststellung s. oben S. 205 Ziff. 6.
§ 59. 1. Einstellung mit Zastimmung der Konkarsgläubiger. 457
konkurrierenden Gläubigers gestofsen sind ' — entscheidet das Kon-
kursgericht nach freiem Ermessen (§ 202 Abs. 1 Satz 2). Dabei
hat das Gericht zunächst zu prüfen, ob die noch nicht fest-
gestellte Forderung die Eigenschaft einer zur Teilnahme am
Konkursverfahren berechtigenden Forderung hat (vgl. §§ 3, 63
und etwa § 5 Abs. 2) und ob die in der Anmeldung enthaltene
Begründung (§ 139) die Forderung ergiebt. Gelangt es zur Ver-
neinung einer dieser Fragen, so entfällt das Bedürfnis der Zu-
stimmung. Bei Bejahung beider Fragen hat das Gericht femer
zu prüfen, ob nicht die angemeldete Forderung voraussichtlich mit
Erfolg bestritten werden kann; ergiebt sich aus den gepflogenen
Ermittelungen, dafs dies anzunehmen ist^ so kann das Gericht
von der Zustimmung und von einer Sicherstellung Umgang nehmen.
Anderenfalls hat es sich darüber schlüssig zu machen, ob es die
Zustimmung des Gläubigers fordern oder eine von dem Gemein-
schuldner oder einem Dritten angebotene Sicherstellung für ge-
Bügenden Ersatz der Zustimmung gelten lassen will. Durch die
Möglichkeit, die Zustimmung durch Sicherstellung zu ersetzen,
wird verhindert, dafs der Gläubiger einer zweifelhaften Forderung
die Situation zu einer Pression auf den Gemeinschuldner ausnützen
und seine Zustimmung von der Anerkennung seiner Forderung ab-
hängig machen kann.
Über eine angemeldete Forderung, die als Konkursforderung
genügend begründet und nicht ganz aussichtslos ist, darf das Gericht
nicht einfach hinwegschreiten.
Die vorstehenden Sätze gelten nicht blofs, wenn der Antrag
auf Einstellung nach Ablauf der Anmeldefrist gestellt wird, sondern
auch, wenn der Antrag vor Ablauf der Frist gestellt worden ist,
die Entscheidung aber erst nach Ablauf der Frist erfolgt •.
7 Oetker, Grundbegr. I S. 400 N. 5 will titulierte Forderungen (§ 146
Abs. 6) als festgestellte Forderungen behandeln, auch wenn sie bestritten
sind — ohne genügende Begründung. Warum sollte das Gericht bei einer
solchen Forderung nicht die Sicherstellung für ausreichend erachten dürfen?
^ Man denke z. B. an den Fall, dafs die Forderung offenbar auf einem
wucherischen Geschäft oder auf einem nicht klagbaren Differenzgeschäfte beruht.
• Vgl. V. Wilmowski § 188 N. 2, Petersen u. Kleinfeiler §§ 188,
189 N. 1, V. Yölderndorff § 188 N. d, Endemann S. 614, Fitting § 51
N. 18- A. M.: V. Sarwey u. Bossert § 188 N. 6a. — Die im Texte vor-
getragene Ansicht stützt sich weniger auf den Wortlaut des § 202 Abs. 2, als
darauf, dafs bei gerichtlichen Entscheidungen im Allgemeinen die zur Zeit
der Entscheidung vorhandenen umstände zu berücksichtigen sind.
458 Achtes Hauptstück,
b) Zur Einstellung vor Ablauf der Anmeldefrist ist die
Zustimmung aller dem Gerichte bekannten Gläubiger erforderlich
und genügend (§ 202 Abs. 2). Die Kenntnis der Gläubiger schöpft
das Gericht aus den bei dem Antrag auf Konkurseröilhung ge-
machten Angaben des Antragstellers (vgl. §§ 104, 105), aus dem
Inventar (§ 124), aus den Geschäftsbüchern des Gemeinschuldners
und aus den bereits eingelaufenen Anmeldungen. Das Gericht
kann auch bei der Einstellung in diesem Stadium anstatt der
Zustimmunng die Sicherstellung genügen lassen und von der Zu-
stimmung eines Liquidanten absehen, dessen Forderung es für aus-
sichtslos erachtet; denn es ist kein Grund zu finden, warum das
Gericht bei der Einstellung vor Ablauf der Anmeldefrist eine
geringere Freiheit des Ermessens hinsichtlich der Forderungen
haben sollte, als bei der Einstellung nach Ablauf der Anmeldefrist
8. Die Initiative zu der Einstellung mufs von dem Gemein-
schuldner ausgehen. Er allein ist befugt, die Einstellung zu be-
antragen.
Die Einstellung kann in jedem Stadium des Konkursverfahrens
von der Eröffnung bis zur Aufhebung beantragt werden. Besonderes
gilt nur im Konkurs über das Vermögen einer eingetragenen Ge-
nossenschaft; vgl. unten S. 462 Ziff. 4. Der Antrag kann zurück-
gezogen werden, bis die Einstellung rechtskräftig beschlossen ist.
Dem Antragsteller liegt es ob, dem Gerichte die nach dem
Gesetz erforderlichen Zustimmungen oder die Sicherstellung,
welche die Zustimmung ersetzen soll, nachzuweisen. Durch den
Nachweis vollständiger Befriedigung eines Konkursgläubigers wird
natürlich dessen Zustimmung erübrigt.
Wird ein Einstellungsautrag gestellt, so hat das Gericht zu-
nächst zu prüfen, ob die erforderlichen Zustimmungserklärungen
oder Sicherstellungen vorliegen. Es kann von Amtswegen Er-
mittelungen anstellen (arg. § 75). Es kann den Antragsteller auf
das Fehlen von Zustimmungen aufmerksam machen, damit er sie
nachträglich beibringe.
Hat der Antragsteller die nach Ansicht des Gerichts erforder-
lichen Zustimmungen nicht beigebracht, so ist der Antrag abzuweisen.
Die Entscheidung ist dem Antragsteller zuzustellen. Dieser kann
sie mit sofortiger Beschwerde anfechten (arg. § 78 Abs. 8).
Anderenfalls ist der Antrag öffentlich bekannt zu machen und
mit den zustimmenden Erklärungen auf der Gerichtsschreiberei
zur Einsicht der Ko^kursgläubiger niederzulegen (§ 208 Abs. 1
§ 59. 1. Einstellung mit Zustimmung der Konkursgläubiger. 459
Satz 1). Mit der Bekanntmachung ist noch nichts entschieden,
insbesondere ist nicht ausgesprochen, dafs der Antrag den gesetz-
lichen Erfordernissen entspreche. Die Bekanntmachung ist blofs
die Instruktion eines nicht a limine abgewiesenen Antrags. Daher
kann die Bekanntmachung von niemandem mit Beschwerde an-
gefochten werden*^.
Mit der öffentlichen Bekanntmachung (d. i. mit dem Ablaufe
des zweiten Tages nach der Ausgabe des die Einrückung oder die
erste Einrtickung enthaltenden Blattes, arg. § 76 Abs. 1) beginnt
eine gesetzliche, nicht verlängerbare Frist von einer Woche zur
Erhebung des Widerspruchs gegen den Antrag (§ 203 Abs. 1 Satz 2).
Diese Frist ist keine Ausschi ufsfrist. Da das Gericht vor der Ein-
stellung von Amtswegen zu prüfen hat, ob die erforderlichen Zu-
stimmungserklärungen vorhanden sind, so mufs es auch den Wider-
spruch eines Gläubigers in Betracht ziehen, der erst nach Ablauf
der Frist erhoben worden ist
Der Widerspruch steht jedem Gläubiger zu, dessen Zustimmung
in Betracht kommt. Also bei Einstellung nach Ablauf der An-
meldefrist jedem Liquidanten. Da die Anmeldefrist keine Aus*
schlufsfrist ist, kann die Anmeldung der Forderung auch noch inner-
halb der Widerspruchsfrist erfolgen und der Widerspruch auf eine
solche Anmeldung gegründet werden (§ 203 Abs. 1 Satz 3). Handelt
es sich um Einstellung vor Ablauf der Anmeldefrist, so kann jeder
Konkursgläubiger Widerspruch erheben, auch ohne seine Forderung
förmlich angemeldet zu haben.
Nicht zu berücksichtigen ist der Widerspruch eines Gläubigers,
der seine Zustimmung erklärt hat, weil die Zustimmung nicht
widerruflich ist (s. 0. S. 455). Soweit jedoch eine Zustimmungs-
erklärung wegen Irrtums, arglistiger Täuschung oder widerrecht-
licher Drohung rechtzeitig angefochten ist, kann die Nichtigkeit
der Zustimmung durch Widerspruch geltend gemacht werden.
Einen Widerspruch im Sinne des § 203 kann ein Gläubiger,
der der Einstellung zugestimmt hat, nicht darauf stützen, dafs die
Zustimmung eines anderen Gläubigers fehle; denn er kann nicht
das Recht des Anderen geltend machen. Da aber das Gericht vor
der Einstellung ex officio zu prüfen hat, ob die erforderlichen Zu-
, Stimmungserklärungen vorliegen, so kann ein solcher Gläubiger,
indem er das Gericht auf das Fehlen der Zustimmung eines anderen
Gläubigers aufmerksam macht, die Einstellung möglicherweise
»0 Vgl. RG. 18. April 1898 S.A. LIV Nr. 73.
460 Achtes Hauptotück.
(nämlich, wenn sich die Mitteilung als richtig erweist) hinter-
treiben.
Nach Ablauf der Widerspruchsfrist erfolgt die endgültige
Kognition über den Einstellungsantrag. Vor der Entscheidung sind
der Gemeinschuldner, der Verwalter und, wenn Widerspruch er-
hoben ist, auch der widersprechende Gläubiger zu hören. Das
Gericht kann immer wieder zur Aufklärung der in Betracht
kommenden Verhältnisse von Amtswegen Ermittelungen anstellen
(arg. § 75), auch dem Gemeinschuldner noch Gelegenheit geben,
die erforderlichen Zustimmungserklämngen beizubringen oder einen
Widerspruch durch Befriedigung des Widersprechenden zu be-
seitigen. Der Widerspruch eines Gläubigers, dessen Zustimmung
erforderlich ist, hindert die Einstellung. Das Gericht mufs aber,
auch ohne dafs Widerspruch erhoben wurde, die Einstellung ver-
weigern, wenn sich bei der endgültigen Kognition herausstellt,
dafs die erforderlichen Zustimmungserklärungen nicht vorliegen.
Andererseits darf das Gericht die Einstellung nicht ver-
weigern, wenn die erforderlichen Zustimmungserklärungen oder
die sie ersetzenden Sicherstellungen nachgewiesen sind. Das gilt
nicht blofs für die Einstellung nach Ablauf der Anmeldefrist,
sondern auch für die frühere Einstellung. Für jenen Fall ist es
direkt aus dem Gesetze zu entnehmen ; denn § 202 Abs. 1 gebietet
die Einstellung. Für den anderen Fall scheint § 202 Abs. 2 das
Gegenteil zu ergeben („das Verfahren kann eingestellt
werden"); aber die dem Gericht eingeräumte Freiheit, die in dem
Worte „kann" zum Ausdrucke kommt, dürfte nicht dahin gehen,
dafs das Gericht trotz Zustimmung aller bekannten Gläubiger den
Einstellungsantrag abweisen darf, sondern dahin, dafs das Gericht
es in der Hand hat, mit der Entscheidung bis zum Ablaufe der
Anmeldefrist zu zögern und auf diese Weise den Fall des § 202
Abs. 1 herbeizuführen".
Was oben (S. 458 Ziff. 3 Abs. 5) über die Zustellung und die
Anfechtbarkeit des Beschlusses gesagt ist, welcher den Einstellungs-
antrag a limine zurückweist, gilt auch für den Beschlufs, welcher
" Über diesen Punkt bestehen yerschiedene Meinungen: Ahnlich wie
der Text: y. Wilmowski § 188 N. 1, Petersen u. Kleinfeller §§ 188,
189 N. 8, V. Völderndorff § 188 N. h, Hullmann § 188 N. 4, Oetker,
Grundbegr. I S. 401 bei N. 5. Anders: v. Sarwej u. Bossert § 188 N. 6,
Endemann S. 615 f., welche dem Gerichte die Befugnis zusprechen, vor Ab-
lauf der Anmeldefrist jeden Einstellungsantrag abzuweiseni auch wenn die be-
kannten Gl&ubiger zugestimmt haben.
§ 59. 1. Einstellung mit Zustimmung der Konkursgläubiger. 461
nach der öffentlichen Bekanntmachung den Antrag auf Einstellung
abweist.
Der Einstellungsbeschlufs ist niemanden zuzustellen, sondern
unter Angabe des Einstellungsgrundes öffentlich bekannt zu machen
(§ 205 Abs. 1). Die öffentliche Zustellung gilt als Zustellung an
alle Beteiligten (arg. § 76 Abs. 3)^'. Auf die Bekanntmachung
findet § 111 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Der Gerichts*
Schreiber hat den Einstellungsbeschlufs den in § 112 bezeichneten
Behörden mitzuteilen. Das Gericht hat die Einstellung dem
Grundbuchamte mitzuteilen, wenn die Konkurseröffnung in ein
Grundbuch eingetragen wurde (alles auf Grund des § 205 Abs. 2).
Aus der Konkursmasse hat der Verwalter die Masseansprüche
zu befriedigen und die bestrittenen Masseansprüche sicher zu stellen
(§ 205 Abs. 2 mit § 191) *«.
Der Verwalter hat einer Gläubigerversammlung Schlufsrechnung
zu legen".
Der Gemein Schuldner erhält das Recht zurück, über die Konkurs-
masse, soweit sie nicht zur Befriedigung von Massegläubigem ver-
braucht ist, frei zu verfügen (§ 206 Abs. 1). Eine Aktiengesellschaft
und eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung kann nach der
Einstellung rekonstituiert werden (§ 307 Abs. 2 H.G.B., § 60 Nr. 4
R.G. betr. d. Gesellsch. m. beschr. Haft., Red. v. 1898). Im Übrigen
sind die Wirkungen dieser Beendigung des Verfahrens die gleichen,
wie bei der Aufhebung des Konkursverfahrens nach einer Schlufs-
verteilung (§ 206 Abs. 2 mit § 164). Vgl. oben S. 385 bis 400.
Die Wirkungen der Einstellung treten mit der Bekannt-
machung ein".
Der Einstellungsbeschlufs kann mit der sofortigen Beschwerde
von jedem Konkursgläubiger angefochten werden, dessen Zustimmung
" Vgl. V. Wilmowski § 189 N. 2 Abs. 2, § 191 N. 1; Oetker,
Grundbegr. I S. 402 bei N. 8. — Dagegen vertreten Petersen u. Klein-
feiler N. zu §§ 191, 192, Fitting § 51 I Nr. 5, TL nnd Endemann
S. 622 die Ansicht, dafs der Beschlufs zunächst dem Gemeinschuldner, dem
Konkursverwalter und allen Konkursgläubigem zuzustellen und erst nach
Eintritt der Rechtskraft bekannt zu machen sei.
1* Obwohl in § 205 Abs. 2 nicht blofs auf Abs. 1 des § 191 verwiesen ist,
kommen doch die bevorrechtigten Konkursforderungen (Abs. 2 des § 191) hier
nicht in Betracht, da die Befriedigung eines Konkursgläubigers in dem Ver-
fahren dem Wesen der Einstellung widerspräche. Vgl. a. Komm.Ber. 1898
S. 28, 45.
" Vgl. oben 8. 161 Abs. 4, 8. 162.
>» Vgl. oben 8. 384 Abs. 8.
\
46"^ Achtes Hauptstuck.
ZU der Einstellung erforderlich und nicht vorhanden ist. Nach
Erlassung des Beschlusses kann sich aber ein Gläubiger nicht mehr
durch nachträgliche Anmeldung die Berücksichtigung erzwingen,
da er zu dem eingestellten Verfahren keine Forderung mehr an-
melden kann. Kein Beschwerderecht hat der Verwalter, da die
Gläubigerschaft als solche kein Recht auf die Fortsetzung des
Verfahrens hat. Der Gemeinschuldner kann nicht als beschwerde-
berechtigt in Frage kommen , da er die Einstellung verlangt hat.
Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Wirkungen des
Einstellungsbeschlusses nicht; aber sowohl das Konknrsgericht als
das Beschwerdegericht kann anordnen, dafs die Vollziehung (d. i.
die Aushändigung der Masse an den Gemeinschuldner) auszusetzen
sei (arg. § 572 C.Pr.O.).
Wird der Beschlufs vom Beschwerdegericht aufgehoben, so ist
das Verfahren fortzusetzen. Die Wirkungen der Einstellung werden
rückgängig, unbeschadet der Wirksamkeit der Verfügungen, die
der Gemeinschuldner in der Zwischenzeit über die zur Konkurs-
masse gehörenden Gegenstände getroffen hat. Der Beschlufs des
Beschwerdegerichts wird aber erst mit der Rechtskraft wirksam,
sofern nicht das Beschwerdegericht seine sofortige Wirksamkeit
anordnet (arg. § 74).
4. Besonderes gilt wegen der Haftpflicht der Genossen (§ 105
Gen.Ges., Red. v. 1898) im Konkurs über das Vermögen einer ein-
getragenen Genossenschaft. Hier ist die Einstellung des Verfahrens
erst zulässig, nachdem mit dem Vollzuge der Schlufsverteilung
begonnen ist. Die Zustimmung aller bei der Schlufsverteilung be-
rücksichtigten Konkursgläubiger ist beizubringen. Inwieweit es der
Zustimmung oder der Sicherstellung von Gläubigern bedarf, deren
Forderungen nicht festgestellt sind, entscheidet das Konkursgericht
nach freiem Ermessen (§116 Abs. 2 Gen.Ges.).
Würde die Einstellung zulässig sein, bevor der Ausfall im
Konkursverfahren ermittelt ist, so könnten durch Abmachungen
zwischen den Genossenschaftsgläubigern und den Genossenschafts-
organen die persönlich haftenden Genossen benachteiligt werden.
Auch bestände die Gefahr, dafs Gläubiger, die noch nicht angemeldet
sind, in ihrem Recht auf Realisierung der Nachschufspflicht be-
einträchtigt werden könnten.
Die Einstellung hindert den Vollzug der Schlufsverteilung und
macht die Nachschufsberechnung entbehrlich.
§ 60. 2. Einstellung wegen ungenügender EonkursmasBe. 463
§60.
2. Die Einstellung wegen nngenflgender Eonkursmasse.
1. Wie kein Konkurs zu. eröffnen ist, wenn keine den Kosten des
Verfahrens entsprechende Masse vorhanden ist (§ 107 Abs, 1)\ so ist
das Verfahren einzustellen, sobald sich der Mangel einer den Kosten
entsprechenden Masse herausstellt (§ 204 Abs. 1 Satz 1). Über die
Schätzung der Masse s. oben S. 141 Abs. 2. Um einen solchen
Beschlufs abzuwenden, kann der Verwalter oder ein Gläubiger es
mit Ladung des Gemeinschuldners zur Leistung des Offenbarungs-
eides versuchen (§ 125).
Die Einstellung aus diesem Grunde hat das Gericht von Amts-
wegen zu beschliefsen. Jeder Beteiligte (der Gemeinschuldner, der
Verwalter und ein konkurrierender Gläubiger) kann das Gericht
auf den Mangel einer entsprechenden Masse aufmerksam machen;
aber ein Recht, die Einstellung aus diesem Grunde zu beantragen,
hat niemand ; das Gericht hat nichts zu beschliefsen, wenn es einer
solchen Anregung keine Folge geben will.
Ist die Voraussetzung zu dieser Einstellung gegeben , so ist
die Fortsetzung des Verfahrens zwecklos. Das Konkursverfahren
ist nicht Selbstzweck, sondern soll die Befriedigung der Konkurs-
gläubiger herbeiführen. Dieser Zweck ist unerreichbar, wenn die
Masse nicht die Kosten des Verfahrens übersteigt. Daher darf
das Gericht (trotz dem Wortlaute des Gesetzes: „das Gericht
kann das Konkursverfahren einstellen") nicht das Verfahren fort-
setzen, sondern mufs es einstellen, wenn der Mangel einer ent-
sprechenden Masse feststeht. Das richterliche Ermessen kann
vernünftiger Weise nur für die Schätzung der Masse, aber nicht für
die Wahl zwischen der Einstellung und der zwecklosen Fortsetzung
des Verfahrens gelten.
2. Beabsichtigt das Gericht eine solche Einstellung, so soll es
die Gläubigerversammlung hören (§ 204 Abs. 2). Ein ohne Gehör
der Gläubigerversammlung gefafster Einstellungsbeschlufs kann aus
diesem Grunde mit Beschwerde angefochten werden, ist aber nicht
ipso iure unwirksam.
Das Gericht kann die Einstellung beschliefsen, auch wenn die
Gläubigerversammlung die Fortsetzung verlangt.
Dagegen darf die Einstellung nicht beschlossen werden, wenn
ein zur Deckung der in § 58 Nr. 1, 2 bezeichneten Massekosten
* Vgl. oben S. 141, S. 146 Abs. 5.
464 Achtes Hauptstück.
ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird (§ 204 Abs. 1
Satz 2)«.
3. Auch dieser Einstellungsbeschlufs ist unter Angabe des
Einstellungsgrundes öffentlich bekannt zu machen (§ 205 Abs. 2).
Die öffentliche Bekanntgabe gilt als Zustellung an alle Beteiligten
(arg. § 76 Abs. 3). Auf die Bekanntmachung findet § 111 Abs. 2
entsprechende Anwendung. Der Gerichtsschreiber hat den Ein-
stellungsbeschlufs den in § 112 bezeichneten Behörden mitzuteilen.
Das Gericht hat die Einstellung dem Grundbuchamte mitzuteilen,
wenn die Konkurseröffnung in ein Grundbuch eingetragen worden
ist (alles auf Grund des § 205 Abs. 2).
Soweit die Konkursmasse reicht, hat der Konkursverwalter die
Masseansprttche zu berichtigen und die bestrittenen Masseansprfiche
sicher zu stellen (§ 205 Abs. 2 mit § 191)*. Reicht die Masse
nicht zur Befriedigung aller Massegläubiger aus, so ist § 60 zu
beachten.
Der Verwalter hat einer Gläubigerversammlung Schlufs-
rechnung zu legen. Zweckmäfsigerweise wird das in derselben
Gläubigerversammlung geschehen, die über die beabsichtigte Ein-
stellung gehört wird.
Soweit nach Befriedigung der Massegläubiger noch Konkurs-
masse vorhanden ist, erhält der Gemeinschuldner das Recht zu-
rück, über die Konkursmasse frei zu verfügen (§ 206 Abs. 1). Im
übrigen sind die Wirkungen der Einstellung auch hier die gleichen,
wie bei der Aufhebung des Konkursverfahrens nach einer Schlufs-
verteilung (§ 206 Abs. 2 mit § 164). Vgl. oben S. 385 bis 400.
' Diese, durch die KonkursnoveUe eingefügte Bestimmung verdient
keinen Beifall. In der Begründung ist einfach auf den entsprechenden Zusatz
zu § 99 Abs. 1 (jetzt § 107 Abs. 1) verwiesen, ohne den Unterschied zwischen
der Sachlage vor und nach der Eröffnung des Verfahrens zu berücksichtigen.
Vor der Eröflhung des Verfahrens läfst sich der Massebestand selten genau
ermitteln; es hat daher guten Sinn, wenn das Gesetz die Möglichkeit gew&hrt,
durch einen Kostenvorschufs die Bedenken eines ängstlichen Richters über
das Vorhandensein entsprechender Masse zu beseitigen. Ist das Ver£ahren
eröfhiet, so läfst sich in der Regel der Massebestand bald überschauen. SteUt
sich heraus, dafs die Masse nicht far die Kosten reicht, was hat es dann
für einen Sinn, das Verfahren fortzusetzen, wenn jemand für die Kosten Vor-
schufs leistet? Wird dadurch die Zwecklosigkeit des Verfahrens gehoben?
Übrigens dürfte die neue Bestimmung harmlos sein — es wird davon kein Ge-
brauch gemacht werden. Vgl. jetzt auch Oetker, Ztschr. f. d. CPr. XXV
S. 10 N. 6.
» Vgl. oben S. 461 N. 18.
Jj 60. 2. Einstellung wegen ungenügender Konkursmasse. 465
Die Wirkungen der Einstellung treten mit der Bekannt-
machung ein.
Die sofortige Beschwerde gegen den Einstellungsbeschlufs steht
jedem Gläubiger zu, der das Recht hat, das Konkursverfahren zu
l)eantragen, also nicht blofs den angemeldeten Gläubigern. Der
Verwalter hat so wenig ein Beschwerderecht wie bei der Ein-
stellung auf Grund der Zustimmung der Gläubiger*. Auch dem
Gemein Schuldner dürfte die Beschwerde zustehen, weil er berechtigt
ist, die Konkurseröffnung zu beantragen.
Über die Wirkung der Beschwerde und über die Aufhebung
des Einstellungsbeschlusses durch das Beschwerdegericht sind die
oben S. 462 Abs. 2, 3 entwickelten Sätze zu vergleichen.
4. Im Konkurs über das Vermögen einer eingetragenen Ge-
nossenschaft kann das Verfahren nicht wegen ungenügender
Konkursmasse eingestellt werden, weil die nachschufspflichtigen
Genossen den Konkursgläubigern und dadurch indirekt auch für
die Ki)sten des Verfahrens haften (vgl. §§ 100 Abs. 3, 105, 116
Abs. 2 Gen.Ges., Red. v. 1898).
* Vgl. oben S. 462 Abs. 1.
Bin ding, Handlj'ttch IX 3: L. Seuffert, Konkursprozefarecht. 80
Sachregister.
(Die Zahlen verweisen auf die Seiten. Wo auf eine Note verwiesen ist,
ist nach der Seitenzahl N. beigesetzt).
A.
Abgaben, öffentliche 61, 111.
Abkömmlinge 85.
Ableben des Gemeinschuldners s. Tod.
Ablehnung der Aufnahme eines
unterbrochenen Aktivprozesses über
einen zur Konkursmasse gehörenden
Gegenstand 181, 312.
Ablehnung der fortgesetzten
Gütergemeinschaft 79, 80.
Ablehnung von Gerichtspersonen
115.
Ablösung eines Absonderungsrechts
102, 312.
Abnahme der Schlufsrechnung
s. Schlufsrechnung.
Abrechnung von Zwischenzinsen 47.
Abschlagsdividende 273.
Abschlagsverteilung 345, 846 ff.,
357 ff., 380.
Abschlufs der Bücher des Gemein-
schuldners 292.
Absonderung, Begriff 100.
Absonderungsanspruch
Streitigkeiten über den A.
Anerkennung eines A. 312.
Absonderungsberechtigte 35, 100
ff., 168, 289, 308 ff, 350 f., 352, 357 ff.,
364, 377.
Abs onderunffsr echt der Nachlafs-
gläubiger und der Vermächtnisnehmer
101 N. 1, im Nachlafskonkurs und im
Konkurs über das Gesamtgut bei fort-
gesetzter Gütergemeinschidt 102, an
(ünem im Auslande befindlichen Gegen-
102 ff,
105, 120,
Stande 106, auf Grund von Sachobliga-
tionen 107 ff., an unbeweglichem Ver>
mögen 108 f, an beweglichem Ver-
mögen 109 ff., auf Grund einer Gemein-
schaft 112, an Lehen, Stammgütero,
Familienfideikommissen 113, Rechts-
streitigkeiten über das A. 105, 120,
Verzicht auf das A. 350, 352, 357 ff.,
364, 377.
Abstimmung in der Gl&obigerver-
sammlung 169 f., über einen Ver^eichs-
Vorschlag 423 ff.
actio Pauliana 199 N. 1.
Abtretung einer Forderung 66,
107, 233.
Abweisung des Antrags auf Konkurs-
eröffnung 146, des Antrags auf Wieder-
aufnahme des Konkursverfahrens 450.
Änderung einer Anmeldung 253, des
, Teilungsverzeichnisses 353.
Ärzte, Forderungen der Ä. 63.
Akkord s. Zwangsvergleich.
Aktiengesellschaft, Konkurs über
das Vermögen einer A. 69, 135, 139.
Alimente s. Unterhaltsansprüche.
Allgemeine Gütergemeinschaft,
bei a. G. gehört das Gesamtgut zur
Masse des über das Vermögen des
Mannes eröffneten Konkurses 85, die
a. G. wird durch die Eröffnung des
Konkurses über das Vermögen eines
Ehegatten nicht beendigt 238.
Allgemeiner Gerichtsstand des
Gemeinschuldners 37, der Gläubiger-
schaft 90 N. 2.
Altersversicherung 82.
Sachregister.
467
Amtsverbände 61, 111.
ADfangstermin bei Forderungen s.
betagte Forderungen.
Anerkenntnis des Gemeinscbuldners
nach der Ronkurseröffnung 178.
Anerkennung von Aussonderungs-,
Absonderungs- und Masseansprüchen
312.
Anfechtung der Abstimmung für
den Zwangsvergleich wegen Irr-
tums, arffUstiger Täuschung oder
widerrechtlicher Bedrohung 427, 428,
A. der Zustimmung zu einem Ein-
stellungsantraff wegen Irrtums etc. 455.
Anfechtung aer Berechnung im
Genossenschaftskonkurse 887.
Anfechtung des Zwangs Vergleichs
wegen Betrugs 446.
Anfechtung wegen Benachteiligung
der Gläubiger 81, 85, 197 ff. An-
fechtungsgesetze 199 f., räumliche
Geltung 202, allgemeine Vorausset/-
ivngen 208 ff., Rechtshandlung 208 ff.
Benachteiligung der Gläubiger 204 f.,
Zuwendung 205 f., besondere Voraus-
setzungen 207 ff., Kenntnis derZahlungs-
einstelTung oder des Eröffnungsantrags
207 ff., Inkongruenz der Leistung 209
f., Kenntnis der Begünstignngsabsicht
211 f., Kenntnis der Benachteiligungs-
absicht 212 ff., entgeltliche Verträge
mit Verwandten 218, Freigebigkeit
214 ff., Zuwendung an den stillen
Gesellschafter 216, A. gegenüber dem
Rechtsnachfolger 216 ff., die A. er-
lolgt durch den Verwalter 218 ff.,
AiSechtunsrsrecht 219 , Anfechtungs-
auspruch 220 ff., Rückgewähr 221 ff..
Nutzungen 222, Verwendungen 222,
Bereicherung als Gegenstand der Rück-
gewähr 228, Bereicherung der Konkurs-
masse 224, A. im Nachlafäkonkurse
225, zur Anfechtbarkeit gehört keine
unerlaubte Handlung 225 f., An-
fechtungsfrist 227, die Anfechtbarkeit
holt mit Beendiffung des Konkurses
auf 228 f., SchidcsaT des anhängigen
Anfechtungsprozesses bei Beendigung
des Konkurses 228 f.
Anfechtungsanspruch 220 ff., ist
kein Anspruch aus unerlaubter Hand-
lung 225 f.
Anfechtungsfrist 227.
Anfechtungsgesetze 81, 85, 199 ff.
Anhörung gewisser Personen vor der
Konkurseröffnung 142, vor der Ent-
scheidung über den Zwangsvergleich
427, der Gläubigerversammlung vor der
Einstellung 468.
animus fraudandi 212 ff.
Anlegung von Geld 822.
Anmeldefrist 252, 456 f.
Anmeldung 258 ff., Erfordernisse 258,
Form 252, Änderung 258, Wirkung
258, Zurücknahme 254.
Anmeldung im A'ufgebotsverfah-
ren 256.
Anmeldungsverfahren 251, 252 ff.
Annahme einer Erbschaft 78, eines
Vermächtnisses 78.
Ansprüche des Erben im Nachlafs-
konkurse 41, 246, 251.
Anstalt des öffentlichen Rechts, kA-
kurs über das Vermögen einer A. 69,
285.
Anteil an dem Gesellschafts-
vermögen als Massebestandteil 85.
Anteil an einer Erb Schaft als Masse-
bestandteil 85.
AntragaufEinstellung des Konkars-
verfahrens 458 ff.
Antrag auf Konkurseröffnung
125 ff., Berechtigung dazu 125 ff., Ver-
zicht auf das Antragsrecht 184, Zurück-
nahme des A. a. K. 184, Verpflichtung
zum A. a. K. 185 ff.
Antrag auf Verwerfung des
Zwangsvergleichs 429 ff.
Antrag auf Wiederaufnahme des
Konkursverfahrens 448 ff.
Antrag auf Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand gegen Versäumung
des Prüfungstermins 890 f.
Anweisung des Gemeinschuldners 174
N. 7, des, Verwalters auf die Hinter-
legungsstelle 828 f.
Anzeigepflicht 286, 287.
Apotheker, Forderungen der A. 63.
Armenverbände 62 N. 11.
Armenrecht 116.
Arrest, offener 286.
Arrestverfahren nach italienischem
Recht 7, nach altdeutschem Recht 10.
Arrestvollziehung 176.
Aufgebot der Nachlafsgläubiger 65,
127, 244, 256.
Aufgebotsverfahren, Anmeldung im
A. 256, Kosten des A. 247.
Aufhebung der vorläufigen Sicherungs-
mafsregeln bei Abweisung des Antrags
auf Konkurseröffnung 148. des Konkurs-
eröffnungsbeschlusses 149.
Aufhebung des Konkursverfah-
rens nach Schlufsverteilung 882 ff.,
nach Zwangsvergleich 400 ff.
Auflagen, Ansprüche aus A. 40, 48,
65, 79, 180, 181, 252.
Auflösende Bedingung bei einer
Konkursforderung 51, 850, 870, 877.
Auflösung von Gesellscbaften und
Genossenschaften 236, 2^7.
30*
I
468
Sachregister.
Aufnahme eines unteibrocheneu Aktiv-
prozesses über einen zur Konkurs-
masse gehörenden Gegenstand 180,
182 f., eines unterbrochenen Passiv-
prozesses über einen solchen Gegen-
stand 182, eines Prozesses über eine
Konknrsforderung 188, eines unter-
brochenen Prozesses über eine Konkurs-
forderung gegenüber einem Opponenten
271, gegenüber dem Gemeinschuldner
188, 395.
Aufnahme eines Darlehens durch
den Vei-walter bedarf der Genehmigung
des Gläubigerausschusses 311.
Aufrechnung einer Konkursforderung
229 ff., mit betagter Forderung 231,
mit bedingter Forderung 231, keine
A. einer nach der Konkurseröffnung
erworbenen Forderung 232 f., A. im
Auslande 233, 234, einer zur Masse
gehörenden Fordernni; durch den
Konkursverwalter 234 N. 6, 316, einer
konkursfreien Fordening des Gemein-
schuldners 234, einer Konkursforderung
gegen die Fordeiunsj der Genossen-
schaft auf Nachschufsleistung 330, A.
nach einem Zwangsvergleiche 436 bis
438.
Aufschiebende Bedingung bei
einer Konkursforderung 51, 168, 350
f., 352, 352 f., 357 ff, 364, 370, 377.
Aufsicht über den Konkursverwalter
160 f.
Auftrag des Gemeinschuldners erlischt
dnrch die Konkui seröffnung 196 ff.,
245. H 8 ,
Auftraggeber, Aussonderungsrecht
des A. 93.
Aufzeichnung der zur Konkursmasse
gehörenden Gegenstände 284.
AuseinandersetzungvonGemein-
schaften, bei denen der Gemein-
schuldner beteiligt ist 238 f.
Ausfallsforderung eines absonde-
rungsberechtigten Konkursgidubigers
44, 168, 350, 352, 357 f., 368, eines
Gesellschaitsgläubigers 44 f., eines
Nachlafsgläubigers 46 f., 351, 352.
Ausfertigung, vollstreckbare, der
tabellarischen Feststellung 390 f., 444.
Ausgeschlossene Forderungen
57, 64.
Ausgeschlossene Nachlafsgläu-
biger 65, 127, 427, 431 f., 439.
Aushändigung der Postsendungen und
Telegramme 289 ff.
Auskunftserteilung von Seite des
Gemeinschuldners 292 f.
Auslagen des Konkursveiwalters 162,
243, der Mitglieder des Gläubiger-
ausschusses 165, 243.
Ausland, Absondening im A. 106;
Aufrechnung im A. 233, Vermögen de«
Gemeinschuldners im A. 31, 88;
Konkurseröffnung im A. 32, 146;
Zwangs vergleich im A. 33.
Ausländische Gläubiger 59, 259.
Ausschlagung einer Erbschaft
79, 298, eines Vermächtnisses 79, 298.
Ausschliefsung von Gerichtspersonen
115.
Ausschlussfrist 352, 353.
Aussetzung einer Abschlagsverteilnng
wegen Zwangsvergleichsvorscblags
360 ff
Aussonderung 35, 89 ff., Streitig-
keiten über A. 90, 120, 281.
Aussonderungsanspruch 90, 120,
281 , Anerkennung eines A. durch den
Verwalter 312.
Ausstattung, Anfechtbarkeit 214.
Ausstattungsversprechen 58.
Aussteuer, Anfechtbarkeit 214.
Aussteuerversprechen 58.
Auszahlung der Konkursdividende
874 ff
Auszug aus der Konkurstabelle 391,
392, 444.
Autorrecht s. Urheberrecht.
B.
Bankerutt, betrüglicher s. betrüglicher
Bankerutt.
Barauslagen des Verwalters 162, der
Mitglieder des Gläubigerausschusses
165.
Bedingte Konkursforderungen s.
auflösende Bedingung und aufschie-
bende Bedingung bei einer Konkurs-
forderung.
Bedingte Rechte als Bestandteile
der Konkursmasse 78.
Beendigung des Konkursverfah-
rens 342 ff., Einflufs der B. auf an-
hängige Prozesse über die Aktivmasse
182 ff, auf anhängige Anfechtungs-
Srozesse 228 f., auf anhängige Liqoi-
ationsprozesse 273.
Beerdigungskosten 40, 129, 246.
Befriedigung der bevorrechtigten
Konkursgläubiger 367, der Masse-
gläubiger 240, 241, 249, 461, 464.
Befristete Konkursforderungen
s. betagte Konkursforderungen.
Begünstigung eines Gläubigers,
Anfechtung 211 ff., beim Zwangs-
vergleich 421 ff.
Begünstigungsabsicht 211 ff.
Beistände 116.
Beitreibung der zur Konkursmasse
gehörenden Forderungen 304.
Sachregister.
469
Bekanntmachung, öffentliche, s.
öffentliche Bekanntmachung.
Benachrichtigung des Gemeinschuld-
schuidners von gewissen Mafsregeln
des Konkursverwalters 314.
Benachteiligung der Gläubiger
8. Anfechtung.
Benachteiligungsabsicht 212 ff.
beneficium corapetentiae387N. 16.
beneficium separatiouis bonorum
101 N 1.
Bereicherung, ungerechtfertigte, als
Gegenstand der Rückgewähr 223 f.,
der Konkursmasse ergiebt Masse-
ansprüche 246.
Bereicherun^sansprüche 91, 99f.,
240 f., 246, 369, 371, 375 f.
Bergungskosten, Absonderungsrecht
110
Berichterstattung des Konkurs-
verwalters an die Gläubigersammlung
325 f.
Berichtigung der Tabelle 276 ff., des
Teilungsverzeicbnisses 353.
Berufsgenossenschaft^n 62 N. 11.
Berufung als Mittel zur Verfolgung
des Widerspruchs gegen eine titulierte
Forderung 274.
Berufung der Gläubigerversamm-
lung 166.
Beschlagnahme unbeweglichen Ver-
mögens im Wege der Zwangsvoll-
streckung 108, 179, von zoll- und
steuerpflichtigen Gegenständen 111,
der zur Konkursmasse gehörenden
Gegenstände 152 f.
Beschlüsse des Konkursgerichts 120,
r22.
Beschlufsfassung über nicht verwert-
bare Gegenstände 381 f.
Beschwerde, sofortige 118, 122 ff.,
147, 148, 160, 171, 260, 290, 291, 296,
297, 298, 315, 356, 363, 368, 391, 432,
461, 464; weitere 123.
Besetzung des Vermögens nach
altdeutschem Recht 11.
Besitz der Gläubigerschaft 283.
Besitzergreifung durch den Ver-
walter 119, 153, 282.
Besitzstörung 283.
Besondere Gerichte, Zuständigkeit
für Feststellungsprozesse 272.
Bestätigung des Zwangsver-
gleichs 426 ff.
Bestellung eines Gläubigerausschusses
163 f.
Bestrittene Forderungen 267ff.,
352, 376.
Betagte Konkursforderungen 47,
376 f., Aufrechnung einer b. K. 221.
Betagte Rechte als Massebestand-
teile 78.
Betreibung der Feststellung einer
bestrittenen Forderung 268 f.
Betrüglicher Bankerutt, Verurtei-
lung wegen b. B. macht einen Zwangs-
vergleich unzulässig 416 ff., macht den
in einem Zwangsvergleich gewährten
Erlafs unwirksam 447 f., begiiindet
den Antrag auf Wiederaufnahme des
wegen Zwangsvergleichs aufgehobenen
Konkursverfahrens 448 ff.
Betrug bei einem Zwangsvcrgleich 446 f.
Beweiserhebung 118.
Bevorrechtigte Gläubiger s. Vor-
zugsrechte.
Bevorzugung einzelner Gläubiger s.
Begünstigimg.
Bilanz 285.
Blankoaccept 55.
bonorum distractio 5.
bonorum proscriptio 4.
bonorum xenditio 5.
Briefe, Aushändigung an den Konkurs-
verwalter 289.
Büdnerrecht 92, 108.
Bürge 53, 56,440.
Bufse 57, 82.
c.
Cessio bonorum 6, 8, 14, 387 N. 16.
c 0 n c 0 r d a t 20 ; vgl . a. Zwangs vergleich .
concordat par abandon 417 N. 3.
condictio s. Bereicherungsansprüche,
contradictor 260 N. 5.
contrat d'union 20, 157 N. 11.
curator bonorum 5.
D.
Darlehensaufnahme durch den Ver-
walter 314
Debitverfahren 29 N. 8.
decretum de aperiundo concursu
des früheren gemeinen Rechts 14.
Deichverbände 62 N. 11.
Dereliktion 206.
Deutsches Recht vor der Rezeption 10.
Dienstbarkeiten 82, 92.
Dienstbehörde 148.
Dienstprämie 82.
Dienstverträge 195, 196, 245.
Differenz 171.
Dingliche Rechte als Unterlage von
Aussonderungsansprüchen 91, 92, als
Unterlage vonAbsonderungsansprüchen
107 ff
Discharge des englischen Rechts SS.
distractio bonorum 5.
470
Sachregister.
Distributionsbescheiddesfrüberen
gemeiDen Rechts 18.
Dividende s. Konkursdividende.
DreifsigBter 41, 80.
Droit de suite 94 N. 12.
£.
Eigenmachti verbotene 288.
Ehefrau, Aussonderungsrecht 98 ff., als
Erbin im Nachlarskonkurs 46, 47, 127,
142.
Ehegatten, Unterhaltsansprüche 49,
Anfechtung von Rechtshandlungen
gegenüber einem K. 218, 214.
Ehevertrag 58.
Eideszuschiebung 118.
Eigentum 92
Eingebrachtes Gut 87, 92 N. 8, 96.
Eingetragene Genossenschaft s.
Genossenschaft.
Einkaufskommissionär, Aussonde-
rungsrecht des E. 94 ff.
Einlage des stillen Gesellschaften 80.
Einleitungen, konkursmäfsige 29.
Einlösung eines Pfandstücks 102, 812.
Einrede der abgeurteilten Sache
auf Grund der Feststellung im Konkurse
393 f.
Einrede der Rechtshängigkeit
187, 271.
Einspruch als Mittel zur Verfolgung
des Widerspruchs gegen eine An-
meldung 274.
Einstellung des Konkursverfahrens
844 f., mit Zustimmung der Konkurs-
gläubiger 458 ff., wegen ungenügender
Konkursmasse 463 ff.
Einstweilige Verfügung 176, 177.
Eintragung in das Grundbuch 148,
148 ff., 152, 884, 488, 461, 464, in das
Grundbuch oder das Schiffsregister
176, in das Handelsregister 148, 884,
488, 461, 464, in das Genossenschafts-
register 148, 384, 488, 461, 464, in
die Konkurstabelle 266, 891.
Einwendungen gegen das Verteilungs-
verzeichnis 854 ff., 858, gegen das
Schlufsverzeichnis 868 f. , gegen die
Vorschufs-, Nachschufs- und Zusatz-
berechnungen im GenossenFchafts-
konkurse 855 ff., gegen die Zwangs-
vollstreckung 185, 280.
Einzel angriff gegen die Genossen 898.
Einziehung 57.
Eisenbahn, Fahrbetriebsmittel 81.
Eisenbahnverkehr, internationales
Obereinkommen über den E. 81, 82.
Elterliche Verwaltung; des Ver-
mögens des Kindes endigt mit der
Konkurseröffnung über das Vermögen
des Verwaltungsberechtigten 289.
Empfangsbedürftige Willens-
erklärung 172, 190.
Endurteil als Titel einer Konkurs-
forderung 268, 274, 275.
Entgegennahme einer empfangs-
bedümigen Willenserklärung 172.
Entgeltliche Verträge, Anfechtbar-
keit 218.
Entlassung des Konkursverwalters 162.
Entnahme von Geld, Wertpapierea
und Kostbarkeiten von der Hinter-
legungsstelle 828.
Entscheidung über den Konkurs-
antrag 144.
Entscheidungen des Konkursgericbts
sind Beschlüsse 121.
Entsiegelunff 291 f.
Entziehung des Besitzes 288.
Erbbaurecht 92, 108.
Erbe, Ansprüche des E. im Xachlafs-
konkurs 41.
Erbe, Konkurs über das Vermögen des
Erben 47, 49, Befugnis des E., die
Eröffnung des Kachlafskonkurses zu
beantragen 126, 129 ff, Verpflichtung
des E. dazu 185. Vgl. a. Ansprüche
des Erben im Nachlafskonkurs und
Nachlafskonkurs.
Erblasser, Anfechtung von Rechts-
handlungen des E. im Nachlafskoiiknrse
216.
Erbpachtrecht 92, 108.
Erbschaft, angefallene, als Masse-
bestandteil 79.
Erbschaftskäufer 75, Befugnis des
E., den Nachlafskonkurs zu beantragen
129.
Erbvertrag 58.
Erfüllung einer Verbindlichkeit
als anfechtbare Rechtshandlung 206.
Erlafs durch Zwangsvergleich 418, 448,
446, 447.
Ermittelungen 120.
Ermittelungsverfahren vor der
Entscheidung über den Konkursantrag
142 ff., vor der Entscheidung über die
Einstellung 458.
E r ö f f n u n g des Konkursverfahrens
124 ff., 146 ff., der Verfügung von
Todeswegen, die Kosten der E. sind
Masseansprüche 244.
Eröffnungsantrag, Kenntnis des E.
als Anfechtungsgrund 207 ff.
Eröffnungsbeschlufs 146ff., Wir-
kungen 151 bis 249.
Eröffnungsverfahren 124 ff.
ErÖffnungszeit 146 f.
Errungenschaftsgemeinschaft 88,
85, wird durch die Eröffnung des Kon-
Sachregister.
471
kurses über das Vennögen des Mannes
beendigt 287.
Ersatzansprüche des Erben 129.
Erstehung eines Grundstücks be-
darf der Genehmigung des Gläubiger-
aasschusses 814.
Erwerb des Gemeinschuldners nach der
Konkurseröffiiung 78, 89.
exceptio litis ^endentis, s.Einrede
der Rechtshängiffkeit.
exceptio rei iudicatae, s. Einrede
der abgeurteilten Sache.
F.
Fahrnisgemeinschaft 88, 85, wird
durch die Eröffiiung des Konkurses
über das Vermögen eines Ehegatten
nicht beendigt 288.
Fallimentsverfahren 29 N. 8.
Familie des Gemeinschuldners, Unter-
stützung der F. 244, 377 ff.
Familienfideikommisse 81,92, 118.
Familienrat 289.
Festgestellte Forderung 248, 265.
Feststellung im Konkursverfahren,
Wirkung der F. i. K. nach Aufhebung
des Konkursverfahrens 889 ff., 485 ff.
Feststellungsklage 269,271,849,852.
Feststellungsverfahren 251, 267 ff.
Feuer Versicherungsanstalten 62.
Fiduziarische Übertragung be-
rechtigt nicht zur Aussonderung 94 N. 10.
Firma 86 N. 12.
Fiskus, Forderungen des F. wegen
.öffentlicher Abgaben 61 f. , Konkurs
über das Vermögen eines F. 60.
Fixgeschäft, Wirkung der Konkurs-
eröffnung auf ein F. 191.
Flucht des Gemeinschuldners 415.
Forderung, betagte, s. betagte Forde-
rungen; bedingte, s. auflösend bedingte
Forderungen und aufschiebend be-
dingte Forderungen; streitige 267 ff.,
untitulierte 268 ff., titulierte 273 ff.
Formel des Eröffnungsbeschlusses 147.
Fortführung des Geschäfts 311, 320ff.
Fortgesetzte Gütergemeinschaft
79, 85. Vgl. a. Gesamtgut, Konkurs
über das Gesamtgut bei fortgesetzter
Gütergemeinschaft.
Frachtbrief 94 N. 17.
Frachtführer, Pfandrecht 109.
Französisches Konkursprozefs-
recht 10, Anfechtungsrecht 200 N. 2.
Freisebigkeit, Forderungen aus Fr.
sina vom Konkurs ausgeschlossen 58,
nicht im Nachlafskonkurse 64, als
Anfechtungsgrund 214 ff.
Freihändiger Verkauf eines un-
l>eweglichen Gegenstandes 818 N. 14.
Frist zur Anfechtung 227, fiir den all-
gemeinen Prüfungstermin 252, für den
Schlufstermin 860, für den Vergleichs-
termin 419, zu Anträgen auf Änderung
des Teilungsverzeichnisses 852, zu
Einwendungen gegen das Teilungs-
verzeichnis 358, zum Widerspruche
gegen den Einstellungsantrag 458 ff.
Fürstliche Familie Hohenzoliern
30.
Gantverfahren 29 N. 8.
Gantschuldner s. Gemeinschuldner.
Gastwirt, Absonderungsrecht 109.
Gebrauchsmuster 86 N. 12.
Gebr ödete Leute 61 N. 5.
Gebühren des Konkursverwalters 162,
243, der Mitglieder des Gläubiger-
ausschnsses 165, 248.
Gebührenansprüche, Vorzugsrecht
61, 62 N. 8.
Gegenseitige Verträge, 172, Wir-
kung der Konkurseröffnung auf g. V.
189 n.
Gegenvormund, der Gemeinschuldner
soll nicht zum G. ernannt werden 239.
Gehalts Forderung als Massebestand-
teil 78.
Geld, Hinterlegung 822, Entnahme 323 f.
Geldanlage 322.
Geldrente 48. 108.
Geldstrafen 57, 59, 64.
Gelegenheitsgeschenke, nicht an-
fechtbar 214.
Gemeindeabgaben 61.
Gemeindegerichte 272 N. 10.
Gemeinschaft, Auseinandersetzung
238, 239.
Gemeinschaft zur gesamten Hand,
Konkurs über das Vermögen einer
G. z. g. H. 42, 45, 70, 74, 75, 132, 396.
Gemeinschaftsforderungen, Ab-
sonderungsrecht 112 ff.
Gemeinschaftsverbi^dlichkeiten
112, 245.
Gemeinschuldner 67 ff., Widerspnich
des G. gegen eine angemeldete Forde-
rung 264, Auskunttspflicht 292 ff.,
Offenbarungseid 293 ff. , Aufenthalts-
pfiicht 295, Verhaftung 296 ff., Vor-
tührung 296 ff., Mitteilung von gewissen
Mafsregeln an den G. 314.
Gemeinschuldordnun^ 23.
General arrest nach italienischem
Recht 7, nach altdeutschem Recht 11.
Genehmigung der Gläubiger\'ersamm-
lung 311 ff., des Gläubigerausschusses
311 ff., 347, der Schlufsverteiluni?
362 f.
472
Sachregister.
Genossenschaft, Konkurs über das
Vermögen einer G. 69, 136, 139, 236,
326 ff., 334, 335, 373 f., 378 f., 398,
399, 409, 410, 438 f., 44:3, 462, 464.
Genossenschaftsregister, Ein-
tragung der Konkurseröffnung 148.
Gerichtsstand, allgemeiner 115.
Gerichtskosten 55, 242.
Gesamtgläubiger 127 ff.
Gesamtgut, Konkurs über das Gesamt-
gut bei fortgesetzter Gütergemeinschaft
42 f. , 47, 59. 64, 75. 77, 102, 183 f.,
140, 142, 177, 216, 225, 248, 257, 300,
351, 352, 378. 398, 411, 412 f., 427,
481, 432, 443, 444, G. gehört zur
Masse im Konkurs über das Vermögen
des Mannes oder des überlebenden
Ehegatten 42, Konkurs über das G.
nach Beendigung der Gemeinschaft 71
N. 10, 140.
Gesamtgutsgläubiger 42,46, 59, 188,
351.
Gesamtgutsverbindlichkeiten 42,
46, 138, 351.
Gesamtnachfolger, Anfechtung
gegenüber dem G. 216.
Gesamtschuldner 53, 56, 440.
Geschäft des Gemeinschuldners,
Veräufserunff im Ganzen 818, Schlies-
sung oder I'ortführung .300 f.
Geschäftsbücher des Gemeinschuld-
ners gehören zur Konkursmasse,
Schliefsunc 292, Veräufserung 800.
Geschäfts führende Gesellschafter
einer offenen Handelsgesellschaft, einer
Kommanditgesellschaft und einer Kom-
manditgesellschaft auf Aktien 286.
Geschichte des Konkursprozesses 4.
Gesellschafter, persönlich haftende
44 f., 877 f.
Gesellschaft mit beschränkter Haf-
tung 69, 137, 236; nach den Vor-
schriften des B.G.B., Konkursfähigkeit
71, 72, Auflösung 236.
Gesellschaft, stille 80.
Gesellschaftsgläubiger 44f., 877f.
Gesellschaftsvertrag 286.
Gesellschaftsvermögen, Anteil an
dem G. 85.
Gesetzliche Pfandrechte 109.
Gesetzliche Vermögensverwal-
tung, Forderungen aus einer g. V. 63.
Gewerbegericht 272 N. 10.
Gewerbekammern 62 N. 11.
Gewerbliche Niederlassung 87,74.
Gewerkschaft 245 N. 1.
Gläubiger s. Konkursgläubiger.
Gl äubigerausschufs, Bestellung 168,
Wahl der Mitglieder 163, 164, Rechte
und Pflichten des G. 165, Beschlufs-
Tassung 164, Rechte und Pflichten der
Mitglieder 165, Auslasen 165, Ge-
bühren 165, Widerruf der Ernennung
165 f., Beteiligung bei der Verwaltung
der Konkursmasse 311 ff., Genehmigung
einer Abschlagserteilung 847.
Gläubigergemeinschaft s. Gläu-
bigersdiaft.
Gläubigermehrheit 140f.
Gläubigerschaft 151, Rechtsfähigkeit
155, Handlunssfahiekeit 156, Organi-
sation 157, Verbindlichkeiten 240 ff.,
Fortbestand bei Aufhebung des Kon-
kurses nach Schlufsverteilung 886, ist
Kontrahent bei dem Zwangsvergleich
348, 400.
Gläubigerversammlung 166ff., Be-
iTifung 166, Verhandlung in der 61.
167, Berechtigung zur Teilnahme 167,
Stimmrecht 167 f., Zählung der
Stimmen 169, Berechnung der Mehr-
heit 169, Gegenstände der Beschlnfs-
fassung 166, 170, Tagesordnung 166,
170, üntersagung der Ausführung
eines Beschlusses 171, Auskunfts-
erteitung an die Gl. 292, Beteiligung
der Gl. bei der Verwaltung und V'er-
wertung der Konkursmasse 811 ff.
Glaubhaftmachung 118.
Grundbuch, Erwerb auf Grund des
Gr. 178 ff., 175. Vgl. auch Eintragung
in das Grundbuch.
Grundschuld 108, 440.
Grundstück, Erstehung eines G. be-
darf der Genehmigung des Gläubiger-
ausschusses 314.
Gütergemeinschaft s. Gesamtgut.
Güterstand der Verwaltung und
Nutzniefsung 83, 92 N. 8.
GuterGlaubebei einem Rechtserwerbe
nach der Konkurseröffnung 178 ff.
Gutsbewirtschaftung 74.
u.
Häuslerrecht 92, 108.
Haverei, Absonderungsrecht 110.
Haft des Gemeinschuldners 148, 296 f.,
297 N. 86, 298.
Haftung, persönliche 40 ff.
Handelsbücher s. Geschäftsbücher.
Handelsgesellschaft, offene, Kon-
kurs über das Vermögen einer o. H. 44 f.,
70, 286, 877 f., 441 ff
Handelsregister, Eintragung der
Konkurseröffnung 148, der Aufhebung
des Konkursverfahrens 884, 433, der
Einstellung des Konkursverfahrens 460,
464.
Haushaltungsgegenstiinde 81, 99.
Hebammen, Forderungen d. H. 63^
Sachregister.
473
Hingabe an Zahlung88tatt206,213.
Hinterleger, Aussondeningsrecht des
H. 93.
Hinterlegte Sachen können nicht
zurüdcgenommen werden , wenn die
Hinterlegung nach §§ 372 bis 875
B.G.B. erfolgt ist 83, 239.
Hinterlegung nach §§ 372 bis 375
B.G.B. 83, 239, von Geldern, Wert-
papieren und Kostbarkeiten 322, der
bei der Vorschufsberechnung ein-
gezogenen Beträge im Genossenschafts-
konkurse 340, von Konkursdividende
380 f.
Hinterlegungsstelle 322f.
Höhere Gewalt 390.
Hülfskassen, öffentliche 62 N. 11.
Hypothek 108, 440.
I.
Immaterialgüterrechte 86.
Inkongruente Leistung, Anfechtbarkeit
209 f., 211.
Inländisches Vermögen, Konkurs
über das i. V. 74, 146.
Innung, Forderungen einer 1. 62 N. 11,
Konkurs über das Vermögen einer I.
69, 235.
Innungsausschufs, Konkurs über das
Vermögen eines I. 69, 235.
Innungsverband, Konkurs über das
Vermögen eines 1. 69, 235. ,
Inquisitorisches Verfahren des
früheren gemeinen Rechts 14, im mo-
dernen Konkursprozesse 120.
Insolvenz 139.
Insuffizienz desVermögens 138.
interdictum fraudatorium 199
N. 1.
interusurium 47.
Invaliditätsversicherung 82.
Inventar über die Konkursmasse 285.
Inventarerrichtung, Kosten der vor
dem Konkurs erfolgten I. 247.
Istmasse 282 N. 4.
Italienisches Recht 7.
Juristische Person, Konkurs über
das Vermögen einer j. P. 69, 75, 132,
139, 235, 299, 395 f , 410.
E.
Kammern für Handelssachen 270
N. 5.
Kenntnis der Zahlungseinstellung oder
des Eröffnungsantrags 207 ff., der Be-
günstigungsabsicht 211 f., der Benach-
teiligungsabsicht 212 ff.
Kinder, Ansprüche aus der Verwaltung
ihres Vermögens 63.
Kirchen 62.
Klagbarkeit der Forderungen 39.
Klage eines Konkursgläubigers
§egen den Gemeinschuldner während
es Konkurses 186.
Klaglose Forderungen 39.
Kodifikation des deutschen Konkurs-
prozefsrechts 23.
Körperschaft des öffentlichen Rechts,
Konkurs über das Vermögen einer K.
69, 235.
Kommanditgesellschaft, Konkurs
über das Vermögen einer K. 44 f., 71,
136, 236, 378, 441 f.; Konkurs über
das Vermögen eines persönlich haf-
tenden Gesellschafters 44 f., 236, 377 f.
Kommanditgesellschaft auf Aktien,
Konkurs über das Vermögen einer K.
a. A. 44 f., 70 f., 136, 236, 378, 441 f. ;
Konkurs über das Vermögen eines per-
sönlich haftenden Gesellschafters 44 f.,
236, 377 f.
Kommissionär, Aussonderungsrecht
des K. 94, Pfand- und Absonderungs-
recht HO.
Kommissionsgut, Aussonderung 93,
Absonderung 110.
Kommittent, Aussonderungsrecht des
K. 93.
Kompensation s. Aufrechnung.
Konkordat s. Zwangs vergleich.
Konkurrenz von Personen- und
Sachhaftung 43.
Konkurrierender Gläubiger,
Widerspruch eines k. Gl. gegen eine
angemeldete Forderung 262 ff.
Konkurseröffnung s. Eröffnung des
Konkurses.
Konkursdividende, Auszahlung
374 ff.. Zurückbehaltung 376 ff., Hinter-
legung 380 f.
Konkursforderungen 38 ff.
Konkursfreies Vermögen 88, 89.
Konkursgericht 37 f.
Konkursgläubiger 38 ff.
Konkursgrund 138, 144.
Konkursmäfsige Zwangsvoll-
streckung 3, 185.
Konkursmasse 76 ff., Konstituierung
279 ff, Verwaltung der K. 282 ff., In-
ventarisierung 285 f., Verwertung 300 ff.
Konkurstabelle 254 f., 385 ff., 389f.,
392 ff., 443 f.
Konkursverwalter 157 ff., Ernennung
158, mehrere K. 158, Specialverwalter
158 f., Fähigkeit, zum K. ernannt zu
werden 159, keine Pflicht zur Über-
nahme einer Konkurs Verwaltung 160,
Bekanntmachung der Ernennung 160,
Sicherheitsleistung 160, 162, Aufsicht
474
Sachregister.
aber den K. 160, OrdDungsstrafen 160,
Rechnungslegung 160, Anspruch auf
Auslagen und Gebühren 162, 243, Ent-
lassung 162, Anfechtungsrecht des K.
218 ff., Befuanis des K. zur Bestreitung
von augemeldeten Forderungen 261,
Befugnisse des K. nach Aufhebung
des Konkurses 386.
Konossement 94 N. 17.
Konstituierung der Konkurs-
masse 278 ff.
Konventionalstrafe 84.
Korporation s. juristische Person.
Kostbarkeiten, Hinterlegung 822,
Entnahme 323 f.
Kosten durch Beteiligung am Konkurs-
verfahren 57, 388.
Kostgeld 60.
Krankenkassen, Forderungen der Kr.
61.
Kranken pfleg er, Forderungen der Kr.
63.
Krankenversicherung 61, 82.
Kreisverb&nde, Forderungen der Kr.
61.
Kridar s. Gemeinschuldner.
L.
Ladeschein 94 N. 17.
Lagerhalter, Pfand- und Absonde-
rungsrecht 110.
Landesgesetzliche Vorschriften
über Konkurs 29, 36.
Landesherrliche Familien 30.
Landesjustizverwaltung, Anord-
nung der L. über die dem Verwalter
und den Mitgliedern des Gläubiger-
ausschusses zu gewährende Vergütung
162, 165.
Landwirtschaftskammern 62X.11.
Laufende Beträge wiederkehrender
Leistungen 305, 306 N. 14.
Lehen 81, 92, 113.
Leibgeding 58.
Leibrente 48, 78, 313 N. 16.
Lidlohn 61 N. 5.
Liquidation s. Anmeldung.
Liquidationsprozefs 369f
Liquidationsverfahren des früheren
gemeinen Rechts 15 ; vgl. a. Anmeldungs-
verfahren.
Litteratur des früheren gemeinen
Konkursprozefsrechts 13 N. 1, des
modernen Konkursprozefsrechts 27,
des modernen Anfechtungsrechts 201
N. 3.
Lizenzrecht 93.
Lizenzverträge 86 N. 12, 93.
Lohnforderungen 60.
M.
Masister bonorum rendendorumo.
Mahnverfahren 269 N. 3.
Markt- oder Börsenpreis 191.
Masseansprüche 240 ff., Geltend-
machung 241 f, Sicherstellung 241 f..
Massekosten 242 ff., Masseschulden
244 ff., im Nachlafskonkurse 246 ff.,
Rangordnung 249, Anerkennung eines
M. bedarf der Genehmigung der Gläu-
bigerausschusses 312, Berichtigung
240, 241, 249, 483, 461, 464.
Massegläubiger s. Masseansprüche.
Massekosten 242ff.
Masseschulden 244 ff.
Mehrheit von Gläubigern 140 f.
Mietvertrag, Einflufs der Konkurs-
eröffnung auf einen M. 192 ff.
Mietzins als Masseschuld 245.
Mindestgebot 305 f.
missio inbona im römischen Recht 4,
im italienischen Recht 8.
Miteigentum 92.
Mitglied des Familienrats, der
Gemeinschuldner soll nicht zum M. d.
F. bestellt werden 239.
Mitschuldner s. Gesamtschuldner.
Mitteilungen 124.
Mittelbarer Besitz 2^'^.
Mitunterschrift eines Mitgliedes des
Gläubigerausschusses 323 ff.
Modelle, Recht an M. 86 N. 12.
Mündel, Ansprüche des M. gegen den
Vormund 63.
Mündliche Verhandlung 116.
N.
Nach erbe 75, 84, 299.
Nachlafspläubiger 40, 44 ff., 49,
64 ff, 129, 348, 851, 352, Befugnis
der N. zum Antrag auf Eröffnung des
Nachlafskonkurses 126.
Nachlafskonkurs, Zuständigkeit 38,
Konkursforderungen 40, 49, Ansprüche
des Erben 41, Rangordnung der
Gläubiger im N. 64 ff., 263, 348,
367, Zusammentreffen von N. und
Erbenkonkurs 47, 351, 378, Zulässig-
keit des N. 68, Gemeinschuldner 74,
298, Konkursmasse 77, Befugnis zum
Antrag auf N. 126 ff., Verpflichtung
zum Antrag auf Eröffnung des N. 137,
Konkursgrund 140, Anhörung der
Miterben 146, Vormerkung 177, An-
fechtung im N. 215, 225, Masse-
schulden 240 ff., Anmeldung zum Auf-
gebotsverfahren gilt als Anmeldung
zum N. 256 ff. , Wirkung der Fest-
stellung im N. gegenüber dem Erben
Sachregister.
475
390 f., Zwangsvergleich im N. 411,
412, 423 f., 427, 431 f., 439 f., 444.
Nachlafspfleger 247, 307.
Nachlafsverbindlichkeiten 8.
Nachlafsgläubiger.
Nachlafsvergleich 413.
Nachlafsverwalter 126, 247 N. 23.
Nachlafsverwaltung 138, 247 N.
23, 307 N. 18.
Nachschufsbere ebnung imKonkurs
über das Yennögen einer Genossen-
schaft 333 ff., 373 ff.
Nachschufspflicht der Genossen
328 ff.
Nachtragsverteilungen 346, 369 ff.
Nachzahlungen an Nachzügler 364 ff.
Nachzügler 364 ff.
Natürliche Verbindlichkeiten 39;
nach einem Erlafs durch Zwangs-
vergleich 443.
Naturereignis 390.
Nebenintervention im Feststellungs-
prozesse 272, 275, im Anfechtungs^
prozefs im Genossenschaftskonkurse
338.
Nichtigkeitsklage gegen eine Fest-
stellung 267, zur Verfolgung des
Widerspruchs gegen eine titulierte
Forderung 274.
Niederlassung, gewerbliche 37, 74.
Niederlegung aes Verteilungs Ver-
zeichnisses 351 f., des Zwangsvergleichs-
vorschlags 419, des Einstellungsantrags
458.
Niefsbrauch des Mannes an dem
Vermögen der Ehefrau 83.
Niefsbrauch als Massebestandteil 78.
Notdürftiger Unter halt des Gemein-
schuldners 319.
Notweg 48, 108, 319.
Nutzniefsung am Vermögen der Frau
83, der Kinder 84.
0.
Obligatio naturalis s. natürliche
. Verbindlichkeit.
Öffentliche Abgaben 61.
Öffentliche Bekanntmachung, all-
gemeines 124, der Konkurseröffnung
147 f., der Ernennung des Konkursver-
walters 160, der Berufung der Gläubiger-
versammlung 166, der Tagesordnung
166, der Anmeldefrist 252, des Prüfungs-
termins 258, der Niederlegung eines
Teilungsverzeichnisses etc. 351, des
Schlufstermins 363, der Aufhebung des
Konkursverfahrens nach dem Schlufs-
termin 384, des Vergleichstermins 420,
der Aufhebung des Konkursverfahrens
auf Grund eines Zwangsvergleichs 433,
der Wiederaufnahme des Verfahrens
450, des Einstellungsantrags 458, der
Einstellung des Verfahrens 461, 464.
0 f f e nbarungseid des Gemeinschuld-
ners 118, 119, 292 ff., 416, 463.
Offene Handelsgesellschaft, Kon-
kurs über das Vermögen einer o. H.
44f, 71, 136, 142, 236, 377 f., 441 f.,
Konkurs über das Vermögen eines per-
sönlich haftenden Gesellschafters 236.
Offener Arrest 286.
Offizialmaxime 120.
Opposition s. Widerspruch.
Ordnungsstrafen gegen den Konkurs-
verwalter 160.
Organe der Gläubigerschaft 157 ff.,
nach der Aufhebung des Verfahrens
. 386, einer juristischen Person oder
einer Gemeinschaft 75, 197.
P.
Pachtvertrag, Einflufs der Konkurs-
eröffnung auf einen P. 192 ff., 244.
Parteifähigkeit 115.
participatio fraudis 198 N. 1.
Partikulargesetze über Konkurs-
prozefs 13 N. 2, 21, über Anfechtungs-
201 N. 3.
Partikularkonkurs 73.
Patentrecht 86 N. 12.
Persönliche Dienstbarkeiten 82.
Personenhaftung 40, 43.
Pfändungspfandrecht 110.
Pfandrecht der Konkursgläubiger an
den zur Konkursmasse gehörenden
Gegenständen 151 ff., Aufhebung 385,
434.
Pfandrecht als Unterlage von Ab-
sonderungsrechten 109, durch Rechts-
geschäft bestellte 109, gesetzliche 109
f, aus Pfändung 110 f.
Pfandverkauf 308.
Pflegekosten 63.
Pflegebefohlene 63.
Pflicht zum Antrag auf Konkurs-
eröffnung 135 ff.
Pflichtteilsanspruch 40, 43, 65,
82, 129, 130.
Postanstalten 289 ff.
Postsendungen 289 ff.
Präliminarverfahren des früheren
gemeinen Rechts 14. Vgl. a. Ermitte-
lungsverfahren.
Prioritätsverfahren des früheren
gemeinen Rechts 16.
Privilegia causae — personae 66 N.
21.
Privilegierte Gläubiger s. bevor-
rechtigte Gläubiger.
476
Sachregister.
Privilegium s. Vorzugsrecht.
Pro vinzial verbände, Forderungen
der P. 61.
Prozentsatz bei einer Abschlagsver-
teiliing 858 f.
Prozefs, AnbäDgigraachen eines Pr.
durch den Verwalter 311.
Prozefsakten 117.
Prozefsbevollmächtigte 115.
Prozefsfähigkeit 115.
Prozefskosten, Erstattungsansprüche
54, 55, 57, 116.
Prozefsunfähigkeit des Gemein-
schuldners 77, 298.
Prüfungstermin, allgemeiner 258,
besonderer 252, Verhandlungen im Pr.
259, Wiedereinsetzung gegen die Ver-
säumung des Pr. 390 f.
Prüfungsverfahren 251, 258 S,
Quittungen 323 ff.
R.
Räumliche Geltung des deutschen
Konkursprozefsrechts 80 f., 35, 106,
202 ff., 233.
Rangordnung der Konkurs^läubiser
60 ff., im Nachlafskonkurse 64 ff., der
Masseansprüche 249.
Realiasten 48, 108.
Rechnungsfehler 117, 266.
Rechnungslegung des Konkursver-
walters 161, 326, :^81, 433, 461, 464.
Recht auf wiederkehrende Lei-
stungen 48 bis 50, 313.
Rechtshängigkeit, Einrede 117, 187,
271.
Rechtshandlungen, Begriff der R.
172, 203, Anfechtbarkeit wegen Be-
nachteiligung der Gläubiger 203 ff.
Rechtskraft, formelle, der Ent-
scheidungen des Konkursgerichts 123,
materielle, der Feststellungen 268,
392 ff., 443 f., der Urteile im Fest-
stellungsprozesse 276 ff., 392 bis 400,
443 f.
Rechtsmittel gegen Entscheidungen
des Konkursgerichts 118.
Rechtsnachfolger, Anfechtung gegen-
über dem R. 216 ff.
Rechtsschutzansprüche der Kon-
kursgläubiger 184 ff., Rechtsschutz
durch Feststellung 185, Rechtsschutz
durch Zwangsvollstreckung 185 f.
Rechtsstreitigkeiten, Unterbrech-
ung durch die Konkurseröffnung 179.
Reederei, Konkurs über das Ver-
mögen einer R. 72.
Regrefs anspräche als Konkursfor-
derungen 52, 53.
Reichsgesetzliche Vorschriften
über Konkurs aufserhalb der K. 0.
27, 28.
RelativeUnwirksamkeit d. Rechts-
handlungen des Gcmeinschuldncrs 155,
171 ff.
Relative Veräufserungsverbote,
Einflufs der Konkurseröffnung auf r.
V. 177.
Rentenschuld 108, 440.
Resolutivbedingung s. auflasende
Bedingung.
restitutio in integrum s. Wieder-
einsetzung.
Restitutionsklage gegen Feststel-
lungen 267, als Mittel zur Verfolgung
des Widerspruchs gegen eine titulierte
Forderung 274.
Retorsion 59.
4le Vision als Mittel zur Verfolgimg
eines Widerspruchs gegen eine titulierte
Forderung 274.
Richterlicher Eid 118.
Right of stoppage 94 N. 12.
Römisches Recht 4.
Rollendes Material der Eisenbahnen
81.
Rückgewähr zur Konkursmasse 221 ff.
Rückständige BeträRe wieder-
kehrender Leistungen 305, 306 N. 14.
Rücktritt von Miet- und Pacbtver-
üägen 193.
S.
Sachhaftung 40, 43, 107 ff, 151.
Sachverständige 118, 284.
Schenkung 58, Anspruch des Sehen-
kers auf Herausgabe des Geschenks
82, Anfechtbarkeit einer Seh. 214.
Schiedsvertrag 269 N.3, Schliefsuog
eines Seh. bedarf der Genehmigimg des
Gläubigerausschusses 312.
Schiffe, Absonderungsrecht an Seh.
108 f.
Schiffsgläubiger, Pfand- und Ab-
. sonderungsrecht 110.
Schiffsregister 108 f., 175, 176.
Schliefsung der Geschäftsbücher 292,
des Geschäfts 320 ff.
S chlufs rech nun g des Verwalters
161, 326, 381, 433, 461, 464.
Schlufstermin 161, 363 f., 381, :i82.
Schlufsverteilung 333, 345, 346
ff, 362 ff, 372 ff
Schlufsverzeichnis 331, 363, 372.
373.
Schreibfehler 117, 266.
Sachregister.
477
Schuldenfestste II ungSY er fahren
250 ff.
Schaldarkunde 266.
Schulen und Schulverbände 62, 62
N. 11.
separatio bonorum 101 N. 1.
separatio ex iure crediti 100 N.l.
separatio ex iure dominii 89 N. 1.
Sequestration 143.
Sicherheitsleistung 116, 120 f.,
durch den Konkursverwalter 160, 162,
durch den Gemeinschuldner bei Zwangs-
vergleich 414, 433.
Sicherheitsmafsregeln im Ermitte-
lungsverfahren 143, vor Wiederauf-
nahme des wegen Zwanesvergleichs
aufgehobenen Verfahrens 450.
Sicherstellung der Aufrechnung
einer bedingten Konkursforderung 231.
Siegelung 291 f.
Sofortige Beschwerde 118, 122 ff.
Sollmasse 282 N. 4.
Sondernachfolger, Anfechtung
gegenüber dem S. 217 f.
Spediteur, Pfand- und Absonderungs-
recht 110.
Specialverwalter 159.
Staat, Konkurs über das Vermögen
eines St 70.
Staatskasse, Forderunffen 61.
Staats vertrage über die Zugehörig-
keit zur Konkursmasse 33.
Stammgüter 81, 92, 113.
Steuern 61.
Stiftung, Anfechtbarkeit einer St. 214,
Konkurs über das Vermögen einer St.
69, 135, 235, 385, 395, 410.
Stiller Gesellschafter 216.
Stimmrecht in der Gläubigerversamm-
lung 52, 167 f., über einen Vergleichs-
vorschlag 423 ff.
Stockwerkseigentum 92.
Streitgenossenschaft 115,269,275,
338.
Streitige Forderungen 267 ff.
Stunde der Konkurseröffnung
• 147.
Stundungsvergleich 413.
Suspensivbedingung s. aufschie-
bende Bedingung.
T.
Tabelle der angemeldeten Forderungen
254 f., 266, 391, 392, 444.
Telegramme 289 ff.
Testamentseiöffnung, Kosten 246 f.
Testamentsvollstrecker 126, 142,
247, 307.
Titulierte Forderung 268, 273 ff.,
349 ff.
I Tod des Gemeinschuldners 69.
Todeserklärung, Kosten 247.
Tratten des Gemeinschuldners 174
N. 7.
u.
überbau 48, 108.
Übe rein kommen, internationales,
über den Eisenbahnverkehr 81.
Übernahme einer fremden Ver-
bindlichkeit bedarf der Genehmi-
gung des Gläubigerausschusses 314.
Überschuldung als Konkursgrund
136, 138.
Umlageverfahren im Genossen-
schaftskonkurse 326 ff., 378 ff.
Unbewegliches Vermögen, Ab-
sonderung 108 f., Veräufserung 305 ff.
Uneheliche Kinder, Unterhaltsan-
sprüche 49.
UnentgeltlicheZuwendung58, An-
fechtbarkeit 214, 217.
Ungenügende Konkursmasse, Ab-
lehnung der Konkurseröffnung wegen
u. K. 141, Ablehnung der Wiederauf-
nahme wegen u. K. 450, Einstellung
wegen u. K. 463 ff.
Ungerechtfertigte Bereicherung
s. Bereicherung und Bereicherungs-
ansprüche.
Unfallversicherung 82.
Unmittelbarer Besitz 283.
Unterbrechung anhängiger Prozesse
179 ff, 188, Beendigung der U. 386,
434, der Veijährung als Wirkung der
Anmeldung zum Konkurse 253 f., der
Veijährung, Beendigung 386, 434.
Unterhalt der Mutter des zu erwar-
tenden Erben 40, des Ehegatten 49,
der Verwandten 49, des unehelichen
Kindes 49, des Gemeinschuldners
317 ff
Unterhaltsansprüche 40, 49, 50.
Untersagung oer Ausführung eines
Beschlusses der Gläubigerversamro lung
171.
Unterstützung des Gemein-
schuldners 244, 317 ff.
Un Üb er tragbare Forderungen und
Rechte 81.
Unwirksamkeit der Rechtshandlungen
des Gemeinschuldners nach der Kon-
kurseröffnung 155, 171 ff.
Urheberrecht als Bestandteil der
Konkursmasse 86 N. 12.
Urkunden und Wechselprozefs
269 N. 3.
Urkundsperson 284, 285.
Urteilswirkung s. Rechtskraft.
478
Sachregister.
V.
Veräufserung einer Forderung, des
Rechts auf wiederkehrende Leistungen
des Geschäfts oder Warenlagers im
Ganzen bedarf der Genehmigung des
Gläubigerausschusses 812, 3 Id.
Yeränfserungs verbot, Eintragung in
das Grundbuch 133, Einflufs der Kon-
kurseröffiiung auf ein V. 177 ff.
Verbot der Auseinandersetzung
ist im Konkurse wirkungslos 288.
Vereine s. juristische Personen.
Vereinsregister, Eintraguns der
Konkurseröffnung 148, der Aufhebung
des Konkursverfahrens 384, 438, der
Einstellung des Konkursverfahrens 460,
464.
Verfallserklärung im Strafverfahren
57. ^
Verfolgungsrecht 94 N. 12.
Verfügung, einstweilige, s. einst-
weilige Verfügung.
Vergleich, Schliefsung eines V. durch
den Konkursverwalter bedarf der Ge-
nehmigung des Gläubigerausschusses
312.
Vergleichstermin 419 ff.
VergleichsTorschlag 360, 412 ff.
Verhaftung s. Haft.
Verjährung wird durch die Anmel-
dung zum Konkurs unterbrochen 253 f. ;
vgl. a. 386, 434.
Verkäufer, Aussonderungsrecht 94 ff.
Verkauf der Erbschaft 299, von Gegen-
ständen vor dem allgemeinen Prüfungs-
termine 811.
Verlagsrecht 86 N. 12.
Verl eihc r, Aussonderungsrecht des V.93.
Ve r m ä c h t n i s als Massebestandteil 79.
Vermächtnisansprüche 40, 43, 53,
65, 79, 130, 131.
Vermächtnisnehmer, Antragsrecht
127.
Vermieter, Aussonderunffsrecht des
V. 93, Pfand- und Absonaerungsrecht
des V. 109.
Vermögen des Gemeinschuldners
76. "
Vermögensanspruch 89.
Vermögensverwaltung 63.
Vernehmung von Zeugen und
Sachverständigen 120.
Verpächter, Aussonderungsrecht des
V. 98, Pfand- und Absonderungsrecht
des V. 109.
Verp fänder, Aussonderungsrecht des
V. 93.
Verpfändung eines zur Konkursmasse
gehörenden Gegenstandes durch den
Konkursverwalter 314.
Versicherung an Eidesstatt 118.
Versicherungsverträge 78 N. 2.
Verstümmelungszulagen 82.
Verteilung 342, 345 ff.
Verteilungsverfahren des früheren
gemeinen Rechts 18, des modernen
Rechts 845 ff.
Verteilungsverzeichnis 847 f.. Ein-
wendungeu gegen das V. 854 ff.
Verträge, gegenseitige, Wirkung der
Konkurseröffnung auf g. V. 189 ff.,
entgeltliche, Anfechtbarkeit 218.
Verträge zu Gunsten eines Drit-
ten, Anfechtbarkeit 214.
Vertragsstrafe 54.
Verwalter s. Konkursverwalter.
Verwaltung der Konkursmasse 279 ff.
Verwaltung und Nutzniefsung
des Mannes am eingebrachten Gate
92 N. 8, 237.
Verwaltungsbehörde, Zuständigkeit
für den Feststellungsprozefs 272.
Verwaltungskosten 248.
Verwendungen des Erben auf den
Nachlafs 41, Absonderungsrecht wegen
V. 111.
Verwertung desZwangs Vergleichs
428 ff
Verwertung der Konkursmasse
279 ff., 282 ff., 800 ff., im W^ der
Zwangsvollstreckung 804, 308 ff
Verzeichnis der Gläubiger 146, der
Schuldner, bezüglich deren die Kon-
kurseröffnung wegen ungenügender
Masse abgelehnt worden ist 141, der
zur Konkursmasse gehörenden Gegen-
stände 284. Vgl. a. Teilungsverzeichnis.
Ve r z i c h t auf abgesonderte Befriedigung
44, 350, 868, 436, auf Beteiligung am
(Tesellschaftskonkurse 45, 352, auf
Beteiligung am Nachlafskonkurse 46,
351, 852, auf die Befugnis, Konkurs
zu beantragen 134, auf das Püeuid-
recht an den zur Konkursmasse ge-
hörenden Gegenständen 348, 400, 484,
453 f.
Veto des Gerichts gegen die Aus-
führung eines Beschlusses der Gläu-
bigervei*sammlung 171.
vindicatio 89 N. 1.
Vollmacht des Gemeinschuldners er-
lischt durch die Konkurseröffnung
196 f.
Vollstreckbare Ausfertigung der
tabellarischen Feststellung 390 f., 444.
Vollstreckbarkeitserklärung der
Vorschufs-, Nachschufs- und Zusatz-
berechnungen im Genossenschafts-
konkurse §85 f.
Vollstreckungsbefehl als Titel
einer Konkursforderung 268, 274, 275.
Sachregister.
479
VoUstreckungsk lausei 268, 274,
275, zur Ausfertigune yon Auszügen
aus der KoBknrstabelle 390 ff., m.
Vollzug der Verteilung 874 ff.
Voraus des überlebenden Ehegatten
40, 80.
Vera US klage, Einrede der V. 289,
448 f., 445.
Vorbehaltsgut 87.
Vor erbe 84, 801 ff
Vorführung, zwangsweise, des Schuld-
ners 148, des Gemeinschuldners 296 f.
Vorkaufsrecht 92.
Vormerkung im Grundbuch oder im
Schifbregister 176 f.
Vormund, der Gemeinschuldner soll
nicht zum V. bestellt werden 289,
Entlassung des V. wegen Konkurs-
eröffnung 240.
Vorrecht s. VorzuKsrecht.
Vorschufs für die Kosten des Konkurs-
verfahrens 141, 242 N. 7, 450, 468.
Vorschufsberechnung im Genossen-
schaftskonkurse 882 f.
Vorsorgliches Zwangsverfahren
nach altdeutschem Recht 10.
Vorzeigepflicht des absonderungs-
berechtigten Besitzers 289.
Vorzugsrechte 85, 60 ff., 66, An-
meldung 258, 257, Bestreitung 260,
262, Feststellung 265, 268.
w.
Warenlager, Veräufserung im ganzen
bedarf der Genehmigung des Gläu-
bigerausschusses 818.
Warenzeichen 86 N. 12.
Wechsel mit Blankoaccept 55, mit
Proknraindossament, Aussonderung 98
N. 10.
We ch sei Zahlungen, Anfechtbarkeit
von W. 208.
Weitere Beschwerde 128 f.
Werkvertrag 196, 245.
Wertpapiere, Hinterle^pmg 822 ff.
Widerspruch gegen ein Stimmrecht
168, gegen angemeldete Forderungen
und Vorrechte 259 ff., des Gemein-
schuldners ge^ren angemeldete Forde-
rungen 265, 888, 890, 448, gegen den
Einstellungsantrag 459 ff.
Widerspruchsklage gegen titulierte
Forderungen 274, gegen Feststellungen
392 f.
Wiederaufnahme des Konkursver-
fahrens nach Zwangsveigleich 448 ff..
Antragsberechtigte 450, Teihiahme-
berechtigte 451, Wiederholung des
Verfahrens 452.
Wiederkehrende Leistungen 48,
50, 813.
Wittum 58.
Wohnort des Geroeinschuldners, Auf-
enthaltspflicht 295 f.
Wohn- und Wirtschaftsgebäude
74.
Wundärzte 68.
z.
Zahlungseinstellung 189, Kennt-
nis der Z. 207 ff.
Zahlungsunfähigkeit 189.
Zeitliche Geltung des deutschen
Konkursprozefsrechts 84.
Zeugeneid 118.
Zeugenvernehmung 120.
Zinsen seit Eröffnung des Verfahrens
57, 66, 888, von Konkursforderungen
bis zur Eröffnung des Verfahrens 64,
65 f.
Zubufse 245 N. 1.
Zufall, unabwendbarer 890.
Zulassung von Forderungen im Prü-
fungstermin 259.
Zurückbehaltung von Konkursdivi-
denden 876 ff.
Zurückbehaltüngsrechte 111 f.
Zurückgesetzte Gläubiger im
Nachlafskonkurse 65.
Zurücknahme des Antrags auf
Konkurseröffnung 184, einer Anmel-
dung 254.
Zurückzahlung der Überschüsse an
die Genossen 841.
Zurückziehung des Widerspruchs 265,
des Vergleichsvorschlags 415.
Zusatzberechnung zur Vorschufs-
berechnung im Genossenschaftskon-
kurse 888, zur Nacbschufsberechnung
im Genossenschaftskonkurse 884 f.
Zuständigkeit, örtliche 115, sach-
liche und örtliche 87, mehrerer Ge-
richte 88.
Zustimmung zur Einstellung des Ver-
fahrens 458 ff.
Zustellungen 116, 124.
Zuwendung, unentgeltliche 58, An-
fechtbarkeit 214, 217, an den stillen
Gesellschafter, Anfechtbarkeit 216.
Zwan^shaft gegen den Gemeinschuld-
ner 295 N. 34, 297.
Zwangsvergleich 400 ff.. Geschicht-
liches 400 ff., Nachteile und Vorteile
405, Konstruktion 406 ff., Zulässiffkeit
des Zw. in den verschiedenen Kon-
kursen 409 ff., Vorschlag 412 ff., Zurück-
nahme des Vorschlags 415, Zurück-
weisung des Vorschlags 417 ff., Verband-
480
Sachregister.
lung über de.n Vorschlag 419 ß., Inhalt
des Zw. 421, Verbot der angleichen
Behandlung 421 ff , Abstimmung 423ff.,
Annahme 424 ff. , Bestätigung 426 ff.,
Verwerfungsgründe 428 ff., Aufhebung
des Verfahrens 432 ff., Wirkungen
488 f. , Wirksamkeit 435 ff , Un-
wirksamkeit 438 ff., Zwangsvoll-
streckung 443 ff., Rücktritt vom Ver-
gleich 445, Anfechtung wegen Betrugs
446 ff. , Zw. im Auslande 33. — Vgl.
a.S. 311, 348, 360 ff.
Zwangsversteigerung 305.
Zwangsverwaltung 805.
Zwangsvollstreckung während des
Konkurses 176, 185, gegen einen Ge-
nossen auf Grund der vollstreckbaren
Berechnung 887, nach Aufhebung des
Konkurses durch Schlufdverteilung
887, 391 ff., nach Aufhebung des
Konkurses wegen Zwangsvergleichs
448 ff.
Zwangsweise Vorführung des
Schuldners im Ermittelungsverfabren
148.
Zwischenzins 47.
Paragraphen der Konkursordnimg.
§ IS. 76, 81, 86 N. 11, 151,
239, 300.
2 43, 75, 80, 88, 85, 92
N. 1, 129, 178, 259,
389.
3 39, 49, 205, 261, 264,
438, 457.
4 106.
5 59, 259, 457.
6 151, 186, 308 N. 22.
7 55, 154, 173, 186, 206,
207, 246.
8 174, 176, 197, 308 N. 22.
9 79, 205.
10 75 N. 14, 90, 181, 182,
312 N 5
11 75 N.'l4,*104, 105, 182,
183, 241, 312 N. 5,
435.
12 185, 435.
13 108, 178, 179.
14 89, 185.
15 102, 175, 176, 197.
16 73, 238, 239.
17 54, 75 N. 4, 96, 97,
189, 190, 191, 192,
193, 196, 234, 245,
311 N. 3.
18 191, 234.
19 75 N. 14, 191, 192, 234,
245.
20 54, 75 N. 14, 191, 193,
234, 311 N. 3.
21 75 N. 14, 193, 194,
234, 245.
22 75 N. 14, 195, 234, 245.
§ 23 S. 75 N. 14, 195, 196, 234.
24 75 N. 14, 102, 177.
25 234.
26 75 N. 14, 190, 193, 195.
27 75 N. 14, 196, 245, 249.
28 237, 249.
29 98, 176, 193, 206, 234,
261.
30 75 N. 14, 98, 204, 207,
208, 209, 210, 217,
233, 274, 451.
31 75 N. 14,98,204, 211,
212, 213, 216, 217,
226.
32 75 N. 14, 98, 204, 214,
216, 217, 223.
33 98, 107, 209, 210, 214,
233.
34 75 N.' 14, 208.
35 98, 203, 233, 463.
36 98, 218.
37 75 N. 14, 98, 218, 219,
220, 223, 226.
38 98, 219, 224, 229, 246.
39 98, 209, 219, 224, 229.
40 98, 216, 217, 218, 223,
226.
41 98, 209, 227.
42 98, 176, 207.
43 91.
44 75 N. 14, 91, 94, 95,
96, 97.
45 91, 98, 99.
46 75 N. 14, 91, 97, 99
N. 27, 100, 246.
47 106, 108, 179.
§488
49
50
51
52
53
54
55
56
57
58
59
60
61
62
63
64
65
66
67
68
69
70
Bind in g, Handbuch IX 3: L. Seuffert, Koukursprozeftrecht.-
,106, 109, 112.
106, 109, 111, 112, 126,
308 N. 21.
35, 106, 107, 233.
75N.15, 106, 113, 114.
30, 106, 114.
230, 330, 331, 487.
116 N. 6, 230, 231,282,
330, 370.
35, 75 N. 14, 230, 232,
233, 330, 382 N. 9,
437, 451.
86, 230, 233.
240.
162i 165, 242, 243, 244,
295 N. 34, 450.
100, 104, 180, 229, 242,
243, 244, 245, 246,
249, 277, 278, 311
N. 3.
242, 249.
60, 64, 65 N. 19, 66,
253, 355, 367, 388,
428, 488.
64.
57, 205, 230, 282, 259,
261, 264, 888, 889,
397, 438.
44 436.
47*, 50, 894, 435.
51, 370.
51.
45, 56.
48, 50, 231, 253, 257,
394, 485.
50, 231, 894, 485.
31
482
Paragraphen der Konkursordnimg.
§71S
72
73
74
75
76
77
78
79
80
81
82
83
84
85
86
87
88
89
90
91
92
93
94
95
96
97
98
99
100
101
102
103
104
100
106
107
36,38,115, 335 N, 13, §
449.
28, 115, 167, 265, 419.
116,121,122,124,171,
252, 260, 276, 290,
291, 296, 297, 315, >
335, 361, 362, 372,
391, 418, 420, 426,
44S, 458.
118, 123, 462.
120,336,355,454,458,
460.
124,148,252,335,352,
361, 384, 420, 459,
461.
124, 360.
116 N. 2, 158, 160.
158.
158, 169, 170, 453.
124, 160, 169, 283
N. 1, 805
161, 249, 290, 315,
322, 341, 374, 385. i
160,165,169.259,290,
292, 315, 322, 346,
373, 374, 385. '
121,161,163,164,1.65,1
169, 170, 280, 315,
322, 373, 374. '
162, 169.
161,162,164,166,169,1
241, 326, 381.
163, 164, 169.
164, 165, 169, 253.
165, 324.
163, 165.
165, 178.
165, 170, 453.
124, 164, 166, 314,
363, 426.
167, 169, 381,
122, 167, 168, 169, 435
N. 2.
44, 122, 198, 169, 435
N. 2.
121, 169.
124, 166, 169.
161,164,171,317,318,
321, 325, 382, 464
N. 17.
164, 259, 292, 293, 296
259, 295, 296, 297,
298, 300, 415.
139.
125.
146 458.
12l! 131, 142, 143, 145,
450, 458.
124, 143, 450.
141, 463.
108 S. 146, 147, 450.
109 147, 148, 450.
110 148, 152, 158, 166,
252, 258, 419.
111 124,147,148,150,152,
252, 286, 384, 433,
450.
112 148,150,384,483,450,
461.
113 143, 149, 150, 152,
884, 4a3, 450.
114 149.
115 143, 149.
116 119, 12i, 150.
117 75N.lß;282,300,304.
118 152, 286.
119 287.
120 289.
121 289.
122 75 N. 15, 289, 291, 292.
123 284, 285, 452.
124 285. 286 N. 10, 292,
293, 452. 458.
125 292, 296, 416, 463.
126 305.
127 304, 309, 310, 357
N. as.
128 75 N. 14, 15; 116, 178,
301, 303.
129 244, 319, 321, 322.
130
181 75 N. 15, 325.
132 75 N. 15, 121, 170.
244, 317, 320, 322,
326, 340.
133 103, 190, 241, 245,
311, 313, 314, 315,
816, 317, 419.
134 170, 245, 304, 313,
314, 315, 317.
135 124, 161, 245, 314,
315, 419.
136 157,190,245,264,315.
137 164, 170, 323, 324.
138 252, 258, 311, 456.
139 67, 124, 253, 253 N. 3,
457.
140 254, 255, 255 N. 9,348.
141 121, 258, 259.
142 121,252,253,258,265.
143 259.
144 167, 187, 188, 260,
265, 395.
145 265, 266, 348, 452.
146 39, 50, 51, 52, 66, 120,
186, 262, 268, 269,
270, 271, 272, 273,
274, 276, 312 N. 4,
348, 349. 370, 376,
• 393, 452, 453.
§ 147 S. 248 N. 10, 246, 270.
272, 276, 278, 452.
148 270, 274 N. 15.
149 346, 357.
150 IM, 347.
151 124, 331, 348, a51,
363, 366.
152 252, 269, 276, 331,
348, 349, 352, ^353,
355, 357, 358, 360.
361, 364, 369, 370,
376, 396, 397, 398.
153 44, 331, 350, 352, 353,
355, 357, 358, 362,
365, 377, 378, 397.
154 51, 52, 331, 353, 355,
358, 364, 370, 377,
397.
155 331, 363. 355, 372, 381.
156 331, 358, 397.
157 331, 352, 353, 372.
158 52, 348, 354, 365, 356,
358, 360. 361.
159 124.164,241,358,359.
160 161, 347, 360.
161 161,228,333,346,362.
162 52, 121, 161, 166, 170,
241, 326, 331, 348,
354, 355, 363, ^1.
163 122, 124, 228, 254,
382, 383, 384, 453.
164 260, 264, 265, 267,
272, 277, 378, 887,
388, 392, 393, 399,
444, 461, 464.
165 117 N. 8, 264, 267,
376, 378, 390, 391,
397, 399, 444, 445.
166 241, 280, 287, 288,
1346, 365 N. 47, 369,
371, 373, 382.
167 374.
168 51, 52, 116 N. 6, 254,
276, 331, 368, 370,
376, 377, 378, 379,
386.
169 380.
170 253 N. 3, 367.
171 116 N. 6, 231, 370.
172 241, 372, 373.
173 253 N. 3, 420,423,428.
174 360, 413, 428.
175 360, 415, 416, 417,
428, 429, 453.
176 164, 417, 418, 428.
177 164, 418, 428.
178 .407, 414, 419, 428.
179 121,124,164,166,419,
420, 428.
180 420, 428.
r
i
I
*
I
Paragraphen der Konkursordnuog.
483
§ 181 S
182
183
184
185
186
187
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189
190
191
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193
194
195
196
197
198
199
200
201
202
421, 422, 428.
121, 170, 423, 424,
426, 428.
425 N. 8, 428.
171, 426, 427.
425, 482.
428, 429.
417, 428, 429, 450.
425 N. 8, 428, 429,
480, 431.
122, 432.
122, 124, 228, 190, 433.
116 N 6, 150, 191
N. 11, 229, 242,
253 N. 3, 273, 423,
433, 464.
229. 242, 273, 434.
485,436,438,440,441,
442.
264, 263t 267.
444, 445.
•445, 446, 447.
447, 448, 451.
124,228,448,449,450.
228, 451.
451.
452.
3 N. 4, 229, 242, 254,
273, 453, 456, 457,
N. 9, 458, 460.
2038.121,124,229,456,458,
459.
204 242,254,273,453,463,
464.
205 124, 242, 461, 464.
206 242,264,267,273,277,
461, 464.
207 69, 139.
208 132, 142, 145, 146.
209 45. 73, 140, 142.
210 121, 132, 142, 145, 146.
211 411, 413, 428, 441.
212 44, 45, 146, 378.
213 69, 71, 72, 132, i:J9,
142, 145.
214 J«, 256 N. 10.
215 140.
216 68.
217 121, 126, 133, 142,
145 146.
218 121, 127. 142, 145.
219 127, 128, 129, 131,
145 N. 5.
220 129, 145 N. 5.
221 102, 177.
222 215, 216, 223.
223 246.
224 40, 215, 242, 246, 248,
249 355.
225 41, 48, 129* 216, 225.
§ 226 S. 40 N. 3, 43, 49, 59,
64, 65, 77, 128, 253
N. 3, 263, 348, ;^7,
• 388, 424, 427, 431,
439, 440, 444.
227 66.
228 77, 225;
229 256.
230 121. 411, 413, 424,
427, 428, 431, 432,
435 N. 1, 439, 444.
231
232 75, 129, 131, 132, 292.
233 75.
234 44, 47, 351, 353, 378.
235 68, 71.
236 43, 59, 64, 71, 77, 102,
121, 133, 134, 140,
142, 177, 216, 225,
248, 257, 351, 353,
378, 424, 427, 428,
4SI, 432, 439, 443,
444.
237 32, 34, 202.
238 32, 38, 70, 88, 203.
239 225, 416, 446, 447.
240 256, 292.
241 212.
243 423.
244 299 N. 44.
31
Pieror'sche Hofbuohdruokerei Stephan Goibel A Co. in Altenburg.
1
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3 6105 044 519 952